Manfred Reuter | Serge Zacher Regelungstechnik für Ingenieure
Aus dem Programm
Automatisierungstechnik
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Manfred Reuter | Serge Zacher Regelungstechnik für Ingenieure
Aus dem Programm
Automatisierungstechnik
Vieweg Handbuch Elektrotechnik herausgegeben von W. Böge und W. Plaßmann Formeln und Tabellen Elektrotechnik herausgegeben von W. Böge und W. Plaßmann Sensoren für die Prozess- und Fabrikautomation von S. Hesse und G. Schnell Bussysteme in der Automatisierungs- und Prozesstechnik herausgegeben von S. Hesse und G. Schnell Regelungstechnik I und II Zustandsregelungen, digitale und nichtlineare Regelsysteme von H. Unbehauen Automatisieren mit SPS Theorie und Praxis von G. Wellenreuther und D. Zastrow Automatisieren mit SPS Übersichten und Übungsaufgaben von G. Wellenreuther und D. Zastrow Steuerungstechnik mit SPS von G. Wellenreuther und D. Zastrow Lösungsbuch Steuerungstechnik mit SPS von G. Wellenreuther und D. Zastrow Übungsbuch Regelungstechnik von S. Zacher
www.viewegteubner.de
Manfred Reuter | Serge Zacher
Regelungstechnik für Ingenieure Analyse, Simulation und Entwurf von Regelkreisen 12., korrigierte und erweiterte Auflage Mit 388 Abbildungen, 77 Beispielen und 34 Aufgaben STUDIUM
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über abrufbar.
1. Auflage 1972 2., durchgesehene Auflage 1975 3 Nachdrucke 3., neubearbeitete Auflage 1981 4., durchgesehene Auflage 1983 5., überarbeitete und erweiterte Auflage 1986 6., durchgesehene Auflage 1988 7., überarbeitete und erweiterte Auflage 1989 8., verbesserte Auflage 1991 Nachdruck 1992 9., überarbeitete und erweiterte Auflage 1994 10., vollständig neubearbeitete Auflage 2002 11., korrigierte Auflage 2004 12., korrigierte und erweiterte Auflage 2008 Alle Rechte vorbehalten © Vieweg +Teubner | GWV Fachverlage GmbH, Wiesbaden 2008 Lektorat: Reinhard Dapper Vieweg+Teubner ist Teil der Fachverlagsgruppe Springer Science+Business Media. www.viewegteubner.de Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften. Umschlaggestaltung: KünkelLopka Medienentwicklung, Heidelberg Druck und buchbinderische Verarbeitung: MercedesDruck, Berlin Gedruckt auf säurefreiem und chlorfrei gebleichtem Papier. Printed in Germany ISBN 978-3-8348-0018-3
V
Vorwort zur 1. Auflage
Das vorliegende Buch stellt eine Einführung in die Grundlagen der Regelungstechnik unter besonderer Berücksichtigung der Laplace-Transformation dar und ist für Studenten an Fachhochschulen gedacht. Die zum Teil sehr ausführliche Darstellung soll, wenn nötig, auch ein selbständiges Einarbeiten in das Stoffgebiet ermöglichen. Zur Untersuchung der einzelnen Regelkreisglieder werden die klassischen Methoden wie: Differentialgleichung, Sprungantwort, Frequenzgang, Ortskurve und BodeDiagramm angewandt. Diese sind die Voraussetzung für die in der modernen Regelungstheorie benutzten Verfahren der z-Transformation und der Betrachtung im Zustandsraum. Nach der Einführung der Grundbegriffe der Steuerung und Regelung in Kapitel 1, wird in Kapitel 2 die mathematische Behandlung einzelner Regelkreisglieder erörtert. Ausgehend vom Zeitverhalten der Grundtypen von Regelkreisgliedern in Kapitel 3, werden in Kapitel 4 die Regelstrecken ausführlich behandelt. Für jede Streckenart werden sowohl elektrische als auch für den Maschinenbauer geeignete Beispiele durchgerechnet. Zur Ermittlung des charakteristischen Verlaufs der einzelnen Sprungantworten wird abwechselnd je ein Beispiel nach der klassischen und eines mittels Laplace-Transformation gelöst. Bei der Behandlung der Regeleinrichtungen (Kapitel 5) wird gleichzeitig deren typisches Verhalten an einfachen Regelstrecken untersucht. Über den Störfrequenzgang und die entsprechende Differentialgleichung werden deren Vor- und Nachteile, z. B. der Einfluß der einzelnen Reglerparameter auf die bleibende Regelabweichung und die Dämpfung aufgezeigt. Die für den Regelungstechniker wichtige Darstellung im Bode-Diagramm ist in Kapitel 6 zusammengefaßt. Zur Stabilitätsbetrachtung von Regelkreisen (Kapitel 7) werden die Kriterien von Hurwitz, Nyquist, die Behandlung im Bode-Diagramm und das Zweiortskurvenverfahren abgeleitet und an Beispielen ausführlich erläutert. Das Zweiortskurvenverfahren dient ferner der Behandlung von Nichtlinearitäten mittels der Methode der harmonischen Balance in Kapitel 9. Für verschiedene Nichtlinearitäten werden die Beschreibungsfunktionen abgeleitet. Anschließend werden in Kapitel 10 Zwei- und Dreipunktregler ohne und mit Rückführung erläutert. Das abschließende Kapitel 11 behandelt kurz die Wirkungsweise des Analogrechners. Ferner wird auf die Programmierung der wichtigsten Regler und Regelstrecken eingegangen. Den Anhang (Kapitel 12) bilden eine kurzgefaßte Ableitung der Laplace-Transformation sowie zusammenfassende Tabellen. Zum Schluß möchte ich mich bei meinen Kollegen, den Herren Dipl.-Ing. E. Böhmer, Dipl.-Ing, W. Mengel und Dr.-Ing. W. Zimmermann bedanken, die mir durch Ratschläge und Anregungen geholfen haben. Ferner danke ich dem Verlag Friedr. Vieweg & Sohn und seinen Mitarbeitern, insbesondere Herrn A. Schubert für die stets gute Zusammenarbeit. Siegen, im Januar 1972
Manfred Reuter
VI
Vorwort zur 12. Auflage
Seit vier Jahrzehnten leistet Reuter seinen wesentlichen Beitrag zur Ausbildung von Diplom-Ingenieuren im Bereich Regelungstechnik. Über Suchmaschinen im Internet kann man feststellen, dass viele Professoren-Kollegen das Buch als Empfehlung für Studenten oder als Bestandteil der Modulbeschreibung für neue Bachelor/MasterStudiengänge aufgenommen haben. Zum Buch greifen Studenten, wenn ein Problem bei der Diplomarbeit entsteht, Ingenieure von renommierten Autoherstellern verwenden es zur Lösung von betrieblichen Aufgabenstellungen. Durchaus positiv haben sich mehr als hundert Rezensenten und Leser zur letzten 11. Auflage geäußert. „Das Standardwerk zur Ergänzung meiner Vorlesung!“ − schrieb ein Kollege in seiner Buchbeurteilung. Für Hinweise, Anregungen und Kritik gilt unser bester Dank. Inzwischen liegt Regelungstechnik für Ingenieure in der 12. Auflage vor. Was hat sich hier gegenüber der vorherigen Auflage geändert? Im Sinne des globalen Übergangs zum Bachelor/Master-System ist das Buch mit einem kleinen deutsch-englischen Fachwörterbuch und einem englisch-deutschen Formelzeichenverzeichnis ausgestattet. Weiterhin findet der Leser hier die aktualisierte Literaturliste. Natürlich wurden die Druckfehler der vorherigen Auflage korrigiert. Die häufig auftretenden Änderungswünsche von unseren Rezensenten wurden in drei Gruppen aufgeteilt und folgendermaßen berücksichtigt: 1. „Dem Lehrbuch eine CD mit Beispielen als Anhang zum Buch beilegen.“ Alle Zusatzmaterialien wie Beispiele, Lösungen, Programme usw. sind unter dem OnlinePlus-Service des Verlags www.viewegteubner.de zum Download ausgestellt. Die Unterlagen findet man auch unter www.szacher.de. 2. „Mehr Übungsaufgaben mit Lösungshinweisen aufnehmen.“ Ein komplettes Buch im Vieweg Verlag mit 120 Aufgaben mit Lösungen und MATLABBeispielen liegt nun zu diesem Zweck vor: S. Zacher „Übungsbuch Regelungstechnik“, ISBN 978-3-8348-0236-1, 262 Seiten, 2007 3. „Einige Kapitel ausführlicher darstellen und das Buch mit einem neuen Kapitel Zustandsregelung ergänzen.“ Nach Diskussionen mit dem Verlag wurde entschieden, an der bereits etablierten Struktur und an dem Konzept des einbändigen Buches nichts zu ändern. Aus diesem Grund wurde die Einführung in die Zustandsregelung als Anhang in die vorliegende Auflage eingefügt. Besonderer Dank gilt den beteiligten Mitarbeitern des Vieweg+Teubner Verlags, in erster Linie Herrn Reinhard Dapper, für die freundliche Atmosphäre und jederzeit konstruktive Zusammenarbeit. Wiesbaden, im März 2008
Serge Zacher
VII
Inhaltsverzeichnis Formelzeichen ......................................................................................................... XII 1
Einleitung (von M. Reuter und S. Zacher).............................................................1 1.1 1.2 1.3 1.4 1.5 1.6
2
Mathematische Behandlung von Regelkreisen (von M. Reuter).................15 2.1 2.2 2.3
2.4
2.5 2.6
3
Das Prinzip der Regelung ................................................................................3 Darstellung im Wirkungsplan ..........................................................................5 Gerätetechnische Ausführung eines Regelkreises ...........................................7 Das Prinzip der Steuerung ...............................................................................8 Beispiele für einfache Regelkreise ..................................................................9 Beispiele für vermaschte Regelkreise............................................................12
Beharrungszustand und Zeitverhalten eines Regelkreisgliedes.....................15 Das Aufstellen der Diffenrentialgleichung....................................................17 Lösung der Differentialgleichung..................................................................19 2.3.1 Spezielle Eingangsfunktionen.............................................................19 2.3.2 Lösung der Differentialgleichung bei sprunghafter Verstellung der Eingangsgröße.....................................................................................21 2.3.3 Lösung der Differentialgleichung durch Trennen der Veränderlichen..............................................................................22 2.3.4 Lösung der Differentialgleichung durch geeigneten Ansatz ..............23 2.3.5 Lösung mittels Laplace-Transformation. Die Übertragungfunktion ..25 2.3.6 Lösung der Differentialgleichung bei sinusförmiger Eingangsgröße.30 Beschreibung von Regelkreisen im Frequenzbereich....................................34 2.4.1 Der Frequenzgang ...............................................................................34 2.4.2 Die Ortskurve......................................................................................36 2.4.3 Beziehung zwischen Ortskurve und Sprungantwort ...........................39 2.4.4 Das Bode-Diagramm...........................................................................41 Beschreibung von Regelkreisen mit Übertragungsfunktionen ......................42 2.5.1 Verbindungsmöglichkeiten von Regelkreisgliedern...........................42 Behandlung des statischen Verhaltens...........................................................44 2.6.1 Statische Kennlinien ............................................................................45 2.6.2 Statischer Regelfaktor.........................................................................47 2.6.3 Linearisierung mit analytischen Verfahren.........................................48 2.6.4 Linearisierung mit grafischen Verfahren............................................50
Regelstrecke (von M. Reuter) ..............................................................................51 3.1 3.2
P-Strecken ohne Verzögerung............ ...........................................................53 P-Strecken mit Verzögerung 1. Ordnung.......................................................53
VIII 3.3 3.4 3.5 3.6 3.7 3.8 3.9
4
P-Strecken mit Verzögerung 2. Ordnung.......................................................59 Strecken höherer Ordnung.................. ...........................................................70 Schwingungsfähige P-Strecken 2. Ordnung ..................................................75 I-Strecken ohne Verzögerung.................................................. ......................83 I-Strecken mit Verzögerung 1. Ordnung........................................................86 Strecken mit Totzeit Tt...................................................................................92 Regelstrecken mit Totzeit und Verzögerung 1. Ordnung ..............................96
Regeleinrichtungen (von M. Reuter) .................................................................99 4.1 4.2
4.3
5
Inhaltsverzeichnis
Elektronische Regler mittels Operationsverstärker .....................................101 Führungs- und Störverhalten des geschlossenen Regelkreises ....................104 4.2.1 Führungsübertragungsfunktion .........................................................104 4.2.2 Störübertragungsfunktion .................................................................106 Zeitverhalten stetiger Regeleinrichtungen ...................................................106 4.3.1 P-Regeleinrichtung............................................................................106 4.3.1.1 P-Regeleinrichtung zur Regelung einer P-T1-Strecke.........108 4.3.2 I-Regeleinrichtung ............................................................................112 4.3.2.1 I-Regeleinrichtung zur Regelung einer P-T1-Strecke..........114 4.3.2.2 I-Regeleinrichtung zur Regelung einer I-Strecke ................117 4.3.3 PI-Regeleinrichtung ..........................................................................118 4.3.3.1 PI-Regeleinrichtung zur Regelung einer P-T1-Strecke........120 4.3.3.2 PI-Regeleinrichtung zur Regelung einer I-Strecke..............124 4.3.4 D-Verhalten.......................................................................................125 4.3.5 PD-Regeleinrichtung.........................................................................127 4.3.5.1 PD-Regeleinrichtung zur Regelung einer P-T2-Strecke ......131 4.3.6 PID-Regeleinrichtung .......................................................................135 4.3.6.1 PID-Regeleinrichtung zur Regelung einer P-T2-Strecke.....140
Das Bode Diagramm. Frequenzkennlinienverfahren (von M. Reuter) ...143 5.1
5.2
5.3
Bode-Diagramme einfacher Frequenzgänge................................................143 5.1.1 Bode-Diagramm eines P0-Gliedes ....................................................144 5.1.2 Bode-Diagramm eines I-Gliedes.......................................................144 5.1.3 Bode-Diagramm eines D-Gliedes .....................................................146 5.1.4 Bode-Diagramm eines P-Gliedes mit Verzögerung 1. Ordnung.......147 5.1.5 Bode-Diagramm eines PI-Gliedes.....................................................148 5.1.6 Bode-Diagramm eines PD-Gliedes ...................................................150 5.1.7 Bode-Diagramm eines P-T2-Gliedes.................................................152 Darstellung in Reihe geschalteter Glieder im Bode-Diagramm ..................153 5.2.1 Konstruktion des Amplitudenganges mittels Amplitudenlineal .......156 5.2.2 Konstruktion des Phasenganges mittels Phasenlineal ......................158 Numerische Berechnung des Bode-Diagramms ..........................................163
Inhaltsverzeichnis
6
Stabilitätskriterien (von M. Reuter) ................................................................167 6.1 6.2
6.3
6.4
7
Stabilitätskriterium nach Hurwitz................................................................168 Stabilitätskriterium nach Nyquist ................................................................174 6.2.1 Graphische Ermittlung der Ortskurve bei gegebener PolNullstellenverteilung ........................................................................175 6.2.2 Ableitung des Nyquist-Kriteriums ....................................................178 6.2.3 Anwendung des Nyquist-Kriteriums ................................................180 Stabilitätsuntersuchung nach Nyquist im Bode-Diagramm.........................185 6.3.1 Vereinfachtes Nyquist-Kriterium .....................................................190 6.3.2 Stabilitätsgüte und Phasenrand .........................................................191 Stabilitätsuntersuchung mittels Zweiortskurvenverfahren ..........................195 6.4.1 Konstruktion der negativ inversen Ortskurve der Strecke................197
Das Wurzelortskurvenverfahren (von M. Reuter).......................................201 7.1 7.2
8
IX
Analytische Berechnung der Wurzelortskurve ............................................203 Geometrische Eigenschaften von Wurzelortskurven...................................213
Entwurf von linearen Regelkreisen (von S. Zacher)....................................221 8.1 8.2
8.3 8.4
8.5
8.6
8.7
Gütekriterien des Zeitverhaltens ..................................................................221 Praktische Einstellregeln..............................................................................224 8.2.1 Grob approximierte Strecke..............................................................224 8.2.2 Fein approximierte Strecke ...............................................................228 Integralkriterien............................................................................................233 Einstellregeln im Frequenzbereich ..............................................................236 8.4.1 Betragsoptimum ................................................................................236 8.4.2 Symmetrisches Optimum ..................................................................238 Entwurf von Regelkreisen mit instabilen Strecken......................................243 8.5.1 Instabile P-T1-Glieder .......................................................................243 8.5.2 Instabile P-T2-Glieder .......................................................................245 8.5.3 Beispiele von instabilen Regelstrecken ............................................248 Vermaschte Regelung ..................................................................................251 8.6.1 Regelung mit Hilfsregelgrößen.........................................................251 8.6.2 Kaskadenregelung.............................................................................252 8.6.3 Begrenzungsregelung .......................................................................254 8.6.4 Störgrößenaufschaltung ....................................................................256 Mehrgrößenregelung....................................................................................258 8.7.1 Regelstrecken mit mehreren Ein- und Ausgangsgrößen...................258 8.7.2 Strukturen der Mehrgrößenregelung.................................................261 8.7.3 Entwurf eines Diagonalreglers..........................................................262 8.7.4 Stabilität der Zweigrößenregelung....................................................265 8.7.5 Entwurf eines Entkopplungsreglers ..................................................265
X
Inhaltsverzeichnis
9
Nichtlineare Glieder im Regelkreis (von M. Reuter) ...................................271 9.1 9.2
9.3
Harmonische Balance ..................................................................................275 Ermittlung spezieller Beschreibungsfunktionen ..........................................276 9.2.1 Beschreibungsfunktion eines Gliedes mit Sättigung ........................277 9.2.2 Beschreibungsfunktion eines Gliedes mit toter Zone .......................279 9.2.3 Beschreibungsfunktion eines Gliedes mit Hysterese........................282 9.2.4 Beschreibungsfunktion eines Dreipunktreglers ohne Hysterese ......285 Stabilitätsuntersuchungen an nichtlinearen Regelkreisen ...........................287 9.3.1 Dreipunktregler mit nachgeschaltetem Stellmotor ...........................288 9.3.2 Untersuchung eines Regelkreises mit Ansprechempfindlichkeit .....292
10 Unstetige Regelung (von M. Reuter)................................................................295 10.1 10.2 10.3
Idealer Zweipunktregler an einer P-Strecke höherer Ordnung ...................296 Zweipunktregler mit Hysterese an einer P-Strecke 1. Ordnung .................300 Zweipunktregler mit Rückführung..............................................................303 10.3.1 Zweipunktregler mit verzögerter Rückführung ...............................304 10.3.2 Zweipunktregler mit verzögert-nachgebender Rückführung ...........309 10.4 Dreipunktregler ...........................................................................................312 10.4.1 Dreipunktregler mit Rückführung....................................................313
11 Digitale Regelung (von S. Zacher) ...................................................................315 11.1 Abtastregelung .............................................................................................315 11.1.1 Wirkungsweise von digitalen Regelkreisen.....................................316 11.1.2 Beschreibungsmethoden ..................................................................319 11.2 Digitale Regeleinrichtungen ........................................................................321 11.2.1 Mikrorechner als digitale Regler .....................................................322 11.2.2 Digitalisierung analoger Regelalgorithmen .....................................326 11.2.3 Programmierung von Regelalgorithmen ..........................................330 11.2.4 Konfigurierung digitaler Industrieregler..........................................336 11.3 Quasikontinuierliche Regelung....................................................................341 11.3.1 Wahl der Abtastperiode ...................................................................341 11.3.2 Praktische Einstellregeln..................................................................341 11.4 Beschreibung von Abtastsystemen im Zeitbereich......................................344 11.4.1 Differenzengleichungen...................................................................344 11.4.2 Lösung mittels Rekursion ................................................................344 11.4.3 Homogene und partikuläre Lösung..................................................345 11.4.4 Stabilitätsbedingung für Abtastsysteme...........................................348 11.5 Beschreibung von Abtastsystemen im z-Bereich.........................................350 11.5.1 Digitale Übertragungsfunktionen von einzelnen Elementen ...........350 11.5.2 Digitale Führungsübertragungsfunktion ..........................................355 11.5.3 Stabilitätskriterien für digitale Regelkreise .....................................357
Inhaltsverzeichnis
XI
12 Intelligente Regelung (von S. Zacher) .............................................................361 12.1 PC-gestützte Regelungstechnik....................................................................361 12.2 Regelkreisanalyse mit MATLAB / Simulink...............................................362 12.2.1 Grundlagen der MATLAB-Programmierung ..................................363 12.2.2 Grafik mit MATLAB .......................................................................368 12.2.3 Control System Toolbox ..................................................................373 12.2.4 Bode-Diagramm mit MATLAB.......................................................376 12.2.5 WOK mit MATLAB........................................................................379 12.2.6 Einführung in MATLAB / Simulink................................................385 12.3 Modellbasierte Regelung .............................................................................391 12.3.1 Kompensationsregler .......................................................................391 12.3.2 Smith-Prädiktor................................................................................393 12.3.3 Regler mit endlicher Einstellzeit......................................................395 12.4 Fuzzy-Regler ................................................................................................399 12.4.1 Funktionsweise und Aufbau eines Fuzzy-Reglers ...........................399 12.4.2 Fuzzy-Mengen und Zugehörigkeitsfunktionen ................................400 12.4.3 Regelbasis und Inferenz...................................................................402 12.4.4 Defuzzifizierung...............................................................................403 12.4.5 Fuzzy Logic Toolbox von MATLAB ..............................................405 12.5 Neuro-Regelung ...........................................................................................409 12.5.1 Grundmodell eines künstlichen Neurons .........................................409 12.5.2 Mehrschicht-KNN und Backpropagation ........................................412 12.5.3 Entwurf eines KNN mit MATLAB / Simulink................................414 12.5.4 Regelkreisstrukturen mit KNN ........................................................416
Anhang ............................................................................................................ 421 Lösungen der Übungsaufgaben (von M. Reuter und S. Zacher).................................421 Hinweise zur Zustandsregelung (von S. Zacher) ........................................................447 Rechenregeln der Laplace-Transformation (von M. Reuter) ......................................465 Korrespondenztabelle (von M. Reuter).......................................................................466 Sätze der Laplace- und z-Transformation (von M. Reuter).........................................467 Tabelle der Laplace- und z-Transformation (von M. Reuter) .....................................468 Tabelle der wichtigsten Regelkreisglieder (von M. Reuter) .......................................470
Literaturverzeichnis (von S. Zacher) ............................................................... 476 English-German Symbols Directory (von S. Zacher) ..................................... 483 Fachwörter Deutsch-Englisch (von S. Zacher) ............................................... 491 Sachwortverzeichnis....................................................................................... 505
XII
Formelzeichen A A1, A2... AR a0, a1...
Fläche, Querschnitt, Schwingungsamplitude, Gewindesteigung Koeffizienten der charakteristischen Gleichung P(w) Betragsreserve (Amplitudenreserve) Koeffizienten der Differentialgleichung, der Fourier-Zerlegung, der zÜbertragungsfunktion, Beiwerte der Eingangsgröße und deren Ableitungen b Dämpfungskonstante b0, b1... Koeffizienten der Differentialgleichung, der Fourier-Zerlegung, der zÜbertragungsfunktion, Beiwerte der Ausgangsgröße und deren Ableitungen C Kapazität, Kondensator, Integrationskonstante, Konzentration Koppelfaktor, Koeffizient C0 c Federkonstante, spezifische Wärme D Dämpfungsgrad, Determinante d Dicke, Sollwert eines Neuronausgangs E Fehler eines künstlichen neuronalen Netzes e Regeldifferenz bleibende Regeldifferenz e(t) bei t o f e(f) F Kraft f Funktion, Frequenz G Erfüllungsgrad einer Fuzzy-Regel, auch Matrix Frequenzgang G(jZ) _G(jZ)_dB Amplitudengang in dB G(s) Übertragungsfunktion G(z) z-Übertragungsfunktion Ggesch(s) Übertragungsfunktion des geschlossenen Kreises GH(s) Übertragungsfunktion des Haltegliedes GHS(z) z-Übertragungsfunktion Halteglied/Strecke G0(s) Übertragungsfunktion des aufgeschnittenen Kreises GM(s) Übertragungsfunktion des gewünschten Regelverhaltens GR(s) Übertragungsfunktion der Regeleinrichtung GS(s) Übertragungsfunktion der Regelstrecke Gvorw(s) Übertragungsfunktion des Vorwärtszweigs Gw(s) Führungsübertragungsfunktion Gz(s) Störübertragungsfunktion g Gewichtsfunktion, Erdbeschleunigung H Höhe, Füllstandshöhe, magnetische Feldstärke h Abstand, Höhe (Abweichung vom Arbeitspunkt), Übergangsfunktion I Einheitsmatrix i Strom
Formelzeichen ia ie J j K KD KI Kkr K0 KP KPR KPr KPS KPw KPSy KPSz KS k L L[...] l M m N N(s) n ni nl nr P P(w) P(z) Pe p Q Qabs QITAE Qlin Qqrs
Ankerstrom Erregerstrom Massenträgheitsmoment 1 imaginäre Einheit j Übertragungsbeiwerte, Koeffizienten, Konstante Differenzierbeiwert Integrierbeiwert kritischer Proportionalbeiwert Kreisverstärkung Proportionalbeiwert Proportionalbeiwert des Reglers Proportionalbeiwert des Smith-Prädiktors Proportionalbeiwert der Strecke Proportionalbeiwert des geschlossenen Kreises (Führungsverhalten) Proportionalbeiwert der Strecke beim Stellverhalten Proportionalbeiwert der Strecke beim Störverhalten Übertragungsbeiwert der Strecke Wärmedurchgangszahl, Konstante Leistung, Induktivität, Länge Laplace-Transformierte von [...] Länge Masse, Moment Ordnung des Zählerpolynoms der Übertragungsfunktion, Masse Windungszahl einer Wicklung Nennerpolynom, N ( xˆe ) - Beschreibungsfunktion Drehzahl, Anzahl von Halbwellen, Ordnung der Übertragungsfunktion Anzahl der Pole auf der imaginären Achse Anzahl der Pole in der linken s-Ebene Anzahl der Pole in der rechten s-Ebene Leistung, Druck Polynom der charakteristischen Gleichung im w-Bereich Polynom der charakteristischen Gleichung im z-Bereich elektrische Heizleistung Druck, Polstelle Wärmemenge, Durchflüßmenge, Güteindex Betrag der linearen Regelfläche zeitgewichtete Betragsfläche lineare Regelfläche quadratische Regelfläche
XIII
XIV q R RF r S0, S1... s sN sP T TA Tan Taus TE Te Tg TI Tn TR Tt Tu Tv t ta te tw t10, t50 U u uD V V(s) v W w w0 X Xh x x(t)
Formelzeichen Durchfluss elektrischer bzw. magnetischer Widerstand, Gaskonstante statischer Regelfaktor Radius Schnittpunkte der Ortskurve bzw. des Bode-Diagramms komplexe Variable s=V+jZ Nullstellen Polstellen Zeitkonstante, Periodendauer Abtastzeit Anregelzeit Ausregelzeit Ersatzzeitkonstante Schwingungsperiode Ausgleichszeit Integrierzeit Nachstellzeit Verzögerungszeitkonstante des Reglers Totzeit Verzugszeit Vorhaltzeit Zeit Ausschaltzeit Einschaltzeit Koordinate des Wendepunktes Zeitpunkte für die Regelgröße von 10%, 50% stationäres Wertes Spannung zeitlich veränderliche Spannung (Abweichung vom Arbeitspunkt) Differenzspannung des Operationsverstärkers Ventil, Volumen, Verstärkungsgrad Übertragungsfunktion einer Mehrgrößenstrecke in V-kanonischer Struktur Geschwindigkeit, Ausgang verdecktes Neurons Gewicht eines Neurons Führungsgröße, Sollwert, Operator der bilinearen Transformation Höhe des Sollwertsprungs Regelgröße, Weg Regelbereich Regelgröße (Abweichung vom Arbeitspunkt), Weg Sprungantwort
Formelzeichen
XV
x(f) xa xˆ a
Beharrungswert bei t o f Ausgangsgröße (allgemein) Amplitude der Ausgangsgröße
xB xE xe xe0 xˆ e
Sättigungszone Endwert Eingangsgröße (allgemein) Eingangssprung Amplitude der Eingangsgröße
2xL xMA xm 2x0 xr xs xt x50 Yh Y0 y yR Z Z [...] Z(s) Z0 z z0
Hysteresebreite Mittelwertabweichung Überschwingweite Schwankungsbreite Rückführgröße Sollwert tote Zone Zeit-Prozentkennwert Stellbereich Stellgröße im Arbeitspunkt Stellgröße Stellgröße am Ausgang der Regeleinrichtung Impedanz z-Transformierte von [...] Zählerpolynom Störgröße im Arbeitspunkt Störgröße, komplexe Variable bei z-Transformation, Nullstelle bei Matlab Höhe des Störsprungs
D
Abklingkonstante, Aktivierung, Konstante der Korrespondenztabelle, Skalierungsfaktor, Winkel, Winkelposition Kennkreisfrequenz, Kreisfrequenz des ungedämpften Systems, Zeitskalierungsfaktor, auch Aktivierung eines Neurons spezifisches Gewicht Kennzeichnung von Größenänderung Impulsfunktion, Nadelimpuls Zähigkeit von Gasen, Lernschrittkonstante Temperatur Wurzel der homogenen Differentialgleichung, Wärmeleitfähigkeit Zugehörigkeitsfunktion Dichte Einheitssprung
E J ' G K O P (...) U V
XVI
W X ĭ
M MRd M (Z) Z Zd ZE Ze Zkr
Formelzeichen Zeit, Maschinenzeit Anzahl der Schnittpunkte der Ortskurve bzw. des Phasengangs Wärmestrom, Fluss, Erregerfluss Winkel, Phasenverschiebungswinkel Phasenreserve Phasengang Kreisfrequenz, Winkelgeschwindigkeit Durchtritts(kreis)frequenz Eck(kreis)frequenz Eigenkreisfrequenz kritische Kreisfrequenz
Indizes A a akt C D G HT M m.R. n 0 o.R. p TG W
AnkerAbfluss- , Ausbreitungaktueller Wert Feder- , KondensatorDämpfer- , DifferenzierGewichtHöher-Tiefer Motor- , Moment„mit Regler“-Verhalten negativ Anfangspunkt-, Arbeitspunkt-, aufgeschnittener (offener) Kreis, Leerelauf „ohne Regler“-Verhalten positiv TachogeneratorWasser-
Formelzeichen
1
1 Einleitung Die Regelungstechnik gehört zu den Grundlagenfächern der Ingenieurwissenschaften, die sich mit der selbsttätigen Regelung einzelner Arbeitsvorgänge sowie geschlossener Produktionsabläufe befasst. Die zunehmende Automation ist durch die rapide Verbreitung von Regelungssystemen und durch eine Expansion ihres Anwendungsbereiches gekennzeichnet. Mit Hilfe von Prozessrechnern werden auch komplexere Regelalgorithmen digital realisiert. Durch die Bustechnologie und die Vernetzung ist es heute möglich kompliziertere Systeme zu regeln, als dies mit den klassischen Regeleinrichtungen möglich war. Das Wesentliche einer Regelung besteht in einem Rückkopplungszweig, der dazu dient, die zu regelnde Größe (die Regelgröße) von Störeinflüssen unabhängig zu machen, so dass sie stets einen vorgegebenen Wert beibehält. In technischen Anlagen sind die zu regelnden Größen physikalischer Natur, so z. B. Druck, Temperatur, Drehzahl, Durchfluss, Flüssigkeitsstand, Strom, Spannung usw. Der Beginn der Regelungstechnik lässt sich nicht genau datieren. Bereits 1765 hat Polsunow einen Regler zur Wasserstandsregelung in einem Kessel über Schwimmer und Absperrklappe erfunden. Eine größere Bedeutung erlangte der 1788 von James Watt erfundene Zentrifugalregulator, der zur Drehzahlregelung von Dampfmaschinen benutzt wurde. Wie Bild 1.1 zeigt, besteht der Zentrifugalregulator aus zwei Massen 1, die durch die Arme 2 pendelnd gelagert sind. Bei Rotation der Welle 3 werden die beiden Massen infolge der Zentrifugalkraft nach außen bewegt. Diese Kraft wirkt über das Gestänge 4 auf die Muffe 5. Als Gegenkraft ist die Feder 6 wirksam, die der durch die Zentrifugalkraft auf die Muffe ausgeübten Kraft das Gleichgewicht hält. Einer bestimmten Federspannung entspricht eine ganz bestimmte Drehzahl. 2
6
1 4
5 3
Dampf Bild 1.1 Zentrifugalregulator
2
1 Einleitung
Nimmt aus irgendeinem Grund die Dampfzufuhr zu und damit die Drehzahl, so wird infolge der größeren Zentrifugalkraft die Feder stärker gespannt, die Muffe angehoben und das Ventil etwas geschlossen. Dadurch wird die Dampfzufuhr gedrosselt, bis die ursprüngliche Drehzahl wieder erreicht ist. Sinkt nun infolge einer höheren Belastung die Drehzahl ab, so würde bedingt durch die Rückkopplung das Ventil so weit geöffnet, bis der durch die Feder eingestellte Sollwert wieder erreicht wird. Der Mensch ist immer bestrebt, empirisch Gefundenes theoretisch zu konsolidieren. Die erste vollständige Theorie des Regelkreises gelang (1868) Clerk Maxwell und (1877) Wyschnegradski. Ein weiteres Problem besteht darin, dass in einem Regelsystem, bedingt durch den Rückkopplungszweig, beim Auftreten einer äußeren Störung eine unerwünschte Erscheinung auftreten kann, die gegebenenfalls zur Zerstörung der Anlage führt und als Instabilität bezeichnet wird. Diese Erscheinung trat erstmals bei der Regelung von Wasserturbinen auf und wurde zuerst von Routh (1877) und Hurwitz (1895) theoretisch gelöst. Später wurde eine weitere Zahl von Stabilitätskriterien entwickelt, mit deren Hilfe es möglich ist, die Bedingungen festzustellen, die zur Instabilität führen und welche Maßnahmen zu treffen sind, um dies zu beseitigen. Diese Entwicklung wurde stark von der Elektrotechnik geprägt, da die Regeleinrichtungen aus analogen Bauelementen wie Operationsverstärker bestanden. Mit Konrad Zuse, der den ersten freiprogrammierbaren digitalen Computer der Welt fertig stellte, fängt der Umbruch der Regelungstechnik an. 30 Jahre später kommt der erste Mikroprozessor auf den Markt (1971) und revolutioniert die Technik von analog zu digital mit einer wachsenden Anzahl von Anwendungen. Heute sind Automatisierungssysteme ohne Mikroprozessoren, Computer und speicherprogrammierbaren Steuerungen (SPS) undenkbar. Ein Produktionssystem lässt sich als Pyramide, wie im Bild 1.2 gezeigt, darstellen. In der Feld- und Prozessebene findet man alle Komponenten des Regelkreises: Regelstrecke, Messfühler (Sensoren), Regler, Steller. Betriebsleitbene .
Prozessleitebene .
. .. Server
Regler .. . . .. .. . ...
SPS ....................
SPS ............
Feldebene
Feldbus Sensor Steller Strecke
Bild 1.2 Produktionssystem als Automatisierungspyramide
Prozess
1.1 Das Prinzip der Regelung
3
Erst im 20. Jahrhundert entdeckte man, angeregt durch die Erfolge der Regelungstechnik, dass die Prinzipien der Regelung nicht allein auf technische Vorgänge beschränkt sind, sondern ebenso im biologischen und sozialen Bereich auftreten. Betrachten wir z. B. den menschlichen Körper, so werden Blutdruck, Blutzuckergehalt, Körpertemperatur usw. ständig durch messende und regulierende Organe in engen Grenzen konstant gehalten. Auch im Zusammenleben verschiedener Lebewesen finden wir regelnde Gesetzmäßigkeiten. So fressen z.B. die Haie die Schollen. Gibt es aus irgendeinem Grund zu viele Schollen, so sind die Lebensbedingungen der Haie besonders günstig. Sie vermehren sich also. Eine größere Anzahl von Haien bedeutet eine Verminderung der Anzahl der Schollen und damit eine Verschlechterung der Lebensbedingungen der Haie, die sich dann ebenfalls wieder reduzieren. Nach einigen Pendelungen stellt sich ein stabiles Gleichgewicht ein bis eine neue Störung auftritt. All diese, in den verschiedensten Wissensgebieten, wie Technik, Biologie, Psychologie, Soziologie, Ökonomie usw. auftretenden analogen Probleme und Gesetzmäßigkeiten legen eine übergeordnete Wissenschaft nahe, für die Norbert Wiener (1948) den Begriff Kybernetik prägte. Die Kybernetik, als verbindende Brücke zwischen den Wissenschaften gedacht, hat sich nicht als eine selbständige, übergeordnete Disziplin durchsetzen können. Nur in der Biologie versuchte die Bio-Kybernetik die im menschlichen Gehirn stattfindenden Vorgänge durch Modelle zu simulieren und zu erklären. 1962 veröffentlicht Frank Rosenblatt sein Konzept der Neurodynamik. 12 Jahre später wurde der erste computergesteuerte Roboter entwickelt. Wenn diese und die nachfolgende Rechenautomaten auch partiell leistungsfähiger sind, so ist die Analogie mit den Regelvorgängen in der Biologie doch nur unvollkommen. Die Verhältnisse in der Biologie sind weit komplizierter, weil an der Regelung einer einzigen Größe sehr viele Faktoren beteiligt sind und eine gegenseitige Abhängigkeit vieler Regelkreise besteht. Heute werden die Untersuchungen in diesem Bereich von Computational Intelligenz oder Soft-Computing übernommen. Darunter versteht man Fuzzy-Logik, künstliche neuronale Netze, genetische Algorithmen, Data Mining, Image-Prozessing und andere Methoden, mit dem Bestreben, Regelalgorithmen zu finden, deren Funktionen dem menschlichen Verhalten immer ähnlicher werden.
1.1 Das Prinzip der Regelung Die Wirkungsweise und die Begriffe der Regelung sollen an einem einfachen, oft zitierten Beispiel behandelt werden. Raumtemperaturregelung Es soll die Temperatur ϑ ist in einem Raum auf einem vorgegebenen Wert ϑ soll (dem Sollwert) gehalten werden. Die Wärmezufuhr erfolgt durch Dampf oder Heißwasser über einen Radiator. Ohne Regler müsste man zunächst ein Thermometer in den Raum bringen, um festzustellen, ob die gewünschte Temperatur ϑ soll vorhanden ist. Liegt der Istwert ϑ ist
4
1 Einleitung
unterhalb des Sollwertes ϑ soll dann wird man das Heizkörperventil mehr aufdrehen. Im umgekehrten Fall entsprechend zudrehen, bis die gewünschte Temperatur vorhanden ist (ϑ ist = ϑ soll). Die Differenz zwischen Soll- und Istwert nennt man Regeldifferenz ϑ e, d. h. (ϑ e = ϑ soll − ϑ ist). Diese Art der Regelung, bei der der Mensch tätig ist, bezeichnet man als manuelle Regelung oder Handregelung. Es ist nun zu untersuchen, weshalb an einem einmal richtig eingestellten Heizkörperventil überhaupt noch nachträglich Verstellungen zur Aufrechterhaltung der gewünschten Temperatur notwendig sind. Man erkennt leicht, dass sich z. B. die Außentemperatur ändern kann. Nehmen wir an, die Außentemperatur ϑ a sinkt, so wird das Wärmegefälle (ϑ ist − ϑ a) größer und damit die Wärmeabgabe durch die Wände und Fenster; die Temperatur ϑ ist fällt. Ferner kann es vorkommen, dass der Energiegehalt des Wassers oder des Dampfes schwankt und somit einer bestimmten Ventilstellung keine konstante Energiemenge pro Zeiteinheit zugeordnet werden kann. Weitere störende Einflüsse können entstehen durch das Öffnen von Fenstern oder durch Veränderung der Anzahl der im Raum befindlichen Personen. All diese Einflüsse, die eine Abweichung von der geforderten Temperatur ϑ soll verursachen, nennt man Störgrößen. Da diese Störgrößen nicht konstant sind, ist eine Regelung erforderlich, die sofort eingreift und die Wirkung der Störung beseitigt. Um die Raumtemperatur von Hand auf den Sollwert ϑ soll zu regeln, hatten wir folgende Funktionen auszuführen: 1. Messen der zu regelnden Größe 2. Vergleichen der Regelgröße mit dem Sollwert 3. Erzeugen eines geeigneten Stellbefehls 4. Verstellen des Stellorgans. Um die Raumtemperatur selbsttätig zu regeln, müssen die erwähnten vier Funktionen einer Regeleinrichtung übertragen werden, wie in Bild 1.3 schematisch gezeigt ist.
ϑist
R ϑa
ϑsoll MF
y z STV
Bild 1.3 Raumtemperaturregelung
Wärmeenergie
MF R STV y z
Messfühler Regler Stellventil Stellgröße Störgröße ϑ ist Temperatur-Istwert ϑ soll Temperatur-Sollwert ϑa Außentemperatur
1.2 Darstellung im Wirkungsplan
5
Hierbei ist jedoch der Begriff des Messens allgemeiner zu fassen. Die Messgröße muss geeignet sein, als Eingangssignal der Regeleinrichtung zu dienen. Ist dies nicht der Fall, so muss die Messgröße erst in einem Messumformer entsprechend umgeformt werden. Beispielsweise verwendet man zur Durchflussmessung von Gasen oder Flüssigkeiten den Differenzdruck an einer Blende; oder zur Messung der Drehzahl die Spannung, die von einem Tachogenerator erzeugt wird. Der eigentliche Regler besteht meistens aus einem Verstärker und einer Einrichtung zur Erzeugung des gewünschten Zeitverhaltens. Je genauer geregelt werden soll, desto empfindlicher muss der Regler auf eine Regeldifferenz reagieren. Die Energie der Regeldifferenz am Eingang des Reglers muss so verstärkt werden, dass am Ausgang genügend Energie zum Betätigen des Stellventils zur Verfügung steht. Unter dem Zeitverhalten eines Reglers versteht man die Reaktion des Reglers beim plötzlichen Auftreten einer Regeldifferenz, d. h. ob die Stellgröße sofort erzeugt wird oder erst nach einer gewissen Verzögerungszeit usw. Verfolgt man nun die einzelnen Stufen des Regelvorganges, so stellt man fest, dass es sich um einen geschlossenen Kreis handelt, dem sogenannten Regelkreis, denn das Stellen wirkt immer wieder auf das Messen zurück. Der Rückkopplungszweig, der durch die Regeleinrichtung gebildet wird und den Messort mit dem Stellort verbindet, ist das wesentliche Merkmal einer Regelung.
1.2 Darstellung im Wirkungsplan Die einzelnen Glieder des Regelkreises werden nach der DIN 19226 durch rechteckige Kästchen, Block genannt, symbolisiert (Bild 1.4a). Die Ein- und Ausgangssignale werden durch Wirkungslinien dargestellt, deren Pfeilspitzen die Wirkungsrichtung angeben. Zur genaueren Kennzeichnung wird in einem Block symbolisch angegeben, wie die Ausgangsgröße bei plötzlicher Änderung der Eingangsgröße reagiert. Außerdem werden die Stellen, an denen mehrere Signale zusammentreffen, durch eine Additionsstelle (Bild 1.4b) und Punkte, an denen eine Verzweigung eines Signals stattfindet, durch eine Verzweigungsstelle (Bild 1.4c) dargestellt. Der gesamte Regelkreis lässt sich als Aneinanderreihung von Blöcken wiedergeben. Diese Darstellung, welche die wirkungsmäßigen Zusammenhänge zwischen den a) xe
b) xa
xe1
+ −
c) xa
−x+
e2
Bild 1.4 Elemente des Wirkungsplanes: a) Blocksymbol b) Additionsstelle xa = ± xe1 ± xe2 c) Verzweigungsstelle xa1 = xa2 = xe
xe
xa2
xa1
6
1 Einleitung ϑa ϑsoll
+
ϑe
y Regler
−
ϑ*ist
ϑist
Stellglied
Raum
Messumformer
Bild 1.5 Wirkungsplan des Temperaturregelkreises
Signalen wiedergibt, wie in Bild 1.5 gezeigt, ohne gerätetechnische Einzelheiten zu berücksichtigen, wird nach der DIN 19226 als Wirkungsplan bezeichnet. Generell kann man nun den Regelkreis in zwei Bereiche unterteilen. Der 1. Bereich ist durch die Anlage gegeben, in dem eine physikalische Größe geregelt werden soll, die sogenannte Regelstrecke. Der 2. Bereich ist der Teil, der dazu dient, die Regelstrecke über das Stellglied so zu beeinflussen, dass die Regelgröße den gewünschten Wert innehält, die sogenannte Regeleinrichtung. Zur Regeleinrichtung zählen also der Messfühler, der Messumformer, bei Bedarf der Vergleicher, der Regler und das Stellglied. Das Stellglied lässt sich sowohl der Regelstrecke als auch der Regeleinrichtung je nach Zweckmäßigkeit zuordnen (Bild 1.6). Die Störgrößen können nun an verschiedenen Stellen des Regelkreises auftreten. In Bild 1.6 ist nur eine Störgröße gezeichnet, die zusammen mit der Stellgröße der Regeleinrichtung yR am Eingang der Strecke angreift. Dies ist aus folgendem Grund erlaubt: Sinkt die Störgröße z (Außentemperatur ϑ a) und demzufolge die Regelgröße x (Innentemperatur ϑ ist), so registriert der Messfühler eine Temperaturabnahme, kann aber nicht entscheiden, ob die Außentemperatur gesunken ist oder ob das Stellventil mehr zugedreht wurde. Ebenso registriert der Temperaturfühler eine Temperaturabnahme, wenn die zugeführte Wärmemenge pro Zeiteinheit abnimmt. Auch in diesem Fall kann der Messfühler nicht feststellen, ob der zugeführte Energieinhalt pro Zeiteinheit sich geändert hat oder das Stellventil verstellt wurde. Es ist also möglich, alle Störgrößen an den Stellort zu transformieren und als eine einzige Störgröße z zusammen mit der Stellgröße yR am Eingang der Strecke angreifen zu lassen. z e
w
+
−
Regeleinrichtung
yR
+
+ −
yS
Regelstrecke
Bild 1.6 Vereinfachter Wirkungsplan eines Regelkreises
x
1.3 Gerätetechnische Ausführung eines Regelkreises
7
Einheitsbezeichnungen Die in der Regelungstechnik zu regelnden Größen können sehr unterschiedlicher physikalischer Natur sein. Zur Vereinheitlichung werden die Regelgröße mit xist, der Sollwert mit xsoll, die Differenz zwischen xsoll und xist als Regeldifferenz e und die Stellgröße mit y bezeichnet, gleichgültig, ob es sich bei der zu regelnden Größe um die Temperatur in einem Glühofen, die Geschwindigkeit eines Walzgutes oder den pHWert einer Säure handelt. Ferner wird die Regelgröße xist einfach als x bezeichnet und anstelle des Sollwertes xsoll wird die Bezeichnung Führungsgröße w angewandt. Wie wir noch sehen werden, interessieren bei einer Regelung weniger die Absolutwerte, sondern die Änderungen der Größen. Diese Änderungen werden im Gegensatz zu den Absolutwerten durch kleine Buchstaben gekennzeichnet.
1.3 Gerätetechnische Ausführung eines Regelkreises Es gibt viele Möglichkeiten zur praktischen Verwirklichung der Regelung. Davon soll eine anhand der Positionsregelung einer Antenne behandelt werden (Bild 1.7). Der aktuelle Winkel αx wird durch ein Potentiometer gemessen und in die Spannung Ux umgewandelt. Durch einen Vergleich mit dem Sollwert Uw wird die Spannungsdifferenz Ue = Uw − Ux gebildet. Ist Uw = Ux bzw. Ue = 0, bleibt der Motor stehen. Vergrößert sich der Winkel αx, so vergrößert sich die Spannung Ux. Da die Sollwertspannung Uw konstant ist, entsteht dabei eine negative Spannung Ue. Diese Spannung verstärkt durch zwei Verstärkungsstufen (Regler, Leistungsverstärker) ergibt die Ansteuerung des Motors UA. Der Motor bewegt die Antenne und den Gleitkontakt des Potentiometers bis Uw = Ux bzw. der Winkel αx dem Sollwert αw gleich ist. Istwert PotentiometerMessfühler − Getriebe
LeistungsVerstärker
ωx +
x(t)
Motor ωM
UA
αx
Ux PotentiometerSollwertgeber −
Uy Regler
Uw
+
αw
Sollwert
Bild 1.7 Gerätetechnische Ausführung der Positionsregelung einer Antenne
8
1 Einleitung
1.4 Das Prinzip der Steuerung Unter bestimmten Voraussetzungen lässt sich eine Größe auch durch Steuern auf einem vorgegebenen Wert, der konstant oder zeitlich veränderlich sein kann, halten. Betrachten wir hierzu als Beispiel die Konstanthaltung der Winkellage einer Antenne durch Steuern unter der vereinfachenden Annahme, dass als einzig maßgebende Störgröße z die Schwankung der Windstärke auf die Antenne wirkt (Bild 1.8). Zunächst sei das Steuergerät so eingestellt, dass der Antennenwinkel αx gleich dem vorgegebenen Sollwert αw ist und die Ansteuerungsspannung des Motors gleich Null ist. Tritt nun eine Zunahme der Windgeschwindigkeit (Störgröße z) auf, so würde ohne Steuergerät die Winkelposition der Antenne geändert. Mit Steuergerät wird die Zunahme der Windgeschwindigkeit durch den Messfühler dem Steuergerät sofort gemeldet und von diesem der Motor angesteuert. Die vorhandene Änderung der Position wird dadurch ausgeglichen und der Antennenwinkel konstant gehalten. Im Gegensatz zur Regelung handelt es sich um eine offene Wirkungskette (Bild 1.9). Der Nachteil der Steuerung gegenüber der Regelung besteht darin, dass nicht alle Störgrößeneinflüsse eliminiert werden, sondern nur der, dessen Größe vom Steuergerät gemessen wird. Ferner ist Voraussetzung, dass das Verhalten der Strecke zahlenmäßig genau bekannt ist. Als Vorteil gegenüber der Regelung ist hervorzuheben, dass infolge des fehlenden Rückkopplungszweiges keine Instabilität auftreten kann. Im Idealfall wird der Sollwert genau eingehalten, während bei einer Regelung, beim Auftreten einer Störgrößenänderung, zumindest eine vorübergehende Abweichung der Regelgröße vom Sollwert auftritt. Störgröße z
Messfühler Steuergerät (SPS)
αx Istwert
UZ
ωx
Getriebe UA
x(t)
ωM Motor
Bild 1.8 Steuerung der Winkellage einer Antenne Uz
z Messfühler
Steuergerät
y = UA
Bild 1.9 Wirkungsplan einer Steuerung
x = αx Strecke
1.5 Beispiele für einfache Regelkreise
9
1.5 Beispiele für einfache Regelkreise Temperaturregelung Die Raumtemperartur x soll mittels pneumatischer Regeleinrichtung geregelt werden (Bild 1.10). PV Vordrossel Federbalg
PSt = y Düse
x
zum Radiator w
Bild 1.10 Gerätetechnische Ausführung einer Raumtemperatur-Regelung
Die Temperartur wird durch ein Flüssigkeitsausdehnungsthermometer gemessen. Bei Temperaturzunahme vergrößert sich das Flüssigkeitsvolumen und expandiert in den Federbalg. Dieser dehnt sich aus und drückt den Hebelarm entgegen der Federkraft, an welcher der Sollwert eingestellt werden kann, nach unten (Vergleichsstelle). Das rechte Ende steuert die Düsenöffnung zu und der Druck PSt in der Steuerleitung steigt an. Infolge des Druckanstiegs steigt auch die Kraft auf dem Membranteller PSt⋅A, die die Ventilspindel um einen Weg s nach unten bewegt bis die Federkraft gleich der Membrankraft ist. Der Verstärker arbeitet nach dem Düse-Prallplatte-System. Bei geschlossener Düse wird der Steuerdruck PSt gleich dem Vordruck PV. Wird der Abstand Düse-Prallplatte vergrößert, so vermindert sich der Austrittswiderstand, während der Widerstand der Vordrossel konstant bleibt. Zwischen dem konstanten Vordruck PV und dem äußeren Atmosphärendruck besteht ein Druckgefälle, das entsprechend den Drosselwiderstand aufgeteilt wird. Druckregelung in einer Rohrleitung In einer Rohrleitung soll der Luftdruck unabhängig von Belastungsschwankungen auf einem konstanten Wert gehalten werden. Die Freistrahldüse ist in Punkt 1 drehbar gelagert (Bild 1.11). Der Sollwert xs wird durch die Schraube und Feder eingestellt. Ist die Regelgröße x gleich dem Sollwert xs, dann befindet sich das Strahlrohr in einer symmetrischen Lage zu den beiden gegenüberliegenden Kanälen. Der Druck auf der Unterseite des Steuerkolbens ist gleich dem auf der Oberseite, der Kolben bleibt in
10
1 Einleitung
P=x
1
⋅
Öl
xs
Bild 1.11 Luftdruckregelung in einem Windkanal
Ruhe und ebenso die Drosselklappe. Bei geringerem Verbrauch steigt der Druck P und die Membrankraft bewegt die Düse entgegen der Federkraft nach unten. Dadurch wird der untere Kanal mehr beaufschlagt als der obere und der Kolben bewegt sich nach oben. Die Verstellung der Klappe bewirkt eine Druckabnahme in der Rohrleitung und das Strahlrohr bewegt sich nach oben bis es den beiden Kanälen symmetrisch gegenüber steht und der Druck P gleich dem Sollwert xs ist. Ist umgekehrt der Verbrauch zu groß, dann sinkt der Druck, die Düse bewegt sich nach oben, der Kolben nach unten und die Drosselklappe wird mehr geöffnet. Sendeleistungsregelung eines Mobiltelefons Ein Handy kann unter Vereinfachungen aus zwei Teilen dargestellt werden: einem Register und einem Sender (Bild 1.12). Die Sendeleistung Lh des Mobiltelefons wird während der Freiraumausbreitung gedämpft. Dadurch wird die Empfangsleistung List der Zentrale geschwächt, d. h. List = Lh – La. Mobilstation
Feststation LSoll
−
+
List
Lh
+
Empfangsleistung
−
Sender
Sendeleistung
La
Le
Dämpfung bei Ausbreitung Höher-Tiefer -Taster
Register Höher-Tiefer-Signal SHT
Bild 1.12 Sendeleistungsregelung eines Handy
1.5 Beispiele für einfache Regelkreise
11
In der Feststation (Zentrale) soll die Empfangsleistung List mit Hilfe eines HöherTiefer Tasters (Regler) auf die gewünschte konstante Leistung Lsoll gebracht und in Form eines Höher-Tiefer-Signals SHT an das Handy gesendet werden.
Drehzahlregelung eines Gleichstrommotors Der Gleichstrommotor, dessen Drehzahl geregelt werden soll, hat eine konstante Fremderregung, während die Klemmenspannung UA von einem Thyristor-Stromrichter geliefert wird (Bild 1.13). Die zu regelnde Drehzahl n wird durch einen Tachogenerator TG gemessen, der eine der Drehzahl proportionale Spannung UTG erzeugt. Diese wird durch das nachgeschaltete Tiefpass-Filter geglättet und mit der am Potentiometer einstellbare Spannung Uw (Sollwert) verglichen. Die Differenzbildung erfolgt am Eingang des Drehzahlreglers (Operationsverstärker), dessen Beschaltung mit Widerständen und Kondensator das gewünschte Zeitverhalten erzeugt. Zur Ansteuerung des Thyristor-Stromrichters wird die Ausgangsgleichspannung des Reglers vom Steuersatz in Zündimpulse umgewandelt. Die Phasenlage der Zündimpulse bestimmt den Zündzeitpunkt der Thyristoren und damit den Mittelwert der Motorklemmenspannung. Bei Übereinstimmung von Istdrehzahl und Solldrehzahl, d. h. Ue = Uw – UTG = 0, ist die Ausgangsspannung des Reglers konstant. Die vom nachfolgenden Steuersatz abgegebenen Zündimpulse bewirken, dass die Ausgangsklemmenspannung des Thyristor-Stromrichters auf einen Wert eingestellt wird, der zur Deckung des erforderlichen Drehmoments notwendig ist. Wird das Lastmoment vergrößert, so fällt zunächst die Drehzahl n und damit die Tachometerspannung UTG. Die Regeldifferenz Ue = Uw – UTG wird größer, was zu einer größeren Aussteuerung des Verstärkers führt. Infolgedessen werden die Zündimpulse Sollwertgeber
DrehzahlRegler
Uw Ue
Gleichstrommotor
Zündimpulssteuersatz
− +
UA Thyristorstromrichter
Ux
Tiefpassfilter
Bild 1.13 Drehzahlgeregelter Gleichstromantrieb
M IA
UTG = K⋅ n
n MA
Tachogenerator
− TG +
12
1 Einleitung
so verschoben, dass der Zündwinkel kleiner und damit der Mittelwert der Ankerspannung größer wird. Die Drehzahl steigt so lange an bis Ue = 0 ist. Wird der Motor entlastet, so steigt die Drehzahl n und entsprechend UTG. Die Regeldifferenz wird negativ, was zur Verringerung der Ausgangsspannung des Reglers führt bis schließlich bei Ue = 0 die Solldrehzahl wieder erreicht ist. Die Tatsache, dass der Regler auch eine Spannung abgibt, wenn die Summe der Eingangsspannungen Null ist, hängt mit der Beschaltung zusammen, die integrierend wirkt und in Kapitel 4 behandelt wird. Tatsächlich ausgeführte Gleichstromantriebe enthalten einen zusätzlichen Stromregelkreis zur Beschränkung des zulässigen Ankerstromes. Der Ausgang des Drehzahlreglers wirkt dann nicht wie in Bild 1.13 auf den Steuersatz, sondern dient als Sollwert des Stromreglers, der seinerseits den Steuersatz ansteuert. Zur Erfassung des Stromistwertes im Ankerkreis dient ein Stromwandler oder ein Shunt.
1.6 Beispiele für vermaschte Regelkreise Die bisher behandelten Regelkreise waren einläufige Regelkreise, bei denen nur eine Regelgröße mit Hilfe einer Stellgröße eingeregelt werden soll. Derartige einfache Regelkreise sind am häufigsten. Bei schwieriger zu regelnden Strecken ist es oft notwendig, mehrere Regelgrößen auf entsprechenden Sollwerten zu halten. Dabei geht man vom einläufigen zum vermaschten Regelkreis über.
Festwert-Verhältnisregelung Es soll die Temperatur in einem gasbeheizten Glühofen geregelt werden (Bild 1.14). Außerdem ist das Verhältnis von Gas und Luft konstant zu halten, damit eine optimale Verbrennung stattfindet.
xsoll
Regler 1 .. .. .. ..
xist Gas Mess 1 w Glühofen
Bild 1.14 Temperaturregelung in einem Glühofen
Mess 2
Regler 2 .. .. .. .. Luft
1.6 Beispiele für vermaschte Regelkreise
13
Die Temperatur xist im Ofen wird von einem Thermoelement gemessen und in der Regeleinrichtung Regler 1, mit dem Sollwert xsoll verglichen. Ist die Temperatur xist kleiner als xsoll, so wird das Ventil 1 mehr geöffnet. Der dadurch erhöhte Gasdurchsatz verursacht an der Messblende Mess 1 einen größeren Differenzdruck, der als Führungsgröße W des Reglers 2 dient. An der Messblende Mess 2 wird der Luftdurchsatz gemessen, in Regler 2 mit w verglichen und das Stellventil so verstellt, bis das gewünschte Verhältnis des Gas-Luft-Gemisches erreicht ist. Hierbei dient zur Regelung der Ofentemperatur eine Festwertregelung und gleichzeitig wird die Gas-LuftZusammensetzung durch eine Verhältnisregelung vorgenommen
Kaskadenregelung In einem chemischen Reaktor soll die Temperatur geregelt werden (Bild 1.15). Die Wärmezufuhr erfolgt durch Warmwasser, das in einem Wärmeaustauscher erzeugt wird. Der Wärmeaustauscher wird mit Dampf beheizt. Eine Verstellung am Dampfventil wirkt verzögernd auf die Wassertemperatur und diese nochmals verzögernd auf die Kesseltemperartur. Durch die Verzögerung mehrerer Strecken würde ein einziger Regler, der die Regelgröße xist durch die Dampfzufuhr regelt, diese nur sehr ungenau einhalten. Man verwendet zusätzlich einen Hilfsregler, der die Schwankungen der Warmwassertemperatur xhilf erfasst und über das Dampfventil wesentlich schneller ausregelt. Dadurch wird die dem Reaktionskessel zugeführte Wärmemenge konstant gehalten und nur bei Temperaturschwankungen im Reaktionskessel verändert. Reaktionskessel Wärmeaustauscher
Pumpe
xist
xsoll
Dampf Hauptregler Warmwasser xhilf w Hilfsregler
Bild 1.15 Temperaturregelung in einem Reaktionskessel
y
14
1 Einleitung
xsoll
+ −
e
Hauptregler
w
+
Hilfsregler
− Folgeregelkreis
Teilstrecke
xhilf
Teilstrecke
xist
Führungsregelkreis
Bild 1.16 Wirkungsplan der Kaskadenregelung
Der Hilfsregler bildet zusammen mit der Teilstrecke (Wärmeaustauscher) einen Regelkreis (Bild 1.16), der vom Hauptregler als eine Teilstrecke behandelt und zusammen mit der zweiten Teilstrecke (Reaktionskessel) in einem übergeordneten Regelkreis geregelt wird. Nach der DIN 19226 wird der Hauptregler als Führungsregler und der Hilfsregler als Folgeregler bezeichnet.
Mehrgrößenregelung Das Stoffgemisch von zwei Produkten wird durch einen Molekularfilter getrennt (Bild 1.17). Der Molekularfilter besteht aus Hohlfaser-Membranen, die zu Hunderten in einer Plastikpatrone zusammengefasst sind. Das Stoffgemisch fließt quer zur Filtermembran und verursacht eine Druckdifferenz pist, welche den Durchfluss qist durch den Filter bestimmt. Die Änderung des Durchflusses beeinflußt die Konzentration der Lösung, die ihrerseits die Filtratsrate und folglich die Druckdifferenz pist beeinträchtigt. Die Regelung des Durchflusses erfolgt mit dem Stellventil Vq. Die Druckdifferenz pist wird mit Hilfe von zwei Geräten vor und nach dem Filter gemessen und mit dem Stellventil Vp geregelt. Die MehrgrößenreProdukt A Ventil Vq gelung wird mit zwei gekoppelten Reglern Rp qist + . . . . und Rq realisiert. Die qsoll ... . Rpq − gegenseitige Wirkung Regler Rq Produkt B .. .. .. . von qist und pist wird . mit Hilfe von Entkopp.. .. .. .. Regler R lungsblöcken Rqp und − p pist + Rqp Filter .. .. .. .. Rpq kompensiert. Durch psoll + + Ventil Vp die Entkopplung wird eine bessere Regelgüte Stoffgemisch als mit zwei getrennten einschleifigen Regelkreisen erreicht. Bild 1.17 Mehrgrößenregelung einer verfahrenstechnischen Anlage mit dem Molekularfilter
15
2 Mathematische Behandlung von Regelkreisen Von den Praktikern wird die genaue Beschreibung einer Strecke gern etwas geringschätzig bewertet mit dem Argument, dass die mathematischen Methoden kompliziert sind und an der Realität vorbeigehen. Jedoch lassen sich die Kennwerte einer Strecke, z. B. eines chemischen Prozesses, experimentell ermitteln und mit Hilfe der Theorie sinnvoll einordnen. Anliegen der Regelungstheorie ist es, die Zusammenhänge im Regelkreis zu erfassen und gegebenenfalls gezielt einzugreifen. Man kennt im voraus die Wirkung eines Regelparameters, ohne auf bloßes Probieren angewiesen zu sein.
2.1 Beharrungszustand und Zeitverhalten eines Regelkreisgliedes Wir haben in den vorangegangenen Betrachtungen gesehen, dass wir den Regelkreis im Wirkungsplan darstellen können und haben diesen in zwei Hauptblöcke unterteilt: •
Die Regelstrecke
•
Die Regeleinrichtung.
Jeder dieser Blöcke lässt sich nun wieder in einzelne rückwirkungsfreie Glieder zerlegen. Jedes dieser gerichteten Glieder hat einen Ein- und einen Ausgang. Rückwirkungsfrei bedeutet, dass das Signal das Glied nur vom Eingang zum Ausgang durchlaufen kann, nicht in umgekehrter Richtung (Bild 2.1). xe
xa
Bild 2.1
Blocksymbol eines Regelkreisgliedes
Man unterscheidet zwischen dem Beharrungszustand (statisches Verhalten) und dem Zeitverhalten (dynamisches Verhalten). Ist der Eingang Xe konstant, so ist bei proportionalen Systemen das Ausgangssignal Xa auch konstant. Nach einer Änderung der Eingangsgröße stellt sich normalerweise nach einer bestimmten Zeit auch eine konstante Ausgangsgröße ein, wie beispielsweise im Bild 2.2 gezeigt ist. Möglich ist es auch, dass ein Beharrungszustand überhaupt nicht erreicht werden kann. Dann ist das Regelkreisglied ohne Ausgleich bzw. instabil. Xe
Xa xe
xa
Xe0 0
Bild 2.2
Xa0
t0
t
0
t0
t
Zeitverhalten eines Regelkreisgliedes
16
2 Mathematische Behandlung von Regelkreisen
Die Zusammenhänge zwischen den Signalen im Beharrungszustand werden mit Hilfe von statischen Kennlinien bzw. Funktionen Xa = f (Xe) beschrieben. Die stationären Ein- und Ausgangsgrößen im Arbeitspunkt eines Regelkreisgliedes werden als Xe0 und Xa0 bezeichnet. Bei der Untersuchung des statischen Verhaltens werden wir uns auf kleine Abweichungen ΔXe und ΔXa von einem Arbeitspunkt beschränken, da ein betriebsfähiger Regler nur kleine Abweichung in einem Regelkreis zulässt. Dabei ist es zweckmäßig, die kleinen Abweichungen ΔXe und ΔXa einfach durch die kleinen Buchstaben xe und xa zu bezeichnen. Die Augenblickswerte setzten sich damit aus den stationären Arbeitspunktwerten und den zeitabhängigen Abweichungen zusammen: X e (t ) = X e0 + x e (t ) X a (t ) = X a0 + xa (t ) . Im Weiteren werden wir lediglich die Kleinschreibung benutzen, da die Untersuchungen nur für die Abweichungen von einem Arbeitspunkt durchgeführt werden. In einem Regelkreis spielt neben dem statischen Verhalten das dynamische Verhalten eine wesentliche Rolle, somit auch das dynamische Verhalten der einzelnen Glieder. Maßgebend sind hierbei die Augenblickswerte xe(t) und xa(t) sowie deren zeitliche Ableitungen x e (t ); xe (t ) ... und x a (t ); xa (t ) ... Gleichungen, die den statischen und dynamischen Zusammenhang zwischen Ein- und Ausgangsgröße beschreiben, sind gewöhnliche, lineare Differentialgleichungen von der allgemeinen Form:
... + a3 xa (t ) + a 2 xa (t ) + a1 x a (t ) + a 0 xa (t ) = b0 x e (t ) + b1 x e (t ) + b2 xe (t ) + b3 xe (t ) + ...
(2.1)
Die Ein- und Ausgangsgrößen sowie die konstanten Beiwerte a0, a1, ... , an und b0, b1, ... , bm sind im Allgemeinen dimensionsbehaftet. Die DGL der allgemeinen Form kann in die regelungstechnische Normalform gebracht werden, indem man: •
Die Ausgangsgrößen bzw. deren Ableitungen auf die linke DGL-Seite stellt
•
Die Ausgangsgröße bzw. deren 0. Ableitung koeffizientfrei lässt.
Als Beispiel ist unten eine DGL 2.Ordnung gezeigt a 2 xa (t ) + a1 x a (t ) + a 0 x a (t ) = b1 x e (t ) + b0 xe (t ) , die durch Division mit a0 auf regelungstechnische Normalform gebracht wird: b a2 a b xa (t ) + 1 x a (t ) + x a (t ) = 1 x e (t ) + 0 x e (t ) . a0 a0 a0 a0
2.2 Das Aufstellen der Differentialgleichung
17
2.2 Das Aufstellen der Differentialgleichung Bei der Aufstellung der Differentialgleichung eines Systems muss man die physikalischen Gesetze anwenden, denen das System unterliegt, so z. B. die mechanischen, hydraulischen, pneumatischen, elektrischen Gesetze usw. •
Beispie1 2.1 xe A C
x1 m
l
U
R xa
b
Bild 2.3
Elektropneumatischer Wandler
Die Eingangsgröße xe eines elektropneumatisches Wandlers (Bild 2.3) ist der Luftdruck über dem Membranteller mit der Fläche A. Dieser erzeugt eine Kraft
F = A xe . Infolge dieser Kraft wird die Kolbenstange um x1 nach unten bewegt. Dadurch wird die Feder um x1 zusammengedrückt und erzeugt die Gegenkraft Fc = c x . Außerdem ist eine Dämpfungseinrichtung vorgesehen. Bewegt sich der Kolben nach unten, so muss er die unter dem Kolben befindliche Ölmenge über die Umweg-Leitung mit dem Drosselventil nach oben fördern. Die Kraft, die dazu notwendig ist, ist proportional der Geschwindigkeit, mit der sich der Kolben nach unten bewegt:
Fk = b x1 . Ferner sind die bewegten Teile mit einer Masse m behaftet, so dass eine weitere Gegenkraft entsteht: Fm = m x1 . Nun muss in jedem Augenblick die Summe aller Kräfte gleich Null sein. Daraus folgt:
m x1 + b x1 + c x1 = A xe .
(2.2)
Zwischen x1 und xa besteht die Proportionalität
l U xa , daraus folgt x1 = xa . = l x1 U
(2.3)
18
2 Mathematische Behandlung von Regelkreisen
Setzen wir Gl. (2.3) in Gl. (2.2) ein, so erhalten wir
c ⋅l b⋅l m⋅l xa + x a = A xe . x a + U U U
(2.4)
Durch Vergleich mit der allgemeinen Form der DGL (2.1) finden wir die Beiwerte:
b0 = A in [cm2], a 0 =
c ⋅l b⋅l m⋅l in [N/V], a1 = in [Ns/V], a 2 = in [Ns2/V]. U U U
Dividiert man Gl. (2.4) durch den Faktor c⋅l /U, so folgt eine andere Art der Darstellung
A ⋅U b m xa (t ) + x a (t ) + xa (t ) = xe (t ) , c ⋅l c c bzw. mit den Abkürzungen:
K=
A ⋅U ; c⋅l
b T1 = ; c
T22 =
m ; c
T22 xa (t ) + T1 x a (t ) + xa (t ) = K xe (t ) .
(2.5)
T1 und T2 haben die Dimension einer Zeit und sind die so genannten Zeitkonstanten.
•
Beispiel 2.2
i
xe
R
L
uR
uL
C
xa
Bild 2.4
Reihenschwingkreis
Eingangsgröße des in Bild 2.4 gezeigten Reihenschwingungskreises ist die Spannung xe und Ausgangsgröße ist die Spannung über dem Kondensator xa. Nach dem 2. Kirchhoffschen Satz ist die Summe aller Spannungen in einer Masche gleich Null.
xe = u R + u L + xa .
(2.6)
Der Spannungsabfall am Widerstand ergibt sich zu uR = i R. Nach dem Induktionsgesetz ist uL = L di/dt. Ferner ist der Ladestrom i proportional der Spannungsänderung am Kondensator i = C dxa/dt. Diese Beziehungen in die Gl. (2.6) eingesetzt ergibt:
xe (t ) = xa (t ) + R C x a (t ) + L C xa (t ) . 2
Auch hier können wir die folgenden Zeitkonstanten einführen: T1 = R C und T2 = L C. Somit folgt:
T22 xa (t ) + T1 x a (t ) + x a (t ) = x e (t ) .
(2.7)
Man erkennt leicht, dass der Aufbau der beiden DGL (2.5) und (2.7), abgesehen vom Faktor K, übereinstimmt. Beide Systeme verhalten sich analog.
2.3 Lösung der Differentialgleichung
19
2.3 Lösung der Differentialgleichung Mit der gefundenen Differentialgleichung kann man noch nicht allzuviel anfangen. Es interessiert der zeitliche Verlauf der Ausgangsgröße xa(t), wenn die Eingangsgröße xe(t) einen bestimmten zeitlichen Verlauf annimmt. Um die Differentialgleichung mit der Störfunktion xe(t) lösen zu können, muss diese genau bekannt sein. Als Eingangsfunktionen benutzt man spezielle Signale, die leicht realisierbar und vergleichbar sind. Die Eingangsfunktionen werden auch in der Praxis zur experimentellen Ermittlung des zeitlichen Verlaufs des Ausgangssignals angewandt. Ist das Übergangsverhalten für eine spezielle Eingangsfunktion bekannt, so lässt sich daraus das Zeitverhalten bei jeder beliebigen Eingangsfunktion ermitteln.
2.3.1 Spezielle Eingangsfunktionen a) Die Sprungfunktion Sowohl für theoretische Untersuchungen als auch als praktische Testfunktion hat die Sprungfunktion als Eingangserregung eine große Bedeutung. Sie ist definiert durch
0 für t < 0 x e (t ) = ® ¯ x e0 = const für t > 0. Der Verlauf einer solchen Sprungfunktion ist in Bild 2.5 wiedergegeben. Vielfach wird die Höhe des Eingangssprungs auf den Wert Eins normiert und als Einheitssprung σ(t) bezeichnet: 0 ¯1
σ (t ) = ®
für t < 0 für t > 0.
Wegen der einfacheren Schreibweise wird im Folgenden die Sprungfunktion durch xe (t ) = xe0 ⋅ σ (t ) ausgedrückt. In Bild 2.5 (links) sind der ideale und der technisch realisierbare Verlauf (gestrichelt) gezeigt. xe
xe xe0
Ke0⋅t t
Bild 2.5 Sprungfunktion (links) und Anstiegsfunktion (rechts)
t
20
2 Mathematische Behandlung von Regelkreisen
Eine ideale Sprungfunktion, d. h. eine physikalische Größe, die sich zum Zeitpunkt t = 0 in unendlich kurzer Zeit um einen endlichen Betrag ändert, ist technisch nicht realisierbar. Mit den elektronischen Bauelementen kommt man zu Anstiegszeiten, die kleiner als eine Nanosekunde sind. Bei anderen physikalischen Größen (Druck, Temperatur usw.) liegen die Zeitkonstanten z. T. wesentlich höher.
b) Die Anstiegs- oder Rampenfunktion Wie Bild 2.5 (rechts) zeigt, steigt xe(t) bei Null beginnend, linear mit der Zeit an für t < 0 0 xe (t ) = K e0 ⋅ t ⋅ σ (t ) = ® ¯ K e0 ⋅ t für t > 0, dxe (t ) die konstante Änderungsgeschwindigkeit des Eingangssignals ist. dt Der zeitliche Verlauf der Ausgangsgröße bei einer Anstiegsfunktion am Eingang wird als Anstiegsantwort bezeichnet. wobei K e0 =
c) Die Impulsfunktion (δ-Funktion) Die ideale Impulsfunktion zeigt zum Zeitpunkt t = 0 einen Sprung ins Unendliche und ist gleich Null für t ≠ 0 (Bild 2.6, links). 0 xe (t ) = δ (t ) = ® ¯ ∞
für t ≠ 0 für t = 0.
Diese Funktion kann man sich aus einem rechteckförmigen Impuls der Breite ε und der Höhe 1/ε für ε → 0, mit der Zeitfläche 11, entstanden denken. Zwischen der δ-Funktion und dem Einheitssprung σ(t) besteht der Zusammenhang
δ (t ) =
dσ (t ) . dt
Der zeitliche Verlauf des Ausgangssignals bei einer Impulsfunktion am Eingang ist die Impulsantwort oder die Gewichtsfunktion g(t). ∞ ´ x dt = 1 ¶ e 0
xe
xe
^x e
1
ε ε
t t
T
Bild 2.6 Impulsfunktion (links) und Sinusfunktion (rechts) 1
Für praktische Untersuchungen, z. B. mit einem Impulsgenerator, hat die Impulsfläche die Dimension der Amplitude multipliziert mit der Zeit (Vs, As usw.).
2.3 Lösung der Differentialgleichung
21
Technisch kann die Impulsfunktion nur mit endlicher Dauer und Höhe realisiert werden. Die Anwendung einer Sprungfunktion über einen längeren Zeitraum stellt einen massiven, manchmal unzulässigen Eingriff dar. Ein kurzzeitiger Impuls hat den Vorteil, dass die durch ihn verursachte Beeinträchtigung verhältnismäßig gering ist.
d) Die sinusförmige Eingangsgröße Neben der Sprungfunktion zur Untersuchung von Regelkreisgliedern hat die Methode durch sinusförmige Eingangserregung eine große Bedeutung. Die Sinusschwingung (Bild 2.6, rechts) hat den zeitlichen Verlauf xe (t ) = xe sin ω t , wobei x e die Schwingungsamplitude und ω = 2π f die Kreisfrequenz ist, mit f als Frequenz. Die Schwingungsperiode ist T = 1/f.
e) Die stochastische Eingangsgröße Der Vollständigkeit halber sei eine weitere Zeitfunktion erwähnt, die allerdings im Rahmen dieses Buches keine Berücksichtigung findet. Die unter a) bis d) genannten deterministischen Eingangssignale sind vielfach zur Identifikation ungeeignet. Man benutzt statt dessen die immer vorhandenen stochastischen, d. h. regellos verlaufenden, Störsignale (Bild 2.7), wie z. B. das Rauschen in elektronischen Geräten oder die Stromschwankungen in einer der Elektroden eines Lichtbogenofens während des Einschmelzvorganges. xe t
Bild 2.7 Typischer Verlauf eines stochastischen Signals
Meistens sind die stochastischen Signale klein gegenüber den Betriebswerten. Die Beurteilung, Verknüpfung und Auswertung der Ein- und Ausgangssignale erfolgt mittels statistischer Methoden. Stochastische Signale mit einer Gaußschen Amplitudenverteilung spielen vergleichsweise eine ähnlich fundamentale Rolle, wie sinusförmige Signale bei deterministischer Betrachtungsweise.
2.3.2 Lösung der Differentialgleichung bei sprunghafter Verstellung der Eingangsgröße Die am häufigsten in der Regelungstechnik angewandte Eingangsfunktion ist die Sprungfunktion. Setzt man die Sprungfunktion als Störfunktion in die Differentialgleichung ein und löst die DGL nach xa(t) auf, so erhält man mit xa(t) die so genannte Sprungantwort.
22
2 Mathematische Behandlung von Regelkreisen
In den Beispielen 2.1 und 2.2 hatten wir folgende DGL gefunden: T22 xa (t ) + T1 x a (t ) + xa (t ) = K xe (t ) . Vereinfachend wollen wir annehmen, dass die Zeitkonstante T2 sehr klein sei, und damit das Glied T22 xa (t ) vernachlässigbar. Dies wäre z. B. der Fall, wenn die Masse m im Beispiel 2.1 bzw. die Induktivität L in Beispiel 2.2 sehr klein bzw. Null wäre. Die so erhaltene Differentialgleichung 1. Ordnung T1 xa (t ) + xa (t ) = K xe (t )
(2.8)
bzw. für t > 0 T1 x a (t ) + x a (t ) = K x e0
(2.9)
wollen wir nun auf verschiedene Arten lösen.
2.3.3 Lösung der Differentialgleichung durch Trennen der Veränderlichen Aus Gl. (2.9) findet man durch Umstellen nach dxa /dt dxa dxa 1 dt = . = (K xe0 − xa ) und K x e0 − xa T1 dt T1 Durch Integration beider Seiten folgt: dxa
dt
³ K xe0 − xa = ³ T1
bzw.
− ln (K xe0 − x a ) + C =
t . T1
(2.10)
Unter der Annahme, dass die Ausgangsgröße xa(t) des Systems für t = 0 Null ist, ergibt sich die Integrationskonstante C aus (2.10) mit der Anfangsbedingung xa(0) = 0. Dies wiederum in Gleichung (2.10) eingesetzt, ergibt − ln (K xe0 − x a ) + ln( K xe0 ) =
t T1
bzw.
§ xa ln¨¨1 − K xe0 ©
· t ¸¸ = − T 1 ¹
und nach xa aufgelöst: t
− xa 1− = e T1 , K xe0
xa (t ) = K xe0 (1 − e
−
t T1
).
(2.11)
Der Eingangssprung und die Sprungantwort haben dann den in Bild 2.8 dargestellten zeitlichen Verlauf.
2.3 Lösung der Differentialgleichung xe
23
xa
xa(∞) = K xe0
xe0 t
t
T1
Bild 2.8 Sprungfunktion und Sprungantwort
Die Kurve xa(t) hat für t = 0 die größte Steigung. Legt man an die Kurve xa(t) zum Zeitpunkt t = 0 die Tangente, so schneidet diese den Beharrungswert xa(∞) für t = T1. Der Verlauf der Sprungantwort ist durch die Zeitkonstante T1 und den Übertragungsbeiwert K eindeutig bestimmt.
2.3.4 Lösung der Differentialgleichung durch geeigneten Ansatz Die vorangegangene Lösungsmethode bestand darin, dass die Veränderlichen getrennt und anschließend integriert wurden. Dieser Weg ist nur bei DGL 1. und 2. Ordnung möglich. Bereits bei einer DGL 2. Ordnung ist der Aufwand ziemlich umfangreich, weil zunächst die Ordnung reduziert werden muss.
a) Lösung der homogenen Differentialgleichung Bei der Lösung der Differentialgleichung (2.8) T1 x a (t ) + xa (t ) = K xe (t ) nach der jetzt zu besprechenden Methode, wird zunächst die homogene Differentialgleichung gelöst, d. h. das Störglied K xe(t) wird Null gesetzt: T1 x a (t ) + xa (t ) = 0 .
(2.12)
Unabhängig von der Ordnung der DGL macht man nun generell den Ansatz: xa (t ) = e λ t . Es wird deshalb eine e-Funktion gewählt, weil die Ableitung einer e-Funktion ebenfalls wieder eine e-Funktion ergibt. Wir setzen nun xa (t ) = e λ t und xa (t ) = λ e λ t in die Gl. (2.12) ein und bestimmen den
λ-Wert so, dass die Gleichung erfüllt ist: λ eλ t T1 + eλ t = 0 und dann (λ T1 + 1) e λ t = 0. Dies ist der Fall für (λ T1 + 1) = 0, bzw. λ = −
1 . Daraus folgt, dass der gewählte T1
Ansatz mit λ = −1/ T1 eine Lösung der homogenen DGL ist.
24
2 Mathematische Behandlung von Regelkreisen
Wie man sich leicht durch Einsetzen überzeugen kann, erfüllt auch der Ansatz xa (t ) = C1 e λ t
(2.13)
die homogene Differentialgleichung. Nun ist aber die zu lösende Differentialgleichung (2.8) nicht homogen, sondern mit einem Störglied K xe(t) behaftet.
b) Lösung der inhomogenen Differentialgleichung durch die Methode der Variation der Konstanten nach Lagrange Die Methode der Variation der Konstanten besteht darin, dass die Konstante C1, in der Lösung der homogenen Differentialgleichung (2.13) durch eine Funktion C1(t) ersetzt wird. Setzt man den modifizierten Ansatz xa (t ) = C1 (t ) e
−
t T1
(2.14)
in die inhomogene Differentialgleichung (2.8) ein, so folgt: t t § − − ¨ 1 T1 T1 T1 ¨ C1 (t ) e − C1 (t ) e T1 ¨ ©
T1 C1 (t ) e
−
t T1
t · − ¸ T1 = K xe (t ) bzw. ¸ + C1 (t ) e ¸ ¹
= K x e (t ) .
Nach C1 (t ) aufgelöst ergibt: t
+ K x e (t ) e T1 . C1 (t ) = T1
Durch Integration zwischen den Grenzen τ = 0 und τ = t erhält man: t
³ 0
τ
t
K C1 (τ ) dτ = x e (τ ) e T1 dτ . T1
³ 0
Nach dem Hauptsatz der Infinitesimalrechnung ist τ
t
K xe (τ ) e T1 dτ C1 (t ) − C1 (0) = T1
³
bzw.
0
t
τ
K C1 (t ) = C1 (0) + xe (τ ) e T1 dτ . T1
³ 0
(2.15)
2.3 Lösung der Differentialgleichung
25
(2.15) in (2.14) eingesetzt, führt zu xa (t ) = C1 (0) e
−
t T1
τ −t
t
K + x e (τ ) e T1 dτ . T1
³ 0
Unter Berücksichtigung einer allgemeinen Anfangsbedingung xa(0) für t = 0 folgt xa (0) = C1 (0) . Somit lautet die vollständige Lösung: xa (t ) = x a (0) e
−
t T1
τ −t
t
K + xe (τ ) e T1 dτ . T1
³ 0
Die Ausgangsgröße setzt sich aus zwei Termen zusammen. Der erste Term berücksichtigt die Abhängigkeit von der Anfangsbedingung, der zweite Term ist die Reaktion der Ausgangsgröße auf die Eingangsgröße. Wählen wir wieder die Anfangsbedingung xa(0) = 0 und als Eingangsgröße die Sprungfunktion
0 für t < 0 xe (t ) = ® ¯ xe0 = const für t > 0, so wird t
− K xa (t ) = xe0 e T1 T1
t
³e
τ T1
dτ
0
und damit xa (t ) = K xe0 (1 − e
−
t T1
).
(2.16)
Dieses Ergebnis ist identisch mit dem zuvor gefundenen (2.11).
2.3.5 Lösung mittels Laplace-Transformation. Die Übertragungsfunktion
Bei linearen Systemen ist es vorteilhaft, die Lösung von Differentialgleichungen nicht im Zeitbereich, sondern mittels Laplace-Transformation vorzunehmen. Gemäß der Laplace-Transformation erhält man für die einzelnen DGL-Glieder unter der Voraussetzung, dass die Anfangsbedingung Null ist, folgende LaplaceTransformierten:
26
2 Mathematische Behandlung von Regelkreisen L [ x(t )] = x( s) L [ x (t )] = s ⋅ x( s ) L [ x(t )] = s 2 ⋅ x( s) ...
...
³
...
L [ x(t )dt ] =
1 ⋅ x( s ). s
Beispielsweise treten in der DGL (2.8) an die Stelle der Glieder im Zeitbereich nun die Ein-/Ausgangsgrößen im Bildbereich:
T1 xa (t ) + xa (t ) = K xe (t )
T1 ⋅ s ⋅ xa ( s ) + xa ( s) = K xe ( s). Die Laplace-Transformierte stellt damit eine algebraische Gleichung dar und lautet: (1 + sT1 ) x a ( s ) = K x e ( s) .
(2.17)
Allgemein ist das Verhältnis der Laplace-Transformierten Ausgangsgröße zur Laplace-Transformierten Eingangsgröße als Übertragungsfunktion G(s) definiert, deren enge Beziehung zum Frequenzgang noch besprochen wird. Für die Gl. (2.17) gilt: x (s) K . G(s) = a = xe ( s ) 1 + sT1 Für die Sprungfunktion xe(t) am Eingang (Bild 2.5) ist die Laplace-Transformierte L [ x e (t )] = x e ( s ) =
1 xe0 . s
Setzt man diese in die Gleichung (2.17) ein, so folgt xa ( s ) =
K K 1 x e ( s) = ⋅ xe0 . 1 + sT1 1 + sT1 s
Aus der letzten Beziehung sind die Polstellen, d. h. die Nullstellen des Nenners s (1 + sT1 ) = 0 mit s1 = 0 und s 2 = −
1 ersichtlich. T1
Die Rücktransformation in den Zeitbereich kann mittels Partialbruchzerlegung, Residuenzsatz oder Korrespondenztabelle erfolgen. Mit α = 1/T1 folgt aus der Beziehung 5 der Korrespondenztabelle (s. Anhang) sofort xa (t ) = K xe0 (1 − e
−
t T1
),
die mit den zuvor gefundenen (2.11) und (2.16) identisch ist.
(2.18)
2.3 Lösung der Differentialgleichung
27
Im weiteren Verlauf des Buches wird zur Lösung von Differentialgleichungen ausschließlich die Methode der Laplace-Transformation benutzt. •
Beispiel 2.3
i(s)
ue(s)
R
uR(s)
sL
uL(s)
1 sC
uC(s) = ua(s)
Bild 2.9 Darstellung eines Reihenschwingkreises im Bildbereich
Die Spannungen ue und ua eines Reihenschwingkreises (Bild 2.9) werden als Eingangs- und Ausgangsgrößen betrachtet. Es soll der Einschaltvorgang ermittelt werden, wenn die Eingangsspannung bei t = 0 von 0 auf ue0 sprungförmig geändert wird. Zur Berechnung von Einschaltvorgängen in elektrischen Netzwerken ist es nicht nötig, die DGL wie in Beispiel 2.2 aufzustellen, vielmehr kann man die aus der Theorie der Wechselstromlehre bekannten Regeln in modifizierter Form als Übertragungsfunktionen anwenden. Nach dem Ohmschen Gesetz gilt für Bild 2.9 im Zeit- und Bildbereich
u R (t ) = R ⋅ i(t )
c−−¦
u R ( s) = R ⋅ i ( s ) .
(2.19)
An der Induktivität (Bild 2.9) sind die Beziehung zwischen zeitlichen und LaplaceTransformierten Strom und Spannung wie folgt gegeben:
u L (t ) = L ⋅ i(t )
c−−¦
u L (s) = s ⋅ L ⋅ i(s) .
(2.20)
Die Verhältnisse an der Kapazität C im Zeit- und Bildbereich sind:
i(t ) = C ⋅ u C (t )
c−−¦
i( s) = s ⋅ C ⋅ u C ( s ) bzw. i( s) = s ⋅ C ⋅ u a ( s ) .
(2.21)
Für die Ausgangsspannung folgt die Laplace-Transformierte aus dem 2. Kirchhoffschen Satz:
u e ( s ) = u R ( s ) + u L ( s ) + u a ( s) .
(2.22)
Setzen wir nun die Gln. (2.19) und (2.20) in die Gleichung (2.22)
u e ( s ) = R i ( s ) + s L i( s) + u a ( s) und ersetzen wir den Strom i(s) aus der Gl. (2.21) durch ua(s), so ergibt sich
u e ( s ) = s R C u a ( s ) + s 2 L C u a ( s) + u a ( s ) L C ⋅ s 2 u a (s) + R C ⋅ s u a (s) + u a (s) = u e (s) .
(2.23)
Aus letzter Gleichung folgt nach der Differentiationsregel der Laplace-Transformation die DGL
L C ua (t ) + R C u a (t ) + u a (t ) = u e (t ) . Zur Ermittlung des zeitlichen Verlaufs der Ausgangsgröße bei gegebenem Eingang ist die DGL nicht erforderlich, sondern wird direkt aus Gln. (2.23) in den Zeitbereich zurücktransformiert.
28
2 Mathematische Behandlung von Regelkreisen
Die Übertragungsfunktion stellt das Verhältnis der Laplace-Transformierten Ausgangsgröße zur Laplace-Transformierten Eingangsgröße dar:
u (s) 1 . G(s) = a = 2 ue (s) s L C + s R C + 1
(2.24)
Mit den Abkürzungen T22 = L C und T1 = R C ergibt sich die Normalform der 2. Ordnung
u (s) 1 G(s) = a = . 2 2 u e ( s ) T2 s + T1 s + 1
(2.25)
X Aufgabe 2.1 Eine Kettenschaltung von zwei gleichartigen Vierpolen mit Ein- und Ausgangssgrößen ue(s) und ua(s) ist im Bild 2.10 gezeigt. i1(s)
i2(s)
R1
ue(s)
R2
ua1(s)
C1
1. Vierpol
C2 ua(s)
Bild 2.10 Kettenschaltung von zwei Vierpolen
2. Vierpol
Gegeben ist die Übertragungsfunktion der Kettenschaltung
u (s) 1 G(s) = a = , 2 u e ( s ) s T1T2 + s (T1 + T2 + T3 ) + 1 mit folgenden Zeitkonstanten:
T1 = R1C1
T2 = R2 C 2
T3 = R1C 2 .
Ermitteln Sie ua(t) bei dem für t = 0 gegebenen Eingangssprung von der Höhe ue0 mit C1 = 20 μF R1 = 50 kΩ C2 = 10 μF (Lösung im Anhang) R2 = 100 kΩ
•
Beispiel 2.4
Es soll die Übertragungsfunktion eines Feder-Masse-Dämpfer Systems (Bild 2.11) ermittelt werden. KD x F
Bild 2.11 Mechanisches System m KC
2.3 Lösung der Differentialgleichung
29
Die Eingangsgröße ist die Kraft F(t), die Ausgangsgröße ist der Weg x(t) der Masse m. Die Wegstrecke x(t) ist von der Federkraft FC(t) und der Dämpfer-Widerstandskraft FD(t) abhängig:
FC (t ) = K C x(t ) und FD (t ) = K D x (t ) ,
(2.26)
worin KC und KD die Federkonstante und die Dämpfungskonstante sind. Aus dem Kräftegleichgewicht
m x(t ) = F (t ) − FC (t ) − FD (t )
(2.27)
erhält man die Differentialgleichung des mechanischen Systems, indem man die Gleichungen (2.26) in die Gl. (2.27) einsetzt:
m x(t ) = F (t ) − K C x(t ) − K D x (t ) . Nach Laplace-Transformation folgt daraus mit den Abkürzungen
T22 =
K 1 m , T1 = D und K = KC KC KC
die Übertragungsfunktion 2. Ordnung, die mit Gl. (2.25) identisch ist:
G(s) =
x( s ) K . = F ( s ) T22 s 2 + T1 s + 1
X Aufgabe 2.2 Gegeben sind das in Bild 2.12 gezeigte Netzwerk mit R-, C- und L-Elementen sowie die das System beschreibende Übertragungsfunktion:
u (s) s 2 T1T2 − 1 sT1 1 . bzw. G ( s ) = G(s) = a = − (1 + sT1 )(1 + sT2 ) u e ( s ) 1 + sT1 1 + sT2
R1
R2
ua(s)
ue(s) sL
Bild 2.12 RCL-Brückenschaltung (Allpaßglied)
1 sC
Die Zeitkonstanten sind durch die folgenden Abkürzungen bezeichnet:
T1 =
L und T2 = R2 C . R1
Die Anfangsbedingungen sind Null. Es ist mit C = 0,2 μF R1 = 1 kΩ L=1H R2 = 100 kΩ zu ermitteln:
30
2 Mathematische Behandlung von Regelkreisen
a) Die Ausgangsspannung ua(t) nach einem Einheitssprung der Spannung ue(t) = ue0⋅σ(t). b) Die Werte von ua(t) für t = 0 und t = ∞. Hinweis: Zur Rücktransformation in den Zeitbereich geht man am zweckmäßigsten von dem partialbruchzerlegten Ausdruck aus.
2.3.6 Lösung der Differentialgleichung bei sinusförmiger Eingangsgröße Wie ist der Verlauf der Ausgangsgröße, wenn die Eingangsgröße eine sinusförmige Schwingung ist? Diese Frage soll für das in Bild 2.13 gezeigte lineare System beantwortet werden. R
ue(t)
Bild 2.13 Zuschalten einer sinusförmigen Spannung auf ein RC-Glied
ua(t)
C
Die Übertragungsfunktion entspricht den Gln. (2.24) und (2.25) mit T1 = RC und ohne Induktivität L bzw. mit T2 = 0: u ( s) 1 1 . = = G(s) = a u e ( s ) 1 + s ⋅ RC 1 + sT1
(2.28)
Die Anfangsbedingung ist Null. Für die sinusförmige Eingangsfunktion bei t > 0 ue (t ) = uˆe sin (ω t + α ) = uˆe
e j (ω t +α ) − e − j (ω t +α ) 2j
ist die Laplace-Transformierte, gemäß der Beziehung 4 der Korrespondenztabelle uˆ ª e jα e − jα º uˆ e ( s + jω ) e jα − ( s − jω ) e − jα ue (s) = e « . − ⋅ »= 2 j ¬« s − jω s + jω ¼» 2 j ( s − jω )(s + jω )
(2.29)
Mit (2.29) in (2.28) folgt: ua (s) =
uˆ e ( s + jω ) e jα − ( s − jω ) e − jα ⋅ ⋅ 2 jT1 ( s − jω )(s + jω )
1 s+
1 T1
.
In dieser Form sind die drei Pole mit s1 = jω
s2 = − jω
s3 = −
1 T1
bekannt. Die Rücktransformation in den Zeitbereich erfolgt am zweckmäßigsten mittels des Residuensatzes:
2.3 Lösung der Differentialgleichung ua ( t ) =
31
uˆe ⋅ [Res ( s1 ) + Res ( s2 ) + Res ( s3 )] 2 jT1
(2.30)
Für die ersten zwei Pole ergeben sich die Residuen Res ( s1 ) =
T1 e jα e jω t 1 + jω T1
Res ( s2 ) = −
T1 e − jα − jω t , e 1 − jω T1
die sich wie folgt zusammenfassen lassen: Res ( s1 ) + Res ( s2 ) = T1
(1 − jω T1 ) e j (ω t +α ) − (1 + jω T1 ) e − j (ω t +α ) 1 + (ω T1 ) 2
bzw. durch trigonometrische Funktionen ausgedrückt: Res ( s1 ) + Res ( s2 ) =
2 jT1 [sin (ω t + α ) − ωT1 cos (ω t + α )] . 1 + (ω T1 ) 2
(2.31)
Das Residuum des dritten Pols
§ 1 · § 1 · ¨¨ − + jω ¸¸ e jα − ¨¨ − − jω ¸¸ e − jα − t T ¹ © T1 ¹ e T1 Res ( s3 ) = © 1 § 1 ·§ 1 · ¨¨ − − jω ¸¸ ¨¨ − + jω ¸¸ © T1 ¹ © T1 ¹ wird vereinfacht t
(1 − jω T1 ) e jα − (1 + jω T1 ) e − jα − T1 Res ( s3 ) = −T1 e 1 + (ω T1 ) 2 und auch durch trigonometrische Funktionen ausgedrückt: t
− 2 jT1 T1 Res ( s3 ) = − [ sin α − ω T cos α }] e . 1 2 1 + (ω T1 )
(2.32)
(2.31) und (2.32) in (2.30) eingesetzt, ergibt: t ª − º T «sin (ω t + α ) − ω T cos (ω t + α ) − (sin α − ω T cos α ) e 1 » . ua ( t ) = 1 1 » 1 + (ω T1 ) 2 « ¼ ¬
uˆe
32
2 Mathematische Behandlung von Regelkreisen
Da die Summe bzw. Differenz einer Sinus- bzw. einer Cosinusfunktion, bei gleicher Frequenz, stets wieder eine Sinusschwingung ergibt, kann man für die ersten beiden Terme in der eckigen Klammer schreiben: sin (ω t + α ) − ω T1 cos (ω t + α ) = A sin (ω t + α + ϕ ) . Hierin ist A die Schwingungsamplitude und ϕ der Phasenverschiebungswinkel der resultierenden Schwingung. Mit Hilfe der Additionstheoreme findet man: sin (ω t + α + ϕ ) = sin (ω t + α ) ⋅ cos ϕ + cos (ω t + α ) ⋅ sin ϕ und somit sin (ω t + α ) − ω T1 cos (ω t + α ) = A [sin (ω t + α ) ⋅ cos ϕ + cos (ω t + α ) ⋅ sin ϕ ] . Setzt man die Glieder mit sin (ω t + α ) bzw. cos (ω t + α ) beider Seiten gleich, so ergibt sich : A cos ϕ = 1 A sin ϕ = −ω T1 . Durch Division beider Gleichungen erhält man tan ϕ = −ω T1
(2.33)
und durch Quadrieren und Addieren beider Gleichungen A2 (cos 2 ϕ + sin 2 ϕ ) = 1 + (ω T1 ) 2 bzw. A = 1 + (ω T1 ) 2 . Somit ergibt sich die endgültige Lösung t ª − º uˆe « T1 » . ua ( t ) = sin (ω t + α + ϕ ) − sin (α + ϕ ) ⋅ e » A « ¬ ¼
−
t T1
Nach einer Zeit t = 5 T1 ist das Glied mit dem Faktor e nahezu Null und vernachlässigbar, d. h. der Einschwingvorgang (Bild 2.14) ist abgeschlossen und die Ausgangsgröße ist dann eine ungedämpfte Sinusschwingung mit dem zeitlichen Verlauf ua (t ) = uˆa sin (ω t + α + ϕ ) .
(2.34)
Wie aus Gl. (2.34) ersichtlich, hat die Ausgangsgröße ua im stationären Zustand die gleiche Kreisfrequenz wie die Eingangsgröße mit der Schwingungsamplitude uˆ a uˆa =
uˆe 1 + (ω T1 ) 2
.
2.3 Lösung der Differentialgleichung
33
Die Amplitude uˆ a ist eine Funktion von ω und nimmt mit zunehmendem ω ab. xe
x^e t
xa
ϕ
Bild 2.14 Einschwingvorgang beim Einschalten eines sinusförmigen Eingangssignals
^x a
t T1
Der Phasenverschiebungswinkel ϕ, den man aus der Gl. (2.33) erhält:
ϕ = −arc tan (ω T1 ) ist stets negativ und ebenfalls eine Funktion von ω. Mit zunehmender Kreisfrequenz wird der negative Phasenverschiebungswinkel ϕ größer. Das ist auch aus dem Systemaufbau zu erkennen. Mit zunehmender Frequenz kann die Ausgangsspannung, infolge der durch die Zeitkonstante RC festliegenden Trägheit, der Eingangsspannung nicht mehr folgen. Das behandelte Beispiel, dass zu einer DGL 1.Ordnung führte, hat gezeigt, dass bei einer sinusförmigen Eingangserregung am Ausgang ebenfalls eine sinusförmige Schwingung gleicher Frequenz entsteht. Allgemein gilt bei einem linearen System, das zu einer Differentialgleichung beliebiger Ordnung führt, dass eine harmonische Schwingung am Eingang am Ausgang ebenfalls eine harmonische Schwingung erzeugt. Sinusförmige Eingangssignale werden nicht nur zur Untersuchung elektrischer Regelkreisglieder, sondern auch für pneumatische und andere Systeme angewandt. Diese Methode hat besonders bei schnellen Systemen Vorteile gegenüber der Sprungfunktion. Vielfach erfolgt die Anwendung nur theoretisch, wie bei Stabilitäts- und Optimierungsproblemen. X Aufgabe 2.3 Wie müsste der Phasenwinkel der Eingangsfunktion ue (t ) = uˆe sin (ω t + α ) gewählt werden, damit der stationäre Schwingungszustand direkt (ohne Einschwingvorgang) erreicht wird?
34
2 Mathematische Behandlung einzelner Regelkreisglieder
2.4 Beschreibung von Regelkreisen im Frequenzbereich 2.4.1 Der Frequenzgang Die Rechnung bei sinusförmiger Eingangsgröße wird besonders einfach, wenn man die Sinusschwingung
xe (t )
xˆe sin Z t
(2.35)
aus einem, um den Ursprung der Gaußschen Zahlenebene rotierenden Zeiger entstanden denkt, der auf die imaginäre Achse projiziert ist (Bild 2.15). Im
x^ecos Z t1
Z t1
xe
x^e
x^esin Z t1 Re t1
t 1 T= f
Bild 2.15 Zusammenhang zwischen Linien- und Zeigerdarstellung
Der Zeiger ist durch die beiden Komponenten xˆe cos Z t und j xˆe sin Z t eindeutig festgelegt: xe (t )
xˆe (cos Z t j sin Z t ) .
Nach der Eulerschen Gleichung ist: cos Z t j sin Z t
e jZ t .
Damit wird: xe (t )
xˆe e jZ t .
(2.36)
Das heißt, wir betrachten nicht nur die imaginäre Komponente des rotierenden Zeigers, sondern wir nehmen noch die reelle Komponente hinzu. Anstelle von (2.35) schreibt man nun (2.36). Wird ein lineares System am Eingang mit einer Sinusschwingung xe(t) erregt, dann wird, wie im vorherigen Abschnitt abgeleitet, auch die Ausgangsgröße xa(t) im eingeschwungenen Zustand einen sinusförmigen Verlauf haben. Bei gleicher Frequenz haben Amplitude und Phasenlage von Ein- und Ausgangsgrößen im Allgemeinen verschiedene Werte. Die Ausgangsgröße xa(t) ist gegenüber der Eingangsgröße xe(t) um den Phasenwinkel M verschoben, wie Bild 2.14 zeigt.
2.4 Beschreibung von Regelkreisen im Frequenzbereich
35
Der zeitliche Verlauf der Ausgangsgröße ist somit: xa (t )
xˆa (sin Z t M ) .
Betrachten wir die Ausgangsgröße entsprechend der Eingangsgröße als rotierenden Zeiger, so können wir schreiben:
xa (t )
xˆa e j (Z t M ) .
(2.37)
Das Verhältnis der Zeiger von Ausgangs- zur Eingangsgröße bezeichnet man als Frequenzgang. Dieser ist, wie wir später sehen werden, nicht mehr eine Funktion der Zeit, sondern von jZ G ( jZ )
xa (t ) xe (t )
xˆa e j (Z t M ) xˆe e jZ t
xˆa e jM . xˆe
(2.38)
Bei elektrischen Systemen gewinnt man den Frequenzgang mittels der Methoden der Theorie der Wechselströme. In diesem Abschnitt soll der Frequenzgang, wie bei nichtelektrischen Systemen üblich, aus der Differentialgleichung abgeleitet werden. Dafür stellen wir zuerst die zeitlichen Funktionen (2.36) und (2.37) der Ein- und Ausgangsgrößen xe(t) und xa(t) im Frequenzbereich als Funktionen von jZ dar: xe ( jZ )
xˆe e jZ t
(2.39)
xa ( jZ )
xˆa e j (Z t M ) .
(2.40)
Unter Beachtung der Ableitungsregeln der Exponentialfunktionen d jZ t e dt
jZ e jZ t
erhalten wir die zeitlichen Ableitungen der Eingangsgröße der Gl. (2.39) wie: xe ( jZ )
jZ xˆe e jZ t
bzw. x e ( jZ )
jZ x e ( j Z )
xe ( jZ ) ( jZ ) 2 xˆe e jZ t bzw. xe ( jZ ) ( jZ ) 2 xe ( jZ ) xe ( jZ ) ( jZ )3 xˆe e jZ t bzw. xe ( jZ ) ( jZ ) 3 xe ( jZ ) usw. Ähnlich ergeben sich die zeitlichen Ableitungen (2.40) der Ausgangsgröße zu:
x a ( jZ )
jZ x a ( jZ )
xa ( jZ ) ( jZ ) 2 x a ( jZ ) xa ( jZ ) ( jZ ) 3 x a ( jZ ) usw. Nach Gl. (2.1) lautet die allgemeine Form der Differentialgleichung:
36
2 Mathematische Behandlung einzelner Regelkreisglieder
... a3 xa (t ) a 2 xa (t ) a1 x a (t ) a 0 x a (t ) b0 x e (t ) b1 x e (t ) b2 xe (t ) b3 xe (t ) ... Setzen wir xe(jZ) und xa(jZ) sowie deren Ableitungen in diese allgemeine Differentialgleichung ein, so wird:
... a3 ( jZ ) 3 x a ( jZ ) a 2 ( jZ ) 2 x a ( jZ ) a1 ( jZ ) x a ( jZ ) a 0 xa ( jZ ) b0 x e ( jZ ) b1 ( jZ ) x e ( jZ ) b2 ( jZ ) 2 x e ( jZ ) b3 ( jZ ) 3 x e ( jZ ) ... Auf der linken Seite der Gleichung lässt sich der gemeinsame Faktor xa(jZ) und auf der rechten Seite xe(jZ) herausziehen. Bildet man nach der Gl. (2.38) das Verhältnis xa(jZ) zu xe(jZ), so folgt der Frequenzgang G(jZ) G ( jZ )
x
x a ( jZ ) x e ( jZ )
b0 b1 ( jZ ) b2 ( jZ ) 2 b3 ( jZ ) 3 ... a 0 a1 ( jZ ) a 2 ( jZ ) 2 a3 ( jZ ) 3 ...
.
Beispiel 2.5
Gegeben ist die Differentialgleichung
T22 xa (t ) T1 x a (t ) x a (t )
K x e (t )
(siehe Beispiele 2.1 und 2.2). Zu ermitteln ist der Frequenzgang G(jZ). Setzt man die Ein- und Ausgangsgrößen xe(t) und xa(t) als Funktionen von jZ in die DGL ein, so ergibt sich:
T22 ( jZ ) 2 xa ( jZ ) T1 ( jZ ) xa ( jZ ) xa ( jZ )
K x e ( jZ ) .
Daraus folgt:
G ( jZ )
x a ( jZ ) x e ( jZ )
K T22
2
( jZ ) T1 ( jZ ) 1
.
2.4.2 Die Ortskurve
In Abschnitt 2.3.6 wurde gezeigt, dass eine Sinusfunktion als Eingangsgröße eine Sinusschwingung gleicher Frequenz am Ausgang zur Folge hat. Die Amplitude und die Phasenlage der Ausgangsschwingung sind abhängig von der Frequenz. Um das Verhalten eines Regelkreisgliedes durch sinusförmige Erregung beurteilen zu können, genügt es nicht, die Schwingung der Ausgangsgröße bei nur einer Frequenz zu ermitteln, sondern es müssen die Amplitude und die Phasenlage bezogen auf die
2.4 Beschreibung von Regelkreisen im Frequenzbereich
37
Eingangsgröße für alle Frequenzen von Z = 0 bis Z = f bekannt sein. Die Eingangsgröße xe(t) hat immer die gleiche Amplitude xˆ e . In Bild 2.16b und d sind die Sinusschwingungen für Ein- und Ausgangsgröße für zwei verschiedene Frequenzen Z1 und Z2 dargestellt, wobei Z1 < Z2 ist. Verwendet man anstelle der Linienbilder die Zeigerbilder, so gelangt man zu der in Bild 2.16a und c gezeigten Darstellung. xe , xa1
Im
Z=Z1 ^x e
^x e
M1 a)
Zt
Re
M1
x^a1
b)
xe , xa2
Im
^x e
^x e
M2 c)
^x a1
^x a1
Z=Z2 ^x a2
Zt
Re
M2 d)
Bild 2.16 Ein- und Ausgangsgröße bei verschiedenen Frequenzen im Zeiger- und Linienbild
Im Zeigerbild bleibt die Länge und die Lage des Zeigers xˆ e für alle Frequenzen gleich. Lediglich die Länge und Lage des Zeigers xˆ a ändert sich in Abhängigkeit von der Frequenz. Normiert man die Eingangsgröße auf den Wert xˆ e0 = 1, dann wird die Ausxˆ gangsgröße a . Für verschiedene Frequenzen Z ergeben sich dann verschiedene xˆ e ˆx a -Werte mit jeweils verschiedenen Phasenwinkeln M zu xˆ e0 = 1. xˆ e xˆ Zeichnet man die bei den verschiedenen Frequenzen erhaltenen Ausgangszeiger a xˆ e in ein Schaubild, wie in Bild 2.17 gezeigt ist, und verbindet die Endpunkte der Zeiger durch einen geschlossenen Kurvenzug, so stellt dieser die Ortskurve des Frequenzganges dar. Zur Beschreibung eines Regelkreisgliedes genügt die Ortskurve mit dem Frequenzmaßstab. Ist sie bekannt, so kann daraus der Frequenzgang, die Differentialgleichung und die Sprungantwort ermittelt werden.
38
2 Mathematische Behandlung einzelner Regelkreisglieder Im
Z=0
Z=f M1
Re
Z9 Z=Z1 Z3
Z4
Bild 2.17 Ortskurve des Frequenzganges
Z=Z2
Will man die Ortskurve aus dem Frequenzgang ermitteln, so wird der komplexe Ausdruck in Real- und Imaginärteil zerlegt und für verschiedene Frequenzen in die Gaußsche Zahlenebene eingetragen. Die Ermittlung der Ortskurve aus dem Frequenzgang soll nun an einem Beispiel gezeigt werden. x
Beispiel 2.6
Gegeben ist die Übertragungsfunktion eines Verzögerungsgliedes 1. Ordnung
G (s)
xa (s) xe (s)
K mit K = 10 und T = 0,1s. 1 sT
Es ist der Verlauf der Ortskurve zu ermitteln. Der Frequenzgang ergibt sich aus der Übertragungsfunktion, indem wir die komplexe Variable s durch jZ ersetzen.
G ( jZ )
xa ( jZ ) xe ( jZ )
K . 1 jZ T
Der Frequenzgang G(jZ) ist eine komplexe Größe, die sich in der Gaußschen Zahlenebene darstellen lässt. Zur Trennung von G(jZ) in Real- und Imaginärteil wird G(jZ) mit dem konjugiert komplexen Ausdruck des Nenners erweitert:
G ( jZ )
K 1 jZ T 1 jZ T 1 jZ T
K (1 jZ T ) 1 (Z T ) 2
Re (G ) j Im (G ) .
Daraus ergibt sich:
Re (G )
K 1 (Z T )
2
und Im (G )
KZT . 1 (Z T ) 2
Variiert man nun Z = 0 bis Z = f, so ergibt sich für jeden diskreten Z - Wert je eine reelle und eine imaginäre Komponente, die zusammen einen Punkt in der Gaußschen Zahlenebene ergeben.
2.4 Beschreibung von Regelkreisen im Frequenzbereich
39
In der folgenden Tabelle ist das für verschiedene Z -Werte in sec Ortskurve in Bild 2.18 wiedergegeben.
Z Re(G ) Im(G)
0 10
2 9,6
0
4 8,6
6 7,35
8 6,1
1,92 3,44 4,41 4,88
1
durchgeführt und als
10 5
15 3,07
20 2
30 1
40 0,59
f 0
5
4,6
4
3
2,36
0
Im K
2
Z=f
2
4
6
8
Z=0
M = 45° K
Re
2
2
Bild 2.18 Ortskurve eines Gliedes 1.Ordnung
Z /s 1 4
ZE = 1 s 1 T
Die Ortskurve ist ein Halbkreis im vierten Quadranten. Der Frequenzgang G(jZ) lässt sich in Betrag ~G(Z)~ und Phasenwinkel M (Z) zerlegen:
G (Z )
Re 2 (G ) Im 2 (G )
M (Z ) arctan
Im (G ) Re (G )
K 1 (Z T ) 2
arctan (Z T ).
Bemerkenswert ist, dass für die so genannte Eckfrequenz Z = Z E = 1/T der Realteil von G(jZ) gleich dem negativen Imaginärteil von G(jZ) ist, d. h. Re(G) = – Im(G) =K/2. Oder anders K gegenüber dem Betrag K für Z = 0. ausgedrückt, der Betrag ~G(Z)~ ist für Z E nur noch 2 Die Phasenverschiebung beträgt bei dieser Frequenz gerade – 45°.
2.4.3 Beziehung zwischen Ortskurve und Sprungantwort
Betrachtet man eine Differentialgleichung 1. Ordnung des Typs
T x a (t ) xa (t )
K xe (t )
mit dem Eingang xe0 = 1 und vergleicht die Sprungantwort (Bild 2.7) mit der Ortskurve (Bild 2.17), so kann man bestimmte Wechselbeziehungen erkennen (Bild 2.19): x
Für t = 0 hat die Sprungantwort den Wert xa(0) = 0. Diesen Wert finden wir aus der Ortskurve für Z = f mit ~G(f)~= 0. Daraus folgt xa(jZ) = xa(jf) = 0.
x
Für t = f nimmt die Sprungantwort den Wert xa(f) = K xe0 an. Den gleichen Wert x hat die Ortskurve für Z = 0, a K . xe
40
2 Mathematische Behandlung einzelner Regelkreisglieder Im
xa K
Z=f xa(f) = K xe0
0,63xa(f)
M K
2
~G
Re ~
t
T
Z=0 Z /s 1
1 T
Bild 2.19 Sprungantwort und Ortskurve eines Verzögerungsgliedes 1. Ordnung
Die Sprungantwort und Ortskurve nehmen die gleichen Werte an für t = 0 und Z = f, sowie für t = f und Z = 0. Diese Wechselbeziehung gilt allgemein und erklärt sich aus den Grenzwertsätzen:
lim xa (t )
t o0
lim xa (t )
t of
lim s xa ( s)
(2.41)
lim s xa ( s ) .
(2.42)
sof
so0
Für einen Eingangssprung (siehe Abschnitt 2.3.1, Bild 2.5) ist x e ( s ) xa (s) G ( s) xe ( s)
xe0 und somit s
G(s) x e0 bzw. s x a ( s ) G ( s ) x e0 . s
Setzt man nun die letzte Gl. in die Gln. (2.41) und (2.42), so wird die Beziehung zwischen Zeit- und Frequenzbereich wie folgt formuliert: lim xa (t )
t o0
lim xa (t )
t of
lim G ( s ) xe0
sof
lim G ( s) xe0 .
so0
Ein weiterer charakteristischer Wert ist die Zeitkonstante T : x
Bei t = T erreicht die Sprungantwort 63% des Beharrungszustandwertes xa(f)
x
Für Eckfrequenz Z E
1 gilt M (Z E ) 45q . T
X Aufgabe 2.4
Auf ein System, das durch die Übertragungsfunktion G ( s )
xa ( s) xe (s)
KP
1 sTv beschrie1 sT1
ben wird, wirkt ein Eingangssprung. Es ist xa(t) für t = 0 und t = f im Bildbereich mittels Grenzwertsatz zu bestimmen und mit den entsprechenden Punkten der Ortskurve zu vergleichen.
2.4 Beschreibung von Regelkreisen im Frequenzbereich
41
2.4.4 Das Bode-Diagramm
Bei der Ortskurvendarstellung in Abschnitt 2.4.2 wird der Frequenzgang G(jZ) in Real- und Imaginärteil zerlegt und in einem einzigen Diagramm in der Gaußschen Zahlenebene dargestellt. Die Darstellung im Bode-Diagramm erfolgt in zwei getrennten Diagrammen, indem der Frequenzgang in Betrag ~G(Z)~ und Phasenwinkel M (Z) zerlegt und als Funktion der Kreisfrequenz Z dargestellt wird. Charakteristisch ist, dass ~G(Z)~ und Z im logarithmischen Maßstab (in Dezibel und in Dekaden), M (Z) im linearen Maßstab aufgetragen wird. In Kapitel 5 wird das Bode-Diagramm ausführlich behandelt und die Vorteile dieser Darstellungsart besprochen. x
Beispiel 2.7
Der in Beispiel 2.6 als Ortskurve dargestellte Frequenzgang G ( s )
xa ( jZ ) xe ( jZ )
K 1 jZ T
mit K = 10 und T = 0,1s, soll nun im Bode-Diagramm dargestellt werden. Wie in Beispiel 2.6 ermittelt, sind:
K
G (Z )
1 (Z T ) 2
und M (Z )
arctan (Z T ) ,
indem der Betrag in Dezibel umgerechnet wird: ~G(Z)~dB = 20 lg~G(Z)~. Variiert man Z von 0 bis f, so erhält man für jeden diskreten Z - Wert je einen Wert des Betrags und des Phasenwinkels M (Z ), die in Bild 2.20 als Bode-Diagramm dargestellt sind. G
dB
40 dB
Asymptoten
20 dB K
20lg K
Z=
1 T
0 dB
2
0,1
1
10
100
0° 0,1
1
10
100
MZ 45°
Z= 1 T
Z /s 1
Z /s 1
90°
Bild 2.20 Bode-Diagramm eines Verzögerungsgliedes 1. Ordnung
42
2 Mathematische Behandlung einzelner Regelkreisglieder
2.5 Beschreibung von Regelkreisen mit Übertragungsfunktionen 2.5.1 Verbindungsmöglichkeiten von Regelkreisgliedern
In Kapitel 1 wurde gezeigt, dass man den Regelkreis im Wirkungsplan darstellen und dabei in zwei Hauptblöcke unterteilen kann, in die Regelstrecke und die Regeleinrichtung. Um die mathematische Beschreibung des Regelkreises als Gesamtheit zu vereinfachen, zerlegt man jeden der beiden Hauptblöcke in einzelne, rückwirkungsfreie Glieder, die sich nun besser theoretisch erfassen lassen. Ist die Abhängigkeit zwischen Ausgangsgröße xa und Eingangsgröße xe sämtlicher zur Regelstrecke bzw. zur Regeleinrichtung gehörenden Glieder bekannt, so lässt sich eine Aussage über die Abhängigkeit zwischen Eingang und Ausgang der Regelstrecke, der Regeleinrichtung und schließlich über das Verhalten des geschlossenen Regelkreises machen. Zur Beschreibung von Regelkreisgliedern gibt es verschiedene Möglichkeiten, wie die in den vorangegangenen Abschnitten gezeigten Differentialgleichung, die Sprungantwort, die Übertragungsfunktion, sowie Frequenzgänge, Ortskurven und BodeDiagramme. Ist die Übertragungsfunktion G(s) bekannt, so gibt diese das Verhältnis der Laplace-Transformierten Ausgangsgröße xa(s) zur Laplace-Transformierten Eingangsgröße xe(s) durch die Beziehung: xa (s) G ( s) xe ( s) wieder. Die Darstellung erfolgt dann wie in Bild 2.21 gezeigt. xe(s)
xa(s)
G(s)
Bild 2.21 Blockdarstellung im Bildbereich
Bei der rückwirkungsfreien Kopplung mehrerer Übertragungsglieder ergeben sich besonders einfache Beziehungen. Als rückwirkungsfrei bezeichnet man ein System, dessen Signalfluss nur vom Eingang zum Ausgang erfolgt. Im Folgenden werden drei Grundformen der Kopplung von zwei Regelkreisgliedern mit den Übertragungsfunktionen G1(s) und G2(s) beschrieben. a) Reihenschaltung
Der Ausgang des ersten Gliedes ist, wie Bild 2.22 zeigt, mit dem Eingang des zweiten Gliedes verbunden. xe1(s)
G1(s)
xa1(s) = xe2(s)
G2(s)
xa2(s)
Bild 2.22 Reihenschaltung von Regelkreisgliedern
Betrachtet man die einzelnen Glieder, so ergibt sich:
xa1 ( s ) G1 ( s) xe1 ( s ) und xa2 ( s ) G 2 ( s ) xe2 ( s ) .
2.5 Beschreibung von Regelkreisen mit Übertragungsfunktionen Ferner ist: xa1 ( s )
43
xe2 ( s ) . Daraus folgt:
x a2 ( s ) G 2 ( s ) x e2 ( s ) G 2 ( s ) G1 ( s ) x e1 ( s ) bzw. die Gesamtübertragungsfunktion G (s)
x a2 ( s ) x e1 ( s )
G 2 ( s ) G1 ( s ) .
Bei Reihenschaltung von n Gliedern mit den Übertragungsfunktionen G1(s), G2(s),... Gn(s) ist die Übertragungsfunktion des gesamten Systems gleich dem Produkt der einzelnen Übertragungsfunktionen G ( s ) G1 ( s ) G 2 ( s ) ... G n ( s ) . b) Parallelschaltung
Das Eingangssignal xa(s) verzweigt sich und wirkt gleichzeitig auf die beiden Eingänge der Glieder mit den Übertragungsfunktionen G1(s) und G2(s) (Bild 2.23). Die beiden Ausgangssignale xa1(s) und xa2(s) werden in einer Additionsstelle addiert. G1(s)
xe(s)
G2(s)
xa1(s)
+ xa2(s)
xa(s)
Bild 2.23 Parallelschaltung von Regelkreisgliedern
+
Für das erste und für das zweite Glied gilt: x a1 ( s ) G1 ( s ) x e ( s ) und x a2 ( s ) G 2 ( s ) x e ( s ) . Ferner ist: xa ( s)
xa1 ( s) xa2 ( s ) .
Daraus folgt: xa (s)
>G1 (s) G2 ( s)@ xe (s)
bzw. die Übertragungsfunktion des Gesamtsystems: G (s)
xa ( s) xe (s)
G1 ( s ) G 2 ( s ) .
Schaltet man n Glieder mit den Übertragungsfunktionen G1(s), G2(s),... Gn(s) parallel, so ist die Übertragungsfunktion des gesamten Systems gleich der Summe der einzelnen Übertragungsfunktionen G ( s ) G1 ( s ) G 2 ( s ) ... G n ( s ) .
44
2 Mathematische Behandlung einzelner Regelkreisglieder
c) Rückführungsschaltung
Wie Bild 2.24 zeigt, wird die Ausgangsgröße xa(s) des ersten Gliedes G1(s) über ein zweites Glied mit G2(s) auf den Eingang von G1(s) zurückgeführt und zu der Eingangsgröße xe(s) addiert (Mitkopplung) oder von der Eingangsgröße subtrahiert (Gegenkopplung). xa(s)
xe(s)
+
G1(s)
+ xa2(s)
Bild 2.24 Rückkopplungsschaltung
G2(s)
Für den oberen Block gilt: xa ( s ) G1 ( s ) [ xe ( s ) r xa2 ( s )] und für den unteren Block (im Rückführzweig): x a2 ( s ) G 2 ( s ) x a ( s ) . Setzt man xa2(s) in die obere Gleichung ein, so erhält man:
xa ( s ) G1 ( s ) [ xe ( s ) r G2 ( s ) xa ( s)] bzw. xa ( s ) [1 # G1 ( s ) G2 ( s )] G1 ( s ) xe ( s ) . Daraus folgt die Übertragungsfunktion der Rückführschaltung: G (s)
xa ( s) xe ( s )
Mitkopplung Gegenkopplung
G1 ( s ) , 1 # G1 ( s ) G 2 ( s ) ˆ negatives Vorzeichen ˆ positives Vorzeichen.
2.6 Behandlung des statischen Verhaltens Ein Regelkreis befindet sich unter der Wirkung von Eingangsgrößen, die man mittels Führungs- bzw. Störverhalten abwechselnd untersuchen kann. Der Regler soll den aktuellen Wert der Regelgröße X(t) ständig dem vorgegebenen Arbeitspunkt der Regelstrecke X0 anpassen. Dies erfolgt durch die Ansteuerung der Stellgröße Y(t), die im Arbeitspunkt einen bestimmten Wert Y0 annimmt. Von ausschlaggebender Bedeutung für die Aussage über die Güte der Regelung sind die Abweichungen vom Arbeitspunkt, die wir im Abschnitt 2.1 durch Kleinbuchstaben x(t) und y(t) bezeichnet haben. Zum Beispiel gilt für den in Bild 2.25 gezeigten Regelkreis: X(t) = X0 + x(t)
Y(t) = Y0 + y(t)
Z(t) = Z0 + z(t).
(2.43)
2.6 Behandlung des statischen Verhaltens z(s)
e(s)
w(s)
+
GSz(s)
+
y(s) GR(s)
45
GSy(s)
x(s)
Bild 2.25 Wirkungsplan eines Regelkreises mit Führungs- und Störgröße
+
Im stationären Zustand soll keine Abweichung der Regelgröße vorkommen, d. h. bei t = f soll x(t) = 0 und X = X0, um das Verhältnis Istwert = Sollwert beizubehalten. 2.6.1 Statische Kennlinien
Wie in den Abschnitten 2.1 und 2.2 gezeigt wurde, kann das dynamische Verhalten einzelner Regelkreisglieder sowie des gesamten Regelkreises durch gewöhnliche, lineare Differentialgleichungen in allgemeiner Form beschrieben werden. Die Beschreibung des statischen Verhaltens kann man aus der Differentialgleichung des dynamischen Verhaltens erhalten, indem man alle zeitlichen Ableitungen gleich Null setzt. x
Beispiel 2.8
Aus einer DGL der Regelstrecke für das dynamische Verhalten
(t ) a X (t ) a X (t ) a X (t ) b Y (t ) b Y (t ) c Z (t ) a3 X 2 1 0 0 1 0
(2.44)
entsteht die folgende Beschreibung des statischen Verhaltens:
a0 X
b0 Y c 0 Z .
(2.45)
In der Gl. (2.45) bewirkt eine Veränderung der Stellgröße oder der Störgröße eine proportionale Veränderung der Regelgröße, somit handelt es sich um eine lineare Regelstrecke. Die Gl. (2.45) soll auch für den Arbeitpunkt gelten, d. h.
a0 X 0
b0 Y0 c 0 Z 0 .
(2.46)
Subtrahiert man die Gl. (2.46) von Gl. (2.44) und berücksichtigt dabei die Gleichungen (2.43), so entsteht die DGL der Regelstrecke für das dynamische Verhalten von kleinen Abweichungen vom Arbeitspunkt (Kleinbuchstaben):
a3 x(t ) a 2 x(t ) a1 x (t ) a 0 x(t ) b0 y (t ) b1 y (t ) c0 z (t ) . Bei realen Regelstrecken liegen jedoch oft Nichtlinearitäten vor, wie z. B. bei Ventilen, die einen nichtlinearen Zusammenhang zwischen dem Ventilhub und dem Volumenstrom besitzen. Dabei entstehen nichtlineare Beschreibungen, wie folgende Beispiele mit multiplikativen oder nichtlinearen Funktionen und mit konstanten Koeffizienten K1 und K2 zeigen: X
K1 Y 2 K 2 Z
X
K1 Y Z
X
K1 Y K 2 sin Z .
46
2 Mathematische Behandlung einzelner Regelkreisglieder
Das statische Verhalten kann grafisch abgebildet werden. Da in einem geschlossenen Regelkreis beim Störverhalten die Ausgangsgröße des Reglers gleichzeitig Eingangsgröße der Regelstrecke ist, wie in Bild 2.26 gezeigt, können die statischen Kennlinien der Regelstrecke und des Reglers in ein Diagramm eingetragen werden. Z W=0
+
X
Y Regler
X
Regelstrecke
Bild 2.26 Wirkungsplan eines Regelkreises beim Störverhalten
In Bild 2.27 ist das nichtlineare Kennlinienfeld X = f (Y, Z) einer Regelstrecke und die Kennlinie eines linearen Reglers Y = KPR X mit der Steigung KPR = 'Y / 'X dargestellt, wobei KPR der Proportionalbeiwert des Reglers ist. Die Werte im Arbeitspunkt A sind X0, Y0 und Z0. Das statische Verhalten des Regelkreises wird durch Einzeichen der Kennlinie des Reglers in das Kennlinienfeld der Regelstrecke, und zwar mit dem Vorzeichenumkehr, dargestellt, wie es beispielsweise in Bild 2.28 für das Störverhalten gezeigt ist. Z
X
Y KPRo f
Z0 A
KPR=
X0 Y0
Y0
A
X0
Y
dY dX
X
Bild 2.27 Kennlinienfeld einer Regelstrecke (links) und Kennlinie eines Reglers (rechts)
B
X xo.R.
C xm.R.
Z2 Z1 Z0
A
X0
KPRo f KPR= Y0
dY dX
Y
Bild 2.28 Zusammenwirkung von Regler und Regelstrecke beim Störverhalten
2.6 Behandlung des statischen Verhaltens
47
Nehmen wir zuerst an, dass der Regler unwirksam ist. In diesem Fall wird eine Veränderung der Störgröße z. B. von Z0 auf Z2 bei der konstanten Stellgröße Y0 zum Wechsel des Arbeitspunktes führen, nämlich vom Punkt A zum Punkt B. Wirkt der Regler im Regelkreis, so entspricht die Stellgröße der Reglerkennlinie (Punkt C). Die Steigung der Reglerkennlinie des Reglers muss also entgegengesetzt zur Steigung der Kennlinien der Regelstrecke sein, um die Abweichung xm.R. („mit Regler“) gegenüber der Abweichung xo.R. („ohne Regler“) zu minimieren. Je größer der Proportionalbeiwert KPR des Reglers bzw. die Steigung der Reglerkennlinie im Bild 2.27 wird, desto flacher liegt die Gerade im Bild 2.29 und desto kleiner wird die Abweichung der Regelgröße xm.R. im geregelten Zustand. Außerdem folgt aus dem Bild 2.28, dass in diesem Kreis ein proportionaler Regler im geregelten Zustand eine Abweichung xm.R. vom Arbeitspunkt X0 bzw. vom Sollwert W hinterlässt. 2.6.2 Statischer Regelfaktor
Nachdem die Regelgröße einen Beharrungszustand
x (f )
lim x(t )
t of
eingenommen hat, kann der Erfolg der Regelung, wie im Bild 2.29 gezeigt, durch einen Vergleich der bleibenden Regeldifferenzen „mit Regler“ em.R.(f) und „ohne Regler“ eo.R.(f) ausgedrückt werden. lim x(t ) lim s x( s ) lim s w( s ) G w ( s ).
t of
s o0
Für w(t) = w0 = const ist w( s )
w0 und somit s
w lim x(t ) lim s 0 G w ( s ) s t of s o0
x(t)
w0 lim G w ( s ) .
z=0
(2.48)
s o0
x(t) w
xo.R.(f) = 0
(2.47)
s o0
z
xm.R.(f) xm.R.(f) t
w=0
xo.R.(f) t
Bild 2.29 Sprungantworten beim Führungsverhalten (links) und Störverhalten (rechts)
48
2 Mathematische Behandlung einzelner Regelkreisglieder
Es wird der so genannte reelle bzw. statische Regelfaktor RF eingeführt RF
e m.R. (f) eo.R. (f)
und unter Beachtung von e(f) = w x(f) in folgende Form gebracht: RF
w x m.R. (f) . w x o.R. (f)
Dadurch wird angegeben, wie stark die Änderung einer der Eingangsgrößen des Regelkreises (Störgröße oder Führungsgröße) durch die Regelung beseitigt wird. Je kleiner der Regelfaktor ist, desto weniger wirkt die Störgröße auf die Regelgröße und desto effektiver ist der Regler. Abhängig von Eingangsstörung wird der Regelfaktor nach zwei verschiedenen Formeln, wie im Bild 2.29 angedeutet, berechnet: Führungsverhalten
RF
w x m.R . (f) w0
Störverhalten
w x m.R. (f) w
RF
0 x m.R. (f) 0 x o.R. (f)
x m.R. (f) x o.R. (f)
Der statische Regelfaktor kann durch die Kreisverstärkung V0 ausgedrückt werden. Sind beispielsweise im Regelkreis (siehe Bild 2.25) der Regler und die Teilstrecke mit Proportionalbeiwerten KPR und KPSy enthalten, so gilt für den statischen Regelfaktor:
RF
1 1 V0
1 1 K PR K PSy
.
(2.49)
Der Regler muss also mit dem Einstellparameter KPR so ausgelegt werden, dass bei stabiler Funktionsweise ein möglichst kleiner Regelfaktor entsteht. In nachfolgenden Kapiteln wird gezeigt, dass ein Regler mit integrierender Wirkung keine bleibende Regeldifferenz e(f) hinterlässt und damit einen statischen Regelfaktor von RF = 0 besitzt. 2.6.3 Linearisierung mit analytischen Verfahren
Das nichtlineare Kennlinienfeld einer Regelstrecke kann durch die Tangente im Arbeitspunkt (X0, Y0, Z0) linearisiert werden. Dabei wird die Funktion X = f (Y, Z) durch das Differential dX
§ wX ¨ © wY
· § wX ¸ dY ¨ ¹0 © wZ
· ¸ dZ ¹0
(2.50)
beschrieben. Der Index 0 steht für die Arbeitpunktwerte X0, Y0 und Z0. Die partiellen Ableitungen im Arbeitspunkt bezeichnet man durch die Koeffizienten KPSy und KPSz
2.6 Behandlung des statischen Verhaltens § wX ¨ © wY
K PSy
· ¸ ¹0
K PSz
§ wX ¨ © wZ
49
· ¸ . ¹0
(2.51)
Bezeichnet man dX, dY und dZ in Gl. (2.50) unter Beachtung der Gl. (2.43) durch kleine Abweichungen x, y und z vom Arbeitspunkt, so ergibt sich aus Gln. (2.50) und (2.51) die linearisierte Beschreibung des statischen Verhaltens x
K PSy y K PSz z .
Das Prinzip der Linearisierung ist in Bild 2.30 verdeutlicht. Die Variablen X, Y, und Z (Großschreibung) beschreiben die ursprüngliche nichtlineare Regelstrecke. Die linearisierte Regelstrecke wird durch die Abweichungen x, y, und z (Kleinschreibung) vom Arbeitpunkt A definiert und besteht aus zwei getrennten Teilstrecken für Stellund Störsignale, deren Ausgänge addiert werden. z KPSz
Z Y Regelstrecke
+
y
X
KPSy
x
+
x = KPSy y + KPSz z
X = f (Y, Z)
x X
Z0 X0
X0
A
Y0
Y
A
y
Y0
Bild 2.30 Eine nichtlineare Regelstrecke vor (links) und nach (rechts) der Linearisierung
x
Beispiel 2.9
Eine Regelstrecke, die durch die Differentialgleichung
T22 X (t ) T1 X (t ) X (t ) 3 Y 2 (t ) 5 Z (t ) beschrieben wird, soll im Arbeitspunkt Y0 = 2 und Z0 = 4 linearisiert bzw. in der Form x
K PSy y K PSz z dargestellt werden. Für das statische Verhalten sind X (t ) 0 und X (t ) 0 . Aus der Gl. (2.51) ergibt sich X
3Y 2 5 Z .
Die gesuchten Proportionalbeiwerte sind partielle Ableitungen im Arbeitpunkt:
(2.51)
50
2 Mathematische Behandlung einzelner Regelkreisglieder K PSy
§ wX ¨ © wY
· ¸ ¹0
2 3 Y 0
2 3 Y0
K PSz
§ wX ¨ © wZ
· ¸ ¹0
§ 1 ¨¨ 5 © 2 Z
5
· ¸¸ ¹0
12
1
1,25 .
2 Z0
2.6.4 Linearisierung mit grafischen Verfahren
Wenn das nichlineare Verhalten der Regelstrecke nur im Form eines Kennlinienfeldes gegeben ist, lassen sich die Proportionalbeiwerte KPSy und KPSz grafisch als die Steigung der Tangente zu Kennlinien X = f (Y) und X = f (Z) bestimmen (Bild 2.31). x
Beispiel 2.10
Das Kennlinienfeld einer Regelstrecke ist in Bild 2.32 gegeben. Die Regelstrecke soll im Arbeitspunkt Y0 = 4 und Z0 = 4 linearisiert werden. 3,0
X
Z 3,5
B
N
4,0
4
4,5
3
A 5,5
2 C M 1
Bild 2.31 Kennlinienfeld einer Regelstrecke
0
2
4
6
8
Y
Die Steigung der Tangente zur Kennlinie X = f (Y) ergibt sich mit Hilfe von zwei beliebig gewählten Punkten M und N:
K PSy
§ 'X ¨ © 'Y
· ¸ ¹0
XM XN YM Y N
1,6 4 0 6,9
0,35 .
Um die Kennlinie X = f (Z) für die Ermittlung der Steigung der Tangente KPSz nicht gesondert zu skizzieren, wählen wir die Punkte B und C, die vom Arbeitpunkt Z0 = 4 gleichermaßen um r 'Z = 0,5 entfernt sind. Damit wird die Steigung der Sekante berechnet, die sich von der Tangente für kleine Abweichungen 'Z nur gering unterscheidet:
K PSz
§ 'X · ¸ ¨ © 'Z ¹ 0
XB XC ZB ZC
4 1,8 3,5 4,5
2,2 .
Das gesuchte statische Verhalten der linearisierten Regelstrecke im Arbeitspunkt ist: x = 0,35 y 2,2 z.
51
3 Die Regelstrecke Die Regelstrecke ist derjenige Teil einer Anlage, in dem die zu regelnde physikalische Größe (Regelgröße x) durch die Regeleinrichtung beeinflusst wird. In den meisten Fällen ist sie fest vorgegeben und in ihren Kennwerten nur wenig veränderbar. Während die Kennwerte der Regeleinrichtung vom Hersteller rechnerisch oder experimentell ermittelt und bekanntgegeben werden, sind die Kennwerte der Strecken vor der Projektierung der Regelung fast immer unbekannt. Bei der Projektierung einer zu regelnden Anlage sind zunächst die Kennwerte der Regelstrecke experimentell zu ermitteln, die dann eine Einordnung ermöglichen. Mit den so gefundenen charakteristischen Daten lässt sich dann der Regelkreis weiter mathematisch untersuchen, so z. B. auf seine Stabilität oder auf sein optimales Regelverhalten. Bei schwierigen Regelstrecken wird diese zusammen mit der Regeleinrichtung auf einem PC simuliert. Nur in den seltensten Fällen ist die Berechnung von Regelstrecken durch Aufstellen und Lösen von Differentialgleichungen möglich. Die in diesem Kapitel theoretisch behandelten einfachen Grundtypen von Regelstrecken sollen nur dazu dienen, das Zustandekommen der charakteristischen Kenngrößen zu erklären und sollen kein Anreiz zur Berechnung von Regelstrecken sein. Der Wirkungsplan des Regelkreises wurde in Bild 1.6 dargestellt. Ihm entnehmen wir den in Bild 3.1 gezeigten Wirkungsplan der Regelstrecke. Eingangsgröße der Regelstrecke ist y, die Summe aus der Stellgröße yR und der Störgröße z. Ausgangsgröße ist die Regelgröße x. GS(s) ist die Übertragungsfunktion der Strecke.
z(s) yR (s)
+ Bild 3.1
+
y(s)
x(s) GS (s)
Wirkungsplan der Regelstrecke
Die Einteilung der Regelstrecken erfolgt nicht nach den zu regelnden physikalischen Größen, sondern nach ihrem zeitlichen Verhalten. Dabei ist es unwichtig, ob es sich um die Drehzahl einer Turbine, die Temperatur in einem Glühofen oder den Druck in einem Behälter handelt. Auch das Zeitverhalten der Regelstrecken kann in den meisten Fällen durch gewöhnliche lineare Differentialgleichungen von der allgemeinen Form beschrieben werden: ... + a3 x(t ) + a 2 x(t ) + a1 x (t ) + a 0 x(t ) = y (t )
(3.1)
... + T33 x(t ) + T22 x(t ) + T1 x (t ) + x(t ) = K PS ⋅ y (t ) .
(3.2)
bzw.
Die höchste Ordnung dieser DGL kennzeichnet die Ordnung der Strecke. Eine Strecke mit den Beiwerten a0 und a1 bezeichnet man als eine Strecke 1. Ordnung, eine solche mit den Beiwerten a0, a1 und a2 als eine Strecke 2. Ordnung usw.
52
3 Die Regelstrecke
Ferner unterteilt man die Regelstrecken in:
•
Strecken mit Ausgleich und
•
Strecken ohne Ausgleich.
Man spricht von einer Strecke mit Ausgleich, wenn nach einer sprunghaften Verstellung der Eingangsgröße y(t) die Ausgangsgröße x(t) (Regelgröße) für t → ∞ wieder einen neuen Beharrungszustand x(∞) annimmt, wie Bild 3.2 zeigt. Für t → ∞ wird der Beharrungszustand erreicht, x ist dann konstant, d. h. es findet keine zeitliche Änderung von x mehr statt, folglich sind alle Ableitungen x (t ), x(t ), x(t ) usw. Null.
2. Ordnung (gedämpft schwingend)
x 0. Ordnung
2. Ordnung
Im Beharrungszustand wird also aus Gleichung (3.1) a 0 x (∞ ) = y 0 , x(∞) = K PS y 0 .
x (∞ ) =
1 y0 , a0
x(∞)
1. Ordnung t
Bild 3.2
(3.3)
Sprungantwort einer Regelstrecke mit Ausgleich
Hierin ist y(t) = y0 = konstant der Eingangssprung. Strecken mit Ausgleich bezeichnet man auch als proportionale oder kurz P-Strecken, weil im Beharrungszustand die Ausgangsgröße proportional der Eingangsgröße ist, gemäß Gl. (3.3). Bei Strecken ohne Ausgleich wird bei einer Sprungfunktion am Eingang die Regelgröße x keinen Beharrungswert annehmen, sondern monoton anwachsen, wie in Bild 3.3 gezeigt.
I-Strecke x
I-Strecke 2. Ordnung (gedämpft schwingend)
In der Differentialgleichung (3.1) drückt sich das so aus, dass der Beiwert a0 = 0 ist. ... + a3 x(t ) + a 2 x(t ) + a1 x (t ) = y (t )
I- Strecke 1.Ordnung t
Bild 3.3
Sprungantwort einer Regelstrecke ohne Ausgleich
bzw.
³
... + a3 x(t ) + a 2 x (t ) + a1 x(t ) = y (t ) dt .
(3.4)
Strecken ohne Ausgleich werden wegen der in Gl. (3.4) gefundenen Beziehung auch integrale oder kurz I-Strecken genannt.
3.2 P-Strecken mit Verzögerung 1. Ordnung
53
3.1 P-Strecken ohne Verzögerung Eine Regelstrecke, die zur folgenden Gleichung führt a 0 x(t ) = y (t ) bzw. x(t ) = K PS ⋅ y (t ) , mit K PS =
1 , a0
in der also die Glieder mit der 1. bis n-ten Ableitung fehlen, bezeichnet man als eine Strecke 0. Ordnung. Gibt man auf den Eingang einer solchen Strecke eine Sprungfunktion, so wird die Ausgangsgröße sich ebenfalls sprunghaft ändern, die Ausgangsgröße folgt ohne zeitliche Verzögerung proportional der Eingangsgröße (Bild 3.4). y
x
Bild 3.4 Eingangssprung (links) und Sprungantwort (rechts) einer Strecke 0. Ordnung
x (∞) = KPS⋅ y0
y0
t
t
Solche Strecken sind höchst selten, man findet sie näherungsweise in rein ohmschen Netzen oder in hydraulischen Systemen, in denen keine nennenswerte Kompressibilität auftritt.
3.2 P-Strecken mit Verzögerung 1. Ordnung Diese Strecken bzw. die Hintereinanderschaltung solcher Strecken ist die am häufigsten in technischen Anlagen vorkommende. • mw
Beispiel 3.1
Warmwasserbehälter (Bild 3.5)
= 1200 kg
Masse des Wassers
Wh
/kg K
cw
= 1,163
mb
= 200 kg
cb
= 0,134
A
= 7,8 m2
d
= 3 mm
λ
= 0,052
ϑa
= (273 + 15) K
ϑ0
= ϑa
spezifische Wärme des Wassers
ϑa ϑ
Masse des Behälters
Wh
/kg K
W
/mK
spezifische Wärme des Behälters Oberfläche des Behälters Dicke der Isolationsschicht Wärmeleitfähigkeit der Isolationsschicht Außentemperatur Anfangstemperatur des Wassers
∼ Bild 3.5 Elektrisch beheizter Warmwasserbehälter
Elektrische Heizleistung Pe0 = 10 kW
54
3 Die Regelstrecke
Der Behälter ist mit Wasser gefüllt, das erwärmt werden soll. Regelgröße x ist die Wassertemperatur ϑ; Eingangsgröße ist die elektrische Heizleistung Pe. Die über die Heizspirale zugeführte elektrische Energie
³ Pe (t ) dt erwärmt einmal das Wasser und den Behälter, ferner wird infolge der nichtidealen Isolation eine von dem Temperaturgefälle ϑ − ϑa abhängige Wärmemenge nach außen abgeführt. Der gesuchte Zusammenhang zwischen Ein- und Ausgangsgröße ergibt sich durch Gleichsetzen der pro Zeiteinheit dt zugeführten und aufgenommenen Wärmeenergie. Die pro Zeiteinheit zugeführte Wärmeenergie ist
dQzu = Pe (t ) . dt
(3.5)
Die vom Wasser gespeicherte Wärmeenergie ist
Qw = m w c w (ϑ − ϑa ) . Daraus findet man:
dQ w dϑ = mw c w . dt dt
(3.6)
Entsprechend ergibt sich für die vom Behälter aufgenommene Wärmeenergie (bei der vereinfachenden Annahme, dass der Behälter die gleiche Temperatur annimmt wie das Wasser)
Qb = m b c b (ϑ − ϑa ) bzw.
dQb dϑ = mb c b . dt dt
(3.7)
Analog zu den Verhältnissen zwischen Strom und Spannung an einem ohmschen Widerstand ist der nach außen abgeführte Wärmestrom Φ proportional der Temperaturdifferenz ϑ − ϑa und umgekehrt proportional dem Wärmewiderstand R w der Isolation. Der Wärmewiderstand ergibt sich analog zum ohmschen Widerstand zu
Rw =
d . λA
Somit ist der Wärmestrom
Φ=
ϑ − ϑa Rw
=
λA d
(ϑ − ϑa ) .
(3.8)
Andererseits ist der Wärmestrom Φ gleich der zeitlichen Änderung der nach außen abgeführten Wärmemenge
Φ=
dQ v . dt
3.2 P-Strecken mit Verzögerung 1. Ordnung
55
Die dem System zugeführte Wärmemenge ist gleich den gespeicherten bzw. abgeführten Wärmemengen
Qzu = Q w + Qb + Q v oder
dQzu dQw dQb dQ v = + + . dt dt dt dt Setzt man die Beziehungen (3.5), (3.6), (3.7) und (3.8) in die letzte Gleichung ein, so erhält man
mw cw d⋅
dϑ (t ) λ A dϑ (t ) (ϑ − ϑ a ) = Pe (t ) bzw. + mb c b + dt d dt
m w c w + m b c b dϑ (t ) d ⋅ + ϑ (t ) = ⋅ Pe (t ) + ϑa . λA λA dt
Mit den Abkürzungen:
0,003 m K = 0,0074 W W 0,052 ⋅ 7,8 m 2 mK
K PS =
d = λA
T1 = d ⋅
m w c w + mb cb = 10,53 h λA
und
folgt
T1
dϑ (t ) + ϑ (t ) = K PS Pe (t ) + ϑa . dt
(3.9)
Die gefundene Differentialgleichung 1. Ordnung besagt, dass die vorliegende Strecke eine PStrecke mit Verzögerung 1. Ordnung oder kurz eine P-T1-Strecke ist. Der zeitliche Verlauf der Sprungantwort ϑ(t) ergibt sich, wenn zum Zeitpunkt t = 0 der Schalter geschlossen wird und die elektrische Leistung Pe(t) = Pe0 konstant ist, d. h.
Pe (t ) = Pe0 ⋅ σ (t ) .
(3.10)
Bei der Laplace-Transformation von (3.9) ist zu beachten, dass bei der Anwendung des Differentiationssatzes die Anfangsbedingung im vorliegenden Fall nicht Null, sondern ϑ(0) = ϑa ist. Damit folgt aus (3.9) durch Laplace-Transformation, unter Beachtung von (3.10)
P Pe ( s ) = e0 s und
P ϑ T1 (s ϑ ( s) − ϑ a ) + ϑ ( s ) = K PS e0 + a , s s nach ϑ (s) aufgelöst
56
3 Die Regelstrecke
ϑ ( s ) = ( K PS Pe0 + ϑ a )
1 1 . + T1 ϑ a s (1 + sT1 ) (1 + sT1 )
Mit den Beziehungen 4 und 5 der Korrespondenztabelle folgt sofort
ϑ (t ) = ( K PS Pe0 + ϑ a )(1 − e ϑ (t ) = ϑ a + K PS Pe0 (1 − e
−
−
t T1
t T1
) + ϑa e
−
t T1
bzw.
).
(3.11)
Der zeitliche Verlauf der Sprungantwort ist im Bild 3.6 dargestellt. Für t = 0 ist ϑ(0) = ϑa und für t = ∞ ist ϑ(∞) = ϑa + KPS Pe0 = (288 + 74) K = 362 K. Die Endtemperatur ϑ(∞) wird bei der gewählten Eingangsleistung erst nach t = (3 ... 5) ⋅ T1 erreicht. Durch Vergrößerung der Eingangsleistung kann der Erwärmungsvorgang wesentlich beschleunigt werden. So wird z. B. für Pe0 = 50 kW die Anfangssteigung
K dϑ (t ) = Pe0 PS dt T1
ϑ K
ϑ (t) für Pe0 = 50 kW
fünfmal größer. Durch eine entsprechende Regeleinrichtung (die später besprochen wird) kann eine Erwärmung des Wassers über den Siedepunkt verhindert werden.
ϑ (∞) KPS⋅ Pe0
Bild 3.6 Sprungantwort einer
ϑa
P-T1-Strecke
273
t
T1
Bei der Ermittlung des Frequenzganges GS(jω) aus Gl. (3.9) ist zu beachten, dass das konstante Glied ϑa entfällt, da bei sinusförmiger Eingangsgröße auch die Ausgangsgröße ϑ(t) sich sinusförmig ändert und nur die Änderungen (keine Absolutwerte) ins Verhältnis gesetzt werden. Man ermittelt zunächst aus Gl. (3.9) die Übertragungsfunktion der Strecke ohne Vorgeschichte, d. h. für ϑ(0) = ϑa = 0.
GS ( s ) =
ϑ ( s) Pe ( s )
=
K PS . 1 + sT1
In dem man s durch jω ersetzt, folgt daraus der Frequenzgang
GS ( jω ) =
K PS ϑ ( jω ) . = Pe ( jω ) 1 + jωT1
Die zugehörige Ortskurve ergibt, wie in Beispiel 2.6, einen Halbkreis im 4. Quadranten mit KPS als Durchmesser.
3.2 P-Strecken mit Verzögerung 1. Ordnung •
57
Beispiel 3.2
Eingangsgröße ist die Erregerspannung y und Ausgangsgröße ist die Verbraucherklemmenspannung x eines fremderregten Gleichstromgenerators (Bild 3.7).
Ra i2 i
R
L x
G
Rb
n
y
Bild 3.7 Fremderregter Gleichstromgenerator
Die Antriebsdrehzahl des Generators n ist konstant. Die Induktivität des Läufers sei vernachlässigbar. Für den Erregerkreis gilt:
y (t ) = i (t ) ⋅ R + L
di(t ) . dt
(3.12)
Der Strom i erzeugt in der Erregerwicklung den Fluss Φ . Bedingt durch die Magnetisierungskurve ist die Funktion
Φ = f (i ) nichtlinear. Vereinfachend soll hier angenommen werden, dass die Magnetisierungskurve unterhalb der Sättigung durch eine Gerade ersetzt und der magnetische Widerstand Rm als konstant aufgefasst werden kann. Der magnetische Fluss ergibt sich dann zu
Φ (t ) =
θ (t ) Rm
=
N i(t ) , Rm
(3.13)
mit
θ elektrische Durchflutung N Windungszahl der Erregerwicklung. Die vom Generator erzeugte Leerlaufspannung ist
u 0 (t ) = c n ⋅ Φ (t ) .
(3.14)
Der Ankerstrom ergibt sich aus
i2 (t ) =
u 0 (t ) Ra + R b
und damit die Spannung am Verbraucher
x(t ) = i 2 (t ) ⋅ Rb =
Rb u 0 (t ) . Ra + R b
Gln. (3.13) und (3.14) in Gl. (3.15) eingesetzt, ergibt
(3.15)
58
3 Die Regelstrecke Rb N ⋅c⋅n⋅ ⋅ i (t ) = K1 ⋅ i (t ) , Ra + R b Rm
x(t ) = mit
K1 =
Rb N . ⋅c⋅n⋅ Ra + Rb Rm
Nach i(t) aufgelöst, folgt
i(t ) =
1 x (t ) K1
und nach einmaliger Differentiation
di(t ) 1 dx(t ) . = ⋅ dt K1 dt i(t) und di(t)/dt in (3.12) eingesetzt, führt zu
L dx(t ) R + x(t ) = y (t ) bzw. K1 dt K1 K L dx(t ) + x(t ) = 1 y (t ) . R dt R Mit der Zeitkonstanten des Erregerkreises T1 = L/R und dem Übertragungsbeiwert KPS = K1/R folgt die endgültige Form der Differentialgleichung
T1
dx(t ) + x(t ) = K PS y (t ) . dt
(3.16)
Gl. (3.16) ist der in Beispiel 3.1 gefundenen Gl. (3.9) (bis auf den Anfangswert ϑ(0) = ϑa) analog. Entsprechend erhält man die Lösung durch Laplace-Transformation von (3.16) (für t = 0 sei x(0) = 0)
T1 ⋅ s x( s ) + x( s) = K PS y ( s ) bzw. x( s ) =
K PS y ( s) . 1 + sT1
Wählen wir als Eingangsgröße wieder die Sprungfunktion
y (t ) = y 0 ⋅ σ (t ) , y so folgt mit y ( s) = 0 s
x( s ) = K PS y 0
1 . s (1 + sT1 )
Unter Verwendung der Beziehung 4 der Korrespondenztabelle erhalten wir im Zeitbereich
3.3 P-Strecken mit Verzögerung 2. Ordnung x(t ) = K PS y 0 (1 − e
−
t T1
59
).
X Aufgabe 3.1 Ermitteln Sie den Verlauf der Ortskurve des im Beispiel 3.2 durch Gl. (3.16) beschriebenen Systems für T1 = 0,1 s und KPs = 10.
3.3 P-Strecken mit Verzögerung 2. Ordnung Regelstrecken, die durch die Hintereinanderschaltung von zwei P-Strecken 1. Ordnung entstehen, werden durch eine Differentialgleichung 2. Ordnung beschrieben. Im Gegensatz zu in sich gekoppelten Zweispeichersystemen, die in Abschnitt 3.5 behandelt werden, können sie nur aperiodische Schwingungen ausführen. Als Beispiel soll das im Bild 3.8 gezeigte System 2. Ordnung behandelt werden, das aus zwei hintereinandergeschalteten Gleichstromgeneratoren besteht und als Verstärkermaschine bezeichnet wird. •
Beispiel 3.3
Das Erregerfeld des zweiten Generators wird von dem ersten Generator erzeugt. Die Rotorwellen beider Generatoren sind gekoppelt und werden mit der Drehzahl n angetrieben. Eingangsgröße ist die Spannung y am ersten Erregerkreis, Ausgangsgröße ist die Verbraucherspannung x.
i1 Ra1 a i
R1
L1
G
u1
n
y
ix
i2 Ra2 R2
L2
u2
G
Rb x
n b
1. Vierpol
2. Vierpol
3. Vierpol
Bild 3.8 P-T2 -Strecke, gebildet aus zwei hintereinadergeschalteten Gleichstromgeneratoren
•
Ermittlung der Übertragungsfunktion
Um die Übertragungsfunktion der in Bild 3.8 dargestellten P-T2-Strecke
GS ( s ) =
x( s ) y(s)
60
3 Die Regelstrecke
zu ermitteln, kann man ebenso vorgehen wie in Beispiel 3.2. Im Ankerkreis liegt dann anstelle von Rb (Bild 3.7) (R2 + sL2) (Bild 3.8). Der Ankerstrom i1 ist dann gleich dem Erregerstrom des 2. Generators und bestimmt den Fluss Φ 2 usw. Im Folgenden soll eine andere Methode Anwendung finden. Wie Bild 3.8 zeigt, kann die Verstärkermaschine als Kettenschaltung von drei Vierpolen aufgefasst werden. Der Vorteil dieser Darstellung besteht darin, dass die den 1. Vierpol beschreibende Kettenmatrix in ihrem Aufbau völlig identisch mit der des 2. Vierpols ist und sich nur durch die Indizes unterscheidet. Betrachten wir zunächst den 1. Vierpol bei aufgetrennten Klemmen a und b, so wird dieser durch die folgenden Gleichungen beschrieben (s.a. Beispiel 3.2):
y ( s) = i ( s ) ⋅ ( R1 + sL1 )
(3.17)
N1 ⋅ i(s) Rm1
(3.18)
Φ1 =
c n N1 u o1 ( s ) = c1n ⋅ Φ1 ( s) = 1 ⋅ i(s) Rm1
(3.19)
u1 ( s) = u o1 ( s ) − i1 ( s) ⋅ Ra1 .
(3.20)
Die Beziehung des Eingangsvektors [y, i] und des Ausgangsvektors [ul, il ] lautet:
§ y ( s ) · § A11 ¨¨ ¸¸ = ¨¨ © i ( s ) ¹ © A21
A12 · § u1 ( s) · ¸⋅¨ ¸ A22 ¸¹ ¨© i1 ( s ) ¸¹ .
(3.21)
Durch Umformung der Gln. (3.17) ... (3.20) sollen nun die beiden in (3.21) enthaltenden Gleichungen gebildet werden. Aus Gl. (3.20) folgt
u o1 ( s ) = u1 ( s ) + i1 ( s ) ⋅ Ra1 .
(3.22)
Setzen wir (3.22) in (3.19) ein und lösen nach i(s) auf, so entsteht die zweite Gl. der Kettenform
i( s) =
1 [u1 ( s ) + i1 ( s) ⋅ Ra1 ] , K1
(3.23)
c n N1 mit der Abkürzung K1 = 1 . Rm1
Die erste der gesuchten Gleichungen ermitteln wir mit (3.23) in (3.17) zu
R y ( s) = 1 (1 + sT1 )[u1 ( s ) + i1( s ) ⋅ Ra1] , K1 mit der Bezeichnung T1 = L1/R1. Die Gln. (3.24) und (3.23) lassen sich nun nach (3.21) zusammenfassen
(3.24)
3.3 P-Strecken mit Verzögerung 2. Ordnung
61
§ y ( s ) · 1 § R1 (1 + sT1 ) Ra1 R1 (1 + sT1 ) · § u1 ( s) · ¨¨ ¸¸ ⋅ ¨¨ ¸¸ ¨¨ ¸¸ = 1 Ra1 © i ( s ) ¹ K1 © ¹ © i1 ( s ) ¹ .
(3.25)
Ganz analog ergibt sich für den 2. Vierpol
§ u1 ( s ) · 1 §¨ R2 (1 + sT2* ) Ra 2 R2 (1 + sT2* ) ·¸ § u 2 ( s) · ¸ ¨¨ ¸¸ = ⋅¨ ¸ ¨© i 2 ( s ) ¸¹ . Ra 2 1 © i1 ( s ) ¹ K 2 ¨© ¹
(3.26)
Für den 3. Vierpol (Querwiderstand) ist
§ u 2 (s) · § 1 ¨¨ ¸¸ = ¨¨ © i 2 ( s ) ¹ ©1 / R b
0 · § x( s) · ¸⋅¨ ¸ 1 ¸¹ ¨© i x ( s ) ¸¹ .
(3.27)
Setzen wir die Gl. (3.27) in Gl. (3.26) ein und das Ergebnis wiederum in Gl. (3.25), so folgt
§ y( s) · 1 ¨¨ ¸¸ = i s ( ) © ¹ K1 K 2
§ A11 ¨¨ © A21
A12 · § B11 ¸⋅¨ A22 ¸¹ ¨© B21
B12 · § C11 C12 · § x( s ) · ¸⋅¨ ¸⋅¨ ¸ B22 ¸¹ ¨© C 21 C 22 ¸¹ ¨© i x ( s) ¸¹ .
Hierin sind Aik, Bik und Cik die Elemente der 1., 2. und 3. Vierpolmatrix. Die Multiplikation der drei Matrizen, unter Beachtung der Reihenfolge, ergibt die Produktmatrix
§D D = A ⋅ B ⋅ C = ¨¨ 11 © D21
D12 · ¸ bzw. D22 ¸¹
§ A11 B11 + A12 B21 D = ¨¨ © A21 B11 + A22 B21
A11 B12 + A12 B22 · § C11 C12 · ¸⋅¨ ¸ A21 B12 + A22 B22 ¸¹ ¨© C 21 C 22 ¸¹ .
Im vorliegenden Fall ist ix(s) = 0. Zur Berechnung der gesuchten Übertragungsfunktion brauchen daher nicht alle vier Elemente der Produktmatrix D berechnet zu werden, es genügt vielmehr die Ermittlung von D11. Die Übertragungsfunktion ist dann
GS ( s) = mit
x ( s ) K1 K 2 , = y ( s) D11 ( s )
D11 = ( A11 B11 + A12 B21 ) ⋅ C11 + ( A11 B12 + A12 B22 ) ⋅ C 21 .
Mit den entsprechenden Termen für Aik, Bik und Cik aus (3.25), (3.26) und (3.27) ergibt sich
D11 ( s) = [ R1 R2 (1 + sT1 )(1 + sT2* ) + Ra1 R1 (1 + sT1 )] + [ Ra 2 R1 R2 (1 + sT1 )(1 + sT2* ) + Ra1 Ra 2 R1 (1 + sT1 )] ⋅ Nach einigen Umformungen gelangt man zu
1 . Rb
62
3 Die Regelstrecke · § R R2 ¸. D11 ( s) = 1 ( Rb + Ra2 )( R2 + Ra1 )(1 + sT1 )¨¨1 + sT2* Rb R2 + Ra1 ¸¹ ©
Mit den Abkürzungen
K PS =
K1 K 2 Rb ( Rb + Ra2 )( R2 + Ra1 ) R1
und
T2 = T2*
R2 L2 = R 2 + Ra1 R2 + Ra1
folgt schließlich die Übertragungsfunktion der Strecke
GS ( s ) =
K PS x( s ) . = y ( s ) (1 + sT1 )(1 + sT2 )
(3.28)
Die Differentialgleichung des Systems finden wir aus (3.28) durch Anwendung des Differentiationssatzes der Laplace-Transformation
T1T2 x(t ) + (T1 + T2 ) x (t ) + x(t ) = K PS y ( s ) .
(3.29)
Es handelt sich somit bei dem vorliegenden System, wie in Abschnitt 3 definiert, um eine Strecke mit Verzögerung 2. Ordnung bzw. eine P-T2-Strecke.
•
Ermittlung der Sprungantwort der P-T2-Strecke
Im Folgenden soll die Sprungantwort des im Bild 3.8 dargestellten Systems für
y (t ) = y 0 ⋅ σ (t )
c−−¦
y y ( s) = 0 s
(3.30)
ermittelt werden. Lösen wir Gl. (3.28) nach x(s) auf unter Berücksichtigung von (3.30), so folgt
x( s ) = K PS y 0 ⋅
K y 1 1 x( s ) = PS 0 ⋅ s (1 + sT1 )(1 + sT2 ) T1T2 § 1 ·§ 1 s ¨¨ s + ¸¸ ¨¨ s + T1 ¹ © T2 ©
· ¸¸ ¹
.
Die Rücktransformation in den Zeitbereich kann mittels Korrespondenztabelle, Partialbruchzerlegung oder Residuenzsatz erfolgen. Mittels letzterem erhalten wir sofort t t º ª − − « T1 T2 » K y e e » bzw. x( s ) = PS 0 «T1T2 − T1 − T2 1 1 1 1 » T1T2 « − − « T2 T1 T1 T2 »¼ ¬
3.3 P-Strecken mit Verzögerung 2. Ordnung
63
t t º ª − − T1 T2 « T1 T2 » + x( s ) = K PS y 0 «1 − e e ». T1 − T2 T1 − T2 ¬« ¼»
(3.31)
Bild 3.9 zeigt die Sprungantwort für T1 = 2⋅T2. Aus (3.31) folgt für t = 0, x(0) = 0 und für t = ∞, x(∞) = KPS y0, der stationäre Endwert. Durch Differentiation von (3.31) erhält man t ª t − dx(t ) K PS y 0 « − T1 T2 = e −e dt T1 − T2 « «¬
º ». » »¼
Für t = 0 ist x (0) = 0 , d. h. die Kurve beginnt für t = 0 mit waagerechter Tangente. Der Kurvenverlauf zeigt einen charakteristischen s-förmigen Verlauf, dessen Wendepunkt sich aus t ª − t − « T1 T2 d x(t ) K PS y 0 « e e = − + 2 T1 − T2 « T1 T2 dt « ¬ 2
º » »=0 » » ¼
ergibt bzw.
tw =
T1T2 T ln 1 . T1 − T2 T2
Speziell für T1 = 2T2 wird
t w = 2 T2 ⋅ ln 2 = 1,386 T2 . x x(t) x(∞)⋅
T2 T1 − T2
⋅e
−
t T2
x(∞) = KPS⋅ y0
t
T2 T1
−x(∞)⋅
T1
T1 − T2
⋅e
−
t T1
Bild 3.9 Sprungantwort einer P-T2-Strecke mit Zeitkonstanten T1 = 2T2
64
3 Die Regelstrecke
Wird die Sprungantwort des Systems experimentell aufgenommen, so kann zur Identifikation von Strecken 2. und höherer Ordnung, wie in Bild 3.10 gezeigt, die Wendetangente durch den Wendepunkt für t = tw gelegt werden. x
Wendepunkt
Bild 3.10 Sprungantwort und Kenngrößen:
x(∞)
xw
Tu
tw Tu
Tg Ausgleichszeit x(∞) Beharrungszustand
t
Tg
Verzugszeit
Diese schneidet die Zeitachse im Punkt t = Tu und den Beharrungszustand x(∞) für t = Tu + Tg. Bei einer Strecke 2. Ordnung können aus Tu und Tg die beiden Zeitkonstanten T1 und T2 bestimmt werden.
•
Die Ortskurve der P-T2-Strecke
Aus Gl. (3.28) folgt der Frequenzgang
GS ( jω ) =
K PS x ( jω ) . = y ( jω ) (1 + jωT1 )(1 + jωT2 )
(3.32)
Zur Diskussion des Ortskurvenverlaufs zerlegen wir den Frequenzgang (3.32) in seinen Realund Imaginärteil
Re (GS ) = K PS
1 − ω 2T1T2 (1 − ω 2T1T2 ) 2 + ω 2 (T1 + T2 ) 2
Im (GS ) = − K PS
ω (T1 + T2 ) 2
(1 − ω T1T2 ) 2 + ω 2 (T1 + T2 ) 2
.
Das Vorzeichen von Re(GS) und Im(GS) wird nur durch den Zähler bestimmt, da der Nenner für beide gleich und für alle ω -Werte stets positiv ist. Variieren wir ω von 0 bis ∞, so ist der Im(GS) stets negativ. Für den Realteil ergibt sich: 2
a) für kleine ω -Werte, d. h. 1 > ω T1T2 ist Re( GS ) > 0 2
b) für ω T1T2 = 1 bzw. ω =
1
ist
T1 T2 2
Re(GS ) = 0 und Im(GS ) = − K PS
c) Für große ω -Werte, d. h. 1 < ω T1T2 ist Re( GS ) < 0 .
T1 T2 T1 + T2
3.3 P-Strecken mit Verzögerung 2. Ordnung
65
Das heißt, die Ortskurve verläuft in der Gaußschen Zahlenebene im 3. und 4. Quadranten, wie in Bild 3.11 gezeigt. Weitere markante Punkte der Ortskurve ergeben sich für ω = 0 und ω = ∞ (siehe Tabelle). Im KPS
ω=∞
KPS⋅
1
ω=
ω
Re (GS)
Im (GS)
0
KPS
0
ω=0 Re
√ T1T2 T1+T2
T1 T2
ω
s −1
√T1T2
1
∞
0
0
− K PS ⋅
T1 T2 T1 + T2
0
Bild 3.11 Ortskurve einer P-T2-Strecke
•
Die Dämpfung des P-T2-Gliedes
Es soll hier gezeigt werden, dass das Übergangsverhalten eines Systems 2. Ordnung entscheidend von seiner Polverteilung abhängt. Die Übertragungsfunktion (3.28) kann wie folgt umgeschrieben werden:
GS ( s ) =
K PS 1 ⋅ . T1 + T2 1 T1T2 2 s +s⋅ + T1T2 T1T2
Mit den Abkürzungen
T + T2 1 und β 2 = , 2α = 1 T1T2 T1T2 α
Abklingkonstante Kreisfrequenz des ungedämpften Systems
ß wird
GS ( s ) = K Ps β 2
1 2
s + s ⋅ 2α + β 2
.
Eine weitere wichtige Größe ist die Dämpfung D, die wie folgt definiert ist
D=
α . β
Die beiden Pole der Gleichung (3.33) ergeben sich zu
(3.33)
66
3 Die Regelstrecke s1,2 = − α ± α 2 − β 2 s1,2 = − α ± β D 2 − 1
(3.34)
s1,2 = − β ( D ± D 2 − 1) . Daraus ist ersichtlich, dass abhängig von D folgende Fälle möglich sind: a) Für α > β ( D > 1) werden die beiden Pole negativ s-Ebene reell (aperiodischer Fall).
jω
σ
b) Für α = β (D = 1) ergibt sich eine doppelte Polstelle,
jω
mit s1 = s2 = − α (aperiodischer Grenzfall).
σ
α
jω
c) Für α < β (0 < D < 1) werden die beiden Pole konjugiert komplex
s1,2 = −α ± jβ 1 − D 2 (gedämpfte Schwingung). d) Für α = 0 (D = 0) wird der Realteil der beiden Pole
α
σ
jω
Null, d. h. die Pole werden rein imaginär s1,2 = ± jβ (ungedämpfte Dauerschwingung).
β σ β
e) Für α < 0 (D < 0) ist die Abklingkonstante negativ, die beiden Pole haben einen positiven Realteil
s1,2 = +α ± jβ 1 − D
jω
2
(aufklingende Schwingung). α
σ
Für das durch die Übertragungsfunktion (3.28) beschriebene System sind nur die Fälle a) und b) möglich (D ≥ 1), denn
3.3 P-Strecken mit Verzögerung 2. Ordnung D=
α T1 + T2 1 ª T1 = = « + β 2 T1 T2 2 «¬ T2
T2 T1
67
º ». ¼»
Mit der Abkürzung
T1 1 = bzw. a T2
a=
T2 T1
wird
D=
1 § 1· dD 1 § 1 · ¸¸ = 0 . ⋅ ¨ a + ¸ und = ⋅ ¨¨1 − 2 © a¹ da 2 © a2 ¹
Daraus folgt a = + 1 bzw. T1 = T2. Die Dämpfung des Systems ist dann
D = 1 (ein Minimum), da für a = +1 die 2. Ableitung
d 2D da
2
=
1 a3
> 0 ist.
Für T1 ≠ T2 ist die Dämpfung stets größer als Eins. Bild 3.12 zeigt die Sprungantworten eines Systems 2. Ordnung bei verschiedener Dämpfung. x(t)
4
3
w 2 1 0 0
5
t
Bild 3.12 Sprungantworten eines Systems 2. Ordnung bei verschiedenen Dämpfungen 1 - aperiodischer Fall D>1 2 - aperiodischer Grenzfall D=1 3 - gedämpfte Schwingung 0
68 •
3 Die Regelstrecke Beispiel 3.4
Das in Bild 3.13 gezeigte System besteht aus der Reihenschaltung von Wandlern und zweier Speicher, und zwar: a) dem Behälter, in dem das Gas bzw. Druckenergie gespeichert wird, b) die Feder des Membranantriebs, die potentielle Energie speichert. digitaler Regler
0 bis 100% Hub A
0 bis 10 V Wandlung von Spannung in Strom
p, V c
0 bis 20 mA pe
y
l
0 bis 1,0 bar Wandlung von Strom in Druck
b d
x
Zuluft 1,4 bar
Bild 3.13 Ansteuerung eines pneumatischen Membranventils Derartige Anordnungen kommen in der Verfahrenstechnik, z. B. wegen des Explosionsschutzes häufig vor. Mittels elektrischer Spannung von 0 bis 10 V wird die Stellung des Ventils zwischen 0 und 100% eingestellt. Die Ventilstellung x des pneumatischen Stellventils soll mittels eines Stellsignals pe rückwirkungsfrei angesteuert werden. Ein vor dem Druckspeicher sitzendes Ventil ist durch eine ideale Drossel ersetzt. Das Volumen über dem Membranteller ist gegenüber dem Behältervolumen V vernachlässigbar. Dadurch sind beide Systeme rückwirkungsfrei miteinander verbunden, d. h. durch eine Verstellung der Ausgangsgröße x wird rückwirkend der Druck p im Behälter nicht verändert. Der pro Zeiteinheit durch die Drossel strömende Massenstrom dm/dt ist proportional dem 2 Drosselquerschnitt d π / 4 und der mittleren Geschwindigkeit v :
dm(t ) d 2π = ⋅ ρ ⋅ v(t ) . 4 dt
(3.35)
ρ Dichte des Gases. Die Drosselbohrung ist so bemessen, dass eine laminare Strömung vorliegt. Es gilt dann das Poiseull'sche Gesetz
v = k ( p e − p) , mit dem Proportionalfaktor
k=
d2 32 ⋅ l ⋅ η
(3.36)
3.3 P-Strecken mit Verzögerung 2. Ordnung
69
1 Länge der Drossel 2 η Zähigkeit des Gases in Ns/m . Gl. (3.36) in Gl. (3.35) eingesetzt ergibt
dm(t ) d 2 π = ⋅ ρ k ⋅ [( p e (t ) − p (t )] . 4 dt
(3.37)
Nach den Gasgesetzen ist ferner
p ⋅V = m ⋅ R ⋅ϑ
(3.38)
R Gaskonstante in Nm/kg⋅K ϑ absolute Temperatur in K = konstant m die im Behälter mit dem Volumen V gespeicherte Gasmenge in kg. Durch Differentiation von Gl. (3.38) folgt
dp (t ) dm(t ) = Rϑ dt dt
V
und damit die pro Zeiteinheit im Behälter gespeicherte Menge
dm(t ) V dp(t ) = . dt R ϑ dt
(3.39)
Durch Gleichsetzen von Gl. (3.37) und Gl. (3.39) erhält man
V dp (t ) d 2 π = ⋅ ρ k ⋅ [( p e (t ) − p (t )] 4 R ϑ dt bzw.
dp(t ) + p (t ) = p e (t ) . d πρkRϑ dt 4V
2
Mit der Abkürzung
T1 =
4V 2
d πρkRϑ
wird
T1
dp(t ) + p (t ) = p e (t ) . dt
(3.40)
Durch Laplace-Transformation ergibt sich daraus die Übertragungsfunktion des ersten Systems
GS1 ( s ) =
p(s) 1 . = p e ( s ) 1 + sT1
(3.41)
Der Druck p wirkt als Eingangsgröße auf das zweite System und erzeugt mit der Membranfläche A die Kraft A ⋅ p (t ) . Diese ist mit den Gegenkräften c ⋅ x der Feder und b ⋅ x der Dämpfungseinrichtung im Gleichgewicht.
70
3 Die Regelstrecke b x (t ) + c x(t ) = A ⋅ p (t )
b A x (t ) + x(t ) = p (t ) . c c
c Federkonstante in N/m b Dämpfungskonstante in Ns/m. Mit den Abkürzungen KPS = A / c und T2 = b / c folgt für das zweite System die DGL
T2 x (t ) + x(t ) = K PS p (t ) .
(3.42)
Die zugehörige Übertragungsfunktion lautet
GS2 ( s ) =
K PS x( s) . = p ( s ) 1 + sT2
(3.43)
Bild 3.14 zeigt den Wirkungsplan des Gesamtsystems. 1, T1 pe(t)
KPS , T2 p(t)
GS1(s)
x(t)
GS2(s)
Bild 3.14 Wirkungsplan des Membranventils nach Bild 3.13 (P-T2-Strecke)
Daraus folgt die Gesamtübertragungsfunktion
GS ( s ) = GS1 ( s ) ⋅ GS2 ( s ) =
K PS x( s) . = p e ( s ) (1 + sT1 )(1 + sT2 )
(3.44)
Durch Anwendung des Differentiationssatzes der Laplace-Transformation ergibt sich aus (3.44) die Differentialgleichung der P-T2-Strecke zu
T1T2 x(t ) + (T1 + T2 ) x (t ) + x(t ) = K PS ⋅ p e (t ) .
(3.45)
Vergleicht man Gl. (3.45) mit Gl. (3.29), so sieht man deren Übereinstimmung. Die Sprungantwort, Ortskurve usw. des durch (3.45) beschriebenen Systems ergeben sich analog den in den Abschnitten 3.3.2 bis 3.3.4 gefundenen Beziehungen.
X Aufgabe 3.2 Ermitteln Sie die Übertragungsfunktion und die Differentialgleichung des in Beispiel 3.2 (Bild 3.7) behandelten fremderregten Gleichstromgenerators, unter der Voraussetzung, das die Ankerinduktivität L nicht vernachlässigt werden darf. Wie berechnen sich KPS, T1 und T2? Hinweis: Im Bildbereich ist der Ankerwiderstand Ra durch die Impedanz (Ra + sLa) zu ersetzen.
3.4 Strecken höherer Ordnung Die im vorherigen Abschnitt behandelten Strecken 2. Ordnung wurden durch Hintereinanderschaltung von zwei P-T1-Strecken gebildet. Wie die Darstellung im Wir-
3.4 Strecken höherer Ordnung
71
kungsplan (Bild 3.14) zeigt, ergibt sich die Gesamtübertragungsfunktion aus dem Produkt der beiden Übertragungsfunktionen GS1 und GS2. Entsprechend folgt bei der rückwirkungsfreien Hintereinanderschaltung von drei PT1-Strecken (Bild 3.15) für die Gesamtübertragungsfunktion GS ( s ) = GS1 ( s ) ⋅ GS2 ( s ) ⋅ GS3 ( s ) =
y(t) y(s)
KPS1 , Ta
K PS1 K PS2 K PS3 x( s) . = y ( s ) (1 + sTa )(1 + sTb )(1 + sTc )
KPS2 , Tb
KPS3 , Tc x2(t)
x1(t)
x(t) x(s)
GS1(s)
GS2(s)
GS3(s)
Bild 3.15 Wirkungsplan einer P-T3-Strecke, gebildet aus drei hintereinandergeschalteten P-T1-Strecken
Mit KPS = KPS1KPS2KPS3 wird
GS ( s ) =
K PS x( s ) = y ( s ) s 3 Ta TbTc + s 2 (Ta Tb + Ta Tc + TbTc ) + s (Ta + Tb + Tc ) + 1 T33
T22
T1
bzw. GS ( s ) =
K PS x( s ) = . y ( s ) s 3 T 3 + s 2 T22 + s T1 + 1 3
(3.46)
Daraus ermittelt sich die zugehörige Differentialgleichung zu T33x(t ) + T22 x(t ) + T1 x (t ) + x(t ) = K PS ⋅ y (t ) .
(3.47)
Schaltet man n Glieder 1. Ordnung rückwirkungsfrei hintereinander, so nimmt die Übertragungsfunktion folgende Form an GS ( s ) =
K PS x( s ) = . 3 n n y ( s ) s Tn + ... + s T 3 + s 2 T22 + s T1 + 1 3
(3.48)
Die Differentialgleichung zu (3.48) lautet x ( n)(t) Tnn + ... + x(t) T33 + x(t) T22 + x(t) T1 + x(t ) = K PS ⋅ y (t ) .
(3.49)
Für den Regelungstechniker ist die möglichst genaue Kenntnis des zu regelnden dynamischen Prozesses besonders wichtig, d. h. die das System beschreibenden Parameter KPS, T1, T2⋅...Tn müssten identifiziert werden.
72
3 Die Regelstrecke
Nimmt man die Sprungantwort einer unbekannten Strecke experimentell auf, so kann die genaue Ordnung dieser Strecke nicht ohne weiteres aus dem Kurvenverlauf ermittelt werden, insbesondere, wenn die einzelnen Glieder unterschiedliche Zeitkonstanten aufweisen. Bereits bei einem System 2. Ordnung, das aus zwei P-T1-Gliedern mit den Zeitkonstanten Ta und Tb besteht, ist die Bestimmung der Zeitkonstanten nicht ganz einfach. Durch Anlegen der Wendetangente lassen sich die Verzugs- und Ausgleichszeit Tu und Tg ermitteln. Mann kann zeigen, dass zwischen den Quotienten Tu/Tg und Ta/Tb eine eindeutige Funktion besteht. Die Tabelle 1 gestattet bei bekanntem Tu/Tg das Verhältnis von Ta/Tb bzw. Ta und Tb zu bestimmen. Tabelle 1 Kennwerte eines Verzögerungsgliedes 2. Ordnung
Tu Tg
Tb Ta
0,000 0,016 0,032 0,050 0,063 0,072 0,084 0,092 0,097 0,100 0,102 0,103 0,103 0,104
0,00 0,02 0,05 0,10 0,15 0,20 0,30 0,40 0,50 0,60 0,70 0,80 0,90 1,00
Tg Ta 1,000 1,083 1,171 1,292 1,399 1,495 1,675 1,842 2,000 2,151 2,299 2,439 2,548 2,718
tw Ta
xw x (∞ )
0,000 0,080 0,158 0,256 0,335 0,402 0,516 0,611 0,693 0,766 0,832 0,893 0,948 1,000
0,000 0,058 0,103 0,148 0,177 0,197 0,224 0,240 0,250 0,256 0,260 0,263 0,264 0,264
Bei Strecken höher als 2. Ordnung lassen sich die einzelnen Zeitkonstanten aus dem Verlauf der Sprungantworten nicht mehr ermitteln. Man gewinnt eine Näherung durch die Annahme von n hintereinandergeschalteten Verzögerungsgliedern 1. Ordnung mit gleicher Zeitkonstante T, deren Sprungantwort das gleiche Verhältnis Tu/Tg liefert, wie das der untersuchten Strecke. Bild 3.16 zeigt den Verlauf der Sprungantworten einer P-Strecke 1. bis n-ter Ordnung mit KPS = 1 und der Übertragungsfunktion
GS ( s ) =
1 (1 + sT ) n
.
3.4 Strecken höherer Ordnung
73
x(∞) x(t)
n=1
2
3
4
5
6
7 8 9 10
0
t
0
Bild 3.16 Sprungantworten zu P-Strecken 1. bis 10. Ordnung mit gleicher Zeitkonstante T Tabelle 2 Kennwerte der Sprungantworten für Verzögerungsglieder n-ter Ordnung mit gleichen Zeitkonstanten
n
Tg / T
Tu / T
Tu / Tg
1 2 3 4 5 6 7 8 9 10
1,000 2,718 3,695 4,463 5,119 5,699 6,226 6,711 7,164 7,590
0,000 0,282 0,805 1,425 2,100 2,811 3,549 4,307 5,081 5,869
0,000 0,104 0,218 0,319 0,410 0,493 0,570 0,642 0,709 0,773
Zeigt die experimentell aufgenommene Sprungantwort eines Systems einen charakteristischen Verlauf nach Bild 3.16, so lassen sich durch Einzeichnen der Wendetangente Tu und Tg bestimmen. Bei bekanntem Tu/Tg kann die Zeitkonstante T und die Anzahl n der Glieder aus der nebenstehenden Tabelle entnommen werden. Hier ist darauf hinzuweisen, dass dieses Verfahren, bedingt durch die Konstruktion der Wendetangente, fehlerbehaftet ist. Bereits eine geringe Änderung der Neigung der Wendetangente hat eine relativ große Auswirkung auf das Verhältnis Tu/Tg.
Ortskurven der Strecken höherer Ordnung Für eine Strecke n-ter Ordnung ergibt sich aus Gl. (3.48) folgender Frequenzgang GS ( jω ) =
GS ( jω ) =
K PS x ( jω ) = bzw. y ( jω ) ( jω ) n Tnn + ... + ( jω ) 3 T 3 + ( jω ) 2 T22 + ( jω ) T1 + 1 3 K PS . [1 − (ω T2 ) + (ω T4 ) − ...] + j [ω T1 − (ω T3 )3 + (ω T5 )5 − ...] 2
4
74
3 Die Regelstrecke
In Bild 3.11 ist die Ortskurve einer P-Strecke 2. Ordnung (n = 2) gezeigt, die auf der reellen Achse beginnend den 4. und 3. Quadranten der Gaußschen Zahlenebene durchläuft. Bei einer Strecke 3. Ordnung (n = 3) sind die Zeitkonstanten T1, T2 und T3 vorhanden. Der Frequenzgang lautet somit GS ( jω ) =
x ( jω ) K PS = . 2 y ( jω ) [1 − (ω T2 ) ] + j [ω T1 − (ω T3 )3 ]
Den Re(GS) und Im(GS) gewinnt man durch Erweiterung von GS(jω) mit dem konjugiert Komplexen des Nenners: GS ( jω ) = K PS
[1 − (ω T2 ) 2 ] − j [ω T1 − (ω T3 )3 ] = Re (GS ) + j Im (GS ) . [1 − (ω T2 ) 2 ]2 + [ω T1 − (ω T3 )3 ]2
Daraus folgt Re (GS ) = K PS
1 − (ω T2 ) 2 [1 − (ω T2 ) 2 ]2 + [ω T1 − (ω T3 )3 ]2
Im (GS ) = − K PS
ω T1 − (ω T3 )3 . [1 − (ω T2 ) 2 ]2 + [ω T1 − (ω T3 )3 ]2
Variiert man ω von 0 bis ∞, so wird Re(GS) für: 1 bzw. ω < ω T2 < 1 a) positiv T2 1 bzw. ω = ω T2 = 1 Null b) T2 c)
ω T2 > 1
bzw. ω >
1 T2
negativ.
Entsprechend wird der Im(GS) für a)
(ω T3 )3 < ω T1
bzw. ω <
b)
(ω T3 )3 = ω T1
bzw. ω =
c)
(ω T3 )3 > ω T1
bzw. ω >
T1 T33 T1 T33 T1 T33
negativ
Null
positiv.
3.5 Schwingungsfähige P-Strecken 2. Ordnung
75
Das heißt, die Ortskurve einer P-Strecke 3. Ordnung verläuft durch den 4., 3. und 2. Quadranten, wie in Bild 3.17 gezeigt. Im KPS
ω=∞
ω=0 Re
4. 3.
2.
1.
ω
Bild 3.17 Ortskurvenverlauf von P-Strecken 1. bis 4. Ordnung
s −1
Es lässt sich zeigen, dass bei einer Strecke n-ter Ordnung n Quadranten durchlaufen werden. Für ω = 0 ist der Re(G) stets gleich KPS und der Im(G) stets Null. Die Ortskurven laufen für ω → ∞ stets tangential zu den Achsen in den Ursprung; für eine Strecke 1. Ordnung wird ϕ (ω) = ϕ (∞) = −90°; für eine Strecke 2. Ordnung wird ϕ (∞) = −180°. Allgemein gilt für eine Strecke n-ter Ordnung ϕ (∞) = − n⋅90°.
3.5 Schwingungsfähige P-Strecken 2. Ordnung Sind in einem System zwei unterschiedliche Speichermöglichkeiten vorhanden, so kann das System gedämpfte Schwingungen ausführen. So z. B. in einem Feder-MasseDämpfung-System die Speicherung von potentieller und kinetischer Energie oder in einem elektrischen Schwingkreis die Energiespeicherung im elektrischen und magnetischen Feld. •
Beispiel 3.5
i(s) R
sL J, ML
Φo y(s)
M n(s) x(s)
R = 0,3 Ω L = 60 mH
Bild 3.18 Fremderregter Gleichstrommotor
cΦ0 = 2,33 Vs 2 J = 0,905 Nms
Die in Bild 3.18 dargestellte Drehzahlregelstrecke besteht aus einem Gleichstrommotor mit konstanter Fremderregung Φ0, dessen Abtriebswelle ein Schwungrad mit dem Trägheitsmo-
76
3 Die Regelstrecke
ment J antreibt sowie mit einem konstanten Moment ML belastet ist. Eingangsgröße ist die Ankerspannung y, durch die die Drehzahl n (Ausgangsgröße x) beeinflusst werden kann. R und L sind der Ankerwiderstand und die Ankerinduktivität. Wir berechnen zunächst die Übertragungsfunktion
GS1 ( s ) =
ω (s) y(s)
und daraus mit ω = 2π ⋅ n
GS ( s ) =
n( s ) . y(s)
Die im Anker induzierte Spannung ist
u0 ( s ) = c Φ 0 ⋅ ω ( s ) .
(3.50)
Somit gilt für den Ankerkreis
y ( s) = i ( s ) ⋅ [ R + sL] + u 0 ( s ) bzw.
i( s) = [ y ( s ) − u 0 ( s)] ⋅
1/ R 1 + sT1
(3.51)
mit
T1 =
L = 0,2 s . R
Der Ankerstrom i und der konstante Fluss Φ0 erzeugen das elektrische Moment
M e (s) = c Φ 0 ⋅ i(s) .
(3.52)
Dieses ist im Gleichgewicht mit dem Lastmoment ML und dem durch die Massenträgheit verursachten Moment
M m (t ) = J ⋅
dω (t ) dt
bzw.
M m (s) = J ⋅ s ⋅ ω (s) ,
(3.53)
so dass gilt
M e ( s ) = M L ( s ) + M m ( s) oder
M m (s) = M e (s) − M L (s) .
(3.54)
Das durch die Gleichung (3.50) ... (3.54) beschriebene System kann durch den in Bild 3.19 gezeigten Wirkungsplan dargestellt werden.
3.5 Schwingungsfähige P-Strecken 2. Ordnung
77
c⋅Φ 0 u0(s) y(s)
−
i(s)
1
R 1+sT1
c⋅Φ 0
Me(s)
Mm(s)
ω (s)
1 s ⋅J
−
1 2 ⋅π
n(s)
ML(s)
Bild 3.19 Wirkungsplan des fremderregten Gleichstrommotors nach Bild 3.18
Für ML = 0 berechnet sich die Übertragungsfunktion zu
GS1 ( s ) =
ω (s) y ( s)
=
1 s (1 + sT1 ) JR + cΦ 0 cΦ 0
und daraus
GS ( s ) =
n( s ) 1 = ⋅ y ( s ) 2πcΦ 0 2 s T1
1 JR (cΦ 0 ) 2
+s
JR (cΦ 0 ) 2
. +1
Mit den Abkürzungen
K PS =
1 1 1 = 0,0683 = 4,098 Vs V min 2πcΦ 0
T2 =
JR
und
(cΦ 0 ) 2
= 0,05 s
erhalten wir schließlich
GS ( s ) =
K PS x( s ) = . y ( s ) s 2 T1T2 + s T2 + 1
(3.55)
Durch Anwendung des Differentiationssatzes der Laplace-Transformation bestimmt sich aus Gl. (3.55) die Differentialgleichung 2. Ordnung des Systems zu
T1T2 x(t ) + T2 x (t ) + x(t ) = K PS y (t ) .
(3.56)
Die Übertragungsfunktion nach Gl. (3.55) hat, bei den gegebenen Daten, konjugiert komplexe Polstellen. Nach dem im Abschnitt 3.3 Gesagten, wird das System gedämpfte Schwingungen ausführen.
78 •
3 Die Regelstrecke Ermittlung der Sprungantwort einer schwingungsfähigen Regelstrecke 2. Ordnung
Für
y (t ) = y 0 ⋅ σ (t ) bzw.
y y ( s) = 0 s folgt aus Gl. (3.55)
x( s ) = GS ( s ) ⋅ y ( s) =
K PS ⋅ y 0 1 1 ⋅ ⋅ . 1 1 T1T2 s 2 + s +s T1 T1T2
(3.57)
Unter Verwendung der Beziehung 13 der Korrespondenztabelle findet man mit
α=
1 = 2,5 s -1 2T1
und
β2 =
1 = 100 s -2 ; β = 10 s -1 T1T2
x( s ) = K PS ⋅ y 0 ⋅ β 2
1 2
s ( s + s ⋅ 2α + β 2 )
.
(3.58)
Die Dämpfung des Systems ist definitionsgemäß
D=
α 2,5 s -1 = = 0,25 und damit D < 1 . β 10 s -1
Das gedämpft schwingende System hat die Eigenkreisfrequenz
ω e = β 2 − α 2 = 9,68 s -1 . α, β und ωe in die Rücktransformationsgleichung eingesetzt, ergibt
ª § º · α x(t ) = n(t ) = K PS ⋅ y 0 «1 − ¨¨ cos ω e t + sin ω e t ¸¸ e − α t » . ωe ¹ ¬« © ¼»
(3.59)
Vielfach ist es zweckmäßig, die Sinus- und Cosinusfunktion in Gl. (3.59) zu einer Schwingung gleicher Frequenz wie folgt zusammenzufassen:
cos ω e t +
α sin ω e t = A sin (ω e t + ϕ ) . ωe
Nach den Additionstheoremen ist
(3.60)
3.5 Schwingungsfähige P-Strecken 2. Ordnung
79
A (sin ω e t ⋅ cos ϕ + cos ω e t ⋅ sin ϕ ) = A sin (ω e t + ϕ ) .
(3.61)
Durch Vergleich der Beziehungen (3.60) und (3.61) folgt
A cos ϕ =
α ωe
(3.62)
A sin ϕ = 1 .
(3.63)
Division von (3.63) durch (3.62) ergibt
tan ϕ =
ωe α
ϕ = arctan
bzw.
ωe = 75,52° . α
Durch Quadrieren und Addieren von (3.62) und (3.63) errechnet sich
§ α A (cos ϕ + sin ϕ ) = 1 + ¨¨ ©ωe 2
2
2
· ¸ ¸ ¹
2
bzw.
A=
1
ωe
ω e2 + α 2 =
β = 1,033 . ωe
Somit wird aus Gl. (3.59)
x(t ) = n(t ) = K PS ⋅ y 0 [ 1 − A e − α t sin (ω e t + ϕ )] .
(3.64)
Setzt man die errechneten Werte in Gl. (3.64) ein, so gelangt man zu t ª º − 2 ,5 ⋅ « s ⋅ sin §¨ 9,68 t + 1,318 ·¸ » x(t ) = n(t ) = 1800 min ⋅ 1 − 1,033 e « s © ¹» ¬ ¼
-1
mit dem in Bild 3.20 gezeigten Verlauf der Sprungantwort:
x(t) ∧
x1 ∧
x2
x1MAX Te 2
0
Te 2
x2MIN
x(∞) = KPs⋅ y0
t
Bild 3.20 Sprungantwort einer P-T2-Strecke mit einer Dämpfung D = 0,25
(3.65)
80
3 Die Regelstrecke
Aus Gl. (3.64) folgt für t = ∞ der stationäre Endzustand
x(∞) = K PS ⋅ y 0 . Die Schnittpunkte der Kurve mit dem Beharrungszustand x(∞) ermitteln sich aus Gl. (3.64) für
x(t ) = x(∞) bzw. sin (ω e t + ϕ ) = 0 ,
d. h. für
ω e t + ϕ = i ⋅ π , mit i = 1, 2, 3,... Daraus folgt
ti =
i ⋅π − ϕ
ωe
.
Der Abstand zwischen zwei Schnittpunkten ist
π Te . = ωe 2 Das heißt, dass umgekehrt aus dem Kurvenverlauf die Kreisfrequenz
ωe =
2π Te
(3.66)
bestimmt werden kann. Die relativen Maxima und Minima ergeben sich aus (3.64) durch Differentiation und Nullsetzen.
dx(t ) = K PS ⋅ y 0 [ Aα e − α t sin (ω e t + ϕ ) − Aω e e − α t cos (ω e t + ϕ )] = 0 dt bzw.
tan (ω e t + ϕ ) =
ωe = tan ϕ . α
Dies ist der Fall für
ω e t = i ⋅ π , mit i = 0, 1, 2, 3,... oder
t MAX/MIN =
T i⋅π = i⋅ e . ωe 2
(3.67)
Setzen wir Gl. (3.67) in Gl. (3.59) ein, so folgt i⋅π ª º −α « ωe x MAX/MIN = K PS ⋅ y 0 «1 − e cos (i ⋅ π ) »» . «¬ »¼
(3.68)
3.5 Schwingungsfähige P-Strecken 2. Ordnung •
81
Ermittlung der Dämpfung aus dem Verlauf der Sprungantwort
Bezeichnet man den Betrag der Amplituden zweier aufeinander folgender Halbschwingungen mit xˆ i und xˆ i +1 , so folgt aus (3.68)
xˆ i = K PS ⋅ y 0 e
−α
i⋅π ωe
cos (i ⋅ π )
(3.69)
und daraus der Quotient π
π
α α cos (i ⋅ π ) xˆ i = e ωe ⋅ = e ωe . xˆ i +1 cos [(i + 1) ⋅ π ]
Durch Logarithmieren errechnet sich
ωe = α
π § xˆ · ln ¨¨ i ¸¸ © xˆ i +1 ¹
α=
§ xˆ · ωe ⋅ ln ¨¨ i ¸¸ . π © xˆ i +1 ¹
(3.70)
Andererseits ist
D=
α α = = β ω e2 + α 2
1
§ω · 1+ ¨ e ¸ © α ¹
2
.
(3.71)
Mit Gl. (3.70) in Gl. (3.71) erhalten wir schließlich
1
D= 1+
.
π2 § ¨¨ ln ©
xˆ i · ¸ xˆ i +1 ¸¹
(3.72)
2
Mittels der Beziehung (3.72) lässt sich die Dämpfung eines schwingungsfähigen Systems aus einer experimentell aufgenommenen Sprungantwort bestimmen.
X Aufgabe 3.3 Ermitteln Sie für den in Beispiel 3.5 behandelten fremderregten Gleichstrommotor anhand des Wirkungsplanes (Bild 3.19) das dynamische Verhalten bei Belastung, und zwar: a) Die Übertragungsfunktion GS(s) = n(s) / ML(s) b) Die Sprungantwort n(t) für ML(t) = ML0⋅σ(t), mit ML0(s) = 200 Nm. c) Den Verlauf der Ortskurve.
82 •
3 Die Regelstrecke Beispiel 3.6
ωe
br
ω1
cr
J
ωa
Bild 3.21 Mechanisches System mit P-T2-Verhalten br = 4 Nms (Dämpfungsbeiwert bezogen auf den Drehwinkel im Bogenmaß) cr = 40 Nm (Federkonstante bezogen auf den Drehwinkel im Bogenmaß) 2 J = 0,4 Nms (Trägheitsmoment) Das mechanische System (Bild 3.21) besteht aus einem Dämpfungsglied (ähnlich einer Föttinger-Kupplung), einer Torsionsfeder und einer trägen Masse mit dem Trägheitsmoment J. Erregt wird das System durch die Winkelgeschwindigkeit ωe. Das durch das Dämpfungsglied übertragene Moment ist proportional der Differenz der Winkelgeschwindigkeiten ωe und ω 1.
M e ( s ) = br ⋅ [ω e ( s ) − ω1 ( s )] .
(3.73)
Dieses Moment wirkt auf die Feder mit der Federkonstante cr und tordiert diese um den Winkel ϕ1 − ϕ a :
M f ( s ) = c r ⋅ [ϕ1 ( s ) − ϕ a ( s)] .
(3.74)
Gleichzeitig wird durch das eingeleitete Moment Me die Masse mit dem Trägheitsmoment J beschleunigt
M m (t ) = J ⋅
dω a (t ) bzw. dt
M m ( s ) = J ⋅ s ⋅ ω a ( s) .
(3.75)
Infolge Me = Mf = Mm folgt aus (3.74) und (3.75)
ϕ1 ( s ) = ϕ a ( s ) +
J ⋅ s ⋅ ω a (s) cr
und durch einmalige Differentiation mit ω(t) = dϕ(t)/dt
ω1 ( s ) = ω a ( s ) +
J 2 ⋅ s ⋅ ω a ( s) . cr
Ferner ergibt sich durch Gleichsetzen von (3.73) und (3.75)
ω e ( s ) = ω1 ( s ) + und mit Gl. (3.76)
J ⋅ s ⋅ ω a (s) br
(3.76)
3.6 I-Strecken ohne Verzögerung
ω e ( s) = ω a (s) + s ⋅
83
J J ω a ( s) + s 2 ⋅ ω a (s) . br cr
(3.77)
Mit den Abkürzungen
T1 =
J J = 0,1 s und T22 = = 0,01 s 2 br cr
erhalten wir die Übertragungsfunktion des Systems zu
GS ( s ) =
ω a ( s) K PS . = 2 2 ω e ( s ) s T2 + s T1 + 1
(3.78)
Für die Dämpfung des Systems folgt mit den angegebenen Daten
D=
J cr T α = 1 = = 0,5 und damit D < 1 gedämpfte Schwingungen. 2 br β 2 T2
Die zugehörige Sprungantwort berechnet sich entsprechend Beispiel 3.5.
X Aufgabe 3.4 Für das durch die Übertragungsfunktion (3.78) gegebene System ist der Verlauf der Ortskurve zu bestimmen. Beweisen Sie, dass für die Resonanzfrequenz
ω = ω r = β 1 − 2D 2 gilt
GS ( jω ) = GS ( jω ) MAX =
1 2D 1 − D 2
.
3.6 I-Strecken ohne Verzögerung Eine Regelstrecke, deren Ausgang x(t) proportional dem zeitlichen Integral der Eingangsgröße y(t) ist, bezeichnet man als integrale Strecke oder kurz als I-Strecke: x(t ) = K I
³ y(t ) dt
c−−¦
1 x( s ) = K I ⋅ ⋅ y ( s ) . s
Die letzte Gleichung entsteht durch Laplace-Transformation und führt zu der Übertragungsfunktion der I-Strecke: GS ( s ) =
x( s ) K I . = y ( s) s
Im einführenden Abschnitt dieses Kapitels wurde bereits gesagt, dass eine solche Strecke ohne Ausgleich ist. Es sollen hier noch einige Beispiele zur Erläuterung gebracht werden.
84 •
3 Die Regelstrecke Beispiel 3.7
Bild 3.22 zeigt eine Füllstands-Regelstrecke, deren Zufluss Qe proportional der Ventilstellung Y (Eingangsgröße) angenommen wird
Qe (t ) = k Y (t ) .
Qe
y
(3.79)
h
Mittels der Pumpe wird aus dem Behälter die Menge Qa abgepumpt. Es ist leicht einzusehen, dass für Qe = Qa das Volumen im Behälter und damit der Flüssigkeitsstand H (Ausgangsgröße) unverändert bleiben wird.
H
P H0
Qa A
Bild 3.22 Füllstands-Regelstrecke Für Qe ≠ Qa ergibt sich die zeitliche Volumenänderung im Behälter zu
dV (t ) dH (t ) =A = Qe (t ) − Qa (t ) dt dt
(3.80)
und durch Integration
H (t ) =
1 A
³ [Qe (t ) − Qa (t )] dt + C .
(3.81)
Die Integrationskonstante C ergibt sich aus der Anfangsbedingung. Bei konstantem Abfluss
Qa (t ) = Qa0 = konst. wird das Eingangsventil mit Y = Y1 so eingestellt, dass
Qa0 = Qe = k Y1 und H = H0 ist. Damit folgt aus (3.81)
C = H0. Diese Anfangsbedingung in (3.81) eingesetzt, ergibt
H (t ) =
1 A
³ [k Y (t ) − k Y1 ] dt + H 0 .
(3.82)
Führt man den Integrierbeiwert KIS = k / A ein und betrachtet, wie in der Regelungstechnik üblich, nur die Änderungen von Ein- und Ausgangsgröße (siehe Abschnitt 2.1), so kann man mit
h = H − H 0 und y = Y − Y1 schreiben
³
h(t ) = K I y (t ) dt .
(3.83)
3.6 I-Strecken ohne Verzögerung
85
Für einen Eingangssprung
y (t ) = y0 ⋅ σ (t ) wird
h ( t ) = K I ⋅ y0 ⋅ t
(3.84)
mit der in Bild 3.23 gezeigten Sprungantwort.
h(t)
Bild 3.23 Sprungantwort einer I-Strecke ohne Verzögerung
KI⋅ y0 1
t
Die Übertragungsfunktion ergibt sich aus (3.83) durch Laplace-Transformation zu
GS ( s ) =
h( s ) K I . = s y ( s)
(3.85)
X Aufgabe 3.5 Ermitteln Sie den Verlauf der Ortskurve des durch (3.85) gegebenen Systems. Für welche Kreisfrequenz ω wird ⏐GS(jω)⏐ = 1?
•
Beispiel 3.8
Bild 3.24 zeigt den Support einer Werkzeugmaschine, der durch die Spindel mit der Gewindesteigung a translatorisch bewegt wird.
x (y) n
Bild 3.24 Support einer Werkzeugmaschine
Dreht sich die Spindel mit der Drehzahl n, so ist die zeitliche Änderung der Längsbewegung des Supports
dX (t ) = a ⋅ n (t ) dt
(3.86)
bzw. der zurückgelegte Weg
³
X (t ) = a n(t ) dt + x(0) .
(3.87)
86
3 Die Regelstrecke
Betrachten wir wiederum nur die Wegänderung gegenüber dem Anfangswert X(0) und bezeichnen X(t) − X(0) = x(t) und den Integrierbeiwert KI = a, so erhalten wir mit
³
x(t ) = K I n(t ) dt
(3.88)
eine analoge Beziehung zu Gl. (3.83).
X Aufgabe 3.6 Zeigen Sie, dass für einen Kondensator mit der Kapazität C zwischen dem Strom i (Eingangsgröße) und der Spannung u (Ausgangsgröße) eine zu Gl. (3.88) analoge Beziehung besteht.
3.7 I-Strecken mit Verzögerung 1. Ordnung Bei I-Strecken mit Verzögerung 1. Ordnung beginnt die Sprungantwort, im Gegensatz zu denen ohne Verzögerung, mit der Anfangssteigung Null. In der Differentialgleichung kommt das durch ein weiteres Glied mit der 1. Ableitung der Ausgangsgröße zum Ausdruck. Die Übertragungsfunktion einer solcher Strecke kann als Reihenschaltung einer I-Strecke mit einer P-T1-Strecke dargestellt werden: GS ( s ) =
•
K2 KI x ( s ) K1 . = ⋅ = y(s) s 1 + sT1 s (1 + sT1 )
Beispiel 3.9 x i
R n, J
Φo y
M
Bild 3.25 Werkzeugschlitten, angetrieben von einem fremderregten Gleichstrommotor R J cΦ 0 n a
= 0,3 Ω (Ankerwiderstand) 2 (Trägheitsmoment der rotierenden Massen) = 0,905 Nms = 2,33 Vs (Erregerfluss) = Drehzahl der Motorwelle = 1 mm/Umdr. (Gewindesteigung)
Eingangsgröße ist die Klemmenspannung y, Ausgangsgröße der vom Werkzeugschlitten zurückgelegte Weg x. Die Ankerinduktivität sei vernachlässigbar klein. Für den Ankerkreis gilt
y ( s) = i ( s ) ⋅ R + cΦ 0 ⋅ ω ( s) .
(3.89)
3.7 I-Strecken mit Verzögerung 1. Ordnung
87
Der Ankerstrom i erzeugt mit dem konstanten Fluss Φ0 das elektrische Moment
M e ( s ) = cΦ 0 ⋅ i ( s ) ,
(3.90)
welches gleich dem durch das Massenträgheitsmoment J verursachten Gegenmoment
M m (t ) = J ⋅
dω ( t ) dt
bzw.
M m (s) = J ⋅ s ⋅ ω (s) = M e (s)
(3.91)
ist. Die zeitliche Wegänderung des Werkzeugschlittens ist proportional der Drehzahl n
dx(t ) = a ⋅ n(t ) dt oder mit ω = 2π n
ω (s) =
c−−¦
s ⋅ x( s ) = a ⋅ n( s )
2π ⋅ s ⋅ x( s) . a
(3.92)
Aus Gl. (3.91) folgt unter Berücksichtigung von Gl. (3.90)
J
i( s) =
cΦ 0
⋅ s ⋅ ω (s) .
(3.93)
Mit (3.93) in (3.89) erhalten wir
y ( s) = cΦ 0 ⋅ ω ( s ) +
JR ⋅ s ⋅ ω (s) cΦ 0
(3.94)
und mit Gl. (3.92) in (3.94)
y ( s) =
ª JR º 2π ⋅ s ⋅ x( s ) «cΦ 0 + s » a cΦ 0 ¼ ¬
(3.95)
bzw.
ª a 1 JR º ⋅ y ( s) = x( s) «1 + s ». 2πcΦ 0 s «¬ (cΦ 0 ) 2 »¼ Führen wir die Abkürzungen
KI =
a mm = 0,06831 Vs 2πcΦ 0
und
T1 =
JR ( cΦ 0 ) 2
= 0,05 s
(3.96)
88
3 Die Regelstrecke
ein, so folgt aus (3.96) schließlich die Übertragungsfunktion des Systems
GS ( s ) =
KI x( s ) . = y ( s ) s (1 + sT1 )
(3.97)
Die sich aus (3.95) oder (3.97) ergebende Differentialgleichung
T1 x(t ) + x (t ) = K I ⋅ y ( s ) wird meistens als Integro-Differentialgleichung in der Form
T1 x (t ) + x(t ) = K I
³ y(t ) dt
(3.98)
geschrieben. Sie zeigt, dass [T1 x (t ) + x(t )] proportional dem zeitlichen Integral der Eingangsgröße y ist; daher die Bezeichnung integrales Verhalten mit Verzögerung 1. Ordnung oder kurz I-T1-Verhalten. Wie der in Bild 3.26 dargestellte Wirkungsplan zeigt, kann die durch Gl. (3.97) beschriebene I-T1-Strecke als Reihenschaltung eines P-T1-Gliedes und eines I-Gliedes aufgefasst werden. Der Proportional- und Integrierbeiwert können auch zu KI zusammengefasst und einem der beiden Blöcke zugeordnet werden. Allerdings hat dann die Größe zwischen den beiden Blöcken keinen physikalischen Sinn. KI a ,T1 y(s)
KI a 1+ sT1
n(s)
x(s)
a s
y(t)
a n(t)
x(t)
Bild 3.26 Wirkungsplan des durch Gl. (3.97) gegebenen Systems
•
Sprungantwort der I-T1-Strecke
Zur Ermittlung der Sprungantwort lösen wir Gl. (3.97) nach x(s) auf und erhalten mit
y (t ) = y0 ⋅ σ (t ) x( s ) = K I ⋅ y 0
c−−¦
y y ( s) = 0 s
1 2
s (1 + sT1 )
=
K I ⋅ y0 1 . ⋅ T1 1· 2 §¨ s ¨ s + ¸¸ T1 ¹ ©
(3.99)
Für einen n-fachen Pol in a gilt der Residuensatz
Res [GS ( s) e st ] s = a = Damit folgt aus (3.99)
1 d n−1 lim [( s − a ) n ⋅ GS ( s ) e st ] . ( n − 1)! s →a ds n−1
(3.99a)
3.7 I-Strecken mit Verzögerung 1. Ordnung
89
º ª § 1· « t » ¨¨ s + ¸¸ t e st − e st − » T1 ¹ K ⋅y « © x(t ) = I 0 « lim + T12 e T1 » 2 T1 « s →0 » § 1· ¨ ¸ s + » « ¨ ¸ T1 ¹ © ¼ ¬ bzw.
x(t ) = K I ⋅ y 0 [t − T1 (1 − e Für t > 5T1 ist der Term mit e asymptotisch gegen die Gerade
−
t T1
− t/T1
)] .
(3.100)
vernachlässigbar klein und x(t) läuft, wie Bild 3.27 zeigt,
x A (t ) = K I ⋅ y 0 ⋅ (t − T1 ) . Die Asymptote verläuft parallel zur Sprungantwort eines Systems ohne Verzögerung (T1 = 0).
x(t) KI⋅ y0⋅ t
x(t) Bild 3.27 Sprungantwort einer I-T1-Strecke Asymptote
t
T1
•
Ortskurve der I-T1-Strecke
Aus Gl. (3.97) folgt der Frequenzgang
GS ( jω ) =
x ( jω ) KI KI = = . y ( jω ) jω (1 + jω T1 ) − ω 2T1 + jω
Durch Erweiterung mit dem konjugiert Komplexen des Nenners erhalten wir:
Re (GS ) = −
K IT1 1 + (ω T1 ) 2
Im (GS ) = −
KI . ω [1 + (ω T1 ) 2 ]
Bild 3.28 zeigt den Verlauf der Ortskurve des I-T1-Gliedes
(3.101)
90
3 Die Regelstrecke KI ⋅T1 2
Im
ω=∞
Re (GS )
0
− K IT1
Re
1 T1
KI ⋅T1 2
−
∞
KI ⋅T1
ω
•
ω
1 K I T1 2
Im (GS ) −∞ −
1 K I T1 2
0
0
Bild 3.28 Ortskurve eines I-T1-Gliedes
Beispiel 3.10
Gegeben ist die Flüssigkeitsstandregelstrecke nach Bild 3.29 mit dem Ventilhub y als Eingangsgröße und dem Flüssigkeitsstand x als Ausgangsgröße. Q Es sollen folgende Voraussetzungen gelten: a) Die pro Zeiteinheit zufließende Menge Qe ist proportional dem Ventilhub y. Für y = y1 = 1 cm ist Qe = Q0 =10 1/min.
y . Qe = Q0 ⋅ y1
(3.102)
b) Die aus dem 1. Behälter ausfließende Menge Qa ist proportional dem Flüssigkeitsstand h (laminare Strömung). Für h = h1 = 40 cm ist Qa = Q0 =10 1/min.
Qa = Q0 ⋅
h . h1
(3.103)
Für die zeitliche Änderung des Flüssigkeitsstands im 1. Behälter gilt
A1
y
e
h A1
Qa
x A2 Bild 3.29 Flüssigkeitsstandregelstrecke 2 A1 = A2 = 100 cm
ª y (t ) h(t ) º dh(t ) = Qe − Qa = Q0 « − » dt h1 ¼ ¬ y1
und nach y aufgelöst
A1 h1 dh(t ) ⋅ + h(t ) = y (t ) ⋅ Q0 dt
h1 . y1
(3.104)
3.7 I-Strecken mit Verzögerung 1. Ordnung
91
Mit den Abkürzungen
h A h K1 = 1 = 40 und T1 = 1 1 = 0,4 min = 24 s y1 Q0 folgt aus (3.104) die Differentialgleichung des 1. Teilsystems
T1
dh(t ) + h(t ) = K1 ⋅ y (t ) dt
T1 ⋅ s ⋅ h( s ) + h( s ) = K1 ⋅ y ( s )
(3.105)
mit der korrespondierenden Übertragungsfunktion
K1 h( s ) . = y ( s ) 1 + sT1
GS1 ( s ) =
(3.106)
Die zeitliche Änderung des Flüssigkeitsstandes im 2. Behälter ist
A2
h(t ) dx(t ) . = Qa (t ) = Q0 h1 dt
Setzen wir K 2 =
(3.107)
Q0 = 2,5 min -1 = 0,0417 s −1 = 24 s , so folgt aus Gl. (3.107) A2 h1
dx(t ) = K 2 ⋅ h(t ) dt
(3.108)
bzw. die Übertragungsfunktion des 2. Teilsystems
GS2 ( s ) =
x( s) K 2 . = h( s ) s
(3.109)
Wie die Gleichungen (3.106) und (3.109) zeigen, ist die Ausgangsgröße h des 1. Teilsystems gleich der Eingangsgröße des 2. Teilsystems. Beide Systeme sind somit, wie Bild 3.30 zeigt, −1 hintereinander geschaltet und ergeben mit KI = K1K2 = 1,67 s die resultierende Übertragungsfunktion
GS ( s ) =
y(s)
KI x( s ) . = GS1 ( s ) ⋅ GS2 ( s ) = y(s) s (1 + sT1 )
K1 1+ sT1
h(s)
K2 s
x(s)
y(t)
(3.110) K1 , T1
h(t)
K2
x(t)
Bild 3.30 Wirkungsplan der Flüssigkeitsstandregelstrecke nach Bild 3.29 Vergleichen wir die Übertragungsfunktion (3.110) mit der in Beispiel 3.9 ermittelten Gl. (3.97), so sehen wir deren Identität. Die Sprungantwort sowie der Ortskurvenverlauf ergeben sich entsprechend Beispiel 3.9.
92
3 Die Regelstrecke
X Aufgabe 3.7 Die Kraft-Geschwindigkeits-Kennlinie eines Linearmotors kann in erster Näherung durch eine Gerade Fb = f (va) (Bild 3.31) dargestellt werden. Fb Hierin bedeuten: beschleunigende Kraft Fb K⋅vs va Geschwindigkeit des Linearmotors vs synchrone Geschwindigkeit des Wanderfelds x zurückgelegter Weg des Linearmotors K Proportionalitätsfaktor 0 va vs m Masse des Linearmotors 0 Die vom Linearmotor erzeugte Kraft Fb dient zur Beschleunigung der Masse m des Linearmotors.
Bild 3.31 Angenäherte Kennlinie eines Linearmotors
Gesucht sind: a) Fb = f (va , vs) b) Die Differentialgleichung des Systems mit der Eingangsgröße vs(t) und der Ausgangsgröße va(t). (Abkürzung T1 = m / K) c) Die Übertragungsfunktion
v (s) GS1 ( s ) = a v s (s) d) Die Übertragungsfunktion
GS ( s ) =
x( s ) mit x(t ) = v a (t ) dt v s (s)
³
e) Die Sprungantwort x(t) für v s (t ) = v 0 ⋅ σ (t ) .
3.8 Strecken mit Totzeit Tt Gibt man auf den Eingang einer Strecke mit Totzeit (Tt -Strecke) ein Eingangssignal y(t), so erscheint am Ausgang das Eingangssignal, allerdings um die Totzeit Tt verschoben (Bild 3.32). Ist y(t) die Eingangsfunktion, so ist das Ausgangssignal
0 für t < Tt x(t ) = ® ¯ y (t − Tt ) für t ≥ Tt .
(3.111)
Ursache für das Auftreten einer Totzeit ist die endliche Ausbreitungsgeschwindigkeit eines Signals zwischen Stell- und Messort bzw. zwischen Sende- und Empfangsort.
3.8 Strecken mit Totzeit Tt
93
y
0
t
0 y
Bild 3.32 Ein- und Ausgangssignal einer
Tt 0
Strecke mit Totzeit Tt
t
0
Typische Regelstrecken mit Totzeit sind Förderbänder (Bild 3.33). Eingangsgröße ist die Schieberstellung y und Ausgangsgröße ist die pro Zeiteinheit vom Band geförderte Menge x.
l y
v
⋅
Bild 3.33 Förderband
⋅ x
Der Schieber sei zunächst geschlossen und werde zum Zeitpunkt t = 0 sprunghaft geöffnet: y (t ) = y 0 ⋅ σ (t ) .
Nach Verlauf der Totzeit Tt wird am Ausgang eine der Schieberstellung proportionale Menge x(t ) = K PS ⋅ y 0 ⋅ σ (t − Tt )
vom Band laufen, mit der in Bild 3.34 gezeigten Sprungantwort. x
y
y
Tt
0
0
t
0
0 0
K PS⋅ y0 t
Bild 3.34 Eingangssprung und Sprungantwort einer P-Strecke mit Totzeit
Die Totzeit ergibt sich aus der Entfernung l zwischen Stell- und Messort und der konstanten Bandgeschwindigkeit v zu Tt =
l . v
94
3 Die Regelstrecke
Übertragungsfunktion, Frequenzgang und Ortskurve des reinen Totzeitgliedes Im Gegensatz zu den bisher in diesem Kapitel besprochenen Systemen, kann ein System mit Totzeit nicht durch eine gewöhnliche Differentialgleichung, sondern nur durch eine partielle Differentialgleichung beschrieben werden. Einen wesentlich einfacheren Zusammenhang zwischen Ein- und Ausgangsgröße gewinnt man im Bildbereich in Form der Übertragungsfunktion. Unterziehen wir Gl. (3.111) der Laplace-Transformation, so ist ∞
L [ x(t )] = y (t − Tt ) ⋅ e − st dt .
³ 0
Da y (t − Tt ) = 0 für t < Tt , können wir die untere Integrationsgrenze bei t = Tt beginnen lassen und erhalten ∞
L [ x(t )] =
³ y(t − Tt ) ⋅ e
− st
dt .
(3.112)
Tt
Wir bilden nun folgende Substitution
τ = t − Tt t = τ + Tt dt = dτ .
(3.113)
Die untere Integrationsgrenze ist für t = Tt τ = 0, die obere τ = ∞. Damit wird ∞
L [ x(t )] =
³ y(τ ) ⋅ e
− sτ
⋅ e − sTt dτ
0
L [ x(t )] = e − sTt
∞
³ y(τ ) ⋅ e
− sτ
dτ = e − sTt ⋅ L [ y (t )] .
(3.114)
0
Aus Gl. (3.114) folgt unmittelbar die Übertragungsfunktion des Totzeitgliedes GS ( s ) =
x( s ) = e − sTt . y(s)
(3.115)
Gl. (3.115) zeigt, dass die Beziehung zwischen Ein- und Ausgangsgröße durch den Verschiebungssatz der Laplace-Transformation wiedergegeben wird. Wir erhalten aus Gl. (3.114) den Frequenzgang, in dem wir s = jω setzen GS ( jω ) =
x ( jω ) = e − j ω Tt . y ( jω )
(3.116)
3.8 Strecken mit Totzeit Tt
95
Zur Darstellung der Ortskurve kann GS(jω) in seinen Real- und Imaginärteil zerlegt werden GS ( jω ) = e − jω Tt = cos ω Tt − j ⋅ sin ω Tt . Günstiger ist hier die Darstellung von GS(jω) durch Betrag und Phase
GS ( jω ) = GS ( jω ) ⋅ e − jϕ = 1 ⋅ e − jω Tt ,
(3.117)
mit GS ( jω ) = 1 und ϕ = −ω Tt . Das heißt, die Ortskurve ist der Einheitskreis, beginnend bei ω = 0 auf der reellen Achse und läuft im Uhrzeigersinn periodisch um, mit der Kreisfrequenz ω = 2π /Tt. Jeder Punkt der Ortskurve (Bild 3.35) ist also beliebig vieldeutig. Im
1,5
ω= ω=
π
0,5
Tt
− 1,5
3π 2Tt ω=0
− 0,5
ω=
π 2Tt
0,5
1,5
Re
Bild 3.35 Ortskurve eines reinen Totzeitgliedes
ω − 1,5
In der Elektrotechnik treten Totzeiten verhältnismäßig selten auf, so z. B. bei der Anschnittsteuerung von Thyristoren, bei der Bildung der Auto- und Kreuzkorrelation stochastischer Signale sowie bei der Nachrichtenübertragung auf langen elektrischen Leitungen. Beabsichtigt ist dieser Effekt bei Verzögerungsleitungen (Delay Line) in der Oszillographen- und Impulstechnik. Ferner macht sich die Totzeit bei der drahtlosen Nachrichtenübermittlung über große Entfernungen bemerkbar. Die Ausbreitungsgeschwindigkeit der elektromagnetischen Wellen ist gleich der Lichtgeschwindigkeit. Bei den auf der Erde zu überbrückenden Distanzen spielt die Endlichkeit der Lichtgeschwindigkeit noch keine Rolle. Bereits bei der Entfernung Erde-Mond beträgt die Totzeit ca. 1 s, d. h. eine auf der Erde gesendete Nachricht wird erst 1 s später auf dem Mond empfangen. Eine Antwort kann erst nach 2 s auf der Erde eintreffen und macht sich bei der Kommunikation schon unangenehm bemerkbar. Noch größer wird die Diskrepanz, wenn die Nachricht über eine Entfernung Erde-Mars mit Tt ca. 22,2 min (bei maximaler Entfernung) gesendet wird. In der Verfahrenstechnik kommt die Totzeit häufiger vor. Beispiele dafür sind die Temperartur- und Druckregelstrecken. Eine Wärme- oder Druckleitung kann man als Reihenschaltung von mehreren P-T1-Strecken darstellen. Im nächsten Abschnitt wird gezeigt, dass auch eine P-Tn-Strecke sich durch die Totzeit ersetzen lässt.
96
3 Die Regelstrecke
3.9 Regelstrecken mit Totzeit und Verzögerung 1. Ordnung Vielfach kommen Totzeiten in Verbindung mit Verzögerungen vor, wie im nachfolgenden Beispiel einer Mischregelstrecke. •
Beispiel 3.11
In den Mischbehälter (Bild 3.36) mit dem Volumen V fließen die Mengen Q1 und Q2 mit den Konzentrationen C1 und C2. Die Streckenparameter sind:
Q1 = 4 l/s Q2 = 1 l/s
3
V = 0,5 m
h= 1m l = 10 m.
Durch das Rührwerk wird im Mischbehälter eine gleichmäßige Durchmischung erreicht mit der Konzentration Ca. Der Zufluss (Q1 + Q2) sei gleich dem Abfluss Qa und konstant. Dann ergibt sich für die Konzentrationsänderung im Mischkessel
Q1 C1 (t ) + Q2 C 2 (t ) − Qa C a (t ) = V Im stationären Zustand ist
dC a (t ) . dt
(3.118)
dC a (t ) = 0 und folglich dt
Q1 C1 (t ) + Q2 C 2 (t ) − Qa C a (t ) = 0 . Q1 , c1
(3.119)
Q2 , c2
V , ca h Messfühler Qa , ca l
Bild 3.36 Mischbehälter mit nachfolgender langer Leitung
Ändert sich die Konzentration C1 um Δ C1 = c1 und folglich die Ca um Δ Ca = ca, so wird
Q1 [C1 (t ) + c1 (t )] + Q2 C 2 (t ) − Qa [C a (t ) + c a (t )] = V Durch Subtraktion der Gl. (3.118) von Gl. (3.120) ergibt sich
Q1 c1 (t ) − Qa ca (t ) = V
dca (t ) dt
d [C a (t ) + ca (t )] . (3.120) dt
3.9 Regelstrecken mit Totzeit und Verzögerung 1. Ordnung
97
bzw. in Normalform
Q V dc a (t ) + c a (t ) = 1 c1 (t ) . Qa dt Qa Mit den Abkürzungen
Q V K Ps = 1 = 0,8 und T1 = = 100 s Qa Qa erhalten wir die Differentialgleichung
T1
dca (t ) + c a (t ) = K Ps c1 (t ) dt
(3.121)
bzw. die Übertragungsfunktion
c (s) K Ps . GS1 ( s ) = a = c1 ( s ) 1 + sT1
(3.122)
Die Änderung am Ausgang des Mischkessels wird erst nach Verlauf der Totzeit
Tt =
l v
am Messort wirksam. Der Mischkessel ist ein P-T1-Glied mit der Übertragungsfunktion (3.122), während die nachgeschaltete Rohrleitung eine reine Totzeit mit folgender Übertragungsfunktion darstellt:
GS2 ( s) = e − sTt .
(3.123)
Die Gesamtstrecke lässt sich somit durch die Reihenschaltung zweier Glieder (des Verzögerungs- und des Totzeitgliedes) im Wirkungsplan darstellen (Bild 3.37).
GS ( s ) = GS1 ( s ) ⋅ GS2 ( s ) =
K PS − sTt . e 1 + sT1
(3.124) KPS , T1
c1(s)
KPS 1+ sT1
− sTt
e
ca(s)
1, Tt ca(t)
c1(t)
Bild 3.37 Wirkungsplan einer Strecke mit Totzeit und Verzögerung 1. Ordnung ca
T1
Bild 3.38 Sprungantwort einer Strecke mit Totzeit und Verzögerung 1. Ordnung
ca(∞) = KPS⋅ c1
0
0
t Tt
98
3 Die Regelstrecke
Die Sprungantwort des Systems hat den in Bild 3.38 gezeigten Verlauf mit
0 für t < Tt ° t −Tt ca (t ) = ® − °¯c10 K Ps [1 − e T1 ] für t ≥ Tt .
•
Frequenzgang und Ortskurve
Aus Gl. (3.124) folgt der Frequenzgang des Systems
GS ( jω ) =
K Ps e − j ω Tt . 1 + jω T1
(3.125)
Die Ortskurve des Verzögerungsgliedes 1. Ordnung ist ein Halbkreis im vierten Quadranten. Durch das Totzeitglied wird die Phase zusätzlich um den Winkel ϕ t = −ω Tt gedreht. Es entsteht die in Bild 3.39 gezeigte Spirale. Im KPS
ω=∞
ω=0 Re
P-T1
ω
s −1
ωT t GS(jω )
P-T1 mit Tt
Bild 3.39 Ortskurve einer Strecke mit Totzeit und Verzögerung 1. Ordnung
99
4 Regeleinrichtungen Die Regeleinrichtung ist der Teil des Regelkreises, der die zu regelnde Größe der Regelstrecke mit einem vorgegebenen, konstanten Sollwert xsoll bzw. mit einer zeitlich veränderlichen Führungsgröße w vergleicht und über ein Stellglied die Regelstrecke so beeinflusst, dass die Regeldifferenz e Null oder möglichst klein wird. Die Regeleinrichtung enthält mindestens je eine Einrichtung: 1. zum Erfassen der Regelgröße x, 2. zum Vergleich mit dem Sollwert xsoll bzw. der Führungsgröße w, 3. zum Bilden der Reglerausgangsgröße yR bzw. Stellgröße y. Die Einteilung der Regeleinrichtungen erfolgt nach verschiedenen Gesichtspunkten: a) Regeleinrichtung ohne und mit Hilfsenergie Bei den Regeleinrichtungen ohne Hilfsenergie wird die zum Verstellen des Stellgliedes erforderliche Energie von der Regelgröße x über den Messfühler direkt geliefert. Bild 4.1 zeigt eine Flüssigkeitsstandregelung mit einer Schwimmer-Regeleinrichtung ohne Hilfsenergie. Die Regelgröße (Flüssigkeitsstand) wirkt auf den Schwimmer und dieser verstellt über einen Hebel die Ventilöffnung des Eingangsventils. Ist die abfließende Menge Qa größer als die zufließende Menge Qe, so fällt der Flüssigkeitsstand, der Schwimmer öffnet das Eingangsventil und vergrößert damit Qe. Bei verringertem Verbrauch steigt der Flüssigkeitsstand und das Ventil wird entsprechend geschlossen. Bild 4.2 zeigt ebenfalls eine Flüssigkeitsstandregelung, allerdings mit einer Regeleinrichtung mit Hilfsenergie. Der Schwimmer formt die Höhendifferenz in eine analoge elektrische Spannung um, die dann verstärkt dem Motorventil zugeführt wird und dieses entsprechend verstellt. Für Qa > Qe sinkt der Flüssigkeitsstand und die abgegriffene Spannung hat die gezeichnete
Qe
Qa
Bild 4.1 Flüssigkeitsstandregelung mit einer Regeleinrichtung ohne Hilfsenergie
u
M Qe
Qa Bild 4.2 Flüssigkeitsstandregelung mit einer Regeleinrichtung mit Hilfsenergie
100
4 Regeleinrichtungen
Polarität, das Motorventil öffnet. Dadurch wird Qe größer, der Flüssigkeitsstand steigt bis u = 0. Ist Qa < Qe, so steigt der Flüssigkeitsstand, die abgegriffene Spannung hat nun die entgegengesetzte Polarität, d. h. das Motorventil wird geschlossen, was zur Abnahme des Flüssigkeitsstandes führt und damit zu einer Abnahme der Spannungsdifferenz bis der Motor steht.
b) Stetige und unstetige Regeleinrichtungen Man unterscheidet ferner zwei unterschiedliche Regeltechniken, die sich im Laufe der Entwicklung herausgebildet haben:
− mittels stetiger Regeleinrichtung, − mittels unstetiger Regeleinrichtung. Als stetig wird eine Regeleinrichtung bezeichnet, wenn die Stellgröße yR im Beharrungszustand jeden Wert innerhalb des Stellbereiches annehmen kann. Die in den Bildern 4.1 und 4.2 gezeigten Regeleinrichtungen sind stetig. Eine Regeleinrichtung wird als unstetig bezeichnet, wenn die Ausgangsgröße yR nur wenige diskrete Werte annehmen kann. Bild 4.3 zeigt den Bimetallregler zur Konstanthaltung der Bügeleisentemperatur. Im kalten Zustand sind die Kontakte und damit der Stromkreis geschlossen. Mit zunehmender Erwärmung krümmt sich die Bimetallfeder nach oben und unterbricht den Kontakt nach Erreichen einer ganz bestimmten Temperatur. Dreht man die Sollwertschraube weiter nach oben, so erhält die Bimetallfeder eine größere Vorspannung und trennt die Kontakte erst bei einer höheren Temperatur. Bei geöffneten Kontakten kühlt sich das Bügeleisen sowie die Bimetallfeder ab, bis die Kontakte geschlossen werden und die Aufheizung erneut beginnt. Damit kann die Stellgröße nur die zwei Werte EIN und AUS annehmen. Heizwicklung Bimetall
230 V
Bild 4.3 Bimetallregler (unstetiger Regler) zur Konstanthaltung der Bügeleisentemperatur
Sollwert
Man bezeichnet solche Regeleinrichtungen als Zweipunktregler. Der Nachteil eines solchen Zweipunktreglers ist, dass die Regelgröße den Sollwert nicht genau innehält, sondern um diesen pendelt. Für viele Zwecke ist die Toleranz, mit der der Sollwert eingehalten wird, vollkommen ausreichend. Gegenüber einem stetigen Regler ist der Zweipunktregler einfacher im Aufbau und daher billiger. Die unstetigen Regeleinrichtungen wurden ursprünglich für Regelaufgaben verwendet, bei denen keine hohen Anforderungen an die Regeleinrichtung gestellt wurden. Heute werden unstetige Regeleinrichtungen in etwas aufwendigerer Form (elektrisch und elektronisch) auch zur Regelung von schwieriger zu regelnden Regelstrecken eingesetzt.
4.1 Elektronische Regler mittels Operationsverstärker
101
4.1 Elektronische Regler mittels Operationsverstärker Im Folgenden werden die Grundformen klassischer elektronischer Regler und deren Aufbau mittels Operationsverstärker behandelt. Solche Operationsverstärker können aus diskreten Elementen aufgebaut oder als integrierte Linearverstärker in einem einzigen Siliziumkristall (auf einem Chip) untergebracht sein. Verstärker in diskreter Bauweise enthalten im Allgemeinen verhältnismäßig wenige Transistoren und ihr Verstärkungsfaktor (V0 > 5000) ist deshalb um eine Größenordnung kleiner als der von integrierten Operationsverstärkern (V0 > 50 000), die etwa die dreifache Anzahl an Transistoren aufweisen. Es soll hier nicht auf den z.T. sehr komplizierten inneren Aufbau von Operationsverstärkern eingegangen werden, sondern wir wollen den Operationsverstärker als einen Gleichspannungsverstärker betrachten, dessen Verstärkung (meist in mehreren Stufen) im Leerlauf V0 beträgt. Der Operationsverstärker kann näherungsweise durch das in Bild 4.4 gezeigte Ersatzschaltbild beschrieben werden. ir i1
ie
Z1 uD
i2
u1
− Ze Za
Z2 i3
u2
Zr
u3
+
−
ia V0uD
iL
ua
Bild 4.4 Ersatzschaltbild des Operationsverstärkers
ZL
Z3
Die heute zum Einsatz kommenden Operationsverstärker haben einen Ausgangswiderstand von Ra = 100 Ω. Dieser ist gegenüber von Lastwiderstand ZL und Rückführungswiderstand Zr in der Größenordnung > 10 kΩ vernachlässigbar und wird im weiteren mit Ra = Za = 0 angenommen. Damit folgt aus dem Ersatzschaltbild:
i 1 = ie + i r
u1 − u D − u 3 u D u D + u 3 − u a = + Z1 Ze Zr
(4.1)
i 2 = i3 − i e
u 2 − u 3 u3 u D = − Z2 Z3 Ze
(4.2)
u uD = a . V0
(4.3)
V0 ⋅ u D = u a
102
4 Regeleinrichtungen
Die Ausgangsspannung ua wird durch die Betriebsspannungen begrenzt und liegt in der Größenordnung von ca. ± 10 V. Gemäß Gl. (4.3) wird für V0 > 5000 die Differenzspannung uD < 2 mV und somit in den Gln. (4.1) und (4.2) vernachlässigbar. Aus Gl. (4.1) folgt
ª1 ua u1 1 º − u3 « + »=− Z1 Zr ¬ Z1 Z r ¼
(4.4)
und aus Gl. (4.2) ª 1 u2 1 º − u3 « + »=0 Z2 ¬ Z2 Z3 ¼ bzw. u3 = u 2
Z3 . Z 2 + Z3
(4.5)
Mit (4.5) in (4.4) erhalten wir schließlich Z Z + Zr Z . u a = −u1 r + u 2 3 ⋅ 1 Z1 Z1 Z 2 + Z 3
(4.6)
Aus der Gl. (4.6) lassen sich nun einige Grundschaltungen ableiten.
a) Invertierende Schaltung Für Z3 = 0 und u2 = 0 wird Z u a = −u1 r , Z1
(4.7)
d. h., die Ausgangsspannung ua ist die invertierte Eingangsspannung, gewichtet mit dem Faktor Zr / Z1 (Bild 4.5). Zur Kompensation des Einflusses des Eingangsruhestroms wird Z3 nicht gleich Null, sondern Z r
Z1 A u1
Z 3 = R3 = Z r Z1/ω =0
− +
Bild 4.5 Invertierende Schaltung
gewählt. ua
Infolge der vernachlässigbaren Differenzspannung uD ≈ 0, liegt der invertierende Eingang des Operationsverstärkers (Punkt A in Bild 4.5) nahezu auf Massepotential und wird vielfach als „virtuelle Masse“ bezeichnet.
4.1 Elektronische Regler mittels Operationsverstärker
103
b) Nichtinvertierende Schaltung Für u1 = 0 und Z3 = ∞ in Bild 4.4 wird ªZ º ua = u 2 « r + 1» ¬ Z1 ¼
(4.8)
mit der in Bild 4.6 gezeigten Schaltung. Für Zr = 0 und Z1 = ∞ folgt aus Gl. (4.8) ua = u 2 .
(4.8a)
Die sich so ergebende Schaltung hat einen hohen Eingangs- und einen niedrigen Ausgangswiderstand. Zr
Sie wird als Impedanzwandler zur Entkopplung von Netzwerken benutzt. Der Widerstand Z2 ist nicht unbedingt erforderlich. Wählt man
−
Z2
+ u2
ua
Z1
Z 2 = R 2 = Z 1 Z r /ω = 0 , so kann auch hier der Einfluss des Eingangsruhestroms kompensiert werden.
Bild 4.6 Nichtinvertierende Schaltung
Zr
c) Differenzschaltung Aus (4.6) folgt für Z2 = Z1 und Z3 = Zr die in Bild 4.7 gezeigte Schaltung zur Differenzbildung der beiden Eingangsspannungen
Z1 u1
Z u a = (u 2 − u1 ) r . (4.9) Z1
u2
Z1
Schaltet man in der in Bild 4.5 gezeigten Inverterschaltung einen weiteren Eingangswiderstand Z2 hinzu (Bild 4.8), so gilt für den Knotenpunkt A (virtuelle Masse)
i2
Z2
bzw.
ua
Bild 4.7 Differenzschaltung
i1
u u1 u 2 + =− a Z1 Z 2 Zr
+ Zr
d) Additionsschaltung
i1 + i2 = i r
−
Z1
u1
ir
A u2
Zr − +
Bild 4.8 Additionsschaltung
ua
104
4 Regeleinrichtungen ª u a = − «u1 ¬
Zr Z º + u2 r » Z1 Z2 ¼
(4.10)
und mit Z2 = Z1 Z u a = −(u1 + u 2 ) r . Z1 Das heißt, die Ausgangsspannung ist gleich der negativen Summe der beiden Eingangsspannungen multipliziert mit Zr / Z1.
4.2 Führungs- und Störverhalten des geschlossenen Regelkreises Bevor wir spezielle Regelkreise betrachten, soll zuvor in allgemeiner Form das Führungs- und Störverhalten eines Regelkreises ermittelt werden. Im Bild 4.9 ist der Wirkungsplan eines Regelkreises dargestellt, worin GS(s) die Übertragungsfunktion der Regelstrecke und GR(s) die Übertragungsfunktion der Regeleinrichtung bedeuten.
z w
+
e
−
GR(s)
yR
+
y
+
x GS(s)
Bild 4.9 Wirkungsplan des Regelkreises
Bei der Beurteilung eines Regelkreises interessieren u.a.: a) das dynamische Verhalten der Regelgröße x auf eine Sollwertänderung, das so genannte Führungsverhalten und b) die dynamische Reaktion der Regelgröße x auf eine Störung, das so genannte Störverhalten. Im Idealfall sollte die Regelgröße stets gleich der Führungsgröße sein und eine Störung sofort kompensiert werden, so dass keine Auswirkung auf die Regelgröße erfolgt. Beide Forderungen sind nicht realisierbar.
4.2.1 Führungsübertragungsfunktion Aus dem Wirkungsplan (Bild 4.9) folgt
y R ( s ) = [ w( s ) − x( s )]G R ( s )
(4.11)
x( s ) = [ y R ( s ) + z ( s)]GS ( s) .
(4.12)
und
Mit (4.11) in (4.12) folgt
4.2 Führungs- und Störverhalten des geschlossenen Regelkreises
105
x( s ) = {[ w( s ) − x( s)]G R ( s ) + z ( s )]GS ( s) bzw.
x( s )[1 + G R ( s )GS ( s)] = w( s)G R ( s )GS ( s ) + z ( s)GS ( s ) .
(4.13)
Wir betrachten zunächst den Fall, dass für w = w1 x = x1 ist, d. h.
x1 ( s )[1 + G R ( s )GS ( s )] = w1 ( s)G R ( s )GS ( s ) + z ( s )GS ( s ) .
(4.14)
Nehmen wir nun an, dass bei z = konst. w den Wert w2 annimmt, dann wird sich Regelgröße x ebenfalls ändern und wir wollen den neuen Wert mit x2 bezeichnen, so dass gilt:
x 2 ( s )[1 + G R ( s )GS ( s )] = w2 ( s )G R ( s )GS ( s ) + z ( s )GS ( s ) .
(4.15)
Subtraktion der Gl. (4.14) von Gl. (4.15) liefert [ x 2 ( s ) − x1 ( s )] ⋅ [1 + G R ( s )GS ( s )] = [ w2 ( s ) − w1 ( s )] ⋅ G R ( s )GS ( s ) .
(4.16)
Betrachten wir nur die Änderungen und bezeichnen diese mit
x = x2 − x1 bzw.
w = w2 − w1, so wird
x( s )[1 + G R ( s )GS ( s )] = w( s )G R ( s )GS ( s ) .
(4.17)
Das Verhältnis der Laplace-transformierten Regelgröße zur Führungsgröße wird als Führungsübertragungsfunktion
Gw (s) =
G R ( s )GS ( s ) x( s ) = w( s ) 1 + G R ( s )GS ( s )
(4.18)
bezeichnet. Vielfach ist die Aufgabe gestellt, in einem Regelkreis mit mehreren Ein- und Ausgangsgrößen die Abhängigkeit zwischen einer bestimmten Ausgangsgröße xa und einer bestimmten Eingangsgröße xe zu ermitteln. Bezeichnet man den Zweig zwischen Ein- und Ausgang als den Vorwärtszweig und den zwischen Aus- und Eingangsgröße als Rückführungszweig, so erhalten wir ganz allgemein
xa ( s) = xe ( s )
1 1 G Vorw. ( s)
.
(4.19)
− G Rückf. ( s )
Hierbei ist die im Kreis nach Bild 4.9 vorhandene Vorzeichenumkehr zu beachten.
106
4 Regeleinrichtungen
4.2.2 Störübertragungsfunktion Betrachten wir nun die Änderung der Regelgröße x (Ausgangsgröße) auf eine Änderung der Störgröße z (Eingangsgröße), so können wir nach dem im vorherigen Abschnitt Gesagten sofort die zugehörige Übertragungsfunktion angeben. Im Vorwärtszweig liegt GS(s) und im Rückführzweig − GR(s), bedingt durch die Vorzeichenumkehr. Nach Gleichung (4.19) ist dann G z (s) =
x( s ) = z(s)
G z (s) =
GS ( s) x( s ) = z ( s) 1 + G R ( s )GS ( s )
1 1 + G R ( s) GS ( s )
bzw. (4.20)
die gesuchte Störübertragungsfunktion.
4.3 Zeitverhalten stetiger Regeleinrichtungen Entsprechend den in Kapitel 3 behandelten Regelstrecken werden auch die Regeleinrichtungen nach ihrem Zeitverhalten unterschieden. Nicht alle Regeleinrichtungen sind zur Regelung von bestimmten Regelstrecken geeignet. So führt z. B. wie in diesem Kapitel gezeigt wird, die Regelung einer I-Strecke mit einer I-Regeleinrichtung zu Dauerschwingungen. Andere Kombinationen können zur Instabilität führen.
4.3.1 P-Regeleinrichtung Bild 4.10 zeigt den Wirkungsplan eines Reglers mit der Regeldifferenz e als Eingangsgröße und der Stellgröße yR des Reglers als Ausgangsgröße. Die Bezeichnung P-Regler besagt, dass die Ausgangsgröße yR proportional der Eingangsgröße e ist: y R (t ) = K PR ⋅ e(t ) .
e
Regler
yR
Bild 4.10 Wirkungsplan des P-Reglers
(4.21)
KPR ist der Proportionalbeiwert, der in weiten Grenzen eingestellt werden kann. Aus (4.21) folgt die Übertragungsfunktion des P-Reglers y ( s) GR ( s) = R = K PR . e( s )
(4.22)
Die Sprungantwort einer solchen Regeleinrichtung ist, bei Vernachlässigung der immer vorhandenen Verzögerungen, ebenfalls eine Sprungfunktion mit
4.3 Zeitverhalten stetiger Regeleinrichtungen
107 Rr
y R (t ) = K PR ⋅ e0 ⋅ σ (t ) .
Bild 4.11 zeigt die technische Realisierung eines elektronisches P-Reglers mittels der in Abschnitt 4.1 behandelten Invertierschaltung. Mit Zr = Rr und Z1 = R1 folgt aus Gl. (4.7) die Übertragungsfunktion y (s) u a (s) GR (s) = R = = − K PR . (4.23) e( s ) u1 ( s)
R1
− +
u1
ua
Bild 4.11 P-Regeleinrichtung mittels Operationsverstärker
Rr = 100 kΩ und R1 = 10 kΩ würde z. B. ein KPR = 10 ergeben. Das negative Vorzeichen kann vielfach anderweitig ausgeglichen werden, indem z. B. die Regeldifferenz nicht positiv, sondern negativ zugeführt wird oder ein nachfolgendes Stellglied eine weitere Vorzeichenumkehr bewirkt. •
Beispiel 4.1
In Bild 4.12a ist eine pneumatische Regeleinrichtung nach dem Düse-Prallplatte-System gezeigt. Die Regeldifferenz e = w − x bestimmt über den Waagebalken den Abstand h zwischen Düse und Prallplatte. Durch den mit h veränderlichen Druckabfall an der Auslassdüse wird der Steuerdruck variiert. Die statische Kennlinie yR = f(e) bzw. yR = f(h) ist nicht linear (Bild 4.12b). Der Verlauf der Kennlinie ist abhängig vom Verhältnis des Düsen- zum Vordrosseldurchmesser d / dv. Durch eine Gegenkopplung kann die Kennlinie linearisiert werden. yR
Zuluft
a)
b)
Vordrossel Steuerdruck yR
Austrittsdüse
h Prallplatte
w
x
0
d/4
h
Bild 4.12 Pneumatische P-Regeleinrichtung nach dem Düse-Prallplatte-System (a) und die statische Kennlinie (b)
Der Durchmesser der Austrittsdüse ist ca. 0,5 ... 1,5 mm. Bei entfernter Prallplatte ist der Austrittsquerschnitt ein Maximum. Hat die Prallplatte zur Düse den Abstand h, so ist der Ringquerschnitt
AR = d π h für den Luftaustritt maßgebend. Für h = d / 4 wird
AR = Amax . Somit verliert die Prallplatte ihre Steuerwirksamkeit für einen Abstand h > d / 4 zur Düse.
108
4 Regeleinrichtungen
4.3.1.1 P-Regeleinrichtung zur Regelung einer P-T1-Strecke Dynamisch erscheint eine P-Regeleinrichtung ideal zur Regelung geeignet, allerdings erzeugt sie am Ausgang nur dann eine Stellgröße, wenn eine Regeldifferenz am Eingang vorhanden ist. Der bezüglich seines Führungs- und Störverhaltens zu untersuchende Regelkreis ist in Bild 4.13 dargestellt, mit der Übertragungsfunktion der Strecke K PS x( s) GS ( s ) = = y ( s) 1 + sT1
KPR w
+
− GR(s)
KPS ,T1 y
x
GS(s)
(4.24) Bild 4.13 Wirkungsplan des Regelkreises, bestehend aus einer P-T1-Strecke und einer P-Regeleinrichtung
und der Regeleinrichtung y ( s) GR ( s) = R = K PR . e( s )
e
z yR + +
(4.25)
a) Führungsverhalten Zur Ermittlung des zeitlichen Verlaufs der Regelgröße x(t) auf eine Sollwertänderung benutzen wir die in Anschnitt 4.2.1 abgeleitete Führungsübertragungsfunktion (4.18). Mit den Übertragungsfunktionen (4.21) und (4.25) des Regelkreises ist dann Gw (s) =
G R ( s )GS ( s ) K PR K PS x( s ) . = = w( s ) 1 + G R ( s )GS ( s ) 1 + K PR K PS + sT1
(4.26)
Für einen Sollwertsprung w(t ) = w0 ⋅ σ (t )
c−−¦
w( s ) =
w0 s
folgt aus (4.26) nach x aufgelöst x( s ) =
K PR K PS 1 w0 . ⋅ 1 + K PR K PS § · T1 ¸ s ¨¨1 + s 1 + K PR K PS ¸¹ ©
(4.27)
Nach Rücktransformation in den Zeitbereich erhalten wir t
− K PR K PS x(t ) = (1 − e T ) w0 , 1 + K PR K PS
mit T=
T1 . 1 + K PR K PS
(4.28)
4.3 Zeitverhalten stetiger Regeleinrichtungen
109
Wie Bild 4.14 zeigt, wird der vorgegebene Sollwert w0 von der Regelgröße x auch im stationären Endzustand nicht erreicht. Aus Gl. (4.28) folgt für t → ∞ x (∞ ) =
K PR K PS w0 . 1 + K PR K PS
und die bleibende Regeldifferenz e(∞) = w0 − x(∞ ) =
1 w0 . 1 + K PR K PS
x(t)
e(∞)
K PR K PS ⋅ w0 1 + K PR K PS
w0 0
(4.29)
Bild 4.14 Führungssprungantwort des Regelkreises nach Bild 4.13
t
T
Wie Gl. (4.29) zeigt, kann die bleibende Regeldifferenz durch Vergrößern von KPR verringert werden. Dies führt jedoch bei Strecken 2. Ordnung zur Verringerung der Dämpfung und bei Strecken noch höherer Ordnung zur Instabilität des geschlossenen Regelkreises. Hierin besteht der Hauptnachteil des P-Reglers.
b) Störverhalten Die Abhängigkeit der Regelgröße x beim Auftreten einer Störgröße ermitteln wir mit Hilfe der Störübertragungsfunktion (4.20) und den gegebenen Übertragungsfunktionen GR und GS. Gz (s) =
GS ( s) K PS x( s ) . = = z ( s) 1 + G R ( s )GS ( s) 1 + K PR K PS + sT1
Für eine sprungförmige Störgröße mit z (t ) = z 0 ⋅ σ (t )
c−−¦
z(s) =
z0 s
wird K PS 1 x( s ) = ⋅ ⋅ z0 , 1 + K PR K PS s (1 + sT) mit T=
T1 1 + K PR K PS
.
t
− K PS x(t ) = (1 − e T ) ⋅ z 0 , 1 + K PR K PS
(4.30)
110
4 Regeleinrichtungen
Interessiert man sich nur für den stationären Endzustand, so ist es bei komplizierteren Regelkreisen einfacher x(∞) im Bildbereich mittels des Grenzwertsatzes der LaplaceTransformation zu ermitteln. Danach ist
lim x(t ) = lim s ⋅ x( s)
t →∞
(4.31)
s →0
und es folgt aus (4.30) sofort K PS s ⋅ ⋅ z0 s → 0 1 + K PR K PS s (1 + sT )
x(∞) = lim x(t ) = lim t →∞
x(∞) = lim x(t ) = t →∞
K PS z0 . 1 + K PR K PS
(4.32)
Wie Bild 4.15 zeigt, ist auch das Störverhalten nicht voll befriedigend. Die infolge der Störgröße auftretende bleibende Regeldifferenz kann zwar durch Vergrößern von KPR verringert, aber nicht vollkommen beseitigt werden. K PS ⋅ z0 1 + K PR K PS
T
x(t)
x2
x1 0
Bild 4.15 Störverhalten des Regelkreises nach Bild 4.13 für z(t)= z0⋅σ (t)
t
0
Im folgenden Beispiel soll gezeigt werden, dass sich ein Regelkreis, bestehend aus einer P-T2-Strecke und einem P-Regler im stationären Endzustand genauso verhält, aber die Dämpfung mit zunehmendem KPR verringert wird. •
Beispiel 4.2
Gegeben ist der in Bild 4.16 gezeigte Regelkreis mit
w
+
e
KPR
− GR(s)
z yR + +
KPS ,T1 ,T22 y
x
GS ( s ) =
K PS x( s ) = y ( s ) s 2 T22 + s T1 + 1
y (s) GR (s) = R = K PS . e( s )
GS(s)
Bild 4.16 Regelkreis bestehend aus einer P-T2-Strecke und einer P-Regeleinrichtung
KPS = 0,5; KPR = 16;
T1 = 3 s;
T2 = 1 s
4.3 Zeitverhalten stetiger Regeleinrichtungen
111
Gesucht sind: a) Die Dämpfung D1 der ungeregelten Strecke. b) Die bleibende Regeldifferenz bei einem Sollwertsprung w(t)= w0⋅σ (t). c) Die Dämpfung D2 des geschlossenen Kreises. Zu a):
GS ( s ) =
Mit β1 =
D=
x( s ) K PS 1 1 = ⋅ = K PS β12 . 2 2 T 1 y ( s ) T2 s + s 2α1 + β12 s2 + s 1 + T22 T22
T 1 und a1 = 1 erhalten wir die Dämpfung der ungeregelten Strecke T2 2T22 T α = 1 = 1,5 > 1 . β 2T2
Zu b): Durch Einsetzen von GR und GS in Gl. (4.18) erhalten wir die Führungsübertragungsfunktion
Gw (s) =
K PR K PS x( s ) = . w( s ) s 2 T22 + s T1 + 1 + K PR K PS
(4.33)
Für w(s)= w0 /s ergibt sich
x( s ) =
K PR K PS s ( s 2 T22 + s T1 + 1 + K PR K PS )
⋅ w0
(4.34)
und daraus nach dem Grenzwertsatz
x(∞) = lim x(t ) = lim s ⋅ x( s ) = w0 ⋅ lim Gw ( s ) t →∞
x (∞ ) =
s→0
s→0
K PR K PS ⋅ w0 . 1 + K PR K PS
(4.35)
Die bleibende Regeldifferenz
e(∞) = w0 − x(∞) = ist identisch mit Gl. (4.29). Zu c): Aus Gl. (4.33) folgt
1 1 + K PR K PS
⋅ w0
(4.36)
112
4 Regeleinrichtungen Gw (s) =
K PR K PS T22
⋅
s2 + s
T1
+
T22
1 . 1 + K PR K PS T22
Hierin ist
β 22 =
1 + K PR K PS T22
und α 2 =
T1 2T22
.
Für den geschlossenen Regelkreis errechnet sich die Dämpfung zu
α D2 = 2 = β2
T1 2T2 1 + K PR K PS
=
D1
(4.37)
1 + K PR K PS
D2 = 0,5 < 1 . Die Gln. (4.36) und (4.37) zeigen, dass die beiden Forderungen bezüglich kleiner bleibender Regeldifferenz und ausreichender Dämpfung sich widersprechen, so dass vielfach nur ein Kompromiss möglich ist.
X Aufgabe 4.1 Gegeben ist der im Bild 4.17 dargestellte Regelkreis. Ermitteln Sie: a) Die bleibende Regeldifferenz für w(t)= w0⋅σ (t); (z = 0). b) Die bleibende Regeldifferenz infolge z(t)= z0⋅σ (t). c) Worin unterscheidet sich das Führungs- und Störverhalten?
w
+
KPR e
− GR(s)
z yR + +
KIS
x
y GS(s)
Bild 4.17 Wirkungsplan des Regelkreises, bestehend aus einer I-Strecke und einer P-Regeleinrichtung
4.3.2 I-Regeleinrichtung Die Bezeichnung I-Regeleinrichtung (integral wirkend) besagt, dass die Stellgröße yR proportional dem Zeitintegral der Regeldifferenz e = w − x ist:
³
y R (t ) = K IR e(t )dt
(4.38)
dy R (t ) = K IR e(t ) . dt
(4.39)
oder
Aus Gl. (4.39) folgt die Übertragungsfunktion der I-Regeleinrichtung mit
4.3 Zeitverhalten stetiger Regeleinrichtungen
113
y ( s ) K IR . GR (s) = R = e( s ) s
(4.40)
Insbesondere, wenn Ein- und Ausgangsgröße des Reglers die gleiche Dimension haben, wird die Zeitkonstante eingeführt: TI =
1 . K IR
Die Sprungantwort der I-Regeleinrichtung erhalten wir aus Gln. (4.40) mit z (t ) = z 0 ⋅ σ (t ) y R (s) =
K IR s2
z(s) =
c−−¦
z0 s
e0
bzw. y R (t ) = K IR e0 ⋅ t .
(4.41)
Wie Bild 4.18 zeigt, steigt die Sprungantwort linear mit der Zeit an und erreicht für t = l / KIR bzw. t = TI den Wert y R (TI ) = e0 . yR
e
0
e01 0
e02 t
0
e01 0
Bild 4.18 Eingangssprung und Sprungantwort einer I-Regeleinrichtung
e02
TI
t
Bild 4.19 zeigt einen elektronischen I-Regler mittels beschaltetem Operationsverstärker (Invertierschaltung). Betrachten wir die Laplacetransformierten Spannungen, so ist C
u a ( s) Z (s) 1 . =− r =− u1 ( s ) Z1 ( s ) sCR1
R1 u1
Mit TI = CR1 wird y ( s ) u a ( s) 1 . GR (s) = R = =− e( s ) u1 ( s ) sTI
− +
ua
(4.42) Bild 4.19 I-Regeleinrichtung mittels Operationsverstärker
114 •
4 Regeleinrichtungen Beispiel 4.3 yR w Stellzylinder
Steuerzylinder Steuerkolben
Druckkanal
Stellkolben
Saugkanal
Zur Regelung von Systemen, bei denen hohe Stellkräfte erforderlich sind, wie z. B. bei Walzgerüsten, kommen insbesondere hydraulische Regeleinrichtungen zum Einsatz. Die in Bild 4.20 gezeigte hydraulische I-Regeleinrichtung soll nur qualitativ in ihrer Funktionsweise erklärt werden. Der Stellkolben befindet sich in Ruhestellung, wenn der Steuerkolben die Zuund Abflüsse der Ölkanäle sperrt (gezeichnete Stellung), d. h. wenn die Kraft x und die Führungsgröße w gleich sind. Tritt eine Regeldifferenz auf, z. B. x > w, so wird sich der Steuerkolben nach oben bewegen, bis infolge der größeren Federkraft wieder ein Gleichgewicht eintritt. Dies bewirkt, dass der mittlere Steuerkolben den Druckkanal freigibt, der auf die Unterseite des Stellkolbens wirkt.
x
Bild 4.20 Hydraulische I-Regeleinrichtung
Gleichzeitig wird durch den oberen Steuerkolben der Saugkanal freigegeben, so dass das im oberen Teil des Stellzylinders befindliche Öl abströmen kann. Die Änderungsgeschwindigkeit, mit der sich der Stellkolben nach oben bewegt, ist proportional der freigegebenen Kanalöffnung bzw. proportional der Regeldifferenz, konstanter Öldruck vorausgesetzt.
dy R (t ) ~ e(t) dt bzw.
³
y R (t ) = K IR e(t )dt .
4.3.2.1 I-Regeleinrichtung zur Regelung einer P-T1-Strecke KIR w
+
e
− GR(s)
z
+ yR +
KPS ,T1 y
x
GS(s)
Bild 4.21 Regelkreis gebildet aus einer P-T1Strecke und einer I-Regeleinrichtung
Regelstrecke und Regeleinrichtung sind zu einem Regelkreis gemäß Bild 4.21 zusammengeschaltet. Im Folgenden soll wieder das Führungs- und Störverhalten untersucht werden.
a) Führungsverhalten Ausgehend von der Führungsübertragungsfunktion Gl. (4.18) erhalten wir für das System nach Bild 4.21
4.3 Zeitverhalten stetiger Regeleinrichtungen Gw (s) =
G R ( s )GS ( s ) K IR K PS x( s) = = . w( s) 1 + G R ( s )GS ( s ) s 2T1 + s + K IR K PS
115 (4.43)
Wie Gl. (4.43) zeigt, ist die Ordnung des geschlossenen Kreises um Eins höher als die der ungeregelten Strecke. Indem wir in Gl. (4.43) den Koeffizienten der höchsten Potenz von s des Nennerpolynoms zu Eins machen, erhalten wir mit den Abkürzungen
β2 =
K IR K PS T1
Gw (s) =
und
α=
1 2T1
x( s ) β2 . = w( s ) s 2 + s ⋅ 2α + β 2
(4.44)
Ein Maß für die Dynamik des Systems ist die Dämpfung D=
1 α . = β 2 K IR K PST1
(4.45)
Wir sehen aus (4.45), dass durch Vergrößern von KIR die Dämpfung verringert wird und für D < 1 zu gedämpften Schwingungen führt. Der stationäre Endzustand der Regelgröße x bei Annahme einer sprungförmigen Führungsgröße w(t ) = w0 ⋅ σ (t )
c−−¦
w( s ) =
w0 s
bestimmt sich aus Gl. (4.43) zu x( s ) = Gw ( s ) ⋅ w( s ) = Gw ( s ) ⋅
w0 s
und mittels Grenzwertsatz erhalten wir x(∞) = lim x(t ) = lim s ⋅ x( s ) = w0 ⋅ lim G w (s) t →∞
s→0
s→0
x(∞) = w0 . Das heißt, die bleibende Regeldifferenz e(∞) = w0 − x(∞ ) = 0 .
(4.46)
b) Störverhalten Ganz entsprechend erhalten wir mit der Störübertragungsfunktion Gl. (4.20) und den gegebenen Übertragungsfunktionen GR und GS Gz ( s ) =
x( s) GS ( s ) s ⋅ K PS = = . z ( s ) 1 + GR ( s )GS ( s ) s 2T1 + s + K IR K PS
(4.47)
116
4 Regeleinrichtungen
Die Nenner Gz und Gw (Gl. (4.47) und Gl. (4.43)), die das dynamische Verhalten eines Systems bestimmen, sind gleich und ebenso die Dämpfung. Mit den Abkürzungen 2 β = KIRKPS/T1 und α = 1/2 T1 erhalten wir Gz ( s) =
x( s ) K PS s = ⋅ 2 z(s) T1 s + s ⋅ 2α + β 2
(4.48)
und D=
1 α . = β 2 K IR K PST1
(4.49)
Für einen Störsprung z (t ) = z 0 ⋅ σ (t )
c−−¦
z(s) =
z0 s
wird x(∞) = lim x(t ) = lim s ⋅ x( s ) = 0 . t →∞
(4.50)
s→0
Das heißt, der Einfluss der Störgröße wird vollkommen beseitigt. Das untersuchte System zeigt bei Führung und Störung das gleiche dynamische Verhalten. Wie in diesem Kapitel noch gezeigt werden wird, ist das nicht generell so. Es kann vorkommen, dass im Zähler- und Nennerpolynom von Gw oder Gz gemeinsame Linearfaktoren enthalten sind, die sich herauskürzen und somit die Ordnung des Systems reduzieren. Der Vorteil der I-Regeleinrichtung besteht darin, dass nur eine vorübergehende, keine bleibende Regeldifferenz auftritt. Trotz bestehender Störgröße wird nach abgeschlossenem Regelvorgang der Sollwert wieder erreicht. Nachteilig ist, dass mit zunehmendem I-Einfluss (größerem KIR) die Dämpfung kleiner wird. •
Beispiel 4.4
Für den Regelkreis nach Bild 4.21, mit KIR = 0,1 s KPS = 2 T1 = 20 s
-1
soll das Führungsverhalten von x(t) für w(t) = w0⋅σ (t) ermittelt werden. Nach Gl. (4.45) ergibt sich die Dämpfung zu
D=
1 α = = 0,25 <1 β 2 K IR K PST1
α=
1 = 0,025 s −1 ; 2T1
und
β=
K IR K PS = 0,1 s −1 . T1
4.3 Zeitverhalten stetiger Regeleinrichtungen
117
Dass heißt, dass die Regelgröße gedämpfte Schwingungen ausführen wird. Zur Bestimmung der Sprungantwort lösen wir die Übertragungsfunktion (4.44) nach x(s) auf
x( s ) = G w ( s ) ⋅ w( s ) =
β2 2
s + s ⋅ 2α + β
2
w ⋅ 0 s
und erhalten unter Verwendung der Beziehung 13 der Korrespondenztabelle
ª ·º § α x(t ) = «1 − e − α t ¨¨ cos ωet + sin ωet ¸¸ » ⋅ w0 ωe ¹ ¼» © ¬«
(4.51) mit dem in Bild 4.22 gezeigten Verlauf der Sprungantwort. In Gl. (4.51) ist
x(t)
ωe = β 2 − α 2 ω e = 0,0968 s −1
w0
die Eigenkreisfrequenz des gedämpften Systems. t
Bild 4.22 Führungssprungantwort des Regelkreises mit I-Regler
4.3.2.2 I-Regeleinrichtung zur Regelung einer I-Strecke
KIR w
+
e
− GR(s)
z yR +
+
KIS y GS(s)
Bild 4.23 Regelkreis gebildet aus einer I-Strecke und einer I-Regeleinrichtung
x
Dass eine I-Regeleinrichtung zur Regelung einer I-Strecke (Bild 4.23) ungeeignet ist, lässt sich leicht zeigen. Die Übertragungsfunktion der Regelstrecke lautet:
GS ( s ) =
x( s ) K IS = y(s) s
(4.52)
und entsprechend für den Regler
y ( s ) K IR . = GR (s) = R e( s ) s
(4.53)
Setzen wir (4.52) und (4.53) in die Führungsübertragungsfunktion (4.18) ein, so folgt
Gw (s) =
K IR K IS x( s ) = w( s ) s 2 + K IR K IS
2
bzw. mit β = KIRKPS
Gw (s) =
x( s ) β2 . = w( s ) s 2 + β 2
(4.54)
118
4 Regeleinrichtungen
Wie der Nenner (4.54) zeigt, fehlt der die Dämpfung mitbestimmende Faktor α , d. h.
D=
α =0. β
Zur Ermittlung der Sprungantwort lösen wir (4.54) nach x(s) auf und erhalten mit
w(t ) = w0 ⋅ σ (t ) x( s ) = β 2
w( s ) =
c−−¦
1 2
s (s + β 2 )
w0 s
w0 .
(4.55)
Unter Verwendung der Beziehung 13 der Korrespondenztabelle folgt mit α = 0
x(t ) = (1 − cos β t ) ⋅ w0 .
(4.56)
Die Sprungantwort zeigt, was aufgrund D = 0 zu erwarten war, eine Dauerschwingung um den Mittelwert w0 mit der Kreisfrequenz des ungedämpften Systems
β = K IR K IS und bestätigt die eingangs gemachte Feststellung über die Unverträglichkeit einer IRegeleinrichtung zur Regelung einer I-Strecke. X Aufgabe 4.2 Ermitteln Sie für den in Bild 4.23 gezeigten Regelkreis die Sprungantwort x(t) auf eine Störung z(t) = z0⋅σ (t). Wie groß ist die mittlere bleibende Regeldifferenz?
4.3.3 PI-Regeleinrichtung Es liegt nahe, die in Abschnitt 4.3.1 und 4.3.2 behandelten P- und I-Regler zu einer Regeleinrichtung zu kombinieren, ihre spezifischen Vorteile zu nutzen und ihre Nachteile zu unterdrücken. Die Bezeichnung PI (proportional-integral wirkend) besagt, dass die Ausgangsgröße einer PI-Regeleinrichtung gleich der Addition der Ausgangsgrößen einer P- und einer I-Regeleinrichtung ist und durch folgende Gleichung beschrieben wird.
³
y R (t ) = K PR ⋅ e(t ) + K I ⋅ e(t )dt .
(4.57)
Es hat sich als zweckmäßig erwiesen, anstelle des Parameters KI die Zeitkonstante Tn = KPR/KI einzuführen und Gl. (4.57) in der folgenden Form anzugeben
ª 1 y R (t ) = K PR «e(t ) + Tn ¬
º
³ e(t )dt »¼ .
(4.58)
Hierin sind KPR der Proportionalbeiwert und Tn die Nachstellzeit, die beiden einstellbaren Parameter des Reglers.
4.3 Zeitverhalten stetiger Regeleinrichtungen •
119
Sprungantwort yR
e
KPR e0 e0
0 t
0
KPR e0
Tn
t
Tn
Die Sprungantwort der PI-Regeleinrichtung für e(t ) = e0 ⋅ σ (t ) folgt unmittelbar aus Gl. (4.58)
ª t º y R (t ) = K PR e0 «1 + » ¬ Tn ¼
Bild 4.24 Eingangssprung und Sprungantwort einer PI-Regeleinrichtung
(4.59)
mit dem in Bild 4.24 gezeigten Verlauf.
Die Steigung der Sprungantwort ist dy R (t ) K PR = e0 = konstant. dt Tn Aus Gl. (4.58) folgt durch Laplace-Transformation die Übertragungsfunktion der PIRegeleinrichtung
§ y ( s) 1 · ¸. = K PR ¨¨1 + GR ( s) = R e( s ) sTn ¸¹ © •
(4.60)
Frequenzgang und Ortskurve
Gl. (4.60) liefert mit s = jω den Frequenzgang der PI-Regeleinrichtung GR ( jω ) =
§ y R ( jω ) 1 = K PR ¨¨1 + e( j ω ) j Tn ω ©
(4.61) dessen Real- und Imaginärteil wie folgt lauten
Im KPR
· ¸¸ , ¹
Re(G R ) = K PR
ω=∞
Re
45°
KPR
Im(GR ) = − ω= ω
1
Tn
Bild 4.25 Ortskurve eines PI-Reglers
K PR . ω Tn
Variiert man ω von 0 ... ∞, so erhält man den in Bild 4.25 gezeigten Ortskurvenverlauf, eine Parallele zur negativ imaginären Achse.
Bild 4.26 zeigt die technische Realisierung eines elektronischen PI-Reglers mittels Inverterschaltung.
120
4 Regeleinrichtungen
Mit der Rückführimpedanz Zr(s) = R2 + 1/sC und der Eingangsimpedanz Z1(s) = R1 folgt aus Gl. (4.7) die Übertragungsfunktion u ( s) Z ( s) R =− r =− 2 GR (s) = a u e (s) Z1 ( s ) R1
§ 1 ¨¨1 + sCR 2 ©
· ¸¸ . ¹
(4.62)
Ein Vergleich von (4.62) mit (4.60) zeigt, dass R K PR = 2 R1
und Tn = CR 2
ist. Da R2 sowohl KPR als auch Tn beeinflusst, wird man KPR durch R1 und Tn durch C verändern. 1 sC
R2 R1
V.M. − +
ue
Bild 4.26 PI-Regeleinrichtung mittels Operationsverstärker
ua
X Aufgabe 4.3 Entwerfen Sie eine PI-Regeleinrichtung, in der der P-Anteil und der I-Anteil durch die in den Bildern 4.11 und 4.19 gezeigten Schaltungen getrennt erzeugt werden und deren Ausgänge mittels eines Summierers (Bild 4.8) gemäß Gl. (4.60) addiert werden. Welche Elemente bestimmen KPR und Tn ?
4.3.3.1
PI-Regeleinrichtung zur Regelung einer P-T1-Strecke
Anhand des Wirkungsplanes (Bild 4.27) soll das Führungs- und Störverhalten untersucht werden. w
+
z K ,T KPR ,Tn PS 1 + e yR y
− GR(s)
+
x
GS(s)
Bild 4.27 Regelkreis bestehend aus
einer P-T1-Strecke und einer PIRegeleinrichtung
a) Führungsverhalten Die Übertragungsfunktion der Strecke ist mit GS ( s ) =
K PS x( s) = y ( s) 1 + sT1
(4.63)
4.3 Zeitverhalten stetiger Regeleinrichtungen
121
gegeben. Für die Regeleinrichtung lautet die Übertragungsfunktion nach Gl. (4.60) y (s) 1 + sTn . GR (s) = R = K PR e( s ) sTn
(4.64)
Mit (4.63) und (4.64) in (4.18) eingesetzt, erhalten wir die Führungsübertragungsfunktion
Gw (s) =
x( s) = w( s )
1 (1 + sT1 ) sTn +1 K PR K PS (1 + sTn )
Gw (s) =
K PR K PS (1 + sTn ) x( s ) . = w( s ) (1 + sT1 ) sTn + K PR K PS (1 + sTn )
(4.65)
bzw. (4.66)
Wählen wir in (4.66) den Regelparameter Tn = T1, so wird Gw (s) =
K PR K PS (1 + sT1 ) x( s ) . = w( s ) (1 + sT1 )( K PR K PS + sT1 )
(4.67)
Dieser Ausdruck zeigt, dass Zähler und Nenner den gleichen Linearfaktor besitzen, der sich herauskürzt und die Ordnung des Systems um Eins auf ein System 1. Ordnung reduziert. Gw (s) =
K PR K PS x( s ) . = w( s ) K PR K PS + sT1
(4.68)
Für Tn ≠ T1 wird die Dämpfung des Regelkreises D=
α 1 + K PR K PS = β 2
Tn . K PR K PST1
(4.69)
Zur Beurteilung des stationären Verhaltens ermitteln wir für w(t) = w0⋅σ (t) den Endwert von x(t) mittels Grenzwertsatz. lim x(t ) = lim s ⋅ w( s ) ⋅ Gw ( s ) = w0 ⋅ lim Gw ( s ) = w0 .
t →∞
s→0
s→0
Die bleibende Regeldifferenz wird unabhängig vom gewählten Tn stets gleich Null e(∞) = w0 − x(∞) = 0 .
b) Störverhalten Setzen wir (4.63) und (4.64) in die Störübertragungsfunktion (4.20) ein, so erhalten wir
122
4 Regeleinrichtungen Gz (s) =
sTn K PS x( s ) = z ( s) s 2Tn T1 + sTn (1 + K PR K PS ) + K PR K PS
Gz ( s) =
x( s ) = z ( s)
(4.70)
bzw. sK PS ª 1 + K PR K PS K PR K PS º + T1 « s 2 + s » T1 Tn T1 ¼ ¬
.
(4.71)
Im Gegensatz zum Führungsverhalten kommt in Gz(s) kein gemeinsamer Linearfaktor im Zähler und Nenner von Gl. (4.71) vor, so dass das System stets von 2. Ordnung ist. Lediglich für Tn → ∞ bzw. D → ∞ wird der Regelkreis zu einem System 1. Ordnung. Die Regeleinrichtung hat dann aber kein PI-, sondern nur noch P-Verhalten. Der das dynamische Verhalten des Systems bestimmende Nenner von Gz ist für Tn ≠ T1 identisch mit dem von Gw. Mit
α=
1 + K PR K PS und β = 2 T1
K PR K PS Tn T1
erhalten wir wie in Gl. (4.69) D=
α 1 + K PR K PS = β 2
Tn . K PR K PST1
(4.72)
Die Nullstelle s = 0 von Gz(s) sorgt dafür, dass die bleibende Regeldifferenz infolge einer Störung verschwindet. Für z (t ) = z 0 ⋅ σ (t )
c−−¦
z z(s) = 0 s
folgt aus Gl. (4.71) x( s ) = K PS
1 2
T1 ( s + s ⋅ 2α + β 2 )
⋅ z0
und lim x(t ) = lim s ⋅ x( s ) = 0 .
t →∞
s →0
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass eine PI-Regeleinrichtung, im Gegensatz zum P-Regler, keine bleibende Regeldifferenz verursacht. Gegenüber dem reinen I-Regler wird die Dämpfung durch den zusätzlichen P-Anteil größer. Bei Strecken höherer Ordnung führt allerdings die Vergrößerung von KPR ebenfalls zur Verringerung der Dämpfung oder sogar zur Instabilität.
4.3 Zeitverhalten stetiger Regeleinrichtungen •
123
Beispiel 4.5
Unter Verwendung der gleichen Kenngrößen wie in Beispiel 4.4 sollen im Folgenden die Vorzüge der PI- gegenüber der I-Regeleinrichtung aufgezeigt werden. Für den in Bild 4.27 gezeigten Regelkreis mit KPS = 2;
T1 = 20 s;
KI = 0,1 s
-1
und der zusätzlichen Annahme von KPR = 2,5 wird
Tn =
K PR = 25 s . KI
Die Dämpfung ergibt für das Führungs- und Störverhalten den gleichen Wert
D= mit α =
α = 1,5 > 1 . β
1 + K PR K PS = 0,15 s −1 und β = 2 T1
K PR K PS = 0,1 s -1 . TnT1
Für
w(t ) = w0 ⋅ σ (t )
c−−¦
w w( s ) = 0 s
folgt aus Gl. (4.66)
x( s ) =
β 2 (1 + sTn ) s ( s 2 + s ⋅ 2α + β 2 )
w0
ª º β 2 Tn β2 x( s ) = « + » w0 . 2 2 2 2 ¬« s ( s + s ⋅ 2α + β ) s + s ⋅ 2α + β ¼»
(4.73)
(4.74)
Da D > 1 ist, ergeben sich zwei reelle Pole
s1,2 = −α ± α 2 − β 2 = −α ± w
s1 = −0,0382 s -1 s 2 = −0,2618 s -1 . Die Beziehungen 13 und 11 der Korrespondenztabelle liefern zu Gl. (4.74) im Zeitbereich
º ª β 2Tn s1 t s s x(t ) = «1 + 2 e s1 t − 1 e s2t + (e − e s2 t )» w0 2w 2w »¼ «¬ 2 w ª s + β 2Tn s t s1 + β 2Tn s t º x(t ) = «1 + 2 e1 − e 2 » w0 2w 2w »¼ «¬
124
4 Regeleinrichtungen und mit den Zahlenwerten
x(t) x(∞)= w0 0
t
0
Bild 4.28 Führungssprungantwort des Regelkreises mit PI-Regler
t t ª −0,0382 −0,2618 º « »w . s s x(t ) = 1 − 0,0528e − 0,9472e « » 0 ¬ ¼
In Bild 4.28 ist der Verlauf der Sprungantwort gezeigt. Im Gegensatz zur Regelung mit einem I-Regler (Bild 4.22) tritt durch die Hinzunahme des P-Anteils kein Überschwingen auf.
X Aufgabe 4.4 Das Störverhalten des in Bild 4.27 dargestellten Regelkreises wird durch die Übertragungsfunktion (4.71) beschrieben. Für welches KPR wird bei Tn = T1 die Dämpfung D ein Minimum und wie groß ist dieses?
4.3.3.2
PI-Regeleinrichtung zur Regelung einer I-Strecke
An die Stelle der P-T1-Strecke in Bild 4.27 tritt nun eine I-Regelstrecke mit der Übertragungsfunktion GS ( s ) =
x( s ) K IS = . y(s) s
(4.75)
Die Übertragungsfunktion der PI-Regeleinrichtung ist durch Gl. (4.60) gegeben GR ( s) =
yR ( s ) 1 + sTn . = K PR e( s ) sTn
(4.76)
In Abschnitt 4.3.2.2 wurde gezeigt, dass die Regelung einer I-Strecke durch eine IRegeleinrichtung, infolge verschwindender Dämpfung D = 0, nicht möglich ist. Mit (4.75) und (4.76) in (4.18) erhalten wir die Führungsübertragungsfunktion Gw ( s) =
x( s ) = w( s )
K PR K IS (1 + sTn ) ª K K º Tn « s 2 + sK PR K IS + PR IS » Tn ¼ ¬
(4.77)
und für das Störverhalten gemäß Gl. (4.20) Gz ( s ) =
x( s ) s ⋅ K IS = . z ( s ) s 2 + sK K + K PR K IS PR IS Tn
Sowohl für das Führungs- wie auch für das Störverhalten ergibt sich mit
(4.78)
4.3 Zeitverhalten stetiger Regeleinrichtungen
α=
K PR K IS 2
und
β=
125
K PR K IS Tn
die Dämpfung des Systems zu D=
α 1 = K PR K ISTn . β 2
(4.79)
Auch hier zeigt sich der Vorteil der PI- gegenüber der I-Regeleinrichtung. Während erstere im Zusammenwirken mit einer I-Strecke nur aperiodische Sprungantworten oder gedämpfte Schwingungen ausführen kann, führt die zweite mit einer I-Strecke zu unvertretbaren Dauerschwingungen. Ferner sieht man mittels des Grenzwertsatzes, dass für eine sprunghafte Erregung der Führungsgröße w(t) = w0⋅σ (t) lim x(t ) = lim s ⋅ w( s ) ⋅ Gw ( s ) = lim Gw ( s ) ⋅ w0 = w0 ,
t →∞
s→0
s→0
d. h. die bleibende Regeldifferenz e(∞) wird Null. Ebenso erhalten wir für einen Störsprung z(t) = z0⋅σ (t) lim x(t ) = lim s ⋅ z ( s ) ⋅ Gz ( s ) = z0 ⋅ lim Gz ( s ) = 0 .
t →∞
s→0
s→0
Die bleibende Regeldifferenz wird hier ebenfalls Null trotz bestehender Störung.
4.3.4 D-Verhalten Das im Folgenden beschriebene D-Glied (differenzierend wirkend) ist allein zur Regelung ungeeignet. Kombiniert man den D-Einfluss mit anderen Zeitverhalten, so gelangt man zu Regeleinrichtungen mit PD- bzw. PID-Verhalten. Bei einem realen D-Glied ist die Ausgangsgröße xa proportional dem zeitlichen Differential der Eingangsgröße xe xa (t ) ~
dxe (t ) dt
bzw. xa (t ) = K D ⋅
dx e (t ) . dt
(4.80)
Der Proportionalitätsfaktor in (4.80) wird als Differenzierbeiwert KD bezeichnet. Aus Gl. (4.80) folgt durch Laplace-Transformation die Übertragungsfunktion des D-Gliedes x ( s) y R (s) = a = KD ⋅ s . xe ( s )
(4.81)
126
4 Regeleinrichtungen
Systeme, die durch eine Übertragungsfunktion beschrieben werden, deren Zähler von höherer Ordnung ist als der Nenner, sind physikalisch nicht realisierbar. Theoretisch ermitteln wir für einen Sprung der Eingangsgröße xe (t ) = xe 0 ⋅ σ (t )
c−−¦
xe ( s ) =
xe 0 s
aus Gl. (4.81) die Sprungantwort xa ( s ) = K D ⋅ xe 0
für t ≠ 0
0 xa (t ) = K D ⋅ x e 0 ⋅ δ (t ) = ® ¯ ∞
(4.82)
für t = 0.
Bild 4.29 zeigt die Sprungantwort eines idealen D-Gliedes, die man sich auch durch formales Bilden der Ableitung des Eingangssprungs entstanden denken kann. Die Steigung des idealen Sprungs xa ist für t = 0 gleich Unendlich und xe für t > 0 gleich Null. Bild 4.30 zeigt einen beschalteten Operationsverstärker zur angenäherten Differentiation.
xe0 0
1 sC2
0
t
0
Bild 4.29 Eingangssprung und Sprungantwort eines idealen D-Gliedes
R2
1 R1 sC1
− +
xe (s)
t
0
xa(s)
Bild 4.30 D-T1-Glied bzw. D-T2-Glied zur angenäherten Differentiation
Die Übertragungsfunktion der in Bild 4.30 dargestellten Invertierschaltung lautet: a) ohne C2
x (s) Z (s) GD (s) = a =− r =− xe ( s ) Z1 ( s )
R2 R1 +
1 sC1
=−
sC1 R2 1 + sC1 R1
(4.83)
b) mit C2 x (s) sC1 R2 . GD (s) = a =− xe ( s) (1 + sC1 R1 )(1 + sC 2 R2 )
(4.84)
4.3 Zeitverhalten stetiger Regeleinrichtungen
127
Gl. (4.83) stellt eine Differentiation mit Verzögerung 1. Ordnung dar, weil GD(s) als Reihenschaltung eines idealen D-Gliedes und eines P-T1-Gliedes aufgefasst werden kann. Entsprechend ergibt sich Gl. (4.84) durch Reihenschaltung eines D-Gliedes und eines P-T2-Gliedes. Man könnte versucht sein, die Differenzierschaltung nach Bild 4.30 ohne den Widerstand R1 zu betreiben und würde aus Gl. (4.83) für R1 = 0 xa ( s) = − sC1 R2 , xe ( s ) ein ideales D-Glied erhalten. Eine solche Schaltung führt jedoch zu einem verrauschten Ausgangssignal, da die immer vorhandenen hochfrequenten Störsignale (Rauschen) am Ausgang verstärkt erscheinen. Das heißt, der Widerstand R1 ist unbedingt zur Glättung erforderlich und vielfach noch nicht ausreichend, so das man gezwungen ist, zur weiteren Glättung einen zweiten Kondensator C2 parallel zu R2 zu schalten, wobei die beiden Zeitkonstanten R1C1 und R2C2 gleich groß gewählt werden.
Bild 4.31 zeigt die Ortskurven der D-, D-T1- und D-T2-Glieder.
Im
ω
D-T1
ω=
1 T1
D
ω=0 ω=∞
ω
Re
∞
ω=
1 T1T2
D-T2
Bild 4.31 Ortskurven des D-, D-T1- und D-T2-Gliedes
4.3.5 PD-Regeleinrichtung Durch die Hinzunahme des D-Anteils wird bereits während des Entstehens einer Regeldifferenz, bevor diese sich voll ausgewirkt hat, eine Stellgröße erzeugt und somit die Regelung schneller. Bei einer PD-Regeleinrichtung entspricht die Stellgröße yR einer Addition der Ausgangsgrößen eines P- und eines D-Gliedes. Die Differentialgleichung lautet demzufolge
y R (t ) = K PR e(t ) + K D
de(t ) dt
bzw. ª K de(t ) º y R (t ) = K PR «e(t ) + D » K PR dt ¼ ¬ mit
KPR Proportionalbeiwert KD Differenzierbeiwert.
(4.85)
128
4 Regeleinrichtungen
Den Quotienten KD = Tv K PR bezeichnet man als die Vorhaltzeit und erhält damit de(t ) º ª y R (t ) = K PR «e(t ) + Tv . dt »¼ ¬
(4.86)
Hierin sind KPR und Tv die beiden an realen Regeleinrichtungen einstellbaren Parameter. Die Übertragungsfunktion der idealen PD-Regeleinrichtung folgt aus Gl. (4.86) durch Laplace-Transformation y (s) GR (s) = R = K PR (1 + sTv ) . e( s )
(4.87)
Auch hier gilt, dass ein solches System gemäß Gl. (4.87), bei dem die Ordnung des Zählers höher ist als die des Nenners, physikalisch nicht realisierbar und immer mit einer Verzögerung behaftet ist. Vielfach kann jedoch diese Verzögerung gegenüber den anderen im Regelkreis vorhandenen Zeitkonstanten vernachlässigt und mit der idealen Übertragungsfunktion (4.87) y gerechnet werden. Die theoretisch e R sich ergebende Sprungantwort für
0
KPR e0
e0 0
t
0
0
t
Bild 4.32 Eingangssprung und Sprungantwort der idealen PD-Regeleinrichtung
e(t ) = e0 ⋅ σ (t )
c−−¦
e e( s ) = 0 s
folgt aus Gl. (4.87) §1 · y R ( s ) = K PR ¨ + Tv ¸ ⋅ e0 s © ¹
für t = 0 ∞ y R (t ) = K PR [1 + Tvδ (t )] ⋅ e0 == ® ¯ K PR e0 für t > 0
(4.88)
mit dem in Bild 4.32 gezeigten Verlauf. Zur technischen Realisierung einer PD-Regeleinrichtung können der P- und D-T1Anteil parallel mit den Schaltungen nach Bild 4.11 und 4.30 erzeugt und die Ausgänge mittels eines Summierers nach Bild 4.8 addiert werden.
Bild 4.33 zeigt eine Schaltung, die mit nur einem Operationsverstärker auskommt. Zur Ermittlung der Übertragungsfunktion des beschalteten Operationsverstärkers nach Bild 4.33 ist es zweckmäßig, infolge des in der Rückführung liegenden T-Gliedes, von den Strömen auszugehen. Für den Knotenpunkt V.M. gilt i 1 ( s ) = i 2 ( s ) = i3 ( s ) + i 4 ( s ) .
(4.89)
4.3 Zeitverhalten stetiger Regeleinrichtungen Rr /2 i3 (s)
i2 (s)
129
Rr /2 C
i4 (s)
Rp
i1 (s) R 1 V.M.
e(s)
− +
Bild 4.33 PD-T1-Regeleinrichtung mittels Operationsverstärker
yR(s)
Da der invertierende Eingang des Operationsverstärkers wieder als "virtuelle Masse" angesehen werden kann, folgt: i1 ( s ) =
e( s ) R1
(4.90)
1 i2 ( s ) = − y R ( s ) Rr § 1 · ¨ Rp + ¸ Rr sC ¹ 2 © + Rr 1 2 + Rp + sC 2
Rr º ª » « 2 + 1» . «− » « Rr + R + 1 p »¼ «¬ 2 sC
(4.91)
Nach einigen Umformungen folgt aus Gl. (4.91) die Übertragungsfunktion der PD-T1Regeleinrichtung ªR º 1 + sC « r + Rp » y (s) R ¬ 4 ¼ GR (s) = R =− r . e( s ) R1 1 + sCRp
(4.92)
Mi den Abkürzungen R K PR = r ; R1
§R · Tv = C ¨ r + R p ¸ ; 4 © ¹
T1 = CR p
(4.93)
erhalten wir 1 + sTv y (s) . GR (s) = R = − K PR e( s ) 1 + sT1
(4.94)
Die reale PD-T1-Regeleinrichtung nach Gl. (4.94) geht für Rp = 0 bzw. T1 = 0 in den idealen PD-Regler nach Gl.(4.87) über. Dieser Fall ist aber wegen des sonst auftretenden verrauschten Ausgangssignals nicht möglich. Die so genannte parasitische Zeitkonstante T1, die die Verzögerung bewirkt, wird von Rp bestimmt und sollte möglichst klein gegenüber Tv sein.
130 •
4 Regeleinrichtungen
Sprungantwort
Zur Ermittlung der Sprungantwort des PD-T1-Reglers lösen wir die Gl. (4.94) nach yR(s) auf und erhalten bei Vernachlässigung des negativen Vorzeichens mit e(t ) = e0 ⋅ σ (t ) y R (s) =
c−−¦
e e( s ) = 0 s
K PR e0 1 + sTv . ⋅ T1 §1 · s ¨¨ + s ¸¸ © T1 ¹
(4.95)
Die Rücktransformation in den Zeitbereich mittels Residuensatz ergibt ª § T K PR « y R (t ) = ⋅ «T1 − T1 ¨¨1 − v T1 T1 © «¬
t º · − T1 » ¸¸ e » e0 ¹ »¼
(4.96)
bzw. t º ª § Tv · − T1 » « y R (t ) = K PR «1 + ¨¨ − 1¸¸ e » e0 . T1 © ¹ »¼ «¬
(4.97)
Bild 4.34 zeigt die entsprechende Sprungantwort.
yR
e
0
•
Tv e T1 0
T1
e0 t
0
KRP
0
0
KPR e0 t
Bild 4.34 Eingangssprung und Sprungantwort eines PD-T1-Reglers
Frequenzgang und Ortskurve
Vernachlässigen wir in Gl. (4.94) das durch die invertierende Wirkung der Schaltung (Bild 4.33) bedingte negative Vorzeichen, so erhalten wir daraus den Frequenzgang GR ( jω ) =
y R ( jω ) 1 + jω Tv . = K PR e( j ω ) 1 + jω T1
(4.98)
4.3 Zeitverhalten stetiger Regeleinrichtungen Die Zerlegung in Real- und Imaginärteil ergibt: 1 + ω 2T1Tv Re (GR ) = K PR 1 + (ω T1 ) 2
ω (Tv − T1 ) Im (GR ) = K PR 1 + (ω T1 ) 2
131 ω
Im
ω=
PD-T1
PD
1 T1
ω
(4.99) KPR
(4.100)
ω=∞
Re
ω=∞
ω=0 T K PR v T1
PD-T2
In Bild 4.35 sind die Ortskurvenverläufe des PD-, PD-T1- und PD-T2-Gliedes dargestellt.
ω
Bild 4.35 Ortskurvenverlauf des PD-, PD-T1- und PD-T2-Gliedes
PD-T1-Glied: ω
PD-T2-Glied: Re (GR)
K PR
0
Im (GR)
0
ω
0
1 T1
K PR ª Tv º «1 + » 2 ¬ T1 ¼
º K PR ª Tv « − 1» 2 ¬ T1 ¼
∞
T K PR v T1
0
Tv − T1
Re (GR)
K PR
Im (GR)
0
T22Tv
T K PR v T1
0
1 T2
T K PR v T1
T − K PR 2 T1
∞
0
0
X Aufgabe 4.5 Die Differentialgleichung eines PD-T2-Gliedes lautet
T22 yR (t ) + T1 y R (t ) + y R (t ) = K PR [e(t ) + Tv e(t )] . Gesucht ist der Verlauf der Ortskurve, insbesondere für ω = 0 und ω = ∞ sowie die eventuellen Schnittpunkte mit den Achsen.
4.3.5.1
PD-Regeleinrichtung zur Regelung einer P-T2-Strecke
Im Gegensatz zu den Abschnitten 4.3.2.1 und 4.3.3.1 soll im Folgenden der in Bild 4.36 gezeigte Regelkreis, in dem eine P-T2-Strecke von einer PD-Regeleinrichtung geregelt wird, auf sein Führungs- und Störverhalten untersucht werden.
132
4 Regeleinrichtungen
a) Führungsverhalten
KPR ,Tv w
+
e
− GR(s)
z yR + +
KPS ,T1 ,T22
x
y
Bild 4.36 Regelkreis bestehend aus einer P-T2-Strecke und einer PD-Regeleinrichtung
GS(s)
Die Übertragungsfunktionen der Strecke und der Regeleinrichtung lauten (Bild 4.36): GS ( s ) =
K PS x( s ) = y ( s) s 2T22 + sT1 + 1
(4.101)
y (s) GR (s) = R = K PR (1 + sTv ) . e(s)
(4.102)
Mit (4.101) und (4.102) in (4.18) erhalten wir die Führungsübertragungsfunktion Gw (s) =
x( s) = w( s )
1 s 2T22
+ sT1 + 1 +1 K PR K PS (1 + sTv )
(4.103)
bzw.
Gw (s) =
(1 + sTv ) x( s ) K PR K PS = ⋅ . 2 T + T K w( s ) 2 1 v PR K PS 1 + K PR K PS T2 s +s + T22 T22
(4.104)
Handelt es sich bei der Strecke um zwei in Reihe geschaltete P-T1-Strecken oder liegen zwei reelle Pole vor, so wird man Tv gleich der größten dieser Zeitkonstanten wählen und damit, wie Gl. (4.103) zeigt, die Ordnung des geschlossenen Systems um 2 2 Eins reduzieren. Zum Beispiel kann für T1 = 3 s und T2 = 2 s das Nennerpolynom von GS wie folgt in zwei Linearfaktoren zerlegt werden s 2T22 + sT1 + 1 = (1 + sTa )(1 + sTb ) mit Ta = 1 s und Tb = 2 s . Wählen wir Tv = Tb, so vereinfacht sich die Gl. (4.103) zu einem P-T1-Verhalten Gw (s) =
K PR K PS . 1 + K PR K PS + sTa
(4.105)
Ist die Polverteilung der Strecke konjugiert komplex, d. h. keine Zerlegung in reelle Linearfaktoren möglich, dann folgt aus Gl. (4.104)
α=
T1 + Tv K PR K PS ; 2 T22
β=
1 + K PR K PS T2
4.3 Zeitverhalten stetiger Regeleinrichtungen
133
und daraus die Dämpfung des geschlossenen Kreises D=
T + Tv K PR K PS α . = 1 β 2 T2 1 + K PR K PS
(4.106)
Durch den D-Anteil wird die Dämpfung mit zunehmendem Tv vergrößert. Den stationären Endwert der Regelgröße x auf einen Eingangssprung w(t ) = w0 ⋅ σ (t )
c−−¦
w w( s ) = 0 s
ermitteln wir wieder mittels Grenzwertsatz im Bildbereich. Danach ist
x(∞) = lim x(t ) = lim s ⋅ x( s ) . t →∞
(4.107)
s →0
Gl. (4.104) nach x(s) aufgelöst ergibt x( s ) = G w ( s ) ⋅ w( s ) .
(4.108)
Mit (4.108) in (4.107) folgt w K PR K PS x(∞) = lim s ⋅ G w ( s ) ⋅ 0 = w0 s 1 + K PR K PS s→0 bzw. bleibende Regeldifferenz e(∞) = w0 − x(∞) =
1 1 + K PR K PS
w0 .
(4.109)
Gl. (4.109) ist identisch mit der in Abschnitt 4.3.1.1 für einen Regelkreis mit reinem P-Regler abgeleiteten Beziehung (4.29). D=
x
1
x D=
1
Tv = 0
2
e(∞)
e(∞)
Tv = Ta Tv = Tb
Tv = 0 Tv = Ta
2
w0
x2 x1
x(∞)
Tv = Tb 0
0
t
0
0
Bild 4.37 Führungs- und Störverhalten des Regelkreises nach Bild 4.36 für verschiedene Vorhaltezeiten Tv (Ta = 1 s; Tb = 2 s)
t
134
4 Regeleinrichtungen
Das heißt, dass der PD- gegenüber dem P-Regler bezüglich des stationären Verhaltens keinen Vorteil besitzt. Ferner sieht man aus Gl. (4.109), dass die bleibende Regeldifferenz unabhängig von der Ordnung der P-Strecke ist. In Bild 4.37 ist die Führungsund Störsprungantwort für verschiedene Vorhaltzeiten aufgezeichnet und zeigt, dass die Dynamik weitgehend durch die Wahl von Tv beeinflusst werden kann. Hingegen hängt die bleibende Regeldifferenz nur von KPR ab, da der D-Anteil nur am Anfang wirksam ist und im Beharrungszustand seine Wirkung verliert.
b) Störverhalten Um den Einfluss der Störgröße z auf die Regelgröße x zu ermitteln, setzten wir die Gln. (4.101) und (4.102) in die Störübertragungsfunktion (4.20) ein und erhalten Gz ( s) =
x( s ) = z ( s)
K PS ª T + Tv K PR K PS 1 + K PR K PS º + T22 « s 2 + s 1 » »¼ T22 T22 «¬
.
(4.110)
Mit den Abkürzungen
α=
T1 + K PR K PSTv 2 T22
und
β2 =
1 + K PR K PS T22
wird Gz (s) =
x( s ) K PS 1 = . 2 2 z ( s) T2 s + s ⋅ 2α + β 2
(4.111)
Die Dämpfung wird wie beim Führungsverhalten bestimmt durch D=
T + K PR K PSTv α = 1 . β 2 T2 1 + K PR K PS
(4.112)
Ändern wir die Störgröße sprunghaft mit z (t ) = z 0 ⋅ σ (t )
c−−¦
z z (s) = 0 , s
so folgt aus (4.110) z x( s ) = G z ( s ) ⋅ z ( s ) = G z ( s ) ⋅ 0 s und mittels Grenzwertsatz x(∞) = lim x(t ) = lim s ⋅ x( s ) = t →∞
s →0
K PS z0 . 1 + K PR K PS
(4.113)
Da wir nur die Änderung von x infolge z betrachten und nicht die Absolutwerte, stellt (4.113) die durch z verursachte bleibende Regeldifferenz dar. Durch Vergleich von (4.113) mit der in Abschnitt 4.3.1.1 für einen Regelkreis mit P-Regler abgeleiteten
4.3 Zeitverhalten stetiger Regeleinrichtungen
135
Beziehung (4.32) wird evident, dass eine PD-Regeleinrichtung ebenso wie eine PRegeleinrichtung nicht in der Lage ist, den Einfluss einer Störung vollkommen zu kompensieren, sondern nur auf K PS z0 1 + K PR K PS zu mindern. Die Gegenüberstellung in Bild 4.37 zeigt, dass die beiden Forderungen nach möglichst gutem Führungs- und Störverhalten kontrovers sind und nicht gleichzeitig erfüllt werden können. So wird z. B. das Führungsverhalten am günstigsten, wenn Tv gleich der größten Streckenzeitkonstante gewählt wird. Das Störverhalten ist dann aber keineswegs optimal. Ein Kompromiss, der ein befriedigendes Führungs- und Störverhalten liefert, wird für D = 1 / 2 erreicht. Der Nachteil der PDRegeleinrichtung ist die bei der Regelung von P-Strecken auftretende bleibende Regeldifferenz. Wie durch die Gl. (4.79) zum Ausdruck kommt, bringt die Regelung von I-Strecken mittels PI-Regler Schwierigkeiten bezüglich der Dämpfung, während der Einsatz eines PD-Reglers zumindest für das Führungsverhalten keine bleibende Regeldifferenz ergibt. X Aufgabe 4.6 Gegeben ist ein Regelkreis bestehend aus einer I-Strecke mit
GS ( s ) =
K IS s
und einer PD-Regeleinrichtung. Ermitteln Sie die Sprungantwort für
w(t ) = w0 ⋅ σ (t ) .
4.3.6 PID-Regeleinrichtung Durch Kombination der drei grundsätzlichen Zeitverhalten (P, I und D) gelangt man zur PID-Regeleinrichtung, deren Stellgröße yR gleich der Addition der P-, I- und DRegeleinrichtungen ist und durch die folgende Gleichung beschrieben wird: y R (t ) = K PR e(t ) + K I e(t )dt + K D
de(t ) dt
(4.114)
ª KI y R (t ) = K PR «e(t ) + K PR ¬
K D de(t ) º ». dt ¼
(4.115)
³
bzw.
³ e(t )dt + K PR
Mit den bereits bekannten Zeitkonstanten Tn =
K PR K und Tv = D KI K PR
136
4 Regeleinrichtungen
wird ª 1 y R (t ) = K PR «e(t ) + Tn ¬
³ e(t )dt + Tv
de(t) º ». dt ¼
(4.116)
Die Übertragungsfunktion der idealen PID-Regeleinrichtung folgt aus (4.116) durch Laplace-Transformation zu ª º y (s) 1 GR (s) = R = K PR «1 + + sTv » . e( s ) ¬ sTn ¼
(4.117)
Bringen wir diesen Ausdruck auf einen gemeinsamen Nenner, so wird s 2Tn Tv + sTn + 1 y (s) GR (s) = R = K PR . e( s ) sTn
(4.118)
Die Nullstellen dieses Ausdrucks liegen bei s 1,2 =
1 2Tv
ª «− 1 ± «¬
1−
4Tv Tn
º ». »¼
(4.119)
Für Tn ≥ 4 Tv liegen zwei reelle Nullstellen vor und der Zähler in (4.118) lässt sich in zwei reelle Linearfaktoren zerlegen (1 + sTn′ )(1 + sTv′ ) y (s) ′ , (4.120) = K PR GR (s) = R e( s ) sTn′
T′ ′ = K PR n ; mit K PR Tn
Tn′ = −
1 ; s1
Tv′ = −
1 . s2
Die Form (4.120) ist besonders geeignet, wenn Polstellen der Strecke durch Nullstellen der Regeleinrichtung kompensiert werden sollen. Ferner ist diese Zerlegung vorteilhaft zur Darstellung im Bode-Diagramm. Zwischen den Parametern der Gln. (4.118) und (4.120) bestehen die folgenden Beziehungen: § T′ ′ ¨¨1 + v K PR = K PR © Tn′
· ¸¸ ¹
Tn = Tn′ + Tv′
Tv =
Tn′ Tv′ . Tn′ + Tv′
(4.121)
Sowohl in (4.118) als auch in (4.120) ist der Zähler von höherer Ordnung als der Nenner, d. h. eine solche PID-Regeleinrichtung ist physikalisch nicht realisierbar. Zur Ermittlung der Sprungantwort erhalten wir mit
e(t ) = e0 ⋅ σ (t ) aus Gl. (4.117)
c−−¦
e e( s ) = 0 s
4.3 Zeitverhalten stetiger Regeleinrichtungen
137
ª1 º 1 + Tv » . y R ( s ) = K PR e0 « + «¬ s s 2Tn »¼
(4.122)
Durch Rücktransformation in den Zeitbereich folgt aus (4.122) die Sprungantwort der idealen PID-Regeleinrichtung º ª t y R (t ) = K PR e0 «1 + + Tv δ (t )» (4.123) T n ¼ ¬
yR
mit dem in Bild 4.38 dargestellten Verlauf. Zur Realisierung einer PID-Regeleinrichtung gibt es viele Möglichkeiten, z. B. durch parallele Erzeugung des P-, Iund D-T1-Anteils mittels der Schaltung nach Bild 4.11, 4.19 sowie 4.30 und Addition der Ausgangsgrößen durch einen Summierer (Bild 4.8).
KPR e0 KPR e0
0
t
Tn
Tn
Bild 4.38 Sprungantwort eines idealen PID-Reglers
Bild 4.39 zeigt eine vielfach angewandte Schaltung, ähnlich der PD-T1Regeleinrichtung nach Bild 4.33. Das in der Rückführung liegende T-Glied ist allerdings durch den als Impedanzwandler geschalteten Operationsverstärker OP2 entkoppelt (s. a. Abschnitt 4.1, Bild 4.6, Gl. (4.8a)). Man spricht hier von aktiver Rückkopplung, während in Bild 4.33 eine passive Rückkopplung vorliegt. Am nichtinvertierenden Eingang des OP2 liegt die durch den Spannungsteiler gebildete Spannung
Rp + x 2 ( s) = y R ( s )
R3 + Rp +
1 R2 sC2 i2(s)
OP2
i1(s) R 1 e(s)
x2(s) V. M.
1 sC 3 1 sC 3
− +
− + OP1
= y R (s)
1 + sC 3 Rp 1 + sC 3 ( R3 + Rp )
.
(4.124)
R3
x2(s)
1 sC3 RP
Bild 4.39 PID-T1-Regeleinrichtung mit aktiver Rückführung
yR(s)
Für den invertierenden Eingang V.M. gilt i1 ( s ) = i 2 ( s )
(4.125)
138
4 Regeleinrichtungen mit i1 ( s ) =
e( s ) R1
und i2 ( s ) = −
(4.126)
x2 ( s) sC 2 = − x2 ( s) . 1 1 + sC 2 R2 R2 + sC 2
(4.127)
Setzen wir (4.126) und (4.127) in (4.125) unter Berücksichtigung von (4.124) ein, so folgt: y (s) R (1 + sC 2 R2 )[1 + sC 3 ( R3 + Rp )] GR (s) = R =− 2 e( s ) R1 sC 2 R2 (1 + sC 3 Rp )
(4.128)
und mit den Abkürzungen R ′ = 2 ; K PR R1
Tn′ = C 2 R2 ;
Tv′ = C 3 ( R3 + Rp ) ;
T1 = C 3 Rp ;
(1 + sTn′ )(1 + sTv′ ) y (s) ′ . GR (s) = R = K PR e( s ) sTn′ (1 + sT1 )
(4.129)
Hierin ist T1 die die Verzögerung bewirkende parasitische Zeitkonstante. Die Übertragungsfunktion des realen PID-T1-Reglers kann man sich durch Reihenschaltung des idealen PID-Reglers nach (4.120) und eines P-T1-Gliedes mit G(s) =
1 1 + sT1
entstanden denken. Für Rp = 0 bzw. T1 = 0 geht Gl. (4.129) in Gl. (4.120) über. •
Sprungantwort
yR
Zur Ermittlung der Sprungantwort der PIDT1-Regeleinrichtung lösen wir (4.129) nach yR(s) auf und erhalten mit e(t ) = e0 ⋅ σ (t )
c−−¦
e e( s ) = 0 s
und Vernachlässigung des negativen Vorzeichens K ′ (1 + sTn′ )(1 + sTv′ ) . (4.130) y R ( s ) = e0 PR Tn′ T1 1· 2 §¨ s ¨ s + ¸¸ T1 ¹ ©
KPR
Tv e T1 0
KPR e0 KPR e0
T1 Tn
Tn
Bild 4.40 Sprungantwort einer PID-T1-Regeleinrichtung
Durch Rücktransformation in den Zeitbereich mittels Residuensatz erhält man
t
4.3 Zeitverhalten stetiger Regeleinrichtungen
139
ª§ · ° « ¨ s + 1 ¸ (Tn′ + Tv′ + 2 sTn′ Tv′ ) − (1 + sTn′ )(1 + sTv′ ) ¨ ¸ ° T « ′ K ° 1¹ © y R (t ) = e0 PR ® lim « e st 2 Tn′ T1 °s → 0 « § 1· ¨¨ s + ¸¸ ° « T1 ¹ © ¬ ¯° º § T′ (1 + sTn′ )(1 + sTv′ ) » » + T12 ¨1 − n + te st ¨ 1 T1 » © s+ » T1 ¼
·§ Tv′ ¸¸¨¨1 − T1 ¹©
· ¸¸e ¹
−
t T1
½ ° ° ¾ bzw. ° °¿
t º ª Tv′ − T1 t § Tv′ − T1 Tv′ · − T1 » « ¸e ′ 1+ y R (t ) = K PR − + − ¨1 + » e0 . « Tn′ Tn′ ¨© Tn′ T1 ¸¹ »¼ «¬
(4.131)
Mit den Beziehungen (4.121) kann die Übertragungsfunktion (4.129) in G R ( s ) = K PR
s 2Tn Tv + sTn + 1 sTn (1 + sT1 )
(4.132)
umgeformt werden. Für die Sprungantwort erhalten wir dann die Beziehung ª T T T t § y R (t ) = K PR ««1 − 1 + − ¨¨1 − 1 − v Tn Tn © Tn T1 «¬
t º · − T1 » ¸¸ e » e0 . ¹ »¼
(4.133)
Aus den Gln. (4.131) und (4.133) folgt für t = 0 Tv′ T ′ y R (0) = K PR e0 = K PR v e0 . T1 T1 Für große t-Werte erhalten wir die Gleichung der Asymptote: ª T ª T′ −T t º t º ′ «1 + v 1 + » e0 = K PR «1 − 1 + » e0 . yRA (t ) = K PR ′ ′ T T T T n n¼ n n¼ ¬ ¬ Diese nimmt für t = T1 den folgenden Wert an: § T′ ′ ¨¨1 + v y RA (T1 ) = K PR © Tn′
· ¸¸ e0 = K PR e0 . ¹
Bild 4.40 zeigt den Verlauf der Sprungantwort. •
Frequenzgang und Ortskurve Der Frequenzgang des PID-T1-Reglers folgt aus (4.132), indem wir s durch jω ersetzen
140
4 Regeleinrichtungen GR ( jω ) =
y R ( jω ) 1 − ω 2TnTv + jω Tn = K PR . e( j ω ) − ω 2TnT1 + jω Tn
(4.134)
Zur Diskussion des Ortskurvenverlaufs zerlegen wir (4.134) in Real- und Imaginärteil Re (GR ) = K PR
Tn − T1 + ω 2TnTvT1 Tn [1 + (ω T1 ) 2 ]
Im (GR ) = K PR
ω Tn (Tv − T1 ) − 1 . ω Tn [1 + (ω T1 ) 2 ]
Im
ω T1
KPR
2
PID
PID-T1
Re
T1 , T22 T K PR v T1
PID-T1-Regler:
ω
Re (GR)
§ T K PR ¨¨1 − 1 © Tn
1 Tn (Tv − T1 ) ∞
4.3.6.1
∞
∞
Bild 4.41 zeigt den Ortskurvenverlauf des PID-, PID-T1- und PID-T2-Reglers.
0
ω
Im (GR)
· ¸¸ ¹
−∞
K PR
0
T K PR v T1
0
ª T º K PR «1 − 1 » ¬ Tn ¼
Bild 4.41 Ortskurvenverlauf des PID-, PID-T1-und PID-T2-Reglers
PID-Regeleinrichtung zur Regelung einer P-T2-Strecke
Im Folgenden soll der Regelkreis nach Bild 4.42 untersucht werden.
w
+
z KPR ,Tn ,Tv KPS ,T1 ,T22 + yR e y
−
GR(s)
+
GS(s)
x
Bild 4.42 Regelkreis gebildet aus einer P-T2-Strecke und einer PID-Regeleinrichtung
Die Regelstrecke habe eine Dämpfung D > 1, mit der Übertragungsfunktion GS ( s ) =
K PS K PS x( s ) = = , mit Tb > Ta . 2 2 y ( s ) s T2 + sT1 + 1 (1 + sTa )(1 + sTb )
(4.135)
Für die Übertragungsfunktion der Regeleinrichtung wählen wir Gl. (4.120), in der der Zähler in Linearfaktoren zerlegt ist. (1 + sTn′ )(1 + sTv′ ) y (s) ′ . (4.136) GR (s) = R = K PR e( s ) sTn′
4.3 Zeitverhalten stetiger Regeleinrichtungen
141
a) Führungsverhalten Die Führungsübertragungsfunktion lautet mit (4.135) und (4.136) in (4.18)
Gw (s) =
x( s ) = w( s )
1 . sTn′ (1 + sTa )(1 + sTb ) +1 ′ K PS (1 + sTn′ )(1 + sTv′ ) K PR
(4.137)
Es ist naheliegend, in Gl. (4.137) Tn′ gleich der größten Zeitkonstante der Strecke (z. B. Tn′ = Tb ) zu wählen und Tv′ = Ta . Somit kürzen sich die beiden Linearfaktoren heraus und reduzieren die Ordnung des Systems auf Gw (s) =
x( s ) = w( s )
1 Tn′ 1+ s ′ K PR K PS
.
(4.138)
Zur Ermittlung des stationären Endwertes von x(t) für w(t ) = w0 ⋅ σ (t )
c−−¦
w w( s ) = 0 s
erhalten wir aus Gl. (4.137) w x( s ) = G w ( s ) ⋅ w( s ) = G w ( s) ⋅ 0 s und mittels Grenzwertsatz x(∞) = lim x(t ) = lim s ⋅ x( s ) = w0 ⋅ lim G w ( s) = w0 . t →∞
s →0
s →0
(4.139)
Unabhängig von der Wahl von Tn′ und Tv′ und unabhängig von der Ordnung der P-Strecke wird durch den I-Anteil die bleibende Regeldifferenz gleich Null. e(∞) = w0 − x(∞) = 0 .
(4.140)
b) Störverhalten Mit (4.135) und (4.136) in (4.20) erhalten wir die Störübertragungsfunktion sTn′ K PS x( s ) . Gz (s) = = ′ K PS (1 + sTn′ )(1 + sTv′ ) z ( s) sTn′ (1 + sTa )(1 + sTb ) + K PR
(4.141)
Bedingt durch den I-Anteil wird der Einfluss der Störgröße für t → ∞ vollkommen beseitigt. Aus (4.141) folgt x( s ) = G z ( s) ⋅ z ( s) , und mit z (t ) = z 0 ⋅ σ (t )
c−−¦
z z(s) = 0 s
z erhalten wir x( s ) = G z ( s) ⋅ 0 . Der Grenzwertsatz liefert s
(1.141a)
142
4 Regeleinrichtungen x(∞) = lim x(t ) = lim s ⋅ x( s ) = z 0 ⋅ lim G z ( s ) = 0 . t →∞
s→0
(4.142)
s→0
Im Gegensatz zum Führungsverhalten kann die Ordnung von (4.141) nicht reduziert werden. Wählen wir auch hier Tn′ = Tb und Tv′ = Ta , so folgt aus (4.141) Gz ( s) =
sTb K PS x( s ) = ′ K PS + sTb ) z ( s) (1 + sTa )(1 + sTb )( K PR
Gz ( s) =
x( s ) K PS = z ( s) Ta Tb § 1 ¨s + ¨ Ta ©
bzw. s . ′ K PS · ·§ K PR 1 ·§ ¸¨s + ¸¨s + ¸ ¸¨ ¸ Tb ¸¹ ¨© Tb ¹© ¹
(4.143)
Für die gewählten Reglerparameter sind, wie Gl. (4.143) zeigt, sämtliche Pole des Kreises negativ reell und somit das System stabil. Dies ist nicht generell so. Wie in Kapitel 6 gezeigt werden wird, kann bei ungünstiger Wahl von Tn bzw. Tn′ das System instabil werden. In diesem Fall, der explizit vorliegenden Pole erhalten wir für (1.141a) und aus (4.143) mittels Residuensatz die Sprungantwort t t ª − − « Ta Tb − Ta Tb e Tb e x(t ) = K PS z 0 « + ′ K PSTa − Tb ) (Tb − Ta )( K PR ′ K PS − 1) « (Tb − Ta )( K PR « ¬
º » Tb e », + ′ K PSTa − Tb )( K PR ′ K PS − 1) » ( K PR » ¼ ′ K PS − K PR
t Tb
(4.144)
mit dem in Bild 4.43 gezeigten Verlauf. Der dritte Term in der eckigen Klammer von ′ K PS vernachlässigbar klein. Gl. (4.144) wird für großes K PR Zusammenfassend kann gesagt werden, dass von den in diesem Kapitel behandelten Regeleinrichtungen der PID-Regler, infolge der drei Parameter KPR, Tn und Tv, am anpassungsfähigsten ist. Durch den I-Anteil tritt sowohl beim Führungs- als auch beim Störverhalten eine vorübergehende aber keine bleibende Regeldifferenz auf. Ferner kann die Ordnung des Systems durch geeignete Wahl der Parameter reduziert werden.
x
w0 0
t 0 Bild 4.43 Störsprungantwort des Regelkreises nach Bild 4.42 für Tn′ = Tb und Tv′ = Ta
143
5 Das Bode Diagramm. Frequenzkennlinienverfahren Das Bode-Diagramm dient neben der Ortskurve zur graphischen Darstellung des Frequenzganges. Während man bei der Ortskurvendarstellung den Frequenzgang x ( jω ) G ( jω ) = a xe ( jω ) nach Betrag und Phase in einem einzigen Diagramm in der Gaußschen Zahlenebene darstellt, werden im Bode-Diagramm der Betrag von G und der Phasenwinkel ϕ in zwei getrennten Diagrammen als Funktionen der Kreisfrequenz ω aufgetragen. Für die Darstellung von ⏐G⏐ = f(ω) ist sowohl ω auf der Abszisse als auch das Amplitudenverhältnis ⏐G⏐ auf der Ordinate im logarithmischen Maßstab geteilt. In einem zweiten Diagramm ist dann der Phasenwinkel ϕ im linearen über der Kreisfrequenz ω im logarithmischen Maßstab aufgetragen. Durch die logarithmische Darstellung erhält man leicht zu konstruierende Asymptoten des wirklichen Kurvenverlaufs ⏐G⏐ = f(ω). Bei der Hintereinanderschaltung von mehreren Frequenzgängen ergibt sich der Gesamtfrequenzgang aus dem Produkt der einzelnen Frequenzgänge. Der besondere Vorteil der Darstellung eines solches Frequenzganges im Bode-Diagramm besteht darin, dass durch die Logarithmierung die Produktbildung auf eine einfache Addition zurückgeführt wird.
5.1 Bode-Diagramme einfacher Frequenzgänge Im Folgenden sollen die Bode-Diagramme von Regelkreisgliedern mit elementarem Zeitverhalten behandelt werden, deren Frequenzgänge bereits in den vorherigen Kapiteln abgeleitet wurden. Häufig wird der Amplitudengang wie in der Nachrichtentechnik üblich, in Dezibel (dB) aufgetragen. Definitionsgemäß gilt
G ( jω ) dB = 20 ⋅ lg G ( jω ) .
(5.1)
Bei der Darstellung des Amplitudenganges ⏐G( jω)⏐ ist Folgendes zu beachten: a)
Für die Ordinate und Abszisse ist der gleiche logarithmische Maßstab zu verwenden (z. B. 50 mm/Dekade oder wie bei logarithmisch geteiltem Papier 62,5 mm/Dekade).
b)
Die ω-Achse wird stets so gelegt, dass sie die Ordinate bei ⏐G( jω)⏐ = 1 bzw. ⏐G( jω)⏐dB = 0 schneidet.
c)
Durch die logarithmische Teilung der ω - Achse lässt sich die Frequenz ω = 0 nicht darstellen. Im Schnittpunkt der ω - Achse mit der Ordinate wählt man ω gleich einer 10er Potenz, die dem darzustellenden Problem angepasst ist, d. h. −1
−2
(10 ... 10 ) ⋅1/Tx. Hierin ist Tx die größte Zeitkonstante des Systems.
144
5 Das Bode Diagramm. Frequenzkennlinienverfahren
5.1.1 Bode-Diagramm des P0-Gliedes Der Frequenzgang eines P0-Gliedes ist: x ( jω ) G ( jω ) = a = K P = konstant x e ( jω ) G ( jω ) = G ( jω ) e jϕ (ω ) . Daraus folgt: G ( jω ) = K P und ϕ (ω ) = 0.
Bild 5.1 zeigt für KP = 10 das Bode-Diagramm des reinen P-Gliedes. Das Amplitux ( jω ) ist unabhängig von ω, und die Phasenverschiebung zwischen denverhältnis a x e ( jω ) xa( jω) und xe( jω) ist für alle ω gleich Null. 102
40 G dB 30
G 10
20 10
KP
0
1
− 10
10−1
1
10
102
ω /s −1
10−1
− 20
Bild 5.1
45°
ϕ
0°
P0-Gliedes (KP = 10)
ϕ(ω) 10−1
1
Bode-Diagramm eines
10
102
− 45°
ω /s −1
− 90°
5.1.2 Bode-Diagramm eines I-Gliedes Der Frequenzgang eines I-Gliedes lautet: x ( jω ) K I . G ( jω ) = a = xe ( jω ) jω Sind die Dimensionen von Aus- und Eingangsgröße gleich, so hat KI die Dimension − s 1, und man kann den Kehrwert von KI als die Integrierzeit TI auffassen. TI =
1 . KI
5.1 Bode-Diagramme einfacher Frequenzgänge
145
Diese vereinfachende Annahme wird gewählt, um den charakteristischen Verlauf ⏐G⏐ = f(ω) ableiten zu können. Haben xa und xe unterschiedliche Dimensionen, so hat − KI außer s 1 die Dimensionen der Ausgangsgröße dividiert durch die der Eingangsgröße. Um den Schnittpunkt mit der ω - Achse zu bestimmen, bleiben die Dimensionen von xa und xe unberücksichtigt. Dadurch wird in unserer Betrachtung vermieden, dass der Logarithmus einer dimensionsbehafteten Größe genommen wird. Mit TI = 1/ KI wird: G ( jω ) =
xa ( jω ) 1 . = xe ( jω ) jω TI
Daraus folgt: G ( jω ) =
1 , lg G ( jω ) = − lg(ω TI ) . ω TI
Trägt man ⏐G( jω)⏐ im logarithmischen Maßstab über ω im gleichen logarithmischen Maßstab auf, so erhält man eine Gerade mit der negativen Steigung 1:1, die die ω Achse für ω = 1/ TI schneidet. Voraussetzung dafür ist, dass die ω-Achse die Ordinate bei ⏐G( jω)⏐ = 1 schneidet (Bild 5.2). 102
40 G dB 30
G −1:1 10
20
ω=
10 0
1
10−1
1
1 = 5s −1 TI
10
102
− 10
ω /s −1
10−1
− 20
ϕ
Bild 5.2
45° 0°
Bode-Diagramm eines I-Gliedes (TI = 0,2 s)
10−1
1
10
− 45°
102
ω /s −1
ϕ(ω)
− 90°
Infolge des fehlenden Realteils, der Imaginärteil von G( jω) ist Im (G ) = −
1 , ω TI
ergibt sich für den Phasenwinkel tan ϕ (ω ) =
Im(G ) = −∞ bzw. ϕ = −90° = konstant . Re(G )
146
5 Das Bode Diagramm. Frequenzkennlinienverfahren
5.1.3 Bode-Diagramm eines D-Gliedes Ein D-Glied hat folgenden Frequenzgang: x ( jω ) G ( jω ) = a = jω ⋅ K D . x e ( jω ) Die Dimensionen von xa und xe werden zur Ermittlung des charakteristischen Verlaufs ⏐G⏐ = f(ω) als gleich angenommen. KD hat dann die Dimension einer Zeit und kann als Differenzierzeit TD aufgefasst werden. Sind die Dimensionen von xa und xe ungleich, so gilt das in Abschnitt 5.1.2 für KI Gesagte. Mit KD = TD wird: G ( jω ) =
xa ( jω ) = jω TD . xe ( jω )
Ferner ist G ( jω ) = G ( jω ) e jϕ (ω ) . Folglich erhält man: G ( jω ) = ω ⋅ TD , lg G ( jω ) = lg(ω TD ) . Das ist die Gleichung eine Geraden mit der positiven Steigung 1:1, wenn ⏐G( jω)⏐ und ω im gleichen logarithmischen Maßstab aufgetragen werden. Die ω - Achse wird wieder so gelegt, dass sie die Ordinate für ⏐G( jω)⏐ = 1 schneidet. Wie Bild 5.3 zeigt, schneidet dann der Amplitudengang ⏐G⏐ = f(ω) die ω - Achse für ω = 1/ TD. 102
40 G dB 30
G
+1:1 10
20
ω=
10 0
1
10−1
1
1 TD 10
102
ω /s −1
− 10 10−1
− 20
ϕ
Bild 5.3
D-Gliedes (TD = 0,2 s)
90°
ϕ(ω)
45° 0° − 45°
Bode-Diagramm eines
10−1
1
10
102
ω /s −1
5.1 Bode-Diagramme einfacher Frequenzgänge
147
Für den Phasenwinkel erhält man: tan ϕ (ω ) =
Im(G ) = +∞ , Re(G )
ϕ = +90° = konstant ,
weil Re (G ) = 0 und Im (G ) = +ω TD .
5.1.4 Bode-Diagramm eines P-Gliedes mit Verzögerung 1. Ordnung Für ein P-Glied 1. Ordnung lautet der Frequenzgang: G ( jω ) =
KP KP = e − j arctan(ω T1 ) . 1 + jω T1 1 + jω T1
Daraus folgt: G (ω ) =
KP 1 + (ω T1 ) 2
,
1 lg G ( jω ) = lg K P − lg [1 + (ω T1 ) 2 ] . 2
(5.2)
(5.3)
tan ϕ = −ω T1 und ϕ = − arctan(ω T1 ) . Variiert man in Gl. (5.2) ω von 0 ... ∞, so erhält man den exakten Amplitudengang. Dieses Verfahren ist sehr zeitraubend und aufwendig. Einfacher ist die Konstruktion der Asymptoten des wahren Verlaufs, die für viele Zwecke ausreichend sind. Diese ergeben sich im vorliegenden Fall, indem man zwei ω - Bereiche unterscheidet: a) Für kleine ω - Werte ist:
ω T1 << 1 . Damit erhält man aus Gl. (5.3) die Näherung lg G ( jω ) ≈ lg K P .
(5.4)
Das ergibt für kleine ω - Werte eine Gerade parallel zur Abszisse mit der Ordinate ⏐G⏐ = KP im logarithmischen Maßstab. b) Für große ω - Werte ist:
ω T1 >> 1 und damit folgt aus Gl. (5.3) die Näherung lg G ( jω ) ≈ lg K P − lg(ω T1 ).
(5.5)
Das ist ebenfalls die Gleichung einer Geraden mit der negativen Steigung 1:1. Die unter a) und b) gefundenen Geraden bilden die Asymptoten. Sie schneiden sich für ω E = 1/ T1, wie man durch Gleichsetzen der Gln. (5.4) und (5.5) leicht erkennt.
148
5 Das Bode Diagramm. Frequenzkennlinienverfahren
Für die Eckfrequenz ω E = 1/ T1 errechnet sich der genaue Wert des Amplitudenverhältnisses zu: G ( jω ) =
KP 2
= 0,707 ⋅ K P bzw.
G ( jω ) dB = 20 ⋅ lg (0,707 ⋅ K P ) = 20 ⋅ lg K P − 3dB . An dieser Stelle ist die Abweichung des wahren Verlaufs von dem der Asymptoten am größten. Der Phasengang hat den in Bild 5.4 gezeigten Verlauf, beginnend mit ϕ = 0° für ω = 0 und endend bei ϕ = − 90° für ω = ∞. Für ωE = 1/ T1 ist ϕ = − 45°. 102
40 G dB 30
G 10
20
3 dB KP
10 0
1
10−1
KP 2 1
10
− 10
102 ω /s −1
10−1
− 20
45°
ωE =
ϕ 0°
− 45°
10−1
1
1 T1
10
Bild 5.4
102 ω /s −1
Bode-Diagramm eines P-T1-Gliedes (KP = 10; T1 = 0,1 s)
− 90°
5.1.5 Bode-Diagramm eines PI-Gliedes Der Frequenzgang eines PI-Gliedes ist gemäß Gl. (4.61) G ( jω ) =
ª xa ( jω ) 1 º . = K P «1 − j ω Tn »¼ xe ( jω ) ¬
(5.6)
Aus Gl. (5.6) folgt: G (ω ) = K P
§ 1 1 + ¨¨ © ω Tn
2
· ¸¸ , ¹
1 ª § 1 lg G ( jω ) = lg K P + lg «1 + ¨¨ 2 « © ω Tn ¬
(5.7) · ¸¸ ¹
2º
» » ¼
(5.8)
5.1 Bode-Diagramme einfacher Frequenzgänge
149
und tan ϕ (ω ) =
Im(G ) 1 , =− Re(G ) ω Tn § 1 © ω Tn
ϕ = − arctan¨¨
· ¸¸ . ¹
(5.9)
Der exakte Amplitudengang folgt aus (5.7) durch Variation von ω im Bereich 0 ... ∞. Zur Ermittlung der Asymptoten unterscheidet man wie in Abschnitt 5.1.4 zwei ω - Bereiche: a) Für kleine ω - Werte ist: 1 >> 1 ω Tn und man erhält aus Gl. (5.8) lg G ( jω ) ≈ lg K P − lg(ω Tn ).
(5.10)
Entsprechend (5.5) ist das die Gleichung einer Geraden mit der negativen Steigung 1:1. b) Für große ω - Werte ist: 1 << 1 und es wird ω Tn lg G ( jω ) = lg K P .
(5.11)
Also eine Gerade parallel zur Abszisse mit dem Ordinatenwert ⏐G⏐ = KP im logarithmischen Maßstab. Durch Gleichsetzen der Gln. (5.10) und (5.11) folgt der Schnittpunkt der beiden Asymptoten für ω E = 1/ Tn. Setzen wir in (5.7) ω E = 1/ Tn, so ergibt sich der genaue Wert des Amplitudenganges an dieser Stelle zu G ( jω ) = K P ⋅ 2 bzw. G ( jω ) dB = 20 ⋅ lg ( K P ⋅ 2 ) = 20 ⋅ lg K P + 3dB . Wie Bild 5.5 zeigt, beginnt der Phasengang mit ϕ = − 90° für ω = 0 und endet mit ϕ = 0° für ω = ∞. Für die Eckfrequenz ωE = 1/ Tn wird ϕ = − 45°.
150
5 Das Bode Diagramm. Frequenzkennlinienverfahren
40 G dB 30
102 G 10
20
3 dB KP 10 ω /s −1
KP 2
10 0
1
10−2
10−1
1
− 10 10−1
− 20
Bild 5.5
45°
ωE =
ϕ 0°
− 45°
10−2
10−1
1 Tn
1
Bode-Diagramm eines PI-Gliedes (KP = 2; Tn = 5 s)
10
ω /s −1
− 90°
5.1.6 Bode-Diagramm eines PD-Gliedes Der Frequenzgang eines PD-Gliedes lautet entsprechend Gl. (4.87) G ( jω ) =
xa ( jω ) = K P (1 + jω Tv ) . xe ( jω )
(5.12)
Damit folgt aus Gl. (5.12):
G (ω ) = K P 1 + (ω Tv ) 2 ,
(5.13)
1 lg G ( jω ) = lg K P + lg [ 1 + (ω Tv ) 2 ] . 2
(5.14)
Ferner ist
tan ϕ (ω ) =
Im(G ) = ω Tv , Re(G )
ϕ = arctan (ω Tv ) .
(5.15)
Während man den exakten Verlauf des Amplitudenganges aus Gl. (5.13) erhält, ergeben sich die Asymptoten aus Gl. (5.14) durch Betrachten der Grenzfälle ω → 0 und ω → ∞. a) Im Bereich kleiner ω - Werte ist:
ω Tv << 1
5.1 Bode-Diagramme einfacher Frequenzgänge
151
und damit folgt aus Gl. (5.14) lg G ( jω ) ≈ lg K P ,
(5.16)
da lg (1) = 0. Das heißt für kleine ω - Werte ist die Asymptote eine Parallele zur Abszisse mit dem Ordinatenwert ⏐G⏐ = KP im logarithmischen Maßstab. b) Im Bereich großer ω - Werte ist:
ω Tv >> 1 . Aus Gl. (5.14) folgt dann die Näherung lg G ( jω ) ≈ lg K P + lg(ω Tv ).
(5.17)
Gl. (5.17) ist eine Gerade mit der positiven Steigung 1:1. Die unter a) und b) gefundenen Asymptoten schneiden sich für ω E = 1/ Tv, was durch Gleichsetzen der Gln. (5.16) und (5.17) folgt. Der genaue Amplitudenwert des Amplitudenganges für die Eckfrequenz ω E = 1/ Tv ergibt sich aus Gl. (5.13) zu G ( jω ) = K P ⋅ 2 bzw. G ( jω ) dB = 20 ⋅ lg K P + 3dB . Setzen wir in (5.15) ω = 0; 1/Tv; ∞, so folgt ϕ = 0°; + 45°; + 90°, wie der Phasengang in Bild 5.6 zeigt. 102
40 G dB 30
G 10
20
3 dB
10 0
1
− 10
10−1
KP 2
KP 1
10
102 ω /s −1
10−1
− 20
ϕ
Bild 5.6
90°
Bode-Diagramm eines PD-Gliedes (KP = 2; Tv = 0,2 s)
45° 0°
− 45°
1 ωE = Tv 10−1
1
10
102 ω /s −1
152
5 Das Bode Diagramm. Frequenzkennlinienverfahren
5.1.7 Bode-Diagramm eines P-T2-Gliedes Entsprechend Gl. (3.78) ist der Frequenzgang eines P-T2-Gliedes G ( jω ) =
xa ( jω ) KP . = 2 xe ( jω ) − (ω T2 ) + jω T1 + 1
(5.18)
Daraus folgt: G ( jω ) =
KP [1 − (ω T2 ) 2 ] 2 + (ω T1 ) 2
,
1 lg G ( jω ) = lg K P − lg{[1 − (ω T2 ) 2 ] 2 + (ω T1 ) 2 } . 2
(5.19)
(5.20)
Ferner ist: tan ϕ =
Im(G ) − ω T1 = , Re(G ) 1 − (ω T2 ) 2
ϕ = − arctan
ω T1 . 1 − (ω T2 ) 2
Ist die Dämpfung D =
T1 2T2
eines solches Gliedes < 1, so ergeben sich wiederum zwei Asymptoten. a) Im Bereich kleiner ω - Werte ist:
ω T1 << 1 und (ω T2 ) 2 << 1 . Damit folgt aus Gl. (5.20) lg G ( jω ) ≈ lg K P ,
(5.21)
also eine Parallele zur Abszisse. b) Im Bereich großer ω - Werte ist (ω T2 ) 2 >> 1 und (ω T2 ) 2 >> ω T1 . Somit folgt aus Gl. (5.20) lg G ( jω ) ≈ lg K P − 2 ⋅ lg(ω T2 ). .
(5.22)
(5.22) ist die Gleichung einer Geraden mit der negativen Steigung 2:1. Den Schnittpunkt der unter a) und b) gefundenen Asymptoten findet man durch Gleichsetzen der Gln. (5.21) und (5.22) mit ω = ω E = 1/ T2.
5.2 Darstellung in Reihe geschalteter Glieder im Bode-Diagramm 102
40 G dB 30
D = 0,1 D = 0,3 D=1
G 10
20
−2 : 1
10
KP
0
1
10−−22
− 10
10−−11
KP 2D
102
1
ωE =
10−−11
− 20
ω /s −−11
1 T2
Bild 5.7
45°
ϕ 0°
10−2
10−1
153
102
1
ω /s −−11
Bode-Diagramm eines P-T2-Gliedes (KP = 7; T2 = 2 s)
D=1 D = 0,3 D = 0,1
− 45° − 90°
Bild 5.7 zeigt den Verlauf der Asymptoten und mit D als Parameter verschiedene Amplituden- und Phasengänge. Aus Gl. (5.19) erhält man für ω E = 1/ T2 G ( jω ) =
KP K ⋅T K = P 2 = P . ω E T1 T1 2D
Ist die Dämpfung D > 1, so lässt sich das P-T2-Glied in zwei P-T1-Glieder zerlegen. Die Darstellung von in Reihe geschalteten Gliedern in Bode-Diagramm soll im folgenden Abschnitt behandelt werden.
5.2 Darstellung in Reihe geschalteter Glieder im Bode-Diagramm Sehr häufig treten in einem Regelkreis Reihenschaltungen der im vorigen Abschnitt behandelten einfachen Übertragungsglieder auf. So kann z. B. ein PID-Glied als Reihenschaltung eines PI- und eines PD-Gliedes aufgefasst oder in ein I- und zwei PDGlieder zerlegt werden. Sind n Glieder mit den Frequenzgängen G1( jω), G2( jω), ... Gn( jω) in Reihe geschaltet, so ist der Gesamtfrequenzgang gleich dem Produkt der einzelnen Frequenzgänge G ( jω ) = G1 ( jω ) ⋅ G 2 ( jω ) ⋅ ... ⋅ G n ( jω ) .
(5.23)
Zur Darstellung des Gesamtfrequenzganges im Bode-Diagramm wird G( jω) in Betrag und Phase zerlegt. G ( jω ) = G ( jω ) e jϕ (ω ) . Auf Gl. (5.23) angewandt ergibt: G ( jω ) = G1 ( jω ) e jϕ1 (ω ) ⋅ G 2 ( jω ) e jϕ 2 (ω ) ... ⋅ G n ( jω ) e jϕ n (ω )
(5.24)
154
5 Das Bode Diagramm. Frequenzkennlinienverfahren G ( jω ) = G1 ( jω ) ⋅ G 2 ( jω ) ⋅ ... ⋅ G n ( jω ) ⋅ e j (ϕ1+ϕ 2 + ... +ϕ n ) .
(5.25)
Durch Vergleich der Gln. (5.25) und (5.24) folgt G ( jω ) = G1 ( jω ) ⋅ G 2 ( jω ) ⋅ ... ⋅ G n ( jω )
(5.26)
und
ϕ (ω ) = ϕ1 (ω ) + ϕ 2 (ω ) + ... + ϕ n (ω ) .
(5.27)
Infolge der logarithmischen Darstellung des Amplitudenganges ⏐G( jω)⏐ erhält man aus Gl. (5.26) durch Logarithmieren lg G ( jω ) = lg G1 ( jω ) + lg G 2 ( jω ) + ... + lg G n ( jω )
(5.28)
oder G ( jω ) dB = 20 lg G1 ( jω ) + 20 lg G 2 ( jω ) + ... + 20 lg G n ( jω )
G ( jω ) dB =
n
¦
i= 1
(5.29)
Gi ( jω ) dB .
Das heißt, der Amplitudengang des Gesamtfrequenzganges ⏐G( jω)⏐dB ergibt sich durch einfache Addition der einzelnen Ordinaten der Amplitudengänge ⏐G1( jω)⏐dB, ⏐G2( jω)⏐dB, ... , ⏐Gn( jω)⏐dB. Das Gleiche gilt auch für die Asymptoten. Den Phasengang ϕ(ω) erhält man, entsprechend Gl. (5.27), ebenfalls durch Addition der einzelnen Phasengänge ϕ1(ω), ϕ2(ω), ... , ϕn(ω). •
Beispiel 5.1
Zwei P-T1-Glieder und ein PD-Glied sind in Reihe geschaltet, mit den Übertragungsfunktionen
G1 ( s ) =
K P1 1 + sT1
KP1 = 2
T1 = 5 s
G2 (s) =
K P2 1 + sT2
KP2 = 4
T2 = 1 s
KP3 = 8
Tv = 0,25 s.
G3 ( s) = K P3 (1 + sTv )
Der Amplituden- und Phasengang der Einzelfrequenzgänge sowie das Bode-Diagramm der Gesamtanordnung ist zu konstruieren. Zunächst werden die Asymptoten der einzelnen Amplitudengänge gezeichnet, gemäß den Abschnitten 5.1.4 und 5.1.6, mit den Eckfrequenzen:
5.2 Darstellung in Reihe geschalteter Glieder im Bode-Diagramm
ω E1 =
1 = 0,2 s −1 T1
ω E2 =
1 = 1 s −1 T2
ω E3 =
155
1 = 4 s −1 . Tv
Am zweckmäßigsten verwendet man einen logarithmischen Maßstab mit 50 mm/Dekade oder logarithmisch geteiltes Papier mit 62,5 mm/Dekade. Der resultierende Asymptotenverlauf von ⏐G( jω)⏐dB ergibt sich durch Addition der Asymptoten von ⏐G1( jω)⏐dB, ⏐G2( jω)⏐dB und ⏐G3( jω)⏐dB. 102
40 G dB
G
5
G3
30
− (1:1)
2
G 20
10 − (2:1)
5
10 G2
2
100
0
ωE1
G1
10−2
5
10−1
ωE2
ωE3 100
2
2
10
2
5
5
ω
− 10
/s −1
− (1:1)
2 10−1
− 20
ϕ
90°
ϕ3
60° 30° 0° 10−2 2
10−1
100
2
5
− 30° − 60°
10
2
5
ω /s −−11
ϕ1
ϕ2
− 90°
ϕ
Bild 5.8
Bode-Diagramm dreier in Reihe geschalteter Glieder G1(s), G2(s) und G3(s)
156
5 Das Bode Diagramm. Frequenzkennlinienverfahren
Von ω = 0 bis ω = ω E1 ist der Verlauf der resultierenden Asymptote eine Parallele zur Abszisse. Im Bereich ω E1 < ω < ω E2 laufen die Asymptoten von ⏐G2( jω)⏐ und ⏐G3( jω)⏐ parallel zur Abszisse, während die Asymptote von⏐G1( jω)⏐ die Steigung − (1: 1) hat. Die resultierende Asymptote hat in diesem Bereich ebenfalls eine Steigung − (1: 1). Von ω = ω E2 bis ω =
ω E3 haben die Asymptoten von ⏐G1( jω)⏐ und ⏐G2( jω)⏐ je eine Steigung von − (1: 1), was zu einer resultierenden Asymptote von − (2: 1) führt. Für ω > ω E3 kommt die Asymptote von ⏐G3( jω)⏐ mit der Steigung + (1: 1) hinzu und kompensiert die Steigung einer der beiden Asymptoten ⏐G1( jω)⏐ oder ⏐G2( jω)⏐, so dass die resultierende Asymptote für ω > ω E3 die Steigung − (1: 1) hat. Betrachtet man die Amplitudengänge ⏐G1( jω)⏐, ⏐G2( jω)⏐ und ⏐G3( jω)⏐ in Bild 5.8, so sieht man, dass sie untereinander kongruent sind. Das heißt, man kann mittels einer Schablone den wahren Verlauf von ⏐G1( jω)⏐, ⏐G2( jω)⏐ und ⏐G3( jω)⏐ zeichnen, indem man diese je nach der Eckfrequenz in der Zeichenebene entsprechend verschiebt, bzw. zum Zeichnen von ⏐G3( jω)⏐, gegenüber ⏐G1( jω)⏐ bzw. ⏐G2( jω)⏐, parallel zur ω - Achse umklappt. Das Gleiche gilt für den Phasengang. Zum Zeichnen von ϕ3(ω) wird die Schablone an der ω - Achse gespiegelt.
5.2.1 Konstruktion des Amplitudenganges mittels Amplitudenlineal Eine andere Möglichkeit zur Gewinnung des exakten Amplituden- und Phasenganges besteht darin, anstelle der Schablone ein Lineal zu benutzen. Das Amplituden- sowie das Phasenlineal sind für einen logarithmischen Maßstab von 50 mm/Dekade entwickelt. Der Vorteil besteht darin, dass außer dem gesuchten Amplitudengang lediglich die Asymptoten der einzelnen Frequenzgänge und die des Gesamtfrequenzganges gezeichnet werden müssen. Das Diagramm gewinnt dadurch an Übersichtlichkeit. Der Gedanke, der dem Amplitudenlineal zugrunde liegt, soll an Bild 5.9 erläutert werden. In Bild 5.9 sind für ein Verzögerungsglied 1.Ordnung mit der Übertragungsfunktion G1 ( s ) =
1 1 + sT1
und für ein PD-Glied mit der Übertragungsfunktion G 2 ( s ) = 1 + sT1 die Asymptoten und Amplitudengänge ⏐G1( jω)⏐ und ⏐G2( jω)⏐aufgezeichnet. Trägt man von der Eckfrequenz ω E1 = 1/ T1 gleich lange Abstände a nach links und nach rechts ab, so sind die Abweichungen ΔG in dB zwischen Asymptote und Amplitudengang gleich. Für das P-T1-Glied muss an dieser Stelle ΔG von der Asymptote abgezogen werden, um den Wert des Amplitudenganges zu erhalten, für das PD-Glied ist er positiv zu nehmen. Auf dem Amplitudenlineal sind die ΔG-Werte aufgetragen. Für ω = ω E1 beträgt ΔG =3 dB, ein Maximum.
5.2 Darstellung in Reihe geschalteter Glieder im Bode-Diagramm
157
20 ⏐G ⏐dB
⏐G2⏐
15 10
ΔG
5
ΔG
0
Bild 5.9
10−1
1
10
ΔG
−5
1 und 1 + sT1 G 2 ( s ) = 1 + sT1 G1 ( s ) =
ΔG
− 10 a
a
−15 −20
Amplitudengang für
ω /s −1
ωE =
Amplitudenlineal
0,1
1
2 3 2
1 ⏐G1⏐ T1 1
ΔG dB 0,1
0,01
Für das Beispiel 5.1 würde die Handhabung folgendermaßen aussehen. Aus dem Verlauf der Asymptoten von ⏐G( jω)⏐ ergibt sich ein interessierender Bereich von ω = 0,05 ... 50 s-1, den man in etwa gleiche Abschnitte ω = 0,05; 0,1; 0,2; 0,5; 1; 2; -1 5; 10; 20; 50 s zerlegt und fertigt nachstehende Tabelle an.
ω s -1 ΔG1 dB ΔG 2 dB ΔG 3 dB ΔG dB
0,05
0,1
0,2
0,5
1
2
5
10
20
50
−0,26
−0,97
−3,0
−0,65
−0,17
−0,04
−
−
−
−
−
−0,04
−0,17
−0,97
−3,0
−0,97
−0,17
−0,04
−
−
−
−
+0,01
+0,07
+0,26
+0,97
+2,15
+0,65
+0,17
+0,03
−0,26
−1,01
−3,16
−1,55
−2,93
−0,04
+1,98
+0,61
+0,17
+0,03
Zur Ermittlung der ΔG -Werte legt man das Amplitudenlineal mit der Marke ω = ω E an die Eckfrequenz ω E1 des 1.Gliedes, liest bei den obigen Kreisfrequenzen die ΔG1 - Werte ab und trägt sie in die Tabelle ein. Da es sich um ein P-T1-Glied handelt, sind die ΔG1-Werte mit negativem Vorzeichen zu versehen. Das Gleiche wird für ⏐G2( jω)⏐und ⏐G3( jω)⏐ wiederholt. Man erhält für die ΔG2 -Werte negatives und für die ΔG3-Werte positives Vorzeichen, da es sich um ein PD-Glied handelt. Die resultierende Abweichung ΔG zwischen dem Asymptotenverlauf und Amplitudengang von ⏐G( jω)⏐erhält man aus
158
5 Das Bode Diagramm. Frequenzkennlinienverfahren
ΔG = ΔG1 + ΔG2 + ΔG3 und wird an der jeweiligen Kreisfrequenz ω von dem resultierenden Asymptotenverlauf von ⏐G( jω)⏐subtrahiert bzw. addiert.
5.2.2 Konstruktion des Phasenganges mittels Phasenlineal Das Phasenlineal ergibt sich in ähnlicher Weise wie das Amplitudenlineal in Abschnitt 5.2.1. Bild 5.10 zeigt den Phasengang für ein P-T1-Glied mit der Übertragungsfunktion G1 ( s ) =
1 1 + sT1
und für ein PD-Glied mit der Übertragungsfunktion G 2 ( s ) = 1 + sT1 , deren Amplitudengänge in Bild 5.9. dargestellt sind. ϕ
90°
75°
ϕ2
60° 45° 30° 15°
ωE =
0°
−15°
10−1
1 T1
10
1
ω /s −1
− 30°
Phasengang
−45°
−90°
1 1 + sT1 und G 2 ( s ) = 1 + sT1 für G1 ( s ) =
ϕ1
−60° −75°
Bild 5.10
ωE =
Phasenlineal
10°
20° 30° 40° 50° 60° 70°
Für G1(jω) erhält man tan ϕ1 = −ω T1
ϕ1 = − arctan (ω T1 ) und für G2( jω) tan ϕ2 = +ω T1
1 T1
80°
5.2 Darstellung in Reihe geschalteter Glieder im Bode-Diagramm
159
ϕ 2 = arctan (ω T1 ) . Das heißt, für gleiches ω unterscheiden sich ϕ1(ω) und ϕ2(ω) nur durch das Vorzeichen. Auf dem Phasenlineal sind, ausgehend von ϕ1 = 45° für ω = ω E nach links und rechts die Stellen markiert, an denen der Phasenwinkel den angegebenen Wert hat und ist für einen logarithmischen Maßstab von 50 mm/Dekade konstruiert. Die Benutzung des Phasenlineals soll am Beispiel 5.1 erläutert werden. Das Phasenlineal wird mit der Marke ω E = 1/ T1 bzw. ϕ(ω E) = 45° an die Eckfrequenz ωE1 des 1.Gliedes gelegt, die ϕ1(ω) - Werte zu den in der Tabelle vorgegebenen ω - Werten ermittelt und mit negativem Vorzeichen in die nachstehende Tabelle eingetragen. Das Gleiche wird für ϕ2(ω) und ϕ3(ω) wiederholt, wobei ϕ2(ω) ebenfalls negativ und ϕ3(ω) positiv ist. Der Phasenwinkel des Gesamtfrequenzganges ergibt sich zu
ϕ(ω) = ϕ1(ω) + ϕ2(ω) + ϕ3(ω) und wird an der jeweiligen Kreisfrequenz ω aufgetragen. ω /s
−1
0,05
0,1
0,2
0,5
1
2
5
10
20
50
ϕ1 / °
−14
−27
−45
−68
−79
−84
−88
−89
−90
−90
ϕ2 / °
−3
−6
−11
−27
−45
−63
−79
−84
−87
−89
ϕ3 / ° ϕ /°
+1
+1
+3
+7
+14
+27
+51
+68
+79
+85
−16
−32
−53
−88
−110
−120
−116
−105
−98
−94
• Beispiel 5.2 Gegeben sind zwei in Reihe geschaltete Glieder mit den Übertragungsfunktionen
x ( s) K P1 G1 ( s ) = a1 = mit K P1 = 8 x e1 ( s ) 1 + sT1 + s 2T22
T1 = 7 s
x (s) K P2 G 2 ( s ) = a2 = xe2 ( s ) 1 + sT3
T3 = 0,5 s
mit K P2 = 4
T22 = 10 s 2
Gesucht sind: a) Der Amplituden- und der Phasengang. b) Für welche Kreisfrequenz ist ⏐G( jω )⏐ = 1 ? c) Für welche Kreisfrequenz ist ϕ (ω) = −180°? Zu a) Zunächst muss G1( jω) (P-T2-Glied) untersucht werden, ob eine weitere Zerlegung in zwei P-T1-Strecken möglich ist. Die Dämpfung ist gleich:
D=
α T1 7s = = = 1,105 > 1 . β 2T2 2 10 s 2
Folglich ist folgende Zerlegung möglich
160
5 Das Bode Diagramm. Frequenzkennlinienverfahren G1 ( s ) = G1 ( s ) =
K P1 1 + sT1 +
s 2T22
=
K P1 1 ⋅ 1 + sTa 1 + sTb
K P1 1 + s (Ta + Tb ) + s 2Ta Tb
Durch Koeffizientenvergleich findet man
T1 = Ta + Tb
(5.30)
T22 = Ta Tb .
(5.31)
Löst man die Gl. (5.30) und (5.31) nach Ta und Tb auf, so erhält man
Ta = 2 s und Tb = 5 s . Es handelt sich hier um drei in Reihe geschaltete P-T1-Glieder mit den Eckfrequenzen
ω E1 =
1 = 0,2 s -1 Tb
ω E2 =
1 = 0,5 s -1 Ta
ω E3 =
1 = 2 s -1 . T3
Wir zeichnen zunächst die Einzel- und Gesamtasymptoten, wie in Bild 5.11 gezeigt. Zur Er−2 −1 mittlung des Amplituden- und Phasenganges wird ω von 2⋅10 bis 20 s , wie in der nachstehenden Tabelle angegeben, unterteilt.
ω
0,02
0,05
0,1
0,2
0,5
1
2
5
10
20
−0,04
−0,26
−1,0
−3,0
−0,6
−0,2
−0,04
−
−
−
−0,01
−0,04
−0,17
−0,64
−3,0
−1,0
−0,26
−0,04
−
−
−
−
−0,01
−0,04
−0,26
−1,0
−3,0
−0,64
−0,17
−0,04
−0,05
−0,30
−1,18
−3,68
−3,86
−2,2
−3,3
−0,68
−0,17
−0,04
−6
−14
−27
−45
−68
−79
−84
−88
−89
−90
ϕ2 / °
−2
−6
−11
−22
−45
−63
−76
−84
−87
−89
ϕ3 / ° ϕ /°
−
−1
−3
−6
−14
−27
−45
−68
−79
−84
−8
−21
−41
−73
−127
−169
−205
−240
−255
−263
s -1 ΔG1 dB ΔG 2 dB ΔG 3 dB ΔG dB ϕ1 / °
Voraussetzung für die Anwendung des Amplituden- und Phasenlineals ist, dass ein logarithmischer Maßstab von 50 mm/Dekade verwandt wird. Die einzelnen ΔG - Werte findet man durch Anlegen des Amplitudenlineals mit der Marke ω E an die entsprechende Eckfrequenz ω E1, 2, 3, wie in Abschnitt 5.2.1 beschrieben. Analoges gilt für die Konstruktion des Phasenganges ϕ (ω).
5.2 Darstellung in Reihe geschalteter Glieder im Bode-Diagramm
161
102
40
⏐G ⏐ 5
⏐G ⏐dB
− (1:1) 2
⏐Ga⏐
10
30
⏐G⏐
20
ωE2
5
− (2:1)
ωE3 10
2 100
0
ωE1
⏐G2⏐
− (3:1)
5
− 10
⏐Gb⏐
2 10 −1 5 10−2
− 20
ω /s −1 2
5
10−1
2
10−0
5
2
101
5
2
5
0° −30°
ϕ
−60° −90° −120° −150° −180° −210° −240° −270°
Bild 5.11 Bode-Diagramm für G1 ( s ) =
K P1
K P2 1 + sT1 + s 2T22 1 + sT3 ⋅
• Beispiel 5.3 Gegeben ist eine PID-Regeleinrichtung mit der Übertragungsfunktion
§ · 1 + sTv ¸¸ G R ( s ) = K PR ¨¨1 + sTn © ¹ K PR = 20 ; Tn = 10 s ; Tv = 2 s .
(5.32)
162
5 Das Bode Diagramm. Frequenzkennlinienverfahren
Es soll das Bode-Diagramm mittels Amplituden- und Phasenlineal ermittelt werden. Wie bereits in Abschnitt 5.2 erwähnt, kann ein PID-Glied in ein I- und zwei PD-Glieder zerlegt werden. Hierzu bringen wir Gl. (5.32) zunächst auf einen gemeinsamen Nenner und zerlegen anschließend den Zähler in zwei Linearfaktoren (s.a. Abschnitt 4.3.6).
G R ( s ) = K P1
1 + sTn + s 2Tn Tv , sTn
(5.33)
G R ( s ) = K P1
(1 + sTn′ )(1 + sTv′ ) . sTn
(5.34)
Durch Koeffizientenvergleich der beiden Zähler von (5.33) und (5.34) erhalten wir:
Tn = Tn′ + Tv′ ,
(5.35)
Tn Tv = Tn′ ⋅ Tv′ .
(5.36)
Lösen wir (5.35) und (5.36) nach Tn′ und Tv′ , so finden wir
Tn′ = (5 + 5 ) s = 7,24 s Tv′ = (5 − 5 ) s = 2,76 s . In der in Gl. (5.34) gefundenen Form lässt sich das Bode-Diagramm in einfacher Weise konstruieren. Wir zeichnen zunächst die Asymptoten der einzelnen Glieder. Das I-Glied schneidet −1
die ω - Achse für ω I = 1/Tn = 0,1 s . Die beiden PD-Glieder haben die Eckfrequenzen −1 −1 ω E1 = 1/T’n = 0,138 s und ω E2 = 1/T’v = 0,362 s . KPR kann entweder zu einem der drei Glieder hinzugeschlagen oder durch eine Parallele zur ω - Achse mit 20⋅lg (KPR) = 26 dB berücksichtigt werden. Wie der resultierende Asymptotenverlauf in Bild 5.12 zeigt, liegt der interessierende ω-Bereich −2 −1 −1 zwischen 10 s und 5 s . Dieser ist, wie in der nachstehenden Tabelle angegeben, unterteilt. −1
ω /s ΔG1 dB ΔG2 dB
0,01
0,02
0,05
0,1
0,2
0,5
1
2
5
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0,02
0,09
0,53
1,83
1,70
0,32
0,08
0,02
−
−
0,01
0,08
0,32
1,16
1,83
0,53
0,14
0,02
0,02
0,10
0,61
2,15
2,86
2,15
0,61
0,16
0,02
ϕ1 / °
−90
−90
−90
−90
−90
−90
−90
−90
−90
ϕ2 / °
+4
+8
+20
+36
+55
+75
+82
+86
+88
ϕ3 / ° ϕ /°
+2
+3
+8
+16
+29
+54
+70
+80
+86
−84
−79
−62
−38
−6
+39
+62
+76
+84
ΔG 3 dB ΔG dB
5.3 Numerische Berechnung des Bode-Diagramms
163
5
⏐G ⏐
50
Wie Bild 5.12 zeigt, ⏐G ⏐dB wird für
2 102
40
5
ω0 =
30
20
100
ϕ
= 0,223 s -1 ,
und
5 2
Tn T v
ϕ (ω 0 ) = 0°
2 101
1
ωE1
1 Tn
10−2 2 90°
5
10−1 2
ωE2
5 10−0 2
G R ( jω 0 ) = K PR .
10
1 Tv
0 5 101
ω /s −1
60° 30°
Bild 5.12 Bode-Diagramm eines PID-Gliedes mit
0°
KPR = 20;
−30°
Tn = 10 s;
−60°
Tv = 2 s.
−90°
5.3 Numerische Berechnung des Bode-Diagramms Das in den Abschnitten 5.2.1 bis 5.2.2 behandelte graphische Verfahren zur Ermittlung des Amplituden- und Phasenganges mittels Amplituden- und Phasenlineal, verliert mit dem Fortschreiten der Computerentwicklung an Bedeutung. So können die in diesem Kapitel gebrachten Beispiele 5.1, 5.2, 5.3 ohne Schwierigkeiten mit einem programmierbaren Taschenrechner gelöst werden. Die Übertragungsfunktion bzw. der Frequenzgang muss hierzu nicht in Linearfaktoren zerlegt vorliegen, sondern es genügt die Polynomform von Zähler und Nenner. Dies ist besonders wichtig bei Regelkreisen, die innere Schleife aufweisen. Zur numerischen Berechnung des Amplituden- und Phasenganges ist die Übertragungsfunktion in die folgende standardisierte Form zu bringen G0 ( s ) =
Z ( s ) − sTt ⋅e N ( s)
(5.37)
mit den Polynomen Z ( s ) = bm s m + bm −1s m-1... + b1s + b0 ,
(5.38)
164
5 Das Bode Diagramm. Frequenzkennlinienverfahren N ( s) = an s n + an −1s n −1... + a1s + a0 .
(5.39)
Substituieren wir in Gl. (5.37) s durch jω , so folgt der Frequenzgang G0 ( jω ) =
Z ( j ω ) − j ω Tt ⋅e . N ( jω )
(5.40)
Das Zähler- und das Nennerpolynom werden in Real- und Imaginärteil zerlegt Z ( jω ) = Re ( Z ) + j ⋅ Im ( Z ) ,
N ( jω ) = Re ( N ) + j ⋅ Im ( N ) .
Infolge e − jωTt = 1 errechnen sich der Betrag und die Phase von G0( jω) zu
Re 2 ( Z ) + Im 2 ( Z )
G 0 ( jω ) =
(5.41)
Re 2 ( N ) + Im 2 ( N )
ϕ0 ( jω ) = arctan
Im ( Z ) Im ( N ) − arctan − ω Tt Re ( Z ) Re ( N )
(5.42)
Der wirksame Einsatz des in Kapitel 12 beschriebenen Simulationsprogramm MATLAB soll im folgenden Beispiel eines drehzahlgeregelten Gleichstrommotors mit unterlagerter Stromregelung demonstriert werden. • Beispiel 5.4 Zur Ermittlung der Übertragungsfunktion des aufgeschnittenen Drehzahlregelkreises wird der Wirkungsplan 5.13 so umgezeichnet, dass sich getrennte Schleifen ergeben. Gegenüber Bild 5.13 ist in Bild 5.14 die Verzweigung der Stromrückführung nach rechts an den Ausgang verlegt. Die zusätzliche Integration wird durch das Differenzierglied GD(s) wieder rückgängig gemacht. Aus Bild 5.14 folgt für den aufgeschnittenen Drehzahlregelkreis
G0 ( s ) =
G1 ( s ) G 2 ( s) G t ( s ) G M ( s ) x( s ) = e( s ) 1 + G 2 ( s ) G t ( s ) G M ( s ) G D ( s )
mit G M ( s ) =
KA . sTM (1 + sT A ) + K1 K A
(5.43)
(5.44)
Durch Einsetzen der entsprechenden Übertragungsfunktionen in Gl. (5.43) erhalten wir:
1 + sTn1 1 + sTn2 ⋅ K P2 sTn2 sTn1 Kt 1 + sTn2 ⋅ 1 + K P2 sTn2 1 + sTt
K P1 G0 ( s ) =
G0 ( s ) =
Kt KA ⋅ 1 + sTt K1 K A + sTM (1 + sT A ) KA ⋅ ⋅ sTM K1 K A + sTM (1 + sT A )
⋅
K P1 K P2 K t K A (1 + sTn1 )(1 + sTn2 ) . sTn1{sTn2 (1 + sTt ) [ K1 K A + sTM (1 + sT A )] + K P2 K t K A sTM (1 + sTn 2 )} (5.45)
5.3 Numerische Berechnung des Bode-Diagramms
165 K1
w +
KP1, Tn1
KP2, Tn2
e
Kt, Tt
−
KA, TA
iA
TM
x
+
+ − Drehzahl- − Stromregler regler
KP1 = 50 KP2 = 1 Kt = 18 KA = 0,3 K1 = 10 Tn1 = 0,7 s Tn2 = 0,01 s Tt = 0,005 s TA = 0,012 s TM = 0,44 s
Bild 5.13 Wirkungsplan eines drehzahlgeregelten Gleichstrommotors mit unterlagerter Stromregelung
GM
K1
w +
KP1, Tn1
KP2, Tn2
e −
G1
+ −
G2
Kt, Tt Gt
−
KA, TA
iA
TM
x
+ TM GD
Bild 5.14 Wirkungsplan mit der an den Ausgang gelegten Verzweigungsstelle der Stromrückführung
Mit den Abkürzungen:
b0 = K P1 K P2 K t K A = 270 b1 = b0 ⋅ (Tn1 + Tn2 ) = 191,7 s b2 = b0 ⋅ Tn1Tn2 = 1,89 s 2 a 0 = a1 = 0 a 2 = Tn1 K A (Tn2 K1 + TM K P2 K t ) = 1,6842 s 2 a 3 = Tn1Tn2 [TM (1 + K P2 K t K A ) + Tt K1 K A ] = 1,9817 ⋅ 10 −2 s 3 a 4 = Tn1Tn2TM (Tt + TA ) = 5,236 ⋅ 10 −5 s 4 a 5 = Tn1Tn2TM TA Tt = 1,8484 ⋅ 10 −7 s 5
166
5 Das Bode Diagramm. Frequenzkennlinienverfahren
wird Gl. (5.45) in die zur numerischen Berechnung erforderliche Form gebracht und wir erhalten
G0 ( s)
x( s ) e( s )
b2 s 2 b1 s b0 . a 5 s 5 a 4 s 4 a 3 s 3 a 2 s 2 a1 s a 0
(5.46)
Die Modellbildung mittels MATLAB erfolgt mit der Übertragungsfunktion „tf“ (Transfer Function): G = tf ( [Zählerkoeffizienten], [Nennerkoeffizienten]);
wobei sowohl die Zähler- als auch die Nennerkoeffizienten, beginnend mit dem der höchsten Potenz, durch ein Leerzeichen getrennt, aufgelistet werden. Somit folgt für das vorliegende Beispiel: G = tf ([1.89 191.7 270], [1.848E7 5.236E5 1.9817E2 1.6842 0 0]) plot(222); grid on; bode (G,{0.1, 1000})
Der letzte Befehl enthält in der geschweiften Klammer den Frequenzbereich bode(G, { Zmin, Zmax } )
Bild 5.15 zeigt den Amplituden- und Phasenverlauf.
Bild 5.15 Bode-Diagramm des offenen Drehzahlregelkreises nach Bild 5.13
167
6 Stabilitätskriterien In Kapitel 4 wurden verschiedene Regeleinrichtungen mit einfachen Regelstrecken zu Regelkreisen zusammengeschaltet und deren Führungs- und Störverhalten untersucht. Die dort behandelten Systeme waren so ausgesucht, dass der geschlossene Kreis höchstens von 2. Ordnung war. Mit Hilfe der Führungs- bzw. Störübertragungsfunktion und der Dämpfung D wurde gezeigt, dass für D > 0 stets Stabilität vorliegt, d. h., dass die Regelgröße nur Schwingungen mit abklingender Amplitude ausführen kann und nach beendetem Einschwingvorgang einen Beharrungszustand erreicht. Bei Strecken höherer Ordnung liegen die Dinge nicht mehr so einfach. So kann es bei falsch eingestellten Kenngrößen der Regeleinrichtung zur Instabilität kommen. Wird ein solch instabiler Regelkreis durch eine auftretende Störung angestoßen, so führt die Regelgröße Schwingungen aus, die sich zu immer größeren Amplituden aufschaukeln. Diese Erscheinung ist höchst unerwünscht und kann u. U. zur Zerstörung der Anlage führen. Neben dieser als oszillatorische Instabilität bezeichneten kennt man noch die monotone Instabilität. Unter Letzterer versteht man das gleichförmige Anwachsen bzw. Abnehmen der Regelgröße nach Auftreten einer Störung, bis es z. B. durch Anschläge zur Ruhe kommt. Die Stabilität eines Regelkreises wird bestimmt: • •
durch die Eigenschaften der Regelstrecke, durch die Kenngrößen der Regeleinrichtung.
Bei einem strukturstabilen Regelkreis ist es immer möglich, durch geeignete Einstellung der Kenngrößen der Regeleinrichtung einen stabilen Regelverlauf zu erreichen, im Gegensatz zu strukturinstabilen Systemen. In Abschnitt 4.3.2.2 wurde bereits gezeigt, dass eine integrale Regelstrecke, die mit einer integralen Regeleinrichtung einen Regelkreis bildet, grundsätzlich instabil (strukturinstabil) ist. Im Folgenden werden ausschließlich strukturstabile Regelkreise behandelt. Zweck der Stabilitätsbetrachtung ist es, bei gegebener Regelstrecke die am besten geeignete Regeleinrichtung festzulegen und bei auftretender Instabilität zu erkennen, welche Kenngrößen geändert werden müssen, um stabile Verhältnisse zu schaffen. So kann die Erhöhung der Verstärkung der Regeleinrichtung bei einer P-Strecke 1. Ordnung zur Erzielung einer möglichst geringen Regeldifferenz durchaus sinnvoll sein. Bei einer P-Strecke 3. Ordnung wird, wie die Stabilitätskriterien zeigen, mit zunehmender Verstärkung die Neigung zur Instabilität größer. Es sind eine Reihe von Stabilitätskriterien bekannt, von denen einige wichtige behandelt werden sollen. Mathematisch gesehen, sind diese Kriterien alle äquivalent, denn alle betrachten die homogene Differentialgleichung bzw., den Kreisfrequenzgang des Regelkreises rechnerisch oder graphisch und lassen sich ineinander überführen. In der Praxis jedoch haben die einzelnen Stabilitätskriterien ihre speziellen Vor- und Nachteile, so dass die Wahl des anzuwendenden Kriteriums von der Problemstellung abhängt.
168
6 Stabilitätskriterien
6.1 Stabilitätskriterium nach Hurwitz In Abschnitt 4.2 wurde anhand des Wirkungsplanes 4.9 für den geschlossenen Regelkreis mit Gl. (4.13) die folgende Beziehung abgeleitet x( s )[1 + G R ( s )GS ( s )] = G R ( s )GS ( s ) ⋅ w( s ) + GS ( s ) ⋅ z ( s )
oder ª 1 º x( s ) « + G R ( s )» = G R ( s) ⋅ w( s ) + z ( s ) . ¬ GS ( s ) ¼
(6.1)
GR(s) und GS(s) sind die Übertragungsfunktionen von Regeleinrichtung und Regelstrecke. Für eine Strecke m-ter Ordnung lautet die Übertragungsfunktion GS ( s ) =
K PS x( s ) . = m m y ( s ) s Tm + ... + s 2T 2 + sT1 + 1 2
(6.2)
Nehmen wir zur Regelung eine PID-Regeleinrichtung, so ist § · s 2Tn Tv + sTn + 1 y ( s) 1 . GR (s) = R = K PR ¨¨1 + + sTv ¸¸ = K PR sTn e( s ) © sTn ¹
(6.3)
Mit (6.2) und (6.3) in (6.1) folgt ª s m Tmm + ... + s 2 T 2 + sT1 + 1 s 2 Tn Tv + sTn + 1 º 2 » + K PR x( s ) « K PS sTn « » ¬ ¼ = K PR
s 2 Tn Tv + sTn + 1 w( s ) + z ( s ) . sTn
(6.4)
Multiplizieren wir (6.4) mit s⋅Tn⋅KPS und ordnen nach Potenzen von s, so erhalten wir [ s m +1 Tn Tmm + ... + s 3 Tn T22 + s 2 Tn (T1 + Tv K PR K PS ) + s Tn (1 + K PR K PS ) am +1
a2
a3
a1
(6.5)
+ K PR K PS ]x ( s ) = [ s 2 Tn Tv K PR K PS + s Tn K PR K PS + K PR K PS ]w( s ) + sTn K PS z ( s ). a0
b2
b1
b0
c1
Mittels Differentiationssatz und den obigen Abkürzungen finden wir im Zeitbereich die Differentialgleichung des geschlossenen Kreises (mit n = m + 1): a n x ( n) (t ) + ... + a3 xa (t ) + a 2 xa (t ) + a1 x a (t ) + a 0 x a (t ) (t ) + b1 w (t ) + b0 w(t ) + c1 z(t ). = b2 w
(6.6)
In den Abschnitten 3.3 und 3.5 wurde gezeigt, dass bei einer Strecke 2. Ordnung das dynamische Verhalten (gedämpfte oder aperiodische Schwingungen) durch den Auf-
6.1 Stabilitätskriterium nach Hurwitz
169
bau der homogenen Differentialgleichung bzw. durch die Polverteilung der Übertragungsfunktion bestimmt ist. Ebenso wird die Frage der Stabilität bzw. der Instabilität eines Regelkreises von der Struktur der homogenen Differentialgleichung beschrieben und ist unabhängig von der Art der Eingangsgrößen w(t) und z(t). Es genügt die Untersuchung der homogenen Differentialgleichung oder der charakteristischen Gleichung. Erstere folgt aus Gl. (6.6) zu an x ( n ) (t ) + ... + a2 xa (t ) + a1 xa (t ) + a0 xa (t ) = 0 .
(6.7)
Die charakteristische Gleichung ist identisch mit dem gleich Null gesetzten Nennerpolynom von Gw(s) bzw. Gz(s) und folgt mit w(s) = 0 und z(s) = 0 aus Gl. (6.5) oder aus Gl. (6.7) durch Laplace-Transformation an s n + an -1s n −1... + a3 s 3 + a2 s 2 + a1 s + a0 = 0 .
(6.8)
Nach dem Fundamentalsatz der Algebra hat die Gl. (6.8) n Lösungen, wobei die Wurzeln (reell, imaginär oder komplex) in der s-Ebene dargestellt werden können. Ferner wissen wir, dass komplexe Wurzeln immer konjugiert auftreten. Ist der Realteil einer Wurzel positiv, so liegt diese in der rechten s-Halbebene und das System ist instabil. Ein Regelkreis mit einer charakteristischen Gleichung 2. Grades, für die an,..., a3 = 0 gilt, ist immer stabil. Dies gilt nur unter der Voraussetzung, dass die Koeffizienten a2, a1, a0 alle vorhanden sind und gleiches Vorzeichen besitzen. So führt z. B. die Zusammensetzung zweier I-Glieder zu einem Regelkreis (Abschnitt 4.3.2.2) zu einer Differentialgleichung 2. Ordnung, in der der Koeffizient a1 fehlt. Es soll nun für einen Regelkreis, bestehend aus einer Strecke 2. Ordnung und einer PID-Regeleinrichtung, die charakteristische Gleichung näher untersucht werden. Aus Gl. (6.5) folgt für Tm,..., T3 = 0 a 3 s 3 + a 2 s 2 + a1 s + a 0 = 0 .
(6.9)
Zur Lösung verwenden wir den Ansatz s = α ± jω .
(6.10)
Ein solches Polpaar ergibt eine Schwingung, die gedämpft, aufklingend oder von konstanter Amplitude sein kann. •
Für α < 0 wird für t→∞
xˆ (∞ ) = 0
(abklingende Schwingung),
•
Für α > 0 wird für t→∞
xˆ (∞) = ∞
(aufklingende Schwingung),
•
Für α = 0 ergibt sich eine Dauerschwingung xˆ = konstant.
Setzen wir Gl. (6.10) in (6.9) ein, so folgt:
a 3 (α 3 ± jω3α 2 − 3αω 2 # jω3 ) + a 2 (α 2 ± jω2α − ω 2 ) + a1 (α ± jω) + a 0 = 0. (6.11) Zur Erfüllung dieser Gleichung muss sowohl der Real- als auch der Imaginärteil Null sein.
170
6 Stabilitätskriterien
Re :
a3 (α 3 − 3αω 2 ) + a2 (α 2 − ω 2 ) + a1α + a0 = 0 a3α 3 + a2α 2 + a1α + a0 = ω 2 (3a3α + a2 ) .
(6.12)
Im : # a3ω ± ω (3a3α + 2a2α + a1 ) = 0 3
ω2 =
2
3a3α 2 + 2a2α + a1 . a3
(6.13)
Mit (6.13) in (6.12) folgt: a32α 3 + a2 a3α 2 + a1a3α + a0a3 = (3a3α 2 + 2a2α + a1 )(3a3α + a2 ) bzw. a1a2 − a0 a3 = −8a32α 3 − 8a2 a3α 2 − 2a22α − 2a1a3α a1a2 − a0 a3 = −2α [4a32α 2 + 4a2 a3α + a22 + a1a3 ]
(6.14)
a1a2 − a0 a3 = −2α [(2a3α + a2 ) 2 + a1a3 ] . Unter der Voraussetzung, dass alle Koeffizienten positiv sind, kann man aus Gl. (6.14) folgende Bedingungen ableiten: • Ist a1a 2 − a 0 a 3 > 0 , so ist α negativ (abklingende Schwingung, der Kreis ist stabil). • Für a1a 2 − a 0 a 3 = 0 ist α = 0 (Fall der Dauerschwingung, Stabilitätsgrenze). • Ist a1a 2 − a 0 a3 < 0 , so ist α > 0 (aufklingende Schwingung, der Kreis ist instabil).
Dieser Zusammenhang lässt sich durch eine Determinante D ausdrücken. a 3 > 0 stabil ° ®= 0 Stabilitätsgrenze a 2 °¯< 0 instabil.
a1 D= a0
(6.15)
Hurwitz hat nun die Abhängigkeit der Stabilität von den Koeffizienten an, ..., a1, a0 abgeleitet und in Form der so genannten Hurwitz-Determinante, dargestellt, die den folgenden Aufbau hat:
D=
a1
a3
a5
a7
...
a0
a2
a4
a6
...
0
a1
a3
a5
...
0
a0
a2
a4
...
0
0
a1
a3
...
0 .
0 .
a0 .
a2 .
... ...
Die Determinante hat stets n Zeilen und n Spalten, wobei n der Grad der charakteristischen Gleichung ist. Die erste Zeile wird durch die Koeffizienten mit ungeraden Indizes a1, a3, a5,... gebildet. Die zweite Zeile enthält die Koeffizienten mit geraden Indizes a0, a2, a4, ... . Die dritte bzw. vierte Zeile entspricht der ersten bzw. zweiten Zeile nur um eine Spalte nach rechts verschoben.
(6.16)
6.1 Stabilitätskriterium nach Hurwitz
171
Nach dem Hurwitz-Kriterium müssen für die Stabilität eines Regelkreises folgende Bedingungen erfüllt sein: a) Für ein System n-ter Ordnung müssen alle Koeffizienten an, ... a0 vorhanden sein und alle positives Vorzeichen besitzen. b) Die aus den Koeffizienten an, ... a0 gebildete Determinante sowie die in Gl. (6.16) gestrichelt umrandeten Unterdeterminanten müssen größer als Null sein. Für eine charakteristische Gleichung 3. Grades (n = 3), erhält man a1 a3
0
D = a0 a2 0 = a1a 2 a3 − a 0 a32 . 0 a1 a3 Daraus folgt für ein stabiles System mit a1 > 0 und a3 > 0 a1a2 − a0 a3 > 0 (stabil).
(6.17)
Dieses Ergebnis ist identisch mit der zuvor abgeleiteten Beziehung (6.15). Für eine Differentialgleichung 4. Ordnung (n = 4) folgt: 0
0
a0 a2 a4
0
0
a1 a3
0
0
a0 a2 a4
a1 a3 D=
a1 = a4 a0 0
a3 a2
0 a4 ,
a1
a3
D = a 4 (a1a 2 a 3 − a 0 a32 − a12 a 4 )
(6.18)
und bei Stabilität (für a4 > 0) a1a 2 a 3 − a 0 a 32 − a12 a 4 > 0 .
(6.19)
Für eine charakteristische Gleichung 5. Grades (n = 5) folgt aus Gl. (6.16)
D=
a1
a3
a5
0
0
a0
a2
a4
0
0
0
a1
a3
a5
0
0
a0
a2
a4
0
0
0
a1
a3 a5
.
Der Faktor a5 in der 5. Zeile und 5. Spalte kann unberücksichtigt bleiben wie in Gl. (6.18). Es verbleiben nur noch die ersten vier Zeilen und Spalten. Entwickeln wir diese nach der 4. Spalte, so folgt:
172
6 Stabilitätskriterien
a1 ° D = a 5 ®− a 5 a 0 ° 0 ¯
a3
a5
a1
a3
a2 a0
a 4 + a 4 a0 a2 0
a2 a1
a5 ½ ° a4 ¾ a3 °¿
D = a5 [−a5 (a1a 22 + a 02 a5 − a 0 a 2 a3 − a 0 a1a 4 ) + a 4 (a1a 2 a 3 + a 0 a1a 5 − a12 a 4 − a 0 a32 )] . Nach einer Zwischenrechnung erhält man bei Stabilität (a 0 a3 − a1a 2 )(a 2 a5 − a3 a 4 ) − (a 0 a5 − a1a 4 ) 2 > 0 . •
(6.20)
Beispiel 6.1
Gegeben ist ein Regelkreis, bestehend aus einer P-T2-Strecke und einer PI-Regeleinrichtung mit den folgenden Übertragungsfunktionen
GS ( s ) =
§ 1 · ¸. und G R ( s ) = K PR ¨¨1 + sTn ¸¹ + sT1 + 1 ©
K PS s 2 T22
KPS T1 2 T2 KPR
= 0,5 = 30 s 2 = 200 s = 10
Tn = 4 s Gesucht: a) Ist der Regelkreis stabil? b) Auf welchen Wert müsste Tn vergrößert werden, um die Stabilitätsgrenze zu erreichen? e) Bei gleicher Nachstellzeit wie unter a) soll durch Hinzunahme eines D-Anteils die Stabilitätsgrenze erreicht werden. Wie groß muss Tv gemacht werden? Zu a) Aus Gl. (6.1) wurde die Differentialgleichung des geschlossenen Regelkreises entwickelt. Die für die Stabilitätsuntersuchung maßgebende charakteristische Gleichung entspricht der linken Seite von Gl. (6.1):
ª 1 º x( s ) « + G R ( s )» = 0 ¬ GS ( s ) ¼ bzw.
1 + G R ( s ) = 0. GS ( s )
(6.21)
Durch Einsetzen der gegebenen Übertragungsfunktionen GR(s) und GS(s) in Gl. (6.21) folgt:
s 3 Tn T22 + s 2 Tn T1 + sTn (1 + K PR K PS ) + K PR K PS = 0 . , a3
a2
a1
a0
Für die Koeffizienten ergeben sich folgende positive Werte:
a3 = TnT22 = 800 s3 ;
a1 = Tn (1 + K PR K PS ) = 24 s;
a2 = TnT1 = 120 s 2 ;
a0 = K PR K PS = 5.
6.1 Stabilitätskriterium nach Hurwitz
173
Die Hurwitz-Determinante für eine charakteristische Gleichung 3. Grades, die wir bereits abgeleitet haben, führt zu
D = a3 (a1a2 − a0 a3 ) bzw.
a1a2 − a0 a3 = 2880 s3 − 4000 s3 = −1120 s3 . D < 0, d. h. der Regelkreis ist instabil. Zu b) An der Stabilitätsgrenze ist D = 0 bzw.
a1a 2 = a 0 a3 Tn2T1 (1 + K PR K PS ) = TnT22 K PR K PS Tn =
T22 K PR K PS 1000 s 2 = = 5,55 s . T1 (1 + K PR K PS ) 30 s ⋅ 6
Für Tn > 5,55 s ist der Regelkreis stabil. Dies ist noch keine Aussage über die Regelgüte. So würde z. B. für Tn = 6 s die Dämpfung des Systems immer noch zu gering sein. Zu c) Durch den zusätzlichen D-Anteil erhält die charakteristische Gleichung folgende Form:
s 3Tn T22 + s 2 Tn (T1 + Tv K PR K PS ) + sTn (1 + K PR K PS ) + K PR K PS = 0 . Durch Nullsetzen der entsprechenden Kenngrößen folgt dies auch aus. Gl. (6.5). Gegenüber a) hat sich lediglich der Koeffizient a2 geändert.
a 2 = Tn (T1 + Tv K PR K PS ). An der Stabilitätsgrenze ist wieder D = 0 bzw.
a1a 2 = a 0 a3 Tn (T1 + Tv K PR K PS ) =
Tv =
1 K PR K PS
K PR K PST22 1 + K PR K PS
ª K PR K PST22 º − T1 » = 2,33 s . « «¬ Tn (1 + K PR K PS ) »¼
Für Tv > 2,33 s ist der Regelkreis stabil. Die Kreisfrequenz, mit der die Regelgröße an der Stabilitätsgrenze schwingt, erhält man aus Gl. (6.12) bzw. (6.13), denn im Fall der Dauerschwingung ist α = 0. Aus Gl. (6.12) folgt für α = 0
ω2 =
a0 a2
174
6 Stabilitätskriterien
und aus Gl. (6.13)
ω2 =
a1 a3
ω=
a0 = a2
a1 = 3 ⋅10 −1 s -1 = 0,173 s -1 . a3
Abschließend kann gesagt werden, dass bei einer P-T2-Strecke die Stabilität durch Vergrößern von Tn und Tv vergrößert wird, d. h. Verkleinerung des I- und Vergrößerung des D-Anteils. X Aufgabe 6.1 Eine P-T3-Strecke mit
K PS
GS ( s ) =
(1 + sT1 ) 3
wird von einer P-Regeleinrichtung geregelt.
G R ( s ) = K PR Gesucht: a) Für welches KPR = KPRkr wird der Kreis instabil? b) Wie groß ist dann die mittlere bleibende Regeldifferenz e(∞) für w(t) = w0⋅σ(t)? c) Mit welcher Frequenz ω = ω kr schwingt die Regelgröße an der Stabilitätsgrenze?
6.2 Stabilitätskriterium nach Nyquist Der vorangegangene Abschnitt hat gezeigt, dass das Hurwitz-Kriterium relativ einfach zu handhaben ist. Es versagt jedoch, wenn der Regelkreis ein Totzeitglied enthält, das nicht durch eine gewöhnliche Differentialgleichung beschrieben werden kann. In diesem Fall wird die charakteristische Gleichung transzendent und die Anwendung des Hurwitz-Kriteriums ist nur näherungsweise möglich, wenn der Term e − sTt in eine Potenzreihe entwickelt wird. Demgegenüber ist das Nyquist-Kriterium universeller und schließt die Untersuchung von Totzeitsystemen mit ein. Zur Herleitung des Nyquist-Kriteriums betrachten wir den in Bild 6.1 gezeigten Regelkreis, dessen Führungs- und Störübertragungsfunktion bereits in Abschnitt 4.2 mit G R ( s )GS ( s ) G0 ( s ) und = 1 + G R ( s )GS ( s ) 1 + G0 ( s )
(6.22)
GS ( s ) GS ( s ) = 1 + G R ( s )GS ( s ) 1 + G 0 ( s )
(6.23)
G w (s) =
G z ( s) =
abgeleitet wurden. Hierin ist die Übertragungsfunktion des aufgeschnittenen Kreises: G 0 ( s ) = G R ( s )GS ( s ) .
(6.24)
6.2 Stabilitätskriterium nach Nyquist z(s) + yR(s) y(s)
e(s)
w(s) +
−
GR(s)
+
GS(s)
175
x(s)
Bild 6.1 Wirkungsplan des Regelkreises
Die charakteristische Gleichung des geschlossenen Systems folgt durch Nullsetzen des Nenners von (6.22) bzw. (6.23) zu 1 + G0 ( s ) = 0 .
(6.25)
Maßgebend für die Stabilität eines Systems ist, dass alle Nullstellen von [1 + G0(s)], die identisch sind mit den Polen von Gw(s) bzw. Gz(s), in der linken s-Halbebene liegen. Das Nyquist-Kriterium betrachtet den Verlauf der Ortskurve von [1 + G0( jω)], die durch Parallelverschiebung von G0( jω) um + 1 in positiv reeller Richtung entsteht. Wie Bild 6.2 zeigt, kann man für die Ortskurve [1 + G0( jω)] den Punkt (- 1, j0) als neuen Ursprung betrachten. Nach Nyquist ist die Winkeländerung des Zeigers [1 + G0( jω)] im Bereich ω = 0 ... ∞ bei Stabilität abhängig von der Polverteilung von G0( jω), wie in Abschnitt 6.2.2 gezeigt werden wird. Im −1
1
ω=∞
ω=0 G0(jω)
1+G0(jω)
ω
Re
Bild 6.2 Zusammenhang zwischen G0(jω) und [1+G0(jω)]
6.2.1 Graphische Ermittlung der Ortskurve bei gegebener PolNullstellenverteilung Gegeben sei die Übertragungsfunktion G0(s) in Linearfaktoren G0 ( s ) = K ⋅
( s − s n1 )( s − s n2 )( s − s n3 ) ⋅ ⋅ ⋅ . ( s − s P1 )( s − s P2 )( s − s P3 ) ⋅ ⋅ ⋅
(6.26)
Die in Gl. (6.26) expliziten Pole und Nullstellen lassen sich, wie in Bild 6.3 gezeigt, in der s-Ebene darstellen. Betrachten wir den Frequenzgang von Gl. (6.26), so wird G0 ( jω ) = K
( jω − s n1 )( jω − s n2 )( jω − s n3 ) ⋅ ⋅ ⋅ . ( jω − s P1 )( jω − s P2 )( jω − s P3 ) ⋅ ⋅ ⋅
(6.27)
Für einen bestimmten ω - Wert stellt jeder der Linearfaktoren in Gl. (6.27) einen Zei-
176
6 Stabilitätskriterien jω
jω − sP1
jω − sn1
ϕP1
jω − sP2
ϕn1
jω
sP1
σ
ϕP2
Bild 6.3 Pol-Nullstellenverteilung in der s-Ebene
ger dar, der von dem betreffenden Pol bzw. der Nullstelle zum Punkt jω auf der imaginären Achse zeigt. Die Länge des Zeigers entspricht dem Betrag des Linearfaktors, und die Phasenverschiebung ist der Winkel, den der Zeiger mit der positiv reellen Achse einschließt. Gl. (6.27) erhält dann die Form G0 ( jω ) = K
jω − s n1 jω − s n2 jω − s n3 ⋅ ⋅ ⋅ j (ϕ n1+...−ϕ p1−...) e . jω − s p1 jω − s p2 jω − s p3 ⋅ ⋅ ⋅
(6.28)
Der Betrag des resultierenden Zeigers an die Ortskurve G0( jω) ergibt sich durch Multiplikation bzw. Division der einzelnen Zeigerlängen jω − s ni bzw. jω − s pi und dem Faktor K. Entsprechend erhalten wir den resultierenden Phasenwinkel durch Addition bzw. Subtraktion der ϕni(ω) bzw. ϕpi(ω). Zu jedem ω - Wert lässt sich so der Zeiger an die Ortskurve G0( jω) graphisch bestimmen, dessen Endpunkt beim Durchlaufen von ω = 0 ... ∞ die Ortskurve beschreibt. Bei der Anwendung des Nyquist-Kriteriums interessiert die gesamte Winkeländerung Δϕ, die der Zeiger beim Durchlaufen der Ortskurve von [1+ G0( jω)] im Bereich 0 ≤ ω ≤ ∞ zurücklegt. Diese gesamte Winkeländerung ergibt sich ebenfalls aus der Summe der Winkeländerungen, hervorgerufen durch die einzelnen Pole und Nullstellen. In Bild 6.4 sind die Winkeländerungen für den Fall dargestellt, dass die Nullstelle links bzw. rechts der imaginären Achse liegt. Nullstellen auf der imaginären Achse werden im Anschluss behandelt.
jω
jω
Δϕ sn
Δϕ = +
π 2
σ
Δϕ1
jω
Δϕ1
sn1
Δϕ sn
Δϕ = −
jω
π 2
sn1
σ
σ sn2
Δϕ2
Δϕ = Δϕ1 + Δϕ 2 = +π
σ Δϕ2 sn2 Δϕ = Δϕ1 + Δϕ 2 = −π
Bild 6.4 Winkeländerung Δϕ in Abhängigkeit von der Lage der Nullstellen
6.2 Stabilitätskriterium nach Nyquist
177
Wie Bild 6.4a) und b) zeigt, bewirkt eine Nullstelle links der imaginären Achse eine Winkeländerung von Δϕ = +π/2 und eine Nullstelle rechts der imaginären Achse ein Δϕ = −π/2 (im mathematischen Drehsinn), wenn ω = 0 ... ∞ geändert wird. Betrachten wir nun das konjugiert komplexe Nullstellenpaar in Bild 6.4c) und d), so wird bei negativem Realteil insgesamt eine Winkeländerung Δϕ = Δϕ1 + Δϕ2 = +π bewirkt und bei positivem Realteil Δϕ = Δϕ1 + Δϕ2 = - π. Da komplexe Nullstellen nur konjugiert auftreten, können wir generell pro Nullstelle mit einer Winkeländerung
Δϕ = +π/2, bei negativem Realteil und Δϕ = −π/2, bei positivem Realteil rechnen. Für Polstellen gelten in Bild 6.4 die umgekehrten Vorzeichen, Es ist nun noch der Fall einer Nullstelle bzw. eines Poles auf der imaginären Achse nachzutragen. Betrachten wir hierzu die beiden Übertragungsfunktionen: G1 ( s ) =
K 1 + sT1
(6.29)
und G 2 ( s) =
K n
( sT1 ) (1 + sT1 )
.
(6.30)
Der Phasenwinkel des Frequenzganges zu Gl. (6.29) lautet
ϕ1 (ω ) = − arctan(ω T1 ) .
(6.31)
Daraus folgt:
ϕ1 (ω = 0) = 0
ϕ1 (ω = ∞) = −
π 2
und
Δϕ1 = ϕ1 (ω = ∞) − ϕ1 (ω = 0) = −
π 2
.
Für den Frequenzgang zu Gl. (6.30) erhalten wir den Phasenwinkel § π· ¸ ⋅ n − arctan(ω T1 ) . © 2¹
ϕ 2 (ω ) = ¨ −
(6.32)
Aus Gl. (6.32) folgt § π· ¸⋅n. © 2¹
ϕ 2 (ω = 0) = ¨ −
π § π· ¸ ⋅ n − und 2 © 2¹
ϕ 2 (ω = ∞) = ¨ −
Δϕ 2 = ϕ 2 (ω = ∞) − ϕ 2 (ω = 0) = −
π 2
.
178
6 Stabilitätskriterien
Das Ergebnis zeigt, dass die gesamte Winkeländerung Δϕ unabhängig ist von der Anzahl der Pole auf der imaginären Achse. Pole auf der imaginären Achse verändern zwar den Verlauf der Ortskurve, in dem die Anfangslage des Zeigers pro Pol um −π/2 gedreht wird, sie haben jedoch keinen Einfluss auf die gesamte Winkeländerung Δϕ. Bezeichnen wir die Nullstellen mit sni, so erhalten wir zusammenfassend das folgende Ergebnis: π °+ 2 ° Δϕ ni = ® 0 ° π °− ¯ 2
für Re( s ni ) < 0 für Re( s ni ) = 0
(6.33)
für Re( s ni ) > 0.
Für Pole gelten in Gl. (6.33) die umgekehrten Vorzeichen.
6.2.2 Ableitung des Nyquist-Kriteriums Nach Gl. (6.25) lautet die charakteristische Gleichung 1 + G0 ( s) = 1 +
Z ( s) =0. N (s)
(6.34)
Die Übertragungsfunktion des aufgeschnittenen Kreises G0(s) in Gl. (6.34) ist, unter Vernachlässigung eines eventuell vorhandenen Totzeitgliedes, eine rational gebrochene Funktion, mit dem Zählerpolynom Z(s) und dem Nennerpolynom N(s). Bei realen Systemen ist der Grad n des Nennerpolynoms immer größer, höchstens gleich dem Grad des Zählers. Bringen wir Gl. (6.34) auf den gemeinsamen Nenner N(s), so wird 1 + G0 ( s) =
N ( s) + Z ( s) =0 N ( s)
(6.35)
bzw. der Frequenzgang 1 + G 0 ( jω ) =
N ( jω ) + Z ( jω ) . N ( jω )
(6.36)
Das Zählerpolynom Gl. (6.35) N(s) + Z(s) hat dann ebenfalls den Grad n. Die gesamte Winkeländerung Δϕ des Frequenzganges 1+ G0( jω) ergibt sich aus 1. den n Nullstellen von N( jω) + Z( jω) und 2. den n Polstellen von N( jω). Der geschlossene Kreis mit der charakteristischen Gleichung (6.35) soll stabil sein, d. h., dass sämtliche n Nullstellen von N( jω) + Z( jω) negativen Realteil haben müssen. Nach der Beziehung (6.33) beträgt die Winkeländerung infolge der Nullstellen von (6.36)
6.2 Stabilitätskriterium nach Nyquist
179
§ π· ¸. © 2¹
Δϕ1 = n ⋅ ¨ +
(6.37)
Der Nenner N(s) von 1 + G0(s) ist identisch mit dem Nenner von G0(s). Das offene System G0(s) muss nicht stabil sein, d. h. die n Pole können beliebig in der s-Ebene verteilt liegen. Unter Verwendung der folgenden Bezeichnungen n Ordnung von G0(s) nl Anzahl der Pole in der linken s-Ebene nr Anzahl der Pole in der rechten s-Ebene ni Anzahl der Pole auf der imaginären Achse erhalten wir n = nl + ni + n r .
(6.38)
Die durch den Nenner von (6.36) bedingte Winkeländerung ist dann ª § π· π § π ·º ¸ + n r ¨ − ¸ » = − (nl − n r ). 2 © 2 ¹¼ ¬ © 2¹
Δϕ 2 = − « n l ¨ +
(6.39)
Für die gesamte Winkeländerung von 1 + G0( jω) folgt somit
Δϕ = Δϕ1 + Δϕ 2 =
π 2
(n − nl + n r ).
(6.40)
Obwohl die auf der imaginären Achse liegenden Pole keinen Beitrag liefern, folgt aus Gl. (6.38) nl = n − ni − n r .
(6.41)
Mit Gl. (6.41) in Gl. (6.40) erhalten wir schließlich
Δϕ = ( 2 n r + n i ) ⋅
π 2
.
Die allgemeine Fassung des Nyquist-Kriteriums lautet: Besitzt die Übertragungsfunktion des offenen Kreises G0(s) nr Pole mit positivem Realteil und ni Pole auf der imaginären Achse, dann ist der geschlossene Kreis genau dann stabil, wenn der vom kritischen Punkt (−1, j0) an die Ortskurve G0( jω) gezogene Fahrstrahl beim Durchlaufen der Ortskurve im Bereich 0 ≤ ω ≤ ∞ eine Winkeländerung von
Δϕ = (2n r + ni ) ⋅ beschreibt.
π 2
(6.42)
½ ° ° ° °° ¾ ° ° ° ° °¿
(6.43)
180
6 Stabilitätskriterien
6.2.3 Anwendung des Nyquist-Kriteriums Zur Interpretation des Nyquist-Kriteriums betrachten wir im Folgenden, rein qualitativ, einige Systeme mit typischen Polkonfigurationen
1. G0(s) hat nur Pole mit negativem Realteil. Ein Regelkreis bestehe aus einer P-T3-Strecke mit GS ( s ) =
K PS (1 + sTa )(1 + sTb )(1 + sTc )
und einer Regeleinrichtung mit G R ( s ) = K PR .
Wie die Übertragungsfunktion des aufgeschnittenen Kreises G0 ( s ) = G R ( s )GS ( s ) =
K PR K PS (1 + sTa )(1 + sTb )(1 + sTc )
zeigt, liegen sämtliche Pole in der linken s-Halbebene, d. h. es ist nr = 0 ni = 0
(6.44)
nl = n. Die Bedingung für Stabilität des geschlossenen Kreises nach (6.43) mit (6.44) ergibt
Δϕ = 0.
(6.45)
In Bild 6.5 ist der Verlauf der Ortskurve von G0( jω) qualitativ dargestellt. Vergrößern wir KPR, so wird der Zeiger G0( jω) proportional gestreckt. In Bild 6.5a) beschreibt der Fahrstrahl [1 + G0( jω)] eine Winkeländerung von Δϕ = 0, wie bei Stabilität durch Gl. (6.45) gefordert. Durch Vergrößern von KPR geht in Bild 6.5b) die Ortskurve G0( jω) gerade durch den kritischen Punkt (−1, j0). Im
a)
Im
Δϕ = 0
ω
c) Δϕ = − 2π
b) Re
1+ G0 (jω)
Im
Δϕ
Re
Re 1+ G0 (jω)
ω
1+ G0 (jω)
ω
Bild 6.5 Ortskurvenverlauf G0( jω): nl = n; nr = ni = 0, a) stabil, b) Stabilitätsgrenze, c) instabil
6.2 Stabilitätskriterium nach Nyquist
181
Das ist der Fall der Stabilitätsgrenze. Eine weitere Vergrößerung von KPR führt zu dem in Bild 6.5c) gezeigten Ortskurvenverlauf, mit einer Winkeländerung des Fahrstrahls [1 + G0( jω)] von
Δϕ = −2π, d. h., der geschlossene Kreis ist instabil.
2. G0(s) hat, neben Polen mit negativem Realteil, einen Pol im Ursprung. In Bild 6.6 sind die beiden Fälle Stabilität und Instabilität für GS ( s ) =
K PS und (1 + sTa )(1 + sTb )
GR (s) =
K IR bzw. s
G0 ( s ) = G R ( s )GS ( s ) =
K IR K PS s (1 + sTa )(1 + sTb )
dargestellt. Es ist nr = 0 und ni = 1. Damit folgt aus Bedingung (6.43)
Δϕ = +
π 2
,
bei Stabilität (Bild 6.6a). Durch Vergrößern von KIR nimmt die Ortskurve [1+G0( jω)] den in Bild 6.6b) gezeigten Verlauf mit einer Winkeländerung von 3 2
Δϕ = − π , d. h., der geschlossene Kreis ist instabil. Für den Fall der Stabilitätsgrenze würde G0(jω) gerade durch den kritischen Punkt (−1, j0) verlaufen. Im −1
Δϕ
ω=∞
Im
Re
Δϕ
ω=∞ −1
ω ω
a) Δϕ = + π (stabil) 2 Bild 6.6 Ortskurvenverlauf G0( jω) mit nr = 0; ni = 1
b) Δϕ = − 3π (instabil) 2
Re
182
6 Stabilitätskriterien
3. G0(jω) enthält ein Totzeitglied. Betrachten wir hierzu einen Regelkreis bestehend aus GS ( s ) =
K PS − sTt und e 1 + sT1
(6.46)
G R ( s ) = K PR .
Der Frequenzgang des aufgeschnittenen Kreises lautet dann G0 ( jω ) = GR ( jω )GS ( jω ) =
K PR K PS − jω Tt , e 1 + jω T1
dessen Betrag G0 ( jω ) =
K PR K PS 1 + (ω T1 ) 2
ist unabhängig von der Totzeit. Dagegen erhält der Phasenwinkel
ϕ0 (ω ) = −ω Tt − arctan(ω T1 ) durch das Totzeitglied eine zusätzliche Phasendrehung −ω Tt, proportional ω. Reale Glieder haben immer Tiefpasscharakter, so dass für ω → ∞ alle Ortskurven in den Ursprung laufen. Wie bereits in Abschnitt 3.9 gezeigt, verlaufen die Ortskurven von Totzeitsystemen spiralförmig in den Ursprung. Ohne Beweis sei hier angemerkt, dass auch bei Totzeitkreisen die Bedingung (6.43) gilt. Für das durch Gl. (6.46) beschriebene System ist nr = ni = 0. Die Winkeländerung muss gemäß der Bedingung (6.43)
Δϕ = 0 sein, wenn der geschlossene Kreis stabil arbeiten soll. Bild 6.7a) zeigt den Verlauf von G0( jω) bei Stabilität. Bei Instabilität (Bild 6.7b) ist die Winkeländerung des Fahrstrahls [1 + G0( jω)]
Δϕ = −2π. Wird der kritische Punkt n-mal umschlungen, so ist
Δϕ = n ⋅ (−2π ) . Im
Im
b) Δϕ =− 2π
a) Δϕ = 0 Re −1
[1+ G0 (jω)]
ω=0
Δϕ
Re
ω=0
−1 [1+ G0 (jω)]
ω ω
Bild 6.7 Ortskurvenverlauf G0( jω) beim Vorhanden-
sein einer Totzeit Tt, a) stabil, b) instabil
6.2 Stabilitätskriterium nach Nyquist •
183
Beispiel 6.2
Gegeben ist der in Bild 6.8 abgebildete Regelkreis mit
GS ( s ) =
K PS und sTI (1 + sT1 )
ª º s 2 Tn Tv + sTn + 1 1 . + sTv » = K PR G R ( s ) = K PR «1 + sTn ¬ sTn ¼
w
+
e
yR +
= 0,5 = 10 s =5s = 20
Tn
=4s
Tv
= 0,2 s
z x
y
+
− GR(s)
KPS TI T1 KPR
GS(s)
Bild 6.8 Regelkreis bestehend aus einer IT1-Strecke und einer PIDRegeleinrichtung
Es sind zu ermitteln: a) Ist der Regelkreis stabil? b) Wie beeinflussen die drei Regelparameter die Stabilität? Zu a)
Die Übertragungsfunktion des aufgeschnittenen Kreises
G0 ( s ) = G R ( s )GS ( s ) = K PR K PS
s 2Tn Tv + sTn + 1 s 2Tn TI (1 + sT1 )
(6.47)
zeigt, dass ein Doppelpol im Ursprung vorliegt (doppeltes I-Verhalten). Die Winkeländerung wird mit ni = 2, nr = 0 nach Bedingung (6.43) bei Stabilität
Δϕ = + π.
(6.48)
Wir diskutieren zunächst den Ortskurvenverlauf von
G0 ( jω ) = K PR K PS
1 − ω 2TnTv + jω Tn . − ω 2TnTI (1 + jω T1 )
(6.49)
Zerlegen wir Gl. (6.49) in Real- und Imaginärteil, so wird:
Re(G0 ) = −
Im (G0 ) =
K PR K PS ª1 + ω 2Tn (T1 − Tv ) º ⋅« » ω 2TnTI «¬ 1 + (ω T1 ) 2 »¼
K PR K PS ω TnTI
ª T − T − ω 2TnTvT1 º ⋅« 1 n ». 1 + (ω T1 ) 2 ¬« ¼»
(6.50)
(6.51)
Aus den Gln. (6.50) und (6.51) folgen die in der Tabelle angegebenen Punkte mit dem in Bild 6.9 gezeigten Ortskurvenverlauf. Der Kreis ist demnach instabil.
184
6 Stabilitätskriterien
Zu b) Der Einfluss von KPR auf die Stabilität ist leicht zu finden. Vergrößern wir KPR, so wächst der Zeiger G0( jω) proportional. Dadurch kann erreicht werden, dass die Ortskurve den in Bild 6.9 gestrichelt gezeichneten Verlauf nimmt. Für
K PR >
20 = 25, 0,8
wird der geschlossene Kreis stabil. Der Fahrstrahl von (−1, j0) an die gestrichelte Ortskurve beschreibt jetzt eine Winkeländerung von Δϕ = + π, wie durch Gl. (6.48) gefordert. Der Einfluss der beiden anderen Regelparameter ergibt sich aus der Betrachtung des Schnittpunktes der Ortskurve mit der negativ reellen Achse. Es ist dann
Im (G0) = 0. Damit folgt aus Gl. (6.51)
ω2 =
T1 − Tn . TnTvT1
(6.52)
Mit (6.52) in (6.50) erhalten wir im Schnittpunkt
Re(G0 ) = − K PR K PS
TnTv . TI (T1 − Tn )
(6.53)
Im
ω
Δϕ = −π Re −1
ω=∞
ω
Re (G0)
Im (G0)
0
−∞
+∞
T1 − Tn Tn Tv T1
− 0,8
0
∞
0
0
Bild 6.9 Ortskurvenverlauf G0( jω) des durch Gl. (6.47) gegebenen Systems Wie Bild 6.9 zeigt, muss bei Stabilität die Winkeländerung Δϕ = + π sein. Dies wird erreicht, wenn die Ortskurve G0( jω) den kritischen Punkt links liegen lässt, d. h. für
Re(G0 ) < −1 .
(6.54)
Setzen wir Gl. (6.54) in Gl. (6.53) ein, so folgt
K PR K PS
Tn T v >1. TI (T1 − Tn )
Daraus ermitteln wir für die drei Parameter:
T (T − Tn ) K PR > I 1 = 25 oder K PSTn Tv
(6.55)
6.3 Stabilitätsuntersuchung nach Nyquist im Bode-Diagramm
Tv >
TI (T1 − Tn ) = 0,25 s oder K PR K PSTn
Tn >
TIT1 = 4,17 s . TI + K PR K PSTv
185
Die Stabilität des Regelkreises nach Bild 6.8 wird durch Vergrößern von KPR, Tv und Tn erhöht, also größerem P- und D-Anteil aber kleinerem I-Anteil. X Aufgabe 6.2 Überprüfen Sie die Ergebnisse von Beispiel 6.1 mittels Nyquist-Kriterium.
6.3 Stabilitätsuntersuchung nach Nyquist im Bode-Diagramm Das im vorherigen Abschnitt 6.2 beschriebene Nyquist-Kriterium in Ortskurvendarstellung ist sehr anschaulich, jedoch in seiner Anwendung recht unhandlich, besonders wenn es darum geht, den Einfluss von Parameteränderungen oder zusätzlicher Glieder, die z. B. im kritischen Bereich eine Phasenanhebung bzw. Amplitudenabsenkung bewirken, zu erkennen. Demgegenüber bietet das Bode-Diagramm einige Vorzüge bei der Darstellung des Frequenzganges G0( jω) des aufgeschnittenen Kreises, auf die wir bereits in Abschnitt 5.2 bei der Behandlung in Reihe geschalteter Glieder hingewiesen haben. Im Folgenden soll nun das Nyquist-Kriterium in das Bode-Diagramm übertragen werden. Danach ist gemäß Bedingung (6.43) ein System stabil, wenn der Fahrstrahl [1 + G0( jω)] beim Durchlaufen der Ortskurve von ω = 0 ... ∞ eine Winkeländerung
Δϕ = (2n r + ni ) ⋅
π 2
ausführt. In dieser Form ist das Nyquist-Kriterium nicht ohne Weiteres im BodeDiagramm anwendbar, da bei bekanntem Verlauf von G0( jω) nach Betrag und Phase im Bode-Diagramm der Verlauf von [1 + G0( jω)] im Gegensatz zur Ortskurvendarstellung, nur mittels Hilfen (Hall- oder Nichols-Diagramm) ermittelt werden kann. Es soll nun gezeigt werden, dass aus der Anzahl und Art der Schnittpunkte zwischen der Ortskurve [1 + G0( jω)] und der links des kritischen Punktes (−1, j0) gelegenen negativ reellen Achse, auf die gesamte Winkeländerung des Fahrstrahls [1 + G0( jω)] geschlossen werden kann. Schneidet die Ortskurve [1 + G0( jω)] die negativ reelle Achse links von (−1, j0), so bezeichnen wir den Schnittpunkt als positiv (S = + 1), wenn die Ortskurve bei zunehmender Frequenz aus dem 2. in den 3. Quadranten wechselt und als negativen Schnittpunkt (S = − 1) beim Wechsel vom 3. in den 2. Quadranten. Die Gesamtzahl der Schnittpunkte υ besteht aus υp positiven und υn negativen, so dass gilt
υ =υp + υn .
(6.56)
186
6 Stabilitätskriterien
Nehmen wir zunächst an, dass G0( jω) keine Pole im Ursprung hat, dann beginnt die Ortskurve G0( jω) für ω = 0 auf der positiven reellen Achse. Ferner wissen wir, dass für alle realen Systeme G0( jω) für ω → ∞ im Ursprung endet. Im Folgenden werden die Schnittpunkte fortlaufend mit zunehmender Frequenz nummeriert. Bild 6.10 zeigt für den Fall, dass nur positive Schnittpunkte vorliegen, den Ortskurvenverlauf [1 + G0( jω)] und die Winkeländerung Δϕ bezüglich des Fahrstrahls [1 + G0( jω)]. Im
Im
ω
Δϕ =− 4π
S1 = +1 S2 = +1
[1+ G0 (jω)]
−1
ω=∞
S1 = −1
ω=0
−1
Re
ω=∞
[1+ G0 (jω)]
ω=0 Re
S2 = −1
Δϕ =+ 4π
ω
Bild 6.10 Winkeländerung Δϕ bei aus-
Bild 6.11 Winkeländerung Δϕ bei aus-
schließlich positiven Schnittpunkten υp = 2
schließlich negativen Schnittpunkten υn = 2
Die gesamte Winkeländerung ergibt sich zu
Δϕ = υ p ⋅ ( +2π ) . Entsprechend ergibt sich, wie Bild 6.11 zeigt, beim Vorliegen von ausschließlich negativen Schnittpunkten eine Winkeländerung von
Δϕ = υ n ⋅ (−2π ) . Ist, wie in Bild 6.12 gezeigt, von den υ Schnittpunkten einer negativ, so ist unabhängig von der Aufeinanderfolge die gesamte Winkeländerung
Δϕ = (υ p − 1) ⋅ 2π . Entsprechend erhält man für υp positive und υn negative Schnittpunkte
Δϕ = (υ p − υ n ) ⋅ 2π .
(6.57)
Im
Δϕ =+ 4π
S3 = +1 S2 = +1
S1 = −1 −1
Bild 6.12 Winkeländerung
ω=0
ω=∞ [1+ G0 (jω)]
ω
Re
Δϕ = +2π für υp = 2; υn = 1
6.3 Stabilitätsuntersuchung nach Nyquist im Bode-Diagramm
187
Hat die Übertragungsfunktion G0( jω) Pole im Ursprung, so beginnt die Ortskurve im Unendlichen, wie wir bereits in Abschnitt 6.2 gesehen haben. Die Anfangslage des Fahrstrahls [1 + G0( jω)] ist dann um ni⋅(− π/2) gedreht. Betrachten wir als erstes den Fall eines Pols im Ursprung ni = 1. Der Fahrstrahl beginnt für ω = 0 bei −j∞ und legt, wie die Bilder 6.13 und 6.14 zeigen, bis zum Erreichen des 1. positiven oder negativen Schnittpunktes gegenüber Gl. (6.57) einen zusätzlichen Winkel von + π/2 zurück, so dass gilt
Δϕ = (υ p − υ n ) ⋅ 2π +
π 2
(für ni = 1 ).
(6.58)
Im
Im
Δϕ
S1 = +1
−1
Re
−1
S1 = − 1
ω
Re
Δϕ Δϕ = − π −
Δϕ = + −3 π 2
2
ω
Bild 6.13 Winkeländerung Δϕ bis zum
Bild 6.14 Winkeländerung Δϕ bis zum
1. positiven Schnittpunkt (ni = 1)
1. negativen Schnittpunkt (ni = 1)
Für ni = 2 (Doppelpol im Ursprung) beginnt die Ortskurve G0( jω) bei − ∞. Hier ist der Zusammenhang nicht so eindeutig wie bei ni = 1 und bedarf einer weiteren Fallunterscheidung. Bild 6.15 zeigt die verschiedenen Winkeländerungen, die der Fahrstrahl von ω = 0 bis zum Erreichen des 1. positiven Schnittpunktes zurücklegen kann. Vergleicht man Bild 6.15a) mit Bild 6.10, so ist der Winkel bis zum Erreichen des positiven Schnittpunktes in Bild 6.15a) um π gegenüber Bild 6.10 reduziert. In Bild 6,15b) ist der Winkel Δϕ0,1 um + π gegenüber Bild 6.10 vergrößert.
ω 1 S0 = − − 2 a) Δϕ =0
[1+ G0 (jω)]
Im
−1 S1 = +1
1 S0 = + − 2
Im S1 = +1
−1
Re
ω
Re b) Δϕ =+ 2π
[1+ G0 (jω)]
Bild 6.15 Winkeländerung des Fahrstrahls [1 + G0( jω)] von ω = 0 bis zum Erreichen des 1. positiven Schnittpunktes S0 = + 1, a) Anfang verläuft im 2. Quadranten b) Anfang verläuft im 3. Quadranten
188
6 Stabilitätskriterien
Der Unterschied im Verlauf des Anfangsstücks der beiden Ortskurven in Bild 6.15a) und 6.15b) besteht darin, dass in a) die Ortskurve für kleine ω - Werte im 2. Quadranten und in b) im 3. Quadranten verläuft. Die negative reelle Achse ist die Grenzlinie zwischen dem 2. und 3. Quadranten. Der Übertritt von der negativ reellen Achse in den 2. Quadranten (Bild 6.15a) lässt sich als halber negativer Schnittpunkt (S0 = − 1/2) interpretieren und entsprechend in Bild 6.15b) als halber positiver Schnittpunkt (S0 = + 1/2), so dass bei Berücksichtigung dieser Festlegung wieder Gl. (6.57) gilt. Bild 6.16 zeigt den Zusammenhang für ni = 2 bis zum Erreichen des 1. negativen Schnittpunktes. [1+ G0 (jω)] 1 S0 = + − 2
S1 = − 1
−1
Im
−1
S1 = − 1
Re
ω
ω
1 S0 = − − 2
Im
[1+ G0 (jω)]
Re
b) Δϕ =− 2π
a) Δϕ =0
Bild 6.16 Winkeländerung des Fahrstrahls [1 + G0( jω)] von ω = 0 bis zum Erreichen des 1. negativen Schnittpunktes S1 = − 1
Man kann sich leicht überzeugen, dass die Beziehung (6.57) auch gilt, wenn kein Voll-Schnittpunkt links des kritischen Punktes liegt. Zusammenfassend erhalten wir
0 °
Δϕ = (υ p − υ n ) ⋅ 2π + ®π
°¯ 2
für ni = 0 oder 2 für ni = 1.
(6.59)
Das Nyquist-Kriterium kann nun abhängig von den Schnittpunkten formuliert werden. Bei Stabilität muss Gl. (6.59) der Bedingung (6.43) genügen, d. h. ( 2n r + ni )
0 ° = (υ p − υ n ) ⋅ 2π + ®π 2 °¯ 2
π
für ni = 0 oder 2 für ni = 1.
(6.60)
Kürzen wir in Gl. (6.60) durch π und setzen ni ein, so folgt nr für ni = 0 oder 1 ° (υ p − υ n ) = ® 2 n +1 ° r für ni = 2. ¯ 2
(6.61)
Es sei nochmals darauf hingewiesen, dass für ni = 2 der halbe positive bzw. halbe negative Schnittpunkt in Gl. (6.61) berücksichtigt werden muss. Anhand von Bild 6.17 soll die prinzipielle Anwendung erläutert werden. Das betrachtete System habe eine doppelte Polstelle im Ursprung aber keine Pole in der rechten
6.3 Stabilitätsuntersuchung nach Nyquist im Bode-Diagramm
189
s-Halbebene (nr = 0; ni = 2). Wir bezeichnen die Frequenz für die |G0( jω d)| = 1 bzw. |G0( jω d)| dB = 0 dB wird als die so genannte Durchtrittsfrequenz
ω = ω d. Es zählen nur die Schnittpunkte links des kritischen Punktes, d. h. im Bode-Diagramm der Bereich, in dem |G0( jω d)| = > 1 ist. In Bild 6.17 ist dieser identisch mit ω < ω d . Schneidet G0( jω) die negativ reelle Achse, so ist
ϕ 0 (ω ) = i ⋅ 180° , mit i = ±1, ±3, ±5,… G0
1
ϕ0
ωd
ω
Bild 6.17 Stabilitätsbetrachtung nach Nyquist anhand der Schnittpunkte im Bode-Diagramm
0° −90°
−180°
1 S0 = − − 2
(nr = 0; ni = 2)
S1 = +1 S2 = −1
−270°
Im interessierenden Bereich ist S1 = + 1 ein positiver Schnittpunkt, da mit wachsender Frequenz die Phase zunimmt. Entsprechend ist S2 = − 1 ein negativer Schnittpunkt (Phase nimmt ab). Der asymptotische Verlauf von ϕ0(ω) → − 180° für ω → 0 wird vereinbarungsgemäß als ein halber negativer Schnittpunkt S0 = − 1/2 (Phase nimmt ab) gewertet. Somit erhalten wir für das betrachtete System 1 2
1 2
υ p − υ n = S 0 + S1 + S 2 = − + 1 − 1 = − .
(6.62)
Die Bedingung (6.61) fordert aber für ni = 2
υp − υn =
nr + 1 1 =+ , 2 2
(6.63)
und wird durch Gl. (6.62) nicht erfüllt, d. h. der geschlossene Kreis ist instabil. Wir erkennen leicht aus Bild 6.17, dass durch Verkleinern der Kreisverstärkung (z. B. KPR) der gesamte Amplitudengang |G0( jω)| parallel nach unten verschoben wird (gestrichelte Kurve). Der Phasengang bleibt unverändert. Die Durchtrittsfrequenz ω d rückt damit nach links. Fällt ω d zwischen die Schnittpunkte S1 und S2, so wird
190
6 Stabilitätskriterien 1 2
υ p − υ n = S 0 + S1 = − + 1 = +
1 , 2
wie durch Gl. (6.63) gefordert. Der geschlossene Kreis ist stabil. Eine weitere Verringerung der Kreisverstärkung rückt ω d noch weiter nach links, bis schließlich, wenn der Durchtritt ω d zwischen S0 und S1 erfolgt, nur noch S0 im Bereich |G0( jω)| > 1 liegt. Es ist dann 1 2
υp − υn = S0 = − . Das heißt, das geschlossene System ist ebenfalls instabil.
6.3.1 Vereinfachtes Nyquist-Kriterium Das durch Bild 6.17 erläuterte Nyquist-Kriterium in der Schnittpunktform gilt allgemein. In praxi sind Systeme, deren Übertragungsfunktionen G0(s) Pole in der rechten s-Halbebene besitzen, äußerst selten. Beschränken wir uns auf den weitaus häufigsten Fall, dass der aufgeschnittene Kreis keine Pole mit positivem Realteil und höchstens einen Doppelpol im Ursprung hat (nr = 0; ni = 0, 1, 2), so ist eine weitere Vereinfachung bei der Stabilitätsuntersuchung nach Nyquist im Bode-Diagramm möglich. Unter der Voraussetzung nr = 0 sollen die Fälle ni = 0 oder 1 und ni = 2 im Folgenden nacheinander diskutiert werden. 1. Für ni = 0 bzw. ni = 1 beginnt der Phasengang ϕ0(ω) bei 0° bzw. − 90°. Die Bedingung (6.61) fordert bei Stabilität
υp −υn = 0 , G0
1
ϕ0
ωd
ω
0°
(nr = 0; ni = 1)
ϕ0 (ωd )
−90° S2 = +1 −180° −270°
Bild 6.18 Stabilitätsbetrachtung nach Nyquist anhand der Schnittpunkte im Bode-Diagramm
S1 = −1
ϕRd
6.3 Stabilitätsuntersuchung nach Nyquist im Bode-Diagramm
191
d. h., es müssen gleich viele positive und negative Schnittpunkte vorhanden sein. Ist υp = υn = 0, so ist für alle ω-Werte stets ϕ0(ω) > − 180°. Bild 6.18 zeigt ϕ0(ω) für υp = υn = 1. Stabilität ist nur möglich, wenn ω d links des negativen Schnittpunktes S1 oder rechts des positiven Schnittpunktes S2 liegt, d. h. für ϕ0(ω d) >− 180°. Es ist leicht einzusehen, dass dies für beliebige υp = υn gilt. 2. Für ni = 2 (nr = 0) beginnt der Phasengang ϕ0(ω) bei −180°. Bei Stabilität muss nach Bedingung (6.61)
υp − υn =
nr + 1 1 = + sein. 2 2
Zur Diskussion können wir Bild 6.17 heranziehen. Das System ist infolge ni = 2 mit S0 = − 1/2 bzw. S0 = + 1/2 vorbelastet, je nach dem, ob ϕ0(ω) für kleine ωWerte unter oder über der (− 180°)-Linie verläuft. In Bild 6.17 beginnt ϕ0(ω) mit S0 = − 1/2. Stabilität kann durch einen weiteren positiven Schnittpunkt S1 erreicht werden. Die Durchtrittsfrequenz ωd liegt dann rechts von S1 und es ist ϕ0(ω d) > −180°. Jeder zusätzliche negative Schnittpunkt S2 erfordert zur Kompensation einen zusätzlichen positiven Schnittpunkt S3. Das heißt, Stabilität liegt immer dann vor, wenn für |G0( jωd)| = 1 ϕ0(ω d) > −180° ist. Verläuft ϕ0(ω) für kleine ωWerte über der (− 180°)-Linie, so ist S0 = + 1/2. Das System ist stabil, wenn keine weiteren negativen und Positiven Schnittpunkt hinzukommen oder paarweise in der Reihenfolge (S1 = − 1, S2 = +1), (S3 = − 1, S4 = +1), und usw. Stets führt dies zu ϕ0(ω d) > −180°. Das vereinfachte Nyquist-Kriterium lässt sich dann wie folgt formulieren: Besitzt die Übertragungsfunktion des aufgeschnittenen Krei- ½ ° ses G0(s) keine Pole mit positivem Realteil (nr = 0) und ° höchstens einen Doppelpol im Ursprung (ni = 0, 1, 2), so ist °° das geschlossene System stabil, wenn bei der Durchtrittsfre- ¾° quenz ωd, d. h. für |G0( jωd)| = 1, die Phasenverschiebung ° ° ϕ0(ω d) > −180° ist. ¿°
(6.64)
6.3.2 Stabilitätsgüte und Phasenrand Das vereinfachte Nyquist-Kriterium (6.64) fordert bei Stabilität, dass für |G0( jωd)| = 1 der zugehörige Phasenwinkel ϕ0( jω d) > − 180° ist. Die Dämpfung des geschlossenen Kreises wird um so geringer, je mehr sich ϕ0( jω d) dem Wert − 180° nähert. Als qua-
192
6 Stabilitätskriterien
litatives Maß für die Stabilitätsgüte dient der Abstand von ϕ0( jω d) zur (− 180°)-Linie und wird als Phasenrand oder Phasenreserve ϕRd bezeichnet. Wie Bild 6.18 zeigt, ist
ϕ Rd = ϕ 0 (ω d ) − (−180°) = ϕ 0 (ω d ) + 180° .
(6.65)
Als Erfahrungswerte gelten: •
bei Führungsverhalten ϕRd > 40° ... 70° und
•
bei Störverhalten
ϕRd > 30°.
Bild 6.19 zeigt den Phasenrand anhand des Ortskurvenverlaufs G0( jω). Im +1
Re −1
+1
ϕRd
Ortskurve G0(jω ) mit dem Einheitskreis
G0 (jω ) −1
•
Bild 6.19 Phasenrand ϕRd, Schnittpunkt der
ω
Beispiel 6.3
Gegeben ist eine Regelstrecke mit Verzögerung 1 0rdnung und Totzeit gemäß Beispiel 3.10 (Mischbehälter mit nachfolgender Ianger Leitung), deren Übertragungsfunktion lautet
GS ( s ) =
K PS − sTt . e 1 + sT1
Diese wird von einer PI-Regeleinrichtung mit
ª 1 º G R ( s) = K PR «1 + » ¬ sTn ¼ geregelt. Die Kenngrößen haben folgende Werte: KPS = 0,8 KPR = 10 = 20 s T1 = 100 s Tn = 10 s (hier größer als in Beispiel 3.10) Tt Gesucht sind im Bode-Diagramm: a) Ist der geschlossene Regelkreis stabil (ϕ Rd)? b) Welchen Wert muss KPR annehmen, wenn ϕ Rd = 40° sein soll? Zunächst werden die Asymptoten von |GR( jω )| und |GS( jω )| bzw. |G0( jω )| gezeichnet. Dabei ist zu beachten, dass der Betrag des reinen Totzeitgliedes Eins ist. Die Eckfrequenzen liegen bei:
6.3 Stabilitätsuntersuchung nach Nyquist im Bode-Diagramm
ω E1 =
193
1 1 = 10 − 2 s −1 und ω E 2 = = 5 ⋅ 10 −2 s −1 . T1 Tn
Mittels Amplituden- und Phasenlineal ermittelt man dann die in nachfolgender Tabelle angegebenen Werte und zeichnet den Amplituden- und Phasengang (Bild 6.20). Die Winkelwerte ϕ T t
für das Totzeitglied ergeben sich in einfacher Weise aus
ϕ Tt (ω ) = ω ⋅ Tt , d. h., ϕ Tt proportional ω. Für ω =
0,1 ist ϕ T (ω ) = ω ⋅ Tt = 0,1 → ϕ T (ω ) = 5,73° t t Tt
Für ω =
1 ist ϕ T = 1 t Tt
→ ϕ Tt (ω ) = 57,3°
Für ω =
10 ist ϕ T = 10 t Tt
→ ϕ Tt (ω ) = 573° usw.
-1
ω /s ΔGPT1
-3
0,002
0,005
−0,04 −0,17 dB ΔGTt 0 0 dB ΔGR 0 +0,01 dB ΔG0 −0,04 −0,16 dB ϕPT1 / ° −5,7 −11,3 −1,1 ϕTt / ° −0,6 −90 −90 ϕR / ° +1 +2,3 ϕ0 / ° −95,3 −100,1
−0,97
10
-2
0,02
0,05
−3,01
−0,97
−0,17
0
0
0
+0,04
+0,17
−0,93
−2,84
10
-1
-0
0,2
0,5
−0,04
−0,01
0
0
0
0
0
0
0
+0,65
+3,01
+0,97
+0,26
+0,04
+0,01
−0,32
−2,84
+0,93
+0,25
+0,04
+0,01
10
−26,6 −45 −63,4 −78,7 −84,3 −87,1 −2,9 −5,7 −11,5 −28,7 −57,3 −114,6 −90 −90 −90 −90 −90 −90 +5,7 +11,3 +21,8 +45 +63,4 +76 −113,8 −129,4 −143,1 −152,4 −168,2 −215,8
10
−88,9 −89,4 −286,5 −573 −90 −90 +84,3 +87,1 −381,1 −665,3
Wie das Bode-Diagramm in Bild 6.20 zeigt, ist für ω = ω d1 bzw. |G0(jω d1)| dB= 0 dB
ϕ Rd1 = 180° + ϕ 0 (ω d1 ) = 16° und somit der Regelkreis stabil. Zu b)
Um den Phasenrand auf ϕ Rd1 = 40° zu vergrößern, muss die Durchtrittsfrequenz bei ω d2 = -1 0,023 s liegen. Dies wird durch Absenken des Amplitudenganges um 17,7 dB erreicht und entspricht einem Faktor von 7,7. Der neue Proportionalbeiwert ergibt sich zu
K PR =
10 = 1,3 . 7 ,7
194
6 Stabilitätskriterien
− (1:1)
40dB G
dB
G0
ωE1
0 dB
ϕ
0°
GR
− (2:1)
20dB
10−3
10−2
10−3
10−2
ωE2
ωd1
GS
10−1
ω /s −1
10−1
ω /s −1
− 45° − 90° − 135° − 180°
ϕRd1 = 40° ϕRd2 = 16°
− 225° − 270° − 315° − 360° Bild 6.20 Bode-Diagramm des offenen Kreises mit
G 0 ( s ) = K PR K PS
1 + sTn e − sTt (Beispiel 6.3) sTn (1 + sT1 )
Die Wirkung einer Totzeitänderung auf die Stabilität kann ebenfalls leicht ermittelt werden. Eine Vergrößerung der Totzeit ändert den Amplitudengang |G0( jω )| nicht; lediglich der Phasengang ϕ0(ω) wird nach links verschoben. Das Ergebnis dieser Betrachtungen zeigt, dass für
6.4 Stabilitätsuntersuchung mittels Zweiortskurvenverfahren
195
diesen Regelkreis eine Vergrößerung des Proportionalbeiwertes KPR, sowie eine Vergrößerung der Totzeit Tt, die Stabilität verschlechtern. Ändert man die Nachstellzeit Tn., so ist der Einfluss nicht ohne weiteres erkennbar, da die Eckfrequenz des PI-Gliedes sich ändert und damit der Abstand zur Eckfrequenz des P-Gliedes 1. Ordnung. Außerdem tritt eine Änderung des Phasenganges auf.
6.4 Stabilitätsuntersuchung mittels Zweiortskurvenverfahren Das Zweiortskurvenverfahren, das auf Oppelt zurückgeht, ist eine sehr anschauliche Methode zur Stabilitätsuntersuchung. Neben der exakten Auswertung, die auch exakte Ergebnisse liefert, kann man mit Hilfe dieses Verfahrens ohne Rechnung rein gedanklich Tendenzen erkennen, die zur Stabilität bzw. Instabilität führen. Der charakteristische Verlauf der hauptsächlich in Frage kommenden Ortskurven kann bei einiger Übung leicht ohne Tabellen angegeben werden. Insbesondere wird das Zweiortskurvenverfahren zur Stabilitätsuntersuchung von Regelkreisen angewandt, die Nichtlinearitäten enthalten. Zur Erläuterung des Zweiortskurvenverfahrens betrachten wir Bild 6.21. Wie der Name sagt, werden zwei Ortskurven in einem gemeinsamen Diagramm aufgetragen, und zwar: 1. Die Ortskurve der Regeleinrichtung GR( jω ) und 2. die negative inverse Ortskurve der Regelstrecke −1/ GS( jω ). Für die folgenden Betrachtungen wollen wir das vereinfachte Nyquist-Kriterium gemäß der Beziehung (6.64) zu Grunde legen. Das heißt, wir betrachten nur Systeme, deren Übertragungsfunktion G0(s) keine Pole mit positivem Realteil (nr = 0) und höchstens einen Doppelpol im Ursprung (ni = 0, 1, 2) besitzt. Nach (6.64) ist ein System stabil, wenn im Bode-Diagramm bei der Durchtrittsfrequenz ω d, d. h. |G0( jω d)| = 1,
(6.66)
der zugehörige Phasenwinkel ϕ0(ω d) > − 180° ist. Aus Gl. (6.66) folgt |G0( jω d)| = |GR( jω d)| |GS( jω d)| = 1 G R ( jω d ) =
1 . GS ( jω d )
Da GS ( jω d ) = − GS ( jω d ) ist, gilt auch
(6.67)
196
6 Stabilitätskriterien G R ( jω d ) =
−1 . GS ( jω d )
(6.68)
Gl. (6.67) oder (6.68) kann zur Berechnung von ω d benutzt werden. Wie Bild 6.21 zeigt, wird durch die beiden Zeiger GR ( jω d ) und
−1 GS ( jω d )
der Winkel ϕR eingeschlossen, der identisch ist mit der Phasenreserve bzw. dem Phasenrand. Zum Beweis betrachten wir den Winkel, den der Zeiger −1 GS ( jω d ) mit der positiv reellen Achse einschließt. −1 GS
ω
Im
ϕR
ω=0
Im
ω ω=0 Re
ϕRd ωd
ϕR
GR
ω
Re
ωd GR
Bild 6.21 Stabilitätsprüfung mittels Zweiortskurvenverfahren
Es ist 1 −1 = − 1 ⋅ e − j180° ⋅ ⋅ e − jϕS (ω ) GS ( jω d ) GS ( jω d ) −1 1 = ⋅ e − j (180°+ϕS ) . GS ( jω d ) GS ( jω d ) Mit
§ −1 © GS
−1 GS
ϕRd a) ϕRd > 0 (stabil)
ϕ ¨¨
ω
· ¸¸ = −(180° + ϕ S ) ¹
folgt der in Bild 6.21 angegebene Phasenrand zu
§
−1 © GS ( jω d )
ϕ Rd (ω d ) = ϕ R (ω d ) − ϕ ¨¨
· ¸¸ ¹
b) ϕRd < 0 (instabil)
6.4 Stabilitätsuntersuchung mittels Zweiortskurvenverfahren
197
bzw.
ϕ Rd (ω d ) = ϕ R (ω d ) + ϕ S (ω d ) + 180° .
(6.69)
Da ϕ0 = ϕR + ϕS ist, ist Gl. (6.69) identisch mit Gl. (6.65). Nach dem Zweiortskurvenverfahren ist demnach ein System stabil, wenn für ω = ω d, das heißt G R ( jω d ) =
−1 , GS ( jω d )
der Phasenrand ϕR(ω d) > 0 ist, bzw. der Zeiger GR(jω d) gegenüber dem Zeiger −1 GS ( jω d ) voreilt. Für ϕR(ω d) = 0 arbeitet der Regelkreis an der Stabilitätsgrenze.
6.4.1 Konstruktion der negativ inversen Ortskurve der Strecke Für eine P-Strecke mit der Übertragungsfunktion GS ( s ) =
K PS 1 + sT1 + s 2T22 + s 3T33 + ...
(6.70)
erhalten wir den negativ inversen Frequenzgang T3 T T2 −1 1 =− − j 1 ω + 2 ω 2 + 3 ω 3 + ... GS ( jω ) K PS K PS K PS K PS
(6.71)
Diese Gleichung lässt sich als Zeigerpolygon in der Gaußschen Zahlenebene darstellen (Bild 6.22). Das Zeigerpolygon beginnt mit dem Zeiger −1/KPS auf der negativ reellen Achse. Der zweite Term −jT1ω /KPS in Gl. (6.71) repräsentiert einen Zeiger in negativ imaginärer Richtung. Daran schließt der reelle Zeiger T22ω 2 / K PS an usw. Für jede Frequenz ergibt sich ein Zeigerpolygon, dessen Endpunkt einen Punkt der Ortskurve darstellt. Für ω = 0 beginnt die Ortskurve auf der negativ reellen Achse im Abstand −1/KPS vom Ursprung. Die Ortskurve lässt sich in einfacher Weise konstruieren, wenn man zunächst für eine bestimmte Frequenz (z. B. ω1 = 1 s-1) das Zeigerpolygon zeichnet. Multipliziert man ω1 mit 2; 3; ..., so wird der erste Zeiger auf der negativ reellen Achse unverändert bleiben, die Länge des zweiten Zeigers −jT1ω /KPS wird mit 2; 3; ... multipliziert (wächst linear), die des dritten T22ω 2 / K PS wächst quadratisch usw.
198
6 Stabilitätskriterien Im
d)
− a1ω1
a2ω12
− a1⋅2ω1
1
Bild 6.22 Konstruktion der negativ inversen Ortskurve einer P-Strecke mit: a) 1. Ordnung b) 2. Ordnung c) 3. Ordnung d) 4. Ordnung
c)
1 − K PS
Re
− a1⋅3ω1 a2 2 2 ω12 − a1⋅4ω1
2
a1 =
a2 3
2
ω12
3
T1 K PS
2 ; a 2 = T2
K PS
ω b)
a2 4 2 ω12
a)
4
Bei I-Strecken beginnt die negativ inverse Ortskurve im Ursprung. Da in Gl. (6.71) der erste Term −1/KPS verschwindet, fällt der erste Zeiger in die negativ imaginäre Achse. Das folgende Beispiel soll das Zweiortskurvenverfahren näher erläutern. •
Beispiel 6.4
Eine P-T2-Strecke mit der Übertragungsfunktion
GS ( s ) =
K PS s 2T22 + sT1 + 1
KPS = 0,5 T1 T2
2
=3s 2
=2s
wird von einem nicht idealen P-Regler mit Verzögerung 1. Ordnung geregelt KPR = 20 K PR
GR ( s) =
1 + sTa
Ta
= 1 s.
Der Regelkreis ist mittels Zweiortskurvenverfahren auf seine Stabilität zu untersuchen. Wir zeichnen zunächst die negativ inverse Ortskurve der Strecke. Diese folgt aus
T T2 −1 1 =− − j 1 ω + 2 ω2. GS ( jω ) K PS K PS K PS -1
Für ω1 = 0,5 s
ist
−1 = −2 − j 3 + 1 . GS ( jω1 )
6.4 Stabilitätsuntersuchung mittels Zweiortskurvenverfahren
199
Für 2ω1 = 1 s wird -1
−1 = −2 − j 6 + 4 usw. GS ( j 2ω1 ) Die Ortskurve des P-T1-Reglers ist ein Halbkreis im 4. Quadranten mit dem Durchmesser KPR. Wie Bild 6.23 zeigt, schneiden sich die beiden Ortskurven. Gemäß der Bedingung (6.70) suchen wir die Kreisfrequenz ω = ω d, für die
G R ( jω d ) =
1 GS ( jω d )
bzw.
K PR 1 + (ωTa )
2
=
1 [1 − (ωT2 ) 2 ] 2 + (ωT1 ) 2 ist. K PS
Daraus folgt
1 − ( K PR K PS ) 2 + ω 2 (Ta2 − 2T22 + T12 ) + ω 4 (T24 + Ta2T12 − 2Ta2T22 ) + ω 6Ta2T24 = 0 .
Im 4 2 -4
-2
4
2
6
8
10
12
14
16
18
20
Re
− a1ω1 − a1⋅2ω1 0,5 − a1⋅3ω1
ϕRd 2
a2 2 ω1
GR ( jω )
1
ω / s-1 2
− a1⋅4ω1
0,5
2
a2 3 ω12
1
a2 4
2
ω12
−
1 GS ( jω )
2
ω / s-1
Bild 6.23 Stabilitätsuntersuchung mittels Zweiortskurvenverfahren (P-T2-Strecke und P-T1Regeleinrichtung), mit a1 =
T1 T2 ; a2 = 2 . K PS K PS
200
6 Stabilitätskriterien 2
Diese kubische Gleichung in ω hat nur eine reelle Lösung 2
-1
ω = 2,196 s
bzw. ein reales (positives) -1
ω = ω d = 1,482 s . Damit folgt:
tan ϕ R = −ω d Ta = −1,482
ϕR = −56°
§ −1 · ω d T1 ¸¸ = tan ¨¨ = −1,31 2 © GS ¹ 1 − (ω d T2 )
§ −1 · ¸¸ = −52,65°. ϕ ¨¨ © GS ¹
und
Der Phasenrand
§ −1 ·
¸ = −3,35° ω Rd = ϕ R − ϕ ¨¨ G ¸ © S¹
ist negativ, bzw. für ω = ω d eilt GR( jω d) dem Zeiger −1/GS( jω d) nach, d. h. der geschlossene Regelkreis ist instabil. Wie Bild 6.23 zeigt, schneiden sich die beiden Ortskurven für KPR < 18 nicht mehr, der Kreis ist dann stabil. Für einen idealen P-Regler (Ta = 0) reduziert sich die Ortskurve GR( jω ) zu einem Punkt auf der positiv reellen Achse im Abstand KPR zum Ursprung. Es ist offensichtlich, dass ein solcher Regler erst im Zusammenspiel mit einer P-T3-Strecke instabil werden kann. Die negativ inverse Ortskurve einer P-T3-Strecke durchläuft den 3., 4. und 1. Quadranten (Bild 6.22). Von Bedeutung ist der Schnittpunkt der Ortskurve −1/GS( jω ) mit der positiv reellen Achse, der stets rechts von KPR liegen muss, um die Stabilität des Regelkreises zu gewährleisten.
201
7 Das Wurzelortskurvenverfahren Das dynamische Verhalten eines Regelkreises ist abhängig von der Polverteilung des geschlossenen Kreises und wird durch die Wahl der Regelparameter beeinflusst. Mit den in Kapitel 6 behandelten Stabilitätskriterien war eine Aussage über die relative Lage der Pole des geschlossenen Kreises zur Stabilitätsgrenze möglich, ohne die absolute Pollage explizit zu berechnen. Demgegenüber gestattet das von dem amerikanischen Regelungstechniker W. R. Evans 1948 erstmals vorgestellte Wurzelortskurvenverfahren die Änderung der Lage der Pole des geschlossenen Kreises anhand der Pol-Nullstellen-Konfiguration des aufgeschnittenen Kreises in Abhängigkeit von der Variation jeweils eines Regelparameters zu bestimmen. Ein Nachteil des Wurzelortskurvenverfahrens besteht darin, dass es sich nicht auf Systeme mit Totzeit anwenden lässt. Die Pole des geschlossenen Kreises ergeben sich aus der charakteristischen Gleichung 1 + G0 ( s ) = 0 bzw.
(7.1)
G 0 ( s ) = −1 .
(7.2)
Darin ist G 0 ( s ) = G R ( s ) ⋅ GS ( s ) =
Z ( s) = −1 N ( s)
(7.3)
durch eine gebrochen rationale Funktion mit dem Zählerpolynom Z(s) und dem Nennerpolynom N(s) darstellbar. Wir können uns ferner G0(s), wie in Gl. (6.26), in Linearfaktoren zerlegt vorstellen. G0 ( s ) = K ⋅
( s − s N1 )( s − s N2 )( s − s N3 ) ... ( s − s Nm ) = −1 . ( s − s P1 )( s − s P2 )( s − s P3 ) ... ( s − s Pn )
(7.4)
Hierin sind sNi die Nullstellen (i = 1, 2...m) und sPj die Polstellen (j = 1, 2...n) des aufgeschnittenen Kreises und werden als bekannt vorausgesetzt. Gesucht sind nun die s-Werte, für die Gl. (7.4) erfüllt wird. Der geometrische Ort aller s-Werte, die der Gl. (7.4) genügen, ist die Wurzelortskurve (WOK). Ähnlich wie bei der Herleitung des Nyquist-Kriteriums (s. Abschnitt 6.2.1) können wir die Linearfaktoren in Gl. (7.4) als Zeiger in der s-Ebene darstellen.
jω
(s – sN1 )
ϕN1 sN1
(s - sP2 )
(s – sP1 )
ϕP1
sP1
ϕP2 sP2
0
σ
Bild 7.1 Linearfaktoren in Gl. (7.4) als Zeiger in der s-Ebene
202
7 Das Wurzelortskurvenverfahren
Im Gegensatz zu Abschnitt 6.2.1 suchen wir den resultierenden Zeiger nicht in Abhängigkeit von jω , sondern von s = σ + jω . Bild 7.1 zeigt für ein System G0(s) mit einer Nullstelle und zwei Polen einen Punkt s in der s-Ebene, für den die Gl. (7.4) erfüllt ist. Ersetzen wir in Gl. (7.4) jeden der Linearfaktoren (Zeiger) durch seinen Betrag und seine Phase, so wird
G0 ( s ) = K
s − s N1 e jϕ N1 ⋅ s − s N2 e jϕ N2 ⋅ ... ⋅ s − s Nm e jϕ Nm s − s Pn e jϕ Nn
s − s P1 e jϕ P1 ⋅ s − s P2 e jϕ P2 ⋅ ... ⋅
= −1 .
(7.5)
Hierin sind ϕ Ni bzw. ϕ Pj die Winkel, die die jeweiligen Zeiger mit der positiv reellen Achse einschließen, bzw.
§ Im ( s − s Ni ) · ¸¸ . © Re ( s − s Ni ) ¹
ϕ Ni = arctan ¨¨
(7.6)
Für N = P ergeben sich die Winkel der Zeiger im Nenner von Gl. (7.5). Es liegt nahe, Gl. (7.5) nach Betrag und Phase aufzuspalten, und wir erhalten die Gleichungen: G0 ( s ) = K
s − s N1 ⋅ s − s N2 ⋅ s − s N3 ⋅ ... ⋅ s − s Nm s − s P1 ⋅ s − s P2 ⋅ s − s P3 ⋅ ... ⋅ s − s Pn
=1
(7.7)
und
ϕ 0 = ϕ N1 + ϕ N2 + ϕ N3 + ... − ϕ P1 − ϕ P2 − ϕ P3 − ... = ± (2i + 1) π
(7.8)
i = 0, 1, 2, 3... Anstelle von Gl. (7.8) können wir tan ϕ 0 = 0 oder, da auch tan ϕ 0 =
(7.9) Im (G0 ) = 0, Re (G0 )
Im (G0 ) = 0 .
(7.10)
betrachten. Ein wesentlicher Vorteil des WOK-Verfahrens besteht darin, dass der veränderliche Parameter K in der Winkelbedingung Gln. (7.8), (7.9) oder (7.10) nicht mehr vorkommt. Wir werden im Folgenden sehen, dass der WOK-Verlauf (der geometrische Ort aller Pole) allein aus diesen Bedingungen gewonnen werden kann. Für einfache Systeme ist es möglich, mittels der Gl. (7.9) oder Gl. (7.10) den Verlauf der WOK in der s-Ebene analytisch zu berechnen. Die Lage der Pole als Funktion des Parameters K bestimmt sich dann mit Gl. (7.7) zu K=
s − s P1 ⋅ s − s P2 ⋅ s − s P3 ⋅ ... ⋅ s − s Pn s − s N1 ⋅ s − s N2 ⋅ s − s N3 ⋅ ... ⋅ s − s Nm
.
(7.11)
7.1 Analytische Berechnung der Wurzelortskurve
203
Wie Gl. (7.11) zeigt, wird für s = sPj (j = 1, 2...n) K = 0, und für s = sNi (i = 1, 2...m) ergibt sich K = ∞. Dies gibt Aufschluß über den Verlauf der WOK in den Extremwerten von K. Bestimmen wir die Lage der Pole in Abhängigkeit von 0 ≤ K ≤ ∞, so beginnt die WOK für K = 0 in den Polen des aufgeschnittenen Kreises und endet für K = ∞ in dessen Nullstellen bzw. im Unendlichen. Wie wir noch sehen werden, ist jeder Pol sPj von G0(s) der Ursprung eines Astes der WOK. Bei realen Systemen ist der Grad des Zählerpolynoms m stets kleiner höchstens gleich dem des Nennerpolynoms n. Von den n Ästen der Wurzelortskurve enden m in den Nullstellen und (n – m) im Unendlichen. Aus der uns bekannten Tatsache, dass komplexe Pole immer nur konjugiert komplex auftreten können, ergibt sich, dass die WOK stets symmetrisch zur σ-Achse verläuft. Es genügt also, die WOK in der oberen Halbebene zu ermitteln. Die analytische Auswertung der Gln. (7.10) und (7.11) ist nur bei einfachen Systemen möglich. Zur Bestimmung der WOK komplizierter Systeme bedient man sich entweder eines graphischen Probierverfahrens unter Zuhilfenahme der so genannten Spirule oder der numerischen Berechnung mittels Digitalrechner. Für das graphische Verfahren ist es hilfreich, dass die einzelnen Äste der WOK in den Polen von G0(s) für K = 0 beginnen. Ein benachbarter Punkt, der die Gln. (7.7) und (7.8) erfüllt, kann relativ leicht gefunden werden. Die im Folgenden abgebildeten WOK wurden mit dem CAEProgramm MATRIX-X berechnet und ausgeplottet. Für gängige Regelkreiskonfigurationen gibt es WOK-Kataloge, in denen die charakteristischen Verläufe der WOK in Abhängigkeit der Pol-Nullstellenverteilung von G0(s) zusammengestellt sind. Ein weiterer Vorzug des WOK-Verfahrens besteht darin, dass es sich ganz entsprechend der Darstellung kontinuierlicher Systeme in der s-Ebene, ebenso auf diskrete Systeme in der z-Ebene anwenden lässt (s. Abschnitt 11.5.3).
7.1 Analytische Berechnung der Wurzelortskurve In den folgenden Beispielen wird das Verfahren näher erläutert. Beispiel 7.1 Für den einfachen Regelkreis in Bild 7.2 soll die Wurzelortskurve mit KPR als veränderlichem Parameter bestimmt werden. Die Übertragungsfunktion des aufgeschnittenen Kreises lautet:
G0 ( s ) = G R ( s) ⋅ GS ( s) ; G0 ( s ) = K PR K PS
1 + sTn ; sTn (1 + sT1 )
§ 1 · ¨¨ s + ¸¸ Tn ¹ K K . (7.12) G0 ( s) = PR PS ⋅ © T1 § 1· s¨¨ s + ¸¸ T1 ¹ ©
w(s)
+
e(s)
−
K PR
1 + sTn sTn
K PS 1 + sT1
x(s)
Bild 7.2 Regelkreis bestehend aus einer PT1-Strecke und einem PI-Regler, KPS = 0,5; T1 = 2 s; Tn = 1 s
204
7 Das Wurzelortskurvenverfahren
Die Pole von G0(s) liegen bei
s P1 = 0 ; s P 2 = −
1 , T1
1 . Tn Setzen wir in Gl. (7.12) s = σ + jω, so folgt die Nullstelle bei s N1 = −
· § 1 ¨¨ σ + + jω ¸¸ Tn K K ¹ © G0 (σ , jω ) = PR PS ⋅ . T1 · § 1 (σ + jω )¨¨ σ + + jω ¸¸ T1 ¹ ©
(7.13)
Gemäß Gl. (7.7) ergibt sich der Verlauf der Wurzelortskurve aus
tan ϕ 0 =
Im (G0 ) =0 Re (G0 )
bzw. es genügt
Im (G0 ) = Re ( N ) ⋅ Im ( Z ) − Re ( Z ) ⋅ Im ( N ) = 0 zu betrachten. Damit erhalten wir aus Gl. (7.13)
ª §
ω «σ ¨¨ σ + ¬« ©
º § 1· 1 ¸¸ − ω 2 » − ¨¨ σ + T1 ¹ Tn ¼» ©
§ · 1· ¸¸ ⋅ ω ⋅ ¨¨ 2σ + ¸¸ = 0 . T1 ¹ © ¹
Diese Gleichung wird erfüllt für: a) ω = 0 b) ω
2
(7.14)
= −σ
2
§ 2 1 1 −σ − = −¨¨ σ + Tn Tn T1 Tn ©
2
· 1 ¸¸ + Tn ¹
§ 1 1· ¨¨ − ¸¸ = 0 . © Tn T1 ¹
(7.15)
Der erste Teil der Wurzelortskurve verläuft nach Gl. (7.14) auf der σ-Achse. Für den zweiten Teil der Wurzelortskurve kann Gl. (7.15) (im vorliegenden Fall für Tn < T1) auf die Form
§ 1 ω = −¨¨ σ + Tn © 2
2 § · 1 ¸¸ + ¨ ¨ T ¹ © n
§ 1 1 ·· ¨¨ − ¸¸ ¸ © Tn T1 ¹ ¸¹
2
(7.16)
gebracht werden. Dies ist die Gleichung eines Kreises in der s-Ebene mit dem Radius
r=
1 Tn
§ 1 1· ¨¨ − ¸¸ und dem Mittelpunkt © Tn T1 ¹
§ 1 · ¸. ¨¨ ω = 0; σ = − Tn ¸¹ ©
Bild 7.3 zeigt den WOK-Verlauf, der mit dem Programm MATRIX-X berechnet wurde. Nach Gl. (7.14) wäre zu erwarten, dass die gesamte σ-Achse Teil der WOK ist.
7.1 Analytische Berechnung der Wurzelortskurve
Bild 7.3 WOK des Regelkreises nach Bild 7.2 mit G0 ( s )
205
K PR (1 sTn ) K PS sTn 1 sT1
Wie Bild 7.3 zeigt, sind aber die Bereiche sN1 < V < sP2 und V > 0 ausgenommen, und zwar weil hier Gl. (7.6) verletzt ist. Betrachten wir z. B. für Z = 0 einen Punkt sN1 < V < sP2, so ist
M 0 M N1 M P1 M P2
0 S S
2S z (2i 1) S .
Für einen Punkt mit Z = 0 und V > 0 ist
M 0 M N1 M P1 M P2
0 0 0 z (2i 1) S .
In diesen Bereichen ist zwar tan M0 = 0 aber M0 kein ungeradzahliges Vielfaches von S. Ermittlung der Lage der Pole auf der Wurzelortskurve als Funktion von Kp Die Abhängigkeit der Lage der Pole des geschlossenen Kreises vom veränderlichen Parameter KPR ergibt mit Gl. (7.5) auf Gl. (7.13) angewandt
206
7 Das Wurzelortskurvenverfahren
G0 (σ , jω ) =
K PR K PS ⋅ T1
σ+
1 + jω Tn
=1
1 σ + jω ⋅ σ + + jω T1
(7.17)
bzw.
(σ
2
T K PR = 1 ⋅ K PS
2 ª§ º 1· « + ω ) ⋅ ¨¨ σ + ¸¸ + ω 2 » «© » T1 ¹ ¬ ¼ 2
§ 1 ¨¨ σ + Tn ©
2
.
(7.18)
· ¸¸ + ω 2 ¹
Betrachten wir zunächst den Teil der Wurzelortskurve, der auf der σ-Achse verläuft, so erhalten wir mit Gl. (7.14) in Gl. (7.17)
K PR K PS = T1
σ ⋅σ +
1 T1
.
(7.19)
1 σ+ Tn
Im Bereich sP2 < σ < sP1 ist:
σ <0 σ > s P2 = −
§ 1· 1 ¸>0 bzw. ¨¨ σ + T1 T1 ¸¹ ©
σ > s N1 = −
§ 1 · 1 ¸>0. bzw. ¨¨ σ + Tn Tn ¸¹ ©
Damit können die Betragszeichen in Gl. (7.19) unter Berücksichtigung der Vorzeichen der einzelnen Terme weggelassen werden und es folgt:
§
K PR K PS T1
1·
σ ⋅ ¨¨σ + ¸¸ T1 ¹ © =− § 1 ¨¨ σ + Tn ©
(7.20)
· ¸¸ ¹
oder nach σ aufgelöst 2
σ 1,2 = −
§ 1 + K PR K PS · 1 + K PR K PS K K ¸¸ − PR PS . ± ¨¨ 2T1 2T1 Tn T1 ¹ ©
(7.21)
7.1 Analytische Berechnung der Wurzelortskurve
207
Entsprechend ist für σ < sN1 = −1/Tn:
σ <0 § 1 · ¸<0 ¨¨ σ + Tn ¸¹ © § 1· ¨¨ σ + ¸¸ < 0 , T 1¹ © d. h. es gilt ebenfalls Gl. (7.20) bzw. (7.21). In den beiden Verzweigungspunkten ist der Radikand in Gl. (7.21) Null. Somit folgt für das Auftreten von Doppelpolen:
ª T 1 « § K PR1,2 = − ¨¨1 − 2 1 « K PS Tn © ¬«
§ T ¨¨1 − 2 1 Tn ©
º 2 · ¸¸ − 1» ; » ¹ ¼»
§
K PR1 = 2(3 − 2 2 ) = 0,343;
σ 1 = −¨¨1 −
K PR 2 = 2(3 + 2 2 ) = 11,66;
σ 2 = −¨¨1 +
KPR
σ1 σ2
· ¸¸ ± ¹
0 0 − 0,5
0,1
0,2
©
§ ©
0,3
0,343
(7.22)
1 · ¸¸ ; 2¹ 1 · ¸¸ . 2¹ 11,66
− 0,053 − 0,115 − 0,2 − 0,293 − 1,707 − 0,472 − 0,435 − 0,375 − 0,293 − 1,707
12
16
20
− 1,5 − 2,0
− 1,22 − 3,28
− 1,15 − 4,35
Für den Bereich KPR1 < KPR < KPR2 erhalten wir die auf dem Kreis liegenden konjugiert komplexen Pole. Die Zuordnung zu KPR ermittelt sich mit Gl. (7.15) in Gl. (7.18)
§ 2 1 · §¨ 2 1 2 1 ·¸ ¨¨ − σ ¸¸ σ + −σ − − 2 Tn Tn T1 ¹ ¨© T1 T1 Tn Tn T1 ¸¹ © K PR K PS . = 2 1 2 1 T1 σ + −σ − Tn Tn2 Tn Tn T1
(7.23)
Nach Umformung von Gl. (7.23) folgt 2
§ K PR K PS 1· 1 . = ¨¨ 2σ + ¸¸ = 2 ⋅ σ + T1 T1 ¹ 2T1 © Im betrachteten Bereich ist σ < −
1 und somit 2T1
(7.24)
208
7 Das Wurzelortskurvenverfahren
K PR K PS T1
§ 1· ¨¨ 2V ¸¸ T1 ¹ ©
bzw.
V
1 K PR K PS . 2T1
(7.25)
Erstaunlicherweise ist V unabhängig von 1/Tn. KPR
V
0,343 1 0,292 0,375
2 0,5
4 0,75
6 1
8 1,25
10 1,5
11 11,66 1,625 1,707
Betrachten wir die WOK in Bild 7.3 nochmals im Zusammenhang, so beginnt diese für KPR = 0 mit den beiden Ästen in den Polen sP1 und sP2. Für 0 d KPR d KPR1 bewegen sich die Pole des geschlossenen Kreises auf der V-Achse gegeneinander und ergeben für KPR = KPR1 einen Doppelpol. Die symmetrische Verzweigung in den Kreis und damit das Auftreten konjugiert komplexer Pole erfolgt für KPR > KPR1.
Bild 7.4 Wurzelortskurve des Regelkreises nach Bild 7.2
G0 ( s )
K PR K PS ( s s N1 ) für Tn T1 s ( s s P2 )
1 s; 0,5 s; 0, 3 s und 0,25 s
7.1 Analytische Berechnung der Wurzelortskurve
209
Im Bereich KPR1 ≤ KPR ≤ KPR2 hat das geschlossene System konjugiert komplexe Pole auf dem Kreis der WOK. Für KPR = KPR2 treffen sich die beiden Kreishälften im Doppelpol (σ = −1 − 1 2; ω = 0) , um sich für KPR > KPR2 erneut zu verzweigen. Während der eine Ast für KPR2 > KPR ≤ ∞ auf der σ-Achse nach rechts in die Nullstelle sN1 von G0 läuft, strebt der andere mit zunehmendem KPR nach σ = −∞. Die bisherige Betrachtung konzentrierte sich auf die Ermittlung der WOK in Abhängigkeit vom Regelparameter KPR. Um den Einfluss des zweiten Regelparameters Tn auf die WOK zu zeigen, gibt es zwei Möglichkeiten: a)
Durch schrittweise Veränderungen von Tn werden die zugehörigen WOKn anhand der zuvor gefundenen Gleichungen bestimmt. Bild 7.4 zeigt die WOKn für Tn = 1 s; 0,5 s; 0, 3 s und 0,25 s .
b) Die charakteristische Gleichung 1 + G0(s) = 0 wird in die Form 1+
K PR K PS * 1 ⋅ G * ( s) = 0 , mit G ( s ) = s(1 K + Tn PR K PS + sT1 )
gebracht und die WOK in Abhängigkeit von 1/Tn ermittelt.
Als weiteres Beispiel soll im Folgenden ein Regelkreis betrachtet werden, dessen Übertragungsfunktion G0(s) drei negativ reelle Pole aufweist. Beispiel 7.2 Die Übertragungsfunktion des aufgeschnittenen Kreises lautet
G0 ( s ) =
K PR K PS K PR K PS = 3 (1 + sT1 ) (1 + sT2 ) (1 + sT3 ) s a3 + s 2 a 2 + s a1 + 1
(7.26)
mit
a1 = T1 + T2+ T3 = 3,5 s a2 = T1T2 + T1T3 + T2T3 = 3,5 s
2
3
a 3 = T1 T2 T3 = 1 s . w(s)
+
e(s)
−
K PR
K PS (1 + sT1 )(1 + sT2 )(1 + sT3 )
x(s)
Bild 7.5 Regelkreis mit drei negativ reellen Polen des aufgeschnittenen Kreises T1 = 1 s; T2 = 2 s; T3 = 0,5 s
Setzen wir in Gl. (7.26) s = σ ± jω, so folgt
G0 (σ , jω ) =
K PR K PS [1 + σ a1 + (σ − ω )a2 + (σ − 3σω 2 )a3 ] ± jω[ a1 + 2σ a2 + (3σ 2 − ω 2 ) a3 ] 2
2
3
.
(7.27)
210
7 Das Wurzelortskurvenverfahren
Die WOK ergibt sich gemäß Gl. (7.9) aus
tan ϕ 0 =
Im (G0 ) =0 Re (G0 )
bzw.
Im G 0 = ± K PR K PS
ω [a1 + 2σa 2 + (3σ 2 − ω 2 )a 3 ] NENNER
= 0.
(7.28)
Gl. (7.28) ist erfüllt für
ω =0
(7.29)
und
ω2 =
a1 + 2σ a2 + 3σ 2 a3 . a3
(7.30)
Ausgangspunkte der WOK sind für K = KPR KPS = 0 die Pole des aufgeschnittenen Kreises
sP1 = −
1 1 1 = −0,5 s −1; s P3 = − = −2 s −1 . = −1 s −1; sP2 = − T2 T3 T1
Betrachten wir als erstes den Teil der WOK, der auf der negativen σ -Achse (ω = 0) verläuft. Die Winkelbedingung ϕ0 = (2i + 1)π wird erfüllt für die Bereiche
s P1 ≤ σ ≤ s P2 und
σ ≤ s P3 . Durch Gl. (7.30) wird der Verlauf der beiden WOKn-Äste beschrieben, für die ω ≠ 0 ist. Im Verzweigungspunkt ist ω = 0 und es folgt aus Gl. (7.30)
a1 + 2σ a2 + 3σ 2 a3 = 0 bzw.
σ 1,2 =
− a 2 ± a 22 − 3a1 a 3 . 3a 3
(7.31)
Mit den Zahlenwerten erhalten wir
σ 1 = −0,726 s −1 σ 2 = −1,608 s −1 . Wie aus Bild 7.6 ersichtlich ist, ist nur σ1 ein echter Verzweigungspunkt, während σ2 in den Bereich fällt, der gegen die Winkelbedingung verstößt. Im Schnittpunkt der WOK mit der jωAchse (Stabilitätsgrenze) ist σ = 0 und es folgt aus Gl. (7.30)
ω kr = ±
a1 = ±1,871 s −1 . a3
7.1 Analytische Berechnung der Wurzelortskurve
211
Bild 7.6 Wurzelortskurve des Regelkreises nach Bild 7.5 mit G0 ( s )
K (s s P1 ) ( s s P2 ) ( s s P3 )
Weitere Punkte im interessierenden Bereich der WOK Z = f (V) ergeben sich durch Einsetzen diskreter V -Werte in die Gl. (7.30).
V s 1
Z s 1
0,726
0,6
0,5
0,4
0,3
0,2
0
+ 0,5
0
r 0,616
r 0,866
r 1,086
r 1,292
r 1,49
r 1,871
r 2,784
Die Markierung der WOK in Abhängigkeit vom Parameter K = KPRKPS folgt aus Gl. (7.27). Durch die Winkelbedingung bzw. Im (G0) = 0 vereinfacht sich Gl. (7.27) und es wird
G 0 (V , Z )
K PR K PS 1 V a1 (V 2 Z 2 )a 2 (V 3 3VZ 2 )a 3
1.
Ermitteln wir zunächst die KPRKPS-Werte auf der V-Achse für Z = 0, so ist
(7.32)
212
7 Das Wurzelortskurvenverfahren K PR K PS = 1 + σ a1 + σ 2 a2 + σ 3a3
und mit den Zahlenwerten a1, a1, a3 eingesetzt, folgt
K PR K PS = 1 + σ 3 + 3,5σ (1 + σ ) .
(7.33)
Mit Gl. (7.33) berechnen sich die nachfolgenden KPRKPS-Werte (s. Bild 7.6).
σ s −1
KPRKPS
− 0,5
− 0,726
−1
−2
− 2,5
−3
−4
−5
0
0,079
0
0
1,5
5
21
54
Zur Bestimmung der KPRKPS-Werte auf den beiden Wurzelortskurvenästen für ω ≠ 0 eliminie2 ren wir ω . Mit Gl. (7.30) in Gl. (7.27) folgt
K PR K PS = 1 + σ a1 + σ 2 a2 + σ 3a3 − (a2 + 3σ a3 )
a1 + 2σ a2 + 3σ 2 a3 . a3
Setzen wir für a1, a1, a3 die Zahlenwerte ein, so wird
K PR K PS = − 11,25 − 31,5σ − 28σ 2 − 8σ 3
(7.34)
mit den nachfolgend errechneten KPRKPS-Werten.
σ s −1
KPRKPS
− 0,726
− 0,5
− 0,25
0
+ 0,25
+ 0,5
0,079
1,5
5
11,25
21
35
Der Schnittpunkt der WOKn-Äste mit der jω -Achse für σ = 0 ergibt sich auch einfach mit Hilfe des Hurwitz-Stabilitätskriteriums. Aus der charakteristischen Gleichung a
0 1 + G 0 ( s ) = s a 3 + s a 2 + sa1 + 1 + K PR K PS = 0 3
2
folgt an der Stabilitätsgrenze
a1a 2 − a 0 a 3 = 0 bzw.
aa K PR K PS = 1 2 − 1 = 11,25 . a3
7.2 Geometrische Eigenschaften von Wurzelortskurven
213
Die in Bild 7.6 gezeigte Wurzelortskurve wurde mit dem CAE-Programm MATRIX-X berechnet. Für K = 0 beginnen die drei WOKn-Äste in den Polstellen sP1, sP2, sP3. Während der von sP3 ausgehende Ast mit zunehmendem K auf der negativ reellen Achse nach σ → -∞ läuft, laufen die beiden von sP1 und sP2 ausgehenden Äste zunächst auf der negativ reellen Achse aufeinander zu und treffen im Verzweigungspunkt σ 1 = −0,726 s −1 K = 0,079 zusammen. Für K > 0,079 treten die beiden WOKn-Äste aus dem Verzweigungspunkt aus, laufen symmetrisch zur reellen Achse (konjugiert komplexes Polpaar) und schneiden für K = 11,25 (σ = 0) die imaginäre Achse. Das System wird für K > 11,25 mit σ > 0 instabil.
7.2 Geometrische Eigenschaften von Wurzelortskurven Die im Folgenden als Regeln angegebenen geometrischen Eigenschaften dienten ursprünglich als Hilfsmittel zur Konstruktion von Wurzelortskurven. Da graphische Verfahren heute gegenüber numerischen Verfahren mittels Digitalrechner immer mehr in den Hintergrund treten, dienen diese Regeln zum einen zur Überprüfung numerisch gewonnener Daten und zum anderen können damit die Tendenzen von Parameteränderungen abgeschätzt und die Auswirkungen, die das Hinzufügen zusätzlicher Pol- und Nullstellen (z. B. Lead-Lag-Glied) zur Folge hat, qualitativ beurteilt werden.
Regel 1
Beginn und Ende der WOKn-Äste
Sämtliche Äste der WOK beginnen für K = 0 in den Polen sPj des aufgeschnittenen Kreises G0(s) und enden für K → ∞ in den Nullstellen sNi von G0(s) bzw. im Unendlichen. Den Beweis liefert Gl. (7.11). Für s = sPj (j = 1...n) wird K = 0 und für s = sNi (i = 1...m) wird K = ∞. Ferner wird für n > m K = ∞, wenn s → ∞. Da bei realen Systemen der Grad m des Zählerpolynoms von G0(s) stets kleiner höchstens gleich dem Grad des Nennerpolynoms ist (m ≤ n), enden von den n Ästen m in den Nullstellen und (n − m) Äste laufen ins Unendliche.
Regel 2
Symmetrie der WOK bezüglich der reellen Achse
Da komplexe Pole und Nullstellen immer nur konjugiert komplex auftreten, ist die WOK symmetrisch zur reellen Achse.
Regel 3
Verschiebung der Pol-Nullstellenkonfiguration parallel zur reellen Achse
Eine Verschiebung der gesamten Pol-Nullstellenkonfiguration von G0(s) parallel zur reellen Achse ändert die Lage der WOK zur imaginären Achse, hat aber keine Änderung der Form der WOK zur Folge.
214
7 Das Wurzelortskurvenverfahren
Regel 4
Verlauf der WOK auf der reellen Achse
Von der reellen Achse der s-Ebene sind die Bereiche Teil der WOK, von deren Punkte aus betrachtet die rechts davon gelegene Summe der auf der reellen Achse gelegenen Pole und Nullstellen ungerade ist. Konjugiert komplexe Pole und Nullstellen liefern keinen Beitrag für Punkte auf der reellen Achse und können unberücksichtigt bleiben.
Regel 5
Schwerpunkt der Asymptoten
Ist n > m, so laufen (n − m) WOKn-Äste ins Unendliche. Die Asymptoten an die ins Unendliche strebenden Äste schneiden sich in einem Punkt auf der reellen Achse, dem n
Wurzelschwerpunkt δ s =
Regel 6
¦
m
s Pj −
j =1
¦ s Ni i =1
n−m
.
(7.35)
Anstiegswinkel der Asymptoten
Die Anstiegswinkel der Asymptoten ergeben sich zu
ϕi =
Regel 7
(1 + 2i ) π m−n
(i = 0, 1, 2, ... , n − m − 1).
(7.36)
Austrittswinkel aus einem konjugiert komplexen Polpaar
Die beiden Austrittswinkel ϕPAi aus einem konjugiert komplexen Polpaar ergeben sich zu m
ϕ PA1,2 = ¦ ϕ Ni − i =1
n
π
¦ ϕ Pj ± 2 .
(7.37)
j =1 j ≠ A1, A2
Entsprechend ergeben sich für die beiden Eintrittswinkel ϕNEi in ein konjugiert komplexes Nullstellenpaar
ϕ NE1,2 = −
Regel 8
m
n
π
i =1 i ≠ E1, E2
j =1
2
¦ ϕ Ni + ¦ ϕ Pj ±
.
(7.38)
Austrittswinkel aus einem r-fachen Pol auf der reellen Achse
Aus einem r-fachen Pol auf der reellen Achse treten r WOKn-Äste aus. Die Austrittswinkel berechnen sich aus
7.2 Geometrische Eigenschaften von Wurzelortskurven
ϕ Pi =
(ν − μ − 1 − 2i) ⋅π r
(i = 1, 2, 3,... r).
215 (7.39)
Konjugiert komplexe Pol- bzw. Nullstellenpaare liefern keinen Winkelbeitrag und können in (7.39) unberücksichtigt bleiben. Ebenso haben die auf der reellen Achse links von der r-fachen Polstelle gelegenen Pole und Nullstellen den Winkelbeitrag Null. Nur die rechts der r-fachen Polstelle liegenden μ Pole ergeben −μ⋅π und die ν Nullstellen +ν ⋅π. In eine r-fache Nullstelle auf der reellen Achse enden r WOKn-Äste unter den Eintrittswinkeln
ϕ Ni = −
Regel 9
(ν − μ − 1 − 2i) ⋅π r
(i = 1, 2, 3,... r).
(7.40)
Verzweigungspunkte der WOK
Ein Verzweigungspunkt K = Kλ liegt vor, wenn zwei oder im Allgemeinen r WOKnÄste mit zunehmendem K auf einen Punkt zulaufen und ebenso viele WOKn-Äste für K > Kλ aus dem Verzweigungspunkt austreten. Der Verzweigungspunkt ergibt sich durch Lösen der Gleichung m
n 1 1 − =0. s − s Ni j =1 s − s Pj i =1
¦
¦
(7.41)
Das zu lösende Polynom ist infolge n ≥ m vom Grade n und für großes n nur numerisch lösbar. Speziell für die Verzweigungspunkte auf der reellen Achse, folgt für ω = 0 bzw. s = σ m
n
1
1
¦ σ − s Ni − ¦ σ − s Pj = 0 . i =1
(7.42)
j =1
Regel 10 Winkel zwischen den ein- bzw. austretenden WOKn-Ästen eines Verzweigungspunkts Der Winkel zwischen zwei benachbarten, aus dem Verzweigungspunkt austretenden WOKn-Ästen ist
Δϕ Pλ =
2π . r
(7.43)
Ebenso ergibt sich für den Winkel zwischen zwei benachbarten, in den Verzweigungspunkt eintretenden WOKn-Ästen
216
7 Das Wurzelortskurvenverfahren 2π . r
Δϕ Nλ =
(7.44)
Der Winkel zwischen je einem in den Verzweigungspunkt ein- und austretenden WOKn-Ast ist
Δϕ λ =
π
.
r
Δϕ Nλ
Δϕ λ
Δϕ Nλ
(7.45)
Δϕ Nλ
r=2
Δϕ λ
r=3
Δϕ λ
r=4
Bild 7.7 Verzweigungspunkte für r = 2, 3 und 4
Bild 7.7 zeigt Verzweigungspunkte für r = 2, 3, 4. Die Richtungen der Zeiger sind abhängig von der konkreten Pol-Nullstellenverteilung. So zeigen die beiden Verzweigungspunkte in Bild 7.3 für K = 0,343 und K = 11,66 unterschiedliche Richtungen bezüglich der eintretenden WOKn-Äste. Entsprechend unterschiedlich sind die Richtungen der austretenden WOKn-Äste. Regel 11 Schnittpunkte der WOK mit der imaginären Achse Die Schnittpunkte der WOK mit der imaginären Achse (Stabilitätsgrenze) ergeben sich aus Gl. (7.4) für σ = 0 bzw. s = jω zu m
K0 ⋅
∏
( jω − s Ni ) +
i =1
n
∏ ( jω − s Pj ) = 0 .
(7.46)
j =1
Da in Gl. (7.46) sowohl die Realteile als auch die Imaginärteile gleichzeitig verschwinden müssen, ergeben sich zwei Gleichungen zur Bestimmung von ω und K. Vielfach gelangt man durch Auswertung der charakteristischen Gleichung mittels eines Stabilitätskriteriums (z. B. Hurwitz) an der Stabilitätsgrenze schneller zum Ziel.
Regel 12 Ermittlung eines unbekannten WOKn-Punktes für ein bestimmtes K Ist m ≤ n − 2, so gilt n
¦
j =1
n
s Pj =
¦ sPλ ( K ) = konst.
(7.47)
λ =1
Da komplexe Pole immer nur konjugiert komplex auftreten, fallen bei der Summenbildung die imaginären Anteile heraus und es genügt die Bildung der Summe über die Realteile
7.2 Geometrische Eigenschaften von Wurzelortskurven n
¦
217
n
Re( s Pj ) =
j =1
¦ Re(s Pλ ( K )) = konst.
(7.48)
λ =1
Diese Regel kann hilfreich sein, wenn es darum geht, ein noch unbekanntes sPλ (reell oder konjugiert komplex) für ein bestimmtes K zu ermitteln. Es sei nochmals betont, dass die Beziehung (7.48) auf Systeme m ≤ n − 2 beschränkt ist. Die Anwendung und Zweckmäßigkeit der im Vorangegangenen behandelten Regeln 1, ... 12 soll anhand der nachfolgenden Beispiele erläutert werden. •
Beispiel 7.3
Eine PT2-Strecke mit der Übertragungsfunktion
GS ( s ) =
K PS
K PS = 0,4 ;
1 + sT1 + s 2T22
T1 = 0,8 s ;
T22 = 0,2 s 2
wird von einem PDT1-Regler geregelt:
G R ( s ) = K PR
1 + sTv , mit Tv = 2 s ; 1 + sT3
T3 = 0,2 s .
Der Verlauf der WOK soll mit K ~ KPR als veränderlichem Parameter anhand der Regeln diskutiert werden. Die Übertragungsfunktion des aufgeschnittenen Kreises lautet
G0 ( s ) = G R ( s ) ⋅ GS ( s ) =
K PR K PSTv T22T3
⋅
( s − s N1 ) , ( s − s P1 )( s − s P2 )( s − s P3 )
mit
1 = −0,5 s −1 ; s N1 = − Tv s P3 = −
1 = −5 s −1 ; T3
§ T ± ¨ 1 s P1,2 = − 2 ¨ 2T 2 2T2 © 2 K K T K = PR PS v T22T3 T1
2
· ¸ − 1 = (−2 ± j ) s −1 ¸ T22 ¹
Regel 1 Als erstes werden die Pole und Nullstellen des offenen Kreises in die s-Ebene gezeichnet (s. Bild 7.8). Jeder der drei Pole ist Ausgangspunkt eines WOKn-Astes. Da nur eine Nullstelle
sN1 vorliegt, enden von den drei WOKn-Ästen zwei im Unendlichen.
Regel 4 Der Bereich sP3 ≤ σ ≤ sN1 der reellen Achse ist Teil der WOK.
218
7 Das Wurzelortskurvenverfahren
Regel 5 Nach Gl. (7.35) erhalten wir den Wurzelschwerpunkt n
δS =
¦
m
s Pj −
j =1
¦ s Ni i =1
=
n−m
− 2 − 2 − 5 + 0,5 −1 s = −4,25 s −1 . 2
Regel 6 Die Anstiegswinkel der beiden Asymptoten folgen aus Gl. (7.36)
ϕi =
(1 + 2i ) ⋅π m−n
π ϕ0 = − ;
i = 0 ,1, 2, ..., (n − m − 1) 3 2
ϕ1 = − π .
2
Regel 7 Die Austrittswinkel aus den konjugiert komplexen Polen sP1und sP2 ergeben sich nach Gl. (7.37) zu
§
ϕ A1 = ϕ N1 − ϕ P3 + 90° = ¨¨180° − arctan ©
1 · 1 ¸ − arctan + 90° = 218° ¸ 1,5 ¹ 3
ϕ A 2 = ϕ N1 − ϕ P3 − 90° = −146,31° + 18,44° − 90° = −218°. Regel 9 Mit Gl. (7.42) errechnet sich die Lage des Verzweigungspunktes m
1
n
1
1
1
1
1
¦ σ − s Ni − ¦ σ − sPj = σ + 0,5 − σ + 2 − j − σ + 2 + j − σ + 5 = 0. i =1
j =1
Daraus folgt
(σ 2 + 4σ + 5) ⋅ 4,5 − ( 2σ + 4)(σ 2 + 5,5σ + 2,5) = 0 bzw. 2σ 3 + 10,5σ 2 + 9σ − 12,5 = 0. Die Lösungen dieses Polynoms 3. Grades sind:
σ 1 = −2,615 s −1 ;
σ 2 = −3,349 s −1 ;
σ 3 = +0,714 s −1 .
Es liegen demnach zwei Verzweigungspunkte σ1 und σ2 vor. Der dritte Verzweigungspunkt σ3 liegt außerhalb des gültigen Bereichs.
Regel 10 Im vorliegenden Fall sind die beiden Verzweigungspunkte jeweils doppelte Polstellen (r = 2). Der Winkel zwischen den symmetrisch ein- und austretenden WOKn-Ästen ist nach Gl. (7.45)
7.2 Geometrische Eigenschaften von Wurzelortskurven
Δϕ λ =
π r
219
= 90°.
Regel 11 Die Ermittlung der Schnittpunkte mit der imaginären Achse erübrigt sich, da es, wie der WOKn-Verlauf zeigt, keine Schnittpunkte gibt. Das heißt, das System ist unbegrenzt stabil.
Regel 12 Infolge (n−m) = 2 können der dritte Pol und die K-Werte in den Verzweigungspunkten nach Gl. (7.48) berechnet werden. n
m
j =1
i =1
¦ Re(sPj ) = ¦ Re(sPλ ) = (−2 − 2 − 5) s −1 = −9 s −1. Für den Verzweigungspunkt σ 1 = −2,615 s −1 liegt der dritte Pol auf der reellen Achse bei
σ 1,3 = (−9 + 2 ⋅ 2,615) s −1 = −3,77 s −1. Entsprechend berechnet sich für den zweiten Verzweigungspunkt σ 2 = −3,349 s −1 der dritte Pol zu
σ 2,3 = (−9 + 2 ⋅ 3,349) s −1 = −2,302 s −1 . Exemplarisch sollen noch die K-Werte in den Verzweigungspunkten bestimmt werden. Allgemein gilt nach Gl. (7.4) n
∏ (s − s Pj ) j =1 m
K =−
.
∏ (s − s Ni ) i =1
Im ersten Verzweigungspunkt ist
K1 = −
K1 =
(−2,615 + 2 − j ) (−2,615 + 2 + j ) (−2,615 + 5) − 2 s (−2,615 + 0,5)
(0,615 2 + 1) ⋅ 2,385 − 2 s = 1,554 s −2 . 2,115
Im zweiten Verzweigungspunkt ist
K2 = −
K2 =
(−3,349 + 2 − j ) (−3,349 + 2 + j ) (−3,349 + 5) − 2 s (−3,349 + 0,5)
(1,349 2 + 1) ⋅ 1,651 −2 s = 1,634 s −2 . 2,849
220
7 Das Wurzelortskurvenverfahren
In Bild 7.8 ist der mit dem CAE-Programm MATRIX-X berechnete Wurzelortskuververlauf dargestellt.
Bild 7.8 Wurzelortskurve zu Beispiel 7.3 mit
G0 ( s )
K PR K PS
1 sTv (1 sT1 s 2T22 )(1 sT3 )
221
8 Entwurf von linearen Regelkreisen In Kapitel 4 wurden verschiedene Regeleinrichtugen mit einfachen Regelstrecken zu Regelkreisen zusammengesetzt und bei Führungs- und Störverhalten untersucht. Als Güteparameter wurden die bleibende Regeldifferenz und die Dämpfung betrachtet. Ein optimal eingestellter Regelkreis soll mit möglichst geringer Regeldifferenz einerseits und möglichst großer Dämpfung andererseits arbeiten. Diese Forderungen widersprechen sich. Bespielsweise führt die Vergrößerung des P- bzw. des I-Anteils eines Reglers bei Regelkreisen mit P-Strecken zur Verringerung der bleibenden Regeldifferenz, gleichzeitig jedoch auch zur Verringerung der Dämpfung und somit zur Instabilität. Die optimale Reglereinstellung erfolgt durch eine Kompromisslösung, die wiederum von der speziellen Regelaufgabe abhängt. Ein wünschenswertes Regelkreisverhalten soll mehrere Gütekriterien optimal oder in gegebenen Grenzen halten. Außer Amplituden- und Phasenreserve, Pol- und Nullstellen, bleibender Regeldifferenz und Dämpfung gehören zur Regelgüte die An- und Ausregelzeit und die Überschwingweite. Diese Merkmale lassen sich aus Sprungantworten direkt ablesen oder aus Differentialgleichungen bzw. Übertragungsfunktionen mit Hilfe von Stabilitätskriterien und Wurzelortskurven (Kapitel 6 und 7) berechnen. Somit ist der Erfolg beim Reglerentwurf im Wesentlichen von Kenntnissen der Regelstrecke abhängig. Nachfolgend wird gezeigt, wie der Regelkreisentwurf direkt im Zeitbereich oder indirekt durch die Optimierung von Frequenzkennlinien erfolgt.
8.1 Gütekriterien des Zeitverhaltens Bild 8.1 zeigt den zeitlichen Verlauf der Regelgröße bei einem Führungssprung. Daraus lassen sich die wichtigsten Gütekriterien des Zeitverhaltens, d. h. die bleibende Regeldifferenz, die Dämpfung, die An- und Ausregelzeit, die Überschwingweite, wie nachfolgend gezeigt wird, nach „Faustformeln“ ermitteln. x
maximale Überschwingweite xm
w0
Sollwert
Tan
bleibende vereinbarter Regeldifferenz Toleranze(∞) bereich
Beharrungswert x(∞)
t
Te Taus
Bild 8.1 Sprungantwort des Führungsverhaltens. Die Güteparameter sind nach DIN 19226, Teil 5, eingetragen
222 •
8 Entwurf von linearen Regelkreisen Bleibende Regeldifferenz
Die Regelkreise, die nur aus P-Gliedern mit oder ohne Verzögerung bestehen, weisen immer eine bleibende Regeldifferenz auf. Dies gilt auch für die Glieder mit D-Anteil. Sind in einem Regelkreis mit P-Regler ein oder mehrere Glieder mit I-Anteil vorhanden, so ist der zeitliche Verlauf der Regeldifferenz e(t) vom Ort, an dem die Störgröße angreift und deren zeitlichen Verlauf abhängig. Greift die Störgröße am Ausgang des I-Gliedes an, so wird die Regeldiffferenz vollständig ausgeregelt. Tritt die Störgröße am Eingang des I-Gliedes ein, so kann die bleibende Regeldifferenz e(∞) entweder aus der mathematischen Beschreibung des Regelkreises, wie in Kapitel 4 gezeigt wurde, oder direkt aus dem Wirkungsplan des Regelkreises anhand der Eigenschaften eines I-Gliedes ermittelt werden. Diese Eigenschaft besteht darin, dass die Ausgangsgröße eines I-Gliedes überhaupt nur dann einen Beharrungszustand erreichen kann, wenn die Eingangsgröße des I-Gliedes gleich Null wird. •
Beispiel 8.1
Am Eingang des I-Gliedes in Bild 8.2 wird im Beharrungszustand stets yS(∞) = 0. Dies führt beim Führungsverhalten mit dem Sprung w(t) = w0 zu y(∞) = 0, yR(∞) = 0 und weiterhin zu e(∞) = 0, d. h. zu keinen bleibenden Regeldifferenz.
KPR
w +
yR
e
z1
KPS , T1
+
y
+
yS
+
−
z2
KIS +
x
Bild 8.2 Wirkungsplan eines Regelkreises mit drei Eingangsgrößen w, z1 und z2
Wirkt nun sprungförmig die Störgröße z1(t) = z10, so soll diese im Beharrungszustand durch y(∞) = − z10 kompensiert werden, da es aus dem Wirkungsplan des Bildes 8.2 yS(∞) = y(∞) + z10 = 0 folgt. Für y(∞) = − z10 wird weiterhin y R ( ∞) = −
1 z10 , K PS
was zu einer bleibenden Regeldifferenz führt:
e(∞) = −
1 1 ⋅ z10 K PS K PS
Greift die Störgröße z2(t) am Ausgang des I-Gliedes an, so ist dieser Fall gleichbedeutend mit dem Führungsverhalten, d. h. e(∞) = 0.
8.1 Gütekriterien des Zeitverhaltens •
223
Überschwingweite
Die Überschwingweite xm ist die größte Abweichung der Regelgröße vom Sollwert während des Übergangsprozesses von einem Beharrungszustand in einen neuen Beharrungszustand beim Führungs- oder Störverhalten. Die Überschwingweite kann verhältnismäßig durch den Beharrungswert x(∞) ausgedruckt werden, z. B. in Bild 8.1 beträgt die Überschwingweite ca. 30% des Beharrungswertes, d. h. xm = 0,3 x(∞). •
Anregel- und Ausregelzeit
Die Anregelzeit Tan ist ein Maß für die Schnelligkeit einer Sprungantwort. Sie wird als die Zeitspanne zwischen der Eintrittzeit eines Stör- oder Führungssprungs und dem Zeitpunkt, wenn die Regelgröße erstmalig in einen vorgegebenen Toleranzbereich eintritt, definiert. Der Toleranzbereich wird meist als ± (2 bis 4) % des Endbeharrungszustandes x(∞) vereinbart. Die Ausregelzeit Taus zeigt, wie lange dauert der Übergangsprozess von einem Beharrungszustand x(0) in einen neuen Beharrungszustand x(∞). Der Übergangsprozess gilt als abgeschlossen, wenn die Regelgröße in den Toleranzbereich ± (2 bis 4) % des Endbeharrungszustandes x(∞) zum dauernden Verbleib eintritt. •
Dämpfung
Die Sprungantwort in Bild 8.1 entspricht einem P-T2-Verhalten (s. Abschnitt 3.5): G w ( s ) = K Pw ⋅ β 2
1 2
s + s ⋅ 2α + β 2
.
Den exakten Wert der Dämpfung D = α /β kann man nach Gl. (3.72) des Abschnitts 3.5 berechnen. Die Anzahl n der Halbwellen der Sprungantwort lässt sich aus den Zusammenhängen der gedämpten Schwingung ableiten: 1
n=
D2
−1 .
Angenähert kann die Dämpfung direkt aus der Sprungantwort abgelesen werden:
D≈
1 . n
Beispielsweise weist die Sprungantwort in Bild 8.1 n = 3 Halbwellen auf. Die Dämpfung D liegt damit bei 0,33. Aus dem Abschnitt 3.5 folgen die Formeln für die Berechnung der Ausregelzeit Taus und der Periodendauer Te bzw. der Frequenz ωe der gedämpften Schwingung: Taus =
ln 25
α
≈
3,22
α
,
Te =
2π
ωe
=
2π
β 1− D2
.
224
8 Entwurf von linearen Regelkreisen
8.2 Praktische Einstellregeln Eine anspruchsvolle Einstellung des Reglers kann dann erfolgen, wenn ein genügend genaues Modell der Regelstrecke vorliegt. In den Fällen, wenn die mathematische Beschreibung der Regelstrecke nicht bzw. nur angenähert bekannt ist, haben sich die empirischen Einstellregeln mit Erfolg bewährt, deren Vorteil darin besteht, dass kein mathematischer Aufwand notwendig ist. Die praktischen Einstellregeln werden nachfolgend nach dem Genauigkeitsgrad des Streckenmodells eingeteilt. Somit werden wir zwischen den grob und fein approximierten Regelstrecken unterscheiden. Die experimentelle Ermittlung der mathematischen Beschreibung der Regelstrecke wird in der Fachliteratur als Identifikation bezeichnet. Darunter versteht man die Untersuchung des experimentell ermittelten Übergangsverhaltens der Regelstrecke, wenn am Eingang die speziellen Testfunktionen angewendet werden. Die Identifikation als Werkzeug zur Modellbildung wird im Buch nicht betrachtet. Die Eingangsfunktionen, wie die Sprungfunktionen, die Anstieg- und Rampenfunktionen, die Impulsfunktionen und die stoschastischen Eingangssignale, wurden bereits im Abschnitt 2.3.1 eingeführt. Hier wird nur die Parameterschätzung anhand von Sprungantworten der Regelstrecke x(t) auf eine sprungförmige Änderung der Stellgröße y(t) behandelt.
8.2.1 Grob approximierte Strecke Ziegler-Nichols-Verfahren Liegt keine mathematische Beschreibung einer Regelstrecke vor, ist jedoch gegeben, dass diese sich wie eine Reihenschaltung eines Verzögerungsgliedes 1.Ordnung (PT1-Glied) und eines Totzeitgliedes Tt oder wie ein P-Tn-Glied verhält, so kommt sofort die Einstellregel nach Ziegler und Nichols zur Anwendung. Zunächst wird am Regelkreis experimentiert. Der Regler wird als P-Regler eingestellt und die Verstärkung KPR solange vergrößert, bis der Regelkreis an die Stabilitätsgrenze gelangt, d. h. Dauerschwingungen ausführt. Dabei wird der kritische Wert von KPR = KPRkr abgelesen und die kritische Periodendauer Tkr der Dauerschwingung gemessen. Die empfohlenen Kenngrößen für verschiedene Reglertypen sind: Parameter KPR
P-Regler
PI-Regler
PID-Regler
0,5⋅ KPRkr
0,45⋅ KPRkr
0,6⋅⋅ KPRkr
0,83⋅⋅Tkr
0,5⋅⋅ Tkr
Tn
-
Tv
-
-
0,125⋅ Tkr
Die oben angegebene Tabelle gibt die günstige Einstellung des Störverhaltens. Der Regelverlauf ist dabei mit ca. D = 0,2 bis D = 0,3 schwach gedämpft.
8.2 Praktische Einstellregeln
225
Wendetangenten-Verfahren Viele industrielle Regelstrecken lassen sich angenähert als P-Tn- oder I-Tn-Strecken darstellen. Aus den Sprungantworten können Verzugszeit Tu bzw. Tt und Ausgleichszeit Tg sowie Proportional- und Integrierbeiwerte KPS oder KIS durch eine grobe Approximation mittels der Wendetangente, wie in Bild 8.3 gezeigt, bestimmt werden. x(t)
x(t) Tg
x(∞) KIS ⋅ Tu ⋅ y0
KPS ⋅ y0
0
tw
0
t
t Tu = Tt
Tu = Tt
Bild 8.3 Approximierung der Sprungantwort nach einem Sprung der Stellgröße y(t) = y0⋅σ(t).
Die nach dem Ziegler-Nichols-Verfahren empfohlene Einstellung kann mit den grob geschätzten Parametern der Regelstrecke auch rechnerisch ermittelt werden. Für eine Regelstrecke, die z. B. aus einem Totzeitglied und einem Verzögerungsglied 1. Ordnung mit den Zeitkonstanten Tu und Tg besteht und mit einem P-Regler mit Verstärkung KPR geregelt wird G0 ( s ) = K PR ⋅
K PS ⋅ e − sTu , 1 + sTg
(8.1)
soll die Nyquist-Stabilitätsbedingung (6.64) bei der Dauerschwingung erfüllt werden: G0 ( jω d ) = 1 , wenn ϕ 0 (ω d ) = −180° .
(8.2)
Der Amplituden- und Phasengang des aufgeschnittenen Regelkreises nach Gl. (8.1) wurden bereits in Abschnitten 6.2.3 und 6.3.2 behandelt. Aus Gl. (8.2) folgen die Bedingungen für die kritischen Werte KPRkr und ω kr :
G0 ( jω kr ) =
K PRkr K PS 1 + (ω kr Tg )
2
=1
ϕ 0 (ω kr ) = −ω kr Tu − arctan(ω kr Tg ) = −π . Ermitteln wir ω kr aus der Gl. (8.3)
(8.3)
(8.4)
226
8 Entwurf von linearen Regelkreisen ( K PRkr K PS ) 2 − 1
ω kr Tg =
und setzen diese in Gl. (8.4) ein, so ergibt sich die Bedingung Tu π − arctan = Tg (K
( K PRkr K PS ) 2 − 1 2 PRkr K PS ) − 1
.
(8.5)
Das Verhalten Tg/Tu wird die Regelbarkeit genannt. Aus Gl. (8.5) folgt, dass KPRkr vom Proportionalbeiwert KPS und von der Regelbarkeit der Strecke abhängig ist. Die Regelbarkeit (8.5) kann durch die Faustformel Tu π 1 ≈ Tg 2 K PRkr K PS − 1
(8.6)
approximeirt werden. Daraus folgt K PRkr ≈
1 K PS
§ π Tg · ¨ ⋅ ¸ ¨ 2 T + 1¸ . u © ¹
(8.7)
Die entsprechende Ziegler-Nichols-Empfehlung ist unten in der Tabelle dargestellt. Parameter
P-Regler
PI-Regler
PID-Regler
K PR K PSTu Tg
1
0,9
1,2
-
3,3
2,0
-
-
0,5
Tn Tu Tv Tu
Eine andere Empfehlung zur günstigen Einstellung des P-Reglers stammt von Samal: K PR ≈
1 2 K PS
§ π Tg · ¸. ⋅ ¨¨ ⋅ ¸ © 2 Tu ¹
(8.8)
Für PI-Regler gilt nach dieser Regel wie oben noch Tn = 3,3⋅Tu sowie für PID-Regler Tn = 2,0⋅Tu und Tv = 0,5⋅Tu. Chien, Hrones und Reswick haben detaillierte und für verschiedene Anforderungen an das Regelverhalten ausgelegte Einstellregeln empfohlen, die zu einem Regelverlauf für Führungs- und für Störverhalten ohne Überschwingen oder mit der 20%Überschwingen führen. Die nachfolgende Tabelle zeigt diese Einstellregeln für PIund PID-Regler (additive Form) mit Strecken höherer Ordnung, die nach Gl. (8.1) durch den Proportionalbeiwert KPS und die Regelbarkeit gekennzeichnet sind.
8.2 Praktische Einstellregeln Reglereinstellung nach Chien, Hrones , Reswick Regler Parameter
227 Regelverlauf mit 20% Überschwingung Führung Störung
Aperiodischer Regelverlauf Führung
Störung
P
T K PR K PS u Tg
0,3
0,3
0,7
0,7
PI
T K PR K PS u Tg
0,35
0,6
0,6
0,7
Tn
1,2⋅Tg
4⋅Tu
1,0⋅Tg
2,3⋅Tu
T K PR K PS u Tg
0,6
0,95
0,95
1,2
Tn
1,0⋅Tg
2,4⋅Tu
1,35⋅Tg
2,0⋅Tu
Tv Tu
0,5
0,42
0,47
0,42
PID
Regelbarkeit der Strecke Wie oben erwähnt, ist die günstige Reglereinstellung von der Regelbarkeit der StreTg , abhängig. Je größer die Regelbarkeit ist, desto größer cke, d. h. vom Verhalten Tu darf die Verstärkung des Reglers gewählt werden, wie Gln. (8.7) und (8.8) zeigen. Die Erfahrungswerte zur Beurteilung der Regelbarkeit sind unten zusammengefasst. ⇐
gute
⇐
⇐
x(t)
x(t)
t
0
Tu = 0
Tg Tu
=
t
0
Tg Tu
=∞
schlechte
Tg
t
0
x(t)
Tg
Tu = 0
0 0
x(t)
x(t) Tg
Tg = 0
Regelbarkeit
Tu
gute Regelbarkeit von 10 bis 3
Tg = 0
t
0
Tu
Tg Tu
t
0
Tu
<1
Tg Tu
=0
Ist die Verzugszeit Tu der Strecke sehr klein, so erkennt der Regler verzögerungsfrei einen Störgrößensprung und baut dementsprechend die Störung schnell ab. Man spricht von guter Regelbarkeit. Und umgekehrt, je größer die Verzugszeit ist, desto länger dauert die Übertragung des Störsignals zum Reglereingang. Der Regler wird in diesem Fall mit der größeren Verspätung reagieren und dabei eine viel größere Regeldifferenz abbauen müssen, was für eine schlechte Regelbarkeit spricht.
228
8 Entwurf von linearen Regelkreisen
T-Summen-Regel Die Identifikation einer P-Tn-Regelstrecke nach diesem Verfahren unterscheidet sich grundsätzlich von der Identifikation nach dem Wendetangenten-Verfahren. Die Summe der Zeitkonstanten TΣ wird aus der Sprungantwort mit Hilfe einer senkrechten Linie bestimmt, die die zwei gleichen Flächen F1 und F2 bildet, wie in Bild 8.4 ge zeigt ist. Daraus folgt ein neues Einstellverfahren, das von U. Kuhn 1995 eingeführt wurde. x(∞) F2
Bild 8.4 Auswertung einer Sprungantwort der Regelstrecke nach der T-Summen-Regel
x(t) KPS y0 F1 TΣ
0
t
Mit der Zeitkonstante TΣ und dem Proportionalbeiwert KPS der Strecke lassen sich die Reglerparameter nach der folgenden Tabelle berechnen. Parameter
P-Regler
PD-Regler
PI-Regler
PID-Regler
KPR KPS
1
1
0,5
1
Tn
-
-
0,5 TΣ
0,66 TΣ
Tv
-
0,33 TΣ
-
0,167 TΣ
Die daraus folgende etwas langsamere Einstellung kann durch andere Einstellvarianten , z. B. für PID-Regler mit KPRKPS = 2; Tn = 0,8 TΣ und Tv = 0,194 TΣ wieder schneller gemacht werden.
8.2.2 Fein approximierte Strecke Durch eine verfeinerte Approximation kann eine P-Tn-Strecke mit unbekannten Zeitkonstanten T1, T2 ... Tn entweder als ein P-T2-Glied mit zwei verschiedenen Zeitkonstanten T1 und T2 G(s) =
K PS (1 + sT1 )(1 + sT2 )
(8.9)
oder als ein P-Tn-Glied mit n gleichen Zeitkonstanten T angenähert werden G(s) =
K PS
(1 + sT ) n
.
(8.10)
8.2 Praktische Einstellregeln
229
P-T2-Verhalten Die Sprungantwort einer P-Strecke höherer Ordnung (Bild 8.5) kann als ein P-T2Glied (8.9) mit zwei verschiedenen Zeitkonstanten T1 > T2 für den Wendepunkt x(t)
tw =
Tg (T1+ T2 )
T1T2 T ln 1 T1 − T2 T2
wie folgt angenähert werden:
x(∞)
Tu = T2 ®T =T + t . 1 w ¯ g
KPS ⋅ y0
Ist beispielsweise 0 T 2
t
tw
T 1 = 2 T 2,
so folgt Bild 8.5 Verfeinerte Approximierung nach dem Wendetangenten-Verfahren
t w = 2T2 ⋅ ln 2 = 1,386T2 .
Einstellregeln nach Strejc Die aus dem Bildes 8.5 resultierende Einstellregel des Proportionalbeiwertes für PT und PI-Regler wurde von Strejc nach dem Verhältnis von Zeitkonstanten k = 1 T2 empfohlen:
K PR =
1 k 2 +1 ⋅ . K PS 2k
Für die Nachstellzeit eines PI-Reglers gilt dazu: Tn =
(k 2 + 1)(k + 1) k2 + k +1
⋅ T2 .
Zeit-Prozentkennwert-Verfahren Nach diesem Verfahren werden die aus der Sprungantwort der Regelstrecke gemessenen Zeitpunkte t10, t50 und t90 bestimmt, bei denen die Regelgröße 10%, 50% und 90% ihres stationäres Wertes x(∞) erreicht (Bild 8.6). Die Regelstrecke wird als P-TnGlied mit n gleichen Zeitkonstanten nach Gl. (8.10) approximiert. Die Ordnungszahl n der Regelstrecke wird aufgrund der Kennzahl
μ=
t10 t 90
(8.11)
230
8 Entwurf von linearen Regelkreisen
berechnet. Mit Hilfe der drei weiteren Kennzahlen α10, α50 und α90 (s. die nachstehende Tabelle) wird die Zeitkonstante T der Regelstrecke (8.10) ermittelt
α t + α 50 t 50 + α 90 t 90 T = 10 10 . 3
(8.12)
x(t) x(∞) = 100% x90
x50
Bild 8.6 Verfeinerte Approximierung der Sprungantwort der Regelstrecke nach Zeit-Prozentkennwert-Verfahren
KPS y0
x10 t10
0
t50
t
t90
Das von Schwarze entwickelte Zeit-Prozentkennlinien-Verfahren lässt die Regelstrecke identifizieren und den Regler nach der Methode der Betragsanpassung einstellen. Die Ergebnisse der Identifikation und die Regeln zum Entwurf des Regelkreises mit 10% Überschwingen sind in Tabelle unten für n = 3, 5 und 10 zusammengefasst. Parameter
Identifikation der Regelstrecke: Streckenkenngrößen
μ n
0,207 3
0,304 5
0,438 10
α10
0,907
0,411
0,161
α50
0,374
0,214
0,103
α90
0,188
0,125
0,070
Einstellregel nach Latzel Kennwerte
PI-
PID-
PI-
PID-
PI-
PID-
KPR KPS
0,877
2,543
0,543
1,109
0,328
0,559
1,96
2,47
2,59
3,31
3,73
4,80
-
0,66
-
0,99
-
1,57
Tn T Tv T
• Beispiel 8.2 Gegeben ist die Sprungantwort der Strecke mit KPS = 0,5 , t10 = 5 s, t50 = 12 s, t90 = 25 s. Gesucht: a) Die Zeitkonstante der nach Gl. (8.10) approximierten Regelstrecke, b) Die Kennwerte des PI-Reglers, bei denen die Regelung mit 10% Überschwingen erfolgt.
8.2 Praktische Einstellregeln
231
Zu a): Aus Gl. (8.11) ist μ = 0,2. Wir bestimmen aus der oberen Tabelle, dass n = 3 ist, und berechnen aus Gl. (8.12) die Zeitkonstante T = (0,907⋅5 s + 0,374⋅12 s+ 0,188⋅25 s) / 3 = 4,574 s. Die Regelstrecke wird damit wie ein P-T3-Glied identifiziert: GS ( s) =
K PS (1 + sT )3
, mit KPS = 0,5 und T = 4,574 s.
Zu b): Für μ = 0,2 bzw. n = 3 folgt aus der unteren Tabelle die Einstellung des PI-Reglers KPRKPS = 0,877. Bei KPS = 0,5 und T = 4,574 ergeben sich KPR = 0,877 / KPS = 1,754 und Tn = 1,96⋅T = 8,965 s. Altrenativ dazu gilt die Regel nach Strejc für proportionale Strecken n-ter Ordnung mit gleicher Zeitkonstante:
K PR =
1 n+2 ⋅ = 1,25 K PS 4 ⋅ (n − 1)
Tn =
n+2 ⋅ T = 7,62 s . 3
Reglereinstellung mittels PC-Simulation Ist die Regelstrecke fein approximiert, und sind die Parameter der Übertragungsfunktion exakt identifiziert, kann die Reglereinstellung auf einfacher Weise anhand einer Simulation des Regelkreises, z. B. mit MATLAB / Simulink erfolgen. •
Beispiel 8.3
Die P-T2-Regelstrecke mit der Totzeit (KPS = 0,8, T1 = 5 s, T2 = 6 s , Tt = 2 s) soll mit dem PIRegler geregelt werden:
GS ( s ) =
K PS ⋅ e − sTt (1 + sT1 )(1 + sT2 )
G R ( s ) = K PR + K PR
1 . sTn
Der Regler soll nach dem Ziegler-Nichols-Verfahren eingestellt werden. Dafür sollen zunächst die Kennwerte der Dauerschwingung KPRkr und Tkr ermittelt werden. Dies erfolgt mit Hilfe des in Bild 8.7 gezeigten MATLAB/Simulink-Programms. Der PI-Regler wird zuerst als P-Regler konfiguriert (KPR/Tn = 0). Nach einigen Versuchen mit dem Regelkreis kann die in Bild 8.8 gezeigte Dauerschwingung (im vorliegenden Fall bei KPRkr = 7,9) erreicht werden. Daraus wird Tkr ≈ 15 s abgelesen. Nach der Ziegler-Nichols-Tabelle sind die Kennwerte des PI-Reglers wir folgt einzustellen: KPR = 0,45⋅KPRkr = 3,55 und Tn =0,83⋅⋅Tkr = 12,45 s.
10 w =1
P -Anteil: KpR = 10
1 s I-Anteil
0
0.8
1
5s+ 1
6s+ 1
Kps = 0,8; T 1 = 5s
T 2 = 6s
x x(t) T t = 2s
C lock
t sec
K pR / T n
Bild 8.7 Wirkungsplan des Regelkreises mit dem PI-Regler, der als P-Regler betrieben wird
232
8 Entwurf von linearen Regelkreisen
Bild 8.8 Ermittlung von Kennwerten der Dauerschwingung KPRkr und Tkr per Simulation
Die Sprungantwort des so eingestellten Regelkreises mit dem PI-Regler nach einem Führungssprung w0 = 1 ist in Bild 8.9 gezeigt. Die Überschwingweite beträgt xm = 50% des Beharrungswertes bzw. des Sollwertes x(∞) = w0 = 1; die Ausregelzeit bei der Toleranzgrenze von 4% ist Taus ≈ 60 s. Die Dämpfung lässt sich aus der Anzahl n = 4 der Halbwellen berechnen und beträgt D ≈ 1/n = 0,25. Der Regelkreisverhalten kann per Simulation nachgebessert werden, so dass bei den Kennwerten des Reglers KPR = 1 und Tn = 8 s eine günstigere Sprungantwort mit xm = 10%; Taus = 35 s und D ≈ 1/n = 0,5 erreicht wird.
Bild 8.9 Regelkreisverhalten nach dem Ziegler-NicholsVerfahren (Kurve 1 mit KPR = 3,55; Tn = 10,4 s) und nach den experimentell eingestellten optimalen Kennwerten (Kurve 2 mit KPR = 1; Tn = 8s)
8.3 Integralkriterien
233
8.3 Integralkriterien Unter Integralkriterien versteht man ein Maß, dass geeignet ist, die Güte des Regelverhaltens nach der durch die Sprungantwort abgegrenzten Fläche abzuschätzen, wie beispielsweise im Bild 8.10 anhand der Regeldifferenz e(t) gezeigt ist. Da die resultierende Fläche des Bildes 8.10 für Kreise mit bleibender Regeldifferenz e(∞) einen unendlich großen Wert erhalten würde, wird die Differenz [e(t) – e(∞)] statt e(t) eingeführt. Der somit entstehende Güteindex wird als Zeitintegral Qlin (Bild 8.11a) ∞
Qlin = ³ [e(t ) − e(∞)] dt
(8.13)
0
bzw. als lineare Regelfläche bezeichnet. Um bessere Regelgüte zu erreichen, soll das Integral Qlin durch die Reglereinstellung zu einem Minimum gebracht werden. x(t)
x(t)
−
w
+
∞
+
³ e(t )dt
e(∞) x(∞)
0
Bild 8.10 Sprungantwort beim Führungsverhalten und die von der Regeldifferenz e(t) = w−x(t) abgegrenzte Fläche
t
0
Bei Regelvorgängen mit Überschwingen setzt sich Qlin, wie aus Bild 8.10 ersichtlich ist, aus den positiv und negativ bezeichneten Flächen zusammen und kann sehr klein werden, ohne den Regelvorgang zu optimieren. So wird das Integral ∞
Qsqr = ³ [e(t ) − e(∞)] 2 dt ,
(8.14)
0
die so genannte quadratische Regelfläche (Bild 8.11b), oder das Integral
Qabs =
∞
³ e(t ) − e(∞) dt ,
(8.15)
0
die so genannte Betragsregelfläche (Bild 8.11c), eingeführt. Der Nachteil dieser Krieterien besteht darin, dass die mit fortlaufender Zeit kleiner werdenden Amplituden den Integralwert kaum beeinflussen, d. h. das Integralkriterium im Wesentlichen nur vom Anfangsteil der Regelfläche bestimmt wird. Durch die Multiplikation mit der Zeitvariable t werden die kleinen Amplituden stärker berücksichtigt (Bild 8.11d). Solch ein Gütekriterium ist als ITAE-Kriterium (Integral of time multiplied absolute value of error) bekannt ∞
QITAE =
³ e(t ) − e(∞) ⋅ t ⋅ dt . 0
(8.16)
234
8 Entwurf von linearen Regelkreisen e(t) − e(∞)
e(t) − e(∞)
Qlin
a)
b) [e(t) − e(∞)]
0
Qsqr [e(t) − e(∞)]
0
0
t e(t) − e(∞)
t
Qlin e(t) − e(∞)
Qabs
c)
0
QITAE
d) [e(t) − e(∞)]
0
t
Qlin
[e(t) − e(∞)]
0
0 Qlin
0 t
Bild 8.11 Integralkriterien: a) Lineare Regelfläche Qlin; b) Quadratische Regelfläche (8.14); c) Betragsregelfläche (8.15); d) Zeitgewichtete Betragsfläche ITAE (8.16)
Integralkriterien wurden von Mandelstamm 1909 vorgeschlagen. Die Berechnungen von Regelflächen wurden in der Regelungstechnik erstmals von Kulebakin 1939 angewendet. Nach diesen Methoden erfolgt die Berechnung von Integrakriterien im Bildbereich. Dadurch kann die umfangreiche Ermittlung der Regeldifferenz im Zeitbereich e(t) = w0 – x(t) vermieden werden. Heutzutage kann die Lösung von Differentialgleichungen und die Optimierung von Regelflächen im Zeitbereich mittels Simulation sehr einfach ermittellt werden. Nachfolgend wird die klassische Berechnungsmethode nur für die lineare Regelfläche Qlin gezeigt. Aus der Laplace-Transformation und dem Grenzwertsatz folgt ∞
Qlin (∞) = lim Qlin (t ) = lim t →∞
t →∞
s ⋅ Qlin ( s) ³ [e(t ) − e(∞)] dt = slim →0 0
∞
Qlin ( s ) = L[Qlin (t )] = [e(t ) − e(∞)] e -st dt .
³ 0
Daraus ergibt sich die lineare Regelfläche zu ª§ 1 ·º Qlin (∞) = lim Qlin (t ) = lim «¨ e( s) − ⋅ e(∞) ¸ » . s t →∞ s → 0 ¬© ¹¼
(8.17)
8.3 Integralkriterien •
235
Beispiel 8.4
Eine P-T2-Strecke mit gegebenen Parametern KPS und T1 ≠ T2 soll mit einem P-Regler bei einem Störsprung z(t) = z0⋅σ (t) ohne Überschwingen (D ≥ 1) geregelt werden:
GS ( s ) =
K PS (1 + sT1 )(1 + sT2 )
G R ( s ) = K PR .
Es soll die lineare Regelfläche minimiert werden. Für die Störübertragungsfunktion gilt
Gz (s) =
GS ( s) K PS x( s ) = = . z ( s) 1 + G R ( s )GS ( s) s 2T1T2 + s (T1 + T2 ) + K PR K PS + 1
(8.18)
Daraus ergeben sich die Regeldifferenz und die bleibende Regeldifferenz im Bildbereich zu
z K PS z 0 e( s ) = 0 − x( s ) = −G z ( s ) ⋅ 0 = − 2 s s [ s T1T2 + s (T1 + T2 ) + K PR K PS + 1] e(∞) = lim s ⋅ e(s) = − s→0
K PS z 0 . K PR K PS + 1
(8.19)
(8.20)
Die lineare Regelfläche Qlin wird nach Gln. (8.17), (8.19) und (8.20) ermittelt:
ª K PS z 0 K PS z 0 º 1 Qlin = lim «− + ⋅ » s K PR K PS + 1 »¼ s → 0 « s [ s 2T T + s (T + T ) + K 1 2 1 2 PR K PS + 1] ¬
Qlin =
K PS (T1 + T2 )
(1 + K PR K PS ) 2
z0 .
(8.21)
Das Minimum der linearen Regelfläche liegt vor, wenn die Ableitung gleich Null wird:
K PS (T1 + T2 ) ∂Qlin = −2 K PS z0 = 0 . ∂K PR (1 + K PR K PS ) 3
(8.22)
Die Lösung von Gl. (8.22) liegt für KPR → ∞ vor. Für die optimale Reglereinstellung soll die Forderung D ≥ 1 berücksichtigt werden. Die Dämpfung ergibt sich aus Gl. (8.18) zu
D=
T1 + T2
2 T1T2 (1 + K PR K PS )
K PR =
1 (T1 − T2 ) 2 . ⋅ K PS 4T1T2
. Für D = 1 folgt daraus
(8.23)
Gl. (8.23) in (8.21) eingesetzt, ergibt den optimalen Wert der linearen Regelfläche für D = 1
Qlin = K PS
(4T1T2 ) 2 (T1 + T2 ) 3
z0 .
236
8 Entwurf von linearen Regelkreisen
8.4 Einstellregeln im Frequenzbereich 8.4.1 Betragsoptimum Die möglichen Verläufe des Amplitudenganges eines geschlossenen Regelkreises sind in Bild 8.12 gezeigt. Die Kenngrößen sind: ω R - Resonanzfrequenz, ω d - Durchtrittsfrequenz, ω B - Bandbreite, Mmax - Betrag des Frequenzgangs an der Resonanzstelle. Eine Optimierung im Frequenzbereich liegt dann vor, wenn der Betrag von Gw( jω) möglichst nahe bei Eins liegt, d. h. |Gw(ω)| = 1. Da bei technischen Systemen dies nicht realisierbar ist, soll diese Bedingung nur näherungsweise für eine möglichst große Bandbreite des Frequenzgangs erfüllt sein. Nach dem sogenannten Betragsoptimum-Verfahren wird gefordert, dass die Tangente des Amplitudenganges im Anfangspunkt ω = 0 horizontal abläuft: d G w ( jω ) =0. dω
(8.24)
Die Lösung der Gl. (8.24) führt bei bestimmten Regelkreisstrukturen, z. B. bei der Regelung einer reinen Verzögerungsstrecke, zu einer optimalen Dämpfung von Dopt =
1 2
= 0,707
(8.25)
und zu daraus folgender Überschwingweite xm = 4,3%. Gw(jω)
geringe Dämpfung: 0 < D < 0,5 Mmax
idealer Betrag: Gw ( jω ) = 1
1,0 optimierte Dämpfung: 0,5 ≤ D ≤ 0,707
1 2
große Dämpfung: D≥1 0
ωR ωd ωB
ω
Bild 8.12 Amplitudengänge des geschlossenen Regelkreises beim Führungs-verhalten
Die Reglereinstellung nach Gln. (8.24) bzw. (8.25) für die oft autretenden Regelkreisstrukturen, die als Grundtypen A und B bezeichnet sind, ist nachfolgend ohne Herleitung aufgeführt. Die Gleichungen der Zeile b) folgen aus Führungsübertragungsfunktionen für alle Werte von Dämpfung, während die der Zeile c) nur für die optimale Dämpfung gelten. Es wird angenommen, dass T2 > T1 ist. Für den Fall T2 >> T1 ist eine Annäherungsformel in Zeile e) aufgeführt.
8.4 Einstellregeln im Frequenzbereich
237
Grundtyp A (mit I-Anteil):
Grundtyp B (ohne I-Anteil):
a) Übertragungsfunktion und Wirkungsplan des offenen Kreises
G0 ( s ) =
K PR K PS K IS s (1 + sT1 )
G0 (s) =
K PR K PS (1 + sT1 )(1 + sT2 )
b) Zusammenhang zwischen Reglerverstärkung und Dämpfung
K PR K PS K IS =
1
K PR K PS =
2
4 D T1
(T1 + T2 ) 2
c) Optimale Reglereinstellung nach dem Betragsoptimum für D =
K PRopt =
1 2 K PS K IST1
K PRopt =
−1
4 D 2T1T2 1
2
(T1 + T2 ) 2 1 − 2 K PST1T2 K PS
d) Güteparameter und Sprungantwort beim Führungsverhalten
x(t)
x(t) xm = 4,3%
Grundtyp B
Grundtyp A
w0
w0
Tan ≈ 4,7 T1
0
0
w0 1 + K PR K PS
x (∞ ) =
Tan ≈ 4,7 T1
t
Taus ≈ 11 T1
e( ∞ ) =
xm= 4,3%
t
Taus ≈ 11 T1
K PR K PS ⋅ w0 1 + K PR K PS
e) Optimale Reglereinstellung im Sonderfall bei G0 ( s ) =
K PRopt =
K PR K PS : sTn (1 + sT1 )
bei T2 >> T1 :
Tn 2 ⋅ K PS ⋅ T1
K PRopt ≈
X Aufgabe 8.1 Gegeben: eine P-T3-Strecke mit KPS = 0,08,
T1 = 8,5 s,
T2 = 6,5 s,
T3 = 1,2 s,
die mit einem PI-Regler geregelt werden soll. Gesucht: Die Reglereinstellung nach dem Betragsoptimum.
T2 2 ⋅ K PS ⋅ T1
238
8 Entwurf von linearen Regelkreisen
8.4.2 Symmetrisches Optimum Wird eine Regelstrecke mit I- oder I-T-Anteil mit den I-, PI- oder PID Reglern geregelt, so kann die Übertragungsfunktion des aufgeschnittenen Kreises durch Annäherung und geeignete Wahl der Reglerparameter wie folgt dargestellt werden: G0 (s) =
K PR K PS K IS (1 + sTn ) ⋅ . (1 + sT1 ) s 2 Tn
(8.26)
Die Kennwerte Tn und KPR des Reglers lässen sich so einstellen, dass der Phasenwinkel ϕ0(ω d) bei der Durchtrittsfrequenz ω d ein Maximum erreicht. Charakteristisch für (8.26) ist das Vorhandensein von zwei in Reihe geschalteten I-Gliedern und die symmetrische Form des Zählers- und des Nennerspolynoms mit Zeitkonstanten Tn und T1. Dies tritt z. B. für folgende Regelkreise auf, die in untenstehender Tabelle zusammengefasst sind. a) I-T1-Strecke und PI-Regler. Hier würde sich Gl (8.26) direkt ergeben. b) I-T2-Strecke und PI-Regler. Im Fall T1 ≥ 5⋅T2 können die Zeitkonstanten T1 und T2 durch ein P-T1-Glied mit der Ersatzzeitkonstante TE = T1 + T2 ersetzt werden. c) I-T2-Strecke und PID-Regler. Für T1 > T2 wird die zweitgrößte Zeitkonstante durch die Wahl von Tv = T2 kompensiert. d) I-T3-Strecke und PID-Regler. Liegt das Verhältnis T1 > T2 > T3 vor, kann die zweitgrößte Zeitkonstante der Strecke wie im Punkt c) durch Tv = T2 kompensiert werden. Bei T1 >> T3 werden die restlichen P-T1-Glieder in der Nähe der Durchtrittsfrequenz wie folgt angenähert: (1 + sT1)(1 + sT3) ≈ sT3(1 + sT1). Übertragungsfunktionen: Strecke GS(s), Regler GR(s)
GS ( s ) = a)
GR ( s ) =
GS =
T1 ≥ 5 ⋅ T2
K PR (1 + sTn ) sTn
TE = T1 + T2
K PS K IS s (1 + sT1 )(1 + sT2 )
T1 > T2 > T3
GR ( s ) =
c)
GR =
K PR (1 + sTn ) sTn
K PS K IS s (1 + sT1 )(1 + sT2 )
b)
GS =
K PS K IS s (1 + sT1 )
Bedingung
K PR (1 + sTn )(1 + sTv ) sTn
Tv = T2
Resultierende Übertragungsfunktion des aufgeschnittenen Regelkreises
G0 ( s ) =
K PR K PS K IS (1 + sTn ) (1 + sT1 ) s 2Tn
G0 ( s ) =
K PR K PS K IS (1 + sTn ) (1 + sTE ) s 2Tn
G0 ( s ) =
K PR K PS K IS (1 + sTn ) (1 + sT1 ) s 2Tn
8.4 Einstellregeln im Frequenzbereich
239
Im Folgenden wird das Verfahren am Beispiel (8.26) hergeleitet. Aus den Frequenzgang des aufgeschnittenen Regelkreises (8.26) K K K IS 1 + jω Tn § K I0 ⋅ =¨ G0 ( jω ) = PR PS ( j ω ) 2 Tn 1 + jω T1 ¨© jω
2
· 1 + jω Tn ¸¸ ⋅ , ¹ 1 + jω T1
(8.27)
wobei K I20 = K PR K PS K IS / Tn ist, wird der Amplituden- und der Phasengang 2
§K · G0 ( jω ) = ¨ I0 ¸ ⋅ © ω ¹
1 + (ω Tn ) 2 1 + (ω T1 ) 2
(8.28)
ϕ0 (ω ) = −π + arctan (ω Tn ) − arctan (ω T1 ) .
(8.29)
ermittelt. Für G0 ( jω d ) = 1 und ϕ0(ωd ) > −180° bei der Durchtrittsfrequenz ωd wird der geschlossene Regelkreis nach dem Nyquist-Kriterium stabil. Die Optimierung besteht nun darin, dass das Maximum der Phase des offenen Regelkreises ϕ0(ω) bei der Durchtrittsfrequenz ωd gesucht wird. Um die Kreisfrequenz ωm zu bestimmen, für die ϕ0(ωm ) ein Maximum ist, differenzieren wir (8.29) und setzen die Ableitung gleich Null ein: ∂ϕ0 (ω ) Tn T1 = − = 0. 2 ∂ω 1 + (ω Tn ) 1 + (ω T1 ) 2 Daraus folgt:
ωm =
1 Tn T1
,
(8.30)
d. h. der Phasenrand ϕ0(ωd ) wird ein Maximum bei der Durchtrittsfrequenz ωd = ωm. Setzen wir (8.30) in Gl. (8.28) ein, so folgt unter Beachtung der Stabilitätsbedingung
§K G 0 ( jω d ) = G 0 ( jω m ) = ¨¨ I0 © ωm
· ¸¸ ¹
2
1 + (ω m Tn ) 2 1 + (ω m T1 ) 2
=1
(8.31)
bzw. K PR K PS K IS = ω m .
(8.32)
Beim Symmetrischen Optimum wird der Regler so eingestellt, dass die Durchtrittsfrequenz ωd = ω m das geometrische Mittel der beiden Eckfrequenzen ω E1 = 1/Τn und ω E2 = 1/Τ1 annimmt. Dafür wird der Faktor T k = n bzw. Tn = kT1 T1
(8.33)
240
8 Entwurf von linearen Regelkreisen
eingeführt. Daraus folgt ωE1 = 1/Τn = ωm / k und ωE2 = 1/Τ1 = ωm k . Aus Stabilitätsgründen muss Τn > Τ1 gewählt werden, d. h. es gilt die Bedingung k > 1. Nach Kessler wird als Standardeinstellung für symmetrisches Optimum k = 4 empfohlen. Setzen wir Gl. (8.32) in (8.26), so wird die Übertragungsfunktion des aufgeschnittenen Kreises (8.26) in folgende Form gebracht
G0 (s) = ω m
1
⋅
2
1 + sTn
s Tn 1 + sT1
(8.34)
.
Das Bode-Diagramm des aufgeschnittenen Kreises lässt sich symmetrisch bezüglich der Durchtrittsfrequenz ωd = ω m darstellen, wie Bild 8.13 zeigt. Aus dem symmetrischen Verlauf des Amplituden- und Phasenganges resultiert die Bezeichnung des Verfahrens Symmetrisches Optimum. Durch den Faktor k wird die Bandbreite definiert. Aus Gln. (8.30) und (8.33) folgt
ωm =
1
k ⋅ T1
.
(8.35) k √ k
√ k G0 (jω)
dB
0 dB
4
√ k
−40dB/Dek
1 Tn
−20dB/Dek
1 T1
KI0
ωm 1
√ k
ωd = ω m
ω
ωm√ k −40dB/Dek
ϕ(ω) 0°
ω
−90° −135°
ϕRd
−180°
Bild 8.13 Bode-Diagramm nach dem Symmetrischen Optimum mit D = 0,707 und xm=30%
8.4 Einstellregeln im Frequenzbereich
241
Setzen wir diesen Wert in Gl. (8.29), so ergibt sich unter Beachtung
ϕ Rd (ω m ) = −π − ϕ 0 (ω m ) der Zusammenhang zwischen k und der Phasenerserve ϕ Rd
§ 90° − ϕ Rd · k = cot 2 ¨ ¸. 2 © ¹
(8.36)
Beispielsweise errechnet sich die maximale Phasenreserve für k = 4 zu ϕ Rd = 37°. Die optimale Reglereinstellung ergibt sich aus Gln. (8.32) und (8.35): 1
K PRopt =
k ⋅ K PS ⋅ K IS ⋅ T1
.
Für k = 4 folgt daraus speziell für Standardeinstellung
K PRopt =
1 und 2 ⋅ K PS ⋅ K IS ⋅ T1
ωm = ωd =
1 . 2T1
(8.37)
Aus Gln. (8.34) und (8.35) bestimmen wir die Übertragungsfunktion des geschlossenen Kreises für das Führungsverhalten
G w ( s) =
G0 (s) 1 + sTn ⋅ = 1 + G 0 ( s ) s 3 k ⋅ T12Tn + s 2 k ⋅ T1Tn + sTn + 1
(8.38)
Für k = 4 wird Τn = 4Τ1, und aus (8.38) folgt
G w (s) =
1 + sTn
s 3 ⋅ 2 3 T13 + s 2 ⋅ 2 3 T12 + s ⋅ 2 2 T1 + 1
bzw.
G w ( s) =
1 + sTn 2
(1 + s ⋅ 2T1 )( s ⋅ 2 2 T12 + s ⋅ 2T1 + 1)
.
Die Polstellen haben die Werte
s1 = −
−1 ± j 3 1 bzw. nach (8.37) s1 = −ω m und s 2,3 = . 2T1 4T1
Die Übertragungsfunktion (8.39) mit der Polstelle s1 wird wie folgt dargestellt:
G w ( s) =
1 + sTn 1 , ⋅β2 ⋅ 2 s − s1 s + s 2α + β 2
(8.39)
242
8 Entwurf von linearen Regelkreisen
mit α =
1 1 und β 2 = . Die beiden anderen Pole s 2,3 = − β ( D ± D 2 − 1) 2 2 4T1 2 T1
sind für 0 < D < 1 konjugiert komplex, d. h. s 2,3 = −α ± jβ 1 − D 2 , und liegen, wie
Bild 8.14 zeigt, auf einem Kreis mit dem Radius ωm . Für k = 1 ist Tn = T1, α = 0 bzw. D = 0 und der Kreis ist instabil.
Im
s2
ωm ⋅ 1 − D
ϕ
s1 −ωm
Liegt k im Bereich 1 < k < 9 bzw. 0 < D < 1, treten zwei konjugiert komplexe Pole mit negativem Realteil auf.
2
Re
−Dωm
Für k = 9 bzw. D = 1 sind die Pole gleich und reell mit
− ωm ⋅ 1− D2
s1 = s2 = s3 = −ω m, was einem aperiodischen Grenzfall entspricht.
s3 Bild 8.14 Polverteilung in der s-Ebene
Die Sprungantwort hat bei k = 4 die Dämpfung D = 0,5 und die maximale Überschwingweite von xm = 43,4% (Bild 8.15). Bei der Dämpfung von x(t)
D= xm= 43,4%
w0
0
Taus ≈ 18 T1
Bild 8.15 Führungssprungantwort für k = 4 und D = 0,5 des Symmetrischen Optimums
2
= 0,707 ,
± 2 % die dem Betragsoptimum (siehe Abschnitt 8.3.1) entspricht, beträgt die Überschwingweite xm = 30% bei der Phasenreserve von ϕ Rd = 45°. t
Tan ≈ 3,1 T1
1
8.5 Entwurf von Regelkreisen mit instabilen Strecken
243
8.5 Entwurf von Regelkreisen mit instabilen Strecken 8.5.1 Instabile P-T1-Glieder Ein instabiles P-Glied mit Verzögerung 1. Ordnung wird analog einem stabilen P-T1Glied mittels DGL 1. Ordnung beschrieben, a1 x a (t ) + a 0 x a (t ) = b0 xe (t ) , jedoch mit einem negativen Koeffizienten a1 oder a0, z. B.
T1 x a (t ) − x a (t ) = K x e (t ) oder − T1 x a (t ) + xa (t ) = K xe (t ) . Nach dem Hurwitz-Kriterium erkennt man sofort, dass es sich dabei um ein nichtstabiles Verhalten handelt. Dies folgt auch aus der Übertragungsfunktion x ( s) x (s) K K oder G ( s ) = a , = = G(s) = a xe ( s ) − 1 + sT1 xe ( s ) 1 − sT1 die eine Polstelle s1 = +
1 in der rechten s-Ebene hat. Hier ist also nr = 1 bei n = 1. T1
Die Lösung der DGL bei sprunghafter Verstellung der Eingangsgröße xe(t) ist in Bild 8.16 gezeigt. Sie entspricht der Gl. (2.11), jedoch die Ausgangsgröße xa(t) steigt: xa
xa
− 1)
xa(T1) = KPxe0 (e−1)
xe0 0
xa (t ) = K xe0 (e
xa(∞) → ∞
t T1
0
t
T1
t
Bild 8.16 Sprungantwort eines instabilen P-T1-Gliedes
Aus dem Frequenzgang
G ( jω ) =
K − 1 + jω T1
folgen der Amplitudengang
G ( jω ) =
K 1 + (ω T1 ) 2
und der Phasengang als Differenz zwischen Phasen des Zählers und des Nenners
ϕ (ω ) = arctan 0 − arctan
ω T1 −1
= − arctan
ω T1 −1
= −π + arctan ω T1 .
244
8 Entwurf von linearen Regelkreisen
Ein stabiles und ein instabiles P-T1-Glied sind in Tabelle unten gegenübergestellt. Man sieht sofort, dass die Amplitudengänge gleich und nur die Phasengänge unterschiedlich sind. Eine Polstelle in der rechten s-Halbebene dreht den Phasenwinkel von −π auf −π /2, d. h. in positiver Richtung, während die Phase der gleichen Polstelle in der linken Halbebene sich in negative Richtung ändert. Stabiles P-T1-Glied
Instabiles P-T1-Glied Differentialgleichung
T1 x a (t ) + xa (t ) = K xe (t )
T1 x a (t ) − x a (t ) = K x e (t ) Sprungantwort
xa (t ) = K xe0 (1 − e
t − T1
xa (t ) = K xe0 (e
)
t T1
− 1)
Übertragungsfunktion
K G(s) = 1 + sT1
G(s) =
K − 1 + sT1
Amplitudengang
G ( jω ) =
K 1 + (ω T1 ) 2
Phasengang
ϕ (ω ) = − arctan ω T1
ϕ (ω ) = −π + arctan ω T1 Ortskurve
Im
ω=∞
Im K
K
ω=0
ω=0
ω=∞ Re
Re
ω
ω
Bode-Diagramm ⏐G⏐dB
⏐G⏐dB −20 dB/Dek
20 lgK 0 dB
ϕ(ω) 0°
1/T1
ω ω
−20 dB/Dek
20 lgK 0 dB
ϕ(ω)
0°
− 90°
− 90°
− 180°
− 180°
1/T1
ω ω
8.5 Entwurf von Regelkreisen mit instabilen Strecken
245
8.5.2 Instabile P-T2-Glieder Hat der Nenner eines schwingungsfähigen P-T2-Gliedes negative Koeffizienten, z. B. G(s) = K
β2 s 2 + s ⋅ 2α − β 2
oder bei der Dämpfung D = G(s) = K
β2 s2 − β 2
oder G ( s ) = K
β2
(8.40)
s 2 − s ⋅ 2α − β 2
α = 0 bzw. α = 0 β
,
(8.41)
so handelt es sich um ein instabiles Verhalten. Falls die Nenner von (8.40) keine komplex konjugierte Polstellen besitzen, lassen sich die Übertragungsfunktionen auf zwei P-T1-Glieder zerlegen, wie unten in Tabelle gezeigt ist. Das Bode-Diagramm solcher Glieder kann leicht durch einfache Addition der Ordinaten der einzelnen Kennlinien ermittelt werden. a) zwei P-T1-Glieder mit unterschiedlichen Zeitkonstanten
G(s) =
K = G1 ( s )G 2 ( s ) (1 + sT1 )(−1 + sT2 )
⏐G⏐dB
−40 dB/Dek
0 dB 1/T1
ϕ(ω) 0° − 90° − 180° − 270°
G1 ( jω ) =
ω
1/T2
G(s) =
K s 2T12
K 1 ⋅ 1 sT 1 sT1 + − + −1 1 =
⏐G⏐dB
−20 dB/Dek 20 lgK
b) zwei P-T1-Glieder mit gleichen Zeitkonstanten
20 lgK
ϕ2(ω) ϕ(ω)=ϕ1(ω)+ϕ2(ω)
1 K ; G2 ( jω ) = − 1 + jω T2 1 + jω T1
− 90° − 180° − 270°
G1 ( jω ) =
ω
1/T1
ϕ(ω) 0°
ϕ1(ω)
−40 dB/Dek
0 dB
ϕ1(ω) ϕ2(ω) ϕ(ω)=ϕ1(ω)+ϕ2(ω)
1 K ; G2 ( jω ) = − 1 + jω T1 1 + jω T1
Man erkennt daraus, dass sich die Asymptote des Amplitudengangs bei der Eckfrequenz, die der rechten Polstelle entspricht, um −40 dB/Dek ändert, während sich die Asymptote bei der Eckfrequenz der linken Polstellen nur um −20 dB/Dek ändert. Auch bei den Phasengängen merkt man die Unterschiede, z. B. im Fall b) der obigen
246
8 Entwurf von linearen Regelkreisen
Tabelle ändert sich die Phase des instabilen Gliedes bei der Eckfrequenz nicht. Eine Phase von −π soll jedoch gleich am Anfang zugewiesen werden. Für Bode-Diagramm instabiler P-T2-Glieder gelten also die folgenden Regeln: - Der Anfangsteil des Phasengangs liegt bei −180°, da eine Polstelle mit positivem Realteil in der rechten s-Ebene eine Phasenverschiebung von −π mitbringt. - Bei der Eckfrequenzen der rechten Polstellen beträgt die Phasenänderung +90°, wie beim D-Verhalten. - Bei den Eckfrequenzen der rechten Polstellen ändern sich die Asymptoten des Amplitudenganges um −40 dB/Dek, wie bei einer doppelten linken Polstelle. •
Beispiel 8.5
Gegeben ist ein Regelkreis mit einer instabilen Regelstrecke und dem PD-T1-Regler:
GR ( s ) =
K PR (1 + sTv ) 1 + sTR
KPS = 3,16 KPR = 1
mit und
T1 = 0,025 s Tv = 0,05 s
GS ( s ) =
K PS (1 + sT1 )( s 2T22 − 1)
,
T2 = 0,015 s TR = 0,005 s.
Gesucht: a) das Bode-Diagramm des aufgeschnittenen Regelkreises; b) der kritische Proportionalbeiwert KPRkr des Reglers, bei dem der Regelkreis grenzstabil ist. Zu a): Aus der Übertragungsfunktion des aufgeschnittenen Kreises
G0 ( s ) =
K PR (1 + sTv ) K PS 3,16 (1 + sTv ) ⋅ = 2 2 1 + sTR (1 + sT1 )( s T2 − 1) (1 + sTR )(1 + sT1 )( s 2T22 − 1)
erhalten wir: n = 4 nl = 3 nr = 1 ni = 0
(Ordnung von G0) (Anzahl der Pole in der linken s-Ebene) (Anzahl der Pole in der rechten s-Ebene) (Anzahl der Pole auf der imaginären Achse)
Die Stabilität wird nach dem Nyquist-Kriterium im Bode-Diagramm geprüft. Im Bild 8.17 ist das Bode-Diagramm des aufgeschnittenen Kreises G0( jω) mit den Eckfrequenzen
ωv =
1 1 1 1 = 20 s −1 , ω1 = = 40 s −1 , ω 2 = = 66,7 s −1 , ω R = = 200 s −1 Tv T1 T2 TR
gezeigt. Da kein I-Glied vorhanden ist, verläuft die Anfangsasymptote mit der Steigung 0 dB/Dek durch die Ordinate 20 lg (KPR KPS) = 20 lg 3,16 = 10 dB. Der Phasengang fängt wegen einer Polstelle mit positivem Realteil nicht bei 0° an, wie es bei stabilen Systemen der Fall wäre, sondern bei −180° und wird bei allen Eckfrequenzen um ± 90° geändert, außer der Eckfrequenz ω 2, die der Polstelle mit positivem Realteil entspricht. Nach dem Fall b) der obigen Tabelle gibt es an dieser Stelle keine Phasendrehung. Das BodeDiagramm des Bildes 8.17 mit Schnittpunkten S0 und S1 entspricht einem instabilen Kreis, da
8.5 Entwurf von Regelkreisen mit instabilen Strecken G0
1 Tv
dB
20dB
1 T1
1 T2
+20 dB/Dek
10
1 TR − 40 dB/Dek
ωdkr
0 dB/Dek 0dB
2
3
4
5
247
6 7 8
neue 0dB-Linie 2
102
3
ωd
4
5
6 7 8
ω / s−1
ΔdB − 60 dB/Dek
ϕ(ω)
10
2
3
4
5
6 7 8 9 102
2
0°
3
4
5
6 7 8
ω / s−1
−90°
ω −180° −270°
S1 = −1
1 S0 = + − 2
ω
Bild 8.17 Bode-Diagramm des Regelkreises mit instabiler Regelstrecke die geforderte Stabilitätsbedingung (6.61) für ni = 0
n 1 (υ p − υ n ) = r = 2 2 durch die Summe der Schnittpunkte nicht erfüllt ist:
(υ p − υ n ) = S 0 + S1 = +
1 1 −1= − . 2 2
Zu b): Verschiebt man die 0-dB-Linie um ΔdB ≈ 10 dB nach oben, d. h. Δ K = 3,16, so wird die Bedingung (6.61) erfüllt, da der Schnittpunkt S1 nicht mehr in Betracht kommt:
(υ p − υ n ) = S 0 = +
1 . 2
Der kritische Proportionalbeiwert des Reglers beträgt damit
K PRkr = K PR ⋅
1
ΔK
= 0,316 .
Die weitere Verkleinerung von KPR ist jedoch nicht möglich, weil bei KPR < KPRkr auch der Schnittpunkt S0 nicht mehr berücksichtigt wird, was auf die Instabilität des Kreises hinweist. Die Stabilitätsbedingung (6.61) wird nur bei einem Wert von KPRkr erfüllt, was praktisch nicht realisierbar ist. Es soll eine neue Nullstelle, z. B. TN1 = T2 eingeführt werden. Zusammen mit der Kompensaton TV = T1 wird die Bedingung KPR > KPRkr sicher zur Stabilität führen.
248
8 Entwurf von linearen Regelkreisen
X Aufgabe 8.2 Eine instabile P-T1-Strecke soll mit dem PD-T1-Regler geregelt werden.
GS ( s ) =
K PS 1 − sT1
G R ( s ) = K PR
1 + sTv . 1 + sTR
Gegeben sind: KPS = 0,25 und Tv = T1 = 0,1 s. Die Zeitkonstante TR ist vernachlässigbar klein. Gesucht: der Proportionalbeiwert des Reglers KPR, bei dem der Regelkreis stabil wird.
8.5.3 Beispiele von instabilen Regelstrecken Die Instabilität einer Regelstrecke entsteht in der Regel aus zwei Gründen: •
wegen zwei oder mehr in Reihe geschalteten I-Gliedern
•
wegen Mitkopplung im Wirkungsplan der Strecke.
Die klassischen Beispiele von instabilen Strecken sind Invertiertes Pendel, Magnetschwebekörper und Ladebrücke (Bild 8.18). •
Invertiertes Pendel: Ein senkrecht stehender Stab, der durch die horizontalen Wagenbewegungen Xw stabilisiert wird. Stellgröße ist die Kraft Fx auf den Wagen. Regelgröße ist der Winkel ϕ.
•
Magnetschwebekörper: Eine Kugel mit der Masse m, die von einer Magnetspule angezogen und in einer gewünschten Position X gehalten wird. Im stationären Zustand befindet sich die Magnetkraft der Magnetspulen im Gleichgewicht mit der Erdanziehungskraft. Stellgröße ist die Magnetkraft Fm der Magnetspule. Regelgröße ist die Lage X(t) der Kugel. −Y
−F m1
X0 m2
+F +Y
x(t)
X1
Bild 8.18 Kran als instabile Regelstrecke: Stellgröße ist die Kraft F auf die Laufkatze des Kranes bzw. die Beschleunigung Y. Regelgröße ist die Lage X(t) der Last. Als Hilfsregelgröße kann die Auslenkung dienen.
Die Stabilisierung der oben genannten instabilen Regelstrecken gewinnt an praktischer Bedeutung z. B. beim Transport einer aufrecht stehenden Last, beim Anfahren einer Magnetschwebebahn, beim Laden eines Schiffes oder eines Gütezuges ohne Überschwingungen. Die Ermittlung von genauen Zeitkonstanten der instabilen Regelstrecken ist anhand zwei Beispielen in nachfolgender Tabelle gezeigt. In beiden Fällen ist die Instabilität durch die Erdanziehung verursacht. Im Wirkungsplan führt dies zur Reihenschaltung von zwei I-Gliedern und zur Mitkopplung.
8.5 Entwurf von Regelkreisen mit instabilen Strecken
249
Die Bezeichnungen sind: Kraft (f), Länge (l), Masse (m), Strom (i), Weg (x) in horizontaler oder vertikaler Richtung (s. Seite 49 für Groß- und Kleinschreibung). Indizes sind: Gravitation bzw. Gewicht (G), Magnet (m), Reaktion des Scharniers (R), Stab (s), Wagen (w). Die Länge des Stabes beträgt 2l, das Trägheitsmoment ist J = ms l 2 . Magnetschwebekörper
Invertiertes Pendel
ϕ
Im
Ys Fm
Fm
Xs X0
X
FG FRx
X
Im0
Fm0
FRy
Fw
FG
Xw
X0 Stationärer Zustand
( Fm ) 0 = FG = m ⋅ g
( FRy )0 = FG = ms g ( Fw ) 0 = ( FRx ) 0
Ys = l cos ϕ X s = X w + l cos ϕ
Dynamisches Verhalten
FRx = ms ⋅ Xs ; Fw − FRx = mw ⋅ X w
Fm − FG = −m ⋅ X
FRy − FG = −ms ⋅ Ys
Jϕ = − FRx l sin ϕ + FRy l cos ϕ Linearisierte Gleichungen für kleine Abweichungen vom Arbeitspunkt Magnetkraft
f m = K i ⋅ im − K x ⋅ x Wagen
Kugel (Beschleunigung)
f m = −m ⋅ x(t )
Kugel (Geschwindigkeit)
x (t ) = x(t ) dt
Kugel (Weg)
x(t ) = x (t )dt
f w − f Rx = m w ⋅ xw
Stab (horizontal)
f Rx = ms ⋅ xs = = ms ⋅ xw + ms l ⋅ ϕ
³
Stab (vertikal)
f Ry = ms ⋅ g
³
Stab (Schwerpunkt)
Jϕ = l ⋅ f Ry ⋅ ϕ − l ⋅ f Rx
Die Magnetkraft Fm hängt nichtlinear vom Strom Im und von der Position X der Kugel ab. Der Zusammenhang Fm = f (X, Im) kann experimentell ermittelt und graphisch in einem Diagramm als Kennlinienfeld dargestellt werden. Mit Hilfe von
250
8 Entwurf von linearen Regelkreisen
§ ∂F K Pi = ¨¨ m © ∂I m
· § ∂F ¸¸ und K Px = ¨ m © ∂X ¹0
· ¸ wird die Magnetkraft Fm im Arbeitspunkt ¹0
Fm0 = m⋅g in Abhängigkeit von dem Strom Im des Elektromagneten und der Lage X der Kugel linearisiert. Die linearisierten Wirkungspläne und die Übertragungsfunktionen der beiden Strecken sind unten in der Tabelle zusammengefasst. Es handelt sich dabei um das instabile P-T2-Verhalten mit nl = 1 Pol in der linken und nr = 1 Pol in der rechten s-Ebene. Magnetschwebekörper
Invertiertes Pendel Wirkungsplan
msgl
im
KPi
fm
1/m
+ −
x¨
−
³
x·
³
x
fw − 1 x¨w ms mw + +
fRx +
+ l −
KPx
1 J
ϕ¨·
³ ³
ϕ
msl Übertragungsfunktion
x( s ) − K PS ⋅ β 2 = im ( s ) − s 2 + β 2
GS ( s ) =
GS ( s ) =
ϕ (s) f w (s)
=
− K PS ⋅ β 2 s2 − β 2
Parameter
K K PS = Pi K Px
β2 =
1 1 ⋅ g m w + ms g m + ms β2 = ⋅ w l 2 m w + ms K PS =
K Px m
Praktisches Beispiel mit Zahlenwerten
m = 15,7 kg 2 g = 9,81 m/s
Fm0 = mg = 154 mN Im0 = 119 A
KPi = 0,244 N/A KPx = 12,6 N/m
KPS = 0,019 m/A
GS ( s ) = T = 0,0353 s
mw = 3,5 kg mS = 0,5 kg
l = 0,8 m 2 g = 9,81 m/s KPS = −0,0255 1/N
K PS 2 2
s T −1 T = 0,391 s
Die Zeitkonstanten der Stellglieder (Magnetspule, Motor, Leistungsverstärker) sind viel größer als die eigenen Zeitkonstanten der Regelstrecke. Die oben behandelten Entwurfsmethoden werden dadurch uneffektiv. Um die gesamten Zeitkonstanten des Regelkreises zu reduzieren, werden in der Regel die Hilfsregelgrößen herangezogen, z. B. der Strom Im im Fall des Magnetschwebekörpers. Dies führt zur so genannten vermaschten Regelung, die im nachstehenden Abschnitt behandelt wird.
8.6 Vermaschte Regelung
251
8.6 Vermaschte Regelung 8.6.1 Regelung mit Hilfsregelgrößen In den bisher behandelten Regelkreisen erfolgt die Bildung der Regeldifferenz durch die Messung der Regelgröße und den Vergleich mit dem Sollwert. Nach einem geeigneten Regelalgorithmus wird daraus die Stellgröße gebildet, um die Regeldifferenz auszuregeln. In einem einschleifigen Kreis greift der Regler bei Beseitigung von Störgrößen erst dann ein, wenn eine Regeldifferenz bereits vorliegt. Bei großen Zeitkonstanten der Regelstrecke führt dies zur Schwingungen oder zur Instabilität. Zur Vermeidung dieser Nachteile kann die Struktur eines Regelkreises so verändert werden, dass die Störungen stark reduziert und ohne große Zeitverzögerung auf den Reglereingang übertragen werden. Solche Strukturveränderung führt zu einer vermaschten Regelung, die sich dann realisieren lässt, wenn die Störungen oder Hilfsregelgrößen messbar und über ein Stellglied beeinflussbar sind. Die Reglereinstellung nach den bisher behandelten Optimierungsverfahren soll durch Strukturoptimierung nicht beeinflusst werden. Die Verfahren der Strukturoptimierung werden, wie in Bild 8.19 gezeigt, nach den Abgriffsorten des Signals auf Stör-, Stell- und Hilfsregelgrößenaufschaltung unterteilt. Nachfolgend werden nur einige davon behandelt. z GRz (s)
Störgrößenaufschaltung
g0
Begrenzungsregelung (Overrideregelung)
− GoR (s)
+
Störgrößenvorregelung Teilstrecke
−
GSz (s)
Hilfsstellgrößenaufschaltung
GR3 (s)
GR2 (s)
Sollwert w
Hauptregler GR (s)
+ −
−
+
+
y GR1 (s)
−
GS1 (s)
x
x1
+
+
Teilstrecke 1
GS2 (s) Teilstrecke 2
Kaskadenregelung (unterlagerter Folgeregelkreis)
Hilfsregelgrößenaufschaltung Hauptregelkreis (Führungsregelkreis)
Bild 8.19 Aufstellung von verschiedenen Verfahren der Strukturoptimierung an einem Kreis
252
8 Entwurf von linearen Regelkreisen
8.6.2 Kaskadenregelung Bei Regelstrecken mit großen Zeitkonstanten ist es oft schwierig, mit einer einschleifigen Regelung ein befriedigendes Ergebnis zu erzielen. Wenn es möglich ist, die Strecke zu unterteilen und eine Hilfsregelgröße zu messen, wie z. B. x1 in Bild 8.20, greift man zu einer Kaskadenregelung. Der Hilfsregelgröße x1 wird ein eigener Regler GR1 zugeordnet, der als Folgeregler oder Hilfsregler bezeichnet wird. Der übergeordnete Regler GR2 (Führungsregler oder Hauptregler) gibt dann dem Folgeregler GR1 die Führungsgröße w1 vor. z w2
+
−
GR2(s)
w1
+
−
GR1(s)
GS1(s)
x1
GS2(s)
x2
Bild 8.20 Wirkungsplan der Kaskadenregelung
Ohne Kaskadenregelung gilt für das Führungsverhalten Gw (s) =
G R2 ( s) ⋅ GS1 ( s) ⋅ GS2 ( s ) 1 + G R2 ( s ) ⋅ GS1 ( s) ⋅ GS2 ( s )
(8.42)
und für Störverhalten: Gz ( s) =
GS1 ( s) ⋅ GS2 ( s) 1 + G R2 ( s ) ⋅ GS1 ( s ) ⋅ GS2 ( s )
(8.43)
Mit Kaskadenregelung sind die Übertragungsfunktionen: G R1GS1 GS2 1 + G R1GS1 G R2 G R1GS1GS2 Gw (s) = = G R1GS1 1 + G R1GS1 + G R2 G R1GS1GS2 1 + G R2 GS 2 1 + G R1GS1
(8.44)
GS1 GS2 1 + G R1GS1 GS1GS2 . Gz ( s) = = G R1GS1 1 + G R1GS1 + G R2 G R1GS1GS2 1 + G R2 GS 2 1 + G R1GS1
(8.45)
G R2
Aus dem Vergleich (8.42) mit (8.44) und (8.43) mit (8.45) ist es zu sehen, dass der Regelkreis durch eine geeignete Wahl des Reglers GR1 so eingestellt werden kann, das ein gewünschtes Verhalten, z. B. mit kleineren Zeitkonstanten, erreicht wird.
8.6 Vermaschte Regelung
253
Ein Beispiel der zweischleifigen Kaskadenregelung wird im Folgenden betrachtet. Man passt zunächst den Folgeregler GR1(s) an die Teilstrecke GS1(s) an und gibt so dem inneren Regelkreis ein gewünschtes Zeitverhalten. Dieser ist dann Bestandteil der Regelstrecke G2(s), für die der äußere Regler GR2(s) dimensioniert werden muss. •
Beispiel 8.6
Im Bild 8.21 ist der Wirkungsplan einer Kaskadenregelung mit einer P-T2-Strecke gegeben. Die Streckendaten sind:
KPS1 = 2 T1 = 1 s
KPS2 = 3 T2 = 0,2 s.
Die Kennwerte des Folgereglers KPR1 und Tn1 sollen so eingestellt werden, dass die Verzögerungszeitkonstante des Folgeregelkreises 50 mal kleiner als die Streckenzeitkonstante T1 wird.
+
KPR1 , Tn1
KPR2 , Tn2
w
+
−
KPS1 , TS1
KPS2 , TS2
x
−
Bild 8.21 Kaskadenregelung einer P-T2-Strecke mit PI-Führungsregler und PI-Folgeregler Um die gewünschte Zeitkonstante zu ermitteln, werden die Übertragungsfunktionen des Folgekreises G01(s) und Gw1(s) berechnet:
G01 ( s ) = G R1 ( s) ⋅ GS1 ( s ) =
K PR1 (1 + sTn1 ) K PS1 ⋅ sTn1 1 + sT1
Nach der Kompensation mit Tn1 = T1 = 1 s folgt
G w1 ( s) =
1 1+
1 G 01 ( s )
=
1 Tn1 1+ s ⋅ K PS1 ⋅ K PR1
=
1 1 + sTw1
Der Folgeregelkreis hat ein P-T1-Verhalten mit der Zeitkonstante Tw1, die nach der Aufgabenstellung 1/50 von T1 betragen soll:
Tw1 =
Tn1 T = 1 . K PS1 ⋅ K PR1 50
Daraus ergibt sich
K PR1 =
50 ⋅ Tn1 = 25 . K PS1 ⋅ T1
254
8 Entwurf von linearen Regelkreisen
8.6.3 Begrenzungsregelung Die Begrenzungsregelung, auch Overrideregelung genannt, besteht aus zwei oder drei Regelkreisen, wie in Bild 8.22 gezeigt ist. Zum einen ist es der Hauptregelkreis (Main-Regler GR), zum anderen ein oder zwei Begrenzungsregelkreise (Overrideregler GoR1 und GoR2), die mit unterschiedlichen Sollwerten und Prozessvariablen parallel arbeiten und über eine Auswahlbox das Stellsignal für die Regelstrecke liefern. Die Auswahlbox ist ein Vergleichsglied, welches die Stellgrößen des Haupt- und der beiden Begrenzungsregler auf den größeren bzw. den kleineren Wert vergleicht. Über einen Select-Befehl hat man die Möglichkeit, diese Auswahl entweder automatisch nach dem Maximum oder Minimum durchführen lassen, oder den jeweiligen Ausgang nach bestimmten Kriterien freizuschalten. Die Umschaltung soll allerdings stoßfrei erfolgen. Die Begrenzungsregelung ist besonders gut für Strecken geeignet, bei denen sowohl die Regelgröße x auf den vorgegebenen Sollwert w gebracht, als auch eine weitere Größe (Begrenzungsgröße) vorgegebene Grenzwerte gmax und/oder gmin nicht überschreiten soll. Beispielsweise soll in einem Ofen die Temperatur konstant gehalten werden und gleichzeitig der Druck den maximal zugelassenen Wert nicht überschreiten. Ein weiteres Beispiel ist ein Vakuum-Ofen, in dem die Kammertemperatur immer um 5°C bis 10°C wärmer als die Temperatur des Werkstückes ist. Wird das Thermoelement nahe dem Werkstück platziert, kann die Regelung zu unerwünschten Effekten wie überhöhter Temperatur der Heizelemente bzw. zur Überschreitung des gewünschten Sollwerts führen. Um diese Probleme zu umgehen, platzieren oft die Ofenhersteller ein Thermoelement in der Brennkammer nahe den Heizelementen, was zu thermischen Gradienten führt. Die ideale Lösung ist die Overrideregelung mit zwei separaten Regelkreisen und zwei Thermoelementen, wobei ein Thermoelement dicht an den Heizelementen, das zweite am Werkstück sitzt. Für die Regelung der Brennkammertemperatur wird dann der Regelkreis mit dem niedrigsten Ausgangssignal benutzt.
−
Begrenzungsregler
gmin
GoR1(s)
+
Hauptregler
Sollwert
w
+
z Min
GR(s)
− gmax
+
Ausgangs-Auswahlbox
Begrenzungsregler
−
Max
x
x1
+
GS1(s)
GS2(s)
Teilstrecke
Teilstrecke
GoR2(s)
Bild 8.22 Wirkungsplan einer Begrenzungsregelung (Overrideregelung)
8.6 Vermaschte Regelung
255
°C
x1(t)
300
200
Grenzwert g(t)
x(t)
100 Sollwert w(t)
Bild 8.23 Theoretische Verläufe der Temperaturkurven bei der Begrenzungsregelung mit den Eingangs-Rampenfunktionen (der Begrenzungsregler hat einen höheren Sollwert als der Hauptregler)
0 0
5
10
t / min
15
Bild 8.23 zeigt die theoretischen Verläufe der Hauptregelgröße x(t) und der Hilfsregelgröße x1(t) bei einer Rampenfunktion w(t) = KI⋅ t als Sollwert des Hauptreglers und den entsprechenden Rampenfunktionen eines Begrenzungsreglers. Bei der praktischen Realisierung, z. B. im Vakuum-Ofen (Bild 8.24) stellt man sofort fest, dass eine exakte Ausregelung der Temperatur am Ofengut möglich ist. In der Aufheizphase regelt der Overrideregler die Temperatur an den Heizelementen. Nach mehrmaligem Wechsel zwischen Main- und Override-Regler (Temperaturausgleich im Ofen) übernimmt schließlich der Main-Regler die Regelungsaufgabe bei konstantem Sollwert. Die Temperatur der Heizzone Mitte sinkt unter den Sollwert des Overridereglers. Der Overrideregler vergrößert seine Ausgangsleistung, und somit ist sicher gestellt, dass der Main-Regler die Regelung der Strecke behält. 710 700
Istwert Overrideregler
690 680 670 660
Sollwert Mainregler Istwert Mainregler
650 640 630 620
Sollwert Overrideregler
Aktiver Override-Regelkreis
Overrideregelung des Vakuum-Ofens mit Ausgang auf Min-Auswahl: Mainregler – Ofengut Overrideregler – Heizzone Mitte Aufheizung: Rampe von 595°C auf 700°C
610 600 590
Aktiver Main-Regelkreis
580 10:53:42 10:56:27 10:59:13 11:01:59 11:04:45 11:07:30 11:10:16 11:13:02 11:15:48 11:18:33 11:21:19 11:24:05 11:26:51
Bild 8.24 Beispiel einer Overrideregelung (Quelle: Schuy, Marco: Diplomarbeit, FH Wiesbaden, FB IET, 2001, mit freundlicher Genehmigung von Eurotherm Deutschland GmbH)
256
8 Entwurf von linearen Regelkreisen
8.6.4 Störgrößenaufschaltung Eine Beseitigung der Auswirkung von Störgrößen durch eine Regelung hat den Nachteil, dass der Regler immer erst korrigierend eingreifen kann, wenn eine Regeldifferenz vorliegt. Wegen der Verzögerungen in der Strecke erscheint die Störung erst verspätet am Eingang des Reglers. Um eine Auswirkung der Störgröße auf die Regelgröße völlig zu verhindern z und dabei die vorhandene GRz (s) optimale Reglereinstellung auszunutzen, schaltet man − + x die messbare Störgröße über w GR(s) GS(s) ein korrigierendes Glied GRz + − auf den Streckeneingang oder, wie Bild 8.25 zeigt, vor dem Regler auf. Bild 8.25 Störgrößenaufschaltung auf den Reglereingang
Die Aufschaltung erfolgt oft über ein differenzierendes Glied, damit im Beharrungszustand keine Verfälschung der Regeldifferenz entsteht. Die Stabilität des Kreises wird durch diese Maßnahme auch nicht beeinflusst. Die Regelparameter können so eingestellt werden, als sei GRz nicht vorhanden. Nach der Art der Aufschaltung wird der Einfluss der Störgröße in unterschiedlichem Maße kompensiert. Bei der vollständigen Kompensation gilt nach dem Störsprung z0: x(t) = 0 bzw. x(s) = 0 x( s ) = Gz ( s ) ⋅ z 0 =
G vz ( s) ⋅ z0 = 0 . 1 + G0
Daraus folgt die Kompensationsbedingung für die Vorwärts-Übertragungsfunktion G vz ( s ) = 0 .
(8.46)
Für die in Bild 8.20 gezeigte Störgrößenaufschaltung mit G vz ( s ) = −G Rz ( s )G R ( s )GS ( s ) + GS ( s ) = 0 wird die Bedingung (8.46) mit dem korrigierenden Glied G Rz ( s ) =
1 GR (s)
erfüllt. Das korrigierende Glied GRz(s) kann mit Hilfe von einfachen RC-Netzwerken technisch realisiert werden. In der Praxis erfolgt eine vollständige Kompensation der Störgröße nur selten, weil die genaue Nachbildung von GRz(s) zu aufwendig und nur ausnahmsweise möglich ist.
8.6 Vermaschte Regelung •
257
Beispiel 8.7
Für den in Bild 8.26 gezeigten Regelkreis sollen die Übertragungsfunktion und die Parameter des Korrekturgliedes GRz(s) so ermittelt werden, dass eine vollständige Kompensation der Störgröße erreicht wird. Der P-Regler ist mit KPR = 1,2 eingestellt. Die Streckenparameter sind: −1 KPSz = 2 KPSy = 5 KIS = 0,16 s T1 = 0,32 s T2 = 0,5 s
KPSz , T1
z GRz
GSz w
+
KPR
− −
KPSy, T2
+ +
GR
GSy
−
KIS x
+
GSI
Bild 8.26 Wirkungsplan der Störgrößenaufschaltung zu Beispiel 8.7 Die Vorwärts-Übertragungsfunktion Gvz wird nach dem Überlagerungsprinzip wie folgt bestimmt und gleich Null gesetzt:
G vz ( s ) = −GSz ( s )GSI ( s ) + GSy ( s )GSI ( s) − G Rz ( s )G R ( s )GSy ( s )GSI ( s ) = 0 Daraus ergibt sich die Übertragungsfunktion des Korrekturgliedes:
G Rz ( s ) =
(GSy − GSz )GSI G R GSy GSI
bzw.
K PSy G Rz ( s ) =
−
K PSz 1 + sT1
1 + sT2 K PR K PSy
=
K PSy − K PSz + s ⋅ ( K PSy T1 − K PSz T2 ) K PR K PSy (1 + sT1 )
1 + sT2 Damit ist GRz ein D-T1-Glied
G Rz ( s ) = K Pz ⋅ mit K Pz =
1 + sTz 1 + sT1
K PSy − K PSz K PR K PSy
= 0,5 und Tz =
K PSy T1 − K PSz T2 K PSy − K PSz
= 0,2 s .
.
258
8 Entwurf von linearen Regelkreisen
8.7 Mehrgrößenregelung Die Industrieanlagen werden oft als Regelstrecken mit mehreren Regelgrößen, die intern miteinander verkoppelt und von mehreren Stellgrößen beeinflusst sind, betrachtet. Zur Regelung solcher Strecken ist ein Mehrgrößenregler geeignet. Der Entwurf von Mehrgrößenreglern erfolgt normalerweise mit Hilfe der Matrizen- bzw. Vektorrechnung. Im Folgenden werden wir auf diese Beschreibung verzichten und die Mehrgrößenregelung vereinfacht für den Fall der Zweigrößenregelung behandeln.
8.7.1 Regelstrecken mit mehreren Ein-/ und Ausgangsgrößen Von den meist bekannten Mehrgrößenstrecken mit zwei Eingangsgrößen Y1, Y2 sind die Mischwasserbereitung mit dem Ausgang H (der Füllstand) und dem Ausgang T (die Temperatur der Mischung), oder das Behältersystem mit Ausgangsgrößen H1, H2 (die Füllstände) zu nennen (Bild 8.27). Y1 Q1
Q2
Y2
Y1
Y2
Q1
Q2
T H1
H2
H
a) Mischbehälter
b) Zweitanksystem
Bild 8.27 Beispiele industrieller Mehrgrößenstrecken
Ein anderes Beispiel ist in Bild 8.28 gezeigt. Zwei RCL-Vierpole sind miteinander über einen Widerstand R2 verbunden. Damit entsteht eine Zweigrößenstrecke mit Spannungen ue1(s), ue2(s) als Eingangs- und ua1(s), ua2(s) als Ausgangsgrößen. i1
R1
uR1
ue1 i2
i3
ua1
L
ua2
R2
uR2
ue2
C
R3
uR3
Bild 8.28 RCL-Netzwerk als Mehrgrößenstrecke
u (s) ½ G11 ( s ) = a1 ° u e1 ( s ) ° für ue2(s) = 0 u a2 ( s ) ¾ ° G21 ( s ) = u e1 ( s ) °¿ u (s) ½ G12 ( s ) = a1 ° u e2 ( s ) ° für ue1(s) = 0 u a 2 (s) ¾ ° G22 ( s ) = u e2 ( s ) °¿
8.7 Mehrgrößenregelung
259
Unter Annahme, dass alle Widerstände gleich sind, d. h. R1 = R2 = R3, kann man die Übertragungsfunktionen nach den Kirchhoffschen Sätzen mittels Laplace-Transformation analog dem Beispiel 2.3 des Abschnitts 2.3.5 wie folgt darstellen:
G11 ( s ) =
G 21 ( s ) =
1 + sT1 s 2T32
G12 ( s ) =
+ s (T1 + T2 ) + 1
s 2T32 1 ⋅ 2 s 2T32 + s (T1 + T2 ) + 1
G22 ( s ) =
1 1 ⋅ 2 2 2 s T3 + s (T1 + T2 ) + 1 s 2T32 + sT1 s 2T32 + s (T1 + T2 ) + 1
mit Zeitkonstanten
T1 =
1 L ⋅ 2 R
T2 =
3 RC 2
T32 = LC .
Nach dem Überlagerungsprinzip gilt für lineare Strecken: u a1 ( s) = G11 ( s ) u e1 ( s ) + G12 ( s) u e2 ( s ) u a2 ( s ) = G 21 ( s ) u e1 ( s ) + G 22 ( s ) u e2 ( s ).
(8.47)
Die Struktur der Strecke nach Gl. (8.47) zeigt Bild 8.29. Solche Struktur wird als PStruktur bezeichnet. Wenn zwischen den Stellgrößen y1, y2 und den Regelgrößen y1 x1 G11(s) x1, x2 eine feste Zuordnung besteht, die + durch G11(s) und G22(s) bestimmt wird, + kann die Zweigrößenregelung als nichtG12(s) gekoppelte Regelung mit zwei Einzelreglern mit Übertragungsfunktionen GR1(s) und GR2(s) realisiert werden. Die ÜberG21(s) tragungsfunktionen G11(s), G22(s) werden dadurch als Hauptstrecken und + x y2 2 G12(s), G21(s) als Koppelstrecken beG22(s) + zeichnet. Bild 8.29 P-Struktur einer Regelstrecke
Betrachten wir nun das Beispiel 2.4 des Abschnitts 2.3.5. Erweitern wir dieses Beispiel mit einer Masse m2 und Federn, wie in Bild 8.30 dargestellt, so entsteht ein mechanisches System mit den Wegen xe1(s), xe2(s) als Eingangsgrößen und xa1(s), xa2(s) als Ausgangsgrößen. Aus dem Kräftegleichgewicht (2.27) für die Feder-Kräfte FC1, FC2, FC3 und die Dämpfer-Widerstandskraft FD nach Gl. (2.26) ergibt sich die Beschreibung des Systems zu
260
8 Entwurf von linearen Regelkreisen x2
x1 KD
y1
KC1
y2
m1
m2
KC3
KC2
Bild 8.30 Mechanisches Feder-Dämpfer-Masse-System als Mehrgrößenstrecke mit V-Struktur
m1 x1 (t ) = − K C1 ( x1 − y1 ) − K D ( x1 − x 2 ) − K C2 ( x1 − x 2 ) m 2 x2 (t ) = − K C3 ( x 2 − y 2 ) − K D ( x 2 − x1 ) − K C2 ( x 2 − x1 ) . Nach der Laplace-Transformation erhalten wir die einzelnen Übertragungsfunktionen K C1 x1 ( s ) = y1 ( s) s 2T22 + sT1 + 1
K C2 1 + sT12 x1 ( s ) = ⋅ x 2 ( s ) K C 2 + K C1 s 2T22 + sT1 + 1
K C3 x2 ( s) = y 2 ( s) s 2T42 + sT3 + 1
K C2 1 + sT21 x2 ( s) = ⋅ x1 ( s ) K C 2 + K C3 s 2T42 + sT3 + 1
mit Zeitkonstanten T1 =
KD K C2 + K C1
T3 =
KD K C2 + K C3
T22 = T22 =
m1 K C2 + K C1 m2 K C2 + K C3
T12 =
KD K C2
T21 =
KD . K C2
Die Übertragungsfunktionen, die einen Ausgang abhängig von dem anderen beschreiben, werden durch V(s) bezeichnet, d. h. x (s) G11 ( s) = 1 y1 ( s )
x (s) G11 ( s)V12 ( s ) = 1 x2 (s)
x (s) G 22 ( s ) = 2 y 2 ( s)
x (s) . G 22 ( s) V21 ( s ) = 2 x1 ( s )
Das betrachtete mechanische System wird analog Gl. (8.47) durch das folgende Gleichungssystem, jedoch eines anderen Typs, beschrieben: x1 ( s ) = G11 ( s ) [ y1 ( s ) + V12 ( s ) x 2 ( s )] x 2 ( s) = G 22 ( s )[ y 2 ( s ) + V21 ( s) x1 ( s )] .
(8.48)
Die Strecke mit rückgekoppelten V(s)-Gliedern, die in Bild 8.31 abgebildet ist, wird als V-Struktur bezeichnet. Diese Struktur unterscheidet sich von der P-Struktur durch
8.7 Mehrgrößenregelung y1
+
G11(s)
261 x1
+ V12(s)
V21(s) y2
+ G22(s)
+
x2
vertauschte Additions- und Verzweigungsstellen. Die Umrechnung von Gln. (8.47) und (8.48) und umgekehrt, sowie die Umwandlung des Wirkungsplanes einer P-Struktur in eine V-Struktur ist möglich, jedoch können dabei die Übertragungsfunktionen bzw. die Wirkungspläne verkompliziert werden. Dies bedeutet, dass jede technisch realisierbare Regelstrecke nach einer bestimmten Struktur aufgebaut ist und so es zweckmäßig ist, diese Struktur auch bei der mathematischen Beschreibung beizubehalten.
Bild 8.31 V-Struktur einer Regelstrecke
8.7.2 Strukturen der Mehrgrößenregelung Die einfachste Struktur der Zweigrößenregelung ist im Bild 8.32 gezeigt. Zwei Regler GR1(s) und GR2(s) regeln jeweils eine Regeldifferenz e1 = w1 − x1 und e2 = w2 − x2 aus. Diese Regelungsstruktur wird Diagonalregler genannt, weil der Gesamtregler als Diagonalmatrix mit den beiden Einzelreglern dargestellt werden kann:
0 · § G ( s) ¸. G R (s) = ¨¨ R1 G R 2 ( s ) ¸¹ © 0
w1
–
w2
e1
e2
Diagonalregler
GR1(s)
GR2(s)
y1
Strecke
y2
x1
x2
Bild 8.32 Wirkungsplan eines Regelkreises mit dem Diagonalregler
–
Nachteilig bei dieser Struktur ist die starke gegenseitige Wirkung der beiden Kopplungsstrecken. Die Voraussetzungen zum Einsatz eines Diagonalreglers sind: •
Die Zahl der Regelgrößen r und der Stellgrößen m sind gleich, d. h. r = m
•
Die Hauptstrecken haben P-Verhalten mit oder ohne Verzögerung
•
Die Koppelstrecken haben kein I-Verhalten.
262
8 Entwurf von linearen Regelkreisen
Viel effektiver ist dagegen die Entkopplungsregelung, bei der die Übertragungsmatrix auch die Entkopplungsregler GR12(s) und GR21(s) beinhaltet: § G ( s ) G R12 ( s) · ¸¸ . G R (s) = ¨¨ R11 © G R 21 ( s ) G R 22 ( s ) ¹ Der Wirkungsplan eines entkoppelten Reglers ist in Bild 8.33 gezeigt. Beim Entwurf des Regelkreises werden zuerst die Entkopplungsglieder GR12(s) und GR21(s) so eingestellt, dass die Wirkung der Kopplungsglieder der Regelstrecke aufgehoben wird. Danach erfolgt die Einstellung der beiden Hauptregler für die jeweilige entkoppelte Regelgröße nach den bekannten Einstellverfahren für einschleifige Regelkreise. Die Nachteile dieses Verfahrens: •
Die Entkopplungsglieder sind oft kompliziert oder technisch schwer realisierbar
•
Die Einführung von Entkopplungsglieder ist technologisch nicht immer erwünscht.
w1
–
e1
y1
GR11(s)
Strecke
x1
GR12(s) w2
e2
GR21(s) GR22(s)
y2
x2
Entkoppelter Regler
–
Bild 8.33 Wirkungsplan eines Regelkreises mit dem entkoppelten Regler
8.7.3 Entwurf eines Diagonalreglers Der Entwurf eines Diagonalreglers (Bild 8.34) umfasst folgende Maßnahmen: •
Entscheidung über die Zuordnung von Stellgrößen zu Regelgrößen
•
Auswahl des Typs der Hauptregler GR1(s) und GR2(s)
•
Einstellung von Hauptreglern GR1(s) und GR2(s), wie im Eingrößenfall.
Die gegenseitige Wirkung von Hauptregelkreisen wird mit Hilfe des Koppelfaktors C (s) =
G21 ( s ) ⋅ G12 ( s ) G11 ( s) ⋅ G 22 ( s )
(8.49)
bemessen. Sind die Kopplungsstrecken G12(s) bzw. G21(s) Glieder mit D-Verhalten, so wirkt nur die dynamische Verkopplung, die im Beharrungszustand verschwindet.
8.7 Mehrgrößenregelung
263
Der Koppelfaktor im stationären Betrieb, d. h. bei t → ∞ oder s → 0, wird als statischer Koppelfaktor bezeichnet. Bei C0 = 0 sind die Hauptkreise nicht verkoppelt.
w1
C0 =
−
e1
+
GR1(s)
y1
G11(s)
x1
+
Durch das Vorzeichen des statischen Koppelfaktors wird entschieden, ob eine Mit- oder Gegenkopplung im Hauptregelkreis vorliegt.
+ G12(s)
G21(s) w2
+
e2
GR2(s)
+
y2 G22(s)
G 21 (0) ⋅ G12 (0) G11 (0) ⋅ G22 (0)
x2
+
−
Die positive Kopplung (C0 > 0) ist durch die schlechte Regelbarkeit gekennzeichnet. Günstiger für die Stabilität ist die negative Kopplung.
Bild 8.34 Diagonalregler mit einer Strecke in P-kanonischer Struktur
Zur Herleitung des Einstellverfahrens eines Diagonalreglers wird das Führungsverhalten bei den ab- und eingeschalteten Einzelreglern diskutiert: •
Wird der zweite Einzelregler abgeschaltet, d. h. GR2(s) = 0, so wird die Hauptregelstrecke G11(s) abgekoppelt und vom ersten Hauptregler GR1(s) in einem einschleifigen Kreis geregelt. Dabei gilt G01 ( s) = G R1 ( s )G11 ( s) und G w1 ( s) =
•
G R1 ( s )G11 ( s ) . 1 + G R1 ( s )G11 ( s )
Wird der erste Einzelregler abgeschaltet, d. h. GR1(s) = 0, so wird die Teilstrecke G22(s) abgekoppelt und vom zweiten Hauptregler GR2(s) geregelt: G02 ( s ) = G R 2 ( s )G 22 ( s) und G w 2 ( s ) =
•
G R2 ( s )G 22 ( s) . 1 + G R2 ( s)G 22 ( s )
(8.50)
Nun betrachten wir das Führungsverhalten des ersten Kreises mit GR1(s) beim Eingangssprung w1, wenn der zweite Hauptregler GR2(s) nicht abgeschaltet ist, jedoch keinen Eingangssprung, d. h. w2 = 0 hat. Der Hauptregler GR1(s) ist in diesem Fall von der Gesamtstrecke nicht abgekoppelt und regelt, wie in Bild 8.35 gezeigt, eine virtuelle Regelstrecke G*11(s) aus: ª G ( s ) ⋅ G12 ( s ) G R2 ( s) ⋅ G 22 ( s ) º * G11 ( s) = G11 ( s ) ⋅ «1 − 21 ⋅ » ¬ G11 ( s) ⋅ G 22 ( s ) 1 + G R2 ( s ) ⋅ G 22 ( s ) ¼
(8.51)
264
w1
8 Entwurf von linearen Regelkreisen
−
e1
+
Bild 8.35 Regelkreis mit resul-
GR1(s)
y1
*
x1
G*11(s)
tierender Strecke G11 ( s ) bei
w2 = 0
Die resultierende Regelstrecke (8.51) lässt sich unter Beachtung von Gln. (8.49) und (8.50) wie folgt darstellen * G11 ( s ) = G11 ( s ) ⋅ [1 − C ( s) ⋅ G w2 ( s )] .
(8.52)
Analog gilt für die resultierende Regelstrecke für das Führungsverhalten des zweiten Kreises mit GR2(s) bei nicht abgeschalteten ersten Hauptregler GR1(s): * G 22 ( s) = G 22 ( s ) ⋅ [1 − C ( s ) ⋅ G w1 ( s)] .
•
(8.53)
Beispiel 8.8
Eine Regelstrecke mit P-Struktur soll mit einem Diagonalregler nach dem Bild 8.34
G R1 ( s ) =
K IR1 s
G R2 ( s ) =
K IR2 s
geregelt werden. Die Streckenparameter sind:
G11 ( s ) = mit
K P11 1 + sT11
KP11 = 1 T11 = 1s
G 22 ( s ) =
K P22 1 + sT22
G12 ( s ) = K P12
G 21 ( s ) = K P21
KP21 = 0,5
KP12 = 1.
KP22 = 2 T22 = 2s
Die Führungsübertragungsfunktion des 1. Regelkreises beim abgeschalteten 2. Einzelregler ist
G01 ( s ) =
K IR1 K P11 s (1 + sT11 )
G w1 ( s ) =
K IR1 K P11 . s (1 + sT11 ) + K IR1 K P11
Damit gilt für das statische Verhalten (wenn t → ∞ bzw. s → 0): Gw1(0) = 1. Die Führungsübertragungsfunktion des 2. Regelkreises beim abgeschalteten 1. Einzelregler ist:
G02 ( s ) =
K IR2 K P 22 s (1 + sT22 )
Gw 2 (s) =
K IR2 K P 22 s (1 + sT22 ) + K IR2 K P 22
und damit für das statische Verhalten: Gw2(0) = 1. Der statische Koppelfaktor der Regelstrecke errechnet sich zu:
C0 =
G 21 (0) ⋅ G12 (0) K P 21 ⋅ K P12 = = 0,25 G11 (0) ⋅ G 22 (0) K P11 ⋅ K P 22
Daraus ergeben sich die resultierenden Regelstrecken nach Gln. (8.52) und (8.53): * G11 ( s) = G11 ( s ) ⋅ [1 − C 0 ⋅ G w2 (0)] = G11 ( s) ⋅ [1 − C 0 ] * G 22 ( s ) = G 22 ( s ) ⋅ [1 − C 0 ⋅ G w1 (0)] = G 22 ( s) ⋅ [1 − C 0 ] .
8.7 Mehrgrößenregelung
265
Die Übertragungsfunktion des offenen 1. Hauptregelkreises entspricht dem Grundtyp A
G *01 ( s ) = G R1 ( s )G *11 ( s ) =
0,75 K IR1 K P11 K IR1 K P11 ⋅ (1 − C 0 ) = s 1 + sT11 s (1 + sT11 )
und kann nach dem Betragsoptimum optimal eingestellt werden:
K IR1 =
1 = 0,67 s −1 . 2 ⋅ 0,75K P11T11
Analog ergibt sich die optimale Reglereinstellung für den 2. Hauptregelkreis
G * 02 ( s ) = G R 2 ( s)G * 22 ( s ) =
0,75 K IR2 K P 22 s (1 + sT22 )
K IR2 = 0,17 s −1 .
8.7.4 Stabilität der Zweigrößenregelung Aus der Führungsübertragungsfunktion G*w1(s) des geschlossenen Regelkreises * Gw 1 (s) =
* G R1 ( s )G11 (s) * 1 + G R1 ( s )G11 (s)
Z (s) = 1 N1 ( s )
ergibt sich die charakteristische Gleichung
ª G ( s )G11 ( s )C ( s )G w2 ( s ) º N1 ( s) = [1 + G R1 ( s )G11 ( s)] ⋅ «1 − R1 »=0. 1 + G R1 ( s )G11 ( s ) ¬ ¼
(8.54)
Daraus folgen zwei Gleichungen:
1 + G R1 ( s )G11 ( s ) = 0
(8.55)
1 − C ( s )G w1 ( s )G w 2 ( s) = 0 .
(8.56)
Für den zweiten Hauptkreis bei abgeschaltetem ersten Regler gilt analog Gl. (8.55) 1 + G R2 ( s)G 22 ( s ) = 0 .
(8.57)
Die Stabilitätsbedingung: Ein Zweigrößenregelkreis ist genau dann stabil, wenn sich alle Wurzeln der charakteristischen Gln. (8.55), (8,56), (8.57) in der linken s-Halbebene befinden.
8.7.5 Entwurf eines Entkopplungsreglers Eine Strecke mit m Stellgrößen und r Regelgrößen kann mit Hilfe einer (r, m)-Matrix GS(s) beschrieben werden. Ist m = r, so kann auch der Regler mit der (m, r)-Matrix GR(s) dargestellt werden. Beispielsweise wird ein Regelkreis mit m = r = 2 mit folgenden Matrizen beschrieben und im Wirkungsplan des Bildes 8.36 dargestellt.
266
8 Entwurf von linearen Regelkreisen
−
e
w
+
y
GR(s)
x
GS(s)
+ z
Bild 8.36 Mehrgrößenregelkreis mit Wirkungslinien als vektorielle Signale:
+
x = (x1, x2, … xr); y = (y1, y2, … ym).
§ GS11 ( s) GS12 ( s) · ¸¸ G S ( s) = ¨¨ © GS21 ( s ) GS22 ( s) ¹
( s ) G R12 ( s) · §G ¸¸ , G R ( s ) = ¨¨ R11 © G R 21 ( s ) G R 22 ( s ) ¹
Damit wird das Regelkreisverhalten wie bei einem einschleifigen Regelkreis, jedoch vektoriell, ausgedrückt. Dies gilt auch für die Übertragungsmatrix des offenen Kreises G 0 ( s) = G S (s) ⋅ G R ( s)
(8.58)
und die Führungsübertragungsmatrix des geschlossenen Kreises
G w ( s ) = [ I r + G 0 ( s ) ] −1 ⋅ G 0 ( s ) , wobei Ir die r-reihige Einheitsmatrix ist. Die Matrix I r + G 0 ( s ) = I r + G S ( s ) ⋅ G R ( s)
wird als Rückführdifferenzmatrix bezeichnet.
Steuerbarkeit und Beobachtbarkeit Ein System heißt steurbar, wenn Steuerungen y(x) existieren, die das System aus einem beliebigen Anfangszustand xA in einen beliebigen Endzustand xE überführen können. Ein System heißt beobachtbar, wenn für jeden Anfangszustand xA(t0) einen Endzustand xE(tA) berechnet werden kann. Die Erläuterung ist in Bild 8.36 gezeigt.
y a)
S1 S2
x1
x2
y
b)
S1 S2
x1
x2
y
c)
S1
x1
S2
Bild 8.37 Mehrgrößenstrecke, die aus zwei Teilstrecken S1 und S2 besteht: a) S1 und S2 sind steuerbar und beobachtbar; b) die beiden Teilstrecken sind beobachtbar, jedoch nur die Teilstrecke S1 ist steuerbar; c) Die Teilstrecke S2 ist nicht beobachtbar.
Autonome Regelung Im Gegensatz zur einschleifigen Regelung unterscheidet man bei einer Mehrgrößenregelung verschiedene Regelungsziele, die durch die Stufen der Entkopplung definiert werden. Die Regelung in einem entkoppelten Regelkreis, dessen Kopplungsstrecken G12(s), G21(s) usw. kompensiert sind, wird als autonome Regelung genannt. Man unterscheidet folgende Arten der Autonomie:
8.7 Mehrgrößenregelung
267
•
Eigenautonomie: die Änderungen einer Regelgröße haben keinen Einfluss auf die anderen Regelgrößen.
•
Führungsautonomie: die Änderungen einer Führungsgröße haben keinen Einfluss auf die anderen Regelgrößen; jede Führungsgröße beeinflusst nur die zugeordnete Regelgröße.
•
Störautonomie: Jede an einer Hauptstrecke angreifende Störgröße wirkt nur auf die entsprechende Regelgröße. Aus Eigen- und Führungsautonomie folgt nicht unbedingt die Störautonomie.
Die Zusammenhänge der autonomen Regelung werden im Folgenden ohne Herleitung vorgestellt. Notwendige und hinreichende Bedingung für Eigen- und Führungsautonomie besteht darin, dass die Matrix G0(s) (8.58) eine Diagonalmatrix G 0 (s) = G S (s) ⋅ G R (s)
mit den Elementen G0k(s) mit k = 1, ... r ist. Bei Erfüllung dieser Bedingung wird die Mehrgrößenregelung entkoppelt. Es entstehen r entkoppelte Eingrößenregelungen mit den Übertragungsfunktionen G0k(s) der offenen Kreise.
Zerlegung der Übertragungsmatrix Die Übertragungsmatrix GR(s) des Reglers kann in eine Diagonalmatrix GH(s) und eine Entkopplungsmatrix GE(s), wie in Bild 8.38, zerlegt werden. G R (s) = G E (s) ⋅ G H (s)
Die Entkopplungsmatrix GE(s) mit passiven Regelungsgliedern soll die Kopplungsglieder der Strecke kompensieren. Die Elemente der Diagonalmatrix GH(s) sind die Regler der entkoppelten Hauptregelkreise. Die Entkopplungsbedingung führt in diesem Fall zu G S ( s ) ⋅ G E ( s ) = G ES ( s)
bzw. G E ( s ) = G S−1 ( s ) ⋅ G ES ( s ) ,
(8.59)
wobei GES(s) eine Diagonalmatrix ist, deren Elemente so gewählt werden, dass die Kopplungsglieder der Strecke kompensiert werden.
w
+
−
e
GES(s) y GH(s) Hauptregler
GE(s) Entkopplung
GS(s)
+
x
Strecke
Bild 8.38 Zerlegung der Übertragungsfunktion des Reglers auf GH(s) und GE(s)
268
8 Entwurf von linearen Regelkreisen
Regler in P-Struktur, Regelstrecke in P-Struktur § G ( s) Für eine Strecke in P-Struktur G S ( s ) = ¨¨ 11 © G21 ( s ) unter Beachtung der Gl. (8.49) die Entkopplung
G E ( s) =
G12 ( s ) · ¸ ergibt sich aus Gl. (8.59) G 22 ( s ) ¸¹
1 − GR12 ( s ) · § 1 ¸¸ mit ⋅ ¨¨ 1 1 − C ( s ) © − GR21 ( s) ¹
G ( s) G R12 ( s ) = 12 G11 ( s ) G (s) G R21 ( s ) = 21 . G 22 ( s )
(8.60)
die im Wirkungsplan des Bildes 8.39 mit dem statischen Koppelfaktor C0 gezeigt ist.
− w1
e1
+
w2
+
e2
−
GR1(s)
GR2(s)
1 1−C0
y1
+
−
G11(s)
+
G12(s) G11(s)
G12(s)
G21(s) G22(s)
G21(s)
−
1 1−C0
x1
+
y2
+
G22(s)
+
+
x2
Bild 8.39 Entkopplungsregler in P-Struktur für eine Strecke in P-Struktur
Regler in P-Struktur, Regelstrecke in V-Struktur Für eine Strecke in V-Struktur
§ G (s) G S ( s ) = ¨¨ 11 © G 22 ( s )
V12 ( s) G11 ( s) V21 ( s ) G 22 ( s )
· ¸¸ ¹
ergibt sich aus Gl. (8.59) G R12 ( s) · G 1 ( s ) = V12 ( s )G 22 ( s ) § ¸¸ mit R12 G E ( s ) = ¨¨ 1 ¹ G R21 ( s ) = V21 ( s )G11 ( s ). © G R 21 ( s ) Die Kopplungsregler kann man einfacher realisieren, wenn die Abgriffsorte von Eingangssignalen die Rückführgrößen x1 und x2 sind, wie in Bild 8.39 gezeigt ist. Die Kopplungsstrecken werden damit innerhalb der Mehrgrößenregelstrecke kompensiert:
8.7 Mehrgrößenregelung
269
V21 ( s ) ⋅ x1 = G R21 ( s) ⋅ x1 V12 ( s ) ⋅ x 2 = G R12 ( s ) ⋅ x 2
w1
e1
GR11(s)
+
e2
x1
G11(s)
−
GR12(s)
V12(s)
GR21(s)
V21(s)
+ +
G R12 ( s ) = V12 ( s ).
−
+
w2
G R21 ( s ) = V21 ( s )
mit Kopplungsregler
−
x2
GR22(s)
G22(s)
−
Bild 8.40 Entkopplungsregler in P-Struktur für eine Strecke in V-Struktur • Beispiel 8.9 Der im Abschnitt 1.6 betrachtete Molekularfilter (Bild 1.16) hat zwei Regelgrößen, Druck x1 und Durchfluss x2, mit entsprechenden Stellgrößen, Ventil YV44 und Ventil YV42. Die Regelstrecke wird als P-Struktur mit folgenden Übertragungsfunktionen identifiziert:
G11 ( s ) = G 21 ( s ) =
K P11 1 + sT11 K P 21 1 + sT21
⋅ e − sTt11
G12 ( s ) =
⋅ e − sTt21
G 22 ( s ) =
K P12 1 + sT12
⋅ e − sTt12
K P 22 T22 s 2 + T1 s + 1
⋅e
− sT t22
.
Die Parameter sind:
KP11 = 0,1025
KP12 = −0,1135
KP21 = −0,0425
KP22 = −0,168
T11 = 1,8 s
T12 = 1,1 s
T21 = 0,4 s
T2 = 0,016 s T1 = 0,001948 s
Tt11 = 0,805 s
Tt12 = 0,4 s
Tt21 = 0,1 s
Tt22 = 0,524 s
Als Hauptregler für Druck wird der PI-Regler GR11 und für Durchfluss der PID-Regler GR22 eingesetzt. Es wird zuerst der statische Kopplungsfaktor berechnet:
C0 =
G 21 (0) G12 (0) K P 21 K P12 = = −0,2801 . G11 (0) G 22 (0) K P11 K P 22
Danach errechen sich die optimalen Parameter der beiden Regler zu: KPR1 = 8,521 Tn1 = 1,8 s KPR2 = 0,0318 Tn2 = 0,0499 s
Tv2 = 0,0124 s
270
8 Entwurf von linearen Regelkreisen
Die Kopplungsregler GR12(s) und GR21(s) werden nach (8.60) ermittelt
G R12 ( s ) = 1,107
1 + 1,8s −( −0,7) s e 1 + 1,1s
GR 21( s) = 0,253
(1 + 0,0158s ) 2 − 0,424 s e , 1 + 0,4s
jedoch durch P-Regler mit KPR12 = 1,107 und KPR21 = 0,253 angenähert. Das MATLAB/Simulink-Modell des Zweigrößenregelkreises mit Entkopplung ist im Bild 8.41 gezeigt. Der PID-Regler soll invertierend wirken, um das negative Vorzeichen der Regelstrecke auszugleichen. Die simulierten Sprungantworten stellt Bild 8.42 dar. Zum Zeitpunkt t = 10 s wird der Sprung der Führungsgröße Durchfluss w1 = 2 V und bei t = 190 s der Sprung der Führungsgröße Druck w2 = 1 V eingegeben. Zum Vergleich sind auch die Ergebnisse einer Simulation ohne Entkopplung gezeigt. Die positive Auswirkung der Entkopplung ist sichtbar.
Bild 8.41 Simulation des Mehrgrößenregelkreises zum Beispiel 8.9 mit MATLAB/Simulink
Durchfluss Durchfluss
Druck Druck
Bild 8.42 Sprungantworten des Mehrgrößenkreises ohne Entkopplung (links) und mit Entkopplung (rechts): die Regelgröße Druck reagiert nicht auf den Sprung der Führungsgröße Durchfluss und umgekehrt (Quelle: Berg, Oliver: Diplomarbeit, FH Wiesbaden, FB IET, 2001)
271
9 Nichtlineare Glieder im Regelkreis Die in den bisher behandelten Kapiteln ermittelten Gesetzmäßigkeiten gelten nur im linearen Bereich. Die statischen Kennlinien der meisten Regelkreisglieder zeigen jedoch einen nichtlinearen Verlauf, so dass streng genommen alle Systeme als nichtlinear behandelt werden müssten. Ist ein Regelkreis auf einen Sollwert xS1 eingestellt, so sind die Abweichungen vom Sollwert i. A. gering, und der Regelkreis kann in diesem Bereich als linear angesehen werden. Wird der Regelkreis auf einen anderen Sollwert xS2 eingestellt, so wird, wenn nichtlineare Glieder im Kreis sind, das Verhalten bezüglich Dämpfung, Optimaleinstellung usw. anders sein als beim Sollwert xSl. Bild 9.1 zeigt die idealisierten Kennlinien einiger nichtlinearer Regelkreisglieder gegenüber der linearen Kennlinie. Die Ein- und Ausgangsgrößen sind xe und xa. xa xe
xa
xa
xa xe
xe
xa xe
xa xe
xe
Bild 9.1 Idealisierte Kennlinien typischer nichtlinearer Regelkreisglieder a) linear d) Hysterese b) Begrenzung (Sättigung) e) Zweipunktcharakter c) Ansprechempfindlichkeit f) Dreipunktcharakter
Die Sättigung ist eine Erscheinung, die bei allen Regelkreisgliedern auftritt. So kann z. B. bei einem Verstärker mit dem Verstärkungsgrad KP die Ausgangsgröße nur einen bestimmten Maximalwert annehmen; dem entspricht eine maximale Eingangsgröße x xe max = a max . KP
Überschreitet die Eingangsgröße diesen Maximalwert, so kann die Ausgangsgröße nicht weiter folgen, der Verstärker ist übersteuert. Die Ansprechempfindlichkeit oder tote Zone tritt z. B. bei Messfühlern auf. Das heißt, die Messgröße muss erst einen bestimmten Wert erreichen, bevor der Messfühler anspricht und ein Signal abgibt. Vielfach ist diese Ansprechempfindlichkeit (oder der Schwellenwert) so gering, dass die Kennlinie als linear angesehen werden kann. Die Hysterese, wie sie z. B. bei der Stopfbuchsenreibung an Ventilen auftritt, kommt dadurch zustande, dass sich die Fasern an der Oberfläche der Stopfbuchsenpackung bei Richtungswechsel erst umkehren müssen. Ferner tritt Hysterese bei Relais auf, die bei einem bestimmten Erregerstrom anziehen. Wird dann der Strom langsam reduziert, so fällt das Relais bei einem Strom ab, der geringer ist als der Einschaltstrom.
272
9 Nichtlineare Glieder im Regelkreis
Das Zweipunktverhalten ist charakteristisch für die unstetigen Regler (Bimetallregler, Relais usw.). Obwohl die Bimetallfeder eine kontinuierliche Bewegung ausführt, kann die Ausgangsgröße nur die beiden Zustände Ein und Aus annehmen. Eine Dreipunktcharakteristik wird meist durch Messwerkregler (Dreh- oder Kreuzspulmesswerk) mit oberem und unterem Grenzwert erzeugt. Auch hier ist die Bewegung des Messwerks kontinuierlich, während die Ausgangsgröße nur drei konkrete Werte annehmen kann: RECHTS - EIN, AUS, LINKS - EIN. Die Bilder 9.le) und f) zeigen idealisierte Kennlinien. Reale Zwei- und Dreipunktregler sind stets mit Hysterese behaftet. B Vielfach ist es vorteilhaft, die gekrümmte Kennlinie eines nichtlinearen Gliedes durch einen idealisierten Polygonzug anzunähern oder umgekehrt. Bild 9.2 zeigt die Magnetisierungskennlinie einer Erregerwicklung und gestrichelt ihre An-näherung. Man unterscheidet zwischen stetigen und unstetigen Nichtlinearitäten.
H
Bild 9.2 Wahre und angenäherte Kennlinie eines nichtlinearen Gliedes
Bei einem linearen Glied kann der Zusammenhang zwischen Ein- und Ausgangsgröße durch eine lineare DGL mit konstanten Koeffizienten beschrieben werden. Charakteristisch für ein lineares System ist die Proportionalität zwischen Ein- und Ausgangsgröße sowie die ungestörte Überlagerung mehrerer Signale. Betrachtet man das in Bild 9.3 dargestellte System zunächst unter der Annahme, dass sämtliche Glieder linear sind, so erhält man folgende Differentialgleichung mxa (t ) + bx a (t ) + cxa (t ) = Ax e (t ) .
(9.1)
Hat die Feder keine lineare, sondern z. B. eine quadratische Charakteristik
F f = c ⋅ x a2 , so nimmt die Differentialgleichung folgende Form an mxa (t ) + bx a (t ) + cx a2 (t ) = Axe (t ) .
(9.2)
Es handelt sich hierbei um eine DGL 2. Ordnung, aber vom 2. Grade. Im Gegensatz zu den linearen DGL, in denen xa , x a, xa, ... nur in der ersten Potenz vorkommen, tritt xe
A
m xa C b
Bild 9.3 System 2. Ordnung: A Membranfläche, m Masse der bewegten Teile, c Federkonstante, b Dämpfungskonstante
9.1 Harmonische Balance
273
in Gl. (9.2) xa in der zweiten Potenz auf. Generell kann man eine DGL n. Ordnung in ein System von n DGL 1. Ordnung umformen. Auf Gl. (9.2) angewandt, erhalten wir durch Einführen der Zustandsvariablen xa (t ) = x1 (t ) und x a (t ) = x1 (t ) = x 2 (t ) die so genannten Zustandsdifferentialgleichungen x1 (t ) = x 2 (t )
x 2 (t ) = −
(9.3)
A b c 2 ⋅ x1 (t ) − x 2 (t ) + ⋅ x e (t ) . m m m
(9.4)
Die Lösungen der beiden DGL x1(t) und x2(t) stellen für jeden Zeitpunkt den Zustand des Systems dar. Tragen wir für t = 0 ... ∞ die Punkte x1(t) und x2(t) in einem kartesischen Koordinatensystem auf, so erhalten wir die Zustandskurve oder Trajektorie des Systems. Bild 9.4 zeigt die Trajektorienschar, die für xe(t) = xe0(t) = konst. durch Veränderung der Anfangsbedingungen x1(0), x2(0) entstehen. Für xe(t) = xe0(t) = konst. kann durch Division der Gl. (9.4) durch Gl. (9.3) die unabhängige Variable t eliminiert werden, und man erhält statt der beiden DGL (9.3) und x2 8 7 6 5 4 3 2 -9 -8 -7 -6 -5 -4 -3 -2 -1 -1 -2
1 2
3 4
5 6
7
8
x1
-3 -4 -5 -6 -7 -8 -9 -10
dx2 =0 dx1
-11 -12 -13
Bild 9.4 Verlauf der Trajektorien des durch die Zustandsdifferentialgleichungen (9.3) und (9.4) gegebenen Systems
274
9 Nichtlineare Glieder im Regelkreis
(9.4) eine einzige Differentialgleichung 1. Ordnung dx 2 c =− ⋅ dx1 m
x12 b A x e0 − + ⋅ . x2 m m x2
(9.5)
Die Isoklinen dx2/dx1= K = konst. lassen sich aus Gl. (9.5) in einfacher Weise ermitteln und ergeben die Parabeln x2 =
1 [ A ⋅ xe0 − c ⋅ x12 ]. Km + b
(9.6)
Speziell für dx2/dx1= K = konst.= ∞ folgt x2 = 0, d. h. die Trajektorien schneiden die x1-Achse senkrecht. Ferner liegen die relativen Maxima und Minima der Trajektorien (für K = 0) auf der Parabel 1 x 2 = [ A ⋅ xe0 − c ⋅ x12 ]. b
(9.7)
Nimmt das System für t → ∞ eine Ruhelage ein, so müssen die zeitlichen Änderungen x1 = 0 und x 2 = 0 sein. Damit erhalten wir aus den Gln. (9.3) und (9.4) x1 (∞) = ±
A ⋅ xe0 . c
(9.8)
Es handelt sich um zwei Knotenpunkte, von denen der mit dem positiven Vorzeichen ein stabiler und der mit dem negativen ein instabiler Knotenpunkt ist. Für xe0 ⋅ A = 2; c
b = 2s ; c
m = 1s 2 c
zeigt Bild 9.4 den Verlauf der Zustandskurven. Das schraffierte Gebiet ist der Einzugsbereich der asymptotischen Stabilität für den Knotenpunkt x1 = +
A ⋅ xe0 . c
Entsprechend im Linearen sucht man auch bei nichtlinearen Systemen allgemeine Stabilitätskriterien ohne die Zustandsdifferentialgleichungen (9.3) und (9.4) lösen zu müssen. Die im folgenden Abschnitt behandelte Methode der Harmonischen Balance (oder Harmonische Linearisierung) ist ein Näherungsverfahren, das gestattet, mit verhältnismäßig geringem Arbeitsaufwand nichtlineare Regelkreise auf ihre Stabilität zu untersuchen. Schwieriger zu handhaben sind exakte Methoden, wie •
die Anwendung der Zustandsebene,
•
die Theorie von Ljapunow und
•
das Popow-Kriterium,
die im vorliegenden Buch nicht behandelt werden.
9.1 Harmonische Balance
275
9.1 Harmonische Balance Angeregt von der Frequenzganguntersuchung linearer Glieder, wurde für nichtlineare Systeme die Beschreibungsfunktion entwickelt. Zur Erläuterung wird eine Nichtlinearität, ein Glied mit toter Zone (Bild 9.5), betrachtet. Gibt man auf den Eingang des in Bild 9.5 dargestellten Gliedes eine Sinusschwingung xe (t ) = xˆe ⋅ sin ω t , so hat die Ausgangsgröße den in Bild 9.6 gezeigten Kurvenverlauf. Die Ausgangsgröße hat zwar gegenüber der Eingangsgröße die gleiche Frequenz und Phasenlage aber keine Sinusform. Nach Fourier kann jede periodische Funktion in eine Summe harmonischer Schwingungen zerlegt werden. Die Beschreibungsfunktion berücksichtigt nun lediglich die Grundschwingung; die höher Harmonischen werden vernachlässigt. Das Verhältnis der Grundschwingung am Ausgang zur Eingangsschwingung wird als die Beschreibungsfunktion definiert. x (ω ) . N ( xˆ e ) = a1 xe (ω ) xa
xe
xt
(9.9)
xa
Bild 9.5 Regelkreisglied mit toter Zone (Ansprechempfindlichkeit)
xe xt xe x^e t
Bild 9.6 Ein- und Ausgangsgröße eines Regelkreisgliedes mit toter Zone
xa Grundwelle
Tt
2Tt
t
Die Beschreibungsfunktion N ist im Gegensatz zum Frequenzgang G(jω) keine Funktion von ω, sondern nur von der Amplitude der Eingangsgröße xˆ e abhängig, wie noch gezeigt werden wird. Es soll nun noch untersucht werden, unter welchen Voraussetzungen die Vernachlässigung der höher Harmonischen bei der Beschreibungsfunktion zulässig ist.
Bild 9.7 zeigt den Wirkungsplan eines Regelkreises, der ein nichtlineares Glied enthält. Die übrigen linearen Glieder sind in dem mit G bezeichneten Block zusammen-
276
9 Nichtlineare Glieder im Regelkreis
gefasst. Erregt man nun den Eingang des nichtlinearen Gliedes mit einer Sinusschwingung, so erscheint am Ausgang ein Signal, welches man nach Fourier als Grundschwingung undhöher Harmonische auffassen kann. G −
Bild 9.7 Regelkreis bestehend aus linearen Gliedern G und einem nichtlinearen Glied
Dieses Signal wird dem Eingang der linearen Glieder zugeführt. Da lineare Glieder stets mit Verzögerungen behaftet sind, werden die höher Harmonischen stärker bedämpft als die Grundwelle. Infolgedessen wird am Ausgang der linearen Glieder eine Funktion erscheinen, die nur wenig von der Grundwelle abweicht. Das Verfahren ist um so exakter, je höher die Ordnung und damit die Filterwirkung der linearen Glieder ist. Grundlage für die Gültigkeit der gemachten Voraussetzungen ist das Auftreten einer Schwingung. Die Anwendung der Beschreibungsfunktion ist ein Näherungsverfahren, welches sich auf die Ermittlung der Stabilitätsbedingungen nichtlinearer Regelkreise beschränkt. Es lassen sich so mögliche Schwingungen, deren Frequenz und Amplitude bestimmen. Hierzu wird das in Abschnitt 6.4 behandelte Zweiortskurvenverfahren angewandt. Indem einmal die negativ inverse Ortskurve der linearen Glieder und zum anderen die Ortskurve, bzw. die Schar von Ortskurven der Beschreibungsfunktion aufgetragen wird.
9.2 Ermittlung spezieller Beschreibungsfunktionen Laut Definition der Beschreibungsfunktion wird die Ausgangsgröße durch die Grundschwingung der Fourier-Zerlegung dargestellt. Diese lautet: xa1 (t ) = a1 ⋅ cos ωt + b1 ⋅ sin ωt
(9.10)
mit den Koeffizienten T ½ 2 xa (t ) ⋅ cos ωt ⋅ dt ° T °° 0 ¾ T 2 ° b1 = x a (t ) ⋅ sin ωt ⋅ dt.° T °¿ 0
³
a1 =
(9.11)
³
Benutzt man als unabhängig Veränderliche nicht die Zeit t, sondern den Phasenwinkel α = ω t, so wird 2π
½ xa (α ) ⋅ cos α ⋅ dα ° π °° 0 ¾ 2π 1 ° b1 = x a (α ) ⋅ sin α ⋅ dα .° π 0 ¿°
a1 =
1
³
³
(9.12)
9.2 Ermittlung spezieller Beschreibungsfunktionen
277
Interpretieren wir die Eingangsschwingung xe (t ) = xˆe ⋅ sin ω t als rotierender Zeiger in der Gaußschen Zahlenebene, so können wir schreiben
xe (ω t ) = xˆe ⋅ e jω t .
(9.13)
Entsprechend erhalten wir aus (9.10) für die Grundschwingung der Ausgangsgröße
xa1 (ω t ) = a1 ⋅ e
π· § j ¨ω t + ¸ 2¹ ©
+ b1 ⋅ e jω t
xa1 (ω t ) = (b1 + ja1 ) ⋅ e jω t .
(9.14)
Für die in Gl. (9.9) definierte Beschreibungsfunktion folgt dann
N ( xˆe ) =
xa1 (ω t ) b1 + ja1 . = xe (ω t ) xˆe
(9.15)
Wie bereits erwähnt, ist N ( xˆ e ) keine Funktion von ω, sondern nur von xˆ e abhängig.
9.2.1 Beschreibungsfunktion eines Gliedes mit Sättigung Die statische Kennlinie hat den in Bild 9.8 gezeichneten Verlauf. Für xa < xB ist die Ausgangsgröße gleich der Eingangsgröße. Übersteigt xe den Wert xB, so bleibt xa = xB = konstant. Aus Bild 9.8 ist zu entnehmen:
x x B = xˆ e ⋅ sin α1 , α1 = arcsin B . xˆ e
(9.16)
Für eine ungerade Funktion, d. h. wenn xa(α) = −xa (− α), vereinfacht sich die Beziehung (9.12). Zur Ermittlung der Grundschwingung der Ausgangsgröße xa ist dann
a1 = 0,
b1 =
2
π
2π
³ xa (α ) ⋅ sin α ⋅ dα
(9.17)
0
Im Bereich von 0 ≤ α ≤ π xˆ e ⋅ sin α für 0 ≤ α ≤ α1 ½ ° ° für α1 ≤ α ≤ α 2 ¾ xa = ® x B ° xˆ ⋅ sin α für α ≤ α ≤ π ° 1 ¯ e ¿
(9.18)
Setzt man Gl. (9.18) in Gl. (9.17) ein, so folgt: α2 π ªα1 º 2 « 2 2 ˆ ˆ b1 = ⋅ x e ⋅ sin α ⋅ dα + x B ⋅ sin α ⋅ dα + xe ⋅ sin α ⋅ dα » » π « α1 α2 «¬ 0 »¼
³
³
³
278
9 Nichtlineare Glieder im Regelkreis xa
xa 45°
xB
xB xe
xB
α 2π
xe
0 α1
α3 α4
0 α1 α2
∧
xe
α2 2π
Bild 9.8 Kennlinie Bild 9.8eines Regelkreisgliedes mit Sättigung und Konstruktion der Ausgangsgröße
α3 α4 α
α2 ª α1 º 2 « 2 b1 = ⋅ 2 ⋅ xˆ e ⋅ sin α ⋅ dα + x B ⋅ sin α ⋅ dα » » π « α1 ¬« 0 ¼»
³
³
α1 α2 º ª 2 « » b1 = ⋅ xˆ e ⋅ (1 − cos 2α ) dα − x B ⋅ cos α π « α1 »¼ 0 ¬
³
b1 =
2 ª 1 º ⋅ « xˆ e (α1 − sin 2α1 ) − x B (cos α 2 − cos α1 )» . π ¬ 2 ¼
Mit cos α1 = − cos α 2 folgt
b1 =
ª º x xˆ e ⋅ «α1 − sin α1 ⋅ cos α1 + 2 B ⋅ cos α1 » . xˆ e π ¬ ¼ 2
Ferner ist mit Gl. (9.16) b1 =
2
π
xB = sin α1 . Damit folgt xˆ e
xˆ e ⋅ [α1 + sin α1 ⋅ cos α1 ] .
Die Beschreibungsfunktion folgt aus Gl. (9.15) x (α ) b1 ⋅ sin a , N ( xˆ e ) = a1 = xe (α ) xˆ e ⋅ sin a
9.2 Ermittlung spezieller Beschreibungsfunktionen N ( xˆe ) =
2
π
279
⋅ [α1 + sin α1 ⋅ cosα1 ] ,
x mit α1 = arcsin B . Für xˆ e < x B verhält sich das Glied linear. Für xˆ e ≥ x B bzw. xˆ e xˆ e / x B ≥ 1 ergeben sich die nachfolgende Tabellenwerte und die in Bild 9.9 gezeichnete Ortskurve der Beschreibungsfunktion. Diese besitzt im vorliegenden Fall nur einen positiven Realteil, der sich von 0 ...1 erstreckt. Bild 9.10 zeigt die Abhängigkeit der Beschreibungsfunktion von x B / xˆ e . xˆ e xB
sin α1
cos α1
α1
N 2 /π
N
1 2 3 5 10 ∞
1 0,5 0,333 0,2 0,1 0
0 0,866 0,942 0,980 0,995 1
1,57 0,523 0,34 0,2 0,1 0
1,57 0,956 0,654 0,396 0,199 0
1 0,608 0,416 0,252 0,127 0
Im
0,4 0,2
∞ −0,2 −0,4 N 1,0 0,8 0,6 0,4 0,2 0
5
x^e xB 3 2
1
0,2 0,4 0,6
Re
0,8 1,0 1,2
Bild 9.9 Ortskurve der Beschreibungsfunktion N eines Gliedes mit Sättigung
§x ·
0
0,2
0,4 0,6
0,8 1,0
xB x^
Bild 9.10 Zusammenhang N = f ¨¨ B ¸¸ © xˆe ¹
e
9.2.2 Beschreibungsfunktion eines Gliedes mit toter Zone Bild 9.11 zeigt die statische Kennlinie eines Gliedes mit toter Zone xt. Nach Überschreiten der toten Zone wird am Ausgang das Eingangssignal getreu wiedergegeben. Die Ausgangsgröße des Gliedes mit toter Zone ist ebenfalls eine ungerade Funktion, da xa(α) = − xa(−α). Damit vereinfacht sich die Beziehung (9.12) zur Berechnung der Grundschwingung der Ausgangsgröße entsprechend Gl. (9.17): a1 = 0,
b1 =
2
π
2π
³ xa (α ) ⋅ sin α ⋅ dα . 0
(9.19)
280
9 Nichtlineare Glieder im Regelkreis
xa
xa
α
45°
xt
xt
xe
α1
α2 α3 2π
α4
xe α1 ∧
xe 2π
α2
Bild 9.11 Bild 9.11 Kennlinie eines Regelkreisgliedes mit toter Zone und Konstruktion der Ausgangsgröße
α3 α4
α
Für 0 ≤ α ≤ π ist 0 ° xa = ® xˆ e ⋅ sin α − x t °0 ¯
für 0 ≤ α ≤ α1 ½ ° für α1 ≤ α ≤ α 2 ¾ . für α 2 ≤ α ≤ π °¿
Gl. (9.20) in Gl. (9.19) eingesetzt ergibt: b1 =
2
π
α2
⋅
³ ( xˆ e ⋅ sin α − x t ) ⋅ sin α ⋅ dα ,
α1
π /2 ªπ / 2 º 4 « 2 b1 = ⋅ xˆ e ⋅ sin α ⋅ dα − x t ⋅ sin α ⋅ dα », » π « α1 «¬ α1 »¼
³
³
π /2 ª π /2º 4 « xˆ e », b1 = ⋅ ⋅ (1 − cos 2α ) ⋅ dα + x t ⋅ cos α π «2 α1 »» α1 ¬« ¼
³
b1 =
π /2 · º ª1 § π 1 ¸ − x t cos α », ⋅ xˆ e « ¨ − α1 − ⋅ sin 2α 1 ¸ π 2 » «2 ¨ 2 α1 ¹ xˆ e ¼ ¬ ©
4
(9.20)
9.2 Ermittlung spezieller Beschreibungsfunktionen b1 =
ªπ α 1 ⋅ xˆ e « − 1 + ⋅ sin 2α1 − 2 4 π ¬4 4
281
º xt cos α1 » . xˆ e ¼
Aus Bild 9.11 ist zu entnehmen: xe (t ) = xˆ e ⋅ sin ωt , xt x = sin α1 ; bzw. α1 = arcsin t . xˆ e xˆ e
(9.21)
Ferner ist sin 2α1 = 2 sin α1 ⋅ cos α1 . Damit wird
b1 =
1 ªπ α º ⋅ xˆ e « − 1 + ⋅ sin α1 ⋅ cos α1 − sin α1 ⋅ cos α1 », 2 2 π ¬4 ¼ 4
2 ª 2α º b1 = xˆ e «1 − 1 − ⋅ sin α1 ⋅ cos α1 ». π π ¬ ¼ Die Beschreibungsfunktion folgt aus Gl. (9.15) x (α ) b1 ⋅ sin a N ( xˆ e ) = a1 = xe (α ) xˆ e ⋅ sin a N ( xˆ e ) = 1 −
2
π
⋅ [α1 + sin α1 ⋅ cos α1 ] .
Für verschiedene Werte von xˆ e / x t und der Beziehung (9.21) erhält man nachfolgende Tabelle. Die N-Werte der Tabelle ergeben sich in noch einfacherer Weise, indem die in Abschnitt 9.2.1 gefundenen N-Werte (Sättigung) von 1 subtrahiert werden. Die Ortskurve der Beschreibungsfunktion ist in Bild 9.12 dargestellt und erstreckt sich auf den positiven Realteil zwischen 0 ... 1. Bild 9.13 zeigt die Funktion N = f( xˆ e / x t ). Im 1
0,4 0,2
−0,2 −0,4
0,2
x^e xt 2
3
0,4 0,6
5 10 ∞ 0,8 N
1,0 1,2
Re
Bild 9.12 Ortskurve der Beschreibungsfunktion eines Gliedes mit toter Zone xt
xˆ e xt
sin α1
cos α1
α1
[...]
N
1 2 3 5 10 ∞
1 0,5 0,333 0,2 0,1 0
0 0,866 0,942 0,980 0,995 1
1,57 0,523 0,34 0,2 0,1 0
1,57 0,956 0,654 0,396 0,199 0
1 0,392 0,584 0,748 0,873 1
282
9 Nichtlineare Glieder im Regelkreis
N 1,0 0,8 0,6 0,4 0,2 0
§x ·
0
0,2 0,4 0,6
Bild 9.13 Zusammenhang N = f ¨¨ t ¸¸ © xˆ e ¹
xt x^
0,8 1,0
e
9.2.3 Beschreibungsfunktion eines Gliedes mit Hysterese Bei einem System mit Reibung oder Hysterese muss die Eingangsgröße erst die Ansprechempfindlichkeit xt überschreiten bis am Ausgang ein Signal erscheint. Die Ausgangsgröße bleibt dann bis zum Umkehrpunkt stets um xt kleiner als xe. Im Umkehrpunkt ändert sich die Polarität von xe und die Ausgangsgröße bleibt solange konstant bis xe in der entgegengesetzten Richtung die Ansprechempfindlichkeit überschreitet. Bild 9.14 zeigt die Konstruktion der Ausgangsgröße an der Hysteresekennlinie im eingeschwungenen Zustand. Die Berechnung der Grundschwingung der Ausgangsgröße erfolgt nach der Beziehung (9.12). Allerdings ist die Hysteresekennlinie mehrdeutig, so dass a1 und b1 ermittelt werden müssen. Die Berechnung wird einfacher, wenn man als Integrationsbereich nicht 0 ≤ α ≤ 2π, sondern −α1 ≤ α ≤ (2π− α1) wählt. In diesem Bereich ist: ° xˆ e ⋅ sin α − x t ° ° xˆ e − x t ° xa = ® ° xˆ e ⋅ sin α + x t ° ° °¯ − xˆ e + x t
für für für für
π
½ ° 2 ° π ≤ α ≤ π − α1 ° ° 2 . 3π ¾ ° π − α1 ≤ α ≤ 2 ° 3π ° ≤ α ≤ 2π − α1 ° 2 ¿
− α1 ≤ α ≤
(9.22)
Ferner sind die Funktionen xa (α ) ⋅ cos α sowie xa (α ) ⋅ sin α in den Bereichen − α1 ≤ α ≤ (π − α1 ) und (π − α1 ) ≤ α ≤ (2π − α1 ) gleich, so dass die Integration auf einen der beiden Bereiche beschränkt werden kann. Daraus folgt a1 =
2
π
π −α1
⋅
³ xa (α ) ⋅ cos α ⋅ dα
−α1
und b1 =
2
π
π −α1
³ xa (α ) ⋅ sin α ⋅ dα
⋅
−α1
Zunächst wird al berechnet. Mit der Beziehung (9.22) folgt: π −α1 º ªπ / 2 2 « ˆ ˆ a1 = ⋅ ( x e ⋅ sin α − x t ) ⋅ cos α ⋅ dα + ( xe − x t ) ⋅ cos α ⋅ dα » , » π « π /2 »¼ «¬ −α1
³
³
(9.23)
9.2 Ermittlung spezieller Beschreibungsfunktionen 2xt
xa
xa
xt
xt
45°
xe xe α1
2π π 2
π
α1
283
3π 2
α
0 π 2
∧
xe Bild 9.14 Hysteresekennlinie und Konstruktion der Ausgangsgröße im eingeschwungenen Zustand Bild 9.14
π 3 π 2
α
2π
π π π −α1 º ª 2 « xˆ e » 2 2 2 − x t ⋅ sin α +( xˆ e ⋅ − x t ) ⋅ sin α a1 = ⋅ « sin α », π π 2 « » −α1 −α1 2 ¼ ¬
a1 =
2 ª xˆ e º ⋅ « ⋅ (1 − sin 2 α1 ) − x t ⋅ (1 + sin α1 ) + ( xˆ e − x t )(sin α1 − 1)» , π ¬2 ¼
a1 =
ª1 º x ⋅ xˆ e « ⋅ cos 2 α1 − 2 ⋅ t ⋅ sin α1 + (sin α1 − 1)» . ˆ xe π ¬2 ¼ 2
(9.24)
Aus Bild 9.14 entnimmt man für den Winkel α1 folgende Beziehung: xˆ e − 2 x t = xˆ e ⋅ sin α1 , x sin α1 = 1 − 2 t . xˆ e
(9.25)
Gl. (9.25) in Gl. (9.24) eingesetzt, ergibt: a1 =
ª1 º ⋅ xˆ e « ⋅ cos 2 α1 + (sin α1 − 1) ⋅ sin α1 + sin α1 − 1» , π ¬2 ¼ 2
xˆ a1 = − e ⋅ cos 2 α1 .
π
Entsprechend folgt für bl:
(9.26)
284
9 Nichtlineare Glieder im Regelkreis b1 =
π −α1 ªπ / 2 º 2 « ⋅ ( xˆ e ⋅ sin α − x t ) ⋅ sin α ⋅ dα + ( xˆ e − x t ) ⋅ sin α ⋅ dα » , » π « π /2 «¬ −α1 »¼
b1 =
π /2 π −α1 º xˆ 2 ª§ xˆ e · », − ( xˆ e − x t ) ⋅ cos α ⋅ «¨ − sin 2α + e α + x t ⋅ cos α ¸ π «© 4 2 » ¹ α − π / 2 1 ¬ ¼
b1 =
ª 1 § x π α ⋅ xˆ e ⋅ « − ⋅ sin 2α1 + + 1 − t ⋅ cos α1 + ¨¨1 − π 4 2 xˆ e © ¬« 4
b1 =
º ª 1 x π α ⋅ xˆ e ⋅ « − sin α1 ⋅ cos α1 + + 1 − 2 t ⋅ cos α1 + cos α1 » . ˆ π 4 2 xe ¼ ¬ 2
³
³
2
xt xˆ e
º · ¸¸ ⋅ cos α1 » , ¹ ¼»
2
Unter Verwendung der Beziehung (9.25) folgt: b1 =
π α º ª 1 ⋅ xˆ e ⋅ « − sin α1 ⋅ cos α1 + + 1 + (sin α1 − 1) cos α1 + cos α1 » , π 4 2 ¬ 2 ¼ 2
xˆ § π · b1 = e ⋅ ¨ + α1 + sin α1 ⋅ cos α1 ¸ . π ©2 ¹
(9.27)
Mit Gl. (9.26) und Gl. (9.27) in Gl. (9.15) erhält man die Beschreibungsfunktion N ( xˆ e ) =
º 1 ª§ π · 2 ¨ + α1 + sin α1 ⋅ cos α1 ¸ − j ⋅ cos α1 » , mit « 𠬩 2 ¹ ¼ §
α1 = arcsin¨¨1 − 2 ©
xt xˆ e
· ¸¸ , siehe Gl. (9.25). ¹
In nachstehender Tabelle sind die Real- und Imaginärteile von N für verschiedene x t / xˆ e -Werte ermittelt. sin α1 cos α1 α1 x t / xˆ e Re(N) Im(N) 0 0,1 0,2 0,3 0,4 0,5 0,6 0,7 0,8 1,0
1 0,8 0,6 0,4 0,2 0 −0,2 −0,4 −0,6 −1
0 0,6 0,8 0,916 0,98 1 0,98 0,916 0,8 0
1,57 0,93 0,64 0,41 0,2 0 −0,2 −0,41 −0,64 −1,57
1 0,95 0,857 0,748 0,625 0,5 0,37 0,25 0,143 0
0 −0,115 −0,204 −0,267 −0,305 −0,318 −0,305 −0,267 −0,204 0
9.2 Ermittlung spezieller Beschreibungsfunktionen
285
Wie die Ortskurve der Beschreibungsfunktion zeigt, wächst die Phasenverschiebung mit zunehmendem Verhältnis x t / xˆ e ; für x t = xˆ e wird schließlich die Ausgangsgröße Null, unabhängig von der Eingangsgröße (Bild 9.15). Im 0,2 -0,2
-0,2
0,2
0,4
0,6 0,8
1,0 0 0,1
0,8
-0,4
0,7
0,6 0,5 0,4
0,3
0,2
Re
Bild 9.15 Ortskurve der Beschreibungsfunktion eines Gliedes mit Hysterese
xt xˆe
9.2.4 Beschreibungsfunktion eines Dreipunktreglers ohne Hysterese Für die Behandlung von Regelkreisen mit unstetigen Reglern ist die Beschreibungsfunktion des Dreipunktreglers sehr wichtig, da hieraus durch Nullsetzen von xt die Beschreibungsfunktion des Zweipunktreglers folgt. Bild 9.16 zeigt die Charakteristik und den Verlauf der Ausgangsgröße bei sinusförmigem Eingang. Die Grundschwingung der Ausgangsgröße erhält man auf einfache Weise aus Gl. (9.12). Die Funktion der Ausgangsgröße ist ungerade, da xa(α) = −xa(− α). Damit ergibt sich für Gl. (9.12) folgende Vereinfachung: a1 = 0,
b1 =
2
π
π
³
⋅ xa ⋅ sin α ⋅ dα
(9.28)
0
mit 0 ≤ α ≤ α1 α1 ≤ α ≤ (π − α1 ) für (π − α1 ) ≤ α ≤ π
0 ° xa = ® x B °0 ¯
für für
½ ° ¾ ° ¿
(9.29)
Gl. (9.29) in Gl. (9.28) eingesetzt, ergibt: b1 =
b1 =
4
π 4
π
π /2
⋅
³
x B ⋅ sin α ⋅ dα =
−α1
4
π
π
⋅ x B ( − cos α ) 2 .
⋅ x B ⋅ cos α1 .
Aus Bild 9.16 folgt für α1 die Beziehung: x xˆ e ⋅ sin α1 = x t ; α1 = arcsin t . xˆ e In Gl. (9.30) eingesetzt, führt zu:
−α1
(9.30)
286
9 Nichtlineare Glieder im Regelkreis
xa
xa xt
xB
xB
π
α1
xe
xt
2π
α
xe
α1
Bild 9.16
∧
xe π
Bild 9.16 Kennlinie und Konstruktion der Ausgangsgröße eines Dreipunktreglers ohne Hysterese
α 2π b1 =
b1 =
4
π
⋅ x B ⋅ 1 − sin 2 α1 ,
§x ⋅ x B ⋅ 1 − ¨¨ t π © xˆ e 4
2
· ¸¸ . ¹
bl in die Beziehung (9.15) eingesetzt, liefert die Beschreibungsfunktion. N ( xˆ e ) =
§x 4 xB ⋅ 1 − ¨¨ t π xˆ e © xˆ e
2
· ¸¸ . ¹
(9.31)
Zur Auswertung der Gl. (9.31) wird das Verhältnis k = xB / xt bzw. xB = k⋅xt eingeführt. Somit wird: N ( xˆ e ) =
x ⋅k ⋅ t xˆ e π 4
§x 1 − ¨¨ t © xˆ e
2
· ¸¸ . ¹
(9.32)
Nachstehende Tabelle enthält die N-Werte für k = 1. Für andere k-Werte sind die NWerte mit dem jeweiligen k zu multiplizieren. Mit k = xB / xt als Parameter ist in Bild § xˆ · 9.17 die Funktion N ( xˆ e ) = f ¨¨ e ¸¸ wiedergegeben. © xt ¹
9.3 Stabilitätsuntersuchungen an nichtlinearen Regelkreisen xˆ e xt
xt xˆ e
1
2
1 0,707
0 0,707
0 0,637
2 3 4 6 8 10 20 ∞
0,500 0,333 0,250 0,167 0,125 0,100 0,050 0
0,866 0,943 0,968 0,986 0,992 0,995 0,999 1
0,552 0,400 0,308 0,208 0,158 0,127 0,064 0
...
N
287
3 N 2
k=4
1
3 2 1
0
0
1
2
2
3
xˆe 4 xt
§ xˆ · x Bild 9.17 N ( xˆ e ) = f ¨¨ e ¸¸ mit k = B © xt ¹
xt
als Parameter für einen Dreipunktregler
Wie man durch eine Maximalwertberechnung leicht nachprüfen kann, wird N für xˆ e / x t = 2 ein Maximum mit N max =
2
π
k=
2 xB . ⋅ π xt
Bild 9.18 zeigt die Ortskurve von N, sie ist eine Doppellinie, die für xˆ e / x t = 1 bei Null beginnt und erstreckt sich mit zunehmendem xˆ e / x t auf die positiv reelle Achse bis zum Maximalwert bei xˆ e / x t = 2 . Für Werte xˆ e / x t > 2 wandert die Ortskurve wieder zum Nullpunkt zurück, den sie für xˆ e / x t = ∞ erreicht. Im
1 x^e xt
−1
1 1,1 1,2 ∞ 20 8 6 4 3 2 x^e xt
2
Re
Bild 9.18 Ortskurve der Beschreibungsfunktion eines Dreipunktreglers mit
x k = B =4 xt
−1
9.3 Stabilitätsuntersuchungen an nichtlinearen Regelkreisen Die Beschreibungsfunktion in Verbindung mit dem Zweiortskurvenverfahren ist zur Stabilitätsuntersuchung von Regelkreisen, die Nichtlinearitäten enthalten, besonders geeignet.
288
9 Nichtlineare Glieder im Regelkreis
Wie in Bild 9.19 gezeigt, werden die linearen Glieder in der Übertragungsfunktion G(s) bzw. dem Frequenzgang G( jω) zusammengefasst. Zur Beschreibung des nichtlinearen Gliedes dient die Beschreibungsfunktion N ( xˆ e ) . Das Verfahren der Harmonischen Balance betrachtet den geschlossenen Regelkreis an der Stabilitätsgrenze, d. h. es existiert eine stabile Dauerschwingung. Für die Ausgangsgröße des linearen Teils in Bild 9.19 gilt xe ( jω ) = G ( jω ) ⋅ e( jω ) .
(9.33)
Diese wirkt auf den Eingang der Nichtlinearität mit der Beschreibungsfunktion N ( xˆ e ) und erzeugt am Ausgang die Grundschwingung xa1 ( jω ) = N ( xˆ e ) ⋅ xe ( jω ) . e(jω)
G( jω)
xe(jω)
∧
(9.34) xa1(jω)
N(xe )
−
Bild 9.19 Nichtlinearer Regelkreis im Zustand der Harmonischen Balance
Setzen wir Gl. (9.34) in Gl. (9.33) ein, so folgt unter Berücksichtigung, dass e( jω ) = − xa1 ( jω ) G ( jω ) ⋅ N ( xˆ e ) + 1 = 0 .
(9.35)
Dies ist die charakteristische Gleichung des nichtlinearen Regelkreises und wird auch als Gleichung der Harmonischen Balance bezeichnet. Zur Anwendung des in Abschnitt 6.4 behandelten Zweiortskurvenverfahrens bringen wir Gl. (9.35) in die Form N ( xˆ e ) = −
1 . G ( jω )
(9.36)
(9.36) ist eine komplexe Gleichung, deren Real- und Imaginärteile gleich sein müssen. Daraus ergeben sich zwei Gleichungen zur Ermittlung der Amplitude xˆ e und der Kreisfrequenz ω der Dauerschwingung. Zur graphischen Auswertung wird, in Analogie zu linearen Regelkreisen, einmal die Ortskurve der Nichtlinearität und zum anderen die negativ inverse Ortskurve der linearen Glieder in einem gemeinsamen Diagramm dargestellt.
9.3.1 Dreipunktregler mit nachgeschaltetem Stellmotor zur Druckregelung Das Schema einer Druckregelung mittels Dreipunktregler ist in Bild 9.20 dargestellt. Der vom Messfühler gemessene Druck p wird in einem Meßumformer in eine proportionale Spannung ux umgeformt: u (s) 1V . G MU ( s ) = x = K1 = p( s) 1 bar
9.3 Stabilitätsuntersuchungen an nichtlinearen Regelkreisen
289
Die Regeldifferenz e = us − u x wird dem Dreipunktregler mit nachgeschalteten Leistungsrelais zugeführt. Bezeichnet man e als Eingangsgröße und die geschaltete Motorspannung als Ausgangsgröße, so hat der Dreipunktregler die in Bild 9.21 gezeigte Kennlinie.
Regelstrecke G p u
M
ux
xt
xB
220 V
e
us
xt
Bild 9.20 Druckregelstrecke mit Dreipunktregler
Die Ansprechempfindlichkeit beträgt xt = 0,1 V; die am Ausgang geschaltete Spannung xB = 220 V. Der nachgeschaltete Zweiphasen-Kondensatormotor hat folgende Übertragungsfunktion
xa xt
xe xt = 0,1 V
1 , GM (s) = K 2 s (1 + sT2 ) mit K 2 =
50 U/s und T2 = 0,5 s . 220 V
xB = 220 V
Bild 9.21 Kennlinie des Dreipunktreglers
Die Motorwelle treibt über ein Getriebe die Ventilspindel mit einem Vorschub von 0,04 mm pro Umdrehung der Motorwelle. GG ( s ) = K 3 = 0,04
mm . U
Die Übertragungsfunktion der Strecke lautet GS ( s ) =
p(s) bar 1 , mit K S = 0,1 und TS = 2 s . = KS y ( s) 1 + sTS mm
290
9 Nichtlineare Glieder im Regelkreis
In Bild 9.22 ist der Regelkreis nochmals im Wirkungsplan dargestellt. Die Zusammenfassung der linearen Glieder ergibt die resultierende Übertragungsfunktion G ( s ) = G M ( s ) ⋅ GG ( s ) ⋅ GS ( s ) ⋅ G MU ( s)
(9.37)
bzw. den Frequenzgang
G ( jω ) =
K1K 2 K 3 KS jω (1 + jω T2 )(1 + jω TS )
(9.38)
und den negativ inversen Frequenzgang
−
1 1 =− [−ω 2 (T2 + TS ) + jω (1 − ω 2T2TS )]. G ( jω ) K1K 2 K 3 KS GS
z
+
−
GG
(9.39)
x=p N
GM
ux GMU
e
−
Bild 9.22 Wirkungsplan des in Bild 9.20 gezeichneten Regelkreises
+ uS
Die Beschreibungsfunktion des Dreipunktreglers ist nach Gl. (9.32)
N ( xˆ e ) =
x ⋅k ⋅ t π xˆ e
4
§x 1 − ¨¨ t © xˆ e
· ¸¸ ¹
2
(9.40)
mit x 220 V = 2200. k= B = xt 0,1 V
Zur Konstruktion der Ortskurve von N ( xˆ e ) werden die in Abschnitt 9.2.4 für k = 1 aufgestellten Tabellenwerte mit k = 2200 multipliziert. N ( xˆ e ) max =
2
π
k = 1400.
Da sich die Ortskurve von N ( xˆe ) nur auf die positiv reelle Achse erstreckt, genügt es, den Schnittpunkt der Ortskurve von − 1/G( jω) mit der positiv reellen Achse zu ermitteln. Im Schnittpunkt der beiden Ortskurven müssen die folgenden Bedingungen erfüllt sein: ª 1 º Im « − » = Im[ N ( xˆ e )] und ¬ G ( jω ) ¼
(9.41)
9.3 Stabilitätsuntersuchungen an nichtlinearen Regelkreisen ª 1 º Re « − » = Re[ N ( xˆ e )] . ¬ G ( jω ) ¼
291 (9.42)
Mit Gl. (9.39) folgt aus Gl. (9.41)
ωd =
1 T2TS
= 1 s −1 .
Für ω = ω d wird T + TS ª 1 º 1 Re « − ⋅ 2 = 2750 . »= ¬ G ( jω ) ¼ K1 K 2 K 3 K S T2TS
Das heißt, die beiden Ortskurven von N ( xˆ e ) und − 1/G( jω) schneiden sich nicht, da der Schnittpunkt von − 1/G( jω) mit der positiv reellen Achse außerhalb von Nmax liegt. Somit ist der Regelkreis unbegrenzt stabil. Es soll nun noch der Fall untersucht werden, wenn die Ansprechempfindlichkeit von 0,1 V auf xt = 0,04 V reduziert wird. Dadurch folgt für k = 5500 und N ( xˆe ) max = 3501.
Nun wird die Ortskurve der Beschreibungsfunktion von − 1/G( jω) geschnitten, und zwar treten zwei Schnittpunkte auf bei xˆ e = 1,11 (Schnittpunkt 1) xt und xˆ e = 12,29 (Schnittpunkt 2) xt
Hiervon ist der Schnittpunkt 1 labil. Durch eine geringe Störung wird der Regelvorgang in den stabilen Schnittpunkt 2 −1
umspringen und eine Dauerschwingung mit ω = 1 s ausführen. Die Labilität des Schnittpunktes 1 kann man sich an Bild 9.17 klar machen. Für xˆ e / x t < 2 hat N = f ( xˆ e / x t ) eine positive Steigung, d. h. bei Vergrößerung der Eingangsamplitude xˆ e wird N ( xˆ e ) also gewissermaßen der Verstärkungsgrad des Reglers größer. Befindet sich der Regelkreis im Schnittpunkt 1 und tritt eine Störung auf, die zu einer geringfügigen Vergrößerung von xˆ e führt, so wird infolge der zunehmenden Verstärkung des Reglers aus der Dauerschwingung eine aufklingende
292
9 Nichtlineare Glieder im Regelkreis
Schwingung. Diese wächst an bis für xˆ e / x t > 2 der stabile Schnittpunkt 2 erreicht wird. Bild 9.23 zeigt die graphische Darstellung nach dem Zweiortskurvenverfahren. IM
−
1000
N ′( xˆe )
N ( xˆe ) −1000
xˆe = 1,1 xt
1 G ( jω ) RE
1,0 0,5
0,75
−1000
−1 ω/s
4000
xˆe = 2,3 xt
5000
Bild 9.23 Graphische Stabilitätsuntersuchung
Die Amplitude der Regelgröße x = p ergibt sich aus: u ( s ) xe ( s ) = = K1 bzw. G MU ( s) = x p(s) p(s) xˆ e = K1 . pˆ
Im Schnittpunkt 2 ist xˆ e = 2,29 ⋅ x t . Damit folgt pˆ =
1 ⋅ 2,29 ⋅ x t = 0,092 bar . K1
9.3.2 Untersuchung eines Regelkreises mit Ansprechempfindlichkeit GR
w
+
−
z
+
yR
GS
x
+ N
Bild 9.24 Wirkungsplan eines Regelkreises mit Ansprechempfindlichkeit des Messfühlers
In Bild 9.24 ist ein Regelkreis gezeichnet, dessen Messfühler eine Ansprechempfindlichkeit aufweist. Die Übertragungsfunktionen von Regler und Strecke lauten: 1 GR ( s) = sTI KS GS ( s ) = s 2T22 + sT1 + 1 TI = 0,2 s;
KS = 0,5;
T1 = 5 s;
T22 = 4 s 2 .
Die Beschreibungsfunktion der Nichtlinearität ist gemäß Abschnitt 9.2.2
9.3 Stabilitätsuntersuchungen an nichtlinearen Regelkreisen N ( xˆ e ) = 1 −
2
π
(α1 + sin α1 ⋅ cos α1 ),
293 (9.43)
mit
α1 = arcsin
xt . xˆ e
Die Zusammenfassung der linearen Glieder ergibt G ( s ) = G R ( s )GS ( s) =
KS sTI ( s 2T22
+ sT1 + 1)
bzw. den negativ inversen Frequenzgang −
1 1 =− [−ω 2TIT1 + jωTI (1 − ω 2T22 )] . G ( jω ) KS
(9.44)
Da die Beschreibungsfunktion (Gl. (9.43)) reell ist, verläuft die Ortskurve von N ( xˆ e ) auf der positiv reellen Achse. Es genügt demnach die Berechnung des Schnittpunktes der Ortskurve von − 1/G( jω) mit der positiv reellen Achse. Im Schnittpunkt ist. ª 1 º Im « − » = 0 und es folgt aus Gl. (9.44) ¬ G ( jω ) ¼
ωd =
1 = 0,5 s -1 . T2
Der zugehörige Realteil errechnet sich aus Gl. (9.44) für ω d zu ª º TI T1 1 Re « − = 0,5. »= 2 ¬ G ( jω d ) ¼ K ST2
Wie Bild 9.25 zeigt, schneidet die Ortskurve 1 von −1/G( jω) die Beschreibungsfunktion N ( xˆ e ) . Die sich in diesem Schnittpunkt einstellende Dauerschwingung ist labil, da gemäß Bild 9.13 N ( xˆ e ) mit zunehmendem xˆ e anwächst, mit abnehmendem xˆ e abnimmt. N ( xˆ e ) kann als Verstärkungsgrad der Nichtlinearität interpretiert werden. Eine geringe Erniedrigung der Schwingamplitude führt zu abklingenden, eine Erhöhung zu aufklingenden Schwingungen. Man spricht deshalb von einer "Stabilität im Kleinen". Bei zunächst stabilem Regelverhalten kann der Kreis durch auftretende Störungen instabil werden, ein höchst unerwünschtes Verhalten. Aus Bild 9.25 ist ersichtlich, wie groß der Regelparameter TI gemacht werden muß, damit unbegrenzte Stabilität herrscht. Die Ortskurve 1 von − 1 /G( jω) schneidet die
294
9 Nichtlineare Glieder im Regelkreis
1
IM
1 − G ( jω )
0,5
1
2
xˆe xt
0,4 0,5
2
−1
ω
/s
1 − G ( jω )
RE
5 10 ∞
N ( xˆe ) 1
0,2
s−
1
ω/
1,5
2
0,4
−0,5
Bild 9.25 Stabilitätsuntersuchung eines Regelkreises mit Ansprechempfindlichkeit Kurve 1 für TI = 0,2 s , Kurve 2 für TI = 0,6 s.
positiv reelle Achse für
ω = ω d = 1 / T2 . Diese Frequenz ist unabhängig von TI. Für Re[ −1 / G ( jω d )] > 1 gibt es keinen Schnittpunkt der Ortskurven von − 1/G( jω) und N ( xˆ e ) . Daraus folgt: ª º TI T1 1 Re « − > 1. »= 2 G j ( ) ω d ¼ K ST2 ¬ T2 TI > K S 2 = 0,4 s. T1
In Bild 9.25 ist für TI = 0,6 s > 0,4 s die Ortskurve 2 von −1/G( jω) gestrichelt eingezeichnet. Dieser Regelkreis ist unbegrenzt stabil, es treten keine Dauerschwingungen auf. X Aufgabe 9.1 Wie ist das Stabilitätsverhalten des zuvor behandelten Regelkreises, wenn xt = 0 und a) TI < 0,4 s, b) TI > 0,4 s?
295
10 Unstetige Regelung
Bei einem stetigen Regler hat die statische Kennlinie yR = f(e) den in Bild 10.1 gezeigten Verlauf. Verändert man die Eingangsgröße e kontinuieryR lich von emin bis emax, so ändert sich die Stellgröße ebenso kontinuierlich über den gesamten yRmax Stellbereich Yh. Betrachtet man demgegenüber emin die Kennlinie des einfachsten unstetigen Rege emax lers (Zweipunktregler, Bild 10.2), so kann die Stellgröße nur zwei diskrete Zustände annehmen yR = 0 und yR = yRmax . Bild 10.1
Statische Kennlinie yR = f(e) eines stetigen Reglers
yR yRmax 0 Bild 10.2
e
Die gerätetechnische Verwirklichung von unstetigen Reglern in Form von Relais, Bimetallschaltern, Kontaktthermometern usw. ist denkbar einfach und preiswert. Wie beim stetigen Regler wird dem Zweipunktregler die Regeldifferenz zugeführt.
Statische Kennlinie eines Zweipunktreglers ohne Hysterese
Ist die Regeldifferenz e = w − x positiv, so schaltet der Zweipunktregler ein, ist sie Null oder negativ, so schaltet der Zweipunktregler ab. Der Hauptnachteil der einfachen unstetigen Regler besteht in der pendelnden Arbeitsbewegung der Stellgröße und somit der Regelgröße um den Sollwert. Ursprünglich wurden diese einfachen unstetigen Regler (vorwiegend Zweipunktregler) zur Regelung einfacher Regelkreise (Raumtemperatur, Bügeleisentemperatur, Kühlschranktemperatur usw.) benutzt. Durch geeignete Maßnahmen können die Schwankungen der Regelgröße um den Sollwert auf ein innerhalb der Genauigkeitsgrenze von Messgeräten liegendes Maß gesenkt werden, so dass sie heute auch zur Regelung komplizierter Regelstrecken verwendet werden. Allerdings sind die elektrischen und elektronischen Regler recht aufwendig, so dass der Preisunterschied im Vergleich zu den stetigen Reglern nicht allzu groß ist. Für Regelstrecken, bei denen eine hohe Stellleistung erforderlich ist, wird eine unstetige Regeleinrichtung mittels Thyristoren, Triacs oder Ähnlichem stets billiger sein als eine entsprechende stetige Regeleinrichtung.
296
10 Unstetige Regelung
10.1 Idealer Zweipunktregler an einer P-Strecke höherer Ordnung Bild 10.3 zeigt einen Wasserdurchlauferhitzer, dessen Temperatur von einem Kontaktthermometer geregelt wird. Bei Inbetriebnahme der Anlage wird die Heizwicklung eingeschaltet und erwärmt das Wasser. Infolge des Temperaturanstiegs steigt die Quecksilbersäule des Kontaktthermometers. Im unteren Ende des Glaskolbens ist ein Platinkontakt eingeschmolzen, während ein zweiter Platindraht von oben in den Glaskolben ragt, der in der Höhe verstellbar ist. Wird das untere Ende des oberen Platindrahtes auf die Solltemperatur eingestellt, so wird, wenn die Quecksilbersäule diese erreicht, die Relaiswicklung kurzgeschlossen und die Heizung ausgeschaltet. Bei Temperaturabnahme wird die Quecksilbersäule den Kontakt unterbrechen und die Heizung erneut einschalten usw. R Mp Kontaktthermometer
Bild 10.3 Wasserdurchlauferhitzer mit Kontaktthermometer zur Temperaturregelung
Es soll nun das zeitliche Verhalten eines Zweipunktreglers an vorliegender Strecke behandelt werden. Diese ist mindestens von 2. Ordnung. Schaltet man die Heizspirale ein, so wird die Temperatur im Behälter nach einer e-Funktion ansteigen. Eine weitere Verzögerung 1. Ordnung bildet der Glasmantel des Thermometers. Taucht man dieses plötzlich in eine Flüssigkeit mit einer anderen Temperatur, so steigt die Quecksilbersäule ebenfalls nach einer e-Funktion. Vereinfachend soll diese Strecke 2. Ordnung mit Verzugs- und Ausgleichszeit durch eine reine Totzeit Tt und ein Verzögerungsglied 1. Ordnung mit der Zeitkonstanten T1 angenähert werden. Ferner soll der Schaltpunkt des Zweipunktreglers in beiden Richtungen exakt gleich sein. Diese Forderung wird von dem Kontaktthermometer ziemlich genau erfüllt. Den entsprechenden Wirkungsplan des Regelkreises zeigt Bild 10.4. w
+
N
z
e
yR
−
+
+ yS
K S , T1
1, Tt
x
Bild 10.4 Wirkungsplan eines Regelkreises mit Zweipunktregler zur Regelung einer P-T1-Tt-Strecke
Betrachtet man die Strecke zunächst ohne Regler, so wird nach Einschalten der Heizwicklung die Wassertemperatur nach Verlauf der Totzeit Tt nach einer e-Funktion mit
10.1 Idealer Zweipunktregler an einer P-Strecke höherer Ordnung
297
der Zeitkonstanten T1 ansteigen, bis zum Endwert xE. Schaltet man danach die Heizwicklung ab, so fällt die Wassertemperatur nach Verlauf der Totzeit ebenfalls nach einer e-Funktion ab. Vereinfachend wird angenommen, dass die Zeitkonstanten der Erwärmungs- und Abkühlungskurven gleich sind, was in praxi nicht immer der Fall ist. Die Regelstrecke wird nun mit dem Zweipunktregler in Betrieb genommen, wobei der Sollwert so eingestellt ist, dass er zwischen der Anfangstemperatur xA und der Endtemperatur xE liegt. Zunächst ist die Temperatur x = xA und die Regeldifferenz e = w − xA positiv, so dass der Zweipunktregler einschaltet und die Wassertemperatur in der zuvor beschriebenen Weise ansteigt. Beim Erreichen des Sollwertes schaltet der Regler ab, die Temperatur steigt infolge der Totzeit bis zum Wert x1 weiter an, um dann entsprechend der Temperaturabkühlungskurve abzufallen. Wird der Sollwert unterschritten, so schaltet wie in Bild 10.5 gezeigt die Heizung erneut ein. Nach Verlauf der Totzeit, in der die Temperatur bis auf den Wert x2 abfällt, beginnt die Temperatur wieder anzusteigen. Dieser Vorgang wiederholt sich periodisch mit einer Temperaturschwankung zwischen x1 und x2 mit der Amplitude x0 um den Wert x3. x
T1
xE
Tt t1 xMA
x1 w x2
x0
Tt t2 T0 xA = 0
x0
x3
Tt
t
yR
te
ta
t
T0
Bild 10.5 Verlauf der Regel- und Stellgröße eines Regelkreises, bestehend aus einer P-T1Strecke mit Totzeit und einem Zweipunktregler
Ermittlung der Schwankungsbreite 2x0 und der Mittelwertabweichung xMA Für den oberen Grenzwert der Dauerschwingung erhält man x1 = w + ( x E − w) ⋅ (1 − e mit x E = K S y Rmax .
T − t T1
),
(10.1)
298
10 Unstetige Regelung
Entsprechend folgt für den unteren Grenzwert x2: x2 = w ⋅ e
T − t T1
.
(10.2)
Subtrahiert man Gl. (10.2) von Gl. (10.1), so erhält man die Schwankungsbreite 2 ⋅ x0 = x1 − x 2 = x E ⋅ (1 − e
T − t T1
).
(10.3)
Die Schwankungsbreite 2x0 wird um so größer, je größer die Totzeit Tt und je kleiner die Zeitkonstante T1 ist. Für Tt / T1 → ∞ wird 2⋅x0 = xE bzw. die Schwingamplitude x0 = xE /2. Bemerkenswert ist, dass x0 unabhängig vom Sollwert ist. Wie Bild 10.6 zeigt, weicht der Mittelwert der Regelschwingung x3 vom Sollwert ab. Die Differenz xMA wird als Mittelwertabweichung bezeichnet. Es gilt: T T ª − t − t º x1 + x 2 1 « T1 = « x E ⋅ (1 − e x3 = ) + 2w ⋅ e T1 »» 2 2 «¬ »¼
x MA = w − x3 Tt
− x · § x MA = ¨ w − E ¸ ⋅ (1 − e T1 ) . 2 ¹ ©
x
T1
xE w3 =
(10.4)
ta
5 x 6 E
xMA
te
1 w3 = xE 2
ta
1 w3 = xE 6
te
0 Tt Bild 10.6
te
ta
xMA t
Zeitlicher Verlauf der Arbeitsbewegung in Abhängigkeit vom Sollwert bei Zwei-
punktregelung einer P-T1-Strecke mit Totzeit
Legt man den Sollwert in die Mitte des Regelbereiches w = xE /2, so wird xMA = 0, d. h. x3 fällt mit dem Sollwert zusammen.
10.1 Idealer Zweipunktregler an einer P-Strecke höherer Ordnung
299
Die Kurvenform der Regelschwingung ist vom Sollwert abhängig (Bild 10.6). Für kleine w-Werte hat die Erwärmungskurve einen steilen Verlauf und die Abkühlungskurve verläuft flach. Im oberen Bereich für große w-Werte ist es umgekehrt
Schaltfrequenz und Schwingdauer Gemäß Bild 10.5 ist die Schwingdauer T0 = 2Tt + t1 + t 2 .
(10.5)
Ferner ist: w = x1 ⋅ e
t − 1 T1
.
(10.6)
Durch Einsetzen von Gl. (10.1) in Gl. (10.6) ergibt sich: Tt º ª xE § x E · − T1 » « + ¨1 − t1 = T1 ⋅ ln « ¸⋅e ». w © w ¹ «¬ »¼
(10.7)
Für t2 folgt w − x 2 = ( x E − x 2 )(1 − e
e
t −2 T1
=1−
t − 2 T1
)
w − x2 x −w = E x E − x2 x E − x 2
x − x2 . t 2 = T1 ⋅ ln E xE − w
(10.8)
Mit Gl. (10.2) in Gl. (10.8) erhält man T − t T1
x − we t 2 = T1 ⋅ ln E xE − w
.
(10.9)
Setzt man die GIn. (10.7) und (10.9) in Gl. (10.5) ein, so erhält man für die Schwingdauer folgenden Ausdruck
ª§ T «¨ − t 1 ¨ « T0 = 2Tt + T1 ⋅ ln − e T1 w «¨ «¨ 1 − x E ¬©
· T ¸§ − t ¸¨ x E − e T1 ¸¨ w ¸¨© ¹
º ·» ¸ ¸» . ¸» ¹» ¼
(10.10)
Gl. (10.10) ist in Bild 10.7 durch die Funktion T0/T1 = f (w / xE) für Tt /T1 = 0,25 dargestellt. Sie zeigt für w = 0,5 xE ein Minimum der Schwingdauer bzw. ein Maximum
300
10 Unstetige Regelung
der Schwingfrequenz. Für ein anderes Verhältnis Tt/T1 ergeben sich zwar andere Werte, jedoch liegt das Minimum stets bei w = 0,5 xE. Bild 10.8 zeigt ebenfalls für Tt / T1 = 0,25 das Verhältnis von Ein- zu Ausschaltzeit te / ta, das für w = 0,5 xE gleich eins wird. T0 T1
3
3
2
te ta 2
1
1
0
0 0,2 0,4 0,6 0,8 1,0
Bild 10.7
w xE
0 0
Abhängigkeit der Schwingdau-
Bild 10.8
er T0 vom Sollwert w für Tt/T1 = 0,25
0,2 0,4 0,6 0,8 1,0
w xE
Verhältnis von Ein- und
Ausschaltzeit als Funktion w/xE für Tt/T1 = 0,25
Der Regelbereich liegt ungefähr zwischen w = 0,2 xE und w = 0,8 xE. Für größere bzw. kleinere Werte von w nimmt die Schwingdauer stark zu. Ferner verharrt der Regler dann für längere Zeit in der ein- bzw. ausgeschalteten Lage. Im Hinblick auf die Schwankungsbreite wird eine möglichst kleine Totzeit angestrebt, da für Tt = 0 die Schwankungsbreite 2x0 gleich Null wird. Allerdings wird für Tt = 0 die Schwingdauer Null und die Schaltfrequenz unendlich. Mit zunehmender Schaltfrequenz steigt jedoch die Kontaktbeanspruchung, so dass bei mechanischen Relais ein Kompromiss zwischen minimaler Schwankungsbreite und maximal zulässiger Schaltfrequenz getroffen werden muss.
10.2 Zweipunktregler mit Hysterese an einer P-Strecke 1. Ordnung Reale Zweipunktregler sind stets mit Hysterese behaftet. Das heißt, dass infolge von Reibung, magnetischen Einflüssen usw. das Einschalten bei einem höheren Wert der Eingangsgröße liegt als das Ausschalten. Bild 10.9 zeigt den Wirkungsplan einer P-Strecke 1. Ordnung, die von einem Zweipunktregler mit Hysterese geregelt wird.
e
w
+
−
N
z yR
+ 2xL
+ yS
KS , T1 x Bild 10.9 Regelkreis gebildet aus einer P-Strecke 1. Ordnung und einem Zweipunktregler mit Hysterese
10.2 Zweipunktregler mit Hysterese an einer P-Strecke 1. Ordnung
301
Ohne Regler würde die Regelgröße nach dem Einschalten verzögert nach einer eFunktion mit der Zeitkonstanten T auf den Endwert xE ansteigen. Vereinfachend wird angenommen, dass die Zeitkonstanten des Ein- und Ausschaltvorganges gleich sind (Bild 10.10). Befindet sich der Regler an der Strecke, wobei der Sollwert auf 0 ≤ w ≤ xE eingestellt sei, so ist nach Inbetriebnahme zunächst x = 0 und xE = w − x = w. Folglich schaltet der Zweipunktregler ein und die Regelgröße steigt gemäß der Einschaltkurve an. Infolge der Hysterese schaltet der Zweipunktregler beim Erreichen des Sollwertes noch nicht ab, sondern erst bei x = w + xL. Bei abgeschaltetem Regler fällt die Regelgröße entsprechend der Abschaltkurve bis auf den Wert x = w − xL ab, um dann erneut einzuschalten. Dieser Vorgang wiederholt sich periodisch mit der konstanten Schwankungsbreite 2⋅xL.
xE te
ta xL
w=0,6 xE xL
T0
0
0
t
T
Bild 10.10 Verlauf der Regelgröße einer Strecke 1. Ordnung, die von einem Zweipunktregler mit Hysterese geregelt wird
Es soll nun die Abhängigkeit der Einschalt- und Ausschaltdauer te und ta sowie die Schwingdauer T0 bzw. die Schaltfrequenz f0 =
1 T0
ermittelt werden. Aus Bild 10.10 erhält man für die Einschaltzeit folgende Beziehung: 2 ⋅ xL = ( xE − w + x L t − e e T
=1−
t − e ) ⋅ (1 − e T
),
2 ⋅ xL x − w − xL , = E xE − w + xL xE − w + xL
302
10 Unstetige Regelung x − w + xL . t e = T ⋅ ln E xE − w − xL
(10.11)
Entsprechend folgt die Ausschaltzeit w − xL = (w + xL ta eT
=
t − a )⋅e T
w + xL w − xL
t a = T ⋅ ln
w + xL . w − xL
(10.12)
Sowohl te als auch ta sind direkt proportional der Zeitkonstanten T der Strecke. Mit zunehmender Hysteresebreite xL wird die Ein- und Ausschaltzeit größer. Ferner wird für w = 0,5 xE die Ein- gleich der Ausschaltzeit te = ta. Durch Addition der GIn. (10.11) und (10.12) erhält man die SchwingdauerT0.
ª x − w + xL w + xL º T0 = T ⋅ «ln E + ln ». w − xL ¼ ¬ xE − w − xL
(10.13)
In Bild 10.11 ist die Gl. (10.13) durch die Funktion T0 / T = f (w / xE) mit xL / xE als Parameter graphisch dargestellt. Für w = 0,5 xE hat die Funktion jeweils ein Minimum, um dann für w < 0,2 xE und w > 0,8 xE stark anzusteigen. Zur Erzielung einer möglichst kleinen Schwankungsbreite ist man bestrebt, die Hysterese xL so klein wie möglich zu machen. Dem steht entgegen, dass mit abnehmendem xL T0 abnimmt und die Schaltfrequenz unzulässig ansteigt. Die maximale Schaltfrequenz liegt vor für w = 0,5 xE. Für diesen Wert erhält man aus Gl. (10.13): T0min = T ⋅ 2 ⋅ ln
0,5 ⋅ x E + x L 0,5 ⋅ x E − x L
x 1+ 2 L xE T0min = 2T ⋅ ln . xL 1− 2 xE Einen guten Näherungswert erhält man für 2 xL / xE << 1 durch Reihenentwicklung x T0min ≈ 2 ⋅ T ⋅ 2 ⋅ 2 L = 8 ⋅ T ⋅ xE
xL . xE
Daraus folgt die maximale Schaltfrequenz:
10.3 Zweipunktregler mit Rückführung f 0max ≈ T0 1,6 T 1,4
303
xE . 8 ⋅ T ⋅ xL
(10.14)
xL = 0,1 xE
1,2 1,0 0,8
0,05
0,6
Bild 10.11
0,4
Abhängigkeit der Schwingdauer T0 vom
0,01
0,2
Sollwert w, mit xL / xE als Parameter
0 0
0,2 0,4 0,6 0,8 1,0
w xE
10.3 Zweipunktregler mit Rückführung Die Abschnitte 10.1 und 10.2 haben gezeigt, dass bei einer Regelung mittels Zweipunktregler der Regelverlauf maßgebend von den Eigenschaften der Strecke beeinflusst wird. So ist z. B. bei einer Strecke mit Totzeit und Verzögerung sowohl die Schwingdauer als auch die Schwingamplitude vom Verhältnis Tt / T1 abhängig. Durch Anwendung einer Rückführung können diese ständigen Pendelungen der Regelgröße um den Sollwert nahezu beseitigt werden. Ferner ist es möglich, durch geeignete Rückführglieder dem Zweipunktregler ein Zeitverhalten aufzuzwingen, ähnlich dem der stetigen Regler. Man spricht dann von einer stetigähnlichen Regelung. Den Wirkungsplan eines solchen Regelkreises zeigt Bild 10.12.
w
+
− e + −
z
Gr
xr xe
N
yR
+ yS
K S , T1 x
+ 2xL
Bild 10.12 Wirkungsplan eines Regelkreises, dessen Strecke von einem Zweipunktregler mit Rückführung Gr geregelt wird
304
10 Unstetige Regelung
10.3.1 Zweipunktregler mit verzögerter Rückführung Der in Bild 10.12 dargestellte Zweipunktregler mit Rückführglied stellt bereits einen Regelkreis in sich dar. Bevor jedoch näher auf dessen Wirkungsweise eingegangen wird, soll eine Beziehung bei rückgekoppelten stetigen Reglern in Erinnerung gerufen werden. Schaltet man in den Rückführzweig eines idealen stetigen Verstärkers mit dem Verstärkungsgrad V = ∞ ein Glied mit der Übertragungsfunktion Gr(s) (Bild 10.13), so ist die Übertragungsfunktion des rückgekoppelten Verstärkers y (s) V 1 . GR (s) = R = = e( s ) 1 + V ⋅ G r ( s) Gr (s)
e
xe
+
− xr
N
(10.15)
yR Bild 10.13 Wirkungsplan eines Zweipunktreglers mit verzögerter Rückführung
K r , Tr Gr
Besteht das Rückführglied aus einer Verzögerung 1. Ordnung, mit
GR (s) =
Kr , 1 + sTr
(10.16)
so folgt für den rückgekoppelten Verstärker die Übertragungsfunktion y (s) 1 GR (s) = R = (1 + sTr ), e( s ) Kr d. h. ein PD-Verhalten. Ein ähnliches Ergebnis erhält man, wenn der Zweipunktregler mit Hysterese ein P-T1Glied als Rückführung erhält (Bild 10.13). Das zeitliche Verhalten des rückgekoppelten Zweipunktreglers ist in Bild 10.14 dargestellt. Ändert man die Eingangsgröße des rückgekoppelten Zweipunktreglers sprunghaft e(t) = e0⋅σ(t), so ist zum Zeitpunkt t = 0 xe = e0, da xr zunächst Null ist. Am Ausgang des Reglers und somit am Eingang des Rückführgliedes Gr liegt die Sprungfunktion yR(t) = yR0⋅σ(t). Die Ausgangsgröße xr(t) des Rückführgliedes antwortet mit einem verzögerten Anstieg x r (t ) = y R0 ⋅ K r ⋅ (1 − e
−
t Tr
),
wie in Bild 10.14 gezeigt. Infolge des Anstiegs der Rückführgröße verringert sich xe (t ) = e0 − x r (t ) .
10.3 Zweipunktregler mit Rückführung e a)
e0
t xr
2 xL e0
b) t
e−xr e0
c)
2xL
te
yR
t ta
d)
yR0 t yR e) yR0
yP t
305 Für xe <− xL0 schaltet der Zweipunktregler ab, die Rückführgröße xr nimmt dann entsprechend der Entladekurve ab, bzw. xe steigt nach der gleichen Funktion an, bis bei xe > xL der Zweipunktregler erneut einschaltet. Betrachtet man anstelle der Impulsfunktion yR(t) den Mittelwert yR (t ) , so ist ersichtlich, das yR (t ) gegenüber dem eingeschwungenen Zustand zunächst einen größeren Mittelwert y Rmax (t ) annimmt (PD-Verhalten). Bei genügend hoher Schaltfrequenz kann man dieses Verhalten einem stetigen gleichsetzen. Das zeitliche Verhalten des Zweipunktreglers mit verzögerter Rückführung ist ganz analog dem des in Abschnitt 10.2 behandelten Regelkreises. Nach Gl. (10.14) ergibt sich für e = 1/2 yR0Kr die maximale Schaltfrequenz y ⋅ Kr f 0max = R0 8 ⋅ Tr ⋅ x L
(10.18)
und kann durch Verändern von Tr, variiert werden. Ändert man Kr, so ändert sich auch das Verhältnis von Ein- zu Ausschaltdauer.
Bild 10.14 Zweipunktregler mit verzögerter Rückführung: a) Sprung der Regeldifferenz; b) Rückführgröße; c) xe = e – xr; d) Stellgröße des Reglers; e) Mittelwert der Stellgröße
Setzt man in Gl. (10.11) anstelle von xe den Wert yR0Kr und für w die Regeldifferenz xd, so erhält man ª y K − e + xL º ª1 + x L /( y R0 K r − e) º t e = Tr ⋅ ln « R0 r » = Tr ⋅ ln « ». ¬ y R0 K r − e − x L ¼ ¬1 − x L /( y R0 K r − e) ¼
(10.19)
Aus Gl. (10.19) ist zu ersehen, dass te mit zunehmendem Kr abnimmt. Im Gegensatz hierzu ist die Ausschaltzeit gemäß Gl. (10.12) unabhängig von Kr
306
10 Unstetige Regelung ª e + xL º t a = Tr ⋅ ln « ». ¬ e − xL ¼
(10.20)
Bildet man aus den GIn. (10.19) und (10.20) das Verhältnis te / ta, so ist dieses unabhängig von Tr und wird mit zunehmendem Kr kleiner. ª y K − e + xL º ln « R0 r » te ¬ y R0 K r − e − x L ¼ . = ta ª e + xL º ln « » ¬ e − xL ¼
(10.21)
Aus Bild 10.14d) und e) folgt im Beharrungszustand
yR = yP = yR0 ⋅
te 1 = yR0 ⋅ . t te + ta 1+ a te
(10.22)
Wie bereits anhand der Gl. (10.21) diskutiert, wird ta / te mit zunehmendem Kr größer und nach Gl. (10.22) yp, bzw. der Proportionalbeiwert KP = yR / e, kleiner. Durch Tr kann also die Schaltfrequenz und durch Kr sowohl die Schaltfrequenz als auch der PAnteil verändert werden.
z w
xe
e
−
N
yR
+y
KS , T S
− K ,T r r
xr
x
Bild 10.15 Wirkungsplan eines Zweipunktregiers mit verzögerter Rückführung an einer Strecke 1. Ordnung
Es soll der Zweipunktregler mit verzögerter Rückführung an einer Strecke 1. Ordnung nach Bild 10.15 betrachtet werden. Die Übertragungsfunktion der Strecke lautet
GS ( s ) =
GS , 1 + sT
wobei T = 2Tr und Kr = KS gewählt wurde. Nimmt man den Regelkreis in Betrieb, so sind zunächst x und xr gleich Null und xe = e = w, d. h. der Zweipunktregler schaltet ein. Damit liegt am Ausgang des Reglers und an den Eingängen von Strecke und Rückführung der Sprung yR(t) = yR0⋅σ(t). Die Ausgangsgrößen der Strecke und des Rückführgliedes steigen verzögert an mit den Zeitkonstanten T bzw. Tr. Infolge Tr < T steigt xr schneller an als x. Wie der zeitliche Verlauf in Bild 10.16 zeigt, schaltet der Zweipunktregler für
10.3 Zweipunktregler mit Rückführung
307
x + xr > w + xL bzw. xe = w − x − x r < − x L ab, und xr sowie x fallen gemäß ihrer jeweiligen Abfallkurve, bis bei xe = w − x − x r > + x L der Zweipunktregler erneut einschaltet. Der Vorgang wiederholt sich in der in Bild 10.16 dargestellten Weise. Wählt man die Zeitkonstante Tr des Rückführgliedes klein gegenüber T der Strecke, so wird die Schaltfrequenz fast ausschließlich durch Tr bestimmt.
w
2xL x+xr
xr x
t yR yR0 t Bild 10.16 Verlauf der Regelgröße x und der Stellgröße yR des in Bild 10.15 gezeichneten Regelkreises bei einem Sollwertsprung
Wie aus Bild 10.16 ersichtlich, ist die Schwingamplitude von x nun nicht mehr gleich xL, sondern kleiner. Ferner tritt, wie bei einem linearen PD-Regler eine bleibende Regeldifferenz e(∞) auf. Diese wird um so kleiner, je kleiner man Kr wählt. Für die Konstruktion des in Bild 10.16 gezeigten Regelverlaufs wurden Tr und Kr so gewählt, dass die charakteristischen Schwingungen noch sichtbar sind. Bei günstiger Wahl von Tr und Kr können die Schwingamplitude und die bleibende Regeldifferenz noch wesentlich verkleinert werden. Der zeitliche Verlauf der Regelgröße x sowie der Rückführgröße xr entsprechen dem bei einem Sollwertsprung w0.
308
10 Unstetige Regelung
Bild 10.17 zeigt den gerätetechnischen Aufbau eines Zweipunktreglers mit verzögerter Rückführung zur Temperaturregelung eines Durchlauferhitzers. Die zu regelnde Austrittstemperatur wird mit einem metallummantelten NTC-Widerstand gemessen, +
+ T3
N
L1
L2
L3 Optokoppler NullspannungsSchalter (L1)
NullspannungsSchalter (L2)
NullspannungsSchalter (L3) Heizwicklung + +
Verzögerte Rückführung
T4
T5
xr
RW
−
OP + NTC R9
R8
−
Bild 10.17 Temperaturregelung eines Durchlauferhitzers mittels Zweipunktregler mit verzögerter Rückführung
10.3 Zweipunktregler mit Rückführung
309
der in das hindurchströmende Wasser hineinragt. Zur Linearisierung der nichtlinearen Kennlinie des NTC-Widerstandes ist diesem ein ohmscher Widerstand parallel geschaltet und dazu ein weiterer in Reihe. Der Sollwert bzw. die entsprechende Spannung wird am Potentiometer Rw abgegriffen. Die Differenz zwischen Ist- und Sollwert liegt am invertierenden Eingang des nachfolgenden Schmitt-Triggers, dessen Hysterese durch den Spannungsteiler R8, R9 eingestellt werden kann. Ebenfalls am invertierenden Eingang liegt die über das Rückführnetzwerk zurückgekoppelte Spannung xr. Wird die Anlage unter Vorgabe eines bestimmten Sollwertes in Betrieb genommen, d. h. es wird am Sollwertpotentiometer eine kleine positive Spannung (entspricht einem großen Sollwert) eingestellt, so überwiegt, infolge des größeren NTC-Widerstandes, die negative Spannung am Eingang des Schmitt-Triggers und der Ausgang kippt in die positive Grenzlage. Die Transistoren T4 und T5 schalten durch und bewirken: •
Eine Sprungfunktion am Eingang des Rückführgliedes, dessen Ausgangsspannung xr nach einer e-Funktion hochläuft.
•
T5 schaltet die Leuchtdioden des OPTO-Kopplers, die die Fototransistoren belichten. In den nachfolgenden Nullspannungsdetektoren werden bei leitenden Fototransistoren Zündimpulse erzeugt, deren Frequenz synchron der Netzfrequenz ist und deren Phasenlage mit den Nulldurchgängen der an den TRIAC’s anliegenden Sternspannungen übereinstimmt. Durch diese Maßnahme liegen an den Heizwicklungen stets ganzzahlige Halbwellen an, so genannte Wellenpaketsteuerung. Hierdurch werden die bei einer Anschnittssteuerung auftretenden unangenehmen hochfrequenten Oberschwingungen vermieden.
Durch die eingeschaltete Heizung wird das Wasser erwärmt und der NTC-Widerstand verkleinert. Der Ausgang des Schmitt-Triggers kippt in die negative Grenzlage, wenn die Summe der am invertierenden Eingang liegenden Spannungen positiv und dem Betrage nach größer als die am nichtinvertierenden Eingang liegende Hysteresespannung wird. Dies hat zur Folge, daß die Heizwicklungen über den Transistor T5, die OPTO-Koppler und die Nullspannungsschalter abgeschaltet werden und zum anderen die Polarität der Hysterese-Vorspannung geändert wird.
10.3.2 Zweipunktregler mit verzögert-nachgebender Rückführung Schaltet man in den Rückführzweig eines Zweipunktreglers mit Hysterese eine verzögert-nachgebende Rückführung (Bild 10.18), so zeigt der Regler eine PID-ähnliches Verhalten. Für einen linearen Verstärker wurde der Fall der verzögert-nachgebenden Rückführung in Abschnitt 4.3.6 bereits behandelt. Die Sprungantwort des Rückführgliedes in Bild 10.18 setzt sich aus zwei e-Funktionen zusammen, so dass eine verzögertnachgebende Rückführung auch durch zwei Verzögerungen 1. Ordnung mit unterschiedlichen Zeitkonstanten, wie in Bild 10.19 dargestellt, gebildet werden kann.
310
e
+
10 Unstetige Regelung
xe
− xr
N
yR
e
+ Gr
xe
−
xr
+
x1
yR
G1
−
x2 Bild 10.18 Wirkungsplan eines Zweipunktreglers mit verzögertnachgebender Rückführung
N
G2
Bild 10.19 Zweipunktregler mit verzögertnachgebender Rückführung, erzeugt durch Parallelschaltung von zwei P-T1-Gliedern
Für die Ermittlung der Sprungantwort des Zweipunktreglers mit verzögert-nachgebender Rückführung legen wir die Anordnung nach Bild 10.19 zugrunde. Gibt man auf den Eingang des rückgekoppelten Zweipunktreglers nach Bild 10.19 eine Sprungfunktion e(t) = e0⋅σ (t), so ist zunächst xr gleich Null und der Zweipunktregler schaltet ein. Am Ausgang des Reglers sowie an den Eingängen von G1 und G2 liegt der Sprung yR0⋅σ(t). Die Ausgangsgrößen x1(t) und x2(t) steigen nach e-Funktionen mit den Zeitkonstanten T1 und T2 an. Für x 2 − x1 > e − x L bzw. xe = e − x 2 + x1 < − x L fällt der Zweipunktregler ab. Bei abgeschaltetem Regler entladen sich x1 und x2, bis bei x2 − x1 < e − xL bzw. xe = e − x 2 + x1 > + x L der Zweipunktregler wieder einschaltet. Es ergibt sich der in Bild 10.20 gezeigte zeitliche Verlauf von yR(t). Nach der 1. Einschaltung (D-Anteil) ist die Pulsbreite zunächst klein und nimmt dann zu, bis zum ständigen Einschalten. Bildet man den Mittelwert yR (t ) , so sieht man den PIDähnlichen Verlauf. Die technische Realisierung erfolgt, indem in die Rückführung des Zweipunktreglers ein verzögert-nachgebendes Netzwerk, wie in Bild 10.21 gezeigt, geschaltet wird. Der Vorteil einer solchen Anordnung ist, dass wie bei einem linearen PID-Regler die bleibende Regeldifferenz e(∞) Null wird.
10.3 Zweipunktregler mit Rückführung x
311
T2 x2
e + xL e − xL
a) 2xL
x2 − x1 t
x1 T1 yR yR0
b) t
yR
yR0
yR0
c) t
Bild 10.20 Zweipunktregler mit verzögert-nachgebender Rückführung a) Rückführgrößen x1, x2 b) Stellgröße des Reglers c) Mittelwert der Stellgröße des Reglers + Verzögert-nachgebende Rückführung
xr −
OP
+
yR
Bild 10.21 Zweipunktregler mit verzögert-nachgebendem Rückführglied
312
10 Unstetige Regelung
10.4 Dreipunktregler Für Stellglieder mit Motorantrieb sind Zweipunktregler ungeeignet, weil sie es nicht gestatten, die Drehrichtung zu ändern. Diesen Mangel beseitigt der Dreipunktregler. Ein weiterer Vorteil des Dreipunktreglers mit nachgeschaltetem Stellmotor besteht darin, dass ein Beharrungszustand, ohne die beim Zweipunktregler stets vorhandenen Dauerschwingungen, erreicht werden kann. Bild 10.22 zeigt die Kennlinie eines Dreipunktreglers mit Hysterese. Im Gegensatz zum Zweipunktregler besitzt der Dreipunktregler einen oberen und unteren Grenzwert. Wird die Regelgröße z. B. über ein Motorventil beeinflußt, wie bei der Temperaturregelung des Durchlauferhitzers in Bild 10.23, so liegt der Sollwert in der Mitte zwischen dem oberen und unteren Grenzwert.
M
xa
2xL
xa0 xt
xe
w
−
+
RT
Bild 10.22 Kennlinie eines Dreipunktreglers
Bild 10.23 Temperaturregelung eines Durchlauferhitzers mittels Dreipunktregler mit Hysterese
Die Temperatur im Durchlauferhitzer wird mit einem Widerstandsthermometer RT gemessen. Ist die Regelgröße gleich dem Sollwert, so ist die Brücke abgeglichen, das gepolte Relais stromlos und der Motor steht. Steigt die Temperatur über den Sollwert, so nimmt der Wert von RT zu und die Brücke hat die eingezeichnete Polarität. Das im Brückenzweig liegende Relais wird so erregt, dass der Motor das Ventil schließt. Sinkt die Temperatur unter den Sollwert, so wird RT kleiner und die Brückenspannung hat die entgegengesetzte Polarität. Infolgedessen wird das Relais entgegengesetzt magnetisiert, und der Motor öffnet das Ventil. Vielfach wird anstelle eines Zweipunktreglers, zur Verminderung der Schwankungsbreite, ein Dreipunktregler verwendet. So zeigt Bild 10.24 einen elektrisch beheizten Glühofen, dessen Heizleistung über zwei Heizwicklungen zugeführt wird. Beim Anfahren sind beide Heizwicklungen W1 und W2 eingeschaltet, wobei W1 z. B. 90 % und W2 20 % der erforderlichen Heizleistung liefern. Wird der untere Grenzwert, der mit
10.4 Dreipunktregler
313 x
w
OG Mp
R
w1 w2
Bild 10.24 Temperaturregelung in einem Glühofen mittels Dreipunktregler
dem Sollwert identisch ist, überschritten, so schaltet W2 ab, während W1 eingeschaltet bleibt. Beim Erreichen des oberen Grenzwertes wird auch noch W1 abgeschaltet. Normalerweise arbeitet dann der Dreipunktregler wie 110% ein Zweipunktregler und schaltet nur W2 zu und ab. 90% Dadurch wird die Schwankungsbreite innerhalb von yR maximal 20 % des Sollwertes liegen. Bild 10.25 zeigt die zugehörige Kennlinie. w oG
0
x
Bild 10.25 Kennlinie des Dreipunktreglers bei Temperaturregelung gemäß Bild 10.24, oG = obere Grenzwert
10.4.1 Dreipunktregler mit Rückführung e
+
xe
− xr
N
Tr
xa
yR
Durch eine Rückführung kann auch dem Dreipunktregler ein bestimmtes Zeitverhalten gegeben werden. Bild 10.26 zeigt den Wirkungsplan eines Dreipunktreglers mit verzögerter Rückführung und nachgeschaltetem I-Glied. Durch diese Anordnung erhält die Regeleinrichtung ein PIVerhalten.
Bild 10.26 Wirkungsplan eines Dreipunktreglers mit verzögerter Rückführung und nachgeschaltem I-Glied
Gibt man auf den Eingang der Regeleinrichtung einen Sprung e(t) = e0⋅σ (t), so wird der Dreipunktregler eingeschaltet, weil die Rückführgröße xr zunächst Null ist. Dies
314
10 Unstetige Regelung
hat zur Folge, dass am Eingang des I-Gliedes und am Eingang des Rückführgliedes der Sprung xa0 liegt. Infolgedessen steigt yR linear mit der Zeit an und xr nach einer e-Funktion mit der Zeitkonstanten Tr .Für xe = e − x r < x t − 2x L , bzw. x r > e − x t + 2x L schaltet der Dreipunktregler ab. Betrachtet man als Ausgangsgröße yR den Winkel, um den eine Motorwelle sich gedreht hat, so behält yR nach Nullwerden von xa (Motorspannung), den Wert bei. Die Rückführgröße xr entlädt sich, bis bei xe = e − x r > x t , bzw. x r < e − x t der Dreipunktregler erneut einschaltet, und der Motor weiter läuft. Bild 10.27 zeigt den Verlauf von xr, xa und yr. e e0
a)
t xr
xt
2xL b) t
xe e0 2xL
c) 2xL
xt
t xa
d)
Bild 10.27 Dreipunktregler mit verzögerter Rückführung und nachgeschaltetem I-Glied; a) Sprung der Regeldifferenz b) zeitlicher Verlauf der Rückführgröße xr c) Zeitlicher Verlauf von xe = e0 − xr d) Stellgröße des Reglers e) Stellgröße der Regeleinrichtung
xa0 t yR e)
Tn
t
315
11 Digitale Regelung Im heutigen Sinn versteht man unter einer digitalen Regelung die Behandlung eines Regelkreises, in dem eine analoge Regelstrecke von einem programmierbaren Prozessrechner, bestehend aus CPU, Speicher, Ein- und Ausgangsmodulen, AnalogDigital- und Digital-Analog-Wandlern, geregelt wird. Solche Regelungen werden auch als DDC (Direct-Digital-Control) bezeichnet. Die Rechenprozesse und die Signalumwandlungen verlangsamen die Regelvorgänge, was ein erheblicher Nachteil der digitalen Regelung ist. Jedoch geht der Trend der Regelungstechnik zunehmend in diese Richtung, weil das digitale Instrumentarium mehrere Vorteile bringt: •
Die als Regler programmierten Prozessrechner sind leistungsfähiger und preisgünstiger als analoge Regler.
•
Ein digitaler Regler kann verschiedene Regelgrößen nacheinander abfragen und eine größere Anzahl Regelungen gleichzeitig ausführen.
•
Es wird ermöglicht, sowohl die klassischen analogen PID-Algorithmen zu digitalisieren, als auch neue „intelligente“ Regelverfahren, wie Strukturumschaltung, adaptive Regelung, Fuzzy- und Neuroregelung, einzusetzen.
•
Das fein approximierte Modell der Regelstrecke kann in einem digitalen Regler einfach nachgebildet werden, was zu neuen modellbasierten Regelverfahren führt.
•
Die Regelungs- und die Steuerungsalgorithmen einer Strecke lassen sich einheitlich programmieren und realisieren.
Doch der größte Vorteil besteht darin, dass die Methoden und Werkzeuge der Informationstechnologie im vollen Umfang für die Regelungszwecke anwendbar sind. Die Kopplung und der Datenaustausch an übergeordnete Prozessleitsysteme wird vereinfacht. Der PC-Einsatz für Regelzwecke ist sowohl über Feldbusse wie Profibus, Interbus usw. für den Zugriff auf Sensoren und Aktoren, als auch über Systembusse der Prozesselitebene wie allegemein verbreitete Netze Ethernet und Internet möglich. Und schließlich kann das Engineering eines Regelkreises, angefangen von Simulation, über den Regelkreisentwurf und Inbetriebnahme bis hin zur Erstellung der Dokumentation, einheitlich von einer Software verwaltet werden.
11.1 Abtastregelung In einem digitalen Regelkreis wird eine kontinuierliche Regelstrecke von einer digitalen Regeleinrichtung geregelt. Dafür muss die dem Rechner zugeführte kontinuierlich gemessene Regelgröße in digitaler Form vorliegen. Die Digitalisierung erfolgt mit einem Analog/Digital-Wandler, der die Regelgröße nur in konstanten Zeitabständen, Abtastzeit oder Abtastperiode TA genannt, abfragt. Einen digitalen Regelkreis kann man sich gedanklich aus zwei Teilen bestehend vorstellen, wie Bild 11.1 zeigt, näm-
316
11 Digitale Regelung
lich aus linearen zeitinvarianten Gliedern, kurz LZI, und einem diskret arbeitenden Takt- bzw. Impulsgeber.
+
x(kTA)
Taktgeber
−
Die Regelung von Regelkreisen, in denen x(t) LZIwenigstens ein Signal nicht kontinuierlich, Glieder sondern zeitdiskret ist, nennt man Abtastregelung. Solche Regelkreise lassen sich Bild 11.1 Konzeptueller Aufbau nicht, wie die kontinuierlichen, mittels Difdigitaler Regelung ferentialgleichungen im Zeitbereich bzw. mittels Laplace-Transformation im Bildbereich beschreiben. Neben kontinuierlichen Funktionen, z. B. x(t) treten auch Folgen von abgetasteten Signalen wie x(kTA) auf und sollen mit anderen, als denen der kontinuierlichen Methoden behandelt werden. Die Signale zwischen den Abtastpunkten werden nicht berücksichtigt, was Fehler verursachen kann. Bild 11.2 zeigt, dass gleiche abgetastete Impulsfolgen aus zwei verschiedenen Sprungantworten gebildet werden können.
x(t) x1(t) x2(t) x(kTA) 0
0
T
2T
kT
t
A A A Die Untersuchungen von Abtastsystemen wurden seit 1924 durchgeführt. Rerich und Bild 11.2 Beispiel einer fehlerGrdina befassten sich mit der Abtastregehaft gewählten Abtastperiode lung von hochtourigen Dampfmaschinen und behandelten dabei die Dynamik mit Differentialgleichungen. Die ersten einheitlichen Beschreibungen von linearen Abtastsystemen findet man bei Oldenbourg, Sartorius, Zypkin (1948 - 1958).
11.1.1 Wirkungsweise von digitalen Regelkreisen In Bild 11.3 ist eine kontinuierliche Regelstrecke gezeigt, die mit digitalen Elementen, wie Mikrorechner, Analog-Digital-Wandler (A/D) und Digital-Analog-Wandler (D/A) geregelt wird. Die Istwerte x(t), bei denen es sich um ganz verschiedenartige physikalische Größen handeln kann, etwa Durchflüsse, Drücke, Temperaturen, Spannungen usw., werden durch die Messumformer auf ein Einheitssignal transformiert. Die Wandlung oder die Abtastung der stetigen Regelgröße x(t) erfolgt meist in äquidistanten Zeitabständen (Abtastzeit TA) durch den vorgeschalteten A/D-Wandler. Aus dem kontinuierlichen Signal x(t) entsteht die diskrete Folge x(kTA), die für die Abtastzeit TA konstant gehalten wird. Im Rechner wird aus dieser Istwertfolge x(kTA) und der eingegebenen Führungsfolge w(kTA) die Regeldifferenzfolge e(kTA) gebildet. Anhand eines im Rechner gespeicherten Programms, z. B. dem digitalisierten PIDRegelalgorithmus, wird dann die Stellgrößenfolge yR(kTA) berechnet und über den D/A-Wandler als geglättetes Stellsignal y*R(kTA) ausgegeben.
11.1 Abtastregelung
317 z(t) y*R(kTA)
yR(kTA) w(kTA)
+
e(kTA)
−
MikroRechner
x(t) y(t)
D A
x(kTA)
xM(t) A
Messumformer
D
Bild 11.3
Regelstrecke
Wirkungsplan eines Regelkreises mit digitalem Regler
b) Analog-Digital-Wandler Mit großer Geschwindigkeit und hoher Genauigkeit sollen die analogen Signale x(t) von A/D-Wandler abgetastet und in eine zeitdiskrete Folge umgeformt werden. Die Zahlenfolge wird in eine stufenförmige Funktion x(kTA), die so genannte Treppenkurve, umgewandelt. Funktionsmäßig besteht ein A/D-Wandler aus einer Abtastung (Sample) und einer Speicherung (Hold). Ein Abtast-/Halteglied (S&H) mit der Abtastzeit TA ist in Bild 11.4 dargestellt. x(kTA)
x(t)
x*(kTA)
Abtaster t
Bild 11.4
TA
Halteglied kTA
Tt
kTA
Umwandlung von analogen Signalen mit Abtast-/Halteglied-Schaltung
In der Praxis geschieht die Umsetzung des analogen in ein digitales Signal mit einer begrenzten Auflösung, denn nicht jedem Analogwert kann ein Digitalwert zugeordnet werden. Beträgt beispielsweise die Wandlungsbreite eines A/D-Wandlers 16 Bit, d. h. 15 Bit und 1 Bit für Vorzeichen, und ist der Spannungsbereich eines Analog-Eingangs 10V ± 10 V, so wird eine Auflösung kleiner als = 0,305 mV erzielt. 215 Ein analoges Eingangssignal steht digitalisiert erst nach einer Wandelzeit bzw. Totzeit Tt am Ausgang des Wandlers zur Verfügung. Diese Totzeit beträgt T Tt = A , 2
(11.1)
318
11 Digitale Regelung
wie in Bild 11.4 durch einen Vergleich zwischen analogem Eingangssignal x(t) und den aus der Treppenkurve x*(kTA) interpoliertem Ausgangssignal schematisch gezeigt ist. Die mathematische Herleitung findet man im nachfolgenden Beispiel. •
Beispiel 11.1
Die Treppenkurve am Ausgang eines Haltegliedes entsteht aus einer Folge von Rechteckimpulsen, wobei jeder einzelne Impuls als Überlagerung von zwei Einheits-Sprungfunktionen
σ (t ) − σ (t − TA ) , dargestellt werden kann (Bild 11.5). Die LaplaceTransformierten von Sprungfunktionen sind:
L [σ (t )] =
σ (t)
x*(kTA)
1 , s
1
L [σ (t − TA )] =
1 − sTA ⋅e . s
0
t TA
1
σ ( t−Ta )
Am Eingang des Haltegliedes wirkt eine δ - Funktion, die im Bildbereich als
δ (t ) =
dσ (t ) dt
L [δ (t )] = s ⋅
1 =1 s
Bild 11.5 Zur Ermittlung der Übertragungsfunktion eines Haltegliedes
dargestellt wird. Daraus ergibt sich die Übertragungsfunktion des Haltegliedes zu
GH (s) =
L [σ (t ) − σ (t − TA )] 1 1 − sTA 1 − e − sTA = − e = , s L [δ (t )] s s
(11.2)
mit dem entsprechenden Frequenzgang
G H ( jω ) =
1 − e − jωTA . jω
Durch Ansätze
e − jωTA = cos ω TA − j sin ω TA und ω TA = 2 ⋅
ω TA 2
kann GH( jω) in folgende Form gebracht werden:
GH ( jω ) =
e
−j
ω TA 2
j
ω TA
−e ω TA j ⋅2⋅ 2 2
(e
−j
ω TA 2
)
=
sin
ω TA 2
ω TA
⋅ TA ⋅ e
−j
ω TA 2
.
2
Bei tiefen Frequenzen ω TA << 1 kann das Halteglied wie folgt angenähert werden:
GH ( jω ) ≈ TA ⋅ e
−j
ω TA 2
,
was einem Totzeitglied mit der Totzeit (11.1) entspricht.
11.1 Abtastregelung
319
c) Digital-Analog-Wandler Ein D/A-Wandler erzeugt aus einer Folge der binären- oder ganzzahligen Werte eine Treppenkurve, die weiterhin geglättet werden soll, um auf die Regelstrecke als Stellgröße möglichst kontinuierlich zu wirken. Dafür werden die zeitdiskreten Eingangsgrößen bei der Wandlung eingelesen und über eine Abtastperiode gespeichert. Diese Operation wird wie oben Halteoperation genannt. Bei der Regelkreisanalyse werden häufig die Halteglieder der A/D- und D/A-Wandler zusammengefasst und die Rechenzeiten des Mikroprozessors vernachlässigt. Dadurch vereinfacht sich der digitale Teil des Wirkungsplanes zu einer Reihenschaltung von Abtaster und Halteglied.
11.1.2 Beschreibungsmethoden Die Regelkreisanalyse von linearen Abtastsystemen mit LZI-Gliedern kann nach verschiedenen Stufen vereinfacht werden. a) Quasikontinuierliche Beschreibung: Ist die Abtastzeit TA viel kleiner als die Zeitkonstanten der Regelstrecke, kann die Abtastung vernachlässigt und der Regelkreis als kontinuierlich behandelt werden. Die von digitalen Elementen verursachte Verlangsamung des Regelvorgangs wird als ein zusätzliches Glied mit der Totzeit nach (11.1) berücksichtigt. Die Annäherung gilt jedoch nur, wenn die Abtastzeit TA kleiner als die Verzögerungszeitkonstante der Regelstrecke Tg oder Tu ist, wie im Bild 11.6 für TA ≈ 0,5⋅Tu gezeigt ist. In der Praxis gilt dafür normalerweise TA ≤ 0,1⋅Tu. x(t)
Tg
Bild 11.6 Zeitverhalten einer analogen P-TnRegelstrecke mit eingetragenen Abtastsignalen. Die Zeitkonstanten sind: TA 0
Tu Verzugszeit, Tg Ausgleichszeit
0
t
Tu
TA Abtastzeit
b) Diskretisierte Beschreibung im Zeitbereich: Ausschlaggebend für Abtastsysteme ist die Behandlung von abgetasteten Zahlenfolgen x(0), x(TA), x(2TA), ... , x(kTA) anstelle der kontinuierlichen Regelgröße x(t). Mit einer ganzzahligen Variable k anstelle der analogen Zeitvariable t kann der Regelkreis mit Abtastgliedern mit diskreten Signalen x0, x1, ... xk−1, xk, xk+1 beschrieben werden. Die analogen Regelalgorithmen werden diskretisiert, indem die Integration durch Summation und die Differentiation durch Bildung der Differenzquotienten für eine Diskretisierungszeit TA ersetzt wird, N
dx(t ) x k +1 − x k . Die Lösung der Differenzenglei≈ dt TA k =0 chungen erfolgt mittels Rekursionen oder mit homogenem und partikulärem Ansatz. z. B.
³
x(t ) dt ≈ TA ⋅
¦ xk
und
320
11 Digitale Regelung
c) Beschreibung mittels z-Transformation im Bild- bzw. Frequenzbereich: Zunächst wird die Variable e(t) nach der Abtastung als Folge von Impulsfunktionen 0 ¯ ∞
δ (t ) = ®
für t ≠ 0
³ δ (t )dt = 1
für t = 0
L[δ (t )] = 1
dargestellt und mit den diskreten Werten e(kTA) für k = 0, 1, 2... ∞ gewichtet (s. Bild 11.4). Danach wird das mit dem Summenzeichen zusammengefasste Signal e * (t ) =
∞
¦ e(kTA ) δ (t − kTA ) .
k =0
nach Laplace transformiert: e * ( s) = L [e * (t )] . Da die Abbildung eines einzelnen Impulses δ(t−kTA) nach der Fourier-Transformation gleich e − jωkTA ist, gilt für das ganze Spektrum e*( jω) im Frequenzbereich
e ( jω ) = *
∞
¦ e(kT ) e A
− jω kTA
k =0
bzw. im Bildbereich unter Beachtung s = jω
e * ( s) =
∞
¦ e(kTA ) e −skTA .
(11.3)
k =0
Die Transformation nach Gl. (11.3) kann als diskrete Laplace-Transformation bezeichnet werden. Ersetzt man nun e sTA durch eine neue Variable z, d. h.
e − sTA = z −1 , so folgt aus (11.3) die sogenannte z-Transformation der digitalen Größe e(kTA) e( z ) =
∞
¦ e(kTA ) z −k = Z [kTA ]
(11.4)
k =0
Durch z-Transformation von Impulsfolgen am Eingang xe(kTA) und am Ausgang xa(kTA) eines digitalen Elements des Kreises xe ( z ) = Z [ xe (kTA )]
xa ( z ) = Z [ xa (kTA )]
entstehen die z-Übertragungsfunktionen x ( z) G( z) = a = Z [ g (kTA )] . xe ( z )
(11.5)
wobei g(kTA) die Gewichtsfunktion ist. Sie wird aus der Übertragungsfunktion G(s)
durch Rücktransformation ermittelt L −1[G ( s )] = g (t ) und als Impulsfolge g(kTA) mit
11.2 Digitale Regeleinrichtungen
321
der Abtastzeit TA dargestellt. Im Abschnit 11.5 wird gezeigt, wie die kontinuierlichen Untersuchungsmethoden für die digitalen Systeme mit Hilfe der z-Transformation umformuliert werden. Die Beschreibungsformen digitaler Regelkreise sind in Bild 11.7 zusammengefasst. Analoger Regelkreis
y (s) x(s) w(s) e(s) GR(s) R GS(s) + − Regler Strecke
Digitaler Regelkreis
w(s) + a)
wk +
Bild 11.7 Darstellung von digitalen Regelkreisen: a) quasikontinuierliche b) diskretisierte c) z - transformierte
b)
e(s) −
1, Tt
yR(s)
GR(s) Regler
GS(s) Strecke
Totzeitglied
xk
yRk
ek
x(s)
*
− Abtaster Halteglied Regler
** Strecke
* yRk= f (ek , ek-1 , yRk-1) ** xk= f (xk-1, yRk , yRk-1) w(z) c)
+
e(z) GR(z)
yR(z)
− Regler mit Abtaster
GH(z)
GS(z)
x(z)
Halteglied Strecke
11.2 Digitale Regeleinrichtungen Wie an analoge werden auch an digitale Regler drei Grundaufgaben gestellt: •
die Regelgröße messen und die Regeldifferenz bilden;
•
einen geeigneten Regelalgorithmus erzeugen;
•
eine beträchtliche Leistung an Stellglieder übertragen.
Im Gegensatz zu analogen sind bei digitalen Regeleinrichtungen die Regelalgorithmen und die Verstärkungsfunktionen gerätetechnisch voneinander getrennt. Die mittels Mikroprozessoren (CPU) berechneten Reglerausgangsgrößen yR werden binär ausgegeben oder durch Digital-Analog-Umsetzer (D/A) in Ströme (0 bis 20 mA) oder Spannungen (0 bis 10 V) umgesetzt. Die Verstärkungsfunktion und die Anpassung an die Strecke übernehmen die nachgeschalteten Leistungsverstärker, Relais, Motoren usw. In den letzten 10-15 Jahren kommen überwiegend Mikrorechner, Mikrocontroller, PC, IPC (Industrie-PC), SPS (Speicherprogrammierbare Steuerungen), Soft-SPS (PC mit Funktionen einer Software-SPS), PLS (Prozessleitsysteme) zum Einsatz. Die gesamte digitale Regelungstechnik ist heute einem schnellen Wandel unterworfen. Die auf dem Markt vorhandene Vielzahl von Messwerterfassungskarten, Umsetzern, Konfigurierungstools mit der zugehörigen Hardware veralten schnell. Sowohl
322
11 Digitale Regelung
die Hard- als auch die Software sind stark geräteabhängig. Der innere Aufbau und der Befehlsvorrat von Mikroprozessoren verschiedener Hersteller unterscheiden sich zum Teil erheblich. Im Folgenden wird nur auf die grundsätzliche Struktur der Hard- und Software eingegangen, es werden keine gerätespezifische Details diskutiert.
11.2.1 Mikrorechner als digitale Regler Mikrorechner lassen sich bei gleicher Hardware für unterschiedliche Aufgaben frei programmieren und bilden damit eine gute Basis für digitale Regler. •
Mikrorechner
Die Zentraleinheit CPU (Central Processing Unit) des Mikrorechners ist ein Mikroprozessor mit Bausteinen zur Speicherung von Programmen und Daten (RAM/ROM), mit Ein-/AusgabeBausteinen (E/A) und mit einem Bussystem zur Kopplung von einzelnen Komponenten. Als Kennzeichnung der Diskretisierung der CPU dient die Datenbitlänge oder Wortlänge, die parallel verarbeitet werden kann. Ein n-Bit-Mikroprozessor diskretisiert die E/A-Signale im Norn
malbereich (0 bis 10V) in 2 Schritte. Mit der doppelten Bitzahl wird der Regelalgorithmus genauer. Allerdings wird die Genauigkeit mit einer Vergrößerung der Rechenzeit erkauft. •
Einplatinenrechner
Ein Mikrorechner, der aus einer Platine mit nur einer Zentraleinheit (CPU) besteht, bezeichnet man als Einplatinenrechner. Ein solcher Rechner wird, wie andere Mikrorechner-Typen, mit einer Ein-/ Ausgabe-Baugruppe (E/A) sowie mit den RAM/ROM-Baugruppen ausgestattet. Auch ein EPROM-Baustein als Programmspeicher ist möglich. Einplatinenrechner sind im Allgemeinen für verschiedene Zwecke wie auch für die Regelung einsetzbar. •
Mikrocontroller
Von Einplatinenrechnern unterscheiden sich die sogenannten Mikrocontroller, bei denen alle Baugruppen, d. h. die CPU, die E/A- und die ROM/RAM-Bausteine, wie auch die A/D- und D/A-Umsetzer, auf einem einzigen Chip integriert sind. Solche Mikrocontroller können durch externe Baugruppen erweitert und nicht nur für kleinere Regelungsaufgaben eingesetzt werden. •
PC
Die Personal-Computer (PC), die als Mutterplatine (Motherboard) mit Slots für die Steckkarten aufgebaut sind, werden wegen ihrer guten technischen Eigenschaften auch in der Industrie eingesetzt. Die Steckkarten werden sowohl für eigene PC-Baugruppen (z. B. für FestplattenController oder für serielle Schnittstelle RS232C) als auch für externe Baugruppen (z. B. für Ein-/Ausgabe-Baugruppen, Bus-Master-Karte) verwendet. Die PC’s unterscheiden sich von Einplatinenrechnern oder von Mikrocontrollern durch die viel höhere Rechenleistung und die umfangreichen Betriebssysteme mit der dauerhaften Speicherung und die Möglichkeit des Multitaskings. Für Messwerterfassung und Visualisierung unter MS Windows ist eine Software wie WinCC (Siemens), Control-IT (ABB), LabVIEW (National Instruments) erforderlich. •
IPC
Ein Industrie-PC (IPC) ist neben den oben erwähnten Bus-Master-Karten noch mit den speziellen Einsteckkarten wie IBM 403 COP und speziellen Messwerterfassungs- und VisualisierungsProgrammen ausgestattet. Die weitere Verbesserung von IPC wird durch die mächtigen Datenerfassungs- (DAQ) und Visualisierungskarten (SCADA), durch die standardisierte Durchgängigkeit von Daten mittels OPC-Server erreicht.
11.2 Digitale Regeleinrichtungen
323
Von den oben diskutierten Rechnersystemen unterscheiden sich die SPS (speicherprogrammierbare Steuerungen) und die DDC (Digital Direct Control), die für spezielle Regelungs- und Steuerungsaufgaben entwickelt wurden. Wie konventionelle elektronische Regler (analoge Operationsverstärker) liegen diese Systeme dem Anwender hardwaremäßig als Kompaktsysteme vor, d. h. sie besitzen im Allgemeinen keinen Bildschirm und keine Tastatur. •
DDC-Kompaktregler
Die DDC-Regler bestehen aus Zentraleinheiten (CPU, Speicherbaugruppen), die mit EPROMSpeicherbausteine fest für spezielle Regelanwendungen vorprogrammiert sind oder sie lassen sich mit einem separaten Rechner frei programmieren und bilden zusammen mit angekoppelten E/A-Baugruppen ein Kompaktgerät. Die Anzahl von E/A’s wird vom Hersteller festgelegt. Da die E/A-Baugruppen über einen internen Bus kommunizieren, können mehrere DDC-Regler über einen externen Rechner oder direkt (Peer-to-Peer Verbindung) miteinander verbunden werden. •
SPS als Regler
Hardwaremäßig besteht eine SPS aus vier Baugruppen: Mikroprozessor (CPU mit SpeicherBaugruppen), Ein/Ausgabemodulen (A/D-, D/A-Umsetzer usw.), Daten- und Adressbus, Netzversorgung. Diese Systeme, die ursprünglich für die binäre Steuerung als Ersatz für Relais- und Schütze entwickelt wurden, verarbeiten heute auch Bytes, Worte und Doppelworte und können miteinander durch Bussysteme gekoppelt werden. Damit sind SPS auch für die Regelung gut geeignet und unterscheiden sich von DDC-Systemen nur bedingt. In Bild 11.8 ist ein SPS-PCSystem einer automatisierten Anlage mit drei SPS und zwei Client/Server-Stationen gezeigt. Die Abarbeitung von Regelalgorithmen erfolgt zyklisch, d. h. die Programmanweisungen werden wiederholt abgefragt. Von der Programmlänge und dem Zustand des Adressenzählers ist die Bearbeitungszeit einer Einzelanweisung, die so genannte Zykluszeit, sowie die gesamte Reaktionszeit einer SPS abhängig. Übliche Werte der Zykluszeit für ein Programm mit 1 K Anweisungen liegen zwischen 0,5 ms und 50 ms. Auf einem PC werden vom Anwender die SPS-Baugruppen und -Adressen festgelegt, der Regler bzw. Regelalgorithmus konfiguriert und in den Programmspeicher der SPS-Anlage geladen.
Client
Client
. .
.... .
Ethernet TCP / IP
.
.
.... . . . ..
. ...
Server
........ ............
SPS
SPS
Systembus
.................. SPS Feldbus
Ein-/Ausgänge Anlage
Anlage
Anlage
Bild 11.8 SPS-PC-System zur Automatisierung eines Industrieprozesses
324
11 Digitale Regelung
• Soft-SPS Ein PC, der mit einer SPS-Einsteckkarte für Kommunikation mit dem Prozess ausgestattet ist, wird als Slot-SPS bezeichnet. Eine unter Windows-NT betriebene Slot-SPS nennt man SoftSPS. Sie unterscheidet sich kaum von IPC, wie z. B. IPC Atrium (Schneider Electric GmbH). • PLS Bei Prozessleitsystemen (PLS) handelt es sich um dezentrale Rechnersysteme, die die Produktionsprozesse von mehreren Ebenen überwachen (Bild 11.9). Die PLS-Aufgaben sind Messwerterfassung (Sensorik), SCADA (Supervisory Control and Data Acquisition), Antrieb von Stellgeräten (Aktorik), Regelung, Steuerung, Planung usw. Die PLS-Komponenten sind: •
BBK (Bedien- oder Beobachterkomponente), auch ABK (Anzeige-/ Bedienkomponente) genannt, die als eine Standard-Hardware (z. B. eine Workstation) aufgebaut ist. Hier werden Daten zur Darstellung auf dem Bildschirm von einer groben Übersicht bis zum einzelnen Regelkreis geeignet aufbereitet.
•
PNK (Prozessnahekomponente), die aus einer Zentraleinheit und Einschüben für die Buskopplung, den E-/A-Baugruppen, sowie für die Ankopplung von untergeordneten Systemen (SPS, DDC) besteht. Von BNK erhalten PNK die Sollwerte für die Regelungen.
•
Bussysteme für die Kommunikation, wie Profibus-DP, Profibus-PA, Ethernet TCP/IP usw.
• Offene PLS PLS mit herstellerunabhängigen Komponenten und mit einer offener Bus-Kommunikation, die auf der Basis des Client-Server-Prinzip aufgebaut ist, nennt man Offene PLS. Die Schnittstellen der offenen Kommunikation stellt OLE (Object Linking and Embedding) zur Verfügung. Die PLS-Komponenten von verschiedenen Herstellern werden miteinander über den so genannten OPC-Server (OLE für Process Control) verbunden. Scanner
Zum Zentralrechner (Planung, Qualität)
Grafikdrucker
BNK
Werksnetz TCP / IP
TCP / IP
SCADA-Station OPC-Server
H1-BUS SPS
........ ........ ........
View-/Backup Station
MODBUS DDC
. .
3964R
Alarm-Station
SCADA-Station
Profibus DP
Profibus DP
PNK
EES Controller
. .. .
300 Alarme Filter Gemenge
SCADA-Station 2000 Variablen
Temperatur-, Druck-, Mengen-Messstellen
10 x ISM
420 E-Heizungs-, Messstellen
80
ET 200
ET 200
59
Motorpot Temperatur-, Thyristoren Druck-, Mengen-Messstellen
ET 200
320
70 Ventile
Alarme
Prozessebene
Bild 11.9 Beispiel eines dezentralen Prozessleitsystems (PLS) mit PNK, BNK und Bussystemen (mit freundlicher Genehmigung von SCHOTT GLAS, Mainz, 2002)
11.2 Digitale Regeleinrichtungen
325
In nachfolgender Tabelle sind die Verbindungsmöglichkeiten mit dem Prozess für verschiedene gerätetechnische Ausführungen von digitalen Reglern zusammengefasst. Digitale Regler Mikrorechner
Komponenten Kopplung mit dem Prozess Integrierte Schaltkreise mit CPU, RAM/ROM Einplatinenrechner Nur eine Platine mit A/D CPU E/A integrierten ProzessorD/A bausteinen, mit externen A/D, D/A und Taktgenerator Mikrocontroller Ein Chip mit eingebauten E/A, A/D, D/A, mit E/A CPU A/D externem TaktgeneraD/A tor DDC-Regler
Spezieller Mikrorechner , mit E/A, A/D, D/A, fest oder frei programmierbar: a) Kopplung über PC b) Peer-to-PeerKopplung
SPS-Regler
PC
IPC
Soft-SPS (Slot-SPS)
Spezieller Mikrorechner mit E/A, A/D, D/A, frei programmierbar mit externem PC Universeller Mikrorechner mit Systemsoftware und Schnittstellen Spezieller Mikrorechner mit Bus- und A/D-, D/A-Karten, DAQ, OPC-Server
CPU E/A
Prozess
CPU
Bus 2 E/A
Prozess
CPU
Bus 2 E/A
Prozess
E/A SPS A/D Bus CPU D/A
Prozess
E/A A/D D/A
Prozess
Bus 1
CPU
PC CPU
E/A SPSA/D Bus Karte D/A
Prozess
IPC mit SPS-Software PC CPU
PLS
Prozess
CPU
PC
Prozess
CPU E/A
a) PC
b)
Prozess
Mikrorechnersystem mit E/A, A/D, D/A, PNK, BNK und BusKomponenten
BNK
E/A A/D Bus D/A
PNP Bus PNK Bus PNK
Prozess
Prozess
326
11 Digitale Regelung
11.2.2 Digitalisierung analoger Regelalgorithmen Heutzutage wird der Anwender von der Digitalisierung der Regelalgorithmen verschont, da die angebotenen Programme und Funktionsbausteine preiswert und leicht zu testen sind. So werden nachfolgend nur die Grundlagen der Umsetzung von analogen PID-Regelalgorithmen ins Diskontinuierliche kurz dargestellt. Unter den vielen möglichen Regelalgorithmen werden gegenwärtig vorwiegend die analogen PI- und PID-Regler digitalisiert. Der kontinuierliche PID-Regelalgorithmus
de(t ) y R (t ) = K P e(t ) + K I e(t )d t + K D dt y (t )
³
P
yI ( t )
yD ( t )
entspricht einer Summe von drei Anteilen (P-, I- und D-Anteil):
y R (t ) = y P (t ) + y I (t ) + y D (t ) . Nach dem Abtastprinzip wird die Regelgröße x(t) in Zeitabständen TA entnommen und durch eine Reihe von Zahlenwerten x0, x1,..., xk−1, xk dargestellt (Bild 11.10). Die Stellgröße yR(kTA) zum Zeitpunkt t = kTA, kurz yRk, wird als Funktion von Eingängen e0, e1,..., ek−1, ek berechnet und ausgegeben. Sie setzt sich, wie bei analogen Reglern, aus drei digitalisierten Anteilen zusammen:
y Rk = y Pk + y Ik + y Dk .
(11.6)
Für die Zeitspanne dt wird die Abtastzeit TA gesetzt. Für den Grenzübergang TA → dt geht die Summe in das Integral über und die Ableitung wird zum Differenzenquotient: k
y Rk = K P ⋅ ek + K I ⋅ TA
1
¦ ei + K D ⋅ TA (ek − ek −1 ) .
(11.7)
i =1
Hierin sind: ek = wk − xk die Regeldifferenz im k-ten Abtastschritt und yRk die im k-ten Abtastschritt errechnete Stellgröße. Der Regelalgorithmus nach Gl. (11.7) heißt Stellungsalgorithmus, da die Stellgröße yRk für jeden Wert der Abtastzeit TA berechnet wird. Solche Algorithmen sind für die
x(t)
xk
x1 0 TA
x2
2TA
xek-1
xek kTA
x1 t
0 TA
x2
2TA
xek-1
xek kTA
Bild 11.10 Durch Abtastung entstehende Folge xk aus dem kontinuierlichen Signal x(t)
t
11.2 Digitale Regeleinrichtungen
327
Regelstrecken mit großen Zeitkonstanten und entsprechend großen Abtastzeiten geeignet, z. B. für Temperaturregelstrecken, bei denen TA 20 s und mehr betragen kann. Bei der Regelung von Prozessen mit Abtastzeiten, die in der Größenordnung von einigen ms liegen, z. B. bei Drehzahlregelungen, wird vielfach anstelle des Stellungsalgorithmus der Geschwindigkeitsalgorithmus angewandt, der die aktuelle Stellgröße aus dem Zuwachs ΔyRk = yRk − yRk-1 berechnet. Die Werte yRk und yRk-1 werden nach Gl. (11.6) für den k- und (k−1)-ten Abtastschritt errechnet. Zur Berechnung der aktuellen Stellgröße nach dem Geschwindigkeitsalgorithmus soll nun ΔyRk berechnet und zu dem im vorhergehenden Abtastschritt ermittelten yRk-1 addiert werden, d. h. y Rk = y Rk −1 + Δy Rk . Die Approximation der Integration und der Differentiation in der Gl. (11.7) kann durch verschiedene Verfahren vorgenommen werden. Zur Ermittlung des I-Anteils yIk der Stellgröße kann die Fläche unter der Treppenkurve, die das Integral von e(t) nach darstellt, nach der Rechteck- und der Trapezregel, wie in Bild 11.11 gezeigt, angenähert werden. Rechteckregel
Analog e(t)
ElementarFläche
ek
ElementarFläche= ei-1TA
e0 e 1 0
t
e2
ek-1
e i-1
TA
dt
ek
kTA
TA
Analoger Algorithmus
Trapezregel ek
ElementarFläche= 0,5(ei-1+ ei)TA
e0 e 1
e i-1
e2
ei e k-1
TA
t
kTA
TA
Nach Rechteckregel
Nach Trapezregel
y Pk = K PR ⋅ ek
y Pk = K PR ⋅ ek
Die i-te Elementarfläche:
e i ⋅ TA
ei −1 + ei ⋅ TA 2
Das Integral
y Ik =
ek
t
P-Anteil:
y P (t ) = K PR e(t ) I-Anteil:
y I (t ) =
K PR Tn
³
e(t )dt
wird durch eine Summe nachgebildet:
K PR k e i TA = Tn i =1
¦
T k = K PR A ei Tn i =1
¦
Bild 11.11 Bildung der Summe aus der Folge e(t)
y Ik = =
K PR k ei −1 + ei TA = Tn i =1 2
¦
1 K PR 2
TA k (ei −1 + ei ) Tn i =1
¦
328
11 Digitale Regelung
In nachfolgender Tabelle ist die Ermittlung der Differenz ΔyRk für den PI-Regelalgorithmus nach Rechteck- und Trapeznäherung gezeigt. Rechteckregel (Euler-Verfahren)
Trapezregel (Tustin-Verfahren)
T k y Rk = K PR ek + K PR A ei Tn i =1
y Rk = K PR e k +
T k −1 y Rk −1 = K PR e k −1 + K PR A ei Tn i =1
y Rk −1 = K PR e k −1 +
¦
¦
Δy Rk = K PR (ek − e k −1 ) + T + K PR A Tn
¦
K PR TA k −1 (ei −1 + ei ) 2 Tn i =1
¦
Δy Rk = y Rk − y Rk −1 Δy Rk = K PR (ek − e k −1 ) +
k −1 · § k ¨ e − ei ¸ i ¨ ¸ i =1 ¹ © i =1
¦
K PR TA k (ei −1 + ei ) 2 Tn i =1
¦
+
K PR TA k (ei −1 + ei ) 2 Tn i =1
−
K PR TA k −1 (ei −1 + ei ) 2 Tn i =1
¦ ¦
Unter Beachtung k −1
· § ¨ e − ei ¸ = e k i ¸ ¨ i =1 ¹ © i =1 k
¦
¦
Δy Rk =
k
k −1
i =1
i =1
¦ (ei−1 + ei ) − ¦ (ei−1 + ei ) = ek −1 + ek
ergeben sich die Formel zur Berechnung der aktuellen Stellgröße nach dem Geschwindigkeitsalgorithmus y Rk = y Rk −1 + Δy Rk :
= K PR (ek − e k −1 ) +
Δy Rk =
K PR TA ek Tn
= K PR (e k − ek −1 ) +
K PR TA (ek −1 + e k ) 2Tn
Die Rechtecknäherung kann auf andere Art formuliert werden, nämlich mit dem Wert der so genannten linken Intervallgrenze. Wie Bild 11.12 zeigt, richten sich damit die abgetasteten Werte nicht nach der rechten ei, sondern nach der linken Seite ei−1 des Rechtecks aus. Die Elementarfläche wird statt eiTA nun ei−1TA betragen. Wie auch bei der rechten Intervallgrenze werden insgesamt k Elementarflächen addiert, allerdings muss k−1 statt k bzw. k−2 statt k−1 als obere Grenze bei den Summenzeichen in obiger Tabelle eingesetzt werden. Damit erhält man den folgenden PI-Algorithmus mit linker Intervallgrenze, der auch als Typ I genannt wird: y Rk = y Rk −1 + Δy Rk = y Rk −1 + K PR (ek − e k −1 ) +
K PR TA e k −1 . Tn
11.2 Digitale Regeleinrichtungen
e(t)
Analoge Regeldifferenz
329
Rechtecknäherung mit linker Intervallgrenze
Rechtecknäherung mit rechter Intervallgrenze
ek
ek
rechte Grenze
linke Grenze
ei-1
dt t
0
i-te ElementarFläche= eiTA
i-te ElementarFläche= ei-1TA
TA
0
ei
t i TA
kTA
0
TA
i TA
t kTA
Bild 11.12 Rechtecknäherung mit linker und rechter Intervallgrenze
Der D-Anteil kann durch den Differenzenquotient mit der Zeitdifferenz TA y D (t ) = K PR Tv
de(t ) dt
y Dk = K PR Tv
Δe k TA
auch auf zwei Arten angenähert werden: •
Mit der linken Intervallgrenze (so genannte Differenzbildung rückwärts, Typ I) e − ek −1 y Dk = K PR Tv k TA
•
Mit der rechten Intervallgrenze (Differenzbildung vorwärts bzw. Typ II) e − ek . y Dk = K PR Tv k +1 TA
Die Differenzbildung vorwärts wird selten benutzt, weil ein Wert ek+1 zum Zeitpunkt t = kTA noch nicht bekannt ist und der D-Anteil yDk-1 nur verzögert um eine Abtastperiode zum Zeitpunkt t = (k−1)TA berechnet werden kann. Nachfolgend wird der PID-Stellungsalgorithmus mit linker Intervallgrenze nach der Gl. (11.7) verwendet. X Aufgabe 11.1 Gegeben ist die Differentialgleichung einer analogen PI-Regeleinrichtung mit Verzögerung TR:
TR y R (t ) + y R (t ) = K PR e(t ) +
K PR Tn
³ e(t ) dt .
Als Regler wird eine SPS mit der Abtastzeit TA verwendet. Gesucht ist der nach dem Typ I digitalisierte Geschwindigkeitsalgorithmus.
X Aufgabe 11.2 Der PI-Regelalgorithmus mit den Kennwerten KPR = 1,5 und Tn = 2,0 s soll nach der Rechteckregel mit die Abtastzeit TA = 0,5 s digitalisiert werden. Wie groß wird die Stellgröße yR zum Zeitpunkt t = 2,0 s nach einem Eingangssprung von e0 = 2 bei: a) analogem Regler, b) digitalem Regler ?
330
11 Digitale Regelung
11.2.3 Programmierung von Regelalgorithmen Die in diesem Abschnitt behandelten Regelalgorithmen werden anhand von Struktogrammen vorgestellt. Angewandt wird der PID-Stellungsalgorithmus mit dem Wert der linken Intervallgrenze nach der Gl. (11.7): T T k −1 y Rk = K PR ek + K PR A ei + K PR v (ek − e k −1 ) . Tn i = 0 TA
¦
(11.8)
Bevor wir uns an das Struktogramm eines PID-Algorithmus heranwagen, soll der sehr viel einfachere Fall des P-Algorithmus in folgender Form betrachtet werden: y Rk = K PR ek + y 0
(11.9)
Wird ein solcher P-Regler zur Regelung einer P-Tn-Strecke mit dem Proportionalbeiwert KPS eingesetzt, so ist der Regelkreis mit einer bleibenden Regeldifferenz behaftet, die nur für KPR → ∞ verschwindet. Ein zu groß gewählter KPR kann zu Stabilitätsproblemen führen. Der Term y0 in Gl. (11.9) soll so bemessen werden, dass für einen Sollwertsprung w0 die bleibende Regeldifferenz im stationären Zustand verschwindet, d. h. e(∞) = w0 − x(∞) = w0 − K PS y 0 = 0 . Damit erhalten wir y0 =
w0 . K PS
Das universelle Struktogramm für verschiedene Regelalgorithmen ist in Bild 11.13 dargestellt. Die A/D- und D/A-Wandler benötigen unterschiedliche Zeiten in Abhängigkeit von dem Wert der zu wandelnden Größen. Dadurch wird die Abtastzeit, bestehend aus den Zeiten für die A/D-Wandlung, Berechnung des Regelalgorithmus und die D/A-Wandlung, ohne kompensierende Maßnahmen nicht konstant sein. Eine veränderliche Abtastzeit TA wirkt im Fall eines PID-Reglers infolge der Terme TA/Tn und Tv/TA in Gl. (11.8) wie eine Änderung der Regelparameter. So nimmt der D-Anteil, der durch den Differenzquotienten gebildet wird, für kürzere Abtastzeiten größere Werte an und umgekehrt. Eine konstante Abtastzeit lässt sich in der Programmstruktur des Bildes 11.13 durch die innere Schleife mit dem NOP-Befehl (No Operation) erzielen. Eine elegantere Methode zur Konstanthaltung der Abtastzeit bietet die InterruptTechnik. Ein externer Timer liefert den Startimpuls für die A/D-Wandlung. Der Prozessor arbeitet während der Wandlung weiter. Ist die Wandlung abgeschlossen, so sendet der A/D-Wandler ein Interruptsignal an den Prozessor. Das laufende Programm wird unterbrochen und die Interruptservice-Routine gestartet, welche den gewandelten Wert übernimmt.
11.2 Digitale Regeleinrichtungen
331
Betriebsart Automatik starten: MAN = 0 (kein manueller Betrieb) Initialisieren der A/D- und D/A-Wandler Initialisieren: wk = 0, xk = 0 , yRk = 0 Starten der Echtzeituhr mit der Abtastzeit TA Aktualisieren: wk-1= wk, xk-1= xk, yRk-1= yRk Bilden der Differenz ek = wk − xk Ist ek < emin ?
ja
Stellgröße yRk für Arbeitspunkt berechnen: y0 = w0 / KPS
nein
Stellgröße yRk mit Regelalgortihmus z. B. (11.7) berechnen
Stellgröße yRk speichern, über D/A wandeln und ausgeben A/D-Wandler abfragen und wk , xk einlesen Aktuelle Zeit t abfragen Ist Abtastzeit abgelaufen? nein ja NOP
Speichern: wk , xk, yRk Abtastschritt k = k+1
Wenn MAN = 1, umschalten in Handbetrieb
Bild 11.13 Struktogramm eines Regelalgorithmus mit linken Intervallgrenze
Der P-Algorithmus (11.9) soll nacheinander folgende Operationen durchführen: e k = wk − x k a) Bildung der Regeldifferenz b) Multiplikation y k = K PR ek c) Berechnung und Ausgabe der Stellgröße y Rk = y k + y 0 . Hierbei sind folgende Probleme zu beachten: •
bei der Differenzbildung ek = wk − x k sind beide Vorzeichen möglich;
•
bei der Multiplikation K PR e k kann ein Übertrag (Overflow) auftreten;
•
ein Overflow bzw. Underflow sind bei der Ermittlung der Stellgröße yRk möglich.
332 •
11 Digitale Regelung Beispiel 11.2
Hier wird gezeigt, wie die Polarität von ek durch die Zweierkomplementdarstellung oder mittels eines Signumbits berücksichtigt werden kann. Weiterhin werden wir verschiedene Fallunterscheidungen betrachten, die durch einen möglichen Überlauf bei der Produktbildung K PR e k bedingt sind. Zweierkomplementdarstellung: Im Prozessor steht zur Darstellung der Regeldifferenz eine Anzahl von Bit (z. B. 8 Bit D0, D1, ... D7) zur Verfügung, d. h. ein Bereich der Hexadezimalzahlen von OOH bis FFH. •
Das Bit mit kleinstem Index D0 nennt man LSB (Least significant Bit).
•
Das höchstwertige Bit D7 wird entsprechend als MSB (Most significant Bit) bezeichnet.
Wir können diesen Bereich der Hexadezimalzahlen von 00 bis FF als ausschließlich positiv definieren und erhalten den dezimalen Zahlenbereich 0, 1, 2,... 255, z. B. die dezimale Zahl 253 wird binär 11111101 und hexadezimal FD darstellen und für dezimal 255 steht binär 11111111 und hexadezimal FF. Oder wir unterteilen diesen Bereich von 00 bis FF in positive und negative Zahlen, d. h. - 128, 127,... - 2, - 1, 0, 1, 2, 3,... 127. Hierbei werden die negativen Zahlen im Zweierkomplement dargestellt. Beispielsweise ergibt sich für die Dezimalzahl -126 binär 10000010 und hexadezimal 82. Die positive dezimale Zahl 126 wird binär als 011111110 und hexadezimal als 7E abgebildet. Bei einer solchen Zweierkomplementdarstellung gibt das höchstwertige Bit D7 (MSB) das Vorzeichen an. Ist das MSB = 0, so ist die Zahl positiv, ist MSB = 1, so handelt es sich um eine negative Zahl. Bei Verwendung der Zweierkomplementdarstellung entfällt ein Bit (D7) für die Vorzeichenangabe und nur 7 Bit (D0, D1, ... D6) stehen für die Darstellung des Betrags zur Verfügung. Signumbit: Rechnet man jedoch nur mit positiven Zahlen, was wegen der größeren Auflösung zweckmäßig ist, wird das Vorzeichen von ek mittels eines gesonderten Signumbits berücksichtigt. Hiermit ist nicht das Signum-Flag gemeint, sondern ein Bit in einem der Register. Overflow: Das Überschreiten des verfügbaren Bitbereichs (Overflow) bei der Multiplikation K PR e k ist mit der Übersteuerung eines analogen Reglers vergleichbar. Liegt ein Overflow vor, so wird ebenfalls das Carry-Flag = 1 angezeigt. Das detaillierte Struktogramm in Bild 11.14 zeigt die verschiedenen Möglichkeiten. Dem Programm sind die A/D-Wandlung vorgeschaltet und mit der Ausgabe der Stellgröße die D/AWandlung nachgeschaltet. Nach der A/D-Wandlung wird das Signumbit 0 gesetzt. Im Anschluss an die Differenzbildung ek = wk − x k wird das Carry-Flag abgefragt: •
Bei Carry =0 ist die Differenz positiv und das Programm kann den nächsten Befehl bearbeiten.
•
Ist das Carry = 1, so bedeutet dies, das Ergebnis ist negativ, und zwar liegt es im Zweierkomplement vor. Um mit dem Betrag weiterrechnen zu können, muss von dem negativen Ergebnis das Zweierkomplement ( ek + 1 ) gebildet werden.
11.2 Digitale Regeleinrichtungen
333
Werte wk, xk , y0 einlesen Signumbit setzen: SGN = 0 Regeldifferenz bilden: ek = wk − xk Ist CARRY = 1 ?
ja
Zweierkomplement Bilden: ek = −ek+ 1
nein NOP
SGN = 1 Multiplikation yk = KPR ek Ist CARRY = 1 ?
ja
yk durch den maximalen Hex-Wert ersetzen : yk = FFFF
yRk = yk − y0
nein yRk = yk + y0
Ist CARRY = 1 ?
max yRk-Wert setzen: yRk = FFFFh
zur stationären Stellgröße y0 hinzuaddiert oder subtrahiert wird. Mit anderen Worten, es wird berücksichtigt, ob die Regeldifferenz positiv oder negativ ist.
NOP
Ist SGN = 1 ?
ja
ja
nein
nein NOP
Ist CARRY = 1 ? ja min yRk-Wert setzen: yRk = 0000h
Für die spätere Berücksichtigung des Vorzeichens wird das Signumbit gleich 1 gesetzt. Liegt ein Overflow vor, so wird das ebenfalls durch das Carry-Flag = 1 angezeigt. Die nachfolgende Abfrage des CarryFlag veranlasst, dass der maximal mögliche Wert, im vorliegenden Fall FFFFh, gesetzt wird. Ist das Carry = 0, so kann mit dem Produkt unmittelbar weitergerechnet werden. Die Abfrage des Signumbit entscheidet, ob das zuvor berechnete Produkt K PR e k
nein NOP
Stellgröße yRk ausgeben
Tritt bei der Addition bzw. Subtraktion kein Carry auf, so wird das berechnete Y über den D/A-Wandler ausgegeben. Eine Bereichsüberschreitung bei der Addition, d. h. Carry = 1, bewirkt, dass die maximale Stellgröße mit dem hexadezimalen Wert yRk = FFFFh ausgegeben wird. Führt die Differenzbildung zu einem Carry = 1, so ist die auszugebende Stellgröße negativ. Für die spätere Berücksichtigung des Vorzeichens wird das Signumbit gleich 1 gesetzt.
Bild 11.14 Struktogramm des P-Algorithmus mit Vorzeichen- und Überlauf-Kontrolle
Wir wollen uns hier jedoch auf den Fall yRk ≥ 0 beschränken, was eine Begrenzung auf den Wert yRk = 0000 zur Folge hat. So kann man z. B. ein Ventil nur öffnen oder schließen, während die Ankerspannung als Stellgröße eines Motors sowohl positiv als auch negativ gemacht werden kann. Wie Bild 11.14 zeigt, wird das Struktogramm, abhängig vom vorliegenden Zustand, auf verschiedenen Zweigen durchlaufen. Das heißt, dass die Zeitdauer für die Abarbeitung des Programms unterschiedlich ausfällt. Dies kann durch eine parallele Programmstruktur vermieden werden, was insbesondere bei der Berechnung von I- und D-Anteilen zu beachten ist. Tritt bei einem bedingten Sprung eine Verzweigung auf, so muss darauf geachtet werden, dass in jedem Zweig Befehle mit insgesamt der gleichen Anzahl von Maschinenzyklen auftreten. Nachfolgend wird das Struktogramm des PID-Algorithmus nach der Gl. (11.8) diskutiert.
334
11 Digitale Regelung a) Die Differenz bilden: ek = wk − xk
Werte w0, xk einlesen Signum-Bits setzen: SGN = 0 und SGND = 0 Regeldifferenz bilden: ek = wk − xk CARRY = 1 ? ja − ek = ek+ 1 und SGN = 1
nein NOP
Multiplikation yk = KPR ek CARRY = 1 ?
ja
nein
nein
summe = summe − ek CARRY = 1 ? nein ja
summe = summe + ek CARRY = 1 ? ja nein
Overflow! yRk = FFFFh
Underflow! yRk = 0000h
NOP
NOP
CARRY = 1 ?
nein NOP
Overflow! yIk = FFFFh SGN = 1 ?
ja yRk = yIk − yPk
CARRY = 1 ? nein ja Overflow! NOP yRk = FFFFh
nein
yRk = yIk − yPk CARRY = 1 ? ja nein Underflow! yRk = 0000h
NOP
D = xk-1 − xk CARRY = 1 ? ja − D = D+1 und SGND = 1 Ersetzen xk = xk-1
nein NOP
CARRY = 1 ?
ja
nein
SGND = 1 ?
yRk = yRk − yDk CARRY = 1 ? nein ja Overflow! NOP yRk = FFFFh
yDk = K PR
Tv (ek − ek −1 ) TA
nein
yRk = yRk + yDk CARRY = 1 ? ja nein Underflow! yRk = 0000h
Stellgröße yRk ausgeben
yRk = yPk + yIk + yDk Beim Punkt c) des Algorithmus wird die Summe der Regeldifferenzenfolge durch eine neue Variable summe ersetzt, d. h.
summe =
k −1
¦ ¦e + e . ei =
i =0
i
k
i =0
Damit kann man die Berechnung des I-Anteils durch einen rekursiven Algorithmus ersetzen, in dem die im (k−1)-ten Abtastschritt errechnete und zwischengespeicherte Summe im k-ten Abtastschritt hinzuaddiert wird:
summe = summe + ek .
(11.10)
Beim Punkt d) des Algorithmus wird von der folgenden Vereinfachung Gebrauch gemacht:
ek − e k −1 = (11.11)
= x k −1 − x k = D.
NOP
Overflow! yDk = FFFFh
i
i =0
( w0 − x k ) − ( w0 − x k −1 )
D-Anteil: yDk = D ⋅KPR ⋅(Tv / TA ) ja
¦e
k
I-Anteil: yIk = summe ⋅KPR ⋅ (TA/ Tn ) ja
k
e) Die Stellgröße berechnen:
SGN = 1 ?
ja
yIk = K PR
TA Tn
d) D-Anteil berechnen:
NOP
Overflow! yk = FFFFh
b) P-Anteil berechnen: yk = K PR ek c) I-Anteil berechnen:
Das Struktogramm des universellen PIDAlgorithmus ist in Bild 11.15 gezeigt. Aus dieser Programmstruktur lassen sich sehr einfach I-, PI- oder PD-Regelalgorithmen gewinnen. Die Berechnung des P-Anteils entspricht dem des P-Algorithmus in Bild 11.14, bis auf den stationären Anteil y0, der infolge des I-Anteils entfallen wird.
NOP
Bild 11.15 PID-Algorithmus
11.2 Digitale Regeleinrichtungen
335
Bei der Berechnung des I-Anteils nach Gl. (11.10) kann sowohl ein Overflow als auch ein Underflow auftreten. Letzterer ist aber durch eine negative Regeldifferenz über einen längeren Zeitraum bedingt und tritt gleichzeitig mit einem negativen P-Anteil auf. Beide bedingen eigentlich eine negative Stellgröße. Wir wollen uns hier jedoch auf den Fall yRk ≥ 0 beschränken. Der D-Anteil wird nach Gl. (11.11) berechnet und entsprechend dem Vorzeichen SGND der Differenz D zum PI-Anteil hinzuaddiert bzw. subtrahiert. Stellgrößenbegrenzung Der I-Anteil, der zur Beseitigung der bleibenden Regeldifferenz dient, kann zu einer unerwünschten Erscheinung führen, zum so genanntem Wind-Up-Effekt. Dieser tritt auf, wenn die Regeldifferenz über einen langen Zeitraum mit gleicher Polarität existiert, d. h., dass der Integralanteil sehr groß wird. Die Stellgröße wird dann ebenfalls von dem I-Anteil dominiert, und zwar solange, bis infolge Vorzeichenwechsels der Regeldifferenz über einen langen Zeitraum der I-Anteil schließlich Null wird und die Polarität wechselt. Die Stilllegung des Reglers kann durch verschiedene Maßnahmen, die man als ARW- (AntiReset-Windup) Maßnahmen bezeichnet, verhindert werden. Die einfachste Methode ist eine numerische Begrenzung des I-Anteils, so dass keine Sättigung auftritt. Der I-Anteil wird konstant gehalten, wenn die Stellgröße die obere yRmax - oder die untere yRmin-Grenze erreicht. Bei analogen Reglern wird dies durch die Begrenzung des Rückführungszweiges erreicht. Bei digitalen Reglern, die ohne Rückführungszweig aufgebaut sind, benutzt man am besten die algorithmischen Verfahren. Wenn die Stellgröße yRk den Grenzwert erreicht, wird der I-Anteil yIk aus dem Arbeitswert y0 errechnet:
y Rk = y Ik + y Pk = y 0
y Ik = y 0 − y Pk
Diese ARW-Maßnahme kann als statische Maßnahme bezeichnet werden, weil sie das Anwachsen des I-Anteils verhindert, ohne den dynamischen Verlauf der Stellgröße zu berücksichtigen. Ein etwas komplexeres aber auch effektiveres ARW-Verfahren besteht darin, den I-Anteil solange abzuschalten, bis die Regeldifferenz ein vorgegebenes Toleranzband unterschreitet. Dem I-Anteil wird zusätzlich eine Größe hinzuaddiert, die den Zeitpunkt des Eintritts in das Toleranzband beeinflussen kann. Es ist offensichtlich, dass bei einer solchen Strukturumschaltung die Toleranzbreite größer sein muss als die bleibende Regeldifferenz bei reiner P- bzw. PDRegelung, da sonst der I-Anteil unwirksam bleibt.
X Aufgabe 11.3 Es ist die Programmstruktur eines PID-Algorithmus zu entwerfen und als Struktogramm abzubilden. Der PID-Algorithmus stellt eine Variante der Gl. (11.7) dar:
y Rk = K PR * IntPD mit
IntP T TA IntPD = e + ⋅ summe + v ⋅ D , , Tn T A P
Int
Diff
in dem die Multiplikation sämtlicher Anteile mit KPR am Ende des Programms vorgenommen wird. Die Variablen summe und D sollen nach Gl. (11.10) und (11.11) festgelegt werden.
336
11 Digitale Regelung
11.2.4 Konfigurierung digitaler Industrieregler a) Konfigurierungswerkzeuge für DDC- und SPS-Regler Für Industrieanwendungen kommt die Programmierung von digitalen Reglern selten vor. Die Regelalgorithmen werden von Herstellern meist vorgefertigt, so ist nur eine Konfigurierung erforderlich. Dafür werden zuerst die Hardware-Adressen festgelegt, dann die Messwerteingänge mit den dazugehörigen Messfühler-Kennlinien. Danach fängt die Parametrierung des Reglers an, die in der Einstellung von Reglerkennwerten und Proportionalbereichen, der Festlegung von Sollwerten, Zeiten usw. besteht. Es werden die Betriebsarten des Reglers und die mögliche Strukturumschaltung definiert. Normalerweise sind die Konfigurierungswerkzeuge mit selbsteinstellenden Regelalgorithmen ausgestattet (Autotuning), die allerdings meist nur für langsame Regelstrecken zu empfehlen sind. •
Beispiel 11.3: Konfigurierung eines DDC-Reglers
Die Hardware-Komponenten werden vom Benutzer auf dem Bildschirm als Text direkt gewählt und beschaltet. Vom Programm werden die Messbereiche, Kommunikations- und Visualisierungselemente angefragt, wonach der Regler mit Hilfe des Konfig-Wizards konfiguriert werden kann. Dies erfolgt in klar verständlicher Weise, wie beispielsweise in Bild 11.16 für ein Thermoelement-Eingang gezeigt ist. Die Konfiguration wird in den DDC-Regler heruntergeladen und während des Betriebs online angesteuert.
Bild 11.16 Beispiel einer Regler-Konfigurierung (mit freundlicher Genehmigung von Eurotherm Deutschland GmbH, 2003)
11.2 Digitale Regeleinrichtungen
337
b) Funktionsbausteinsprache nach der Norm IEC 61131 Eine einheitliche und herstellerunabhängige Konfigurierung von digitalen Reglern ist durch die Norm IEC 61131-3 erleichtert. Diese Norm wurde von der International Electrotechnical Comission festgelegt und hat seit 1994 den Status einer europäischen und deutschen Norm. Durch die Vereinheitlichung von Programmiersprachen ist es damit möglich, die DDC- und SPS-Regler sowie die PLS verschiedener Hersteller für Regelungszwecke zu programmieren. Da die digitalen Regler in einem System für Regelungs-, Steuerungs- und Prozessüberwachungsaufgaben integriert sind, wird die Simulation und die Visualisierung von Regelvorgängen ermöglicht. Die nach der Norm IEC 61131 definierte Funktionsbausteinsprache (FBS) erlaubt eine übersichtliche Programmierung und ist damit von allen nach der Norm IEC 61131 festgelegten Programmiersprachen (Ablaufsprache, Anweisungsliste, Kontaktplan, Strukturierter Text, FBS) am besten für regelungstechnische Zwecke geeignet. Als Beispiel ist in Bild 11.17 das FBSKonfigurationsfenster eines SPS-Reglers der Firma ABB Automation Products gezeigt. Bild 11.17 Beispiel eines FBS-Konfigurationsfensters
Die vom Hersteller in beliebiger Programmiersprache, z. B. in C, erstellten Funktionsbausteine, sogenannte EFB (elementare Funktionsbausteine), sind in Bibliotheken abgelegt. Beispielsweise beinhaltet die Version 2.11 XL des Programms Concept (Schneider Electric GmbH) zehn Bibliotheken mit 278 EFB. Damit wird vom Benutzer kein großer Programmierungsaufwand bei der Erstellung von Regelalgorithmen verlangt. Man braucht lediglich die in der Bibliothek vorhandenen EFB auswählen, in einer Sektion platzieren, miteinander verknüpfen und parametrieren. Die so erstellten Programme lassen sich zu einem neuen Funktionsbaustein, sogenannten DFB (derived bzw. abgeleitete Funktionsbausteine) zusammenfügen und in die DFB-Bibliothek ablegen.
338 •
11 Digitale Regelung Beispiel 11.4: Programmierung eines PI-Reglers mit der Funktionsbausteinsprache FBS
Bild 11.18 Digitaler PI-Regler mit KPR =3,5 und Tn = KPR / KI = 5 s, programmiert nach dem Concept 2.6 (Firma Schneider Electric) Das Programm des mit dem EFB PIDP1 realisierten PI-Reglers ist in Bild 11.18 gezeigt. Der Funktionsbaustein ist vom Hersteller mit folgender Übertragungsfunktion vorgefertigt:
G R ( s ) = K PR +
sK PR Tv KI sK D K bzw. G R ( s ) = K PR + PR + . + 1 sTn 1 + sTR s s+ T1 Im Bild 11.18 sind die Kennwerte des Reglers sowie die aktuellen Werte der Führungs-, Regel- und Stellgrößen zu erkennen. Dies erfolgt mit Hilfe einer Animation, in der die Daten von der SPS-Anlage zum PC zurückgeführt und visualisiert werden. Für die Visualisierung kann ein spezielles Trendfenster eröffnet werden, allerdings mit Hilfe eines Visualisierungswerkzeugs wie z. B. in Bild 11.19 mit dem Programm Lookout (National Instruments).
Bild 11.19 Regelvorgang nach einem Sollwert-Sprung von 0 auf 50°C
11.2 Digitale Regeleinrichtungen
339
Die Bezeichnung und die Funktion von Ein-/Ausgängen sind unten in der Tabelle erläutert. Bei fehlender Parametrierung werden Eingänge automatisch auf Null gesetzt. Bezeichnung
Variable/Parameter
Funktion
Datentyp
PV
Reglereingang: Regelgröße
Istwert X
REAL
SP
Reglereingang: Führungsgröße
Sollwert W
REAL
ERR
Regeldifferenz
e=W−X
REAL
Y
Reglerausgang : Stellgröße
Y
REAL
BIAS
Reglereingang: Störgröße
Z
REAL
KP
Proportionalbeiwert
KP = KPR (additive Form)
REAL
KI
Integrierbeiwert
KI = KPR / Tn
REAL
KD
Differenzierbeiwert
KD = KPR⋅TV
REAL
YMAX
Begrenzung: Obere Stellgrenze
Y < Ymax
REAL
YMIN
Begrenzung: Untere Stellgrenze
Y > Ymin
REAL
TD_LAG
Verzögerung des D-Anteils
Zeitkonstante T1
TIME
QMAX
Anzeige der oberen Stellgrenze
Qmax = 1, wenn Y ≥ Ymax
BOOL
QMIN
Anzeige der unteren Stellgrenze
Qmin = 1, wenn Y ≤ Ymin
BOOL
REVERS
Störgrößen-Schalter: chenänderung
D_ON_X
Schalter: Differenzierung nach D-Anteil auf Regeldifferenz, wenn D_ON_X = 0 x(t) oder nach e(t)
BOOL
MAN
Betriebsart-Schalter: tik/Hand
BOOL
YMAN
Stellgröße im manuellen Betrieb
Y = Yman , wenn MAN = 1
HALT
Betriebsart-Schalter: Haltbetrieb
Stellgröße Y wird konstant BOOL gehalten, wenn HALT = 1
Vorzei- Störgröße wirkt positiv, wenn REVERS = 0
Automa- Automatik, wenn MAN = 0
BOOL
REAL
Der Analog-Digital-Umsetzer (A/D) wandelt eine elektrische Messgröße am Eingang der SPS in einen Digitalwert mit einer begrenzten Auflösung um. Dem Normalbereich von 0 bis 10V entsprechen am SPS-Eingang die INT-Werte von 0 bis 32768. Die Konvertierungsbausteine INT_TO_REAL und REAL_TO_INT werden gebraucht, um die Variablen vom Datentyp REAL am Ein- und Ausgang des Funktionsbausteins den Variablen vom Datentyp INT des A/D- und D/A-Umsetzers anzupassen. In der IEC-Bibliothek befinden sich die EFB für alle Datentypen, wie BOOL_TO_INT, BOOL_TO_REAL usw. Die Strukturumschaltung erfolgt mit arithmetischen, z. B. ADD_INT oder MUL_INT, mit logischen wie AND_BOOL, OR_BOOL, sowie mit Vergleichs-, z. B. GT_INT (great then), GE_INT (great equal), LT_INT (less then) und Auswahl-Funktionen wie MAX_INT.
340
11 Digitale Regelung
X Aufgabe 11.4 Die Ein-/Ausgangsadressen eines SPS-Reglers sind wie folgt belegt: Führungsgröße w Regelgröße x Störgröße z
%3:00002 %3:00003 %3:00004
Max. Stellgrenze Qmax
%4:00001 %4:00002 %0:00001
Min. Stellgrenze Qmin
%0:00002
Stellgröße yR Regeldifferenz e
Es soll ein Regler mit Strukturumschaltung programmiert werden:
•
Bei z ≤ 5 wird aus dem EFB ein PI-Regler mit KPR = 2 und Tn =5 s.
•
Bei z > 5 wird der EFB wie ein P-Regler mit KPR = 4 eingestellt.
Hinweis: Für die Programmierung benutzen Sie die EFB PIDP1, ADD_INT oder MUL_INT, GT_INT oder LT_INT, sowie die Converter-EFB INT_TO_REAL und REAL_TO_INT.
c) Konfigurierung von digitalen Reglern mit PLS In Bild 11.20 ist gezeigt, dass man die Kennwerte des Reglers in einem Fenster der Bedienoberfläche des Prozessleitsystems (PLS) einstellen und das Regelkreisverhalten im Trendfenster beobachten kann, um optimale Regelgüte zu erreichen. Besonders in der Inbetriebnahmephase oder im Notfall ist dies vom Vorteil.
Bild 11.20 Konfigurierungs- und Trendfenster des PLS SattLine (ABB Automation Products)
Ein wesentlicher Nachteil von PLS-Reglern ist die große Reaktionszeit. Ein D-Anteil beschleunigt den Regelvorgang, kann jedoch zu drastischen Änderungen des Stellsignals und zur Instabilität führen, falls das Messsignal mit Störungen übertragen wird. Die vorhandenen Algorithmen, z. B. Fuzzy-Regelung oder Autotuning, sind bei schnellen oder komplizierten Regelstrecken oft uneffektiv. So wird die Regelung mit PLS für Industriezwecke, d. h. für Strecken mit großen Zeitkonstanten, empfohlen.
11.3 Quasikontinuierliche Regelung
341
11.3 Quasikontinuierliche Regelung 11.3.1 Wahl der Abtastperiode Wenn die Abtastzeit TA kleiner als die eigene Verzögerung der Regelstrecke ist, kann sie nach der Gl. (11.1) wie eine Totzeit Tt = 0,5⋅TA berücksichtigt werden. Die Abtastzeit darf nicht zu groß gewählt werden, da der Regelkreis wegen großen Totzeiten instabil werden kann. Andererseits kann sie nicht zu klein gewählt werden, da der Regler überlastet wird und die Realisierung nur mit speziellen Typen von Mikroprozessoren möglich ist. Die Abtastrate ist außerdem durch die Nutzbandbreite begrenzt. In der Praxis orientiert man sich bei der Wahl der Abtastrate auf die Kenngrößen der Regelstrecke. In der nachstehenden Tabelle sind die Abtastzeiten TA in Abhängigkeit von der Verzugszeit Tu, Ausgleichszeit Tg sowie den Zeitprozentwert T95 empfohlen. T95 ist die aus der Sprungantwort abgelesene Zeit, bei der die Regelgröße 95% des Beharrungszustandes x(∞) erreicht. Experimentell ermittelter Kennwert der Regelstrecke
Anzahl der Abtastungen innerhalb der Zeitperiode
Abtastzeit Ta
Tu und Tg < 10 Tu
von 2 bis 5
von 0,2⋅Tu bis 0,5⋅Tu
T95
von 10 bis 20
von 0,05⋅T95 bis 0,1⋅T95
Tg
10 und mehr
kleiner als 0,1⋅Tg
Die Abtastzeit TA kann auch aus den berechneten bzw. simulierten Kenngrößen des geschlossenen analogen Regelkreises abgeleitet werden. Normalerweise soll die Anzahl der Abtastungen innerhalb der Anregelzeit 10 bis 20 betragen. In der Praxis liegen die Abtastzeiten in Größenordnung von 1 bis 10 ms für Antriebstechnik und von 1 bis 20 s für Prozessautomatisierung.
11.3.2 Praktische Einstellregeln Durch die von TA verursachte Vergrößerung der Gesamtotzeit wird die Phasenreserve des digitalen Regelkreises im Vergleich zu den analogen verringert, was zu Verringerung der Dämpfung und gar zu Instabilität führen kann. •
Beispiel 11.5
Ein Regelkreis mit dem analogen PID-Regler hat die Phasenreserve ϕ Rd = 45° bei der Durchtrittsfrequenz ωd = 10 s−1. Es soll berechnet werden, wie sich die Phasenreserve ändert, wenn der analoge Regler durch einen digitalen PID-Regler mit der gleichen Einstellung und mit der Abtastzeit TA = 0,05 s ersetzt wird.
342
11 Digitale Regelung
Die Abtastung führt zu einer Totzeit Tt = 0,5⋅TA = 0,025 s und einer Phasensenkung von
ϕ t(ω) = −ω⋅Tt, die für ω d = 10s-1
ϕ t(ω d) = − ω d ⋅Tt = 0,25 Rad bzw. ϕ t(ω d) = − 14,3° beträgt. Die Phasenreserve des digitalen Regelkreises ist damit
ϕ Rd digital = ϕ Rd + ϕ t(ω) = 45° − 14,3° = 30,7°.
Zum Entwurf eines quasikontinuierlichen Regelkreises werden die Gütekriterien und Methoden der analogen Regelungstechnik herangezogen. In den im Abschnitt 8.2 vorgestellten praktischen Empfehlungen soll die Totzeit Tt = 0,5⋅TA berücksichtigt werden, d. h. anstelle von Tu wird Tu + 0,5⋅TA eingesetzt. Auf diese Weise sind z. B. die Einstellregeln für digitale Regelkreise nach Takahashi aus dem Ziegler-NicholsVerfahren für analoge Regelkreise ausgeführt, die allerdings nur für TA ≤ 2TA gelten: Kennwerte
P-Regler
Tg
K PR K PS
Tu + TA
PI-Regler
0,9 ⋅
PID-Regler (additive Form)
Tg
1,2 ⋅
Tu + 0,5 ⋅ TA
Tn
-
3,33 ⋅ (Tu + 0,5 ⋅ TA )
Tv
-
-
2⋅
Tg Tu + TA
(Tu + 0,5 ⋅ TA ) 2 Tu + TA
0,5 ⋅ (Tu + TA )
In der nachstehenden Tabelle ist das Verhalten eines Regelkreises mit einer P-TnStrecke und dem digitalen PI-Regler, der nach verschiedenen Regeln eingestellt ist, für verschiedene Abtastzeiten TA gezeigt. Praktische Einstellregel
Abtastzeit TA
TA = 0,1 Tu Nach Chien, Hrones und Reswick
Die zufriedenstellende Dämpfung von 0,3 bis 0,4
TA = 0,3 Tu Nach Chien, Hrones und Reswick
Die Dämpfung verringert sich nur gering
Nach Chien, Hrones und Reswick
TA = Tu
Nach Takahashi Nach Ziegler-Nichols
•
Gütekrieterien beim Führungsverhalten
Eine Dauerschwingung entsteht (Stabilitätsgrenze) Keine Verbesserung, eine Dauerschwingung entsteht (Stabilitätsgrenze) Verbesserung der Dämpfung auf 0,3
Beispiel 11.6
Der asymptotische Verlauf des Bode-Diagramms eines aufgeschnittenen Regelkreises mit einem analogen P-Regler ist im Bild 11.21 gegeben. Der Proportionalbeiwert des Reglers be−1 trägt KPR = 1,5. Die Phasenreserve ist ϕ Rd =45° bei Durchtrittsfrequenz von ω d = 0,25 s .
11.3 Quasikontinuierliche Regelung 20 dB G0
−20 dB/Dek
dB
0 dB
343
0,1
ωd
ω / s-1
1,0 −40 dB/Dek
-20 dB ω E1 =
0°
ϕ(ω)
1 T1
ω / s-1
-90° -180°
Bild 11.21 BodeDiagramm des Regelkreises mit analogem P-Regler und I-T1Strecke
ϕRd
-270°
Der analoge P-Regler soll durch den digitalen PD-Regler mit der Abtastzeit TA = 2,0 s ersetzt werden. Gesucht ist die Reglereinstellung, bei der der Regelkreis mit digitalem Regler die gleiche Phasenreserve ϕ Rd =45° behält. Die Zeitkonstante T1 der Strecke wird sofort durch die Vorhaltzeit des PD-Reglers kompen−1
siert, d. h. Tv = T1 = 1/ 0,25 s = 4 s. Als Hilfsmittel wird zunächst das Bode-Diagramm des aufgeschnittenen Regelkreises mit analogem PD-Regler mit KPR = 1,5 ermittelt, das dann, wie im Bild 11.22 gezeigt, mit dem Totzeitzeitglied Tt = 0,5⋅TA = 1 s ergänzt wird, was dem digitalen Regelkreis entspricht. π 1 -1 -1 Tt
20dB G0
=1s
Tt
= 3,14 s
dB
0dB
0,1
ωd
ω / s-1
1,0
ΔK = 9,5 dB neue 0 dB-Achse
-20dB
ϕ(ω)
ω / s-1
0° mit analogem PD-Regler
Bild 11.22 BodeDiagramm des Kreises mit analogem und digitalem PD-Regler
-90°
ϕRd
-180°
57,3° 180°
mit digitalem PD-Regler -270°
Um die gewünschte Phasenreserve ϕ Rd einzustellen, soll man die 0-dB-Achse nach unten um ΔK ≈ 9,5 dB bzw. ΔK ≈ 3 verschieben. Damit erhält man für den Proportionalbeiwert des Reglers
KPR = 1,5⋅ΔK = 4,5.
344
11 Digitale Regelung
11.4 Beschreibung von Abtastsystemen im Zeitbereich 11.4.1 Differenzengleichungen Gleichungen, die den Zusammenhang zwischen abgetasteten Folgen xe(kTA) der Eingangsgröße xe und abgetasteten Folgen xa(kTA) der Ausgangsgröße xa eines zeitdiskreten Systems beschreiben, nennt man inhomogene Differenzengleichungen. Im Fogenden werden die diskreten Werte xa(kTA + nTA) kurz mit xa,k+n bezeichnet. Eine lineare inhomogene Differenzengleichung n-ter Ordnung a n xa,k + n + a n −1 x a,k + n −1 + ... + a1 xa,k +1 + a 0 xa,k = b0 x e,k
(11.10)
hat Ähnlichkeit mit Differentialgleichungen.
11.4.2 Lösung mittels Rekursion Die Lösung der Differenzengleichung ist die Folge xa,0, xa,1, xa,2,
…,
xa,k,
…
Die Werte der Ausgangsgröße xa,k+n für k = 1, 2, ... können aus gegebenen Koeffizienten an, an-1, ..., a0, b0 und Anfangswerten xa,n bei k = 0 durch die Erhöhung von k jewels um Eins schrittweise berechnet werden. Die Gl. (11.10) wird dafür umgestellt: xa,k + n =
1 [− a n −1 x a,k + n −1 − ... − a1 x a,k +1 − a 0 xa,k + b0 xe,k ] . an
Werden die Anfangswerte der Differenzengleichung wie im analogen Fall zu Null angenommen, d. h. xa,n = 0 für n = 0, 1, 2, ... und gilt für den Eingangssprung xe, −1 = 0
xe,0 = xe,1 = xe,2 = ... = xe,k = xe0
so wird der erste Wert der Ausgangsgröße für k = 1 wie folgt berechnet: xa,1+ n =
1 [− a n −1 x a,n − a n -2 xa,n −1 − ... − a1 x a,1 − a 0 xa,1 + b0 xe,1 ] . an
Die Lösungs mittels Rekursion ist nur numerisch möglich und lässt sich nicht für die Regelkreisanalyse bzw. Stabilitätsbedingungen verallgemeinen. X Aufgabe 11.5 Die Regelstrecke stellt ein P-Glied mit KPS = 8 dar und wird mit einem analogen I-Regler gere-1 gelt. Der Integrierbeiwert des Reglers ist KIR = 2 s . Der analoge Regler wird durch einen digitalen Regler mit gleichem Integrierbeiwert ersetzt. Die Abtastzeit des digitalen Reglers beträgt TA = 0,05s. Der Regelalgorithmus wird nach der Trapezregel digitalisiert. Vergleichen Sie die Sprungantworten des geschlossenen Regelkreises mit analogem und digitalem Regler nach einem Sprung der Führungsgröße von w0 =2.
11.4 Beschreibung von Abtastsystemen im Zeitbereich
345
11.4.3 Homogene und partikuläre Lösung Ähnlich einer Differentialgleichung ensteht auch hier die Lösung der Gl. (11.10) aus h der Lösung x a, k der homogenen Differenzengleichung a n xa,k + n + a n −1 x a,k + n −1 + ... + a1 x a,k +1 + a 0 x a,k = 0
(11.11)
und einer partikulären Lösung xa,part k , d. h. xa,k = xa,h k + xa,part k . Für die homogene Lösung wird Gl. (11.11) mit dem Ansatz xa,h k = C ⋅ z k
(11.12)
zu der so genannten charakteristischen Gleichung der Differenzengleichung gebracht: a n C ⋅ z k + n + a n −1C ⋅ z k + n −1 + ... + a1C ⋅ z k +1 + a 0 C ⋅ z k = 0 .
Daraus folgt C ⋅ z k [a n z n + a n −1 z n −1 + ... + a1 z 1 + a 0 z 0 ] = 0 , an z n + an −1z n −1 + ... + a1z1 + a0 z 0 = 0 .
(11.13)
Die charakteristische Gleichung (11.13) hat n Nullstellen z1, z2, ... , zn, die reell oder konjugiert komplex sind. Die homogenen Lösung ergibt sich somit zu xa,h k =
n
¦ Ci ⋅ zik ,
(11.14)
i =1
wobei die Koeffiizienten Ci aus den Anfangsbedingungen folgen. Bei der partikulären Lösung wird, ensprechend zu Differentialgleichungen, eine Eingangsfunktion, z. B. die Sprungfunktion xe, k = 1, in Gl. (11.10) eingesetzt. •
Beispiel 11.7
Der analoge Regler des in Bild 11.23 gezeigten Regelkreises wird durch einen digitalen PI-Regler mit der Abtastzeit TA = 0,1 s ersetzt. Es soll die Differenzengleichung erstellt und die Lösung bei einem Eingangssprung w0 = 2 ermittelt werden. Die Übertragungsfunktion des geschlossenen Regelkreises mit dem analogen PI-Regler:
Gw (s) =
x( s ) β2 , (11.15) = w( s ) s 2 + 2α ⋅ s + β 2
w(t) +
KPR, Tn −
KPS, T1
1, T2
x(t)
Analoger Regelkreis
Bild 11.23 Wirkungsplan des Regelkreises mit dem analogen PIRegler. Die Kennwerte des Kreises sind: KPS = 0,8; T1 = 0,5; T2 = 1 s; KPR = 1,5; Tn = 1 s.
346
11 Digitale Regelung mit α =
K K 1 = 1 s −1 und β 2 = PR PS = 2,4 s − 2 . 2T1 Tn T1
(11.16)
Die Differentialgleichung erhalten wir aus Gl. (11.15) nach der Laplace-Rücktransformation:
s 2 ⋅ x( s ) + 2α ⋅ s ⋅ x( s ) + β 2 ⋅ x( s ) = β 2 ⋅ w( s )
d 2 x(t ) dt
2
+ 2α
dx(t ) dt
+ β 2 x(t ) = β 2 w(t ) .
(11.17)
Die Digitalisierung erfolgt mit rechter Intevallgrenze, d. h.
dx(t ) x k +1 − x k ≈ = Δx k dt TA d 2 x(t ) dt 2
≈
Δx k +1 − Δx k TA
=
1 TA
§ x k + 2 − x k +1 x k +1 − x k ¨¨ − TA TA ©
· ¸¸ . ¹
Setzen wir die obigen Differenzen in Gl. (11.17), so ensteht die Differenzengleichung
x k + 2 + 2(αTA − 1) ⋅ x k +1 + (1 − 2αTA + β 2TA2 ) ⋅ x k = β 2TA2 ⋅ wk bzw.
a 2 x k + 2 + a1 x k +1 + a 0 x k = b0 wk ,
(11.18)
mit
a2 = 1 a1 = 2(αTA − 1) = −1,8 a 0 = 1 − 2αTA + β 2TA2 = 0,824 und b0 = β 2TA2 = 0,024 . Aus der Differenzengleichung (11.18) bilden wir nach (11.13) die charakteristische Gleichung
a 2 z 2 + a1 z 1 + a 0 z 0 = 0 ,
(11.19)
bzw. z 2 − 1,8 z + 0,824 = 0 mit zwei Polstellen:
z1 = 0,9 + 0,1183 j z 2 = 0,9 − 01183 j . Die homogene Lösung der Differenzengleichung für k = 0, 1, 2, ... ist nach (11.14)
x kh = C1 ⋅ z1k + C 2 ⋅ z 2k . part
(11.20)
Die partikuläre Lösung x k stellt für die Eingangssprungfunktion eine Konstante C0 dar und wird durch Einsetzen in die Differenzengleichung (11.18) bestimmt:
a 2 C 0 + a1C 0 + a 0 C 0 = b0 wk
11.4 Beschreibung von Abtastsystemen im Zeitbereich
347
bzw.
C0 = −
b0 wk 0,024 ⋅ 2 = =2. a 2 + a1 + a 0 1 − 1,8 + 0,824
Damit ist die Gesamtlösung für k = 0, 1, 2, ... unter Beachtung von (11.20)
x k = x kh + x kpart = C 0 + C1 ⋅ z1k + C 2 ⋅ z 2k . Die Anfangswerte sind bei k = 0 gegeben:
x0 = 0 dx k x − x0 ≈ 1 = 0 bzw. x1 = 0. dt k =0 TA Setzen wir die Gesamtlösung xk in der Differenzengleichung (11.19) für k = 0 und k = 1 ein, so ergeben sich zwei Gleichungen
° x 0 = 2 + C1 z 0 + C 2 z 0 = 0 C1 + C 2 1 2 bzw. ® ® 1 1 °¯ x1 = 2 + C1 z1 + C 2 z 2 = 0 ¯C1 z1 + C 2 z 2
= −2 = −2,
die zu folgenden Werten führen:
C1 =
− 2z2 + 2 = −1 + 0,8453 j z 2 − z1
und C 2 =
− 2 + 2 z1 = −1 − 0,8453 j . z 2 − z1
Die Gesamtlösung
x k = 2 + (−1 + 0,8453 j ) ⋅ (0,9 + 0,1183 j ) k + (−1 − 0,8453 j ) ⋅ (0,9 − 0,1183 j ) k ist im Bild 11.24 dargestellt. MATLAB-Skript:
2.5
x(kT ) 2
z1 = 0.9 + 0.1183i; z2 = 0.9 – 0.1183i; c1 =(–2 * z2 + 2) / (z2 – z1);
w= 2
c2 =(–2 + 2* z1) / (z2 – z1);
1.5
for k = 1:40 1
xk = 2 + c1 * (z1 ^ k) + c 2* (z2 ^ k) 0.5
0 0
bar (k, xk, ’w’)
10
20
Bild 11.24 Sprungantwort des digitalen Kreises
30
k
40
hold on end;
348
11 Digitale Regelung
11.4.4 Stabilitätsbedingung für Abtastsysteme Ein Abtastsystem ist dann stabil, wenn die Ausgangsgröße xa, k nach einem Eingangsprung zu einem Beharrungszustand übergeht. Mathematisch bedeutet es, dass die Lösung (11.14) der homogenen Gl. (11.11) mit der Zeit t → ∞ bzw. k → ∞ veschwindet, d. h.
xa,h k
bei k →∞
=0.
Dies ist für wachsende k und wachsende z ik nur dann möglich, wenn alle Beträge der komplexen Wurzeln der charakteristischen Gleichung (11.13) kleiner Eins sind. Daraus folgt die Stabilitätsbedingung eines Abtastsystems: Ein Abtastsystem ist dann stabil, wenn alle Wurzeln der charakteristischen Gleichung (11.13) zu der Differenzgleichung (11.10) des geschlosenen Regelkreises vom Betrag kleiner Eins sind, d. h. zi < 1
½ ° ° ¾ ° ° ¿
(11.23)
Für Differenzengleichungen 1. Ordnung a a1 z + a 0 = 0 bzw. z + 0 = 0 a1 gilt die Stabilitätsbedingung (11.23) bei Koeffizienten a0 a1
< 1 bzw. − a1 < a 0 < a1 .
Für Differenzengleichungen 2. Ordnung a2 z 2 + a1 z + a0 z 0 = 0 mit dem Wert von a2 = 1, was bei geschlossenen Regelkreisen häufig der Fall ist, führt die Stabilitätsbedingung (11.23) zu a0 < 1 (11.24) ® ¯− 1 − a 0 < a1 < 1 + a 0 .
Bild 11.25 zeigt das entsprechende Stabilitätsgebiet in der Ebene (a0, a1) der Koeffizienten der Differenzengleichung. Die Stabilitätskriterien werden in Abschnitt 11.5.3 behandelt.
a1
a0 = 1
1,0
−1,0
0
−1,0
a1 = 1 + a0
a0
1,0
a1 = −1− a0
Bild 11.25 Stabilitätsgebiet für digitale Regelkreise 2. Ordnung mit a2 = 1
11.4 Beschreibung von Abtastsystemen im Zeitbereich •
349
Beispiel 11.8
Die Stabilität des in Beispiel 11.7 gegebenen Kreises mit charakteristischer Gl. (11.19)
z 2 + a1 z1 + a0 z 0 = 0 soll für gegebene Kennwerte KPS = 0,8; T1 = 0,5 s und Tn = 1 s untersucht werden. Die Koeffizienten sind nach Gln. (11.16) und (11.18) gegeben:
a1 =
TA −2 T1
a0 = 1 −
TA K PR K PS TA2 + ⋅ T1 Tn T1
Bezeichnen wir
K K TA = b und PR PS = K 0 . Mit der vorgegebenen Abtastzeit TA = 0,1 s T1 Tn
ergibt sich der kritische Wert von KPR (s. Bild 11.26) aus der Stabilitätsbedingung (11.24) zu
a0 < 1
1 − b + K 0 ⋅ b ⋅ TA < 1
K PR <
Tn K PSTA
K PRkr = 12,5
Ist dagegen KPR vorgegeben, z. B. KPR = 5 bzw. K0 = 4, wird die kritische Abtastzeit ermittelt:
a0 < 1
TA <
1 K0
TA <
Tn 1s = K PR K PS 5 ⋅ 0,8
TAkr = 0,25 s
a1 < 1 + a0 b − 2 < 1 + 1 − b + b 2 K 0T1 b 2 − b − 2 > 0
TAkr = 2T1 .
Aus der letzten Bedingung folgt TAkr = 1,0 s. Die Bedingung a1 < −1− a0 liefert die Lösung TA > 0. Normalerweise wird für die Abtastzeit der kleinste Wert gewählt; d. h. TA < 0,25 s. 2.5
1.4 KK =1,5 = 1,5 PR
x(kT) 1.2
K
x(kT)
PR
PR
= 13
2
1 1.5
0.8 1
0.6 0.5
0.4 0
0.2 0 0
10
20
30
40
50
k
60
-0.5 0
10
20
30
40
50
k
60
Bild 11.26 Sprungantworten des digitalen Regelkreises bestehend aus dem PI-Regler und einer P-T2-Strecke bei einem Einheits-Eingangssprung der Führungsgröße
350
11 Digitale Regelung
11.5 Beschreibung von Abtastsystemen im z-Bereich 11.5.1 Digitale Übertragungsfunktionen von einzelnen Elementen In einem digitalen Regelkreis sind die kontinuierlichen Elemente (z. B. die Regelstrecke) mit den digitalen Elementen (z. B. mit dem Regler) verknüpft. Wie bei analogen Systemen ist die Darstellung von allen Elementen des Regelkreises mit Übertragungsfunktionen möglich. Dies kann durch verschiedene Ansätze erreicht werden.
a) Digitale Übertragungsfunktionen von digitalen Elementen Der Algorithmus eines digitalen Elements (Bild 11.27) mit den Impulsfolgen am Eingang xe, k und am Ausgang xa, k wird mit Differenzengleichungen (s. auch Gl. (11.10)) beschrieben a n xa,k + n + a n −1 x a,k + n −1 + ... + a1 x a,k +1 + a 0 x a,k = = bm x e,k + m + bm −1 xe,k + m−1 + ... + b1 xe,k +1 + b0 x e,k und durch den Ansatz (11.12) xa,h k
=C⋅z
k
0 1 2
zu (a n z n + a n −1 z n −1 + ... + a1 z + a 0 ) xa,k = = (bm z m + bm−1 z m −1 + ... + b1 z + b0 ) xe,k gebracht.
xa,k
xe,k k
G(z)
0 1 2
k
Bild 11.27 Darstellung eines digitalen Regelkreisgliedes mit Differenzengleichung
Analog einer Übertragungsfunktion gilt hier G( z) =
b z m + bm−1 z m −1 + ... + b1 z + b0 Z ( z ) = m = . x e,k N ( z) a n z n + a n −1 z n−1 + ... + a1 z + a 0 x a,k
(11.25)
Die charakteristische Gleichung (11.13) der digitalen Übertragungsfunktion (11.25) ergibt sich wie im analogen Fall, wenn das Nennenpolynom gleich Null gesetzt wird: N (z) = 0 .
b) Digitale Übertragungsfunktionen von kontinuierlichen Elementen In digitalen Kreisen wirkt eine Impulsfolge auf den Eingang eines kontinuierlichen Elements. Für diese digitale Signalfolge TA, 2TA, ..., (kTA) kann die LaplaceTransformation mit dem Ansatz z = e sTA bzw. z −1 = e − sTA
(11.26)
angewendet werden. Auf solche Transformationen wurde bereits im Abschnitt 11.1.2 (s. Gln. (11.3) und (11.4)) eingegangen. Sie wird diskrete Laplace-Transformation oder z-Transformation genannt und mit Z [kTA] bezeichnet.
11.5 Beschreibung von Abtastsystemen im z-Bereich
351
Wie die Laplace-Transformation wird die z-Transformation durch Sätze und Rechenregeln definiert. Im Anhang sind die Sätze der z-Transformation aufgeführt sowie die Zeitfunktionen f(t), die Laplace-Transformierten f(s) und die z-Transformierten f(z) gegenübergestellt. Sie werden in diesem Kapitel wegen des begrenzten Umfangs nicht behandelt. Es wird lediglich bemerkt, dass die z-Rücktransformation für die Funktionen, die in der Tabelle nicht vorhanden sind, wie im analogen Fall mit Hilfe der Partialbruchzerlegung erfolgt. Im Bild 11.28 ist das Konzept der Digitalisierung und die Transformationen für ein LZI-Glied schematisch dargestellt. Auf den Eingang des kontinuierlichen Gliedes wirkt die Eingangssfolge xe (kTA ) = 1 , die aus einem mit der Abtastzeit TA digitalisierten Eingangssprung entsteht. Analog der Laplace-Transformation x(s) = L[x(t)] kann die z-Transformierte des Ausgangssignals xa(z) = Z[xa(kTA)] als Reaktion des Elements auf das Eingangssignal xe(z) = L[xe(kTA)] mittels z-Übertragungsfunktion beschrieben werden: xa ( z ) = G ( z ) ⋅ xe ( z )
(11.27)
Um die z-Übertragungsfunktion GS(z) aus der „analogen“ Übertragungsfunktion GS(s) zu ermitteln, wird der Eingang als Folge von idealen Eingangsimpulsfunktion δ(t) betrachtet. Die Reaktion des Gliedes auf ein Impuls δ (t) ist die Gewichtsfunktion g(t). Durch die Folge der Gewichtsfunktionen g(kTA) wird das Ausgangssignal xa(kTA) beschrieben und z-transformiert. Aus (11.27) folgt dann die z-Übertragungsfunktion. xe(s) = L [xe(t)]
x (s) G(s) = a xe ( s )
xa(s) = L [xa(t)]
Laplace-Transformation
xe(t)
xa(t) t
t Differentialgleichung Digitalisierung
xe(kTA) kTA
Differenzengleichung
xa(kTA) kTA
z -Transformation
xe(z) = Z [xe(kTA)]
x ( z) G( z) = a xe ( z )
xa(z) = Z [xa(kTA)]
Bild 11.28 Schematische Darstellung von Transformationen eines kontinuierlichen LZI-Gliedes in analogen und digitalen Regelkreisen
352 •
11 Digitale Regelung Beispiel 11.9
Für ein P-T1-Glied
GS ( s ) =
K PS 1 + sT1
soll die digitale Übertragunsgfunktion GS(z) ermittelt werden. Dafür ermitteln wir zuerst die Gewichtsfunktion g(t) des P-T1-Gliedes, d. h. die Reaktion des Gliedes auf eine ideale Eingangsimpulsfunktion δ(t). Dies erfolgt mit Hilfe der Laplace Rücktransformation: t
− K g (t ) = L [GS ( s )] = PS e T1 . T1 −1
Danach wenden wir für g(kTA) die z-Transformation an. Für die Funktion e Tabelle des Anhangs die z-Transformierte
Z [e − at ] =
z z − e − aT
−at
folgt aus der
.
Daraus ergibt sich die gesuchte Übertragungsfunktion TA
− K z , mit a1 = e T1 . GS ( z ) = Z [ g (kTA )] = PS ⋅ T1 z − a1
Die z-Übertragungsfunktionen für Standard-Regelalgorithmen sind unten aufgeführt. Regler
z-Übertragungsfunktion
Übertragungsfunktion
P
G R ( s ) = K PR
G R ( z ) = K PR
I
GR ( s) =
PI
§ 1 · ¸ G R ( s) = K PR ¨¨1 + sTn ¸¹ ©
b z −1 G R ( z ) = K PR r1 z −1
PD
G R ( s ) = K PR (1 + sTv )
b z − br0 G R ( z ) = K PR r1 z
PID
§ · 1 G R ( s ) = K PR ¨¨1 + + sTv ¸¸ sTn © ¹
b z 2 − br1 z + br0 G R ( z ) = K PR r2 z ( z − 1)
K PR sTn
Die Bezeichnungen:
T br1 = 1 + A (für PI); Tn
b z G R ( z ) = K PR r1 z −1
T T br2 = 1 + A + v ; Tn TA T br1 = 1 + v (für PD); TA
T T br0 = v ; br1 = A (für I); TA Tn T br1 = 1 + 2 v (für PID); TA
11.5 Beschreibung von Abtastsystemen im z-Bereich
353
c) Digitale Übertragungsfunktionen einer Reihenschaltung digitaler und kontinuierlicher Elemente Die Reihenschaltung eines Haltegliedes mit analogen LZI-Gliedern kann mit zÜbertragungsfunktionen entweder durch Differenzendarstellung (11.25) oder durch den Ansatz (11.26) beschrieben werden. Die beiden Formen der Übertragungsfunktion lassen sich eindeutig ineinander umrechnen. Im Bild 11.29 ist gezeigt, wie die z-Übertragungsfunktion GHS(z) einer Reihenschaltung der analogen Regelstrecke mit dem digitalen Halteglied als z-Transformierte von GHS(s) ermittelt wird: G HS ( z ) = Z [G HS ( s )] = Z [G H ( s ) GS ( s )] . w(t)
+
e(t) Abtaster
e(kTA)
Regelalgorithmus
(11.28)
yR(kTA)
Halteglied
Regelstrecke
x(t)
− Laplace-Transformation yR(s)
Bild 11.29 Wirkungsplan eines digitalen Regelkreises im Zeitbereich und die schematische Darstellung von Transformationen einer Verknüpfung:
G HS ( s ) = G H ( s ) GS ( s ) G HS ( z ) = G H ( z ) GS ( z )
x(s) GH(s)
GS(s)
z-Transformation yR(z)
x(z) GHS(z)
Die Übertragungsfunktion eines Haltegliedes wurde im Beispiel 11.1 bereits definiert: GH ( s) =
1 − e − sTA . s
(11.29)
Gl. (11.29) in (11.28) eingesetzt, ergibt ª1 − e − sTA º ª e − sTA º ª G (s) º G HS ( z ) = Z « ⋅ GS ( s )» = Z « S » − Z « ⋅ GS ( s )» . s ¬ s ¼ «¬ s ¬« ¼» ¼»
Aus dem Verschiebungssatz der z-Transformation (s. Anhang) folgt, dass eine Verschiebung um TA im Zeitbereich einer Multiplikation im z-Bereich entspricht, d. h. ª e − sTA º ª G (s) º ª G ( s) º ⋅ GS ( s )» = (1 − z −1 ) ⋅ Z « S » bzw. Z « S »−Z « ¬ s ¼ ¬ s ¼ ¬« s ¼»
G HS ( z ) =
z − 1 ª GS ( s ) º ⋅Z « ». z ¬ s ¼
(11.30)
354 •
11 Digitale Regelung Beispiel 11.10
Für eine P-T1-Strecke mit Halteglied
GS ( s ) =
K PS 1 + sT1
soll die z-Übertragungsfunktion ermittelt werden. Mit Halteglied GH(s) wird die Strecke GS(s) im z-Bereich nach (11.30) wie folgt abgebildet
G HS ( z ) =
z −1 ⋅Z z
ª K PS º « ». ¬ s (1 + sT1 ) ¼
Gemäß der Beziehung 10 der Korrespondenztabelle für z-Transformation wird:
G HS ( z ) =
z −1 ⋅ K PS ⋅ z
(1 − e
T − A T1
)⋅ z
( z − 1)( z − e
T − A T1
= K PS ⋅ )
1− e z −e
T − A T1 T − A T1
.
T −k Mit Bezeichnungen k1 = A ; a1 = e 1 und b0 = 1 − a1 resultiert die z-ÜbertragungsT1
funktion der P-T1-Strecke mit dem Halteglied zu
G HS ( z ) = K PS
b0 . z − a1
Die Beispiele von z-Übertragungsfunktionen der Regelstrecken mit Verzögerung T2 / T1 = 2 sind in nachstehender Tabelle gezeigt. Es gilt k2 = TA / T2 und a 2 = e des Zählers sind wie folgt zu berechnen:
− k2
. Die Koeffizienten
•
für P-T1
b0 = 1 − a1 ;
•
für P-T2
b0 = a1a 2 + a 2 − 2a1 ;
b1 = 1 + a1 − 2a 2 ;
•
für P-T3
b0 = a12 (1 − a1 − k1 + 0,5k12 ) ;
b1 = a12 + a1k1 − a1 (a1 − 1) (2 − 0,5k12 ) ; b2 = 1 − a1 (1 + k1 + 0,5k12 ) .
•
Strecke
Übertragungsfunktion im analogen Regelkreis
Übertragungsfunktion im digitalen Regelkreis (mit Halteglied)
P-T1
GS ( s ) =
K PS 1 + sT1
G HS ( z ) = K PS
b0 z − a1
P-T2
GS ( s ) =
K PS (1 + sT1 )(1 + sT2 )
G HS ( z ) = K PS
b1 z + b0 ( z − a1 )( z − a 2 )
P-T3
GS ( s ) =
K PS (1 + sT1 ) 3
b z 2 + b1 z + b0 G HS ( z ) = K PS 2 ( z − a1 ) 3
11.5 Beschreibung von Abtastsystemen im z-Bereich
355
11.5.2 Digitale Führungsübertragungsfunktion Für Grundschaltungen von Regelkreiselementen (Reihen-, Parallel-, Kreisschaltung) gelten für z-Übertragungsfunktionen die gleichen Regeln wie im analogen Fall. Allerdings dürfen die Abtast- und Halteglieder im Kreis nicht beliebig verschoben werden, wie es für Glieder eines analogen Kreises der Fall ist. Die Übertragungsfunktion des aufgeschnittenen Regelkreises (Bild 11.28) mit dem digitalen Regler GR(z) und der Reihenschaltung Halteglied/Regelstrecke GHS(z) lautet G0 ( z ) = G R ( z )G HS ( z ) . Daraus folgt die Führungsübertragungsfunktion im z-Bereich Gw ( z) =
G0 ( z ) x( z ) . = w( z ) 1 + G0 ( z )
• Beispiel 11.11 Es soll die Führungsübertragungsfunktion eines Regelkreises, bestehend aus einer P-T1-Strecke
GS ( s ) =
K PS 1 + sT1
und einem digitalen P-Regler mit der Abtastzeit TA ermittelt werden. Die Übertragungsfunktion der P-T1-Regelstrecke mit Halteglied wurde bereits im Beispiel 11.10 im z-Bereich transformiert:
G HS ( z ) = K PS ⋅
1− e z −e
T − A T1 T − A T1
.
Die z-Übertragungsfunktion des digitalen P-Reglers ist
G R ( z ) = K PR . Damit ist z-Übertragungsfunktion des aufgeschnittenen Kreises
G0 ( z ) = G R ( z )G HS ( z ) = K PR K PS ⋅
1− e z−e
T − A T1 T − A T1
.
Daraus folgt die z-Übertragungsfunktion des geschlossenen Kreises
Gw ( z) =
1− e
G0 ( z ) = K PR K PS 1 + G0 ( z ) z −e
T − A T1
T − A T1
+ K PR K PS (1 − e
T − A T1
, )
356
11 Digitale Regelung
die mit Bezeichnungen
K 0 = K PR K PS ; k1 = e
T − A T1
; a1 = e − k1 ; b0 = 1 − a1 und a 0 = b0 K 0 − a1
vereinfacht dargestellt werden kann:
Gw ( z) = K 0
b0 . z − a0
Die mit MATLAB simulierte Sprungantwort mit Kennwerten KPS = 0,8; T1 = 0,5 s; KPR = 1,5 und TA = 0,1 s bei einem Einheitssprung der Führungsgröße ist in Bild 11.30 gezeigt. MATLAB-Skript
0 .7 x (k T )
T1 = 0.5; TA = 0.1; KPS = 0.8; KPR = 1.5; a1 = exp (–TA/T1); K0 = KPR * KPS; b0 = 1– a1; a0 = b0*K0 – a1; num = [b0*K0];
0 .6 0 .5 0 .4 0 .3 0 .2
den = [1 −a0];
0 .1 0
0
2
4
6
8
10
12
dstep (num, den, ’k’);
14
k
Bild 11.30 Sprungantwort des digitalen Kreises bestehend aus P-Regler mit P-T1-Strecke Weitere Beispiele von Übertragungsfunktionen findet man in der Tabelle (s. Beispiel 11.10): Regler
Strecke
P
P-T1
P
P-T2
P
P-T3
PI
P-T1
PI
P-T2
Übertragungsfunktion des aufgeschnittenen Kreises G0(z)
b0 z − a1 b1 z + b0 G0 ( z ) = K 0 ( z − a1 )( z − a 2 ) G0 ( z ) = K 0
b z 2 + b1z + b0 G0 ( z ) = K 0 2 ( z − a1 )3 b1 z + b0 G0 ( z ) = K 0 ( z − 1)( z − a1 ) G0 ( z ) = K 0
b2 z 2 + b1 z + b0 ( z − 1)( z − a1 )( z − a 2 )
11.5 Beschreibung von Abtastsystemen im z-Bereich
357
11.5.3 Stabilitätskriterien für digitale Regelkreise a) Stabilitätsbedingung im z-Bereich Ein kontinuierlicher Regelkreis wird dann stabil, wenn alle Pole der Übertragungsfunktion in der linken Hälfte der s-Ebene liegen, d. h. wenn alle Pole einen negativen Realteil haben. Diese Stabilitätsbedingung ist allgemein und gilt auch für digitale Systeme. Da diese durch die z-Übertragungsfunktionen beschrieben werden, soll die Lage der Pole im zBereich untersucht werden. Die komplexe s-Ebene (Bild 11.31) soll dafür in die komplexe z-Ebene abgebildet werden. Diese Abbildung kann aus Ansätzen für die Laplace-Transformation und z-Transformation für − ∞ < ω < + ∞ hergeleitet werden: s = σ + jω
z = e sTA
Imaginäre Achse
σ σ =0
Linke s-Halbebene
σ <0
z = eσTA e jωTA
Kreise mit dem Radius r = e innerhalb des Einheitskreises
σ >0
z = eσTA e jωTA
σT Kreise mit dem Radius r = e A > 1 außerhalb des Einheitskreises
Polstellen in s-Ebene
Rechte s-Halbebene
z
z=e
Abbildung in z-Ebene
jωTA
Einheitskreis r = 1
jω
σ<0 stabil
ω =+∞
2π TA
σ>0 instabil
r< 1 stabil
1,0
σ
−1,0
r> 1 instabil Stabilitätsgrenze bei r= 1
r 0
<1
Im
Stabilitätsgrenze bei σ = 0 ωA =
σTA
0
1,0
Re
ω ω =−∞
s-Ebene
z-Ebene
Bild 11.31 Zusammenhang zwischen s-Ebene und z-Ebene
Die Stabilitätsbedingung im z-Bereich lautet: Ein digitaler Regelkreis wird dann stabil, wenn alle Pole der z-Übertragungsfunktion innerhalb des Einheitkreises der z-Ebene liegen, d. h. wenn alle Pole einen Betrag kleiner Eins haben.
½ ° ¾ ° ¿
Allerdings ist die Abbildung der imaginären Achse der s-Ebene in einen Einheitskreis der z-Ebene wegen des periodischen Charakters der Fourier-Transformation nur für einen begrenzten Frequenzbereich von −
π TA
<ω <
π TA
eindeutig.
358 •
11 Digitale Regelung Beispiel 11.12
Es soll die Stabilität eines digitalen Regelkreises mit der folgenden Führungsübertragungsfunktion untersucht werden (s. Beispiel 11.11):
K PR K PS (1 − e
Gw ( z) = z −e
T − A T1
T − A T1
)
+ K PR K PS (1 − e
T − A T1
=
Z ( z) . N ( z)
)
Die charakteristische Gleichung N(z) = 0 hat einen reellen Pol
z1 = e Bei
T − A T1
(1 + K PR K PS ) − K PR K PS bzw. z1 = a (1 + K PR K PS ) − K PR K PS .
z1 < 1 wird der Kreis stabil. Die Stabilitätsgrenze liegt bei
z1 = 1 bzw. bei
a (1 + K PR K PS ) − K PR K PS = 1
(11.31)
a (1 + K PR K PS ) − K PR K PS = −1 .
(11.32)
Da die Bedingung (11.31) entfällt, ergibt sich aus der Gl. (11.32) die Stabilitätsgrenze zu TA
− 1 1+ a , mit a = e T1 . ⋅ K PRkr = K PS 1 − a
b) w-Transformation Um die imaginäre Achse der s-Ebene für digitale Signale eindeutig abzubilden, wird neben dem Ansatz (11.26) z = e jωTA (z-Transformation) ein weiterer Ansatz z=
1+ w 1− w
(11.33)
eingeführt. Diese bilineare Transformation ist als w-Transformation bekannt. Das Innere des Einheitskreises der z-Ebene wird damit in die linke Halbebene der wEbenen transformiert (Bild 11.32). Im(z) 1,0 r< 1 stabil
r −1,0
0
ω
Im(w)
ω
r> 1 instabil Stabilitätsgrenze bei r = 1 1,0
z-Ebene
⏐z ⏐ < 1 stabil
Re(z)
Stabilitätsgrenze bei ⏐z ⏐ = 1 0
w-Ebene
Bild 11.32 Zusammenhang zwischen z-Ebene und w-Ebene
⏐z ⏐ > 1 instabil
Re(w)
11.5 Beschreibung von Abtastsystemen im z-Bereich
359
Durch das Einsetzen von (11.33) in die Differenzengleichung (11.11) und Multiplikation mit (1 − w) n kann die charakteristische Gleichung (11.13) P ( z ) = a n z n + a n −1 z n−1 + ... + a1 z 1 + a 0 z 0 = 0 in eine neue Polynomgleichung transformiert werden: P ( w) = An w n + An −1 w n−1 + ... + A1 w1 + A0 w 0 = 0 .
(11.34)
Unten sind die Koeffizienten Ai der Gl. (11.34) für Systeme mit n = 1, 2, 3 aufgelistet. n
A0
A1
A2
A3
1
a0 + a1
− a0 + a1
-
-
2
a0 + a1+ a2
− 2a0 + 2a2
a0 − a1+ a2
-
3
a0 + a1+ a2 + a3 − 3 a0 − a1 + a2 + 3 a3
3a0 − a1 − a2 + 3a3
− a0 + a1 − a2 + +a3
c) Hurwitz-Stabilitätskriterium Durch die w-Transformation gelingt es, das Stabilitätskriterium nach Hurwitz, wie bei analogen Systemen, anzuwenden: Für Stabilität eines digitalen Regelkreises müssen alle Koeffizienten Ai der ½° charakteristischen Gleichung P(w) = 0 (11.34) vorhanden und größer Null ¾ ° sein, d. h. Ai ≠ 0 und Ai > 0 für i = 1, 2, ..., n. ¿ Beispielsweise kann man für das System 2. Ordnung P ( z ) = a 2 z 2 + a1 z + a 0 = 0 bzw. P ( w) = A2 w 2 + A1 w + A0 = 0 nach Hurwitz-Kriterium die Stabilitätsbedingungen (11.24) aus der obigen Tabelle für a2 = 1 herleiten:
A2 = a 0 − a1 + 1 > 0 ° ® A1 = − 2a 0 + 2 > 0 °A = a + a + 1 > 0 0 1 ¯ 0
a1 < 1 + a 0 ° ® a0 < 1 ° a > −1 − a . 0 ¯ 1
d) Nyquist-Stabilitätskriterium Wie im analogen Fall kann das Stabilitätskriterium nach Nyquist auch für digitale Systeme durch die Winkeländerung des Zeigers [1+G0( jω)] im Bereich ω = 0 ... ∞ abhängig von der Polverteilung von G0(z) gezeigt werden. Im digitalen Fall wird jedoch der Frequenzbereich 0 ≤ ω ≤ ∞ durch einen Streifen 0 ≤ ω ≤ ωA ersetzt, wobei ωA = 2π / TA ist. Die vereinfachte Fassung des Nyquist-Kriterium für den Fall, dass
360
11 Digitale Regelung
die Übertragungsfunktion G0(z) keine Pole außerhalb des Einheitskreises der z-Ebene besitzt, lautet: Der geschlossene digitale Regelkreis ist genau dann stabil, wenn der vom ½ ° kritischen Punkt (−1, j0) an die Ortskurve G0( jω) gezogene Fahrstrahl ¾ ° beim Durchlaufen der Ortskurve im Bereich 0 ≤ ω ≤ ωA eine Winkelände- ¿ rung von Δϕ = 0 beschreibt.
e) Wurzelortskurve Das in Kapitel 7 für kontinuierliche Regelkreise beschreibene WOK-Verfahren in der s-Ebene kann ebenso auf diskrete Regelkreise in der z-Ebene angewandt werden. Dafür soll die z-Übertragungsfunktion des aufgeschnittenen Kreises G0(z) in Linearfaktoren zerlegt vorliegen: G0 ( z ) = K
( z − z N1 ) ( z − z N 2 )...( z − z Nm ) . ( z − z P1 ) ( z − z P 2 )...( z − z Pn )
Darin sind z Ni (i = 1, 2, …, m) Nullstellen und z Pj ( j = 1, 2, …, n) Polstellen der Übertragunsfunktion G0(z) in der z-Ebene. Die Stabilität wird wie im kontinuierlichen Fall untersucht. Ein mit MATLAB erzeugtes Beispiel ist im Bild 11.33 dargestellt.
MATLAB-Skript B1 = 2; B0 = − 1; A2 = 1; A1 = −0.67−0.82; A0 = 0.67 * 0.82; num =[B1 −B0 ]; den=[A2, A1, A0] zgrid ('new'); rlocus(num, den)
Bild 11.33 WOK eines Regelkreises G0 ( z ) = K
b1 z − b0 mit P-Regler und P-T2( z − a1 )( z − a 2 )
Strecke mit K0 = 1,2; b1 = 1,67; b0 = 0,82; a1 = 0,67; a2 = 0,82. Mit dem Befehl k = locfind
(num, den) wird Kkr = 0,57 als Schnittpunkt der WOK mit dem Einheitskreis abgelesen.
361
12 Intelligente Regelung Unter intelligenten Regelsystemen versteht man Systeme mit Elementen (z. B. Regler, Messfühler), die zwecks optimaler Prozessführung mit eigenen mathematischen oder logischen Algorithmen, d. h. mit eigenen CPU’s und Speichern, ausgestattet sind. Solche Elemente reagieren flexibel auf mögliche Fehler und Parameteränderungen. Nachfolgend werden die intelligenten Regelalgorithmen in zwei Gruppen eingeteilt: •
modellbasierte Regelalgorithmen, die das mathematische Streckenmodell als Bestandteil des Reglers enthalten;
•
wissensbasierte Regelalgorithmen, die experimentell aus der Analogie mit biologischen Systemen oder menschlichem Verhalten gewonnen werden.
12.1 PC-gestützte Regelungstechnik Die PC sind in der heutigen Regelungstechnik weit verbreitet. Am Markt gibt es ein vielseitiges Angebot an Soft- und Hardware für verschiedene PC-Anwendungen: •
Simulation: Ist die genaue Information über die Regelstrecke vorhanden, kann ein PC-Programm die numerische Lösung von Differentialgleichungen übernehmen und graphisch die Sprungantworten oder andere Kennlinien des Regelkreises, wie Ortskurve, Bode-Diagramm, WOK auf dem Bildschirm ausgeben.
•
Regelung: Ein PC, gekoppelt mit der Strecke über A/D- und D/A-Wandlerkarten, arbeitet wie ein DDC-Regler. Wie oben bereits erwähnt, kann das Modell der Strecke im Regler enthalten sein.
•
Selbstparametrierung bzw. Autotuning: Dabei wird der Benutzer in den Vorgang der Reglereinstellung nicht mit einbezogen. Die zwei nacheinander folgenden Entwurfsphasen - die numerische oder grafische Darstellung von Systemverhalten und die Auswertung von Ergebnissen - werden von einem PC übernommen.
•
Visualisierung: Der Datenfluss zwischen PC und Strecke wird an den PC-Schnittstellen erfasst und auf dem Bildschirm in Form von so genannten Trendfenstern (zeitlicher Kurvenverlauf) und Panel mit komfortabler Abbildung von Struktur und aktuellen Parametern des Regelkreises dargestellt. Solche PC-Anwendungen sind auch als SCADA (Supervisory Control and Data Acquisition) oder HMI (HumanMashine-Interface) bekannt.
•
Kommunikation: Über PC-Netzwerkkarten kann die Vernetzung von mehreren Regelkreisen sowie die Anbindung an andere Hardwaremodule leicht erfolgen. Ein internationaler Standard für objektbasierte Kommunikation ist CORBA (Common Object Request Broker Architecture).
Die letzten zwei Anwendungsgebiete werden im Buch nicht behandelt. Auf den Einsatz eines PC’s als digitaler Regler wurde in Kapitel 11 eingegangen. Die Schwerpunkte der vorliegenden Kapitel bilden also die Methoden und die Werkzeuge der Modellbildung und der intelligenten Regelung (Neuronale Netze und Fuzzy-Logik).
362
12 Intelligente Regelung
12.2 Regelkreisanalyse mit MATLAB / Simulink Generell ist zwischen einer offline- und online-Simulation zu unterscheiden, obwohl sich die Grenze immer mehr verwischt. Dabei ist Folgendes zu beachten: •
Die offline-Simulation wird mit reellen Zeitkonstanten des Regelkreises parametriert, der Verlauf der Simulation wird im PC beschleunigt oder verlangsamt.
•
Die online-Simulation, auch Echtzeit- oder HIL-Simulation (Hardware-in-theLoop) genannt, ist eine 1:1-Abbildung des untersuchten Regelverhaltens. Wie die Bezeichnung HIL besagt, muss dafür eine physikalische Anlage oder deren Hardware-Modell mit der gerätetechnischen Anbindung an PC vorhanden sein.
Einige PC-Programme, wie WinMOD (Ingenieurbüro Mewes & Partner), sind auf eine online-Simulation zugeschnitten. Hiermit kann man sowohl die Regelkreiselemente als auch die anderen Elemente der Automatisierungstechnik wie Busmodule, Schnittstellen, simulieren. Kombiniert man eine simulierte SPS, die mit den reellen Zykluszeiten parametriert ist, mit einer physikalischen Strecke, so handelt es sich um eine onlineSimulation. Auch mit Echtzeit erfolgt die Simulation, wenn eine reelle SPS über ein virtuelles Busmodul mit dem Streckenmodell verbunden ist. Ersetzt man nun das PCModell der Strecke durch ein Hardware-Modell, z. B. durch einen programmierbaren Einplatinenrechner wie die Prozesstafel ET 722 von Schneider Electric, so kommt eine HIL-Simulation zustande. Die anderen Tools, wie WinFACT (Ingenieurbüro Dr. Kahlert) und WinREG (PEAKSystem Technik GmbH), ermöglichen sowohl die offline-Simulation als auch das Herunterladen von simulierten Regelalgorithmen aus PC in eine externe CPU oder gar den Datenaustausch mit Regelkreisen und folglich den Real-Time-Betrieb. Mittlerweile kann man Regelvorgänge auch mit den im Abschnitt 11.2.3 erwähnten SPS- und PLS-Programmen simulieren, was jedoch mehr für das Testen von entwickelten Regelalgorithmen als für die Regelkreisanalyse geeignet ist. Als Simulationswerkzeug für das Buch wurde MATLAB (Vertreiber MathWorks GmbH Deutschland) gewählt. Dies von der Industrie und Forschung anerkannte Programm wurde 1970 an den Universitäten von New Mexico und Stanford entwickelt. Heute kommt die 7. Version zur Anwendung. Das Programm besteht aus einem Basismodul und etlichen Toolboxen für regelungstechnische Anwendungen, wie Control System, Optimization, Signal Processing, Fuzzy Logic, Neural Network. MATLAB verfügt über eine interaktive Benutzeroberfläche und einen Interpreter, so dass die textuellen Befehle direkt ausgeführt und die Quellcode-Dateien abgearbeitet werden können. Aus MATLAB können andere C-Programme aufgerufen werden. Das Regelkreisverhalten kann offline und online mit Programm-Tools wie Matlab, Simulink und Stateflow analysiert, eingestellt und visualisiert werden. In diesem Abschnitt wird auf die Grundbefehle des Basismoduls und die Menüs des MATLAB/Simulink-Programms sowie auf die Befehle der Control System Toolbox eingegangen. In den nachfolgenden Abschnitten werden auch Fuzzy Logic Toolbox und Neural Network Toolbox behandelt.
12.2 Regelkreisanalyse mit MATLAB / Simulink
363
12.2.1 Grundlagen der MATLAB-Programmierung Wie die Abkürzung MATLAB (Matrix Laboratory) besagt, ist das Basismodul für die Operationen mit (m, n) - Matrizen wie Multiplikation oder Eigenwertberechnung geeignet. Da die skalaren Matrizen der Dimension (1, 1) sind, umfasst das Basismodul alle elementaren mathematischen und logischen Funktionen. Nach dem Aufruf des Programms öffnet sich das Fenster des Basismoduls (Workspace) und wartet auf eine Eingabe mit einem Prompt ». In diesem MATLAB-Command Fenster wird der Programmtext eingetragen oder die Funktionen aufgerufen. Alle vorher ausgeführten Anweisungen werden in einer Liste gespeichert und können von der „Command-History“ in das MATLAB-Command Fenster kopiert werden. MATLAB ist wie eine objektorientierte Sprache konzipiert, d. h. neben allgemeinen Steuerkonstrukten wie Schleifen und Unterprogrammen, kann man die Methoden und Daten in Objekten zusammenfassen, als Klasse definieren und weiter mit Konstruktoren und Methoden bearbeiten. Die Blockset-Erweiterung von MATLAB ist die Toolbox MATLAB/Simulink, die über eine graphische Oberfläche zur Eingabe von Wirkungsplänen und zur Ausgabe von Simulationsergebnissen verfügt. Die Ergebnisse können durch einen Oszilloskop-Block in das Basismodul übertragen und dort weiter bearbeitet werden. Die Toolboxen oder die Hilfe dazu kann man durch die Eingabe im Workspace, z. B. » simulink oder » help fuzzy
aufrufen. Variablen und Datentyp Die Variablen sind Zeilenvektoren (1, n), Spaltenvektoren (m, 1) und Matrizen (m, n). Matrizen werden durch eckige Klammern umrahmt dargestellt, die Spalten werden dabei durch ein Komma, ein Leerraum oder einen Zeilenvorschub voneinander getrennt, z. B. für eine Matrix mit m = 2 und n = 3 G=
a11
a12
a13
a 21
a 22
a 23
gilt: » G = [ a11, a12, a13; a21, a22, a23];
oder »G=[
a11
a12
a13
a21
a22
a23 ] ;
Wie bei den Feldern üblich, kann auf die Elemente einer Matrix durch Indizes zugegriffen werden. Durch Eingabe G(1, 2) wird z. B. das Element a12 aufgerufen. Die Variablen dürfen aus 31 Zeichen bestehen, das erste muss eine Buchstabe sein. Es wird zwischen Groß- und Kleinbuchstaben unterschieden, was mit » casesen off
oder » casesen on
364
12 Intelligente Regelung
unterdrückt oder aktiviert werden kann. Nach jedem Befehl werden die Ergebnisse ausgegeben, es sei denn, sie sind mit einem Semikolon abgeschlossen, z. B. » y = 5 * sin (4 * pi * t);
Die Konstante pi ist vordefiniert. Auch imaginäre Zahlen sind durch Variablen i oder j vordefiniert, was die Operationen mit komplexen Zahlen durchführen lässt, z. B. die Summe von zwei komplexen Zahlen s1 = a1 + jb1 und s2 = a2 + jb2: » s1 = a1 + i * b1; s2 = a2 + i * b2; s3 = s1 + s2;
Von den vordefinierten Variablen soll noch eps erwähnt werden. Sie besitzt einen Wert von 2.2204e - 016, ist damit sehr klein und wird benutzt, um die nicht zugelassenen Operationen wie Dividing by zero zu vermeiden. Standardmäßig sind alle Variablen vom Datentyp Double Real mit 64 Bit (Fließkommazahlen mit doppelter Genauigkeit). Ohne Formatierung werden die Zahlen normalerweise mit 4 Nachkommastellen ausgegeben, es sei denn, dass der auszugebende Wert zu klein ist. In diesem Fall wird automatisch auf die Ausgabe mit Exponent umgeschaltet. Die Ausgabe von Zahlen kann man auch mit dem Befehl format ansteuern, z. B. mit » format long e; omega
wird die Variable omega in Exponentenform und mit dem Befehl » format long; phase
die Variable phase mit 14 Nachkommastellen ausgegeben. Befehle und Funktionen Die mathematischen Ausdrücke werden in Ausgabevariablen gespeichert » a = 2.4; » b = a + 1.2 b= 3.6
oder mit der vordefinierten Variable ans, wie answer, ausgegeben, falls vom Benutzer keine Variable für das Ergebnis vorgesehen ist: » a = 2.4; » a + 1.2 ans = 3.6
In einer Zeile können mehrere Befehle eingegeben werden. Der Übertrag eines Ausdrucks in die nächste Zeile erfolgt durch Eingabe von drei oder mehreren Punkten: » Re = −D * cos (alfa); Im = omega * (1−… D) * 0.4;
Eine Übersicht der im Programm vorhandenen Variablen wird mit den Befehlen » whos
(mit Angaben über Größe und Speicherbedarf)
» who
(ohne Angaben)
in Form einer Liste erstellt.
12.2 Regelkreisanalyse mit MATLAB / Simulink
365
Für nachfolgende Beispiele mit Matrizen-Operationen sollen zuerst m = 2 und n = 3, sowie die Matrizen G =[1, 2, 3; 4, 5, 6] und Q = [1, 2; 3, 4] eingegeben werden. Matrixfunktion
MATLAB-Befehl
Dimension
» size (G)
Rang
» rank (G)
Ausgabe » ans = 2 3 » ans = 2 » ans =
Diagonale
» diag (G)
1 5
Determinante
» det (Q)
Inverse Matrix
» inv (Q)
» ans = −2 −2.0000
1.0000
1.5000 −0.5000 » ans =
Transponierte Matrix
Einheitsmatrix der Dimension (m, m) bzw. size(Q) Spezielle (m, n)-Matrix, die nur Einsen enthält Spezielle (m, n)-Matrix, die nur Nullen enthält Zufallsmatrix (m, n)
» G’
1
4
2
5
3
6
1
0
0
1
1
1
1
1
1
1
0
0
0
0
0
0
» ans = » eye (size (Q)) » ans = » ones (m, n) » ans = » zeros (m, n)
» rand (m, n)
0.8310
0.0535
0.6711
0.0346
0.5297
0.0077
Wie es bei höheren Programmiersprachen üblich ist, bietet MATLAB die Steuerkonstrukte wie bedingte Anweisungen (if.. else if…else), Auswahlanweisungen (switch...case), bedingte Schleifen (while...end) und Zählschleifen (for..end) an, z. B. für die Eingaben des Beispiels 11.7 gilt das folgenden Programm » for i = 1 : 60 xk = 2 + c1 * (z1 ^ k) + c2 * (z2 ^ k) bar (k, xk, ’w’) hold on end
Neben arithmetischen Operationen gibt es Vergleichsoperationen wie < (d. h. kleiner
366
12 Intelligente Regelung
als) und logische Operationen &, ~, | (UND, ODER, NOT). Mit diesen Befehlen werden z. B. die Elemente von Matrizen G1 und G2 wie folgt gebildet: » A = [ 2, 5; 0, 4 ];
% Eingabe: Matrix A
» B = [ 0, 3; 0, 1 ];
% Eingabe: Matrix B
» G1 = A & B
% Ausgabe: G1 = [ 0, 1; 0, 1 ]
» G2 = A | B
% Ausgabe: G2 = [ 1 1; 0 1 ]
Die Liste von MATLAB-Funktionen werden wir an dieser Stelle mit einfachen Datenanalyse-Funktionen abschließen. Diese sind beispielsweise max(G) und mean(G), die die Matrix G spaltenweise nach einem Maximalwert oder Mittelwert untersuchen. Erstellen von Programmen und Funktionen Mit MATLAB kann man einzelne Befehle im interaktiven Modus benutzen oder eine Befehlsfolge wie ein Programm (Matlab-Skript) zusammenfassen. Das Programm kann mit dem MATLAB- oder einem beliebig anderen Texteditor geschrieben und in einer so genannten m-Datei, mat-Datei oder ASCII-Datei abgespeichert werden. Die Datei mit der Erweiterung *.m kann mit dem Menü-Befehl File/New erstellt und abgespeichert werden, z. B. aufgabe.m. Diese Datei wird dann mit dem DOS-Befehl » aufgabe
% Aufruf von m-Datei
wieder geladen oder mit Menü-Anweisung File/Open geöffnet. Man kann auch den Programmtext im Workspace mit dem Befehl type aufgabe ansehen. Es gibt auch die Möglichkeit, die gesamte Arbeitsumgebung mit allen Variablen in ein binäres Format .mat abzuspeichern: •
Mit dem DOS-Befehl save ohne Parameter wird die Arbeitsumgebung mit allen Variablen in eine vordefiniere Datei matlab.mat abgespeichert.
•
Mit save und einem nachfolgenden Dateinamen, z. B. save aufgabe, erfolgt die Abspeicherung in eine gewünschte Datei aufgabe.mat und wird mit » load aufgabe
% Aufruf von mat-Datei
diese wieder geladen. Dabei können nur die bestimmten Variablen abspeichert werden, z. B. » save aufgabe G, W;
Noch effektiver ist die Abspeicherung in einer ASCII-Datei, z. B. die Matrix G wird als Datei im ASCII-Format mit » save aufgabe.dat G -ascii
abgespeichert. Die Erweiterung der Datei aufgabe spielt dabei keine Rolle und kann beliebig gewählt werden, z. B. .dat wie oben. Es ist dabei zu beachten: •
Die Daten einer Zeile müssen durch Leerzeichen oder Tabulatoren getrennt sein.
•
Die Zahl von Elementen in jeder Zeile muss gleich sein.
•
Kommentarzeilen sind zugelassen. Alle Variablen werden untereinander in eine Datei abgelegt.
•
Mit dem Befehl » load aufgabe.dat
12.2 Regelkreisanalyse mit MATLAB / Simulink
367
werden die gespeicherten Variablen, d. h. die Matrix G, wieder geladen. •
Ist die Matrix G aus mehreren Matrizen zusammengesetzt, wird sie beim Laden automatisch wieder aufgeteilt. Beim Speichern sollte man die Daten mit SpaceTaste voneinander trennen und am Ende jeder Zeile die Carriage-Return-Taste betätigen.
Weitere nützliche Befehle für die Dateienverwaltung sind unten zusammengefasst. MATLAB-Befehl
Wirkung des Befehls
» fprint (id, ‘info’, X)
Ausgabe der Variable X aus der ASCII-Datei mit dem Identifikator id in eine Textdatei
» id = fopen (aufgabe.dat,’w’)
Datei aufgabe.dat öffnen
» fclose (id)
ASCII-Datei mit dem Identifikator id schließen
• Beispiel 12.1 Eine Matrix soll transponiert und deren Determinante berechnet werden. Das Programm ist unten gegeben. Die Zeilen mit % sind Kommentarzeilen. Die Ausführung des Programms ist nur dann möglich, wenn die Matrix G vom Programm erkannt wird, z. B. durch das Laden in Workspace oder, wie unten, durch die Tastatur-Eingabe: » G = [ 1, 2; 3, 4];
% Eingabe
» T = G’;
% Transponieren
» D = det(T);
% Determinante berechnen
» save aufgabe
% Programm benennen und abspeichern
Das Programm aufgabe.m und die Variablen (Matrizen) G, T, D können mit dem Befehl » load aufgabe
in Workspace wieder geladen und ausgeführt werden. Um die Aufgabe nicht nur für G, sondern für beliebige Variablen anzuwenden, soll das Programm als Funktion definiert werden. Beim Aufruf einer Funktion werden Parameter übergeben und die Ergebnisse gewünschter Variablen zurückgegeben. Die Definition einer Funktion erfolgt durch die Eintragung der Bezeichnung function in die erste Zeile des Programms, z. B. » function [T, D ] = aufgabe(x) » T = x’; » D = det (T);
Nach Eingabe der Matrix, z. B. Matrix W mit Zufallswerten, und Aufruf der Funktion » W = rand (0,1); » [ A, B ] = aufgabe(W);
werden die Ergebnisse den gewählten Variablen, z. B. A und B, übergeben: X Aufgabe 12.1 Ein Vektor z, bestehend aus 20 gleichmäßig verteilten Zufallszahlen zwischen 0 und 1 soll erstellt und untersucht werden, d. h. es sollen die Maximal- und Minimalwerte, der Mittelwert und die Summe der Werte mit Befehlen max(z), min(z), mean(z) und sum(z) ermittellt werden. Abschließend sollen die Zufallszahlen (Vektor z) und die sortierten Zufallszahlen s = sort(z) in zwei Balkendiagrammen nacheinander ausgegeben werden.
368
12 Intelligente Regelung
12.2.2 Grafik mit MATLAB Ein leeres Grafik-Fenster wird in MATLAB figure genannt. Ein Grafik-Fenster kann in mehrere Unterfenster, subplot, unterteilt werden. Die Parameter von figure sind Nummer, die Parameter von subplot sind die Koordinaten zeile, spalte, zähler. Grundbefehle der Grafik-Operationen Befehl
Wirkung des Befehls
» figure [(h)];
Ein neues Fenster unter der laufenden Nummer h (handle) öffnen bzw. ein vorhandenes Fenster Nr. h aufrufen
» plot (y);
Die Grafik der Variable y erstellen
» box on
Das Ausgabefenster wird in zwei Teilfenster unterteilt. Position des aufgerufenen Fensters ist: 2. Zeile, 1. Spalte, Zähler = 2 Aktuelle Nummer eines Grafik-Fensters (get handle to current figure) anzeigen Eine Box für Text-Kommentar mittels s (String) auf der p Position erzeugen. Es gilt für die Position: 1 oder 2 - rechte oder linke obere Ecke; 3 oder 4 - untere Ecke usw. Die Rahmen eines Diagramms erstellen
» box off
Die Rahmen eines Diagramms löschen
» subplot (212); » gcf
» legend (s, p)
Einstellen von Bereichen der Koordinaten» axis [(−5 2 –4 4)]; » titel (’Bode-Diagramm’); » text (−2, 1, ’s1’);
achsen (xmin, xmax, ymin, ymax). Hier ist: −5 < x < 2 und −4 < y < 4 Überschrift der Grafik Beschriftung in einer Grafik: den Text s1 unter x = −2 und y = 1 positionieren
» ylabel (’Im’);
Beschriftung der Achsen. Hier ist Re für die x-Achse und Im für die y-Achse
» grid
Gitternetz anzeigen
» hold on
Eine neue Grafik zu einer vorhandenen Grafik hinzufügen (Überlappung)
» hold off
hold on-Betrieb abschalten
» clf
Aktuelle Fenster löschen (cleare current figure), früher » clg
» delete (figure(2));
Fenster Nr. 2 löschen
» close (3); oder » close all;
Fenster Nr. 3 oder alle Fenster schließen
» xlabel (’Re’);
12.2 Regelkreisanalyse mit MATLAB / Simulink
369
Die Skalierung kann mit semilogx und semilogy im logarithmischen Maßstab der x- und y-Achse sowie die Ausgabe in Polarkoordinaten mit polar(Winkel, Radien, Optionsparameter) erfolgen. Mit loglog werden die beiden x- und y-Achsen logarithmisch skaliert. Für die graphische Darstellung zweidimensionaler Daten gibt es folgende Möglichkeiten: Balkendiagramm bar (x, y), Liniendiagramm stem (x, y, format), Treppenkurve stairs (x, y), Histogramm hist (x, y), Fehlerintervall errorbar (x, y, l, u ). Speichern und Drucken eines Grafik-Fensters Zum Drucken und zur Speicherung von figures ist der print-Befehl mit Syntax » print [ -ddevice] [ -options ]
geeignet. Nur einige Optionen dieses Befehls sind in nachfolgender Tabelle erwähnt. Befehl » print -f1; » print -f1 -dmeta ’grafik_1’; » print -f1 -dmeta -append ’bild’; » print -f1 -depsc ’grafik_1’;
Wirkung des Befehls Figure 1 auf dem Standarddrucker ausgeben Figure 1 in Metafile-Format als Datei grafik_1.emf speichern Figure 1 in die Datei bild.emf senden, nicht überschreiben Figure 1 in Color PostScript als Datei grafik_1.eps speichern
Grundformen des plot-Befehls Es gibt mehrere Optionen des plot-Befehls, einige davon sind unten aufgeführt. •
Mit dem Befehl plot(Y), wobei Y eine (m, n)-Matrix ist, werden die n Spalten als Vektoren betrachtet und die m Vektoren hintereinander dargestellt.
•
Sind x und y zwei Vektoren gleicher Art, z. B. zwei Spaltenvektoren (n, 1) mit Elementen x1, x2, ... xn und y1, y2, ... yn, so werden mit dem Befehl plot(x, y) die Punkte mit Koordinaten (xk, yk) durch Linien verbunden.
•
In der Grundform plot(t, y) wird die Variable y(t), z. B. y = sin(2πt), grafisch dargestellt.
•
Mit dem Befehl plot(t, y1, t, y2) kann man zwei Signale y1(t) und y2(t) in einem Bild darstellen, allerdings sollen die Farbe, Art der Linien oder die Markierung der Punkte zusätzlich gewählt werden.
•
Der Befehl plot([y1’, y2’], t) erstellt eine Grafik, die die Ausgabe des Befehls plot(t, [y1’, y2’]) um 90° gedreht darstellt (gilt nur ab Version 5).
•
Ist Z eine Matrix mit komplexen Elementen, so wird mit dem Befehl plot(Z) der Imaginärteil abhängig vom Realteil in der komplexen Ebebe abgebildet, z. B. » a1 = 1;
b1 = 2;
» Z = [a1
i * b1];
» plot (Z)
Nachfolgend werden die Grundformen von plot anhand von Beispielen erläutert.
370
12 Intelligente Regelung
Darstellung eines Vektors Im Fall y = [a11] wird mit plot(y , ’ *’) ein Punkt * unter x = 1 und y = a11 positioniert. Im Fall n = 2 (zwei Spalten) wird der Vektor y = [a11, a12] wie in Bild 12.1 gezeigt abgebildet. 4 3.5 3
» % Befehle 2.5
» y = [0 4] ;
2
» plot (y)
1.5 1 0.5 0 1
1.2
Bild 12.1
1.4
1.6
1.8
2
Vektor y = [a11, a12] mit zwei Spalten
Farbzeichen und Linientypen Für Variablen x, y können mit dem plot - Befehl die Farbe, der Linientyp und die Markierung der Punkte eingestellt werden. Farbzeichen = blue ’m’ = magenta = cyan ’r’ = red = green ’w’ = white = black ’y’ = yellow
’b’ ’c’ ’g’ ’k’
’-’ ’--’ ’:’ ’-.’
Linientypen = solid = dashed = dotted = dash-dot
Punkten-Markierung ’+’ ’-’ ’--’ ’*’
Bild 12.2 zeigt die Ausgabe eines Programms, das die Punkte mit den Koordinaten (x1, y1), (x2, y2) und (x3, y3) durch Geraden mit Farbe black verbindet. 2 1.8 1.6 1.4
» % Befehle
1.2 1
» x = [0 1 4] ;
0.8
» y = [0 1 2] ;
0.6
» plot (x, y‚ ‘ k ‘)
0.4 0.2 0
0
0.5
Bild 12.2
1
1.5
2
2.5
3
3.5
4
Verbindung von 3 Spalten bzw. Punkten (0, 0), (1,1) und (4,2)
12.2 Regelkreisanalyse mit MATLAB / Simulink
371
Darstellung eines Signals im Zeitbereich Die Eingabe einer Zeitspanne erfolgt durch die Anweisung » t = 0:delta:max,
wobei delta für die Schrittweite und max für die rechte Grenze des Zeitrasters steht. In Bild 12.3 ist die Ausgabe eines Programms gezeigt, das erst im Zeitraster 0 < t < 1 ein harmonisches Signal y(t) erzeugt und dann zu einer horizontalen Linie übergeht. 5 4 3
» % Matlab-Programm
2
» t = 0:0.01:1;
1
» y1 = 5*sin(4*pi*t);
0
» plot (t, y1);
-1
» hold on;
-2
» x = [0 0] ;
-3
» plot (x, ‘k‘);
-4 -5
0
0.5
Bild 12.3
1
1.5
2
Verknüpfung von zwei Signalen
Pol-Nullstellen-Darstellung Für die Ausgabe einer Matrix G mit komplexen Elementen ist die explizite Form des plot-Befehls geeignet, z. B. mit Farbe- (black) und Punkten- (o) Markierung: » plot (real(G), imag(G), ‘ko’);
Bild 12.4 zeigt die grafische Darstellung von Pol- und Nullstellen eines Regelkreises mit der Übertragungsfunktion
1 0.8 0.6 0.4 0.2
G(s) =
0 -0.2 -0.4 -0.6 -0.8 -1 -0.6
-0.5
Bild 12.4
-0.4
-0.3
-0.2
Z ( s) . N (s)
Unten ist das entsprechende MATLABProgramm gegeben. Die Bereiche der x, y - Achsen werden vom Programm automatisch eingestellt.
Pol-Nullstellenverteilung
» N = [ −0.5 +0.5*i, −0.5 −0.5*i, −0.2+i, −0.2−i, −0.4]; » Z = [ −0.6, −0.3]; » plot (real (Z), imag (Z),' wo', real (N) , imag (N), ‘ k * ' )
372
12 Intelligente Regelung
Manuelle Bereichseinstellung Mit Hilfe der Funktion A = axis, die mit vier Parametern [xmin, xmax, ymin, ymax] definiert wird, können die Bereiche manuell eingestellt werden. Um z. B. nur die Grenzen xmin und ymax gegenüber der automatischen Bereichseinstellung zu ändern, könnte der Aufruf der Funktion wie folgt aussehen: » axis ( [ −6, A(2), A(3), 5 ] );
3D-Darstellung Erweitert man den plot-Befehl zu » plot3 ( x, y, z, ‘k * ’ );
so wird die Grafik dreidimensional mit schwarzen Punkten * ausgegeben. Ein Beispiel der nichtlinearen statischen Kennlinie, die für 50 Punkte berechnet wird, » x=(0:50) / 10; » plot3 ( ( 1-x ), ( 3*x ), ( 1-0.5*x ).*( 1-0.5*x ),' k- ' )
ist in Bild 12.5 gezeigt. Mit dem Befehl » [ X, Y ] = meshgrid (x, y);
wird aus Variablen x und y eine Matrix berechnet, deren Zeilen und Spalten die Vektoren x, y sind. Eine Funktion, z. B. W = (Y – 1).* (X – 1) + Y.* X;
kann mit folgenden Grafikfunktionen als Maschenund Kachelplots dargestellt werden:
Bild 12.5
3D-Grafik mit dem plot3-Befehl
» contour (X, Y, W, N);
2D-Darstellung mit N Konturlinien
» contour3 (X, Y, W);
3D-Höhenlinienplot (perspektivisch)
» mesh ( X, Y, W );
3D-Gitterdarstellung
» surf ( X, Y, W );
3D-Flächen (Kachelplot)
Editieren von Grafiken Die Grafiken in Plotfenster (Figure) lassen sich mit dem MATLAB-Editor getrennt als fig-Datei abspeichern, perspektivisch manipulieren (View/Camera Toolbar) und für das Erstellen der Dokumentation nachbearbeiten (Tools/EditPlot oder Insert usw.). Beim Drucken ist File/Prefernces/Figure Copy Template/Copy Options zu beachten.
12.2 Regelkreisanalyse mit MATLAB / Simulink
373
12.2.3 Control System Toolbox Diese Toolbox ist ein Zusatz zu MATLAB für regelungstechnische Aufgaben. Die Ermittlung von Kennlinien erfolgt mit dem Control System Toolbox einfach durch Aufruf von Funktionen, die wahlweise unten gezeigt sind. Control System Toolbox Funktion
Wirkung
» step
Sprungantwort
» dstep
» roots
Sprungantwort eines digitalen Kreises Gewichtsfunktion Ortskurve Bode-Diagramm Wurzeln der charakteristischen Gleichung
» pzmap
Pol-/Nullstellenverteilung in der s-Ebene
» rlocus
Wurzelortskurve
» impuls » nyquist » bode
Dem Benutzer wird es lediglich überlassen, die Übertragungsfunktion des zu untersuchenden Regelkreises G(s) =
Z ( s) N (s)
in eine entsprechende Form zu bringen. Grundsätzlich gibt es dafür drei Möglichkeiten, die nachfolgend anhand von Beispielen erläutert werden:
s m + bm−1s m −1 + ... + b2 s 2 + b1s + b0 s n + a n −1 s n−1 + ... + a 2 s 2 + a1 s + a 0
•
Polynomform
G(s) =
•
Pol/Nullstellen-Darstellung
G(s) = K 0
•
Linearfaktoren-Form
G(s) = K
( s − s N1 )( s − s N2 )...( s − s Nm ) ( s − s P1 )( s − s P2 ) ... ( s − s Pn )
(1 + sT N1 )(1 + sT N2 )...(1 + sTNm ) . (1 + sTP1 )(1 + sTP2 )...(1 + sTPn )
Polynomform Hierfür werden Zähler und Nenner der Übertragungsfunktion als Polynome dargestellt, z. B. G(s) =
2s 2 + s + 1 Z ( s) = , N (s) s 3 + 7 s 2 + 9s + 1
die dann im MATLAB als Vektoren eingegeben werden: » num = [ 2 1 1 ]; » den = [ 1 7 9 1 ];
374
12 Intelligente Regelung
Für ein P-T2-Glied G(s) =
1 2
s + 2α ⋅ s + β
2
mit D =
α β
ist eine spezielle MATLAB-Funktion ord2(β , D) vorhanden. Sind z. B. β = 2,0 s−1 und D = 0,5, so wird die Übertragungsfunktion wie folgt eingegeben: » [num, den] = ord2 (2.0, 0.5);
Ein Totzeitglied Tt wird mit einer Pade-Funktion n-ter Ordnung approximiert:
G ( s ) = e − sTt = 1 − sTt +
1 1 ( sTt ) 2 − ( sTt ) 3 + ... . 3! 2!
Die MATLAB-Funktion pade (Tt, n) ist z. B. für die Totzeit Tt = 0,5 s und n = 1: » [num, n] = pade (0.5, 1);
Die Beispiele von MATLAB-Funktionen für die Polynomform sind unten gegeben. Control System Toolbox Funktion
Wirkung
» bode (num, den)
Erstellen des Bode-Diagramms
» dcgain (num,den)
Berechnung der Kreisverstärkung K0 bzw. G(0)
» printsys (num, den)
Bildschirmausgabe der Übertragungsfunktion
» step (num, den)
Ermittlung der Sprungantwort
Pol-Nullstellen-Darstellung Eine durch Pol- und Nullstellen vorgegebene Übertragungsfunktion G(s) = K 0
( s − s N1 )( s − s N2 )...( s − s Nm ) ( s − s P1 )( s − s P2 ) ... ( s − s Pn )
wird mit der Funktion zp2tf in eine Polynomform transferiert: » z = [ sN1
sN2 … sNm ];
» p = [ sP1
sP2 … sPn ];
» k = Ko; » [ num, den ] = zp2tf ( z, p, k );
Normalform mittels Linearfaktoren Liegt die Übertragungsfunktion zerlegt in Linearfaktoren vor: G(s) = K
(1 + sT N1 )(1 + sTN2 )...(1 + sTNm ) , (1 + sTP1 )(1 + sTP2 ) ... (1 + sTPn )
so sollte sie entweder in Polynomform oder Pol-/Nullstellen-Darstellung umgewandelt werden. Im letzten Fall werden die Pol- und Nullstellen ermittelt:
12.2 Regelkreisanalyse mit MATLAB / Simulink z1 = −
1
z2 = −
TN1
p1 = −
1 TP1
p2 = −
1 TN2
375
…
1 …, TP2
die dann mittels der Funktion zp2tf in die Polynomform transferiert werden: » z = [ z1
z2 … ];
» p = [ p1 p2 … ]; » k = K * (TN1 * TN2 *... ) / (TP1 * TP2 *... ); » [ num, den ] = zp2tf ( z, p, k );
•
Beispiel 12.2
Es soll die Sprungantwort eines P-T1-Gliedes
GS ( s) =
K PS K PS k bzw. GS ( s ) = = 1 + sT1 T1 ( s + s P1 ) s + s P1
mit Kennwerten KPS = 2 und T1 = 0,5 s simuliert werden. Das MATLAB-Programm lautet: » z = [ ];
% keine Nullstellen
» p = [ −2 ];
% Polstelle bei −1/T1
» k = 4;
% Proportionalbeiwert k = KPS/T1
» [ num, den ] = zp2tf ( z, p, k ); » step (num, den);
Alternativ dazu kann man die Übertragungsfunktion in Polynomform darstellen
GS ( s ) =
0 ⋅ s + K PS 0⋅s + 2 . = 1 + sT1 0,5 ⋅ s + 1
Dann sieht das MATLAB-Programm wie fogt aus: » num = [ 0
2 ];
» den = [ 0,5 1 ]; » step (num, den)
X Aufgabe 12.2 Gegeben ist die Übertragungsfunktion des geschlossenen Kreises
G(s) =
K0 , ( s − s P1 )( s − s P2 )
mit K0 =0,041, sp1 = −0,29, sp2 = −0,11. Die Sprungantwort des Kreises soll simuliert werden. X Aufgabe 12.3 Die Übertragungsfunktion des geschlossenen Regelkreises
G(s) =
K0 s 2T22
+ sT1 + 1
mit K 0 = 0,4 , T22 = 0,1 s 2 und T1 = 0,6 s ist gegeben. Gesucht ist die Sprungantwort.
376
12 Intelligente Regelung
12.2.4 Bode-Diagramm mit MATLAB Das Bode-Diagramm kann mit dem MATLAB-Basismodul programmiert oder mit dem Control System Toolbox aufgerufen werden.
Programmieren mit Basismodul Das nachstehende Programm enthält MATLAB-Befehle zur grafischen Darstellung des −2 4 Bode-Diagramms eines P-T1-Gliedes im Frequenzbereich 10 s−1 bis 10 s−1: G ( jω ) =
K , 1 + j ωT
mit K = 10 und T = 1 s. Der Amplituden- und Phasengang werden nach
G ( jω ) =
K 1 + (ωT ) 2
ϕ (ω ) = − arctan ωT
berechnet und im logarithmischen Maßstab in zwei Fenster ausgegeben. Programmtext » title (’Bode-Diagramm eines P-T1-Gliedes’); » K = 10;
Kommentar % Überschrift der Grafik % Eingabe von Parametern
» T = 1; » w = logspace(−2,4);
% Eingabe des Frequenzbereiches ω −2 −1 4 −1 von 10 s bis 10 s .
» om = w*T;
% Argument ωT
» absG1 = 20*log10(K);
% Berechnung des Amplitudengangs % und Umrechnung mittels % 10er Logarithmen in Dezibel
» absG2 = −10*log10(1+om.*om); » absG = absG1 + absG2; » subplot(211);
% Das erste von zwei Fenstern öffnen
» semilogx(om, absG);
% Ausgabe des Amplitudengangs % im halblogarithmischen Maßstab
» grid;
% Gitternetz anzeigen
» subplot(212);
% Das zweite Fenster öffnen
» phi = −atan(om);
% Berechnung des Phasengangs
» semilogx(om, phi*180/3.14);
% Ausgabe des Phasengangs % im halblogarithmischen Maßstab % in Grad
» grid;
% Gitternetz anzeigen
12.2 Regelkreisanalyse mit MATLAB / Simulink
377
• Beispiel 12.3 Das Bode-Diagramms eines Totzeitgliedes
G ( s ) = e − sTt mit Tt = 0,5 s soll im Frequenzbereich 0,01 s−1 < ω < 1 s−1 mit MATLAB ermittelt werden. Die Berechnung erfolgt nach folgenden Formeln:
G ( jω ) = 1
ϕ (ω ) = −ωTt Programmtext » title (’Bode-Diagramm eines Tt-Gliedes’); » K = 1;
Kommentar % Titel % Eingabe von Parametern
» Tt = 0.5; » w = logspace (−2, 0);
% Eingabe des Frequenzbereiches ω % von 10
−2 −1
s
0 −1
bis 10 s
» om = w * Tt;
% Argument ω Tt
» absG = 20 * log10 (K);
% Berechnung des Amplitudenganges % und Umrechnung mittels % 10er Logarithmen in Dezibel
» subplot (211);
% Das erste von zwei Fenstern öffnen
» semilogx (om, absG);
% Ausgabe des Amplitudenganges % im halblogarithmischen Maßstab
» grid;
% Gitternetz anzeigen
» subplot (212);
% Das zweite von zwei Fenstern öffnen
» phi = −om;
% Berechnung des Phasenganges % ϕ = −ω Tt
» semilogx (om, phi * 180 / 3.14);
% Ausgabe des Phasenganges im % im halblogarithmischen Maßstab % in Grad
» grid;
% Gitternetz anzeigen
X Aufgabe 12.4 Für eine PID-Regeleinrichtung
§ · 1 GR ( s) = K PR ¨¨1 + + sTv ¸¸ mit K PR = 20 ; Tn = 10 s ; Tv = 2 s . © sTn ¹ soll das Bode-Diagramm mit MATLAB erstellt und mit dem Beispiel 5.3 verglichen werden.
378
12 Intelligente Regelung
Bode-Diagramm mit Control System Toolbox Unter Control System Toolbox wird das Bode-Diagramm durch Aufruf der Funktion » bode (num, den)
berechnet und graphisch ausgegeben. Hierfür gelten alle im Abschnitt 12.2.3 angesprochene Eingabeformen. • Beispiel 12.4 Für zwei in Reihe geschalteten Glieder mit den Übertragungsfunktionen
G1 ( s ) = G2 (s) =
K P1 s 2T22
+ sT1 + 1
K P2 1 + sT3
K P1 = 8
T1 = 7 s
K P2 = 4
T3 = 0,5 s
T22 = 10 s 2
soll mit MATLAB das Bode-Diagramm ermittelt werden. Die Übertragungsfunktion der Regelstrecke wird in Polynomform dargestellt
GS ( s ) =
K P1 s 2T22
K P2 K P1 K P2 = , 3 2 2 2 + sT 1 + sT1 + 1 s T2 T3 + s (T2 + T1T3 ) + s (T1 + T3 ) + 1 3
⋅
mit MATLAB-Anweisungen programmiert und ausgegeben (Bild 12.6).
Bild 12.6
Bode-Diagramm mit Control System Tollbox zum Beispiel 12.4
12.2 Regelkreisanalyse mit MATLAB / Simulink T1 = 7;
T22 = 10; T3 = 0.5;
379
% MATLAB-Skript zum Beispiel 12.4
KP1 = 8; KP2 = 4;
% Eingabe von Parametern
b0 = KP1 * KP2;
% Koeffizienten des Zählerpolynoms
a3 = T22 * T3;
% Koeffizienten des Nennerpolynoms
a2 = T22 + T1 * T3; a1 = T1 + T3; a0 = 1; num = [b0];
% Zählerpolynom
den = [a3, a2, a1, a0];
% Nennerpolynom
bode (num, den, ’k’);
% Ausgabe, Farbe schwarz
grid;
% Gitternetz einschalten
Die Asymptoten, die Eckfrequenzen ω E1, ω E2, ω E3 sowie die Durchtrittsfrequenz ω d für |GS(jω d)| = 1 und die kritische Frequenz ω kr für ϕ (ω kr) = − 180° kann man mit dem MATLABEditor manuell eintragen. Die Auswertung des Bildes 12.6 zeigt, dass die Werte −1
ω E1 = 0,2 s
,
−1
ω E2 = 0,5 s ,
−1
ω E3 = 0,2 s ,
−1
ω d = 1,5 s ,
−1
ω kr = 1,2 s
mit den entsprechenden Ergebnissen des Beispiels 5.2 übereinstimmen.
12.2.5 WOK mit MATLAB Die Ermittlung einer WOK mit Control System Tollbox erfolgt mit der Anweisung » rlocus (num, den);
Die Übertragungsfunktion des aufgeschnittenen Kreises G 0 ( s ) = G R ( s ) ⋅ GS ( s ) =
Z (s) N ( s)
soll als Funktion des Parameters K0 in einer der in Abschnitt 12.2.3 beschriebenen Eingabeformen dargestellt werden, z. B. in Pol-/Nullstellen-Form G(s) = K 0
s m + bm−1 s m −1 + ... + b2 s 2 + b1 s + b0 . s n + a n −1 s n −1 + ... + a 2 s 2 + a1s + a 0
Mit der Anweisung » [k, p] = rlocfind (num,den)
kann man die K0-Werte und die entsprechenden Polstellen mit 4 Nachkommastellen in den gewünschten Punkten der WOK per Mausklick anzeigen lassen. Allerdings sollte die WOK vorher mit der Anweisung hold on gesichert sein. Weiterhin gibt es eine Anweisung zum Einschalten eines Gitternetzes in der s-Ebene für kontinuierliche und in der z-Ebene für digitale Regelkreise: » sgrid (’new’); und » zgrid(’new’) ;
Mit der Option new wird die alte WOK automatisch gelöscht.
380 •
12 Intelligente Regelung Beispiel 12.5
Die WOK für das in Beispiel 7.2 gegebene System 3. Ordnung
G0 ( s ) =
K0 ; (1 + sT1 )(1 + sT2 )(1 + sT3 )
T1 = 1 s ;
T2 = 2 s ;
T3 = 0,5 s ;
soll mit Control System Toolbox ermittelt werden. Das MATLAB-Skript ist unten gegeben, die entsprechende WOK ist im Bild 12.7 gezeigt. T1 = 1; T2 = 2; T3 = 0.5;
% Parametereingabe
a3 = T1 * T2 * T3;
% Berechnung von Polynom-Koeffizienten
a2 = T1 * T2 + T2 * T3 + T1 * T3; a1 = T1 + T2 + T3; a0 = 1; K0 = 1; num = [ 0
% Parametereingabe 0
0
K0];
% Eingabe des Zählerpolynoms
den = [ a3 a2 a1 a0];
% Eingabe des Nennerpolynoms
rlocus ( num, den, ’k’ );
% Aufruf der WOK, Farbe schwarz
hold on;
% Ausgabe halten
sgrid;
% Gitternetz einschalten
xlabel ( ' Reelle Achse' );
% Beschriftung der x-Achse
ylabel ( ' Imaginäre Achse' );
% Beschriftung der y-Achse
title ( ' Beispiel: Wurzelortskurve' );
% Beschriftung des Bildes
Bild 12.7
WOK eines Kreises bestehend aus drei P-T1-Gliedern
12.2 Regelkreisanalyse mit MATLAB / Simulink
381
Kombiniert man die Anweisung rlocfind (num, den) mit den anderen im Abschnitt 12.2.3 eingeführten Toolbox-Anweisungen wie step (num, den); bode (num, den); roots; usw. so kann der Entwurf eines Regelkreises mit dem WOK-Verfahren komplett am PC-Bildschirm durchgeführt werden. • Beispiel 12.6 Gegeben ist eine Strecke mit Verzögerung 4. Ordnung, die mit dem PID-Regler geregelt wird:
G0 ( s ) =
K PR (1 + sTn )(1 + sTv ) K PS ⋅ , sTn (1 + sT1 )(1 + sT2 )(T32 s 2 + T4 s + 1) 2
KPS = 2; T1 = 0,5 s; T2 = 0,1 s; T3 = 0,1 s 2; T4 = 0,6 s. Der Regler soll so eingestellt werden, dass die maximale Überschwingweite xm ≤ 10% beim Führungsverhalten wird. Ohne Herleitung ist in Bild 12.8 das gewünschte Gebiet der s-Ebene gezeigt, in dem die WOK positioniert werden soll. Das Gebiet ist durch das so genannte dominierende Polpaar abgegrenzt, die im vorliegenden Fall wie folgt gegeben ist:
P1
D
ϕD
zulässiger Polbereich
P1, 2 = −α ± jβ 1 − D 2 = −2,156 ± j 2,202
tan ϕ D =
jω
s-Ebene
0
α
σ
β 1 − D2
P2
.
1− D 2
Bild 12.8 Zunächst versuchen wir den Regler vollzukompensieren, d. h. Tn = T1 = 0,5 s
Dominierendes Polpaar
Tv = T2 = 0,1 s.
Damit liegt die Übertragungsfunktion in Polynomform vor:
G0 ( s ) = K
1 s 3T32 + s 2T4 + s
, mit K =
K PR K PS . Tn
Um die WOK mit MATLAB zu ermitteln, wird K = 1 angenommen. Nachfolgend ist das Skript mit diesem Wert und dem dominierenden Polpaar gezeigt. num = [ 0
0
0 K ];
den = [T32 T4 1
% Eingabe: Zählerpolynom
0 ];
% Eingabe: Nennerpolynom
rlocus (num, den, ’k’);
% WOK-Ausgabe; Linienfarbe schwarz
hold on; sgrid;
% Grafik halten, Gitternetz einschalten
pol = [ −2.156+2.202i
−2.156−2.202i ];
% Eingabe: Dominantes Polpaar
plot (real (pol), imag (pol), 'k+');
% Dom. Polpaar in Grafik eintragen
plot ([ –2.156 –4.085 ], [ 2.202 4], ‘k‘);
% Das gewünschte Gebiet anzeigen
plot ([ –2.156 –4.085 ], [–2.202 -4], ‘k‘);
Die Bildschirmausgabe ist in Bild 12.9 gezeigt. Man stellt fest, dass der vollkompensierte Regler nicht in der Lage ist, das gewünschte Verhalten auch bei beliebigem KPR zu erreichen, da die WOK außerhalb des gewünschten Gebietes bzw. des dominieren den Polpaares P1,2 liegt. Um die WOK in das gewünschte Gebiet zu positionieren, kann man anders kompensieren, z. B.
382
12 Intelligente Regelung
Bild 12.9
WOK des Regelkreises mit dem vollkompensierten Regler
mit Tn = T4 = 0,6 s und Tv = T2 = 0,5 s, oder man kann das Kreisverhalten mit dem vollkompensierten Regler korrigieren, z. B. durch die Einführung einer Nullstelle sN1 = –0,67 und einer Polstelle sP4 = –6. Damit wird die Übertragungsfunktion des aufgeschnittenen Kreises zu
G0 ( s ) = K mit TN = −
1 + sTN ( s 3T32
1 s N1
2
+ s T4 + s )(1 + sTR )
= 1,5 s , TR = −
= K0
s − s N1 , s ( s − s P2 )( s − s P3 )( s − s P4 )
T = 0,17 s und K 0 = K ⋅ N . sP4 TR
1
Der weitere Entwurfsvorgang wird von K0 = 1 angefangen und interaktiv durchgeführt: » roots (den) ans =
% Eingabe: Polstellen s1, s2, s3 ermitteln % Bildschirmausgabe
0
% Polstelle s1
−3.0000 + 1.0000 i
% Polstelle s2
−3.0000 − 1.0000 i
% Polstelle s3
» k = 1;
% Eingabe: Koeffizient Ko=1
z = [ − 0.67];
% Eingabe: Nullstellen z und Polstellen p
p = [−3.0000 + 1.0000 i −3.0000 + 1.0000 i − 6
0];
[num1, den1] = zp2tf (z, p, k);
% Zero-Pol to Polynomform umwandeln
rlocus (num1, den1, ’k’);
% WOK-Ausgabe; Linienfarbe schwarz
hold on;
% Grafik halten,
sgrid;
% Gitternetz einschalten
12.2 Regelkreisanalyse mit MATLAB / Simulink
383
usw. bis zur Beschriftung-Anweisungen: xlabel(' Reelle Achse'); ylabel(' Imaginäre Achse'); title ('Wurzelortskurve nach Korrektur');
Das zufriedenstellende Ergebnis ist in Bild 12.10 gezeigt. Der Koeffizient K0 wird für einen Punkt der WOK innerhalb des gewünschten Gebietes mit der folgenden Anweisung abgelesen: [k, p] = rlocfind (num1, den1)
% WOK Punkte per Mausklick abfragen
k=
% Bildschirmausgabe 25.9443
Bild 12.10 WOK nach Einführung einer Nullstelle sN1 = –0,67 und einer Polstelle sP4 = –6 Zum Testen der Entwurfsergebnisse im Zeitbereich kann die Sprungantwort simuliert werden: » k = 25.9443;
% Eingabe: Koeffizient Ko
z = [ − 0.67];
% Eingabe: Nullstellen z und Polstellen p
p = [−3.0000 + 1.0000 i −3.0000 + 1.0000 i − 6
0];
[num1,den1] = zp2tf (z, p, k);
% Zero-Pol to Polynomform umwandeln
den2 = num1+den1;
%Nenner der Übertragunsgfunktion Gw(s)
step(num1, den2, ’k’)
% Sprungantwort: Linienfarbe schwarz
Bild 12.11 zeigt die simulierte Sprungantwort für das Führungsverhalten.
384
12 Intelligente Regelung
Bild 12.11 Sprungantwort des geschlossenen Regelkreises, eingestellt nach Bild 12.10
Wird der analoge Regler durch einen gleichwertigen digitalen ersetzt, wird das vorherige Programm wie folgt fortgesetzt, die Sprungantwort ist im Bild 12.12 gezeigt: » TA = 0.5;
% Eingabe: Abtastschritt
[dnum, dden] = c2dm (num1, den2, TA, ’zoh’); % Digitalisieren mit linker Intervallgrenze dstep (dnum, dden, ’k’);
% Sprungantwort: Linienfarbe schwarz
Bild 12.12 Sprungantwort des digitalen Regelkreises, digitalisiert mit der linken Intervallgrenze
Im Bild 12.12 wurde die Abtastzeit TA unangemessen groß gewählt, um das Diagramm anschaulicher zu machen. Für die Digitalisierung mit rechter Intervallgrenze wird in der Anweisung anstelle des Parameters ’zoh’ (zero-order hold) der Parameter ’foh’ (first-order hold) eingesetzt.
12.2 Regelkreisanalyse mit MATLAB / Simulink
385
12.2.6 Einführung in MATLAB / Simulink MATLAB/Simulink ist eine Ergänzung zum Basismodul, das vollständig in MATLAB integriert ist, jedoch eine eigene Entwicklungsumgebung hat. Man kann damit sowohl eigene C-Programme einbinden, als auch die erstellten C-Quellprogramme generieren und weiter mit dem Real-Time Workshop in Echtzeitanwendungen importieren. Mit MATLAB/Simulink kann man: •
die Regelkreise nach den Wirkungsplänen sofort in ein Programm umwandeln
•
einzelne Blöcke durch einen Doppelklick auf das Blocksymbol konfigurieren
•
mit der Menü-Anweisung Simulation/Parameters die Schrittweite und die Dauer der Simulation einstellen
•
mit der Menü-Anweisung Simulation/Starten die Simulation ausführen und in einem MATLAB/Simulink -Scope oder in einem MATLAB-Figure-Fenster ausgeben.
Ein einfaches Modell und die Bibliotheken Das Fenster der Bibliotheken wird durch die Eingabe simulink im MATLABKommandofenster aufgerufen oder über das Fenster Launch Pad eröffnet. Über das Menü File/New ruft man das neue Fenster für den Modellaufbau auf. Die Eingabe der Modellstruktur und die Parametrierung von Blöcken erfolgt in diesem Fenster. Das verfasste Modell kann durch ein MATLAB/Simulink-Menü gestartet werden. Vorher sollten die Parameter der Simulation in einem Dialogfenster Simulation Parameters: untitled eingestellt werden. Dies wird durch die Menü-Anweisung Simulation/Parameters geöffnet. Danach wird die Start- und Stopzeit, der Typ des Integrationsschrittes (Variable step oder Fixed step) und des Integrationsverfahrens (solver option) eingegeben. Ein Beispiel des Modells ist in Bild 12.13 gezeigt.
Bild 12.13 Simulierter Regelkreis mit ScopeAusgabe
Eine Simulation kann man auch aus dem MATLAB-Command-Fenster bzw. aus einem MATLAB-Programm mit dem plot-Befehl aufrufen. Dafür sollten die Simulationsergebnisse in Form eines Zeitvektors t, einer Zustandsmatrix x und einer Ausgangsmatrix y gebildet werden, wie beispielsweise in Bild 12.14 gezeigt ist. Man kann einen MATLAB/Simulink-Block über die Menü-Anweisung Edit/Edit-Mask oder Options/Mask in einen neuen selbstgenannten Block umwandeln. Ein Simulink-Modell, das aus mehreren Blöcken besteht, lässt sich in einen neuen benutzerdefinierten Block (Untersystem) einbinden. Dies erfolgt über die Anweisung Edit/Create-Subsystem oder Options/Group. Nach Anklicken der Menü-Zeile LookUnder-Mask wird der Inhalt des komprimierten Modells in einem Fenster angezeigt.
386
12 Intelligente Regelung
Bild 12.14 MATLAB/Simulink-Modell mit Parameterübergabe zum MATLAB-Basismodul
Liegt das exakte Modell der Regelstrecke vor, kann der Wirkungsplan mit dem MATLAB/Simulink abgebildet, konfiguriert und sofort getestet werden, was für komplizierte Regelkreise besonders wichtig ist. Nachfolgend wird gezeigt, wie man verschiedene Reglerarten mit MATLAB/Simulink abbilden und behandeln kann.
Zustandsregler Viele Strecken kann man durch Differentialgleichungen n-ter Ordnung beschreiben, die sich in ein System aus n Differentialgleichungen umwandeln lassen. Die durch solche Umwandlung enstandenen Variablen werden Zustandsgrößen genannt. Die Zustandsgrößen müssen messbar sein und können als Hiflsregelgrößen in mehreren parallelen Kreisen behandelt werden. Dafür kann man das Prinzip der Kaskadenregelung mit mehreren Reglern und unterlagerten Regelkreisen benutzen. Die Zustandsgrößen können jedoch nur einem Regler zugeführt werden, der Zustandsregler genannt wird. Sogar für den Fall, wenn einige Zustandgsrößen nicht messbar sind, kann die Zustandsregelung mit Hilfe des so genannten Beobachters realisiert werden. Die Problematik der Zustandsregelung wird im Buch nicht behandelt. Es wird nur gezeigt, wie ein Regelkreis mit dem Zustandsregler mit SIMULINK abgebildet und behandelt werden kann. Ein solcher Regelkreis ist in Bild 12.15 für eine schlecht regelbare Strecke 2. Ordnung gezeigt. Die Sprungantwort entnimmt man aus dem Bild 12.16. Bekanntlich ist eine Regelung von zwei I-Gliedern allein mit dem P-Regler unmöglich, da ein solcher Kreis wegen seinen Struktureigenschaften bei beliebigen KPR-Werten ungedämpfte Dauerschwingungen ausführen wird.
Bild 12.15 Regelkreis mit dem Zustandsregler für eine Strecke 2. Ordnung
12.2 Regelkreisanalyse mit MATLAB / Simulink
387
Bild 12.16 Sprungantwort des Regelkreises mit dem Zustandsregler nach dem Wirkungsplan des Bildes 12.15, aufgenommen mit Befehlen plot (t, x, ’k’) und grid aus dem MATLAB - Command-Fenster.
• Beispiel 12.7 Eine Regelstrecke mit gegebenen Parametern soll mit einem Zustandsregler, wie in Bild 12.17 gezeigt, geregelt werden. Gesucht sind die Kennwerte des PID-T1-Reglers sowie die Parameter g1 und g2, bei denen die Sprungantwort der Regelgröße x1 ohne Überschwingung erfolgt. Solche Aufgaben treten häufig bei der Regelung von Temperaturprofilen in chemischen Reaktoren auf. Außer einer gemeinsamen Führungsgröße w ist zu jeder Zustandsgröße x1 und x2 noch ein „eigener“ Sollwert w1 und w2 zugeordnet. Der Regler regelt jedoch nur eine Regeldifferenz aus. Eine der möglichen Lösungen besteht darin, dass man ein System aus zwei Differentialgleichungen 1. Ordnung bildet und nach klassischer Regelungstheorie eine Reglersynthese durchführt. Bei n Variablen ist dies nur durch eine Matrizendarstellung möglich. Wie oben erwähnt, soll auf diese Problematik im Buch nicht eingegangen werden. Wir zeigen hier eine mittles PC vereinfachte Lösung, in dem der Reglerentwurf in zwei Schritten durchgeführt wird. Zuerst werden die Einstellparameter des PID-T1-Reglers für einen einfachen Zustand, z. B. für g1 = 1 und g2 = 0, rechnerisch ermittelt, dann werden die optimalen Werte der Parameter g1 und g2 interaktiv anhand einer Simulation gesucht.
KPS1, T1
w +
1, Tt1
−
x1
KPS2, T2
+
−
1, Tt2
x2 +
w1
−
w2 g2
g1 + KPR, Tn , Tv ,TR
+
Bild 12.17 Wirkungsplan des Regelkreises mit einem Zustandsregler und den Gewichtskoeffizienten g1 und g2
KPS1 = 1,1 T1 = 1,7 s Tt1 = 0,3 s KPS2 = 0,85 T2 = 1,9 s Tt2 = 0,6 s
388
12 Intelligente Regelung
Für g1 = 1 und g2 = 0 kann die optimale Einstellung des einschleifigen Kreises mit dem PID-T1Regler rechnerisch ermittelt werden, z. B. KPR = 0,5
Tn = 8 s
Tv = 0,8 s
TR = 0,08 s.
Das MATLAB/Simulink-Modell ist in Bild 12.18 gezeigt. Für die Simulation aus dem MATLAB-Command-Fenster mit dem Befehl » plot (t, x, ‘k’);
sind zwei Blöcke To Workspace vorgesehen, die normalerweise für eine Structure-Variable voreingestellt sind. Für die Parameterübergabe muss man den Typ Array aktivieren. Den Multiplexer Mux die für Ausgabe von zwei Signalen findet man in der Bibliothek Signals&Systems. Zum Simulationsbeginn stellt man zwei beliebige Werte von Gewichtskoeffizienten g1 und g2 ein, die dann schrittweise nachgebessert werden. Mux Mux
Sprung w =1
+ Sum
1.1
0.85
1.7s+1
1.9s+1
Kps1,T1
Tt1=0.3
Kps2,T2
t Clock
W2 + - Sum2
+ - Sum1
1
g1
2(s+0.125)(s+1.25) s(s+12.5)
To Workspace1
Tt2=0.6
W1
2
x To Workspace
g2
+ + Sum12
PID-T1-Regler
Bild 12.18 MATLAB/Simulink-Modell mit optimalen Kennwerten des Zustandsreglers
Zweipunktregler Im Bild 12.19 ist ein simulierter Regelkreis mit dem Zweipunktregler und einer verzögerten Regelstrecke sowie der entsprechende Regelvorgang gezeigt. Der Regler hat die Schaltdifferenz 2xL = 0,2, der Stellbereich ist ymax = 1, ymin = 0. Die Strecke besteht aus zwei Gliedern: G1 =
1 , mit T1 = 0,5 s, 1 + sT1
G2 = e − sTt , mit Tt = 0,2 s. Am Ausgang entsteht eine Arbeitschwingung mit der Amplitude x0 ≈ 0,22, die sich
12.2 Regelkreisanalyse mit MATLAB / Simulink
389
nach der Faustformel
x0 =
X E Tu ⋅ 2 Tg
überprüfen lässt. Mit Tg = T1, Tu = Tt und XE = KPS ymax = 1 liegt die berechnete Amplitude bei x0 ≈ 0,2. Bei großen Schwingungsamplituden ist die Abweichung vom linearen Verlauf der Regelgröße, wie in Bild 12.19 gezeigt, deutlich zu sehen.
Bild 12.19 MATLAB/Simulink -Modell eines Regelkreises mit dem Zweipunktregler und die Sprungantwort bei symmetrischer Lage der Führungsgröße w0 = 0,5 im Regelbereich XE = 1,0
Digitale Regelung mit MATLAB/Simulink Ein Regelkreis mit einem digitalen Regler und kontinuierlich arbeitender Strecke kann einfach mit Hilfe von z- und s-Transferfunktionen aus den Bibliotheken Continuous und Discrete, die man in Library Browser findet, simuliert werden. Im Wirkungsplan des Bildes 12.20 ist ein digitaler P-Regler mit Verzögerung T1 als z-Übertragungsfunktion
GR ( z ) =
K PR (1 − a1 ) z − a1
simuliert. Der Baustein Discrete Transfer Fon berücksichtigt die dem Regler zugehörigen Abtaster und Halteglied. Ein externes Halteglied ist am Eingang des Stellglieds bzw. der Regelstrecke vorgesehen. Die Stellgröße y(kT) wird aus dem MATLABCommand-Fenster als Treppenkurve mit dem Befehl stairs(t, y, ’k’) ausgegeben.
390
12 Intelligente Regelung
Bild 12.20 Simulationsmodell eines digitalen Regelkreises
Die analoge Strecke 2. Ordnung mit Verzögerung ist mit gewöhnlichen Blöcken der Bibliothek Continuous im Kreis abgebildet. Die entsprechenden Sprungantworten sind in Bild 12.21 gezeigt. Die simulierte Regelgröße stellt, wie auch zu erwarten ist, ein analoges Signal dar. Sie wird auch aus dem MATLAB-Command-Fenster mittels Anweisung plot(t, x, ’k’) aufgerufen.
a) Stellgröße y(kT)
b) Regelgröße x(t)
Bild 12.21 Sprungantworten des digitalen Regelkreises
Für die Aufnahme von simulierten Signalen bietet SIMULINK mehrere Möglichkeiten, wie Scope, numerische Displays, Ports usw. an. Entscheidet man sich für die Parameterübergabe, wie in Bild 12.19 mittels To Workspace, sollten die Formate der zu übergebenden Vektoren bzw. Dimensionen gleich sein, ggf. sollt man die Datenformate von Structure auf Array umstellen. Es reicht dafür, das Symbol des Blocks To Workspace und dann Save Format zu aktivieren. Die Signalquelle, z. B. step sollte genauso auf 1DFormat unter Interpret vector parameters as 1D umgestellt werden.
12.3 Modellbasierte Regelung
391
12.3 Modellbasierte Regelung Mit einem Mikroprozessor als Regler ist man nicht mehr an die klassischen PIDAlgorithmen gebunden und kann kompliziertere Regelalgorithmen entwickeln. In erster Linie versucht man das Modell der Regelstrecke in einem Regelalgorithmus zu berücksichtigen, um die Eigenschaften der Strecke noch vor dem Eintreten eines Störsignals bzw. vor der Bildung der Stellgröße zu berücksichtigen. Voraussetzungen sind, dass ein exaktes Modell der Strecke vorliegt und dass die Antwortzeit des Reglers durch die Bearbeitung des Algoritmus nicht drastisch verzögert wird. Solche Verfahren, bei denen das Streckenmodell ein Bestandteil des Reglers ist, nennt man modellbasierte Verfahren. 12.3.1 Kompensationsregler Das Konzept der Kompensationsregelung ist sehr einfach, nämlich die Übertragungsfunktion der Strecke GS(s) soll durch die des Reglers GR(s) so kompensiert werden, dass daraus eine gewünschte Übertragungsfunktion GM(s) des geschlossenen Regelkreises entsteht. Der Kompensationsregler GR(s) besteht also aus zwei Teilen. Der erste Teil beinhaltet die reziproke Übertragungsfunktion 1/GS(s), mit dem die Übertragungsfunktion der Strecke GS(s) kompensiert wird. Der zweite Teil wird anhand der gewünschten Übertragungsfunktion GM(s) bestimmt: Gw (s) =
G R ( s ) GS ( s ) = GM (s) 1 + G R ( s )GS ( s )
(12.1)
Aus Gl. (12.1) folgt die Übertragungsfunktion des Reglers (Bild 12.22): GR ( s) =
GM (s) 1 . ⋅ 1 − G M ( s ) GS ( s )
(12.2)
Die Übertragungsfunktion des aufgeschnittenen Kreises hängt nicht mehr von der Strecke ab: G0 ( s ) = G R ( s )GS ( s ) =
GM ( s) GM ( s) 1 . ⋅ ⋅ GS ( s ) = 1 − G M ( s ) GS ( s ) 1 − GM (s)
(12.3)
Der Kompensationsregler nach (12.2) ist nur für Führungsverhalten und nur für Strecken ohne Ausgleich und ohne Totzeit anwendbar. Regler
+
w
+
–
+
GM
1 GS
Strecke x GS
Bild 12.22 Wirkungsplan des Regelkreises mit Kompensationsregler
392
12 Intelligente Regelung
Für einen stabilen Regelkreis soll das Nennerpolynom der Gl. (12.3) keine Polstellen in der rechten s-Halbebene besitzen. Dies soll bei der Wahl der gewünschten Übertragungsfunktion GM(s) berücksichtigt werden. Aus Gl. (12.2) folgt, dass auch die Strecke keine Pol- und Nullstellen in der rechten Halbebene haben darf, sonst wird der Regler und damit der Gesamtkreis instabil. • Beispiel 12.8 Gegeben: a) Die Parameter der P-T2-Regelstrecke KPS = 5, T1 = 1,25 s, T2 = 0,2 s b) Die gewünschte Übertragungsfunktion des Regelkreises mit Tw = 0,02 s
GM ( s ) =
1 . (1 + sTw ) 2
Gesucht: die Übertragungsfunktion des Kompensationsreglers. Die Lösung erfolgt nach Gl. (12.2)
GR ( s) =
1 (1 + sT1 )(1 + sT2 ) (1 + sT1 )(1 + sT2 ) ⋅ = 2 K PS 2 K PS ⋅ sTw (1 + 0,5 ⋅ sTw ) (1 + sTw ) − 1
GR ( s) =
T1 (1 + sT1 )(1 + sT2 ) . ⋅ 2 K PSTw sT1 (1 + s ⋅ 0,5Tw )
bzw.
Dies entspricht der Übertragungsfunktion eines PID-T1-Reglers
GR ( s) = K PR
(1 + sTn )(1 + sTv ) sTn (1 + sTR )
mit Kennwerten Tn = T1 = 1,25 s, Tv = T2 = 0,2 s, TR = 0,5⋅Tw = 0,01 s und
K PR =
T1 = 6,25 . 2 K PSTw
X Aufgabe 12.5 Die Regelstrecke ist ein P-T1-Glied mit KPS = 0,8 T1 = 2 s. Das Modell des geschlossenen Kreises hat auch ein P-T1-Verhalten, jedoch mit KM = 0,2 und TM = 0,05 s. Es soll die Übertragungsfunktion des Kompensationsreglers GR(s) bestimmt und nach IEC 61131 mit der Funktionsbausteinsprache (siehe Abschnitt 11.2.4) programmiert werden.
12.3 Modellbasierte Regelung
393
12.3.2 Smith-Prädiktor Ein nach Gl. (12.2) konfigurierter Kompensationsregler GR(s) wird im Fall einer Regelstrecke mit Totzeit
GS ( s ) = e − sTt unendlich viel Nullstellen besitzen, was durch die reziproke Übertragungsfunktion der Regelstrecke bedingt ist: 1 = e sTt GS ( s ) Um das Prinzip des Kompensationsreglers auch auf Strecken mit Totzeit zu erweitern, wird die Regelstrecke als ein Totzeitglied und eine Teilstrecke ohne Totzeit GS(s) dargestellt (Bild 12.23a). Die Übertragungsfunktion des Regelkreises ist: Gw (s) =
GR ( s ) GS ( s) e − sTt
.
1 + G R ( s ) GS ( s ) e − sTt
(12.4)
Durch die Verschiebung der Verzweigungsstelle der Rückführung, wie in Bild 12.23b gezeigt ist, wird die Wirkung des Totzeitgliedes aufgehoben und folglich der Entwurf eines Kompensationsreglers nach Gl. (12.2) möglich. Die Übertragungsfunktion des Regelkreises ist in diesem Fall: * Gw (s) =
K Pr ( s) GS ( s) − sTt e 1 + K Pr ( s ) GS ( s )
(12.5)
Man nennt den in Bild 12.23b als KPr bezeichneten Regler Smith-Prädiktor nach den Namen des Entwicklers (Berkley-University, 1957) und weil der Regler mit Hilfe des Streckenmodells das Verhalten des Regelkreises „voraussehen“ kann. Der Reglerteil KPr wird wie ein Standard-Regler, z. B. PID, oder wie ein Kompensationsregler mit Hilfe des gewünschten Verhaltens GM(s) konfiguriert. In beiden Fällen soll die Übertragungsfunktion GR(s) des Reglers und die des Reglerteils KPr(s) so gewählt werden, dass die Übertragungsfunktion (12.5) gleich der ursprünglichen Ü* (s) = Gw (s) . bertragungsfunktion (12.4) bleibt, d. h. G w
Strecke
Regler w GS
GR
e
-sTt
x
w GS
KPr
e
-sTt
–
– a)
b)
Bild 12.23 Regelkreis mit Totzeitglied (a) und die Umformung des Wirkungsplans (b)
x
394
12 Intelligente Regelung
Daraus folgt die Übertragungsfunktion des Reglers:
GR (s) =
K Pr ( s)
(12.6)
1 + K Pr ( s ) GS ( s ) (1 − e − sTt )
Aus Gl. (12.6) ist ersichtlich, dass die Ordnung des Nennerpolynoms größer als die des Zählers ist, was die Realisierung des Smith-Prädiktors für Strecken mit Totzeit ermöglicht. Dafür ist allerdings eine exakte mathematische Beschreibung der Regelstrecke erforderlich. Der Wirkungsplan des Smith-Prädiktors nach Gl. (12.6) ist in Bild 12.24 dargestellt. Strecke
Regler
w
+
KPr
–
–
GS
e
-sTt
x
+ GS
-sTt – e
Bild 12.24 Wirkungsplan eines Regelkreises mit Smith-Prädiktor für Strecken mit Totzeit •
Beispiel 12.9
Bild 12.25 zeigt einen simulierten Regelkreis bestehend aus einer P-T2-Regelstrecke mit der Totzeit und des Smith-Prädiktors. Der Reglerteil KPr(s) stellt einen PI-Regler dar, der als Parallelschaltung von Gain und Integrator konfiguriert ist. Das Totzeitglied e MATLAB/Simulink-Block Transport Delay mit Tt = 5 s.
Bild 12.25 Smith-Prädiktor mit MATLAB/Simulink
− sTt
entspricht dem
12.3 Modellbasierte Regelung
395 Der
Einheits-Führungssprung
w0 = 1 wird zum Zeitpunkt t = 5 s vorgegeben. In Bild 12.26 verläuft die Sprungantwort mit der Überschwingweite von 5% und der Ausregelzeit Taus = 15 s. Diese Gütekriterien dürfen für die Regelstrecke mit T1 = 2 s, T2 = 1 s, Tt = 5 s als optimal gelten.
Bild 12.26 Sprungantwort der Regelgröße zu Bild 12.25
Mit dem Smith-Prädiktor kann der Verlauf der Regelgröße eines digitalen Regelkreises, angefangen von einem beliebigen Zeitpunkt tE für einen Zeitabschnitt Δt vorausgesagt werden. Dafür soll erst das Modell GM(s) des Prozesses für ein längeres Zeitintervall von tA bis tE bestimmt werden. Danach wird die Stellgröße für einen kurzen Zeitabschnitt Δ t berechnet und ausgegeben. Der Anfangspunkt tA für die Berechnung wird ständig nach vorn in der Zeit verschoben, so dass auch die Stellgrößen für die nachfolgenden Zeitabschnitte tE+Δ t, tE+2Δ t, ... ständig korrigiert werden. X Aufgabe 12.6 Die in Bild 12.25 gegebene Regelstrecke bestehend aus einem P-T2-Glied KPS = 0,8, T1 = 2 s, T2 = 1 s, und einem Totzeitglied Tt = 5 s wird mit einem klassischen PI-Regler (kein SmithPrädiktor) geregelt. Es soll die Sprungantwort des Regelkreises ermittelt und mit der Sprungantwort des Bildes 12.26 verglichen werden.
12.3.3 Regler mit endlicher Einstellzeit Das Konzept der Kompensationsregelung ist auch für die digitale Regelung vorstellbar. Ersetzt man die Übertragungsfunktionen der Gl. (12.2) durch die digitalisierten Abbildungen, so folgt y ( z) GM ( z) x ( z) 1 . GR ( z ) = R = ⋅ = M e( z ) 1 − G M ( z ) GS ( z ) GS ( z ) Mit xM(z) ist hierin die gewünschte Sprungantwort des Kreises bezeichnet. Ist diese vorgeschrieben und die Übertragungsfunktion GS(z) der Strecke vorhanden, kann die Übertragungsfunktion GR(z) des Reglers ermittelt werden. Man kann das gewünschte Zeitverhalten xM(t) anders als vorher formulieren, dass die Regelgröße in möglichst kurzer Zeit ihren durch die Führungsgröße w(t) vorgegebenen Wert annimmt. Dafür
396
12 Intelligente Regelung
soll der Regler in der Lage sein, die Stellgröße auf einen möglichst großen Wert zu verstellen, d. h. von yRmax auf yRmin und umgekehrt, um die entsprechend schnelle Änderung der Regelgröße zu erreichen. Wegen der Anschläge des Stellgliedes beim Umschalten benutzte man dafür die Bezeichnung bang-bang-Regelung. Da dabei der Übergang der Regelgröße von einem zu dem anderen Sollwert ohne Überschwingen erfolgt, ist dieses Verfahren als Dead-Beat-Regelung (engl. aperiodisch) bekannt. Die regelungstechnische Aufgabenstellung unterscheidet sich von bisher behandelten und wird Regelung auf endliche Einstellzeit genannt. Es gibt mehrere Möglichkeiten, die genaue Lösung zu bestimmen. Eine davon besteht darin, dass die Stellgröße yR(t) und die Regeldifferenz e(t) = w(t) – xM(t) als z-Transformierte der Impulsfolgen dargestellt werden, die von der sprungförmigen (auch z-transformierten) Führungsgröße z w( z ) = w0 im Kreis verursacht sind. Für eine I-T1-Strecke mit z −1
GS ( s ) =
K PS sTI (1 + sT1 )
führt dies beispielsweise zu e( z ) = w0 + d1 z −1 y R ( z ) = c0 + c1 z −1 , woraus der Regelalgorithmus mit Koeffizienten c0, c1 und d0 ermittelt wird: y ( z ) c0 GR ( z ) = R = ⋅ e( z ) w0
c z+ 1 c0 d z+ 1 w0
Für die gegebenen Kennwerte KPS = 0,5, T1 = 1 s, TI = 4 s, TA = 1 s errechnet sich GR(z) zu G R ( z ) = 12,656
z − 0,368 , z + 0,418
woraus die Stellgröße als Folge von zwei Impulsen berechnet wird: y R (0) = 12,656 ⋅ w0 y R (TA ) = −4,656 ⋅ w0 y R (kTA ) = 0 für k ≥ 2. Ein anderer Lösungsweg geht über die Theorie der zeitoptimalen Steuerung. Feldbaum (1972) hat nach dem Pontrjaginschen Maximumprinzip ein Satz formuliert, der den Verlauf der Stellgröße bei der Regelung auf endliche Einstellzeit als eine stückweise konstante Funktion definiert, die aus höchstens n Konstanzintervallen besteht,
12.3 Modellbasierte Regelung
397
d. h. die Umschaltung der Stellgröße wird in höchstens n − 1 Punkten festgelegt, wobei n die Ordnung des Systems ist. Für n = 2 genügt also eine Umschaltung. •
Beispiel 12.10 −2
Der Ausgang eines Doppel-I-Gliedes (Bild 12.27) KIS1KIS2 = 4 s soll aus einem Anfangszustand x(0) = 0 in ein Endzustand x(TAus) = w0 = 2 innerhalb der vorgeschriebenen Zeit TAus = 0,8 s umgestellt werden.
Bild 12.27 Bildung des Stellsignals eines Systems 2. Ordnung Nehmen wir an, dass die Stellreserve yRmin = − yRmax beträgt., d. h. nach dem Umschalten wird die Regelgröße symmetrisch verlaufen. Für n = 2 ist eine Umschaltung möglich. Den Umschaltpunkt legen wir in der Mitte des vorgeschriebenen Zeitintervalls fest (Bild 12.28).
Bild 12.28 Verlauf der Stellgröße mit Stellreserve: yRmax = + 3,125 yRmin = − 3,125
Nun kann die Stellgröße ermittelt werden. Dafür brauchen wir die Sprungantwort:
³
³
³
x(t ) = K IS2 K IS1 y (t ) dt = K IS2 K IS1 y (t ) t dt = K IS1 K IS2 ⋅ Für den Umschaltpunk t = 0,5 TAus = 0,4 s folgt daraus
t2 ⋅ y (t ) . 2
398
12 Intelligente Regelung 2
w §T · 1 §T · x¨ Aus ¸ = K IS1K IS2 ¨ Aus ¸ y max = 0 2 © 2 ¹ 2 © 2 ¹
y max = 3,125 .
Die nach dem Bild 12.27 simulierte Sprungantwort ist in Bild 19.29 zu sehen. Die Konfigurierung des Stellsignals in MATLAB/Simulink erfolgt, wie im Bild 12.27 gezeigt, als Überlagerung von drei step-Funktionen mit folgenden Parametern: Parameter Step time Initial value Final value Sample time
w01 0 0 3.125 0
w02 0.4 0 6.25 0
w03 0.8 0 3.125 0
Bild 12.29 Verlauf der Regelgröße bei der Regelung auf endliche Einstellzeit eines Doppel-I-Gliedes mit TAus = 0,8 s und w0 = 2
Die Anwendung der rechnerisch ermittelten Algorithmen ist wegen der Stellgrößenbegrenzung und den Ungenauigkeiten des Streckenmodells in der Praxis erschwert. So wendet man sich an die quasioptimalen Verfahren, die auf angenäherten Streckenmodellen und vereinfachten Rechenalgorithmen basieren. Wie das Beispiel in Bild 12.30 zeigt, wird die Stellgröße auf den maximal möglichen Wert gesetzt und nach dem Erreichen des Sollwerts nach unten korrigiert.
Bild 12.30 Quasioptimale Einstellung auf endliche Antwortzeit für eine P-T1-Strecke. Die Faustformel
y − y R0 y RA = y R0 + Rmax 1 + xm gilt auch für die schwingungsfähigen Strecken. Hierin ist xm die zugelassene Regeldifferenz bzw. Überschwingweite.
12.4 Fuzzy-Regler
399
12.4 Fuzzy-Regler Die Fuzzy-Logik formuliert die eindeutigen Messgrößen, wie Temperatur und Druck, im Gegensatz zu numerischen Variablen nicht in Zahlen, sondern in umgangssprachlichen Begriffen, so genannten linguistischen Variablen, wie „groß“ oder „klein“, und verhilft komplexen Systemen zu einer übersichtlichen Darstellung ohne mathematischer Beschreibung. Die unscharfe Logik (engl. fuzzy bedeutet unbestimmt oder verwischt) wurde 1965 von Zadeh vorgeschlagen, von Kosko weiter entwickelt, von Mamdani und Sugeno an Fuzzy-Controller angepasst. Die regelungstechnischen Anwendungen findet man bei Frank, Kahlert, Kindl, Tilli. Die Fuzzy-Regler sind robust, d. h. sie behalten das stabile Verhalten, auch wenn die Parameter der Regelstrecke nicht konstant sind. Der Zeitaufwand und die Kosten für die Entwicklung von Fuzzy-Reglern sind niedriger als die von den „klassischen“ Reglern. So werden Fuzzy-Regler meist bei Strecken, von denen man ein robustes Verhalten erwartet, z. B. bei Kraftfahrzeugen, Haushalts- und Medizingeräten eingesetzt.
12.4.1 Funktionsweise und Aufbau eines Fuzzy-Reglers Die linguistischen Variablen werden mit Zugehörigkeitsfunktionen in Untermengen eingeteilt, die für eine Variable, z. B. Temperatur, „hoch“, „mittel“ oder „niedrig“ heißen könnten. Solche Einteilung wird als Fuzzifizierung bezeichnet. Danach werden die linguistischen Terme mit logischen Operatoren verknüpft und mit Regeln beschrieben. Daraus entsteht die so genannte Regelbasis, die die Variablen und die Regel verknüpft (Inferenz). Abschließend werden aus unscharfen Variablen die exakten Stellgrößen gebildet. Diese Operation nennt man Defuzzifizierung. Die Bausteine eines Fuzzy-Reglers nach Mamdani sind in Bild 12.31 gezeigt. Der aktuelle Wert eakt der Regeldifferenz wird am Eingang des Fuzzy-Reglers zunächst „verunschärft“. Der Regler wertet alle Regeln der Regelbasis für jeden linguistischen Wert der Regeldifferenz aus, d. h. bestimmt den Erfüllungsgrad jeder Regel. Mit Hilfe der logischen Operationen ermittelt danach der Regler die Fuzzy-Menge der Stellgrößen für jede Regel und bestimmt daraus einen resultierenden unscharfen Wert der Stellgröße. Abschließend ist aus der unscharfen Stellgröße ein scharfer Wert der Stellgröße yakt zu bilden, mit dem eine Stelleinrichtung angesteuert werden kann. If ... then
w(t)
μ e
+
Fuzzifizierung
−
Regelbasis
e Inferenz
μ
x(t)
y(t) y Defuzzi-
Regel-
fizierung
strecke
Bild 12.31 Wirkungsplan eines Regelkreises mit Fuzzy-Regler
400
12 Intelligente Regelung
12.4.2 Fuzzy-Mengen und Zugehörigkeitsfunktionen Eine „scharfe“ Menge A von Elementen Xi kann man durch eine Zugehörigkeitsfunktion μA(Xi), die nur zwei Werte 0 und 1 annimmt, charakterisieren. Diese Funktion wird auch als Wahrheitsgehalt einer Aussage bezeichnet, z. B. •
Ist μA(Xi) =1, so ist die Aussage „Größe Xi gehört zu Menge A“ wahr.
•
Ist μA(Xi) = 0, so ist die Aussage „Größe Xi gehört zu Menge A“ falsch, d. h. die Größe Xi gehört nicht zu Menge A.
Bei der Fuzzy-Logik sind im Gegensatz zur binären Logik fließende Übergänge zwischen Mengen möglich. Beispielsweise gibt der Zugehörigkeitsgrad μA(Xi) = 0,7 an, in welchen Maß die Größe Xi zu Menge A gehört. Ändert sich die Zugehörigkeitsfunktion zwischen 0 und 1, d. h. 0 < μA(Xi) < 1, so entsteht eine unscharfe Menge.
Fuzzifizierung Unter Fuzzifizierung versteht man die Übersetzung der in Zahlenwerte angegebener Information in Wertigkeiten sprachlicher Aussagen. Dies erfolgt mit Zugehörigkeitsfunktionen, die für jede sprachliche Aussage definiert werden. Da die linguistischen Werte nicht so exakt wie Zahlenwerte sind, werden sie mit Fuzzy-Sets spezifiziert. Als Standardformen für die Fuzzy-Sets verwendet man Trapez, Dreieck, Gaußsche Funktion, Singletons usw. Ein Beispiel von Fuzzy-Sets der linguistischen Variable e μ Negativ Null Positiv (Regeldifferenz) ist in Bild 1,0 12.32 gezeigt. Für eakt = − 4 0,8 0,6 sind: 0,4 μ Negativ (− 4) = 0,8 0,2 μ Null (− 4) = 0,2 0,0 e/V -8 -6 -4 -2 0 2 4 6 8 μ Positiv(− 4) = 0. eakt
Bild 12.32 Fuzzy-Sets der Eingangsgröße e
μ 1,0 0,8 0,6 0,4 0,2 0,0
close
open
2
4
6
8
Bild 12.33 Fuzzy-Sets der Ausgangsgröße y
y / mm
Man unterscheidet zwischen Fuzzy-Sets für Eingangs- und Ausgangsgrößen. Beispielsweise ist in Bild 12.33 die Fuzzifizierung der Ausgangsgröße y (Ventilhub) mit Singletons bei der Füllstandsregelung mit einem Ventil mit zwei Zuständen dargestellt.
12.4 Fuzzy-Regler
401
Verknüpfung von Fuzzy-Mengen Die Fuzzy-Mengen werden anhand von Zugehörigkeitsfunktionen dargestellt. Es ist jedoch üblich, die Fuzzy-Mengen durch die Zugehörigkeitsfunktionen zu ersetzen, um die Herleitung von Fuzzy-Logik zu vereinfachen. So werden im Folgenden diese beiden Begriffe gleichgesetzt. Die Fuzzy-Mengen lassen sich wie die klassischen „scharfen“ Mengen miteinander mit logischen Operationen verknüpfen: Eine Schnittmenge μ S zweier Fuzzy-Mengen μ1 und μ2 wird mit der logischen Verknüpfung UND gebildet und als t-Norm oder (μ1 UND μ2) bezeichnet. Da man eine Schnittmenge durch den Minimum-Operator bildet, wird der kleinste von den beiden Werten μ1 und μ2 gewählt, und als μ S = MIN (μ1, μ2) bezeichnet, wie in Bild 12.34 gezeigt ist.
•
μ
μ1
1,0
μ
μ2
1,0
0,8 0,6 0,4 0,2 0,0 0
5
10 eakt
15
20
0,8 0,6 0,4 0,2 0,0
e/V
μS = MIN (μ1 , μ2 )
0
5
10 eakt
15
20
e/V
Bild 12.34 Die Zugehörigkeitsfunktionen μ1 und μ2 (links) und die t-Norm (rechts)
Eine Vereinigungsmenge μV wird mit der logischen Verknüpfung ODER gebildet und als t-CoNorm bzw. als (μ1 ODER μ2) genannt. Da die Vereinigungsmenge durch den Maximum-Operator gebildet wird, gilt es μ S = MAX (μ1, μ2), d. h. es wird die größte von den beiden Funktionswerten μ1 und μ2 gewählt (Bild 12.35).
•
μ
μ1
1,0
μ
μ2
1,0
0,8 0,6 0,4 0,2 0,0 0
5
10 eakt
15
20
e/V
0,8 0,6 0,4 0,2 0,0
μS = MAX (μ1 , μ2 )
0
5
10 eakt
15
20
e/V
Bild 12.35 Die Zugehörigkeitsfunktionen μ1 und μ2 (links) und die t-CoNorm (rechts) •
Das Komplement μK der Fuzzy-Menge μ wird mit dem logischen Operator NOT gebildet, d. h. μK = NOT (μ) = 1 − μ.
402
12 Intelligente Regelung
12.4.3 Regelbasis und Inferenz Regelbasis Die Fuzzy-Sets der Ein- und Ausgangsgrößen eines Fuzzy-Reglers sollen miteinander durch gewisse Regeln verbunden werden. Jede Regel besteht aus einem WENN-Teil (Prämisse bzw. Bedingung) und einem DANN-Teil (Konklusion bzw. Schlussfolgerung). Im Allgemeinen besteht die Prämisse aus zwei linguistischen Eingangswerten, dessen gemeinsamer Erfüllungsgrad mathematisch bestimmt wird. Die gebräuchlichsten Operatoren sind die UND-Verknüpfung und die ODER-Verknüpfung. Die Regelbasis ist die Gesamtheit aller Regeln. • Beispiel 12.11 Die Regelbasis einer Füllstandsregelung mit einer Eingangsgröße e = w – x (Regeldifferenz) und zwei Ausgängsgrößen (Ventil_füllen und Ventil_leeren) sieht wie folgt aus: REGEL: 1 2 3
WENN
Regeldifferenz positiv negativ Null
DANN
Ventil_leeren open close close
UND
Ventil_füllen close open close
Inferenz: Erfüllungsgrad jeder Regel Ziel der Inferenz ist die Auswertung der Regelbasis. Durch eine Zusammenfassung der Teilentscheidungen der einzelnen Regeln mit Operatoren wird eine Schlussfolgerung gezogen, die einer bestimmten Ausgangsvariablen zugewiesen wird. Regeln, deren DANN-Teil nicht Null ist, heißen aktive Regeln. Falls mehrere Regeln aktiv sind, muss man die Erfüllungsgrad G jeder Regel überprüfen. Der Erfüllungsgrad ist der kleinste der Zugehörigkeitsgrade der linguistischen Terme (MinimumOperator bzw. UND-Verknüpfung). Der Erfüllungsgrad der Konklusion kann maximal nur so groß werden, wie der einer Prämisse. Den Erfüllungsgrad einer Prämisse kann man z. B. mit den UND Operatoren berechnen. In der Regelbasis werden alle Regeln aufgestellt, die einen sinnvollen Zusammenhang von Eingangs- und Ausgangsvariablen darstellen. Die Gliederung der Regelbasis kann tabellarisch oder bei zwei linguistischen Eingangsvariablen auch in Matrixform erfolgen. Am Ausgang der Regelbasis erhält man eine Anzahl von Regeln, die bei einem gegebenen Eingangswert unterschiedlich erfüllt sein können. Die Zusammenfassung der verschiedenen Regeln und ihrer Ausgangsmenge zu einer unscharfen Vereinigungsmenge (ODER- Verknüpfung) nennt man Akkumulation. •
Beispiel 12.12
Ein Fuzzy-Regler hat zwei Eingangsgrößen e1, e2 und eine Ausgangsgröße y. Die Fuzzy-Sets für Ein- und Ausgangsgrößen sind gegeben (Bild 12.36). Der Erfüllungsgrad jeder der nachfolgenden Regeln soll für e1akt = −4 und e2akt = −2 bestimmt werden.
12.4 Fuzzy-Regler Regel 1: Regel 2:
403
WENN e1 Negativ WENN e1 Null
UND UND
e2 Null, e2 Null,
DANN y ist Klein. DANN y ist Mittel.
WENN-Teil
DANN-Teil
Regel 1:
μ1
Negativ
1,0
0,0
-8
-4
μ2 μ 1= 0,8
0 e1akt
4
8
e1
μy
Null G = MIN (μ ,μ ) 1 1 2 1,0 = 0,6 μ2= 0,6
1,0
0,0
0,0
-8
-4
0 4 e2akt
8
e2
Klein
0
2
Mittel
4
6
Groß
8
y /V
Regel 2:
μ1
μ12
Null
1,0
μ2= 0,6
μ 2= 0,2 0,0
-8
-4
0
4
8
e1
e1akt
0,0
μy
Null
1,0
-8
-4
G2= MIN (μ1,μ 2) = 0,2 0 4 e2akt
8
e2
Klein
Mittel Groß
1,0
0,0
0
2
4
6
8
y /V
Bild 12.36 Ermittlung von Erfüllungsgraden der Fuzzy-Regeln des Beispiels 12.12 Für die gegebenen aktuellen Werte der Eingangssgröße sind die Zugehörigkeitsfunktionen aus der ersten Regel:
μ1 = 0,8
μ2 = 0,6.
Daraus ergibt sich der Erfüllungsgrad der Regel 1:
G1 = MIN (μ1, μ2) = MIN (0,8 0,6) = 0,6. Analog wird der Erfüllungsgrad der Regel 2 bestimmt:
G2 = MIN (μ1, μ2) = MIN (0,2 0,6) = 0,2.
12.4.4 Defuzzifizierung Das Ergebnis der Fuzzy-Inferenz ist eine unscharfe Menge, wie der DANN-Teil in Bild 12.36 zeigt. Daraus soll nun wieder eine exakte (scharfe) Stellgröße gebildet werden. Für die Umwandlung können verschiedene Methoden angewendet werden, z. B. Maximum- oder Schwerpunktmethode. Nach der Schwerpunktmethode CoG (Center of Gravity) werden die Ausgangsterme gemeinsam als eine Fläche interpretiert und die Abszissen der Flächenschwerpunkte y1, y2, ... bestimmt. Da alle Regeln zugleich mit dem Erfüllungsgrad G1, G2, ... gelten sollen, wird die resultierende Fuzzy-Menge μres als ODER-Verknüpfung (MaximumOperator) der Ausgangstermen für jede Regel ermittelt. Der Flächenschwerpunkt yakt bildet einen festen Wert für die Stellgröße y:
404
12 Intelligente Regelung n
¦ Gi ⋅ y i
y akt = i =1
.
n
(12.7)
¦ Gi i =1
Gl. (12.7) gibt allerdings den angenäherten Wert des Schwerpunktes an, was für die praktischen Anwendungen genügt. •
Beispiel 12.13 μ a)
Klein
Mittel
Groß
1,0
G1 = 0,6 G2 = 0,2
0,8 0,6 0,4 0,2 0,0 0
2
4
6
8
y/V
μ res b)
1,0
μ res = MAX (μ Klein , μ Mittel )
0,8 0,6 0,4 0,2 0,0 0
2
4
6
8
y/V
yμ2
yμ1
Die Fuzzy-Inferenz nach dem DANN-Teil des Beispiels 12.12 ist in Bild 12.37a gezeigt. Die resultierende Menge μres wird nach dem MaximumOperator gebildet und stellt sich somit die Einhüllende der Funktionen μ Klein und μ Mittel dar (Bild 12.37b). Die Erfüllungsgrade G1 und G2 werden vom Beispiel 12.12 übernommen: Die Schwerpunktabszissen von Termen Klein, Mittel, Groß werden aus dem Bild 12.37 bestimmt: y1 = y Klein = 2,5 V y2 = y Mittel = 5,0 V y3 = y Groß = 7,5 V.
yakt
Bild 12.37 Defuzzifizierung der Stellgröße y
Der Flächenschwerpunkt wird nach Gl. (12.7) berechnet:
y akt =
G1 ⋅ y μ1 + G 2 ⋅ y μ 2 0,6 ⋅ 2,5V + 0,2 ⋅ 5V = = 3,125V . 0,6 + 0,2 G1 + G 2
(12.8)
Wiederholt man die Berechnung der Stellgröße yakt nach Gl. (12.8) für verschiedene Werte von Eingangsgröße yakt, so kann die statische Ausgang-/ Eingang-Kennlinie bestimmt werden. In nachfolgenden Abschnitten werden die statischen Kennlinien mit MATLAB berechnet.
12.4 Fuzzy-Regler
405
12.4.5 Fuzzy Logic Toolbox von MATLAB Mit der Fuzzy Logic Toolbox kann man einen Fuzzy-Regler direkt über die commandline oder über eine graphische Benutzeroberfläche erstellen. Danach kann der FuzzyRegler in einen MATLAB/Simulink-Block übertragen und getestet werden.
Fuzzy-Inferenz System (FIS-Editor) Die graphische Oberfläche des FIS-Editors (Bild 12.38) wird über das MATLABCommand Fenster mit dem Befehl » fuzzy
aufgerufen. Hier kann man: •
die Ein- und Ausgangszugehörigkeitsfunktionen durch Doppelklick auf Symbole erstellen bzw. zuweisen
•
die Reglerart zwischen Mamdani- oder Sugeno wählen
•
die Fuzzy- Operatoren und die Defuzzifizierungsmethode durch Pop-Up Menüs bestimmen.
Um eine vorhanden Datei, z. B. tipper1.fis aufrufen, wird der Dateinamen eingegeben: » fuzzy tipper1
Bild 12.38 Graphische Oberfläche des FIS-Editors (Fuzzy Inference System)
406
12 Intelligente Regelung
Einstellen der Zugehörigkeitsfunktionen Nachfolgend wird die Erstellung eines PD-Fuzzy-Reglers für die Regeldifferenz e (Durchfluss) und die Ableitung de/dt mit der Stellgröße Ventil_44 beschrieben. Durch Doppelklick auf das Input-Symbol öffnet sich eine Benutzeroberfläche, mit der die Zugehörigkeitsfunktionen für die Größe Durchfluss erstellt wird. In dem Pull-Down Menü Edit wird Add MFs.. ausgewählt. Es erscheint eine Bedienoberfläche, wie in Bild 12.39 gezeigt. Zunächst sind die Anzahl der linguistischen Terme und die Darstellungsform (Dreieck, Trapez usw.) der Zugehörigkeitsfunktionen zu bestimmen. Danach werden die Wertebereiche der Variablen und die Stützstellen der linguistischen Terme angegeben, wie in Bild 12.40 für die Eingangsvariable Durchfluss (e) gezeigt ist. Nach gleicher Vorgehensweise erfolgen die Einstellungen für den zweiten Reglereingang (de/dt), sowie für die Ausgangszugehörigkeitsfunktionen (Ventil_44).
ZugehörigkeitsFunktion (Form)
Linguistische Terme (Anzahl)
Bild 12.39 Auswahl der Zugehörigkeitsfunktionen
Bild 12.40 Benutzeroberfläche mit angegebener Eingangsvariable Durchfluss (e)
12.4 Fuzzy-Regler
407
Erstellen der Regelbasis Mit dem Pull-Down Menü View, dann Edit Rules, oder durch einen Doppelklick auf das Reglersymbol, wird der Editor für die Regelbasis geöffnet (Bild 12.41). Die Regeln können über ein Pop-Up Menü (Rule Format) in drei Abbildungsweisen dargestellt werden. Das Format indexed ist eine Matrixdarstellung mit MATLAB, die die Regelbasis intern verarbeitet.
Bild 12.41 Regelbasis des Fuzzy-Regler für die Regelgröße Durchfluss (e)
Mit dem Pull-Down Menü View, dann View Rules öffnet sich ein Fenster, das die Regelbasis mit den Eingangsvariablen e und de/dt und der zugehörigen Ausgangsvariablen Ventil_44 zeigt.
Kennfeld und Kennlinien Mit dem Pull-Down Menü View, dann View Surface öffnet sich ein Fenster, dass das Übertragungsverhalten des Fuzzy-Reglers durch ein Kennfeld beschreibt. Die X- und die Y-Größen des Kennfelds können aus den beiden Eingangsvariablen über Pop-Up Menüs ausgewählt werden. Mit der Maus kann man die 3-D-Darstellung so verändern, das man sie aus verschiedenen Blickrichtungen betrachten kann. Über X-und Y-grids werden die Gitternetzlinien für das Kennfeld eingestellt. Im geöffneten Fenster lassen sich statische Kennlinien des Reglers über die Pop-UpMenüs X-Input und Y-Input darstellen (Bild 12.42). Da die Kennlinie annähernd linear ist, sind die Möglichkeiten des Fuzzy-Reglers nicht im vollen Umfang genutzt. Durch Verschiebung von Stützstellen kann die Kennlinie optimiert werden.
408
12 Intelligente Regelung Anschließend wird der Fuzzy-Regler als FIS-Datei im MATLAB / Bin-Verzeichnis (kein Toolbox-Verzeichnis) gespeichert. Mit folgenden Anweisungen wird die, FIS-Datei vom MATLAB angesprochen: » a = readfis(’Fluss.fis’); » showfis (a); » plotfis (a); » plotmf (a, ’input ’,1); » plotmf (a, ’output’,1);
Bild 12.42 Statische Kennlinie des Fuzzy-Reglers
Fuzzy-Regler mit MATLAB/Simulink Um einen Fuzzy-Block für MATLAB/Simulink zu erstellen, müssen zuerst die Variablen im MATLAB Command-Fenster nach folgender Form zugewiesen werden: » Variable = Befehl (`Reglerdatei’); » a = readfis (`Fluss`);
Bild 12.43 Implementierung des Fuzzy-Reglers in MATLAB/Simulink
Danach wechselt man in die Simulink-Umgebung. Aus einer Beispiel-Datei kopiert man das Block-Symbol (siehe oben) und fügt es in seine eigene Anwendung in MATLAB/Simulink ein. Durch Doppelklick auf das Block-Symbol FuzzyFluss1 erscheint ein Fenster (Bild 12.43), in dem die Variable des Reglers eingetragen wird.
12.5 Neuro-Regelung
409
12.5 Neuro-Regelung Der Begriff des künstlichen Neurons wurde erstmals vom Neurophysiologen W.S. McCulloch und vom 18jährigen Mathematiker W. Pitts (1943) veröffentlicht. Die Jahrzehnte später erfundenen zahlreichen Neuronenmodelle stützten sich im Wesentlichen auf dieses Grundmodell. Das erste künstliche Neuron war nicht lernfähig und wurde als ein logisches Schwellenwertelement mit mehreren Eingängen und einem Ausgang, das nur zwei Zustände annehmen kann, aufgebaut. Grundlage des Lernverfahrens kam erst 1949 nach einer Hypothese des Psychologen Donald Hebb, die besagt, dass das Lernen im Gehirn durch Änderung der Synapsenstärken erfolgt. Das Aufkommen der Rechnertechnik hat die Möglichkeit eröffnet, die einzelnen Neuronen in ein künstlichen neuronalen Netz (KNN) zu verbinden und mit veränderlichen Parametern zu simulieren. Die Lernfähigkeit eines Netzes besteht darin, die eigenen Gewichtungen so einzustellen, dass der Fehler zwischen Ist- und Sollwert des Netzausgangs für eine bestimmte Klasse der Eingänge möglichst minimal wird. Aus der Hebb’schen Lernregel entstanden weitere Modifikationen, wie Delta-Regel (1958), Widrow-Hoff’s-Regel (1960), Oja’s-Regel (1982), sowie die Back-und Counter-Propagation. Die nachfolgenden Neuronenforscher aus allen Himmelsrichtungen haben entsprechende fachspezifische Analogien zur Netz-Topologie und -Algorithmen mitgebracht, wie der Physiker J.J.Hopfield aus den magnetischen Eigenschaften von Festkörpern, der Elektrotechniker B.Widrow aus der Theorie der adaptiven Filter oder der Nobelpreisträger L.Cooper aus der Physik. Der Einsatz von künstlichen neuronalen Netzen für die Automatisierungstechnik hat bereits seit Mitte der sechziger Jahre begonnen. In den achtziger Jahren nahm die Zahl der Anwendungen stark zu. Hieraus entstanden neue Identifikationsmethoden und neue Regelungskonzepte mit Emulator- und Actor-Netzen. Da fast alle der mehr als 20 bekannten Netzmodelle für spezielle Anwendungen wie Klassifikation, Bildverarbeitung, Muster- und Spracherkennung entwickelt worden sind, haben sich nur einige für die Automatisierungstechnik herauskristallisiert, wie Perzeptronen und CMAC-Netze, Hopfield-Netze, Kosko’s BAM und Cooper’s RCE. Heute versteht man unter KNN adaptive Algorithmen, die in erster Linie für Identifikation, Klassifikation, Bild- und Sprachverarbeitung geeignet sind und als SoftwareProdukte, wie NeuroCheck, NeuroModel, NeuroSolutions, um nur einige zu nennen, angeboten werden.
12.5.1 Grundmodell eines künstlichen Neurons Das einfachste künstliche Neuron hat zwei Eingänge und einen Ausgang, der nur zwei Zustände, z. B. (−1, +1) oder (0, 1) annehmen kann (Bild 12.44). Der aktuelle Ausgang y des Neurons wird in zwei Schritten bestimmt. Im ersten Schritt wird der Aktivierungswert α mit den gegebenen Eingängen x1, x2 und Schwellenwert θ berechnet:
α = W1 x1 + W2 x 2 − θ
(12.9)
410
12 Intelligente Regelung
Im zweiten Schritt wird der Ausgangswert y mit Hilfe einer Aktivierungs- bzw. Transferfunktion y = f (α) berechnet. Als f (α) kommen eine Reihe mathematischer Funktionen in Frage. Im vorliegenden Beispiel wird eine binäre Aktivierungsfunktion mit y = +1 für α > 0 und y = −1 für α < 0 betrachtet. Jeder Kombination von Eingangswerten entspricht ein bestimmtes Kriterium. Ein Kriterium kann z. B. sein, ob sich der Eingangspunkt oberhalb (Klasse A) oder unterhalb (Klasse B) einer Grenzgerade befindet, wobei der Sollwert des Neuronenausgangs für Eingangswerte aus der Klasse A d = +1 und für Klasse B d = −1 ist. x2 4
Schwellenwert (Bias)
Gewichte
W1
x1
θ α
+
W2
x2
+
nz Gre Klasse B
2 0
Transferfunktion
−
Klasse A
2
y
Aktivierung
−1
x1
6
Sollwert
f(α)
+1
4
e
α
−
Netz- + ausgang
d E Fehler
Bild 12.44 Struktur eines KNN mit binärem Ausgang
Nehmen wir an, dass die zu erkennenden Klassen durch eine Gerade getrennt sind: x2 = a⋅x1 + b,
z. B. mit a = 0,5 und b = 1.
Für das Neuron wird die Grenze zwischen Musterklassen durch die Gleichung α = 0 abgebildet, d. h. α = W1x1+ W2x2 − θ = 0 bzw. W θ . x 2 = − 1 x1 + W2 W2
(12.10)
Aus dem Koeffizientenvergleich mit der Gerade x2 = a⋅x1 + b folgt:
θ W2
=b
−
W1 =a W2
Bei θ = 2 wird die Grenze korrekt mit den folgenden Gewichten abgebildet:
θ
2 =2 b 1 W1 = − a ⋅ W2 = −0,5 ⋅ 2 = −1 W2 =
=
Die Musterklasse A ist damit durch die Aktivierung α > 0 und den Ausgang y = +1 gekennzeichnet. Für die Klasse B ergibt sich α < 0 und damit y = −1.
12.5 Neuro-Regelung •
411
Beispiel 12.14 Gegeben ist ein trainiertes KNN mit der in Bild 12.44 gezeigten Struktur. Die Kennwerte sind:
jω = x 2 sP1
6
sP5
W1 = 1
4
sP3
2 −6
−4
−2
2
0
4
6 σ = x1
sP4
−2
W2 = 0,5 θ = 1. Das KNN wurde trainiert, die Stabilität eines Kreises in der s-Ebene zu erkennen (Bild 12.45). Dafür sind die folgenden Eingänge dem KNN gesetzt: x1 = σ
−4 sP2
x2 = jω.
sP6 −6
Bild 12.45 Die Pol-/Nullstelen-Verteilung
Die stabilen Zustände sind durch einen Parameter d = − 1 und die instabilen durch d = +1 gekennzeichnet. Es soll das KNN getestet werden.
Zunächst überprüfen wir nacheinander die Eingänge nach dem Bild 12.45. Für die Polstelle sP1 ist die Aktivierung nach Gl. (12.9)
α = x1 +0,5 ⋅ x 2 −θ = (−6) + 0,5 ⋅ 5 − 1 = −4,5 . Für α < 0 folgt aus der Transferfunktion y = −1. Da auch d = −1 gilt, ist die Erkennung korrekt. Auch für Polstelle sP3 gibt das KNN die korrekte Antwort:
α = x1 +0,5 ⋅ x 2 −θ = (−3) + 0,5 ⋅ 3 − 1 = −2,5 < 0
y = −1
⇐
d = −1 .
y = −1
⇐
d = +1 .
Bei der Erkennung der Polstelle sP6 tritt jedoch der Fehler auf:
α = x1 +0,5 ⋅ x 2 −θ = 3 + 0,5 ⋅ (−4,5) − 1 = −0,25 < 0
Statt alle Eingansgwerte nacheinander zu prüfen, kann man die KNN-Gewichte in die Grenzgerade nach Gl. (12.12) umwandeln und in das Diagramm des Bildes 12.45 eintragen:
W 1 1 θ bzw. x 2 = −2 x1 + 2 . x 2 = ax1 + b = − 1 x1 + =− x1 + 0,5 0,5 W2 W2 Daraus erkennt man sofort, dass das KNN die Grenze falsch gelegt hat und soll weiter trainiert werden. In nächsten Anschnitten wird gezeigt, wie eine komplexe Grenze abgebildet wird.
Da dem KNN keine Gewichte vorgegeben werden, ist es die Aufgabe des Lernvorgangs, sie so lange zu verändern, bis die Grenzgerade korrekt abgebildet wird. Als Fehlermaß gilt dabei die Differenz E zwischen dem Ist-Ausgang y und dem SollAusgang d. Der Lernalgorithmus besteht in Änderung von Gewichten, z. B.: W1 (neu) = W1 + η⋅(d − y)⋅x1
(12.11)
W2 (neu) = W2 + η⋅(d − y)⋅x2.
(12.12)
412
12 Intelligente Regelung
Die Iterationsschrittweite (Lernschrittweite) η bestimmt die Konvergenzgeschwindigkeit. Normalerweise gilt: 0 < η < 1. Meist wird das Fehlermaß jedoch nicht nach jedem Eingangspaar berechnet, sondern über alle Ein/-Ausgangs-Paare aufsummiert, um den Gesamtfehler E zu minimieren.
12.5.2 Mehrschicht-KNN und Backpropagation Die Einteilung der Eingangsvektoren kann von einzelnen Neuronen dann durchgeführt werden, wenn die Grenze zwischen den beiden Klassen eine Gerade ist, wie es bei den logischen Verknüpfungen UND und ODER der Fall ist. Sind für die Klassenbeschreibung mehrere Geraden bzw. mehrere logische Funktionen nötig wie z. B. bei der logischen XOR-Verknüpfung, wird für jede Grenzgerade ein Neuron eingesetzt. Damit entstehen die Mehrschicht-Netze, die aus Ein-, Ausgangs- und verdeckten Neuronen bestehen (Bild 12.46). x1 x1´ x1´´
x2
y1 x3
ym
x4
xn´´ xn´
xn
Ausgangsschicht 2. verdeckte Schicht 1. verdeckte Schicht Eingangsschicht
Der Lernvorgang läuft nach Gln. (12.11), (12.12) ab, d. h. zuerst werden die Ausgänge einzelner Schichten nacheinander, von Ein- bis zur Ausgangsschicht, berechnet. Dann werden die Ausgangswerte y1, y2, ... , ym und die entsprechenden Sollwerte d1, d2, ... , dm miteinander verglichen.
Bild 12.46 Mehrschicht-KNN mit 2 verdeckten Schichten X Aufgabe 12.7 Ein Mehrschicht-KNN mit binären Eingängen x1 und x2 ist im Bild 12.47 gezeigt. Das Ausgangsneuron y hat binäre Transferfunktion. Der Ausgang des verdeckten Neurons V wird mit einer Sigmoid-Transferfunktion v =
1 1 + e −α
ermittelt und gibt die Werte 0 < v <1 aus. Wel-
che logische Funktion simuliert das KNN?
θv = 2,2
x1 − 6,4
+ +
x2
− 6,4
+
αv
θy = 6,3
− 4,2 1
v
− 9,4
0 − 4,2
+ +
+ +
αy
1
y 0
Bild 12.47 Trainiertes KNN mit einem verdeckten Neuron
12.5 Neuro-Regelung
413
Entsteht dabei ein Fehler Ej = d j – y j bzw. der Gesamtfehler E = E12 + E 22 + ... , werden die Gewichte schrittweise korrigiert. Das Verfahren heißt Backpropagation, da der Fehler rückwärts übertragen wird. •
Beispiel 12.15
Gegeben ist das in Bild 12.48 gezeigte Zweischicht-Netz mit Gewichten W1 = −5; W2 = 1,5; Schwellenwerten θ1 = − 0,25; θ2 = 1,12 und mit exponentiellen Sigmoid-Transferfunktionen
v = f (α ) =
1 1 + e −α
und
y = f (β ) =
1 1 + e −β
. Jede Schicht besteht aus nur einem Neu-
ron. Die Ein-/Ausgänge des ersten Neurons sind x und v, die Ein- / Ausgänge des zweiten Neurons sind v und y. Das KNN θ1 wird mit einer einfachen θ2 Datei, die nur zwei Sätze − β − α v y x W1 W2 enthält, trainiert: f(α) f(β) + + 1) für x = 0 ist d = 0,5 2) für x = 1 ist d = 0,3.
Bild 12.48 KNN mit zwei Schichten zu Beispiel 12.15 Zuerst wird die Aktivierung und der Ausgang des verdeckten Neurons für x = 0 berechnet:
α = W1⋅x + θ 1 = −5⋅0 −(− 0,25) = 0,25 v=
1 1+ e
−α
=
1 1 + e −0,25
= 0,5622 ,
dann die Aktivierung des zweiten Neurons und der Netzausgang:
β = W2⋅v + θ 2 = 1,5⋅0,5622 −1,12 = − 0,2767 y=
1 1+ e
−β
=
1 1+ e
0, 2767
= 0,4313 .
Da für den 1. Satz d = 0,5 gilt, entsteht ein Fehler am Netzausgang:
E1 = d – y = 0,5 – 0,4313 = 0,0687. Für den 2. Satz x = 1 wird die Berechnung wiederholt. In diesem Fall ergebt sich:
v = 0,0086
y = 0,2484
E2 = d – y = 0,3 – 0,2484 = 0,0516.
Mit der Berechnung der quadratische Gesamtfehler
E = E12 + E22 = 0,0074 beginnt die Fehlerkorrektur bzw. Backpropagation. Der Fehler E wird für das verdeckte Neuron umgerechnet, z. B.
414
12 Intelligente Regelung Ev = E / W2= 0,0074 / 1,5 = 0,0049
und zwischen den beiden Schichten verteilt. Die Gewichte werden z. B. wie folgt korrigiert:
ΔW2 = η⋅E⋅(E1⋅v1+ E2⋅v2) = η⋅0,0074⋅(0,0687⋅0,5622 + 0,0516⋅0,0086) ΔW1 = η⋅Ev⋅(E1⋅x1+ E2⋅x2) = η⋅0,0049⋅(0,0687⋅0 + 0,0516⋅1) Beträgt z. B. die Lernschrittweite η = 500, so ergeben sich die folgenden Gewichte nach dem ersten Lernschritt:
W2(neu) = W2 + ΔW2 = 1,5 + 0.1444 = 1,6444 W1(neu) = W1 + ΔW1 = −5 + 0,1271 = −4,8729 Die Lernschritte werden solange wiederholt: 2. Schritt: 3. Schritt: 4. Schritt 5. Schritt:
E = 0,0050 E = 0,0041 E = 0,0036 E = 0,0033 usw.,
bis der Fehler E seinen minimalen Wert erreicht. Im vorliegenden Beispiel konvergieren die Gewichte zu W1= − 2 und W2 = 2.
12.5.3 Entwurf eines KNN mit MATLAB / Simulink Die Simulation eines KNN wird nachfolgend anhand von Neural Network Toolbox beschrieben. Die Bezeichnung von Variablen ist unten in der Tabelle erklärt. Es handelt sich dabei um das einfache KNN mit binärem Ausgang nach dem Bild 12.44. KNN-Bezeichnung Eingang x1
MATLAB-Bezeichnung Input vector p(1)
Beispiel 4 Eingangs-Vektoren p(1) p(2) p(3)
Eingang x2
Input vector p(2)
p(4)
P = [-0.5 -0.5 +0.3 +0.0; -0.5 +0.5 -0.5 +1.0];
Sollwert d
Classificator T
T=[
Gewichte W1 und W2
Weights W1 und W2
W = 0.3586
Schwellenwert θ
Bias b
b = − 0.2330
1
1
0
0];
0.8694
Die für einen Einstieg benötigten Funktionen sind unten zusammengestellt. KNN-Funktion Gewichte und Schwellenwert initialisieren
[W, b] = initp (P, T)
MATLAB-Anweisung
Musterklassen oder Grenzgerade zeichnen
plotpv (P, T) oder plotpc (W, b)
Trainieren (Lernen)
[W, b, epochs, errors] = trainp(W,b,P,T,-1);
Quadratischer Fehler anzeigen
ploterr (errors);
12.5 Neuro-Regelung
415
• Beispiel 12.16 Ein Einzelschicht-KNN mit zwei Eingängen und einem binären Ausgang (0, 1) soll für die Erkennung der logischen Funktion ODER mit Neural Network Toolbox trainiert werden. Die Struktur das aus MATLAB/Simulink-Elementen aufgebauten KNN ist in Bild 12.49 dargestellt.
Bild 12.49 Struktur des KNN mit MATLAB/Simulink (Neural Network Toolbox)
Die Anfangswerte von Eingängen sind: x1 = 1 und x2 = 0. Nach 5 s wird x2 sprungförmig von 0 auf 1 geändert. Die Eingabe erfolgt mit Anweisungen im MATLAB-Command-Fenster: » W [ 2,−2];
% Eingabe von Gewichten
» b = −0.25
% Eingabe des Schwellenwertes
» P = [ 0, 0, 1, 1; 0, 1, 0, 1];
% Eingabe von Eingangsmustern
» T = [ 0, 1, 1, 1];
% Sollwerte nach ODER-Funktion
» plot (y)
% Simulation/Start
» plotpv (P, T); » plotpc (W, b).
Die mit den letzten zwei Befehlen geöffneten Grafik-Fenster zeigen die Netzzustände: •
bei x1 = 1 und x2 = 0 wird y = 1;
•
bei x1 = 1 und x2 = 1 wird y = 0.
Aus dem Vergleich mit dem Bild 12.50a erkennt man, dass das KNN die Grenze falsch gelegt hat und der Lernvorgang gestartet werden soll. Dies erfolgt mit Anweisung » [ W, b, epochs, errors] = trainp (W, b, P, T, −1);
% Lernen mit Lerndatei (P, T).
Nach 5 Epochen findet das Netz die korrekte Lage der Grenze (Bild 12.50b). Der Verlauf des Fehlers wird mit der folgenden Anweisung ausgegeben: » plotter (errors)
a)
b)
Bild 12.50 Lernvorgang: a) Beginn mit W =[ 2, −2], b = −0,25; b) Ende nach 5 Schritten
416
12 Intelligente Regelung
12.5.4 Regelkreisstrukturen mit KNN Mit KNN als Regler sind neue Regelkreisstrukturen vorstellbar: •
mit einem Netz als Regler
•
mit zwei Netzen: als Regler und als Beobachter
•
mit einem Regler und einem Netz als Beobachter
Die KNN-Eingänge sind die Zustandsgrößen des Regelkreises, die Ausgänge sind je nach KNN-Funktion entweder Stellgrößen oder Kennwerte des Reglers. Für den Lernalgorithmus wird im Regelkreis eine zusätzliche „Lern-Rückführung“ eingebaut, die jedoch zeitlich von der „normalen“ Kreis-Rückführung getrennt wirkt.
Ein-Netz-Verfahren Bei der neuronalen Zustandsregelung (Bild 12.51) erhält das KNN an seinem Eingang die Regeldifferenz e(t) und ihre Ableitungen, sowie die Vektoren der Stell- und Regelgrößen y(t) und x(t).
w
y + -e
Regelstrecke
A-Netz wij
gewünschter Ausgang x - + d
Bild 12.51 Zustandsregelung (Ein-Netz-Verfahren)
Δ
Regelkreis überwachtes Lernen
Da der Ausgang des KNN unmittelbar die Stellgröße y(t) ist, wird das Netz in diesem Fall als Aktionsnetz, kurz A-Netz, bezeichnet. Analog dem Kompensationsregler, wird das A-Netz trainiert, eine inverse Übertragungsfunktion der Regelstrecke 1/GS(s) nachzubilden, d. h. die eigenen Gewichte Wji so einzustellen, dass die Differenz zwischen dem Ausgang d (Sollwert) der reziproken Übertragungsfunktion und dem aktuellen Netzausgang y minimal wird. • Beispiel 12.17 Die Regelgröße x(t) ist der Drehwinkel der Rotorachse eines Servomotors (Bild 12.52). Die Regelung erfolgt ohne Überschwingung.
w +
e -
Fuzzifizierung
Regelkreis
FAM-Netz
Defuzzifizierung
überwachtes Lernen
y
1, T 1
KI
+ xsoll -
x
Bild 12.52 Positionsregelung mit Ein-NetzStruktur (NeuroZustandsregelung)
12.5 Neuro-Regelung
417
Zwei-Netze-Verfahren
w+
y -e
x
Regelstrecke
A-Netz wij
E-Netz
+
Δ
Regelkreis
unüberwachtes Lernen
Bild 12.53 Neuronale prädiktive Regelung (ZweiNetze-Struktur) •
Beispiel 12.18
ϕ
y 0
x L
Das in Bild 12.53 gezeigte Verfahren ist mit Zwei-Netzenrealisiert. Zunächst wird das Emulatornetz, kurz E-Netz, mit den Ein- und Ausgängen der Regelstrecke trainiert. Danach wird das A-Netz trainiert, wie in obigem Fall der neuronalen Zustandsregelung, jedoch wird hier über das E-Netz gelernt. Im Vergleich zur klassischen Regelung übernimmt das E-Netz die Rolle eines Beobachters und das A-Netz die eines Reglers.
Die Strecke ist ein Wagen mit dem Pendel, der im stabilisierten Zustand in der Mitte der Laufbahn gehalten werden soll (Bild 12.54). Die Zustandsgrößen sind: - der Winkel des Pendels ϕ (t) - die Lage des Wagens x(t) - die Ableitung dϕ (t)/ dt - die Ableitungen dx(t)/dt.
Bild 12.54 Regelstrecke: das inverse Pendel
Lernen
E-Netz
d
S
Stellgröße
Pendel
FUZZIFIZIERUNG
Lernen
A-Netz Zustandsgröße
Bild 12.55 Stabilisierung des Pendels mit Zwei-Netze-Struktur
Die Stellgröße y(t) ist die Kraft, die schlagartig auf den Wagen wirkt (z. B. y = ±10 N). Bei der neuronalen prädiktiven Regelung (Bild 12.55) wird keine Untersuchung der Systemdynamik durchgeführt, sondern experimentell die Lerndaten gewonnen. Die Gewichtsänderung findet in einem Bereich von 162 binären Eingangssignalen (6 Bereiche für die Zustandsgröße ϕ (t) und 3 Bereiche für anderen Zustandsvariablen) statt. Erhöht man die Anzahl von Eingängen, so wird die Trainingszeit verlängert. Ansonsten geht die Qualität der Regelung verloren.
Die gewünschten Ausgänge für das E-Netz sind in Bild 12.55 mit S bezeichnet. Sie werden aus Versuchen mit dem Regelkreis gewonnen. Der Ausgang des E-Netzes d wird zum Lernen des A-Netzes als gewünschter Ausgang (Sollwert) verwendet. Für eine Stellgröße, die zum stabilen Zustand führt, wird d = 0, ansonsten wird d = −1 gesetzt.
418
12 Intelligente Regelung
Regler-Netz-Verfahren w+
e -
Regler
y
x
Regelstrecke
KPR , Tv E-Netz
+
Δ
Regelkreis
unüberwachtes Lernen
Eine Regler-Netz-Struktur ist im Bild 12.56 gezeigt. Die Gewichte Wji sind die Kennwerte des Reglers KPR, Tn oder Tv, die für verschiedene Arbeitspunkte des Regelkreises durch das KNN optimal eingestellt werden. Eine weitere Modifikation dieses Verfahrens besteht darin, dass der Regler durch ein A-Netz ersetzt wird.
Bild 12.56 Regler-Netz-Struktur
Duale bzw. hybride Regelkreise So nennt man Regelkreise, die aus konventionellen regelungstechnischen Gliedern mit konstanten Parametern, so genannten LZI-Gliedern (lineare zeitinvariante Glieder, siehe z. B. Abschnit 11.1) und aus wissensbasierten KNN-Elementen, die sich mit keinen mathematischen Verfahren beschreiben lassen, gebildet werden. Es gibt folgende Verfahren zur Behandlung von dualen Regelkreisen: a) Kooperative Behandlung, wenn KNN offline betrieben wird, d. h. zuerst Lernen, dann Regeln, wie es in obigen Strukturen mit KNN der Fall ist. b) Hybride Behandlung, wenn KNN online als Regler gilt. Dies kann, wie das nachfolgende Beispiel zeigt, nur unter bestimmten Vereinfachungen erfolgen. •
Beispiel 12.19
Eine I-T2-Strecke soll mit einem P-Regler möglichst schnell und ohne Überschwingung geregelt werden. Die Parameter sind gegeben: KPS = 1,6 , T1 = 0,1 s, T2 = 0,5 s, KIS = 0,2 s−1. Den Entwurf des Regelkreises beginnen wir mit konventionellen Methoden und ermitteln zuerst den Proportionalbeiwert KPR des P-Reglers nach dem Betragsoptimum. Aus der Übertragungsfunktion des aufgeschnittenen Kreises:
G0 ( s ) =
K PR K PS K IS s (1 + sT1 )(1 + sT2 )
mit der Ersatzzeitkonstante TE = T1 + T2 = 0,6 s ergibt sich die optimale Reglereinstellung:
G0 ( s ) =
K PR K PS K IS s (1 + sTE )
K PR =
1 1 = = 2,6 2 K PS K ISTE 2 ⋅ 1,6 ⋅ 0,2 s −1 ⋅ 0,6 s
Dann ergänzen wir den Regelkreis mit Neuro-Fuzzy-Elementen, wie in Bild 12.57 gezeigt ist. Die Fuzzifizierung erfolgt mit Hilfe von drei Parallelzweigen. Die Inferenz ist durch die KNN-
12.5 Neuro-Regelung
419
Algorithmen mit der anschließenden Addition ersetzt worden. In jedem Zweig sind P-Glieder vorhanden, die aus den oben berechneten optimalen Wert KPR = K = 2,6 ermittelt werden, z. B. für den mittleren Zweig 0,5K = 1,3.
Bild 12.57 Wirkungsplan des Regelkreises mit Neuro-Fuzzy-Regler in MATLAB/Simulink Mit Fuzzy- und Neuro-Elementen kann die Kennlinie des Reglers an die Strecke besser angepasst werden. Zu diesem Zweck ist im mittleren Zweig das lineare Neuron Pure linear mit kleinerer Steigung der Kennlinie als die bei den beiden Tan sigmoid Neuronen eingestellt. Die Saturation-Neuronen mit Gewichten W_sn = −W_pn bilden die benötigten Sättigungsabschnitte des Fuzzy-Sets. Die Gewichte W und Bias (Schwellenwert) b und − b richten sich nach dem optimalen KPR-Wert: W = 3 KPR und b = 0,5 KPR.
Bild 12.58 Sprungantworten zum Bild 12.57 Bild 12.58 zeigt die Sprungantworten von Kreisen mit und ohne KNN auf einen Führungssprung von w0 = 0,5. Der KNN-Regler reagiert fast doppelt so schnell wie der P-Regler und hat dabei keine Überschwingung. Allerdings ist die Sprungantwort des KNN-Reglers von der Höhe des Eingangssprungs abhängig, da es sich um einen streng nichtlinearen Regler handelt.
420
12 Intelligente Regelung
Unter bestimmten Vorausetzungen kann man KNN für die Regelung von LZVGliedern (lineare zeitvariante oder zeitvariable Glieder, siehe [34]) verwenden. Die analytische Beschreibung von LZV-Gliedern stößt auf mathematische Schwirigkeiten, jedoch ist die Simulation durchaus möglich. Bild 12.59 zeigt, wie ein LZV-Glied simuliert und von einer KNN in einem hybriden Kreis geregelt wird.
Bild 12.59 Beispiel einer hybriden Behandlung von LZV-Gliedes mit dem variablen Proportionalbeiwert KPS (Quelle: Zacher, S.: Duale Regelungstechnik, VDE-Verlag, 2003)
Abschlussbemerkung: Duale Regelungstechnik Die fortschreitende Verbreitung von intelligenden Methoden hat das Gesicht der Regelungstechnik geändert. Zwar „immer noch 20% der Regler auf Hand gestellt und die Mehrzahl der übrigen schlecht parametriert“ sind (P. Schuster/ T. Tauchnitz in atp, 2, 2008, S.3), erfreut sich die Anwendung intelligenter Methoden in der Automatisierungslandschaft zunehmenden Interesses. Als Beispiel kann auf die Anwendung des in BORIS-Simulationssoftware eingebundenen KNN NeuroModel von ATLAN-tec GmbH zur Diagnostik von industriellen Stellungsreglern von SAMSON AG hingewiesen werden (Joppich, M.: Überwachung funktionskritischer Regelventile mit Hilfe neuronaler Modellbildung, Diplomartbeit, FH Wiesbaden, 2007). Es ist unmöglich, alle Aspekte der Integration von klassischen DGL- und wissensbasierten Neuro-Fuzzy-Elementen in einem Regelkreis, wie die vorherigen Beispiele zeigten, im Rahmen eines Kapitels zu beschreiben. Dafür liegt das Buch [134] des Autors vor, in dem man sowohl die Grundlagen der wissensbasierten Regelung als auch deren Anwendungen für die Mehrgrößenregelung findet.
421
Anhang
Lösungen der Übungsaufgaben Aufgabe 2.1
ue 0 : s
Aus der Übertragungsfunktion ergibt sich unter Beachtung von ue ( s )
ua ( s )
1 ue0 , T1T2 § 2 1 · T1 T2 T3 ¸ s ¨¨ s s T1T2 T1T2 ¸¹ ©
mit
T1
R1C1 1 s ,
T2
R2C2 1 s
T3
R1C2
0,5 s .
Gemäß Korrespondenztabelle setzen wir
E2
D
1 T1T2
1 s-2
T1 T2 T3 2T1T2
1,25 s -1 . -1
-1
Die Pole errechnen sich zu s1 = 0,5 s und s2 = 2 s . Damit wird
ua ( s ) ue0 E 2
1 . s ( s s1 )( s s2 )
Die Rücktransformation in den Zeitbereich liefert die gesuchte Sprungantwort
§ 4 0,5 t 1 2 t · s e s ¸u . ua (t ) ¨1 e ¨ 3 ¸ e0 3 © ¹
ua ue0 1,0
0,8
0,6 0,4 0,2 0
0
2
4
6
8
t /s
10
Bild A.1 Sprungantwort zu Aufgabe 2.1 (P-T2-Glied)
422
Anhang
Aufgabe 2.2 a) Aus der Übertragungsfunktion
ua ( s ) ue ( s )
G ( s)
sT1 1 1 sT1 1 sT2
ue 0 s
folgt mit ue ( s )
ª º 1 « » 1 T2 « ». ua ( s ) ue0 « » 1 § · 1 « s T s ¨¨ s ¸¸ » 1 «¬ © T2 ¹ »¼ Die Zeitkonstanten sind:
T1
L R1
10 3 s ,
T2
R2 C
0,02 s .
Durch Rücktransformation in den Zeitbereich folgt
u a (t ) (e
t T1
1 e
t T2
) u e0 .
b) Die Werte von ua(t) für t = 0 und t = f sind: ua(0) = + ue0 und ua(f) = ue0 . ua ue0 1,0
0 20
40
60
80
100
t /ms 1,0
Aufgabe 2.3 Mit D = M folgt aus Gl. (2.34)
uˆa
uˆe 1 (Z T1 ) 2
sin (Zt ) .
Aufgabe 2.4 Nach einem Eingangssprung
xe (t )
xe0 V (t )
c¦
xe ( s )
1 xe0 s
folgt die Laplace-Transformierte Ausgangsgröße
Bild A.2 Sprungantwort zu Aufgabe 2.2 (Allpaß 1. Ordnung)
Lösungen der Übungsaufgaben xe0 s
xa ( s ) G ( s )
KP
423
1 sTv xe0 . s (1 sT1 )
Nach dem Grenzwertsatz ist
lim s xa ( s )
lim xa (t )
t o0
sof
Tv xe0 T1
lim G ( s ) xe0
KP
lim G ( s ) xe0
K P xe0 .
sof
und
lim s xa ( s)
lim xa (t )
t of
so0
so0
Vergleicht man die Sprungantwort mit dem Verlauf der Ortskurve, so sieht man: Das System verhält sich im Zeitbereich für t = 0 wie im Frequenzbereich für Z = f, bzw. für t = f wie im Frequenzbereich für Z = 0.
G ( jZ)
Z 0
KP
G ( j Z)
Z f
KP
Tv . T1
Aufgabe 3.1 Aus Gl. (3.16) folgt die Übertragungsfunktion Im
K PS 1 sT1
x( s ) y ( s)
GS ( s )
bzw. der Frequenzgang
GS ( jZ )
x ( jZ ) y ( jZ )
2
0
K PS . 1 jZ T1
-2 -4
Daraus ergeben sich:
Re (GS )
KPS
2
4
Re 0
GS (jZ)
40 30 20
-6
10
2 4
ZE 15
1 (Z T1 ) 2
8
6
Z
/s
1
Bild A.3 Ortskurvenverlauf des P-T1-Gliedes zu Aufgabe 3.1 mit KPS = 10, T1 = 0,1 s und 1 Z E = 1/T1 = 10 s
K PS Z T1 1 (Z T1 ) 2
Aufgabe 3.2 Aus Gl. (3.16) folgt die Übertragungsfunktion GS ( s )
K1 R
8
K PS
Im (GS )
K PS
6
cnNRb ; T1 R Rm ( Ra Rb )
L . R
K PS mit 1 sT1
424
Anhang
Durch die Substitution (Ra + sLa) anstelle von Ra wird die Ankerinduktivität berücksichtigt, und wir erhalten:
cnNRb R Rm ( Ra Rb sLa )
K PS*
Mit T2
1
K PS 1 s
La Ra Rb
.
La ergibt sich die Übertragungsfunktion der Strecke bei Berücksichtigung von Ra Rb
La zu einem P-T2-Glied:
K PS . (1 sT1 )(1 sT2 )
GS* ( s ) Aufgabe 3.3
a) Aus Bild 3.19 folgt
n( s ) M L ( s)
GS ( s )
R 2S (c) 0 ) 2 s 2T 1
1 sT1 . JR JR s 1 (c) 0 ) 2 (c) 0 ) 2
Mit den Abkürzungen
R 2S (c) 0 ) 2
K PS
T1
L R
T2
JR (c) 0 ) 2
0,00877
1 Ws 2
0,2 s
0,05 s
ergibt sich die Übertragungsfunktion zu
GS ( s )
K PS (1 sT1 ) . s T1T2 sT2 1 2
Das negative Vorzeichen ist durch die Abnahme der Drehzahl bei zunehmender Belastung bedingt. b) Mit M L ( s )
E2 folgt
1 T1T2
1 M L0 und s 102 s - 2 ; D
1 2T1
2,5 s -1 ; Z
E 2 D 2
9,68 s -1
Lösungen der Übungsaufgaben
425
n( s) GS ( s ) M L ( s ) K PS E 2
1 sT1 M L0 . s ( s s 2D E 2 ) 2
Mittels der Beziehungen 13 und 11 der Korrespondenztabelle ergibt die Rücktransformation in den Zeitbereich
n(t )
ª K PS «1 e D t ¬«
·º § 1 D T2 ¨¨ cos Z t sin Z t ¸¸» M L0 . Z T2 ¹¼» ©
c) Das negative Vorzeichen soll bei der Ortskurvendarstellung unberücksichtigt bleiben. Es bedeutet, dass jeder Punkt der Ortskurve zusätzlich um 180° gedreht wird.
GS ( jZ )
K PS (1 jZ T1 )
Im
1
1 Z 2T1T2 jZ T2
2
mit der Zerlegung
Re (GS )
K PS
6
5
8 8,66 Re
Z=0 1
1 (1 Z 2T1T2 ) 2 (Z T2 ) 2
7
4
2
3
4
9
Z=f -1
9,5 16
Im (GS )
K PS
Z T1 (1 Z 2T1T2 ) Z T2 . (1 Z 2T1T2 ) 2 (Z T2 ) 2
-2
10
14 13
-3
11
12
Z /s
1
Bild A.4 Ortskurvenverlauf zu Aufgabe 3.3 (PD-T2-Glied mit KPS = 1) Aufgabe 3.4 Der Frequenzgang folgt aus Gl. (3.78) zu
GS ( jZ )
1 1 (Z T2 ) 2 jZ T1
mit der Zerlegung:
Im
Z=0
Z=f
1,0 Re
20 2
2
Re (GS )
Im (GS )
1 (Z T2 ) [1 (Z T2 ) 2 ]2 (Z T1 ) 2
Z T1 [1 (Z T2 ) 2 ]2 (Z T1 ) 2
15 4 12 -1,0
6 10
9
8
Z /s 1
Bild A.5 Ortskurvenverlauf zu Aufgabe 3.4 (P-T2-Glied mit KPS = 1) Mit den Abkürzungen
426
Anhang
E
1 ; T2
T1 ; 2T22
D
D
D E
T1 2T2
folgt
E2
GS ( jZ )
( E 2 Z 2 ) 2 (2DZ ) 2
w GS ( jZ ) wZ
E2
4Z ( E 2 Z 2 ) 8D 2Z 2
2 2
2
2 [( E Z ) (2DZ ) ]
3
0. 2
Daraus folgt
Z 2 E 2 2D 2 bzw. Z Zr
E 1 2D2
und
GS ( jZr )
1
GS ( jZ ) MAX
2D 1 D2
q.e.d. 1
Im
Aufgabe 3.5
Re
GS ( jZ )
KI jZ
-1
Der Betrag
GS ( jZ )
Z=f 1
-1
Der Frequenzgang zu Gl. (3.85) lautet
Z = KI
-2
Z=
-3
Z=
KI
Z
wird gleich Eins für Z = KI .
2
Z /s1
KI 2 KI 3
Bild A.6 Ortskurvenverlauf zu 1 Aufgabe 3.4 (I-Glied KI = 1 s ) Aufgabe 3.6 Für den Zusammenhang von Strom und Spannung an einem Kondensator gilt im Zeit- und im Bildbereich i (t )
C
du (t ) dt
i(t)
u(t)
c¦
i ( s ) C [ s u ( s) u (0)]
i(s)
C
bzw. nach Integration
u(s)
1 sC
Bild A.7 Strom und Spannung an einer Kapazität im Zeitbereich (links) und im Bildbereich (rechts)
Lösungen der Übungsaufgaben t
t
³ i(W ) dW
C
0
³ 0
427
du (W ) dW dW
t
C >u (t ) u (0)@
³ i(W ) dW
1 C
u (t )
0
t
³ i(W ) dW u(0) . 0
Für Anfangswert u(0) = 0 erhalten wir t
1 C
u (t )
³ i(W ) dW
c¦
u (s)
0
1 i( s) . sC
Aufgabe 3.7 a) Anhand von Bild 3.31 folgt sofort
Fb (t )
K [vs (t ) v a (t )] .
b) Die vom Linearmotor erzeugte Kraft dient der Beschleunigung der Masse m
m
d v a (t ) dt
m dv a (t ) v a (t ) K , dt
K >v s (t ) v a (t )@
vs (t )
m
dv a (t ) K v a (t ) dt
T1
dv a (t ) v a (t ) dt
K vs (t )
vs (t ) .
T1
c) Die Übertragungsfunktion folgt durch Laplace-Transformation
GS1 ( s)
va ( s) vs ( s )
1 . 1 sT1
d) Der Zusammenhang zwischen Weg x und Geschwindigkeit va ist
v a (t )
dx(t ) dt
c¦
v a ( s ) s x( s )
Damit erhält man
GS ( s)
x( s ) v s (s)
GS1 ( s ) GS2 ( s)
1 . s (1 sT1 )
GS2 ( s )
x( s) v a (s)
1 . s
428
Anhang v s0 s
e) Mit v s ( s ) folgt
x /m
v x( s ) GS ( s) s0 s
1 2
s (1 sT1 )
v s0 .
2
Die Rücktransformation in den Zeitbereich entspricht der Gl. (3.100)
x(t )
3
T1
1
t ª § ¨ « T1 v s 0 «t T1 ¨1 e ¨ « © ¬
·º ¸» ¸» . ¸» ¹¼
0 0
1
2
3
t 4 T1
Bild A.8 Sprungantwort zu Aufgabe 3.7 (I-T1-Glied für vs0 = 1 m/s) Aufgabe 4.1 a) Aus Bild 4.17 ergibt sich die Führungsübertragungsfunktion
K PR K IS s K PR K IS
x( s) w( s )
G w ( s) Für
w( s )
w0 s
x( s)
K PR K IS w0 s ( s K PR K IS )
folgt
Nach dem Grenzwertsatz gilt
lim x(t )
t of
lim s x( s )
so0
w0 ,
d. h. die bleibende Regeldifferenz verschwindet.
e(f) w0 x(f) 0 . b) Entsprechend folgt aus Bild 4.17 die Störübertragungsfunktion
Gz ( s)
x( s ) z(s)
Mit
z(s)
z0 s
K IS . s K PR K IS
Lösungen der Übungsaufgaben
429
wird
K IS z0 s ( s K PR K IS )
x( s)
und nach dem Grenzwertsatz
lim x(t )
t of
lim s x( s )
so0
z0 . K PR
In diesem Fall ist
e( f )
x (f )
z0 , K PR
da in der Störübertragungsfunktion x nicht den Absolutwert, sondern nur die Änderung infolge z darstellt. c) Bei einem Führungssprung wird der vorgegebene Wert von der Regelgröße asymptotisch erreicht, d. h. die bleibende Regeldifferenz wird Null. Dagegen wird der Einfluß eines Störsprungs mit zunehmendem KPR verringert aber nicht beseitigt. Aufgabe 4.2 Die Störübertragungsfunktion lautet
x( s ) z (s)
Gz ( s)
sK IS s 2 K IR K IS
.
Für
z (t )
z 0 V (t )
c¦
z(s)
z0 s
ist
x( s)
K IS 2
s K IR K IS
z0
und nach Rücktransformation folgt als Sprungantwort
x(t )
z0
K IS sin( K IR K IS t ) , K IR
eine Dauerschwingung mit der Amplitude
z0
K IS K IR
um den Nullpunkt. D. h. die mittlere Regeldifferenz wird zu
e (f ) 0 .
430
Anhang
Aufgabe 4.3 R R R1
+
R1
C
e
R2
+
yR
R
Bild A.9 PI-Regler mittels Operationsverstärker zu Aufgabe 4.3
+ Aus dem Schaltbild folgt die Übertragungsfunktion
y R (s) e( s )
GR ( s)
R2 § 1 · ¸, ¨1 R1 © sCR ¹
R2 und Tn R1
worin K PR
CR .
Aufgabe 4.4 Für Tn = T1 erhält man aus Gl. (4.71)
sK PS
Gz ( s)
ª 2 1 K PR K PS K PR K PS º s s « » T1 T1 «¬ »¼ T12
.
Daraus folgt mit
K PR K PS
E2
D
T12
D E
wD wK PR
; D
1 K PR K PS 2T1
1 K PR K PS 2 K PR K PS 1 3 ª º 1« 1 2 2 ( K PR K PS ) K PS (1 K PR K PS ) ( K PR K PS ) K PS » » 2« 2 ¬ ¼
2 K PR K PS 1 K PR K PS K PR
1 . K PS
Die minimale Dämpfung beträgt
D 1.
0
0
Lösungen der Übungsaufgaben
431
Aufgabe 4.5 Der Frequenzgang des PD-T2-Reglers lautet
y R ( jZ ) e ( jZ )
GR ( jZ )
K PR
1 jZ Tv . 1 (Z T2 ) 2 jZ T1
Zur Kurvendiskussion wird GR(jZ) in Real- und Imaginärteil zerlegt
Re (GR )
K PR
1 (Z T2 ) 2 Z 2T1Tv [(1 (Z T2 ) 2 ]2 (Z T1 ) 2
Im (GR )
K PR
Z Tv [1 (Z T2 ) 2 ] Z T1 . [(1 (Z T2 ) 2 ]2 (Z T1 ) 2 0,6
0,4
Im 10
0,2
0,8
0 -10
f
10
20
30
3 2
40
- 10
Re 50
1,0
Bild A.10 Ortskurvenverlauf zu Aufgabe 4.5 (PD-T2-Glied)
3 - 20 1,2
2,0
Z /s 1
1,4
- 30
Aufgabe 4.6 Die Führungsübertragungsfunktion des Regelkreises ergibt sich zu
G w ( s)
x( s) w( s )
K PR K IS (1 sTv ) K PR K IS s (1 K PR K ISTv )
bzw. mit der Abkürzung
D
K PR K IS 1 K PR K ISTv
G w ( s) Für w(t )
D Tv 1
1 sTv x( s) D w( s ) s D
w0 V (t )
c¦
wird
x( s) D
1 sTv w0 . s(s D )
w( s )
w0 s
432
Anhang
Nach Rücktransformation in den Zeitbereich folgt
x(t ) [1 (1 DTv )e D t ] w0 . x 1
D
w0
Bild A.11 Führungssprungantwort zu Aufgabe 4.6
w0DTv
0 0
t
Aufgabe 6.1 a) Die charakteristische Gleichung ergibt sich aus 1 G R ( s )GS ( s )
1 K PR K PS
1 (1 sT1 )3
0
bzw. s 3 T13 s 2 3T12 s 3T1 1 K PR K PS ,
, a3
0 zu
a1
a2
0.
a0
Nach Hurwitz ist ein System 3. Ordnung instabil für
9T13 (1 K PR K PS )T13 0
a1a 2 a3 a 0 bzw. K PR !
8 . K PS
b) Für K PR
K PRkr
8
x( s)
3
s [(1 sT1 ) 8]
w0
Mittels Grenzwertsatz folgt daraus
lim x(t )
to f
lim s x( s )
so 0
8 w0 9
bzw. die bleibende Regeldifferenz
e(f )
w0 x(f)
w0 ist s
8 und w( s ) K PS
w0 . 9
8
T13
1 w0 . § 3 ·§¨ 2 3 ·¸ s ¨¨ s ¸¸ s T1 ¹¨© T12 ¸¹ ©
Lösungen der Übungsaufgaben
433
c) Aus Gl. (6.12) bzw. Gl. (6.13) folgt für D = 0
a0 a2
Z Z kr
a1 a3
3 T1
.
Aufgabe 6.2 a) Die Übertragungsfunktion des aufgeschnittenen Kreises lautet
G 0 ( s ) G R ( s ) GS ( s )
K PR K PS
1 sTn sTn ( s 2T22
sT1 1)
mit der Polverteilung
s1
0;
s2
0,1 s 1 ;
s3
0,05 s 1 .
Es ist also ni = 1 und nr = 0. Nach dem Nyquist-Kriterium (Bedingung 6.43) muss bei Stabilität die Winkeländerung
'M
(2n r ni )
S 2
S 2
betragen. Wir diskutieren zunächst den Ortskurvenverlauf von
K PR K PS 1 jZ Tn Z Tn Z T1 j [1 (Z T2 ) 2 ]
G0 ( jZ )
mit der Zerlegung
Re (G0 )
K PR K PS T [(1 (Z T2 ) 2 ] T1 n 2 Tn (Z T1 ) [(1 (Z T2 ) 2 ]2
Im (G0 )
K PR K PS Z 2TnT1 1 (Z T2 ) 2 . Z Tn (Z T1 ) 2 [(1 (Z T2 ) 2 ]2 Im
10
'M -30
-20
-10
Asymptote
G0(jZ)
Z
Re -1
10 -10
-20
-30
Bild A.12 Stabilitätsbetrachtung nach Nyquist: P-T2-Strecke und PI-Regler (instabil)
434
Anhang
Wie der Ortskurvenverlauf zeigt, beträgt die Winkeländerung des Fahrstrahls [1 + G0(jZ)]
3 S, 2
'M
d. h. der Regelkreis ist instabil. b) An der Stabilitätsgrenze muss die Ortskurve G0(jZ) durch den kritischen Punkt Pkr = 1 gehen, d. h. für
Im [G0 ( jZ
kr )]
0
Re [G0 ( jZ
kr )]
1
muss
sein. Daraus folgt
ª T2 º K PR K PS « 2 1» «¬ Tn T1 »¼
1
K PR K PS T22 T1 1 K PR K PS
Tn
5, 5 s .
c) Durch die Hinzunahme des D-Anteils wird die Übertragungsfunktion des aufgeschnittenen Kreises
K PR K PS
G0 ( s)
s 2Tn Tv sTn 1 sTn ( s 2T22 sT1 1)]
.
Die Polverteilung ändert sich gegenüber a) nicht, und die Forderung !
'M
S 2
bleibt bestehen. Die Zerlegung des Frequenzganges G0(jZ) in Real- und Imaginärteil liefert:
Re (G0 )
K PR K PS Tn [(1 (Z T2 ) 2 ] T1 (1 Z 2TnTv ) Tn (Z T1 ) 2 [(1 (Z T2 ) 2 ]2
Im (G0 )
K PR K PS Z 2TnT1 (1 Z 2TnTv )[1 (Z T2 ) 2 ] . Z Tn (Z T1 ) 2 [1 (Z T2 ) 2 ]2
(A.1)
(A.2)
An der Stabilitätsgrenze muss für
Im [G0 (Z
kr )]
0
(A.3)
Re [G0 (Z
kr )]
1
(A.4)
sein. Die erste Bedingung (A.3) liefert mit Gl. (A.2)
Lösungen der Übungsaufgaben 2 (1 Zkr TnTv )
435
2 Zkr TnT1 . 1 (ZkrT2 ) 2
(A.5)
Gl. (A.5) in Gl. (A.1) unter Berücksichtigung der Bedingung (A.4), eingesetzt, ergibt
Re [G0 (Z
kr )]
K PR K PS 1 (Z krT2 ) 2
1
bzw.
1 K PR K PS
2 Z kr
0,03 s -2 .
T22
2 Mit Z kr in Gl. (A.5) eingesetzt, folgt
Tv
1 2 ZkrTn
2 º ª Zkr TnT1 « 1» 2 »¼ «¬1 (ZkrT2 )
2, 3 s .
Für Tv ! 2, 3 s wird die Ortskurve in der in Bild A.13 gezeigten Weise verformt. Die resultierende Winkeländerung ist dann, wie bei Stabilität gefordert, 'M Im
-20
-10
Asymptote
S 2
.
10 -1
-30
G0(jZ)
Re
'M
10
-10
Bild A.13 Stabilitätsbetrachtung nach Nyquist: P-T2-Strecke und PID-Regler (stabil)
Z -20
-30
Aufgabe 8.1 Die Übertragungsfunktion des aufgeschnittenen Kreises lautet:
G0 ( s )
K PR K PS (1 sTn ) . sTn (1 sT1 )(1 sT2 )(1 sT3 )
Zunächst wird die größte Zeitkonstante der Regelstrecke mit der Zeitkonstante des Reglers kompensiert, d. h.
Tn = Tgrößte= T1 = 8,5 s.
436
Anhang
Da T2 t 5T3 gilt, werden die beiden restlichen Zeitkonstanten durch eine Zeitkonstante TE ersetzt:
TE = T2 + T3 = 7,7 s. Damit entspricht die Übertragungsfunktion des offenen Kreises dem Grundtyp A. Nach dem Betragsoptimum für Grundtyp A folgt:
G0 ( s )
K PR K PSy sTn (1 sTE )
Tn 2 K PSy TE
K PR
6,9 .
Aufgabe 8.2 Für die gegebenen Werte Tv = T1 und TR = 0 ergibt sich die Übertragungsfunktion des aufgeschnittenen Kreises zu
G0 ( s )
K0
1 sT1 , 1 sT1
worin K0 = KPR KPS ist. Es gilt nr = 1 und ni = 0. Um das Bode-Diagramm zu ermitteln, wird KPR = 1 bzw. 20 lgK0 = 12 dB angenommen. Die Null- und Polstelle haben gleiche Realteile, jedoch mit unterschiedlichen Vorzeichen. Dadurch kompensieren sich die positive und negative Steigungen des Amplitudengangs gegenseitig im Bode-Diagramm (Bild A.14). ~G~dB 0 dB
102
101
20 lgK0
'dB
100
Z
+20 dB/Dek 20 dB/Dek
20 dB 1/T1 90°
M(Z) 0° 90°
102
S0
101
1 2
M1(Z)
Bild A.14 Bode-Diagramm des offenen 100
Z
M(Z)=M1(Z)+M2(Z)
Kreises G 0 ( s )
K0
1 sT1 1 sT1
M2(Z)
180°
Die Stabilitätsbedingung nach dem vollständigen Nyquist-Kriterium (6.61) (im vorliegendem Fall Xp Xn = 0,5) wird erst dann erfüllt, wenn die 0-dB-Linie um
'dB = 12 dB bzw. ' K = 4 nach unten verschoben wird, weil dann der einzige halbe positive Schnittpunkt (S0 = + 1/2) in Betracht kommt. Der geschlossene Kreis wird bei KPR > ' K bzw. KPR > 4 stabil. Aufgabe 9.1 Für xt = 0 ist der Regelkreis linear. Die charakteristische Gleichung folgt aus
1 1 0 bzw. G R ( s )GS ( s )
Lösungen der Übungsaufgaben
437
s 3 TI T22 s 2 TIT1 sTI K S , , , a2
a3
a1
0.
a0
Nach Hurwitz muss bei Stabilität
a1a 2 a 0 a 3
TI2T1 K STIT22 ! 0
T2 TI ! K S 2 T1
0,4 s
bzw.
sein. Demzufolge ist im Fall a) (TI < 0,4 s) das System instabil und im Fall b) (TI > 0,4 s) stabil. Aufgabe 11.1
Die Differenzengleichung wird aus der Differentialgleichung nach dem Typ I für zwei Abtastschritte i = k und i = k 1 abgeleitet:
T k K PR e k K PR A ei Tn i 1
TR
y Rk y Rk 1 y Rk TA
TR
y Rk 1 y Rk 2 y Rk 1 TA
¦
T k 1 K PR e k 1 K PR A ei . Tn i 1
¦
Daraus bilden wir den Zuwachs der Stellgröße beim Schritt k
'y Rk
y Rk y Rk 1
bzw.
·º ¸¸» 'y Rk ¹»¼ k 1 · T § k K PR (ek ek 1 ) K PR A ¨ ei ei ¸. ¸ Tn ¨© i 1 i 1 ¹
ª§ y y Rk 1 · § y Rk 1 y Rk 2 ¸¸ ¨¨ TR «¨¨ Rk TA TA «¬© ¹ ©
¦
¦
Unter Beachtung k 1
k
¦
ei
i 1
¦ ei
ek
i 1
und mit Bezeichnungen
'y Rk 1
y Rk 1 y Rk 2 und 'ek
ek ek 1
ergibt sich die Lösung aus der letzten Gleichung zu
TR ('y Rk 'y Rk 1 ) 'y Rk TA
T K PR 'e k K PR A e k . Tn
438
Anhang
Aufgabe 11.2
a) Nach analogem PI-Regelalgorithmus
ª 1 K PR «e(t ) T n ¬
y R (t )
º
³ e(t )dt »¼
erreicht die Stellgröße den Wert
yR = 6 zum Zeitpunkt t = 2,0 sec, wie aus der Sprungantwort für den Eingangssprung e0 = 2 ersichtlich (Bild A.15). yR(t) 5
KPRe0
4
Bild A.15 Sprungantwort des analogen PI-Reglers
3 2
KPRe0
1 0
Tn t /s
0,5 1,0 1,5
b) Der digitalisierte PI-Regelalgorithmus lautet:
y Rk
y Rk -1 K PR (e k e k 1 )
K PR TA e k 1 Tn
y Rk
ª § T y Rk -1 K PR «ek ¨¨1 A Tn © ¬«
º · ¸¸e k 1 » . ¹ ¼»
bzw.
Vor dem Eingangssprung ist k = 0 und ek-1 = 0, yk-1 = 0. Nach dem Sprung sind die abgetasteten Werte e0 = e1 =.. . = e4 = 2. Damit ergibt sich für die Stellgröße (Bild A.16):
yR0 = 0,00 + 1,5(2 0,750) = 3,0 yR1 = 3,00 + 1,5(2 0,752) = 3,75 yRk
6
yR2 = 3,75 + 0,75 = 4,50
5
yR4
4 3 2 1 0
yR0
yR1
TA
yR2
yR3 = 4,50 + 0,75 = 5,25
yR3
yR4 = 5,25 + 0,75 = 6,00
4TA
t /s
Bild A.16 Sprungantwort des digitalen PIReglers mit TA= 0,5 s
Lösungen der Übungsaufgaben
439
Aufgabe 11.3
Der PID-Algorithmus ist unten aufgestellt und als Struktogramm in Bild A.17 gezeigt.
w, x einlesen,
CARRY ? ja e = e + 1 und SGN = 1
Die Bezeichnungen sind:
e w x
T summe A Tn
Int
Int r e
IntP
nein
yp = KPR e ja
summe r e
summe
SGN = 0, SGND = 0
e =w x
CARRY ?
nein
SGN ?
nein
yp = FFFF ja summe = summe e
summe = summe + e CARRY ?
CARRY ? ja
nein
ja y = FFFF
nein
y = 0000
x0 x
D
Int = summe TA/ Tn
T D v TA
Diff IntPD y
IntP r Diff
IntPD K PR
Die Variablen zum k-Abtastschritt sind ohne Indizes geschrieben, d. h. es sind folgende Bezeichnungen vorgenommen:
w wk
x0 y yp
Int = FFFF SGN ?
ja
nein
IntP = Int e
IntP = Int + e
CARRY = 1 ? ja
nein
ja
CARRY = 1 ? nein
IntP = 0000
IntP = FFFF
D = x0 x
ja
xk
CARRY ?
nein
SGND ?
nein
Diff = FFFF
x k 1
ja Int PD = IntP Diff
y Rk yk
nein
CARRY ? nein ja D = D+1 und SGND = 1 x = x0 . Diff = D Tv / TA
e ek
x
CARRY ?
ja
CARRY ?
K PR e
ja IntPD = FFFF
Mit e 1 ist das Zweierkomplement bezeichnet.
Int PD = IntP + Diff CARRY ?
nein
ja IntPD = 0000
y = IntPD KPR ja
CARRY ?
y = FFFF y ausgeben
Bild A.17 PID-Algorithmus
nein
nein
440
Anhang
Aufgabe 11.4
In Bild A.18 ist das Programm des PI-Reglers nach IEC-61131-Norm mit Funktionsbausteinsprache (Concept 2.6, Schneider Electric GmbH) dargestellt. Die deklarierten Variablen sind: KPR für KPR und KIR für KI. Die Störgröße ist mit STR definiert und dient zur Strukturumschaltung (Bild A.19) Der EFB MOVE soll lediglich den Eingang (Störgröße z) abzweigen. Dieser Funktionsbaustein wird als Zuweisung bezeichnet und ist für alle Datentypen einsetzbar: die erste angelegte Variable bestimmt den Datentyp des Bausteins. PIDP1
Sollwert w %3:00002 Istwert x %3:00003
Störgröße z %3:00004
MOVE
0 0
MAN HALT
INT_TO_ REAL
SP
INT_TO_ REAL
PV
INT_TO_ REAL
BIAS
0
STR
KPR
REAL_TO_INT
%4:00001
ERR
REAL_TO_INT
%4:00002 Regeldifferenz e
QMAX D_ON_X REVERSE QMIN KP
KIR
KI
0.0 t#0.0s
KD
32000.0 0.0 16000.0
Stellgröße y Y
%0:00001 %0:00002
TD_LAG YMAX YMIN YMAN
Bild A.18 PI-Regelalgorithmus mit dem Standard-PID-Funktionsbaustein. Der Differenzierbeiwert KD bzw. der Eingang KD ist auf Null gesetzt. Weiterhin gilt KI = KPR / Tn.
STR
REAL_TO_INT
GT_INT
5
BOOL_TO_REAL
MUL_REAL
ADD_REAL
KPR
4.0 NOT_BOOL 2.0
MUL_REAL
BOOL_TO_REAL MUL_REAL 0.4
Bild A.19 Strukturumschaltung bei STR > 5 bzw. STR d 5
KIR
Lösungen der Übungsaufgaben
441
Aufgabe 11.5
Der Wirkungsplan des analogen Regelkreises ist im Bild A.20 gezeigt. Der geschlossene Kreis hat den P-T1-Verhalten
K IR K PS s K IR K PS 1 s
G0 ( s ) G w ( s) 1 G0 ( s )
K IR K PS s K IR K PS
1 1 s 1 K IR K PS
mit der Zeitkonstante
1 K IR K PS
Tw
1 2s
1
0,0625 s 8
und dem Proportionalbeiwert KPw = 1. Beim Eingangsprung w0 =2 erreicht die Regelgröße den Beharrungszustand x(f) = KPw w0 = 2, wie die Kurve in Bild A.21 zeigt. Wird der analoge Regler durch einen digitalen I-Regler ersetzt, kommen die Differenzengleichungen in Betracht: x
Regler:
yk
e e k 1 y k 1 K IR TA k 2
x
Additionsstelle: e k
wk x k
x
Regelstrecke:
xk
K PS y k
w
+
x k 1 , K PS
yk
KIR
y
KPS x
Bild A.20 Wirkungsplan des analogen Regelkreises
Ersetzt man yk1 und yk durch xk1 und xk
y k 1
e
xk , K PS
so ergibt sich die Gleichung des geschlossenen Regelkreises zu
xk K PS
x k 1 e ek 1 K IR TA k 2 K PS
x k 1 w x k wk 1 x k 1 K IR TA k . 2 K PS
Unter Beachtung wk1 = wk für den Eingangssprung findet man schließlich die rekursive Formel für die abgetastete Regelgröße:
xk
1 0,5 K IR K PS TA 2 K IR K PS TA x k 1 wk 1 1 0,5 K IR K PS TA 1 0,5 K IR K PS TA
Daraus folgt für die Kennwerte des Regelkreises:
xk
1 0,5 2 s 1 8 0,05 s 1 0,5 2 s 1 8 0,05 s
x k 1
bzw.
xk
0,43 x k 1 0,57 wk 1
2 2 s 1 8 0,05 s 1 0,5 2 s 1 8 0,05 s
wk 1
442
Anhang
Die Sprungantwort wird berechnet, angefangen von x0 = 0 und w0 = 2. Daraus ergibt sich das P-T1-Verhalten (Bild A.21): x1
0,43 0,00 0,57 2 1,14
x2
0,43 1,14 0,57 2 1,63
x3
0,43 1,63 0,57 2 1,84
x4
0,43 1,84 0,57 2 1,93
x5
0,43 1,93 0,57 2 1,97
x6
0,43 1,99 0,57 2 1,99
x(t)) x(t 2,0 1,0 0
2TA
4TA
6TA
t/s
Bild A.21 Sprungantworten zu Aufgabe 11.5
Aufgabe 12.1
Das MATLAB-Skript zum Erstellen eines Zufallsvektors: » % Programm zur Analyse von Elementen eines Zeilenvektors » z = rand (1, 20); » wertmax = max (z); » wertmin = min (z); » mittelwert = mean (z); » wertsumme = sum (z); » s = sort (z) » subplot (211); bar (z, ‘w’ ); » subplot (212); plot(s, ‘w’ );
Aufgabe 12.2
Die Sprungantwort des Kreises
G ( s)
K0 , ( s s P1 )( s s P2 )
mit K0 = 0,041, sp1 = 0,29, sp2 = 0,11 ist nach dem folgenden Programm simuliert (Bild A.22): » z = [ ]; » p = [ 0.29 0.11 ]; » k = 0.041; » [ num, den ] = zp2tf ( z, p, k ) ; » step ( num, den, ’k’ )
Bild A.22 Sprungantwort eines P-T2-Gliedes mit sp1 = 0,29 und sp2 = 0,11
Lösungen der Übungsaufgaben
443
Aufgabe 12.3
Nach MATLAB-Anweisungen » pol = [ 0.1
0.6 1];
» roots(pol)
werden die Polstellen des Nennpolynoms ermittelt ans =
3.0000 +1.0000i 3.0000 1.0000i
und in das folgende Programm eingesetzt. » z = [ ]; » p = [3.0000+1.0000i
3.0000 1.0000i ];
» k = 0.4; » [ num, den ] = zp2tf ( z, p, k) ; » step( num, den )
Aufgabe 12.4
Zunächst wird die Übertragungsfunktion des PID-Reglers GR(s), wie in Beispiel 5.3. gezeigt, in zwei PD-Glieder G1(s), G2(s) und ein I-Glied G3(s) zerlegt:
G R ( s ) G1 ( s ) G 2 ( s ) G3 ( s )
K PR
(1 sTnc )(1 sTvc ) . sTn
Die Zeitkonstanten sind:
Tnc
7,24 s ; Tvc
2,76 s , Tn
Tnc Tvc
10 s .
Die Berechnung des Amplituden- und Phasenganges erfolgt nach folgenden Formeln:
absG1 20 lg G1 ( jZ )
20 lg K PR 10 lg [1 (ZTnc ) 2 ]
M1 arctan ZTnc
absG 2 20 lg G 2 ( jZ )
10 lg[1 (ZTvc ) 2 ]
M2
arctan ZTvc
absG 3 20 lg G3 ( jZ )
20 lg(ZTn )
M3
S / 2 .
Der Verlauf des ermittelten Bode-Diagramms ist im Bild 12.23 gezeigt. Die mit MATLABEditor manuell eingetragenen Asymptoten lassen die Ergebnisse auswerten. Der Z -Bereich von 10 teilt:
2 1
s
bis 10
1 1
s
ist durch Eckfrequenzen Z E1 und Z E2 (Variablen omn, omv) unter-
Z E1 = 1/ T’n = 0,138 s1
Z E2 = 1/ T’v = 0,362 s1. 1
Der Amplitudengang des I-Gliedes soll die Z -Achse für KI0 = KPR/Tn = 2 s KPR-Wert kann aus 20lg (KPR) = 26 dB ermittelt werden. Für M (Z 0 )
Z0
1 Tn Tv
0,223 s -1 und G R ( jZ 0 )
K PR .
schneiden. Der
0q wird
444
Anhang
Das MATLAB-Programm ist unten gezeigt. K = 20;
% Eingabe von Parametern
Tn = 7.24; Tv = 2.76; 2 1
w = logspace(2,1);
% Z-Bereich 10
omn = w*Tn;
% Z Tn
omv = w*Tv;
% Z Tv
omnv = w*(Tn+Tv);
% Z (Tn + Tv)
s
1 1
bis 10 s
absG1 = 20*log10(K)+10*log10(1+omn.*omn) ; % Berechnung des Amplitudengangs absG2 = 10*log10(1+omv.*omv); absG3 = -10*log10(omnv.*omnv); absG = absG1 + absG2+absG3; subplot(211);
% Das erste Fenster öffnen
semilogx(w, absG); grid;
% Ausgabe des Amplitudengangs
subplot(212);
% Das zweite Fenster öffnen
phi1= atan(omn);
% Berechnung des Phasengangs
phi2=atan(omv); phi3=-pi/2; phi = phi1+phi2+phi3; semilogx(w, phi*180/pi); grid;
Z E1
% Der Phasengang (in Grad)
K Io
Z0
Z E2
Bild A.23 Bode-Diagramm eines PID-Gliedes mit K PR
20 ; Tnc
7,24 s ; Tvc
2,76 s
Lösungen der Übungsaufgaben
445
Aufgabe 12.5
Der Entwurf des Kompensationsreglers erfolgt nach Gl. (12.2):
GR ( s)
GM (s) 1 1 G M ( s ) GS ( s )
GR ( s)
K M (1 sT1 ) K PS (1 sTM K M )
1 1 1 GM (s)
1 sT1 K PS
1 sT1 1 1 sTM K PS 1 KM
bzw.
MAN HALT X GAIN LEAD LAG YMAN
Y
1 sT1 . TM 1 s 1 KM
Der Kompensationsregler wird wie ein PD-T1Glied (Bild A.24).ausgelegt:
LEAD_LAG1 0 0 temp_istt temp_is 0.3125 t#2.0s t#0.0625s 16000.0
KM K PS (1 K M )
stellwert
Bild A.24 PD-T1-Regler mit dem FBD LEAD-LAG1 der Bibliothek CONT_CLC von Concept
GR ( s)
K PR
1 sTv . 1 sTR
Die Kennwerte des Reglers sind:
KM K PS (1 K M )
K PR
Tv
T1
TR
TM 1 KM
0,3125
2s 0,0625 s .
Aufgabe 12.6
Das MATLAB/Simulink-Programm des Regelkreises mit dem PI-Regler ist in Bild A.25 gezeigt. Der Regler hat gleiche Einstellung wie der Smith-Prädiktor in Bild 12.25.
Bild A.25 MATLAB/Simulink-Programm des Regelkreises mit dem „klassischen“ PI-Regler
446
Anhang Mit dem Befehl plot (t, y) wird die Sprungantwort ausgegeben, die in Bild A.26 dargestellt ist. Der Sprung der Führungsgröße w0 = 1 erfolgt zum Zeitpunkt t = 5 s. Aus dem Bild A26 folgt, dass der Regelkreis mit dem PIRegler instabil ist.
Bild A.26 Sprungantwort des Kreises mit PI-Regler zu Aufgabe 12.6 Aufgabe 12.7
Es werden alle vier Eingangswerte (0, 0), (0, 1), (1, 0) und (1, 1) nacheinander dem KNN vorgegeben. Die Netzantwort y = 1 wird zur Klasse A und y = 0 zur Klasse B zugeordnet. Die Lösung ist im Bild A.27 gezeigt. Daraus erkennt man sofort, dass das KNN die logische Funktion XOR gelernt hat. Charakteristisch für die Mehrschicht-KNN ist die Klassifizierung mit Hilfe von mehreren Geraden. Das entsprechende MATLAB-Programm ist unten gezeigt.
Bild A.27 Klasseneinteilung des trainierten KNN
x1 = 1; x2 = 1;
% Eingabe für Punkt (1, 1)
Av = 6.4 * x1 6.4 * x2 + 2.2;
% Aktivierung des verdeckten Neurons
v = 1 / (1 + exp ( Av) );
% Ausgang des verdeckten Neurons
Ay = 4.2 * x1 4.2 * x2 9.4 * v + 6.3;
% Aktivierung des Ausgangsneurons
if Ay > 0
% Transferfunktion y = 1;
% Klasse A
plot (x1, x2, ‘x’);
% Graphische Darstellung mit „x“-Zeichen
elseif Ay < 0
end hold on
y = 0;
% Klasse B
plot (x1, x2,’o’);
% Graphische Darstellung mit “o”-Zeichen % Ende der if-Blocks % Die Grafik im Fenster halten
447
Anhang
Hinweise zur Zustandsregelung Die Zustandsregelung wurde in diesem Buch bereits an drei Stellen implizit erwähnt: •
Auf der Seite 273 wurde eine Differentialgleichung 2. Ordnung, die einem nichtlinearen System entspricht, durch Einführen der Zustandsvariablen umgeformt und mittels Trajektorien in einem kartesischen Koordinatensystem abgebildet. Mit Hilfe dieser Trajektorien bzw. Zustandskurven kann man die Stabilität des Systems bestimmen.
•
Auf der Seite 386 wurden die Zustandsrückführungen simuliert, welche die Regelung des Doppel-I-Gliedes im geschlossenen Kreis ermöglichen.
•
Auf der Seite 266 wurden die Begriffe der Steuerbarkeit und Beobachtbarkeit eines Mehrgrößensystems eingeführt, die auch für den Entwurf von Zustandsregelungen sehr wichtig sind.
Diese Methoden in einem Kapitel zu beschreiben ist unrealistisch. Nachfolgend werden nur die Grundlagen der Zustandsregelung kurz erläutert, um den Einstieg in die weiterführende Literatur, z. B. [28], [34], [81] und [135], zu erleichtern. Einfaches Beispiel: Zustandsrückführung Die Methoden der Zustandsregelung sind besonders effektiv für nichtlineare Strecken und Mehrgrößenstrecken. Wir beginnen jedoch die Einführung in die Zustandsregelung von einem linearen Beispiel (s. Seite 386), um zu zeigen, dass die Zustandsregelung auch ohne spezielle Kenntnisse für einfache Regelstrecken erfolgen kann. Gegeben ist eine Strecke (Bild A.28), die aus zwei I-Gliedern mit KIS1 = KIS2 = 1 s-1 besteht. Die Strecke hat messbare Zustandsvariablen x und x1. Nach einem Einheitssprung der Stellgröße u(t) soll die Regelgröße von x(0) = 0 zu einem gegebenen Endwert, z. B. x(∞) = 1 gebracht werden, und zwar so, dass sich der Dämpfungsgrad zwischen ϑ = 0,3 und ϑ = 0,4 befindet. Die dafür benötigten Polstellen p1 und p2 des geschlossenen Kreises sind unten gegeben. Solche Verfahren nennt man Polzuweisung bzw. Pole Placing. Die Aufgabe besteht also in einer geeigneten Wahl der Proportionalbeiwerten k1 und k2. KIS1 u
k
+
− +
x1
KIS2 x
p1 = −1 + 2 j
k1
+ k2
Bild A.28
Die gewünschten Polstellen:
Regelung eines Doppel-I-Gliedes mit Zustandsrückführungen
p 2 = −1 − 2 j
448
Anhang
Bestimmen wir zuerst die Übertragungsfunktion des ersten, inneren Kreises
1 1 1 1 1 / k1 s Gw1 ( s ) = = = = , wobei Tw = ist. 1 k sT s + k + 1 § · 1 1 1 w 1 + ⋅ k1 k1 ¨¨1 + s ¸¸ s k1 ¹ © Dann wird die Übertragungsfunktion des zweiten, äußeren Kreises bestimmt:
1 1 1 ⋅ ( 1 + k s sTw ) 1 1 s Gw ( s ) = = = 2 1 1 1 ⋅ k1 s + k1s + k 2 1 + Gw1 ( s ) ⋅ ⋅ k1 1 + ⋅ s k1 s (1 + sTw ) Gw1 ( s ) ⋅
Laut Aufgabenstellung ist die gewünschte Übertragungsfunktion GM(s) mit den gegebenen Polstellen wie folgt gegeben:
GM ( s ) =
1 1 1 = 2 = 2 ( s − p1 )(s − p2 ) s − s( p1 + p2 ) + p1 p2 s + 2s + 5
Aus der Bedingung
Gw ( s ) = GM (s ) folgt die Lösung:
s 2 + k1s + k 2 = s 2 + 2s + 52
k1 = 2 ® ¯k 2 = 5
Um den Beharrungswert x(∞) nach dem Einheitssprung u0 = 1
x(∞) = lim k ⋅ Gw ( s ) ⋅ u0 = lim s →0
s →0
k 2
s + 2s + 5
⋅ u0 =
k 5
an den gegebenen Wert x(∞) = 1 anzupassen, wird k = 5 eingestellt. Zustandsebene Die vorherige Aufgabe wurde nicht wie gewöhnlich formuliert und gelöst. Die Stellgröße wurde nicht wie üblich mit y, sondern mit u bezeichnet. Anstelle eines Reglers wurden zwei Zustandsrückführungen k1 und k2 eingesetzt. Im Wirkungsplan fehlt die Führungsgröße, sie ist in der Aufgabenstellung als die Bedingung x(∞) = 1 enthalten. Zwar wurde die Aufgabe mit gewöhnlichen Methoden gelöst, ist die Lösung nur für einfache Strecken mit zwei-drei Zustandsvariablen möglich. Um das Verfahren zu verallgemeinern, soll der Wirkungsplan der Strecke anders als bisher dargestellt werden. Man sagt, die Strecke soll im Zustandsraum beschrieben werden. Kehren wir dafür zur Seite 273 zurück, jedoch betrachten wir diesmal eine lineare Differentialgleichung 2. Ordnung:
d 2 x(t ) dt
2
+ a1
dx(t ) + a0 x(t ) = k ⋅ u (t ) bzw. x + a1 x + a0 x = k ⋅ u dt
Die freie, ungezwungene Bewegung des Systems bei u = 0 wird wie folgt beschrieben:
x + a1 x + a0 x = 0
Hinweise zur Zustandsregelung
449
Fügen wir neue Variablen ein, nämlich:
x1 = x x2 = x Unter Beachtung x = x1 und x = x2 sowie x = x2 , wird die letzte Differentialgleichung der freien Bewegung des Systems umgeschrieben:
x 2 + a1 x2 + a0 x1 = 0 ® ¯ x1 = x2
x 2 = −a1 x2 − a0 x1 ® ¯ x1 = x2
bzw.
Der Vorteil dieser Darstellung besteht einerseits darin, dass die DGL 2. Ordnung durch die DGL 1. Ordnung ersetzt wurde; andererseits folgen daraus die Gleichungen x2 = f (x1) von Trajektorien in der Zustandsebene. Um die Trajektorien zu bilden, dividieren wir die obere Differentialgleichung des letzten Gleichungssystems durch die untere
dx2 ° dt = −a1 x2 − a0 x1 ® dx ° 1 = x2 ¯ dt
t=0
x1 = x
Bild A.29
und eliminieren wir daraus die Zeit: dx2 x = − a1 − a0 1 dx1 x2
•
x2 = x
0
dx2 dt = − a1x2 − a0 x1 dx1 x2 x2 dt
Aus der letzten DGL kann man unter bestimmten Bedingungen die Trajektorien (Isoklinen) bestimmen (s. Seite 274), wobei jedem Zeitpunkt t ein Punkt der Zustandebene (x1, x2) entspricht (Bild A.29). Die Zusammensetzung von allen Punkten, angefangen von t = 0 bis zum Endwert bei t = ∞, stellt grafisch die freie Bewegung des Systems dar.
Zustandsebene
Wenn die Zustandskurve bei t = ∞ den Wert x2 = 0 erreicht, wie im Bild A.30 gezeigt ist, wird das geschlossene System stabil. In der letzten Gleichung handelt es sich um eine Singularität x1 . Es gilt dabei x1 = 0 bzw. x1 = const, wie es aus der Gleichung x1 = x2 folgt. Gleichzeitig 0 ergibt sich aus der Gleichung x2 = −a1x2 − a0 x1 die folgende Bedingung für Ruhelage: •
x2 = x
x 2 = −0 − a0 x1 = 0
x2 = x
Ruhezustand im Koordunatenanfang 0
− a0 x1 = 0
Ruhelage auf der x - Achse
Somit sind zwei Fälle für eine stabile Ruhelage möglich:
0 x1 = x
x1 = x
a) x1 = 0 (Bild A.30 links) b) −a0 = 0 (Bild A.30 rechts)
Bild A.30
Beharrungszustände von stabilen Systemen
450
Anhang
Stabilitätsuntersuchung in der Zustandsebene Betrachten wir die Gleichung der Zustandskurve
dx2 x = − a1 − a0 1 dx1 x2 und nehmen wir an, dass x2 und x1 miteinander linear verbunden sind:
x2 = K ⋅ x1 Dies entspricht einer Geraden mit der Steigung
dx2 =K. dx1 Die Zustandsgleichung wird damit zu einer quadratischen Gleichung umgewandelt und gelöst:
dx2 x = K = −a1 − a0 1 dx1 x2
K 2 + a1K + a0 = 0
K 2 = −a1K − a0
K1,2 = −
a1 ± 2
a12 − 4a0 4
Abhängig vom Vorzeichen des Terms a12 − 4a 0 entstehen unterschiedliche Zustandskurven. Die typischen Zustandskurven und die Sprungantworten sind in der Tabelle A.1 gezeigt. In der Tabelle A.2 sind gesondert die Trajektorien einer DGL 2. Ordnung bei a1 = 0 oder a0 = 0 zusammengefasst:
x + a1 x = k ⋅ u Tabelle A.1 Verlauf der Zustandskurven bei Bedingungen a12 > 4a0 I
II
a1 > 0
a0 > 0
a1 < 0
III a0 > 0
x2
a1 > 0
a0 = 0
x2 x1
x1 t
0
x1
Knotenpunkt instabil
x1
a0 < 0 x2
0
0
Knotenpunkt stabil
a1 > 0
x2 x1
0
IV
Wirbelpunkt
Sattelpunkt
x1 t
x1
x1 t
t
Hinweise zur Zustandsregelung
451
Tabelle A.2 Zustandskurven bei a0 = 0 oder a1 = 0 a0 = 0
a1 = 0
dx2 = −a1 dx1
x2 dx2 = −a0 x1dx1 x22 x2 + 1 =1 a0C C
x2 = −a1x + C I
II
III
IV
a1 > 0
a1 < 0
a0 > 0
a0 < 0
x2
x2 x1
0
x1
stabil
x2
x2
0
x1
instabil
Wirbelpunkt
x1
Asymptotisch instabil
Insgesamt sind folgende drei Fälle möglich: •
Fall 1:
a12 < 4a0
imaginäre Polstellen
•
Fall 2:
a12 > 4a0
komplexe Polstellen (die weiteren Optionen sind in der Tabelle A.3 zusammengefasst)
•
Fal 3
a12 = 4a0
reelle Polstellen
Tabelle A.3 Knotenpunkte bei der Bedingung a12 > 4a0 I
II
III
IV
a1 > 0
a0 > 0
a1 < 0
a0 > 0
a1 > 0
a0 < 0
K1 < 0
K2 < 0
K1 > 0
K2 > 0
K1 > 0
K2 < 0
x2
a1 < 0
a0 < 0
K1 < 0
K2 > 0
x2
x2
x1
0 x1
0
stabil
a0 < 0
K1 = − K2
x2
x2 x1
a1 = 0
V
instabil
0
x1
instabil
0
x1
instabil
0
instabil
452
Anhang
Zustandsrückführung eines nichtlinearen Systems Zeigen wir nun, wie man mit Hilfe der Zustandsebene einen Kreis für die Regelung des Doppel-I-Gliedes mit einem Zweipunktregler entwerfen kann. Das Stellsignal u wird zwischen zwei Werten umgeschaltet: u = +1 and u = −1. Die Differentialgleichung der Strecke mit dem Integrierbeiwert KI ist gegeben:
x = K I ⋅ u Wie oben beschrieben, werden neue Variablen
x1 = x x2 = x eingefügt und ein Gleichungssystem gebildet:
x 2 = K I ⋅ u ® ¯ x1 = x2 Weiterhin wird die obere Gleichung durch die untere dividiert:
dx2 dt = K I ⋅ u dx1 x2 dt Es ergibt sich eine DGL 1. Ordnung mit folgender Lösung:
dx2 K I ⋅ u = dx1 x2
x2 ⋅ dx2 = K I ⋅ u ⋅ dx1
x22 = K I ⋅ u ⋅ x1 + C 2
Die Lösung stellt sich in der Zustandsebene eine quadratische Parabel dar:
x22 = 2 K I ⋅ u ⋅ x1 + C Nehmen wir an, dass KI = 1 ist. Die entstehenden Parabelscharen sind in Tabelle A.4 gezeigt. Tabelle A.4 Zustandskurven der Regelstrecke (Doppel-I-Glied) bei zwei Stellwerten u = ± 1 u = +1
u = −1
x22 = 2 x1 + C
x22 = −2 x1 + C
x2
x2
C=0
C=0 0
x1
0
x1
Hinweise zur Zustandsregelung
453
Der Zweipunktregler schaltet ein und ab, wenn die Regeldifferenz e=w−x den Wert e = 0 erreicht. Nehmen wir zur Vereinfachung an, dass w = 0 ist. In diesem Fall wird e= −x=0 bzw. die Zustandsvariable − x1 = 0. Somit liegt die Schaltlinie direkt auf der Ordinatenachse x1 = 0, wie in Bild A.31 links gezeigt ist. Daraus ist ersichtlich, dass ein Grenzzyklus bzw. eine Dauerschwingung mit konstanter Amplitude entsteht. Die Trajektorien nähern sich nicht dem Ursprung, sondern durchlaufen eine geschlossene Kurve. x2
x2
α x1
x1
Schaltlinie x1 = 0
Bild A.31
Schaltlinie x2 = −k1x1
Zustandskurven des Regelkreises und Schaltlinien des Zweipunktreglers
Aus der Betrachtung der beiden Parabelscharen stellt man fest, dass eine nach links geneigte Schaltlinie, wie im Bild A.31 rechts gezeigt ist, den Grenzzyklus in eine Spirale umwandelt. Nach jeder Umschaltung wird die Amplitude kleiner, so dass die Trajektorie nach endlich vielen Umschaltungen den Koordinatenanfang bzw. die Ruhelage erreichen wird. Die Schaltlinie x2 = − k1 x1 mit der Steigung k1 kann in Regelkreis eingebaut werden, indem man die negative Rückführung des Kreises mit einer zusätzlichen Rückführung, wie im Bild A32 gezeigt, erweitert. Die Schaltlinie x2 = − k1 x1 wird mit dem Koeffizient k1 > 0 erzeugt:
x2 = −k1 x1
x2 + kx1 = 0
1 x2 + x1 = 0 k1 ,
k 2 x2 + x1 = 0
k2
u=±1
+
KIS1 u
w
•
x2 = x
KIS2 x1 = x
− +
k2
+
Bild A.32
Stabilisierende Rückführung des Kreises mit dem Doppel-I-Glied
454
Anhang
In Wirklichkeit erreicht jedoch die Spirale nicht den Ursprung, sondern endet auf der Schaltgeraden. Danach rutscht der Arbeitspunkt geradlinig zum Ursprung entlang der Schaltlinie. Es wird empfohlen, die Steigung der Schaltgeraden k1 = tan α möglichst groß oder möglichst klein zu wählen. Bei großen k1 hat der Rückführkoeffizient k2 einen kleinen Wert, und folglich wird die Zeitkonstante klein. Aber mit dem Winkel α ≈ 90° steht die Schaltgerade fast senkrecht, und die Schwingungen werden erst nach mehreren Umschaltungen abklingen. Bei kleinen k1 dagegen hat die Schaltgerade sehr starke Neigung, große Schwingungsperiode, aber wenige Schnitte mit der Schaltgeraden. Im Bild A.33 ist der oben behandelte Regelkreis mit k2 = 0,045 bzw. k1 = 22,2 und α ≈ 88° simuliert (große Steigung der Schaltgeraden). Nach 9 Umschaltungen landet die Spirale auf den Schaltgeraden und rutscht in Ursprung.
Bild A.33
Simulation eines nichtlinearen Regelkreises mit Zustandsrückführung
Zustandsraum Die grafische Darstellung der Zustandsebene lässt viele Aufgaben effektiv lösen, ist jedoch für Systeme mit mehr als zwei Variablen ungeeignet. Für solche Fälle sollen Matrizen und Vektoren als Beschreibungsfunktionen einbezogen werden, wie es bereits im Abschnitt 8.7 für den Fall der Mehrgrößenregelung gezeigt wurde. Der Wirkungsplan einer Mehrgrößenstrecke ist im Bild A.34 gezeigt. Die Struktur ähnelt sich dem Bild A.28, jedoch ist . hier die Regelgröße x nicht x y u x messbar. Sie wird über den ´ B C ¶ Block C als Signal y auf+ genommen. Der Block A gehört nicht zur Regelung, A wie im Bild A.28, sondern zur Streckenstruktur. Bild A.34
Wirkungsplan einer Strecke mit Zustandsvariablen
Die Zustandsgleichungen der Mehrgrößenstrecke lauten:
x = A x + B u
Zustandsgleichung (state equation)
y =Cx
Beobachtungsgleichung (observation equation)
Hinweise zur Zustandsregelung
455
Die in diesen Gleichungen und in dem Wirkungsplan vorkommenden Signale sind: x Zustandsvektor
Dimension (n × 1)
u Stellgrößenvektor (Eingang)
Dimension (m × 1)
y Regelgrößenvektor(Ausgang)
Dimension (r × 1), wobei r = n + m.
Die Matrizen sind: Steuermatrix B (n, m)
Eingangsmatrix
Systemmatrix A (n, n)
Dynamikmatrix
Beobachtungsmatrix C (r, m)
Ausgangsmatrix
Selbstverständlich entsteht sofort die Frage: Wie kann man die gewöhnlichen Übertragungsfunktionen in die Zustandsgleichungen umwandeln und umgekehrt? Die analytische Umwandlung für Systeme 2. Ordnung mit der Übertragungsfunktion
G ( s) =
k 2
a2 s + a1s + a0
bzw. mit der Differentialgleichungen
a2 x + a1 x + a0 x = k ⋅ u ist durchaus möglich. Es werden neue Variablen eingefügt
a a k u ° x 2 = − 1 x2 − 0 x1 + a2 a2 a2 ® °¯ x1 = x2 und mit folgenden Bezeichnungen
−
a1 = A1 a2
−
a0 = A1 a2
k =B a2
in Vektor-Matrizen-Form umgeschrieben:
§ x2 · § A1 ¨¨ ¸¸ = ¨¨ © x1 ¹ © 1
A2 0
§ x1 · B· ¨ ¸ ¸¸ ⋅ ¨ x2 ¸ 0¹ ¨ ¸ ©u¹
§ x · x = ¨¨ 2 ¸¸ © x1 ¹
§A A = ¨¨ 1 ©1
A2 · ¸ 0 ¸¹
§ B· B = ¨¨ ¸¸ ©0¹
Daraus folgt die Zustandbeschreibung: x = A x + B u Für Systeme mit mehreren Variablen stellt der Control System Toolbox vom MATLAB die Konvertierungsbefehle zur Verfügung (Tabelle A.5). Beachten wir, dass auch die Matrix D in der Tabelle vorkommt, die in diesem Abschnitt nicht betrachtet wird. Die Durchgangsmatrix D(r, m) führt das Stellsignal u vorwärts auf das Ausgangsignal und wird mit y addiert. Man soll auch die Bezeichnungen beachten: die Stellgröße bei Zustandsgleichungen wird als u, wie es in der Literatur über Zustandsregelung üblich ist, bezeichnet. Bei Übertragungsfunktionen wird aber für die Stellgröße die Bezeichnung y, wie überall in diesem Buch, behalten.
456
Anhang
Tabelle A.5 Systembeschreibung (Konvertierung) mit MATLAB /Control Systems Toolbox
Umwandlung
Bezeichnung des Befehls
MATLABBefehl
Anwendung
Übertragungsfunktion in Zustandsgleichung
transfer function to state space
tf2ss
[A, B, C, D] = tf2ss (num, den)
Zustandsgleichung in Übertragungsfunktion
state space to transfer function
ss2tf
[num, den] = ss2tf (A, B, C, D)
Beispiel: Es soll die Zustandsgleichungen bzw. die Matrizen A, B, C und D für gegebene Übertragungs10 bestimmt werden. funktion G ( s ) = 2 s + 5s + 6 Das MATLAB-Skript sieht wie folgt aus: num = [10]; den = [ 1
5
% Eingabe des Zählerpolynoms 6 ];
% Eingabe des Nennerpolynoms
[A, B, C, D] = tf2ss (num, den)
% Konvertierung
Ausgabe:
§− 5 A = ¨¨ © 1
− 6· ¸ 0 ¸¹
§1· B = ¨¨ ¸¸ © 0¹
C = (0 10)
D=0
Das entsprechende System der Differentialgleichungen ist:
x1 = −5 x1 − 6 x2 + u ° ® x 2 = x1 + 0 ⋅ x2 + 0 ⋅ u ° y = 0 ⋅ x + 10 x + 0 ⋅ u 1 2 ¯ Beispiel: Gegeben ist das System der Zustandsgleichungen, dass in die Übertragungsfunktion bzw. Differentialgleichung konvertiert werden soll:
x1 = 10 x1 + 5 x2 + 4u ° ® x 2 = 15 x1 + 3x2 + 5u ° y = x + x + 0⋅u 1 2 ¯
§10 bzw. A = ¨¨ ©15
5· ¸ 3 ¸¹
§ 4· B = ¨¨ ¸¸ ©5¹
C = (1 1)
Das MATLAB-Skript: A = [10, 5; 15, 3];
% Eingabe der Systemmatrix A
B = [4; 5];
% Eingabe der Steuermatrix B
C = [1, 1];
% Eingabe der Ausgangsmatrix C
D = 0;
% Eingabe der Durchgangsmatrix D
[num, den] = ss2tf [A, B, C, D]
% Konvertierung
D=0
Hinweise zur Zustandsregelung Ausgabe:
num = [ 0
9
23 ];
den = [ 1
−13
−45 ];
457 % Zählerpolynom % Nennerpolynoms
Die gesuchte Übertragungsfunktion und DGL des Systems mit der Eingangsgröße y(t) und der Ausgangsgröße x(t) sind somit:
9s + 23 G (s) = 2 s − 13s − 45
x(t ) − 13x (t ) − 45 x(t ) = 9 y (t ) + 23 y (t )
Man stellt sofort fest, dass die gegebene Strecke instabil ist, da die Koeffizienten des Polynoms 2. Ordnung negativ sind. Die Stabilitätsprüfung kann auch für Zustandsgleichungen einfach vorgenommen werden, indem man die Polstellen mit dem Befehl P = eig(A) bestimmt. Steuerbarkeit und Beobachtbarkeit Die Besonderheit von Mehrgrößensystemen besteht darin, dass sich die Strecke nicht unbedingt beobachten und steuern lässt, wie es auf der Seite 266 bereits kurz angesprochen wurde. Dies betrifft Systeme, die sowohl mittels Übertragungsfunktionen, als auch mittels Zustandsgleichungen beschrieben sind. Ein Regelkreis ist steuerbar, wenn die Regelgröße von einem beliebigen Anfangszustand in einen gewünschten Endzustand mittels geeigneten Stellgrößen überführt werden kann. In der Literatur wird zwischen Steuerbarkeit und vollständiger Steuerbarkeit unterschieden, sowie der Begriff der Erreichbarkeit eingeführt. Die Beobachtbarkeit betrifft die Messbarkeit der Regelstrecke. Wenn nicht alle Zustandsvariablen messtechnisch zu erfassen sind, soll die für die Regelung erforderliche Information aus dem Ausgangsvektor y gewonnen werden. Dafür wird die Regelung über eine bestimmte Zeit beobachtet, um daraus abschließend die Zustandsvariablen zu rekonstruieren. Laut Kalman wird ein System mit der Dynamikmatrix A dann vollständig steuerbar, wenn eine speziell dafür gebildete Matrix SS der Dimension (n, n⋅m), genannt Steuerbarkeitsmatrix SS = ( B
AB
A2 B ... An − 1 B),
den gleichen Rang hat, wie die Systemmatrix A. Mathematisch heißt es: Ein System ist vollständig steuerbar, wenn es gilt:
rang A = n ® ¯ rang S S = n Ähnlich wird die Beobachtbarkeit formuliert, nämlich: Ein System mit der Systemmatrix A ist dann beobachtbar, wenn eine speziell dafür gebildete Beobachtbarkeitsmatrix SB(r⋅n, n) SB = ( C CA
CA2 ... CAn − 1) T
den gleichen Rang hat, wie die Dynamikmatrix A bzw. wenn es gilt:
rang A = n ® ¯ rang S B = n Die Herleitung von Matrizen SS und SB wird hier nicht diskutiert. Merken wir nur, dass die Matrix SB oben transponiert dargestellt wurde, was durch das Zeichen T angedeutet ist.
458
Anhang
Beispiel: Gegeben ist das System 2. Ordnung:
x1 = 2 x1 + 0 ⋅ x2 + 0 ⋅ u ° ® x 2 = 3x1 − 4 x2 + 3,5u ° y = x + 0⋅ x 1 2 ¯
0· §− 2 ¸¸ A = ¨¨ © 3 − 4¹
bzw.
§ 0 · B = ¨¨ ¸¸ © 3,5 ¹
C = (1 0)
Zuerst wird der Rang des Systems bestimmt: A = [ −2, 0; 3, −4];
% Eingabe der Systemmatrix
B = [ 0; 3.5];
% Eingabe der Steuermatrix
C = [ 1, 0];
% Eingabe der Ausgangsmatrix
rank(A)
% den Rang der Matrix A bestimmen Es wird ausgegeben: rank(A) = 2
Dann werden die Steuerbarkeit (Controlability) und die Beobachtbarkeit (Observability) geprüft: Co = ctrb (A, B)
% Controllability matrix Co Es ergibt sich:
0· § 0 ¸¸ und rank(Co) = 1 Co = ¨¨ 3 , 5 − 14 © ¹ Ob = obsv (A, C)
% Observability matrix Ob Es ergibt sich:
1· § 0 ¸¸ und rank(Ob) = 1 Ob = ¨¨ © 3 − 4¹ Fazit: das System kann nicht geregelt werden. Es ist nicht beobachtbar rank(Ob) ≠ rank(A), und nicht steuerbar rank(Co) ≠ rank(A). Das kann man folgendermaßen erklären: Da die Variable x1 sich weder vom Stellsignal u, noch von der Variable x2 beeinflussen lässt, ist das System nicht steuerbar. Auch ist das System nicht beobachtbar, weil die Information über die Variable x2 im Ausgangsvektor
y = x1 + 0 ⋅ x2 fehlt. Nehmen wir an, dass der Ausgangsvektor anders gegeben wird, nämlich:
y = 0 ⋅ x1 + x2 In diesem Fall wird C = [ 0, 1 ], und das System wird beobachtbar: rank(Ob) = 2. Die fehlende Information über x1 kann aus der erfassbaren Variable x2 rekonstruiert werden.
Hinweise zur Zustandsregelung
459
Zustandsrückführung Im Bild A.35 ist der Wirkungsplan eines Systems mit Zustandsrückführungen
u=Kx dargestellt, wobei K die Matrix der Dimension (n, m) von den zu bestimmenden Rückführkoeffizienten ist. Das System ist im Zustandsraum wie folgt gegeben:
.
u
x B
+
+
−
x
´ ¶
+
y C
Die Regelung soll mit dem gewünschten Polstellenvektor erfolgen: § p1 · ¨ ¸ P = ¨ ... ¸ ¨p ¸ © n¹
A K
Bild A.35
x = A x + B u ® ¯y = C x
Wirkungsplan eines Systems mit Zustandsrückführungen
Unter Beachtung der Rückführung transformiert sich die Zustandsgleichung zu
x = ( A − BK ) x und die Lösung ergibt sich aus der charakteristischen Gleichung:
det( s I − ( A − BK )) = s I − ( A − BK ) = 0 Beispiel: Für das gegebene System
x1 = x1 + x2 + 2u ° ® x 2 = 5 x1 − 6 x2 + 5,5u ° y = 0⋅ x + x 1 2 ¯
bzw.
1· §1 ¸ A = ¨¨ 5 − 6 ¸¹ ©
§ 2 · B = ¨¨ ¸¸ © 5,5 ¹
C = (0 1)
mit gewünschten Polstellen
p1 = −2 + j ® ¯ p 2 = −2 − j
bzw.
§p · P = ¨¨ 1 ¸¸ © p2 ¹
soll die Matrix der Rückführkoeffizienten K = (k1 k 2 ) bestimmt werden. Mit MATLAB erfolgt die Lösung nach der Pole Placing-Methode einfach durch die Eingabe des Befehls place. A = [ 1, 1; 5, −6];
% Eingabe der Systemmatrix
B = [ 2; 5.5];
% Eingabe der Steuermatrix
C = [ 0, 1];
% Eingabe der Ausgangsmatrix
p1 = −2 + j; P = [p1; p2]
p2 = conj(p1);
% Eingabe von gewünschten Polstellen % Eingabe des Pollstellenvektors
460
Anhang rank(A);
% Rang der Systemmatrix A. Ausgabe: rank (A) = 2
Co = ctrb (A, B)
% controlability matrix Co (Steuerbarkeitsmatrix), Ausgabe: Co = [ 2, 7.5; 5.5, −23 ];
rank(Co)
% Steuerbarkeitsprüfung Ausgabe: rank (Co) = 2 bzw. das System ist steuerbar rank(Co) = rank(A)
Ob = obsv (A, C)
% observability matrix Ob (Beobachtbarkeitsmatrix) Ausgabe: Ob = [ 0, 1; 5, −6 ];
rank(Ob)
% Beobachtbarkeitsprüfung Ausgabe: rank (Ob) = 2 bzw. das System ist beobachtbar, rank(Ob) = rank(A)
K = place(A, B, P)
% Berechnung von k1, k2 nach Pole Placing-Methode Ausgabe: K = [ 1.0602 −0.5673 ];
P = eig(A − B*K)
% Lösungskontrolle. Ausgabe: p1 = −2 + j; p2 = −2 − j
Das MATLAB /Simulink-Modell mit der oben bestimmten Zustandsrückführung und die Sprungantworten vor und nach der Polzuweisung sind im Bild A.36 gezeigt.
Bild A.36
MATLAB/Simulink-Modell der Zustandsregelung einer instabilen Strecke. Links ist die Sprungantwort der Strecke ohne Zustandsrückführung gezeigt, rechts – mit Zustandsrückführung K = (1,0602 −0,5673).
Hinweise zur Zustandsregelung
461
Beobachter Im vorherigen Beispiel erfolgte die Regelung mit Hilfe der zurückgeführten Regelgröße x. Ein vereinfachter Wirkungsplan solcher Zustandsrückführung ist im Bild A.37 gezeigt, wobei das gesamte mit den Zustandsgleichungen gegebene System durch einen Block S bezeichnet ist. u
x
y
S
C
K
Bild A.37
Zustandsrückführung mit einer messbaren Regelgröße
Kann man dieses Verfahren anwenden, wenn die Regelgröße x nicht messbar ist, sondern nur die Ausgangsgröße y? Die Lösung, die als Beobachter bzw. Observer bekannt ist, wurde 1964 vom Lueneberger vorgeschlagen. Nach diesem Prinzip wird nicht die Regelgröße und auch nicht die messbare Ausgangsgröße zurückgeführt, sondern die Differenz y – yM zwischen der System-Ausgangsgröße y und der Modell-Ausgangsgröße yM, wie im Bild A.38 erklärt ist. y
x
C
S u
yM
xM
SM
CM
−
+ y − yM
L
Bild A.38
Vereinfachtes Beobachter-Prinzip
Das Model SM wird genau so gebaut, wie das System S (Bild A.39). Somit kann das Verfahren zu den im Abschnitt 12.3 beschriebenen modellbasierten Verfahren zugeordnet werden. Die Berechnung der Rückführmatrix L erfolgt wie im vorherigen Beispiel für die Matrix K, jedoch anstelle Vektors x des Systems wird der Vektor xM des Modells betrachtet. Auch die Rückführung L wird nicht zum Eingang des Blockes B geleitet, sondern zum dessen Ausgang. Das System S und sein Modell SM sind mit folgenden Zustandsgleichungen gegeben:
x = A x + B u ® ¯y = C x
(System S)
x M = A x M + B u + L (y − y M ) (Modell SM) ® ¯y = C x M
Daraus folgt die Differentialgleichung des Beobachters:
x − x M = A (x − x M ) − L (Cx − Cx M ) bzw. x − x M = ( A − LC) (x − x M )
462
Anhang .
x B
+
+
x
´ ¶
y C
A
System S
y
u
.
xM B
+
+ +
Modell SM
´ ¶
xM
A
+
yM C
− xM
+ y − yM L
Bild A.39
Struktur des Beobachters
Bezeichnet man die Differenz zwischen Zustandsvariablen des Systems x und des Modells xM als Fehler e des Beobachters
e = x − xM , so folgen daraus
e = x − x M und
e = ( A − LC) e . Die letzte Gleichung, betrachtet gemeinsam mit der Zustandsgleichung des Systems x = A x + B u und der Rückführmatrix
r = Le , führt letztendlich zur Gleichung
x = ( A − LC) x . Diese Gleichung hat für Beobachter gleiche Bedeutung, wie die Gleichung
x = ( A − BK ) x im vorherigen Fall für die messbare Regelgröße x. Die gewünschten Polstellen lassen sich in beiden Fällen mit dem MATLAB-Befehl für Eigenwerte P = eig(A − BK)
(im vorherigen Fall)
P = eig(A − LC)
(im Fall des Beobachters)
überprüfen.
Hinweise zur Zustandsregelung
463
Die Rückführmatrix L wird mit MATLAB einfach durch die Eingabe des Ackermann’s Befehls L = acker(A’, C’, P) berechnet. Die somit erhaltene Matrix L soll für die weiteren Berechnungen, z. B. für die Bestimmung der Dynamikmatrix AM des Modells nach der Formel
A M = A − LC transponiert werden. Der entsprechende MATLAB-Befehl lautet: AM = A − L’*C Beispiel: Gegeben sind die Zustandsgleichungen bzw. die Matrizen eines Systems, dessen Regelgröße nicht messbar ist:
x = A x + B u ® ¯y = C x
mit
1· §2 ¸¸ A = ¨¨ © 5 − 5¹
§ 2 · B = ¨¨ ¸¸ © 5,5 ¹
C = (0 1)
Die Regelung soll mit gewünschten Polstellen erfolgen:
p1 = −2 + j ® ¯ p 2 = −2 − j
§p · bzw. P = ¨¨ 1 ¸¸ © p2 ¹
Es sollen die Rückfuhrkoeffizienten L1 und L2 des Beobachters bestimmt werden. Prüfen wir zuerst, ob die Strecke ohne Zustandsrückführung stabil ist. Mit dem Befehl eig(A) erhalten wir die Polstellen des Systems A aus der charakteristischen Gleichung det(A) = 0:
s1 = + 2,6533 ® ¯ s2 = −5,6533 Die Strecke ist instabil und soll mit Zustandrückführungen stabilisiert werden. Zeigen wir zuerst die analytische Lösung.
1 · § L1 · 1 − L1 · §2 §2 ¸¸ ¸¸ − ¨¨ ¸¸ (0 1) = ¨¨ A M = A − LC = ¨¨ © 5 − 5 ¹ © L2 ¹ © 5 − 5 − L2 ¹ 1 − L1 · § s − 2 § s 0· § 2 ¸=¨ ¸¸ − ¨¨ s I − A M = ¨¨ 0 s 5 − 5 − L2 ¸¹ ¨© − 5 © ¹ ©
L1 − 1 · ¸ s + 5 + L2 ¸¹
det( s I − A M ) = ( s − 2)(s + 5 + L2 ) − (−5)( L1 − 1) = s 2 + (3 − L2 ) s + (5 L1 − 2 L2 − 15) Die charakteristische Gleichung des Modells det( s I − A M ) = 0
s 2 + (3 − L2 ) s + (5 L1 − 2 L2 − 15) = 0 und des gewünschten Systems
( s − p1 )(s − p2 ) = ( s + 2 − j )(s + 2 + j ) = s 2 + 4s + 5 = 0 werden gleich gesetzt, woraus die Lösung ergibt:
464
Anhang 3 − L2 = 4 ® ¯5 L1 − 2 L2 − 15 = 5
L2 = 1 ® ¯ L1 = 4,4
Wiederholen wir die Lösung mit MATLAB: A = [ 2, 1; 5, −5];
% Eingabe der Systemmatrix
B = [ 2; 5.5];
% Eingabe der Steuermatrix
C = [ 0, 1]; p1 = −2 + j;
% Eingabe der Ausgangsmatrix p2 = conj(p1);
% Eingabe von gewünschten Polstellen
P = [p1; p2]
% Eingabe des Pollstellenvektors
rank(A);
% Rang der Systemmatrix A: rank (A) = 2
Co = ctrb (A, B); rank(Co)
% Steuerbarkeitsmatrix: rank (Co) = 2
Ob = obsv (A, C); rank(Ob)
% Beobachtbarkeitsmatrix: rank (Ob) = 2
L = acker(A’, C’, P)
% Rückführmatrix nach Ackermann’s Formel Ausgabe: L = [ 4,4 1 ]
AM = A −L’ * C
% Dynamikmatrix des Modells AM Ausgabe: AM = [ 2, −3,4; 5, −6 ];
eig(A − L’*C)
% Kontrolle: Polstellen des Modells
subplot(311); plot(t, x);
% Grafische Ausgabe: Regelgröße x(t)
subplot(312); plot(t, xM);
% Sprungantwort des Modells xM(t)
subplot(313); plot(t, xe);
% Grafische Ausgabe: Fehler xe = x − xM
Im Bild A.40 ist das MATLAB/Simulink-Modell des Beobachters dargestellt. 1 s
B* u M atrix G ain1
C* u
Integrator A* u
y S ystem
M atrix G ain2
t C lo ck
T o W orksp ace
Wo =1 L* u
1 s
B* u
Integrator1 M atrix G ain5
A* u
C* u M atrix G ain6 xM M odell
Bild A.40
MATLAB/ Simulink-Modell des Beobachters
Tabellen
465
Rechenregeln der Laplace-Transformation Satz
Rechenregel ∞
Definition der LaplaceTransformation
L [ x(t )] = x( s ) = x(t ) ⋅ e − s t ⋅ dt
Linearitätssatz
L [a ⋅ x1 (t ) + b ⋅ x 2 (t )] = a ⋅ L [ x1 (t )] + b ⋅ L [ x 2 (t )]
Dämpfungssatz
L [e − a t ⋅ x(t )] = x( s + a) mit x(s) = L [ x(t )]
Differentiationssatz
³ 0
ª d n x(t ) º n L« » = s ⋅ L [ x(t )] − «¬ dt n »¼ − s n −1 ⋅ x(0) − s n− 2 ⋅ x (0) − ... − s ⋅ x ( n −2) (0) − x ( n −1) (0) ªt º 1 L « x(τ ) ⋅ dτ » = ⋅ L [ x(t )] « » s ¬0 ¼
³
Integrationssatz
L [ x(t − τ )] = e − sτ ⋅ L [ x(t )] für τ ≥ 0
Verschiebungssatz
lim x(t ) = lim s ⋅ x( s )
Anfangswertsatz
t →0
s→∞
lim x(t ) = lim s ⋅ x( s )
Endwertsatz
t →∞
s→0
t
Faltungssatz
t
³
³
L [ x1 (t )] ⋅ L [ x 2 (t )] = x1 (τ ) ⋅ x 2 (t − τ ) ⋅ dτ = x1 (t − τ ) ⋅ x 2τ ) ⋅ dτ 0
Residuensatz für eine n-fache Polstelle in s = a
[
]
0
[
1 d n −1 Res G ( s ) e st s = a = lim ( s − a ) n ⋅ G ( s) e st (n − 1)! s → a ds n −1
]
466
Anhang
Korrespondenztabelle Nr.
f(s)
1
f(t)
1
1 s 1
2 3
1
t n−1 (n − 1)!
n
s 1 s +α
4 5 6
e−α t
(
1 s (s + α )
1 1 − e−α t a
s
cos ω t
2
s +ω2
ω
7
(für t < 0 ist f (t) = 0)
∞ für t = 0 δ (t ) = ® ¯0 für t ≠ 0
)
sin ω t
2
s +ω2
8
1 ( s + α )(s + β )
e− β t − e−α t α −β
9
1 für n > 0 (s + α )n
t n −1 ⋅ e−α t (n − 1)!
10
1 s (s + α )n
11
n −1 (α t)v 1 ª §¨ «1 − a n «¬ ¨© v = 0 v ! 1 ⋅ e s1 t − e s2 t 2w
¦
(
1 s 2 + s ⋅ 2α + β 2
1
ω
s 2 + s ⋅ 2α + β 2
β
1 2
2
s ( s + s 2α + β )
( D < 1)
)
α · § e −αt ⋅ ¨ cos ω t − ⋅ sin ω t ¸ ω ¹ © 1
13
(
2
α >1 β
D=
⋅ e − α t ⋅ sin ω t
1 ⋅ s1e s1 t − s2 e s 2 t 2w
s 12
)
· −α t º ¸⋅e » ¸ »¼ ¹
s s § · ⋅ ¨1 + 2 ⋅ e s1 t − 1 ⋅ e s2 t ¸ w w 2 2 © ¹
D=
α >1 β
( D < 1) D=
α >1 β
α 1 ª º ⋅ 1 − (cos ω t + ⋅ sin ω t ) ⋅ e −αt » ( D < 1 ) ω β 2 «¬ ¼
In den Beziehungen 10, 11 und 12 ist: w = α 2 − β 2 ; ω = β 2 − α 2 ; s 1, 2 = − α ± w = − α ± j ω
Tabellen
467
Sätze der Laplace- und z-Transformation Sätze
Kontinuierliche Systeme
Abtastung
∞
Faltung
³
y (t ) = x(τ ) g (t − τ ) dτ
y (nT ) =
z-Transformation
Laplace-Transformation ∞
f (s) =
¦ x(kT ) ⋅ g[(n − k )T ]
k =0
0
Transformation
∞
³ f (t ) e
− st
dt = L [ f (t )]
f ( z) =
³ f (s) e
st
¦ f (kT ) ⋅ z −k = Z [ x(kT )]
k =0
0
1 2πj
∞
³ f ( z) z
k-1
f (t ) =
Linearität
L [c1 f1 (t ) + c 2 f 2 (t )]
Z [c1 f1 (kT ) + c 2 f 2 (kT )]
= c1 ⋅ f1 ( s ) + c 2 ⋅ f 2 ( s )
= c1 ⋅ f1 ( z ) + c 2 ⋅ f 2 ( z )
ds
= L-1 [ f ( s )]
L [ f (t − a)] = f ( s ) ⋅ e − as Verschiebungssätze
f (kT ) =
1 2πj
Inverse Transformation
L [ x(t + a )] a
= [ f ( s) −
³
dz
= Z -1 [ f ( z )]
Z [ f (kT − nT )] = f(z) ⋅ z − n Z [ x(kT + nT )]
f (t ) e − st dt ] e as
= [ f ( z) −
n −1
¦ f (qT ) z −q ]z n
q=0
0
Dämpfungssatz
L [ f (t ) ⋅ e − st ] = f ( s + a )
Z [ f (kT ) ⋅ e − akT ] = f ( z ⋅ e aT )
Anfangswertsatz
f (+0) = lim s ⋅ f(s)
f (0) = lim f(z)
Wenn lim f (t ) existiert, dann ist
Wenn lim f (kT ) existiert, dann ist
Endwertsatz
s→∞
t →∞
lim f (t ) = lim s ⋅ f(s)
t →∞
s→0
∞
Stabilität
³
g (t ) dt < ∞
0
Alle Pole von G(s) in der linken s-Halbebene
z →∞
k →∞
z −1 f ( z) z →1 z
lim f (kT ) = lim
k →∞
∞
¦
g (kT ) < ∞
k =0
Alle Pole von G(z) im Inneren des Einheitskreises der z-Ebene
468
Anhang
Tabelle der Laplace- und z-Transformation Für t < 0 ist f(t) = 0 Nr.
Funktion im Zeitbereich f (t)
Laplace-Transformierte im Bildbereich f (s)
1
1
1 s
z z −1
t
1
Tz
2
s2
( z − 1) 2
3
t2
2
T 2 z ( z + 1)
s3
( z − 1) 3
4
t3
6
T 3 z ( z 2 + 4 z + 1)
s4
( z − 1) 4
n!
tn
5
s
n+ 1
Diskrete Laplace-Transformierte nach z-Transformation f (z)
z ∂n § ¨¨ s1→ 0 ∂ s n © z − e s1T 1 lim
− zT ⋅
· ¸¸ bzw. ¹
∂ {Z [(kT ) n −1 ]} ∂z z
6
e − at
1 s+a
z − e − aT
t ⋅ e − at
1
7
e − aT ⋅ Tz
( s + a) 2
( z − e − aT ) 2
t 2 ⋅ e − at
2
8
e − aT ⋅ ( z + e − aT ) T 2 z
( s + a) 3
( z − e − aT ) 3
n!
z ∂n § ¨ n ¨ ∂ s1 © z − e s1T
n
s1t
9
t ⋅e
10
1 − e − at
( s − s1 ) n + 1 a s ( s + a)
· ¸¸ ¹
(1 − e − aT ) z ( z − 1)( z − e − aT )
Tabellen
469
Fortsetzung Tabelle der Laplace- und z-Transformation Nr.
Funktion im Zeitbereich f (t)
LaplaceTransformierte im Bildbereich f (s)
11
at − 1 + e − at
a2
12
e − at − e − bt
Diskrete Laplace-Transformierte nach z-Transformation f (z) ( aT − 1 + e − aT ) z 2 + (1 − aTe − aT − e − aT ) ( z − 1) 2 ( z − e − aT )
s 2 ( s + a)
(e − aT − e − bT ) z
b−a ( s + a )( s + b)
( z − e − aT )( z − e − bT )
z ( a − b) + + be − at −
13
− ae − bt
ab(a − b) s ( s + a)( s + b)
( z − 1)( z − e
− aT
)( z − e −bT )
⋅
⋅ {(a − b − ae −bT + be − aT ) z + + [(a − b)e −( a +b)T − ae − aT + + be −bT ]}
ab(a − b) ⋅ t + 14
+ (b 2 − a 2 ) − − b 2 e − at +
ab(a − b)Tz
a 2 b 2 ( a − b) s 2 ( s + a )(s + b)
+ a 2 e − bt 15
sin ω t
16
cos ω t
17
e − at sin ω t
18
e − at cos ω t
e
−
b2 z z − e − aT
ω 2
s +ω s +ω
+
(b 2 − a 2 ) z − z −1 a2z z − e −bT
z ⋅ sin ωT 2
2
z − 2 z ⋅ cos ωT + 1 z ( z − cos ωT )
s 2
2
2
z − 2 z ⋅ cos ωT + 1
ω
z ⋅ e − aT ⋅ sin ωT
( s + a) 2 + ω 2
z 2 − 2 z ⋅ e − aT ⋅ cos ωT + e − 2aT
s+a
z 2 − z ⋅ e − aT ⋅ cos ωT
2
( s + a) + ω
Spezialfall: ωT = π − akT
( z − 1) 2
+
⋅ cos(ω k T ) = (−e
2
z 2 − 2 z ⋅ e − aT ⋅ cos ωT + e − 2aT z
− aT k
)
z + e − aT
470
Anhang
Tabelle der wichtigsten Regelkreisglieder Regelkreisglied
Differentialgleichung
Übertragungsfunktion x (s) G( s) = a xe ( s)
Sprungantwort
xa
xa (t ) = K P xe (t )
P
GS ( s ) = K P
KP xe0 t xa
P-T1
KP 1 + sT1
T1 x a (t ) + xa (t ) = K P xe (t )
T1 0,63 xa(∞)
KP xe0 t
T1T2 xa (t ) + (T1 + T2 ) x a (t )
KP (1 + sT1 )(1 + sT2 )
+ xa (t ) = K P xe (t ) aperiodischer Verlauf bei D ≥ 1
≈
α mit D = β
P-T2
1
β
2
xa (t ) +
2D
β
= K P x e (t ) gedämpft schwingend bei 0 < D < 1
I
xa (t ) = K I
s 2T22
=
Tu
xa
t
xm
+ sT1 + 1
KP xe0
KPβ 2 s 2 + s ⋅ 2α + β 2
KI s
³ xe (t ) dt
Tg KP xe0
KP e − sTu 1 + sTg KP
x a (t ) + xa (t )
xa
t xa KI xe0 xe0 1/KI
I-T1
T1 x a (t ) + xa (t ) = K I
³ xe (t ) dt
KI s (1 + sT1 )
1
t
xa KI xe0 T1
1
t
Tabellen
471
Ortskurve
Bode-Diagramm
Pol-NullStellenVerteilung jω
⏐G⏐dB
Im
20 lgKP
KP Re
Im ω=0
KP
ω=∞
Re ω
ωE = 1/T1
ϕ(ω) ⏐G⏐dB
s - Ebene
ω
σ
Beispiel
R1 xe
ϕ(ω)
jω
ω
20 lgKP
1/T1 -20 dB/Dek
σ
s1
xe
1 T1
D=0 01
⏐G⏐dB 20 lg KP
xa
T1= RC
ω
R1
σ
s2 s1
R2
xe C 1
C2
xa
ω=0
KP
- 40 dB/Dek
Re 1/T2
C
R
jω
∞
xa
0°
0° -90°
Im
R2
ϕ (ω )
ω
0° -90°
jω
ω
D=0 0
R
L
s1
D >1
σ
-180°
xe
xa
C
s2 ⏐G⏐dB
Im ω = ∞ Re
-1 ω = KI
ω= ∞
ω =1/T1
Re
KI T1 ω=0
- 20 dB/Dek
0° -90°
ω=0
Im
ϕ(ω)
s1
xe = n
σ a = 1/ KI
jω
⏐G⏐dB
-20 dB/Dek
0 dB
KI
ϕ( ω )
-40 dB/Dek
-90° -180°
xa
jω
ω
KI
1/T1
ω
s1 1 T1
s2
xe
σ xa
472
Anhang
Fortsetzung Tabelle der wichtigsten Regelkreisglieder Regelkreisglied
Differentialgleichung
Übertragungsfunktion
xa (t ) = K D x e (t )
s ⋅ KD
Sprungantwort
xa
D
1
ε
ε→0
t
xa
D-T1
s ⋅ KD 1 + sT1
T1 x a (t ) + x a (t ) = K D x e (t )
KD x T1 e0 T1
PI
PI-T1
xa (t ) = ª 1 = K P « x e (t ) + Tn ¬
º
³ xe (t ) dt »¼
T1 x a (t ) + xa (t ) = ª 1 = K P « x e (t ) + T n ¬
³
º x e (t ) dt » ¼
§ 1 · ¸ K P ¨¨1 + sTn ¸¹ © KP
t
xa
bzw.
KP xe0
1 + sTn sTn
KP xe0
K P (1 + sTn ) sTn (1 + sT1 )
Tn
xa
t
T1
KP xe0 KP xe0 Tn
t
xa
PD
xa (t ) = K P [xe (t ) + Tv x e (t )]
K P (1 + sTv ) KP xe0 t
xa PD-T1 mit
Tv > T1
T1 x a (t ) + x a (t ) =
= K P [x e (t ) + Tv x e (t )]
1 + sTv KP 1 + sT1
T KP Tv xe0 1
T1
KP xe0 t
Tabellen
473
Ortskurve
Bode-Diagramm
1 KD
⏐G⏐dB
Im ω → ∞
ϕ(ω) Re ω=0
Im
1/T1
0
ω
∞
Re
KD/T1
Im
Re
ω
ω=0
Im
ϕ(ω)
⏐G⏐dB
∞
ω
Im KP
ω→∞ ω ω=0
Re
ω
Im 0
1/T1
ω
KP KPTV/T1
σ
20 lgKP
1/Tn
sN1
ω
xe=F
1/T1 sN1
−20dB/Dek
1/T1
ω
xa
20 lgKP
1/Tv
+
xe s1
s2
σ
jω sN1
ω
σ
-
+
ω
s1 1/Tv
xa
xa
TG -
C
jω 1/T1 sN1
-
Rp
xe = α
1/Tv
+20dB/Dek
1/Tv 1/T1
R C
+
20lgKP
M
1/Tn
+20 dB/Dek
90° 0°
σ
jω
20 lgKP
ϕ(ω)
s1
1/Tn
−20dB/Dek
1/Tn
xa
T1= RC
jω
⏐G⏐dB
0° -90°
R
xe
sN1
1/T1
0° -90°
ϕ(ω)
C
dB
⏐G⏐dB ∞
σ
s1
+ 20 dB/Dek
ϕ(ω)
0° -90°
xe C
jω
ω
1/T1
-20 Dek
Re ⏐G⏐dB T KP (1− 1 ) Tn ϕ(ω)
i = xa
sN1
ω
90° 0°
ω=∞
KP
+ 20 dB/Dek
1 KD
Beispiel
jω
ω
90° 0°
⏐G⏐dB
Pol-NullStellenVerteilung
σ
xe
R1
R2
T1 = (R1⏐⏐R2)⋅C
xa
474
Anhang
Fortsetzung Tabelle der wichtigsten Regelkreisglieder Glied
Differentialgleichung
Übertragungsfunktion
Sprungantwort
xa T 1 PP-T1 T x (t ) + x (t ) = 1 a a mit = K P [x e (t ) + Tv x e (t )] Tv < T1
KP
1 + sTv 1 + sT1
KP xe0 Tv KP T xe0 1 t
Additive Form:
PID
x a (t ) = K P x e (t ) + 1 x e (t ) dt + KP Tn + K P Tv x e (t )
³
§ · 1 + sTv ¸¸ K P ¨¨1 + sTn © ¹
xa KP xe0 KP xe0
Multiplikative Form:
K P′
Tn
(1 + sTn′ )(1 + sTv′ ) sTn′
t
Additive Form:
T1 x a (t ) + x a (t ) =
KP
= K P x e (t ) + KP
PID-T1
1 Tn
s 2Tn Tv + sTn + 1 sTn (1 + sT1 )
³ xe (t ) dt
xa
+ K P Tv x e (t )
1
mit
§ T′ K P = K P′ ¨¨1 + v © Tn′ Tn = Tn′ + Tv′ T ′T ′ Tv = n v Tn′ + Tv′
Tt
T KP T v xe0
· ¸¸ ¹
xa (t ) = x e (t − Tt )
KP xe0 KP xe0 t
T1 Tn
Multiplikative Form:
K P′
(1 + sTn′ )(1 + sTv′ ) sTn′ (1 + sT1 )
G(s) = e
− sTt
xa xe0 Tt
t
Tabellen
475
Ortskurve
Bode-Diagramm
⏐G⏐dB
Im
∞
ω
0
1/T1
ϕ(ω)
⏐G⏐dB KP
-20dB/Dek
1/Tv
90° 0° -90°
KPTv/T1 ω
Re
KP(1-T1/Tn)
Im
ω
Re
σ
-20dB/Dek +20
ω 1/Tn
1/Tv 1/T1
ω
⏐G⏐dB
ω
0° -90° -180°
jω
ω
90° 0° -90°
ϕ(ω)
C
1/Tt π/Tt -57,3°
1 T1
s2
jω
1 Tv′ σ 1 Tn′
jω s1
sN1
σ
sn
sNn
− xe
+
xa
... ... ...... x xa .. e l ... ... .... ........ .... .... v Tt = l / v
......
ω=0
1 Tv′
xa
..
1
ϕ(ω)
R2
xe
1 Tn′
20 lgKP
KP
σ
s1 sN1 1
+20
ω 1/Tn
ϕ(ω)
⏐G⏐dB
R1
T1
20 lgKP
ω
Re
Im
ω
1/T1 1/Tv
0° -90°
KP
Im
1 jω Tv
-20dB/Dek
20lgKP
KPTV/T1
Beispiel
Pol-Nullstellen
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483
English-German Symbols Directory A
area, cross-section, crosssectional area, magnitude
Fläche, Querschnitt, Amplitude
AR
gain margin
Betragsreserve (Amplitudenreserve)
a0, a1...
coefficients of differential equations and transfer functions (for output) damping factor
Koeffizienten von Differentialgleichungen und Übertragungsfunktionen (bezogen auf Ausgangsgröße) Dämpfungskonstante
b0, b1...
coefficients of differential equations and transfer functions (for input)
Koeffizienten von Differentialgleichungen und Übertragnungsfunktionen (bezogen auf Eingangsgröße)
C
capacitor, concentration
Kapazität, Kondensator, Konzentration
C0
binding factor, coefficient, integration constant
Koppelfaktor, Koeffizient, Intergrationskonstante
c
spring constant, specific heat damping, determinant
Federkonstante, spezifische Wärme
Dicke, Sollwert eines Neuronausgangs
e
thickness, reference output of neuron output error of an artificial neural network error, control deviation
Fehler eines kunstlichen neuronalen Netzes Regeldifferenz
e(∞)
retained error
bleibende Regeldifferenz e(t) bei t → ∞
F
force
Kraft
f
function, frequency
Funktion, Frequenz
G
compliance degree of a fuzzy-rule, also matrix
Erfüllungsgrad einer Fuzzy-Regel, auch Matrix
G(jω) |G(jω)|
frequency response and its absolute value
Frequenzgang und dessen Betrag
|G(jω)|dB
amplitude response of bode-plot in decibel
Amplitudengang im Bode-Diagramm in Dezibel: |G(jω)|dB = 20⋅log|G(jω)|
G(s)
transfer function
Übertragungsfunktion
b
D d E
Dämpfungsgrad, Determinante
484
English-German Symbols Directory
G(z)
z-transfer function
z-Übertragungsfunktion
Ggesch(s)
closed-loop transfer function
Übertragungsfunktion des geschlossenen Kreises
GH(s)
transfer function of hold
Übertragungsfunktion des Haltegliedes
GHS(z)
z-transfer function of a plant with the hold
z-Übertragungsfunktion einer Strecke mit dem Halteglied
G0(s)
open loop transfer function
Übertragungsfunktion des aufgeschnittenen Kreises
GM(s)
desitred closed-loop transfer function
Übertragungsfunktion des gewünschten Regelverhaltens
GR(s)
controller’s transfer function
Übertragungsfunktion der Regeleinrichtung
GS(s)
plant’s transfer function
Übertragungsfunktion der Regelstrecke
Gvorw(s)
feed-forward transfer function
Übertragungsfunktion des Vorwärtszweigs
Gw(s)
closed-loop transfer function by reference step
Führungsübertragungsfunktion
Gz(s)
closed-loop transfer function by disturbance step impuls response, gravitational constant
Störübertragungsfunktion
g
Gewichtsfunktion, Erdbeschleunigung
H
height, level, magnetizing force
Höhe, Füllstandshöhe, magnetische Feldstärke
h
distance, height (deviation from operating point), transient response
Abstand, Höhe (Abweichung vom Arbeitspunkt), Übergangsfunktion
I
unit matrix
Einheitsmatrix
i
electric current
Strom
ia
armature current
Ankerstrom
ie
field curent
Erregerstrom
J
intertial torque
Massenträgheitsmoment
j
imaginary unit
imaginäre Einheit j = − 1
English-German Symbols Directory
485
K
gain, coefficient, factor, constant
Übertragungsbeiwerte, Koeffizienten, Konstante
KD
differentiation transfer factor
Differenzierbeiwert
KI
integration transfer factor
Integrierbeiwert
Kkr
critical gain
kritischer Proportionalbeiwert
K0
gain of the open loop
Kreisverstärkung
KP
gain
Proportionalbeiwert
KPR
controller gain
Proportionalbeiwert des Reglers
KPr
gain of smith-predictor
Proportionalbeiwert des SmithPrädiktors
KPS
plant’s gain, transfer factor
Proportionalbeiwert der Strecke
KPw
gain of the closed loop by reference response
Proportionalbeiwert des geschlossenen Kreises (Führungsverhalten)
KPSy
transfer factor of the plant (gain) by input step
Proportionalbeiwert der Strecke beim Stellverhalten
KPSz
transfer factor of the plant (gain) by disturbance step
Proportionalbeiwert der Strecke beim Störverhalten
KS
transfer factor (gain) of the plant
Übertragungsbeiwert der Strecke
k
heat transmission coefficient, also constant power, performance, inductivity, also lenght
Wärmedurchgangszahl, Konstante
L[...]
Laplace-transform of [...]
Laplace-Transformierte von [...]
l
lenght
Länge
M
mass, weight, also torque
Masse, Moment
m
order of numerator’s polynomial, also mass
Ordnung des Zählerpolynoms der Übertragungsfunktion, Masse
N
number of turns of a winding
Windungszahl einer Wicklung
N(s)
denominator’s polynomial
Nennerpolynom
N ( xˆe )
discribing function
Beschreibungsfunktion
L
Leistung, Induktivität, Länge
486
English-German Symbols Directory Drehzahl, Anzahl von Halbwellen, Ordnung der Übertragungsfunktion
n
revolutions per minute (RPM), also number of halfwaves, degree of transfer function
ni
number of zero-poles
Anzahl der Pole auf der imaginären Achse
nl
number of negativ poles
Anzahl der Pole in der linken s-Ebene
nr P
number of positiv poles
Anzahl der Pole in der rechten s-Ebene
power, pressure
Leistung, Druck
P(w)
w-characteristic polynomial (in w-domain)
Polynom der charakteristischen Gleichung im w-Bereich
P(z)
z-characteristic polynomial (in z-domain)
Polynom der charakteristischen Gleichung im z-Bereich
Pe
electrical heating power
elektrische Heizleistung
p
pressure, also pole
Druck, Polstelle
Q
heat quantity, flow intencity, performance index
Wärmemenge, Durchflüßmenge, Güteindex
Qabs
integral of absolute error
Betrag der linearen Regelfläche
QITAE
intergral of time multiplied by absolute error
zeitgewichtete Betragsfläche
Qlin
integral of error
lineare Regelfläche
Qsqr q R
intergral of quadratic error
quadratische Regelfläche
flow resistor, also gas constant
RF r
static error ratio
Durchfluss elektrischer bzw. magnetischer Widerstand, Gaskonstante statischer Regelfaktor
radius
Radius
S0, S1...
intersection points of Nyquist- or Bode plot
Schnittpunkte der Ortskurve bzw. des Bode-Diagramms
s
complex variable
komplexe Variable s = σ+jω
sN
zero
Nullstelle
sP T
pole
Polstelle
time constant, period (lenght, duration)
Zeitkonstante, Periodendauer
English-German Symbols Directory
487
TA
sample data period, scan period
Abtastzeit
Tan , Taus
rise time, settling time
Anregelzeit, Ausregelzeit
TE
equivalent time constant
Ersatzzeitkonstante
Te
period duration of oscillations
Schwingungsperiode
Tg
time delay of the plant
Ausgleichszeit
TI
integration time constant
Integrierzeit
Tn
reset time
Nachstellzeit
TR
time delay of controller
Verzögerungszeitkonstante des Reglers
Tt
dead (delay) time
Totzeit
Tu
dead time of the plant
Verzugszeit
Tv t
derivative time, rate time time
Vorhaltzeit Zeit
ta
time when off
Ausschaltzeit
te
time when on
Einschaltzeit
tw
turning point’s coordinate
Koordinate des Wendepunktes
t10, t50…
time percentage points of steady output’s state value (10%, 50% …)
Zeitpunkte für die Regelgröße von 10%, 50% ... stationäres Wertes
U
voltage
Spannung
u
voltage deviation from operating point
uD
amplifier differential input mode valve, volume, also gain
zeitlich veränderliche Spannung (Abweichung vom Arbeitspunkt) Differenzspannung des Operationsverstärkers
V
Ventil, Volumen, Verstärkungsgrad
V(s)
MIMO transfer function in V-canonical form
Übertragungsfunktion einer Mehrgrößenstrecke in V-kanonischer Struktur
v
velocity, also output of hidden neuron
Geschwindigkeit, Ausgang verdecktes Neurons
W
weight of neuron
Gewicht eines Neurons
488
English-German Symbols Directory
w
reference signal, set-point, bilinear transform operator
Führungsgröße, Sollwert, Operator der bilinearen Transformation
w0
referense step value
Höhe des Sollwertsprungs
X
controlled variable, plant output, also distance
Regelgröße, Weg
Xh
controller ranges
Regelbereich
x
Regelgröße (Abweichung vom Arbeitspunkt), Weg
x(t)
controlled variable (deviation form operationg point), distance step response
Sprungantwort
x(∞)
steady state value
Beharrungswert bei t → ∞
xa
output
Ausgangsgröße (allgemein)
xˆ a
ouput magnitude
Amplitude der Ausgangsgröße
xB
saturation margin (zone)
Sättigungszone
xE
final value
Endwert
xe
input
Eingangsgröße (allgemein)
xe0
input step
Eingangssprung
xˆ e
input magnitude
Amplitude der Eingangsgröße
2xL
hysteresis (width)
Hysteresebreite
xMA
average deviation
Mittelwertabweichung
xm
overshoot (peak)
Überschwingweite
2x0
oscillation margin (width)
Schwankungsbreite
xr
feedback (signal)
Rückführgröße
xs
set-point
Sollwert
xt
dead zone
tote Zone
x50
time-percentage characteristic actuating ranges
Zeit-Prozentkennwert
actuating signal in operating point
Stellgröße im Arbeitspunkt
Yh Y0
Stellbereich
English-German Symbols Directory
489
y
actuating signal
Stellgröße
yR
controller output, also average (value)
Stellgröße am Ausgang der Regeleinrichtung, Mittelwert
yR (t )
average of pulse
Mittelwert der Impulsfunktion yR(t)
Z
disturbance, impedance
Störgröße, auch Impedanz
Z0
Störgröße im Arbeitspunkt
Z [...]
disturbance in operating point z-transform of [...]
Z(s)
numerator polynomial
Zählerpolynom
z
disturbance, complex operator of z-transform, zero using MATLAB disturbance step value
Störgröße, komplexe Variable bei z-Transformation, Nullstelle bei MATLAB-Anwendungen Höhe des Störsprungs
z0
Laplace-Transformierte von [...]
Greek characters α
ring out factor, activity, scaling factor, angle
Abklingkonstante, Aktivierung, Skalierungsfaktor, Winkel
β
characteristic angular frequency, frequency of undamped system, also time scaling, neuron activity
Kennkreisfrequenz, Kreisfrequenz des ungedämpften Systems, Zeitskalierungsfaktor, auch Aktivierung eines Neurons
γ
specific weight
spezifisches Gewicht
Δ
deviation
Kennzeichnung von Größenänderung
δ
pulse, impulse response
Impulsfunktion
η
toughness of gas, also learning factor
Zähigkeit von Gasen, auch Lernschrittkonstante
ϑ
temperature
Temperatur
λ
roots of homogenious differential equation
Wurzel der homogenen Differentialgleichung, Wärmeleitfähigkeit
μ (...) ρ
membership function
Zugehörigkeitsfunktion
density
Dichte
σ
unit step
Einheitssprung
τ
time
Zeit
490
English-German Symbols Directory
υ
number of intersections of Nyquist- or Bode-plot
Anzahl der Schnittpunkte der Ortskurve bzw. des Phasengangs
ĭ
heat flow, flow, also field current
Wärmestrom, Fluss, auch Erregerfluss
ϕ
angle, phase shift
Winkel, Phasenverschiebungswinkel
ϕ Rd
phase margin
Phasenreserve
ϕ (ω)
phase response
Phasengang
ω
angular frequency
Kreisfrequenz, Winkelgeschwindigkeit
ωd
crossover (angular) frequency
Durchtritts(kreis)frequenz
ωE
break angular frequency
Eck(kreis)frequenz
ωe
mode angular frequency
Eigenkreisfrequenz
ω kr
critical angular frequency
kritische Kreisfrequenz
Subindexes A
armature-
Anker-
a
outflow-, propagation-
Abfluss- , Ausbreitung-
akt
current value
aktueller Wert
C
spring- , capacitor-
Feder- , Kondensator-
D
damper-, differentiating-
Dämpfer- , Differenzier-
G
weight-
Gewicht-
HT
higher-lower
Höher-Tiefer
M
motor-, torque-
Motor- , Moment-
loop-performance „with controller“ / „without controller“
„mit Regler“/ „ohne Regler“-Verhalten
n, p
negative, positive
negativ, positiv
0
initial point, operating point, open loop, no load
Anfangspunkt- , Arbeitspunkt- , aufgeschnittener (offener) Kreis, Leerelauf
TG
tachogenerator-
Tachogenerator-
W
water-
Wasser-
m.R. / o.R.
491
Fachwörter Deutsch-Englisch
A Abfluss
outflow
Abgas
waste gas
Abgeleitete Funktionsbausteine
derived functionsbloks
Abklingkonstante
ring out (fade out) factor
Abkühlung
cooling, refrigeration
Abkühlungskurve
cooling curve
Ableitung (Zeitableitung)
derivative (time derivative)
abschalten
cut off, disable, deactivate, switch off
Abschaltkurve
power down curve
Abstand
distance
Abtast- und Halteglied
sample & hold
Abtastfrequenz
sampling rate, sampling frequency
Abtastzeit
sampled-data period (time), scan period
Abweichung
deviation
A/D-Wandler
A-to-D converter, analog/digital converter
aktueller Wert
current value
Allpass
all-pass
Amplitude
magnitude, amplitude
Amplitudengang
magnitude plot, amplitude response
Amplitudenreserve
gain margin
Anfangsbedingung
initial condition
Ankerstrom
armature current
A-Netz
action-network
Anregelzeit
rise time
Antenne
antenna
Anti-Windup-Maßnahme
anti-windup arrangement
Antrieb
drive
Anzahl
number
aperiodisch
aperiodic
Arbeitspunkt
operating point
aufgeschnittener Regelkreis
open (control) loop
Auflösung (digital)
resolution (digital)
492
Fachwörter Deutsch-Englisch
Ausgleich
equalization, compensation
Ausgleichszeit
equalizing (compensating) time
Ausregelzeit
settling time
ausschalten
turn off, disconnect, switch off
B Begrenzung
limitation, restriction
Beharrungswert
steady-state value
Beharrungszustand (Ruhelage)
equilibrium state
Beiwert
coefficient
Beschreibungsfunktion
describing function
Betrag
absolute value
Betragsoptimum
optimum magnitude
Beobachter
observer
Bildbereich
complex variable domain
bleibende Regeldifferenz
retained error, steady state error
Bode-Diagramm
bode-plot
Brückenschaltung
bridge circuit
C CAE
Computer-Aided-Engineering
charakteristische Gleichung
characteristic equation
charakteristisches Polynom
characteristic polynomial
D Dämpfung
damping
Dämpfungsgrad
damping factor
D-Anteil
derivative term
D/A-Wandler
D-to-A converter, digital/analog converter
Datenaustausch
data interchange
Dauerschwingung
undamped oscillation
Defuzzifizierung
defuzzification
Dekade
decade
Determinante
determinant
Dezibel
decibel
Dicke
thickness
Fachwörter Deutsch-Englisch
493
Differentialgleichung
differential equation
Differenzierungsbeiwert
differentiation coefficient
Drehmoment
torque
Drehzahl
revolutions per minute, RPM
Drehzahlregelung
revolution (speed) control
Dreieck-Zugehörigkeitsfunktion
triangle membership function
Dreipunktregler
three-step controller
Drossel (induktiv.)
inductor
Drosselklappe
choke flap
Druck
pressure
Dynamik
dynamic
Durchfluß
flow
Durchflußmenge
flow intencity
Durchmesser
diameter
Durchtrittsfrequenz
crossover frequency
Düse
nozzle
E Eckfrequenz
corner frequency
Eigenfrequenz
oscillation frequency
Eigenvorgang
mode
Eingangsfunktion
input function, immitanz
Eingangsgröße
input (quantity immitanz) variable
Einheitsimpuls
unit discrete pulse
Einheitskreis
unit circle
Einheitsmatrix
unit matrix
Einheitssprung
unit step
Einschwingvorgang
building-up transient
Einstellung
tuning
elektronischer Verstärker
electronics amplifier
Empfindlichkeit
sensivity
Endwert
final value
E-Netz
emulator network
Entkopplungsmatrix
decoupling matrix
Entwurf
design
Erdbeschleunigung
gravitational constant, acceleration of gravity,
494
Fachwörter Deutsch-Englisch
Erfüllungsgrad
compliance (degree)
Erfüllungsgrad von Fuzzy-Regeln
compliance degree of fuzzy-rules
Erregerkreis
field (energizing) circuit
Erregerstrom
field current
Ersatzzeitkonstante
equivalent time constant
Erwärmungskurve
heating curve
F Faltungssatz
convolution theorem
Farbstoff
colorant
Feder
spring
Federkonstante
spring constant
Federkraft
spring-damping system
Feder-Dämpfer-System
spring force
Fehler
error
Fehlerdiagnose
fault diagnosis
Fehlerkorrektur
error correction
Festwertregelung
set-value control, fixed command control
Fläche
area
Flüssigkeit
liquid
Folge
sequence, progession
Folgeregler
follow-up (tracking, servo) controller
Fourier-Transformation
Fourier transform
Frequenz
frequency
Frequenzbereich
frequency domain
Frequenzgang
frequency response
Frequenzkennlinie
frequency characteristic
Funktionsbausteinsprache (FBS)
functions block diagram (FBD)
Funktionsbausteine
elementary functions blocks
Führungsgröße
reference signal (value), set-point
Führungsregler
master controller
Führungsübertragungsfunktion
reference transfer function
Führungsverhalten
reference performance, comman response
Füllstandshöhe
filling level
Funktion
function
Fuzzy-Regel
fuzzy rule
Fachwörter Deutsch-Englisch
495
G Gegenkopplung
negative feedback
Generator
generator
Storm-
electric generator
Wechselstrom-
as generator
Gleichstrom-
dc generator
Geschwindigkeitsalgorithmus
rate (velocity) algorithm
Gewicht
weight
Gewichtsfunktion
impulse response
Gewichtskoeffizient
weight factor
Gleichgewicht
equilibrium
Gleichstrom
dc (direct current)
Grenze
limit, bound
Grenzfall
borderline case, worst case
Grundlast
base load
Grundstrukturen
framework, basic structure
Güte
Q-factor, quality
Güteindex
performance index
Gütekriterium
control criterion
H Halbwelle
halfwave
Halteglied
hold
Handregelung
manuel control
Hauptregelkreis
main control loop
Heizleistung
heatpower
Hilfsregelgröße
objective (secondary) controlled variable
HIL-Simulation
hardware-in-the loop simulation
Hintereinander
in-line
Hintereinanderschaltung
series connection
Höhe
height
Höher-Tiefer Taster
high-low pushbutton
Hurwitz-Stabilitätskriterium
Hurwitz stability criterion
hydraulischer Regler
hydraulic controller
496
Fachwörter Deutsch-Englisch
I I-Glied
I-type system
imaginäre Einheit
imaginary unit
Impuls
pulse
Inferenz
inference
Integralkriterien
integrated criterion
Intergrationskonstante
integration constant
Integrator
integrator
I-Regler
integral controller
ITAE
integral of time multiplied absolute value of error
K kanonische Form
canonical form
Kapazität
capacitor
Kaskadenregelung
cascade (sequence) control
Kenngröße
characteristic
Kennkreisfrequenz
characteristic (identifications) angular frequency
Kennlinie
characteristic, diagram, graph
statische
static response
der Regelstrecke
characteristic curve of the plant
des Reglers
characteristic curve of the controller
Kennwert
characteristic (quantity), parameter
Knickfrequenz
break point frequency
Kompensation
compensation, pole-zero cancelation
vollständige
complete compensation
phasenanhebende
lead compensation
phasenabsenkende
lag compensation
komplexer Regelfaktor
complex error ratio
Kondensator
capacitor
Konfigurierung
configuration
Konzentration
concentration
Koppelstrecke
coupling block
Koppelfaktor
coupling factor
Fachwörter Deutsch-Englisch
497
Korrekturglied
compensator
Korrespondenztabelle
correspondence table
Kraft
force
Kreisfrequenz
angular frequency
Kreisverstärkung
(closed) loop gain
kritisch
critical
Künstliche Neuronale Netze (KNN)
artificial neural networks (ANN)
L Lageregelung
position control
Laplace-Operator
laplacian
Last
load
Lastmoment
load torque
Leistung
power, performance
Leistungsverstärker
power amplifier
Lernschrittweite
learning constant
Linearisierung
linearization
graphische-
graphical
analytische-
analytical
Linearität
linearity
linguistische Variable
linguistic variable
LSB
least significant bit
LZI-Glied
linear-timeinvariant block (LTI)
M Magnetschwebekörper
body floating in magnet field
Masse
mass, weight
Massendurchfluß
mass flow
Massenträgheitsmoment
inertial torque, moment of inertia
maximale Überschwingweite
maximum overshoot
Mehrgrößenregelung
multivariate control
Menge
sets
scharfe
sharp
unscharfe
fuzzy
Messfühler
sensor, measuring set, measuring device
minimalphasiges System
minimumphase system
498
Fachwörter Deutsch-Englisch
Mischbehälter
mixture container
Mitkopplung
positive feedback
Mittelwert
average (value)
Motor
engine
N Nachstellzeit
reset time
Näherung
approximation
Nebenprodukt
byproduct
Nennlast
nominal load
Netz
network
Netzanschluß
power connection
Nichtlinearität
nonlinearity
Nivea
level
Normalform
(controllable, normalized) standard form
Normiert
normalized
Notausschalter
emergency switch
Nullstelle
zero
Nyquist-Stabilitätskriterium
Nyquist stability criterion
O obere Grenze
upper limit
obere Kante
top edge
oberer Speicherbereich
high memory
Oberfläche
surface
Ofen
stove
ohmischer Widerstand
ohmic resistor
Ohmsches Gesetz
Ohm’s low
Ölkühlung
oil cooling
Ordnung
order
OPC-Server
open process control server
Operationsverstärker
op amp (operational amplifier)
Optimierung
optimization
Ortskurve
locus, Nyquist-plot, Nyquist-contour
Fachwörter Deutsch-Englisch
499
P Parallelschaltung
parallel connection
Partialbruchzerlegung
partial fraction expansion
Pendel
pendulum
Periodendauer
period duration, period length
P-Glied
type 0 system
phasenabsenkendes Korrekturglied
lag compensator
phasenanhebendes Korrekturglied
lead compensator
Phasengang
phase response, (Bode) phase plot
Phasenreserve
phase margin
Phasenverschiebung
phase shift, phase deviation
Phasenwinkel
phase angle
PD-Regler
PD controller (proportional-plus-derivativ)
PID-Regler
PID controller (propotional-plus-integralplus-derivative controller)
PI-Verhalten
proportional-plus-integral performance
P-kanonische struktur
P-canonical form
pneumatisch gesteuert
pressure operated
pneumatischer Regler
pneumatic controller
Polpaar konjugiert
conjugate pole paar
Polstelle
pole
Polstellenverteilung
pole points distribution, partitioning
Polynom
polynomial
Positionsregelung
position control
P-Regler
propotional controller
Produktionssystem
manufacturing system
Proportionalbeiwert
gain
Q quer
cross
Querschnitt
cross-section
Quecksilber
mercury
Quecksilbersäule
mercury column
Quadrat
square
Quadratfunktion
quadratic function
500
Fachwörter Deutsch-Englisch
Qualität
quality
Quelldatei
source file
R Rampenfunktion
ramp function, speed-of-response
Raumtemperatur
environmental temperature
Rauschen
noise
Reaktionskessel
reactive boiler
Reaktor
reactor
Rechteckregel
rectangle rule
Rechteck-Zugehörigkeitsfunktion
rectangle membership function
Regelabweichung
control deviation
Regelalgorithmus, digitaler
control algorithm, digital
Regelbarkeit
settability
Regelbasis
rule base
Regeldifferenz
error
Regeldifferenz, bleibende
(permanent) retained error
Regeleinrichtung
controller
Reglereinstellung
tuning (of controller)
Regelfaktor
error ratio
komplexer
complex error ratio
reeller / statischer
real /static error ratio
Regelfläche
performance index, (control area)
Regelgröße
controlled variable, also plant output
Regelkreis, digitaler
closed loop, digital
Regelstrecke
plant
Regelstrecke, instabile
plant, unstable
Regelung
feedback control, process control
Regelung, neuronale
neural control
Regelung, quasikontinuierliche
quasi continouous control
Regelverhalten
loop performance
Regler
controller
Reihenschaltung
series connection
Relais
relay
Resonanz
resonance
Rückführung
feedback
Fachwörter Deutsch-Englisch
501
S Sättigung
saturation
Satz
theorem
Schaltdifferenz
hysteresis
Schalter
switch
Scheibe
disk
Schnittfrequenz
crossover frequency
Schwebekörper
floating field
Schwellenwert
threshold value
Schwingungsversuch
oscillating experiment, try
Sicherheit
safety, security
Skalierung
scaling
Spannung
voltage
spezifisches Gewicht
specific weight
spezifische Wärme
specific heat
Sprungantwort, - funktion
step response, step function
Stabilität
stability
Stabilitätsgebiet
stability domain
Stabilitätsgrenze
stability bound
Stabilitätskriterium
stability criterion
Standardfunktion
standard function
stationäres Verhalten
steady-state response
statische Kennlinie
static diagam, input-output description
Stellglied
actuator, final control element
Stellgröße
actuating signal (variable), also plant input
Stellungsalgorithmus
stand (position) algorithm
Stellverhalten
actuator-input behaviour
Steuerbarkeit
controllability
Steuerung
open loop control, feedforward control
Störgröße
disturbance
Störgrößenaufschaltung
disturbance attenuation
Störgrößenvorregelung
disturbance feed-forward rejection
Störübertragungsfunktion
disturbance transfer function
Störverhalten
disturbance response (performance)
Strom
electric current
Symmetrisches Optimum
symmetric optimum
502
Fachwörter Deutsch-Englisch
T Taktgeber
timing generator
Taster
pushbutton
Temperaturregelung
temperature control
Thermoelement
thermocouple
Tiefpassfilter
lowpass filter
Toleranzbereich
tolerance range
Totzeit
dead time, time delay, latency
Trägheitsmoment
inertial torque
Trapezregel
trapezium rule
Treppenkurve
staircase curve, step curve
U Übergangsfunktion
transient response
Überlagerungsprinzip
superposition principle
Überlauf
overflow
Überschwingung
overshoot
Überschwingweite
overshoot width, peak
Übersetzungswerte
translation, turns ratio
Übertragungsfunktion
transfer function desired transfer function
gewünschte-
correcting term transfer function
des Korrekturgliedes Umrichter
converter
unstetige Regelung
discontinuity control
V Variable linguistische
variable linguistic variable
Ventil
valve
Vemaschte Regelung
mesh control
Vereinfachung
simplification, aggregation
Vergleichsstelle
comparison block
Verhalten
performance, response, behaviour
Verstärker
amplifier
Verstärkungsfaktor des offenen Kreises
open loop gain
Fachwörter Deutsch-Englisch
503
verdeckte Neuronen
hidden neurons
Verzögerung
delay
Verzugszeit
delay time
V-kanonische Struktur
V-canonical form
Vorhaltzeit
rate time, derivative time
Vorwärtszweig
feed-forward path
Vorzeichenumkehr
sign inversion
W Waage
balance
Wandler
converter, transducer
Warscheinlichkeit
probability
Wärmeaustauscher
heat exchanger
Wärmedurchgangszahl
heat transmission coefficient
Wärmemenge
heat quantity
Wärme, spezifische
specific heat
Welle (mech)
shaft
Welle (Schwingung)
wave
Wendepunkt
inflection point, turning point
Wendetangente
inflection point tangent
Werkstück
workpiece
Werkzeugmaschine
machine tool
Wert
value
Wicklung
winding
Widerstand (elektr.)
ohmic resistor
Windungszahl
number of turns
Winkel
angle
Winkeländerung
angle alteration, modification
Winkelgeschwindigkeitsregelung
angular velocity control
Winkelregelung
angle control
Wirkungsplan
block-diagram
Umformung
transformation of block diagram
Vereinfachung
simplification, aggregation
Wirkungsweg
action path
offener
open
geschlossener
closed
Wurzelortskurve
root locus
504
Fachwörter Deutsch-Englisch
Z Zähigkeit
toughness
Zähler / Nenner
numerator / denumerator
Zählerpolynom
numerator polynomial
z-Bereich
z-domain
z-Ebene
z-plane
Zeiger
pointer
Zeitbereich
time domain
Zeitkonstante
time constant
Zeit-Prozentkennwert
time-percentage characteristic
Zeitverhalten
time-response
Zentrifugalregulator
centrifugal controller
z-Übertragungsfunktion
z-transfer function
Zugehörigkeitsfunktion
membership function, fuzzy sets
Zustand
state
Zustandsraum
state space
Zustandsregelung
state space control
Zustandsrückführung
state fedback
Zustandsvariable
state space variable
Zweipunktregler
two-point controller
Zweitanksystem
two tank system
Zykluszeit
cycle time
505
Sachwortverzeichnis A Abgeleitete Funktionsbausteine 337 Abklingkonstante 65 ff. Abkühlungskurve 297, 299 Abschaltkurve 301 Abtaster 319 Abtast-/Halteglied 317 Abtastperiode 315 f., 341 Abtastregelung 315 f. Abtastsystem 316, 319, 344, 348, 350 Abtastung 317, 319 f., 326, 341 f. Abtastzeit 316 f., 319, 321, 326 f., 341 f., 351, 355 Abweichung 4, 8 Ackermann 463 Additionsschaltung 103 Additionsstelle 5 Additionstheorem 32 Adressbus 323 Adresse 336, 340 A/D-Umsetzer 339 A/D-Wandler 316 f., 325, 330 Aktivierung 409 Aktivierungsfunktion 410 Algorithmus 327, 334, 350 Allpaßglied 29 Amplitude 221, 233, 275, 288, Amplitudengang 225, 236, 239, 376 Amplitudenlineal 156 Amplitudenreserve 221 Amplitudenverhältnis 144 A-Netz 416 f. Anfangsbedingung 22 Anfangstemperatur 53 Anfangswertsatz 465, 467 Ankerinduktivität 70, 86 Ankerspannung 76, 333 Ankerstrom 57 Ankerwiderstand 70 Anregelzeit 223 Ansprechempfindlichkeit 271, 275, 282, 289, 291, 294 Anstiegsfunktion 19 Anstiegswinkel 214, 218 Anzeige-/Bedienkomponente (ABK) 324
Aperiodischer Fall 66 Arbeitsbewegung 295, 298 Arbeitspunkt 16, 46 f. Anti-Reset-Windup (ARW) 335 Ast 203, 209, 213, 216 Asymptote 214, 218 Auflösung 317 Ausbreitungsgeschwindigkeit 92 Ausgangsgröße 16 Ausgangssignal 92 Ausgangsspannung 27, 30 Ausgleich 15 Ausgleichszeit 64, 225, 319 Ausregelzeit 221, 223, 232 Ausschaltzeit 300, 302, 305 Austrittswinkel 214, 218 Automatisierungspyramide 2 Autonome Regelung 266 f. Autotuning 340, 361
B Backpropagation 413 Bedien-/Beobachterkomponente (BBK) 324 Begrenzung durch Sättigung 271, 278 Begrenzungsregelung 251, 254 Beharrungszustand 15, 52, 64, 80, 222, 341, 348 Beharrungszustandwert 40 Beiwerte 16, 18 Beobachtbarkeit 266, 457 Beobachter 386, 416, 461 Beschreibungsfunktion 275 ff. Betragsanpassung 230 Betragsoptimum 236 f., 265, 418 Betragsregelfläche 233 Betriebsleitebene 2 Bildbereich 27, 234, 320, 468 Bilineare Transformation 358 Bimetallregler 100 Bio-Kybernetik 3 Bleibende Regeldifferenz 47, 109, 115, 118, 121 f., 125, 221 f., 330 Blocksymbol 5, 15 BNK 324 f.
506 Bode-Diagramm 41, 143 ff., 240, 376 Brückenschaltung 29 Bus 323, 325 Bus-Master-Karte 322 Bussystem 315, 322 ff.
C CAE-Programm 203, 213, 220 Carry 332 f. Charakteristische Gleichung 265, 345, 348 Client-Server-Prinzip 324 Computational Intelligenz 3 CORBA 361 CPU 315, 321 f.
D Dämpfung 65, 81, 221, 223, 242 Dämpfungseinrichtung 17 Dämpfungskonstante 29 Dämpfungssatz 465, 467 D/A-Wandler 316, 319, 325, 333 D-Anteil 127, 133, 137, 326, 329, 334 D-Regeleinrichtung 135 D-Verhalten 125 DAQ 322 Data Mining 3 Datenaustausch 315 Datenbitlänge 322 Dauerschwingung 66, 224 f., 231, 288 DDC 315, 323 ff., 336 f. Dead-Beat-Regelung 396 Defuzzifizierung 403 f. D-Einfluss 125 Dekade 41 Delay Line 95 Dezibel 41 δ-Funktion 20 D-Glied 125 ff., 146 Diagonalregler 261 Differentialgleichung 16 f., 35 f., 221, 234 Differentiation 58, 69, 80 Differentiationsregel 27 Differentiationssatz 55, 70, 77, 465 Differenzbildung 329, 331 Differenzengleichung 319, 344, 350, 359, Differenzenquotient 319, 326, 329 Differenzierbeiwert 125 ff.
Sachwortverzeichnis Differenzierglied 164 Differenzierzeit 146 Differenzschaltung 103 Digital-Analog-Wandler 315 f., 319 Digitale Regelung 315, 389 Digitaler Regler 315 Digitaler Regelkreis 321, 357, 384, 390 Digitalisierung 315, 326, 346 Diskretisierung 322 Diskretisierungszeit 319 Doppel-I-Glied 397, 452 Doppelpol 183, 187, 190, 195 Drehzahl 1, 11 Drehzahlregelstrecke 75 Drehzahlregelung 11 Dreipunktregler 285 ff. Drossel 68 Drosselklappe 10 Druckregelstrecke 289 Druckregelung 9, 288 Durchlauferhitzer 308, 312 Durchtrittsfrequenz 236, 239 Düse-Prallplatte-System 9, 107 D-Verhalten 125 ff. Dynamikmatrix 455 Dynamisches Verhalten 16, 81
E Eckfrequenz 39, 239, 379 e-Funktion 23 Eigenkreisfrequenz 78 Eingangsfunktion 19, 33 Eingangsgröße 5, 15, 21, 25 ff. Eingangssignal 92 Eingangssprung 22 Einheitskreis 357 f. Einheitssprung 30 Einplatinenrechner 322, 325 Einschaltvorgang 27 Einschaltzeit 301 Einschwingvorgang 32 Einstellregeln 224 ff. Eintrittswinkel 214 f. Elektronische Regeleinrichtung 101 Elementare Funktionsbausteine 337 Elektropneumatischer Wandler 17 Elementarfläche 327 f. Endliche Einstellzeit 395 ff. Endwertsatz 465, 467
Sachwortverzeichnis E-Netz 417 f. Entkopplungsmatrix 267 Entkopplungsregler 14, 262 Erfüllungsgrad 402 Erregerfluss 86 Erregerkreis 57 Erregerspannung 57 Erregerstrom 60 Erregerwicklung 57 Erwärmungskurve 299 Erwärmungsvorgang 56 Ethernet 315 Euler-Verfahren 328
F Faltungssatz 465 Feder-Masse-Dämpfer System 28, 260 Feldebene 2 Festwertregelung 13 Festwert-Verhältnisregelung 12 Flag 332 f. Flüssigkeitsstandregelstrecke 90 Flüssigkeitsstandregelung 99 Folge 316, 344 f., 350, 358, Folgeregler 14 Föttinger-Kupplung 82 Fourier-Transformation 320, 357 Fourier-Zerlegung 276 Freistrahldüse 9 Fremderregung 75 Frequenz 21 Frequenzgang 34 ff., 56, 64, 73, 89, 94, 98, 236, 239, 318 Frequenzbereich 236, 320 Führungsgröße 7, 389 Führungsregler 14 Führungsübertragungsfunktion 104, 355, 358 Führungsverhalten 48, 222, 233, 237 Füllstands-Regelstrecke 84 Funktionsbausteine 337 Funktionsbausteinsprache 337 f. Fuzzifizierung 400, 418 Fuzzy-Logik 3, 361 Fuzzy-Menge 400 Fuzzy-Regelung 315 Fuzzy-Regler 399
507
G Gaußsche Zahlenebene 34, 65 Gegenkopplung 44 Generator 57 Genetische Algorithmen 3 Geschwindigkeitsalgorithmus 327 Gewichtsfunktion 20, 320 Gewichtskoeffizient 388 Gleichspannungsverstärker 101 Gleichstromantrieb 11 Gleichstromgenerator 57 Gleichstrommotor 11, 75 Grenzfall 66 Grenzgerade 410 Grenzwert 297, 298, 312 f. Grenzwertsatz 111, 234 Grenzzyklus 453 Grundschwingung 276 Güteindex 233 Gütekriterium 221 Güteparameter 237
H Halteglied 317 ff., 353 Handregelung 4 Handy 10 Hardware 322, 336 Hauptregler 13, 263 Heizleistung 54 Hexadezimalzahl 332 Hilfsenergie 99 Hilfsregelgröße 251 f., 254 Hilfsregler 13 HIL-Simulation 362 Hintereinanderschaltung 59, 70 HMI 361 Höher-Tiefer-Taster 10 Hurwitz-Determinante 170 ff. Hurwitz-Stabilitätskriterium 168 Hydraulische Regeleinrichtung 114 Hysterese 271, 300, 304, 309, 312
I I-Anteil 137, 141, 326, 333 f. I-Einfluss 116 I-Glied 144, 169, 313, 386
508 I-Regeleinrichtung 112 ff., 118, 123 I-Regler 118, 122, 344 I-Strecke 52, 106, 124, 135 Identifikation 224, 230 IEC 61131 337, 392 Image-Prozessing 3 Impedanzwandler 103, 137 Impulsantwort 20 Impulsfolge 316, 320, 350 Impulsfunktion 20, 320, 351 Impulsgeber 316 Industrie-PC 321, 322 Induktivität 22, 30, 57 Inferenz 402 Infinitesimalrechnung 24 Instabilität 2, 340 Integralkriterien 233 ff. Integration 22, 84, 319, 327 Integrationsgrenze 94 Integrationskonstante 22, 84 Integrationssatz 465 Intergrierbeiwert 84, 88 Integrierzeit 144 Interruptservice-Routine 330 Interrupttechnik 330 Inverse Ortskurve 195, 198, 200 Inverse Transformation 467 Invertierende Schaltung 102 IPC 321 f. Isoklinen 274, 449 Istwert 3 Istwertfolge 316 ITAE-Kriterium 233
Sachwortverzeichnis Kontaktthermometer 296 Konvertierungsbaustein 339 Koppelstrecke 261 Koppelfaktor 262 Korrespondenztabelle 26, 56, 58, 62, 448 Kreisfrequenz 21, 65, 80, 85, 95 Kritischer Punkt 179, 184 Künstliche neuronale Netze 3, 409 ff. Kybernetik 3
L Ladebrücke 248 Laplace-Transformation 25, 55, 69, 318, 350, 357, 465, 467 − diskrete 468 Lastmoment 11 Leistungsverstärker 7, 321 Lernschrittweite 412 Linearer Bereich 271 Linearfaktor 116, 122, 132, 140, 162 f., 176, 373 f. Linearisierung 48 f. Linearität 467 Linearmotor 92 Linearitätssatz 465 Linguistische Variable 399 Linienbild 37 Liniendarstellung 34 LSB 332 Lueneberger 461 LZI-Glied 319, 351, 353
M K Kalman 457 Kaskadenregelung 13 f., 251f. Kenngrößen 51 Kennlinie 16, 45 f., 407 Kennlinienfeld 46, 50, 407 Kennwerte 51, 72 Kettenschaltung 28 Knottenpunkt 450 Kompensationsregler 391 Kondensator 11, 86 Konfigurationsfenster 337 Konfigurierung 336 ff. Konfigurierungstool 321 f. Konfigurierungswerkzeug 336
Magnetisierungskurve 57 Magnetschwebekörper 248 Massenträgheitsmoment 87 MATLAB 166, 231, 347, 356, 360, 362 ff., 405, 414, 419 MATRIX-X 203, 213, 220 Mehrgrößenregelung 14, 258 Membranteller 9, 17 Membranventil 68 Messblende 13 Messfühler 2, 4, 6, 8 Messumformer 5, 288 Mikrocontroller 321, 325 Mikroprozessor 2, 319, 321 ff., 341 Mikrorechner 316, 321, 325
Sachwortverzeichnis Mischbehälter 96, 258 Mitkopplung 44 Mittelwertabweichung 297 Mobiltelefon 10 Molekularfilter 14, 269 Monotone Instabilität 167 Most Significant Bit (MSB) 332 Multiplexer 388
N Nachstellzeit 118 Negativ-inverse Ortskurve 195, 198, 200 Neurodynamik 3 Neuroregelung 315 Nichtinvertierende Schaltung 103 Nichtlineare Glieder 271 ff. Nichtlinearität 238 ff. Norm IEC 337 Normalform 16, 374 Nullstellen 26 Nyquist-Kriterium 174 ff., 359
O OLE 324 OPC-Server 322, 325 Operationsverstärker 2, 11, 101 ff. − Ersatzschaltbild 101 Optimierung 239 Ortskurve 36, 64, Oszillatorische Instabilität 167 Overflow 331 f. Overrideregelung 251
P Pade-Funktion 374 P-Algorithmus 331, 333 P-Anteil 327, 334 Parallelschaltung 43, 355 Parasitische Zeitkonstante 129, 138 Partialbruchzerlegung 26 PC 315, 321 f., 338, 361 PD-Algorithmus 334 PD-Glied 131 PD-Regeleinrichtung 127ff., 305 PD-Regler 129 PD-Verhalten 125 Peer-to-Peer-Verbindung
509 Pendel 248, 417 − invertiertes 248 P-Glied 144, 344, 419 Phasengang 189, 239 Phasenlineal 156, 159 Phasenrand 239 Phasenreserve 221, 241 f. Phasenverschiebung 176, 191 Phasenverschiebungswinkel 32 f. Phasenwinkel 33 PI-Algorithmus 328 PI-Anteil 335 PID-Algorithmus 315, 333, 334 PID-Regelalgorithmus 316, 326 PID-Regeleinrichtung 135 ff., 161, 168, 183 PID-Regler 138 ff. , 381, 387 PID-Verhalten 125 PI-Regler 119, 326, 338, 340, 342, 345 PI-Regelalgorithmus 328 f. PI-Regeleinrichtung 118 ff., 148, 172, 329 Pneumatische Regeleinrichtung 9, 107 PNK 324 f. Poiseuillesches Gesetz 68 Pol 175 ff., 358 Pole Placing 447 Pol-Nullstellen-Darstellung 373 Pol-Nullstellenverteilung 169, 175 ff. Polpaar 169 Polstelle 26, 244, 346, 381 Polstellenvektor 459 Polverteilung 65, 132, 169 Polzuweisung 447 f. Polynomform 373 Positionsregelung 7 P-Regeleinrichtung 106 ff., 174 P-Regler 342, 355, 360 Produktionssystem 2 Programm 316, 322, 338, 366 Programmanweisung 323 Programmiersprache 337, 365 Programmierung 330, 336 ff., 363, 376 Programmspeicher 322 f. Programmstruktur 330, 333 Proportionalbeiwert 106, 118, 193, 343 Prozessleitebene 2 Prozessleitsystem (PLS) 315, 321, 324, 337, 340 − offenes 324 Prozessrechner 315
510 P-Strecke 52 ff. P-Strecke ohne Verzögerung 53 P-Struktur 259 P-T1-Struktur 56, 355, 375 f., 392, 398 P-T2-Struktur 62, 349, 374, 395
Q Quasioptimale Verfahren 398
R RAM 325 Rampenfunktion 20 Rang 457 Raumtemperaturregelung 3 ff., 9 RCL-Brückenschaltung 29 RCL-Vierpol 258 Reaktionskessel 13 Reaktionszeit 323, 340 Rechteckregel 328 f. Regelalgorithmus 316, 321, 326, 330, 344, 352 Regelbarkeit 226 Regelbasis 402, 407 Regeldifferenz 4, 11, 234, 330, 339 Regeldifferenzfolge 316 Regeleinrichtung 4 ff., 221 − I 112 f., 118, 123 − P 106 ff., 174 − PD 127 ff., 305 − PI 118 ff., 148, 172, 329, − PID 135 ff., 161, 168, 183 Regelfaktor 47 Regelfläche 234 − lineare 234 − quadratische 233 − zeitgewichtete 234 Regelgröße 1, 7, 51, 99, 167, 295 Regelkreis 5, 51, 104, 153, 167, 195, 201, 295 − diskreter 360 Regelkreisglieder 21, 33 Regelkreisstruktur 236 Regelstrecke 2, 6, 15, 51 ff., 99, 167, 238, 295 − 1. Ordnung 53, 59, 86, 96, 108, 147 − 2. Ordnung 59, 75, 110, 152 − höherer Ordnung 70, 295 − instabile 243 ff.
Sachwortverzeichnis − mit Ausgleich 52 − mit Totzeit 92, 174, 296 − ohne Ausgleich 15, 52, 83, 124 Regelung 3, 236 − quasikontinuierliche 321, 341 Regelgüte 340 Register 10 Regler 2 Reihenschaltung 42, 86, 88, 95, 97, 355 Reihenschwingkreis 27 Rekursion 319, 344 Relais 271 f., 312 Residuensatz 26, 30, 62, 88, 130, 142, 465 Resonanzfrequenz 83 ROM 325 Rückführglied 303 ff. Rückführimpedanz 120 Rückführung 128, 137, 303 ff. Rückführschaltung 44 Rückführzweig 44 Rückkopplung 2 Rückkopplungszweig 1 f. Rücktransformation 26, 30, 62, 78, 137 Rückwirkungsfreiheit 15, 42, 71
S Sattelpunkt 450 Sättigung 57, 271, 277 SCADA 322, 324, 361 Schaltdifferenz 388 Schaltfrequenz 299 ff. Schaltlinie 453 Schmitt-Trigger 309 Schnittpunkt 185, 210, 212, 216, 219, 293 Schwankungsbreite 297 f., 312 Schwellenwert 409 Schwerpunkt 214 Schwerpunktmethode 403 Schwingamplitude 293 Schwingdauer 299 ff. Schwingungsamplitude 21, 32 Schwingungsperiode 21 Schwingung 30, 33, 276 − aperiodische 59, 66 − aufklingende 66 f., 169, 291, 293 − gedämpfte 66, 75, 77, 83, 117 s-Ebene 357, 360 Sendeleistungsregelung 10
Sachwortverzeichnis Sender 10 Signal 15, 92, 95, 271 Signumbit 332 Simulation 231, 315, 361 Simulink 362 f., 405, 414, 419 Sinusfunktion 20, 78 Sinusschwingung 32, 34, 276 Smith-Prädiktor 393 Soft-Computing 3 Soft-SPS 321, 325 Software 315, 325, 336 Software-SPS 321 Sollwert 4, 7, 99, 221, 271, 295 Sollwertgeber 11 Spannung 18, 57, 99, 101, 113, 137, 289 Speicher 68, 315 Speicherprogrammierbare Steuerungen 321, 323 Sprungantwort 22, 52, 70, 72, 78, 81, 85, 88, 91, 97, 316, 341, 356 Sprungfunktion 19, 21, 53, 305 SPS 8, 321, 323, 325 SPS-Regler 325, 336 Stabilität 51, 167, 340, 349, 358, 467 Stabilitätsgebiet 348 Stabilitätsgrenze 342, 358 Stabilitätsgüte 191 Stabilitätskriterien 2, 348, 357 − mittels Bode-Diagramm 185 ff. − mittels Zweiortskurvenverfahren 195 − nach Hurwitz 168, 359 − nach Nyquist 178, 359 Stationärer Endwert 63, 109, 133, 141 Statische Kennlinie 16, 45 Statisches Verhalten 16, 44 Stellbereich 100, 295 Steller 2 Stellglied 6, 99, 321 Stellgröße 4, 51, 99, 295 Stellreserve 397 Stellsignal 68, 316 Stellungsalgorithmus 326, 330 Stellventil 4, 68 Stetigähnliche Regelung 303 Stetige Regeleinrichtung 100 Steuerbarkeit 266, 457 Steuermatrix 455 Steuerung 8, 323, 337 Störfunktion 21
511 Störgröße 4, 6, 51 Störgrößenaufschaltung 251, 256 Störgrößenvorregelung 251 Störverhalten 46, 48 Störübertragungsfunktion 106, 174 Strukturinstabil 167 Strukturumschaltung 335, 339 Summierer 128, 137 Symmetrisches Optimum 238 ff. Systemmatrix 455
T Tachogenerator 11 Taktgeber 316 Temperaturregelkreis 6 Temperaturregelung 12, 308, 312 Thermoelement 13 T-Glied 128, 137 Thyristor 11, 95, 295 Tiefpass-Filter 11 Timer 330 Toleranzband 335 Toleranzbereich 221 Toleranzgrenze 232 Tote Zone 271, 275, 279, 281 Totzeit 92, 296 Totzeitglied 95, 377, 394 Trägheitsmoment 76, 82, 86 Trajektorie 273f. Transferfunktion 410, 412 Transistor 309 Trapezregel 327 ff., 344 Trendfenster 336, 338, 340, 361 Treppenkurve 318, 327 Triac 295, 309 T-Summen-Regel 228 Tustin-Verfahren 328
U Übergangsverhalten 19 Überlauf 332 Überschwingweite 223, 242 Übertragungsbeiwert 23, 58 Übertragungsfunktion 25, 59 f., 65, 69, 76, 81, 94, 97, 168, 287, 320, 354 − des aufgeschnittenen Kreises 174, 201, 355, 382, 391, 418 Übertragungsmatrix 266
512 UND 401 f. Underflow 331, 335 Unstetige Regelung 295 ff. Unstetige Regeleinrichtung 100
V Ventilhub 90 Ventilstellung 68 Vergleichsstelle 9 Verhältnisregelung 12 Vermaschte Regelkreise 12 Veschiebungssatz 94, 465, 467 Verstärker 5, 101 ff. Verstärkermaschine 64 Verzögerte Rückführung 304 ff. Verzögert-nachgebende Rückführung 309 Verzögerung 53 ff., 62 ff., 96 ff., 147, 303 Verzögerungsglied 38, 41, 72, 97 Verzögerungsleitung 95 Verzugszeit 64, 225, 319 Verzweigungspunkt 210, 215, 219 Verzweigungsstelle 5 Vierpol 28 Virtuelle Masse 129 Visualisierung 322, 337, 338, 361 Vorhaltzeit 128 Vorzeichenangabe 332 Vorzeichenänderung 339 Vorzeichen SGND 335 Vorzeichenwechsel 335 V-Struktur 260
W Wandelzeit 317 Wandler 315, 317, 319, 330, 333 Wärmeaustauscher 13 Warmwasserbehälter 53 Wasserdurchlauferhitzer 296 w-Ebene 358 Wendepunkt 63 Wendetangente 64, 225 Werkzeugmaschine 85 Werkzeugschlitten 86 Widerstandsthermometer 312 Wind-Up-Effekt 335 Winkeländerung 175, 360, 361 Winkelbedingung 202, 210 Wirbelpunkt 450
Sachwortverzeichnis Wirkungsplan 5 f. Wirkungsrichtung 5 Wirkungslinie 5 Wort 323, 333 Wortlänge 332 w-Transformation 358 Wurzelortskurve (WOK) 360, 379 Wurzelortskurvenverfahren 201 Wurzelschwerpunkt 214, 218
X XOR 412
Z Zähigkeit 69 Zählerpolynom 155, 188, 213 z-Bereich 350, 352, 357 z-Ebene 357, 360 Zeigerbild 37 Zeigerdarstellung 34 Zeitbereich 25, 30, 62, 316, 319, 344, 353, 468 Zeitkonstante 18, 58, 63, 73, 245, 319, 327, 339, 343 Zeit-Prozentkennwert 229, 341 Zeitverhalten 5, 15, 319 Zentraleinheit-CPU 323 f. Zentrifugalregulator 1 z-Führungsübertragungsfunktion 320 Ziegler-Nichols-Verfahren 224, 232 z-Rücktransformation 351 z-Transformation 320, 350, 352, 357 z-Übertragungsfunktion 351, 360 Zugehörigkeitsfunktion 400, 406 Zustandsebene 448 Zustandskurve 449 Zustandsregelung 447 f. Zustandsregler 386, 387 Zustandsrückführung 447 f. Zustandsvariable 447 Zustandsvektor 455 Zweierkomplement 332 Zweiortskurvenverfahren 195, 276, 287 Zweipunktregler 100, 388 Zweipunktverhalten 239 Zweispeichersystem 59 Zweitanksystem 258 Zykluszeit 323