Ronald Bogaschewsky / Michael Eßig Rainer Lasch / Wolfgang Stölzle (Hrsg.) Supply Management Research
Band 3 aus der ...
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Ronald Bogaschewsky / Michael Eßig Rainer Lasch / Wolfgang Stölzle (Hrsg.) Supply Management Research
Band 3 aus der Reihe Advanced Studies in Supply Management herausgegeben vom Bundesverband Materialwirtschaft, Einkauf und Logistik e. V. (BME), Frankfurt/Main
R. Bogaschewsky / M. Eßig R. Lasch / W. Stölzle (Hrsg.)
Supply Management Research Aktuelle Forschungsergebnisse 2010
Reihe: Advanced Studies in Supply Management Herausgeber: BME, Frankfurt/Main
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über abrufbar.
1. Auflage 2010 Alle Rechte vorbehalten © Gabler Verlag | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2010 Lektorat: Stefanie A. Winter Redaktion: Prof. Dr. Ronald Bogaschewsky, Prof. Dr. Michael Eßig, Prof. Dr. Rainer Lasch, Prof. Dr. Wolfgang Stölzle, Ulrike Müller, Sabine Ursel Gabler Verlag ist eine Marke von Springer Fachmedien. Springer Fachmedien ist Teil der Fachverlagsgruppe Springer Science+Business Media. www.gabler.de Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften. Umschlaggestaltung: KünkelLopka Medienentwicklung, Heidelberg Druck und buchbinderische Verarbeitung: STRAUSS GMBH, Mörlenbach Gedruckt auf säurefreiem und chlorfrei gebleichtem Papier Printed in Germany ISBN 978-3-8349-2262-5
Geleitwort Der Bundesverband Materialwirtschaft Einkauf und Logistik e.V. fördert seit mehr als 50 Jahren den konstruktiven, offenen Austausch zwischen Praktikern und Wissenschaftlern. Der Verband unterstützt aktiv das Aufspüren von Innovationen und Trends, das Erarbeiten von Erfolgsansätzen und das Vermitteln von Best Practices. Inzwischen profitieren 7.000 Mitglieder und darüber hinaus eine breite Fachöffentlichkeit vom BME-Netzwerk. Eine wichtige Säule der Verbandsarbeit ist die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit den Themen Beschaffung und Logistik, verbunden mit der Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses. Dazu lobt der Verband seit 22 Jahren den „BME-Wissenschaftspreis“ aus. Gesucht werden jährlich die besten Habilitationsschriften und Dissertationen. Herausragende Studien-Abschlussarbeiten erhalten seit 2003 den „BMEHochschulpreis für Beschaffung und Logistik“. Seit 2007 wird zudem der „BME-Preis Trendscouting“ für Abschlussarbeiten zum Themenbereich Logistik verliehen. Ich freue mich sehr, dass es auch mit dem dritten Band der Buchreihe „Advanced Studies in Supply Management“ gelungen ist, wichtige wissenschaftliche Erkenntnisse rund um aktuelle und viel diskutierte Managementmethoden transparent zu machen und einer breiteren Öffentlichkeit zur Verfügung zu stellen. So bieten u.a. die Beiträge „Unternehmensübergreifende Bestandsallokation“ und „Composite Solutions for Consumer-Driven Supply Chains“ interessante Lösungsansätze für Praktiker in den Unternehmen. Ebenso innovativ sind die Studien bzw. Analysen zum „Einfluss der Beschaffungskomplexität auf den Logistikerfolg“ zum „Logistikmanagement als Management von Kontraktlogistikbeziehungen“, zur „Koordination von Zuliefernetzwerken“ und zu den „Auswirkungen asymmetrischer Informationsverteilungen in Lieferanten-Abnehmer-Beziehungen“. Mein herzlicher Dank gilt sowohl den Autoren für ihre Beiträge als auch den Professoren Ronald Bogaschewsky (Universität Würzburg), Michael Eßig (Universität der Bundeswehr München), Rainer Lasch (Technische Universität Dresden) und Wolfgang Stölzle (Universität St. Gallen) für ihre fachliche Unterstützung und ihr großes Engagement.
Frankfurt, im März 2010 Dr. Holger Hildebrandt Hauptgeschäftsführer Bundesverband Materialwirtschaft, Einkauf und Logistik e.V.
Vorwort Die vorliegende Schrift ist der dritte Band der im Jahre 2008 gestarteten Buchreihe „Advanced Studies in Supply Management“, in der jährlich die wissenschaftlichen Fortschritte in diesem Forschungsfeld dargelegt werden. Zugleich handelt es sich um den Tagungsband des 3. Wissenschaftlichen Symposiums Supply Management, das im Frühjahr 2010 durchgeführt wurde. Diese jährlich ausgerichtete Tagung wird vom Bundesverband Materialwirtschaft, Einkauf und Logistik e.V. (BME) veranstaltet, der auch die Buchreihe herausgibt. Inhaltlich verantwortlich für die Durchführung der Symposien und die hieraus resultierenden Schriften ist der Wissenschaftliche Beirat des Bundesvorstands des BME. Die sehr hohe Bedeutung der Bereiche Beschaffung, Einkauf, Materialwirtschaft, Logistik und Supply Chain Management spiegelt sich in den zunehmend intensiven Forschungsanstrengungen der – theoriegeleiteten, wie der anwendungsnahen – Wissenschaft wider. Mit dem Wissenschaftlichen Symposium Supply Management konnte hierfür eine adäquate Diskussions- und Präsentationsplattform im deutschsprachigen Raum geschaffen werden. Alle in diesem Band aufgenommenen Beiträge mussten sich – bereits bei der Begutachtung für die Zulassung zum Symposium – einem Double-blind-review-Verfahren unterziehen und wurden von unabhängigen Gutachtern eingehend geprüft. Zahlreiche Beiträge wurden abgelehnt, da sie den rigorosen Ansprüchen der Evaluatoren nicht genügten. Dabei wurde eine Unterteilung in primär wissenschaftliche und stärker anwendungsnahe Beiträge vorgenommen. Es war und ist erklärtes Ziel, ausschließlich exzellente Forschungsergebnisse sowie innovative Beiträge mit hoher Praxisrelevanz zu präsentieren und zu publizieren. Zudem sind erneut Beiträge von Autoren eingegangen, die sich für den BME-Wissenschaftspreis beworben und sich im Zuge des Begutachtungsverfahrens für das Vortragsfinale auf dem Wissenschaftlichen Symposium qualifizieren konnten. Die vorliegende Schrift zeigt die große Breite und erhebliche Tiefe der Erkenntnisse im Bereich Supply Management auf. Es ist dem Wissenschaftlichen Beirat und dem BME ein besonderes Anliegen, diese Arbeiten weiterhin intensiv zu fördern. Im Januar 2010 Prof. Dr. Ronald Bogaschewsky, Würzburg Prof. Dr. Michael Eßig, München Prof. Dr. Rainer Lasch, Dresden Prof. Dr. Wolfgang Stölzle, St. Gallen
Inhaltsverzeichnis
Geleitwort ................................................................................................................................. V Vorwort ................................................................................................................................... VII Inhaltsverzeichnis .................................................................................................................. IX
TeilȱAȱWissenschaftlicheȱForschungsbeiträge ..................................................... 1 AuswirkungenȱasymmetrischerȱInformationsverteilungenȱinȱLieferantenȬ AbnehmerȬBeziehungen ......................................................................................................... 3 Dr.ȱChristophȱGlockȱ Abstract ....................................................................................................................................... 3 1
Problemstellung................................................................................................................ 3
2
Literaturüberblick ............................................................................................................ 5
3
Modellentwicklung .......................................................................................................... 7 3.1 Definitionen und Modellannahmen..................................................................... 7 3.2 Modellformulierung............................................................................................. 12 3.3 Lösung des Modells.............................................................................................. 15 3.4 Numerische Studien ............................................................................................. 17
4
Zusammenfassung und Ausblick ................................................................................ 22
Literatur..................................................................................................................................... 23 KritischeȱAnalyseȱderȱEignungȱdesȱFuzzyȬAHPȱzurȱLieferantenauswahl .................. 27 Prof.ȱDr.ȱUdoȱBuscher,ȱDr.ȱAndreasȱWelsȱundȱRicardoȱFranke Abstract ..................................................................................................................................... 27 1
Einleitung ........................................................................................................................ 27
2
Kriterienauswahl ............................................................................................................ 29
3
Methodische Grundlagen.............................................................................................. 31 3.1 Der Analytische Hierarchieprozess.................................................................... 31 3.2 Die Fuzzy Logik .................................................................................................... 32 3.3 Integration der Fuzzy Logik in den AHP.......................................................... 35
4
Lieferantenauswahl mit dem AHP .............................................................................. 38 4.1 Anwendung des FAHP bei der Lieferantenauswahl ...................................... 38 4.2 Die
Omax - Methode .............................................................................................. 40
4.3 Defuzzifizierung und Rangbildung ................................................................... 42 4.4 Ein Beispiel............................................................................................................. 42
Inhaltsverzeichnis
4.5 Kritische Auswertung .......................................................................................... 52 5
Zusammenfassung ......................................................................................................... 53
Anhang - Symbolverzeichnis ................................................................................................. 55 Literatur..................................................................................................................................... 56 Designȱofȱvoluntaryȱsustainabilityȱinitiativesȱforȱsupplyȱchains ................................. 61 Dr.ȱNilsȱPeters Abstract ..................................................................................................................................... 61 1
The need to explore the design of voluntary sustainability initiatives for supply chains .................................................................................................................. 61
2
Theoretical foundation: Design of voluntary sustainability initiatives for supply chains .................................................................................................................. 62 2.1 Review of existing theories explaining corporate action towards voluntary sustainability initiatives ............................................................................... 63 2.2 An eclective approach: A resource-based view on institutional entrepreneurship (RBVIE) and the design of voluntary sustainability initiatives..... 65
3
Method: Analytical induction to find resources enabling the design of voluntary sustainability initiatives for supply chains......................................................... 67
4
The institutional entrepreneur’s resources and the design of voluntary sustainability initiatives for supply chains................................................................. 72 4.1 Description of cases on the design of voluntary sustainability initiatives for supply chains.................................................................................................. 72 4.2 Key resources of the institutional entrepreneur............................................... 74 4.3 Complementary resources of the institutional entrepreneur ......................... 78
5
Conclusion....................................................................................................................... 84
References ................................................................................................................................. 87 KoordinationȱvonȱZuliefernetzwerken .............................................................................. 95 Dr.ȱChristophȱGlockȱ Abstract ..................................................................................................................................... 95 1
Problemstellung.............................................................................................................. 95
2
Literaturüberblick .......................................................................................................... 97
3
Modellentwicklung ........................................................................................................ 99 3.1 Problemstellung und Modellannahmen............................................................ 99 3.2 Untersuchte Zulieferstrukturen........................................................................ 101 3.3 Entwicklung integrierter Losgrößenmodelle für unterschiedliche Zulieferstrukturen .............................................................................................. 103
4
Zusammenfassung der Ergebnisse und Ausblick ................................................... 116
Literatur................................................................................................................................... 117
X
Inhaltsverzeichnis
LogistischeȱLieferantenentwicklungȱinȱderȱAutomobilindustrie ............................... 121 MatthiasȱPauli,ȱProf.ȱDr.ȱBerndȱHellingrath,ȱDr.ȱAxelȱWagenitzȱundȱLorantȱSzekelyȱ Abstract ................................................................................................................................... 121 1
Einleitung ...................................................................................................................... 121
2
Stand der Forschung .................................................................................................... 123 2.1 Lieferantenentwicklung ..................................................................................... 123 2.2 Lieferantenbewertung und Lieferantencharakterisierung ........................... 124 2.3 Bewertung der vorgestellten Ansätze.............................................................. 125
3
Methodik ....................................................................................................................... 126 3.1 Vorgehensweise bei der Auswahl von logistischen Entwicklungskandidaten ........................................................................................................... 126 3.2 Logistische Lieferantenleistung ........................................................................ 127 3.3 Strategische Bedeutung für die Logistik ......................................................... 131 3.4 Logistisches Entwicklungspotential................................................................. 141
4
Diskussion ..................................................................................................................... 144
Literatur................................................................................................................................... 145 DerȱEinflussȱderȱBeschaffungskomplexitätȱaufȱdenȱLogistikerfolg........................... 149 MarcoȱGießmannȱundȱProf.ȱDr.ȱRainerȱLasch Abstract ................................................................................................................................... 149 1
Einführung .................................................................................................................... 150
2
Die Komplexität als zunehmende Herausforderung.............................................. 151 2.1 Begriffsabgrenzung und Dimensionen der Komplexität.............................. 151 2.2 Das Komplexitätsproblem aus Sicht der Praxis ............................................. 152
3
Untersuchung der beschaffungsinduzierten Komplexität und ihrer Auswirkungen auf den Logistikerfolg ................................................................................... 156 3.1 Hypothesenbildung............................................................................................ 156 3.2 Modellentwicklung und -spezifikation ........................................................... 158 3.3 Datengrundlage und Methodik ........................................................................ 170 3.4 Ergebnisse und Diskussion ............................................................................... 176
4
Zusammenfassung und Ausblick .............................................................................. 185
Literatur................................................................................................................................... 187 LogistikmanagementȱalsȱManagementȱvonȱKontraktlogistikbeziehungen ............. 197 Prof.ȱDr.ȱRudolfȱO.ȱLargeȱ Abstract ................................................................................................................................... 197 1
Problemstellung............................................................................................................ 197
2
Stand der Forschung .................................................................................................... 201 2.1 Fremdvergabe komplexer logistischer Leistungen........................................ 201
XI
Inhaltsverzeichnis
2.2 Logistikaufbauorganisation .............................................................................. 204 2.3 Berufsbild des Logistikmanagers ..................................................................... 206 3
Forschungsthesen......................................................................................................... 209
4
Ausblick ......................................................................................................................... 213
Literatur................................................................................................................................... 213 Dokumente ............................................................................................................................. 218
TeilȱBȱAnwendungsnaheȱBeiträge...................................................................... 219 GlobalȱSourcingȱFootprint .................................................................................................. 221 MikkoȱDeȱNardo,ȱPatriciaȱHurschler,ȱHeinrichȱBüchelerȱundȱProf.ȱDr.ȱRomanȱBoutellierȱ Abstract ................................................................................................................................... 221 1
Motivation ..................................................................................................................... 221
2
Ansätze aus der Literatur............................................................................................ 223 2.1 Sourcing-Strategien ............................................................................................ 223 2.2 Portfolio-Modelle ................................................................................................ 225
3
Grundlagen der Untersuchung .................................................................................. 226 3.1 Thematische Abgrenzung.................................................................................. 226 3.2 Methodik .............................................................................................................. 227
4
Portfolios........................................................................................................................ 228 4.1 Größendegressions-Effekte und Wertdichte................................................... 228 4.2 Marktattraktivität und Wettbewerbsposition................................................. 230 4.3 Reaktionsfähigkeit und Bedarfsprofil.............................................................. 231
5
Global Sourcing Footprint-Prozess............................................................................ 233
6
Erfolgsfaktoren beim Fallbeispiel Hilti ..................................................................... 236
7
Schlussbetrachtung: Folgerungen für die Anwendung ......................................... 239
Literatur................................................................................................................................... 240 SMAȱ–ȱTheȱSupplyȱMarketȱAnalysisȬframeworkȱforȱanalysingȱsupplyȱmarketsȱ withinȱtheȱstrategicȱsourcingȱprocess................................................................................ 247 MaxȱLobermeyerȱandȱProf.ȱDr.ȱHerbertȱKotzab Abstract ................................................................................................................................... 247 1
Why analyse supply markets?.................................................................................... 247
2
The four SMA dimensions .......................................................................................... 248 2.1 General overview................................................................................................ 248 2.2 Dimension 1: Characteristics of existing markets and their influencing factors.................................................................................................................... 250 2.3 Dimension 2: Influence of the product itself on the supply market characteristics ...................................................................................................... 251
XII
Inhaltsverzeichnis
2.4 Dimension 3: Search for potential new markets............................................. 252 2.5 Dimension 4: Attractiveness of the own organisation to the market .......... 253 3
Analysis process and visualisation of the supply market analysis....................... 254
4
Analysing supply markets in practice....................................................................... 257
5
Utilise supply market intelligence to support the right business decisions ........ 261
Bibliography ........................................................................................................................... 262 UnternehmensübergreifendeȱȱBestandsallokationȱmittelsȱsoftwareȬbasierterȱ MultiagentenȬSysteme......................................................................................................... 263 Prof.ȱDr.ȱHansȬDietrichȱHaasis,ȱFalkoȱZimmermannȱundȱMarcoȱPlöger Abstract ................................................................................................................................... 263 1
Bestandsallokation im dynamischen Umfeld .......................................................... 263
2
Beitrag von Multiagenten-Systemen zur Komplexitätsbewältigung .................. 265
3
Unternehmensübergreifendes Virtual Warehousing mit der Unterstützung von MAS ........................................................................................................................ 268 3.1 Grundlegende Konzeption ................................................................................ 268 3.2 Allokationsmechanismus zur Selbststeuerung .............................................. 269 3.3 Erweiterung für dynamisches Lernen ............................................................. 273
4
Kritische Würdigung und Ausblick .......................................................................... 273
Literatur................................................................................................................................... 274 CompositeȱSolutionsȱforȱConsumerȬDrivenȱSupplyȱChains ....................................... 277 SimoneȱScholten,ȱUlrichȱScholtenȱandȱRobinȱFischer Abstract ................................................................................................................................... 277 1
Introduction .................................................................................................................. 277
2
The Shift from Classical Supply Chains to Value Nets........................................... 280 2.1 Structure ............................................................................................................... 281 2.2 Complexity Aspects of Decentralized Management ..................................... 282 2.3 Delivering Consumer-centric Composite Solutions ...................................... 283
3
Managerial Control in Service-enabling Ecosystems for Improved Service Supply ............................................................................................................................ 284 3.1 Controlled Systems............................................................................................. 285 3.2 Self-organizing and Open Systems .................................................................. 289 3.3 Centralized versus Decentralized Control ...................................................... 289
4
Control Mechanisms in Service-enabling Ecosystems............................................ 290 4.1 A Typology of Control Mechanisms in Service-enabling Ecosystems........ 290 4.2 Restrictive Control [1] ........................................................................................ 292 4.3 Co-regulative Control [2]................................................................................... 293 4.4 Market Regulative Control [3] .......................................................................... 293
XIII
Inhaltsverzeichnis
4.5 4.6 4.7 4.8 5
Sanctional Control [4]......................................................................................... 294 Motivational Control [5] .................................................................................... 294 Informative Control [6] ...................................................................................... 295 Scope for Subsequent Improvement ................................................................ 295
Conclusion..................................................................................................................... 296
References ............................................................................................................................... 297 Autorenverzeichnis .............................................................................................................. 303
XIV
TeilȱAȱ
ȱ WissenschaftlicheȱForschungsbeiträgeȱ
Auswirkungen asymmetrischer Informationsverteilungen in LieferantenAbnehmer-Beziehungen
Dr.ȱChristophȱGlockȱ
Abstract Der Beitrag untersucht den Fall eines Käufers, der ein Produkt von einem Lieferanten unter Unsicherheit bezieht. Konkret wird unterstellt, dass der Lieferant die Qualität des gehandelten Produkts durch seine Arbeitsanstrengung beeinflussen kann, dass gleichzeitig aber auch unsichere externe Einflüsse auf die Produktqualität wirken. Da der Käufer die Arbeitsanstrengung des Lieferanten nicht direkt beobachten kann und gleichzeitig eine Zufallsgröße auf die Qualität des Endprodukts wirkt, kann der Käufer aus der Qualität des Endprodukts nicht auf die Leistung des Lieferanten schließen. Damit entsteht ein klassisches Hidden Action-Problem, das in der vorliegenden Arbeit formal vorgestellt und mithilfe eines zweiteiligen Vergütungsschemas gelöst wird.
1
Problemstellung
Aufgrund der fortschreitenden Globalisierung sehen sich fertigende Unternehmen mit einem steigenden Konkurrenz- und Kostendruck und einem gleichzeitig dynamischer und komplexer werdenden Marktgeschehen konfrontiert. Um vor dem Hintergrund eines geänderten Wettbewerbsumfelds langfristig erfolgreich sein zu können, reagieren viele Industrieunternehmen mit einer Reduktion der Fertigungstiefe, um durch eine Beschränkung auf Kernkompetenzen die eigene Wettbewerbsfähigkeit zu erhöhen. Schätzungen gehen in diesem Zusammenhang davon aus, dass der Anteil fremd bezogener Wertschöpfung in vielen Industrien bereits über 50% beträgt und dass auch zukünftig mit weiteren Auslagerungen zu rechnen ist (u. a. Glock, 2009, S. 1). Die Auslagerung von Tätigkeiten, die nicht zu den Kernkompetenzen des Unternehmens zählen, kann für das auslagernde Unternehmen mit zahlreichen Vorteilen einhergehen (Prahalad/Hamel, 1990), birgt aber gleichzeitig auch Risiken. So können Abhängigkeiten entstehen, die bei Ausfall einer Bezugsquelle zu Versorgungsengpässen oder gar einem Produktionsstopp auf Abnehmerseite führen können (Wagner/
Wissenschaftliche Beiträge
Bode, 2006). Um die negativen Folgen eines Lieferantenausfalls abfedern zu können, ist es daher notwendig, alternative Bezugsquellen zu erschließen oder durch das Vorhalten von Sicherheitsbeständen kurzfristige Ausweichquellen zu schaffen (Silver/Pyke/Peterson, 1998, S. 232 ff.; Berger/Zeng, 2006). Neben Abhängigkeiten stellen Unsicherheiten eine zweite große Herausforderung in Lieferanten-Abnehmer-Beziehungen dar. So ist der Abnehmer in der Regel nicht in der Lage, den Fertigungsprozess des Lieferanten detailliert zu überwachen, sodass das Produktionsergebnis aufgrund unsicherer Umweltzustände nicht eindeutig auf die Leistung des Lieferanten zurückgeführt werden kann (Glock/Bogaschewsky, 2009, S. 287 ff.). Um den Lieferanten dennoch dazu zu motivieren, eine vertragskonforme Leistung zu erbringen, ist es notwendig, anreizkompatible Verträge zu implementieren, die die Vergütung des Lieferanten mit dem Produktionsergebnis korrelieren. In diesem Fall wird dem Lieferanten ein Anreiz gesetzt, die geschuldete Leistung vertragskonform zu erbringen, da nur dann sein Gewinn maximiert wird (vgl. zu dieser Problematik z. B. Fandel/Lorth, 2001, S. 273 ff.). Die Zielsetzung der vorliegenden Arbeit besteht vor dem Hintergrund der obigen Ausführungen in der Analyse von Informationsasymmetrien in Lieferanten-Abnehmer-Beziehungen. Konkret wird der Fall eines Käufers betrachtet, der ein Zwischenprodukt von einem Lieferanten bezieht, das in seinem eigenen Produktionsprozess zu einem Endprodukt umgeformt wird. Es wird unterstellt, dass der Lieferant durch seine Arbeitsanstrengung Einfluss auf die Qualität des gehandelten Guts nehmen kann und dass die Qualität des Zwischenprodukts die Fehlerrate des Produktionsprozesses auf Käuferseite beeinflusst. Ferner wird angenommen, dass der Käufer zwar die Qualität des Zwischenprodukts einschätzen kann, nicht aber die Arbeitsanstrengung des Lieferanten, und damit auch nicht, ob eine mangelhafte Qualität des Zwischenprodukts auf eine geringe Arbeitsanstrengung oder zufällige Umwelteinflüsse zurückzuführen ist. Während der Lieferant damit vollständig über seine Arbeitsanstrengung informiert ist, kann der Käufer von der festgestellten Qualität aufgrund von Unsicherheit nicht auf die Arbeitsanstrengung des Lieferanten schließen. Damit entsteht ein klassisches Prinzipal-Agent-Problem, das im Folgenden einer genaueren Analyse unterzogen werden soll. Der Aufbau der Arbeit gestaltet sich wie folgt: Im nächsten Kapitel wird ein Überblick über Veröffentlichungen, die sich mit Anreizproblemen in Lieferanten-AbnehmerBeziehungen befassen, gegeben, bevor auf die Modellannahmen der vorliegenden Arbeit eingegangen wird. Im vierten Kapitel folgt die Modellentwicklung und -lösung, die durch numerische Studien veranschaulicht wird. Das fünfte Kapitel fasst die Ergebnisse der Arbeit zusammen und enthält einen Ausblick auf weiterführende Forschungsansätze.
4
Auswirkungen asymmetrischer Informationsverteilung in Lieferanten-Abnehmer-Beziehungen
2
Literaturüberblick
Die Prinzipal-Agent-Theorie beschäftigt sich mit der Analyse von Vertragsbeziehungen, in denen ein Prinzipal eine Aufgabe an einen Agenten delegiert (u. a. Ross, 1973; Jensen/Meckling, 1976; Eisenhardt, 1989; Sappington, 1991). Beide Vertragspartner werden als beschränkt rational angenommen und es wird unterstellt, dass beide Parteien über wichtige vertragsrelevante Aspekte asymmetrisch informiert sind. Hieraus ergeben sich Probleme sowohl bei der Kontraktschließung als auch in der Abwicklungsphase des Vertrags, da Prinzipal und Agent typischerweise konfliktäre persönliche Zielsetzungen verfolgen. Liegen Informationsasymmetrien bereits vor Vertragsabschluss vor und sind die Vertragspartner über wichtige vertragsrelevante Eigenschaften des Agenten oder der vom Agenten angebotenen Leistung unterschiedlich genau informiert, so entsteht die Gefahr der Auswahl schlechter Vertragspartner durch den Prinzipal, die in der Literatur häufig als adverse Selektion bezeichnet wird (u. a. Milgrom/Roberts, 1992; Göbel, 2002). Treten Informationsprobleme erst nach Vertragsabschluss auf, da der Prinzipal die Leistung des Agenten nicht beobachten oder nicht verifizieren kann, besteht die Gefahr des moral hazard, bei der der Agent absichtlich eine schlechtere als die vertraglich geschuldete Leistung erbringt (z. B. Arrow, 1985; Göbel, 2002). Da Versprechungen des Agenten aufgrund fehlender Kontrollier- oder Durchsetzbarkeit stets als unglaubwürdig zurückgewiesen werden müssen, kann ein vertragskonformes Verhalten in diesem Fall nur durch Anreiz- und Kontrollmechanismen in der Geschäftsbeziehung sichergestellt werden. Da Geschäftsbeziehungen zwischen Lieferanten und Abnehmern in der Regel unter Unsicherheit abgewickelt werden und beide Parteien konfliktäre Zielsetzungen verfolgen können, wurden Lieferanten-Abnehmer-Beziehungen in einer Reihe von Publikationen aus einer Prinzipal-Agent-theoretischen Perspektive untersucht. So analysiert Lim (2001) z. B. eine Situation, in der ein Käufer ein Produkt von einem Lieferanten bezieht und beide Parteien über die technischen Fähigkeiten des Lieferanten, die das Qualitätsniveau des Produktes beeinflussen, asymmetrisch informiert sind. Hierbei wird unterstellt, dass der Käufer für Qualitätsmängel gegenüber seinen Kunden haftbar ist, auch wenn diese auf ein fehlerhaftes Zulieferprodukt zurückzuführen sind. Der Autor untersucht die Anreizwirkung zweier Koordinationsmechanismen – eines Rabatts, den der Lieferant für fehlerhafte Produkte gewährt, und einer Garantie an den Endkunden, deren Kosten von Käufer und Lieferant geteilt werden – und zeigt, dass der Käufer mithilfe beider Vertragstypen die Informationsasymmetrie auflösen und seinen Gewinn maximieren kann. Weitere Arbeiten, die Informationsasymmetrien zwischen einem Käufer und einem Lieferanten vor Vertragsabschluss untersuchen, finden sich bei Corbett und de Groote (2000), Corbett (2001) und Corbett et al. (2004). So untersuchen Corbett und de Groote (2000) ein System mit einem Lieferanten und einem Käufer und unterstellen, dass der Käufer ex ante eine Bestellmenge ordern möchte, die kleiner als die aus Lieferantensicht optimale Auftragsgröße ist. Der Lieferant möchte den Käufer durch einen Rabatt
5
Wissenschaftliche Beiträge
dazu bewegen, seine Bestellmenge auszudehnen, kann jedoch den Lagerhaltungskostensatz des Käufers nicht einschätzen, der für die Festlegung eines Rabattschemas elementar ist. Die entstehende Problematik wird gelöst, indem dem Käufer eine Menge unterschiedlicher Rabattschemata angeboten wird, durch deren Auswahl er seinen Lagerhaltungskostensatz offen legt. Ähnliche Problembeschreibungen finden sich bei Corbett (2001) und Corbett et al. (2004). Corbett (2001) untersucht zwei Szenarien, in denen Lieferant und Käufer entweder über die Rüstkosten des Lieferanten oder den Strafkostensatz für Lagerunterdeckungen auf Käuferseite asymmetrisch informiert sind. Die Problematik wird in einem mehrstufigen Losgrößenmodell mit stochastischer Nachfrage untersucht, und es werden Vertragsstrukturen entwickelt, die eine Reduktion der Systemkosten ermöglichen. Corbett et al. (2004) analysiert hingegen den Fall, in dem der Lieferant unvollständig über die variablen Kosten des Käufers informiert ist. Die Autoren unterstellen einen Reservationsnutzen auf Käuferseite und untersuchen, wie drei unterschiedliche Vertragskonstrukte auf den Gewinn des Lieferanten wirken. Weitere Modelle, die Informationsasymmetrien vor Vertragsabschluss mit einem Lieferanten und einem Käufer untersuchen, finden sich u. a. bei Sucky (2004), Burnetas et al. (2007), Lau et al. (2008) und Wang et al. (2009), die an dieser Stelle jedoch nicht ausführlicher betrachtet werden sollen. Während in den bisher aufgeführten Arbeiten kein direktes Selektionsproblem untersucht wird, da nur ein Lieferant zur Auswahl steht, betrachten Deng und Elmaghraby (2005) einen Käufer, der eine aus zwei möglichen Bezugsquellen auswählen möchte. Es wird unterstellt, dass die Produkte der Lieferanten ein Qualitätsniveau aufweisen, das durch Investitionen beeinflusst werden kann, dass der Käufer jedoch weder das Qualitätsniveau noch das von den Lieferanten gewählte Investitionsvolumen vollständig einschätzen kann. Um die Lieferanten dazu zu bewegen, ein hohes Investitionsvolumen zu wählen, führt der Käufer ein Turnier durch, während dessen Verlauf er bei beiden Lieferanten Güter bezieht, um Informationen über die Qualität der Produkte zu sammeln, und an dessen Ende der Turniersieger das verbleibende Auftragsvolumen zugesprochen bekommt. Die Autoren ermitteln die optimale Dauer des Turniers und zeigen, dass es aus Sicht des Käufers vorteilhaft ist, eine bestimmte Zeitspanne bei beiden Lieferanten parallel einzukaufen, um so eine Wettbewerbssituation zu erzeugen und ein hohes Investitionsvolumen zu provozieren. Ein weiteres Modell, das Informationsasymmetrien in der Lieferantenselektion thematisiert, findet sich bei Özer und Raz (2006). Die Autoren betrachten den Fall, in dem ein Käufer ein Gut von einem Lieferanten beziehen möchte und zwei Lieferanten mit unterschiedlichen Charakteristika als Bezugsquellen zur Auswahl stehen. In der Arbeit wird unterstellt, dass die Parteien asymmetrisch über die Bearbeitungskosten des Käufers und/oder über die Stückkosten des kleineren der beiden Lieferanten informiert sind, und es wird untersucht, wie der größere der beiden Lieferanten seinen Preis festsetzen muss, um als Lieferant ausgewählt zu werden und seinen Gewinn zu maximieren.
6
Auswirkungen asymmetrischer Informationsverteilung in Lieferanten-Abnehmer-Beziehungen
Wagner und Friedl (2007) untersuchen schließlich den Fall eines Lieferantenwechsels in einem Modell mit einem Käufer und zwei Lieferanten. Konkret unterstellen die Autoren, dass der Käufer ein Produkt von einem Lieferanten bezieht und vor der Entscheidung steht, ob er (vollständig oder teilweise) zu einem zweiten Lieferanten wechseln soll. Das Problem besteht darin, dass er die Stückkosten des zweiten Lieferanten nicht einschätzen kann und nur die Verteilungs- bzw. Dichtefunktion der Stückkosten sowie ein Intervall kennt, innerhalb dessen sich die Stückkosten bewegen. Die Autoren entwickeln nun ein Vergütungsschema, das der Käufer dem neuen Lieferanten vorlegt, um ihn zur Aufdeckung seiner tatsächlichen Kosten zu bewegen. Der Literaturüberblick verdeutlicht die hohe Relevanz, die Prinzipal-Agent-Problemen in Lieferanten-Abnehmer-Beziehungen zugesprochen werden kann. Eine genauere Analyse bisheriger Veröffentlichungen zeigt aber auch, dass der Schwerpunkt der Forschung bisher insbesondere auf das Problem der adversen Seletion gelegt wurde und dass moral hazard-Probleme in formalen Logistikkostenmodellen kaum untersucht wurden (die gleiche Tendenz zeigt sich auch im Literaturüberblick von Fandel/Lorth, 2001). Ferner wird deutlich, dass Probleme, die durch die Risikoneigung der Akteure entstehen, ebenso wenig thematisiert worden sind. Da beide Einschränkungen den Charakteristika real auftretender Informationsprobleme nicht gerecht werden, soll in der folgenden Arbeit ein moral hazard-Problem in Lieferanten-AbnehmerBeziehungen unter expliziter Berücksichtigung von Risikoneigung untersucht werden. In der vorliegenden Arbeit wird der Fall eines Käufers, der ein Produkt von einem Lieferanten bezieht, untersucht. Der Produktionsvorgang des Käufers bringt einen konstanten Anteil defekter Produkte hervor, der sowohl durch die Handlungen des Käufers als auch des Lieferanten beeinflusst werden kann. Da der Käufer nicht in der Lage ist, den Zusammenhang zwischen der Qualität des Endprodukts und der Leistung des Lieferanten vollständig einzuschätzen, entsteht ein moral hazard-Problem, das in den nachfolgenden Abschnitten einer genaueren Analyse unterzogen werden soll. Ferner wird die Risikoneigung der Akteure explizit berücksichtigt, wobei von einem risikoneutralen Käufer und einem risikoaversen Lieferanten ausgegangen wird. Die Zielsetzung der Arbeit besteht darin, ein Vergütungsschema zu entwickeln, das den Lieferanten zu einer Teilnahme an der Kooperation bewegt und gleichzeitig den Gewinn des Käufers maximiert.
3
Modellentwicklung
3.1
Definitionen und Modellannahmen
Im Folgenden sollen die Annahmen erläutert werden, die bei der Modellentwicklung in der vorliegenden Arbeit unterstellt wurden:
7
Wissenschaftliche Beiträge
Es wird ein Käufer betrachtet, der ein Produkt von einem Lieferanten bezieht. Der Lieferant fertigt das Produkt und liefert ausschließlich vollständig fertig gestellte Lose an den Käufer aus. Der Käufer setzt das Produkt des Lieferanten als Einsatzfaktor in seinem eigenen Produktionsprozess ein und formt es zu einem Endprodukt um, das an die Kunden des Käufers verkauft wird. Auf Seiten des Käufers wird eine offene Fertigung unterstellt, sodass mit dem Verkauf der Produkte bereits nach Fertigstellung der ersten infinitesimalen Einheit begonnen werden kann. Ferner wird unterstellt, dass eine Mengeneinheit des Zulieferprodukts notwendig ist, um eine Mengeneinheit des Endprodukts herzustellen.
Der Käufer dominiert die Zulieferkette, weshalb die Zielsetzung des Modells darin besteht, den Gewinn des Käufers zu maximieren. Daneben wird jedoch unterstellt, dass der Lieferant einen Reservationsnutzen hat und dass er nicht an der Kooperation teilnimmt, wenn sein Nutzen den Reservationsnutzen unterschreitet. Der Käufer wiederum nimmt nur dann an der Kooperation teil, wenn sein Gewinn nichtnegativ ist, d. h. wenn ̓ t 0 gilt.
Im Produktionsprozess des Käufers wird ein konstanter Anteil defekter Produkte hergestellt (Affisco et al., 2002, für eine vergleichbare Annahme). Die Fehlerrate ist sowohl von der Qualität des Zulieferprodukts als auch von der Länge des Produktionszyklus abhängig. Die erste Annahme basiert auf der Überlegung, dass die Qualität von Einsatzfaktoren die Qualität des Endprodukts bzw. den Erfolg des Produktionsvorgangs beeinflusst, und wurde in empirischen Untersuchungen bestätigt (z. B. Romaniuk, 2000) und in der Literatur häufig diskutiert (z. B. Tagaras/ Lee, 1996; Baiman et al., 2000; Zhu et al., 2007). Die zweite Annahme berücksichtigt daneben den Einfluss des Produktionsprozesses auf die Qualität des Endprodukts und unterstellt in diesem Fall, dass ein Produktionsprozess nach einer gewissen Produktionszeit außer Kontrolle geraten kann und dass danach ein bestimmter Anteil defekter Produkte gefertigt wird, bis die Maschine in ihren ursprünglichen Zustand zurück versetzt wird. Porteus (1986) verwendet zur Abbildung dieser Zusammenhänge einen Markov-Prozess, während Lee und Rosenblatt (1987) sowie Zhu et al. (2007) eine exponentialverteilte Zufallsvariable, mit deren Hilfe der Zeitpunkt beschrieben wird, zu dem der Produktionsprozess außer Kontrolle gerät, benutzen. Die Berücksichtigung beider Zusammenhänge hat den Vorteil, dass die Wechselwirkungen zwischen unternehmensinternen und -externen Qualitätsbestrebungen untersucht werden können. So merken Tagaras und Lee (1996) an, dass bei der Auswahl von Lieferanten auch die Eigenschaften des eigenen Produktionsprozesses auf die Produktqualität berücksichtigt werden müssen, da eine hohe Qualität von Inputfaktoren nur dann zu einem guten Ergebnis führt, wenn die Einsatzfaktoren auch in hoher Qualität weiterverarbeitet werden können. Um die Modellkomplexität im Folgenden in Grenzen zu halten wird auf eine einfache exponentielle Funktion als Approximation zurückgegriffen, um den beschriebenen Zusammenhang abzubilden. In der vorliegenden Arbeit wird daher
8
Auswirkungen asymmetrischer Informationsverteilung in Lieferanten-Abnehmer-Beziehungen
die folgende Relation zwischen der Fehlerquote p, der Länge des Produktionszyklus T und der Qualität des Zulieferprodukts q unterstellt: p
§ Dq · p0 exp¨ ¸ © T ¹
(1)
Der in (1) beschriebene Zusammenhang verdeutlicht, dass die Fehlerquote des Produktionsprozesses auf Käuferseite entweder durch eine Erhöhung der Qualität des Zulieferprodukts oder eine Reduktion von T, wodurch die Wahrscheinlichkeit, mit der der Produktionsprozess außer Kontrolle gerät, reduziert wird, verringert werden kann.
Die fehlerhafte Natur von Endprodukten wird erst im Moment des Verkaufs offenbar, wobei der Endkunde Fehler mit Sicherheit entdeckt (hierzu auch Reyniers/ Tapiero, 1995). Aus dieser Annahme folgt, dass fehlerhafte Produkte bis zu ihrem Verkauf eingelagert werden müssen. Für jede fehlerhafte Mengeneinheit fallen auf Käuferseite Aufarbeitungskosten in Höhe von J an.
Der Lieferant kann die Qualität des Zulieferprodukts durch die Wahl seiner Arbeitsanstrengung beeinflussen, die wiederum für das Maß im Produktionsprozess angewandter Sorgfalt oder die Qualität verwendeter Einsatzstoffe stehen kann. In der Literatur wurde der Zusammenhang zwischen der Leistung des Lieferanten und der Qualität des Zulieferprodukts bisher in der Regel mithilfe einer diskreten Entscheidungsvariablen mit häufig nur zwei Zuständen modelliert, wobei die Wahl einer hohen Arbeitsanstrengung zu einer geringen Fehlerwahrscheinlichkeit und die Wahl einer geringen Arbeitsanstrengung zu einer hohen Fehlerwahrscheinlichkeit führt (u.a. Crémer, 1995; Reyniers/Tapiero, 1995). Im Folgenden wird davon ausgegangen, dass der Lieferant seine Arbeitsanstrengung aus dem Intervall [0;f] beliebig wählen kann und dass ein linearer Zusammenhang zwischen der Produktqualität q und der Arbeitsanstrengung e besteht. Ferner wird unterstellt, dass die Qualität des Zwischenprodukts neben der Arbeitsanstrengung des Lieferanten auch von einer Zufallsvariablen ̋ abhängt, die für externe Risiken steht, die von den Vertragsparteien nicht beeinflusst werden können. Es gilt: q = e + ̋ȱ
(2)
Für die Zufallsvariable wird angenommen, dass diese einer Normalverteilung folgt, wobei die Wahrscheinlichkeit für die Realisation von Werten, die größer als Null und kleiner als –e sind, Null betragen soll. Damit wird der Fall ausgeschlossen, dass die Qualität durch zufällige Einflüsse besser ausfallen kann als vom Lieferanten beabsichtigt oder dass die Qualität negative Werte annehmen kann. Während der Lieferant aufgrund der Tatsache, dass ihm seine Arbeitsanstrengung e bekannt ist, auf den eingetretenen Umweltzustand rückschließen kann, kann der Käufer von q wegen ̋ nicht auf e schließen.
9
Wissenschaftliche Beiträge
In Abhängigkeit der gewählten Arbeitsanstrengung fallen auf Lieferantenseite Qualitätskosten an. Es wird angenommen, dass sich diese wie folgt zusammensetzen: QC(v) = ce²
(3)
Damit gilt, dass ein hohes Qualitätsniveau mit höheren Kosten als ein geringes verbunden ist und dass die Grenzkosten von Qualitätsverbesserungen gleichzeitig zunehmen. Diese Annahme erschließt sich intuitiv und ist auch in der Literatur zu finden, wie z. B. bei Porteus (1986).
Der Käufer ist risikoneutral, da unterstellt wird, dass er über Diversifikationsmöglichkeiten verfügt, während der Lieferant risikoavers ist (z. B. Spremann, 1989, für eine ähnliche Annahme). Zur Abbildung der Risikoneigung des Lieferanten wird die von Neumann-Morgenstern-Nutzenfunktion verwendet, sodass folgt: U(v)(w) = –exp(–rw) w stellt hierbei den Nettonutzen des Lieferanten und r den Risikoaversionsgrad mit r = –U‘‘/U‘ > 0 dar (Arrow, 1971).
Um den Lieferanten zu einer hohen Arbeitsanstrengung zu motivieren, kompensiert ihn der Käufer mit einer zweiteiligen Vergütung. Die Vergütung besteht aus einer fixen Komponente F und einer variablen Komponente V, die an den Gewinn des Käufers gekoppelt ist. In der vorliegenden Arbeit wird von dem folgenden funktionalen Zusammenhang ausgegangen: V = Ά̓
Die Produktionsgeschwindigkeit des Käufers übersteigt die Nachfragerate der Endkunden und die Produktionsgeschwindigkeit des Lieferanten ist nicht kleiner als die Produktionsgeschwindigkeit des Käufers. Damit wird sichergestellt, dass der Absatz stets unterbrechungsfrei versorgt werden kann.
Daneben soll die folgende Terminologie verwendet werden: ΅ȱ
ein Multiplikator
Άȱ
Erfolgsbeteiligung des Lieferanten mit Ά [0;1]
D
Nachfragerate in Mengeneinheiten je Zeiteinheit
Fȱ
fixe Vergütung des Lieferanten
gȱ
Preis einer Mengeneinheit des Endprodukts
hf(b)ȱ
Lagerhaltungskosten für Fertigprodukte je eingelagerter Mengeneinheit und Zeiteinheit auf Käuferseite
10
Auswirkungen asymmetrischer Informationsverteilung in Lieferanten-Abnehmer-Beziehungen
hz(b)ȱ
Lagerhaltungskosten für Zulieferprodukte je eingelagerter Mengeneinheit und Zeiteinheit auf Käuferseite
h(v)ȱ
Lagerhaltungskosten je eingelagerter Mengeneinheit und Zeiteinheit auf Lieferantenseite
Kȱ
Rüst- und Bestellkostensatz je aufgelegtem Los auf Käuferseite
Jȱ
Aufarbeitungskosten je fehlerhafter Mengeneinheit des Endprodukts
M
Reservationsnutzen des Lieferanten
Pȱ
Erwartungswert der Zufallsvariablen 4
̓ȱ
Gewinn des Käufers
P
Produktionsgeschwindigkeit des Käufers in Mengeneinheiten je Zeiteinheit
P(v)
Produktionsgeschwindigkeit des Lieferanten in Mengeneinheiten je Zeiteinheit
pȱ
Anteil defekter Produkte, die im Produktionsprozess der Käufers hergestellt werden
p0ȱ
maximale Fehlerrate, die realisiert wird, wenn die Qualität des Zulieferprodukts 0 ist.
Qȱ
Fertigungslosgröße des Käufers
q
ein Maß für die Qualität des Zulieferprodukts
rȱ
Risikoaversionsgrad des Lieferanten
T
Länge des Produktionszyklus
V
variable Vergütung des Lieferanten
w
Nettonutzen des Lieferanten
EUȱ
Erwarteter Nutzen (expected utility)
IC
Lagerhaltungskosten (inventory costs)
QC
Qualitätskosten (quality costs)
SC
Rüstkosten (setup costs)
TC
Gesamtkosten (total costs)
TOȱ
Umsatz (turnover)
(b)
11
Wissenschaftliche Beiträge
3.2
Modellformulierung
Die Situation des Käufers Die Lagerbestandsverläufe von Käufer und Lieferant sind in Abbildung 1 dargestellt (die dünn gedruckten Linien im oberen Teil der Abbildung stellen hierbei die Lagerzugangs- und -abgangsfunktion des Käufers dar, während die fett gedruckten Linien den Lagerbestandsverläufen entsprechen). Der Käufer stellt ein Los der Größe Q in T Zeiteinheiten her und beginnt mit dem Verkauf direkt nach Fertigstellung der ersten infinitesimalen Mengeneinheit. Der maximale Lagerbestand an Endprodukten wird damit nach T Zeiteinheiten erreicht und beträgt (P(b)–D)T Mengeneinheiten. Daneben sind Lagerbestände am Zulieferprodukt zu berücksichtigen, die im Durchschnitt der halben Fertigungslosgröße entsprechen. Damit folgt für die Lagerhaltungskosten des Käufers: IC ( b )
1 (b) 1 P D Th (f b ) P ( b )Thz( b ) 2 2
(4)
Neben den Lagerhaltungskosten fallen auf Käuferseite Bestell- und Rüstkosten je aufgegebener Bestellung bzw. je aufgelegtem Los an. Diese betragen: SC(b) = KD/(P(b)T)ȱ
(5)
Schließlich sind auf Käuferseite Qualitätskosten in Abhängigkeit der Fehlerrate p und den Aufarbeitungskosten J zu berücksichtigen. Diese betragen: QC(b) = DJp0exp(–΅q/T)
(6)
Die Gesamtkosten des Käufers ergeben sich damit wie folgt:
KD 1 (b) 1 § Dq · P D Th (f b ) P ( b )ThZ( b ) ( b ) DJp0 exp¨ ¸ 2 2 P T © T ¹
TC ( b )
(7)
Der Käufer verkauft seine Produkte für g Geldeinheiten je Mengeneinheit an den Endkunden. Sein Umsatz kann damit wie folgt ermittelt werden: TO = gD
(8)
Der Gewinn des Käufers beträgt damit ̓ = TOȱ– TC(b).
Die Situation des Lieferanten Der Lieferant fertigt das Zulieferprodukt mit der Fertigungsgeschwindigkeit P(v) und leitet nur vollständig fertiggestellte Lose der Größe P(b)T an den Käufer weiter (vgl. Abbildung 1). Die Lagerhaltungskosten des Lieferanten betragen damit: IC ( v )
12
1 P( b ) ( v ) Th 2 P( v )
(9)
Auswirkungen asymmetrischer Informationsverteilung in Lieferanten-Abnehmer-Beziehungen
Abbildungȱ1:ȱ LagerbestandsverläufeȱaufȱKäuferȱundȱLieferantenseiteȱ
LagerbestandanEndprodukten
Q
Zeit T WareneingangslagerKäufer
Q
Zeit WarenausgangslagerLieferant
Q
Zeit
Neben den Lagerhaltungskosten fallen auf Seite des Lieferanten Rüst- und Transportkosten an: SC(v) = SD/(P(b)T)
(10)
Die Gesamtkosten des Lieferanten sind nun als Summe aus (3), (9) und (10) gegeben: TC ( v )
1 P( b ) ( v ) SD Th ( b ) ce 2 (v) 2P P T
(11)
13
Wissenschaftliche Beiträge
Das Prinzipal-Agent-Problem Wie Relation (2) verdeutlicht, kann der Lieferant die Qualität des Zwischenprodukts durch die Wahl der Arbeitsanstrengung e beeinflussen. Wählt er eine hohe Arbeitsanstrengung, so ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass das Zwischenprodukt den Käufer in einer hohen Qualität erreicht und die Fehlerrate p reduziert werden kann. Die Kostenfunktion des Lieferanten verdeutlicht jedoch, dass ein positiver Wert von e zu Kosten führt, sodass der Lieferant originär keinen Anreiz hat, eine von null verschiedene Arbeitsanstrengung zu wählen. Da die Qualität des Zwischenprodukts q von der Zufallsvariable ̋ abhängt, kann der Prinzipal in diesem Fall von der Realisation von q nicht darauf rückschließen, ob eine niedrige Qualität durch einen niedrigen Arbeitseinsatz oder ungünstige Umweltzustände bedingt wurde. Um den Lieferanten dazu zu motivieren, eine positive Arbeitsanstrengung zu wählen, kompensiert ihn der Käufer mit einer Transferzahlung, die aus einer fixen und einer variablen Komponente besteht. Die variable Komponente ist hierbei mit dem Gewinn des Käufers korreliert, da der Lieferant nur in diesem Fall einen Anreiz hat, eine von null verschiedene Arbeitsanstrengung zu wählen. Die Transferzahlung wird hierbei so bestimmt, dass der erwartete Nutzen des Käufers maximiert wird. Der risikoaverse Lieferant wiederum maximiert seinen erwarteten Nutzen, der sich wie folgt ergibt: EU ( v )
exp rw f w dw
³
§ § r ·· exp¨¨ r ¨ E>w @ Var>w @¸ ¸¸ 2 ¹¹ © ©
(12)
wobei E[w] den erwarteten Nettonutzen, Var[w] die Varianz des Nettonutzens und f(w) die Dichtefunktion von w bezeichnet. Eine monotone Transformation von (12) führt zu (Spremann, 1989; Erlei et al., 2007, S. 107 f.):
EU ( v )
E>w @
r Var>w @ 2
(13)
Ausdruck (13) verdeutlicht, dass der erwartete Nutzen aufgrund der Risikoaversion des Lieferanten unter dem Erwartungswert von w liegt. Wie bereits ausgeführt wurde, beträgt der Gewinn des Käufers ̓ = TOȱ – TC(b). Aufgrund seiner Risikoneutralität entspricht sein erwarteter Nutzen dem erwarteten Gewinn (Spremann, 1989, S. 20):
EU ( b )
E>̓ @
1 E §¨ gD Ta1 ©
b1 · vE>p @¸ F T ¹
(14)
wobei v = DJ, a1 = 0.5 P ( b ) D h (f b ) P ( b ) hz( b ) and b1 = KD/P(b) gilt. Bei der Berechnung des Erwartungswerts von p ist zu berücksichtigen, dass die Dichte einer gestutzten Normalverteilung wie folgt ermittelt werden kann (Hartung, 2005, S. 148 ff.):
14
Auswirkungen asymmetrischer Informationsverteilung in Lieferanten-Abnehmer-Beziehungen
M y 1 V ̘y o ̘yu
f x
wobei M(y) der Dichtefunktion der Standardnormalverteilung, )(y) der Verteilungsfunktion der Standardnormalverteilung sowie yo der oberen und yu der unteren Grenze der Variable y entsprechen. Im vorliegenden Fall, für den yu = –e und yo = 0 angenommen wurde, resultiert daher der folgende Erwartungswert für die Fehlerquote p:
exp[1 Erf >[ 2 @ Erf >[ 3 @ Erf >[ 4 @ Erf >[ 5 @
E>p @ p0
[5
D 2T e P DV 2
[1
mit
2T
2
,
(15) TP - DV 2 , 2TV
[2
eP 2V
[3
T e P - DV 2 , 2TV
[4
P 2V
und
wobei Erf[] die Gaußsche Fehlerfunktion darstellt. Die Varianz von p ergibt sich analog als:
Var>p @ p 0 mit [ 6
exp4[1 Erf >[ 4 @ Erf >[ 5 @ Erf >[ 6 @ Erf >[ 7 @ exp2[1 Erf >[ 2 @ Erf >[ 3 @ Erf>[ 4 @ Erf>[ 5 @ 2
TP 2DV 2 2TV
und [ 7
T e P 2DV 2 2TV
(16)
Der Nettonutzen des Lieferanten kann nun wie folgt berechnet werden:
w
F E M D TC ( b ) TC ( v )
(17)
Der erwartete Nutzen des Lieferanten ergibt sich aus (13) und (17) damit zu: EU ( v )
b b r § · F E ¨ MD Ta1 1 vE>p@¸ a 2T 2 ce 2 E 2 v 2 Var>p@ 2 T T © ¹
(18)
mit a2 = 0.5h(v)P(b)/P(v) and b2 = SD/P(b).
3.3
Lösung des Modells
Wie bereits ausgeführt versucht der Käufer, den Lieferanten mithilfe einer Transferzahlung dazu zu motivieren, eine hohe Arbeitsanstrengung zu wählen. Der Lieferant wiederum maximiert seinen Erwartungsnutzen für gegebene Vertragsparameter F und Ά, d. h. er maximiert (18) in e. Da ein allgemeiner Konkavitätsbeweis von (18) aufgrund der Komplexität der Funktion nicht möglich ist, wurden Simulationsstudien durchgeführt, in denen das Verhalten der Funktion für eine Vielzahl unterschiedlicher Parameterwerte untersucht wurde. Für 10.000 zufällig generierte Datensätze zeigte sich, dass die zweite Ableitung von (18) nach e zwar sowohl positive als auch negative Werte
15
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annehmen kann, dass die Funktion jedoch stets nur ein Maximum besitzt und damit quasi-Konkavität unterstellt werden kann. Die Reaktionsfunktion des Lieferanten, die für gegebene Werte für F und Ά den aus Lieferantensicht optimalen Arbeitseinsatz e festlegt, kann damit ermittelt werden, indem (18) nach e abgeleitet und mit null gleichgesetzt wird. Da die Funktion im vorliegenden Fall einen komplexen Ausdruck annimmt, wird auf ihre explizite Darstellung verzichtet; die Reaktionsfunktion kann jedoch mit einem Standard-MathematikProgramm, wie z.B. Mathematica 7.0 der Firma Wolframs Research, einfach ermittelt werden. Für den Lieferanten resultiert mithin das folgende Optimalitätskriterium:
dEU ( v ) de
0
(19)
Es zeigt sich, dass die Reaktionsfunktion (19) nicht nur von den Vertragsparametern F und Ά, sondern auch von der Zyklenlänge T abhängig ist. Dies ist der Fall, da die Länge des Produktionszyklus den Anteil defekter Produkte im Produktionsprozess beeinflusst und damit den Effekt von e verstärkt oder verringert (in anderen Worten: auch eine hohe Arbeitsanstrengung, die eine hohe Qualität des Zulieferprodukts bedingt, kann keine geringe Fehlerrate nach sich ziehen, wenn ein sehr langer Produktionszyklus gewählt wird und der Produktionsprozess häufig außer Kontrolle gerät). Damit beeinflusst die Wahl von T die variable Vergütung des Lieferanten und muss daher berücksichtigt werden, wenn der Lieferant seinen Arbeitseinsatz wählt. Es folgt, dass der Käufer den Lieferanten zu einer hohen Arbeitsanstrengung bewegen kann, indem er entweder Ά erhöht oder die Auswirkungen einer Variation von e verstärkt, indem er T anpasst. Im Folgenden wird, wie in der Literatur häufig üblich, angenommen, dass der Käufer die Reaktionsfunktion und den Reservationsnutzen des Lieferanten kennt. Aus diesem Grund wählt der Käufer F genau so, dass die Reservationsbedingung des Lieferanten erfüllt ist: F
b b r 2 2 § · E v Var>p@ a 2T 2 ce 2 E ¨ MD Ta1 1 vE>p@¸ M 2 T T © ¹
(20)
Wird (20) in (14) eingesetzt, so folgt: EU ( b)
MD T a1 a2
b1 b2 r vE>p@ E 2 v 2 Var>p@ ce 2 M 2 T
(21)
Da der Ausdruck gD–M konstant ist, entspricht die Maximierung von (21) der Minimierung des folgenden Ausdrucks:
TC ( b )
T a1 a 2
b1 b2 r vE>p@ E 2 v 2 Var>p@ ce 2 T 2
(22)
Der Käufer minimiert nun (22) für vorgegebene Werte für e in T und Ά. Da der Ausdruck (22) zu komplex ist, um Konvexität formal nachzuweisen, wurden wiederum Simulationsstudien durchgeführt, in denen das Verhalten der Kostenfunktion für
16
Auswirkungen asymmetrischer Informationsverteilung in Lieferanten-Abnehmer-Beziehungen
unterschiedliche Parameterwerte untersucht wurde. Für 10.000 zufällig generierte Datensätze zeigte sich, dass die zweite Ableitung der Funktion (22) nach T sowohl positive als auch negative Werte aufweisen kann, dass die Funktion (22) im zulässigen Bereich jedoch stets ein globales Maximum aufweist, das mithilfe der zweiten Ableitung aufgefunden werden kann. Für vorgegebene Werte für e und Ά kann (22) daher minimiert werden, indem die erste Ableitung nach T gebildet und der resultierende Ausdruck mit null gleichgesetzt wird (auch in diesem Fall wird aus Komplexitätsgründen auf eine explizite Darstellung der ersten Ableitung verzichtet): wTC ( b) wT
0
(23)
Für vorgegebene Werte für Ά kann nun eine Lösung gefunden werden, indem der folgende Algorithmus angewendet wird: Schrittȱ1: Setze e = 0 Schrittȱ2: Für einen vorgegebenen Wert für e, finde denjenigen Wert für T der Gleichung (23) erfüllt Schrittȱ3: Für vorgegebene Werte für T, finde denjenigen Wert für e der Gleichung (19) erfüllt. Schrittȱ4: Wiederhole die Schritte 2 und 3, bis eine hinreichend genaue Lösung gefunden ist.
Da Ά auf einem endlichen Intervall definiert ist, wurde eine lineare Suche über das Intervall angestellt und für jeden Ά-Wert korrespondierende T- und e-Werte ermittelt. Diejenige Lösung wurde am Ende der linearen Suche als beste Lösung übernommen, die die Kosten des Käufers gemäß (22) minimiert.
3.4
Numerische Studien
Um das in dieser Arbeit entwickelte Modell zu veranschaulichen wurden numerische Studien mit unterschiedlichen zufällig generierten Datensätzen durchgeführt. Im Folgenden soll zunächst gezeigt werden, wie sich der Erwartungswert und die Varianz der Fehlerquote p in Abhängigkeit von der Arbeitsleistung e und der Zykluszeit T entwickeln, bevor auf Zusammenhänge zwischen den Entscheidungsvariablen von Käufer und Lieferant bei steigender Unsicherheit eingegangen werden soll.
3.4.1
Einfluss von Arbeitsleistung und Zykluszeit auf die Fehlerquote
Abbildung 2 verdeutlicht den Zusammenhang zwischen der Standardabweichung ı, der Arbeitsleistung e, der Zykluszeit T und dem Erwartungswert sowie der Varianz der Fehlerquote p. Wie in den Teilen a) und c) der Abbildung 2 zu sehen ist, steigt der Erwartungswert der Fehlerquote an, wenn die Zykluszeit T erhöht wird, da der Produktionsprozess in diesem Fall mit einer höheren Wahrscheinlichkeit außer Kontrolle gerät und anschließend defekte Produkte hervorbringt. Ferner wird ersichtlich, dass
17
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der Erwartungswert der Fehlerquote ansteigt, wenn die Standardabweichung der Zufallsvariable zunimmt oder die Arbeitsleistung des Lieferanten reduziert wird. Eine Analyse der Varianz von p (vgl. die Teile b) und d) der Abbildung 2) zeigt daneben, dass eine Ausdehnung von T zunächst zu einem Anstieg und anschließend zu einer Reduktion der Varianz führt. Dieser Effekt ist auf die spezifische Form der Fehlerfunktion (1) zurückzuführen, da durch eine Variation der Zykluszeit sowohl direkt Einfluss auf die Fehlerquote als auch indirekt Einfluss auf die Auswirkung der Zufallsvariable genommen werden kann (mit anderen Worten: da die Zufallsvariable 4 über den Ausdruck 4/T in (1) eingeht, nimmt der Einfluss von 4 ab, wenn T erhöht wird). Daneben wird deutlich, dass die Varianz der Ausfallquote sowohl bei einer Erhöhung der Standardabweichung ı als auch einer Reduktion der Arbeitsleistung e ansteigt. Abbildungȱ2:ȱ Wirkenȱvonȱe,ȱTȱundȱıȱaufȱE[p]ȱundȱVar[p]ȱ
3.4.2
Modellverhalten bei steigender Unsicherheit
Im Folgenden soll untersucht werden, wie sich eine steigende Unsicherheit in der Leistungserstellung auf das Verhalten der Parteien auswirkt. Zu diesem Zweck wurden im Rahmen dieser Arbeit numerische Studien mit unterschiedlichen Datensätzen durchgeführt, wobei im folgenden die Ergebnisse für einen Datensatz mit den folgenden Modellparametern exemplarisch vorgestellt werden sollen: D=100, P(b)=120, P(v)=150, K=100, S=250, p0=0,8, J=1,5, ΅=3,5, c=4, h(v)=0,4, hz(b)=0,8, hf(b)=1, Π=10 und M=200.
18
Auswirkungen asymmetrischer Informationsverteilung in Lieferanten-Abnehmer-Beziehungen
Für den Erwartungswert wurde unterstellt, dass dieser von e abhängig ist und der folgende Zusammenhang gilt: P=–e/6.
Abbildungȱ3:ȱ ErgebnisseȱderȱnumerischenȱStudieȱ V(r,ı)
F(r,ı)
800
300
700
200
600
100
500
0
400 300
Ͳ100
200
Ͳ200
100
Ͳ300
0 0
a)
0,1 V(r=0)
0,2
0,3
0,4
V(r=0.25)
0,5
0,6
V(r=0.5)
0,7
0,8
V(r=0.75)
0,9
1
ı
0
0,2
0,3
0,4
0,5
0,6
0,7
0,9
1
ı
Ͳ500 F(r=0)
F(r=0.25)
T(r,ı)
F(r=0.5)
F(r=0.75)
F(r=1)
e(r,ı) 2,5
2,25 2,2
2
2,15 2,1
1,5
I
2,05 1
2 1,95
0,5
I
1,9 1,85 0
c)
0,1 T(r=0)
0,2
0,3
0,4
T(r=0.25)
0,5
0,6
T(r=0.5)
0,7
0,8
T(r=0.75)
0,9
1
ı
0 0
d)
T(r=1)
0,1
0,2
e(r=0)
0,3
0,4
e(r=0.25)
EU(b)(r,ı)
0,5
0,6
e(r=0.5)
0,7
0,8
e(r=0.75)
Var[p](r,ı)
0,9
1
ı
1
ı
e(r=1)
I
0,04 0,035 0,03 0,025 0,02 0,015 0,01 0,005 0
540 520 500 480 460 440 420 400 0
e)
0,8
Ͳ400
b)
V(r=1)
0,1
0,1
0,2
0,3
0,4
0,5
0,6
EU(b)(r=0)
EU(b)(r=0.25)
EU(b)(r=0.75)
EU(b)(r=1)
0,7
0,8
EU(b)(r=0.5)
0,9
1
ı
0
f)
0,1
0,2
0,3
0,4
0,5
0,6
Var[p](r=0)
Var[p](r=0.25)
Var[p](r=0.75)
Var[p](r=1)
0,7
0,8
0,9
Var[p](r=0.5)
Abbildung 3 verdeutlicht, wie sich die Entscheidungsparameter der Akteure bei einer steigenden Standardabweichung und für unterschiedliche Grade an Risikoaversion entwickeln. Wie zu sehen ist, ist es aus Sicht des Käufers im Fall eines risikoneutralen Agenten (d. h. für den Fall r=0) optimal, eine hohe variable Vergütung, verbunden mit einer negativen Transferzahlung zu wählen (vgl. die Teile a) und b) der Abbildung 3). Diese Vorgehensweise kann mit dem praktischen Fall einer Lizensierung verglichen werden, bei der der Käufer Teile seiner Geschäftstätigkeit an den Lieferanten überträgt und eine fixe Lizenzgebühr erhält. Nimmt die Risikoaversion des Lieferanten zu, so wird die variable Vergütung zunehmend in eine fixe Vergütung überführt, da der Lieferant andernfalls zu viel Risiko tragen muss, was zu einem negativen Nutzen auf
19
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seiner Seite und einer damit verbundenen hohen Kompensationszahlung führt. Ferner wird deutlich, dass die variable Vergütung des Lieferanten auch mit einer steigenden Standardabweichung (d. h. also mit zunehmender Unsicherheit) in eine fixe Vergütung umgewandelt wird, da ein steigendes ı bei Risikoaversion zu einem zunehmenden negativen Nutzen führt. Dies kann auf den negativen Einfluss der Varianz von w auf den Erwartungsnutzen des Lieferanten zurückgeführt werden, der eine größere fixe Transferzahlung für einen gegebenen Arbeitseinsatz verlangt, wenn Η zunimmt. Um sicherzustellen, dass F nicht stärker ansteigt als unbedingt notwendig, reduziert der Käufer Ά und erhöht F mit steigendem Η. Eine genauere Betrachtung der Teile c), d) und f) der Abbildung 3 verdeutlicht ferner, dass der Käufer die Zyklusdauer mit steigender Standardabweichung zunächst leicht reduziert, dann ausdehnt, um sie anschließend wieder zu reduzieren. Diese Vorgehensweise ist auf die komplexen Abhängigkeiten zwischen den Entscheidungsvariablen T und e und dem Erwartungswert bzw. der Varianz von p, die wiederum auf den Nutzen von Käufer und Lieferant wirken, zurückzuführen. Wie in Abschnitt 3.4.1 gezeigt wurde, kann der Käufer die Varianz der Fehlerquote, die sich negativ auf den Nutzen des Lieferanten auswirkt, verringern, indem er die Zykluszeit erhöht, wodurch jedoch auch gleichzeitig der Erwartungswert der Fehlerquote gesteigert und seine eigenen Qualitätskosten erhöht werden. Wie in Teil c) der Abbildung 3 zu sehen ist, wählt der Käufer bei niedrigen Werten für ı eine niedrige Zykluszeit, da so der Erwartungswert der Fehlerquote reduziert werden kann. Dies führt, wie in den Teilen b) und d) der Abbildung 2 zu sehen ist, im vorliegenden Fall jedoch zu einer relativ hohen Varianz, die bei einer niedrigen Standardabweichung jedoch nicht stark ins Gewicht fällt. Wird die Standardabweichung erhöht, so versucht der Käufer die Varianz durch eine Erhöhung von T zu reduzieren. Da der Lieferant mit steigender Standardabweichung seine Arbeitsleistung erhöht, wird jedoch auch die Wirkung von T auf die Varianz verringert (vgl. Teil d) der Abbildung 2), weshalb der Käufer mit einer Reduktion der Zykluszeit reagieren und den Erwartungswert der Ausfallquote senken kann. Da die Varianz in diesem Fall mit steigendem ı jedoch weiter zunimmt, reagiert der Lieferant mit einer Reduktion der Arbeitsleistung, um das von ihm getragene Risiko zu verringern. Der Käufer erwidert diese Handlung schließlich mit einer Erhöhung der Zykluszeit (vgl. hierzu die jeweils mit I markierten Punkte in den Teilen c), d) und f) der Abbildung 3). Teil e) der Abbildung 3 verdeutlicht schließlich, dass der erwartete Nutzen des Käufers mit steigender Standardabweichung sinkt. Dies ist offensichtlich, da eine Zunahme des Risikos in der Leistungserstellung zu einem negativen Nutzen auf Lieferantenseite führt, der kompensiert werden muss. Da die Gesamtwohlfahrt im System sinkt und der Lieferant einen konstanten Reservationsnutzen hat, muss also der erwartete Nutzen des Käufers sinken. Abbildung 4 verdeutlicht schließlich die Effizienz des oben beschriebenen Algorithmus. Es zeigt sich, dass nur wenige Iterationsschritte benötigt werden, bis sich das Verhältnis von e(T) und T(e) auf ein stabiles Niveau eingeschwungen hat. Es kann also
20
Auswirkungen asymmetrischer Informationsverteilung in Lieferanten-Abnehmer-Beziehungen
geschlussfolgert werden, dass der aus dem in Abschnitt 3.3. vorgestellten Lösungsverfahren resultierende Kalkulationsaufwand einer Anwendung nicht entgegen steht.
Abbildungȱ4:ȱ IterationsverlaufȱdesȱLösungsalgorithmusȱ e(T)
T(e)
1,2
1,2
1
1
0,8
0,8
0,6
0,6
0,4
0,4
0,2
0,2
a)
0
3.4.3
0
1
2
3
4
5
6
7
b)
1
2
3
4
5
6
7
Sensitivitätsanalyse
Neben dem in Abschnitt 3.4.2 vorgestellten Datensatz wurden weitere zufällig generierte Datensätze verwendet, um das Verhalten des vorliegenden Modells untersuchen zu können. Hierbei konnten die folgenden wesentlichen Ergebnisse ermittelt werden:
Der Parameter D verstärkt den Einfluss der Arbeitsanstrengung e und der Zufalls-
variable 4 auf die Fehlerquote p. Dies hat zur Folge, dass im Falle einer Erhöhung von D (was z. B. aus der Implementierung technischer Prozessverbesserungen auf Lieferantenseite resultieren könnte) der Lieferant bei geringen Werten für ı eine geringere Arbeitsanstrengung wählt, da er – ceteris paribus – mit einer geringeren Anstrengung den gleichen Effekt auf die Fehlerquote ausüben kann als zuvor. Da der Lieferant nun einen geringeren Leistungsanreiz benötigt, reduziert der Käufer gleichzeitig die variable Vergütung und dehnt die fixe Transferzahlung aus. Wird die Standardabweichung erhöht, so steigt die Varianz weniger stark an als zuvor, da eine Erhöhung von D gleichzeitig zu einer Stauchung der in den Teilen b) und d) der Abbildung 2 dargestellten Funktionen führt. Als Konsequenz wird die variable Vergütung weniger stark reduziert, was wiederum zu einem höheren Leistungsanreiz und einer höheren Arbeitsanstrengung als im Referenzfall des Abschnitts 3.4.2 führt.
Wird der Erwartungswert der Zufallsvariablen P reduziert, so steigt der Erwartungswert der Fehlerquote ceteris paribus an, während die Varianz von p verringert wird. Es zeigt sich, dass der Lieferant in diesem Fall bei geringen Werten für die Standardabweichung zunächst eine höhere Arbeitsanstrengung wählt, um die Wahrscheinlichkeit zu erhöhen, dass die Produkte den Käufer in einer guten Qualität erreichen. Da er über den Zusammenhang zwischen seiner variablen Vergütung und dem Gewinn des Käufers einen originären Anreiz zur Erhöhung seiner Ar-
21
Wissenschaftliche Beiträge
beitsanstrengung hat, muss ihm ein geringerer Leistungsanreiz gesetzt werden, weshalb der Käufer die variable Vergütung reduziert und die fixe Zahlung ausdehnt. Mit steigender Standardabweichung nimmt jedoch auch die Varianz der Fehlerquote zu, worauf der Lieferant wie zuvor mit einer Reduktion seiner Arbeitsanstrengung reagiert.
Auswirkungen, die sich aus einer Variation der übrigen Modellparameter ergeben, erschließen sich weitgehend intuitiv: Steigen beispielsweise die Aufarbeitungskosten an, so versucht der Käufer, den Erwartungswert der Fehlerquote p weiter zu reduzieren. Je nach Ausprägung der Modellparameter erfolgt dies entweder durch eine Erhöhung der variablen Vergütung, um dem Lieferanten so einen Anreiz zu einer Erhöhung von e zu setzen, oder durch eine Reduktion von T, wodurch der Erwartungswert von p ebenfalls reduziert werden kann. Analog führt eine Erhöhung von c dazu, dass dem Lieferanten ein größerer Anreiz gesetzt werden muss, eine hohe Arbeitsanstrengung zu wählen, was entweder durch eine Erhöhung der variablen Vergütung oder eine Ausdehnung von T, was wiederum die Varianz der Fehlerquote reduziert, erreicht werden kann. Die Parameter des Lagerhaltungssystems wirken sich schließlich primär auf die Wahl der Zykluszeit T aus, ändern die grundsätzlichen Anpassungsprozesse der übrigen Entscheidungsvariablen aber nicht.
4
Zusammenfassung und Ausblick
In der vorliegenden Arbeit wurde ein Modell untersucht, in dem der Käufer ein Produkt von einem Lieferanten bezieht und die Qualität des Zulieferprodukts Einfluss auf die Fehlerrate im Produktionsprozess des Käufers nimmt. Da der Käufer nicht in der Lage ist, die Arbeitsanstrengung des Lieferanten einzuschätzen, und die Qualität des Zulieferprodukts gleichzeitig von zufälligen Ereignissen beeinflusst wird, entsteht ein Prinzipal-Agent-Problem, das in der vorliegenden Arbeit formal formuliert und gelöst wurde. Um den Lieferanten dazu zu motivieren, eine positive Arbeitsanstrengung zu wählen, leistet der Käufer eine Transferzahlung an den Lieferanten, die aus einer fixen und einer variablen, erfolgsabhängigen Komponente besteht. In einer numerischen Studie wurde gezeigt, wie der Anreizmechanismus für verschiedene Werte für Η und unterschiedliche Risikoaversionsgrade auf Lieferantenseite ausgestaltet werden sollte, um den erwarteten Nutzen des Käufers zu maximieren. Auch wenn die Behandlung von Prinzipal-Agent-Problemen in Logistikkostenmodellen nicht neu ist, erweitert der vorliegende Beitrag die bestehende Literatur in vielerlei Hinsicht: So wird erstmalig ein moral hazard-Problem in einem Logistik-Kontext betrachtet, wodurch die enge Fokussierung bisheriger Arbeiten auf Informationsprobleme nach Vertragsabschluss erweitert wird. Daneben wird die bestehende Literatur um die Risikoneigung der Akteure ergänzt und eine kontinuierliche Entscheidungsvariab-
22
Auswirkungen asymmetrischer Informationsverteilung in Lieferanten-Abnehmer-Beziehungen
le für den Lieferanten eingeführt. Zuletzt werden Arbeiten, die sich mit Wechselwirkungen zwischen unternehmensinternen und -externen Qualitätsbestrebungen befassen, um Prinzipal-Agent-theoretische Überlegungen erweitert. Das vorliegende Modell kann insbesondere in solchen Situationen Handlungsempfehlungen für praktische Anwendungen generieren, in denen Qualitätsrisiken in der Leistungsbeziehung zwischen einem Lieferanten und einem Käufer auftreten. In solchen Fällen stellt sich oftmals die Frage, wie mit den bestehenden Risiken umzugehen ist, da neben einer Reallokation der Risiken innerhalb des Wertschöpfungssystems auch Maßnahmen zur Risikoreduktion ergriffen oder eine Übertragung des Risikos auf Dritte (z. B. im Rahmen einer Versicherung) erfolgen kann (z. B. Wolke, 2007). Das in dieser Arbeit entwickelte Modell zeigt, wie Risiken durch die Ausgestaltung eines Vergütungssystems zwischen Lieferant und Käufer aufgeteilt und damit einhergehende Informationsprobleme gelöst werden können. Durch den im Modell ermittelten Wohlfahrtsverlust auf Käuferseite können ferner Kostengrenzen ermittelt werden, die von Maßnahmen zur Risikoreduktion oder Risikoabwälzung nicht überschritten werden dürfen. Um den Aussagegehalt der vorliegenden Arbeit zu steigern, könnten in folgenden Forschungsarbeiten weitere Informationsasymmetrien eingeführt werden. So könnte beispielsweise unterstellt werden, dass der Lieferant über die Aufarbeitungskosten des Käufers unvollständig informiert ist, wodurch sich Auswirkungen auf die Wahl seines Arbeitseinsatzes ergäben. Daneben erscheint auch die Einbeziehung weiterer Lieferanten in die Modellformulierung interessant, da so einerseits eine Wettbewerbssituation zwischen den Lieferanten erzeugt und andererseits die Möglichkeit eines Leistungsvergleichs gewonnen wird (hierzu allgemein Göbel, 2002).
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26
Kritische Analyse der Eignung des Fuzzy-AHP zur Lieferantenauswahl
Prof.ȱDr.ȱUdoȱBuscher,ȱDr.ȱAndreasȱWelsȱundȱRicardoȱFrankeȱ
Abstract In einer von großer Komplexität geprägten Beschaffungswelt, welche durch starken Wettbewerb, Kostendruck und der Fokussierung auf die eigenen Kernkompetenzen gekennzeichnet ist, kommt der Lieferantenauswahl einer immer größeren Bedeutung zu. Diese Entwicklung wird jedoch durch die Fülle an Einflussfaktoren von Unsicherheiten im Entscheidungsprozess begleitet. Von daher werden Verfahren benötigt, welche sowohl verschiedene Kriterien als auch auftretende Unsicherheiten verarbeiten können. Ein derartiges Verfahren ist der um die Fuzzy-Logik erweiterte Analytische Hierarchieprozess (FAHP), dessen Eignung für die Lieferantenauswahl in diesem Beitrag untersucht wird.
1
Einleitung
Die Öffnung der Märkte und damit das Zusammenwachsen der Wirtschaftsräume führen dazu, dass Unternehmen ihre Produkte und Dienstleistungen weltweit auf den Absatzmärkten anbieten und ihre Ressourcen global beschaffen (Pfefferli, 2002, S. 1, Lasch/Janker, 2005, S. 409 und Wu, 2009, S. 9105). Eine derartige Entwicklung ist jedoch auch mit einem steigenden Wettbewerb aufgrund einer wachsenden Anzahl von Marktteilnehmern verbunden. Den Abnehmern eröffnet die Globalisierung die Möglichkeit, aus einem breiten Spektrum an Anbietern zu wählen sowie ihre Wünsche zu diversifizieren und zu spezialisieren (Hong, 2005, S. 629). Um dieser mit zunehmendem Wettbewerb verbundenen Entwicklung Rechnung zu tragen, richten sich Unternehmen kundenorientiert aus und individualisieren ihre Produktpalette (Belz/Mühlmeyer, 2001, S. 41 und Erol, 2003, S. 187). Des Weiteren gilt es, die Wirtschaftlichkeit nachhaltig sicherzustellen. Dazu trägt besonders die Fokussierung auf die eigenen Kernkompetenzen bei. In Verbindung mit der Auslagerung wenig wertschöpfender Prozesse und Aktivitäten an kompetente strategische Geschäftspartner können Kosten reduziert und Ressourcen gezielt für die Nutzung der eigenen Erfolgspotenziale eingesetzt werden (Choy/Lee/Lo, 2003, S. 88). Allerdings hat die Verringerung der Ferti-
Wissenschaftliche Beiträge
gungstiefen durch ausgelagerte Prozesse vor allem in der Industrie und dem produzierenden Gewerbe eine stärkere Abhängigkeit von den Lieferanten zur Folge (Belz/ Mühlmeyer, 2001, S. 149 und Gleißner, 2008, S. 80). In diesem Zusammenhang steigt auch die Bedeutung des Beschaffungsmanagements, welches für die Planung und Steuerung sämtlicher Beschaffungsaktivitäten verantwortlich ist. Im operativen Bereich sind das Tätigkeiten wie die Bedarfsplanung, die Bereitstellung von Einsatzgütern zur Sicherstellung einer störungsfreien Produktion, die Risikobewertung von Versorgungsunterbrechungen oder die ständige Optimierung von Einkaufsprozessen (Buscher, 2003, S. 48-52; Wagner, 2002, S. 7 und Vahrenkamp, 2005, S. 226). Im Gegensatz dazu erfolgt die strategische Ausrichtung des Beschaffungsmanagements in Abstimmung mit der Unternehmensstrategie. Darunter fällt unter anderem die Bestimmung der Beschaffungsprogrammpolitik, die Gestaltung der Sourcingstrategie oder die Festlegung der Preis- und Konditionspolitik. Als weitere strategische Aufgaben kommen die Gestaltung, Lenkung und Entwicklung des Lieferantenportfolios und aller Lieferantenbeziehungen hinzu (Wagner, 2002, S. 9f und S. 11). Zur Gestaltung der Lieferantenportfolios gehören wiederum die Identifikation und Auswahl geeigneter Lieferanten, welche das Anforderungsprofil einer Problemstellung bestmöglich erfüllen. Diese direkt mit den Lieferanten verbundenen Tätigkeiten sind dem Lieferantenmanagement zuzuordnen, welches nicht losgelöst vom Beschaffungsmanagement betrachtet werden kann. Vielmehr handelt es sich um einen integrierten Prozess, dessen Rahmenbedingungen auf einer übergeordneten Hierarchieebene festgelegt werden (Janker, 2008, S. 23f). In Verbindung mit der zuvor beschriebenen wachsenden Komplexität und der fortschreitenden Dynamisierung der Märkte wird deutlich, dass die Lieferantenauswahl von großer strategischer Bedeutung ist und einen entscheidenden Einfluss auf den nachhaltigen Erfolg und somit die Wettbewerbsfähigkeit der gesamten Wertschöpfungskette hat (Pfohl/Gareis/Stölzle, 1999, S. 5 und Pfohl, 2002, S. 3). Bei der Auswahl geeigneter Lieferanten haben sich konventionelle Modelle wie die Bilanzanalyse, Preis-Entscheidungsanalysen, Kosten-Entscheidungsanalysen oder Kennzahlensysteme bewährt (Janker, 2008, S. 102-157). Die steigende Komplexität der Problemstellungen und die damit verbundene Fülle an Einflussfaktoren erfordern jedoch weiterreichende Ansätze. Die Vorteilhaftigkeit des Einsatzes vor allem von Modellen aus dem Bereich des Operations Research liegt in der schnellen, automatisierten Analyse von Informationen bei Entscheidungsprozessen, der effizienten Aufbewahrung von Ergebnissen für zukünftige Entscheidungsprozesse und der Möglichkeit der klaren Darstellung und Rechtfertigung von Ergebnissen begründet. Ausführliche Literaturrecherchen dazu bieten DE BOER /LABRO/MORLACCHI und HO/XU/DEY. Demnach kommen Modelle wie der TotalȱCostȱofȱOwnershipȱ(TOC) – Ansatz,ȱ die Dataȱ EnvelopmentȱAnalysisȱ(DEA), das CasedȱBasedȱReasoning(CBR), die ClusterȱAnalyse, Modelle der mathematischenȱ Programmierungȱ (MP) wie das Linearȱ Programmingȱ (LP) oder GoalȱProgrammingȱ(GP) und Gewichtungsverfahren wie der AnaylytischeȱHierarchieproȬ zessȱ(AHP) oder der AnalytischeȱNetzwerkprozessȱ(ANP) zum Einsatz. Die Methode der DEA wurde entsprechend der Recherchen am häufigsten angewendet, gefolgt von den Modellen der MP und des AHP. Dabei werden häufig integrierte bzw. hybride Model-
28
Kritische Analyse der Eignung des Fuzzy-AHP zur Lieferantenauswahl
le eingesetzt, um die Vorteile verschiedener Verfahren zu kombinieren (De Boer/Labro/Morlacchi, 2001, S. 80-86 und Ho/Xu/Dey, 2010, S. 16-22). Im folgenden Kapitel steht zunächst der Auswahlprozess geeigneter Kriterien für die Lieferantenauswahl im Mittelpunkt der Betrachtung. Neben der Nennung einer Vielzahl möglicher Kriterien werden vor allem die Besonderheiten thematisiert, die bei der Anwendung des Analytischen Hierarchieprozesses (AHP) zu beachten sind. Kapitel 3 beschreibt die notwendigen Grundlagen bevor in Kapitel 4 das Verfahren für die Lieferantenauswahl genutzt wird. Nach dem Aufzeigen von Verbesserungsvorschlägen und einem ausführlichen Beispiel schließt eine Zusammenfassung den Beitrag ab.
2
Kriterienauswahl
Die Lieferantenauswahl ist ein komplexer Entscheidungsprozess, der von sehr vielen Faktoren beeinflusst wird. Dies spiegelt sich insbesondere in der großen Anzahl an relevanten Entscheidungskriterien wider. Verschiedene Kriterien beschreiben verschiedene Aspekte einer Problemstellung und machen die Lieferantenauswahl aufgrund der simultanen Betrachtung zu einer komplexen multikriteriellen Entscheidung (Li/Cui/Chen/Fu, 2008, S. 1686). Mithin hat die Auswahl der besonders relevanten Kriterien eine wesentliche Bedeutung. Zur Entscheidungsvorbereitung bietet es sich an, eine Methode anzuwenden, die das Problem rationalisiert und dem Entscheidungsträger den Prozess der Entscheidungsfindung vereinfacht (De Boer/van der Wegen, 2003, S. 114). Mit dem AHP steht eine hierfür geeignete und bereits wohl etablierte Methode zur Verfügung, die in erweiterter Form im weiteren Verlauf des Beitrages genauer vorgestellt wird. Zunächst sollen jedoch die Auswahlkriterien näher betrachtet werden. Eine ausführliche Recherche und Analyse theoretisch wissenschaftlicher und praxisorientierter Literaturquellen ergab ein breites Spektrum an relevanten Einflussfaktoren. In Anlehnung an die hierarchische Struktur des AHP wurden die Ergebnisse der Recherche zu neun Hauptkriterien zusammengefasst, denen sowohl qualitative als auch quantitative Kriterien untergeordnet sind. Zu den Hauptkriterien gehören Kostenȱ&ȱVertragsgestalȬ tung, Lieferung, Qualität, Logistik, Kommunikation, Service, Innovationȱ&ȱtechnisch/technoȬ logischeȱ Fähigkeiten, Ökologieȱ &ȱ Umwelt und Organisationȱ &ȱ Personal. Eine Übersicht über die verschiedenen möglichen Kriterien und die dazugehörigen Literaturquellen liefert die Tabelle 1.
29
Wissenschaftliche Beiträge
Tabelleȱ1:ȱȱ
KriterienȱderȱLieferantenauswahlȱ
Kriterium
Literatur
Kosten & Vertragsgestaltung (z.B. Preis, Bestellkosten, rechtliche Vertragsgrundlagen)
Janker (2008), S. 88 Faez/Ghodsypour/O’Brien (2007), S. 6 Schönsleben (2007), S. 90
Lieferung (Lieferzeit, Lieferflexibilität, Mengenflexibilität)
Chan/Chan (2004), S. 1814 Degraeve/Labro/Roodhooft (2000), S. 40 Bharadwaj (2004), S. 320
Qualität (Produktqualität, Vorhandensein von Qualitätsinfrastruktur und Qualitätssicherungssystemen)
Krause/Pagell/Curkovic (2001), S. 501 Hsu/Hu (2009), S. 256 Schiele (2006), S. 927-931
Logistik (Qualität der technischen Ausrüstung, Qualität und Flexibilität des Distributionsnetzes)
Lee (2009), S. 2888 Janker (2008), S. 88 Kahraman/Cebeci/Ulukan (2003), S. 383
Kommunikation (Kommunikationsbereitschaft, Güte der Informationstechnologien, elektronische Infrastruktur)
Schiele (2006), S. 927-931 Lee (2009), S. 2888 Ebrahim/Razmi/Haleh (2009), S. 769 Zaim/Sevkli/Tarim (2003), S. 157
Service (technische Unterstützung, Erreichbarkeit)
Binner (2002), S. 90 Shen/Yu (2009), S. 3
Innovation & technisch/technologische Fähigkeiten (vorhandene Innovations- & Entwicklungsstärke, vorhandene Technologiepartnerschaften)
Krause/Pagell/Curkovic (2001), S. 501 Schiele (2006), S. 927-931 Lee (2009), S. 2888 Zaim/Sevkli/Tarim (2003), S. 157
Ökologie & Umwelt (Vorhandensein eines Umweltmanagements, Grad der Produktrecyclebarkeit, Nutzung umweltfreundlicher Materialien)
Hsu/Hu (2009), S. 256 Handfield (2002), S. 71-74 und S. 77 Lee (2009b), S. 7922 Humphreys/Wong/Chan (2003), S. 350
Organisation & Personal (strat. Ausrichtung, Weiterentwicklungsprogramme für Mitarbeiter, fundamentale Situation)
Donaldson (1994), S. 213 Schiele (2006), S. 927-931 Lee (2009b), S. 7922
Die Grundlage für eine spätere Durchführung des AHP ist eine ausführliche Definition der Problemstellung und eine klare Darstellung der Ziele. Im Anschluss daran wird die hierarchische Struktur des komplexen Problems gebildet. Dies geschieht durch die Auswahl geeigneter Bewertungskriterien, die die Basis für die einzelnen Paarvergleiche bilden. Die Auswahl der Kriterien hängt von sehr vielen Faktoren ab und beeinflusst das Entscheidungsergebnis signifikant. Einen maßgeblichen Einfluss auf die Kriterienauswahl haben industrie-, branchen- und problemspezifische Faktoren. Hinzu kommen die strategische Bedeutung des zu beschaffenden Gutes sowie die geplante strategische Bindung zum Lieferanten. Demzufolge ist die Auswahl der Kriterien in jedem Fall individuell und problemspezifisch vorzunehmen. Um die Transparenz und Objektivität bei der Beurteilung potenzieller Lieferanten zu wahren, müssen die Kriterien anwendbar sein sowie kriterienspezifische Informationen vorliegen (Kahraman/
30
Kritische Analyse der Eignung des Fuzzy-AHP zur Lieferantenauswahl
Cececi/Ulukan, 2003, S. 382). Idealerweise erfolgt die Auswahl der Kriterien durch ein Team geeigneter Experten (Bottani/Rizzi, 2008, S. 765). Im Rahmen des AHP kommt konsistenten Urteilen im Hinblick auf die Paarvergleiche eine hohe Bedeutung zu. Allerdings sollte bei der Kriterienauswahl darauf geachtet werden, das menschliche Urteilsvermögen nicht überzustrapazieren, weil eine zu hohe Anzahl miteinander zu vergleichender Kriterien die Objektivität und Komplexität des Verfahrens beeinträchtigen könnte. Psychologische Experimente haben gezeigt, dass ein Individuum nicht mehr als 7±2 Elemente ohne Irritation simultan vergleichen kann (Saaty, 1978, S. 151). Diese Erkenntnisse sollten bei der Kriterienauswahl nicht ignoriert werden.
3
Methodische Grundlagen
3.1
Der Analytische Hierarchieprozess
Der AHP ist ein leistungsfähiges und bewährtes Gewichtungsverfahren zur Lösung von komplexen Mehrkriterienentscheidungsproblemen, welches auf Paarvergleichen beruht. Durch die Aufspaltung des Gesamtproblems in einzelne hierarchisch angeordnete Teilprobleme wird die Komplexität gemindert und der Entscheidungsprozess systematisiert und rationalisiert. Für jede Ebene dieser Struktur werden, basierend auf dem Urteilsvermögen der Entscheidungsträger, Paarvergleiche durchgeführt (Saaty, 1987, S. 157 und Kinra et al., 2007, S. 84f.). Jeder Paarvergleich stellt eine Entscheidungssituation dar, in der sich der Entscheidungsträger zwischen zwei Alternativen Ai und Aj präferentiell mithilfe einer numerischen Werteskala entscheidet. Für jedes Teilproblem lässt sich aus diesen Bewertungen aij eine Paarvergleichsmatrix bilden (vgl. (1)).
Aaij A2
A1 a11
A2 a12
An a1n
a 21
a22
a2 n
An
a n1
a n 2 a nn
A1
(1)
Die Eigenwertmethode ermöglicht es, für alle Matrizen Eigenvektoren zu berechnen, die im normierten Fall als Gewichtungsvektoren dienen (Saaty, 1977, S. 234-281). Schließlich werden alle Vektoren zu einem Gesamtzielprioritätenvektor zusammengefasst, mit dessen Hilfe sich alle potenziellen Lieferanten in eine Rangfolge bringen lassen.
31
Wissenschaftliche Beiträge
Der AHP ist als Grundmodell aufgrund der Einfachheit, Benutzerfreundlichkeit und Flexibilität sehr stark verbreitet. Das Verfahren besitzt den großen Vorteil, sowohl qualitative als auch quantitative Kriterien einbinden zu können. Während quantitative Kriterien meist physischer Natur, objektiv und messbar sind, spielen bei qualitativen Kriterien aufgrund der mangelnden Messbarkeit subjektive Empfindungen und Erfahrungen eine wesentliche Rolle (Saaty, 1987, S. 161 und Saaty, 1990, S. 21). Die Möglichkeit, auch nicht direkt messbare Größen miteinander zu vergleichen, verschafft dem AHP ein besonders großes Einsatzspektrum. Trotz der genannten Vorteile weist dieses Verfahren auch Einschränkungen auf. So können Nebenbedingungen wie bspw. Ressourcenbeschränkungen nicht betrachtet werden. Dazu erweist sich eine Verknüpfung mit anderen Modellen notwendig.
3.2
Die Fuzzy Logik
In vielen Entscheidungsprozessen und -situationen wird der Entscheidungsträger mit Zweifeln, Problemen und Unsicherheiten hinsichtlich resultierender Konsequenzen konfrontiert (Sanayei/Mousavi/Yazdankah, 2009, S. 6). Im Wesentlichen liegt dies an unvollkommenen Informationen, auf denen der Entscheidungsträger seine Entscheidung aufbaut. Des Weiteren bedienen sich viele Wissenschaften (u. a. die Psychologie oder die Soziologie) verbaler Ausdrücke, um Phänomene und Ausprägungen zu beschreiben und zu erklären. Mathematische Modelle, die ein derartiges System oder Verhalten beschreiben können, helfen dem Anwender, das zumeist sehr komplexe Problem zu verstehen und es in einem wissenschaftlichen Sinne zu studieren (Margaliot, 2007, S. 113). In den Wirtschafts- und Sozialwissenschaften wurden diesbezüglich große Anstrengungen unternommen, um Instrumente zu entwickeln, mit denen Entscheidungen besser nachvollzogen und rationalisiert werden können (Montero/López/Gómez, 2007, S. 337). Die eingangs angesprochene Unsicherheit bei Entscheidungsprozessen bezieht sich auf die Tatsache, dass das menschliche Urteilsvermögen zumeist unsicher ist. Demzufolge fällt es dem Entscheidungsträger relativ schwer, Ausprägungen mit exakten numerischen Werten zu beschreiben (Önüt/Kara/Isik, 2009, S. 3887). Unsicherheit selbst kann verschieden ausgedrückt werden. Durch verbale, d. h. qualitative Ausdrücke wie „wahrscheinlich“, „vielleicht“ und „sicher“ oder durch numerische, d. h. quantitative Ausdrücke, deren wichtigstes Beispiel Wahrscheinlichkeiten sind (Jungermann/Pfister/Fischer, 2005, S. 158f.). Die Darstellung der numerischen Unsicherheit durch Wahrscheinlichkeiten setzt jedoch das Vorhandensein von Informationen bezüglich einer Handlung (z.B. messbare historische Daten oder Daten aus Experimenten) voraus (Montero/López/Gómez, 2007, S. 340). Viele Attribute in Entscheidungsprozessen werden jedoch nicht durch derartige fundamentale Daten gestützt oder können aus deren Natur heraus nicht mit entsprechenden numerischen Ausdrücken beschrieben werden. Abhilfe schafft die Beschreibung qualitativer Attribute durch verbale Ausdrücke, welche eine sehr große Bedeutung im alltäglichen Sprachgebrauch
32
Kritische Analyse der Eignung des Fuzzy-AHP zur Lieferantenauswahl
haben (z.B. Beschreibung der Temperatur mit „kalt“ oder „sehr warm“). An dieser Stelle liegt jedoch die Grenze der Genauigkeit natürlicher Sprachen: Diese sind sehr subjektiv, unsicher und vage, um die Meinung eines Entscheidungsträgers wiederzugeben (Sanayei/Mousavi/Yazdankah, 2009, S. 6). So hat jedes Individuum eine andere Vorstellung über eine verbale Aussage – die Aussagen sind somit „unscharf“. Trotz dieser Differenzen erweist sich die Beurteilung mithilfe linguistischer Variablen oft als vorteilhafter und einfacher für den Entscheidungsträger als die Festlegung auf numerische Werte (Chen/Lin/Huang, 2006, S. 291). Um derartige Ungenauigkeiten und Unsicherheiten mathematisch zu modellieren, führteȱ ZADEHȱ (1965, S. 338-353) das Modell der Fuzzy-Mengen, als Erweiterung der binärlogischen Mengenlehre, ein. Fuzzy-Mengen verdeutlichen den Typ an Unsicherheit, welcher auftritt, wenn die Grenzen von Klassen und damit die Zugehörigkeit nicht scharf definiert sind. Die Fuzzy-Mengen-Theorie gleicht dem menschlichen Verständnis beim Umgang mit unvollständigen Informationen und stellt ein formalisiertes Werkzeug zur mathematischen Formulierung von natürlichen Ungenauigkeiten zur Verfügung. Für ein einheitliches Verständnis wird zunächst die Definition einer unscharfen Menge angegeben. Definition 1: Ist X ȱ eine Grundmenge mit den Elementen x , die bezüglich einer un-
scharfen Aussage auf Zugehörigkeit zu bewerten ist, dann ist die Menge a~ der Werte-
paare x; P a~ ( x) mit
a~
^x; P
a~
( x ) x X , P a~ ( x ) >0 ,1@`1
eine unscharfe Menge auf X . Dabei gibt P a~ ( x) den Zugehörigkeitsgrad bzw. den Grad
der Mitgliedschaft eines Elementes x X zur Menge a~ an und wird auch als Zugehörigkeitsfunktion bezeichnet, welche die Abbildung P a~ : X o >0,1@ beschreibt. Eine populäre Form der allgemeinen Darstellung ungenauer Informationen stellt die triangulare Fuzzy-Menge a~ (l ; m; u ) dar, welche durch die charakteristischen Abszissenwerte l,ȱ m und u bestimmt wird. Eine beispielhafte Darstellung liefert Abbildung 1.
1
Diese Definition gilt für den Fall der Einheitsintervall-Normalisierung. Alternativ gilt die Definition P a~ ( x) : x o . Vgl. Bothe (1995): Fuzzy Logic, S. 25-27.
33
Wissenschaftliche Beiträge
Abbildungȱ1:ȱȱȱTriangulareȱFuzzyȬMengeȱ
Für die Zugehörigkeitsfunktion einer solchen triangularen Fuzzy-Menge gilt:
xl , l d x d m, ° ° ml °u x , m d x d u, ® °u m ° °¯ 0, sonstige.
P a~ ( x)
(2)
Weiterhin werden die Fuzzy-Mengen durch einen D -Schnitt näher beschrieben, der die Breite des abgebildeten Intervalls angibt und somit ein Maß für die Ungenauigkeit darstellt (siehe Abbildung 1). Im Falle eines D -Schnitts zur Anpassung des UnsicherD D D D D heitsgrades gilt a~ij (lij ; mij ; uij ) . Für die Grenzen des Intervalls [lij ; uij ] mit D [0,1] folgen die Gleichungen (3) und (4):
lijD D
uij
m
lij D lij
(3)
uij uij mij D
(4)
ij
D D Die Breite des Intervalls [lij ; uij ] nimmt mit steigendem D ab. Für D triangulare Fuzzy-Menge einem scharfen Wert.
34
1 entspricht eine
Kritische Analyse der Eignung des Fuzzy-AHP zur Lieferantenauswahl
Ein wesentlicher Bestandteil der Fuzzy Logik ist die Verknüpfung von Fuzzy-Mengen. Dafür sind spezielle mathematische Operatoren definiert (Kaufmann/Gupta, 1991, S. 3-8 und S. 14-35):2 FuzzyȬAddition:ȱ
a~1 a~2
(l1 l2 ; m1 m2 ; u1 u2 )
(5)
FuzzyȬMultiplikation:ȱ
a~
r
(l r ; m r ; u r )
a~1
a~2
(l1 l2 ; m1 m2 ; u1 u2 ); li ! 0; mi ! 0; ui ! 0; i 1,2
(6) (7)
FuzzyȬReziprok:ȱ
a~ 1
(l ; m; u ) 1
§ 1 1 1· ¨ ; ; ¸ ©u m l ¹
(8)
Neben diesen algebraischen Verknüpfungen gibt es noch eine Vielzahl anderer Gesetzmäßigkeiten. Von besonderer Bedeutung sind dabei die in den Begriffen tȬNorm und tȬKonorm festgelegten und an zusätzliche Mindestbedingungen geknüpften Durchschnitts- (ǖ/UND-Operator) und Vereinigungsoperatoren (Ǖ/ODER-Operator) sowie deren Erweiterungen (Bothe, 1995, S. 36-42 und Nguyen/Walker, 2000, S. 19-23 und 83ff.).
3.3
Integration der Fuzzy Logik in den AHP
Im klassischen AHP bewertet der Entscheidungsträger in einem Paarvergleich zwei Alternativen hinsichtlich ihrer relativen Bedeutung anhand scharfer Zahlen entsprechend einer Bewertungsskala (z.B. 9-Punkte-Skala nach SAATY). Der Nachteil dieser Variante liegt in der Festlegung auf einen bestimmten Wert. Um dem Entscheidungsträger die Beurteilung zu vereinfachen, kann eine Präferenz mithilfe linguistischer Variablen wie „wesentlich besser“ oder „sehr viel größer“ wiedergegeben werden. Die Integration dieser Überlegung führt zum Fuzzy-AHP (FAHP). Das Ziel dieses Ansatzes liegt darin, durch die Orientierung an der natürlichen Sprache die Komplexität zu reduzieren. Die Beurteilung der relativen Bedeutung durch Experten findet nun auf Basis linguistischer Variablen statt, welche durch Fuzzy-Mengen auf einer numerischen Werteskala abgebildet werden. Im Gegensatz zu einer klassischen Zahlenskala besteht durch die Fuzzy Methodik die Möglichkeit, Zwischenwerte zu verarbeiten. Durch die auftretenden Unsicherheiten bei der Festlegung auf einen spezifischen Wert einer Werteskala bei der präferentiellen 2
Für den AHP sind vorrangig die Fuzzy-Addition und die Fuzzy-Multiplikation relevant.
35
Wissenschaftliche Beiträge
Bewertung von Paarvergleichen bietet der Einsatz von linguistischen Variablen zwei wesentliche Vorteile. Einerseits können diskrete Werteskalen um deren Zwischenräume erweitert und andererseits die eigene Unsicherheit (unbewusst) über ein Konfidenzintervall ( D -Schnitt) bzw. Vertrauensbereich ausgedrückt werden. Des Weiteren erhöht der Einsatz verbaler Ausdrücke die Verständlichkeit einer Werteskala, vor allem auch im Hinblick auf die Integration und Beurteilung von quantitativen und qualitativen Kriterien. Die inhaltliche Bedeutung linguistischer Ausprägungen wiederum beruht auf dem individuellen Verständnis des Entscheidungsträgers und ist Bestandteil der allgemeinen Kommunikation (Kollaboration von Expertenteams bei Entscheidungsprozessen). Die Kombination aus linguistischen Variablen und dem D Schnitt verkörpert den subjektiven Charakter des Entscheidungsprozesses. Für den Einsatz linguistischer Variablen kommen in der Literatur verschiedene Bewertungsskalen zum Einsatz, welche von sieben bis neun linguistischen Variablen reichen (Chang/Wang/Wang, 2006, S. 351 und Chan/Kumar, 2007, S. 424). Im Rahmen dieser Arbeit erfolgt eine Evaluierung der einzelnen Alternativen entsprechend der sieben linguistischen Variablen der Tabelle 2. Gründe für diese Untergliederung sind die Anlehnung an das bereits erwähnte Konsistenzverhalten des menschlichen Urteilsvermögens sowie die Abgrenzung zur klassischen 9-Punkte-Skala.
Tabelleȱ2:ȱȱ
LinguistischeȱVariablen
Einsatzgebiet
Linguistische Ausprägung
(l;m;u)
Kriterienvergleich
Gleiche Bedeutung (GB) Geringfügig größere Bedeutung (GGB) Wesentlich größere Bedeutung (WGB) Erheblich größere Bedeutung (EGB) Viel größere Bedeutung (VGB) Sehr viel größere Bedeutung (SVGB) Absolut dominierend (AD)
(1;1;2) (1,5;2,5;3,5) (3;4;5) (4;5;6) (5;6;7) (6,5;7,5;8,5) (8;9;9)
Alternativenvergleich
Gleich gut (GG) Geringfügig besser (GB) Wesentlich besser (WB) Erheblich besser (EB) Viel besser (VB) Sehr viel besser (SVB) Absolut dominierend (AD)
(1;1;2) (1,5;2,5;3,5) (3;4;5) (4;5;6) (5;6;7) (6,5;7,5;8,5) (8;9;9)
Die Variablen der Tabelle 2 werden auf einer 9-Punkte-Skala abgebildet. Dies geschieht vorrangig zur besseren Vergleichbarkeit gegenüber der klassischen Skala. Besondere Beachtung beim Einsatz von Fuzzy-Mengen verdient die hohe Anzahl an Freiheitsgra-
36
Kritische Analyse der Eignung des Fuzzy-AHP zur Lieferantenauswahl
den.3 Allerdings wird dadurch auch die Implementierung einer speziellen und sehr individuellen Lösung möglich. Die Abbildung 2 zeigt den Verlauf der Zugehörigkeitsfunktionen der Variablen für den Kriterien- bzw. Alternativenvergleich:
Abbildungȱ2:ȱȱ ZugehörigkeitsfunktionenȱfürȱAlternativenvergleichȱ
Anschließend findet die Verknüpfung des AHP mit Fuzzy-Mengen statt. Im Gegensatz ~ vor, zum klassischen AHP liegen jedoch reziproke Paarvergleichsmatrizen A a~
ij
deren Elemente triangulare Fuzzy-Mengen sind (vgl. (9)):
A1 ~ A a~ij A2 An
A1 ~ a11 a~
21
~ a
n1
A2 An ~ a12 a~1n a~22 a~2 n ~ a~ a n2
(9)
nn
Für diese Matrix gilt:
a~ ji
(a~ij ) 1
(l ij ; mij ; u ij ) 1
~ mit lij d mij d u ij und a ii a~ijD
3
(1 u ij ;1 mij ;1 lij ) , i, j 1...n
(1;1;1) i , j
(10)
1...n . Für den Fall eines D -Schnitts gilt:
(lijD ; mij ; uijD ) .4
Mögliche Freiheitsgrade sind die Anzahl und Formulierung der Variablen, die Form der Zugehörigkeitsfunktion und die Wahl der mathematischen Verknüpfung innerhalb des AHP.
37
Wissenschaftliche Beiträge
Überträgt man die Definition des D -Schnitts auf die Fuzzy-Darstellung einer linguistischen Variablen, so kann der D -Schnitt als Unsicherheitsniveau bzw. Stabilitäts- oder Schwankungszustand verstanden werden (Kasture/Quereshi/Kumar/Gupta, 2008, S. 47). Aus mathematischer Sicht führt die Darstellung der Höhe der Unsicherheit durch das D -Niveau (in Bezug auf die Aussagen des Entscheidungsträgers) zu einer näheren
>
@
D D Beschreibung der Ober- und Untergrenzen des Fuzzy-Intervalls lij ; uij . Dieses Inter-
vall charakterisiert das Konfidenzintervall bzw. den Vertrauensbereich des Entscheidungsträgers bezüglich der Präzision seiner Aussage. Der Rahmen, in der eine Entscheidung anschließend getroffen wird, stabilisiert sich mit steigendem D o 1 . Mit einem steigenden D sinkt demzufolge die Unsicherheit des Entscheidungsträgers bezüglich seiner Entscheidung oder Aussage. Im Gegenzug dazu sinkt die Varianz der Entscheidungsfindung. Auf der anderen Seite führt ein geringes D -Niveau D o 0 von vornherein zu einer steigenden Toleranz im Hinblick auf die fehlende Präzision der Aussagen sowie der Unsicherheiten im Modellierungsprozess (Biethahn/Hönerloh/Kuhl/Leisewitz/Nissen/Tietze, 1998, S. 37).
4
Lieferantenauswahl mit dem AHP
4.1
Anwendung des FAHP bei der Lieferantenauswahl
Bei der Integration von Fuzzy-Mengen in den AHP gibt es zwei wesentliche Schritte, in denen sich Verfahren unterscheiden können. Ein Punkt bildet die Berechnung der Gewichtungsvektoren auf Basis von Fuzzy-Mengen. Dabei nutzen alle recherchierten Literaturquellen zur Lieferantenauswahl das normierte arithmetische Zeilenmittel (Kahraman/Cebeci/Ulukan, 2003, S. 388; Chan/Kumar, 2007, S. 424; Lee et al., 2009, S. 7921 und Önüt/Kara/Isik, 2009, S. 3890). Dieser Methode liegt eine in (9) beschriebene
~ ~D ~D Fuzzy-Gewichtungsmatrix A(a ij ) mit den Elementen aij
(lijD ; mij ; uijD ) zugrunde.
Anschließend können die Fuzzy-Gewichte einer jeden Alternative i berechnet werden.
~ D ; AM Für diese Gewichte wi
4
38
( wilD ; AM ; wimAM ; wiuD ; AM ) gilt:
Um die Reziprozität zu wahren, sollte darauf geachtet werden, dass die D -Schnitte für alle n ( n 1) / 2 Paarvergleiche durchgeführt werden, für die auch eine linguistische Variable hinterlegt ist. Im Anschluss werden die Fuzzy-Reziproke gebildet.
Kritische Analyse der Eignung des Fuzzy-AHP zur Lieferantenauswahl
~D ; AM w i
1
· § n n a~ijD
¨¨ ¦¦ a~ijD ¸¸ , i, j 1...n ¦ j 1 ©i1 j1 ¹ n
(11)
bzw.
~D ; AM w i
( wilD ; AM ; wimAM ; wiuD ; AM )
n n § n D mij uijD ¨ ¦ lij ¦ ¦ j 1 j 1 ¨ j1 ; n n ¨ n n D; n n D ¨ ¦¦ uij ¦¦ mij ¦¦ lij i 1 j 1 i 1 j 1 ©i1 j1
· ¸ ¸, i, j 1...n. ¸ ¸ ¹
(12)
Die Anwendung dieser Methode hat jedoch den gravierenden Nachteil, dass sie – wie das geometrische Mittel auch – nicht für inkonsistente Paarvergleichsmatrizen geeignet ist.5 Allerdings können gerade durch die Fuzzifizierung inkonsistente Matrizen auftreten. Um diesem Problem entgegenzutreten, kann sich die Berechnung der Gewichtungsvektoren an die klassische Eigenwertmethode anlehnen. Diese Idee greift die O max-Methode auf, die von BUCKLEY/CSUTORA (2001, S. 181-195) vorgestellt wurde. Bisher findet diese Methode jedoch kaum Anwendung. Eine Ausnahme stellt der Beitrag von LEE/ CHEN/CHANGȱ (2008, S. 102-106) dar, die diese Methode zur Berechnung von Gewichtungsvektoren bei der Evaluierung der Leistungsfähigkeit von ITAbteilungen in der Fertigungsindustrie nutzen. Eine weitere Ausnahme geht auf HU ET AL. (2009, S. 7143-7144) zurück, die diese Methode bei der Risikobeurteilung von Produkten bezüglich gefährlicher Inhaltsstoffe verwenden. Eine ausführliche Beschreibung der Omax-Methode als eine Komponente eines FAHP im Rahmen der Lieferantenauswahl liefert Abschnitt 4.2. Der zweite wesentliche Schritt ist die Umwandlung des Fuzzy-Zielprioritätenvektors in einen Vektor mit scharfen Werten (Defuzzifizierung) zur Festlegung der Rangfolge. In Verbindung mit dem arithmetischen Zeilenmittel kommt dabei die Erweiterte Analysemethode nach CHANG (1996, S. 649-655) zum Einsatz, die auf Grundlage des Erweiterungsprinzips einen Prioritätenvektor erzeugt. LEE et al. (2009, S. 7919-7926) wenden diese Vorgehensweise zur Lieferantenauswahl in der High-Tech-Industrie mit besonderem ökologischen Fokus an.ȱ CHAN/KUMAR (2007, S. 417-431) wählen auch diesen Ansatz zur globalen Lieferantenauswahl, wobei vor allem Risikofaktoren explizit berücksichtigt werden. KAHRAMAN/CEBECI/ULUKAN (2003, S. 382-394) unterstützen die Lieferantenauswahl eines türkischen Unternehmens durch den Einsatz der Erweiterten Analysemethode. Trotz dieser häufigen Anwendung der Erweiterten Analysemethode bestehen Zweifel an der Aussagekraft der Resultate. WANG/ LUO/HUA (2008, 5
Bei inkonsistenten Matrizen ist die Eigenwertmethode im Falle von scharfen Werten die einzige gültige Methode, einen Prioritätenvektor zu generieren. Vgl. Saaty (1998): Eigenvector, S. 125.
39
Wissenschaftliche Beiträge
S. 735-747) zeigen anhand ausgewählter Beispiele, dass diese Methode durch die Generierung von Gewichten mit dem Wert Null auch zu irrationalen Aussagen und eventuellen Fehlinterpretationen aufgrund der uneindeutigen inhaltlichen Bedeutung führen kann. Eine alternative Möglichkeit bildet die Flächenschwerpunktmethode, d.h. die Berechnung des Abszissenwertes des geometrischen Schwerpunktes einer Fuzzy-Menge. Diese Methode ist bisher in diesem Zusammenhang noch nicht eingesetzt worden. Da die Methode aber eine geeignete Variante darstellt, um die Nachteile der Erweiterten Analysemethode zu beseitigen, soll sie im Abschnitt 4.3 vorgestellt werden.
Die Omax - Methode
4.2
Im Gegensatz zum arithmetischen Zeilenmittel greift die Omax-Methode auf die Eigen-
~
D wertmethode zurück. Auch hier liegt eine Gewichtungsmatrix A ( a~ij ) mit den Ele-
D menten a~ij
(lijD ; mij ; u ijD ) vor. Diese Matrix wird im Anschluss in die drei MatriD D D D zen Al lij , Am mij und Au uij aufgespaltet, wobei jede dieser Matrizen positive
scharfe Werte enthält. Aus den in den Gleichungen (13) bis (15) dargestellten Matrizen
D D D D ist ersichtlich, dass Al lij und Au uij aufgrund von (10) keine reziproken Matrizen
sind.
D
D
Al lij
Am mij
D
D
Au u ij
A2
D
D
A1 A2
l11 D 1 u12
An
u1Dn1 u2Dn1
l12 D l22
A1
A1 m11
A2 m12
A2
m121
m22
An
m1n1
m2n1
A1
A2
A1 A2
D
u11 l12D 1
D
u12 D u 22
An
40
A1
l1Dn1
An l1Dn l2Dn ;
(13)
D lnn
An m1n m2 n mnn
An
u1Dn u 2Dn
D l 2Dn1 u nn
(14)
(15)
Kritische Analyse der Eignung des Fuzzy-AHP zur Lieferantenauswahl
D
Mithilfe der Eigenwertmethode können nun die maximalen Eigenwerte Ol ,max D
ODl ;
D
Om,max Om und Ou ,max Ou dieser Matrizen berechnet werden, für die & & & ODl Om ODu gilt. Für die dazugehörigen normierten Eigenvektoren wlD , wm und wuD ergeben sich:
& wlD
( w1Dl ;; wnlD ) T
& wm
( w1m ;; wnm )T
& wuD
D T ( w1Du ;; wnu )
(16)
Das Zusammenfügen der einzelnen Gewichte der Gleichung (16) führt für jede Alter-
~D native i zu einem Fuzzy-Gewicht w i
( wilD ; wim ; wiuD ) . Die entsprechenden FuzzyD D Gewichte erfüllen jedoch nicht notwendigerweise die Bedingung wil d wim d wiu ; i 1...n. Das liegt vorrangig daran, dass die Matrizen AlD lijD und AuD uijD nicht reziprok sind und sich diese Eigenschaft auf die normierten Eigenvektoren auswirkt. D D Die Gewichte müssen daher so angepasst werden, dass die Bedingung wil d wim d wiu
erfüllt wird. Hierzu bietet es sich an, die nur von D K lD und K uD zu verwenden.
abhängigen Konstanten
wilD *
K lD wilD
(17)
wiuD *
K uD wiuD
(18)
Für die Berechnung der Konstanten werden die Verhältnisse der Mittelwerte wim zu
D D den Grenzen wil bzw. wiu gebildet. Damit kann eine Aussage getroffen werden, in-
D D D wieweit die Bedingung wil d wim d wiu verletzt ist und um welche Faktoren wil bzw.
wiuD erweitert werden müssten, um die Bedingung zu erfüllen. K lD
w ½ min ® imD i 1, , n ¾ ; ¯ wil ¿
0 K lD 1
(19)
K uD
w ½ max ® imD i 1, , n ¾ ; ¯ wiu ¿
K uD ! 1
(20)
Da die Faktoren ausschließlich von D abhängig sein sollen, wird jeweils das kleinste bzw. größte der oben beschriebenen Verhältnisse gewählt (vgl. (19) und (20)). Eine Wahl kleiner dem Minimum bzw. größer dem Maximum geht mit einer Verbreiterung
>
@
D* D* des Fuzzy-Intervalls wil ; wiu einher und vergrößert die Unschärfe. Die finalen Fuz-
~ zy-Gewichte w i
D*
w
D*
il
; wim ; wiuD * , i
1...n resultieren, wenn die Gewichte entspre-
chend (17) und (18) angeglichen werden (Buckley/Csutora, 2001, S. 184 – 189).
41
Wissenschaftliche Beiträge
Diese Methodik wird für alle Fuzzy-Paarvergleichsmatrizen durchgeführt. Sind alle Fuzzy-Gewichtungsvektoren für den AHP berechnet, lassen sich diese zu einem Fuzzy-Zielprioritätenvektor aggregieren. Entsprechend den Regeln für die Addition und Multiplikation von Fuzzy-Mengen geschieht die Aggregation analog der allgemeinen Vorgehensweise des AHP.
4.3
Defuzzifizierung und Rangbildung
Die Rangbildung von Fuzzy-Gewichten ist nicht so trivial wie die Rangbildung bei scharfen Werten. Es gibt zwei Möglichkeiten, entsprechende Alternativen zu ordnen: Zum einen durch den direkten Vergleich von Fuzzy-Mengen (Buckley/Csutora, 2001, S. 191); zum anderen durch die Umwandlung der Fuzzy-Mengen in scharfe Werte, der Defuzzifizierung. Verschiedene Defuzzifizierungsmethoden defuzz ( a~ ) verwenden
hierfür unterschiedliche Informationen der Fuzzy-Mengen. Dementsprechend hängt auch die Rangbildung davon ab, welche Technik eingesetzt wird (auch Rangumkehrung Ȭȱengl.ȱRankȱreversalȱ genannt). Im Gegensatz zu der vielseitig eingesetzten Erweiterten Analysemethode stellt dieser Beitrag die Umwandlung der Fuzzy-Mengen mithilfe einer alternativen Methode vor. Das liegt vorrangig darin begründet, dass die Erweiterte Analysemethode einerseits sehr aufwendig ist und andererseits zu Gewichtungsvektoren mit dem Wert Null und somit zu irrationalen Entscheidungen führen kann. Diese Defizite werden durch die Anwendung der Flächenschwerpunktmethode unterbunden. Bei dieser Methode (Tesfamariam/Sadiq, 2006, S. 40f.) entspricht der scharfe Wert dem Abszissenwert x0 des Flächenschwerpunktes unterhalb der Zugehörigkeitsfunktion einer Fuzzy-Menge:
a~
(l; m; u ) .
~ ) gilt: Für x0 (a 1
defuzz (a~ )
x0 (a~ )
³ x P ( x)dx ³ P ( x)dx a~
0
1
0
a~
1 l m u m l ² u ² 3 u l
(21)
Die Defuzzifizierung findet nach Berechnung des Fuzzy-Zielprioritätenvektors auf der obersten Ebene der Problemhierarchie statt.
4.4
Ein Beispiel
Die Omax- Methode soll nun anhand eines Zahlenbeispiels näher veranschaulicht werden. Die Auswahl der relevanten Kriterien erfolgt auf Basis der Ergebnisse aus Kapi42
Kritische Analyse der Eignung des Fuzzy-AHP zur Lieferantenauswahl
tel 2. Obwohl dort zwischen Haupt- und Subkriterien unterschieden wird, beschränkt sich das Beispiel für die Problemstellung P aus Übersichtlichkeitsgründen auf die Evaluierung anhand von vier ausgewählten Hauptkriterien HK1 bisȱHK4. In diesem Beispiel ist ein Flugzeughersteller auf der Suche nach einem geeigneten Lieferanten für die Bestuhlung der Economy Klasse in einem neuen Langstreckenflugzeug. Das Ziel besteht darin, gesamte Sitzgruppen anliefern zu lassen, welche bereits über Multimediageräte (Multifunktionsbildschirme etc.) verfügen. Des Weiteren sollen diese Module so angeliefert werden, dass diese nur noch mit dem vormontierten Halter- und Elektroniksystem verbunden werden müssen. Diese Vorgaben für potenzielle Lieferanten führen zu vier wesentlichen Hauptkriterien. Zum einen die Lieferungȱ (HK1). Da die Sitzgruppen sehr kapitalintensiv sind, soll auf eine längere Lagerung verzichtet werden. Es wird eine Just-in-Sequence Belieferung angestrebt, um die Lagerhaltungskosten und den Lagerplatz durch eine nahe Lagerung im Bereich der Endmontage und einer zeitnahen Montage weitestgehend zu minimieren. Besondere Bedeutung kommt der Lieferzeit/-geschwindigkeit und der Terminzuverlässigkeit zu. Da alle potenziellen Lieferanten bereits Geschäftspartner sind, stellt die Beurteilung dieser Kriterien auf Basis einer stichprobenartigen Überprüfung der historischen Lieferleistung kein Problem dar. Ein weiteres wichtiges Kriterium ist die Qualitätȱ (HK2), da Qualitätsmängel zu einem logistischen Mehraufwand und erheblichen finanziellen Belastungen (Termin- und Lieferverzögerungen; besetzte Montageplätze; Gefährdung der Kundenzufriedenheit) führen. Die Qualität soll anhand vorhandener Qualitätsmanagementsysteme und der Qualitätsinfrastruktur sowie Zertifizierungen beim Lieferanten beurteilt werden. Das vorletzte Kriterium sind die technologischenȱ Fähigkeitenȱ undȱdieȱinnovativenȱStärkenȱ(HK3) der potenziellen Lieferanten. Diese sollen durch ihre Möglichkeiten zu Produktindividualisierung, der Flexibilität bei Produktkonfigurationen sowie deren vorhanden Innovationsstärke (z.B. Patente) die Flexibilität beim Endabnehmer erhöhen und individuelle Kundenwünsche befriedigen. Abschließend spielt die Organisationȱ(HK4) und die finanzielle Stabilität bei den Lieferanten eine bedeutende Rolle, weil die Zulieferprodukte zu einem hohen Kapitalbedarf führen und dieser vom Lieferanten vorzufinanzieren ist. Außerdem müssen die Lieferanten zu einer längeren Partnerschaft bei der Belieferung dieser Module bereit sein, um langfristig die Produktion zu sichern. Des Weiteren hat die Beschaffungsmarktforschung vier potenzielle Lieferanten L1 bisȱ
L4 für die Problemstellung identifiziert. Die Bewertung der einzelnen Kriterien durch die Experten ist bereits erfolgt. Die nachfolgenden Ausführungen veranschaulichen die weiteren Berechnungsschritte. Der Entscheidungsträger vergleicht zunächst die Hauptkriterien in einzelnen Paarvergleichen mit Bezug auf die Problemstellung miteinander. Die Evaluierung geschieht entsprechend der linguistischen Variablen für den Kriterienvergleich aus der Tabelle 2.
43
Wissenschaftliche Beiträge
Die Durchführung der Paarvergleiche ergibt folgende reziproke Fuzzy-Paarvergleichs~ matrix P :
~ P
HK 2
HK1
HK 1
HK 2 HK 3
SVGB EGB
HK 4
WGB
HK 1
HK 3
HK 4
GGB VGB EGB
HK 2
HK 3
HK 4
(1;1;1)
(1,5;2,5;3,5)
(5;6;7)
1 8,5 ;1 7,5 ;1 6,5 1 6 ;1 5 ;1 4 1 5 ;1 4 ;1 3
HK1
(1;1;1)
HK 2
(6,5;7,5;8,5)
HK 3
(4;5;6)
HK 4
(3;4;5)
1 3,5 ;1 2,5 ;1 1,5 (1;1;1) 1 7 ;1 6 ;1 5 1 6 ;1 5 ;1 4
(4;5;6) (1;1;1)
Im Anschluss werden alle potenziellen Lieferanten für jedes Hauptkriterium entsprechend der linguistischen Variablen für den Alternativenvergleich (Tabelle 2) verglichen. Dies geschieht in Analogie mit Hilfe der reziproken Fuzzy-Paarvergleichs-
~
~
matrizen HK1 bis HK 4 :
~ HK1
L1
L1
L2
WB
L2
L3 WB VB
44
EB
L3
L4
GG
L4
GB
L1 L2 L3 L4
L1 L2 (1;1;1) (3;4;5) 1 5 ;1 4 ;1 3 (1;1;1) (3;4;5) (5;6;7) (1,5;2,5;3,5) (4;5;6)
L3
L4
(1;1;1) 1 2 ;1 1;1 1
(1;1;2) (1;1;1)
1 5 ;1 4 ;1 3 1 3,5 ;1 2,5 ;1 1,5 1 7 ;1 6 ;1 5 1 6 ;1 5 ;1 4
Kritische Analyse der Eignung des Fuzzy-AHP zur Lieferantenauswahl
~ HK 2
~ HK 3
L1
L1
L2
L3
L3
GB WB GB
L4
GG GB WB
L1 L2 L3 L4
L1 (1;1;1) 1 3,5 ;1 2,5 ;1 1,5 1 5 ;1 4 ;1 3 (1;1;2)
L2
L1 L2 L3 L4
L1 L2 L3 L4
L2 L3 3;4;5 (1,5;2,5;3,5) (1;1;1) (1,5;2,5;3,5) 1 3,5 ;1 2,5 ;1 1,5 (1;1;1) 3;4;5 (1,5;2,5;3,5)
1 3,5 ;1 2,5 ;1 1,5 1 5 ;1 4 ;1 3 (1;1;1)
L2 L3 L4 WB GB VB WB VB GB L2
L3
(1;1;1) 1 5 ;1 4 ;1 3
3;4;5 1 3,5 ;1 2,5 ;1 1,5 1 7 ;1 6 ;1 5 (1;1;1)
(1,5;2,5;3,5) (3;4;5)
(5;6;7) (5;6;7)
(1;1;1) (1,5;2,5;3,5)
L1
L2 GB
GG GB
L3
EB EB GG
L4
1 5 ;1 4 ;1 3 1 7 ;1 6 ;1 5
1 3,5 ;1 2,5 ;1 1,5 (1;1;1)
L4
L1
L2
(1;1;1)
L2
1 3,5;1 2,5;1 1,5
L3
(1;1;2)
(1,5;2,5;3,5) (1;1;1) (4;5;6)
L4
(1,5;2,5;3,5)
(4;5;6)
L1
L4
1 2 ;1 1;1 1
L1
L1 L1 L2 L3 L4
~ HK 4
L4
L3
L4
(1;1;2)
(1;1;1)
1 2 ;1 1;1 1 1 3,5;1 2,5;1 1,5 1 6 ;1 5;1 4 1 6 ;1 5;1 4 1 2 ;1 1;1 1 (1;1;1)
45
Wissenschaftliche Beiträge
Für jede dieser Fuzzy-Paarvergleichsmatrizen müssen nun die Fuzzy-Gewichte der einzelnen Alternativen (Hauptkriterien, Lieferanten) berechnet werden. Der Ablauf
~
der Omax-Methode soll dabei anhand der Fuzzy-Paarvergleichsmatrix P verdeutlicht
werden. Da in diesem Beispiel vollkommene Unsicherheit ( D
0 ) vorliegt, müssen
die Fuzzy-Mengen der Fuzzy-Paarvergleichsmatrizen nicht angepasst werden. Zu-
~
nächst muss die Matrix P in die scharfen Matrizen Pl , Pm und Pu unterteilt werden. Für diese Matrizen gilt:
HK 1
HK 2
HK 3
HK 4
HK 3
1 6,5 4
1 8,5 1 1 3,5
16 1,5 1
15 5 ; 4
HK 4
3
17
16
HK1 Pl
Pm
Pu
HK 2
1
HK1 HK 2 HK 3 HK 4
HK 1 HK 2 HK 3 1 1 7,5 1 5 7,5 1 2,5 5 1 2,5 1 4 16 15
HK 4 14 6 5 1
HK1 HK 2 HK 3 HK 4
HK 1 HK 2 HK 3 1 1 6,5 1 4 8,5 1 3,5 6 1 1,5 1 5 15 14
HK 4 13 7 6 1
Mit der Eigenwertmethode (Saaty, 1977, S: 235-237) lassen sich die maximalen Eigenwerte Ol, P ; Om, P und Ou, P dieser Matrizen berechnen. Die maximalen Eigenwerte lauten:
Ol ,P
3,582; Om, P
4,262 und Ou , P
5,094 .
Vergleichbar mit dem klassischen AHP findet auch bei der erweiterten Variante eine Konsistenzprüfung statt. Aufgrund der Struktur der Fuzzy-Mengen gibt es in der Literatur unterschiedliche Vorschläge die Konsistenzprüfung durchzuführen (Buckley/Csutora, 2001, S. 191 und Lee et al., 2009, S. 7921). In dem hier verwendeten Beispiel dienen die mittleren maximalen Eigenwerte Om als Grundlage für die Konsistenzprüfung. Für jeden Eigenwert wird ein Konsistenzwert CR berechnet, wobei ein Wert kleiner als 0,1 ein annehmbares Konsistenzniveau signalisieren möge (Beynon, 2002, S. 106).
46
Kritische Analyse der Eignung des Fuzzy-AHP zur Lieferantenauswahl
CI
CR
Omax n n 1 CI RI
4,262 4 4 1
0,087 0,9
0,087
0,097 0,1 ( RI
0,9 für n
4)
Die dazugehörigen normierten Eigenvektoren und Fuzzy-Gewichte lauten:
& wl ,P
(0,053;0,526;0,311;0,110)T
~ w 1, P
(0,053;0,049;0,048)
& wm, P
(0,049;0,541;0,304;0,106)T
~ w 2, P
(0,526;0,541;0,540)
& wu , P
(0,048;0,540;0,309;0,103)T
~ w 3, P
(0,311;0,304;0,309)
~ w 4, P
(0,110;0,106;0,103)
Offensichtlich trifft die Bedingung wil d wim d wiu nicht für alle i zu. Mithin gilt es, die Grenzen der Fuzzy-Gewichte anzupassen. Die Faktoren K l und K u lassen sich entsprechend (19) und (20) wie folgt bestimmen:
K l ,P
0,049 0,541 0,304 0,106 ½ min ® ; ; ; ¾ min^0,925;1,029;0,978;0,964` 0,925 ¯ 0,053 0,526 0,311 0,110 ¿
K u ,P
0,049 0,541 0,304 0,106 ½ max ® ; ; ; ¾ ¯ 0,048 0,540 0,309 0,103 ¿
max^1,021;1,002;0,984;1,029` 1,029
Mit den Gleichungen (17) und (18) können die berechneten Fuzzy-Gewichte
~ w i
( wil ; wim ; wiu ) angepasst werden.
~* Die modifizierten Fuzzy-Gewichte w i
~ matrix P lauten:
w ; w * il
im
; wiu*
für die Fuzzy-Paarvergleichs-
~* w 1, P
(0,049;0,049;0,049)
~* w 3, P
(0,288;0,304;0,318)
~* w 2, P
(0,486;0,541;0,556)
~* w 4, P
(0,102;0,106;0,106)
Zum Vergleich sollen nun die Fuzzy-Gewichte mit der normierten Zeilensumme ent-
~
sprechend (11) bzw. (12) für die Fuzzy-Paarvergleichsmatrix P berechnet werden.
47
Wissenschaftliche Beiträge
¦
4
¦
4
¦
4
¦
4
¦
4
¦
l
1 1 8,5 1 6 1 5 1,484
¦
4
l
6,5 1 1,5 5 14
¦
4
l
4 1 3,5 1 4 9,286
¦
4
l
3 1 7 1 6 1 4,309
¦
4
m1 j
1 1 7,5 1 5 1 4 1,583
¦ ¦ 4
4
i 1
j 1 ij
m2 j
7,5 1 2,5 6 17
¦ ¦ 4
4
i 1
j 1
m3 j
5 1 2,5 1 5 11,4
¦ ¦
m4 j
4 1 6 1 5 1 5,367
j 1 1j
j 1 2j
j 1 3j
j 1 4j
j 1
4 j 1
¦
4
¦
4
j 1
j 1
u
1 1 6,5 1 4 1 3 1,737
u2 j
8,5 1 3,5 7
u
6 1 1,5 1 6 13,667
u4 j
5 1 5 1 4 1 6,450
j 1 1j
j 1
j 1 3j
j 1
l
1,484 14 9,286 4,309 29,080 1,583 17 11,4 5,367
35,350
1,737 20 13,667 6,45
41,854
mij
4
4
i 1
j 1 ij
20
u
Für die Fuzzy-Gewichte des Hauptkriteriums ergeben sich anschließend:
~ AM w 1, P ~ AM w 2, P ~ AM w 3, P ~ AM w 4, P
§ 1,484 1,583 1,737 · ; ; ¨ ¸ © 41,854 35,350 29,080 ¹ 17 20 · § 14 ; ; ¨ ¸ © 41,854 35,350 29,080 ¹ § 9,286 11,4 13,667 · ; ; ¨ ¸ © 41,854 35,350 29,080 ¹ § 4,309 5,367 6,450 · ; ; ¨ ¸ © 41,854 35,350 29,080 ¹
(0,035;0,045;0,060) (0,334;0,481;0,688) (0,222;0,322;0,470) (0,103;0,152;0,222)
Analog der beiden Vorgehensweisen wurden die Fuzzy-Gewichte auch für die Hauptkriterien berechnet. Die Ergebnisse sind in den folgenden Tabellen 3 und 4 aufgelistet.
48
Kritische Analyse der Eignung des Fuzzy-AHP zur Lieferantenauswahl
FuzzyȬGewichteȱnachȱderȱ Omax ȬMethode
Tabelleȱ3:ȱȱ
P
HK1
HK 2
HK 3
HK 4
i
wil
1
0,053 0,049 0,048
2
wim
wiu
Ol
Om
Ou
3,582 4,262 5,094
Kl
Ku
wil*
wim
wiu*
0,925 1,021
0,049 0,049 0,049
0,526 0,541 0,540
1,029 1,002
0,486 0,541 0,556
3
0,311 0,304 0,309
0,978 0,984
0,288 0,304 0,318
4
0,110 0,106 0,103
0,964 1,029
0,102 0,106 0,106
1
0,159 0,156 0,160
0,981 0,975
0,145 0,156 0,173
2
0,063 0,059 0,056
0,937 1,054
0,057 0,059 0,061
3
0,469 0,428 0,454
0,913 0,943
0,428 0,428 0,491
4
0,309 0,357 0,330
1,155 1,082
0,282 0,357 0,357
1
0,340 0,374 0,336
1,100 1,113
0,310 0,374 0,374
2
0,164 0,168 0,181
1,024 0,928
0,150 0,168 0,201
3
0,092 0,084 0,084
0,913 1,000
0,084 0,084 0,094
4
0,404 0,374 0,399
0,926 0,937
0,369 0,374 0,444
1
0,153 0,146 0,148
0,954 0,987
0,138 0,146 0,157
2
0,060 0,054 0,051
0,900 1,059
0,054 0,054 0,054
3
0,285 0,285 0,292
1,000 0,976
0,257 0,285 0,309
4
0,502 0,515 0,509
1,026 1,012
0,452 0,515 0,539
1
0,182 0,214 0,202
1,176 1,059
0,168 0,214 0,214
2
0,080 0,074 0,075
0,925 0,987
0,074 0,074 0,079
3
0,322 0,317 0,303
0,985 1,046
0,298 0,317 0,321
4
0,416 0,395 0,420
0,949 0,941
0,385 0,395 0,445
3,354 4,108 5,073
3,131 4,025 5,333
3,369 4,144 5,155
3,197 4,087 5,198
49
Wissenschaftliche Beiträge
Tabelleȱ4:ȱ
P
HK1
HK 2
FuzzyȬGewichteȱnachȱderȱMethodeȱderȱnormiertenȱZeilensummeȱ
i
wilAM
wimAM
wiuAM
wilAM
wimAM
wiuAM
1
0,035
0,045
0,060
1
0,120
0,184
0,289
2
0,334
0,481
0,688
2
0,040
0,052
0,071
3
0,222
0,322
0,470
3
0,208
0,323
0,502
4
0,103
0,152
0,222
4
0,281
0,441
0,680
1
0,127
0,196
0,304
1
0,107
0,202
0,326
2
0,043
0,056
0,078
2
0,053
0,074
0,115
3
0,283
0,417
0,652
3
0,211
0,331
0,529
4
0,198
0,330
0,500
4
0,243
0,393
0,661
1
0,199
0,366
0,608
2
0,102
0,185
0,338
3
0,056
0,082
0,135
4
0,215
0,366
0,666
HK 3
HK 4
Letztendlich müssen die Fuzzy-Gewichte der einzelnen Stufen zu einem FuzzyZielprioritätenvektor unter Nutzung von (5) und (7) für die Addition und Multiplikation von Fuzzy-Mengen entsprechend der Systematik des AHP zusammengefasst werden. Im Folgenden soll am Beispiel des ersten Lieferanten die Berechnung des scharfen Zielprioritätenwertes nach der Omax-Methode gezeigt werden. Um zunächst den un-
z1* des Lieferanten 1 zu berechnen, gilt es die folgenden scharfen Zielprioritätenvektor ~ Fuzzy-Gewichte zusammenzufassen.
~ z1*
~*
w ~ * ) (w ~*
w ~* ) (w ~*
w ~ * ) (w ~*
w ~* ) (w 1, P 1, HK1 2, P 1, HK 2 3, P 1, HK 3 4, P 1, HK 4
~z * 1
((0,049;0,049;0,049)
(0,145;0,156;0,173))
((0,486;0,541;0,556)
(0,310;0,374;0,374)) ((0,288;0,304;0,318)
(0,138;0,146;0,157 )) ((0,102;0,106;0,106)
(0,168;0,214;0,214))
50
Kritische Analyse der Eignung des Fuzzy-AHP zur Lieferantenauswahl
~ z1* ~ z* 1
(0,007;0,008;0,008) (0,151;0,202;0,208) (0,040;0,044;0,050) (0,017;0,023;0,023) (0,215;0,277;0,289)
z1* in einen scharfen Wert umwandeln. Mit (21) lässt sich das Fuzzy-Gewicht ~ x 0 (~z1* )
1 0,215 0,277 0,289 0,277 0,215² 0,289² 3 0,289 0,215
0,260
Ein analoges Vorgehen zur Berechnung der weiteren Zielprioritätenvektoren und der korrespondierenden scharfen Werte führt zu den in Tabelle 5 aufgeführten Ergebnissen. Zum besseren Vergleich der Abszissenwerte der Flächenschwerpunkte wurden diese normiert ( x0 ). Abbildung 3 veranschaulicht die in Tabelle 5 dargestellten Ergebnisse. Dabei symbolisieren die Pfeile die Schwerpunkte der Fuzzy-Mengen nach der
Omax-Methode. Die Omax-Methode führt im Vergleich zum normierten Zeilenmittel zu wesentlich schmaleren Fuzzy-Mengen und damit zu einer geringeren Unschärfe (vgl. Abbildung 3).
Tabelleȱ5:ȱȱ
FuzzyȬZielprioritätengewichteȱ(numerisch)ȱ
Li
~ zi*
x0 ( ~ zi* )
x0*
~ z i AM
x0 ( ~ z i AM )
x0AM
1
(0,215;0,277;0,289)
0,260
0,264
(0,109;0,275;0,645)
0,343
0,271
2
(0,099;0,118;0,140)
0,119
0,120
(0,050;0,119;0,296)
0,155
0,122
3
(0,166;0,187;0,209)
0,187
0,190
(0,097;0,213;0,485)
0,265
0,209
4
(0,363;0,418;0,483)
0,421
0,426
(0,166;0,393;0,955)
0,505
0,398
51
Wissenschaftliche Beiträge
Abbildungȱ3:ȱȱ FuzzyȬZielprioritätengewichteȱ(grafisch)ȱ
Interessant erscheint der Vergleich der vorgestellten Methoden zum klassischen AHP. Um diesen Vergleich zu ermöglichen, müssen die Fuzzy-Paarvergleichsmatrizen auf einen scharfen Wert reduziert werden. Im konkreten Fall sollen anstatt der FuzzyMengen a~ die dazugehörigen Mittelwerte m für die Bewertungen der einzelnen ij
ij
Paarvergleiche herangezogen werden. Da bei der Omax-Methode nur die Grenzen der Fuzzy-Gewichte angepasst werden, entsprechen die Ergebnisse des klassischen AHP den Mittelwerten wim der berechneten Fuzzy-Gewichte. Das gilt auch für die Fuzzy-
zi* des aggregierten Fuzzy-Zielprioritätenvektors, dessen Mittelwerte den Gewichte ~ Zielprioritätenvektor des klassischen AHP widerspiegeln. Dieser entspricht:
& z AHP
4.5
(0,277;0,118;0,187;0,418)T .
Kritische Auswertung
Die bisherigen Ausführungen zeigen die grundsätzliche Eignung des FAHP zur Lieferantenauswahl auf. Mit Hilfe des Zahlenbeispiels wurde eine konkrete Problemstellung gelöst. Im Ergebnis resultiert eine entscheidungsunterstützende Reihenfolge für die untersuchten Lieferanten. In den bisher zur Lieferantenauswahl publizierten Verfahren konnten verschiedene verfahrenstechnische Schwachpunkte identifiziert werden. Einige der vorgestellten Verbesserungsmöglichkeiten scheinen geeignet, die Schwachstellen zu beheben. So wird zunächst durch den Einsatz der Omax-Methode die auftretende Unschärfe deutlich verringert. Dieses Ergebnis – verdeutlicht in Abbildung 3 – vereinfacht die Entscheidungssituation. Darüber hinaus verhindert der Einsatz der Flächenschwerpunktmethode zur Defuzzifizierung irrationale Entscheidungen, die durch die Generierung von Gewichten mit dem Wert Null entstehen können.
52
Kritische Analyse der Eignung des Fuzzy-AHP zur Lieferantenauswahl
Außerdem führen die vorgeschlagenen Anpassungen zu einer Reduzierung des notwendigen Rechenaufwandes. Zusammenfassend betrachtet beinhaltet der FAHP alle Vorteile des klassischen AHP. Diese werden durch den Einsatz linguistischer Variablen ergänzt, welche dem Entscheider eine intuitive Bewertung der zugrunde liegenden Kriterien ermöglicht. Außerdem hilft die Modellierung von Unsicherheiten dem Entscheidungsträger, die eigene Unsicherheit bei der Bewertung in das Verfahren mit aufzunehmen. Demgegenüber stehen allerdings auch einige Nachteile, die aus der Ergänzung mit der FuzzyTheorie entstehen. Zunächst ist dabei der erhebliche Anstieg des notwendigen Rechenaufwandes zu nennen. Trotz der aufgezeigten Verbesserungsmöglichkeiten erhöht sich dieser deutlich im Vergleich zum klassischen AHP. Weiterhin lässt sich eine Zunahme der Unschärfe bei der Betrachtung mehrerer Ebenen verzeichnen. Ohne Anwendung der Omax-Methode schließen die Fuzzy-Intervalle bereits für kleine Beispiele die gesamte betrachtete Achse ein (siehe Abbildung 3). Allerdings führt eine Berücksichtigung zusätzlicher Stufen generell zu einer Zunahme der Unschärfe, so dass eine Anwendung für komplexe Entscheidungssituationen zumindest fraglich erscheint. Aufgrund der identifizierten Nachteile ergibt sich die Frage, ob die Lieferantenauswahl auf Basis eines FAHP zu einem signifikanten Vorteil gegenüber einer Entscheidung auf Basis des klassischen AHP führt, weil nur in diesem Fall der zusätzliche Aufwand gerechtfertigt erscheint. Im vorgestellten Beispiel unterscheiden sich die Ergebnisse des klassischen AHP und des FAHP kaum. Gemäß Tabelle 5 ergibt sich bspw. für den Lieferanten 1 ein Wert von 0,264 gemäß dem FAHP unter Nutzung der O max-Methode, ein Wert von 0,271 gemäß FAHP unter Nutzung des normierten Zeilenmittels und ein Wert von 0,277 gemäß klassischem AHP. Da sich die Werte für die restlichen Lieferanten ähnlich verhalten, führen alle drei Verfahren zu einer identischen Entscheidungsvorlage. Der große Aufwand für die Durchführung des FAHP führt damit in diesem Beispiel zu keinem direkten Mehrwert für den Entscheidungsträger. Aufgrund der bereits diskutierten Probleme bei zunehmender Komplexität der Beispiele ist auch für umfangreichere Probleme kein direkter Vorteil der modifizierten Methode zu erwarten.
5
Zusammenfassung
Sinkende Wertschöpfungsquoten im produzierenden Gewerbe führen zu einem Anstieg der Leistungen, die von vorgelagerten Wertschöpfungsstufen beschafft werden müssen. Mithin erhöhen sich auch die Bedeutung und damit der Einfluss der Beschaffung auf den Unternehmenserfolg. Eine wichtige Grundlage für eine erfolgreiche
53
Wissenschaftliche Beiträge
Beschaffung stellt die Auswahl geeigneter Lieferanten dar. Hierfür stellt der AHP ein beliebtes und häufig gewähltes Entscheidungsunterstützungsinstrument dar. In jüngerer Zeit wurde der AHP um Elemente der Theorie der unscharfen Mengen (FuzzySets) erweitert. Den Ausgangspunkt einer erfolgreichen Lieferantenauswahl bildet die Festlegung relevanter Kriterien, anhand derer die Bewertung potenzieller Lieferanten vollzogen werden kann. Neben einer ausführlichen Vorstellung möglicher Kriterien und relevanter Literaturquellen wurden auch einige Restriktionen im Hinblick auf den geplanten Einsatz im (F)AHP angesprochen. Nach einer Darstellung grundlegender Überlegungen zum AHP und zur Theorie der unscharfen Mengen wurden beide Ansätze zum FAHP verbunden. Der größte Vorteil dieses Verfahrens besteht darin, verschiedene Kriterien intuitiv durch den Entscheidungsträger bewerten zu lassen. Eine Untersuchung der zum Thema Lieferantenauswahl existierenden FAHPVerfahren offenbart zwei entscheidende Schwachstellen. Der vorgeschlagene Einsatz des normierten arithmetischen Zeilenmittels führt zu sehr unscharfen Ergebnissen. Aus diesem Grund wird in diesem Beitrag die O max-Methode als Alternative untersucht, deren Einsatz eine deutliche Reduzierung der Unschärfe nach sich zieht. Eine zweite Schwachstelle stellt der Schritt der Defuzzifizierung dar. Die bisherigen Ansätze bergen die Gefahr, irrationale Entscheidungen zu treffen, weil zum Teil Zielprioritäten vom Wert Null erzeugt werden. Die in diesem Beitrag vorgestellte Flächenschwerpunktmethode verhindert dieses Phänomen. In einer abschließenden Betrachtung lässt sich festhalten, dass Verfahren auf Basis des FAHP dann geeignet sind, wenn die vorgestellten Verbesserungen zur Lieferantenauswahl genutzt werden. Allerdings steht den genannten Vorteilen ein sehr stark angestiegener Rechenaufwand gegenüber. Im illustrierenden Beispiel unterschieden sich die Ergebnisse des AHP und des FAHP nur marginal, so dass beide Verfahren eine identische Entscheidung ermöglichen. Aus diesem Grund stellt sich die Frage, ob der enorme Rechenaufwand für den FAHP wirklich gerechtfertigt ist oder stattdessen der klassische AHP Anwendung finden sollte. Die Ergebnisse des Beispiels und die Erkenntnis, dass bei steigender Aufgabenkomplexität die thematisierten Probleme des FAHP zunehmen, sprechen für den Einsatz des klassischen AHP. In weiteren Forschungsarbeiten zu diesem Thema könnten Simulationsstudien mit größeren Problemstellungen dazu geeignet sein, die getroffenen Aussagen umfassend zu überprüfen.
54
Kritische Analyse der Eignung des Fuzzy-AHP zur Lieferantenauswahl
Anhang - Symbolverzeichnis A
Paarvergleichsmatrix
n
Anzahl der Alternativen; Dimension einer Matrix
~ A
Fuzzy-Paarvergleichsmatrix
P
Problemstellung
aij
Paarvergleichswert zwischen den Alternativen i und j
RI
Durchschnittlicher CI -Wert
a~ij
Fuzzy-Menge für Paarvergleichswert
uijD
Obere Schranke einer Fuzzy-Menge
CI
Konsistenzindex
~D w i
Fuzzy-Gewichte der Omax -Methode
CR
Konsistenzwert
~D * w i
Angepasste FuzzyGewichte der Omax -Methode
HK i
Hauptkriterium i
~D ; AM w i
Fuzzy-Gewichte des normierten Zeilenmittels
i; j
i I ; j J Alternative
x
Wert auf der Abszisse
K lD K uD ,
Anpassungskonstanten
x0 (a~ij )
Abszissenwert des Flächenschwerpunktes einer Fuzzy-Menge
Li
Lieferant i
x0
Normierter Abszissenwert
55
Wissenschaftliche Beiträge
lijD
Untere Schranke einer Fuzzy-Menge
~ zi*
FuzzyZielprioritätengewicht Omax -Methode
Omax
Maximaler Eigenwert
~ z i AM
FuzzyZielprioritätengewicht des normierten Zeilenmittels
mij
Mittelwert einer FuzzyMenge
& z AHP
Zielprioritätenvektor des klassischen AHP
P a~ ( x)
Zugehörigkeitsfunktion
Literatur Belz, C./Mühlmeyer, J.: Key Supply Management. Verlag Thexis, (2001). Beynon, M.: An analysis of distributions of priority values from alternative comparison scales within AHP. European Journal of Operational Research, 140 (2002), S. 104-117. Bharadwaj, N.: Investigating the decision criteria used in electronic components procurement. Industrial Management Marketing, 33 (2004), S. 317-323. Biethahn, J./Hönerloh, A./Kuhl, J./Leisewitz, M.-C./Nissen, V./Tietze, M.: Betriebswirtschaftliche Anwendungen des Soft Computing – Neuronale Netze, Fuzzy Systeme und Evolutionäre Algorithmen. Vieweg Verlag, (1998). Binner, H.: Unternehmensübergreifendes Logistikmanagement. 1. Auflage. Hanser Verlag, (2002). Boer, L. de/Labro, E./Morlacchi, P.: A review of methods supporting supplier selection. European Journal of Purchasing & Supply Management, 7 (2001), S. 75-89. Boer, L. de/Wegen, L. van der: Practice and promise of formal supplier selection: a study of four empirical cases. European Journal of Purchasing & Supply Management, 9 (2003), S. 109-118. Bothe, H.-H.: Fuzzy Logic – Einführung in Theorie und Anwendungen. Springer Verlag, (1995).
56
Kritische Analyse der Eignung des Fuzzy-AHP zur Lieferantenauswahl
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57
Wissenschaftliche Beiträge
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Design of voluntary sustainability initiatives for supply chains
Dr.ȱNilsȱPetersȱ
Abstract Voluntary sustainability initiatives such as codes of conduct, certification schemes or environmental/social management systems have become the predominant applied approach for companies to specify proactive environmental or social obligations for supply chains. However, companies face two main challenges in the design of voluntary sustainability initiatives for their supply chains: Firstly, they recognize acceptance problems by stakeholders and supply chain partners as well as opposition by competing initiatives. Secondly, companies have realized significant resource demands to set up voluntary sustainability initiatives for supply chains and ask for more efficient solutions. The article at hand addresses these challenges by identifying the key and complementary resources that enable an effective (i.e., legitimized) as well as efficient design of voluntary sustainability initiatives for supply chains.1
1
The need to explore the design of voluntary sustainability initiatives for supply chains
Corporate sustainability, including corporate social responsibility (e.g., Bansal, 2005), is among the hot topics of the 21st century, both in academic research (Paton & Siegel, 2005) and in public media and managerial practice (McKinsey, 2007). It has been increasingly addressed in the supply chain management literature, arguing that organizations should expand their sustainability strategies into their entire supply chains (e.g., Handfield et al., 2005; Neto et al., 2008; Vachon & Klassen, 2008; Zhu & Sarkis, 1
This article is a synthesis and further development of the article Peters et al. (2009, submitted to International Journal of Production Economics): “Institutional entrepreneurship capabilities for inter-organisational sustainable supply chain strategies” as well as it contents parts of the dissertation Peters (2010): “Inter-organisational design of voluntary sustainability initiatives”.
Wissenschaftliche Beiträge
2004). One main reason for this is the experience that customers and other external stakeholders hardly differentiate between the standards of the focal firm and its supply chains (Roberts, 2003). In the context of supply chain management, the design of voluntary sustainability initiatives is one means to implement proactive sustainable supply chain strategies (Carmin et al., 2003; Hamprecht, 2006). Voluntary sustainability initiatives are institutional arrangements and are predominantly designed in form of guidelines, policies, codes of conducts, management systems, programs, certification schemes, or roundtables (UNEP, 2000), eventually involving supply chain partners as well as further external stakeholders. Regarding these initiatives, the theory of institutional entrepreneurship explains how organizations create institutions, such as voluntary sustainability initiatives (DiMaggio, 1988). While resources of institutional entrepreneurs in general have been discussed in literature, they have not been analyzed in detail and not in the context of voluntary sustainability initiatives. This paper aims at the understanding of which resources specifically enable the design of voluntary sustainability initiatives, extending research on institutional entrepreneurship. This is also relevant from a practical perspective because currently, the design of voluntary sustainability initiatives is considered to be problematic in terms of lacking support from stakeholders as well as time and resource inefficiencies (e.g., Fowler & Heap, 1998; Hamprecht, 2006; Reinhardt, 2005; Nick et al., 2006). The paper synthesizes the findings recently published (Peters et al., 2009; Peters, 2010) and is structured as the following: The next section reviews the theoretical foundation of the researched phenomenon and explains the specific theories applied in our study. Section three describes the case-based research method applied. In section four, the case studies and the findings of the case comparison are described. Section five concludes with some findings, stress the research limitations and point out the directions taken in the dissertation (Peters, 2010) and for future research. The article ends with implications for business practice.
2
Theoretical foundation: Design of voluntary sustainability initiatives for supply chains
Three main views have been taken by researchers to explain corporate initiatives with respect to sustainability (Peters et al., 2009): Institutional theory, institutional entrepreneurship and the broad field of resource-based studies. This literature will be reviewed in the next section before an eclectic framework will be proposed, integrating institutional entrepreneurship and the resource-based view.
62
Design of voluntary sustainability initiatives for supply chains
2.1
Review of existing theories explaining corporate action towards voluntary sustainability initiatives
2.1.1
Institutional theory (IT) and the design of voluntary sustainability initiatives
Institutionalȱ theorists argue that engaging in sustainability initiatives ensures an organization’s legitimacyȱ (Bansal & Roth, 2000; Russo, 2002), concluding that the likelihood of long-term survival is higher for organizations that comply with legislation, societal norms and standards (DiMaggio & Powell, 1983; Hoffman, 1999) as well as with the demands of those stakeholders that are perceived as strategic for the firm (Sharma & Henriques, 2005). This is because such strategies might help to avoid fines, penalties, public protest campaigns (Videras & Albertini, 2000), i.e. lowered legitimacy which is characterized by financial pay outs, bad public image, lower consumer goodwill, and ultimately, lower firm value (Dowell et al., 2000; Godfrey, 2005). However, the attention of this research stream with respect to the resources and capabilities of the strategizing firm has been low except for few studies on environmental compliance finding that resources such as operations management capabilities allow a flexible adoption of emerging standards (González-Benito & González-Benito, 2008; Oliver & Holzinger, 2008).
2.1.2
Institutional entrepreneurship (IE) and the design of voluntary sustainability initiatives
Researchers of institutionalȱentrepreneurship examine how organizations actively influence the creation of broadly applied institutional practices like rules, norms, and standards (DiMaggio, 1988; Powell, 1988; Leca et al., 2009) instead of blindly complying to institutional demands (Powell & Colyvas, 2008). In this research stream, institutional entrepreneurs are defined as actors who “create a whole new system of meaning that ties the functioning of disparate sets of institutions together” (Garud et al., 2002: p. 196), integrating their institutional environment into their strategic considerations to actively change institutional demands (Durand & McGuire, 2005; Lawrnce, 1999; Oliver, 1991; 1997; Zimmermann & Zeitz, 2002) and thus realizing strategic opportunities (George et al., 2006). During this entrepreneurial action and design of a new, protoinstitutions, usually a fragmented social situation emerges with a range of competing institutional practices, competing authority structures, and social networks, which can be divided into supporters and counterparties (i.e., defenders) with respect to the intended institutional change (Misangyi et al., 2008). In order to win this competition in the institutional field, the institutional entrepreneur must exploit resources to bargain for legitimacy, i.e. acceptance from further important constituencies (Hargrave & van de Ven, 2006). The core ideas of institutional entrepreneurship have been also applied with respect to corporate strategies towards sustainability by stating that an organization may proactively identify sustainability issues and (re-)shape the funda-
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Wissenschaftliche Beiträge
mental nature of how public policies, norms and standards for environmental and social performance are defined (Buysse & Verbeke, 2003; Oliver & Holzinger, 2008). Here, one way to influence institutional demands is to design legitimized (i.e., accepted) voluntary sustainability initiatives in the form of policies, codes of conducts, management systems, certification schemes, or roundtables (Hamprecht, 2006). Several resources used by institutional entrepreneurs to design institutions have been described so far, ranging from commonly accessible input factors like financial or human capital to highly complex resources like social capital (Peters et al.,ȱ2009; Peters, 2010: p. 68-73): Economical capital, the capability of writing acknowledged texts, technical know-how, political, social and analytical skills, social capital, the ability to educate stakeholders as well as the ability to imitate existing arrangements, the ability to conduct symbolic actions, robust technical designs, cultural capital, and domainrelevant expertise.
2.1.3
Resource-based view (RBV) and the design of voluntary sustainability initiatives
Literature on the resourceȬbasedȱview (RBV) already provides resources that contribute to the formulation of sustainability-related strategies (e.g., Hart, 1995). The resourcebased view emphasizes specific resources that explain the unique (i.e., competitive) advantage of firms (Barney, 1991; Peteraf, 1993) and mechanisms that prevent competitors to act in the same way (Barney, 1991; Hart, 1995). Several resources have been investigated in the field of sustainability strategies (Peters, 2010: p. 84-87): These are resources such as continuous improvement, a shared vision within the company, high order-learning, relationships to external stakeholders, stakeholder involvement, absorptive capacity, international experience, working capital management skills, organizational slack, and political management capabilities. Also, in resource-based investigations in the specific context of sustainability strategies for supply chains first indications strategically important resources can be found (Peters, 2010: p. 84-87): They range from more generic described capabilities to detailed descriptions of resources and capabilities such as supply management, greening inbound and outbound supply chains, environmental collaboration, green purchasing, total quality management, just in time, purchasing involvement in sustainability strategies, trust with suppliers as well as environmental management systems.
64
Design of voluntary sustainability initiatives for supply chains
2.2
An eclective approach: A resource-based view on institutional entrepreneurship (RBVIE) and the design of voluntary sustainability initiatives
Based on the literature review in section 2.1. this study suggests an eclective approach combining elements from institutional entrepreneurship and resource-based view (see also Peters et al., 2009; Peters, 2010). As leading theory, institutional entrepreneurship has been chosen as this theory explains how organizations design (i.e., institutionalize) institutions such as voluntary sustainability initiatives. However, institutional entrepreneurship theory lacks the identification of resources that are particularly necessary to design voluntary sustainability initiatives, to overcome the institutional competition of diverse logics, and to finally affect the intended institutional change have not been analyzed (Wright et al., 2005; Hamprecht, 2006). Further, prior research asked for more detailed and rigorous investigations on strategically important resources for institutional entrepreneurial action (Hamprecht & Sharma, 2006). This is why the concept of key resources had to be introduced that specifies resources, which enable institutional entrepreneurs to design voluntary sustainability initiatives and to win the competition of opposing existing and emerging institutional practices applied in supply chains (Peters et al., 2009). As basis for the concept of key resources, the body of resource-based view (RBV) literature provides criteria to identify such strategically important (i.e., ‘key’) resources (Peters, 2010). However, the RBV emphasizes how these resources affect an organization’s environmental or social performance and ultimately its financial performance (Klassen & McLaughlin, 1996; Russo & Fouts, 1997; Waddock & Graves, 1997). Instead, the study at hand aims to identify key resources in the context of institutional entrepreneurship leading to institutional change and ultimately legitimacy. According to the theory key resources are defined as “all assets, capabilities, organizational processes, firm attributes, information, knowledge, etc. controlled by the firm that enables the firm to conceive and implement strategies that improve its efficiency and effectiveness“ (Barney, 1991: p. 101). RBV scholars draw on a definition of attributes that require resources to be valuable, rare, difficult to duplicate, and non-substitutable to contribute to sustained competitive advantage (Barney, 1991).2 Transferring the concept of keyȱ resources into institutional entrepreneurship logic, the following concepts can be assumed in a resource-based view on institutional entrepreneurship (RBVIE): 2
Scholars of the resource-based view differentiate between “resources” (Barney, 1991), “capabilities” (Amit and Schoemaker, 1993; Teece et al.,1997) and “competencies” (Prahalad and Hamel, 1990) of a business. In doing so, these scholars apply resource-based logic at different levels of analysis. Still, they commonly use the four criteria of Barney (1991).
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Wissenschaftliche Beiträge
Resourceȱ value: The resource value (i.e., ‘being valuable’) specifies the effectiveness of a resource to achieve the intended institutional change (Peters et al.,ȱ 2009; Peters, 2010). Furthermore, the value of key resources may increase if complementary resources exist (Christmann, 2000; Hamprecht & Sharma, 2006).
Rareness,ȱ inimitabilityȱ andȱ nonȬsubstitutability: In RBVIE logic, resources have to be rare, inimitable and non-substitutable in order to rule out competitive parity of different companies (Barney, 1991), preventing defenders of the institutional status quo or further competing actors in the institutional field from achieving an institutional change in other directions (Hamprecht & Sharma, 2006; Peters, 2010). For example, recent papers suggest that financial resources of an institutional entrepreneur might not be sufficient for enabling institutional change as competing actors might easily access a similar amount of capital (Peters et al., 2009). In order to hinder competitors imitating or substituting the institutional entrepreneur’s key resources the RBV literature addresses path dependencies, social complexity and causal ambiguity as preventing mechanisms (Dierickx & Cool, 1989; Reed & DeFillippi, 1990).
IntraȬȱ andȱ interorganizationalȱ means: As indicated in the literature review, the creation and design of institutional arrangements typically involves collective action formations of multiple organizations including the entrepreneur itself as well as further supporters of the voluntary sustainability initiative (Dorado, 2005; Hargrave & van de Ven, 2006). As consequence, also key resources of the institutional entrepreneur could span firm boundaries in interconnected constellations (“interfirm alliances/networks”) (Gulati, 1999; Lavie, 2006), allowing to mobilize external resources or entire networks in order to achieve the intended institutional change (Hargrave & van de Ven, 2006). Such inter-organizational key resources can be categorized into relation-specific assets, complementary resources, knowledgesharing routines, and effective governance mechanisms (Dyer & Singh, 1998), as well as social capital on the network level (Nahapiet & Goshal, 1998). To protect the value created by those resources Dyer and Singh (1998) stress asset interconnectedness, partner scarcity and resource indivisibility as rent preservation mechanisms. The objective of the article is to review and synthesize the propositions that have been made on the suggested relation between (inter-)organizational key resources, complementary resources and the institutionalization of a voluntary sustainability initiative (Peters et al., 2009; Peters, 2010). Thus, in the next section the empirical method and gathered data will be outlined before the results of the empirical analysis will be discussed.
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Design of voluntary sustainability initiatives for supply chains
Figureȱ1:ȱ
Theoreticalȱframeworkȱandȱargumentationȱappliedȱtoȱtheȱexplorativeȱstudyȱonȱ key/complementaryȱresourcesȱofȱtheȱinstitutionalȱentrepreneurȱandȱtheȱlegitiȬ mizedȱdesignȱofȱvoluntaryȱsustainabilityȱinitiativesȱ(withȱmodificationsȱtakenȱ fromȱPeters,ȱ2010:ȱp.ȱ94)ȱ Institutional entrepreneurship (IE)
valuable rare inimitable non-substitutable
(Proto-) Institution (Inter-) organizational resources /
Resource-based view (RBV)
Resource-based view on institutional entrepreneurship (RBVIE)
3
Voluntary sustainability initiative
Competitive advantage Legitimacy Compliance of participants Acceptance in wider institutional field
Method: Analytical induction to find resources enabling the design of voluntary sustainability initiatives for supply chains
As empirical method inductive, exploratory case study research was chosen due to the need of detailed theory that addresses the research phenomenon and the lack of empirical evidence on key resources for designing voluntary sustainability initiatives (Eisenhardt & Graebner, 2007). Of the existing inductive research strategies, “analytical induction” was picked (Manning, 1982). In detail, this method was applied to the study as followed:
Selectionȱ ofȱ caseȱ studies: In order to guarantee external validity and to give a stronger base for theory building compared to single-case studies a setting of comparative case studies in different contexts was chosen (Gibbert et al., 2008; Yin, 2003) and theoretical sampling logic was used in order to allow a generalization of the findings (Eisenhardt & Graebner, 2007). More specifically, all cases were chosen for theoretical, not statistical, reasons that facilitate the development of theory (Eisenhardt, 1989). Therefore, examples of leading voluntary sustainability initiatives were analyzed that are based on proactive sustainability strategies for supply
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Wissenschaftliche Beiträge
chains and that all have already realized the intended institutional change towards the intended more sustainable supply chain practices. Thus, in the study the analysis of the chosen initiatives allowed to directly identify resources, which were key for designing voluntary sustainability initiatives, respectively that were complementary resources and increased the value of the key resources. A more holistic view on the design of voluntary sustainability initiatives provided rich data for the identification of propositions (Scholz & Tietje, 2002). However, propositions were formulated from the internal initiative view of the focal institutional entrepreneur (Möller, 2006). Construct validity was ensured by selecting cases that are suited to exemplify the phenomena in the focus of the study at hand, i.e., the key and complementary resources of a focal institutional entrepreneur and the design of voluntary sustainability initiatives for supply chains (Eisenhardt & Graebner, 2007) and by gathering and combining data from different parties and existing publications (Yin, 2003). Referring to the first aspect (i.e., selecting suitable cases), a long list of eighty voluntary sustainability initiatives was created at the beginning of the case selection process that could be potentially included in the comparative case study analysis by conducting searches on the internet, in databases and voluntary sustainability initiative-related research (e.g., Carmin et al. 2003). Three main criteria were defined to choose the cases to be in focus: Firstly, only cases were selected in which a focal company designed a voluntary sustainability initiative that included a broad range of stakeholders and supply chain partners. This allowed an analysis of the (inter-)organizational means of the design of the respective voluntary sustainability initiative and to additionally gain access to many different sources of evidence. Secondly, only voluntary sustainability initiatives were chosen that were accepted by several stakeholders since broad acceptance is the organizational source of legitimacy and an indicator for the successful design of a voluntary sustainability initiative (Dacin et al., 2007; Freeman, 1984; Hamprecht & Sharma, 2006). In order to assess acceptance, the number of members in the initiatives was taken as proxy as well as publicly available statements by stakeholders were investigated. In this work, the study focused on strategic financial and societal stakeholders (i.e., stakeholders mainly interested in the environmental and social performance of a strategy) since tensions between these two groups have been highlighted (Hamprecht & Sharma, 2006). Supply chain partners were also analyzed as they were in the focus of the analysis. Thirdly, only voluntary sustainability initiatives were selected applying codification and enforcement mechanisms (such as certification and external monitoring). These initiatives are more likely to achieve consensus on the interpretation of the strategy among the participating organizations, to contribute to the protection of natural and human resources, to minimize the risk of free-riding of organizations with a poor sustainability performance, and to enhance acceptance by society (King & Lenox, 2000; Rivera & DeLeon, 2004; Terlaak, 2007).
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Design of voluntary sustainability initiatives for supply chains
As a result of this stepwise selection process, five voluntary sustainability initiatives were investigated: the Roundtable on Sustainable Palm Oil (RSPO) triggered by the Swiss retailer Migros and the World Wide Fund For Nature (WWF) (Falck & Heblich, 2007; Hamprecht, 2006), the Tikhvin Chalna initiative designed by the German publishing house Axel Springer, the Roundtable on Responsible Soy (RTRS), which is based on the Basel Criteria defined by the Swiss retailer Coop and the World Wide Fund For Nature (WWF), the Marine Stewardship Council (MSC) initiated by Unilever, and the Sustainability Agriculture Initiative (SAI) co-founded by Nestlé. A table that provides illustrative quotes showing the acceptance, i.e. legitimacy, of these initiatives can be found in Peters et al. (2009) as well as in the tables provided by Peters (2010: p. 100-106).
Dataȱcollection: While three case studies were fully conducted in the field – RSPO, Tikhvin Chalna and RTRS, secondary data for MSC and SAI, two well-known initiatives, was gathered from existing literature (Fowler & Heap, 2006; Hamprecht et al., 2005; Hamprecht, 2006; Porter & Kramer, 2006; Reinhardt, 2005; Nick et al., 2006). This secondary data was complemented with additional interviews with representatives of the initiatives to include information that was missing in the secondary data to answer the research question. In order to ensure construct validity a three-step process was conducted for collecting data from different sources for each case (Gibbert et al., 2008). In a first step, texts published on the web pages of the voluntary sustainability initiative were consulted, as well as those on web pages of its initiator and its participants (such as regulators, industry associations, consultancies, or NGOs). These presentations, results from stakeholder workshops and other statements were analyzed with respect to intra- and inter-organizational key as well as complementary resources. Furthermore, databases like Factiva and Business Source Premier for newspaper articles were scanned that reported on the development of the initiative. In a second step, interviews were conducted with key players involved in the design (i.e., development and implementation) of the voluntary sustainability initiative. The interviews were always scheduled by starting with interviewing senior corporate managers responsible for sustainability issues at the initiating company as well as the managers responsible for the implementation of the specific sustainability initiative. The identification of further experts and subsequent scheduling of interviews followed a snowball principle (Sharma & Vredenburg, 1998): During all interviews, relevant actors in- or outside of the company were identified who we interviewed later. After each interview, the respective interview partner verified the interview transcript for accuracy and transcripts were analyzed shortly after (Yin, 2003). Initial results were always addressed and discussed in following interviews. If needed, follow-up talks were conducted with earlier interviewees in order to verify themes that emerged in subsequent interviews. Prior to each interview, an interview guideline as well as the current findings in form of a table of events was sent to the interviewees. While no theory was communicated in advance, these in-
69
Wissenschaftliche Beiträge
formation helped to structure the interviews and validate the data gathered in previous interviews (Maguire et al., 2004). In a third step, discrepancies were explored which emerged while comparing the narrative accounts of the interviewees with the data gathered previously. To sort out discrepancies, further company-internal and -external texts were consulted that addressed these disputed issues. Hence, this step served as a further validation of the data collected during the interviews. This approach of confronting several data sources with one another helped us to gain the “true story” of each case study, the description of the events as well as their relationships (Pentland, 1999). In total, for the three new cases 20 semi-structured interviews of about 29 hours were conducted with the involved senior and middle management of the participating organizations in the voluntary sustainability initiative. For the two existing cases two interviews of about three hours in total were lead.
Dataȱanalysis: During the whole process of data collection, the emerging concepts were categorized and constantly compared (Eisenhardt, 1989). Following each interview and each analysis of a set of documents, key quotes were summarized in data analysis sheets and structured mind maps. The emergence of additional evidence for found concepts was verified in the analysis of further documents from other sources and in interviews with further interviewees. In order to ensure internal validity, theories contributing to explain the research phenomenon were reflected by combining the initial review of existing concepts in literature of institutional entrepreneurship as well as resource-based view with empirical data gathering (Gibbert et al., 2008). In this context, specifically constructs and resources described in corporate sustainability literature (see chapter 2) were reviewed. However, during analyzing the data the focus was widened towards stakeholder management, inter-organizational learning, innovation management as well as supply chain management that mentioned institutional entrepreneurship or the resource-based view and its enhancements towards interconnected firms. Relevant (i.e., repeatedly identified and emphasized) concepts were abstracted until a construct was found in the literature that could be used to hold the concept (Sharma & Vredenburg, 1998). In total, the abstraction of the data comprised three levels: quotes as identified in data sources (“1st order schemes”), summaries of related quotes (“2nd order schemes”), and links to the existing literature body (“Final schemes”). Abstraction and clustering of 1st order schemes was needed because of several reasons: Firstly, in order to consider logical connections between identified key or complementary resources, secondly, to cope with heterogeneity of the identified resources, and thirdly, to account for different terms and descriptions used for the same key/complementary resource. The abstraction towards 2nd and 3rd order schemes was achieved via the independent analysis of several researchers and a following discussion if discrepancies occurred. While some of the emerging key/complementary resources suggested existing labels from resources mentioned
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Design of voluntary sustainability initiatives for supply chains
in resource-based view and institutional entrepreneurship literature, other themes were abstracted into generic descriptive labels. The following table 1 summarizes the qualitative research tactic applied in this study comparing them with the quality criteria for rigorous qualitative research given by Gibbert and colleagues (2008).
Tableȱ1:ȱ Criterion
Internal validity
Construct validity
External validity
Reliability
Tacticsȱappliedȱtoȱensureȱrigorousȱempiricsȱ(Peters,ȱ2010:ȱp.ȱ102)ȱ Tactics
Explanation
Research framework
Causal relationships between resources and the initiative’s acceptance were reflected and theory was refined by empirical data
Pattern matching
Emerging patterns were compared with established ones from previous studies (i.e., resources identified in sustainability studies applying institutional entrepreneurship or the resource-based view)
Theory triangulation
Findings were verified by adapting multiple perspectives (institutional entrepreneurship or the resource-based view)
Data triangulation
Data was gathered from interviews (on-site, telephone), public company and initiative information, information issued by the initiative’s members & external stakeholders
Chain of evidence
Traceability from raw data to conclusions is ensured by interview transcripts, as well as databases and mind maps connecting empirical data with emerging themes
Review of transcripts
Interview partners and external scientific peers reviewed and approved transcripts and conclusions
Details on data collection
The circumstances of empirical data collection are clarified
Details on analysis
The data analysis procedure is clarified
Cross case analysis
5 case studies of different organizations and different initiatives were compared
Details on case selection
Explanation of why case studies fit with the research question and framework
Details on case context
Detailed descriptions on the context of the initiative’s design phase are given (existing institutional pressures in the field, content and rationale to establish initiative)
Case-study protocol
The study describes details on how cases were conducted
Case-study database
Detailed minutes, protocols, management summaries and case study reports were gathered
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Wissenschaftliche Beiträge
4
The institutional entrepreneur’s resources and the design of voluntary sustainability initiatives for supply chains
In the following sections, firstly the five cases of voluntary sustainability initiatives as well as their respective contexts are explained and it will be explained how they fit to the theoretical framework. Then the resources that appear to have been key or complementary to the design of those voluntary sustainability initiatives will be described in detail.
4.1
Description of cases on the design of voluntary sustainability initiatives for supply chains
The first case study that was analyzed was Migros’ design of the International Roundtable on Sustainable Palm Oil (RSPO). This initiative goes back to an initial project of the Swiss retailer Migros to follow strict sustainability criteria for palm oil supply chains was triggered by a newspaper article which showed a link between deforestation of the rain forest and the production of palm oil. This emerging normative demand stimulated the company to contact NGOs (among them the WWF) and to design a strategy on how to purchase sustainably produced palm oil. However, recognizing that their own purchasing volumes were not sufficiently large and that the differentiation from traditional products did not allow extra revenues to be generated, Migros and WWF communicated the new supply chain strategy and invited an international auditorium of companies and further stakeholders to participate. This auditorium formed the RSPO, where Migros addressed the problem and urged competitors and further players in the palm oil supply chain to comply with stricter standards. Very similar, the second case study covering Axel Springer’s foundation of the Tikhvin Chalna initiative started with potential risks deriving from emerging normative demands in the corporate social responsibility debate. These demands urged Axel Springer to re-design their supply chain strategy for Russian wood supply. Being one of the sustainability first movers in the publishing business, Axel Springer realized that current Russian supply chain practices in the logging sector could trigger future public discussions that might put pressure on the company being a key player in these supply chains. In 2002, Axel Springer invited one of their main suppliers and started a joint initiative to redesign the supply chain processes in two of the major Russian logging regions towards a higher social and environmental performance. Also, other players in the publishing industry as well as critical reviewers from NGOs were invited to participate in this design of the new voluntary sustainability initiative. Being the third case study analyzed, the International Roundtable on Responsible Soy (RTRS) goes back to the year 2004 when the Swiss retailer Coop and the WWF devel-
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Design of voluntary sustainability initiatives for supply chains
oped sustainability criteria for soy supply chains. This collaboration, also involving other NGOs, steered the definition of the “Basel Criteria”, criteria defining a more social and environmental responsible way in soy production. However, when Coop recognized that the switch to sustainable soy according to the new criteria would challenge the current configurations and infrastructure of Swiss supply chains, a Swiss industry roundtable with the objective to get all relevant Swiss retailers, manufacturers, mills, and suppliers in the soy supply chain was established. This coalition them decided to bring the topic into an international audience that led to the RTRS hosted by the WWF. The fourth case analyzed the design of the Marine Stewardship Counsel (MSC) by Unilever. Here, Unilever was motivated to change its supply chain strategy for frozen fish products by emerging normative demands from consumers, prominent public requests by Greenpeace to label all fish products with the precise location of the catch, and competitive risks of long term fish supply. However, the company recognized that the reconfiguration of their fish supply chains could not be realized alone because the firm did not have sufficient purchasing power to force their fish suppliers (including fisheries) to comply with their new sustainability strategy (Fowler & Heap, 1998; Hamprecht, 2006; Nick et al., 2006). In consequence, Unilever set up a roundtable together with the WWF that constituted the MSC. Subsequently, several important stakeholders were involved in this council for developing criteria for sustainable fish supply chains. Finally, this study involved the analysis of design of the Sustainability Agriculture Initiative (SAI) by Nestlé. This initiative can be traced back to the time when Fair Trade labels became publicly recognized. At this time, Nestlé realized the emerging normative demands and intensified its engagement in activities to improve the environmental and social performance of their agricultural supply chains (Hamprecht et al., 2005; Hamprecht, 2006; Reinhardt, 2005). In order to bundle most of these activities, Nestlé started with an internal initiative called Sustainability Agriculture Initiative Nestlé (SAIN) which encourages its local operations to purchase directly from farmers and to help those farmers to establish farming operations that comply with defined sustainability requirements (Porter & Kramer, 2006; Reinhardt, 2005). However, only months later Nestlé drove the establishment of the SAI to share its experiences from SAIN with other consumer goods manufacturers and suppliers (Reinhardt, 2005). During the comparative case analysis, the five cases show strong commonalities. Each initiator of the respective voluntary sustainability initiative had access to a set of specific resources that were used to implement its proactive inter-organizational sustainable supply chain strategy. Frequently interviewees expressed particular importance of specific resources that were either owned by the initiating company or derived from its relationships to other institutional actors, describing them as key for establishing the respective voluntary sustainability initiative. This identified pattern supports institutional entrepreneurship theory arguing that institutional entrepreneurs rely on key resources to change an existing or create a new institutional field. Scholars of institu-
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Wissenschaftliche Beiträge
tional entrepreneurship argue that such organizations try to ally with partners if their own resources are not sufficient to force the institutional change. The pattern also supports the resource-based view since the interview partners described key intraand inter-organizational factors that specifically enabled the establishment of the voluntary sustainability initiative. Besides these key (inter-)organizational resources, interviewees specifically stressed the effects of resources that had indirect (i.e., complementary) effects on the design and the legitimacy of the voluntary sustainability initiatives. These indirectly impacting resources enabled or increased the potential of the key resources, which is consistent with the resource-based theories’ argument that complementary resources exist that increase the profit-generating potential of other resources and thus increase the efficiency of the initiative pursued by the focal company. In summary, the analysis of the interview data has led to the identification of the following six resources, the three key resources external stakeholder integration, supply chain implementation and cultural framing as well as the three complementary resources cross-functional integration, gate keeping and process improvement.3
4.2
Key resources of the institutional entrepreneur
External stakeholder integration In almost all case studies, the initiating companies explored the new institutional rules, norms and schemata (i.e., the voluntary sustainability initiative’s aim and content) in close collaboration with external stakeholders such as NGOs. For example, in the RSPO case, Migros started discussions with the WWF and ProForest in order to develop the criteria for sustainable palm oil supply chains. In this context, the identification of competent and credible NGOs and the consequent relationship building allowed Migros to explore specific knowledge in sustainability and certification systems. In addition, it ensured the acceptance of the initiative’s defined supply chain practices in society. A similar relationship could be observed in the Unilever case, while the NGO played a more consultant-like role in the Tikhvin Chalna initiative of Axel Springer. The Unilever case (MSC) also shows the effect of neglecting the involvement of other strategic stakeholders, such as suppliers. Not having been invited to promote their point of view before initiating the international roundtable, these fishermen initially felt underrepresented in the development of the sustainable fishing criteria (Hamprecht, 2006). As a consequence of the initial lack of support from fish suppliers, prominent NGOs like Greenpeace expressed their doubts about the overall legitimacy of the new strat-
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The detailed theme analysis including a list of items for each resource can be found in Peters et al. (2009).
Design of voluntary sustainability initiatives for supply chains
egy. These criticisms only subsided with the certification of two large fisheries almost eight years later (Nick et al., 2006). In all case studies, existing stakeholder relationships were based on strong ‘competence trust’ and ‘goodwill trust’ (in the sense of Das & Teng, 2001), shared values towards a market-driven strategy and frequent informal as well as formal communication. These relationships were difficult to set up and required a long and involved process. They were also rare, because only a limited number of solution-oriented NGOs were willing and able to build such relationships. However, once established, they allowed a constructive development of the sustainability criteria for the supply chains that gained acceptance within the internal organization, the supply chain partners and ultimately in the entire industry. Based on the case-study findings, externalȬstakeholderȱ integration has been defined according to Sharma & Vredenburg (1998) as the involvement of external stakeholders in the design of a company’s strategies, contributing with their knowledge and reputation (Peters et al., 2009). As shown in the case studies, external stakeholder integration allows organizations to identify relevant external stakeholders that need to be involved and communicate with them. They allow the establishment of trustful relationships with selected strategic external stakeholders in order to explore those stakeholders’ knowledge and network position. With this definition, already-described resources of resource-based investigations such as relationships to external stakeholders, stakeholder involvement, as well as absorptive capacity (see section 2.1.3.) have been reflected in the perspective of the RBVIE and established in the context of designing voluntary sustainability initiatives for supply chains. Also, the findings have reflected already described resources in institutional entrepreneurship such as social capital to institutional actors (see section 2.1.2.). As consequence, a positive relationship between external stakeholder integration and the effective design of a voluntary sustainability initiative for supply chains has been suggested (Peters et al., 2009).
Supply chain implementation In most of the five case studies, the implementation of the developed criteria, instruments and methods (i.e., intended institutional practices) within the initiator’s supply chains were crucial for the design of the initiative and its acceptance by societal and economic stakeholders. Migros, for example, started the implementation of its sustainable palm oil supply chain criteria by establishing a fair relationship with a strategic supplier who committed itself to taking part in a joint development process for its own operations. Furthermore, Migros built a chain of custody monitoring and evaluation system, enabling the company to recommend the segregation of sustainable palm oil in its own highly-integrated production network and establish segregation via directives issued to freight forwarders and controls of shipping papers. At the time when the RSPO was established, Migros was able to present its already-implemented criteria to the broad audience, which supported the institutional diffusion of these criteria within the supply chains of the RSPO members.
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Wissenschaftliche Beiträge
Similarly, the ongoing implementation and practical use of sustainable agricultural practices Nestlé’s supply chains were mentioned as a key success factor for establishing SAI in the industry. More specifically, Nestlé’s engagement in the reconfiguration of its supply chain and its activities to build strong relationships with its suppliers gave the company direct access to the suppliers’ local operations (Reinhardt, 2005) and allowed Nestlé to implement sustainable practices in its supply chain in a hands-on fashion (e.g., via supplier development in ‘coffee-training centers’ and weekly radio shows). Based on this experience and the results achieved, the company then started a broadened roundtable with other food manufacturers to share its implementation experiences. In 2002, the international NGO Oxfam acknowledged Nestlé’s efforts in the direct purchasing of coffee from farmers and rated Nestlé as the second-best roaster in terms of managing sustainability (Hamprecht, 2006). Axel Springer followed a different path, as it used the suppliers’ dependence on Axel Springer as an important customer in Western Europe – as well as other market mechanisms – to motivate its suppliers to participate in the project. In the first phase of developing Tikhvin Chalna Axel Springer invited several suppliers to assess the proposal on the voluntary sustainability initiative and apply to become their main partner. After choosing StoraEnso, a Finnish wood supplier, Axel Springer started to build a very close relationship with them. Over time, StoraEnso became responsible for the supply chain implementation within its Russian supply network through directives issued to their local subsidiaries and the development of the local logging companies. The study showed the roles of supply chain partner scarcity and relationship specificity (Hunt & Davis, 2008). StoraEnso was the only one of three large suppliers of Russian wood that implemented chain of custody mechanisms. Similarly, Migros is a quite unique retailer, being highly integrated with its own production facilities. The inimitability of Nestlé’s efforts stems from a long history of negotiating and building direct relationships with local farmers. Although early resource-based investigations in the field of sustainability addressed multiple specific supply chain management skills (e.g., Rao & Holt, 2005), supply chain implementation is, based on the case findings, conceptualized more generally. Hence, supplyȱ chainȱ implementation has been defined as the ability to implement the lead company’s strategy into the operations of the involved supply chain members by using market or collaborative approaches (Jiang, 2009; Peters et al., 2009). Furthermore, the key resource includes the transparency and proof (i.e., monitoring and evaluation) of the implementation by the lead organization.4
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It is important to note that alternative definitions for supply chain implementation exist in literature (e.g., Heusler, 2004; Stölzle & Heusler, 2004), however these definitions rather address the comprehensive intra-organizational tasks which the focal firm has to conduct in order to implement supply chain management within the company.
Design of voluntary sustainability initiatives for supply chains
As seen in the case studies, the demonstration of the lead company’s willingness and ability to use the new sustainability criteria increases innovation and cooperation within the network, especially in large supply chain networks (Das & Teng, 2002; Suarez, 2005) and helps to design effective voluntary sustainability initiatives for supply chains. With this definition, already-described resources of resource-based investigations such as green purchasing skills, supply chain integration and environmental collaboration (see section 2.1.3.) have been reflected in the perspective of the RBVIE and established in the context of designing voluntary sustainability initiatives for supply chains. Also, resources described in institutional entrepreneurship such as the ability to educate stakeholders like suppliers (see section 2.1.2.) have been reflected in this context. As consequence, a positive relationship between supply chain implementation and the effective design of a voluntary sustainability initiative for supply chains has been formulated (Peters et al., 2009).
Cultural framing During the interviews, all interviewees stressed the importance of their communication efforts with important societal actors as well as consumers and further supply chain partners. Specifically, Migros framed its new sustainable palm oil criteria with a broad range of TV spots and campaigns, starting with taking part as the best-practice example in sustainable palm oil practices in a prominent WWF campaign on the link between deforestation and Swiss business. Migros published its own ads that explained the link between everyday products and the environmental problem. In following its campaigns, Migros built upon these educational ads and, analytically as well as emotionally, showed its consumers how their new supply chain strategy helps to solve the environmental problem and why alternative approaches may fail. This communication allowed Migros to draw strategic value out of the new strategy, and put other Swiss businesses, including competitors, under pressure to join its strategy. In the Coop case, interviewees explained the importance of linking end products with environmental problems in a similar way to get the acceptance of end consumers and to motivate other consumer-goods businesses and retailers also to invest in similar supply chain practices. Likewise, Unilever made use of the WWF brand and its communication skills to establish the Marine Stewardship Council. While the WWF framed the initiative as ethically desirable, Unilever justified its new supply chain strategy scientific-analytically (i.e., by citing objective studies, figures, etc.) as well as economically (by showing benefits to the bottom line) (Hamprecht, 2006). The case of the Tikhvin Chalna initiative shows the importance of a comprehensive communication concept in general. Having started with a well-defined case, Axel Springer planned the development of the voluntary sustainability initiative from a communication point of view and addressed the benefits for business partners in general (such as decreased reputational risks) and for potential suppliers in particular (such as the differentiation opportunities towards European customers). This enabled the company
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Wissenschaftliche Beiträge
to co-opt large companies of the publishing sector, wood suppliers capable of implementing the strategy, and NGOs willing to take part in the project and confer legitimacy to it. Finally, all interview partners mentioned their successes in framing their initiatives in a neutral way without being prominently mentioned as the inventor of the respective initiative. Rather, the joint efforts were highlighted by interview partners as central to the development of the initiative and stakeholder acceptance. While Axel Springer and Migros engaged independent consultants to moderate the process of integrating further stakeholders, Coop neutrally called their initial criteria on sustainable soy supply chains ‘Basel Criteria’. The rarity and inimitability of this key resource can be illustrated by several examples. The initiators of the voluntary sustainability initiatives, all having a reputation for sustainability leadership, were able to frame their strategies in such a way that society could trust their intent (Wicki & Kaaji, 2007). This is both rare and path-dependent, since there are only a limited number of organizations with a long-documented and publicly recognized history of sustainability practices. Furthermore, cultural framing is a complex interaction of terms, rewards, structure and protocols, all being meaningful to different stakeholder groups (Phillips et al., 2004). Thus, the capability required socially complex experiences in, understanding of, and interaction in diverse stakeholder relationships. Based on the findings, and in accordance with the literature on institutional entrepreneurship, cultural framing has been defined as processes by which organizations integrate their strategic initiatives into the specific cultural frames of the legitimizing stakeholder groups (Peters et al., 2009, in accordance with Howard-Grenville & Hoffman, 2003) in order to strategically question the meaning of specific issues in society in order to show that their own strategies are valid, reliable and useful (Phillips et al., 2004). With this definition, already-described resources of institutional entrepreneurs such as cultural capital, the ability to write acknowledged texts as well as ability to conduct symbolic actions (see section 2.1.2.) have been reflected in the perspective of the RBVIE and a positive relationship between cultural framing and the effective design of voluntary sustainability initiatives for supply chains has been proposed (Peters et al., 2009).
4.3
Complementary resources of the institutional entrepreneur
Cross-functional integration During the interviews, most interview partners stressed the importance to integrate the affected functional departments and people in cross-functional teams during the design of the voluntary sustainability initiative. However, they did not relate this as-
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Design of voluntary sustainability initiatives for supply chains
pect to direct effects on the initiative’s acceptance. But they emphasized that this capability helped to implement the initiative’s objectives and to ensure the overall feasibility of the new strategy, ultimately leading to increased acceptance among all affected parties. For example, Migros integrated all affected functions in the development of the new Migros criteria on sustainable palm oil supply chains – namely, the purchasing department, the social compliance department and corporate communications. This allocation of diverse knowledge allowed Migros to design and continuously improve an economically and technically feasible solution to the environmental problem that could be implemented within the supply chain without any major conflicts. Specifically, the integration of the purchasing department enabled the company and some of its allies in the RSPO to address challenges of current supply chain configurations more effectively, so that diverse stakeholders accepted alternative supply chain configurations. Similarly, Coop’s project management for the design of the sustainability criteria for responsible soy supply chain practices that lead to the Basel Criteria soon decided to share implementation responsibility with the purchasing department. This involvement helped Coop to prove its commitment to the initiative, ultimately facilitating negotiations with other stakeholders. Also, the environmental officer at Axel Springer integrated the affected process owners from operations. This was important to assess the internal operations and to obtain their commitment to the Tikhvin Chalna initiative’s implementation. Therefore, numerous affected functions continuously contributed their specific knowledge to the design of the new sustainable supply chain criteria. Although cross-functional teams as such are generally becoming standard practice (Grant, 1996), interview partners emphasized that the underlying processes and management systems were rare and explicitly tailored to the specific intra- and interorganizational structures. This allowed the companies to capture tacit knowledge by means of social exchange instead of relying exclusively on explicit knowledge. Also, interviewees described this capability as causally ambiguous and socially complex, involving different functions and employees in coordinated action. Cross-functional integration has gained limited attention in the literature on institutional entrepreneurship and resource-based work in the field of corporate sustainability. However, reflecting the cases and resource-based literature in the field of innovation and knowledge management, crossȬfunctionalȱ integrationȱ has been defined as a capability that “acts as adhesive by absorbing critical knowledge from external sources and by blending the different technical >and further@ competencies developed in various company departments” (Verona, 1999: p. 134). As seen in the case studies, this capability typically entails the participation of affected corporate functions in and the coordination of cross-functional teams that bring together different sources of expertise, both leading to designing and implementing the (company external) supply chain processes more efficiently and effectively in terms of the fit between its implementation in the supply chain and the institutional demands.
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Wissenschaftliche Beiträge
With this definition and case finding the study has reflected already-described resources and proposed relationships in resource-based investigations sustainable supply chain management (SSCM) that suggest a complementary role of cross-functional integration (as intra-organizational SSCM practice) and supply chain implementation (which was defined as rather inter-organizational SSCM practice, see section 4.2.) (e.g., Darnall et al., 2008; Zhu et al., 2008a; 2008b). However, this complementary role and positive relationship between cross-functional and supply chain implementation has been assumed in the perspective of the RBVIE and established in the context of designing voluntary sustainability initiatives for supply chains (Peters, 2010).
Gate keeping The existence of a central organizational gatekeeper was frequently stressed to be an important aspect in the design of a voluntary sustainability initiative. However, it could be observed that this resource did not directly affect the initiative’s design and acceptance (i.e., was not key resource), but was complement and enabled the potential of several other resources that had direct effects on these performance dimensions. As interviewees stressed within the case studies, gate keeping allows the control of the coordination and communication of the initiative within the organization as well as with external parties, resulting in a superior understanding and ultimately a better acceptance among the members of the voluntary sustainability initiative. For example, Axel Springer installed a skilled environmental officer who was responsible for detecting societal concerns as well as opportunities to improve the company’s and its supply chains’ sustainability performance and convert these ideas into project proposals for the internal process owners. The Tikhvin Chalna initiative is such a proposal, where the gatekeeper aligned societal (i.e., the external stakeholders’) as well as supply chain partners’ interests with the appropriate business functional interests. The legitimacy of Migros’ sustainable palm oil supply chain strategy can also be traced back to the officers of Migros and its subsidiary Mifa, the manufacturer of food (e.g., margarine), purifiers and detergents. Here, these skilled employees were able to detect external stakeholder statements early and understand what these statements meant for Migros’ business; they were able to understand the relevance of the environmental and social problems of palm oil production and the associated reputational risks to its own products, even though the link between their own operations and the use of palm oil had not been established at this time. Therefore, it became clearer to Mifa and Migros which specific problems and understandings of the palm oil issue existed, making it possible to select appropriate internal as well as external collaboration partners for tackling this potentially arising problem for Migros’ brand value. Similarly, Unilever’s manager in charge of the frozen fish business quickly recognized the problem of the over-fishing of the oceans for the company’s long-term competitiveness and discussed initial ideas with organization-external as well as -internal collaboration partners. These early discussions enabled Unilever to orchestrate the internal functions and to work out initial concepts on how to approach the issue before
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Design of voluntary sustainability initiatives for supply chains
getting into discussions with NGOs. As consequence, both of these proactive approach lead to reputational benefits and the early acceptance of Migros’ and Unilever’s strategies by the NGOs involved. Another point that was frequently mentioned by the interviewees was the creation of a central project management that understood both the involved external (stakeholders) as well as internal (business functions) partners and was thus able to steer the collaboration efficiently. The rarity and inimitability of this resource can be illustrated by the case studies: For instance, the rarity of gatekeepers (i.e., managers in charge of gate keeping) is due to the requisite specific training and understanding of the specific sustainability issues. More specifically, the interview partners stressed that they hardly found highly skilled gatekeepers in the market and that an appropriate education system has not been widely established yet. Referring to the inimitability of gate keeping, interviewees highlighted that the processes of gate keeping were tailored to the specific structures between the organizational functions and the external stakeholders. Gate keeping was consequently described as a causally ambiguous and socially complex interaction between the different internal and external constituencies. Furthermore, interview partners highlighted the tacit knowledge that was captured by these processes and stressed the path that gatekeepers had to go through in terms of education, specific and rare experiences, and building know-how from coordinating these kinds of projects. According to the case findings, gateȱkeeping has been defined as the ability to monitor the objectives and influences of external stakeholders, translate this information for the organization-internal constituents of the firm and vice versa (Peters, 2010). As such, the case findings support resource-based investigations in the field of corporate sustainability that treat organizational gatekeepers as an important resource in the interaction with external stakeholders and might be even seen as sub-capability to external stakeholder involvement (e.g., Sharma, 2005). As seen in the case studies, gatekeepers facilitate discussion with external stakeholders, promote an efficient management of the interaction between the internal and external constituencies involved and thus enable the integration of the external constituencies and the respective external knowledge (Cohen & Levinthal, 1990). On the basis of the foregoing arguments, the assumption has been made that gate keeping is complementary to external stakeholder integration and that this positive relationship between gate keeping and external stakeholder integration also holds in RBVIE logic (Peters, 2010). The case findings also suggest that gatekeepers perform a liaison role in project tasks by not only mediating external information, but also by facilitating the external communication of their local (i.e., internal) project colleagues. This finding is supported by resource-based literature of product development arguing that gatekeepers facilitate the communication to be steered towards external stakeholders, as it supports crossfunctional integration within the organization (e.g., Brown & Eisenhardt, 1995). Thus,
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Wissenschaftliche Beiträge
the assumption has been made that gate keeping is also complementary to crossfunctional integration and that this proposed positive relationship between both constructs also holds in RBVIE logic (Peters, 2010).ȱ Finally, the case studies showed that besides integrating external stakeholders, gate keeping impacts the potential of stakeholder-specific marketing and communication efforts. This finding again is supported by resource-based literature of product development. For instance, Verona (1999) argues that gatekeepers explain how companies access the potential of marketing skills. As a reason for this effect, the author stresses that only the ability properly to support strategic decisions such as market segmentation and product differentiation can positively affect the way customers’ (and further stakeholders’) perceptions of a product’s ability to fit with their needs. Based on the foregoing arguments, the assumption has been made that gate keeping is a complementary resource enabling and facilitating cultural framing and that this proposed positive relationship between both resources also holds in RBVIE logic (Peters, 2010).
Process improvement In all analyzed case studies, interviewees mentioned that their efforts in continuously optimizing the economic and environmental performance of their supply chain processes were central for implementing the voluntary sustainability initiative’s objectives and obligations, as well as facilitating the acceptance and integration of strategic stakeholders. For instance, Axel Springer’s profound qualified knowledge of its supply chain processes and the related environmental performance enabled the company to steer the further development and implementation of the Tikhvin Chalna initiative. Having already gone through various environmental supply chain assessments and product lifecycle analyses, Axel Springer was able to propose reasonable initial criteria to its business and supply chain partners that were then developed into policies in a joint endeavor. Also Migros built upon a structured and monitored supplier development process to ensure the technical feasibility of the new environmental/social palm oil criteria. Later, in order to increase the economic feasibility, Migros also assessed its supply chains and thereby understood the opportunities offered by the implementation of a certificate-trading system for sustainable palm oil (so-called ‘Book@Claim’ approach). These insights allowed Migros and some of its peers successfully to lobby for the less costly approach, whereby organizations can buy certain certificates directly from palm oil producers instead of securing the segregation within the entire supply chain. Nestlé’s supply chain managers developed structured quality improvement and assurance programs for suppliers to improve the traceability of raw materials. As consequence, they enabled a technically reliable supply of sustainable raw materials and further attempted to plan more systematically for possible expansions and new suppliers. Also, they helped farmers to improve their processes and to achieve the defined implementation steps. In this way, Nestlé assisted farmers in the creation and capture of additional economic value (Reinhardt, 2005) and obtained public recogni-
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Design of voluntary sustainability initiatives for supply chains
tion and acceptance for its sustainable agricultural supply chain practices, such as the reward from the international NGO Oxfam (Hamprecht, 2006). The rarity of the process improvement techniques that enhanced the supply chain processes in terms of technical, environmental and social performance can be exemplary illustrated by the Axel Springer case. More specifically, at the time when the Tikhvin Chalna initiative was established, Axel Springer was the only company in the publishing sector sourcing Russian wood that had profound experience in running lifecycle analyses of their wood supply chains. The inimitability of this resource is shown in the sophisticated adaptive learning routines of all process improvements described in all case studies. Interviewees stressed that the capability revealed tacit inter-organizational routines and made them explicit. Ultimately, this lead to richer cognitive models of the supply chain processes and the activities applied within these processes. Furthermore, it improved the environmental, social and economic performance of the entire supply chain. According to the case studies as well as literature of resource-based studies in the field of innovation and knowledge management (e.g., Benner & Tushman, 2003), processȱ improvement has been defined as a resource or capability to identify, analyze and improve existing business and supply chain processes to meet defined goals and objectives (Peters et al., 2009). The resource comprises techniques to map and assess the existing supply chain processes, provide instruments in order to improve these processes, offer systems that control the adherence to the defined improvement steps, and allow organizations successfully to carry out the implementation of environmental or social supply chain strategies. The case findings support the resource-based literature on corporate sustainability. Similarly to the case findings, recent studies in the field of sustainable supply chain management (SSCM) show the complementary role of the intra-organizational resource (environmental) process improvement and the interorganizational resource of supply chain implementation (e.g., Darnall et al., 2008; Zhu & Sarkis, 2004; Zhu et al., 2005; Zhu et al., 2008a; 2008b). Accordingly, the assumption has been made that process improvement is complementary to supply chain implementation and that a positive relationship exists between both resources that also holds in RBVIE logic (Peters, 2010). Very similarly to the findings and proposition above, the case findings support existing studies that argue that process improvement may further enable externalstakeholder integration. This is also in line with resource-based literature which argues that only if companies are able to optimize environmental management processes they will be able to engage in more sophisticated environmental management concepts like product stewardship, integrating affected stakeholders in the environmentallyconscious design of products and processes (e.g., Hart, 1995). Based on these foregoing arguments, the assumption has been made that process improvement is complementary to external stakeholder integration and that a positive relationship between both resources exists in RBVIE logic (Peters, 2010).
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Wissenschaftliche Beiträge
Figureȱ2:ȱ
Illustrationȱofȱtheȱderivedȱpropositionsȱonȱtheȱinstitutionalȱentrepreneur’sȱkeyȱ andȱcomplementaryȱresourcesȱinȱtheȱcontextȱofȱdesigningȱvoluntaryȱsustainabilȬ ityȱinitiativesȱforȱsupplyȱchainsȱȱ
Complementary resources
Cross-functional integration
+
Process improvement
Gate keeping
5
Key resources
+ + + + +
Supply chain implementation
+ External stakeholder integration
+ +
Legitimized design of voluntary sustainability initiative
Cultural framing
Conclusion
Discussion of findings As stressed in the literature review, scholars of institutional entrepreneurship argue that resources play a key role in designing institutions and carrying out institutional change. Recent studies even described resources being used by institutional entrepreneurs. Nonetheless, the structured identification of resources being key and contributing to an institutional change remained weak (Hamprecht & Sharma, 2006). This synthesizing article of Peters and colleagues’ (2009) submitted paper and further development (see e.g. Peters, 2010) follows the debate on these strategically important resources in the context of the design of voluntary sustainability initiatives for supply chains. More specifically, the paper at hand empirically analyzed the relationship between (inter-)organizational key and complementary resources and the design of legitimized (i.e., widely accepted) voluntary sustainability initiatives. With this study, institutional entrepreneurship theory has been for the first time introduced to supply chain management literature. Further, the study showed that institutional entrepreneurship theory might contribute to the question of how organizations design (i.e., institutionalize) voluntary sustainability initiatives for supply chains. Specifically, this study derived propositions for key and complementary resources that enable an efficient and legitimized design of voluntary sustainability initiatives, i.e.,
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Design of voluntary sustainability initiatives for supply chains
that are widely accepted by participants as well as initiative-external stakeholders. In order to identify key and complementaryȱresources this study built the analysis on concepts of the resource-based view. RBV theory emphasizes key intra- and interorganizational resources (Barney, 1991; Lavie, 2006) allowing the institutional entrepreneur to drive the design of a voluntary sustainability initiative more effectively and provides concepts like complementarities that address increasing the efficiency of such strategic action. This way, institutional theory has been enriched with explanations about the means the entrepreneur uses to win the institutional competition against existing and opposing supply chain practices by reducing the risk that other organizations draw on similar resources and oppose in changing the institutional environment. By using analytical induction and comparative case studies in the context of voluntary sustainability initiatives for supply chains, several key as well as complementary resources have be identified that enabled the design of the initiatives – namely the key resources external stakeholder integration, supply chain implementation, and cultural framing as well as the complementary resources cross-functional integration, gate keeping and process improvement that increase the value of the mentioned key resources. All identified six resources were reflected with literature that treats aspects of institutional entrepreneurship or resource-based view within the fields of corporate sustainability, inter-organizational learning, innovation management as well as supply chain management and discussed whether they fulfill the characteristics of the resourcebased view of institutional entrepreneurship (i.e., being valuable in terms of steering the design and legitimacy of the initiative, rare, inimitable and non-substitutable). The derived propositions support initial findings from institutional entrepreneurship literature. For example it was found that integrating external stakeholders (i.e., building up social capital) as well as cultural capital to frame the own sustainable supply chain strategy for specific stakeholder segments is positively related to the design and legitimacy of a voluntary sustainability initiative. More importantly, this study further added several key and complementary resources to institutional entrepreneurship literature that can be central in the context of designing voluntary sustainability initiatives such as supply chain implementation, cross-functional integration, gate keeping and process improvement. These resources are in line with current resource-based research on proactive corporate sustainability, innovation management and sustainable supply chain management. However, with the case analysis these existing finding were leveraged in the specific context of designing voluntary sustainability initiatives and institutional entrepreneurship, identifying key and complementary resources contributing to the intended institutional change.
Future research While this study was able to identify key and complementary resources in several case studies of leading company-driven voluntary sustainability initiatives further research
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Wissenschaftliche Beiträge
is needed: Firstly, the cases provided initial indications on contextual or temporal orders in the resources (e.g., more than half of the cases started with efforts to integrate credible external stakeholders and the different aspects of supply chain implementation often seemed to follow the underlying relationship type between the initiator and its suppliers) as well as non-linear relationships between the constructs (e.g., interviewees stressed that the optimal amount of external stakeholders to be included should be limited due to occurring inefficiencies). However, the gathered data did not allow us to derive propositions on a contingent (i.e., which sequencing or contextspecific application of activities and underlying resources is most efficient to design voluntary sustainability initiatives) or non-linear resource value (i.e., what is the optimal amount of the specific key or complementary resources a company should posses) as these concepts could not be observed in every case. This leads already to the second aspect: Studies on key resources for institutional entrepreneurship in the context of proactive sustainable supply chain strategies and voluntary sustainability initiatives might take further enhancements of the resource-based view into consideration. For example, how do contingencies (e.g., Aragón-Correa & Sharma, 2003) and nonlinearity of resource value (e.g., Barnett & Salomon, 2006) affect the efficiency besides the effectiveness of establishing voluntary sustainability initiatives? For instance, Cox and colleagues provide a framework for clustering buyer-supplier relationships and networks into four specific types that could be a basis for a context factor to be integrated (Cox, 2001; Cox et al., 2001). Finally, similar to other research on corporate strategies this study relies heavily on self-reported constructs provided by interviewees. Although using independent observers and multiple data sources triangulated data wherever possible, in a second study the constructs and suggested relationships had to be strengthen the by testing them quantitatively. This has already been done (see Peters, 2010), however, still provides room for improving the measurement model and integrating the aspects suggested above (i.e., contingencies and non-linearity).
Implications for business practice Companies that wish to design voluntary sustainability initiatives for their supply chains can draw on the study’s conclusions that identify the key and complementary resources necessary for the successful design of a voluntary sustainability initiative by a lead organization. Therefore, companies should firstly actively integrate strategic stakeholders in the societal as well as economic domain in the development of emerging supply chain strategies to access their specific knowledge and to obtain their support and credibility. Secondly, they should implement the new strategy in their supply chains or as proto-type in pilot supply chains in order to intensify their knowledge about the environmental/social problem and the affected processes as well as to credibly present and lobby for feasible strategies. Therefore, they should integrate the affected process owners within the company as well as from external supply chain partners in the development and implementation of the new strategy, coordinate this communication by dedicated gate keepers and continuously optimize the strategy by drawing on process improvement techniques. This might further increase the technical
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Design of voluntary sustainability initiatives for supply chains
and economic feasibility as well as the acceptance of the new supply chain strategy, ultimately putting companies in the position to move their supply chains towards sustainability, communicate their supply chains’ superior environmental, social and economic performance to the society and business partners, and to accordingly fulfill the promise they have made.
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Koordination von Zuliefernetzwerken
Dr.ȱChristophȱGlockȱ
Abstract Der Beitrag untersucht den Einfluss unterschiedlicher Zulieferstrukturen auf die Kostenentstehung in Zuliefernetzwerken. Konkret wird der Fall betrachtet, in dem ein Käufer ein homogenes Gut von mehreren Lieferanten bezieht und die individuellen Fertigungsmengen der Lieferanten sowie die Lieferzeitpunkte festgelegt werden müssen. In der Arbeit werden vier unterschiedliche Zulieferstrukturen modelliert, bei denen Liefermengen entweder zeitgleich oder zeitlich versetzt beim Käufer eintreffen, und die Auswirkungen alternativer Zulieferpolitiken auf die Kosten des Wertschöpfungssystems untersucht. Es zeigt sich, dass durch eine adäquate Steuerung der Zulieferung Einfluss auf die Entstehung von Lagerbeständen und die Vorhaltung des Lagerhaltungsschwerpunkts genommen werden kann, wodurch die Kosten des Systems umfassend beeinflusst werden können.
1
Problemstellung
Aufgrund der fortschreitenden Globalisierung sehen sich fertigende Unternehmen mit einem steigenden Konkurrenz- und Kostendruck und einem gleichzeitig dynamischer und komplexer werdenden Marktgeschehen konfrontiert (u. a. Pawellek/Martens, 2005, S. 149). Um vor dem Hintergrund eines geänderten Wettbewerbsumfelds langfristig erfolgreich sein zu können, reagieren viele Industrieunternehmen mit einer Reduktion der Fertigungstiefe, um durch eine Beschränkung auf Kernkompetenzen die eigene Wettbewerbsfähigkeit zu erhöhen.1 Schätzungen gehen in diesem Zusammenhang davon aus, dass der Anteil fremd bezogener Wertschöpfung in vielen Industrien bereits über 60% beträgt und dass auch zukünftig mit weiteren Auslagerun-
1
Eine Studie des Fraunhofer Instituts für Systemtechnik und Innovationsforschung kommt in diesem Zusammenhang zu dem Ergebnis, dass 41% der befragten Unternehmen im verarbeitenden Gewerbe in den Jahren 1999 bis 2001 Fertigungsleistungen ausgelagert haben, vgl. Kinkel/Lay (2003), S. 3. Zu einer theoriegestützten Analyse der Festlegung der Fertigungstiefe vgl. u. a. Djabarian (2002).
Wissenschaftliche Beiträge
gen zu rechnen ist (Bogaschewsky, 2005, S. 2; Fuchs/Kaufmann, 2008, S. 171; Kinkel/Lay, 2003, S. 5-6). Während durch eine Reduktion der Fertigungstiefe die Struktur der eigenen Organisation vereinfacht werden kann, gilt gleichzeitig, dass verstärkt Beziehungen zu unternehmensexternen Einheiten unterhalten werden müssen. Auf Beschaffungsseite entstehen dadurch komplexe, netzwerkartige Zulieferstrukturen, die gemeinsam mit den Abnehmern kooperative Fertigungsverbünde konstituieren und das Einzelunternehmen als Ort der Wertschöpfung ersetzen (auch Corsten/Gössinger, 2008, S. 50). Da durch die Einbeziehung von Lieferanten in den Wertschöpfungsprozess zahlreiche Potenziale erschlossen, gleichzeitig aber auch Risiken geschaffen werden können, ist der Koordination von Zulieferstrukturen aus Sicht der Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens besondere Bedeutung beizumessen (hierzu u. a. Dyer, 1996). Da die Koordination der Leistungserstellung in Zuliefernetzwerken vor dem Hintergrund einer komplexen und dynamischen Entscheidungssituation erfolgen muss, werden Hilfsmittel zur Entscheidungsunterstützung benötigt, die im Rahmen der Logistikforschung in Form so genannter Metalogistikmodelle bereitgestellt werden.2 Werden bisherige Veröffentlichungen zur operativen Logistikplanung betrachtet, so wird eine überwiegende Fokussierung auf Einzelunternehmen oder Teilbereiche von Einzelunternehmen offenbar, die Interdependenzen in der Wertschöpfung, die sich bei einer Leistungserstellung in Netzwerken ergeben, vernachlässigt (zu dieser Problematik u. a. Goyal, 1977a; Banerjee, 1986; Goyal/Gupta, 1989). Existierende Ansätze, die eine integrierte anstelle einer einzelunternehmenszentrierten Planung vornehmen, sind jedoch einseitig absatzorientiert,3 sodass die Koordination der Leistungserstellung in Zuliefernetzwerken in der Literatur bisher nicht ausreichend thematisiert wird. Da diese Tatsache der wettbewerbstheoretischen Bedeutung von Zulieferstrukturen nicht gerecht wird, sollen im Folgenden Multi-Lieferanten-Modelle untersucht werden. Der Fokus der Analyse liegt hierbei insbesondere auf der Struktur der Zulieferung, die umfassend auf die Entstehung von Lagerbeständen im System wirkt und deren Steuerung damit zu Kostensenkungen führen kann. Im Folgenden soll nun zunächst ein Überblick über wichtige Veröffentlichungen im Themenbereich quantitativer Logistikkostenmodelle gegeben werden, bevor im dritten Abschnitt quantitative Modelle zur Koordination von Zuliefernetzwerken entwickelt werden sollen. Im letzten Abschnitt wird auf weiteren Forschungsbedarf eingegangen.
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Zur Funktion formaler Modelle als Instrumente zur Entscheidungsunterstützung vgl. u. a. Müller-Merbach (1973). Vgl. für einen umfassenden Literaturüberblick Glock (2009) und ferner auch Minner (2003).
Koordination von Zuliefernetzwerken
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Literaturüberblick
Interdependenzen in der Wertschöpfung zwischen Lieferanten und Käufern wurden in der Vergangenheit von einer Vielzahl von Autoren in so genannten integrierten Losgrößenmodellen untersucht (Für einen Literaturüberblick vgl. u. a. Goyal/Gupta, 1989; Ben-Daya et al., 2008; Glock, 2009). Eine verstärkte Behandlung dieser Themenstellung fand v. a. in den letzten Jahren statt, woraus auf eine gestiegene Relevanz von Kooperationsaspekten in der Leistungserstellung geschlossen werden kann. Um die notwendigen Grundlagen für die Modellentwicklung des Abschnitts 3 zu schaffen, sollen im Folgenden Arbeiten vorgestellt werden, die unterschiedliche Zulieferstrukturen in Lieferanten-Abnehmer-Beziehungen untersuchen. Eines der ersten Modelle zur integrierten Losgrößenplanung ist auf Goyal (1977a) zurückzuführen, der eine zweistufige Wertschöpfungskette mit einem Lieferanten und einem Käufer modelliert. Anstelle für beide Parteien eine isoliert optimale Auftragsgröße abzuleiten, fokussiert der Autor die gesamten Systemkosten, die sich additiv aus den Kosten des Lieferanten und den Kosten des Käufers zusammensetzen, sodass eine aus Systemsicht optimale Losauflagepolitik abgeleitet werden kann. Goyal geht bei der Modellformulierung von einer unendlichen Lagerauffüllrate auf der Seite des Lieferanten aus, sodass das Modell nur dann Gültigkeit besitzt, wenn der Lieferant als Händler agiert, und unterstellt, dass der Zulieferer mehrere Bestellungen des Käufers zu einer eigenen Bestellung zusammenfasst und sein Lager dann in diskreten Zeitabständen leert. Um den Geltungsbereich des Modells auch auf fertigende Unternehmen übertragen zu können, wird das Modell von Goyal durch Banerjee (1986) um eine endliche Fertigungsgeschwindigkeit erweitert. Der Autor beschränkt seine Analyse hierbei auf den Fall gleicher Losauflagehäufigkeiten auf Käufer- und Lieferantenseite, sodass der Lieferant exakt die Bestellmenge des Käufers fertigt und diese genau dann an den Käufer ausliefert, wenn dessen Lagerbestand auf null gefallen ist.4 Da die Annahme gleicher Produktions- und Bestellzyklen insbesondere dann, wenn die Kosten- und Leistungsparameter der Akteure stark voneinander abweichen, zu schlechten Ergebnissen führt, wurde die Los-für-Los-Annahme von Goyal (1988) aufgehoben und ein Modell entwickelt, in dem das Produktionslos des Lieferanten einem ganzzahligen Vielfachen der Bestellmenge des Käufers5 entspricht. Diese Modifikation führt dazu, dass im Vergleich zum Modell von Banerjee in vielen Anwendungsfällen 4 5
Der Fall, in dem Käufer und Lieferant stets auf gleich große Losauflagehäufigkeiten beschränkt sind, wird gemeinhin als Los-für-Los-Politik bezeichnet. Die Annahme, dass das Produktionslos des Lieferanten einem ganzzahligen Vielfachen der Bestellmenge des Käufers entspricht, wird auch als „integer-ratio policy“ bezeichnet. Deren Optimalität bei einer unendlichen Fertigungsgeschwindigkeit auf Lieferantenseite weisen Crowston et al. (1973) und Schwarz (1973) nach, während der Optimalitätsbeweis im Fall einer endlichen Fertigungsgeschwindigkeit von Eben-Chaime (2004) erbracht wird.
97
Wissenschaftliche Beiträge
eine Kostenreduktion erzielt werden kann, da die Rüstkosten auf der Seite des Lieferanten verringert werden können. Während in den bisher diskutierten Modellen davon ausgegangen wurde, dass lediglich vollständig fertig gestellte Lose an den Käufer weitergeleitet werden, lassen LU (1995) sowie Agrawal und Raju (1996) gleich große Teillieferungen zu. Damit muss mit der Auslieferung der Bestellung an den Käufer nicht mehr länger gewartet werden, bis das gesamte Fertigungslos fertig gestellt ist, sondern vielmehr können bereits vorher Teilmengen der Bestellung ausgeliefert werden, was zu einer Reduktion der Lagerbestände auf Lieferanten- und Käuferseite führen kann. Während in beiden Arbeiten unterstellt wird, dass aufeinander folgende Teillieferungen stets die gleiche Größe aufweisen, lassen Goyal (1995) sowie Chatterjee und Ravi (1991) Teillieferungen zu, deren Größe entsprechend einer geometrischen Reihe ansteigt, die durch das Verhältnis von Produktionsgeschwindigkeit xp zu Verbrauchsgeschwindigkeit xv bestimmt wird. Durch diese Vorgehensweise können die Lagerhaltungskosten bei gleich bleibenden Rüstkosten oftmals weiter reduziert werden, sodass immer dann, wenn die Senkung der Lagerhaltungskosten die Zunahme der Transportkosten überkompensiert, eine Reduktion der Gesamtkosten erzielt werden kann. Grundsätzlich dominiert jedoch keine dieser beiden Strategien die jeweils andere, da deren Kostenwirkungen von der Ausprägung der Modellparameter und damit von der individuellen Beschaffungssituation abhängig sind (Viswanathan, 1998). Die Problematik der Weiterleitung von Teillieferungen wird von Hill (1997) weiter untersucht, der den Fall von Transportlosen betrachtet, deren Größe um einen fixen Faktor Ώ mit Ώ [1;xp/xv] ansteigen. Der konkrete Wert von Ώ hängt hierbei von dem Verhältnis der Lagerhaltungskostensätze ab: Im geometrisch ansteigenden Fall (Ώ > 1) wird der Schwerpunkt des Lagerbestands – je nach Ausprägung des Multiplikators Ώ mehr oder weniger stark – auf die Seite des Käufers verlagert und verursacht dort Lagerhaltungskosten, während im Fall gleich großer Transportlose (Ώ = 1) ein größerer Teil der Lagerhaltung auf der Seite des Lieferanten erfolgt und dort zu Kosten führt. Ist der Lagerhaltungskostensatz auf Käuferseite größer als auf Lieferantenseite, führt Ώ < xp/xv im Vergleich zu den Modellen von Chatterjee und Ravi (1991) sowie Goyal (1995) zu einer Einsparung von Lagerhaltungskosten, die jedoch erhöhte Transportkosten kompensieren muss. Auf Basis dieser Annahmen entwickelt Hill (1999) eine Heuristik, die in einer zweiten Arbeit zu einer optimalen Lösung weiterentwickelt wird. In dieser Arbeit zeigt der Autor, dass die Systemkosten minimiert werden können, wenn die ersten mU Teillose entsprechend dem Faktor Ώ = xp/xv ansteigen und die letzten mG Lose eine gleiche Größe annehmen.6
6
98
Für zwei Arbeiten, die heuristische Verfahren für die Weiterleitung gleich großer und ungleich großer Lose vorschlagen, vgl. Goyal (2000) und Goyal/Nebebe (2000). Vgl. ferner Hill/Omar (2006) für einen vergleichbaren Ansatz.
Koordination von Zuliefernetzwerken
Der Fall mehrerer Käufer, die ein Produkt von einem gemeinsamen Lieferanten beziehen, wird von Banerjee und Burton (1994) betrachtet. Um möglichst niedrige Systemlagerbestände zu erhalten, wird ein gemeinsamer Bestellzyklus Ό unterstellt, zu dessen Beginn Lieferungen an die Käufer erfolgen.7 Der Produktionszyklus des Lieferanten wird gleichzeitig auf ΏΌ ZE mit Ώ 1 festgelegt, wodurch v. a. Rüst- und Transportkosten auf Lieferantenseite eingespart werden können. Wie der Literaturüberblick zeigt, kann durch die Ausgestaltung der Zulieferung an den Käufer Einfluss auf eine Vielzahl unterschiedlicher Kostenarten genommen werden. Im Folgenden soll nun untersucht werden, welchen Einfluss die Zulieferstruktur auf die Kosten der Wertschöpfungspartner und des Gesamtsystems nimmt, wenn der Käufer nicht nur Beziehungen zu einem, sondern zu mehreren Lieferanten unterhält.
3
Modellentwicklung
3.1
Problemstellung und Modellannahmen
Im Folgenden wird der Fall untersucht, in dem ein Käufer ein homogenes Gut von mehreren Lieferanten bezieht. Hierbei wird unterstellt, dass die Kapazität eines einzelnen Lieferanten nicht ausreicht, um den Bedarf des Käufers zu befriedigen, sodass der Käufer zu mindestens zwei Lieferanten Beziehungen unterhalten muss. Damit ist das untersuchte Szenario repräsentativ für den Fall, in dem der Käufer Beziehungen zu kleinen Lieferanten unterhält oder die Lieferanten aufgrund einer Multiple Sourcing-Praxis nur einen begrenzten Anteil ihrer Kapazität für den Käufer reserviert haben (Diese Annahme ist in der Literatur nicht unüblich und findet sich z. B. Rosenblatt et al., 1998). Für die nachfolgend zu entwickelnden Modelle sollen ferner die folgenden Prämissen Gültigkeit besitzen:
Alle Planungsparameter sind bekannt und konstant über die Zeit und der Lagerabgang auf Käuferseite erfolgt im Zeitablauf kontinuierlich.
Der Verbrauch auf Käuferseite muss unterbrechungsfrei befriedigt werden. Lagerunterdeckungen sind nicht zulässig.
Die Summe der Produktionsraten aller Zulieferer übersteigt die Absatzrate des Käufers und die Produktionsgeschwindigkeit ist endlich.8 7 8
Diese Zulieferpolitik findet sich auch bei Sarmah et al. (2008). Die Annahme ist notwendig, um eine kontinuierliche Versorgung des Absatzes sicherzustellen, während die Gleichheit von Produktions- und Verbrauchsgeschwindigkeit ausgeschlossen wird, da in diesem Fall kein klassisches Losgrößenproblem mehr vorliegt. Vgl. hierzu auch Bogaschewsky, 1996, Sp. 1142.
99
Wissenschaftliche Beiträge
Es werden keine produktartenspezifischen Beschränkungen, wie z. B. Lagerraumrestriktionen oder Verderblichkeit, betrachtet. Transport- und Rüstzeiten können vernachlässigt werden, da angenommen wird, dass sie im Vergleich zur Fertigungs- und Verbrauchszeit lediglich einen sehr geringen Wert annehmen.
Die Lieferantenselektion wurde bereits im Vorfeld abgeschlossen und die Anzahl der Zulieferer, von denen das Produkt bezogen wird, ist extern gegeben.
Die Zulieferer weisen alle gleiche Kosten- und Leistungsparameter auf, d. h. der Käufer sieht sich homogenen Zulieferern gegenüber. Damit wird unterstellt, dass die Zulieferer Zugang zu den gleichen Produktionstechnologien und Beschaffungsmärkten haben, sodass Unterschiede in den Kosten- und Leistungsparametern vernachlässigt werden können.
Es wird unterstellt, dass der Käufer nur zu so vielen Lieferanten Beziehungen unterhält, wie aus kapazitiven Gründen unbedingt notwendig ist, da der Käufer seine Lieferantenbasis reduzieren möchte. Für die Produktions- und Verbrauchsgeschwindigkeiten gilt damit:
¦
n i 1
x p ,i ! xv
und
¦
n 1
i 1
x p ,i d xv
Die Gütereinheiten des Hauptprodukts sind beliebig (infinitesimal) teilbar. Es wird ein unendlicher Planungshorizont unterstellt. Die Zielsetzung des Modells besteht in der Minimierung der gesamten Systemkosten. Die Annahmen stellen zum Teil Vereinfachungen realer Gegebenheiten dar, die insbesondere aus Gründen der Reduktion der Modellkomplexität notwendig sind. Dennoch können auf Basis dieser Annahmen aussagekräftige Logistikkostenmodelle entwickelt werden, mittels derer die Auswirkungen unterschiedlicher Zulieferstrukturen auf das Gesamtsystem umfassend analysiert werden können. Neben den beschriebenen Annahmen soll nachfolgend auf die folgende Terminologie zurückgegriffen werden:
Bȱ Άiȱ h(K)ȱ h(L) kB kR kT
O miȱ nȱ Qȱ qiȱ
100
Bedarf des Käufers im Planungszeitraum Anteil der Bestellmenge, der von Lieferant i gefertigt wird, mit 6Άi = 1 Lagerhaltungskosten des Käufers [GE/(MEZE)] Lagerhaltungskosten der Lieferanten [GE/(MEZE)] Bestellkosten je Bestellvorgang Rüstkosten je Rüstvorgang Transportkosten je Transportvorgang Ein Multiplikator Anzahl der Teillieferungen durch den Lieferanten i Anzahl der Lieferanten, von denen der Käufer das betrachtete Produkt bezieht Bestellmenge des Käufers [ME] Fertigungsmenge des Lieferanten i [ME]
Koordination von Zuliefernetzwerken
Tȱ
xpȱ xvȱ
Verbrauchszyklus, der die Zeitspanne beschreibt, in der alle Fertigungslose einer Losauflage verbraucht sind [ZE] Zeit, die zur Herstellung eines Fertigungsloses durch den Lieferanten i benötigt wird [ZE] Zeit, die zum Verbrauch eines Bestellloses durch den Käufer benötigt wird [ZE] Produktionsgeschwindigkeit der Lieferanten [ME/ZE] Verbrauchsgeschwindigkeit des Käufers [ME/ZE]
GE ME ZE
Geldeinheiten Mengeneinheiten Zeiteinheiten
tp,iȱ tvȱ
3.2
Untersuchte Zulieferstrukturen
Im Folgenden wird unterstellt, dass die Interaktion zwischen den Wertschöpfungspartnern entsprechend dem folgenden Schema abläuft: Zunächst legt der Käufer seine Bestellmenge fest und teilt diese auf die Lieferanten auf. Nach Eingang der Bestellung beginnen die Lieferanten zu noch festzulegenden Zeitpunkten mit der Produktion und liefern das Fertigungslos anschließend vollständig oder in Teilen an den Käufer aus. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass der Absatz des Käufers nicht unterbrochen werden darf und dass Lieferungen spätestens dann beim Käufer eintreffen müssen, wenn dessen Lager vollständig geleert ist. Es ist offensichtlich, dass der Produktionsbeginn auf Lieferantenseite und die Lieferzeitpunkte Einfluss auf die Entstehung von Lagerbeständen auf Lieferanten- und Käuferseite nehmen. Da der konkrete Zusammenhang zwischen der Zulieferung und der Entstehung von Kosten in Wertschöpfungsnetzwerken bisher noch nicht untersucht wurde, sollen nachfolgend die folgenden Formen der Zulieferung näher untersucht werden: a) b) c)
9
Die Zulieferer liefern ihre individuelle Fertigungsmenge gleichzeitig an den Käufer aus.9 Die Zulieferer stimmen ihre Zulieferzyklen ab und Lieferungen an den Käufer erfolgen versetzt. Die Zulieferer liefern ihre individuellen Fertigungsmengen in gleich großen Teillieferungen (in abgestimmten Zulieferzyklen) an den Käufer aus. Der Lagerhaltungsschwerpunkt befindet sich auf Lieferantenseite.
Eine solche Form der Zulieferung ist in praktischen Anwendungsfällen insbesondere dann anzutreffen, wenn der Käufer den Lieferanten einer bestimmten Produktgruppe enge Lieferzeitfenster vorgibt, um den Handlingaufwand in der Materialannahme zu reduzieren.
101
Wissenschaftliche Beiträge
d)
Die Zulieferer liefern ihre individuellen Fertigungsmengen in gleich großen Teillieferungen (in abgestimmten Zulieferzyklen) an den Käufer aus. Der Lagerhaltungsschwerpunkt befindet sich auf Käuferseite.
Die Zulieferstrukturen sind jeweils für den Fall zweier Lieferanten exemplarisch in Abbildung 1 dargestellt.
Abbildungȱ1:ȱȱ UntersuchteȱZulieferstrukturenȱ Lagerbestand des 1. Zulieferers
a)
b)
Lagerbestand des 1. Zulieferers
q1
Lagerbestand des 2. Zulieferers
t f ,1 q1 x p,1
q1
Zeit
Zeit
t1
Lagerbestand des 2. Zulieferers
q2 q2 x p,2
Lagerbestand des Käufers
q2
Zeit
Zeit
t0
Lagerbestand des Käufers
¦q
i
i
¦q
i
i
¦q
i
xv
Zeit
Zeit
t2
T
i
Lagerbestand des 1. Zulieferers
c)
q1 2
d)
Lagerbestand des 1. Zulieferers q1 2
Zeit
t2'
t1'
Lagerbestand des 2. Zulieferers
Lagerbestand des 2. Zulieferers
q2 2
t3
t4
Zeit
q2 2 t0
t1
t2
Zeit
Lagerbestand des Käufers
t0
t1
t2
Zeit
Lagerbestand des Käufers
Zyklenüberschuss
Produktionszyklus Verbrauchszyklus
102
Zeit
Zeit
Koordination von Zuliefernetzwerken
3.3
Entwicklung integrierter Losgrößenmodelle für unterschiedliche Zulieferstrukturen
3.3.1
Gleichzeitige Zulieferung
Zunächst soll der Fall untersucht werden, in dem die Lieferanten gleichzeitig an den Käufer liefern.10 Die Lagerhaltungskosten der Akteure können ermittelt werden, indem die je Losauflage durchschnittlich auf Lager liegenden Mengeneinheiten mit der Lagerdauer multipliziert und anschließend über die Anzahl der Losauflagen aufaddiert werden. Während der durchschnittliche Lagerbestand aufgrund des linearen Lagerabgangs der halben Fertigungs- bzw. Bestelllosgröße entspricht, ist die Lagerdauer eines Fertigungs- bzw. Bestellloses mit seiner Produktionszeit tp,i bzw. seiner Verbrauchszeit tv gleichzusetzen. Wird das Produkt aus durchschnittlichem Lagerbestand und Lagerdauer mit der Anzahl der Losauflagen multipliziert, ergeben sich für den Käufer bzw. den Lieferanten i die folgenden Lagerhaltungskosten:11 (1a)
K (L) L,i
qi B h L 2 xp
(1b)
K (K) L
Q B K h 2 xv
bzw.
Neben den Lagerhaltungskosten fallen losfixe Kosten je Losauflage an, die durch Rüstprozesse und Transportvorgänge auf Lieferantenseite bzw. durch die Bestellauslösung auf Käuferseite verursacht werden. Die losfixen Kosten ergeben sich, indem die Summe aus Rüst- und Transportkostensatz bzw. der Bestellkostensatz mit der Losauflagehäufigkeit multipliziert werden: (2a)
KT(L) R
(2b)
K (K) B
kT k R B
Q
kB
bzw.
B Q
Die Gesamtkosten der Akteure ergeben sich nun durch Addition der Gleichungen (1a) und (2a) bzw. (1b) und (2b), während sich die gesamten Systemkosten additiv aus allen vier Ausdrücken zusammensetzen. Damit folgt: (3a)
10 11
§ q i2 h L · B i K i L q i ¨ k R kT ¸ ¨ 2 xp ¸ Q © ¹
bzw.
Vgl. Teil a) der Abbildung 1. Bei den Kosten- und Leistungsparametern der Lieferanten wird auf eine Indizierung verzichtet, da homogene Lieferanten vorliegen und die Parameterwerte damit für alle Lieferanten gleich sind.
103
Wissenschaftliche Beiträge
(3b)
K (K) Q
Q B h K B kB 2 xv Q
(3c)
& K (S) q
¦ i 1 qi B h K k n
2 xv
¦ i 1 qi n
mit Q
B
B
¦ i 1 qi n
§ q 2 hL
n
¦ ¨¨ i 1©
i
2 xp
· k R kT ¸ ¸ ¹
B
¦ i 1 qi n
Zu berücksichtigen ist, dass die Produktionszeit des Fertigungsloses qi die Summe der Verbrauchszeiten aller Fertigungslose nicht übersteigt, da der Absatz andernfalls nicht unterbrechungsfrei beliefert werden kann. Damit muss gelten: (4)
tp,i d tv bzw.
qi d xp
¦j qj xv
oder qi d
¦ j\i q j xv xp
1
i
Da die Funktion (3c) in qi konvex ist, können die aus Systemsicht optimalen (unrestringierten) Fertigungslosgrößen ermittelt werden, indem die Kostenfunktion (3c) nach qi differenziert, die Ableitung mit null gleichgesetzt und die resultierende Gleichung nach qi aufgelöst wird. Es folgt:
(5a)
qi
§ ¨ hL qj ¨ ¨¨ x p j\i ©
¦
§§ ¨¨ ¨¨ ¨¨ ©©
2
· ¸ qj ¸ ¸ j\i ¹
¦
¦ j\i
· ¸
q 2j ¸ 2 ¸ ¹
· ¸ k B n kR kT ¸ ¸¸ ¹
§ h K h L · ¨ ¸ ¨ xv xp ¸ © ¹
Da gezeigt werden kann, dass Ausdruck (5a) für alle Lieferanten identisch ist (d. h. dass qi = qj i,j gilt; Glock, 2009, S. 266 ff.), kann alternativ auch geschrieben werden: (5b)
(S) q i,opt
2 k B n k R kT § n h K h L · ¸ n¨ ¨ xv xp ¸ © ¹
Es zeigt sich also, dass im Fall einer gleichzeitigen Lieferung durch die Lieferanten eine gleichmäßige Aufteilung der Bestellmenge auf die Lieferanten zu minimalen Systemkosten führt. Da gezeigt werden kann, dass eine gleichmäßige Aufteilung der Bestellmenge auf die Zulieferer im vorliegenden Fall die Nebenbedingung (4) stets erfüllt, stellt die Lösung eine kontinuierliche Versorgung des Absatzes sicher und ist somit zulässig. Um die in dieser Arbeit untersuchten Zulieferstrukturen besser vergleichen zu können, soll exemplarisch ein System untersucht werden, das durch die in Tabelle 1 dargestellten Kosten- und Leistungsparameter charakterisiert ist. Aus dem Verhältnis von Produktions- und Verbrauchsgeschwindigkeit ergibt sich für diesen Fall, dass Beziehungen zu drei Lieferanten unterhalten werden müssen.
104
Koordination von Zuliefernetzwerken
Tabelleȱ1:ȱȱ
ParameterwerteȱdesȱZahlenbeispielsȱ
B
xp
xv
kR
kB
kT
h(K)
h(L)
1000
100
250
150
50
10
0,9
0,4
Für das vorliegende Zahlenbeispiel wurde entsprechend den Ausdrücken (5b) und (3a) bis (3c) eine aus Systemsicht optimale Losauflagepolitik ermittelt, die in Tabelle 2 dargestellt ist. Zu Referenzzwecken ist auch der Fall eines dominanten Käufers angegeben, der sich ergibt, wenn der Käufer seine individuelle Kostenfunktion (3b) minimiert und die sich so ergebende Losauflagepolitik für das Gesamtsystem umsetzt. Wie zu sehen ist, führt eine Kooperation im vorliegenden Fall dazu, dass der Käufer seine Bestellmenge ausdehnt, wodurch er selbst zwar einen Kostenanstieg erfährt, die Lieferanten ihre eigenen Kosten aber deutlich reduzieren können. Insgesamt ergibt sich ein Rückgang der Systemkosten um 36,32 %, wodurch die betrachtete Wertschöpfungskette besser gestellt werden kann und ein genügend großer finanzieller Puffer geschaffen wird, mittels dessen der Käufer für seinen Kostenanstieg kompensiert werden kann.
Tabelleȱ2:ȱȱ
ErgebnisseȱdesȱZahlenbeispielsȱfürȱdenȱFallȱeinerȱgleichzeitigenȱZulieferungȱ Q
qi
K(K)
Ki(L)
K(S)
Käuferdominanz
166,67
55,56
600
997,04
3591,12
Systemoptimum
463,53
154,51
942,23
448,18
2286,77
3.3.2
Versetzte Zulieferung
Im vorangegangenen Abschnitt wurde unterstellt, dass die Zulieferer nach Erhalt der Bestellung dergestalt mit der Fertigung beginnen, dass eine gleichzeitige Auslieferung der Lose an den Käufer ermöglicht wird. Während dies insbesondere bei einem konvergierenden Güterfluss, bei dem mehrere unterschiedliche Produkte auf Abnehmerseite zusammengefügt werden, notwendig sein kann, führt eine solche Vorgehensweise bei einem homogenen Zulieferprodukt dazu, dass das gesamte Bestelllos auf Käuferseite eingelagert werden muss, wodurch tendenziell hohe Lagerhaltungskosten entstehen (vgl. hierzu auch Abbildung 1). Da die Zulieferer im beschriebenen Modell ohnehin einmal pro Bestellvorgang liefern müssen, stellt sich die Frage, ob die Lagerhaltungskosten des Käufers durch eine versetzte Lieferung der Fertigungslose, bei der das Fertigungslos des Zulieferers i eintrifft, wenn das Fertigungslos des Zulieferers j vollständig aufgebraucht ist, reduziert werden können. Dies setzt zusätzlich zu einer Abstimmung von Bestell- und Fertigungslosgröße auch eine Koordination der Zulieferzyklen voraus, die zu einem Lagerbestandsverlauf auf Käufer- und Zuliefererseite führt, der in Teil b) der Abbildung 1 beispielhaft dargestellt ist. Wie zu sehen ist, bleiben die Lagerbestände auf Lieferantenseite bei gleichen Fertigungslosgrößen im Vergleich zu den in Teil a) der gleichen Abbildung dargestellten
105
Wissenschaftliche Beiträge
unverändert, während der Lagerbestand auf der Seite des Käufers reduziert werden kann. Da im Beispiel auch die Anzahl der Losauflagen und Transportvorgänge unverändert bleiben, steht der Lagerhaltungskostensenkung keine Rüst-, Transport- oder Bestellkostenerhöhung gegenüber, sodass die Systemkosten insgesamt reduziert werden können. Die Koordination der Zulieferungen erfolgt hierbei entsprechend dem folgenden Schema: Der Verbrauchszyklus für ein Bestelllos Q beträgt T =
¦i 1qi /x n
v
ZE. Wird die Bestel-
lung zum Zeitpunkt t0 ausgelöst, so beginnt der erste Zulieferer mit der Produktion und stellt das Los nach q1/xp ZE fertig. Das Los wird an den Käufer geliefert, der es nach q1/xv ZE verbraucht hat, sodass zum Zeitpunkt t2 = (q1/xp)+(q1/xv) das nächste Los eintreffen muss. Damit das zweite Produktionslos zum Zeitpunkt t2 verfügbar ist, muss der zweite Zulieferer genau q2/xp ZE früher mit der Produktion beginnen, also genau zum Zeitpunkt t1 = ((q1-q2)/xp)+(q1/xv). Das k-te Los muss damit zum Zeitpunkt k 1
¦i 1qi /x verfügbar sein, sodass die Produktion für dieses Los zum Zeitpunkt k 1 n (q -x )/x + ¦ qi /x begonnen werden muss.12 Ist das Bestelllos nach ¦ qi /x ZE i 1 i 1
q1/xp+ 1
k
v
p
v
v
verbraucht, beginnt der Verbrauchszyklus von neuem. Je Verbrauchszyklus produziert jeder Zulieferer damit genau qi/xp ZE, während er
¦i 1qi /x -(q /x ) ZE still bzw. für die n
v
i
p
Fertigung anderer Güter zur Verfügung steht. Was die Kosten des Zulieferers betrifft, so liegt auch in diesem Fall die Hälfte des Fertigungsloses für die Dauer der Produktion auf Lager, sodass die in Gleichung (3a) angegebenen Kosten für den vorliegenden Fall übernommen werden können. Für die Kosten des Käufers gilt, dass sich der durchschnittliche Lagerbestand nicht mehr aus der Hälfte des Bestellloses, das für die Verbrauchszeit
¦i 1qi /x n
v
auf Lager liegt, son-
dern aus der Hälfte eines mit seiner Verbrauchszeit gewichteten Fertigungsloses ergibt, sodass die Kosten des Käufers wie folgt angegeben werden können: (6a)
· & § n § q 2 h K ·¸ K (K) q ¨ ¨ i kB ¸ ¨ ¨ 2 xv ¸ ¸ ¹ © i 1© ¹
¦
B
¦i 1 q í n
Die Systemkosten betragen damit: 12
106
Grundsätzlich bestünde auch die Notwendigkeit, Fertigungslose, die auf das erste Los folgen, in ihrer Größe zu beschränken, da der Produktionszeitpunkt des k-ten Loses mit k > 1 nicht vor der Bestellauslösung liegen kann. Wird jedoch unterstellt, dass die Zulieferer nach Bestellauslösung nicht zwingend in der Reihenfolge der Auslieferung mit der Produktion beginnen und der Produktionsbeginn des zuerst liefernden Zulieferers so weit nach hinten verschoben werden kann, dass der früheste Produktionsbeginn aller Zulieferer der Zeitpunkt der Bestellauslösung ist, ist keine weitere Größenbeschränkung mehr notwendig.
Koordination von Zuliefernetzwerken
(6b)
· & § n q i2 §¨ h K h L ·¸ k B n k R kT ¸ K (S) q ¨ ¸ ¨ ¨ ¸ xp ¹ 2 © xv ¹ ©i 1
¦
B
¦i 1 q i n
Für die Entscheidungsvariable qi gilt im vorliegenden Fall erneut, dass eine kontinuierliche Versorgung des Absatzes sichergestellt werden muss, sodass wiederum Nebenbedingung (4) zu berücksichtigen ist. Wird die Nebenbedingung zunächst wiederum vernachlässigt, so kann eine aus Systemsicht optimale (unrestringierte) Fertigungslosgröße aufgrund des konvexen Kostenverlaufs bestimmt werden, indem die Kostenfunktion (6b) nach qi differenziert, die Ableitung mit null gleichgesetzt und die resultierende Gleichung nach qi aufgelöst wird:
(7a)
qi
2 k B n k R kT qj r § h K h L · j\i ¨ ¸ ¨ xv xp ¸ © ¹
¦
¦ j\i
q 2j
§ ¨ ¨ ¨ ©
· ¸ qj ¸ ¸ j\i ¹
2
¦
Auch in diesem Fall kann gezeigt werden, dass qi = qj i,j gilt (Glock, 2009, S. 266 ff.), sodass alternativ geschrieben werden kann: (7b)
(S) q i,opt
2 k B n k R kT § h K h L · ¸ n¨ ¨ xv xp ¸ © ¹
Da die Fertigungslosgrößen identisch sind, gilt wiederum, dass Nebenbedingung (4) stets erfüllt ist. Wird das Zahlenbeispiel aus dem vorangegangenen Abschnitt aufgegriffen und eine Losauflagepolitik für den Fall einer versetzten Zulieferung ermittelt, so stellen sie die in Tabelle 3 angegebenen Ergebnisse ein. Wie zu sehen ist, werden im vorliegenden Fall die Bestellmenge und damit auch die individuellen Fertigungsmengen der Zulieferer erhöht, da die Lagerhaltungskosten aufgrund der abgestimmten Zulieferzyklen weniger stark in qi ansteigen als im Fall einer gleichzeitigen Anlieferung von Losen durch die Zulieferer. Daneben wird deutlich, dass sich sowohl für den Käufer als auch für die Zulieferer eine Kostenreduktion ergibt, sodass sich beide Parteien besser stellen können, wenn von einer gleichzeitigen Zulieferung auf eine versetzte Zulieferung gewechselt wird. Die Systemkosten können durch einen Wechsel der Zulieferstruktur im vorliegenden Beispiel um 28,3 % reduziert werden.
107
Wissenschaftliche Beiträge
Tabelleȱ3:ȱȱ
ErgebnisseȱdesȱZahlenbeispielsȱfürȱdenȱFallȱeinerȱversetztenȱZulieferungȱ
Systemoptimum
3.3.3
q
xi
K(K)
Ki(Z)
K(S)
646,86
215,62
465,41
391,10
1638,71
Versetzte Zulieferung von Teillosen
Bisher wurde davon ausgegangen, dass die Zulieferer Fertigungslose erst nach deren vollständigen Fertigstellung an den Käufer weiterleiten. Während dies für den Fall, dass Fertigungslose technisch nicht in Untereinheiten geteilt werden können, die einzig mögliche Form der Weiterleitung von Fertigungserzeugnissen ist, führt eine Beschränkung des Transports auf ganze Lose in allen übrigen Fällen nicht zwingend zu bestmöglichen Ergebnisse. Wie von Szendrovits (1975) und Goyal (1977) für eine einzelunternehmenszentrierte Betrachtung gezeigt wurde, kann durch die Einführung von Transportlosen eine Reduktion der entscheidungsrelevanten Kosten erreicht werden, sodass im Folgenden gleich große Teillieferungen an den Käufer zugelassen werden sollen. Wird angenommen, dass die Zulieferer Teile des Fertigungsloses bereits vor Fertigstellung des gesamten Loses an den Käufer weiterleiten können, so treten grundsätzliche Probleme auf, da die Verbrauchsgeschwindigkeit des Käufers die Produktionsgeschwindigkeit der Zulieferer übersteigt. Liefern die Zulieferer ihre Transportlose sukzessive und überschneidungsfrei aus, so können Lagerunterdeckungen auf Käuferseite auftreten, da der Käufer Teillieferungen aufgrund der Relation xv > xp verbraucht hat, bevor der Zulieferer ein weiteres Teillos fertiggestellt hat.13 Um vor diesem Hintergrund eine kontinuierliche Versorgung des Absatzes zu gewährleisten, können zwei alternative Koordinationsmaßnahmen Anwendung finden: Im ersten Fall werden die Transportlose versetzt geliefert, sodass das erste Transportlos des zweiten Zulieferers bereits vor Fertigstellung des zweiten Teilloses des ersten Zulieferers verbraucht werden kann. Da
¦i 1 x p > x n
v
gilt, kann diese Vorgehensweise
dazu führen, dass die zweite Lieferung des ersten Zulieferers erfolgt, bevor die zuvor gelieferten Teillose vollständig aufgebraucht sind. Die zweite Möglichkeit besteht hingegen darin, ein fertig gestelltes Transportlos erst dann an den Käufer weiterzuleiten, wenn die Produktion nachfolgender Teillose bereits so weit fortgeschritten ist, dass eine zusammenhängende Lieferung der Transportlose durch den Zulieferer eine kontinuierliche Versorgung des Absatzes erlaubt. Aus beiden Zulieferstrukturen resultierende Lagerbestandsverläufe sind beispielhaft in den Teilen c) und d) der Abbildung 1 dargestellt. 13
108
Im Fall ohne Teillose ist eine solche Konstellation aufgrund der Nebenbedingung (4) ausgeschlossen.
Koordination von Zuliefernetzwerken
Der Unterschied zwischen beiden Alternativen besteht darin, dass der Schwerpunkt der Lagerhaltung im Fall einer versetzten Lieferung von Teillosen auf der Seite des Käufers erfolgt, während bei der zweiten Variante Lagerbestände schwerpunktmäßig auf der Seite der Zulieferer entstehen. Wie in Abschnitt 2 angedeutet wurde, können durch diese Vorgehensweise unterschiedliche Lagerhaltungskostensätze auf Lieferanten- und Käuferseite ausgenutzt werden, um dadurch eine Reduktion der Systemkosten zu bewirken. Wird zunächst der Fall einer versetzten Zulieferung von Teillosen betrachtet, so ergeben sich die Lagerhaltungskosten des Zulieferers, indem die je Transportvorgang durchschnittlich auf Lager liegenden Mengeneinheiten mit der Lagerdauer multipliziert und anschließend über die Anzahl der Transportvorgänge und Losauflagen aufsummiert werden. Es folgt: (8)
K (L) L,i
q i2 h L 2 m xp
B
¦i 1 q i n
Werden zu den Lagerhaltungskosten die Rüstkosten je Rüstvorgang und die Transportkosten je Transportvorgang hinzuaddiert, so ergeben sich für den Zulieferer i die folgenden entscheidungsrelevanten Gesamtkosten: (9)
· & § q 2 hL k R kT m ¸ K i(L) q ¨ i ¨ 2 m xp ¸ © ¹
B
¦i 1 q i n
Was die Kosten des Käufers betrifft, so sind folgende Überlegungen hilfreich: Wird die Bestellung zum Zeitpunkt t0 = 0 ausgelöst, so beginnt der erste Zulieferer mit der Produktion und stellt das erste Transportlos zum Zeitpunkt t1 = q1,1/xp fertig.14 Das zweite Transportlos wird direkt im Anschluss gefertigt und damit zum Zeitpunkt t2 = (q1,1+q1,2)/xp, das m-te Transportlos zum Zeitpunkt tm
¦i 1q1,i /xp abgeschlossen. Der m
Verbrauch der Transportlose erfolgt dergestalt, dass der Käufer nach der Anlieferung des ersten Teilloses mit dem Verbrauch beginnt, sodass das erste Teillos des ersten Zulieferers zum Zeitpunkt t2‘ = q1,1/xp+q1,1/xv verbraucht ist. Da xv > xp und qi,k = qi,j i,k,j gilt, liegt der Zeitpunkt t2‘ vor dem Zeitpunkt t2, sodass ein zweiter Zulieferer zu diesem Zeitpunkt ein Teillos liefern muss, um eine kontinuierliche Versorgung des Absatzes sicherzustellen. Was die Produktion des k-ten Teilloses qj,k betrifft, so gilt, dass dem Zulieferer genau so viele Zeiteinheiten zur Verfügung stehen, wie der Verbrauch von n vorgelagerten n j 1 Teillosen in Anspruch nimmt, mithin also 1 xv §¨ qi,kȬ1 q ·¸ Zeiteinheiten. i 1 i,k ¹ © i j
¦
14
¦
qi steht in diesem Fall für das Fertigungslos des Zulieferers i, während qi,1 dem ersten Transportlos einer Losauflage entspricht. Im vorliegenden Fall gilt qi = mqi,1.
109
Wissenschaftliche Beiträge
Abbildung 2 verdeutlicht diesen Zusammenhang für den Fall zweier Zulieferer beispielhaft: Während dem zweiten Zulieferer zur Produktion des Teilloses q1,2 die Verbrauchszeiten der Teillose q1,1 und q2,1 zur Verfügung stehen, kann der erste Zulieferer die Verbrauchszeiten der Teillose q2,1 und q1,2 für Fertigungszwecke verwenden. Ist die Produktionszeit für ein beliebiges Teillos geringer als die zur Verfügung stehende Zeit, tritt ein Zyklenüberschuss auf, da das Lager des Zulieferers annahmegemäß unmittelbar nach der Fertigstellung eines Transportloses geleert wird und der Lagerbestand auf Käuferseite noch nicht null beträgt (In Abbildung 2 wird das zweite Teillos des zweiten Zulieferers beispielsweise geliefert, obwohl das erste Teillos des ersten Zulieferers noch nicht vollständig verbraucht ist).
Abbildungȱ2:ȱȱ ZeitdifferenzenȱzwischenȱAnlieferungȱundȱVerbrauchȱgleichȱgroßerȱTeillose15ȱ
q1,1
q1,2 q2,1
t0
t1
Zeit
t2 t3
Für die Produktionszeit eines beliebigen Teilloses qj,k gilt allgemein, dass die Differenz aus der für Produktionszwecke zur Verfügung stehenden Zeit und der Produktionszeit des Teilloses nicht negativ werden darf, um eine kontinuierliche Versorgung des Absatzes sicherzustellen. Mithin muss gelten: (10)
j 1 § n · 1 ¨ ¸ qi,k ¸ ¨ qi,kȬ1 xv ¨ i j ¸ i 1 © ¹
¦
¦
verfügbare Zeit zur Herstellung des Teilloses q j,k
q j,k xp ,
t0
Produktionszeit
Nimmt die Differenz (10) einen positiven Wert an, so kommt es im betrachteten Verbrauchszyklus k zu einem Zyklenüberschuss, der für den Rest des Verbrauchszyklus k und alle folgenden Verbrauchszyklen auf Lager liegt und im Anschluss daran ver-
15
110
In der Abbildung stellen die grauen Kästchen die Verbrauchszeiten der Lose dar, sodass der Beginn eines jeden Kästchens den Lieferzeitpunkt des Loses markiert.
Koordination von Zuliefernetzwerken
braucht wird. Die Lagerdauer eines Zyklenüberschusses, der sich durch die Lieferung des k-ten Teilloses durch den Zulieferer i ergibt, beträgt damit:16 (11)
1 xv
§ n ¨ ¨ qi,k ¨i j ©
¦
n
·
m
¦ ¦ qi,z ¸¸¸ i 1 z k 1
¹
Der zeitlich gewichtete Zyklenüberschuss kann damit ermittelt werden, indem die in Ungleichung (10) beschriebene Differenz mit der Verbrauchsgeschwindigkeit und dem Ausdruck (11) multipliziert wird: (12)
§ ¨ 1 ¨x ¨ v ©
§ n ¨ ¨ q i,kȬ1 ¨i j ©
¦
j 1
· q · § j,k ¸
i 1
¹
n
n
·
m
¦ qi,k ¸¸¸ x p ¸¸ ¨¨¨ ¦ qi,k ¦ ¦ qi,z ¸¸¸ ¹ ©i
i 1 z k 1
j
¹
Der gesamte Zyklenüberschuss kann schließlich ermittelt werden, indem der Ausdruck (12) über die Verbrauchszyklen 2 bis m und alle Zulieferer aufsummiert wird:17 n
(13)
m
§ § ¨ 1
n
j 1
·
i 1
¹
q j,k ·¸ §
n
n
m
·
¦¦ ¨¨ xv ¨¨¨ ¦ qi,k 1 ¦ qi,k ¸¸¸ xp ¸¸ ¨¨¨ ¦ qi,k ¦ ¦ qi,z ¸¸¸ ©i
j 1 k 2©
j
¹ ©i
i 1 z k 1
j
¹
Da aufeinander folgende Transportlose gleich groß sind, kann der Ausdruck (13) alternativ auch wie folgt geschrieben werden:18 n
(14)
LÜ
§ § ¨ 1
n
j 1
·
i 1
¹
n · q j ·¸ m 1 §¨ n ¸ §m · q 1 q ¸ ¨ i i ¹ i 1 ¸¸ ©2 m 2 ¨¨ i j © ¹ ¹
¦ ¨¨ xv ¨¨¨ ¦ qi ¦ qi ¸¸¸ x p ¸¸ j 1©
©i
j
¦
¦
Wird von dem Überschuss abstrahiert, so liegen die Transportlose durchschnittlich qi,j/xv ZE auf Lager, sodass sich der folgende „reguläre“ Lagerbestand ergibt: (15)
2 qi,j
2 xv
bzw. für alle Transportlose (mit qi,j = qi,k und qi = qi,jm)
n
q2
¦ 2 mi xv i 1
Werden Überschuss und regulärer Lagerbestand aufaddiert und mit dem Lagerhaltungskostensatz und der Anzahl der Losauflagen multipliziert, so ergeben sich nach 16
Der erste Summand im Klammerausdruck entspricht der Menge, die von den Lieferanten j bis n im aktuellen Verbrauchszyklus k-1 noch geliefert wird, und der zweite Summand der Liefermenge aller auf den Zyklus k-1 folgenden Verbrauchszyklen. 17 Eine Berücksichtigung des ersten Zulieferzyklus ist in diesem Fall nicht notwendig, da Bestellungen stets so ausgelöst werden, dass das erste Teillos erst bei vollständiger Leerung des Lagers beim Käufer eintrifft, sodass zu Beginn des Zulieferzyklus kein Überschuss entstehen kann. 18 Der Ausdruck (14) ergibt sich, indem die Gleichheit der Teillose eines Zulieferers berücksichtigt und die zugehörigen Potenzsummen aufgelöst werden.
111
Wissenschaftliche Beiträge
Berücksichtigung der Bestellkosten die in Ausdruck (16) dargestellten Kosten für den Käufer. (16)
& §§ K (K) q ¨ ¨ LÜ ¨¨ ©©
q2
n
·
·
¸ ¦ 2 mi xv ¸¸ c(K) L kB ¸ ¹
i 1
¹
B n
¦ qi i 1
Die Systemkosten betragen, wenn die Beziehung qi = ΆiQ berücksichtigt wird, damit: (17)
& K (S) Q , E,m
VI Q B
¦i 1 E i n
§ ¨ 1 ¨x 1 ¨© v
ȱȱȱ
¦ j
ȱ n
¦ i 1
und
V II B Q
¦i 1 E i n
mit
· j 1 · n · § n § n ¸ E j ¸ m 1 ¨ ¨ ¸ K §m · 1 ¨ Ei Ei ¸ E E ¨ ¸ i i ¸h ¸ 2 ¨ x 2 © ¹ ¸ ¨ ¸ ¨i j m ¸ p i 1 i j i 1 ¹ © © ¹ ¹ 2 § K L · Ei ¨ h h ¸ 2 m ¨ xv xp ¸ © ¹
n
VI
kB
¦
¦
¦
¦
VII = n(kR + mkT)
Ein grundsätzliches Problem bei der Optimierung der Funktion (17) besteht nun darin, dass neben der Losgrößenentscheidung auch ein Reihenfolgeproblem zu lösen ist. So wird die Höhe des Zyklenüberschusses nicht nur von den individuellen Losgrößen der Zulieferer, sondern auch von deren Reihenfolge in der Zulieferung beeinflusst, sodass ein komplexes Optimierungsproblem entsteht. Da die Funktion (17) in Q konvex ist, kann jedoch zunächst eine aus Systemsicht optimale Bestellmenge ermittelt werden, indem die Funktion nach Q differenziert, die Ableitung mit null gleichgesetzt und nach Q aufgelöst wird. Es folgt: (18)
S Qopt
VII VI
Einsetzen von (18) in (17) und Vereinfachen führt zu: (19)
& K S E , m
2B
¦i 1 E i n
V I V II
Aufgrund der Komplexität der Kostenfunktion kann ein Konvexitätsbeweis in m und Άi nicht erbracht werden. Da sich in numerischen Simulationsstudien jedoch herausstellte, dass die Funktion (19) in m und Άi quasi-konvex verläuft, kann eine gute Lösung ermittelt werden, indem m beginnend bei 1 so lange erhöht wird, bis sich erstma-
112
Koordination von Zuliefernetzwerken
lig eine Kostenerhöhung einstellt, und für Άi mithilfe eines linearen Suchalgorithmus für jedes m eine gute Lösung gefunden wird.19 Wird wiederum das bereits eingeführte Zahlenbeispiel aufgegriffen, so stellen sich für den vorliegenden Fall die in Tabelle 4 dargestellten Ergebnisse ein. Ein Vergleich mit den zuvor ermittelten Ergebnissen zeigt, dass durch die Einführung von Transportlosen eine weitere Reduktion der Systemkosten erzielt werden konnte. Wird ferner die Aufteilung der Bestellmenge auf die Zulieferer betrachtet, so fällt auf, dass die Bestellmenge dergestalt auf die Zulieferer aufgeteilt wird, dass der erste Zulieferer im Zulieferzyklus die größte Fertigungsmenge herstellt und nachfolgende Zulieferer eine geringere Menge fertigen. Der Grund für eine solche Aufteilung der Bestellmenge auf die Zulieferer kann auf die Entstehung des Zyklenüberschusses zurückgeführt werden, dessen Höhe und zeitlicher Anfall durch eine ungleichmäßige Aufteilung der Bestellmenge auf die Zulieferer beeinflusst werden kann. Wie ein Vergleich der Abbildungen 2 und 3 beispielhaft zeigt, kann der Zyklenüberschuss20 durch eine Reduktion der letzten Fertigungslosgröße in die Zukunft verschoben werden, wodurch aufgrund der Tatsache, dass Zyklenüberschüsse bis zum vollständigen Verbrauch aller Fertigungslose der betrachteten Losauflage eingelagert werden müssen, Einfluss auf die Lagerhaltungskosten genommen werden kann.21
Tabelleȱ4:ȱȱ
ErgebnisseȱdesȱZahlenbeispielsȱfürȱdenȱFallȱeinerȱversetztenȱLieferungȱvonȱ Teillosenȱ
Systemoptimum
3.3.4
Q
q1
q2
q3
m
908,44
363,34
342,03
203,07
2
(K)
K
353,37
(L)
K1
332,46
(L)
K2
315,91
(L)
K3
232,53
(S)
K
1234,27
Verzögerte Zulieferung von Teillosen
Wird zuletzt die vierte Zulieferstruktur untersucht (vgl. Teil d) der Abbildung 1), so können die Lagerhaltungskosten der Lieferanten ermittelt werden, indem der kumulierte Lagerabgang vom kumulierten Lagerzugang subtrahiert wird (auch Buscher, 2003, S. 176-177; Joglekar, 1988). Der kumulierte Lagerzugang entspricht hierbei der halben Fertigungsgröße, die mit ihrer Produktionszeit gewichtet wird: (20)
q i2 2 x p
19
Die beschriebene Problematik kann auch mithilfe moderner evolutionärer Algorithmen gelöst werden, vgl. hierzu Glock, 2009, S. 105 ff. 20 Der Zyklenüberschuss ergibt sich in Abbildung 3 aus der Differenz der Zeitpunkte t4 und t3. 21 In Abbildung 3 fällt im ersten Zulieferzyklus beispielsweise kein Zyklenüberschuss an, was zu einem erhöhten Überschuss im zweiten Zulieferzyklus führt.
113
Wissenschaftliche Beiträge
Abbildungȱ3:ȱ ZeitdifferenzenȱzwischenȱAnlieferungȱundȱVerbrauchȱungleichȱgroßerȱTeilloseȱ
q1,1
q1,2 q2,1
t0
q2,2
t1
t2
t3 t4
Zeit
Der kumulierte Lagerabgang ergibt sich hingegen, indem die Transportlose jeweils mit der gesamten Verbrauchszeit gewichtet werden, die wiederum um die Verbrauchszeit des letzten und aller vorangehenden Transportlose reduziert wurde: m 1
(21)
q §q
·
¦ mi ¨¨© xvi (m j) m ixv ¸¸¹ q
j 1
q i2 (m 1) 2 m xv
Der Lagerbestand je Fertigungslos beträgt auf der Seite des Zulieferers damit: (22)
q i2 q 2 (m 1) i 2 xp 2 m xv
q i2 2
§ 1 m 1 ·¸ ¨ ¨ x p m xv ¸ © ¹
Die Lagerhaltungskosten des Zulieferers i betragen damit: (23)
& q i2 §¨ 1 m 1 ·¸ L h K (L) L,i q ¨ 2 x p m xv ¸ ¹ ©
B
¦i 1 q i n
Die Lagerhaltungskosten des Käufers ergeben sich hingegen, indem der je Los durchschnittlich auf Lager liegende Bestand mit der Lagerdauer multipliziert wird. Da im vorliegenden Fall keine Zyklenüberschüsse auftreten, entspricht der durchschnittliche Lagerbestand je Transportlos der halben Transportlosgröße, während die Lagerdauer mit der Verbrauchszeit eines Transportloses gleichzusetzen ist. Es folgt: (24)
& K (K) L q
n
§ q 2 h K ·
¦ ¨¨ 2i m xv ¸¸ i 1©
¹
B
¦i 1 q i n
Werden zu den Lagerhaltungskosten der Akteure zusätzlich die Rüst-, Transport- und Bestellkosten hinzuaddiert und mit der Anzahl der Losauflagen multipliziert, stellen sich die Gesamtkosten des Systems ein:
114
Koordination von Zuliefernetzwerken
§ n § 2 K & q h ¨ K (S) q ,m ¨ ¨ i ¨ i 1 ¨© 2 m xv © B n qi
¦
(25)
· ¸ kB ¸ ¹
n
§ q2 § 1
m 1 ·
··
¹
¹¹
¦ ¨¨ 2i ¨¨ xp m xv ¸¸ hL kR m kT ¸¸ ¸¸¸ i 1©
©
¦i 1
Für die Fertigungslosgröße qi gilt wiederum, dass die Produktionszeit eines Fertigungsloses die Verbrauchszeit aller Fertigungsloses einer Losauflage nicht übersteigen darf.22 Werden diese Nebenbedingungen zunächst wieder vernachlässigt, so kann aufgrund der konvexen Zielfunktion eine optimale (unrestringierte) Lösung für die Fertigungslosgröße ermittelt werden, indem die Kostenfunktion nach qi abgeleitet, die Ableitung mit null gleichgesetzt und die resultierende Gleichung nach qi aufgelöst wird:
(26)
(27)
qi
§ ¨ qj r ¨ ¨ j\i ©
(S) q i,opt
¦
2
· ¸ qj ¸ ¸ j\i ¹
¦
¦ q 2j j\i
2 k B n k R m kT h K §¨ 1 m 1 ·¸ L h m xv ¨ x p m xv ¸ © ¹
bzw.
2 m k B n k R m kT § h K § m m 1 · · ¸ hL ¸ ¨ n¨ ¨ xv ¨ x p ¸ ¸ xv ¹ © © ¹
Wird die optimale Systemlosgröße in die Kostenfunktion (25) eingesetzt und der resultierende Term vereinfacht, so stellt sich der folgende Ausdruck ein, der nur noch von der Transporthäufigkeit m abhängig ist: (28)
K (S) m B
2 §¨ h K §¨ m m 1 ·¸ L ·¸ h k n k R kT m ¸ B n m ¨ xv ¨ x p xv ¸ © ¹ © ¹
Da sich in Simulationsstudien herausstellte, dass die Funktion (28) in m quasi-konvex verläuft, kann eine Lösung wiederum ermittelt werden, indem m beginnend bei 1 so lange erhöht wird, bis sich eine Kostenerhöhung einstellt. Die optimale Transporthäufigkeit ist dann mit m-1 gegeben. Wird auch für den vorliegenden Fall das bereits eingeführte Zahlenbeispiel aufgegriffen, so stellen sich die in Tabelle 5 angegebenen Ergebnisse ein. Wie zu sehen ist, ergeben sich in diesem Fall höhere Systemkosten als im Fall einer versetzten Weiterleitung von Transportlosen, sodass eine Verlagerung des Lagerhaltungsschwerpunktes auf die Seite der Zulieferer im vorliegenden Fall nicht sinnvoll erscheint. Grundsätzlich gilt 22
Vgl. Nebenbedingung (4).
115
Wissenschaftliche Beiträge
aber, dass die Vorteilhaftigkeit beider Zulieferstrukturen von den Parameterwerten der Planungssituation abhängig ist: Wird der Lagerhaltungskostensatz des Käufers beispielsweise von 0,9 GE/ZE auf 9 GE/ZE erhöht, so ergeben sich für den Fall einer versetzen Weiterleitung von Transportlosen Systemkosten in Höhe von 2846,87 GE, während eine verzögerte Weiterleitung von Transportlosen zu Systemkosten in Höhe von 1761,63 GE führt.
Tabelleȱ5:ȱȱȱ
ErgebnisseȱdesȱZahlenbeispielsȱfürȱdenȱFallȱeinerȱverzögertenȱLieferungȱvonȱ Teillosenȱ
Systemoptimum
Q
qi
m
K(K)
Ki(L)
K(S)
646,86
215,62
1
465,41
391,1
1638,71
Wird ein Vergleich der Bestellmengen des vorliegenden Falls mit dem Fall einer versetzten Lieferung durchgeführt, so fällt auf, dass die Bestellmenge und die individuellen Fertigungsmengen im Fall einer verzögerten Weiterleitung von Transportlosen geringer als im Fall einer versetzten Lieferung ausfallen. Diese Tatsache kann ökonomisch durch die Entstehung der Lagerhaltungskosten erklärt werden, da die Lagerhaltungskostensenkung auf Käuferseite die Kosten, die durch eine erhöhte Lagerdauer auf der Seite der Zulieferer entstehen, für den vorliegenden Datensatz nicht zu kompensieren vermag. Um den Anstieg der Lagerhaltungskosten zu verringern, wird daher mit einer Anpassung der Bestellmenge reagiert.23
4
Zusammenfassung der Ergebnisse und Ausblick
Die Ergebnisse des voranstehenden Abschnitts machen deutlich, dass durch eine entsprechende Ausgestaltung der Zulieferstruktur umfassend Einfluss auf die Kosten der Wertschöpfungspartner genommen werden kann. Für praktische Anwendungssituationen ergibt sich damit die Notwendigkeit einer aktiven Steuerung von Zulieferungen, die durch die in dieser Arbeit entwickelten Modelle in Form heuristischer Planungswerkzeuge unterstützt werden können.
23
116
Auch in diesem Fall gilt, dass die Relation der Bestellmengen in beiden Modellvarianten von den Parameterwerten der Planungssituation abhängig ist. Wird der Lagerhaltungskostensatz des Käufers wiederum auf 9 GE/ZE erhöht, so stellt sich für den Fall einer versetzten Lieferung von Transportlosen eine Bestellmenge von 402,88 ME ein, während sich für den Fall einer verzögerten Lieferung eine Bestellmenge von 1112,61 ME ergibt.
Koordination von Zuliefernetzwerken
Da den in der vorliegenden Arbeit entwickelten Modellen zum Teil restriktive Annahmen zugrunde liegen, kann ein realistischeres Planungsergebnis ermittelt werden, indem weitere planungsrelevante Aspekte in die Modellformulierung einbezogen werden (Glock, 2009):
Wird die Annahme homogener Zulieferer aufgehoben, können unterschiedliche Beschaffungsmärkte und unterschiedlich leistungsfähige Lieferanten abgebildet werden.
Wird die Annahme einer vorgegebenen Lieferantenanzahl aufgehoben, kann zusätzlich die Lieferantenauswahl in die Überlegungen zur Ausgestaltung der Zulieferstruktur einbezogen werden.
Werden variable Produktionskosten und unterschiedliche Produktionstechnologien auf Lieferantenseite berücksichtigt, so können weitere kostenwirksame Effekte, die durch die Aufteilung der Bestellmenge auf die Lieferanten beeinflusst werden, untersucht werden. Weiterer Forschungsbedarf ergibt sich insbesondere auch im Bereich komplexerer Lieferanten-Abnehmer-Beziehungen, da in der vorliegenden Arbeit ausschließlich der Fall eines Käufers, der ein Gut bei mehreren Lieferanten bezieht, untersucht wurde. So könnten beispielsweise Beziehungen zwischen mehreren Lieferanten und mehreren Käufern untersucht werden, die im Falle einer Wettbewerbsbeziehung zwischen den Käufern auch um wettbewerbstheoretische Überlegungen ergänzt werden müssten. Ferner erscheint auch die Analyse mehrstufiger Netzwerke, die mehrere Stufen der Wertschöpfung oder logistische Dienstleister einbezieht, Erfolg versprechend. Zuletzt ist auch eine weitergehende Untersuchung von Anreizaspekten in Wertschöpfungsnetzwerken notwendig, da die Schaffung eines Kooperationsgewinns stets auch die Frage nach dessen Aufteilung nach sich zieht.
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Wissenschaftliche Beiträge
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Koordination von Zuliefernetzwerken
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119
Wissenschaftliche Beiträge
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120
Logistische Lieferantenentwicklung in der Automobilindustrie
Ein heuristischer Ansatz zur Auswahl von logistischen Entwicklungskandidaten MatthiasȱPauli,ȱProf.ȱDr.ȱBerndȱHellingrath,ȱDr.ȱAxelȱWagenitzȱundȱLorantȱSzekelyȱ
Abstract Der operative Erfolg von Automobilherstellern ist zunehmend abhängig von der logistischen Leistungsfähigkeit ihrer Lieferantenbasen. Zur Verteidigung von Wettbewerbspositionen und zur Erzielung von Wettbewerbsvorteilen wird es für die Original Equipment Manufacturer (OEM) somit immer wichtiger die logistische Leistungsfähigkeit der Lieferantenbasen durch logistische Lieferantenentwicklung zu verbessern. Dabei ist die Auswahl geeigneter Entwicklungskandidaten entscheidend für die Effektivität von logistischen Entwicklungsaktivitäten, weil verschiedene Lieferanten einen unterschiedlichen Einfluss auf die nachgelagerten Prozesse der Hersteller haben. Lieferanten unterscheiden sich in der Automobilindustrie hinsichtlich ihrer Eigenschaften, Leistungsfähigkeiten und -fertigkeiten. Vor diesem Hintergrund wird in dieser Veröffentlichung ein heuristischer Ansatz vorgestellt, mit dem das logistische Entwicklungspotential von Lieferanten unter Berücksichtigung der Logistikleistung sowie logistikrelevanter Eigenschaften bewertet werden kann. Den Automobilherstellern wird dadurch ermöglicht, logistische Entwicklungskandidaten in der Lieferantenbasis frühzeitig zu identifizieren und logistische Entwicklungsprojekte pro aktiv zu initiieren, damit das Versorgungsrisiko reduziert sowie reaktive Notfallmaßnahmen vermieden werden können.
1
Einleitung
Automobilhersteller sind zunehmend abhängig von der logistischen Leistung ihrer Lieferanten. Durch eine stagnierende Nachfrage in den Hauptabsatzmärkten Westeuropa, Nordamerika und Japan (Göpfert, 2006, S.13) sowie durch eine zunehmende Internationalisierung der Märkte verstärkt sich der Konkurrenzdruck (Garcia Sanz, 2007, S. 4) unter den OEM in der Automobilindustrie. Der dabei einhergehende Wan-
Wissenschaftliche Beiträge
del vom Verkäufer- zum Käufermarkt (Kern/ Hami-Nobari, 2004, S. 4) führt zu steigenden Kundenanforderungen (Göpfert, 2006, S.130), denen die Automobilhersteller – im Kampf um Marktanteile – mit einer zunehmenden Individualisierung ihrer Produkte sowie der Erschließung von Marktnischen begegnen (Garcia Sanz, 2007, S. 3). In der Folge steigen die Teile- und Variantenanzahlen an (Göpfert, 2006, S. 131), wodurch sich die Komplexität in Produktion und Logistik sowohl bei den Herstellern als auch den Lieferanten erhöht (Günthner, 2007, S. 19 ff.). Die Auswirkungen der steigenden Komplexität sind dabei in besonderem Maße im Logistikbereich zu beobachten, der auch den größten Anteil an Variantenkosten zu tragen hat (Wildemann, 2008, S. 7). Zusätzlich versuchen die Automobilhersteller, dem dynamischen Umfeld in der Automobilindustrie, welches durch immer kürzer werdende Produktlebenszyklen und häufige technische Innovationen gekennzeichnet ist, durch Verschlankung und Flexibilisierung ihrer Logistiksysteme gerecht zu werden (Garcia Sanz, 2007, S. 7; Hofbauer et al., 2009, S. 5). Für die Lieferanten erhöhen sich dadurch die logistischen Anforderungen in Bezug auf Organisation, Zuverlässigkeit und Lieferqualität (Göpfert, 2006, S.154 f.). Des Weiteren lagern Automobilhersteller vermehrt Wertschöpfungsanteile an ihre Lieferanten aus, um eigene Prozesskomplexität und das Risiko von Überkapazitäten zu minimieren (Hofbauer et al., 2009, S. 2). Dementsprechend prognostiziert die Studie „Future Automotive Industry Structure (FAST)“ eine branchenweite Senkung der Fertigungstiefe der Automobilhersteller auf 23 % bis zum Jahr 2015 (Hellingrath, 2005, S. 22; Hüttenrauch/Baum, 2008, S. 171). Zusammenfassend lässt sich somit festhalten, dass in der Automobilindustrie ein Risiko- und Verantwortungsübergang von den Automobilherstellern zu den Lieferanten zu beobachten ist, der durch steigende logistische Anforderungen und zunehmende logistische Komplexität auf Seiten der Lieferanten begleitet wird. Logistische Leistungsdefizite der Lieferanten wirken sich dadurch vermehrt und verstärkt auf die nachgelagerten logistischen Prozesse der Automobilhersteller aus und können teils erhebliche Aufwendungen und Kosten beispielsweise durch Produktionsprogrammänderungen, Sonderfahrten oder Sortieraktionen bei den OEM nach sich ziehen. Zur Sicherung von Wettbewerbspositionen und zur Erschließung neuer Wettbewerbsvorteile wird für Automobilhersteller daher die Steigerung der logistischen Leistungsfähigkeit ihrer Lieferantenbasen durch logistische Lieferantenentwicklung immer lukrativer. Die Auswahl von Entwicklungskandidaten ist essentiell für erfolgreiche effiziente logistische Lieferantenentwicklung, da diese kapital- sowie personalintensiv ist, und Lieferantenbasen in der Automobilindustrie als stark heterogen bezeichnet werden können. Lieferanten haben aufgrund ihrer Eigenschaften unterschiedliche strategische Bedeutungen für die Automobilhersteller, weisen verschiedene logistische Leistungsperformances auf und eignen sich somit in unterschiedlichem Maße für die Durchführung von logistischen Entwicklungsprojekten. Das Ziel dieses Papers ist es daher, einen heuristischen Ansatz vorzustellen, der es den Automobilherstellern ermöglicht, das logistische Entwicklungspotential der Lieferanten zu ermitteln, um geeignete Kandidaten für erfolgreiche effiziente logistische Lieferantenentwicklung zu identifizieren.
122
Logistische Lieferantenentwicklung in der Automobilindustrie
2
Stand der Forschung
Unter logistischer Lieferantenentwicklung soll im Folgenden ein von einem herstellenden Unternehmen initiiertes systematisches Vorgehen zur Verbesserung der logistischen Leistungsfähigkeit seiner Lieferanten und/oder zur unternehmensübergreifenden logistischen Prozesssynchronisation verstanden werden (Pauli et al., 2009, S. 134). Die logistische Lieferantenentwicklung ist ein Teilprozess des Lieferantenmanagements (Hofbauer et al., 2009, S. 35; Arnold, 2004, S. 21), dessen Aufgabe die kontinuierliche Anpassung und aktive Gestaltung der zwischenbetrieblichen Prozesse ist (Arnold, 2004, S. 20). Des Weiteren kann Lieferantenmanagement als ein Bestandteil des Supplier Relationship Managements (SRM) bezeichnet werden, da Appelfeller und Buchholz SRM als die „[...] von der Beschaffungsgesamtstrategie ausgehende Gestaltung der strategischen und operativen Beschaffungsprozesse sowie die Gestaltung des Lieferantenmanagements [...]“ definieren (Appelfeller/ Buchholz, 2005, S. 5). Ebenso steht die Lieferantenentwicklung in engem Bezug zum Supply Chain Management (SCM), da sie sich – als SRM-Ansatz – in das SRM-Modul des Aufgabenmodells des Supply Chain Managements einordnen lässt (Kuhn/Hellingrath, 2002, S.13). Grundlage für den in dieser Veröffentlichung vorgestellten Ansatz zur Auswahl von logistischen Entwicklungskandidaten bilden Vorarbeiten der Themenbereiche Lieferantenentwicklung sowie Lieferantenbewertung und Lieferantencharakterisierung.
2.1
Lieferantenentwicklung
Die bisherigen Arbeiten zum Thema Lieferantenentwicklung beschäftigen sich schwerpunktmäßig mit der Entwicklung von Vorgehensmodellen und der Identifizierung von Einflussfaktoren durch empirische Erhebungen und die Analyse von Fallbeispielen. So veröffentlichten Hahn et al. beispielsweise im Jahre 1989 ein Fallbeispiel, das Lieferantenentwicklung in der Automobilindustrie thematisierte (Hahn et al., 1989). Sie beschrieben den Lieferantenentwicklungsprozess der Hyundai Motor Company, der aus den Phasen Entwicklung neuer Lieferquellen, Ausweitung der Lieferantenkapazität und Verbesserung der Lieferantenleistung besteht. Ein weiteres Fallbeispiel aus der schwedischen Automobilindustrie untersuchte Kinch im Jahre 1994. Anhand der über 43 Jahre bestehenden Beziehung zwischen dem Automobilhersteller Volvo und dem Karosseriebauteile-Zulieferer Olofström diskutierte er Kollaborationseffekte sowie Vor- und Nachteile von Hersteller-Lieferantenbeziehungen (Kinch, 1994). Kleinau entwickelte im Jahr 1995 einen Lieferantenentwicklungsprozess für das Beschaffungsmanagement. Seinem Ansatz folgend unterliegen Kooperationen einem Lebenszyklus, der sich aus den Phasen Apperzeptionsphase, Evaluationsphase, Explorationsphase, Selektionsphase, Verhandlungsphase, Implementierungsphase, Entwicklungsphase und Ablösungsphase zusammensetzt (Kleinau, 1995). Die Einflussgrößen und kritischen Erfolgsfaktoren von Lieferantenentwicklungsprojekten wurden von Krause und Ellram untersucht. Sie führten eine umfangreiche empirische Studie unter
123
Wissenschaftliche Beiträge
„Fortune-500-Unternehmen“ durch und fanden dabei heraus, dass der Erfolg von Entwicklungsaktivitäten maßgeblich von der aktiven Beteiligung des Herstellers bei der Problemlösung, einer langfristigen Partnerschaftsperspektive sowie Art und Intensität der unternehmensübergreifenden Kommunikation abhängt (Krause/Ellram, 1997).
2.2
Lieferantenbewertung und Lieferantencharakterisierung
In der Literatur finden sich bereits eine Reihe von Ansätzen zur Charakterisierung von Lieferanten oder Beschreibung von Lieferanteneigenschaften. Glantschnig entwickelte beispielsweise ein operatives Verfahren zur merkmalsgestützten Lieferantenbewertung und -auswahl (Glantschnig, 1994). Dafür erstellte sie einen umfangreichen Lieferantenmerkmalskatalog, welcher die Lieferantenauswahlentscheidung des Einkaufs erleichtern soll. Der Ansatz von Kleinau zielt demgegenüber auf die Entwicklung einer Methodik zur Lieferantenentwicklung im Rahmen des Beschaffungsmanagements (Kleinau, 1995). Zur Beschreibung von Lieferanten identifiziert er entwicklungsfördernde Bewertungskriterien, anhand derer er eine Lieferantenevaluation vornimmt. Für die Ermittlung von typenspezifischen Zuliefererentwicklungsstrategien unterteilt Wildemann die Lieferantenbasis in Teilefertiger, Produktionsspezialisten, Entwicklungspartnerschaften und Wertschöpfungspartnerschaften (Wildemann, 1996). Als Klassifikationskriterien nutzt er zum einen die technologische Kompetenz und zum anderen die Problemlösungskapazität der Lieferanten. Arnold entwickelte eine Entscheidungsunterstützungssystematik zur Auswahl von Lieferantenintegrationskonzepten in Abhängigkeit von unterschiedlichen Lieferantentypen (Arnold, 2004). Er unterscheidet zwischen Systemlieferanten, Modullieferanten, Teilelieferanten und kritischen Lieferanten, die er hinsichtlich ihrer Eigenschaften bewertet. Dabei differenziert er zwischen Kosten-, Logistik-, Prozess-, Produkt- und Kooperationskriterien. Beckmann beschreibt einen Lieferantenmanagementprozess für eine global ausgerichtete Beschaffung (Beckmann, 2008). Hierfür ordnet er die Beschaffungsgüter hinsichtlich ihrer Eigenschaften den Beschaffungsgruppen Supermarkt-Teile, Strategische Teile, Standardteile und Engpassteile zu. Des Weiteren zeigt er risikoerhöhende Lieferanteneigenschaften in Wachstumsmärkten auf, die er als Herausforderungen beim Emerging Market Sourcing bezeichnet.1 Krokowski stellt einen Total-Cost-ofOwnership-Ansatz zur Bewertung von Kaufentscheidungen und der Lieferantenauswahl vor (Krokowski, 2008). Hierfür führt er 25 Lieferanteneigenschaften auf, die er als die relevanten Entscheidungsparameter für eine Total-Cost-of-Ownership-Betrachtung identifiziert.
1
124
Vgl. auch Straube et al., 2007, S. 14 f.
Logistische Lieferantenentwicklung in der Automobilindustrie
2.3
Bewertung der vorgestellten Ansätze
In der Literatur gibt es verschiedene Ansätze, die das Themengebiet der Lieferantenentwicklung und die dafür notwendige Lieferantenklassifizierung und -bewertung diskutieren. Bisherige Arbeiten verfolgen jedoch meist induktive, empirische Ansätze zur Beschreibung von Vorgehensmodellen bei der Lieferantenentwicklung. Deduktive, mathematische Methoden und Werkzeuge, die die Ausführung der vorliegenden, normativen Vorgehensmodelle unterstützen, sind jedoch noch nicht ausreichend erforscht. Dies gilt in besonderem Maße für die Selektion von Entwicklungskandidaten aus der Lieferantenbasis. Des Weiteren nehmen die meisten Ansätze einen breiteren Fokus ein, indem sie Lieferantenentwicklung funktionsübergreifend aus Sicht der Beschaffung betrachten. Um Wettbewerbsvorteile durch die spezifischere logistische Lieferantenentwicklung zu erschließen, ist jedoch eine umfangreichere Analyse der Lieferantenbasis in Bezug auf ihre Logistikkompetenz notwendig. Das operative Ergebnis der Logistikfunktion von Automobilherstellern wird unmittelbar durch die vorgeschaltete Logistikleistung der Lieferanten beeinflusst. Somit ist es aus Sicht der Logistik essentiell zu erkennen, welche Lieferanten für die Logistik von strategischer Bedeutung sind, mit welchen Lieferanten die Logistik enger zusammenarbeiten sollte, und welche Lieferanten für logistische Lieferantenentwicklung geeignet sind. Vor diesem Hintergrund wird es notwendig, die Bewertungsmethoden der Beschaffung um relevante Aspekte des dedizidierten Logistikkontextes zu ergänzen. Der in diesem Paper vorgestellte deduktive, mathematische Ansatz setzt an dieser Stelle an, indem er Automobilhersteller dabei unterstützt, die folgenden forschungsleitenden Fragen zu beantworten: 1.
Wie kann eine Auswahl logistischer Entwicklungskandidaten aus der Lieferantenbasis erfolgen?
2.
Welche Lieferanten in der Lieferantenbasis haben entscheidenden Einfluss auf die Logistikleistung des Automobilherstellers und wie kann dieser quantifiziert werden?
3.
Wie kann das logistische Entwicklungspotential von Lieferanten bewertbar gemacht werden, damit Lieferanten hinsichtlich ihres logistischen Entwicklungsbedarfes relativ priorisiert werden können?
125
Wissenschaftliche Beiträge
3
Methodik
3.1
Vorgehensweise bei der Auswahl von logistischen Entwicklungskandidaten
Bei der Auswahl von logistischen Entwicklungskandidaten ist es erforderlich, alle lieferantenrelevanten Perspektiven in der Automobilindustrie zu berücksichtigen (Hofbauer et al., 2009, S. 68). In diesem Sinne sollten logistische Entwicklungsaktivitäten mit den strategischen Lieferantenzielen und Gestaltungsempfehlungen der Fachbereiche Technische Entwicklung, Beschaffung, Qualitätssicherung und Logistik übereinstimmen (Beckmann, 2008, S. 270; Hofbauer et al., 2009, S. 68; Baumgarten et al., 2003, S. 21). Bevor eine logistische Entwicklungskandidatenauswahl erfolgen kann, ist es daher sinnvoll, jene Lieferanten aus der Lieferantenbasis zu selektieren, mit denen bereichsübergreifend eine langfristige Partnerschaft angestrebt wird. Für die anschließende Identifikation von logistischen Entwicklungskandidaten aus der Lieferantenbasis ist es notwendig, die Lieferanten hinsichtlich ihres Entwicklungspotentials zu bewerten. Ausgangspunkt und Grundlage von Lieferantenbewertungen stellen Informationen über die Eigenschaften bzw. Charakteristika sowie die Leistung der Lieferanten dar (Zawisla, 2008, S. 210; Wildemann, 2008, S.168). Dementsprechend basiert der in dieser Publikation vorgeschlagene heuristische Ansatz zur Auswahl von logistischen Entwicklungskandidaten auf zwei Bewertungsmodulen, die zum einen die logistische Leistung und zum anderen die Charakteristika von Lieferanten hinsichtlich des betrachteten Logistikkontextes eruieren (vgl. Abbildung 1).
Abbildungȱ1:ȱ VorgehensweiseȱbeiȱderȱAuswahlȱvonȱlogistischenȱEntwicklungskandidatenȱ 1ȱLogistischeȱLieferantenleistung LeistungsȬ ermittlung
LeistungsȬ bewertung
KandidatenȬ clusterung I
3ȱLogistischesȱEntwicklungspotential EntwicklungsȬ potentialermittlung
2ȱStrategischeȱBedeutungȱfürȱdieȱLogistik LieferantenȬ typologisierung
126
Strategischeȱ Bewertung
KandidatenȬ clusterung II
KandidatenȬ clusterung III
Logistische Lieferantenentwicklung in der Automobilindustrie
Das erste Bewertungsmodul dient der Auswertung von logistischen Leistungsindikatoren zur Ermittlung der logistischen Lieferantenleistung. Es besteht aus den Phasen Leistungsermittlung, Leistungsbewertung und Kandidatenclusterung I. Das zweite Modul hat die Ermittlung der strategischen Bedeutung von Lieferanten durch die Bewertung der relevanten Lieferanteneigenschaften zum Ziel. Analog zum ersten Bewertungsmodul ist es in drei Phasen unterteilt. In der ersten Phase werden relevante Lieferantencharakteristika erhoben, die dann in der zweiten Phase ausgewertet werden. Anschließend werden die Lieferanten in der dritten Phase hinsichtlich ihrer strategischen Bedeutung geordnet. Aufbauend auf die beiden Bewertungsmodule wird im dritten Modul das logistische Entwicklungspotential von Lieferanten ermittelt. Hierfür werden die Ergebnisse der ersten beiden Bewertungsmodule zusammengeführt. Eine abschließende Kandidatenclusterung ermöglicht die Auswahl von logistischen Entwicklungskandidaten aus der Lieferantenbasis. Im letzen Schritt eines jeden Moduls erfolgt eine Kandidatenclusterung. Diese sukzessive Filterung der Lieferantenbasis in Bezug auf ihre Entwicklungseignung reduziert den Analyseumfang in den jeweils nachfolgenden Modulen deutlich. Somit können die wesentlichen Lieferanten, beispielsweise im Rahmen des zweiten Moduls, in vertretbarer Zeit umfangreicher untersucht werden. Aufgrund stark variierender Rahmenbedingungen und Ausprägungen von Produktions- und Logistikprozessen zwischen unterschiedlichen Baugteilgruppen ist es sinnvoll, Lieferantenbasen von Automobilherstellern baugruppenspezifisch zu untersuchen. In Anlehnung an FhG/Mercer bzw. Hüttenrauch/Baum und Iver et al. (FhG/ Mercer, 2004, S. 43 ff.; Hüttenrauch/Baum, 2008, S. 171 ff.; Iver et al., 2009, S. 86) sollen daher in den folgenden Kapiteln die Baugruppen Fahrwerk, Motor, Antriebsstrang, Karosserie, Interieur und Elektrik/Elektronik differenziert betrachtet werden.
3.2 3.2.1
Logistische Lieferantenleistung Leistungsermittlung
In der Automobilindustrie wird die logistische Leistung der Lieferantenbasis während der unterschiedlichen Phasen des Produktlebenszyklus erhoben. Leistungskenngrößen spiegeln dabei die logistischen Kundenanforderungen der Automobilhersteller an ihre Lieferanten wieder und hängen daher in starkem Maße von unternehmensspezifischen Präferenzen ab. Mangels Allgemeingültigkeit soll der Aufbau von logistischen Kennzahlensystemen im Rahmen dieser Publikation nicht weiter erörtert werden.2 Um eine möglichst breite Anwendbarkeit des vorgestellten Ansatzes zu errei-
2
Für eine weiterführende Beschreibung von logistischen Kennzahlensystemen sei an dieser Stelle auf Kaplan/Norton, 1997; Alicke, 2005 und Supply Chain Council, 2008 verwiesen.
127
Wissenschaftliche Beiträge
chen, wird vorausgesetzt, dass die Automobilhersteller über logistische Lieferantenmonitoringsysteme verfügen, die an ihre spezifischen Verhältnisse angepasst sind und die unternehmensspezifischen Leistungsanforderungen an die Lieferanten abbilden. Die Ergebnisse der logistischen Lieferantenmonitoringsysteme dienen somit als Eingangsgrößen für den Ansatz zur Auswahl von logistischen Entwicklungskandidaten.
3.2.2
Leistungsbewertung
Für die Bewertung der erhobenen Lieferantenleistung können Lieferantenbewertungsverfahren genutzt werden. Lieferantenbewertungsverfahren dienen der Leistungsund Leistungsfähigkeitsermittlung (Beckmann, 2008, S. 263 f.). Sie lassen sich in quantitative Verfahren, qualitative Verfahren und Fuzzy-Techniken einteilen (Göpfert, 2008, S. 1005). Quantitative Verfahren verknüpfen messbare Größen und erreichen dadurch optimale Lösungen. Demgegenüber werden qualitative Verfahren eingesetzt, wenn Größen nicht messbar sind, nur abgeschätzt werden können, und Aussagen über das Ausmaß von Wirkungen nicht möglich sind. Fuzzy-Techniken bilden eine Mischform, indem sie quantitative und qualitative Aspekte miteinander kombinieren (Göpfert, 2008, S. 1005 f.).3 Unabhängig von dem genutzten Lieferantenbewertungsverfahren sowie der qualitativen oder quantitativen Ausprägung einzelner Bewertungskriterien ist es in der Automobilindustrie üblich, die Lieferanten in Bewertungsklassen einzuteilen (Hofbauer et al., 2009, S. 66 f.). Hierfür werden Grenzwerte gesetzt und Einzelbewertungen auf Leistungsgrößenebene zu Gesamtbewertungen auf Lieferantenebene zusammengeführt. Dadurch wird es möglich, die logistische Lieferantenleistung in Prozentangaben zu quantifizieren und die Lieferanten verschiedenen Leistungsklassen zuzuordnen. Der Verband der Automobilindustrie (VDA) empfiehlt beispielsweise eine Einteilung der Lieferanten in die vier Leistungsklassen A, AB, B und C, die anhand eines erreichten Gesamterfüllungsgrades ermittelt werden (VDA, 1998, S. 29). Der Gesamterfüllungsgrad beschreibt die logistische Gesamtleistung eines Lieferanten unter Berücksichtigung der logistischen Leistungserbringung in den unterschiedlichen Bewertungsklassen sowie deren Gewichtung. Somit ist der Gesamterfüllungsgrad hervorragend zur Identifikation und Quantifizierung logistischer Leistungsdefizite von Lieferanten geeignet. Für die Auswahl von logistischen Entwicklungskandidaten ist es notwendig, die logistische Lieferantenleistung über einen längeren Zeitraum zu analysieren, da logistische Lieferantenentwicklung aufgrund personeller und finanzieller Aufwände (Hartley/ Choi, 1996, S. 38; Straube, 2008, S. 36) eher zur Behebung dauerhafter, systematischer Probleme als zur Abstellung singulärer, kurzfristiger Leistungsabfälle geeignet ist. Hierfür ist eine statistische Analyse der Gesamterfüllungsgrade in Bezug auf Ausmaß,
3
128
Für eine weiterführende Beschreibung von häufig genutzten Lieferantenbewertungsverfahren sei an dieser Stelle auf Glantschnig, 1994, S. 23; Janker, 2008, S. 101 ff. und Göpfert, 2008, S. 1006 verwiesen.
Logistische Lieferantenentwicklung in der Automobilindustrie
Dauer sowie Trendentwicklung von Leistungsdefiziten notwendig. Grundlage solcher deskriptiven Zeitreihenanalysen stellen Komponentenmodelle dar, mit deren Hilfe die betrachteten Zeitreihenwerte (yt) in die Komponenten Trend (tt), Konjunktur (kt), Saison (st) und Rest (rt) zerlegt werden können (Fahrmeir et al., 2004, S. 553 ff.; Krämer et al., 2008, S. 261 ff., Cramer/Kamps, 2008, S. 137; Tempelmeier, 2006, S. 37). Da die Trennung von Trend- und Konjunkturkomponente oft problematisch ist, werden diese häufig zu einer glatten Komponente (gt) zusammengefasst, die meist als langfristiger Trend bezeichnet wird (Fahrmeir et al., 2004, S. 554; Cramer/Kamps, 2008, S. 139). Nimmt man des Weiteren an, dass Lieferanten ihre Produktions- und Logistikprozesse grundsätzlich nach der Kundennachfrage auslegen und dass diese im Verlauf eines Produktionslebenszyklus aufgrund weltweit gestreuter Absatzmärkte der Automobilhersteller keinen signifikanten, saisonalen Schwankungen unterliegt, dann kann in Anlehnung an Mosler/Schmid und Cramer/Kamps folgendes Komponentenmodell zur Analyse der logistischen Lieferantenleistung herangezogen werden (Mosler/ Schmid, 2006, S. 204 f.; Cramer/Kamps, 2008, S. 140).
yt
g t rt
(1)
Für die Ermittlung der glatten Komponente zur Trendermittlung der Gesamterfüllungsgrade können grundsätzlich globale und lokale Ansätze verfolgt werden. Bei globalen Ansätzen wird eine feste Funktion vorgegeben, die für alle Werte der gesamten Zeitreihe gelten soll (Mosler/Schmid, 2006, S. 205; Fahrmeir et al., 2004, S. 556)4. Im Rahmen der Leistungsbewertung von Lieferanten ist jedoch nicht die gesamte Leistungshistorie, sondern lediglich ein beschränkter Betrachtungszeitraum von Relevanz. Daher soll im Folgenden ein lokaler Ansatz zur Bestimmung der Trendfunktion herangezogen werden. Als lokale Ansätze stehen Regressionsansätze (z.B. lineare Regression, quadatische Regression etc.) und Mittelwertverfahren (gleitende Mittelwerte, lineare Filter etc.) zur Verfügung (Fahrmeir et al., 2009, S. 20 ff.; Fahrmeir et al., 2004, S. 559 ff.; Mosler/Schmid, 2006, S. 215 ff.). Regressionsansätze bedürfen jedoch einer Abschätzung von Trendfunktionsverläufen (bspw. linearer Verlauf, quadratischer Verlauf, exponentieller Verlauf etc.), welche aufgrund großer Lieferantenanzahlen von Automobilherstellern5 und starker Unterschiedlichkeit der Gesamterfüllungsgradverläufe im Falle einer lieferantenspezifischen Abschätzung zu aufwendig oder im Falle einer Pauschalabschätzung zu fehlerbehaftet wären. Da Mittelwertverfahren keine umfangreiche Kurvenverlaufsanalyse benötigen, sind sie grundsätzlich zur Trendabschätzung bei der logistischen Leistungsbewertung von Lieferanten in der Automobilindustrie geeignet. Geht man weiterhin davon aus, dass die Restkomponente unregelmäßig um Null schwankt, so haben Mittelwertverfahren zusätzlich den 4
5
Typische globale Trendfunktionen haben eine lineare, quadratische, polynomiale oder exponentielle Form. Für eine weiterreichende Beschreibung und Bestimmung globaler Trendfunktionen soll an dieser Stelle auf Fahrmeir et al., 2004; Fahrmeir et al., 2009 und Mosler/Schmid, 2006 verwiesen werden. Im Premiumsegment sind 1500 Lieferanten pro Werk nicht unüblich.
129
Wissenschaftliche Beiträge
Vorteil, dass sie durch ihre Glättungseigenschaften den Störeinfluss der Restkomponenten weitestgehend ausschalten (Mosler/Schmid, 2006, S. 218)6. Bei der Mittelwertbildung kann es für Automobilhersteller gegebenenfalls von Interesse sein, Perioden der jüngeren Vergangenheit aufgrund aktuellerer Datenlagen eine stärkere Bedeutung bei der logistischen Leistungsbewertung zukommen zu lassen (Tempelmeier, 2006, S. 43). Im Folgenden sollen daher in Anlehnung an Mosler/Schmid lineare Filter als Indikatoren für das Ausmaß, die Dauer und die Trendentwicklung von logistischen Leistungsdefiziten herangezogen werden (Mosler/Schmid, 2006, S. 219).
a L y t L a L1 y t L 1 ... a 0 y t
zt
(2)
t
¦a
it y i
i t L t
¦a
i t L
t
i-t g i
¦a
i - t ri
i t L
ƿ0 Mit zt L
Linearkombination von y t mit benachbarten Werten der Zeitreihe Länge der Periodenanzahl der Mittelwertbildung
ai
Gewichtungsfaktor i
yt
Gesamterfüllungsgrad in Periode t
t {1...n} 1 für alle i gewählt werL1 den. In diesem Fall handelt es sich bei dem linearen Filter um einen gleitenden Durchschnitt.
Falls keine Periodengewichtung gewünscht ist, kann a i
3.2.3
Kandidatenclusterung I – Logistische Lieferantenleistung
Auf Basis der Mittelwertbildung können die Lieferanten der Automobilhersteller hinsichtlich ihrer durchschnittlichen logistischen Performance der letzten L Perioden zu einem Zeitpunkt t gereiht werden. Des Weiteren bietet es sich an, die gemittelte logistische Leistung der Lieferanten über einen vordefinierten Zeithorizont aufzutragen, um Trendentwicklungen darstellen zu können. Auf Basis der Reihung sowie der Zeitreihendarstellung können die Lieferanten verschiedenen Leistungsclustern zugeordnet werden (vgl. Abbildung 2). Lieferanten, die Cluster 1 zugeordnet werden, unterschreiten dauerhaft und deutlich den geforderten Gesamterfüllungsgrad von 100 Pro6
130
Für den mathematischen Beweis siehe Mosler/Schmid, 2006, S. 218.
Logistische Lieferantenentwicklung in der Automobilindustrie
zent. Sie weisen somit eine sehr schlechte logistische Lieferantenleistung auf und können daher als Hauptentwicklungskandidaten in Bezug auf die logistische Leistung bezeichnet werden. Lieferanten des Clusters 2 zeigen dauerhaft schlechte logistische Lieferantenleistungen und gehören dadurch zu den erweiterten Entwicklungskandidaten. Demgegenüber zeichnen sich die Lieferanten des dritten Clusters durch eine gute Performance aus und sind daher keine Entwicklungskandidaten. Die Clustergrenzen können unternehmensspezifisch festgelegt werden. Alle Lieferanten mit nicht zufrieden stellender Logistikleistung sollten im Rahmen des logistischen Lieferantenmanagements zur Leistungsverbesserung angehalten werden. Inwieweit der OEM diese jedoch aktiv bei der Leistungsverbesserung unterstützen sollte, hängt von der strategischen Bedeutung der Lieferanten ab, welche im folgenden Bewertungsmodul ermittelt werden soll.
Abbildungȱ2:ȱ KandidatenclusterungȱIȱ–ȱLogistischeȱLieferantenleistungȱ ... Antriebsstrang Motor Fahrwerk GemittelteȱlogistischeȱLieferantenleistungȱ inȱPeriodeȱt Rankingposition
Lieferant
Logistische Lieferantenleistung
1
Lft 2
65 %
2
Lft 3
72 %
3
Lft 1
76 %
4
Lft 4
84 %
5
Lft 5
96 %
...
...
...
LogistischeȱLieferantenleistungȱüberȱ demȱZeithorizont
= Cluster 1
= Cluster 2
3.3
Strategische Bedeutung für die Logistik
3.3.1
Lieferantentypologisierung
= Cluster 3
Automobilzulieferer weisen vielfältige und vielschichtige Eigenschaften sowie starke Unterschiedlichkeiten in deren Ausprägungen auf (Hofbauer et al., 2009, S. 25 ff.). Daher ist eine Typologie zur Abbildung und Charakterisierung von Lieferanten hervorragend geeignet (Kirst, 2008, S. 97; Becker, 2007, S. 167). Lieferanteneigenschaften wurden bereits vielfach in Praxis und Literatur analysiert und diskutiert (Glantschnig, 1994; Kleinau, 1995; Wildemann, 1996; Arnold, 2004; Beckmann, 2008; Krokowski,
131
Wissenschaftliche Beiträge
2008). Für die Entwicklung einer Typologie zur Bewertung der strategischen Bedeutung von Lieferanten bietet sich somit ein retrogrades Vorgehen an, bei dem bekannte Merkmale sowie deren Ausprägungen ausgewählt, modifiziert und ergänzt werden (Sieben et al., 2008, S. 4). Zur Strukturierung der Typologie wurden die einzelnen Lieferantenmerkmale in Produkt-, Ressourcen- und Partnerschafts-Charakteristika eingeteilt. Diese Dreigliederung wurde in Anlehnung an Wagner/Boutellier sowie Batran getroffen, die das Beschaffungsobjekt, die Fähigkeiten der Lieferanten und die Abnehmer/Lieferantenbeziehung als Lieferantenentwicklungsziele und -potentiale identifizieren (Wagner/Boutellier, 2003, S. 59; Batran, 2008, S. 62). Bei der Erstellung der Typologie wurden jene Merkmale ausgewählt, welche die Logistikleisung nachhaltig beeinflussen (vgl. Abbildung 3).
Abbildungȱ3:ȱ Lieferantentypologieȱ
Um die Handhabung der Typologie zu erleichtern, wurde der Merkmalssatz auf eine überschaubare Anzahl begrenzt, ganz nach der Devise: „So detailliert wie nötig, so abstrakt wie möglich“ (Vester, 2008, S. 218). Dadurch wird es notwendig, die Typologie auf ihre Vollständigkeit und Systemrelevanz zu überprüfen (Gomez/Probst, 1999, 132
Logistische Lieferantenentwicklung in der Automobilindustrie
S. 48; Vester/Hesler, 1980, S. 88; Vester, 2008, S. 218). Nach Vester/Hesler kann dies durch den Abgleich der Typologie mit anerkannten Referenzmodellen anhand von Kriterienmatrizen erfolgen (Vester/Hesler, 1980, S. 44 ff.; Gomez/Probst, 1999, S. 47 f.). Als Referenzmodelle sind hierfür das Dortmunder Prozesskettenparadigma nach Kuhn und das KPI Framework Model nach Keller/Hellingrath geeignet. Das Dortmunder Prozesskettenparadigma ist ein allgemein anerkanntes und vielfach bewährtes Instrumentarium zu Modellierung und Optimierung von logistischen Systemen (Kuhn, 1995; Winz/Quint, 1997). Demgegenüber stellt das KPI Framework Model ein ganzheitliches, kennzahlenbasiertes Instrumentarium zur unternehmensübergreifenden Wirtschaftlichkeitsbewertung dar, welches herkömmliche logistische Bewertungsinstrumentarien in einem Ansatz zusammenführt (Keller/Hellingrath, 2007). Im Folgenden soll beispielhaft die Kriterienmatrix der 17 Potentialklassen des Dortmunder Prozesskettenparadigmas diskutiert werden (vgl. Abbildung 4). Bei der Erstellung der Kriterienmatix werden die Kriterien der Lieferantentypologie mit den 17 Potentialklassen des Dortmunder Prozesskettenparadigmas abgeglichen. Hierfür werden die bilateralen Abhängigkeiten mit 0 = keine Korrelation, 1 = schwache Korrelation und 2 = starke Korrelation beurteilt. Die Spaltensummen beschreiben dabei die Stärke der Berücksichtigung von Potentialklassen in der Lieferantentypologie. Aus der Kriterienmatrix können folgende Schlüsse gezogen werden: Die Lieferantentypologie deckt alle Potentialklassen ab, da alle Spaltensummen größer null sind. Somit kann die Lieferantentypologie als vollständig in Bezug auf die 17 Potentialklassen bezeichnet werden. Des Weiteren erfahren die Potentialklassen eine grundsätzlich ausgewogene Gewichtung in der Lieferantentypologie. Auffallend ist jedoch eine verstärkte Berücksichtigung der Potentialklassen Disposition (Lenkungsebenen), Steuerung (Lenkungsebenen), Flächen (Ressourcen) und Bestände (Ressourcen). Sie weisen jeweils einen maximalen Wert von 8 % des prozentualen Anteils der Spaltensummen auf. Dies ist jedoch nicht weiter verwunderlich, da diese Potentialklassen unmittelbar durch die logistische Leistungsfähigkeit von Lieferanten beeinflusst werden. Je größer die logistischen Probleme, desto höhere Bestände und größere Flächen werden als Pufferung benötigt und desto größer ist der Dispositions- und Steuerungsaufwand für Notfallmaßnahmen. Analog zu dem oben beschriebenen Vorgehen wurde die Typologie auch mit dem KPI Framework Model abgeglichen. Dabei konnten ähnliche Ergebnisse erzielt werden, so dass zusammenfassend festgehalten werden kann, dass die entwickelte Typologie alle Kriterien der Referenzmodelle abdeckt und daher für die vollständige Abbildung logistischer Lieferantensysteme geeignet ist.
133
Wissenschaftliche Beiträge
Abbildungȱ4:ȱ KriterienmatrixȱdesȱDortmunderȱProzesskettenȱParadigmasȱ
PartnerschaftsȬCharakteristika
RessourcenȬCharakteristika
ProduktȬCharakteristika
technische Kommunikationsstruktur
Aufbauorganisation
Layout
Organisationsmittel
Strukturen
Arbeitshilfsmittel
Arbeitsmittel
Bestände
Flächen
Personal
Ressourcen
Steuerung
Netzwerk
Disposition
Administration
Lenkungsebenen
Normative
Quellen
Prozesse
Senken
Prozesse
Einkaufsvolume n
1
1
2
0
0
1
2
1
2
2
2
2
2
1
2
1
0
Te ile pre is
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0
2
0
0
0
0
0
0
0
2
1
1
0
1
0
0
Te ile art
0
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0
0
0
2
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2
1
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1
1
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0
0
Komple xität de s Produkts
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1
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0
1
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2
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0
Qualitätsanforde runge n
1
1
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2
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Variante nvie lfalt
1
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2
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Be hälte r
0
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0
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Logistische Komple xität
0
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Innovationspote ntial
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0
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0
Fle xibilität und
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Fe rtigungstyp
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Organisationstyp
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Re lative Lage de s Standorts
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Ve rke hrsinfrastruktur
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2
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1
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2
Re ssource nve rfügbarke it
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Dispositionsstruktur
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Daue r de r Ge schäftsbe zie hung
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0
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0
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Be zie hungsstruktur
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0
1
2
2
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1
1
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0
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0
Machtve rhältnis
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1
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1
1
0
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0
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Ve rtraue nsve rhältnis
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0
0
2
1
2
1
0
1
1
1
0
0
0
0
0
0
Zusamme narbe it
2
0
0
2
1
2
1
2
1
1
1
0
0
2
0
0
2
Kommunikationsve rhalte n
2
0
0
2
1
2
1
2
1
1
1
0
0
2
0
0
2
Inve stitione n in ph. Anbindung
1
0
0
0
1
1
1
0
1
2
2
2
2
2
0
1
0
Form de r e l. Anbindung
0
0
0
0
1
1
1
0
1
2
2
2
2
2
0
1
2
Inte nsität de r e l. Anbindung
0
0
0
0
1
1
1
2
1
2
2
2
2
2
0
1
2
Koope rationsgrad
1
1
0
2
1
1
1
2
2
1
0
1
1
2
0
2
2
21
17
18
13
31
36
32
35
29
34
35
27
27
27
26
22
22
AbsoluteȱSpaltensumme ProzentualterȱAnteilȱSpaltensumme
452
5% 4% 4% 3% 7% 8% 7% 8% 6% 8% 8% 6% 6% 6% 6% 5% 5% 100%
Neben der Überprüfung auf Systemrelevanz und Vollständigkeit ist es notwendig, die inhärenten Wirkungen der Typologie zu untersuchen. Vester empfiehlt hierfür eine Analyse der Abhängigkeiten ausgewählter Beschreibungsmerkale mittels Einflussmatrizen (Vester, 2008, S. 230). In einer Einflussmatrix wird jedes Merkmal in der Typologie mit jedem anderen Merkmal in Beziehung gesetzt (Gomez/Probst, 1999, S. 85ff.). Die Intensität der Abhängigkeit wird dabei mit 0 = kein Einfluss, 1 = schwacher Einfluss, 2 = mittlerer Einfluss und 3 = starker Einfluss bewertet. Dadurch wird es möglich, die Wirkungen der einzelnen Merkmale auf das System bewertbar zu machen, indem für jede Größe eine Aktiv- und eine Passivsumme gebildet wird. Die 134
Logistische Lieferantenentwicklung in der Automobilindustrie
Aktivsumme (AS) beschreibt die Wirkung eines betrachteten Merkmals auf das System und die Passivsumme (PS) den Einfluss des Systems auf das Merkmal (Vester, 2008, S. 227 ff.). In Abbildung 5 ist die Einflussmatrix der Lieferantenmerkmale in Anlehnung an Vester dargestellt.
Abbildungȱ5:ȱ EinflussmatrixȱderȱLieferantenmerkmaleȱ PartnerschaftsȬCharakteristika
ProduktȬCharakteristika RessourcenȬCharakteristika PartnerschaftsȬCharakteristika
Einkaufsvolumen
3 0 0 0 0 2 3 0 2 3 3 1 1 0 1 0 2 2 1 2 2 1 0 3 1 3 3 3 2
44
0 0 0 0 0 0 0 0 2 2 1 1 0 0 0 3 3 3 2 2 1 0 2 1 1 1 1 2
31
3 2 2 3 3 0 3 2 2 1 1 0 1 3 3 3 3 3 2 1 0 2 1 2 2 2 2
55
2 0 3 3 0 3 2 2 1 0 0 1 3 3 3 0 3 2 1 0 2 1 2 2 2 2
48
0 3 3 0 3 2 2 3 0 0 1 0 3 3 0 3 2 1 0 1 1 3 3 3 2
48
2 3 0 3 2 2 1 1 0 1 3 3 3 2 3 2 0 0 1 1 3 3 3 2
46
3 0 3 0 0 1 1 0 0 0 2 2 2 3 2 0 0 1 1 1 1 1 2
29
0 3 0 0 1 1 0 0 0 0 2 0 3 2 0 0 1 1 3 3 3 2
31
3 0 0 0 0 0 0 0 0 1 0 3 3 1 1 1 1 1 1 1 3
24
3 3 2 3 0 3 2 3 3 0 3 3 1 1 1 1 0 0 3 3
42
3 0 0 0 0 0 0 0 0 2 2 1 0 1 0 0 0 0 2
14
0 0 0 0 0 0 0 0 2 2 1 0 1 0 0 0 0 2
14
Teilepreis
3
Teileart
0 3
KomplexitätȱdesȱProdukts
0 3 2
Qualitätsanforderungenȱȱ
0 3 0 3
Variantenvielfalt
0 2 0 0 0
Behälter
0 3 0 0 0 0
LogistischeȱKomplexität
0 3 0 0 0 0 3
Innovationspotential
2 2 0 0 0 0 0 0
Flexibilitätȱ&ȱReaktionsvermögen 2 2 0 0 0 0 0 0 0 Fertigungstyp
1 0 0 0 0 0 0 0 0 2
Organisationstyp
1 0 0 0 0 0 0 0 0 2 3
Kompetenzen
2 2 0 0 0 0 0 0 0 1 0 0
RelativeȱLageȱdesȱStandorts
2 2 0 0 0 0 0 0 0 2 0 0 0
0 0 0 0 0 0 0 2 2 1 0 1 0 0 0 0 1
12
0 1 0 0 0 2 3 2 0 0 0 0 1 1 1 1
18
Verkehrsinfrastruktur
2 2 0 0 0 0 0 0 0 2 0 0 0 1
Ressourcenverfügbarkeit
1 1 0 0 0 0 0 0 0 3 0 0 0 1 0
1 0 0 3 2 2 3 0 0 0 0 1 1 1 1
22
3 3 3 0 3 3 1 1 1 1 0 0 0 3
28
2 2 0 2 3 0 1 0 0 0 0 0 2
18
3 0 2 3 0 1 0 0 0 0 0 2
20
Dispositionsstruktur
0 0 0 0 0 0 0 0 0 3 0 0 0 1 0 2
SourcingȬStrategie
0 0 0 0 0 0 0 0 0 3 0 0 0 1 0 2 3
SourcingȬRegionen
0 0 0 0 0 0 0 0 0 3 0 0 0 1 0 2 2 3
Distributionsstruktur
0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 1 0 0 0 0 2 0 0 0
DauerȱderȱGeschäftsbeziehung
2 2 0 0 0 0 0 0 2 0 0 0 0 0 0 1 0 0 0 1
Beziehungsstruktur
2 2 0 0 0 0 0 0 2 2 0 0 0 0 0 1 0 0 0 1 3
Machtverhältnis
2 2 0 0 0 0 0 0 1 3 0 0 0 0 0 3 0 0 0 1 3 3
Vertrauensverhältnis
2 2 0 0 0 0 0 0 2 3 0 0 0 0 0 3 0 0 0 1 3 3 1
Zusammenarbeit
2 2 0 0 0 0 0 0 2 3 0 0 0 0 0 2 0 0 0 1 3 3 1 3
Kommunikationsverhalten
2 2 0 0 0 0 0 0 2 3 0 0 0 0 0 2 0 0 0 1 3 3 1 3 2
Investitionenȱph.ȱAnbindung
2 2 0 0 0 0 0 0 0 3 0 0 0 0 0 1 0 0 0 1 3 3 1 3 2 1
Formȱel.ȱAnbindung
2 2 0 0 0 0 0 0 0 3 0 0 0 0 0 1 0 0 0 1 3 3 1 3 2 1 2
Intensitätȱel.ȱAnbindung
2 2 0 0 0 0 0 0 0 3 0 0 0 0 0 1 0 0 0 1 3 3 1 3 2 3 2 0
Kooperationsgrad
2 2 0 0 0 0 0 0 2 3 0 0 0 0 0 1 0 0 0 1 3 3 1 3 2 3 3 3 3
Passivsumme
Aktivsumme
RessourcenȬCharakteristika
ȱEinkaufsvolumen ȱTeilepreis ȱTeileart ȱKomplexitätȱdesȱProdukts ȱQualitätsanforderungenȱ ȱVariantenvielfalt ȱBehälter ȱLogistischeȱKomplexitätȱ ȱInnovationspotential ȱFlexibilitätȱundȱReaktionsvermögen ȱFertigungstyp ȱOrganisationstyp ȱKompetenzen ȱRelativeȱLageȱdesȱStandorts ȱVerkehrsinfrastruktur ȱRessourcenverfügbarkeit ȱDispositionsstruktur ȱSourcingȬStrategie ȱSourcingȬRegionen ȱDistributionsstruktur ȱDauerȱderȱGeschäftsbeziehung ȱBeziehungsstruktur ȱMachtverhältnis ȱVertrauensverhältnis ȱZusammenarbeit ȱKommunikationsverhalten ȱInvestitionenȱinȱph.ȱAnbindung ȱFormȱel.ȱAnbindung ȱIntensitätȱel.ȱAnbindung ȱKooperationsgrad
ProduktȬCharakteristika
0 2 3 0 0 0 0 0 0 0 2
18
2 2 2 0 2 0 0 0 0 2
13
2 1 1 2 1 3 3 3 3
27
1 1 2 1 3 3 3 3
30
1 2 3 3 3 3 3
36
2 3 3 3 3 3
37
3 3 3 3 3
37
2 2 3 3
34
2 2 3
29
3 3
30
3
29 35
36 51 2 6 4 2 16 18 13 70 20 19 12 14 0 34 19 30 36 25 77 73 22 26 39 30 45 43 50 67
Zur Visualisierung der Einflussanalyse ist ein Rollenverteilungsdiagramm geeignet (Vester, 2008, S. 234 ff.). Dabei lässt sich feststellen, dass ein hoher Anteil an Merkmalen in den zentralen Bereich des Diagramms fällt (vgl. Abbildung 6). Laut Vester wird
135
Wissenschaftliche Beiträge
dieser Bereich als neutraler Bereich bezeichnet, der sich zwischen den aktiven, reaktiven, puffernden und kritischen Bereichen befindet.7 Im Hinblick auf die Typologie weisen Merkmale, die in den neutralen Bereich fallen, ausgewogene, inhärente Abhängigkeiten auf. Die Typologie kann somit in Bezug auf den Einfluss der Kriterien als ausgeglichen bezeichnet werden. Sie ist daher zur Beschreibung von Lieferanten hinsichtlich ihrer nachhaltig logistikrelevanten Eigenschaften geeignet.
Beeinflussbarkeitȱ(PS)
Abbildungȱ6:ȱ Rollenverteilungsdiagrammȱ 100 80 60 40 20 0 0
10
20
30
40
50
60
70
Einflussnahmeȱ(AS)
3.3.2
Strategische Bewertung
Die zuvor entwickelte Lieferantentypologie bildet die Grundlage für die strategische Bewertung von Lieferanten. Durch Nutzung dieser Typologie ist es möglich, Lieferanten hinsichtlich ihrer logistikrelevanten Eigenschaften zu beschreiben. Darauf aufbauend kann in Abhängigkeit von den unternehmensspezifischen Merkmalsausprägungen die strategische Bedeutung der Lieferanten für die Logistik bewertet werden. Hierfür stellt die Nutzwertanalyse grundsätzlich eine geeignete Bewertungsmethodik dar, da anhand einer Nutzwertanalyse eine Menge komplexer Elemente bezüglich eines multidimensionalen Zielsystems auf Basis von Erfahrungswissen geordnet werden kann (Hofmann/Nothardt, 2009, S. 195 f.; Zangemeister, 1976, S. 45; Janker, 2008, S. 125). In diesem Fall handelt es sich bei der Menge komplexer Elemente um die zuvor im ersten Modul ermittelten Lieferanten, welche hinsichtlich multipler, nicht quantifizierbarer Bewertungsgrößen beurteilt werden sollen. Für die Ermittlung der strategischen Bedeutung dieser Lieferanten ermöglicht die Nutzwertanalyse des Weiteren eine Zusammenführung dieser Einzelbewertungen zu einer Gesamtbewertung, welche für eine Reihung der Lieferanten hinsichtlich ihrer strategischen Bedeutung benötigt wird. In der Literatur wird als Hauptkritikpunkt an der Nutzwertanalyse die
7
136
Für eine weitreichendere Erläuterung zur Interpretation des Rollenverteilungsdiagramms siehe Vester, 2008, S. 235 ff. und Gomez/Probst, 1999, S. 88 ff.
Logistische Lieferantenentwicklung in der Automobilindustrie
subjektive Bewertung von Zielerreichungsgraden genannt, welche den objektiven Vergleich verschiedener Alternativen erschwert (Jung, 2007, S. 135; Janker, 2008, S. 126; Bartsch, 2005, S. 60; Brede, 2004, S. 128).8 Im Folgenden soll die Bewertung der Ausprägungen von Lieferantencharakteristiken daher generisch vorgenommen und dadurch von der fallspezifischen Lieferantenbewertung entkoppelt werden. Die Bewertung der Ausprägungen von Lieferantencharakteristiken erfolgt somit immer auf der gleichen Datenbasis, wodurch die Objektivität der Bewertung gesteigert und dadurch die Vergleichbarkeit der Bewertungsergebnisse erhöht werden kann. In Anlehnung an die Nutzwertberechnung nach Wollenberg kann die Bewertung der strategischen Bedeutung von Lieferanten in die Schritte (1) Ermittlung der Bewertungskriterien, (2) Bewertung der Lieferanteneigenschaften, (3) Gewichtung der Bewertungskriterien und (4) Berechnung der strategischen Bedeutung unterteilt werden (Wollenberg, 2004, S. 176). 1) Schritt:ȱErmittlungȱderȱBewertungskriterienȱ
Als strategisch bedeutsame Lieferanten sollen aus logistischem Blickwinkel jene Zulieferer bezeichnet werden, die aufgrund ihrer logistikrelevanten Eigenschaften für eine kooperative Zusammenarbeit zur Erschließung von unternehmensübergreifenden Synergien9 geeignet sind. Dies ist der Fall, wenn sowohl Kooperationsbedarf als auch Kooperationsfähigkeit vorliegen (Kuhn/Hellingrath, 2002, S. 62). Zur Bewertung des Kooperationsbedarfes können in Anlehnung an die Schwachstellenanalyse im Rahmen der Logistik-FMEA (Erdmann, 2000, S. 60; Jünemann/Tönnißen, 1993, 29) die Bewertungskriterien Risikoȱ logistischerȱ Leistungsdefiziteȱ undȱ Auswirkungenȱ logistischerȱ LeisȬ tungsdefiziteȱ herangezogen werden. Demgegenüber kann die Bewertung der Kooperationsfähigkeit durch das Bewertungskriterium Kooperationseignung vorgenommen werden (vgl. Abbildung 7).
8 9
Für generelle Kritik an der Nutzwertanalyse siehe Janker, 2008, S. 126; Bartsch, 2005, S. 59 f. und Hofmann/Nothardt, 2009, S. 195. Nach Kuhn/Hellingrath können diese in Form von Zeit-, Risiko-, Kosten- sowie Ressourcenvorteilen erschlossen werden (Kuhn/Hellingrath, 2002, S. 49 f.).
137
Wissenschaftliche Beiträge
Abbildungȱ7:ȱ Bewertungskriterienȱ
Bewertungsdimension
Bewertungskategorie
Bewertungsgrößen
Strategische Bedeutung
Kooperationsbedarf
Risiko logistischer Leistungsdefizite
Kooperationsfähigkeit
Auswirkungen logistischer Leistungsdefizite
Kooperationseignung
2) Schritt:ȱBewertungȱderȱLieferanteneigenschaftenȱ
Für die Bewertung der Lieferanteneigenschaften muss jede lieferantenspezifische Merkmalsausprägung hinsichtlich der drei Bewertungskriterien beurteilt werden. Hierfür kann beispielsweise ein Punktverfahren mit metrischer Bewertungsskala über dem Intervall der natürlichen Zahlen von 1 bis 5 verwendet werden (Winkelhofer, 2005, S. 141 ff.). Die Wirkung einer Merkmalsausprägung auf ein Bewertungskriterium wird dabei mit 1 = stark reduzierend, 2 = leicht reduzierend, 3 = neutral, 4 = leicht verstärkend und 5 = stark verstärkend beurteilt. Darauf aufbauend können dann für jeden betrachteten Lieferanten die Einzelwirkungen je Bewertungskriterium aufsummiert werden. 3) Schritt:ȱGewichtungȱderȱBewertungskriterienȱ
Während des dritten Schrittes erfolgt eine Gewichtung der Bewertungskriterien in Abhängigkeit von unternehmensspezifischen Präferenzen.10 Als Gewichte sind alle reellen Zahlen im Intervall von 0 bis 1 zulässig. Die Summe der Gewichte sollte gleich 1 sein. 4) Schritt:ȱBerechnungȱderȱstrategischenȱBedeutungȱ
Für die Berechnung der strategischen Bedeutung der Lieferanten ist eine Wertsynthese der aufsummierten Kriterienbewertungen notwendig. Nach Schwaiger/Opitz und Aberle ist es unter Voraussetzung des gleichen Skalenursprungs und der gleichen Skaleneinheit möglich, eine additive, eine multiplikative oder eine additiv-multiplikative Wertsynthese durchzuführen (Schwaiger/Opitz, 2003, S. 446; Aberle, 2003, S. 474). Eine multiplikative Wertsynthese ist für die Bewertung der strategischen Bedeu10
138
Für die Bestimmung der Kriteriengewichte können singuläre Vergleiche, sukzessive Vergleiche, Matrix- oder Delta-Verfahren genutzt werden. Für eine detailliertere Vorstellung der Verfahren sei an dieser Stelle auf Rehkluger/Glunz, 2007, S. 99 ff. verwiesen.
Logistische Lieferantenentwicklung in der Automobilindustrie
tung von Lieferanten besonders geeignet, weil für eine hohe strategische Bedeutung alle drei Bewertungskriterien in starkem Maße erfüllt sein müssen (siehe Argumentation oben). Graphisch kann die Multiplikation dreier Größen als das von ihnen aufgespannte Quadervolumen interpretiert werden. Je größer das Quadervolumen, desto größer ist auch die strategische Bedeutung. Da bei gleichen Kantenlängensummen kompaktere Quader mit symmetrischeren Seitenlängen größere Volumina besitzen, werden Mittellagen den Randlagen vorgezogen. In Bezug auf die strategische Bedeutung von Lieferanten bedeutet dies, dass Zulieferer mit hohen Werten für alle drei Bewertungskriterien denen mit hohen Werten für nur ein oder zwei Kriterien vorgezogen werden. In Anlehnung an Schwaiger/Opitz kann die Berechnung der strategischen Bedeutung von Lieferanten somit folgendermaßen formalisiert werden (Schwaiger/Opitz, 2003, S. 446):
§ ¨ ¨ ¨ ©
sb i
n
¦ j 1
· ¸ rij ¸ ¸ ¹
gr
§ ¨ *¨ ¨ ©
· ¸ a ij ¸ ¸ 1 ¹
n
¦ j
ga
§ ¨ *¨ ¨ ©
n
¦ j 1
· ¸ k ij ¸ ¸ ¹
gk
(3)
Mit sb i
Strategisc he Bedeutung des Lieferanten i
rij
Einfluss Merkmal j auf Risiko logistisch er Leistungsdefizite des Lieferanten i
a ij
Einfluss Merkmal j auf Auswirkung logistisch er Leistungsdefizite des Lieferanten i
k ij
Einfluss Merkmal j auf Kooperationseignung des Lieferanten i
gr
Gewichtung Risiko logistisch er Leistungsdefizite
ga
Gewichtung Auswirkung en logistisch er Leistungsd efizite
g k Gewichtung Kooperationseignung gr ga gk 1 i {1...m}
Die Gewichtung der Bewertungskriterien erfolgt bei einer multiplikativen Wertsynthese üblicherweise in der Potenz (Aberle, 2003, S. 475). Die Exponenten bilden dabei lineare Gewichte im logarithmierten Koordinatensystem:
ln sbi
§ ¨ g r ln¨ ¨ ©
· § ¸ ¨ rij ¸ g a ln¨ ¸ ¨ 1 ¹ ©
n
¦ j
· § ¸ ¨ a ij ¸ g k ln¨ ¸ ¨ 1 ¹ ©
n
¦ j
· ¸ k ij ¸ ¸ 1 ¹
n
¦ j
(4)
Abbildung 8 zeigt beispielhaft den Ablauf der strategischen Bewertung von Lieferanten aus Sicht der Logistik.
139
Wissenschaftliche Beiträge
Abbildungȱ8:ȱ BewertungssystematikȱstrategischeȱBedeutungȱ Lieferantentypologie Merkmal
StrategischeȱBewertung
Ausprägung
Risikoȱlogistischerȱ Leistungsdefiziteȱ [1...5]
Auswirkungenȱ logistischerȱ Leistungsdefiziteȱ [1...5]
Kooperationseignungȱ [1...5]
1
ProduktȬCharakteristika M11
A11
5
3
2
M12
A12
4
4
1
...
...
...
...
...
RessourcenȬCharakteristika M21
A21
0
0
1
M22
A22
2
3
4
...
...
...
...
...
PartnerschaftsȬCharakteristika M31
A31
1
4
4
M32
A32
5
4
5
...
...
...
...
...
Summe:
32
42
40
Gewichtung:
2 3
0,4
0,4
0,2
StrategischeȱBedeutung:
4
32^0,4*42^0,4*40^0,3ȱ=ȱ54
3.3.3
Kandidatenclusterung II – Strategische Bedeutung für die Logistik
Auf Grundlage der strategischen Bedeutung können die Lieferanten analog zur Kandidatenclusterung I gereiht werden (vgl. Abbildung 9). Lieferanten, die dem ersten Cluster zugeordnet werden können, weisen ein sehr hohes Risiko für logistische Leistungsdefizite, sehr starke Auswirkungen infolge logistischer Leistungsdefizite sowie eine sehr hohe Kooperationseignung auf und können daher als Hauptentwicklungskandidaten in Bezug auf die strategische Bedeutung bezeichnet werden. Lieferanten des zweiten Clusters haben ein hohes Risiko für logistische Leistungsdefizite, erzeugen starke Auswirkungen infolge logistischer Leistungsdefizite und eignen sich zur Kooperation. Sie gehören daher der Gruppe der erweiterten Entwicklungskandiaten an. Die Kandidaten des dritten Clusters stellen ein geringes Risiko dar und/ oder führen zu geringen Auswirkungen und/oder sind nicht für eine Kooperation geeignet. Sie sind daher nicht für logistische Lieferantenentwicklungsprojekte auszuwählen. Entsprechend der Kandidatenclusterung I können die Clustergrenzen wiederum unternehmensspezifisch festgelegt werden.
140
Logistische Lieferantenentwicklung in der Automobilindustrie
Abbildungȱ9:ȱ KandidatenclusterungȱIIȱ–ȱStrategischeȱBedeutungȱfürȱdieȱLogistikȱ ... Antriebsstrang Motor Fahrwerk
Rankingposition
Lieferant
Strategische Bedeutung
1
Lft 7
161
2
Lft 3
137
3
Lft 2
120
4
Lft 5
115
5
Lft 8
42
...
...
...
Dimensionenȱderȱstrategischenȱ Bewertung
Kooperationseignung
StrategischeȱBedeutungȱderȱLieferanten
= Cluster 1
3.4
= Cluster 2
= Cluster 3
Logistisches Entwicklungspotential
Damit das logistische Entwicklungspotential bewertbar gemacht und berechnet werden kann, ist es notwendig, die Ergebnisse der beiden Bewertungsmodule zu vereinheitlichen. Hierfür müssen die Werte der heterogenen Kriterienskalen in abstrakte Nutzwerte überführt werden (Lifka, 2009, S. 58). Die Berechnung des logistischen Entwicklungspotentials kann demnach in drei Schritte unterteilt werden (vgl. Abbildung 10): (1) Normalisierung der logistischen Lieferantenleistung, (2) Normalisierung der strategischen Bedeutung für die Logistik, (3) Gewichtung der Bewertungsdimensionen und (4) Berechnung des logistischen Entwicklungspotentials. 1) Schritt:ȱNormalisierungȱderȱlogistischenȱLieferantenleistungȱ
Für die Normalisierung von Nutzenskalen kann nach Lifka eine lineare Normierung vorgenommen werden (Lifka, 2009, S. 59). Dabei wird grundsätzlich der normierte Zielerreichungskoeffizient l i durch die Division einer Merkmalsbewertung zi mit dem Maximalwert der Skala lmax errechnet. Da eine schlechte logistische Lieferantenleistung das logistische Entwicklungspotential erhöht, ist bei der Berechnung der Zielerreichungskoeffizienten das Komplement 1 z i der Merkmalsbewertung z i zu verwenden.
li
(1 z i ) * 100 l max
(5)
141
Wissenschaftliche Beiträge
Mit li = Normierter Zielerreichungskoeffizient der logistischen Leistung von Lieferant i zi = Linearer Filter der logistischen Lieferantenleistung von Lieferant i lmax = Maximale logistische Lieferantenleistung 2) Schritt:ȱNormalisierungȱderȱstrategischenȱBedeutungȱ
Die Normalisierung der strategischen Bedeutung erfolgt analog zur Normalisierung der logistischen Lieferantenleistung. Eine Bildung des Komplimentes ist an dieser Stelle nicht notwendig, da eine hohe strategische Bedeutung eines Lieferanten auch ein hohes logistisches Entwicklungspotential bedingt.
bi
sb i * 100 b max
(6)
Mit bi = Normierter Zielerreichungskoeffizient der strategischen Bedeutung von Lieferant i sbi = Strategische Bedeutung von Lieferant i bmax = Maximale strategische Bedeutung 3) Schritt:ȱGewichtungȱderȱBewertungskriterienȱ
In Abhängigkeit von unternehmensspezifischen Präferenzen erfolgt im dritten Schritt die Gewichtung der Bewertungskriterien analog zur Bewertungskriteriengewichtung bei der Ermittlung der strategischen Bedeutung.11 Als Gewichte sind alle reellen Zahlen im Intervall von 0 bis 1 zulässig. Die Summe der Gewichte sollte gleich 1 sein. 4) BerechnungȱdesȱlogistischenȱEntwicklungspotentialsȱ
Lieferanten sind potentiell für logistische Lieferantenentwicklung geeignet, wenn sie sowohl von hoher strategischer Bedeutung für den Automobilhersteller sind als auch über einen längeren Zeitraum logistische Schwächen zeigen. In Analogie zur Berechnung der strategischen Bedeutung werden daher auch bei der Berechnung des logistischen Entwicklungspotentials Mittellagen gegenüber Randlagen bevorzugt. Mathematisch kann dieser Zusammenhang wiederum durch eine multiplikative Wertsynthese abgebildet werden. Das logistische Entwicklungspotential von Lieferanten entspricht dabei dem Flächeninhalt des von logistischer Lieferantenleistung und von strategischer Bedeutung aufgespannten Rechtecks. Die Fläche des Rechtecks bzw. das logistische Entwicklungspotential wird bei kompakteren Flächen mit gleicher Kantenlängensumme maximal. Somit werden jene Lieferanten bevorzugt, die bei hoher strategischer Bedeutung signifikante logistische Leistungsprobleme aufzeigen. 11
142
Für die Bestimmung der Kriteriengewichte können singuläre Vergleiche, sukzessive Vergleiche, Matrix- oder Delta-Verfahren genutzt werden. Für eine detailliertere Vorstellung der Verfahren sei an dieser Stelle auf Rehkluger/Glunz, 2007, S. 99 ff. verwiesen.
Logistische Lieferantenentwicklung in der Automobilindustrie
ep i
b i g b * l i gl
(7)
Mit epi = Logistisches Entwicklungspotenzial von Lieferant i bi = Normierter Zielerreichungskoeffizient der strategischen Bedeutung von Lieferant i li = Normierter Zielerreichungskoeffizient der logistischen Leistung von Lieferant i gb = Gewichtung strategische Bedeutung gl = Gewichtung logistische Leistung Die Gewichtung der Bewertungskriterien erfolgt bei einer multiplikativen Wertsynthese wieder in der Potenz (Aberle, 2003, S. 475). Somit bilden die Exponenten dabei lineare Gewichte im logarithmierten Koordinatensystem.
lnepi
g b lnb i g l lnl i
(8)
In Abbildung 10 ist beispielhaft der Ablauf der Ermittlung des logistischen Entwicklungspotentials von Lieferanten dargestellt.
Abbildungȱ10:ȱBerechnungȱdesȱlogistischenȱEntwicklungspotentialsȱ Logistischeȱȱ Lieferant Lieferantenleistung Gewichtung [0,1] Nr.
Durchschnittliche Lieferantenleistung [0,1] Lft 1 Lft 2 Lft 3 Lft 4 Lft 5 ...
3.4.1
76% 65% 72% 84% 96% ...
StrategischeȱBedeutungȱȱ fürȱLogistik 0,6 Normierte Lieferantenleistung [0,100] 24 35 28 16 4 ...
3 1
Gewichtung [0,1]
Logistisches Entwicklungspotential 0,4
Strategische Bedeutung Normierte strategische [0,150] Bedeutung [0, 100] 117 120 137 133 127 ...
78 80 91 89 85 ...
2
Entwicklungspotential [0, 100] 38 49 45 32 14 ...
4
Kandidatenclusterung III – Logistisches Entwicklungspotential
In Analogie zu den bereits beschriebenen Kandidatenclusterungen I und II können die Lieferanten nun abschließend hinsichtlich ihres logistischen Entwicklungspotentials geordnet werden (vgl. Abbildung 11). Als Hauptentwicklungskandidaten werden die Lieferanten des ersten Clusters bezeichnet. Sie haben eine sehr hohe strategische Bedeutung für die Logistik des OEM und weisen eine sehr schlechte logistische Lieferantenleistung auf. Lieferanten des zweiten Clusters sind erweiterte Entwicklungskandidaten, da sie eine hohe strategische Bedeutung für den Automobilhersteller haben und eine schlechte logistische Lieferantenleistung zeigen. Über ein niedriges Entwicklungspotential verfügen die Lieferanten des dritten Clusters aufgrund guter logistischer Leistung und/oder niedriger strategischer Bedeutung.
143
Wissenschaftliche Beiträge
Abbildungȱ11:ȱKandidatenclusterungȱIIIȱ–ȱLogistischesȱEntwicklungspotentialȱ ... Antriebsstrang Motor Fahrwerk
Entwicklungspotential
1
Lft 2
49
2
Lft 3
45
3
Lft 1
38
4
Lft 4
32
5
Lft 5
14
...
...
...
hoch
Lieferant
StrategischeBedeutung
Rankingposition
Dimensionenȱdesȱlogistischenȱ Entwicklungspotentials Cluster2
niedrig
LogistischesȱEntwicklungspotentialȱȱ derȱLieferanten
Cluster3 gut
schlecht
Lieferantenleistung
= Cluster 1
4
Cluster1
= Cluster 2
= Cluster 3
Diskussion
Für den Unternehmenserfolg von Automobilherstellern ist es in der heutigen Zeit essentiell, dass die logistische Leistungsfähigkeit der Lieferantenbasen kontinuierlich durch logistische Lieferantenentwicklung verbessert wird. Dabei ist die Wirkung und Effektivität logistischer Lieferantenentwicklungsprojekte in entscheidendem Maße von der Auswahl der logistischen Entwicklungskandidaten abhängig. Der in diesem Paper diskutierte Ansatz setzt an dem zuvor genannten Punkt an, indem er ein umfassendes Vorgehen zur logistischen Entwicklungskandidatenauswahl beschreibt (vgl. Ziel 1). Auf Grundlage der logistischen Lieferantenleistung und logistikrelevanter Lieferanteneigenschaften wird das logistische Entwicklungspotential von Lieferanten ermittelt und quantifiziert (vgl. Ziel 2). Dadurch können die Automobilhersteller ihre Lieferanten aus logistischer Sicht umfassend bewerten und in Relation zueinander setzen (vgl. Ziel 3). Problemlieferanten (mit anhaltenden Leistungsproblemen), Schlüssellieferanten (mit starkem Einfluss auf den OEM) und Entwicklungskandidaten (mit anhaltenden Leistungsproblemen und starkem Einfluss auf den OEM) können somit frühzeitig identifiziert werden. Den OEM wird dadurch ermöglicht, Entwicklungsprojekte zur Stabilisierung und zur Verbesserung der Lieferantenbasis zielgerichtet und proaktiv zu initiieren, um das logistische Versorgungsrisiko der Lieferantenbasis zu reduzieren und reaktive Notfallmaßnahmen zu vermeiden. Zur weiteren Verbesserung des Ansatzes wäre es interessant zu untersuchen, inwieweit Abhängigkeiten der einzelnen Lieferantencharakteristiken bei der Beurteilung
144
Logistische Lieferantenentwicklung in der Automobilindustrie
der strategischen Bedeutung von Lieferanten berücksichtigt werden können. Des Weiteren stellt sich die Frage, wie sich im Anschluss an die Kandidatenauswahl logistische Entwicklungsmaßnahmen lieferantenspezifisch ermitteln und bewerten lassen, so dass die „besten“ Entwicklungsmaßnahmen/-pakete für identifizierte Entwicklungskandidaten ausgewählt werden können. Darüber hinaus ist es notwendig, den beschriebenen Ansatz auf seine Praktikabilität zu überprüfen. Die Autoren planen daher die Umsetzung des Ansatzes bei einem deutschen Premiumhersteller.
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Wissenschaftliche Beiträge
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Logistische Lieferantenentwicklung in der Automobilindustrie
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148
Der Einfluss der Beschaffungskomplexität auf den Logistikerfolg
Eine kausalanalytische Untersuchung unter Verwendung des PartialLeast-Squares (PLS) – Ansatzes MarcoȱGießmannȱundȱProf.ȱDr.ȱRainerȱLaschȱ
Abstract Infolge eines stetigen Wachstums und der zunehmenden Individualität der Kundenanforderungen ist in den vergangenen Jahren in nahezu sämtlichen Branchen ein rasanter Anstieg der Typen-, Varianten- und Teilevielfalt zu beobachten. Darüber hinaus tragen weitere Aspekte, wie die zunehmende Vernetzung der Unternehmen, eine individuelle nationale Gesetzgebung sowie das gestiegene ökologische Bewusstsein zu einer stetig steigenden Komplexität bei. Der Komplexitätsanstieg wird sowohl in dem wissenschaftlichen Schrifttum thematisiert als auch von Praxisvertretern wahrgenommen. Vor allem die Logistik ist aufgrund ihrer Querschnittsfunktion und als Schnittstelle zu externen Partnern von ihr betroffen. Trotz der intensiven Forschungsbemühungen und zahlreichen Publikationen auf dem Gebiet des Komplexitätsmanagements besteht jedoch eine Intransparenz hinsichtlich der konkreten UrsacheWirkungs-Beziehungen zwischen der Komplexität auf der einen und der logistischen Leistungsfähigkeit auf der anderen Seite. Der negative Zusammenhang zwischen einem Komplexitätsanstieg und dem Logistikerfolg wird zwar hinlänglich oft betont, wurde allerdings bisher nicht näher untersucht oder quantifiziert. Dabei stellt das Wissen über die Zusammenhänge und Wechselwirkungen die Grundlage für ein zielgerichtetes Komplexitätsmanagement dar. Mithilfe dieses Beitrages soll die bestehende Forschungslücke geschlossen und erstmals auf Basis einer empirischen Untersuchung der Einfluss der Beschaffungskomplexität auf den Logistikerfolg untersucht werden. Neben dem empirischen Nachweis eines negativen Einflusses der Komplexität auf die logistische Leistungsfähigkeit, der bislang noch nicht zufriedenstellend erbracht wurde, verfolgt der Beitrag das Ziel, Stellhebel für ein nachhaltiges Komplexitätsmanagement aufzuzeigen, indem die Hauptkomplexitätstreiber identifiziert und deren Einfluss auf den Logistikerfolg quantifiziert werden. Für die Untersuchung wird dabei der Partial Least Squares (PLS)-Ansatz verwendet.
Wissenschaftliche Beiträge
1
Einführung
Ausgelöst durch gestiegene und individuelle Kundenanforderungen ist in den vergangenen Jahren in nahezu sämtlichen Branchen eine rasche Zunahme der Typen-, Varianten- und Teilevielfalt zu beobachten (Dehler, 2001, S. 1). Der dadurch ausgelöste Komplexitätsanstieg führt zu einer verstärkten Intransparenz der Abläufe, einer verminderten Leistungsfähigkeit sowie wachsenden Kosten innerhalb der Logistik. Folglich sehen Heusler et al. die Schaffung von Transparenz und das Management von Komplexität als die zentralen Herausforderungen des Supply Chain Managements an (Heusler et al., 2006, S. 24). Diese beiden Faktoren bedingen sich jedoch gegenseitig: Für das Logistik- und Komplexitätsmanagement bilden das Wissen und die Transparenz über bestehende Ursache-Wirkungs-Beziehungen sowie Systemzusammenhänge die entscheidende Grundvoraussetzung, um zielgerichtet Handlungsempfehlungen ableiten zu können. Ein derartiges Wissen ist jedoch weder in der Praxis noch in der Theorie vorhanden (Heusler et al., 2006, S. 24; Krause et al., 2007, S. 15; Mayer, 2007, S. 109).1 In der Literatur wird der negative Einfluss der Komplexität auf den Unternehmenserfolg zwar hinreichend oft betont, aber bisher fehlt es an detaillierten und quantifizierbaren Kenntnissen über die Stärke der Beeinflussung und bestehende Zusammenhänge (Heusler et al., 2006, S. 24; Krause et al., 2007, S. 15; Mayer, 2007, S. 109). Um Transparenz zu schaffen und dadurch ein ganzheitliches und praxisorientiertes Komplexitätsmanagement zu unterstützen bzw. dieses überhaupt erst zu ermöglichen, soll in diesem Beitrag auf Basis einer empirischen Untersuchung der Zusammenhang zwischen der Komplexität und dem Logistikerfolg untersucht werden. Aufgrund der Vielschichtigkeit der Komplexität und ihrer Ursachen fokussiert sich dieser Beitrag speziell auf die Beschaffungslogistik, deren Bedeutung bereits in früheren Untersuchungen herausgestellt wurde (Kirchhof, 2003; Keuper, 2004). Entscheidungen innerhalb der Beschaffung wirken sich unmittelbar auf die nachfolgenden Subsysteme aus, wodurch diesem Subsystem eine strategische Schlüsselrolle zukommt und die Beschaffungskomplexität weitreichende Folgen besitzt.2 Bei der Untersuchung der beschaffungsinduzierten Komplexität und ihrer Auswirkungen auf den Logistikerfolg bleiben jedoch auch allgemeine und unternehmensweit gültige (komplexitätstreibende) Rahmenbedingungen nicht unberücksichtigt. Aufbauend auf dem formulierten Ziel sollen folgende drei Forschungsfragen beantwortet werden: 1) Aus welchen Elementen setzt sich die Beschaffungskomplexität zusammen und welche Faktoren besitzen dabei eine besonders große Bedeutung? 2) Besteht zwischen der Beschaffungskomplexität und dem Logistikerfolg eines Unternehmens ein signifikanter Zusammenhang?
1 2
150
Vgl. Kapitel 2.2. Die alte Weisheit „Im Einkauf liegt der Gewinn“ verdeutlicht die Schlüsselposition, die der Beschaffung zukommt.
Der Einfluss der Beschaffungskomplexität auf den Logistikerfolg
3) Welche Bestandteile der beschaffungsspezifischen Komplexität wirken sich in besonderem Maße auf den Logistikerfolg sowie dessen Komponenten aus und sollten deshalb durch das Unternehmensmanagement vorrangig und vordergründig gestaltet werden? Um diese Forschungsfragen zu beantworten, werden im folgenden Kapitel zunächst die verschiedenen Facetten der Komplexität betrachtet und anschließend wesentliche Ergebnisse einer von den Autoren durchgeführten empirischen Untersuchung zum Thema vorgestellt. Im sich anschließenden dritten Kapitel folgt die Entwicklung eines Modells, mit dessen Hilfe in einem ersten Schritt Komplexität zunächst messbar gemacht und anschließend deren Einfluss auf den Logistikerfolg untersucht wird. Im abschließenden vierten Kapitel finden eine Zusammenfassung der Ergebnisse sowie ein Ausblick auf weiteren Forschungsbedarf statt.
2
Die Komplexität als zunehmende Herausforderung
2.1
Begriffsabgrenzung und Dimensionen der Komplexität
Die Etymologie des Komplexitätsbegriffs, für den bis heute keine allgemeingültige Definition existiert (Riedl, 2000, S. 4; Grübner, 2007, S. 78f.), geht auf das Lateinische „complexus“ zurück. Danach werden Dinge als komplex bezeichnet, die unübersichtlich, verflochten oder vielschichtig sind (Pfeifer et al., 1989, S. 889). Werner unterscheidet explizit zwischen Komplexität, Dynamik und Unsicherheit, weist allerdings darauf hin, dass diese drei Faktoren eine enge Beziehung zueinander aufweisen (Werner, 1997, S. 66). In diesem Beitrag wird jedoch Komplexität als diesen Faktoren übergeordnetes Konstrukt aufgefasst (Reiß, 1993, S. 58; Höge, 1995, S. 27f.). Dem statischen Begriffsverständnis von Komplexität folgend, wird ein Objekt (z. B. Produkt), ein Problem (z. B. Bestellmengenplanung) oder ein System (z. B. ein komplettes Unternehmen) genau dann komplex, wenn es aus einer Vielzahl an Elementen besteht (VaȬ rietät)3 oder diese sich stark voneinander unterscheiden (Heterogenität)4. Diese beiden Aspekte finden sich nahezu in sämtlichen Begriffsdefinitionen wieder (Werner, 1997, S. 64). Zusätzlich führen jedoch ebenso eine hohe Dynamik und Veränderlichkeit (VariaȬ
3 4
Beispielhaft sei die Anzahl angebotener Produkte und Produktvarianten, die Lieferantenanzahl oder die Anzahl zu beschaffender Artikel genannt. Beispielsweise sind durch einheitliche Schnittstellen und standardisierte Prozessabläufe weniger Umschlags- oder Transformationsprozesse erforderlich.
151
Wissenschaftliche Beiträge
bilität)5 sowie eine mangelnde Prognostizierbarkeit und Verlässlichkeit (Unsicherheit)6ȱ zu einem Komplexitätsanstieg (Grübner, 2007, S. 202). Zusammenfassend können somit vier konstitutive Komplexitätseigenschaften identifiziert und als Dimensionen bezeichnet werden. In diesem Beitrag wird unter Komplexität somit eine Systemeigenschaft verstanden, die durch die Anzahl, Verschiedenartigkeit sowie Unsicherheit der Elemente und ihrer Beziehungen untereinander bzw. deren Veränderung im Zeitverlauf bestimmt wird. Die Beschaffungskomplexität spiegelt dabei diejenige Komplexität wider, die speziell durch diese konstitutiven Eigenschaften innerhalb des beschaffungslogistischen Systems entsteht.
2.2
Das Komplexitätsproblem aus Sicht der Praxis
Dass es sich bei der zunehmenden Komplexität nicht nur um ein für die wissenschaftliche Diskussion relevantes Thema handelt, sondern auch die Unternehmen in der Praxis einen Komplexitätsanstieg beobachten, zeigen die Ergebnisse einer von den Autoren durchgeführten Studie zum Thema „KomplexitätȱundȱKomplexitätsmanagementȱ inȱderȱUnternehmenspraxis“, an der sich 236 Unternehmen beteiligt haben.7 Sowohl die kleinen Unternehmen (50 bis 250 Mitarbeiter) als auch die großen (> 250 Mitarbeiter) bestätigen, dass die Komplexität der Leistungserstellung in den vergangenen fünf Jahren deutlich angestiegen ist (vgl. Abbildung 1).
5 6
7
152
Dies ist beispielsweise dann der Fall, wenn ein Unternehmen häufig die angebotenen Produkte verändert, Lieferanten wechselt oder Prozesse anpasst. Als Beispiel lässt sich die Unsicherheit bezüglich der Lieferzeit und -qualität von Lieferanten nennen, wodurch Sicherheitsbestände vorgehalten sowie Notfallpläne entwickelt werden müssen. Auch eine mangelhafte Prozesstransparenz führt zu einem Komplexitätsanstieg. Im Rahmen der Untersuchung wurde aus der Grundgesamtheit der in Deutschland ansässigen Unternehmen des verarbeitenden Gewerbes mit mehr als 50 Mitarbeitern eine geschichtete Zufallsauswahl gebildet und an 1.496 Unternehmen ein standardisierter Fragebogen versendet. Dieser wurde zuvor in Zusammenarbeit mit Experten entwickelt und einem Pretest unterzogen, um die Verständlichkeit und inhaltliche Zielführung zu gewährleisten. Die erzielte Nettorücklaufquote von 15,8% ist als gut bis sehr gut zu bezeichnen und entspricht dem in der empirischen Forschung üblichen und geforderten Niveau. Vgl. Baldauf et al. (1999), S. 346.
Der Einfluss der Beschaffungskomplexität auf den Logistikerfolg
Abbildungȱ1:ȱȱ WahrgenommeneȱKomplexitätszunahmeȱinȱdenȱvergangenenȱfünfȱJahrenȱ Intensität der Zunahme -3,9 -3,7 -3,7 -3,7
N = 234 Individualität der Kundenanforderungen
-3,4
-3,2 -3,1 -3,1 -2,9
Ø 3,0
-2,8 -2,7
Anzahl der angebotenen Mehrwertdiente
Ø 2,8
3 -3 Mittlere Zunahme
Anzahl der Absatzmärkte
Ø 2,7
-2,3 -2,5
4 -4 Starke Zunahme
Ø 2,9
2 -2 Geringe Zunahme
Ø 2,7
Lieferantenanzahl
Ø 2,4 1 -1 Keine Zunahme
Große Unternehmen (> 250 MA)
Ø 2,6 1 Nie
2 Selten
3,2
3,4
2,9 3,0
Ø 3,0
Individualität der Absatzmärkte
Ø 3,2
3,7 3,5
Ø 3,6 Ø 3,3
Rechtliche Restriktionen
Ø 3,4
3,6 3,5
Ø 3,6
Anzahl der Produktvarianten
Ø 3,5
-3,3 -3,5
Häufigkeit der Zunahme
Anzahl der Kundenanforderungen
Ø 3,7
-3,7
5 -5 Sehr starke Zunahme
N = 234
Ø 3,8
2,9 2,7
3,1
3,0
2,7 2,7 2,6 2,6
3 Ab und an
4 Häufig
5 Sehr oft
Kleine Unternehmen (50-250 MA)
Über 92% der befragten Unternehmen geben an, dass sowohl die Anzahl als auch die Individualität der Kundenanforderungen in den vergangenen Jahren zugenommen haben (durchschnittliche Bewertung: 3,8 bzw. 3,7).8 Gleichzeitig bescheinigen die Unternehmen, dass die Kundenanforderungen einer starken Dynamik unterliegen und sich regelmäßig bis häufig verändern (durchschnittliche Bewertung: 3,6), wodurch die Komplexität definitionsgemäß stark zunimmt. Insgesamt 84,6% der Unternehmen konstatieren eine mittlere bis starke Zunahme der Anzahl an Produktvarianten in den vergangenen fünf Jahren. Vor allem die großen Unternehmen haben in den vergangenen Jahren womöglich als Folge der zunehmenden Kundenanforderungen die Anzahl der angebotenen Produktvarianten stark erhöht (Bewertung: 3,7), wobei auch die kleinen Unternehmen ihr Produktprogramm kontinuierlich erweitert haben (Bewertung: 3,4). Auch hinsichtlich der restlichen Faktoren wird von der Mehrheit der Unternehmen eine deutliche Komplexitätszunahme sowohl hinsichtlich der Intensität als auch bezüglich der Dynamik, mit der sich diese Faktoren im Laufe der Zeit verändern, wahrgenommen.9 Der Komplexitätsanstieg hat 89% der befragten Unternehmen dazu veranlasst, sich näher mit der Komplexitätsproblematik auseinanderzusetzen (vgl. Abbildung 2).
8 9
Dieser Wert ergibt sich als Anteil der Bewertungen „mittlere Zunahme“, „starke Zunahme“ sowie „sehr starke Zunahme“ an der Gesamtzahl abgegebener Antworten. Hinsichtlich der rechtlichen Restriktionen geben 80,8%, bezüglich der Individualität der Absatzmärkte 73,4%, bezogen auf die Anzahl an Mehrwertdiensten 67,5% und bei der Anzahl der Absatzmärkte 62,0% der Befragten an, dass diese in den vergangenen fünf Jahren mittel bis sehr stark zugenommen haben.
153
Wissenschaftliche Beiträge
Abbildungȱ2:ȱȱ RelevanzȱderȱThematikȱfürȱdieȱUnternehmenspraxisȱ N = 235 0,4% Gesamt 10,6% Gesamt > 1.000 MA 501-1.000 MA 251-500 MA 101-250 MA 50-100 MA
25,5%
63,4%
33,3%
66,7%
16,7% 12,1% 13,9% 1,1% 11,1%
83,3% 18,2%
69,7%
21,5% 31,1%
64,6% 56,7%
Wir sind uns der zunehmenden Komplexität bewusst und haben bereits entsprechende Maßnahmen eingeleitet, um sie zu reduzieren und zu beherrschen. Wir sind uns der zunehmenden Komplexität bewusst, konkrete Maßnahmen wurden allerdings bisher noch nicht eingeleitet. Ich habe mich bisher noch nicht intensiver mit dieser Thematik befasst. Das Thema Komplexität ist vollkommen neu für mich.
Vor allem die Großunternehmen mit mehr als 500 Mitarbeitern sind sich der zunehmenden Komplexität bewusst und haben sogar größtenteils bereits Gegenmaßnahmen eingeleitet. Dies lässt sich womöglich auf die gegenüber den kleinen Unternehmen stärker ausgeprägte Wahrnehmung des Komplexitätsanstieges zurückführen. Des Weiteren stehen in kleinen Unternehmen in der Regel weniger personelle und zeitliche Ressourcen zur Verfügung, um sich umfassend mit Themengebieten zu befassen, die über die eigentliche Leistungserstellung hinausgehen. Dennoch sind sich ebenfalls ca. 87% der kleinen Unternehmen der zunehmenden Komplexität bewusst. Die Tatsache, dass sich insgesamt lediglich 10,6% der befragten Unternehmen bisher nicht näher mit der Thematik beschäftigt haben und diese nur für ein einziges Unternehmen (0,4%) gänzlich neu ist, unterstreicht die Bedeutung, die der wissenschaftlichen und praktischen Auseinandersetzung mit der Komplexitätsproblematik zukommt. Die eingangs geschilderte Forschungslücke wird zusätzlich dadurch verstärkt, dass auch die Unternehmen der Praxis ein besonderes Interesse an detaillierten Kenntnissen zu den Abhängigkeitsstrukturen und Wechselwirkungen zwischen den Komplexitätsursachen und ihren Auswirkungen besitzen (vgl. Abbildung 3).
154
Der Einfluss der Beschaffungskomplexität auf den Logistikerfolg
Abbildungȱ3:ȱȱ BedeutungȱderȱKenntnisȱvonȱUrsacheȬWirkungsȬBeziehungenȱundȱZusamȬ menhängenȱfürȱdasȱKomplexitätsmanagementȱ N = 233 > 1.000 MA
14,3%
501-1.000 MA 3,1% 251-500 MA 3,1% 101-250 MA 5,1%6,3% 2,2% 50-100 MA 8,9% 10 Unwichtig
28,6%
57,1%
58,3%
4,4 41,7%
56,3%
37,5%
54,4%
34,2%
55,6% 2 1 Weniger wichtig
33,3% 3 2 Weder noch
4 3 Wichtig
4,4 4,3 4,2 4,2 54 Sehr wichtig
Wie Abbildung 3 verdeutlicht, sind sich die Unternehmen der Bedeutung, die der Kenntnis von Zusammenhängen und der damit einhergehenden Transparenz zukommt, bewusst und stufen dieses Wissen als einen bedeutenden Erfolgsfaktor für ein zielgerichtetes Komplexitätsmanagement ein. Gleichzeitig kann jedoch festgestellt werden, dass derzeit noch erhebliche Defizite zwischen der Bedeutung dieses Erfolgsfaktors (durchschnittliche Bewertung: 4,2) und seiner Erfüllung in der Praxis (durchschnittliche Bewertung: 3,0) bestehen. Ein Grund für diese bestehende Diskrepanz zwischen Anspruch und Wirklichkeit mag darin liegen, dass auch in der wissenschaftlichen Literatur bisher lediglich auf die negativen Auswirkungen der zunehmenden Komplexität auf den Logistikerfolg hingewiesen wird, eine nähere Untersuchung und Quantifizierung bisher jedoch nicht erfolgte (Heusler et al., 2006, S. 24; Krause et al., 2007, S. 15; Mayer, 2007, S. 109). Dabei ist die Kenntnis der kritischen Komplexitätstreiber, d. h. derjenigen Ursachen, die den stärksten (negativen) Einfluss auf die Erreichung der logistischen Ziele ausüben, unabdingbar, um darauf aufbauend gezielt Handlungsempfehlungen bezüglich der kritischen Faktoren auszusprechen und keine Ressourcen mit dem Management von weniger einflussreichen Komplexitätstreibern zu verschwenden. Für Blum sind umfassende Kenntnisse grundlegender Ursachen und Zusammenhänge zwischen der Logistikleistung und den Logistikkosten insbesondere im Kontext der zunehmenden Komplexität notwendig (Blum, 2006, S. 116). Auch Schuh betont die Notwendigkeit von Transparenz als ersten Schritt im gesamten Komplexitätsmanagement (Schuh, 2005, S. 119). Arndt (2008, S. 118f.) ergänzt, dass „[...] bereichs- und auch unternehmensübergreifende Zusammenhänge berücksichtigt [... und den] verantwortlichen Mitarbeitern Informationen über Ursache-Wirkungszusammenhänge mitgegeben werden [sollten].“ Diese Forderung nach Transparenz und der Untersuchung von Ursache-Wirkungs-Beziehungen kann zudem unmittelbar aus der Logistikkonzeption abgeleitet werden (Pfohl, 2004b, S. 20ff.; Wildemann, 2005, S. 16f.; Fleischmann, 2008, S. 3). Die in ihr propagierte ganzheitliche Sichtweise erfordert die Betrachtung eines Problems ausgehend von den Ursachen (Komplexitätstreiber) bis hin zu den Auswirkungen (Logistikerfolg) unter Beachtung der Abhängig-
155
Wissenschaftliche Beiträge
keiten sowie Wechselwirkungen dazwischen. Aus diesem Grund wird im Folgenden mithilfe eines kausalanalytischen Modells der Einfluss der Beschaffungskomplexität auf den Logistikerfolg untersucht und dadurch die bestehende Forschungslücke geschlossen.
3
Untersuchung der beschaffungsinduzierten Komplexität und ihrer Auswirkungen auf den Logistikerfolg
3.1
Hypothesenbildung
Mit einer zunehmenden Komplexität wird im Allgemeinen vor allem ein Anstieg der Kosten assoziiert, da beispielsweise eine hohe Variantenanzahl und Teilevielfalt zu höheren Kosten für die Beschaffung, Lagerung sowie das Handling führt (Schulte, 1992, S. 86; Werner, 1997, S. 63; Meyer, 2007, S. 94; Germain et al., 2008, S. 558). Darüber hinaus ist aufgrund einer hohen Unsicherheit der Bedarfsprognose das Vorhalten eines ausreichenden Sicherheitsbestandes notwendig, wodurch mit einem zusätzlichen Kostenanstieg und einer verminderten Kapazitätsauslastung zu rechnen ist. Eine hohe Anzahl zu beschaffender Artikel resultiert in einer Vielzahl zu führender Lieferantengespräche und im weiteren Verlauf zu einem Anstieg der erforderlichen Lieferantenaudits und Qualitätskontrollen. Gleichzeitig resultiert ein diversifiziertes Produktprogramm mit einer Vielzahl angebotener Produktvarianten in geringeren Stückzahlen je Variante und infolgedessen unter anderem durch das Nichterreichen von Rabattstufen zu höheren Einstandspreisen (Schulte, 1992, S. 86). Darüber hinaus wächst die erforderliche Lagerfläche an, wodurch mit einem Anstieg der Lagerkosten zu rechnen ist. Des Weiteren ist anzunehmen, dass neben der Produkt- und Beschaffungsprozesskomplexität auch die interne Komplexität zu einem erhöhten logistischen Aufwand und infolgedessen zu höheren Logistikkosten beiträgt. Beispielsweise führt eine mangelnde Transparenz hinsichtlich der Waren- und Informationsflüsse zu Ineffizienzen, zusätzlichen Lager- und Sicherheitsbeständen und somit zu gestiegenen Logistikkosten. Aufgrund dieser Überlegungen lässt sich folgende Hypothese H1 formulieren: H1: Je größer die Beschaffungskomplexität in einem Unternehmen ist, desto stärker sind die negativen Auswirkungen auf die Erreichung der kostenbasierten Logistikziele.
Gleichzeitig wird in der Literatur der negative Einfluss der Komplexität auf die leistungsbezogenen Erfolgsgrößen betont (Schulte, 1992, S. 84). Die Qualität der logistischen Leistung ist stark von der Verfügbarkeit der benötigten Inputfaktoren (Rohmaterialien, Zukaufteile, Module, etc.) abhängig. Die Sicherstellung der zeitgenauen
156
Der Einfluss der Beschaffungskomplexität auf den Logistikerfolg
Bereitstellung der erforderlichen Volumina wird jedoch mit einer zunehmenden Komplexität schwieriger. Insbesondere die Termintreue sowie die Lieferfähigkeit werden stark von der Unsicherheit bzgl. der Lieferzeit und -qualität beeinflusst, die von den Lieferanten ausgeht. Gleichzeitig ist mit verlängerten Durchlauf- und Lieferzeiten zu rechnen. Darüber hinaus nimmt mit einer zunehmenden Vernetzung und dem damit einhergehenden Komplexitätsanstieg die Fähigkeit ab, flexibel auf Kundenwunschänderungen reagieren und Prozesse entsprechend anpassen zu können. Diese Flexibilität wird ebenfalls durch eine hohe Komplexität der Unternehmensorganisation beeinträchtigt. Dieser Argumentation folgend lautet die Hypothese H2: H2: Je größer die Beschaffungskomplexität in einem Unternehmen ist, desto stärker sind die negativen Auswirkungen auf die Erreichung der leistungsbasierten Logistikziele.
Insbesondere in der Logistik mit ihrem Querschnittscharakter ergeben sich zahlreiche Zielkonflikte und Interdependenzen zwischen den Funktionsbereichen, sodass die Erreichung eines Teilzieles in der Regel ebenfalls den Erfolg weiterer Zielgrößen beeinflusst (Arndt, 2008, S. 117). Ohne ein umfassendes Qualitätsmanagement werden z. B. keine Verbesserungen der Prozessstabilität oder Lieferqualität erreicht werden können. Die Einführung eines Qualitätsmanagements ist jedoch mit teilweise erheblichen Kosten für Personalschulungen, die Erarbeitung von Verfahrensanweisungen und Lastenheften, die Durchführung von Audits oder die Anpassung und Kontrolle von Prozessabläufen verbunden (Bruhn, 2008, S. 523ff.). Ehrmann (2008, S. 64) konstatiert, dass die „[...] Lieferflexibilität [...] mit Kostenwirkungen verbunden [ist]“ und Pfohl (2004b, S. 41) spricht im Allgemeinen von einem Zielkonflikt zwischen dem Streben nach möglichst geringen Logistikkosten und der Maximierung des flexibilitätsbasierten Logistikerfolges. Diese Auffassung wird von Arndt geteilt, der den negativen Zusammenhang zwischen der Reaktionsfähigkeit und den Logistikkosten als den zentralen Zielkonflikt der Logistik bezeichnet und gleichzeitig auf den Widerspruch zwischen einer hohen Lieferfähigkeit und geringen Lagerkosten verweist (Arndt, 2008, S. 125). Um möglichst flexibel auf Änderungen der Bestellmenge oder Lieferzeiten reagieren zu können, ist ein entsprechend hoher Lager- und Sicherheitsbestand erforderlich, der jedoch mit erhöhten Lager-, Handling- sowie Kapitalbindungskosten einhergeht. Somit kann der Wunsch nach einer größtmöglichen Flexibilität nur mit einem entsprechenden organisatorischen und monetären Aufwand erfüllt werden (Arndt, 2005, S. 125; Staberhofer, Rohrhofer, 2007, S. 40). Ebenso erfordert die flexible Anpassung des Produktprogrammes als Folge veränderter Kundenwünsche eine kostenintensive Entwicklungsarbeit und Erprobungsphase (Ehrlenspiel et al., 2007, S. 155; Schuh et al., 2008a, S. 3). Im Allgemeinen wird in der Literatur von einem Zielkonflikt zwischen dem leistungsbasierten und dem kostenbasierten Logistikerfolg gesprochen, sodass die Erreichung bzw. Erhaltung eines bestimmten Leistungsniveaus mit einem entsprechenden finanziellen Aufwand und somit einem Kostenanstieg verbunden ist (Gudehus, 2000, S. 73; Engelhardt-Nowitzki, Oberhofer, 2006, S. 28). Aus diesem Grund lässt sich die folgende Hypothese H3 formulieren:
157
Wissenschaftliche Beiträge
H3: Je größer der leistungsbasierte Logistikerfolg in einem Unternehmen ist, desto weniger werden kostenbezogene Logistikziele erreicht.
3.2
Modellentwicklung und -spezifikation
Der Modellentwicklung kommt eine besondere Bedeutung zu. Aufgrund des Neuigkeitsgrades der Untersuchung soll vor allem der Konzeptualisierung und Operationalisierung der Konstrukte besondere Beachtung geschenkt und die Konzeption detaillierter durchgeführt werden als in anderen Beiträgen üblich. 10
3.2.1
Konzeptualisierung der Konstrukte
Die beschaffungsspezifische Komplexität stellt einen Teil der gesamten im Unternehmen vorherrschenden Komplexität dar und unterscheidet sich hinsichtlich der komplexitätsverursachenden Faktoren von der Komplexität, die in anderen Unternehmensbereichen vorzufinden ist. Auch wenn sie in mehreren wissenschaftlichen Publikationen am Rande thematisiert wurde,11 war sie bisher jedoch kein eigenständiges Untersuchungsobjekt. Somit kann im Rahmen dieser Untersuchung auf keine Konzeptualisierung zurückgegriffen werden, die bereits zuvor erfolgreich verwendet wurde oder allgemein anerkannt ist. Problematisch ist weiterhin, dass in der Literatur kein einheitliches Begriffsverständnis zur semantischen Abgrenzung der Beschaffungskomplexität existiert, auf der die Konzeptualisierung aufbauen kann. Sowohl die Beschaffungskomplexität als auch der Logistikerfolg sind zu facettenreich und vielschichtig, um sie als eindimensionale Konstrukte auffassen und konzipieren zu können. Für eine adäquate Abbildung der beiden zentralen Konstrukte dieses Beitrages werden deshalb zusätzliche latente Variablen höherer Ordnung, so genannte Dimensionen, verwendet. Während Keuper (2004, S. 85f.) die Beschaffungskomplexität vorrangig über unternehmensexterne Ursachen definiert und auch Blum (2006, S. 64) insbesondere die Komplexität und Dynamik auf dem Beschaffungsmarkt hervorhebt, sollten nach Auffassung der Autoren ebenso relevante unternehmensinterne Faktoren berücksichtigt werden.12 In Anlehnung an Large (2009) und Schulte (1992, S. 84) soll 10
Die Konzeptualisierung bildet die inhaltliche Definition und Abgrenzung der zu untersuchenden Konstrukte, während unter Operationalisierung die Beschreibung der Konstrukte mithilfe direkt messbarer Hilfsgrößen, so genannter Indikatoren, zu verstehen ist. 11 Blum berücksichtigt beispielsweise bei der Untersuchung der externen Einflussgrößen für das Logistik-Controlling die beiden Faktoren „Komplexität Beschaffungsmarkt“ sowie „Dynamik Beschaffungsmarkt“. Vgl. Blum (2006), S. 64f. 12 In der vorliegenden Untersuchung sollen jedoch ausschließlich diejenigen Einflussgrößen (Indikatoren) aufgegriffen werden, die aktiv durch das Unternehmen beeinflusst werden können. Aspekte, wie die Gesellschafts- oder Wettbewerbskomplexität bleiben somit unberücksichtigt. Vgl. z. B. Lasch, Gießmann (2009), S. 201.
158
Der Einfluss der Beschaffungskomplexität auf den Logistikerfolg
zwischen vier Dimensionen der Beschaffungskomplexität unterschieden werden (vgl. Abbildung 4).13
Abbildungȱ4:ȱȱ DieȱvierȱDimensionenȱderȱBeschaffungskomplexitätȱ Beschaffungsmarkt
Beschaffungsmarktkomplexität
Unternehmen
Absatzmarkt
Interne Komplexität
Beschaffungsprozesskomplexität
Produktkomplexität
Die Beschaffungsmarktkomplexität14 bildet dabei die exogenen Einflussgrößen der Beschaffungskomplexität ab, während die ProduktȬ15 sowie die interneȱ Komplexität16 die endogenen Komplexitätsdimensionen darstellen. Die von der BeschaffungsprozesskomȬ plexität17 als Schnittstelle zwischen externer und interner Seite ausgehende Komplexität bildet die vierte Komplexitätsdimension.ȱ In der Literatur wird eine angeregte Diskussion über den Begriff und die Bestandteile des Logistikerfolgs geführt. Dieser setzt sich im Allgemeinen aus der Erreichung von 13 14
15
16 17
Auch in weiteren Publikationen wird eine solche Unterscheidung vorgenommen. Vgl. Geimer (2005), S. 38. Hierunter ist die Komplexität zu verstehen, die durch die Strukturen, Einflüsse und Gegebenheiten auf dem Beschaffungsmarkt entsteht. Obwohl dieser als unternehmensexternes System zunächst scheinbar keiner direkten Beeinflussbarkeit durch das Unternehmen unterliegt, wirken sich beispielsweise Entscheidungen der Beschaffungsmarktanalyse und -auswahl dennoch unmittelbar auf die sich ergebende Komplexität aus. Auch die Relevanz der Lieferanten für die Komplexität ist in der Literatur unumstritten. Vgl. Werner (1997), S. 132f.; Dehler (2001), S. 187; Milgate (2001), S. 112; Choi, Krause (2006), S. 641. Nicht nur die Anzahl der zu beschaffenden Artikel, sondern ebenso deren Eigenschaften (z. B. Abmessungen, Gewicht) wirken sich auf den Prozessablauf, die erforderlichen Technologien und somit die Komplexität aus. Zur Produktkomplexität im weiteren Sinne wird ebenso die vom Produktprogramm ausgehende Komplexität gezählt. Die Interne spiegelt diejenige Komplexität wider, die durch organisatorische Gegebenheiten sowie unternehmensinterne Strukturen, Handlungen und Verhaltensweisen entsteht. Hierunter soll die Komplexität verstanden werden, die durch die Prozessgestaltung sowie die Prozesseigenschaften hervorgerufen wird.
159
Wissenschaftliche Beiträge
Kosten- sowie Leistungszielen zusammen (Dehler, 2001, S. 207; Pfohl, 2004b, S. 36; Arndt, 2008, S. 122). Hinsichtlich der Ausgestaltung der Leistungsziele existieren in der Literatur jedoch unterschiedliche Ansatzpunkte. Während Dehler (2001, S. 207f.) in Anlehnung an Pfohl zwischen den Leistungskomponenten Lieferzeit, Lieferzuverlässigkeit, Lieferflexibilität und Lieferqualität unterscheidet, führt Schulte (2009, S. 8) zusätzlich die Informationsfähigkeit an. Paulraj (2008, S. 409) folgt dieser Konzeptualisierung und unterscheidet bei der Umschreibung der logistischen Leistungsfähigkeit zwischen Kosten-, Qualitäts-, Zeit- und Flexibilitätsgrößen. Bowersox et al. (2007, S. 24f.) betrachten in ihrem Ansatz der logistischen Leistungsebenen ebenfalls die Elemente Qualität, Zeit und Flexibilität, ergänzen jedoch die Lieferbereitschaft als weitere Dimension. Auch Schönsleben (2007, S. 36) unterscheidet zwischen den Leistungskenngrößen Kosten, Qualität und Flexibilität, führt jedoch als Viertes die Lieferung an, unter der er beispielsweise den Lieferbereitschafts- sowie -treuegrad subsumiert.18 Lemke (2004, S. 93f.) weist in Anlehnung an Haenecke (2002, S. 166) gleichzeitig darauf hin, dass der (Logistik-) Erfolg eines Unternehmens durch eine Vielzahl von Variablen bestimmt wird, weshalb diese nicht isoliert voneinander betrachtet werden dürfen. Der gängigen Auffassung in der Literatur entsprechend soll im weiteren Verlauf der Untersuchung zwischen dem kostenbasiertenȱLogistikerfolgȱsowie dem leistungsȬ bezogenenȱLogistikerfolgȱunterschieden werden.
3.2.2
Operationalisierung der Konstrukte
Im Rahmen der Operationalisierung sind neben der Formulierung der Indikatoren ebenfalls deren Ausprägung (formative oder reflektive Konzeption) sowie das Fragendesign (Itemformulierung) festzulegen (Stier, 1999, S. 30). Im Falle einer reflektiven Messphilosophie werden die Indikatoren durch das Konstrukt bestimmt, welches somit die kausale Ursache der Indikatoren bildet. Dies entspricht dem faktoranalytischen Weltbild (Götz, Liehr-Gobbers, 2004, S. 718; Eberl, 2006, S. 652). Da die Indikatoren als Stellvertreter des dahinterstehenden Konstruktes aufgefasst werden können und ihnen somit ein gemeinsamer inhaltlicher Kern zugrunde liegt, bewirkt eine Veränderung des Konstruktes zwingend eine entsprechende Änderung sämtlicher Indikatoren in dieselbe Richtung (Zinnbauer, Eberl, 2004, S. 5; Fassott, 2006, S. 71). Dies ist sowohl im Falle der Beschaffungskomplexität als auch hinsichtlich des Logistikerfolges kritisch zu sehen, da eine Veränderung des entsprechenden Konstruktes nicht zwingend mit einer adäquaten Änderung der Indikatoren einhergehen muss. Eine Verbesserung des Logistikerfolges kann z. B. lediglich auf eine Steigerung der Qualität zurückzuführen sein, wonach die entsprechenden Indikatoren des leistungsbasierten Logistikerfolges eine positive Veränderung vollziehen, wohingegen andere Indikatoren (z. B. die des kostenbasierten Logistikerfolges) auf einem konstanten Niveau verbleiben oder gar gegenläufig reagieren. Dies zeigt, dass eine reflektive Messphiloso18
160
Ein detaillierter Literaturüberblick zur Logistik - Erfolgsfaktorenforschung wird von Lemke gegeben. Vgl. Lemke (2004), S. 96ff.
Der Einfluss der Beschaffungskomplexität auf den Logistikerfolg
phie im vorliegenden Fall ungeeignet erscheint und eine formative Operationalisierung eher dem Charakter der verwendeten Konstrukte entspricht. Formative Konstrukte, bei denen die Indikatoren den Inhalt des Konstruktes bestimmen und es somit „formen“, entsprechen somit dem regressionsanalytischen Weltbild, bei dem die Gesamtheit der Indikatoren die kausale Ursache für das Konstrukt bildet (Bollen, Lennox, 1991, S. 306f.; Rositter, 2002, S. 314). Jeder Indikator repräsentiert einen bestimmten Teil des Konstruktes, sodass bei der Operationalisierung eines formativen Konstruktes möglichst alle, zumindest aber die wesentlichen Attribute und Facetten durch Indikatoren abgebildet werden müssen (Hildebrandt, Temme, 2006, S. 620; Eberl, 2006, S. 652).
3.2.2.1
Konzeption des exogenen Messmodells
Nach Huber et al. (2007, S. 20) „[...] repräsentiert ein Indikator eine definierende Eigenschaft eines Konstruktes [...]“. Mit der Varietät, Heterogenität, Variabilität sowie der Unsicherheit wurden eingangs die vier grundlegenden Determinanten von Komplexität identifiziert. Diese Eigenschaften stellen das Wesen der Komplexität dar und müssen sich demnach bei der Operationalisierung wiederfinden. Um die Komplexität vollständig zu erfassen und keine konstitutive Eigenschaft nur unzureichend abzubilden, werden zur Beschreibung der Konstrukte somit jeweils Indikatoren verwendet, die die Anzahl (Varietät), die Unterschiedlichkeit (Heterogenität), die Dynamik (Variabilität) und die Unsicherheit des jeweiligen exogenen Konstruktes repräsentieren. Bei der Ermittlung geeigneter Indikatoren wird dabei auf bereits verwendete Skalen sowie die gängige Begriffsabgrenzung in der Literatur zurückgegriffen.
Beschaffungsmarktkomplexität Der in der Literatur am häufigsten angeführte Treiber für die vom Beschaffungsmarkt induzierte Komplexität ist die Lieferantenanzahl (Trent, Monczka, 1999, S. 928ff.; Milgate, 2001, S. 112; Choi, Krause, 2006, S. 641; Blum, 2006, S. 58f.). Sowohl die Komplexität der Lieferantenanbindung und -stammdatenpflege als auch der Steuerungs- und Kontrollaufwand nimmt mit einer steigenden Lieferantenanzahl exponentiell zu. Insbesondere die Leistungsmessung im Rahmen des Lieferantenmonitorings gestaltet sich bei einer zunehmenden Anzahl zu überprüfender Lieferanten schwierig. Als weitere Einflussgröße für die beschaffungsmarktinduzierte Komplexität zählt die BeschaffungsȬ marktkonzentration (Blum, 2006, S. 65). Diese Kenngröße beschreibt die am Markt existierende Zahl an Lieferanten, die für ein Beschaffungsobjekt zur Verfügung steht und kennzeichnet somit die vorherrschende Marktstruktur. Aus systemtheoretischer Sicht wird die Komplexität durch die Anzahl an Systemelementen und deren Wechselbeziehungen beeinflusst. Dies impliziert, dass die Komplexität in einem Markt mit vielen potenziellen Anbietern als höher einzustufen ist, als diejenige in einem stark konzentrierten Markt (Werner, 1997, S. 133; Melheritz, 1999, S. 16.; Choi, Krause, 2006, S. 641f.; Blum, 2006, S. 65).
161
Wissenschaftliche Beiträge
Als Indikator für die Heterogenität als Einflussgröße der Beschaffungsmarktkomplexität wird der in früheren Studien bereits erfolgreich verwendete Indikator UnterȬ schiedlichkeitȱ derȱ Lieferantenȱ genutzt (Blum, 2006, S. 58ff.; Choi, Krause, 2006, S. 641). Mögliche Ausprägungen der Vielfältigkeit zeigen sich dabei z. B. in der geografischen Verteilung, unterschiedlichen technischen Fähigkeiten, einer abweichenden Organisationsstruktur oder einem unterschiedlichen Leistungsvermögen (Choi, Krause, 2006, S. 642). Für ein Unternehmen ist es dabei einfacher, mit Lieferanten zusammenarbeiten, die ähnliche Strukturen und Leistungsparameter besitzen. Die Variabilität als Komplexitätstreiber soll zunächst durch den Indikator Häufigkeitȱ desȱ Lieferantenwechselsȱ berücksichtigt werden (Bacher, 2000, S. 73). Mit dem Wechsel eines Lieferanten werden vorhandene Erfahrungskurveneffekte obsolet und Schnittstellen sowie Prozesse müssen angepasst bzw. abgestimmt werden. Zur Operationalisierung der variabilitätsbedingten Komplexität wurde in früheren Studien bereits mehrfach auf die Dynamikȱ desȱ Beschaffungsmarktes zurückgegriffen (Werner, 1997, S. 133f.; Blum, 2006, S. 58ff.; Meyer, 2007, S. 89). Sie drückt sich u. a. durch häufige Veränderungen der Lieferantenlandschaft oder stark schwankende Konditionen bzw. eine wechselnde Rohstoffverfügbarkeit aus, wodurch Produktionsengpässe drohen und Sicherheitsbestände sowie außerplanmäßige Prozessschritte erforderlich werden (Bacher, 2000, S. 72f.). Die Berücksichtigung der Unsicherheit als Bestandteil der Komplexität erfolgt mithilfe des Indikators Transparenzdefizit (Zäpfel, Piekarz, 1996, S. 20; Stölzle et al., 2001, S. 76). Der Grad, zu dem die Unternehmen über planungsrelevante Informationen (z. B. potenzielle Lieferanten, Lieferkonditionen, Preise) verfügen, beeinflusst unmittelbar die sich ergebende Komplexität. Gleichzeitig führt die UnsicherheitȱbezüglichȱderȱLieferȬ zeitȱ undȱ Ȭqualität zu einem Komplexitätsanstieg, da Sicherheitsbestände vorzuhalten sind oder auf Ersatzlieferanten zurückgegriffen werden muss (Milgate, 2001, S. 112; Chen, Paulraj, 2004, S. 123; Germain et al., 2008, S. 559). Abbildung 5 fasst die verwendeten Indikatoren zur Operationalisierung der Beschaffungsmarktkomplexität zusammen.
Abbildungȱ5:ȱȱ IndikatorenȱzurȱOperationalisierungȱderȱBeschaffungsmarktkomplexitätȱ Beschaffungsmarktkomplexität Varietät •Lieferantenanzahl (LiAnz) •Beschaffungsmarktkonzentration (BMaKon)
162
Heterogenität •Unterschiedlichkeit der Lieferanten (UntLi)
Variabilität •Häufigkeit des Lieferantenwechsels (HfkLiW) •Dynamik des Beschaffungsmarktes (DynBMa)
Unsicherheit •Transparenzdefizit (TranDe) •Unsicherheit bzgl. Lieferzeit/ -qualität (ULiZQ)
Der Einfluss der Beschaffungskomplexität auf den Logistikerfolg
Beschaffungsprozesskomplexität Als erster Indikator der Beschaffungsprozesskomplexität wird die Anzahlȱ zuȱ beschafȬ fenderȱ Artikel genutzt (Milgate, 2001, S. 112). Diese bestimmt den Umfang der Transport-, Umschlags- und Lagerprozesse sowie den Aufwand für Wareneingangskontrollen und das Bestandsmanagement. Parallel mit einer steigenden Anzahl zu beschaffender Objekte wächst ebenso die Komplexität der Planungsvorgänge (z. B. die Ermittlung von optimalen Bestellmengen, Kapazitätsplanung) an. Der Standardisierungsgrad, d. h. der Grad, zu dem Prozesse nach vorgegebenen Regeln durchgeführt und einheitliche Transportbehälter, Lieferdokumente oder Verfahren zur Bestellauslösung verwendet werden, beeinflusst die Planungs-, Steuerungs- und Kontrollkomplexität der Waren- und Informationsflüsse (Mayer, 2007, S. 111). Weiterhin steigt die Beschaffungskomplexität mit einer zunehmenden HeterogenitätȱderȱBestellunȬ gen an. Diese drückt sich dadurch aus, dass sich die zu beschaffenden Artikel stark hinsichtlich der erforderlichen Anzahl bzw. der Häufigkeit von Bestellungen unterscheiden. Dies führt dazu, dass in kürzeren Zyklen Bestellmengen geplant und die physischen Bestellprozesse durchgeführt werden müssen. Die Kontroll- und Handlingprozesse an den Übergabepunkten verschiedener Verkehrsträger, Prozessbeteiligter oder Informationsmedien werden zusätzlich durch die Heterogenitätȱ vonȱ SchnittȬ stellenȱ erschwert (Varenkamp, 2007, S. 13). Unterschiedliche Schnittstellen und Medienbrüche widersprechen der propagierten Flussorientierung innerhalb der Logistik und erfordern zusätzliches technisches Equipment sowie Transformationen innerhalb des Informationsflusses. Die HäufigkeitȱvonȱProzessanpassungenȱdient als Indikator zur Abbildung der Variabilität. Sie steht in engem Zusammenhang mit dem Standardisierungsgrad, berücksichtigt jedoch gleichzeitig den Faktor Zeit als entscheidende Größe. Unabhängig von den Ursachen, die einer Prozessanpassung vorausgehen,19 führt diese unweigerlich zu einem Komplexitätsanstieg, da von der standardmäßigen und etablierten Vorgehensweise abgewichen werden muss und zusätzliche Planungen notwendig werden (Meyer, 2007, S. 100). Ebenso stellen häufige oder starke Bedarfsschwankungenȱeine variabilitätsbedingte Komplexitätsursache dar. Gleichbleibende Bedarfe lassen eine auf Routinen basierende oder gar automatisierte Bestellmengenplanung zu, während häufige oder starke Schwankungen manuelle Neuplanungen erfordern. Zur Abbildung der Unsicherheit als Komplexitätsbestandteil wird die PrognoseunsiȬ cherheitȱ verwendet, durch die Nachbestellungen bzw. zusätzliche Einlagerungsprozesse notwendig werden (Handfield, 1993, S. 6; Chen, Paulraj, 2004, S. 138). Darüber hinaus weist die Losgrößenplanung im Falle deterministischer Bedarfsdaten eine weitaus geringere Komplexität auf als im Falle unsicherer oder gänzlich fehlender 19
Prozessanpassungen können nicht nur die Folge einer mangelnden Standardisierung sein, sondern ebenfalls durch aufgetretene Probleme, Sonderwünsche der Kunden oder Neuprodukteinführungen notwendig werden.
163
Wissenschaftliche Beiträge
Vergangenheits- oder Produktionsdaten. Abbildung 6 fasst die Indikatoren der Beschaffungsprozesskomplexitätȱzusammen.
Abbildungȱ6:ȱȱ IndikatorenȱzurȱOperationalisierungȱderȱBeschaffungsprozesskomplexitätȱ Beschaffungsprozesskomplexität Varietät •Anzahl zu beschaffender Artikel (AnzBArt)
Heterogenität •Standardisierungsgrad (StandGr) •Heterogenität der Bestellungen (HetBest) •Heterogenität der Schnittstellen (HetSch)
Variabilität •Häufigkeit von Prozessanpassungen (HfkPa) •Bedarfsschwankungen (BSchwa)
Unsicherheit •Prognoseunsicherheit (PrognU)
Produktkomplexität In der Literatur wird zur Operationalisierung der vom Produkt ausgehenden Komplexität am häufigsten die Variantenzahlȱ angeführt (Vachon, Klassen, 2001, S. 223f.; Milgate, 2001, S. 112; Größler et al., 2002, S. 280). Neben der Anzahl angebotener Produktvarianten (Breite des Produktprogrammes) nimmt auch die Produktbeschaffenheitȱ Einfluss auf die Komplexität der innerbetrieblichen Abläufe. Bevor die Vor- und Endmontage der Produkte erfolgen kann, müssen zunächst die Baugruppen und Einzelteile disponiert, beschafft und für die Fertigung bereitgestellt werden. Je umfangreicher die Stückliste eines Produktes ist, desto komplexer sind diese der Produktion vorgelagerten Prozessschritte. Die Komplexität steigt zusätzlich umso stärker an, je mehr sich die Beschaffungsobjekte voneinander unterscheiden. Die HeterogenitätȱderȱBeschaffungsartikelȱzeigt sich beispielsweise in unterschiedlichen Abmessungen und Gewichten der Beschaffungsobjekte, wodurch verschiedene Ladungsträger für den außer- und innerbetrieblichen Transport notwendig werden. Als weiterer Indikator der vielfaltsbasierten Komplexität wird in Anlehnung an Größler et al. (2002, S. 280) das AngebotȱvonȱSonderproȬ duktenȱ undȱ Zusatzservices genutzt. Dieses steht in engem Zusammenhang zum Produktprogramm, stellt jedoch eine Erweiterung dar, indem es die über das eigentliche Produktsortiment hinausgehende Möglichkeit zur Individualisierung der Produkte berücksichtigt.20 Eine häufige Neueinführung von Produktinnovationen erfordert ebenso wie die Anpassung des bestehenden Produktprogrammes eine Modifikation der Beschaffungsprozesse und wirkt hierdurch komplexitätstreibend, da unter Umständen neue Lieferanten gesucht und integriert, bestehende Verträge angepasst und die Losgrößenplanung überarbeitet werden müssen. Die Änderungshäufigkeitȱ derȱ Produkteȱ bzw.ȱ desȱ ProȬ
20
164
Zur zunehmenden Bedeutung von Mehrwertdiensten vgl. Abbildung 1.
Der Einfluss der Beschaffungskomplexität auf den Logistikerfolg
duktprogrammesȱ wurde bereits in früheren Untersuchungen zur Operationalisierung verwendet (Größler et al., 2002, S. 280; Blum, 2006, S. 58ff.). Die Problematik des Produkt- und (zusätzlichen) Leistungsangebotes wird dadurch verschärft, wenn ein Unternehmen aus Gründen der Kundenorientierung und dem Bestreben nach einer hohen Kundenzufriedenheit die Möglichkeit von nachträglichen Veränderungen oder Stornierungen von bereits getätigten Bestellungen zulässt (z. B. durch Shortage Gaming). Dieseȱ kurzfristigen Änderungsmöglichkeitenȱ durchȱ Kundenȱ sind kostentreibend (z. B. Fehlmengenkosten, Kosten für die Lagerung von Überkapazitäten, Vertragsstrafen) und verursachen einen zusätzlichen Aufwand, da eigene Bestellungen storniert oder angepasst und die Disposition von Beschaffungs- und Produktionsabläufen überarbeitet werden müssen. Die Unsicherheitȱ bezüglichȱ derȱ VerȬ kaufsmengeȱ bzw.ȱ desȱ Ȭzeitpunktesȱ stellt einen weiteren Unsicherheitsfaktor und Komplexitätstreiber der Beschaffung dar (Davis, 1993; Chen, Paulraj, 2004, S. 122). Infolgedessen entstehen beispielsweise erhöhte Sicherheitsbestände, die beschafft, umgeschlagen und vorgehalten werden müssen, um die Lieferfähigkeit zu gewährleisten (Davis, 1993, S. 38). Die Indikatoren der Produktkomplexität sind in Abbildung 7 zusammengefasst.
Abbildungȱ7:ȱȱ IndikatorenȱzurȱOperationalisierungȱderȱProduktkomplexitätȱ Produktkomplexität Varietät •Variantenanzahl (VarAnz) •Produktbeschaffenheit (PBesch)
Heterogenität •Heterogenität der Beschaffungsartikel (HetBArt) •Sonderprodukte und Zusatzservices (SoPZuS)
Variabilität •Änderungshäufigkeit der Produkte / des Produktprogramms (AendhP)
Unsicherheit •Änderungsmöglichkeit der Kunden (AendMg) •Unsicherheit bzgl. Verkaufsmenge / -zeitpunkt (UVerMZ)
Interne Komplexität Lange Entscheidungswege als Folge einer hohen AnzahlȱanȱHierarchieebenenȱerfordern einen erhöhten Steuerungs- und Kontrollaufwand, der in Verbindung mit der Aufteilung der Gesamtverantwortung zu einer höheren Komplexität der Organisation führt (Bliss, 2000, S. 7). Ebenso wirkt sich eine hohe Fertigungstiefe auf die Komplexität aus, da Fertigungsanlagen beschafft und bewirtschaftet, Montagevorgänge durchgeführt und der reibungslose Ablauf der Fertigung durch die Losgrößen- und Maschinenbelegungsplanung sichergestellt werden müssen (Fischer, 2000, S. 543). Die Indikatoren für die vielfaltsbasierte Komplexität lassen sich unmittelbar aus den Elementen der Logistikkonzeption ableiten. Diese propagiert die Ganzheitlichkeit und das Systemdenken als oberste Maxime einer zukunftsfähigen Logistik (Pfohl, 2004b, S. 20ff.; Wildemann, 2005, S. 16f.; Fleischmann, 2008, S. 3). EineȱmangelndeȱGanzȬ heitlichkeitȱ undȱ Durchgängigkeitȱ von Maßnahmenȱ führt einerseits zu suboptimalen Lösungen und einem Bereichsdenken, welches dem Grundgedanken einer durchgängi-
165
Wissenschaftliche Beiträge
gen Logistikkette widerspricht. Gleichzeitig resultiert die mangelnde Abstimmung in einem vermeidbaren Doppelaufwand. Des Weiteren führt die Vielfaltȱ derȱ eingesetztenȱ ITȬSysteme zu einem Komplexitätsanstieg, da z. B. Schnittstellen inkompatibel sind, der Anwender durch die Vielfalt überfordert ist oder der Datenaustausch mit den Partnern der Supply Chain aufgrund verschiedener IT-Systeme nicht funktioniert und deshalb auf klassischem Wege erfolgen muss (Feldmayer, Seidenschwarz, 2005, S. 94f.). Als weiterer Indikator der vielfaltsinduzierten Komplexität wird die HeterogeȬ nitätȱ derȱ Bereichszieleȱ verwendet. Als Folge dieser mangelhaften Harmonisierung und Umsetzung der Logistikkonzeption sind die Unternehmen gezwungen, die eingeleiteten Maßnahmen nachträglich aufeinander abzustimmen und eine Priorisierung der einzelnen Zielgrößen vorzunehmen. Nicht nur die Heterogenität, sondern auch die Häufigkeit, mit der sich die verfolgten Strategien und Ziele ändern, wirkt komplexitätstreibend, weil dadurch bereits durchgeführte Planungen obsolet werden und Anpassungen unvermeidbar sind. Durch eine hohe Dynamikȱ vonȱ Zielvorgaben ist darüber hinaus mit einer geringeren Stabilität der Prozesse zu rechnen, wodurch operative Eingriffe erwachsen. Eine Voraussetzung für ein ganzheitliches Logistikmanagement bildet die vollständige Kenntnis der Waren- und Informationsflüsse. Bestehen Unsicherheiten oder existiert ein Transparenzdefizit, lassen sich diese a priori nur ungenügend oder mit hohem Aufwand planen, während es retrospektiv betrachtet Schwierigkeiten bereitet, Schwachstellen zu erkennen und Verbesserungen einzuleiten. Insbesondere im Retourenmanagement oder bei Kundenreklamationen ist die vollkommene Reproduzierbarkeit von Waren- und Informationsflüssen eine Grundvoraussetzung für die Informationsfähigkeit eines Unternehmens.21 Aber auch im Bereich der Beschaffungslogistik führt ein Mangel an Transparenz zu einem erhöhten Aufwand bei der Disposition von Bestellungen und der physischen Beschaffung.22 Abbildung 8 fasst die Indikatoren zur Operationalisierung der internen Komplexität zusammen.
21
Vgl. zum Begriff der Informationsfähigkeit z. B. Fawcett, Cooper (1998), S. 349 sowie Kapitel 3.2.2.2. 22 Die fehlende Kenntnis von Warenflüssen im Unternehmen führt beispielsweise zu ineffizienten Lagerplatzzuweisungen, wodurch ein erhöhter Handlingaufwand entsteht.
166
Der Einfluss der Beschaffungskomplexität auf den Logistikerfolg
Abbildungȱ8:ȱȱ IndikatorenȱzurȱOperationalisierungȱderȱinternenȱKomplexitätȱ Interne Komplexität Varietät
Heterogenität
•Anzahl Hierarchieebenen (AnzHierE) •Fertigungstiefe (FertT)
•Mangelnde Ganzheitlichkeit / Durchgängigkeit (Durchg) •Vielfalt der eingesetzten IT-Systeme (VielIT) •Heterogenität der Bereichsziele (HetBeZ)
3.2.2.2
Variabilität •Dynamik der Zielvorgaben (DynZV)
Unsicherheit •Transparenzdefizit (TraDef)
Konzeption des endogenen Messmodells
Kostenbasierter Logistikerfolg Die Abgrenzung der Logistikkosten bereitet im Allgemeinen Probleme und hängt stark von der unternehmensspezifischen Aufgabenzuordnung der Logistik ab (Thaler, 2001, S. 82; Palupski, 2002, S. 172; Weber, 2002, S. 103ff.; Stölzle et al., 2004, S. 230; Heiserich, 2002, S. 17; Schönsleben, 2007, S. 56; Ehrmann, 2008, S. 64; Arndt, 2008, S. 49). Da zudem teilweise Überschneidungen bei den relevanten Logistikkosten existieren und in der Praxis die genaue Ermittlung und Quantifizierung Schwierigkeiten bereitet, soll sich die Operationalisierung auf die wesentlichen Kostengrößen beschränken, die einerseits in der empirischen Forschung etabliert sind und andererseits die in der Praxis gängigen Kostenbestandteile darstellen. Hierzu zählen zweifellos sowohl die BestandsȬ als auch die Transportkosten.23 Gleichfalls wird in der Literatur vielfach auf die Relevanz der KommissionierȬȱundȱUmschlagkosten hingewiesen, weshalb auch diese Kostenbestandteile zusammengefasst als Handlingkosten für die Operationalisierung der kostenbasierten Erfolgsdimension verwendet werden (Busch, Dangelmaier, 2004, S. 8f.; Bowersox et al., 2007, S. 84; Fleischmann, 2008, S. 8). Insbesondere im Falle einer wachsenden Wirtschaft stellen logistische Ressourcen Engpässe dar und bieten somit ein erhebliches Entwicklungspotential (Straube, Pfohl, 2008, S. 18). Die KapaziȬ tätsauslastung wirkt sich somit unmittelbar auf die Effizienz und infolgedessen auf die (kostenbasierte) Zielerreichung aus (Kummer, 1999, S. 36f.; Weber, 2002, S. 110; Luczak, Weber, Wiendahl, 2004, S. 20; Göpfert, 2005, S. 7ff.). Als letzter Kostenbestandteil werden in der Literatur regelmäßig die Personalkostenȱ zur Operationalisierung der Logistikkosten verwendet (Dehler, 2001, S. 211; Wecker, 2006, S. 202).
Leistungsbasierter Logistikerfolg Zur Erfassung des leistungsbasierten Logistikerfolges werden in der Literatur oftmals qualitätsbezogene Aspekte mit weiteren Kenngrößen zur Lieferperformance verknüpft 23
Das klassische Modell zur Bestellmengenplanung (economic order quantity) beschränkt sich beispielsweise ausschließlich auf die Berücksichtigung dieser beiden Kostenbestandteile.
167
Wissenschaftliche Beiträge
(Dehler, 2001, S. 207; Chen, Paulraj, 2006, S. 143; Blum, 2006, S. 71ff.; Pfohl, 2004a, S. 211f.; Bowersox et al., 2007, S. 24). Dieser Vorgehensweise soll in diesem Beitrag gefolgt und die Lieferzuverlässigkeitȱ als erster Indikator verwendet werden. Sie bildet sowohl die Verfügbarkeit der gewünschten Artikel als auch die Einhaltung der zeitlichen Vorgaben bei deren Auslieferung ab und entspricht dem klassischen Verständnis der Termintreue (Ehrmann, 2008, S. 63). Aus der erreichten Lieferzuverlässigkeit sind allerdings noch keine Aussagen zur mengenmäßigen Übereinstimmung sowie der Unversehrtheit der gelieferten Waren ableitbar. Der Anteil richtiger und unbeschädigter Auslieferungen wird hingegen durch die Lieferqualität ausgedrückt.24 Im Zuge sich ändernder technischer und gesellschaftlicher Rahmenbedingungen sowie dem bereits mehrfach erwähnten Wandel der Kundenanforderungen gewann in der Vergangenheit die Zeit als Erfolgs- und Wettbewerbsfaktor eine wachsende Bedeutung (Klenter, 1995, S. 18).25 In Anlehnung an Göpfert und Haage (2004, S. 128) werden in diesem Beitrag als weitere Indikatoren des leistungsbasierten Logistikerfolges die Lieferzeitȱ sowie die Lieferflexibilitätȱverwendet. Erstgenannte kennzeichnet den Zeitraum von der Auftragsvergabe durch den Kunden bis zum Erhalt der Ware (Ehrmann, 2008, S. 63). Die Lieferflexibilitätȱ gibt ihrerseits an, ob und wie schnell ein Unternehmen auf geänderte zeitliche Anforderungen (z. B. An- und Ausliefertermine) reagieren kann (Arndt, 2008, S. 128; Ehrmann, 2008, S. 64). Nach dem Verständnis von Pfohl (2004b, S. 40) beinhaltet die Lieferflexibilität zusätzlich die Verfügbarkeit von Informationen zum Status der Bearbeitung sowie eingetretenen Lieferverzögerungen. Schulte (2009, S. 8) fasst diesen als Informationsfähigkeit zu bezeichnenden Aspekt jedoch als eigenständige Kenngröße der Logistikleistung auf. Da die Auskunftsfähigkeit nur mittelbar ein Indiz für Flexibilität darstellt, wird Schulte gefolgt und die Informationsfähigkeitȱals separater Indikator der Logistikleistung in das Modell integriert. Abbildung 9 fasst die Indikatoren zur Operationalisierung des kosten- bzw. leistungsbasierten Logistikerfolges zusammen.
24 Pfohl bezeichnet diese Leistungskomponente als Lieferungsbeschaffenheit (vgl. Pfohl
(2004b), S. 38). Die inhaltliche Bedeutung entspricht jedoch dem in diesem Beitrag zugrunde liegenden Begriffsverständnis für Lieferqualität, weshalb dieser in der Literatur ebenfalls gebräuchliche Terminus verwendet werden soll. Vgl. Thaler (2001), S. 82; Arndt (2008), S. 133. 25 Dies zeigt sich beispielsweise auch durch Begriffe, wie timeȬbasedȱcompetitionȱund economyȱofȱ speed, die in derȱwissenschaftlichen Diskussion zunehmend Verbreitung erlangen. Vgl. Stalk, Hout (1992); Lücke (2000), S. 54; Schäfer (2002), S. 58f.; Göpfert, Haage (2004), S. 128; Werner (2008), S. 88.
168
Der Einfluss der Beschaffungskomplexität auf den Logistikerfolg
Abbildungȱ9:ȱȱ IndikatorenȱzurȱOperationalisierungȱdesȱLogistikerfolgesȱ Logistikerfolg Kostenbasierter Logistikerfolg •Bestandskosten (BestK) •Transportkosten (TransK) •Handlingkosten (HandK) •Kapazitätsauslastung (KapAus) •Personalkosten (PersK)
Leistungsbasierter Logistikerfolg •Lieferzuverlässigkeit (LiZuv) •Lieferqualität (LiQ) •Lieferzeit (LiZ) •Lieferflexibilität (LiFlex) •Informationsfähigkeit (InfFae)
Zur Messung der logistischen Zielgrößen stehen im Allgemeinen drei Möglichkeiten zur Verfügung (Dehler, 2001, S. 208). In Anlehnung an die gängige Vorgehensweise in der Literatur soll die Messung des logistischen Erfolges mithilfe der subjektiven Einschätzung der eigenen realisierten Leistungssteigerung innerhalb eines bestimmten Betrachtungszeitraumes erfolgen.26 Diese Vorgehensweise zur Messung des Logistikerfolges entspricht dem Prinzip des kontinuierlichen Verbesserungsprozesses, da die Bewertung darauf ausgerichtet ist, inwiefern bestehende Defizite bei der Zielerreichung in der Vergangenheit beseitigt und die logistische Leistung bzw. Leistungsfähigkeit im Betrachtungszeitraum verbessert werden konnten (Dehler, 2001, S. 208; Blum, 2006, S. 73f.; Wecker, Wirtz, 2007, S. 935; Grübner, 2007, S. 207).27 Das Streben nach ständiger Verbesserung obliegt dabei nicht nur Unternehmen, die ihre logistischen Ziele bisher nur ungenügend erreichen konnten, sondern auch Unternehmen mit einem hohen Entwicklungsstand hinsichtlich des logistischen Leistungsvermögens sind dazu angehalten, durch kontinuierliche Verbesserungen die Wettbewerbsposition zu sichern bzw. auszubauen. Auf Basis der vorgestellten Konzeption und der in Kapitel 3.1 formulierten Hypothesen ergibt sich folgendes Untersuchungsmodell (vgl. Abbildung 10).
26
Als sinnvoll wird hierbei ein Betrachtungszeitraum von drei Jahren angesehen. Vgl. Dehler (2001), S. 208; Blum (2006), S. 73f.; Größler et al. (2006), S. 280; Wecker, Wirtz (2007), S. 935; Grübner (2007), S. 207. 27 Die Subjektivität der Beurteilung wird nicht als kritisch angesehen, da auch objektiv erhobene Kennzahlen vor dem Hintergrund der eigenen Ansprüche, Potentiale und Zielsetzungen durch jedes Unternehmen anders wahrgenommen und eingeschätzt werden.
169
Wissenschaftliche Beiträge
Abbildungȱ10:ȱȱ
VollständigesȱPfaddiagrammȱ
Beschaffungsmarktkomplexität
Beschaffungsprozesskomplexität
Produktkomplexität
Interne Komplexität
3.3
Kostenbasierter Logistikerfolg
H1 Beschaffungskomplexität
H3
Logistikerfolg
H2
Leistungsbasierter Logistikerfolg
Datengrundlage und Methodik
Für die empirische Überprüfung der aufgestellten Hypothesen dienen die Daten der 236 Fragebögen, die im Rahmen der in Kapitel 2.2 beschriebenen Studie zum Thema „KomplexitätȱundȱKomplexitätsmanagementȱinȱderȱUnternehmenspraxis“ erhoben wurden. Zu Beginn der Auswertung soll die Datenbasis hinsichtlich eventuell vorhandener Verzerrungen untersucht werden. Die erzielte Rücklaufquote von 15,8% erfüllt die Anforderungen der empirischen Forschung und auch die Verteilung hinsichtlich der Branchen sowie Unternehmensgrößen entspricht annähernd der Grundgesamtheit (Baldauf et al., 1999, S. 346). Ein UnitȬNonresponse, d. h. eine Verzerrung durch die Überrepräsentativität eines bestimmten Typs von Befragten, ist somit auszuschließen und es kann von einer repräsentativen Datenbasis ausgegangen werden (Groves et al., 2004, S. 169ff.). Die weitere Analyse des vorliegenden Datensatzes zeigt, dass lediglich vereinzelt Fragen unbeantwortet bleiben und der durchschnittliche Anteil fehlender Werte (missing values) mit 1,28% als unkritisch zu bezeichnen ist. Auch der Maximalwert von 3,81% deutet darauf hin, dass es sich um eine zufällige Nicht-Beantwortung einzelner Fragen und nicht um ein systematisches Fehlen von Angaben bei bestimmten Fragen (ItemȬNonresponse) handelt (Albers et al., 2007, S. 119). In der Literatur wird des Weiteren auf Verzerrungen aufgrund der Untersuchungsmethodik (Commonȱ MethodȱBias) hingewiesen (Podsakoff et al., 2003, S. 879; Homburg, Klarmann, 2006, S. 733). Diese Verzerrungen können dann entstehen, wenn ein Befragter gleichzeitig die Quelle für die exogenen als auch die endogenen Variablen ist und dadurch bei der Beantwortung der Fragen befangen ist oder das Antwortverhalten durch die Motivation, konsistente Antworten zu geben, beeinflusst wird. Bereits im Vorfeld der Untersuchung wurde diese Problematik berücksichtigt und den befragten Unternehmen strikte Anonymität zugesichert, um die Wahrscheinlichkeit von sozial erwünschten oder gefälligen Antworten zu minimieren (Podsakoff et al., 2003, S. 887f). Des Weiteren
170
Der Einfluss der Beschaffungskomplexität auf den Logistikerfolg
wurden Podsakoff und Organ (1986, S. 533) folgend die Fragen bezüglich der abhängigen und unabhängigen Variablen räumlich getrennt voneinander positioniert. Das Risiko von Verzerrungen aufgrund zweideutiger oder unklarer Formulierungen wurde durch den umfangreichen Pretest reduziert (Tourangeau, 2000, S. 29ff.; Homburg, Klarmann, 2006, S. 733). Ob durch diese präventiven Maßnahmen ein Common Method Bias wirksam verhindert werden konnte, lässt sich a posteriori mithilfe des Harman Single Factor Tests überprüfen (Podsakoff et al., 2003, S. 889). Hierzu werden sämtliche Indikatoren einer explorativen Faktorenanalyse zugeführt. Dem Test zufolge besteht genau dann eine substanzielle Verzerrung, wenn durch die Faktorenanalyse entweder nur ein einziger Faktor extrahiert wird oder ein Faktor die Mehrheit der erklärten Varianz auf sich vereint (Reinartz et al., 2004, S. 301). Im vorliegenden Fall wurden 13 Faktoren extrahiert, wobei der erste Faktor 15,3% der Gesamtvarianz erklärt. Zusammenfassend ist somit festzuhalten, dass die Wahrscheinlichkeit von Verzerrungen aufgrund der Datenbasis sowie durch die Untersuchungsmethode zwar nicht gänzlich auszuschließen, aber als unwahrscheinlich zu betrachten sind. Für die Untersuchung des Einflusses der beschaffungsinduzierten Komplexität auf den Logistikerfolg wird auf die Methodik der Kausalanalyse zurückgegriffen, die gegenüber den Verfahren der ersten Generation28 u. a. folgende Vorteile besitzt:
Möglichkeit zur Abbildung und simultanen Schätzung komplexer kausaler Ketten Möglichkeit zur Analyse indirekter Abhängigkeitsbeziehungen (mediierte Effekte) Berücksichtigung Interdependenzen zwischen den Variablen (Multikollinearität) Explizite Berücksichtigung von Messfehlern Möglichkeit zur Untersuchung nicht direkt messbarer, latenter Variablen (Konstrukte).29 Aufgrund der speziellen Charakteristika der Untersuchung wird des varianzbasierte Partial-Least-Squares (PLS) genutzt, dessen Anwendung ausdrücklich zu empfehlen ist, wenn es sich, wie im vorliegenden Fall, um ein neuartiges Forschungsgebiet handelt und keine etablierten bzw. anerkannten Messansätze sowie Theorien existieren (Götz, Liehr-Gobbers, 2004, S. 721). Des Weiteren spricht die formative Operationalisierung der Konstrukte für ein varianzbasiertes Analyseverfahren, da kovarianzbasierte Ansätze wie LISREL im Falle einer formativen Modellspezifikation nicht bzw. lediglich unter Zuhilfenahme zusätzlicher reflektiver Indikatoren (MIMIC-Modelle)
28
Zu den statistischen Verfahren der ersten Generation zählen z. B. die Regressions-, Varianz-, oder Diskriminanzanalyse. Vgl. Fornell (1987), S. 411; Homburg, Giering (1996), S. 8. 29 Die Verfahren der ersten Generation können latente Variablen lediglich über Transformationen und Aggregationen (z. B. durch Summierung oder Durchschnittsbildung der Hilfsvariablen) verarbeiten. Dadurch entstehen jedoch erhebliche Informationsverluste.
171
Wissenschaftliche Beiträge
angewendet werden können.30 Darüber hinaus besitzt PLS gegenüber den kovarianzbasierten Analysemethoden weniger limitierende Anwendungsvoraussetzungen. Hervorzuheben ist hierbei insbesondere, dass für die Analyse ein deutlich geringerer Stichprobenumfang erforderlich ist und weniger restriktive Verteilungsannahmen vorausgesetzt werden.31 Obwohl die Kausalanalyse grundsätzlich metrisch skalierte Daten benötigt, ist in der betriebswirtschaftlichen Forschung die Verwendung von Likert-Skalen, die als quasiintervallskaliert interpretiert werden können, anerkannt (Backhaus et al., 2003, S. 5; Homburg, Klarmann, 2006, S. 733). Für die Messung wird deshalb eine fünfstufige Likert-Skala genutzt.32 Die Analyse der erhobenen Daten erfolgt mit der Software SmartPLS 2.0. Missing values werden durch Mittelwerte ersetzt, um keine Ungleichgewichtung der Variablen zu erzeugen („paarweiser Fallausschluss“) oder die Datenbasis durch den Ausschluss der betroffenen Datensätze („listenweiser Fallausschluss“) unnötig zu reduzieren (Backhaus et al., 2003, S. 325). Für die Operationalisierung der Konstrukte erster Ordnung (Beschaffungskomplexität sowie Logistikerfolg) wird der repeatedȱ indicatorsȱ apȬ proach genutzt, der auf dem von Wold entwickelten Hierarchicalȱ Componentȱ Model basiert (Lohmöller, 1989, S. 130ff.; Wold, 1982; Huber et al., 2007, S. 34).33 Zur Gütebeurteilung der ermittelten Parameterwerte werden folgende Gütekriterien verwendet (vgl. Tabelle 1).
30
Vgl. für eine kritische Gegenüberstellung der formativen und reflektiven Messphilosophie z. B. Jarvis et al. (2003), S. 201ff.; Eberl (2006), S. 654f.; Huber et al. (2007), S. 19. 31 Nach gängiger Auffassung in der Literatur sollte der Stichprobenumfang bei PLS mindestens dem Zehnfachen der Anzahl an Indikatoren des komplexesten formativen Konstruktes entsprechen. Vgl. hierzu Fassott (2006), S. 70. In dieser Arbeit werden maximal sieben Indikatoren zur Operationalisierung der Konstrukte verwendet. Der verfügbare Datensatz mit 236 Beobachtungen kann somit als sehr gut bezeichnet werden, um reliable und valide Ergebnisse zu erzielen. Im Falle einer kovarianzbasierten Analyse wären über 800 Fragebögen notwendig, was in empirischen Untersuchungen nur äußerst schwer zu erreichen ist. Kovarianzbasierte Verfahren erfordern zudem normalverteilte Daten, die in praktischen Untersuchungen nur in den seltensten Fällen vorzufinden sind. Vgl. Backhaus et al. (2003), S. 715; Zinnbauer, Eberl (2004), S. 3; Homburg, Klarmann (2006), S. 736. Zur Überprüfung der Datenbasis hinsichtlich der zugrundeliegenden Verteilungsfunktion wurde ein KolmogorovSmirnov-Test durchgeführt. Dabei konnte die Vermutung einer Nicht-Normalverteilung der Daten mit einer Irrtumswahrscheinlichkeit von null Prozent bestätigt und damit erneut die Entscheidung für ein varianzbasiertes Analyseverfahren unterstrichen werden. 32 In zahlreichen Studien konnte nachgewiesen werden, dass bei der Verwendung von mindestens fünf Skalenstufen die Verzerrungen bei den Parameterschätzungen marginal sind. Vgl. Zinnbauer, Eberl (2004), S. 3; Homburg, Klarmann (2006), S. 733. 33 Alternativ dazu könnte ebenfalls der Ansatz des Compositeȱ secondȱ orderȱ genutzt werden. Hierbei werden die Werte der Latenten (z. B. kosten- sowie leistungsbasierter Logistikerfolg) als Indikatoren für das übergeordnete Konstrukt (z. B. Logistikerfolg) genutzt. Die Verwendung dieses Ansatzes führt jedoch zu nahezu identischen Ergebnissen, sodass der üblichere repeatedȱindicatorsȱapproachȱgenutzt wird.
172
Der Einfluss der Beschaffungskomplexität auf den Logistikerfolg
Tabelleȱ1:ȱȱ
GütekriterienȱdesȱMessȬȱundȱStrukturmodellsȱ (formatives) Messmodell Individuelle Beurteilung der Regressionskoeffizienten: Vorzeichen (den Vorüberlegungen entsprechend) Gewicht (empfohlen: 0,2)34
Indikatorrelevanz (Indikatorgewichte) Multikollinearität35
VIF < 10
Nomologische Validität Expertenvalidität36
Pretest (qualitative Beurteilung): Vollständigkeit der Operationalisierung Relevanz der verwendeten Indikatoren psa - Index37 (hier: 0,7) csv - Index38 (hier: 0,7) t-Wert: 1,28539
Signifikanztest
Strukturmodell Vorzeichen (den Vorüberlegungen entsprechend) Werte: 0,2
Pfadkoeffizienten Signifikanztest Bestimmtheitsmaß R Effektstärke f2
34
35
36 37 38
39
40
t-Wert: 1,285 2
empfohlen: 0,3 (hier: 0,2)40 0,02
Lohmöller schlägt vor, bereits Pfadkoeffizienten (Gewichte) ǃ 0,1 zu akzeptieren. Vgl. Lohmöller (1989), S. 60f. In diesem Beitrag wird jedoch der konservative Wert von 0,2 verwendet, wie beispielsweise von Chin empfohlen. Vgl. Chin (1998), S. 324f.; Krafft et al. (2005), S. 82. Multikollinearität tritt auf, wenn die unabhängigen Variablen miteinander korrelieren. Im Extremfall ließe sich eine Variable somit durch eine Linearkombination der anderen Variablen erzeugen. Dadurch leistet sie keinen Erklärungsbeitrag für das Modell und verzerrt die Schätzergebnisse. Vgl. Schneider (2007), S. 183ff. Vgl. Anderson, Gerbing (1991). Der psa-Index gibt den Anteil der befragten Experten an, die den jeweiligen Indikator den Erwartungen des Forschers entsprechend dem „richtigen“ Konstrukt zugeordnet haben. Der csv-Index berücksichtigt zusätzlich die Anzahl des am häufigsten „falsch“ zugeordneten Konstruktes. Eine Häufung („falscher“) Zuordnungen bei einem anderen als dem vom Forscher erwarteten Konstrukt deutet auf eine geringe inhaltliche Relevanz des Indikators für das betreffende Konstrukt hin. Ein Signifikanzniveau von 10% (t-Wert: 1,285) wird allgemein als unterer Grenzwert angesehen. Ein Signifikanzniveau von 5% (t-Wert: 1,651) ist als angemessen und eines von 1% (tWert: 2,34) als hoch zu beurteilen. Vgl. Backhaus et al. (2003), S. 808. Obwohl oftmals ein R2 ǃ 0,3 gefordert wird, ist dies nur ein Richtwert und stark von der Problemstellung abhängig. Vgl. Chin (1998), S. 323; Backhaus et al. (2003), S. 96. Da es sich im vorliegenden Fall um ein recht komplexes Strukturgleichungsmodell handelt und die Messung der endogenen Variablen nicht mit quantitativen Kenngrößen sondern auf Basis einer subjektiven Einschätzung der Probanden erfolgt, ist mit niedrigeren Werten von R2 zu rechnen. In ähnlichen Untersuchungen werden sogar Werte von weniger als 0,2 akzeptiert. Vgl. Dehler (2001), S. 196ff.; Wecker (2006), S. 296.
173
Wissenschaftliche Beiträge
Im Falle formativer Messmodelle verdeutlichen die Gewichte der Indikatoren die Stärke des Einflusses eines Indikators auf das ihm zugeordnete Konstrukt. Das primäre Anliegen von PLS besteht nicht in der Maximierung der einzelnen Gewichte und Pfadkoeffizienten, sondern in der Optimierung der erklärten Varianz der abhängigen Variablen im Modell. Infolgedessen dürfen geringe Absolutwerte und mangelhafte Signifikanzen keinesfalls voreilig als schlechtes Modell fehlinterpretiert werden (Chin, 1998, S. 307; Götz, Liehr-Gobbers, 2004, S. 729). In der Literatur existiert zudem bisher kein Konsens bezüglich der Handhabung von Indikatoren mit geringem Einfluss. Der Konflikt besteht darin, dass durch die nachträgliche Eliminierung scheinbar unwichtiger Indikatoren zwar einerseits die statistische Modellanpassung verbessert werden kann, dadurch jedoch andererseits grundlegende theoretisch-konzeptionelle Überlegungen ignoriert und die inhaltliche Breite des latenten Konstrukts substanziell verkürzt werden (Bollen, Lennox, 1991, S. 305ff.; Edwards, Bagozzi, 2000, S. 156; Diamantopoulos, Winklhofer, 2001, S. 272; Jarvis et al., 2003, S. 202).41 Diamantopoulos und Winklhofer (2001, S. 272) empfehlen deshalb, eine Aussonderung von Indikatoren ausschließlich auf Basis theoretischer Überlegungen und nicht mittels quantitativer Methoden durchzuführen. Rossiter (2002, S. 322 und 329) formuliert noch drastischer, dass jegliche nachträgliche Eliminierung von Indikatoren grundsätzlich abzulehnen ist. Da die verwendeten Indikatoren mithilfe eines intensiven Literaturstudiums theoretisch hergeleitet und mit Experten diskutiert und erarbeitet wurden, widerspräche die nachträgliche Eliminierung einzelner Indikatoren einer korrekten wissenschaftlichen Vorgehensweise und würde den definitorischen Rahmen der Konstrukte verändern. Somit wird der Auffassung von Diamantopoulos und Kollegen zugestimmt und eine ex post-Anpassung des Modells aufgrund nicht-gewünschter Parameter strikt abgelehnt. Lediglich vorliegende Multikollinearität stellt für die Parameterschätzung ein ernsthaftes Problem dar, weil die Berechnung formativer Messmodelle auf dem Prinzip der multiplen Regressionsanalyse beruht und ein zunehmender Grad an linearer Abhängigkeit zwischen den Indikatoren zu einer erhöhten Ungenauigkeit bei der Schätzung führt (Backhaus et al., 2003, S. 88f.; Diamantopoulos, Winklhofer, 2001, S. 272; Eckey et al., 2001, S. 93; Jarvis et al., 2003, S. 202; Fassott, Eggert, 2005, S. 40; Schneider, 2007, S. 183). Die Überprüfung der Rohdaten auf ein eventuell vorhandenes Multikollinearitätsproblem erfolgt mithilfe des Variance Inflation Factors (VIF).42 Die nomologische Validität wird dadurch gewährleistet, dass die Modellentwicklung in enger Zusammenarbeit mit Experten durchgeführt wurde. Hierdurch kann sicher41
Die Diskussion zwischen den Befürwortern und Gegnern von Indikatoreliminierungen erörtert Helm (2005), S. 249ff. 42 In der Literatur gilt ein VIF-Wert > 10 als Indiz für Multikollinearität. Vgl. Diamantopoulos, Winklhofer (2001), S. 272; Huber et al. (2007), S. 39. Da dieser Wert erst überschritten wird, wenn die gemeinsame Varianz eines Items mit den anderen Variablen im Messmodell bei 90% liegt, empfehlen andere Autoren konservativere Grenzwerte von 3 bzw. 4. Vgl. Schneider (2007), S. 187; Ringle, Spreen (2007), S. 214.
174
Der Einfluss der Beschaffungskomplexität auf den Logistikerfolg
gestellt werden, dass die verwendeten Indikatoren sowohl für die Operationalisierung der Konstrukte relevant sind als auch vollständig erfasst wurden.43 Zur Durchführung des Signifikanztests, auf deren Basis die t-Werte ermittelt werden, wird die Bootstrapping-Methode genutzt.44 Für die Gütebeurteilung im Strukturmodell dienen in einem ersten Schritt ebenfalls die Vorzeichen sowie die Höhe und das Signifikanzniveau der Pfadkoeffizienten. Zusätzlich wird in der Literatur das Bestimmtheitsmaß R2 als Gütekriterium angeführt. Es gibt die durch die exogenen Größen erklärte Varianz an der Gesamtvarianz des latenten endogenen Konstruktes an (Chin, Newsted, 1999, S. 316). Den Einfluss, den eine exogene latente Variable auf die endogene Variable ausübt, kann mithilfe der Effektstärke f2 ausgedrückt werden. Diese gibt die Veränderung des Bestimmtheitsmaßes der endogenen Variablen an, wenn die entsprechende exogene latente Variable aus dem Modell entfernt wird. Dadurch sind Rückschlüsse auf die Relevanz des exogenen Konstruktes möglich.45 Da formative Indikatoren nicht korreliert sein müssen und ein hohes Maß an Korrelation sogar zu Verzerrungen der Parameterschätzungen führt (Multikollinearitätsproblem), ist eine Überprüfung der Diskriminanzvalidität, die oftmals als weiteres Gütekriterium zur Sicherstellung der Modellvalidität angeführt wird, bei formativen Modellen nicht möglich (Fornell, Larcker, 1981, S. 46; Hulland, 1999, S. 199; Götz, Liehr-Gobbers, 2004, S. 730). Die Diskriminanzvalidität kann somit nicht anhand eines einzelnen Gütekriteriums, wie z. B. der durchschnittlich erfassten Varianz (DEV) ermittelt werden. Allenfalls die Korrelationsmatrix gibt auf Konstruktebene Aufschluss über eine hinreichende Diskriminanz zwischen den latenten Variablen. Fritz empfiehlt als Grenzwert Korrelationen < 0,9, die in der vorliegenden Untersuchung durchweg erfüllt werden (Fritz, 1995, S. 136; Huber et al., 2007, S. 38) (vgl. Tabelle 2).
43
Infolgedessen werden auch der psa - Index sowie der csv - Index nahezu durchweg erfüllt (vgl. Tabelle 3). 44 Beim Bootstrapping werden aus der Gesamtstichprobe durch „Ziehen mit Zurücklegen“ nTeilstichproben gebildet und jeweils die Modellparameter geschätzt. Anschließend lässt sich auf Basis der Mittelwerte und Standardabweichungen eine t-Statistik erstellen. Vgl. Chin (1998), S. 320. Um möglichst stabile und verlässliche t-Werte zu erhalten, wurde mit 3.000 bewusst ein sehr hohes n gewählt. 45 Eine Effektstärke von 0,02 zeugt von einem schwachen Einfluss, wohingegen 0,15 auf einen moderaten und von 0,35 für einen substanziellen Einfluss der exogenen auf die endogene Variable hindeutet. Vgl. Krafft et al. (2005), S. 84.
175
Wissenschaftliche Beiträge
Tabelleȱ2:ȱȱ
Korrelationstabelle
ȱ
BKom
Markt
Prozess
Produkt
Interne
Kosten
Leistung LogErfolg
BKom
1,000
Markt
0,833
1,000
Prozess
0,830
0,604
1,000
Produkt
0,657
0,483
0,509
1,000
Interne
0,764
0,474
0,558
0,272
1,000
Kosten
-0,140
-0,100
-0,058
0,055
-0,173
1,000
Leistung
-0,331
-0,300
-0,221
-0,128
-0,241
0,453
1,000
LogErfolg
-0,276
-0,235
-0,164
-0,043
-0,243
0,852
0,852
3.4
1,000
Ergebnisse und Diskussion
Eine Betrachtung der ermittelten Schätzergebnisse im exogenen Messmodell zeigt, dass die Beschaffungskomplexität vor allem durch die Beschaffungsmarkt- (Pfadkoeffizient: 0,378) sowie die interne Komplexität (Pfadkoeffizient: 0,386) verursacht wird (vgl. Abbildung 11). Beide Pfadkoeffizienten sind dazu hoch signifikant. Aber auch die Beschaffungsprozess- sowie die Produktkomplexität tragen deutlich und ebenfalls signifikant zur Komplexität in der Beschaffung bei (Pfadkoeffizienten 0,278 bzw. 0,234).
176
Der Einfluss der Beschaffungskomplexität auf den Logistikerfolg
Abbildungȱ11:ȱȱ I
LiAnz
0,381***
I BMaKon
0,031
II
0,268**
UntLi
III HfkLiW
0,209** 0,372**
III DynBMa -0,011 IV TranDe IV
ErgebnisȱderȱParameterschätzungȱ
f2 = 0,028
0,340***
BestK
ULiZQ
0,378***
I AnzBArt
0,361**
II
0,213**
StanGr
II HetBest II
HetSch
III
HfkPa
III BSchwa
I ... Varietät II ... Heterogenität III ... Variabilität IV ... Unsicherheit
Beschaffungsmarktkomplexität
0,159* 0,124*
Beschaffungsprozesskomplexität
0,127*
f2 = 0,020
0,505***
0,288***
VarAnz
0,176
I
PBesch
0,301**
II HetBArt
0,345**
III AendhP
0,311**
KapAus 0,548***
PersK 0,308*
0,587***
0,012
Logistikerfolg
0,457*** -0,331***
R2 = 0,979
R2 = 1,000 0, 587***
0,234***
Leistungsbasierter Logistikerfolg
Produktkomplexität
0,475*** -0,106
0,399**
R2 = 0,206 0,278***
Beschaffungskomplexität
I
IV AendMg
HandK
Kostenbasierter Logistikerfolg
IV PrognU
II SoPZuS
TransK
0,294* -0,017
R2 = 0,110
f2 = 0,103
0,339**
IV UVerMZ 0,386***
I AnHierE I
FertT
II
Durchg
II
VielIT
0,497*** 0,694***
II HetBeZ
0,305** 0,119
IV TraDef
LiQ
0,272*
0,264**
LiZ
0,168*
LiFlex
0,305**
InfFae
0,055 -0,047
III
DynZV
0,327**
LiZuv
-0,103
Interne Komplexität f2 = 0,030
*** signifikant auf dem 1%-Niveau; ** signifikant auf dem 5%-Niveau; * signifikant auf dem 10%-Niveau
Auf der Ebene der Beschaffungsmarktkomplexität wirken vor allem die LieferantenȬ anzahlȱ (LiAnz, Gewicht: 0,381), die Dynamikȱ desȱ Beschaffungsmarktesȱ (DynBMa, Gewicht: 0,372) sowie die Unsicherheitȱ bezüglichȱ Lieferzeitȱ undȱ Ȭqualität (ULiZQ, Gewicht: 0,340)ȱ komplexitätstreibend. Auch die Unterschiedlichkeitȱ derȱ Lieferantenȱ (UntLi, Gewicht: 0,268) und die Häufigkeit, mit der diese gewechselt werden (HfkLiW, Gewicht: 0,209), besitzen einen großen Einfluss auf die Komplexität. Bezüglich der ProzesskomȬ plexität stellt vor allem die Heterogenitätȱ derȱ Schnittstellen (HetSch, Gewicht: 0,505)ȱ einen bedeutenden Komplexitätstreiber dar. Die Ergebnisse früherer Studien, in denen die Relevanz der Indikatoren AnzahlȱanȱBeschaffungsartikelnȱ(AnzBArt, Gewicht: 0,361), Prognoseunsicherheit (PrognU, Gewicht: 0,288)ȱ sowie Standardisierungsgradȱ (StandGr, Gewicht: 0,213) nachgewiesen wurde, können ebenfalls bestätigt werden (Milgate, 2001, S. 112; Größler et al., 2002, S. 263; Chen, Paulraj, 2004, S. 123). Der größte Treiber der Produktkomplexitätȱ ist die Änderungshäufigkeitȱ desȱ Produktprogramms (AendhP,
177
Wissenschaftliche Beiträge
Gewicht: 0,475) (Größler et al., 2002, S. 280; Blum, 2006, S. 58ff.). Das AngebotȱanȱSonderȬ produktenȱundȱZusatzservices (SoZuS, Gewicht: 0,311), mit deren Hilfe den Kunden eine zusätzliche Möglichkeit zur Individualisierung geboten wird,ȱ stellt jedoch ebenso einen bedeutsamen Treiber der Produktkomplexität dar. Aber auch die generelle Breite des Produktsortimentes wirkt stark komplexitätstreibend: Mit einem Gewicht von 0,176 bildet die Variantenanzahlȱ(VarAnz)ȱebenfalls eine signifikante Einflussgröße der Produktkomplexität.ȱDiese wird darüber hinaus signifikant von der UnsicherheitȱbezügȬ lichȱderȱVerkaufsmengeȱbzw.ȱdesȱȬzeitpunktes (UVerMZ, Gewicht: 0,339) sowie der HeteroȬ genitätȱderȱBeschaffungsartikel (HetBArt, Gewicht: 0,345) bestimmt. Den größten Einfluss auf die Beschaffungskomplexität nimmt der Indikator HeteroȬ genitätȱ derȱ Bereichszieleȱ (HetBeZ, Gewicht: 0,694) aus dem Bereich der internenȱ KomȬ plexität. Dies ist vermutlich dadurch zu erklären, dass dieser unmittelbar den Gedanken der Ganzheitlichkeit und Flussorientierung widerspiegelt. Das Fehlen dieser holistischen Abstimmung innerhalb des Unternehmens führt somit zwangsläufig zu einem Anstieg der Komplexität. Weitere bedeutsame Indikatoren sind die Vielfaltȱ derȱ eingeȬ setztenȱITȬSysteme (VielIT, Gewicht: 0,497)ȱsowie die DynamikȱderȱZielvorgabenȱ(DynZV, Gewicht: 0,305). Die Gütebeurteilung der Messmodelle kann der folgenden Tabelle entnommen werden.
Tabelleȱ3:ȱȱ
GütebeurteilungȱderȱMessmodelle
ȱ
VIF
psa Index
csv Index
Beschaffungsmarktkomplexität Lieferantenanzahl LiAnz 2,362 1% Beschaffungsmarktkonzentration BMaKon 0,398 n. s. Unterschiedlichkeit der Lieferanten UntLi 2,123 5% Häufigkeit des Lieferantenwechsels HfkLiW 2,018 5% Dynamik des Beschaffungsmarktes DynBMa 2,257 5% Transparenzdefizit TranDe 0,130 n. s. Unsicherheit bzgl. Lieferzeit/-qualität ULiZQ 3,192 1%
1,337 1,050 1,200 1,181 1,524 1,435 1,209
0,77 0,93 0,85 0,67 0,97 0,97 0,63
0,59 0,89 0,70 0,60 0,94 0,94 0,54
Beschaffungsprozesskomplexität Anzahl zu beschaffender Artikel AnzBArt 2,290 5% Standardisierungsgrad StanGr 1,675 5% Heterogenität der Bestellungen HetBest 1,457 10% Heterogenität der Schnittstellen HetSch 4,323 1% Häufigkeit von Prozessanpassungen HfkPA 1,369 10% Bedarfsschwankungen BSchwa 1,346 10% Prognoseunsicherheit PrognU 2,424 1%
1,267 1,155 1,316 1,083 1,196 1,206 1,170
0,61 0,85 0,72 0,60 0,85 0,68 0,71
0,37 0,72 0,53 0,31 0,72 0,40 0,52
Indikator
178
t-Wert
Signifikanz
Der Einfluss der Beschaffungskomplexität auf den Logistikerfolg
Indikator
t-Wert
Produktkomplexität Variantenanzahl VarAnz 1,194 Produktbeschaffenheit PBesch 1,729 Heterogenität der Beschaffungsartikel HetBArt 2,184 Sonderprodukte & Zusatzservices SoPZuS 1,769 Änderungshäufigkeit der Produkte/ AendhP 2,408 des Produktprogrammes Änderungsmöglichkeit der Kunden AendMg 0,945 Unsicherheit bzgl. Verkaufsmenge/ UVerMZ 1,817 -zeitpunkt Anzahl Hierarchieebenen Fertigungstiefe Mangelnde Ganzheitlichkeit/Durchgängigkeit Vielfalt eingesetzter IT-Systeme Heterogenität der Bereichsziele Dynamik von Zielvorgaben Transparenzdefizit
Interne Komplexität AnHierE 0,893 FertT 0,494
Signifikanz
VIF
psa Index
csv Index
n. s. 5% 5% 5%
1,770 1,460 1,404 1,321
0,73 0,96 0,61 0,63
0,54 0,92 0,37 0,34
1%
1,511
0,86
0,80
n. s.
1,054
0,61
0,38
5%
1,185
0,73
0,50
n. s. n. s.
1,427 1,019
0,92 0,72
0,85 0,53
Durchg
0,417
n. s.
1,504
0,90
0,80
VielIT HetBeZ DynZV TraDef
3,582 4,876 2,206 1,168
1% 1% 5% n. s.
1,009 1,458 1,258 1,054
0,70 0,96 0,90 0,79
0,44 0,92 0,85 0,61
Bestandskosten Transportkosten Personalkosten Kapazitätsauslastung Handlingkosten
Kostenbasierter Logistikerfolg BestK 1,597 10% TransK 0,132 n. s. PersK 1,716 5% KapAus 2,718 1% HandK 1,936 5%
1,167 1,342 1,359 1,089 1,199
1,00 1,00 1,00 0,66 1,00
1,00 1,00 1,00 0,48 1,00
Lieferzuverlässigkeit Lieferqualität Lieferzeit Lieferflexibilität Informationsfähigkeit
Leistungsbasierter Logistikerfolg LiZuv 1,923 5% LiQ 1,495 10% LiZ 1,694 5% LiFlex 1,289 10% InfFae 1,769 5%
2,778 2,132 2,710 2,146 1,631
1,00 1,00 1,00 0,99 1,00
1,00 1,00 1,00 0,98 1,00
Wie Tabelle 3 verdeutlicht, besteht innerhalb des vorliegenden Datensatzes kein Multikollinearitätsproblem (vgl. VIF-Werte). Ebenso existieren bei dem psa- bzw. csv-Index keine kritischen Werte, die auf Güteprobleme im Modell hindeuten.46 Des Weiteren ist 46
Vereinzelte Werte < 0,7 sind insofern als unkritisch einzustufen, da diese größtenteils auf einen bestehenden Interpretationsspielraum hinsichtlich des definitorischen Rahmens sowie der semantischen Bedeutung der einzelner Indikatoren zurückzuführen sind. Dies wurde intensiv mit den Experten im Rahmen des Pretests diskutiert und als unbedenklich eingestuft. Beispielsweise ließe sich ebenso argumentieren, dass der Indikator Unsicherheitȱbzgl.ȱLieferzeitȱ
179
Wissenschaftliche Beiträge
erkennbar, dass ein Großteil der Indikatoren auf einem hohen bis sehr hohen Niveau signifikant ist.47 Nachdem bisher die Beantwortung der ersten Forschungsfrage im Mittelpunkt der Betrachtung stand, richtet sich der Fokus nunmehr auf die strukturellen Zusammenhänge und somit auf die Forschungsfragen zwei und drei. Wie Abbildung 11 des Weiteren zu entnehmen ist, kann die Hypothese H1, nach der eine negative Beeinflussung des kostenbasierten Logistikerfolges erwartet wurde, zunächst nicht bestätigt werden. Vielmehr lässt sich sogar ein leicht positiver Zusammenhang feststellen (+0,012), der jedoch nicht signifikant ist und keinesfalls überbewertet werden darf, wie die folgenden Ausführungen zeigen werden. Mit einem Wert von -0,331 ist ein starker negativer Zusammenhang zwischen der vorherrschenden Komplexität und der Erreichung der leistungsbezogenen Logistikziele feststellbar. Der vermutete negative Zusammenhang zwischen der Beschaffungskomplexität und dem leistungsbasierten Logistikerfolg (Hypothese H2) kann somit mit einer Irrtumswahrscheinlichkeit von 1% bestätigt werden. Die Hypothese H3, wonach es sich bei der Logistikleistung und den Logistikkosten um konfliktäre Zielstellungen handelt und eine Maximierung der einen Zielgröße zu einer Verringerung der anderen führt, kann nicht bestätigt werden. Die Analyse dieser Abhängigkeitsbeziehung ergibt einen positiven direkten Zusammenhang (Pfadkoeffizient: +0,457). Der positive Zusammenhang ist womöglich darauf zurückzuführen, dass eine Erhöhung der logistischen Leistung zwar kurzfristig nur durch zusätzliche finanzielle Mittel sowie einem Anstieg der logistischen Kosten möglich ist. Langfristig gleichen sich diese Mehraufwendungen jedoch womöglich aus und werden durch sich ergebende Einsparungen überkompensiert. Beispielsweise führen Investitionen in ein Qualitätsmanagement kurzfristig zu Mehrausgaben für Prüfmittel bzw. die Durchführung der Qualitätskontrolle. Langfristig erhöhen aber konstante
bzw.ȱȬqualitätȱder Beschaffungsprozesskomplexität zuzuordnen ist. Wie im Rahmen der Konzeptualisierung jedoch dargelegt, werden von den Autoren sämtliche Aspekte, die unternehmensextern begründet sind, der Beschaffungsmarktkomplexität zugeordnet. Da Unsicherheiten bzgl. der Lieferzeit bzw. -qualität vom Lieferanten ausgehen und dieser Bestandteil des externen (Markt-) Umfeldes eines Unternehmens ist, wurde sich deshalb bewusst für die gewählte Zuordnung entschieden. 47 Nicht signifikante Indikatoren weisen jedoch nicht zwingend auf eine falsche oder schlechte Modellkonzeption hin, sondern sind in empirischen Untersuchungen üblich. Gleichzeitig weisen einige Indikatoren negative Gewichte auf. Dies ist ebenfalls nicht als Zeichen einer mangelnden Modellgüte zu werten, sondern ist entweder auf Multikollinearität zurückzuführen oder verdeutlicht, dass die Indikatoren ins logische Gegenteil uminterpretiert werden müssen. Vgl. Henseler (2005), S. 74. Die betroffenen Parameterwerte sind aber ohnehin nicht signifikant, sodass eine Neuinterpretation nicht zweckmäßig erscheint. Denkbar wäre in diesem Fall eine Eliminierung dieser Parameter. Da die Indikatoren jedoch auf theoretischen Überlegungen basieren, jeder einzelne Indikator für die Erfassung des formativen Konstrukts notwendig ist und eine nachträgliche Modellanpassung wie bereits erwähnt aus forschungsethischen Gründen strikt abzulehnen ist, wird auf eine nachträgliche Eliminierung bewusst verzichtet.
180
Der Einfluss der Beschaffungskomplexität auf den Logistikerfolg
und fehlerfreie Prozessabläufe die Planungssicherheit, wodurch die Notwendigkeit kostenintensiver Prozesseingriffe oder -unterbrechungen vermindert wird. Abweichungen der Merkmalsausprägungen oder Qualitätsmängel bei der Leistungserstellung können neben den negativen Konsequenzen hinsichtlich der Kundenzufriedenheit erhebliche Kosten für Nachlieferungen von Fehlmengen, Ausschuss oder Nacharbeiten mit sich bringen. Durch eine hohe Lieferqualität werden beispielsweise kostenintensive Nachlieferungen von beschädigten oder zu wenig gelieferten Waren vermieden (Germain et al., 2008, S. 562). Gleichzeitig entfallen Aufwendungen für Vertragsstrafen, Regressansprüche oder Preisminderungen aus Kulanzgründen. Parallel dazu wirken sich jedoch lange Durchlaufzeiten auf die Bestands- sowie die Kapitalbindungskosten aus (Arndt, 2008, S. 129). Zusätzlich führen sie zu einer verminderten Kapazitätsauslastung, da nachgelagerte Prozessschritte auf die Fertigstellung eines vorangehenden Bearbeitungsschrittes warten müssen und es somit zu Maschinenstillständen kommen kann. Somit besteht neben dem negativen Zusammenhang zwischen der Logistikleistung und den Logistikkosten ebenso eine positive Abhängigkeit, wie sie in der durchgeführten Untersuchung festgestellt wurde. Tabelle 4 fasst die entsprechenden Parameterwerte zu den direkten Effekten aus Abbildung 11 überblicksartig zusammen.
Tabelleȱ4:ȱȱ
ÜbersichtȱderȱermitteltenȱEinzeleffekteȱ
Hypothese48
Vermuteter Zusammenhang
Ermittelter Zusammenhang
t- Wert
Signifikanz
Bestätigung Hypothese
H1 (BKom - K)
negativ
+0,012
0,126
n. s. (vollkommen mediiert)
nein49
negativ
-0,331
4,022
1%-Niveau
ja
negativ
+0,457
6,105
1%-Niveau
nein
H2 (BKom - L) H3 (L - K)
Der Einfluss des Mediators Logistikleistung kann zudem durch den Sobel-Test bestätigt werden.50 Demnach ist die durch die Logistikleistung mediierte Beziehung zwischen der Beschaffungskomplexität und dem kostenbasierten Logistikerfolg auf dem 1%-Niveau signifikant (z-Wert: 3,279). Aus den direkten und indirekten Einflüssen können abschließend die Gesamteffekte ermittelt werden. Diese ergeben sich als 48
Die Abkürzung BKom steht für Beschaffungskomplexität, K für kostenbasierter Logistikerfolg und L für leistungsbasierter Logistikerfolg. 49 Vgl. hierzu jedoch die folgenden Ausführungen zu den indirekten Effekten, durch die die Hypothese H1 zumindest indirekt bestätigt werden kann. 50 Vgl. zu Anwendungsempfehlungen sowie zum Sobel-Test z. B. Albers et al. (2007), S. 255; Urban, Mayerl (2008), S. 306f.
181
Wissenschaftliche Beiträge
Summe des direkten Pfadkoeffizienten und der multiplikativ verknüpften indirekten Pfadbewertungen und sind in Abbildung 12 dargestellt.
Abbildungȱ12:ȱȱ
ÜbersichtȱderȱermitteltenȱGesamteffekteȱ Beschaffungskomplexität
Beschaffungskomplexität Markt Prozess Produkt Interne Kosten Leistung
0,380*** 0,278*** 0,234*** 0,367***
Kosten -0,140 -0,053 -0,039 -0,033 -0,051 0,457***
Leistung -0,331*** -0,125*** -0,092*** -0,077*** -0,122***
Logistikerfolg -0,276*** -0,105** -0,077** -0,065*** -0,101** 0,587*** 0,855***
*** signifikant auf dem 1% - Niveau; ** signifikant auf dem 5% - Niveau
Insgesamt ist ein deutlicher Zusammenhang zwischen der Beschaffungskomplexität und dem Logistikerfolg feststellbar. Der Gesamteffekt von -0,276 entspricht hinsichtlich des vermuteten Vorzeichens sowie der Höhe des Pfadkoeffizienten den Anforderungen aus Tabelle 1 und ist hoch signifikant. Zudem zeigt sich, dass der zunächst leicht positive Einfluss auf den kostenbasierten Logistikerfolg durch die indirekte Beeinflussung über die leistungsbezogenen Logistikziele ebenfalls in einer negativen Abhängigkeit mündet. Somit kann die a priori aufgestellte Vermutung einer konträren Abhängigkeitsbeziehung durch eine ganzheitliche Betrachtung sämtlicher direkter und indirekter Beziehungen letztendlich doch bestätigt werden. Dennoch zeigt sich, dass sich die Komplexität weitaus gravierender auf die Logistikleistung und nur indirekt auf die Logistikkosten auswirkt. Diese werden dabei nicht nur deutlich schwächer von der Beschaffungskomplexität beeinflusst, sondern üben auch einen im Vergleich zu den leistungsbezogenen Größen geringeren Einfluss auf den gesamten Logistikerfolg aus. Dies bestätigt die Ergebnisse früherer Studien zum Logistikerfolg, in denen bereits mehrfach gezeigt wurde, dass dieser hauptsächlich von Leistungs- und nur untergeordnet von Kostenfaktoren abhängt (Dehler, 2001; Engelbrecht, 2004). Auch in aktuellen Untersuchungen zu den Trends und Zielen in der Logistik wird auf die dominierende Rolle der leistungsbezogenen Erfolgsfaktoren der Logistik hingewiesen. Straube und Pfohl stellen beispielsweise fest, dass die Beherrschung der Logistikkosten eine durchaus relevante Zielstellung innerhalb der Logistik darstellt, die jedoch als „[...] notwendiger Faktor [...]“ (Straube, Pfohl, 2008, S. 16) vor allem das Bestehen im Wettbewerb sicherstellen soll. Dem gegenüber bilden nach Auffassung der Autoren ein zuverlässiges und reaktionsfähiges Logistiksystem die Kernziele einer strategischen Unternehmensausrichtung(Straube, Pfohl, 2008, S. 16ff.). Diese Ansicht wird ebenfalls von anderen Wissenschaftlern geteilt (Weber et al., 2008, S. 13).
182
Der Einfluss der Beschaffungskomplexität auf den Logistikerfolg
Die Gütebeurteilung im Strukturmodell zeigt, dass die Parameter die erwarteten Vorzeichen besitzen und die Parameter- sowie die t-Werte den Anforderungen entsprechen.51 Auch die Bestimmtheitsmaße und Effektstärken deuten auf eine zufriedenstellende Modellgüte hin.52 Um die Verlässlichkeit der ermittelten strukturellen Abhängigkeiten noch weiter zu bekräftigen und deren Stabilität und Konsistenz zu überprüfen, wurden im Anschluss an die Parameterschätzung jeweils zehn Mal zufällig 10%, 30% sowie 50% der vorhandenen Datensätze entfernt und das Modell erneut geschätzt. Starke Abweichungen der Parameterwerte würden auf inkonsistente Daten, eine mangelnde Eignung des Datenanalyseverfahrens oder zu hinterfragende theoretische Vorüberlegungen hindeuten (Homburg, Klarmann, 2006, S. 737). Da die Ergebnisse somit von der jeweiligen Datenbasis abhängen würden, könnten diese nicht verallgemeinert werden und das Modell wäre zu verwerfen. Nach der erneuten Schätzung der Parameter jeweils für das Subsample mit 90%, 70% bzw. 50% der ursprünglichen Daten wurde mithilfe eines t-Tests untersucht, ob signifikante Unterschiede zu den ursprünglich ermittelten Parametern bestehen. Dieses Vorgehen wurde für jedes der insgesamt 30 zufällig gebildeten Subsamples durchgeführt. Abbildung 13 beinhaltet jedoch lediglich die jeweils maximalen t-Werte. Wie Abbildung 13 verdeutlicht, können keine signifikanten Unterschiede zwischen den Parametern der zufällig gebildeten Subsamples und den originären Ergebnissen festgestellt werden. Dieser umfangreiche Stabilitätstest lässt vor dem Hintergrund der zahlreichen anderen erfüllten Gütekriterien den Schluss zu, dass die in diesem Beitrag vorgestellten Ergebnisse signifikant, konsistent und verallgemeinerbar sind.
51
Die Ausnahme bildet lediglich der Pfad zwischen der Beschaffungskomplexität und dem kostenbasierten Logistikerfolg. Dies ist jedoch nicht verwunderlich, da diese Beziehung vollkommen mediiert ist. Insofern entsprechen die Ergebnisse den Erwartungen und Gesetzmäßigkeiten im Falle mediierter Abhängigkeiten. 52 Bis auf das Bestimmtheitsmaß des leistungsbasierten Logistikerfolges wurden sämtliche Gütekriterien erfüllt. Eine mögliche Erklärung für das mittelmäßige R2 von 0,11 ist die Vieldeutigkeit und Mehrdimensionalität des Konstruktes. In der Literatur herrscht kein einheitliches Begriffsverständnis, wodurch die Messung erschwert wird. Zugunsten einer geringeren Modellkomplexität wurde jedoch bewusst auf eine zusätzliche mehrdimensionale Konzeptualisierung verzichtet. Der ermittelte Wert ist somit als akzeptabel zu bezeichnen und entspricht dem Niveau anderer Studien. Vgl. Milgate (2001), S. 115; Vachon, Klassen (2002), S. 225.
183
Wissenschaftliche Beiträge
Abbildungȱ13:ȱȱ ȱ
ErgebnisseȱdesȱStabilitätstestsȱzurȱÜberprüfungȱderȱKonsistenzȱderȱȱ Parameterschätzungenȱ Beschaffungskomplexität t-Wert*
Beschaffungskomplexität Markt Prozess Produkt Interne Kosten Leistung
0,675 0,673 0,876 0,926
Signifikanz
Kosten
Leistung
t-Wert*
Signifikanz
t-Wert*
Signifikanz
1,026
n. s.
1,036
n. s.
0,548
n. s.
Logistikerfolg t-Wert*
Signifikanz
0,624 0,624
n. s. n. s.
n. s. n. s. n. s. n. s.
* Maximaler t-Wert der 30 zufällig gebildeten Subsamples mit 90%, 70% bzw. 50% der Originaldatensätze n. s. - nicht signifikant
Der zu Beginn der wissenschaftlichen Auseinandersetzung mit der Komplexitätsproblematik zu beobachtende starke Fokus auf die Variantenvielfalt sowie die möglichst komplexitätsarme Produktgestaltung ist sukzessive auf die Prozesse sowie die unternehmensübergreifenden Beziehungen ausgeweitet worden (Lasch, Gießmann, 2009, S. 101). Dennoch richten 87,6% der befragten Unternehmen ihre Komplexitätsbemühungen auf das Produkt i.w.S. aus. Wie die kausalanalytische Untersuchung gezeigt hat, wird die Beschaffungskomplexität jedoch vor allem von der vom Markt ausgehenden sowie der internen Komplexität verursacht, auf die sich die Unternehmen folglich verstärkt konzentrieren sollten. Die Tatsache, dass die interne Komplexität ein größeres Gewicht besitzt als die Produktkomplexität, bestätigt damit die von Bliss auf theoretischen Überlegungen basierende Empfehlung, sich zuerst der internen Komplexität zuzuwenden und erst im Anschluss daran, z. B. durch die Eliminierung von Produktvarianten, eine Reduktion der nach außen gerichteten Komplexität vorzunehmen (Bliss, 2000, S. 197ff.). Den einflussreichsten Komplexitätstreiber stellt die Heterogenität von Bereichszielen dar (Gesamteinfluss auf den Logistikerfolg: -0,070). Pfohl (2004a, S. 31) weist auf die Verbindung und notwendige Koexistenz der operativen, strategischen und normativen Handlungsebene hin. Gleichzeitig beschreibt Wildemann (2005, S. 281), dass in der Praxis oftmals Defizite bei der Bildung aufeinander abgestimmter Logistikziele bestehen. Die Unternehmensleitung sollte versuchen, Zielkonflikte zu vermeiden und die Bereichsziele auf Basis der übergeordneten Unternehmensziele auf strategischer sowie der Logistikkonzeption auf normativer Ebene entwickeln (Top-Down-Ansatz).53 Den53
184
Da speziell bei kleinen und mittelständischen Unternehmen oftmals kein detailliertes Zielsystem auf Unternehmensebene vorliegt, kann die Ableitung von Bereichszielen auch in umgekehrter Richtung (Bottom-Up) erfolgen. Vgl. Large (2009), S. 57.
Der Einfluss der Beschaffungskomplexität auf den Logistikerfolg
noch sind Zielkonflikte oft nicht zu vermeiden, da sich Ziele, wie „geringe Kosten“ und „hoher Service“ widersprechen und nur schwer parallel zu erreichen sind. An dieser Stelle muss die Unternehmensleitung eine Zielgewichtung vornehmen und Prioritäten festlegen (Arndt, 2008, S. 115f.; Large, 2009, S. 45). Die Grundvoraussetzung für ein ganzheitliches, harmonisiertes Zielsystem und damit einhergehend die Umsetzung der Logistikkonzeption bildet die Institutionalisierung der Logistik. Erst durch eine organisatorische Zusammenfassung der logistischen Aufgaben, Kompetenzen und Ressourcen wird die zentrale Koordination der logistischen Abläufe und Entscheidungen ermöglicht. Gleichzeitig können Informationsasymmetrien zwischen den Abteilungen und Entscheidungsträgern abgebaut sowie Wechselwirkungen und Zielkonflikte vermieden werden (Wildemann, 2005, S. 415). Des Weiteren sollte bei der Auswahl der eingesetzten IT-Systeme auf standardisierte Schnittstellen und vorhandene Exportfunktionen geachtet werden, da ansonsten Transformationen notwendig sind oder die Daten manuell weiterverarbeitet werden müssen (Appelfeller, Buchholz, 2005, S. 154). Um die Verlässlichkeit von Lieferungen zu erhöhen, ist ein enges und partnerschaftliches Verhältnis zum Lieferanten notwendig. Gleichzeitig sollte dieser dazu aufgefordert und angehalten werden, Lieferverzögerungen rechtzeitig zu kommunizieren, damit kurzfristig auf Ersatzlieferanten zurückgegriffen oder die Bearbeitungsreihenfolge von Aufträgen verändert werden kann. Bei kritischen Beschaffungsobjekten und denjenigen, bei denen häufig Lieferverzögerungen oder Qualitätsmängel auftreten, sollten die Unternehmen zusätzlich die Möglichkeit einer dualen Beschaffungsstrategie prüfen. Hierbei werden die Beschaffungsartikel vorrangig von einem Hauptlieferanten bezogen, zu dem parallel ein zweiter Lieferant existiert, auf dem im Notfall zurückgegriffen werden kann (Large, 2009, S. 137). Bestehen bei bestimmten Beschaffungsobjekten lieferantenunabhängig Lieferschwierigkeiten oder Qualitätsprobleme, sollte auf Substitute zurückgegriffen oder eine eventuelle Eigenfertigung des Beschaffungsobjektes ins Auge gefasst werden. Des Weiteren kann durch eine Ersetzung individueller und spezieller Beschaffungsobjekte durch Standard- und Normteile, die leichter am Markt zu beschaffen sind, das Versorgungsrisiko und damit die Unsicherheit bezüglich der Lieferzeit und -qualität verringert werden.
4
Zusammenfassung und Ausblick
Wie die durchgeführte deutschlandweite Studie zum Thema „KomplexitätȱundȱKompleȬ xitätsmanagementȱ inȱ derȱ Unternehmenspraxis“ gezeigt hat, nehmen die in der Literatur einschlägig bekannten Komplexitätstreiber immer stärker und dabei gleichzeitig in kürzeren Zyklen zu (vgl. Abbildung 1). Dadurch ergibt sich ein anwachsendes Komplexitätsproblem, dessen sich der Großteil der Unternehmen bereits bewusst ist. Da diese Komplexitätszunahme immer stärker als Problem wahrgenommen und erkannt wird, haben bereits zahlreiche Unternehmen Gegenmaßnahmen ergriffen und ein
185
Wissenschaftliche Beiträge
Komplexitätsmanagement implementiert (vgl. Abbildung 2). Allerdings besteht bei den Unternehmen eine deutliche Diskrepanz zwischen den Anforderungen, die an ein erfolgreiches Komplexitätsmanagement gestellt werden und deren Erfüllung in der Praxis. Insbesondere mangelt es den Unternehmen am Wissen über die Abhängigkeiten und Ursache-Wirkungs-Beziehungen zwischen der Komplexität auf der einen und dem Logistikerfolg auf der anderen Seite (vgl. Abbildung 3). Aus diesem Grund wurde in diesem Beitrag der Einfluss der Beschaffungskomplexität als wesentlicher Bestandteil der gesamten Unternehmenskomplexität auf den Logistikerfolg untersucht. Zur Beantwortung der ersten Forschungsfrage zur Zusammensetzung der Beschaffungskomplexität kann unmittelbar auf die Ergebnisse der kausalanalytischen Untersuchung zurückgegriffen werden (vgl. Abbildung 11). Mit deren Hilfe konnte gezeigt werden, dass die Beschaffungskomplexität vor allem von den Gegebenheiten und der Komplexität auf dem Beschaffungsmarkt sowie der selbst zu verantwortenden internen Komplexität eines Unternehmens abhängt. Doch auch die Eigenschaften und Besonderheiten der Prozesse (Beschaffungsprozesskomplexität) sowie die von der Produktbeschaffenheit bzw. der Gestaltung des Produktprogramms im weiteren Sinne herbeigeführte Komplexität (Produktkomplexität) tragen signifikant zu einem Anstieg der Beschaffungskomplexität bei. Des Weiteren kann die Forschungsfrage 2 mit Ja beantwortet werden: Zwischen der Beschaffungskomplexität und dem Logistikerfolg ist ein negativer Zusammenhang feststellbar. Eine zunehmende Beschaffungskomplexität wirkt sich dabei vor allem negativ auf die Erreichung der leistungsbezogenen Logistikziele aus. Ein direkter Einfluss auf die Logistikkosten kann dabei nicht unmittelbar nachgewiesen werden. Eine weiterführende Analyse zeigte jedoch, dass durch den indirekten Einfluss der Logistikleistung auf die Logistikkosten insgesamt dennoch ein negativer Zusammenhang zwischen der vorherrschenden Beschaffungskomplexität und dem kostenbasierten Logistikerfolg besteht. Dieser ist jedoch deutlich schwächer als der Einfluss auf die Logistikleistung und zudem nur indirekter Natur (vgl. Abbildung 12). Die Forschungsfrage 3 ist wie folgt zu beantworten: Insgesamt wirken sich vor allem die interne Komplexität, die besonders durch voneinander abweichende Bereichsziele, eine Vielzahl unterschiedlicher IT-Systeme und häufig wechselnde Zielvorgaben entsteht, sowie die Beschaffungsmarktkomplexität negativ auf den Logistikerfolg aus. Letztgenannte wird vorrangig durch die Lieferantenanzahl, die Dynamik auf dem Beschaffungsmarkt sowie die bestehende Unsicherheit bezüglich der Lieferzeit bzw. -qualität verursacht. Die ermittelten Abhängigkeitsbeziehungen können den Unternehmen als Grundlage für zukünftige Managemententscheidungen dienen, um effizient und zielgerichtet die einflussreichen und entscheidenden Komplexitätstreiber zu beeinflussen und zukünftig möglichst komplexitätsarm zu gestalten. Diese wurden in diesem Beitrag sowohl auf der Markt-, Prozess- und Produkt- als auch der internen Organisationsebene identifiziert. Sowohl das entwickelte Messmodell der Beschaffungskomplexität als auch die ermittelten Abhängigkeitsbeziehungen bilden die Grundlage für weitere Forschungsaktivitäten.
186
Der Einfluss der Beschaffungskomplexität auf den Logistikerfolg
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Logistikmanagement als Management von Kontraktlogistikbeziehungen
Überlegungen zur Konvergenz von Logistikdienstleistungsbeschaffung und Logistikmanagement Prof.ȱDr.ȱRudolfȱO.ȱLargeȱ
Abstract Betrachtet man die Praxis der logistischen Leistungserstellung so können Anzeichen für eine zunehmende Fremdvergabe, vor allem von komplexen logistischen Dienstleistungen in Form der so genannten Kontraktlogistik, beobachtet werden. In dieser Abhandlung werden drei Thesen zu den Auswirkungen dieser Entwicklung aufgestellt. Durch die Fremdvergabe von komplexen und spezifischen Logistikleistungspaketen verändern sich die Aufgabeninhalte von Logistikern, da operative Aufgaben weitgehend entfallen und die Aufgaben der Planung und Steuerung einzelner Logistiktätigkeiten durch Aufgaben der Planung und Steuerung von Kontraktlogistikbeziehungen substituiert werden. Damit kann erwartet werden, dass sich ein neues Berufsbild des Logistikmanagers als Manager von Kontraktlogistikbeziehungen herausbildet. Alternativ dazu ist die Entstehung eines Berufsbilds „Strategischer Beschaffungsmanager für Logistikdienstleistungen“ im Bereich des Einkaufs denkbar. Ebenso dürften sich neue aufbauorganisatorische Strukturen in der Logistik herausbilden. Plausibel sind vergleichsweise kleine Logistikzentralbereiche mit geringer Gliederungstiefe, die die Aufgabe des Managements von Kontraktlogistikbeziehungen übernehmen. Letztlich münden diese Aussagen in der Vermutung einer Konvergenz von Logistikdienstleistungsbeschaffung und Logistikmanagement in Industrie- und Handelsunternehmen.
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Problemstellung
Die zunehmende Fremdvergabe von Sachgütern und Leistungen kann als generelle Entwicklung charakterisiert werden, die bereits seit vielen Jahren in Industrie und Handel zu beobachten ist (Large, 2009a, S. 2-3). Der Materialverbrauch (inklusive Energie) erreichte 2006 im Verarbeitenden Gewerbe einen Anteil von 44,8% am Bruttoproduktionswert (Statistisches Bundesamt, 2008, S. 375). Nimmt man Handelswaren,
Wissenschaftliche Beiträge
Lohnfertigung, sonstige industrielle und handwerkliche Dienstleistungen sowie Abschreibungen hinzu, so wird deutlich, dass über die Hälfte des Bruttoproduktionswertes durch am Markt bezogene Sachgüter und Dienstleistungen bestimmt wird (63,3%). In diesem Anteil sind die Kosten für Ausgangsfrachten noch nicht enthalten, da diese in der Bundesstatistik der Sammelkategorie „sonstige Kosten“ zugerechnet werden. Auch logistische Leistungen waren und sind Gegenstand der Fremdvergabe. Trotz vereinzelt kritischer Stimmen (z.B. Bretzke, 2004) ist heute das Outsourcing von logistischen Leistungen ein verbreitetes Phänomen. Industrie-, Handels- und Dienstleistungsunternehmen können in entwickelten Volkswirtschaften auf einen umfangreichen und differenzierten Markt für logistische Leistungen zurückgreifen. Einen wichtigen Einblick in den Stand und die jüngste Entwicklung der Fremdvergabe logistischer Leistungen ermöglichen die in den letzten Jahren regelmäßig durchgeführten „Top-100-Marktstudien“. Klaus und Kille (2008, S. 71) gehen für 2007 von einem Gesamtvolumen logistischer Leistungen in Deutschland von 204,2 Mrd. € aus. Davon war ein Volumen von 102,2 Mrd. € an Logistikdienstleister vergeben, woraus ein Fremdbezugsanteil von 50,0% resultiert. 2004 lag dieser Wert noch bei 47,1% (Klaus/Kille, 2006, S. 70) und 2002 bei 44,7% (Klaus, 2003, S. 61). Auch in den meisten Einzelmarktsegmenten zeigt sich ein hoher Fremdbezugsanteil (Abbildung 1). Während der Anteil des Werkverkehrs in klassischen Segmenten, wie z.B. dem Ladungsverkehr, bereits seit der Liberalisierung der europäischen Verkehrsmärkte in den 90er Jahren sehr stark gesunken ist, stellt die Fremdvergabe komplexer und spezifischer Logistikdienstleistungen ein eher neues Phänomen dar. Unter dem Begriff der Kontraktlogistik bzw. der im angelsächsischen Raum üblichen Bezeichnung „Third-Party-Logistics“ (3PL) können Logistikdienstleistungen verstanden werden, welche die logistischen Kernaktivitäten des Lagerns und Transportierens in ein komplexes und spezifisches Paket von Logistikleistungen und sonstigen Sach- und Dienstleistungen einbinden und Auftraggebern die prinzipielle Möglichkeit einer weitgehenden Fremdvergabe der Logistik eröffnen.
198
Logistikmanagement als Management von Kontraktlogistikbeziehungen
Abbildungȱ1:ȱ FremdvergabeȱvonȱlogistischenȱLeistungenȱ(DatenȱausȱKlaus/Kille,ȱ2008,ȱS.ȱ71)ȱ 60,0
55,0
Marktvolumen in Mrd€ davon fremdvergeben in Mrd€
50,0
40,0
30,0
26,0
20,0
16,0 11,0
10,0
6,1
23,5 13,8
9,5
8,8 1,00,9
6,0 3,6
6,55,9 2,9
11,0 10,5
9,1 0,60,4
5,6 3,4
7,1
11,5 10,4
12,8 11,5 8,27,8
0,0
Das Spektrum fremdbezogener Logistikdienstleistungen reicht dabei von klassischen Leistungen, wie z.B. der Auswahl von Transporteuren und der Abwicklung von Transportdienstleistungen bis zur selbständigen Auftragsabwicklung, der Abwicklung von Retouren, der Lohnfertigung und dem Entwurf und Betrieb von Informationsund Kommunikationssystemen (Lieb/Kendrick 2002, S. 4). Klaus und Kille (2008, S. 123, 128) schätzen die potentielle Marktgröße der beiden Teilmärkte der Kontraktlogistik – Konsumgüterdistribution und -kontraktlogistik sowie industrielle Kontraktlogistik – auf insgesamt 81,0 Mrd. € im Jahr 2007 ein, wovon ein Volumen von 22,9 Mrd. € extern durch Kontraktlogistikdienstleister erstellt wurde. Hierdurch ergibt sich für das Jahr 2007 ein Fremdbezugsanteil von 28,3%. Die vergleichbare Marktstudie aus dem Jahr 2002 ergab dagegen nur einen Anteil von 18,8% (Klaus, 2003, S. 112, 117) und 2004 lag der Anteil bei 23,3% (Klaus/Kille, 2006, S. 123, 128). Auf Basis dieser Zahlen erscheint die Vermutung eines stetigen Wachstums der Fremdvergabe spezifischer und komplexer Logistikdienstleistungspakete zumindest in den letzten Jahren gerechtfertigt. Die älteren „Top-100-Marktstudien“ aus den 90er Jahren können aufgrund von unterschiedlichen Erfassungsmethoden nicht zur Untermauerung dieser Aussage herangezogen werden. Durch die zunehmende Fremdvergabe nicht nur einzelner operativer Logistikleistungen, sondern auch umfassender Logistikleistungspakete, wie z.B. der gesamten Distributionslogistik oder der Ersatzteillogistik, entfallen in den beauftragenden Industrie-
199
Wissenschaftliche Beiträge
und Handelsunternehmen neben Logistikausführungsaufgaben im Transport und im Lager auch Aufgaben des Logistikmanagements. Ebenso werden neue Managementaufgaben im Zusammenhang mit der Vergabe dieser Leistungen und der Steuerung von Kontraktlogistikbeziehungen hinzukommen (Large, 2009b, S. 449), die bisher in Industrie- und Handelsunternehmen keine oder nur eine untergeordnete Rolle spielten. Welche Konsequenzen sind von dieser Entwicklung zu erwarten? Traditionell wird Logistikmanagement im Sinne eines Managements der logistischen Teilfunktionen und der Koordination und Integration dieser Teilfunktionen verstanden (Pfohl, 2004, S. 16). Es ist somit auf die Erfüllung der Logistikfunktion ausgerichtet. Durch die zunehmende Fremdvergabe logistischer Aufgaben muss diese Sichtweise revidiert oder zumindest ergänzt werden, weil die Leistungserfüllung zunehmend nicht mehr im direkten Einflussbereich der vergebenden Logistikmanager stattfindet. Entsprechend wird diese Entwicklung einen Einfluss auf die Tätigkeiten von Logistikmanagern haben. Ebenso wird eine zunehmende Fremdvergabe komplexer Leistungspakete nicht ohne Auswirkungen auf die Aufbauorganisation der betroffenen Unternehmen bleiben. Neben operativen Logistikstellen werden auch Leitungsstellen entfallen oder zumindest ihren Charakter verändern. Ebenso ist es plausibel, dass verkleinerte Logistikbereiche mit verändertem Aufgabenprofil auch neue Konfigurationsmuster herausbilden werden. Aus diesen ersten Überlegungen ergeben sich deshalb die folgenden Forschungsfragen:
Welche Veränderungen hinsichtlich logistischer Aufgabenstellungen bewirkt eine zunehmende Fremdvergabe von komplexen und spezifischen Logistikleistungspaketen und wie wird die allgemeine Wahrnehmung des Logistikmanagements hierdurch beeinflusst?
Welche Konsequenzen ergeben sich daraus für die Berufsbilder von Logistikmanagern und die entsprechenden Aus- und Weiterbildungsbedarfe?
Welche Auswirkungen haben diese Veränderungen auf die Logistikaufbauorganisation von Industrie- und Handelsunternehmen?
Kommt es durch diese Entwicklungen zu einer Konvergenz von Logistikleistungsbeschaffung und Logistikmanagement in Industrie- und Handelsunternehmen? Als Grundlage für die weiteren Forschungsanstrengungen wird im folgenden Abschnitt zunächst eine Literaturanalyse durchgeführt, die den relevanten Stand der Forschung zur Fremdvergabe komplexer logistischer Leistungspakete, zum Berufsbild von Logistikmanagern und zur Logistikaufbauorganisation darstellt. Im dritten Abschnitt dieser Abhandlung werden sodann zur vorläufigen Beantwortung der formulierten Forschungsfragen Thesen aufgestellt und mit Hilfe der Erkenntnisse aus der Literaturanalyse argumentativ untermauert. Diese Thesen dokumentieren somit das Ergebnis erster Überlegungen zum Forschungsgegenstand. Sie tragen deshalb den
200
Logistikmanagement als Management von Kontraktlogistikbeziehungen
Charakter von Zwischenergebnissen und werden im weiteren Forschungsprozess als Ausgangspunkt für die Formulierung empirisch überprüfbarer Hypothesen dienen.
2
Stand der Forschung
In diesem Kapitel wird der Stand der Forschung zu den angesprochenen Phänomenen aufgearbeitet. Gegenstand sind entsprechend die Fremdvergabe logistischer Leistungen, die Logistikaufbauorganisation und das Berufsbild von Logistikmanagern. Da, wie in der Problemstellung abgeleitet, insbesondere die Auswirkung der Fremdvergabe komplexer logistischer Leistungspakete von Interesse ist, werden auch relevante Aspekte der Forschung zur Kontraktlogistik dargestellt.
2.1
Fremdvergabe komplexer logistischer Leistungen
Wie in der Einführung gezeigt, stellt die Fremdvergabe logistischer Leistungen ein verbreitetes Phänomen dar. Die Motive für die Fremdvergabe logistischer Leistungen sind vielfältig. Als typische Argumente für eine Fremdvergabe werden die Vermeidung von Investitionen, niedrigere Lohnkosten aufgrund abweichender Tarifvereinbarungen, die Konzentration auf Kernkompetenzen, die Nutzung des spezifischen Wissens der Dienstleister und die Möglichkeit zur Leistungsverbesserung genannt (Kersten/Koch, 2007, S. 117-120; Wilding/Juriado, 2004, S. 629-630; Large, 2007, S. 300-301). Gegen eine Fremdvergabe sprechen vor allem der Verlust von eigenen Logistikfähigkeiten, die mögliche Abhängigkeit von einem Logistikdienstleister, nur indirekte Kontrollmöglichkeiten und damit das Risiko der Schlechtleistung (Kersten/Koch, 2007, S. 120-121; Bretzke, 2004, S. 12). Der Akt der Fremdvergabe erfolgt durch eine vertragliche Vereinbarung mit einem Logistikdienstleister. Dazu steht ein Spektrum verschiedener Vertragsformen von kurzfristigen Fracht- und Speditionsverträgen über Lagerverträge bis hin zu komplexen Kontraktlogistikverträgen zur Verfügung (Large, 2009b, S. 448). Für die Beantwortung der angerissenen Forschungsfragen sind vor allem längerfristige Vertragsformen von Bedeutung, die eine dauerhafte Fremdvergabe komplexer und spezifischer Logistikleistungen ermöglichen. Unbedeutend sind dagegen rein operative Fremdvergaben mit Hilfe von Fracht-, Speditions- und Lagerverträgen, die zum Ausgleich von kurzzeitigen Kapazitätsengpässen vorgenommen werden und im Folgenden keine weitere Betrachtung finden. Werden bisher selbsterstellte logistische Leistungen erstmalig und für einen längeren Zeitraum ausgelagert, so entspricht dies dem so genannten Outsourcing (Matiaske/Mellewigt, 2002, S.644). Ein Sonderfall, der im weiteren Verlauf nicht näher betrachtet werden soll, liegt bei so genannten Ausgliederungen oder Ausgründungen vor, bei denen bisher interne Logistikorganisationseinheiten vollständig in rechtlich selbständige Tochterunternehmen überführt werden, zu denen sodann
201
Wissenschaftliche Beiträge
langfristige „externe“ Leistungsbeziehungen aufgebaut werden (Picot/Ertsey, 2007, S. 490-491). Beispiele für solche Ausgründungen sind die Kontraktlogistikdienstleister Arvato (Bertelsmann) und MGL (Metro). Der Begriff der Kontraktlogistik wird in Wissenschaft und Praxis nicht einheitlich verwendet. Zudem liegt im Gegensatz zum Spediteur, Lagerhalter oder Frachtführer keine rechtliche Normierung der Kontraktlogistik vor. Konsens ist, dass Anbieter von Kontraktlogistikdienstleistungen die logistischen Kernaktivitäten des Lagerns und Transportierens mit weiteren gewerblichen Logistikleistungen kombinieren (Bretzke, 1999, S. 221) und ggf. durch sonstige Leistungen, wie z.B. Montage oder Konfektionierung, ergänzen. Kontraktlogistikleistungen enthalten zudem als wesentliches Element die kundenspezifische Koordination dieser Einzelleistungen (Giesa/Kopfer, 2000, S. 45). Weitere Merkmale sind die enge vertragliche Bindung zwischen dem Auftraggeber und dem Dienstleister, ein hohes Maß an Vertrauen, die regelmäßige Leistungsüberwachung und die Einbindung einer Vielzahl von Organisationseinheiten in die Vergabeentscheidung (Large/Kovács, 2001, S. 48-49). Ähnliche Merkmale finden sich bei Africk und Calkins (1994, S. 49), welche die im Vergleich zu anderen Formen logistischer Leistungen höhere Kundenspezifität, das breitere Spektrum an Einzelleistungen, die längere Laufzeit der Beziehung und den höheren gegenseitigen Nutzen anführen. Klaus und Kille (2008, S. 115) nennen vier konstitutive Merkmale von Kontraktlogistikleistungen:
die Integration von mehreren logistischen Funktionen zu einem komplexen Leistungspaket,
eine individuell zwischen dem Dienstleister und dem Auftraggeber vereinbarte Beziehung,
eine längerfristige vertragliche Absicherung, ein Geschäftsvolumen mit einem erheblichen Mindestjahresumsatz. Für Auftraggeber der Kontraktlogistik ergibt sich durch dieses Angebot die Möglichkeit, ohne Einsatz eigener Ressourcen, spezifische Logistiksysteme mit hoher Leistungsfähigkeit zu schaffen (Bolumole, 2001, S. 88), da sich Kontraktlogistikdienstleister gegenüber anderen Logistikdienstleistern vor allem durch ein hohes Maß an Problemlösungsfähigkeit und durch ihre Fähigkeit zur spezifischen Anpassung an Kundenanforderungen auszeichnen (Hertz/Alfredsson, 2003, S. 140-142). Die Fremdvergabe von komplexen Logistikdienstleistungen an Kontraktlogistikdienstleister kann mit Hilfe eines Phasenschemas beschrieben werden (Large, 2009b, S. 445). Generell lassen sich grob die Phasen vor Vertragsabschluss (ex ante) und die danach folgenden Phasen (ex post) unterscheiden (Abbildung 2).
202
Logistikmanagement als Management von Kontraktlogistikbeziehungen
Abbildungȱ2:ȱ PhasenȱvonȱKontraktlogistikbeziehungenȱ(Large,ȱ2009b,ȱS.ȱ445)ȱ 1
Phase der Problemerkennung und Ist-Analyse
2
Dokumentationsphase
3
Ausschreibungsphase
4
Phase der Angebotsanalyse und Verhandlung
ex ante
5
Phase der Finalentscheidung
ex post
6
Einrichtungs- und Anlaufphase
7
Nutzungs- und Steuerungsphase
8
Beendigungsphase
Verlängerungsphase
In den vorvertraglichen Phasen sind primär Aufgaben der strategischen Auswahl von Logistikdienstleistern zu erfüllen. Vor allem Logistikmanager selbst scheinen dabei die Initiative zur Fremdvergabe der Logistik zu ergreifen (Sink/Langley, 1997, S. 176-177; van Laarhoven/Berglund/Peters, 2000, S. 431). Während in der Phase der Problemerkennung und Ist-Analyse (1) klassische Logistikaufgaben, wie z.B. Materialflussanalysen oder Bestandsbewertungen, auszuführen sind, entsprechen die Aufgaben der Dokumentationsphase (2) und der Ausschreibungsphase (3) eher denen eines strategischen Dienstleistungseinkäufers. Gleiches gilt für die Phase der Angebotsanalyse und Verhandlung (4). Wie im Rahmen der strategischen Lieferantenauswahl üblich, werden dabei neben Leistungsmerkmalen auch die wahrgenommene Leistungsfähigkeit der Kontraktlogistikdienstleister herangezogen (Menon/McGinnis/Ackerman, 1998, S. 129-130; Large, 2007, S. 301-302). Die Finalentscheidung (5) für einen bestimmten Kontraktlogistikdienstleister hat den Charakter einer funktionsübergreifenden Mehrpersonenentscheidung. Large und Kovács (2001, S. 48-49) konnten auf Basis einer Befragung von deutschen und ungarischen Managern zeigen, dass verschiedene Organisationseinheiten, vor allem Logistikabteilungen, der Zentraleinkauf, das Marketing und sogar IT-Abteilungen, an diesen Entscheidungen beteiligt sind, während die Finalentscheidung in den meisten Fällen von der Unternehmensleitung getroffen wird. Der Abschnitt nach Vertragsabschluss beginnt mit der Einrichtungs- und Anlaufphase (6), in der dem verantwortlichen Logistikmanager vor allem die Aufgabe der Sicherstellung eines reibungslosen Übergangs von der Eigenerstellung zum Fremdbetrieb des Logistiksystems zukommt. Diese Phase ist durch eine besonders hohe Interakti-
203
Wissenschaftliche Beiträge
onshäufigkeit geprägt und erfordert auch von dem Logistikmanager ein hohes Maß an Problemlösungsfähigkeit. Da sich die nachfolgende Nutzungsphase (7) in der Regel auf einen Zeitraum zwischen 3-5 Jahren erstreckt, entsteht aufgrund dieses im Vergleich zum Bezug einfacher Logistikdienstleistungen langen Zeitraums und der daraus resultierenden Unsicherheit ebenfalls ein hoher Steuerungsaufwand für Logistikmanager von Industrieunternehmen (Hannon, 2003, S. 51; Large, 2009b, S. 447-448). Zudem kann die Geschäftsbeziehung als Agency Beziehung zwischen dem Auftraggeber als Prinzipal und dem Kontraktlogistikdienstleister als Agent verstanden werden (Logan, 2000), in der die üblichen Informationsasymmetrien auftreten können (Large, 2009b, S. 448-450). In einer jüngsten Veröffentlichung betonen Gadde und Hulthén (2009, S. 636) entsprechend die Bedeutung der Interaktion in Auftraggeber-Dienstleister-Beziehungen. Li und Choi (2009, S. 33) warnen in diesem Zusammenhang vor allem vor der Möglichkeit, dass Dienstleister durch den direkten Kontakt mit den Kunden des Auftraggebers eine zu starke Position gegenüber dem Auftraggeber einnehmen können. Diese Gefahr besteht somit vor allem im Bereich der Distribution, da hier die „Triade“ aus Dienstleister, Auftraggeber und Kunde des Auftraggebers unmittelbar ersichtlich ist. Li und Choi (2009, S. 34) fordern deshalb eine weiterhin kooperative Zusammenarbeit des Auftraggebers mit dem Dienstleister sowie eine Kontrolle des Dienstleisters und dessen Beziehung zum Kunden. Bedingt durch die übliche Befristung von Kontraktlogistikverträgen schließt sich in regelmäßigen Zeitabständen eine Verlängerungsphase bzw. die Beendigungsphase (siehe dazu Hofmann, 2007) an (8). Die Beendigungsphase stellt hohe Anforderungen an das Logistikmanagement, da in der Regel spezifische Anpassungen der Vertragspartner und somit Abhängigkeiten vorliegen (Large, 2009a, S. 274). Außerdem muss eine Rückverlagerung durch Eigenerstellung („Insourcing“) (Large, 2009a, S. 277) oder eine erneute Ausschreibung stattfinden. Die Aufgaben der Verlängerungsphase sind ebenfalls mit denen der vorvertraglichen Phasen vergleichbar, da in der Regel eine Neuausschreibung erfolgt.
2.2
Logistikaufbauorganisation
Persson unterschied bereits Ende der 70er Jahre drei unterschiedliche Ansätze der Logistikaufbauorganisation: den „one-way approach“, den „life-cycle approach“ und den „contingency approach“ (Persson, 1978). Beim so gennannten „one-way approach“ wird als zwingende Folge der organisatorischen Umsetzung der Konzeption „Integrierte Logistik“ die Zusammenfassung aller logistischen Aufgaben in einer Logistikorganisationseinheit erwartet. Der „life-cycle approach“ geht dagegen davon aus, dass sich im Zeitablauf verschiedene, jedoch zunehmend integrierte, Logistikorganisationsstrukturen in Unternehmen finden lassen. Der „contingency approach“ folgt dem Situativen Ansatz der Organisationstheorie (siehe Kieser/Walgenbach, 2007) und erkennt die Existenz unterschiedlicher und dennoch jeweils effizienter Organisa-
204
Logistikmanagement als Management von Kontraktlogistikbeziehungen
tionsstrukturen an, deren konkrete Ausprägung von unternehmensinternen und externen Einflussgrößen abhängt (Pfohl/Large, 1998, S. 92). Der „one-way approach“ kann aus heutiger Sicht und vor dem Hintergrund existierender Organisationstheorien als verworfen gelten. Hauptvertreter des „life-cycle approach“ war seit der Mitte der 70er Jahre des letzten Jahrhunderts insbesondere Bowersox (Bowersox/Daugherty, 1987, S. 46). In Deutschland wurde der Entwicklungsansatz vor allem von Pfohl vertreten und in einer richtungsweisenden Arbeit dargelegt (Pfohl, 1980). Konzeptioneller Kern dieses Ansatzes ist die Voraussage einer zukünftig stark zentralisierten Logistik, die sich allerdings aufgrund von Hemmnissen der Reorganisation erst im Zeitverlauf durchsetzt. Entsprechend wurden drei Entwicklungsstufen zunehmender funktionaler Integration bis hin zu einem Organisationsmuster, welches neben allen logistischen Funktionen auch angrenzende Aufgaben, wie z.B. die Produktionsplanung, in einer Organisationseinheit Logistik organisatorisch zusammenfasst (Typ III), abgegrenzt (Bowersox/Closs/Helferich, 1986, S. 304310). Auch für divisionale Organisationsstrukturen wurde die Frage der Zentralisation in den Mittelpunkt gestellt. Beispielsweise führen Daugherty und Dröge (1997, S. 339) zwei Organisationsmodelle in divisionalisierten Unternehmen an. Beim Modell “staff only” verantwortet ein Logistikzentralbereich alle logistischen Aufgaben, während bei “line/staff”-Organisation logistische Aufgaben neben dem Zentralbereich auch durch Logistikorganisationseinheiten in den Sparten wahrgenommen werden. Mit dem Aufkommen der Supply Chain Management-Konzeption und deren Einfluss auf die Logistik wurden diese grundlegenden Organisationsmuster entsprechend modifiziert. So postuliert beispielsweise Kim (2007, S. 329) unter explizitem Bezug auf die ältere Logistikliteratur fünf Typen der Supply Chain-Organisation. In jüngsten Arbeiten relativiert allerdings Bowersox die Sichtweise der zunehmenden Zentralisation sehr stark und propagiert stattdessen eine prozessorientierte virtuelle Organisation der Logistik (Bowersox/Closs/Cooper, 2009, S. 366-369). Danach kann sogar eine völlige Dezentralisation der Logistik sinnvoll sein, sofern logistische Aktivitäten durch den Einsatz von integrierten IT-Systemen und durch die Bildung von interfunktionalen Teams koordiniert werden. Dabei handelt es sich im Übrigen um eine These, die Ihde (1985, S. 726) bereits Mitte der 80er Jahre vertreten hat. Für die Beantwortung der hier interessierenden Frage nach dem Einfluss der Fremdvergabe logistischer Aufgaben auf die Logistikaufbauorganisation liefert der „lifecycle approach“ keine Beiträge, da eine weitgehende Eigenerstellung logistischer Aufgaben und deren Integration in einer Organisationseinheit Logistik angestrebt wird. Darüber hinaus kann dieser Ansatz aus wissenschaftlicher Sicht generell nicht befriedigen, da die Frage, warum sich im Zeitablauf verschiedene Logistikorganisationstypen gebildet haben, lediglich mit dem Hinweis auf die Durchsetzung der für eine bestimmte Entwicklungsstufe der Logistik „richtigen“ Organisationsstruktur beantwortet wird.
205
Wissenschaftliche Beiträge
An diesem Kritikpunkt setzt der Kontingenzansatz (Situativer Ansatz) der Organisationstheorie an, der schon früh in die wissenschaftliche Diskussion zur Logistikaufbauorganisation eingebracht wurde (Persson, 1978, S. 291-296; Kirsch/Gabele, 1980, S. 6-7). In der Literatur finden sich neben der Nennung einzelner potentieller Einflussgrößen auch vereinzelt hypothetische Aussagen zum Einfluss dieser Größen auf die Logistikaufbauorganisation (Pfohl/Large, 1998, S. 97-98). Bereits Persson (1978, S. 293) führt drei potentielle Gruppen von Einflussfaktoren auf die Logistikaufbauorganisation an: den Grad der Unsicherheit, die Anzahl der Entscheidungsobjekte und die Unterschiedlichkeit der logistischen Entscheidungsfelder. Obwohl nicht ausdrücklich von Persson genannt, könnte man den Grad des Fremdbezugs als Indikator unter der Gruppe „Anzahl der Entscheidungsobjekte“ subsummieren, da mit zunehmendem Fremdbezug die Anzahl der im Unternehmen zu treffenden Logistikentscheidungen abnimmt. Einen wichtigen Beitrag zum Situativen Ansatz im Bereich der Logistik stellt die Arbeit von Pfohl und Zöllner (1987) dar. Obwohl in dieser Arbeit eine Vielzahl potentieller Einflussfaktoren genannt und auch einzelne Hypothesen zu deren Wirkung auf die Logistikaufbauorganisation aufgestellt werden, finden sich auch hier keine direkten Hinweise auf die Rolle des Fremdbezugs logistischer Leistungen. Lediglich indirekte Effekte lassen sich vermuten. So wird der angeführte potentielle Einflussfaktor „Unternehmensgröße“ durch das Outsourcing logistischer Leistungen beeinflusst, da mit zunehmender Fremdvergabe Logistikstellen im Unternehmen entfallen und hierdurch wiederum die Spezialisierung und Konfiguration nicht unbeeinflusst sein dürfte. In diesem Zusammenhang ist es erstaunlich, dass vor allem Logistikmanager die Fremdvergabe der Logistik vorantreiben, obwohl, wie van Laarhoven, Berglund und Peters (2000, S. 431) in zutreffender Weise anmerken, hierdurch oft ihre eigene Leitungsspanne reduziert wird.
2.3
Berufsbild des Logistikmanagers
Der Begriff des Berufsbilds ist vielschichtig (Fröhlich-Glantschnig, 2005, S. 39-43) und kann an dieser Stelle nicht umfassend diskutiert werden. Vereinfacht gesprochen beschreibt ein Berufsbild einen bestimmten Beruf und enthält dazu Aussagen über Tätigkeiten, Anforderungen und die zu deren Erfüllung erforderlichen Qualifikationen. Im weiteren Verlauf werden in dieser Abhandlung Berufsbilder im Sinne des englischen Begriffs „job profile“ verstanden. Nach Mulder, Wesselink und Bruijstens (2005, S. 186) bestehen diese aus „a description of the content and structure of the profession.” Dieser allgemeine Begriff des Berufsbildes darf nicht mit dem rechtlichen Begriff des Ausbildungsberufsbildes gleichgesetzt werden. Ein Ausbildungsberufsbild definiert in der jeweiligen Verordnung über die Berufsausbildung den Gegenstand der Berufsausbildung und damit die erforderlichen Fertigkeiten und Kenntnisse. Ein Ausbildungsberufsbild, z.B. das einer Fachkraft für Lagerlogistik (vgl. LWLogAusbV), ist somit normiert. Dagegen ist das Berufsbild des Logistikmanagers bzw. sind die ver-
206
Logistikmanagement als Management von Kontraktlogistikbeziehungen
schiedenen Berufsbilder von Logistikmanagern zunächst nicht definiert und hinsichtlich der unterschiedlichen Aufgaben des Logistikmanagements unbestimmt (Engelhardt-Nowitzki, 2006, S. 3-4). Als Logistikmanager oder Logistikmanagerinnen werden in den folgenden Ausführungen Personen bezeichnet, die Managementtätigkeiten, also insbesondere Planungs- und Steuerungstätigkeiten, im Bereich der Logistik ausüben. Diese Personen werden oft auch Führungsaufgaben gegenüber unterstellten Mitarbeitern erfüllen. Im Gegensatz zur häufig vertretenen Position (Pfohl, 1999, S. 179) wird das Merkmal der Führungsverantwortung jedoch nicht als konstituierend für Logistikmanager betrachtet. Kern der Berufsbildforschung in der Logistik ist die Erfassung von logistischen Tätigkeiten oder Aufgaben und deren Zuordnung zu einzelnen Berufsbildern. Die ersten empirischen Arbeiten dazu wurden Ende der 80er Jahre durchgeführt und enthalten in der Regel einfache Auflistungen von Aufgaben, die durch Befragungen von Unternehmensvertretern oder Personen, die im Logistikbereich tätig sind, gewonnen wurden (Pfohl, 1993, S. 66; Pfohl, 1999, S. 184-191). Die genannten Aufgaben entsprechen dabei den üblichen Logistikaufgaben sowie jenen angrenzender Bereiche, wie z.B. der Beschaffung und der Produktionsplanung und -steuerung, und variieren mit der Breite des Logistikverständnisses der Befragten und der Befragenden. Auch in neueren Arbeiten werden ähnliche Aufgaben genannt (Burcher/Lee/Sohal, 2005, S. 209). Ein wichtiger Beitrag aus der frühen Berufsbildforschung in der Logistik ist die Untersuchung von Pfohl und Dubbert (1988). Diese konnten auf Basis von Interviews mit einzelnen Logistikführungskräften neun unterschiedliche Berufsbilder des Logistikmanagements in Industrie und Handel sowie in Logistikdienstleistungsunternehmen ableiten (Pfohl/Dubbert, 1988, S. 7 - 31). Keines dieser Berufsbilder weist einen Bezug zur Beschaffung von Logistikdienstleistungen auf. Lediglich für das Berufsbild „Distribution/Spedition“ wird die Aufgabe „Rechnungskontrolle von Frachtführern“ genannt. Mitte der 90er Jahre hat das Technical Committee 273 „Logistics“ im Comité Européen de Normalisation (CEN) in Zusammenarbeit mit der European Logistics Association (ELA) auf Basis einer Befragung von 1555 europäischen Logistikmanagern 32 Tätigkeitsprofile (occupational profiles) ermittelt, die nochmals in 7 Gruppen gegliedert wurden (Comité Européen de Normalisation, 1998). Leider sind diese Ergebnisse nur als Arbeitsbericht erschienen und haben keinen Eingang in die wissenschaftliche Diskussion gefunden. Auch in dieser Untersuchung zeigt sich jedoch kein explizites Berufsbild, welches im Kern die Beschaffung von Logistikdienstleistungen zum Gegenstand hat. Der zunehmende Einfluss der Supply-Chain-Management-Konzeption auf die Logistik zum Ende des Jahrtausends war Anlass, die Frage nach modifizierten und ggf. neuen Berufsbildern für Logistikmanager zu stellen. Auf Basis konzeptioneller Überlegungen hat Pfohl (1999, S. 192-219) vier so genannte „Berufsbilder des Logistikmanagers im Tätigkeitsfeld der Supply Chain“ entworfen: den Supply Chain Agenten, den Supply Chain Koordinator, den Supply Chain Auftragsmanager und den Supply Chain Auditor. Dem Supply Chain Koordinator fällt danach u.a. die Aufgabe zu, ver-
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Wissenschaftliche Beiträge
pflichtete Logistikdienstleister zu koordinieren (Pfohl, 1999, S. 214). Auch für die anderen Berufsbilder werden Aufgaben angeführt, z.B. „Suche nach geeigneten Partnern“, die, obwohl nicht ausdrücklich vermerkt, im Sinne einer Tätigkeit zur Fremdvergabe von Logistikdienstleistungen gedeutet werden können. Neben den Tätigkeiten eines Logistikmanagers werden in der Berufsbildforschung auch die Anforderungen an diese Berufsgruppe und die hierdurch erforderlichen Fähigkeiten diskutiert. Im Rahmen einer Befragung zu den Trends und Strategien in der Logistik wurden von den deutschen Befragten die logistische Fachkompetenz, Fähigkeiten im Projektmanagement und soziale Fähigkeiten am häufigsten als wichtige Anforderungen an Logistiker genannt (Straube/Pfohl, 2008, S. 54). Vor allem für Logistikmanager auf höherer Hierarchiestufe werden häufig allgemeine Managementfähigkeiten als besonders bedeutsam eingestuft (Pfohl, 1993, S. 66). Dies zeigt sich auch in der Untersuchung von Murphy und Poist (1998) sowie die Folgeuntersuchung Murphy und Poist (2007). Auf Basis einer Befragung von Mitgliedern des Council of Logistics Management (CLM) wurden in diesen Untersuchungen die Wichtigkeit von über 80 vorgegebenen Fähigkeiten und persönlichen Eigenschaften erfasst. In der vorgegebenen Liste befanden sich zahlreiche allgemeine Fähigkeiten, die sicherlich auch für die Fremdvergabe von Logistikdienstleistungen erforderlich sind. Fähigkeiten mit direktem Bezug zur Fremdvergabe von Logistikdienstleistungen wurden jedoch nicht als potentielle Fähigkeit vorgegeben. Die höchste Bedeutung wurde von den Befragten der Gruppe der allgemeinen Managementfähigkeiten zugemessen und nicht jener der logistischen Spezialkenntnisse (Murphy/Poist, 1998, S. 294; Murphy/Poist, 2007, S. 428-429). Ähnliche Ergebnisse erbrachte die Datenerhebung von Mangan, Gregory und Lalwani (2001, S. 320-321) in Irland. Myers et al. (2004, S. 223) konnten durch eine Befragung von US-amerikanischen Logistikleitern über ihre direkt unterstellten Logistikmanager zeigen, dass von allgemeinen Managementfähigkeiten, wie z.B. sozialen Fähigkeiten, Entscheidungsvermögen und der Problemlösungsfähigkeit, ein positiver Einfluss auf das Leistungsniveau dieser Mitarbeiter ausgeht. Poist, Scheraga und Semeijn (2001, S. 495) stellen fest, dass aufgrund der neuen Anforderung der fortschreitenden europäischen Integration die Bedeutung solcher allgemeinen Fähigkeiten eher zunimmt. Gleiches gilt für den wachsenden Einfluss der Supply-Chain-Management-Konzeption auf die Logistik. Bedingt durch die Notwendigkeit einer interfunktionalen- und interorganisatorischen Abstimmung werden von Supply-Chain-Managern im Vergleich zu traditionellen Logistikmanagern umfangreichere Fähigkeiten, vor allem jedoch verstärkt allgemeine Managementfähigkeiten, erwartet (Pfohl, 1999, S. 209; Mangan/Christopher, 2005, S. 187-188; Dischinger/Closs/ McCulloch, 2006, S. 64-65; Liebhart/Mödritscher/Blecker, 2007, S. 169-175; Bowersox/ Closs/Cooper, 2009, S. 413-414). So nahmen auch in der Untersuchung von Gammelgaard und Larson (2001, S. 35) allgemeine Managementfähigkeiten, wie z.B. die Fähigkeit zur Zusammenarbeit, die Problemlösungsfähigkeit und die Kommunikationsfähigkeit, die vorderen Ränge ein.
208
Logistikmanagement als Management von Kontraktlogistikbeziehungen
Obwohl solche allgemeinen Managementfähigkeiten auch wesentliche Voraussetzungen für das Management des Logistik-Outsourcings darstellen, finden sich selbst in neueren Arbeiten, die einen Bezug zum Supply Chain Management herstellen, keine expliziten Hinweise auf Anforderungen, die in unmittelbarem Zusammenhang mit der Fremdvergabe oder der Steuerung von Kontraktlogistikbeziehungen stehen. Eine Ausnahme stellt ein jüngst erschienener Übersichtsaufsatz zur akademischen Logistikausbildung in Deutschland dar (Hildebrandt/Roth, 2008). Darin wird für Logistiker auf mittlerer Führungsebene ausdrücklich ein „Grundverständnis für Vertragsanbahnung und -gestaltung, beispielsweise im Rahmen von Ausschreibungen oder Kontraktlogistikvereinbarungen,“ gefordert (Hildebrandt/Roth, 2008, S. 72). Ebenso erwarten die Autoren von Logistikmanagern auf höherer Ebene Fähigkeiten, die zur Vorbereitung von Fremdvergabeentscheidungen befähigen.
3
Forschungsthesen
Vor dem Hintergrund der in Kapitel 2 durchgeführten Literaturanalyse sollen nun die vier zu Beginn gestellten Forschungsfragen thesenhaft beantwortet werden.
Forschungsfrage 1: Welche Veränderungen hinsichtlich logistischer Aufgabenstellungen bewirkt eine zunehmende Fremdvergabe von komplexen und spezifischen Logistikleistungspaketen und wie wird die allgemeine Wahrnehmung des Logistikmanagements hierdurch beeinflusst? Aus den vorangegangenen Ausführungen wird die Veränderung von logistischen Aufgaben augenscheinlich. Bereits durch das Outsourcing einfacher logistischer Leistungen, wie z.B. von Ladungsverkehren, entfallen in der Industrie und im Handel einzelne Aufgaben, in diesem Beispiel die Aufgabe der Transportausführung. Werden neben einfachen Logistikdienstleistungen auch komplexe Logistikdienstleistungspakete, wie z.B. die gesamte physische Distribution, fremdvergeben, so entfallen nicht nur operative Ausführungsaufgaben, z.B. Kommissionierarbeiten im Lager, sondern auch die erforderlichen Planungs- und Steuerungsaufgaben (Hannon, 2003, S. 50). Pfohl weist in knappen Ausführungen grundsätzlich darauf hin, dass durch die Fremdvergabe von logistischen Leistungen, „einerseits logistische Teilaufgaben oder ganze Funktionen wegfallen, gleichzeitig aber auch zusätzliche Schnittstellen zum Dienstleister entstehen“ (Pfohl, 2004, S. 425). Gleichzeitig wird von ihm empfohlen, durch die Weiterbeschäftigung von „Spezialisten“ die Fähigkeit zur unternehmensübergreifenden Planung, Koordination und Kontrolle von Logistikaktivitäten zu erhalten. Diese Spezialisten sind erforderlich, da durch die Fremdvergabe der Logistik an Kontraktlogistikdienstleister neue Aufgaben entstehen. In Abschnitt 2.1 wurden diese Aufgaben ausführlich beschrieben. Neben der Definition der Anforderungen sowie der Auswahl und Einbindung von Kontraktlogistikdienstleistern in den vorvertraglichen Phasen
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Wissenschaftliche Beiträge
fallen vor allem permanente Managementaufgaben der Steuerung in den ex-post Phasen von Kontraktlogistikbeziehungen an (Large, 2009b). Es ist zu erwarten, dass sich bei einem anhaltenden Trend zur Fremdvergabe komplexer logistischer Leistungspakete hierdurch zumindest mittelfristig unsere Wahrnehmung des Logistikmanagements in der Industrie und im Handel ändern wird. Die neuen Aufgaben von Logistikmanagern entsprechen eher denen von strategischen Dienstleistungseinkäufern als jenen klassischer Manager logistischer Funktionen. Die Planung und Steuerung einzelner Logistiktätigkeiten wird durch die Planung und Steuerung von Dienstleistungsbeziehungen substituiert. Aus diesen Überlegungen resultiert die erste These. These 1: Durch die zunehmende Fremdvergabe von komplexen und spezifischen Logistikleistungspaketen verändern sich die Aufgabeninhalte von Logistikmanagern fundamental: Operative Aufgaben entfallen weitgehend und Aufgaben der Planung und Steuerung einzelner Logistiktätigkeiten werden durch Aufgaben der Planung und Steuerung von Kontraktlogistikbeziehungen substituiert. Die allgemeine Wahrnehmung des Logistikmanagements in der Industrie und im Handel wandelt sich hierdurch von einem Management der Logistikfunktion zu einem Management von Kontraktlogistikbeziehungen.
Forschungsfrage 2: Welche Konsequenzen ergeben sich daraus für die Berufsbilder von Logistikmanagern und die entsprechenden Aus- und Weiterbildungsbedarfe? Da Berufsbilder primär Tätigkeiten in bestimmten Berufen beschreiben und Tätigkeiten die Folge einer Aufgabenerfüllung sind, werden sich mit veränderten Aufgaben auch die Berufsbilder von Logistikmanagern in Industrie und Handel wandeln. Die mögliche Änderung bestehender Berufsbilder von Logistikmanagern und erste Ansätze dazu wurden in Abschnitt 2.3 diskutiert. So enthält das von Pfohl (1999, S. 214) entworfene Berufsbild des Supply Chain Koordinators bereits die Tätigkeit der Koordination von Logistikdienstleistern und Hildebrandt und Roth (2008, S. 72) erwarten explizit Kenntnisse über die Vertragsanbahnung und -gestaltung und solche, die zur Vorbereitung von Fremdvergabeentscheidungen befähigen. Da die Errichtung und Erhaltung von Kontraktlogistikbeziehungen die intensive Interaktion zwischen den Mitarbeitern beider Unternehmen erfordert (Gadde/Hulthén, 2009, S. 636), müssen Logistikmanager neben klassischen logistischen Fähigkeiten und allgemeinen Managementfähigkeiten vor allem über die notwendigen Kommunikationsfähigkeiten verfügen (Hannon, 2003, S. 50; Sohal/D'Netto, 2004, S. 8), wie dies bei Beschaffungsmanagern generell der Fall sein sollte (Large, 2005). Denkbar ist deshalb auch, dass sich innerhalb des Beschaffungsmanagements aus dem allgemeinen strategischen Beschaffungsmanager (Large, 2009a, S. 315-319) ein neues spezielles Berufsbild des strategischen Beschaffungsmanagers für Logistikdienstleistungen herausbildet. Dieser Beruf müsste zusätzlich vor allem traditionelle Logistikmanagementtätigkeiten, wie z.B. die Materialflussanalyse oder die Bestandsbewertung, umfassen, um die Aufgaben des Managements von Logistikdienstleistungsbeziehungen in allen Phasen erfüllen zu können.
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Ungeachtet davon, welches der beiden Berufsbilder sich durchsetzen wird, ergeben sich für beide Berufe ähnliche Anforderungen und damit Ausbildungsbedarfe, die am besten durch eine akademische Ausbildung gedeckt werden können, die Inhalte des Beschaffungsmanagements und der Logistik miteinander verbindet. Die Weiterbildungsbedarfe sind davon abhängig, über welche Grundqualifikationen die entsprechenden Personen verfügen. Klassische Logistikmanager werden Zusatzwissen über das strategische Beschaffungsmanagement, insbesondere über das strategische Lieferantenmanagement, benötigen. Dagegen müssen sich strategische Beschaffungsmanager auf dem Gebiet der Logistik weiterbilden. Am besten wären hierfür Beschaffungsmanager geeignet, die sich bereits bisher mit dem Einkauf von komplexen Dienstleistungen, z.B. dem Einkauf von Gebäudedienstleistungen, beschäftigt haben. Diese Gedanken lassen sich zu einer zweiten These zusammenfassen. These 2: Durch die zunehmende Fremdvergabe von komplexen und spezifischen Logistikleistungspaketen wird sich in Industrie und Handelsunternehmen ein neues Berufsbild des Logistikmanagers als Manager von Kontraktlogistikbeziehungen herausbilden. Alternativ dazu ist die Entstehung eines Berufsbilds „Strategischer Beschaffungsmanager für Logistikdienstleistungen“ im Bereich des Einkaufs denkbar. In beiden Fällen entsteht ein erheblicher Weiterbildungsbedarf.
Forschungsfrage 3: Welche Auswirkungen haben diese Veränderungen auf die Logistikaufbauorganisation von Industrie- und Handelsunternehmen? Die weitgehende Fremdvergabe der Logistik durch ein Outsourcing komplexer Logistikleistungspakete ist eine strategische Grundentscheidung der Unternehmensleitung. Entsprechend der bekannten These „structure follows strategy“ ist deshalb eine direkte Auswirkung auf die Organisationsstruktur naheliegend. Die Logistikorganisationsstruktur wird sich der gewählten Strategie des Logistik-Outsourcings anpassen, um so zu einem stimmigen Logistiksystem beizutragen (Stock/Greis/Kasarda, 2000, S. 536537). Der Aufbau einer Organisation lässt sich mit Hilfe der formalen Stukturdimensionen Spezialisierung, Koordination, Konfiguration, Entscheidungsdelegation und Formalisierung beschreiben (Pugh et al., 1968, S. 71; Kieser/Walgenbach, 2007, S. 77). Prinzipiell sind Veränderungen aller Strukturdimensionen aufgrund zunehmender Fremdvergabe komplexer logistischer Leistungspakete denkbar. Durch den Wegfall von Stellen und den Wandel von Aufgaben des Logistikmanagements sind jedoch vor allem Auswirkungen auf die Arbeitsteilung (Spezialisierung) zu erwarten. Statt großer Logistikfunktionsbereiche werden sich eher kleine spezialisierte Zentralbereiche, die die Aufgabe des Managements von Kontraktlogistikbeziehungen übernehmen, herausbilden. Daugherty und Dröge (1997, S. 339, 345) konnten bereits Ende der 90er Jahre zeigen, dass divisionalisierte Unternehmen, die logistische Aktivitäten vollständig in einem Zentralbereich zentralisiert haben, in signifikant höherem Maße auf externe Logistikdienstleister zurückgreifen als solche, die über Logistikorganisationseinheiten in den einzelnen Sparten verfügen: “However, it is hypothesized that if a firm’s
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Wissenschaftliche Beiträge
strategic policy is to use outside service vendors, then a “staff only” organizational configuration as represented by Type 2 is more likely than a “line/staff” configuration (Type 1)” (Daugherty/Dröge, 1997, S. 339). Ebenso ist die Bildung von funktionsübergreifenden Teams zur Beschaffung von Kontraktlogistikleistungen insbesondere in den frühen Phasen zu erwarten (Sink/Langley, 1997, S. 177). Durch den Wegfall von Stellen wird üblicherweise auch die Konfiguration beeinflusst. Im Bereich der Logistik dürften sich deshalb die mittlere Leitungsspanne und die Gliederungstiefe verringern. Ebenso wird der relative Anteil ausführender Stellen an der Gesamtstellenzahl kleiner. Inwieweit die eingesetzten Koordinationsinstrumente einem Wandel unterzogen sind, ist allgemein kaum zu prognostizieren. Durch den Übergang von interner zu externer Koordination werden zumindest persönliche Weisungen durch Programme und Pläne sowie durch Verhandlungen ersetzt. Bei sehr weitgehender Fremdvergabe der Logistik, besteht zudem die Möglichkeit, die verbliebenen Stellen zur Steuerung der Kontraktlogistikbeziehungen innerhalb der Beschaffungsorganisation einzugliedern, wie dies bereits im Rahmen der Entwicklung neuer Berufsbilder diskutiert wurde. Insgesamt können diese Gedanken zur Logistikorganisation in der folgenden These zusammengefasst werden. These 3: Durch die zunehmende Fremdvergabe von komplexen und spezifischen Logistikleistungspaketen werden sich in Industrie- und Handelsunternehmen neue aufbauorganisatorische Strukturen herausbilden. Es werden vergleichsweise kleine Logistikzentralbereiche mit geringer Gliederungstiefe entstehen, die die Aufgabe des Managements der Kontraktlogistikbeziehungen übernehmen. Bei umfassender Fremdvergabe kann eine Eingliederung in die Beschaffungsaufbauorganisation erfolgen.
Forschungsfrage 4: Kommt es durch diese Entwicklungen zu einer Konvergenz von Logistikleistungsbeschaffung und Logistikmanagement in Industrie- und Handelsunternehmen? Auf Grundlage der bisherigen Überlegungen muss diese Forschungsfrage eindeutig bejaht werden. Die erste These dokumentiert ein Verständnis des Logistikmanagements als Management von Logistikdienstleistungsbeziehungen, und damit als spezielle Form des Lieferantenmanagements. Entsprechend wurde in der zweiten These die Möglichkeit inhaltsgleicher Berufsbilder im Logistikmanagement und im Beschaffungsmanagement angerissen. Schließlich zeigt die dritte These sogar die Möglichkeit der Integration der Logistikorganisation in die Beschaffungsorganisation im Falle einer umfassenden Fremdvergabe auf. Zusammenfassend kann deshalb die vierte These aufgestellt werden. These 4: Durch die zunehmende Fremdvergabe von komplexen und spezifischen Logistikleistungspaketen kommt es zu einer Konvergenz von Logistikdienstleistungsbeschaffung und Logistikmanagement in Industrie- und Handelsunternehmen.
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Ausblick
Im Rahmen dieser Abhandlung wurden drei Thesen zu den Auswirkungen einer zunehmenden Fremdvergabe von komplexen und spezifischen Logistikdienstleistungspaketen auf die Aufgaben des Logistikmanagements, die Berufsbilder von Logistikmanagern und die Logistikaufbauorganisation aufgestellt. Diese münden in der Vermutung einer Konvergenz von Logistikdienstleistungsbeschaffung und Logistikmanagement in Industrie- und Handelsunternehmen als vierte These. In Anbetracht des gegenwärtigen Standes der Untersuchung ist der Charakter dieser Thesen spekulativ. Sie stellen lediglich ein erstes Ergebnis der angestellten Überlegungen dar. Zweck der Thesen ist es, einen Diskurs über die angerissenen Entwicklungen und Konsequenzen anzustoßen. Dieser Diskurs soll dazu beitragen, die vorgestellten Überlegungen zu vertiefen und zu schärfen. Die Thesen und der angestoßene Diskurs werden im weiteren Forschungsprozess als Ausgangspunkt für die Formulierung empirisch überprüfbarer Hypothesen dienen. Resultat soll ein Modell zum Zusammenhang von Fremdvergabe und organisatorischen sowie personellen Veränderungen sein, das auf definierten Konstrukten und messbaren Indikatoren beruht. Dabei sind zwei Probleme zu beachten. Zum einen ist zwar eine zunehmende Fremdvergabe komplexer und spezifischer Logistikdienstleistungspakete in Form der Kontraktlogistik in den vergangenen Jahren deutlich zu beobachten. Diese Wahrnehmung wird zudem in Deutschland durch die angeführten „Top-100-Marktstudien“ untermauert. Es ist jedoch keineswegs sicher, ob diese Steigerungsraten in den nächsten Jahren unvermindert anhalten werden. Im Gegenteil erscheint die Annahme eines gewissen Sättigungseffektes plausibel, da der Aufwand und das Risiko der Fremdvergabe bei zunehmender Spezifität der Leistung steigt (Bretzke, 2004). Es stellt sich somit die Frage, welcher Outsourcing-Grad erforderlich ist, um die postulierten Effekte in der Realität auf breiter Front nachweisen zu können. Zum zweiten können die Auswirkungen zunehmender Fremdvergabe nicht ceteris paribus untersucht werden. Erschwert wird ein empirischer Nachweis vor allem durch die in vielen Unternehmen unscharfe Abgrenzung der Logistik zum Supply Chain Management (Larson/Halldorsson, 2004) und die damit ebenfalls uneinheitlichen Effekte, die durch die Einführung dieser Konzeption auf Berufsbilder und die Aufbauorganisation der Logistik ausgeübt werden.
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TeilȱBȱ ȱ AnwendungsnaheȱBeiträgeȱ
Global Sourcing Footprint
Eine Portfolio-Methodik zur Unterstützung der systematischen Entscheidungsfindung in der Beschaffung MikkoȱDeȱNardo,ȱPatriciaȱHurschler,ȱHeinrichȱBüchelerȱundȱProf.ȱDr.ȱRomanȱBouȬ tellierȱ
Abstract Der Globalȱ Sourcingȱ Footprint-Ansatz basiert auf drei Portfolios: Das erste Portfolio fokussiert auf das Produkt, indem Größendegressions-Effekte und Wertdichte der Produktgruppe zueinander in Beziehung gesetzt werden. Das zweite Portfolio beleuchtet die Marktattraktivität in Bezug zur eigenen Konkurrenzposition und beurteilt somit die Kostensensitivität der Produktgruppe. Und das dritte Portfolio berücksichtigt die Kundenbedürfnisse bezüglich Produktverfügbarkeit, woraus man die Durchlaufzeiten ableiten kann. Die Portfolios liefern Beschaffungsmanagern eine Beschaffungs-Landkarte, die durch die Materialgruppenstrategie eingeschränkt wird. Der Einsatz dieser Portfolios bei Beschaffungsentscheidungen wird am Fallbeispiel Hilti aufgezeigt. Die Portfolios helfen, Kosten zu senken, ohne die Kundenzufriedenheit zu schmälern.
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Motivation
In den letzten Jahren war Global Sourcing eines der meist diskutierten Themen bei Firmen in industrialisierten Ländern (vgl. Steinle & Schiele, 2008). Beschaffungsmanager sahen sich konfrontiert mit der Erwartung, große Volumen aus Niedriglohnländern zu beschaffen, wobei in vielen Märkten Verfügbarkeit ebenso wichtig ist wie die Kosten (Christopher & Towill, 2001).1 Dadurch sind Supply Chains komplexer und auch verletzlicher geworden (Handfield, 2008).2 Damit konkurrieren nicht mehr Fir1 2
„Lean“ und „agil“ schließen sich nach CHRISTOPHER & TOWILL (2001) in einer Lieferkette nicht aus. PERROW (1984) hat die Theorie normaler Katastrophen aufgestellt mit der Hypothese, dass in komplexen, eng gekoppelten technologischen Systemen Unfälle unvermeidbar, das heißt normal werden.
Anwendungsnahe Beiträge
men, sondern immer stärker ganze Supply Chains (Christopher, 1998). Globale Beschaffungsprozesse und Strategien ermöglichen Wettbewerbsvorteile (Trent & Monczka, 2002), Beschaffung ist heute eine strategische Funktion (Arnold, 2007), welche operationellen Mehrwert generiert (Houghton, Markham & Tevelson, 2002). Multinationale Firmen werden gezwungen, eine globale Beschaffungsstrategie zu adoptieren und dafür geeignete Prozesse zu definieren (Trent & Monczka, 2005). Für ein Unternehmen sind es bedeutende Entscheidungen, in welchen Ländern und bei welchen Lieferanten sie einkaufen. Dies erfordert eine aktive Gestaltung des Lieferantenportfolios bezüglich verschiedener Kriterien wie Anzahl Lieferanten, Lieferanten-Mix, regionale Verteilung, aber auch Beziehungen und Risiken (Wagner & Boutellier, 2002). Dieses Lieferantenportfolio soll so gestaltet werden, dass Lieferkettenunterbrechungen vermieden werden können (Kleindorfer & Saad, 2005). Planung der Geschäftskontinuität (Business Continuity Planning) macht Lieferketten präventiv weniger sensibel gegenüber Unterbrechungen (Zsidisin, Melnyk & Ragatz, 2005; Zsidisin, Ragatz & Melnyk, 2005). Risiken lauern entlang der gesamten Supply Chain: Politische Instabilität, Wechselkurse, Transportkapazitäten, Lagerfähigkeit und Kundennachfrage sind wichtige Faktoren (Stauffer, 2003). Seit dem elften September und den späteren Ereignissen (Coleman, 2006)3 wurde klar, dass Risiken in jedem Glied der Lieferkette existieren und somit Risikomanagement weit oben auf der Management-Agenda stehen sollte (Peck, 2005; Yu, Zeng & Zhao, 2009). Supply Chain-Risiken und Management-Ansätze für Lieferkettenunterbrechungen wurden deshalb in letzter Zeit intensiv erforscht (Chopra & Sodhi, 2004; Christopher & Hau, 2004; Jüttner, Peck & Christopher, 2003; Oke & Gopalakrishnan, 2008; Svensson, 2000; Tang, 2006a; Ziegenbein & Schönsleben, 2007). CHOPRA & SODHI (2004) kategorisieren Treiber von Risiken und beschreiben zahlreiche Beispiele von Lieferkettenunterbrechungen renommierter Unternehmen wie Ericsson oder Toyota. Sie weisen darauf hin, dass Redundanz der Lieferanten die beste Entschärfungsstrategie gegen Unterbrechungen ist, dafür aber andere Nachteile aufweist (Chopra & Sodhi, 2004). Viele Unternehmen haben während der letzten Jahre die Anzahl ihrer Lieferanten reduziert, um intensive Beziehungen mit wenigen ausgewählten Lieferanten aufzubauen (Goffin, Szwejczewski & New, 1997). Obwohl Single Sourcing theoretisch Wirtschaftlichkeit durch große Serien (economies of scale) und somit geringere Herstellkosten erlaubt, vernachlässigt es die Auswirkung auf ein Unternehmen bei einer Unterbrechung der Lieferkette.4 Dual Sourcing kann ein effektives Instrument sein, um unerwartete Unterbrechungen zu meistern (Yu et al., 2009). TANG & TOMLIN (2008)
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z.B. SARS 2003, Hurrikan Katarina 2005 STAUFFER (2003) weist darauf hin, dass kleine Unterbrechungen in der Lieferkette eine große Verletzung sein können, wenn sie zu einem vorübergehenden Fehlbestand führen und die Kunden frustrieren.
Global Sourcing Footprint
zeigen auf, dass bereits ein geringes Level an Flexibilität in der Lieferantenbasis Supply Chain-Risiken minimieren kann, wobei Mehrfachlieferanten eine Möglichkeit dafür bieten (Tang & Tomlin, 2008; Tang, 2006b). Der folgende Beitrag stellt einen Prozess mit drei Portfolios vor, den Beschaffungsmanager bei der Entwicklung von Materialgruppenstrategien anwenden können. Am Schluss wissen Beschaffungsmanager, ob Multiple Sourcing notwendig und sinnvoll ist und auf welche Regionen sie in der Beschaffungsmarktforschung fokussieren sollen; sie bestimmen ihren Globalȱ Sourcingȱ Footprint. Das Vorgehen berücksichtigt sowohl die Nachfrage am Markt, finanzielle Aspekte als auch Risiken und Restriktionen. Der Artikel ist klassisch mit Literaturbasis, Methodik, Konzepterstellung, Anwendung und Diskussion aufgebaut: In Kapitel 2 zeigen Ansätze aus der Literatur und Praxis die Forschungslücke auf und liefern die Basis für das Konzept, welches in Kapitel 4, 5 und 6 entwickelt wird. Kapitel 3 definiert die thematische Abgrenzung und die Untersuchungsmethodik. Kapitel 4 beschreibt die drei Portfolios, die in Kapitel 5 in einen Prozess eingebunden werden. In Kapitel 6 zeigt eine Fallstudie die Anwendbarkeit des entwickelten Prozesses in der Praxis. Zum Abschluss werden in Kapitel 7 einige Folgerungen für die Praxis und Forschung beleuchtet.
2
Ansätze aus der Literatur
2.1
Sourcing-Strategien
Die Beschaffung als Teil der Wertschöpfungskette hat wesentlichen Einfluss auf den Erfolg eines Unternehmens (Porter, 1985).5 Gemäß dem ressourcenbasierten Ansatz (RBV) ist die Beschaffung eine strategische Ressource, die zu Wettbewerbsvorteilen führt (Barney, 1991; Penrose, 1959; Prahalad & Hamel, 1990). Dies vor allem aufgrund globaler Absatzmärkte und Supply Chains, sowie der Beschaffung in Niedriglohnländern, welche mit Kosteneinsparungen aber auch mit erhöhten Risiken einhergeht (Zsidisin et al., 2005). Jedoch können geringe Einkaufspreise nicht mit geringen Gesamtkosten gleichgesetzt werden, sobald zusätzliche Transport-, Unterhalts- oder Qualitätskosten entstehen (Ellram, 1995). Wie ein Unternehmen global beschafft und wie es seine globale Lieferantenbasis steuert, sind kritische Kompetenzen geworden (Kotabe & Murray, 2004). Modelle, die verschiedene Funktionen und länderspezifische Faktoren beim globalen Supply Chain Design (GSCD) berücksichtigen, optimieren die Güterflüsse und liefern einen wesentlichen Beitrag zum Supply Chain Management (Bogaschewsky et al., 2007; Kohler, 2008). Die vorliegende Untersuchung bedient sich zwar der Faktoren aus den bestehenden Supply Chain Design-Modellen, liefert aller5
Eine Unterbrechung in der Lieferkette hat Auswirkungen auf die gesamte Wertekette.
223
Anwendungsnahe Beiträge
dings kein quantitatives Simulationsmodell. Die qualitative, strategisch orientierte Herangehensweise könnte jedoch einen Rahmen für quantitative GSCD-Modelle liefern. Vorhergehende Studien haben die Hauptgründe für globale Beschaffungsaktivitäten von Unternehmen identifiziert (Christopher et al., 2006; Ettlie & Sethuraman, 2002; Quintens, Matthyssens & Faes, 2005; Trent & Monczka, 2003). Der Vorteil globaler Beschaffung hängt von Parametern wie geographischem Ort des Lieferanten, dem Beschaffungsobjekt und der Transportart ab; jedoch wird Global Sourcing im Vergleich zu lokaler Beschaffung mit erhöhter Unsicherheit und weniger Transparenz assoziiert (Wagner & Bode, 2006). Die Implementierung einer globalen Beschaffungsstrategie streckt die Supply Chain geographisch, so dass letztendlich mehr Gefahrenpunkte für Information und Materialfluss entstehen (Wagner & Bode, 2006). Längere Durchlaufzeiten aufgrund längerer Transportwege, Infrastruktur, Steuern, Zölle und Währungsschwankungen stellen unsichere Faktoren dar (Goetschalckx, Vidal & Dogan, 2002). Je nach Art des Beschaffungsobjektes sollen globale oder nahe gelegene Lieferanten bevorzugt werden; je nach Industrie und Marktumfeld unterscheidet sich der Anteil global und lokal beschaffter Teile (Steinle & Schiele, 2008). Die drei meist gebrauchten Sourcing-Ansätze sind: Single Sourcing (Larson & Kulchitsky, 1998), Dual Sourcing (vgl. Lau & Zhao, 1994; Pochard, 2003; Tomlin, 2006) und Multiple Sourcing (Berger, Gerstenfeld & Zeng, 2004; Berger & Zeng, 2006; Burke, Carrillo & Vakharia, 2007). Je nach Eigenheit der Supply Chain (z.B. Auswirkungen und Wahrscheinlichkeit von Supply Chain Unterbrechungen), können Single oder Dual Sourcing erfolgreiche Strategien sein (Yu et al., 2009). Jedoch ist die Verletzlichkeit von Lieferketten durch Unterbrechungen gemäß LIKER & CHOI (2004), KLEINDORFER UND SAAD (2005), TANG (2006a) und CHRISTOPHER (2000) unter anderem ein Grund, Multiple Sourcing einzuführen. Multiple Sourcing reduziert Risiken, da der Lieferant kurzfristig substituierbar ist und fördert zudem den Wettbewerb unter den Lieferanten (Arnold, 1997). Unternehmen entscheiden sich allerdings auch oft für nur eine Beschaffungsquelle, da die Anzahl Lieferantenbeziehungen mit den Transaktionskosten korreliert (Williamson, 1985).6 Da geeignete Beschaffungskonzepte die Eintrittswahrscheinlichkeit von Lieferunterbrechungen in der Supply Chain beeinflussen können, erhalten sie in aktuellen Forschungsarbeiten viel Aufmerksamkeit. (Yu et al., 2009; Zsidisin, Ellram, Carter & Cavinato, 2004). JÜTTNER ET AL. (2003) weisen darauf hin, dass die Forschung Werkzeuge für Manager entwickeln sollte, welche ihnen in situationsspezifischen Entscheidungsprozessen helfen, um den Zielkonflikt von Risiken und Kosten zu reduzieren (Jüttner et al., 2003). 6
224
Um IT, Lieferantenpflege und -kontrolle möglichst kostengünstig zu betreiben, sind Unternehmen bestrebt, die Lieferantenbasis so klein als möglich zu halten (Choi & Krause, 2006). Oft spielen auch die Werkzeugkosten eine ausschlaggebende Rolle.
Global Sourcing Footprint
2.2
Portfolio-Modelle
Die Portfolio-Theorie wurde für finanzielle Investments entwickelt, um Risiken zu reduzieren (Markowitz, 1952). Später wurden Portfolio-Modelle in der strategischen Planung eingesetzt: So ist beispielsweise die BCG-Matrix trotz zahlreicher Kritik (z.B. Bettis & Hall, 1983; Wensley, 1982) in der strategischen Marketing-Planung weit verbreitet. Beschaffungs-Portfolio-Modelle haben in der Beschaffungsliteratur in den vergangenen Jahren viel Aufmerksamkeit erhalten (Armstrong & Brodie, 1994; Bensaou, 1999; Dubois & Pedersen, 2002; Gelderman & van Weele, 2002, 2003; Nellore & Söderquist, 2000; Olsen & Ellram, 1997; Turnbull, 1990; Wagner & Boutellier, 2002; Wagner & Johnson, 2004; Zolkiewski & Turnbull, 2002). Den Anstoß dazu hat wohl KRALJIC (1983) mit seinem statischen Modell gegeben, welches die Beschaffungsobjekte eines Unternehmens nach deren Ergebniseinfluss und deren Versorgungskomplexität in vier Kategorien klassifiziert: „Hebelprodukte“, „Unkritische Güter“, „Engpassgüter“ und „Strategische Objekte“. Sein Portfolio dient als Instrument für strategische Einkäufer, um Ressourcen von verschiedenen Lieferanten zu optimieren und Lieferanten konsistent mit der Strategie zu managen. Bei vielen Beschaffungsspezialisten hat KRALJIC’S Portfolio-Ansatz Anerkennung erlangt (Caniels & Gelderman, 2007; Syson, 1992). Auch wenn weitere Wissenschaftler den Ansatz verfeinert und letztendlich für jede der vier Kategorien eine Beschaffungsstrategie formuliert haben (Bensaou, 1999; Caniëls & Gelderman, 2005; Olsen & Ellram, 1997; Syson, 1992; Weele, 2002), so berücksichtigen all diese Ansätze zu wenig den Aspekt der globalen Beschaffung (Gelderman & Semeijn, 2006). Die Idee von Portfolios ist die Vereinfachung eines komplexen Problems. Deshalb sollte die Komplexität der Dimensionen, welche die Elemente im Portfolio kategorisieren, berücksichtigt werden (Olsen & Ellram, 1997). Wenn die Dimensionen zu komplex gewählt werden, so kann das Potential von Portfolio-Modellen bezüglich Ressourcenbelegung und Kommunikation nicht vollständig ausgeschöpft werden (Haspeslagh, 1982). Sind die Dimensionen allerdings zu einfach, so werden wichtige Variablen nicht in die Analyse mit einbezogen (McNamee, 1984). Zudem liefern die Portfolios oft eine Kategorisierung, ohne die Abhängigkeiten mehrerer Elemente zu berücksichtigen und ohne Anweisung, wie die resultierenden Strategien ausgewählt werden (Olsen & Ellram, 1997). NELLORE & SÖDERQUIST (2000) haben in ihrer Studie festgestellt, dass die Modelle in der Beschaffung immer drei Prozessschritte haben: Erstens Analyse der Produkte und deren Klassifikation; zweitens Analyse der benötigten Lieferanten; drittens Aktionspläne, um Produktanforderungen und Lieferantenbeziehungen abzustimmen.
225
Anwendungsnahe Beiträge
3
Grundlagen der Untersuchung
3.1
Thematische Abgrenzung
Der Artikel geht nicht näher auf die Ursache der Supply Chain Risiken, die Konsequenzen und die Treiber dieser Risiken ein,7 sondern fokussiert auf die Strategie der Mehrfach-Beschaffungsquelle (Multiple Sourcing), mit der die Supply Chain Risiken minimiert werden können (vgl. Abbildung 1).8 Durch Multiple Sourcing wird das Risiko einer Lieferkettenunterbrechung gestreut, jedoch geht Redundanz auf Kosten der Effizienz (Sheffi, 2001).
Abbildungȱ1:ȱ MultipleȱSourcingȱalsȱBasisȱfürȱdenȱGlobalȱSourcingȱFootprintȱ LieferantenBeziehung
Beschaffungsobjekte Unternehmen: “Was wo beschaffen?”
Lieferantenbasis Beschaffungsmärkte
Multiple Sourcing Strategie
Kosten, Effizienz
Supply Chain Risiken Ursachen Treiber
7 8
226
Konsequenzen Weitere Strategien
JÜTTNER ET AL. (2003) unterscheiden vier Basiskonstrukte: Ursachen und Konsequenzen von Supply Chain Unterbrechungen sowie Treiber und Strategien für Supply Chain Risiken. MILLER (1992) unterscheidet fünf generische Strategien, von denen vier für die Minimierung von Supply Chain Risiken adaptiert werden können: Vermeidung, Kontrolle, Kooperation und Flexibilität. Multiple Sourcing ist eine Strategie, welche die Flexibilität erhöht und somit Supply Chain Risiken minimieren kann.
Global Sourcing Footprint
Die vorliegende Untersuchung konzentriert sich auf Elemente der Lieferantenbasis und nicht auf die individuellen Lieferanten-Strategien.9 Dabei wird die Lieferantenbasis aufgrund von Kriterien der Beschaffungsobjekte und der Länder auf Vorteile von Multiple gegenüber Single Sourcing überprüft. Anhand eines Prozesses mit Kriterien kann eine Strategie entwickelt werden, die Risiken und Kosten gegeneinander abwägt. Die Lieferanten-Beziehungen werden in dieser Arbeit nicht im Detail untersucht.
3.2
Methodik
Aus Literatur, Interviews und Vorträgen konnte ein Kriterienkatalog als Grundlage für Beschaffungsentscheidungen abgeleitet werden.10 Eine schriftliche Umfrage bei 45 Unternehmen ermöglichte eine Reduktion der Kriterienliste auf die wichtigsten Kriterien.11 Anhand einer Fallstudie bei Hilti wurden diese Kriterien bestätigt und priorisiert. Eine bei dieser Fallstudie entwickelte Portfolio-Methodik, basierend auf vorangehenden Portfolio-Methoden in der Literatur, zeigt die Anwendbarkeit dieser Kriterien bei Beschaffungsentscheidungen. Fallstudienforschung wurde verwendet (Eisenhardt, 1989; Siggelkow, 2007), weil sie ermöglicht, ein Phänomen in seiner praktischen Umgebung zu studieren, wobei komplexe Verknüpfungen und grundlegende Bedeutungen erforscht werden können, wie etwa die gesamte Supply Chain (Miles & Huberman, 1994; Yin, 2009). In einem ausgewählten Unternehmen konnten Entscheidungsprozesse im Kontext analysiert werden und somit die Anwendbarkeit des Konzeptes anhand von detaillierten Informationen über Beschaffungsentscheidungen aufgezeigt werden. Dazu wurden in einem Zeitrahmen von März bis August 2008 zahlreiche informelle Gespräche mit Supply Chain Verantwortlichen geführt und viele Firmenpolicies einbezogen. Die Firma Hiltiȱ mit Sitz im Fürstentum Lichtenstein wurde für die Fallstudie ausgewählt. Einerseits weil sie global Verbrauchsgüter für ihre Maschinen zur Verfügung stellt, andererseits weil eine detaillierte interne Analyse möglich war aufgrund einer guten Datenqualität und Dokumentation von internen Richtlinien und Prozessen. Außerdem repräsentiert Hiltiȱein anschauliches Beispiel für Verbrauchsgüter-Lieferketten in der Maschinenindustrie.
9
LI & BARNES (2008) haben in ihrer Arbeit Methoden für Risikomanagement beim AuswahlProzess von Lieferanten in neuen Märkten entwickelt. 10 Vgl. HURSCHLER (2009), HURSCHLER & BOUTELLIER (2008), BOUTELLIER & HURSCHLER (2007; 2009), BOUTELLIER ET AL. (2006). Das KTI-Projekt (CTI 8353.1 ESPP-ES) „Design Chain – Supply Chain – Management“ hat zudem zur Entwicklung der Kriterienliste beigetragen: vgl. www.dcscm.ethz.ch. 11 Die Umfrage und deren detailierte Resultate sind in HURSCHLER, P. (2009) festgehalten.
227
Anwendungsnahe Beiträge
4
Portfolios
Der Portfolio-Ansatz stellt ein geeignetes Mittel dar für die Entwicklung von SourcingStrategien (vgl. Kapitel 2.2). Portfolios dienen dem Supply Manager zur Klassifizierung einer Produktgruppe, indem sie Beziehungen zwischen den Produktgruppen und dem Markt, der Versorgung und dem Kunden aus der Perspektive der Beschaffung aufzeigen. Die drei Portfolios des GlobalȱSourcingȱFootprintȱwerden im Folgenden beschrieben.
4.1
Größendegressions-Effekte und Wertdichte
Bei voller Kapazitätsauslastung können im Allgemeinen größere Kapazitätseinheiten mit niedrigeren Kosten je Leistungseinheit arbeiten als mehrere kleine mit gleicher Gesamtkapazität.12 Zudem kann durch das Bündeln von Einkaufsvolumina eine Erhöhung der relativen Verhandlungsstärke des Einkaufs und damit geringere Einstandspreise erzielt werden. Diese zwei Arten Effekte werden in der Matrix unter dem Begriff Größendegression zusammengefasst. Das Bündeln von Volumina an einem Ort führt jedoch auch dazu, dass die Produkte von diesem einen Ort zu den Märkten transportiert werden müssen. Je voluminöser und schwerer die Produkte sind, umso höher fallen die Transportkosten aus. Somit stellt sich die Frage, wann es finanziell sinnvoll ist, Güter über große Distanzen zu transportieren. Angenommen, es gibt kein Monopol und Produkte könnten prinzipiell uneingeschränkt beschafft werden, dann lässt sich diese Frage mittels der Wertdichte13 eines Produkts beantworten. Je geringer die Wertdichte eines Produkts, umso mehr beeinflussen dessen Transportkosten die totalen Kosten (hohe Transportkostensensitivität). Je höher die Wertdichte der Produkte, umso weniger spielen die Transportkosten eine Rolle. Das Positionieren einer Produktgruppe in einer Matrix, welche auf der einen Achse den potenziellen Nutzen durch Größendegressions-Effekte und auf der anderen Achse die Wertdichte der Produktgruppe aufzeigt, führt zu drei Beschaffungs-Szenarien (vgl. Abbildung 2):
WeltȬFabrik: Starke Größendegressions-Effekte kombiniert mit einer hohen Wertdichte ermöglicht die Beschaffung von großen Volumina zu optimalen Kosten bei einer einzigen Quelle. Durch das Bündeln des weltweiten Volumens können signifikante Einsparungen bei den Produktkosten realisiert werden. Der hohe Wert der Produkte im Verhältnis zu dessen Gewicht führt zu einem geringen Transportkostenanteil, so dass es ökonomisch Sinn macht, diese Produkte über 12 13
228
Vgl. Definition „Größendegression“, http://wirtschaftslexikon.gabler.de (14.11.09) Die Wertdichte ist das Verhältnis zwischen dem Wert eines Gutes und dessen Gewicht.
Global Sourcing Footprint
den Globus zu transportieren. Beispielsweise produziert die Firma IWC alle ihre Uhren in Schaffhausen (CH). Auch gilt dies zum Beispiel bei Hilti für Bohr- und Meißelhämmer der oberen Leistungsklassen.
Abbildungȱ2:ȱ Matrix:ȱGrößendegressionsȬEffekteȱ–ȱWertdichteȱ
HOCH
Welt-Fabrik
Hohe Transportkostensensitivität
Größendegressions-Effekte vs. Wertdichte
Geringe Transportkostensensitivität
GERING
Größendegressions-Effekte
Regionale Versorgung
Lokale Versorgung
Regionale Versorgung
GERING
HOCH Wertdichte
Wertdichte = Wert des Produkts (jew. Währung) / verrechenbares Gewicht (kg)
Regionaleȱ Versorgung:ȱ Geringe Größendegressions-Effekte kombiniert mit hohen Wertdichten erfordern einen regionalen Ansatz. Einsparungen durch Volumenbündelung führen nicht zu einem derart hohen Effekt, dass es sich lohnt, das Volumen an einem Ort zu konsolidieren. Die hohe Wertdichte erlaubt dennoch eine regionale Versorgung. Zum Beispiel beschafft Hilti Installationsschienen regional. Ebenso ist bei starken Größendegressions-Effekten und einer niedrigen Wertdichte die regionale Versorgung von Vorteil. Der Einfluss der Transportkosten aufgrund der niedrigen Wertdichte beeinflusst überproportional die totalen Kosten, so dass Einsparungen durch Volumeneffekte nicht lohnenswert oder gänzlich zunichte gemacht werden. Holderbank produziert Zement regional oder sogar lokal.
Lokaleȱ Versorgung: Geringe Größendegressions-Effekte und Wertdichten erfordern eine lokale Versorgung. Einsparungen durch Bündelung von Volumina
229
Anwendungsnahe Beiträge
sind nicht gegeben und die geringen Wertdichten der Produkte führen zu einem hohen Transportkostenanteil beim Transport über große Distanzen. Konsequenterweise macht es keinen Sinn, diese Produkte weit weg vom jeweiligen Markt oder Kunden zu beschaffen: Generell gilt dies für Bedienungsanleitungen sowie Kartonagen für Verpackungen.
4.2
Marktattraktivität und Wettbewerbsposition
In Anlehnung an die BCG-Matrix, gibt die Matrix mit den Dimensionen Wettbewerbsposition versus Wettbewerbsattraktivität Aufschluss über die Kostensensitivität eines Produkts (vgl. Abbildung 3).
Abbildungȱ3:ȱ Matrix:ȱMarktattraktivitätȱ–ȱWettbewerbspositionȱ
HOCH GERING
Marktattraktivität
Schlüsselprodukte
Wachsender Kern
Mittlere Kostensensitivität
Geringe Kostensensitivität
Marktattraktivität vs. Wettbewerbsposition Mittlere Kostensensitivität
Hohe Kostensensitivität
Komplementär
Verteidigender Kern
SCHWACH
STARK Wettbewerbsposition
Die Achse „Marktattraktivität“ ist ein Indikator für Marktvolumen, Marktwachstum sowie für die allgemeine Profitabilität des Marktes. Die Achse „Wettbewerbsposition“ stellt den relativen Marktanteil dar sowie die Marge als Indikator für die Profitabilität der Produktgruppe. Folgende vier Quadranten ergeben sich:
Komplementär: Produkte in diesem Feld ermöglichen den Zugriff auf Schlüsselapplikationen zur Unterstützung der Kundenbindung oder des Cross-Sellings. Hilti bietet beispielsweise Gewindestangen für den Installationsbereich an.
230
Global Sourcing Footprint
VerteidigenderȱKern: Diese Produkte zielen darauf ab, die starke Position des Unternehmens so weit wie möglich zu verteidigen. Beispiele dafür sind die Bohrund Meißelhämmer von Hilti.
Schlüsselprodukte: Produkte in diesem Quadranten helfen, zukünftige Kernprodukt-Segmente zu entwickeln oder zukünftige substanzielle Gewinne zu erwirtschaften. Hiltis Fleet-Management kann hier – auch als Beispiel eines ServiceProduktes – aufgeführt werden.
Wachsenderȱ Kern: Diese Produkte schöpfen durch eine klare Differenzierung am Markt und durch Nutzen der starken Unternehmensposition das volle Potential aus. Ein bekanntes Beispiel dafür ist das iPhone von Apple. Die Preispositionierung und somit auch die Kostensensitivität einer Produktgruppe hängt von der Position im Portfolio ab: Während stark differenzierende Produkte im Feld „Wachsender Kern“ durch hohe Margen eine geringe Kostensensitivität haben, liegt bei Produkten, die sich im Quadrant „Komplementär“ befinden, eine hohe Kostensensitivität vor, da diese üblicherweise mit „me-too“-Produkten konkurrieren. Damit ergeben sich drei typische Bereiche mit geringer, mittlerer und hoher Kostensensitivität.
4.3
Reaktionsfähigkeit und Bedarfsprofil
Unternehmen kennen das Bestellverhalten für ihre Produktgruppen und die Erwartungen der Kunden bezüglich Lieferzeiten, so dass sie die Produktverfügbarkeit sicherstellen können. Der Bedarf an einer Produktgruppe kann gleichbleibend, regelmäßig schwankend oder unregelmäßig sein.14 Dies hängt sowohl vom eigentlichen Bestellverhalten der Kunden als auch von der Anzahl Kunden für dieses Produkt ab. Viele Kunden mit regelmäßiger Bestellung ergeben einen ausgeglichenen Bedarf. Regelmäßig schwankende Bedarfe können beispielsweise aus trendmäßigen oder saisonalen Gründen entstehen. Das Bestellverhalten einiger weniger Kunden, welche die Produkte unregelmäßig bestellen, führt zu einem im gesamten unregelmäßigen oder volatilen Bedarfsprofil. Projektgeschäfte sind typische Auslöser für unregelmäßige Ausschläge in einem andernfalls gleichmäßigen Bedarfsprofil, da dabei hohe ungeplante Mengen bestellt werden. Die Reaktionsfähigkeit richtet sich nach den Erwartungen für die Lieferzeiten, welche der Kunde an das Produkt stellt. Die Gegenüberstellung der Reaktionsfähigkeit und dem Bedarfsprofil einer Produktgruppe führt zu folgender Matrix bezüglich Bedarfserfüllung (vgl. Abbildung 4): 14
Bekannt ist diese dreiteilige Kategorisierung unter dem Begriff XYZ-Klassifikation (vgl. Schönsleben, 2004)
231
Anwendungsnahe Beiträge
PlanenȱundȱAusführen: Gleichbleibende Bedarfe mit längeren Lieferzeiten ermöglichen eine relativ einfache Bedarfsplanung. Vorhersagen sind typischerweise zuverlässig, so dass die Lieferanten die Produktion gut planen und die Ressourcen optimieren können beispielsweise durch eine entsprechende Auftragsfertigung. Beispiele bei Hilti dafür sind Dübel oder Nägel.
NachfüllenȱoderȱkontinuierlichesȱAufstocken: Bei einem gleichbleibenden Bedarf gekoppelt mit kurzen Lieferzeiten, eignet sich ein kontinuierlicher Produktfluss. Dieser ermöglicht geringe Lagerbestände und einen hohen Lagerumschlag. Beispiel hierfür sind Medikamente wie Aspirin.
Liefernȱ aufȱ Auftrag: Bei unregelmäßig schwankendem Bedarf sind Vorhersagen schwierig. Alternative Methoden müssen angewendet werden. Bei Serienprodukten können dem Kunden zum Beispiel Teillieferungen zur Verfügung gestellt werden, um den Grundbedarf zu decken. Der Rest kann dann auftragsspezifisch gefertigt werden. Beispiel dafür ist das Schraubengeschäft, bei welchem ein gleichbleibender Bedarf mit dem unregelmäßig schwankenden Bedarf aus dem Projektgeschäft überlagert werden kann.
Abbildungȱ4:ȱ Matrix:ȱReaktionsfähigkeitȱ–ȱBedarfsprofilȱ
KURZE LIEFERZEIT LANGE LIEFERZEIT
Reaktionsfähigkeit
Nachfüllen / kontinuierliches Aufstocken
Liefern auf Auftrag
Projektgeschäft Kontinuierliche Fertigung Bestellspezifische Fertigung
Reaktionsfähigkeit vs. Bedarfsprofil Spezialitäten (Kundenspezifische Produkte) Auftragsfertigung
Bestellspezifische Fertigung
Planen & Ausführen
GLEICHBLEIBEND
Liefern auf Auftrag
REGELMÄSSIG SCHWANKEND
UNREGELMÄSSIG
Bedarfsprofil
Bei spezifischen, auf Kundenwunsch gefertigten Produkten soll die Versorgung durch Auftragsfertigung erfolgen.
232
Global Sourcing Footprint
Im Falle eines unregelmäßig schwankenden Bedarfs sind entsprechende Flexibilität in der Versorgung (z.B. durch Überkapazitäten beim bestehenden Lieferanten oder alternative Lieferquellen mit kurzfristig verfügbaren Kapazitäten) sowie konsolidierte Prognosen erforderlich, um die Marktversorgung sicherstellen zu können. Im Falle eines Projektgeschäfts bestellt der Kunde eine hohe Menge eines bestimmten Produkts, was zu einem Bedarfsausschlag führt. Da diese Produkte üblicherweise Standard- oder Katalogprodukte sind, erwartet der Kunde dieselbe kurze Lieferzeit wie bei seinen üblichen Bestellungen. Wenn sich die Quelle der Produkte weit weg vom Markt oder vom Kunden befindet, könnten entsprechende Lagerbestände gehalten werden, um die Kundenbestellungen auch bei Projektgeschäften mit den erwarteten kurzen Lieferzeiten zu decken. Dies führt jedoch regelmäßig zu hohen sowie auch obsoleten Lagerbeständen, da im Vorfeld nicht bekannt ist, welche Produkte in welchen Mengen benötigt werden. Eine Handlungsalternative ist, die Bestellung der fehlenden Menge zu hohen Kosten per Luftfracht zu liefern. Beide Ansätze beeinflussen die Produktprofitabilität negativ. Eine entsprechende Quelle nahe am Markt ermöglicht die Reduktion von unnötigen Lagerbeständen oder übermäßigen Transportkosten. Im Falle von kundenspezifischen Produkten ist der Bedarf unregelmäßig schwankend, da diese Produkte jeweils für einen spezifischen Zweck gefertigt werden. Aufgrund der Spezifität der Produkte akzeptiert der Kunde üblicherweise längere Lieferzeiten.
5
Global Sourcing Footprint-Prozess
Das Konzept des Globalȱ Sourcingȱ Footprint dient zur Ausarbeitung eines Lieferantenportfolios für jede der einzelnen Produkt- oder Materialgruppen. Basierend auf den drei Phasen von NELLORE & SÖDERQUIST (2000) Klassifizierung, Marktanalyse und Aktionspläne präsentiert sich das folgende Konzept ebenso mit diesen drei Schritten. Die Klassifizierung bildet die Produktgruppe in den drei Portfolios bezüglich Wertdichte, Kostensensitivität und Durchlaufzeit ab. Den Aktionsplänen und Beschaffungsentscheidungen geht eine sorgfältige Berücksichtigung von Restriktionen voraus. Für die Erarbeitung der Materialgruppenstrategie werden Basisdaten als Input benötigt. 1. Klassifizierung Größendegressionseffekte versus Wertdichte a. b. Marktattraktivität versus Wettbewerbsposition c. Reaktionsfähigkeit versus Bedarfsprofil 2. Sourcing Footprint basierend auf Beschaffungs- und Absatzmärkten entwickeln: Ideale Landkarte und gegebene Restriktionen
233
Anwendungsnahe Beiträge
3. Detaillieren des Sourcing Footprints: Lieferanten identifizieren, Beschaffungsstrategie ausarbeiten
Schritt 1a: Wahl der grundsätzlichen Beschaffungsstrategie (Größendegressions-Effekte vs. Wertdichte) Basierend auf der Positionierung der Produktgruppe in der Matrix „Größendegressions-Effekte –ȱ Wertdichte“ kann eine Aussage über die grundsätzlich möglichen Beschaffungsstrategien gemacht werden:
Hohe Wertdichte und starke Größendegressions-Effekte: Welt-Fabrik; mögliches Single Sourcing
Geringe Wertdichten und hohe Größendegressions-Effekte bzw. hohe Wertdichten und geringe Größendegressions-Effekte: regionale Versorgung; Möglichkeit des Multiple Sourcing
Geringe Wertdichten und geringe Synergie-Effekte: lokale Versorgung; Möglichkeit des Multiple Sourcing
Schritt 1b: Berücksichtigen der Kostensensitivität der Produktgruppe (Marktattraktivität vs. Wettbewerbsposition) Die Positionierung der Produktgruppe in der Matrix „Marktattraktivität –ȱ Wettbewerbsposition“ gibt Aufschluss über die Kostensensitivität (vgl. Kapitel 4.2). Bei hoher Kostensensitivität sind die Einschränkungen bei der Auswahl der Lieferantenregion bedeutend grösser. Deshalb sollten die Beschaffungsaktivitäten fokussiert angegangen werden, um den Aufwand zu reduzieren.
Schritt 1c: Sicherstellen der Kundenbedürfnisse bezüglich Produktverfügbarkeit (Reaktionsfähigkeit vs. Bedarfsprofil) Dieser Schritt befasst sich mit der Frage, ob die Kundenbedürfnisse bezüglich Produktverfügbarkeit ohne Sonderaufwand bei der Lagerhaltung oder Distributionslogistik erfüllt werden können unter Berücksichtigung des Bedarfsprofils. Ist dies nicht möglich, muss ein Versorgungs- bzw. Logistikkonzept ausgearbeitet werden. Dies kann beispielsweise ein bewusstes in Kauf nehmen von höheren Transportkosten (z.B. durch Luftfracht) für ungeplante Volumina beinhalten oder die Erhöhung der Lagerbestände mit sich bringen. Im Extremfall kann dies zu einer radikalen Segmentierung der Supply Chain führen, um transaktionale Geschäfte und Projektgeschäfte getrennt zu handhaben. Mehrere Lieferanten für das gleiche Beschaffungsobjekt ermöglichen kürzere Supply Chains und somit kürzere Durchlaufzeiten und Transportkosten, jedoch erhöhen sich die Transaktionskosten und Volumeneffekte verlieren ihren positiven Kosteneinfluss.
234
Global Sourcing Footprint
Schritt 2: Ideale Landkarte und Berücksichtigung von Restriktionen Die erste Landkarte ergibt sich aus der grundsätzlichen Beschaffungsstrategie bezüglich Multiple oder Single Sourcing, der Kostensensitivität und der erlaubten Durchlaufzeit sowie unter Berücksichtigung der zukünftigen Absatzvolumina pro Region. Durch die Information bezüglich Kostensensitivität aus der Matrix „Marktattraktivität –ȱ Wettbewerbsposition“ und hinsichtlich der zulässigen Durchlaufzeit kann bereits eine Eingrenzung der Beschaffungsregion vorgenommen werden, da es bei einer weniger kosten- und lieferzeitsensitiven Produktgruppe einen größeren Spielraum bei der Lieferantensuche gibt als bei einer Produktgruppe mit hoher Kosten- und Durchlaufzeitsensitivität, bei der die Anzahl möglicher Lieferanten zwangsläufig geringer ist. Diese erste Landkarte spiegelt die ideale Situation wider, frei von Restriktionen oder einschränkenden Unternehmensbedingungen. Durch das Berücksichtigen von Restriktionen wird daraus eine realistische Landkarte. Die Restriktionen können verschiedene Ursprünge haben, einige Beispiele (vgl. auch Hurschler, P., 2009) werden in Tabelle 1 aufgeführt. Dadurch wird die Landkarte schrittweise Veränderungen erfahren und eine nächste Genauigkeitsstufe erreicht. Beschaffungsregionen werden gegebenenfalls verschoben oder schrumpfen, oder aber ursprünglich dargestellte Regionen können durch die Berücksichtigung der Restriktionen vollständig verschwinden.
Tabelleȱ1:ȱ
RestriktionenȱgegliedertȱnachȱihrenȱUrsprüngenȱ
(Makro-) Ökonomische oder politische Restriktionen Entwicklung von Währungskursen Handelsbarrieren (Zölle und Tarife) Transportkostenentwicklung Politische Stabilität Versorgungssicherheit von Gütern Verfügbarkeit von Transportmöglichkeiten Rohmaterialverfügbarkeit Monopolistische Gegebenheiten (Patente, Technologien) Strategische materialgruppenspezifische Entscheidungen des Managements Bewusste Entscheidung für gewisse Sourcing Strategien Entscheidungen bezüglich natürlichem Hedging von Währungen Verzicht auf gewisse Materialien
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Anwendungsnahe Beiträge
Risikomanagement Minimierung von Supply-Chain-Unterbrechungen Umgang mit Gefahrenstoffen und Entsorgungssystem (auch öffentliche Infrastruktur) Minimierung des Risikos von Wissenstransfer oder Technologiediffusion (Schutz des geistigen Eigentums) Image und CSR Triple-Bottom-Line15 CSR Engagement Arbeitsbedingungen (Zwangs- oder Kinderarbeit, Überstundenregelungen, Arbeitsplatzsicherheit) Korruptionshäufigkeit und Bestechungsgelder Einhaltung der Menschenrechte
Schritt 3: Detaillieren des Sourcing Footprints Der letzte Schritt bei der Entwicklung des GlobalȱSourcingȱFootprints ist dessen Detaillierung und die Entwicklung von Aktionsplänen. Dieser sehr aufwendige Schritt beinhaltet Identifikation, Bewertung und Auswahl der Lieferanten, welche Teil der zukünftigen Versorgungslandschaft sein werden. Meist ist diese letzte Phase des Sourcing-Prozesses in den Unternehmen bereits detailliert beschrieben oder es kann zumindest auf eine große Auswahl von Literatur zurückgegriffen werden (vgl. Nishiguchi, 1994). Des Weiteren soll der Zeitrahmen zur Umsetzung der zukünftigen Versorgungsstruktur bestimmt werden.
6
Erfolgsfaktoren beim Fallbeispiel Hilti
Die Fallstudie wurde im Unternehmen Hilti AG in Schaan (Lichtenstein) durchgeführt (Bücheler, 2008). Es erzielte im Jahr 2008 mit rund 21.000 Mitarbeitern in mehr als 120 Ländern einen Umsatz von 4,7 Milliarden CHF. Die Hilti AG beliefert die Bauindustrie weltweit mit innovativen Produkten, Systemlösungen und Dienstleistungen. Hilti zeichnet sich aus durch herausragende Innovation, hohe Qualität, direkte Kundenbeziehungen und intensives Marketing. Zwei Drittel der Mitarbeiter sind in den Verkaufsorganisationen und im Engineering unmittelbar für die Kunden tätig. Hilti betreibt eigene Produktionswerke sowie Forschungs- und Entwicklungszentren in Europa und Asien. Hilti ist in einem bedarfsorientierten Umfeld tätig, in dem einer Firma wenig Spielraum bleibt und sie die Belieferung des Marktes unter allen Umständen sicherstellen
15
236
Unter der Triple-Bottom-Line versteht man die Berücksichtigung der drei Dimensionen Ökonomie, Ökologie und Soziales beim Verfolgen der Unternehmensziele.
Global Sourcing Footprint
muss: Der Kunde von Verbrauchsgütern wechselt sofort zum Konkurrenten, wenn sein Lieferant nicht rechtzeitig liefern kann. Die Fallstudie beschränkt sich auf den Geschäftsbereich „Hilti Consumables“. In dieser Geschäftseinheit ist heute weit mehr als 50% des totalen Beschaffungsvolumens Single Sourced. Ein Großteil des Beschaffungsvolumens kommt aus West- und Zentraleuropa, wobei Deutschland, die Schweiz und Österreich 60% davon ausmachen. Die Fallstudie zeigt, wie die relevanten Kriterien in Portfolios eingebracht werden und veranschaulicht den Einsatz dieser Portfolios in einem Prozess bei Beschaffungsentscheidungen: Der Globalȱ Sourcingȱ Footprint berücksichtigt die Marktentwicklung und das Risiko einer Versorgungsunterbrechung und optimiert gleichzeitig die Kosten. Abbildung 5 zeigt die Anwendung des Globalȱ Sourcingȱ Footprints für eine exemplarische Produktgruppe bei Hilti. Die Portfolioanalyse liefert folgende Grundlage für die Landkarten:
Die Produktgruppe weist geringe Größendegressions-Effekte und eine hohe Wertdichte auf, so dass eine regionale Versorgung von Vorteil ist.
Mit einer geringen Marktattraktivität jedoch einer starken eigenen Wettbewerbsposition stuft Hilti die Kostensensitivität als mittelmäßig ein.
Die Produktgruppe erfordert kurze Lieferzeiten, da es Projektgeschäfte mit unregelmäßig schwankendem Bedarfsprofil sind. Die Entwicklung des Global Sourcing Footprints unter Anwendung des beschriebenen Prozesses ist in keiner Weise eine lineare Vorgehensweise: Gegenseitige Abhängigkeiten und Zusammenhänge zwischen Basisdaten, der Materialgruppenstrategie und dem zu entwickelnden Sourcing Footprint erfordern eine kontinuierliche Anpassung und Überprüfung der gemachten Entscheidungen. Neue Informationen, die bei der Ausarbeitung des Sourcing Footprints zusammen kommen, werden direkt in die Basisdaten eingearbeitet und haben wiederum einen Einfluss auf die Materialgruppenstrategie. Sogar bei der Detaillierung des Sourcing Footprints können Aspekte auftreten, welche zu einer weiteren Schlaufe im Prozess führen. Dies kann z. B. bei der Identifikation von möglichen Lieferanten während der Detaillierungsphase geschehen: Existiert ein bestimmter Lieferantentyp für eine Produktgruppe in der entsprechenden Region nicht oder kann er nicht in einem vernünftigen Zeitrahmen auf das entsprechende Niveau gebracht werden, so bildet dies eine neue Restriktion. Dies erfordert wiederum eine Überprüfung des Footprints und führt gegebenenfalls zu dessen Überarbeitung.
237
Anwendungsnahe Beiträge
Abbildungȱ5:ȱ GlobalȱSourcingȱFootprintȱfürȱeineȱProduktgruppeȱbeiȱHiltiȱ
Zudem spielen Totale Kostenbetrachtungen (TCO) bei Hilti eine entscheidende Rolle. Sowohl auf der übergeordneten Ebene des Footprints, wie auch in der Detaillierungsphase ist die TCO-Betrachtung wichtig, um die passenden Lieferanten und eine geeignete Versorgungsstruktur in den ausgewählten Regionen auswählen zu können. Ein weiterer finanzieller Aspekt sind die Opportunitäten, die sich aus natürlichem Hedging für multinationale Unternehmen wie Hilti ergeben. Aspekte des (Supply-Chain-)Risikomanagements behandelt Hilti im unter-nehmensweiten Kontext: Während das Risiko einer Versorgungsunterbrechung mit steigender Anzahl Lieferanten einer Produktgruppe sinkt, erhöht sich der Aufwand für die Lieferantenbetreuung. Zusätzlich berücksichtigt Hilti insbesondere Risiken, welche sich auf die Reputation des Unternehmens auswirken können (z.B. schlechte Arbeitsbedingungen bei Lieferanten, Umweltverschmutzung oder Korruption). Hier greifen die Richtlinien für Risikomanagement des Unternehmens oder für die Beschaffung ausgearbeitete Ethik-Kriterien, welche in einem Supplier Code of Conduct festgehalten werden. Da der Sourcing Footprint die zukünftige Versorgungslandschaft auf der Weltkarte darstellt, fließt dieser als Teil in die globale Materialgruppenstrategie ein und wird mit den zuständigen Gremien abgestimmt. Für die Umsetzung der jeweiligen Footprints
238
Global Sourcing Footprint
müssen dann sowohl die Meilensteine definiert und die für die Umsetzung der neuen Versorgungslandschaft notwendigen Ressourcen geplant werden. Der Global Sourcing Footprint wurde 2008 bei Hilti eingeführt und hat sich bewährt.
7
Schlussbetrachtung: Folgerungen für die Anwendung
Die Herausforderung für Supply Manager ist die Balance von Marktversorgung und Kosten. Deshalb stellt das Risikomanagement von Versorgungsunterbrechungen einen wichtigen Faktor dar. Eine Reihe von Fakten und Trends legt eine Überprüfung bestehender Materialgruppenstrategien nahe und erfordert die Ausarbeitung produktgruppenspezifischer GlobalȱSourcingȱFootprints:
Vorhandenes oder nicht vorhandenes Kostensenkungspotential durch Bündelung von Volumina
Veränderung der Transportkosten Geringerer Kostenvorteil in Niedriglohnländer, verursacht durch die Lohnkostenentwicklung, Inflation, Änderungen bei Zöllen und Tarifen etc.
Starkes Ungleichgewicht bezüglich Einnahmen und Ausgaben in Fremdwährungen
Wertdichte und Transportkostenanteil der Produkte Verfügbarkeit von Lagerplatz Überproportionales Wachstum in gewissen Regionen Veränderte Marktanforderungen bezüglich Flexibilität in der Versorgung und kurzen Lieferzeiten bei Projektgeschäften Die Anwendbarkeit der theoretisch erarbeiteten Portfolios wurde an einer einzelnen Fallstudie geprüft. Das Fallbeispiel ist explorativ und wurde in der ComsumableIndustrie durchgeführt, in der Wertedichte für die Beschaffung entscheidend ist. Je nach Unternehmensstrategie sollten die Portfolio-Achsen anders gewählt werden (vgl. Wagner & Johnson, 2004). Somit sind die in dieser Studie entwickelten Portfolios und Prozesse in anderen Unternehmen mit Anpassungen verwendbar. Damit ergibt sich ein Prozess in drei Schritten für Beschaffungsentscheidungen: 1. Produktanalyse: Portfolios basierend auf Kriterien, die aus der Strategie abgeleitet sind 2. Analyse der Beschaffungs- und Absatzmärkte: Restriktionen 3. Eigene Unternehmensanalyse: Supply Chain, Risiken
239
Anwendungsnahe Beiträge
Die Wiederholung dieser drei definierten Schritte ist für die Kontrolle und Überwachung der Beschaffungsstrategie notwendig. Dabei muss die Datenbasis laufend aktualisiert werden. Die Reihenfolge der Portfolio-Analyse ist nicht entscheidend, vielmehr kommt es darauf an, dass eine Firma präzise Kriterien hat, um Datenüberfluss zu vermeiden. Wie bereits von GELDERMAN & VAN WEELE (2003) angedeutet, gibt es keinen einfachen, standardisierten Plan für die Anwendung von Portfolio-Analysen, es benötigt immer Reflektion der Ergebnisse, kritisches Denken und Erfahrungen im Beschaffungsmanagement.
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SMA – The Supply Market Analysisframework for analysing supply markets within the strategic sourcing process
MaxȱLobermeyerȱandȱProf.ȱDr.ȱHerbertȱKotzabȱ
Abstract Knowledge on the supply market is a vital part of every sourcing process. It facilitates the selection of the correct sourcing strategy and methods by shedding light into market characteristics and an organisation’s position within it. In order to deliver the best possible results, an in-depth knowledge of the supply markets characteristics and an organisations position within them has a big impact on the success of a companies’ procurement initiatives. In recent decades, the scope of supply markets has changed considerably. From local to regional markets, companies nowadays face dispersed supply markets all over the world with considerable dynamics. This increased complexity has raised the demand for more and more complex market knowledge and increased the challenges that procurement specialists face in gathering knowledge and constructing the big picture of a supply market. This article deals with the analysis of supply markets and develops the supply market analysis framework (SMAframework) and shows how the results of the analysis can be used in strategic sourcing initiatives. Furthermore the article presents a research process and the implementation of the framework and process in the corporate procurement department of Coloplast A/S and discusses key learnings.
1
Why analyse supply markets?
Supply market analysis is a vital component of every sourcing process. It facilitates the selection of the correct sourcing strategy and provides a method for a thorough examination of market characteristics. To a large degree, the success of the purchasing processes is dependent on the quality of in-depth knowledge of the supply markets’ characteristics and a companies’ position within them. In recent decades, the scope of supply markets has changed considerably from local to regional markets. Nowadays, companies face dispersed supply markets all over the
Anwendungsnahe Beiträge
world with considerable dynamics. This increased complexity has augmented the demand for the acquisition of supplemental market knowledge and increased the challenges that supply managers’ face in collecting information and constructing the bigger picture of a supply market. Often, a lack of guidance on how to structure such an analysis and to conduct the research processes poses additional uncertainties for the procurement specialist. Based on the body of knowledge on the definitions, topics, ideas, structure and methods for purchasing market analysis, we are able to identify a variety of different perspectives on the topic. This provided the basis on which the authors developed a framework for a supply market analysis (SMA). It considers the existing research and findings on the topic and is aimed to be guidance for supply professionals enabling them to carry out supply market analysis in practice and retrieve conclusions and recommendations for the strategic sourcing process from the analysis. The focus of the developed PMA-framework is to transform the rather abstract existing knowledge by channelling and structuring it into a practically applicable framework that can be used by procurement professionals. In addition the framework itself, the implementation is illustrated and discussed, and key learnings from this process are presented in this paper.
2
The four SMA dimensions
2.1
General overview
The SMA framework has been developed with the aid of the research areas for the analysis of markets that have been identified in the literature.1 An additional literature research on suitable tools to analyse these research areas has been another input factor that has shaped the presented structure. The four dimensions of supply market analysis are shown in Figure 1.
1
248
The authors considered in this analysis are van Weele (2002), Lysons (1996), Leenders & Fearon (1996), Oeldorf & Olfert (2002) and Koppelmann (1998). These have been identified to be opinion-leading in the area of purchasing market analysis.
SMA – The Supply Market Analysis-framework
Figureȱ1:ȱȱ
Theȱdimensionsȱofȱaȱsupplyȱmarketȱanalysisȱ
The SMA framework covers all these topics that are needed a) when a decision maker requires information of a market, b) when a decision maker attempts to understand those facts and c) the market alternatives. All this input is essential for strategic decision making within the sourcing process. Besides from information regarding existing and new markets as well as products, the decision maker also needs information about the supplier markets. A supply market is not only limited to a set of suppliers in a defined geographical area which is covered in dimension one. In order to facilitate a more dynamic analysis, it must also include the product itself (see dimension two), and needs to capture changes and trends at the product level. The third dimension covers the examination of new markets, which can be new geographic sourcing locations or markets, or even alternative products. These three dimensions define the attractiveness of a market for the company. It is contrasted by the fourth dimension ‘buyer market’, which analyses the attractiveness of a potential supplier organisation. In order to carry out a supply market analysis in the structure stated above, different tools have to be used by procurement professionals. In the following chapter, a method to approach the information gathering for each research area is presented.
249
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2.2
Dimension 1: Characteristics of existing markets and their influencing factors
The first research dimension covers all existingȱ supplyȱ markets. By analysing key suppliers, their external as well as market environment, and the supply and demand characteristics, it is ensured that all market-shaping factors are considered. The evaluation of the keyȱ suppliers in a market aims at developing a broad picture of the main players and the power relations in a market. Besides key company information, the strengths and weaknesses of the companies relative to each other have to be investigated. The focus is placed on supplier performance (quality, delivery, price and service level), their financial situation and technological capabilities. The number of firms to be analysed is determined so that it depicts an adequate representative picture of the market. An in-depth knowledge of the relevant market players broadens general market knowledge. In the next step, an externalȱanalysis of the market or markets in scope is conducted in accordance to Hitt et al. (2000). The external environment has considerable impact on a sourcing market. The rules and regulations of local governments, funding for developing technologies and infrastructure, socio-cultural characteristics, as well as the political and economical stability of a market, play vital roles in market risk assessments. From the supply market perspective, the approach is holistic and requires identifying the characteristics and trends that can directly or indirectly have an influence on the supply market. Especially for companies handling supplier risk management, wellfounded knowledge about the external environment is used to judge the fundamental risks in different geographic sourcing markets. When evaluating supplier markets, another research area is the industryȱ environment. In comparison to the external environment, the industry environment has a greater and more direct effect on a purchasing market. In this context, three of Porters five forces (Porter, 1980) are used for analysis: the rivalry amongst firms, the threat of new entrants and the bargaining power of suppliers. The rivalry amongst firms is influenced by several factors: the number of competitors, the level of industry growth, level of fixed and storage costs, switching costs, as well as product differentiation. Furthermore, the order situation in the industry and the eventual competition for input factors are considered. The threat of new entrants is evaluated with the help of a review of a market’s economies of scale, product differentiation, capital requirements needed to enter the market, and the switching costs of buyers between different suppliers. Access to distribution channels and government policies influence the likelihood of new entrants into a supplier market. The bargaining power of suppliers manifests itself especially in regard to the degree of how they are able to set prices, and dictate quality or service levels. Therefore, the indicators around this issue are the number of companies in a market, availability of substitute products, and the importance of the customer.
250
SMA – The Supply Market Analysis-framework
A third important input for the analysis of supplier markets is a supplyȱ andȱ demandȱ analysis. An assessment of the current and future supply of the product in scope is aligned with a picture of the current demand side and a future outlook regarding its development from a market perspective. Table 1 shows the criteria that have to be considered on both sides (inspired by Koppelmann, 1998).
Tableȱ1:ȱ
2.3
CriteriaȱforȱSupplyȱandȱDemandȱAnalysisȱ Demand-specific criteria
Supply-specific criteria
Price significance Quantity significance Demand consistency Demand urgency Demand structure
Supply structure Price stability Fluctuation of supply Supply structure Supply distance
Dimension 2: Influence of the product itself on the supply market characteristics
This dimension covers information to the products that are sourced. It aims at investigating the factors that influence the price, performance or characteristics of the products itself. These factors are very important for the analysis since they influence the whole sourcing process. The scope of this research dimension is to generate and document general knowledge about the product, how prices are formed and the influencing factors concerning quality and material developments. Additionally, the procurement professional should examine trends that emerge in different areas, and how these might influence the product and its future development. The dimension is divided into three research areas: cost-price structure and price trends; technological-, material- and service-developments, as well as quality developments. The costȬpriceȬstructure is analysed to identify the cost-drivers of the product to be purchased. By combining cost with a price analysis, the procurement specialist is able to develop in depth knowledge about the product by identifying the main cost components and the factors that have an influence on them and compare to the pricing structure to choose the right sourcing strategies and argumentation tactics. The cost analysis should focus on the relationship of direct and indirect costs on the product and the most important direct cost factors. This gives a picture about the influence of single item cost developments and investment structures of the supplier on the product. An examination of the anticipated trends that these factors may confront, gives an indication about future price developments.
251
Anwendungsnahe Beiträge
The price structure analysis identifies the different aspects that determine the actual price of product and are usually determined by a variety of factors (see e.g. Monczka et al., 1998):
Competitive market structure Economic conditions Buyer versus supplier market leverage Type of product Cost structure of supplier Purchase volumes and quantity discounts Buyer and supplier relationship Combining the cost and the price structure gives a picture of the area of conflict the supply market is facing, for example which cost factors do suppliers have and how are the products priced in order to cover these costs, and how do they correspond to fluctuations and disruptions. The research area technologicalȬ,ȱmaterialȬȱandȱserviceȬdevelopments focuses on the analysis of product innovation. This is achieved by investigating innovations in the marketplace concerning the product’s technological and service levels or even other advancements, and documenting the ‘best in class’ with the objective of forecasting for future developments. Knowledge about the time-to-market and the effect on the existing supply market is valuable information. The research area of qualityȱdevelopments identifies the main quality determinants of a product and relates them to the costs analysis. If there are remarkable trends, they are evaluated in respect to their effect on the supply market. Especially for quality developments, the quality assessments carried out on the existing supplier base is a good source of information. Changing quality levels may have a significant impact on the existing market since this may cause changes in the prices of the existing quality grades of a product.
2.4
Dimension 3: Search for potential new markets
The research dimension ‘new markets’ focuses on alternative products and geographic sourcing alternatives. It ensures that the procurement specialists not only considers the current sourcing setup and products, but is continually vigilant for alternatives. These can be found either as substitute materials and products, or geographic sourcing markets. Alternativeȱgeographicȱsourcingȱmarkets have come into focus as the sourcing of products and services has become increasingly international, especially as there is hardly a
252
SMA – The Supply Market Analysis-framework
company that does not face increasing opportunities, but also the complexities of international purchasing. Utilising these opportunities obviously depends on the degree of organisational development concerning international or global purchasing and the scope of the sourcing project. In a more advanced and international operating environment, it would be relatively natural and easy to investigate and implement international suppliers than it would for others. Alternatives to the current geographic sourcing setup to leverage a company’s possibilities have to be considered by many companies to ensure the right price levels. By investigating possible alternativeȱ materialsȱ orȱ products to the current products, the researcher is engaged in the search for other products or materials that may be in scope for the supply that can either substitute or supplement the originally sourced product. With the help of a clear-cut picture about the existence of substitutes and which obstacles there may be towards these alternatives, the researcher can develop according sourcing strategies and investigate these alternatives further.
2.5
Dimension 4: Attractiveness of the own organisation to the market
The research area buyerȱmarketȱapproaches a supplier market from another perspective. The attractiveness of the buyer to the market is determined by the characteristics of others buyers in the market relative to those of the own organisation and buying competition in a market. The comparisonȱofȱotherȱbuyersȱinȱtheȱmarket covers facts on purchasing volumes, switching costs to different products, as well as the degree of differentiation within the market. Also the possibilities and trends for forward and backward integration should be considered. The evaluation of these factors is achieved in relation to overall market characteristics and set into perspective against the own organisation. To identify buyingȱ competition, the procurement specialist compares the results of the antecedent analysis regarding demanded volumes and organisational characteristics to the supply situation of the product. The level of supply can be influenced by general production capacity constraints to production vulnerability. Changes or disruptions in supply may either lead to sharp price increases during shortage periods or even to worse situations where an organisation faces supply stops. Such eventualities influence the buying competition in a market as every buying organisation tries to ensure supply by leveraging their buying power. Usually, high buying competition increases the general price level. By identifying the level of competition in a market analysis, the buyer can develop strategic initiatives to handle the situation and develop risk mitigation plans in an early stage of the sourcing process. With the help of the proposed analysis framework, a procurement specialist is able to investigate a broad base of market information in a structured way. This set of market
253
Anwendungsnahe Beiträge
knowledge is further used to determine the position of the organisation in the purchasing market in scope. With the help of a decision calculus the information is further evaluated and visualised in comprehensive way.
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Analysis process and visualisation of the supply market analysis
The preceding chapter introduced various aspects of the supply market. The information gathered creates a detailed picture of the supply market in scope. The visualisation of relationships with the help of portfolio models is very powerful since only two dimensions are used to visualise the collected information. This simplification is often seen as one of the biggest strengths of the model as it improves comprehensibility and communicability. Since the supply market analysis framework is supposed to, among other things, enhance and ease communication within the sourcing process and with stakeholders, a visualisation of the research findings with the help of a portfolio model is a suitable tool. The two dimensions to condense the information and make it more tangible are: market favourability to the buying organisation and the buyer’s attractiveness to the market. Marketȱ favourabilityȱ toȱ buyerȱ illustrates the market conditions and characteristics that have been investigated in the analysis and relate them to the level of favourability for the purchasing organisation. Differing market conditions imply different levels of favourability to the buyer and thereby influences strategic sourcing decisions. The attractivenessȱofȱtheȱbuyerȱtoȱtheȱmarket is determined by the own organisation’s characteristics on the one hand, and the buying community on the other. By positioning these two factors into a relationship, the attractiveness of the buying organisation to the market is determined. With the help of a weighting and aggregation process, the evaluations from the research areas are related to either of the two dimensions. In order to process the information gathered, the analyst has to elevate it to another level. Market characteristics have been viewed in isolation for data collection purposes. In reality, they often interact and dependencies are evident. To further the process, these links have to be identified and included in the analysis. The conclusions have to be rated towards their favourability regarding the buyer or market on a scale from one to five for either of the visualisation dimensions where one corresponds to “very unfavourable / very low” and five to “very favourable / very high”.ȱIn the end of the rating process, every research area has received a rating that corresponds to the procurement specialist’s evaluation. To be visualised, these ratings are weighted and aggregated. Weighting the influence of each research area towards their influence is another important task. In the weighting procedure, the relative importance of one research area
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SMA – The Supply Market Analysis-framework
over the other is determined to pay tribute to the fact that not all research areas have an equally high influence on shaping a supply market’s characteristics. A standard weighting of the research areas is not feasible. After the analysis, the procurement specialist has gained sufficiently deep insight into the market and is able to define a weighting system. By weighting the areas, the level of influence of the research areas on the dimension is specified. Due to the various characteristics supply markets can have, the importance of the different areas varies from market to market. It is therefore an integral part of the analysis to determine relative importance. The weighting scheme is a very important determinant in the visualisation process that has to be carried out carefully. It is illustrated for the dimension ‘market favourability to the buyer’ in Figure 2.
Figureȱ2:ȱȱ
Weightingȱofȱtheȱmarketȱfavourabilityȱtoȱbuyerȱ
The results of these calculation schemes are aggregated into two numbers that express the marketȱfavourabilityȱtoȱtheȱbuyer on the one hand, and theȱattractivenessȱofȱtheȱbuyerȱtoȱ theȱmarket on the other. These two dimensions are used in the matrix visualisation as xand y-axis for visualisation. The two values resulting from the calculation are plotted into the matrix as shown in Figure 3.
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Anwendungsnahe Beiträge
Figureȱ3:ȱȱ
SupplyȱMarketȱAnalysisȱMatrixȱ
The matrix visualises the two main factors that determine the sourcing strategy and method in a sourcing process: on the one side the market characteristics and their influence on the situation and on the other side the own organisation and its characteristics in a buyer market. The matrix can be divided into four quadrants that correspond to a special situation the procurement specialist sees the market to be in. The analysis is based on a broad range of qualitative factors so that a position in a matrix should always be seen in the context of the underlying information. Nevertheless, the division can help to define the right sourcing strategies by relating them to different approaches towards sourcing strategies:
Manage: Manage the suppliers to minimise impact of market conditions and change internal demand to improve own attractiveness.
Optimise: Increase internal optimisation to increase attractiveness to the market. Collaborate: Team up with the supplier to set up win-win collaborations that improve one’s own position on the buyer market
Leverage: utilise one’s position and market favourability for best sourcing results. The supply market analysis is a very powerful tool to collect and process supply market knowledge by transforming it into a structure that delivers real benefits for sourcing projects. Since a matrix visualisation is easy to grasp it can be easily used for stakeholder communication and therefore support the alignment of the sourcing project with its external environment. Furthermore, the procurement specialist is supported in choosing the right sourcing strategies since the visualisation shows where to
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SMA – The Supply Market Analysis-framework
start initiatives to utilise the market characteristics and the buyer market to the his own benefit.
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Analysing supply markets in practice
Analysing supply markets is a three-step process as Figure 4 illustrates. A well-defined process eases the applicability for procurement professionals and enhances the quality of the analysis. It starts with the data collection and documentation, followed by the rating and aggregation process, and finally the visualisation and conclusion. The process shown here has been implemented as a standard process in a Danish medicaldevice producing company, Coloplast A/S, in the corporate procurement function.2
Figureȱ4:ȱȱ
Researchȱprocessȱforȱsupplyȱmarketȱanalysisȱ
In the corporate procurement department at Coloplast A/S, every category manager prepares a yearly categoryȱactivityȱplan. This plan is a working tool for the category in question and a management information system supporting strategic decisionmaking. It includes information about demand management, supplier and contract management, a stakeholder overview and communication plan as well as a supply market analysis for the category in scope. On basis of this input, a category strategy and recommendations for its implementation are presented. This detailed market analysis is used as a basis that is adjusted to subcategory levels for each sourcing project. In practice, this means that there is a strong base of supply market intelligence about a sourcing category that is communicated to and approved by management. 2
Coloplast A/S develops, manufactures and markets medical devices and services in three business areas: ostomy care, urology and continence care and wound and skincare. The company produces and sells its products globally and has around 7,350 employees and a yearly turnover of around 1,19 billion EUR (financial year 08/09). The corporate procurement function is based in the headquarters in Denmark with international procurement offices in China, the U.S.A., Germany and Hungary. See also www.coloplast.com
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Anwendungsnahe Beiträge
This base analysis is then supplemented and adjusted case-by-case for sourcing projects. The three-step research process has been implemented to be an integral part of the category activity plan preparation and is explained in this chapter.
Data collection and documentation In the first step, data is collected and documented. The quality of this step has got a very high impact on the overall trustworthiness and therewith applicability of the analysis. For the implementation at Coloplast it has been decided to support the process with strong guidance on different levels for the researcher: with the help of templates and a research manual. For each of the research areas presented, a template has been developed in which the analyst documents findings, assumptions, sources and conclusions. By supplying this fixed structure a high quality of data is ensured as the researcher is encouraged to document his findings and therewith increase the transparency of the process. A research manual supplements the templates. It contains several topics that enhance the quality of the research further:
An introduction and purpose of the research area. It explains the background of the research area and its purpose within the analysis. It ensures that the procurement specialist has got the right understanding of the required analysis from the start to minimise irritation.
A collection of best-practice tools and structures for analysis. This overview eases the access to methods tackling the analysis from the right angles. This support ensures research excellence by supplying the right tools for analysis. The focus is on supplying structures rather than ready-made solutions to pay tribute to the diversity of markets to be analysed and market conditions faced by the procurement specialist.
A set of guiding questions. These questions are aimed at getting the researcher started on the analysis. Especially when talking to procurement specialists it became apparent that the access to the different research areas might be challenging. The questions are a way to naturally make the procurement specialist think and ease the access to the topic. The research manual plays an integral role in the processes, as it is a vital key to a valid and utilisable analysis of the supply markets. Together with the templates they ensure the highest possible reliability of the analysis as they help to structure and execute the analysis. Internal evaluation at Coloplast has shown that this guidance is valued a lot by the procurement specialists. It is not only the quality of the work that is improved but also the time-consumption of the analysis process is minimised as the time used to setup and conduct the research is optimised.
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SMA – The Supply Market Analysis-framework
Rating and aggregation After the analyst has gone through the data collection and documentation process he has gained deep insight into the market to evaluate the impact of the different research areas on the supply market characteristics and the own position in the buyer market. The rating should be based on the level of impact on the market in scope whereas the weighting determines the importance of the research areas relative to each other. As different supply markets have different emphasis, the procurement specialist has to go through the process of determining these figures himself. This process can be timeconsuming and the evaluation in Coloplast has shown that there is some uncertainty towards the rating and weighting process. In order to overcome this uncertainty during the analysis, several measures have been taken in the implemented process. The rating and aggregation process is supported by additional information and guidance. The calculation scheme that has been presented earlier has been transformed into a spreadsheet that calculates the aggregates scores on basis of rating weight of each research area. The researcher only needs to enter the rating and weighting factor for each research area into the file. It results in the two values for marketȱfavourability and buyerȱattractiveness. These values are then automatically plotted into the supply market analysis matrix. Additionally to the calculation model a research manual supports the process. It explains the scale for rating and the background behind the weighting model. Goal of the manual is to familiarise the procurement specialist with the calculation model and to make clear which impact the rating and weighting has got on the result. As the distribution of values has got a very high impact on the result, it is inevitable for the procurement specialist to understand the rating system and the calculation system in order to generate valid results. With this transparency it is ensured that the rating and weighting with the intended meaning is chosen and therewith the quality of the analysis is ensured.
Visualisation and conclusion The third step of the process, visualisation and conclusion can be seen is the central and aggregated outcome of the whole analysis process. The corporate procurement department of Coloplast demanded an easy-to-grasp and high-level result of the analysis. This should be usable for stakeholder communication as well as procurement internal documentation. To conform to this demand, the result of the supply market analysis is shown in three parts:
Supply market analysis matrix Key findings from the analysis Conclusions and recommendations for the strategic sourcing process The supply market analysis matrix gives an aggregated overview about the distribution of market power. This is supplemented by key facts that have emerged from the
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Anwendungsnahe Beiträge
analysis to feed some more details to the visualisation matrix. As a third part, the concrete conclusions from the analysis and recommendations for the strategic sourcing initiative are given. The recommendations are ideally laying out suitable sourcing approaches and give an indication of how the market situation can be utilised most favourable for the own organisation. The visualisation and conclusion part of the supply market analysis process is regarded to be the front-end outcome of the analysis. The collection, documentation and calculation are seen to be the back-office of the analysis. This ensures that a strong research process can be communicated comprehensively without losing the research quality in the process.
Experience and key learning from implementation The implementation has been carried out before the kick-off meeting for the yearly categoryȱactivityȱplanningȱcycleȱin Coloplast. The new supply market analysis had previously been presented to management in the procurement department to ensure commitment towards the new analysis tool. It has then been included in the standard process for category activity planning for the next year. Every category manager has to deliver a yearly plan for the management. Due to the extensiveness of the work for the analysis this situation has clearly had a positive impact on the change management process within the department. The analysis process can be complex and time-consuming. When putting an analysis as the presented into practice, it has to be assured that the procurement professionals are capable of conducting it with an adequate input of time and resources. During several training sessions the framework and all parts were presented in theory. In order to ensure that also procurement specialists with a more practical background fully understand the framework and process a real-world example has been discussed in small groups. This has proven to be a facilitator for the implementation. During the sessions the theoretical framework has been applied and the participants have been able to think-through the supply market analysis. Discussing the process and findings in small groups and later in a bigger plenum has increased the confidence and openness towards the new process considerably. It has also proved to be important to address the issues of quality of the research and the impact it has on the whole business. Research is a time-consuming work and is not valued highly by all individuals. Showing that the effort put into the research pays off into well-founded decisions and a very good tool to back-up further decisions has increased the willingness of the category managers to invest their resources into supply market analysis. For the future it is necessary to follow-up on the process and the quality of the work. In Coloplast this is done by offering introduction/refresh courses on the framework not only to new employees but also to existing employees. Furthermore, a clear com-
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mitment from the management in the department helps to keep focus on the framework. A regular evaluation and adjustment of the supply market analysis tool will ensure that it follows changing demands of its users.
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Utilise supply market intelligence to support the right business decisions
ȱ “TheȱimplementationȱofȱtheȱnewȱanalysisȱframeworkȱimprovesȱColoplast’sȱsupplyȱmarketȱintelȬ ligenceȱconsiderablyȱbyȱgivingȱtheȱcategoryȱmanagersȱaȱtoolȱthatȱreducesȱprocessȱuncertaintiesȱ whileȱincreasingȱtheȱresearchȱefficiency.ȱItȱensuresȱthatȱweȱhaveȱtheȱrightȱinformationȱtoȱtakeȱtheȱ rightȱdecisionsȱtoȱsupportȱourȱbusiness”.ȱȱ JesperȱM.ȱKalenberg,ȱViceȱPresidentȱofȱCorporateȱProcurementȱatȱColoplastȱA/Sȱ
Typical procurement organisations include employees with a high level of specialist knowledge. Even though market information is often available, there is no guarantee that executives and managers will put it to good use. In more and more differentiated and dispersed market environments, a strong analysis structure ensures that all relevant viewpoints of a market are taken into consideration and that the existing knowledge is facilitated and supplemented, and adjusted to changing market characteristics. The supply market analysis is a structured approach to accumulate the knowledge needed about the markets an organisation is buying in. The structure and the process of the analysis ensure a high quality of data while the support manuals ensure the user-friendliness for the procurement specialist and increase efficiency. Feedback on the implemented processes in Coloplast A/S has shown that the uncertainty towards market analysis and its ease of use have improved considerably with the SMA approach. The following issues have specifically lead to improvements on market knowledge and its utilisation:
The time that has been spend for research on supply market analysis has been used more effectively due to more guidance in the process as the support manuals make certain ease of use for the procurement specialist and increase efficiency.
The quality of market analysis data has improved as the structure and the process ensure a high quality of data.
Procurement professionals as well as management are more confident in the findings of the analysis as data as quality has improved and the documentation has increased the comprehensibility of the information.
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Anwendungsnahe Beiträge
Stakeholder communication has been eased and acceptance in the wider organisation has improved. The matrix visualises complex market conditions with the help of dimensions that are easily graspable by different stakeholder groups. From the results of the analysis the procurement professional can determine the right sourcing approaches and ensuring that all relevant information has been taken into consideration to optimally leverage market conditions.
Bibliography Hitt, M. A., Ireland, R. D., & Hoskisson, R. E. (2000). Strategic Management: Competitiveness and Globalization. South-Western. Koppelmann, U. (1998). Procurement marketing: A strategic concept. Berlin: SpringerVerlag, Bundesverband Materialwirtschaft, Einkauf und Logistik. Lysons, K. (1996). Purchasing (fourth ed. ed.). London: Pitman Publishing. Leenders, M. R. & Fearon, H. E. (1997). Purchasing and supply management (11. ed ed.). Chicago: Irwin. Monczka, R. M., Trent, R. J., & Handfield, R. B. (1998). Purchasing and supply chain management. Cincinnati, Ohio: South-Western College Publishing. Oeldorf, G. & Olfert, K. (2002). Materialwirtschaft. 10th ed., Ludwigshafen (Rhein): Kiehl. Porter, M. E. (1980). Competitive Strategy: Techniques for Analyzing Industries and Competitors. The Free Press. Smock, D. A., Rudzkj, R. A., & Stephen C. R. (2007). Sourcing Strategy – The Brains Behind the Game. Supply Chain Management Review, 11(4), 42-48. van Weele, A. J. (2002). Purchasing and supply chain management: Analysis, planning and practice (3rd ed ed.). Australia, London: Thomson Learning.
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Unternehmensübergreifende Bestandsallokation mittels softwarebasierter Multiagenten-Systeme
Prof.ȱDr.ȱHansȬDietrichȱHaasis,ȱFalkoȱZimmermannȱundȱMarcoȱPlögerȱȱ
Abstract Die mehrdimensionale Problematik der korrekten Bestandsmenge stellt besonders kleine und mittelständische Unternehmen (KMU) vor bedeutende Herausforderungen. Dies gilt insbesondere in einem Marktumfeld, welches eine hohe Dynamik aufweist. Eine Flexibilisierung der Bestände ist für das einzelne Unternehmen kaum zu erzielen, daher wird ein Zusammenschluss mehrerer KMU mit einem gemeinsamen Bestandspool und Ausgleichslieferungen (Transshipments) vorgeschlagen. Die Steuerung dieser verteilten Bestände zeichnet sich durch eine hohe Komplexität aus. In diesem Zusammenhang wird ein softwarebasiertes Multiagenten-System vorgestellt, das eine robuste und effiziente Entscheidungsunterstützung zur dynamischen Bestandsallokation in Unternehmensnetzwerken bietet. Der Beitrag entwickelt die Architektur eines softwarebasierten Multiagenten-Systems zur dezentralen Koordination verteilter Systeme und zeigt Implementierungsmöglichkeiten in einem mittelständischen Unternehmensverbund auf.
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Bestandsallokation im dynamischen Umfeld
Eine effiziente Bestandshaltung stellt ein Kernproblem der Materialwirtschaft dar. Die Bestandsproblematik bewegt sich dabei immer in einem mehrdimensionalen Spannungsfeld: möglichst große Bestellmengen zur Erzielung von Vorteilen bei Einkaufskonditionen, Bestandssenkung zur Minimierung des gebundenen Kapitals und hohe Bestände, um eine hohe Lieferbereitschaft zu gewährleisten. Für kleinere und mittlere Unternehmen (KMU) ist die Bestandssituation dabei von besonderer Bedeutung, da der Anteil der Bestände am Vermögen des Unternehmens besonders hoch ist. In Deutschland liegt der Anteil der Vorräte am Gesamtvermögen des Unternehmens bei Firmen mit bis zu 2 Millionen Euro Umsatz p. a. bei 16,2%; bei Unternehmen mit bis zu 10 Millionen Euro Umsatz p. a. sind es 25,6% (Deutsche Bundesbank, 2007).
Anwendungsnahe Beiträge
Die Bedeutung von Beständen steigt in einem dynamischen Geschäftsumfeld, das sich durch eine schnelle Abfolge von Hochkonjunkturphasen und Absatzkrisen auszeichnet, weiter an, da die Bestandsentwicklung durch eine gewisse Trägheit gekennzeichnet ist. Bestandsreichweiten können nicht nach Belieben erhöht oder gesenkt werden, da hier externe Einflussfaktoren auf dem Beschaffungs- und Absatzmarkt berücksichtigt werden müssen. Daher stellt die Flexibilisierung der Bestände eine wichtige Zielsetzung dar. Diese lassen sich jedoch nicht losgelöst vom Rest des Unternehmens flexibilisieren, sondern erfordern auch Flexibilisierungen im Logistiksystem. KMU sind also gefordert, Bewältigungsstrategien zu entwickeln, um ihre internen Logistiksysteme (z.B. Disposition) der externen Marktdynamik (z.B. Absatzschwankungen) reibungslos anpassen zu können (Haasis, 2009, S. 17). Ohne eine dynamische Handhabung der Vorratshaltung kommen die negativen Effekte von zu hohen Beständen gerade in der Krise noch stärker zur Wirkung. Denn es ist zu bedenken, dass Bestände nicht nur indirekte Zinskosten für gebundenes Fremdkapital und eine verringerte Liquidität bedeuten, sondern auch direkte Kosten in Form von Abschreibungen (wegen Unverkäuflichkeit veralteter Bestände, Schwund und Verlust) verursachen. Für das einzelne KMU ist eine flexible Bestandsführung jedoch schwierig, da es regelmäßig an der notwendigen Infrastruktur für fortlaufende Detailplanungen fehlt. Eine Kooperation mit anderen KMU bietet sich an dieser Stelle an, um bspw. durch Bestandspooling Kosten zu senken und Bestände zu flexibilisieren. Durch die Kooperation lassen sich Synergien erzeugen, die so den tendenziell schlechten Bedingungen hinsichtlich einer knappen Eigenkapitalausstattung und begrenzten Möglichkeiten der Fremdfinanzierung von KMU entgegen wirken. Das Bestandspooling soll dabei nicht durch lokale Konzentration erfolgen, sondern die Bestände in einem gemeinsamen virtuellen Zentrallager zusammengefasst werden. Dies erfordert bei Bedarf Ausgleichslieferungen zwischen den verschiedenen Lagerstandorten (Transshipments). Durch das Konsolidieren der Bestände – vor allem der Sicherheitsbestände – kann eine Bestandsreduktion erzielt werden. Die Koordination von gemeinsamen Beständen ist eine organisatorisch schwierige Aufgabe, vor allem wenn die Bestände nicht zentral an einem Ort, sondern dezentral vorgehalten werden. Die manuelle Disposition der Bestände und Transshipments in Netzwerken ist impraktikabel. Daher soll ein softwarebasiertes Multiagenten-System (MAS) diese Aufgabe übernehmen. MAS eignen sich aufgrund ihrer dezentralen Struktur besonders, um solche verteilten Problemstellungen zu bewältigen, deren Lösung durch global optimierende Algorithmen oftmals unter Laufzeitgesichtspunkten ineffizient oder unmöglich ist (zur NP-harten Komplexität dynamischer Transshipmentprobleme vgl. Herer/Tzur, 2001, S. 388).
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Bestandsallokation mittels software-basierter Multiagenten-Systeme
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Beitrag von Multiagenten-Systemen zur Komplexitätsbewältigung
Der Begriff Agent wird in einer Vielzahl von Zusammenhängen verwendet. Im Rahmen dieses Beitrags bezieht er sich ausschließlich auf Softwareprogramme als Ansatz der verteilten künstlichen Intelligenz. Der Agentenbegriff ist bisher nicht einheitlich definiert (Wooldridge, 2008, S. 15), trotzdem werden an dieser Stelle zwei weitverbreitete Definitionen erläutert, um eine klare Begriffsabgrenzung vorzunehmen. Da keine allgemeingültige Definition zur Verfügung steht, werden häufig die Eigenschaften, die einen Agenten auszeichnen, herangezogen, um den Begriff zu definieren. Weit verbreitet aufgrund ihrer Kompaktheit ist die Definition von Wooldridge und Jennings, die einem Agenten die Eigenschaften Autonomie, Soziale Fähigkeit, Reaktivität und Pro-Aktivität zuschreiben (Wooldridge/Jennings, 1995, S. 116 ff.). Diese absichtlich einfach gehaltene Definition unterscheidet nicht zwischen zwingend notwendigen und optionalen Eigenschaften eines Agenten. Lockemann (2006, S. 21 ff.) hat basierend auf Arbeiten von Wooldridge eine differenziertere Definition erarbeitet. Ein Agent ist demnach ein Softwareprogramm, das in eine Umwelt eingebettet ist, welche es wahrnehmen und beeinflussen kann. Das Programm ist gekapselt und fähig, autonom Aktionen durchzuführen. Die Handlungen des Agenten werden dabei von den Zielen des einzelnen Agenten bestimmt. Dies sind die Eigenschaften, die ein Programm unbedingt erfüllen muss, um die Bezeichnung Agent zu rechtfertigen. Die Autonomie und Zielverfolgung sind dabei die entscheidenden Punkte, die einen Agenten von einer objektorientierten Programmierung unterscheiden. Die Gemeinsamkeit von Objekten der objektorientierten Programmierung und Agenten in Multiagenten-Systemen liegt darin, dass beide nach definierten Regeln oder unter Rückgriff auf wohlstrukturierte Methoden nach Ansprachen bzw. Aufrufen zurückgreifen. Weiterhin sind sowohl Agenten als auch Objekte gekapselte Einheiten. Der entscheidende Unterschied liegt jedoch im Methodenzugriff. Um den Zugriff auf eine Methode eines Objektes zu ermöglichen, muss diese öffentlich sein. Der Zugriff auf diese öffentliche Methode ist durch das Objekt nicht steuerbar (Dangelmeier/Pape/Rüther, 2004, S. 29 f). Der Agent weist im Gegensatz dazu keine öffentliche Methoden auf und kann frei und flexibel entscheiden, ob ein Service angeboten wird oder nicht (Moyaux/Chaib-draa/ D’Amours, 2006, S. 8). Diese Flexibilität ermöglicht es Agenten grundsätzlich auch, in nicht deterministischen Umwelten zu bestehen. Darüber hinaus müssen sie jedoch noch weitere Eigenschaften aufweisen. Diese so genannten intelligenten Agenten können auf ihre Umwelt reagieren und sie erzielen einen Ausgleich hinsichtlich reaktivem und zielgerichtetem Verhalten. Weiterhin können sie pro-aktiv ihre Ziele verfolgen, ergreifen also eigenständig die Initiative. Schließlich weisen sie soziale Fähigkeiten auf, die es ihnen ermöglichen, mit anderen Agenten zu kommunizieren.
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Anwendungsnahe Beiträge
In einem Zusammenschluss mehrerer Agenten zu einem Mulitagenten-System (MAS) ist es möglich, dass verschiedene Agenten mit unterschiedlichen Fähigkeiten und Aufgaben miteinander interagieren. Die Kommunikation und Koordination der Agenten untereinander ermöglicht das Lösen von komplexen Problemstellungen. Als Koordinationsform wird häufig das Contract Net Protocol verwendet (Smith, 1980, S. 1106 ff.). Hierbei handelt es sich um ein Verhandlungsprotokoll bei dem verschiedene Agenten miteinander Kontrakte abschließen und so ihr Verhalten untereinander abstimmen. Die Agenten können autonom entscheiden, ob sie ein Kontraktangebot annehmen oder zu Gunsten eines besseren Angebots ablehnen. Auf diesem Weg kann eine dynamische Ressourcenverteilung vorgenommen werden, die einem marktwirtschaftlichen Koordinierungsmechanismus ähnelt. Die Anwendung von Auktionsansätzen bietet den Vorteil, dass diese bewährte Instrumente zur dezentralen Koordination arbeitsteiliger Probleme darstellen und diese zudem transparent wie effizient sind (Zelewski, 1998, S. 153). Die Koordination eines MAS erfordert auch die informationstechnische Abwicklung der Kommunikation von Agenten untereinander. Es lassen sich grundsätzlich drei verschiedene Kommunikationsformen unterscheiden (Eymann, 2003, S. 56 f.; Lockemann, 2006, S. 36). Die Auswahl des Kommunikationsprotokolls ist neben den Vorund Nachteilen des jeweiligen Protokolls auch immer abhängig von der Struktur des Agentensystems.
Broadcast-Kommunikation: Hier werden sämtliche Nachrichten an alle Agenten versandt. Hierdurch werden alle Agenten auf den gleichen Informationsstand gebracht, allerdings ist in räumlich verteilten Konstellationen ein hoher Datendurchsatz für den Nachrichtenaustausch (Traffic) zu erwarten.
Direkte Kommunikation: Es werden Nachrichten jeweils zwischen zwei Agenten ausgetauscht. Hierzu sind direkte Verbindungen mit dezidierten Netzwerkadressen erforderlich, welche als Broadcast an alle Agenten übertragen werden oder in einer zentralen Steuerinstanz vorliegen.
Blackboards: Ein zentraler Speicher bietet eine Plattform, auf der Agenten Nachrichten schreiben und auslesen können. Ergänzend können Filter beim Auslesen verwendet werden. Blackboards können beispielsweise in Auktionen Verhandlungsergebnisse (wie Preise für Leistungsaustausch zwischen Agenten) wie in einem Katalog offen legen. Der Vorteil von Blackboards liegt in der Bereitstellung aller benötigten Informationen mit geringen Datenaustauschmengen (Traffic). Die Informationen werden zentral gespeichert und stehen dauerhaft zur Verfügung. Ein ständiger Nachrichtenaustausch auf bilateraler Ebene zwischen den einzelnen Agenten – der deutlich mehr Traffic verursachen würde – kann so vermieden werden. Die Fähigkeit von MAS, komplexe Probleme zu bewältigen, erwächst nicht aus einem global optimierenden Algorithmus, sondern aus der Kommunikation und Koopera-
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Bestandsallokation mittels software-basierter Multiagenten-Systeme
tion der Agenten untereinander. Aufgrund der verteilten Struktur von MAS eignen sie sich auch besonders für Problemstellungen, die sich durch verteilte Ressourcen oder Informationen auszeichnen, wie z.B. Maschinenbelegungsplanungen oder Bestandsallokation für Lagerplätze. Verteilte Problemstellungen weisen dabei regelmäßig auch eine dynamische Komponente auf, die ein MAS aufgrund seiner Flexibilität ebenfalls koordinieren kann. Der strukturelle Vorteil von Agenten in einem Umfeld verteilter Prozesse liegt darin, dass sie dezentral handeln und sie generell auch dezentrale Informationen einbinden können (Caridi/Sianesi, 2000, S. 33). Dies ermöglicht eine Problemdekomposition und anschließende Lösung mit Multiagenten-Systemen. Zentrale Koordinationskonzepte weisen eine Reihe von Schwächen bei dynamischen und verteilten Problemstellungen auf. Zentrale Systeme gehen von stabilen Planungsdaten aus. Dies ist jedoch ein unrealistisches Szenario, da die Planung häufig durch externe Störungen auf dem Beschaffungs- oder Absatzmarkt und interne Unstimmigkeiten in der Produktion oder Logistik überholt wird. Als Gegenmaßnahme treten dann „eingefrorene“ Planungsperioden (Frozen Period) auf, in denen nicht mehr umgeplant wird. Um diese zu absorbieren, bedarf es zeitlicher Puffer und zusätzlicher Lagermengen, die wiederum zu hohen Durchlaufzeiten und Lagerbeständen führen (Zelewski, 1998, S. 135). Zentrale Planungsalgorithmen bieten zwar den Vorteil, dass sie – sofern möglich – streng optimale Lösungen liefern. Bei komplexen, verteilten und dynamischen bzw. NP-harten Problemstellungen steigt die benötigte Rechenzeit jedoch exponentiell an, so dass ein praktischer Einsatz nicht mehr zweckmäßig ist (Kukreja/Schmidt, 2005, S. 2071). Die Lösungsansätze von MAS in dynamischen Problemstellungen sind in der Regel heuristisch, was durch die laufende Berücksichtigung unvorhersehbarer Änderungen in einem offenen Ereignishorizont bedingt wird. Darüber hinaus sind MAS durch ihren modularen Aufbau besonders robust und leicht erweiterbar. Softwarebasierte Multiagenten-Systeme bieten – aufgrund der Eigenschaften der einzelnen Agenten und der Kooperation mehrerer Agenten – die Möglichkeit, dezentrale Problemlösungen zu generieren (Plöger, 2009, S. 145). Diese dezentralen und flexiblen Verhandlungslösungen bilden die Grundlage für eine dynamische Bestandsallokation in einem virtuellen Zentrallager. Die Ergebnisse bzw. Prozesse während der Lösungsgenerierung sind dabei nicht ohne weiteres vorhersagbar, da diese auf den Aktivitäten der Agenten beruhen, die wiederum aufgrund lokaler Informationen und Restriktionen handeln (Chan/Swarnkar/Tiwari, 2007, S. 1031). Dieser Mangel an Vorhersagbarkeit ist durch die dynamische Berücksichtigung der verschiedenen Restriktionen begründet, welches ein wesentliches Charakteristikum von Agentensystemen ist.
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Anwendungsnahe Beiträge
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Unternehmensübergreifendes Virtual Warehousing mit der Unterstützung von MAS
Im folgenden Kapitel werden zunächst das Grundmodell und die Vorteile des unternehmensübergreifenden Virtual Warehousings erläutert. Im Anschluss wird ein Allokationsmechanismus eingeführt und abschließend werden noch mögliche Erweiterungen des Modells vorgestellt.
3.1
Grundlegende Konzeption
Die Architektur von MAS bietet Vorteile für die Bestandsallokation zwischen verteilten Lagerstandorten hinsichtlich dezentraler Koordination und Robustheit der dynamischen Anpassung der lokalen Bestandshaltung. Hierbei werden die Lagerstandorte von mehreren KMU zu einem virtuellen Zentrallager zusammengefasst. Durch die Zusammenlegung der Bestände kann insgesamt eine Bestandsreduzierung erzielt werden. Es wird nun nicht mehr ein Sicherheitsbestand an jedem Standort vorgehalten, sondern ein Sicherheitsbestand für den gesamten Lagerverbund. Hierbei wird ein stochastischer Ausgleichseffekt nach dem Gesetz der großen Zahlen ausgenutzt, so dass durch Bestandskonzentration eine Reduzierung des Gesamtsicherheitsbestands proportional zur Wurzel der einbezogenen Lagerstätten möglich ist (Tempelmeier, 2006, S. 157). Dementsprechend wird eine Bestandssenkung von 15-25 % prognostiziert. Die weiteren Vorteile eines Zentrallagers, wie z.B. ein geringerer Personalbedarf, kommen nicht zum Tragen, da keine räumliche Konsolidierung vorgenommen wird. Der Vorteil liegt nur im Bereich der Bestandssenkung und in der daraus folgenden Flexibilisierung und geringeren Kapitalbindung. Eine Zentralisierung von Beständen erfordert immer ein höheres Transportaufkommen. Dies ist auch im Fall einer virtuellen Zentralisierung zu erwarten, sollte jedoch nicht so stark ausfallen, da die Artikel immer noch dezentral in den einzelnen Standorten vorgehalten werden. Wenn ein Artikel an einem Standort benötigt wird, jedoch an diesem Standort nicht vorrätig ist, so wird eine Eillieferung von einem den Artikel bevorratenden Standort veranlasst. Da – wie bereits erläutert – die Koordination von Transshipments in einer dynamischen Umwelt mit mehreren Akteuren als Problemstellung nicht mehr analytisch lösbar ist, wird in diesem Beitrag der Einsatz von Multiagenten-Systemen untersucht. Es ist zu berücksichtigen, dass nicht nur eine Bestandsreduktion erfolgen soll, sondern, dass auch die entstehenden zusätzlichen Transportkosten die reduzierten Kosten nicht überwiegen. Weiterhin ist eine Bestandsallokation zu erzielen, die sich an den Verbrauchsorten orientiert und gleichzeitig eine hohe Lieferbereitschaft an allen teilnehmenden Standorten ermöglicht. Die konkrete Ausgestaltung des Agentensystems hängt von dem spezifischen Anwendungsfall ab. Die Grundlage bilden Auftragsagenten, die sachnummernbezogen die Bestände überwachen, und Ressourcenagenten, die die jeweiligen Waren repräsentie-
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Bestandsallokation mittels software-basierter Multiagenten-Systeme
ren. Die verschiedenen Agenten treten in Verhandlungen über die Bereitstellung der jeweils benötigten Güter. Über ein Blackboard werden die benötigten Waren ausgeschrieben und Ressourcenagenten, die diese Güter vorhalten, können so in Kontakt mit den jeweiligen Auftragsagenten treten und ihre Waren für Gebote freigeben. Die Wahl für die Kommunikationsform Blackboard hat keinerlei Auswirkungen auf den Verhandlungsablauf, sondern erfolgt aus rein informationstechnischen Überlegungen. In den Geboten können dann auch Einflussfaktoren wie die Entfernung berücksichtigt werden, um die Transportstrecken zu minimieren. Wenn Kontrakte zwischen den Agenten über die zu liefernden Waren geschlossen wurden, kann – sofern dies möglich ist – noch eine optimierende Tourenzusammenfassung erfolgen. Das Ergebnis wird dem Disponenten dann als Vorschlag unterbreitet. Somit liegt die finale Entscheidung beim ihm, da eine komplett von einem Softwaresystem gesteuerte Disposition nur eine geringe Akzeptanz bei der Unternehmensführung und den Mitarbeitern hätte. Neben der Steuerung des täglichen Geschäfts wird vom Agentensystem auch die langfristige Warenallokation betrachtet. Hierzu werden die Warenströme über einen Jahreszeitraum berücksichtigt und abhängig von besonders starken oder schwachen Nachfragen von Gütern an bestimmten Standorten Vorschläge zum Aufbau oder Abbau von Beständen eines Artikels an einem Standort gemacht. Besonders sind hier Schwankungen zu berücksichtigen, die saisonal bei unterschiedlichen Produzenten auftreten können.
3.2
Allokationsmechanismus zur Selbststeuerung
Für die effiziente Allokation von Beständen soll ein Auktionsmechanismus eingeführt werden, bei dem die Agenten dezentral miteinander verhandeln. Zunächst müssen hierzu verschiedene Rollen differenziert werden (vgl. Abbildung 1): Einerseits gibt es Ressourcenagenten, die verschiedene Bestände repräsentieren, wie z. B. eine Palette an Rohrleitungen. Der Detaillierungsgrad kann je nach Anwendungsszenario angepasst werden, so dass Bestände sachnummerweise auf Teileebene oder aggregiert auf Ladungsträgerebene durch einen Ressourcenagenten repräsentiert werden. Als weitere elementare Agentenrolle bedarf es Auftragsagenten, die Bedarfe verwalten und dann auf verfügbare, sachnummerbezogene Angebote im Rahmen konsortiumsinterner Auktionen bieten. Da die einzelnen noch nicht verplanten Bestände nun grundsätzlich allen beteiligten Netzwerkpartnern zur Verfügung stehen, ist es notwendig, dass der Gesamtbestand des Netzwerks und die globale Bestandspolitik überwacht werden, um Versorgungssicherheit zu gewährleisten. Hierfür ist der Abstimmungsagent verantwortlich. Er steuert die global zur Verfügung stehenden Bestände. Wird ein Bestellpunkt A (Meldebestand) unterschritten oder tritt das Ende eines Bestellintervalls ein, so wird zunächst (vor einer externen Bestellung) ein Auftragsagent generiert, der innerhalb des Konsor-
269
Anwendungsnahe Beiträge
tiums über ein Blackboard nach passenden Ressourcenagenten sucht, die die erforderlichen Waren anbieten. Zudem muss für jede Sachnummer eine Prioritätsmenge B definiert werden; diese entspricht einem eisernen Sicherheitsbestand, sofern ein solcher durch die jeweils gewählte Bestandshaltungspolitik definiert ist.
Abbildungȱ1:ȱ VereinfachteȱDarstellungȱdesȱMultiagentenȬSystemsȱ Wird generiert, wenn Bestellpunkt eines Artikels erreicht ist
Repräsentiert einen Bestand an einem Standort Bietet auf Ressourcen
Auftragsagent
Ressourcenagent Annahme des besten Gebotes
Blackboard
Kommunikation
generiert
Abstimmungsagent
überwacht
Optional Bündelungsagent
Auswertungsagent
Bündelt netzwerk-externe Bestellungen
Wertet Warenströme aus
Das Grundmodell sieht dabei vor, dass Auftragsagenten auf Bestände von Ressourcenagenten bieten. Gibt es hier mehrere mögliche Ressourcen, auf die geboten werden kann, so werden die verfügbaren Waren mit den geringsten Transportkosten bevorzugt. Liegt hingegen ein Nachfrageüberhang vor, so konkurrieren verschiedene Ange-
270
Bestandsallokation mittels software-basierter Multiagenten-Systeme
botsagenten miteinander. Auch hier werden Transportkosten berücksichtigt, aber die Angebote werden mit einem Koeffizienten versehen, der wie folgt modelliert wird: A = Bestellpunkt B = Prioritätsmenge C = Istbestand D = Dringlichkeitskoeffizient unter der Bedingung B < A; {A, B, C} > 0 und C ǂ A (als Bedingung, dass ein Auftragsagent generiert wurde).
D
1 ½ | C B ! 0° ° (C B)/(A B) x (B/A) ® ¾ °f | C - B d 0 ° ¯ ¿ (A - B) x A ½ | C B ! 0° ° (C B) B x ® ¾ °f | C - B d 0 ° ¯ ¿
A 2 - AB ½ | C B ! 0° ° 2 ® CB - B ¾ °f | C - B d 0 ° ¯ ¿ Der Dringlichkeitskoeffizient berücksichtigt dabei einerseits das Verhältnis zwischen dem Bestellpunkt und derzeitigem Istbestand (jeweils ohne Berücksichtigung der Prioritätsmenge) und gewichtet dies andererseits mit dem Verhältnis von Sicherheitsbestand zum Bestellpunkt. Letzterer Aspekt erweitert die Dringlichkeit insofern, als dass eine verhältnismäßig geringe Prioritätsmenge eine dringlichere Versorgung impliziert. Konkret bedeutet dies, dass eine Bestellpolitik, bei der nur ein schmaler Korridor für die Bestandsmenge zur Abdeckung von Nachfrage zwischen Bestellauslösung und Bestelleingang verbleibt, ohne die Prioritätsmenge („Eiserner Bestand“) in Anspruch zu nehmen, vorrangiger bedient wird [(C-B)/(A-B)]. Analog wird der Anteil der Prioritätsmenge am Sollbestand einbezogen, so dass bei einer sehr kleinen Prioritätsmenge (B/A) der Dringlichkeitskoeffizient größer ausfällt. Hier liegt also die Annahme zugrunde, dass der relative Anteil an Sicherheitsbeständen eine Aussage über Puffermöglichkeiten bei unerwarteten Störungen trifft und kleinere Sicherheitsbestände vorrangig bedient werden sollen. Die zweite Zeile im Term (Lj| C-B ǂ 0) sorgt dafür, dass, wenn der Istbestand unter den Stand der Prioritätsmenge fällt, der Dringlichkeitskoeffizient unendlich groß wird, so dass dieser Auftrag vorrangig behandelt wird. Hier liegt die Annahme zugrunde, dass zunächst innerhalb des Verbunds Waren ausgetauscht werden und erst wenn dieser Bedarf nicht gedeckt werden kann, ein Bezug
271
Anwendungsnahe Beiträge
von externen Quellen erfolgt. Als weitere, vereinfachende Annahme wird davon ausgegangen, dass ein Mischbezug aus internen oder externen Quellen aufgrund doppelt anfallender, fixer Beschaffungskostenkomponenten nicht wirtschaftlich ist. Die Verrechnungseinheit (V), mit denen die Auftragsagenten auf die Bestände der Ressourcenagenten bieten, setzt sich wie folgt zusammen:
V
1 D T
Es werden der Dringlichkeitskoeffizient (D) und der Kehrwert der Transportkosten (T) addiert. Eine hohe Dringlichkeit wirkt sich also positiv auf die Verrechnungseinheiten aus, während sich hohe Transportkosten negativ auf das Gebot auswirken. Die Ressourcenagenten bedienen dann das Angebot mit den höchsten Verrechnungseinheiten und ggf. dann das nächsthöchste Angebot. Die Auftragsagenten, die nicht zum Zug gekommen sind, wählen dann einen Ressourcenagenten aus, der höhere Transportkosten aufweist. Mit diesem Verfahren werden die dringlichsten Aufträge mit den günstigsten Transportkosten zuerst bedient und so wird ein möglichst effektiver und effizienter Warenaustausch innerhalb des Netzwerkes ermöglicht. Falls keine weiteren Ressourcenagenten zur Verfügung stehen, wird durch den Auftragsagenten eine Bestellung bei einem netzwerk-externen Zulieferer angestoßen. Es besteht die Möglichkeit, an dieser Stelle einen weiteren Bündelungsagenten zu definieren, der die nicht zum Zuge gekommen Gebote der Auftragsagenten aggregiert und zu einer externen Sammelbestellung zusammenfasst, um mengenabhängige Kosteneinsparungen beim Einkauf zu erzielen. Darin liegt ein Potential, um Synergieeffekte beim Einkauf zu erzielen. Die Grenzen der Allokation durch ein MAS liegen darin, dass die berechneten Verrechnungseinheiten zwischen Agenten nur die Zuteilung von Beständen betreffen, aber nicht die tatsächlichen Preise für den Kauf bzw. Verkauf von Vorprodukten innerhalb des Netzwerks beeinflussen. Besonders während einer Implementierungsphase ist nicht davon auszugehen, dass Partnerunternehmen bereit wären, die Hoheit über die Preisgestaltung von auszutauschenden Bestandsgütern auf eine Software zu übertragen. Vielmehr werden die jeweiligen Abteilungen Einkauf bzw. Verkauf eine Preisliste aushandeln, die jeweils für Austauschtransaktionen gültig ist. Bei dem Aufbau eines MAS stellt sich die grundlegende Frage, wie stark der Grad der Kooperation ist und diese gestaltet werden soll. Wird netzwerkintern ein freier Warenfluss ermöglicht oder sind jeweils spezielle Kaufverträge für den Warenaustausch notwendig? Daraus ergeben sich auch rechtliche und strategische Implikationen: sofern Softwareagenten Geschäftstransaktionen zwischen unterschiedlichen Unternehmen abwickeln, ist zu klären, inwieweit Verträge durch Softwareagenten nur angebahnt werden dürfen oder ob diese rechtskräftig Verträge abschließen können. Ebenso sind Vorkehrungen zu Sicherungsmaßnahmen und Vereinbarungen zu Haftungsfragen zu treffen, was die Implementierung eines MAS mitunter erschweren kann. Auch strategisch wirft der Einsatz von Methoden der künstlichen Intelligenz Fragen auf:
272
Bestandsallokation mittels software-basierter Multiagenten-Systeme
Laufen Agenten vollautomatisiert in einem Regelwerk ab, dessen Rahmen von den Geschäftspartnern abgesteckt wurde, so ist zu klären, ob es rechtliche und technische Überwachungsmaßnahmen gibt, die das opportunistische Unterlaufen von Vereinbarungen verhindern oder aufdecken können. So könnte im Rahmen eines Geschäftsverkehrs ein Geschäftspartner veranlassen, dass seine Softwareagenten gleichsam einer merkantilistischen Geschäftsstrategie folgen und innerhalb eines Netzwerkes Leistungen verkaufen, aber bei eigenen Einkäufen auf netzwerkexterne Partner zurückgreifen, um Preisvorteile abzuschöpfen. Eine mögliche Lösung läge in dem Betrieb des MAS durch eine neutrale dritte Partei, wobei deren Überwachung und Aufwendungsentschädigung zu zusätzlichen finanziellen Lasten führen können.
3.3
Erweiterung für dynamisches Lernen
Als Erweiterung für das Grundgerüst kann eine weitere Agentenrolle definiert werden: Ein Auswertungsagent kann über mehrere Perioden die Warenaustauschprozesse in einem Netzwerk überwachen, dabei die Häufigkeit einzelner Transaktionen auswerten und auf dieser Basis Vorschläge für eine geänderte Bestandsallokation unterbreiten. Als Erweiterung zum Grundmodell können Ressourcenagenten einen Bestandsüberhang ausschreiben. Der Auswertungsagent könnte auf solche Angebote bieten und eine Reallokation von lokal redundanten Beständen vorschlagen, sofern zukünftige Bedarfe in anderen Knoten des Netzwerks prognostiziert werden. Eine andere Lernstrategie liegt darin, dass der Auswertungsagent die lokalen Bestellpunkte beeinflusst und bei häufigen Transshipments auf einer Relation die Bestellpunkte A bedarfsgerecht reduziert oder erhöht. Zudem kann er Beobachtungen anstellen, ob gemeinsam genutzte Sachnummern, die individuell stark schwanken, bei verschiedenen Verbrauchsstellen einem saisonal unterschiedlichen Verbrauchsverhalten unterliegen. Hierin liegt ein Potential sowohl den Bestellpunkt wie auch die Prioritätsmenge zu reduzieren, da Verbräuche hier einem zusätzlichen Ausgleichseffekt unterliegen und daher eine Versorgung leicht mit Hilfe von Eillieferungen sichergestellt werden kann. In diesem Zusammenhang wäre es sinnvoll, die lokalen Lagerhaltungspolitiken (und damit jeweils die Bestimmung der Punkte A (Bestellpunkt) und B (Prioritätsmenge)) mit Hilfe von Agenten im Einklang mit dem Abstimmungsagent steuern zu lassen, die dann die Rolle von Bestandsagenten einnehmen.
4
Kritische Würdigung und Ausblick
Mit dem vorgestellten Ansatz der durch Softwareagenten gesteuerten Transshipments wurde eine Möglichkeit der Bestandssenkung und -flexibilisierung durch dezentrale Selbststeuerung aufgezeigt. Hierdurch können Kosten- und Synergievorteile generiert
273
Anwendungsnahe Beiträge
werden, um die Wettbewerbsfähigkeit von Netzwerken, insbesondere kleiner und mittlerer Unternehmen, in einem dynamischen Marktumfeld zu erhöhen. Die Vorteile einer Umsetzung mit Hilfe eines softwarebasierten Multiagenten-Systems liegen in der dynamischen Anpassungsfähigkeit (und damit Robustheit) des Systems sowie der leichten Skalierbarkeit des Netzwerkes, was den Ein- und Austritt von Akteuren angeht. Das vorgestellte Multiagenten-System ermöglicht die Steuerung virtuell konsolidierter Bestände auf der Basis von Dringlichkeit der Lieferung und Transportkosten. Den Grundbaustein bilden Auftrags- und Ressourcenagenten, welche durch eine Reihe weiterer Agenten unterstützt werden, um das Gesamtnetzwerk zu optimieren. Das Bestandssenkungspotential wird entsprechend dem Gesetz der großen Zahlen auf 15-25 % prognostiziert. Die Berücksichtigung weiterer Faktoren und Agenten ist aufgrund des modularen Aufbaus von MAS ebenfalls möglich. Weitere Vorteile ergeben sich aus Synergieeffekten durch die Bündelung der Beschaffung im Netzwerk. Ferner ist neben der Steuerung von physischen Beständen der Einbezug weiterer Ressourcen möglich – so wird im Rahmen eines Forschungsprojekts mit einem Projektkonsortium aus mittelständischen Betrieben des Chemieanlagenbaus der Austausch von Experten und die Koordination eines Personalpools untersucht. Auch hier ist es das Ziel, bei schwankendem Auftragseingang kurzfristig Spezialisten für Auftragsarbeiten akquirieren zu können oder auch solche an Partnerunternehmen ausleihen zu können und damit in beschäftigungsarmen Zeiträumen Deckungsbeiträge für laufende Personalkosten erzielen zu können. Einschränkung für die Anwendbarkeit des Ansatzes ergeben sich durch die Notwendigkeit räumlicher Nähe, um zeitnah Eillieferungen realisieren zu können. Im Zusammenhang mit der Steuerung heterogener Unternehmensnetzwerke liegen allerdings noch offene Herausforderungen in der Angleichung der technischen Schnittstellen und der Ontologien von Ressourcen und Bedarfen (so z.B. bei der Vereinheitlichung von Sachnummern). Ferner werden sich zukünftige Forschungsfragen auf geeignete Data Mining-Ansätze für dezentrales Lernen hinsichtlich der Allokation von Bedarfen und Austauschrelationen beziehen. Zusammengefasst konnte in diesem Beitrag aufgezeigt werden, dass softwarebasierte Multiagenten-Systeme ein gleichermaßen effizientes und robustes Instrument zur dynamischen Bestandsallokation in Netzwerken darstellen.
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274
Bestandsallokation mittels software-basierter Multiagenten-Systeme
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Anwendungsnahe Beiträge
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276
Composite Solutions for ConsumerDriven Supply Chains
How to Control the Service-enabling Ecosystem? SimoneȱScholten,ȱUlrichȱScholtenȱandȱRobinȱFischerȱȱ
Abstract Global economy migrates from vertically integrated enterprises towards specialized enterprises interoperating to create end-to-end value to customers. Value nets, emerging around the value proposition of a platform offer, have become the centerpiece of collaborative value creation, altering the traditional supply chain approach, while keeping pace with changing customer demands. This modular approach allows for sophisticated, cost efficient composite solutions provided by dynamic ‘consumerdriven supply chains’. We characterize these supply chains ‘consumer-driven’ as the services complementing the platform offer are built based on loosely coupled supply chains of services, provided by an ‘open pool of autonomous service providers’, which we will refer to as ‘service-enabling ecosystem’. In this paper, we describe the challenges platform operators face in the light of consumer-driven supply chains. In particular, we focus on how to orchestrate a complex self-organizing service-enabling ecosystem, on how to steer a continuous service supply and explicitly, on how to ensure sustainable service quality optimization. Based on a conceptual model of feedback control, which we introduce in pursuit of the methods of control engineering, we propose a managerial control process for service-enabling ecosystems as well as a corresponding typology of control mechanisms for improved consumer-driven service supply on top of a platform.
1
Introduction
Throughout the past decades the global economy has migrated from vertically integrated enterprises towards specialized enterprises interoperating to create end-to-end value to their customers. Step by step, these transformations alter traditional supply chains, centering customers and their increasing need for individual end-to-end solutions (Kagermann et al., 2008; Basole et al., 2008; Cherbakov et al., 2005; Li et al., 2002).
Anwendungsnahe Beiträge
Electronic procurement (e-procurement) for example allows for business-to-business purchase and sale of supplies and services over the Internet. Particularly in markets seeking for cost reductions like in the automotive market, e-procurement has been widely adopted. Platforms like General Motors' SupplyPower, Covisint, which is operated by European and American Manufacturers, or the Bosch dominated SupplyOn represent efforts for building electronic supply chains, integrating e-procurement and simultaneous engineering (Howard et al., 2005). As these authors show, e-procurement has become favorable to suppliers and manufacturers through transaction cost reduction, improved strategic planning and transparency, control over spending, reduced paperwork as well as improved supplier and business process development. However, caused by the raising power of customers and consumers relative to the manufacturers and retailers that serve them, sustainable competitive advantage is increasingly determined by both operational efficiency and delivering unique customer value (Porter, 2001). In consequence, the relationships among companies change. Business networks also referred to as business ecosystems or business value nets emerge, enabling companies to deliver faster innovation to customers and consumers at lower costs by sharing investment, assets, and ideas. The resulting rapidly increasing market dynamics (Datta et al., 2004; Accenture, 2008), in turn, is stressing established companies’ investments in rigid “built-to-last” supply chain processes. Market demand is calling instead for fluid, “built-to-adapt” networks in which each company focuses on its differentiation and relies increasingly on its partners, suppliers, and customers for complementation (Kagermann et al., 2008). The emergence of modular product and service architectures in software design emphasizes this trend (Jetter et al., 2009), providing the technical foundation of realizing more dynamic and flexible ways of creating customer value. They enable both customers and consumers to compose the solutions or service combinations that best suit their needs by mixing and matching multiple modular product and service components (Baldwin & Clark, 2000) with the base value of a platform offer. In line with Gawer (2009), we conceive a platform as “a building block, which can be a product, a technology, or a service that acts as a foundation upon which other firms can develop complementary products, technologies or services”. It “consists of an architecture of related standards, controlled by one or more sponsoring firms” (West, 2003) and is – by itself – worth very little. However, as the lowest common denominator in a value net it provides leverage for its multiple complementors. This approach allows for sophisticated, cost efficient composite solutions provided by ‘consumer-driven supply chains’. We characterize these supply chains ‘consumer-driven’ as the services complementing the platform offer are built based on loosely coupled supply chains of services, provided by an ‘open pool of autonomous service providers’ (Cherbakov et al., 2005), which we will refer to as ‘service-enabling ecosystem’. Beyond doubt, this shift in conjunction with an increased autonomy of service enablers (Basole & Rouse, 2008) has tremendous implications on economic value creation and capture in distributed ownership within these supply chains. Facing these transformations, it becomes clear that the ability to operate effectively in business networks is about to become
278
Composite Solutions for Consumer-Driven Supply Chains
critical to sustaining competitive advantage in a commoditizing global economy (Kagermann et al., 2008). This raises new challenges for companies engaged in distributed forms of consumer-driven supply chains. In particular: (a)
How to orchestrate a value net of independent but interdependent service providers, complementing the core platform offer to deliver reliable end-to-end customer value?
(b)
How to strategically stimulate and channel external efforts of service supply to continuously provide the customer with an adequate variety of services complementing the core offering?
(c)
How to ensure sustainable service quality optimization?
In the sequel, we will consider these questions from the perspective of the platform operator. Its challenge is to orchestrate a complex self-organizing web of direct and indirect relationships between independent actors to co-create and deliver value (Gawer & Cusumano, 2002; Datta et al., 2004), while the value of the total offering is determined and driven by the consumer (Cusumano, 2008). According to Church et al. (2008), the platform’s market success, adoption, and profitability is determined by indirect network externalities: Principally, it applies that the more service enablers join the value net in order to supply complementary services, the more valuable the platform becomes to consumers, as a greater variety of services attracts more consumers. This dynamics, in turn, causes more consumers to adopt the platform and more complementors to enter the business ecosystem (Cusumano, 2008). The mutual dependences between platform owners and their complementing service enablers make clear that the success of a business network depends on constant service optimization, innovation and renewal (Gawer & Cusumano, 2002). The challenge of how to ensure continuous service optimization and the supply of strategically relevant innovations of suitable quality has yet not been addressed – neither in the research stream of lead user incorporation (von Hippel, 1986) nor in the resulting research stream of Open Innovation (Chesbrough, 2006; 2007; Chesbrough & Crowther, 2006). Research on service networks conducted e.g. by Zeng et al. (2003) or Blau et al. (2009) has rather focused on short term value optimization through efficient composition of existing services. Academic approaches oriented at sustainable quality optimization through “more sophisticated governance rules” as claimed by Hagiu (2009) are missing. Alike, managerial control concepts to steer new hybrid organizational forms such as platform-based business ecosystems are missing (Berry et al., 2009). In this paper, we aim at closing this gap. We focus on platform-based business ecosystems and more specifically, on the service-enabling ecosystem, that have already adopted aspects of self-organization. The perspective ranges from pure IT- or servicecentered solutions, e.g. by StrikeIron or PayPal, to actual material supply such as Amazon or Ebay. We begin most fundamentally by reviewing the shift from classical supply chains to more dynamic value net designs. In chapter 3, we analyze the changed requirements on control in dynamic supply chain designs with the help of
279
Anwendungsnahe Beiträge
system theory. Subsequently, we categorize the resulting control mechanisms and discuss them at examples in chapter 4. Finally, we draw conclusions and end with calling for a reference model for consumer-driven value chains. Our considerations are based on the assumption that service orientation and value net structures will materialize in industry and their respective supply chains. Although being discussed controversially (Fox et al., 2000) we see confirmation to our point of view in recent trend analyses by Accenture (2008), Goldmann & Sachs or Gartner (Jetter et al., 2009) and relevant academic publications, such as Jetter et al. (2009), Schramm (2006), or Cherbakov et al. (2005).
2
The Shift from Classical Supply Chains to Value Nets
The IT sector is undergoing a major restructuring process, where according to business analysts, an important share of formerly transactional business designs will be replaced by Software-as-a-Service (SaaS). Examples are IBM’s shift from a software supplier to a globally-integrated service enterprise (Jetter et al. 2009) or the media-covered success of Salesforce.com. Financial service providers are also strongly embracing the Internet as infrastructure for value creation. Today, all credit card companies are firmly Internet-based. Companies like PayPal complement these services through new emailbased payment solutions. In addition, boundaries between market segments disappear. Microsoft is “working with industry leaders eBay Inc., Equifax and PayPal to offer customers online integrated services for Microsoft® Office Small Business Accounting“ (Microsoft, 2006). E-commerce-based providers such as Amazon or Ebay are creating entirely new brands of trade within their ecosystem. The consumer’s role is becoming much more central to the supply chain with an increased volatility of preference patterns. Consumers “demand product and service customization, speed and high levels of quality of service, all in a seamless fashion and preferably from a single provider. In many instances, consumers will only use and continue using products and services, if their value preferences and criteria are met or exceeded by the services provider” (Basole & Rouse, 2008). Demand and preferences change rapidly, driven by demand for innovation, flexibility and shorter time-to-market (Cherbakov et al., 2005). Market requirements may even change while the product is still under development (Iansiti & MacCormack, 1999). New and flexible development and innovation mechanisms are needed in response to this enforced dynamism. To be able to cope with these new requirements without losing the focus on core competencies, companies started delegating the process of value generation into the supply chain (Schmidt, 2000), limiting themselves to a role of substantiating basic value contribution. This process cannot be reduced to simple outsourcing decisions but leads to renewed strategies of innovation and added value creation, forcing companies to open their business models in order to benefit from the value creation and the resulting pace of innovation outside
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Composite Solutions for Consumer-Driven Supply Chains
the company borders (Chesbrough, 2006; 2007; Chesbrough & Crowther, 2006; Degushi, 2004; Gassmann, 2006; Reichwald & Piller, 2006). Today, most supply chain structures have started softening with respect to the supply chain concept as defined in the SCOR-Model (Supply Chain Council, 2009). Responding to the respective requirements of flexibility and dynamics in supply and innovation, the value net concept finds increasing approval. A value net is defined as a digital supply chain “to achieve both superior customer satisfaction and company profitability. It is a fast, flexible system that is aligned with and driven by new customer choice mechanisms” (Bovet & Martha, 2000). In the following, we will further elaborate the important characteristics of value nets and respective platform-mediated business designs.
2.1
Structure
As depicted in figure 1, the complete business ecosystem embraces the platform operator, complementary service enablers, lead producers, competitors, consumers and other stakeholders. We define ‘service-enabling ecosystems’ as that part of the overall business ecosystem that takes account of the service enablers only. Service Value Nets (SVN) can be read as instances of business ecosystems, consisting of service enablers, the intermediary, the consumers as well as their respective relations within one period of composite service generation and consumption. The intermediary in SVNs and the provider of a base value is called platform operator. He mediates between service consumers and service enablers. Figure 1 depicts the basic value constellation for consumer-driven supply chains in business ecosystems.
S1.3
S1.2
S1.1
S2.3
S2.2
S2.1
S3.3
S3.2
S3.1
CPC1
CPC2
CPC3
ConsumerPreferenceClusters
BusinessȱEcosystemȱȱ
Platform
ServiceͲenabling Ecosystem
Figureȱ1:ȱȱ
For further clarification of figure 1, consider a setting that consists of a service platform that mediates between a first tier of services and a set of service consumers: A first tier
281
Anwendungsnahe Beiträge
service (S1.1, S2.1, S3.1) may be a basic service (S2.1), or a complex service (S1.1, S3.1), aggregated from sub-services (e.g., S1.2). As we consider service-enabling ecosystems to be open pools of services the service-enabling ecosystems comprise both services that are consumed in an SVN (e.g., S2.3) and those that are not involved in any type of business transaction (e.g., S2.2).
2.2
Complexity Aspects of Decentralized Management
It has been stated before that in the fast moving environment of the IT-serviceplatforms, innovation tends to be generated through the interplay of loosely coupled network participants. The level of complexity of such a Value Net can be described as (Basole & Rouse, 2008, p. 55):
C
§ § pn j · · ¸¸ log 2 pn j pti ¸ ¦Ti 1 pti ¦Nj 1 ¨¨ ¨¨ ¸ © © pti ¹ ¹
T: Number of types of transaction in the network N: Number of nodes in the network pti : Probability of a type i transaction
pn j pti ǣConditional probability that the jth node is involved, given the transaction i
It becomes evident that with an increasing number of service enablers (nodes) and transaction types, C grows rapidly to a level of complexity which is difficult to be centrally controlled by one single entity in the classic supply chain approach. But what is the reason for complexity being unmanageably high in some markets and low in others? With system theory we can identify market dynamics as an important impacting factor on system complexity. Evidence for this is given on theoretic grounds: Equilibrium or quasi-equilibrium systems do not show complex structures comparable to those of dynamic systems (Prigogine & Nicolis, 1977; Goldenfeld & Kadanoff, 1999). In simple words, if there was enough time, companies would not need to move value creation and innovation into the supply chain. They would have enough time to develop products and services and would amortize the respective development costs. However, if time presses, complexity evolves. To handle this, many of the players in these markets have introduced degrees of decentralized control and respectively autonomy to the service enablers. For comparison consider a Web shop owner in Ebay or Amazon, who is to a great extent the master of
282
Composite Solutions for Consumer-Driven Supply Chains
his product-mix and pricing and who is fully responsible for the choice of his subsupply chain. With regards to the above introduced formula, the reduction of nodes and transactions in the influence sphere of Ebay or Amazon drastically reduces their handling complexity. Giving up much of the shaping influence on product-mix and reducing it to substantiating services, migrates value creating activities into the service-enabling ecosystem. It turns into a federation of capabilities where cooperation happens based on real time flows and integrated IT systems (Cherbakov et al., 2005). The integrator’s role is more and more transformed from the supply chain shaper to a mediating platform operator.
2.3
Delivering Consumer-centric Composite Solutions
The consumer, who traditionally used to be considered a network externality rather than being part of the actual service production process, gains a prominent role in the co-creation of value (Katz & Sharpio, 1985, 1986; von Hippel, 1986). Illustrative examples are social platforms like Facebook which gain an important share of their value through their actual user community. In the mobile communication segment, the quantity of users within a specific supplier network defines the number of people who can benefit from free on-net calls. Additionally, the consumer increases platform value through his choice in terms of relevance and reputation (Scholten et al., 2009). Enabling those consumer-centric composite solutions requires a platform operator to have a clear understanding of their core competencies and the new capabilities they need to develop in order to satisfy individual customer needs. In particular, companies have to decide which capabilities can be provided in-house as a substantiating value (base value) and which will be complemented by service enablers in order to provide the “whole product” (Moore, 1999, Gawer & Cusumano, 2002). At root, they need to ensure that the customer perceived value of the composite solution is greater than the sum of its parts (Davies et al., 2006). The customer perceived value – defined as the ratio between perceived benefits and perceived sacrifice (Monroe, 1991) respectively as “the consumer’s overall assessment of the utility of a product based on a perception of what is received and what is given” (Zeithaml, 1988) – is subjective and individual. It, therefore, varies among consumers. To compete effectively, companies moving into customer solutions face the challenge of being required to offer a high variety of products and services. They thus increase the likelihood that each consumer finds exactly the option desired allowing each consumer to enjoy a diversity of options over time (Kahn, 1998). In the light of disparate and uncertain demand, however, it turns out too risky for a single company to carry the burden of high development costs of creating an all-encompassing variety on their own (Haas, 2006). Thus, successful platform operators depend on robust, highly productive serviceenabling ecosystems to co-create the platform’s overall value proposition and to support its market adoption (Gawer & Cusumano, 2002). Therein, “the performance of a
283
Anwendungsnahe Beiträge
firm is a function not only of its own capabilities or of its static position with respect to its competitors, customer, partners, and suppliers, but of its dynamic interactions with the ecosystem as a whole” (Iansiti & Levien, 2002). These business ecosystems are understood as an “economic community supported by a foundation of interacting organizations and individuals [...]. This economic community produces goods and services of value to customers, who are themselves members of the ecosystem” (Moore, 1993). The participants of the business ecosystem “work co-operatively and competitively to support new products, satisfy customer needs, and eventually incorporate the next round of innovations” (Moore, 1993). They co-evolve their capabilities and roles over time, and tend to align themselves with the directions set by one or more central companies, the platform operator. Due to commoditization forces as well as indirect network externalities impacting the perceived value of a platform, a continuous services optimization, innovation and renewal is required. Consequently, the platform operator is obliged to steer the evolution of the business ecosystem. However, given the non-linear and autonomous behavior of independent services enablers, the platform operator cannot simply demand a supply of innovative or optimized services, but has to encourage suppliers to keep on optimizing the complementary offerings and, therefore, the complete offer. In the light of increasing complexity this implies empowering and stimulating service enablers to invest in optimizing their service offerings.
3
Managerial Control in Service-enabling Ecosystems for Improved Service Supply
Previous sections have shown that controlling value creation efforts in serviceenabling ecosystems has become a critical function to the platform provider. Failures can rapidly lead to reputation damage, financial losses and possibly, even to the ecosystem’s decline. However, due to the lesser stakeholding power of a platform operator compared to a centrally controlled supply chain, mechanisms of management control in service-enabling ecosystems significantly differ from centralized supply chain management and control approaches. Contrarily, it is rather the adept combination of different proactive and reactive control mechanisms that promises being most successful. In the sequel, we understand management control in service-enabling ecosystems as the platform operator’s efforts and activities to ensure that the behavior of the service-enabling ecosystem and the decisions made by autonomous serviceproviders are consistent with the overall objectives and strategies set by the platform operator. With reference to Anthony & Govindarajan (2007), we consider managerial control in service-enabling ecosystems involving the following activities:
Envisioning and – as far as possible in a self-organized system of autonomous service enablers – planning the overall evolution of the ecosystem;
284
Composite Solutions for Consumer-Driven Supply Chains
Empowering economic value creation activities of decentralized parties within the ecosystem;
Evaluating information about the overall system evolution as well as about emerging opportunities and threats within the ecosystem;
Attracting service enablers to enhance the platform’s overall customer value proposition;
Ensuring strategic coherence and congruence, this means that the efforts of the participating service enablers should be consistent with the strategic intentions of the platform operator;
Balancing the platform operator’s appropriability and adoption requirements by deciding, which value creation efforts are to be done in-house and which to be complemented by external service enablers;
Influencing the complementors’ behavior, e.g. by communicating information about the ecosystem’s strategic vision and investment opportunities for third party service enablers, about the terms of joint collaboration applying when selling services on top of the platform, or information about customer behavior in order to optimize service offering according to the most recent consumer requirements. Generally, it applies that the looser the network’s coupling, the more difficult it becomes for the platform operator to influence quality and range of offer (Scholten et al., 2009)
3.1
Controlled Systems
To pay respect to the highly dynamics in value nets (Bovet & Marta, 2000) and to the autonomy of the service providers in the service-enabling ecosystem (Datta et al., 2004), we make use of system theory. System Theory (also referred to as Systems Theory), as pioneered by researchers such as Wiener (1948), von Neumann (1966), Luhmann (1975) or Prigogine (1977) tries to capture complexity, self-organization, connectionism or system adaptivity in systems. Explicitly, the term “system” may refer to social, biological, organizational or technical systems. In recent IT-focused research, Datta et al. (2004) modeled data information flow in adaptive value nets through agent-based approaches. De Wolf & Holvoet (2003; 2004; 2006; 2006a) analyzes and describes the interactions of independent players and the resulting macroscopic effects as multi-agent relationship. In this context they provide profound insight into self-organization in the context of dynamic systems. According to their findings, self-organization describes “an adaptable behavior that autonomously acquires and maintains an increased order of complexity” (De Wolf & Holvoet, 2006a). The burden of high co-operational complexity in Value Nets, as claimed by Goos (2006) or Zeng et al. (2003) can thus be substituted by less intricate and decentral-
285
Anwendungsnahe Beiträge
ized auto-adaption processes. Complex system theory, hence, provides a starting point to describe the dynamics and service autonomy of Value Nets, which classical linear process models are unable to capture. In this paper, we apply this theory to shed further light on possible optimizing processes to Value Nets and their respective performance. In particular, we model Value Nets as controlled systems, a system-theoretical concept to apply feedback in control engineering (Föllinger, 1990). The particular challenge in Value Nets is that they are self-organized. They can therefore neither be centrally nor directly controlled or optimized. In the remainder of this paper, we will derive indirect control mechanisms that take account of the service-enabling ecosystem’s autonomy as well as the platform operator’s need to steer platform evolution. Most fundamentally, controlled systems aim at adapting the actual value Y to the level of the set value S by leveling the control path. This is done by monitoring the actual value tapped at the end of the control path (see figure 2). Then, an active regulator deducts the actual value from the given set value, resulting in a modified control value U. Based on the newly adjusted control value the new actual value is tapped again, which is where the feedback loop is closed. Since disturbances may influence the control path by random noise or a steady change in the external environment, the actual value may be disturbed. In these cases the feedback to the regulator allows for releveling actual and set value.
Figureȱ2:ȱȱ
FeedbackȱControlȱSystemȱinȱControlȱEngineeringȱ Disturbance D
Set ValueS
Regulator
Control ValueU
Control Path
Actual ValueY
Feedback
Given these introductory considerations on feedback control systems, we are now able to design a feedback control system for SVNs, that are likewise constituted by the interconnected entities control path and regulator (see figure 3). The SVNs (services, platform and consumers) represent the control path CP of the feedback control system. In pursuit of the methods of control engineering (Föllinger, 1990), the actual value is tapped as raw data to generate feedback to multiple service enablers or the platform operator.
286
Composite Solutions for Consumer-Driven Supply Chains
ConceptualȱModelȱofȱFeedbackȱControlȱinȱSVNȱȱ
Platform Operator Set Value
Disturbances D Control Control Path ValueUPO
Regulator
Influence IPO
Disturbances D
Set Value Regulator Set Regulator Regulator Set Value Value
S1.3
S1.2
S1.1
S2.3
S2.2
S2.1
S3.3
S3.2
S3.1
Disturbances D CPC1
Platform
Figureȱ3:ȱȱ
CPC2
CPC3
Actual Value YRES
Control ValueUSE
ServiceEnablers Feedback ExtendedAnalysis FeedbackSet
Based on received feedback on his actual performance and in alignment with his commercial goals (set value), each service enabler now may readjust his service proposition. While his service offering is placed within the control path, he is an outside spectator, influencing the process through the modification of his respective service. The set screw for service parameter modification is depicted in an imaginary component, called regulator. Hence, the network self-organizes. Service enablers may modify their value proposition in one or more of the SVN’s services (within the control path) by internal “process transformation” (Bernet, 2000) or through a selective replacement of their respective supplying services. This then causes a “system transformation” (Bernet, 2000). Similarly, the platform operator is part of the loop. Platform operators differ from service enablers, as they possess a configuring power on the extended analysis component (see figure 3). In some platform designs, the platform operator may also exert direct or indirect influence mechanisms (IPO) on service enablers. These influence mechanisms do not affect the regulator directly like the feedback-loop but act on each service enabler as a whole. Thus, they might even influence the service enablers’ set values. In figures 4a) and 4b) we analyze the control path in depth. It can be understood as the space in which services, platform and consumers create the service value nets supplying the composite solution. Figure 4a) describes the tasks accomplished by each actor. The platform operator provides and configures the platform. The service enabler pro-
287
Anwendungsnahe Beiträge
vides and configures the services and the consumer finally chooses and consumes the services. The extended analyzer is a component that we introduce to analyze service enabling and consumption patterns. The class diagram (4b) summarizes our understanding of the control path.
Figureȱ4a:ȱControlȱPath,ȱUseȱCaseȱDiagramȱ
ȱȱFigureȱ4b:ȱControlȱPath,ȱClassȱDiagramȱȱ
Provide Platform platform operator
consumer
Configure Platfrom
1..n 1..n
monitor control path
service enabler
control path
extended analyzer
Provide Service
1..n
Choose Service consumer
1..n
1..n
Configure Service
Platform operator
1..n Serviceenabler
Consume Service
To unambiguously describe the control path, we can now formalize it as CP:
^
`
CP : PO i SE j C k 8
f U PO , U SE , D `
: PO i PO; SE j SE; C k C; ^U PO , U SE ; D; Y` n PO: SE: C: D:
Set of platform operators Set of all service enablers Set of consumers Denotes the disturbances
Y: UPO/ USE:
Denotes the actual value Control values by the PO and individual SEs
Although, the model and reality provide scope for several platform operators within the same controlled system, we limit our consideration in this paper for the sake of simplicity to one platform operator. Y aggregates all relevant actual data of the system. Further, we can assume that U PO , U SE and D carry a whole set of data. We hence define them as vectors within n .
288
Composite Solutions for Consumer-Driven Supply Chains
3.2
Self-organizing and Open Systems
In the following, we elaborate on individual actors in service-enabling ecosystems. All actors have different expectations (set values) as regards the performance and quality of their service offers. These expectations may be influenced by intrinsic motivation, external stakeholders or feedback from the market. Although all participants have different goals, the macroscopic behavior of the system is coherent as it aims at producing value to consumers and profit to its providers. This is achieved in a selforganized and adaptive way. Providers (be it service enablers or platform operators) leave the ecosystem as soon as they do not see potential for the satisfaction of their goals. Others might join the ecosystem instead. Such systems are called emergent, as they evolve self-organized in a way that makes them robust against environmental changes (e.g., customer demand). These self-organized systems are characterized by a small cause, large effect principle through non-linear interactivity: The interaction of the service enablers, platform operator and consumers causes a so-called macroscopic effect – meaning a coherent behavior of the SVNs. Feedback incites enforced reverse adaptation on the micro-level (the service enablers’ offerings). The results of a first optimization (e.g., reaction on shifting consumer preferences) again will trigger feedback. Over time, the entire ecosystem will line up to a temporary equilibrium: Once there is no deviation between the service enabler’s commercial goals (set value) and the actual value, the configuration stops growing until the next adaptation is initiated (De Wolf & Holvoet, 2003; Prigogine & Nicolis, 1977). The external influence is summarized in control theory as disturbance, a term that describes an impact causing a deviation from an original set, but which is not meant pejoratively. Disturbances are influences from outside the self-organizing system such as changes in market conditions or effects caused by competitors, influx of new service enablers and consumers or impact by outside stakeholders. Disturbances are an important corrective as they bring external information and stimulus into the selfregulatory process of existing service enablers, customers and the platform. They enable the system to stay sustainably in phase with the ever-changing market. Being the interface between the complex control loop and the external world, they turn the selforganizing system into a so called “open system”. Data on competition or the general market situation generated through the platform operator’s business intelligence for instance is an example for external input into the control path, immediately initiating a realignment of the whole system on micro- and macro-level.
3.3
Centralized versus Decentralized Control
How then can a platform operator actively control the ecosystem of service enablers in order to effectively and efficiently provide reliable composite solutions? Acting too dominantly (e.g. through directives) might reduce the level of self-organization in a way that emergence will be hampered. Hence, robustness against changing conditions
289
Anwendungsnahe Beiträge
is no longer guaranteed. However, a lack of influence may lead to unmatched quality expectations or coherence with the platform operator’s strategic goals. Centrally controlled systems are subject to inertia, caused by an increased lead time (Prigogine & Nicolis, 1977). The roots are to be found in a purely reactive and hence sequential adaptation process of the service enablers to the platform operator’s directives. In centrally controlled systems reverse adaptation on the micro level (meaning self-organized adaptation by the service enablers) is excluded. Any system reaction in such a constellation depends on a linear cycle, where the system’s total setting time is defined by the transient process of the Value Net dominator’s set points and the Value Net partner’s reactive adaptation process. The dominator’s advantage is a strong influence on system output and particularly on quality. As already highlighted in chapter 2, the consequence is increasingly difficult to manage network structures, the more a Value Net and its environment increases in complexity and dynamic. Systems of decentralized control mechanisms with self-organizing service enablers show a more proactive behavior. That is faster and more reactive than a purely centralized approach. In turn, the platform operator loses influence on system output and quality.
4
Control Mechanisms in Service-enabling Ecosystems
To balance self-organization and control, the application and combination of different control forms needs to vary according to the different phases of value creation, the respective situation and applicable, concrete strategic goals. This calls for a different managerial approach in open systems to successfully steer a coherent supply of complementary services on top of a platform than in traditional supply chain designs. In the sequel, we will introduce and categorize control mechanisms, which we derived based on intense market studies and discuss them at prominent examples.
4.1
A Typology of Control Mechanisms in Serviceenabling Ecosystems
Control in service-enabling ecosystems can be implemented within different phases (a) while initial service specification, (b) while service development, and/or (c) while services are supplied. Figure 5 depicts a variety of optional or combinatory mechanisms, instruments, rules, and processes to control system behavior by controlling the behavior of autonomous service enablers along the distributed value creation process. In addition it shows a filtering component. By introducing an access filter between
290
Composite Solutions for Consumer-Driven Supply Chains
service development and the usage of services, we enable platform operators to accept or deny services for complementation of the core platform offering.
Figureȱ5:ȱȱ
ManagerialȱControlȱProcessȱinȱServiceȬenablingȱEcosystemsȱȱ [1][5][6]
[2][6]
[3][4][5][6]
IAccess
Set Value InitialService Specification
IPO
[1]
Service Development
Filter
Services inUse
IFB Feedback
Extended Analysis
phase 1phase 2 phase 3 phase 4
We differentiate between 6 categories of control applying to service-enabling ecosystems. The numbers in brackets (see figure 5) indicate the control mechanisms, applied by the platform operator.
Restrictive Control [1]: Legal and quality related intellectual property agreements such as statements of rights and responsibilities, platform access regulation
Co-regulative Control [2]: Guiding principles of service development, providing development rules or tools for coherent and observable service supply,
Market Regulative Control [3]: Consumer based service verification and auditing Sanctional Control [4]: Platform access regulation Motivational Control [5]: Development support, community building, funding Informative Control [6]: Information about consumer behavior, platform evolution, value creation opportunities Figure 6 shows the respective closed-loop system at the example of one service Si, provided by the service enabler SEi. The indications of the respective influence points IPO, IFB and IAccess illustrate where the types of feedback from figure 5 act upon in the example system in figure 6.
291
Anwendungsnahe Beiträge
Figureȱ6:ȱȱ
ClosedȬloopȱSystemȱwithȱManagementȱControlȱLoopsȱforȱoneȱServiceȱ(Si)ȱȱ
Platform Operator
Control ValueUPO
Regulator
Disturbances D
Regulator
Control ValueUSEi
ServiceSi
Filter
Disturbances D
Platform
Influence IPO Set Value
AccessControl IAccess
Set Value
Disturbances D
Consumer Clusters Actual Value
Services ServiceEnabler SEi FeedbackIFB ExtendedAnalysis FeedbackSet
4.2
Restrictive Control [1]
These mechanisms apply pro-actively prior to the supply of a service. Most of the platform operators regulate platform access and strictly define terms and conditions for service supply on top of their platform, which go beyond the assurance of legal correctness. This way, a basic coherence of the platform operator’s expectations and the service enablers’ deliverables is insured. To verify this, many of the platform operators offer automated entrance assessment methods. We analyzed in our explorative study those at eSigma, Xignite and StrikIron. Each service enabler has to run through an automated link-in procedure and is only allowed to participate in the serviceenabling ecosystem once the assessment has been successfully accomplished. In the routine quality and interoperability-features are tested. Ebay has established policies and rules (Ebay, 2009) for vendors. Those rules include prohibition and restrictions of items, listing practices and performance guidelines. Violation will lead to sanctions, i.e. listing cancellation, forfeit of eBay fees on cancelled listings, limits on account privileges, loss of power seller status or account suspension. According to the company’s official communication, Microsoft allows open access to its app store for service enablers. However, it has rigorous testing mechanisms for quality and suitability of “user experience” (Kretschmann, 2009)
292
Composite Solutions for Consumer-Driven Supply Chains
Apple shows a strategy-driven restrictive product range management to avoid conflicts with its own base value contribution or with its own other products. Products like Google Voice were refused in July 2009 as it seemed to be in conflict with Apple’s business model (Chen, 2009). Unauthorized products are technically blocked in theȱ iPhone-environment. With respect to security-sensitivity, ecosystem participation in the financial service industry is very restrictive. Certification is mandatory for service enablers in the credit card industry. Participation in the ecosystem of the leading credit card suppliers is exclusive for service enablers which are Payment Card Industry’s Data Security Standards certified (PCI DSS). A company processing, storing, or transmitting cardholder data must be PCI DSS compliant, including secure networks, data protection systems, vulnerability management programs, strong access control, regular monitoring and testing procedures and an information security policy.
4.3
Co-regulative Control [2]
Through the provision of development rules or tools, coherent and congruent service supply is ensured and observable through-out the whole life-cycle of a service. In many cases, service enablers are required to develop products with software, interfaces and/or according to development guidelines that allow the platform operator to observe the function of the services in detail. These guidelines often go hand-in-hand with escalation routines which allow rapid reaction after early notification by a service enabler and a platform operator. Hosting the application on its own platform or infrastructure further enables the platform operator to ensure the transactional qualities like availability, sufficient replication or computing performance etc. Software-based service solutions which are stored and operated within the platform operator’s domain are called native. As automated quality checks and reactive measures are much easier for native solutions, Force.com limits its quality commitment only on native third party services. Microsoft obliges its service-enabling ecosystem to develop native solutions, meaning designed in a predefined architecture with proprietary tools and stored in its own domain (Kretschmann, 2009).
4.4
Market Regulative Control [3]
Through consumer based service verification and auditing and its respective publication, aspects of the service enabler’s performance are made publicly visible. Many platform operators use reputation mechanisms. Whereas some are limited on a quantitative scoring approach, others like Amazon or Force.com allow descriptive reviews for services or products offered. At Ebay, high-performers, i.e. those who get a 98% score in feedback receive a “power seller” status which increases visibility and trust293
Anwendungsnahe Beiträge
worthiness. In a more formalized approach, some platform operators (e.g., Force.com) offer annual informative certification for the offered services or for service enablers. The primary goal of market regulative control is to inform consumers and to put pressure on the service enabler, as his performance is made publicly visible and will impact the service enabler’s financial success. However, operators like Ebay have also established reactive procedures, which could lead to sanctions towards a service enabler, if his scores are too low. In this case, market regulative control is put into a sequence with sanctional control.
4.5
Sanctional Control [4]
In contrast to the market regulative methods, the assessed performance has direct consequences on the service enabler. Many platform operators apply reactive methods to remove an offering from their platform. In Ebay’s Verified Rights Owners (VeRO) program, the platform operator enables rights owners “to easily report and request removal of listings offering items or containing materials that infringe their intellectual property rights” (Ebay, 2009). Through semi-automated procedures, Ebay removes offerings from its platform.
4.6
Motivational Control [5]
This control approach includes measures to indirectly control the service-enabling ecosystem through incentives. Examples can be development support, community building or even funding. An intrinsic motivation is the provision of a large consumer base. Apple was a first mover for platform-mediated apps for his own telephones. With its apple app store, it generated a turnover of 2.4 billion USD in 2008 with a commission of 70% to the respective app developers (Malik, 2009). The relevance of the ecosystem’s confidence in success and critical mass is the reason why platform operators with strong or dominating market positions have an advantageous starting position through their customer base. This explains why companies like Microsoft, Apple or Salesforce.com are favored entrants into platform businesses. New players in the market like StrikeIron have to fight for a critical mass. Amazon motivates its customers with distribution support via its platform, but also through the handling of financial and logistic transactions. Additionally, Amazon’s service enablers benefit from a significant critical mass and an efficient logistics infrastructure.
294
Composite Solutions for Consumer-Driven Supply Chains
4.7
Informative Control [6]
Information about consumer behavior, platform evolution and value creation opportunities is communicated. Many platform operators today provide basic feedback to their service-enabling ecosystem. Companies like StrikeIron, Xignite or Skype communicate error-feedback to their service enablers. Basic statistical feedback is only provided by StrikeIron. Still the participants face the problem of information asymmetry (Williamson, 1981): Neoclassical theory postulates total disposability of market information to the vendor allowing for market-conform adaptation of his service portfolio (Kleine, 1995). Being positioned in a dyadic relation with the platform operator (or the next tier service enabler) constitutes a significant limitation of accessible information (information asymmetry). In consequence, services may run out of phase with the actual market demand.
4.8
Scope for Subsequent Improvement
Thus, the supply of extended user information offers the broadest ground for an improvement of platform-based control by communicating the consumers’ service preferences based on their actual consumption. In order to identify service preference clusters, we suggest applying OASIS’ Web Service Quality Model (WSQM). The model categorizes quality into Business Value Quality, Service Level Measurement Quality, Business Process Quality, Suitability for Standards, Security Quality, and Manageability Quality. We further divide those categories into 21 subgroups, leading to a customer’s preference bundle P = {Ν1*q1, …, Ν21*q21}. In this bundle, each qi stands for one of the 21 quality parameters and each Νi represents the respective importance from the perspective of a specific preference cluster. The central position of the platform empowers the platform operator to track and analyze the consumer preferences directly or indirectly (Scholten et al., 2009). Clusters of consumption bundles can be built and correlated with their respective revenue. Communicating customized feedback to each service enabler will stimulate the self-organizing forces in the service-enabling ecosystem (Fischer et al., 2009). Consumer benefit is improved through a better, faster and self-organized response to the consumers’ needs. The driving force of the service enablers is the expectation of increased revenue. We foresee improved market exploitation by service enablers and the platform operator and a strengthened positioning against competitive business ecosystems. Leveraging the ability to collect, process and feedback all relevant information into the service-enabling ecosystem endows the platform operator with a tool to indirectly control its service-enabling ecosystem into the direction of higher consumer value generation.
295
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5
Conclusion
In this paper, we reviewed the shift from classical supply chains to more dynamic value net designs based upon modular product and service architectures. It became clear that to enable consumer-driven supply chains, platform operators have to orchestrate distributed value creation efforts and ensure continuous supply, coherence and quality. However, if the platform performance deviates from the expected output, how should the platform operator react to get the system (back) on target? What are the strategic and operational means of acting on the control path to control outputs towards desired values, thus ensuring a desired level of performance? Therefore, we have introduced a control process for service-enabling ecosystems, which allows to systematically assigning control mechanisms to different value creation phases prior to, during and after service supply, categorized into six categories. Feedback loops are considered to be of particular importance: The provision of extended consumer information stimulates overall platform performance by empowering autonomous service enablers to optimize their service portfolio according to the most recent consumer needs and, therefore, to increase the customer perceived value of the overall platform solution. To conclude, we expect that control of decentralized value creation efforts in consumer-driven supply chains will increase in strategic importance. Processes need to be put in place, by which the platform operator ensures the delivery of reliable end-toend customer and consumer value. Although many corrective processes are automated or fed into the service-enabling ecosystem, platform operators will need to play an active role in setting and tuning control mechanisms to best align them to the platform operators’ corporate goals. In this light, further research will be required to develop a reference model for consumer-driven, dynamic value nets, similarly to the SCOR-Model. It would allow visualizing, contextualizing and hence optimizing all relevant process activities required to supply composite solutions. In future research, we will focus on developing a process framework to effectively manage the supply of platform-based complements. In addition, we will design and implement tools that apply principles of informative control and support platform operators in collecting and aggregating the necessary feedback information in the context of SVNs. Thus, we aim at developing a toolset that contributes to emergent behavior of SVNs. The findings resulting from our research are currently being implemented in the frame of the Theseus/Texo Project. Our research is funded by the German Federal Ministry of Economics and Technology as well as by SAP Research.
296
Composite Solutions for Consumer-Driven Supply Chains
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Autorenverzeichnis Prof. Dr. Roman Boutellier ist seit Oktober 2008 Mitglied der Schulleitung der ETH Zürich und übernahm das Vizepräsidium für Personal und Ressourcen. Von 2004 bis September 2008 war Roman Boutellier Professor für Innovations- und Technologiemanagement an der ETH Zürich; seit 2005 als Leiter des Nachdiplomstudiums in Betriebswissenschaften. 1999 wurde er zum Titularprofessor für Technologiemanagement an der Universität St. Gallen ernannt. Von 1999 bis zu seiner Berufung an die ETH war er Vorsitzender der Konzernleitung und Delegierter des Verwaltungsrates der SIG Holding AG. Von 1993 bis 1999 war er Professor an der Universität St. Gallen für Innovation und Logistik. Von 1987 bis 1993 leitete er als Mitglied der Geschäftsleitung den Zentralbereich Technik bei der Leica AG in Heerbrugg und von 1981 bis 1987 die Bereiche Optikrechnung und Optikfabrikation bei der Firma Kern in Aarau. Während dieser Zeit verbrachte er einen Studienaufenthalt am Optical Sciences Center in Tucson/Arizona und schloss auch ein Zusatzstudium in Betriebswirtschaftslehre ab. Roman Boutellier promovierte 1979 an der ETH Zürich in reiner Mathematik und forschte ein Jahr als Postdoc am Imperial College in London. Er ist Mitglied verschiedener Gremien, die sich mit Problemen des Technologietransfers, der Beschaffung und der akademischen Weiterbildung beschäftigen, und ist Autor und Mitautor von 7 Büchern und über 100 Veröffentlichungen. Er ist im Vorstand der Schweizerischen Kurse für Unternehmensführung SKU und in verschiedenen Verwaltungsräten internationaler Firmen tätig. Seine heutigen Forschungsschwerpunkte sind Innovation, technologische Risiken und Chancen sowie Einkaufsmanagement.
Heinrich Bücheler Geboren 1966, aufgewachsen in Mexico City und Caracas, Venezuela. Studium der Betriebs- und Produktionswissenschaften an der ETH Zürich. Heinrich Bücheler ist nach dem Studium zur Hilti AG in Liechtenstein, für welche er heute noch tätig ist. Seine langjährige operative wie auch strategische Supply Chain ManagementErfahrung erstreckt sich von der Eigenfertigung, über die Beschaffung und Versorgung von Produkten, bis zur Leitung von komplexen Verlagerungsprojekten zur Optimierung der Supply Chain: seine erste Funktion war die des Projektleiters für Investitionsprojekte für die Hilti-Werke. Es folgten die Produktionsleitung im ehemaligen Werk in Mexico City, die Stelle als Leiter des Bereichs Entwicklung und Engineering der Elementefertigung am Standort Schaan, die gesamtverantwortliche Projektleitung für die Verlagerung der Produktion von Befestigungselementen aus den Werken USA, Mexiko und Liechtenstein nach China und die Funktion als Head of Supply Management Consumables für die Geschäftsbereiche Direktbefestigung und Schraubtechnik. In dieser Zeit hat Heinrich Bücheler an der ETH Zürich auch das MBA Programm mit Fokus Supply Chain Management absolviert. Heute ist Heinrich Bücheler gesamtver-
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antwortlich für die technische Infrastruktur und für die Produktion des sich im Aufbau befindenden Hilti Werks in Matamoros, Mexico.
Prof. Dr. Udo Buscher Prof. Dr. Udo Buscher studierte Betriebswirtschaftslehre in Lüneburg und Göttingen und war danach als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Produktionswirtschaft (Prof. Dr. Ronald Bogaschewsky) an der Technischen Universität Dresden tätig. Nach Abschluss der Promotion setzte er seine wissenschaftliche Arbeit am Lehrstuhl für Betriebswirtschaftslehre und Industriebetriebslehre an der Julius-Maximilians-Universität Würzburg fort. Dort folgte im Jahr 2003 die Habilitation zum Thema „Kostenorientiertes Logistikmanagement in Metalogistiksystemen“. Seit 2004 leitet Udo Buscher den Lehrstuhl für Betriebswirtschaftslehre insb. Industrielles Management an der Technischen Universität Dresden. Seine aktuellen Forschungsschwerpunkte liegen in den Bereichen Supply Chain (Risk) Management, Reverse Logistics, Produktionsplanung und -steuerung sowie Maschinenbelegungsplanung.
Mikko De Nardo Dipl. Ing. ETH Mikko De Nardo ist wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Professur für Technologie- und Innovationsmanagement am Departement für Management, Technologie und Ökonomie der ETH Zürich. Sein Forschungsschwerpunkt liegt auf den Themenbereichen strategische Beschaffung, Risikomanagement und Corporate Social Responsibility in der Supply Chain. Parallel zur Dissertation arbeitet Mikko De Nardo beim Unternehmen Mettler-Toledo und ist dort zuständig für das Risikomanagement in der Elektronikproduktion. Sein Masterstudium absolvierte er in Betriebs- und Produktionswissenschaften an der ETH Zürich mit Schwerpunkten in Informations- und Supply-Chain-Management. Neben dem Studium arbeitete er in diversen global tätigen Unternehmen aus der Industrie und dem Finanzsektor unter anderem ein Jahr in China.
Robin Fischer Robin Fischer is research associate at the Karlsruhe Institute of Technology (KIT) where he is working on his Ph.D. in the context of the Project Strategic Value Nets in cooperation with SAP AG. In 2008, Mr. Fischer graduated from the University of Münster and holds an M. Sc. and a B. Sc. in Information Systems. During his studies, Robin Fischer worked on industry and research projects in collaboration with partners such as SAP Research CEC Karlsruhe, Siemens Medical Solutions USA and Siemens IT Solutions and Services. Results of these projects have been published on international conferences and journals such as the Communications of the Association for Information Systems. Mr. Fischer’s research interests are primarily in Management of Service Value Networks, Service-oriented Computing and Business Process Management.
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Ricardo Franke Ricardo Franke studierte Wirtschaftsingenieurwesen an der Technischen Universität Dresden und beschäftigte sich in seiner Diplomarbeit mit dem Thema „Lieferantenauswahl mit erweitertem Analytischen Hierarchieprozess“. Neben der Vertiefungsrichtung des Industriellen Management (Prof. Dr. Udo Buscher) gehörten Logistik und Operations Research zu den betriebswirtschaftlichen Schwerpunkten des Studiums.
Marco Gießmann Marco Gießmann studierte an der Technischen Universität Dresden Betriebswirtschaftslehre mit den Schwerpunkten Logistik, Controlling und Marketing. Seit 2005 ist er wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für BWL, insb. Logistik von Prof. Dr. Rainer Lasch an der TU Dresden. Darüber hinaus ist er seit 2006 ebenfalls als Dozent an der Dresden International University tätig und lehrt in deutsch- sowie englischsprachigen Studiengängen zum Supply Chain Management. Sein Arbeits- und Forschungsgebiet ist das Varianten- und Komplexitätsmanagement sowie die Anwendung der Strukturgleichungsmodellierung im Bereich der Logistik.
Dr. Christoph Glock Dr. Christoph Glock ist Akademischer Rat am Lehrstuhl für Betriebswirtschaftslehre und Industriebetriebslehre der Universität Würzburg. Seine wissenschaftlichen Schwerpunkte liegen auf den Gebieten Logistik, Produktionsplanung und -steuerung, Beschaffungsmanagement und Organisation. Wissenschaftliche Aufsätze von Dr. Glock sind unter anderem in der Zeitschrift für Betriebswirtschaft, dem International Journal of Production Economics und dem International Journal of Production Research erschienen.
Prof. Dr. Hans-Dietrich Haasis Professor Dr. Hans-Dietrich Haasis studierte Wirtschaftsingenieurwesen an der Universität Karlsruhe. Nach Promotion und Habilitation ebenfalls in Karlsruhe wurde er 1994 zum Universitätsprofessor an der Universität Bremen ernannt. Seit 1997 ist er Ordinarius für Allgemeine Betriebswirtschaftslehre, Produktionswirtschaft und Industriebetriebslehre. Von Juli 1998 bis Juni 2001 war er zunächst Sprecher, dann Dekan des Fachbereichs Wirtschaftswissenschaft. Er ist Gründungsmitglied und war von 2002–2005 Sprecher des Forschungsverbundes Logistik der Universität Bremen. Seit 2001 ist er Direktor des Instituts für Seeverkehrswirtschaft und Logistik (ISL), Bremen.
Prof. Dr.-Ing. Bernd Hellingrath Prof. Dr.-Ing. Bernd Hellingrath ist Inhaber des Lehrstuhls für Wirtschaftsinformatik und Logistik an der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster und Direktor des European Research Center for Information Systems (ERCIS). Nach seinem Studium der Informatik und Mathematik an der Universität Dortmund arbeitete er am Fraunhofer-Institut für Materialfluss und Logistik IML und promovierte im Fachbereich
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Maschinenbau der Universität Dortmund zum Dr.-Ing. Von 1995 bis 2008 leitete er die Hauptabteilung Unternehmensmodellierung am Fraunhofer-Institut für Materialfluss und Logistik IML. Zusätzlich hatte er zwischen 2005 und 2008 die Professur für das Lehrgebiet Modellierung und Planung von Logistiknetzen am Lehrstuhl Wirtschaftsinformatik der Universität Paderborn inne. Seine Forschungsschwerpunkte liegen in der Entwicklung von Konzepten sowie der zugehörigen Informationssysteme des Supply Chain Managements.
Patricia Hurschler Dipl. Ing. ETH Patricia Hurschler ist wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Professur für Technologie- und Innovationsmanagement am Departement für Management, Technologie und Ökonomie der ETH Zürich. Ihr Forschungsschwerpunkt liegt auf strategischen Beschaffungsentscheiden im Dreieck Schweiz – Osteuropa – Asien. Ihre Forschungsarbeit beleuchtet Risiken und Chancen der Beschaffung in Niedriglohnländern, stellt Kriterien für Beschaffungsentscheide zusammen und integriert diese in einen Prozess. Eine Klassifizierung von Produkt-Anpassungen bildet die Basis dieses Prozesses. Ihren Master hat Patricia Hurschler in Betriebs- und Produktionswissenschaften an der ETH Zürich abgeschlossen mit Schwerpunkt auf integrierte Produktentwicklung und Technologie- und Innovationsmangement. Das Grundstudium für Werkstoffingenieur hat sie an der ETH Lausanne absolviert.
Prof. Dr. Herbert Kotzab Herbert Kotzab (PhD. Vienna University of Economics and Business Administration) is Professor at the Department of Operations Management at the Copenhagen Business School. His research focuses on SCM, logistics and marketing channels and has resulted in more than 200 publications including publications in refereed journals, books, and chapters in books, conference proceedings and trade magazines.
Prof. Dr. Rudolf Large Prof. Dr. Rudolf O. Large ist Professor für Allgemeine BWL und Dienstleistungsmanagement, insbesondere Unternehmenslogistik an der Universität Stuttgart. Nach dem Studium des Wirtschaftsingenieurwesens promovierte er am Fachbereich Rechts- und Wirtschaftswissenschaften der Technischen Universität Darmstadt, wo er sich schließlich 2003 mit einer Schrift zum Kommunikationsverhalten von Beschaffungsmanagern habilitierte. Seine wissenschaftlichen Schwerpunkte liegen auf den Gebieten Logistik, Beschaffungsmanagement, Verkehrswesen und Internationales Management. Prof. Large ist Autor des Lehrbuchs „Strategisches Beschaffungsmanagement“ (4. Aufl., 2009) sowie zahlreicher Aufsätze, die u.a. in der Zeitschrift für Betriebswirtschaft, dem International Journal of Physical Distribution and Logistics Management, dem Journal of Purchasing and Supply Management und dem Journal of Supply Chain Management erschienen sind.
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Prof. Dr. Rainer Lasch Prof. Dr. habil Rainer Lasch studierte Wirtschaftsmathematik an der Universität Augsburg, an der er auch zum Dr. rer. pol. promovierte (1992) sowie mit der Venia in Betriebswirtschaftslehre habilitierte (1998). Seit 1998 ist er Inhaber des Lehrstuhls für BWL, insbes. Logistik an der Fakultät Wirtschaftswissenschaften der TU Dresden, seit 2002 Gastprofessor an der Università degli studi di Trento und seit 2006 wissenschaftlicher Leiter des Fachbereichs Wirtschaft- und Sozialwissenschaften der Dresden International University. Rainer Lasch ist Autor von zahlreichen, auch international anerkannten Publikationen, Gutachter für mehrere internationale Zeitschriften sowie profilierter Forschungspartner des BMBF und der Wirtschaft insbesondere bei den Themen Benchmarking in der Logistik, marktorientierte Prozessgestaltung, Lieferantenbewertung, Supply Chain Management, Risikomanagement, Ersatzteillogistik sowie quantitative Planungsverfahren in der Logistik. Darüber hinaus ist er Mitglied in zahlreichen wissenschaftlichen Gesellschaften und Verbänden sowie im wissenschaftlichen Beirat des Bundesvorstands des BME.
Max Lobermeyer Max Lobermeyer hat von 2003 bis 2006 an der VWA Studienakademie in Stuttgart den Diplom-Studiengang International Business Administration besucht. Während dieser Zeit als Berufsakademie-Student bei der DaimlerChrysler AG hat er ein Auslandssemester in Ungarn und diverse Praktika im In- und Ausland absolviert. Von 2006 bis 2008 hat er einen Master of Science in Economics and Business Administration mit der Spezialisierung International Business an der Copenhagen Business School abgelegt. Schwerpunkte des Studiums waren die Komplexität globaler Märkte und das Verhalten und Herausforderungen multinationaler Unternehmen in diesen Märkten. Seine Master-Thesis zum Thema Beschaffungsmarktanalyse hat er unter der Betreuung von Professor Kotzab für das Healthcare Unternehmen Coloplast A/S in Dänemark geschrieben und die entwickelten Analysestrukturen und Prozesse anschließend implementiert. Heute ist er dort im Corporate Procurement für den weltweiten Einkauf von Logistik- und Lagerdienstleistungen verantwortlich. Vorangegangen hat Max Lobermeyer Artikel zum gleichen Thema in Dänemark und Österreich veröffentlicht.
Matthias Pauli Matthias Pauli ist Teilnehmer des Audi-Logistik-Labors, einer Forschungskooperation zwischen dem Fraunhofer-Institut für Materialfluss und Logistik IML, der NRW Graduate School of Production Engineering and Logistics und der AUDI AG. Nach dem Studium des Wirtschaftsingenieurwesens an der Technischen Universität Dortmund studierte er Industrial Engineering am Georgia Institute of Technology. Im Rahmen seiner wissenschaftlichen Arbeit beschäftigt er sich schwerpunktmäßig mit logistischer Lieferantenentwicklung in der Automobilindustrie.
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Dr. Nils Peters Nils Peters studierte Wirtschaftsingenieurwesen an der Universität Karlsruhe (TH) und der Universitat de Barcelona (UB) mit den Schwerpunkten Strategisches Management, Finanzierung, industrielle Produktion, Operations Research sowie Kraftfahrzeugtechnik. Nach diversen Praktika in der Automobilindustrie sowie der Rohstoffherstellung absolvierte er sein Doktoratsstudium (Schwerpunkt Technologie- und Innovationsmanagement) an der Universität St.Gallen (HSG), wo er im Februar 2010 seine Promotion zum Dr. oec. (HSG) mit Auszeichnung abschloss. Seine Doktorarbeit behandelt die Fragestellung, wie Unternehmen effektiv Nachhaltigkeitsstrategien über verschiedene Wertschöpfungsstufen hinweg formulieren und implementieren können. Die empirische Datengrundlage dieser Forschungsarbeit umfasst Tiefenfallstudien sowie zahlreiche Antworten aus einer international durchgeführten Umfrage und wurde seitens mehrerer Markenhersteller der Konsumgüter-, Pharma- und Chemiebranche, dem BME sowie der Sustainability Agriculture Initiative (SAI) unterstützt. Seit Oktober 2009 arbeitet Nils Peters bei McKinsey & Company in Zürich, wo er sich schwerpunktmäßig in der Chemiebranche betätigt.
Marco Plöger Marco Plöger studierte Betriebswirtschaftslehre an den Universitäten Marburg an der Lahn und Bremen. Nach Abschluss des Diploms arbeitete er als Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Allgemeine Betriebswirtschaftslehre, Produktionswirtschaft und Industriebetriebslehre der Universität Bremen und seit 2008 am Institut für Seeverkehrswirtschaft und Logistik in der Abteilung Logistische Systeme.
Simone Scholten Simone Scholten works in the technology and innovation management of SAP Research in Walldorf, Germany, concentrating on performance management in the early innovation phases, on organizational innovation capability auditing as well as on the transformation of technological inventions into new business opportunities. Her research interest embraces open innovation processes, explicitly focusing on managerial techniques to ensure strategic focus and value creation of external complementary innovation efforts in the context of a platform strategy. Mrs. Scholten studied engineering at the Technical University of Kaiserslautern with a focus on Geographical Information Systems. Throughout her career, she has been working in Germany and the USA. Mrs. Scholten is married and has a 2 year old boy.
Ulrich Scholten Ulrich Scholten is research associate at Karlsruhe Institute of Technology (KIT), where he is leading a project on Strategic Value Nets in cooperation with SAP AG. Mr. Scholten has been active as consultant and partner for companies such as Deutsche Flugsicherung, Festo, Robert Bosch or SAP. In various roles Mr. Scholten has been working for industry and governmental organizations in Europe, Asia, Africa, North and South
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America. He is the founder of the UAE-based Think Tank and Seed Sponsor VentureSkies. For several years, Mr. Scholten worked in the headquarters of the Robert Bosch Automation division in Stuttgart, in charge of the development of international distribution structures. In 1998, he initiated a Spin Off for Web-based learning technologies and developed it to an internationally active, small but successful pioneer of Web-based business models. During all that time, his work was characterized by research in conjunction with commercial exploitation. Ulrich Scholten graduated at Fachhochschule Koblenz in 1992 after a final year's project at Staffordshire University in the U.K. Subsequently, he acquired a Master Degree in Business Administration at Leicester University, U.K. in conjunction with the Grande Ecole ESC de Poitiers, France. Mr. Scholten is married and has two children.
Lorant Szekely Lorant Szekely leitet die Abteilung Lieferantenorganisation der AUDI AG in Ingolstadt. Im Anschluss an sein Studium des Wirtschaftsingenieurwesens an der Hochschule für angewandte Wissenschaften in München arbeitete er in der Markenlogistikplanung der AUDI AG. Thematisch befasste er sich dort mit Supply Chain Management für den Standort Changchun China. Im Jahr 2006 wechselte er zu SEAT S.A. und leitete dort die Abteilung Servicios interno y Marca, welche sich schwerpunktmäßig mit der Optimierung von Logistikprozessen innerhalb der Logistikplanung beschäftigte. Nach seiner Rückkehr zur AUDI AG im Jahr 2007 liegen seine zentralen Aufgaben aktuell im Bereich des Versorgungsmanagements sowie der Lieferantenkommunikation und der logistischen Lieferantenentwicklung.
Dr.-Ing. Axel Wagenitz Dr.-Ing. Axel Wagenitz studierte Informatik an der Universität Bremen und ist seit 1996 wissenschaftlicher Mitarbeiter am Fraunhofer-Institut für Materialfluss und Logistik IML. Er promovierte an der Technischen Universität Dortmund zum Dr.-Ing. und leitet derzeit die Abteilung Supply Chain Engineering. Im Zentrum seiner wissenschaftlichen Arbeit steht das Supply Chain Management und hier insbesondere die effiziente Unterstützung logistischer Prozesse durch Informationstechnologie.
Dr. Andreas Wels Dr. Andreas Wels studierte Wirtschaftsmathematik an der Technischen Universität Dresden. Seine Promotion schloss er im Januar 2008 am Lehrstuhl für Betriebswirtschaftslehre insb. Industrielles Management (Prof. Dr. Udo Buscher) an der Technischen Universität Dresden zum Thema „Quantifizierung von Lieferzeitabweichungen zur Unterstützung eines effektiven Supply Chain Risikomanagements“ ab. Dabei erfolgten zahlreiche Publikationen zum Thema Risikomanagement in Supply Chains.
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Falko Zimmermann Falko Zimmermann studierte Wirtschaftsingenieurwesen an der Universität Bremen. Nach Abschluss des Diploms war er zunächst am Institut für Seeverkehrswirtschaft und Logistik tätig. Seit 2009 ist er Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Allgemeine Betriebswirtschaftslehre, Produktionswirtschaft und Industriebetriebslehre der Universität Bremen.
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