R. Eisele ] L. Kinzl
Thromboseprophylaxe in Unfallchirurgie und Orthopådie
Ralf Eisele Lothar Kinzl
Thromboseprophy...
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R. Eisele ] L. Kinzl
Thromboseprophylaxe in Unfallchirurgie und Orthopådie
Ralf Eisele Lothar Kinzl
Thromboseprophylaxe in Unfallchirurgie und Orthopådie Mit 72 zum Teil farbigen Abbildungen und 17 Tabellen
STEINKOPFF DARMSTADT
Priv.-Doz. Dr. med. Ralf Eisele Unfall- und Wiederherstellungschirurgie Stiftungskliniken Weissenhorn, Neu-Ulm, Illertissen Gçnzburgerstraûe 41, 89264 Weissenhorn Prof. Dr. med. Lothar Kinzl Unfallchirurgie, Hand- und Wiederherstellungschirurgie Chirurgische Universitåtsklinik und Poliklinik Steinhævelstraûe 9, 89075 Ulm
ISBN 3-7985-1511-5 Steinkopff Verlag, Darmstadt Bibliografische Information Der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet çber abrufbar. Dieses Werk ist urheberrechtlich geschçtzt. Die dadurch begrçndeten Rechte, insbesondere die der Ûbersetzung, des Nachdrucks, des Vortrags, der Entnahme von Abbildungen und Tabellen, der Funksendung, der Mikroverfilmung oder der Vervielfåltigung auf anderen Wegen und der Speicherung in Datenverarbeitungsanlagen, bleiben, auch bei nur auszugsweiser Verwertung, vorbehalten. Eine Vervielfåltigung dieses Werkes oder von Teilen dieses Werkes ist auch im Einzelfall nur in den Grenzen der gesetzlichen Bestimmungen des Urheberrechtsgesetzes der Bundesrepublik Deutschland vom 9. September 1965 in der jeweils geltenden Fassung zulåssig. Sie ist grundsåtzlich vergçtungspflichtig. Zuwiderhandlungen unterliegen den Strafbestimmungen des Urheberrechtsgesetzes. Steinkopff Verlag Darmstadt ein Unternehmen von Springer Science+Business Media www.steinkopff.springer.de ° Steinkopff Verlag Darmstadt 2006 Printed in Germany Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wåren und daher von jedermann benutzt werden dçrften. Produkthaftung: Fçr Angaben çber Dosierungsanweisungen und Applikationsformen kann vom Verlag keine Gewåhr çbernommen werden. Derartige Angaben mçssen vom jeweiligen Anwender im Einzelfall anhand anderer Literaturstellen auf ihre Richtigkeit çberprçft werden. Herstellung: Klemens Schwind Umschlaggestaltung: Erich Kirchner, Heidelberg Zeichnungen: Gçnther und Oliver Hippmann, Schwarzenbruck Satz: K + V Fotosatz GmbH, Beerfelden Druck und Bindung: Stçrtz GmbH, Wçrzburg SPIN 11412496
105/7231-5 4 3 2 1 0 ± Gedruckt auf såurefreiem Papier
Geleitwort
Es war das besondere Anliegen der Autoren, ein fçr die Unfallchirurgie und Orthopådie praktikables Konzept der Thromboseprophylaxe zu entwickeln. Sie haben zunåchst die farbkodierte Duplexsonographie mit der Phlebographie zur Bestimmung von Alter und Lokalisation tiefer Beinvenenthrombosen verglichen. Im Tierversuch konnten sie zeigen, dass bei akuten Thrombosen der Gefåûdurchmesser auf das 3- bis 4-fache vergræûert war und dass sich die Thromben nicht komprimieren lieûen. Hypoechogene Reflexmuster fanden sich beim Tier und auch in Thrombosen von menschlichen Beinamputaten. Auch hier wiesen die Thromben einen mindestens 2-fach vergræûerten Durchmesser im Vergleich zu normalen venæsen Gefåûen auf. Mobilitåtskriterien haben entscheidenden Einfluss auf das Thromboserisiko. Eindrucksvoll haben die Autoren gezeigt, dass bei Patienten mit Achillessehnenruptur und gipsfixierter Spitzfuûstellung selbst unter NMH noch 10% Thrombosen auftraten, so dass diese Behandlungsform verlassen wurde. Bei 40 konsekutiv mit einem Unterschenkelgips und mit einem niedermolekularen Heparin (NMH) behandelten traumatologischen Patienten fanden sich nach 4 Wochen Ruhigstellung 3 tiefe Beinvenenthrombosen mit der farbkodierten Dopplersonographie, die phlebographisch beståtigt wurden. Dieser Befund zeigt das Risiko einer verminderten Mobilitåt und spricht gegen die Verwendung eines Unterschenkelgipsverbandes. Besonderen Wert legten die Autoren auf die Erarbeitung von Mobilitåtskriterien, die das Thromboserisiko einschåtzen und dann auch wesentlich mindern lassen. Eine Teilbelastung von 200 N der unteren Extremitåt reicht aus, um auch ohne medikamentæse Prophylaxe Thrombosen zu verhindern. Es wird der Begriff ¹thromboprophylaktische Powerª eingefçhrt. Klinische Untersuchungen zur Validierung der ¹quasi physiologischen Belastungª erfolgten an groûen Patientenkollektiven. Eine stationåre Thromboembolieprophylaxe muss mehrere Komponenten umfassen. Dabei spielt neben der medikamentæsen Prophylaxe (z. B. mit NMH) besonders die Mobilitåt im Unterschenkel, speziell im oberen Sprunggelenk, eine wesentliche Rolle. Die Definition einer ¹quasi physiologischen Situationª ist einleuchtend und durch die Untersuchungen gut belegt. Die Ûberprçfung von Bewegung und Belastung vor Indikationsstellung zur medikamentæsen Thromboseprophylaxe ist wichtig und sollte weit propagiert werden. Frankfurt im Herbst 2005
Professor Dr. Dr. h.c. H. K. Breddin International Institute of Thrombosis and Vascular Diseases Ferdinand-Schrey-Weg 6 60598 Frankfurt
Vorwort
Thrombosen vermeiden, heiût Lebensqualitåt verbessern Lebensqualitåt hat als Begriff erst vor wenigen Jahren Eingang in die Chirurgie gefunden. Die Darstellung der Lebensqualitåt ist wissenschaftlich nicht unproblematisch. Dies kommt in den 5 D nach White zum Ausdruck: ] ] ] ] ]
Discomfort (fçr subjektives Empfinden), Dissatisfaction (fçr Unzufriedenheit in der Therapie), Disability (fçr Einschrånkung kærperlicher Fåhigkeiten), Disease (fçr Krankheiten im weitesten Sinne), Death (fçr Tod und wohl auch fçr finale Ausweglosigkeit) [175].
Durchaus verståndlich ist es, dass der Chirurg sich auf die unmittelbare oder sogar die subjektive Wertung seines chirurgischen Werkes beschrånkt, wåhrend der Patient nur die ihm erkennbaren und besonders beeindruckenden ¹Defekteª wçrdigt. In diesem Zusammenhang sind thrombembolische Komplikationen als Beeintråchtigung der Lebensqualitåt zu erkennen und wenn immer mæglich zu vermeiden. Die Bereitschaft der Patienten, in einer solchen Situation ein schicksalhaftes Ereignis zu sehen, ist geschwunden. Der aus den grandiosen Leistungen der Medizin abgeleitete Irrglaube an die Beherrschbarkeit des menschlichen Kærpers versperrt die Einsicht, dass zwischen Schicksal und Schuld unterschieden werden muss. Im Zeitalter der çbermåûigen, ja absoluten Ansprçche, gerade in der Medizin, kænnen diese nur enttåuscht werden, denn es gibt keine Medizin ohne ein mehr oder weniger groûes Risiko [220]! Das in diesem Buch dargestellte Management der Thromboseprophylaxe soll allen Kollegen Anregung und Hilfe sein und letztlich die Lebensqualitåt der uns anvertrauten Patienten verbessern. Weissenhorn und Ulm im Herbst 2005
Ralf Eisele Lothar Kinzl
Inhaltsverzeichnis
Allgemeiner Teil . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1
] Geschichtliches . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1
] Physiologie und Pathophysiologie der Blutgerinnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
2
] Prådisposition zur venæsen Thrombose in der Unfallchirurgie . . . . . . . . . . . . . .
8
] Epidemiologie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13 ] Methodische Ansåtze zur Thrombembolieprophylaxe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14 ] Diagnostik der tiefen Beinvenenthrombose . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17 ] Therapie der tiefen Beinvenenthrombose . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21
Spezieller Teil ] Diagnostik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25 ] Physiologie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34 ] Thromboseprophylaxe beim ambulanten Patienten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44 ] Thromboseprophylaxe beim stationåren Patienten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 48 ] Thromboseprophylaxe in der Rehabilitation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52 ] Indikation zur medikamentæsen Thromboseprophylaxe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56 ] Thromboseprophylaxe mit physikalischen Maûnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 58 ] Ûberlegungen zum Thrombembolie-Prophylaxekonzept . . . . . . . . . . . . . . . . . . 64 ] Thromboseprophylaxe zwischen Disposition und Exposition . . . . . . . . . . . . . . . 68 ] Rechtliche Fragen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 72 ] Gesundheitsækonomische Aspekte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 75 ] Management der Thromboseprophylaxe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 76
Ûbersichtstafeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 79 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 91 Sachverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 99
Abkçrzungsverzeichnis
ADP AK APC AT (I-VI) ATP AT-Strumpf AVK BE BMI CT DCCU DHS DIC
Adenosindiphosphat Antikærper Aktiviertes Protein C Antithrombin (I-VI) Adenosintriphosphorsåure Antithrombosestrumpf Arterielle Verschlusskrankheit Becken Body mass index Computertomografie Duplex-Color-Coded Ultrasound Dynamische Hçftschraube Disseminated intravascular coagulation (akute Verbrauchskoagulopathie) EDRF Endothelium derived releasing factor (NO) ELISA-Test Enzyme-linked immuno sorbent assay FKDS Farbkodierte Duplex-Sonografie GPT Glutamat-Pyruvat-Transaminase HBV Hepatitis-B-Virus HE Håmatoxilin-Eosin(-Fårbung) HIPA-Test Heparininduzierter Plåttchenaktivierungstest HIT II Heparin-induced Thrombocytopenia HIV Human immunodeficiency virus IE Internationale Einheiten Ig Immunglobuline (IgG, IgM usw.) IL Interleukin (IL-1 usw.) INR International normalized ratio ISG Ileosakralgelenk KHK Koronare Herzkrankheit KI Konfidenzintervall KM Kontrastmittel Kp Kilopond LDH Low-dose-Heparin LE Lungenembolie LMWH Low molecular weight heparine LPS Lipopolysaccharide LRR Lichtreflexionsrheografie
XII
]
Abkçrzungsverzeichnis
Max MHz Min N NMH NO NSAID OS OSG PAF PAI-1 PF PGl2 PL POP PTT QP RES ROI ROM SH SHT TAT TE TEP TF TNF TP t-PA TPL TVT T-Zellen UFH US VFP VFS c-GT WT
Maximal Megahertz Minimal Newton Niedermolekulares Heparin Stickoxid Non-steroidal-anti-inflammatory drugs Oberschenkel Oberes Sprunggelenk Platelet activating factor (XII) Plasminogen activator inhibitor 1 Plåttchenfaktor Prostaglandin 2 Phospholipid Vena poplitea Partial thromboplastin time (Thromboplastinzeit) Quasi-physiologisch Retikuloendotheliales System Region of interest Range of motion Sulfhydril(gruppe) Schådel-Hirn-Trauma Thrombin-Antithrombin-III-Komplex Thrombembolie Totalendoprothese Tissue factor, Gewebefaktor Tumor-Nekrose-Faktor Thromboseprophylaxe Tissue plasminogen activator (Gewebsplasminogenaktivator) Thromboplastin Tiefe Beinvenenthrombose Targetzellen Unfraktioniertes Heparin Unterschenkel Vena femoralis profunda Vena femoralis superficialis Glutamyltranspeptidase Weichteilschaden
Allgemeiner Teil
Geschichtliches Die Thrombose ist ein lebensnotwendiger, physiologischer Vorgang, ohne den es keine Blutstillung gåbe. Die Thrombose als Krankheit ist daher der Ablauf eines eigentlich physiologischen Vorganges zur falschen Zeit, am falschen Ort und in einer falschen Quantitåt. Grundsåtzlich fçhren zwei Mechanismen zur Entstehung eines Thrombus, nåmlich die humorale, durch Plasmafaktoren initiierte und die korpuskulåre, durch Thrombozyten in Gang gesetzte Gerinnung. Die humorale Gerinnung ist fçhrend im Venensystem, also in Gefåûen, in denen geringe Scherkråfte wirken. Die thrombozytische Gerinnung ist dagegen fçhrend im arteriellen System, also in Gefåûen mit hohen Scherkråften im Blutstrom. Zu beachten ist, dass Thrombose und Thrombolyse normalerweise in einem gleichgewichtigen Wechselspiel stehen, welches allerdings bei der krankhaften Thrombose in vielfåltiger Weise gestært sein kann. Neben Gerinnbarkeit und Lysefåhigkeit und allgemeinen Kreislaufverhåltnissen sind in jçngerer Zeit die ærtlichen Stræmungsverhåltnisse zunehmend beachtet worden, d. h. der Charakter einer Stræmung im Bereich von Krçmmungen, Verzweigungen oder Klappen sowie die Viskositåt des Blutes. Diese rheologischen Fragen wurden jedoch vorwiegend an Arterien und am Herzen untersucht. Die dritte Græûe der Virchowschen Trias, nåmlich die Beschaffenheit der Gefåûwand, hat in den letzten Jahren eine besondere Bedeutung erlangt. Es geht nicht mehr nur um die Frage, ob das Endothel intakt ist oder nicht oder ob die Gefåûwand durch Trauma oder Entzçndung lådiert ist, sondern das Endothel ist als ein eigenes groûes Organ mit vielfåltigen Funktionen und Wirkungen erkannt worden. Die Krankheit ¹Thromboseª ist also ein multifaktorielles und oft multikausales Leiden, bei dem wir zwar den Gefåûthrombus
als Endprodukt sehen, aber meistens nicht genau wissen, wie er zustande gekommen ist. Das ist çbrigens wohl auch eine Erklårung fçr die oft uneinheitlichen Ergebnisse der Untersuchungen zur Prophylaxe [19, 38]. Bis in die zweite Hålfte des 20. Jahrhunderts wurden thrombembolische Komplikationen in der Chirurgie als schicksalhafter Verlauf einer Erkrankung bzw. einer Verletzung angesehen. Die Bedeutung physikalischer thromboprophylaktischer Maûnahmen wurde nicht erkannt und die medikamentæse Thromboseprophylaxe steckte noch in den Anfången. Die medikamentæsen Ansåtze gehen auf das Jahr 1916 zurçck als McLean entdeckte, dass ein aus Hundeleber gewonnener Gewebsextrakt nicht, wie eigentlich erwartet, prokoagulatorisch sondern antikoagulatorisch wirkte [112, 147]. Erst nach mehr als 20 Jahren wurde 1937 çber die ersten klinischen Anwendungen in Kanada [153] und Schweden berichtet [54]. Allerdings war die Anfangsphase der Heparinanwendung geprågt vom Auftreten schwerer Nebenwirkungen wegen der noch unzureichenden Mæglichkeiten der Gewinnung reinen Heparins aus tierischem Ausgangsmaterial, in der Regel Schweinedarmmukosa oder Rinderlunge sowie von Dosisfindungsproblemen und den damit verbundenen Blutungskomplikationen. Erst mit verbesserten Herstellungsverfahren wurde Heparin auf breiterer Basis eingesetzt. Der Wirkungsmechanismus blieb lange Zeit unklar. Erst Rosenberg et al. konnten 1973 zeigen, dass Heparin eine indirekt wirkende Substanz ist und seine antikoagulatorische Aktivitåt çber den kærpereigenen Inhibitor Antithrombin Ill (AT III) entfaltet, indem es die Reaktionsgeschwindigkeit dieses Hemmkærpers beschleunigt [183]. Andersson et al. beschrieben 1976 die Aufspaltung herkæmmlichen Heparins in eine Fraktion mit groûer Affinitåt zu AT III und in eine mit geringer Affinitåt zu AT III [10], und Holmer et al. zeigten 1981, dass fçr eine AT-III-vermittelte Hemmung des Faktors Xa bereits eine Ketten-
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Physiologie und Pathophysiologie der Blutgerinnung
långe von 8±16 Zuckereinheiten ausreicht, jedoch fçr die Hemmung von Thrombin eine Sequenz von mindestens 18 Zuckereinheiten benætigt wird [9, 109]. Choay et al. fanden 1983, dass mindestens eine Pentasaccharidfolge fçr die Bindung an AT III notwendig ist [46]. Fçr den klinischen Einsatz von Heparin zur Prophylaxe von tiefen Venenthrombosen war das Jahr 1986 von Bedeutung, als unfraktioniertes Heparin in niedriger Dosierung (low-dose Heparin) fçr diese Indikation weltweit anerkannt wurde. Im Jahr 1991 wurde dem niedermolekularen Heparin ein besonderer Stellenwert zugewiesen, nachdem die Europåische Konsensus-Erklårung niedermolekulare Heparine als wirkungsvollste Prophylaxe im so genannten Hochrisikobereich beschrieben hatte [76]. Die Abbildung 1 zeigt eine Zusammenfassung [117, 122, 124, 136, 140].
1916
Entdeckung von UFH (unfraktioniertem Heparin)
1935
Klinische Anwendung von UFH
1973
Beschreibung des AT-III-vermittelten Wirkmechanismus
1976
Entdeckung von ¹High-affinityª- und ¹Low-affinityª-Heparin
1981
Korrelation verschiedener Kettenlången von Saccharidsequenzen und Hemmung verschiedener Gerinnungsfaktoren (Faktor II und Faktor X)
1983
Charakterisierung eines Pentasaccharids als Baustein von Heparin
1986
Konsensus-Konferenz: ¹UFH (unfraktioniertes Heparin) Mittel der Wahl zur Prophylaxe postoperativer thromboembolischer Komplikationenª
1991
Europåische Konsensus-Erklårung: ¹NMH (niedermolekulares Heparin) derzeit wirkungsvollste Prophylaxe im Hochrisikobereichª
Abb. 1. Zusammenfassung der wichtigsten Meilensteine in der Verwendung von Heparin zur medikamentæsen Thromboseprophylaxe [7].
Physiologie und Pathophysiologie der Blutgerinnung Als Håmostase bezeichnen wir eine Reihe von Ablåufen, welche nach Verletzung von Blutgefåûen zunåchst zum Sistieren der sichtbaren Blutung fçhren, aber auch fçr die nachfolgende Narbenbildung und Regeneration des Blutgefåûes und seiner Umgebung als Grundlage dienen. Die wichtigsten Partner dieser komplexen Vorgånge sind zunåchst die Blutgefåûe selbst, welche durch ihr Endothel den flçssigen Zustand des Blutes bewahren helfen, im Bereich von freigelegtem Subendothel jedoch die Blutstillung in Gang setzen. Dort ist es vor allem das Kollagen, welches zunåchst ein fadenfærmiges Riesenmolekçl, den von Willebrand-Faktor, adsorbiert und somit dessen Rezeptoren fçr die Plåttchenmembran zugånglich macht [85]. Demnach kænnen zum Beispiel qualitative Anomalien des Kollagens oder aber Stærungen des ªvon Willebrand-Molekçlsª den ¹termingerechtenª Ablauf aller nachfolgenden Reaktionen beeintråchtigen [186]. Die entwicklungsgeschichtlich wohl ålteste intravasale Komponente der Blutstillung ist die Fåhigkeit der Thrombozyten zum Anhaften an eine verletzte Stelle und deren nachfolgende Freisetzungsreaktion und Aggregation, die dann zur mechanischen Verstopfung eines Gefåsslecks fçhrt, åhnlich den Amæbozyten des lebenden Fossils Limulus polyphaemus. Auch das nachfolgende Prinzip der Gelierung eines Plasmaeiweiûes, das heiût die Umwandlung von Fibrinogen zu Fibrin ist ein entwicklungsgeschichtlich sehr altes Phånomen. Das komplexe Gerinnungssystem der Såugetiere hat sich erst viel spåter entwickelt. Wåhrend die vereinfachte Darstellung der Gerinnungskaskade [60] fçr den Durchschnittskliniker bis vor etwa 20 Jahren noch einigermaûen verståndlich war, sind die nach neueren Untersuchungen festgestellten wiederholten Regelkreise, bestehend aus je einem Zymogen, einem Kofaktor-Protein und einem aktivierenden proteolytischen Enzym, sowie einer Reihe von mehr oder weniger spezifisch wirksamen Inhibitoren, selbst fçr den ¹Eingeweihtenª so kompliziert geworden, dass eine schematische Darstellung des ganzen Ablaufs in einer Abbildung nur schwer mæglich ist (Abb. 2). Die Tabelle 1 gibt eine Ûbersicht der Blutgerinnungsfaktoren. Sehr wichtig aus klinischer Sicht ist die Erkenntnis, dass die Gerinnung nur sehr
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Physiologie und Pathophysiologie der Blutgerinnung
långe von 8±16 Zuckereinheiten ausreicht, jedoch fçr die Hemmung von Thrombin eine Sequenz von mindestens 18 Zuckereinheiten benætigt wird [9, 109]. Choay et al. fanden 1983, dass mindestens eine Pentasaccharidfolge fçr die Bindung an AT III notwendig ist [46]. Fçr den klinischen Einsatz von Heparin zur Prophylaxe von tiefen Venenthrombosen war das Jahr 1986 von Bedeutung, als unfraktioniertes Heparin in niedriger Dosierung (low-dose Heparin) fçr diese Indikation weltweit anerkannt wurde. Im Jahr 1991 wurde dem niedermolekularen Heparin ein besonderer Stellenwert zugewiesen, nachdem die Europåische Konsensus-Erklårung niedermolekulare Heparine als wirkungsvollste Prophylaxe im so genannten Hochrisikobereich beschrieben hatte [76]. Die Abbildung 1 zeigt eine Zusammenfassung [117, 122, 124, 136, 140].
1916
Entdeckung von UFH (unfraktioniertem Heparin)
1935
Klinische Anwendung von UFH
1973
Beschreibung des AT-III-vermittelten Wirkmechanismus
1976
Entdeckung von ¹High-affinityª- und ¹Low-affinityª-Heparin
1981
Korrelation verschiedener Kettenlången von Saccharidsequenzen und Hemmung verschiedener Gerinnungsfaktoren (Faktor II und Faktor X)
1983
Charakterisierung eines Pentasaccharids als Baustein von Heparin
1986
Konsensus-Konferenz: ¹UFH (unfraktioniertes Heparin) Mittel der Wahl zur Prophylaxe postoperativer thromboembolischer Komplikationenª
1991
Europåische Konsensus-Erklårung: ¹NMH (niedermolekulares Heparin) derzeit wirkungsvollste Prophylaxe im Hochrisikobereichª
Abb. 1. Zusammenfassung der wichtigsten Meilensteine in der Verwendung von Heparin zur medikamentæsen Thromboseprophylaxe [7].
Physiologie und Pathophysiologie der Blutgerinnung Als Håmostase bezeichnen wir eine Reihe von Ablåufen, welche nach Verletzung von Blutgefåûen zunåchst zum Sistieren der sichtbaren Blutung fçhren, aber auch fçr die nachfolgende Narbenbildung und Regeneration des Blutgefåûes und seiner Umgebung als Grundlage dienen. Die wichtigsten Partner dieser komplexen Vorgånge sind zunåchst die Blutgefåûe selbst, welche durch ihr Endothel den flçssigen Zustand des Blutes bewahren helfen, im Bereich von freigelegtem Subendothel jedoch die Blutstillung in Gang setzen. Dort ist es vor allem das Kollagen, welches zunåchst ein fadenfærmiges Riesenmolekçl, den von Willebrand-Faktor, adsorbiert und somit dessen Rezeptoren fçr die Plåttchenmembran zugånglich macht [85]. Demnach kænnen zum Beispiel qualitative Anomalien des Kollagens oder aber Stærungen des ªvon Willebrand-Molekçlsª den ¹termingerechtenª Ablauf aller nachfolgenden Reaktionen beeintråchtigen [186]. Die entwicklungsgeschichtlich wohl ålteste intravasale Komponente der Blutstillung ist die Fåhigkeit der Thrombozyten zum Anhaften an eine verletzte Stelle und deren nachfolgende Freisetzungsreaktion und Aggregation, die dann zur mechanischen Verstopfung eines Gefåsslecks fçhrt, åhnlich den Amæbozyten des lebenden Fossils Limulus polyphaemus. Auch das nachfolgende Prinzip der Gelierung eines Plasmaeiweiûes, das heiût die Umwandlung von Fibrinogen zu Fibrin ist ein entwicklungsgeschichtlich sehr altes Phånomen. Das komplexe Gerinnungssystem der Såugetiere hat sich erst viel spåter entwickelt. Wåhrend die vereinfachte Darstellung der Gerinnungskaskade [60] fçr den Durchschnittskliniker bis vor etwa 20 Jahren noch einigermaûen verståndlich war, sind die nach neueren Untersuchungen festgestellten wiederholten Regelkreise, bestehend aus je einem Zymogen, einem Kofaktor-Protein und einem aktivierenden proteolytischen Enzym, sowie einer Reihe von mehr oder weniger spezifisch wirksamen Inhibitoren, selbst fçr den ¹Eingeweihtenª so kompliziert geworden, dass eine schematische Darstellung des ganzen Ablaufs in einer Abbildung nur schwer mæglich ist (Abb. 2). Die Tabelle 1 gibt eine Ûbersicht der Blutgerinnungsfaktoren. Sehr wichtig aus klinischer Sicht ist die Erkenntnis, dass die Gerinnung nur sehr
Thrombozyten
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Abb. 2. Gerinnungsschema nach Gerlach und Tilsner [7, 216]. ADP Adenosindiphosphat, AT III Antithrombin III, ATP Adenosintriphosphorsåure, EDRF Endothelium derived relaxing factor, PAF Plasminogen activating factor, PAI Plasminogenaktivatorinhibitor, PF3 Plåttchenfaktor, PGI2 Prostaglandin 2, PL Phospholipid, Tx A2 Thromboxan, TF Gewebefaktor, t-PA Gewebsplasminogenaktivator, Va = aktivierter Faktor V, X = Faktor X, Xa = aktivierter Faktor X.
langsam ablåuft. Die aktivierte Oberflåche der Thrombozyten enthålt jedoch Lipidfunktionen, welche den Ablauf um mehrere Græûenordnungen beschleunigen [184]. Andererseits ist wohl die Aktivierung der Thrombozyten durch das Gerinnungsferment Thrombin ebenso wichtig fçr die primåren Vorgånge der Thrombozytenaggregation wie fçr die Verfestigung der Thrombozytenaggregate durch Fibrin. Wåhrend die ersten Reaktionen bis zur Thrombozytenadhåsion wahrscheinlich im Sekundenbereich liegen, dauert bereits der Aufbau des Plåttchenpfropfs (wie an der Blutungszeit ablesbar) mehrere Minuten. Die Gerinnung am Ort einer Verletzung ist ein Prozess, der Minuten, Stunden, Tage und sogar Wochen dauern kann [19, 56].
Thrombozyten Die Thrombozyten nehmen bei der Blutstillung eine Schlçsselstellung ein, weil sie in vierfacher Hinsicht funktionell aktiv sind: ] Bildung des Plåttchenthrombus, ] Freisetzung des Plåttchenfaktors 3, eines fçr die plasmatische Gerinnung im Intrinsic System unentbehrlichen Phospholipids, ] Freisetzung des Plåttchenfaktors 4 (Protein), welcher nur in den a-Granula der Thrombozyten vorkommt und nach Aktivierung der Thrombozyten in die Blutbahn abgegeben wird, ] Freisetzung von vasoaktiven Aminen (Serotonin, Adrenalin).
3
4
]
Physiologie und Pathophysiologie der Blutgerinnung
Tabelle 1. Nomenklatur und Eigenschaften von Blutgerinnungsfaktoren Faktor
Name
Eigenschaften bzw. Funktion
Bildungsort Biologische Halbwertszeit
I II III
Fibrinogen Prothrombin Thromboplastin (tissue Factor) Kalzium
b2-Glykoprotein Endopeptidase, durch Faktor Xa aktivierbar Lipoprotein, wird bei Verletzungen freigesetzt
Leber Leber Endothel
4±5 d 50±60 h
In Blut und Gewebe in konstanter Konzentration vorhanden Durch Kalzium stabilisiertes Protein
Leber
35 h
Durch Kontakt mit Zellfragmenten aktivierbares Enzym Durch Kalzium stabilisiertes b2-Globulin b2-Globulin, bildet zusammen mit Faktor VIII, Kalzium und Phospholipiden den Aktivator von Faktor X
Leber Milz, RES Leber
5±6 h 6±20 h 18±30 h
Argininesterase durch endogene oder exogene Faktoren aktivierbar Substrat von Faktor Xlla, an Aktivierung von Faktor IX beteiligt Argininesterase, durch Kontakt mit Fremdoberflåchen aktivierbar Transglutaminase, durch Thrombin aktiviert; Verbindet Fibrinmonomere çber Peptidbindungen zum Polymer
Leber
40±60 h
RES?
48±60 h
Endothel Thrombos Leber
52±70 h
IV V VII VllI IX X XI XII XIII
Akzeleratorglobulin (Proaccelerin) Proconvertin Antihåmophiles Globulin Plasma-ThromboplastinKomponente (ChristmasFaktor) Stuart-Prower-Faktor Plasma-ThromboplastinAntecedent Hageman-Faktor (platelet activating factor, PAF) Laki-Lorand-Faktor (Fibrin stabilisierender Faktor)
Dank ihrer besonderen Klebrigkeit haften die Thrombozyten bei jeglicher Gefåûwandlåsion prompt an den freigelegten subintimalen Strukturen (Plåttchenadhåsion), setzen ADP frei, welches eine ausgesprochen aggregierende Wirkung auf weitere Thrombozyten ausçbt (Plåttchenaggregation), so dass es zur Bildung eines Plåttchenthrombus kommt. Die Konsolidierung des noch brçchigen Plåttchenaggregates erfolgt erst durch die plasmatische Gerinnung. Daran beteiligt sind der Plåttchenfaktor 3 und die in Abb. 2 angegebenen Gerinnungsfaktoren des Intrinsic Systems bis zum Thrombin. Das Thrombin ist das Enzym, welches einerseits die Thrombozyten zum soliden Pfropf vernetzt und anderseits Fibrinogen zu Fibrin katalysiert. Das Fibrin fixiert den Plåttchenthrombus an die Gefåûwand. Der Plåttchenthrombus retrahiert sich schlieûlich durch Kontraktion des aktomyosinåhnlichen Plåttchenproteins Thrombosthenin. Die genaue Wirkungsweise von Plåttchenfaktor 4 ist nicht bekannt. Die Wirkung selbst besteht in einer Hemmung von Heparin [96]. Die vasoaktiven Amine fçhren zur Vasokonstriktion. Das bedeutet, dass die innere Oberflåche (normalerweise kommen 5 ml Blut mit 1 m2 Endothel in Kontakt) des Gefåûes fçr die Regulierung der Blutgerinnung an Wichtigkeit zunimmt.
3±4 d
Thrombin und seine Inhibitoren Thrombin ist der wichtigste Aktivator der Thrombozyten und zugleich der Mediator vor Ort. Dort, wo ein Blutgefåû verletzt wurde, soll sich ein Thrombus bilden, und nur dort. Unter normalen Bedingungen gibt es keine Wechselwirkungen zwischen dem Endothelverbund der Gefåûe und dem stræmenden Medium der Blutzellen und Plasmaproteinen [2]. Sobald aber tiefere Schichten der Gefåûwand freigelegt werden, reagieren Plåttchen und Gerinnungsfaktoren wegen der starken Stræmung sofort mit den subendothelialen gerinnungsaktivierenden Substanzen und bilden mechanisch wirksame Thromben aus Plåttchen, unlæslichem Fibrin, Leukozyten und in dem Fibrinnetz gefangenen Erythrozyten. Diese Thrombusbildung bleibt beschrånkt auf den Ort der Gefåûlåsion. Zuerst haften die Plåttchen an den subendothelialen Strukturen, bevor sie sich ausbreiten. Sodann treten Rezeptoren fçr Adhåsionsmolekçle an ihre Oberflåche und rekrutieren weitere Plåttchen fçr den Thrombus aus der stræmenden Umgebung. Die Expansion wird in erster Linie gesteuert von Thrombin, das an Phospholipiden der Plåttchen bindet. Das Thrombin wiederum aktiviert unmittelbar die Thrombinrezeptoren
Antithrombotische Faktoren
der Plåttchen. Zusåtzlich, unabhångig und doch im Verbund wirken als Agonisten Adenosindiphosphat (aus den Speichergranula der aktivierten Plåttchen) und Thromboxan A 2 (in den Plåttchen synthetisiert aus Arachidonsåure). Mechanische Gefåûlåsionen erzeugen Thrombin, indem sie die Aktivierung von Faktor (F) X in Gang setzen, und zwar sowohl auf dem exogenen Weg durch den so genannten Gewebefaktor (Thromboplastin, tissue factor) als auch auf dem endogenen Weg. Aktivierter F X (F Xa) bildet zusammen mit F Va und Kalziumionen an einer Oberflåche aus Phospholipiden, nåmlich an den Plåttchen und dem benachbarten verletzten Gewebe den Prothrombin-Aktivatorkomplex, der Prothrombin spaltet. Die Plåttchen am Ort der Låsion bewirken auch, dass sich hier die notwendigen proteolytischen Komplexe anreichern, welche die Umwandlung von Prothrombin zu Thrombin katalytisch steigern. Beide Faktoren, Thrombin und F Xa, erhæhen ihre eigene Produktion durch Aktivierung von F VI und F IX und ebenfalls von F V und F VIII. Auûerdem fçhrt Thrombin an der Oberflåche der Plåttchen zur Ausbildung von Bindungsstellen fçr die Vitamin K-abhångigen Prothrombinkomplexe. Der Gewebefaktor an der Oberflåche von Zellen auûerhalb der Gefåûe, auf Monozyten und Makrophagen, ist als Auslæser der Gerinnung besonders wichtig. Jedes Blutplåttchen besitzt im Durchschnitt etwa tausend Kopien des Thrombinrezeptors. Auch auf dem Endothel und auf den glatten Muskelzellen der Gefåûe gibt es Thrombinrezeptoren, åhnlich den adrenergen b2-Rezeptoren auf den Plåttchen. Der katalytische Mechanismus erklårt die çberragende Potenz von Thrombin als Aktivator der Plåttchen. Jedes einzelne Molekçl Thrombin aktiviert mehrere Rezeptoren. Diese Aktivierung durch Proteolyse ist nicht reversibel. Eine Drosselung durch Hemmung oder Inaktivierung kann erst nach dem Signal einsetzen [103].
Antithrombotische Faktoren Wåhrend Thrombin als wichtigster Mediator die Plåttchen am Ort der Gefåûlåsion aktiviert, veranlasst es gleichzeitig die Endothelzellen, eine Ausdehnung des Thrombus çber die Låsion hinaus zu verhindern. Wenigstens 3 antithrombotische Mechanismen beginnen zu wirken:
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] Protein C wird aktiv, katalysiert durch Thrombin nach dessen Bindung an Thrombomodulin des Endothels. Aktiviertes Protein C (APC) inaktiviert zusammen mit Protein S die Gerinnungsfaktoren Va und Vllla. Dadurch verhindert es gleichzeitig, dass weiteres Thrombin entsteht. ] Angeregt durch Thrombin produziert das Endothel die Aggregationshemmer Prostazyklin und Stickoxid (EDRF, NO) [56]. ] Thrombin induziert in den Endothelien ferner die Synthese von Gewebsplasminogenaktivator (t-PA); dadurch wird lokal die Fibrinolyse verstårkt. Wenn Thrombin an das Thrombomodulin auf der Endothelmembran gebunden worden ist, aktiviert es Protein C. APC seinerseits verhindert die weitere Thrombinentstehung, indem es an Oberflåchen F Va und F Vllla spaltet und dadurch inaktiviert. Kofaktor des APC ist Protein S. An der Oberflåche von Membranen und in Gegenwart von Kalzium bilden beide stæchiometrisch 1 : 1 einen Komplex. Protein S erhæht die Wirksamkeit von APC bei der Inaktivierung membrangebundener F-Va- und F-Vllla-Molekçle. Im Blut zirkuliert Protein S als aktives, freies Protein, ohne kovalente Bindung assoziiert mit einer groûen Untereinheit des C4bBP, eines Komplementfaktors in dessen inaktiver Form. Experimentelle Untersuchungen zeigen, dass APC zwar die Bildung von Gefåûthromben hemmt, trotzdem aber die Synthese einer kleinen, håmostatisch wichtigen Thrombinmenge zulåsst. ] Antithrombin III. Wenn çberschçssiges Thrombin in den Kreislauf geråt, wird es durch Bildung eines Enzym-Inhibitor-Komplexes (ThrombinAntithrombin) inaktiviert, katalysiert von heparinåhnlichen Gykosaminglykanen aus dem Endothel. AT III ist der primåre Inhibitor im Plasma und inaktiviert auch F Xa und F lXa, aber nicht F VIIa. Die Inaktivierung wird um drei Zehnerpotenzen beschleunigt durch die Komplexbildung mit Heparin oder den heparinåhnlichen Glykosaminglykanen auf der Lumenseite der Endothelien. Sekundåre Inhibitoren sind a1-Antitrypsin und a2-Makroglobulin. Sie treten nur in Aktion, wenn der rasch wirksame, primåre Inhibitor AT III erschæpft ist. Sein Potenzial entscheidet, ob die Bildung von Thrombin und die proteolytische Aktivitåt auf den Ort der Thrombusbildung begrenzt bleiben.
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Physiologie und Pathophysiologie der Blutgerinnung
AT III hat ein Molekulargewicht von 58 000 Dalton. Thrombin wird inaktiviert, indem sich gleichzeitig AT III an die katalytische Region und Heparin an eine andere Domåne binden. Auf diese Weise entsteht ein molekularer Dreierkomplex. Ûber zusåtzliche Domånen bindet sich Thrombin auch fest an Fibrin. Diese Domånen gehæren offenbar zu dem Bindungsbereich fçr den AT-III-Heparin-Komplex. An Fibrin gebundenes Thrombin ist dadurch vor der Inaktivierung durch AT-III-Heparin geschçtzt, trotzdem kann es noch Plåttchen aktivieren und Fibrinogen spalten. Inaktiviert wird Thrombin hier am Fibrin von direkt wirkenden Inhibitoren, zum Beispiel Hirudin. ] Hirudin. Hirudin ist ein Polypeptid aus 65 Aminosåuren und reich an Cystein (ursprçnglich entdeckt im Speichel des Blutegels Hirudo medicinalis). Hirudin hemmt Thrombin spezifisch in vitro und in vivo, indem es mit ihm stæchiometrisch 1:1 einen Komplex bildet, der kaum noch dissoziiert. Im Tierversuch schçtzt Hirudin viel wirksamer gegen venæse Thrombosen als Heparin. Intravenæs oder subkutan injiziert, verhindert Hirudin die intravaskulåre Gerinnung [103, 215, 217].
Stærungen plasmatischer Gerinnungsfaktoren Die Ungleichgewichte der Håmostase und Fibrinolyse als Ursachen einer Thrombophilie sind vorzugsweise bedingt durch eine verminderte Aktivitåt der Gerinnungsinhibitoren Antithrombin III, Protein C oder Protein S. Dysfibrinogenåmien, Plasminogenmangel oder Dysplasminogenåmien sind hingegen wesentlich seltener, ein t-PA-Mangel oder ein erhæhter PAI-1-Spiegel weniger eindeutig [158, 188]. Aktivitåtsminderungen kænnen auf einem echten Mangel beruhen oder, bei ausreichender Konzentration, auf einer Fehlstrukturierung (z. B. Dysfibrinogenåmie) oder Inaktivierung (z. B. Antithrombin-III-Aktivitåtsverlust bei der Verbrauchskoagulopathie). Aktivitåtsverminderungen kommen sowohl angeboren als auch erworben vor. Es stellte sich auch heraus, dass so genannte Lupusantikoagulanzien mit einem hohen Thrombembolierisiko einhergehen kænnen. ] Antithrombin-III-Mangel. Die erstmals 1965 beschriebene kongenitale Aktivitåtsminderung des Inhibitors Antithrombin III kann sowohl durch
einen echten Mangel (gleichermaûen Verminderung von Aktivitåt und Konzentration) als auch durch eine Fehlstrukturierung des Molekçls bedingt sein (verminderte Aktivitåt bei normaler Konzentration). Ein erhæhtes Thrombembolierisiko besteht bereits bei Verminderungen auf 40±70% der Norm [2]. Der erworbene Antithrombin-III-Mangel kann durch unterschiedliche Ursachen bedingt sein: ] verminderte Eiweiûsynthese bei fortgeschrittenen Leberleiden, ] Verlustkoagulopathie; im Rahmen von massiven Blutverlusten kommt es zu einem generellen Dilutionseffekt und damit auch zu einer Abnahme der Antithrombin-III-Konzentration. ] Verbrauchskoagulopathien; infolge der erheblichen intravasalen Thrombinbildung wird Antithrombin III fçr die Komplexbildung mit Thrombin vermehrt verbraucht. Wåhrend der Cumarintherapie kann man håufig einen Anstieg des Antithrombins III beobachten [35]. ] Protein-C-Mangel. Die angeborene ProteinC-Aktivitåtsminderung kann gleichfalls sowohl auf einem Mangel (Typ I; gleichermaûen Aktivitåtsminderung und Konzentrationsminderung) als auch auf einem Molekçldefekt beruhen (Typ II; verminderte Aktivitåt bei normaler Konzentration). Ein erhæhtes Thrombembolierisiko besteht bereits bei Aktivitåten zwischen 20 und 66% der Norm. Der vereinzelt beschriebene homozygote Protein-C-Mangel ist praktisch nicht mit dem Leben vereinbar [178]. Ein erworbener Protein-C-Mangel kann gleichfalls durch unterschiedlichste Mechanismen verursacht werden: ] Das Ausbleiben der Vitamin-K-Wirkung, aus welchen Ursachen auch immer, ist beim Vitamin-K-abhångigen Protein C die håufigste Ursache einer verminderte Aktivitåt. Zu beachten ist die sehr kurze Halbwertszeit des Proteins C, so dass es mit als erster der Vitamin-K-abhångigen Faktoren abfållt, ] Verminderte Eiweiûsynthese bei fortgeschrittenem Leberleiden, ] Verbrauchskoagulopathien, ] Verlustkoagulopathien, wie z. B. bei massivem Blutverlust bei chronisch entzçndlichen Darmerkrankungen [63]. ] Protein-S-Mangel. Die kongenitale, heterozygote Protein-S-Aktivitåtsminderung scheint von allen angebotenen Inhibitormangelzustånden
Stærungen plasmatischer Gerinnungsfaktoren
am håufigsten vorzukommen. Es werden drei Typen unterschieden: ] Typ I: der echte Mangel, wobei das gesamte und das freie Protein S gleichermaûen vermindert sind, ] Typ II: Verminderung der Protein-S-Aktivitåt bei normaler Konzentration an freiem und gesamtem Protein S, ] Typ III: Verminderung der Protein-S-Aktivitåt infolge Mangels an freiem Protein S bei normaler Konzentration an gesamtem Protein S. Erworbene Protein-S-Mangelzustånde sind seltener und meist weniger ausgeprågt als Protein-Coder Antithrombin-III-Mangel, vermutlich weil Protein S nicht nur in der Leberzelle, sondern auch im Endothel und in den Megakaryozyten gebildet wird. Ein Protein-S-Mangel wird beobachtet bei: ausbleibender Vitamin-K-Wirkung, welcher Ursache auch immer, verminderter Eiweiûsynthese bei fortgeschrittenen Leberleiden, Verlustkoagulopathien, z. B. bei chronisch entzçndlichen Darmerkrankungen septischen Prozessen mit Purpura fulminans (sehr selten) [16, 63]. ] APC-Resistenz. Die so genannte APC-Resistenz hat in letzter Zeit einen besonderen Stellenwert erhalten. Hierbei handelt es sich um eine Thrombophilie deren Ursache bisher weitgehend im Dunkeln lag. 1995 wurde herausgefunden, dass eine Mutation im Gen des Gerinnungsfaktors V ursåchlich zugrunde liegt, wodurch der Faktor V unempfindlich fçr die Wechselwirkung mit aktiviertem Protein C (APC) wird. APC hemmt physiolologisch Faktor V und wirkt so als negativer Regulator der Blutgerinnung entgegen. Auf die weite Verbreitung dieser Genverånderung hat Montgomery 1995 [in: 96] hingewiesen. Er schåtzt, dass bis zu 7% der weiûen Bevælkerung eine homo- oder heterozygote Form der APC-Resistenz aufweisen. Beide unterscheiden sich im Schweregrad der Erkrankung. Auûerdem beginnt sie bei Homozygoten frçher als bei Heterozygoten. Månner und Frauen sind gleichermaûen betroffen. Das Risiko eine Thrombose zu erleiden, betrågt bei APC-Resistenz 31% çber dem Spontanrisiko, bei einer Faktor-V-Defizienz nur 13%. Wer Mutationen auf beiden Genen hat, trågt ein Risiko von 73%, bis zum Erwachsenenalter Thrombosen zu erleiden. Der hohe Stellenwert der APC-Resistenz bei der Entstehung von idiopathischen tiefen Venenthrombosen wurde auch in der Europåi-
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schen Konsensus-Erklårung vom April 1995 betont. Kongenitale Mangelzustånde von AT III und Protein C und S spielen eine untergeordnete Rolle [96]. ] Faktor-II-G20210A-Mutation. Faktor-V-LeidenMutation und Faktor-II-G20210A-Mutation sind 2 håufige genetische Risikofaktoren, die bei thrombembolischen Komplikationen eine Rolle spielen. Wåhrend bei Faktor-V-Leiden-Mutation das thrombembolische Risiko bei Frauen unter oralen Antikontrazeptiva um den Faktor 30 erhæht ist, ist dies bei Faktor-II-Mutation nicht nachgewiesen. Ein Zusammenhang zwischen thrombembolischen Komplikation und der Blutgruppe wird erst seit wenigen Jahren vermutet [91 a]. Dabei zeigt sich, dass grundsåtzlich NON-O-Gruppentråger ein hæheres und A-Tråger das hæchste Risiko besitzen. Dieses Risiko scheint damit erklårbar zu sein, dass Blutgruppen-A-Probanden håufiger Tråger von Faktor-II-Mutation oder Faktor-V-Mutation sind. Die Inzidenz von Faktor-II-Mutation scheint in Mitteleuropa bei ca. 3,5% zu liegen. Das gilt fçr die heterozygote Form, wåhrend die homozygote Form mit einem 208fach erhæhten Risiko gegeçber der Normalbevælkerung in der Håufigkeit 1,6 auf 10 000 auftritt. ] Histidinreiches Glykoprotein. Das so genannte histidinreiche Glykoprotein ist ein erstmalig 1972 von Heimburger [in: 96] beschriebenes Plasmaprotein, das ebenso wie Pf 4 (Plåttchenfaktor 4) die gerinnungshemmende Aktivitåt von Heparin, und zwar ebenfalls mit sinkendem Effekt bei abnehmendem Molekulargewicht der Heparinfraktion, neutralisiert. Nach dem derzeitigen Kenntnisstand wird diesem Wirkmechanismus jedoch keine groûe Rolle bei physiologischen und pathophysiologischen Vorgången zugemessen [96]. ] Verminderte fibrinolytische Aktivitåt. Ein herabgesetztes fibrinolytisches Potenzial wird anhand von Querschnittsuntersuchungen bei vielen Patienten mit venæsen und arteriellen Verschlusskrankheiten gefunden. Als Ursache der verminderten fibrinolytischen Aktivitåt wurden sowohl eine verminderte Freisetzung von t-PA als auch eine vermehrte Freisetzung des t-PA-Inhibitors PAI-1 gefunden [120].
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Prådisposition zur venæsen Thrombose in der Unfallchirurgie
Seltene Stærungen Vereinzelt wurde bei kongenitalen Dysfibrinogenåmien (vermindert gerinnbares Fibrinogen bei normaler Fibrinogenkonzentration) keine Blutungsneigung, sondern vielmehr ein gehåuftes Auftreten thrombembolischer venæser Verschlçsse beobachtet (12 der 96 von McDonagh und Carrel zusammengestellten Fålle). Bei den sehr seltenen kongenitalen Dysplasminogenåmien oder Plasminogenmangelzustånden wird eine erhæhte Thrombosebereitschaft diskutiert [146, 207]. ] Lupusantikoagulanzien. Lupusantikoagulanzien sind erworbene Inhibitoren vom IgG-(Immunglobulin), aber auch vom IgM-Typ, die die gerinnungsaktiven Phospholipide direkt hemmen und damit die Gerinnungszeiten in den entsprechenden Gerinnungstests verlångern, vorzugsweise die PTT (Thromboplastinzeit). Sie gehæren wie die Anti-Cardiolipinantikærper zur Gruppe der Phospholipidantikærper. Inzwischen findet man sie nicht nur beim systemischen Lupus erythematodes, sondern auch bei einer Reihe anderer Erkrankungen, insbesondere Autoimmunkrankheiten, Infektionen (Pneumocystis carinii, aber auch nach banalen Infekten), medikamentæs bedingt, aber auch spontan. Von bestimmten Ausnahmen abgesehen, fçhren Lupusantikoagulanzien zu keiner Blutungsneigung, trotz der verlångerten PTT, vielmehr zu einem gehåuften Auftreten von venæsen, aber auch arteriellen Thrombembolien sowie zu einer Abortneigung [131]. ] Endotoxin. Das intakte Gefåûendothel besitzt ein hohes antithrombotisches Potenzial. Unter physiologischen Bedingungen kænnen sich deshalb keine unkontrollierten Gerinnsel bilden. Die Schutzfunktion des Endothels beruht einerseits auf einem Film von Glykosaminoglykanen und andererseits auf der Synthese und Freisetzung von Thrombose hemmenden Substanzen wie Prostazyklin und Plasminogen-Aktivatoren. Hinzu kommt die Eliminierung von Thrombin durch endothelståndiges Thrombomodulin. Neben anderen Effekten kommt es unter dem Einfluss von Lipopolysacchariden (LPS) aus Bakterien (Endotoxin) zur endothel- und håmoglobinvermittelten Aktivitåtssteigerung von TPL (Thromboplastin, Tissue factor) unter anderem çber IL-1, IL-6. Ebenso wird Protein-C-Kinase
Inhibitor durch Endotoxin in der Aktivitåt induziert [8, 57, 176, 185]. ] Leukotriene. Leukotriene gehæren zur Gruppe der Eicosanoiden, welche aus Arachidonsåure çber den Lipoxygenasestoffwechsel vorwiegend in den Endothelzellen synthetisiert werden. Sie bewirken Chemotaxis, Bronchokonstriktion, Abnahme der Herzfunktion und Zunahme kapillårer Lecks. Bei Blutsperren an den unteren Extremitåten sind sie deutlich erhæht und kænnen durch Verursachung erhæhter Gefåûpermeabilitåt zum Schock fçhren. Fçr die Blutgerinnung sind sie besonders durch die konsekutive Hypoperfusion, Hypoxie und Endothellecks von Bedeutung. ] Interleukine. Interleukin IL-1, IL-3, IL-6, IL-11 aber auch Lymphozyten und CD8+T-Zellen und CD4+T-Zellen fçhren zu einer Endothelvermittelten Aktivitåtssteigerung von Thromboplastin (tissue factor) [152]. Interleukine, deren Synthese auch endothelial diskutiert wird, stimulieren auch PAF (Faktor XII), der nahe Leukozyten und Thrombozyten zu aktivieren vermag [43, 62, 126, 138, 187]. ] Homocystinurie. Diese relativ seltene Stoffwechselanomalie, bei der sich Homocystein (und Homocystin) in Blut und Urin anreichert, weil seine Ûberfçhrung in Cystathionin-Cystein blockiert ist, verursacht eine Endothelschådigung, z. T. mit Desquamation, die zur Thrombosierung von arteriellen und venæsen Gefåûen fçhren kann. ] Sonstige. Neben Endotoxinen und Interleukinen sowie Leukotrienen fçhren Tumor-NekroseFaktor (TNF), Histamine, Epinephrin zur Aktivitåtsteigerung von Thromboplastin [127, 128, 133, 176, 206, 235].
Prådisposition zur venæsen Thrombose in der Unfallchirurgie Die Kenntnisse çber den relativen Stellenwert der einzelnen Komponenten der Virchowschen Trias in der operativen Medizin sind leider auch heute noch sehr unzureichend. Im Prinzip gilt allerdings auch hier, dass die Entstehung von thrombembolischen Komplikationen nicht ei-
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Prådisposition zur venæsen Thrombose in der Unfallchirurgie
Seltene Stærungen Vereinzelt wurde bei kongenitalen Dysfibrinogenåmien (vermindert gerinnbares Fibrinogen bei normaler Fibrinogenkonzentration) keine Blutungsneigung, sondern vielmehr ein gehåuftes Auftreten thrombembolischer venæser Verschlçsse beobachtet (12 der 96 von McDonagh und Carrel zusammengestellten Fålle). Bei den sehr seltenen kongenitalen Dysplasminogenåmien oder Plasminogenmangelzustånden wird eine erhæhte Thrombosebereitschaft diskutiert [146, 207]. ] Lupusantikoagulanzien. Lupusantikoagulanzien sind erworbene Inhibitoren vom IgG-(Immunglobulin), aber auch vom IgM-Typ, die die gerinnungsaktiven Phospholipide direkt hemmen und damit die Gerinnungszeiten in den entsprechenden Gerinnungstests verlångern, vorzugsweise die PTT (Thromboplastinzeit). Sie gehæren wie die Anti-Cardiolipinantikærper zur Gruppe der Phospholipidantikærper. Inzwischen findet man sie nicht nur beim systemischen Lupus erythematodes, sondern auch bei einer Reihe anderer Erkrankungen, insbesondere Autoimmunkrankheiten, Infektionen (Pneumocystis carinii, aber auch nach banalen Infekten), medikamentæs bedingt, aber auch spontan. Von bestimmten Ausnahmen abgesehen, fçhren Lupusantikoagulanzien zu keiner Blutungsneigung, trotz der verlångerten PTT, vielmehr zu einem gehåuften Auftreten von venæsen, aber auch arteriellen Thrombembolien sowie zu einer Abortneigung [131]. ] Endotoxin. Das intakte Gefåûendothel besitzt ein hohes antithrombotisches Potenzial. Unter physiologischen Bedingungen kænnen sich deshalb keine unkontrollierten Gerinnsel bilden. Die Schutzfunktion des Endothels beruht einerseits auf einem Film von Glykosaminoglykanen und andererseits auf der Synthese und Freisetzung von Thrombose hemmenden Substanzen wie Prostazyklin und Plasminogen-Aktivatoren. Hinzu kommt die Eliminierung von Thrombin durch endothelståndiges Thrombomodulin. Neben anderen Effekten kommt es unter dem Einfluss von Lipopolysacchariden (LPS) aus Bakterien (Endotoxin) zur endothel- und håmoglobinvermittelten Aktivitåtssteigerung von TPL (Thromboplastin, Tissue factor) unter anderem çber IL-1, IL-6. Ebenso wird Protein-C-Kinase
Inhibitor durch Endotoxin in der Aktivitåt induziert [8, 57, 176, 185]. ] Leukotriene. Leukotriene gehæren zur Gruppe der Eicosanoiden, welche aus Arachidonsåure çber den Lipoxygenasestoffwechsel vorwiegend in den Endothelzellen synthetisiert werden. Sie bewirken Chemotaxis, Bronchokonstriktion, Abnahme der Herzfunktion und Zunahme kapillårer Lecks. Bei Blutsperren an den unteren Extremitåten sind sie deutlich erhæht und kænnen durch Verursachung erhæhter Gefåûpermeabilitåt zum Schock fçhren. Fçr die Blutgerinnung sind sie besonders durch die konsekutive Hypoperfusion, Hypoxie und Endothellecks von Bedeutung. ] Interleukine. Interleukin IL-1, IL-3, IL-6, IL-11 aber auch Lymphozyten und CD8+T-Zellen und CD4+T-Zellen fçhren zu einer Endothelvermittelten Aktivitåtssteigerung von Thromboplastin (tissue factor) [152]. Interleukine, deren Synthese auch endothelial diskutiert wird, stimulieren auch PAF (Faktor XII), der nahe Leukozyten und Thrombozyten zu aktivieren vermag [43, 62, 126, 138, 187]. ] Homocystinurie. Diese relativ seltene Stoffwechselanomalie, bei der sich Homocystein (und Homocystin) in Blut und Urin anreichert, weil seine Ûberfçhrung in Cystathionin-Cystein blockiert ist, verursacht eine Endothelschådigung, z. T. mit Desquamation, die zur Thrombosierung von arteriellen und venæsen Gefåûen fçhren kann. ] Sonstige. Neben Endotoxinen und Interleukinen sowie Leukotrienen fçhren Tumor-NekroseFaktor (TNF), Histamine, Epinephrin zur Aktivitåtsteigerung von Thromboplastin [127, 128, 133, 176, 206, 235].
Prådisposition zur venæsen Thrombose in der Unfallchirurgie Die Kenntnisse çber den relativen Stellenwert der einzelnen Komponenten der Virchowschen Trias in der operativen Medizin sind leider auch heute noch sehr unzureichend. Im Prinzip gilt allerdings auch hier, dass die Entstehung von thrombembolischen Komplikationen nicht ei-
Geschlecht
nem einzelnen Faktor zugeordnet werden kann, sondern daû es sich vielmehr um ein komplexes, multifaktorielles Geschehen handelt [23, 28, 29]. Es kommt zur operationsbedingten Aktivierung der Blutgerinnung, deren Ausmaû mit der Schwere des Gewebetraumas korreliert. Wegen des unterschiedlichen Gehaltes an Thromboplastin in verschiedenen Geweben besteht jedoch auch noch eine Abhångigkeit von der Art des Gewebes, an welchem der operative Eingriff durchgefçhrt wird. Auûerdem ist bekannt, dass neben Art und Umfang des operativen Eingriffs, die Art der Anåsthesie einen Einfluss auf die Entstehung postoperativer Thrombosen hat. Nach Anwendung rçckenmarksnaher Anåsthesieverfahren (Epiduralkatheter oder Spinalanåsthesie) wurden signifikant weniger tiefe Beinvenenthrombosen nachgewiesen als nach Operationen unter Intubationsnarkosen. Insbesondere bei Patienten mit einem hohen operationsbedingten Risiko, z. B. Hçftgelenksersatz, waren die Ergebnisse erstaunlich. Weiterhin kommt es post operationem zu einem reaktiven Anstieg von verschiedenen Gerinnungsfaktoren im Plasma, wie z. B. Faktor VIII und Fibrinogen, und zu einer Abschwåchung der Fibrinolyse. Es steigen Antiplasmin und Plasminogenaktivator-Inhibitor nach ausgedehnten operativen Eingriffen regelmåûig an. Auûerdem fçhren operative Eingriffe zu einer Endothellåsion, welche mechanisch, hypoxisch oder metabolisch bedingt sein kann. Auch Art und Umfang der Mobilisierung des Patienten haben einen Einfluss auf die postoperative Thromboseentstehung. Hinzu kommen risikofærdernde Begleitumstånde, wie z. B. hæheres Lebensalter der Patienten, Adipositas, hochdosierte Ústrogentherapie, Varikosis etc. Ganz allgemein kann gesagt werden, dass die Gefåhrdung des Patienten bei einer Akkumulation von prådisponierenden Begleitumstånden zunimmt. Es erscheint nicht mæglich, das individuelle Risiko durch formelmåûige Erfassung der einzelnen Risikofaktoren oder -indikatoren zu benennen [96].
Alter Aus den amtlichen Mortalitåtsstatistiken geht die groûe Bedeutung des Alters hervor. Da die rein klinische Diagnose der venæsen Thrombose unzuverlåssig ist, sind pathologisch-anatomische Statistiken besonders wertvoll, sofern der Obduzent sorgfåltig nach Thrombembolien
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Abb. 3. Postoperative Thromboseinzidenz in Relation zum Lebensalter (n. Werthemann & Rutishauser [228]).
sucht. So fand Sevitt bei Autopsien von Patienten, die an den Folgen eines Unfalles gestorben waren, eine Thrombemboliefrequenz von nicht weniger als 75% der çber 60-jåhrigen und von 47% der unter 45-jåhrigen. In Basel stellten Werthemann & Rutishauser autoptisch eine ziemlich regelmåûige Zunahme der Lungenembolien (tædlicher und nicht tædlicher) mit jedem Jahrzehnt fest; besonders vom 40. Lebensjahr an [195] (Abb. 3). Erst weit nach dem 80. Lebensjahr scheint die Håufigkeit nicht mehr zu steigen. Warum das Alter zur Thrombose disponiert, kann nur vermutet werden; evtl. ist eine verminderte Freisetzung von fibrinolytischem Aktivator und von Prostacyclin durch das Gefåûendothel dafçr verantwortlich? Beweise dafçr sind bisher nicht erbracht worden [193, 205, 228].
Geschlecht Wåhrend frçher ein håufigeres Vorkommen venæser Thrombosen bei der Frau autoptisch einwandfrei nachgewiesen wurde, ist ein sigifikanter Geschlechtsunterschied in neueren Arbeiten nicht mehr festgestellt worden. Mæglicherweise spielt dabei der Geburtenrçckgang, d. h. der håufigere Wegfall der besonders thrombosegefåhrdeten postpartalen Periode eine Rolle. Dieser Wegfall wird allerdings z. T. ¹kompensiertª durch die thrombosefærdernde Wirkung der Kontrazeptiva. Die amtlichen Mortalitåtsstatistiken aus den USA und England zeigen çbereinstimmend ein Ûberwiegen der durch venæse Thrombosen bedingten Todesfålle im Alter von 20±45 Jahren bei der Frau, wåhrend nach dem 45. Lebensjahr die entsprechende Todesrate beim Mann græûer ist [181, 193, 228].
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Prådisposition zur venæsen Thrombose in der Unfallchirurgie
Ûbergewicht und Ernåhrung Beobachtungen wåhrend der beiden Weltkriege und Ergebnisse der geografischen Pathologie zeigen eindringlich, dass zwischen Ûberernåhrung, Ûbergewicht und venæsen Thrombosen enge Beziehungen, sei es direkter oder indirekter Art, angenommen werden mçssen. So zeigte die Zahl der autoptisch nachgewiesenen tædlichen Lungenembolien (das sicherste Kriterium venæser Thrombosen) in Freiburg i. Br. und in Marburg einen starken Rçckgang wåhrend und kurze Zeit nach den beiden Weltkriegen, gefolgt von einem ebenso starken Anstieg bei beginnender Besserung der Wirtschaftslage. Øhnliche Verhåltnisse wurden wåhrend des 2. Weltkrieges in Norwegen, in der Tschechoslowakei, nicht aber in USA beobachtet. In der Schweiz, wo wåhrend der beiden Weltkriege eine zwar spçrbare, aber doch maûvolle Lebensmittelrationierung durchgefçhrt wurde, konnte ebenfalls eine eindeutige Abnahme der tædlichen Lungenembolien festgestellt werden. Es ist also offenbar nicht eine Unterernåhrung, sondern lediglich die Vermeidung einer Ûberernåhrung notwendig, um die Frequenz der Thrombembolie erheblich zu reduzieren. Schon lange bekannt ist die viel geringere Thrombemboliefrequenz der erst in Entwicklung begriffenen Lånder Afrikas und Asiens im Vergleich zu derjenigen der westlichen Industriestaaten mit ihrer çberreichlichen Ernåhrung. Sandritter [190] hat in einer Sammelstatistik von 782 344 Autopsien aus 4 Erdteilen fçr tædliche Lungenembolien ebenfalls eine hæhere Frequenz in USA, Kanada und Europa (2,5±5%) gefunden als in Sçdamerika, Afrika und Asien (0,5%). Aber auch im industriell hochentwickelten Japan (Kyushu) konnten Gore et al. 1964 eine sehr viel niedrigere Lungenembolieinzidenz (0,8%) autoptisch nachweisen als in Boston (23,8%) und zwar in allen Altersstufen [92]. Man wçrde erwarten, dass Ûbergewicht besonders stark zu venæser Thrombose disponiere. Es hat sich aber gezeigt, dass dies ± åhnlich wie bei den arteriellen Thrombosen ± wahrscheinlich nur indirekt zutrifft, indem Ûbergewicht (BMI > 25) sehr håufig mit anderen thrombosefærdernden Faktoren wie Varikosis, Mangel an kærperlicher Aktivitåt, Diabetes etc. kombiniert ist. Der Unterschied ist bei der relativ kleinen Patientenzahl statistisch nicht signifikant. Trotz-
dem wird das Kærpergewicht bei den ¹Thrombosis-Prediction-Testsª berçcksichtigt, weil es leicht bestimmt werden kann und einen gewissen Ersatz fçr andere, wichtigere, aber schwerer messbare Faktoren bietet [92, 190, 193, 228].
Rauchen Nachdem der Einfluss des Zigarettenrauchens auf den Koronararterienverschluss unbestritten ist, war es naheliegend seine Wirkung auf die venæsen Trombosen zu untersuchen. Die bisherigen Ergebnisse sind nicht eindeutig. Aus den Untersuchungen von Vessey & Doll scheint jedoch hervorzugehen, dass die thrombosefærdernde Wirkung der oralen Kontrazeptiva durch Zigarettenrauchen gesteigert wird: Wåhrend das relative Thromboserisiko ohne ¹Pilleª bei starken Rauchern verglichen mit schwachen Rauchern 1,07 betrågt, also gleichbleibt, zeigt sich bei ¹Pillenª-Einnehmern, die stark rauchen (> 20/d) ein 4,67-mal græûeres Risiko als bei den schwachen Rauchern [222 a, b].
Vorbestehende Venenerkrankungen Eine sorgfåltige Anamnese ist von græûter Bedeutung fçr die Erfassung der Prådisposition zur Thrombose. Frçhere venæse Thrombosen hinterlassen keine ¹Immunitåtª gegen diese Erkrankung, sondern meist das Gegenteil, eine ThrombophiIie. Diese kann bedingt sein durch die Folgen der tiefen Beinvenenthrombose: das postthrombotische Syndrom bzw. die chronisch venæse Insuffizienz, die oft mit einer sekundåren Varikosis einhergehen. Wiederholt durchgemachte Venenthrombosen kænnen aber auch Ausdruck einer angeborenen bzw. hereditåren Thrombosetendenz sein. Letztere kann verursacht werden: ] durch anatomische Anomalien: primåre Varikosis (im Allgemeinen weniger zur Thrombose neigend als die sekundåre) oder ] durch Verånderungen des zirkulierenden Blutes: Anomalien der Blutgerinnung, der Fibrinolyse oder des Verhaltens der Plåttchen. Diese Stærungen wurden bereits auf S. 6 ff. besprochen; bei klinischer Relevanz mçssen sie anamnestisch erfassbar sein.
Infektionskrankheiten
Abb. 4. Tædliche Thrombembolien in Prozent bei 125 Patienten nach Verkehrsunfållen in Abhångigkeit der Liegezeit (Bettlågrigkeit) (n. Sevitt [179]). LE Lungenembolie.
Bettlågerigkeit, Immobilisierung Nach Sevitt sind Bettlågerigkeit çber 3 Tage und einem Alter çber 40±45 Jahren die beiden Faktoren, die in erster Linie zu Beinvenenthrombosen prådisponieren: bei 125 Patienten, die an den Folgen von Verkehrsunfållen gestorben waren, wurden in seinem Institut tiefe Beinvenen autoptisch sorgfåltigst untersucht. Wenn die Bettlågerigkeit der Ûberlebenszeit gleichgesetzt wird, so ergibt sich daraus eine Abhångigkeit zwischen der Dauer der Liegezeit und tædlich verlaufenden Thrombembolien (Abb. 4). Bei Hemiplegien sowie Para- und Tetraplegien kænnen Thrombosen in den gelåhmten Extremitåten in 50±60%, gelegentlich sogar bis 75% nachgewiesen werden (auch im jugendlichen Alter bei Paraplegikern)! Andere Formen der Immobilisierung wie Flugreisen (Economy class) von çber 4±8 Stunden Dauer begçnstigen die Entstehung der Thrombose. Sogar stundenlanges Sitzen beim Fernsehen kann Thrombosen auslæsen [104, 110, 145, 173, 203, 205, 208].
Besonders thrombosegefåhrdete Perioden Die klinische Erfahrung zeigt, dass gewisse, in ihrer Dauer begrenzte Zeitabschnitte im besonderem Maûe zu venæsen Thrombosen und Lungenembolien prådisponieren. Allen gemeinsam ist der zeitliche Zusammenhang mit einem medizinisch bedeutsamen Ereignis, an das sie sich unmittelbar anschlieûen. Dazu gehært die posttraumatische und postoperative Periode. Die Håufigkeit venæser Thrombosen hångt unter anderem von der Lokalisation und der
]
Ausdehnung der traumatischen Einwirkung ab. Sevitt fand autoptisch nach Kopf- und Thoraxverletzungen in ca. 40% Thrombosen, bei schweren Verbrennungen in 60% und bei hçftgelenksnahen Frakturen in 83% (von denen ca. 30% klinisch erkannt wurden). Bei 10% der Schenkelhalsfrakturen trat eine tædliche Lungenembolie auf. Diese auffallend hohe Thrombemboliegefåhrdung bei Traumatisierung der Hçftgegend (wobei das vorgerçckte Alter mit berçcksichtigt werden muss) ist, wie erwåhnt, auch nach Hçftgelenksoperationen festgestellt worden. Eine Sammelstatistik von 19 kontrollierten prospektiven und randomisierten Studien ergab nach hçftgelenksnahen Frakturen eine durchschnittliche Håufigkeit der TVT (tiefen Beinenvenenthrombose) phlebographisch gesichert von 43% und eine Inzidenz der tædlichen Lungenembolie von 6,75%. Diese Patienten sind somit in besonderem Maûe auf eine wirksame Prophylaxe angewiesen. Bei den polytraumatisierten Opfern schwerer Verkehrsunfålle kommt es håufig nicht zur Ausbildung lokalisierter Thrombosen, sondern wenn çberhaupt, dann zu einer akuten disseminierten intravaskulåren Gerinnung [1, 121, 203, 205].
Infektionskrankheiten Die Grçnde, welche die Entstehung von Thrombosen bei Infektionskrankheiten begçnstigen, sind zahlreich. Infekte verursachen lokal in der Regel eine Entzçndung, die unter anderem zu einer Gewebsschådigung und Exsudation von Plasma und Leukozyten fçhrt. Dabei wird der Gerinnungsprozess in Gang gesetzt und Thrombin sowie Fibrin gebildet (durch freiwerdende Gewebethrombokinase oder durch proteolytische Enzyme aus Leukozyten oder Bakterien). Wenn die Fibrinbildung sehr augenfållig ist, spricht man von fibrinæser Entzçndung (fibrinæse Pneumonie, Pleuritis, Perikarditis). Die Staphylokokken bilden dank Koagulase einen Fibrinschutzwall um den Entzçndungsherd, der håufig zur Einschmelzung kommt (Bildung einer Abszessmembran). Demgegençber besitzen die Streptokokken infolge der von ihnen produzierten Streptokinase die Fåhigkeit, das Fibrin aufzulæsen und sich dadurch ungehindert im Gewebe auszubreiten (Bildung einer Phlegmone). Diese lokalen Entzçndungsvorgånge kænnen ¹Fernwirkungenª zur Folge haben, auch wenn sie nicht von einer Bakteriåmie oder Virå-
11
12
]
Prådisposition zur venæsen Thrombose in der Unfallchirurgie
mie begleitet sind (zirkulierende aktivierte Gerinnungsfaktoren aus dem Entzçndungsherd, Antigen-Antikærper-Komplexe etc.). Es kann dadurch zu blanden, nicht infizierten Thrombosen der Beinvenen kommen, was durch die Bettlågerigkeit naturgemåû begçnstigt wird. Eine Bakteriåmie, besonders mit gramnegativen Anaerobiern verursacht håufig septische Thrombophlebitiden, meist in der Nåhe des primåren Entzçndungsherdes, wovon septische Embolien ausgehen kænnen. Ob die Heparinase dieser Anaerobier die Thromboseentstehung færdert, ist ungewiû. Thrombogen wirken auûerdem: 1. Die regelmåûige Zunahme des Fibrinogens bei akuten Infekten, was eine Erhæhung der Viskositåt zur Folge hat. 2. Die verminderte Clearance des RES fçr initiale Gerinnungsprodukte (FibrinmonomerKomplexe) infolge Blockierung durch Erregerprodukte. 3. Die Wirkung des Endotoxins vor allem gramnegativer Erreger auf die Plåttchen, das Endothel etc. 4. Die Hemmung der kærpereigenen Fibrinolyse. Wie bei den Malignomen finden sich auch hier alle Ûbergånge von der lokalisierten Thrombose bis zur akuten Verbrauchskoagulopathie (DIC). Letztere wird vor allem, wenn auch nicht regelmåûig, im septisch-toxischen Schock beobachtet, der besonders håufig bei Infekten mit gramnegativen Erregern beobachtet wird (in 20±25%), bei solchen mit grampositiven Erregern in weniger als 5%. Unter den gramnegativen Erregern sind die Meningokokken speziell gefçrchtet als Ursache der foudroyanten Septikåmie mit DIC, die als Waterhouse-FriderichsenSyndrom bekannt ist [121].
Sonstige prådisponierende Erkrankungen Bei malignen Tumoren und Herzkrankheiten kann es zu Thrombembolien kommen. Die håmatologischen Erkrankungen verursachen durch erhæhte Viskositåt (Polyglobulie und Polyzythåmie) ein erhæhtes thrombembolisches Risiko. Zu erwåhnen sind weiterhin symptomatische Thrombozytosen, die paroxysmale nåchtliche Håmoglobinurie und die Sichelzellenanåmie [31, 47, 163, 169, 232].
Dehydratation Die Dehydratation fçhrt zu einer relativen Zunahme der Erythrozyten und des Håmatokrits infolge ¹Eindickungª des Blutes. Daraus resultiert eine erhæhte Viskositåt und damit eine Prådisposition zur Thrombose. Als Ursache in der Unfallchirurgie ergeben sich postoperativ unzureichende Flçssigkeitszufuhr bei primårem und intraoperativem Flçssigkeitsverlust.
Orale Antikontrazeptiva Unter der Einnahme von oralen Antikontrazeptiva kommt es zu einer Erhæhung des Thromboserisikos. Dabei wird durch Ústrogen die Konzentration der Vitamin-K-abhångigen Faktoren gesteigert. Am regelmåûigsten tritt eine Steigerung des Faktors VII auf. Auch finden sich Erhæhungen von Faktor II und VIII. Im Vordergrund der Gerinnungsstærung scheint jedoch die Reduktion von AT III zu rangieren [174]. Die fibrinolytische Aktivitåt des Plasmas wird unter oralen Kontrazeptiva verstårkt! Dieser Effekt tritt bei Rauchern nicht auf [79].
Corticosteroide Eine Reihe von kasuistischen Mitteilungen ergeben Hinweise fçr eine thrombosefærdernde Wirkung der Glucocorticoide. Auch beim CushingSyndrom werden relativ håufig venæse Thrombosen und Lungenembolien beobachtet; ganz besonders postoperativ. Es scheint çberhaupt die Kombination von Glucocorticoiden mit anderen thrombosefærdernden Faktoren (z. B. Antithrombin-III-Mangel beim nephrotischen Syndrom) mit einem besonders hohen Thromboserisiko einherzugehen [209].
Antagonisten der Antikogulantien, Antifibrinolytika Bei Verwendung von hohen Dosierungen von Protamin sowie Vitamin K kann es zu Hyperkoagulabilitåten mit venæsen Thrombosen kommen. Antifibrinolytika werden in der Unfallchirurgie selten eingesetzt. Der Einsatz von e-Aminocapronsåure oder Tranexamsåure bleibt dem Angiologen bzw. Gefåûchirurgen vorbehalten.
Thromboseinzidenz im stationåren Bereich
Zu beachten ist allerdings, dass bei Thrombophilie oder nach venæsen Thrombosen in der Vorgeschichte Antifibrinolytika kontraindiziert sind [11, 91, 143, 148, 154, 158, 204, 223, 234].
Epidemiologie Thromboseinzidenz im stationåren Bereich Trotz routinemåûigen Einsatzes der medikamentæsen Thromboseprophylaxe verbleibt ein thrombembolisches Restrisiko. Die Wirksamkeit von unfraktioniertem Heparin hat Straub 1989 nachgewiesen [213]. Die gegençber Plazebo getestete ¹Low-dose-Heparinisierungª zeigte grundsåtzlich in Orthopådie und Unfallchirurgie das hohe Risiko, bei fehlender Prophylaxe eine tiefe
Beinvenenthrombose zu entwickeln. Abb. 5 zeigt die Ûbersicht der Inzidenzen. Trotz Verbesserung der Prophylaxe mit niedermolekularem Heparin (NMH) und Verwendung von Dihydroergotaminen, ergeben sich Inzidenzen je nach Autor von 5±33% [82] (Tabelle 2). Die Frage des ambulanten Thromboserisikos und der sich daraus ergebenden Indikation zu einer medikamentæsen Thromboseprophylaxe ist momentan ein umstrittenes Thema. Die durch Studien erfassten Zahlen sind rar. Dass bei ambulanter Gipsruhigstellung der unteren Extremitåt ein relevantes Thromboserisiko besteht, belegen alle bisherigen Publikationen çbereinstimmend. Von 52 gesicherten tiefen Beinvenenthrombosen nach ambulanter Gipsruhigstellung, die Pick 1982 in Tçbingen nachuntersuchte, hatten 5 eine Lungenembolie, 9 entwickelten ein postthrombotisches Syndrom [214]. Einen Ûberblick gibt die Tabelle 3.
Abb. 5. Stationåre Thromboseinzidenz in % mit Heparin bzw. Plazebo nach Straub [213] (541 unfallchirurgische Patienten, 1002 orthopådische Patienten), TVT Tiefe Beinvenenthrombose.
Tabelle 2. Studien zur stationåren Thrombembolieprophylaxe [214] Studien
Turpie et al. 1986 Eriksson et al. 1987 Haas et al. 1987 Breyer et al. 1987 Planes et al. 1988 Lassen 1990 Haas 1990 GHAT-Group 1992
Indikation
Orthopådie Orthopådie Orthopådie Unfallchirurgie Orthopådie Orthopådie/Unfallchirurgie Orthopådie Orthopådie
]
NMH-Prophylaxe
Kontrollen
Patienten [n]
Thrombosen [%]
Patienten [%]
Thrombosen [%]
50 49 50 60 124 108 229 137
10,8 20,0 12,0 5,0 7,5 6,5 20,1 33,1
50 49 48 60 113 111 234 136
51,3 45,0 15,0 10,0 18,5 21,6 15,4 34,3
Plazebo Dextran Heparin + DHE Heparin + DHE Heparin Dextran NMH + DHE Heparin
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Thromboseinzidenz im stationåren Bereich
Zu beachten ist allerdings, dass bei Thrombophilie oder nach venæsen Thrombosen in der Vorgeschichte Antifibrinolytika kontraindiziert sind [11, 91, 143, 148, 154, 158, 204, 223, 234].
Epidemiologie Thromboseinzidenz im stationåren Bereich Trotz routinemåûigen Einsatzes der medikamentæsen Thromboseprophylaxe verbleibt ein thrombembolisches Restrisiko. Die Wirksamkeit von unfraktioniertem Heparin hat Straub 1989 nachgewiesen [213]. Die gegençber Plazebo getestete ¹Low-dose-Heparinisierungª zeigte grundsåtzlich in Orthopådie und Unfallchirurgie das hohe Risiko, bei fehlender Prophylaxe eine tiefe
Beinvenenthrombose zu entwickeln. Abb. 5 zeigt die Ûbersicht der Inzidenzen. Trotz Verbesserung der Prophylaxe mit niedermolekularem Heparin (NMH) und Verwendung von Dihydroergotaminen, ergeben sich Inzidenzen je nach Autor von 5±33% [82] (Tabelle 2). Die Frage des ambulanten Thromboserisikos und der sich daraus ergebenden Indikation zu einer medikamentæsen Thromboseprophylaxe ist momentan ein umstrittenes Thema. Die durch Studien erfassten Zahlen sind rar. Dass bei ambulanter Gipsruhigstellung der unteren Extremitåt ein relevantes Thromboserisiko besteht, belegen alle bisherigen Publikationen çbereinstimmend. Von 52 gesicherten tiefen Beinvenenthrombosen nach ambulanter Gipsruhigstellung, die Pick 1982 in Tçbingen nachuntersuchte, hatten 5 eine Lungenembolie, 9 entwickelten ein postthrombotisches Syndrom [214]. Einen Ûberblick gibt die Tabelle 3.
Abb. 5. Stationåre Thromboseinzidenz in % mit Heparin bzw. Plazebo nach Straub [213] (541 unfallchirurgische Patienten, 1002 orthopådische Patienten), TVT Tiefe Beinvenenthrombose.
Tabelle 2. Studien zur stationåren Thrombembolieprophylaxe [214] Studien
Turpie et al. 1986 Eriksson et al. 1987 Haas et al. 1987 Breyer et al. 1987 Planes et al. 1988 Lassen 1990 Haas 1990 GHAT-Group 1992
Indikation
Orthopådie Orthopådie Orthopådie Unfallchirurgie Orthopådie Orthopådie/Unfallchirurgie Orthopådie Orthopådie
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NMH-Prophylaxe
Kontrollen
Patienten [n]
Thrombosen [%]
Patienten [%]
Thrombosen [%]
50 49 50 60 124 108 229 137
10,8 20,0 12,0 5,0 7,5 6,5 20,1 33,1
50 49 48 60 113 111 234 136
51,3 45,0 15,0 10,0 18,5 21,6 15,4 34,3
Plazebo Dextran Heparin + DHE Heparin + DHE Heparin Dextran NMH + DHE Heparin
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Methodische Ansåtze zur Thrombembolieprophylaxe
Tabelle 3. Studien zur ambulanten Thromboseprophylaxe [214] Studien
Breyer et al. 1984 Breyer et al 1984 Danner & Bernett 1990 [59] Zagrodnik & Kaufner 1990 Kujath et al. 1992 Kujath et al. 1992 Kock et al. 1993 Kock et al. 1993
Indikation und Art der Immobilisierung
mit NMH-Prophylaxe
ohne Prophylaxe
Patienten [n]
Thromboseinzidenz [%]
Patienten [n]
Thromboseinzidenz [%]
Trauma + Untersch.-Gips prå.-op. Trauma + Obersch.-Gips prå.-op. OSG-Verletzung + Gips Osteosyn. + Gips post-op. Distorsion + Liegegips Fraktur + Liegegips Trauma + Untersch.-Gips Trauma + Obersch.-Gips
± ± ± 103 72 27 115 12
± ± ± 0 2,8 14,8 0 0
44 32 1024 200 70 35 105 21
36 78 0,5 4,5 11,3 28,6 2,9 9,5
Methodische Ansåtze zur Thrombembolieprophylaxe Physikalische Maûnahmen Die physikalische Thrombembolieprophylaxe in der Unfallchirurgie ist in der letzten Zeit wåhrend der eifrig gefçhrten Heparindiskussion in den Hintergrund geraten [160]. Dies geschah, obwohl die konsequent und korrekt durchgefçhrte physikalische Prophylaxe der thrombembolischen Komplikationen einen vergleichbaren Stellenwert wie die medikamentæse besitzt. Es gibt eine ausreichend groûe Zahl von zuverlåssigen Studien, die die hohe Wirksamkeit dieser Prophylaxe beweisen [48]. In der Øra des niedermolekularen Heparins erscheinen die Arbeiten nicht mehr zeitgemåû und werden rasch vergessen. Im Gegensatz zur medikamentæsen ist die physikalische Prophylaxe unbequem, zeitund personalintensiv und erfordert einen organisatorischen Aufwand. Es fehlt nicht selten das Verståndnis fçr die erforderlichen Maûnahmen, wodurch die Akzeptanz der Methode negativ beeinfluût wird. Die medikamentæse Heparinprophylaxe ist einfach zu handhaben, allein aber nicht ausreichend. Die physikalische Prophylaxe wirkt vornehmlich durch Beschleunigung des venæsen Rçckstroms. Durch die vorwiegende Lokalisation der Verletzungen an den unteren Gliedmaûen kann die groûe Zahl der prophylaktischen Methoden bei unfallchirurgischen Patienten nur in einem eingeschrånkten Ausmaû eingesetzt werden. Die Hochlagerung der Beine, Kompressionsstrçmpfe und Frçhmobilisation haben sich mittlerweile durchgesetzt. Erfolgversprechend erscheinen elektrisch getriebene Be-
wegungsschienen fçr die Sprunggelenke und modifizierte intermittierende pneumatische Kompressionen, mit denen in Abhångigkeit von der Lokalisation der Verletzungen nahezu das gesamte unfallchirurgische Patientenkollektiv behandelt werden kann.
Medikamentæse Maûnahmen Erfahrungen bestehen mit oralen indirekten Antikoagulanzien, direkten Antikoagulanzien wie Heparin (unfraktioniert oder niedermolekular), Dextranen und Thrombozytenaggregationshemmern [137]. ] Antikoagulanzien. Orale Antikoagulanzien, die antithrombotisch durch verminderte Synthese aktiver Faktoren II, VII, IX und X wirken, sind sehr wirksam. Eine orale Antikoagulation erfordert eine græûere Sorgfalt und eine håufige Kontrolle des Prothrombinindexes. Dies erschwerte die Anwendung der oralen Antikoagulation in der allgemeinen Thromboseprophylaxe. Neuere Studien zeigen jedoch, dass frçhere Aussagen bzgl. der therapeutischen Bereiche çberdacht werden mçssen und bei bestimmten Indikationen hæhere ¹Quickwertbereicheª åhnlich effektiv sein kænnen. ] Dextrane. Dextrane mit Molekulargewichten von 40 000 und 70 000 wurden primår als Volumenexpander und zur Verbesserung der rheologischen Verhåltnisse eingefçhrt. Frçhzeitig wurde auch die antithrombotische Wirkung erkannt. Der Wirkmechanismus beruht auf der Beeinflussung der Rheologie, dem so genannten ¹Coatingª von Thrombozyten und Endothel, so-
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]
Methodische Ansåtze zur Thrombembolieprophylaxe
Tabelle 3. Studien zur ambulanten Thromboseprophylaxe [214] Studien
Breyer et al. 1984 Breyer et al 1984 Danner & Bernett 1990 [59] Zagrodnik & Kaufner 1990 Kujath et al. 1992 Kujath et al. 1992 Kock et al. 1993 Kock et al. 1993
Indikation und Art der Immobilisierung
mit NMH-Prophylaxe
ohne Prophylaxe
Patienten [n]
Thromboseinzidenz [%]
Patienten [n]
Thromboseinzidenz [%]
Trauma + Untersch.-Gips prå.-op. Trauma + Obersch.-Gips prå.-op. OSG-Verletzung + Gips Osteosyn. + Gips post-op. Distorsion + Liegegips Fraktur + Liegegips Trauma + Untersch.-Gips Trauma + Obersch.-Gips
± ± ± 103 72 27 115 12
± ± ± 0 2,8 14,8 0 0
44 32 1024 200 70 35 105 21
36 78 0,5 4,5 11,3 28,6 2,9 9,5
Methodische Ansåtze zur Thrombembolieprophylaxe Physikalische Maûnahmen Die physikalische Thrombembolieprophylaxe in der Unfallchirurgie ist in der letzten Zeit wåhrend der eifrig gefçhrten Heparindiskussion in den Hintergrund geraten [160]. Dies geschah, obwohl die konsequent und korrekt durchgefçhrte physikalische Prophylaxe der thrombembolischen Komplikationen einen vergleichbaren Stellenwert wie die medikamentæse besitzt. Es gibt eine ausreichend groûe Zahl von zuverlåssigen Studien, die die hohe Wirksamkeit dieser Prophylaxe beweisen [48]. In der Øra des niedermolekularen Heparins erscheinen die Arbeiten nicht mehr zeitgemåû und werden rasch vergessen. Im Gegensatz zur medikamentæsen ist die physikalische Prophylaxe unbequem, zeitund personalintensiv und erfordert einen organisatorischen Aufwand. Es fehlt nicht selten das Verståndnis fçr die erforderlichen Maûnahmen, wodurch die Akzeptanz der Methode negativ beeinfluût wird. Die medikamentæse Heparinprophylaxe ist einfach zu handhaben, allein aber nicht ausreichend. Die physikalische Prophylaxe wirkt vornehmlich durch Beschleunigung des venæsen Rçckstroms. Durch die vorwiegende Lokalisation der Verletzungen an den unteren Gliedmaûen kann die groûe Zahl der prophylaktischen Methoden bei unfallchirurgischen Patienten nur in einem eingeschrånkten Ausmaû eingesetzt werden. Die Hochlagerung der Beine, Kompressionsstrçmpfe und Frçhmobilisation haben sich mittlerweile durchgesetzt. Erfolgversprechend erscheinen elektrisch getriebene Be-
wegungsschienen fçr die Sprunggelenke und modifizierte intermittierende pneumatische Kompressionen, mit denen in Abhångigkeit von der Lokalisation der Verletzungen nahezu das gesamte unfallchirurgische Patientenkollektiv behandelt werden kann.
Medikamentæse Maûnahmen Erfahrungen bestehen mit oralen indirekten Antikoagulanzien, direkten Antikoagulanzien wie Heparin (unfraktioniert oder niedermolekular), Dextranen und Thrombozytenaggregationshemmern [137]. ] Antikoagulanzien. Orale Antikoagulanzien, die antithrombotisch durch verminderte Synthese aktiver Faktoren II, VII, IX und X wirken, sind sehr wirksam. Eine orale Antikoagulation erfordert eine græûere Sorgfalt und eine håufige Kontrolle des Prothrombinindexes. Dies erschwerte die Anwendung der oralen Antikoagulation in der allgemeinen Thromboseprophylaxe. Neuere Studien zeigen jedoch, dass frçhere Aussagen bzgl. der therapeutischen Bereiche çberdacht werden mçssen und bei bestimmten Indikationen hæhere ¹Quickwertbereicheª åhnlich effektiv sein kænnen. ] Dextrane. Dextrane mit Molekulargewichten von 40 000 und 70 000 wurden primår als Volumenexpander und zur Verbesserung der rheologischen Verhåltnisse eingefçhrt. Frçhzeitig wurde auch die antithrombotische Wirkung erkannt. Der Wirkmechanismus beruht auf der Beeinflussung der Rheologie, dem so genannten ¹Coatingª von Thrombozyten und Endothel, so-
Medikamentæse Maûnahmen
wie der Einlagerung der Dextrane in das Fibrinpolymer mit erhæhter Instabilitåt des Fibringerinnsels und leichterer Lysierbarkeit durch Plasmin. Die in groûen schweizer und skandinavischen Studien nachgewiesene Effektivitåt von Dextranen wurde beeintråchtigt durch die Mæglichkeit der Volumençberladung und in extrem seltenen Fållen der Sensibilisierung mit anaphylaktischen Reaktionen. Durch verfçgbare Gabe des Haptens Promit sind diese Reaktionen zu verhindern. Im europåischen Raum wird das Dextran, ganz im Gegensatz zu dem amerikanischen Raum, eher als Mittel der zweiten Wahl eingesetzt. ] Aggregationshemmer. Aggregationshemmer, insbesondere die Azetylsalizylsåure (Aspirin) wirken unter anderem durch die Hemmung der Prostaglandinsynthese in Thrombozyten und Endothel. Diese Wirkung ist mit geringen Dosen Azetylsalicylsåure zu erzielen. Wåhrend Aspirin bei der Verhinderung der arteriellen Thrombose aufgrund der hohen Bedeutung der Thrombozyten in der Pathogenese sehr effektiv ist, hat es praktisch keinen Stellenwert zur Verhinderung der tiefen Venenthrombose. ] Heparine. Die subkutane Applikation erfolgte erstmals zu Beginn der 60er Jahre. Heparin, entweder als ¹Miniheparinª nach Marx oder als ¹Low-dose-Heparinª (LDH), ermæglichte erst die breite Anwendung zur Pråvention postoperativer venæser Thrombembolien. Das Mucopolysaccharid Heparin, hergestellt von unterschiedlichen Spezies aus unterschiedlichen Organen mit einem unterschiedlichen Molekulargewicht benætigt als Kofaktor Antithrombin III zur Thrombin- und Faktor-X-Hemmung. Diese reine Gerinnungshemmung wurde lange Zeit als wesentlicher Mechanismus der Thromboseprophylaxe angesehen. Es ist jedoch zu bedenken, dass Antikoagulation nicht mit antithrombotischer Wirkung gleichzusetzen ist. Einflçsse von Mucopolysacchariden auf Zellen im speziellen auf das Endothel sind mæglicherweise von weitaus græûerer Bedeutung. Die Freisetzung des Gewebeplasminogenaktivators t-PA spielt hier eine zentrale Rolle. Die so genannte Low-doseHeparinprophylaxe wurde primår in einer Dosis von 2 ´ 5000 E unfraktionierten Heparins/d durchgefçhrt. Eine Vielzahl von Studien konnte zeigen, dass mit 2 oder 3 ´ 5000 Einheiten/d eine effektive Reduktion postoperativer Thrombembolien zu erzielen ist.
]
Entscheidende Schlussfolgerung ist die konsequente Anwendung einer perioperativen Thromboseprophylaxe zusåtzlich zu physikalischen Maûnahmen. Selbst unter Berçcksichtigung von Kosten-Wirksamkeits-Analysen lassen sich trotz einer aufwendigen medikamentæsen und physikalischen Maûnahme durch die Reduktion von Thrombembolien nicht nur Patientenleben retten, sondern auch die Behandlungsund Folgekosten insgesamt reduzieren. ] Niedermolekulare Heparine. Der Heparin-Antithrombin-III-Komplex hat je nach Molekulargewicht der Heparinfraktion unterschiedliche Wirkungen auf die Hemmung der Faktoren II und X. Zur Thrombinhemmung ist ein Mucopolysaccharid von mehr als ca. 10 Einzelzuckern erforderlich, da zur Thrombinhemmung nicht nur die Bindung an Antithrombin III, sondern auch an Thrombin erforderlich ist. Kleinere Mucopolysaccharide, so genannte niedermolekulare Heparine, sind daher zur Thrombinhemmung nicht geeignet. Die Hemmung von Faktor X erfordert dagegen keine Bindung von Heparin an Faktor X, sondern ausschlieûlich die Komplexierung von Heparin an Antithrombin III zur Aktivitåtssteigerung. Diese unterschiedlichen Hemmechanismen von Faktor II und X durch Heparine verschiedenen Molekulargewichts erklåren die fehlende Thrombinzeit- und PTT-Verlångerung durch niedermolekulare Heparinfraktionen. Da beim Tierversuch eine åhnliche antithrombotische Wirksamkeit bei gleicher Blutungsneigung gefunden wurde, schienen diese Fraktionen ein idealeres Antithrombotikum zu sein. Die ersten klinischen Studien zeigten jedoch, dass trotz normaler Thrombinzeit und PTT dennoch eine nicht unerhebliche Blutungsneigung bestehen kann. Ausfçhrliche Dosisfindungsstudien haben gezeigt, dass niedermolekulare Heparinfraktionen unterschiedlicher Provenienz und Hersteller hocheffektiv in der perioperativen Thromboseprophylaxe sein kænnen. Die derzeit verfçgbaren Heparinfraktionen unterscheiden sich stark, dass eine Standardisierung, trotz einer von der WHO als Referenz angebotenen Fraktion, praktisch nur çber eine Messung der Faktor-Xa-Hemmung mæglich ist [198]. Niedermolekulare Heparine in der Schwangerschaft sollten trotz der Untersuchungen von Harenberg nicht primår und keinesfalls im ersten Trimenon eingesetzt werden. Bei fehlender HIT-II-Anamnese (heparin induced thrombocytopenia) stellt hier das unfraktionierte Heparin das Mittel der Wahl dar [78, 96].
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]
Methodische Ansåtze zur Thrombembolieprophylaxe
] Pentasaccharide, Heparinoide, Hirudin, Ximelagatran. Dies sind alternative Antikoagulatien, deren Einsatz beschrånkt ist. Die Pentasaccharide çberzeugen durch fehlende Allergiebereitschaft bei kleiner Molekçlgræûe im Vergleich zu NMH, wåhrend Heparinoide wie beispielsweise Danaparoid durch Verminderung der SH-Gruppen wenig allergisierend wirken und deshalb bei HIT II eingesetzt werden dçrfen. Eine ganz anderen Hemmung des Gerinnungssystems erzielt man mit den rekombinant hergestellten Hirudinen, welche irreversibel an Thrombin binden, wåhrend Ximelagatran eine reversible Bindung mit dem gleichen Faktor eingeht. Die Effizienz von Thrombinblockern ist weit græûer als die der Heparine. Neben der Antikoagulation sind Hirudin und Abkæmmlinge auch thrombolytisch und kænnen aktiviertes Thrombin inhibieren. IV-Gaben von Hirudinen soll zu allergischen Reaktionen fçhren kænnen. Bei subkutaner Applikation wurde dies allerdings nie beobachtet.
Komplikationen Blutungskomplikationen nach Gabe von oralen Antikoagulanzien aber auch nach Thrombozytenaggregationshemmern sind bekannt. Heparin in seiner unfraktionierten Form zeigt im Vergleich zu niedermolekularem Heparin ein hæheres Blutungsrisiko. Dieser Effekt geht auf die hæhere Anti-IIa-Aktivitåt von UFH zurçck. ] Thrombopenien. Thrombopenien sind bei Heparingabe bekannt. Es kommt zu Wechselwirkungen zwischen Heparin und Thrombozyten. Die leichte, ¹akademischeª Form der Thrombopenie (Typ I) bedarf keiner Therapie. Auch unter Weitergabe von Heparin normalisieren sich die Thrombozytenzahlen wieder. Die Heparin induzierte Immunthrombozytopenie (HIT Typ II) tritt unabhångig von Geschlecht, Blutgruppe, Alter und Grundkrankheit auf, und ist auûerdem unabhånig der Injektionsart und der Dosis. Heparin aus Rinderlunge hat eine stårkere Wirkung auf die Thrombozyten als Heparin aus Schweinedarm. Der Thrombozytenabfall (auf Werte unter 50 000/ll) tritt 6 bis 25 Tage (durchschnitlich 10 Tage) nach Beginn der Heparinbehandlung auf. Falls der Patient bereits zu einem frçheren Zeitpunkt mit Heparin behandelt worden ist, kann die Thrombozytopenie bei erneuter Exposition auch sofort auftreten. Der HIT II liegen komplexe immunologische
Vorgånge zugrunde, wobei subkutan oder intravenæs verabreichtes Heparin mit frei zirkulierendem Plåttchenfaktor 4 (Pf 4) einen Komplex bildet, der immunogen wirkt. Die gebildeten IgG-Antikærper binden an den Heparin-Pf4-Komplex, und die so gebildeten Immunkomplexe kænnen çber ihr Fc-Fragment an spezifische Rezeptoren der Plåttchen binden und diese dadurch aktivieren. Die aktivierten Plåttchen ihrerseits sezernieren aus ihren a-Granula vermehrt Pf 4, der diesen Kreislauf weiter verstårkt. Ûberschçssiger Pf 4 kann teilweise durch heparinåhnliche Substanzen (z. B. Heparansulfat) neutralisiert werden, die auf den Endotheloberflåchen exprimiert werden. Dies stellt wiederum ein Ziel fçr die gebildeten IgG-Antikærper dar, die eine immunologische Gefåûschådigung hervorrufen. Eine Quervernetzung der Immunkomplexe (bestehend aus Plåttchen, IgG-Antikærpern, Heparin und Pf 4) an der geschådigten Endothelschicht kænnen einerseits einen Plåttchenabfall (Thrombozytopenie) und andererseits zu arteriellen oder venæsen Thrombosen oder disseminierter intravasaler Gerinnung (DIC) fçhren [14, 20, 21]. Unter der Gabe von NMH ist die HIT II åuûerst selten. Bei Verdacht auf eine HIT II sollte auf Hirudin weniger auf das Heparinoid Orgaran umgestellt werden, da es aufgrund von Kreuzreaktionen keine Sicherheit gegençber dem Fortbestehen der HIT II gibt. Dennoch wird Orgaran von der S2-Leitlinie der AWMF in 2003 (Leitlinienregister Nr. 003/ 001) empfohlen. Hirudin hat in der Zwischenzeit die Zulassung fçr den Einsatz bei HIT II fçr die Prophylaxe und Therapie von thrombembolischen Komplikationen erhalten. Nach operativen Eingriffen ist eine, gewæhnlich in der zweiten Woche auftretende, reaktive Thrombozytose zu berçcksichtigen, ein Nichtanstieg kann in solchen Fållen HIT-II-verdåchtig sein. Bei Abfall der Thrombozytenzahl um mehr als 50% unter Heparintherapie sollte die labordiagnostische Absicherung mit einem der aufgefçhrten Tests erfolgen: ] Serotoninfreisetzungstest: Aufgrund hoher Sensitivitåt und Spezifitåt gilt er als Referenzmethode. ] Heparininduzierter Plåttchenaktivierungstest (HIPA-Test): Er ist in der Sensitivitåt und Spezifitåt dem Serotoninfreisetzungstest vergleichbar. ] ELISA-Test: Nachweis von zirkulierenden Antikærpern im Serum (¹Schnelltestª), geringe Spezifitåt, hohe Sensitivitåt
Direkte Darstellung peripherer Venenthrombosen
Die Durchfçhrung des HIPA-Tests und seine Bewertung wurde von Greinacher und Eichler ausfçhrlich beschrieben. Klinisch sollte bei einem Abfall der Thrombozytenwerte um 50% und oder Vorliegen eines Gefåûverschlusses unter Therapie mit Heparin dieses sofort abgesetzt und der Verdacht auf eine HIT II durch die zuvor genannten Tests abgeklårt werden. Die Thrombozyten normalisieren gewæhnlich nach 7±10 Tagen. Eine weiterfçhrende sofortige Antikoagulation sollte mit Hirudin erfolgen. Die Umsetzung auf NMH ist in der Literatur umstritten und dem Konsens aktueller Kongresse folgend wegen Kreuzreaktion nicht zu empfehlen [93]. ] Freisetzung von freien Fettsåuren. Sie beruht auf der Heparin vermittelten Freisetzung von hepatischer Triglyceridlipase und Lipoproteinase. Durch den Anstieg von freien Fettsåuren kann es zur Beeintråchtigung der kardialen Funktion kommen. NMH haben eine geringere lipolytische Aktivitåt. ] Osteoporose. Osteoporose soll durch Heparin verstårkt werden. Eindeutige Studien stehen hierzu aus. ] Anstieg der Leberenzyme. Der Anstieg der Leberenzyme ist ein reversibler Prozess, an dem cGT und GPT teilnehmen. Die Øtiologie ist unbekannt. ] Hautunvertråglichkeiten. Sie finden sich unter subkutaner Heparingabe selten. Es kænnen Údeme aber auch Blutungen entstehen. Nekrolysen sind åuûerst selten. Bei geringen Reaktionen gençgt die Applikation an anderer Stelle.
Diagnostik der tiefen Beinvenenthrombose Die Diagnostik von tiefen Beinvenenthrombosen wird durch 2 Probleme charakterisiert: 1. venæse Thrombosen sind håufiger als klinisch zu vermuten (30% symptomatisch) 2. ihre klinische Symptomatik ist unspezifisch. Trotzdem sollte allen technischen Untersuchungen eine klinische Beurteilung vorausgehen.
]
Direkte Darstellung peripherer Venenthrombosen ] Phlebographie. Die Phlebographie ist der Goldstandard der Thrombosediagnostik. Vorteile sind neben einer detailgetreuen Abbildung des venæsen Systems, eine plausible Dokumentation. Bei anderen Verfahren scheint eine hæhere Interobservervarianz gegeben zu sein. Nachteile der Phlebographie sind ihr hoher apparativer, finanzieller und personeller Aufwand, die Strahlenbelastung und ihr invasiver Charakter [115, 132, 141, 197] (Abb. 6). ] Doppler-Sonographie. Mit Hilfe der DopplerSonographie kænnen Richtung und Geschwindigkeit von Blutstræmungen erfasst werden. Durch Messung des Flusses in der Leistenregion, der Vena poplitea, Vena saphena magna und vena tibialis posterior werden stræmungswirksame Thrombosen erkannt und ihre Ausdehnung kann nåherungsweise angegeben werden. Die Interpretation der Befunde ist durch eine Reihe von Problemen charakterisiert. Falschnegative Ergebnisse sind bei nicht okkludierenden Verschlçssen, bei Thrombosen mit guter Kollateralisation, Verschlçssen nur eines Segmentes einer Venendoppelanlage, Thrombosen auûerhalb der Hauptblutleiter (z. B. Muskelvenenthrombose), zu erwarten. Falschpositive Befunde kommen bei Kompression des Venenlumens von auûen (z. B. Håmatom, untersuchungsbedingt) vor. Die Befunderhebung bedarf erheblicher Erfahrung und benætigt eine gewisse Kooperation des Patienten (abdominelle Atmung). Becken- und hochsitzende Oberschenkelvenenthrombosen werden in phlebographisch kontrollierten Studien mit der Methode mit einer Sensitivitåt von 70±92% und einer Spezifitåt von 82±94% erkannt. Die Treffsicherheit låsst im femoropoplitealen Bereich nach. Die håmodynamisch håufig wenig bedeutsamen Unterschenkelvenenthrombosen entziehen sich meist dem dopplersonographischen Nachweis, so dass das Verfahren nicht zur Diagnostik isolierter Thrombosen in diesem Bereich geeignet ist [134]. ] B-Bild-Sonographie. Die Untersuchung mittels B-Bild-Sonographie wird wie die Doppler-Sonographie zunåchst in Rçckenlage in der Leistenregion und dann in Bauchlage in der Kniekehle durchgefçhrt. Gegençber der Doppler-Sonogra-
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Direkte Darstellung peripherer Venenthrombosen
Die Durchfçhrung des HIPA-Tests und seine Bewertung wurde von Greinacher und Eichler ausfçhrlich beschrieben. Klinisch sollte bei einem Abfall der Thrombozytenwerte um 50% und oder Vorliegen eines Gefåûverschlusses unter Therapie mit Heparin dieses sofort abgesetzt und der Verdacht auf eine HIT II durch die zuvor genannten Tests abgeklårt werden. Die Thrombozyten normalisieren gewæhnlich nach 7±10 Tagen. Eine weiterfçhrende sofortige Antikoagulation sollte mit Hirudin erfolgen. Die Umsetzung auf NMH ist in der Literatur umstritten und dem Konsens aktueller Kongresse folgend wegen Kreuzreaktion nicht zu empfehlen [93]. ] Freisetzung von freien Fettsåuren. Sie beruht auf der Heparin vermittelten Freisetzung von hepatischer Triglyceridlipase und Lipoproteinase. Durch den Anstieg von freien Fettsåuren kann es zur Beeintråchtigung der kardialen Funktion kommen. NMH haben eine geringere lipolytische Aktivitåt. ] Osteoporose. Osteoporose soll durch Heparin verstårkt werden. Eindeutige Studien stehen hierzu aus. ] Anstieg der Leberenzyme. Der Anstieg der Leberenzyme ist ein reversibler Prozess, an dem cGT und GPT teilnehmen. Die Øtiologie ist unbekannt. ] Hautunvertråglichkeiten. Sie finden sich unter subkutaner Heparingabe selten. Es kænnen Údeme aber auch Blutungen entstehen. Nekrolysen sind åuûerst selten. Bei geringen Reaktionen gençgt die Applikation an anderer Stelle.
Diagnostik der tiefen Beinvenenthrombose Die Diagnostik von tiefen Beinvenenthrombosen wird durch 2 Probleme charakterisiert: 1. venæse Thrombosen sind håufiger als klinisch zu vermuten (30% symptomatisch) 2. ihre klinische Symptomatik ist unspezifisch. Trotzdem sollte allen technischen Untersuchungen eine klinische Beurteilung vorausgehen.
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Direkte Darstellung peripherer Venenthrombosen ] Phlebographie. Die Phlebographie ist der Goldstandard der Thrombosediagnostik. Vorteile sind neben einer detailgetreuen Abbildung des venæsen Systems, eine plausible Dokumentation. Bei anderen Verfahren scheint eine hæhere Interobservervarianz gegeben zu sein. Nachteile der Phlebographie sind ihr hoher apparativer, finanzieller und personeller Aufwand, die Strahlenbelastung und ihr invasiver Charakter [115, 132, 141, 197] (Abb. 6). ] Doppler-Sonographie. Mit Hilfe der DopplerSonographie kænnen Richtung und Geschwindigkeit von Blutstræmungen erfasst werden. Durch Messung des Flusses in der Leistenregion, der Vena poplitea, Vena saphena magna und vena tibialis posterior werden stræmungswirksame Thrombosen erkannt und ihre Ausdehnung kann nåherungsweise angegeben werden. Die Interpretation der Befunde ist durch eine Reihe von Problemen charakterisiert. Falschnegative Ergebnisse sind bei nicht okkludierenden Verschlçssen, bei Thrombosen mit guter Kollateralisation, Verschlçssen nur eines Segmentes einer Venendoppelanlage, Thrombosen auûerhalb der Hauptblutleiter (z. B. Muskelvenenthrombose), zu erwarten. Falschpositive Befunde kommen bei Kompression des Venenlumens von auûen (z. B. Håmatom, untersuchungsbedingt) vor. Die Befunderhebung bedarf erheblicher Erfahrung und benætigt eine gewisse Kooperation des Patienten (abdominelle Atmung). Becken- und hochsitzende Oberschenkelvenenthrombosen werden in phlebographisch kontrollierten Studien mit der Methode mit einer Sensitivitåt von 70±92% und einer Spezifitåt von 82±94% erkannt. Die Treffsicherheit låsst im femoropoplitealen Bereich nach. Die håmodynamisch håufig wenig bedeutsamen Unterschenkelvenenthrombosen entziehen sich meist dem dopplersonographischen Nachweis, so dass das Verfahren nicht zur Diagnostik isolierter Thrombosen in diesem Bereich geeignet ist [134]. ] B-Bild-Sonographie. Die Untersuchung mittels B-Bild-Sonographie wird wie die Doppler-Sonographie zunåchst in Rçckenlage in der Leistenregion und dann in Bauchlage in der Kniekehle durchgefçhrt. Gegençber der Doppler-Sonogra-
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]
Diagnostik der Tiefen Beinvenenthrombose
Abb. 6 a, b. Vergleich von Phlebographie (a) und DCCU (duplex-color-coded ultrasound) (b) einer TVT in der Vena femoralis superficialis.
phie erlaubt das Real-time-Ultraschallbild auch eine Beurteilung des die Vene umgebenden Weichteilgewebes sowie des Inhaltes des Venenlumens. Gleichzeitig kann mit dem Schallkopf eine Kompression auf das Gefåû ausgeçbt und die Verånderung des Lumendurchmessers wåhrend der Kompression beobachtet werden. Diagnostische Kriterien einer tiefen Venenthrombose bei der B-Bild-Sonographie: ] fehlende Komprimierbarkeit der Vene [98, 99], ] Nachweis von vermehrten intraluminåren Reflexen, ] keine Verånderung des Lumendurchmessers wåhrend Valsalva-Manæver, ] Kaliberzunahme der Venen. Bei der Beurteilung des die Vene umgebebenden Weichteilgewebes ist oft ein Vergleich mit der Gegenseite sehr hilfreich. Wichtig ist vor allem im Kniebereich, bei Nachweis einer frei durchstræmten Vene, die Suche nach einem gedoppelten und mæglicherweise thrombosierten Gefåû. Bei relativ kleinem Gefåûlumen kann das Auffinden der Vena poplitea relativ schwierig sein. Im Beckenbereich ist die Diagnostik durch Darmgasçberlagerung nur eingeschrånkt mæglich. Oft entziehen sich die proximalen 2/3 der Beckenvenen der sonographischen Beurteilung. Ein Darstellungsversuch mit dem 3,5-MHz-
Schallkopf sollte bei klinischem Verdacht jedoch unternommen werden. Der B-Bild-Sonographie kommt im Oberschenkelbereich bis einschlieûlich Vena poplitea eine hohe Aussagekraft zu. In den wichtigen phlebographisch kontrollierten Arbeiten werden Spezifitåt und Sensitivitåt mit durchschnittlich 95% angegeben [76]. Von einzelnen spezialisierten Zentren werden auch fçr die Unterschenkelvenen åhnlich hohe Zahlen angegeben [9]. Die Weiterentwicklung dieses Verfahrens stellt die Ultraschallangiographie mittels sonographisch echogenem Kontrastmittel dar. Der Vorteil dieses diagnostischen Verfahrens gegençber der duplexsonographischen Methode besteht darin, dass im ¹slow flowª Bereich der Doppler extrem langsame Flçsse nicht mehr erkennt, wåhrend das Kontrastmittel im B-Mode gerade die tiefen Beinvenen am Unterschenkel, welche den lansamsten Fluss aufweisen, besonders echoreich darstellen låsst. Die technisch anspruchvollere und zeitaufwendige Methode scheint sich jedoch gegen die Kombination FKDS (farbkodierte Duplexsonographie) und Kompressionssonographie nicht durchzusetzen. ] Duplex-Sonographie. Die Duplex-Sonographie stellt eine Kombination zwischen der bildlichen Darstellung mittels B-Bild-Sonographie und der Doppler-Sonographie dar. Hierdurch ist es mæg-
Direkte Darstellung peripherer Venenthrombosen
]
tion auf Hæhe der ¹Problemregionenª des Adduktorenkanales sowie der proximalen 2/3 der Beckenvenen ist wie bei den anderen Ultraschallmethoden schwer. Die Thrombosezeichen der Duplex-Sonographie gelten auch bei der FKDS. Bei Teilthrombosierung bzw. bei Teilrekanalisation ist mittels FKDS eine Sichtbarmachung des Restlumens bzw. der erfolgten Rekanalisation mæglich (so genanntes Umflieûungsphånomen). Ein kleines Restlumen kann auch durch distale Weichteilkompression sichtbar gemacht werden. Wegen der direkten Darstellung des Blutflusses in der nichtthrombosierten Vene kann in diesen Gefåûabschnitten weitgehend auf Kompression des Lumens verzichtet werden. Die Treffsicherheit entspricht auf Hæhe der Vena poplitea bis zur Leiste etwa den Ergebnissen der Duplex-Sonographie [182].
lich, im B-Bild die Gefåûe bildlich darzustellen und in diese ein Doppler-Signal mit definierter Tiefe, Winkel und Sammelvolumen einzulegen. Vorteil gegençber der B-Bild-Sonographie ist die durch Ableiten des Doppler-Signals aus dem eingestellten B-Bild leichtere Identifizierung der Gefåûstrukturen im Becken- und Unterschenkelbereich. Bei der Duplex-Sonographie gelten die sonographischen Thrombosezeichen der B-BildSonographie und der Doppler-Sonographie. So kann z. B. bei im B-Bild nicht komprimierbarer Vene mit echoreichen intraluminåren Reflexen mit einem fehlenden Doppler-Signal an dieser Stelle ein thrombotischer Verschluss beståtigt und somit durch Vorliegen von sonographischen Thrombosezeichen beider Methoden eine sicherere Diagnose gestellt werden. Zusåtzlich låsst gerade die Kombination dieser beiden Methoden Aussagen zu, welche durch Anwendung jeweils einer der beiden Methoden nicht gemacht werden kænnen. So ist durch Nachweis eines Stræmungssignals im Bereich einer im B-Bild nicht komprimierbaren Vene eine Differenzierung zwischen einem vollståndigen Verschluss und einem umspçlten Thrombus mæglich. Ein deutlicheres Stræmungssignal låsst sich dabei durch vorsichtige distale Kompression provozieren. Die Identifizierung der Unterschenkelvenen ist durch die zusåtzliche Ableitung von Stræmungssignalen (wobei die Arterien als Leitstrukturen dienen) erleichtert, trotzdem ist auch eine duplexsonographische Beurteilung dieser Venen in ihrer gesamten Kontinuitåt schwierig [6, 73, 100].
] Kernspintomographie (MR-Venographie). Mit der Kernspintomographie kænnen Arterien und Venen ohne Kontrastmittel erfasst werden. Die Untersuchung ist aber sehr aufwendig. Die Dar-
] Farbkodierte Duplex-Sonographie (FKDS). Die FKDS kombiniert die anatomische B-Bild-Sonographie mit der farbigen Abbildung des Blutflusses. Hierdurch wird im Gegensatz zur Duplex-Sonographie mit eingefrorenem B-Bild ein direkter Flussnachweis im durch B-Bild dargestellten Gefåû mæglich. Entsprechend der Schnittfçhrung des B-Bildes lassen sich die Flussgeschwindigkeit, die Flussrichtung und das interessierende Blutgefåû mit den umgebenden Weichteilen gleichzeitig bildlich erfassen. Zusåtzlich kann von einem bestimmten Areal noch ein Doppler-Signal registriert werden. Der Untersuchungsgang entspricht im Wesentlichen dem Vorgehen bei der B-Bild- und der DuplexSonographie. Durch den direkten Flussnachweis bei der FKDS wird die Verfolgbarkeit der V. femoralis superficialis entlang des Oberschenkels sowie der V. poplitea erleichtert. Die Identifika-
Abb. 7. TVT der Vena cava inferior, flottierender Thrombus [1] im CT-Scan mit KM.
] Computertomographie (CT). Mit der Computertomographie ist eine Beurteilung der Venen nur nach Kontrastmittelgabe mæglich. Auch bei einem vollståndig thrombotisch verschlossenen Gefåû kann mit Hilfe des Kontrastmittels in der Venenwand (çber Vasa privata) die Vene von der Umgebung abgegrenzt werden. Die Darstellung von Thrombosen im Becken- und retroperitonealem Bereich sind sicher mæglich (Abb. 7) [17].
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]
Diagnostik der Tiefen Beinvenenthrombose
stellung ist mit vielen verschiedenen Sequenzen mæglich (mit unterschiedlichen Vor- und Nachteilen). Ein standardisiertes Untersuchungsprotokoll liegt z. Z. nicht vor. Zusåtzlich beziehen sich die vorliegenden wenigen Studien auf Untersuchungen an kleinen Patientenzahlen (mit geringem Anteil an thrombosierten Venen) [42, 77]. Die bisherigen Erfahrungen zeigen keinen wesentlichen Vorteil im Vergleich zum Ultraschall und zur CT. Als Routinemethode kann die Kernspintomographie zur Zeit nicht eingesetzt werden (Ausnahme Schwangerschaft).
Indirekte Darstellung von peripheren Venenthrombosen ] Nuklearmedizin. Von den zahlreichen nuklearmedizinischen Verfahren hat nur der Jod125-Fibrinogen-Test græûere Bedeutung gefunden. Radioaktives Fibrinogen wird intravenæs infundiert und lagert sich im Bereich des Thrombus als Fibrin ab. Durch Aktivitåtsmessungen an verschiedenen Stellen kænnen venæse Verschlçsse aufgespçrt werden. Da der Einbau langsam erfolgt, ist ein Ergebnis nach frçhestens 12 Stunden ablesbar. Die Strahlenbelastung sowie die nicht sicher ausgeschlossene Mæglichkeit einer HBV- und HIV-Ûbertragung macht den Einsatz problematisch. Mit falschpositiven Befunden ist bei Weichteiltraumen, Håmatomen, Cellulitis, oberflåchlicher Phlebitis, florider Arthritis, Erysipel, postthrombotischem Syndrom sowie nach operativen Eingriffen der unteren Extremitåt zu rechnen. Falschnegative Ergebnisse kænnen bei ålteren Thrombosen und laufender Antikoagulation auftreten. In phlebographisch kontrollierten Studien schwankt die Sensitivitåt zwischen 58 und 100% und die Spezifitåt zwischen 55 und 94%. Im Gegensatz zur Doppler-Sonographie und Plethysmographie werden Unterschenkelvenenthrombosen sicherer als Oberschenkelverschlçsse erkannt. Die Methode hat sich im klinischen Alltag wegen der o.g. Nachteile nicht durchgesetzt. Wegen der Mæglichkeit der seriellen Messungen çber mehrere Tage fand sie vor allem als Screeningverfahren in Studien zur Bestimmung der Thromboseinzidenz Anwendung [33]. ] Venenverschlussplethysmographie. Øhnlich wie die Doppler-Sonographie ist die Venenverschlussplethysmographie ein funktionelles Verfahren. Mit verschiedenen Messmethoden wird
die Volumenschwankung der Wade bei Anlage und plætzlichem Ablassen eines im Bereich des Oberschenkels platzierten pneumatischen Staus gemessen. Da nur die håmodynamische Auswirkung einer Thrombose erfasst wird, unterliegt die Methode åhnlichen Einschrånkungen wie die Doppler-Sonographie: Negative Befunde sind bei nicht lumenverlegenden Thrombosen, ausreichender Kollateralisation und Verschluss eines Segmentes einer Doppelanlage, falschpositive bei gefåûkomprimierenden Prozessen zu erwarten. Aus methodischen Grçnden ist die Aussage bei Patienten mit Herzinsuffizienz und ausgeprågter AVK eingeschrånkt. Becken- und Oberschenkelvenenthrombosen werden in phlebographischen Studien mit einer Sensitivitåt von 63±98% und einer Spezifitåt von 72±99% korrekt erkannt. Auch bei Verlegung der Messstreifen in den Vorfuûbereich und der pneumatischen Manschette in die Wadenregion eignet sich das Verfahren nicht zum Nachweis isolierter Unterschenkelvenenthrombosen [15]. ] Lichtreflexionsrheographie (LRR). Die Lichtreflexionsrheographie, eine in der Gefåûchirurgie angewandte Methode zur Beurteilung der venæsen Klappeninsuffizienz an den unteren Extremitåten ist bei der Thrombosediagnostik nicht mehr gebråuchlich [13, 221]. ] Thermographie. Øhnlich der LRR (Lichtreflexionsrheographie) wurde auch von diesen, hauptsåchlich in der Gynåkologie eingesetzten Verfahren zugunsten der farbkodierten Duplex-Sonographie wegen hoher falschpositiver Diagnosen wieder abgelassen [80].
Laborchemische Diagnostik Pråthrombotische Zustånde und manifeste thrombembolische Krankheitsbilder unterscheiden sich im Hinblick auf die indikativen Håmostaseparameter in quantitativer Hinsicht, nicht jedoch in qualitativer Hinsicht. Indikativ fçr eine Gerinnungsaktivierung sind die Aktivierungsprodukte des Prothrombins, nåmlich das Prothrombinfragment F1+2 sowie Thrombin und die verschiedenen Reaktionsprodukte des Thrombins mit Fibrinogen, Blutplåttchen, anderen Gerinnungsfaktoren usw. Die Freisetzung der Fibrinogenspaltprodukte (Fibrinmonomere) Fibrinopeptid A und B gestattet den Hinweis auf die Entstehung von Thrombin im Blutstrom.
Chirurgische Therapie unter Antikoagulation
]
Tabelle 4. International normalized ratio (INR) und die entsprechenden Quick-Werte
INR
1,0
1,25
1,5
2,2
2,8
3,0
3,5
4,4
5,1
6,1
7,5
9,8
Quick [%]
100
70
55
36
29
27
24
20
18
16
14
12
Hier ist auûerdem die Bestimmung des Thrombin-Antithrombin-III-Komplexes (TAT) entscheidend. Alle Tests haben jedoch nur indikativen und nicht beweisenden Charakter, so dass die labormedizinische Diagnostik eher in der Pråvention von rezidivierenden Thrombembolien Einsatz findet [26, 34, 142].
Therapie der tiefen Beinvenenthrombose Die Therapie der manifesten Thrombose kann nach dem heutigen Kenntnisstand mit 2- bis 3-mal tåglich subkutanem Heparin in einer Gesamtdosis von etwa 33 000 IE gleich effektiv durchgefçhrt werden wie die kontinuierliche intravenæse Dauerinfusion mit Heparin in einer Dosierung von ebenfalls 33 000 IE pro Tag. Die orale Antikoagulation kann zwischen Tag 1 und 7 beginnen. Eine Bettruhe ist nur bei frischer Oberschenkel- und/oder Beckenvenenthrombose angezeigt. Kærpergewicht abhångig dosiertes subkutanes niedermolekulares Heparin scheint nach dem derzeitigen Kenntnisstand und der Studienlage mindestens gleich wirksam und mindestens gleich vertråglich zu sein wie Heparin als kontinuierliche Dauerinfusion. Zulassungen zur Therapie der TVT mit niedermolekularem Heparin bestehen [102]. Die Zulassung von nicht kærpergewichtsadaptierten NMH im April 2003 vereinfachten die Therapie der TVT nochmals und stellen damit eine weitaus sichere Mæglichkeit dar, Patienten mit TVT gånzlich ambulant zu behandeln. Die Darreichung in einer Fertigspritze stellt einen weiteren Schritt in puncto Sicherheit dar. Neben dem Vermeiden
von Dosierungsfehlern wird durch die Fertigspritze der Zusatz von Konservierungsstoffen (Benzylalkohol) vermieden, die teratogen wirken kænnen. In Grenzbereichen des Kærpergewichtes unter 60 oder çber 100 kg sollte bei allen NMH, die bei der Therapie der TVT zum Einsatz kommen, die Anti-Xa-Aktivitåt sowie der X-Test çberprçft werden (3. Tag nach Behandlungsbeginn).
Chirurgische Therapie unter Antikoagulation An der Universitåtsklinik Ulm werden die Patienten ungeachtet des Grundes ihrer Antikoagulation (meist mit Vitamin-K-Antagonisten) auf einen Gerinnungswert von INR 2 bzw. 40% Quick (Tabelle 4) angehoben und dann unter Prophylaxedosis operiert. 12 Stunden nach der Operation erfolgt der Einstieg in die Antikoagulation (therapeutische Dosis) mit einem NMH, das nach 5±7 Tagen durch eine orale Antikoagulanz ersetzt wird. Der Patient soll mit dem geringstmæglichen Nachblutungsrisiko und dessen potenziellen Folgen operieret werden. Gleichzeitig soll das koagulabile Intervall so kurz wie mæglich sein. Beispiele fçr die Antikoagulation sind: ] TVT unter Markumar: Therapiedauer çber 6 Monate ] TVT unter Markumar: Therapiedauer kçrzer als 6 Monate ] Absoluta unter Markumar: (INR 2,2±2,8) ] Thrombophilie unter Markumar: (INR 2,2±2,8) ] Klappenersatz unter Markumar: (INR 3,0±3,5).
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Chirurgische Therapie unter Antikoagulation
]
Tabelle 4. International normalized ratio (INR) und die entsprechenden Quick-Werte
INR
1,0
1,25
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2,2
2,8
3,0
3,5
4,4
5,1
6,1
7,5
9,8
Quick [%]
100
70
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29
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Hier ist auûerdem die Bestimmung des Thrombin-Antithrombin-III-Komplexes (TAT) entscheidend. Alle Tests haben jedoch nur indikativen und nicht beweisenden Charakter, so dass die labormedizinische Diagnostik eher in der Pråvention von rezidivierenden Thrombembolien Einsatz findet [26, 34, 142].
Therapie der tiefen Beinvenenthrombose Die Therapie der manifesten Thrombose kann nach dem heutigen Kenntnisstand mit 2- bis 3-mal tåglich subkutanem Heparin in einer Gesamtdosis von etwa 33 000 IE gleich effektiv durchgefçhrt werden wie die kontinuierliche intravenæse Dauerinfusion mit Heparin in einer Dosierung von ebenfalls 33 000 IE pro Tag. Die orale Antikoagulation kann zwischen Tag 1 und 7 beginnen. Eine Bettruhe ist nur bei frischer Oberschenkel- und/oder Beckenvenenthrombose angezeigt. Kærpergewicht abhångig dosiertes subkutanes niedermolekulares Heparin scheint nach dem derzeitigen Kenntnisstand und der Studienlage mindestens gleich wirksam und mindestens gleich vertråglich zu sein wie Heparin als kontinuierliche Dauerinfusion. Zulassungen zur Therapie der TVT mit niedermolekularem Heparin bestehen [102]. Die Zulassung von nicht kærpergewichtsadaptierten NMH im April 2003 vereinfachten die Therapie der TVT nochmals und stellen damit eine weitaus sichere Mæglichkeit dar, Patienten mit TVT gånzlich ambulant zu behandeln. Die Darreichung in einer Fertigspritze stellt einen weiteren Schritt in puncto Sicherheit dar. Neben dem Vermeiden
von Dosierungsfehlern wird durch die Fertigspritze der Zusatz von Konservierungsstoffen (Benzylalkohol) vermieden, die teratogen wirken kænnen. In Grenzbereichen des Kærpergewichtes unter 60 oder çber 100 kg sollte bei allen NMH, die bei der Therapie der TVT zum Einsatz kommen, die Anti-Xa-Aktivitåt sowie der X-Test çberprçft werden (3. Tag nach Behandlungsbeginn).
Chirurgische Therapie unter Antikoagulation An der Universitåtsklinik Ulm werden die Patienten ungeachtet des Grundes ihrer Antikoagulation (meist mit Vitamin-K-Antagonisten) auf einen Gerinnungswert von INR 2 bzw. 40% Quick (Tabelle 4) angehoben und dann unter Prophylaxedosis operiert. 12 Stunden nach der Operation erfolgt der Einstieg in die Antikoagulation (therapeutische Dosis) mit einem NMH, das nach 5±7 Tagen durch eine orale Antikoagulanz ersetzt wird. Der Patient soll mit dem geringstmæglichen Nachblutungsrisiko und dessen potenziellen Folgen operieret werden. Gleichzeitig soll das koagulabile Intervall so kurz wie mæglich sein. Beispiele fçr die Antikoagulation sind: ] TVT unter Markumar: Therapiedauer çber 6 Monate ] TVT unter Markumar: Therapiedauer kçrzer als 6 Monate ] Absoluta unter Markumar: (INR 2,2±2,8) ] Thrombophilie unter Markumar: (INR 2,2±2,8) ] Klappenersatz unter Markumar: (INR 3,0±3,5).
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]
Therapie der tiefen Beinvenenthrombose
Patientengruppe I
Patienten in der akuten Phase nach einem thrombotischen Ereignis oder Patienten unter Antikoagulation
1. Untersuchung
1. APC-Resistenz und Blutentnahme zum evtl. Nachweis einer Faktor-V-Leiden-Mutation 2. Faktor-II-Mutation 3. Homocystein-Spiegel 4. Antiphospholipid-Antikærper
2. Untersuchung nach Absetzen der Antikoagulation
1. 2. 3. 4. 5.
3. Beståtigungsuntersuchungen
bei pathologischen Befunden der Protein-C- und Protein-SBestimmung, der Faktor-VIII-Aktivitåt und bei positivem Nachweis des Lupus-Antikoagulanz
Patientengruppe II
Patienten lange nach der akuten Phase einer thrombotischen Ereignisses oder Patienten zur Familienuntersuchung
1. Untersuchung
1. APC-Resistenz und Blutentnahme zum evtl. Nachweis einer Faktor-V-Leiden-Mutation 2. Faktor-II-Mutation 3. Homocystein-Spiegel 4. Antiphospholipid-Antikærper und Nachweis eines Lupus-Antikoagulanz 5. Faktor-VIII-Aktivitåt 6. aPTT (zum Ausschluss eines Faktor-XII-Mangels) 7. Protein C und Protein S 8. Antithrombin
2. Beståtigungsuntersuchungen
bei pathologischen Befunden der Protein-C- und Protein-SBestimmung, der Faktor-VIII-Aktivitåt bei positivem Nachweis der Lupus-Antikoagulanz
aPTT (zum Ausschluss eines Faktor-XII-Mangels) Antithrombin Protein C und Protein S Nachweis einer Lupus-Antikoagulanz Faktor-VIII-Aktivitåt
Abb. 8. Diagnostische Strategie des Thrombophiliescreenings. Mit freundlicher Genehmigung des Autors Dr. Eller, Klinikum Minden.
] Spezieller Teil
Diagnostik
Untersuchungen zur Lokalisation und Altersbestimmung von tiefen Beinvenenthrombosen mittels farbkodierter Duplex-Sonographie Das Alter einer tiefen Beinvenenthrombose bestimmt alle wesentlichen therapeutischen Ûberlegungen. Bis heute gilt die Phlebographie als Verfahren der Wahl zur Diagnostik von tiefen Beinvenenthrombosen. Es ist jedoch mit dieser invasiven Untersuchungstechnik nicht mæglich, das Alter der venæsen Thrombose ausreichend genau zu bestimmen [165]. Es wurde versucht zu demonstrieren, dass die farbkodierte DuplexSonographie nicht nur die Lokalisation der tiefen Beinenvenenthrombose sogar am Unterschenkel ermæglicht, sondern auch eine orientierende Altersbestimmung des Thrombus in Hinblick auf das Embolierisiko erlaubt [170]. Vorliegende experimentelle Untersuchungen basieren auf experimentellen, klinischen, sonographischen und pathohistologischen Untersuchungen zwischen Januar 1993 und Januar 1994 an der Universitåtsklinik Ulm. Bei allen sonographischen Untersuchungen wurde das Ultraschallgeråt der Fa. Siemens Quantum 2000 mit dem 5-MHz- bzw. dem 7,5 MHz-Schallkopf verwendet. Die Standardprogrammierung wurde bis auf die Optionen im Doppler-Menç ¹small partsª bzw. ¹low flow modeª nicht veråndert. Die Einstellung wurde auf das Gefåû fokussiert. Die ROI (region of interest) lag fçr alle Untersuchungen zwischen 2±4 cm vom Schallkopf entfernt. Eine Vorlaufstrecke wurde nicht verwendet [170]. Die Untersuchungen erfolgten am Pråparat bzw. am Patienten in Bauch- und Rçckenlage. Die Gefåûdiagnostik erfolgte in Querschnitten, nach primårem Screening im Långsschnitt. Der anatomische Bezug erfolgte zu den begleitenden Arterien und anatomisch reproduzierbaren Markern wie knæchernen und ligamentåren Echos. Um venæse Flussphånome zu provozieren wurde zum Teil am distalen Un-
terschenkel dorsal manuell komprimiert. Der Versuchsablauf wurde in 3 Phasen aufgeteilt.
Experimenteller Ansatz (Tierversuch mit Ratten) Die Vene cava inferior wurde çber einen transperitonealen Zugang bei der Ratte pråpariert (n = 10). Die Thrombose entstand durch standardisiertes Vorgehen, durch eine zunåchst distale dann proximale infrarenale Ligatur dieses Gefåûes (Abb. 9). Die retroperitonealen Gefåûe wurden duplexsonographisch vor und nach dem Eingriff dargestellt. Die sonographisch ermittelten Gefåûdurchmesser wurden dokumentiert.
Abb. 9. Die sonographische Altersbestimmung der venæsen Thrombose im Tierversuch (DCCU).
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Diagnostik
Abb. 10. Die sonographische Altersbestimmung der venæsen Thrombose im Tierversuch (DCCU). Abdomineller Querschnitt nativ (a) und mit Vena-cava-Thrombose (b). V Vena cava (blau), A Aorta (rot), t akute Cava-Thrombose, ao Aorta, ws Wirbelsåule.
Abb. 11. Die sonographische Altersbestimmung der venæsen Thrombose im Tierversuch (DCCU). Pathohistologie der akuten Cava-Thrombose bei der Ratte, 1 akute Cava-Thrombose, 2 Aorta (40fache Vergræûerung, HE-Fårbung).
Eine histologische Auswertung der frischen Thrombose wurde an dem entnommenen Gefåûbçndel (Aorta und vena cava inferior) vorgenommen. Postoperativ konnten die Tiere bis zu 6 Stunden nachuntersucht werden. Bei den 10 Versuchstieren erfolgte çber einen transperitonealen Zugang die Ligatur der Vena cava inferior infrarenal. Durch die venæse Stase und die Manipulation am Gefåû enstand die gewçnschte akute venæse Thrombose. Die farbkodierte Duplex-Sonographie visualisierte die akute Thrombose der Vena cava inferior als stræmungsfreies hypoechogenes homogenes Areal. Der ¹Gefåûdurchmesserª war bei allen 10 Tieren in Relation zu dem pråoperati-
ven Gefåûbefund auf das 3- bis 4fache (Min 3´, Max 4´, Median 3,3´) vergræûert (Abb. 10). Die Histologie nach Aufarbeitung des aortocavalen infrarenalen Pråparates demonstrierte in der Vena cava das Korrelat einer frischen Thrombose, bestehend aus Erythrozyten und Fibrin (Abb. 11). Die farbduplexsonographischen Kriterien zur Beurteilung einer akuten Venenthrombose lassen sich nach dem Tierversuch wie folgt zusammenfassen: 1. Kein nachweisbarer Fluss in der ROI (DCCU). 2. Der sonographische Gefåûdurchmesser ist gegençber dem Durchmesser in einem unverånderten Gefåû deutlich vergræûert.
Untersuchungen von tiefen Beinvenenthrombosen mittels farbkodierter Duplex-Sonographie
3. Das Reflexmuster der Thrombose ist hypoechogen und homogen. 4. Das Gefåû låsst sich nicht komprimieren.
Klinische Untersuchungen (Beinamputate, Sonographie, Histologie) In der zweiten Phase wurde durch eine klinische, experimentelle Studie der Standard einer akuten Thrombose aus der Phase 1 nun auf åltere Thrombosen erweitert. Es wurden 20 Beinamputate von traumatologischen und gefåûchirurgischen Patienten unmittelbar postoperativ pråpariert. Venæse Thrombosen wurden mit dem 5-MHz-Schallkopf nach makroskopischer Lokalisation dokumentiert und eine groûzçgige Probeexzision der ROI (region of interest) dem Pathologen weitergegeben. Im speziellen wurden folgene Schritte durchgefçhrt: ] Im tiefen Beinvenensystem entdeckte Thrombosen wurden mit einem Weichteilmantel groûzçgig exzidiert. ] Im Wasserbad erfolgte mittels B-Bild-Sonographie die Darstellung der thrombosierten Vene. ] Eine Beschreibung der sonographischen Ultrastruktur des Gefåûes sowie ] Eine sonographische Bestimmung des Durchmessers des thrombosierten Gefåûes schloss sich an. ] Eine histolgische Untersuchung der Thrombose komplettierte die Dokumentation. An 20 Beinamputaten wurden 20 venæse Thrombosen untersucht. ] 14 Thrombosen waren in der Unterschenkelgruppe (Einetagenthrombosen), davon war 1 Thrombose im Truncus tibio-peronealis, 1 Thrombose in der Anterior-Gruppe, 9 Thrombosen in der Fibularis-Gruppe und 3 TVT in der Posterior-Gruppe lokalisiert. In der Anterior-, Posterior- und Fibularis-Gruppe handelte es sich um Thrombosen, welche bis 15 cm distal ihres Abganges aus dem Truncus tibio-peronealis bzw. aus der Vena poplitea lokalisiert waren. ] 5 Thrombosen waren in der Vena poplitea und ] 1 Thrombose in der Vena femoralis superficialis (mittleres Schaftdrittel) lokalisiert (Zweietagenthrombosen).
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Aufgrund sonomorphologischer Besonderheiten konnten die 3 folgenden Gruppen beschrieben werden: ] Gruppe 1: 7 Venenthrombosen zeigten sonographisch fehlende Binnenechos (hypoechogen, homogen). Das B-Bild war mit der akuten Thrombose im Tierversuch zu vergleichen. Die Histologie dieser Pråparate dokumentierte Fibrin und massenhaft Erythrozyten im Gefåûlumen. ] Gruppe 2: 4 Thrombosen zeigten im B-Bild vereinzelte Binnenechos im Thrombus (hypoechogen, inhomogen). Die Histologie demonstrierte eine Einwanderung von neutrophilen Granulozyten in den Thrombus. ] Gruppe 3: 9 Thrombosen wiesen im B-Bild ein hyperechogenes inhomogenes Reflexmuster auf. Teilweise fand sich ein Halo, eine hypoechogene homogene Randzone, funktionell am ehesten einer Rekanalisierung entsprechend. Die Histologie dokumentierte Neoendothel sowie die fortgeschrittene Organisation des Thrombus. ] Klinische vergleichende Untersuchungen von Gefåûdurchmessern nicht thrombosierter Gefåûe. Bei 20 Probanden (10 Månner und 10 Frauen), Altersmedian 28 Jahre (Min 20, Max 30 Jahre), BMI-Median 21 (Min 20, Max 23 BMI) ohne venæse Vorgeschichte wurden mittels B-Bild-Sonographie an der entsprechenden Lokalisation der dokumentierten venæsen Thrombosen der Amputate der venæse Gefåûdurchmesser bestimmt. Der Durchmesser des thrombosierten Gefåûes wurde als Vielfaches (des Medians aller Durch-
Abb. 12. Græûenverhåltnisse der sonographischen Durchmesser bei TYP-I-, II- und III-Thrombosen. Mediane der é (n = 20) V. fem. com.: 14 mm V. fem. sup. 11 mm V. pop. 8 mm Truncus: 3mm V. tib. post. 2 mm V. tib. ant. 2 mm V. fib. 2 mm (unverånderte Gefåûe).
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Diagnostik
Abb. 13. Akute Venenthrombose, Typ I, (schematisiert).
messer) des entsprechenden unverånderten arteriellen und venæsen Gefåûes (arterio-venæses Gefåûbçndel, n = 20) berechnet. Mit den Ergebnissen dieser sonographisch ermittelten Durchmesser konnten die oben beschriebenen sonomorphologisch-histologisch definierten Thrombosegruppen wiedererkannt werden: ] Gruppe 1 mit 7 Venenthrombosen: Die thrombosierten Gefåûe erreichten stets einen Durchmesser, der das zweifache eines unverånderten venæsen Gefåûes (Min 2,1´, Max 4,2´, Median 3,3´) in entsprechender Lokalisation çberschritt. Dies galt auch fçr den Vergleich mit dem entsprechenden arteriellen Gefåû (Typ I). ] Gruppe 2 mit 4 Venenthrombosen: Die thrombosierten Gefåûe erreichten stets einen Durchmesser, der das zweifache eines unverånderten venæsen Gefåûes in entsprechender Lokalisation meist çberstieg) (Min 1,8´, Max 3´, Median 2,25´). Dies galt auch fçr den Vergleich mit dem entsprechenden arteriellen Gefåû (Typ II). ] Gruppe 3 mit 9 Venenthrombosen: Die thrombosierten Gefåûe erreichten stets einen Durchmesser, der das zweifache eines unverånderten venæsen Gefåûes in entsprechender Lokalisation nicht çberstieg (Min 1,2´, Max 1,8´, Median 1,5´). Dies galt auch fçr den Vergleich mit dem entsprechenden arteriellen Gefåû (Typ III) (Abb. 12). Die akute klinische Venenthrombose, entsprechend Gruppe 1 als Typ I bezeichnet, wies in ihrer sonographischen Struktur keine Unterschiede zu den im Tierexperiment gefundenen Kriterien auf (Abb. 13, 14). Die nicht ganz frische Venenthrombose, entsprechend Gruppe 2 als Typ II bezeichnet,
Abb. 14. Akute Venenthrombose (klinisch, duplexsonographisch), Typ I, in der Vena poplitea und parva (Pfeil).
konnte aufgrund der vereinzelt auftretenden Binnenechos und Regression des sonographischen Durchmessers definiert werden. Histologisch konnte durch die transmurale Invasion von Granulozyten die Alterung des Thrombus dokumentiert werden. Typisch fçr diese nicht ganz frische Thrombose sind (Abb. 15±18): 1. Ein sich verkleinernder ¹Gefåûquerschnittª im Vergleich zu einer akuten Venenthrombose. 2. Beginnende Binnenechos im Thrombus mit einer Håufung eines einzelnen sehr intensiven mittelståndigen Echos im Gefåûquerschnitt. Die åltere Venenthrombose, entsprechend Gruppe 3 als Typ III bezeichnet, ist charakterisiert durch Organisation des Thrombus mit partiell rekanalisiertem Lumen und Neoendothela (Abb. 19). Als sonographisches Korrelat imponieren:
Untersuchungen von tiefen Beinvenenthrombosen mittels farbkodierter Duplex-Sonographie
Abb. 15. Nicht ganz frische Venenthrombose, Typ II (schematisiert).
Abb. 16 a, b. Nicht ganz frische Venenthrombose, Typ II, in der Fibularis-Gruppe. a Venen blau, Arterie rot, b Arterie angedeutet rot, Venen ohne Flusssignal, typische Konfiguration Typ II der Vene mit zentralem Echo (Pfeil).
Abb. 17. Nicht ganz frische Venenthrombose, Typ II. Histologie: 140fache Vergræûerung, HE-Fårbung (Pfeile: neutrophile Granulozyten).
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Diagnostik
Abb. 18. Nicht ganz frische Venenthrombose, Typ II (histologischer Ausschnitt), åquivalent zu den vereinzelten Binnenechos in der B-Bild-Sonographie (Pfeil). 140fach, HE-Fårbung.
Abb. 19. Øltere Venenthrombose, Typ III, histologischer Schnitt mit Rekanalisation gefåûwandnah, Neoendothel (Pfeil), HEFårbung.
1. Fast ursprçngliche Græûe des Gefåûquerschnittes. 2. Multiple Binnenechos. 3. Hypoechogener homogener Randsaum im Sinne einer Rekanalisierung des Lumens (evtl. mit Flow-Nachweis in vivo, ab 2. Woche) (Abb. 20, 21).
] Fazit. Unter Berçcksichtigung der sonomorphologischen und histologischen Ergebnisse lassen sich orientierend 3 Typen von Thrombosen aufzeigen (Tabelle 5; s. Abb. 12) [230].
Untersuchungen von tiefen Beinvenenthrombosen mittels farbkodierter Duplex-Sonographie
]
Abb. 20. Øltere Venenthrombose, Typ III (schematisiert).
Prospektive Validierung, Sonographie (FKDS) ± Phlebographie
Abb. 21. Øltere Venenthrombose, Typ III, rekanalisiertes Lumen mit Pfeil markiert.
Tabelle 5. Aufteilung der TVT in 3 Typen Duplex-Sonographie
Pathohistologie
Typisierung
Reflexloses groûes Gefåû, homogener Reflex, Æ venæser Fluss Einzelne Binnenechos, groûes Gefåû, Æ venæser Fluss Starke Binnenechos, inhomogenes Reflexmuster, Gefåûdurchmesser kleiner als Typ I, II Venæser Fluss meist turbulent, rand- oder mittelståndig nachweisbar
Erythrozyten, Fibrin
Typ I
Einwanderung basophiler Granulozyten Thrombusorganisation, Endothelisierung des Thrombus, rekanalisiertes Lumen
Typ II
In einer 3. Phase wurde in der chirurgischen Poliklinik bei 40 traumatologischen Patienten ein Screening des tiefen Beinvenensystems mittels farbkodierter Duplex-Sonographie durchgefçhrt. Das Krankengut bestand aus Patienten zwischen 20 und 60 Jahren ohne thrombembolische Anamnese mit mindestens 4-wæchiger Ruhigstellung einer unteren Extremitåt (Gipsruhigstellung Unterschenkel). Das duplexsonographische Ergebnis wurde durch Phlebographie gegenkontrolliert. Bei den 40 Patienten (25 Frauen und 15 Månner) mit Unterschenkelgips zeigten sich nach 4 Wochen Ruhigstellung in der farbkodierten Duplex-Sonographie 3 tiefe Beinvenenthrombosen. Es handelte sich dabei um Typ-I-Thrombosen. Alle waren am Unterschenkel lokalisiert (2 Fibularis und eine Tibialis-posterior-Thrombose). Sie traten in 2 Fållen nach operativ versorgter Achillessehnenruptur und in einem Fall nach konservativer Therapie einer Auûenbandruptur am Sprunggelenk auf. Die Phlebographie beståtigte die Befunde. Zusåtzlich erkannte die FKDS 2 Muskelvenenthrombosen der Wade, welche durch die Phlebographie nicht erkannt worden waren.
Typ III
] Fazit. Mittels farbkodierter Duplex-Sonographie werden TVT sicher auch im Vergleich mit der Phlebographie erfasst (Vierfeldertafel). Grundsåtzlich scheint die FKDS das detaillierter darstellende diagnostische Verfahren zu sein (Tabelle 6).
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]
Diagnostik
Tabelle 6. Vierfeldertafel PHLEBO
PHLEBO
TVT ja
TVT nein
Total
FKDS
TVT ja
3
0
3
FKDS
TVT nein
0
37
37
Total
3
37
40
Wertigkeit der FKDS in der Diagnostik von TVT Bei der farbkodierten duplexsonographischen Untersuchung (FKDS) handelt es sich um eine nichtinvasive Methode. Sie ist in der Lage venæse Thrombosen mit hoher Sensitivitåt und Spezifitåt zu erkennen. Die Spezifitåt und Sensitivitåt ist in der aktuellen Literatur allgemein mit çber 90% beurteilt worden [18, 55, 84]. Eigene Beobachtungen zeigen, dass die FKDS detailliertere Informationen im Vergleich zur Phlebographie in der Thrombosediagnostik liefern kann. Zudem erlaubt die FKDS eine Altersbestimmung des Thrombus. ] Die sonomorphologischen Parameter bei der ¹frischen TVTª (Typ I) mit hypodensem homogenem çberdimensionalem ¹Gefåûquerschnittª erklåren sich durch die Stauung im Gefåû, durch das Koagel, welches initial vorwiegend aus Erythrozyten und Fibrin besteht, jedoch auch durch das begleitende Údem der perivaskulåren Region. ] Die ¹nicht ganz frische TVTª (Typ II) ist durch das Abklingen des perivaskulåren Údems und Regression (Wasserverlust) des Thrombus und eine dadurch eintretende Verkleinerung des ¹Querschnittsª gekennzeichnet. Histologische Øquivalente sind Zelleinwanderungen sowie Areale von Thrombozytenaggregationen (Cluster). Die Flçssigkeitsmenge des Thrombus nimmt ab, was sich sonographisch als beginnend heterogenes Reflexmuster darstellt. ] Bei der ¹ålteren TVTª (Typ III) schreitet der Prozess des Flçssigkeitsentzugs fort, was sich durch kråftigere Echos manifestiert. Der Gefåûquerschnitt nåhert sich der Ausgangsgræûe. Die Emboliegefahr ist auszuschlieûen, da eine breite organisierte Wandståndigkeit besteht (s. Abb. 19). Die Abklårung tiefer Beinvenenthrombosen mittels farbkodierter Duplex-Sonographie erlaubt
Abb. 22. FKDS, TVT Typ III in V. femoralis superficialis (Pfeil).
Abb. 23. FKDS, TVT Typ I in V. poplitea gedoppelt (Pfeile).
somit sichere Aussagen çber das Alter von Thrombosen [67±70] vorzunehmen. Zudem ist sie eine schnelle und beliebig oft wiederholbare Methode, deren Aussagekraft je nach Untersucher nach distal am Unterschenkel bis ca. 10 cm proximal des OSG reicht. Als Alternative zur invasiven Phlebographie bietet sie eine Hilfe in der Prophylaxe und der Behandlung von thrombembolischen Komplikationen.
Untersuchungen von tiefen Beinvenenthrombosen mittels farbkodierter Duplex-Sonographie
Abb. 24. FKDS, TVT Typ I mit zentralem Restfluss (Pfeil).
Die kritische Phase der Venenthrombose bis zum 7. Tag nach Entstehung låsst sich gut abgrenzen [107]. Dies gilt nicht nur fçr Venenthrombosen am Unterschenkel, sondern auch fçr die des Oberschenkels. Ein solches Beispiel zeigt die Abb. 22. Es handelt sich um eine 7±10 Tage alte Venenthrombose (Typ III) in der Vena femoralis. Abbildung 23 zeigt zum Vergleich eine akute TVT Typ I in der gedoppelten Vena poplitea. Die beschriebenen sonographischen Kriterien sind in den Iliacalgefåûen nicht ohne Einschrånkung zu verwenden. Es handelt sich in dieser Lokalisation nicht um einfache Verschlçsse sondern um Gefåûe, welche fast immer ein noch zentral durchflossenes Lumen besitzen, also einen so gennanten Restfluss aufweisen (Abb. 24). Aus diesem Grund låsst sich das Schallverhalten bzw. die Echogenitåt des Thrombus nicht eindeutig definieren, da bei vorgeschalteter Wasserstrecke (durch das perfundierte Restlumen verkærpert) der Thrombus eine Schallverstårkung erleidet, welche dem Untersucher eine relative Echogenitåt des Thrombus vortåuschen kann.
]
Abb. 25. FKDS, Turbulenzen mit ¹Auf-ab-flowª in der Vena iliaca externa bei zeitlich nicht eindeutig zuordenbarem Alter. Das Gefåûkaliber låsst auf eine akute TVT < 6 Tage schlieûen (Typ I).
Daraus kann fålschlicherweise die Diagnose einer ¹ålteren Thromboseª resultieren und damit zu einer inadequaten Therapie fçhren. Weiter fortgeschrittene Alterungsprozesse lassen sich in der Vena iliaca durch Turbulenzen, Flussumkehr und wechselnde Echogenitåt erkennen (Abb. 25). Schwierig wird die Beschreibung von Rezidivthrombosen hauptsåchlich in Bezug auf die Frage der Mobilisation des Patienten, da durch uneinheitliche Echogenitåt des Thrombus eine zeitliche Zuordnung nur abschnittsweise mæglich ist [55, 71, 84, 135, 164, 165].
] Fazit. Die farbkodierte Duplex-Sonographie erlaubt die Lokalisation sowie eine orientierende Altersbestimmung von tiefen Beinvenenthrombosen. Als Alternative zur invasiven Phlebographie bietet sie bei hoher Sensitivitåt und Spezifitåt eine åquivalente Untersuchungsmethode in der Prophylaxe und Therapie thrombembolischer Komplikationen.
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Physiologie
Untersuchungen zur quasi-physiologischen Situation mit Hilfe dopplersonographischer Flussstudien und Bewegungsanalysen der distalen unteren Extremitåt Es wird immer wieder die Frage gestellt: was åndert sich mit dem Trauma, dass der Patient vorçbergehend zu thrombembolischen Komplikationen neigt. Was unterscheidet den Kranken vom Gesunden oder welche physiologischen Bedingungen mçssen erfçllt sein, dass das erhæhte thrombembolische Risiko auf Spontanrisikoniveau abfållt (ca. 1%)? Øtiologisch kænnen es nicht nur die vorbestehenden Risikofaktoren sein, welche bis zum Einsetzen des Traumas keine spontane Thrombose verursacht haben. Die von Virchow beschriebenen obligatorischen Verånderungen sind plausibel. Neben Blutzusammensetzung und Venenwandverletzungen kommt der Ønderung des venæsen Flusses entscheidende Bedeutung zu. Unter diesem Gesichtspunkt und der Tatsache, dass die çberwiegende Zahl der Thrombosen an der unteren Extremitåt, im Becken und im Retroperitoneum inklusive Lumbalvenen in der Unfallchirurgie auftreten, wurden eine Reihe von Faktoren untersucht, die den venæsen Rçckfluss von der unteren Extremitåt hemmen. Die Faktoren, welche den venæsen Rçckfluss wahrscheinlich am meisten beeintråchtigen kænnen sind: ] Atmung, ] Peristaltik (Meteorismus/Ileus paralytisch, obstruktiv), ] Håmatome (Wirbelfrakturen, retroperitoneales, peripheres Håmatom), ] Weichteilschwellungen und ] Fehlstellungen von Extremitåten [51, 57, 64, 72, 75, 87, 129, 164]. Bei 20 gesunden Probanden (10 Månner, 10 Frauen), Altersmedian 28 Jahre (Min 20, Max 30 Jahre), BMI-Median 21 (Min 20, Max 23 BMI)
wurden die folgenden 6 wichtigen Faktoren, welche den venæsen Fluss in der Vena femoralis communis beeinflussen kænnen mit dem integrierten Doppler untersucht. Die venæsen Flussmessungen erfolgten andhand eines farbkodierten Duplex-Sonographiegeråtes der Fa. Siemens (Q 2000) [153]. Die thromboprophylaktische Wirkungsweise wurde als umso græûer angenommen, wie der venæse Rçckfluss in der Vena femoralis superficialis gegençber dem Ruhefluss verbessert wurde. 1. Atmung: Der Effekt der Atmung wurde beim Hecheln sowie bei tiefer In- und Exspiration im Verhåltnis 1 : 3 untersucht. 2. Peristaltik (Meteorismus/Ileus paralytisch, obstruktiv) 3. Håmatome (Wirbelfrakturen, retroperitoneales, peripheres Håmatom): Meteorismus oder retroperitoneale Håmatome wurden durch ein Valsalvamanæver simuliert. 4. Weichteilschwellungen an den unteren Extremitåten: Håmatome und Weichteilschwellungen wurden mit einem Tourniquet mit 40 mmHg am Oberschenkel und Knie simuliert. Vor und hinter dem Tourniquet wurde der venæse Fluss gemessen (Vena poplitea, Vena femoralis superficialis et profunda). 5. Bewegungseinschrånkung/Immobilsation/Gehbehinderung: Die Auswirkung der isolierten Mobilisation einzelner Gelenke wurde durch die Messung des venæsen Flusses (Vena femoralis superficialis) wåhrend der Mobilisation der Zehengrundgelenke, des oberen Sprungelenkes, des Kniegelenkes sowie des Hçftgelenkes untersucht. 6. Fehlstellungen von Extremitåten: Die Punkte 1±5 wurden jeweils bei 20 Probanden untersucht. Punkt 6 wurde bei 3 Notfallpatienten mit deutlicher Fehlstellung von Oberschenkelfrakturen pråoperativ durch eine FKDS kontrolliert. Dabei erfolgte die Messung des venæsen Flusses in der Vena femoralis superficialis (VFS) distal der Fehlstellung.
Untersuchungen zur quasi-physiologischen Situation der distalen unteren Extremitåt
]
Abb. 26 a, b. Atemtherapie (DCCU), a Tiefe In- und Exspiration, Effekt in der VFS. b Valsava Pressversuch, Effekt in der VFS, Pfeil: Beginn des Valsalvamanævers (Flusstragnation). Verbesserung des venæsen Flusses in der Exspiration (blau dargestellt).
] Zu Atmung, Peristaltik und Håmatome. Die Behinderung der Atmung (Hecheln) beeinflusst den venæsen Fluss. Der venæse Spitzenfluss variierte zwischen Verlangsamung und Verlust der Atem- und Pulsmodulation. Unter krankengymnastischer Anleitung wurden Atemçbungen durchgefçhrt. Der Spitzenflow wurde bei tiefer In- und Exspiration (im Verhåltnis 1 : 3) gemessen. Gegençber der Inspiration konnte der Fluss (VFS) in der Exspirationsphase bei diesem Atemverhåltnis im Median auf das 2fache gesteigert werden (Min 1,5´, Max 3,1´ des Inspirationsspitzenflusses). Bei den 20 Messungen schwankten die absoluten Flussgeschwindigkeiten derart, dass nur die intraindividuellen Steigerungen des Flusses dokumentiert wurden. Bei dem Valsalvamanæver kam es in allen 20 Fållen zu einem kompletten Stopp des venæsen Flusses in der Vena femoralis superficialis und communis (Abb. 26). ] Zu Weichteilschwellungen an den unteren Extremitåten. Mittels Tourniquet am Oberschenkel ergab sich bei allen 20 Probanden eine variable Abnahme des venæsen Spitzenflusses in der VFS distal des Tourniquets um im Median 1,4 cm/s (Min 0 cm/s, Max 4 cm/s). Keinen Effekt hatte dieser Versuch auf die VFP distal der Tourniquetanlage. Bei Stauung direkt in Hæhe des Kniegelenkes ergaben sich in der distal davon untersuchten Vena poplitea Spitzenflussverminderungen um 3 cm/s (Median) (Min 2 cm/s,
Max 7 cm/s). Bei diesen 20 Messungen schwankten die absoluten Flussgeschwindigkeiten derart, dass nur die intraindividuellen Spitzenflussverånderungen dokumentiert wurden [192]. In diesem Zusammenhang soll auf den zu vernachlåssigbaren Effekt der sich håufig einrollenden Oberschenkel-AT-Strçmpfe hingewiesen werden. ] Zu Bewegungseinschrånkung/Immobilsation/Gehbehinderung. Die Untersuchungen zur Auswirkung der Immobilisation auf den venæsen Spitzenfluss wåhrend der Hçftflexion, -extension, Knieflexion, -extension, OSG-Flexion, -Extension und Zehenflexion, -extension ergaben fçr die Hçft- und Kniebewegung Turbulenzen ohne Verånderung des venæsen Spitzenflusses (Abb. 27). Die OSG-Bewegungen verursachten eine Spitzenflusszunahme in der VFS. Dabei war dieser Effekt auf die Dorsalflexion im OSG zurçckzufçhren! Die Flusszunahmen erreichte im Median das 3fache des individuellen Spitzenruheflusses im Liegen (Min 2´, Max 5´) (Abb. 28). Auch bei den 20 Messungen schwankten die absoluten Flussgeschwindigkeiten derart, dass nur die intraindividuellen Steigerungen des Flusses dokumentiert wurden. Die Zehenbewegung war effektiv. In der VFS ergab sich ein hoher Spitzenfluss bei der (Plantar-) Flexion der Zehen. Im Median verbesserte sich der Fluss auf das Doppelte des Ruhespitzenflusses im Liegen (Min 1,5´, Max 3,2´) (Abb. 29).
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]
Physiologie
Abb. 27. Venæser Fluss in VFS bei Knieflexion-, extension (DCCU).
Abb. 28 a, b. Dorsalflexion des OSG (a) und Flussverånderung (b) in der VFS (Pfeil) (DCCU).
Abb. 29 a, b. Zehenflexion (a) und venæse Flussånderung (b) in der VFS (Pfeil) (DCCU).
Untersuchungen zur quasi-physiologischen Situation der distalen unteren Extremitåt
]
] Zu Fehlstellungen von Extremitåten. Die in 3 Einzelbeobachtungen festgehaltenen Flussverånderungen der VFS (Vena femoralis superficialis) bei dislozierten distalen Oberschenkelfrakturen zeigten im Seitenvergleich Minderungen des venæsen Spitzenflusses bis zum kompletten Stopp bzw. Flussumkehr (distal der Fehlstellung). ] Fazit. Die Behinderung der Atmung, retroperitoneale und intraabdominelle Prozesse kænnen den venæsen Fluss an der unteren Extremitåt erheblich vermindern. Dieser Effekt kann auch bei Extremitåtenfehlstellungen beobachtet werden. Weniger beeinflussend wirken sich Bewegungseinschrånkungen im Hçft- und Kniegelenk auf die Færderung des venæsen Flusses aus. Im Gegensatz dazu færdert die Bewegung im OSG sowie die Zehenbewegung den venæsen Fluss in besonderem Maûe.
Quasi-physiologische Belastung Aus Voruntersuchungen und der Literatur war bekannt, dass die Belastung einer unteren Extremitåt in wesentlichem Maûe an der Verbesserung des venæsen Rçckflusses beteiligt ist [66]. Unter der Voraussetzung, dass ab einer bestimmten Teilbelastung der venæse Spitzenfluss auch im Vergleich zum Effekt der Vollbelastung nicht zu verbessern wåre, wurde die Auswirkung der Teil- und Vollbelastung auf den venæsen Spitzenfluss bei 73 gesunden Probanden, Altersmedian 49 (Min 20, Max 60 Jahre) untersucht. Es handelte sich um 40 Månner und 33 Frauen, BMI-Median 24,5 (Min 20, Max 28 BMI). Die Auswirkungen der Belastungsçbungen auf den venæsen Spitzenfluss wurden ab 100N Teilbelastung einer Extremitåt auf einer Kærperwaage in Schritten von je 100N bis zur Vollbelastung untersucht. Die Messungen begannen nach jeweils 10 Probebelastungen. Jede gewåhlte Belastungswertvorgabe (100N, 200N, bis zur Vollbelastung) wurde dann 5-mal wiederholt. Daraus wurde der Medianwert fçr den individuellen venæsen Spitzenfluss berechnet und weiterverwendet. Die Probanden belasteten das linke und das rechte Bein. Zum Vergleich erfolgte eine Mes-
Abb. 30. Venæser Spitzenfluss in der VFS im Liegen, im Stehen ohne Belastung, im Stehen mit 200N Teilbelastung und mit Vollbelastung (n = 73). (Box-plots, Median in rot, Min, Max, 1. + 3. Quartil).
sung des Spitzenflusses in Ruhe im Liegen und im Stehen. Der Gefåûquerschnitt lieû sich sonographisch im Stehen nicht sicher reproduzieren, weshalb der Gesamtblutfluss nicht berechnet wurde. Es konnte bei den 73 Probanden nicht gezeigt werden, dass die venæsen Spitzenflçsse an der linken bzw. rechten unteren Extremitåt eines Probanden sich voneinander unterschieden (p = 0,40). Deshalb wurden fçr die folgenden Ûbungen jeweils nur das rechte Bein untersucht. Der Median (n = 73) der individuellen Spitzenflçsse zeigte fçr die Rçckenlage 14,00 cm/s Ruheflusses (Min 8 cm/s, Max 20 cm/s). Im Stehen betrug der Fluss im Median 7,50 cm/s (Min 3 cm/s, Max 13 cm/s). Unter 100N Teilbelastung stieg er auf 15 cm/s an. Bei 200N Teilbelastung stieg der Spitzenflusses im Median auf 31 cm/s an (200N: Min 22cm/s, Max 45 cm/s) und auch unter Vollbelastung ergab sich ein medianer Spitzenfluss von 31 cm/s (Min 22 cm/s, Max 46 cm/s) (Abb. 30, 31).
Reproduzierbarkeit Unter der Vorraussetzung, dass eine Teilbelastung von 200N eine quasi-physiologische Belastung einer Extremitåt darstellt, wurde geprçft, ob diese Teilbelastung reproduzierbar ist (ohne Sichtkontakt zur Messeinheit). Die Probanden absolvierten ein 3-Tage-Trainingsprogramm, bei dem sie am 1. Tag unter Sicht auf die Kærperwaage die Teilbelastung çben konnten (die Waage speicherte den maximal erreichten (gedrçckten) Wert). An den Tagen 2 und 3 erfolgten die
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Physiologie
Abb. 31 a, b. Beispiel von Teilbelastung (a) und Vollbelastung (b) des selben Probanden (Pfeil: Spitzenfluss).
Messungen unter zyklischen Wiederholungen der Teilbelastung (20 Ûbungen pro Minute). Der individuell gewertete Belastungswert wurde aus den Belastungen Nr. 11 bis Nr. 15 ermittelt (hæchster Wert). Wåhrend am 2. Tag eingeschrånkt Sichtkontakt auf die Waage gestattet wurde, erfolgte am 3. Tag die blinde Wiederholung dieser Ûbung. Die oben genannten Probanden belasteten am 2. Tag ihres 3-Tages-Trainingsprogrammes im Median 210N (Min 100N, Max 320N); am 3. Tag wurden im Median 212N belastet (Min 120N,
Max 300N). Insgesamt lag die Streuung der Belastungswerte im klinisch vertretbarem Rahmen (Abb. 32). ] Fazit. Die quasi-physiologische Belastung einer Extremitåt wird auf 200N festgelegt, da mit zunehmender Belastung der Extremitåt der venæse Spitzenfluss nicht weiter ansteigt. Diese Teilbelastung ist auch ohne technische Hilfe zu reproduzieren.
Untersuchungen zur quasi-physiologischen Situation der distalen unteren Extremitåt
39
]
b
Abb. 32. a Teilbelastung von 200N ohne Sichtkontrolle der Skala (Kærperwaage) am 3. Tag. b Box-plots der Ergebnisse vom 2. und 3. Tag (erwarteter Wert: 200N).
b
c
Abb. 33. a Markerposition ± Onlinedokumentation und Auswertung des Bewegungsumfanges am OSG. b Beispiel hier bei 3 km/h und 3% Steigung auf dem Laufband. c Box-plot ROM OSG.
40
]
Physiologie
Quasi-physiologischer Bewegungsumfang des OSG Bei den oben beschriebenen 73 Probanden wurde eine Bewegungsanalyse des oberen Sprunggelenkes (OSG) auf dem Laufband bei 3 km/h und 3% Steigung durchgefçhrt. Dabei wurden die Bewegungsablåufe (ROM) verschiedener angrenzender Gelenke miterfasst. Desweiteren erfolgte eine Messung der ROM bei individueller maximaler Laufgeschwindigkeit. Verwendung fand die 3D-Bewegungsanalyse CMS 50 der Fa. Zebris. Die Abb. 33 zeigt die Versuchsanordnung mit Markern am Fibulakæpfchen, am oberen Sprunggelenk, am Calcaneus, am Cuboid und an der Basis von Metatarsale V (Abb. 33 a). Der Bewegungsumfang bei den 73 Probanden betrug im Median 198 (Min 138, Max 278). Bei hæheren Geschwindigkeiten (bis 17 km/h) wurden im Median 238 erreicht (Min 178, Max 358). Die Abb. 37 zeigt die Markerposition und die Onlinedokumentation. Die angrenzenden (Fuû-) Gelenke nahmen am Bewegungsablauf nur marginal teil (Max ROM 28). ] Fazit. Der quasi-physiologische Bewegungsumfang des OSG liegt bei 208 ROM.
Quasi-physiologische Situation und Indikationsmanagement zur medikamentæsen Thromboseprophylaxe Mit den Ergebnissen der o. g. Untersuchungen låsst sich zeigen, dass 2 Faktoren besonderen Einfluss auf die Færderung des venæsen Flusses an der unteren Extremitåt haben: 1. Von entscheidender Bedeutung erscheint die Tatsache, dass eine Teilbelastung von 200N den gleichen Fluss erzeugen kann wie die Vollbelastung der selben Extremitåt. 2. Auûerdem ist die Bewegung im OSG maûgeglich an der Færderung des venæsen Flusses beteiligt (208 ROM). Es kommt bei der Dorsalflexion des OSG zu einem Venenstretching der Wade, was zu einer Querschnittsreduktion also Volumenreduktion der Gefåûe mit nach proximal gerichtetem Ausstoû des venæsen Blutes fçhrt. Gleiches gilt fçr
die Zehenbeuger (Stretching der Streckmuskulatur am Unterschenkel). Die 3 Einzelbetrachtungen: Dorsalflexion OSG, Belastung, Zehenbeugen finden sich in jedem Gehzyklus wieder (Abb. 34). Witschi publizierte bereits 1980 eine Arbeit çber 25 762 operierte Patienten aus den Jahren 1955±1966 im Kantonsspital Liestal, Schweiz, mit einer Emboliemortalitåt von 0,1%. Keine der nach dieser Zeit publizierten Arbeiten konnte diese Inzidenz aus einer heparinfreien Zeit erreichen. Der Autor schlieût auf die Effizienz physikalischer und physiotherapeutischer Thromboseprophylaxe [233]. Exzellente Untersuchungen der Wechselwirkungen zwischen Rheologie und Blutgerinnungsvorgången wurden von Rieger, Blåtter, Spaeth und Turitto durchgefçhrt [25, 180, 210, 218]. Die mittlere Scherrate betrågt in den Venen um 100 s±1. Bei Stase und niedrigen Scherraten (bis 50 s±1) laufen plasmatische Gerinnungsvorgånge bevorzugt ab. Mittlere Scherraten færdern Mechanismen wie primåre Adhåsion und Aggregation der Thrombozyten. Hohe Scherraten hemmen die lokalen Mechanismen und færdern die Verminderung von aktivierten und nicht aktivierten Faktoren der Håmostase. Die Umwandlung von Prothrombin in Thrombin wird durch hohe Scherraten eindeutig gehemmt. Rieger betont, dass in der Vergangenheit zugunsten biochemisch orientierter Untersuchungen der Einfluss hydromechanischer und rheologischer Faktoren bei der Bildung eines Abscheidungsthrombus durch Adhåsion und Aggregation unterschåtzt worden war. Er befasste sich in Untersuchungen speziell mit scherkraftinduzierten Plåttchenaggregationsphånomenen. Die ¹viskæse Metamorphoseª (shape change) und die spontane Aggregation der Plåttchen sind von der Stræmungsgeschwindigkeit und dem Schergrad abhångig. Bei einem Schergrad von ca. 35 s±1 besteht ein Maximum der spontanen Plåttchenaggregation. Bei weiterer Erhæhung nimmt die
Abb. 34. Bewegungsablauf beim Gehen.
Quasi-physiologische Situation und Indikationsmanagement zur medikamentæsen Thromboseprophylaxe
]
Aggregationsamplitude wieder ab und erreicht ein minimales Niveau bei einem Schergrad von 115 s±1 und darçber. Aus solchermaûen bekannten Beziehungen zwischen venæser ¹Staseª und lokaler Hyperkoagulabilitåt grundsåtzlich die Forderung einer medikamentæsen Prophylaxe mit Antikoagulantien abzuleiten, hieûe wahrlich ¹das Pferd vom Schwanze her aufzuzåumenª. Aufgrund dieser rheologischen Erkenntnisse muss die Antikoagulantienprophylaxe mit der entsprechenden Zurçckhaltung betrachtet werden. In Hinblick auf die gerinnungsstimulierenden Auswirkungen einer lokalen Stagnation steht nach Netzer auûer Frage, dass mit einer durch externe Maûnahmen erzielten Stræmungsbeschleunigung die Wirkung auf den Faktor Gerinnung eng verbunden ist [156]. Walser et al. sehen in der Korrektur des håmodynamischen Faktors eine ¹rationale Basisª zur Thromboseprophylaxe [225]. Nach May wird die Bekåmpfung der durch das Liegen bedingten Stase stets den ersten Platz in der Thromboseprophylaxe einnehmen mçssen [144]. Er hålt eine rein medikamentæse Prophylaxe fçr nicht sinnvoll [189]. Die quasi-physiologische Situation definieren wir als einen Mobilisierungzustand der unteren Extremitåten mit ] 200N Teilbelastung der betroffenen Extremitåt und ] 208 Bewegungsumfang im oberen Sprunggelenk. Die Zehenbewegung ging als Einzelfaktor nicht mit in die formulierte quasi-physiologische Situation ein, da bei allen bekannten Gips- oder Orthesenruhigstellungen eine Immobilisation dieser Gelenke nicht erreicht wurde. Anderseits fçhrte die ¹freie Zehenbeweglichkeitª in der Vergangenheit nicht dazu, dass tiefe Beinvenenthrombosen vermieden wurden. Es soll damit zum Ausdruck gebracht werden, dass die Zehenbewegung solitår nicht ausreicht, das thrombembolische Risiko zu vermindern (Abb. 35). Das Erreichen der quasi-physiologischen Situation, bezogen auf den Mobilisierungsgrad, dient uns heute zur differenzierten Indikationsstellung der medikamentæsen Thrombembolieprophylaxe. Die Vorraussetzungen im akut stationåren, rehabilitativen und ambulanten Bereich sind unterschiedlich und verlangen deshalb zusåtzlich Beachtung von speziellen Risikofaktoren, die in einer Scoringoption erfasst werden soll.
Abb. 35. Medikamentæse TP bei Unterschenkelliegegips bzw. Gehgips. Die Zehenbewegung reicht allein mit oder ohne Vollbelastung (Gehgips) nicht fçr eine funktionelle TP aus.
Die individuelle Abklårung des thrombembolischen Risikos in der Vorgeschichte des Patienten ist wichtig. Im Rahmen der Anamnese geht es prinzipiell um 2 Fragen: 1. Hat der Patient in der Vorgeschichte eine venæse Thrombose erlitten? 2. Wenn ja, trat diese Thrombose im Rahmen eines adåquaten Traumas auf oder handelt es sich um eine spontane venæse Thrombose? Bei einer ¹Spontanthromboseª ist von einer Thrombophilie auszugehen. Bei elektiven Eingriffen bedarf es obligatorisch einer håmatologischen Abklårung. In der Notfallsituation kann dieses nicht durchgefçhrt werden. Das Risiko einer thrombembolischen Komplikation ist bei Verletzungen und Operationen des Kærpers (oh-
41
42
]
Physiologie
ne SHT) in den eigenen Untersuchungen unterschiedlich hoch und schwankt zwischen 0 und 7,1% (s. Kap. 4, S. 44; Kap. 5, S. 48; Kap. 6, S. 52). Alle Verletzungen, die einen Einfluss auf den zentripedalen venæsen Fluss aus der unteren Extremitåt haben scheinen thrombosegefåhrdend zu sein. Beispielsweise verringert eine pathologische Atmung (schmerz- oder funktionell bedingt) den zentripedalen Venenfluss. Es ist bekannt, dass bei Pressatmung und bei flacher Atmung der venæse Fluss an der unteren Extremitåt erheblich reduziert wird, und die Stasebedingungen gefærdert werden. Bei nun spontan nicht demaskierten Thrombophilien fçhrt die Flussverlangsamung mæglicherweise zu Demaskierung (Nemerson [155]). Besondere Beachtung verdienen Schådel-Hirn-Traumen, wo thrombembolische Prophylaxe und Blutungsrisiko einer besonderen Abwågung bedçrfen. Niedermolekulare Heparine werden hier bevorzugt eingesetzt, da sie ein erheblich niedrigeres Blutungsrisiko im Vergleich zu unfraktioniertem Heparin aufweisen. Die Indikation zur Thrombembolieprophylaxe im Schådelbereich besteht in der Universitåtsklinik Ulm generell bei allen Verletzungen selbst bei Blutungen, und wird mit
einem niedermolekularen Heparin durchgefçhrt (aufgrund persænlicher Empfehlung der Neurochirurgischen Universitåtsklinik Ulm). Die Einteilung der Patienten in Nieder-, Mittel- und Hochrisikopatienten bezçglich einer thrombembolischen Komplikation ist grundsåtzlich richtig. Allzu håufig beschrånkt sich allerdings die Beurteilung mangels anamnestischer Daten auf die Beurteilung des chirurgischen also operativen Risikos. Es ist davon auszugehen, dass Patienten mit einem niederen operativen Risiko, wie beispielsweise isolierten Ellbogen-, Unterarm- und Handverletzungen auch bei Vorliegen einer maskierten Thrombophilie åuûerst selten eine Thrombose der unteren Extremitåten oder oberen Extremitåten entwickeln. Eine medikamentæse Thromboseprophylaxe wird nicht routinemåûig durchgefçhrt. Dies gilt nicht fçr Patienten mit kleineren Eingriffen an der unteren Extremitåt mit niedrigem operativ bedingtem thrombembolischen Risiko. Hier kann eine vorçbergehende venæse Stase eine bis dahin maskierte Thrombophilie demaskieren. Mittleres und hohes thrombembolisches Risiko ist nicht einfach voneinander zu trennen. Beispielsweise bietet ein Patient mit einer Knie-
Abb. 36. Medikamentæse Thromboseprophylaxe (TP), Indikation bei Verletzungen des Schultergçrtels, Rumpf und untere Extremitåten (NMH prophylaktische Dosierung, 0,5´ therapeutische
NMH-Dosierung halbe Dosis der tågliche Menge an NMH bei TVTTherapie). Diese Prophylaxe (0,5 therapeutische Therapie, oder Hirudin) ist Expertenwissen und nicht durch groûe Studien belegt.
Quasi-physiologische Situation und Indikationsmanagement zur medikamentæsen Thromboseprophylaxe
gelenks-Arthroskopie vom chirurgischen Eingriff her ein maximal mittleres Thromboserisiko. Bei bestehender maskierter Thrombophilie kænnte es durch Venostase der unteren Extremitåt zur einer Demaskierung der Thrombophilie kommen. Hier handelt es sich nicht mehr um einen Patienten mit mittlerem sondern mit potenziell hohem Risiko, ohne dass die Vorgeschichte darauf einen Hinweis håtte geben kænnen. Bei 8% Inzidenz der APC-Resistenz in Mitteleuropa sollten graduierte Risikobeurteilungen mangels suffizient eruierbarer Risikofaktoren åuûerst zurçckhaltend vorgenommen werden [65, 89]. Aber worin besteht in der tåglichen Routine der Unterschied zwischen einem mittleren und hohen thrombembolischen Risiko? In beiden Fållen also bei mittlerem und hohem Risiko be-
]
darf es der medikamentæsen Thrombembolieprophylaxe. Die Gabe von risikoadaptierten oder gewichtsadaptierten Heparindosierungen trågt nicht zu der einfachen und sicheren Handhabung bei. Deshalb sollte eine Thromboseprophylaxe durchgefçhrt werden, wie sie der Hochrisikobereich fordert bei allen stationåren und ± solange indiziert ± bei allen ambulanten Patienten. Die Dauer der medikamentæsen Thromboseprophylaxe richtet sich einerseits nach dem Erreichen der quasi-physiologischen Situation und anderseits nach dem Abheilen intimaler venæsen Låsionen an der unteren Extremitåt. Die Abb. 36 fasst einen Entscheidungsbaum zur medikamentæsen Thrombembolieprophylaxe zusammen [5, 82, 95, 97, 104±106, 108, 179].
43
Thromboseprophylaxe beim ambulanten Patienten
Prospektive Studie Die prospektive klinische Beobachtungsstudie umfasste 1321 konsekutive poststationåre bzw. exklusiv ambulante traumatologische Patienten mit Verletzungen der unteren Extremitåten. Mit der FKDS erfolgte die Suche nach tiefen Beinvenenthrombosen. Die Patienten wurden nach Mobilitåtskriterien (200N Teilbelastung einer unteren Extremitåt und 208 OSG Bewegungsumfang) in 2 Gruppen eingeteilt. ] Die Gruppe A erreichte die beiden Mobilitåtskriterien zu Beginn der ambulanten Behandlung nicht und erhielt deshalb eine medikamentæse Thromboseprophylaxe mit einem NMH (Certoparin 3000 IE antiXa/d). In Gruppe A wurden 723 Patienten (427 Månner und 296 Frauen), Altersmedian 48 Jahre (Min 20, Max 70 Jahre) beobachtet (s. Abb. 36). ] Die Gruppe B erreichte die Mobilitåtskriterien und umfasste 596 Patienten (332 Månner und 264 Frauen), Altersmedian 35 Jahre (Min 20, Max 70 Jahre). Eine medikamentæse Thromboseprophylaxe wurde in dieser Gruppe nicht durchgefçhrt. Die farbduplexsonographischen Untersuchungen wurden: ] zu Beginn der ambulanten Behandlung, ] sowie in wæchentlichen Abstånden, ] am Behandlungsabschluss und ] nach 42 Tagen durchgefçhrt. Es erfolgte ein Screening fçr folgende thrombembolische Risikofaktoren: ] Vorausgegangene Thrombose, venæse Insuffizienz, ] Ûbergewicht (Broca > 1,1), ] Rauchen, ] Alter çber 40 Jahre und ] Antikontrazeptiva (Sonderstatus aufgrund einseitiger Verteilung).
Ein weiteres spezielles, ambulantes Patientenkollektiv bestand aus 50 Patienten mit operativ versorgter Achillessehnenruptur. Alle in dieser prospektiven Beobachtung eingeschlossenen Patienten waren postoperativ mit einem Spitzfuûgips (stufenweise redressiert) und vorçbergehender Entlastung bis zum Erreichen der Neutralstellung fçr insgesamt 6 Wochen ruhiggestellt. Sie erhielten eine medikamentæse Thromboseprophylaxe mit einem niedermolekularen Heparin (Certoparin 3000 IE antiXa/d). Vor Anlage des Steigbçgelgipses und nach Beendigung der Gipsruhigstellung wurde die FKDS beidseits durchgefçhrt. Die 1321 ambulanten traumatologischen Patienten mit Verletzungen der unteren Extremitåten wurden nach ihrer Mobilitåt in Gruppe A oder B eingeteilt. Beide Gruppen waren in der Altersverteilung vergleichbar (Abb. 37). In Gruppe A und B wurden insgesamt 32 TVT beobachtet. Davon traten in Gruppe A unter Heparinprophylaxe 30 TVT und in Gruppe B ohne Heparinprophylaxe 2 TVT auf (Abb. 38). In 3 Einzelfållen mussten Patienten der Gruppe A, welche bereits die Mobilitåtskriterien der Gruppe B (Absetzen der Heparinprophylaxe) erreicht hatten, wegen insuffizientem Einhalten der Mobilisierung, fçr eine weitere Woche durch die Heparinprophylaxe therapiert werden, ohne dass thrombembolische Komplikationen aufgetreten wåren. Auûerdem wurde bei 2 Patienten der Gruppe B vorçbergehend fçr 1 Woche nach den Kriterien der Gruppe A (Mobilitåtsverlust) Thromboseprophylaxe (Heparin) betrieben. Auch hier ergab sich keine thrombembolische Komplikation. Diese Ereignisse erfolgten wåhrend der ersten Behandlungswoche. 50% (n = 361) der Patienten von Gruppe A erreichten am Ende der ersten ambulanten Behandlungswoche die Mobilitåtskriterien der Gruppe B. Nach 2 Wochen waren es 80% (n = 578). Nach 42 Tagen gab es keinen Patienten mehr, der aus Gruppe A nicht die Kriterien von Gruppe B erfçllte.
Prospektive Studie %
Abb. 37. Alter der Patienten in Gruppe A und B (in Dekaden), nA = 723, nB = 598. Darstellung in % und absolute Zahl von Patienten der entsprechenden Altersdekade.
Abb. 38. Anzahl von TVT bei 1321 ambulante Patienten (Gruppe A, n = 723 und Gruppe B, n = 598 Patienten).
]
Die hæchste Thromboserate ergab sich beim isolierten Weichteilschaden des Unterschenkels (Tabelle 7 und 8). Gruppe A zeigte 30 tiefe Beinvenenthrombosen (davon 6 2-Etagenthrombosen). Alle Thrombosen waren asymptomatisch. Allerdings klagten manche dieser Patienten çber ¹Muskelkaterª am Unterschenkel. Die duplexsonographischen Untersuchungen bei chirurgischem Behandlungsabschluss (Min Tag 5, Max Tag 35) und am Beobachtungsende (Tag 42) ergaben keine differenten Ergebnisse hinsichtlich der Thromboserate (s. Abb. 38) [148]. Die relative Håufigkeit der Thrombosen bei Patienten çber dem 40. Lebensjahr war mit 4,6% (n = 13/282) åhnlich der relativen Håufigkeit der Thrombosen bei Patienten unter 40 Jahren mit 3,9% (n = 17/441). 9 Patienten (von den 30 Patienten mit TVT in Gruppe A) wiesen keinen der 4 anamnestisch erfragten thrombembolischen Risikofaktoren auf (Abb. 39±42). Von 723 Patienten der Gruppe A wiesen nur 44 Patienten keinen der 4 abgefragten Risikofaktoren auf. Der am håufigsten dokumentierte Risikofaktor war das Alter çber 40 Jahre (282 Patienten), gefolgt vom Risikofaktor Rauchen (265-mal). 112 Patienten hatten Ûbergewicht
Tabelle 7. TVT in Gruppe A und B (ambulante Patienten), Diagnose und Lokalisation der Verletzung. OS Oberschenkel, US Unterschenkel, OSG oberes Sprunggelenk, TVT 1 1-Etagenthrombose (n = 18), TVT 2 2-Etagenthrombose (n = 12); Eine 3-Etagenthrombose wurde nicht beobachtet Diagnose
Gruppe A n = 723
TVT 1
TVT 2
Gruppe B n = 598
TVT 1
TVT 2
Gruppe , ,
B 1/0
] Hçftfraktur ± Weichteilschaden
11 0
0 0
0 0
14 38
0 1
0 0
] OS-Fraktur ± Weichteilschaden
28 0
0 0
0 0
0 35
0 0
0 0
] Kniefraktur ± Weichteilschaden
12 88
0 3
0 0
0 223
0 0
0 0
A 2/1
] US-Fraktur ± Weichteilschaden
55 19
3 6
1 2
0 75
0 0
0 0
A 2/2 A 4/4
] OSG-Fraktur ± Weichteilschaden
102 277
1 7
1 1
2 109
0 0
0 0
A 1/1 A 4/4
] Fuûfraktur ± Weichteilschaden
127 4
4 0
1 0
3 99
0 0
0 1
A 2/3 B 1/0
Summe
723
24
6
598
1
1
45
46
]
Thromboseprophylaxe beim ambulanten Patienten
Tabelle 8. Diagnose und TVT in Gruppe A (n = 723) Diagnose
n (%)
TVT
] Hçfte/Becken ] Oberschenkel ] Knie (Kniegelenksfrakturen, Kniebinnentrauma, lig. Verletzungen) ] Unterschenkel (Pilonfrakturen, Weichteilverletzungen) ] Achillessehnenrupturen ] Sprunggelenk (Sprunggelenksfrakturen, lig. Verletzungen) ] Rçckfuû (Calcaneusfrakturen) ] Vorfuû (Mittelfuûfrakturen, Zehenfrakturen operativ/konservativ)
11 (1,5%) 28 (3,9%) 100 (13,8)
0 0 3
60 (8,3%)
8
14 (2%) 379 (52,4%)
4 10
61 (8,4%)
2
70 (9,7%)
3
und 47 Patienten eine TVT in der Vorgeschichte. Bei 7 von 47 Patienten (17,5%) mit positiver Venenvorgeschichte kam es zu einer thrombembolischen Komplikation (Abb. 41). Gruppe B zeigte 2 TVT (s. Abb. 38 und Tabelle 7). Es handelte sich um 2 Månner mit Weichteilschaden an der Hçfte bzw. am Fuû. Beide Patienten verhielten sich wie Patienten der Gruppe A obwohl die Mobilitåtskriterien der Gruppe B erlaubt wurden. Betrachtet man die Risikofaktoren in Gruppe B im Vergleich zu Gruppe A zeigen sich keine groûen Unterschiede. Gruppe A (n =723) zeigte bei 6% (n = 44) der Patienten keinen der 4 gescreenten Risikofaktoren gegençber 8% (n = 48) der Patienten in Gruppe B (n = 598). Auch fçr die Risikofaktoren TVT in der Vorgeschichte, Adipositas, Rauchen sowie Lebensalter 40 Jahre und ålter, fanden sich åhnliche Håufigkeitsverteilungen (Abb. 42). Separat wurde die Einnahme von Kontrazeptiva erfasst. 30% (89 von 296) aller Frauen der Gruppen A und B gaben an, Kontrazeptiva einzunehmen. Von den 15 Frauen, alle in Gruppe A, welche eine TVT entwickelten, nahmen 3 Kontrazeptiva ein. Ein spezielles Patientenkollektiv mit 50 Patienten (35 Månner und 15 Frauen im Alter von 29±61 Jahren) mit Achillessehnenruptur entwickelte 5 TVT, also eine 10%ige TVT-Rate; 3 1-Etagen- und 2 2-Etagenthrombosen. Alle Patienten erhielten wegen klinischer Beschwerden (Muskelkater) eine frçhzeitige Gipsabnahme. Es
Abb. 39. Anzahl von Patienten mit TVT in verschiedenen Altersgruppen (Gruppe A, nTVT = 30 von n = 723) (Anzahl Patienten mit TVT/alle Patienten dieser Altersklasse in Gruppe A).
Abb. 40. Verteilung von gescreenten Risikofaktoren bei n = 30 Patienten mit TVT aus Gruppe A.
Abb. 41. Håufigkeit der thrombembolischen Risikofaktoren, Mehrfachnennungen von Risikofaktoren sind mæglich! Weiû: die Anzahl von ambulanten Patienten mit TVT und dem jeweiligen Risikofaktor, blau: die Anzahl von Patienten mit Risikofaktor ohne TVT.
Prospektive Studie
Abb. 42. Risikofaktorenverteilung in Prozent der Gruppe A = 723 und Gruppe B = 598 Stabdiagramm mit Nennung der absoluten Zahl von erkannten Risikofaktoren pro Gruppe (Mehrfachnennungen sind mæglich).
handelte sich um 4 Typ-I- und 1 Typ-II-Thrombosen. Die Behandlung war konservativ und ambulant fçr die Unterschenkelvenenthrombosen (Kompression, Mobilisation soweit mæglich und 14 Tage 2´ NMH/d unter sonographischer Kontrolle). Die ¹Popliteathrombosenª (2-Etagenthrombose) wurden stationår aufgenommen und nach Vollheparinisierung 12 Wochen markumarisiert. Bei der klassischen Behandlung der Achillessehnenruptur kommt es in der im Gips fixierten Spitzfuûstellung zu einem venæsen Pooling in der Wade, welches stase- und damit thrombosefærdernd wirkt. Die Thromboserate von 10% (im Vergleich zur globalen TVT-Rate von 2,4% bei ambulanten Patienten der Studie) macht klar, dass diese Art von Nachbehandlung der Achillessehnenverletzungen ein zu hohes thrombembolisches Risiko birgt. Auûerdem komplettiert die fehlende initiale Belastung die unphysiologische Situation. Die funktionelle Nachbehandlung der minimalinvasiv versorgten Achillessehnenrupturen mit Rehamed-Stabilschuh sowie schmerzorientierter Teil- bzw. Vollbelastung wurde aufgrund dieser Ergebnisse in der Universitåtsklinik Ulm mit Erfolg eingefçhrt.
]
Die Strategie der Behandlung tiefer Unterschenkelvenenthrombosen hat sich Ende der 90er Jahre geåndert. Es wird auch bei Unterschenkelthrombosen eine Antikoagulation fçr 12 Wochen durchgefçhrt. Dieser Entschluss resultiert aus einer Studie mit çber 100 Patienten, die mit einer phlebographisch nachgewiesenen Unterschenkelthrombose 10 Jahre nach dem Ereignis nachuntersucht werden konnten. Die Ergebnisse zeigten, dass bei allen Patienten, die keine konsequente Antikoagulation çber 12 Wochen erhielten die venæse Wiederauffçllzeit T0 unter 20 Sekunden lag (Norm > 20 Sekunden), was einer deutlichen venæsen Insuffizienz und damit einem Postthrombotischen-Syndrom entsprach. Die in der Literatur beschriebenen progressiven Appositionen des Thrombus nach zentral scheinen dafçr verantwortlich zu sein [181]. ] Fazit. Die Verteilung von thrombembolischen Risikofaktoren in den Gruppen A (mit medikamentæser TVT-Prophylaxe) und B (ohne medikamentæse TVT-Prophylaxe) war åhnlich. Damit waren die beiden Gruppen bezçglich des erkannten TVT-Risikos vergleichbar. Die Patienten wurden nach Mobilitåtskriterien 200N Teilbelastung einer unteren Extremitåt und 208 OSG Bewegungsumfang in Gruppe A oder B eingeteilt. Dabei zeigten sich in Gruppe B ¹keine TVTª weshalb diese Konstellation der Mobilitåt als ¹quasi-physiologische Situationª bezeichnet wurde. Weitere Erkenntnisse sind, dass Unterschenkelvenenthrombosen in der Antikoagulation wie Oberschenkelvenenthrombosen zu behandeln sind. Die Dauer der Antikoagulation scheint mit 12 Wochen ausreichend zu sein (US-TVT).
47
Thromboseprophylaxe beim stationåren Patienten
Prospektiv wurden 841 stationår betreute traumatologische Patienten (483 Månner und 358 Frauen), Altersmedian 52 Jahre (Min 18, Max 94 Jahre) mit einem multimodalen Konzept der Thrombembolieprophylaxe behandelt. Bei Entlassung erfolgte mit der FKDS die Ausschlussdiagnostik einer TVT an beiden unteren Extremitåten und des Beckens. Die Liegezeit betrug im Median 6 Tage (Min 1 Tag, Max 67 Tage). Das multimodale Konzept der Thromboseprophylaxe umfasst: ] Maûnahmen ± Heparin NMH = 3000 IE antiXa Certoparin/d, ± Antiphlogistika (Diclofenac, usw.), ± Analgetika/Basismedikation und nach Bedarf (Novaminsulfon) ± Antithrombosestrumpf (AT) [4, 39], ± Atemgymnastik (2´ tåglich) und ± Passive/aktive Mobilisation oder Gehschule (1´ tåglich). ] Strategie der medikamentæsen Thromboseprophylaxe (s. Abb. 36). Bei anamnestisch gesicherter Thrombose am Unterschenkel wurde NMH verordnet. Bei Oberschenkel- und Beckenvenenthrombosen erfolgte die Prophylaxe entweder mit Vollheparinisierung bzw. bei fraglicher HIT-II-Anamnese mit rekombinantem Hirudin bis zum Erhalt des gerinnungsphysiologischen Untersuchungsergebnisses. Alternativ verwenden wir heute Pentasaccharid bei TVT-Anamnese bei adequatem Anlass fçr 3 Tage und setzen dann die Prophylaxe mit NMH fort. Diese Strategie setzen wir auch bei Patienten ein mit einem BMI von mehr als 30. Steht der Patient zum Zeitpunkt der Aufnahme noch unter Antikoagulation setzen wir diese ab und operieren unter NMH-Prophylaxedosis um postoperativ mit therapeutischer NMH-Dosis çber 5 Tage zu therapieren bevor die orale Antikoagulation wieder begonnen wird
(s. auch ¹Chirurgische Therapie unter Antikoagulationª, S. 84). Die Spontanthrombosen wurden bei elektiven Eingriffen einer pråoperativen håmatologischen Abklårung zugefçhrt. In einer Notfallsituation, falls çberhaupt bekannt, verwenden wir Hirudin in Prophylaxedosis (s. Abb. 36). Nach Studienplan erfolgte die Dokumentation von: ] Lokalisation und Art der Verletzung, ] stationårer Liegezeit, ] Dauer der Entlastung bzw. Teilbelastung der unteren Extremitåt < 200N, ] Thromboselokalisation: Unterschenkel, Oberschenkel, Becken und ] weiteren Risikofaktoren (Rauchen, venæse thrombembolische Vorgeschichte, Atemobstruktion, Herzinsuffizienz, venæse Insuffizienz und BMI). Bei den 841 stationår betreuten traumatologischen Patienten wurde bei 21 TVT erkannt. Dies entspricht einem Anteil von 2,5%. 11 Månner und 10 Frauen entwickelten Thrombosen. 8 dieser 21 TVT waren klinisch symptomatisch. 13 TVT wurden ausschlieûlich durch die Sonographie erkannt. Der Altersmedian bei den 21 Patienten mit TVT lag bei 68 Jahren (Min 32 Jahre, Max 76 Jahre). Der Altersmedian der 820 Patienten ohne TVT lag bei 54 Jahren (Min 17 Jahre, Max 95 Jahre). Die Liegezeit der Patienten mit TVT betrug im Median 16 Tage (Min 3 und Max 56 Tage), wåhrend sie bei den Patienten ohne TVT (n = 820) bei 6 Tagen (Min 2 Tage, Max 67 Tage) lag. Die Entlastungsdauer (<200N, Teilbelastung) lag bei den 820 Patienten ohne TVT im Median bei 3 Tagen (95% Konfidenzintervall: 1±7 Tage). Die Entlastungsdauer bei 21 Patienten mit TVT betrug im Median 16 Tage (95% Konfidenzintervall: 10±21 Tage) (Abb. 43). Die Diagnosen wurden in Kærperregionen zusammengefasst. Es erfolgte eine Aufschlçsselung
Thromboseprophylaxe beim stationåren Patienten
]
Tabelle 9. Aufschlçsselung der TVT nach Diagnose und Lokalisation Lokalisation
L1
L2
L3
L4
] Gesamtzahl ] TVT davon mit ] LE ] BE TVT ] OS TVT ] US TVT
154 0
85 6 (7,1%)
199 4 (2,0%)
403 11 (2,7%)
13 + 8
841 21 (2,5%)
0 0 0 0
1 5 1 0
0 1 2 1
0 0 1 10
1+5 2+2 10 + 1
1 6 4 11
L1
L2
L3
L4
TVT/Gesamtzahl
0/20 0/48 0/86 0
0/5 2/35 4/45 6
0/10 4/71 0/118 4
1/36 5/114 5/253 11
1/71 (1,4%) 11/268 (4,1%) 9/502 (1,8%) 21/841 (2,5%)
] TVT/ WT ] TVT /WT# ] TVT/elektiv ] TVT total
Asymptomatisch+ symptom. TVT
Total
L1 proximale obere Extremitåt, Schulter, Thorax; L2 Wirbelsåule, Becken; L3 proximales, mittleres Femur; L4 distales Femur, Knie, Unterschenkel, oberes Sprunggelenk und Fuû; WT Weichteilschaden; WT# Weichteilschaden und Fraktur; elektiv Elektivoperation; BE Becken; LE Lungenembolie; OS Oberschenkel; US Unterschenkel
Tabelle 10. TVT bei verschiedenen Diagnose-, OP-Gruppen Verletzung
Gesamt
1
70
71
] Weichteilschaden mit Fraktur
11
257
268
9
493
502
21
820
841
] Gesamt
nach Weichteilschaden (WT), Weichteilschaden mit Fraktur (WT#), bzw. Elektiveingriffen (Elektiv) (Tabelle 9). Die Gruppe ¹Weichteilschaden und Frakturª zeigte mit 4,1% die hæchste Thromboserate (Tabelle 10). Das relative Risiko, eine TVT bei Weichteilschaden mit Fraktur zu erleiden, war 2,35´ hæher (95% Konfidenzintervall 0,73±8,80) als eine TVT bei ¹isoliertem Weichteilschadenª oder eine ¹Elektivoperationª zu erleiden. Die abgefragten 6 Risikofaktoren sind in Tabelle 11 zusammengefasst.
TVT nein
] Weichteilschaden
] Elektiv-Op.
Abb. 43. Entlastungsdauer der unteren Extremitåten (Teilbelastung < 200N): Box-plots der Entlastungsdauer bei stationåren Patienten mit TVT und ohne TVT.
TVT ja
Tabelle 11. Risikofaktoren bei 841 Patienten und absolute Anzahl der TVT pro Risikogruppe (in Klammer TVT-Rate in %, Mehrfachnennungen bei den Risikofaktoren sind mæglich) Risikofaktor
] TVT in Vorgeschichte ] Rauchen
Anzahl Anzahl TVT (% von von Patienten mit spezielPatienten lem Risikofaktor) 54 256
6 (11,1%) 0
] Atemobstruktion
70
2 (2,9%)
] Herzinsuffizienz
108
6 (5,6%)
] Venæse Insuffizienz
130
10 (7,7%)
] BMI £ 25
433
3 (0,7%)
] BMI > 25
408
18 (4,4%)
] BMI > 30
110
8 (7,3%)
49
50
]
Thromboseprophylaxe beim stationåren Patienten
Tabelle 12. Relatives Risiko einzelner thrombembolischer Risikofaktoren Risikofaktor
Relatives Risiko
] TVT in Vorgeschichte ] Rauchen
5,83 1,31±22,27 Nicht berechenbar da 0 TVT in Risikogruppe 1,16 0,04±7,92 2,72 0,60±10,62 4,97 1,52±18,06 4,09 1,10±14,76
] Atemobstruktion ] Herzinsuffizienz ] Venæse Insuffizienz ] BMI > 30
95% Konfidenzintervall
Das relative Risiko, also das Risiko eine TVT zu entwickeln wenn Patienten eines definierten Kollektivs einen bestimmten Risikofaktor aufweisen im Vergleich zu Patienten des gleichen Kollektivs ohne diesen Risikofaktor wurde berechnet (Tabelle 12).
Zusammenfassung Der TVT-Anteil der 841 Patienten betrug 2,5% (n = 21). Bei der Analyse der Patienten mit thrombembolischer Komplikation fiel auf, dass fast zwei Drittel aller TVT asymptomatisch waren. Asymptomatische TVT waren hauptsåchlich US-TVT (10 von 11) aber auch OS-TVT waren asymptomatisch (2 von 4). Beckenvenenthrombosen waren in 5 von 6 Fållen symptomatisch (s. Tabelle 9). Damit konnte die klinische Untersuchung der Patienten eine TVT nicht sicher ausschlieûen! Auf diese Weise erklåren sich
auch die bei Aufnahme in der Rehaklinik bis dato unerkannten TVT. Das mediane Alter der Patienten mit TVT (n = 21) lag bei 68 Jahren (Min 32, Max 76 Jahre), die Patienten ohne TVT (n = 820) waren im Median 54 Jahre (Min 17, Max 95 Jahre) alt. Ein Ûberwiegen der ålteren Patienten bei TVT ist zweifellos zu erkennen. Der thrombembolische Risikofaktor ¹Alterª ist in der Literatur bekannt [195]. Die mediane stationåre Liegezeit war bei Patienten mit TVT 16 Tage (Min 3, Max 56 Tage); bei den Patienten ohne TVT lag sie bei 6 Tagen (Min 2, Max 67 Tage). Die Liegezeit ist bei den Patienten mit TVT zwar hæher, aber sie gibt keine Information çber die Mobilitåt des Patienten, so dass die Interpretation dieser Ergebnisse unsicher erscheint. Von entscheidender Bedeutung war das Ergebnis der Entlastungsdauer der unteren Extremitåt in Verbindung mit dem Auftreten einer TVT. Patienten mit TVT (n = 21) entlasteten (<200N) die unteren Extremitåten im Median 16 Tage (95% KI: 10±21 Tage). Patienten ohne TVT (n = 820) entlasteten (< 200N) im Median 3 Tage (95% KI: 1±7 Tage). Die Konfidenzintervalle liegen in den beiden Patientengruppen (Patienten mit bzw. ohne TVT) weit auseinander. Dies unterstçtzt die Hypothese von Sevitt, der in der Immobilisierung des Patienten çber 3 Tage hinaus einen der potentesten thrombembolischen Risikofaktoren vermutete [203, 205]. Damit låsst sich aufzeigen, dass in der Beurteilung des thrombembolischen Risikos selbst in der unmittelbar postoperativen Phase, der Mobilitåt des Patienten eine entscheidende prophylaktische Bedeutung gegençber dem operativen
Abb. 44. Verteilung der Diagnosen und Anteil der TVT pro Lokalisation.
Zusammenfassung
und dispositionellen thrombembolischen Risiko zukommt [59, 65, 111, 113, 130, 198, 199]. Besonders deutlich zeigt sich ein erhæhtes Risiko, eine TVT zu erleiden bei venæser thrombembolischer Vorgeschichte oder venæser Insuffizienz oder Ûbergewicht bei einem BMI > 30. Diese Risiken wurden in der ambulanten wie in der stationåren Studie åhnlich beurteilt. In der stationåren Studie (n = 841) entlasteten die Patienten ohne TVT eine untere Extremitåt im Median 3 Tage, die Patienten mit TVT im Median 16 Tage. Die Risikofaktoren waren in diesen beiden Gruppen åhnlich verteilt. Das Auftreten von Thrombosen war auf die Gruppen L2, L3 und L4 beschrånkt. In Gruppe L1 fand sich bei 154 Patienten keine Thrombose (s. Tabelle 9)! Sicher spielt hier die kurze Immobilisierung der Patienten die entscheidende Rolle. Bei diesen Patienten ist der Einsatz der multimodalen Thromboseprophylaxe zugunsten einer einfacheren Form der Thromboseprophylaxe beispielsweise ohne den Einsatz von NMH zu diskutieren. Diese Entscheidung sollte jedoch von weiteren Untersuchungen mit græûerer Fallzahl abhångig gemacht werden. Bei Verletzungen bzw. Versorgungen am Knie und distal davon (L4), traten 11 TVT auf (3%, n = 403). Diese Håufung von TVT konnte auch im Rehabereich beobachtet werden. Entsprechend der Lokalisation L4 fanden sich 3,4% TVT (7/203). Auffållig waren die Knietotalendoprothesen mit 12% TVT (6/50) (verschiedene Akutkliniken).
]
Im Verhåltnis Patientenzahl zu Thrombosen erreichte L2 mit 7,1% (6/85) den hæchsten Wert, gefolgt von L4 mit 2,7% (11/403) und L3 mit 2% (4/199). Die Verletzungen in L2 (Wirbelsåule und Becken) besitzen demnach ein hæheres Thromboserisiko. 268 Patienten mit Weichteilschaden und Fraktur zeigten in der stationåren Beobachtung (4,1%, 11 TVT) Thrombosen. Dies war deutlich çber der Thrombosrate von den Patienten mit isoliertem Weichteilschaden (1,4%) oder Elektiveingriffen (1,8%). Diese Ergebnisse implizieren, dass bei zunehmender Gewebetraumatisierung das Auftreten tiefer Beinvenenthrombosen zunimmt. Eine Vorstellung, die von seiten der extrinsichen Gerinnung (Freisetzen von TF ¹tissue factorª 161) gut erklårt werden kænnte. ] Fazit. Unter stationåren Bedingungen treten Thrombosen dann auf wenn Patienten lange immobilisiert werden mçssen. Besondere Bedeutung haben Verletzungen der Wirbelsåule und des Beckens (> 7% TVT). Dispositionelle Risikofaktoren spielen nur bei immobilisierten Patienten eine Rolle; im besonderen ] venæse Insuffizienz, ] TVT in Vorgeschichte und ] BMI > 30.
51
Thromboseprophylaxe in der Rehabilitation
] Liegezeit im Akutkrankenhaus, ] Pause zwischen Akut- und Rehaklinik und ] Liegezeit in Rehaklinik.
Prospektiv wurden 500 traumatologische und orthopådische Patienten mit Verletzungen der unteren Extremitåten und des Beckens erfasst. Diese Patienten waren im Median 42 Jahre alt (Min 20, Max 60 Jahre). Sie wurden bei Aufnahme sowie wåhrend der stationåren Rehabilitation wæchentlich auf das Vorliegen einer TVT mittels FKDS untersucht. Die Indikation zur medikamentæsen Thromboseprophylaxe wurde unter Berçcksichtigung des Mobilitåtsgrades des Patienten durch den behandelnden Arzt gestellt. Patienten mit einer Teilbelastung von mehr als 200N der unteren Extremitåt (verletzte Seite) sowie Mobilitåt (208 ROM) im oberen Sprunggelenk (quasi-physiologische Situation) erhielten keine medikamentæse Thromboseprophylaxe. Beim Vorliegen einer Thrombose, erkannt durch FKDS, erfolgte eine bilaterale Kompressionsphlebographie. Einziges Ausschlusskriterium der Studie war das Bestehen einer malignen Erkrankung. Folgende Parameter wurden erfasst: ] Art und Ort der Verletzung, ] Alter des Patienten, ] TVT: Ja/Nein, ] asymptomatische TVT, ] symptomatische TVT, ] Zeitpunkt der Komplikation, ] Lungenembolie,
Die 190 Månner und 310 Frauen, die im Rahmen der stationåren Reha angemeldet waren, hatten ein medianes Alter von 65 Jahren (Min 16 Jahre, Max 90 Jahre). Die mediane Verweildauer der Patienten in der Akutklinik betrug 19 Tage (Min 1, Max 142 Tage). Die mediane Verweildauer in der Rehaklinik betrug 21 Tage (Min 1 Tag, Max 50 Tage). Der Patient mit nur 1 Tag Verweildauer in der Rehaklinik wurde bei Aufnahme als Patient mit Lungenembolie erkannt und in ein Akutkrankenhaus verlegt. Der Patient mit der zweitkçrzesten Verweildauer wurde 5 Tage in der Rehaklinik behandelt. Die Diagnosen wurden weiter nach Verletzungsregionen aufgeschlçsselt. Die Tabelle 13 zeigt die Anzahl der Eingriffe pro Lokalisation, die absolute und relative TVT-Håufigkeit sowie die Altersverteilung der Patienten. Es wurden 18 TVT bei Aufnahme bzw. wåhrend der Reha dokumentiert. 6 TVT waren bei Aufnahme durch Vorinformation der Akutklinik unmittelbar vor Verlegung bzw. in einer Therapiepause zwischen Akutklinik und Rehaaufnahme bereits bekannt. Darunter waren 4 Patienten mit Lungenembolie.
Tabelle 13. TVT-Håufigkeit und Altersverteilung von Osteosynthesen, Endoprothesen, arthroskopischen Operationen in der Rehaklinik (n = 500) Lokalisation der Verletzung
n
TVT
[%]
] Hçfte ] OS ] Knie ] US ] OSG ] Fuû ] Polytrauma ] Gesamt
270 11 182 13 5 3 16 500
5 1 6 1 0 0 5 18
1,9 9,1 3,3 7,7
31,3 3,6
Altersmedian [Jahre]
Min [Jahre]
Max [Jahre]
65 53 67,5 52 64 45 35 65
16 29 18 22 40 34 20 16
90 65 88 69 73 54 50 90
Thromboseprophylaxe in der Rehabilitation
]
Tabelle 14. TVT-Auftreten bei 500 Rehapatienten TVT
Akut TVT
Akut LE
Pause TVT
Reha-TVT bei Aufnahme
Reha-TVT im Verlauf
LE Reha
TVT Total
] Symptomatisch ] Asymptomatisch ] TVT total ] LE total
5 0 5
4 0
1 0 1
3 6 9
3 0 3
2 0
12 6 18 6
4
2
Tabelle 15. Zeitpunkt der Diagnosestellung einer TVT bei 500 Rehapatienten (nTVT = 18) Diagnose
Akut TVT
TVT Lokalisation
LE
Pause
TVT Reha
] Polytrauma ] Polytrauma ] Polytrauma ] Knie-TEP ] Hçft-TEP ] Tibiakopffraktur ] Knie-TEP ] Knie-TEP ] Knie-TEP ] Knie-TEP ] Knie-TEP ] Hçft-TEP ] Hçft-TEP ] Hçft-TEP ] Hçft-TEP ] Femurfraktur ] Polytrauma ] Polytrauma
Ja Ja Ja Ja Ja Nein * Nein Nein Nein Nein Nein Nein Nein Nein Nein Nein Nein Nein
OS bds. Becken OS OS Becken US US US US OS OS OS OS OS OS OS OS OS
Ja Ja Ja Nein Nein Ja * Nein Nein Nein Nein Ja Nein Nein Ja Nein Nein Nein Nein
Nein Nein Nein Nein Nein 2 Tage TVT * 6 Tage Nein 5 Tage Nein 1 Tag Nein 4 Tage Nein 7 Tage Nein Nein Nein
Nein Nein Nein Nein Nein Nein Ja/Aufnahme Ja/Aufnahme Ja/Aufnahme Ja/Aufnahme Ja/10. Tag Ja/Aufnahme Ja/Aufnahme Ja/16. Tag Ja/18. Tag Ja/Aufnahme Ja/Aufnahme Ja/Aufnahme
* Ein Patient entwickelte wåhrend der ¹Pauseª eine TVT mit LE
Ohne Vorabinformation fanden sich bei Aufnahme in die Rehaklinik 9 TVT wovon 6 asymptomatisch waren. Sie wurden entspechend der Lokalisation der TVT einer speziellen internistischen Therapie zugefçhrt. Schlieûlich ergaben sich wåhrend der Reha 3 symptomatische TVT mit 2 nicht vital gefåhrdenden Lungenembolien. Alle Patienten in der Rehaklinik mit thrombembolischer Komplikation hatten zum Zeitpunkt des Ereignisses eine medikamentæse Thromboseprophylaxe mit NMH 1´/d. Die medikamentæse Thromboseprophylaxe bei den Rehapatienten erfolgte nach den Mobilitåtskriterien. Von den 500 Patienten erhielten 88,2% bei Aufnahme eine medikamentæse Prophylaxe mit Heparin. Nach der ersten Woche waren es noch 77%, nach der 2. Woche 52%, nach der 3. Woche 16% und 2% (der noch in
der Reha stationåren Patienten) nach der 4. Woche. Nach 5 Wochen erhielt kein stationårer Patient mehr eine medikamentæse Thromboseprophylaxe. Bei den 500 Rehapatienten bestanden 15 TVT vor Aufnahme in die Rehaklinik; 3 TVT wurden im Verlauf der Reha diagnostiziert. Die 2 TVT mit Lungenembolien in der Reha ereigneten sich am Tag 10 und Tag 16. Die letzte Thrombose wurde am 18. Tag nach Aufnahme in die Rehaklinik diagnostiziert. Die Chance eine TVT in der Akutklinik (mediane Verweildauer 19 Tage) zu erleiden, war demnach viel hæher als wåhrend der Rehabilitationsphase (mediane Verweildauer 21 Tage) (Tabelle 14, 15, Abb. 45). Zwischen Akutklinik und Reha ergab sich aus organisatorischen Grçnden manchmal eine
53
54
]
Thromboseprophylaxe in der Rehabilitation
Abb. 45. Ûbersicht der 18 thrombembolischen Komplikationen bei 500 Patienten. 6 der 18 Patienten mit thrombembolischer Komplikation hatten eine Verzægerung der Reha nach Entlassung aus der Akutklinik (Pause).
Verzægerung der Weiterbehandlung. Diese Verzægerung wurde mit ¹Pauseª bezeichnet. Im Speziellen wurde die Anzahl der Hçftendoprothesen von 80 Patienten analysiert. Es ergaben sich 4 TVT was einer Rate von 5% entspricht. Bei den 50 Knieprothesen entwickelten sich 6 TVT. Dies entspricht einer Rate von 12%. Nach Osteosynthese der knienahen Frakturen (n = 132) fand sich keine TVT. Von den 270 Patienten mit Hçftoperation wurden 80 Patienten endoprothetisch und 190 Patienten osteosynthetisch hçftnah versorgt. Bei den 80 Patienten mit Hçftendoprothesen entwickelten 4 Patienten (5%) eine TVT, wobei 1 Patient (0,5%) eine LE entwickelte.
Die Dauer der Thrombembolieprophylaxe in der Rehabilitation Empfehlungen zur Dauer der medikamentæsen Thromboseprophylaxe in der Rehabilitation gibt es nicht. In der vorliegenden Beobachtung mit 500 Patienten zeigte sich, dass die Chance, in der Akutklinik eine TVT zu erleiden hæher war als in der stationåren Rehabilitation. Das Diagnosespektrum der Patienten, die mit einer TVT aufgenommen wurden, war klein. Neben Patienten nach Polytrauma (5 TVT bei 16 Patienten), ereigneten sich TVT bei 3 Patienten mit einer endoprothetischen Versorgung der Hçfte, bei 1 Patienten mit Femurfraktur, bei 5 Patienten mit einer endoprothetischen Versorgung des Kniegelenkes sowie bei 1 Patienten mit Tibiakopffraktur (ntotal = 15). Es traten bei 3 Patienten Thrombosen wåhrend der Rehabilita-
tion unter medikamentæser Thromboseprophylaxe auf. Bei 2 Patienten handelte sich um eine TVT nach Hçftendoprothese und bei 1 Patienten nach Knieendoprothese. Die medikamentæse Thromboseprophylaxe konnte diese thrombembolischen Komplikationen nicht verhindern. Die Frage, ob die medikamentæse Form der Prophylaxe çberhaupt effizient ist, muss gesondert geklårt werden. Wenn die medikamentæse Thromboseprophylaxe gerade bei den Patienten, die als gefåhrdet eingeschåtzt werden, die thrombembolische Komplikation nicht verhindern kann, muss çber Alternativen der Prophylaxe nachgedacht werden. Besonders ist dabei zu beachten, dass Rehakliniken keineswegs eine Routineprophylaxe mit Heparin durchfçhren. In der Beobachtung hatten nach der 2. Woche nur 52% der 500 Patienten eine medikamentæse TP erhalten. Alle 3 aufgetretenen TVT ereigneten sich bei Patienten, die als unzureichend mobil eingestuft waren und deshalb eine Heparinprophylaxe erhielten. Diese war auch zum Zeitpunkt des Auftretens der TVT verabreicht worden. Die geringe Anzahl von TVT çberhaupt als schicksalhaft zu tolerieren, kann man unter Berçcksichtugung der Folgeschåden nicht akzeptieren. Alternativen wåren beispielsweise die Erhæhung der Heparindosis, Verwendung von rekombinantem Hirudin, Vitamin-K-Antagonisten oder die neuen Pentasaccharide bzw. die oralen reversiblen Antithrombinhemmer. Die von der Rehaklinik durchgefçhrte Strategie, nur ¹immobile Patientenª im Sinne der quasi-physiologischen Situation weiter mit Heparin zu behandeln, ist grundsåtzlich richtig. Keiner der Patienten ohne medikamentæse Heparin-Thromboseprophylaxe erlitt eine TVT. Das bedeutet grundsåtzlich, dass die Dauer der medikamentæsen Heparin-Prophylaxe sich nicht nach Behandlungstagen in der Reha bzw. in der Akutklinik richten darf, sondern nach der Mobilitåt des Patienten. Die Mobilitåtsprçfung sollte als kontinuierliche Kontrolle des Patienten verstanden werden. Gerade wenn Patienten nicht unmittelbar von der Akutklinik in die Rehaklinik verlegt werden kænnen, fehlt es an besagter Kontrolle und Motivation zur Eigenmobilisierung. Die Compliance des Patienten bezçglich der Mobilitåt ist neben der fehlenden årztlichen Verordnung von Heparin fçr den ambulanten Bereich ein Unsicherheitsfaktor. Ein Risikofaktor sollte trotz erreichter Mobilitåt stets çberprçft werden. Dafçr muss sich der Medizi-
Die Dauer der Thrombembolieprophylaxe in der Rehabilitation
ner die Frage stellen, ob bei der Operation oder Trauma schlechthin es zu einer potenziellen Verletzung der Intima eines groûen venæsen Gefåûes an der unteren Extremitåt oder des Beckens gekommen ist. Ist diese Frage mit ja zu beantworten, sollte ein Zeitraum von 3 Wochen mit medikamentæser TP respektiert werden, da die Abheilung der Låsion diese Zeit in Anspruch nimmt. An der noch unphysiologischen Oberflåche kænnen sich bis zur Abheilung Appositionsthromben bilden.
] Fazit. Die TVT finden sich hauptsåchlich bei Aufnahme in die Rehaklinik. Trotz medikamentæser TP entstehen TVT wåhrend der stationåren Behandlung bei immobilen Patienten (Polytrauma usw.). Die Patienten mit definierter Mobilitåt (quasi-physiologische Situation) ohne fortgefçhrter Thromboseprophylaxe mit Heparin entwickelten keine thrombembolische Komplikation.
]
55
Indikation zur medikamentæsen Thromboseprophylaxe
Die Indikationsstellung der medikamentæsen Thromboseprophylaxe scheint vordergrçndig geklårt zu sein. Tatsåchlich gibt es bereits bei der stationåren Indikation unterschiedlichste Meinungen çber Dauer, Dosierung und çber die Verwendung von Heparin çberhaupt. Im ambulanten Sektor stellt die medikamentæse Thrombembolieprophylaxe eine ebenso viel diskutierte Maûnahme dar. Es sollte deshalb in dieser Phase der Untersuchungen geklårt werden, ob eine ¹Guidelineª in Form eines Scores eine praktikable Læsung des Problems ¹Indikationsstellungª im ambulanten weniger im stationåren Bereich (Routineprophylaxe) erlaubt. Der Score ist aus der klinischen Erfahrung heraus konzipiert worden. Zusammen mit den Ergebnissen der vorangegangenen Untersuchungen und gestçtzt durch die aktuelle Literatur wird angenommen, dass die nachfolgenden 8 Parameter bei der Thrombogenese eine entscheidende Rolle spielen [87, 204]: ] Zeitpunkt der Verletzung/Operation/Lokalisation der Verletzung, ] Gefåûverletzungen, Weichteilschaden, ] Bewegungseinschrånkung, ] Belastungsdefizit einer Extremitåt, ] Behinderung der Atmung, ] ambulanter bzw. stationårer Patient. Diese Faktoren beeinflussen in unterschiedlicher Ausprågung den venæsen Rçckfluss. Die Gewichtung der einzelnen Faktoren dieses 6-Punkte-Scores erfolgt durch subjektive Einschåtzung. Die Bewertung sollte einen negativen Summenscore ergeben, um die Indikation zur medikamentæsen TP stellen zu kænnen (Tabelle 16, Abb. 46). Der kann in den Beobachtungen generell als Kontrolle der klinischen Entscheidungen zur Thromboseprophylaxe eingesetzt werden. Die im Scoring verwendeten Faktoren der Beeinflussung des venæsen Rçckstromes wurden durch unterschiedliche Punktzahlen gewichtet. ] Der Zeitpunkt der Verletzung oder Operation gibt Informationen çber das zu erwartende
thrombosegefåhrdete Intervall. Unter Beachtung der zeitlichen Inzidenz von Thrombosen (stationåre Liegezeit im Mittel 6 Tage, ambulante kritische Phase 2±3 Wochen) kann ein kritischer Zeitraum von insgesamt 3 Wochen angenommen werden. Dieser wurde mit ±2 Punkten bewertet. ] Die Lokalisation der Verletzung respektive Operation wurde entsprechend der mæglichen Beeinflussung des venæsen Rçckflusses bewertet. Die Ergebnisse, welche in Tabelle 15 dokumentiert wurden, lieûen die Lokalisation L1 als eher gering thrombosegefåhrdet einstufen. Im Score wurde diese Lokalisation mit Punkten nicht berçcksichtigt. Wirbelfrakturen kænnen im Gegensatz dazu durch ihre seTabelle 16. Score zur medikamentæsen TP mit Heparin (LMWH) ] Zeitpunkt der Verletzung ± vor bis zu 3 Wochen ± vor mehr als 3 Wochen ] Lokalisation der Verletzung ± untere Extremitåt, Becken, LWS/BWS, Thorax, Abdomen ± andere Lokalisation ] Venæse Intimaverletzung/schwerer Weichteilschaden ± untere Extremitåt, Becken, LWS/BWS, Thorax, Abdomen ± vor bis zu 3 Wochen ± vor mehr als 3 Wochen ± andere Lokalisation ] Mobilisation ± frei funktionell 200N Teilbelastung + OSG-Beweglichkeit 208 ± Teilbelastung unter 200N und/oder OSG-Bewegung < 208 ] Atmung ± frei ± eingeschrånkt ] Selbstversorger ± wohnt zuhause u. versorgt sich selbst, 6 h mobil ± versorgt sich nicht selbst Summe der Punkte < 0: Indikation zur med. TP
±2 0 ±2 0
±1 0 0 +3 0 +1 0 +1 0
Indikation zur medikamentæsen Thromboseprophylaxe
]
Abb. 46. Berechnung OSG-Arthrodese nach 6 Wochen mit Teilbelastung.
kundåren Folgen, wie Subileus, lokalem retroperitonealem Håmatom und mæglicher direkter Intimaverletzung der unteren Hohlvene erheblich zur Erhæhung des thrombembolischen Risikos ±2 beitragen (Tabelle 16) [88, 102, 140, 166, 167, 168]. ] Intimaverletzungen des tiefen Venensystem treten in der elektiven Hçft- und Kniechirurgie aber auch bei Hochrasanztraumen auf. Die im Tierversuch nachgewiesene langsame Abheilung dieser Låsionen (3 Wochen) gab aus der klinischen Erfahrung heraus Anlass, diesen Risikofaktor (sofern bekannt bzw. erkannt!) gesondert mit einem Punkt ±1 zu bewerten [87, 149]. ] Die Mobilitåt des Patienten wurde durch die Erfahrungen insbesondere in der ambulanten TP ganz besonders hoch bewertet. Das Erreichen der quasi-physiologischen Situation in der ambulanten Behandlung unfallchirurgischer Patienten zeigte eindeutig, wie selten in der Medizin zutreffend, dass das Erreichen dieser Mobilitåt hohen thromboprophylaktischen Effekt besitzt. So sind die 3 Punkte +3 logische Konsequenz im Scoring.
] Die freie Atmung wurde deshalb gesondert gewçrdigt, da bei Mehrfachverletzungen oft die Behinderung der Atmung (Rippenfrakturen) aufgrund der Fokussierung der Behandlung auf die Hauptdiagnose wenig Beachtung erhielt +1. ] Schlieûlich wurde die Selbstståndigkeit des Patienten im ambulanten Bereich mit +1 Punkt gewertet. Diese Bewertung sollte die Eigenståndigkeit der ambulanten Patienten (Selbstversorger) kontrollieren, welche allzu håufig, åhnlich einer vollstationåren Behandlung zuhause von Angehærigen betreut wurden. Durch die gewåhlte Verteilung der Plus- und Minuspunkte war gewåhrleistet, dass Patienten wåhrend ihrer stationåren Behandlung stets einer medikamentæsen Thromboseprophylaxe zugefçhrt wurden. Alle Studien bis zu diesem Zeitpunkt wurden retrospektiv mit diesem Score analysiert. Es konnte eine volle Ûbereinstimmung der klinischen Entscheidung mit dem Ergebnis des Scores und dessen Konsequenz erzielt werden.
57
Thromboseprophylaxe mit physikalischen Maûnahmen
Mit der Vorstellung, dass die Verbesserung des venæsen Spitzenflusses wie gezeigt, einen thromboprophylaktischen Effekt besitzt, erfolgte die Definition ¹thromboprophylaktischeª Power als vergleichbares Maû und Ausdruck der Verbesserung des venæsen Flusses. Die ¹thromboprophylaktischeª Power errechnet sich aus den Produkt von ] Ûbungen pro Minute (Û), ] Dauer des Einzeleffektes in Sekunden (D) ] und dem Faktor (F) der Spitzenflusssteigerung (VFS) im Vergleich zum Spitzenruhefluss (VFS) im Einzeltest. Die Messungen erfolgten bis auf die Teil- und Vollbelastung im Liegen. Die ¹Powerª von den folgenden physiotherapeutischen Maûnahmen wurden bei 20 gesunden jungen Probanden zwischen 20 und 30 Jahren ermittelt: ] passive Bewegungsçbung des OSG mit einer Bewegungshilfe der Fa. Ormed, Arthrocare, (Abb. 47),
] dynamische Fuûsohlenkompression (AV-Impulssystem) der Fa. Medical Technologies (Abb. 48), ] dynamische Beinkompression mit einem 1und 3-Kammersystem der Fa. HNE Healthcare, Hydroven (Abb. 49) (auf die Messung mit dem Flowtron D.V.T. wurde aufgrund åhnlicher Wirkungsweise verzichtet), ] statische Kompression durch AT-Strçmpfe lang und kurz der Firmen Kendal und Ofa (Abb. 50) (mit Prçfung des ¹ Einschnçreffektesª), ] Hochlagerung einer unteren Extremitåt auf einer ¹Kalbfleischschieneª, ] motorisch wirksame Elektrostimulation (Rechteckimpuls 25 Hz) der anterioren Loge des Unterschenkels mit Långsdurchflutung unter Verwendung eines Galva 5 der Fa. Zimmer (Abb. 51), ] Messungen bei der Atemgymnastik (Atemfrequenz 12/min) (Inspiration : Exspiration = 1 : 3 Zeitintervallen), ] beim aktiven Zehenbeugen (Frequenz 20/min), ] bei aktiver Dorsalextension im OSG (Frequenz 20/min) ] sowie bei Teil- und Vollbelastung (20 kp/Voll) (Frequenz 20/min).
Abb. 47. a Passive Bewegungsçbung des OSG mit einer Bewegungshilfe (Arthroflow) der Fa. Ormed (Arthrocare). b Doppler-Sonographie, OSGArthroflow, Effekt auf den venæsen Spitzenfluss in der VFS (Flussånderung in der VFS, F = 2,5).
Thromboseprophylaxe mit physikalischen Maûnahmen
]
Abb. 48. a Dynamische Fuûsohlenkompression (AV-Impulssystem) der Fa. Medical Technologies. b Doppler-Sonographie, AV-Impulssystem, Effekt auf den venæsen Spitzenfluss in der VFS (Flussånderung in der VFS, F = 1,8).
Abb. 49. a Dynamische Beinkompression mit einem 1- und 3-Kammersystem der Fa. HNE Healthcare, Hydroven. b Dopplersonografie, Hydroven, Effekt auf den venæsen Spitzenfluss in der VFS (Flussånderung in der VFS, F = 3).
Die Ergebnisse der Messungen der 12 physiotherapeutischen Maûnahmen bei den 20 Probanden sind in Tabelle 17 und Abb. 52 zusammengefasst. In einer prospektiven altersstratifiziert randomisierten Studie mit dem Wadenkompressions-
sytem Vena Flow, die 1801 Patienten einschloss, konnte hochsignifikant gezeigt werden (p = 0,007), dass die TVT-Inzidenz unter der zusåtzlichen Anwendung dieses Systems zur Standardprophylaxe deutlich gesenkt werden kann (um das 4fache). Der Effekt der Venenpumpe scheint
59
60
]
Thromboseprophylaxe mit physikalischen Maûnahmen
Abb. 50 a±d. Statische Kompression durch Antithrombosestrçmpfe (AT-Strçmpfe); (a) lang (AF, Effekt Faktor 1,3 (Median) (Min/Max 1/1,5) und (b) kurz (AD, Effekt Faktor 1,2 (Median) (Min/Max 1/1,3)); Doppler-Sonographie ohne Strumpf (c), mit Oberschenkel-ATStrumpf (d), Flussånderung in der VFS (F = 1,3).
Abb. 51. a Motorisch wirksame Elektrostimulation der anterioren Loge des Unterschenkels mit Långsdurchflutung unter Verwendung eines Galva 5. b Doppler-Sonographie, Elektrostimulation der Wade motorisch-schwellig, Flussånderung in der VFS (bandfærmig, fehlende Modulation) (F = 1,5) (Effekt auf den venæsen Spitzenfluss in der VFS). Der Effekt kommt nicht durch die Zuckung des Muskels sondern durch die Hyperåmie bei Aktivitåt zustande.
allerdings erst dann zu greifen, wenn die Betriebszeit tåglich die 6 Stundengrenze erreicht (Abb. 53) [12, 40, 58, 61, 74, 119, 159, 211, 212, 229].
Die physiotherapeutischen Maûnahmen kænnen in 3 Gruppen unterteilt werden: 1. Die dynamisch aktiven Maûnahmen wie OSGExtension, Belastung, Zehenbeugen (Gehzyklus) und Atemgymnastik. Sie fçhren zu
Wertigkeit der Physiotherapie in der Thromboseprophylaxe Tabelle 17. Thromboprophylaktische Power (Maû fçr die Beschleunigung des venæsen Flusses in der Vena femoralis superficialis) der physiotherapeutischen Maûnahmen bei 20 Probanden. Û Ûbungen/min, D mediane Dauer des Einzeleffektes in sec (D wird bei dieser Berechnung als Konstante (geringe Schwankung der Einzelwerte) angenommen), F Median der individuellen Flussbeschleunigungsfaktoren b Max Fluss im Verhåltnis zum Ruhefluss (Liegen) im individuellen Einzeltest, Power Û ´ D ´ F
] Aktive Ûbungen Power
] OSG-EXTENSION Û = 20, D = 1,1, F = 3 (Min 2,8, Max 4,2)
66
] Vollbelastung 20 Schritte/Minute Û = 20, D = 1, F = 3 (Min 2,5, Max 4,5)
60
] Teilbelastung 20 Schritte/Minute Û = 20, D = 1, F = 3 (Min 2,5, Max 4,2)
60
] Zehenbeugen aktiv Û = 20, D = 1,1, F = 1,8 (Min 1,5, Max 2,8)
39,6
] Atemgymnastik Û = 12, D = 1,2, F = 2 (Min 1,5, Max 3)
28,8
Power
] AT-Strumpf kurz Û = 1, D = 60, F = 1,2 (Min 1, Max 1,3)
72
] AT-Strumpf lang Û = 1, D = 60, F = 1,3 (Min 1, Max 1,5)
78
] Hochlagerung Û = 1, D = 10, F = 7 (Min 3, Max 9)
70 45
] Dynamisch passive Ûbungen ] Arthroflow, OSG passive Mobilisation Û = 20, D = 1, F = 2,5 (Min 2, Max 4,2)
Power 50
] Intermittierende Pneumatische Kompression, Vena Flow Û = 1, D = 8, F = 6 (Min 3, Max 12) 48 (zum Vergleich) ] Dynamische Pneumatische Beinkompression, Hydroven Û = 3, D = 5, F = 3 (Min 2,1, Max 5) 45 ] AV-Impulssystem Û = 5, D = 1, F = 1,8 (Min 1,5, Max 3)
einer sehr effizienten tertiåren Modulation [50, 53]. 2. Die statisch passiven Maûnahmen, wie Kompressionsstrçmpfe, Lagerung und der Effekt der Elektrostimulation. Sie zeichnen sich dadurch aus, dass der venæse Rçckstrom gleichfærmig in Form eines bandfærmigen Flusses oder in Form einer Erhæhung des atem- und pulsmodulierten Flusses imponiert. Die Hochlagerung der Extremitåt stellt eine Sonderform dar und erlaubt einen exklusiv einmaligen Effekt, welcher nach 10 sec im Median erlischt [51]. 3. Die dynamisch passiven Maûnahmen, wie Arthroflow, Hydroven und AV-Impulssystem Vena flow [30]. Sie zeichnen sich durch rhythmische Erhæhungen des venæsen Rçckstroms aus. Man kann von einer tertiåren Modulation des venæsen Rçckstroms sprechen.
Wertigkeit der Physiotherapie in der Thromboseprophylaxe
] Statisch passive Ûbungen
] Elektrostimulation Û = Pulsfrequenz = 60, D = 0,5, F = 1,5 (Min 1,1, Max 1,7) Power
]
9
Die physiotherapeutischen Maûnahmen zeigen eine unterschiedliche Power. Dabei haben aktive Maûnahmen wie Atemgymnastik und aktive Bewegungsçbungen des OSG und der Zehen groûen Einfluss auf den venæsen Spitzenfluss an der unteren Extremitåt. Die Praktikabilitåt der Strategie, Patienten mit 200N Belastung einer Extremitåt und 208 ROM im OSG keiner ambulanten medikamentæsen Thromboseprophylaxe zuzufçhren, konnte prospektiv an 1321 ambulanten Patienten aufgezeigt werden [67, 87, 134]. In dieser Studie zeigte es sich, dass trotz medikamentæser TP ca. 4% Thrombosen auftraten [67]. Bei der Bewertung der physikalischen Thromboseprophylaxe steht die Verringerung der TVT-Rate im Vordergrund. Moser et al. kommen aufgrund ihrer Untersuchungen zu dem Schluss, dass das Wesen der perioperativen Thromboseprophylaxe darin bestehen muss, durch geeignete mechanische oder medikamentæse (venentonisierende) Maûnahmen die venæse Stræmungsgeschwindigkeit zu beschleunigen [151]. Nach Mçhe muss es darauf ankommen, dass durch eine Erhæhung der Stræmungsgeschwindigkeit vor allem an den Stellen langsamster Stræmung, wie in der Tiefe der Taschen von Venenklappen oder im toten Stræmungswinkel von Zuflçssen entstandene
61
62
]
Thromboseprophylaxe mit physikalischen Maûnahmen
Abb. 52. Thromboprophylaktische Power der physiotherapeutischen Maûnahmen. Graphische Darstellung der Ergebnisse aus Tabelle 17 (Ûbungsformen: 1 OSG Extension, 2 Vollbelastung, 3 Teilbelastung, 4 Zehenbeugen, 5 Atemgymnastik, 6 AT kurz, 7 AT lang, 8 Hochlagerung, 9 Elektrostimulation, 10 Arthroflow, 11 Hydroven, 12 Vena flow; 13 AV-Impulssystem. Darstellung als Box-plots in Abhångigkeit von den F-Werten, Dauer einer Einzelçbung in Sekunden b als Konstante behandelt.
Abb. 53. Vena Flow und Effekt der Kompression in der Vena femoralis superficialis.
Thrombozyten-Mikroaggregate aufgeschert werden, ehe sie durch Einlagerung von Fibrin wandståndig anhaften und zu echten Thromben anwachsen. Dies wird nach Mçhe neben einer hohen basalen venæsen Stræmungsgeschwindigkeit durch zusåtzliche, mæglichst abrupte Beschleunigungen der venæsen Stræmung bewirkt. Er vergleicht dies treffend mit dem Naseschnåuzen oder dem Husten zur Eræffnung verlegter Luftwege. Durch die Beschleunigung des pråstatischen Flusses kommt es zur Vermeidung oder
Aufscherung sich bildender Mikroaggregationen. Alle bewåhrten mechanischen Maûnahmen zur Thromboseprophylaxe zielen auf diese Erhæhung der Flieûgeschwindigkeit hin [152]. Hierzu gehæren unter anderem als aktive physikalische Maûnahmen: ] Atemçbungen, ] postoperative Frçhmobilisation (Sofort- oder Frçhaufstehen) und ] aktive krankengymnastische Ûbungen;
Wertigkeit der Physiotherapie in der Thromboseprophylaxe
als passive physikalische Thromboseprophylaxe: ] Hochlagerung, ] passive krankengymnastische Ûbungen, ] intermittierende pneumatische Kompression und ] Antithrombosestrçmpfe. Durch das Anlegen von Kompressionsstrçmpfen oder elastischen Verbånden zur Thromboseprophylaxe soll einerseits çber eine kçnstliche Erhæhung des extravasalen Gewebedruckes der physiologische Venenquerschnitt wiederhergestellt und dadurch der venæse Abfluss gesteigert werden [25, 90, 94, 114, 116, 123, 145, 151, 152, 156, 167, 180, 210, 219, 226]. Dadurch kommt es zu einer relativ hæheren Verfçgbarkeit von Antikoagulanzien am Endothel [132]. Eine TP ausschlieûlich mit AT-Strçmpfen durchzufçhren, wird heute trotzdem wohl niemand mehr postulieren zumal eindeutig nachgewiesen wurde, dass durch pråoperative Gabe von Heparin der intraoperative Anstieg von Faktor Xa verhindert werden kann [217]. Ein AT-Strumpf sollte nicht durch einen Schlauchverband ersetzt werden, der den Effekt der graduierten Kompression nicht erreicht und bei einem mæglichen proximal zu hohen Anpressdruck zu einem gegenteiligen Effekt fçhrt (ab 25 mmHg) [22]. Auch graduierte Unterschenkelstrçmpfe færdern den venæsen Rçckfluss. Der Effekt des Oberschenkelstrumpfes wird jedoch nicht erreicht. Die befçrchtete Verminderung des venæsen Flusses durch den potenziellen Tourniqueteffekt sich einrollender AT-Strçmpfe tritt offensichtlich nicht ein. In der Elektrotherapie kommt es trotz motorisch-schwelligen Impulsen nicht zu einer direkten Beeinflussung des venæsen Rçckflusses sondern nur indirekt durch den Effekt der reaktiven Hyperåmie [32]. Dabei ist es von entscheidender Bedeutung, dass die Flussphånome nicht am Ort der Stimulation sondern entfernt davon gemessen werden, um etwaige lokale Effekte der Elektrotherapie auf den Venenfluss nicht çberzubewerten, geht es doch hauptsåchlich um die Verhinderung von 2- und 3-Etagenthrombosen! Die Strategie mancher physiotherapeutischer passiver Maûnahmen, die physiologische Situation mæglichst exakt nachzuahmen, sollte fçr die TP allergræûte Bedeutung gewinnen. Beim Gehzyklus sind folgende Einzelphasen von Bedeutung: ] Dorsalextension OSG, ] Belastung Fuûsohle und ] Abdruck mit Zehenbeugen [67, 171, 177].
]
Diese Phasen bewirken von allen mæglichen Bewegungen am Bein den hæchsten venæsen Rçckfluss. Sie tun dies in einer dynamischen rhythmischen Weise, die auûer der Flussbeschleunigung ein wiederkehrendes Distendieren der venæsen Gefåûwand in einer nach oben gerichteten Welle verursachen. Dieser Effekt des Distendierens bzw. Distrahierens hat eine antithrombotische Wirkung (Prostacyclinausschçttung? [5, 83]), wie dies bei Patienten mit Ilizarow-Behandlung schon lange in der Klinik bekannt ist. Die Ergebnisse von Rieger sind mitzuberçcksichtigen. Es zeigt sich, dass trotz niedrigstem venæsem Rçckfluss in der behandelten Extremitåt und vermehrter Neigung zu Lymphabflussstærungen, es zu keiner Thrombose im tiefen Beinvenensystem kommt. Diesen Effekt imitieren wenige auf dem Markt befindliche Geråte. Beispielsweise sind dies das AV-Impulssystem, das Beinkommpressionssystem Hydroven und der Arthroflow. Die gewichteten Verbesserungen des venæsen Rçckflusses sind fçr Hydroven (Û (Ûbungen/Minute) = 5) und Arthroflow (Û = 20) vergleichbar. Allerdings kann durch die Rhythmik beim Arthroflow (Û = 20) die physiologische Situation des Gehzyklus besser imitiert werden. Das AV-Impulssystem (Û = 5) bietet deutlich geringere Flusssteigerungen, kann jedoch in einen Beingips integriert werden, was mit keinem anderen System mæglich ist. In dem Bestreben, eine physiologische Situation zu imitieren und damit Thrombosen zu verhindern, sollten oben beschriebene Systeme situationsgerecht eingesetzt werden, das heiût, dass Patienten mit Verletzungen an den Extremitåten von dem Arthroflow bzw. von dem AV-Impulssystem eher profitieren, wåhrend Patienten mit Beckenfrakturen oder Verletzungen der Wirbelsåule sowie Thorax auch durch Systeme mit intermittierender Beinkompression insbesondere bei Låhmungen der unteren Extremitåten behandelt werden kænnen. Physiotherapeutische Maûnahmen kænnen auch kombiniert werden. So ist die Kombination mit AT-Strçmfen in jedem Fall sinnvoll [22, 24, 27, 36, 37, 41, 66, 81, 86]. ] Fazit. Die Power physiotherapeutischer Maûnahmen zeigt den positiven Effekt auf die Færderung des venæsen Flusses. Inwieweit dieses Maû direkt als thromboprophylaktische Power zukçnftig Anwendung findet, mçssen prospektive Studien noch zeigen.
63
Ûberlegungen zum Thrombembolie-Prophylaxekonzept
Die Indikation zur ambulanten medikamentæsen Thromboseprohylaxe kann durch die vorliegenden Ergebnisse sowie mit Kenntnis der Literatur eingegrenzt werden. Die Beurteilung der Patienten nicht nach Risiko sondern nach ihrer Mobilitåt und die Klassifizierung der Mobilitåt in 2 Stufen erweist sich als besser, da diese Einteilung problemlos erfolgen kann. In der Gruppe mit immobilisiertem OSG und/ oder Teilbelastung unter 200N bzw. Entlastung (Gruppe A) traten trotz der Gabe eines niedermolekularen Heparins in 4,1% der Fålle (30 TVT von n = 723) Thrombosen auf. Dies zeigt die Grenzen der medikamentæsen ambulanten TP auf. Die Verlagerung der Thrombosen nach distal stellt ein prognostisch gçnstiges Ergebnis dar und relativiert die noch deutlich erhæhte Thromboseinzidenz (24 1-, 6 2-Etagen-TVT). In der Gruppe mit 208 ROM, beweglichem OSG und mindestens 200N Teilbelastung (Gruppe B) traten 2 Thrombosen (0,3% von 598) auf, obwohl keine medikamentæse TP durchgefçhrt wurde! Beide Patienten mit TVT hatten die Kriterien der Mobilitåt (200N Teilbelastung, 208 ROM im OSG) nicht einhalten kænnen. Das Restaging erfolgte bei thrombembolischer Komplikation zu spåt. Der Ausdruck ¹ruhigstellender Verbandª bedeuted nicht generell Immobilisierung einer Extremitåt. Vielmehr ist jeder einzelne Verband auf seinen tatsåchlich bewirkten Funktionsverlust an einer Extremitåt zu çberprçfen [208]. Beispielsweise wurden Patienten mit Knorpeltransplantationen im Kniegelenk mit 200N Teilbelastung und ¹frei beweglichem OSGª ohne medikamentæse Thromboseprophylaxe ambulant weiterbehandelt. Dies galt auch fçr Patienten nach operativ versorgten Kreuzbandrupturen mittels Patellarsehnenersatzplastik, welche bei freier Streckung des Kniegelenkes nach Entlassung aus stationårer Behandlung, voll belasteten. Auch Sprunggelenksfrakturen oder Osteochondrosis dissecans des Sprunggelenkes konnten nach Arthroskopie und Bridie-Bohrungen
nach Entlassung mit 200N teilbelasten und ihr Sprunggelenk ¹freiª bewegen. Auch diese Patienten erhielten in der ambulanten Nachbehandlung keine Thromboseprophylaxe (Abb. 54, 55); nur wåhrend der stationåren Behandlung NMH. Die Compliance der Patienten ist zu çberprçfen. So zeigen die beiden Patienten mit TVT der Gruppe B, dass zwar eine quasi-physiologische Situation vorlag, die Patienten aus anderen Grçnden, sei es Schmerz, Angst vor Komplikationen oder sekundårer Krankheitsgewinn, die Vorgaben (200N Teilbelastung der unteren Extremitåt und 208 ROM im OSG, Bewegungsablauf beim Gehen mit Teilbelastung) nicht einhielten. Regelmåûige ambulante Kontrollen (1´ wæchentlich) kænnten dieses Risiko verringern helfen [172, 196].
Abb. 54. Ilizarov-Montage am Unterschenkel mit Vollbelastung. Keine medikamentæse TP bei Belastung >200N und OSG 208 Bewegungsumfang.
Ûberlegungen zum Thrombembolie-Prophylaxekonzept
Abb. 55. Medikamentæse TP bei Entlastung der unteren Extremitåt (OSG-Bewegung nicht ausreichend!). In der hier abgebildeten Situation mit Orthese am rechten Bein, ergibt sich durch die Entlastung der Extremitåt keine quasi-physiologische Situation. Zwar kann die Patientin das OSG ¹freiª bewegen, jedoch fehlt fçr die quasi-physiologische Situation die Belastung (Teilbelastung 200N). Damit muss eine medikamentæse TP verabreicht werden. Wird im weiteren Verlauf der Therapie die Teilbelastung von 200N erlaubt, erreicht die Patientin also trotz Tragen der Orthese die quasi-physiologische Situation und damit kann die medikamentæse TP abgesetzt werden.
Es wurde nicht darauf verzichtet, eine medikamentæse Thromboseprophylaxe durchzufçhren, wenn beispielsweise bei einer einfachen Sprunggelenksdistorsion und Verwendung einer Sprunggelenksorthese, der Patient aufgrund erheblicher Schwellung und Schmerzen das Bein nicht belasten konnte und bis zum Schmerzrçckgang an Gehstçtzen mobilisiert wurde [89, 125). In diesem Fall erfolgte bei Entlastung oder Teilbelastung unter 200N eine medikamentæse Thromboseprophylaxe. Ruhigstellende Verbånde des Kniegelenkes in Form von Orthesen wie sie bei Patienten mit ligamentåren Verletzungen des Kniegelenkes oder bei Meniskuslåsionen verwendet werden, erfordern nicht zwingend eine medikamentæse Thromboseprophylaxe. Abhångig von der Bewegung im OSG und der Teilbelastung (quasi-physiologische Situation) der Extremitåt wird die Indikation zur ambulanten medikamentæsen Thromboseprophylaxe gestellt (s. Abb. 55) [190]. Eine Sonderstellung scheint die Anlage eines Oberschenkel-Gipstutor zu sein. Stçrmer et al. berichten çber eine Thromboseinzidenz von
]
çber 5% (persænliche Mitteilung). Mæglicherweise kommt es durch die enge Fçhrung des Tutors besonders im Kniegelenksbereich zu einer Umlaufstærung, die wiederum ein venæses Stasemodell erklåren kænnte [49, 118, 162, 191]. Patienten, welche nach einer Hçftgelenksoperation, nicht sofort in eine Rehabilitationsklinik stationår verlegt wurden, erhielten trotz Teilbelastung von 200N und frei beweglichem Sprunggelenk eine Thromboseprophylaxe fçr mindestens 3 Wochen. Dies begrçndet sich in der Tatsache, dass es bei Patienten mit Eingriffen an den groûen Gelenken, z. B. Kniegelenk und Hçftgelenk, durch indirekte oder direkte Manipulationen am tiefen Venensystem zu Intimaschåden kommen kann [101, 224]. Diese sind bei der Hçftgelenksoperation die bekannte 4er-Position, welche zu Intimaschåden der Vena femoralis superficialis, profunda oder communis fçhren kann. Entgegen des Abheilungszeitraumes solcher Schåden im arteriellen Schenkel im Verlauf 1 Woche bedarf es einer Abheilungszeit von ca. 3 Wochen im venæsen Schenkel nach Hach-Wunderle [52, 76, 150, 157, 174, 225]. Neben diesen Intimalåsionen kommt es nachweislich zum vælligen Erliegen des venæsen Flusses durch die Adduktionsstellung des Beines, ein bereits intraoperatives hohes thrombogenes Risiko, wie dies von Kronsbein an anatomischen Pråparaten gezeigt und beschrieben wurde (Abb. 56) [125 a]. Aus diesem Grund wird hier trotz Bestehen einer quasi-physiologischen Situation eine medikamentæse Thromboseprophylaxe mit fraktioniertem Heparin (NMH) empfohlen.
Abb. 56. Stenosegrad je nach Adduktion und Entfernung zum Leistenband (nach Kronsbein [125 a]).
65
66
]
Ûberlegungen zum Thrombembolie-Prophylaxekonzept
Abb. 57. Anzahl der Fibrinmonomere, postoperativ (nach [120 a]. · Durchschnittlicher Fibrinmonomerverlauf bei Patienten mit hçftnaher Chirurgie und Entwicklung einer TVT, w durchschnittlicher Fibrinmonomerverlauf bei Patienten mit hçftnaher Chirurgie ohne Entwicklung einer TVT.
Abb. 58. Anzahl der Fibrindimere, postoperativ (nach [120 a]). · Durchschnittlicher Fibrindimerverlauf bei Patienten mit hçftnaher Chirurgie und Entwicklung einer TVT, w durchschnittlicher Fibrindimerverlauf bei Patienten mit hçftnaher Chirurgie ohne Entwicklung einer TVT.
Diese Indikation besteht auch bei der Knietotalendoprothese. Diesen Zeitraum der medikamentæsen Thromboseprophylaxe als sinnvoll zu erachten ergibt sich auch aus den Untersuchungen von Kolb [120 a]. Er konnte anhand der Fibrinmonomere und -dimere zeigen, dass diese bis in die 5. Woche postoperativ erhæht sind (Abb. 57 und 58). Grundsåtzlich sollte stationår eine medikamentæse Thromboseprophylaxe mit Heparin verordnet werden sofern es sich nicht um Monoverletzungen der oberen Extremitåt ab Ellbogen nach distal handelt. Hier ist eine TVTProphylaxe nicht indiziert. Die Indikation zur Heparinprophylaxe bei Kindern wurde noch nicht besprochen. Hier haben sich Erfahrungswerte etabliert: Kinder ab 14 Jahren erhalten stationår medikamentæse Thromboseprophylaxe. Ambulant besteht eine Grauzone zwischen dem
14. und 18. Lebensjahr. Kinder unter 14 Jahren erhalten eine Heparinprophylaxe im stationåren Bereich, wenn sie çber 50 kg wiegen oder bereits die Pille nehmen bzw. regelmåûig rauchen. Prothesen des oberen Sprunggelenkes mit Teilbelastung von 200N und entsprechender OSG-Beweglichkeit sollten der ambulanten Thromboseprophylaxe nicht zugefçhrt werden! Bei Verletzungen von Acetabulum, Becken, ISG-Fugen oder der Brust- und Lendenwirbelsåule gelten im ambulanten Bereich je nach Zugang zu den zu versorgenden Strukturen die Kriterien der quasi-physiologischen Situation. Bei Zugang zur ISG-Fuge von ventral und Abschieben der Iliacalgefåûe muss von einer erheblichen Gefåhrdung der dortigen V. iliaca communis und externa ausgegangen werden. Hier wçrde eine ambulante Thromboseprophylaxe auch çber einen långeren Zeitraum (3 Wochen) wegen der mæglichen Intimaschådigung durchgefçhrt werden [101]. Bei Verletzungen hæherer Etagen kann man davon ausgehen, dass der venæse Fluss in der V. cava so hoch ist, dass hier einfache Intimaschåden nicht mehr zur Thrombose fçhren. Andere thrombembolische dispositionelle Risikofaktoren, welche ¹spontanª zu einer Thrombose fçhren kænnen sind anamnestisch zu erkennen. Generell leidet jeder 6. Bundesbçrger an einer Form von maskierter oder demaskierter Thrombophilie. Maskierte Thrombophilien werden i. d. R. nur dann symptomatisch, wenn im Fall einer Verletzung die quasi-physiologische Situation nicht erreicht wird. In diesen Fållen, bei denen man bei fehlender Mobilitåt Heparin verordnet, kommt es nicht selten trotzdem zu einer thrombembolischen Komplikation. Bei Mehrfachverletzten sind die Mitbeteiligung des Thorax (Rippenserienfrakturen und schmerzhaft eingeschrånkter Atemexkursion) sowie des Abdomens (intraabdomineller Druckanstieg) zu berçcksichtigen. Die Schwellung von Weichteilen in geeigneter Lokalisation fçhrt ebenso zu einer venæsen Stauung [24, 228]. Das nachfolgend diskutierte Scoring erleichtert die Indikationsstellung zur medikamentæsen Thromboseprophylaxe. Die untere Altersgrenze zur medikamentæsen Thromboseprophylaxe ist, wie im stationåren Bereich, das 14. Lebensjahr oder ab einem Kærpergewicht çber 50 Kilogramm. Auûerdem erhalten Jugendliche bei Einnahme der Pille und bekanntem Nikotingenuss eine medikamentæse Thromboseprophylaxe in Form eines NMH.
Zusammenfassung der Studienergebnisse
Trotz dieser Prophylaxe zeigte sich unter der multimodalen Thromboseprophylaxe eine Thromboserate von 2,5% (21 TVT, n = 841). Besondere Beachtung verdient die Tatsache, dass stationåre Patienten mit einer thrombembolischen Komplikation eine deutlich långere Immobilisierung, im Sinne des nicht Erreichens der quasi-physiologischen Situation, im Gegensatz zu den Patienten ohne TVT, zeigten (Median 16 Tage zu 3 Tage, s. Abb. 43). Es wird deutlich, dass zum einen die multimodale Thromboseprophylaxe keine absolute Sicherheit bietet. Zum anderen kænnen weitere Risikofaktoren nur dann zu thrombembolischen Komplikationen fçhren, wenn auch die Mobilitåt des Patienten vermindert ist. Dies gilt fçr den ambulanten wie stationåren Bereich gleichermaûen.
Zusammenfassung der Studienergebnisse Zusammenfassend låsst sich sagen, dass trotz Ausschæpfung aller mæglichen medikamentæsen und physiotherapeutischen prophylaktischen Maûnahmen ein Restrisiko verbleibt, eine Thrombose zu erleiden. Die klinische Anwendung dieses scoreorientierten Prophylaxekonzeptes als Standard in der Thrombembolieprophylaxe von unfallchirurgischen Patienten muss sich im Sinne des Vertrauenstatbestandes juristisch etablieren. Die groûe Fallzahl von Patienten in der vorliegenden Arbeit sowie die sehr niedrige Thromboserate im Vergleich zu den in der Literatur beschriebenen Untersuchugnen (s. Abb. 38 und 44) wird dies erleichtern [44, 45, 194, 200, 201, 220, 227]. Es sind aber noch weitere Studien notwendig. Die Studien zeigen, dass unter dem Aspekt der Gerinnungsphysiologie bei einem Score ³ 0 von einer ¹quasi-physiologischen Situationª gesprochen werden kann. Unter rein funktionellen Aspekten ist die quasi-physiologische Situation als die Mindestmobiltåt von 208 ROM im OSG und die Mindestteilbelastung von 200N einer unteren Extremitåt zu verstehen.
]
Die Ergebnisse der ambulanten Beobachtung an 1321 Patienten zeigen eindrçcklich die Relevanz dieser Aussagen. Die Gruppe B entwickelte wåhrend des gesamten Beobachtungszeitraumes nur 2 tiefe Beinvenenthrombosen! Diese 2 Patienten verhielten sich allerdings wie Patienten der Gruppe A, ohne dass der behandelnde Arzt informiert wurde. ] Die dokumentierten Thromboseraten lagen in der Akutklinik bei 2,5% (21 TVT, n = 841), im ambulanten Bereich bei 2,4% (32 TVT, n = 1321) und im Rehabereich unter 1% (3 TVT, n = 500), (bei Beachtung der quasi-physiologischen Situation). ] In der ambulanten Beobachtung wurden 723 Patienten mit Heparin behandelt (Gruppe A). 598 der 1321 Patienten erhielten kein Heparin (Gruppe B). Unter Berçcksichtigung der Gesamtpatientenzahl ergibt sich die oben genannte Thromboserate von 2,4%. Werden nur die Patienten berçcksichtigt, die eine Heparinprophylaxe erhielten, steigt die Thromboserate auf 4,1% (30 TVT von 723) gegençber 2 Patienten ohne Heparin und TVT von 598 also 0,3%. ] In der Rehaklinik erlitten 3 Patienten eine Thrombose (unter medikamentæser Thromboseprophylaxe). Es wurden 485 Patienten ohne TVT in die Reha aufgenommen. Es errechnet sich also eine Thromboserate von 0,6%. Die Gesamtrate von 3,6% (18 TVT von 500 Patienten) bleibt dicht çber der TVT-Rate unserer Klinik. Diese Erkenntnis sollte zum Ûberdenken der klinischen Relevanz der ¹sekundåren Thromboseª fçhren. Sekundåre Thrombosen sind als Thrombosen definiert, welche nach Aufnahme in die Rehaklinik auftreten. In der Regel findet sich in der stationåren Rehabilitation eine TVT-Rate, welche das Spontaninzidenzniveau nåmlich 1% erreicht. ] Fazit. Die multimodale stationåre Thromboseprophylaxe ist effizient. Das diagnoseassoziierte Scoring erlaubt die Selektionierung der thrombosegefåhrdeten unfallchirurgischen Patienten. Ein TVT-Risiko verbleibt trotz Einsatz der medikamentæsen TP.
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Thromboseprophylaxe zwischen Disposition und Exposition
Sowohl die stationåre als auch die ambulante medikamentæse Thrombembolieprophylaxe muss fçr den behandelnden Mediziner in erster Linie praktikabel sein. Die Wirksamkeit der medikamentæsen Thromboseprophylaxe konnte in vielen Studien nachgewiesen werden. Die Gabe von unfraktioniertem Heparin gegençber fraktioniertem Heparin erbrachte zwar nicht die gewçnschte Verringerung der Thromboseinzidenz, jedoch einen erheblichen Komfort hinsichtlich der tåglichen Applikation. Nachfolgend geht es darum, die Ergebnisse der vorliegenden Arbeit als Argumentationshilfen fçr die praktizierte Thromboseprophylaxe einzusetzen.
Abklårung des bestehenden thrombembolischen Risikos Die individuelle Abklårung des thrombembolischen Risikos des Patienten ist eine åuûerst heikle Angelegenheit. Zu dieser Abklårung gehært als wichtigste Voraussetzung die Anamnese des Patienten. Es geht prinzipiell um 3 Fragen: 1. Hat der Patient in der Vorgeschichte eine venæse Thrombose gehabt? 2. Wenn ja, trat diese Thrombose im Rahmen eines adåquaten Traumas auf oder handelt es sich um eine spontane venæse Thrombose? 3. Steht der Patient bei stationårer Aufnahme unter einer Dauerantikoagulation? Bei einer Spontanthrombose ist von einer Thrombophilie auszugehen. Bei elektiven Eingriffen bedarf es obligatorisch einer håmatologischen Abklårung. In der Notfallsituation kann diese nicht durchgefçhrt werden. Das Risiko einer thrombembolischen Komplikation ist bei Verletzungen und Operationen des Kærpers unterschiedlich hoch. Man kann davon ausgehen, dass Verletzungen des Ellbogens, des Unterarmes und der Hand kein bzw. ein åuûerst ge-
ringes thrombembolisches Risiko darstellen. Dieses begrçndet sich in der Tatsache, dass diese Abschnitte der oberen Extremitåten nicht ursåchlich an einer venæsen Stase im Stamm und an den unteren Extremitåten beteiligt sind. Stammnahe Verletzungen der oberen Extremitåt, wie beispielsweise Verletzungen des Schultergçrtels mit Oberarm aber auch Verletzungen von Rumpf und Beinen, haben einen bedeutenden Einfluss auf den zentripedalen venæsen Fluss aus der unteren Extremitåt. Beispielsweise verringert eine pathologische Atmung (schmerzoder funktionell bedingt) den zentripedalen Venenfluss. Es ist bekannt, dass bei Pressatmung und bei flacher Atmung der venæse Fluss an der unteren Extremitåt erheblich reduziert wird, und die Stasebedingungen gefærdert werden. Dies ist insbesondere zu bedenken, da Thrombophilien nur in einem statischen oder turbulenten System und nicht in einem flieûenden linearen System demaskiert werden [155]. Dies ist eine entscheidende Feststellung, da alle angeborenen oder erworbenen Gerinnungsçbel in vitro in einer Stase oder in einer Turbulenz aber nicht im flieûenden System gemessen und dokumentiert wurden. Besondere Beachtung verdienen Schådel-Hirn-Traumen, wo thrombembolische Prophylaxe und Blutungsrisiko einer besonderen Abwågung bedçrfen. Niedermolekulare Heparine werden hier bevorzugt eingesetzt, da sie ein erheblich niedrigeres Blutungsrisiko darstellen. Die Indikation zur Thrombembolieprophylaxe im Schådelbereich wird in der Universitåtsklinik Ulm generell bei allen Verletzungen, selbst Blutungen, mit einem niedermolekularen Heparin durchgefçhrt (aufgrund persænlicher Empfehlung der Neurochirurgischen Universitåtsklinik Ulm). Einzige Ausnahme sind progrediente zerebrale Blutungen. Die Einteilung der Patienten in Nieder-, Mittelund Hochrisikopatienten bezçglich einer thrombembolischen Komplikation ist grundsåtzlich richtig. Allzu håufig beschrånkt sich allerdings die Beurteilung mangels anamnestischer Daten
Abklårung des bestehenden thrombembolischen Risikos
auf die Beurteilung des chirurgischen also operativen Risikos. Es ist davon auszugehen, dass Patienten mit einem niederen operativen Risiko, wie beispielsweise isolierten Ellbogen-, Unterarm- und Handverletzungen auch bei Vorliegen einer maskierten Thrombophilie åuûerst selten eine Thrombose der unteren Extremitåten oder oberen Extremitåten entwickeln. Dies begrçndet sich darin, dass der Venenfluss durch diese Verletzungen nicht oder nur unbedeutend beeintråchtigt wird und stçtzt sich andererseits auf jahrelange eigene Erfahrungen unserer handchirurgischen Sektion. Eine medikamentæse Thromboseprophylaxe wird nicht routinemåûig durchgefçhrt. Dies gilt nicht mehr fçr Patienten mit kleineren Eingriffen an der unteren Extremitåt mit niedrigem thrombembolischen Risiko. Hier kann eine vorçbergehende venæse Stase eine bis dahin maskierte Thrombophilie demaskieren. Mittleres und hohes thrombembolisches Risiko ist nicht einfach voneinander zu trennen. Beispielsweise bietet ein Patient mit einer Kniegelenks-Arthroskopie vom chirurgischen Eingriff her ein maximal mittleres Thromboserisiko. Bei bestehender maskierter Thrombophilie kænnte es durch Venostase der unteren Extremitåt zu einer Demaskierung der Thrombophilie kommen. Hier handelt es sich nicht mehr um einen Patienten mit potenziell mittlerem sondern mit hohem Risiko, ohne dass durch die Vorgeschichte eine Thrombose håtte aufgedeckt werden kænnen oder mçssen. Bei 8% Inzidenz der APC-Resistenz in Mitteleuropa sollten Risikobeurteilungen mangels suffizienter eruierbarer Risikofaktoren åuûerst zurçckhaltend vorgenommen werden. In dem oben genannten Fall wåre es also sinnvoll gewesen, den Patienten als Hochrisikopatienten zu beurteilen. Aber worin besteht der Unterschied zwischen einem mittleren und hohen thrombembolischen Risiko? In beiden Fållen, also mittlerem und hohem Risiko, bedarf es der medikamentæsen Thrombembolieprophylaxe. Die Thrombembolieprophylaxe wird im stationåren Bereich mit 3 ´ 5000 IU Heparin oder mit einem 1´ tåglich gegebenen niedermolekularen Heparin durchgefçhrt, so dass es defacto keinen Unterschied in der durchgefçhrten medikamentæsen Thrombembolieprophylaxe zwischen mittlerem und hohem Risiko gibt. Bei Thrombose in der Vorgeschichte besteht keine Indikation zur Vollheparinisierung oder der mehrfachen tåglichen Gabe von niedermolekularem Heparin. Hier gibt es z. Z. keine eindeutigen Empfehlungen in der Literatur. Wenn
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keine Kontraindikation besteht, wenden wir die hålftige therapeutische Dosierung eines niedermolekularen Heparins an. Eine Alternative ergibt sich durch die Zulassung von rekombinantem Hirudin in der Thrombembolieprophylaxe (2 ´ 15 mg Revasc). Mit der Gabe von Hirudin kann man bei ungeklårter HIT-II-Situation das Risiko einer solchen Komplikation simultan ausschlieûen, zumal ein Screening der HIT-II-Antikærper 6 Wochen nach Exposition nicht mehr mæglich ist (AK nicht mehr nachweisbar). Diese Empfehlung basiert aber auf Expertenwissen und nicht auf groûen klinischen Studien. Die Vertråglichkeit der Medikation und das niedere Blutungsrisiko auch unter Hirudin erlauben eine solche Strategie. Patienten, welche unter Dauerantikoagulation stationår aufgenommen und operiert werden mçssen, stellen den Chirurgen vor das Problem, zwischen mæglichen Nachblutungen mit schwerwiegenden Konsequenzen, wie Infektionen, oder der Prophylaxe thrombembolischer Komplikationen, gerade beim Patienten mit kçnstlicher Herzklappe etc., abwågen zu mçssen. Die internistischen Empfehlungen sind meist nicht hilfreich, fordern sie doch die Fortfçhrung der Antikoagulation gerade bei Herzklappen. Dabei kann aber das chirurgische Komplikationsrisiko extrem steigen. Trotz subtilster Blutstillung entgleitet hier der postoperative Verlauf der chirurgischen Kontrolle, weshalb die Gerinnung zumindest passager zum Zeitpunkt der Operation auf ein suffizientes Maû eingestellt werden sollte. Das Argument, man wçrde beispielsweise die Gerinnung mit Heparin nur intrinsisch und nicht extrinsisch beeintråchtigen, mag zwar theoretisch richtig sein, dennoch çberzeugt die tågliche Erfahrung jeden Chirurgen vom Gegenteil. Deshalb wird empfohlen, die Antikoagulation pråoperativ abzusetzen und den INR auf 2 anzuheben. Bei diesem Wert operiert man unter einer zusåtzlichen Prophylaxedosis eines NMH den Patienten und fåhrt mit der therapeutischen Dosierung des NMH am Op.-Abend fort, um nach 5 Tagen mit der Oralisierung der Antikoagulation wieder zu beginnen. Die NMH-Gabe wird nach Ûberschreiten der INR-2-Marke abgesetzt (Abb. 59). Die Dauer der medikamentæsen Thromboseprophylaxe richtet sich einerseits nach dem Erreichen der quasi-physiologischen Situation und anderseits nach der Abheilung intimaler venæser Gefåûverletzungen an der unteren Extremitåt. Die Ergebnisse der ambulanten und stationåren
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Thromboseprophylaxe zwischen Disposition und Exposition
Abb. 59. Strategie der Thromboseprophylaxe bei Patienten unter Dauerantikoagulation unterschiedlichster Indikation. INR International normalized ratio, NMH niedermolekulares Heparin.
Abb. 60. Medikamentæse Thromboseprophylaxe (TP), NMH prophylakt. Dosis (20 kp = 200 N). * Dieser Vorschlag basiert auf Expertenwissen und nicht auf groûen klinischen Studien.
Beobachtungen sowie der eingefçhrte Punktescore zeigen einen besonders hohen Stellenwert der Mobilitåt. Ganz im Vordergrund stehen Bewegung im OSG und Belastung der unteren Extremitåt. Das nachfolgende Flussdiagramm fasst unseren Entscheidungsbaum zur medikamentæsen Thrombembolieprophylaxe zusammen (Abb. 60) [82, 95, 97, 104±106].
Die Entscheidung welche medikamentæse Prophylaxe bei positiver thrombembolischer Vorgeschichte anzuwenden ist, bleibt dem Mediziner çberlassen. Richtlinien zur Dosierung bzw. zur Medikamentenwahl bestehen deshalb nicht, weil es an Erfahrungen in der Anwendung von z. B. Hirudin oder NMH bei thrombembolischer Vorgeschichte mangelt. Grundsåtzlich besteht bei
Abklårung des bestehenden thrombembolischen Risikos
der Verwendung von NMH ein Restrisiko hinsichtlich der HIT II. Die vorbestehende TVT kann trotz der Gabe von NMH in Folge einer HIT II und nicht als adequate TVT aufgetreten sein. Als weitere Mæglichkeit kann eine scheinbar adequate TVT, bei Prophylaxe mit unfraktioniertem Heparin, Folge einer HIT II sein. Die Sensibilisierung des Patienten auf Heparin besteht ja hauptsåchlich bei Verwendung von unfraktioniertem Heparin und viel seltener bei fraktioniertem Heparin. Grundsåtzlich kann man jedoch nicht davon ausgehen, dass der Patient fraktioniertes Heparin bei frçheren stationåren Behandlungen bekommen hat. Deshalb wurde mit einer Anwendungsbeobachtung in der Universitåtsklinik Ulm der Einsatz von rekombinantem Hirudin
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bzw. Pentasaccharid (vor kurzem) zur Prophylaxe zu Beginn und bis zum Erhalt der Blutanalyse (HIT-Antikærper) begonnen. Die Ergebnisse sind viel versprechend. Eine Empfehlung kann allerdings aufgrund der geringen Fallzahl (24) nicht ausgesprochen werden. Monomer- und Dimerverlåufe geben postoperativ wertvolle Hinweise auf die Gefåhrdung des Patienten, eine TVT zu erleiden. Dennoch entwickeln Patienten, die in der Reha mobil sind, trotz dieser erhæhten Parameter keine TVT. Die Lagerung von Patienten, insbesondere die Adduktion der Hçfte, trågt erheblich zur Minderung des venæsen Stroms bei, weshalb beim Liegen bzw. beim Ausruhen ganz besonders auf die Vermeidung dieser Beinposition zu achten ist.
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Rechtliche Fragen
Einfçhrung eines neuen Thrombembolieprophylaxekonzeptes in der Unfallchirurgie Die tiefe Beinvenenthrombose hat die Gerichte in den letzten Jahren wiederholt beschåftigt. In den Vorschriften des Rechts finden sich keine Regelungen zu den Fragen der Thromboseprophylaxe. Das Recht legt nur allgemein die Voraussetzungen fest, unter denen ein Arzt wegen eines Behandlungsfehlers haftet, das heiût, wegen falscher Behandlung oder wegen Unterlassung einer Behandlung. Aus diesen Haftungsvoraussetzungen ergibt sich dann mittelbar, welches Verhalten vom Arzt zur Vermeidung von Haftung verlangt wird. Verhaltensanforderungen sind also quasi die Kehrseite der Haftungsvoraussetzungen. Das Recht enthålt fçr diesen Bereich eigentlich nur eine grundlegende Bestimmung, dass Haftung eintritt, wenn die erforderliche Sorgfalt bei der Behandlung verletzt worden ist [201, 220]. Was diese erforderliche Sorgfalt ausmacht, sagt das Gesetz im Einzelnen nicht nåher. Es wåre ja auch ganz unmæglich, fçr alle Bereiche årztlicher Tåtigkeit die jeweils erforderlichen Methoden und Sorgfaltsanforderungen im Gesetz festzulegen. Das wçrde, wenn man es tåte, zu einer Erstarrung der Medizin und zu schweren Stærungen ihrer Entwicklung fçhren [202]. Wenn man die Gerichtsurteile der letzten Jahren die sich mit tiefen Beinvenenthrombosen befassten, betrachtet, so befassen sie sich durchweg mit Fållen, die ca. zehn Jahre zurçckliegen. Wenn die Rechtsprechung zu solchen Fållen kommt, dann kann sie eigentlich nur zu den Methoden von gestern Stellung nehmen.
Behandlungsstandard Die im Gesetz verlangte erforderliche Sorgfalt wird konkretisiert durch den ¹Standardª der Behandlung, der vermittelnd eingreift, der flexibler ist und nicht so starr und allgemein wie die gesetzlichen Klauseln. Der Standard der Behandlung richtet sich nach dem dem Arzt verfçgbaren Stand der medizinischen Wissenschaft und Praxis zur Zeit der Behandlung. ¹Standardª meint also (anders als in Hotelprospekten) nicht die niedrigste Kategorie und auch nicht etwa den kleinsten gemeinsamen Nenner unterschiedlicher Behandlungskonzepte, sondern umschreibt das, was von einem durchschnittlich qualifizierten Arzt an Kenntnissen, Kænnen und Aufmerksamkeit erbracht werden muss. Vom Patienten her gesehen ist es das, was an Leistung und Sorgfalt normalerweise von einer ordentlichen årztlichen Behandlung zu erwarten ist. So ist Standard nicht nur eine Beschreibung einer etwa mehrheitlich geçbten Praxis, sondern Standard enthålt auch normative Elemente: Das was in der Praxis als richtig und erforderlich angesehen wird, mægen es auch nicht oder noch nicht alle tun. Der Standard bezeichnet, so hat es einmal der Vorsitzende des Arzthaftungssenates des Bundesgerichtshofs, Weber, gesagt, ¹die gute, die fçr richtig gehaltene årztliche Ûbungª. Was das ist, wird im Streitfall durch die Medizin selbst bestimmt, nåmlich durch Gerichte auf dem Weg çber die Sachverståndigen. In der Rechtsprechung zur Behandlung der Beinvenenthrombose finden sich sehr unterschiedliche Stellungnahmen von Sachverståndigen mit dem Ergebnis sehr unterschiedlicher Gerichtsurteile [226].
Rechtliche Bedeutung der Arzneimittelzulassung
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Therapiefreiheit
Grenzen der Therapiefreiheit
Ausgangspunkt aller rechtlichen Ûberlegungen ist das von der Rechtsprechung seit jeher anerkannte Prinzip der Therapiefreiheit. Es beruht auf dem Grundsatz der formalen Gleichwertigkeit verschiedener Behandlungsmethoden. Selbst wenn eine Behandlungsmethode fçr ein bestimmtes Krankheitsbild wissenschaftlich anerkannt und allgemein çblich ist, steht es dem Arzt innerhalb der noch aufzuzeigenden Grenzen frei, sich unter Berçcksichtigung aller konkreten Umstånde fçr eine andere Methode zu entscheiden. Der BGH, unsere hæchste Instanz in Zivilund Strafsachen, hat an der Rechtsprechung des Reichsgerichts zur ¹Kurierfreiheitª festgehalten und im ¹Homæopathie-Urteilª festgestellt: ¹Der Arzt ist nicht verpflichtet, das als das wirksamste geltende Mittel auch dann anzuwenden, wenn seine auf sachliche Grçnde gestçtzte persænliche Ûberzeugung mit der çberwiegenden Meinung nicht çbereinstimmtª (RGSt 64, 263, 270). Die Methodenwahl ist danach eine hæchstpersænliche Entscheidung des Arztes innerhalb eines nicht justitiablen Beurteilungsspielraumes.
Der Arzt ist zur Wahrung der berufsspezifischen Sorgfalt verpflichtet. Ist eine Methode allgemein als die wirksamere oder bei gleicher Wirksamkeit als die risikoårmere anerkannt, so muss der Arzt sie prinzipiell anwenden. Unter zwei wesentlichen Voraussetzungen darf der Arzt davon abweichend einer anderen Methode den Vorzug geben: ] Er muss, wie in der oben zitierten Entscheidung des BGH zum Ausdruck gebracht wird, aufgrund sachlicher Prçfung von der Ûberlegenheit der von ihm bevorzugten Methode çberzeugt sein und ] er muss den Patienten darçber aufklåren, dass er bei der Wahl der Methode/des Medikamentes von der allgemeinen oder der weit çberwiegenden Meinung der Fachkollegen abweicht sowie weiter, welche Vorteile er von der vorgeschlagenen Behandlungsmethode erwartet und welche nachteiligen Nebenwirkungen/Risiken mit ihr verbunden sein kænnen.
Rechtliche Bedeutung der Arzneimittelzulassung Grçnde fçr die Therapiefreiheit Es gibt, wie nicht anders zu erwarten, divergierende Auffassungen, ob die Therapiefreiheit sachlich gerechtfertigt ist, in welchen Grenzen sie anerkannt werden kann und vor allem, woraus sie sich herleiten låsst. Zwei Aspekte sollten in diesem Meinungsstreit den Ausschlag geben: ] Das Selbstbestimmungsrecht des Patienten låsst sich nur verwirklichen, wenn er zwischen mehreren in Betracht kommenden Methoden frei wåhlen kann und ] der Arzt nicht gehindert ist, diese Methoden anzuwenden; die Weiterentwicklung der Medizin hångt davon ab, dass neue Methoden in die Behandlung eingefçhrt werden dçrfen und der Arzt nicht verpflichtet ist, strikt an den allgemein anerkannten Methoden festzuhalten.
Die Zulassung eines Arzneimittels ergibt fçr den Arzt, der es anwendet, einen Vertrauenstatbestand. Er darf sich, soweit keine gegenteiligen Anhaltspunkte erkennbar sind, darauf verlassen, dass die Nutzen-Risiko-Bilanz, also das Verhåltnis von erstrebter Wirkung zu den sicheren oder mæglichen Nebenwirkungen des Arzneimittels, aufgrund der vom Hersteller gefçhrten Nachweise und der Prçfung des Bundesgesundheitsamtes positiv zu bewerten ist. Dieses Vertrauen gilt nur fçr die Anwendungsgebiete, fçr die das Arzneimittel zugelassen ist. Unberçhrt bleibt durch den Vertrauenstatbestand die Pflicht des Arztes zu prçfen, ob die Anwendung des Arzneimittels auch im individuellen Fall eine positive Nutzen-Risiko-Bilanz erwarten låsst. Vor allem muss der behandelnde Arzt feststellen, ob absolute oder relative Kontraindikationen bestehen oder ob andere Behandlungsmethoden/Arzneimittel wegen ihrer græûeren Wirksamkeit oder ihrer geringeren Risiken den Vorzug verdienen.
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Rechtliche Fragen
Rechtfertigung auûerhalb des zugelassenen Anwendungsgebietes Die Bestimmungen des Arzneimittelgesetzes çber die Zulassung von Arzneimitteln verbieten es dem Arzt, nicht weder ein nicht zugelassenes Arzneimittel anzuwenden noch ein zugelassenes Arzneimittel auûerhalb der in der Zulassung angegebenen Anwendungsgebiete einzusetzen. Wendet der Arzt ein Arzneimittel auûerhalb des zugelassenen Anwendungsgebietes an und kommt es infolge einer Arzneimittelnebenwirkung zu einem Gesundheitsschaden, so kann er sich nicht auf den oben erwåhnten Vertrauenstatbestand berufen. Er geråt damit in einen Rechtfertigungszwang. In den Studien der vorliegenden Arbeit wurde das Medikament Monoembolex fçr den gesamten Risikobereich der Thrombembolie eingesetzt, obwohl die Zulassung nur fçr den Hochrisikobereich besteht. Die Beobachtungen zeigen in allen Bereichen einen erfolgreichen Einsatz des Medikaments bei guter Vertråglichkeit. Die neue S2-Leitlinie çber die medikamentæse TP von 2003 beståtigt dies nun auch definitiv. Die Inzidenz der HIT II bleibt trotz bestehender Studien unter NMH ungeklårt. Der Einsatz von NMH birgt jedoch unumstritten ein deutlich geringeres HIT-II-Risiko im Vergleich zum unfraktionierten Heparin. Die klinische Anwendung des hier vorgestellten scoreorientierten Prophylaxekonzeptes als Standard in der Thrombembolieprophylaxe von unfallchirurgischen Patienten muss sich im Sinne des Vertrauenstatbestandes juristisch genauso etablieren wie der Begriff der quasi-physiologischen Situation und deren implizierten Konsequenzen in der Thromboseprophylaxe. Dabei ist zur Zeit die Quantitåt der Mobilitåt im tåglichen Rhythmus noch nicht geklårt. Allerdings weisen die Ergebnisse der letzten Studien darauf hin, dass eine Mobilitåt von mindestens 6 Stunden pro Tag gefordert werden muss. Zu diesem Thema sind weitere Untersuchungen notwendig. Die groûe Fallzahl von Patienten in den hier vorgestellten monozentrischen Studien sowie die resultierende deutlich niedrigere Thromboserate im Vergleich zu den in der Literatur beschriebenen Inzidenzen wird die Einfçhrung des Thromboseprophylaxekonzeptes erleichtern [220].
Aufklårungspflicht Kommen anstelle der vom Arzt vorgeschlagenen Behandlung andere Methoden mit unterschiedlichen Erfolgsaussichten und unterschiedlichen Risiken ernsthaft in Betracht, so muss der Arzt den Patienten nach bestehender Rechtsprechung darçber aufklåren, um ihm zur Wahrung seines Selbstbestimmungsrechts die Wahl des Verfahrens zu ermæglichen. Dies gilt auch fçr die Wahl unterschiedlicher Arzneimittel im Rahmen einer medikamentæsen Behandlung, falls signifikante Unterschiede bestehen. Mit der vorgestellten Prophylaxestrategie sank die Inzidenz der thrombembolischen Komplikationen weit unter die in der Literatur beschriebene Inzidenz. Die Aufklårung des Patienten çber das Verwenden eines NMH çber die Grenzen seiner Zulassung hinaus erfolgt als Routinezusatz bei einem chirurgischen Aufklårungsgespråch. Zwischenzeitlich hat die AMWF-S2-Leitlinie Nr. 003/001 den Einsatz von NMH, welches grundsåtzlich nur fçr den Hochrisikobereich zugelassen war, auch unter Berçcksichtigung der obigen Ergebnisse fçr geringeres Thromboserisiko empfohlen. ] Fazit. Die Einteilung des TVT-Risikos in Gruppen ist pådagogisch richtig. In der Praxis låsst sich meist nur das chirurgische TVT-Risiko klassifizieren. Eine vorçbergehende Einteilung aller Patienten in den Hochrisikobereich (stationår) erscheint sinnvoll und praktikabel, um den maskierten Thrombophilien Rechnung zu tragen. Der Vertrauenstatbestand fçr die quasi-physiologische Situation bzw. fçr den Score zur Thromboseprophylaxe existiert als nationaler oder internationaler Standard noch nicht.
Gesundheitsækonomische Aspekte
Thromboseprophylaxe zwischen Úkonomie und medizinischer Machbarkeit Bei der Diskussion der prophylaktischen Methoden mçssen auch gesundheitsækonomische Gesichtspunkte berçcksichtigt werden. Es muss festgehalten werden, dass die primåre Pråvention mit routinemåûig postoperativem Screening der Patienten kostengçnstiger ist als die sekundåre Pråvention. Allerdings ist das postoperative Screening personalintensiv [138±143]. Fçr alle Patienten mit thrombembolischem Risiko sind die Kosten des Screenings, der Diagnosestellung und der Behandlung der Thrombembolie so hoch, dass die gegenwårtig empfohlenen Methoden der primåren Prophylaxe kostengçnstiger sind, d. h. die verfçgbaren Mittel besser ausnçtzen. Die Prophylaxe postoperativer venæser Thrombembolien mittels niedermolekularer Heparine in Kombination mit physiotherapeutischen und physikalischen Maûnahmen infolge ihrer erwiesenen Wirksamkeit, groûen Vertråglichkeit, Patientenakzeptanz und guter KostenNutzen-Verhåltnisse ist gerechtfertigt. Dabei gilt es, bei den NMHs zwischen Fertigspritzen und Multidose zu unterscheiden. Wåhrend Fertigspritzen ohne Konservierungsstoffe auskommen und exakte Dosierungen liefern, sind multidose Darreichungsformen unsicherer zu dosieren und mit Konservierungsstoffen hergestellt. Es wird hauptsåchlich Benzylalkohol verwendet, der allerdings teratogen sein soll. Solche Produkte sind in der Traumatologie bei Frauen mit mæglicher Schwangerschaft gerade in Notfallsituationen mit Narkose ab Unfallort kritisch zu bewerten. Einzige Ausnahme stellt hier Certoparin dar, welches in der multidose Darreichungsform mit Kresol konserviert wird. Eine Teratogenitåt dieses Stoffes ist nicht bekannt. Preisunterschiede der einzelnen Produkte sind aktuell zu vernachlåssigen.
Dennoch treten thrombembolische Komplikationen trotz durchgefçhrter Prophylaxe auf. Die Inzidenz des postthrombotischen Syndromes in Deutschland lag bei 2,1% fçr die unter-50-jåhrigen und 3,9% fçr die çber-50-jåhrigen Personen (Institut fçr Medizinische Information und Biostatik IMIB, 1995). Diese Komplikationen gilt es zu vermeiden. Die hier vorgestellten Ergebnisse sind ermutigend. Die Thromboserate bei 841 stationåren Patienten lag bei 2,5%. Das entspricht 21 Patienten, von welchen statistisch gesehen maximal 4% eine Lungenembolie erleiden (1,4 Patienten). 80% davon, also 1 Patient, wçrde eine symptomatische klinisch relevante Thrombembolie erleiden. Die so errechnete symptomatische Lungenembolieinzidenz von etwa 1 Patient auf 1000 entspricht der retrospektiven Analyse des o. g. Krankengutes mit der Einschrånkung, dass die beobachtete Komplikation nicht letal war. Der Arzt darf sich nicht primår auf KostenNutzen-Betrachtungen einlassen. Es geht letztlich darum, einem Patienten die in vieler Hinsicht belastenden Folgen einer tiefen Beinvenenthrombose zu ersparen. Die multimodale Prophylaxe mit postoperativem sonographischen Screening erlaubt bei geringer Invasivitåt der Maûnahmen ein Maximum an Sicherheit. Das frçhe Erkennen von thrombembolischen Komplikationen erlaubt zudem die Progression der Låsion und fçhrt auf Dauer zur entscheidenden Verbesserung der Prognose des postthrombotischen Syndroms. ] Fazit. Die multimodale TP ist effizient. Sie kann hohe Behandlungsfolgekosten des postthrombotischen Syndroms vermeiden. Ein postoperatives TVT-Screening wåre aus prognostischer Sicht zu empfehlen.
Management der Thromboseprophylaxe
Zusammenfassung und Ûbersicht 1. Die duplexsonographische Untersuchung zur Lokalisation und Altersbestimmung von tiefen Venenthrombosen an der unteren Extremitåt kann als nichtinvasive Methode fçr den klinischen Alltag empfohlen werden. Die Kenntnis der ultrastrukturellen Verånderung der tiefen Beinvene einerseits und die konsequente Einhaltung der Standardprogrammierung des Ultraschallgeråtes andererseits sind neben dem erfahrenen Untersucher zwingende Voraussetzung fçr eine sichere Beurteilung der tiefen Beinvenenthrombose. 2. Die stationåre Thrombembolieprophylaxe sollte multimodal aufgebaut sein. Die alleinige medikamentæse Thromboseprophylaxe ist unzureichend. Vielmehr gilt es, mit der erlangten Erkenntnis die Palette der Physiotherapie auszuschæpfen, um Thrombosen zu verhindern. Zu diesem Vorgehen ermutigen die vorliegenden Ergebnisse. Dabei sind Analgesie und antiphlogistische Therapie ebenso wichtig wie ausgeglichene Flçssigkeitsbilanz (Viskositåt). 3. Die Indikation zur ambulanten, medikamentæsen Thromboseprophylaxe låsst sich anhand einer quasi-physiologischen Situation definieren. Das frei bewegliche Sprunggelenk (208 Bewegungsumfang) und 20 kp Teilbelastung simulieren eine Situation im venæsen System, welche nicht mehr als eingeschrånkt zu betrachten ist. Zusåtzliche Indikationen zur medikamentæsen, ambulanten Thromboseprophylaxe sind sicherlich nicht die unçberschaubare Anzahl von einzelnen Risikofaktoren, deren Zahl jeden Tag steigt und die ein praktizierender Unfallchirurg an einem Patienten nicht abklåren kann, zumal das Ergebnis dieser Abklårung oft spåter eintrifft, als die Therapie çberhaupt dauert. Diese disposi-
tionellen Risiken spielen nur eine untergeordnete Rolle! Risikokonstellationen, welche von sich aus und trotz Einhalten der quasi-physiologischen Situation dringlich eine ambulante medikamentæse Thromboseprophylaxe verlangen, sind der Verdacht einer Venenlåsionen des tiefen Systems, besonders am Oberschenkel und im Beckenbereich. Auûerdem spielen postoperative und posttraumatische Låhmungserscheinungen (Motorik) und schmerzbedingte Schonung an der unteren Extremitåt eine wichtige Rolle. Vasomotorische Dysregulation neben Bewegungsdefizit verstårken die venæse Stase. In diesen Fållen sollte eine medikamentæse Thromboseprophylaxe çber mindestens 3 Wochen durchgefçhrt werden. Die prospektive Beobachtung zeigt mit ihren Ergebnissen klar, dass die praktikable Strategie mit ¹Bewegung und Belastungª zu einer eindeutigen Reduktion der Thromboseinzidenz gefçhrt hat. Die Einfçhrung eines Scores ist besonders fçr den ambulanten Bereich sinnvoll. Die Korrelation zur quasi-physiologischen Situation ist 100%. Der Score schlieût Funktionelles und Anamnestisches zusammen. Deshalb kann er mit Recht als Verbesserung der Definition der quasi-physiologischen Situation gelten. Die Abb. 61 fasst die wichtigsten Parameter der Thrombogenese zusammen. Trotz medikamentæser Thrombembolieprophylaxe (mit NMH) entwickeln ca 4% der ambulanten unfallchirurgischen Patienten mit Verletzungen der unteren Extremitåten, des Beckens und der Wirbelsåule eine tiefe Beinvenenthrombose (TVT) (n = 723). Es gilt, durch weitere prospektive Studien mit groûen Fallzahlen im ambulanten Bereich, den Effekt der vorgestellten Strategie zu beståtigen. Im stationåren Bereich sind die sehr guten Ergebnisse in der Thromboseprophylaxe (2,5%) als Erfolg der kombinierten medikamentæsen (Heparin, Antiphlogistica und Analgetica) und physiotherapeutischen wie physikalischen Thromboseprophylaxe zu beurteilen.
Zusammenfassung und Ûbersicht
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Abb. 61. Ohne Spontanthrombosen in der Vorgeschichte ist das dispositionelle Risiko sekundår unter Berçcksichtigung aller expositionellen Risiken. Wesentlich in der Thromboseprophylaxe ist das Erreichen einer ¹quasi-physiologischen Situationª. AT III/XII,
Faktor XII Antithrombin, HR histidinreiches HR-Glykoprotein, PAI Plasminogen activator inhibitor, Prot C Protein C, Prot S Protein S, t-PA tissue plasminogen activator.
Das thrombembolische Risiko nimmt unter Berçcksichtigung der Ergebnisse in der stationåren Rehabilitation rasch ab. Auch hier kommt es zu einer Kumulation der TVT vor Ende der 3. postoperativen Woche. Die allermeisten TVT bestanden bei der Aufnahme! Der bei 500 Reha-
patienten gezeigte Trend sollte durch eine weitere græûere Studie (n = 1500) çberprçft werden. Als erste Orientierung der tåglichen Mobilitåt sind 6 Stunden im Rahmen der quasi-physiologischen Situation zu diskutieren.
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Ûbersichtstafeln
Tafel 1 Heparin 1916 Entdeckung von UFH (unfraktioniertem Heparin) 1935 Klinische Anwendung von UFH 1973 Beschreibung des AT-III-vermittelten Wirkmechanismus 1976 Entdeckung von ¹High-affinityª- und ¹Low-affinityª-Heparin 1981 Korrelation verschiedener Kettenlången von Saccharidsequenzen und Hemmung verschiedener Gerinnungsfaktoren (Faktor II und Faktor X) 1983 Charakterisierung eines Pentasaccharids als Baustein von Heparin 1986 Konsensus-Konferenz: ¹UFH (unfraktioniertes Heparin) Mittel der Wahl zur Prophylaxe postoperativer thromboembolischer Komplikationenª 1991 Europåische Konsensus-Erklårung: ¹NMH (niedermolekulares Heparin) derzeit wirkungvollste Prophylaxe im Hochrisikobereichª
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Tafel 2 Gerinnungskaskade Gerinnungsschema nach Gerlach und Tilsner [7, 216]. ADP Adenosindiphosphat, AT III Antithrombin III, ATP Adenosintriphosphorsåure, EDRF Endothelium derived relaxing factor, PAF Plasminogen activating factor, PAI Plasminogenaktivatorinhibitor, PF3 Plåttchenfaktor, PGl2 Prostaglandin I2, PL Phospholipid, TxA2 Thromboxan, TF Gewebefaktor, t-PA Gewebsplasminogenaktivator, Va = aktivierter Faktor V, X = Faktor X, Xa = aktivierter Faktor X
Ûbersichtstafeln
Tafel 3 Indikationsbereich der medikamentæsen Thromboseprophylaxe mit Heparin (Rechteck) SHT sind keine Kontraindikation, schwere Hirnblutungen, wie kreislaufwirksame Blutungen stellen im Einzelfall vorçbergehend keine Indikation zur Prophylaxe der TVT dar. Isolierte Verletzungen der oberen Extremitåt distal des Ellenbogens stellen keine Indikation dar.
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Tafel 4 Medikamentæse Thromboseprophylaxe Medikamentæse Thromboseprophylaxe (TP), NMH prophylakt. Dosis (20 kp = 200N). * Dieser Vorschlag basiert auf Expertenwissen und nicht auf groûen klinischen Studien.
Ûbersichtstafeln
Tafel 5 Diagnostischer Algoritmus TVT Algorithmus fçr die Diagnostik der TVT [18, 226 a]. Fibrinspaltprodukte sind postoperativ unsichere Parameter fçr eine TVT-Diagnostik. US farbkodierte Duplex-Sonographie, WO Woche, TVT tiefe Beinvenenthrombose, Æ kein Befund.
Tafel 6 Scoreanwendung
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Tafel 7 Verhalten bei Verdacht auf HIT II Klinik ] Klinisches Ereignis meist mit Thrombozytenabfall oder neu aufgetretenem Gefåûverschluss ] Trotz ausreichender Antikoagulation thrombotische Verschlçsse ] Thrombozyten ca. 40±60 000 c/ml oder 50% des Ausgangswertes ] Heparinpersistenz ] Nachweis von heparininduzierten Antikærpern (ELISA, HIPA) ] Sensibilisierung 5±14 Tage, Reexposition Reaktion in Stunden ] Pråoperatives Screening nicht mæglich, da Antikærper maximal 6 Wochen nach Ereignis nachweisbar ] Rinderheparin vermehrt sensibilisierend ] Inzidenz 1±2% in der Literatur ] Eigene Ergebnisse 8/50 000 = 0,16 Promille
Pathophysiologie ] Antigen: PF4 + Heparin ] Antikærper: IgG (IgM) T Thrombozyten, PF4 Plåttchenfaktor 4, Fc, F(ab)2 Fragmente des Antikærpers
Ûbersichtstafeln
Tafel 8 Strategie bei HIT-II-Verdacht
Tafel 9 TVT Prophylaxe bei adåquater TVT in der Vorgeschichte oder BMI >30 (Empfehlung)
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Tafel 10 Chirurgische Therapie unter Antikoagulation
Umstellung von oralen Antikoagulanzien auf LMWH wenn INR = 2 am letzten pråoperativen Tag erreicht wird.
Umstellung von oralen Antikoagulanzien auf LMWH wenn INR = 2 vor dem letzten pråoperativen Tag erreicht wird.
Ûbersichtstafeln
Tafel 11 Antidote fçr Antikoagulanzien
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Literaturverzeichnis
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Sachverzeichnis
A
G
Q
Aggregationshemmer 15 Antidote 89 Antifibrinolytika 12 Antikoagulanzien 14 Antikoagulation 88 Antikontrazeptiva, orale 12 Antithrombin-III-Mangel 6 APC-Resistenz 7 Aspekte, gesundheitsækonomische 75 Aufklårungspflicht 74
Gerinnung ± humorale 1 ± thrombozytische 1 Gerinnungskaskade 2, 82 Gerinnungsschema 82
Quick-Wert 21
H
T
Heparin 15, 81 ± low-dose 2 ± niedermolekulares 15 Heparinoide 16 Hirudin 6, 16 Homocystinurie 8
Immobilisierung 11 Interleukine 8 International normalized ratio (INR) 21
Thermographie 20 Thrombembolie-Prophylaxekonzept 64 ff Thrombin 4 ff Thrombopenie 16 Thrombophiliescreening 22 Thromboseinzidenz 9, 13 Thromboseprophylaxe 13, 14, 44 ff., 83 ± Management 76 ± medikamentæse 42, 56, 70, 84 ± physikalische Maûnahmen 58 ± Rehabilitation 52 ff
K
U
Kernspintomographie 19
Ûbergewicht
L
V
Leukotriene 8 Lupusantikoagulanzien 8
Vena Flow 62 Venenthrombose ± akute 28 ff ± åltere 31 Venenverschlussplethysmographie 20
B B-Bild-Sonographie 17 Beinvenenthrombose, tiefe 17 Belastung, quasi-physiologische 37, 38 Bewegungsumfang, quasi-physiologischer 40 Blutgerinnung 2 Blutgerinnungsfaktoren 4 C Computertomographie (CT) 19 Corticosteroide 12 D Dehydratation 12 Dextrane 14 Diagnostik, laborchemische 20 Doppler-Sonographie 17 Duplex-Sonographie 18, 33 ± farbkodierte (FKDS) 19, 25 E Endotoxin 8 Ernåhrung 10 Europåische KonsensusErklårung 2 F Faktoren, antithrombotische 5 Faktor-II-G20210A-Mutation 7
I
M MR-Venographie
19
Rauchen
10
10
X
N Nuklearmedizin
R
20
P Pentasaccharide 16 Phlebographie 17 Physiotherapie 61 Protein-C-Mangel 6 Protein-S-Mangel 6
Ximelagatran 16