Umweltchemikalien: Physikalisch-chemische Daten, Toxizitäten, Grenzund Richtwerte, Umweltverhalten
Rainer Koch
WILEY-V...
347 downloads
1696 Views
5MB Size
Report
This content was uploaded by our users and we assume good faith they have the permission to share this book. If you own the copyright to this book and it is wrongfully on our website, we offer a simple DMCA procedure to remove your content from our site. Start by pressing the button below!
Report copyright / DMCA form
Umweltchemikalien: Physikalisch-chemische Daten, Toxizitäten, Grenzund Richtwerte, Umweltverhalten
Rainer Koch
WILEY-VCH
Umweltchernikalien Physikalisch-chemische Daten, Toxizitaten, Grenz- und Richtwerte, Umweltverhalten Dritte Auflage von Rainer Koch
VCH
Weinheim - New York Base1 Cambridge - Tokyo
This Page Intentionally Left Blank
Umweltchemikdien
0 VCH Verlagsgesellschaft mbH, D-69451 Weinheim (Bundesrepuhlik Deutschland), 1995 Vertrieb: VCH, Postfach 101161, D-69451 Weinheim (Bundesrepublik Deutschland) Schweiz: VCH, Postfach, CH-4020 Basel (Schweiz) GroRbritannien und Irland: VCH (UK) Ltd., 8 Wellington Court, Cambridge C B l LHZ (England) USA und Canada: VCH, 220 East 23rd Street, New York, NY 10010-4606 (USA) Japan: VCH, Eikow Building, 10-9 Hongo 1-chorne, Bunkyo-ku, Tokyo 113, Japan ISBN 3-527-30061-9
Umweltchernikalien Physikalisch-chemische Daten, Toxizitaten, Grenz- und Richtwerte, Umweltverhalten Dritte Auflage von Rainer Koch
VCH
Weinheim - New York Base1 Cambridge - Tokyo
Dr. Raincr Koch Baycr AG WV Umweltschutz Produktsichcrhcit D-51368 Leverkusen
Das vorliegende Werk wurde sorgfaltigerarbeitet. Dennoch ubernehinen Autor und Verlagfur die Richtigkeit von Angaben, Hinweisen und Ratschliigen sowie fur eventuelle Druckfchlcr keine Hafttine.
Lcktorat: Ilr. Hans-Joachim Kraus Herstellerische Betreuung: Dipl.-Wirt.-Ing. (FH) Hans-Jochen Schmitt
Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme Koch, Rainer: Umwcltcheniikalicn : physikalisch-chemisclie Daten, Toxizitatcn, Grcnz- und Richtwcrtc, Umwcltvcrhaltcn / von Rainer Koch. -3. Aufl. -Weinheim ; New York ; Basel ; Cambridge ; Tokyo : VCH, 1995 2. Aufl. u . d . 1 : Umweltchemikalien ISBN 3-527-30061-9
0 VCH Vcrlagsgesellschaft mbH, D-69451 Weinheim (Bundesrepublik Deutschland), 1995 Gedruckt auf saurefreiem und chlorfrei gebleichtem Papier Alle Rechte, insbesondere die der Ubersetzung in andere Sprachen, vorbehalten. Kein Teil dieses Buches darf ohne schriftliche Genehmigung des Verlages in irgendeiner Form -durch Photokopie, Mikrovcrfilmung odcr irgcndcin andcrcs Vcrfahrcn -rcproduziert odcr in cine von Maschinen, insbesondere von Datenverarbeitungsmaschinen, verwendbare Sprache ubertragen oder ubersetzt werden. Die Wiedergabe von Warenbezeichnungen, Handelsnamen oder sonstigen Kennzeichen in diesen1 Buch berechtigt nicht zu der Annahme, daB diese von jedermann frei benutzt werden durfcn. Vielmehr kann cs sich aucli dann um cingctragcnc Warenzcichcn odersonstigc gesctzlich gcschutzte Kennzeichen handeln, wenn sie nicht eigens als solche markiert sind. All rights reserved (including those of translation into other languages). No part of this book may be reproduced in any form-by photoprinting, microfilm, or any other m e a n - n o r transmitted ortranslated into a machine languagc without writtcn pcrmission from thc publishers. Registered names? trademarks, etc. used in this book, even when not specifically marked as such, are not to be considered unprotected by law. Satz: K + V Fotosatz, D-64743 Beerfelden Druck: betz-druck, D-64291 Darmstadt Bindung: GroBbuchbindcrci J. Schaffcr, D-67269 Griinstadt Printed in the Federal Republic of Germany
Vorwort zur 3. Auflage
Mit dem Erscheinen des ,,European Inventory of Existing Commercial Chemical Substances (EINECS)" und den darin aufgefiihrten 100 106 Altstoffen wird deutlich, dafi die Kontrolle der chemischen Stoffe eine gemeinsame Aufgabe von Industrie, Wissenschaft und Behorden ist. 82000 der gelisteten Stoffe gelten als gut definiert; ca. 18 000 als unzureichend definiert. Bei letzteren handelt es sich um Stoffe nicht genau bekannter oder variabler Zusammensetzung, komplexe Reaktionsprodukte und biologische Materialien. Nach Angaben des Verbandes der Chemischen Industrie (VCI) werden in der Bundesrepublik Deutschland etwa 4600 Stoffe in Mengen grofier 10 t/a und davon etwa 1080 Stoffe in Mengen grol3er 1000 t/a produziert. Grundlegend fur jede Kontrolle sind Daten und Informationen, auf die aufbauend Stoffe im Hinblick auf die Schutzziele - Arbeitsschutz, - Gesundheitsschutz, - Verbraucherschutz, -
Umweltschutz
beurteilt werden konnen. Solche Beurteilungen sind dann wiederum die Grundlage fur Mafinahmen zum Schutz von Mensch und Umwelt im Sinne einer Minderung oder Minimierung stoffbedingter Risiken. Die internationale Staatengemeinschaft hat mit dem 5. Umweltaktionsprogramm der Europaischen Union, dem Chemikalienprogramm der OECD, dem International Programme on Chemical Safety (IPCS), dem International Register for Potentially Toxic Chemicals (IRPTC) und dem 1994 gegrundeten Intergovernmental Forum on Chemical Safety der UN-Mitgliedsstaaten Grundlagen geschaffen, um die anstehenden Aufgaben im Gesundheits- und Umweltschutz arbeitsteilig und zum gegenseitigen Nutzen zu losen. Mit dem vorliegenden Buch sollen der interessierten Offentlichkeit einerseits Informationen in die Hand gegeben werden, die fur eine Gefahrenidentifikation und -beschreibung einer Reihe von Industriechemikalien und Pflanzenschutzmitteln maljgeblich sind. Die formatisierte Darstellung von Daten in einem Datenprofil erleichtert stoffvergleichende Betrachtungen und laljt die bestehenden Datenliicken deutlich werden. Andererseits sollen Grundlagen und Vorgehensweise der Beurteilung der Gefahrlichkeit von Chemikalien transparent gemacht und einige wesentliche rechtliche Regelungen angesprochen werden. Gegenuber dem Gesundheitsschutz hat der Umweltschutz immer noch einen erheblichen Nachholbedarf, sowohl was die Ermittlung der Daten als auch ihre Interpretation im Sinne von Umweltgefilhrlichkeit betrifft. Dieses Defizit wird be-
VI sonders deutlich, wenn von der Okotoxikologie die Rede ist, also der Wissenschaftslehre, welche die Wirkungen chemischer Stoffe auf die Vielzahl der Lebewesen, Lebensgemeinschaften und Okosysteme untersucht. Daneben hat sich mit der Okologischen Chemie die Beschreibung des ,,Urnweltverhaltens von Chemikalien" als ein Teilgebiet der Chemie etabliert. Fur das Schutzziel ,,Urnwelt" ist in den vergangenen 15 Jahren ein Rechtssystem entstanden, das den Eintritt eines chemischen Stoffes aus den drei Lebenszyklusphasen in die Umwelt nahezu luckenlos erfarjt: bei der Herstellung und Weiterverarbeitung durch das Bundesimmissionsschutzgesetz und das Wasserhaushaltsgesetz, bei der Verwendung durch das Pflanzenschutzgesetz und die Novelle zum Chemi kaliengesetz, bei der Entsorgung durch das Abfallgesetz. Die nachsten Jahre werden im Zeichen der chemischen Stoffe stehen, deren Bewertung die Hauptaufgabe von Wissenschaft, Behorden und Industrie ist. Im Sinne der Produktverantwortung hat die chemische Industrie als Hersteller einen erheblichen Beitrag zur Losung dieser Aufgaben zu leisten, der nicht nur darin besteht, die zur Beurteilung der Stoffe erforderlichen Daten zu erheben. Daran anschlierjen wird sich eine Diskussion uber das annehmbare, akzeptable Risiko, die sich dann moglicherweise in regulierenden Marjnahmen wie in Grenzwerten, Geboten, Beschrankungen und Verboten niederschlagen kann, wenn Risiken als nicht akzeptabel beurteilt werden. Dies setzt insbesondere im Umweltschutz eine exakte Definition der Schutzziele und wissenschaftlich plausible, nachvollziehbare Bewertungskriterien und -konzepte voraus. Die Vielzahl der hier in Rede stehenden chemischen Stoffe und die Breite der fur die Bewertung benotigten Daten und Informationen macht eine Arbeitsteilung bei der Erfassung von Literaturdaten und bei der experimentellen Ermittlung fehlender Daten notwendig. International und national sind die chemische Industrie, die Wissenschaft, die Behorden, andere gesellschaftliche Organisationen wie Gewerkschaften und Umweltverbande zur Zusammenarbeit aufgerufen. In der Bundesrepublik Deutschland werden diese Aufgaben insbesondere vom Beratergremium fur urnweltrelevante Altstoffe (BUA) bei der Gesellschaft Deutscher Chemiker koordiniert und bearbeitet. In der Berufsgenossenschaft Chemie besteht seit 1977 ein dem BUA vergleichbares Gremium, das sich mit der Verhutung von Gesundheitsschaden durch Arbeitsstoffe befarjt. Zunehmend werden auch auf internationaler Ebene wie der OECD, der EU und von UN-Organisationen (IPCS, IRPTC) Aktivitaten zur Liisung der Altstoffproblematik auf der Basis wissenschaftlicher, okonomischer und umweltpolitischer Kooperation zwischen Behorden, Industrie und Wissenschaft entwickelt. Die UN-Konferenz fur Umwelt und Entwicklung (UNCED) 1992 in Rio de Janeiro hat mit der Agenda 21 ein weltweites entwicklungs- und umweltpolitisches Rahmenprogramm verabschiedet. Im Kapitel 19 der Agenda 21 (Environmentally Sound Management of Toxic Chemicals) werden u. a. die Schwerpunktaufgaben
VII und Lijsungskonzepte zur Erhohung der Chemikaliensicherheit formuliert. Der Austausch von Daten und Informationen zu Chemikalien sowie die Harmonisierung von Risikobewertung und Risikomanagement stehen dabei irn Vordergrund einer internationalen arbeitsteiligen Kooperation. Die vorliegende uberarbeitete Auflage basiert vorwiegend auf der 2. Auflage von 1991. Datenprofile der Stoffe wurden um weitere Informationen wie 2. B. zur Okotoxikologie, Exposition, zurn Umweltverhalten und zur Beurteilung der Umweltgefahrlichkeit erganzt. Die in diesem Buch wiedergegebenen Interpretationen und Beurteilungen von Daten und Informationen sind die des Autors. Sie mussen nicht mit denen anderer Fachkollegen bzw. von Organisationen und Fachverbanden ubereinstimmen. Die Datenzusammenstellung erhebt keinen Anspruch auf Vollstandigkeit.
Koln, im September 1995
Rainer Koch
This Page Intentionally Left Blank
lnhalt
1 1.1 1.2 1.2.1 1.2.2 1.2.3 1.2.4 1.2.5 1.2.6 1.2.7 1.2.8 1.2.9 1.2.10 1.3 1.3.1 1.3.2 1.3.3 1.3.4 1.3.5 1.4 1.4.1 1.4.2
Allgemeiner Teil ........................................... Einfiihrung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Erlauterungen zu den Bewertungskriterien ..................... Allgemeine Informationen ................................... Ausgewahlte Eigenschaften .................................. Toxizitat .................................................. Okotoxizitat ............................................... Exposition ................................................ Umweltverhalten ........................................... Grenz- bzw. Richtwerte ..................................... Abfallbeseitigung ........................................... Verwendung ............................................... Umweltgefahrlichkeit ....................................... Chemikaliengesetzgebung, Gefahrstoffrecht .................... Chemikaliengesetz .......................................... Gefahrstoffverordnung ...................................... Chemikalienverbotsverordnung (ChemverbotsV) . . . . . . . . . . . . . . . . Technische Regeln fur Gefahrstoffe ........................... Dioxinverbotsverordnung .................................... EU-Regelungen fur Stoffe und Zubereitungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . EG-Richtlinien fur gefahrliche Stoffe und gewisse Zubereitungen . EG-Altstoffverordnung ......................................
2 Spezieller Teil .Stoffdatensammlung ........................ Acetonitril [75-05-81 .............................................. Acrolein [ 107-02-81 ............................................... Acrylnitril [107-13-11 ............................................. Acrylsaure [79-10-71 .............................................. Aldrin [309-00-21 ................................................. Allylalkohol [107-18-61 ............................................ Ametryn [834-12-81 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anilin [62-53-31 .................................................. Arsen [7440-38-21 und Arsenverbindungen ........................... Arsen [7440-38-21 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ................. Arsentrioxid [ 1327-53-31 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Calciumarsenat [7778-44-11 ...................................... Arsin [7784-42-11 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Asbest [1332-21-41 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1 1 8 8 9 13 15 17 19 29 30 32 32 36 36 39 40 41 41 42 42 49
53 53 57 61 65 69 74 77 80 85 89 90 92 94 97
X Atrazin [ 1912-24-91
...............................................
102
Benzol [7 1-43-21 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Benzotrichlorid [98-07-71 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Benzoylchlorid [98-88-41 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Benzylchlorid [loo-44-71 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Beryllium [7440-41-71 und ein Berylliumverbindungen . . . . . . . . . . . . . . . . . Beryllium 17440-41-71 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Blausaure [74-90-81 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Blei [7439-92-11 und Bleiverbindungen .............................. Blei(l1)acetat [301-04-21 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Bleitetraethyl [78-00-21 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Bleitetramethyl [75-74-11 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Bromoform [75-25-21 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Butylbenzylphthalat [85-68-71 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
105 110 113 116 119 119 123 127 133 135 137 140 143
Cadmium [7470-43-91 und Cadmiumverbindungen .................... Cadmium [7470-43-91 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Cadmiumoxid [ 1306-19-01 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .................. Carbaryl [63-2S-2] . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Chloraniline . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . o-Chloranilin [95-51-21 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . m-Chloranilin [108-42-91 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Chloralhydrat [302-17-01 .......................................... Chlorbenzole [ 108-90-71 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Chlorbenzol [ 108-90-71 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Chlorierte Naphthaline [70776-03-31 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Chlorierte Phenole (Chlorphenole) .................................. Mono-, Di-, Tri-Tetrachlorphenol . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . o-Chlornitrobenzol [88-73-31 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . m-Chlornitrobenzol [121-73-31 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . p-Chlornitrobenzol [ 100-00-51 . . . . . . . . ; . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Chloroform [67-66-31 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Chloropren [ 126-99-81 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Chrom [7440-47-31 und Chromverbindungen ......................... Natriumdichromat [10588-01-91 . . . . . . . . . . . . . . . . ..................
146 1SO 153 155 159 159 159 164 167 169 173 179 179 186 186 186 190 196 199 200
Dibromethan [ 106-93-41 ........................................... Dichlorbenzole [25321-22-61 ....................................... 1, 2.Dichlorethan [107-06-21 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .................. 1. 1 -Dichlorethen [75-35-41 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. 4.Dichlorphenoxyessigsaure [94-75-7] . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. 3.Dichlorpropen [542-75-61 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Di-(ethylhexy1)-phthalat [ 1 17-82-71 ..................................
204 207 212 217 221 225 228
XI Dichlorvos [62-73-7) .............................................. Dimethoat [60-51-51 .............................................. 4,bDinitro. o.Kreso1 [534-52-1] .....................................
233 237 241
Epichlorhydrin [ 106-89-81 ......................................... Ethylbenzol [ 100-41-41 ............................................ Ethylenoxid [75-21-81 .............................................
244 247 251
Fenitrothion [122-14-51 ............................................ Fluorchlorkohlenwasserstoffe (FCKW) .............................. Formaldehyd [SO-00-01 ............................................
254 258 261
Halogenmethane . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Hexachlorbutadien [87-68-31 ....................................... Hexachlorcyclopentadien [77-47-41 .................................. Hexachlorethan [67-72-11 ..........................................
266 272 276 280
Kresole [ 1319-77-31 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
284
Nickel [7440-02-01 und Nickelverbindungen .......................... Nickel [7440-02-01 und Nickelcarbonyl [ 13463-39-31 . . . . . . . . . . . . . . . . . Nitrobenzol [98-95-31 ............................................. 2-Nitrophenol [88-75-51 ........................................... 4-Nitrophenol [ 100-02-71 .......................................... N-Nitrosamine ...................................................
288 289 293 298 298 302
Phenole . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Phenol[108-95-21 .............................................. Phthalsaureester .................................................. Polychlorierte Biphenyle (PCB) [1336-36-31 .......................... Propachlor [ 1918-16-71 ............................................
310 311 315 319 324
Quecksilber [7439-97-61 und Quecksilberverbindungen . . . . . . . . . . . . . . . . . Quecksilber [7439-97-61 ......................................... Methylquecksilberion [22967-92-61 ................................ Methylquecksilberchlorid [ 1 15-09-31 ...............................
327 332 336 337
Schwefelkohlenstoff [75-15-01 ...................................... Selen [7782-49-21 und Selenverbindungen ............................ Styrol[100-42-51 .................................................
340 344 349
Tetrachlorbenzole [ 12408-10-51 ..................................... Tetrachlorethan [79-34-51 .......................................... Tetrachlorethylen [127-18-41 ........................................
353 357 361
XI1 Tetrachlormethan [56-23-51 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . TOluOl [108-88-31 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tributylphosphat [ 126-73-81 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Trichlorbenzole [12082-48-11 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Trichlorethan [71-55-61 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Trichlorethen [79-01-61 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Trikresylphosphat [I 330-78-51 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
366 371 375 378 382 387 391
Vinylchlorid [75-01-41 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
394
Xylole [1330-20-71 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
398
Zinn [7440-31-51 und Zinnverbindungen ............................. Tributylzinnoxid [56-35-91 .......................................
402 403
3
Glossar . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
406
4
Quellenverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
414
5
Register . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
418
1
Allgemeiner Teil
1.1 Einfuhrung Der Mensch hat zu allen Zeiten bewuBt oder unbewuRt, direkt oder indirekt die stoffliche Qualitat seiner Umwelt verandert. Bis etwa zur Mitte des 19. Jahrhunderts waren diese Veranderungen in Raum und Zeit, quantitativ und qualitativ begrenzt und fuhrten kaum zu sichtbaren Destabilisierungen okologischer Gleichgewichte. Erst mit Beginn der industriellen Revolution und in noch weit gronerem Mane mit der wissenschaftlich-technischen Revolution andert sich die stoffliche Zusammensetzung und Qualitat insbesondere nichtbiologischer Strukturen der naturlichen Umwelt (Wasser, Luft, Boden) infolge anthropogener Aktivitaten in solchem AusmaBe, daB der Mensch als Teil des Natursystems gezwungen ist, dieses durch MaBnahmen der gegenseitigen Adaption in einer Flexibilitat und Mobilitat zu halten, die seinen Lebensnotwendigkeiten entspricht. Umweltveranderungen konnen lokale und regionale AusmaBe haben, teilweise aber auch globalen Charakter annehmen (Treibhauseffekt + Klimaveranderungen, Zerstdrung der Ozonschicht). Neben Faktoren wie der zunehmenden Weltbevolkerung und der fortschreitenden Urbanisierung, verbunden mit einer Reduzierung des effektiv nutzbaren Lebensraumes der Menschen, werden die standig wachsende Anzahl, die Produktions- und Einsatzmengen sowie Anwendungsbereiche synthetischer chemischer Stoffe und die verstarkte Nutzung aller naturlichen Ressourcen als wesentliche Ursachen dieser Entwicklung diskutiert. Der Chemical Abstract Service (CAS) der American Chemical Society registrierte 1993 die 12millionste chemische Verbindung. Damit hat sich die Gesamtzahl der in diesem Register erfanten chemischen Stoffe von 1970 (etwa 2 Mio.) bis 1993 versechsfacht. Allerdings hat nur ein Bruchteil dieser Chemikalien kommerzielle Bedeutung und wird in solchen Mengen hergestellt und angewendet bzw. in Produkten vermarktet, daR meBbare Verunreinigungen der Umwelt uberhaupt zu erwarten sind. In siebenjahriger Arbeit hat die EG-Kommission mit den Mitgliedslandern der Gemeinschaft an dem European Inventory of Existing Commercial Chemicals (EINECS) gearbeitet, in dem 100 106 chemische Stoffe verzeichnet sind, die vor dem Stichtag, dem 18. September 1979, auf dem Markt der Europaischen Gemeinschaft waren. Fur Deutschland gelten die folgenden Zahlen: etwa 73000 Industriechemikalien waren auf dem Markt, davon wurden nach Angaben des Verbandes der Chemischen Industrie im Jahre 1985 etwa 2200 in Mengen von 10-100 t/a etwa 1300 in Mengen von 100- 1000 t/a 737 in Mengen von 1000-10000 t/a und 312 in Mengen > 10000 t/a hergestellt.
2 Schatzungen der jahrlichen globalen Produktionsmengen wichtiger Chemikalien und die Steigerungsraten von etwa 7 Mio. Jahrestonnen 1953 auf etwa 300 Mio. Jahrestonnen 1986 verdeutlichen die Entwicklung. Dan dabei die Produktionsmengen einzelner Stoffe beachtliche Gronenordnungen erreichen, zeigt die Tabelle 1 . Etwa 90% der jahrlich weltweit produzierten Gesamtmenge an Chemikalien verteilt sich allerdings schatzungsweise nur auf 3 000 Einzelstoffe. Aber nicht nur die produktions- und verwendungsbedingten Emissionen chemisch definierter Stoffe fiihren zu Kontaminationen der Umwelt, nicht minder wichtig sind die als fliissige, gasformige und feste Abfalle im ProduktionsprozeB bzw. bei der Verwendung entstehenden Stoffe. Die mengenmanige Bedeutung dieser Stoffgemische ist oftmals ebenso unbekannt wie ihre qualitative und quantitative Zusammensetzung. Die nicht beabsichtigte Bildung von definierten Chemikalien aunerhalb der chemischen Industrie kann ebenfalls zu Umweltbelastungen fuhren. Beispielsweise wird die jahrliche globale Emission an Kohlenwasserstoffen durch die Verbren-
Substanz
WeltProduktion (1 000 t)
Ethylen Methylalkohol Ethylenchlorid Formaldehyd Ethylenoxid Ethylenglycol Vinylchlorid Acetaldehyd Phthalsaureanhydrid Diprop ylengl ycol Isopropanol Essigslureanhydrid Vinylacetat n-Paraffine Acetylen Fluorchlorkohlenwasserstoffe Schwefelkohlenstoff Ethylacetat Monochlorbenzol Trichlorethan Dieth ylenglycol Blausaure Tetrachlorethylen Chlorparaffine Trichlorethylen Acrylsaure Triazin-Herbizide
37 000 37000 12800 5 650 3 900 3 500 3 500 2 400 2 300 2 100 2 000 1750 1650 1300 1224 750 616
500 480 480 450 400 286 270 224 200
90
Tabelle 1 Geschltzte jahrliche Weltproduktion ausgewahlter kommerzieller Chemikalien
3 Tabelle 2 Natiirliche und anthropogene Quellen des Eintrages von Aerosolen in die Atmosphare (nach Keppler 1988) Quelle
Ursache ~
Natiirlich: Meersalz Sulfate Staub Kohlenwasserstoffe
Aerosole/Staub
~
Gischt Zersetzung Biomasse Erosion Exhalation Zerfall v . Biornasse Waldbrande durch Blitzschlag
5.108
3,35*108 1,2.108 7,5.107 6*107 3-106
Meteoritenstaub
4.104
Sumrne
1,1.109
Vulkane: Sulfate Aerosole/Staub Chlor
0,42 - 2,455. lo8 0,25 - 1 3 ' 3,6-107
Summe
0,67 - 4,OS. lo8
Anthropogen: Aerosole/Staub Staub Aerosole/Staub
Landwirtschaft Waldbrande, Feuer
5,4.107 1,s.108 6,8.107
46 31 11
7 5
63 37
8 26 10
nung fossiler Energietrager und von Treibstoffen (Kraftfahrzeugverkehr) auf etwa 88 Mio. t geschatzt. Fur Benzol, Toluol und Xylol sowie andere Stoffe ergeben sich daraus etwa jahrlich zusatzlich 10 Mio. t zu den produktions- und verwendungsbedingten Emissionen. Auch naturliche Prozesse wie Vulkanismus, Gesteinserosion, Waldbrtinde u. a. tragen teilweise in erheblichem AusmaB zum Eintrag anorganischer und organischer chemischer Stoffe in die Umwelt und zu ihrer globalen Verteilung bei (Tabelle 2). Daruber hinaus ist die Biosynthese organischer Verbindungen eine weitere Eintragsquelle, deren Bedeutung fur Umweltkontaminationen nur langsam erkannt und akzeptiert wird. So erreicht beispielsweise der Eintrag von Bromoform durch Stoffwechselaktivitaten von marinen Braunalgen und terrestrischen Flechtenarten GroBenordnungen von lo4 t/a. Ahnliche Eintragsmengen sind fur Methyljodid und Methylbromid bekannt. Aber auch halogenierte Alkane und Alkene oder Verbindungen komplizierterer Molekulstruktur konnen infolge biologischer Synthesen durch Pilze, Algen, Flechten u. a. Organismen gebildet und in Luft, Boden und Wasser eingetragen werden (Abb. 1, Xibelle 3).
4
c1,
CH-C,
40
c1'
Y
c1c%Noz
NHZ
H
Dichloracetamid
clyJ-JJ r
Pyrrolomycin
/
H
Chlorcarbazol
OH
C1
1,2,3,4-TetrachIorbenzol
Br
Br
Cl 2,4-Dichlorphenol OH
.bBr 2,6-Dibromphenol
Bromchlordiphenylether
OH
2,6-Dichlorphenol
Abbildung 1
Selbst die enzymatische Bildung von Chlor-p-dioxinen mittels Peroxidasen aus Chlorphenolen, die wiederurn auch naturlichen Ursprungs sein konnen, wird heute diskutiert (Gribble 1992). Die auf dem Gebiet der Biosynthese organischer Verbindungen sich standig erweiternden Erkenntnisse durften zukunftig bei einer Reihe von Stoffen zur Relativierung der Beurteilung von anthropogenen Eintragsquellen und -pfaden beitragen. Hierzu ist allerdings erforderlich, dan weitere Erkenntnisse zu den biogeochemischen Kreislaufen von chemischen Stoffen und den naturlichen Eintragsmengen gewonnen werden. Es ist notwendig, die menbaren Stoffstrome, die der Mensch infolge seiner industriellen Tatigkeit in die Umwelt einbringt, zu quantifizieren und ins Verhaltnis zu den nichtanthropogenen Stoffstromen zu setzen. Nur so konnen
5 Tabelle 3 Natiirliche Quellen einiger Halogenmethane und -ethane (nach Gribble 1992) ~~
Substanz
Eintragsquelle
CH3Cl CH3Br CH3J CHBr, CCI, CH2CI2 CH,ClBr CHBrCI, CH2Br2 C2HCl3 C2C14
marine Algen, Pilze, Phytoplankton marine Algen marine Algen marine Algen marine Algen, Vulkaneruptionen Vulkaneruptionen marine Algen marine Algen marine Algen Ozeane, Vulkaneruptionen Ozeane, Vulkaneruptionen Ozeane, Vulkaneruptionen Vulkaneruptionen Vulkaneruptionen Vulkaneruptionen Vulkaneruptionen Vulkaneruptionen
C.2H3C13
CHFCI, CFCl3 CHFCl, CHF2Cl C2F3C13
letztlich aus den absoluten und den relativen GroBen sowie Veranderungsraten dieser Stoffstrome auch Art und Ausman von Stoffwirkungen auf Strukturen und Funktionen des Natursystems ursachlich zugeordnet und objektiv beurteilt werden. Obwohl mit der Herstellung, Verwendung und Entsorgung chernischer Stoffe Umwelt- und Gesundheitsrisiken unterschiedlicher Art und Auspragung verbunden sein konnen, ist es nicht gerechtfertigt, Chemie und Urnwelt oder Chemie und Natur als gegensatzliche Positionen zu charakterisieren. Vielmehr ist die Chemie im weitesten Sinne die Basis jeglichen Fortschritts und schafft letztlich auch die Voraussetzungen fur einen optimalen Schutz der Urnwelt. Ausgangspunkte fur stoffbedingte Urnweltveranderungen sind zumeist komplexe und komplizierte Wechselwirkungsprozesse zwischen Chemikalien und biotischen bzw. abiotischen Strukturen bzw. Kornponenten von Hydro-, Pedo- und Atmosphare. Physikalische, chemische und biologische, reversible oder irreversible Veranderungen der Strukturen und Funktionen von Okosystemen bis hin zur Destabilisierung okologischer Gleichgewichte konnen Ergebnisse dieser Prozesse sein. Um mogliche anthropogen bedingte Veranderungen der Umwelt uberhaupt erfassen und als solche ursachlich zuordnen zu konnen, sind Kenntnisse zu Strukturen und Funktionen von Okosystemen sowie zu ihrer Dynarnik notwendig. Nur dann konnen Art und AusmaD anthropogen bedingter Veranderungen sowie daraus resultierende mogliche Gefahren und Risiken fur Mensch und Urnwelt erkannt werden. Die Frage nach dem fur die Bevolkerung, das Einzelindividuum und die Umwelt akzeptablen Risiko kann nicht von der Wissenschaft allein son-
6
dern nur auf Grundlage eines gesellschaftlichen Konsens beantwortet werden, d a sie okonomische, soziale und politische Komponenten einschlieRt. Die Beurteilung stoffbedingter Risiken mu13 dabei auf der Grundlage der Kenntnis der Exposition sowie der Stoffeigenschaften und -wirkungen erfolgen. Dariiber hinaus miissen aber auch die Eigenschaften des Natursystems in die Betrachtungen einflieflen. Das erfordert Kenntnisse zu den strukturellen und funktionellen Zusammenhangen von Okosystemen, zu ihrer Ausdehnung, Diversitat, Stabilitat und Flexibilitat. Ungeklart ist die Frage, wie die Funktionsfahigkeit eines Okosystems beschrieben und vor allen Dingen, wie sie kontrolliert werden kann. Dieses Erkenntnisdefizit wird heute bei der Beurteilung der Wirkungen von Chemikalien auf die Umwelt kaurn beriicksichtigt. Die Beurteilung von Chemikalien hinsichtlich ihrer Gefahrlichkeit und moglicher Risiken fur Mensch und Umwelt erfolgt heute vorzugsweise auf Basis eines vom Gesetzgeber vorgegebenen Spektrums unterschiedlicher Priifungen von physikalisch-chemischen Daten und der als wesentlich definierten und den derzeitigen Kenntnisstand reflektierenden toxikologischen und okotoxikologischen Wirkungsendpunkte. Trotz der damit vorzugsweise auf die Ermittlung experimenteller toxikologischer und okotoxikologischer Daten orientierten Konzepte im Umwelt- und Gesundheitsschutz ist festzustellen, dal3 fur eine Reihe von Chemikalien oftmals keine ausreichenden Informationen bzw. valide Daten vorliegen, urn eventuelle Risiken fur Mensch und Umwelt auf der Grundlage von Stoffexposition und -wirkung beurteilen zu konnen. Das betrifft insbesondere die raumzeitlich, periodische oder kontinuierliche Exposition von Mensch und Umwelt gegeniiber chemischen Stoffen, aber auch den Bereich okotoxischer Wirkungen. Im Expositionsbereich besteht heute nach wie vor ein erheblicher Informationsbedarf. Lokale Stoffeintrage in die Umwelt iiber Abluft und Abwasser bei Herstellung und Verarbeitung sind fur eine Reihe von Stoffen recht gut bekannt oder konnen zumindest annahernd geschatzt werden (Expositionsszenarien). Weit schwieriger ist die Erfassung und Quantifizierung der Eintrage im Verwendungsbereich der Stoffe oder Produkte, d a es sich dabei zumeist um diffuse regionale Emissionen handelt. Reprasentative Zeitreihen-Untersuchungen von Gewassern und Boden sind bislang unzureichend, urn auf der Grundlage von Mearesultaten Grad und Ausmal3 von Belastungen feststellen zu konnen. Das hat nicht zuletzt zur Entwicklung von Expositionsmodellen und -szenarien gefiihrt, die jedoch lediglich Aussagen zum sog. ,,worst-case" gestatten und nicht die realen Umweltbedingungen reflektieren. Im Hinblick auf die in der Praxis des Umwelt- und Gesundheitsschutzes fur zahlreiche Chemikalien stehende Frage der Beurteilung ihres moglichen Einflusses auf Mensch und Umwelt besteht zwischen Wissenschaft, Behorden und Industrie dahingehend Konsens, daR Kenntnisse der Stoffeigenschaften, des Stoffverhaltens in der Umwelt, der Toxizitat und Okotoxizitat und der Exposition die mangebliche Grundlage sind. Dabei ist die Frage nach der Umweltgefahrlichkeit einer Chemikalie noch vergleichsweise einfach zu beantworten, wenn die hierfiir vom Gesetzgeber
(ChemikaliengesetdEG-AltstoffVO)notwendigen Wirkungsdaten bzw. die relevanten physikalisch-chemischen Daten vorliegen. Demgegenuber bestehen noch teilweise erhebliche Probleme und Diskrepanzen bei der Beschreibung und letztlich der Beurteilung von Umwelt- und Gesundheitsrisiken auf der Grundlage von Expositions- und Wirkungsdaten, was nicht zuletzt auch auf methodische Unzulanglichkeiten zuriickzufuhren ist. Alle heute im Hinblick auf die Umwelt durchgefiihrten Betrachtungen zu Risiken sind strenggenommen keine Risikobewertungen, da sie im Ergebnis keine statistische Wahrscheinlichkeitsaussage liefern zu den nach einem Ereignis, z. B. einem Stoffeintrag in die Umwelt, zu erwartenden Grad und AusmaD der Schadigung von Okosystemen (vgl. die Punkte Exposition/Umweltverhalten/Umweltgefahrlichkeit). Vielmehr handelt es sich um eine Aussage zu moglichen Schadigungen von Organismen unter Freilandbedingungen. Mit der vorliegenden Zusammenstellung von Daten, Untersuchungsergebnissen und Informationen fur eine Auswahl kommerzieller Chemikalien und Elemente werden fur eine erste annahernde Beurteilung der Gefahrlichkeit notwendige Angaben in Form eines einheitlichen Datenprofils zusammengefaDt. Die Stoffauswahl erfolgte vorzugsweise auf der Grundlage von Mengenparametern wie Produktions- und Anwendungsmengen, den Einsatzbereichen der Stoffe, ihren Nachweishaufigkeiten und Konzentrationen in Umweltmedien sowie Wirkungsdaten, wie dem Verteilungs- und Reaktionsverhalten, der Toxizitat und Okotoxizitat. Dabei kann es sich in jedem Fall nur um eine Datenauswahl ohne Anspruch auf Vollstandigkeit handeln. Die Stoffbeurteilung erfolgt auf der Basis folgender Hauptkriterien: 1. Allgemeine Informationen 2. Ausgewahlte Eigenschaften 3. Toxizitat 4. Okotoxizitat
5. Exposition 6 . Umweltverhalten 7. Grenz- bzw. Richtwerte
Da die Datenprofile nicht nur zur oko- und humantoxikologischen Beurteilung, sondern auch zur Beantwortung von Detailfragen geeignet sein sollen, wurden zur spezifischen Charakterisierung der Stoffe die Hauptkriterien ,,Ausgewahlte Eigenschaften", ,,Toxizitat" und ,,Okotoxizittit" weiter differenziert. Berucksichtigt sind u. a. solche Daten, die Ruckschlusse auf umweltrelevante Prozesse und Reaktionen bzw. eine differenzierte Beurteilung von Stoffwirkungen ermoglichen. Die Zuordnung organischer bzw. anorganischer Verbindungen zu bestimmten Stoffgruppen bzw. den entsprechenden Elementen gestattet eine stoffvergleichende Betrachtung wie bei Chlorbenzolen, Chlorphenolen, N-Nitrosaminen, Blei und Bleiverbindungen, Arsen und Arsenverbindungen. Soweit eine allgemeine Interpretation von MeDwerten bzw. Daten auf der Grundlage des gegenwartigen wissenschaftlichen Kenntnisstandes inhaltlich moglich und sinnvoll ist, wird auf die Angabe numerischer KenngroBen zugunsten einer verbalen Kurzcharakteristik von Stoffeigenschaften und -wirkungen verzichtet.
8 In den Kapiteln ,,Exposition" und ,,Umweltverhalten" werden anhand ausgewahlter Daten und Informationen, soweit moglich, Eintragspfade und mengen in die Umwelt sowie das Transport-, Verteilungs- und Umwandlungsverhalten der Stoffe in Wasser, Boden und Luft beschrieben. In wenigen Fallen sind Aussagen zu Expositionen von Mensch und Umwelt moglich. In einer zusamrnenfassenden Betrachtung der stoffbezogenen Daten wird abschlieaend im Kapitel Jmweltgefahrlichkeit" der Versuch unternornmen, eine Beurteilung des jeweiligen Stoffes in Hinblick auf eine mogliche Schadigung von Freilandorganisrnen, zumeist aquatischer Systerne, zu geben. Das ist keinesfalls gleichzusetzen mit der Quantifizierung der Wahrscheinlichkeit des Auftretens eines Effektes oder einer Schadigung eines Okosystems im Sinne des Risikobegriffes. Inforrnationen zur Analytik der Stoffe werden nicht gegeben, da die irn Rahmen der Dokumentation moglichen Hinweise zur analytischen Erfassung zwangsIaufig unvollstandig sein mussen. Die Komplexitat und Kompliziertheit der Analyse organischer und anorganischer Urnweltchemikalien in ihrer Einheit von Isolierung, Anreicherung, Trennung, Nachweis und Identifizierung erfordert in jedem Fall die Angabe reproduzierbarer und matrixspezifischer Analysenvorschriften oder -verfahren. Aus diesem Grunde mu13 in bezug auf solcherart Informationen auf Spezialliteratur verwiesen werden.
1.2 Erlauterungen zu den Bewertungskriterien 1.2.1 Allgemeine Informationen
Die zuerst wichtigste Frage ist es, die chernische Identitiit eines Stoffes zu erkennen. Dazu gehoren der Stoffname, die Surnmen- und Strukturformel. Die hier verwendeten Gebrauchsnamen (common name) sind jedem Chemiker gelaufig und haben sich insbesondere fur Pflanzenschutzmittel international durchgesetzt. Daneben wird der Stoffname nach den Richtlinien der International Union of Pure and Applied Chemistry (IUPAC) in der Form wiedergegeben, wie sie vorn Chemical Abstract Service (CAS) der Vereinigten Staaten von Amerika benutzt wird. Diese invertierte Form erlaubt es, daR bei alphabetischer Sortierung Stoffe rnit gemeinsamer Starnrnverbindung zusamrnengefaRt werden. Daneben wird fur die eindeutige Identifizierung die sog. CAS-Nummerwiedergegeben, die sich international durchgesetzt hat (CAS-Nummern-Register). CASNummern werden in Zukunft sicherlich ahnlich gebrauchlich sein wie heute die Postleitzahlen. Angaben zu den Herstellungsverfahren der Stoffe, Inforrnationen zu den Ausgangs- und Zwischenprodukten sowie zu Produktions- und Anwendungsmengen sind fur die Beurteilung der Umweltrelevanz eines Stoffes sowie fur das Erkennen produktions- und anwendungsbedingter Emissionen auch von Nebenprodukten und Verunreinigungen bedeutsam. Einer allgemeinen Annahrne folgend wird auf der Grundlage der Mengenpararneter eine Chernikalie dann als um-
9
weltrelevant betrachtet, wenn die globale Produktionsmenge mehr als 1000 Tonnen pro Jahr betragt. In diesen Fallen sowie unter Berucksichtigung umweltrelevanter Eigenschaften ist mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit mit dem uberregionalen Vorkommen des Stoffes in der Umwelt zu rechnen. Aus Informationen zu wesentlichen Verunreinigungen der technischen Produkte konnen Schlusse auf mogliche indirekte Umweltkontaminationen gezogen werden, wie die Beispiele der polychlorierten Dibenzofurane und Dioxine zeigen.
1.2.2 Ausgewahlte Eigenschaften Daten und Informationen zur Charakterisierung physikalisch-chemischer Eigenschaften und der Reaktivitat eines Stoffes werden unter diesem Bewertungskriterium zusammengefaht. Von besonderer Bedeutung fur eine okochemische und -toxikologische Bewertung sind Angaben zu Lijslichkeit, Fliichtigkeit (Dampfdruck) und den verschiedenen Verteilungskoeffizienten des Stoffes zwischen flussigen Phasen, flussiger-gasformiger sowie fliissiger-fester Phase. Daraus ergeben sich Aussagen zur Stoffmobilitat in Hydro-, Pedo- und Atmosphare sowie zur Verteilungstendenz zwischen biologischen und nichtbiologischen Umweltstrukturen. Das ist besonders wichtig, d a Stoffe immer iiber abiotische Strukturen auf Biosysteme wirken und damit die Kenntnis des Zielkompartimentes von Stoffeintragen fur die bezuglich einer Wirkung in Frage stehenden Organismen von Bedeutung ist. Bei der Interpretation derartiger Verteilungsparameter ist zu beriicksichtigen, daB es sich zumeist um numerische Kenngroaen handelt, die mittels mathematischer Modelle ermittelt wurden und im engeren Sinne Gleichgewichtskonstanten darstellen. Sie sind in seltenen Fallen durch experimentelle Untersuchungen in Okosystemen oder bei Freilandorganismen untersetzt. Zu beachten ist auch, darj sich Okosysteme und ihre biologischen und nichtbiologischenBestandteile nicht im thermodynamischen Gleichgewicht befinden, sondern in standigem Energie-, Stoff- und Informationsaustausch mit ihrer Umgebung stehen (teilweise offene Systeme; 2. Hauptsatz der Thermodynamik). Demzufolge konnen die genannten Verteilungsparameter die unter naturlichen Bedingungen ablaufenden Prozesse der Stoffdispersion nur annahernd, d. h. in ihrer Tendenz und stark vereinfachend beschreiben. Die durch das Nernst-Verteilungsgesetz bzw. das Henry-Gesetz bestimmten stoffspezifischen Gleichgewichtskonstanten, n-OctanoVWasser-Verteilungskoeffizient und Henry-Konstante, ermdglichen jedoch zumindest annahernd Aussagen zum Verteilungsverhalten eines Stoffes zwischen wahriger und organischer (biologischer) Phase (Wasser-Biosystem oder organische Strukturen von Boden/Sediment) bzw. zwischen waiariger und gasformiger Phase (Wasser-Atmosphare). ErfahrungsgemCiB sind Verteilungskoeffizienten n-OctanoVWasser von log Po, > 3,O mit einer Geo- und Bioakkumulationstendenz von Chemikalien verbunden.
10
Geoakkumulation Der Begriff Geoukkumulution umfant die Prozesse Adsorption und Absorption an Festphasen (Boden, Sediment, Sink- und Schwebstoffe in Gewassern). In Abhangigkeit von den zugrundeliegenden Mechanismen unterscheidet man Chemisorption und Physisorption. Infolge der Sorption in oberen Bodenschichten und Sedimenten wird die Stoffmobilitat in Wasser und Boden vermindert. Dieses Phanomen kann fur das Umweltverhalten bedeutsam sein, d a einerseits die Dispersionstendenz der Substanz vermindert wird. Andererseits ist die Substanz in den mikrobiologisch aktivsten Zonen der Kompartimente verfiigbar und damit dem biologischen Abbau leichter zuganglich. Bei biologisch schwer abbaubaren Chemikalien fiihrt die Adsorption aber auch zur Ausbildung von Stoffdepots. Diese wiederum konnen infolge von Desorptionsprozessen (Sorptions-Desorptions-Gleichgewicht)zu Langzeiteintragen kleiner Stoffmengen in das umgebende Medium fiihren (z. B. Sediment Wasser; BodenGrundwasser). versickerung Die Adsorption kann durch die Isothermengleichung nach Freundlich beschrieben werden: +
+
x
-= pro Einheit Adsorbens (Festphase) adsorbierte Masse des betrachteten Stoffes
m
c = Gleichgewichtskonzentration des Stoffes in Losung K = Adsorptionskoeffizient 1
n
= Konstante (Intensitat der Adsorption)
Bei wenig wasserloslichen, lipophilen Stoffen erfolgt die Adsorption vorzugsweise an der organischen Substanz (organischer Kohlenstoff) der Festphase. Der entsprechende Verteilungskoeffizient (KO,-) kann nach der folgenden Gleichung berechnet werden:
Fur die Umrechnung von organischer Substanz (OC) gilt ein mittlerer Umrechnungsfaktor:
(0s)in organischen Kohlenstoff
OC = OS*O,58; Koc = Kos*1,72
Durch das Bezugssystem organischer Kohlenstoff (org. C) erfolgt eine Quasinormierung der Sorptionskoeffizienten, was von mafigeblicher Bedeutung fur ihre vergleichende Betrachtung ist. Der Verteilungskoeffizient Feststoff/Wasser (Kp) kann aus Koc berechnet werden:
11
KP = foc’Koc
foc
= Gewichtsanteil organischer Kohlenstoff des Feststoffes (foe-Boden = 0,02; foc-Sediment = 0,05; foc-suspendierte Feststoffe = 0,l)
Bioakkumulation
Die Verteilung einer Substanz zwischen Organismen und dem sie umgebenden Wasser wird - unabhangig von den Eintrittspforten in den Organismus - durch den Biokonzentrationsfaktor ausgedruckt. Der Biokonzentrationsfaktor (BCF) als Gleichgewichtskonstante ist definiert als Quotient der Stoffkonzentrationen im Biosystem (CBlo) und Wasser (C,) BCF = CBIO CW ~
In aquatischen Systemen hat die direkte Aufnahme von Stoffen aus dem Wasser mengenmaiaig grofiere Bedeutung (Biokonzentration); bei terrestrischen Organismen uberwiegt die Aufnahme uber die Nahrung (-+ Biomagnifikation). Bei einer Stoffanreicherung infolge Aufnahme uber beide Wege spricht man von Bioakkumulation. Der Biokonzentrationsfaktor (BCF) kann annahernd uber die folgende Beziehung aus dem fur eine Vielzahl von Stoffen bekannten n-Octanol/Wasser-Verteilungskoeffizient (Pow)berechnet werden: BCF = 0,05. Po, Damit kann zumindest das Bioakkumulationspotential abgeschatzt werden. Henry-Konstante
Die Stoffverteilungstendenz zwischen Luft und Wasser kann durch die Henry-Konstante beschrieben werden. Als dimensionslose Gleichgewichtskonstante ist die Henry-Konstante (H’) definiert als Quotient der molaren Stoffkonzentrationen in Luft (C,) und Wasser (C,) unter Gleichgewichtsbedingungen der Stoffdiffusion.
Sie kann naherungsweise auch aus Sattigungsdampfdruck (P,) und Wasserlbslichkeit (s) eines Stoffes berechnet werden, hat dann allerdings die Dimension Druck und Volumen, dividiert durch Masse in Mol. H = -P - M G S
Dies gilt strenggenommen allerdings nur fur Stoffe mit geringer Wasserloslichkeit und idealem Verhalten im Sinne der Gasgesetze.
12
ErfahrungsgernaR gilt, das Stoffe rnit einer Henry-Konstanten von log H z 2 Pa rn3/rnol irn allgemeinen eine relativ hohe Fliichtigkeit zeigen, verbunden mit einer verminderten Aufenthaltszeit in Oberflachengewassern bzw. einer hohen Mobilitat und Dispersionstendenz in der Atrnosphare. Bei einern log H < 0 Pa rn3/rnol ist eine geringe Fliichtigkeit zu erwarten, und die Verteilung Luft-Wasser hat fur das Urnweltverhalten des Stoffes zumeist nur geringe Bedeutung. n-Octanol/Wasser Verteilungskoeffizienten, Sorptionskoeffizienten und Biokonzentrationsfaktoren konnen fur strukturchemisch ahnliche Stoffe (z. B. Stoffe hornologer Reihen) sowohl aus physikalisch-chernischen Daten (z. B. Wasserloslichkeit) als auch strukturchernischen Pararnetern annahernd berechnet werden. Auf der Grundlage der sog. Quantitative-Structure-Activity-Refationships (QSAR) erfolgen diese Berechnungen zurneist rnittels relativ einfacher h e a r e r bzw. rnultipler Regressionsgleichungen. Fur die jeweiligen Verteilungsparameter sind in der Literatur eine Vielzahl solcherart Regressionsgleichungen beschrieben. Bei der Interpretation von Verteilungskoeffizienten, Sorptionskoeffizienten, Biokonzentrationsfaktoren und Henry-Konstanten irn Hinblick auf das Urnweltverhalten von Stoffen rnuR jedoch folgendes beachtet werden: - Die naherungsweise Berechnung basiert irnmer auf der Gleichgewichtsvertei-
lung einer Substanz, was den realen Urnweltbedingungen nicht entspricht. - Die errechneten nurnerischen Kenngronen sind nicht nur von den Stoffeigen-
schaften, sondern auch von den Eigenschaften des Kornpartirnentes (Feststoffe, Biosystem, Boden, Sediment) sowie von den Umgebungsbedingungen (z. B. Ternperatur) abhangig. - Es ist nur eine naherungsweise Aussage zur Tendenz der Stoffverteilung zwischen den Kornpartirnenten moglich. Nicht selten unterscheiden sich u. a. aus diesen Grunden die berechneten von den experimentell errnittelten Verteilungspararnetern urn GroRenordnungen. Reaktivitat Mit dern Begriff Reaktivitiit werden vor allern chernische Eigenschaften wie das Oxidations-, Reduktions- und Hydrolyseverhalten, photolytische Umsetzungen und darnit die Transformationstendenz eines Stoffes charakterisiert. Aus diesen Inforrnationen konnen in Verbindung rnit Verteilungsparametern haufig Vorhersagen getroffen werden zum Verteilungs- und Transforrnationsverhalten und darnit zur Mobilitat und Persistenz in der Urnwelt, zu den theoretisch rnoglichen Abbau- und Metabolisierungsreaktionen, aber auch zu rnoglichen Stoffwandlungen irn Rahmen technologischer Prozesse wie der Wasseraufbereitung, der Abwasserreinigung, der Abfallverbrennung und der Deponie. Darnit geben physikalisch-chernische Kenngrofien und Inforrnationen zur Reaktivitat erste, oftmals bereits wichtige Hinweise zum Stoffverhalten innerhalb biogeochemischer Stoffkreislaufe.
13 1.2.3 Toxizitat Im allgemeinen nehmen die Informationen zur Toxizitat in der Datensammlung den breitesten Raum ein. Die toxikologische Bewertung von Chemikalien erfolgt gegenwartig auf der Grundlage meobarer, biochemischer, physiologischer, morphologischer, genetischer Effekte sowie Kenntnissen zur Kanzerogenitat, Mutagenitat, Teratogenitat, Embryotoxizitat. Wichtigste Kriterien sind nach wie vor die Ergebnisse akuter, subakuter, subchronischer und chronischer Toxizitatstests. Dabei mu13 akzeptiert werden, daB Angaben zu Wirkquantitaten wie LD 50, LC 50-Werten, dem ,,no observed effect level" (NOEL), ,,no observed adverse effect level" (NOAEL), aber auch zu genotoxischen Wirkungen aus Tierexperimenten, Untersuchungen an Mikroorganismen (z. B. Screeningtest zur Ermittlung der Mutagenitat: Ames-Test) oder Zellkulturen hoherer Organismen stammen, und damit in jedem Fall fur den Menschen nur Modellcharakter haben. Die endgultige Entscheidung, ob beispielsweise ein Stoff karzinogen oder mutagen ist, oder ob eine tierexperimentell festgestellte chronisch toxische Wirkung ein Risiko fur den Menschen einschlient, kann letztlich nur im Zusammenhang mit der Frage nach der Relevanz der Versuchsergebnisse fur den Menschen beantwortet werden. Lediglich in den Fallen, in denen tierexperimentelle Ergebnisse durch Daten aus epidemiologischen Studien oder Wirkungen am Menschen, z. B. bei Expositionen a m Arbeitsplatz, untersetzt werden konnen, ist eine relativ sichere Aussage zu ursachlichen Zusammenhangen zwischen Schadstoffexposition und toxischer Wirkung bzw. spezifischer Erkrankung moglich. Haufig werden allerdings Bewertungen der Kanzerogenitat und Mutagenitat umweltrelevanter Chemikalien auf der Grundlage der Ergebnisse von Experimenten an einer oder zwei Versuchstierarten vorgenommen. Qualitative Faktoren wie Speziesunterschiede, Art und Ort der Krebserkrankung, Applikationsart des Stoffes, Latenzzeit und Gesamtheit der Untersuchungsbedingungen wurden in fruheren Studien oftmals ungenugend dokumentiert, so daB eine eindeutige Interpretation von Testergebnissen haufig nicht moglich ist. Jeder statistisch gesicherte experimentelle Beweis fur eine karzinogene, mutagene und teratogene Wirkung einer Chemikalie mu13 als ein ernstzunehmender Hinweis auf ein potentielles Gesundheitsrisiko gewertet werden. Liegen gesicherte Untersuchungsergebnisse bei zwei und mehr Versuchstierspezies vor, wie das beispielsweise bei verschiedenen N-Nitrosaminen der Fall ist, und konnen diese Ergebnisse zuziiglich durch epidemiologische, arbeitsmedizinische Studien untersetzt werden, wie bei Vinylchlorid oder Chlormethylether, so kann mit hoher Wahrscheinlichkeit von einem karzinogenen Risiko fur den Menschen bei vergleichbaren Expositionen ausgegangen werden. Als Besonderheit genotoxischer Wirkungen ist dabei zu berucksichtigen, da8 die biologischen Effekte persistieren und mit einer sehr unterschiedlichen zeitlichen Verzogerung auftreten konnen. Von besonderer Bedeutung fur die Beurteilung des Gefahrdungspotentials von Umweltchemikalien sind neben der Quantifizierung der Exposition in Verbindung mit der Umwelt- und Bioverfugbarkeit Kenntnisse zu Applikationsform, Art und
14 Ort der Stoffaufnahme sowie zu toxikokinetischen Parametern wie Resorbierbarkeit, Distribution im Organismus, Biotransformation (Metabolismus) und Ausscheidung. Erfahrungsgemarj werden die Resorptions-, Distributions- und Akkumulationstendenz unter anderem von den lipophilen Eigenschaften des Stoffes sowie molekularen Parametern wie Molvolumen u. a. bestimmt. Als Mais fur die Lipophilie kommt dem Verteilungskoeffizienten n-OctanoVWasser Bedeutung bei einer ersten Beurteilung eventueller toxischer Wirkungen zu. Hohe Resorptionsquoten konnen beispielsweise rnit einer ausgepragten Tendenz zur Bioakkumulation verbunden sein. In Abhangigkeit davon, ob Substanzen uber die Haut, den Magen-Darm-Trakt oder die Lunge aufgenommen werden, konnen Art und Ausma8 von Wirkungen unterschiedlich sein. Weitere wichtige Indikatoren der Stoffwirkung und damit eines Gefahrdungspotentials sind biochemische Parameter wie enzyminduzierende bzw. inhibierende Wirkungen. Stoffe rnit aktivierten Doppelbindungen im Molekiil werden erfahrungsgemais sehr schnell durch mikrosomale Monooxygenasen zu den entsprechenden Epoxiden umgewandelt. Infolge ihrer Elektrophilie reagieren Epoxide zumeist sehr schnell mit nukleophilen Zentren biologischer Makromolekiile in Zellen wie DNS-RNS-Molekiilen und Proteinen. Da solche Reaktionen zu Veranderungen der Biochemie der Zelle fuhren, konnen damit zytotoxische, allergene, mutagene und/oder karzinogene Wirkungen verbunden sein. Ob eine toxische Wirkung auftritt, hangt vor allem von der Menge des Stoffes (Dosis) und seiner Verweildauer im Organismus ab. Nicht jede biochemische Reaktion fuhrt notwendigerweise zu einem merjbaren Effekt oder einer Schadigung des Organismus *). Bei der Interpretation von Resultaten entsprechender Mutagenitatstests sollte berucksichtigt werden, darj die Expositionsdosen teilweise erheblich iiber den umweltadaquaten Stoffmengen liegen. So werden beispielsweise im Ames-Test iiblicherweise Stoffmengen von 100- 10000 pg pro Platte eingesetzt. Diese Stoffmengen sind kaum noch vergleichbar mit den Expositionsdosen, denen der Mensch uber Trinkwasser, Luft und Nahrung ausgesetzt ist. Neben der Toxikokinetik sind Kenntnisse zur Toxikodynamik, d. h. zu den Wirkungsmechanismen und dem Wirkort (Target), fur die Beurteilung der Toxizitat marjgeblich. Letztlich ist es immer die am Wirkort verfiigbare und reaktionsfahige
*) Irn Enzyrn Aldoiase konnen beispielsweise 10 Sulfhydrylgruppen durch entsprechende reaktive
Stoffe blockiert werden, ohne menbare Veranderung der Aktivitat des Enzyms. Glyceryladehyd-3-phosphatdehydrogenase enthalt 5 Sulfhydrylgruppen im Molekul. 3 SH-Gruppen konnen durch Reaktion rnit Jodbenzoat blockiert werden, ohne das sich die Enzymaktivitat me& bar verandert. Auch bei der Beurteilung von Stoffen, die infolge der Reaktion rnit Desoxyribonukleinsauremolekulen (DNS) mutagene Effekte auslosen konnen, muB beriicksichtigt werden, dafl bereits bis zu 10’ DNS-Veranderungen pro Zelle und Tag auftreten konnen, die auf die Reaktionen rnit reaktiven, physiologisch gebildeten Molekulen (z. B. bei der Atmung gebildete Sauerstoffradikale) zuruckzufuhren sind.
15
Stoffmenge, die fur Art und Ausmab eines Effektes oder einer Schadigung von Bedeutung ist. Bei der inhaltlichen Interpretation und Bewertung toxikologischer Daten ist zu beachten, dal3 toxikologische Experimente nahezu immer mit nicht umweltadaquaten Stoffmengen und unter Modellbedingungen durchgefuhrt werden, die das Biosystem ,,Mensch" simulieren. In der Differenziertheit, Variabilitat und Variationsbreite von Biosystemen liegen mabgebliche Ursachen fur die teilweise erheblichen Streubreiten von Testergebnisse. Dies wiederum sollte Anlal3 dafur sein, verfugbare Toxizitatsdaten differenziert und kritisch zu prufen sowie auf jeden Fall die Gesamtheit der Daten zur Grundlage der Beurteilung des toxikologischen Gefahrdungspotentials einer Chemikalie zu machen.
1.2.4 Okotoxizitat Werden chemische Stoffe als Folge von Herstellung, Verarbeitung, Verwendung oder Entsorgung iiber den Wasser-, Luft- oder Abfallpfad in die Umwelt eingetragen, dann untersucht die Okotoxikologie Art und AusmaB stoffbedingter Wirkungen auf die verschiedenen Organisationsebenen von Biosystemen, wie Zelle, Organismus, Population oder Okosystem. Gegenwartig liegeneinerseits nur Teilkenntnisse zu den Strukturen und Funktionen von Okosystemen vor, andererseits ist die Frage nicht abschliebend geklart, wie die Funktionsfahigkeit von Okosystemen beschrieben und vor allen Dingen, wie sie kontrolliert werden kann. Demzufolge ist die Okotoxikologie auf Untersuchungen an Organismen und Populationen begrenzt, die durch Untersuchungen in Mikro- bzw. Meso-Kosmen, Okosystemausschnitten oder Testokosystemen erganzt werden. Ermittelt werden zumeist akut toxische Wirkungen, seltener chronische Toxizitaten bei aquatischen und terrestrischen Organismen. Dabei werden eindeutige, mit den verfugbaren Untersuchungsinstrumentarien mefibare Effekte in bestimmten Zeitspannen untersucht. Die Untersuchungsdauer kann zwischen 24 Stunden und 60 Tagen betragen. Toxizitatsparameter sind beispielsweise die Letalitat, Hemmung der Schwimmfahigkeit, Wachstumshemmung, Hemmung der Lumineszenz bei Leuchtbakterien oder Veranderungen der Reproduktionsraten bei Organismen. Im Hinblick auf Letalitat als Wirkungsendpunkt sollte erwahnt werden, dab vom okologischen Standpunkt der Tod des Organismus keinerlei Signifikanz besitzt fur ein Okosystem, zuma1 nicht im Bereich der Mikroorganismen und Invertebraten. Selbst im Hinblick auf eine Verminderung der Reproduktion gibt es unter Freilandbedingungen genugend Beispiele dafur, dalj nur wenige Organismen zum Fortbestand einer nachsten Generation beitragen konnen, was wiederum die Flexibilitat von Okosystemen reflektiert. Nicht letale Endpunkte toxischer Wirkungen werden zumeist ebensowenig betrachtet wie Wirkungsmechanismen und Fragen der Toxikokinetik. Damit ist es
16
kaum moglich, auf Wirkungen bei anderen Spezies oder auf Gkosystemare Wirkungen zu extrapolieren. Aufgrund der strukturellen und funktionellen Komplexitat von Okosystemen hat sich die internationale wissenschaftliche Gemeinschaft erst seit wenigen Jahren auf biologische Modelle der Okotoxikologie geeinigt. Die Bemuhungen konzentrierten sich vor allem darauf, ,,Modellorganismen" (Arten) zu finden, die fur Labortests geeignet und moglichst fur ein Okosystem reprasentativ sind, und bei denen Effekte leicht meflbar oder erkennbar sind. Modellorganismen sind heute: Bakterien, Algen, Wasserflohe (Daphnien), Fische, Regenwurmer, Bienen, Vogel und Hafer. Fur diese Organismen liegen zumcist Daten zur akuten Toxizitat, seltener zur chronischen Toxizitat von Chemikalien vor. Fur den aquatischen Bereich (Wasser und Sediment) sowie fur Boden erfolgt eine standige Weiter- bzw. Neuentwicklung und Standardisierung von Prufmethoden. Der Schwerpunkt liegt dabei auf der Entwicklung chronischer okotoxikologischer Tests, um die Langzeiteffekte von Stoffen beurteilen zu konnen. Die Tests sind weitestgehend standardisiert und mussen nach den Regeln der guten Laborpraxis (Good Laboratory Practice - GLP) durchgefuhrt werden, um die Reproduzierbarkeit und die Vergleichbarkeit der Ergebnisse zu sichern. Standardisierung der Tests und mathematisch-statistische Auswertungen der Testresultate durfen jedoch nicht daruber hinwegtauschen, dafi es sich um Modelluntersuchungen handelt, deren Ergebnisse nur bedingt auf naturliche Bedingungen ubertragbar sind. Allein die Variationsbreite der Testresultate kann bis zu f 100% betragen. Des weiteren ist die Differenziertheit, Variabilitat und Disposition von Organismen in naturlichen Okosystemen nur bedingt mit der von Modellorganismen vergleichbar. Ob eine Stoffwirkung eintritt bzw. meflbar ist, hangt maflgeblich von der a m Wirkort verfugbaren Stoffmenge (Bioverfugbarkeit) und der Verweildauer im Organismus ab. Damit wird verstandlich, daR Fragen des Umweltverhaltens (Stoffdispersion und Persistenz), der Expositionsdauer und -dosis sowie der Toxikokinetik (Stoffaufnahme, -dispersion, -exkretion) von mafigeblicher Bedeutung dafur sind, o b bei Freilandorganismen iiberhaupt ein Effekt oder eine Schadigung eintritt. Bioverfugbarkeit charakterisiert den Anteil der externen Exposition, der in den Stoffwechsel eines Organismus gelangt und damit uberhaupt einen biologischen Wirkort erreichen kann. Bioverfugbarkeit ist keine Konstante, sondern wird von folgenden Faktoren maRgeblich bestimmt: - physikalisch-chemische Stoffeigenschaften, -
stoffliche Zusammensetzung und Eigenschaften des Expositionsmediums,
- vorhandene Stoffmenge im Expositionsmedium (externe Exposition), - Aufnahmeart und -pfad in den Organismus, - physiologische Eigenschaften des exponierten Organismus.
Trotz dieser Einschrankungen sind die Untersuchungen an Modellorganismen geeignet, um Wirkungsbereiche und Grenzkonzentrationen, Unterschiede in spezies-
17
bedingten Empfindlichkeiten sowie die Dosis- und Zeitabhangigkeit von Stoffwirkungen zu ermitteln. Nur die Gesamtheit der verfugbaren Toxizitatsdaten (Modellorganismen Labortests; Modellokosysteme; Felduntersuchungen) kann Grundlage fur eine Beurteilung des okotoxikologischen Wirkungspotentials einer Chemikalie sein. Dies erfordert eine durch Konsens festgelegte Wertung und Wichtung der Daten mit dem Ziel der Beschreibung der Gefahrlichkeit des Stoffes. Da die meisten Daten zur Okotoxizitat von Stoffen bei Bakterien, Algen, Wasserflohen und Fischen vorliegen, sind diese in das Datenprofil aufgenommen. Die terrestrische Toxizitat wird unter den Begriffen Tiere und Pflanzen zusammenfassend verbal beschrieben. Liegen Ergebnisse aus Modellokosystem- oder Felduntersuchungen vor, so werden diese unter Punkt 6 ,,Umweltverhalten" eingeordnet und bei der Beurteilung der ,,Umweltgefahrlichkeit" (Punkt 10) rnitbetrachtet. -+
1.2.5 Exposition Unter dem Begriff Exposition versteht man die Art und das raumzeitliche AusmaD des Kontaktes von Mensch und Umwelt mit dem jeweils betrachteten Stoff. Die Exposition ist neben der Kenntnis von Stoffwirkungen das mangebliche Kriterium zur Beurteilung von stoffbedingten Risiken im Sinne einer Quantifizierung der Wahrscheinlichkeit des Auftretens eines Effektes oder einer Schadigung beim Menschen oder in der Umwelt. Das ist leicht verstandlich, denn ohne daD Mensch und Umwelt mit einem gefahrlichen Stoff in Kontakt kornmen, besteht kein Risiko fur das Eintreten einer Schadigung. Damit wird aber auch deutlich, daD die Begriffe Risiko und Gefahrlichkeit nicht gleichzusetzen sind. Die 0.g. Definition des Begriffes deutet an, daD die Expositionsermittlung in Raum und Zeit oder ihre Vorhersage sich aunerordentlich schwierig gestaltet. Expositionsaussagen grunden sich heute zumeist auf die Produktionsmenge, die Eintragsmenge und das Umweltverhalten von Stoffen sowie auf die im Rahmen von Monitoringuntersuchungen, d. h. auf die bei der Analyse von Wasser, Boden, Luft und Biota gemessenen Stoffkonzentrationen, oder auf Expositionsmodelle. Haufig geht man von dem Grundsatz aus, daD die Produktionshohe eines Stoffes in direkter Beziehung steht zu der Exposition. Das trifft in dieser vereinfachten Form nicht zu, da Grad und AusmaD der Umweltexposition von einer Vielzahl von Faktoren wie Verwendungsmuster, Mobilitat U.S.W. bestimmt werden. Die herstellungs- und verarbeitungsbedingten Stoffeintrage sind demgegenuber durch komplexe umweltschutztechnische MaDnahmen der chemischen Industrie, durch Umstellung von Produktionsprozessen, Kreislaufprozesse u. a. teilweise in erheblichem MaDe reduziert worden. Selbst bei hohem Produktionsvolumen liegen die Eintrage einer Reihe von Stoffen in der GroDenordnung von 0,001 -0,l Vo Produktionsvolumen pro Jahr und damit im Bereich von einigen hundert Kilogramm bis wenige Tonnen.
18
Nach Parlar und Angerhofer (1991) wurden in der Vergangenheit selbst bei der analytischen Bestimmung einzelner Stoffe in der Umwelt erhebliche Fehler gemacht, die zu groben Fehleinschatzungen von Expositionen gefuhrt haben. Obwohl Fragen nach der Richtigkeit und Reproduzierbarkeit von Analysenergebnissen zunehmend Beachtung finden, wird der Frage nach der Reprasentativitat der Ergebnisse in Hinblick auf das analysierte Objekt (Wasser, Boden, Luft, Organismen) kaum Aufmerksamkeit gewidmet. Trotz dieses Mangels sind raumzeitlich punktformig, d. h. stichprobenartig erhobene Analysenresultate Ausgangspunkt fur Aussagen zur Belastung groflerer Flachen sowie der Trends von Belastungen und direkte Grundlage fiir Aussagen zu Expositionskonzentrationen. Systeminharente Eigenschaften der Umweltkompartimente (z. B. Senken) werden dabei kaum beriicksichtigt. Aussage von Monitoringanalysen kann eigentlich nur sein, was an einem bestimmten Ort, zu einem bestimmten Zeitpunkt in welcher Menge vorhanden war. Die Schwierigkeiten analytischer Messungen von Expositionen und die Probleme der Quantifizierung von diffusen Stoffeintragen in die Umwelt, insbesondere bei der Verwendung von Chemikalien, haben zur Entwicklung von Expositionsmodellen gefiihrt. Expositionsmodelle griinden sich auf: - herstellungs- und anwendungsbezogene Daten, - Stoffeigenschaften, - Eigenschaften der Kompartimente,
wobei die Kenntnisse zu den letztgenannten Parametern zumeist unzureichend sind und nur in sehr vereinfachter Form in die Modelle Eingang finden, d. h. Ruckwirkungen von Okosystemstrukturen und -funktionen auf das Umweltverhalten der Stoffe sind zumeist nicht bekannt, weshalb der Schwerpunkt der Modelle auf den ersten beiden Parametern liegt und vorwiegend der sog. ,,worst-case" betrachtet wird. Bei Expositionsmodellen ist zu unterscheiden zwischen: - lokalen Stoffeintragen - regionalen Stoffeintragen - Kompartimentalisierung
--t + +
lokale Modelle --t lokale Urnweltkonzentrationen diffuse Modelle -+ regionale Stoffkonzentrationen globale Modelle globale Stoffkonzentrationen +
Nach Parlar und Angerhofer hat sich gezeigt, da13 lokale Stoffverteilungen in der Umwelt je nach Ort der Eintragsquelle sowie den lokalen oder territorialen Verhaltnissen zum Teil urn mehrere Zehnerpotenzen differieren konnen. Globale Modelle sind auf lokale Probleme nicht anwendbar. Andererseits benotigen Modelle fur Okosystemausschnitte so viele Daten und Informationen, dafl bei ihrer Kenntnis das Model1 gar nicht mehr gebraucht wird, um eine Expositionsaussage zu machen. Eine Ubersicht zu den differenzierten Modellen der Expositionsanalyse geben die OECD-Monographs No. 27 (1989), No. 69 (1989) und der ECETOC Technical Report No. 50 (1992).
19
Auf der Grundlage produktions- und verarbeitungsspezifischer Angaben wie der Menge der ProzeBabwasser, der Eintragsmenge eines Stoffes in das Abwasser, sowie der Kenntnis des prozentualen Stoffanteils der aus Wasser durch Abbau, Fluchtigkeit und Adsorption eliminiert wird und dem Verdunnungsgrad des Abwassers nach der Einleitung in Oberflachenwasser kann die im Oberflachenwasser zu erwartende Stoffkonzentration berechnet werden. Die Stoffkonzentration im Auslauf der Klaranlage ergibt sich z. B. aus folgender Gleichung: CKA=
w
*
(1 00-P)
l00.Q
CKA = Stoffkonzentration Klaranlagenauslauf (g/L) W = Eintragsmenge des Stoffes in Abwasser (kg/d) Q = Abwassermenge (m3/d) P = Eliminationsfaktor (070) In Abhangigkeit von der biologischen Abbaubarkeit, der Henry-Konstante (H) und dem Verteilungskoeffizienten n-Octanol/Wasser (log Pow)werden die angegebenen Eliminationsfaktoren als grobe Schatzwerte diskutiert (Tabelle 4). Tabelle 4 Eliminationsfaktoren (P) zur Ermittlung von Stoffeintragen nach Klaranlage in Oberflachenwasser log Po,
biologisch leicht abbaubar
log H (Pa rn3/mol)
nein ja nein ja
<2 <2 2-3 2-3 >3 <2 <2 2-3 >3 -
p (%)
~
<3 <3 <3 <3 <3 3-5 3-5 3-5 3-5 >5
10
60 60 80
90 60 80 80 95 90
1.2.6 Umweltverhalten Die Herstellung, Verarbeitung und Verwendung von Chemikalien erfolgt selten in geschlossenen Systemen, zumeist in nur teilweise geschlossenen oder in offenen Systemen. Damit verbunden sind entsprechende Stoffemissionen in die Umwelt. Das Verhalten einer Chemikalie in abiotischen und biotischen Strukturen von Hydro-, Pedo- und Atmosphare kann vereinfacht durch Transport- und Verteilungsprozesse, verbunden mit Vorgangen der Stoffdispersion oder -konzentrierung,
20
sowie differenzierten Stofftransformationen und -wirkungen im Sinne von physikalisch-chemischen Reaktionen, von Bioabbau und Toxizitat charakterisiert werden. Die Stoffverteilung erfolgt dabei entweder in homogener Phase (Wasser, Luft) oder zwischen flussiger, fester und gasftirmiger Phase im Sinne von Stoffubergangen zwischen Wasser, BodedSediment, Atmosphare und Biosystemen. Die Dispersionstendenz eines chemischen Stoffes ist dabei zumeist mit seinem uberregionalen bzw. globalen Vorkommen verbunden, wahrend Konzentrierungsprozesse zur Anreicherung in biotischen oder abiotischen Strukturen biogeochemischer Kreislaufe fuhren (Bio- und Geoakkumulationstendenz). Daraus folgt, daD die Stoffmobilitat in der Umwelt in enger Beziehung zur Verteilung steht, wobei entsprechende Verteilungsparameter ihrerseits durch physikalisch-chemische Stoffeigenschaften und molekulare Strukturen rnit bestimmt werden. Erfahrungsgemafi konnen beispielsweise folgende allgemeine Beziehungen formuliert werden: Niedrige Werte der Wasserloslichkeit korrelieren rnit hohen n-OctanoVWasserVerteilungskoeffizienten sowie einer relativ hohen Bio- und Geoakkumulationstendenz. Hohe Bio- und Geoakkumulationstendenz ist nahezu immer mit geringer oder verminderter Stoffmobilitat in Wasser und Atmosphare verbunden. Die Bioverfugbarkeit der an Sedimente sowie suspendierte Festpartikel adsorbierten Stoffe steht im direkten Verhaltnis zu ihrer Ldslichkeit und ist umgekehrt proportional zum organischen Kohlenstoffgehalt der Feststoffe. Eine ausgepragte Bio- und Geoakkumulationstendenz deutet haufig auf die mogliche Ausbildung remobilisierbarer Stoffdepots in Pedo- und Biosphare hin. Mit zunehmender Lipophilie kommt es oftmals zu einer Verminderung der Reaktivitat und damit der Transformationstendenz von Stoffen. MaDgebliche Transport- und Verteilungsmedien fur hydrophile und leichtfluchtige Stoffe sind die Hydro- und Atmosphare. Stoffe mit hohem Dampfdruck sind durch eine relativ hohe Fluchtigkeit aus Wasser und Boden sowie eine hohe Mobilitat und Dispersionstendenz in der Atmosphare charakterisiert. Bei Transport/Verteilung von Stoffen in der Umwelt ist zu unterscheiden zwischen - Advektion, - nicht diffusem Transport (partikelgebunden), - diffusem Transport.
In Abhangigkeit von den physikalisch-chemischen Eigenschaften des Stoffes und der Zusammensetzung des Umweltmediums kann der Transport rnit einem Carrier zwischen Wasser, BodedSediment und Luft erfolgen. Dem diffusen Transport liegt das Bestreben des Stoffes zugrunde, sich entsprechend den Grundsatzen der Thermodynamik (Verteilungsgesetze) zwischen zwei nicht mischbaren Phasen bis zur Einstellung eines Gleichgewichtszustandes (FlieDgleichgewicht) zu verteilen.
21 Die Frage des Abbaus und der Umwandlung durch chemische, biologische und physikalische Vorgange in der Umwelt sind fur die Beurteilung der Gefahrlichkeit von zentraler Bedeutung, d a ein direkter Zusammenhang zur Persistenz und damit zu einer moglichen Langzeitwirkung besteht. Eine Iangerfristige Wirkung in der Umwelt kann nur fur solche Stoffe erwartet werden, die uber langere Zeit in der Umwelt verfugbar sind, d. h. chemisch nicht verandert werden. Wird ein Stoff demgegenuber kurzfristig aus der Umwelt durch Abbauprozesse eliminiert, dann ist das Risiko einer Langzeitwirkung bei Organismen gering. Allerdings sollten bei einer diesbezuglichen Beurteilung Abbauprodukte der Stoffe in die Betrachtung einflienen, soweit diese bekannt und hinsichtlich Menge und Stabilitat relevant sind. Im Gegensatz zu Verteilungsprozessen sind Stoffumwandlungen im Sinne physikalisch-chemischer und biochemischer Reaktionen immer mit Veranderungen von Strukturen und physikochemischen Stoffeigenschaften verbunden. Im Hinblick auf das Gefahrdungspotential konnen diese Reaktionen giftend oder entgiftend wirken und somit das Umwelt- und Gesundheitsrisiko erhohen oder vermindern. Umweltrelevante Reaktionen konnen in der Gasphase (abiotische Umwandlungen), an festen Phasen (abiotische/biotische Umwandlungen), in Flussigphasen oder an Phasengrenzflachen (abiotische/biotische Umwandlungen) stattfinden. Gasphasereaktionen erfordern zumeist hohe Energien (UV-Licht) oder die Anwesenheit reaktiver Spezies wie Sauerstoffatome, Ozon, Sigulett-Sauerstoff (angeregter Sauerstoff) oder Radikale wie Peroxidradikale, Hydroxylradikale oder Triplettradikale, um Bindungen heterolytisch zu spalten. Demgegenuber ist der Energiebedarf biotischer Stoffumwandlungen mit < lo4 J/mol gering (Tabelle 5). Bei radikalischen Reaktionen ist die Reaktionsfahigkeit tertiarer C - H-Bindungen grdner als die sekundarer oder primarer. Besonders reaktiv sind C - H-Bindungen in Benzyl- oder Allylstellung, wie bei Propen, Butadien oder Toluol sowie C = C Doppelbindungen. Grundsatzlich kdnnen bei Stoffumwandlungen biologische und nichtbiologische Prozesse unterschieden werden. Biologische Prozesse sind immer an die Anwesenheit und Stoffwechselaktivitat von Biosystemen gebunden und kdnnen extraund/oder intrazellular ablaufen. Trotz der Vielfalt von Reaktionen chemischer Stoffe in biologischen und nichtbiologischen Umweltstrukturen liegen den Stofftransformationen nur wenige Reaktionsmechanismen zugrunde, deren Reaktionstypen auf einige wenige Umsetzungen zuruckzufuhren sind.
Kompartiment Atmosphare Wasser Biosysteme
Tabelle 5 Aktivierungsenergien Aktivierungsenergien chemischer Reaktionen
2400 kJ mol-' (UV-Licht 300 m) 100+ LO kJ m o l - ' < 10 kJ mol-'
22
So werden bei biochemischen Reaktionen sogenannte Phase-I- und Phase-IIReaktionen unterschieden. Bei Phase-I-Reaktionen wird das Stoffmolekul selbst in seiner molekularen Struktur verandert, wahrend bei Phase-11-Reaktionen Wechselwirkungen mit korpereigenen Stoffen stattfinden (Tabelle 6; Pfeiffer und Borchert 1981). Bei nichtbiologischen Stofftransformationen sind photolytische und nichtphotolytische Reaktionen zu unterscheiden (Korte 1980). Photodechlorierung, Photooxidation und Photomineralisierung sind den photolytischen Reaktionen zuzuordnen. Hydrolyse und OxidatiodReduktion gehoren zu den nichtphotolytischen Reaktionen. Tabelle 6 Biologische Phase-I- und Phase-11-Reaktionen (nach Pfeiffer und Borchert 1981) Oxidative enzyrnatische Transformation (Phase-I-Reaktion) X-Hydroxylierung C-Hydroxymethylierung Expoxidation 0-Dealkylierung N-Hydroxylierung N-Oxid-Bildung Oxidative Deaminierung Oxidation an Heteroatom
Sulfoxidation Phosphorthionat-Oxidation Oxidative Dechlorierung C-C Spaltung C-Dehydrierung Bildung von Azobenzol sonstige Oxidationen (Ringoffnung, Arornatisierung)
Reduktive enzyrnatische Transformation (Phase-I-Reaktion) ~-
Reduktion von Ketogruppen Reduktion von Nitrogruppen Reduktive Dechlorierung ~
Reduktion von Azogruppen Reduktion von N-Oxid-Gruppen Epoxid-Reduktion
~~~
Hydrolytische enzymatische Transformation (Phase-I-Reaktion) Carbonsaure-Hydrolyse Amid-Hydrolyse Epoxid-Hydrolyse
Ester-Hydrolyse Phosphat-Hydrolyse Glycosid-Hydrolyse
Konjugation primarer Metaboliten (Phase-11-Reaktion) Agens
Produkt
Crlucuronsaure Glutathion Zucker Essigsaure Methylgruppe Schwefelsaure Phosphorsaure Arninoessigsaure Peptide, losliche Proteine
Glucuronide Glutathionate Glycoside N-, 0-Acetate Ester; Ether, Amine Sulfate Phosphate Sauren Peptide, Proteinkomplexe
23 In Abhangigkeit von den jeweils vorliegenden Reaktionsbedingungen und der molekularen Struktur einer Chemikalie haben biologische und nichtbiologische Stoffwandlungen eine unterschiedliche Bedeutung fur das Umweltverhalten. So werden photolytische Umsetzungen bevorzugt in der Atmosphare ablaufen und deshalb fur solche Stoffe von Bedeutung sein, die infolge ihrer Fluchtigkeit eine gro13e Dispersionstendenz in der Atmosphare aufweisen. Neuere Untersuchungen haben allerdings gezeigt, da13 auch Stoffe mit relativ niedrigem Dampfdruck durch Sorptionsprozesse an Festpartikel einerseits eine groRe Dispersionstendenz zeigen und zum anderen durch photolytische Reaktionen in der Atmosphare vergleichsweise schnell transformiert, teilweise bis zu Kohlendioxid abgebaut werden konnen. Unter dem Aspekt der Umweltgefahrlichkeit besteht der Vorteil photolytischer Reaktionen darin, dab die Stoffumwandlung im Gegensatz zu enzymatischbiochemischen Reaktionen haufig bis zur Bildung von Kohlendioxid und Wasser fuhrt. Andererseits darf nicht iibersehen werden, da13 infolge der Bildung von Molekulbruchstucken (Radikale) durch energiereiche Strahlung vollig neue Molekule gebildet werden konnen. Dariiber hinaus darf die Bedeutung photolytischer Reaktionen fur den Stoffabbau in oberflachennahen Wasserschichten oder Bodenzonen nicht unterschatzt werden, da sich gerade in diesen Bereichen lipophile, wenig polare Stoffe anreichern konnen. Neben biologischen Reaktionen haben nichtphotolytische Reaktionen wie Hydrolyse und Oxidation/Reduktion besondere Bedeutung fur die Stoffumwandlung in aquatischen Systemen sowie in Boden und Sedimenten. Die groBte Abbau- und Umbauleistung organischer Stoffe wird durch die Mikroorganismen in waorigem Milieu oder im Boden geleistet. Klaranlagen nutzen diesen ProzeB aus. Mit den OECD-Prufrichtlinien zu Nr. 301 (OECD 1981) lassen sich folgende Aussagen machen: Der Stoff ist leicht abbaubar, oder der Stoff ist nicht leicht abbaubar. Die meisten Daten zu diesem Kriterium liegen beim japanischen Ministerium fur Internationalen Handel und Industrie (MITI). Der Bioabbau von Chemikalien ist zu differenzieren in: - Primarabbau -
--+
Mineralisierung
Bildung von Metaboliten, Abbau zu C 0 2 , H20 und Salzen.
--+
Hinsichtlich ihrer biologischen Abbaubarkeit werden Stoffe wie folgt eingeteilt: - biologisch leicht abbaubare Stoffe, -
biologisch nicht leicht abbaubare Stoffe, biologisch unter gunstigen Bedingungen abbaubare Stoffe (inherent biodegradable).
Fur den Nachweis der Mineralisierung unter aeroben Bedingungen sind standardisierte Testmethoden verfiigbar. Fur Oberflachenwasser und fur den Abbau unter anaeroben Bedingungen fehlen heute die entsprechenden Standardmethoden. Bei der Beurteilung der Ergebnisse von Abbauuntersuchungen ist zu berucksichtigen, da13 die im Labor abbaubaren (mineralisierbaren) Stoffe in der Umwelt,
24
wenn uberhaupt, nur in sehr geringen Konzentrationen vorliegen (ng-pg/L) und darj Laborversuche haufig ein geringeres Abbaupotential abbilden als die Realitat, z. B. von Klaranlagen. Die Bewertung von Stofftransforrnationen in Biosystemen mu13 beachten, darj biochernisch-enzyrnatische Urnsetzungen zumeist rnit der Bildung neuer, vorwiegend polarer, hydrophiler Stoffe oder Konjugate verbunden sind, und nur selten zur Verstoffwechselung unter Bildung von Kohlendioxid und Wasser fuhren. Die bei diesen Reaktionen verfugbare Energie ist zur An- bzw. Urnlagerung funktioneller Gruppen, nicht aber zur Bindungsspaltung ausreichend. Die biologische Aktivitat von Boden, Sedirnenten und Schlarnrnen ist haufig die rnaflgebliche Grundlage dafur, daf3 Urnweltschadstoffe uberhaupt transforrniert bzw. abgebaut werden. Die rneisten Mikroorganisrnen nutzen Sauerstoff als Elektronenakzeptor fur den Stoffwechsel; anaerobe Organisrnen nutzen elektrophile Substanzen wie Nitrat oder Sulfat. Aerobe Abbauprozesse verlaufen zumeist rascher als anaerobe. Die bei biologischen Stoffurnwandlungen erfolgenden Bindungsspaltungen in Molekulen sind haufig identisch rnit denen abiotischer Reaktionen wie z. B. die Spaltung von Estern, Arniden, Carbonaten, Phosphaten, Alkylhalogeniden. Die biologische Urnwandlung von Arornaten oder n-Alkanen erfolgt zurneist durch den Einbau von einern oder zwei Sauerstoffatornen in das Molekul, vergleichbar der Reaktion rnit OH-Radikalen. Molekule, die Sauerstoff enthalten, werden rascher verstoffwechselt und darnit abgebaut. Fur gasforrnige und fluchtige Stoffe sind die Urnwandlungen von Bedeutung, die in der Troposphare ablaufen. Zu unterscheiden ist zwischen direkter und indirekter Photolyse. Bei der direkten Photolyse erfolgt die Stoffurnwandlung durch Eigenabsorption von Licht der Wellenlange > 295 nrn. In der Atrnosphare erfolgt der Stoffabbau jedoch zurneist indirekt, indern ein Molekul Licht absorbiert und die Energie auf den in Frage stehenden Stoff ubertragt. Moglich sind auch Reaktionen des Stoffes rnit den Folgeprodukten einer photochernischen Prirnarreaktion. In der Troposphare erfolgt der Abbau von chernischen Stoffen in erster Linie durch Reaktion rnit OH-Radikalen. Irn Gegensatz zu den relativ spezifisch reagierenden Oxidantien Ozon und N03-Radikale sind OH-Radikale unspezifisch in ihren Reaktionen. Durch die UV-Strahlung der Sonne werden in der Atrnosphare freie Hydroxylradikale erzeugt, die oxidativ luftgetragene Stoffe angreifen und sie in einer radikalisch verlaufenden Kettenreaktion urnwandeln.
R-H+OH'
--*
R'+H,O
Dabei konnen OH-Radikale wie folgt reagieren: -
Abstraktion eines Wasserstoffatorns,
- Anlagerung an eine Doppelbindung, - Anlagerung an einen arornatischen Ring.
25
Kennt man die Reaktionsgeschwindigkeitskonstante kOH (cm3 Molekiile-' s-'), so lafit sich bei Kenntnis der mittleren OH-Radikal-Konzentrationen - sie wird in unseren Breiten mit 5 - lo5 Teilchen pro cm3 angesetzt - die tropospharische Halbwertszeit tl,2 nach der Formel In 2 t1/2 =
kOH [OH]
berechnen. Diese - ausgedruckt in Tagen - gibt einen Anhaltspunkt fur die Lebensdauer luftgetragener Stoffe in der Troposphare. Bei einer mittleren Windgeschwindigkeit von 4 m/s wird ein Stoff an einem Tage bereits 345 km weit getragen. Im Hinblick auf Abbaugeschwindigkeit und Ausbreitung der Stoffe kann die Photolysehalbwertszeit wie folgt interpretiert werden:
< 1 Tag tIl2 tlI2 I - 10 Tage tIl2 > 10 Tage
rascher Abbau abbaubar, Verteilung moglich langsamer Abbau, groflraumige Verteilung moglich
In der Atmosphare konnen Stoffe dariiber hinaus durch Reaktionen mit andeNitrat oder Peroxidradikalen ren reaktiven Spezies wie beispielsweise Ozon (03), (RO;) umgewandelt werden. Die Reaktionsgeschwindigkeitskonstantendieser Reaktionen sind allerdings bei den meisten Stoffen um den Faktor 5 - 10 geringer. Demzufolge ist es gerechtfertigt, die oxidative Stoffumwandlung durch Hydroxylradikale in erster Naherung als den mangeblichen UmwandlungsprozeB luftgetragener Stoffe zu betrachten (Tabelle 7). Im Gegensatz zur Gasphase konnen in Gewassern Energien von Bindungen durch Solvatation erheblich erniedrigt werden. Damit erhoht sich die Reaktivitat der Stoffe. Die Solvatation kann Reaktionsgeschwindigkeitenund Gleichgewichte chemischer Reaktionen verandern. Tabelle 7 Indirekte Photolyse: Halbwertszeiten in Luft und Wasser (Sutter 1993) Stoffklasse
HO'
0 3
Luft Alkane Alkohole Aromaten Olefine
200 h 60 h 60 h 20-60 h
>lo6 a >lo6 a lo3 a <20 a
Oberflachenwasser Phenole Aromatische Amine Furane Hydroperoxide PAK
<10 h
RO;,
'02
-
20 h 20 h 100 h 20 h
5h 10 h
10 h 100 h 50 h
26
Infolge der hoheren Konzentrationen a n Peroxidradikalen oder Alkoxyradikalen in Gewassern kann es neben Hydrolyse und Oxidation/Reduktion auch zu radikalischen Stoffumwandlungen kommen. Dabei sind Olefine mit allylstandigem Wasserstoff oder ungesattigte Verbindungen bevorzugte Reaktionspartner. Bindungen mit hoher Reaktivitat sind aber auch C - H-Bindungen in Nachbarstellung zum aromatischen Kern, tertiare C - H-Bindungen und C-H-Bindungen in Nachbarstellung zu Sauerstoff, wie in Aldehyden, Ethern, Ketonen u. a. Infolge der geringen Hydroxylradikalkonzentration in Gewassern sind entsprechende Umwandlungen von untergeordneter Bedeutung. Fur Verbindungen, die Licht der Wellenlange > 295 nm absorbieren, kann im Wasser die direkte Photolyse ein mangeblicher AbbauprozeB sein. Tabelle 8 Konzentrationen der fur Luft und Wasser relevanten Oxidationsmittel Oxidationsrnittel Luft HO' 0 3
NO3 NO2 Wasser '02
RO;
HO'
durchschnittliche Konzentration
0,Ol -0,4 0,02 - 0,4 < 1-400 20 - 500
ppt ppm ppt ppt
1 . 1 0 - l ~M 1.10-" M 1.l0-l6 M
Die Transformationsrate hangt dabei jedoch von der Eindringtiefe des Lichtes in den Wasserkorper a b (Farbe, Gehalt an suspendierten Stoffen u. a.). In Abhangigkeit von der Zusammensetzung von Wasser und Luft konnen die Konzentrationen der Oxidationsmittel (Tabelle 8) zwischen den Faktoren 5 - 10 schwanken. Dies ist u. a. bei der Interpretation von Geschwindigkeitskonstanten der indirekten Photolyse (Schwankungen um den Faktor 2 - 3) zu berucksichtigen. Andererseits ist fur Verbindungsklassen wie Alkylhalogenide, Amine, Amide, Nitrile, Carbamate, Ester und Epoxide die Hydrolyse der bevorzugte Abbaumechanismus in Wasser. Auch die Chemisorption von Stoffen an feste Phasen in Gewassern kann infolge der Erniedrigung von Bindungsenergien zu einer Erhohung der Reaktivitat fuhren. In unmittelbarer Verbindung mit der Transformationstendenz steht die Persistem eines Stoffes im Sinne seiner physikalisch-chemischen und biologischen Stabilitat. Wie allgemeine Erfahrungen zeigen, ist die Persistenz eines Stoffes abhangig von seiner chemischen Struktur, den damit verknupften physikochemischen Eigenschaften sowie den Eigenschaften des jeweiligen Umweltsystems. Da es ein absolutes Ma13 fur die Persistenz nicht gibt, konnen Chemikalien immer nur ver-
21
gleichend betrachtet werden (Korte 1980). Erfahrungsgeman ist eine hohe Stabilitat hiufig mit einer ausgepragten Bio- und Geokonzentrationstendenz verbunden. Weiterhin konnen Strukturmerkmale von Chemikalien oftmals erste orientierende Hinweise zur Persistenz in der Umwelt geben. So sind z. B. im allgemeinen Alkane stabiler als Alkene, aber weniger stabil als Aromaten. Mit der Zahl der Substituenten am aromatischen Kern, insbesondere bei Protonensubstitution durch Halogene, erhoht sich die Stabilitat von Verbindungen (z. B. Hexachlorbenzol und Monochlorbenzol, Decachlorbiphenyl und Monochlorbiphenyl). Demgegeniiber verandert sich die Stabilitat von Aromaten bei Substitutionen durch Alkylgruppen nicht wesentlich. Andererseits fiihrt die Kohlenstoff-Stickstoff-Substitution jedoch zumeist zu einer erheblichen Stabilitatszunahme des Molekiils, wie die Persistenz des Triazin- und Benzylkerns zeigt. Die Stoffmobilitat in Bliden ist im Zusammenhang mit der Gefahr von Grundwasserverunreinigungen sowie der Akkumulation in terrestrischen biologischen Ketten ein mafigebliches Kriterium zur Beurteilung des Umweltverhaltens und des Gefihrdungspotentials von Chemikalien. Grundwasserkontaminationen sind zumeist nur dann zu erwarten, wenn die physikalisch-chemischen Eigenschaften des Stoffes bzw. seiner Transformationsprodukte und die Bodenverhaltnisse ein Vordringen bis zu grundwasserfiihrenden Bodenschichten ermoglichen. Hohe Wasserloslichkeit, niedriger Dampfdruck, geringe Sorptionstendenz und hohe Persistenz sind stoffliche Eigenschaften, die eine entsprechende Bodenpassage moglich machen bzw. begiinstigen. Dariiber hinaus mu13 der Boden in seiner Struktur und Zusammensetzung, dem Wassergehalt, dem Sorptionsvermogen, der biologischen Aktivitat und Reaktion so beschaffen sein, dalj chemische Stoffe ohne wesentliche Konzentrationsminderung bis zum Grundwasserleiter vordringen konnen. Zu beachten ist, dal3 wenig wasserlosliche Stoffe sowohl bei massiven Bodenverunreinigungen als auch bei Anwesenheit von Liisungsverrnittlern u. a. sowie geniigend langer Latenzzeit bis in grundwasserfiihrende Schichten vordringen konnen (Gefahrdungsmoglichkeit bei der Deponie von Schadstoffen). Fur das Stoffverhalten in Boden sind neben den Stoffeigenschaften demzufolge die nachstehenden Faktoren von Bedeutung: - meteorologische Faktoren:
-
-
Niederschlagsmenge, -intensitaten und Jahreszeiten, Temperatur, Luftbewegung und UV-Strahlung; pedologische Faktoren: Machtigkeit der Ackerkrume, Bearbeitungszustand des Bodens (mechanisch), Bodengefiige (Verdichtung), Bodenstruktur bzw. -textur, Porenvolumen, Gehalt an Tonmineralien und organischen Stoffen, Wassergehalt, Luftvolumen; hydrogeologische Faktoren: Hohenniveau des Grundwasserleiters, Ergiebigkeit, geologischer Verband (Lockergestein, Karst, Kluftgestein), glazialer Aufbau und Machtigkeit des Deckgebirges, Flienrichtung und -geschwindigkeit des Grundwassers, Grundwasserneubildung, Einzugsgebiet.
Die Grundwasserneubildungen findet zumeist in den Monaten Oktober bis Marz statt. Die Evaporation und Transpiration sind dann am geringsten, die Sickerwassermengen kurz vor oder kurz nach der Frostperiode am hochsten. Zudem sind zu dieser Zeit die mikrobiellen Abbauleistungen der Boden nur gering. Allgemein nehmen sie mit zunehmender Bodentiefe unterhalb der Ackerkrume oder von Waldboden ab und sind im Grundwasser selbst nur gering. Chemische Abbaumechanismen konnen im Grundwasser jedoch an Bedeutung gewinnen, obwohl die Voraussetzungen nur in Ausnahmefallen gunstig sind. Die Stoffaufnahme durch Pflanzen ist ein weiteres Gefahrdungsmoment in Verbindung mit Bodenverunreinigungen (z. B. auch bei der Nutzung von Abwasserschlammen). Der Grad der Aufnahme durch die Pflanze ist u. a. abhangig von der Wasser- und Lipoidloslichkeit. Fur die meisten umweltrelevanten Chemikalien sind keine Daten verfugbar. Hiervon ausgenommen sind Pflanzenschutz- und Schadlingsbekampfungsmittel sowie die Spurenmetalle Quecksilber, Cadmium, Blei und Selen. Fur eine Beschreibung des Umweltverhaltens der Stoffe ist eine moglichst nachvollziehbare Interpretation numerischer KenngroOen erforderlich. Einige dieser KenngroBen werden heute wie folgt interpretiert: Bioakkumulation: Iog Po, > 3 1-3 <1
Photooxidation Luft: ti12 < 10 d >10 d Fluchtigkeit: >O log H
eine nennenswerte Bioakkumulation ist zu erwarten eine nennenswerte Bioakkumulation ist nicht zu erwarten keine Bioakkumulation zu erwarten rascher Abbau langsamer Abbau
-+
Verteilung
fluchtig aus Wasser wenig fluchtig aus Wasser
Biologischer Abbau: >70% DOC leicht biologisch abbaubar > 60% BSB/C02 DOC oder CSB biologisch abbaubar >70% >6O% COz DOC oder CSB teilweise biologisch abbaubar 20-70070 20-60% COz DOC oder CSB schwer biologisch abbaubar <20% < 20% BSB/C02
29
1.2.7 G r e w bzw. Richtwerte Die Festlegung von Grenz- bzw. Richtwerten im Sinne der Schadstoffnormierung ist gegenwartig grundlegendes Element zur Minderung von Umwelt- und Gesundheitsrisiken im Zusammenhang mit Chemikalienexpositionen. Grenzwerte werden fur Organismen, eine Bwolkerungsgruppe oder eine Sache festgelegt. Sie werden angegeben als zulassige Aufnahme des Stoffes durch die Bevolkerungsgruppe, den Organismus oder die Sache (Horn 1983). MaBgebliche Grundlage der Konzepte der Stoffnormierung ist die Annahme eines Schwellenwertes toxischer Wirkungen in Abhangigkeit von Stoffmenge und Expositionsdauer. Die in differenzierten toxikologischen Experimenten ermittelten Wirkquantitaten, insbesondere die maximal unwirksame Konzentration oder Dosis, sind mangebliche Kriterien der Normierung. Korrekturen toxischer Wirkquantitaten durch vorwiegend empirisch festgelegte Sicherheitsfaktoren berucksichtigen vor allen Dingen die hohere Empfindlichkeit des Menschen im Vergleich zum Versuchstier. Daruber hinaus wird zumeist die Moglichkeit der lebenslangen, umweltbedingten Schadstoffexposition in Betracht gezogen. Die zumeist aus toxischen Wirkquantitaten abgeleiteten Grenzwerte wie ADI-Werte werden als primare Grenzwerte bezeichnet. Ihre praktische Anwendung wiederum erfordert die Ableitung sekundarer Grenzwerte im Sinne von Expositionswerten mit Bezug auf Urnweltmedien. Trinkwassergrenzwerte, MAK-Werte, Abwassereinleitungsgrenzwerte, Qualitatsziele fur Gewasser u.a. entsprechen diesen sekundaren Grenzwerten. Eine inhaltliche Interpretation der in der Dokumentation angegebenen Grenzwerte mu0 beachten, daB sich Schwellenwerte fur eine Population experimentell nicht bestimmen lassen. Ursache ist die im Normalfall logarithmische Normalverteilung individueller Schwellenwerte innerhalb einer Population. Erfahrungsgeman tritt ein meobarer Effekt bei zunehmender Schadstoffexposition bei einem immer grofieren Teil der Population auf. Bei abnehmender Schadstoffmenge wird diese Relation jedoch immer unscharfer. Daruber hinaus ist zu beachten, dan die Existenz von Schwellenwerten genotoxischer Wirkungen nicht eindeutig geklart ist. Die fur verschiedene Stoffe angegebenen Grenzwertempfehlungen der U. S. Environmental Protection Agency (EPA) im Zusammenhang mit entsprechenden karzinogenen Risiken bei Haufigkeiten von 1 Erkrankung auf lo5, lo6 oder lo7 Individuen, entoder einer exponierten Population, sprechend einem Risiko von lo-’, sind nicht als toxikologische Grenzwerte zu interpretieren. Sie charakterisieren lediglich ein rnit entsprechenden Schadstoffexpositionen verbundenes wahrscheinliches Krebsrisiko fur die Bevolkerung unter der Annahme einer lebenslangen Stoffaufnahme mit dem Trinkwasser. Haufig werden dabei spezifische Faktoren wie die Biokonzentrationstendenz der Stoffe oder in besonderen Fallen der Fischkonsum als Hauptexpositionsquelle berucksichtigt. Grenz- und Richtwerte oder Empfehlungen ohne verbindlichen Charakter weisen zumindest auf die oko- und humantoxikologische Bedeutung und das Gefahrdungspotential, welches den Stoffen zugeordnet wird, hin. Sie sollten in jedem Fall Anla6 einer kritischen Stoffbeurteilung sein. Abschlienend ist zu erwahnen, dal3
30 Grenzwerte keine Konstanten im Sinne unveranderlicher StoffkenngroDen sind, sondern auf der Grundlage des aktuellen Kenntnis- und Entwicklungsstandes in Abstanden iiberarbeitet werden mussen.
1.2.8 Abfallbeseitigung Der Begriff Abfallbeseitigung gilt sowohl fur Ruckstande chemischer Stoffe in Form reiner oder technischer Produkte als auch fur Abfallprodukte aller Aggregatzustande in Form von Stoffgemischen wie Ldsungen, Schlammen, Feststoffen, Gasen u. a. Der Begriff Abfallbeseitigung ist nicht absolut. Bei physikalischen, chemischen und biologischen Prozessen der Stoffentgiftung oder Abfallbeseitigung entstehen nicht immer die Idealprodukte Kohlendioxid und Wasser. Vielmehr fiihren die meisten dieser Prozesse zur Bildung neuer Stoffe mit neuen Eigenschaften, die ihrerseits wiederum zu Umweltbelastungen fiihren konnen. Dabei sind die entstehenden Stoffe oftmals nicht bekannt bzw. es konnen lediglich auf der Grundlage der Eigenschaften der Ausgangsstoffe entsprechende Vermutungen angestellt werden (z. B. Abfallverbrennung PCB-haltiger Riickstande, Pflanzenschutzmittel, Kunststoffe u. a.). Grundsatzlich sind bei jeder Entgiftung bzw. Unschadlichmachung von Chemikalien chemische Grundkenntnisse erforderlich. Dariiber hinaus ist auch bei Chemikalienabfallen so weit wie moglich eine geordnete Lagerung notwendig, um Kontakte von miteinander reagierenden Stoffen und damit unkontrollierbare Reaktionen zu vermeiden (Tabelle 9). Tabelle 9 Ubersicht zu heftig miteinander reagierender Chemikalien (Martinet2 1980) Grundstoff
Stoffe, mit denen Kontakt zu vermeiden ist
Acetylen Alkalimetalle, Aluminiumund Magnesiumpulver
Halogene, Kupfer, Silber, Quecksilber, Wasser, Halogene, Tetrachlormethan und andere chlorierte Losungsmittel, Kohlendioxid, Blausaure Quecksilber, Halogene, Calciumhypochlorit, Fluorwasserstoffsaure Metallpulver, Sauren, Chlorate, Nitrite, Schwefel, brennbare Losungsmittel, feinverteilte brennbare Feststoffe Salpetersaure, Wasserstoffperoxid Salpetersaure, Alkalimetalle Wasserstoffperoxid Ammoniumnitrat, Chromsaure, Halogene, Natriumperoxid, Salpetersaure, Wasserstoffperoxid vgl. Chlor
Ammoniak Ammoniumnitrat
Anilin Blausaure Braunstein Brennbare Losungsmittel
Brom
31 Tabelle 9 (Fortsetzung) Grundstoff
Stoffe, mit denen Kontakt zu vermeiden ist
Chlor
Metallpulver, Wasserstoff, Ammoniak, Acetylen, Butadien, Methan, Propan, Buten, Terpentin, Benzol Metallpulver, Ammoniurnsalze, Sauren, Schwefel, Zucker Ammoniak, Schwefelwasserstoff, Methan, Phosphin Anorganische und organische Sauren, Zucker, Feststoffe Essigsaure, Naphthalin, Campher, Glycerin, Terpentin, Alkohole, brennbare Ltisungsmittel Anorganische und organische Sauren Anorganische und organische Sauren Chromsaure, Perchlorsaure, Salpetersaure, Peroxide, Kaliumpermanganat Sauren und Alkalien jeden Kontakt mit anderen Stoffen ausschlieflen bzw. vermeiden Ammoniak alle Oxidationsmittel Ammoniak, Wasserstoff, Acetylen Schwefelsaure Schwefelsaure, Ethylenglycol, Benzaldehyd, Glycerin vgl. Sulfide Halogene, Chrornsaure, Natriumperoxid Ethylacetat, Ethylalkohol, Ethylenglycol, Eisessig, Glycerin Quecksilber, Silber Bisrnut und -legierungen, Essigsaureanhydrid, Alkohole, Papier, Holz, Zucker alle organischen brennbaren Materialien Natriumperoxid Kaliumchlorat und -perchlorat, Kaliurnpermanganat rauchende Salpetersiure, oxidierende Gase Ammoniumverbindungen, Acetylen, Oxalsaure, Weinsaure Sauren Alkalimetalle, Kalium- und Natriumhydroxid (fest) Alkalimetalle, Atznatron, Atzkali, Sauren Aktivkohle, Alkali, Braunstein, feinverteilte Edelmetalle, Fluor-, Eisen- und Kupfersalze, Kaliumiodid, Schwefelkohlenstoff und Schwefelwasserstoff
Chlorate Chlordioxid Chlorite Chromsaure
Cumolhydroperoxid Cyanide Eisessig Epichlorhydrin Fluor Fluorwasserstoffsaure Hydrazin Iod Kaliumperchlorat Kaliumpermanganat Kaliumsulfid Kohlenwasserstoffe Natriumperoxid Oxalsaure Perchlorsaure Sauerstoff Schwefelkohlenstoff Schwefelsaure Schwefelwasserstoff Silber Su 1fide Tetrachlorethylen Trichlorethylen Wasserstoffperoxid
32
Im Zusammenhang mit der Frage der Abfallbeseitigung sollte grundsatzlich die Moglichkeit einer Stoffriickfuhrung bzw. -ruckgewinnung im Sinne der Wiederaufbereitung oder eines Recyclings sowie die Trennung von Stoffgemischen mittels differenzierter Verfahren gepruft werden. Ergeben sich keine dementsprechenden Moglichkeiten, ist auf der Grundlage und unter Beachtung gesetzlicher Regelungen bzw. von Verordnungen und Empfehlungen iiber Mafinahmen einer thermischen oder chemischen Stoffbehandlung die Anwendung physikalisch-chemischer Prozesse oder einer geeigneten Form der Deponien zu entscheiden. Gegenwartig ist davon auszugehen, dafi ca. 70% der industriellen, gewerblichen und landwirtschaftlichen Abfalle sowie ein erheblicher Anteil Kommunalmull auf oberirdischen Deponiestandorten abgelagert werden. Trotz aller Sicherheitsmafinahmen ist davon auszugehen, dafi Schadstoffdeponien im Sinne von Schadstoffdepots Langzeitschadstellen in Okosystemen darstellen konnen. Die im Rahmen der Datensammlung angegebenen Hinweise haben zumeist nur informativen Charakter und sollen einen Anhaltspunkt zu Fragen der Beseitigung von Abfallen und Ruckstanden von Chemikalien geben. In Tabelle 10 sind einige Angaben zu chemischen Umsetzungen im Rahmen der Chemikalienentgiftung zusammengestellt und entsprechende Reagenzien angegeben.
1.2.9 Verwendung
Die stichpunktartig angegebenen Verwendungszwecke bzw. Einsatzbereiche der jeweiligen Stoffe haben lediglich orientierenden Charakter und erheben keinesfalls Anspruch auf Vollstandigkeit. Abgeleitet werden konnen jedoch erste Hinweise auf mogliche Emissionsquellen in Industrie, Landwirtschaft und/oder kommunalem Bereich.
1.2.10 UmweltgefahrIichkeit Eine zusammenfassende Betrachtung von Stoffeigenschaften und -wirkungen fuhrt zu dem Begriff der Gefahrlichkeit (Gefahrdungspotential). Dal3 chemischen Stoffen aufgrund intrinsischer Eigenschaften der Begriff ,,gefahrlich" zugeordnet werden kann, ist verstandlich und grundsatzlich akzeptiert. Die Verwendung des Begriffes bedarf aber immer einer Prazisierung, d. h. eines konkreten Bezuges im Sinne von ,,gefahrlich fur". Bei Gefahrlichkeitsmerkmalen, die aus definierten physikalischen und chemischen Stoffeigenschaften resultieren, wie brennbar, atzend, explosibel, entflammbar u. a., entstehen bei einer Stoffbeurteilung keine Probleme. Wird ein Stoff in Hinblick auf seine Gefahrlichkeit fur die Umwelt beurteilt, dann miissen sowohl die physikalisch-chemkchen Stoffeigenschaften und die daraus resultierenden Wirkungen auf die abiotische Umwelt als auch die Wirkungen
33 Tabelle 10 Beispiele fur die Beseitigung von Chemikalien Substanz
Art der Beseitigung
Aldehyde
Aufnehrnen in geeigneten Losungsmitteln und in einer Sonderabfallverbrennungsanlage beseitigen s. Aldehyde s. Aldehyde Kleine Mengen konnen mit Kieselgur aufgenommen und in Plastikslcken abgefiillt zur Verbrennung gegeben werden. Unter Riihren vorsichtig in Natronlauge eintropfen und neutralisieren. Bis zur Trockne einengen und in Plastikbehaltern abgefiillt deponierbar. Urnsetzen rnit verdiinnten Alkalien und nach erfolgter Neutralisation konnen kleine Mengen dem Abwasser beigernischt werden. Mercaptane werden rnit Natriurnhypochlorit oxidiert. Das Reaktionsprodukt kann bei kleinen Mengen dem Abwasser zugeftkhrt werden. Die Stoffe werden in einem organischen Ldsungsrnittel gelost und einer Sonderabfallverbrennungsanlage zugefiihrt. Verschiittete Mengen konnen rnit einem Gernisch aus Sand und Soda aufgenomrnen werden. Kochen in alkalischem Milieu (ca. 30 min); neutralisieren und eindampfen. Riickstande verbrennen oder einer Sonderabfalldeponie zufiihren. Reduktion in saurer Losung und bei kleinen Mengen dern Abwasser zufiihren. Oxidation rnit Natriumhypochlorit (pro Mol Cyanid etwa 2,5 Mol Hypochlorit). Der UberschuB an Hypochlorit wird rnit Natriumthiosulfat beseitigt.
Aliphatische Arnine Arornatische Amine
Carbonsaurechloride
Dimethylsulfat
Mercaptane Organische Halogenverbindungen
Organische Phosphate
Peroxide, Persauren Cyanide
auf die unterschiedlichen Organisationsebenen von Okosystemen betrachtet werden. Der gegenwartig haufig unzureichende Kenntnisstand zu den Stoffwirkungen auf Okosysteme laDt es verstandlich erscheinen, dal3 eine umfassende Beschreibung von Umweltgefahrlichkeit kaum moglich ist, und jede diesbezugliche Stoffbeurteilung unvollstandig sein mull. Dabei sind Schadigungen abiotischer Strukturen der Umweltkompartimente wie Zerstorung der Ozonschicht durch atmospharische Spurengase, Versauerung von Gewassern und Boden infolge pH-Veranderung u. a. noch relativ einfach ursachlich zu beschreiben. Demgegenuber erschwert der unzureichende Wissensstand zu Strukturen und Funktionen von Okosystemen eine Beurteilung von Umweltgefahrlichkeit im Hinblick auf okosystemare Effekte. Bei ausreichender Datenlage wurde versucht, eine kurze Aussage zur Gefahrlichkeit fur die abiotische Umwelt sowie fur die in Frage stehenden Organismen zu
34 entwerfen; dies ist nicht gleichzusetzen mit einer Risikoaussage im Hinblick auf die Wahrscheinlichkeit des Auftretens von Effekten oder Schadigungen. Die Kommission der Europaischen Gemeinschaft hat am 1. Marz 1991 Kriterien fur die Einstufung von Stoffen als umweltgefahrlich erlassen. Eine Umsetzung in nationales Recht erfolgte bis zum 1. Juli 1992. Unterschieden wird bei der Beurteilung zwischen akuten und/oder langfristigen (chronischen) Wirkungen: - Stoffe, die sehr giftig fur Wasserorganisrnen sind 5 1 mg/L LC 50 (96 h) Fische EC 50 (48 h) Daphnia 5 1 mg/L 5 1 mg/L IC 50 (72 h) Algen - Stoffe, die giftig fur Wasserorganismen sind: akute Toxizitat > 1 mg/L bis 5 10 mg/L - Stoffe, die schudfich fur Wasserorganismen sind: akute Toxizitat > 10 mg/L bis 5 I00 mg/L; der Stoff ist nicht leicht abbaubar - Sehr giftige und giftige Stoffe, die gleichzeitig nicht leicht abbaubar sind und einen Verteilungskoeffizienten n-Octanol/Wasser von log Kow 2 3 besitzen, konnen in Gewassern langfristig schadliche Wirkungen haben.
Folgende Gefahrensatze sind fur die Kennzeichnungen der Gefahren fur Gewasser vorgesehen: R R R R
50: 51: 52: 53:
Sehr giftig fur Wasserorganismen Giftig fur Wasserorganismen (nur in Kombination mit R 53) Schadlich fur Wasserorganismen Kann in Gewassern langerfristig schadliche Wirkungen haben.
Folgende Stoffeigenschaften fuhren zur Einstufung und zur Kennzeichnung in eine der vorgegebenen 6 Gefahrenkategorien: I.
R 50/R 53 sowie Symbol N/Pictogramm Eine der akuten Toxizitaten 5 1 mg/L
und der Stoff ist nicht leicht abbaubar oder der Stoff hat einen log KO, 2 3,O MG < 600 es sei denn 11.
B C F s 100 R 50 sowie Symbol N/Pictogramm Eine der akuten Toxizitaten I1 mg/L
und der Stoff ist leicht abbaubar und
111.
der Stoff besitzt kein Bioakkumulationspotential (BCF 5 100 oder log KO, 5 3,O oder log KO, > 3,O wenn MG > 600) R 51/R 53 sowie Symbol N/Pictogramm
35 Eine der akuten Toxizitaten liegt zwischen
> 1 mg/L bis
5 10 mg/L
und der Stoff ist nicht leicht abbaubar oder
der Stoff hat einen log KO, 2 3,O und MG < 100
es sei denn IV.
BCF 5 100. R 52/R 53 Eine der akuten Toxizitaten liegt bei > 10 mg/L bis
5
100 mg/L
und der Stoff ist nicht leicht abbaubar. Der Verteilungskoeffizient log KO, bzw. der Biokonzentrationsfaktor BCF bleibt unberucksichtigt. Die Einstufung unterbleibt, wenn: die chronische Toxizitat (Fisch, Daphnia) eine NOEC von 2 1,O mg/L aufweist oder eine inherente biologische Abbaubarkeit nachgewiesen ist. v. R 52 Einstufung eines Stoffes, der nicht unter die vorgenannten Kriterien fallt, fur den aber Hinweise auf ein toxisches Potential bestehen, das Struktur und/oder Funktion des aquatischen Okosystems gefahrdet. Einzelfallentscheidung des Gesetzgebers. VI. R 53 Stoffe, die nicht unter die vorgenannten Kriterien fallen, werden in diese Kategorie eingestuft, wenn - sie in Wasser schwerloslich sind (Sattigungskonzentration < 1 mg/L), - sie nicht leicht biologisch abbaubar sind und - sie ein Akkumualtionspotential besitzen, d. h. log KO, 2 3,O betragt und MG < 600, es sei denn der B C F s 100 Eine Kennzeichnung unterbleibt, wenn ein Nachweis gefuhrt werden kann, daR der Stoff bzw. seine Abbauprodukte keine potentielle langerfristige oder spat einsetzende Gefahr fur Gewasser darstellen, oder fur eine chronische Toxizitat mit NOEC 2 1,O mg/L. Bei schwerldslichen Stoffen (Sattigungskonzentration < 1 mg/L) ist diese Bedingung erfullt, wenn bis zur Sattigungskonzentration keine biologischen Effekte (NOEC) festgestellt wurden. Eine Prufung uber die Sattigungskonzentration hinaus wird nicht ernpfohlen.
36 Kriterien fur eine Beurteilung okotoxischer Wirkungen bei terrestrischen Organismen sind derzeit noch nicht festgelegt. Die Beurteilung der Stoffe wird in folgenden Kategorien erfolgen: R 54 - giftig fur Pflanzen, R 5 5 - giftig fur Tiere, R 56 - giftig fur Bodenorganismen, R 57 - giftig fur Bienen, R 58 - Iangerfristig schadliche Wirkungen fur die Umwelt, R 59 - gefahrlich fur die Ozonschicht.
1.3 Chemikaliengesetzgebung, Gefahrstoffrecht Gesetze und Verordnungen, die den Schutz von Mensch und Umwelt vor giftigen und/oder gefahrlichen Stoffen zum Gegenstand haben, sind recht vielfaltig. Sie haben sich in den 60er und 70er Jahren nach den Schutzzielen des allgemeinen Gesundheitsschutzes und des Arbeitsschutzes entwickelt und regeln bestimmte Verwendungen von Arzneimitteln, Pflanzenschutzmitteln, Sprengstoffen, Futtermitteln, Arbeitsstoffen u. a. (Abb. 2). Anfang der 8Oer Jahre schloa das Chemikaliengesetz die Gesetzeslucke, die das Inverkehrbringen von chemischen Stoffen, sog. Industriechemikalien, gelassen hatte. Es schlient gleichermanen die Schutzziele Umwelt und Gesundheit des Menschen ein. In Deutschland fant man heute alle die Rechtsvorschriften im Gefahrstoffrecht zusammen, die chemische Stoffe als solche, in Zubereitungen oder Erzeugnissen regeln. Das Zweite Gesetz zur Anderung des Chemikaliengesetzes ist am 1. August 1994 in Kraft getreten (Bekanntmachung der Neufassung des Chemikaliengesetzes vom 25. Juli 1994, Bundesgesetzblatt 1, Seite 1703). Es dient in erster Linie der Umsetzung von EG-Richtlinien zum Chemikalienrecht, insbesondere der Richtlinie 92/32/EWG des Rates vom 5. Juni 1992 zur 7 . Anderung der Richtlinie 67/548/EWG sowie der Anpassung an die Regelungen des Abkommens uber den Europaischen Wirtschaftsraum. Das bisherige Gesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 14. Marz 1990 (Bundesgesetzblatt I S. 521) ist zu einem umfassenden Chemikalienvorsorgegesetz ausgebaut worden.
1.3.1 Chemikaliengesetz
Das Gesetz zum Schutz von gefahrlichen Stoffen vom 28. September 1980 (Chemikaliengesetz, ChemG, BGBI.1 S. 1718, Neufassung vom 25. Juli 1994)) ist zum Kern des neuen Gefahrstoffrechts geworden. Es umfant die drei Schutzziele gleich-
37 ChernG §3
9
Definition Altstoffe Kennzeichnung gefahrlicher Stoffe Mitteilungspflichten (Prufpflichten) fur Altstoffe
13114 16c
TA Luft Klassifizierung emittierter Stoffe
Gefahrstoff VO § 16 Errnittlungspflicht fur Gefahrstoffe
--
LHStorfall
BlmSchG Ej 15, 16 Stofferfassung Stoffdaten
vo
EG-Richtlinie Anhang Gefahrstoffe
uvv
WHG Einst uf ung wassergefahrdender Stoffe
5 17 Verantwortlichkeit fur Gefahrstoffe
MAK-Werte Grenzkonzentrationen Arbeitsplatz Abbildung 2 Gesetzliches Umfeld der Altstoffe
gewichtig: den Schutz des Menschen am Arbeitsplatz, den allgemeinen Gesundheitsschutz und den Umweltschutz. Der 5 3 a, Abs. 1 dieses Gesetzes definiert den zentralen Begriff des ChemG ,,gefahrlich" mit 1 5 Eigenschaftswortern: -
-
-
sehr giftig giftig mindergiftig atzend reizend explosionsgefahrlich brandfordernd hochentziindlich
-
leichtentziindlich entziindlich krebserzeugend (kanzerogen) fruchtschadigend (teratogen) erbgutschadigend (mutagen) chronisch schadigend umweltgefahrlich
Die internationale wissenschaftliche Gemeinschaft hat in den Jahren 1978 - 8 1 irn Rahmen der OECD sog. Priifrichtlinien erarbeitet, mit denen chemische Stoffe experimentell untersucht werden konnen, um ihnen eine der 0.g. Eigenschaften
38
zuordnen zu konnen (OECD 1981). Diese Prufrichtlinien wurden 1984 von der Kommission der Europaischen Gemeinschaft in einer Richtlinie ubernommen (EG 1984). Wichtig ist auch der UmkehrschluR: Stoffe, denen nach den Ergebnissen dieser Untersuchungen keine dieser Eigenschaften zugeordnet werden kann, sind nach der Legaldefinition des Gesetzes nicht gefahrlich. 9 4 CefahrstoffVO v. 1.1 I .1993 definiert die gefahrlichen Eigenschaften von Stoffen wie folgt: Stoffe sind explosionsgefahrlich, wenn sie in festem, flussigem, pastenformigem oder gelatinosem Zustand auch ohne Beteiligung von Luftsauerstoff exotherm und unter schneller Entwicklung von Gasen reagieren konnen und unter festgelegten Prufbedingungen detonieren, schnell deflagrieren oder beim Erhitzen unter teilweisem EinschluB explodieren, brandfordernd, wenn sie in der Regel selbst nicht brennbar sind, aber bei Beruhrung mit brennbaren Stoffen oder Zubereitungen, uberwiegend durch Sauerstoffabgabe, die Brandgefahr und die Heftigkeit eines Brandes betrachtlich erhohen, hochentziindlich, wenn sie - in fliissigem Zustand einen extrem niedrigen Flammpunkt und einen niedrigen Siedepunkt haben, - als Gase bei gewohnlicher Temperatur und Norrnaldruck in Mischung mit Luft einen Explosionsbereich haben. leichtentzundlich, wenn sie - sich bei gewohnlicher Temperatur an der Luft ohne Energiezufuhr erhitzen und schlieBlich entzunden konnen, - in festem Zustand durch kurzzeitige Einwirkung einer Zundquelle leicht entzundet werden konnen und nach deren Entfernen in gefahrlicher Weise weiterbrennen oder weiterglimmen, - in flussigem Zustand einen sehr niedrigen Flammpunkt haben, - bei Beruhrung mit Wasser oder mit feuchter Luft hochentzundliche Gase in gefahrlicher Menge entwickeln, entzundlich, wenn sie in flussigem Zustand einen niedrigen Flammpunkt haben, sehr giftig, wenn sie in sehr geringer Menge bei Einatmen, Verschlucken oder Aufnahme iiber die Haut zum Tode fuhren oder akute oder chronische Gesundheitsschaden verursachen konnen, giftig, wenn sie in geringer Menge bei Einatmen, Verschlucken oder Aufnahme uber die Haut zum Tode fuhren oder akute oder chronische Gesundheitsschaden verursachen konnen, mindergiftig, wenn sie bei Einatmen, Verschlucken oder Aufnahme iiber die Haut zum Tode fuhren oder akute oder chronische Gesundheitsschaden verursachen konnen, atzend, wenn sie lebende Gewebe bei Beruhrung zersttjren konnen,
39
reizend, wenn sie - ohne atzend zu sein - bei kurzzeitigern, langer andauerndem oder wiederholtem Kontakt mit Haut oder Schleirnhaut eine Entzundung hervorrufen konnen, sensibilisierend, wenn sie beim Einatrnen oder Aufnahme uber die Haut Uberernpfindlichkeitsreaktionen hervorrufen konnen, so darj bei kunftiger Exposition gegenuber dern Stoff oder der Zubereitung charakteristische Storungen auftreten, krebserzeugend, wenn sie bei Einatmen, Verschlucken oder Aufnahme uber die Haut Krebs erregen oder die Krebshaufigkeit erhohen konnen, fortpflanzungsgefahrdend (reproduktionstoxisch), wenn sie bei Einatmen, Verschlucken oder Aufnahrne uber die Haut nichtvererbbare Schaden der Nachkornmenschaft hervorrufen oder deren Haufigkeit erhohen (fruchtschadigend) oder eine Beeintrachtigung der rnannlichen oder weiblichen Fortpflanzungsfunktionen oder -fahigkeit zur Folge haben konnen, erbgutverandernd, wenn sie bei Einatrnen, Verschlucken oder Aufnahrne uber die Haut vererbbare genetische Schaden zur Folge haben oder deren Hiiufigkeit erhohen konnen, umweltgefahrlich, wenn sie selbst oder ihre Urnwandlungsprodukte geeignet sind, die Beschaffenheit des Naturhaushalts, von Wasser, Boden oder Luft, Klima, Tieren, Pflanzen oder Mikroorganisrnen derart zu verandern, darj dadurch sofort oder spater Gefahren fur die Urnwelt herbeigefuhrt werden konnen.
1.3.2 Gefahrstoffverordnung Der Gesundheitsschutz kann auf eine Iangere wissenschaftliche Tradition zuruckblicken als der Umweltschutz. So sind irn Gesundheitsschutz Definitionen fur die Giftigkeit von chemischen Stoffen angenornmen worden, die im Urnweltschutz bislang noch gefehlt haben und die zur Einstufung und Kennzeichnung fuhren (0 13 ChernG). Die Einstufung bedeutet die Zuordnung eines der in 1.3.1 aufgefuhrten Gefahrenmerkrnale zu einem Stoff, je nach dern Ergebnis einer experirnentellen Untersuchung. Darnit diese Einstufung jederrnann schnell ersichtlich ist, wird fur bestimmte Einstufungen ein Gefahrensymbol gegeben. Die derzeit innerhalb der Europaischen Union verwendeten Gefahrensymbole sind irn Vorsatz dargestellt. Nach dern ChemG ist es die Pflicht jedes Herstellers oder Einfuhrers, die Einstufung und Kennzeichnung der von ihrn in den Verkehr gebrachten Stoffe selbst vorzunehrnen. Fur etwa 1 200 Stoffe hatte dies bereits der Verordnungsgeber in der Gefahrstoffverordnung vom 26. August 1986 irn Anhang VI festgelegt (BGBl, I S. 1470 und Anhange). Diese Verordnung war sornit ein Nachschlagewerk fur gefahrliche Stoffe und Zubereitungen. (s. Datenprofil Punkt 1.7). Weiterhin ubernirnrnt die Gefahrstoffverordnung im allg. die MAK-Werte (Maximale Arbeitsplatzkonzentrationen), die von der Senatskommission der Deutschen Forschungsgemeinschaft zur Prufung gesundheitsschadlicher Arbeitsstoffe jahrlich neue her-
40 ausgegeben werden (s. Datenprofil Punkt 7 ) . (DFG 1994), in die Technische Regel (TRGS 900). Am 1.11. I993 ist die 4. Novelle der Gefahrstoffverordnung in Kraft getreten. Grundsatz ist, durch Regelungen iiber die Einstufung, Kennzeichnung und Verpackung gefghrlicher Stoffe, Zubereitungen und bestimmter Erzeugnisse sowie iiber den Umgang mit Gefahrstoffen Mensch und Umwelt vor stoffbedingten Schadigungen zu schiitzen, sie erkennbar zu machen, abzuwenden und ihrer Entstehung vorzubeugen. Gefahrstoffe sind die im § 19 Abs. 2 des Chemikaliengesetzes bezeichneten Stoffe, Zubereitungen und Erzeugnisse. Die Verordnung wird erganzt durch eine neue Liste der gefahrlichen Stoffe und Zubereitungen gemail3 0 4a GefahrstoffVO, die den friiheren Anhang VI abgelost hat. Diese Liste enthalt fur einige Stoffe auch Einstufungen nach dem Merkmal ,,umweltgefahrlich". 1.3.3 Chemikalienverbotsverordnung (ChemverbotsV) Mit der Chemikalienverbotsverordnung erfolgt die Neuregelung und Erganzung der bislang in der Gefahrstoffverordnung und einer Reihe von Einzelverordnungen enthaltenen Verbots- und Beschrankungsregelungen nach 0 17 Chemikaliengesetz. Gleichzeitig dient die Verordnung der Urnsetzung einer Reihe von EG-Richtlinien. Geregelt wird das Inverkehrbringen folgender Stoffe bzw. von Zubereitungen und Erzeugnissen, die diese Stoffe enthalten oder freisetzen konnen. Asbest Formaldehyd Dioxine und Furane Gefahrliche und krebserzeugende fliissige Stoffe und Zubereitungen Benzol Aromatische Amine Bleicarbonate und -sulfate Quecksilberverbindungen Arsenverbindungen Zinnorganische Verbindungen
Di-poxo-di-n-butyl-stanniohydroxyboran Polychlorierte Biphenyle und Polychlorierte Terphenyle Vinylchlorid Pentachlorphenol Aliphatische Chlorkohlenwasserstoffe Teerole Cadmium Monomethyltetrachlor-diphenylmethan,Monomethyldichlor-diphenylmethan, Monomethyldibrom-diphenylrnethan Aromatische Amine 2-Naphthylamin und seine Salze 4-Aminobiphenyl und seine Salze
41 - Benzidin und seine Salze - 4-Nitrobiphenyl
o Aliphatische Chlorkohlenwasserstoffe - Tetrachlormethan
1,1,2,2-TetrachIorethan
-
- 1,1,I ,2-Tetrachlorethan - Pentachlorethan
Diese Verordnung setzt auber Kraft - PCB-, PCT-, Vinylchloridverbotsverordnung
Pentachlorphenolverbotsverordnung 1. Chloraliphatenverbotsverordnung Teerolverordnung
-
1.3.4 Technische Regeln fur Gefahrstoffe Die Technischen Regeln fur Gefahrstoffe (TRGS) geben den Stand der sicherheitstechnischen, arbeitsmedizinischen, hygienischen sowie arbeitswissenschaftlichen Anforderungen an Gefahrstoffe hinsichtlich Inverkehrbringen und Umgang wieder, wie z.B. die TRGS 905: Verzeichnis krebserzeugender, erbgutverandernder und fortpflanzungsgefilhrdender Stoffe. Die TRGS 905 um faBt Stoffe, bei denen nach gesicherten wissenschaftlichen Erkenntnissen von einer krebserzeugenden, erbgutverandernden oder fortpflanzungsgefahrdenden Wirkung fur Beschaftigte auszugehen ist. In der TRGS 905 sind folgende Stoffe aufgefiihrt: - Stoffe, die gemail3 0 15a Abs. 1 GefStoffV als besonders gefahrliche krebserzeu-
gende Gefahrstoffe bezeichnet werden, Stoffe, die gemaiR 0 35 Abs. 3 GefStoffV mit besonderen Gehaltsgrenzen in Zubereitungen belegt sind, - als krebserzeugend, erbgutverandernd oder fortpflanzungsgefahrdend eingestufte Stoffe oder solche mit begrundetem Verdacht auf entsprechende Wirkungen. -
1.3.5 Dioxinverbotsverordnung In der Bundesrepublik Deutschland wurden folgende Rechtsvorschriften zur Minderung der Eintrage von polyhalogenierten DioxinedFuranen erlassen:
*
= Aufgehoben durch Anderung der Chemikalienverbotsverordung
42 Verordnung uber Verbrennungsanlagen fur Abfalle und ahnliche brennbare Stoffe (17. BimSchV) Verordnung uber Chlor- und Bromverbindungen als Kraftstoffzusatz (19. BimSchV) Novelle zur Klarschlammverordnung Verordnung zum Verbot von polychloriertem Biphenylen, Terphenylen * und zur Beschrankung von Vinylchlorid * Pentachlorphenolverbotsverordnung* Dioxinverbotsverordnung*
1.4 EU-Regelungen fur Stoffe und Zubereitungen 1.4.1 EG-Richtlinien fur gefahrliche Stoffe
und gewisse Zubereitungen 1967 hat der Rat der Europaischen Gemeinschaft die Richtlinie 67/548/EWG zur Einstufung, Verpackung und Kennzeichnung gefahrlicher Stoffe verabschiedet; 1976 die Richtlinie 76/769/.EWG fur die Beschrankung des Inverkehrbringens und der Verwendung gewisser gefahrlicher Stoffe und Zubereitungen. 1988 wurde die allg. Zubereitungsrichtlinie 88/379 EWG erlassen. Die Richtlinien wurden in den darauffolgenden Jahren durch eine Reihe von Anderungen und Anpassungen modifiziert. Nachfolgende Ubersicht gibt den Stand der EG-Richtlinien fur gefahrliche Stoffe und gewisse Zubereitungen vom Juni 1993 wieder und kennzeichnet die wesentlichsten Inhalte der Anderungen und Anpassungen. Stand: Marz 1995 Ubersicht iiber Richtlinien und Verordnungen der Europaischen Union zu gefahrlichen Stoffen und Zubereitungen
Stoffrichtlinie EG-Nummer
Art
wesentlicher Inhalt
67/548/EWG
Grundrichtlinie
Einstufung, Verpackung, Kennzeichnung, gefahrlicher Stoffe, Stoffliste, Symbole, R-Satze, S-Satze
69/8 l/EWG
1. Anderung
Anderung der Stoffliste und Erganzung
70/ 189/EWG
2. Anderung
Fristverlangerung fur die Umsetzung
71/144/EWG
3. Anderung
Fristverlangerung fur die Umsetzung
43 ~
Stoffrichtlinie ~
EG-Nummer
Art
wesentlicher Inhalt
73/146/EWG
4. Anderung
Verfahrensanderung fur die Anpassung der Anlagen an den technischen Fortschritt, Einrichtung eines Anpassungsausschusses
75 /409/E WG
5. Anderung
Anderung der Kennzeichnungsvorschriften, Einfuhrung von Mindestformaten, Regelungen zur Durchfuhrung der Richtlinie
76/907/EWG
1. Anpassung
Erweiterung der Stoffliste, Kombination von mehreren R- und S-Satzen
79/370/EWG
2. Anpassung
Neue R-Satze 42 und 43, Fortschreibung der Stoffliste
79/83 1 /EWG
6 . Anderung
Anmeldepflicht fur neue Stoffe, Prufprogramm, Einstufungs- und Kennzeichnungspflicht fur alle gefahrlichen Stoffe, Festlegung von Kriterien fur gesundheitsgefahrliche Wirkungen
81/957/EWG
3. Anpassung
Anderung der Stoffliste
82/232/EWG
4. Anpassung
Anderung der Kennzeichnung fur Hydrazin
83/467/EWG
5. Anpassung
Anderung der Stoffliste, neue R- und S-Satze, Kennzeichnungsleitfaden
84/449/EWG
6 . Anpassung
Ubernahme der OECD-Prufmethoden fur die Grundstufenprufung nach Anhang VII der RL 67/548/EWG
85/71 /EWG
Beschlul3 der Kommission
Verfahren zur Veroffentlichung der Liste der angemeldeten neuen Stoffe
86/43 1/EWG
7. Anpassung
Korrekturen der Anhange, Fortschreibung der Stoffliste
87/432/EWG
8. Anpassung
Anderung und Fortschreibung der Stoffliste
88/302/EWG
9. Anpassung
Prufmethoden nach Anhang VIII der RL 67/548/EWG ( 1 . Folgestufe)
88/490/E WG
10. Anpassung
Fortschreibung der Stoffliste
90/517/EWG
1 1. Anpassung
Einstufung von Dichlormethan (canc. R 40)
44
Stoffrichtlinie EG-Nummer
Art
wesentlicher Inhalt
91/325/EWG
12. Anpassung
Anderung der Anhange, neuer Kennzeichnungsleitfaden, u. a. Kennzeichungsmerkmal ,,umweltgefahrlich", Neuausgabe Anhang I (Stoffliste, mit Konzentrationsgrenzwerten fur Zubereitungen)
91/326/EWG
13. Anpassung
Kennzeichnung neuer Stoffe (Liste)
91/41 O/EWG
14. Anpassung
Kindergesicherte Verschliisse und tastbare Warnhinweise nach Anhang IX
91 /632/EWG
15. Anpassung
Anderung und Fortschreibung der Stoffliste
92/3/EWG
Entscheidung der Verfahren zur Notifikation von Stoffen aus der fruheren DDR Kommission Harmonisierung und Erweiterung des Anmelde- und Mitteilungsverfahrens fur neue Stoffe, Anderung der Kriterien fur die Inhalationstoxizitat, Symbol ,,N" fur umweltgefahrliche Stoffe, Sicherheitsdatenblatt
92/32/EWG
7. Anderung
92/37/EWG
16. Anpassung
Anderung und Fortschreibung der Stoffliste (angemeldete neue Stoffe)
92/69/EWG
17. Anpassung
Neufassung der Prufmethoden fur die Grundstufenprufung gemain der 6. Anpassung
93/2 1/EWG
18. Anpassung
Neufassung der Anhange I1 (Symbole), I11 (R-Satze), IV (S-Satze) und VI
(Kennzeichnungsleitfaden) 93/67/EWG
Richtlinie
Festlegung von Grundsatzen zur Risikobewertung fur angemeldete neue Stoffe gemain Art. 3 der 7. Anderungsrichtlinie
93/72/EWG
19. Anpassung
Neuausgabe der Stoffliste (Anhang I), ersetzt alle vorhergehenden Listen der eingestuften Stoffe
45
Stoffrichtlinie EG-Nummer
Art
wesentlicher Inhalt
93/90/EWG
Anpassung
Auflistung von Rechtsvorschriften fur Produktgruppen, fur die gemeinschaftliche Anmelde- oder Genehmigungsverfahren bestehen (Art. 13 (l), hier: PF-Mittel)
93/101 /EWG
20. Anpassung
Fortschreibung der Stoffliste (Anhang I), angemeldete neue Stoffe
93/105/EWG
Richtlinie
Kriterien und Datenumfang fur die Anmeldung von polymeren Stoffen (Anhang VII D)
_______
_ _ _ _ _ _ _ ~ ~
Verordnung iiber Altstoffe EG-Nummer
Art
wesentlicher Inhalt
EWG 793193
Verordnung
Bewertung und Kontrolle der Umweltrisiken chemischer Altstoffe (Datenubermittlung, Verfahren, Zustandigkeiten)
EG 1 179/94
Verordnung
1. Prioritatenliste von Stoffen
EG 1488194
Verordnung
Grundsatze der Risikobewertung
Schadlingsbekampf ungsmittel EG-Nummer
Art
wesentlicher Inhalt
78/63 1/EWG
Grundrichtlinie
Definition von Schadlingsbekampfungsmitteln, Kriterien fur die Einstufung, Kennzeichnungsvorschriften, Berechnungsverfahren und Stofflisten (Anhange)
8 1 / 187/EWG
Anderung
Fristenverlangerung fur Umsetzung
84/291/EWG
Anpassung
Uberarbeitung der Anhange
46
Sicherheitsdaten blatt EG-Nummer
Art
wesentlicher Inhalt
91/155/EWG
Grundrichtlinie
Zweck und Umfang des Sicherheitsdatenblattes (16 Kapitel), kitfaden zur Erstellung des SDB (Anhang)
9311 12/EWG
Anderung
Gleichstellung der Geltung fur Stoffe und Zubereitungen, Konkretisierung des Kapitels 12 (Angaben zur Okologie)
Aerosolpackungen EG-Nummer
Art
wesentlicher Inhalt
75/324/EWG
Grundrichtlinie
Technische Vorschriften fur Konstruktion und Prufung von Aerosolbehaltern sowie Kennzeichnungsvorschriften
94/1/EWG
Anpassung
Anderung des Anhangs durch Einfuhrung der Einstufungskriterien fur die Entzundlichkeit gemal3 Richtlinie 67/548/EWG (Kennzeichnung mit F+, F oder R 10)
Zubereitungsrich tlinie -
Gefahrliche Zubereitungen allgemein
EG-Nummer
Art
~
-
wesentlicher Inhalt ~
88/379/EWG
Grundrichtlinie
Einstufungsverfahren, Berechnungsmethoden, allgemeine Grenzwerte (Anhang I), Kennzeichnung von speziellen Zubereitungen (Anhang 11)
89/178/EWG
1. Anpassung
Erweiterung von Anhang I1
90/492/EWG
2. Anpassung
Berechnungsverfahren zur Einstufung gasformiger Zubereitungen
93/18/EWG
3. Anpassung
Neufassung der Anhange I und 11, u.a. Grenzwerte fur fortpflanzungsschadliche Stoffe
47 - Kindergesicherte Verschlusse -
EG-Nummer
Art
wesentlicher Inhalt
90/35/EWG
Richtlinie
Kindergesicherte Verschlusse fur Zubereitungen, die als T+, T oder C eingestuft sind. Fuhlbare Warnhinweise fur Zubereitungen, die als T+, T, C, Xn, F+ und F eingestuft sind
91/410/EWG
14. Anpassung d. Anhang IX der Stoffrichtlinie (s. dort), RL 67/548/EWG Norrnen fur kindergesicherte Verschliisse
91 /442/EWG
Richtlinie
Kindergesicherte Verschlusse fur Zubereitungen die Methanol und Dichlormethan enthalten
Beschrifnkungsrichthie ~~
~
EG-Nummer
Art
wesentlicher Inhalt
76/769/EWG
Grundrichtlinie
Verbot des Inverkehrbringens und der Verwendung von PCB, PCT (mit Ausnahmen), Vinylchlorid als Treibgas/Aerosole
79/663/EWG
1. Anderung
Erganzung des Anhangs I, Verbot gefahrlicher flussiger Stoffe fur Dekorationsartikel
Tri-(2,3-Dibrompropyl-)Phosphat fur Bekleidung 82/806/EWG
2. Anderung
Verbot von Benzol in Spielwaren
82/828/EWG
3. Anderung
Ausnahme vom Verbot fur PCT fur bestimmte technische Zwecke
83/264/EWG
4. Anderung
Verbot von Tris-(aziridiny1)-phosphinoxid und PBB in Bekleidung; Panamarindenpulver, Nieswurz, Benzidin, o-Nitrobenzaldehyd, Holzstaub, Ammoniumsulfide und Ester der Bromessigsaure in Scherzartikeln
83/478/EWG
5. Anderung
Verbot bestimmter Erzeugnisse aus Asbest,
Kennzeichnungsvorschriften fur Asbestartikel (Anhang 11) 85/467/EWG
6. Anderung
Erganzung des Anhangs 11, Kennzeichnung von Erzeugnissen, die PCB und PCT enthalten
Beschrunkungsrich tlinie EG-Nummer
Art
wesentlicher Inhalt
85/61 O/EWG
7. Anderung
weitere Verbote von Asbest enthaltenden Stoffen, Zubereitungen und Erzeugnissen
89/677/EWG
8. Anderung
Anderung der Verbote von flussigen Stoffen und Benzol, Ausnahme der Verbote von Benzidin, 4-Nitrodiphenyl, 4-Aminodiphenyl, Bleiverbindungen, Quecksilberverbindungen, Arsenverbindungen, Zinnorganischen Verbindungen
91 /173/EWG
9. Anderung
Verbot von Pentachlorphenol
91/338/EWG
20. Anderung
Verbot von Cadmium und Cadmiumverbindungen
91/339/EWG
1 1 , Anderung
Verbot von ,,Ugilec"
92 /659/EWG
1. Anpassung
Erganzung der Verbote von Asbest
94/27/EG
12. Anderung
Verbot von Nickel-Metal1 und Legierungen fur Verbraucherprodukte (z. B. Schmuck)
94/48/EWG
13. Anderung
Verbot von hochentzundlichen bis entzundlichen Stoffen fur Scherzartikel
94/60/EG
14. Anderung
Verbot von c, m, r-Stoffen in Verbraucherprodukten, Verbot von Kreosot und Teer6l als Holzschutzmittel, Verbot von 8 chlorierten Ltjsungsmitteln in Produkten fur die allg. Offentlichkeit
Wrordnung zur Ausfuhr und Einfuhr bestimmter gefuhrlicher Chemikalien - Exportnotifizierung EG-Nummer
Art
wesentlicher Inhalt
EWG 2455/92
Verordnung
Verfahren der Exportnotifizierung, PIC-Verfahren, Kennzeichnung, Liste der verbotenen Stoffe (Anhang I) Umfang der Information (Anhang 111), Formblatter
EG 41/94
1. Anderung
Dem PIC-Verfahren unterworfene Stoffe und Liste der beteiligten Lander (Anhang 11)
EG 3135/94
2. Anderung
Erweiterung der Stoffliste von 24 auf 39 Stoffe (Anhang I)
49 1.4.2 EGAltstoffverordnung Die Unterscheidung zwischen ,,neuen Stoffen" (Neustoffen) und ,,alten Stoffen" (Altstoffen) basiert auf der EG-Richtlinie vom 18. September 1979 zur 6. Anderung der Richtlinie 67/548/EWG uber die Einstufung, Verpackung und Kennzeichnung gefahrlicher Stoffe. Diese Richtlinie fuhrte ein Anmeldeverfahren fur alle die Stoffe ein, die nach dem Stichtag 18. September 1981 in den Verkehr gebracht wurden. Stoffe, die vor diesem Stichtag im Markt waren, wurden als Altstoffe bezeichnet. Zur zweifelsfreien Abgrenzung zwischen Neustoffen und Altstoffen wurde das EG-Inventar fur Altstoffe, das EINECS, geschaffen. Am 15. Juni 1990 wurde das EINECS im Amtsblatt der EG veroffentlicht und 6 Monate spater rechtswirksam. Am 15. Dezember 1990 wurde das EINECS mit der Chemikalienaltstoffverordnung in Deutschland in nationales Recht ubernommen. 1993 wurden auf EG-Ebene zwei rnangebliche rechtliche Regelungen in Kraft gesetzt, die einerseits die Anmeldung von Neustoffen, andererseits die Altstofffrage betreffen: 7. Anderung der Richtlinie 67/548/EWG uber die Einstufung, Verpackung und Kennzeichnung gefahrlicher Stoffe, - Verordnung (EWG) N. 793/93 des Rates zur Bewertung und Kontrolle der Umweltrisiken chemischer Altstoffe (23.3.1993) (Inkrafttreten am 4. Juni 1993). -
Mit der EG-Altstoffverordnung wurde ein Rechtsinstrument geschaffen, das Herstellern und Importeuren definierte Verpflichtungen auferlegt, die in der gesamten Gemeinschaft gleichzeitig gelten und in gleicher Weise erfullt werden mussen. Ziel der Verordnung ist die Bewertung von Risiken fur Arbeitnehmer, Verbraucher und Umwelt, die durch den Urngang mit Altstoffen (Herstellung, Verarbeitung, Verwendung, Entsorgung) entstehen konnen. Hierzu mussen Hersteller und Importeure von Altstoffen der EG-Kommission zunachst bestimmte Informationen und Prufdaten uber die Stoffe ubermitteln. In Tabelle 1 1 (s. S. 50, 5 1) sind die nach Artikel 3 der Verordnung erforderlichen Angaben zusammengestellt. Diese Angaben sind fur alle EINECS-gelisteten Stoffe vorzulegen, die dem Mengenbereich > 1000 t/a fur den Zeitraum 3 Jahre vor Inkrafttreten der Verordnung zuzuordnen sind. Fur Stoffe des Mengenbereiches 10- 1000 t/a sind der Kommission Angaben gemalj Tabelle 12 (s. S. 52) vorzulegen. Weitere Angaben z.B. zur Toxizitat und Okotoxizitat konnen jedoch von der Kommission nachgefordert werden, wenn fur einen Stoff der begrundete Verdacht auf ein Gefahrdungspotential besteht. Anhand der Informationen und Daten werden Prioritatslisten der Stoffe erstellt, die aufgrund der Angaben besonderer Aufmerksamkeit bedurfen. Diese Stoffe werden einer Risikobewertung unterzogen. Um auf Gemeinschaftsebene ein einheitliches und vergleichbares Vorgehen bei der Bewertung der Stoffrisiken zu gewahrleisten, wurde durch die EG-Kornmission
50 Tabelle 11 Nach Artikel 3 erforderliche Angaben I
Allgemeine Angaben
1.1
1 .I9
Stoffname EINECS-Nr. CAS-Nr. Synonyme Reinheit Verunreinigungen Summenformel Strukturformel Stofftyp Aggregatzustand Angabe, wer den Datensatz einreicht In Mengen von uber 1000 t/Jahr hergestellte oder eingefuhrte Stoffe Angabe, ob der Stoff wahrend der letzten 12 Monate hergestellt wurde Angabe, ob der Stoff wahrend der letzten 12 Monate eingefuhrt wurde Einstufung und Kennzeichnung Verwendungszwec ke Wurde der vollstandige Datensatz bereits von einem anderen Hersteller oder Importeur eingereich t? Handeln Sie im Namen eines anderen Herstellers oder Importeurs? Sonstige Bemerkungen (z. B. Beseitigungsoptionen)
2
Physikalisch-chemische Daten
2.1 2.2 2.3 2.4 2.5 2.6 2.1 2.8 2.9 2.10 2.1 I 2.12
Schmelzpunkt Siedepunkt Dichte Dampfdruck Verteilungskoeffizient (log,o Po,,,) Wasserloslichkeit Flammpunkt Selbstentziindlichkeit Entziindlichkeit Explosionsgefahrliche Eigenschaften Brandfdrdernde Eigenschaften Sonstige Daten und Bemerkungen
3
Verbleib und Verhalten in der Umwelt
1.2 1.3 I .4 1.5
1.6 I .7 1.8 1.9 1.10 1.11 1.12 1.13 1.14 1.15 1.16 1.17 1.18
Stabilitat Photoabbau Stabilitat im Wasser Stabilitat im Boden Uberwachungsdaten (Umwelt) Transport und Verteilung zwischen den Umweltkompartimenten, einschlienlich geschgtzter Konzentrationen in der Umwelt und der Form der Ausbreitung 3.3.1 Transport 3.3.2 Verteilung zwischen den Umweltkompartimenten
3.1 3.1.1 3.1.2 3.1.3 3.2 3.3
51 Tabelle 1 1 (Fortsetzung) 1
Allgerneine Angaben
3.4
3.6
Biologischer Abbau Bioakkurnulation Sonstige Bernerkungen
4
okotoxizitit
3.5
~
4.1 4.2 4.3 4.4 4.5
4.6 4.7
Toxizitat gegenuber Fischen Toxizitat gegenuber Daphniu und anderen wirbellosen Wassertieren Toxizitat gegenuber Algen Toixizitat gegeniiber Bakterien Toxizitat gegenuber terrestrischen Organismen Toxizitat gegenuber Bodenorganismen Sonstige Bernerkungen
5
Toxizit at
Akute Toxizitat Akute Toxizitat bei oraler Aufnahrne Akute Toxizitat bei Inhalation 5.1.3 Akute Toxizitat bei Aufnahrne iiber die Haut 5.1.4 Akute Toxizitat bei sonstigen Forrnen der Aufnahme Atzende und reizende Eigenschaften 5.2 5.2.1 Hautreizung 5.2.2 Augenreizung Sensibilisierung 5.3 Toxizitat bei wiederholter Aufnahrne 5.4 Erbgutschadigende Wirkung in vifro 5.5 Erbgutschadigende Wirkung in vivo 5.6 Karzinogenitat 5.7 Reproduktionstoxizitat 5.8 Sonstige relevante Angaben 5.9 5.10 Erfahrungen rnit der Exposition von Menschen 5.1 5.1.1 5.1.2
6
Quellenangaben
eine Verordnung zur Festlegung von Grundsatzen fur die Bewertung von Risiken von Altstoffen fur Mensch und Umwelt erarbeitet. Diese Rahmenverordnung wird erganzt durch sog. Technische Handlungsanweisungen, die Details der Bewertung, z. B. die Ermittlung von Expositionen oder die Abschatzung von nicht wirksamen Stoffkonzentrationen fur Mensch und Umwelt auf Basis von Prufdaten, empfehlen. Diese Technischen Handlungsanweisungen haben jedoch keine Rechtsverbindlichkeit, sondern sie stellen Empfehlungen dar auf der Basis des gegenwartigen Kenntnisstandes.
Tabelle 12 Nach Artikel 4 Absatz 1 erforderliche Angaben 1
Allgemeine Angaben
1.1 1.2
Stoffname EINECS-Nr. CAS-Nr. Synonyme Reinheit Verunreinigungen Summenformel Strukturformel Stofftyp Aggregatzustand Angabe, wer den Datensatz einreicht In Mengen von mehr als 10 und hochstens 1000 t/Jahr hergestellte oder eingefuhrte Stoffe Angabe, ob der Stoff wahrend der letzten 12 Monate hergestellt wurde Angabe, o b der Stoff wahrend der letzten 12 Monate eingefuhrt wurde Einstufung und Kennzeichnung Verwendungszwecke Sonstige Bemerkungen
1.3
1.4 1.5 1.6 I .7 1.8
I .9 1.lo 1.11 1.12 1.13 1.14 1.15
1.16 1.17
Entsprechende Grundsatze fur die Bewertung der Risiken von Neustoffen fur Mensch und Umwelt hat die Kommission bereits mit der Richtlinie 93/67/EWG vom 20.7.93 festgeschrieben. Diese Rahmenrichtlinie zur Risikobewertung von Neustoffen wird ebenfalls durch entsprechende Technische Handlungsanweisungen erganzt, die u. a. toxikologische und okotoxikologische Prufstrategien in Abhangigkeit von der in Verkehr gebrachten Menge eines Stoffes empfehlen. Im Ergebnis einer Risikobewertung konnen von den einen Stoff bearbeitenden Landerbehorden Mafinahmen ernpfohlen werden zur Risikominderung oder -vermeidung, die auf Kommissionsebene beschlossen werden mussen und nachfolgend fur alle Hersteller und Importeure eines Stoffes auf Gemeinschaftsebene verbindlich sind. Diese MaRnahmen konnen auch Verwendungsbeschrankungen oder Herstellungs- und Verwendungsverbote einschlieflen. Mit der 7. Anderungsrichtlinie der EG und der EG-AltstoffVO sind rechtsverbindliche Regelungen geschaffen worden, um die von Neu- und Altstoffen ausgehenden eventuellen Gefahren und Risiken bewerten und Mafinahmen zum Schutz von Mensch und Umwelt festlegen zu konnen. Damit ist auf EU-Ebene ein ma8geblicher Schritt zur Harmonisierung wichtiger Fragen der Chemikaliensicherheit und zu ihrer arbeitsteiligen Bearbeitung getan worden.
2
Spezieller Teil
-
Stoffdatensammlung
Aceton itril [75-05-81 Acetonitril ist ein Nebenprodukt der Acrylnitrilsynthese. In den USA betrug die Produktionsmenge 1983 11 400 t/a. Neuere Angaben liegen nicht vor. Bei der Verbrennung von Holz, Stroh und anderem pflanzlichen Material wird ebenfalls Acetonitril gebildet.
1
Allgerneine Informationen
1.1 1.2 1.3
Acetonitril [75-05-81 Acetonitril CH-CEN CH3 -C=N
1.4 1.5 1.6
Cyanomethan, Ethannitril, Ethylnitril, Essigsaurenitril Nitril giftig, leichtentziindlich; R 1 1 ; 23/24/25
2
Ausgewahlte Eigenschaften
2.1 2.2 2.3 2.4 2.5
41,05 farblose, klare Fliissigkeit rnit etherahnlichem Geruch 81,6 "C - 44,9 "C 9,7 kPa bei 20°C 153 hPa bei 30°C 2.6 0,7868 g/cm3 2.7 mit Wasser mischbar; sehr gut loslich in Ether, Methanol, Ethanol, Methylacetat, Chloroform; gute Lipoidloslichkeit 2.8 Acetonitril ist eine brennbare Fliissigkeit, Dampfe bilden mit Luft explosible Gemische und sind entziindbar. Der Stoff ist schwerer als Wasser und gast aus. Mit Schwefelsaure, Oleum, Perchloraten und Chlorsulfonsauren erfolgt heftige Reaktion. Unter Normalbedingungen ist der Stoff stabil; er bildet mit Wasser azeotrope Gemische (Sp. 76,7 "C mit 84% Acetonitril). 2.9 -0,34; -0,38 (berechnet) 2.10 1,1-10-3 bei 25°C
54 2.1 1 2.12 2.13 2.14
0,03 (berechnet) -0,06 (berechnet) biologisch leicht abbaubar koH = 2,2-10-14 cm3 Molekule-' s-'; t1,2 = 730 d
3
Toxizitat
3.1
570 mg/kg (ZNS) TDL 0 oral Mensch LD 50 3800 mg/kg oral Ratte 8000 ppm/4 h LCL 0 ihl Ratte 850 mg/kg LD 50 ipr Ratte LD 50 5000 mg/kg scu Ratte LD 50 1680 mg/kg inv Ratte LD 50 175 mg/kg ipr Maus LDL 0 700 mg/kg scu Maus LCL 0 16000 ppm/4 h ihl Hund ihl Kaninchen LCL 0 4000 pprn/4 h 1250 mg/kg LD 50 skn Kaninchen 130 rng/kg LCL 0 scu Kaninchen Bei akuten Vergiftungen mit Acetonitril treten ahnliche Effekte auf wie bei Cyanidvergiftungen (s. Blausaure/Cyanide) Zur Karzinogenitat liegen keine Informationen vor. Im In-vivo-Experiment mit syrischen Goldhamstern wirken 1 800 und 3 800 ppm Acetronitril bei inhalativer Aufnahme uber 60 min ebenso teratogen wie 100-400 mg/kg bei oraler bzw. ip-Applikation. Im Ames-Test ist der Stoff nicht mutagen. Infolge der guten Lipoidloslichkeit erfolgt eine relativ schnelle Resorption uber Respirations- und Digestionstrakt sowie uber die Haut. Toxische Wirkungen entweder uber Blausaureabspaltung oder Schadigung des Zentralnervensystems durch das Nitril. Irn allgemeinen sind aliphatische Nitrile toxischer als aromatische Nitrile. Eine Bioakkumulation von Acetonitril ist nicht zu erwarten (geringe Persistenz).
3.2 3.3
3.4
3.5
4
Okotoxizitat
4.1 Aquatische Toxizitat 4.1.1 keine Angaben 4.1.2 Pseudomonas putida Scenedesmus quadricauda Microcystis aeruginosa 4.1.3 Daphnia magna 4.1.4 Goldorfe
Arnerikanische Elritze
TGK TGK TGK 24 h 24 h 48 h 48 h 48 h 96 h
680 mg/L 7300 mg/L 520 mg/L EC 0 EC 50 LC 0 LC 50 LC 100 LC 50
5 g/L 10 g/L 3900 mg/L/4330 rng/L 5 850 mg/L/7 050 mg/L 6240 rng/L/8670 mg/L 1640 mg/L
55 ~~~
4.2
Terrestrische Toxizitat keine Angaben
5
Exposition Herstellungs- und verwendungsbedingte Eintrlge in die Umwelt konnen insbesondere iiber die Abluft erfolgen. Aufgrund der hohen Fliichtigkeit des Stoffes ist nur mit kurzzeitigen Kontaninationen von Gewassern zu rechnen. Es erfolgt ein relativ schneller Transport aus Wasser in die Atmosphare. Chronische Expositionen aquatischer Organismen sind nicht zu erwarten.
6
Umweltverhalten Das Umweltverhalten von Acetonitril wird durch den hohen Dampfdruck (Fliichtigkeit), verbunden mit einer hohen Dispersionstendenz in der Atmosphare bestimmt. Die Aufenthaltswahrscheinlichkeit in Gewassern und BOden ist gering. Der Stoff ist leicht biologisch abbaubar; in Wasser kann in geringem MaDe Hydrolyse unter Bildung von Cyaniden erfolgen. In der AtmosphSire ist Acetonitril relativ persistent; der Abbau erfolgt insbesondere durch Reaktion mit OH-Radikalen. Eine direkte Photolyse erscheint mdglich, ist jedoch fur den atmospharischen Abbau von untergeordneter Bedeutung.
7
Grenz- und Richtwerte
7.1
MAK-Wert:
1.2
keine Angaben WGK 3
7.3
70 mg/m3 (USA) 70 mg/m3, 40 mL/m3 (40 ppm) (D)
8
Abfallbeseitigung Acetonitrilhaltige Ruckstande bzw. Abfille werden in einer Sonderabfallverbrennungsanlage beseitigt. Deponie ist auszuschlieflen.
9
Verwendung Acetonitril wird als Extraktionsmittel fiir Fettsauren, Petroleum-Kohlenwasserstoffe und als Ausgangsprodukt organischer Synthesen verwendet.
10
Umweltgefahrlichkeit Ein Gefahrdungspotential fur Wasserorganismen ist nicht erkennbar. Chronische Expositionen von Freilandorganismen sind nicht zu erwarten. Obwohl herstellungs- und verwendungsbedingte Stoffeintrage in die Atmosphare nicht auszuschlieRen sind, ist aufgrund der atmospharischen Verteilung eine akute Schadigung terrestrischer Organismen wenig wahrscheinlich.
56
Die Gefahrlichkeit von Acetonitril resultiert insbesondere aus den physikalisch-chemischen Eigenschaften wie Reaktivitat mit anderen Stoffen, Bildung von Cyaniden, Explosibilitat mit Luft, Brennbarkeit. Literatur Verschuuren, K.: Handbook of Environmental Data of Organic Chemicals. 2., p 1310, Van Nostrand Reinhold Co., 1983 Hommel, G.: Handbuch der gefahrlichen Cuter, Bd. 1, Springer Verlag, 1987 WHO: IPCS Environmental Health Criteria 154,Acetonitrile. Geneva, 1993
57
Ac roIein [107-02-81 Die Herstellung von Acrolein erfolgt durch katalytische Gasphase-Reaktion von Propylen. Das Handelsprodukt mit einem Reinheitsgrad von mindestens 96% enthalt 1,s '70 Wasser, 0,l- O,3 070 Hydrochinon sowie Spuren Acetaldehyd und Aceton. Die Weltproduktion wurde 1987 auf 100000 t/a geschatzt. Neuere Angaben liegen nicht vor. Acrolein ist im Zigarettenrauch (5 1 - 102 Fg/Zigarette) nachgewiesen. Weitere Emissionsquellen sind Verbrennungsprozesse fossiler Energietrager. Bei der Trinkwasser- und Abwasserchlorung ist der Stoff ebenfalls nachgewiesen.
1
Allgemeine Informationen
1.1 1.2 1.3
Acrolein [ 107-02-81 Propen-2-al C3H40 CH2 =CH -CHO
1.4 1.5 1.6
Acrylaldehyd, Acrolein Aldehyd sehr giftig, leichtentziindlich; R 11, 25-26-34
2
Ausgewahlte Eigenschaften
2.1 2.2 2.3 2.4 2.5
56,07 farblose bis gelbliche Fliissigkeit mit stechendem Geruch 52,3 -53,5 "C keine Angaben 29,3 kPa bei 20°C 400 hPa bei 30°C 2.6 0,86,9 "C 2.7 265 g/L bei 20°C 2.8 Acrolein ist brennbar, die Dampfe sind leicht entziindbar. Mit Luft bilden sich explosible Gemische. Die Dampfe sind schwerer als Luft. Mit Sauerstoff konnen sich Peroxide bilden. Acrolein neigt zur Polymerisation. Bei Kontakt mit Alkalien, Aminen, Peroxiden und starken Mineralsauren erfolgt zumeist heftige Reaktion. Ursache der hohen Reaktivitat ist die unmittelbare Nachbarschaft von Carbonyl-Gruppe und rr-Bindung. Bevorzugte Reaktionen sind Additionen an der Doppelbindung. Mit zunehmendem pH-Wert eines Mediums (z. B. Wasser) erhoht sich die Reaktivitiit. Eine Stabilisierung kann durch 0,i '7'0 Hydrochinon erfolgen. 2.9 -0,Ol; -0,09 2.10 4,4.10-6 atm m3 mol-' 2.1 1 0,12 (berechnet)
58 2.12 2,5 (Fische) 2.13 biologisch leicht abbaubar 2.14 KOH = 1,9.10-" cm3 Molekiile-' s-I; ttI2= 0,8 d KO3 = 7,4.10-19 cm3 Molekule-' s-' 2,8.10-19 cm3 Molekule-' s - ' 3
Toxizitat
3.1
3.5
oral Ratte LD 50 46 mg/kg oral Kaninchen LD 50 7 mg/kg ihl Ratte LCL 0 8 ppm uber 4 h ihl Maus LCL 0 24 mg/m3 iiber 6 h scu Rattte LD 50 50 mg/kg scu Maus LD 50 50 mg/kg 150 ppm sind uber 10 min letal beim Menschen. 0,55 ppm Acrolein verursachen bei Ratten bei 24stundiger inhalativer Exposition iiber 180 d Irritationen der Nasenschleimhaute (7 -21 d), Gewichtsverluste sowie Veranderungen verschiedener biochemischer Parameter. Vergleichbare Effekte sind bei Ratte, Hamster und Kaninchen festgestellt (1 1 mg/m3 6 h/d, 5 d/w uber 13 Wochen). Zur Teratogenitat und Embryotoxizitat liegen keine Daten vor. In verschiedenen Tests ist Acrolein nicht mutagen. Resultate von zwei Tierexperimenen zur Kanzerogenitat sind eindeutig interpretierbar, eine Inhalationsstudie zeigt keinen Hinweis auf Kanzerogenitat. Befunde am Menschen liegen nicht vor, Bei chronischen Acroleinexpositionen sind bei Saugern Veranderungen des Immunstatus festgestellt. Bei oraler Applikation ist die Resorption ausreichend, um Nierenschaden zu verursachen. Bei inhalativer Aufnahme treten hypnotische Wirkungen, verbunden mit Storungen des ZNS, auf. Der Metabolismus erfolgt vorzugsweise iiber enzymatische Oxidation mit nachfolgender Exkretion iiber Niere und Lunge. Unmittelbare Wirkungen von Acrolein manifestieren sich vor allem in irritativen Schadigungen von Haut und Schleimhauten. Eine nennenswerte Bioakkumulation ist nicht zu erwarten.
4
Okotoxikologie
4.1 4.1.1 4.1.2 4.1.3
Aquatische Toxizitat keine Angaben keine Angaben Daphnia magna
3.2
3.3
3.4
4.1.4 Goldorfe Amerikanische Elritze
48 h EC 0 48 h EC 50 48 h 48 h 96 h
0,0343 mg/L 0,083 mg/L 0,051 mg/L LC 0 0,OS mg/L; 0,2 mg/L LC 50 2,5 mg/L; 0,25 mg/L LC 50 1640 mg/L
59
4.2
5
Blauer Sonnenbarsch 96 h LC 50 Amerikanische Elritze 96 h J L 50 Regenbogenforelle 96 h LC 50 Terrestrische Toxizitat keine Angaben
0,09 mg/L; 0,033 mg/L 0,014 mg/L <0,016 mg/L; 4,5 mg/L
Exposition Umweltbedingte Expositionen des Menschen sind nicht quantifizierbar. Zur Exposition aquatischer und terrestrischer Organismen unter Freilandbedingungen liegen keine Daten vor. Daten zum Umwelteintrag iiber Abwasser, Abluft und Abfalle liegen ebenfalls nicht vor.
6
Umweltverhalten In der Umwelt wird das Verhalten von Acrolein durch seine hohe Reaktivitat charakterisiert, wobei in aquatischen Systemen die pH-Wert-Abhangigkeit der Reaktionsfahigkeit zu beachten ist. Grundwasserkontaminationensind bei massiven Bodenverunreinigungen durch Acrolein infolge seiner relativ guten Wasserloslichkeit nicht auszuschliel3en. Der Stoff ist biologisch leicht abbaubar (85-99,9% in 0,33 d). In der Atmosphare erfolgt der Abbau relativ rasch iiber die Reaktion mit OH-Radikalen. Direkte Photolyse ist moglich.
7
Grenz- und Richtwerte
7.1 7.2
MAK-Wert: Trinkwasser: Geruchsschwellenwert: TA Luft:
7.3
0,l ppm, 0,25 mg/m3 (D)
6,5 pg/L (USA) 0,2 - 0,4 ppm 20 mg/m3 bei einem Massenstrom von 0,l kg/h oder mehr
WGK 3 8
Abfallbeseitigung Acrolein kann mittels Kaliumhydroxid zu nichttoxischen Polymeren umgesetzt werden. Kleine Mengen Acrolein konnen bei Havarien mit saugfahigem Material aufgenommen und in geschlossenen Behaltern auf einer Sonderdeponie abgelagert werden. Entsorgung in Sonderabfallverbrennungsanlagen.
9
Verwendung Zwischenprodukt in der chemischen Industrie, Polyurethan-Zwischenprodukt, Herbizid, Lederindustrie. Als Copolymer findet es Verwendung in der Textil- und Papierindustrie sowie in der Photographie. > 50% der Produktionsmenge werden zur Glycerinherstellung verwendet.
60
10
Umweltgefahrlichkeit
Acrolein ist sehr giftig fur Wasserorganismen. Allerdings ist nur mit einem mengenmanig geringen Eintrag in Gewasser aus Herstellung, Verarbeitung und Verwendung zu rechnen. Langerfristige Expositionen von Freilandorganismen sind aufgrund der hohen Fliichtigkeit und des raschen biologischen Abbaus nicht zu erwarten. Die hohe Mobilitat des Stoffes in der Atmosphare sowie die Halbwertszeit von 0,7 d diirfte kaum zu lokalen Konzentrationen fiihren, die akute Schadigungen terrestrischer Organismen verursachen. Literatur IARC: Monographs on the Evaluation of the Carcinogenic Risk of Chemicals to Humans. Lyon, Vol. 19, p. 479, 1979 UNEP/IRPTC: Scientific Reviews of Soviet Literature on Toxicity and Hazards of Chemicals, Acrolein. No. 50. Moscow, 1984
61
Acrylnitril [107-13-11 Die Herstellung von Acrylnitril erfolgt durch katalytische Gasphasereaktion von Propylen mit Ammoniak und Luft. Als Reaktionsnebenprodukte entstehen Blausaure und Acetonitril. Das technische Produkt hat einen Reinheitsgrad von 99% und wird mit 35 -45 mg/kg Hydrochinon- monomethylether stabilisiert. Die Produktionsmengen betragen in Deutschland 354000 t/a (1980), in den USA ca. 1 Mio. t/a (1984). Die herstellungs- und verwendungsbedingten Eintrage in die Umwelt werden in Westeuropa auf ca. 5000 t/a (1984) geschatzt. Die Weltproduktion wird 1990 auf ca. 4,2 Mio. t/a geschatzt. 1
Allgemeine Informationen
1.1 1.2 1.3
Acrylnitril 2-Propennitril C3H3N CH, =CH - C E N
1.4 1.5 1.6
Cyanoethylen, Vinylcyanid, AN, Acrylon ungesattigtes Nitril giftig/leichtentziindlich; R 45-1 1 - 23/24/25 - 38
2
Ausgewiihlte Eigenschaften
2.1 2.2 2.3 2.4 2.5 2.6 2.7 2.8
53,06 farblose Flussigkeit rnit charakteristischem, siiBlichem Geruch 77,5 - 79 "C - 83,5 "C 10,66 Pa bei 20°C 0,806 g/cm3 Wasser: 7 3 3 g/L; loslich in den meisten organischen Liisungsmitteln Acrylnitril ist leicht entzundlich und bildet mit Luft explosible Gemische. Chemische Reaktionen finden an der Doppelbindung oder der Cyanogruppe statt. Die Substanz polymerisiert sehr leicht unter Bildung von Polyacrylnitril. Copolymerisation erfolgt rnit Styrolbutadien, Vinylchlorid, Vinylidenchlorid sowie Acryl- und Methacrylsaure. Als Hydrierungsprodukte entstehen Acrylamid oder Acrylester. Verbindungen, die aktiven Wasserstoff enthalten, konnen rnit Acrylnitril unter Cyanoethylierung reagieren (z. B. Biomolekiile mit SH-, NH-, CH-Gruppen).
2.9 - 0,42 atm m3 mol-' bei 25 "C 2.10 1,l2.1 1 keine Geoakkumulation 2.12 keine Bioakkumulation
2.13 biologisch leicht abbaubar 2.14 kOH = 4,8.10-'2 cm3 Molekule-' s-';
= 9-32 h
3
Toxizitat
3.1
Die akute orale Toxizitat von Acrylnitril bei verschiedenen Tierarten liegt im Bereich von 25 - 86 mg/kg KM. Bei inhalativer 4stundiger Exposition betragen die LC 50-Werte 150 - 1250 mg/m3 LD 50 82 mg/kg oral Ratte LD 50 101 mg/kg LD 50 186 mg/kg LD 50 25 mg/kg oral Maus LD 50 48 mg/kg 85 mg/kg oral Meerschweinchen LD 50 oral Kaninchen LD 50 93 mg/kg 500 ppm Acrylnitril im Trinkwasser uber 2 Jahre verabreicht fuhren bei Ratten zu Wachstumshernmungen und zu erhohter Mortalitat (50%; Kontrolle: 25%). 0,5, 5 und 55 ppm im Trinkwasser verursachen uber 2 Jahre verabreicht keine hamatologischen Veranderungen bei Ratten. Bei inhalativer Exposition gegenuber 50 mg/m3 3 h /d, 6 d/w uber 6 Monate sind bei Ratten Gewichtsverminderungen festgestellt. Langzeitstudien zeigen bei Ratten neoplastische Veranderungen. Bei In-vitro-Untersuchungen ist Acrylnitril in Gegenwart metabolisierender Systeme schwach mutagen. (Ames-Test; Escherichia coli). Bei Kontakt von Hamsterembryozellen mit Acrylnitril bilden sich morphologisch transforrnierte Zellen. Hohe Dosen wirken embryotoxisch und teratogen. Insbesondere bei inhalativer Exposition wird Acrylnitril schnell uber den Respirationstrakt resorbiert. Bei oraler Applikation wurden 85 - 100% der Substanz resorbiert; die Hautresorption ist etwa 1OOmal geringer als die Resorption bei inhalativer Exposition (ca. 1%). Die Verteilung im Organismus erfolgt relativ schnell. Die Eliminationshalbwertszeit (Blut) betragt 15- 19 min. Zielorgane sind Lunge, Leber, Nieren, Magen, Dunndarm, Skelettmuskel und Blut. Der Metabolismus erfolgt uber Cyanid zu Thiocyanat mit nachfolgender Urinexkretion. Uber den Urin werden auch Mercaptosauren (Glutathion-Acrylnitril/Glycidonitril)ausgeschieden. Unabhangig von der Art der Exposition werden im Tierexperiment folgende Effekte beobachtet: gesteigerte Erregbarkeit, beschleunigte Atmung, Apnoe, Krampfe, Hautreizungen, Odeme und Hamorrhagie von Lunge und Leber, gastrointestinale Entzundungen, Hautnekrosen, Bindehautnekrosen. Das metabolisch gebildete Cyanid verursacht eine Inhibierung der Cytochrom-Oxidase-Aktivitat in Gehirn, Niere und Leber. Acrylnitril besitzt eine sehr geringe Bioakkumulationstendenz (Reaktivitat; Exkretion).
3.2
3.3
3.4
3.5
63 4
Okotoxizitiit
4.1 4.1.1 4.1.2 4.1.3
Aquatische Toxizitat keine Angaben keine Angaben Daphnia magna 48 h LC 50 7,6/22 mg/L Bei der Krabbe (Crangon-Crangon) wurde eine mittlere letale Konzentration im Bereich 10-33 mg/L ermittelt. 4.1.4 Die mittleren letalen Konzentrationen bei Fischen liegen in folgenden Bereichen 253-44,6 mg/L LC 50 24 h LC 50 17,6-70,O mg/L 48 h 96 h LC 50 11,8-22,5 mg/L 30 d NOEC 0,34 mg/L Fathead minnow Am empfindlichsten reagieren Elritze und Barsch 4.2 Terrestrische Toxizitat keine Informationen 5
Exposition Umweltbedingte Expositionen des Menschen iiber die Luft diirften im allgemeinen 40,Ol pg/m3 und damit 9 7 3 pg/a Person betragen. Mit hoheren Expositionsdosen wird in der NSLhe Acrylnitril herstellender Betriebe gerechnet (700- 1000 pg/a Person). Beim Rauchen einer Zigarette werden demgegeniiber bereits 1-2 pg Acrylnitril aufgenommen (bei 10 Zigarettedd 3650 - 7300 pg/a Person). Expositionen konnen auch iiber die Nahrung erfolgen. Umweltexpositionen sind nicht quantifizierbar. Zielkompartiment des herstellungs- und anwendungsbedingten Acrylnitrileintrages in die Umwelt ist die Luft. Zum Vorkommen in der Umwelt liegen wenige Daten vor. In Luft nicht belasteter Gebiete der Niederlande wurden bis zu 0,Ol pg/m3 gemessen; in unmittelbarer Nahe von Emissionsquellen bis zu 60 pg/m3. In AbwSLssern (USA) sind bei 2 Untersuchungen 33-4,3 mg/L und 100 mg/L Acrylnitril nachgewiesen worden. Nahrungsmittel ktinnen ebenfalls Acrylnitrilkonzentrationen im Mikrogrammbereich enthalten (Butter, Margarine, Getranke).
6
Umweltverhalten Der Eintrag von Acrylnitril in die Umwelt erfolgt insbesondere iiber die Abluft bei der Herstellung und Verwendung. In Deutschland wird der Eintrag auf ca. 50 t/a (1981) geschatzt (0,01070 der Gesamtproduktion; USA: ca. 2,2070). Eintrage uber Abwaser sind vergleichsweise gering. Aufgrund des hohen Dampfdruckes ist die Aufenthaltszeit des Stoffes in Gewassern gering (schnelle Verteilung Luft/Wasser). Die Halbwertszeit in Wasser betragt 5 - 7 Tage. Die atmospharische Halbwertszeit betragt 9- 32 h; der Abbau erfolgt
64 insbesondere durch Umsetzung mit OH-Radikalen. In Boden wird Acrylnitril mikrobiologisch rasch abgebaut. Der Stoff ist sehr reaktiv und wenig persistent.
7
Grenz- und Richtwerte
7.1 7.2 7.2
MAK-Wert: I11 A2, Verdacht auf krebsauslosende Wirkung (D) keine Angaben WGK 3
8
Abfallbeseitigung Acrylnitrilhaltige Abgase sind in einer Sonderabfallverbrennungsanlagezu entsorgen. Bei Reinigung und Umfullvorgangen anfallende Abgase sind einer Abgaswasche zuzufiihren. Die Emissionen der Abgaswasche diirfen 5 mg/m3 nicht uberschreiten.
9
Verwendung Geringe Mengen werden als Pflanzenbehandlungsmittel (Insektizid) verwendet. Acrylnitril wird insbesondere weiterverarbeitet zu Polyacrylnitril, ABSPolymeren (Acrylfasern, Harze) und zu Adipinsaurenitril.
10
Umweltgefahrlichkeit Acrylnitril ist schadlich fur Wasserorganismen. Aufgrund der physikalischchemischen Eigenschaften und des geringen Umwelteintrages sind jedoch Gewasser-Kontaminationen, die zu akuten Schadigungen bei Organismen fiihren konnen, aul3er bei Havarien oder Unfallen nicht zu erwarten. Chronische Expositionen von aquatischen und terrestrischen Freilandorganismen sind ebenfalls von geringer Relevanz (relativ schneller Abbau; Emissionsbegrenzungen).
Iiteratur:
U. K. Department of Environment, Toxic Substance Division: Environmental Hazard Assessment: Acrylonitrile, TSO/l 1 . Garstong/Wathford, 1993 Umweltbundesamt: Bericht 2, S. 1-28, 1987 WHO: IARC. Monographs on the Evaluation of the Carcinogenic Risk on Humans. Vol. 19, pp. 73-86, 1979 WHO: Air Quality Guidelines for Europe, WHO Regional Public: Series No. 23. pp. 33-44, 1987
65
Acrylsaure [79-10-71 Die Herstellung von Acrylsaure erfolgt durch direkte Oxidation von Propylen oder uber Acrolein als Zwischenstufe. Die Produktionsmengen in Deutschland liegen bei ca. 600000 t/a (1985). Das techn. Produkt hat einen Reinheitsgrad von 98% (0,5% Wasser, 0,045 - 0,055 mg/kg Hydrochinonmonomethylether als Stabilisator). 1
Allgemeine Informationen
1.1 1.2 1.3
Acrylsaure [79-10-71 2-Propensaure C3H4O2 CH2=CH-COOH
1.6
Propensaure ungesattigte aliphatische Saure atzend (>25%); R 34/reizend (2-25070); R 36/38
2
Ausgewahlte Eigenschaften
2.1 2.2 2.3 2.4 2.5 2.6 2.7 2.8
72,065 farblose Fliissigkeit mit stechendem, essigsaureartigem Geruch 141,6"C 13-14°C 6,932 kPa bei 20°C 0,8703 g/cm3 bei 0 °C vollstandig mit Wasser, Ether und Ethanol mischbar Acrylsaure polymerisiert bei Kontakt mit tertiaren Aminen, Peroxiden und unter Hitzeeinwirkungen. Die Polymerisation kann mit grol3er Heftigkeit (explosionsartig) erfolgen. An der Luft bildet Acrylsaure explosible Gemische, ist brennbar (Flammpunkt: 47 "C) und wirkt atzend. Stahl, Nickel und Kupfer werden korrodiert. Infolge der Doppelbindung in 0-Stellung zur Carbonylgruppe ist die Verbindung sehr reaktiv. Wassrige Lijsungen sind auch bei starker Verdiinnung noch atzend. 0,3 1 ; 0,42 3,2.10-7 atm m3 mol-' keine Angaben keine Angaben biologisch leicht abbaubar keine Angaben
1.4 1.5
2.9 2.10 2.1 1 2.12 2.13 2.14
66
3
Toxizitat
3.1
3.5
oral Ratte LD 50 340 mg/kg scu Kaninchen LD 50 280 mg/kg 6000 ppm uber 5 h ihl Ratte LCL 0 oral Ratte LD 50 0,43-259 mL/kg Acrylsaure wirkt haut- und schleimhautreizend. In subchronischen Tests mit Ratten wurden bei 0,083 g/kg/d uber 3 Monate keine histopathologischen Veranderungen festgestellt. Erste Anzeichen signifikanter Veranderungen klinisch-chemischer Parameter, verbunden mit Korpergewichtsreduzierungen und erhohter Proteinkonzentration im Urin wurden bei 0,25 g/kg/d uber 3 Monate beobachtet. Inhalative Exposition gegeniiber 700 mg/m3 4 h/d uber 5 Wochen verursachen bei Ratten Korpergewichtsreduzierung und hamatologische Veranderungen. Zur mutagenen und kanzerogenen Wirkung liegen keine Daten vor. 8 rng/kg am 5., 10. und 15. Tag der Trachtigkeit i.p. bei Ratten appliziert verursachen signifikante Skelettveranderungen bei den Jungtieren. 2,5 und 4,7 mg/kg sind ohne Effekt. 8 mg/kg zeigen embryotoxische Wirkung. Bei inhalativer und oraler Aufnahme erfolgt schnelle Resorption und Distribution im Organismus. Die Verbindung wird schnell metabolisiert und u. a. als C 0 2 ausgeschieden (etwa 60% der aufgenommenen Dosis in 1 h). keine Bioakkumulation zu erwarten
4
Okotoxizitat
3.2
3.3
3.4
4.1 Aquatische Toxizitat 4.1.1 keine Angaben 4.1.2 Scenedesmus quadricauda Microcystis aeruginosa 4.1.3 Daphnia magna
24 h 24 h 24 h In nicht neutralisiertem Medium:
4.1.4 Goldorfe
4.2
Terrestrische Toxizitat keine Angaben
48 h 48 h 48 h
TGK TGK EC 0 EC 50 EC 100 EC EC EC LC LC LC
0 50 100
0 50 100
18 0,15 175 270 390
mg/L mg/L mg/L; 156 mg/L mg/L; 765 mg/L mg/L; 5000 mg/L
51 54 91 210 315 420
mg/L mg/L mg/L mg/L mg/L mg/L
67 5
Exposition Da Acrylsaure fast ausschliefllich als Zwischenprodukt weiterverarbeitet wird, durften die Umwelteintriige iiber Abwasser und Abluft gering sein, so dal3 umweltbedingte Expositionen des Menschen von geringer Bedeutung sind. Daten zur Umweltexposition liegen nicht vor. Zielkompartimente herstellungs- und verarbeitungsbedingter Eintrage sind Wasser und Luft.
6
Urnweltverhalten Das Umweltverhalten von Acrylsaure wird durch die Mischbarkeit rnit Wasser, den hohen Darnpfdruck (Fluchtigkeit) und die Reaktivitat der Carboxylgruppe und der n-Bindung bestimmt. Damit besitzt der Stoff in Wasser und Luft eine hohe Mobilitat, jedoch eine geringe Persistenz. Es ist anzunehmen, daR in der Atmosphare ein relativ schneller Abbau durch Reaktion rnit OH-Radikalen erfolgt. In Wasser und Boden uberwiegt der biologische Abbau. Aufgrund der Mischbarkeit mit Wasser sind bei massiven Bodeneintragen Grundwasserkontaminationen nicht auszuschliefien.
7
Grenz- und Richtwerte
7.1
7.2 7.2
keine Angaben keine Angaben TA Luft: 20 mg/m3 bei einem Massenstrom von 0,l kg/h oder mehr WGK 1
8
Abfallbeseitigung Acrylsaure bzw. acrylsaurehaltige Abfalle sind nicht deponierfahig. Die Beseitigung von Ruckstanden erfolgt vorzugsweise durch Polymerisation mit nachfolgender Ablagerung der Polymerisate auf Sonderdeponien. Die Verbrennung in Sonderabfallverbrennungsanlagen ist moglich.
9
Verwendung Herstellung von Polyacrylaten
10
Umweltgefiihrlichkeit Acrylsaure ist schadlich fur Wasserorganismen. Aufgrund der physikalischchemischen Eigenschaften (Fluchtigkeit, Reaktivitat, Abbaubarkeit) ist in Gewassern nur rnit einer geringen Aufenthaltszeit des Stoffes zu rechnen. Stoffkonzentrationen, die zu akut toxischen Effekten bei Wasserorganismen fiihren, sind nicht zu erwarten. Langzeitexpositionen von Freilandorganismen sind ebenfalls von geringer Relevanz.
68 Literatur:
DePass, L. R. et al.: Subchronic and reproductive toxicology studies on acrylic acid in the drinking water of the rat. Drug Chem. Toxicol. 6 (1983): 1-20 Kutzman, R.S. et al.: Toxicol, Environm. Hlth. 10 (1982): 969-979 IARC: Monographs on the Evaluation of the Carcinogenic Risk of Chemicals to Humans Vol. 19, p. 47, 1979 Verschueren, K.: Handbook of Environmental Data on Organic Chemicals. 2nd Ed. van Nostrand Reinhold Co., New York, 1983
69
Ald rin [309-00-21 Die Herstellung von Aldrin erfolgt durch Umsetzung von Cyclopentadien mit Acetylen und nachfolgender Reaktion des gebildeten Dicycloheptadiens mit Hexachlorcyclopentadien. Diese Diensynthese ist die Grundlage fur die Herstellung weiterer Cyclodien-Insektizide. Rchnisches Aldrin enthalt u. a. 3,s Vo andere polychlorierte Hexahydrodimethanonaphthaline, 0,5% Chlordan, 0,2% Hexachlorcyclopentadien, 0,6% Hexachlorbutadien, 0,s Yo Octachlorcyclopenten, 0,l Vo Hexachlorethan, 0,l Vo Bicycloheptadien, 0,3% Toluol. Die Produktionsmengen von Aldrin sind seit den 60er Jahren stark riicklaufig und werden 1984 auf ca. 2500 t/a (Aldrin und Dieldrin) geschatzt. Die Anwendung als Insektizid ist in einer Vielzahl von Landern aufgrund der Persistenz des Stoffes verboten. 1
Allgemeine Informationen
1.1 1.2
Aldrin [309-00-21 1,2,3,4,10,10,- Hexachloro-I ,4,4a,3,8,8a-hexahydro-exo-1,-
exo-5,8-dimethanonaphthalin 1.3
C12H8C16
1.4
Hexachlorohexahydro-endo-exo-dimethano-naphthalin,HHDN Octalene, OHS 194 Dien giftig; umweltgefahrlich; R 24/25 - 40 -48/25/25 - 50/53; die Verwendung als Pflanzenschutzmittel ist in Deutschland verboten.
1.5 1.6
2
Ausgewahlte Eigenschaften
2.1 2.2
364,9 Reinsubstanz: weifler, kristalliner, geruchloser Feststoff Technisches Produkt: dunkelbrauner Feststoff 132-150°C bei 1 mm Hg 104- 1,04,5 "C,technisches Aldrin: 49-60 "C 3,06-10-' Pa bei 20°C 134 g/cm3 bei 20 "C Wasser: 27 g/L Sehr gut llislich in den meisten organischen L6sungsmitteln wie Aceton, Benzol und Xylol.
2.3 2.4 2.5 2.6 2.7
70 2.8 Aldrin ist temperaturstabil und reagiert nicht mit anorganischen und organischen Basen und schwachen Sauren. In Gegenwart von Oxidationsmitteln erfolgt oxidative Epoxidierung unter Bildung von Dieldrin. Der nicht chlorierte Phenylring reagiert bevorzugt mit Oxidationsmitteln. Bei UV-Bestrahlung erfolgt sowohl photolytische Zersetzung als auch Photoisomerisierung des Wirkstoffes. Usungen mit mehr als 20% Aldrin sind selbstentzundlich. 2.9 5,8; 5,66 2.10 1,42; 1,64 Pa m3/mol 2.1 1 4,l (berechnet) 2.12 7,4 (berechnet) 4,l (Wasserfloh) 490 (GUPPY) 2,l (Algen) 2.13 biologisch nicht leicht abbaubar 2.14 keine Angaben
3
Toxizitat
3.1
oral Ratte LD 50 39 mg/kg 44 mg/kg oral Maus LD 50 100 mg/kg oral Hamster LD 50 10 mg/kg oral Katze LD 50 14 mg/kg oral Mensch TDL 0 oral Hund LD 50 65-95 mg/kg 33 mg/kg oral Meerschweinchen LD 50 Die niedrigste letale Dosis bei der Vergiftung eines Kindes betrug 1,25mg/kg KG. Langzeitexpositionen verursachen bei Ratte, Maus, Hund, Hamster und Affe Veranderungen des Lebergewichtes sowie histologische Leberveranderungen. Target-Organ sind Leber und Gehirn. Bei Ratten wurde ein NOEC von 0,025 mg/kg KG und bei Hunden von 0,04-0,2mg/kg KG festgestellt. Eine Reihe von Langzeitstudien zeigen bei Mausen eine erhohte Inzidenz bei Lebertumoren. Bei Ratte und Hamser konnten diese Ergebnisse nicht bestatigt werden. In-vitro- und In-vivo-Tests ergaben keine Hinweise auf mutagene Wirkung. Reproduktive Effekte wurden nur bei Verabreichung maternaltoxischer Dosen festgestellt. Bis zu 6 mg/kg KG fiihren bei Ratte, Maus und Kaninchen nicht zu teratogenen Effekten. Bei Applikation von 0,s LD 50 wurden bei Maus und Hamster fetotoxische Effekte und eine Erhohung der Inzidenz teratogener Abnormitaten beobachtet. Aldrin wird im Organismus schnell resorbiert und bei Warmblutern innerhalb von 12-24 Stunden zu Dieldrin umgewandelt. Dieldrin ist durch eine
3.2
3.3
3.4
71
3.5
4
hohe Persistenz und geringe Exkretionsraten charakterisiert. Als Metabolite wurden weiterhin nachgewiesen: 12-Hydroxydieldrin, Aldrindicarbonsaure, Pentachlorketon. Schadigungen des ZNS gehdren zu den mafigeblichen toxischen Effekten bei Aldrin-Expositionen. Eine Bioakkumulation ist festgestellt, wobei allerdings bei terrestrischen Organismen (Warmbluter) der relativ schnelle Metabolismus zu Dieldrin zu beachten ist.
Okotoxizitiit
4.1 Aquatische Toxizitat 18 h EC 10 0,15 mg/L 4.1.1 Pseudomonas putidu 4.1.2 Im Wachstumshemmtest bei verschiedenen Blau-Griln-Algen sind bis zu 95 pg/L Aldrin ohne Wirkung (26 - 30 h) (hochste getestete Konzentration: 950 pg/L). Huematococcus pluvialis 4 h EC 10 60 pg/L 24 h EC 0 30 pg/L 4.1.3 Daphnia magnu 24 h EC 50 50 pg/L 100 pg/L 24 h EC 100 LC 50 29 pg/L 48 h Crustaceen 96 h LC 50 9-4300 pg/L LC 50 >I0000 pg/L Mollusken 48 h 4.1.4 Bei Untersuchungen mit verschiedenen Fischspezies wurden u. a. mittlere letale Konzentrationen iiber 96 h zwischen 2,2 kg/L bis 45,9 pg/L festgestellt. Goldorfe 48 h LC 0 0,17 mg/L 48 h LC 50 0,l 8 mg/L 0,19 mg/L 48 h LC 100 Regenbogenforelle 96 h LC 50 2,1-17,7 pg/L 96 h LC 50 49,9 Fg/L Lachs 4.2 Terrestrische Toxizitat 4.2.1 Untersuchungen bei verschiedenen Pflanzenarten (Tomate, Getreide, Bohnen) weisen auf eine nur geringe Phytotoxizitat hin. 60 mg/kg 4.2.2 Regenwurm 6 Wo LC 50 (1 %ig Mortalitat bei 13 mg/kg) Bienen LC 50 0,15-0,s g/Biene Wgel LC 50 6,6-520 mg/kg Die subakute orale Toxizitat liegt im Bereich von 34- 155 mg/kg (4 Spezies)
5
Exposition Expositionen des Menschen erfolgen vorzugsweise uber die Nahrung. Aufgrund der schnellen Umwandlung von Aldrin in Dieldrin sind die Expositionsdosen jedoch gering. 1971 - 83 betrug die durchschnittliche tagliche
72 Aufnahme an Aldrin und Dieldrin 0,007-0,056 pg/kg KG mit einem wahrscheinlich uberwiegenden Anteil Dieldrin. Expositionen uber Trinkwasser sind von sehr geringer Relevanz. Umweltexpositionen sind aufgrund der raschen Umwandlung in Dieldrin ebenfalls von untergeordneter Bedeutung. In landwirtschaftlich genutzten Gebieten betragen die Konzentrationen an Aldrin und Dieldrin im Mittel in der Luft 1-2 pg/m3; in Oberflachenwasser wird kaum Aldrin nachgewiesen. In Boden erfolgt ebenfalls schnelle Umwandlung zu Dieldrin.
6
Umweltverhalten
Aldrin wird unter Freilandbedingungen rasch zu Dieldrin umgewandelt. Die oxidative Umwandlung u. a. durch Bodenmikroorganismen und Pflanzen ist mit einer Verstarkung der Toxizitat verbunden. Das gebildete Dieldrin ist stabiler und durch eine erhohte Bio- und Geoakkumulationstendenz charakterisiert. In Boden mit durchschnittlichem Humusgehalt ist Aldrin persistenter als Malathion, Parathion und Methyl-Parathion (etwa 94Voiger Abbau in 180 d). Demgegenuber vermindert sich die applizierte Aldrinmenge in Sandboden erst im Verlauf von 14 Jahren auf etwa 40%. Die Abbaugeschwindigkeit in Boden ist stark temperaturabhangig. Angriffspunkt fur oxidative Umwandlungen ist die chlorfreie Doppelbindung im Molekul. Unter Einwirkung von UV-Licht erfolgt Photoisomerisierung und Photolyse. In Sunwasserseen wurden bis zu 1,0 pg/L Aldrin nachgewiesen. Im Hinblick auf Schadwirkungen beim Aldrineinsatz ist die grol3e Wirkungsbreite gegenuber Insektenpopulationen zu beachten (stark bienentoxisch). Aufgrund der Sorptionstendenz an organische Substanz von BodenISediment und des geringen Dampfdruckes ist die Verteilung zwischen Luft und WassedBoden fur das Umweltverhalten von Aldrin von geringer Relevanz. Der Abbau von Aldrin scheint unter anaeroben Bedingungen schneller zu verlaufen als aerob.
7
Grenz- und Richtwerte
7.1
MAK-Wert: 0,24 mg/m3 Gefahr der Hautresorption (D) ADI-Wert: 0,l pg/kg/d Trinkwasser: 0,03 pg/L (WHO) (AldridDieldrin) 0,l pg/L als Einzelstoff 0,5 pg/L als Summe Pflanzenschutzmittel (D) TA Luft: 5 mg/m3 bei einem Massenstrom von 25 g/h oder mehr Luft: Abfallbehandlung nach 0 2 Abfallgesetz: Abfallschliissel 53104 WGK 3
7.2
7.3
73
8
Abfallbeseitigung Die Beseitigung von Aldrinruckstanden oder -abfallen bzw. nicht mehr verwertbarer Wirkstofformulierungen sollte durch Verbrennung in Sonderabfallverbrennungsanlagen erfolgen. Zur Aufbereitung kontaminierter Trinkwasser ist die Aktivkohlebehandlung geeignet (Eliminierungsgrad im Mittel zwischen 93 - 98%).
9
Verwendung Insektizid
10
Umweltgefahrlichkeit Aldrin ist fur Fische und andere Wasserorganismen sehr giftig. In Oberflachenwasssern wurden bei Konzentrationen von 1 ppm Verminderungen des Phytoplanktongehaltes um bis zu 85% in 4 Stunden beobachtet. Das Algenwachstum wird bereits bei Aldrinkonzentrationen zwischen 0,Ol bis 0,l ppm beeinflufit. Aldrin ist stark bienentoxisch. Da in Deutschland die Verwendung im Pflanzenschutz verboten ist, sind jedoch keine Umwelteintrage zu erwarten, die zu einer Gefahrdung bzw. Schadigung von Freilandorganismen fuhren konnen.
Literatur WHO: ICPS Environmental Health Criteria, 91, Aldrin and Dieldrin, Geneva, 1989 Toxicology Data Sheets on Chemicals: Data Sheets Series No. 5, 1981. Aldrin. Industrial Toxicology Centre Lucknow, India
74
Al Iy laIkohoI [107-18-61 Die Herstellungsmengen in der Bundesrepublik Deutschland betragen ca. 227 000 t/a (1 985). 1
Allgerneine Informationen
1.1 1.2 1.3
Allylalkohol [107-18-61 2-Propen-I -01 C3H60I-I CH2=CH-CHzOH
1.4 1.5 1.6
Vinylcarbinol, Acrylalkohol, Propenol ungesattigter aliphatischer Alkohol giftig; R 10-23/24/25 - 36/37/38
2
Ausgewahlte Eigenschaften
2.1 2.2 2.3 2.4 2.5 2.6 2.7
2.9 2.10 2.11 2.12 2.13 2.14
58,2 farblose Flussigkeit mit scharfem, senfartigem Geruch 96,6 "C -129,O"C 2,4.103 Pa bei 20°C; 3,17 kPa bei 25°C 0,85 g/cm3 Wasser: vollstandig mischbar gut loslich in Alkoholen und Ethern Allylalkohol ist leicht brennbar (Flammpunk 21 "C) und bilde mit Luft explosible Gemische. Infolge der hohen Fliichtigkeit verdampft die Verbindung sehr schnell aus wainrigen Lijsungen. 0,17 7,6.102; Pa m3 mol-'; 4,9.10-6 atm m3 mol-' bei 25°C keine Angaben keine Angaben biologisch leicht abbaubar keine Angaben
3
Toxizitat
3.1
oral Ratte LD 50 64-105 mg/kg oral Maus LD 50 96 mg/kg 71 mg/kg oral Kaninchen LD 50 ihl Ratte LC 50 165 ppm uber 24 h Bei wiederholter Aufnahme von 4 - 12 mg/kg konnten bei Ratten keine toxischen Effekte festgestellt werden.
2.8
3.2
75
3.3 3.4
3.5
keine Angaben Die Resorption erfolgt iiber den Magen-Darm-Bakt, den Respirationstrakt sowie die intakte Haut. Uber die Haut konnen letale Dosen resorbiert werden. Allylalkohol wirkt schleimhautreizend. Irritative Wirkungen am Auge werden bereits bei Dosen von kleiner 0,s ppm beobachtet. Schleimhautreizungen treten bei 6 ppm auf. Im Ergebnis akuter und chronischer Intoxikationen kommt es zu Leber- und Nierenfunktionsstbrungen. keine Biokonzentration zu erwarten
4
Okotoxizitat
4.1 4.1.1 4.1.2 4.1.3 4.1.4 4.2
Aquatische Toxizitat keine Angaben Allylalkohol ist giftig bei Algen keine Angaben Die akute Toxizitat bei Fischen wird mit etwa 10 mg/L angegeben Terrestrische Toxizitat keine Angaben
5
Exposition
Daten zu umweltbedingten Expositionen des Menschen liegen nicht vor. Lokale herstellungsbedingte Eintrage iiber Abwasser und Abluft in die Umwelt sind ebenso moglich wie verwendungsbedingte diffuse Eintrage. Zu den Eintragsmengen liegen keine Daten vor. Aufgrund der physikalisch-chemischen Daten ist als Zielkompartiment des Eintrages die Luft anzunehmen. Eine Expositionsabschatzung ist nicht mirglich. 6
Umweltverhalten
Die hohe Fliichtigkeit ist mit einem schnellen Ubergang aus der waflrigen Phase in die Atmosphare und nachfolgender Dispersion verbunden. Bei massiven Bodenverunreinigungen sind Grundwasserkontaminationen nicht auszuschlieflen, obwohl der Ubergang Boden-Luft bevorzugt ist. Eine Biound Geoakkumulation ist infolge der guten Wasserloslichkeit nicht zu erwarten. Allylakohol wird bei Untersuchungen mit Oberflachenwasser (Meerwasser, FluRwasser) biologisch abgebaut (80% in 5 d; 100% in 14d; 60% in 14 d). Ober den abiotischen Abbau liegen keine Daten vor. 7
Grenz- und Richtwerte
7.1
MAK-Wert: 2 mL/m3 (ppm); 5 mg/m3 Gefahr der Hautresorption (D) keine Angaben WGK 2
7.2 7.3
76 8
Abfallbeseitigung
Allylalkohol ist nicht deponierfahig. Die Beseitigung sollte in entsprechenden Abfallverbrennungsanlagen vorgenornrnen werden. Sorptionsrnittel fur Allylalkohol sind Kieselgur, Erde, Sand und gemahlener Kalkstein. Bei Wasserverunreinigungen ist eine Eliminierung der Verbindung rnittels Aktivkohle o d e r h n d Aluminium- bzw. Eisensalzflockung und nachfolgender Filtration rnoglich. 9
Verwendung
Herstellung von Arzneirnitteln, synthetischen Schrnierolen und Verwendung als Liisungsrnittel sowie als Pflanzenschutzmittel (Herbizid); Formulierungen enthalten 98% Wirkstoff. 10
Umweltgefahrlichkeit
Allylalkohol ist giftig fur aquatische Organismen. Aufgrund des biologischen Abbaus und der Fluchtigkeit sowie der fehlenden Bio- und Geoakkumulation sind in Oberflachenwasser keine Konzentrationen zu erwarten, die zu akuten Schadigungen von Freilandorganisrnen fiihren konnen. Chronische Expositionen von Freilandorganisrnen sind ebenfalls von geringer Relevanz.
77
Ametryn [834-12-81 Die Herstellung von Ametryn erfolgt durch Umsetzung von Atrazin mit Methylmercaptan (Natriumsalz) in Gegenwart von Natriurnhydroxid oder durch Reaktion von Atrazin rnit Dimethylsulfat unter Substitution des Chloratoms durch eine Methylthiogruppe. 1
Allgemeine Informationen
1.1 1.2 1.3
Ametryn [834-12-81
1,3,5-Triazin-2,4-diamin, N-Ethyl-”-( 1-methylethyl)-6-(methylthio)C~H,~NSS S-CH3 I
1.4 1.5 1.6
Ametryn Triazin mindergiftig; R 22
2
Ausgewahlte Eigenschaften
2.1 2.2 2.3 2.4 2.5
227,3 weirjer, kristalliner Feststoff keine Angabe 84-86°C 2,66.10-5 Pa bei 10°C l,12.10p4 Pa bei 20°C 4,40-10p4 Pa bei 30°C 5,19-10-3 Pa bei 50°C keine Angaben Wasser: 185 ppm bei 20°C in organischen Ltisungsmitteln gut loslich Unter Normalbedingungen ist die Substanz stabil. In stark saurern oder alkalischem Milieu erfolgt Hydrolyse unter Bildung des inaktiven 2-HydroxyDerivates. Ametryn ist nicht photolysestabil. 2,9 (berechnet) keine Angaben 2,6 (berechnet); 2,57 bzw. 2,3 (experirnentell) 2,45 (berechnet) keine Angaben keine Angaben
2.6 2.1 2.8
2.9 2.10 2.1 1 2.12 2.13 2.14
78 3.
Toxizitat
3.1
3.4 3.5
oral Ratte L D 50 1150 mg/kg oral Ratte LD 50 1405 mg/kg 950 mg/kg oral Maus LD 50 dermal Kaninchen LD 50 8160 mg/kg Im 90-d-Test sind bei Ratten geringfiigige histologische Veranderungen der Leber festgestellt. Die Verbindung ist im Tierexperiment nicht mutagen und teratogen. Zur Karzinogenitat sind keine Informationen verfiigbar. keine Angaben keine nennenswerte Bioakkumualtion
4
Okotoxizitat
3.2
3.3
4.1 Aquatische Toxizitat 4.1.1 keine Angaben 4.1.2 keine Angaben 4.1.3 keine Angaben 4.1.4 Forelle LC 50 96 h LC 50 Goldfisch 96 h Bluegill 96 h LC 50 4.2 Terrestrische Toxizitat keine Angaben 5
8,8 mg/L 14,O mg/L 4,l mg/L
Exposition keine Angaben
6
Umweltverhalten Der geringe Dampfdruck, verbunden mit einer verminderten Fliichtigkeit, und die relativ geringe Wasserloslichkeit, verbunden mit einer mittleren Biound Geoakkumulationstendenz, bestimmen das Verhalten von Ametryn in Hydro-, Pedo- und Atmosphare. Bodensorptionskoeffizienten zwischen 200 und 380 charakterisieren die Geoakkumulation sowie die verminderte Mobilitat in Hydro- und Pedosphare. Die geringe Fluchtigkeit deutet auf eine verminderte Verteilungstendenz zwischen Hydrosphare und Atmosphare hin. In aquatischen Systernen ist lediglich unter relativ extremen pH-Bedingungen eine hydrolytische Zersetzung unter Bildung von 2-Hydroxyametryn zu erwarten. In der Atmosphare erfolgt Photolyse. Uber die Photolyseprodukte liegen keine Informationen vor. Die physikalisch-chemischen Eigenschaften lassen eine mittlere Persistenz in der Umwelt erwarten.
79 7
Grenz- und Richtwerte
7.1
7.2
keine Angaben Trinkwassergrenzwerte:
7.3
keine Angaben
8
Abfallbeseitigung
0,l pg/L als Einzelstoff 0,5 pg/L als Summe der Pflanzenschutzmittel 2 pg/L (WHO)
Riickstande oder wirkstoffhaltige Abprodukte konnen auf Schadstoffdeponien abgelagert werden. 9
Verwendung Herbizid
10
Umweltgefahrlichkeit Aufgrund der unzureichenden Datenlage ist eine Beurteilung der Umweltgefahrlichkeit nicht moglich.
80
An ilin [62-53-31 Die Herstellung von Anilin erfolgt durch katalytische Hydrierung von Nitrobenzol. Die jahrliche Weltproduktion wird auf 1,3- 1,5 Mio. t geschatzt. In der Bundesrepublik Deutschland wurden 1985 167670 t hergestellt. Der Reinheitsgrad des Stoffes betragt 9 9 3 -99,9%.
1
Allgemeine Informationen
1.1 1.2 1.3
Anilin [62-53-31 Benzolamin C6HTN
1.4 1.5 1.6
Phenylamin, Anilinol aromatisches Amin giftig (> tC7o); R 20/21/22-40-48/23/24/25
2
Ausgewahlte Eigenschaften
2.1 2.2
93,61 olige, farblose (frisch destilliert) bis braune Fliissigkeit mit charakteristischem Geruch 184,4"C -6,2"C 0,32 kPa bei 20°C 1,02 g/cm3 bei 20°C Wasser: 34 g/L bei 25"C, 64 g/L bei 90°C in den meisten organischen Lissungsmitteln loslich Aniiin ist eine schwache Base und bildet mit starken Mineralsauren Salze. Mit Alkali- und Erdalkalimetallen erfolgt Reaktion unter Bildung entsprechender Metallanilide (Wasserstoffentwicklung). Kupfer- und Kupferverbindungen werden korrodiert. Anilin ist brennbar. Der Flammpunkt liegt bei 76°C. Bei der Verbrennung bilden sich giftige und atzende nitrose Gase. 0,9 bzw. 0,95 0,00006 (ohne Dimension); 0,136 atm m3 mol-' bei pH 7,3 0,7 (berechnet) 0,54 (berechnet) 3,9 (Algen, 24 h) biologisch leicht abbaubar koH = 1,2.10-'0 cm3 Molekiile-' s-'; tll2 = 0,13 d Direkter photolytischer Abbau ist moglich.
2.3 2.4 2.5 2.6 2.7 2.8
2.9 2.10 2.1 1 2.12 2.1 3 2.14
81
3
Toxizitat
3.1
3.5
oral Ratte LD 50 440 mg/kg 250 ppm iiber 4 h ihl Ratte LCL 0 skn Kaninchen LD 50 820 mg/kg oral Mensch LD 4-25 mL Chronische Expositionen konnen zu Schadigungen des Nervensystems, zu Methamoglobinamie sowie hamolytischen Veranderungen fiihren. Anilin ist in verschiedenen Tests nicht mutagen; bei Saugerzellkulturen wird Sister-Chromatid-Austausch induziert. Bei Mausen ist keine karzinogene Wirkung festgestellt. Untersuchungen bei Ratten zeigen keinen signifikanten Zusammenhang zwischen Krebsinzidenz und Anilinexposition. Epidemiologische Studien erbrachten ebenfalls keine signifikanten Ergebnisse. Zur Teratogenitat liegen keine Daten vor. Anilin ist ein starkes Blut- und Nervengift. Aufnahmewege sind der Respirations- und Digestionstrakt sowie die Hautresorption. Im Warmbliiterorganismus erfolgt eine oxidative Transformation zu Arylhydroxylamin (indirekter Methamoglobinbildner). Weiterhin erfolgt die Metabolisierung uber Aminophenol bzw. entsprechende Konjugate. Bei akuten Intoxikationen kommt es zu graublauen Verfarbungen der Haut (Cyanose) mit ausgesprochen euphorischen Zustanden. Zielorgane sind Leber, Nieren, Gallenblase und Blut. Metabolite werden mit dem Urin ausgeschieden. Beim Menschen verursachen 25 - 35 mg/Person eine Erhohung des Methamoglobingehaltes. Eine Biokonzentration ist nicht zu erwarten.
4
dkotoxizitat
3.2 3.3
3.4
4.1 Aquatische Toxizitat 4.1.1 Entosiphon sulcatum TGK 24 mg/L andere Mikroorganismen: Pseudomonas reticulata LC 50 100 mg/L Pseudomonas putida TGK 130 mg/L Scenedesmus quadricauda TGK 8,3 mg/L Btrahymena pyriformis EC 50 190 mg/L 12-13 d LC 50 184 mg/L 4.1.2 Chlorella vulgaris 173 mg/L sind bis zu 7 d ohne Wirkung auf die Photosyntheseleistung; zwischen dem 8. und 16. Tag kommt es zu einer Reduzierung. 24 h EC 0 0,13 mg/L; 0,06 mg/L; 4.1.3 Daphnia magna 0,l mg/L 0,9 mg/L; 45,2 mg/L; 24 h EC 50 0,6 mg/L; 0,5 mg/L 0,25 mg/L 48 h EC 50 mg/L; 24 h EC 100 250 Im 21 -d-Reproduktionstest wurde eine NOEC von 0,Ol mg/L ermittelt. Asellus intermedius 96 h LC 50 > l o 0 mg/L
82 4.1.4 Goldorfe
48 h 48 h 48 h 96 h Amerikanische Elritze 96 h Regenbogenforelle 96 h Blauer Sonnenbarsch 96 h Fathead minnow 4d Goldfisch 8d Goldfisch (Larvenstadium) 8 d 4.1.5 Andere Wasserorganismen Planarien 96 h (Dugesia tigrina) Wiirmer (Lumbriculus variaegatus) 96 h Schnecke 96 h (Aplexa hypnorum) Zuckmiicke 96 h 4.2 Terrestrische Toxizitat keine Angaben
5
LC 0 LC 50 Lc 100 LC 50 LC 50 LC 50 LC 50 LC 50 LC 50 LC 1
51 61 92 134
40,5 49 32 9,3 5,5 215
mg/L; mg/L; mg/L; mg/L: mg/L pg/L mg/L mg/L; mg/L; pg/L
LC 50
31,6 mg/L
LC 50
>lo0 mg/L
LC 50
LC 50
219 219
20 mg/L 65 mg/L 92 mg/L 77,9 mg/L
7,6 mg/L 4,6 mg/L
mg/L mg/L
Exposition Daten zu umweltbedingten Expositionen des Menschen, ausgenommen am Arbeitsplatz, liegen nicht vor. Anilin ist in Friichten und im Zigarettenrauch nachgewiesen (50- 577 nglzigarette). Der herstellungs- und verwendungsbedingte Umwelteintrag von Anilin erfolgt vorzugsweise iiber Abwasser und Abluft. Zielkompartiment ist das Wasser. Uber Eintragsmengen liegen keine Daten vor.
6
Umweltverhalten
Geringe Fluchtigkeit und hohe Wasserloslichkeit bedingen eine geringe Verteilungstendenz zwischen Luft und WassedBoden, jedoch eine relativ hohe Mobilitat in aquatischen Systemen. Bio- und Geoakkumulation sind nicht zu erwarten. Anilin ist leicht biologisch abbaubar. 200 mg/L werden in 5 Tagen zu 94% abgebaut, bis zu 1000 mg in 4 Tagen zu 90%. Im Meerwasser ist die Abbaurate vermindert. Die atmospharische Halbwertszeit von 0,13 Tagen (Reaktion mit OH-Radikalen) deutet auf einen relativ raschen Abbau in der Atmosphare hin. Anilin wird von verschiedenen Bodenmikroorganismen als Kohlenstoffquelle genutzt. Die unter Laborbedingungen gemessenen Umsatzraten von 2 pmol/h. mg Trockenmasse werden unter Freilandbedingungen nicht erreicht. Als Abbauprodukte wurden u. a. nachgewiesen: -
4-Chlorphenylhydroxylamin, 4,4-Dichlorazobenzol,
83 - 4,4'-Dichlorazoxybenzol, - 1,3-Bis(4-Chlorphenyl)triazol, - 4-Chloracetanilid, - 4-Chlornitrobenzol.
Anilin ist relativ wenig persistent. Neben Kontaminationen von industriellen Abwassern und verschiedentlich von Trinkwassern (USA) wird uber Anilinkonzentrationen in Oberflachengewassern von 0,5 -3,7 pg/L (1977) und Maximalwerten von 9,7 pg/L berichtet. Aufgrund der hohen Wasserloslichkeit und einer geringen Sorptionstendenz konnen bei massiven Bodenverunreinigungen Grundwasserkontaminationen nicht ausgeschlossen werden. 7
Grenz- und Richtwerte
7.1
MAK-Wert:
7.2
Trinkwasser: Geruchsschwellenwert: TA Luft:
7.3
5 PPm (USA) 2 m ~ / m(ppm); ~ 8 mg/m3 (D); 111 B (begrundeter Verdacht auf krebserzeugendes Potential) Verdacht der Hautresorption 0,l mg/L 0,5 ppm 20 mg/m3 bei einem Massenstrom von 0,l kg/h oder mehr
WGK 2
8
Abfallbeseitigung Nach Adaption von Mikroorganismen konnen stark verdunnte Anilinlosungen in biologische Klaranlagen eingeleitet werden. GroBere Anilinmengen bzw. anilinhaltige Abprodukte werden in Sonderabfallverbrennungsanlagen vernichtet (Rauchgaswasche erforderlich). Jede Form der Deponie sollte aufgrund der Wasserloslichkeit der Verbindung ausgeschlossen werden.
9
Verwendung Ausgangsstoff fur die Synthese von Farbstoffen (Anilinfarben), Pharmazeutika, Isocyanatkunststoffen, Kautschukchemikalien, Photochemikalien und u. a. Cyclohexylamin.
10
Umweltgefahrlichkeit Anilin ist sehr giftig fur Wasserorganismen und besitzt insbesondere fur Invertebraten ein relativ hohes Geftihrungspotential bei kurzzeitiger und chronischer Exposition (NOEC 10 pg/L fur Daphnia magna uber 21-TageReproduktionstest).
Niedere Wasserorganismen und Fische sind weniger empfindlich. Aufgrund der leichten biologischen Abbaubarkeit in Klaranlagen ist jedoch nur mit geringen herstellungs- und verarbeitungsbedingten Eintragen in Oberflachenwasser zu rechnen, so da8 kaum Konzentrationen erreicht werden, die zu Schadigungen von Freilandorganisrnen fuhren konnen. Eine Beurteilung des Gefiihrdungspotentials fur terrestrische Okosysteme ist aufgrund fehlender Daten nicht rnoglich. Literatur
IARC: Monographs o n the Evaluation of the Carciongenic Risk of Chemicals to Humans. VoI. 27, Lyon, 1982 Sloof, W. et al.: Comparison of the susceptibility of 22 freshwater species to 15 chemical compounds. I. (sub)acute toxicity tests. Aquatic Toxicol. 4 (1984): 113- 128 UNEPIIRPTC: Scientific Reviews of Soviet Literature on Toxicity und Hazards of Chemicals. Aniline. No. 53, Moscow, 1984
85
Amen [7440-38-21 und Arsenverbindungen Natiirlicherweise kommt Arsen in Form der Oxide und Sulfide in den Oxidationsstufen 3 + und 5 + vor. Die sich von der dreiwertigen bzw. fiinfwertigen Form ableitenden Arsenit- bzw. Arsenationen entsprechen den in biologischen Strukturen am haufigsten nachweisbaren Bindungsformen des Arsens. In der Oxidationsstufe 3- liegt das Arsen im hochtoxischen Arsenwasserstoff (Arsin) vor. Aus der strukturchemischen Ahnlichkeit zwischen Arsenat- und Phosphation resultiert der antagonistische Effekt dieser Ionen. Die Weltproduktion a n Arsen und Arsenverbindungen wird jahrlich auf etwa 60000 t geschatzt. Der Arsengehalt der Erdkruste wird durchschnittlich mit etwa 1,5 -2,O mg/kg angegeben. In weitestgehend als anthropogen unbelastet anzusehenden Umweltstrukturen wurden nachfolgende durchschnittliche Arsengehalte analysiert: Sedimentgestein Braunkohle Boden Sedimente (Oberflachenwasser) Atmosphare Flunwasser Seen Seen (vormalige Sowjetunion) Regenwasser (vormalige Sowjetunion)
0,l- 188 mg/kg bis zu 1500 mg/kg 0,2-40 mg/kg bis zu 10 mg/kg 1,0- 10 ng/m3 3,0-10 pg/L 1,0-8 pg/L 1,77. lo-* - 1,4* Gew.070 bis zu 6,4*1O-* Gew.070
Neben dem Eintrag von Arsen in die Atmosphare sind arsenhaltige Abwasser der herstellenden und verarbeitenden Industrie eine wesentliche Kontaminationsquelle. Der durchschnittliche Gehalt dieser Abwasser an Arsen wird auf etwa 6 mg/L geschatzt. Demgegenuber k6nnen Abwasser der Lederindustrie bis zu 3000 mg/L, metallurgischer Betriebe bis zu 400 mg/L und von Stickstoffdunger herstellenden Betrieben 0,l-0,8 mg/L enthalten. In waljriger Liisung kommt Arsen vorzugsweise in Form der Arsenite oder Arsenate vor. Tabelle 13 (s. S. 86) gibt eine Ubersicht zu den in Abhangigkeit von den Liislichkeitsprodukten verschiedener Verbindungen zu erwartenden Arsenkonzentrationen im Wasser. In biologischen Strukturen werden Arsenite und Arsenate relativ schnell in organische Arsenverbindungen (z. B. Methyl- und Dimethylarsensaure) umgewandelt.
Toxikologie Anorganische Arsenverbindungen sind im allgemeinen toxischer als organische Arsenverbindungen. Arsenite werden in Biosystemen schneller resorbiert als Arsenate und damit auch besser irn Organismus verteilt. Der mittlere Arsengehalt des menschlichen Organismus betragt weniger als 0,l g/Person, wobei mit einem tagli-
86 Tabelle 13 Auf der Grundlage von Ldslichkeitsprodukten berechnete Arsenionenkonzentrationen verschiedener Arsenate in Wasser
Ks*
Arsenat
0,003 30 29.10~ 0,40 0,50
2,o 0,003 10.10~
19 190 20,o
2,6. 103 2,3. 7 3 . lo3 7,5.103 7,5. 103 160 0,20 7,s. lo3 7 s . 103 7,5. 10) 73.10)
* K, Ldslichkeitsprodukt chen mittleren Arsenaustausch von etwa 0,5 mg (etwa 0,3 mg iiber Nahrungsmittel und 0,2 mg iiber Trinkwasser) gerechnet wird. Fur Organstrukturen des menschlichen Organismus werden u. a. folgende durchschnittliche Arsengehalte angegeben: Gehirn Schilddriise Muskulatur Herz Uterus Magen Duodenum
<4,0 mg <3,1 < 3,O <2,6 <2,6 <2,1 < 1,7
mg mg mg mg mg mg
Haut Lunge Knochen Leber Blase Niere
< 1,2 mg <0,09 mg <0,01 mg <0,1 mg < 1,4 mg 0,03 mg
Im Organismus erfolgt die Bindung von Arsen vorzugsweise an Sulfhydrylgruppen von Enzymen, verbunden mit einer Minderung der Enzymaktivitat. Durch oxidierende Enzyme werden Arsenitionen in Arsenationen transformiert, die ihrerseits zu Veranderungen der Enzymaktivitat fiihren konnen (z. B. Glycerinphosphat-Dehydrogenase, DNA-Polymerase, Cytochromoxidase, verschiedene alkalische Phosphatasen). Fur Arsen wird eine durchschnittliche biologische Halbwertszeit von etwa 60 Tagen angegeben. Ursache hierfiir ist u. a. die Arsenakkumulation in Erythrozyten. Diese bei Ratten und Kaninchen ermittelte Halbwertszeit wird u. a. beim Menschen durch ein relativ schnelles Ausscheiden von Arsen unterschritten. Bei Exposition gegenuber 74As-Arsenat wurden beispielsweise 66% des Arsens mit einer Halbwertszeit von 2,l Tagen, 30% in 9 Tagen und etwa 4% in 38 Tagen ausgeschieden. I n vivo ist die Methylierung anorganischer Arsenverbindungen im Menschen nachgewiesen, wobei der Grad der Methylierung in Abhangigkeit von der Dosis bis
87
80% des aufgenommenen Arsens betragt. Mit abnehmender Dosis erhdht sich wahrscheinlich der Methylierungsgrad. Fur dimethylarsenige Saure sowie fur anorganische Arsenverbindungen ist eine Plazentapassage nachgewiesen. Unter dem Aspekt der Spatschadenswirkungen wird Arsen (insbesondere Arsenate) als karzinogen suspekt bzw. als kokarzinogen eingestuft. Im Tierexperiment sind bei Ratten embryotoxische Effekte nachgewiesen. Im Zusammenhang rnit der karzinogenen Wirkung ist zu erwahnen, daR in allen Experimenten mit Ratten eine Karzinogenitat der verschiedenen Arsenverbindungen nicht nachweisbar ist. Exposition
Die durchschnittliche tagliche Arsenexposition des Menschen (berufliche Exposition ausgenommen) wird auf etwa 0,Ol-0,OZ mg/d/Person (USA) bzw. 0,1 mg/d/ Person (England) geschatzt. Die Aufnahme uber die Atemluft wird rnit ca. 0,05 pg/d angegeben. Die uber die Lunge resorbierte Menge ist abhangig von der Partikelgrone und der chemischen Form des Arsens (Elementspeziation). Vergleichbare Angaben zu Expositionen iiber Trinkwasser sind aufgrund der Variationsbreite der gemessenen Konzentrationen nicht mdglich. Die Arsenexposition des Menschen erfolgt vorzugsweise uber Nahrungsmittel (> 90% der Gesamtmenge), wobei Fisch und andere Meeresfruchte den groRten Anteil haben. Umweltverhalten
Die Verteilung von Arsen in der Umwelt erfolgt vorzugsweise in aquatischen Systemen und im Boden. Im Wasser uberwiegt unter oxidativen Bedingungen das Vorkommen der Arsenate, wahrend beispielsweise in den Sediment-Wasser-Grenzschichten unter reduzierenden Bedingungen vorzugsweise Arsenit gebildet wird. Vergleichbare Verhaltnisse sind in reduzierenden bzw. oxidierenden Boden anzutreffen. Arsenate werden sowohl in Sedimenten als auch im Boden relativ schnell an Eisen- und Aluminiumhydroxide adsorbiert. Damit verbunden ist einerseits eine Verminderung der Perkolationsfahigkeit und -geschwindigkeit von Arsenationen, zum anderen resultiert eine geringere Verfugbarkeit fur Biosysteme (z. B. fur Pflanzen). In der wafirigen Phase bildet Arsen daruber hinaus mit Calcium-, Schwefel-, Barium-, Aluminium- und Eisenverbindungen unllisliche Niederschlage, verbunden mit einer Arseneliminierung aus Wasser. Das Umweltverhalten von Arsenverbindungen wird vor allen Dingen durch die in Boden, Gewassern (mikrobiologisch aktiven Zonen von Sedimenten), Mikroorganismen, Pflanzen und Tieren verlaufenden Oxidations-Reduktions-Reaktionen sowie Methylierungsprozesse gepragt. Biomethylierungen und Bioreduktionen sind charakteristische Reaktionen. Oxidationsreaktionen und Demethylierungen sind bislang lediglich vereinzelt unter dem EinfluB von Bakterienkulturen festgestellt. Biomethylierungen fiihren zur Bildung verschiedener, physikalisch-chemisch und biologisch relativ stabiler Methylarsenverbindungen (Abb. 3). Infolge der Fliichtigkeit dieser Verbindungen sind Kontaminationen der Atmosphare nicht auszuschliefien. Marine Mikroorganismen transformieren Arsen unter anderem in
A~O;-
-- 2e
-
02-
CH3AsO:CH,+
CIi
ASO:-
cu;
(CH3)jAsO
+
2e
CH~AS:-
(CH3)2AsO;
2e
--+ 0,
(CH&AsO-
02-
2e
(CH&As
0 2-
Abbildung 3 Biomethylierung von Arsen in Form der Arsenationen
komplexe Arsenverbindungen wie Arsenbetain, Arsencholin oder Arsenphospholipide. In Sedimenten fixiertes Arsen verliert nicht vollstandig seine Bioverfugbarkeit. Aquatische Organismen sind befahigt, an Sediment bzw. suspendierte Feststoffe sorbiertes Arsen zu resorbieren und zu absorbieren. In Braunalgen werden relativ hohe Biokonzentrationsfaktoren zwischen 200 und 6000, im Mittel bis zu 2500 festgestellt. Umweltgefahrlichkeit
In Wasser kommt Arsen vorzugsweise in Form der Arsenite und Arsenate vor. Arsenite besitzen infolge ihrer Toxizitat ein hoheres Gefahrdungspotential fiir aquatische Organismen als Arsenate (schwer loslich). Bei niederen Wasserorganismen liegt der Bereich akut toxischer Wirkungen zwischen 2-4 mg/L. In Organismen werden Arsenite und Arsenate jedoch relativ schnell zu organischen Arsenverbindungen metabolisiert (Entgiftung) und ausgeschieden. Die bislang in Oberflachenwasser nachgewiesenen mittleren Arsenkonzentrationen liegen im unteren Mikrogrammbereich (4100 pg/L), so daB akute Schadigungen von Freilandorganismen nicht zu erwarten sind. Literatur Friberg, L. et al (eds.) Handbook on the Toxicology of Metals. Vol. 11, S. 43 -83, Elsevier, Amsterdam, 1986 Hutzinger, 0. (ed.): The Handbook of Environmental Chemistry, Vol. 3 Part B. S. 27, 1982 Lemo, N. V., Fast, S. D., Belton, R., Tucker, R.: Assessment of the chemical and biological significance of arsenical compounds in a heavily contaminated watershed. Part I. The fate and specification of arsenical compounds in aquaitic environments. - A literature review - J. Environm. Science Health, A 18 (3) (1983): 335-387 Luten, J. B. et al.: Occurrence of Arsenic in Plaice, Nature of Organo-Arsenic Compound Present and its Excretion by Man. Environm. Hlth. Perspect. 45 (1982): 165-170 Merian, E. (Hrsg.): Metalle in der Umwelt. VCH, Weinheim, 1984 Merian, E. (ed.): Metals and Their Compounds in the Environment. VCH, Weinheim, 1991 Umweltbundesamt (Hrsg.): Umwelt- und Gesundheitskriterien fur Arsen. Berichte 4(83). Erich Schmidt Verlag, Berlin, 1983 United Nations Environment Programme, IRPTC: Scientific Reviews of Soviet Union Literature on Toxicity and Hazards of Chemicals. Arsenic, No. 20, Mocow, 1982 Vather, M.: Metabolism of inorganic arsenic in relation to chemical form and animal species. Department of Toxicology and Environmental Hygiene, Karolinska Institute, Stockholm, 1983 WHO: ICPS Environmental Health Criteria 18 Geneva, 1981
89
Arsen [7440-38-21 Arsen kommt in verschiedenen allotropen Modifikationen vor. Das metallische Arsen (a-Form) ist im Vergleich zu den amorphen Formen @-,y-, &Form) die stabilste Form. Je nach Reinheitsgrad enthalt metallisches Arsen 2% oder etwa 5% Arsentrioxid. 1
Allgemeine Informationen
1.1 1.2 1.3 1.4
Arsen [7440-38-21 Arsen As keine Angaben Element der 5. Hauptgruppe giftig; R 23/25 Die Verwendung von Arsenverbindungen als Pflanzenschutzmittel ist in Deutschland verboten.
1.5
1.6
2
Ausgewahlte Eigenschaften
2.1 2.2 2.3 2.4
2.9 2.10 2.1 1 2.12 2.13 2.14
Atomgewicht: 74,91 metallisch glanzende Kristalle (Arsendampf ist farblos) keine Angaben Sublimiert im Bereich von 615 -633 "C ohne zu schmelzen. Bei 36 atm liegt der Schmelzpunkt bei 817 "C. Bei Temperaturen > 800 "C Zersetzung zu AS4-Molekiilen, 800- 1700 "C Bildung von As4- und As2-Molekiilen, > 1700"C Bildung von As. keine Angaben 5,727 g/cm3 bei 20°C; gelbes Arsen: 1,97 g/cm3-, PForm: 4,73 g/cm3; P-Form: 4,97 g/cm3. Wasser: unltislich Mit Chlor reagiert Arsen unter Bildung von Arsentrichlorid. Unter Einwirkung von konzentrierter Salpetersaure erfolgt Oxidation zu Arsensaure, verdiinnte Salpetersaure oxidiert Arsen ebenso wie Schwefelsaure oder kochende Alkalien zu arseniger Saure, ent fallt entfallt entfallt entfallt entfallt entfallt
3
Toxizitat
3.1 3.2
oral Ratte keine Angaben
2.5 2.6 2.7 2.8
LD 50
25 mg/kg
90
3.3 3.4
3.5
keine Angaben Reines Arsen wird als ungiftig bezeichnet. Zu beachten sind allerdings die Verunreinigungen mit Arsentrioxid. entfallt
4
Okotoxikologie
entfallt 5
Exposition
entfallt 6
Urnweltverhalten entfallt
7
Grenz- und Richtwerte
7.1 7.2 7.3
keine Angaben Trinkwasser: TA Luft:
0,04 mg/L als As (D); 0,Ol mg/L (WHO) 1 mg/m3 als As bei einem Massenstrom von 5 g/h und mehr
Abfallbehandlung nach 9 2 Abs. 2 Abfallgesetz: arsenhaltiger Ofenausbruch aus metallurgischen Prozessen Abfallschliissel 31 108 8
Abfallbeseitigung
Metallisches Arsen ist in jedem Fall einer Wiederaufarbeitung zuzufuhren. 9
Verwendung
Herstellung von Arsenverbindungen, Zusatz fur Korrosionsschutzmittel, Legierung (z. B. Kupferlegierungen), Bestandteil von Katalysatoren (insbesondere Erdolaufbereitung). 10
Umweltgefahrlichkeit
s. Arsen und Arsenverbindungen
Arsentrioxid [1327-53-31 1
Allgemeine Informationen
1 .I 1.2
Arsentrioxid [1327-53-31 Arsen(II1)oxid
91 1.3 I .4 1.5 1.6
AS203
2
Ausgewiihlte Eigenschaften
2.1 2.2 2.3 2.4 2.5 2.6 2.7 2.8
197,84 weifies Pulver oder glasartig durchscheinende mikrokristalline Masse 457 "C 313 "C, Sublimation ab etwa 193"C Sattigungskonzentration in Luft 0,6 j.~g/m~ 3,86 g/cm3 Wasser: 18 g/L bei 20°C; 115 g/L bei 100°C Als Anhydrid der arsenigen Saure reagiert Arsentrioxid mit Alkalien unter Bildung von Arseniten. Arsenige SPure hat einen pKa-Wert von 9,23 und bildet bei p H 0,9 Arsenylionen (AsO'), bei p H >9,2 Arsenitionen (AsOz-). Im pH-Bereich von 0,9-9,2 ist HAs02 die bevorzugte Form. Arsenige Saure ist ein relativ starkes Oxidationsmittel. entfallt entfallt entfallt entfallt entfallt entfallt
2.9 2.10 2.1 1 2.12 2.13 2.14
Arsenik, Arsenglas, Weiaglas Metalloxid sehr giftig, krebserzeugend; R 45-28-34
3.5
Toxizitat 4 3 mg/kg oral Ratte LD 50 43,O mg/kg oral Maus LD 50 4,O mg/kg oral Kaninchen LDL 0 oral Mensch LDL 0 1,0 mg/kg s. Arsen und Arsenverbindungen Arsentrioxid ist bei inhalativer Exposition als karzinogensuspekt einzustufen. Bei dermaler Applikation liegen keine signifikanten Untersuchungsergebnisse vor. Gute Resorption fiber den Magen-Darm-Trakt, teilweise auch uber die intakte Haut. Nach voriibergehender Speicherung in Knochen, Haut und parenchymatdsen Organen Ausscheidung uber Niere und Faeces sowie Transformation zu Methylarsenverbindungen. Biologische Halbwertszeit unter 60 d. Toxische Effekte: s. Arsen und Arsenverbindungen. geringfugige Biokonzentration nachweisbar
4
Okotoxizitat
3 3.1
3.2 3.3
3.4
ent fallt
5
Exposition
ent fallt 6
Umweltverhalten
entfallt
7
Grenz- und Richtwerte
7.1 7.2 7.3
M AK-Wer t : 111 A 1 krebserzeugend (D) Trinkwasser: 0,04 mg/L als As (D); 0,Ol mg/L (WHO) 1 mg/rn3 bei einern Massenstrorn von 5 g/h oder rnehr TA Luft: mittlere zulassige Konzentration in Luft (kornmunaler Bereich): 0,001 rng/m3 WGK 3
8
Abfallbeseitigung
Uberfuhrung in schwerlosliche Arsenverbindungen (Erdalkali- und Metallarsenite bzw. -arsenate, Sulfide), Oxidation zu Arsenat und Urnsetzung mit Eisen(II1)-Verbindungen zu ablagerungsfahigen Produkten (z. B. Skorodite). Extraktion aus stark salzsaurer Lljsung mit Chloroform, Tetrachlormethan, Benzol, Toluol u. a. Ltjsungsmitteln. Anzustreben ist in jedern Fall eine Wiedernutzbarmachung von Ruckstanden. 9
Verwendung
Herstellung von Calcium- und Bleiarsenat (Schadlingsbekampfung); Ausgangsstoff fur Mineralfarben (Pariser Grun, Schweinfurter Grun u. a.); Verwendung in der Glasindustrie als Lauterungsmittel.
10
Umweltgefahrlichkeit
s. Arsen und Arsenverbindungen Calciumarsenat [7778-44-11 1
Allgemeine Informationen
1.1 1.2 1.3 1.4
Calciumarsenat [7778-44-11 Arsensaure, Calciumsalz (2 : :3) Ca,(AsO& arsensaures Calcium Arsenat giftig, krebserzeugend
1.5
1.6
93 2
Ausgewahlte Eigenschaften
2.1 2.2 2.3 2.4 2.5 2.6 2.1 2.8 2.9 2.10 2.1 1 2.12 2.13 2.14
398,03 weifier, pulverformiger Feststoff keine Angaben 1455 "C keine Angaben 3,62 g/cm3 Wasser: 140 mg/L bei 20°C in wlinriger Ltjsung Hydrolyse; unter reduzierenden Bedingungen Ransformation zu Arsenit bzw. Biomethylierung zu Methyl- bzw. Dimethylarsenat entfallt entfallt entfallt entfallt entfallt entfallt
3
Toxizitat
3.1
3.4 3.5
oral Ratte LD 50 20 mg/kg Die mittlere letale Dosis wird fur Warmbluter mit 20- 100 mg/kg, fur den Menschen mit 5 - 50 mg/kg abgegeben. Bei chronischen Intoxikationen kommt es vorzugsweise zur Reaktion rnit SH-Gruppen von Enzymen rnit Veranderungen der Enzymaktivitat und Hemmung verschiedener Stoffwechselprozesse (Inhibierung oxidativer Prozesse, verbunden mit einer Reduzierung des Saureabbaus im Organismus; Anreicherung verschiedener Sauren wie Milchsaure u. a.). Storungen des Phosphormetabolismus, degenerative Gewebeveranderung sowie hamolytische Effekte sind nachgewiesen. Arsenate werden generell als karzinogensuspekt bzw. als kokanzerogen betrachtet. Embryotoxische Effekte sind bei Ratten nachgewiesen. s. Arsen und Arsenverbindungen Akkumulation in Erythrozyten
4
Okotoxizitat
3.2
3.3
entfallt 5
Exposition entfallt
6
Umweltverbalten Calciumarsenat ist im neutralen Bereich schwer wasserloslich, im sauren Milieu nimmt die Ltjslichkeit jedoch schnell zu. Bei unsachgemaner Lagerung
94
kann sich neutrales Calciumarsenat unter dem EinfluB von Luftfeuchtigkeit und Kohlendioxid zu loslichen Arsenverbindungen umsetzen (z. B. sekundares Calciumarsenat). Grundwasserkontaminationen sind damit nicht auszuschlieBen. Sorptions- und Transformationsverhalten: s. Arsen und Verbindungen.
7
Grenz- und Richtwerte
7.1 7.2
MAK-Wert: Trinkwasser: ohne EinfluB auf die organoleptischen Eigenschaften des Trinkwassers: TA Luft:
7.3
I11 A1 krebserzeugend (D) 0,04 mg/L als As (D); 0,Ol mg/L (WHO)
100 mg/L 1 mg/m3 bei einem Massestrom von 5 g/h und mehr
WGK 3 8
Abfallbeseitigung
Calciumsalze des Arsens konnen in stark saurem Milieu mit Eisen(II1)Salzen gefallt werden. Die sich bildenden Eisen-Arsenoxid-Hydrate (FeAsO, 2H20) (Skorodite), sind ablagerungsfahig. Im allgemeinen ist eine Ruckfiihrung nicht mehr verwendbarer Arsenverbindungen zum Hersteller vorzusehen. 9
Verwendung
keine Angaben
10
Umweltgefahrlichkeit
s. Arsen und Arsenverbindungen
Arsin [7784-42-11 1
Allgemeine Informationen
1.1 1.2 1.3
Arsin [7784-42-11 Arsin
1.4 1.5 1.6
Arsenwasserstoff Metallhydrid giftig
ASH^
95
2
Ausgewahlte Eigenschaften
2.1 2.2 2.3 2.4 2.5 2.6 2.7 2.8
2.9 2.10 2.1 1 2.12 2.13 2.14
77,9 farbloses, unangenehm nach Knoblauch riechendes Gas -55°C -114°C 14,2 mbar bei 21 "C keine Angaben Wasser: 20 cm3 losen sich in 100 mL Wasser bei 20 "C Arsenwasserstoff ist schwerer als Luft. Beim Entspannen des Gases bilden sich sehr schnell groBe Mengen kalten Nebels und ein explosibles Gemisch mit Luft. Bei der Lagerung ist Wiirmeeinwirkungen zu vermeiden, Zundquellen sind unbedingt fernzuhalten, und ein Kontakt mit anderen Gasen ist zu vermeiden. Die Verbindung ist ein starkes Reduktionsmittel. entfallt entfallt entfallt entfallt keine Angaben keine Angaben
3
Toxizitat
3.1
0,5 ppm ihl Mensch TCL 0 ihl Mensch LD 50 mg/m3 bei 30 min 5000 mg/m3 wirken beim Menschen sofort todlich, 20 mg/m3 werden 30 min toleriert, und 750 mg/m3 fiihren nach 30 min zum Tode. Todesursachen bei akuten Intoxikationen sind u. a. akute Leberinsuffizienz, Herz-Kreislauf-Insuffizienz. Einige Stunden nach inhalativer Aufnahme akut toxischer Dosen kommt es zu Hamoglobinurie, Oligourie, Uramie und anamischen Zustanden. Bei chronischen Intoxikationen sind u. a. Abnahmen des Methamoglobingehaltes um bis zu 57'7'0, Erhohung der Leukozytenzahl, LebervergroDerungen (3 -4 cm) und Abnahmen des Bluthamoglobingehaltes um 40-42% festgestellt. keine Angaben Arsenwasserstoff wirkt auf das Zentralnervensystem schadigend (Nervengift). Dariiber hinaus sind Schadigungen der Lunge, der Leber, Niere und Schleimhaute festgestellt. Die Verbindung wird durch die Erythrozytenmembran resorbiert, fuhrt zu Blutbildveranderungen, zur Katalasehemmung und zur Denaturierung von Eiweinen. keine Angaben
3.2
3.3 3.4
3.5
96 4
Okotoxizitat ent fallt
5
Exposition ent fallt
6
Umweltverhalten keine Angaben
7
Grenz- und Richtwerte
7.1
7.2 7.3
MAK-Wert: keine Angaben TA Luft: WGK 3
8
Abfallbeseitigung
I11 A1 krebserzeugend (D) 1 rng/m3 bei einern Massenstrom von 10 g/h und rnehr
keine Angaben
9
Verwendung Arsenwasserstoff wird als Reduktionsmittel und vor allem in der Halbleiterindustrie als Dotiergas verwendet.
10
Umweltgefahrlichkeit entfallt
Literatur NIOSH: ARSINE (Arsenic Hydride) Poisoning in the Workplace. NIOSH Current Intelligence Bulletin 32, August 1979; Cincinnati, 1979
97
Asbest [1332-21-41 Der Begriff ,,Asbest" umfant eine Vielzahl faserformiger Silikate, die aus Silicium, Sauerstoff, Wasserstoff und Metallkationen wie Natrium, Magnesium, Calcium, Eisen u. a. zusammengesetzt sind. In Abhlngigkeit von der Zusammensetzung unterscheidet man 2 Hauptformen des Asbest: - Serpentin (Chrysotil) [12001-29-51, - Amphibol (Actinolit; Amosit; Anthophyllit; Krokidolit, Tremolit).
1
Allgemeine Informationen
1.1
1.6
Asbest [1332-21-41 Asbest Die Zusammensetzung der Asbestfasern ist variabel: - Chrysotil Mg3Si205(OH)4 - Amphibol (Mg, Fe)7Si8022(OH)2 Na2(Mg, Fe)Si8022(OH)2 Ca2MgSSi8022(0H2) keine Angaben Silikat krebserzeugend (als Feinstaub)
2
Ausgewiihlte Eigenschaften
2.1 2.2 2.3 2.4 2.5 2.6 2.7
s. 1.3 faserartiger Feststoff keine Angaben Zersetzung ab etwa 1000°C keine Angaben Chrysotil 2,55 g/cm3; Amphibol 3,37-3,45 g/cm3 Fur verschiedene Chrysotile wurden Liislichkeitsprodukte fur Wasser zwiermittelt. schen 1,0.10-" und 3,O. Asbestfasern zeichnen sich insbesondere durch eine hohe Schmelztemperatur aus. Die Zersetzung beginnt erst im Bereich um etwa 1000°C. Dabei nimmt mit zunehmendem Magnesiumanteil die Schmelz- und Zersetzungstemperatur und die Dehydroxylierungstemperatur zu. Die meisten Asbestfasern haben eine negative Oberflachenladung. Demgegenuber hat Chrysotil in Wasser eine positive Oberflachenladung und adsorbiert verschiedene chemische Stoffe. Durch die polare Oberflache besteht eine besonders hohe Affinitat zu NH3- und H20-Molekulen. Chrysotil zersetzt sich in einer Stunde mit 1 N Salzslure bei 95 "C und mit Kaliumhydroxid bei 200 "C vollstlndig. Demgegenuber ist Amphibol stabil. Kommerzieller Asbest enthalt bis zu 36,96 + 0,47 vg/kg Benzo(a)pyren.
1.2 1.3
1.4 1.5
2.8
98 2.9 2.10 2.1 1 2.12 2.13 2.14
entfallt entfallt entfallt entfallt entfallt entfallt
3
Toxizitat
3.1
3.5
oral Ratte TDL 0 7100 mg/kg 12 mg/m3 ihl Ratte TCL 0 Die Asbestose als Erkrankung bei Asbestexpositionen nimmt einen chronischen Verlauf. Die Symptomkomplexe sind nicht spezifisch definiert. Bei Expositionen gegeniiber Asbestzement sind immuntoxische Effekte nachgewiesen. Alle Formen des Asbest sind im Tierexperiment karzinogen. Eine Reihe epiderniologischer Studien weisen auf Zusammenhange zwischen Asbestexposition und der Haufigkeit des Auftretens von Lungen-, Magen- und anderen Organkrebsen hin. Die Latenzzeit wird auf etwa 15- 30 Jahre geschatzt. Eine potenzierende karzinogene Wirkung ist bei kombinierter Aufnahme von Asbest und Benzo(a)pyren festgestellt. Die biologisch kritischen Asbestfasern haben eine Lange von 2 5 pm (Durchmesser: 5 3 pm). Fasern mit einem Durchmesser von > 3 pm sind nicht respirabel. Inhalativ aufgenommene Fasern konnen bereits in den oberen Luftwegen abgelagert werden. Amphibolfasern haben im Gegensatz zu Chrysotilfasern eine gronere Residenzzeit in der Lunge. Clearance-Mechanismen des Respirationstraktes sind sehr wirksam (95 -98% der aufgenommenen Fasern konnen entfernt werden). Asbestose, Lungenkrebs und Mesotheliome sind die am haufigsten beim Menschen festgestellten Erkrankungen nach Langzeitexpositionen gegeniiber Asbest (epidemiologische Studien). keine Angaben
4
Okotoxizitat
3.2
3.3
3.4
keine Angaben 5
Exposition Die Exposition des Menschen erfolgt vorzugsweise iiber die Luft; Trinkwasser und Nahrung sind demgegeniiber von geringerer Relevanz. Folgende durchschnittliche Fasergehalte werden in Luft angegeben:
99
< 100 F/m3 < 100- 1000 F/m3 Stadtgebiete: - nahe punktformigen 2200 F/m3 Emissionsquellen: - Innenraumluft: c 1000 F/m3 Der Gesamtfasergehalt von Trinkwasser liegt im Bereich von lo4 F/L bis> lo8 F/L. Derzeit werden die Umweltkonzentrationen an Asbest als nicht gefahrlich in Hinblick auf Asbestose beim Menschen beurteilt. Gefahrdungen in Hinblick auf Lungenkrebs und Mesotheliome konnen jedoch nicht mit Sicherheit ausgeschlossen werden. Die durchschnittliche Asbestexposition der Bevolkerung wird auf 0,OS -0,l pg/d/Person Uber Luft und 0,02 pg/d/Person uber Rinkwasser geschatzt (Maximalwerte). Dabei sind berufliche Expositionen nicht berucksichtigt. - landliche Gebiete: -
6
Umweltverhalten Asbest wird unter Normalbedingungen in der Umwelt in seinen physikalischchemischen Eigenschaften nicht verandert. Hauptsachlichste Expositionsquelle ist die Luft. Im Bereich asbestproduzierender und -verarbeitender Betriebe wurden beispielsweise folgende Asbestgehalte in der Luft bestimmt: In einer Entfernung von 0,4- 6,s mg/m3 0,3 km 0,s km 1,O- 5,O mg/m3 1,0 km 0,6-5,7 mg/m3 1,s-2,0 km 0,7-2,7 mg/m3 0,5 -2,6 mg/m3 3,O km Der Eintrag von Asbest in Oberflachenwasser erfolgt vorzugsweise uber Abwasser der herstellenden und verarbeitenden Industrie. Naturliche Erosion asbesthaltiger Minerale und atmospharischer Eintrag sind weitere Emissionsquellen fur Oberflachenwasser. 30. lo6 bis 600. lo6 Fasern/L wurden in Oberflachenwassern analysiert. Hauptsachlichste Emissionsquelle fur Asbest in Trinkwassern sind Asbestzementrohrleitungen. In kanadischen Tkinkwassern sind Asbestkonzentrationen von 0,1253 * lo6 Fasern/L festgestellt. Verfahren der Trinkwasseraufbereitung wie Flockung und Filtration haben einen Eliminierungswirkungsgrad von mehr als 90%. Eine Quantifizierung des mit Asbestexpositionen verbundenen gesundheitlichen Risikos fur die Bevolkerung ist gegenwartig nicht moglich. Auf der Grundlage bisheriger Ergebnisse wird das Risiko von Trinkwasserexpositionen jedoch als im Vergleich zu Expositionen uber die Luft (insbesondere beruflich bedingte Expositionen) als relativ gering eingeschatzt.
100 7
Grenz- und Richtwerte
7.1
MAK-Wert: I11 A 1 krebserzeugend (BRD) TRK-Werte: Asbestfeinstaub bzw. -fasern Asbesthaltiger Feinstaub 0,05 mg/m3 (1 Faser/cm3) 2 mg/m3 0,l mg/m3 (2 Fasern/cm3) 4 mg/m3 0,05 mg/m3 (1 Faser/cm3) 2 mg/m3 Faser: Lange > 5 pm 0 3 pm Unter Berucksichtigung eines Krebsrisikos empfiehlt die U. S. EPA folgende Trinkwassergrenzwerte:
1.2
Krebsrisiko
Grenzwert (Fasern/L)
IO-~
300 000 30000 3 000
lo-’
7.3
TA Luft: 0,l mg/m3 bei einem Massenstrom von 0,5 g/h und mehr
a
Abfallbeseitigung
Asbestruckstande soilten mit Wasser befeuchtet in Container oder feste P!astiksacke abgefullt und nach Evakuierung der Behaltnisse auf geeigneten Deponien abgelagert werden. 9
Verwendung
Asbest wird hauptsachlich verwendet zur Herstellung von Asbestzement, Asbestgummi, Asbestkunststoffen, Asbestbitumen und als Material zur Thermoisolierung. Herstellungs- und Verwendungsbeschrankungen nach Gefahrstoff VO, Anhang 11, 1.3.1 10
Umweltgefahrlichkeit
Eine Beurteilung der Umweltgefahrlichkeit von Asbest ist nicht moglich. Literatur Asbestos: An Information Resource. Department of Health Education and Welfare, DHEW Publication Number (NIH) 79- 1681, May 1978, Stanford Research Institute International, Menlo Park CA Umweltbundesamt (Hrsg.): Asbest-Ersatzstoffiatalog (Erhebung uber im Handel verfiigbare Substitute fur Asbest und asbesthaltige Produkte) 10 Bande. Texte 23/85, Berlin 1985
101 Umweltbundesamt (Hrsg.): Umweltbelastung durch Asbest und andere faserige Feinstaube. Bericht 80/7. Berlin, 1980 UNEP/IRPTC: Scientific Review of Soviet Literature on Toxicity and Hazards of Chemicals. Asbestos. No. 2, Moscow, 1982 Thrter, M.E.: Data Analysis of Drinking Water Abestos Fiber Size. EPA Report, EPA-600/1-79-020, U.S. EPA, Cincinnati, 1979 Toft, P. et al.: Asbestos in Drinking Water. CRC Critical Reviews in Environmental Control, Vol. 14 (2) (1984): 151 -197
1 02
At razin [1912-24-91 Die Herstellung von Atrazin erfolgt durch Urnsetzung von Cyanursaurechlorid mit Ethylamin und Isopropylamin in Tetrachlorrnethan als Liisernittel. Die Substanz ist ein systernisch wirkendes Herbizid.
1
Allgemeine Informationen
1.1 1.2 1.3
Atrazin [191 2-24-91
1,3,5-Triazin-2,4-diamin, 6-Chlor-N-ethyl-N-(1 -methylethyl)CBH 1qN SC1 c1
1.4 keine Angaben 1.5 Triazine 1.6 rnindergiftig; R 20/22 - 36-40-43 2
Ausgewahlte Eigenschaften
2.1 2.2 2.3 2.4 2.5
21 5,7 weiljes, kristallines Pulver keine Angaben 173- 177 "C 3*10-7Torr bei 20°C keine Angaben Wasser: 33 PPm bei 27°C n-Pentan: 360 ppm Ethylether: 12000 pprn 18000 pprn Methanol: Chloroform: 52000 pprn Unter Normalbedingungen und in trockenem Zustand ist die Substanz stabil. In waljriger Lijsung erfolgt pH-abhgngig Hydrolyse unter Substitution des Chloratorns und Bildung des inaktiven Hydroxyatrazins. Die Substanz ist nicht korrosiv. 3,l (berechnet) < (ohne Dimension) 2,3 (berechnet) 1,8 (berechnet) biologisch nicht leicht abbaubar keine Angaben
2.6 2.7
2.8
2.9
2.10 2.11 2.12 2.13 2.14
103
3
Toxizitat
3.1
3.4 3.5
oral Ratte LD 50 3080 mg/kg 1750 mg/kg oral Maus LD 50 750 mg/kg oral Kaninchen LD 50 dermal Kaninchen LD 50 7500 mg/kg Bei Hautkontakt sind allergische Reaktionen moglich; akut mindergiftig. Im 2-Jahres-Test mit Ratten und Hunden wurde eine nicht wirksame Dosis von 100 ppm bzw. 150 ppm ermittelt. keine Hinweise auf mutagene, kanzerogene oder reproduktionstoxische Wirkungen keine Angaben relativ geringe Bioakkumulation bei Warmbliitern
4
Okotoxikologie
4.1 4.1.1 4.1.2 4.1.3
Aquatische Toxizitat keine Angaben keine Angaben Daphnia magna 64d
3.2 3.3
4.1.4 Goldorfe
48 h
Forelle 96 h Goldfisch 96 h Schwellenkonzentration Barsch Plotze GUPPY 4.2 Terrestrische Toxizitat 4.2.1 keine Angaben 4.2.3 keine Angaben
5
EC 50 6,9 mg/L NOEC 0,14 mg/L 0,25 mg/L LOEC LC 0 10 mg/L 33 mg/L LC 50 LC 100 100 mg/L 4,5 mg/L LC 50 LC 50 60 mg/L toxischer Wirkungen: 60 mg/L 50 mg/L 35 mg/L
Exposition Exposition von Mensch und Umwelt ist nicht quantifizierbar.
6
Umweltverhalten
Das Triazinmolekul ist durch eine relativ hohe physikalisch-chemische Stabilitat charakterisiert, was letztlich auch die Stabilitiit von Atrazin unter Umweltbedingungen pragt. Die Hydrolysehalbwertszeit ist pH-abhangig (pH 3 20°C ca. 80 d; pH 11 20°C ca. 90 d; pH 7 20°C > 1 Jahr).
104 Geringe Wasserloslichkeit, niedriger Dampfdruck und geringe Fluchtigkeit fiihren zu einer geringen Mobilitat des Wirkstoffes in der Umwelt. Infolge einer relativ geringen Bodensorption kann ein Einwaschen in tiefere Bodenschichten erfolgen.
7
Grenz- und Richtwerte
7.1 7.2
7.3
Carc. Cat. 3; Muta, Cat 3 - Irreversibler Schaden moglich Trinkwassergrenzwert: 0,l pg/L als Einzelstoff 0,5 pg/L als Summe der Pflanzenschutzmittel (D) 2 pg/L (WHO) WGK 2
8
Abfallbeseitigung
Sonderdeponie oder Verbrennung in Sonderabfallverbrennungsanlagen 9
Verwendung
Systemisches Herbizid 10
Umweltgefahrlichkeit Auf Basis der okotoxischen Wirkdaten fur Fische ist der Stoff als giftig fur Wasserorganismen zu charakterisieren.
105
Benzol [71-43-21 Benzol ist der Grundkorper einer Vielzahl aromatischer Verbindungen. Die Gewinnung erfolgt entweder durch die Aufarbeitung der bei der Erdolraffination anfallenden Kohlenwasserstoffgemische oder nach der Reppe-Synthese aus Acetylen. In geringem Umfang wird Benzol durch Destillation von Steinkohlenteer gewonnen. Die jahrliche globale Produktionsmenge wird auf etwa 15 Mio. t geschatzt. Die jahrliche Produktionsmenge in den USA betragt etwa 6,5 Mio. t. Die Anwendungsbreite ist eine mangebliche Ursache fiir Benzolkontamintationen der Umwelt. Dariiber hinaus werden durch Verbrennungsprozesse fossiler Energietrlger jahrlich weltweit etwa 400 000 t Benzol in die Atmosphare emittiert. Treibstoffe jeglicher Art enthalten ebenfalls Benzol (die geschatzte globale Treibstoffmenge enthalt etwa 25-30 Mio. t. Benzol). Die in den USA produzierten 6,5 Mio. t Benzol werden verwendet zur Herstellung von: Ethylbenzol 3 200 000 t 1 200000 t Cumol 1 000000 t Cyclohexan Nitrobenzol 330000 t Alkylbenzolen 330000 t Chlorbenzolen 150000 t Maleinsaureanhydrid 120000 t und zu 50000 t als LXisungsmittel. Global werden jahrlich produktions- und verwendungsbedingt etwa 100000- 200000 t Benzol emittiert. In Deutschland wurden 1990 1,578 Mio. t Benzol hergestellt.
1
Allgemeine Informationen
1.1 1.2 1.3
Benzol [7 1-43-21 Benzol
1.4 1.6
Benzol aromatischer Kohlenwasserstoff giftig; leichtentziindlich; R 45 - 1 1 -48/23/24/25
2
Ausgewahlte Eigenschaften
2.1
78,114 farblose, stark lichtbrechende Fliissigkeit mit charakteristischem Geruch 80,l "C 5,5 "C (Kristallbenzol)
1.5
2.2 2.3 2.4
C6H6
106
2.9 2.10 2.1 1 2.12 2.13 2.14
1 , 0 4 0 ~Pa 2 0 0 ~ ; 99,6 hPa 30°C 0,87 g/cm3 (Dampfdichte: 2,77) Wasser: 1780 mg/L bei 20°C Sehr gut loslich in den iiblichen organischen Ltisungsmitteln wie Aceton, Tetrachlormethan, Chloroform, Schwefelkohlenstoff, Alkoholen. Benzol brennt mit stark rurjender Flamme. Gummi und Kautschuk werden gelost. Beim FlieBen kommt es zu elektrostatischen Aufladungen; Entziindungsgefahr bei Entladung. Benzol enthalt geringe Mengen Thiophen. Typische Benzolreaktionen sind: Chlorierung, Nitrierung, Sulfonierung, Oxidation. 1,8; 2,1; 2,13 5,43.10T3atm m3 mol-' 0,80 (berechnet) 0,73 (berechnet) Fische/Algen: BCF = 1 - 10 (gemessen) biologisch leicht abbaubar koH = 1 iO-'*cm3 Molekiile-' s-'; t1,2 = 16 d
3
Toxizitat
3.1
ihl Mensch LD 7500 ppm in 30 min oral Ratte LD 50 3400 mg/kg 210 ppm ihl Mensch TCL 0 50 ppm konnen beim Menschen zu neurotoxischen Wirkungen fuhren. Reizend an Auge und Haut. Schadigungen des blutbildenden Systems, speziell des Knochenmarks und des Kapillarsystems, Degenerationserscheinungen der Leber, Niere, Milz sowie Storungen des reproduktiven Systems sind Folgen chronischer Intoxikationen. Bei Ratten wurde iiber 4 Monate ein NOEC von 30 ppm, bei der Maus iiber 10 Wochen von 10 ppm ermittelt. Tierexperimente und epidemiologische Studien weisen auf Zusammenhange zwischen Benzolexposition und dem Auftreten von Leukamie hin. Mutagene Wirkung ist in verschiedenen Kurzzeittests nachgewiesen, ausgenommen bei Bakterien. I n vitro sind in menschlichen Lymphozyten, in vivo bei Mausen Chromosomenaberrationen nachgewiesen. Bei inhalativer Exposition sind keine teratogenen Effekte bei Mausen, bei Dosen von mehr als 50 ppm fetotoxische Wirkungen festgestellt. Bei inhalativer Aufnahme wird Benzol schnell resorbiert. Geringe Mengen werden abgeatmet. Der Metabolismus erfolgt in der Leber unter Bildung von Phenol und -konjugaten mit anschlieoender Exkretion iiber den Urin (in etwa 24 h). Die metabolische Bildung von Hydrochinon und Catechol ist ebenfalls festgestellt. Physiologisch wirkt Benzol als ein starkes Gift, wobei das Risiko chronischer Intoxikationen hoher ist als das akuter Intoxikation. Kurzzeitige Einwirkung von 4000 ppm fiihren nur zur Narkose.
2.5 2.6 2.7
2.8
3.2
3.3
3.4
-
107
3.5
Infolge der guten Lipoidloslichkeit kommt es zur Passage der Blut-HirnSchranke und zur Benzolkonzentrierung im Gehirn. Bei Hautresorptionen kommt es zu Lijseerscheinungen der naturlichen Fettschicht und zu Reizerscheinungen. geringe Biokonzentration in Kdrpergeweben
4
Okotoxizitat
4.1 Aquatische Toxizitat 16 h TGK 92 kg/L 4.1.1 Pseudomonas putida Protozoen Entosiphon sulcatum 72 h TGK >200 mg/L Uronema parduczi 2 0 h TGK 490 mg/L 1400 mg/L 4.1.2 Scenedesmus guadricauda 8 d TGK Microrcystis aeruginosa 8 d TGK > 1400 mg/L > l o 0 mg/L Meeresalgen 3 d EC 50 Bei Grunalgen liegen die mittleren wirksamen Konzentrationen bei verschiedenen Spezies im Bereich von 55 - > 1 400 mg/L. Kieselalgen sind empfindlicher mit EC 50-Werten von 10-20 mg/L (7 d) bzw. > 100 mg/L (5 d). 4.1.3 SuBwasserspezies 24 h LC 50 59 mg/L bzw. 1100 mg/L 48 h LC 50 200-430 mg/L Meerwasserspezies 31-82 mg/L 24 h LC 50 20-920 mg/L 96 h LC 50 Im 21-d-Reproduktionstest bei Daphnia magna wurde ein NOEL von 98 mg/L ermittelt. 4.1.4 Regenbogenforelle 96 h LC 50 5,3-9,2 mg/L Die mittleren letalen Konzentrationen bei 7 weiteren Spezies liegen im Be15-430 mg/L reich von 96 h LC 50 Fur Salzwasserfische (Streifenbarsch) wurde eine 96 h LC 50 5,s- 11 mg/L ermittelt. Im 24-Tage-Test mit Coho-Lachs betragt die LC 50 (Verhaltensanderung) 1,8 mg/L. 4.2 Terrestrische Toxizitat 4.2.1 1 g/L im GieBwasser oder 50 mg/m3 in der Luft wirken toxisch bei verschiedenen Pflanzenarten. 4.2.2 Die Toxizitat bei Insekten ist relativ gering (Hausfliege: LD 50 0,8 mg/Fliege). Regenwurm LC 50 98 pg/cm2
5
Exposition
Fur die Bevolkerung der USA werden als jahrliche mittlere Benzolexpositionen angegeben:
108 110000000 Personen 0,3 - 3,2 pg/m3 48 000000 Personen 3,2 - 12,8 pg/m3 200000 Personen 12,8-32 pg/m3 32 pg/m3 80 000 Personen 0,2-100 pg/L.Tag Wasser: Allgemein wird folgende durchschnittliche Exposition angenommen (WHO): Luft: 30-300 pg/d Person 1-5 pg/d Person Trinkwasser: Nahrungsmittel: 100-250 pg/d Person Die tagliche Gesamtexposition wird auf etwa 130-550 pg/d Person geschatzt. Aufgrund der geringen Wasserloslichkeit und des hohen Dampfdruckes erfolgt der Benzoleintrag hauptsachlich in die Atmosphare. In Deutschland werden die durch den Kraftfahrzeugverkehr eingetragenen Benzolmengen auf 52000 t/a (1 982) geschatzt. Die iibrigen Emissionen werden mit etwas 4000 t/a angegeben. Benzolkonzentrationen in der Luft liegen im Bereich 1-20 pg/m3 (maximal: 1 -3 mg/m3 in der Nahe von Tankstellen). Gewasser und Boden enthalten durchschnittlich 0,02 - 0,06 pg/kg.
Luft:
6
Umweltverhalten Aufgrund des hohen Dampfdruckes ist die Luft Zielkompartiment des Benzoleintrages in die Umwelt. In der Luft erfolgt der Abbau durch indirekte Photolyse mit einer Halbwertszeit von 7-22 Tagen; in der unteren Troposphare 3 - 10 Tage. Der Stoff ist biologisch leicht abbaubar, so darj die Persistenz relativ gering ist. Geoakkumulation und Bioakkumulation sind von geringer Relevanz. Bei Wasser- und Bodeneintragen ist die Aufenthaltszeit in diesen Kompartimenten insbesondere infolge des hohen Dampfdruckes relativ gering. Bei massiven Bodenverunreinigungen sind bei einer Wasserloslichkeit von 1,8 g/L Grundwasserkontaminationen nicht auszuschlienen.
7
Grenz- und Richtwerte
7.1
MAK-Wert:
7.2
I11 A1 krebserzeugend (D); TRK-Wert: 8 ppm (26 mg/m3) (D) Trinkwasser: 10 pg/L (WHO) Von einem mtiglichen Krebsrisiko bei Benzolexpositionen ausgehend, werden von der U. S. EPA folgende Grenzwerte vorgeschlagen: Krebsrisiko
Grenzwert (pg/L) 15 1 9 5
lo-’
Geruchsschwellenwert:
0,15 2,5 - 5,O ppm
109
7.3
TA Luft: Abfallbeseitigung nach 0 2 Abs. 2 Abfallgesetz: WGK 3
8
5 mg/m3 bei einem Massenstrom von 25 g/h und mehr
Abfallschlussel 5 5 306
Abfallbeseitigung
Kleinere Mengen Benzol konnen destillativ aufgearbeitet werden. Cronere Mengen nicht aufbereitbarer benzolhaltiger Abfalle werden in Sonderverbrennungsanlagen beseitigt. Eine Deponie ist auszuschlienen. Bei Havarien sind Restmengen mit saugfahigen Material aufzunehmen und zu verbrennen. 9
Verwendung
Benzol wird als Extraktions-, Liisungs- und Reinigungsmittel verwendet. Hauptverwendungszweck ist die organische Synthese von Anilinfarbstoffen, Alkylbenzolen, Nitrobenzolen, Chlorbenzolen, Styrol, Phenol, Insektiziden, Nylon und anderen Kunststoffen. 10
Umweltgefahrlichkeit
Benzol ist giftig fur Wasserorganismen. Invertebraten und Fische sind empfindlicher als Algen und Bakterien. Die bislang in Gewassern und Boden nachgewiesenen Benzolkonzentrationen liegen jedoch um rnehrere Groflenordnungen unter den fur aquatische Organismen festgestellten akuten Toxizitatswerten. Langerfristige Schadigungen sind aufgrund der hohen Fliichtigkeit sowie des biologisch leichten Abbaus nicht zu erwarten. Zu Schadigungen von Okosystemen infolge von Benzolexpositionen liegen keine Daten vor. Obwohl die Eintrage in die Luft erheblich sind, ist aufgrund des abiotischen Abbaus, insbesondere durch Photolyse, nicht mit Benzolkonzentrationen in der Luft zu rechnen, die zu akuten Schadigungen terrestrischer Organismen fuhren konnen. Literatur
ECETOC: Techn. Report No. 10, 1984 GDCh: BUA Stoffbericht Nr. 24, Benzol. VCH Weinheim, 1988 Urnweltbundesarnt: Berichte 2/87, Luftqualitatskriterien f. ausgewlhlte Umweltkanzerogene. E. Schmidt Verlag, Berlin, 1987, S. 101- 110 WHO: Air Quality Guidelines for Europe WHO Regional Publicat. Series No. 23. 1987, pp. 45 - 58 WHO: IPCS Environmental Health Criteria 150. Benzene. Geneva, 1993
110
Benzo t richIorid [98-07-71 Die Herstellung von Benzotrichlorid erfolgt durch Seitenkettenchlorierung von Toluol in Gegenwart von UV-Licht oder unter Lichtausschlun bei erhohter Temperatur. Der Reinheitsgrad betrtigt > 95%. An Verunreinigungen (jeweils < 1070) sind Benzalchlorid, Benzylchlorid, Benzoylchlorid und Chlorbenzotrichlorid enthalten. In Westeuropa betragen die Herstellungsmengen etwa 30000 t/a (1989). 1
Allgemeine Informationen
1.I 1.2 1.3
Benzotrichlorid [98-07-71 Benzol, TrichlormethylC7HSC13
c1 I
Cl-c-CI I
1.4 1.5 1.6
Trichlortoluol, Phenylchloroforrn chlorierte Aromaten giftig; R 45-22-23-37/38-41
2
Ausgewahlte Eigenschaften
2.1 2.2 2.3 2.4 2.5
195,48 fliissig 220,7"C -4,8"C 0,2 hPa 20°C 0,49 hPa 30°C 1,3723 g/cm3 20°C 100 mg/L bei 20°C (unter Hydrolyse) Benzotrichlorid hydrolysiert sehr schnell in Wasser unter Bildung von Benzoylchlorid und Benzoesaure (Hydrolysehalbwertszeit: t ,/2 = 2,2 rnin) 2,92; 4,l (berechnet) 39,2 Pa m3 mol-' Hydrolyse; keine Geoakkumulation Hydrolyse; keine Bioakkumulation Hydrolyseprodukte sind biologisch leicht abbaubar. keine Angaben
2.6 2.7 2.8 2.9 2.10 2.1 1 2.1 2 2.1 3 2.14
111
3
Toxizitat
3.1
3.4 3.5
Ratte L D 50 1253 mg/kg 2 188 mg/kg Ratte LD 50 Ratte LD 50 770-6000 mg/kg oral Maus LD 50 845 - 1 300 mg/kg 0,15 mg/L 2 h ihl Ratte LC 50 Lc 50 8,39 mg/L 1 h Ratte ihl Maus LC 50 0,06 mg/L 2 h dermal Ratte LD 50 5000 mg/kg 4000 mg/kg dermal Kaninchen LD 50 0,5 mg/kg (28 d) oral mit dem Futter verabreicht sind bei Ratten ohne Befund. 5 , 50 und 500 mg/kg Futter fiihren zu geringenfugigen histopathologischen Veranderungen in Leber, Nieren und Schilddruse. Bei inhalativer Exposition kommt es zu akuten Reizungen der oberen Luftwege. Lokal starke Reizwirkung auf Haut und Augen. In verschiedenen Tests ist der Stoff mutagen. Bei oraler, dermaler und inhalativer Exposition ist Benzotrichlorid kanzerogen (Lunge, Haut). Zur Teratogenitat liegen keine Daten vor. keine Angaben keine Bioakkumulation (Hydrolyse)
4
Okotoxizitat
3.2
3.3
oral
Leucht bakterien 30 min Pseudomonas putida 16 h Entosiphon sulcaturn 4.1.2 Scenedesmus quadricauda 8 d 4.1.3 Daphnia magna 4.1
4.1.4 Goldorfe 4.2
Terrestrische Toxizitgt keine Angaben
5
Exposition
48 h 48 h
EC 50 TGK TGK TGK EC 0 EC 50 EC 100 LC 0 LC 50
19 mg/L 100 mg/L 56 mg/L
100 mg/L 42 mg/L 50 mg/L 56 mg/L 2480 mg/L 4 140 mg/L
Expositionen des Menschen erfolgen nur am Arbeitsplatz bei Herstellung und Verarbeitung von Benzotrichlorid. Umweltexpositionen sind aufgrund der raschen Hydrolyse nicht zu erwarten. Das Hydrolyseprodukt Benzoesaure wird biologisch leicht abgebaut.
112
6
Umweltverhalten Benzotrichlorid hydrolysiert in Wasser sowie in Gegenwart von Luftfeuchtigkeit rasch zu Benzoesaure. Langfristige Expositionen der Umwelt sowie Biound Geoakkumulation erfolgen unter humiden Klimabedingungen nicht.
7
Grenz- und Richtwerte
7.1 7.2 7.3
MAK I11 B (Verdacht auf krebserzeugendes Potential) (D) keine Angaben WGK 1
8
Abfallbeseitigung Bei Herstellung und Verarbeitung entstehen keine Abfalle. Geringe Mengen Benzotrichlorid konnen durch Hydrolyse und Neutralisation der Benzoesaure und Chlorwasserstoffsaure zersetzt werden.
9
Verwendung Zwischenprodukt zur Herstellung von Benzoylchlorid, Benzotrifluorid, Farbstoffen, Dihydroxybenzophenon
10
Umweltgefahrlichkeit Benzotrichlorid ist giftig fur Wasserorganismen. Aufgrund der raschen Hydrolyse und des biologischen Abbaus des Hydrolyseproduktes Benzoesaure ist nicht mit Umwelteintragen zu rechnen, die zu akuten Schadigungen von Freilandorganismen fuhren. Langerfristige Expositionen sind auszuschlieOen.
Literatur International Agency for Research on Cancer: Monographs Vol. 29, 1982 GDCh: BUA Stoffbericht Nr. 72, Benzotrichlorid. VCH Weinheim, 1992
113
Benzoylchlorid [98-88-41 Die Herstellung von Benzoylchlorid erfolgt entweder durch Chlorierung von Benzaldehyd oder durch Umsetzung von Benzoesaure mit Phosphorpentachlorid, Thionylchlorid bzw. durch partielle Hydrolyse von Benzotrichlorid. Die globale jahrliche Produktion wird auf etwa 30000- 35000 t geschatzt. Die Herstellungsmengen in Deutschland betragen ca. 15 000 t/a (1 990)
1
Allgemeine Informationen
1.1 1.2 1.3
Benzoylchlorid [98-88-41 Benzoylchlorid C7H5ClO
1.4 1.5 1.6
Benzencarbonylchlorid, Benzoesaurechlorid Saurechlorid atzend; R 34
2
Ausgewahlte Eigenschaften
2.1 2.2
140,6 farblose, stechend riechende, an der Luft rauchende und zu Tranen reizende Flussigkeit 198,3"C -0,6"C 0,5 hPa 20°C 1,212 g/cm3 bei 20°C Bei Kontakt mit Wasser zersetzt sich die Verbindung; loslich in Diethylether, Benzol, Schwefelkohlenstoff und Olen. Benzoylchlorid hydrolysiert in Wasser unter Bildung von Chlorwasserstoff. Beim Erhitzen erfolgt Zersetzung unter Phosgenbildung. Die Verbindung ist reaktiv bei Kontakt mit Oxidationsmitteln, Wasserdampf und Alkalien. keine Angaben keine Angaben keine Angaben keine Angaben Hydrolyse mit leichtem biologischem Abbau des Hydrolyseproduktes Hydrolysehalbwertszeit tIl2 = 3,6 min
2.3 2.4 2.5 2.6 2.7 2.8
2.9 2.10 2.1 1 2.12 2.13 2.14
114
3
Toxizitat
3.1
3.4 3.5
oral Ratte LD 50 1900 mg/kg 1850 mg/rn3 2 h ihl Ratte LC 50 Langfristige, wiederholte derrnale Exposition fuhrt zu lokalen Entzundungen und Nekrosen; keine systemischen Vergiftungserscheinungen. In-vitro- und In-vivo-Untersuchungen ergeben keinen Hinweis auf Mutagenitat. Bei Mausen ist bei derrnaler und inhalativer Exposition keine erhohte Tumorinzidenz festgestellt. Benzoylchlorid wirkt lokal reizend. keine Bioakkumulation
4
Okotoxizitat
4.1 4.1.1 4.1.2 4.1.3 4.1.4
Aquatische Toxizitat Leuchtbakterien EC 50 (30 min.) 12,24 mg/L keine Angaben keine Angaben Die hochste nicht letale Konzentration bei Fischen Goldorfe 72 h LC 0 200 96 h LCO 7,5 Zebrabarbling Amerkanische Elritze 24 h 42,6 Terrestrische Toxizitat keine Angaben
3.2 3.3
4.2
5
betragt: mg/L mg/L mg/L
Expositionen
Aufgrund der raschen Hydrolyse und der biologischen Abbaubarkeit der Hydrolyseprodukte sind Umweltexpositionen von geringer Relevanz. 6
Umweltverhalten
Benzoylchlorid ist nicht persistent. Es erfolgt rasche hydrolytische Zersetzung in Wasser, Boden und Luft. Bio- und Geoakkumulation sind auszuschlienen. Verteilungsprozesse zwischen Luft und Wasser/Boden sind fur das Umweltverhalten von untergeordneter Bedeutung.
7
Grenz- bzw. Richtwerte
keine Angaben 8
Abfallbeseitigung
Kleine Mengen Benzoylchlorid konnen mit Wasser hydrolysiert werden. Die Lasung wird nachfolgend durch Zugabe von Alkalien neutralisiert, eingedampft und der Ruckstand in einer Sonderabfallverbrennungsanlage vernichtet.
115
Verschuttetes Benzoylchlorid kann mit inerten Materialien aufgenommen und wie angegeben beseitigt werden.
9
Verwendung
Zwischenprodukt fur die Weiterverarbeitung zu: - Benzoylperoxid, - t-Butylperbenzoat, - Farben, - Pestiziden, - Benzophenon, - Kosmetika, Pharmazeutika. Eine Verwendung des Stoffes als Endprodukt erfolgt nicht. 10
Umweltgefahrlichkeit
Zur Okotoxizitat liegen nur wenige Daten vor. Der Stoff ist giftig fur Wasserorganismen (Fische). Aufgrund der raschen Hydrolyse und des biologisch leichten Abbaus des Hydrolyseproduktes Benzaldehyd ist das Umweltgefahrdungspotential des Stoffes jedoch gering. Mit langerfristigen Schadigungen von Freilandorganismen sowie Geo- und Bioakkumulation ist nicht zu rechnen . Literatur GDCh: BUA Stoffbericht Nr. 73, Benzoylchlorid. VCH Weinheim, 1992
116
Benzylchlorid 1100-44-71 Die Herstellung von Benzylchlorid erfolgt durch Seitenkettenchlorierung von Toluol. Die jahrlichen Produktionsmengen wurden fiir Westeuropa, USA und Japan auf etwa 50000 t/a geschatzt. Das Produkt enthalt Benzalchlorid, Chlortoluole und Toluole als Verunreiniger. 1
Allgemeine Informationen
1.1 1.2 1.3
Benzylchlorid [ 100-44-71 Benzol (Chlormethy1)C7H7C1
1.4 1.5 1.6
a-Chlortoluol, Chlormethylbenzol, Chlorphenylmethan, Tolychlorid chlorierte Aromaten giftig; R 22-23-37/38-40-41
2
Ausgewahlte Eigenschafien
2.1 2.2 2.3 2.4 2.5 2.6 2.7
126,5 farblose bis leicht gelb gefarbte Flussigkeit 179,3"C -39°C 1 mm Hg bei 20°C; 60 mm Hg bei 100,5"C/133,3 Pa bei 20°C 1,1002 g/cm3 Wasser 493 mg/L gut mischbar mit Chloroform, Diethylether und Ethanol 2.8 Benzylchlorid hydrolysiert in heiBem Wasser unter Bildung von Benzylalkohol. Chemische Reaktionen erfolgen in Abhangigkeit von den Reaktionsbedingungen an der Chlormethylseitenkette oder am Benzolkern. Benzylchlorid wirkt alkylierend. 2.9 2,3 2.10 1,9-102 2.11 2,t 2.12 1,95 2.13 biologisch leicht abbaubar cm3 Molekule-' s-'; t I l 2 = 5 d 2.14 koH = 3.
117
3
Toxizitat
3.1
3.5
oral Ratte LD 50 1230 mg/kg 625 mg/kg oral Ratte LD 50 1000 mg/kg scu Ratte LD 50 1620 mg/kg oral Maus LD 50 Der Stoff verursacht Reizwirkung an Haut, Schleimhaut und Augen. Bei wiederholter oraler Applikation kommt es zu Veranderungen am Vormagen und Herzmuskel (Nekrosen); NOEL weibl. Ratte 15 mg/kg; mannl. Ratte < 15 mg/kg. NOEL bei 27wochiger Inhalation (6 h/d) 62 mg/m3 Ratte; 5 mg/m3 Meerschwein. Der Stoff wirkt alkylierend und mutagen. Ein krebsauslosendes Potential ist im Tierversuch festgestellt. Nach inhalativer und oraler Aufnahme wird Benzylchlorid rasch resorbiert und im Korpergewebe verteilt. Die Ausscheidung erfolgt uber Urin und Faeces. Der Metabolismus erfolgt uber Mercaptursaure und Benzoesaure. keine Bioakkumulation zu erwarten
4
Okotoxikologie
4.1 4.1.1 4.1.2 4.1.3
Aquatische Toxizitat keine Angaben keine Angaben Daphnia magna 24 h
3.2
3.3 3.4
24 h 4.1.4 Goldorfe
48 h
48 h
4.2
Terrestrische Toxizitat keine Angaben
5
Exposition
LC LC LC LC LC LC LC
0 50 100 0 50
100 0 Lc 50 LC loo LC 0 LC 50 Lc 100
2,4 3,4 25 0,66 1,3 5,0 0,6 3,O 5,s
3,3 4,5 7,7
mg/L mg/L mg/L mg/L mg/L mg/L mg/L mg/L mg/L mg/L mg/L mg/L
Zur Urnweltexposition liegen keine Angaben vor. 6
Umweltverhalten Aufgrund der Reaktivitat der Chlormethylseitenkette ist in der Umwelt mit einer raschen Stoffumwandlung zu rechnen.
118
Bio- und Geoakkumulation sind nicht zu erwarten. Bei dem Stoffubergang in Luft erfolgt relativ rascher photolytischer Abbau durch OH-Radikale. 7
Grenz- und Richtwerte
7.1
MAK-Wert:
7.2 7.3
8
1 mL/m3 (ppm); 5 mg/m3 (D) I11 B (begrundeter Verdacht auf krebserzeugendes Poten-
tial) (BRD) keine Angaben TA-Luft: 20 rng/m3 bei einem Massenstrom von 0,l kg/h und mehr WGK 2
Abfallbeseitigung Verbrennung in Sonderabfallverbrennungsanlagen
9
Verwendung Benzylierung bei der Herstellung von Farbstoffen, Arzneimittel, KunstharZen, Parfums, Vulkanisationsbeschleunigern.
10
Umweltgefahrlichkeit Benzylchlorid ist sehr giftig fur Wasserorganismen. Aufgrund des biologisch leichten Abbaus sowie einer raschen chemischen Umwandlung ist jedoch nicht mit Iangeren Verweilzeiten in Gewassern zu rechnen. Eine Akkumulation ist auszuschlieI3en. Langerfristige Wirkungen auf Wasserorganismen sind nicht zu erwarten.
119
Beryllium [7440-41-71 und Berylliumverbindungen Als erstes Element der 2. Hauptgruppe des Periodensystems hat Beryllium den kleinsten Atomradius. Die daraus resultierende hohe Bindungsenergie zwischen Valenzelektronen und Atomkern ist maogebliche Ursache fur die Stabilitat der Kristallgitter in Berylliumverbindungen und die hohe Elektronegativitat. In seinen Eigenschaften ist Beryllium dem Aluminium vergleichbar. Es nimmt eine typische Zwischenstellung zwischen Kationen und kovalente Komplexe bildenden Elementen ein. Die Erdkruste enthalt im Mittel ca. 6 mg/kg, Gesteine und Mineralien weisen Gehalte an Beryllium zwischen 0,038- 11,4 mg/kg auf. Wirtschaftliche Bedeutung haben lediglich die Minerale Beryl und Bertrandit. Die jahrliche globale Produktion an Beryllium und Berylliumverbindungen wird mit etwa 300- 400 t angegeben. Bei Verbrennungsprozessen werden jahrlich etwa 8000 t Beryllium weltweit emittiert. Kohle enthalt im Mittel 1,8 -2,2 mg Beryllium/kg. Aschen enthalten bis zu 100 mg Beryllium/kg. Die in den letzten 50 Jahren anthropogen genutzte Berylliummenge wird auf etwa 10000 t geschatzt. Etwa 5000 t des Spurenelementes zirkulieren schatzungsweise in biologischen Kreislaufen.
Beryllium 17440-41-71 1
Allgemeine Informationen
1.1
1.6
Beryllium [7440-41-71 Beryllium Be ent fallt Element der 2. Hauptgruppe des Periodensystems der Elemente sehr giftig; R 49-25-26-36/37/38-43/48/23
2
Ausgewahlte Eigenschaften
2.1 2.2 2.3 2.4 2.5 2.6 2.7
9,013 silberweines, glanzendes, hartes Metal1 2472 "C 1284°C 1,3.10-4 mbar bei 30°C 1,85 g/cm3 Wasser: praktisch unlbslich; in verdunnten Mineralsauren unter Salzbildung und Wasserstoffentwicklung loslich Beryllium zeichnet sich durch geringe Dichte bei relativ hoher Festigkeit, einem hohen Schrnelzpunkt, hohe spezifische Warmeleitfahigkeit und Oxidationsbestandigkeit sowie gute Durchlassigkeit fur Rontgenstrahlen aus. In
1.2 1.3 1.4 1.5
2.8
120
2.9 2.10 2.1 1 2.12 2.13 2.14
saurer Ldsung bildet es Kationen der Oxidationsstufe 2 +, bei p H > 8 konnen Anionen in Form von Komplexverbindungen gebildet werden. entfallt entfallt entfkllt akkumulierbar entfallt entfallt
3
Toxizitat
3.1
Kurzzeitige inhalative Exposition gegeniiber 15 Fg Be/m3 sind beim Menschen ohne toxische Wirkung. BeCl, oral Ratte LD 50 9,8 mg Be/kg BeF, oral Maus LD 50 19,l mg Be/kg cut Maus LD 50 3,8 mg Be/kg Langzeitexpositionen sind mit der Anreicherung von Beryllium in den Knochen und der Leber verbunden. In der Leber gespeichertes Beryllium wird relativ schnell remobilisiert und ebenfalls in den Knochen abgelagert. Bei inhalativer Aufnahme erfolgt nur eine sehr langsame Ausscheidung uber die Lunge, im allgemeinen Exkretion uber die Niere. Chronische Intoxikationen manifestieren sich in Enzymaktivitatsveranderungen (z. B. alkalische Phosphatasen, ATPase, DNA-Polymerase). Die Latenzzeit kann bei chronischer Aufnahme mehr als 5 Jahre betragen. Mehrmalige tagliche Expositionen gegeniiber 2 mg Be/m3 (BeS0,-NeKatze bel) waren letal bei Ratte (9OVo), Hund (80%), Kaninchen (100~0)~ (80%), Maus (IOVo), Affen (1 00%). Typisches Symptom chronischer inhalativer Exposition gegeniiber Beryllium ist die chronische Pneumonitis. Beryllium ist in verschiedenen Mutagenitatstests positiv (Genmutation, Chromosomenaberration, Sister-Chromatid-Austausch). Das Auftreten von Lungenkrebs bei Ratten und Affen wird als speziesspezifisch charakterisiert. Bei oraler Aufnahme wurden keine Tumoren festgestellt. IARC klassifiziert Beryllium und Berylliumverbindungen als vermutlich kanzerogen beim Menschen (2A Stoffe). Differenzierte Organschadigungen (Herz, Niere, Leber, Lunge), Aktivitatsveranderungen von Leberenzymen, Ablagerung in Knochengewebe verbunden rnit hohen Speicherungsraten und geringer Mobilitat, Anreicherung in Lungengewebe, DNA-Schadigungen, immuntoxikologische Effekte sind wesentliche toxische Wirkungen bei Berylliumexpositionen. Exkretion erfolgt vorzugsweise uber die Niere. Akkumulation in Knochen- und Lungengewebe
3.2
3.3
3.4
3.5
121
4
Okotoxikologie
4.1 Aquatische Toxizitat 4.1.1 Fur verschiedene Protozoen wurde fur Berylliumnitrat eine toxische Grenzkonzentration von 4 pg Be/L ermittelt. 4.1.2 Wachstumshemmungen bei Konzentrationen zwischen 1,8 - 100 mg Be/L 4.1.3 Daphnia magna 24 h LC 50 8,O mg Be/L LC 50 7,9 mg Be/L 48 h 96 h LC 50 4,8 mg Be/L 4.1.4 Goldfisch GUPPY 96 h LC 50 0,16-32 mg Be/L Die Toxizitat bei Fischen erhoht sich mit abnehmender Wasserharte. 4.2 Terrestrische Toxizitat Das Pflanzenwachstum wird zumeist gehemmt bei Berylliumkonzentrationen im mg/L-Bereich. Art und AusrnaR der Wirkung sind abhangig von den Bodeneigenschaften (pH, Kationenaustauschkapazitat). 5
Exposition Die Berylliumkonzentrationen in Oberflachen- und Trinkwasser liegen im unteren Mikrogrammbereich, im Boden zwischen 1 und 7 mg/kg, in PflanZen bei etwa 12 mg Be/kg TG.In der Luft wurden Konzentrationen zwischen 0,03 und 0,06 ng/m3 bis 0,2 ng/m3 (in hoch belasteten Gebieten) gemessen. Die Gesamtexposition des Menschen wird auf ca. 420 ng/d/Person geschatzt (Nahrung ca. 120 ng; Trinkwasser: ca. 300 ng; Luft: < l ng). Zigarettenrauch enthllt 0,47 - 0,74 pg Be/Zigarette.
6
Umweltverhalten
In Form des Oxids und Hydroxids ist Beryllium nur wenig wasserloslich. Daruber hinaus erfolgt im Wasser und Sediment/Boden eine rasche Sorption an fein disperses Material. Die bioverfugbare Stoffmenge ist damit limitiert. Die Pflanzenaufnahme aus dem Boden ist zumeist gering. Allerdings akkumuliert Beryllium in aquatischen und terrestrischen Organismen. In der Luft erfolgt rasche Sorption an Festpartikel mit nachfolgender NaR- oder Trockendeposition (Halbwertszeit: 10 Tage). 7
Grenz- und Richtwerte
7.1
MAK-Wert:
7.2
IIIA2 krebserzeugend (D) 2 , . ~ g / m(USA) ~ Trinkwasser: 0,l pg/L (D) Auf der Grundlage eines moglichen karzinogenen Risikos bei Berylliumexpositionen werden von der U. S. EPA unter Berucksichtigung eines t8glichen Fischkonsums von durchschnittlich 18,7 g/Person (Biokonzentration) folgende Trinkwassergrenzwerte vorgeschlagen:
122
Krebsrisiko
Grenzwert (pg/L)
10-7
0,00087 0,0087
0,087 7.3
TA Luft: 0,i mg/m3 bei einem Massenstrom von 0,5 g/h und mehr WGK 2 (Berylliumnitrat)
8
Abfallbeseitigung
Ruckgewinnung des Metalls aufgrund des hohen Preises
9
Verwendung Beryllium findet Verwendung in der Kerntechnik, dem Flugzeug- und Raketenbau, der Rontgentechnik und der Metallurgie.
10
Umweltgefahrlichkeit Beryllium und Berylliumverbindungen sind giftig fur Wasserorganismen. Die Bioverfugbarkeit ist jedoch aufgrund der geringen Wasserloslichkeit der Berylliumsalze sowie ihrer Sorption an Feststoffe begrenzt. Im Vergleich zum Berylliumeintrag durch naturliche Prozesse (Gesteinsverwitterung) ist der anthropogene Eintrag relativ gering; ausgenommen ist dabei der Eintrag durch die Kohleverbrennung.
Literatur Merian, E. (Hrsg.): Metalle in der Umwelt. Verlag Chemie Weinheim, 1984, S. 335-342 WHO: IPCS-EHC 106, Berylliurn.Geneva, I990
123
Blausaure [74-90-81 Groljtechnisch kann Blausaure durch verschiedene Verfahren hergestellt werden. Neben der katalytischen Umsetzung von Ammoniak und Methan bei 1000- 1400 "C ist die katalytische Reaktion von Kohlenmonoxid und Ammoniak bei 700°C oder die Umsetzung von Kohlepulver mit Ammoniak moglich. Die Pyrolyse von Zuckerrubenmelasse dient ebenfalls der Blausauregewinnung. Emissionen erfolgen uber die Abwasser oder Abgase der Herstellerbetriebe sowie der weiterverarbeitenden Betriebe. Weitere Emittenten sind Kokereien, Gaswerke, Mineralolraffinerien und cyanidverarbeitende Betriebe wie Hartereien und galvanotechnische Betriebe. Alkalicyanide werden vorzugsweise durch Neutralisation von Blausaure mittels Natron- oder Kalilauge hergestellt. Calciumcyanid [592-01-81 entsteht als Zwischenprodukt bei der Herstellung von Kalkstickstoff durch Azotierung von Calciumcarbid. Cyanidhaltige Abwasser und Schlamme entstehen vor allen Dingen bei der Elektroplattierung (Verkupfern, Verzinken, Vernickeln). Infolge der Liislichkeit der Cyanide befindet sich der Cyanidgehalt von Galvanikschlammen insbesondere im Schlammwasser. Feste Cyanidabfalle entstehen in Hartereien. Zu unterscheiden sind: - Kohlungsbadabfalle (3 - 40% Alkalicyanide und 2 - 45% Alkalicyanat), - Nitrierbadabfalle (3 - 30% Cyanide), - Warmbadabfalle (aus AnlaDsalzbadern), - Olbadabfalle. 1
Allgemeine Informationen
1. I 1.2 1.3 1.4 1.5 1.6
Blausaure [74-90-81 Cyanwasserstoffsaure HCN Cyanwasserstoff, Formonitril, Ameisensaurenitril Saure sehr giftig, leichtentzundlich; R 1 1 - 26 Die Verwendung von Blausaure als Pflanzenschutzmittel ist in der Bundesrepublik Deutschland nur fur bestimmte Anwendungen zugelassen.
2
AusgewSihlte Eigenschaften
2.1 2.2 2.3 2.4 2.5 2.6 2.7
27,02 farblose Flussigkeit mit bittermandelartigem Geruch 25,07"C -13,2"C 264 mm Hg bei 0 ° C 0,600 g/cm3 bei 20°C Wasser: unbegrenzt loslich
124
2.9 2.10 2.11 2.12 2.13 2.14
In wahiger Losung wirkt Blausaure schwach sauer. Beim Erwarmen neigt die Verbindung zur spontanen Polymerisation und wird deshalb mit Oxalsaure oder Schwefeldioxid stabilisert. Infolge des relativ hohen Dampfdruckes ist reine Blausaure stark fliichtig. Im Brandfalle ist die Bildung von Stickoxiden zu beachten. 0,66 (berechnet) keine Angaben keine Angaben keine Angaben biologisch schwer abbaubar koH = 3.10-'4 cm3/Molekiile-' s-I; ttI2 = 344 Tage
3
Toxizitat
3.1
3.5
270 ppm (0,3 mg/L) sind fur den Menschen sofort todlich. 180 ppm (0,2 mg/L) wirken innerhalb von 10 Minuten todlich; 135 ppm (0,15 mg/L) innerhalb von 30 Minuten. Konzentrationen von < 0,25 mg/L konnen zu bleibenden Gesundheitsschaden fiihren. Akute Intoxikationen: apoplektiformer Verlauf. Die infolge der Dissoziation gebildeten Cyanidionen bilden Komplexe mit den in Metalloenzymen enthaltenen Metallionen und leiten damit die Intoxikation ein (z. B. Inhibierung der Cytochromoxidase). Bindung erfolgt ebenfalls an Katalase, Peroxide, Methamoglobin, Hydroxycobalamin, Phosphatase, Tyrosinase, Ascorbinsaureoxidase u. a. Bei chronischer Aufnahme kommt es zu gastrointestinalen und neurotoxischen Effekten. keine Angaben Nach voliegenden Testergebnissen ist HCN nicht mutagen. Zur Kanzerogenitat und Reproduktionstoxizitat liegen keine Angaben vor. Blausaure wird sehr schnell iiber den Respirations- und Digestionstrakt sowie die Haut resorbiert. Blockade intrazellularer Atmungsenzyme (Cytochromoxidase), histotoxische Anoxie, Schadigungen des ZNS (Atemzentrum) sind Folgen von Blausaurevergiftungen. Der Metabolismus erfolgt hauptsachlich iiber die Bildung von Thiocyanaten und die Ausscheidung uber den Urin. Der menschliche Organismus enthalt normalerweise geringe Mengen Cyanid (< 0,5 mg/kg), z. B. im Vitamin B12. keine Akkurnulation im Organismus
4
Okotoxikologie
4.1 4.1.1 4.1.2 4.1.3
Aquatische Toxizitat Pseudomonusputidu keine Angaben keine Angaben
2.8
3.2 3.3 3.4
EC 10
8 Fg/L
125 4.1.4 Regenbogenforelle
96 h
EC 50
Pirnephales promelas
10 d 28d
Lepomis macrochirus
289 d
EC 50 NOEC LOEC NOEC LOEC EC 50
4.1.5 Asellus aquaticus 4.2 keine Angaben
5
96 h
0,068 mg/L 0,042 mg/L 0,118 mg/L 0,02 mg/L 0,026 mg/L 0,05 mg/L 0,065 mg/L 2,3 mg/L
Exposition Eintrage in die Umwelt erfolgen vorzugsweise uber die Abwasser der Montan- und metallurgischen Industrie sowie bei verschiedenen chemischen Synthesen. uber Autoabgase und die Abluft von Abfallverbrennungsanlagen erfolgt ein Eintrag in die Atmosphare. Cyanide sind auch in einer Reihe pflanzlicher Lebensmittel in geringen Konzentrationen enthalten. Der Rauch von Zigaretten (Hauptstrom) enthalt 10- 400 Fg Cyanid/Zigarette. Angaben zur Exposition des Menschen, ausgenommen am Arbeitsplatz, liegen nicht vor.
6
Umweltverhalten Zielkompartimente des Umwelteintrages sind Wasser und Luft, zu einem geringen Anteil der Boden. In Wasser konnen geringere Mengen Blausaure aerob und anaerob abgebaut werden. Die Elimination erfolgt jedoch vorzugsweise durch Ausgasen in die Luft, verbunden mit einem regionalen Transport. Die Halbwertszeit in der Troposphare betragt etwa 334 Tage. Durch Nafideposition werden nur geringe Mengen Blausaure aus der Atmosphare ausgetragen. Aus oberen Bodenschichten wird der Stoff durch Ausgasen und zu geringen Anteilen durch biologischen Abbau eliminiert. Ein Einwaschen in das Grundwasser ist m6glich.
7
Grenz- und Richtwerte
7.1
MAK-Wert:
7.2
Trinkwasser:
7.3
TA-LUft:
10 m ~ / m (ppm), ~ 11 mg/m3 (D) Gefahr der Hautresorption 0,05 mg/L als Cyanidion (D) 0,07 mg/L (WHO) 5 mg/m3 bei einem Massenstrom von 50 g/h oder mehr
126 Abfallbehandlung nach Q 2 Abfallgesetz:
cyanidhaltige Konzentrate, Bader Abfallschlussel 527 13 cyanidhaltige Halbkonzentrate Abfallschlussel 5271 8 cyanidhaltige Hartesalze Abfallschlussel 5 133 cyanidhaltige Schlamme aus der Kohleveredelung und Erdolverarbeitung Abfallschlussel 54923 cyanidhaltiger Ofenausbruch aus metallurgischen Prozessen Abfallschlussel 31 108
WGK 3 8
Abfallbeseitigung
Die Entgiftung wahiger Blausaurelosungen richtet sich nach der jeweiligen Cyanidkonzentration. Abwasser rnit geringen Cyanidgehalten konnen oxidativ mittels Wasserstoffperoxid oder Ozon entgiftet werden. Konzentrierte Cyanidlosungen werden mit Chlor oder Natriumhypochlorit behandelt. Die Entgiftung erfolgt uber die Bildung von Chlorcyan und Cyanat zu den moglichen Endprodukten Ammoniak und Hydrogencarbonat oder Kohlenoxid und Stickstoff. Die benotigten Salzmengen ktinnen zu einer erheblichen Aufsalzung der Abwasser fuhren. 9
Verwendung
Blausaure wird u. a. zur Schadlingsbekampfung in geschlossenen Raumen verwendet. Sie ist Zwischenprodukt bei der Herstellung von Monomeren wie Acrylnitril, Methylmethacrylat, Adipinsaurenitril, Cyanurchlorid, von Cyaniden, Farbstoffen und verschiedenen Chelatbildnern. 10
Umweltgefahrlichkeit
Blausaure ist sehr giftig fur Wasserorganismen. Literatur Agency for Toxic Substances and Disease Registry (ATSDR): Toxicological Profile for Cyanide, Dec. 1989
127
Blei [7439-92-11 und Bleiverbindungen Vorkommen und Eigenschaften
Als Element der IV. Hauptgruppe des Periodensystems liegt Blei in seinen chemischen Verbindungen in den Oxidationsstufen 2+ und 4 + vor. Insbesondere in der anorganischen Chemie des Elementes uberwiegt die Oxidationsstufe 2 + . Ebenso wie die Elemente Silicium, Germanium und Zinn kann Blei keine Doppelbindungen ausbilden, weshalb die Zahl organischer Bleiverbindungen stark begrenzt ist. Im allgemeinen sind tetravalente Bleiverbindungen stabiler als divalente Verbindungen, d a die Pb-C-Bindungsenergie etwa 130 kcal mol-' und damit etwa das Doppelte der C - H-Bindungsenergie betragt. Die wichtigsten kommerziellen organischen Bleiverbindungen sind Bleitetraethyl und -tetramethyl. Wahrend Blei und Kohlenstoff in diesen Verbindungen kovalent gebunden sind, besteht in den Bleisalzen organischer Sauren zwischen Saureanion und Bleikation eine Ionenbindung. Aus diesen Bindungsunterschieden erklaren sich qualitative Unterschiede in den Stoffeigenschaften wie beispielsweise in der Wasserloslichkeit. Blei gehort zu den Spurenmetallen, deren naturlicherweise vorhandener Background-level durch anthropogene Aktivitaten stark beeinflufit wird. So betragen die durchschnittlichen Bleigehalte von Sedimentgestein 7 bis 20 mg/kg, von Tiefseesedimenten 9-80 mg/kg, der Erdkurste etwa 12 mg/kg und von BOden 2-200 mg/kg. Industrie, kommunaler Sektor und Landwirtschaft sind die mangeblichen Emissionsquellen. So ist der Bleigehalt von Kohle und Erdol mit 0,3 - 25 ppm relativ hoch und fuhrt bei der Verbrennung zur Belastung der Atmosphare. Angenommen wird, dal3 etwa 80% des in der Atmosphare nachweisbaren Bleis allerdings von den bei der Kraftstoffverbrennung freiwerdenden Bleiaerosolen stammt (Bleitetraethyl). Bereits 1968 wurde die so emittierte Bleimenge auf mehr als 140000 t/a geschatzt. Infolge meteorologischer Prozesse werden jahrlich etwa zwischen 21 000 und 180000 t/a Blei naturlicherweise mobilisiert. 1980 werden die jahrlichen Bleiemissionen in die Atmosphare und Hydrosphare mengenmaiRig wie folgt angegeben: Kohleverbrennung 3 000 t /a Olverbrennung 80 t/a Treibstoffverbrennung 333 000 t/a 150 - 3 000 t /a Zementproduktion 3 080 t/a (USA) Metallurgische Industrie Wasser: Meteorologische Prozesse bis 180000 t/a Anthropogen total 670000 t/a gelost 220000 t/a 450000 t/a sorbiert Aktuelle Angaben hierzu liegen nicht vor. Von allen anorganischen Bleiverbindungen besitzen Blei(I1)sulfid und Blei(1I)oxid die geringste Wasserlbslichkeit. Blei(I1)-Salze haben im allgemeinen Atmosphare:
128
einen relativ hohen Schmelzpunkt, verbunden mit einem niedrigen Dampfdruck unter Normalbedingungen. Tabelle 14 gibt einen uberblick zur Wasserloslichkeit einiger kommerzieller Bleiverbindungen. Tabelle 14 Wasserlljslichkeiten ausgewahlter Bleiverbindungen Verbindung
Acetat Azid Bromat Bromid Carbonat Chlorid Chlorbrornid Chromat Fluorid Hydrid Iodat Iodid Nitrat Oxalat Oxid Phosphat Sulfat Sulfid Thiocyanat
Molekulargewicht
325,28 291,28 481,02 367,Ol 267,20 278,lO 322,56 323,18 245,19 241,20 557,OO 461,OO 331,20 295,21 223,19 811,51
303,25 239,25 323,35
Loslichkeit (g/lOO rnL) kaltes Wasser
heines Wasser
44,3 0,023 1,38 0,844 0,0001 0,99
22 1 0,09 -
4,71 3,34
-
6.10-6 0,064 0,0155 0,0012 0,063 31,65 0,00016 0,0017 1,4.10-j 0,00425 8,6*l o r 5 0,OS
-
0,003 0,41 127
Toxikologie Die Bleiaufnahme erfolgt iiber den Atem- und Magen-Darm-Trakt. Bleialkylverbindungen werden rasch uber die Haut resorbiert. Die resorbierte Menge ist bei inhalativer Aufnahme abhangig von der Partikelgrolje und dem Atemvolumen (20 - 60% Resorption); bei oraler Aufnahme von Nahrungsfaktoren wie Calcium, Vitamin D u. a. (10% Resorption bei Erwachsenen; 40-50% bei Kindern). Die Distribution erfolgt zwischen Blut, Gewebe, Knochen. Etwa 95% des resorbierten Bleis wird in den Knochen abgelagert. Die biologische Halbwertszeit im Blut betragt 20- 40 Tage (gebunden an Erythrozyten). In Knochen abgelagertes Blei kann remobilisiert werden; 50 - 60% des resorbierten Bleis werden ausgeschieden. Die Exkretion erfolgt uber Nieren (Urin) und Faeces. Geringe Bleimengen konnen iiber die Milch ausgeschieden werden. Bei Bleiintoxikationen stehen die jeweiligen Symptome nahezu immer in direkter Beziehung zum Blut- und Gewebebleigehalt. Die Fahigkeit des Organismus, Blei in nicht mobiler Form in den Knochen zu speichern, ist eine maljgebliche
129 Ursache dafur, dalj Schwellenwerte fur Intoxikationen nur schwer ermittelt werden konnen. Bei Bleiintoxikationen werden eine Reihe von Korperfunktionen beeinfluljt, deren wesentlichste jedoch die Wirkung auf das Hamsystem darstellt. Bereits der erste Schritt der Hamsynthese, die Reaktion von Glycin und Succinylcoenzym A unter katalytischer Wirkung von 6-Aminolavulinsauresynthetase wird durch die Inhibierung der Synthetase gestort. Zink als essentieller Bestandteil des Enzyms kann im Uberschulj die Bleiwirkung vermindern. In vilro ist die Bindung von Blei an DNA festgestellt. Durch Stimulierung der RNA- und Proteinsynthese induziert Blei die DNA-Replikation. Ein maljgebliches Gesundheitsrisiko resultiert bei chronischen Bleiexpositionen aus der Anreicherung des Spurenmetalles in den Knochen. Die Speicherungsrate wird maljgeblich beeinflugt durch den Calcium-, Phosphor- und Vitamin-D-Gehalt der Nahrung. Erfahrungsgemalj gilt, dalj - ein hoher Calciumgehalt verbunden mit niedrigem Phosphoranteil eine schnelle Remobilisierung aus dem Knochengewebe verknupft mit hohen Blutbleiwerten bedingt, - bei niedrigem Gehalt der Nahrung an Calcium und hohem Phosphoranteil die Remobilisierungsrate vermindert wird, - hohe Gehalte der Nahrung an Vitamin D die Bleispeicherkapazitat erhohen und die Remobilisierung vermindern. Bleiintoxikationen konnen sich wie folgt manifestieren: - Verhderungen der Membranpermeabilitat verbunden mit einer Verminderung des aktiven Kalium- und Natriumtransportes, - Schadigung des ZNS, - Plazentapassage und Belastung des Feten bzw. Embryo, - Storungen der Hamsynthese, - Storungen des Immunsystems. Okotoxikologie Anorganische Bleiverbindungen sind im allgemeinen weniger toxisch als organische Bleiverbindungen. Bei Bleisalzen wird die Toxizitat insbesondere durch die Eigenschaften des Expositionsmediums bestimmt (2.B. bei Wasserorganismen: pH; Wasserharte, Salzgehalt u. a.). Bei Freilandorganismen liegen die akut toxischen Konzentrationen fur Bleisalze zwischen 0,l - >40 mg/L, bei marinen Organismen zwischen 2,5- >500 mg/L. 40-200 pg Blei/L verursachen bei Freilandorganismen im allgemeinen keine toxischen Effekte. Bodenorganismen tolerieren wesentlich hohere Bleikonzentrationen (100- 1000 mg/kg Boden). Organische Bleiverbindungen werden von aquatischen Organismen schnell resorbiert. Die Toxizitat bei Fischen ist im allgemeinen 10 bis 1OOmal grofler als die von Bleisalzen (LC 50 (96 h) = 0,02-0,23 vg/L Tetraethylblei; LC 50 (96 h) = 0,05-84 mg/L - Tetramethylblei) Jungtiere sind empfindlicher als erwachsene Tiere.
130 Bei Duphniu mugnu wurde uber 3 Wochen eine EC 50 von 30- 100 pg/L bestimmt. Die Toxizitat von Blei gegenuber Pflanzen ist relativ gering. Aufgrund der ausgepragten Bodensorption ist die biologische Verfugbarkeit fur Pflanzen stark vermindert. 100- 1000 mg Blei/kg Boden verursachen Veranderung der Photosynthese und des Wachstums. Bei Vogeln werden toxische Effekte erst ab Konzentrationen von 100 mg/kg beobachtet.
Exposition Die Exposition des Menschen erfolgt uber Nahrung, Luft und Wasser. In den USA wird folgende durchschnittliche tagliche Bleiexposition angenommen:
Nahrung Wasser Luft Tabakrauch (30 Zigaretten)
Aufgenommenes Pb (CLg/d)
Absorbiertes Pb (Wm
330 10
17
1
1 0,4
24
96
Daraus leitet sich eine uberwiegende Exposition uber die Nahrung ab. Der Bleieintrag in die Umwelt erfolgt uberwiegend durch diffuse Emissionen. Folgende als reprasentativ angesehene Bleigehalte werden fur Wasser, Boden, Luft und Biota angegeben: Atmosphare Lithosphare Hydrosphare - Oberflachenwasser - Ozeane-Tiefenwasser - Ozeane-Oberflache Biosphare - Landpflanzen Mensch 9-34 pg/g - Knochen - Blut 10-20 pg/dL Transferraten - Aufnahme 80 mg/Jahr - - oral 1,6- 16 mg/Jahr - - inhalativ - Absorption 10% GI Trakt
131
Lunge _ - Retention - - Absorption
30% 50%
Umweltverhalteo
Der Transport und die Verteilung von Bleiverbindungen in der Atmosphare werden marjgeblich bestimmt von der Partikelgrorje der Substanz, ihrer chemischen und physikalischen Stabilitat, der emittierten Stoffmenge und den vorliegenden Reaktionsbedingungen. Eine direkte Korrelation besteht erfahrungsgemarj zwischen der Verkehrsdichte und der Bleibelastung der Luft in der Nahe von Autostranen. Sedimentationsprozesse sowie Niederschlage fuhren zu Bleiablagerungen auf Boden und in Gewassern. In aquatischen Systemen wird das Verhalten von Bleiverbindungen vor allen Dingen durch die Wasserltislichkeit bestimmt. Die Menge des geldsten Bleis ist abhiingig vom pH- und Eh-Wert sowie dem Salzgehalt des Wassers. Unter anaeroben Bedingungen uberwiegt die Bildung unltislichen Bleisulfids, wahrend unter aeroben Bedingungen die oxidative Bildung von Bleisulfat den Gehalt der warjrigen Phase an Blei bestimmt. Durch Sorptionsvorgiinge an Eisenhydroxide erfolgt eine Bleiablagerung in Gewassersediment. In Boden wird der Bleitransport durch die Sorptionskapazitat der Bodenbestandteile bestimmt. Dabei ist die Bildung stabiler Komplexe mit organischen Bodenbestandteilen u. a. Ursache fur eine Minderung der Bleimobilitat. Ahnlich wie Quecksilber oder chlororganische Insektizide kann Blei in aquatischen und terrestri schen biologischen Ketten angereichert werden. Besonders Wassermikroorganismen sind durch ein hohes Bleispeicherungsvermogen ausgezeichnet. Der Bleigehalt von Trinkwassern wird marjgeblich bestimmt durch den pHWert und die Wasserharte. Hohe Bleikonzentrationen werden vorwiegend in Wassern mit geringer Harte und niedrigem pH-Wert gefunden. In harten Wassern wird das Bleilosevermogen durch die Ausbildung von Schutzschichten auf dem Rohrmaterial vermindert. Ursache von Bleikontaminationen in Trinkwassern sind haufig Liiseprozesse in Bleirohrleitungen. Blei wird von den Pflanzen aufgenommen. Die Resorptionsraten sind jedoch geringer als die von Cadmium. Bei stark belasteten Boden (2. B. auch durch Ausbringen stark kontaminierter Abwasserschlamme oder Sedimente) konnen in Pflanzen Konzentrationen bis zu 10 mg/kg Trockenmasse analysiert werden. Tabelle 15 (s. S. 132) gibt eine Ubersicht uber durchschnittliche Bleikontaminationen von Umweltstrukturen. Bei der Beseitigung nicht mehr verwertbarer Bleiverbindungen ist zu beachten, da13 die empfohlene Uberfiihrung loslicher in unlosliche Verbindungen und deren Ablagerung auf ausgewiesenen Sonderdeponien einerseits nur fur kleine Stoffmengen gelten kann. Andererseits besitzen die im iiblichen Sprachgebrauch als unloslich bezeichneten Bleiverbindungen Wasserloslichkeiten von 0,l mg/L (Bleicarbonat), 1,0 mg/L (Bleioxid), 17 mg/L (Bleiphosphat) und 45 mg/L (Bleisulfat), die
132 Tabelle 15 Durchschnittliche Bleibelastung von Hydro-, Pedo- und Atmosphare sowie Biosystemen Vorkommen
Konzentration (ppm)
Regenwasser Schnee/Eis Oberflachenwasser Atmosphare (partikular) (Stadtgebiete) (Landgebiete) Bbden Plankton (Trockenmasse) Braunalgen (Trockenmasse) Crustaceae (Trockenmasse) Zooplankton (Trockenmasse) Menschliche Gewebe (Trockenmasse) Knochen Herz Gehirn Niere Leber Lunge Muskeln Haut Haare Nagel Gesamtblut Serum Erythrozyten Plasma
6,2 bis mehr als 300 bis 1090 0,06 - 120 0,l - 5,O ng/m3 0,Ol- 1,4 ng/m3 2 - 300 4000 - 8000 2,O - 38 0,001 - 15 2,O - 130
3,6 - 30 02
0,24 1,2-68 3,O- 12,O
2,3 0,2-3,3 0,78 3,O - 70 14,O- 160 0,21 0,16 - 0,31 0,46 0,13
ein Einwaschen in grundwasserfuhrende Bodenschichten nicht ausschlieRen. In jedem Fall ist eine Ruckgewinnung von Blei anzustreben. Die Verwendung von Bleiverbindungen als Pflanzenschutzmittel ist in der Bundesrepublik Deutschland verboten. Umweltgefahrlichkeit Bei der Beurteilung der Umweltgefahrlichkeit ist zwischen anorganischen und organischen Bleiverbindungen zu differenzieren. Organisch gebundenes Blei ist etwa 10 bis 1OOmal toxischer, insbesondere fur Wasserorganismen, als anorganische Bleisalze und besitzt damit ein hoheres Gefahrdungspotential fur Freilandorganismen. Art und AusrnaB moglicher Schadigungen werden insbesondere durch die Bioverfugbarkeit des Bleis bestimmt. Diese ist abhangig von den physikalisch-chemischen Stoffeigenschaften, den Eigenschaften und der stofflichen Zusammensetzung der Kompartimente und dem Reaktionspotential der Organismen (Resorptions-Ausscheidungs-Potential).Beispielsweise wird die Bioverfugbarkeit von Blei
133 durch die hohe Sorptionstendenz an partikularen Stoffen (Boden, Sediment) stark vermindert (geringe Aufnahme durch Pflanzenwurzeln aus dem Boden). Bleialkylverbindungen werden im Organisrnus schneller resorbiert als anorganische Bleiverbindungen. Terrestrische Organismen sind weniger empfindlich als aquatische Organismen. Bei hoheren Wasserorganismen (Fische, Amphibien) resultiert das Gefahrdungspotential von Blei u.a. auch aus der Bioverfiigbarkeit in Blut und Knochen. Literatur Frieberg, L. et al. (eds.), Handbook of the Toxicology of Metals. Vol. 11, 298-340, Elsevier, Amsterdam, 1986 Hutzinger, 0. (ed.): Handbook of Environmental Chemistry. Volume 3, Part B, Springer, BerlinHeidelberg-New York, 1982 MARC, Monitoring Assessment Research Center: Report No. 23, London, 1981 WHO: Air Quality-Guidelines fur Europe. Regional Publ., Europ. Series NO. 23, pp. 242-201, 1987 WHO: IPCS International Programme on Chemical Safety, Environmental Health Criteria 3, Lead. Geneva, 1979 WHO: IPCS Environmental Health Criteria, 85, Lead. Geneva, 1989 Umweltbundesamt (Hrsg.): Berichte 76/3, Luftqualitatskriterien fur Blei. Berlin, 1979 UNEP/IRPTC: Scientific Review of Soviet Literature on Toxicity and Hazards of Chemicals. No. 42, Lead. Moscow, 1983
Blei(l1)acetat [301-04-21 1
Allgemeine Informationen
1.I 1.2 1.3 1.4
1.6
Bleiacetat [301-04-21 Essigsaure, Blei(2+)-Salz Pb(CH3COO)Z Blei(II)acetat, Bleizucker, essigsaures Blei Blei(1I)salz mindergiftig
2
Ausgewahlte Eigenschaften
2.1 2.2 2.3 2.4 2.5 2.6 2.7
325,29 weines, kristallines Pulver keine Angaben 280 "C keine Angaben 3,25 g/cm3 Wasser: 443 g/L gut loslich in Glycerin und Ethylalkohol
1.5
134 2.8 2.9 2.10 2.1 1 2.12 2.13 2.14
keine Angaben entfallt entfallt entfallt entfallt entfallt entfallt
3
Toxizitat
3.1
3.5
oral Ratte LDL 0 1100 mg/kg 150 mg/kg ipr Ratte LD 50 Charakteristische Symptome chronischer Intoxikationen durch Bleisalze sind Magen- und Darmkoliken, Nierenschadigungen, Kreislaufstorungen, Anamie, Verfarbung der Haut (Bleikolorit) und Schadigungen des ZNS. Bei Ratten konnten karzinogene Wirkungen nachgewiesen werden. Morphologische Veranderungen von Zellen deuten auf eine mogliche mutagene Aktivitat hin. Bei verschiedenen Tierspezies wirkt Bleiacetat teratogen und nach erfolgter Plazentapassage feto- bzw. embryotoxisch. Bleiacetatintoxikationen manifestieren sich in Schadigungen des blutbildenden Systems, des ZNS (Blut-Hirn-Passage), in Hemmungen der Zellatmung (Enzymgift) und in Schadigungen fetaler bzw. embryonaler Organismen infolge der Plazentapassage. s. Blei und Bleiverbindungen keine Angaben
4
Okotoxikologie
3.2
3.3
3.4
s. Blei und Bleiverbindungen 5
Exposition
s. Blei und Bleiverbindungen 6
Umweltverhalten
Infolge der Sorptionstendenz von Blei erfolgt eine Akkumulation in Boden und Sedimenten (Geoakkumulation). Der Sorptionsgrad ist u. a. beeinfluflt von der Korngrofle des Sorbens (bevorzugte Sorption bei PartikelgroRen kleiner 0,5 pm). In aquatischen Systemen wirken Bleikonzentrationen von 400 - 450 pg/L bereits akut toxisch auf Invertebraten. Chronische Schadigungen treten bereits bei Konzentrationen von etwa 100 pg/L auf. Die toxische Wirkung von Bleisalzen wird u. a. maflgeblich von der Wasserharte beeinflu8t. ErfahrungsgemaB vermindert sich die Toxizitat mit zunehmender Wasserharte. s. Blei und Bleiverbindungen.
135 7
Grenz- und Richtwerte
7.1
MAK-Wert:
7.2
Trinkwasser:
7.3
TA Luft: Abfallbehandlung nach 5 2 Abs. 2 Abfallgesetz: WGK 2
8
0,l rng/rn3 als P b berechnet (D) Reproduktionstoxizitat Kategorie 1; kann die Fortpflanzungsfahigkeit beeintrachtigen; kann das Kind im Mutterleib schadigen (Bleiacetat, basisch) 0,04 mg/L als P b berechnet (D) 0,Ol mg/L als Pb berechnet (WHO) 5 mg/m3 bei einem Massenstrorn von 25 g/h und rnehr bleihaltiger Ofenausbruch aus rnetallurgischen Prozessen Abfallschliissel 3 1 108
Abfallbeseitigung
s. Blei und Bleiverbindungen 9
Verwendung Bleiacetat wird zur Bleibeschichtung von Metallen, in der Baurnwollfarberei, der Druckerei und zur Herstellung von Firnis verwendet.
10
Umweltgefahrlichkeit
s. Blei und Bleiverbindungen
Bleitetraethyl [78-00-21 1
Allgemeine Informationen
1.1 1.2 1.3
1.6
Bleitetraet hyl [78-00-21 Plumban, Tetraethyl CEH20Pb CH2 - CH3 CH3 - CH2 >Pb< CH3 - CH2 CH2 - CH3 Tetraethyl-Blei, Athylfluid, Athylplurnban, Tetraethylplurnban Bleiverbindung sehr giftig
2
Ausgewiihlte Eigenschaften
2.1 2.2
325,5 farblose, olartige, schwere Flussigkeit rnit angenehrn siialichem Geruch; im Handel meist unter Beirnischung von Farbstoffen
1.4 1.5
136
2.9 2.10 2.1 1 2.12 2.13 2.14
Zersetzung ab etwa 110 "C; vollstandige Zersetzung bei 180°C -130,3"C 0,34 mbar bei 20°C 1,65 g/cm3 Wasser: 130 pg/L gut loslich in Ether und Benzin Bei normalen Temperaturen ist die Verbindung an der Luft bestandig. Bei Temperaturen iiber 100 "C Zersetzung unter Bildung von Bleioxid. entfallt entfallt entfallt entfallt entfallt entfallt
3.
Toxizitat
3.1
3.5
oral Ratte LD 50 17 mg/kg ihl Ratte LC 50 6 ppm ihl Maus LC 50 5100 mg/m3 bei 10 min Exposition s. Blei und Bleiverbindungen Chromosomenaberrationen bei Leukozyten nachgewiesen Bleialkylverbindungen werden schnell in Korperflussigkeiten resorbiert. Die Akkumulation in Leber und Niere sowie die grobe Affinitat zum Knochengewebe bedingen eine nur langsame Exkretion mit dem Urin. Bleialkylintoxikationen verlaufen nicht chronisch, sondern in Form einer akuten toxischen Psychose, die zum Tode fiihrt. Die Passage der Blut-Hirn-Schranke verursacht rasche Schadigungen der Hirnfunktionen. Die Plazentapassage von Bleialkylverbindungen ist verbunden mit Schadigungen des fetalen bzw. embryonalen Organismus. Ein mabgebliches toxisches Prinzip der Verbindungen ist u. a. die Blockierung der Zellatmung durch Hemmung von Enzymwirkungen. s. Blei und Bleiverbindungen keine Angaben
4
Okotoxikologie
2.3 2.4 2.5 2.6 2.7 2.8
3.2 3.3 3.4
Die akut toxische Wirkung wird fur Fische mit 0,2-3,l mg/L angegeben. 5
Exposition
s. Blei und Bleiverbindungen 6
Umweltverhalten
s. Blei und Bleiverbindungen
137
7
Grenz- und Richtwerte
7.1
MAK-Wert:
7.2 7.3
keine Angaben Benzinbleigesetz:
TA Luft:
0,Ol mL/m3 (ppm); 0,075 mg/m3 (D) Gefahr der Hautresorption; Reproduktionstoxizitat Kategorie 1; kann das Kind im Mutterleib schadigen.
150 mg/L berechnet als Pb (sog. verbleites Benzin) 13 mg/L berechnet als Pb (sog. bleifreies Benzin) Bleiverbindungen im Ottokraftstoff 5 mg/m3 bei einem Massenstrom von 25 g/h oder mehr
WGK 3
8
Abfallbeseitigung In Lagertanks von verbleiten Benzinen abgesetzte Schlamme ktinnen in einem Spezialofen verbrannt und die Ruckstande, im Verhaltnis 1 : 1 gemischt mit Sand oder Erde, deponiert werden. Zur Ablagerung sind grundsatzlich nur Sonderdeponien geeignet. Alternativ konnen die Schlamme mit Beton gemischt (1 :4) deponiert werden. Jede Einleitung in Wasser oder wasserfuhrende Bodenschichten ist unbedingt zu vermeiden.
9
Verwendung Antiklopfmittel fur I-eibstoffe
10
Umweltgefahrlichkeit
s. Blei und Bleiverbindungen
Bleitetramethyl [75-74-11 1
Allgemeine Informationen
1.1 1.2 1.3
Bleitetramethyl [75-74-11 Plumban, TetramethylC4H12Pb CH3 CH3 >Pb< CH3 CH3 TML, Tetramethylplumban, Tetramethyl-Blei Bleialkylverbindung sehr giftig
1.4 1.5 1.6
138 2
Ausgewahlte Eigenschaften
2.1 2.2 2.3 2.4 2.5 2.6 2.7 2.8 2.9 2.10 2.1 1 2.12 2.13 2.14
267,33 olartige, schwere Fliissigkeit mit obstartigem Geruch Zersetzung bei etwa 110 "C -273 "C 31,5 mbar bei 20°C 1,995 g/cm3 Wasser: praktisch unloslich Unter Normalbedingungen ist die Verbindung an Luft bestandig; ab etwa 1000"C beginnt Zersetzung unter Bildung von Bleioxid. entfallt entfallt entfallt entfallt keine Angaben keine Angaben
3
Toxizitat
3.1 3.2 3.3 3.4 3.5
oral Ratte LD 50 109 mg/kg s. Blei und Bleiverbindungen keine Angaben s. Blei und Bleiverbindungen keine Angaben
4
Okotoxikologie
s. Blei und Bleiverbindungen 5
Exposition
s. Blei und Bleiverbindungen 6
Umweltverhalten
Neben direkten Kontaminationen ist die Bildung von Bleiakylverbindungen insbesondere in der Hydrosphare durch Mikroorganismen bestatigt. 7
Grenz- und Richtwerte
7.1
MAK-Wert: 0,Ol mL/m3 (ppm); 0,075 mg/m3 (D) Gefahr der Hautresorption; Reproduktionstoxizitat Kategorie 1; kann das Kind im Mutterleib schadigen. 0,075 mg/m3 (USA) keine Angaben WGK 3
7.2 7.3
139 8
Abfallbeseitigung
s. Bleitetraethyl 9
Verwendung
Antiklopfmittel in Treibstoffen
10
Umweltgefahrlichkeit s. Blei und Bleiverbindungen
140
Bromoform [75-25-21 Die Herstellung von Bromoform erfolgt durch Umsetzung von Aceton oder Ethanol mit Natriumhypobromit (Haloform-Reaktion). Erhebliche Mengen Bromoform werden biogen durch marine Algen gebildet. 1
Allgemeine Informationen
1.1 1.2 1.3
Bromoform [75-25-21 Methan, TribromCHBr3 Br
I
H-C-Br
I
Br 1.4 1.5 1.6
Tribrommethan Halogenmethan giftig; R 23 - 36/38
2
Ausgewiihlte Eigenschaften
2.1 2.2 2.3 2.4 2.5 2.6 2.7
252,15 flussig 149,5"C 8,3"C 6,668 Pa bei 20°C 2,889 g/cm3 bei 20°C 1,l g/L bei 20°C loslich in Alkoholen, Ether, Benzol, Chloroform Bei Erwarmung bilden sich giftige Gemische mit Luft. Beim Erhitzen erfolgt Zersetzung unter Bildung giftiger und atzender Zersetzungsprodukte (Bromwasserstoff). Bei Kontakt mit Metallpulvern oder Alkalimetallen kann es zu explosionsartigen Reaktionen kommen. Reaktion mit Alkalien oder Sonnenlicht unter Zersetzung. Die Verbindung ist schwerer als Luft und Wasser. 2,l (berechnet) keine Angaben 1,09 (berechnet) t ,t (berechnet) biologisch nicht leicht abbaubar keine Angaben
2.8
2.9 2.10 2.11 2.12 2.13 2.14
141
3
Toxikologie
3.1
3.5
oral Ratte (mannl.) L D 50 1388 mg/kg 1147 mg/kg oral Ratte (weibl.) LD 50 dermal Ratte LD 50 2000 mg/kg Bei einmaliger Aufnahme gering toxisch; geringe reversible Reizwirkung an Augen und Haut; groBere Mengen inhaliert k6nnen narkotisierend wirken. Subakute und subchronische Studien a n Nagern zeigen reversible Veranderungen an Leber, Niere und Schilddriise. Zur Mutagenitat liegen sowohl positive als auch negative Befunde vor; allerdings in vitro und in vivo keine Chromosomenaberration. Ein geringes krebsausltisendes Potential wird vermutet. Bei Ratten wirkt Bromoform schwach embryotoxisch. Bromoform wird nach inhalativer und oraler Aufnahme relativ rasch resorbiert. Vergleichbar dem Jodoform werden geringe Mengen zu Kohlenmonoxid metabolisiert. keine Bioakkumulation
4
Okotoxikologie
4.1 4.1.1 4.1.2 4.1.3
Aquatische Toxizitat keine Angaben keine Angaben Daphnia magna
3.2 3.3
3.4
4.1.4 Sheepshead minnow
4.2
Blauer Sonnenbarsch Terrestrische Toxizitat keine Angaben
5
Exposition
48 h
EC 0 EC 50
96 h
LC 0
96 h
LC 50 LC 50
7,8 mg/L mg/L 2,9 mg/L 18 mg/L 29 mg/L 46
keine Angaben 6
Umweltverhalten Das Umweltverhalten von Bromoform wird u.a. durch die Fluchtigkeit und Wasserlos lichkeit bestimmt. Aufgrund der Dichte kommt es in Wasser und Luft nur langsam zu einer Durchmischung. Unter Sonnenlichteinstrahlung erfolgt Zersetzung. Der biologische Abbau erfolgt nur sehr langsam (1 1Yo uber 28 Tage im Laborversuch). In Oberflachenwasser wurden verschiedentlich Konzentrationen < I pg/L nachgewiesen, dabei ist auch die biogene Bildung in Betracht zu ziehen. In Trinkwasser analysiertes Bromoform ( < 1 pg/L bis rnax.
142 40 pg/L) diirfte auf die Bildung durch die Trinkwasserchlorung zuruckzufuhren sein. Zum Verhalten im Boden ist nichts bekannt. 7
Grenz- und Richtwerte
7.1
7.2
TLV-Wert: Trinkwasser:
7.3
keine Angaben
8
Abfallbeseitigung
5 mg/m3 (USA) 2 pg/L (USA) 100 pg/L (WHO)
Riickgewinnung oder Verbrennung in einer Sonderabfallverbrennungsanlage 9
Verwendung
Trennung von Mineraliengemischen; fruher Anwendung als Keuchhustenmittel. 10
Umweltgefahrlichkeit
Bromoform ist giftig fur Wasserorganismen. Die Datenlage gestattet jedoch keine detaillierte Aussage zur Umweltgefahrlichkeit. Literatur BG-Chemie: Kurzfassungen Toxikologische Bewertungen, Bd. 1, No. 89, 1990
143
Butylbenzylphthalat [85-68-71 Die Herstellung von Butylbenzylphthalat erfolgt durch Umsetzung von Monobutylphthalat mit Benzylchlorid in neutraler wanriger oder alkoholischer Wsung. Das Produktionsvolumen wird weltweit auf ca. 50000 t/a geschatzt. Etwa 1070 der Produktionsmenge wird schatzungsweise jahrlich bei Herstellung, Verarbeitung und Verwendung in die Umwelt eingetragen.
1
Allgemeine Information
Butylbenzylphthalat [85-68-71 1.2 1,2-Benzoldicarbonsaure,Butylphenylmethylester 1-3 C19H2004 1.1
0
1.4 BBP, Butylphenylmethylphthalat, Phthalsaure-Butylphenylester 1.5 Phthalsaureester 1.6 keine Angaben
2
Ausgewahlte Eigenschaften
2.1 2.2 2.3 2.4 2.5 2.6 2.7 2.8
312,37 klare, leicht viskose (olige) Flussigkeit 377°C; 331-370°C bei 742 Torr -35°C keine Angaben 1,113-1,211 g/cm3 Wasser: 2,9 mg/L Unter Normalbedingungen ist der Ester stabil. Mit Kaliumhydroxid erfolgt bei Raumtemperatur in 12- 16 h vollstandige Hydrolyse. 4,25 1,3.10-6atm m3 mol-' (berechnet) 3,6 2,4 (experimentell) biologisch leicht abbaubar keine Angaben
2.9 2.10 2.11 2.12 2.13 2.14
144
3
Toxizitat
3.1
oral Ratte LD 50 2330 mg/kg oral Maus LD 50 4170 mg/kg (weiblich) LD 50 6160 mg/kg (mannlich) oral Maus LD 50 3 160 mg/kg iP Maus Im 90-Tage-Fiitterungsversuch mit 1 %, 2% oder 5% Butylbenzylphthalat, bezogen auf die Nahrungsmenge, konnten bei Hunden keine toxischen Effekte festgestellt werden. Im chronischen Test an Ratten werden nach 14 Wochen bei hochexponierten Tieren (12000 pprn) und nach 24 Wochen bei weniger exponierten Tiern (6000 ppm) erhohte Todesraten, Gewichtsabnahmen und Reduzierung der Nahrungsaufnahme festgestellt. Im 90-Tage-Test starben 4 Versuchstiere (Ratten), 1 Tier bei 6300 mg/kg, 1 Tier bei 12500 mg/kg und 2 Kontrolltiere und 4 Mause bei Dosen von 25 000 ppm (Versuchstierzahl 10). Butylbenzylphthalat ist im mikrobiologischen Test (Ames-Test und Test mit E. coli) sowie im SCE-Test nicht mutagen. Bei weiblichen Ratten wurde eine erhohte Leukamietendenz beobachtet. Bei mannlichen Tieren waren die Befunde statistisch nicht signifikant. Bei Mausen (G6C3F1) ist die Verbindung nicht kanzerogen. vgl. Phthalsaureester Speziesabhangige Biokonzentrationsfaktoren von 26 und 270 wurden ermittelt.
3.2
3.3
3.4 3.5
4
Okotoxizitat s. Phthalsaureester
5
Exposition
s. Phthalsaureester 6
Umweltverhalten
s. Phthalsaureester 7
Grenz- und Richtwerte
7.1 7.2 7.3
keine Angaben keine Angaben WGK 2
8
Abfallbeseitigung
Abfalle sind iiber Sonderabfallverbrennungsanlagen zu entsorgen.
145
9
Verwendung
Weichmacher fiir Kunststoffe wie PVC, Polyvinylacetat, Ethylcellulose, Acr ylsaure-Polymere 10
Umweltgefahrlichkeit
s. Phthalsaureester Literatur National Toxicology Program, Technical Report Series No. 21 3, August 1982, Carcinogenesis Bioassay of Butyl-Benzyl-Phthalate in F344/N Rats and B6C3FL Mice (Feed Study) Wilbourn, J., Montesano, R.: An Overview of Phthalate Ester Carcinogenicity Testing Results: The Past. Environm. Hlth. Perspect. 45 (1982): 127- 128
146
Cadmium [7470-43-91 und Cadmiurnverbindungen Vorkommen Mit der Atomzahl48 gehort Cadmium zu den Elementen der 2. Nebengruppe des Periodensystems der Elemente und ist in seinen Eigenschaften dem Zink vergleichbar. In seinen Verbindungen hat es die Wertigkeit 2 + . Im Vergleich zu Zink besitzt Cadmium eine erhdhte Tendenz zur Bildung kovalenter Bindungen, beispielsweise mit Schwefel. Seine Koordinationszahl betragt im allgemeinen 4 oder 6, kann in verschiedenen Verbindungen jedoch 5, 7, 8, 9 und 12 sein. Von Cadmium sind 8 stabile Isotope bekannt. Die globale Cadmiumproduktion wird 1987 auf etwa 20000 t/a geschatzt. In den Landern der Europaischen Gemeinschaft werden die durchschnittlichen jahrlichen Cadmiumemissionen, einschlieDlich der aus der Kohle- und Erdolverbrennung sowie der Eisen- und Stahlindustrie resultierenden Emissionen, auf 6500 t geschiitzt. Emissionen einzelner Industriezweige sind in Tabelle 16 angegeben. Tabelle 16 Cadmiumemissionen einzelner Industriezweige (t/a) Industriezweig ~~
Wasser
Boden
Luft
~
Kohle- und Olverbrennung Zementproduktion Batterieherstellung Galvanikbetriebe Farbstoff- und Kunstoffherstellung Cadmiumproduktion Bergbau Diingemittel
120
40 40 500 300 240
90 955
3 000 140
Der Cadmiumgehalt der Erdkruste wird mit etwa 0,2 pg/g angegeben. Die mittleren globalen Eintrage in die Umwelt durch natiirliche Emissionsquellen betragen in etwa: - Vulkanismus 500 t/a - Vegetation 200 t/a - Staub (Bodenerosion) 100 t/a - Waldbrande 10 t/a - Meeresaerosole 1 t/a Aufgrund des naturlichen Vorkommens und der Vielzahl rnoglicher Eintragsquellen ist Cadmium in der Umwelt ubiquitar.
Toxikologie Cadmium wird als eines der toxischsten Metalle betrachtet. Akute und chronische Intoxikationen bei beruflichen Expositionen sind bekannt. Cadmium gehort zu
147
den Spurenelementen, fur die Intoxikationen bei Bevolkerungsgruppen infolge chronischer, umweltrelevanter Expositionen nachgewiesen werden konnten. Eine entsprechende Cadmiumintoxikation wurde erstmals 1947 in Japan beobachtet und ist unter dem Namen ,,Itai-itai-Krankheit" in der Literatur beschrieben. Bis 1965 wurden insgesamt 100 Todesopfer bekannt, deren Todesursache im Zusammenhang mit der chronischen Cadmiumintoxikation steht. Die Aufnahme erfolgt beim Menschen zu 1 - 12% uber den Magen-Darm-Trakt und zu 15 - 50% uber die Lunge. Calcium- und Eisenmangel erhohen im allgemeinen die Aufnahmerate. Zielorgane der Distribution sind Nieren und Leber. Metallothionein ist ein wichtiges Speicher- und Transportprotein fur Cadmium und ubt gleichzeitig eine Schutzfunktion aus gegenuber Cadmiumintoxikationen. Die Retentionshalbwertszeit in den Nieren betragt etwa 10-40 Jahre. Die Gesamt ktirperbelastung des erwachsenen Menschen liegt zwischen 10- 40 pg (40-80% in Nieren und Leber). Cadmium wird in der Plazenta akkumuliert, wodurch der Transfer zum Fetus vermindert wird. Okotoxikologie Die Toxizitat von Cadmium bei aquatischen Freilandorganismen ist sehr unterschiedlich und wird von der Stoffspeziation sowie den Eigenschaften des Wassers (pH, Salzgehalt, Gehalt an Calcium, Sauerstoff) und der Physiologie der Organismen beeinflust. Cadmiumgehalte bis zu 10 mg/L werden von vielen Organismen toleriert. Die akute Toxizitat bei Fischen liegt im Bereich von 23 - 140 mg/L und bei Crustaceen von 1 - 10 mg/L. Terrestrische Organismen sind im allgemeinen weniger empfindlich als Wasserorganismen.
Exposition In westeuropaischen Landern wurde 1980 folgender Cadmiumintake geschatzt (pg/Person/d): Nahrungsmittel Minimum Mittel Maximum
Wasser
Gesamt
4
-
27 59
1
4 28 61
2
Die Exposition uber die Luft wird durchschnittlich mit 3 pg/Person/d angegeben. Der Gesamtgehalt des Organismus an Cadmium ist regional unterschiedlich: Europa 20 pg USA 30 pg Japan 50 pg
148 Die Transferraten (Aufnahrne/Ausscheidung) werden wie folgt angegeben: orale Aufnahme 15-70 pg/d inhalative Aufnahme <0,5 pg/d Ausscheidung Faeces 30-50 pg/d 1-2 pg/d Urin Die durchschnittlichen Cadmiumgehalte in der Umwelt liegen in folgenden Bereichen: 0,l-50 ng/m3 Atmosphare Lithosphare 0,2-0,6 W g Hydrosphare 0,04- < 1 pg/L 0,05 - 0,2 pg/g Biosphare
Umweltverhalten Cadmium unterliegt als Spurenelement einem standigen Kreislauf in biologischen und nichtbiologischen Strukturen der Umwelt. Der naturlicherweise erfolgende Cadmiumeintrag in die Umwelt mit etwa 800 t/a global ist im Vergleich zu den geschatzten anthropogen bedingten Emissionen gering. Eine Vielzahl von Emissionsquellen sind Ursache fur die nachfolgend dargestellte Zunahme der Cadmiumkonzentration in der Umwelt. Jahr
1750
Luft (ng/m3) Boden (ppb) FluBsedimente (ppb) FluBwasser (ppb)
100 150 0,03
0
1930
1970
2100
234 160 900 0,18
5,7 320 3 900 0,78
837 750 15000 3 ,O
Der Cadmiumgehalt der Atmosphare wird im Mittel mit 0,046 pg/m3 (0,001-0,2 pg/m3) ange geben. In Stadtgebieten Japans, der USA und der Bundesrepublik Deutschland werden 0,002 pg/m3, 0,037 pg/m3 und 0,0069 pg/m3 gemessen, wahrend in stark industrialisierten Gebieten wesentlich hohere Konzentrationen erreicht werden (Belgien: 0,Ol-0,2 pg/m3; Japan: 0,055 -0,166 pg/m3; USA: 0,12 pg/m3; Kanada: 0,007 - 0,023 pg/m3; BRD: 0,06 pg/m3; England: 0,2 pg/m3). Als wenig bis schwach belastet bezeichnete Oberflachengewasser in Sibirien, den USA und Italien enthalten 0,001 -0,207 pg/L; 0,0007 -0,007 pg/L ; 0,00013 pg/L Cadmium, wahrend stark belastete Wasser Konzentrationen bis zu 0,4 pg/L und dariiber aufweisen. Die Analyse des Trinkwassers von 7 westeuropaischen Stadten ergab Cadmiumgehalte zwischen 0,2 - 4,O pg/L (Mittel: 1 , I pg/L). Boden in Industriegebieten enthalten bis zu 135 ppm, normale Boden 0,7 ppm (Kanada) und 1,0 ppm (Belgien) Cadmium. Global schatzt man die Cadmiumgehalte von Boden auf 0,06- 1,O ppm. Die nachgewiesene Akkumulation des Elementes in Sedimenten, die damit verbundene Moglichkeit der Remobilisierung und die Bioakkumula-
149 tionstendenz sind als besonders zu beachtende umweltrelevante Gefahrdungsmomente zu nennen. Die mittlere Verweildauer und Konzentration von Cadmium charakterisieren u. a. sein Verhalten in verschiedenen Umweltstrukturen: Verweildauer
Konzentration
Umweltstruktur
20-30 d bis 2 a
0 , l - 500 ng/m3 0,Ol-4200 pg/L
Atmosphare Oberflachenwasser Mensch Boden Wasserorganismen
20-30 a bis 280 a ~
0,l-500 ppm 0,001 - 1120 mg/kg ~
~
Cadmiumkontamination von Boden (z. B. landwirtschaftliche Nutzung von Abwasserschlammen) fuhrt zu erhohten Gehalten in den jeweils bodenstandigen Pflanzen, wobei die Aufnahme sowohl uber die Wurzeln als auch iiber die Blatter er folgen kann.
Umweltgefiihrlichkeit Die Toxizitat von Cadmium und Cadmiumverbindungen bei Wasserorganismen und damit das Gefahrdungspotential sind unterschiedlich. Letzteres ist abhangig von der Stoffspeziation, den Eigenschaften des Wassers und der Physiologie der Organismen sowie von der biologisch verfiigbaren Stoffmenge. Fische sind weniger empfindlich als niedere Wasserorganismen. Zwischen 1 und 10 mg/L Cadmium werden von verschiedenen Spezies toleriert, ohne daf3 Schadigungen oder toxische Effekte beobachtet werden. Die in Oberflachenwassern nachgewiesenen Cadmiumkonzentrationen liegen um GroRenordnungen unter den akut toxischen Schwellenkonzentrationen. Zu beachten ist allerdings, dal3 Cadmium bioakkumuliert und im Boden/Sediment angereichert wird. Die Verweildauer (Retentionszeit) in der Hydrosphare wird auf etwa 2 Jahre geschatzt. Terrestrische Organismen sind im Vergleich zu Wasserorganismen weniger empfindlich. Pflanzen nehmen jedoch Cadmium aus dem Boden auf, was insbesondere bei Verwendung von Klarschlammen in der Landwirtschaft zu Gefahrdungen fuhren kann. Die Retentionszeit in Boden wird auf etwa 200 Jahre geschatzt. Literatur Bothen, M., Fallenius, U. B.: Cadmium: Occurrence, Uses, Stipulation. National Swedish Environmental Protection Board, Report snv pm 1615, December 1982 Burr, M.: Teratology 7 (1973): 237-242 Enk, R. H. van: The Pathway of Cadmium in the European Community. Commission European Communities, Joint Research Centre, Ispra-Italy, 1979 Enk, R. H. van: Trends of Environmental Cadmium Concentrations in the European Community. Commission European Communities, Joint Research Centre, Ispra-Italy. 1982
150 Friberg, L. et. al. (ed.) Handbook on the Toxicity of Metals. Vol. 11, pp. 130- 184, Elsevier Amsterdam, 1986 Hiscock, S.A.: Ecotoxicol. Environ Safety 7 (1983): 25-32 Hutton, M.: Ecotoxicol. Environ Safety 7 (1983): 9-24 Umweltbundesamt (Hrsg.): Berichte 77/4. Luftqualitatskriterien fur Cadmium. Berlin, 1977 Hutzinger, 0. (ed.): The Handbook of Environmental Chemistry. Volume 3, Part A, Anthropogenic Compounds. pp. 59- 1101, Springer, Berlin-Heidelberg-New York, 1980 Monitoring Assessment Research Center: Report No. 23, London, 1981 Safe, S., Hutzinger, 0. (eds.): Environmental Toxin Series No. 2, Cadmium. Springer Verlag Heidelberg, 1988 Vahter, M.: Assessment of Human Exposure of Lead and Cadmium through Biological Monitoring. National Swedish Institute of Environmental Medicine, Stockholm, 1982 WHO: International Programme on Chemical Safety, Environmental Health Criteria Documents, Cadmium, No. 134 (1992); No. 135 (1991), Geneva
Cadmiu m [7470-43-91 1
Allgemeine Informationen
1.1
Cadmium [7470-43-91 Cadmium Cd keine Angaben Element 2. Nebengruppe giftig; Cadmiumchlorid: krebserzeugend (in atembarer Form) Die Verwendung von Cadmiumverbindungen als Pflanzenschutzmittel ist in der Bundesrepublik Deutschland verboten.
1.2 1.3 1.4 1.5 1.6
2
Ausgewahlte Eigenschaften
2.1 2.2 2.3 2.4 2.5 2.6 2.7
Atomgewicht: 2 12,40 weiches, leicht bearbeitbares, wein-blauliches Metal1 767 " C 320,9 "C keine Informationen 8,65 g/cm3 ldslich in schwachen Sauren. Die wichtigsten loslichen Cadmiumsalze sind: Fluorid, Chlorid, Bromid, Iodid, Nitrat, Sulfat und Komplexverbindungen mit Cyaniden. Irn Gegensatz zu Quecksilber, welches aufgrund seiner Elektronenkonfiguration eine relativ stabile kovalente Bindung mit Kohlenstoffatomen bildet, sind die entsprechenden Cadmiumalkylverbindungen instabil und reagieren schnell unter Zersetzung mit Wasser oder an feuchter Luft unter Normalbedingungen. Cadmiumdampf wird schnell zu Cadmiumoxid oxidiert. Die leichte Ltjslichkeit des Elementes in schwachen Sauren ist u. a. eine mangebliche Voraussetzung fur seine Absorption im Organismus.
2.8
151 ~
~
~~
2.9 entfallt 2.10 entfallt 2.1 1 entfallt 2.12 entfallt 2.13 entfallt 2.14 entfallt
3
Toxizitat
ims Ratte LDL 015 mg/kg ims Ratte TDL 070 mg/kg 3.2 Neben dem Gastrointestinaltrakt und der Lunge ist die Niere das anfalligste Organ bei chronischen Cadmiumexpositionen. Epidemiologische Studien in Japan haben bereits bei einer kontinuierlichen taglichen Aufnahme von etwa 200 pg Cadmium auf signifikante Nierenfunktionsstorungen hingewiesen. Chronische Expositionen fiihren zu Cadmiumakkumulationen in Leber und Niere. Damit verbundene Veranderungen des Zink-Cadmium-Verhaltnisses in der Niere konnen Storungen des kardiovaskularen Systems (z. B. Bluthochdruck) verursachen. 3.3 Cadmium wird als karzinogensuspekt betrachtet. Bisherige Ergebnisse zur genotoxischen Wirkung sind nicht eindeutig. Bei kombinierter Einwirkung von Blei und Cadmium werden Chromosomenaberrationen beobachtet. Cadmiumchlorid intraperitoneal appliziert wirkt bei Ratten teratogen. 3.4 Die Cadmiumabsorption erfolgt inhalativ uber die Lunge oder oral iiber den Verdauungstrakt. Gesamtkorperbelastungen wurden gemessen bei Rauchern: 32 mg/kg KG; Nichtrauchern: 19 mg/kg KG; im Mittel: 15 mg/kg KG. Die normale Cadmiumkonzentration im Blut liegt im Bereich 0,06- 15,9 pg/l 00 mL. Mit zunehmendem Alter akkumuliert der Organismus Cadmium. 50% des akkumulierten Elementes werden in Leber und Niere gefunden. Die Cadmiumexkretion erfolgt vorzugsweise fiber den Urin, im Mittel 2 pg/d (0,2 - 3,l pg/L). Niere, Leber, Knochenmark und Herz-Kreislauf-System sind Erfolgsorgane akuter und chronischer Cadmiumintoxikationen. Die biologische Halbwertszeit des Elementes wird mit 13 - 47 Jahren angegeben. 3.5 bioakkumulativ
3.1
4
Okotoxikologie
s. Cadmium und Cadmiumverbindungen 5
Exposition
s. Cadmium und Cadmiumverbindungen
152 6
Umweltverhalten
s. Cadmium und Cadmiumverbindungen 7
Grenz- und Richtwerte
7.1
I11 B begrundeter Verdacht auf krebserzeugendes Potential (D) 0,05 mg/m3 (USA) Trinkwasser: 0,005 mg/L (D) 0,003 mg/L (WHO) 0,2 mg/m3 bei einem Massenstrom von 1 g/h TA Luft: und mehr Abfallbehandlung nach cadmiumhaltiger Ofenausbruch aus metallurgi0 2 Abs. 2 Abfallgesetz: schen Prozessen Abfallschlussel 51 1 106 Nach EG-Richtlinie 83/5 14/EWG bestehen Grenzwerte fur Emissionsnormen fur die Ableitung von Cadmium aus Industriebetrieben und Qualitatsziele fur Gewasser. Grenzwerte fur Emissionsnormen im abgeleiteten Abwasser (Monatsmittelwerte, mg/L)
7.2
7.3
MAK-Wert:
Industriezweig Zinkbergbau Blei- und Zinkraffination NE-Metallindustrie Industrie fur metallisches Cadmium
ab 1.1.1986 a b 1.1.1989
0,3
0,2
Herstellung von Cadmiumverbindungen Pigmentherstellung 0,5 Herstellung von Stabilisatoren Herstellung von Primar-und Sekundarbatterien Galvanotechnik
02
Qualitatsziele fur Gewasser, die von den Abwassern betroffen werden: - oberirdische Binnengewasser 5 W L - Mundungsgewasser 5 - Kustenmeere 295 M / L (arithmetisches Mittel der Ergebnisse eines Jahres) Die Cadmiumkonzentration in Sediment und/oder Mollusken und Schalentieren, soweit moglich der Art Mytilus edulis, darf mit der Zeit nicht wesentlich ansteigen.
153
8
Abfallbeseitigung
Cadmiumhaltige Abfalle sind nach Moglichkeit einer Wiederaufbereitung zuzufiihren. 9
Verwendung
Cadmium wird vorzugsweise in der Galvanikindustrie, bei der Herstellung von Nickel-Cadmium-Batterien, als Stabilisator in der PVC-Produktion sowie zur Herstellung von Farbpigmenten verwendet. Etwa 4% des gesamten Cadmiumaufkommens wird zur Herstellung von Legierungen eingesetzt.
10
Umweltgefiihrlichkeit
s. Cadmium und Cadmiumverbindungen
Cadmiumoxid [1306-19-01 1
Allgemeine Informationen
1.1 1.2 1.3 1.4 1.5 1.6
Cadmiumoxid [ 1306-19-01 Cadmiumoxid CdO Cadmiumrauch Oxid giftig
2
Ausgewiihlte Eigenschaften
2.1 2.2 2.3 2.4 2.5 2.6 2.7 2.8 2.9 2.10 2.1 1 2.12 2.13 2.14
128,40
gelbrotes bis braunschwarzes amorphes Pulver oder schwarz-glanzende Kristalle sublimiert bei etwa 700°C keine Angaben keine Angaben 6.92 g/cm3 in Wasser praktisch unloslich, leicht loslich in Sauren, Ammoniumsalz- und Alkalicyanidldsungen keine Angaben ent fallt entfallt ent fallt entfallt biologisch nicht leicht abbaubar entfah
154
3
Toxizitat
3.1
3.5
oral Ratte LD 50 72 mg/kg LCL 0 9 mg/m3 uber 5 h ihl Mensch ihl Ratte LC 50 500 mg/m3 Chronische Intoxikationen manifestieren sich in Nieren- und Lungenschadigungen sowie Knochenmarksveranderungen (vgl. unter Cadmium). s. Cadmium s. Cadmium s. Cadmium
4
Okotoxikologie
3.2 3.3 3.4
s. Cadmium 5
Exposition
s. Cadmium 6
Umweltverhalten
Die in neutralem Milieu schwerloslichen Cadmiumverbindungen losen sich merklich in schwach saurem pH-Bereich; z. B. bereits unter der Einwirkung von Feuchtigkeit, Kohlendioxid oder Schwefeldioxid. Entsprechende Stofftransformationen, verbunden mit nachfolgenden Transport- und Verteilungsprozessen, sind damit auch fur schwerlosliche Verbindungen von Bedeutung. Die freie Verwitterung von Cadmiumsulfidabraumhalden fuhrt zur Freisetzung von Cadmium mit nachfolgender Verteilung uber Boden, Wasser und Atmosphare. Auch wenig ltisliche Cadmiumverbindungen konnen durch Pflanzenwurzeln aus dem Boden aufgenommen und transloziert werden. Die Akkumulation erfolgt jedoch vorwiegend in den Pflanzenwurzeln. 7
Grenz- und Richtwerte s. Cadmium
8
Abfallbeseitigung
Ruckstande werden nach Moglichkeit in den Produktionsprozel3 zuruckgefiihrt. Abfalle mit geringem Gehalt an Cadmiumoxid konnen auf Sonderdeponien in geeigneter Form abgelagert werden. Eine Verbrennung cadmiumhaltiger Ruckstande ist infolge der Sublimierbarkeit des Metalls auszuschliefien. 9
Verwendung
s. Cadmium 10
Umweltgefahrlichkeit
s. Cadmium
155
-
Carbaryl [63-25-21 Die Herstellung von Carbaryl erfolgt analog zu anderen Carbamat-Insektiziden durch Umsetzung von 1-Naphthol mit Phosgen und nachfolgender Reaktion des gebildeten Chlorformiats mit Methylisocyanat. Gegenwartig werden die jahrlichen Produktionsmengen gobal mit etwa 1000- 1500 t angegeben. 1 1.1 1.2 1.3
Allgemeine Informationen Carbaryl [63-25-21 1-Naphthalinol, Methylcarbamat C,zH, ,NO* 0-CO-NH-CH, I
1.6
Sevin, Dicarbam, Mervin, Carbamat, Denapon, Sevenox Carbamat mindergiftig R22; die Verwendung von Carbaryl als Pflanzenschutzmittel ist in der Bundesrepublik Deutschland nur fur bestimmte Anwendungen zugelassen.
2
Ausgewiihlte Eigenschaften
1.4 1.5
201,2 farbloser, kristalliner Feststoff 2.3 keine Angabe 2.4 142°C 2.5 0,6 Pa bei 25 "C; 5 . mm Hg bei 26 "C 2.6 1,232 g/cm3 bei 20°C 50 mg/L bei 20°C; 40 mg/L bei 30°C 2.7 Wasser: 10% Methylisobutylketon: 20% i-Propanol: 10% Petrolether: 20% Xylol: Aceton: 20-30070 Cyclohexanon: 20- 30% 2.8 Bis zu Temperaturen von 70 "C und unter UV-Lichteinwirkung ist die Verbindung stabil. Bei hoheren Temperaturen erfolgt Zersetzung unter Bildung von 1-Naphthol und Phosgen. In neutralem und saurem wal3rigem Milieu hydrolysiert Carbaryl nicht. In alkalischem Milieu kommt es demgegenuber unter Bildung von 1-Naphthol, Kohlendioxid und Methylamin zur hydrolytischen Zersetzung. 2.9 2,36 2.10 13,2 2.1 1 2,1 2.1
2.2
156 2.12 136 2.13 keine Angaben 2.14 keine Angaben 3
Toxizitat
3.1
oral Ratte LD 50 540 rng/kg oral Ratte LD 50 500-850 mg/kg LD 50 280 mg/kg oral Meerschwein oral Kaninchen LD 50 710 rng/kg Bei akuten Intoxikationen tritt der Tod der Versuchstiere nach 7- 14 Tagen ein. Bei einrnaliger Applikation von 1/10 oder 1/20 der LD 50 von Versuchstieren kommt es beirn Menschen zu Funktionsstorungen des endokrinen Systems, insbesondere der Schilddriise. Bei taglicher Verfiitterung von 50, 100 oder 200 pprn Carbaryl an Ratten uber 2 Jahre waren keine Intoxikationen feststellbar. Bei 400 ppm wurden Leberschadigungen nachgewiesen. Demgegenuber wurden im chronischen Experiment mit Dosen von 4 mg/kg Minderungen der Cholinesteraseaktivitat, ein erhohter Globulinspiegel und eine Reduzierung des Hippursauregehaltes festgestellt. Mause tolerieren irn chronischen Test eine Gesamtdosis bis zu 21600 mg/kg. 6,35 mg/kg/d an Hunde und 300 mg/kg/lO d an Meerschweine verfuttert, verursachten teratogene Effekte. Bei Ratten, Affen und Kaninchen konnten diese Ergebnisse nicht bestatigt werden. Wiederholte Applikation von 60 rng/kg bei Mausen fuhrte nicht zur Ausbildung von Tumoren. Mutagene Wirkungen sind nicht festgestellt. Carbaryl wird irn Organismus schnell resorbiert und verteilt. Es zeigt ein temperaturabhangiges Wirkungsspektrurn, insbesondere als Cholinesterasehemmer. Bei Warrnblutern manifestieren sich akute und chronische Intoxikationen vorzugsweise in Hernmung der Erythrozyten- und Gehirn-Cholinesterase sowie von Peroxidasen. Die Hernrnwirkung ist irn Vergleich zu phosphororganischen Insektiziden zeitlich verzogert. Eine 50Voige Cholinesterasehemmung wurde beispielsweise bei folgenden Carbarylkonzentrationen festgestellt: Fliegenkopfe 5,45*10-8 rnol/L Pferdeplasrna 2,18.10-6 rnol/L Ochsenerythrozyten 5 1o - rnol/L ~ menschliches Plasma 6,70. lo-’ mol/L Die Hemrnwirkung ist haufig reversibel mit einer mittleren Halbwertszeit von 30 min. Der Carbarylrnetabolisrnus erfolgt unter Bildung von I-Naphthol, welches in Form von Konjugaten uber Urin und Faeces ausgeschieden wird. Neben nicht metabolisiertem Wirkstoff wurde in Rattenfaeces BisNaphthylcarbarnat nachgewiesen. Es ist nur eine geringe Bioakkurnulation zu erwarten.
3.2
3.3
3.4
3.5
157
4
Okotoxizitat
4.1 Aquatische Toxizitat 4.1.1 keine Angaben 4.1.2 0,l mg/l iiber 4 d fiihren bei Chiorella pyrenoidosa zur Verminderung der Zellzahlen. 4.1.3 Crustaceen 30 pg/L LC 50 Callianasa californiensis (Larven) 48 h 82 mg/L Cancer mugister (Larven) 96 h LC 50 2,87 mg/L Flunkrebs 96 h Lc 50 10 mg/L 48 h 4.1.4 Goldorfe LC 0 20 mg/L LC 50 30 mg/L LC 100 5 9 4 mg/L LC 50 Amerikanische Elritze (Minnow) 24 h 5,Ol mg/L 48 h LC 50 5,Ol mg/L LC 50 96 h 0,86 mg/L LC 50 Regenbogenforelle 24-96 h Goldfisch 24 h 23,8 mg/L LC 50 21,4 mg/L 48 h LC 50 16,7 mg/L Lc 50 96 h 10,l mg/L 24 h Lc 50 Blauer Sonnenbarsch 9,4 mg/L Lc 50 48 h 6,97 mg/L Lc 50 96 h 4.2 Terrestrische Toxizitat 4.2.1 keine Angaben Lc 50 85 mg/kg 4.2.2 Kompostwurm 14 d 56 mg/kg LD 50 Vogel Verschiedentlich sind teratogene Effekte beschrieben.
5
Exposition Eine Quantifizierung der Exposition von Mensch und Umwelt ist nicht moglich. Expositionsmoglichkeiten bestehen bei der Anwendung im Pflanzenschutz. Langerfristige Expositionen der Umwelt sind aufgrund der relativ geringen Persistenz nicht zu erwarten.
6
Umweltverhalten Infolge der relativ guten Wasserloslichkeit ist in Wasser und Boden eine hohe Mobilitat von Carbaryl zu erwarten. Die Bio- und Geoakkumulationstendenz ist gering. In aquatischen Systemen erfolgt bei pH > 7 hydrolytische Spaltung unter Bildung von 1-Naphthol und Methylamin. Demgegenuber ist die Verbindung weitestgehend photolysestabil. Trotz des in Wasser und Boden zu erwartenden relativ schnellen Stoffabbaus sind Migrationen in grund-
158
wasserfiihrende Bodenschichten nicht auszuschlieDen. Die Stabilitat in Boden wird generell auf 1-2 Jahre geschatzt.
7
Grenz- und Richtwerte
7.1 7.2
MAK-Wert: Trinkwasser
7.3
8
5 mg/m3(D) Gefahr der Hautresorption 0,l pg/L als Einzelstoff (D)
0,5 pg/L als Summe Pflanzenschutzmittel (D) ADI-Wert: . 0,Ol mg/kg/d (WHO) 5 mg/m3 bei einem Massenstrom von 25 g/h und mehr TA Luft: WGK 2 Abfallbeseitigung
Entsorgung von Abfallen in Sonderabfallverbrennungsanlagen 9
Venvendung
Carbaryl findet als insektizider Wirkstoff Verwendung. 10
Umweltgefahrlichkeit
Die akute Toxizitat von Carbaryl bei Fischen liegt im Bereich von ca. 1-20 mg/L, wobei keine erheblichen zeitabhangigen Unterschiede erkennbar sind. Der Stoff ist damit als giftig zu charakterisieren. Langerfristige Schadigungen von Freilandorganismen sind nicht zu erwarten. Allerdings sind bei carbarylexponierten Vijgeln verschiedentlich MiBbildungen beobachtet worden. Aufgrund des beschrankten Einsatzes des Wirkstoffs sind in der Umwelt keine Konzentrationen zu erwarten, die zu Schadigungen von Freilandorganismen fuhren konnen. In der Umwelt ist mit einem relativ raschen Abbau des Stoffes zu rechnen. Literatur IRFTC: Scientific Reviews of Soviet Literature on Toxicity and Hazards of Chemicals. No. 7, Carbaryl. UNEP, 1982 IRPTCAJNEP: Data Profile Carbaryl, 1989 Korte, F.: Okologjsche Chemie, Thieme, Stuttgart - New York, 1980 WHO, FAO: Data Sheets on Pesticides, No. 3, Rev. 1, Carbaryl, 1978
159
Chloraniline o-Chloranilin [95-51-21 m-Chloranilin [108-42-91 In der Bundesrepublik Deutschland wurden 1988/89 3 600-4000 t o-Chloranilin/a und 1000- 2000 t m-Chloranilin/a hergestellt. Die Herstellung erfolgt durch katalytische Hydrierung von 0- bzw. m-Chlornitrobenzol. Der Reinheitsgrad betragt 99%. 1
Allgemeine Informationen
1.1
o-Chloranilin [95-51-21 m-Chloranilin [ 108-42-91 1 -Amino-2-chlorbenzol 1-Amino-3-chlorbenzol C&ClN
1.2 1.3
o-Chloranilin
m-Chloranilin
1.4 1.5 1.6
2-Chloranilin; 3-Chloranilin aromatische Amine giftig
2
Ausgewiihlte Eigenschaften
2.1 2.2 2.3 2.4 2.5 2.6 2.7
127,57 farblose o-CA 0-CA o-CA o-CA o-CA
bis schwach gelbe Flussigkeiten 0,2 hPa bei 20°C 208,8"C -14°C m-CA m-CA 0,2 hPa bei 20°C m-CA 1,2125 g/cm3 5,13 g/L bei 20 "C m-CA
m-CA 2303°C - 10,29"C 0,l hPa bei 20°C I ,215 g/cm3 6,2 g/L bei 20°C
160 2.8
2.9 2.10 2.1 1 2.12 2.13 2.14
Die Substanzen sind licht-, luft- und warmeempfindliche, brennbare Fliissigkeiten. Die Dampfe sind schwerer als Luft und bilden explosible Gemische. Reaktionen erfolgen an der NH2-Gruppe oder am Benzolring (z. B. Bildung von Sulfonamiden bzw. Sulfo- oder Nitroverbindungen). 0-CA 1,70-1,93 m-CA 1,76- 2,O 0,50 bei 20°C o-CA m-CA 0,21 bei 20°C 0,7 (berechnet) 0,6; 1,6 (berechnet) potentiell abbaubar koH = 53,6.10-'2 cm3 Molekiile-' s-I; t1/2= 7 h o-CA koH = 101,5.10-'2 cm3 Molekiile-' s-I; tIl2 = 4 h m-CA
3
Toxizitat
3.1
o-CA
3.5
oral Ratte LD 50 1016 mg/kg oral Maus LD 50 256 - < 1500 mg/kg dermal Ratte LD 50 1000 mg/kg ihl Ratte LC 50 4100-6000 mg/m' 4 h m-CA oral Ratte LD 50 256-1 034 rng/kg oral Maus LD 50 334-1 100 mg/kg oral Meerschweinchen LD 50 250; 750 mg/kg dermal Ratte LD 50 250-2000 mg/kg ihl Maus LC 50 550 mg/m 4 h dermal Katze LD 3500 mg/kg Wiederholte Applikationen fiihren zur Methamoglobinbildung bei Saugern und zur Schadigung der Erythrozyten. m-Chloranilin fiihrt zu Leber- und Nierenveranderungen (25 bzw. 110 rng/kg/d 8 bzw. 3 Monate). Zur Kanzerogenitat liegen keine Daten vor. Beide Stoffe werden als mutagen charakterisiert, obwohl die Befunde bei Bakterien vorwiegend negativ sind. Zur Teratogenitat liegen keine Daten vor. Beide Stoffe werden gut iiber den Magen-Darm-Trakt, die Haut und die Lunge resorbiert. Die Methamoglobinbildung steht im Vordergrund schadigender Effekte. Zielorgane sind Leber, Niere und Lunge. Der Metabolismus erfolgt iiber eine Hydroxylierung des Benzolringes mit nachfolgender Konjugation und Ausscheidung der Konjugate mit dem Urin. Eine Biokonzentration ist nicht zu erwarten.
4
Okotoxizitat
3.2
3.3
3.4
4.1 Aquatische Toxizitat 4.1.1 o-CA: Pseudomonas putida Escherichia coli Mycobacterium smegmatis
16-18h MHK
TGK IC 50
5 5 mg/L 281 mg/L 523 mg/L
161 m-CA: Pseudomonas putida
16- 18 h TGK 19 mg/L 178 mg/L EC 50 345 mg/L IC 50 Escherichia coli 255 mg/L Mycobacteriurn srnegmatis MHK 30 min TSK 4.1.2 0-CA: Scenedesrnus subspicatus 16,s mg/L Vermehrungshemmend 48 h IC 50 235 mg/L 150 mg/L 78 h 90 mg/L Zelldichte 48 h IC 50 35 mg/L 96 h m-CA: Scenedesmus subspicatus 1,7 rng/L 30 min TSK Vermehrungshemmend 48 h IC 50 53 mg/L 72 h IC 50 Zelldichte 21 mg/L 4.1.3 Daphnia magna EC 0 1,2; 1,4; 4,4 mg/L 0-CA: 24 h 0,3; 2,3 mg/L 48 h 24 h EC 50 4,2; 6,O; 11,5 mg/L 14; 1,s mg/L 48 h Reproduktionstest NOEC 32 pg/L 21 d m-CA: 24 h 0,05; 0,4 mg/L EC 0 0,024; 0,2 mg/L 48 h EC 50 1,8; 14, 1,9 mg/L 24 h 0,35; 2,7 mg/L 48 h Reproduktionstest NOEC 13 pg/L 21 d 4.1.4 0-CA m-CA Regenbogenforelle 24 h L c o 14,5 mg/L 24 h LC 100 121,5 mg/L Goldorfe 2; 10 mg/L 48 h LC 0 48 h LC 40 (96 h) 5 mg/L 48 h LC 50 (96 h)3,1; 14 mg/L Zebrabarbling 2; 10 mg/L LC 0 96 h Japan karpfling LC 50 6,4 mg/L 48 h Amerikanische Elritze 96 h LC 50 5,8 mg/L Bei Guppies betragt die 14-d-LC 50 13,36 mg/L fur m-Chloranilin. 4.2 Terrestrische Toxizitat Beide Stoffe wirken auf die Photosynthese von Saubohnen. m-Chloranilin fuhrt zur Kontraktionshemmung der glatten Muskulatur bei der Weinbergschnecke. Bei VOgeln wurden LD 50-Werte zwischen 100 + 1000 mg/kg (0-CA) und 133 1000 mg/kg (m-CA) festgestellt. 18 h
+
5
Exposition
Der Eintrag der Stoffe in die Umwelt erfolgt herstellungs- und verarbeitungsbedingt uber Abwasser und Abluft. Die Eintragsmengen werden fur o-Chlor-
162 anilin mit <76 kg/a (Luft) und 2,5-3 t/a (Wasser), fur m-Chloranilin mit < 50 kg/a (Luft) und 0,2-0,3 t/a (Wasser) angegeben. Umweltexpositionen ergeben sich auch aus der Riickspaltung von Chlorprophane und Propanil sowie durch Restgehalte in Anilazin (Pflanzenschutzwirkstoffe). Die in Wasser, BodedSediment und Biota gemessenen Konzentrationen weisen auf eine nur geringe Exposition der Umwelt hin. Daten zu umweltbedingten Expositionen des Menschen liegen nicht vor.
6
Umweltverhalten 0-und m-Chloranilin sind in Oberflachenwasser, Boden/Sediment und Biota nachgewiesen. Die Konzentrationen liegen im Nano- bis Mikrogrammbereich. (z. B. Rhein 0,05 -0,6 (max.) pg/L). Der Stofftransport aus Wasser und Boden in die Luft ist von geringer Relevanz (Dampfdruck-Henry-Konstante). Die Wasserloslichkeit deutet auf eine hohe Mobilitat im aquatischen Bereich hin. Eine Bioakkumulation ist nicht zu erwarten. Obwohl der Verteilungskoeffizient n-OctanoVWasser auf eine geringe Geoakkumulationstendenz hinweist, konnen beide Stoffe in BodedSedimenten durch kovalente Bindung angereichert werden, was zu einer verminderten Mobilitgt fuhrt. In der Atmosphare erfolgt ein rascher Abbau durch Reaktion mit OH-Radikalen (Halbwertszeit: ca 11 h). Eine Hydrolyse ist nicht zu erwarten. Unter anaeroben Bedingungen erfolgt nach Adaption der Mikroorganismen zumeist ein Abbau der Stoffe (69-97%; 13 d). Unter Freilandbedingungen ist der Abbaugrad abhangig von der Art der Mikroorganismen sowie den Umgebungsbedingungen (teilweise bis zu 100Voiger Primarabbau).
7
Grenz- und Richtwerte
7.1 7.2 7.3
MAK-Werte: Trinkwasser: TA Luft: Abfallschlussel:
keine Angaben keine Angaben 20 mg/m3 bei einem Massestrom von 0,l kg/h oder mehr 55353 (aromatische Amine) 55202 (Chlorbenzole)
WGK 2 8
Abfallbeseitigung 0-und m-Chloranilin-haltige Abfalle miissen in einer Sonderabfallverbrennungsanlage mit Rauchgaswasche entsorgt werden. Deponie ist auszuschlieBen (iiberwachungsbedurftige Abfalle nach AbfG.).
9
Verwendung AusschlieBlich als Vor- oder Zwischenprodukt fur weitere chemische Synthesen von:
163 - Pflanzenschutzwirkstoffen, - Farbstoffen und Pigmenten, - photochemischen Erzeugnissen, -
Kunststoffen,
- Veterinarpharrnaka, - Fasern, Textilhilfsmitteln.
10
Umweltgefahrlichkeit 0-und
m-Chloranilin sind sehr giftig fur aquatische Invertebraten (Duphniu
magnu) und Fische bei kurzzeitiger und chronischer Exposition (NOEC Re-
produktion Wasserfloh 13 pg/L 21 d). Mikroorganismen und Algen sind vergleichsweise weniger empfindlich. Die herstellungs- verarbeitungsbedingten Eintrage in Wasser sind jedoch gering, so dal3 Konzentrationen, die zu einer Schadigung aquatischer Freilandorganismen fuhren k6nnen, nicht zu erwarten sind. Dies trifft auch auf die Ruckspaltung der Stoffe aus Pflanzenschutzwirkstoffen zu. Die vorliegenden Daten zur terrestrischen Okotoxizitat lassen ein nur relativ geringes Gefahrdungspotential fur terrestrische Organismen vermuten. Literatur GDCh: BUA Stoffbericht Nr. 57, o-Chloranilin, m-Chloranilin. VCH Weinheim, 1991 Zeiger, E. et al.: Environm. Mutagen. Suppl. 9, (1987): 1 - 110 Hommel, G.: Handbuch der gefghrlichen Giiter. Springer-Verlag, Berlin-Heidelberg, 1987 BG-Chemie: Kurzfassung toxikologischer Bewertungen Nr. 44; Bd. 1 (4. Aufl.) 1990
164
Chloralhydrat [302-17-01 1
Allgemeine Informationen
1.1 1.2 1.3
Chloralhydrat [302-17-01 1,1-Ethandiol, 2,2,2TrichlorC2H3C1302
c1 I
CI-C-CH(OH)2 I C1
1.4 1.5 1.6
Trichloracetaldehydhydrat
2
Ausgewahlte Eigenschaften
2.1 2.2 2.3 2.4 2.5 2.6 2.7
165,4 farbloser, kristalliner Feststoff 96-97 "C (unter teilweiser Zersetzung und Bildung von Chloral und Wasser) 51,4OC 6,12 Torr bei 15,7°C/8,16*102Pa 1,908 g/cm3 bei 20 " C 474 g in 100 mL bei 17 "C Wasser: 400 g in 100 mL bei 11 "C Ethanol: 250 g in 100 mL bei 14°C Reines Chloralhydrat zersetzt sich in Gegenwart von.Alks ien unter Bil lung von Chloroform, Ameisensaure und Carbonaten. Unter Einwirkung von UV-Licht erfolgt Polymerisation. Technische Produkte enthalten als Verunreinigungen chlorierte Acetaldehyde und Chloressigsauren. Daraus resultiert u. a. das korrosive Verhalten der Substanz. keine Angaben
2.8
2.9 2.10 2.1 1 2.1 2 2.1 3 2.14
Aldehyd giftig; R 25 - 36/38
1,5.10-'
keine Angaben keine Angaben keine Angaben entfallt
3
Toxizitat
3.1
oral oral ipr dermal
Ratte Maus Ratte Ratte
LD LD LD LD
50 50 50 50
1080 mg/kg 640 mg/kg 1050 mg/kg 3030 mg/kg
165
3.5
Bei Ratten wurde uber 100 Tage ein NOEC von 80,5 mg/kg, uber 6 Monate von 200 ppm ermittelt. Bei Mausen wirkt Chloralhydrat karzinogen. Im Ames-Test wirken 1000 ppm mutagen. Nach oraler oder inhalativer Aufnahme erfolgt schnelle Resorption im Organismus. Die Substanz wird reduktiv unter Bildung von Trichlorethanol und nachfolgender Konj ugation mit Glucuronsaure metabolisiert. Die entstehende Urochloralsaure wird iiber die Nieren ausgeschieden. keine Bioakkumulation
4
Okotoxizitat
4.1 4.1.1 4.1.2 4.1.3 4.1.4
Aquatische Toxizitat keine Angaben keine Angaben keine Angaben Barsch LC 50 200 mg/L 700 mg/L Plotze LC 50 1200 mg/L Karpfen LC 50 Terrestrische Toxizitat keine Angaben
3.2 3.3 3.4
4.2
5
Exposition
Aussagen zur Exposition sind nicht moglich.
6
Umweltverhalten
Die hohe Wasserloslichkeit und Fluchtigkeit bestimmen die Mobilitat der Substanz in Hydro-, Pedo- und Atmosphare. In Boden und Sediment erfolgt nur eine geringe reversible Stoffsorption. Migration in tiefere, grundwasserfuhrende Bodenschichten ist bei Bodenverunreinigungen zu erwarten. In Wasser und Boden wird der uberwiegende Teil des Chloralhydrats oxidativ zu Bichloressigsaure abgebaut. In Abhiingigkeit vom Humusgehalt ist im Boden die Oxidation nach 3 -7 Tagen vollstandig. Die oxidative Stofftransformation steht im unmittelbaren Zusammenhang mit der herbiziden Wirkung. Die UV-Empfindlichkeit 1aBt in der AtmosphSLre einen schnellen Stoffabbau erwarten. Bei oxidativen Verfahren der Trinkwasseraufbereitung erfolgt ebenfalls eine Stoffumwandlung unter Bildung von Chloressigsauren. 7
Grenz- und Richtwerte
7.1 7.2 7.3
MAK-Wert: Trinkwasser: (als Trichloressigsaure) WGK 3
I mg/m3 10 pg/L
166 8
Abfallbeseitigung
Bei der Ablagerung von Chloralhydrat ist die hohe Wasserloslichkeit sowie die im alkalischen Milieu erfolgende Stoffumwandlung unter Bildung von Chloroform und Ameisensaure zu beachten. 9
Verwendung
Chloralhydrat findet vorzugsweise als herbizider Wirkstoff im Pflanzenschutz oder als Schlafmittel und Sedativum in der Humanmedizin Verwendung. 10
Umweltgefahrlichkeit
Aufgrund unzureichender Daten zur Okotoxizitat ist eine Beurteilung der Umweltgefahrlichkeit nicht moglich.
167
ChIorbenzoIe [108-90-71 Chlorbenzole haben sowohl als Zwischenprodukte in der chemischen Industrie, speziell bei der Farbstoffsynthese und in der pharmazeutischen Industrie, sowie als Liisemittel, biozid wirksame Stoffe und Additive eine Vielzahl von Einsatzbereichen. Die jahrliche Weltproduktion wird auf etwa 900000 t geschatzt. Produktions- und verwendungsbedingte Emissionen erreichen jahrlich GroDenordnungen von mehr als 400000 t. Die physikalisch-chemischen Eigenschaften werden rnangeblich vom Grad der Chlorierung des Benzolkerns bestimmt. Mit zunehmender Protonensubstitution durch Chloratome erhohen sich Schmelz- und Siedepunkt, wahrend Wasserloslichkeit und Dampfdruck vom Monochlorbenzol zurn Hexachlorbenzol abnehmen. Demgegenuber erhtiht sich jedoch die Lipophilie (lhbelle 17). Tabelle 17 Dampfdruck, Wasserloslichkeit, Verteilungskoeffizient n-Octanol/Wasser ausgewahlter Chlorbenzole
Chlorbenzol 1,2-Dichlorbenzol 1,3-Dichlorbenzol 1,4-Dichlorbenzol I ,2,3-Trichlorbenzol 1,2,4-Trichlorbenzol 1,3,5-Trichlorbenzol 1,2,3,4-Tetrachlorbenzol I ,2,3,5-Tetrachlorbenzol 1,2,4,5-Tetrachlorbenl
1580 196 307 170,19 52,83 61 78,05 8,61 19,22 9,6
484 118 120 83 21 40 5,3 798 3,6 1,27
Infolge der Bindungsstarke der kovalenten Chlor-Kohlenstoff-Bindung zeigen Chlorbenzole keine Ionisierungstendenz. Die Reaktivitat und damit die physikalisch-chemische und biologische Transformationstendenz sind mit zunehmendem Chlorierungsgrad vermindert. Diese Zusammenhange, verbunden mit einer zunehmenden Lipophilie, bedingen eine verstarkte Bio- und Geoakkurnulationstendenz hoherchlorierter Benzole (Tabelle 18, s. S. 168). Die akute Toxizitat ist generell gering und nimmt vom Mono- zum Trichlorbenzol zu, vermindert sich jedoch wieder vom Tetra-, Penta- zum Hexachlorbenzol. Chronische Chlorbenzolintoxikationen manifestieren sich u. a. in Leber- und Nierenschadigungen (histologische Veranderungen und Verminderung der Organgewichte), Veranderungen der Zellmembranpermeabilitat, hamatologischen Veranderungen und Schadigungen des ZNS. Direkt verbunden mit der abnehmenden Reaktivitat hoher chlorierter Benzole ist die verminderte Metabolisierungstendenz.
Tabelle 18 Biokonzentrationsfaktoren von Chlorbenzolen in Fischen BCF 89 - 560 66 - 740 15-720 700 - 2 600 182- 3 200 700 - 4 100 7880 - 22000
1,2-Dichlorbenzol 1,3-Dichlorbenzol 1,4-Dichlorbenzol 1,2,3-Trichlorbenzol 1,2,4-Trichlorbenzol 1,3,5-Trichlorbenzol Hexachlorbenzol
Wahrend Mono-, Di- und Trichlorbenzole im Saugerorganismus unter Bildung von Epoxiden als reaktiven, instabilen Zwischenprodukten zu’Mono- und Dichlorpheno1 transformiert und als Konjugate iiber den Urin ausgeschieden werden, kann Hexachlorbenzol nur uber den Zwischenschritt einer enzymatischen Dechlorierung nachfolgend hydroxyliert und in ausscheidungsfahige Metabolite umgewandelt werden. Hexachlorbenzol, p-Dichlorbenzol und Chlorbenzol ausgenommen, ist uber das Vorkommen sowie das Transport-, Verteilungs- und Transformationsverhalten in Hydro-, Pedo-, Atmosphare und Biosphare wenig bekannt (Tabelle 19). Tabelle 19 Vorkommen von Chlorbenzolen in Luft und Wasser
1,2-Dichlorbenzol 1,3-Dichlorbenzol
bis 12,4 max. 46,78 bis 33,7
1,4-Dichlorbenzol
0,58 - 30
Trichlorbenzole
bis 4,35
<0,1 -0,6 max. 1,5 290 rnax. 3,3 <0,5- 1,6 max. 9 3 3
0,141 -0,786 max. 1,03 - 2,7 0,053 -0,317
-
0,179-0,472*
0,29 - 0,342
* 1,2,4-Trichlorbenzol Der Nachweis von Mono-, Di- und Trichlorbenzolen in Trinkwassern wird u. a. auf die Bildung bei der Trinkwasserchlorung zuriickgefuhrt. Dichlorbenzol ist in Oberflachenwassern verschiedentlich bis zu Konzentration von 3 vg/L festgestellt. 15-100 pg/m3. Dichlorbenzole sind in der Atmosphare in Japan nachgewiesen. Hexachlorbenzol ist in der Umwelt ubiquitar (s. Hexachlorbenzol). Das Umweltverhalten wird mangeblich durch die mit dem Chlorierungsgrad verbundene Abstufung der physikalisch-chemischen Eigenschaften bestimmt. Wahrend Monochlorbenzol infolge der relativ hohen Wasserloslichkeit und Fliichtigkeit in und zwischen den Umwelt-
169 systemen eine hohe Mobilitat zeigt und nur eine geringe Akkumulationstendenz aufweist, sind Tetra-, Penta- und insbesondere Hexachlorbenzol durch eine ausgepragte Bio- und Geoakkumulationstendenz charakterisiert. In Abhangigkeit von den physikalisch-chemischen Eigenschaften sind die Mobilitat und Reaktivitat (Akkumulations- und Transformationstendenz) von Chlorbenzolisomeren generell zwischen den beiden Extremen Mono- und Hexachlorbenzol einzuordnen.
Chlorbenzol [108-90-71 Die jahrlichen Produktionsmengen an Chlorbenzol werden in den USA mit etwa 1 140000 t angegeben. Weltweit schatzt man die produktions- und anwendungsbedingten Emissionen auf etwa 300000 t, wobei der iiberwiegende Teil des Chlorbenzols iiber Abwasser und Abluft in die Umwelt eingetragen wird. Die Produktionsmengen in der Bundesrepublik Deutschland betrugen 1983 ca. 124000 t; 1988 ca. 60000- 70000 t.
1
Allgemeine Informationen
1.1
1.2 1.3
Chlorbenzol [ 108-90-71 Benzol, ChlorC6HSCl
1.4 1.5 1.6
Benzolchlorid, Phenylchlorid, Benzol chloratum chlorierte Aromaten mindergiftig
2
Ausgewiihlte Eigenschaften
2.1 2.2 2.3 2.4 2.5 2.6 2.7
112,6 farblose Fliissigkeit mit charakteristischem Geruch 132°C -45 "C 1,2.103 Pa 20"C/2,0*103 Pa 30°C; 1580 Pa I,I g/cm3 Wasser: 484 mg/L bei 2O0C/5O0 mg/L 30°C; gut loslich in Diethylether, Ethanol und Benzol 2.8 Chlorbenzol verbrennt unter Bildung von Chlorwasserstoff. Mit oxidierenden Stoffen erfolgt sehr heftige Umsetzung. 2.9 2,8 (2,7 - 3,O) 2.10 314-640 Pa m3/mol
170 2.1 1 2.12 2.13 2.14
2,13 2,25 biologisch nicht leicht abbaubar koH = 8.10-13 cm Molekule-I s-l; t,,2 = 20 d
3
Toxizitat
3.1
3.5
oral Ratte LD 50 2910 mg/kg ihl Maus LC 100 15000 mg/m3 Chronische Intoxikationen manifestieren sich insbesondere in Leberschadigungen. Wiederholte Aufnahme (oral, inhalativ) fuhrt dosisabhangig zu Leber- und Nierenveranderungen (NOAEL = 125 mg/kg KG; NOEL = 234 mg/kg m3/6 h/d) In-vitro- und in-vivo-Untersuchungen zur Gentoxizitat sind uberwiegend negativ. Kanzerogenesestudien uber 2 Jahre an Ratten und Mausen zeigen keine signifikant erhohte Tumorinzidenz. Bei Ratten und Kaninchen wurde keine embryotoxische bzw. teratogene Wirkung festgestellt. Chlorbenzol wird rasch uber den Respirationstrakt, die Haut oder den Magen-Darm-Trakt resorbiert. Die Verteilung im Organismus erfolgt rasch und ist abhangig vom Organfettgehalt. Der Metabolismus erfolgt durch mischfunktionelle Monooxydasen unter Bildung von Chlorphenylmercaptursaure und Hydroxychlorbenzolen. Letztere werden als Glucuronide bzw. Sulfate zusammen mit der Mercaptursaure ausgeschieden. Nicht metabolisiertes Chlorbenzol wird abgeatmet. Chlorbenzol wirkt reizend an Auge und Haut. geringe Bioakkumulationstendenz
4
Okotoxizitat
3.2
3.3
3.4
4.1 Aquatische Organismen 4.1 .I Pseudornonas cepacia Bacillus subtilis Photobacteriurn phosphoreurn 4.1.2 Scenedesrnus quadricauda Selenastrurn capricornuturn 4.1.3 Daphnia magna
MHK 487 mg/L MHK 2,4 mg/L 30 min EC 50 11,3 mg/L 8d TGK 390 mg/L 96 h EC 50 12,9 mg/L 74/110 mg/L 24 h EC 0 EC 50 4,3-310 mg/L 24 h LC 50 5-86 mg/L 48 h 16 d NOEC 0,32-1 mg/L 4.1.4 Die akute Toxizitat bei Fischen (48 h/96 h) liegt im Bereich von 4 , l - 19,12 mg/L. Eine 96-h-LC 50 liegt bei 91 mg/L. Fur Guppies wurde uber 14 d eine LC 50 von 19,l mg/L ermittelt. 4.2 Terrestrische Toxizitat 4.2.1 Beginn einer schadigenden Wirkung (Inhibierung der Hill-Reaktion) bei 10- 100 mg/L. 4.2.2 Kompostwurm (Eisenia foetida) 48-h-LC 50 29 pg/cm2
171
5
Exposition Chlorbenzol wird herstellungs- und verwendungsbedingt iiber Abwasser und Abluft in die Umwelt eingetragen. Aufgrund der Fluchtigkeit iiberwiegt der Eintrag in die Atmosphare. Erhebliche Mengen wurden bei der Verwendung von Chlorbenzol als Usemittel (2.B. fur Pflanzenschutzmittel) emittiert. Nach Mackay I ergibt sich folgende Verteilungstendenz: Wasser < 1 %; Boden < 1 %; Luft 99%. Die Umweltkonzentrationen liegen im Nanogramm- (Wasser) bis Mikrogrammbereich (Luft, Biota). Umweltbedingte Expositionen des Menschen konnen nicht quantifiziert werden, da fur Trinkwasser und Luft nur Einzelmeawerte vorliegen.
6
Urnweltverhalten Infolge der Wasserloslichkeit und Fliichtigkeit besitzt Chlorbenzol in Wasser, Boden und Luft eine hohe Mobilitat. Wenig ausgepragt sind demgegenuber die Bio- und Geoakkumulation. Die Henry-Konstante (314-640 Pa m3/mol) weist auf die Verteilungstendenz zwischen Luft und Wasser/Boden hin, so d a a nur eine geringe Aufenthaltszeit in Wasser und Boden zu erwarten ist. Der Stoff ist biologisch abbaubar. Die Photolysehalbwertszeit in Luft ist mit ca. 20 d relativ hoch. Angenommen wird, dal3 Chlorbenzol auch bei der Trinkwasserchlorung gebildet wird. Bei massiven Bodenkontaninationen ist ein Eindringen in grundwasserfuhrende Bodenschichten nicht auszuschlieflen (geringe Bodensorption). Im Vergleich zu hdher chlorierten Benzolen besitzt Chlorbenzol in der Umwelt eine geringe Persistenz (mikrobieller Abbau in Hydro- und Pedosphare).
7
Grenz- und Richtwerte
7.1 7.2
50 mL/m3 (ppm), 230 mg/m3 (BRD) 300 pg/L (WHO) 0,15 pg/kg/d 092 ppm 0,l g/m3 bei einem Massenstrom von 2 kg/h und mehr Abwasserreinigungsanlage 1,0 mg/L Abfallbeseitigung nach Q 2 Abs. 2 Abfallgesetz: Usemittel Abfallschlussel 55 202 WGK 2
7.3
8
MAK-Wert: Trinkwasser: ADI-Wert (Wasser): Geruchsschwellenwert: TA Luft:
Abfallbeseitigung Chlorbenzolhaltige Abprodukte oder Riickstande sollten in einer Sonderabfallverbrennungsanlage beseitigt werden.
172 9
Verwendung
Verwendung als Zwischenprodukt bei der Herstellung pharmazeutischer Produkte und Kosmetika, als Usemittel und zur Synthese von Phenol, Anilin und DDT 10
Umweltgefahrlichkeit
Chlorbenzol ist giftig fur Wasserorganismen. Da der Stoff fluchtig ist und biologisch abgebaut wird, sind in Oberflachengewassern keine Konzentrationen zu erwarten, die zu akuten oder Iangerfristigen Schadigungen von Freilandorganismen fuhren. Bodenorganismen scheinen ebenfalls gegeniiber Chlorbenzol relativ empfindlich zu sein, jedoch werden auch hier infolge der Fluchtigkeit und des vermuteten Abbaus kaum akut toxische Konzentrationen erreicht. Literatur
GDCh: BUA Stoffbericht Nr. 34 Chlorbenzol: VCH Weinheim, 1990
173
Chlorierte Naphthaline [70776-03-31 Die sukzessive Protonensubstitution der kondensierten aromatischen Ringe des Naphthalins durch Chloratome fiihrt zu theoretisch 76 Chlornaphthalinisomeren. Im Gegensatz zum Benzol ist der aromatische Charakter des Naphthalins nicht so stark ausgepragt. Die Handelsprodukte von Chlornaphthalinen enthalten ahnlich den polychlorierten Biphenylen ein Gemisch verschieden hoch chlorierter Isomere. Die Stoffe kommen naturlicherweise nicht vor. Global werden jahrlich etwa 5 000 t Chlornaphthaline produziert, wobei die Tendenz riicklaufig ist. Kommerziell von Bedeutung sind folgende Handelsprodukte mit der in Tabelle 20 angegebenen Isomerenzusammensetzung. Tabelle 20 Isomerenzusammensetzung der verschiedenen Halowax-Handelsprodukte Anzahl der Chloratome
Chlorgehalt
Isomerenzusammensetzung
(OJO’a)
Halowax 1031 1
2 3 4 5 6
22 26 50 52 56 62
95 5
40
1000
1013
1014
40
50
20
10
40
40 40
1001/1009
60 40 10
10
7
10 90
8
1
Allgemeine Informationen
1.1 1.2
Chlornaphthaline [70776-03-31 Naphthalin, Chlorderivate C IOHnCIn
1.3
1.4 1.5 1.6
1061
polychlorierte Naphthaline, PCN, Halowax chlorierte Aromaten keine Angaben
174
2
Ausgewahlte Eigenschaften
2.1
Mittlere molare Masse: 251 Halowax 1031 1000 159 1001 207 1009 209 1013 225 1014 246 Gemische aus Chlornaphthalin und Dichlornaphthalin sind flussig, wahrend alle anderen Chlornaphthalingemische wachsartige Feststoffe sind. Halowax 1031 250°C bei 760 mm Hg 1000 250°C bei 750 mm Hg 1001 308°C 315°C bei 760 mm Hg 1009 344°C bei 760 mm Hg 1041 Halowax 1031 etwa -25°C 1000 etwa -33 "C 1009 102°C 1014 137°C l o - ' mm bei 20°C/13,3 Pa Halowax 1031 1000 5-10-2 mm bei 2O0C/5,O Pa 2009 5.10-4 mm bei 20"C/6,6*10-2 Pa 1014 etwa mm bei 20"C/1,3*10-2 Pa Halowax 1031 ist bei Raumtemperatur zu etwa 1% fliichtig (Ausgangskonzentration: 200 g; Oberflache: 9,2 cm2; Zeit: 10 d) keine Angaben Wasser: 1 -Chlornaphthalin 2,8 mg/L 2-Chlornaphthalin 0,9 mg/L 1,2-Dichlornaphthalin 137 pg/L 1,8-Dichlornaphthalin 590 pg/L 1,3,7-Trichlornaphthalin 64 pg/L 1,2,3,4-Tetrachlornaphthalin 452 Pg/L Octachlornaphthalin 0,08 pg/L Die physikalisch-chemischen Eigenschaften und die Reaktivitat von Chlornaphthalinen sind u. a. abhangig vom Chlorierungsgrad. Schmelz- und Siedepunkt erhohen sich mit zunehmender Zahl der Chloratome, wahrend sich der Dampfdruck und die Wasserloslichkeit vermindern. Chlornaphthaline sind gegenuber Sauren und Alkalien chemisch stabil. Den polychlorierten Biphenylen vergleichbar sind insbesondere hoher chlorierte Isomere durch eine hohe thermische Stabilitat charakterisiert. Dehydrochlorierungsreaktionen sind nicht bekannt.
2.2 2.3
2.4
2.5
2.6 2.7
2.8
175
2.13 2.14
Chlornaphthalin 3 3 [90-13-1/91-58-7] Dichlornaphthalin 3,8 [28699-88-91 Trichlornaphthalin 4,l [1321-65-91 Tetrachlornaphthalin 4,4 [1335-88-21 Pentachlornaphthalin 4,75 [1321-64-81 Hexachlornaphthalin 5,l [1335-87-11 Heptachlornaphthalin 5,5 [32241-08-01 entfallt 2,85 Chlornaphthalin Dichlornaphthalin 3 94 Trichlornaphthalin 3-9 Tetrachlornaphthalin 4,O Pentachlornaphthalin 4,6 Hexachlornaphthalin 5,2 Heptachlornaphthalin 5,7 Chlornaphthalin 2,6 Dichlornaphthalin 2,s Trichlornaphthalin 3,25 Tetrachlornaphthalin 3,4 Pentachlornaphthalin 4,l Hexachlornaphthalin 4,7 Heptachlornaphthalin 5,12 PCN: biologisch nicht leicht abbaubar keine Angaben
3
Toxizi ta t
2.9
2.10 2.1 1
2.12
3.1
3.2
Die Toxizitat von Chlornaphthalinen wird u. a. maBgeblich vom Chlorierungsgrad der Isomere bestimmt. Monochlorisomere sind beispielsweise akut toxischer als Octachlornaphthalin. Gegenuber Ratten, Mausen, Kaninchen, Schweinen und Katzen sind Monochlor- und Dichlornaphthalinisomere akut weniger toxisch als die Trichlor- bis Heptachlorisomere. Charakteristisch fur die Wirkung von Chlornaphthalinen ist die Ausbildung von Chlorakne. Erfahrungsgeman sind Penta- und Hexachlornaphthalinisomere im Tierexperiment akut toxischer als andere Isomere. 1540 mg/kg Chlornaphthalin oral Ratte LD 50 1091 mg/kg Chlornaphthalin oral Maus LD 50 868 mg/kg 2-Chlornaphthalin oral Ratte LD 50 2078 mg/kg 2-Chlornaphthalin oral Maus LD 50 ihl Mensch TCL 0 30 mg/m3 Trichlornaphthalin Mono- und Dichlornaphthalinisomere: 500 mg/g Usungsmittel appliziert zeigen beim Menschen keine nachweisbaren toxischen Wirkungen.
176
3.3 3.4
3.5
Bei der Ratte fiihren 5 g/kg (ad libitum) Dichlornaphthalin uber 15 Tage zu Wachstumsstdrungen und Erhohungen des Lebergewichtes. Tri- und Tetrachlornaphthalinisomere: Hautapplikationen von nicht exakt definierten Mengen uber 2 h/d haben bei Mausen und Ratten innerhalb von 40-60 d keine toxische Wirkung. 300 mg/Ratte/d uber 9- 136 d (Gesamtmenge 2,7-41 g) appliziert verursachen eine Zunahme der Fettakkumulation. Demgegenuber sind bei 1,31 rng/m3 inhalativ uber 15 h/d und 143 d keine toxischen Effekte feststellbar. Pentachlornaphthalinisomere: 50 mg/Ratte/d uber 63 Tage verabreicht fiihren zu Leberdegenerationen. Vergleichbare Symptome treten bei Kaninchen bereits bei 15 mg/kg/d uber 12-26 Tage auf. Penta- und Hexachlornaphthalin: Die letale Dosis fur Kaninchen wird mit 15 mg/kg/d iiber 12-26 d angegeben. 100 mg/Ratte/d uber 55 d verabreicht fuhren bei Ratten zu Leberschadigungen. Octachlornaphthalin [2234-13-11]: 500 mg/kg uber 22 d verabreicht fuhren bei Ratten zu einer Abnahme des Lebergewichtes. keine Angaben Aufgrund der abgestuften Wasser- und Lipoidltislichkeit werden Chlornaphthaline relativ schnell im Organismus resorbiert und verteilt. Bei Hautkontakten iiber langere Zeit oder bei oraler Aufnahme hoher Dosen kommt es zu der von PCB bekannten Ausbildung der Chlorakne. Verminderungen von Serumenzymaktivitaten sind als relevante toxische Effekte chronischer Intoxikationen zu betrachten. Mono- und Tetrachlornaphthalinisomere werden zu Hydroxyverbindungen metabolisiert und als solche ausgeschieden. Bei Penta- und Hexachlornaphthalinisomeren ist eine bis zu 20Voige Exkretion in unveranderter Form uber Faeces und Urin festgestellt. Insbesondere bei hoher chlorierten Isomeren ist eine relativ hohe Bioakkumulationstendenz zu erwarten.
4
Okotoxizitat
4.1 4.1.1 4.1.2 4.1.3
Aquatische Toxizitat keine Angaben keine Angaben Daphnia magna 1-Chlornaphthalin 2-Chlornaphthalin Octachlornaphthalin Mysid shrimp 1-Chlornaphthalin
48 h 48 h 48 h
LC 50 LC 50 LC 50
1,6 mg/L 1,99 mg/L >530 mg/L
96 h
LC 50
0,37 mg/L
177 Octachlornaphthalin Grass shrimp Halowax-Praparate 4.1.4 Blauer Sonnenbarsch 1-Chlornaphthalin Schafskopfelritze 1-Chlornaphthalin Octachlornaphthalin Halowax 1014
5
96 h
LC 50
>SO0 mg/L
96 h
LC 50
0,069-0,44 mg/L
96 h
LC 50
2,3 mg/L
96 h 96 h 96 h
LC 50 LC 50 LC 50
2,4 mg/L >569 mg/L 0,34 mg/L
Exposition
keine Angaben 6
Umweltverhalten
Chlornaphthaline sind in der Umwelt chemisch, physikalisch und biologisch stabil. In Wasser und Boden sind sie nicht leicht biologisch abbaubar. Aufgrund ihrer physikalisch-chemischen Eigenschaften (geringer Dampfdruck, geringe Wasser ldslichkeit) ist in Hydro- und Pedosphare nur eine geringe Mobilitat zu erwarten. Verteilungskoeffizienten n-OctanoVWasser zwischen 3,5 - 5,5 weisen auf eine vom Chlorierungsgrad abhangige mittlere bis hohe Bio- und Geoakkumulationstendenz hin. In abiotischen Umweltkompartimenten und Biota wurden folgende Konzentrationen ermittelt: ng/m3 Luft bis zu 25 Oberfllchenwasser bis zu 200 ng/L ng/L Meerwasser bis zu 20 Sedimente bis zu 100 pg/kg Bdden bis zu 100 pg/kg Fische bis zu 0,12 mg/kg Vdgel bis zu 70 mg/kg pg/kg Mensch (Fettgewebe) bis zu 15 Insgesamt wird das Umweltverhalten der Verbindungen durch den Chlorierungsgrad bestimmt. Sorptionstendenz, Bioakkumulation und Persistenz nehmen mit steigender Anzahl der Chloratome im Molekiil zu. 7
Grenz- und Richtwerte
7.1 7.2 7.3
keine Angaben keine Angaben WGK 3
178
8
Abfallbeseitigung
Verbrennung in Sonderabfallverbrennungsanlagen 9
Verwendung
Die Stoffe werden vorzugsweise in der Elektroindustrie und als Additive verwendet. 10
Umweltgefahrlichkeit
1-Chlornapththalin ist sehr giftig bzw. giftig fur Wasserorganismen. Fur Octachlornaphthalin ist kein Gefahrdungspotential erkennbar. Halowax-Praparate sind sehr giftig fur Wasserorganismen. Literatur Hutzinger, 0. (ed.): The Handbook of Environmental Chemistry. Volume 3, Part B, Anthropogenic Compounds, Springer, Berlin-Heidelberg-New York, 1982 U. K. Department of Environment, Toxic Substance Division: Environmental Hazard Assessment: Halogenated Naphthalenes. TSD/13; GarstodWatford, 1993
179
ChIorierte PhenoIe (C hIorphenoIe) Die Gruppe der Chlorphenole umfaflt 19Verbindungen, bestehend aus Mono-, Di-, Tri-, Tetrachlorphenolisomeren und Pentachlorphenol. Ausgenommen das o-Chlorphenol sind alle Chorphenole kristalline Feststoffe. Im Gegensatz zu 2,4-Dichlor-, 2,4,5-Trichlor-, 2,4,6Trichlor-, 2,3,4,6-Tetrachlorphenolund Pentachlorphenol haben andere Chlorphenole nur eine untergeordnete kommerzielle Bedeutung. Die Synthese erfolgt entweder uber eine direkte Chlorierung von Phenol oder eine alkalische Hydrolyse entsprechender Chlorbenzole. Global werden die jahrlichen Produktionsmengen an Chlorphenolen mit mehr als 200000 t angegeben. Allerdings entfallt dabei der maagebliche Anteil auf Pentachlorphenol mit schatzungsweise 90000 t. 1977 wurden beispielsweise in den USA 36000 t Pentachlorphenol hergestellt. Produktionsvolumen und Verwendung von Chlorphenolen, insbesondere von 2,4,5-TCP und PCP, sind weltweit riicklaufig. Chlorphenole konnen mehr oder weniger durch andere Stoffe wie beispielsweise durchschnittlich etwa 8% polyhalogenierte Phenoxyphenole (sogenannte Pradioxine), polychlorierte Dioxine, polychlorierte Dibenzofurane und Diphenylether in Mengen von 10 bis mehr als 100 mg/kg verunreinigt sein. Die physikalisch-chemischen Eigenschaften werden u. a. bestimmt durch den Grad der Chlorierung. Wahrend sich die Fluchtigkeit und Wasserloslichkeit mit zunehmendem Chlorierungsgrad vermindern, erhohen sich Schmelz- und Siedepunkt sowie die Lipoidloslichkeit. Damit verbunden sind eine verstarkte Bio- und Geoakkumulationstendenz.Hydro- und Atmosphare sind die maageblichen Transport- und Verteilungsmedien fur Chlorphenole. Als schwache Sauren bilden die Verbindungen Ester, Ether und Salze. Niedrig chlorierte Phenole konnen uber Substitutionsreaktionen chloriert, nitriert, alkyliert und acyliert werden. Die Toxizitat der Chlorphenole erhoht sich mit zunehmendem Chlorierungsgrad, wobei insbesondere die Wirkung auf aquatische Organismen und Sauger hervorzuheben ist. Im folgenden Datenprofil werden aufgrund ihrer kommerziellen Bedeutung die Verbindungen 4-Chlorphenol-, 2,4-Dichlorphenol, 2,4,5- und 2,4,6-Trichlorphenol sowie 2,3,4,6-Tetrachlorphenoldargestellt.
Mono-, Di-, Tri-Tetrachlorphenol 1
Allgemeine Informationen
1.1 1.2
Chlorphenol, Dichlorphenol, Trichlorphenol, Tetrachlorphenol 4-Chlorphenol [ 106-48-91 2,4-Dichlorphenol [ 120-83-21 2,4,5-Trichlorphenol 195-9541 2,4,6-Trichlorphenol [88-06-21
180 1.3
1.4 1.5
1.6
4-CP, 2,4-CDP; 2,4,5-TCP, 2,4,6-TCP, 2,3,4,6-TCP Chlorphenole 4-CP; mindergiftig; R 20/2 1/22 2,4-DCP: rnindergiftig; R22 - 36/38 2,4,5-TCP: mindergiftig; umweltgefahrlich ( > 20%); 22 - 36/38 2,4,6-TCP: mindergiftig; R 22- 36/38 -40 2,3,4,6-TCP: giftig (> 20%), R 25 -36/38
2
Ausgewahlte Eigenschsften
2.1
4-CP - 128,56; 2,4-DCP - 163; 2,4,5-TCP - 197,45; 2,4,6-TCP - 197,45; 2,3,4-6-TCP - 23 1,89 reine Chlorphenole: farblose, kristalline Feststoffe; Ausnahme 2-Chlorphenol: farblose Flussigkeit; die Verbindungen haben einen charakteristischen, unangenehmen Geruch (Chlorphenolgeruch ,,medizinisch") 4-CH 219 "C 2,4 DCP 207 -209 "C 2,4,5-TCP 245-246°C 2,4,6-TCP 246 "C 2,3,4,6-TCP 164°C bei 23 mm Hg 4-CP 40-41 "C 2,4-DCP 43-45°C 2,4,5-TCP 68 "C 2,4,6-TCP 68 "C 2,3,4,6-TCP 69 - 70 "C 2,4-CDP 0,l hPa bei 20°C 1,265 g/crn3 bei 40 "C 4-CP Wasser: 4-CP 27 g/L bei 20°C 2,4-DCP 4,5 g/L 2,3,4,6TCP 100 mg/L Chlorphenole sind gut loslich bis loslich in Ethanol, Diethylether, Cloroform, Benzol und Aceton. Chlorphenole zeigen ein ahnliches physikalisch-chemisches Verhalten wie Phenol. Als schwache Sauren bilden sie Ester und Ether sowie Salze mit Metallen, Aminen u.a. Im Gegensatz zum Phenol bilden sich bereits bei der Urnsetzung mit Natriumcarbonat die entsprechenden Phenolate. In wahiger
2.2
2.3
2.4
2.5 2.6 2.7
2.8
181
2.14
Wsung erfolgt hydrolytische Umwandlung unter Substitution der Chloratome durch Hydroxylgruppen. Die gebildeten Hydroxyverbindungen wiederum konnen polymerisieren. Chlorphenole konnen oxidativ unter Bildung von Hydrochinonen und Benzochinonen transformiert werden. Die Photolyse wanriger Chlorphenollosungen fuhrt unter Chlorsubstitution durch Hydroxylgruppen ebenfalls zur Polymerenbildung. Folgende Ionisationskonstanten (pK,) wurden ermittelt: 4-CP - 9,18; 2,4-DCP - 7,67; 2,4,5-TCP - 7,43; 2,4,6-TCP - 7,42; 2,3,4,6-TCP - 6,62 4-CP 2,39 2,4-DCP 3,06; 2,92 2,4,5-TCP 3,72 2,4,6-TCP 3,69 2,3,4,6-TCP 4,lO 4-CP keine Angaben 0,3 Pa m3/mol bei 20°C 2,4-DCP 2,4,5-TCP keine Angaben 2,4,6-TCP keine Angaben 2,3,4,6-TCP keine Angaben 4-CP 1,95 2,4-DCP 2,4 2,4,5-TCP 391 371 2,4,6-TCP 2,3,4,6-TCP 3,76 4-CP 1,7 1,85 2,4-DCP 2,4,5-TCP 2,3 2,4,6-TCP 233 2,3,4,6-TCP 2,95 4-CP biologisch nicht leicht abbaubar 2,4-DCP biologisch nicht leicht abbaubar 2,4,5-TCP biologisch nicht leicht abbaubar 2,4,6-TCP biologisch leicht abbaubar 2,3,4,6-TCP biologisch nicht leicht abbaubar entfallt fur alle Chlorphenole
3
Toxizitat
3.1
Allgemein lal3t sich die orale akute Toxizitat der Chlorphenole wie folgt charakterisieren: T4CP> MCP > DCP >T,CP. Bei dermaler Exposition ist 2,3,5,6TCP das toxischste Tetra-Isomer; 2,4,5-TCP: leichte Hautreizung. 500mg/kg 4-CP oral Ratte LD 50 1030mg/kg scu Ratte LD 50
2.9
2.10
2.11
2.12
2.13
182 ~
~~
2,4-DCP
3.2
3.3
3.4
3.5
4
4.1
oral Ratte LD 50 3600mg/kg oral Ratte LD 50 580mg/kg 2,4,5-TCP oral Ratte LD 50 850mg/kg 2,4,6TCP oral Ratte 820mg/kg LD 50 2,3,4,6-TCP oral Ratte LD 50 140 mg/kg 130mg/kg Ratte LD 50 ipr 100 mg/kg/d 2,4-CCP oder 100 mg/kg/d 2,4,5TCP uber 6 Monate bzw. 3 Monate fiihren im Futterungsversuch bei Ratten zu keinen nachweisbaren toxischen Effekten. Bei der Verabreichung von 1000 mg/kg/d 2,4,5-TCP uber 3 Monate werden Gewichtsverlust der Versuchstiere sowie degenerative Veranderungen der Leber und Niere festgestellt. 2,4,6-TCP und 2,3,4,6-TCP zeigen eine geringe mutagene Wirkung (nicht clastogen). Die meisten Chlorphenole sind im Ames-Test nicht mutagen. Embryo- und fetotoxische Effekte wurden fur 2-MCP, 2,4-DCP, 2,4,6TCP und 2,3,4,6TCP nicht festgestellt. Befunde fur 2,4,5-TCP sind nicht eindeutig. Befunde zur Kanzerogenitat von Chlorphenolen sind nicht eindeutig. MCP, 2,4-DCP und 2,4,5-TCP wirken als Tumor-Promotor. Die Resorption von Chlorphenolen im Organismus erfolgt relativ schnell. Der Metabolismus erfolgt zumeist uber Konjugation mit Sulfat oder Glucuronsaure mit nachfolgender Ausscheidung uber den Urin. Fur 2,4-DCP liegen die Halbwertszeiten in verschiedenen Organen bei 10- 60 min. Marjgeblicher Wirkmechanismus der Chlorphenole ist die Entkopplung der oxidativen Phosphorylierung. Der Wirkungsgrad ist dabei abhangig vom Chlorierungsgrad der Substanz. Die geringste Wirkung zeigt MCP. Mit zunehmender Anzahl der Chloratome im Molekul erhoht sich die Bioakkumulationstendenz.
Okotoxizitat
Aquatische Toxizitat Mit zunehmendem Chlorierungsgrad nimmt die akute Toxizitat bei aquatischen Organismen zu. In 3- und 5-Stellung substituierte Chlorphenole zeigen zumeist die hochste Toxizitat. 4.1.1 Die Toxizitat bei Bakterien liegt im Bereich von 4mg/L (2,3,4,5TCB) bis 700 mg/L (2-MCP) (400 mg/L fur 4-MCP). 4.1.2 Bei Algen wurden EC 50 Werte von 3,2-6,l mg/L ermittelt. 4.1.3 Duphniu rnugna 48 h LC 50 4,l mg/L 4-MPC 2,6 mg/L 2,4-DCP 48 h LC 50 2,7 mg/L 2,4,5-TCP 48 h LC 50 0,29mg/L 2,3,4,6-TCP 48 h LC 50 0,57 mg/L 2,3,5,6-TCP 48 h LC 50 21 d NOEC 0,36mg/L 2,4-DCP
183 4.1.4 Schafskopfelritze Cyprinidon variegatus
4.2
5
NOEC 3,2 mg/L 4-MCP NOEC 1 mg/L 2,4,5-WP 1 mg/L 2,3,5,6-TCP NOEC Die mittlere letale Konzentration bei Fischen liegt fur Mono-Tetrachlorpheno1 im Bereich von 60 mg/L- 1,l mg/L. Terrestrische Toxizitat keine validen Angaben Exposition
Bei der Herstellung und Verarbeitung werden vergleichsweise geringe Mengen von Chlorphenolen in die Umwelt eingetragen. Fur 2,4-DCP werden die Eintrage in der Bundesrepublik Deutschland auf 0,12- 0,24 t/a in Oberflachenwasser und 0,9 t/a in die Atmosphare geschatzt. Der Haupteintrag von Chlorphenolen erfolgt iiber Anwenderbereiche. Etwa 21 t/a 4-DCP werden uber die Anwendung von Phenoxyherbiziden eingetragen. Ein erheblicher Anteil des Umwelteintrages entfallt auf Abfalle. Die Exposition des Menschen erfolgt iiber Luft, Trinkwasser und Nahrung. Die Exposition gegenuber 2,3,4,6-TCP wird auf etwa 0,02 pg/kg/d geschatzt. 6
Umweltverhalten Chlorphenole sind in abiotischen und biotischen Strukturen der Umwelt im Nano- bis Mikrogrammbereich nachweisbar. Zu differenzieren ist jedoch im Hinblick auf Nachweishaufigkeit und Konzentration. Tri- und Tetrachlorphenolisomere und Pentachlorphenol sind haufiger als Kontaminanten nachweisbar. Mono- und Dichlorphenolisomere treten demgegenuber zumeist nur bei punktformigen Emissionen als Kontaminaten von Umweltmedien auf. Neben produktions- und verwendungsbedingten Emissionen treten als weitere Emissionsquellen die Chlorphenolbildung bei der Trink- und Abwasserchlorung sowie der Metabolismus verschiedener organischer Stoffe (z. B. Hexachlorcyclohexan) in Erscheinung. Auch nichtbiologische Stofftransformationen fiihren in Umweltmedien haufig zur Bildung chlorierter Phenole. Die Stoffe sind in Hydro-, Pedo-, Atmo- und Biosphare gegenuber physikalisch-chemischen und biologischen Reaktionen stabiler als vergleichsweise Phenol. Generell nehmen Abbaurate und -geschwindigkeit mit zunehmender Chlorsubstitution ab. Isomere mit Substitution in meta-Position sind stabiler als Isomere ohne Protonensubstitution in dieser Position. Die in Tabelle 21 angegebenen Beispiele fur den Abbau verschiedener Chlorphenolisomere in Boden konnen als Orientierung fur die Stabilitat der Stoffe dienen. Ortho-, meta- und para-Chlorphenol werden uber den orthound meta-Weg metabolisiert und zum Teil mineralisiert. Der Abbau von Chlorphenolen in der Umwelt erfolgt vorzugsweise mikrobiologisch, wobei u.a. als X-ansformationsprodukte nachgewiesen sind:
184 o-Chlorphenol m-Chlorphenol p-Chlorphenol
+
+ --t
3-Chlorbrenzcatechin 4-Chlorbrenzcatechin 4-Chlorbrenzcatechin
2-Hydroxy-5-chlormuconsaure-semi-aldehyd 2,4-Dichlorphenol wird uber den meta-Weg metabolisiert. Der Abbau kann dabei bis zur vollstandigen Mineralisierung erfolgen. Die Bildung von Dimeren ist nachgewiesen. Metaboliten sind nicht bekannt. 2,4,6TCP wird in BOden ebenfalls mineralisiert, wobei in 10 Wochen bis zu 10 kg/g vollstandig abgebaut wurden. Insgesamt ist fur Mono-, Di- und Trichlorphenolisomere in Umweltmedien eine geringe bis mittlere Persistenz zu erwarten. Der Stoffabbau verlauft bis zur Mineralisierung.
Tabelle 21 Mikrobiologischer Chlorphenolabbau in Bodensuspensionen Substanz
Bodenproben Zeitdauer bis zum volligen Stoffabbau (d)
2-MCP 3-MCP 4-MCP 2,4-DCP 2,5-DCP 2,4,5-TCP 2,4,6-TCP 2,3,4,6-TCP
1-2 14-47 3-9 5-9 2 41 - 12 5-13 12 Abwasserschlamm Zeitdauer bis zum Abbau des aromatischen Kerns (d)
4-MCP 2,4-DCP 2,5-DCP 2,4,6-TCP
3 (100%)
5 (100%) 4 (52'70) 3 (lOO'70)
Aufgrund der Henry-Konstante ist fur 2,4-DCP die Verteilung zwischen Luft und Wasser fur das Umweltverhalten von geringer Relevanz. Vergleichbare Aussagen konnen fur hoher chlorierte Phenole gemacht werden. Da die Verbindungen schwache Sauren sind, wird das Umweltverhalten (Fluchtigkeit, Sorption, Persistenz) insbesondere vom pH-Wert des Umweltmediums beeinflufit. Die Sorptionstendenz ist beispielsweise umgekehrt proportional dem pH-Wert von Boden und Wasser.
185
7
Grenz- und Richtwerte
7.1 7.2 7.3
keine Angaben Trinkwasser: 2,4,6-TCP 200 pg/L (WHO) 2,4-DCP WGK 3 2,4,5-TCP WKG 3
8
Abfallbeseitigung Entsorgung in Sonderabfallverbrennungsanlagen
9
Verwendung Chlorphenole finden hauptsachlich Verwendung als Herbizide, Bakterizide, Fungizide, Insektizide, als Zwischenprodukte in der chemischen Industrie, als Leder- und Holzschutzmittel und zur Herstellung von MCPA.
10
Umweltgefahrlichkeit Die Toxizitat von Chlorphenolen bei aquatischen Organismen erhoht sich mit zunehmendem Chlorierungsgrad. Algen und Invertebraten sind die empfindlichsten Spezies. Monochlorphenol ist giftig bzw. schadlich; Tri- und Tetrachlorisomere sind sehr giftig bzw. giftig fur Wasserorganismen. Bio- und Geoakkumulationstendenz hdher chlorierter Phenole sowie die Persistenz charakterisieren ebenfalls das Umweltgefahrdungspotential der Verbindungen.
Literatur
Buikemann, A. L. et al.: Phenolics in aquatic ecosystems: A selected review of recent literature. Marine Environment Res 2 (1979): 87-181 Dietz, F., Traud, J.: gwf-Wasser/Abwasser 119 (1978): 318 Exon, J. H., Koller, L. D.: Effects of Transplacental exposure to chlorinated phenols. Environm. Hlth. Perspectives 46 (1982): 137- 140 GDCh: BUA Stoffbericht Nr. 31, 2,CDichlorphenoL VCH Weinheirn, 1988 GDCh: BUA Stoffbericht Nr. 110, 2,3-Dichlorphenol. S. Hirzel Verlag Stuttgart, 1993 GDCh: BUA Stoffbericht Nr. 1 1 1, 2,4,5-Trichlorphenol. S. Hirzel Verlag Stuttgart, 1993 Howard, P. H. Burkin, P. R.: CRC Critical Reviews in Toxicology 7 (1980): 1 Koenemann, H.: Quantitative-Structure-Activity Relationships for Kinetics and Toxicity of Aquatic Pollutants and Their Mixtures. Thesis. University of Utrecht, 1980 WHO: IPCS Environmental Health Criteria No. 93, Chlorophenols, other than Pentachlorophenol. Geneva, 1989
186
0-ChIor nit robenzoI [88-73-31
m-ChI ornit robenzol [121-73-31 p-Chlornitrobenzol [IOO-00-51 Die Herstellung von Chlornitrobenzolen erfolgt durch Nitrierung von Chlorbenzol mit einem Gemisch aus 52,5% Schwefelsaure, 35% Salpetersaure und 12% Wasser bei etwa 40-70°C. Es entsteht ein Gernisch aus 34% o-Chlornitrobenzol, 65% p-Chlornitrobenzol und 1Vo m-Chlornitro-benzol, Die Isomerentrennung erfolgt durch fraktionierte Destillation und Kristallisation. Die Produktionsmengen betragen in den USA ca. 40000 t/a, in der Bundesrepublik Deutschland 50000- 70000 t/a. Chlornitrobenzole werden nicht als Endprodukte verwendet. 1
Allgerneine Informationen
1 .I
o-Chlornitrobenzol [87-73-3]/(o-CNB) m-Chlornitrobenzol [ 121-73-3]/(m-CNB) p-Chlornitrobenzol [ 100-00-5]/(p-CNB) Benzol, 1-Chlor-4-nitroBenzol, 1-Chlor-3-nitroBenzol, 1-Chlor-2-nitroC,jH4ClN02
1.2
1.3
0-CNB
m-CNB
p-CNB
1.6
Chlornitrobenzol Chlornitro-Aromaten giftig (I-Chlor-4-nitro-benzol); R 23/24/25
2
Ausgewahlte Eigenschaften
2.1 2.2
157,54 0-CNB: m-CNB: p-CNB: 0-CNB 244 "C
1.4 1.5
2.3
-
33
monokline gelbe Kristalle grunlich-gelbe Kristalle gelbe Kristalle m-CNB 236 "C
p-CNB 242 "C
187 2.4 2.5 2.6 2.7 2.8
2.9 2.10 2.11 2.12 2.13 2.14
-33°C 4 4 3 "C 83 "C 5,75.10-* mbar 1,12.10-2 hPa 8,5*10-2 hPa 1,249 1,534 1,303 590 mg/L 20°C 390 mg/L 20°C 243 mg/L 20°C Beim Erhitzen von Chlornitrobenzolen bilden sich Stickoxide und Chlorwasserstoff. m-CNB ist leicht reduzierbar zu m-Chloranilin. p-CNB kann durch Chlorierung, Sulfonierung, Ammonolyse und Reduktion zu anderen Verbindungen umgesetzt werden. p-CNB m-CNB 0-CNB 2,39 2,46 2,24 5,512 Pa m3/mol 0,453 Pa m3/mol 1,54 Pa m3/mol 2,19 2,27 2,l 2,31 1,97 2,6 biologisch nicht biologisch abbaubar biologisch schwer leicht abbaubar nach Adaptation abbaubar KOH = 8,7. cm3 KOH= 8,7.1O-l4 cm3 nicht bekannt Molekiile- s Molekiile - I s - I t1/2 = 185 d t1/2= 185 d
3
Toxizitat
3.1
0-CNB LD 50 219/655 mg/kg (mannl.) oral Ratte LD 50 457/1320 mg/kg (weibl.) oral Ratte m-CNB LD 50 470 mg/kg oral Ratte LD 50 380/390 mg/kg oral Maus LD 50 >800,
3.2
3.3
188
3.5
Chlornitrobenzole konnen oral, dermal und inhalativ leicht resorbiert werden. Die Biotransformation kann durch Reduktion (Nitrogruppe), Chlorabspaltung mit Glutathion-Konjugation oder Ringhydroxylierung erfolgen. Die Ausscheidung der Metabolite und nicht metabolisierter Substanz erfolgt relativ rasch uber Urin und Faeces. Chlornitrobenzole haben eine geringe Bioakkumulationstendenz.
4
Okotoxizitat
3.4
4.1 Aquatische Toxizitat 100 mg/L sind ohne Schadwirkung 4.1.1 o-CNB m-CNB Photobacterium phosphoreurn 30 min. EC 50 19,s mg/L p-CNB Pseudornonas putida 10 h EC 10 47 mg/L Pseudornonas subspicatus 30 mg/L fiihren zu einer 4.1.2 o-CNB 90% Vermehrungshemmung 4h EC 50 4 mg/L m-CNB ffaernatococcuspluvialis Scenedesrnussubspicatus 7d EC 3 10 mg/L p-CNB Daphnia rnagna 21 d NOEL 0,l mg/L 4.1.3 o-CNB 21 d ECIOO 10 mg/L m-CNB Daphnia rnagna 30Voige Reproduktionsrninderung bei 3,2 mg/L iiber 21 d Daphnia rnagna 21 d NOEC 0,32/0,64 mg/L p-CNB K O 5 mg/L 4.1.4 o-CNB Goldorfe LC 50 48,7 mg/L m-CNB Zebrabarbling 96 h 96 h LC 0 42,2 mg/L Amerikanische Elritze 24 h/ LC 50 18 mg/L 96 h p-CNB Goldorfe 48 h LC 0 1 mg/L; 5 mg/L 2 mg/L; 48 h LC 50 20 mg/L Blauer Sonnenbarsch 96h NOEC 3,2 rng/L 4.2 Terrestrische Toxizitat 15 - 100 mg/L fuhren bei Gurken zu Wachstumshemmung. 4.2.1 o-CNB 7-55 mg/L m-CNB und 11-132 mg/L p-CNB zeigen die gleichen Effekte. 4.2.2 keine Angaben 5
Exposition
Der Eintrag von Chlornitrobenzolen in die Umwelt erfolgt bei Herstellung und Verarbeitung uber Abwasser und Abluft, wobei letztere vernachlassigbar gering sind. 1986 wurden in Deutschland ca. 18 t/a in Oberflachenwasser eingetragen. Die Eintragsmenge liegt heute unter diesem Wert. Die Konzentrationen in Gewassern betragen < 0,5 pg/L. Expositionen des Menschen
189 uber Umweltmedien und Nahrung (Fisch) sind nicht quantifizierbar, durften aber vernachlassigbar gering sein. 6
Umweltverhalten Das Umweltverhalten von Chlornitrobenzolen ist durch die Fliichtigkeit, Wasserloslichkeit und geringe Bio- und Geoakkumulationstendenz gepragt. Die Henry-Konstante weist auf die Stoffverteilung zwischen Atmosphare und Wasser/Boden hin. Der Abbau in der Atmosphare durch Reaktion mit OH-Radikalen verlauft relativ langsam. Biologisch wird nur m-CNB nach Adaptation in Klaranlagen abgebaut. Bodenverunreinigungen sind von geringer Relevanz, da Chlornitrobenzole nicht als Endprodukte verwendet und Produktionsruckstande verbrannt werden.
7
Grenz- und Richtwerte
7.1 1.2 1.3
keine Angaben keine Angaben WGK 2 (0-,m-, p- CNB)
8
Abfallbeseitigung Chlornitrobenzolhaltige Abfalle werden in Sonderabfallverbrennungsanlagen entsorgt.
9
Verwendung Chlornitrobenzole dienen zur Herstellung von Vorprodukten fur Farbstoffe, Pflanzenschutzmittel, Kautschukchemikalien, Pharmazeutika u. a.
10
Umweltgefahrlichkeit Chlornitrobenzole sind giftig fur Wasserorganismen. Da die Eintragsmengen in die Umwelt gering sind und die Stoffe keine nennenswerte Bio- und Geoakkumulationstendenz zeigen, ist nicht mit langerfristigen Schadigungen zu rechnen.
Lilemtur
BG-Chemie: Kurzfassung Toxikologische Bwertung, Nr. 73 o-Chlornitrobenzol, 1990 GDCh: BUA Stoffbericht Nr. 2, ortho-Chlornitrobenzol. VCH Weinheim, 1985 GDCh: BUA Stoffbericht Nr. 11, meta- und para-Chlornitrobenzol. VCH Weinheim, 1988
190
Chloroform [67-66-31 Die Herstellung von Chloroform erfolgt entweder durch Hydrochlorierung von Methanol oder durch Chlorierung von Methan. Die Weltproduktion betrug 1973 schatzungsweise 245 000- 300000 t/a und wird derzeit in den Industrielandern auf 70000- 100000 t/a geschatzt. Chloroform bildet sich in nicht unerheblichen Mengen bei der Chlorbleiche von Cellulose. Die Anwendung dieses Verfahrens ist jedoch stark rucklaufig. Des weiteren wird Chloroform auf Basis der Haloform-Reaktion bei der Wasserchlorung gebildet. Die dabei entstehenden Mengen werden auf etwa 10000 t/a geschatzt. Neben anderen Halogenmethanen wird Chloroform biologisch gebildet, wie z.B. durch marine Algen, Moose, Gerste, Zitronen und Orangen. Neben den herstellungs- und verwendungsbedingten Eintragsquellen gibt es eine Reihe weiterer Quellen fur Chloroformemissionen. Bei Vulkaneruptionen werden ebenfalls erhebliche Mengen Chloroform in die Atmosphare eingetragen. Dem gegenwartigen Kenntnisstand entsprechend ist Chloroform in der Umwelt nahezu ubiquitar. Handelsiibliches Chloroform enthalt u. a. folgende Verunreinigungen: - Bromchlormethan (bis zu 500 ppm), - Bromdichlormethan, - Methylenchlorid, - Tetrachlormethan (bis zu 1500 ppm), - l,ZDichlorethan, - Trichlorethylen, - Tetrachlorethan.
1
Allgemeine Information
1 .I 1.2 1.3
Chloroform [67-66-31 Methan, TrichlorCHCl, Cl I CI-C-H
I
ci
1.4 1.5 1.6
Formylchlorid, Methantrichlorid Haloform/Chlormethan mindergiftig ( > 20%); R 22- 38-40-48/20/22 Die Verwendung von Chloroform als Pflanzenschutzmittel ist in der Bundesrepublik Deutschland verboten.
191
2 2.1 2.2 2.3 2.4 2.5 2.6 2.7
2.8
Ausgewahlte Eigenschaften 119,4
klare, stark lichtbrechende, farblose Fliissigkeit mit typischem, siifilichem Geruch 61,2"C
-63,5"C 200 mm Hg bei 25,90C/2,66.104 Pa 1,485 g/cm3 Wasser: 8220 mg/L bei 20°C; 7420 mg/L bei 25°C Chloroform ist leicht mischbar mit Benzol, Pentan, Hexan, Ethanol, Diethylether. In Anwesenheit starker Oxidationsmittel oder Licht zersetzt sich Chloroform unter Bildung von Phosgen und Chlor. In alkalischer U s u n g bilden sich in Gegenwart von Phenolen hydroxysubstituierte aromatische Aldehyde. Mit Aminen erfolgt eine Umsetzung unter Bildung von Isonitrilen. Chloroform ist nicht photolysestabil.
2.9 2.10 2.1 1 2.12 2.13 2.14
2,02 4,35.10P3 atm m3 mol-' bei 25°C 1,l (berechnet) 0,9 (berechnet)
3
Toxizitat
3.1
oral Ratte LD 50 300 mg/kg oral Hund LDL 0 1000 mg/kg 2400 mg/kg oral Maus LDL 0 8000 ppm iiber 4 h ihl Ratte LCL 0 10 pprn iiber 1 a ihl Mensch LDL 0 Bei oraler und inhalativer Aufnahme wirkt Chloroform narkotisierend; groRere Mengen fiihren zu Atemlahmung. Chronische Aufnahme von Chloroform fiihrt zu Schadigungen von Leber, Niere, ZNS und kardiovaskularem System. Chloroform ist vermutlich nicht mutagen. Die Angaben zur Genotoxizitat sind jedoch widerspriichlich. Irn Tierexperiment bei Ratten und Mausen ist der Stoff kanzerogen. Bei weiblichen Ratten wurden Schilddriisentumoren, bei mannlichen Ratten Leber- und Nierentumoren festgestellt. Tierexperimentell gibt es Hinweise fur eine fetotoxische Wirkung. Teratogene Effekte wurden nicht beobachtet. Bei oraler und inhalativer Aufnahme wird Chloroform im Organismus rasch resorbiert und iiber die Blutbahn verteilt. Sowohl bei inhalativer als auch oraler Aufnahme konnen zwischen 70-75'70 der Substanz in nicht metabolisierter Form iiber den Respirationstrakt abgeatmet werden. Insbesondere im
3.2 3.3
3.4
biologisch nicht leicht abbaubar cm3 Molekiile-' s - ' , t1/2 = 80 d koH = 2.
192
3.5
4
ZNS und in lipoidreichen Organstrukturen wie der Leber werden hohere Chloroformkonzentrationen festgestellt, was auf die Passage der Blut-HirnSchranke und eine eventuelle geringe Bioakkumulation des Stoffes hindeutet. An Leber- und Nierenproteine erfolgt eine ausgepragte kovalente Bindung. Veranderungen der Aktivitat von Enzymen wie Cytochrom P-450 sind nachgewiesen. Der Metabolismus erfolgt vermutlich uber Phosgen und andere reaktive Metabolite. Eine geringfugige Bioakkumulation erscheint moglich, ist jedoch fur die Toxizitat der Substanz ohne Bedeutung. Okotoxikoiogie
4.1 Aquatische Toxizitat 4.1.1 Die minimalen Konzentrationen fur die Reproduktionshemmung bei Bakterien liegen im Bereich von 125-4077 mg/L 4.1.2 Scenedesmus quadricauda TGK 1100 mg/L Microcystis aeruginosa TGK 185 mg/L 24h EC 0 62 mg/L 4.1.3 Daphnia magna 290 mg/L EC 50 500 mg/L EC 100 7,8 mg/L 48h EC 0 EC 50 29 mg/L 13 mg/L 21 d NOEL 4.1.4 Goldorfe Lc 0 118-147 mg/L 48 h 162-191 mg/L LC 50 176-200 mg/L LC 100 Regenbogenforelle 96 h LC 50 18 mg/L (Embryo) L c o 1-2 mg/L Scholle LC 50 28 mg/L 96 h 23 mg/L LC 0 4.2 Terrestrische Toxizitat keine Angaben 5
Exposition Fur Umwelteintrage von Chloroform gibt es eine Vielzahl moglicher Quellen. Die Konzentrationen in der Atmosphare liegen zumeist im Bereich < 0,l- 1,0 pg/m3; hohere Konzentrationen konnen in Innenraumen gemessen werden. In Oberflachenwasser liegen die Konzentrationen im Nano- bis Mikrogrammbereich; in Trinkwasser im Mikrogrammbereich. Fur den Menschen wird die jahrliche Aufnahme an Chloroform wie folgt geschatzt:
193 Maximal:
Minimal:
Mittel:
6
Expositionspfad Atmosphare Wasser Nahrung (gesamt) Atmosphare Wasser Nahrung (gesamt) Atmosphare Wasser Nahrung (gesamt)
Stoffmenge (mg/a/Person) 474 494 16,4 0,41 0,037 0,21
5,20 14,9 2,17
Umweltverhalten
Chloroform ist in der Umwelt nahezu ubiquitar. Ursachlich bedingt durch seine Wasserloslichkeit, Fliichtigkeit, Lipoidloslichkeit ist es durch eine relativ grorje Mobilitat in und zwischen den Umweltstrukturen charakterisiert. Halbwertszeiten in der Atmosphare zwischen 15 und 23 Wochen und im Wasser von 10. lo4 bis 14. lo6 Wochen deuten auf eine relativ grol3e Stabilitat in der Umwelt hin. Neben produktions- und anwendungsbedingten Emissionen gehoren die Wasserchlorung (Trinkwasser- und Abwasserchlorung), der Abbau von Tetrachlorethylen, Trichlorethylen und Dichloracetylchlorid sowie die Reaktion von Methanol und Chlor in der Atmosphare zu den ma& geblichen Kontaminationsquellen. Dariiber hinaus fiihrt die biogene Bildung sowie die Emission bei Vulkaneruptionen zu erheblichen Chloroformeintragen in Luft und Wasser. Die relativ geringe Geoakkumulationstendenz, verbunden mit einer vergleichsweise hohen Wasserloslichkeit, kann bei massiven Bodenverunreinigungen zu Migrationen des Chloroforms bis in grundwasserfiihrende Bodenschichten fiihren. Biologische Abwasseraufbereitungsprozerjstufen werden in ihrer Funktionsfahigkeit durch Chloroformkonzentrationen bis 10 mg/L nicht wesentlich beeintrachtigt. Die Grundbelastung der Atmosphare wird mit 0,50-0,l pg/m3 Chloroform angegeben. Demgegeniiber werden in Stadtgebieten bis zu 74 pg/m3 analysiert. In Trinkwassern sind bis zu max. 910 wg/L in Grundwassern bis zu max. 620 wg/L und in Oberflachenwassern bis zu max. 11 1 pg/L Chloroform nachgewiesen. Die mittleren gemessenen Konzentrationen liegen jedoch um 2 - 3 GroRenordnungen niedriger. Uferfiltrate belasteter Flunwasser enthalten bis zu 20 pg/L und stark belastete Abwasser bis zu 4000 pg/L der Verbindung. Fische in relativ wenig belasteten Wassern enthielten zwischen 56 und 1040 ng/kg und Mollusken zwischen 7 und 851 pg/kg Chloroform. In menschlichen Gewebeproben wurden bis zu 68 pg/kg analysiert.
194
7
Grenz- und Richtwerte
7.1
MAK-Wert:
7.2
7.3
8
10 mL/rn3, 50 mg/m3 (D) 111 B begrundeter Verdacht auf krebsausldsendes Potential (D) Trinkwasser: 300 pg/L (USA) 200 mg/L (WHO) 200 pprn Geruchsschwellenwert: Ausgehend von einem moglichen Krebsrisiko bei Chloroformexpositionen werden von der U. S. EPA folgende Grenzwertempfehlungen gegeben: Krebsrisiko Grenzwert (pg/L) lo-’ 0,021 0,21 2,l TA Luft: 20 mg/m3 bei einem Massenstrom von 0,l kg/h und mehr Abfallbeseitigung nach 0 2 Abs. 2 Abfallgesetz: Lijsemittel, Lack- und Farbschlamme, Anstrichrnittel Abfallschlussel 55 203 WGK 3
Abfall beseitigung
Chloroforrnruckstande konnen destillativ aufgearbeitet werden. Destillationsschlamrne werden durch Wasserdampfdestillation weiter konzentriert und nachfolgend in Sonderverbrennungsanlagen mit Rauchgaswasche beseitigt. Chloroformhaltige Ruckstande sind nicht deponiefahig.
9
Verwendung
-
Hauptverwendungszwecke: Kuhlmittel, Aerosolsprays, Extraktions- und Liisungsmittel in der chemischen Industrie, pharmazeutische Industrie, Kosmetikaherstellung u. a.
10
Umweltgefahrlichkeit
-
-
Chloroform ist giftig fur Wasserorganisrnen. Invertebraten sind empfindlicher als Fische. Aufgrund der Fluchtigkeit ist jedoch nicht rnit Iangeren Verweilzeiten in Wasser zu rechnen, so daR langerfristige Expositionen von Wasserorganismen gegenuber hohen Konzentrationen nicht zu erwarten sind. In Troposphare und Stratosphare wird Chloroform durch OH-Radikale bzw. durch kurzwellige Strahlung (<290 nm) abgebaut.
195 Literatur
GDCh: BUA Stoffiericht, Nr. 1, Chloroform. VCH Weinheim, 1985 Environmental Protection Agency: Chloroform, Position, Document 2, Office of Pesticides and Toxic Substances. Washington, D.C., September 1982 IARC: Monographs on the Evaluation of the Carcinogenic Risk of Chemicals to Humans. Volume 20, Some Halogenated Hydrocarbons. Lyon, 1979
196
Chloropren [126-99-81 Die Herstellung von Chloropren erfolgt nach zwei technischen Verfahren: - Umsetzung von Acetylen rnit Chlorwasserstoff, - Urnsetzung von Butadien rnit Chlor. Chloroprenhaltige Abfalle entstehen insbesondere bei der Produktsynthese und bei der Emulsionspolymerisation. Der Gesarntverbrauch an Chloropren in der Bundesrepublik Deutschland betragt ca. 52 000 t/a. Die Weiterverarbeitung erfolgt zu Polychloropren. Die Produktionskapazitat betragt weltweit 1989 ca. 590000 t/a.
1
Allgemeine Informationen
1 .I 1.2 1.3
Chloropren [126-99-8) 1,3-Butadien, 2-ChlorC4HSCl
1.4 1.6
Chlorbutadien Chlordiene rnindergiftig, leicht entzundlich; R 1 1 - 20/22- 36
2
Ausgewahlte Eigenschaften
2.1 2.2 2.3 2.4 2.5 2.6 2.7 2.8
88,54 farblose, leicht fluchtige Flussigkeit mit atherischem Geruch 59,4 "C - 130°C 230-267 hPa 20°C 0,96 g/cm3 Wasser: 0,256 g/L 20°C Aufgrund der beiden Doppelbindungen irn Molekiil ist die Verbindung aunerordentlich reaktiv. Bei Raumtemperatur erfolgt selbst unter Lichtausschlufl spontane Polyrnerisation. Additionsreaktionen erfolgen haufig explosionsartig. Die Lagerung und der Transport von Chloropren erfolgen unter Zusatz von Stabilisatoren bei - 10 "C. 1,73/2,06 7,95. lo3 Pa rn3/moi 1,98 (berechnet) 2,06 (berechnet) biologisch nicht leicht abbaubar KOH = 4,6. lo-" crn3 Molekiile-' s-'; tIl2 = 0,3 d
1.5
2.9 2.1 0 2.1 1 2.12 2.1 3 2.14
197
3
Toxizitat
3.1
3.5
oral Ratte LD 50 251/900 mg/kg 146/260 mg/kg oral Maus LD 50 LC 50 11800 mg/m3 4 h ihl Ratte LC 50 1300 mg/m3 2 h ihl Maus Bei oraler, dermaler und inhalativer Aufnahme bei wiederholter Applikation kommt es bei Ratten und Mausen zur Retardierung des Ukpergewichtes, zu Gewichtsveranderungen bzw. Schadigungen von Leber, Nieren, Milz, Lunge und Gehirn. Die Untersuchungsergebnisse zur Mutagenitat von Chloropren sind widerspriichlich. Kanzerogene Wirkung konnte in verschiedenen Studien nicht festgestellt werden. In verschiedenen Tierexperimenten wurden reproduktionstoxische Effekte bei inhalativer Exposition beobachtet. Die Resorption von Chloropren erfolgt rasch. Aktivitatsveranderungen verschiedener Enzyme sind festgestellt. keine Bioakkumulation
4
Okotoxizitat
3.2
3.3
3.4
4.1 Aquatische Toxizitat 4.1.1 Bei E. coli und Pseudomonas fluorescens sind 1000 mg Chloropren/L ohne Wirkung auf das Wachstum. 4.1.2 Kieselalge 7d EC 50 380 mg/L 24 h EC 0 100 mg/L 4.1.3 Daphnia magna 348 mg/L EC 50 ECIOO 800 mg/L 100 mg/L uber 21 d fiihren zu einer 54,7%igen Reproduktionsrate im Vergleich zur Kontrollgruppe. 200 mg/L 4.1.4 Goldorfe 96 h LC 0 500 mg/L 4,5h LCIOO 96 h LC 50 245 mg/L Blauer Sonnenbarsch 4.2 Terrestrische Toxizitat keine Angaben
5
Exposition Der Eintrag von Chloropren in die Umwelt erfolgt bei Herstellung und Verarbeitung vorzugsweise uber Abluft und Abwasser, wobei letzterer vernachlassigbar gering ist. Der Eintrag in Oberflachenwasser betragt < 20 kg/a, in die Atmosphare ca. 30 t/a. Die Eintrage aus dem Verwendungsbereich (Polychloropren) und bei der Entsorgung von Abfallen sind gering. Der Gesamteintrag in die Umwelt wird auf max. 33 t/a geschatzt. Expositionen des Menschen iiber Umweltmedien sind nicht quantifizierbar, jedoch aufgrund des raschen Abbaus in Luft kaum zu erwarten.
198
6
Umweltverhalten
In die Umwelt eingetragenes Chloropren gelangt aufgrund seiner physikalisch-chemischen Eigenschaften fast vollstandig in die Atmosphare und wird dort relativ rasch abgebaut. Die Halbwertszeiten fur den Abbau durch OHRadikale und durch Ozon betragen ca. 2 h bzw. 21 h. Eine Bio- und Geoakkumulation ist nicht zu erwarten.
7
Grenz- und Richtwerte
7.1
MAK-Wert:
7.2 7.3
8
10 mL/m3 (ppm), 36 mg/rn3 (D) Gefahr der Hautresorption Geruchsschwellenwert: 139 - 277 ppm 0,lO g/m3 bei einem Massenstrorn von 2 kg/h TA Luft: und mehr Abfallbesei tigung
Abfalle aus der Produktion sind in einer Sonderabfallverbrennungsanlage zu entsorgen. Polychloroprenhaltige Abfalle k6nnen auf geordneten Deponien gelagert werden. 9
Verwendung
Chloropren wird nur als Polychloropren weiterverarbeitet; vorzugsweise zur Herstellung von Chloropren-Kautschuk und Latizes. 10
Umweltgefiihrlichkeit
Chloropren ist als unkritisch beziiglich seiner Giftigkeit fur Wasserorganismen zu charakterisieren. Aufgrund des Verteilungsverhaltens und des raschen Abbaus in Luft sind langfristige Schadigungen von Freilandorganismen nicht zu erwarten. Literatur GDCh: BUA Stoffbericht Nr. 87, Chloropren. VCH Weinheim, 1991
199
Chrom [7440-47-31 und Chromverbindungen Trotz der weiten Verbreitung des Elementes Chrom, z. B. rnit durchschnittlich 125 mg/kg in der Erdkruste, erreichen die natiirlicherweise in Hydro- und Atmosphare analysierten Konzentrationen selten die Nachweisempfindlichkeit der gegenwartig angewandten Analysenverfahren. Der Background-level der Atmosphare wird rnit etwa 5 pg/m3 angegeben. Entsprechende Konzentrationen in Gewassern erreichen Werte von < 1 pg/L. Boden erreichen durchschnittlich 2 - 60 mg Chrom/kg, welches fur Pflanzen nur teilweise bioverfugbar ist. Pflanzen enthalten bis zu 190 pg Chrom/kg NaRgewicht. In Umweltkompartimenten analysiertes 6wertiges Chrom resultiert nahezu ausschliefllich aus anthropogen bedingten Eintragen. 1985 wurden weltweit ca. 11 Mio. t Chromerz abgebaut, was in etwa einer Chrommenge von 5 Mio. t/a entspricht. Natiirlicherweise kommt Chrom in den Oxidationsstufen 3 + und 6 + in Form von Chrom(II1)- und Chrom(V1)-Verbindungen vor. 2wertiges Chrom ist instabil und wird bereits durch Luft zu Chrom(II1) oxidiert. Chrom(V1)-Verbindungen sind gut wasserloslich, werden jedoch unter natiirlichen Bedingungen in Gegenwart organischen, oxidierbaren Materials schnell zu den weniger wasserloslichen, stabilen Chrom(II1)-Verbindungen reduziert. Der umgekehrte ProzeR ist temperaturabhangig und verlauft vergleichsweise langsam. Durch Sorptionsprozesse an Magnesium- und Calciumverbindungen wird die Oxidationsgeschwindigkeit weiter vermindert. Im Hinblick auf das Umweltverhalten leitet sich somit fur Chrom(II1)-Verbindungen im Gegensatz zu Chrom(V1)-Verbindungen eine hohe Stabilitat ab. Sechswertiges Chrom liegt in wainriger Ltisung vorzugsweise in anionischer Form vor, und wird deshalb in alkalischem Milieu kaum ausgefallt. Hydrochromat, Chromat und Dichromat zahlen zu den wichtigsten umweltrelevanten Chrom(V1)- Anionen. In stark alkalischer oder neutraler Liisung iiberwiegt die Chromatform, wahrend bei niedrigem pH-Wert die Dichromatform bevorzugt ist. In natiirlichen Wassern kommt das Element vorzugsweise in Form von Hydrochromatanionen vor. Dreiwertiges Chrom bildet hexavalente Komplexe. Die Komplexbildungstendenz beispielsweise mit Carboxylgruppen ist dabei Grundlage der koordinativen Bindung an Aminosauren, Nucleinsauren und Nucleoproteine. Im Zusammenhang rnit der vermuteten karzinogenen bzw. kokarzinogenen Wirkung gewinnen gerade diese Reaktionen besondere Bedeutung. Im Gegensatz zu Chrom(II1) ist Chrom(V1) in nahezu allen Testsystemen zur Ermittlung mutagener Wirkung aktiv. Die karzinogene Wirkung von Chrom(V1)-Verbindungen ist sowohl im Tierexperiment nachgewiesen als auch durch die Ergebnisse epidemiologischer Studien an beruflich exponierten Bevolkerungsgruppen unterstutzt. Die entsprechenden Latenzzeiten werden rnit etwa 10- 27 Jahren angegeben. Synergistische Effekte sind bei kombinierten Expositionen gegeniiber Chrom und Zink sowie Chrom und Viren festgestellt. Im Gegensatz zu Chrom(V1)- sind Chrom(II1)Verbindungen weniger wirksam. Eine karzinogene Wirkung konnte bislang nicht
eindeutig bestatigt werden. Vermutlich handelt es sich jedoch um ultimative Karzinogene. Akute Intoxikationen manifestieren sich bei Chrom(V1)-Verbindungen u. a. in Nierenschadigungen. Chronische Intoxikationen konnen zu Veranderungen des Gastrointestinaltraktes sowie zur Akkumulation in Leber, Niere, Schilddriise und Knochenmark fiihren. Damit verbunden ist eine geringe Ausscheidungsrate. In aquatischen Systemen schwankt die Toxizitat loslicher Chromverbindungen in Abhangigkeit von pH, Temperatur und Wasserharte sowie der Spezies. Bei der Beurteilung der Mobilitat von Chrom in der Pedosphare ist die adsorptive und reduzierende Kapazitat von Boden und Sedimenten zu beachten. Da die Oxidation von Chrom(II1)- zu Chrom(V1)-Verbindungen naturlicherweise kaum erfolgt, ist in aquatischen Systemen nur eine geringfugige Remobilisierungstendenz fur sedimentierte Chrom(II1)hydroxide zu erwarten. Chromhaltige Abfalle sind insbesondere aufgrund ihres Verhaltens im geologischen Untergrund bei Deponieablagerungen kritisch zu bewerten. In alkalischem Milieu sind Chromate schatzungsweise bis zu 50 Jahren stabil und migrieren selbst durch bindige Boden bis in grundwasserfuhrende Schichten. Liteiatur Friberg, L. Nordberg, 0. F. Vouk, V. B. (eds.): Handbook on the Toxicology of Metals. Elsevier, Amsterdam, 1988; pp 185-210. Hyes, R. B.: Carcinogenic Effects of Chromium. In: Langard (ed.): Biological and Environmental Aspects of Chromium. Elsevier Biomed. Press (1982): 222-247 IARC: Monographs on the Evaluation of the Carcinogenic Risk of Chemicals to Humans. Volume 23, Some Metals and Metallic Compounds. Lyon, 1980 Langard (ed.): Biological and Environmental Aspects of Chromium. Elsevier Biomed. Press (1982): 171 -208 kvis, A. G., Bianchi, V.: Mutagenic and Cytogenetic Effects of Chromium Compounds. In: Merian, E. (Hrsg.): Metalle in der Umwelt. Verlag Chemie, Weinheim, 1984, S. 409-424. Stern, R. M.: Chromium Compounds: Production and Occupational Exposure. The Danish Welding Institute Report 82. 03, Glostrup, Denmark, 1982 WHO: IPCS Environmental Health Criteria 61, Chromium. Geneva, 1988
Natriumdichromat [10588-01-91 1
Allgemeine Informationen
1.1 1.2 1.3
Natriumdichromat [10588-01-91 Chromsaure, Dinatriumsalz Na2Cr2O7.2 H 2 0 Natriumpyrochromat Chrom(V1)-Verbindungen (Chromate) reizend
1.4 1.5
1.6
20 1 2
Ausgewahlte Eigenschaften
2.1 2.2 2.3 2.4 2.5 2.6 2.7
2.9 2.10 2.1 1 2.12 2.13 2.14
298,i orangerote, hygroskopische Kristalle bei 450 "C erfolgt Zersetzung 320 "C keine Angaben 2,52 g/cm3 bei 20°C Wasser: 2380 g/L bei 0 ° C 1800 g/L bei 20°C Methanol: 513 g/L bei 19°C Natriurndichrornat ist ein starkes Oxidationsmittel und reagiert sehr leicht mit oxidierbaren Stoffen. entfallt entfiillt ent fallt ent fallt entfallt entfallt
3
Toxizitat
3.1
3.5
Chrom(V1)-Verbindungen beeinflussen bei Dosen von > 10 rng/kg den Magen-Darm-Trakt und die Nieren. oral Mensch LD 6-8 g Kontaktallergen; Gewebenekrosen an Schleimhguten Zielorgane chronischer Effekte sind Lunge, Nieren, Leber und MagenDarm-Trakt. 6wertige Chromverbindungen sind in verschiedenen Testsystemen mutagen (Chromosomenaberration, Sister-Chromatid-Austausch). Im Tierexperiment sind 6wertige Chromverbindungen krebsauslbsend. Epidemiologische Studien an beruflich Exponierten weisen ebenfalls auf das kanzerogene Potential von Chrom(V1)-Verbindungen hin. Reproduktionstoxische Effekte sind nicht festgestellt. 6wertiges Chrom wird nur zu geringen Teilen (3-6070) uber den MagenDarm-Trakt resorbiert. Die Ausscheidung erfolgt iiber den Urin, wobei die ausgeschiedene Menge in etwa der mit der Nahrung taglich aufgenommenen Menge entspricht. Inhalativ aufgenommenes Chrom kann in der Lunge akkumulieren. keine Angaben
4
Okotoxizitiit
2.8
3.2 3.3
3.4
4.1 Aquatische Toxizitat 4.1.1 Im Konzentrationsbereich von 0,05 bis 5 mg/L wirkt Chrom toxisch bei Mikroorganismen.
4.1.2 keine Angaben 4.1.3 Daphnia magna Invertebraten 4.1.4 Fathead minnow Regenbogenforelle
21 d
NOEC EC 50 Lc 50 LC 50
0,Ol 0,067-59,9 17,5- 249 0,265-2,0
mg mg mg mg
Chrom/L Chrom/L Chrom/L* Chrom/L**
* Kurzzeitexposition ** Langzeitexposition 4.2 Terrestrische Toxizitat 4.2.1 30-60 mg Chrom/L fuhren uber 3 Tage zum Absterben von Sojabohnen. Expositionen von Pflanzen gegenuber 6wertigem Chrom fuhren zu Minderungen des Chlorophyllgehaltes und zur Chlorose. 4.2.2 Protozoen, Pilze und Algen konnen Chrom absorbieren. Intoxikationen treten auf im Bereich von 0,05 bis 5 mg Chrom/kg Boden. 5
Exposition
Die Chromaufnahme durch den Menschen ist regional sehr unterschiedlich und wird mit 50 bis 200 pg/Person Tag angegeben, wobei nicht zwischen 3und 6wertigem Chrom unterschieden wird. 50 bis 200 pg Chrom/d werden auch als fur den Menschen essentiell angesehen. 6
Umweltverhalten Unter naturlichen Bedingungen, insbesondere in Anwesenheit organischen Materials, erfolgt eine schnelle Reduktion von Dichromat unter Bildung wenig wasserloslicher Chrom(II1)-Verbindungen. In aquatischen Systemen konnen sich bildende Chrom(1II)hydroxide sedimentieren. In Abhangigkeit vom pH-Wert erfolgt die Reduktion in saurem Milieu schneller als im alkalischen Bereich. Damit im Zusammenhang steht die Variationsbreite toxischer Wirkquantitaten von Chromaten gegenuber aquatischen Organismen. Die Mobilitat von Chromaten in Boden wird marjgeblich von den Milieueigenschaften pH-Wert, Temperatur, Sorptionskapazitat und Redoxpotential bestimmt. Migrationen von Chromationen in grundwasserfuhrende Schichten sind moglich. Demgegeniiber fuhrt die Chromatreduktion zur Chromfixierung in Boden infolge der verminderten Wasserloslichkeit. Bodenmigrationen sind allerdings nicht auszuschlierjen.
7
Grenz- und Richtwerte
7.1
MAK-Wert: Alkalichromat
7.2
Trinkwasser:
111 B begrundeter Verdacht auf krebserzeugendes Potential (D) 50 pg/L als Cr (D) 50 pg/L als Cr (WHO)
203 7.3
TA Luft: Abfallbehandlung nach $ 2 Abs. 2 Abfallgesetz:
Abwasseranlagen:
8
5 mg/m3 bei einem Massenstrom von 25 g/h oder mehr
Chrom(V1)-haltige Konzentrate, Bader Abfallschliissel 527 12 Chrom(V1)-haltige Halbkonzentrate Abfallschliissel 5271 8 2 mg/L als Cr
Abfallbeseitigung Usliche Chromate und Dichromate werden reduziert und in Form von Chrom(II1)hydroxiden gefallt. Die anfallenden Schlamme k6nnen durch Teilentwasserung stichfest und ablagerungsfahig gemacht werden. Die Reduktion erfolgt u. a. mit Natriumsulfit in schwefelsaurer Liisung. Die Ablagerung erfolgt auf Sonderdeponie. Bei der Deponie chromathaltiger Riickstande oder Abprodukte ist eine Mischdeponie empfehlenswert, um den ReduktionsprozeB zu initiieren. Die Verbrennung Chrom-(111)-haltiger Schlamme sollte aufgrund einer moglichen Chromatbildung vermieden werden.
9
Verwendung Chromate werden vorzugsweise in der Metallveredelung, der Leder- und Textilindustrie sowie zur Herstellung von Farbstoffen und Pigmenten verwendet.
10
Umweltgefahrlichkeit 6wertige Chromverbindungen sind sehr giftig fur Wasserorganismen, wobei Invertebraten empfindlicher sind als Fische und Bakterien. In terrestrischen Pflanzen ist Chrom ubiquitar. Nicht geklart ist, ob Chrom fur Pflanzen essentiell ist.
204
Dibromethan [106-93-41 Die Herstellung von Dibromethan erfolgt durch Umsetzung von Ethylen mit Brom bzw. von Acetylen mit Bromwasserstoff. 1973 wurden in den USA ca. 130000 t/a hergestellt. Die Produktionsmenge in der Bundesrepublik Deutschland betrug 1985 ca. 2000 t/a. Weltweit ist ein Produktionsriickgang zu verzeichnen. 1
Allgemeine Informationen
1.1 1.2 1.3
Dibromethan [ 106-93-41 Ethan, 1,2-DibromC2H4Br2
Br H I
I
H-C-C-H I I H Br
1.4 1.5 1.6
Ethylendibromid, Ethylenbromid Alkylbromid giftig; R 45-23/24-25-36/37/38
2
Ausgewahlte Eigenschaften
2.1 2.2 2.3 2.4 2.5 2.6 2.7
2.9 2.10 2.1 1 2.12 2.13 2.14
187,87 farblose, stark lichtbrechende Fliissigkeit mit chloroformartigem Geruch 131,4 "C 10°C 11,3 mbar bei 2O0C/1,13~1O3Pa 2,2 g/cm3 Wasser: 4,3 g/L mischbar mit Alkoholen und Estern Unter Lichteinwirkung zersetzt sich die Substanz langsam unter Freisetzung von Brom (Braunfarbung bei Iangerem Stehen). Mit Alkalien, Aluminium, Magnesium, Natrium und Kalium erfolgt heftige Reaktion. Dibromethan ist nicht brennbar. 271 6 , l fl o p 4 atrn m3 mol-' (experimentell) 2,68 2,93 biologisch nicht leicht abbaubar kOH = 2,5-10-'3 cm3 Molekiile-' s-'; tlI2 = 60 d
3
Toxizitat
3.1
oral oral
2.8
Ratte Maus
LD 50 LD 50
140 mg/kg 250 mg/kg
205
3.5
oral Kaninchen LD 50 55 mg/kg 110 mg/kg oral Meerschweinchen LD 50 Dibromethan wirkt stark haut- und schleimhautreizend, verursacht bei Aufnahme hoher Konzentrationen Harnvergiftungen, Leber- und Nierenschaden. Bei langerfristiger Aufnahme kommt es zu Leber-, Nierenschaden und Veranderungen des ZNS. Dibromethan ist im Tierexperiment kanzerogen und wird auch beim Menschen als Kanzerogen angesehen. Die Resorption erfolgt sowohl bei inhalativer, dermaler als auch bei der Aufnahme durch den Gastrointestinaltrakt sehr schnell. Verbunden damit ist eine schnelle Distribution in lipoidreiche Organstrukturen und Gewebe. Die Passage der Blut-Hirn-Schranke fiihrt zu narkotisierenden Wirkungen nach inhalativer Aufnahme. Neben Nieren- und Leberschadigungen sind insbesondere bei akuten Intoxikationen Haut- und Schleimhautveranderungen festgestellt. keine Bioakkumulation zu erwarten
4
Okotoxizitat
4.1
Aquatische Toxizitat keine Angaben Terrestrische Toxizitat keine Angaben
3.2 3.3 3.4
4.2
5
Exposition keine Angaben
6
Umweltverhalten Das Umweltverhalten von Dibromethan wird u. a. durch die hohe Wasserloslichkeit und Fluchtigkeit und die damit verbundene geringe Bio- und Geoakkumulationstendenz gepragt. In und zwischen Hydro-, Pedo- und Atmosphare ist eine relativ hohe Stoffmobilitiit zu erwarten. Bevorzugt ist mit einem Stofftransport und der Verteilung in Hydro- und Atmosphare zu rechnen. Uber das biologische Abbauverhalten in der Umwelt ist nichts bekannt. In der Atmosphare erfolgt ein Abbau durch OH-Radikale. Bei Bodenkontaminationen sind Migrationen in grundwasserfiihrende Bodenschichten moglich.
7
Grenz- und Richtwerte
7.1 1.2 7.3
MAK-Wert: keine Angaben TA Luft: WGK 3
I11 A2 krebserzeugend (D) 5 mg/m3 bei einem Massenstrom von 25 g/h und mehr
206
8
Abfallbeseitigung Eine Deponie von Ruckstanden ist auszuschliel3en. Die Aufarbeitung sollte durch Destillation mit nachfolgender Verbrennung der Destillationsruckstande erfolgen (Rauchgaswasche).
9
Verwendung Antiklopfmittel mit Bleitetraetyl; Bodenrauchermittel (Nematizid)
10
Umweltgefihrlichkeit Aufgrund fehlender Daten ist eine Beurteilung der Umweltgefahrlichkeit nicht moglich.
Literatur GDCh: BUA Stoffbericht Nr. 66, Dibromethan. VCH Weinheim, 1992
207
Dichlorbenzole [25321-22-61 Dichlorbenzol kommt in drei isomeren Formen als 1,2-, 1,3- und 1,4-Dichlorbenzol vor. Kommerzielle Bedeutung haben vorzugsweise die 1,2- und 1,4-Isomere. Die jahrliche Produktionsmenge wird in den USA auf etwa 50000 t geschatzt. Produktions- und anwendungsbedingte Emissionen in Hydro- und Atmosphare erreichen global GrdBenordungen von etwa 40000 t 1,2-Dichlorbenzol und 80000 t 1,4-DichIorbenzol. In der EG wurden 1987 22000 t/a o-Dichlorbenzol, 1 000 t/a m-Dichlorbenzol und 24000 t/a p-Dichlorbenzol hergestellt. In der Bundesrepublik Deutschland betrug die Herstellungsmenge an p-Dichlorbenzol 1980 ca. 25 000 t/a. Neuere Angaben liegen nicht vor.
1
Allgemeine Informationen
1.1 1.2
Dichlorbenzole [25321-22-61 Benzol, 1,2-Dichlor- [95-50-11 Benzol, 1,3-Dichlor- [541-73-11 Benzol, 1,4-Dichlor- [ 106-46-71
1.3
C6H4C12
C1
1,ZDCB 1.4
1,3-DCB
1,4-DCB
I .5 1.6
o-Dichlorbenzol (0-DCB), m-Dichlorbenzol (m-DCB), p-Dichlorbenzol (P-DCB) chlorierte Aromaten 1,2-DCB: mindergiftig; (>20%); R 22 - 36/37 - 38 I ,3-DCB: mindergiftig; R 22 1,6DCB: mindergiftig; R 22- 36/38
2
Ausgewahlte Eigenschaften
2.1 2.2 2.3
147,Oi 1,2-DCB und 1,3-DCB sind fliissig, 1,4-DCB ist ein kristalliner Feststoff 1,2-DCB 179 "C 1,3-DCB 172 "C 1 ,4-DCB 174 "C 1,2-DCB - 17,6"C 1,3-DCB -24,2 "C 1,4-DCB 53 "C
2.4
208 2.5
2.6
2.7
2.8 2.9 2.10
2.11 2.12 2.13
2.14
1,2-DCB 133,3 Pa 20°C 1,3-DCB 6,66.102 Pa 39°C 1,4-DCB 53,3 Pa 25 "C 1,2-DCB 1,30 g/cm3 1,3-DCB 1,29 g/cm3 1,4-DCB 1,250 g/cm3 Wasser: 1,2-DCB 145 mg/L/92,3 mg/L 1,3-DCB 132 mg/L/124 mg/L 1,4-DCB 40 mg/L/94 mg/L Dichlorbenzolisomere sind in allen aromatischen und halogenierten Kohlenwasserstoffen gut loslich. s. Chlorbenzole 1,3-DCB 3,44-3,9; 1,2-DCB 3,19-4,36 1,bDCB 3,37 -3,39 1,ZDCB l,2.10-3 atm m3 mol-' 1,8.10-3 atm m3 mol-' 1,3-DCB 1,CDCB 1,5*10-3 atm m3 mol-' 1,2-DCB 2,5; 1,3-DCB 2,45; 1,CDCB 2,7-3,3 1,2-DCB 3,55; 1,3-DCB 3,6: 1,CDCB 3,6 1,2-DCB: biologisch nicht leicht abbaubar 1,3-DCB: biologisch njcht leicht abbaubar 1,4-DCB: biologisch leicht abbaubar koH = 4-10-'3 cm3 Molekiile-' s-'; ti/* = 40 d 1,2-DCB: koH = 7.10-'3 cm3 Molekiile-' s-'; t i 1 2 = 23 d 1,3-DCB: koH = 4.10-13 cm3 Molekiile-' s-'; t1/2 = 40 d 1,4-DCB:
3
Toxizitat
3.1
LD 50 500 mg/kg Ratte oral 500 mg/kg LD 50 oral Ratte 0 300 mg/kg TDL Mensch oral Bei chronischen Intoxikationen treten Leber, Nieren- und ZNS-Schadigungen auf. Hamolytische Vergnderungen sind festgestellt. Dichlorbenzole sind im Ames-Test nicht mutagen. Zur Kanzerogenitat liegen keine eindeutigen Befunde vor. Im Organismus erfolgt eine relativ schnelle Verteilung in Abhangigkeit vom Organfettgehalt. Bevorzugt ist die Bindung an Leberproteine. Die Leber ist das metabolisierende Organ und transformiert Dichlorbenzole zu den entsprechenden Dichlorphenolen, die als Konjugate uber den Urin ausgeschieden werden. Bioakkumualtion ist zu erwarten.
3.2 3.3 3.4
3.5
1,2-DCB: 1,CDCB:
209 4
4.1 4.1.1 4.1.2
4.1.3
4.1.4
4.2
5
Gkotoxizitat
1,3-Dichlorbenzol-Eintrage in die Urnwelt sind von geringer Bedeutung. Irn folgenden werden nur 1,2- und 1,4-Dichlorbenzol betrachtet. Aquatische Toxizitat 1,2-DCB 5 100 rng/L EC 50 Tetrahymena pyriformis 24 h 1,2-DCB 17 rng/L EC 50 Scenedesmus pannonicus 1 ,4-DCB 31 rng/L EC 50 Scenedesmus pannon icus 1,2-DCB 16 prnol/L LC 50 48 h Daphnia magna 0,74/2,4 mg/L EC 50 48 h 1,7/45/68 rng/L EC 50 24 h 1/19/21 mg/L 24 h EC 0 0,63 mg/L NOEC 21 d 1,CDCB 0,5 mg/L NOEC 21 d Daphnia magna 0,7/11 mg/L EC 50 48 h 0,68 mg/L EC 0 48 h 1,2 DCB LC 0 4/13 mg/L 48 h Goldorfe LC 50 29/20 rng/L 48 h LC 48 h 86/26 mg/L 100 5/5/27 mg/L LC 50 96 h Blauer Sonnenbarsch 9,6 mg/L LC 50 96 h Fathead minnow 1,4-DCB 4,3 mg/L LC 50 96 h Blauer Sonnenbarsch 5,6 mg/L 96 h LC 0 Schafkopfelritze 7,4 rng/L LC 50 96 h LC 50 4,O mg/L GUPPY terrestrische Toxizitat keine Angaben Exposition
Der Eintrag von 1,2- und 1,4-Dichlorbenzol erfolgt uber Abwasser (industriell; bei 1 ,4-Dichlorbenzol vorwiegend kornrnunal) oder Abluft. Insbesondere durch die Verwendung von 1,4-Dichlorbenzol im Hygienesektor erfolgt ein Eintrag in die Luft (Innenraumluft (Japan) bis zu 100 pg/m3). Dichlorbenzole sind in Abwasser, Oberflachen-, Grund- und Binkwasser im Mikrogramrnbereich nachgewiesen. Eine Quantifizierung der Umweltexposition ist jedoch auf der Grundlage der verfiigbaren Daten nicht moglich.
210 Die Exposition des Menschen iiber Trinkwasser und Luft wird wie folgt geschatzt: Tagliche Aufnahme/Person Jahrliche Aufnahme/Person (mg) (ms) Trinkwasser minimal maximal
6-10-6 6*1O-’
2,2. I O - ~ 2,2.
Luft minimal maximal
0,0173 19,55
0,63 7136
Damit iiberwiegt die Aufnahme von Dichlorbenzolen uber die Luft. 6
Umweltverhalten Dichlorbenzole sind relativ leichtfluchtig und besitzen mit 40 - 145 mg/L noch eine nennenswerte Wasserloslichkeit, was zu einer gewissen Mobilitat in Wasser und Luft fuhrt. Aufgrund der Verteilungstendenz zwischen Luft und WassedBoden ist das Zielkompartiment von Umwelteintragen vorwiegend die Luft. Der Verteilungskoeffizient n-Octanol/Wasser log Pow > 3 deutet auf die Tendenz zur Bio- und Geoakkumulation hin. Die Stoffe sind persistenter als Chlorbenzol gegeniiber Photolyse und Bioabbau. Bei massiven Bodeneintragen sind Grundwasserkontarninationen nicht auszuschliefien. Insbesondere 1,4-DCB konnte in Grundwiissern verschiedentlich nachgewiesen werden.
7
Grenz- und Richtwerte
7.1
MAK-Wert: 1,2-DCB: 1,4-DCB: 1,2-DCB: 1,4-DCB: Trinkwasser: 1,2-DCB: 1,4-DCB: TA Luft: 1,2-DCB: 1,4-DCB: WGK:
7.2
7.3
8
50 mL/m3 (ppm), 300 mg/m3 (D) 75 mL/m3 (ppm), 450 mg/m3 (D) 50 ppm (USA) 75 ppm (USA)
4,4 mg/L (USA); 1000 pg/L (WHO) 6,2 mg/L (USA); 300 pg/L (WHO)
20 mg/m3 bei einem Massenstrom von 0,l kg/h und mehr 0,l g/m3 bei einem Massenstrom von 2 kg/h und mehr 1,2-DCB-WGK 2; 1,3-DCB-WGK 2; 1,4-DCB-WGK 2
Abfallbeseitigung Dichlorbenzolhaltige Abfalle sollten in einer Sonderabfallverbrennungsanlage beseitigt werden; Ablagerung kleinerer Mengen nur auf Sonderdeponien.
21 1
9
Verwendung Dichlorbenzole werden vorwiegend als Zwischenprodukte bei der Farbstoffund Herbizidsynthese sowie als Liisemittel verwendet. 1,CDCB: Sanitarbereich, Mottenschutzmittel
10
Urnweltgefahrlichkeit Aufgrund der irkotoxikologischen Wirkdaten sind Dichlorbenzole als giftig gegenuber Wasserorganismen zu charakterisieren. Invertebraten und Vertebraten sind besonders empfindlich. Obwohl 1,2- und 1,CDCB in Oberflachengewassern nachgewiesen wurden, liegen die Stoffmengen um GroBenordnungen unter den fur Freilandorganismen akut und chronisch toxischen Konzentrationen. Zu beachten ist allerdings die Bioakkumulation bei Wasserorganismen.
Literatur GDCh: BUA Stoffbericht Nr. 53, 1,2-Dichlorbenzol. VCH Weinheim, 1991
212
-
1,2 Dic hIoret han [107-06-21 Die groljtechnische Herstellung von 1,2-Dichlorethan erfolgt durch Umsetzung von Acetylen mit HCl oder Ethylen mit Chlor bzw. durch Oxychlorierung von Ethylen. Das technische Produkt enthalt als Verunreinigungen u. a. Trichlorethan, Dichloralkylverbindungen und eine Reihe ungesattigter Verbindungen. Im Gegensatz zum 1 ,I-Dichlorethan besitzt das 1,2-Isomer als Zwischenprodukt fur die Synthese anderer organischer Stoffe grorjere kommerzielle Bedeutung. Die globalen Produktionsmengen werden mit etwa 13000000 t/a angegeben und liegen damit weit iiber denen anderer chlorierter aliphatischer Kohlenwasserstoffe. Die jahrlichen produktions- und verwendungsbedingten Dichlorethanemissionen werden auf 1 - 10% der Produktionsmenge geschatzt. Dabei erfolgt der Haupteintrag in die Atmosphare. 1
Allgemeine Informationen
1.I
Dichlorethan [I 07-06-21 Ethan, 1,2-Dichlor-
1.2 1.3
C2H4C12
C1 H
I
1
I
I
H-C-C-H
H C1
1.6
Ethylendichlorid, Chlorethylen Chloralkylverbindungen giftig, leichtentziindlich; R 45 - 11 -22- 36/37/38
2
Ausgewiihlte Eigenschaften
2.1 2.2 2.3 2.4 2.5 2.6 2.7
98,945 klare, farblose, olige Fliissigkeit mit chloroformartigem Geruch 83,5 "C -35,4"C 87 mbar bei 20"C/8,7.103 Pa 1,25 g/cm3 bei 20°C; 1,28 g/cm3 bei 0°C Wasser: 8869 mg/L bei 0 ° C 8850 mg/L bei 20°C 9840 mg/L bei 30°C In den meisten organischen Lijsungsmitteln gut loslich. In wahiger Ldsung bzw. in Gegenwart von Wasser bei Temperaturen zwischen 160 und 175 "C erfolgt hydrolytische Zersetzung unter Bildung von Ethylenglycol und Formaldehyd. In trockenem Zustand ist die Verbindung stabil. Bei 600 "C erfolgt Zersetzung unter Bildung von Vinylchlorid, Chlor-
1.4 1.5
2.8
213
2.9 2.10 2.1 1 2.12 2.13 2.14
wasserstoff und Acetylen. Unter Normalbedingungen erfolgt keine oxidative Stofftransformation. Beide Chloratome sind reaktiv. Polyethylen und Aluminium werden durch Dichlorethan angegriffen. 1,7 (berechnet); 1,48 (gemessen) 9,14.10-4 atm m3 mol-' 0,9 (berechnet) 0,85 (berechnet) biologisch nicht leicht abbaubar koH = 6,5-1O-I4 cm3 Molekule-' s-'; tlI2 = 246 d 3,28.10-'3 cm3 Molekule-' s - '
3
Toxizitat
3.1
oral Ratte LD 50 680 mg/kg 600 mg/kg oral Maus LDL 0 600 mg/kg ipr Ratte LDL 0 1000 ppm uber 4 h ihl Ratte LCL 0 Die niedrigste letale Dosis fur den Menschen wird mit etwa 845 mg/kg angegeben. 1,2-Dichlorethan wirkt hautreizend und narkotisierend. Akute Vergiftungen fuhren zu Leber- und Nierenschaden sowie zu Veranderungen des ZNS. Chronische Intoxikationen manifestieren sich u. a. in Leber- und Nierenschadigungen, Veranderungen von Enzymaktivitaten sowie irreversiblen Veranderungen des ZNS. Beeinflussungen des Herz-Kreislauf-Systems und des Gastrointestinaltraktes sind festgestellt. Im Tierexperiment ist 1,2-Dichlorethan kanzerogen und wird auch fur den Menschen als kanzerogen angesehen. Die Verbindung ist mutagen. Reproduktionstoxische Wirkung ist nicht festgestellt; fetotoxische Wirkung wird vermutet. Dichlorethan ist ein starkes Narkotikum. Im Organismus erfolgt eine schnelle Resportion, verbunden mit der Distribution in lipoidreiche Organstrukturen und Gewebe. Veranderungen von Enzymaktivitaten sind insbesondere auf Reaktionen mit Sulfhydrylgruppen zuruckzufuhren. Schadigungen des ZNS haben ihre Grundlage in der Blut-Hirn-Schranken-Passage. Sowohl bei chronischen als auch akuten Intoxikationen sind Schadigungen der Leber, der Nieren sowie krankhafte Veranderungen der Magen- und Darmschleimhaut festgestellt. Der Metabolismus erfolgt u. a. unter Bildung von Chloressigsaure, Thiodiessigsaure und Chlorethylsulfid. Im Warmbluterorganismus ist Chlorethanol als toxisches metabolisches Zwischenprodukt festgestellt. Chlorethanol hat eine akute orale Toxizitat bei der Ratte von LD 50 87 f 1 1,3 mg/kg. Die Ausscheidung nicht metabolisierten Dichlorethans erfolgt durch Abatmen iiber die Lunge. Bioakkumulation ist nicht zu erwarten.
3.2
3.3
3.4
3.5
214
4
Okotoxizitat
4.1 4.1.1 4.1.2 4.1.3
Aquatische Toxizitat keine Angaben Haematococcus pluvialis Daphnia magna
4h 48 h
24h
4.1.4 Amerikanische Elritze
Goldor fe
24 48 72 92 48
h h h h h
Blauer Sonnenbarsch Goldor fe
96 h 48 h
Regenbogenforelle GUPPY Terrestrische Toxizitat keine Angaben
96 h 7d
EC 50 EC 50 EC 0 EC 0 EC 50 ECIOO LC 50 LC 50 LC 50 LC 50 LC 0 LC 50 LC 100
4.2
5
LC 50 LC 0 LC 50 LC 100 LC 50 LC 50
130 mg/L 160-220 mg/L 68 mg/L 385 mg/L 540 mg/L 682 mg/L 141 mg/L 118 mg/L 116 mg/L 116 mg/L 1,3 mg/L 1,8 mg/L 2,4 mg/L 430 mg/L 250 mg/L 356 mg/L 438 mg/L 225 mg/L 106 mg/L
Exposition In den USA werden fur die Exposition des Menschen folgende Dosisbereiche angegeben: Luft: 20 wg/Tag Person Trinkwasser: < 2 &Tag Person < I pg/Tag Person Nahrung: Die Exposition erfolgt vorzugsweise uber die Atemluft.
6
Umweltverhalten Das Umweltverhalten von Dichlorethan wird mal3geblich durch seine hohe Wasserldslichkeit und Fluchtigkeit (Verteilungskoeffizient WassedLuft: 24,6) und eine geringe Bio- und Geoakkumulationstendenz gepragt. In Hydro-, Pedo- und Atmosphare ist mit einer relativ hohen Stoffmobilitat zu rechnen. Die Hydrolysehalbwertszeiten bis zu 103 Wochen weisen auf eine relativ hohe Stabilitat in aquatischen Systemen hin. Bei Ausgangskonzentrationen von 1 ppm im Wasser werden im Modellversuch bei 25 "C nach 22 min 50% Dichlorethan und nach 109 min bis zu 90% in der Luft analysiert. Der
21 5 Stoffubergang Wasser/Atmosphare ist somit von mangeblicher Bedeutung fur Konzentrationsminderungen in aquatischen Systemen. In der Atmosphare erfolgt der Abbau unter Bildung von Chloracetaldehyd, Chloracetylchlorid und Formylchlorid. Bei massiven Bodenkontaminationen ist eine Migration in grundwasserfuhrende Bodenschichten moglich. 7
Grenz- und Richtwerte
7.1 7.2
I11 A2 krebserzeugendes Potential (D) 30 pg/L (WHO) Trinkwasser: 50 ppm Geruchsschwellenwert: Geschmacksschwellenwert 2 mg/L (Wasser): 20mg/m3 bei einem Massenstrom von 0,l kg/h TA-Luft: und mehr Anlagen zur Herstellung von 1,2-Dichlorethan und Vinylchlorid: Die Abgase sind einer Abgasreinigungseinrichtung zufuhren; die Emissionen an 1,2-Dichlorethan im Abgas durfen 5 mg/m3 nicht uberschreiten. Emissionsgrenzwert: bei Oberflachenbehandlungsanlagen, Chemischreinigungs- und Textilausrustungsanlagen, Extraktionsanlagen (2. BimSchV) WGK 3
7.3
8
Abfallbeseitigung
Eine Verbrennung von Ruckstanden oder Abprodukten in speziellen Lijsungsmittelverbrennungsanlagen ist prinzipiell moglich. Zu beachten ist bei hohen Temperaturen die Bildung von Chloracetaldehyd, Acetylen und Chlorwasserstoff. Vorzugsweise ist eine destillative Aufarbeitung von Ruckstanden mit nachfolgender Wasserdampfdestillation zu empfehlen. Eine Deponie ist infolge der Wasserloslichkeit und Fluchtigkeit nicht moglich. 9
Verwendung
Dichlorethan wird u. a. zur Herstellung von Vinylchlorid, Trichlorethan, Ethylenaminen, Tetrachlorethylen, Trichlorethylen, Vinylidenchlorid und anderen Chlorkohlenwasserstoffen verwendet. Usemittel fur Fette und Harze, Kautschuk und Abbeizmittel; die Verwendung in Pharmaka und Kosmetika in der Bundesrepublik Deutschland ist untersagt.
21 6
10
Umweltgefahrlichkeit Der Stoff ist schadlich fur Wasserorganismen. Aufgrund der Fluchtigkeit ist jedoch nicht mit Iangeren Verweilzeiten in Wasser zu rechnen, so d a 8 Schadigungen von Wasserorganismen nicht zu erwarten sind. In Luft erfolgt langsamer Abbau durch OH-Radikale. Bei einer Halbwertszeit von 246 Tagen ist mit einer regionalen bis globalen atmospharischen Verteilung zu rechnen.
Literatur
Hutzinger, 0.:The Handbook of Environmental Chemistry. Vol. 3, Part B, Antrhopogenic Compounds. Springer, Berlin-Heidelberg-New York, 1982 IRF'TC: Scientific Reviews of Soviet Literature on Toxicity and Hazards of Chemicals. No. 25, Dichloroethane. UNEP, 1982 Konietzko, H.: Chlorinated Ethanes: Sources, Distribution, Environmental Impact, and Health Effects. Hazard Assesment for Chemicals, Current Development, Vol. 3 (1984): 401 -448 U. K. Department of Environment, Toxic.Substance Division: Environmental Hazard Assessment: 1,2-Dichloroethane; TS/8.Garston/Watford, 1993 WHO, Air Quality Guidelines for Europe. WHO Reg. Publ. European Ser. No. 23, 1987, p. 81
217
1,l-Dichlorethen [75-35-41 Die Herstellung von 1.1 -Dichlorethen (Vinylidenchlorid) erfolgt durch Dehydrochlorierung von 1,1,1-Trichlorethen mit Natrium- oder Calciumhydroxid. Durch Zusatz von p-Methoxyphenol wird die Bildung von explosiblen Peroxiden vermieden. Methylchloroform-Dampf setzt sich bei > 350 "C bzw. bei 180"C in Gegenwart von Kupfer ebenfalls zu 1,l-Dichlorethen urn. Die weltweiten Herstellungsmengen sind von ca. 306000 t/a (1980) auf gegenwirtig etwa 290000 t/a vermindert worden. Die Verwendung erfolgt zumeist als internes Zwischenprodukt. Aufgrund der hohen Fliichtigkeit wird trotzdem weltweit mit atmospharischen Immissionen von etwa 5 VI der jahrlichen Herstellungsmenge gerechnet.
1
Allgemeine lnformationen
1.1 1.2 1.3
1,l-Dichlorethen [75-35-41 Vinylidenchlorid C2H2C12
H I I c=c I 1 C1
C1 H
1.4 1.5 1.6
1 , l -Dichloro, VDC, 1,I -DCE, VC, Vinylidene Dichloride, Dichlorethylen ungesattigter chlorierter aliphatischer Kohlenwasserstoff mindergiftig (> 15,5%); R-20-40
2
Ausgewahlte Eigenschaften
2.1 2.2 2.3 2.4 2.5
96,95 fluchtige, klare, farblose Flussigkeit von siil3lichem Geruch -122,5"C 31,56"C 215 mm Hg bei 0 ° C 495 mm Hg bei 20°C 591 mm Hg bei 25°C 1,213 g/cm3 (2O0C/40"C) Dampfdichte (Luft = 1) 3,34 bis 20°C Wasser: 2,5 g/l bei 20°C leicht loslich in Diethylether, Chloroform; loslich in Benzol, Aceton, Ethanol In Abwesenheit von Stabilisatoren Bildung explosibler Peroxide (ab - 40 "C); Zersetzung unter Bildung von Phosgen, Formaldehyd, Salzsaure;
2.6 2.7
2.8
21 8
2.9 2.10 2.1 1 2.12 2.13 2.14
Rasche Umsetzung mit oxidierenden Stoffen. In Gegenwart von Aluminium bilden sich AI-Chloralkyle; in Gegenwart von Kupfer reaktive Acetylide; Bildung von Homopolymeren; mit Vinylmonomeren Bildung von Copolymeren. 1,66 (berechnet) 3,Ol atm m3 mol-' keine Angaben 0,6 (gemessen; Fisch) biologisch leicht abbaubar cm3/mol sec; tlI2 2 d k,, = 4 -
3
Toxikologie
3.1
3.5
ihl Maus 4h LC50 460820 mg/m3 4h LC 50 8000- 128000 mg/m3 ihl Ratte 4h LC 50 6640- 11 780 mg/m3 ihl Hamster Die mittlere letale Dosis der oralen Aufnahme bei Ratte und Maus liegt zwischen 1500 mg/kg-200 mg/kg. Symptome akuter lntoxikationen sind Veranderungen des ZNS, Kardiotoxizitat, Schadigungen an Leber, Niere, Lunge. Der Stoff wirkt reizend auf Augen und Atemwege. Orale Applikation von 30 mg/kg und Tag uber 1 Jahr verursacht bei Ratten geringfiigige Veranderungen an der Leber. Anzeichen von Lebernekrose wurden bereits bei 5 mg/kg bzw. 2 mg/kg in einer anderen vergleichbaren Studie festgestellt. Bei inhalativer Aufnahme treten Effekte an der Leber auf, bei 300 mg/m3 wurde eine hohe Mortalitatsrate bei Mausen beobachtet. Bei Bakterien ist die Substanz mutagen (metabolische Aktivierung). Mutagene Aktivitat ist festgestellt im SCETest und Chromosomenaberrationstest. Tests mit Saugerzellen waren negativ. Tierexperimentelle Untersuchungen geben Hinweise auf eine kanzerogene Wirkung. Reproduktions- und embryotoxische Wirkung konnte nur bei maternaltoxischen Konzentratonen beobachtet werden. Vinylidenchlorid wurde nach oraler und inhalativer Aufnahme rasch resorbiert und im Organismus verteilt. Die hochsten Konzentrationen sind in Leber und Niere festgestellt. Der Metabolismus erfolgt Cytochrom P-450 induziert unter Bildung von Monochloressigsaure. Metaboliten konnen durch Konjugation mit Gluthation ausgeschieden werden. Eine Akkumulation ist nicht zu erwarten.
4
Okotoxikologie
4.1
Aquatische Toxizitat
3.2
3.3
3.4
-
4.1 .I keine Angaben
219 4.1.2 keine Angaben 4.1.3 Daphnia magna
24 h 48 h
LC 50 LC 50
98 mg/L 79 mg/L
4.1.4 Fische Die mittlere letale Konzentration bei verschiedenen Species iiber 96 h liegt im Bereich von 200 - 340 mg/L. Fur die Schafskopfelritze wurde ein NOEC von 80 mg/L ermittelt. Expositionen iiber 7 Tage zeigen LC 50-Werte zwischen 23 - 34 mg/L (1 Studie). 4.2 Terrestrische Toxizitat keine Angaben 5
Exposition
Umwelteintrage von Vinylidenchlorid erfolgen fast ausschliefllich uber den Luftpfad (ca. 5 % der Gesamtherstellungsmenge; ca. 23 000 t/a). Die gemessenen Konzentrationen liegen im Bereich von < 0,l bis etwa 40 pg/m3. In Wasser wurden Konzentrationen 4 0 , l pg/L nachgewiesen; in Nahrungsmitteln liegen die Konzentrationen unter der Nachweisgrenze von < 10 Pg/kg. Die Exposition des Menschen erfolgt fast ausschliefllich iiber den Luftpfad. Eine Quantifizierung der Exposition ist nicht moglich. 6
Umweltverhalten
Das Umweltverhalten des Stoffes wird bestimmt durch seine hohe Fliichtigkeit, geringe Wasserloslichkeit und Reaktivitat. Zielkompartiment von Umwelteintragen ist die Luft. Dort erfolgt ein rascher photolytischer Abbau. In Wasser und Boden ist nur mit geringen Verweilzeiten zu rechnen (Fluchtigkeit). Die Halbwertszeit in Wasser (Fliichtigkeit) betragt 1 bis max. 6 Tage. Der Verteilungskoeffizient n-Octanol/Wasser la& keine Bio- und Geoakkumulation erwarten. Aufgrund der raschen Photolyse ist ein Transport in die Stratosphare nicht zu erwarten. Im aquatischen Bereich kann der Abbau u.a. durch reduktive Dechlorierung erfolgen. Aufgrund der Fliichtigkeit ist ein Einwaschen in tiefere Bodenschichten nicht zu erwarten. 7
Grenz- und Richtwerte
7.1
MAK-Wert
7.2 7.3
Trinkwasser WGK 3
2 ppm (8 mg/m3) (D) Verdacht auf krebserzeugende Wirkung (111 B) (D) 30 pg/L (WHO)
220 8
Abfallbeseitigung
Destillative Ruckgewinnung oder Verbrennung in Sonderabfallverbrennungsanlagen. 9
Verwendung
Herstellung von 1,I, 1-Trichlorethan; Homopolymeren oder Copolymeren (Alkyl-Acrylate, Methacrylate, Acrylnitril, Vinylacetat, Vinylchlorid).
10
Umweltgefahrlichkeit
Aufgrund der raschen Photolyse ist ein Transport in die Stratosphare und damit ein ozonschiidigendes Potential nicht zu erwarten. Die Substanz ist schadlich fur Wasserorganismen. Schadigungen aquatischer Organismen sind aufgrund der Fliichtigkeit und der leichten biologischen Abbaubarkeit nicht zu erwarten. Literatur
ECETOC, JACC Report No. 5 , Brussel 1985 GDCh: BUA Stoffbericht Nr. 33, 1 ,l-Dichlorethylen. VCH Weinheirn, 1989 International Agency for Research on Cancer: IARC Monographs on the Evaluation of the Carcinogenic Risk of Chemicals to Humans, Vol. 35, Lyon, NTP, National Toxicology Programme: Technical Report Series No. 228, 1992 WHO: IPCS Environmental Health Criteria No. 100. Geneva, 1990
22 1
2,4-Dic hlorphenoxyessigsaure [94-75-71 Die Herstellung von 2,4-Dichlorphenoxyessigsaure(2,4-D) erfolgt durch Kondensationsreaktion von 2,4-Dichlorphenol und Monochloressigsaure. Bei hohen Temperaturen und alkalischen Reaktionsbedingungen k6nnen geringe Mengen an polychlorierten Dioxinen (PCDD) entstehen. In der EG wurden 1978 die Produktionsmengen mit 15000 - 25 000 t/a angegeben. Der Verbrauch in der Bundesrepublik Deutschland betrug 1989 > 200 t/a.
1
Allgemeine Informationen
1.1 1.2 1.3
2,4-D [94-75-71 2,4-Dichlorphenoxyessigsaure C8H&1203 C I ~ O - C H Z - C O0 , OH
1.4 1.5 1.6
Phenoxycarbonsaure mindergiftig; R 22 - 36/37/38
2
Ausgewahlte Eigenschaften
2.1 2.2 2.3 2.4 2.5
2,4-Dichlorphenoxyessigsaure
221,04 farbloser, kristalliner Feststoff 160°C bei 0,4 mm Hg 140- 141 "C, als Methylester: 33 "C 0,4 mm Hg bei 16O0C/52,3 Pa mm Hg bei 25 "C/1,399 Pa Isopropylester: 10,52.6 keine Angaben 2.7 Wasser: 600 - 700 mg/L bei 23 "C 620 mg/L bei 25 "C Natriumsalz 45 g/L in Ethanol zu 130 g/L ldslich; in den meisten organischen Liisungsmitteln ldslich 2.8 2,4-D ist photolytisch dechlorierbar. An chemischen Umsetzungen sind 0-Alkylierungen und Ringhydroxylierungen nachgewiesen. Die Substanz ist nicht hygroskopisch, aber korrosiv gegenuber Metallen; pk, 2,64- 3,3 1. 2.9 2,8 1 2.10 1,37*10-10atm m3 rno1-l 1,02.10-~ atm m3 mol-' 2.11 196
222 2.12 1,85 2.13 biologisch leicht abbaubar 2.14 Photomineralisation (100 pg) ca. 26%
3
Toxizit at
3.1
3.5
oral Ratte LD 50 1650 mg/kg 375 mg/kg (mannliche Tiere) oral Ratte LD 50 100 mg/kg oral Hund LD 50 Natriumsalz 375 mg/kg (mannliche Tiere) oral Ratte LD 50 805 mg/kg (weibliche Tiere) oral Ratte L D 50 Isopropylester 700 mg/kg oral Ratte LD 50 Applikation von 30 mg/kg/d oder weniger bei jungen weiblichen Ratten 5mal pro Woche iiber 4 Wochen zeigten keinerlei toxische Wirkung (hamatologisch, histologisch). Bei 100 mg/kg/d wurden im gleichen Versuch Wachstumssttjrungen und Schadigungen der Leber nachgewiesen. 300 mg/kg/d waren letal. Im 2-Jahres-Test mit Ratten waren 5, 25, 125 und 625 oder 1250 mg/kg ohne toxische Wirkung im Vergleich mit den Kontrolltieren. Bei menschlichen Zellkulturen (in v i m ) und bei Versuchstieren (in vivo) ist eine mutagene Aktivitat festgestellt. In verschiedenen Tierexperimenten war die Substanz nicht kanzerogen. Ergebnisse zur Teratogenitat sind nicht eindeutig. 2,4-D wirkt nicht kumulativ. Die Exkretion erfolgt vorzugsweise mit dem Urin (Ausscheidungsrate etwa 1 mg/kg/d). In vivo ist eine von der Dosis abhangige Reduzierung des Acetatmetabolismus und eine Entkopplung der oxidativen Phosphorylierung nachgewiesen. keine nennenswerte Bioakkumulation
4
Okotoxizitat
3.2
3.3
3.4
4.1 Aquatische Toxizitat 4.1 .I 2,4-D ist relativ wenig toxisch bei Mikroorganismen. 4.1.2 Bei 117 getesteten Arten von Frischwasseralgen werden bis zu 222 mg/L keine toxischen Effekte festgestellt. Hohe 2,4-D-Konzentrationen ( L 400 mg/L) beeinflussen die N-Fixierung aquatischer Algen. Phytoplankton wird bis zu Konzentrationen von 1 mg/L nicht geschadigt. 4.1.3 Die Empfindlichkeit von Invertebraten ist abhangig von der Spezies und der Stoffspeziation. 2,4-D-Ester sind toxischer als Salze oder die freie Saure. Reproduktive Effekte werden bei verschiedenen Spezies bereits bei Konzentrationen von 1/10 der im Kurzzeittest toxischen Stoffmenge beobachtet.
223
Daphnia magna
48 h
LC 50
> 100 mg/L
417 mg/L 932 mg/L 2,4-D-Na-Salz: LC 50 4.1.4 Die NOEL liegen speziesabhangig im Bereich von < 1 mg/L bis 50 mg/L. Larvenstadien von Fischen sind empfindlicher als adulte Tiere. Expositionen verschiedener Spezies uber 10 Monate mit 0,i mg/L sind nicht letal und verursachen keine erkennbaren toxischen Effekte. Die Fischtoxizitat nirnmt mit steigender Temperatur zu. Die akute Toxizitat fur verschiedene Spezies und Stoffspeziationen (Ester, Salze, freie Saure) uber 24 - 96 h liegt im Bereich von 0,246 - 7 000 mg/L. 4.2 Terrestrische Toxizitat Gegenuber Nutzinsekten ist 2,4-D als wenig bis nicht toxisch charakterisiert (2.B. Bienen). Ester sind weniger toxisch als Salze oder die freie Saure. Die akute Toxizitat bei Vogeln uber 10 d betragt > 1 000 mg/kg Nahrung. 1000 rng Ester/kg Nahrung uber 3 Wochen sind bei Huhnern ohne toxische Wirkung.
5
Exposition Eine Quantifizierung der Exposition von Mensch und Umwelt ist nicht moglich. Bei sachgerechter Anwendung betragen die in aquatischen Systemen gemessenen 2,4-D-Konzentrationen < 0,i pg/L. Bei Applikation als aquatisches Herbizid konnen in Gewassern Konzentrationen bis zu 50 pg/L gemessen werden. Expositionen des Menschen uber Nahrung und Trinkwasser sind nicht zu erwarten. Demgegenuber konnen beruflich bedingte Expositionen im Anwenderbereich auftreten.
6
Umweltverhalten Das Verhalten des Stoffes in der Umwelt ist mal3geblich bestimmt durch die relativ hohe Wasserloslichkeit und Fluchtigkeit, die mit einer nur geringen Bio- und Geoakkumulationstendenz, aber hoher Mobilitat in Hydro- und Pedosphgre verbunden ist. Eine Anreicherung iiber biologische Ketten erfolgt nicht. Infolge der Wasserloslichkeit sind Migrationen in grundwasserfuhrende Bodenschichten nachgewiesen. Insgesamt ist der Wirkstoff durch eine nur mittlere Persistenz in der Umwelt charakterisiert. In der Atmosphare kann photolytischer Abbau erfolgen. Biologisch kann die Substanz unter Dechlorierung, Ringspaltung bis zu C02. H 2 0 und HC1 abgebaut werden. Eine Akkumulation in aquatischen Systemen erfolgt nicht.
7
Grenz- und Richtwerte
7.1 7.2
MAK-Wert: Trinkwasser:
10 mg/m3 (D) 0,l pg/L als Einzelstoff (D)
224
0,5 pg/L als Summe Pflanzenschutzmittel (D); 30 pg/L (WHO) 0,3 pg/kg/d (WHO)
7.3
ADI-Wert: keine Angaben
8
Abfallbeseitigung
Nicht verwendbare Riickstande oder 2,CD-haltige Abfalle konnen auf Schadstoffdeponien abgelagert werden. Die Wasserloslichkeit der Verbindung sowie die ihrer Ester bzw. Salze ist zu beachten. Kleinere Ruckstandsmengen oder Abprodukte konnen auf geeigneten Flachen ausgebracht werden. 9
Venvendung
Herbizid 10
Umweltgefahrlichkeit
Der Stoff ist giftig fur Wasserorganismen. Salze und die freie Saure sind fur aquatische Freilandorganismen weniger giftig als 2,4-D-Estec Aufgrund des relativ raschen Abbaus unter naturlichen Bedingungen und einer nur gering ausgepragten Bio- und Geoakkumulationstendenz sind chronische Schadigungen von Freilandorganismen nicht zu erwarten. Bei sachgerechter Anwendung liegen die Konzentrationen in aquatischen Systemen um GroBenordnungen unter den toxischen Wirkkonzentrationen. Schadigungen terrestrischer Organismen sind nur bei Expositionen gegeniiber hohen, nicht umweltadaquaten Konzentrationen beobachtet worden. Toxische Effekte bei Freilandorganismen sind bei sachgerechter Anwendung des Stoffes nicht festgestellt. Literatur
WHO: IPCS Environmental Health Criteria 29. 2,4-Dichlorophenoxyaceticacid (2,4-D). Geneva, 1984 dto. No. 84, 1989
225
1,3=Dichlorpropen [542-75-61 Die Herstellung von 1,3-Dichlorpropen erfolgt entweder durch Hochtemperaturchlorierung von Propylen oder durch Dehydrierung von 1,3-Dichlor-2-propanol mit POC13 bzw. P205in Benzol. In den als Bodenbegasungsmittel verwendeten Handelsprodukten sind 20-40% 1,2-Dichlorpropan und 5 -6% 2,3-Dichlorpropen enthalten. Die Herstellungsmengen betrugen in Europa ca. 6000 - 7 000 t/a (1 979) in den USA ca. 25 000 t/a (vor 1978). Aktuelle Zahlenangaben liegen nicht vor. 1
Allgemeine Informationen
1.1 1.2 1.3
1,3-Dichlorpropen [542-75-61 (cis- und trans-Isomere) 1,3-Dichlorpropylen C3H4C12
7'C=C-C-H'i' I
l
l
H H C1
1.4 1.5 1.6
TELONE I1 Chloralken giftig; R 10-20/21-25-36/37/38-43
2
Ausgewahlte Eigenschaften
2.1 2.2 2.3 2.4 2.5 2.6 2.7 2.8
110,98 farblose Flussigkeit mit chloroformahnlichem Geruch -85°C 108,O"C 3,70 hPa bei 20°C 1,221 g/cm3 Wasser: 2,O g/L; mischbar rnit Aceton, Benzol, Methanol Der Stoff liegt als cis- und trans-Isomer vor (Handelsprodukt); nicht leicht entzthdlich und chemisch relativ stabil. 1,4-2,0 0,094 bei 20°C berechnet cis-Isomer 0,072 bei 20 "C berechnet trans-Isomer 1,14 (berechnet) 0,8 (berechnet) biologisch nicht leicht abbaubar t , / 2 = 7- 12 h
2.9 2.10 2.1 1 2.12 2.13 2.14
3
Toxizitat
3.1
3.5
oral Ratte LD 50 127-713 mg/kg skn Ratte LD 50 423-504 mg/kg 3310 mg/m3 (4 h) ihl Ratte LC 50 Der Stoff reizt Haut und Schleimhaut. Akute Intoxikationen fiihren zu reversiblen Veranderungen des ZNS und des Atemtraktes. Bei einer 90-Tage-Studie an Ratten (oral) wurde ein NOEL von 3 mg/kg ermittelt. Eine 2-Generationen-Studie an Ratten (inhalativ) ergab einen NOEL fur die Maternaltoxizitat von 136,2 mg/m3. Der Stoff wird von IARC als im Tierexperiment kanzerogen, beim Menschen als vermutlich kanzerogen betrachtet. Testergebnisse zur Mutagenitat sind uberwiegend negativ. Eine reproduktionstoxische Wirkung konnte nicht festgestellt werden. Bei oraler Aufnahme erfolgt schnelle Ausscheidung des Stoffes uber den Urin (81% cis-Isomer in 24 h; 56% trans-Isomer in 24 h). Die Gehalte im Korpergewebe sind gering. Der Metabolismus erfolgt durch Konjugation mit reduziertem Glutathion und nachfolgender Umwandlung in Mercaptursaure und Ausscheidung iiber den Urin. Eine Bioakkumulation ist nicht zu erwarten.
4
Okotoxikologie
3.2
3.3
3.4
4.1 Aquatische Toxizitat 4.1.1 keine Angaben 4.1.2 Selenastrum cupricornutum 4.1.3 4.1..4
4.2 4.2.1
4.2.2
96 h 72 h Duphniu magna 48 h Guppy 96 h Goldfisch 96 h Regenbogenforelle 96 h 96 h Goldorfe Im embryonalen Entwicklungsstadium NOEC von 0,24 mg/L ermittelt. Terrestrische Toxizitat Tiere Biene 48 h 8d Vogel Pflanzen Der Stoff ist hoch phytotoxisch.
EC 50 4,95 mg/L EC 50 8,2 mg/L LC 50 90 pg/L LC 50 0,5 mg/L LC 50 <7,5 mg/L 3,9 mg/L LC 50 LC 50 9 mg/L wurde fur Fathead minnow ein
LC 50 LC 50
6,6 pg/Biene >I0000 mg/kg
227 5
Exposition Der Eintrag in die Umwelt erfolgt insbesondere bei der Anwendung als Bodenbegasungsmittel. Konzentrationen im unteren Mikrogrammbereich in grundwasserfuhrenden Bodenschichten und Luft konnten kurzzeitig nach BehandlungsmaDnahmen festgestellt werden. Umweltbedingte Expositionen der Allgemeinbevolkerung sind jedoch nicht zu erwarten.
6
Urnweltverbalten In der Luft reagiert der Stoff relativ rasch mit Radikalen und Ozon. Eine direkte Photolyse ist auszuschliefien. In Wasser erfolgt Hydrolyse und mikrobiologischer Abbau bzw. rascher ubergang in Luft (Dampfdruck). Die Halbwertszeit fur die Verteilung Wasser/Luft wird mit 5 Stunden angegeben; die Hydrolysehalbwertszeit betragt 2 - 13 Bge. Im Boden besitzt der Stoff eine hohe Mobilitat. Es erfolgt nur geringe Sorption an Bodenbestandteilen. Ein Einwaschen in tiefere Bodenschichten (Grundwasserleiter) ist jedoch auszuschlieRen (mikrobieller Abbau; Fluchtigkeit).
7
Grenz- und Richtwerte
7.1 7.2 7.3
Gruppe 111 A2 MAK-Liste keine Angaben WGK 3
8
Abfallbeseitigung Verbrennung in Sonderabfallverbrennungsanlagen
9
Verwendung Bodenbegasungsmittel fur Nematoden
10
Umweltgefiihrlicbkeit Aufgrund der vorliegenden okotoxikologischen Wirkungsdaten ist der Stoff sehr giftig fur Wasserorganismen und giftig fur Bienen und Pflanzen. Bei Einhaltung der empfohlenen Anwendungsbedingungen ist nicht rnit einer Schadigung dieser Organismen zu rechnen. Eine langere Verweilzeit in Boden, Wasser und Luft verbunden mit Langzeitwirkungen ist ebenfalls nicht zu erwarten.
Literatur WHO: IPCS Environmental Health Criteria 149, Geneva, 1993
228
Di-(ethylhexyl)-phthalat [117-82-71 Das Produktionsvolumen von DEHP wird weltweit auf ca. 1,3 Mio. t/a geschatzt. Die herstellungs-, verarbeitungs- und verwendungsbedingten Eintrage in die Umwelt betragen schatzungsweise 13 000 t/a. 1
Allgemeine Informationen
1 .I 1.2 1.3
Di-(2-ethylhexyl)-phthalat [I 17-82-71 1,2-Benzoldicarbonsaure,2-Ethyl-hexylester
1.4
1.5 1.6
DEHP, Phthalsaure-Ethylhexylester Phthalsaureester keine Angaben
2
Ausgewahlte Eigenschaften
2.1 2.2 2.3 2.4 2.5 2.6 2.7
390,56 klare, leicht viskose Fliissigkeit 370°C -50°C; -44°C 8,6.10-4 Pa 0,9861 g/cm3 Wasser: 40 pg/L, 340 pg/L, 50 mg/L; 160 pg/L in Salzwasser; in organischen Liisungsmitteln gut ltjslich Strukturchemisch sind Phthalate durch einen planaren aromatischen Ring mit zwei leicht beweglichen linearen oder verzweigten Alkylseitenketten charakterisiert. Die Carbonylgruppe beeinflufit weniger die physikalischen Stoffeigenschaften, sondern vielmehr die Reaktivitat. Die Hydrolyse von DEHP kann sowohl saure- als auch basenkatalysiert sein. Die Hydrolysegeschwindigkeit wird u. a. von der Wasserloslichkeit beeinflufit. Elektronische und sterische Riickkopplungen der Seitenkettenmolekule auf den Benzoldicarbonylrest (sterische Hinderung mit zunehmender Kettenlange und Verzweigungsgrad der Esteralkohole oder Stabilisierung der Elektronenverteilung infolge des + I-Effektes von Alkylseitenketten) beeinflussen die Hydrolysetendenz. Unter Normalbedingungen ist die Verbindung stabil.
2.8
C24H3804
229 2.9 2.10 2.1 1 2.1 2 2.1 3 2.14
3-5 1,1-10-5 atm rn3 mol-' (berechnet) 5,6 (berechnet) 3,8 - 5,9 (speziesabhangig) biologisch abbaubar Photolysehalbwertszeit tl,2 1 d
3
Toxizitat
3.1
oral Ratte 3 1000 mg/kg ipr Ratte 30700 mg/kg 30000 mg/kg oral Maus 14000 rng/kg ipr Maus 250 rng/kg ivn Maus oral Kaninchen 34000 rng/kg skn Meerschweinchen 10000 mg/kg Expositionen von Ratten gegeniiber 23,3 rng/m3 und 6,7 rng/m3 DEHP uber 4 Stunden pro Tag und 4 Monate verursachen Veranderungen des K6rpergewichtes, des Hamoglobinspiegels sowie der Erythrozyten- und Leukozytenzahl irn Blut. Hippursaure-, Protein- und Chloridspiegel im Urin sind verandert. Bei Expositionen gegeniiber 1,4 rng/m3 werden keine toxischen Effekte festgestellt. Bei Hunden fiihren 0,09 rnL DEHP/kg/d oral iiber ein Jahr verabreicht zu rnorphologischen Leberveranderungen. Vergleichbare Expositionsdosen fiihren bei Meerschweinchen zu keinen rneabaren Effekten. 0,4% bzw. 0,13% DEHP irn Futter fiihren bei Ratten iiber 2 Jahre zu strukturellen Veranderungen der Leber. Bei einrnaliger Applikation von DEHP an Ratten wurde ein LD 50-Wert von 38 mL/kg errnittelt. 10 Wochen nach Erstapplikation betragt der LD 50-Wert nur noch 1,37 rnL/kg, was auf eine kumulative Wirkung hindeutet. Im Filtterungsversuch an Ratten und Mausen uber 103 Wochen wirkt DEHP bei folgenden Dosen kanzerogen: 320 bzw. 670 mg/kg/d bei mannlichen Ratten 390 bzw. 770 mg/kg/d bei weiblichen Ratten 670 bzw. 1300 mg/kg/d bei rnannlichen Ratten 800 bzw. 1800 mg/kg/d bei weiblichen Ratten Fur den Effekt der Proliferation von Leberperoxisornen wird eine rnaxirnale unwirksame Dosis von 50 mg/kg/d angegeben. Die Lebertumorraten sind sowohl bei rnannlichen als auch bei weiblichen Tieren signifikant zur Kontrollgruppe erhoht. Auf der Grundlage einer Reihe von Testergebnissen (unterschiedliche Tests) wird DEHP als nicht mutagen charakterisiert. Bei Mausen wirken 1/3 bzw. 1/6 der LD 50, am 7. Tag der Trachtigkeit verabreicht, teratogen. Vergleichbare Effekte werden bei Ratten festgestellt.
3.2
3.3
-
230
3.4
3.5
4
Die maximale unwirksame Konzentration wird fur Ratten mit 600 mg/kg angegeben. Die maximal embryotoxisch unwirksame Konzentration betragt fur Mause 70 mg/kg/d. Dariiber hinaus wird fur Ratten eine nicht fetoletale Konzentration von 60 mg/kg diskutiert. 250 mg/kg/d uber 6 Wochen appliziert fiihren bei Ratten zu signifikanten Gewichtsveranderungen der Hoden. Vergleichbare Resultate ergeben sich bei oraler Applikation von 500 bzw. 1000 mg/kg/d uber 6 d bzw. 4 d. Sowohl bei oraler Aufnahme als auch bei inhalativer Exposition und bei Hautapplikation wird D E H P relativ schnell resorbiert. Die Resorption erfolgt sowohl in Form der Diesters als auch des sich in den Schleimhauten bzw. durch intestinale Enzyme bildenden Monoesters. Die Distribution erfolgt ebenfalls relativ schnell. Zielorgane sind Fettgewebe, Leber, Niere und Gehirn. Die Plazentapassage ist nachgewiesen. Der Metabolismus erfolgt durch Hydrolyse mit nachfolgender Konjugatbildung oder durch Oxidation der Esteralkohole iiber Keto- und Carboxylderivate. Die Metabolite werden vorzugsweise iiber den Urin ausgeschieden. Bei Applikation niedriger Dosen verschiebt sich das Exkretionsverhaltnis zugunsten der Faecesausscheidung. 30 bis 50% des Diesters konnen iiber Faeces ausgeschieden werden. Hohe Bioakkumulationstendenz in aquatischen Organismen. In Warmblutern erfolgt keine wesentliche Bioakkumulation. Okotoxizitiit
4.1 Aquatische Toxizitat TGK>400 mg/L 4.1.1 Pseudomonas putida Scenedesmus quadricauda TGK = 10 mg/L 4.1.2 keine Angaben 4.1.3 Daphnia magna: Verminderung der Reproduktionsrate iiber 21 d bei 3, 10, 30 pg DEHP/L um 60,70 und 80%. Als NOEL werden 72 pg/L angegeben. Bei Gammarus pufex sind 100 pg DEHP/L iiber 10 d ohne toxische Wirkung. 4.1.4 Fathead minnow: 96 h-LCSo = >0,33 mg/L. Fur die Regenbogenforelle (Larvenstadium) sind Konzentrationen bis zu 502 pg/L iiber 90 d ohne toxische Wirkung. Im allgemeinen liegen die akuten Toxizitaten von DEHP fur Fische bei > 10 mg/L bis >770 mg/L. 4.2 Terrestrische Toxizitat Regenwurm: NOEC 25 mg/m2 Die Toxizitat bei Pflanzen und Vogeln ist gering. 5
Exposition
Umwelteintrage von DEHP erfolgen vorzugsweise bei der Verwendung. DEHP ist in der Umwelt ubiquitar. Die Exposition des Menschen erfolgt iiber Nahrung und Luft. In den USA wird die mittlere Exposition auf 0,3 mg/Person und Tag geschatzt.
23 1
Expositionen durch Verwendung von Kunststoffen im medizinischen Bereich konnen erheblich sein.
6
Umweltverhalten Neben herstellungsbedingten lokalen Eintragen uber Abwasser und Abluft fuhren anwendungsbedingte diffuse Eintrage zu Kontaminationen von Hydro-, Pedo- und Atmosphare sowie Biota. Zielkompartimente des Umwelteintrages sind Wasser und Luft. Der Backgroundlevel der Atmosphare wird fur die nordliche Hemisphiire mit 1-2 ng/m3 angegeben. Dem stehen Konzentrationen in der Luft industrieller Ballungsgebiete bis zu 66 mg/m3 gegenuber. In der Luft von Innenraumen werden Konzentrationen zwischen 150- 260 pg/rn3 gemessen. In Wasser wurden folgende DEHP-Konzentrationen analysiert: Golf von Mexiko 0,7-600 pg/L 5 Huronsee Missouri 499 I M L 190 Rhein (Niederlande) Tama (Japan) 295 Grundwasser (Phoenix, Arizona) 0,37 pg/L Rohwasser (Tokyo) 2,7 pg/L Trinkwasser (Tokyo) 192 W / L 0,06 pg/L Regenwasser (Enewetak-Atoll) 100 pg/kg Sediment (Ostsee) Sediment (Golf von Mexiko) 94 M/kg FluBsedimente Meuse (Niederlande) 8200 ppb Rhein (Niederlande) 20900 ppb Abwasserschlamm 42800 ppb Insbesondere in aquatischen Organismen ist DEHP durch eine relativ hohe Bioakkumulationstendenz charakterisiert. Biokonzentrationsfaktoren sind dabei speziesabhangig. (27 d) Algen 18 300 Invertebraten 24500 (27 4 Muscheln 2 500 (28 d) Daphnien 2500-5200 (1-7 d) Vertebraten 10800 (27 d) Bei Fischen werden teilweise niedrigere Konzentrationsfaktoren ermittelt, was mit der erhohten Metabolisierungstendenz in Zusammenhang zu stehen scheint. Bei terrestrischen Organismen ist die Bioakkumulation vergleichsweise geringer. DEHP wird an Sedimente, Sink- und Schwebstoffe und Boden gut adsorbiert. Die Sorptionskoeffizienten sind in Abhangigkeit von den Substrateigenschaften uber mehrere GroDenordnungen variabel. Die Translokation aus der Hydrosphare in die Atmosphare ist fur die Verteilung von
232 untergeordneter Bedeutung. In bezug auf die Fliichtigkeit werden Halbwertszeiten fur Oberflachengewasser von etwa 15 Jahren diskutiert. Die Transformation von D E H P erfolgt durch Hydrolyse oder mikrobiellenzymatisch. Obwohl ein photolytischer Abbau von Phthalaten im Wasser in Anwesenheit von Nitrit und Hydroxylradikalen nachgewiesen ist, wird der Photolyse eine vergleichsweise geringe Bedeutung bei der Stofftransformation beigemessen. Die Hydrolysehalbwertszeit wird in Oberflachenwassern im Mittel mit 32 Tagen angegeben.
7
Crenz- und Richtwerte
7.1
7.2 7.3
keine Angaben Trinkwasser 8 pg/L (WHO) WGK 1
8
Abfallbeseitigung
Verbrennung in Sonderabfallverbrennungsanlagen; Sonderdeponie 9
Verwendung
Weichmacher fur Kunststoffe; Verwendung in der Gummiindustrie, sprengmittelherstellende Industrie, in Kosmetika 10
Umweltgefahrlichkeit
DEHP ist giftig fur Wasserorganismen. Invertebraten und Fische gehoren zu den empfindlichen Spezies. Die Giftigkeit fur Pflanzen und Vogel ist gering.
233
Diehlorvos [62-73-71 Die Synthese von Dichlorvos erfolgt entweder durch Dehydrochlorierung von Trichlorphon oder durch Umsetzung von Trimehylphosphat mit Chloral (Trichloracetaldehyd). Abhangig vom HerstellungsprozeB kann Dichlorvos mit Trichloracetaldehyd, Trichlorphon oder Trimethylphosphaten verunreinigt sein. Die Produktionsmengen wurden 1984 mit 4220 t/a angegeben; davon ca. 300 t/a Westeuropa und 220 t/a Osteuropa. Dichlorvos kommt naturlicherweise nicht vor. Kontaminationen von Umweltmedien sind in jedem Fall anthropogen bedingt. 1
Allgemeine Informationen
1.1
Dichlorvos [62-73-71 Phosphorsaure, 2,2-Dichlorethenyl-dimethyl-ester C4H2C1204P
1.2 1.3
1.5 1.6
DDVP, Chlorvinphos, Dichlorovos Phosphorsaureester giftig; R 24/25
2
Ausgewahlte Eigenschaften
1.4
2.1 2.2 2.3 2.4 2.5 2.6 2.7
2,2-Dichlorvinyl-dimethyl-phosphat, Vinylphos,
220,98 farblose bis bernsteinfarbige Flussigkeit mit arornatischem Geruch 35 "C bei 0,05 Torr, 140°C bei 20 mm, 84°C bei 1 mm Hg keine Angaben 1,599 Pa bei 20°C; 9,33 Pa bei 40°C 1,41 g/cm3 bei 25°C Wasser: etwa 10 g/L Glycerol: 5 g/L Dichlorvos ist gut loslich in Benzol, Chloroform, Methylenchlorid, Tetrachlorrnethan und in Alkoholen. 2.8 In wal3riger alkalischer Lljsung hydrolysiert Dichlorvos u. a. unter Bildung von Dichloracetaldehyd. Bei pH 1 erfolgt innerhalb von 50 min vollstandige Hydrolyse. In neutraler wiiBriger Lijsung wurden Halbwertszeiten von etwa 23 d ermittelt. Die Verbindung ist korrosiv gegenuber Eisen und anderen Metallen, ausgenomrnen Nickel, Aluminium und Stahl. 2.9 1.9 2.10 9,58. lo-' atm m3 mol-' bei 25 "C (berechnet)
234 2.1 1 2.12 2.13 2.14
198 1,9 keine Angaben keine Angaben
3
Toxizitat
3.1
oral Ratte LD 50 50- 80 mg/kg dermal Ratte LD 50 75-106 mg/kg 15-455 mg/m3 4 h inh. Ratte LC 50 oral Maus LD 50 68-275 mg/kg oral Kaninchen LD 50 12,5 - 2 2 3 mg/kg oral Katze LD 50 28 mg/kg 100-316 mg/kg oral Hund LD 50 Im 90-Tage-Fiitterungsversuch mit 1 000 mg/kg Dichlorvos wurden bei Ratten keine Anzeichen von Intoxikationen beobachtet. Hunde, Katzen und Kaninchen, die uber 8 Wochen kontinuierlich einer dichlorvoshaltigen Atmosphare ausgesetzt waren (0,08 - 0,3 mg/m3), zeigten ebenfalls keinerlei Intoxikationssymptome. 5 - 80 mg/kg oral verabreicht fuhren bei taglich 1bzw. 2maliger Gabe iiber 10-21 d zu Hemmwirkungen der Cholinesterase bei Rhesusaffen. In einer 2-Jahres-Inhalationsstudie (Gesamtkorperexposition 23 h/d) wurde ein NOEC von 0,5 mg Dichlorvos/m3 ermittelt. Die Inhibition der Cholinesterase beginnt bei ca. 0,48 mg Dichlorvos/m3. Dichlorvos ist ein alkylierende Verbindung und bindet in vitro an Nukleinsauremolekiile bei Bakterien und Saugern. In verschiedenen mikrobiellen Tests ist eine mutagene Wirkung nachgewiesen, jedoch nicht bei Saugern (vermutlich rascher Metabolismus). Kanzerogenitat ist bei Mausen (oral) und Ratten (oral und inhalativ) festgestellt (Maus: 2 Jahre bis zu 800 mg/L Trinkwasser bzw. 600 mg/kg Nahrung; Ratte: 280 mg/L Trinkwasser bzw. 234 mg/kg Nahrung). 4,7 rng/m3 uber 2 Jahre (Inhalationsstudie) fiihren bei Ratten zu keiner statistisch gesicherten Erhohung der Krebsrate. Reproduktionstoxizitat konnte in verschiedenen Studien nicht festgestellt werden. Dichlorvos wird uber den Magen-DarmTrakt, die Lunge und die intakte Haut gut resorbiert. Die toxischen Effekte entsprechen denen anderer Phosphorsaureester, wobei die ausgepragte Cholniesterase-Hemmung im Vordergrund steht. Bereits 1 h nach Beginn der Exposition wird das Maximum der Hemmwirkung erreicht. Die Effekte sind reversibel bei Abklingen der Exposition. Malathion fuhrt zu einer Erhohung der toxischen Wirkung von Dichlorvos, wahrend andere Organophosphate nur einen geringen Effekt haben. Bei Kaninchen ist eine Wirkung auf das Immunsystem festgestellt. Die Bioakkumulationstendenz ist gering.
3.2
3.3
3.4
3.5
235
4
Okotoxizitat
4.1 Aquatische Toxizitat 4.1.1 Bei E. coli und Enterorbacter aerogenes werden bis zu 250 mg keine schadigende Wirkungen festgestellt. 4.1.2 Euglena gracilis MIC 50 33 48 h LD 50 0,07 4.1.3 Daphnia pulex 1 Gammarus lacustris 48 h LC 50 0,28 Simocephatus serrulatus 48 h LC 50 0,34/20 96 h LC 50 4.1.4 Karpfen 0,9 Blauer Sonnenbarsch 96 h LC 50 12 96 h LC 50 Zebrabarbling 96 h LC 50 0,2 Seeforelle 4.2 Terrestrische Toxizitat Dichlorvos ist fur Vogel und Bienen hochtoxisch. Vogel LD 50 5-40 Bienen LD 50 029 5
Dichlorvos/L mg/L pg/L Pg/L pg/L mg/L mg/L mg/L mg/L
mg/kg pdg
Exposition
Der Eintrag von Dichlorvos in die Umwelt erfolgt bei der Anwendung als Pflanzenschutzmittel und im Hygienebereich. Expositionen des Menschen uber Nahrung und Trinkwasser sind vernachlassigbar gering. Demgegeniiber sind Expositionen (inhalativ und dermal) durch die Verwendung im Hygienebereich (Haushalt, medizinische Einrichtungen) moglich. Eine Quantifizierung der Exposition von Mensch und Umwelt ist nicht moglich. Beruflich bedingte Expositionen resultieren im Bereich der Dichlorvosanwendung als Schadlingsbekampfungsmittel.
6
Umweltverhalten
Dichlorvos besitzt eine relativ hohe Mobilitat in Umweltmedien, bedingt durch die hohe Wasserloslichkeit und die relativ geringe Bio- und Geoakkumulationstendenz. Hydro- und Pedosphare sind die maflgeblichen Transport- und Verteilungsmedien des Stoffes. Aufgrund des niedrigen Dampfdruckes ist der Ubergang Hydrosphare bzw. Pedosphare-Atmosphare wenig ausgepragt. Infolge chemischer Hydrolyse bzw. mikrobiologisch bedingter Transformationsprozesse wird die Verbindung in aquatischen Systemen relativ schnell abgebaut. Hydroslyseprodukt ist u. a. Dichloracetaldehyd. Die Photolysehalbwertszeit betragt 7 h. Bei der Anwendung des Stoffes in Innenraumen wurden Konzentrationen von 0,Ol mg/m3 nach 3 Wochen gemessen. Trotz der geringen Persistenz ist die hohe Toxizitat gegenuber Invertebraten, Fischen, Vogeln und Bienen zu beachten. Das Verhalten im Boden wird maflgeblich von der biologischen Aktivitat sowie von verschiedenen bodenphysikalischen und -chemischen
236
Faktoren gepragt. ErfahrungsgemaR erhohen sich Transformationsgeschwindigkeit und -rate von Dichlorvos mit zunehmendem Gehalt der Boden an organischem Material sowie bei Erhohung der Umgebungstemperatur. Einen Tag nach der Applikation des Wirkstoffes konnen in mikrobiologisch aktiven Boden bis zu 87% metabolisiert werden. In sterilen Boden sind die Abbauleistungen stark verrnindert. In Pflanzen wird Dichlorvos u. a. bis zur nicht toxischen Dimethylphosphorsaure metabolisiert. 7
Grenz- und Richtwerte
7.1 7.2
7.3
MAK-Wert: 0,l mL/m3 (ppm), 1 mg/m3 (D) Trinkwasser: 0,l pg/L als Einzelstoff (D) 0,5 pg/L als Summe Pflanzenschutzmittel (BRD); ADI-Wert: 4 pg/kg/d (WHO) WGK 3
8
Abfallbeseitigung Die Entgiftung nicht verwertbarer Ruckstande kann entweder durch energische alkalische Hydrolyse oder durch Verbrennung in Sonderabfallverbrennungsanlagen erfolgen.
9
Verwendung
Insektizid 10
Umweltgefahrlichkeit
Dichlorvos ist sehr giftig fur Invertebraten und Fische sowie fur Vogel und Bienen. Mikroorganisrnen sind demgegenuber relativ wenig empfindlich. Da die Verbindung wenig persistent ist, sind langerfristige Schadigungen von Freilandorganismen nicht zu erwarten. Akute Intoxikationen bei aquatischen Organismen sind nur bei unsachgemafier Anwendung im Pflanzenschutz und einem direktem Wirkstoffeintrag in Gewasser zu erwarten. Literatur WHO: Evaluations of Some Pesticide Residues in Food. WHO Pesticide Residue Series, No. 4 (1975): 539 WHO: Data Sheets of Pesticides, No. 2, 1978, Dichlorovos. Geneva, 1978 WHO: IPCS Environmental Health Criteria No. 79, Dichlorvos; 1989 Wright, M.F.,Hutson, D.H.: The Chemical and Biochemical Reactivity of Dichlorvos. Arch. Toxicol 42 (t 979): 1- 18
237
Dimethoat [60-51-51 Die Herstellung von Dimethoat erfolgt durch Umsetzung eines Salzes der Dimethyldithiophosphorsaure mit Chloressigsaure-mono-methyl-amid.Die Produktionsmengen in der EG betrugen 1978 ca. 7000 t/a. 1989 wurden in der Bundesrepublik Deutschland ca. 100 t/a des Wirkstoffes verbraucht.
1
Allgemeine Informationen
1.1 1.2 1.3
Dimethoat [60-51-51 Dithiophosphorsaure, O,O-Dimethyl-S-[2-(methylamino)-2-oxo-ethyl)-ester c 5 12N03PS2
CH3-0, +s CH3-O/'~S-CH2-C~H-CH3
I:
1.4
O,O-Dimethyl-S-methylcarbamoylmethyl-dithiophosphat, Rogor, Cygon,
1.5 1.6
DMS-94, Roxion Thiophosphorsaureester mindergiftig; R 21/22
2
Ausgewahlte Eigenschaften
2.1 2.2 2.3 2.4 2.5 2.6 2.7
229,28 reiner Wirkstoff: farblose Kristalle mit campherartigem Geruch keine Angaben 51 -52°C 1,3.10-3 Pa bei 25°C; 6,66.10-3 Pa bei 30°C keine Angaben Wasser: 25 g/L bei 21 "C; Die Verbindung ist in nahezu allen organischen Liisungsmitteln gut loslich; Paraffine ausgenommen. Im neutralen und sauren Bereich ist Dimethoat stabil. In alkalisch-wal3rigen Lljsungen erfolgt schnelle Hydrolyse. Beim Erhitzen wird die Verbindung zum 0,s-Dimethyldithiophosphatisomerumgewandelt. Unter Normalbedingungen erfolgt in Boden relativ schnelle Zersetzung. Dimethoat ist photolyseinstabil. 1,9 10,15~10-" atm m3 mol-' (berechnet) 2,5 1,6 biologisch nicht leicht abbaubar keine Angaben
2.8
2.9 2.10 2.1 1 2.12 2.13 2.14
238
3
Toxizitat
3.1
3.5
oral Ratte LD 50 147-215 mg/kg oral Maus LD 50 60 mg/kg 0,2 mg/kg/d sind fur den Menschen nicht toxisch. Bei Ratten wurde ein NOEL von 0,4 mg/kg/d ermittelt. Im 3-Wochen-Futterungsversuchsind bei Meerschweinchen 20 mg/kg/d ohne erkennbare toxische Wirkung. Dimethoat ist im Ames-Test, Sister-Chromatid-Exchange-Test und in vivo bei Mausen mutagen. Eine kanzerogene Wirkung ist nach dermaler Applikation bei Mausen und Ratten und bei intramuskularer Applikation bei Ratten festgestellt. Diemthoat wirkt als Cholinesterasehemmer. Dabei erfolgt zunachst eine Aktivierung der Substanz unter oxidativer Umwandlung der P-S- in eine P-0-Gruppierung. Der Metabolismus wird durch das Enzym Carboxyamidase katalysiert und fuhrt unter teils oxidativer, teils hydrolytischer Stoffwandlung zur Bildung von Phosphorsaure, P-0-Dimethoat, Dimethoatcarbonsaure, 0,O-Dimethyldithiophosphorsaureund 0-Methylphosphorsaure. Eine Wirkstoffakkumulation in Fettgewebe ist nicht festgestellt, jedoch erfolgt eine vorubergehende Konzentrierung in Leber, Niere und Galle. Bei Ratten werden etwa 90% des Wirkstoffes uber den Urin ausgeschieden. Die Bioakkumulationstendenz ist gering.
4
Okotoxizitat
3.2
3.3
3.4
4.1 Aquatische Toxizitat 4.1.1 keine Angaben 4.1.2 Asterionella japonica: 0,06 mL/L fuhren zu Wachstumshemmung; 0,003 mL/L fuhren uber 7 d zu Veranderungen biochemischer Parameter. 96 h LC 50 0,9 mg/L 4.1.3 Gammarus lacustris 1 mg/L 4.1.4 Red Crawfish 48 h LC 50 8,s-20 mg/L 24-96 h LC 50 Regenbogenforelle Channa punctatus 24-96 h LC 50 46,s-67,8 mg/L 259-940 mg/L LC 50 Zebrafisch 24-96 h 4.2 Terrestrische Toxizitat 4.2.1 keine Angaben 4.2.2 Vogel LD 50 7-22 mg/kg 346 mg/kg Japanische Wachtel LC 50 1011 mg/kg LC 50 Fasan 0,79 w / g Biene LC 50
5
Exposition Eine Quantifizierung der Exposition von Mensch und Umwelt ist nicht moglich. Expositionen des Menschen uber Nahrung und Trinkwasser sind ver-
239 nachlassigbar. Bei der Anwendung des Wirkstoffes im Pflanzenschutz sind Expositionen von Mensch und Umwelt moglich; bei sachgemaner Anwendung jedoch gering.
6
Umweltverhalten
Die Wasserloslichkeit und die Transformationstendenz pragen das Verhalten von Dimethoat in der Umwelt. In aquatischen Systemen ist die Stabilitat des Wirkstoffes der von Parathion und Ethion vergleichbar. Die Sorptionstendenz an Gewassersedimente ist nur gering ausgepragt. Die Stoffmobilitat in Boden wird durch den Gehalt an Bodenwasser und organischem Material beeinfluljt. Der Diffusionskoeffizient erhoht sich mit zunehmendem Gehalt an Bodenwasser. An organischen Bodenbestandteilen erfolgt eine teilweise Stoffsorption. In sandigen Lehmboden wird die Persistenz mit etwa 2 Monaten, in wasserhaltigen Lehmboden bei einer Belastung mit 4-8 ppm Wirkstoff rnit 5-7 d angegeben. Nach 14-21 d sind zwischen 30 und 35% Dimethoat und nach 42 d 1 - 10% nachweisbar. Die biologische Halbwertszeit wird fur Boden mit etwa 4 d angegeben. Entsprechend den physikalisch-chemischen Eigenschaften, sind Hydround Pedosphare die Zielkompartimente des Stoffeintrages. Infolge des niedrigen Dampfdruckes spielt der atmospharische Transport nur eine untergeordnete Rolle. Dimethoat zahlt zu den weniger persistenten phosphororganischen Insektiziden, so da8 langerfristige Expositionen von Freilandorganismen nicht zu erwarten sind. 7
Grenz- und Richtwerte
7.1 7.2
MAK-Wert: Trinkwasser
7.3
ADI-Wert WGK 3
8
Abfallbeseitigung
keine Angaben 0,l pg/L als Einzelstoff (D) 0,5 pg/L als Summe Pflanzenschutzmittel (D) 0,02 pg/kg/d (WHO)
Dimethoatruckstande konnen auf Sonderdeponien oder Sonderabfallverbrennungsanlagen entsorgt werden.
9
Verwendung
Insektizid und Akarizid 10
Umweltgefiihrlichkeit
Dimethoat ist fur aquatische Organismen, insbesondere Algen und Invertebraten, sehr giftig. Die Fischtoxizitat ist demgegenuber geringer. Der Stoff
240
ist wenig persistent, so darj langerfristige Schadigungen von Freilandorganismen nicht zu erwarten sind. Bei unsachgemaner Anwendung und direktem Eintrag in Gewasser kann es jedoch zu akuten Wirkungen bei Wasserorganismen kommen. Der Wirkstoff ist stark bienentoxisch. Die Toxizitat bei Vogeln ist im Vergleich zu Dichlorvos geringer.
241
4,6-Dinitro-o-Kresol [534-52-11 Die Herstellung von Dinitro-o-Kresol erfolgt durch Nitrierung von o-Kresol in Gegenwart von Schwefelsaure. Zwischenprodukt ist das entsprechende Monosulfonsaurederivat. Das freie Phenol wird selten zur Synthese eingesetzt, sondern vorzugsweise die Natrium- oder Ammoniumsalze des o-Kresols.
1
Allgemeine Informationen
1.1
Dinitro-o-Kresol [534-52-11 Phenol, 2-Methyl-4,6-dinitroC7H6NZ05
1.2 1.3
OH
N02@H3
1.4 1.5 1.6
DNOC, Hedolit, Dinitrosol, Selinon, Sinox Nitrokresol sehr giftig
2
Ausgewiihlte Eigenschaften
2.1 2.2 2.3 2.4 2.5 2.6 2.7
202,56 Das freie Phenol bildet gelbe, prismenahnliche Kristalle. 312°C unter Zersetzung 53,4"C (freies Phenol: 85,5 "C) 1,05mm Hg bei 25 "C/1,39- lo-* Pa 1,486 g/cm3 Wasser: Die Salze sind in Wasser gut Ioslich. Das freie Phenol lost sich zu etwa 130 mg/L bei 15 "C Chloroform: 43 g/L bei 15 "C Ethanol: 372 g/L bei 15 "C 2.8 In trockener Form ist Dinitro-o-Kresol explosiv. Den Salzen wird deshalb etwa 10% Wasser zugemischt. Mit phenolischen Verbindungen und Aminen bildet die Verbindung Komplexe. Das technische Produkt ist relativ lagerbestandig. 2.9 3,l (berechnet) 2.10 0,893 2.1 1 2,l (berechnet) 2.1 2 1,9 (berechnet)
242 ~~~
~
~~
~
2.13 biologisch nicht leicht abbaubar 2.14 keine Angaben
3
Toxikologie
3.1
3.5
oral Ratte LD 50 30 mg/kg oral Maus LD 50 21 mg/kg dermal Meerschweinchen LD 50 200 mg/kg Gefahr der Hautresorption In einem 6-Monate-Futterungsversuch wurde fur Ratten ein NOEL von 100 pprn ermittelt. Der Stoff ist im ArnesTest mutagen. Hinweise zu kanzerogenen und reproduktionstoxischen Wirkungen liegen nicht vor. Die Resorption von Dinitro-o-Kresol erfolgt uber den Gastrointestinaltrakt, die Lunge oder die intakte Haut. Insbesondere im Blut besteht eine ausgepragte Tendenz zur Stoffkonzentrierung. Die Ausscheidung der unter Reduktion gebildeten Arnine erfolgt sehr langsam uber den Urin. Intoxikationen fuhren u. a. zu einer Entkoppelung zwischen Gewebeatmung und Phosphorylierung, verbunden mit dern Verlust der Fahigkeit des Organismus zur oxidativen Phosphorylierung. Akute und chronische Intoxikationen manifestieren sich in Herz-, Leber- und Nierenschadigungen, Reizwirkungen an Augen und Atmungsorganen, Zyanosen, deutlichen Temperaturerhohungen und Krampfen bis zurn Koma. Besonders hervorzuheben ist die starke Ternperaturabhangigkeit der toxischen Wirkung. Ein Ansteigen der Aunenternperatur auf uber 25 " C hat bei gleichbleibender Stoffkonzentration eine Zunahme der Toxizitat urn bis zu 50% zur Folge. Eine nennenswerte Bioakkumulation ist nicht zu erwarten.
4
Okotoxikologie
3.2 3.3
3.4
4.1 4.1.I 4.1.2 4.1.3
Aquatische Toxizitat Pseudomonas putida TGK 16 mg/L Beeinflussung des Algenwachstums ab 30-36 mg/L Daphnia magna 24 h EC 0 4,4/1,6 mg/L E C 50 6,6/2,0 mg/L EC 100 9,6/3,1 mg/L 1,5 mg/L 48 h EC 0 EC 50 3,l mg/L 21 d NOEC 1,3 mg/L 48 h LC 50 8,6 mg/L 4.1.4 Amerikanische Elritze 1,9 mg/L 96 h LC 50 4.2 Terrestrische Toxizitat 4.2.1 keine Angaben
243 4.2.2 Kompostwurm
5
28 d 48 h
LC 50 LC 50
21 mg/kg 1,6 mg/cm3
Exposition
Eintrage des Stoffes in die Umwelt erfolgen nahezu ausschliefllich bei der Anwendung als Herbizid. Angaben zu Umweltkonzentrationen liegen nicht vor. Eine Quantifizierung der Exposition des Menschen ist nicht moglich.
6
Umweltverhalten Infolge der hohen Wasserloslichkeit ist Dinitro-o-Kresol durch eine grofle Mobilitat in Hydro- und Pedosphare charakterisiert. Die Bio- und Geoakkumulationstendenz ist nur gering ausgepragt. Eine Migration bis in grundwasserfiihrende Bodenschichten ist moglich. In Gewassern besitzt der Wirkstoff eine relativ hohe Stabilitat gegeniiber mikrobiologischen und physikalisch-chemischen Transformationsreaktionen.In Boden und Sedimenten erfolgt demgegenuber ein schneller mikrobiologischer Abbau uber Aminophenole, Phenole bis zur vollstandigen Mineralisierung. In Abhangigkeit von Bodenart und Temperatur werden die Halbwertszeiten mit 3-21 d angegeben. Eine Aufnahme des Wirkstoffes durch die Pflanze uber den Boden wurde bisher nicht nachgewiesen. Mikroorganismen konnen sich an Dinitro0-Kresol adaptieren. Unter Freilandbedingungen ist der Stoff relativ wenig persistent.
7
Grenz- und Richtwerte
7.1
MAK-Wert:
7.2
Trinkwasser:
7.3
TA-Luft:
8
Abfallbeseitigung
0,2 mg/m3 (D) Gefahr der Hautresorption 0,l pg/L als Einzelstoff (D) 0,5 pg/L als Summe Pflanzenschutzmittel (D) Anlagen zur Herstellung von Wirkstoffen von Pflanzenschutzmitteln: 5 mg/m3 bei einem Massenstrom von 25 g/h und mehr
Die Entsorgung erfolgt in Sonderabfallverbrennungsanlagen. 9
Verwendung Herbizid
10
Umweltgefahrlichkeit Der Stoff ist giftig fur Wasserorganismen. Insbesondere Fische und Invertebraten zeigen eine hohe Empfindlichkeit. Bei Einhaltung der vorgeschriebenen Anwendungsbedingungen sind Schadigungen von Wasserorganismen nicht zu erwarten.
244
EpichIorhydrin [106-89-81 Die groRtechnische Herstellung erfolgt durch Umsetzung von Allylchlorid mit hypochloriger Saure zu Glycerindichlorhydrin und nachfolgender Hydrolyse rnit Calciumhydroxid zu Epichlorhydrin. Epoxidation von Allylchlorid rnit Perpropionsaure fiihrt ebenfalls zu Epichlorhydrin. 1978 wurden in der EG die Produktionsmengen rnit ca. 120000- 130000 t/a angegeben. 1983 wurden in Deutschland 70000 t/a hergestellt. Neuere Angaben liegen nicht vor.
1 1.1 1.2 1.3
Allgemeine Informationen Epichlorhydrin [ 106-89-81 Oxiran, (Chlormethy1)C3H5O CH2-CH-CH2-Cl \ /
0
1.4 1.5 1.6
Chlormethyloxiran, 1-Chlor-2,3-epoxypropan Epoxid giftig; R 45-10-23/24/25-34-43
2
Ausgewahlte Eigenschaften
2.1 2.2 2.3 2.4 2.5 2.6 2.7 2.8
92,23 farblose Fliissigkeit mit chloroformartigern Geruch 116-1 17OC - 5 7 , l "C 17,3 mbar bei 2OoC/1,73*to3 Pa 1,18 g/cm3 bei 20°C Wasser: 60 g/L bei 20°C Die Reaktivitat der Verbindung wird durch das endstandige Chloratom sowie die Epoxidgruppe bestimmt. In waflriger k s u n g erfolgt langsame Hydrolyse unter Bildung von Chlorpropandiol. Bei Kontakt rnit Sauren und Alkalien erfolgt Polymerisation. Die Urnsetzung rnit Alkohol erfolgt nahezu explosionsartig. 2,5 3,2.10-5 atm m3 mol-' 1,9 (berechnet) 1,8 (berechnet) biologisch leicht abbaubar koH = 2.1OPi2 cm3 Molekiile-' s - ' ; t,,2 = 8 d
2.9 2.20 2.1 1 2.12 2.13 2.24
245
3
Toxizitat
3.1
3.5
oral Ratte LD 50 40 rng/kg 178 rng/kg oral Maus LD 50 250 ppm uber 4 h ihl Ratte LCL 0 Die Substanz wirkt reizend auf Augen, Kehlkopf und Atmungsorgane. Akute Vergiftungen fuhren zu neurotoxischen Schaden und Nierenschadigungen. Langerfristige Aufnahme fuhrt zu Nieren- und Lungenschadigungen sowie Veranderungen an Leber, Milz und Bauchspeicheldruse. Es gibt Hinweise auf direkte mutagene Wirkung in zahlreichen Testsystemen. Im Tierexperiment gibt es ausreichend Hinweise auf eine krebsausldsende Wirkung. Am Menschen konnten die Befunde bislang nicht bestatigt werden. Bei mannlichen Versuchstieren besitzt die Substanz antifertielle Wirkung. Fetotoxizitat wurde nicht beobachtet. Bei oraler Aufnahme erfolgt rasche Resorption und metabolische Umsetzung. Die Ausscheidung erfolgt uber die Niere (38 -40%) uber die Exhalationsluft (18-21 (70) und Faeces (4vo). Bei inhalativer Aufnahme werden 50% uber Urin ausgeschieden und 42% als C 0 2 abgeatmet. Unverandertes Epichlorhydrin wird nicht ausgeschieden. keine Bioakkumulation
4
Okotoxizitat
4.1. 4.1.1 4.1.2 4.1.3
Aquatische Toxizitat Pseudomonas putida Scenedesmus quadricauda Daphnia magna
3.2 3.3
3.4
4.1.4 Goldorfe
4.2
5
16h 8d 24 h
48 h
TGK TGK EC 0 EC 50 EC 100 LC 0 LC 50 LC 100 LC 50
55 mg/L 5,9 mg/L 20-30 mg/L 30-40 mg/L 44-53 mg/L 12 mg/L 24 mg/L 35 mg/L 35 mg/L
Blauer Sonnenbarsch 96 h Terrestrische Toxizitat Hinweise auf erbgutverandernde Wirkung bei hoheren Pflanzen und Insekten. (Validitat der Tests nicht eindeutig). Exposition Exposition des Menschen erfolgt vorzugsweise uber die Atemluft. Eine Quantifizierung ist, ausgenommen am Arbeitsplatz, nicht moglich. Die herstellungs- und anwendungsbedingten (Epoxidharzherstellung) Eintrage in die Umwelt (Luft) werden in Deutschland auf ca. 50 t/a geschatzt.
246 6
Umweltverhallen
Das Verhalten von Epichlorhydrin in der Umwelt wird bestimmt durch die hohe Wasserloslichkeit und Fluchtigkeit, verbunden mit einer guten Mobilitat in Wasser und Luft. Eine Bio- und Geoakkumulation ist infolge der hohen Wasserloslichkeit und Reaktivitat nicht zu erwarten. Zielkompartimente des Stoffeintrages sind Wasser und Luft. In Wasser erfolgt langsame Hydrolyse. Die Substanz ist biologisch leicht abbaubar. In Luft erfolgt mit einer Halbwertszeit von etwa 8 Tagen noch relativ rasche Photooxidation. Aufgrund der Reaktivitat ist nicht mit langeren Verweilzeiten in der Umwelt zu rechnen. Trotz der hohen Fluchtigkeit sind bei massiven Bodenverunreinigungen Bodenmigrationen bis in grundwasserfuhrende Schichten nicht auszuschlierjen (Wasserloslichkeit).
I
Grenz- und Richtwerte
7.1 7.2
MAK-Wert: Trinkwasser: Geruchsschwellenwert: TA Luft:
7.3
111 A2 krebserzeugend (D) 0,4 pg/L (WHO) 0,2 - 0,3 mg/m3 5 mg/m3 bei einem Massenstrom von 25 g/h und mehr
WGK 3 8
Abfallbeseitigung
Verbrennung in Sonderabfallverbrennungsanlagen. Bei unsachgemaDer Verbrennung kann sich Phosgen bilden. WBl3rige E s u n g e n kdnnen mit Natronlauge unter Bildung von Glycerin verseift werden. 9
Verwendung
Die Substanz ist Ausgangsprodukt der Glycerinsynthese und Zwischenprodukt verschiedener organischer Synthesen. Dariiber hinaus wird Epichlorhydrin in der Gummiindustrie als Ltjsungsmittel und bei der Herstellung von Epoxid- und Phenoxyharzen als Ausgangsstoff verwendet. 10
Umweltgefahrlichkeit
Epichlorhydrin ist schadlich fur Wasserorganismen. Umwelteintrage erfolgen jedoch zumeist uber den Luftpfad, so daD, verbunden mit einer chemischen und biologischen Abbaubarkeit, Schadigungen aquatischer Freilandorganismen nicht zu erwarten sind. Literatur
Urnweltbundesamt: Berichte 2/87, Luftqualitatskriterien fur ausgewahlte Umweltkanzerogene. E. Schmidt Verlag, Berlin, 1987, S. 162
247
Ethylbenzol [IOO-41-41 Die Herstellung von Ethylbenzol erfolgt durch katalytische Alkylierung von Benzol mit Ethylen. In der Bundesrepublik Deutschland betrugen die Produktionsmengen 1985 etwa 550000 t in den USA 1984 etwa 3,9 Mio. t. AuBer durch gezielte Synthese werden erhebliche Mengen Ethylbenzol bei der Verbrennung von Treibstoffen aller Art emittiert (schatzungsweise: > 10 Mio. t/a).
1
Allgerneine Informationen
1.1
Ethylbenzol [loo-41-41 Benzol, EthylCsHlo
1.2 1.3
1.5 1.6
keine Angaben Aromaten mindergiftig, leichtentzundlich; R 11 -20
2
Ausgewahlte Eigenschaften
1.4
2.1 2.2 2.3 2.4 2.5 2.6 2.7 2.8
2.9 2.10 2.11 2.12
2.1 3 2.14
106,lO farblose Fliissigkeit mit benzolartigem Geruch
136,25"C -93,9"C 9,33*102-1,99-103 Pa bei 20°C; 2,66.103 Pa bei 38,6"C 0,866 g/cm3 Wasser: 140/152 mg/L bei 20°C gut ltislich in allen organischen Liisungsmitteln Ethylbenzol kann zu Styrol dehydriert werden. Oxidationsreaktionen an der Ethylseitenkette sind mtiglich, ebenso wie Substitutionsreaktionen am aromatischen Kern (vgl. Toluol). 3,15 (berechnet: 2,4) 8,44*10-3atm m3 mol-' 2,2 2,3 biologisch leicht abbaubar koH = 7,95.10-j2cm3 Molekiile-' s-'; tIl2 = 2 d
248 3
Toxizitat
3.1
3.5
3500 mg/kg oral Ratte LD 50 4000 ppm uber 4 h ihl Ratte LCL 0 oral Ratte LD 300 6000 mg/kg ihl Ratte LD 100 58000-70000 mg/m3 soooo mg/m3 ihl Maus LD 100 ihl Maus LC 50 35500 mg/m3 Hohe Konzentrationen wirken betaubend; verursacht Reizungen der Haut und der Augen. Bei inhalativer Exposition mit 100 oder 1000 mg/m3 4 h/d uber 7 Monate sind bei Kaninchen Aktivitatsveranderungen der Cholinesterase, Verminderung der Leukozyten, der Erythrozyten und des Hamoglobins sowie histologische Veranderungen der Leber und Nieren festgestellt. Bei 1 mg/m3 sind keine vergleichbaren Effekte erkennbar. Bei bmonatiger Applikation von 5 mg/L irn Trinkwasser werden bei Kaninchen funktionelle Veranderungen des ZNS, morphologische Veranderungen des peripheren Blutes und Gewichtsverluste festgestellt. Bei 2 mg/L sind keine entsprechenden Wirkungen nachweisbar. 4- bis 7monatige inhalative Exposition gegenuber 1 500 mg/m3 fuhrt bei Kaninchen zu immunsuppressiven Wirkungen. Embryotoxische Effekte sind nach inhalativer Exposition bei Ratten festgestellt. Bei Mikroorganismen ist der Stoff nicht mutagen, jedoch in Mauselymphomzellen in vifro. Zur Kanzerogenitat liegen keine Daten vor. Bei inhalativer, oraler und dermaler Aufnahme erfolgt rasche Resorption und Verteilung in Karpergewebe. Der Metabolismus erfolgt oxidativ uber Benzoe- und Mandelsaure. Als Zwischenprodukte der Verstoffwechselung sind Phenylessigsaure und Methylphenylcarbinol nachgewiesen. Die Ausscheidung erfolgt iiber den Urin. keine nennenswerte Bioakkumulation
4
Okotoxizitat
3.2
3.3
3.4
4.1 Aquatische Toxizitat 4.1.1 Pseudomonas putida Selenastrum carpricornuium 4.1.2 Scenedesmus quadricauda 4.1.3 Daphnia magna
8d
48h
24h
4.1.4 Goldorfe
21 d 48 h
TGK EC 50 TGK EC 0 EC 50 EC 0 EC 50 EC 100 NOEC LC 0 LC 50 LC 100
12 4,8 160 6,8 75 120-137 184-190 200 2,4 26 44 70
mg/L mg/L mg/L mg/L mg/L mg/L mg/L mg/L mg/L mg/L mg/L mg/L
249 4.2
Blauer Sonnenbarsch Terrestrische Toxizitat
4.2.1 keine Angaben 4.2.2 Regenwurm
5
96 h
LC 50
LC 50
150 mg/L
47 pg/cm2
Exposition
Zielkompartiment des Ethylbenzoleintrages in die Umwelt ist die Luft (Konzentrationen: 20 ng/rn3 -20 pg/m3). Umweltbedingte Expositionen des Menschen erfolgen vorzugsweise uber den Luftpfad; eine Quantifizierung ist jedoch nicht rnoglich. Konzentrationen in Trinkwassern liegen bei < 1 pg/L. Eine Aufnahrne uber die Nahrung (Meeresfriichte) ist nicht auszuschliefien. 6
Umweltverhalten
Infolge der Fluchtigkeit von Ethylbenzol ist rnit einer raschen Verteilung zwischen Luft und Wasser/Boden zu rechnen. In Luft erfolgt innerhalb von 2 Tagen ein 50Voiger photolytischer Abbau durch Reaktion mit OH-Radikalen. Da der Stoff auch biologisch leicht abbaubar ist, kann in der Umwelt insgesamt von einem raschen Abbau ausgegangen werden. Eine nennenswerte Bio- und Geoakkumulation ist nicht zu erwarten.
7
Grenz- und Richtwerte
7.1
MAK-Wert:
7.2
Trinkwasser
7.3
8
100 mL/m3 (ppm), 440 mg/m3 (D) Gefahr der Hautresorption 100 ppm (USA) 1,l pg/L (USA) 300 pg/L (WHO)
organoleptischer 10 pg/L Schwellenwert 0,i g/m3 bei einem Massenstrom von 2 kg/h und mehr TA Luft: WGK 1 Abfallbeseitigung
Verbrennung in Sonderabfallverbrennungsanlagen
9
Verwendung
Ethylbenzol wird hauptsachlich zur Herstellung von Styrol verwendet. Geringe Anteile werden als Lijsernittel bzw. als Zwischenprodukt zur Herstellung von Diethylbenzol oder Acetophenon verwendet.
250
10
Umweltgefahrlichkeit Aufgrund der vorliegenden okotoxikologischen Wirkdaten ist Ethylbenzol schadlich fur Wasserorganismen. Langere Verweilzeiten in Wasser sind infolge der Fliichtigkeit und der biologisch leichten Abbaubarkeit nicht zu erwarten, so dal3 Langzeitkontakt von Wasserorganismen mit dem Stoff nicht zu erwarten ist.
Literatur U. K. Department of Environment, Toxic Substance Division: Environmental Hazard Assessment:
Ethylbenzene. TSD/7. Garston/Watford, 1992
25 1
Ethylenoxid [75-21-81 Die Herstellung von Ethylenoxid erfolgt durch direkte Oxidation von Ethylen an einem Silberkontakt. 1985 wurden in der Bundesrepublik Deutschland etwa 490000t produziert. Die Weltproduktion wird 1990 auf mehr als 3 Mio. t/a geschatzt. Die Bedeutung des Ethylenoxids liegt in der Reaktivitat des Oxiranringes. Es ist Ausgangsstoff fur eine Vielzahl chemischer Zwischen- und Endprodukte.
1
Allgemeine Informationen
1.1 Ehylenoxid [75-21-81 1.2 1,2-Epoxyethan, Oxiran 1.3 C2H40 CH2-CH2
' 0 '
1.4 Oxiran, Ethenoxid, Ethylenether, Oxane 1.5 Epoxid 1.6 giftig, hochentzundlich, R 45 -46- 12- 23 - 36/37/38 Die Verwendung von Ethylenoxid als Pflanzenschutzmittel und in Arzneimitteln ist in der Bundesrepublik Deutschland verboten. 2
Ausgewahlte Eigenschaften
2.1
44,053 farblose, leichtbewegliche, siil3lich riechende Fliissigkeit (oder unter Druck gasformig) 10,5- 1 1 "C bei 760 Torr - 1 1 1 bis -112,4"C 1,45.105Pa bei 20°C; 1,74.10' Pa bei 25°C i,9 g/cm3 Wasser: unbegrenzt mit Wasser mischbar; in organischen Lijsungsmitteln gut loslich Ethylenoxid ist ein starkes Oxidationsmittel. Rasche Umsetzung erfolgt mit allen Verbindungen, die ein aktives Wasserstoffatom besitzen. In Gegenwart von katalytisch wirkenden Stoffen erfolgt unter starker Warmeentwicklung Umsetzung zu Polyethylenoxiden. In waBriger Liisung erfolgt pH-abhangige Hydrolyse mit einer Halbwertszeit von bis zu 14 Tagen. Bei Anwesenheit von Chlor erfolgt Hydrochlorierung. entfallt entfallt entfallt
2.2
2.3 2.4 2.5 2.6 2.7 2.8
2.9 2.10 2.1 1
252 2.12 entfallt 2.13 keine Angaben 2.14 koH = 5.10-14 cm3 Molekiile-I s-'; tlI2 = 321 d 3
Toxizitat
3.1
3.3 3.4 3.5
oral Ratte LD 50 30 mg/kg ihl Ratte LC 50 1460 mg/kg 835 mg/kg ihl Maus LC 50 ihl Hund LC 50 960 mg/kg Ethylenoxid ist stark reizend an Augen, Haut und Atemwegen. Kontakt mit fliissigem Ethylenoxid fiihrt zu Erfrierungen bzw. Veratzungen der entsprechenden Korperteile. Akute Intoxikationen fiihren zu BewuBtlosigkeit und Atemstillstand. Bei 4stundiger Exposition wird die fur den Menschen niedrigste letale Konzentration mit 4000 ppm angegeben. Bei Langzeitexpositionen iiber 10 Jahre wird eine nicht wirksame Konzentration von 5 - 10 ppm angegeben. Es ktinnen Leber- und Nierenschgdigungen auftreten. Ethylenoxid ist kanzerogen. keine Angaben keine Bioakkumulation
4
Okoloxizitat
4.1 4.1.1 4.1.2 4.1.3 4.1.4
Aquatische Toxizitat keine Angaben keine Angaben Daphnia magna Goldfisch Amerikanische Elritze
4.2
Terrestrische Toxizitat keine Angaben
5
Exposition
3.2
24 24 24 48 96
h h h h h
LC LC LC LC LC
50 50 50 50 50
>300 mg/L 90 mg/L 150 - 500 mg/L 63-125 mg/L 73- 96 mg/L
Zur Umweltexposition liegen keine Daten vor. 6
Umweltverhalten
Die unbegrenzte Mischbarkeit mit Wasser und die hohe Fliichtigkeit bestimmen neben der Reaktivitat das Umweltverhalten von Ethylenoxid. Wasser und Atmosphare sind die Zielkompartimente des Umwelteintrages.
253 Die Substanz ist durch eine hohe Mobilitat und Dispersionstendenz charakterisiert. Es erfolgt keine Bio- und Geoakkumulation. Infolge der hohen Wasserloslichkeit ist die Fluchtigkeit aus Wasser vergleichsweise geringer als fur Benzol, Toluol oder Chloroform. In Oberflachenwasser (pH 7,4; 25 "C) betragt die Hydrolysehalbwertszeit 12,2- i4,2 d, in destilliertem Wasser 314 h. In Salzwasser wurde eine Hydrolyse-Halbwertszeit von 9 d errnittelt (25 "C; 3 % Salzgehalt). Unter natiirlichen Bedingungen ist die Substanz wenig stabil. In biologischen Abwasserreinigungsanlagen erfolgt innerhalb weniger Stunden ein vollstandiger Abbau. In Gewassern werden 52% Ethylenoxid in 20 d biologisch abgebaut. Uber Kontaminationen von Hydro-, Pedo-, Atmo- und Biosphare liegen keine Angaben vor. 7
Grenz- und Richtwerte
7.1
MAK-Wert:
I .2 7.3
8
111 2A krebserzeugend (D) Gefahr der Hautresorption; kann vererbbare Schaden erzeugen Geruchsschwellenwert 1,6 mg/m3 5 mg/m3 bei einem Massenstrom von 25 g/h und TA Luft: mehr WGK 2 Abfallbeseitigung
WaDrige Liisungen von Ethylenoxid konnen mit Kalkmilch neutralisiert werden. 9
Verwendung
Ethylenoxid ist Ausgangsprodukt einer Vielzahl chemischer Synthesen und dient dariiber hinaus zur Herstellung von Waschmitteln und Textilhilfsstoffen. 10
Umweltgefahrlichkeit
Ethylenoxid ist schadlich fur Wasserorganismen. Aufgrund der Fluchtigkeit und Abbaubarkeit sind in Gewassern akut toxische Konzentrationen jedoch kaum zu erwarten. Desgleichen ist eine Langzeitwirkung unwahrscheinlich. Literatur Conway, R.A. et al.: Environmental Fate and Effects of Ethylene Oxide. Environ. Sci. Techno]. 17 (1983): 107-112 NIOSH: Ethylene Oxide (E+O). NIOSH Current Intelligence Bulletin 35, May, 11981, Robert A. Taft labs., Cincinnati, 1981
254
Fenitrothion [122-14-51 Die Herstellung von Fenitrothion erfolgt durch Umsetzung von Dimethylthionoin Gegenwart saurephosphorsaurechlorid mit 1 -Methyl-3-hydroxy-6-nitrobenzol bindender Stoffe. Als Kontaktinsektizid ist der Wirkstoff im Vergleich zu Methylparathion durch eine geringere Warmbliitertoxizitat, jedoch durch eine langere insektizide Dauerwirkung bei etwa gleicher Wirkungsbreite charakterisiert. Die Produktionskapazitat wird weltweit auf 15 000- 20000 t/a geschatzt. In Japan betragt die Produktionsmenge ca. 10000 t/a (1988). Die Wirkstofformulierungen enthalten zwischen 3 und 50% Fenitrothion.
1
Allgemeine Informationen
1.1 1.2 1.3
Fenitrothion [122-14-51 Thiophosphorsaure, O,O-Dimethyl-O-(3-methyl-4-nitro-phenyl)-ester
CgH,lNOSPS
1.4 Folithion, Novathion, Agrothion, Bayer 41 83 1, Metathion 1.5 Thiophosphorsaureester I .6 mindergiftig; umweltgefahrlich; R 22- 50 2
Ausgewahlte Eigenschaften
2.1 2.2 2.3 2.4 2.5
277,2
2.6 2.7
2.8
gelblichbraune Fliissigkeit 140- 145 "C bei 0,l mm Hg unter Zersetzung 0,3 "C Hg bei 20°C (18 mPa); Die Fliichtigkeit betragt bei 20°C etwa 0,82 6. mg/m3 und bei 40°C etwa 6 mg/m3 1,322 g/cm3 Wasser: 30 mg/L / I 4 mg/L Gut loslich in den meisten organischen Losungsmitteln. In jedem Verhaltnis mischbar mit Methyl- und Ethylalkohol, Alkylacetaten, Ketonen sowie aromatischen Kohlenwasserstoffen. Die Verbindung ist thermisch instabil. Beim Erhitzen auf mehr als 100°C erfolgt Isomerisierung und explosive Zersetzung. In alkalischer Liisung erfolgt schnelle Hydrolyse, wobei die Hydrolysehalbwertszeit in 0,Ol N Natriumhydroxidlosung bei 30 "C mit etwa 270 min angegeben wird. Unter Normalbedingungen ist die Substanz lagerbestandig und 1-2 Jahre stabil.
255 2.9
3,6; 3,16 0,39 3,52
2.10 2.1 1 2.12 2.13 2.14
biologisch abbaubar keine Angaben
3
Toxizitat
3.1
3.5
Fenitrothion wirkt gering reizend an Augen und nicht reizend an der Haut. Die orale akute Toxizitat liegt im Bereich von 330- 1415 mg/kg, die dermale akute Toxizitat zwischen 890- 2 500 mg/kg. Als Organophoshat wirkt der Stoff als Cholinesterasehemmer in Plasma, Erythozyten, Gehirn und Leber. In subakuten Tests an Ratte und Hund wurde ein NOAEL von 10 mg/kg Futter bzw. 50 mg/kg Futter ermittelt (Cholinesterasehemmung-Gehirn). In chronischen Tests an Ratte und Maus wurde ein NOAEL von 10 mg/kg Futter ermittelt. Fenitrothion ist nicht kanzerogen, mutagen oder reproduktionstoxisch. Die fur Organophosphate verschiedentlich festgestellte verzogerte neurotoxische Wirkung wurde nicht beobachtet. Nach oraler Aufnahme wird Fenitrothion rasch resorbiert und im Organgewebe verteilt. Der Metabolismus erfolgt durch Spaltung der P-O-Aryl-Bindung und durch 0-Demethylierung. Die Ausscheidung der Metabolite erfolgt hauptsachlich in Form von Konjugaten mit dem Urin. Die Eliminationshalbwertszeit betragt 2 -4 Tage. Somit ist bei oraler Aufnahme mit einer raschen Ausscheidung des Stoffes zu rechnen. Eine nennenswerte Bioakkumulation ist nicht zu erwarten.
4
Okotoxizitat
3.2
3.3
3.4
3,76
4.1 Aquatische Toxizitat 4.1.1 Der Stoff ist fur Bakterien wenig giftig. EC 50 100 mg/L 4.1.2 Chlorella vulgaris Nitmchia closterium EC 50 3,9 mg/L Anabaena flos-aqua EC 50 8,6 mg/L 48 h LC 50 8,6 W L 4.1.3 Daphnia magna 21 d NOEC 0,14 pg/L Fur andere Spezies (Krabben, Hummer u.a.) liegen die LC-50-Werte (24 h bzw. 96 h) im Bereich von 0,l- 1,9 bg/L. Mollusken sind rnit LC-50-Werten zwischen 0,45 - 15 mg/L weniger empfindlich. 4.1.4 Im Vergleich zu Invertebraten sind Fische weniger empfindlich gegenuber Fenitrothion. Die 96-h-LC-50-Werte liegen im Bereich von 1,7 - 10 mg/L. Larvenstadien zeigen mit einer maximal tolerierten Konzentration von 0,2 mg/L eine hohere Empfindlichkeit als adulte Tiere.
256
4.2 Terrestrische Toxizitat 4.2.1 keine Angaben 4.2.2 Fenitrothion ist sehr giftig fur Bienen (LD 50 = 0,03 -0,04 pg/Biene) Bei Vogeln liegen die LD-50-Werte im Bereich von 25 - 1 190 mg/kg KG. Verminderung der Reproduktionsraten wurden beobachtet bei Konzentrationen > 10 mg/kg KG.
5
Exposition
Umwelteintrage erfolgen bei der Anwendung als Insektizid. Nach der Ausbringung als Pflanzenschutzmittel konnen in Luft Konzentrationen bis zu 5 pg/m3, in Oberflachenwasser bis zu 20 pg/L erreicht werden. Es erfolgt jedoch rasche Konzentrationsabnahme (Halbwertszeit Wasser: tIl2<24 h). Hauptsachlicher Expositionspfad beim Menschen ist die Nahrung, wobei die Expositionskonzentrationen jedoch sehr gering sind, da die Halbwertszeit des Stoffes bei pflanzlicher Nahrung bei 1-2 Tagen liegt. Die von FAO/WHO vorgeschlagenen maximalen Riickstandskonzentrationen liegen im Bereich von 0,002 mg/kg (Milch) bis 20 mg/kg (Getreide-/ Reiskleie).
6
Umweltverhalten
Die geringe Fliichtigkeit, eine mittlere Wasserloslichkeit und das Hydrolyseverhalten bestimmen die Mobilitat, die Bio- und Geoakkumulationstendenz und Stabilitat des Wirkstoffes in der Umwelt. In aquatischen Systemen hydrolysiert Fenitrothion bei pH 7. Bei pH 5,4 wird eine Halbwertszeit von 60 h und bei pH 8,2 von 22 h ermittelt. Unter natiirlichen Bedingungen erfolgt die hydrolytische Zersetzung in Oberflachenwassern innerhalb von 0,3 -3,5 d. Zu beachten ist die Abnahme der Hydrolysegeschwindigkeit mit abnehmender Wirkstoffkonzentration. Bei weniger als 0,03 ppm Fenitrothion betragt die Hydrolysehalbwertszeit etwa 40 d. In Laborexperimenten in methanolisch-waJ3riger Ltisung festgestellte Wirkstoffprotolyse deutet auf die Moglichkeit photolytischer Reaktionen in Oberflachenwassern hin. Mit einem relativ schnellen Wirkstoffabbau ist ebenfalls in Boden zu rechnen. 32-64 d nach einer entsprechenden Applikation waren in Waldboden in 15 cm Tiefe nur Spuren Fenitrothion nachweisbar. Die Wasserloslichkeit verbunden mit einer nur geringen Sorptionstendenz schlieljen eine Migration in grundwasserfuhrende Bodenschichten nicht aus. Eine Dekontamination von Trinkwassern ist mit ausreichendem Wirkungsgrad nur mit Aktivkohle moglich. In Luft erfolgt rascher photolytischer Abbau durch Licht.
251
7
Grenz- und Richtwerte
7.1
keine Angaben 0,l pg/L als Einzelstoff (D) Trinkwasser 0,5 wg/L als Summe Pflanzenschutzmittel (D) 5 pg/kg/d (WHO) ADI-Wert: Anlagen zur Herstellung von Wirkstoffen von PflanzenTA Luft: schutzmitteln: 5 mg/m3 bei einem Massenstrom von 25 g/h und mehr.
7.2
7.3
8
Abfallbeseitigung
Wirkstoffriickstande sollten auf Schadstoffdeponien gelagert oder in Sonderabfallverbrennungsanlagen entsorgt werden.
9
Verwendung
Kontaktinsektizid 10
Umweltgefahrlichkeit
Fenitrothion ist sehr giftig fur Wasserorganisrnen. Invertebraten sind dabei empfindlicher als Algen und Fische. Der Stoff ist giftig fur Bienen. Aufgrund des raschen photolytischen, chemischen und biologischen Abbaus ist mit Schadigungen von Wasserorganismen infolge von Langzeitexpositionen nicht zu rechnen; insbesondere dann nicht, wenn eine bestimmungsgemairje Anwendung erfolgt. Literatur WHO: IPCS Environmental Health Criteria No. 133, Fenitrothion. Geneva, 1992
258
Fluorchlorkohlenwasserstoffe (FCKW) Unter der Stoffgruppe der FCKW werden die folgenden Verbindungen betrachtet: - Dichlorfluormethan - Chlordifluormethan -
Trichlorfluormethan (FCKW-11) Dichlordifluormethan (FCKW-12) Chlortrifluormethan 1 ,2-Difluor-l ,I ,2,2-tetrachlorethan l,l-Difluor-l,2,2,2-tetrachlorethan 1,1,1-Trichlor-2,2,2-trifluorethan (FCKW-113) 1,2-Dichlor-l,l,2,2-tetrafluorethan (FCKW-114)
- l,l-Dichlor-1,2,2,2-tetrafluorethan - 1-Chlor-l,l,2,2,2-pentafluorethan (FCKW-115)
[75-43-41 [75-45-61 [75-69-41 [75-7 1-81 [75-72-91 [76- 12-01 [76-11-91 [354-58-51 [76-14-21 [3 74-07-2J [76-I 5-31
Die grootechnische Herstellung erfolgt durch katalytische Substitution von Chloratomen durch Fluoratome (Reaktion mit wasserfreiem Fluorwasserstoff). Tetrachlormethan, Hexachlorethan oder Chloroform sind die Ausgangsprodukte. Die Produktionsmenge wurde 1985 in den USA mit etwa 485000 t/a fur alle FCKW angegeben. Weltweit wird die Produktionsmenge auf etwa 1 Mio. t/a geschatzt. Nach dem Montreal-Protokoll ist mit stark rucklaufigen Produktionsmengen zu rechnen. Herstellungs- und verwendungsbedingte Eintrage in die Umwelt werden auf 40-50% der jahrlichen Produktionsmenge geschatzt. Von den etwa 250000 t/a Chlordifluormethan werden schatzungsweise aus dem Verwendungsbereich 120000 t/a emittiert. Handelsubliche FCKW sind hochreine Substanzen. Sie sind charakterisiert durch hohen Dampfdruck und Dichte und geringe Wasserloslichkeit. Mit zunehmendem Grad der Fluorierung des Molekuls erhoht sich der Dampfdruck; Siedepunkt, Dichte und Wasserloslichkeit vermindern sich. FCKW sind chemisch und thermisch stabil, was auf die Stabilitat der C-F-Bindung zuruckzufuhren ist. Umsetzung erfolgt jedoch rasch mit reaktiven Metallen. Unter Umweltbedingungen sind die Substanzen ebenfalls durch eine hohe Persistenz charakterisiert. In Wasser zeigen einige FCKW sehr geringe Hydrolysetendenz in Abhangigkeit von Temperatur, Druck und reaktiven Stoffen (z. B. Metallen). Das Zielkompartiment von Umwelteintragen ist die Almosphare. In der Troposphare erfolgt keine direkte Photolyse. Da es aufgrund der Stabilitat (Lebensdauer > 10 Jahre) zum Transport der Substanzen in die Stratosphare kommen kann, erfolgt hier durch energiereiche Strahlung eine Photodissoziation unter Abspaltung von Chloratomen, welche die Ozonspaltung katalysieren.
259 R-Cl+hy Cl'+O('D)
c10'+03 o( ' D)+o~
+ +
+
Cl'+R' C10' c1'+2
CI'+RH HCI+R' C10' + NOzClON02 -+
o2
-, 2 o2
Neben dem Schadigungspotential fur die Ozonschicht wird einigen FCKW ebenfalls ein Treibhausgas-Effekt zugeschrieben (Trichlorfluormethan, Dichlordifluormethan). Die mittleren Halbwertszeiten in der Atmosphare liegen zwischen 2 und 400 Jahren. Dichlorfluormethan und Chlordifluormethan haben dabei mit 2 bzw. 17 Jahren eine relativ geringe Halbwertszeit. Aufgrund der Reaktion mit OH-Radikalen besitzen diese FCKW nur ein vergleichsweise geringes Schadigungspotential fur die Ozonschicht. Die Photooxidation erfolgt bereits vorwiegend in der Troposphare. Zum Bioabbau von FCKW liegen keine Angaben vor. Uber die FCKW-Konzentrationen in der Atmosphare (Troposphare) liegt umfangreiches Untersuchungsmaterial vor. Die folgenden Zahlen zeigen die globalen Konzentrationen:
Trichlorfluormethan Dichlordifluormethan 1,1,2-Trichlor-i,2,2trifluorethan 1,2-Dichlor- 1 1,2,2,tetrafluormethan
Nordhemisphare (Mittel ng/m3) 7473 (1 13) 741,8 (132) 1 138,5 (230) 1079,i (218) 145,9 (19)
Sudhemisphare (Mittel ng/m3) 6683 (1 19) 696,9 (124) 1039,5 (210) 821,7 (166) 138,l (18)
83,9 (12)
69,9 (10)
Die Konzentrationen einiger FCKW in Wasser (Ozeane, Seen) liegen im Bereich < I ng/L. Soweit toxikologische und okotoxikologische Daten vorliegen, ergeben sich daraus fur FCKW Hinweise auf eine sehr geringe Toxizitat bei Warmblutern und Wasserorganismen. Es gibt keine Hinweise auf mutagene, kanzerogene oder reproduktionstoxische Wirkungen. Die Resorption und Verteilung im Organismus erfolgt rasch. Aufgrund der Stabilitat ist eine metabolische Umwandlung nicht zu erwarten. Die Ausscheidung erfolgt uber die Exhalationsluft. Die Umweltgefahrlichkeit der Substanzen resultiert aus dem direkten Effekt des Ozonabbaus in der Stratosphare, verbunden mit einer Erhohung des die Erdoberflache erreichenden Anteils der UV-B-Strahlung. Als indirekter Effekt ist die Erwarmung der Erdatmosphare anzusehen.
260
Das Ausman dieser beiden Effekte kann derzeit nicht sicher angegeben werden. Bisherige Aussagen basieren zumeist auf theoretischen Modellrechnungen. Das Montreal-Protokoll (Inkrafttreten am 1.1.1989) ist als globale Regelung fur Stoffe anzusehen, die die Ozonschicht schadigen. In der EG erfolgte die Umsetzung dieses Vertrages mit der EG-Rats-VO Nr. 3322/88 (geandert in 594/91) vom 4.3.1991, die eine schrittweise Reduzierung von Herstellung und Anwendung die Ozonschicht abbauender Stoffe vorsieht (Ausstiegsfrist: 1.1.1996). In Deutschland unterliegen FCKW zusatzlich der Rechts-VO nach Chem.G (FCKW-Halon-Verbots-VO). Literatur WHO: IPCS Environmental Health Criteria 1 13. Fully Halogenated Chlorofluorocarbons. Geneva, 1990
26 1
FormaIdehyd [50-00-01 Die Herstellung von Formaldehyd erfolgt durch Oxidation von Methanol. Die Produktionsmengen wurden in der Bundesrepublik Deutschland 1983 rnit 534000 t/a, in den USA 1985 mit 941000t/a angegeben. Weltweit wurden 1984 ca. 5,78 Mio. t/a produziert. Neben den herstellungs- und verwendungsbedingten Emissionen wird Formaldehyd bei der Dieselkraftstoffverbrennung emittiert. In der Troposphare erfolgt die Bildung durch Oxidation von Kohlenwasserstoffen mit Ozon und OH-Radikalen. Im Boden wird Formaldehyd bei der Zersetzung von Pflanzenmaterial gebildet. 1
Allgemeine Informationen
1.1 1.2 1.3
Formaldehyd [SO-00-01 Formaldehyd, Methanal CH20
" , ,c=o H
1.4 1.5 1.6
Oxomethan Aldehyd in L.ijsung >25%: giftig; R 23/24/25-34-40-43; giftig
2
Ausgewahlte Eigenschaften
25% giftig; 5% minder-
30,03 farbloses Gas (Verwendung als Formaldehydlosung 30 - 50Yoig mit einem Methanolgehalt von 1 Yo bzw. unter 1 Vo), stechender Geruch 2.3 -19°C 2.4 -118°C 2.5 101,3 kPa bei -19"C, 52,6 kPa bei -33°C 2.6 0,815 g/cm3 bei -20°C 2.7 Wasser: unbegrenzt mischbar 2.8 In waljriger Lijsung liegt Formaldehyd als geminales Diol vor. Bei Temperaturen uber 150 "C erfolgt Zersetzung unter Bildung von Kohlenmonoxid und Wasserstoff. Formaldehyd neigt zur Polymerisation. 2.9 - 1 ,O (berechnet) 2.10 3,27* lo-' atm m3 mol-' 2.1 1 keine Angaben 2.12 keine Angaben 2.1 2.2
2.13 biologisch leicht abbaubar 2.14 koHl,l .lo-" cm3 Molekule-' s-'; t,,* = 1,s d 3
Toxizitat
3.1
oral ihl
3.5
LD 50 800 mg/kg 984 mg/m3 30 min LC 50 578 mg/m3 4 h LC 50 497 mg/m3 4 h ihl Maus LC 50 dermal Kaninchen LD 50 270 mg/kg oral Meerschweinchen LD 50 260 mg/kg Die letale Dosis fur den Menschen wird mit 33-5,25 g angegeben. Formaldehyd wirkt reizend auf Haut und Augen. Formalinlosungen wirken sensibilisierend an der Haut. Im Langzeittest iiber 60 Wochen wurde die niedrigste toxisch wirksame Dosis bei subkutaner Applikation mit 96 mg/kg ermittelt. Die tagliche Verabreichung von 4 mg Formaldehyd uber 1,5 -2,5 Monate fuhrte bei Kaninchen zu keinen toxischen Wirkungen. 2-50 mg/kg uber 129 d an Hunde und Kaninchen verabreicht, fuhren zu Minderungen des Korpergewichtes, zur Reduzierung der Erythrozytenzahl und zu permanenten Protein- und Ameisensaureausscheidungen im Urin. Inhalative Expositionen von 0,Oi 1 mg/m3 uber 30 d fiihren bei Meerschweinchen zu Veranderungen des Immunstatus. Eine kontinuierliche Exposition uber 3 Monate mit 3 mg/m3 fiihrt bei mannlichen Ratten nach 2 Wochen zu ersten toxischen Effekten. Bei hohen Dosen (1 7,2 mg Formaldehyd/m3) ist bei Ratten eine kanzerogene Wirkung festgestellt. Bei Mausen sind Untersuchungsergebnisse bei vergleichbarer Exposition statistisch nicht signifikant; bei Hamstern wurde keine kanzerogene Wirkung festgestellt. In unterschiedlichen Tests ist Formaldehyd mutagen. Teratogene und embryotoxische Effekte bei nicht maternaltoxischen Konzentrationen wurden nicht beobachtet. Formaldehyd wird nach inhalativer und oraler Aufnahme im Organismus rasch resorbiert. Demgegenuber ist die dermale Resorption gering. Es erfolgt rascher Metabolismus unter BLildungvon Ameisensaure und CO2. Die Ausscheidung der Metabolite erfolgt durch Abatmen (COz) oder uber den Urin (Na-Formiat). Dariiber hinaus kann kovalente Bindung an Proteine und Nukleinsauren erfolgen. Die Reaktionen sind teilweise reversibel. keine Bioakkumulation
4
Okotoxizitat
3.2
3.3
3.4
Ratte Ratte
4.1 Aquatische Toxizitat 4.1 .I Formaldehyd wirkt bakterizid und fungizid.
263 4.1.2 4.1.3 4.1.4 4.2
Scenedesmus sp. EC 50 0,3-0,5 mg/L Daphnia magna 24 h EC 50 2-1000 mg/L Die akute Toxizitat uber 96 h liegt im Bereich von 62- 1020 mg/L. Terrestrische Toxizitat Bei der Anwendung von Harnstoff-Formaldehyd-Dunger in Mengen von 0,3 g/kg werden keine Schadigungen an Pflanzen und Tieren beobachtet. Hohe Formaldehydkonzentrationen konnen zu Veranderungen der Bodenbiologie fuhren (bakterizide Wirkung).
5
Exposition Formaldehydexpositionen konnen uber die AuBenluft und die Innenraumluft erfolgen. Dabei werden folgende mittlere Expositionsdosen angegeben: AuRenluft: 0,02 mg/d 0,5 - 2 mg/d Innenraumluft: Arbeitsplatz: 0,2-4 mg/d 0- 1 mg/d Zigarettenrauch: Die tagliche durchschnittliche Aufnahme uber Trinkwasser betragt etwa 0,2 mg, uber Nahrungsmittel 1,5 - 14 mg. Folgende mittlere Urnweltkonzentrationen werden angegeben: 0,05 - 14,7 pg/m3 Luft: Regenwasser: 110-174 pg/L Trinkwasser: 0,l mg/L
6
Umweltverhalten Die unbegrenzte Mischbarkeit mit Wasser und die Fluchtigkeit bestimmen das Verhalten von Formaldehyd in der Umwelt. Eine Bio- und Geoakkumulation erfolgt nicht. Transport und Verteilung erfolgen uber Luft und Wasser. Formaldehyd ist durch eine hohe Mobilitat und Dispersionstendenz charakterisiert. Unter Umweltbedingungen ist die Verbindung nicht persistent. In der Atmosphare wird Formaldehyd rasch zu Kohlendioxid oxidiert. Reaktionen erfolgen auch mit atmospharischen Spurengasen. In Gegenwart von NO2 betragt die Halbwertszeit tIl2 ca. 35 min. Die mittlere Halbwertszeit in der Atmosphare wird mit 1 - 3 h angegeben. In aquatischen Systemen erfolgt ein relativ rascher biologischer Abbau. Unter aeroben Bedingungen wird Formaldehyd in ca. 48 h (20 "C) nahezu vollstandig abgebaut, unter anaeroben Bedingungen in ca. 30 h. Bei Anwesenheit von Wasserdampf bilden sich Methan und Kohlendioxid. In Gegenwart von Chlor kommt es zur Bildung von Phosgen. Uber die Atmosphare erfolgt der Eintrag gronerer Mengen Formaldehyd in Gewasser.
264
7
G r e w und Richtwerte
7.1
MAK-Wert:
7.2
organoleptischer Schwellenwert (Wasser): Trinkwasser: TA Luft:
7.3
I m ~ / m(ppm); ~ 1,2 mg/m3 (D) Gefahr der Sensibilisierung I11 B begrundeter Verdacht auf krebserzeugendes Potential (D)
1 mg/L 900 pg/L (WHO) 20 mg/m3 bei einem Massenstrom von 0,1 kg/h und mehr
WGK 2 8
Abfallbeseitigung
Kleinere Mengen konnen oxidativ zersetzt werden. Nicht verwertbare groRere Mengen werden in Sonderabfallverbrennungsanlagen beseitigt. 9
Verwendung
Formaldehyd wird als Desinfektionsmittel, Textilhilfsmittel sowie zur Herstellung von Phenolharzen, Hexamethylentetramin und zur Kondensation zur Harnstoffharzen verwendet. 10
Umweltgefahrlichkeit
Formaldehyd kommt naturlicherweise vor, wird aber vorzugsweise bei der Verwendung in die Umwelt eingetragen. Es erfolgt rascher Abbau in Wasser, Boden und Luft. Akkumulation ist nicht zu erwarten. Der Stoff ist schadlich fur Wasserorganismen. Aufgrund des raschen Abbaus sind chronische Schadigungen von Freilandorganismen nicht zu erwarten. Akute Schadigungen aquatischer Organismen sind nur bei massiven Eintragen, und dann nur kurzzeitig zu erwarten (Fluchtigkeit).
Literatur
Augustin, H., et al.: Vom Wasser 58 (1982): 297-340 Schriftenreihe d. BMIFG, Formaldehyd - Gemeinsarner Bericht des Bundesgesundheitsamtes, der Bundesanstalt fur Arbeitsschutz und des Umweltbundesamtes. Bd. 148. W. Kohlhammer, Stuttgart. 1984 Goldmacher, V. S., Thilly, W. G.: Formaldehyde is Mutagenic for Cultured Human Cells. Mutat. Res. 116 (1983): 417-422 International Programme on Chemical Safety: EHC 89, Formaldehyde. Geneva, 1989 Labs., Cincinnati 1981
265 Ulsamer, A.G., et a].: Formaldehyde in Indoor Air: Toxicity and Risk. 75th Annual Meeting of the Air Pollution Control Assoc., New Orleans, 1982 Ulsamer, A. G., et al.: Overview of Health Effects of Formaldehyde. Hazard Assessment of Chemicals, Current Development, Vol. 3 (1984): 337-400 IRPTC: Scientific Reviews of Soviet Literature on Toxicity and Hazards of Chemicals. No. 13, Formaldehyde, UNEPARPTC, Geneva 1982 Formaldehyde, NIOSH Current Intelligence Bulletin 34, April, 198 1 NIOSH, Robert A. Taft
266
Halogenmethane Unter der Stoffgruppe der Halogenmethane werden nachfolgend die Stoffe Methylchlorid, Methylenchlorid und Brommethan dargestellt. Die weltweiten Herstellungsmengen werden wie folgt geschatzt: Methylchlorid ca. 400000 t/a Methylenchlorid ca. 500000 t/a Brommethan ca. 20000 t/a Die Stoffe werden in erheblichen Mengen biogen durch marine Algen, Mikroorganismen und Pilze gebildet. Daruber hinaus kommt es zur Bildung bei Waldbranden und Vulkaneruptionen, so da6 mit erheblichen naturlichen Eintragen in die Umwelt zu rechnen ist. Die globale Emission von Methylchlorid durch marine und terrestrische Biomasse wird auf etwa 5 Mio. t/a geschatzt; die Emissionen von Methyljodid ebenfalls auf ca. 5 Mio. t/a. Damit durften die Umwelteintrage dieser Stoffe infolge biogener Bildung die anthropogenen Eintrage erheblich iibersteigen. 1
Allgerneine Informationen
1.1
Chlormethan [74-87-31 Brommethan [74-83-91 Dichlormethan [75-09-21 Methan, ChlorMethan, BromMethan, DichlorCH,Cl CH3Br CH2C12
1.2
1.3
H I
CI-C-H
I
H
Chlormethan 1.4
1.5 1.6
Chlormethan: Brommethan: Dichlormethan: Halogenmethane Chlormethan: Brommethan: Dichlormethan:
H I
Br-C-H I
H I
CI-c-c1
I
H
H
Brommethan
Dichlormethan
Methylchlorid Methylbromid Methylenchlorid mindergiftig, hochentziindlich; R 12 - 40-48/20 giftig; R 23 - 36/37/38 mindergiftig; R 40
267 Die Verwendung von Brommethan als Pflanzenschutzmittel ist in der Bundesrepublik Deutschland nur fur bestimmte Anwendungen zugelassen.
2
Ausgewahlte Eigenschaften
Chlormethan 50 Brommethan 95 Dichlormethan 85 2.2 Chlormethan fliissig Brommet han gasformig Dichlormethan fliissig 2.3 Chlormethan 3,65 "C - 24,2 "C Brommethan Dichlormethan 40 "C 2.4 Chlormethan -97,9"C - 93,6 "C Brommethan Dichlormethan -65,l "C 2.5 Chlormethan 3,765 mm Hg bei 2OoC/501,8 Pa Brommethan 1,420 mm Hg bei 20 "C/189,3 Pa 362,4 mm Hg bei 20"C/4,8.104 Pa Dichlormethan 2.6 Chlormethan 0,973 g/cm3 bei 10°C Brommethan 1,737 g/cm3 bei 10°C Dichlormethan 1,327 g/cm3 bei 20°C 2.7 Wasser: Chlormethan 5,38 g/L Brommethan l,o g/L Dichlormethan 13,2 g/L 2.8 Monohalogenmethane wie Methylbromid und Methylchlorid hydrolysieren in wal3riger Liisung langsam unter Bildung von Methanol und Halogenwasserstoffsaure. Die Hydrolysegeschwindigkeit nimmt mit der GroBe des Halogenatoms zu. Unter Normalbedingungen ist ein oxidativer Abbau von Monohalogenmethanen nicht nachgewiesen. Die Verbindungen sind jedoch nicht photolysestabil. 2.9 Chlormethan 1,6 (berechnet) Brommethan 2,3 (berechnet) Dichlormethan 1,5 (berechnet) 2.10 Chlormethan 2,4.10-' atm m3 mol-' Brommet han 6,24. lo-' atm rn3 mol-' Dichlormethan 2,68-10-3 atm m3 mol-' 2.1 1 Chlormethan 0,6 (berechnet) 1 ,O (berechnet) Brommethan 1,l (berechnet) Dichlormethan 2.12 Chlormethan 0,75 (berechnet) 2.1
268 Brommethan Dichlormethan 2.1 3 Chlormethan Brommethan Dichlormethan 2.14 Chlormethan: Brommethan: Dichlormethan:
0,9 (berechnet) 0,9 (berechnet) keine Angaben keine Angaben keine Angaben k,, = 4,2.10-14 cm3 Molekule-' s-I; = 382 d koH = 3,8.10-14 cm3 Molekale-' s-'; = 422 d koH = 1,4.10-'3 cm3 Molekiile-' s-': t1,2= 115 d
3
Toxizitat
3.1
3.5
Chlormethan oral Ratte LD 50 1800 mg/kg 2000 ppm Brommethan ihl Ratre LCL 0 Dichlormethan oral Hund LDLO 3000 pg/kg Chlormethan: fiihrt bei akuten Intoxikationen zu Schadigungen des ZNS, von Leber, Niere, Herz. Hohe Konzentrationen konnen schnell zum Tode fiihren. Kontakt mit flussigem Chlormethan fiihrt zu Erfrierungen. Als Gas wirkt es reizend am Auge. Dichlormethan: fiihrt bei inhalativer Aufnahme hoher Konzentrationen zu Rauschzustanden und BewuBtlosigkeit. Dampfe wirken reizend am Auge. Brommethan: verursacht starke Reizungen an Auge, Atemwegen und Lunge sowie Haut. Akute Intoxikationen fiihren zeitverzogert (48 h) zu Schadigungen des ZNS. Chronische Aufnahme kann zu Schadigungen von Leber, Niere und ZNS fuhren. Chlormethan: Hinweise auf mutagene (in vitro) und kanzerogene Wirkung im Tierexperiment. Brommethan: Hinweise auf mutagene Wirkung; begrundeter Verdacht auf kanzerogene Wirkung im Tierexperiment Dichlormethan: Hinweise auf mutagene Wirkung; begrundeter Verdacht auf kanzerogene Wirkung im Tierexperiment. Die Stoffe werden uber Atemwege und Haut resorbiert und gelangen uber das Blut rasch in Gewebe. Der Metabolismus erfolgt vorzugsweise durch Konjugation mit Glutathion. Nicht metabolisierte Verbindungen werden uber die Lunge abgeatmet oder uber Urin und Faeces ausgeschieden. keine Bioakkumulation
4
Okotoxikologie
4.1 4.1.1 4.1.2 4.1.3
Aquatische Toxizitat keine Angaben keine Angaben Dichlormethan: Daphnia magna
3.2 3.3
3.4
24 h
EC 0 EC 50
1550 mg/L 2270 mg/L
269
4.1.4 Dichlormethan: Goldorfe
Blauer Sonnenbarsch Amerikanischer Elritze
4.2
5
Chlormethan: Sonnenfisch Brommethan: BIauer Sonnenbarsch Terrestrische Toxizitat keine Angaben
48 h
EC 0 EC 50
68 mg/L 220 mg/L
48 h
LC LC LC LC LC LC LC
50
264 mg/L 528 mg/L 792 mg/L 220 mg/L 502 mg/L 855 mg/L 471 mg/L
96 h
LC 50
550 mg/L
96 h
LC 50
1 1 mg/L
96 h 96 h 24 h 192 h
0 50
100 50 50
100
Exposition Die Umweltkonzentrationen liegen im Bereich von e 0 , l - < 1 ,O pg. Luft: Chlormethan bis zu 0,9 pg/m3 Brommethan bis zu 0,05 pg/m3 Dichlormethan bis zu 0,03 pg/m3 Meerwasser: Chlormethan bis zu 0,015 pg/L Brommethan bis zu 0,Ol pg/L* SiiRwasser: Dichlormethan 0,05 - 0,5 pg/L* Grundwasser: Dichlormethan bis zu 0,Ol pg/L * * Einzelwerte
6
Umweltverhalten Die Fliichtigkeit bestimmt das Verteilungsverhalten der Stoffe in der Umwelt. Zielkompartiment ist Luft. Bodenmikroorganismen konnen die Stoffe als Kohlenstoffquelle nutzen, was auf einen leichten biologischen Abbau hindeutet.
7
Grenz- und Richtwerte
7.1
MAK-Wert: Chlormethan
50 mL/m3, (ppm), 105 mg/m3 I11 B begrundeter Verdacht auf krebserzeugendes Potential (D)
270 Brommethan
Dichlormethan
7.2
7.3
Trinkwasser: Chlormethan Brommethan Dichlormethan
TA Luft: Chlormethan
Brommethan Dichlormethan
8
5 m ~ / m(ppm), ~ 20 mg/m3 Gefahr der Hautresorption 111 B begrundeter Verdacht auf krebserzeugendes Potential (D) 100 mL/m3 (ppm), 360 mg/m3 111 B begrundeter Verdacht auf krebserzeugendes Potential (D) 2 pg/L (USA) 2 pg/L (USA) 25 pg/L als Summe der Stoffe: l , t ,I-Trichlorethan, Tri- und Tetrachlorethen, Dichlormethan ( 0 ) 2 pg/L (USA) 20 Fg/L (WHO) 20 mg/m3 und mehr. 20 mg/m3 und mehr. 20 mg/m3 und mehr.
bei einem Massenstrom von 0,l kg/h WGK 2 bei einem Massenstrom von 0,l kg/h WGK 2 bei einem Massenstrom von 0,l kg/h WGK 2
Abfallbeseitigung
Verbrennung in Sonderabfallverbrennungsanlagen
9
Verwendung
Chlormethan: Zwischenprodukt bei der Herstellung von Herbiziden, Gummi, Siliconen u.a. Stoffen Brommethan: Rauchermittel in der Schadlingsbekampfung Dichlormethan: bsungsmittel, Ausgangsprodukt in der Kunststoffherstellung
10
Umweltgefahrlichkeit
Die Stoffe sind schgdlich fur Wasserorganismen. Schadigungen aquatischer Systeme sind aufgrund der Fluchtigkeit nicht zu erwarten. In Luft erfolgt langsamer Abbau mit regionaler bis globaler Verteilung.
27 1 Literatur BG-Chemie: Kurzfassung Toxikologische Bewertung, Bd. 1, No. 129, 1990 GDCh: BUA Stoffbericht Nr. 6, Dichlormethan. VCH Weinheim, 1987 GDCh: BUA Stoffbericht Nr. 7, Chlormethan. VCH Weinheim, 1987 GDCh: BUA Stoffbericht Nr. 14, Brommethan. VCH Weinheim, 1987 Hutzinger, 0: The Handbook of Environmental Chemistry. Vol. 3, Part B. Springer, BerlinHeidelberg-New York 1982
272
HexachIorbutad ien [87-68-31 Die Herstellungsmenge von Hexachlorbutadien betrug in der EG 1978 ca. 3 000-4000 t/a. Aktuelle Angaben liegen nicht vor. Schiitzungen liegen bei ca. 10000 t/a weltwei t . Der Stoff bildet sich als Nebenprodukt bei der Perchlorierung von C1- und C2-Alkanen und C2-Alkenen in nicht unerheblichen Mengen.
1
Allgemeine Informationen
1.1 1.2 1.3
Hexachlorbutadien [87-68-31 1,1 ,2,3,4,4-Hexachlor-I ,3-butadien
1.4 1.5 1.6
HCBD, Perchlorbutadien, Hexachlor- 1,3-butadien Dien keine Angaben
2
Ausgewahlte Eigenschaften
2.1 2.2 2.3 2.4 2.5 2.6 2.7 2.8 2.9 2.10 2.1 1 2.12 2.1 3 2.14
260,7 klare, farblose Flussigkeit 210- 220 "C Gefrierpunkt: -19 bis -22°C 22 mm Hg bei 100°C; 0,15 mm Hg bei 20°C/19,99 Pa 1,675 g/cm3 bei 15,5 "C Wasser: 5 pg/L bei 20"C, gut loslich in Ethanol und Diethylether Unter Normalbedingungen ist die Verbindung chemisch und physikalisch stabil. 4,1 (berechnet) 1,03.10-2 atm m3 mol-' 2,O (berechnet) 3,05 (berechnet) biologisch abbaubar keine Angaben
3
Toxizitat
3.1
oral oral
c4c16
Ratte Maus
LD 50 LD 50
65- 80 mg/kg 250-270 mg/kg
213
3.5
iP Ratte LD 50 76-105 mg/kg 175-216 mg/kg iP Maus LD 50 Der Stoff ist stark reizend an Augen und Haut. Im 2-Jahre-Futterungsversuch bei Ratten mit Konzentrationen von 0,2, 2,O und 20 mg/kg/d werden bei 2,O und 20 mg/kg renale Nekrosen festgestellt. Vergleichbare Wirkungen konnen bei Applikation von 30 bis 100 mg/kg/d uber 30 d beobachtet werden. Im Ames-Test ist der Stoff mutagen. Im Tierexperiment ist eine krebsauslosende Wirkung festgestellt. Der Stoff steht im Verdacht, beim Menschen ebenfalls krebsauslosend zu sein. Der Stoff wird bei Aufnahme uber Haut, Atem- und Ingestionstrakt rasch resorbiert und im Korpergewebe verteilt. Hervorzuheben ist die Kumulationswirkung. Die Ausscheidung erfolgt uber die Niere. Untersuchungen weisen allerdings auf eine Anreicherung im Korpergewebe hin. Zielorgane sind Niere und ZNS. Bioakkumulation zu erwarten
4
Okotoxizitat
4.1 4.1.1 4.1.2 4.1.3
Aquatische Toxizita Pseudomonas putida Huematococcus pluvialis Daphnia magna
3.2
3.3
3.4
4.1.4 Amerikanische Elritze
Goldorfe
30 min 4h 24 h
24 48 72 96 48
h h h h
h
48 h
4.2
Terrestrische Toxizitat keine Angaben
5
Exposition
EC 10 EC 10 LC 0 LC 50 LC 100 LC 50 LC 50 LC 50 LC 50 LC 0 LC 50 LC 100 LC 0 LC 50 LC 100
0,9 mg/L 2 mg/L 0,08 mg/L 0,5 mg/L 2,O mg/L 0,23 mg/L 0,23 mg/L 0,13 mg/L 0,l mg/L 252 mg/L 470 mg/L 504 mg/L 3 mg/L 3 mg/L 3 mg/L
Insgesamt ist mit einer weitlaufigen Verbreitung des Stoffes in der Umwelt zu rechnen, wobei diffuse Eintrage aus verschiedenen Verwendungsbereichen sowie die Anwendung chlorierter Alkane und Alkene zu entsprechenden Kontaminationen beitragen.
274 Die in der Atmosphare gemessenen Hochstkonzentrationen bei punktformigen Emissionen betragen 463 pg/m3. In Trinkwassern der USA sind bis zu 0,07 pg/L, in der BRD bis zu 0,27 pg/L, in Oberflachenwasser bis zu 2 pg/L und Abwasser bis zu 6,5 pg/L Hexachlorbutadien analysiert. Boden konnen bis zu 0,8 mg/kg und Sedimente bis zu 8,O mg/kg der Verbindungen enthalten. In Algen sind 9 pg/kg, in Invertebraten 7 pg/kg und in menschlichem Fettgewebe bis zu 13,7 pg/kg der Verbindung nachgewiesen. Nahrungsmittel enthalten von 0,08 pg/kg (Milch) bis zu 4,65 mg/kg (Fisch) Hexachlorbutadien. Bei den Zahlenangaben handelt es sich zumeist um Einzelwerte. Eine Quantifizierung umweltbedingter Expositionen des Menschen is1 nicht moglich. 6
Umweltverhalten Das Umweltverhalten der Verbindung wird durch die aunerordentlich geringe Wasserloslichkeit, verbunden mit einer mittleren Bio- und Geoakkumulationstendenz, und eine relativ hohe Fliichtigkeit charakterisiert. In Sedimenten wurden Konzentrierungsfaktoren bis zu 100 festgestellt, woraus sich im Vergleich zu anderen aliphatischen Chlorkohlenwasserstoffen eine relativ geringe Mobilitat in Hydro- und Pedosphare ableitet. Dampfdruck und die Henry-Konstante weisen auf einen bevorzugten Ubergang in die Atmosphare und eine geringe Aufenthaltswahrscheinlichkeitin Wasser hin. Der Stoff wird in Klaranlagen biologisch abgebaut. Uber den biotischen und abiotischen Abbau in der Umwelt liegen keine Daten vor.
7
Grenz- und Richtwerte
7.1
MAK-Wert: Gefahr der Hautresorption 111 B begrundeter Verdacht auf krebserzeugendes Potential (D) Aufgrund der beim Menschen vermuteten kanzerogenen Wirkung werden unter Beachtung eines moglichen Krebsrisikos von der U. S. EPA folgende Trinkwassergrenzwerte empfohlen: Krebsrisiko Grenzwert (pg/L) lo-’ 0,007 0,07 IO-~ 037 TA Luft: 20 mg/m3 bei einem Massenstrom von 0,i kg/h und mehr. WGK 3
7.2
7.3
8
Abfallbeseitigung Verbrennung in Sonderabfallverbrennungsanlagen
275 9
Verwendung
Usemittel fur Polymere, Hydraulikflussigkeit, Zwischenprodukt bei der Gummiherstellung 10
Umweltgefahrlichkeit
Der Stoff ist sehr giftig fur Wasserorganismen. Es ist von einer Bio- und Geoakkumulation mit langeren Verweilzeiten in Wasser/Boden/Sediment auszugehen. Langerfristige Wirkungen bei Wasserorganismen sind nicht auszuschlieRen.
276
Hexac hIorcyclopentadie n [77-47-41 Die Herstellung von Hexachlorcyclopentadien erfolgt durch: - Synthese aus polychlorierten C, - C3-Kohlenwasserstoffen, - Umsetzung von Trichlorethen mit Tetrachlorkohlenstoff an einem A1CI3-Kontakt bei 100°C und Pyrolyse des Reaktionsproduktes bei 500"C, - Chlorierung von C5-Alkanen mit nachfolgender Cyclisierung, - Chlorierung von Cyclopentadien. Das Produktionsvolumen betragt weltweit derzeit ca. 15000 t/a und ist seit den 70er Jahren rucklaufig. Das technische Produkt hat einen Reinheitsgrad von etwa 97,5 Gew.-Yo und enthalt als Verunreinigungen Tetrachlorcylopentadien (0,6 -0,8 Gew.-%) und Octachlorcyclopenten (1,7 - 1,9 Gew.40). Zu geringen Anteilen sind Hexachlorbenzol (0,04 Gew.-%) und Tetrachlorethen (0,09 Gew.-%) enthalten. 1
Allgemeine Informationen
1 .I
Hexachlorcyclopentadien [77-47-41 1,2,3,4,5,5-Hexachlor-1,3-cyclopentadien CsCI,j
1.2 1.3
CI
1.4 1.5 1.6
Perchlorcyclopentadien, HEX; C-65 cyclische Diene sehr giftig
2
Ausgewahlte Eigenschaften
2.1 2.2
272,77 g/mol schwach gelbe bis griinlichgelbe Flussigkeit, unangenehmer, stechender Geruch 239°C (1023 Pa) 10-10,8"C 0,107 hPa bei 25°C 1,7035 g/cm3 bei 25°C Wasser: 0,805 mg/L bei 25 "C 2,l mg/L bei 25°C Oberflachenwasser: 1,03 mg/L bei 22 "C; gut loslich in organischen Losemitteln Die Verbindung ist sehr reaktiv. Umsetzungen erfolgen mit Dienophilen und mehrkernigen aromatischen Kohlenwasserstoffen.
2.3 2.4 2.5 2.6 2.7
2.8
277 _
_
_
_
_
~
2.13 2.14
Additions-, Substitutions-, Kondensations- und Kupplungsreaktionen sind moglich (z. B. Chlorierung, Hydrogenolyse, Aminolyse, Hydrolyse). Die Verbindung korrodiert Eisen, Kupfer, Aluminium und greift Kautschuk an. 5,04?0,04 2,7*i0-2 atm m3 mol-' 5,4 (gemessen) 3,4- 3,8 (berechnet) 2,65 (Fische) 2,53 (Griinalge) 3,2 (Schnecke) biologisch nicht leicht abbaubar KOH = 59-10-12cm3 Molekille-' s-I; t1,2 ca. 5 h
3
Toxizitat
3.1
oral
2.9 2.10 2.1 1 2.12
3.5
LD 50 505 mg/kg 926 mg/kg LD 50 820 mg/kg dermal Kaninchen LD 50 <200 mg/kg LD 50 18,l mg/m3 4 h ihl Ratte LD 50 Die Verbindung ist stark haut- und schleimhautreizend. Inhalativ wirkt Hexachlorcyclopentadien akut stark toxisch. Nach subchronischer oraler Applikation werden bei Ratten und Mausen Nierenschaden sowie Entziindungen und Hyperplasien des Vormagens festgestellt. i4wochige inhalative Exposition gegeniiber 2,3 mg/m3 war bei Affen ohne Befund. 5,6 mg/m3 iiber 30 Wochen waren bei Ratten teilweise letal. Zur Kanzerogenitat liegen keine Daten vor (Studie in Vorbereitung). Die Verbindung ist in verschiedenen Tests nicht mutagen. Bei Kaninchen wurde eine leichte fetotoxische, jedoch keine teratogene Wirkung beobachtet. Die Verbindung wird inhalativ schnell, oral weniger gut resorbiert. Zielorgane der Verteilung im Organismus sind Leber, Niere, Trachea, Lunge. Es erfolgt relativ schnelle Metabolisierung, verbunden mit einer Ausscheidung iiber Urin und Faeces. Bioakkumulation ist zu erwarten.
4
Okotoxizitat
3.2
3.3
3.4
Ratte
4.1 Aquatische Toxizitat 4.1.1 Die toxische Grenzkonzentration fur aerobe und anaerobe Bakterien liegt zwischen 1 - 100 mg/L 96 h EC 50 190 l g / L 4.1.2 Griinalgen 3,5- 100 l g / L Meerwasseralgen 7d E C 50
278 4.1.3 Daphnia magna 48 h NOEC 18- 32 pg/L Mysodopsis bahia (Brackwasserkrebs) 96 h LC 50 7 wg/L 40- 50 pg/L LC 50 96 h 4.1.4 Meeresfische LC 0 50-100 pg/L Sunwasserfische 24-96 h Fischlarven werden bereits bei > 3,7 pg/L geschadigt. 4.2 Terrestrische Toxizitat Japanische Wachtel: 15 Tage Verabreichung von Dosen bis zu 300 mg/kg KG nicht porphyrinogen.
5
Exposition Umweltexpositionen konnen bei Herstellung, Verarbeitung, Verwendung und Entsorgung erfolgen. Zielkompartimente des Eintrages in die Umwelt sind die Luft und das Wasser. In den USA wird der atmospharische Eintrag von Hexachlorcyclopentadien bei Herstellung und Verarbeitung auf ca. 12 t/a geschatzt. Diffuse Eintrage sind bei der Verbrennung organischen Materials moglich. In der Bundesrepublik Deutschland werden die jahrlich anfallenden Hexachlorcyclopentadien-haltigen Abfalle (ca. 600 t) in einer Sonderabfallverbrennungsanlage entsorgt. Die Konzentrationen in der Atmosphare liegen bei 1 pg/m3, im Wasser im unteren Mikrogrammbereich (< 1 pg/L). Uber Gehalte in der Geosphare ist nichts bekannt. Die Exposition des Menschen kann iiber Luft, Wasser und Nahrung erfolgen. Ein Quantifizierung der Exposition ist derzeit nicht moglich.
6
Umweltverhalten
Aufgrund der Molekulstruktur ist Hexachlorcyclopentadien in der Umwelt relativ wenig persistent. Der Abbau kann sowohl durch Mikroorganismen in Wasser und Boden als auch hydrolytisch und photolytisch erfolgen. In der Atmosphare ist die Transformation durch Ozon und OH-Radikale nachgewiesen. Der Verteilungskoeffizient n-Octanol/Wasser deutet auf eine ausgepdgte Bio- und Geo-akkumulationstendenz hin. Aufgrund des Dampfdruckes und des Henry-Koeffizienten ist mit einem raschen Ubergang aus Wasser in die Luft zu rechnen. Aufgrund der Sorptionstendenz kann der Boden eine Senke fur die Verbindung darstellen. 7
Grenz- und Richtwerte
keine Angaben 8
Abfallbeseitigung
Abfalle, die Hexachlorcyclopentadien enthalten, sind Sonderabfalle und mussen als solche entsorgt werden (vorzugsweise Verbrennung).
279 9
Verwendung
Die Verbindung wird ausschlienlich als Zwischenprodukt zur Herstellung von Pflanzenschutzmitteln und Flammenschutzmitteln fur Kunststoffharze und Polymere verwendet.
10
Umweltgefahrlichkeit
Hexachlorcyclopentadien ist sehr giftig fur Wasserorganismen. Besonders empfindlich reagieren Invertebraten und Vertebraten. Larvenstadien von Fischen werden bereits bei Konzentrationen a b 3,7 pg/L geschadigt. Die Verbindung wird allerdings in der Umwelt uber verschiedene Abbauwege metabolisiert bzw. transformiert oder aufgrund der hohen Sorptionstendenz in Bbden/Sediment sorbiert. Damit verbunden ist eine verminderte Bioverfugbar keit . Aufgrund der relativ geringen Eintrage in die Umwelt, der geringen Persistenz und der Fluchtigkeit sind derzeit Schadigungen aquatischer Organismen bei umweltadaquaten Expositionen nicht zur erwarten. Allerdings ist wenig bekannt zu den biotisch und abiotisch entstehenden Transformationsprodukten der Verbindung. Eine abschlieflende Beurteilung der Umweltgefahrlichkeit der Verbindung unter Berucksichtigung der Transformationsprodukte ist damit derzeit nicht moglich. Literatur GDCh: BUA-Stoffbericht No. 25, Hexachlorcyclopentadien. VCH Weinheim, 1988 WHO: IPCS Environmental Health Criteria 120, Hexachlorcyclopentadiene. Geneva, 1991
280
Hexachloret han [67-72-11 Die Herstellung von Hexachlorethan erfolgt durch katalytische Umsetzung von Tetrachlorethylen mit Chlor. Alternative Verfahren sind die photolytische Umsetzung von Tetrachlorethylen rnit Chlor unter Druck sowie die Chlorierung von Chlorbutadien, 1,2-Dichlorethan, Chlorpentan oder kurzkettigen Chlorparaffinen. Genaue Angaben zu den Herstellungsmengen liegen nicht vor. Schatzungen fur die Bundesrepublik Deutschland liegen bei ca. 130000 t/a (1985). 1
Allgemeine Informationen
1.1 1.2
Hexachlorethan [67-72-1] Ethan, Hexachlor-
1.3
c2c16
c1 c1 I I cI-c-c-cI I 1 c1 c1 1.4 1.5 1.6
Carbonhexachlorid, Perchlorethan, Penohep chlorierte Ethane keine Angaben
2
Ausgewahlte Eigenschaften
2.1 2.2 2.3 2.4 2.5 2.6 2.7
236,74 weiRer, kristalliner Feststoff mit campherartigem Geruch 186,8- 187,4"C Sublimation bei 185 "C 1 mm Hg bei 32,7"C/133,3 Pa 2,09 cm3 bei 20°C Wasser: 50 mg/L; gut loslich in Ethylether, Ethylalkohol, Benzol, Chloroform und 01en Hexachlorethan ist chemisch inert. Bei Temperaturen iiber 180 "C erfolgt Zersetzung unter Bildung von Tetrachlormethan und Tetrachlorethylen. 4,62 (berechnet) 1,71 hPa m3/mol bei 22 "C 1,7 (berechnet) 2,7 - 3,O (gemessen Fisch) biologisch nicht leicht abbaubar keine Angaben
2.8 2.9 2.10 2.1 1 2.1 2 2.1 3 2.14
281
-
3
Toxizitat
3.1
3.5
LD 50 4460 mg/kg (weibl. Tiere) LD 50 5 160 mg/kg (mannl. Tiere) LD 50 4,5 mg/kg LDL 0 4000 mg/kg 325 mg/kg LDL 0 LD 50 4970 mg/kg LD 50 32000 mg/kg (appliziert als wa13rige Suspension) Wirkung auf das ZNS (narkotisierend-depressorisch),Leber und Niere Aus vorliegenden Testergebnissen ergeben sich keine Hinweise auf teratogene und mutagene Wirkung. Untersuchungen zu Kanzerogenitat im Tierexperiment sind bei Ratten nicht eindeutig; bei Mausen wurden Lebertumoren beobachtet. Der Stoff wird z. Z. auf sein krebserzeugendes Potential untersucht. Bei oraler Aufnahme erfolgt rasche Resorption und Verteilung im Korpergewebe. Der Stoff kann im Fettgewebe akkumulieren. Eine nennenswerte Bioakkumulation ist zu erwarten.
4
Okotoxizitat
3.2 3.3
3.4
oral oral ipr scu ivn oral dermal
Ratte Ratte Maus Kaninchen Hund Meerschweinchen Kaninchen
4.1 Aquatische Toxizitat 4.1.1 keine Angaben 4.1.2 keine Angaben 4.1.3 Daphnia magna Flunkrebs (Orconeces immunis) 4.1.4 Blauer Sonnenbarsch Schafskopfelritze Amerikanische Elritze
Regenbogenforelle
Goldfisch Katzenwels
4.1.5 Wasserschnecke (Aolexa hypnorum) Zuckmiickenlarven Ochsenfrosch
48 h 96 h 96 h 96 h
50 50 50 0 50 50 50 50 50
24 h 48 h 72 h 96 h 24 h 48 h 72 h 96 h 96 h 48 h 72 h 96 h 96 h
LC LC LC LC LC LC LC LC LC LC LC LC LC LC LC LC LC LC
48 h 96 h
LC 50 LC 50
50 50 50 50 50 50 50
50 50
2,l mg/L 2,l mg/L 0,98 mg/L 1 mg/L 2,4 mg/L 1,8 mg/L 1,55 mg/L 1,55 mg/L 1,51 mg/L 1,51 mg/L 0,97 mg/L 0,97 mg/L 0,97 mg/L 2,1 mg/L 1,93 mg/L 1,6 mg/L 1,6 mg/L 2,l mg/L 5,2 pmol/L 11,9 Fmol/L
282 4.2
Terrestrische Toxizitat keine Angaben
5
Exposition
Der Stoff hat derzeit eine Reihe von Anwendungsgebieten (mit rucklaufiger Tendenz), so dan insbesondere mit diffusen Eintragen in die Umwelt zu rechnen ist. Eine Quantifizierung der Exposition ist jedoch nicht moglich. Weltweit werden die Eintrage in die Umwelt auf ca. 1 000 t/a geschatzt. Hexachlorethan ist in der Umwelt in folgenden Konzentrationen analysiert worden: 0,003 pg/m3 Troposphare (Gesamtbelastung: ca. 4500 t) < 0,Ol pg/L (Nachweisgrenze) Oberflachenwasser 0,001 -4,4 pg/L (USA) (Einzelwerte) Trinkwasser <0,01- >200000 pg/kg (Maximalwert bei lokalem Sediment Eintrag uber Abwasser) 6
Umweltverhalten
Ausgehend von den physikalisch-chemischen Eigenschaften ist der Stoff in der Umwelt relativ persistent, und es ist eine nennenswerte Bio- und Geoakkumulation zu erwarten. Eine Stoffverteilung zwischen Luft und WassedBoden ist moglich. Aufgrund der chemischen Struktur ist nur mit einem langsamen biologischen Abbau in der Umwelt zu rechnen. 7
Grenz- und Richtwerte
7.1 7.2 7.3
MAK-Wert: 1 mL/m3 10 mg/m3 (D) keine Angaben Bestandteil des Hexa-Gemisches; nach Abfg. Sonderabfall; AbfallschliisselNr. 59701 - Destillationsriickstande, salz-, losemittelfreie. WGK 3
8
Abfallbeseitigung
Verbrennung in Sonderabfallverbrennungsanlagen 9
Verwendung
Der Stoff ist in Mottenmitteln, Vernebelungs- und Explosivstoffen enthalten; Antihelmintikum, Campher-Ersatz in Celluloid, Vulkanisationsbeschleuniger.
283
10
Umweltgefahrlichkeit Hexachlorethan ist aufgrund der dkotoxikologischen Wirkungsdaten sehr giftig fur Wasserorganismen. Infolge der Bio- und Geoakkumulationstendenz und der nicht leichten biologischen Abbaubarkeit ist in Wasser/Boden/Sediment mit langeren Verweilzeiten zu rechnen. Chronische Schadigungen sind somit bei Wasserorganismen nicht auszuschliefien.
Literatur Fishbein, L.: Potential Halogenated Industrial Carcinogenic and Mutagenic Chemicals. Part 11, Sci. Total Environrn. 11 (1979): 163- 195 Weeks, M. H. et al.: The Toxicity of Hexachloroethane in Laboratory Animals. Arner. Ind. Hygiene Assoc. J. 40 (3) (1979): 187- 199 Konietzko, H.: Chlorinated Ethanes: Sources, Distribution, Environmental Impact, and Health Effects. Hazard Assessment of Chemicals: Current Development, Volume 3 (1984): 401 -448 GDCh: BUA Stoffbericht Nr. 34, Hexachlorethan. VCH Weinheim, 1989
284
Kresole [1319-77-31 Kresole sind in Steinkohlen- und Buchenholzteer enthalten. Das daraus gewonnene Isomerengemisch (Trikresol) wird zu sog. rohem Carbolol destilliert, welches direkt Verwendung findet. Die Reindarstellung aus Carbolol erfolgt durch Extraktion mit Natriumphenolat und Diisopropylether. Die Synthese von Kresolen erfolgt durch Gas- oder Flussigphasenmethylierung von Phenol. In der Bundesrepublik Deutschland wurden 1988 ca. 33000 t Kresole/a hergestellt. Kresole und Derivate sind in der Natur weitverbreitet. Bei der EiweiOzersetzung bildet sich u. a. p-Kresol. Der Mensch scheidet iiber den Urin etwa 87 mg p-Kresol pro Tag in Form von Schwefelsaureestern aus. 1
Allgemeine Informationen
2.1 1.2 1.3
o-Kresol [95-48-71, m-Kresol [log-39-41, p-Kresol [I 06-44-51 Phenol, MethylC7H80
o-Kresol
CH3 m-Kresol
C"3
p-Kresol 1.4 1.5 1.6
Methylphenol, Hydroxytoluol Phenole giftig ( > 5 % ) R 24/25-34; mindergiftig (1-5%) R 21122-36/38
2
Ausgewahlte Eigenschaften
2.1 2.2
108,9 farblose bis dunkelbraune Flussigkeit in Abhangigkeit von der Reinheit, der Lichteinwirkung und dem Alter der Substanz o-Kresol 191 "C m-Kresol 203 "C p-Kresol 202 "C o-Kresol 31 "C m-Kresol 11 "C p-Kresol 35 "C Isomerengemisch 2,27 mbar bei 2OoC/2,27. lo2 Pa 1,03 g/m3 bei 20 "C Wasser: 20 g/L bei 20°C
2.3
2.4
2.5 2.6 2.7
285 2.8 Flammpunkt: 43 - 82 "C; die waRrige Lijsung reagiert schwach saues 2.9 1,5 (0-Kresol) 2.10 1,6.10-6 atm m3 mol-' (0-Kresol) 8,7.1OP7 atm m3 mol-' (m-Kresol) 9 , 6 ~ 1 0 -atm ~ m3 mol-' (p-Kresol) 2.1 1 1,16 (0-Kresol) 2.12 I ,1 (0-Kresol) 2.13 0-,m- und p-Kresol: leicht biologisch abbaubar = 0,4 d koH = 4 , l . lo-'' cm3 Molekiile-' s - ' ; 2.14 o-Kresol: m-Kresol: koH = 5,9.10-" cm3 Molekiile-' s - ' ; tllz = 0,3 d koH = 4 3 - lo-'' cm3 Molekiile-' s-'; ti/* = 0,4 d p-Kresol: 3
Toxikologie
3.1
o-Kresol
3.5
Ratte LD 50 121 mg/kg Ratte LDL 50 55 mg/kg 80 mg/kg Hund LDL 0 242 mg/kg LD 50 Ratte m-Kresol Kaninchen LDL 0 1400 mg/kg Ratte LD 50 206 mg/kg p-Kresol Kaninchen LDL 0 620 mg/kg 80 mg/kg LDL 0 Ratte scu Reizung der Augen, Haut und Atemwege; akute Vergiftungen fuhren zu Lahmungen des ZNS sowie zu Leber- und Nierenschaden. Bei Iangerfristiger Aufnahme konnen Leber-, Nieren- und ZNS-Schaden zeitverzogert au ftreten. keine Hinweise auf mutagene, kanzerogene oder reproduktionstoxische Effekte Kresole werden im Organismus relativ rasch resorbiert und im Gewebe verteilt. Die Ausscheidung erfolgt vorzugsweise in Form von Konjugaten iiber den Urin. keine Bioakkumulation
4
Okotoxikologie
3.2 3.3 3.4
oral scu ivn oral oral oral oral
4.1 Aquatische Toxizitat 4.1.1 Pseudomonas putida o-Kresol m-Kresol 4.1.2 Scenedesmus quadricauda o-Kresol m-Kresol 4.1.3 Daphnia magna o-Kresol
TGK TGK
33 53
mg/L mg/L
TGK TGK
11
mg/L mg/L
LC 0
15
6,3 mg/L
286 LC LC m-Kresol LC LC LC 4.1.4 Goldfisch 7d LC sonstige Wasserorganismen: Zuckmucke 48 h LC 96 h LC Schnecke (Aplexa hypnorum ) 4.2 Terrestrische Toxizitat keine Angaben 5
50 100
100 50
19 mg/L 50 mg/L 1,6 mg/L 8,9 mg/L 25 mg/L 32 mg/L
50 50
97 mg/L 24,s mg/L
0 50
Exposition
Expositionen von Mensch und Umwelt sind nicht quantifizierbar. Die gemessenen Konzentrationen (Einzelwerte) in Luft und Trinkwasser liegen im Bereich von <0,2 vg/m3 bzw. <0,05 vg/L.
6
Umweltverhalten
Infolge der Wasserloslichkeit sind Kresole durch eine relativ hohe Mobilitiit in Wasser und Boden charakterisiert. Zielkompartiment von Umwelteintragen ist Wasser. Bodenpassage kann zu Grundwasserverunreinigungen mit entsprechenden Geschmacksbeeintrachtigungen fuhren. Mikroorganismen konnen Kresole sowohl als Kohlenstoffquelle nutzen als auch andere organische Substanzen unter Kresolbildung metabolisieren. Kresole sind wenig persistent. 7
Grenz- und Richtwerte
7.1
MAK-Wert:
7.2
Geruchsschwellenwert: Geschmacksschwellenwert: TA-Luft :
I .3
Abwasseranlagen:
8
5 m ~ / m (ppm), ~ 22 mg/m3 (D) Gefahr der Hautresorption (alle Isomere) 5 PPm 0,65 ppm 20 mg/m3 bei einem Massenstrom von 0,1 kg/h oder mehr (alle Isomere) 1 mg/L
Abfallbeseitigung
Kresolhaltige Abfglle sollten in Abfallverbrennungsanlagen entsorgt werden.
287 9
Verwendung Die Substanz dient u. a. der Herstellung von Kresolharzen, Ltisungsmitteln, Desinfektionsmitteln, synthetischen Gerbstoffen und als Grundstoffe fur die Produktion von Trikresylphosphat, Farbstoffen, Pestiziden und Antiklopfmitteln. Dariiber hinaus ist es Bestandteil von Antischaummitteln und findet in der Flotation der Erzaufbereitung Verwendung.
10
Umweltgefahrlichkeit Kresole sind giftig fur Wasserorganismen. Aufgrund der leichten biologischen Abbaubarkeit sind Schadigungen aquatischer Okosysteme kaum zu erwarten. In Boden erfolgt ebenfalls ein rascher biologischer Abbau. Die Halbwertszeit der Photooxidation in Luft betrggt < 1 d, so da13 auch hier mit einem raschen Abbau zu rechnen ist.
288
Nickel [7440-02-01und Nic kelverbindungen Naturliches Nickel besteht aus einem Isotopengemisch und kommt in ein-, zweiund dreiwertiger Form vor. In den anorganischen Verbindungen wie Chlorid, Bromid, Sulfat und Nitrat tritt Nickel als zweiwertiges Kation auf. Nickeltetracarbonyl ist die wichtigste organische Nickelverbindung. Die Erdkruste enthalt ca. 0,008% Nickel (ca. 60-90 mg/kg). Gesteine konnen jedoch bis zu 20000 mg/kg, Kohle bis zu 2000 mg/kg enthalten. Rohol enthalt bis zu 70 mg Nickel/kg. Nickel wird vor allem aus Pentlandit, einem sulfidischen Erz gewonnen. Weltweit betragt die Jahresproduktion an Nickel schatzungsweise 750000 t. Die Nickeleintrage in die Umwelt werden jahrlich auf 98000 t anthropogene Eintrage 38000 t naturliche Eintrage geschatzt. Fur einige Organismen ist Nickel essentiell. Ausgenommen Nickelsulfid, Nickeloxid und Nickelcarbonat sind die zweiwertigen Nickelsalze gut wasserloslich. Nickeltetracarbonyl ist sehr instabil(60 s bei Normalbedingungen). In Biosystemen kann Nickel Komplexverbindungen bilden. In der Umwelt ist Nickel ubiquitar. Folgende durchschnittliche Konzentrationen werden angegeben: 5 - 35 ng/m3 Luft < 1 pg/L Meerwassser < 1 - 4 pg/L Grundwasser < 10 pg/L Trinkwasser <0,01- 5 mg/kg Pflanzen Wasserorganismen Milligramm-Mengen Die Verteilung in der Umwelt erfolgt durch verschiedene physikalisch-chemische Prozesse und uber Nahrungsketten. Toxische Effekte bei Wasserorganisrnen werden bereits bei Konzentrationen von wenigen Milligramm Nickel beobachtet. Terrestrische Organismen sind weniger empfindlich. Wasserlosliches zweiwertiges Nickel wird im Organismus allgemein nur in geringen Mengen resorbiert. Die bislang in der Umwelt gemessenen Nickelkonzentrationen sind fur Wasserorganismen, Pflanzen und Saugetiere relativ ungiftig. Nickel wirkt als starkes Allergen. Wahrend Nickelverbindungen in allen Kurzzeittests keine erbgutschadigende Wirkung zeigten, konnten in Saugerzellen in Abhangigkeit von der Bioverfugbarkeit der Verbindungen Transformationen festgestellt werden. Eine krebsauslosende Wirkung von Nickelverbindungen ist nicht sicher, obwohl Nickelsulfid und Nickeltetracarbonyl bei Ratten Lungenkrebs verursachen. Im folgenden sind Daten und Informationen fur Nickel und Nickeltetracarbonyl zusammengestellt.
289
Nickel [7440-02-01 und Nickelcarbonyl [13463-39-31 1
Allgemeine Informationen
1.1 1.2 1.3 1.4 1.5 I .6
Nickel [7440-02-O]/Nickelcarbonyl [ 13463-39-31 Nickel/Nickeltetracarbonyl Ni/Ni(CO), keine Angaben Nickel und Nickelverbindungen mindergiftig (Ni); leichtentzundlich (Nickeltetracarbonyl)
2
Ausgewahlte Eigenschaften
2.1 2.2 2.3
2.9 2.10 2.11 2.12 2.13 2.14
58,70/170,73 silberweilj glanzendes hartes Metall; farblose stark fliichtige Fliissigkeit 1453 "C - 19,3 "C 2732°C 43 "C keine Angaben 8,9 g/cm3 1,3 g/cm3 bei 17°C Wasser: unlbslich als Ni unloslich als Ni(C0)4; loslich in organischen Liisemitteln. Nickel ist gegeniiber Alkalien stabil und gegenuber Oxidationsmitteln etwas stabiler als Eisen und Cobalt. Es ist loslich in verdunnter Salpetersaure und Schwefelsaure. Nickel kann wasserunlosliche, in organischen Liisemitteln gut losliche Komplexe bilden (Nickel-Chelate). Nickelcarbonyl bildet sich bei der Behandlung von Nickelpulver mit Kohlenmonoxid bei ca. 50 "C. Es ist instabil und zersetzt sich sehr rasch. Der RiickbildungsprozeB wird zur Herstellung von Reinstnickel genutzt. keine Angaben keine Angaben Physisorption/Chemisorption in BodedSediment 4,3 in Wasserorganismen; Akkumulation in terrestrischen Pflanzen keine Angaben keine Angaben
3
Toxizitat
3.1
Nickel ist fur einige Organismen essentiell. Beim Menschen konnten bislang jedoch keine Nickelmangelerscheinungen beobachtet werden. Nickelcarbonyl 0,l mg/L (20 min) ihl Ratte LC 50 2,5 rng/L (30 min) ihl Hund LC 50
2.4 2.5 2.6 2.7 2.8
290
3.5
Akute Vergiftungen fuhren zu Schadigungen des Atemtraktes, verbunden mit verschiedenen immunologischen Reaktionen. Die Lunge ist das Zielorgan entsprechender Vergiftungen. Nickel passiert die Plazenta und kann direkt embryonale Effekte verursachen. Beim Menschen sind Kontaktallergien nachgewiesen, obwohl im Tierexperiment sensibilisierende Wirkung nur unter spezifischen Versuchsbedingungen beobachtet wird. Kardiovaskulare Effekte und Wirkung auf das Immunsystem sowie das endokrine System. Hohe Konzentrationen verursachen im Tierexperiment teratogene Effekte. Punktmutationen sind nicht festgestellt, jedoch in vitro klastogene Effekte (Chromosomenaberrationen, Schwesterchromatidaustausch). Krebsauslosende Wirkung wird vermutet bei Inhalation von Nickelstaub und Nickeltetracarbonyl. Die Resorption erfolgt vorwiegend bei Aufnahme uber die Atemluft. Die Resorption bei oraler Aufnahme und Hautkontakt ist gering. Bei oraler Aufnahme wird Nickel vorwiegend uber Faeces ausgeschieden. Die Verteilung im Korpergewebe erfolgt durch Bindung an Blutalbumin. Die biologische Halbwertszeit beim Menschen betragt 17 -53 h. Bioakkumulation ist nachgewiesen.
4
Okotoxizitat
4.1
Aquatische Toxizitat Die Toxizitat von Nickel bei Wasserorganismen ist sehr unterschiedlich und insbesondere speziesabhangig. Wasserharte, pH-Wert, Salzgehalt, Temperatur und Gehalt an Sink- und Schwebstoffen beeinflussen ebenfalls die Toxizitat. Bei Mikroorganismen wird Inhibierung des Wachstums bei 1- 5 mg/L, bei Pilzen zwischen 5 - 1000 mg/L beobachtet. 0,05 - 5 mg/L wirken bei Algen wachstumshemmend. Bei Invertebraten treten toxische Effekte bei 0,2- 1 100 mg/L auf. Fische sind weniger empfindlich. Die 96-h-LC 50-Werte liegen im Bereich von 4 - 20 mg/L. Jungfische (Regenbogenforelle) zeigen Effekte bereits ab 0,05 mg/L. Terrestrische Toxizitat Bei terrestrischen Pflanzen wirken Nickelkonzentrationen > 50 mg/kg im allgemeinen toxisch, wobei jedoch auch erhebliche Speziesunterschiede bestehen. Fur den Regenwurm wurde eine LC 50 von 757 mg/kg ermittelt.
3.2
3.3
3.4
4.2
5
Exposition
Nickel ist in der Umwelt ubiquitar. Die Konzentrationen in Luft, Wasser und Boden liegen im allgemeinen im Nanogramm- bis Milligrammbereich. In Organinsmen konnen Milligramrn-Mengen angereichert werden.
29 1 Die Exposition des Menschen erfolgt iiber Luft, Trinkwasser und Nahrung, wobei folgende tagliche Aufnahmen geschatzt werden: 300 pg/Person Nahrung 10 pg/Person Trinkwasser Luft 0,4 pg/Person 15 pg/Person (Raucher) Bei oraler Aufnahme werden allerdings nur etwa 10% des Nickels resorbiert, bei inhalativer Aufnahme 50- 100%.
6
Umweltverhalten
Nickel wird in der Umwelt durch physikalische Prozesse und iiber Nahrungsketten verteilt. In Luft erfolgt der Tkansport vorwiegend in Form von Aerosolen, wobei die Konzentrationen mit abnehmender PartikelgroBe zunehmen. Nickelcarbonyl ist nicht stabil und zersetzt sich in Luft unter Bildung von Nickeloxid. In Wasser erfolgt der Transport von Nickel vorwiegend in adsorbierter Form (Sink- und Schwebstoffe; ionisches Nickel). In Sediment wird Nickel angereichert, jedoch auch rasch wieder desorbiert. In Boden ist Nickel relativ mobil und kann in grundwasserfiihrende Schichten eingewaschen werden. Die Mobilitat wird allerdings von den Bodeneigenschaften und der Liislichkeit der Nickelsalze beeinflufit. Pflanzen nehmen Nickel iiber die Wurzeln in unterschiedlichem Mane aus dem Boden auf und konnen es akkumulieren. Die hdchste Akkumulationsrate zeigen Wasserpflanzen. 7
Grenz- und Richtwerte
7.1
MAK:
I11 A1
7.2 7.3
Krebserzeugend (D) (in Form atembarer Staube) Aerosole von Nickelmetall, Nickelsulfid und sulfidischen Erzen, Nickeloxid und Nickelcarbonat, wie sie bei der Herstellung und Weiterverarbeitung auftreten konnen I11 A2 Nickeltetracarbonyl (D) Trinkwasser: 20 pg/L (WHO) (Ni) keine Angaben
8
Abfallbeseitigung
Wiedergewinnung des Metalls 9
Verwendung
Legierzusatz ( > 3 000 Nickellegierungen) Nickelkatalysatoren, Anodenmaterial Nickeltetracarbonyl: Reinstnickel, Nickellegierungen
292
10
Umweltgefahrlichkeit Aufgrund der okotoxikologischen Untersuchungsergebnisse sind Nickelverbindungen giftig fur Wasserorganismen. Allerdings ist die Bioverfugbarkeit infolge einer raschen Sorption an Feststoffe (anorganische/organische) eher gering. Die bislang in Wasser gemessenen Konzentrationen fuhren nicht zur Schadigung von Organismen. Bodenorganismen sind weniger empfindlich, allerdings kann Nickel bei Konzentrationen > 50 mg/kg Boden phytotoxisch wirken.
Literatur
Merian, E. (Hrsg.): Metalle in der Umwelt. Verlag Chemie, Weinheim, 1984, S. 487-497 WHO: IPCS Environmental Health Criteria 108, Nickel, Geneva, 1991 WHO: Air Quality Guidelines for Europe, WHO Regional Publications, European Series No. 23, 1987, pp. 285-296
293
Nitrobenzol [98-95-31 Nitrobenzol ist die einfachste aromatische Nitroverbindung. Die Herstellung erfolgt durch direkte Nitrierung von Benzol mit einer Mischung aus Salpetersaure, Schwefelsaure und Wasser. Die Herstellungsmengen betrugen 1987 weltweit ca. 2 Mio. t/a; in Deutschland ca. 200000 t/a, in USA ca. 430000 t/a. Neuere Angaben liegen nicht vor.
1
Allgemeine Informationen
1.1 1.2 1.3
Nitrobenzol [98-95-31 Benzol, Nitro-
1.4 1.5 1.6
keine Angaben aromatische Nitroverbindung sehr giftig; R 26/27/28 - 33
2
Ausgewiihlte Eigenschaften
2.1 2.2 2.3 2.4 2.5
123,ll gelbliche Fliissigkeit von bittermandelartigem Geruch 210,85 "C 5,7 "C 0,26 hPa 20°C; 0,47 hPa 30°C 1,2034 g/cm3 bei 20 "C 1,78 g/L bei 15 "C 1,9 g/L bei 20 "C 3,8 g/L bei 25 "C unloslich in Sauren und Alkalien, loslich in den meisten organischen Ldsungsmitteln In organischen Llisemitteln zersetzt sich Nitrobenzol unter UV-Bestrahlung. Infolge des negativen Induktionseffektes der Nitrogruppe sind Chlorierungs-, Nitrierungs- und Sulfonierungsreaktionen in ortho- und para-Position bevorzugt. In wanriger Llisung wirkt die Verbindung aufgrund der Nitrogruppe als Oxidationsmittel. Beim Verbrennen ist die Bildung nitroser Gase zu beachten. Nitrobenzol wirkt losend auf Kunststoffe.
2.6 2.7
2.8
2.9
C6H5N02
1,85k0,01
Konzentrationsverhaltnis WasserILuft: 1,4.
294 2.10 2.1 1 2.12 2.13 2.14
2,4 Pa m3/mol bei 20 "C 1,9; 1,8 1,3 (Chlorella fusca) biologisch nicht leicht abbaubar koH = 1,5.10-13cm3 Molekiile-I s-'; t,,2
3
Toxizitat
3.1
oral Ratte LD 50 640 mg/kg 750 mg/kg oral Hund LDL 0 600 mg/kg oral Kaninchen LDL 0 800 mg/kg scu Ratte LDL 0 scu Maus LDL 0 480 mg/kg Der Stoff wirkt leicht reizend an Haut und Schleimhaut. Im chronischen Experiment mit Ratten und Meerschweinchen fuhren Nitrobenzolkonzentrationen von 1,O-50 mg/kg uber 9- 14 Monate, mit Schlundsonde appliziert, zu Verminderung des Hamoglobingehaltes und der Erythrozytenzahl. Die Zahl der Leukozyten ist erhoht. 0,l mg/kg sind ohne entsprechende Wirkung, 0,l mg/kg Nitrobenzol werden als maximale, immuntoxisch unwirksame Konzentration betrachtet. Langzeitexposition gegenuber 50 mg/kg fiihrt bei Ratten zu hamatologischen, morphologischen Veranderungen sowie zu Schadigungen von Niere und Leber. Bezogen auf die Methiimoglobinbildung werden die NOEGWerte speziesabhangig wie folgt angegeben: < 25 mg/m3 Fischer-Ratten: 25 mg/m3 CD-Ratten: Mause: 80 mg/m3 Eine eindeutige Aussage zur Genotoxizitat von Nitrobenzol ist derzeit nicht moglich. Im Zelltransformationstest und im Test mit isolierten Rattenleberzellen war die Substanz nicht kanzerogen. Im Ames-Test mit verschiedenen Bakterienstammen ist eine mutagene Wirkung nur bei metabolischer Aktivierung (S9-mix; Norharman) festgestellt. Im DNS-Reparaturtest, Zelltransformationstest und im Schwesterchromatidaustauschtest ergaben sich keine Hinweise auf Mutagenitat. Allerdings zeigen die Metaboliten des Nitrobenzols, 3-Aminophenol und Phenylhydroxylamin ein mutagenes Potential. Embryotoxische und teratogene Wirkungen sind nicht festgestellt. Nitrobenzol fuhrt zur Degeneration des germinativen Epithels bei Ratten nach inhalativer Aufnahme (NOEL = 80 mg/m3). Bei Mausen konnten keine entsprechenden Befunde erhoben werden. Nitrobenzol wird nach oraler, dermaler und inhalativer Aufnahme relativ schnell resorbiert und im Organismus verteilt. Zielorgane sind Milz, Leber Nieren und Hoden. Die Ausscheidung erfolgt langsam. Bei Mausen wird innerhalb von 12-24 h das Exkretionsmaximum nach oraler Aufnahme er-
3.2
3.3
3.4
=
107 d
295
3.5
4
reicht. 2-4% der Ausscheidung erfolgt iiber die Galle. Akute und chronische Expositionen konnen in Abhangigkeit von der Expositionsdosis zu Schadigungen von ZNS, Leber, Nieren und zur Beeintrachtigung der Fertilitat fuhren. Nitrobenzol ist ein Methamoglobinbildner.. Verantwortlich hierfur sind die durch Darmbakterien gebildeten Metabolite Nitrosobenzol und Phenylhydroxylamin. Im Metabolismus der Substanz sind teilweise erhebliche Speziesunterschiede festgestellt. Bei Ratten werden bevorzugt p-Hydroxyacetanilid, p-Nitrophenol und mNitrophenol gebildet; bei Mausen p-Aminophenol(-sulfat). Hinzuweisen ist auf die potenzierende Giftwirkung von Nitrobenzol und Alkohol. Aufgrund der Wasserloslichkeit und des relativ raschen Metabolismus ist nur eine geringe Tendenz zur Bioakkumulation zu erwarten.
Okotoxizitat
4.1 Aquatische Toxizitat 4.1.1 Im Zellvermehrungshemmtest wurden als toxische Grenzkonzentrationen ermittelt: Pseudomonas putida 16 h TGK 7 mg/L Microcystis aeruginosa 8d TGK 1,9 mg/L Flagellaten 72 h TGK 1,9 mg/L 48 h TGK 17 mg/L 8d TGK 33 mg/L (Zellvermeh4.1.2 Scenedesmus quadricauda rungshemmung) 4.1.3 Bei Daphnia rnagna betragt die “no observed effect concentration” (NOEC) 0,46 bzw. 1,9 mg/L; die mittlere letale Konzentration liegt im Bereich von LC 50 = 27-62 mg/L (48 h) bzw. 24-62 mg/L (24 h). Im 21-d-Reproduktionstest wurde ein NOEC von 13 mg/L bzw. 2,6 mg/L bestimmt. 4.1.4 Schafskopfelritze 24 h LC 50 > 120 mg/L 48 h LC 50 >120 mg/L LC 50 >120 mg/L 72 h > 59 mg/L 96 h LC 50 Reiskarpfling 24 h LC 50 24 mg/L 20 mg/L 48 h LC 50 70 mg/L 48 h LC 50 60 mg/L Zebrabarbling 96 h LC 0 LC 50 122,5 mg/L 96 h 170 mg/L 96 h LC 100 4.2 Terrestrische Toxizitat Bei verschiedenen bodenbewohnenden Borstenwiirmern wurden mittlere letale Konzentrationen iiber 48 h zwischen 226-362 mg/kg ermittelt. Bei
296 Schlauchpilzen sind Wachstums- und Sporenbildungshemmung bei Nitrobenzolexpositionen im Milligrammbereich festgestellt.
5
Exposition Umweltbedingte Expositionen des Menschen sind nicht quantifizierbar, jedoch als gering einzuschatzen. Ausgehend von den in Luft und Wasser gemessenen Konzentrationen an Nitrobenzol im Nano- bzw. Mikrogrammbereich ist nicht mit einer nennenswerten Exposition von Freilandorganismen zu rechnen.
6
Umweltverhalten Der Eintrag von Nitrobenzol in die Umwelt erfolgt bei der Herstellung, Verarbeitung und Verwendung iiber Abwasser und Abluft. Die Eintragsmengen betragen in Deutschland ca. 20 t/a, wobei aufgrund der physikalisch-chemischen Stoffeigenschaften Wasser und Luft die Zielkompartimente sind. Das Umweltverhalten wird insbesondere durch die relativ gute Wasserloslichkeit, die damit verbundene Mobilitat und geringe Tendenz zur Bio- und Geoakkumulation sowie die mit der Fliichtigkeit verbundene Dispersionstendenz zwischen Wasser und Luft bestimmt. Die Substanz ist biologisch abbaubar, gegeniiber photolytischen Abbauprozessen jedoch realtiv stabil (Halbwertszeit 3 - 17 Wochen). Eine Hydrolyse ist nicht zu erwarten. In Klaranlagen und unter Freilandbedingungen scheint unterhalb eines Schwellenwertes kein Nitrobenzolabbau zu erfolgen. Die mittleren Konzentrationen in Oberfachenwassern liegen im Bereich von 20 pg/L - 4,7 pg/L (Rhein); in Luft wurden Konzentrationen zwischen 50 ng/m3 -29,2 pg/m3 gemessen. Angaben zur Kontamination von BOden/Sedimenten liegen nicht vor. Bei massiven Bodenverunreinigungen ist aufgrund der Wasserloslichkeit eine Grundwasserkontamination nicht auszuschlieflen.
7
Grenz- und Richtwerte
7. I
MAK-Wert:
7.2
Trinkwasser: Organoleptischer Schwellenwert: TA Luft:
7.3
1 r n ~ / m(ppm), ~ 5 mg/m3 (D) Gefahr der Hautresorption 30 pg/L (Vorschlag USA) 30 pg/L 20 mg/m3 bei einem Massenstrom von 0,l kg/h und mehr
WGK 2 8
Abfallbeseitigung Aufgrund der Fliichtigkeit und Wasserloslichkeit sollte jede Form der Deponie ausgeschlossen werden. Nitrobenzol sollte in Sonderverbrennungsanla-
291
gen beseitigt werden. Bei Havarien erfolgt eine Aufnahme von Restbestanden mittels saugfahigen Materials mit nachfolgender Verbrennung in Sonderverbrennungsanlagen. 9
Verwendung
Nitrobenzol wird insbesondere zur Anilin- und Sprengstoffherstellung sowie als Liisungsmittel in der chemischen Industrie verwendet. Geringe Mengen werden zur Herstellung von m-Chlornitrobenzol, Hydrazobenzol, Dinitrobenzol und m-Nitrobenzolsulfonsaure verwendet. 10
Umweltgefahrlichkeit
Nitrobenzol ist schadlich fur Wasserorganismen, insbesondere bei Iangerfristiger Exposition. Bakterien und Invertebraten sind empfindlicher als Fische. Die hochsten Konzentrationen, die bei aquatischen Organismen zu einem nachweisbaren Effekt bzw. einer Schadigung fiihren, liegen jedoch um einen Faktor von > 1000 iiber den iiblicherweise in Oberflachengewassern menbaren Stoffmengen. Literatur
GDCh: BUA Stoffbericht Nr. 59 Nitrobenzol. VCH Weinheim, 1991 IRPTC Scientific Reviews of Soviet Literature on Toxicity and Hazards of Chemicals. No. 51, Nitrobenzene, Geneva, 1984 Rickert, E. D. et al.: Metabolism and Excretion of Nitrobenzene by Rats and Mice. Toxicol. Appl. Pharamacol. 67 (1983): 206-214
298
2-Nitrophenol [88-75-5] 4-Nit rophenoI 8100-02-7J Die Herstellung von 2- und 4-Nitrophenol erfolgt durch Hydrolyse der entsprechenden Chlornitrobenzole mit 50Voiger Natronlauge. Der Reinheitsgrad der Endprodukte liegt bei etwa 99%. Die Produktionsmengen betragen in Europa schatzungsweise 6000 t 2-Nitrophenol/a und 20000 t 4-NitrophenoVa (1985). Neuere Angaben liegen nicht vor. 1
Allgerneine Informationen
1.1
2-Nitrophenol [88-75-51 (2-NP) 4-Nitrophenol [ 100-02-71 (4-NP) o-Nitrophenol p-Nitrophenol
1.2 1.3
C6H5N03
OH
2-NP
1.4
4-NP
1.5 1.6
2-Nitro- 1-hydroxybenzol 4-Nitro- 1-hydroxybenzol Nitrophenole mindergiftig; R 20/21/22 - 33 (4-Nitrophenol)
2
Ausgewiihlte Eigenschaften
2.1 2.2
139,11 2-NP schwefelgelbe Nadeln/Prismen 4-NP gelbliche Prismen 2-NP 4-NP 217 "C 279 "C Zersetzung-Sublimation 112,2- 115,6 "C 44,l-45,7 "C 6,8 Pa bei 19,8"C 3 , 2 ~ 1 0 -Pa ~ bei 20°C 1,288 g/cm3 bei 45°C 1,479 g/cm3 bei 20°C Wasser: 1,26 g/L bei 20 "C 12,4 g/L bei 20°C
2.3 2.4 2.5 2.6 2.1
299 2.8 2.9 2.10 2.11 2.12 2.13 2.14
Beide Stoffe konnen am Phenylrest chloriert, methyliert oder nitriert werden. Reduktion erfolgt zu den entsprechenden Aminophenolen. 1,77 - 1,89 1,85 - 2,04 3,6*10A5Pa m3/mol 0,974 Pa m3/mol 1,6-2,4 1,7 -2,9 keine nennenswerte Bioakkumulation Die Stoffe sind potentiell biologisch abbaubar. 2-NP koH = 0,9-10-'2 cm3 Molekiil-'/s-'; tIl2= 1 7 3 d 4-NP koH = 4,39cm3 Molekul-'/s-'; t,/2 = 3,7 d
3
Toxizitat
3.1
3.5
4-NP ist akut wenig giftig; 2-NP zeigt eine noch geringere akute Giftigkeit. 2-NP 2820-5376 mg/kg KG Ratte LD 50 oral Ratte > 2 500 mg/kg KG dermal LD 50 oral Maus LD 50 I 300-2080 mg/kg KG 4-NP 220-620 mg/kg KG oral Ratte LD 50 1024- 1300 mg/kg KG dermal Ratte LD 50 oral Maus LD 50 380-470 mg/kg KG 2-NP: leicht reizend, leicht sensibilisierend 4-NP: leicht hautreizend keine Angaben 2-NP: Der Stoff ist nicht mutagen. Untersuchungen zur Kanzerogenitat und Reproduktionstoxizitat liegen nicht vor. 4-NP: Der Stoff zeigt keine mutagene, kanzerogene und reproduktionstoxische Wirkung. 4-NP wird nach oraler und dermaler Aufnahme rasch resorbiert und im Organismus verteilt. Die Ausscheidung erfolgt innerhalb von 24 Stunden in Form der Glucuronide bzw. Sulfate mit dem Urin. Vergleichbares Verhalten zeigt 2-NP. keine nennenswerte Akkumulation im Organismus
4
Okotoxizitat
3.2 3.3
3.4
4.1 Aquatische Toxizitat 4.1.1 Pseudomonas putida Protozoen 4.1.2 Scenedesmus quadricauda
Secendesmus subspicatus
2-NP 4-NP 2-NP 4-NP 2-NP 4-NP 2-NP 4-NP
TGK TGK TGK TGK
0,9 mg/L 4 mg/L im Bereich 0,4-2,9 mg/L mg/L im Bereich 0,83-25 TGK 4,3 mg/L 7,4 mg/L TGK EC 50 0,39- 8,4 mg/L EC 50 23,7-32 mg/L
300
Chlorella vulgaris 4.1.3 Daphnia magna
2-NP 4-NP 2-NP
4-NP
4.1.4 Brachhydanio rerio
2-NP 4-NP 2-NP 4-NP
Primephalespromelas
4-NP
21 d 21 d 48 h 96 h 48 h 48 h 96 h 192 h 24 h 48 h 96 h 96 h
EC 50 1,53 mg/L EC 50 6,97 rng/L EC 0 5-12 mg/L mg/L EC 50 25-110 EC 100 150-300 mg/L 1-7 mg/L EC 0 EC 50 4,7-12 mg/L EC 10 15-20 mg/L NOEC 0,032/5 mg/L 0,15/5 rng/L NOEC EC 50 63-146 mg/L 72 rng/L EC 50 EC 50 15 rng/L 10 rng/L EC 0 EC 50 60,5 mg/L 49,5 rng/L EC 50 64,6 rng/L EC 50 EC 50 54,4 mg/L EC 50 41-60,7 mg/L 7,9 mg/L EC 50
Regenbogenforelle 4-NP 4.2 Terrestrische Toxizitat 4.2.1 Pflanzen Hohere Konzentrationen (bei 420 mg/kg Boden 2-NP und bis 260 mg/kg Boden 4-NP) fiihren zur Reduzierung des Frischgewichtes hoherer Pflanzen. 4.2.2 Tiere Regenwurm 2-NP 48 h EC 50 5,9 EC 50 0,7-2,7 pg/cm 4-NP 48 h 5
Exposition Die herstellungs- und verarbeitungsbedingten Eintrage der Stoffe in die Urnwelt sind gering. Die Umwandlung der Insektizide Parathion, Nitrogen, Biflour, Methylparathion und O-Ethyl-o-(4-nitrophenyl)-phenylphosphonothioat unter Freilandbedingungen kann zur Bildung von 4-Nitrophenol und damit zu entsprechenden Eintragen in Boden und Wasser fuhren. Als weitere Eintragsquelle werden Autoabgase diskutiert. Die in Luft gemessenen Konzentrationen der Stoffe liegen irn Bereich von ng/crn3 bis pg/cm3; in Regen und Schnee im Mikrograrnmbereich. In Oberflachenwasser wurden die Konzentrationen zurneist in der Grorjenordnung von < 1 pg/L gernessen. Eine Quantifizierung der Exposition des Menschen ist nicht rnoglich. In Korperflussigkeiten (Urin) nachgewiesenes 4-Nitrophenol ist vermutlich auf die Anwendung von Parathion zuriickzufuhren.
301 ~
6
Umweltverhalten Aufgrund der relativ guten Wasserloslichkeit und der geringen Fluchtigkeit ist die Hydrosphare als Zielkompartiment des Umwelteintrages der Stoffe anzusehen. In Luft eingetragene Nitrophenole gelangen vorzugsweise durch NaDdeposition auf den Boden und in das Wasser. Die Sorption a n Boden und Sediment ist nur gering ausgepragt. Hydrolyse ist nicht zu erwarten. In Wasser und Boden werden die Stoffe biologisch abgebaut. In Wasser ist eine Phototransformation unter Lichteinwirkung m6glich. Die Photooxidation in Luft erfolgt relativ langsam rnit einer Halbwertszeit zwischen etwa 4 bis 17 Tagen. Eine nennenswerte Bioakkumulation der Stoffe ist nicht zu erwarten.
7
Grenz- und Richtwerte
7.1 7.2 7.3
keine Angaben keine Angaben TA-Luft: Begrenzung auf 20 mg/m3 bei einem Massenstrom von 0,l kg/h oder mehr WGK 1 fur 2-NP WGK 2 fur 2-NP Abfallschlussel-Nr. 59903 - besonders uberwachungsbedurftige Abfalle
8
Abfallbeseitigung Die Entsorgung erfolgt in Sonderabfallverbrennungsanlagen.
9
Verwendung Vorprodukte bzw. Zwischenprodukte fur die Herstellung von Pharmaka, Farbstoffen, Insektiziden.
10
Umweltgefahrlichkeit 2-NP ist schadlich fur Wasserorganismen. 3-NP ist giftig fur Wasserorganismen. Die bislang in der Umwelt nachgewiesenen Konzentrationen lassen jedoch keine Schadigungen von Wasserorganismen unter Freilandbedingungen erwarten. Da die Stoffe nicht als Endprodukte verwendet werden, sind die Umwelteintrage gering. Fur terrestrische Organismen sind die Stoffe als unkritisch im Hinblick auf eine Schadigung zu charakterisieren.
Literatur GDCh: BUA Stoffbericht Nr. 75, 2-Nitrophenol, 4-Nitrophenol. VCH Weinheim, 1992
302
N-Nit rosamine Nitrosamine gehoren ebenso wie Nitrosamide zur Gruppe der N-Nitrosoverbindungen.
Nitrosamine Je nachdem, welcher Gruppe die Molekulreste (R) und (R- ) entsprechen, unterscheidet man symmetrische oder asymmetrische Dialkylnitrosamine, cyclische Nitrosamide, Acyl-alkylnitrosamine u. a. Nitrosamine sind in den biotischen und abiotischen Strukturen von Hydro-, Pedo- und Atmosphare nahezu ubiquitar. Ihre exogene Bildung in Umweltmedien und die endogene Bildung aus Nahrungsbestandteilen, Arzneistoffen, Pestizidruckstanden u. a. ist nachgewiesen. Die Bildung dieser Verbindungen kann u. a. erfolgen durch Umsetzung von sekundaren Aminen mit einem nitrosierenden Agens, durch Umsetzung von tertiaren Aminen mit einem a-CH-Atom mit Nitrit in wafiriger saurer Lijsung (verbunden rnit einer entalkylierenden Nitrosierung) oder durch Reaktion von Stoffen rnit einer quarternaren Ammoniumgruppe und Nitrit im sauren Milieu. Damit sind jedoch nicht alle Bildungsmoglichkeiten beschrieben. Katalysatoren der Nitrosaminbildung sind u. a. Halogenide, Pseudohalogenide, Formaldehyd, Alkohole, C-Nitrosophenole und C-Nitrosoaniline. Inhibitoren der Nitrosaminbildung konnen zunachst alle Stoffe sein, die rnit salpetriger Saure schneller reagieren als sekundare Amine. Solche Stoffe sind u. a. Aminosauren, Peptide, Sulfid, Nucleinbasen, S - H-Verbindungen, Phenole, Tannine, Vitamin C, Vitamin A und Vitamin E. Von den bislang mehr als 300 untersuchten Nitrosaminen erwies sich der weitaus grofite Teil als im Tierexperiment krebsauslosend rnit hoher Organspezifitat. Allerdings ist die Wirkungsstarke sehr unterschiedlich. Stellvertretend fur die Stoffgruppe werden nachfolgend einige ausgewahlte Nitrosamine beschrieben. (DMNA) [62-75-91 N-Nitrosodimethylamin N-Nitrosodiethylamin (DENA) [55-18-51 (DPNA) [86-30-61 N-NitrosodiphenyIamin (DBNA) [924-16-31 N-Nitroso-di-n-butylamin [2116-54-7] N-Nitroso-diethanolamin (DETNA) (DP-4) [622-64-71 N-Nitroso-di-n-propylamin (EHN) [759-73-91 N-Nitroso-N-ethylharnstoff (MHN) [684-93-51 N-Nitroso-N-methylharnstoff (p-DPNA) [ 156-10-51 p-Ni trosodiphenylamin 1
Allgemeine Informationen
1.I
N-Nitrosodimethylamin N-Nitrosodiethylamin N-Nitrosodiphenylamin
303
1.2
1.3
N-Nitroso-di-n-butylamin N-Nitroso-diethanolamin N-Nitroso-di-n-propylamin N-Nitroso-N-ethylharnstoff N-Nitroso-N-methylharnstoff p-Nitrosodiphenylamin Methanamin, N-Methyl-N-nitrosoEthanamin, N-Ethyl-N-nitrosoBenzolamin, N-Nitroso-N-phenyl1-Butanamin, N-Butyl-N-nitrosoEthanol, 2,2'-(Nitrosoimino)bis1-Propanamin, N-Nitroso-N-propylHarnstoff, N-Ethyl-N-nitrosoHarnstoff, N-Methyl-N-nitrosoBenzolamin, 4-Nitroso-N-phenylC2H6N20 DMNA DENA C4H 1O N 2 0 DPNA c 12H10N20 DBNA C8H18N20 DETNA C4H 1ON203 DPA C6HI 4N2O EHN C3H7N3O2 C2H5N302 MHN p-DPNA Cj2HloN20 (Formeln siehe S. 304)
1.4 1.5 1.6
keine Angaben N-Nitrosoverbindungen keine Angaben
2
Ausgewahlte Eigenschaften
2.1
DMNA DENA DPNA DBNA DETNA DPNA EHN MHN p-DPNA Fliissigkeiten DBNA DETNA
2.2 2.3
74,lO 102,16 198,20 158,2 134,l 130,2 117,l 103,l 198,20 oder kristalline Feststoffe 116°C bei 14 mm Hg 1 14 "C bei 1 15 mm Hg (Zersetzung ab 200 "C)
304
\
,N-N=O CH3
DMNA
CH3-CH2-CHz-CH2 \
CH3-CH2-CH2-CH2
/
DBNA CH3-CH2-CH2
\
.N-N=O
I
C-NH2
II
0 MHN
2.4
2.5
2.6
2.7
p-DPNA
/
N-N=O
OH-CHz-CH; DETNA
DPA
CHcj-N-N=O
QNH
OH-CH2-CH2 \
CH3-CH2-CH2'
N-N=O
CH3-CH2-N-N=O
I
C-NH2
II
0 EHN
177 "C DENA 151 "C bei 760 mm Hg; 50-52°C bei 14 mm Hg DMNA DPNA 81 "C bei 5 mm Hg DPNA 66,5 "C 144- 146°C p-DPNA 103- 104 " C unter Zersetzung EHN 124- 125 " C unter Zersetzung MHN Die Fluchtigkeit der Nitrosamine vermindert sich mit zunehmendem Molekulargewicht. Ausgenommen N-Nitrosodiethanolamin sind die Nitrosamine wasserdampffluchtig. DBNA 0,9009 g/cm3 DENA 0,9422 g/cm3 DMNA 1,0061 g/cm3 DPNA 0,916 g/cm3 Die Dichte der N-Nitrosamine wird mit einem Bereich von 0,9- 1,2 g/cm3 angegeben. Nitrosamine sind in Wasser und polaren organischen Losungsmitteln relativ gut loslich. Wasser: zu 0,12 Gew.070 loslich DBNA Wasser: in jedem Verhaltnis mischbar; gut ltislich in polaren DETNA organischen Esungsmitteln
305 ~
Wasser: zu etwa 10 Gew.% loslich Wasser: zu etwa 1 Gew.% Ioslich; in polaren organischen Liisungsmittel lilslich Bei Raumtemperatur, LichtausschluR und in neutralem bzw. schwach alkalischem Milieu sind die Nitrosamine stabil. In saurer waflriger Liisung nimmt die Stabilitat merklich ab. Die Verbindungen sind lichtempfindlich. Starke Oxidationsmittel konnen Nitrosamine zu den entsprechenden Nitraminen oxidieren. Infolge der 4 freien Elektronenpaare an den Stickstoffatomen sind die Verbindungen sehr reaktiv. Komplexbildungsreaktionen, Oxidationen/Reduktionen, Nitrierungen, Cyclisierungen, photolytische Umsetzungen und Reaktionen mit Mineralsauren sind u. a. moglich. Reduktionsreaktionen fiihren zur Bildung der korrespondierenden Hydrazine und/oder Amine. In waflriger Liisung sind Nitrosamine relativ hydrolysestabil. Bei hoheren Temperaturen kommt es zur thermischen Zersetzung unter Desaminierung oder zur Cyclisierung unter Bildung kanzerogen aktiver Nitrosamine. N-Nitroso-N-ethylharnstoff ist eine auflerordentlich reaktive Verbindung und bildet in alkalischer waflriger Wsung Diazoethan. Die Stabilitat ist dabei ebenso pH-abhangig wie die von N-Nitroso-N-rnethylharnstoff. Die Halbwertszeit betragt bei pH 4 190 h fur N-Nitroso-N-ethylharnstoff und 125 h fur N-Nitroso-N-methylharnstoff, bei p H 9 dementsprechend 0,05 und 0,03 h. 3,O (berechnet) DBNA keine Angaben 1,3 (berechnet) DBNA 1,s (berechnet) DBNA DPNA: biologisch nicht leicht abbaubar DMNA: koH = 3*10-'2 cm3 Molekiile-' s-'; t l / z = 5 d DENA: koH = 2,6*lo-" cm3 Molekille-' s-'; tlI2 = 0,6 d EHN: cm3 Molekiile-' s-'; tl,* = 123 d koH = 1,3*10-L3 MHN: cm3 Molekiile-' s-I; tlI2 = O,8 d koH 2 . lo-'' DENA DPNA
2.8
2.9 2.10 2.1 1 2.12 2.13 2.14
7
3
Toxizitat
3.1
DMNA
DENA
DPNA
oral ihl oral ihl iP oral ipr ivn ig ipr oral
Ratte Ratte Maus Hund Ratte Ratte Ratte Ratte Maus Ratte Maus
TDL LC TDL LCL LD LD LD LD LD LD LD
0 50
0 0 50 50 50
50 50 50 50
30 mg/kg 78 mg/m3/4 h 0,9 mg/kg 16 ppm iiber 4 h 30-35 mg/kg 280 mg/kg 216 mg/kg 157 mg/kg 210 mg/kg 1750 mg/kg 3850 mg/kg
306
3.5
DBNA oral Ratte LD 50 1200 mg/kg 11300 mg/kg DETNA scu Hamster LD 50 DPA oral Ratte LD 50 480 mg/kg LD 50 300 mg/kg EHN oral Ratte 110 mg/kg MHN oral Ratte LD 50 Akute Intoxikationen fuhren insbesondere zur Inhibierung der Protein- und Nucleinsauresynthese. Subakute Experimente weisen auf die kumulative Wirkung von Nitrosaminen hin. 3monatige ip-Applikation von 12 mg/kg (1/20 der LD 50) von N-Nitrosodiethylamin fuhrt bei Ratten zu Leberschaden (Lasionen). Nach 9 Monaten sterben alle Versuchstiere an Leberinsuffizienz. Im gleichen Experiment verursacht N-Nitrosodiphenylamin morpho-logische Veranderungen der Leber, Lunge und Niere. Die Stoffe sind bei verschiedenen Tierspezies krebsauslosend. Epidemiologische Studien am Menschen liegen nicht vor. Bereits 0,l mg N-Nitrosodimethylamin wirkt bei Mausen karzinogen bei Dosierungen iiber 8 - 12 Wochen 3mal pro Woche. Fur einige Nitrosamine ist die Plazentapassage nachgewiesen. Bei ig-Applikation von 50 mg/kg N-Nitrosodimethylamin werden etwa 33 pg/g nach 2 h und 10 pg/g nach 24 h in den Feten bei Ratten analysiert. 200 mg/kg N-Nitrosodiethylamin wirken embryotoxisch. Von den etwa 300 bisher gepriiften Nitrosaminen bzw. Nitrosamiden sind etwa 90% karzinogen. Die Karzinogenitat wird durch eine ausgepragte Organspezifitat charakterisiert. Typische Lokalisation der Tumorinduktion sind Gehirn, Nervensystem, Mundhohle, Speiserohre, Magen-Darm-Trakt, Leber, Niere, Harnblase, Pankreas, Herz und Haut. N-Nitrosoverbindungen wirken bei etwa 39 Tierspezies krebsausltisend. Nitrosamine entfalten ihre Wirkung im Organismus erst nach Umwandlung in reaktive Metabolite. Die Aktivierung erfolgt moglicherweise uber eine oxidative -C-Hydroxylierung und nachfolgende Dealkylierung zu Diazohydroxiden und den entsprechenden reaktiven alkylierenden Stoffen. keine Angaben
4
Okotoxizi tat
3.2
3.3
3.4
4.1 Aquatische Toxizitat 4.1 .1 DENA [55-18-61
Pseudomonus fluorescens 4.1.2 DMNA [62-75-91 Diatomeen 4.1.3 DENA [55-18-51 Crustaceen
18 h
EC 50
> 5 000 mg/L
Wachstumshemmung ab 0,025 mg/L (8 d) 12 d
LC 50
230 mg/L
307 DMNA [62-75- - 91 96 h Crustaceen Planarien 4.1.4 DENA [55-18-51 Fathead minnow 96 h DMNA [62-75-91 Fathead minnow 96 h 4.2 Terrestrische Toxizitat keine Angaben 5
LC 50 LC 50
330 mg/L 1375 mg/L
LC 50
775 mg/L
LC 50
940 mg/L
Exposition
N-Nitrosoverbindungen konnen sowohl exogen in Umweltmedien durch unterschiedliche Prakursoren und Prozesse gebildet werden als auch endogen entstehen. Daruber hinaus werden herstellungs- und anwendungsbedingte Emissionen beschrieben. Insbesondere N-Nitrosodimethylamin, N-Nitrosodiethylamin und N-Nitrosodiphenylamin sind in biotischen und abiotischen Strukturen von Hydro-, Pedo- und Atmosphare nachgewiesen. In Abwassern von Textilbetrieben sind 2 - 20 pg/L, in kommunalen Abwassern bis zu 2,8 pg/L N-Nitrosodiphenylamin und 0,3 pg/L N-Nitrosodiethylamin analysiert. In Boden sind bei hohen Nitratbelastungen bis zu 15 pg/g N-Nitrosodimethylamin nachgewiesen. Oberflachenwasser enthalten bis zu 0,Ol pg/L N-Nitrosodiethylamin, 0,25 pg/L N-Nitrosodimethylamin und 0,25 pg/L N-Nitrosodimethylamin und 0,25 pg/L N-Nitroso-n-butylamin. Bei den Analysenergebnissen handelt es sich allerdings uberwiegend urn Stichproben; Zeitreihenanalysen liegen kaum vor. Expositionen des Menschen konnen uber Luft, Wasser und Nahrung sowie den Tabakrauch erfolgen. Quantitative Angaben zur Exposition der Allgemeinbevolkerung sind nicht moglich. 6
Umweltverhalten In aquatischen Systemen konnen N-Nitrosamine 2 Wochen und langer stabil sein. Fur N-Nitrosodimethylamin und N-Nitrosodiethylamin wurden Halbwertszeiten im sauren wanrigen Milieu von 20 d bzw. 15 d ermittelt. Im alkalischen Bereich sind die Stoffe mehr als 59 d stabil und ohne wesentliche Konzentrationsminderungen nachweisbar. Insgesamt ist die Stabilitat der Verbindungen wesentlich von der chemischen Struktur abhangig. Trotz der teilweise erheblichen Wasserloslichkeit zeigen Nitrosamine eine relativ hohe Sorptionstendenz a n Aktivkohle. N-Nitrosodiethylamin (250 mg/L) wird mittels Aktivkohlefiltration zu 99% aus Wasser eliminiert. Gleiche Wirkungsgrade werden bei der Ozonung und der Wasserchlorung festgestellt. Allerdings sind hierzu Chlordosen von mehr als 1 g/L notwendig.
308 In der Luft und in oberen Schichten von Gewassern erfolgt relativ rascher photolytischer Abbau. In Sediment und Boden ist mit einer Anreicherung der Stoffe zu rechnen. 7
Grenz- und Richtwerte
7.1
7.3
MAK-Wert: DMNA: 111 A2 krebserzeugend (D) 111 A2 krebserzeugend (D) DENA: DBNA: I11 A2 krebserzeugend (D) DETNA: I11 A2 krebserzeugend (D) 111 A2 krebserzeugend (D) p-DPNA: Weiterhin sind folgende Nitrosamine/amide von der MAK-Kommission als III-A2-Stoffe eingestuft: [601-77-41 N-Nitroso-i-propylamin N-Nitrosoethylphenylamin [612-64-81 N-Nitrosomethylethylamin [ 10595-95-61 N-Nitrosomethylphenylamin [614-00-61 N-Nitrosomorpholin [59-89-21 N-Nitrosopiperidin [loo-75-41 N-Nitrosopyrrolidin [930-55-21 Die U. S. EPA gibt unter Berucksichtigung eines taglichen durchschnittlichen Fischkonsums von 18,7 g/Person und dem mdglichen karzinogenen Risiko folgende Grenzwertempfehlung fur Trinkwasser: Krebsrisiko Grenzwert (ng/L) 10-7 0,26 DMNA 0,09 DENA 2,6 DMNA 0,9 DENA IO-~ 26 DMNA 9 DENA DMNA: 10 pg/d/Person (WHO) AD I -Wert : keine Angaben
8
Abfallbeseitigung
7.2
In Laboratorien zu Versuchszwecken verwendete kleinere Mengen konnen mittels starker Sauren entgiftet werden. 9
Verwendung N-Nitrosamine werden u. a. als Ltisungsmittel, Antioxidanzien (Ole, Gummi) und Zusatze fiir Antikorrosionsmittel verwendet. Sie entstehen als intermediare Zwischenprodukte bei der Synthese von Farbstoffen, heterocyclischen Verbindungen, Arninosauren u. a.
309
10
Urnweltgefahrlichkeit Aufgrund der vorliegenden okotoxikologischen Wirkungsdaten fur DMNA und DENA konnen diese Stoffe als unkritisch fur Wasserorganismen charakterisiert werden.
Literatur DFG Deutsche Forschungsgemeinschaft: Nitrat-Nitrit-Nitrosamine in Gewassern. Mitteilung I11 der Kommission f. Wasserforschung in Verbindung mit d. Kommission zur Prufung von Lebensmittelzusatz- und Inhaltsstoffen, Verlag Chemie, Weinheim, 1982 DFG Deutsche Forschungsgemeinschaft: Das Nitrosamin-Problem. R. Preussmann, (Hrsg.): Verlag Chernie, Weinheim, 1983 DFG Deutsche Forschungsgemeinschaft: MAK- und BAT-Werte-Liste 1992; Senatskommission zur Prufung gesundheitsschadlicher Arbeitsstoffe; Mitteilung 28; VCH Weinheim, 1993 IRPTC/UNEP: Scientific Reviews of Soviet Literature o n Toxicity and Hazards of Chemicals. No. 47, Nitrosamines. Geneva, 1984
310
Phenole Unter dem Begriff ,,Phenole" werden kernhydroxylierte aromatische Kohlenwasserstoffe einschliefilich ihrer verschiedenen Substitutionsprodukte zusammengefafit. Abhangig von der Anzahl der Hydroxylgruppen unterscheidet man I-, 2- und 3wertige Phenole. In den USA und Westeuropa wurden 1989 die Produktionsmengen an Phenolen auf etwa 2,8 Mio. t geschatzt. 60% davon werden zu Kunststoffen und Weichmachern weiterverarbeitet. Dariiber hinaus dienen sie zur Herstellung von Arzneimitteln, Herbiziden, Insektiziden, Farbstoffen, Sprengstoffen, Detergenzien sowie Desinfektionsmitteln und werden als Hilfsmittel in der Textil- und Lederindustrie eingesetzt. Nicht unwesentlich fur die weitlaufige Verbreitung von Phenolen in der Umwelt ist die Tatsache, dafi etwa 60% aller Desinfektionsmittel Phenole als wirksame Komponente enthalten. Daruber hinaus ist zu beachten, dafi Phenole, insbesondere Derivate 2- und 3wertiger Phenole, naturlichen Ursprungs sein konnen und ihr Auftreten in der Umwelt nicht notwendigerweise anthropogen bedingt sein mufi. Als Bestandteile natiirlicher Stoffkreislaufe sind sie nur von untergeordneter okotoxikologischer Relevanz. 1wertige Phenole sind schwache Sauren und zur Phenolatbildung befahigt. Da die phenolische Hydroxylgruppe die ortho- und para-standigen Protonen des Benzolkernes aktiviert, was mit einer Erhohung der Basizitat des Kerns verbunden ist, erfolgt relativ leicht eine Zweitsubstitution des aromatischen Kerns. Relevante Reaktionen sind die Halogenierung, Nitrierung und Sulfonierung. Die Wasserloslichkeit der Phenole wird mafigeblich bestimmt von Art und Anzahl der weiteren Substituenten. Erfahrungsgemain nimmt die Wasserloslichkeit mit zunehmender Lipophilie des bzw. der Substituenten ab. Die Stoffe sind im allgemeinen durch einen relativ niedrigen Dampfdruck, verbunden mit einer geringen Fliichtigkeit, charakterisiert. Von der Gesamtmolekiilstruktur werden sowohl die Sorptionstendenz als auch ihr Sorptionspotential gegeniiber anderen Stoffen, wie beispielsweise Spurenmetallen, bestimmt. Dabei spielen ebenfalls Art und Anzahl der Substituenten eine Rolle. Die Aktivierung der Protonen des Benzolkernes durch die phenolische Hydroxylgruppe weist auf eine relativ hohe Reaktivitat von Phenolen unter Umweltbedingungen hin. Die Stoffe werden relativ leicht oxidiert und photolytisch transformiert, wobei allerdings eine Vielzahl theoretisch moglicher Reaktionsprodukte gegenwartig nicht identifiziert ist. Insgesamt werden sowohl das Umweltverhalten als auch die Toxizitat beeinflufit durch die chemische Grundstruktur (1 -,2-, oder 3wertige Phenole) und die Art und Anzahl der Substituenten. Die Einfuhrung differenzierter Substituenten ist verbunden mit Veranderungen der Lipophilie des Stoffes sowie der Transformations-, Bio- und Geoakkumulationstendenz. Toxische Wirkungen von Phenolen, wie beispielsweise akute Toxizitaten, konnen in Abhangigkeit von Art und Anzahl der Substituenten iiber mehrere Zehnerpotenzen variieren. So besitzt z. B. 2-sec. -Butyl-4,6-Dinitrophenol einen LD-50-Wert bei der Ratte
311
(oral) von etwa 25 mg/kg, wahrend p-tert.-Butylphenol einen Wert von etwa 3220 mg/kg aufweist. Auf der Grundlage bisheriger Erkenntnisse ist eine Beurteilung der Umweltgefahrlichkeit der Phenole nicht moglich, sondern es sind Einzelstoffbetrachtungen erforderlich.
Phenol [108-95-21 Die technische Herstellung von Phenol erfolgt durch Oxidation von Toluol oder uber die Zwischenstufen Benzolsulfonsaure bzw. Chlorbenzol. Daruber hinaus wird die Substanz aus dem Mittelol der Steinkohlenteerdestillation (170-250 "C) oder aus Kokereiabwassern gewonnen. Bei der Erdolfraffinerie entstehen betrachtliche Phenolmengen in Form von Reststoffen. Phenolhaltige Abwasser fallen an bei der Herstellung von Cumol, Ethylen, Propylen, Phenylgylcin, Naphthalin, Butadien, Acrylnitril, Waschmitteln, Kunstharzen, Kresolen, substituierten Kresolen, Acetylen, Benzol und Toluol. Damit sind im Bereich der chemischen Industrie eine Vielzahl von Phenolemissionsquellen relevant. Weltweit werden etwa 3 Mio. t Phenol produziert. 1
Allgemeine Informationen
1.1 1.2 1.3
Phenol [108-95-21 Phenol C6H60
6 1.6
Hydroxybenzol, Karbolsaure, Benzophenol, Phenylalkohol Phenole giftig ( > 5 % ) ; R25/25-34
2
Ausgewahlte Eigenschaften
2.1 2.2 2.3 2.4 2.5 2.6
94,12 farblose bis rotlich gefarbte, stark hygroskopische Kristalle 182 "C 41 "C 0,47 mbar bei.25 "C/47 Pa 1,07 g/cm3 bei 20 "C Wasser: 67 g/L bei 20°C Geringe Feuchtigkeitsmengen setzen den Schmelzpunkt der Substanz stark herab (Phenol mit 2% Wasser schmilzt bei 33 "). Die waBrige Liisung reagiert schwach sauer. Phenol bildet mit Alkalien Phenolate.
1.4 1.5
2.7
2.8
312 2.9 2.10 2.1 1 2.12 2.13 2.1 4
1,1 (berechnet) 3,97. to-' atm m3 mol-' (experimentell) 1,9 (berechnet) 0,9 (berechnet) biologisch leicht abbaubar k,, = 2,8.10-" cm3 Molekiile-' s-'; t,,z = 0,6 d
3
Toxizitat
3.1
3.3 3.4 3.5
oral Ratte LD 50 414 mg/kg LD 50 500 mg/kg oral Maus skn Ratte LD 50 669 mg/kg 14 mg/kg oral Mensch LDL 0 Phenol ist ein starkes Protoplasmagift. Auf der Haut wirkt es stark atzend. 1 g Phenol oral aufgenommen sind beim Menschen todlich; bei Hautresorption ca. 10 g/Person. Chronische Vergiftungen fiihren zu Blutbildveranderungen sowie zu Nierenschadigungen. keine Angaben keine Angaben Aufgrund der Wasserloslichkeit ist keine Bioakkumulation zu erwarten.
4
Okotoxizitat
4.1 4.1.1 4.1.2 4.1.3
Aquatische Toxiziat keine Angaben
3.2
Scenedesmus quadricauda Daphnia magna
24 h
48 h 4.1.4 Sonnenbarsch Zebrabarbling
Amerikanische Elritze Regenbogenforelle Goldorfe
4.1.5 Stechmucke Schnecke
96 h 24 h 96 h 96 h 96 h 48 h
48 h 96 h
TGK EC 0 EC 50 EC 100 EC 50 EC 0 IC 50 IC 50 IC 50 IC 100 IC 50 IC 50 IC 0 IC 50 IC 100 IC 50 IC 50
40 mg/L 3,9 mg/L 31 mg/L 125 mg/L 12 mg/L 2,2 mg/L 17,4 mg/L 28 P P ~ 24,9 PPm 28 P P ~ 25,3 mg/L 10,5 mg/L 8 mg/L 14 mg/L 28 mg/L 51,l mg/L 51,l mg/L
313
4.2
Terrestrische Toxizitat keine Angaben
5
Exposition Phenoleintrage in die Umwelt erfolgen neben natiirlichen Prozessen bei der Herstellung und Verwendung. Zielkompartiment ist der aquatische Bereich. Expositionskonzentrationen konnen nicht quantifiziert werden.
6
Umweltverhalten Aufgrund der hohen Wasserloslichkeit besitzt Phenol in Wasser und Boden eine relativ grol3e Mobilitiit. Die Verteilung zwischen Luft und WassedBoden ist von untergeordneter Bedeutung. Eine Bio- und Geoakkumulation ist nicht bzw. letztere nur in geringem Mane zu erwarten. Unter naturlichen Bedingungen wird Phenol relativ schnell biologisch abgebaut. In Luft erfolgt rasche Photolyse. Die Wasserloslichkeit kann zum Einwaschen in tiefere Bodenschichten und zu Grundwasserverunreinigungen fuhren (z. B. Altlasten).
7
Grenz- und Richtwerte
7.1
MAK-Wert:
7.2 7.3
keine Angaben TA Luft:
5 mL/m3 (ppm), 19 mg/m3 (D)
Gefahr der Hautresorption
Abfallbehandlung nach 0 2 Abs. 2 Abfallgesetz:
20 mg/m3 bei einem Massenstrom von 0,l kg/h und mehr
phenolhaltige Schlamme aus der Erdolverarbeitung und Kohlweredlung, Abfallschliissel 54903
WKG 2 8
Abfallbeseitigung Aus phenolreichen Abwassern kann die Substanz durch Extraktion eliminiert werden. Schwach belastete Abwasser konnen einer biologischen Reinigung unterworfen werden, wobei eine zusatzliche Behandlung mit Aktivkohle oder Ozon den Wirkungsgrad der Aufbereitung wesentlich verbessert. Konzentrierte Abwasser oder phenolhaltige Abprodukte fester Konsistenz konnen dariiber hinaus in Verbrennungsanlagen beseitigt werden. Aufgrund der hohen Wasserloslichkeit sollte eine Deponie ausgeschlossen werden.
314 9
Verwendung
Phenol findet hauptsachlich Verwendung bei der Herstellung von KunstharZen, Farbstoffen, Arzneimitteln, Pestiziden, Weichrnachern, Riechstoffen, Pikrinsaure. Schmierolen und anderen Chemikalien. 10
Umweltgefahrlichkeit
Phenol ist giftig fur Wasserorganismen, wobei die Giftigkeit fur Invertebraten und Fische in vergleichbarer Grofienordnung liegt.
315
Phthalsaureester Im generellen Sprachgebrauch werden unter Phthalsaureestern (Phthalate) die von der 1,2-Benzoldicarbonsaure abgeleiteten Ester mit verzweigten oder unverzweigten aliphatischen Seitenketten verstanden. 1,3- und 1,4-BenzoldicarbonsBureester sind demgegenuber kommerziell von untergeordneter Bedeutung. Phthalsaureester sind nahezu ubiquitar. Ursachen hierfur sind u. a. hohe Produktions- und Anwendungsmengen, eine Vielzahl von Einsatzbereichen (diffuse Eintragsquellen in die Umwelt), die Bio- und Geoakkumulationstendenz und eine gewisse Stabilitat gegenuber physikalisch-chemischen und biologischen Abbaureaktionen (Persistenz). Jahrlich werden weltweit ca. 2,7 Mio. t Phthalsaureester produziert, davon etwa 50% an Di-(ethylhexy1)phthalat (DEHP). 1984 betrug der weltweite Verbrauch an DEHP ca. 1,09 Mio. t. In der ehemaligen UdSSR wurden die Einsatzmengen von DEHP als Kunststoffzusatzstoff auf mehr als 88% der Gesamtproduktion geschatzt. Die Bedeutung der Phthalate als Zusatzstoffe fur Kunststoffe ist u. a. daraus abzuleiten, daR sie durchschnittlich einen Anteil von 50- 67% a m Gesamtgewicht der Endprodukte haben. Die Synthese erfolgt auf der Grundlage der Fischer-Veresterung durch Umsetzung von Phthalsaureanhydrid mit dem jeweiligen Alkohol bei 15 - 140°C in saurem Milieu. Phthalsaureanhydrid bildet sich bei der Oxidation von Naphthalin oder 0-Xylol in der Gasphase an einem Vanadiumpentoxid-Kontakt oder in der Flussigphase durch 0-Xylol- Oxidation in Gegenwart loslicher Salze als Katalysatoren. Der uberwiegende Anteil der Phthalate wird als Zusatzstoff fur PVC-Polymere, PVC-Vinylacetat-Copolymere, Nitrocellulose, Polystyrol, Polymethylmetacrylat und synthetischen Gummi eingesetzt. Infolge ihrer physikalisch-chemischen Eigenschaften werden die Stoffe daruber hinaus in der Kosmetikindustrie, im medizinischen Bereich und in der Sprengstoffindustrie verwendet. Die Anwendungsmengen in Verpackungsmitteln fur Nahrungsmittel und im medizinischen Bereich werden weltweit auf mehr als 190000 t geschatzt. Die physikalisch-chemischen Eigenschaften bestimmen einerseits die Einsatzbereiche, sind andererseits aber auch mangebliche Parameter fur das Transport-, Verteilungs- und Transformationsverhalten in biogeochemischen Stoffkreislaufen, fur die Toxikokinetik und letztlich fur die Toxizitat. Relativ geringe Fluchtigkeit und Wasserloslichkeit, gute Lipoidloslichkeit und durch die Estergruppe bedingte Reaktivitat verbunden mit einer hohen mikrobiologischen Degradationstendenz sind mangebliche Charakteristika okochemischer und okotoxikologischer Relevanz. Die physikalisch-chemischen Eigenschaften sowie die Toxizitat betreffend sind strukturchemische Abstufungen festzustellen. Eine generelle Beurteilung der Gefahrlichkeit bzw. Risikobewertung fur Mensch und Umwelt sind nicht moglich. Der Eintrag der Stoffe in die Umwelt erfolgt bei der Herstellung, Verarbeitung und Verwendung, wobei insbesondere die diffusen Emissionen bei der Vielzahl von Verwendungsbereichen uberwiegen. Fur Dibutylphthalat (DBP) werden die Ge-
316 samtemissionen auf ca. 500 t/a (5% des Produktionsvolumens) bei DEHP auf ca. 13 000 t/a (1 070 des Produktionsvolumens) geschatzt. Der Transport erfolgt vorzugsweise uber Wasser und Luft. Der atmospharische Background-level wird mit 1 - 2 ng/m3 angegeben. Demgegenuber wurde in Luft von Industriezentren bis zu 192 ng/m3 Dibutylphthalat [84-74-21 und bis zu 99 ng/m3 Bis-(2-ethylhexyl)phthalat [I 17-81-71 gemessen. Konzentrationen bis zu 66 mg/m3 sind in der Innenraumluft von Phthalate herstellenden Betrieben nachgewiesen. Sedimente enthalten bis zu 88 ppm Phthalsaureester. In Sedimenten der Ostsee liegen die Konzentrationen beispielsweise um bis zu zwei Zehnerpotenzen uber den fur polycyclische Aromaten und PCB gemessenen Konzentrationen. In Algen wurden Biokonzentrationsfaktoren bis 28 500, bei Invertebraten bis zu 24 500, bei Schnecken bis zu 13 600 und bei Vertebraten um 10600 festgestellt. Hydrolysehalbwertszeiten bei pH 7 sind mit 3,2 a fur Dimethylphthalat und mit 2000 a fur Bis(2-ethylhexy1)phthalat niedrig und deuten auf die chemische Stabilitat in aquatischen Systemen hin. Die photolytische Stofftransformation in der Atmosphare ist infolge der geringen Fluchtigkeit von untergeordneter Bedeutung fur den Stoffabbau. Die atmospharische Halbwertszeit betragt fur DEHP ca. 1 Tag, fur DBP ca. 1,8 Tage. In Abhangigkeit von der molekularen Struktur der Estergruppierung werden Phthalate biologisch unter aeroben Bedingungen relativ gut abgebaut. Der Abbau von DBP erfolgt dabei rascher als der von DEHP. Unter anaeroben Bedingungen, z.B. in Sedimenten, sind die Stoffe weitgehend stabil. Hydrolytische Esterspaltung, Ringhydroxylierung und Spaltung des aromatischen Kerns sind Reaktionsmechanismen chemischer Abbauvorgange. Die aus dem Verteilungsverhalten resultierende Translokationstendenz zwischen Hydro-, Pedo- und Atmosphare sowie Biota sind u.a. Ursache fur den Aufbau remobilisierbarer Stoffdepots in Boden und Sediment. Mikrobiologisch-enzymatischer Abbau wirkt der Geoakkumulation entgegen. Demzufolge entstehen entsprechende Phthalatdepots nur dann, wenn die Stoffzufuhr den Abbau bzw. andere Eliminierungsvorgange weitestgehend ubersteigt. Aufgrund der relativ geringen Persistenz sind hohe Stoffeintragungsmengen in die Umwelt wahrscheinliche Ursache des nahezu ubiquitaren Vorkommens von Verbindungen der Stoffgruppe. Die Exposition des Menschen erfolgt vorzugsweise uber pflanzliche und tierische Lebensmittel und das Wasser. Berufliche Expositionen und hohe Innenraumbelastungen ausgenommen, ist die Exposition uber die Luft von untergeordneter Bedeutung. Moglichkeiten direkter Expositionen des Menschen durch den zunehmenden Einsatz von Kunststoffen im medizinschen Bereich sind ebenfalls in Betracht zu ziehen, zumal es sich bei den Exponierten nahezu immer um Risikogruppen handelt. Schnelle Resorption, verbunden mit einer ausgepragten Verteilung im Organismus deuten zunachst auf gute Bioverfugbarkeit hin. Dem steht ein relativ schneller enzymatisch gesteuerter Metabolismus sowie eine schnelle und nahezu vollstandige Exkretion sowohl der Metabolite als auch nicht transformierter Phthalate gegen-
317 uber. Unterschiede in der Resorption, Verteilung und Transformation sind in erster Linie abhangig von der Anzahl der Kohlenstoffatome und der molekularen Struktur der Esteralkohole. Daruber hinaus bestehen Speziesunterschiede. Phthalsaureester besitzen nur eine geringe akute Toxizitat (oral LD 50 > 1000- > 10000 mg/kg). Intoxikationen manifestieren sich in Schadigungen des ZNS, des peripheren Nervensystems (psychische Erkrankungen), klinisch sichtbaren Leberveranderungen, Erkrankungen des Magen-Darm-Traktes und Veranderungen des Blutbildes. Die Ausscheidung erfolgt uber Urin und Faeces (ca. 80% der aufgenommenen Stoffmenge innerhalb einer Woche). Aufgrund der Lipophilie erfolgt eine Speicherung in Fettgewebe und lipoidhaltigen Organstrukturen. Die Remobilisierung erfolgt sehr langsam. Kanzerogene und mutagene Effekte sind lediglich bei Expositionen gegenuber sehr hohen, nicht umweltadaquaten Stoffkonzentrationen nachgewiesen. Eine kritische Betrachtung von Testsystemen, Testbedingungen sowie Interpretation und Beurteilung von Resultaten fuhrt zu dem SchluD, das gegenwartig keine eindeutige Aussage zur Karzinogenitat und Mutagenitat der Stoffgruppe mtjglich ist. Im Tierexperiment nachgewiesene Karzinogenitat ist jedoch als Hinweis auf ein potentielles karzinogenes Risiko zu werten. Des weiteren sind Prozesse wie die Plazentapassage und die Passage der BlutHirn-Schranke von hoher toxikologischer Relevanz, da sie Voraussetzung sind fur das Auftreten teratogener, feto- und embryotoxischer Effekte sowie fur strukturelle und funktionelle Veranderungen des peripheren und zentralen Nervensystems. Bei beruflich Exponierten sind dariiber hinaus Schadigungen des reproduktiven Systems nachgewiesen. Das Gefahrdungspotential von Phthalaten fur die Umwelt und den Menschen ergibt sich aus folgenden Kriterien: - Ubiquitat in der Umwelt, - Biokonzentrationstendenz in aquatischen Organismen, - Geoakkumulationstendenz, - schnelle Bioresorption und -distribution, - Passage der Plazenta- und der Blut-Hirn-Schranke, - kumulative Wirkung, - teratogene, feto- und embryotoxische Wirkung, - Schadigung des reproduktiven Systems, - strukturelle und funktionelle Veranderungen von Leber und Niere, - Aktivitatsveranderungen verschiedener Enzyme. Literatur
GDCh: BUA-Stoffbericht Nr. 4, Di-(2-ethy1hexyl)phthalat. VCH Weinheim, 1986 GDCh: BUA-Stoffbericht Nr. 22, Dibutylphthalat. VCH Weinheim, 1987 Kemper, F. H. Liipke, N. P., Bitter, M.: Phthalsguredialkylester - Pharmakologische und toxikologische Aspekte. Verband Kunststofferzeugende Industrie, (Hrsg.): Frankfurt. 1983
318 Proceedings of the Conference on Phthalates, Washington, June 9- 1 1 . 1981, Environm. Hlth. Perspect. 45 (1 982): 1 - 156 Thomas, J.A., Thomas, M. J.: CRC Critical Rev. in Toxicology 13 (3) (1984): 283 -317 UNEP/IRPTC Scientific Reviews of Soviet Literature on Toxicity and Hazards of Chemicals. Ester of o-Phthalic Acid. No. 23 Moscow, 1982 WHO: IPCS EHC No. 131, Diethylhexylphthalate. Geneva, 1992
319
PoIyc hIorierte Bipheny Ie (PCB) [1336-36-31 Die Verwendung von PCB ist in Deutschland verboten und weltweit rucklaufig. Umweltverhalten, okologische und toxikologische Wirkungen sind relativ gut untersucht und dokumentiert. Deshalb erfolgt nur eine zusammenfassende Beschreibung einiger mangeblicher Eigenschaften und Wirkungen von Verbindungen dieser Stoffgruppe. Der Begriff polychlorierte Biphenyle um fa& eine Gruppe von theoretisch 209 Stoffisomeren. Die Herstellung erfolgt durch direkte Chlorierung des Biphenylrings. Die physikalisch-chemischen Eigenschaften wie Wasserloslichkeit, Lipophilitat, Dampfdruck (Fliichtigkeit) sowie die Reaktivitat, die Toxizitat und das Distributions-, Metabolisierungs- und Eliminierungsverhalten werden mangeblich vom Chlorierungsgrad des Biphenylgrundkorpers bestimmt. Polychlorierte Biphenyle sind den umwelt- und humantoxikologisch relevanten Industriechemikalien zuzuordnen. Die Produktionsmengen (derzeit etwa 1 Mio. t global) sowie die Vielzahl differenzierter Anwendungsgebiete, die aurjergewdhnliche Stabilitat gegenuber physikalisch-chemischen und biologischen Transformationsreaktionen sowie die ausgepragte Bio- und Geoakkumulationstendenz, insbesondere hoher chlorierter Biphenyle, sind u. a. maBgebliche Ursachen fur ihre Ubiquitat in nahezu allen Strukturen von Hydro-, Pedo-, Atmosphare und Biosphare. Trotz der geringen Wasserlirslichkeit und Fluchtigkeit sind Vertreter dieser Stoffgruppe als Bestandteile biogeochemischer Stoffkreislaufe zu betrachten. Kumulativ werden die PCB-Immissionen bis 1970 auf etwa 30000 t fur die Atmosphare, 60000 t fur Oberflachenwasser und 300000 t fur Boden (einschliefilich Deponien u. a.) geschatzt. Fur den gleichen Zeitraum betragen die vermuteten Abbauraten in der AtmosphBre etwa ein Drittel und in Gewassern die Halfte der Immission. Besonders hervorzuhebende Eigenschaften der polychlorierten Biphenyle sind ihre thermische Stabilitat und die Bestandigkeit gegenuber Sauren, Alkalien und anderen Reagenzien sowie die ausgezeichneten dielektrischen Eigenschaften. In reiner Form sind die Stoffe farblos kristallin; Handelsprodukte sind farblose, viskose Flussigkeiten. Die Wasserloslichkeit wird mit einem Bereich von 0,007- 5,9 mg/L angegeben (Mono- bis Octachlorisomere). Alle Isomere sind gut loslich in d l e n und organischen Liisungsmitteln. Photolysereaktionen und biochemische Stoffwandlungen sind umweltrelevante Reaktionen. Extreme Bedingungen ausgenommen, unterliegen PCB weder chemischen Oxidations-/ Reduktionsreaktionen noch elektrophilen Substitutionen, Additionen oder Eliminierungsreaktionen. Hervorzuheben ist die Bildung polychlorierter Di-benzo-p-dioxine bei der thermischen Zersetzung von PCB wie beispielsweise der Verbrennung. Insbesondere in der Atmosphare sind photolytisch katalysierte, nucleophile Substitutionen und radikalische Reaktionen moglich. Voraussetzung ist in jedem Fall die Anwesenheit von Wasser oder anderen Hydroxylgruppen liefernden Stoffen. Den Chlorbenzolen vergleichbar gilt erfahrungsgeman folgende Regel: Mit zunehmendem Grad der Chlorierung, d. h. vom Mono-, Di, Tri-, Tetra-, Penta,
320 Hexa- zum Heptachlorbiphenylisomer, nehmen die Wasserloslichkeit, die Fliichtigkeit und die Transformationstendenz (Reaktivitat/Metabolismus) ab. Demgegeniiber erhohen sich die Lipoidloslichkeit, die Bio- und Geoakkumulationstendenz und die Persistenz (Stabilitat). Aus den genannten Stoffeigenschaften bzw. Verhaltensparametern leitet sich ab, daD im Hinblick auf die den realen Verhaltnissen entsprechenden Langzeitexpositionen von Mensch und Umwelt gegeniiber dieser Verbindungsgruppe insbesondere den hoher chlorierten Isomeren (Tetra-, Heptachlorbiphenylisomere) ein Gefahrdungspotential zuzuordnen ist. Bio- und Geoakkumulation fiihren sowohl zu Nahrungsketteneffekten als auch zur Ausbildung remobilisierbarer PCB-Depots in Boden und Sediment. Biokonzentrationsfaktor 590 4-MCB 3,3'-DCB 215 2,4,4'-TCB 48 980 48 980 2,2',5-TCB 2,2',4,4'-TCB 79 950 2,2',5,5'-TCB 79950 2,2',4,5,5'-PCB 45 600 2,2',4,4',5,5'-HCB 46 000 Bodensorptionskoeffizient (bezogen auf organ. Kohlenstoffgehalt) 4-MCB 3 300 4,4',DCB 20 000 2,4,4'-TCB 2 480 2,2',5-TCB 2 480 2,2',4,4'-TCB 41 000 2,2',5,5'-TCB 41 000 2,2',4,5,5'-PCB 55000 2,2',4,4',5,5'-HCB 195000 1 200000 2,2',4,4',5,5'-HCB Die Lipoidloslichkeit der PCB sowie der Konzentrationsgradient begunstigen eine schnelle Resorption und den Transport mit dem Blut in alle Gewebe- und Organstrukturen des Korpers. Die Distribution der Stoffe im Organismus wird in erster Linie maljgeblich von biophysikalischen Parametern wie dem Gewebevolumen, der Sorptionstendenz an Proteine und die dem Gewebe-Blut-Verteilungsverhaltnis, Perfusionsgeschwindigkeit bestimmt. Die Leber, Muskel- und Fettgewebe sind die bevorzugten Organstrukturen der PCB-Akkumulation. Die Ausscheidung der Stoffe erfolgt nahezu ausschliefilich in Form von polaren Metaboliten, da die Exkretionsmechanisrnen als polare Systeme nicht zur Ausscheidung der stark lipophilen Molekiile befahigt sind. Der Stoffmetabolismus erfolgt durch mischfunktionelle Oxidasen der Leber, wie Cytochrom P-448 und P-450. Infolge sterischer Hinderungen sowohl durch den Biphenylrest als auch die jeweils vorhandenen Chloratome sind die Molekiilenden die bevorzugten Angriffspunkte fur Metabolisierungs-
321 reaktionen. ErfahrungsgemaB werden nur PCB-Isomere rnit freien 3,CPositionen im Molekul relativ schnell metabolisiert. Die Stoffwandlung erfolgt dabei moglicherweise unter Bildung von Arenoxiden als reaktiven Zwischenprodukten, welche wiederum Ursache fur die Lebertoxizitat und die Kanzerogenitat sein konnen. Verbunden mit einer nachfolgenden Hydroxydbildung und Konjugation werden die Stoffe uber den Urin ausgeschieden. PCB-Isomere, deren 3,CPositionen durch Chloratome substituiert sind, neigen weniger zu metabolischen Stoffwandlungen und akkumulieren in lipoidreichen Strukturen. In Abhangigkeit von der molekularen Struktur sind im Warmbluterorganismus biologische Halbwertszeiten von 90 d und mehr festgestellt. Die metabolische Aktivitat von Fischen im Hinblick auf den PCB-Abbau ist im Vergleich zum Warmbluter wesentlich vermindert. Damit im Zusammenhang stehen erhohte Akkumulationsraten differenzierter PCB-Isomere in Fischen. In den USA weisen beispielsweise etwa 90% aller untersuchten Personen signifikante PCB-Gehalte im Fettgewebe auf. Im Vergleich zu anderen Stoffen sind PCB durch eine geringe akute Toxizitat charakterisiert. Im Zusammenhang mit Langzeitexpositionen des Menschen kommt ihrer chronisch-toxischen Wirkung, einschliefilich der genotoxischen Wirkung, Bedeutung zu. Dabei charakterisieren Wirkungen auf die Aktivitat mikrosomaler Enzyme, das endokrine System, das Immunsystem und die im Tierexperiment nachgewiesene Kanzerogenitat Moglichkeiten einer Gefahrdung des Menschen. MaBgebliche Kriterien der Gefahrlichkeit sind dariiber hinaus die nachgewiesene Plazentapassage mit nachfolgender Akkumulation im bzw. Schadigung des fetalen bzw. embryonalen Organismus sowie der Stofftransfer iiber die Muttermilch, der mit der direkten Exposition des Sauglings verbunden ist. Wahrend Wasser und Atmosphare als die marjgeblichen Tkansport- und Verteilungsmedien fur PCB anzusehen sind, erfolgt die Exposition des Menschen vorzugsweise uber tierische Nahrungsmittel, ursachlich bedingt durch die PCB-Akkumulation in biologischen Ketten. Expositionen iiber Trinkwasser miissen auf der Grundlage des gegenwartigen Kenntnisstandes als Ausnahme betrachtet werden. Demgegenuber ist jedoch die Moglichkeit einer geringfiigigen, permanenten Exposition iiber die Atemluft zu berucksichtigen. Obwohl die taglich aufgenommene, durchschnittliche Menge an PCB-Isomeren in den Industrielandern auf etwa 1 pg/Person geschatzt wird, mul3 beachtet werden, daB bei hohem Fischkonsum tagliche Aufnahmen von mehr als 100 pg/Person mdglich sind. Die folgenden Daten aus den 80er Jahren zeigen damalige mogliche Expositionspfade und -konzentrationen: 850 mg/kg (Japan) Papier Verpackung von schokoladeniiberzogenen Siirjwaren 636- 1200 mg/kg (BRD) Papier (als Aroclor) 0,05 - 1 13 mg/kg (USA) 5 3 mg/kg (Schweiz) Graukarton Karton 5,5 mg/kg (Japan) Kopierpapier (oberste Schicht) 30-64 mg/kg (Japan) Kopierpapier (mittlere Schicht) 22-63 mg/kg
322 0,2 - 0,3 mg/kg Kopierpapier (unterste Schicht) Holz 3,7-4,0 mg/kg (Schweiz) Fur Umweltkompartimente wurden folgende durchschnittliche bzw. maximale PCB-Konzentrationen angegeben. 5 ng/m3 Luft: Stadtgebiete 0,05 ng/m3 Iandliche Gebiete 0,30 - 0,65 ng/m3 Bermudas 0,16-0,54 vg/m3 Abgase-Mullverbrennung bis zu 30 ng/L H ydrosphare: Meerwasser 0,2 ng/L Ozeane bis zu 1,4 mg/L Oberflachenwasser 8,5 mg/L bis zu Trinkwasser bis zu 33 wg/L Abwasser bis zu 61 mg/kg FluRsediment Pedosphare: bis zu 125 mg/kg Sediment in Klaranlagen 0,2 ng/kg Boden Biosphare: Pflanzen 930 PLg/k!Z Wildtiere 90 Pgm Nutztiere 14 Pdkg Fg/kg 200 - 2000 Fische Seit den in den 80er Jahren schrittweise in vielen Landern Anwendungsbeschrankungen bzw. -verbote durchgesetzt wurden, ist eine permanente Verminderung von Expositionskonzentrationen zu verzeichnen. Die Toxizitat der PCB gegenuber aquatischen Freilandorganismen ist sehr unterschiedlich, wobei keine direkte Beziehung zwischen dem Chlorierungsgrad und der Toxizitat, selbst bei vergleichbaren Spezies, erkennbar ist. Nahezu alle okotoxikologischen Untersuchungen wurden mit Handelsprodukten wie Aroclor durchgefiihrt (Isomerengemische). Verschiedentlich wurden toxische Effekte bei Konzentrationen von < 0,l mg/L festgestellt; Konzentrationen von 100 mg/L sind bei anderen Spezies ohne Wirkung. Die 96-h-LC 50 bei Invertebraten wird unter statischen Testbedingungen mit 12 pg/L bis > 10 mg/L angegeben. Bei Untersuchungen unter DurchfluRbedingungen ist eine Erhohung der Toxizitat festgestellt. Die akute Toxizitat fur Fische liegt im Bereich von 8 pg/L bis > 100 mg/L. Der 22-d-NOEC bei Regenbogenforellen (Larvenstadium) betragt 0,Ol pg/L fur Aroclor 1016 und Aroclor 1242 und 1254. Bei Vogeln wurden reproduktions- und embryotoxische Effekte beobachtet. Die akute Toxizitat ist mit einer 5-d-LC 50 zwischen 604 bis >6000 mg/kg Nahrung relativ gering. Bei terrestrischen Organismen erhoht sich die Toxizitat der PCB mit zunehmendem Chlorierungsgrad. Die akute Toxizitat beim Nerz liegt im Bereich von >750 bis 4000 mg/g KG. In der Literatur verschiedentlich beschriebene Ergebnisse von Freilanduntersuchungen sind beziiglich eines Zusammenhanges zwischen PCB-Konzentration und
323 toxischen Effekten schwer zu interpretieren, d a die Stoffe zumeist gemeinsam mit anderen chlororganischen Verbindungen ubiquitar vorkommen. Literatur Bennet, B. G.: Exposure of Man to Environmental PCBs - An Exposure Commitment Assessment. Sci. Total Environ. 29 (1983): 101 - 1 1 1 Geyer, H. et. al.: Polychlorinated Biphenyls in the Marine Environment Particularly, in the Mediterranean. Ecotox. Environ Safety 8 (1984): 129- 151 Jensen, A. A., Jorgensen, K. F.: Polychlorinated Terphenyls Use, Levels and Biological Effects.Sci. Total Environ. 27 (1983): 231 -250 Kimbrough, R. et al: Animal Toxicology . Environm. Hlth. Perspect. 24 (1978): 173- 184 Lorenz, Neumeier (Hrsg.). Polychlorierte Biphenyle (PCB). Ein gemeinsamer Bericht des Bundesgesundheitsamtes und des Umweltbundesamtes. BGA Schriften 4/83, MMV Medizin Verlag, Munchen, 1983 Matthews, H. B., Dedrick, R. L.: Pharmacokinetics of PCB. Ann. Rev. Pharmacol. Toxicol 24 (1984): 85-103 Sarna, L.P. et al.: Chemosphere 13 (9) (1984): 975-983 lhnabe, S. et. al.: Absorption Efficiency and Biological Half-Life of Individual Chlorobiphenyls in Rats Treated with Kanechlor Products. Agric. Biol. Chem. 45 (1981): 717-726 Umweltbundesamt (Hrsg.): Ersatzstoffe fur Kondensatoren, Transformatoren und als Hydraulikflussigkeiten im Untertagebau verwendete Polychlorierte Biphenyle - Eine Zusammenstellung und Bewertung. Texte 40/86, Berlin, 1986 WHO: Environmental Health Critera. No. 2, Polychlorinated Biphenyls and Terphenyls. Geneva, 1976 WHO: IARC Monographs on the Evaluation of the Carcinogenic Risk of Chemicals to Humans. Volume 18, 1978 WHO: IPCS Environmental Health Criteria No. 140, Polychlorinated Biphenyls and Terphenyls. (2nd Ed.), Geneva, 1993
324
Propachlor (1918-16-71 Die Herstellung von Propachlor erfolgt durch Umsetzung von Chloracetylchlorid mit N-Isopropylanilin. Wihrend 1970 noch ca. 10000 t/a hergestellt wurden, war die Produktionsmenge in den 80er Jahren stark riicklaufig und betrug 1984 noch schitzungsweise ca. 1 800 t/a. Das technische Endprodukt hat einen Reinheitsgrad von etwa 93%. 3
Allgemeine lnformarionen
1.1 1.2
Propachlor [ 1918- 16-71 2-Chlor-N-(1 -methylethyl)-N-phenyl-acetamid CI I H 1,CINO
1.3
CH3
1.6
2-Chlor-N-isopropylacetanilid,Raumrod, Acylide Acetanilide mindergiftig; R 22-36-43
2
Ausgewiihlte Eigenschaften
2.1 2.2 2.3 2.4 2.5 2.6 2.7 2.8 2.9 2.10 2.1 1 2.1 2 2.1 3 2.14
21 1,7 Feststoff 110°C bei 0,03 mm Hg 77 “ C 103 mPa bei 20°C keine Angaben Wasser: 580 mg/L bei 20°C; gut loslich in organischen Ltisungsmitteln Propachlor ist gegeniiber Lichteinwirkung stabil und nicht brennbar. 1,6- 2.3 keine Angaben 1 , l (berechnet) 1,5 -0,6 (gemessen: Fisch) biologisch abbaubar keine Angaben
3
Toxizitat
3.1
Propachlor ist akut nur gering toxisch. oral Ratte LD 50 950-2176 mg/kg 290-306 mg/kg oral Maus LD 50
1.4
1.5
325
3.5
Akute lntoxikationen fuhren zu Veranderungen des ZNS. Der Stoff ist reizend an Augen und Haut. Zielorgane von Propachlorexpositionen sind Leber und Nieren. Bei einer 3-Monate-Fiitterungsstudie wurde fur Hunde eine NOAEL von 45 mg/kg KG, in einer Einjahresstudie von 9 mg/kg KG ermittelt. Bei Ratten betragt der NOAEL iiber 24 Monate 50 mg/kg KG und bei Mausen ilber 18 Monate 1,6 mg/kg KG. Der Stoff ist nicht kanzerogen und zeigt in den meisten Saugertests keine mutagene Wirkung. Die Ergebnisse zur Embryotoxizitat sind nicht einheitlich. In einer 2-Generationen-Studie bei Ratten wurden keine reproduktionstoxischen Effekte beobachtet. Propachlor wird relativ rasch nach oraler, dermaler und inhalativer Aufnahme im Organismus resorbiert. 48 h nach Aufnahme ist der Stoff im Organismus nicht mehr nachweisbar. Der Metabolismus erfolgt uber Mercaptursaure. keine Akkumulation im Organismus
4
Okotoxizitat
3.2
3.3
3.4
4.1 Aquatische Toxizitat 4.1.1 keine Angaben 4.1.2 Selenastrurn capricornuturn
4.1.3 Daphnia rnagna
4.1.4 Regenbogenforelle
Channel catfish 4.2 Terrestrische Toxizitat 4.2.1 keine Angaben 4.2.2 Regenwurm
Bienen Fasan Taube
LC 50 LC 50 LC 50 NOEC LC 50
0,029 mg/L 0,Ol mg/L 5,3 mg/L 1,9 mg/L 11 mg/L 7,8 mg/L <5,6 mg/L 0,097 mg/L (Reprod.) 0,75 mg/L 0,28 mg/L 0,17 mg/L 0,019 mg/L 0,23 mg/L
LC 0 LC 100 NOEC LC 50 LD 50 LD 50
218 560 100 311 735 >5620
96 h EC 50 NOEC 72 h EC 50 NOEC 24 h LC 50 48 h LC 50 NOEC 21 d NOEC 24 h 48 h 96 h 21 d 96 h
mg/kg mg/kg mg/kg pg/Biene mg/kg KG mg/kg Nahrung
326
5
Exposition
Der Eintrag des Stoffes in die Umwelt erfolgt bei der Anwendung als Herbizid. In der Luft wurden bei der Ausbringung kurzzeitig Konzentrationen von 0,l-3,7 mg/m3 gemessen; im Oberflachenwasser (Abtrift) 10 pg/L und in Grundwasser 0,12 pg/L. In Lebensmitteln liegen die Propachlorkonzentrationen zumeist unter der Nachweisgrenze von 0,005 mg/kg. Die Exposition des Menschen diirfte aufierordentlich gering sein. 6
Umweltverhalten
Propachlor ist sehr wenig fluchtig, so dafi die Verteilung zwischen Luft und Wasser/Boden fur das Umweltverhalten von geringer Relevanz ist. Der Stoff ist hydrolyse- und photolysestabil in Wasser und Boden. Der rasche Abbau unter Freilandbedingungen (Wasser/Boden/ Pflanzen) erfolgt mikrobiologisch (Bakterien, Pilze) mit einer Halbwertszeit von bis zu 3 Wochen. Eine nennenswerte Adsorption an Boden/Sediment erfolgt nicht. Ein Einwaschen in Grundwasser ist infolge des biologischen Abbaus des Stoffes nicht zu erwarten. 7
Grenz- und Richtwerte keine Angaben
8
Abfallbeseitigung
Entsorgung in Sonderabfallverbrennungsanlagen 9
Verwendung
Herbizid
10
Umweltgefahrlichkeit
Propachlor ist sehr giftig fur Wasserorganismen. Fische und Algen sind empfindlicher als Invertebraten. Bei Einhaltung der Anwendungsempfehlungen sind jedoch keine Konzentrationen zu erwarten, die zu Schadigungen von Wasserorganismen fuhren konnen. Das Gefahrdungspotential fur terrestrische Organismen (Regenwurm, Bienen, Vogel) ist gering. Literatur
WHO: IPCS Environmental Health Criteria No. 147, Propachlor. Geneva, 1993
327 ~
~
Quecksilber [7439-97-61 und QuecksiIberverbindungen Quecksilber kommt in Form von 7 stabilen Isotopen ( I 86 Hg, 198 Hg, 199 Hg, 200 Hg, 201 Hg, 202 Hg, 264 Hg) und 11 instabilen Isotopen vor. Der Elektronenkonfiguration entsprechend kommt das Element in den Oxidationsstufen Hg und Hg2+ vor. 1wertiges Quecksilber existiert infolge einer MetaH-MetaIl-Ionenpaarbindung in der Form Hg2+. Mit Ausnahme der Fluoride sind alle Quecksilber(1)halogenide schwerloslich und nur wenig hydrolysierbar, d. h. nur geringfugig dissoziiert. Mit einem Uslichkeitsprodukt von etwa zahlt Quecksilbersulfid zu den am wenigsten loslichen Salzen. In der Umwelt kommt Quecksilber sowohl elementar als auch in Form anorganischer und organischer Verbindungen vor. Emissionen in die Umwelt erfolgen vorzugsweise als elementares Quecksilber (Quecksilberdampf), Quecksilber(I1)chlorid sowie andere Quecksilber(I1)- und Quecksilber(1)-Verbindungen und in Form von Mono- und Dimethyl- sowie Phenylquecksilber. Von oko- und humantoxikologischer Bedeutung sind daruber hinaus die nachfolgenden organischen Quecksilberverbindungen: +
Alkyl-Hg-Verbindungen
R-Hg-X oder (R-Hg)"+X"-
R: Methyl- oderhnd Ethylgruppe X: Alkyl-, Nitril-, Cyanoguanidinreste oder ein- bzw. zweiwertige Anionen
Alkoxyalkyl-Hg-Verbindungen
CH3-O-CH2-H2-Hg-X
X: Chlorid, Acetat, Benzoat, Silicat Aryl-Hg-Verbindungen
R-Hg-X
R: Phenyl, o-Chlorphenol, o-Nitrophenol X: Chlorid, Hydroxid, Cyanid, Sulfat, Ureid Uber die Herstellungsmengen von reinem Quecksilber sind fur einzelne Lander kaum Daten verfugbar. Die Weltproduktion wurde 1978 auf etwa 10000 t geschatzt, wobei etwa 50% in der Chloralkali-Elektrolyse verwendet werden. Da unter okotoxikologischen Gesichtspunkten vorzugsweise anthropogen verursachte Quecksilberemissionen in die Umwelt diskutiert werden, sol1 der folgende Vergleich zwischen globalen naturlichen und anthropogenen Emissionen die Bedeutung und den Anteil des naturlichen Eintrages des Elementes in die Umwelt unterstreichen.
328 ~
~
~
Natiirliche Emissionen Vulkantatigkeit, Gesteinsverwitterung 0,5 - 5 * lo3 t 25 - 150.1 O3 t Verdampfung aus der Erdkruste Verdampfung aus den Ozeanen 23.1O3 t Oberflachliche Abschwemmungen 3,8-103 t Allein der Quecksilbergehalt der Ozeane wird auf ca. 70 Mio. t geschatzt, so da13 die jahrlich anthropogen verursachten Eintrage kaum feststellbar sind. Anthropogene Emissionen Quecksilberherstellung 6 - 10-lo3 t Bergbau 1,5-20.103 t 0,1-8.103 t Verbrennungsprozesse jeglicher Art Der Background-level der Troposphare betragt in nordlichen Breiten 1 ng/m3, in siidlichen Breiten (zumeist iiber den Ozeanen) 2 ng/m3. Fur aquatische Systeme werden folgende mittlere Quecksilbergehalte angegeben: 0,5 - 3 ng/L Ozeane: 2-15 ng/L Kiistengewasser: 1-3 ng/L Flusse/Seen: Lokal kijnnen diese Werte infolge von Emissionen variieren. Elementares Quecksilber stellt den Hauptanteil atmospharischen Quecksilbers. In Meeren und Ozeanen kommt das Element vorzugsweise als HgC12- und in FlieBgewassern als HgC12, CH3-Hg-OH u. a. vor. Die Quecksilbermethylierung in aquatischen Systemen und Boden ist eine der Grundlagen fur den Transport des Elementes in der Umwelt, insbesondere in Nahrungsketten. Hauptprodukt der Methylierung ist Monomethylquecksilber. Der Grad der Quecksilbermethylierung erhoht sich unter aeroben Bedingungen bei Zunahme der mikrobiellen Aktivitat und der Temperatur. Da Organoquecksilberverbindungen durch ein hohes oko- und humantoxikologisches Gefahrdungspotential charakterisiert sind und sich diese Verbindungen im wesentlichen in ihrer Reaktivitat, der Toxizitat und dem Umweltverhalten nur geringfiigig unterscheiden, wird im folgenden eine kurze zusammenfassende Darstellung gegeben. Reak tiv it at
Organoquecksilberverbindungen sind im neutralen und schwach sauren Milieu zumeist stabil. Im alkalischen Bereich erfolgt hydrolytische Spaltung. Die Verbindungen sind nur wenig photolyse- und temperaturstabil. Toxizitat Organische Quecksilberverbindungen wirken bereits in geringen Mengen ohne Speziesspezifitat toxisch. Allgemein werden sie als etwa 10- bis 100mal toxischer als anorganische Quecksilberverbindungen charakterisiert, wobei Monomethyl-
329
und Dimethylquecksilber eine besonders hohe Toxizitat zeigen. Die Exposition des Menschen erfolgt zumeist uber die Nahrung. Inkorporierte Verbindungen werden infolge ihrer lipophilen Eigenschaften relativ schnell resorbiert, mit dem Blut im Organismus verteilt und vorzugsweise in Leber, Herz, Gehirn, Muskelgewebe und Haaren gespeichert. Die Exkretion erfolgt in geringen Mengen renal, vorzugsweise jedoch mit Faeces. Die Passage der Blut-Hirn-Schranke und der Plazenta sind nachgewiesen. Durch die Bindung an SH-Gruppen der Blutproteine ist eine schnelle Verteilung im Organismus gewahrleistet. Der Transport durch Zellmenbranen erfolgt passiv (Verteilungskoeffizient). Gesondert hervorgehoben werden sol1 die Akkumulation von Methylquecksilber in der Leber (50%) und im Gehirn (10%). Bei Saugern erfolgt ebenfalls eine Exkretion uber die Milch. Damit im Zusammenhang steht die direkte Gefahrdungsmtiglichkeit von Sauglingen. Toxisches Wirkprinzip im Warmbliiterorganismus ist u. a. die Reaktion mit Sulfhydryl- und Aminogruppen von Enzymen. Die chronisch toxische Wirkung ist an die Speicherung der Verbindungen in verschiedenen Organstrukturen gebunden. Zu beachten sind in diesem Zusammenhang beispielsweise Angaben zur biologischen Halbwertszeit von Methylquecksilber von etwa 70 Tagen. Veranderungen des peripheren Nervensystems zahlen zu den auffalligsten Effekten chronischer Intoxikationen. Methylquecksilber ist mutagen und fuhrt beim Menschen u. a. zu Chromosomenaberrationen und zur anormalen Chromosomenteilung.
Okotoxizitat Organoquecksilberverbindungen werden als Fungizide verwendet, was auf eine hohe Toxizitat bei Mikroorganismen hinweist. Bei Konzentrationen von 1 pg/L (Methylquecksilber) werden erste toxische Effekte festgestellt (Wachstumshemmung). Vergleichbare Effekte werden bei Algen ab 3 pg/L beobachtet. Bei Invertebraten sind Larvenstadien der Organismen besonders empfindlich. Akut toxische Effekte werden bereits im Konzentrationsbereich von 1 - 10 pg Methylquecksilber/L beschrieben. Die 21-d-LC 50 bei Daphnia magna liegt im Bereich von 9- 12 pg/L. Fur Fische liegen die 24 h-96 h-LC 50-Werte im Bereich von 24- 125 pg/L. In Abhangigkeit von Temperatur, Salzgehalt, Sauerstoffgehalt und Wasserharte sind eine Reihe physiologischer und biochemischer Veranderungen bei Fischen nach Expositionen gegeniiber Organoquecksilberverbindungen beschrieben. Reproduktionstoxische Effekte sind bei Fischen und Vogeln festgestellt.
Exposition Neben den naturlichen Emissionen erfolgt ein Umwelteintrag von Quecksilber bei der Gewinnung des Metalls (Quecksilberminen), der Verbrennung von Erdol, der Chloralkali-Elektrolyse und bei der Papierherstellung. Geringere Mengen werden durch die Anwendung als Fungizid emittiert. In Schweden wurden 1984 folgende jahrliche Eintrage geschatzt: Verbrennung kommunaler Abfalle: 3 300 kg/a 400 kg/a Chloralkali-Elektrol yse:
330
Bergbau: 200 kg/a Verbrennung von Kohle und T o r t 200 kg/a andere Quellen: 1400 kg/a Nachfolgend ist eine Auswahl gemessener umweltrelevanter Quecksilberkonzentrationen angegeben: Atmosphiire (ng/m3): 0,001 - 50 Background 1,o-10 Mittelwert global 2,o - 37 Mittelwert (BRD) 100-40000 nach vulkanischer Tatigkeit Wasser (pg/g): 0,02 - 0 3 Regenwasser Oberflachenwasser (Mittelwert) 0,1 0,Ol- 0,4 Grundwasser 0,Ol-02 Flusse (Mittelwert) 0,03 Nordsee (Mittelwert) Sedimente (pg/L): 0,l - l,o Ozeane 0,06 Background 0,Ol- l,o Nordsee Rhein (BRD) (Mittelwert) 495 2010 Minimata-Bucht (Japan) Pflanzen (pg/g): 0,03 - 0,64 Wasserpflanzen (Ruhr/BRD) 0,1-5 Plankton 0,2 - 8 Fische (pg/g): 0,001 - 0,05 Pflanzliche Nahrungsmittel (pg/g): 0,023 Eier (pg/g): 0,003 -0,5 Fleisch (pg/g): Menschliche Organe (pg/g): 0,005 -0,02 Blut (gesamt) 0,45 Knochen 0,005 - 2,94 Gehirn 1,25- 7,6 Haare 0,005 -0,15 Herz 0,005 - 3,7 Leber 0,0063 - 2,75 Niere 4,3-114 Urin 0,2-2,14 Ovar Die tagliche Methylquecksilberaufnahrne des Menschen wird mit 2,4 pg angegeben. Die Gesamtquecksilberaufnahme betragt 6,7 pg/d (zusatzlich 3,8 - 21 ng durch Amalgam). Bei einem Fischkonsum von durchschnittlich 200 g/Person und Woche werden etwa 100 pg Quecksilber aufgenommen (vorzugsweise als Methylquec ksilber).
331
Umweltverhalten Das Verhalten organischer Quecksilberverbindungen, insbesondere der okotoxikologisch relevanten Alkylquecksilberverbindungen, wird mangeblich bestimmt durch eine relativ hohe Fluchtigkeit und Lipophilie. Damit verbunden sind eine hohe Mobilitat in der Atmosphare und eine ausgepragte Bio- und Geoakkumulationstendenz. In aquatischen Systemen erfolgt eine relativ schnelle Sorption an partikulare Stoffe in der waljrigen Phase bzw. an Sediment. Monomethylquecksilber wird vorzugsweise durch Phyto- und Zooplankton akkumuliert, wahrend Dimethylquecksilber durch einen bevorzugten Ubergang Wasser-Luft charakterisiert ist. In Sedimenten sind sowohl Demethylierungsprozesse als auch Methylierungen des schwerloslichen und stabilen Quecksilber(I1)sulfids nachgewiesen. Aquatische Systeme sind zumeist Ausgangspunkt fur den Stoffkreislauf insbesondere von Alkylquecksilberverbindungen. Infolge ihres hohen Dampfdruckes und der damit verbundenen Fluchtigkeit gelangen Organoquecksilberverbindungen in die Atmosphare. Dort werden sie sowohl uber weite Strecken transportiert und verteilt als auch durch photolytische Prozesse demethyliert. Schatzungsweise bestehen etwa 21 Vo des Gesamtquecksilbers der Atmosphare aus Monomethylquecksilber und etwa 1Vo aus Dimethylquecksilber. Mit Niederschlagen bzw. dem partikularen Fallout gelangen die Substanzen auf den Boden bzw. in das Wasser. Aufgrund ihrer physikochemischen Eigenschaften werden die Verbindungen zumeist relativ schnell in den obersten Bodenschichten adsorbiert. Eine Migration organischer Quecksilberverbindungen in grundwasserfuhrende Bodenschichten ist bislang nicht nachgewiesen. Bei einem biologisch bzw. physikalisch-chemisch verursachten Abbau konnen intermediar Quecksilber(I1)-Ionen auftreten, welche jedoch schnell zu Quecksilberoxid und Quecksilbersulfid abreagieren. Als wasserunlosliche Salze konnen diese nicht mehr von Pflanzen aufgenommen werden. Demgegenuber konnen wasserldsliche Quecksilberverbindungen von den Pflanzenwurzeln aufgenommen und in oberirdische Pflanzenteile transloziert werden. Die Moglichkeit der Transformation anorganischer Quecksilberverbindungen in Boden unter Bildung z. B. von Methylquecksilber schlieljt den Stoffkreislauf von Organoquecksilberverbindungen. Die Quecksilbermethylierung in Umweltstrukturen ist als eine Detoxifikationsaktivitat von Mikroorganismen zu betrachten. Entsprechende Reaktionen sind u. a. an die Anwesenheit von S-Adenoxymethionin, N’-Methyltetrahydrofolat-Derivate undloder Methylcorrinoid-Derivate gebunden.
Umweltgefahrlichkeit Quecksilber und Quecksilberverbindungen besitzen ein hohes Umweltgefahrdungspotential. Organische Quecksilberverbindungen sind fur aquatische und terrestrische Organismen generell akut toxischer als anorganische Quecksilbersalze. Die Toxizitat wird neben der Elementspeziation beeinflufit von Faktoren wie: - Wasserharte, - Temperatur,
332 - Salzgehalt, - Sauerstoffgehalt,
Sorptionskapazitat anorganischer und organischer Bestandteile von Sediment, Boden und Schwebestoffen. Wahrend fur anorganische Quecksilberverbindungen bei aquatischen Mikroorganismen der ,,no-observed-effect-level" im Bereich von 1-50 pg/L liegt, sind diese Werte bei Organoquecksilber-verbindungen um das 10 - 1OOfache niedriger. Dies trifft ebenfalls zu bei Invertebraten und Fischen. Jungtiere sind dabei besonders empfindlich. Das Umweltgefahrdungspotential von Quecksilber wird daruber hinaus bestimmt durch die hohe Sorptionstendenz an Sediment und Boden verbunden mit moglichen Langzeitexpositionen des umgebenden Mediums infolge von Desorptionsprozessen und durch die insbesondere in aquatischen Systemen erfolgende Methylierung. -
Quecksilber [7439-97-61 1
Allgemeine Informationen
1.1 1.2 1.3 1.4 1.5 1.6
Quecksilber [7439-97-61 Quecksilber Hg keine Angaben keine Angaben Quecksilber: giftig Quecksilberalkyle: giftig Quecksilber(1)chlorid: mindergiftig Die Verwendung von Quecksilberverbindungen als Pflanzenschutzmittel ist in Deutschland verboten.
2
Ausgewahlte Eigenschaften
2.1 2.2 2.3 2.4 2.5
200,59 flussiges, silbrig glanzendes Metal1 377,3"C 38,89"C 0,189-10-3 mm bei 0 ° C 1,220.10-3 mm bei 20°C 2800.10-3 mm bei 30°C Im Temperaturbereich 0- 150 "C kann der Dampfdruck von Quecksilber nach folgender empirischer Formel berechnet werden: -321 2,5 k P= + 8,025 T
333
2.9 2.10 2.1 1 2.12 2.1 3 2.14
13,595 g/cm3 bei 0 "C Wasser: 6*10-5 g/L bei 25 "C Mit organischen Stoffen wie beispielsweise schwefelhaltigen Proteinen und Huminstoffen bildet Quecksilber Komplexverbindungen. In Gegenwart von Sauerstoff und organischer Substanz wird metallisches Quecksilber unter natiirlichen Bedingungen zu 2wertigem Quecksilber oxidiert. Die Umsetzungsgeschwindigkeit ist abhangig vom Redoxpotential des Mediums. entfallt entfallt entfallt entfallt entfallt entfallt
3
Toxizitat
3.1
3.5
Metallisches Quecksilber ist oral aufgenommen kaum toxisch, jedoch bei inhalativer Aufnahme hochtoxisch. 20- 29 mg/m3 sind bei Hunden und Kaninchen innerhalb weniger Stunden todlich. Beim Menschen wurden akute Intoxikationen bei Konzentrationen von 1,2 - 8,5 mg/rn3 beobachtet. Quecksilbersalze fuhren bei Aufnahme iiber die Haut oder oral zu akuten Intoxikationen. Bei chronischen Intoxikationen werden insbesondere neurologische Veranderungen festgestellt. keine Angaben Bei inhalativer Aufnahme konzentrierter Quecksilberdampfe erfolgt eine fur die Auslosung akuter Intoxikationen ausreichende Resorption. Die Gefahr einer akuten Vergiftung besteht ebenfalls bei der oralen Aufnahme von etwas mehr als 8 mL bzw. bei grofiflachiger epikutaner Applikation. Als Vergiftungssymptome konnen u. a. auftreten: Schleimhautreizungen, Stomatitis, Pneumonie und Niereninsuffizienz. Die Verteilung inhalativ oder iiber die Haut aufgenommenen Quecksilbers (Salze) erfolgt im Organismus sehr rasch, wobei die hochsten Konzentrationen in Leber, Milz und Gehirn festgestellt werden. Hg(I1)-Ionen besitzen eine hohe Affinitat zu Sulfhydrylgruppen und Disulfidbindungen und konnen somit Proteinfunktionen storen. Veranderungen der DNS- und RNS-Struktur sind nachgewiesen. Die Ausscheidung erfolgt uber Faeces, Urin, durch Abatmen oder durch Anreicherung in Haaren, Nageln und Haut. keine Angaben
4
Okotoxizitat
2.6 2.7 2.8
3.2 3.3 3.4
4.1 Aquatische Toxizitat 4.1.1 keine Angaben
334 4.1.2 300 pg HgCI2/L beeinflussen die Photosyntheseleistung bei Chlorella pyrenoidosa. 3 Wo LC 50 400 pg/L Chlorella vulgaris NOEL 50 pg/L 48 h LC 50 5 pg/L (HgC12) 4.1.3 Daphnia magna 21 d LC 50 13 wg/L (HgCW Bei Erhohung der Wasserharte und des Salzgehaltes erhoht sich die 48-h-LC 50 auf bis zu 4,89 mg/L. Die LC 50-Werte bei verschiedenen Muscheln, Schnecken, Krabben u. a. liegen im Bereich von 80-7390 pg/L (HgC12). 4.1.4 Bei Fischen liegt die 96-h-LC 50 im Bereich von 33 -400 pg HgC12/L. Meerwasserfische sind empfindlicher als SuRwasserfische. Die LC 50-Werte fur Larven- bzw. Embryonalstadien liegen demgegenuber im Bereich von < 0,l- 140 pg/L. 4.2 Terrestrische Toxizitat Insbesondere bei Vogeln werden nach HgC12-Exposition Wachstumsverzogerungen infolge geringerer Nahrungsaufnahme beobachtet. Die 5-d-LC 50-Werte liegen im Bereich von 3790- >5000 mg/kg.
5
Exposition
Dem gegenwartigen Kenntnisstand entsprechend wird die wochentlich aufnehmbare duldbare Hochstmenge an Gesamtquecksilber mit 300 pg/Person angegeben. Davon diirfen nicht mehr als 200 pg Methylquecksilber sein.
6
Umweltverhalten
Das Verhalten von Quecksilber in Hydro-, Pedo- und Atmosphare sowie Biosphare ist mangeblich bestimmt durch Sorptions- und Koprazipitationsvorgange, verschiedene Transport- und Verteilungsprozesse, Kationenaustauschvorgange, die Methylierung, durch Komplexbildungsreaktionen sowie Prozesse der Bio- und Geoakkumulation. Elementares Quecksilber wird dabei insbesondere im Phyto- und Zooplankton aquatischer Systeme akkumuliert. Der Transport in der Atmosphare erfolgt nicht nur in Form von Quecksilberdampf, sondern vorzugsweise in Form von Quecksilberhalogeniden und Methylquecksilber. Im Hinblick auf die Umweltgefahrlichkeit ist die Quecksilbermethylierung von aufierordentlicher Bedeutung. Dabei erfolgt neben der mikrobiellen Biomethylierung in der Umwelt auch eine chemische Methylierung von Quecksilber. Die hochsten Methylierungsraten wurden in den obersten Schichten von Sedimenten festgestellt. Dimethylquecksilber ist fliichtig, gelangt in die Atmosphare und wird zu elementarem Quecksilber umgewandelt.
335 ~
7
7.1 7.2
7.3
8
Grenz- und Richtwerte
Bei der Angabe von Grenz- und Richtwerten fur Quecksilberverbindungen ist der jeweilige numerische Wert nahezu immer auf Quecksilber bezogen. 0,Ol mL/m3 (ppm), 0,l mg/m3 (D) MAK-Wert: Trinkwasser: 1 pg/L (D), berechnet als Hg 1 pg/L (WHO); Gesamt-Quecksilber 0,2 mg/m3 bei einem Massenstrom von 1 g/h und mehr TA Luft: (Hg und seine Verbindungen) Nach EG-Richtlinien 82/176/EWG und 84/ 156/EWG bestehen Grenzwerte fur Emissionsnormen fur die Ableitung von Quecksilber aus Industriebetrieben und Qualitatsziele fiir Gewasser. Grenzwerte fur Emissionsnormen im abgeleiteten Abwasser (Monatsmittelwerte): - Industriezweig Alkalielektrolyse 0,05 mg/L - andere Industriezweige 0,l mg/L 0,05 mg/L ab 1.7.1989 QualitSltsnormen fur Gewasser, die von den Ableitungen betroffen werden: - in Fischen 0,3 mg/kg Naf3gewicht - oberirdische Binnengewasser 1 - Miindungsgewasser 0 s wg/L - Kustengewasser 093 wg/L Die letzten drei Angaben gelten als arithmetisches Mittel der Ergebnisse eines Jahres. Die Quecksilberkonzentrationen in Sedimenten oder Mollusken und Schalentieren durfen mit der Zeit nicht wesentlich ansteigen. WGK 3 Abfallbeseitigung
Quecksilberhaltige AbfSllle werden industriell durch Destillation aufgearbeitet. Nicht mehr verwendbares Quecksilber wird der Wiederaufbereitung zugefuhrt. 9
Verwendung
Metallisches Quecksilber wird hauptsachlich in Manometern, Thermometern, elektrischen Schaltern, als Amalgationsmittel, Katalysator sowie als Elektrodenmaterial bei der Elektrolyse verwendet. 10
Umweltgefahrlichkeit
s. Quecksilber und Quecksilberverbindungen Literatur Friberg, L. et al.: Handbook on the Toxicology of Metals, Vol. 1/11, Elsevier, Amsterdam, 1986 Hutzinger, 0. (ed.): The Handbook of Environmental Chemistry. Volume 3, Part A, Anthropogenic Compounds. Springer, Berlin-Heidelberg-New York, 1980 International Programme on Chemical Safety, EHC 86, 1989; EHC 101, Geneva, 1990 Merian, E. (Hrsg.): Metalle in der Umwelt. VCH, Weinheim, 1984
336
Methylquecksilberion [22967-92-61 1
Allgemeine Informationen
1.1 1.2 1.3 1.4 1.5 1.6
Methylquecksilber [22967-92-61 Quecksilber(1 +), Methyl-, Ion CH3Hg+ keine Angaben Organoquecksilberverbindung gi ftig
2
Ausgewahlte Eigenschaften
216,l keine Angaben keine Angaben keine Angaben keine Angaben keine Angaben keine Angaben s. Quecksilber und Quecksilberverbindungen keine Angaben keine Angaben keine Angaben In Fischen sind Biokonzentrationsfaktoren zwischen 1000 und 2 500 festgestellt. 2.13 keine Angaben 2.14 keine Angaben
2.1 2.2 2.3 2.4 2.5 2.6 2.7 2.8 2.9 2.10 2.1 1 2.12
3
Toxizitat
3.1
3.4 3.5
0,005 mg/kg sind beim Menschen ohne toxische Wirkung (ohne Angabe der Expositionszeit). 0,08 mg/kg.d iiber 32 d oral fiihren beim Menschen zu Schadigungen des Gehirns und zum Tode. s. Quecksilber und Quecksilberverbindungen Bei Fischen sind reproduktionstoxische Effekte festgestellt. Eindeutige Aussagen zur Mutagenitat und Kanzerogenitat liegen nicht vor. s. Quecksilber und Quecksilberverbindungen Bioakkumulation ist festgestellt.
4
Okotoxizitat
3.2 3.3
Die Verbindung ist stark toxisch bei aquatischen Organismen (s. Quecksilber und Quecksilberverbindungen).
337 5
Exposition Methylquecksilberexpositionen erfolgen fast ausschlienlich iiber biologische Ketten. Da die Verbindung analytisch schwer erfanbar ist, beziehen sich Expositionsangaben fast ausschlienlich auf Gesamtquecksilber (s. Quecksilber und Quecksilberverbindungen).
6
Urnweltverhalten
s. Quecksilber und Quecksilberverbindungen 7
Grenz- und Richtwerte
7.1
MAK-Wert
7.3
0,Ol mg/m3 Gefahr der Hautresorption Gefahr der Sensibilisierung (D) maximal zulassige wdchentliche Aufnahme durch den Menschen: Grenzwert fur ausgewahlte Nahrungsmittel: keine Angaben
8
Abfall beseitigung
7.2
keine Angaben 9
Verwendung keine Angaben
10
Umweltgefahrlichkeit
s. Quecksilber und Quecksilberverbindungen
Methylquecksilberchlorid[115-09-31 1
Allgemeine Informationen
1.1 1.2 1.3
Methylquecksilberchlorid [ 1 15-09-31 Quecksilber, ChlormethylCH3HgCl CH3 Hg C1 keine Angaben Organoquecksilberverbindung giftig
1.4
1.5 1.6
0,2 mg (WHO) 0,2 pg/g (Japan)
338 2
Ausgewahlte Eigenschaften
2.1 2.2 2.3 2.4 2.5 2.6 2.7 2.8 2.9 2.10 2.1 1 2.12 2.13 2.14
25 1,08 keine Angaben keine Angaben I970 "C keine Angaben 4,06 g/mL Wasser: keine Angaben s. Quecksilber und Quecksilberverbindungen keine Angaben keine Angaben keine Angaben Biokonzentrationsfaktor in Fischen in 30 d zwischen 2500 und 27000 keine Angaben keine Angaben
3
Toxizitat
3.1
oral Ratte LD 50 58 mg/kg 5 mg/kg oral Mensch LDL 0 oral Meerschweinchen LD 50 21 rng/kg 0,1 rng/kg/d uber 140 d an Affen verabreicht, fuhren zu Gewichtsverlusten, 0,4 mg/kg/d uber 140 d haben eine ausgepragte neurotoxische Wirkung. Veranderungen der Nieren- und Blasenfunktion bei Expositionen gegenuber 0,1 rng/kg/d iiber 30 d werden bei Ratten beobachtet. Beim Menschen sind mutagene Effekte in Form von Chrornosomenaberrationen und anormalen Chromosomenteilungen nachgewiesen. 4,2 mg/kg/d, uber 3 Wochen an Ratten verabreicht, haben strukturelle Veranderungen des renalen Systems sowie funktionelle Veranderungen des gastrointestinalen Systems zur Folge. 2,5 mg/kg/d wahrend des 6.- 17.Tages der Trachtigkeit appliziert, wirken schadigend auf den Fotus. Schadigungen des reproduktiven Systems sind bei Mausen und Ratten bei Dosen von 0,l- 5,O mg/kg/d festgestellt. s. Quecksilber und Quecksilberverbindungen Bei Ausgangskonzentrationen von 1 mg/L in Wasser sind in Fischen uber 30 d Biokonzentrationsfaktoren bis zu 27000 festgestellt.
3.2
3.3
3.4 3.5
4
Okotoxizitat s. Quecksilber und Quecksilberverbindungen
5
Exposition
s. Quecksilber und Quecksilberverbindungen
339
6
Umweltverhalten
s. Quecksilber und Quecksilberverbindungen 7
Grenz- und Richtwerte
7.1
MAK-Wert:
7.2 7.3
0,Ol mg/m3 (D) Gefahr der Hautresorption Gefahr der Sensibilisierung keine Angaben keine Angaben
8
Abfallbeseitigung keine Angaben
9
Verwendung keine Angaben
10
Umweltgefahrlichkeit
s. Quecksilber und Quecksilberverbindungen
340
Sc hwef eIkohI enstoff [75-15-01 Die Herstellung von Schwefelkohlenstoff erfolgt durch Umsetzung von Methan und Schwefeldampf bei ca. 650 "C an einem Silicagel-Kontakt. Das technische Produkt ist zumeist durch Schwefelwasserstoff verunreinigt. 1
Allgemeine Informationen
1.1
Schwefelkohlenstoff [75-15-01 Kohlenstoffdisulfid
1.2 1.3
cs2
s=c=s 1.4 1.5 1.6
Carbondisulfid, Kohlendisulfid ent fallt giftig (> 20%); R 1 1 - 36/38 -48123 giftig (1 -20%); R 48/23-62-63
2
Ausgewahlte Eigenschaften
2.1 2.2
-
62- 63
76,13 Reiner Schwefelkohlenstoff ist eine farblose, lichtbrechende, bewegliche, aromatisch riechende Fliissigkeit. Das technische Produkt ist gelblich gefarbt und hat einen scharfen radieschenartigen Geruch. 2.3 46,3 "C 2.4 - 108,6/- 116,6 "C 2.5 400 mm Hg bei 28 " C / 53,3 Pa; 260 mm Hg bei 20 "C/34,6 Pa 2.6 1,263 g/cm3 bei 20°C (schwerer als Luft) 2.7 Wasser: 2,3 g/L bei 22 "C; gut loslich in Ethylalkohol, Diethylether und Tetrachlormethan 2.8 Dampfe sind leicht entziindbar; bilden mit Luft explosible Gemische. Beim Verbrennen von Schwefelkohlenstoff entsteht Schwefeldioxid und Kohlendioxid. Aufgrund seiner chemischen Struktur ist das Molekiil hoch reaktiv, wobei schnelle Umsetzungen mit nucleophilen, uber ein freies Elektronenpaar verfiigende Stoffe erfolgen (Mercapto-, Amino- und Hydroxylgruppen). Bei Reaktionen mit Verbindungen, die iiber 2 freie Elektronenpaare im Molekiil verfiigen, werden haufig thiazolinartige Verbindungen gebildet. Schwefelkohlenstoff ist ein ausgezeichnetes Usemittel fur Schwefel, Phosphor, Iod, Brom, Selen, Harze, Kampfer, Kautschuk, Fette und Gummi. 2.9 194 2.10 entfallt 2.1 1 entfallt 2.12 entfallt
341 2.13 keine Angaben cm3 Molekiile-' s-'; tIl2 = 8 d 2.14 koH = 1
3
Toxizitat
3.1
3.5
ihl Mensch LD 50 ab 2000 ppm in wenigen Minuten 3 188 mg/kg oral Ratte LD 50 Lc 50 25000 mg/m3 2 h ihl Ratte 2780 mg/kg oral Maus LD 50 20000 mg/m3 2 h ihl Maus LC 50 Bei Expositionen gegeniiber 10 mg/m3 treten beim Menschen erste toxische Effekte auf. Chronische Intoxikationen manifestieren sich u. a. in Verhaltensstorungen (30- 160 mg/m3 iiber mehr als 6 Jahre), Hirnschadigungen (150 mg/m3 iiber mehrere Jahre), arteriosklerotischen Veranderungen und erh6hter Rate an Herzerkrankungen (30- 120 mg/m3 iiber 10 Jahre), Veranderungen der Schilddriisenfunktion sowie des gesamten endokrinen Systems und Schadigung des Gastrointestinaltraktes beim Menschen. Testergebnisse zur Reproduktionstoxizitat, Mutagenitat und Kanzerogenitat ergeben keine Hinweise auf entsprechende Wirkungen. Schnelle Resorption bei oraler, inhalativer und dermaler Aufnahme. Bei Hautkontakt kommt es zu Veratzungen. 5 - bis 1Ominiitige Einwirkung auf die Haut fiihrt zu Symptomen ahnlich einer Verbrennung 2. Grades. Aufgrund seiner elektrophilen Eigenschaften reagiert Schwefelkohlenstoff in Biosystemen bevorzugt mit Stoffen, die 1 oder 2 freie Elektronenpaare im Molekul enthalten, wie Mercapto-, Amino- und Hydroxylgruppen. Dabei kommt es zur Bildung von Dithiocarbamat-, Trithiocarbonsaure- und Xanthogensaurederivaten. Damit im ursachlichen Zusammenhang steht die Enzyminhibierung (Monoamino-oxidase, alkalische Phosphatase) und die Veranderung der oxidativen Phosphorylierung. Luft-Blut-Verteilungskoeffizient (IgLB = 2,61) sowie Blut-Gewebe-Verteilungskoeffizient(1gBG = 5,64) charakterisieren die schnelle Resorption und Verteilung im Biosystem. Eine Bioakkumulation ist nicht zu erwarten.
4
Okotoxizitat
4.1 4.1.1 4.1.2 4.1.3 4.1.4
Aquatische Toxizitat Photobacterium phosphoreurn Chlorella pyrenoidosa Daphnia magna Mosquitofisch Barsch/Plotze Goldorfe GUPPY
3.2
3.3 3.4
3h 96 h 48 h 48h 48 h 96 h
EC 50 LC 50 LC 50 TLm TGK LC 50 LC 50
341 21 2,1 35 35 95/265 4
mg/L mg/L mg/L PPm mg/L mg/L mg/L
342 4.2 Terrestrische Toxizitat 4.2.1 Hohe Konzentrationen (253 - 505 g/m3) beeinflussen die Keimfahigkeit von Korn und Baumwolle. 4.2.2 Fur verschiedene Insektenspezies betragt die 24-h-LC 50 12-21 g/m3 bzw. 5-h-LC 50 22-48 g/m3.
5
Exposition
Zielkompartiment fur Eintrage in die Umwelt bei der Herstellung und Verwendung ist die Luft. Bei der Viskosefaserherstellung werden die Emissionen auf 20-70 g pro Kilogramm Viskose geschatzt. Eintrage in Wasser und Boden sind nicht zu erwarten. Die Exposition des Menschen erfolgt nahezu ausschliefilich uber den Luftpfad. Angaben zu umweltbedingten Expositionskonzentrationen (AuRen- und Innenraumluft) liegen nicht vor. 6
Umweltverhalten
Das Verhalten von Schwefelkohlenstoff in der Umwelt wird besonders durch seine hohe Fluchtigkeit und seine Mobiliat in der Atmospare bestimmt. Bei Wasser- und Bodenverunreinigungen ist mit einem raschen Ubergang in Luft zu rechnen. Infolge der Reaktivitat ist in der Umwelt ebenfalls von einem raschen Abbau des Stoffes auszugehen. Ein Einwaschen in Grundwasser ist nicht zu erwarten. Der Stoff ist schwerer als Wasser. Beim Ausgasen aus Wasser kann sich der Stoff an der Wasseroberflache entzunden. 7
Grenz- und Richtwerte
7.1
MAK-Wert:
7.2
Trinkwasser: Geruchsschwellenwert: TA-LUft:
7.3
10 mL/m3 (ppm), 30 mg/m3 (D) Gefahr der Hautresorption; Reproduktionstoxizitat Kategorie 3; kann moglicherweise die Fortpflanzungsfahigkeit beeintrachtigen. 60 mg/m3 (USA) 1 mg/L 0,21 ppm 0,lO g/m3 bei einem Massenstrom von 2 kg/h und mehr
WGK 2 8
Abfallbeseitigung
Schwefelkohlenstoff kann mit geeigneten Ltisungsmitteln verdunnt in Sonderabfallverbrennungsanlagen beseitigt werden. Kleinere Mengen konnen durch Eintropfen (gut ruhren) in eine Suspension von gepulvertem Natriumhydroxid in Ethylalkohol/Diethylether entgiftet werden. Schwefelkohlenstoff ist nicht deponierbar.
343
9
Verwendung
Liisernittel bei der Herstellung von Viskosefasern und Cellophan 10
Umweltgefiihrlichkeit Der Stoff ist giftig fur Wassserorganismen. Infolge der hohen Fluchtigkeit und Reaktivitat sind Schadigungen von Wasserorganismen eher unwahrscheinlich.
Literatur WHO: Environmental Health Criteria, No. 10, 1979, Carbon Disulfide. Geneva, 1979 Coppock, R. W., Buck, W. B.: Toxicology of Carbon Disulfide: A. Review., Vet. Urn. Toxicol. 23 (5) (1981): 331 -336 UNEPARPTC: Scientific Reviews of Soviet Literature on Toxicity and Hazards of Chemicals, Carbon Disulfide, No. 41, 1983. Moscow, 1983 WHO, Regional Office for Europe, Air Quality Guidelines for Europe, WHO Regional Publications, European Series No. 23, P. 52, 1987 U. K. Department of Environment, Toxic Substance Division, Environmental Hazard Assessment: Carbon Disulphide, TSD/14.GarstodWatford, 1993 GDCh: BUA Stoffbericht Nr. 83, Schwefelkohlenstoff, VCH Weinheim, 1992
344
SeIe n [7782-49-21 u n d SeIe nve rbin d u n g e n Selen steht in der 6. Hauptgruppe des Periodischen Systems und ist das 60haufigste Element. Naturlicherweise kommt es insbesondere in Verwitterungsgesteinen vor. Die infolge anthropogener Aktivitaten in Hydro-, Pedo- und Atmosphare emittierten Selenmengen werden auf etwa 5 500 t jahrlich geschatzt. Das Element tritt in nichtmetallischen roten oder schwarzen Modifikationen bzw. in rnetalloiden, kristallinen, grauschwarzen Formen auf. Als gesichert ist heute anzusehen, daR Selen fur Tier und Mensch essentiell ist. In rnenschlichen Erythrozyten ist es Bestandteil der Glutathion-Peroxidase. Die mittlere Selenmenge des menschlichen Organisrnus wird rnit etwa 7 mg angegeben. Die tagliche Aufnahme sollte 60- 120 &Person nicht unterschreiten. Zur Deckung des Selenbedarfs hat die U. S. Food and Drug Administration den Verkauf von 50 vg Selen enthaltenden Tabletten gestattet. Uber eine mogliche therapeutische Wirkung des Elementes finden sich in der neueren Literatur eine Vielzahl von Hinweisen. Uber eine Reduktion der durch verschiedene Chernikalien im Tierexperiment induzierten Tumoren und von Spontanturnoren durch orale Applikation von Selen wird ebenso berichtet wie uber kanzerogene Effekte bei Selenmangel. Der Effekt der Verminderung des Tumorwachstums bzw. der Tumorhaufigkeit konnte nur mit Konzentrationen > 0,l mg/kg Diat bzw. Trinkwasser erreicht werden. Entsprechende Wirkungsmechanismen sind nicht bekannt. Zusammenfassend sind gegenwartig experimentelle Hinweise fur den EinfluR von Selen auf - die Aktivierung und Entgiftung von Kanzerogenen, - die Prornotionsphase der Tumorentstehung, - die Geschwindigkeit des Zellzyklus,
- die Imrnunabwehr, - das Wachstum von Turnorzellen
vorhanden. Der Bereich zwischen essentiellen und toxisch wirkenden Selenmengen ist sehr eng. Die maximal unwirksame Dosis wird mit 2 mg/kg angegeben. Die Aufnahme des Elernentes erfolgt vorzugsweise in Form von Selenaten oder Seleniten. Die Ernissionen von Selen in die Umwelt resultieren in erster Linie aus der Verbrennung fossiler Energietrager (etwa 62% der Gesarnternission). Beispielsweise enthalten Kohlen bis zu 4 pg/kg Selen. Die nichtmetallverarbeitende Industrie emittiert anteilmaaig etwa 26% und die Glas- und Keramikindustrie etwa 5% des Gesamtselens. Der Background-level der Atmosphare wird rnit etwa 0,2 ng/m3 angegeben. Der Selengehalt von Boden ist sehr variabel und liegt im Bereich von 0,l- 1000 pg/g. In sauren Boden liegt das Element vorzugsweise in Form der besser ltislichen Selenate vor. Darnit im Zusammenhang steht die unterschiedliche Aufnahme des Elementes durch Pflanzen in Abhangigkeit vom jeweiligen Standort. Relativ niedrige Selengehalte werden in Oberflachen- und Grundwassern festgestellt. Die durchschnittlichen Konzentrationen betragen weniger als 10 pg/L.
345 1
Allgemeine Informationen
1.1
Selen [7782-49-21 Selen Se keine Angaben Element der 6. Hauptgruppe des Periodischen Systems giftig (Selenverbindungen); R 23 -25 - 33 Die Verwendung von Selenverbindungen als Pflanzenschutzmittel ist in Deutschland verboten.
1.2 1.3 1.4 1.5 1.6
2
Ausgewahlte Eigenschaften
2.1 2.2
2.9 2.10 2.1 1 2.12 2.13 2.14
78,95 rote oder schwarze nichtmetallische Modifikation oder grauschwarze, kristalline metalloide Form. 685 "C 217 "C keine Angaben 4,79 g/cm3 Wasser: unloslich Oxidierende Sauren greifen Selen nicht an. In konzentrierter Schwefelsaure lost es sich beim Erwarmen mit griiner Farbe. Beim Erhitzen a n der Luft verbrennt Selen zum Dioxid. Mit einer Reihe von Metallen werden Selenide gebildet, welche in Gegenwart von Stiuren Selenwasserstoff entwickeln. Selenverbindungen wirken in Abhangigkeit von der vorliegenden Oxidationsstufe als Oxidations- bzw. Reduktionsmittel. Ein biochemische Umwandlung in organische Selenverbindungen ist festgestellt. Insgesamt ist das Element in seinen Eigenschaften dem Schwefel vergleichbar. entfallt entfallt entfallt entfallt entfallt entftillt
3
Toxizitat
3.1
inh Ratte LCL 0 33 mg/kg (8 h) Gesamtaufnahme von bis zu 4 g/Person war beim Menschen ohne nachweisbare toxische Wirkung. Chronische Intoxikationen fiihren u. a. zu Muskeldegenerationen, Wachstumsstorungen, Leberschadigungen und zu verminderter Fertilitat. Allerdings sind ahnliche Effekte bei Selenmangelerkrankungen festgestellt. 5,7 und 10 mg/kg Selenit fuhrten bei Ratten nach 3 Monaten zu Leberzir-
2.3 2.4 2.5 2.6 2.7 2.8
3.2
3.3
346
3.5
rhose und zum Tod von 43 der 108 Versuchstiere. Nach 23 1/2 Monaten kam es zur Bildung von Leberadenomen und hochdifferenzierten hepatozellularen Karzinomen. Bei Verabreichung von 2 oder 3 mg Selenit oder Selenat/kg mit dem Trinkwasser kam es bei der Kontrollgruppe und der Gruppe, die Selenat erhalten hatte, zu Mamma- und subkutanen Tumoren. Bei Mausen konnten keine vergleichbaren Befunde erhoben werden. Den tierexperimentellen Ergebnissen stehen die Ergebnisse epidemiologischer Studien gegenuber, die auf eine Zunahme der Tumorhaufigkeit bei Selenmangel hinweisen. In mikrobiologischen Tests zeigt Selen eine Reduzierung der rnutagenen Aktivitat chemischer Kanzerogene. Insgesamt sind die vorliegenden Ergebnisse zur gentoxischen Wirkung von Selen nicht eindeutig. Die Aufnahme von Selen durch den Organismus erfolgt vorzugsweise in Form von Seleniten oder Selenaten. Es erfolgt eine rasche Distribution, wobei in der Leber und Niere die hochsten Konzentrationen erreicht werden. In Abhangigkeit von der taglichen Selenaufnahme betragt der Gesarntgehalt des Organismus zwischen 3 - 13 mg Selen. Als gesichert ist anzusehen, dal3 Selen sowohl fur Tier als auch Mensch essentiell ist. Im Blut von gesunden Erwachsenen wurden 19-24 pg/lOO mL (USA), 10- 14 pg/IOO mL (Schweden) und 4- 11 pg/lOO mL (Finnland) analysiert. Selenexpositionen mindern die Quecksilbertoxizitat. Untersuchungsergebnisse zu Zusarnrnenhangen zwischen Selenmangel und Herz-Kreislauf-Erkrankungen sind nicht eindeutig. Die Selenausscheidung erfolgt vorzugsweise uber den Urin. Bei hohen Expositionen sind Exkretionen uber die Lunge nachgewiesen, wobei das abgeatmete Dimethylselenid ein Zwischenprodukt des Selenmetabolismus darstellt, welcher bis zurn Trimethylselenoniumion weitergefuhrt wird. Die mittlere Retentionszeit betragt etwa 140 d. Zur Akkumulation im Warmbliiterorganismus sind keine Daten verfugbar.
4
Okotoxizitat
4.1
4.2
Aquatische Toxizitat Zur Toxizitat von Selen bei aquatischen Organismen liegen kaum Daten vor. Die akute Toxizitat bei Fischen wird mit durchschnittlich 2 mg/L angegeben. Terrestrische Toxizitat Fur Pflanzen scheint Selen nicht essentiell zu sein. In Laboruntersuchungen beobachtete toxische Effekte konnten in Freilanduntersuchungen bei Pflanzen jedoch nicht bestatigt werden.
5
Exposition
3.4
Die tagliche durchschnittliche Selenaufnahme des Menschen wird auf etwa 70 pg geschatzt. Die Absorptionsrate liegt bei ca. 80%. Der mittlere Selengehalt des menschlichen Organismus wird auf ca. 7 mg geschatzt. Die Selenaufnahme unterliegt Schwankungen irn Bereich von 22 bis 220 wg/d/Person.
347
-
Die Aufnahme uber Trinkwasser kann zwischen 10 bis max. 3900 wg/L liegen.
6
Umweltverhalten Aufgrund der chemischen Ahnlichkeit mit Schwefel kann Selen in Biosystemen als entsprechendes Substitut wirken. Damit verbunden ist beispielsweise der Seleneinbau in Proteine. Infolge mikrobiologischer Aktivitaten kann Selen in Hydro- und Pedosphare in organische Selenverbindungen wie Dimethylselenid oder Dimethyldiselenid ungewandelt werden. Damit ist eine wesentliche Erhohung der Mobilitat des Elementes infolge der hohen Fluchtigkeit organischer Selenverbindungen verbunden. Im menschlichen Organismus ist im Verlaufe des Selenmetabolismus ebenfalls die Bildung von Methylseleniden nachgewiesen. Die Mobilitat des Elementes in Wasser/Boden ist u. a. abhangig vom pH-Wert und vom Gehalt an Eisensalzen. Erfahrungsgemarj ist Selen in alkalischen und neutralen Boden mobiler als in saurem Milieu. In Gegenwart von Eisensalzen bilden sich im sauren Bereich unlosliche Eisenselenite, welche zur Fixierung des Elementes in Sedimenten und Boden fiihren. Im alkalischen Milieu konnen Selenite zu Selenaten oxidiert werden. Damit verbunden sind entsprechende Remobilisierungen des Elementes. Pflanzen sind zur Akkumulation von Selen befahigt. Selengehalte in verschiedenen Getreidearten von bis zu 30 mg/kg sind nachgewiesen.
7
Grenz- und Richtwerte
7.1
MAK-Wert
1.2
7.3
Trinkwasser keine Angaben
8
Abfallbeseitigung
Selenverbindungen 0,Ol mg/m3 (D) (als Se berechnet) 0,2 mg/m3 (USA) 0,Ol mg/L (WHO)
Selen wird in jedem Fall einer Ruckgewinnung zugefuhrt. 9
Verwendung Selen bzw. Selenverbindungen werden u. a. in der Glas- und Farbenindustrie sowie in photoelektrischen Systemen, der Xerographie und der Filmherstellung verwendet.
10
Umweltgefahrlichkeit Aufgrund der unzureichenden Datenlage ist eine Aussage zur Umweltgefahrlichkeit nicht moglich.
348 Eiteratur
Bennett, B.G.: Exposure of Man to Environmental Selenium - An Exposure Commitment Assessment. Sci. Total Environ. 3 1 (1 983): 117 - 127 Marier, J. R., Jaworski, J. F.: Interactions of Selenium, National Research Council Canada No. 20643, 11983. Ottawa, 1983 Merian, E.: (Hrsg.) Metalle in der Umwelt. Verlag Chemie, Weinheim, 1984; S. 541 -554 Robberecht, H., van Grieken, R.: Selenium in Environmental Waters: Determination, Speciation and Concentration Levels. Talanta 28 (1 982): 823 - 844 Robberecht, H. et al.: Selenium in Environmental and Drinking Waters of Belgium. Sci. Total Environ. 26 (1983): 162-1172 Schweinsberg, F.: Gesundheitliche Bedeutung der Selen-Aufnahme mit Trinkwasser. Vom Wasser 59 (1982): 73-82
349
Styrol [IOO-42-51 Die Weltproduktion an Styrol betrug 1986 ca. 10 Mio. t. Die OECD-Mitgliedslander verfugen uber eine Produktionskapazitat von ca. 12 Mio. t (1988). Die Herstellung erfolgt nahezu ausschliealich durch katalytische Dehydrierung von Ethylbenzol bei 600- 650 "C an einem Eisenoxid-Kontakt. Nebenprodukte der Synthese sind Benzol und Toluol. 1
Allgemeine Informationen
1.1 1.2 1.3
Styrol [ 100-42-51 Ethenylbenzol CsHg
1.4 1.5 1.6
Vinylbenzol, Ethylenbenzol aromatische Verbindung mindergiftig; R 10-20-36/38
2
Ausgewiihlte Eigenschaften
2.1 2.2 2.3 2.4 2.5
104,2 farblose, olige Fliissigkeit mit siil3lichem Geruch 145,2"C bei 1013 hPa - 30,6 "C 8,7 hPa bei 25 "C 33,3 hPa bei 50°C 0,9059 g/cm3 bei 20°C 230 mg/L bei 10°C 300 mg/L bei 20°C 310 mg/L bei 25°C Die olefinische Seitenkette am aromatischen Kern ist mabgeblich fur die Reaktivitat der Verbindung. Sie neigt bereits unter Normalbedingungen zur Polymerisation (glasartige Masse). Da die Polymerisation stark exotherm verlauft, kann es zu explosionsartigen Reaktionen kommen. Selbst in Gegenwart von Stabilisatoren erfolgt unter der Einwirkung starker Sauren oder von Sauerstoff schnelle Polymerisation. Styrol ist brennbar mit rul3ender Flamme. Der Flammpunkt betragt 34°C. Unter Lufteinwirkung bilden sich rasch Aldehyde, Ketone und Benzoesaure.
2.6 2.7
2.8
3 50 2.9 2,95 (berechnet) 2.10 195 bei 20 "C (ohne Dimension) 2,81' atrn rn3 mol-' (geschatzt) 2.1 1 2,45 (berechnet) 2.12 1 , I 3 (berechnet) 2.13 biologisch leicht abbaubar 2.14 koH = 5,3.10-" cm3 Molekule-' SKI;t1,2 = 0,3 d
3
Toxizitat
3.1
oral Ratte LD 50 2000-5000 mg/kg 21250 mg/m3 (2 h) ihl Maus LC 50 ihl Ratte LC 50 11 900 mg/m3 (4 h) Schleimhautreizungen und Reizungen am Auge Inhalation von 22550 rng/m3 bzw. 4250 mg/m3 iiber 2 Jahre fuhren bei Ratten zu Korpergewichtsveranderungen. Styrol ist ohne metabolische Aktivierung in den meisten Mutagenitatstests nicht mutagen. Die mit metabolischer Aktivierung verschiedentlich festgestellte mutagene Wirkung wird auf das Styrol-7,8-oxid zuriickgefuhrt. In einer Reihe Kanzerogenitatsstudien wurden unterschiedliche, zurneist nicht signifikante Tbmorraten beobachtet. Eine eindeutige Aussage zur Kanzerogenittit ist derzeit nicht maglich. Eine leichte fruchtschadigende Wirkung ist bei Mausen und eine Embryoletalitat bei chinesischen Hamstern festgestellt (1 000 ppm). Bei Inhalation erfolgt aufgrund der starken Lipophilie eine schnelle Resorption und Speicherung von Styrol irn Fettgewebe. Der Verteilungskoeffizient Fett/Blut betragt bei Ratte und Maus 41 bzw. 44. Bei Styrolkonzentrationen < 300 ppm ist die Akkumulationsrate nach Inhalation gering. Der Metabolismus erfolgt durch Cytochrom-P-450-katalysierte Oxidation der Seitenkette und Umwandlung des Styroloxids in Phenylglycol. Letzteres kann in Form von Glucuroniden ausgeschieden oder zu Mandelsaure, Hippursaure, Benzoesaure oxidiert und iiber den Urin ausgeschieden werden. Dosisabhangig ist eine geringe Bioakkumulation bei Warrnbliitern festgestellt.
3.2 3.3
3.4
3.5
4
Okotoxizitat
4.1 Aquatische Toxizitat 4.1.1 4.1.2 Scenedesmus quadricauda 4.1.3 Daphnia magna 4.1.4 Goldorfe
16 h 8d 8d 24 h 48 h
TGK TGK TGK LC 0 LC 0
72 mg/L 67 mg/L >200 mg/L < 6,8 - 1 30 mg/L 9 bzw. 45 mg/L
35 1
4.2
5
Die 96-h-LC 50 bei verschiedenen SiiRwasserfischen liegt im Bereich von 9-75 mg/L. Der 95% Vertrauensbereich liegt bei 5-95 mg/L. Terrestrische Toxizitat keine Angaben Exposition Die Eintrage von Styrol in die Umwelt bei der Herstellung und Verarbeitung sind im Vergleich zu dem Produktionsvolumen mit < 8 t/a bzw. < 180 t/a gering. Bei der Weiterverarbeitung der polymeren Produkte werden < 250 t Styrol/a in die Atmosphare eingetragen. Verwendungsbedingte Eintrage werden auf < 270 t/a geschatzt. Insgesamt iiberwiegen die Emissionen in die Atrnosphare. Expositionen des Menschen erfolgen vorzugsweise iiber die Luft. Dermale Expositionen sind gering, orale Aufnahme kann ausgeschlossen werden. Angaben zur Exposition im Verbrauchersektor liegen nicht vor.
6
Umweltverhalten Im Vergleich zu Benzol und Toluol ist Styrol durch eine deutlich verminderte Wasserloslichkeit und Fluchtigkeit, eine erhohte Reaktivitat und Bio- sowie Geoakkumulationstendenz charakterisiert. Letztere Parameter werden allerdings deutlich durch die Reaktivitat der Verbindung beeinflurjt. Die oxidative Stoffwandlung erfolgt in der Atmosphare und Hydrosphare unter Bildung von Benzaldehyd und Formaldehyd. In aquatischen Systemen ist die Reaktivitat u. a. beeinflurjt von der Stoffkonzentration, der Temperatur und dem Wasservolumen. Mikrobiologisch erfolgt ebenfalls eine schnelle Stofftransformation, wobei manche Bakterien befahigt sind, Styrol als Kohlenstoffquelle zu nutzen. Konzentrationen > 10 mg/L konnen das Selbstreinigungsvermogen von Gewassern storen, verandern Nitrifizierungsprozesse und fuhren zur Minderung des Sauerstoffgehaltes. In Oberflachenwassern und Fluhedimenten wurden bis zu 30 pg/L Styrol analysiert; mit einer ausgepragten Persistenz der Verbindung in Hydro-, Pedo-, Atmo- und Biosphare ist nicht zu rechnen.
7
Grenz- und Richtwerte
7.1 7.2 7.3
MAK-Wert Trinkwasser: WGK 3
8
Abfallbeseitigung
20 ppm (85 mg/m3) (D) 20 pg/L (WHO)
Die Hauptmenge der Styrolabfalle entsteht in der petrochemischen Industrie, bei der Herstellung von Polystyrolkunststoffen, Stryol-Butadien-Gummi, aber auch bei der Herstellung von Acrylnitril-Styrol-Butadien- und Sty-
352 rol-Acrylnitril-Harzen. Ruckstande werden in Sonderabfallverbrennungsanlagen beseitigt. Ausgehartetes Styrolpolymerisat kann rnit Hausmiill gernischt deponiert werden. Stark verdunnte styrolhaltige Abwasser konnen biologisch gereinigt werden (Konzentration: < 1 mg/L). 9
Verwendung Styrol wird zur Herstellung von Polymeren und Mischpolymeren, aber auch zur Herstellung von 01- und Destillaternulsionen verwendet.
10
Umweltgefahrlichkeit Styrol ist giftig fur Wasserorganisrnen, wobei Invertebraten am empfindlichsten reagieren. Aufgrund der Fliichtigkeit, der geringen Eintragsmengen in Oberflachenwasser und der leichten biologischen Abbaubarkeit sind akute Schadigungen aquatischer Organisrnen nicht zu erwarten. Langerfristige Schadigungen sind ebenfalls auszuschlienen.
Literatur
ECETOC: Special Report No. 3, Studies on Toxicokinetics and Marcromolecular Binding of Styrene. 1992 GDCh: BUA Stoffbericht Nr. 48, Styrol. VCH Weinheim, 1990 Hutzinger, 0.: The Handbook of Environmental Chemistry. Vol. 3, Part B, Springer, BerlinHeidelberg-New York, 1982 IRPTC/UNEP: Scientific Reviews of Soviet Literature on Toxicity and Hazards of Chemicals. No. 49. Geneva, 1984 W H O : IPCS International Programme on Chemical Safety, Environmental Health Criteria 26, Styrene. Geneva, 1983
353
Tet rachIorbenzoIe [12408-10-51 Von den 3 Tetrachlorbenzolisomeren hat lediglich das 1,2,4,5-Isomer als Zwischenprodukt der 2,4,5-Trichlorphenolsynthesekommerzielle Bedeutung.
1
Allgemeine Informationen
1.1
1,2,4-5-TetrachlorbenzoI195-94-31 Benzol, 1,2,4,5-TetrachlorC6H2C14
1.2 1.3
c1
c1 1,2,4,5-TCB
1.6
keine Angaben chlorierte aromatische Kohlenwasserstoffe (Chlorbenzole) keine Angaben
2
Ausgewiihlte Eigenschaften
2.1 2.2 2.3 2.4 2.5 2.6 2.7
215,985
1.4 1.5
2.8
2.9
kristalliner Feststoff 254°C (1,2,3,4TCB); 246°C (1,2,3,5-TCB); 243-246 "C (1,2,4,5-TCB) 47,S"C (1,2,3,4-TCB); 51 "C (1,2,3,5TCB); 139°C (1,2,4,5-TCB) <133,3 Pa 1,734 g/cm3 bei 10°C Wasser: 300 pg/L 25°C loslich in Ethanol und Benzol In einem Gemisch aus Acetonitril und Wasser erfolgt hydrolytische Zersetzung; reduktive Dechlorierung unter Bildung von 1,2,4-Trichlorbenzol, 1,3-Dichlorbenzol, 1,4-Dichlorbenzol, 2,4,5-Trichloracetophenonund 2,4,5Trichlorphenylacetonitril.In Gegenwart von Chloratomen komrnt es zur Bildung von Pentachlorbenzol. Ebenso wie die reduktive Dechlorierung erfolgt die Bildung von chlorierten Biphenylisomeren wie Hepta-, Hexa- und Pentachlorbiphenyl iiber radikalische interrnediare Zwischenprodukte wie Polychlorphenylradikale. [634-66-21 4,46 (1,2,3,4-Tetrachlorbenzol) 4,5 (1,2,3,5-Tetrachlorbenzol)[634-90-21 4 3 (1,2,4,5-Tetrachlorbenzol)195-94-31
354
'
2.10 0,15 atm m3 mol - (1,2,4,5-Tetrachlorbenzol) 2.1 1 3,4/3,6 (1,2,4,5-Tetrachlorbenzol) 2.12 3,7/4,1 (1,2,4,5Tetrachlorbenzol) 3,7/4,1 (1,2,3,4-Tetrachlorbenzol) 2.13 biologisch nicht leicht abbaubar 2.14 keine Angaben
3
Toxizitat
3.1
oral
3.2
3.3 3.4
3.5
Ratte
LD 50 1 186- 1819 mg/kg (1,2,3,4TCB) 2498-3915 mg/kg (1,2,4,5-TCB) LD 50 LD 50 1854-2828 mg/kg (1,2,3,5-TCB) oral Ratte LD 50 934- 1448 mg/kg (1,2,3,4-TCB) 1 396 - 2 143 mg/kg (1,2,3,5-TCB) LD 50 >2 700 mg/kg (1,2,4,5-TCB) LD 50 Im subakuten Experiment mit Ratten werden bei 500 ppm Aktivitatsveranderungen verschiedener Leberenzyme (Anilinhydroxylase, Aminopyrin-Demethylase) festgestellt. Unabhangig von der Position der Chloratome in den Isomeren sind histologische Veranderungen der Leber, Schilddriise, Niere und Lunge nachgewiesen. Im subchronischen Experiment werden mit dem subakuten Experiment vergleichbare Wirkungen festgestellt. 1,2,4,5-Tetrachlorbenzolakkumuliert dosisabhangig in der Leber und im Fettgewebe. Im chronischen Experiment bei kontinuierlicher Verfiitterung von 0,005 mg/kg/d sind hamatologische Abnormalitaten sowie Leber- und ZNS-Schadigungen nachweisbar. Tetrachlorbenzolisomere induzieren mikrosomale Leberenzyme, insbesondere Cytochrom P-450. keine Daten verfiigbar 1,2,4,5-Tetrachlorbenzolwird im Vergleich zu den anderen Isomeren schneller resorbiert und im Organismus verteilt. Bei Applikation von 10 mg/kg an Ratten finden sich nach 7 d im Fettgewebe 411 ppm, in der Leber etwa 20 ppm, im Hautgewebe bis zu 40 ppm, in der Niere 20 ppm und im Gehirn etwa 10 ppm. Demgegenuber werden 1,2,3,4-TCB und 1,2,3,5-TCBwesentlich schneller vom Organismus ausgeschieden (etwa 46-50% der verabreichten Menge innerhalb von 48 h). Bei 1,2,4,5-TCB erreicht die Ausscheidungsrate nur 21 Yo. Die Exkretion verschiedener Metabolite erfolgt uber den Urin. Die metabolische Transformation unter Bildung von 2,3,4,5- und 2,3,4,6-Tetrachlorphenol, 2,3,4Trichlorphenol und Tetrachlorthiophenol ist fur 1,2,3,4TCB nachgewiesen. 1,2,4,5-TCB wird unter Bildung von 2,3,5,6-Tetrachlorphenol, Tetrachlorchinol und Trichlorphenol metabolisiert. Als metabolische intermediare Zwischenstufe wird mit groOer Wahrscheinlichkeit das jeweilige Epoxid gebildet. Bioakkumulation ist zu erwarten.
355
4
Okotoxizitat
4.1 4.1.1 4.1.2 4.1.3
Aquatische Toxizitat keine Angaben keine Angaben Daphnia magna
48 h 48 h
4.1.4 Regenbogenforelle
4.2
Cyprinodon variegatus Terrestrische Toxizitat keine Angaben
5
Exposition
28 d
EC 0 320 mg/L EC 50 530 mg/L 4,9 mg/L LD 50 7,8 mg/L 23,4 mg/L NOEC 0,09 mg/L
(1,2,3,4TCB) (1,2,3,5-TCB) (1,2,4,5-TCB) (1,2,4,5-TCB)
Zur Exposition von Wasser, Boden und Luft sowie zu umweltbedingten Expositionen des Menschen liegen keine Daten vor. 6
Umweltverhalten Das Verhalten von Tetrachlorbenzolisomeren in biotischen und abiotischen Strukturen der Umwelt wird durch die im Vergleich zu Trichlorbenzolisomeren weiter verminderte Wasserloslichkeit und Fluchtigkeit, die erhohte Biound Geoakkumulationstendenz und die insbesondere gegenuber aquatischen Organismen verminderte Toxizitat bestimmt. Bdden und Sedimente konnen infolge der hohen Sorptionstendenz entsprechende Stoffdepots ausbilden. Insbesondere die hohen Akkumulationsraten in aquatischen Organismen sind zu beachten. Die Stoffmobilitat ist im Vergleich zu Trichlorbenzolisomeren weiter vermindert. Ebenso wie fur Trichlorbenzole ist ein photolytischer Stoffabbau unter Bildung entsprechender Chlorphenolkorper moglich. In Hydro- und Pedosphare ist eine mittlere Persistenz zu erwarten. Untersuchungsergebnisse zu Photolyse und Bioabbau liegen jedoch nicht vor.
7
Grenz- und Richtwerte keine Angaben
a
Abfallbeseitigung Die Entsorgung von Abfallen kann durch Verbrennung in einer Sonderabfallverbrennungsanlage erfolgen.
9
Venvendung Zwischenprodukt bei der Herstellung von 2,4,5-Trichlorphenol
3 56 10
Umweltgefahrlichkeit Der Stoff ist giftig fur Wasserorganismen. Irn Vergleich zu niedriger chlorierten Benzolen sind die geringeren akuten Toxizitaten bei Invertebraten und Vertebraten hervorzuheben. Allerdings ist 1,2,4,5-Tetrachlorbenzol durch cine hohe Bioakkumulationstendenz bei Fischen und eine nicht leichte biologische Abbaubarkeit charakterisiert. Die in der Umwelt eingetragenen Stoffmengen durften allerdings gering sein, d a der Stoff lediglich als Zwischenprodukt weiterverarbeitet und nicht als Endprodukt verwendet wird. Des weiteren sind die derzeitigen Herstellungsmengen relativ gering.
Literatur
Chu, I. et al.: Comparative Toxicity and Metabolism of Tetrachlorobenzene Isomers. In: L. L. E. Kaiser (ed.): QSAR in Environmental Toxicology, D. Reidel Publ. Comp., 1984, pp. 17-37 Chu, I. et al.: Metabolism of 1,2,3,4-, 1,2,3,5-, and 1,2,4,5-TetrachIorbenzene. In Tat. J. Toxicol Environm. Hlth. 13 1984: 777-786 GDCh: BUA Stoffbericht No. 86, 1,2,4,5Tetrachlorbenzol. VCH Weinheim, 1992 Kaiser, K. L.E. et al.: QSAR Studies on Chlorophenols, Chlorbenzenes and para-substituted Phenols. In: K.L.E. Kaiser (ed.): QSAR in Environmental Toxicology. D. Reidel Publ. Comp. 1984, pp. 189-206 WHO: Report of a WHO Working Group, Toxicological Appraisal of Halogenated Aromatic Compounds Following Groundwater Pollution. Copenhagen, 1980
357
Tetrachlorethan [79-34-51 Die grontechnische Herstellung von Tetrachlorethan erfolgt durch Umsetzung von Acetylen mit Chlor in Gegenwart von Eisenchlorid und Antirnonpentoxid bzw. Schwefeldichlorid und Eisenchlorid als Katalysatoren. Des weiteren kann Ethylen oder 1,ZDichlorethan katalytisch zu Tetrachlorethan chloriert werden. Weltweit werden z. Z. schatzungsweise 100000- 150000 t/a produziert. 1
Allgemeine Informationen
1.1 1.2 1.3
Tetrachlorethan [79-34-51 Ethan, 1,1,2,2TetrachlorC2H2C14
c1 c1
I I H-C-C-H
I
CI
I
c1
1.4 1.5 1.6
Acetylentetrachlorid Chloralkane sehr giftig (>7%); R 26/27; giftig (1 -7%); R 23/24; mindergiftig (0,l- 1 Yo) R 20/21
2
Ausgewiihlte Eigenschaften
2.1 2.2
167,9 farblose, klare, schwere, stark lichtbrechende Fliissigkeit mit chloroformartigem Geruch 2.3 146,2"C 2.4 - 36 "C 2.5 5 mm Hg bei 21,0"C/ 6,66*102Pa 2.6 1,596 g/cm3 2.7 Wasser: 2900 mg/L bei 25°C; gut loslich in Methanol, Petrolether, Benzol, Chloroform, Tetrachlorrnethan 2.8 Tetrachlorethan ist nicht brennbar und unter Luftausschlun stabil. Bei Luftzufuhr erfolgt langsame Zersetzung unter Bildung von Phosgen und Tetrachlorethylen. In alkalischern Milieu kommt es zur Bildung von Tkichlorethylen und Dichloracetylen (explosiv). In Gegenwart von Metallen und Wasser bildet sich Dichlorethylen. 2.9 3,O (berechnet) atm m3 mol-' 2.10 435. 2.1 1 1,7 (berechnet)
358 2.12 1,4 (berechnet) 2.1 3 biologisch nicht leicht abbaubar 2.14 keine Angaben
3
Toxizitat
3.1
3.5
oral Ratte LD 50 200 mg/kg 1700 ppm ihl Ratte LC 50 820 mg/kg iP Maus LD 50 Fur den Menschen konnen 3 -4 mL Tetrachlorethan oral todlich sein. Akute Intoxikationen manifestieren sich u. a. in ZNS-, Nieren-, Lungen- und Leberschadigungen. Der Stoff wirkt reizend an Haut und Schleimhaut. Langzeitexpositionen fuhren zu Leber- und Nierenschadigunged sowie zu Veranderungen des ZNS. Tetrachlorethan ist vermutlich kanzerogen. Es gibt Hinweise auf mutagene und teratogene Wirkung in vitro und in vivo. Bei maternal toxischen Konzentrationen wurden embryotoxische und teratogene Effekte beobachtet. Im Organismus erfolgt eine relativ schnelle Resorption und Distribution. Wirkorgane sind vorzugsweise die Leber, Niere und das ZNS. Der Metabolismus erfolgt unter Bildung von C 0 2 , Tri- und Tetrachlorethyleil, lX- und Trichloressigsaure. Letztere werden uber den Urin ausgeschieden, wahrend Tri- und Tetrachlorethylen abgeatmet werden. Eine nennenswerte Bioakkumulation ist nicht zu erwarten.
4
Okotoxizitat
4.1 4.1.1 4.1.2 4.1.3
Aquatische Toxizitat keine Angaben keine Angaben Daphnia magna
3.2 3.3
3.4
4.1.4 Blauer Sonnenbarsch Amerikanische Elritze
4.2
Terrestrische Toxizitat keine Angaben
5
Exposition
48 h 96 24 48 96
h h h h
EC EC LC LC LC LC
50 0 50 50 50 50
0,3-23 mg/L 1,7 mg/L 21 mg/L 22,8 mg/L 22,2 mg/L 20,4 mg/L
Zielkompartiment des Umwelteintrages von Tetrachlorethan ist die Luft. Expositionen des Menschen erfolgen vorzugsweise uber die Atemluft. Eine Quantifizierung der taglich aufgenommenen Stoffmenge ist nicht moglich. Die in Luft und Trinkwassern gemessenen Konzentrationen liegen irn Bereich von < 1 pg/m3 bzw. <0,1 pg/L.
359 6
Umweltverhalten
Das Verhalten von Tetrachlorethan in der Umwelt wird maageblich bestimmt durch eine relativ hohe Wasserloslichkeit und Fluchtigkeit, eine geringe Biound Geoakkumulationstendenz sowie infolge der hohen Molekulsymmetrie eine relativ hohe Stabilitat gegenuber physikalisch-chemischen und biologischen Transformationsreaktionen. In der Atmosphare sind photolytische, reduktive Dehydrochlorierungen zu erwarten. In Hydro- und Pedosphare ist eine mikrobiologische Metabolisierung unter Bildung von Di- und Trichloressigsaure bzw. Umsetzung bis zu COz zu vermuten. Aufgrund der Wasserloslichkeit und Fluchtigkeit sind Hydro- und Atmosphare die Zielkompartimente des Stoffeintrages. Bei massiven Bodenverunreinigungen sind Bodenmigrationen zu erwarten. Tetrachlorethan ist durch eine relativ hohe Mobilitat in und zwischen Hydro-, Pedo- und Atmosphare charakterisiert. 7
Grenz- und Richtwerte
7.1
MAK-Wert:
7.2
Trinkwasser:
7.3
Geruchsschwellenwert: Geschmacksschwellenwert: TA Luft:
1 m ~ / m(ppm), ~ 7 mg/m3 (D); Gefahr der Hautresorption 111 B begriindeter Verdacht auf krebserzeugendes Potential (D) unter Berucksichtigung eines moglichen Krebsrisikos 1,8 pg/L (USA) 0,2 mg/L 0,2 mg/L 20 g/m3 bei einem Massenstrom von 0,l kg/h und mehr
WGK 3 8
Abfallbeseitigung Tetrachlorethanriickstande oder schwer trennbare Liisungsmittelgemische konnen in Sonderabfallverbrennungsanlage beseitigt werden. Eine destillative Aufarbeitung ist zunachst in jedem Fall zu empfehlen. Jede Form der Deponie sollte aufgrund der Wasserloslichkeit und Fluchtigkeit der Verbindung ausgeschlossen werden.
9
Verwendung
Tetrachlorethan wird aufgrund der Verwendungsbeschrankungen (Usemittel, Verdunnungsmittel) vorzugsweise als Zwischenprodukt fur weitere chemische Umsetzungen verwendet.
360 10
Umweltgefahrlichkeit
Tetrachlorethan ist giftig fur Wasserorganismen. Aufgrund der Fliichtigkeit ist nicht mit langeren Verweilzeiten in Wasser zu rechnen, so dal3 langerfristige Expositionen gegenuber hohen Konzentrationen auszuschlieBen sind. Literatur
GDCh: BUA Stoffbericht Nr. 29, 1 , I ,2,2Tetrachlorethan. VCH Weinheim, 1989 Konietzko, H.: Chlorinated Ethanes: Sources, Distribution, Environmental Impact, and Health Effects. Hazard Assessment of Chemicals: Current Development, Volume 3 (1984): 401 -448 WHO: IARC Monographs on the Evaluation of the Carcinogenic Risk of Chemicals to Humans. Vol. 20, 1979. Some Halogenated Hydrocarbons. Lyon, 1979
361
Tet rachlorethyIen [127-18-41 Die grofltechnische Herstellung von Tetrachlorethylen erfolgt durch kombinierte Chlorierungs- und Dehydrochlorierungsreaktion von 1,ZDichlorethan. Dabei erfolgt gleichzeitig die Bildung von Trichlorethylen. Die Verbindung wird ebenfalls bei der Chlorierung von Propen bzw. chlorhaltigen Riickstanden gebildet. 1985 betrug die Herstellungsmenge in der Bundesrepublik Deutschland ca. 280000 t; die Weltproduktion wird auf etwa 600000 t/a geschatzt.
1
Allgemeine Informationen
1.I 1.2 1.3
Tetrachlorethylen [127-18-41 Ethen, TetrachlorC2C14
c1, ,c1 ,c=c, c1 CI 1.5 1.6
Perchlorethylen, Perchlor, Per, Tetrachlorethen chlorierte Alkene mindergiftig; R 40
2
Ausgewiihlte Eigenschaften
2.1 2.2 2.3 2.4 2.5 2.6 2.7
165,8 farblose, klare Fliissigkeit von atherkchem Geruch 121°C -22,4"C 18,7 mbar bei 2OoC/1,87.lO3 Pa 1,625 g/cm3 Wasser: 150 mg/L bei 25 "C gut mischbar mit Ethylalkohol und Diethylether Tetrachlorethylen ist nicht brennbar. Bei Kontakt mit heiflen Oberflachen erfolgt Zersetzung unter Bildung von u. a. Phosgen und Chlor. Vergleichbare Reaktionsprodukte entstehen bei der Bestrahlung mit UV-Licht. In wanriger Lijsung erfolgt demgegeniiber langsame Umsetzung unter Bildung von llichloressigsaure und Chlorwasserstoff. Durch starke Oxidationsmittel wie Schwefel- und Salpetersaure oder Schwefeltrioxid wird Tetrachlorethylen oxidativ transformiert. Bei Wasserstoffiiberschufl erfolgt an einem reduzierenden Nickelkontakt Spaltung in Chlorwasserstoff und Kohlenstoff. Bei etwa 700 "C bildet sich im Kontakt mit Kohlenstoff Hexachlorethan und Hexachlorbenzol.
1.4
2.8
362 2.9 2.10 2.1 I 2.12 2.1 3 2.14
2,95/2,68 (berechnet) 1,49.10-2 atm m3 mol-' 1,8 (berechnet) 1,54 (berechnet) biologisch nicht leicht abbaubar kOH= 1,7-10-'3 cm3 Molekiile-' s-'; t,,2 = 4 d
3
Toxizitat
3.1
3.5
oral Mensch LD 0,5-5,0 g/kg 230 ppm ihl Mensch TCL 0 13000 mg/kg oral Ratte LD 50 ihl Ratte LC 50 6500 ppm 4000 ppmM h ihl Ratte LCL 0 6400-8000 mg/kg oral Maus LD 50 10000 ppm ihl Maus LD 50 ivn Hund LCL 0 85 mg/kg/30 min Tetrachlorethylen fiihrt zu Reizungen von Haut und Augen sowie zu Leberund Nierenschadigungen und Veranderungen des ZNS. Chronische Intoxikationen konnen sich bei Latenzzeiten von bis zu 6 Jahren in Leber- und Nierenschaden manifestieren sowie zu nervosen Storungen fiihren. Es gibt Hinweise auf rnutagene Wirkung. Untersuchungsergebnisse im Tierexperiment ergeben keine eindeutigen Hinweise zur Kanzerogenitat. Es gibt jedoch Verdachtsmomente auf Leber-, Nieren-, Blasenkrebs und Leukamie. Teratogene und embryotoxische Wirkungen sind im Tierexperiment nicht festgestellt. Bei maternaltoxischen Konzentrationen sind fetotoxische Effekte beobachtet worden. Tetrachlorethylen wird iiber den Respirations- und Digestionstrakt sowie die intakte Haut schnell resorbiert. Die Exkretion bei inhalativer Aufnahme erfolgt zu 70% durch Abatmen, 20% iiber den Urin und 0,2070 iiber Faeces. Als Metaboliten wurden im Urin Trichloressigsaure, Oxalsaure und Dichloressigsaure sowie anorganisches Chlorid analysiert. Uber die Bildung von Expoxiden (Oxiranen) irn Verlauf des Tetrachlorethylenmetabolismus wird berichtet. Bei dermaler Applikation kommt es zu Haut- bzw. Schleimhautreizungen (entfettende Wirkung). Eine Bioakkumulation ist nicht zu erwarten.
4
Okotoxizitat
3.2
3.3
3.4
4.1 Aquatische Toxizitat 4.1.1 keine Angaben 4.1.2 keine Angaben
363 4.1.3 Daphnia magna
24 h
48 h
4.1.4 Amerikanische Elritze
Blauer Sonnenbarsch Sheepshead minnow
96 h 96 h
Amerikanische Elritze
24 48 72 96 96
Regenbogenforelle 4.2 Terrestrische Toxizitat 4.2.1 keine Angaben 4.2.2 Regenwurm
5
48 h 96 h
h h h
h h
2 wo 4 wo 4 wo
EC 0 EC 50 EC 100 EC 0 EC 50 NOEC LC 0 LC 50 LC 100 LC 50 LC 0 LC 50 LC 50 LC 50 LC 50 LC 50 LC 50
Lc 50 LC 50 NOEC
65 mg/L 147 mg/L 250 mg/L 10 mg/L 18-147 mg/L 10 mg/L 13,2 mg/L 18,4 mg/L 25,6 mg/L 13 mg/L 21/29 mg/L 52 mg/L 17,9 mg/L 15,9 mg/L 14,9 mg/L 13,4 mg/L 5,s rng/L
100-320 mg/kg 32 - 320 mg/kg 2- 100 mg/kg
Exposition
Als Orientierung zur Abschatzung urnweltrelevanter Exposition konnen die mittleren Tetrachlorethylenbelastungswertefur Luft, Trinkwasser und Nahrungsmittel dienen: 6,7 pg/m3 Luft (Stadtgebiete): O,OI pg/m3 (Grundbelastung): Trinkwasser: 092 wg/L 1390 i d k g Nahrungsmittel: Expositionen des Menschen erfolgen vorzugsweise uber die Atemluft. In Hydro-, Pedo-, Atmo- und Biosphare wurden folgende durchschnittlliche Tetrachlorethylenkonzentrationen analysiert: 0,07-40 ppb Luft: Trinkwasser: bis zu 5 vg/L Oberflachenwasser: bis zu 10 pg/L 0,15 pg/L Regenwasser: bis zu Meerwasser: bis zu 3 Abwasser: bis zu 6 M/L 498 pg/kg Gewassersediment: bis zu Oberflachennahes Wasser 0,2-0,8 ng/L des Atlantik:
364 Nahrungsmittel: Menschliche Organe: 6
bis zu 14 pg/kg 0,5 -29,2 pg/kg
Umweltverhalten Aufgrund der Anwendungsmengen und Einsatzbereiche ist Tetrachlorethylen in Umweltstrukturen weitverbreitet. Sein Verhalten in und zwischen Umweltkompartimenten wird durch die Wasserloslichkeit und hohe Fluchtigkeit bestimmt. Die Verbindung ist durch eine relativ grorje Mobilitat in Wasser und Atmosphare charakterisiert. Das Bio- und Geokonzentrationspotential ist nur relativ gering. Aufgrund der im Molekul enthaltenen Doppelbindung ist die Substanz reaktiver als chlorierte Ethane. In der Atmosphare kann eine photolytische Stoffwandlung unter Bildung von Phosgen und Trichloracetylchlorid erfolgen. Die Halbwertszeit betragt etwa 3 - 6 Monate. Damit verbunden ist eine weite Verbreitung in der Atmosphare. In wal3riger Ltisung ist das Molekul weniger stabil. Die Halbwertszeit wird mit 3-4 h angegeben. Als Transformationsprodukte entstehen u. a. Trichloressigsiiure und Chlorwasserstoff. Da die Funktionsfahigkeit biologischer Abwasserreinigungsanlagen durch Konzentrationen bis zu 10 mg/L nicht beeintrachtigt wird, ist eine Adaption von Wassermikroorganismen in diesem Konzentrationsbereich verbunden mit einem Stoffabbau zu vermuten. Bei Bodenkontaminationen ist ein Einwaschen in tiefere Bodenschichten moglich.
7
Grenz- und Richtwerte
7.1
MAK-Wert:
7.2
7.3
50 mL/m3 (ppm), 345 mg/m3 (D); I11 B begrundeter Verdacht auf krebsauslosendes Potential 1 mg/L Blut BAT-Wert: 9,5 mL/m3 Alveolarluft Trinkwasser: 25 pg/L als Summe der Stoffe: l,l,l-Trichlorethan, Tri- und Tetrachlorethen Dichlormethan (D) 40 pg/L (WHO) Unter Berucksichtigung eines moglichen karzinogenen Risikos bei Tetrachlorethylenexpositionen werden von der U. s. EPA fur Trinkwasser folgende Grenzwertempfehlungen gegeben: Krebsrisiko Grenzwert (pg/L) lo-’ 0,02 092 10-~ 2,o Geruchsschwellenwert: 5 ppm 0,lO g/m3 bei einem Massenstrom von 2 kg/h TA Luft: und mehr WGK 3
365
8
Abfallbeseitigung
Riickstande oder Ltisungsmittelgemische mit Tetrachlorethylenanteil werden durch Destillation mit nachfolgender Wasserdampfdestillation zur Konzentrierung der Schlamme aufgearbeitet. Restschlamme konnen in einer Sonderabfallverbrennungsanlage mit Rauchgaswasche beseitigt werden. Geringe Mengen von geeigneter Konsistenz (im Gemisch mit saugfahigen Materialien und in geschlossenen Behaltern) konnen auf ausgewiesenen Sonderdeponien gelagert werden. 9
Verwendung
Tetrachlorethylen wird vorzugsweise verwendet als - Reinigungsmittel in der Textilindustrie (wesentliche Emissionsquelle), - Zwischenprodukt in der chemischen Synthese, - Fettlasemittel in der Metallreinigung, - Losungsmittel in der chemischen Industrie, - Extraktionsmittel, - Zwischenprodukt bei der Synthese von Fluorkohlenwasserstoffen. 10
Umweltgefiihrlichkeit
Tetrachlorethylen ist giftig fur Wasserorganismen. Aufgrund der Fluchtigkeit aus Wasser sind jedoch langerfristige Expositionen gegeniiber toxischen Konzentrationen nicht zu erwarten. Literatur U. K. Department of Environment, Toxic Substance Division: Environmental Hazard Assessment: Tetrachloroethylene. TSD/9. Garston/Watford, 1993 WHO: IARC Monographs on the Evaluation of the Carcinogenic Risk of Chemicals to Humans. Vol. 20, 1979. Some Halogenated Hydrocarbons. Lyon, 1979. WHO: IPCS International Programme on Chemical Safety, Environmental Health Criteria 3 1, Tetrachloroethylene. Geneva, 1984
366
Tetrachlormethan [56-23-51 Die Herstellung von Tetrachlorrnethan erfolgt durch Chlorierung von Methan, Schwefelkohlenstoff oder einem Propan-Propen-Gemisch. Die jahrliche Weltproduktion wird auf ca. I Mio. t geschatzt. Die Produktion ist stark riicklaufig. Tetrachlormethan entsteht ebenfalls als Nebenprodukt bei der Herstellung von Tetrachlorethen. Atmospharische Transformationsreaktionen anderer Halogenalkane und -alkene (Photolyse, Oxidation) fiihren ebenfalls u. a. zur Bildung von Tetrachlormethan. Dariiber hinaus wird die Verbindung biogen gebildet (marine Algen) und in groneren Mengen bei Vulkaneruptionen in die Atmosphare eingetragen. 1
Allgemeine Informationen
1.1 Tetrachlormethan [56-23-51 1.2 Methan, Tetrachlor1.3 CCl,
F'
CI-c-CI I C1
1.4 Carbona, Carbonchlorid, Tetra, Perchlormethan, Tetrachlorkohlenstoff 1.5 aliphatischer Chlorkohlenwasserstoff 1.6 giftig, umweltgef'ahrlich (> 1 Yo); R 23/24/25-40-48/23 Die Verwendung von Tetrachlormethan als Pflanzenschutzmittel ist in Deutschland verboten. 2
2.1 2.2 2.3 2.4 2.5 2.6 2.7
Ausgewiihlte Eigenschaften
153,8 farblose Fliissigkeit mit charakteristischem Geruch 76,7"C -23,O"C
91,3 mm bei 20"C/i,22.104Pa 1,585 g/cm3 Wasser: 785 mg/L loslich in Diethylether, Chloroform, Benzol und Ethanol 2.8 Bei Raumtemperatur ist die Verbindung relativ stabil. Unter Licht- und Warmeeinwirkung, insbesondere in Anwesenheit von Wasser, zersetzt sie sich unter Bildung von Phosgen. Im sauren Milieu in Gegenwart von Zink erfolgt Zersetzung unter Bildung von Chloroform. Explosionsartige Umsetzungen erfolgen mit Alkali- und Leichtmetallen.
367 2.9 2.10 2.1 1 2.12 2.13 2.14
2,5 (berechnet) 3,04.10-2 atm m3 mo1-I 1,05 (berechnet) 1,02 (berechnet) biologisch nicht leicht abbaubar k,, = 1 10- 16 cm3 Molekiile-' s-'; t1,2 = 160400 d
3
Toxizitat
3.1
3.5
oral Maus LDL 0 4620 mg/kg 2920 mg/kg oral Ratte LD 50 2000 mg/kg oral Hund LD 50 9526 mg/kg ihl Maus LD 50 125 mg/kg oral Hund LDL 0 1000 mg/kg ivn Hund LDL 0 Die niedrigste toxische Dosis fur den Menschen bei inhalativer Aufnahme wird mit 20 ppm angegeben. Tetrachlormethan ist ein Zellgift. Zielorgane toxischer Wirkungen sind Leber und Niere. Es wirkt narkotisierend wie Chloroform und hautentfettend. Akute Intoxikationen konnen zu schweren Schadigungen des ZNS fiihren. Langzeitexpositionen fuhren zu Leber- und Nierenschadigungen sowie zu Veranderungen des ZNS. Bei langerfristigem Hautkontakt kommt es zur Ausbildung von Dermatosen, Geschwuren und Verbrennungen. Tetrachlormethan ist im Tierexperiment kanzerogen. Des weiteren liegen Hinweise auf ein kanzerogenes Potential beim Menschen vor. Es gibt keine Hinweise auf mutagene und teratogene Wirkung. Die Resorption und Distribution von Tetrachlormethan im Organismus erfolgt relativ schnell. Etwa 1 h nach oraler Aufnahme sind 35% der Substanz resorbiert. Die hochsten Konzentrationen werden im Fettgewebe, in Gehirn, Leber und Niere analysiert. Die Ausscheidung erfolgt zu 50-60% uber die Lunge. Schleimhautreizungen, Rauschzustande, Atemlahmungen, HerzKreislauf-Versagen sowie Leber- und Nierenschaden sind wesentliche Vergiftungssymptome. Bioakkumulation ist nicht zu erwarten.
4
6kotoxizitat
3.2
3.3
3.4
-
4.1 Aquatische Toxizitat 4.1.1 Bei Mikroorganismen wurden reproduktionshemmende Wirkungen zwischen >30 bis > 103 mg/L festgestellt. 4h EC 10 136 mg/L 4.1.2 Haematococcuspluvialis 4.1.3 Daphniu magna 24 h EC 0 579 mg/L 721 mg/L EC 50 EC 100 770 mg/L
368 48 h 24 h
4.1.4 Goldorfe
48h
48 h
Blauer Sonnenbarsch 4.2
Terrestrische Toxizitat keine Angaben
5
Exposition
96 h
EC 0 EC 50 EC 0 EC 50 EC 100 LC 0 LC 50 LC 100 LC 0 LC 50 Lc I00 LC 50 LC 50
7,7 35 9 28 159 5-16 13-95 33-143 272 472 672 27 125
mg/L mg/L mg/L mg/L mg/L mg/L mg/L mg/L mg/L mg/L mg/L mg/L mg/L
Zielkompartiment von Umwelteintragen ist die Luft. Expositionen des Menschen erfolgen nahezu ausschlienlich uber die Atemluft (95 -98%). Trinkwasser kann geringe Mengen (< 1 pg/L) Tetrachlormethan enthalten. Eine Quantifizierung der Exposition ist nicht moglich. Aus den physikochemischen Stoffeigenschaften ergibt sich bei entsprechenden Emissionen folgende Stoffverteilung in die Umwelt: Atmosphare: etwa 99% 0,5 To Wasser: BodedSediment: etwa 0,5% Fur Umweltkompartimente sowie menschliche Organgeweben werden folgende Konzentrationen angegeben: Luft: Stadtgebiete 1,4 pg/m3 Nord- und Sudatlantik 0,07 pg/m3
Wasser: Trinkwasser Grundwasser Uferfiltrat Oberflachenwasser Abwasser Kustengewasser Mensch: Niere Leber Fettgewebe
bis bis bis bis bis bis
zu zu zu zu zu zu
1,8 pg/L 0,8 pg/L
bis zu bis zu bis zu
3,O ppm 5,O ppm 14,O ppm
1,5 0,6 2,4 0,5
pg/L pg/L pg/L pg/L
369
6
Urnweltverhalten Wie bei Chloroform kann bei Tetrachlormethan von einem nahezu ubiquitaren Vorkommen in der Umwelt ausgegangen werden. Das Verhalten des Stoffes in der Umwelt wird mangeblich bestimmt von der Wasserloslichkeit/ Lipoidloslichkeit, der hohen Fluchtigkeit, der geringen Bio- und Geoakkumulationstendenz und der im Vergleich zu anderen Chlormethanverbindungen relativ hohen Persistenz. Die Halbwertszeit in der Atmosphare wird mit etwa 13 Jahren, die Hydrolyse-Halbwertszeit in Gewassern mit lo3 Wochen angegeben. In Biosystemen wurden biologische Halbwertszeiten von bis zu 2 Jahren ermittelt. Wahrend der hohe Dampfdruck der Verbindung einen bevorzugten Ubergang aus der Hydro- und Pedosphare in die Atmosphare zur Folge hat, resultieren aus der Wasserloslichkeit, verbunden mit der FSLhigkeit zur Bodenmigration, Moglichkeiten der Kontamination von Grundwassern. Aufgrund der Stabilitat kann Tetrachlormethan bis in die Stratosphare transportiert werden. Ihm wird ein ozonzerstorendes Potential zugeschrieben.
7
Grenz- und Richtwerte
7.1
MAK-Wert:
7.2
Trinkwasser:
7.3
organoleptischer Schwellenwert: Geruchsschwellenwert: TA Luft:
10 mL/m3 (ppm), 65 mg/m3 (D) Gefahr der Hautresorption IIIB begrundeter Verdacht auf krebserzeugendes Potential (D) 3 Pg/L (D) 2 pg/L (WHO)
5 mg/L 70 ppm 20 mg/m3 bei einem Massenstrom von 0,l kg/h und mehr
Abfallbehandlung nach Q 2 Abs. 2 Abfallgesetz: halogenhaltige organische Lijsungsmittel, lasemittelhaltige Schllmme, Lackschlamme, Farbenschlamme, Anstrichstoffe Abfallschliissel 5521 1, 55401, 55503, 55508 Nach EG-Richtlinie 86/280/EWG bestehen Grenzwerte fur Emissionsnormen fur die Ableitung von Tetrachlormethan aus Industriebetrieben und Qualitatsziele fur Gewasser. Grenzwerte fur Emissionsnormen in abgeleitetem Abwasser - Herstellung durch Perchlorierung: 3 mg/L Tagesmittelwert 1,5 mg/L Monatsmittelwert - Herstellung von Chlormethanen durch Methanchlorierung: 3 mg/L Tagesmittelwert 1,5 mg/L Monatsmittelwert
370
Qualitatsziele fur Gewasser, die von den Abwassern betroffen werden: - oberirdische Binnengewasser - Mundungsgewasser 12 Fg/L - innere Kiistengewasser - Kustenrneere (arithrnetisches Mittel der Ergebnisse eines Jahres) WGK 3 8
Abfallbeseitigung
Bei chernischen Synthesen wird Tetrachlorrnethan als Losungsmittel zunehmend irn Kreislauf gefahren. Ruckstande oder Lijsungsrnittelgernische konnen destillativ rnit nachfolgender Wasserdarnpfdestillation der Schlarnrne aufgearbeitet werden. Destillationsschltirnrne konnen in Sonderabfallverbrennungsanlagen beseitigt werden. Jede Form der Deponie sollte ausgeschlossen werden. 9
Verwendung
Tetrachlorrnethan wird zur Herstellung von Chlorfluormethanen, als Lijsungs-, Reinigungs-, Flamrnschutz- und Desinfektionsrnittel und Ausgangsstoff fur chemische Synthesen verwendet. Die Einsatzrnengen sind jedoch zunehrnend riicklaufig (z. B. Herstellung von FCKW). 10
Umweltgefahrlichkeit
Tetrachlorrnethan ist giftig fur Wasserorganisrnen. Invertebraten reagieren empfindlicher als Fische und Mikroorganisrnen. Aufgrund der Fliichtigkeit ist nicht rnit langeren Verweilzeiten im Wasser zu rechnen, so dan chronische Vergiftungen wenig wahrscheinlich sind. Die Verbindung ist relativ stabil gegeniiber Abbauprozessen. In der Atrnosphare erfolgt ein Transport bis in die StratosphQe und verrnutlich durch die Bildung von Chloratornen (UV-Strahlen) eine Reaktion rnit Ozonrnolekiilen. Literatur
IRFTC: Scientific Reviews of Soviet Literature on Toxicity and Hazards of Chemicals. No. 27, Carbontetrachloride. UNEP/IRFTC, 1983. WHO: IARC Monographs on the Evaluation of Carcinogenic Risks of Chemicals to Humans. Vol. 20, 1979, Some Halogenated Hydrocarbons. Lyon, 1979
371
TOIUOI[108-88-31 Toluol wird vor allem aus Erdol durch verschiedene Crack- und Reformierungsprozesse gewonnen (BTX-Fraktion: Benzol, Toluol, Xylol). Weltweit betragt die Herstellungsmenge schatzungsweise 5 - 10 Mio. t/a. Erhebliche Mengen werden durch Verbrennung fossiler Energietrager und Treibstoffe in die Umwelt eingetragen, wobei Schatzungen zwischen 2- 5 Mio. t/a schwanken. 1
Allgemeine Informationen
1.1 1.2 1.3
TOluOl [ 108-88-31 Benzol, MethylC7Hs
1.4 1.5 1.6
Methylbenzol aromatischer Kohlenwasserstoff mindergiftig, leichtentzundlich; R 1 1 - 20
2
Ausgewahlte Eigenschaften
2.1 2.2 2.3 2.4 2.5 2.6 2.7
92,15 farblose, lichtbrechende, brennbare Flussigkeit mit benzolartigem Geruch 111°C -95°C 29 mbar bei 20"C/2,9.103 Pa 0,87 g/cm3 Wasser: 470 mg/L bei 16°C; 515 mg/L bei 20°C gut 1t)slich in Benzol und anderen organischen Ltisungsmitteln Die meisten Reaktionen von Toluol erfordern spezifische Reaktionsbedingungen (z. B. die Bildung von Benzoesaure, Benzaldehyd u. a.). Kernsubstitutionen sind in ortho- und para-Position bevorzugt. Die Methylgruppe kann durch Dealkylierungsreaktionen abgespalten werden. Die sukzessive Kernhydrierung filhrt zur Bildung von Methylcyclohexan. 2,39 (berechnet); 2,69 (gemessen) 0,23 bei 20 "C (Mittelwert; dimensionslos) 1,04 (berechnet) 1,07 (berechnet) biologisch leicht abbaubar KoH = 6. cm3 Molekule-' s-'; t1,2 = 2,6 d
2.8
2.9 2.10 2.1 1 2.12 2.13 2.14
312 3
Toxizitat
3.1
3.5
oral Ratte LD 50 3000 mg/kg 1640 mg/kg ipr Ratte LD 50 Dampfe wirken in hohen Konzentrationen narkotisierend, reizen Augen und Atemwege. Langerfristiger Kontakt fuhrt zu Reizungen der Haut; Reizwirkung beim Menschen an Auge und Nase a b 100 ppm. Bei inhalativer Aufnahme hoher Konzentrationen kann es zu Schadigungen des ZNS kommen. Langerfristige Aufnahme von Toluol fuhrt zu Nekrosen sowie zu Degenerationserscheinungen bei Leber, Niere und Gehirn. Es gibt Hinweise auf fruchtschadigende Wirkung. Untersuchungsresultate zur Mutagenitat sind uberwiegend negativ. Eine eindeutige Aussage zur Kanzerogenitat ist nicht moglich. Schnelle Resorption uber Respirations- und Magen-Darm-Trakt. Die Metabolisierung erfolgt im Warmbluterorganismus vorzugsweise uber Benzylalkohol, Benzaldehyd zu Benzoeshre. Daruber hinaus sind Ringhydroxylierungen und Exkretion entsprechender Konjugate moglich. Die biologische Halbwertszeit wird mit etwa 7 h angegeben. Toluol hat einen starkeren neurotoxischen Effekt als Benzol. Schadigungen des blutbildenden Systems treten demgegenuber erst bei hoheren Konzentrationen als vergleichsweise bei Benzol auf (etwa 3 -20 mg/m3). Die Biotransformationsrate von Benzol und Styrol wird bei gleichzeitiger Toluolexposition vermindert. Ethanol und Tetrachlormethan konnen die toxischen Effekte von Toluol verstarken. geringfugige Bioakkumulation in lipoidreichen Organstrukturen
4
Okotoxizitat
3.2 3.3
3.4
4.1 Aquatische Toxizitat 4.1.1 keine Angaben 4.1.2 Chlorella vulgaris Selenastrum capricornutum 4.1.3 Daphnia magna
24 h 12 h 96 h 24 h
48 h
4.1.4 Amerikanische Elritze
21 d 96 h
EC 50 EC 50 EC 50 EC 0 EC 50 ECIOO EC 0 EC 50 NOEC
L c o LC 50
Lc 100 Blauer Sonnenbarsch Amerikanische Elritze
96 h 24 h
LC 50 LC 50
245 mg/L 12,5 mg/L >433 mg/L 65 mg/L 147 mg/L 250 mg/L 10 mg/L 8,5-18 mg/L 1 ,O mg/L 13,2 mg/L I8,4 mg/L 25,6 mg/L 13 mg/L 17,9 mg/L
373
Zebrabarbling GUPPY
48 h 72 h 96 h 48 h 24 h 96 h 96 h
LC 50 LC 50 LC 50 LC 50 LC 50 LC 50 LC 50
15,9 mg/L 14,9 mg/L 13,4 mg/L 25 mg/L 62,8 mg/L 28,2/59,3 mg/L 8,8/24 mg/L
Regenbogenforelle 4.2 Terrestrische Toxizitat 4.2.1 Wachstumshemmung und Chlorose bei hdheren Pflanzen ab Konzentrationen von > 600 mg/m3; 600 mg/L Wasser; 1000 mg/kg Boden. 4.2.2 Regenwurm 48 h LC 50 75 pg/cm2 NOEC 15 - 50 pg/kg Boden
5
Exposition Die mogliche Exposition des Menschen gegeniiber Toluol kann aus den folgenden Daten abgeleitet werden: Luft: - Ballungsgebiete 0,Ol-204 pg/m3 0,Ol-28 mg/Woche - landl. Gebiete Spuren -3,8 pg/m3 < 0,5 mg/Woche - Innenraum 17-700 pg/m3 2 - 98 mg/Woche 0- 19 W/L < 0,3 mg/Woche Trinkwasser: 0-1 mg/kg < 0,045 mg/Woche Nahrung: Damit erfolgt eine Exposition der Bevolkerung vorzugsweise uber den Luftpfad.
6
Umweltverhalten Infolge seiner Fliichtigkeit und Wasserloslichkeit besitzt Toluol in Hydround Atmosphare eine hohe Mobilitat. Eine hohe Persistenz ist nicht zu erwarten, da der Stoff in der Umwelt vorzugsweise mikrobiologisch abgebaut wird. Mikrobielle enzymatische Reaktionen konnen sowohl zur oxidativen Kernaufspaltung unter Bildung der entsprechenden Dicarbonsauren als auch zur Bildung von Benzoesaure fiihren. Obwohl in BiSden mit einem schnellen mikrobiologischen Abbau zu rechnen ist, ist infolge der Wasserldslichkeit bei massiven Bodenverunreinigungen Kontamination des Grundwassers mit Toluol nicht auszuschlieflen. In Oberflachenwassern sind bis zu 5 vg/L Toluol nachgewiesen, in Trinkwassern bis zu 11 pg/L. Die Abbauprodukte Benzaldehyd und Benzoesaure sind in Trinkwassern ebenfalls analysiert.
7
Grenz- und Richtwerte
7.1
MAK-Wert:
100 m ~ / m (ppm), ~ 375 mg/m3 (D); BAT-Wert: 1,7 mg/L Vollblut
3 74
7.2
Trinkwasser:
7.3
Geruchsschwellenwert: TA-Luft:
12,4 mg/L (USA) 700 Fg/L (WHO) 140- 200 mg/m3 0,lO g/mg3 bei einem Massenstrom von 2 kg/h und mehr
WGK 3 8
Abfallbeseitigung Toluol kann aus entsprechenden Riickstanden oder Abprodukten destillativ zuruckgewonnen werden. Nicht mehr verwertbare Ruckstande bzw. Destillationsschlamme werden in einer Sonderabfallverbrennungsanlage beseitigt. Eine Deponie sollte ausgeschlossen werden.
9
Verwendung Neben der Verwendung als Ldsungsmittel fur Fette, Gummi, Farben, Lacke und Polituren dient Toluol als Ausgangsstoff zur Synthese von Trinitrotoluol, Benzoesaure, Saccharin, Benzol, Phenol, Farbstoffen, Kunstleder und als Zusatz fur hochwertige Treibstoffe (Flugzeugbenzin).
10
Umweltgefahrlichkeit Toluol ist giftig fur Wasserorganismen. Fische sind empfindlicher als Invertebraten und Algen. Aufgrund der Fluchtigkeit ist nicht mit Iangeren Verweilzeiten in Wasser zu rechnen, so dal3 langerfristige Expositionen bei Wasserorganismen gegenuber hohen Konzentrationen auszuschlieflen sind.
Literatur
Hayden, J. W., Peterson, R. G., Bruckner, J. V.: Toxicology of Toluene (Methylenebenzene): Review of Current Literature. Clin. Toxicol. 11 (1977): 549-559 Hutzinger, 0.: Handbook of Environmental Chemistry. Vol. 3, Part B, Springer, Berlin-Heidelberg-New York, 1983 U. K. Department of Environment, Toxic Substance Division: Environmental Hazaid Assessment: Toluene. TSD/l. GarstonIWatford, 1991 WHO: Air Quality Guidelines for Europe, WHO Regional Pub]., Europ. Series No. 23, 1987, p. 137
375
Tributylphosphat [126-73-81 Die Herstellung von Tributylphosphat erfolgt durch Umsetzung von Phosphoroxidchlorid mit n-Butanol. Der Reinheitsgrad des Produktes betragt 99,8%. In den USA und den EG-Landern werden jahrlich schatzungsweise 3 700-7000 t hergestellt. 1
Allgemeine Informationen
1.1 1.2 1.3
Tributylphosphat [126-73-81 Phosphorsauretributylester CtzH2704P O-CH2-CH2-CH2-CH3 I O=P-O-CH~-CH~-CHZ-CH~
I
O-CH2-CH2-CH2-CH3
1.4 1.5 1.6
TBP; Tributylphosphat, Phosphlex 4 Phosphorsaurealkylester mindergiftig; R 22
2
Ausgewahlte Eigenschaften
2.1 2.2 2.3 2.4 2.5 2.6 2.7 2.8 2.9 2.10 2.1 1 2.12 2.13 2.14
266,32 Fliissigkeit <-7O"C 130°C bei 5 hPa 0,008 hPa bei 20°C 0,97 g/cm3 400 mg/L Der Stoff ist schwer entflammbar und chemisch relativ stabil. 2,5 - 4 (experimentell) 0 3 3 Pa m3/mol 2,7 (gemessen) 1,7 (gemessen; Fisch) biologisch leicht abbaubar t,/2 <0,5 2ige
3
Toxizitat
3.1
oral ihl
Ratte Ratte
LD 50 LC 50
ihl
Katze
LC 50
1390-3000
mg/kg mg/L uber 6 h 28 mg/L uber 1 h 24,5 mg/L uber 5 h
>42
376
3.5
Beeinflussung des ZNS und des Aterntraktes; starke haut- und schleimhautreizende Wirkung (auch am Menschen) Wiederholte Aufnahme fuhrt zu Wirkungen an Leber, Niere und Veranderungen hamatologischer Parameter. Neurotoxische Wirkung konnte nicht festgestellt werden. Der Stoff ist nicht erbgutverandernd und beeinfluljt die Reproduktion mannlicher Tiere nicht. Der Stoff wird rasch resorbiert und im Ktirpergewebe verteilt. Er unterliegt schneller Metabolisierung durch Leberenzyme. Die Elimination (Dibutylphosphat) erfolgt zu 50-70% uber den Urin, 7-10% Exhalation und 4-6% Faeces. keine nennenswerte Bioakkumulation
4
Okotoxizitat
3.2
3.3 3.4
4.1 Aquatische Toxizitat 4.1.1 Bei verschiedenen Spezies von Protozoen und Bakterien liegen die nichtwirksarnen Konzentrationen im Bereich von 14 mg/L (3 Tage) und > 100 mg/L (1 6 Stunden). 4.1.2 Die nichtwirksamen Konzentrationen bei Algen liegen zwischen 2,2 bis 50 mg/L. 21 d NOEC 1,3 rng/L 4.1.3 Duphnia magnu 24h EC 0 2,5-9,3 mg/L EC 50 5,8-35 mg/L 20-58 mg/L EC 100 Daphnia pulex 24 h LC 50 68 mg/L 4.1.4 Bei verschiedenen Fischspezies liegt die akute Toxizitat (LC 50) im Bereich von 4,2 bis 18 mg/L. Irn embryonalen Entwicklungsstadium ist eine geringfugig erhohte Empfindlichkeit festzustellen. 10 d Schwellenkonz. 13,5 mg/L Zebrabarbling Regenbogenforelle 48 d Schwellenkonz. 8,3 mg/L 4.2 Terrestrische Toxizitat 4.2.1 Bei der Einwirkung des Stoffes auf Pflanzen kommt es zu Schadigungen der Blattoberflache bis zum Austrocknen und Abwerfen der Blatter. 4.2.2 2 g Tributylphosphat/kg KG sind bei Spinnen nicht letal.
5
Exposition
Infolge der verwendungsbedingten Eintrage in die Umwelt ist Tributylphosphat in Luft, Wasser, Sediment sowie Wasserorganisrnen nachgewiesen. <10 ng/rn3 (Mittel) Luft: Wasser: Rhein 800 ng/L 0,2 - 62 ng/L (Kanada) Trinkwasser: Sediment: 1-350 pg/L (Japan)
377
< 10 pg/kg (Fische) 20-250 pg/kg (Vogel) Angaben zu umweltbedingten Expositionen des Menschen liegen nicht vor. Biota:
6
Umweltverhalten Zielkompartiment von Umwelteintragen ist das Wasser. Aufgrund des geringen Darnpfdruckes und des Henry-Koeffizienten ist eine Stoffverteilung zwischen Luft und Wasser/ Boden von untergeordneter Bedeutung. Eine Anreicherung in Bodenbediment sowie eine geringe Bioakkumulation sind zu erwarten. Die Mobilitat des Stoffes in der Umwelt ist relativ gering. Der Abbau in Wasser/Boden erfolgt vorwiegend biologisch, in der Luft durch Photooxidation mit OH-Radikalen. Insgesamt ist der Stoff wenig persistent.
7
Grenz- und Richtwerte
7.1 7.2 7.3
keine Angaben keine Angaben WGK 2
8
Abfallbeseitigung
keine Angaben 9
Venvendung Zusatzstoff fur synthetische Hydraulikole, Betonentschaumer, Textilhilfsmittel, Druckfarben, Dispersionsfarben und Papier
10
Umweltgefahrlichkeit Aufgrund der dkotoxikologischen Wirkungsdaten ist der Stoff als giftig fur Wasserorganismen zu beurteilen. Infolge der leichten biologischen Abbaubarkeit sind jedoch Wasserorganismen schadigende Konzentrationen in Oberflachengewassern nicht zu erwarten. Eine nennenswerte Bioakkumulation ist nicht zu erwarten.
Literatur GDCh: BUA Stoffbericht Nr. 108, Pi- und Dibutylphosphat. VCH Weinheim, 1993 WHO: IPCS Environmental Health Criteria, Tributylphosphate. Geneva, 1992
378
Trichlorbenzole [12082-48-11 Von den Trichlorbenzolisomeren hat lediglich das 1,2,4-Trichlorbenzol gronere kommerzielle Bedeutung. 1981 wurden in der Bundesrepublik Deutschland 7400 t/a Trichlorbenzole hergestellt (1 6000 t/a EG 1978). Zur Zeit werden in Deutschland < 5 000 t/a produziert.
1
Allgemeine Informationen
1.1 1.2 1.3
1,2,4-Trichlorbenzol [ 120-82- 1 ] Benzol, 1,2,4-TrichlorC6H3C13
b" Cl
I
c1
1.6
keine Angaben chlorierte aromatische Kohlenwasserstoffe (Chlorbenzole) keine Angaben
2
Ausgewahlte Eigenschaften
1.4 1.5
2.1 2.2 2.3 2.4 2.5 2.6 2.7 2.8
181,45 farbloser, kristalliner Feststoff 21 3 "C (218 "C, 1,2,3-Trichlorbenzol; 208 "C 1,3,5-Trichlorbenzol) 17 "C (63 "C, 1,3,5-Trichlorbenzol) < 133,3 Pa bei 20°C 1,446 g/cm3 bei 26°C Wasser: etwa 30 mg/L bei 20°C In wanrig-acetonischer Losung oder methanolischer Lljsung erfolgt photolytische Isomerisierung, reduktive Dechlorierung oder/und Bildung chlorierter Biphenyle. Als Transformationsprodukte sind u. a. Dichlorbenzol, Hexaund Pentachlorbiphenylisomere nachgewiesen. (1,2,3-Trichlorbenzol) [87-61-61 2.9 4,ll 3,9/4,2 (1,2,4-Trichlorbenzol) [120-82-11 4,2/4,6 (1,3,5-Trichlorbenzol) [I 08-70-31 (1,2,4 TCB); 1,9-10-3 atm m3 mol-' 2.10 1,42.10-3 atm m3 mol-' (1,3,5 TCB) (1,2,4-Trichlorbenzol) 2.1 1 2,9/3,1 (1,2,3-Trichlorbenzol) 2.1 2 3,1/3,4 3,1/3,5 (1,2,4-Trichlorbenzol) 3,3/3,6 (1,3,5-Trichlorbenzol)
379 2.13 biologisch nicht leicht abbaubar cm3 Molekule-' s-'; t1,2 = 32 d 2.14 koH = 5. 3
Toxizitat
3.1
3.5
oral Ratte LD 50 750 mg/kg/l 112 mg/kg oral Maus LD 50 750 mg/kg ihl Ratte LD 50 4,l mg/L 4 h dermal Ratte LD 50 11415 mg/kg Zur subchronischen und chronischen Toxizitat liegen eine Reihe von Befunden vor. Enzyminduktionen in der Leber sowie Leber-, Nieren- und Hirnschadigungen sind nachgewiesen. Bei Kaninchen wurde fur die systemische Toxizitat ein NOEL von 150 mg/kg 30 d ermittelt. Es gibt keine Hinweise auf mutagene und teratogene Wirkung bei 1,2,4-TCB und 1,3,5-TCB. Klastogene Wirkung beider Stoffe im Mikronukleustest ist festgestellt. Daten zur Kanzerogenitat liegen nicht vor. Im Organismus erfolgt aufgrund der Lipophilie der Stoffe eine schnelle Resorption mit Verteilung in AbhPngigkeit vom Organfettgehalt. Der Metabolismus erfolgt uber Arenzwischenstufen zu den entsprechenden Trichlorphenolen, die als Konjugate ausgeschieden werden. Bioakkumulation ist zu erwarten.
4
Okotoxizitat
3.2
3.3
3.4
4.1 Aquatische Toxizitat 4.1.1 Pseudomonas putida Pseudomonas fluorescens Photobacterium phosphoreum 4.1.2 Selenastrum capricornutum 4.1.3
4.1.4 4.2 4.2.1 4.2.2
EC 10 TGK EC 50 EC 50 EC 50 EC 0
>30 mg/L 4 mg/L 30 min 3,9 mg/L 96 h 1,4 mg/L 3h 3,9 mg/L Daphnia magna 24 h 2 mg/L/ 11 mg/L 0,3-0,4 mg/L 48 h EC 0 48 h EC 50 1,7 mg/L 16 d NOEC 0,l mg/L 21 d NOEC 0,03 mg/L Die akute Toxizitat bei Fischen liegt im Bereich von 7 - 109 mg/L. Im verlangerten Fischtest wurde ein NOEC von 0,04 mg/L ermittelt. Terrestrische Toxizitat Hafer EC 50 240 mdkg Herbstrube EC 0 10- < 1 mg/kg Regenwurm LC 0 125 mgm 250 - 500 mg/kg LC 50
380 5
Exposition
Der Eintrag von Trichlorbenzolisomeren in die Umwelt erfolgt iiber Abwasser und Abluft bei der Herstellung und Verarbeitunglverwendung (Lijsemittel). Verbrennungsprozesse chlorhaltiger Produkte konnen ebenfalls als Emissionsquelle in Betracht gezogen werden. Die in Wasser und Luft gemessenen Konzentrationen liegen im Nano- bis Mikrogrammbereich, wobei bei 1,2,4-Trichlorbenzol von einem ubiquitaren Vorkommen in der Umwelt ausgegangen werden kann, was insbesondere auf diffuse Eintrage hinweist. Zu umweltbedingten Expositionen des Menschen liegen keine Daten vor.
6
Umweltverhalten
Das Verhalten von Trichlorbenzolisomeren in biotischen und abiotischen Umweltstrukturen ist durch die im Vergleich zu Dichlorbenzol weiter verminderte Wasserloslichkeit und Fluchtigkeit und erhohte Bio- und Geoakkumulationstendenz und Toxizitat, insbesondere gegenuber aquatischen Organismen, gepragt. Die damit verbundene Verminderung der Stoffmobilitat zwischen Hydround Atmosphare sowie Pedo- und Atmosphare ist Ursache fur den bevorzugten Stoffnachweis in Wasser, Boden und Sediment bzw. Biosystemen. Bei massiven Verunreinigungen konnen Bodenmigrationen nicht ausgeschlossen werden. Trichlorbenzole gehoren zu den bei der Trinkwasserchlorung gebildeten aromatischen Chlorverbindungen. Die photolytische Isomerisierung und die Bildung chlorierter Biphenylisomere miissen als umweltrelevante Reaktionen betrachtet werden. 7
Grenz- und Richtwerte
7.1
MAK-Wert:
7.2 7.3
Trinkwasser: Geruchsschwellenwert: WGK 3
8
Abfallbeseitigung
5 mL/m3 (ppm), 40 mg/m3 (D)
36 mg/m3 (USA) 20 pg/L (Gesamt) (WHO) 5 pg/L
Die Entsorgung von Abfallen sollte auf einer Schadstoffdeponie bzw. in einer Sonderabfallverbrennungsanlage erfolgen. 9
Verwendung
1,2,4-Trichlorbenzol wird u. a. als Lijsemittel, Dielektrikum und als Zwischenprodukt fur chemische Synthesen verwendet.
381 10
Umweltgefahrlichkeit
Aufgrund der okotoxikologischen Wirkdaten ist 1,2,4-Trichlorbenzol als giftig fur Wasserorganismen zu charakterisieren. Invertebraten und Vertebraten sind insbesondere gegenuber langerfristigen Expositionen empfindlich. Fur die Umweltgefahrlichkeit des Stoffes sprechen auch die Bio- und Geoakkumulationstendenz, die zu Anreicherungen in aquatischen Organismen, Sedimenten und Boden fuhren kann. Aurjerdem ist der Stoff biologisch nicht leicht abbaubar, so darj langerfristige Expositionen von Freilandorganismen nicht auszuschlierjen sind. Allerdings liegen die derzeit in Wasser und Luft gemessenen Stoffmengen um Gronenordnungen unter den akut oder chronisch-toxischen Wirkkonzentrationen. Literatur GDCh: BUA Stoffbericht Nr. 16, 1,2,4-Trichlorbenzol;Stoffbericht Nr. 12, 1,3,5Trichlorbenzol. VCH Weinheim,1987/ 1988. WHO: Report on a WHO Working Group, Toxicological Appraisal of Halogenated Aromatic Compounds Following Groundwater Pollution. Copenhagen, 1980
382
Tr ic hIoret han [TI -55-61 Die Herstellung von Trichlorethan erfolgt durch Hydrochlorierung von Vinylchlorid unter Bildung von 1 ,I -Dichlorethan und nachfolgender thermischer Chlorierung zum Endprodukt. Die thermische Chlorierung von Ethan fiihrt ebenfalls zur Bildung von Trichlorethan. Die Herstellungsmenge wurde 1988 weltweit auf ca. 680000 t/a geschatzt. 1990 betrug die Herstellungsmenge westeuropaischer Lander etwa 230000 t/a, mit sinkender Tendenz aufgrund der internationalen Konventionen zur Produktionsminderung von Stoffen, die ein die Ozonschicht zerstorendes Potential besitzen (Montrea-Protokoll, 1990). Kommerzielles Trichlorethan hat einen Reinheitsgrad von 90-95% und enthalt bis zu 8 % Stabilisatoren (z. B. N-Methyl-Pyrrole, 1,4-Dioxan, Nitroethan, Toluol). 1
Allgemeine Informationen
1.1 1.2 1.3
Trichlorethan [71-55-15] Ethan, 1 ,l , I -TrichlorC2H3C13
CI H I I
CI-C-C-H
I
1
CI H
1.4 1.5 1.6
Chlorethan, Methylchloroform, Methyltrichlormethan Chloralkane mindergiftig; umweltgefahrlich; R 20- 59
2
Ausgewahlte Eigenschaften
2.1 2.2 2.3 2.4 2.5 2.6 2.7
133,4 farblose Flussigkeit 74,l "C - 30,4 "C 13,3 kPa bei 20°C 1,336 g/cm3 bei 20°C Wasser: 300 mg/L bei 25°C; 950 mg/L bei 20°C loslich in Benzol, Aceton, Tetrachlormethan, Methanol, Diethylether, Schwefelkohlenstoff In Gegenwart von Metallen oder Wasser erfolgt ab etwa 300 "C Zersetzung unter Bildung von Chlorwasserstoff. Bei Anwesenheit von atmospharischem Sauerstoff bildet sich dabei Phosgen. In waiRriger Kaliumhydroxidlosung erfolgt Bildung von 1,l-Dichlorethan, und in Anwesenheit von Chlor wird die
2.8
383 Verbindung photolytisch unter Bildung von Tetrachlorethan, Penta- und Hexachlorethan umgesetzt. 2.9 2,43 (gemessen) 0,7 1 WassedLuft Blut/Luft 393 2.10 8.10-3 atm m3 mol-' 2.11 1,6 2.12 1 9 8 2.13 biologisch nicht leicht abbaubar = 1337 d 2.14 kOH= 1,2. l o t 4 cm3 Molekule-l s-';
3
Toxizitat
3.1
Trichlorethan hat bei oraler, inhalativer und dermaler Aufnahme nur eine geringe toxische Wirkung. Akute Intoxikationen fuhren zu Schadigungen des ZNS, der Leber, Niere und des Atemtraktes. 14300 mg/kg (mannl.) oral Ratte LD 50 11000 mg/kg (weibl.) ihl Ratte LC 50 18000 ppm (3 h) 14250 ppm (7 h) 38000 ppm (30 min) LC 50 18358 ppm (1 h) ihl Maus Die Substanz ist leicht reizend an Augen und zeigt eine mittlere Hautreizwirkung. Chronische Expositionen gegenuber Trichlorethan fuhren bei Ratten und Mausen zu Korpergewichtsreduzierungen und zu hepatotoxischen Effekten (nur bei den hochsten Expositionskonzentrationen von 1 500 ppm uber 6- 18 Monate). Ausgehend von bisherigen Untersuchungsbefunden ist die Verbindung nicht krebserzeugend und zeigt keine reproduktionstoxischen, teratogenen bzw. embryotoxischen Wirkungen. Die uberwiegende Anzahl der Mutagenitatstests ist negativ. Positive Resultate einiger in-vitro-Testswerden ursachlich den Verunreinigungen des Stoffes zugeschrieben. Nach oraler, inhalativer und dermaler Exposition erfolgt eine relativ schnelle Resorption und Verteilung im Organismus. Bei inhalativer Aufnahme wird Richlorethan bevorzugt in der Leber und dem Gehirn nachgewiesen. Passage der Blut-Hirn-Schranke und der Plazenta ist nachgewiesen. In Muttermilch konnte die Verbindung in geringen Mengen festgestellt werden. Es erfolgt jedoch keine Akkumulation. Bei Ratten werden etwa 98% der aufgenommenen Stoffmenge uber die Lunge ausgeschieden. Der metabolische Stoffabbau erfolgt unter Bildung von Glucuroniden des 2,2,2-Trichlorethanols mit nachfolgender Exkretion iiber den Urin. Geringe Mengen Trichloressigsaure sind im Urin festgestellt.
3.2
3.3
3.4
384
3.5
Eine Dechlorierung mittels mikrosomaler Leberenzyme konnte in vitro nicht nachgewiesen werden. Eine Bioakkumulation ist nicht zu erwarten.
Okotoxizitat 4.1 Aquatische Toxizitat 4.1.1 Pseudomonas putida: Inhibierung Zellteilung ab 93 mg/L 4.1.2 Die Toxizitat bei Algen ist gering. Selenastrurn capricornuturn 96 h EC 50 >669 mg/L Hemmung der Zellteilung bei Griinalgen (iiber 8d) 350-430 mg/L 48 h LC 50 57,6/59,6 mg/L 4.1.3 Daphnia magna 48 h LC 50 >530 mg/L (nominal) 96 h LC 50 105 mg/L 4.1.4 Fathead minnow 133 mg/L 168 h LC 50 Guppie 96 h LC 50 69,7 mg/L Bluegill (nominal) 4.2 Terrestrische Toxizitat 4.2.1 Bei Pflanzen ist die Verbindung relativ wenig toxisch. 83 pg/cm2 LC 50 4.2.2 Regenwurm
4
5
Exposition Die herstellungs- und verwendungsbedingten Emissionen von Trichlorethan sind erheblich. Verwendungsbedingte Emissionen werden auf bis zu 90% der Anwendungsmengen geschatzt. Die mittleren Konzentrationen in der Luft liegen im Bereich von etwa 0,5 pg/m3 bis > 5 pg/m3. In Wasser liegen die Konzentrationen im Mittel bei < 0,l pg/L; in industriell belasteten Oberflachenwasser konnen Konzentrationen von > 1 pg/L gemessen werden. Ebenfalls im unteren Mikrogrammbereich liegen die Konzentrationen in Sediment/Boden. In Biota wurden Konzentrationen von 0,03 pg/kg (Plankton) bis 30 pg/kg (Eier von Seevbgeln) gemessen. Die nachfolgenden Trichlorethankonzentrationen weisen auf die Ubiquitat hin: Luft: - Background-level O,IO pg/m3 - industrielle Ballungsgebiete 4,3 pg/m3 Wasser: - Trinkwasser bis zu 0,3 pg/L - Regenwasser bis zu 0,09 pg/L - Grundwasser bis zu 0,6 pg/L - Seewasser bis zu 3,3 pg/L - Abwasser bis zu 16,O pg/L
385 Sediment: bis zu 5 pg/kg Nahrungsmittel: bis zu 10 pg/kg Marine Organismen: bis zu 47 pg/kg Pflanzenole: bis zu 10 pg/L Mensch: - Fettgewebe bis zu 25 pg/kg - Leber bis zu 5 pg/kg Beim Menschen wird die Exposition gegenuber Bichlorethan wie folgt angegeben: ca. 10% iiber LebensmitteVTrinkwasser ca. 90% uber Luft (teilweise erheblicher Anteil iiber Innenraumluft); (z. B. 32 pg des ,,daily intake" von 35 pg). 6
Umweltverhalten Infolge herstellungs- und verwendungsbedingter Emissionen von schatzungsweise mindestens 50% (bis max. 90% aus Verwendung) der Gesamtproduktionsmenge ist Trichlorethan in biotischen und abiotischen Umweltstrukturen relativ weit verbreitet. Die Wasserloslichkeit und Fluchtigkeit, verbunden rnit einer gering ausgepragten Bio- und Geoakkumulationstendenz, bedingen eine relativ hohe Mobilitat in und zwischen Wasser, Boden und Luft. Der HenryKoeffizient deutet auf eine geringe Aufenthaltswahrscheinlichkeit in Gewassern hin. Atmosphare und Hydrosphare sind die Zielkompartimente von Umwelteintragen. Infolge ihrer hohen Molekiilsymmetrie ist die Verbindung gegenuber physikalisch-chemischen und biologischen Umwandlungsreaktionen relativ stabil. In der Atmosphare wird die Halbwertszeit rnit 140 Wochen (Troposphare), in Gewassern rnit 25 Wochen angegeben. In der Atmosphare sind als Umwandlungsprodukte Phosgen, Chlor, Chloressigsaure und Chloracetaldehyd nachgewiesen. In Gegenwart von Chloratomen wird die Umsetzung zu hdher chlorierten Ethanen vermutet. Die Verbindung erreicht aufgrund ihrer Stabilittit die Stratosphare. Durch Freisetzung reaktiver Chloratome kommt es zur Reaktion mit Ozonmolekulen. Das Ozondegradationspotential ist etwa IOfach geringer als das von Trichlorfluormethan. Bei massiven Bodenkontaminationen ist eine Bodenmigration verbunden rnit Grundwasserverunreinigungen moglich. Unter anaeroben Bedingungen erfolgt vermutlich ein Bioabbau.
7
Grenz- und Richtwerte
7.1 7.2
MAK-Wert: Trinkwasser:
200 m ~ / r n(ppm); ~ 1080 mg/m3 (D) 25 pg/L als Summe der Stoffe: 1,I ,1 Trichlorethan, Tri- und Tetrachlorethen, Dichlormethan (D) 2000 Fg/L (WHO)
386
7.3
TA Luft: Abfallbehandlung nach Q 2 Abs. 2 Abfallgesetz Emissionsgrenzwert :
0,lO g/m3 bei einem Massenstrom von 2 kg/h oder mehr
bei Oberflachenbehandlungsanlagen, Chemischreinigungs- und Textilausriistungsanlagen, Extraktionsanlagen (2. BimSchV)
WGK 3
8
Abfallbeseitigung
Riickstande oder Abfalle bzw. Lijsungsmittelgemische werden destillativ aufgearbeitet. In Sonderfallen kann eine Verbrennung in Sonderabfallverbrennungsanlagen erfolgen. Eine Deponie ist infolge der Wasserloslichkeit und Fluchtigkeit des Stoffes auszuschliel3en. 9
Verwendung
Trichlorethan wird als U s e - und Reinigungsmittel, in Aerosolsprays und als Zwischenprodukt bei der Vinylidenchlorid-Synthese verwendet. 10
Umweltgefahrlichkeit
Der Stoff ist schadlich fur Wasserorganismen. Schadigungen sind aufgrund der Fluchtigkeit der Verbindung aus Wasser nicht zu erwarten, obwohl diese biologisch nicht leicht abbaubar ist. Markantestes Merkmal der Umweltgefahrlichkeit des Stoffes ist das ozonschadigende Potential. Demzufolge zeichnet sich seit Ende der 80er Jahre ein Herstellungs- und Anwendungsriickgang ab. Die Verbindung wird zunehmend in geschlossenen Systemen verwendet. Literatur
U.K . Department of Environment, Toxic Substance Division: Environmental Hazard Assessment: 1,1,1Trichloroethane. TSD/3. Garston/Watford, 1991 WHO: IARC Monographs on the Evaluation of the Carcinogenic Risk of Chemicals to Humans. Vol. 20, 1979. Some Halogenated Hydrocarbons. Lyon, 1979. WHO: IPCS Environmental Health Criteria No.136 WHO. Geneva, 1992
387
Trichlorethen [79-01-61 Die Herstellung von Trichlorethen erfolgt durch katalytische Hydrierung von Tetrachlorethen oder Oxychlorierung von 1,2-Dichlorethen bzw. Urnsetzung von Ethen rnit Chlor und Sauerstoff. 1987 wurden in Westeuropa, Japan und USA etwa 332000 t/a hergestellt. Die Produktionsrnenge in der Bundesrepublik Deutschland betrug 1989 etwa 15 000 t/a, in der ehernaligen DDR ca. 43 000 t/a. Es wird angenornrnen, dal3 etwa 60% der jiihrlichen Weltproduktion herstellungs- und verwendungsbedingt in die Urnwelt eingetragen werden. 1
Allgemeine Informationen
1.1 1.2 1.3
Trichlorethen [79-01-61 Ethen, l,l,l-TrichlorC2HC13
,c1 ,c=c,
CI,
c1
H
1.4 1.5 1.6
Tri, TCE, 1 ,I ,2-Trichlorethylen, Aceylentrichlorid Chloralkene mindergiftig
2
Ausgewahlte Eigenschaften
2.1 2.2 2.3 2.4 2.5 2.6 2.7
131,4 farblose, leicht fliichtige Fliissigkeit rnit charakteristischem Geruch 86,2 "C -87,l "C 71,3 hPa bei 20°C; 98,7 hPa bei 25°C 1,465 g/crn3 Wasser: 1000 mg/L bei 20°C Bildet rnit Wasser azeotrope Gernische (Siedepunkt: 72,9 "C).Gut loslich in organischen Lijsungsmitteln. Trichlorethen zersetzt sich bei Licht-, Luft- und Warrneeinwirkung unter Bildung von Phosgen, Chlorwasserstoff und Kohlenrnonoxid. Bei hohen Sauerstoffkonzentrationen kann der Zerfall explosionsartig erfolgen. Bei Ternperaturen iiber 700 "C bildet sich unter Zersetzung ein Gemisch aus Dichlorethylen, Tetrachlorethylen, Tetrachlormethan, Chloroform und Methylenchlorid. In Gegenwart von Alkalien erfolgt Zersetzung unter Bildung von Dichloracetaldehyd (hoch toxisch!). Unter Normalbedingungen erfolgt in Wasser keine hydrolytische Zersetzung.
2.8
388 2.9 2.10 2.1 I 2.12 2.13 2.14
2,4; 2,29; 2,98 9,2 hPa m3 mol-' bei 20°C 1,9 (berechnet) 2,4 (berechnet) biologisch nicht leicht abbaubar koH = 2,2cm3 Molekiile-' s-'; tlI2 = 7,3 d
3
Toxizitat
3.1
oral Ratte LD 50 7 183 mg/kg oral Maus LD 50 2400 mg/kg 2850 mg/kg oral Maus LD 50 oral Katze LD 50 5864 mg/kg oral Hund LD 50 5680 mg/kg 7330 mg/kg oral Kaninchen LD 50 ihl Ratte LC 50 12500 ppm 4 h 8450 ppm 4 h ihl Maus LC 50 LC 50 49000 ppm 0,5 h ihl Maus Der Stoff ist akut gering toxisch. Hervorzuheben ist seine narkotische Wirkung. Bei Hautkontakt kann es zu Reizerscheinungen kommen. Subchronische und chronische Expositionen gegeniiber Trichlorethen fiihren bei hoheren Konzentrationen (>400 ppm) zu Effekten an Leber, Nieren und ZNS. Beim Menschen wird ein Suchtpotential beschrieben. In vivo- und in vibro-Untersuchungen deuten auf ein sehr geringes mutagenes Potential hin. Teratogene Effekte wurden nicht festgestellt. Bei inhalativer Exposition wurde jedoch Fetotoxizitat beobachtet. Zur Kanzerogenitat liegen Studien an Mausen und Ratten vor, die auf ein kanzerogenes Potential von Trichlorethen hinweisen. Epidemiologische Studien beim Menschen zeigen keinen ursachlichen Zusammenhang zwischen Krebsinzidenz und Trichlorethenexposition. Trichlorethen wird im Korper rasch resorbiert und aufgrund seiner Lipophilie im Fettgewebe gespeichert. Placentapassage ist nachgewiesen. Der Metabolismus erfolgt vorzugsweise in der Leber unter Bildung von Trichlorethanol, Trichloressigsaure und verschiedenen Epoxidmetaboliten. Der Anreicherungsfaktor Fettgewebe :Blut wird beim Menschen mit 82,O angegeben.
3.2
3.3
3.4
3.5
4
Okotoxizitat
4.1
Aquatische Toxizitat (Aufgrund der Vielzahl von Daten sind 16h 4.1 .I Pseudomonus putidu 72 h Entosiphon sulcatum 24 h Tetruhymenu pyriformis
nur einige Ergebnisse dargestellt). TGK 547k51,l mg/L TGK 1200 mg/L 410 mg/L EC 50
389 Die Konzentrationen ohne beobachtete Wirkung liegen bei Bakterien im Bereich von 50-200 mg/L. 4.1.2 Scenedesmus quadricauda 7d TGK >lo00 mg/L Selenastrum capricornutum 96 h NOEC 175 mg/L Scenedesmus subspicatus 96 h EC 10 300 mg/L 96 h EC 50 450 mg/L 4.1.3 Duphniu magna 21 d NOEC 2,3 mg/L 21 d NOEC 0,15 mg/L 48h NOEC 2,2 mg/L 72 h LC 50 25 mg/L 24 h EC 50 17,O mg/L Schlammschnecke 48 h LC 50 56 mg/L 4.1.4 Zebrabarbling 14 d NOEC 3,1 mg/L 48 h LC 50 320-460 mg/L 48 h LC 50 42 mg/L Regenbogenforelle 96 h LC 50 44,7 mg/L Blauer Sonnenbarsch 96 h LC 50 40,7 mg/L Dickkopfelritze 96 h LC 50 52 mg/L Schafskopfelritze GUPPY 48 h LC 50 182 mg/L 4.2 Terrestrische Toxizitat 4.2.1 Bei hoheren Konzentrationen (> 1000 mg/kg) wurden bei Nutzpflanzen Wachstumshemmungen beobachtet. Bei Fichtennadeln kommt es nach Trichlorethenbegasung zu Verminderung des Gehaltes an Chlorophyll a und j-Carotin. 4.2.2 Beim Regenwurm wurde ein 28 d LC 50 von 1000 mg/kg TG Boden festgestellt. 5
Exposition
Die Eintrage von Trichlorethen in die Umwelt konnen nicht exakt quantifiziert werden. Zielkompartiment der Eintrage ist die Luft. Die Konzentrationen liegen im Bereich von 0,05 -20 pg/L, in landlichen Gebieten etwas niedriger. Trinkwasser kann zwischen < 1 -21 pg TrichlorethedL enthalten. Lebensmittel konnen ebenfalls kontaminiert sein. Die Exposition des Menschen erfolgt hauptsachlich uber den Luftpfad. Eine Quantifizierung ist nicht moglich.
6
Umweltverhalten Trichlorethen ist in biotischen und abiotischen Umweltstrukturen nahezu ubiquitar. Das Verhalten wird maflgeblich von der relativ guten Wasserloslichkeit und FlUchtigkeit und einer im Vergleich zu halogenierten aromatischen Kohlenwasserstoffen geringen Bio- und Geoakkumulationstendenz gepragt. Der Henry-Koeffizient deutet auf eine geringe Aufenthaltswahrscheinlichkeit in Gewassern hin. Infolge der guten Wasserloslichkeit sind bei massiven Bodenverunreinigungen Grundwasserkontaminationen nicht aus-
390 zuschliefien. Die nur geringe Stoffretention in Boden ist u. a. Ursache fur den Trichlorethengehalt uferfiltrierten Trinkwassers. In Wasser erfolgt keine Hydrolyse. Der Stoff ist biologisch nicht leicht abbaubar. In Luft erfolgt relativ rascher photochemischer Abbau durch Reaktion mit OH-Radikalen. In Freilandorganismen ist mit einer Bioakkumulation zu rechnen. 7
Grenz- und Richtwerte
7.1
MAK-Wert:
7.2
Trinkwassergrenzwert:
7.3
TA Luft: Abfallbehandlung nach 0 2 Abs. 2 Abfallgesetz: Emissionsgrenzwert:
8
50 mL/m3 (ppm), 270 mg/m3 111 B, begrundeter Verdacht auf krebserzeugendes Potential (D) 70 pg/L (WHO) 25 pg/L als Summe der Stoffe: 1,l ,l-Trichlorethan, Tri- und Tetrachlorethen, Dichlormethan (D) 0,lO g/m3 bei einem Massenstrom von 2 kg/h oder mehr
bei Oberflachenbehandlungsanlagen, Chemischreinigungs- und Textilausrustungsanlagen, Extraktionsanlagen (2. BimSchV)
Abfallbeseitigung
Ruckstande oder Lijsungsmittelgemische konnen destillativ aufgearbeitet werden. Destillationsschlamme oder nicht destillierbare Ruckstande konnen in Sonderabfallverbrennungsanlagen beseitigt werden. Infolge der Wasserloslichkeit und Fluchtigkeit ist eine Deponie auszuschliefien. 9
Verwendung
Reinigungs-, Liisungs-, Extraktionsmittel (wesentlichste Emissionsquellen) und in der pharmazeutischen Industrie. 10
Umweltgefahrlichkeit
Trichlorethen ist schadlich fur Wasserorganismen. Invertebraten und Vertebraten sind empfindlicher als Pflanzen und Mikroorganismen. Der Stoff ist zwar biologisch nicht leicht abbaubar, jedoch stark fluchtig aus Wasser, so da13 mit einer Eliminierung aus Oberflachenwassern zu rechnen ist. Eine akute Schadigung von Freilandorganismen ist wenig wahrscheinlich. Literatur ECETOC Technical Report No. 60, Trichloroethylene: Assessment of Human Carcinogenic Hazard. Brussel 1994 GDCh: BUA Stoffbericht Nr. 95, Trichlorethen. S. Hirzel Verlag, Stuttgart, 1993
39 1
Tr ikresy Iph0sphat [1330-78-51 Die Herstellung von Trikresylphosphat erfolgt durch Umsetzung von Kresolen mit Phosphoroxidchlorid. Das Handelsprodukt ist ein Gemisch von Tri-ortho-, metaund para-Kresylphosphat, Di-meta-para-Kresylphosphat u. a. Verbindungen. Das hochtoxische Tri-ortho-Kresylphosphat wird aus dem Gemisch weitestgehend abgetrennt. Die Produktionsmengen werden weltweit auf etwa I00000 t/a geschatzt. 1
Allgemeine Informationen
1.I
Trikresylphosphat 11330-78-51 Phosphorsauretritolylester C21H2104P
1.2 1.3
1.4 1.5 1.6
Tritolylphosphat, TCP, Trimethyl-phenylphosphat Arylphosphorsaureester mindergiftig (mmm, mmp, mpp, ppp); giftig (000, oom, oop, omm, omp, OPP)
2
Ausgewjihlte Eigenschaften
2.1 2.2 2.3 2.4 2.5 2.6 2.7 2.8
368,4 farblose, viskose Flussigkeit -33°C 241 -255 "C bei 4 mm Hg l . W 4 mm H g bei 20°C 1,160- 1,175 g/m3 Wasser: 0,36 mg/L TCP ist nicht brennbar und nicht explosiv. In alkalischer Lijsung erfolgt rasche Hydrolyse unter Bildung von Dikresylphosphat und Kresol. Im neutralen und sauren Medium ist TCP bei Raumtemperatur stabil. 5,l (berechnet) 1,l -2,8.1OP6 atm m3 mol-' 2,6 (gemessen) I$-3,4 (gemessen) biologisch leicht abbaubar keine Angaben
2.9 2.10 2.1 1 2.12 2.1 3 2.14
392
3
Toxizitat
3.1
3.4 3.5
oral Ratte LD 50 >4640 mg/kg 1500 mg/kg dermal Ratte LD 50 Die Symptome bei akuten Vergiftungen entsprechen den allgemein von Organophosphorverbindungen bekannten. 5 g TCP/kg Nahrung iiber 9 Wochen verursachen bei Ratten Lebergewichtserhohungen und geringfiigige Veranderungen einiger hamatologischer Parameter. Angaben zur krebsauslosenden Wirkung liegen nicht vor; eine Aussage zur erbgutschadigenden Wirkung ist auf Grundlage der Rstergebnisse nicht moglich. Fur das ortho-Isomer gibt es Hinweise auf reproduktionstoxische E f fek t e. Angaben liegen nahezu ausschliefllich fur das ortho-Isomer vor. keine nennenswerte Bioakkumulation
4
Okotoxizitat
3.2
3.3
4.1 Aquatische Toxizitat 4. I . i keine Angaben 4.1.2 50% Vermehrungshemmung ortho-Isomer meta-Isomer para-Isomer 4.1.3 Daphnia magna Nematoden 4.1.4 Blauer Sonnenbarsch GUPPY 4.2
Regen bogenforelle Terrestrische Toxizitat keine Angaben
5
Exposition
4d 48 h 14d 24 h 96 h 96 h
96 h
EC50 LC 50 NOEL LC 50 LC 50 LC 50 NOEL LC 50
1,7-4,2 mg/L 4,1 >5,0 mg/L >5,0 mg/L 1,5 mg/L 5,6 mg/L 0,i mg/L 400 mg/L 7000 mg/L 4 mg/L 1 mg/L 0,26 mg/L
TCP ist in Luft, Wasser, Boden, Sediment und Wasserorganismen nachgewiesen. Die vereinzelt gemessenen Konzentrationen fur Luft und Wasser liegen im Bereich von wenigen Nanogramm pro Liter Wasser bzw. Kubikmeter Luft. In Flukedimenten werden Mikrogramm- bis Milligrarnm-Mengen gefunden. MeBergebnisse liegen jedoch nur fur Japan und USA vor. Aussagen zur Hohe umweltbedingter Expositionen des Menschen sind nicht moglich.
393 6
Umweltverhalten
Zielkompartiment von Umwelteintragen ist das Wasser. TCP wird rasch an Sediment sowie Sink- und Schwebstoffe adsorbiert. Die Desorption erfolgt ausgesprochen langsam. Wasserorganismen akkumulieren TCP jedoch nur in geringem Mane. In Oberflachenwasser erfolgt rascher biologischer Abbau (ca. 100% uber 5 Tage), so dal3 nicht mit langeren Verweilzeiten zu rechnen ist. Die Verteilung zwischen Luft und Wasser/Boden ist fur das Umweltverhalten von TCP von untergeordneter Bedeutung. Der abiotische Abbau in Wasser verlauft langsam (Hydrolysehalbwertszeit tIl2 ca. 96 Tage). 7
Grenz- und Richtwerte
keine Angaben 8
Abfallbeseitigung
Verbrennung in Sonderabfallverbrennungsanlagen 9
Venvendung
Weichmacher, Flammschutzmittel, Zusatzstoff fur Hochdruckole und Hydraulik flussigkeiten 10
Umweltgefahrlichkeit
Aufgrund der okotoxikologischen Wirkungsdaten ist TCP giftig fur Wasserorganismen. Allerdings erfolgt in Wasser rascher biologischer Abbau sowie eine rasche Adsorption an Sediment, so da8 nicht mit langeren Verweilzeiten zu rechnen ist. Schadigungen von Wasserorganismen sind bei den gemessenen Konzentrationen nicht zu erwarten. Literatur
WHO: IPCS Environmental Health Criteria t 10, aicresyl Phosphate. Geneva, 1990
394
Vi nylchlorid [75-01-41 Die grontechnische Herstellung erfolgt heute zumeist durch Oxychlorierung von Ethylen mit Chlorwasserstoff und Sauerstoff bzw. Luft. Verschiedentlich wird die Verbindung durch Addition von Chlorwasserstoff an Acetylen in Gegenwart eines Katalysators (HgC12 auf A-Kohle) bei 140-200 "C hergestellt. Das technische Produkt kann u. a. als Verunreinigungen enthalten: - Vinylidenchlorid, - Dichlorethylen, - Epichlorhydrin, - Vinylacetylen. In der Bundesrepublik Deutschland liegen die Produktionsmengen bei > 1 Mio. t/a (1988 ca. 1,5 Mio. t). Weltweit wird die Produktionsmenge auf ca. 6-7 Mio. t/a geschatzt.
1
Allgemeine Informationen
1.I I .2 1.3
Vinylchlorid [75-01-41 Ethen, ChlorCzH3C1 H C1 I
I
I
I
c=c H H
1.6
Monochlorethylen, VC, VCM, Vinyl C Monomer Chloralken giftig, hochentzundlich; R 45 - 12
2
Ausgewahlte Eigenschaf ten
2.1 2.2
62,5 farbloses, brennbares Gas, schwach sufilicher Geruch in hoheren Konzentrationen - 13,37 "C bei 1 atm - 153,8 "C 240 Pa bei 10°C 0,19 g/cm3 bei -13°C; 0,91 g/cm3 bei 20°C Dampfdichte: 2,2 Wasser: 1100 mg/L bei 24°C und 760 mm Hg; gut loslich in nahezu allen organischen Liisungsmitteln Reines, trockenes Vinylchlorid ist unter Luft- und LichtausschluB stabil und nicht korrosiv. Unter Einwirkung von Sonnenlicht kommt es zur Polymerisation. Bei Kontakt mit leicht oxidierbaren Materialien kann es zu explosions-
1.4 1.5
2.3 2.4 2.5 2.6 2.1
2.8
395
2.9 2.10 2.1 1 2.12 2.13 2.14
artigen Umsetzungen komrnen. Mit einer Reihe loslicher Salze wie Silber-, Kupfer-, Eisen- und Quecksilbersalzen bildet die Verbindung Komplexe mit erhohter Wasserloslichkeit. Durch Alkalimetallsalze wird die Ltislichkeit der Verbindung vermindert. Leicht entflammbar. keine Angaben 1,07.10-2atm m3 mol-' keine Angaben keine Angaben keine Angaben cm3 Molekule-' s-I; t,/2 = 2,3 d koH = 6 3 .
3
Toxizitat
3.1
3.5
ihl Ratte LCL 0 250 ppm 500 ppm ihl Maus LCL 0 Fur den Menschen wird die niedrigste letale Dosis mit ca. 20 ppm angegeben. In hoheren Konzentrationen wirkt die Substanz narkotisierend. Hautkontakt fuhrt zu Erfrierungen. Bei chronischen Intoxikationen kommt es zu neurovegetativen, kardiovaskuIaren Storungen, Blutbildveranderungen, Schadigungen von Leber und Magen (Vinylchlorid-Krankheit). Die organschadigenden Wirkungen werden auf die Metabolite Chlorethylenoxid bzw. Chloracetaldehyd zuruckgefuhrt. Vinylchlorid ist beim Menschen krebserzeugend und zeigt in verschiedenen Tests mutagene Wirkung. Letztere ist wahrscheinlich auch auf die Metabolite Chlorethylenoxid und Chloracetaldehyd zuruckzufuhren. Es gibt tierexperimentelle Hinweise auf fetotoxische und teratogene Effekte, die jedoch als nicht eindeutig gesichert gelten. Vinylchlorid wird bei inhalativer Aufnahme rasch resorbiert und uber die Blutbahn im Organismus verteilt. Der Metabolismus erfolgt u. a. in der Leber (Monooxygenasen) unter Bildung von Chlorethylenoxid mit nachfolgender Umwandlung in Chloracetaldehyd. Die Ausscheidung der Metabolite erfolgt als Konjugate uber den Urin (Biomonitoring). keine Bioakkumulation
4
Okotoxizitat
4.1 4.1.1 4.1.2 4.1.3 4.1.4 4.2
Aquatische Toxizitat keine Angaben keine Angaben keine Angaben 96 h LC 50 1,l-1,2 g/L Terrestrische Toxizitat Mutagene Wirkung wurde bei der Wasserranke festgestellt.
3.2
3.3
3.4
396 ~
5
Exposition
Die maximale tagliche Aufnahme durch den Menschen wird rnit 2-10 wg angegeben. Davon entfallen ca. 0,l pg/d auf Nahrung und Trinkwasser, der Rest auf Atemluft. Raucher nehmen zusatzlich ca. 0,5 pg/d auf. Die durchschnittlichen Background-Konzentrationen in der Luft liegen bei 0,l-0,5 pg/m3. Die Konzentrationen in Oberflachenwassern liegen im Mittel bei <0,1 pg/L, konnen aber > 1,0-10 pg/L erreichen. 6
Umweltverhalten
Das Umweltverhalten von Vinylchlorid wird insbesondere durch die hohe Fliichtigkeit bestimmt (H = 1,03 1 O3 Pa m3/mol). Es erfolgt rascher Ubergang von Wasser in Luft mit einer Ausgasungshalbwertszeit von ca. 1 h; aus stehenden Gewassern > 1 h. Bei 25 "C sind nach 96 min ca. 90% von 1 mg/L aus Wasser in Luft ubergetreten. In Wasser erfolgt keine Hydrolyse. Eine direkte Photolyse in der Atmosphare erfolgt nicht. Die Halbwertszeit der Reaktion rnit OH-Radikalen liegt bei etwa 2 Tagen, so dal3 in Luft mit einern raschen Abbau zu rechnen ist. Eine Geoakkumulation erfolgt nicht; Bioakkumulation nur in sehr geringem Mal3e. 7
Grenz- und Richtwerte
7.1 7.2
MAK-Wert: I11 A1 krebserzeugend (D) 5 wg/L (WHO) Trinkwasser: Ausgehend von einem mtiglichen kanzerogenen Risiko empfiehlt die U. S. EPA folgende Trinkwassergrenzwerte: Krebsrisiko Grenzwert (Ng/L) lo-' 0,22 291
7.3
IO-~ Geruchsschwellenwert: TA Luft:
8
Abfallbeseitigung
21,o
5 000 ppm Anlagen zur Herstellung von Vinylchlorid: Die Abgase sind einer Abgasreinigung zuzu fiihren; die Emissionen an Vinylchlorid im Abgas diirfen 5 mg/m3 nicht iiberschreiten. Weitere Grenzwerte fur Anlagen zur Herstellung von PVC. WGK 2
Verbrennung in Sonderabfallverbrennungsanlagen
397
9
Verwendung Monomer und Comonomer fur Polymerisation. < 5% der Herstellungsmenge sind Ausgangsprodukte fur die Herstellung von Chlorderivaten des Ethylens.
10
Umweltgefahrlichkeit Vinylchlorid ist schadlich fur Wasserorganismen. Aufgrund der hohen Fliichtigkeit ist eine Schadigung aquatischer Organismen nicht zu erwarten. Die rasche Photooxidation in Luft lafit auch fur terrestrische Organismen keine Exposition und somit kein Schadigungspotential erkennen.
Literatur GDCh: BUA Stoffbericht Nr. 35, Vinylchlorid. VCH Weinheim, 1989 IRFTCAJNEP: Scientific Reviews of Soviet Literature on Toxicity and Hazards of Chemicals No. 37, 1983, Vinyl Chloride. Geneva,l983 Umweltbundesarnt: Berichte Nr. 2, 1987, Luftqualitatskriterien fur ausgewahlte Umweltkanzerogene. E. Schmidt Verlag, 1987, S. 269 WHO: Air Quality Guidelines for Europe. WHO Regional Publ., European Series No. 23 1987, p. 158
398
Xylole [1330-20-71 Xylole werden vorwiegend aus der beim Cracken und Fraktionieren von Erdol anfallenden Aromatenfraktion (Benzol, Toluol, Xylol) gewonnen. Die Trennung des Gemisches aus Ethylbenzol und Xylolen kann durch Destillation, Kristallisation, Adsorption u. a. Verfahren erfolgen. Handelsubliches Xylol besteht aus einem Gemisch von 0-Xylol (20- 25 To), m-Xylol (50- 60%) und p-Xylol (20- 25%). Die Produktionsmenge wird weltweit auf ca. 6 Mio. t/a geschatzt.
1
Allgemeine Informationen
1.1
Xylol [1330-20-71 Benzol, 1,2-Dimethyl- [95-47-61 Benzol, 1,3-Dimethyl- [108-38-31 Benzol, 1,4-Dimethyl- [ 106-42-31 CgH,o
1.2
1.3
p-Xylol 1.4 1.6
0-Xylol, m-Xylol, p-Xylol, Dimethylbenzol aromatische Kohlenwasserstoffe mindergiftig (>20%); R 10-20/21-38
2
Ausgewahlte Eigenschaften
2.1 2.2 2.3
106,2 farblos, stark lichtbrechende und leicht brennbare Flussigkeiten 0-Xylol 144 "C m-Xylol 139 "C p-Xylol 138 "C 0-Xylol -25,8 "C m-Xylol -48 "C p-Xylol 13,2 "C 0-Xylol 667 Pa m-Xylol 800 Pa p-Xylol 867 Pa 0,86 g/cm3
1.5
2.4
2.5
2.6
399 2.7
2.8 2.9
2.10
2.1 1 2.12 2.13 2.14
Wasser:
0-Xylol 175 mg/L m-Xylol 147 mg/L p-Xylol 185 mg/L Die Stofftransformation erfolgt vorzugsweise durch Oxidation einer Methylgruppe unter Bildung von Methylbenzoesaure. 2,3 (berechnet); 0-Xylol 2,77 m-Xylol 3,2 (gemessen) p-XylOl 3,l 0-Xylol 5 , 1 ~ 1 0 - ~atm m3 mol-' m-Xylol 7,68.10-3 atm m3 mol-' p-Xylol 7,68*10-3 atm m3 mol-' 1,2 (berechnet) 1,0 (berechnet); 1,3 (Aal); 1,l (Goldfisch) Die Isomere sind biologisch leicht abbaubar. O-xylOl: koH = 1,3.10-" cm3 Molekule-' S - ' ; t1/2 = 1,2 d m-XylOl: koH = 2,4*lo-'' cm3 Molekiile-' s-'; tlIZ= 0,7 d p-Xylol: koH = 1,3.10-" cm3 Molekiile-' s-': tlI2 = 1,2 d
3
Toxizitat
3.1
Isomeres Gemisch: 0-Xylol:
3.5
oral Ratte LD 50 4300 mg/kg ipr 1500 mg/kg Ratte LDL 0 scu Ratte LDL 0 2500 mg/kg m-Xylol: ihl Ratte LDL 0 8000 ppm/4h LDL 0 2000 mg/kg ipr Ratte scu Ratte LDL 0 5000 mg/kg p-Xylol: ipr Ratte LDL 0 2000 mg/kg 5000 mg/kg scu Ratte LDL 0 Xylole wirken haut- und schleimhautreizend. Wiederholter Hautkontakt kann zu Dermatitis fiihren. Hdhere Konzentrationen wirken bei inhalativer Aufnahme narkotisierend. Langerfristige Aufnahme fuhrt zu hamatologischen und neurotoxischen Effekten. Hepatotoxizitat ist erst bei hohen Dosen festgestellt (> 400 ppm). Es gibt tierexperimentelle Hinweise auf reproduktionstoxische Effekte, jedoch keine Angaben zur Mutagenitat. Xylole werden nach oraler, inhalativer Aufnahme schnell resorbiert und uber die Blutbahn im Organismus verteilt. Der Metabolismus erfolgt uber die Bildung von Methylbenzoesaure und die Ausscheidung in Form von Konjugaten. keine nennenswerte Bioakkumulation zu erwarten
4
Okotoxizitat
3.2 3.3 3.4
4.1 Aquatische Toxizitat 4.1.1 Pseudomonas putida
8d
TGK
>200 mg/L
400 4.1.2 Selenustrum cupricornutum 0-Xylol 8d m-Xylol 8d 8d p-Xylol Chlorellu vulguris p-Xylol 3 h 4.1.3 Duphnia magnu 24 h 0-Xylol 96 h m-Xylol 24 h 96 h p-Xylol 24 h 96 h 24 h Moskitolarven 4.1.4 GUPPY 7d 0-Xylol 96 h 14 d m-Xylol 96 h p-Xylol 7d 96 h Regenbogenforelle 96 h 0-Xylol 96 h m-Xylol 96 h p-Xylol Goldfisch 24 h 0-Xylol 96 h 24 h p-Xylol 48 h Goldorfe 48 h Zebrabarbling 4.2 Terrestrische Toxizitat 4.2.1 keine Angaben 5d 4.2.2 Japanische Wachtel
5
EC50 EC50 EC50
4,2 3,9 4,4
mg/L mg/L mg/L
EC50
105,l
mg/L
50 50 50 50 50 50
4,7 1,l 4,l 3,2 1,7 1,7 13,9
mg/L mg/L mg/L mg/L mg/L mg/L mg/L
50 50 50 50 50 50
291 12 305 12,9 285 8,8
mg/L mg/L mg/L mg/L mg/L mg/L
LC 50 LC 50 LC 50
7,6 8,4 2,6
mg/L mg/L mg/L
LC 50 LC 50 LC 50 LL 50 LC 50
13/16 26,l 18 86/308 20
mg/L mg/L mg/L mg/L mg/L
LC LC LC LC LC LC LC LC LC LC LC LC LC
50
LC 50
>20 g/kg Futter
Exposition
Hauptaufnahmepfad beim Menschen ist die Atemluft. Eine Quantifizierung der Exposition ist nicht moglich. Zielkompartiment des Umwelteintrages ist die Luft. Gemessene Konzentrationen liegen im Bereich von 3 pg/m3 -0,40 mg/m3. In Oberflachenwasser wurden Konzentrationen < 0,l - 8 pg/L analysiert. Durchschnittswerte konnen nicht angegeben werden.
40 1 6
Umweltverhalten
Aufgrund der Wasserloslichkeit und Fluchtigkeit, verbunden mit einer sehr geringen Bio- und Geoakkumulationstendenz, besitzen Xylole in der Urnwelt eine hohe Mobilitat. Der Ubergang aus Wasser in Luft erfolgt relativ rasch. In Luft erfolgt rascher photooxidativer Abbau ca. 1 Tag). In BOden bzw. Wasser konnen Xylole mikrobiell abgebaut werden unter Bildung von Methylbenzoesaure, Dicarbonsaurederivaten, Catechol, Methylbenzola1kohol . In der Umwelt ist insgesamt nicht mit langeren Verweilzeiten zu rechnen. Bei rnassiven Verunreinigungen von Btiden kann ein Einwaschen in tiefere Bodenschichten erfolgen.
7
Grenz- und Richtwerte
7.1
MAK-Wert:
7.2
Trinkwasser: Geruchsschwellenwert: 0-Xylol p-Xylol TA Luft:
7.3
100 m ~ / m(ppm), ~ 440 mg/m3 (D) (alle drei Isomere) 200 mg/m3 (USA) 500 pg/L (WHO)
0,073 - 20 mg/m3 2,04 mg/m3 0,lO mg/m3 bei einem Massenstrom von 2 kg/h und mehr.
WGK 2
8
Abfallbeseitigung
Verbrennung in Sonderabfallverbrennungsanlagen 9
Verwendung
Zusatz fur Treibstoffe (Erhohung der Oktanzahl); Usemittel; Ausgangsstoff bzw. Zwischenprodukt fur chemische Synthesen 10
Umweltgefahrlichkeit
Xylole sind giftig fur Wasserorganismen. Literatur IRPTC/UNEP: Scientific Reviews of Soviet Literature on Toxicity and Hazards of Chemicals, No. 52. Geneva, 1984 Jori, A., Calamari, D., DiDomenico, A. et al.: Ecotoxicological Profile of Xylenes. Ecotox. Environm. Safety 11 (1986): 44-80 U. K. Department of Environment, Toxic Substance Division: Environmental Hazard Assessment: Xylenes. TSD/l2. Garston/Watford, 1993
402
Zi nn [7440-31-51 und Zinnverbi ndungen Zinn kommt als Metall in den Modifikationen grau, weil3 und sprdde vor. In den meisten anorganischen und organischen Verbindungen liegt es in der Oxidationsstufe 4 + vor, verschiedentlich auch als zweiwertiges Element. Zinnsalze sind iiberwiegend nicht vollstandig ionisiert und konnen kolloidale Lijsungen bilden. In Form von Zinnoxid (Klassiterit-Sn02) kommt das Element natiirlicherweise vor. Silicatgesteine konnen bis zu 50 ppm Zinn enthalten. Zu den kommerziell wichtigen anorganischen Zinnverbindungen zahlen Zinn(I1)chlorid; -sulfat; -fluorid und Zinn(1V)oxid und -chlorid. Organische Zinnverbindungen werden unterteilt in: R,Sn; R3SnX; R2SnX2; R SnX3 X - anionische Gruppen, R - Alkyl- oder Arylreste. Zwischen Zinn und Kohlenstoff besteht eine relativ starke kovalente Bindung, woraus die Stabilitat organischer Zinnverbindungen abzuleiten ist. Organozinnverbindungen besitzen eine geringe Wasserloslichkeit, jedoch eine ausgepragte Bio- und Geoakkumulationstendenz (hohe Boden- und Sedimentsorption). In wafiriger Losung werden die anionischen Gruppen rasch durch Hydroxylgruppen ausgetauscht, was jedoch kaum zu einer Minderung der Toxizitat fuhrt. Die Toxizitat/Okotoxizitat wird mafigeblich beeinflufit von der Anzahl und Art der organischen Alkyl- und Arylreste. Die Bildung organischer Zinnverbindungen unter natiirlichen Bedingungen (Biosynthese von Methylzinnverbindungen) ist nachgewiesen. Als Metall ist Zinn kaum toxisch. Anorganische Zinnverbindungen zeigen zumeist aufgrund einer geringen Resorption irn Organismus nur eine geringe akute Toxizitat. Demgegeniiber sind organische Zinnverbindungen bei terrestrischen und aquatischen Organismen durch eine relativ hohe Toxizitat charakterisiert. Die akute Toxizitat von Tributylzinnverbindungen bei aquatischen Invertebraten (Wirbellose) und Vertebraten (Wirbeltiere) liegt im Mikrogramm- bis Milligrammbereich. Bei Saugern nimmt die Toxizitat in der Reihe R3SnX>R2SnX2>RSnX3 ab. Ethylverbindungen sind toxischer als Propyl- und Butylverbindungen. Trialkylbzw. Triarylzinnverbindungen wirken insbesondere schadigend auf die oxidative Phosphorylierung. Fur verschiedene Organozinnverbindungen sind teratogene, kanzerogene und immuntoxische Wirkung im Tierexperiment nachgewiesen. Literatur
Merian, E. (Hrsg.); Metalle in der Umwelt. Weinheim: Verlag Chemie, 1984, S. 631 -644 WHO: International Programme on Chemical Safety, Environmental Health Criteria 1 16, Tributyltin Compounds. Geneva, 1990
403
Tributylzinnoxid [56-35-91 Weltweit werden jahrlich schatzungsweise 30000 t organische Zinnverbindungen hergestellt, davon etwa 4000 - 5 000 t Tributylzinnverbindungen. In der Bundesrepublik Deutschland betragt die jahrliche Produktionsmenge an Tributylzinnoxid (TBTO) ca. 2000 t. 70% gehen in den Export. Der Reinheitsgrad des Stoffes betragt 96%.
1
Allgemeine Informationen
1.1 1.2 1.3 1.4 1.5 1.6
Tributylzinnoxid [56-35-91 Bis(tributy1zinn)oxid
2
Ausgewahlte Eigenschaften
2.1 2.2 2.3 2.4 2.5 2.6 2.7
2.9 2.10 2.11 2.12 2.13 2.14
596 klare, farblose Flussigkeit 173 "C (130 Pa) < -45 " C 0,001 Pa bei 20°C 1,173 g/m3 Wasser: < 1,0- > 100 mg/L (abhangig von pH, Temperatur und Stoffreinheit); loslich in organischen Liisemitteln TBTO ist brennbar, bildet mit Luft jedoch keine explosiblen Gemische. In Gegenwart von Sauerstoff, Licht oder beim Erwarmen erfolgt langsame Zersetzung unter Bildung von Tetrabutylzinn, Dibutylzinnoxid und Zinn(1V)oxid. Bei Raumtemperatur erfolgt quantitative Umsetzung mit Brorn und Iod. 3,19 - 3,84 keine Angaben 2,0-4,7 (gemessen) 3 - 4,7 (gemessen) biologisch nicht leicht abbaubar keine Angaben
3
Toxizitat
3.1
oral
Ratte
oral
Maus
2.8
C24H540Sn2
TBTO Zinnorganische Verbindungen giftig, reizend (Tributylzinn-Verbindungen)
LD 50 LD 50 LD 50
148- 194 mg/kg (7 d) 197 mg/kg (21 d) 85 mg/kg (7 d)
404
3.5
Der Stoff wirkt reizend auf Haut und Augen und gering sensibilisierend an der Haut. Bei akuten Vergiftungen kommt es zu Veranderungen des endokrinen Systems, der Leber, der Milz und des Gehirns. Wirkung auf Leber, Jmmunsystem, Gehirn und Veranderungen des Blutbildes Die Ergebnisse von Mutagenitatstests ergeben uberwiegend keinen Hinweis auf erbgutschadigende Wirkung. Hinweise auf reproduktionstoxische Effekte wurden bei Maus, Ratte und Kaninchen nur bei maternaltoxischen Dosen erhalten. NOEL 1,0 mg/kg. Eine Studie zur krebsauslosenden Wirkung ist in Arbeit. Die Resorptionsraten fur TBTO betragen ca. 20-50% bei oraler Aufnahme, ca. 10% bei Hautkontakt. Rasche Verteilung im Korpergewebe; Passage der Blut-Hirn-Schranke und der Placenta. Die biologische Halbwertszeit betragt 23-30 Tage. nennenswerte Bioakkumulation
4
Okotoxizitat
3.2 3.3
3.4
4.1 Aquatische Toxizitat 4.1 .I Verwendung als Bakterizid Grenzkonzentrationen fur toxische Wirkungen liegen zwischen 0,2 - 3 mg/L 4.1.2 Verwendung als Algizid Die Wirkungskonzentrationen liegen im Bereich von > 1,5- > 1 000 pg/L NOEL >0,1 pg/L 48 h LC 50 293 4.1.3 Daphnia rnagna Tubifex 48 h LC 50 595 wg/L LC 50 Muscheln 96 h 38 pg/L LC 50 Austern 96 h 210 pg/L (Larvenstadium) 48 h LC 50 1,6 pg/L LC 50 96 h Brown Shrimps 41 Fg/L (Larvenstadium) 96 h LC 50 195 pg/L 0,Ol pg/L 4.1.4 Guppy NOEL Die letale Konzentration fur 50% der Testfische liegt fur Tributylzinnverbindungen zwischen 13 - 240 pg/L bei Expositionsdauer bis zu 168 h. 4.2 Terrestrische Toxizitat hohe Phytotoxizitat TBTO ist giftig fur Bienen 5
Exposition Aufgrund der verwendungsbedingten Eintrage sind Tributylzinnverbindungen in Wasser, Sediment und Wasserorganismen nachweisbar. Die Konzentrationen liegen im Mikrogramm- bis Milligrammbereich:
405
Seewasser: bis zu 198 Ober flachenwasser : bis zu 7 Pg/L Kiistensedimente: bis zu 26 mg/kg 3,7 mg/kg Sunwassersedimente: bis zu Biota: 1,9-11 mg/kg Umweltbedingte Expositionen des Menschen erfolgen vorzugsweise uber die Nahrung (Wasserorganismen). Eine Quantifizierung der Exposition ist nicht moglich. 6
Umweltverhalten
Tributylzinnverbindungen sind durch eine hohe Bio- und Geoakkumulation charakterisiert. Bis zu 95% der in Gewasser eingetragenen Stoffe werden rasch an Sink- und Schwebstoffe und Sediment adsorbiert. Obwohl die Stoffe sowohl abiotisch auch als biotisch abgebaut werden konnen, ist aufgrund der Sorptionstendenz mit langeren Verweilzeiten in Wasser zu rechnen. Die Verteilung zwischen Luft und Wasser/Boden ist fur das Verhalten in der Umwelt von untergeordneter Bedeutung. 7
Grenz- und Richtwerte
7.1 7.2 7.3
keine Angaben Trinkwasser: 2 pg/L (WHO) WGK 3
8
Abfallbeseitigung
9
Verwendung Molluskizide, Antifoulingstoffe, Holzschutzmittel, Biozide fur Kuhlwasser, in der Leder- und Textilindustrie, Brauereien
10
Umweltgefahrlichkeit
Tributylzinnverbindungen sind sehr giftig fur Wasserorganismen, giftig fur Bienen und fur verschiedene terrestrische Pflanzenarten. Die Konzentrationen, bei denen Wasserorganismen geschadigt werden, liegen im Bereich von wenigen Mikrogramm pro Liter und damit extrem niedrig. Sie sind durch eine ausgepragte Akkumulationstendenz charakterisiert und gegenuber biotischen und abiotischen Abbaureaktionen relativ stabil. Literatur GDCh: BUA Stoffbericht Nr. 36, Tributylzinnoxid. VCH Weinheim, 1989 WHO: IPCS Environmental Health Criteria No. I16 Tributyltin Compounds. WHO Geneva, 1990
3 Glossar
Abfalle, toxische und gefahrliche
Toxische und gefahrliche Abfalle sind Substanzen, Produkte oder Zwischenprodukte, die aus industriellen, kommerziellen, handwerklichen, landwirtschaftlichen oder wissenschaftlichen Tatigkeiten stammen und deren Ableitung oder Ablagerung wegen toxischer oder gefahrlicher Eigenschaften, ihrer Persistenz oder Konzentration ein unmittelbares oder langfristiges Risiko fur den Menschen und seine Umwelt darstellen. ADI-Wert
Der ADI-Wert (vgl. Abkurzungsverzeichnis) charakterisiert die tagliche Hochstdosis eines Pflanzenschutz- und Schadlingsbekampfungsmittels in Milligramm pro Kilogramm Korpergewicht (mg/kg/d), die auch bei lebenslanger Aufnahme auf der Grundlage des gegenwartigen Wissensstandes mit hoher Wahrscheinlichkeit ohne Einflurj auf den menschlichen Organismus bzw. die menschliche Gesundheit bleibt. Akute Toxizitat
Die akute Toxizitat charakterisiert die Giftigkeit eines chemischen Stoffes nach einmaliger Applikation. Sie ist kein absolutes Ma13 fur die Toxizitat. Numerische Kenngronen sind LD 50- und LC 50-Werte, welche im Tierexperiment bei differenzierter Applikationsform ermittelt werden. Der Beobachtungszeitraum nach erfolgter Stoffapplikation betragt zwischen 24 Stunden und 4 Wochen. LC 50-Werte werden im allgemeinen bei 4stiindiger inhalativer Stoffexposition bestimmt. Antagonistische Wirkung
Die toxische Wirkung von zwei oder mehreren Stoffen wird als antagonistisch bezeichnet, wenn sie geringer ist als die Summe der Einzelwirkungen. Biokonzentrationsfaktor
Der Biokonzentrationsfaktor eines chemischen Stoffes ist eine von der jeweiligen biologischen Spezies abhangige GrbDe. Er entspricht dem Quotienten aus den Stoffkonzentrationen im Biosystem und der dieses umgebenden Umwelt im Gleichgewichtszustand der Stoffverteilung.
407
Biologische Wirkung Die biologische Wirkung charakterisiert die Summe aller durch die definierte Menge eines chemischen Stoffes induzierten Veranderungen des Ausgangszustandes eines Biosystems. Sie ist die Resultante aus dem Zusammenwirken der Komponenten Stoff, Dosis und Biosystem unter spezifischen Milieubedingungen.
Bioverfiigbarkeit Die Bioverfiigbarkeit charakterisiert die in einem Biosystem tatsachlich verfugbare und biologisch wirksame Stoffmenge.
Chemische Kanzerogene Chemische Kanzerorgene sind Stoffe, die auf biochemische Regulationsmechanismen so einwirken, da13 unmittelbar oder mittelbar Normalzellen in maligne Zellen umgewandelt werden bzw. bereits vorhandene (ruhende) Krebszellen stimuliert werden und eine Geschwulst entsteht. Man unterscheidet zwischen gentoxischen und nichtgentoxischen Kanzerogenen.
Chronische Toxizitat Die chronische Toxizitat charakterisiert die Giftigkeit eines chemischen Stoffes bei wiederholter Verabreichung in differenzierten Formen fur einen langeren Zeitraum (mindestens 1/2 Jahr, vorwiegend 2 Jahre). Als numerische KenngroDe der chronischen Toxizitat werden haufig die nicht wirksame Dosis bzw. Konzentration ermittelt.
Dosis Die Dosis charakterisiert den tatsachlichen, vom Biosystem aufgenommenen, wirksamen Stoffanteil.
Exposition Unter Exposition versteht man die Art und das raumzeitliche AusmaD des Kontaktes von Mensch und Umwelt mit dem jeweils betrachteten Stoff. Bei Biosystemen unterscheidet man zwischen aunerer und innerer Exposition (Bioverfiigbarkeit).
Gefahrlichkei t Die Gefahrlichkeit eines chemischen Stoffes ist eine stoffintrinsische Eigenschaft und charakterisiert sein Potential, biologischehichtbiologische Systeme zu schadigen (vgl. Gefahrlichkeitsmerkmale).
Gefahrlichkeitsmerkmale
Der Gesetzgeber hat im Chemikaliengesetz die Merkmale (Eigenschaften) festgeschrieben und in der Gefahrlichkeitsmerkmaleverordnung definiert, die einen Stoff im Sinne des Gesetzes zu einem gefahrlichen Stoff machen. Das Gefahrlichkeitsmerkmal bezeichnet die stoffimmanente Eigenschaft, die durch eine entsprechende Untersuchung festgestellt werden kann.
Geruchsschwellenwert/Geschmacksschwellenwert Der Geruchsschwellenwert bezeichnet die kleinste Stoffmenge in Luft oder Wasser, die von den meisten Menschen noch wahrgenommen werden kann. Der Geschmacksschwellenwert charakterisiert die vergleichbare geschmacklich in Wasser noch nachweisbare bzw. wahrnehmbare Stoffmenge. Aufgrund differenzierter Einfliisse sowie Schwankungen in der subjektiven Empfindlichkeit sind diese Schwellenwerte nicht exakt definiert. Als unmittelbar erfanbares Warnsignal sind sie jedoch ein wichtiger Hinweis auf mogliche Gesundheitsgefahrdungen durch Chemikalien. Gesundheitsschadigung
Eine Wirkung wird dann als gesundheitsschadigend betrachtet, wenn Funktionen odedund Strukturen des Organismus sich zeitweilig oder andauernd in einem Mafie verandern, welche die physiologische Variationsbreite iiberschreiten. Giftigkeit
Der Begriff Giftigkeit charakterisiert die Fahigkeit eines chemischen Stoffes, Schadigungen von Biosystemen zu verursachen. Grenzwert *)
Ein Grenzwert charakterisiert die zulassige Belastung des Organismus gegenuber einem Stoff oder die zulassige Aufnahme des Stoffes durch den Organismus, eine Bevolkerungsgruppe oder eine Sache. Grenzwert, primar")
Primare Grenzwerte charakterisieren zulassige Belastungen durch physikalische, chemische oder biologische Noxen, die in einem Umweltbereich wie Wasser, Luft oderhnd Boden oder in Produkten, Lebensmitteln vorkommen.
*) Die Definition der Begriffe ist entnommen aus Horn, K.: Kommunalhygiene. 3. uberarbeitete Auflage Volk und Gesundheit, Berlin, 1980.
409 Grenzwert, sekundar *)
Sekundare Grenzwerte charakterisieren zulassige Emissionen, die von einer Verunreinigungsquelle oder einem Gegenstand ausgehen. Grenzwert, technisch *)
Technische Grenzwerte charakterisieren zulassige Emissionen auf der Grundlage des wissenschaftlich-technisch realisierbaren Wirkungsgrades technologischer Prozesse. Grenzwerte fur Emissionsnormen
Nach EG-Richtlinie 76/464/EWG werden Grenzwerte fur Emissionen (Ableitungen) von Schadstoffen aus Industriebetrieben wie folgt definiert: Die als Konzentrationen ausgedruckten Grenzwerte der Emissionsnormen werden fur bestimmte Industriebranchen festgelegt. Auf keinen Fall durfen die als Hochstkonzentration ausgedruckten Grenzwerte uber den Werten liegen, die sich aus der Division der abgeleiteten Gewichtsmenge durch den Wasserbedarf der charakteristischen Betriebseinheit ergeben. Da Schadstoffkonzentrationen in Abflussen von der Wassermenge abhangen, werden zur Kontrolle reprasentative 24-h-Proben entnommen und die verbrauchte Wassermenge des Gesamtabflusses gemessen. Die Grenzwerte werden auch als Fracht in Menge abgeleiteter Schadstoffe pro produzierte Tonne Produkte (oder pro eingesetzter Menge Stoff) pro Zeiteinheit angegeben. Karzinogenitat, karzinogene Wirkung
Die Karzinogenitat bzw. karzinogene Wirkung eines chemischen Stoffes ist gleichbedeutend mit seiner krebserregenden bzw. -auslosenden Wirkung. Der Begriff ,,Krebs" ist dabei eine Sammelbezeichnung fur bosartige (maligne) Geschwulste (Tumoren). Von den malignen Tumoren sind die benignen Tumoren (gutartige Geschwulste) zu unterscheiden. MAK-Wert
Der MAK-Wert (Maximale Arbeitsplatzkonzentration) ist die hdchstzulassige Konzentration eines Arbeitsstoffes als Gas, Dampf oder Schwebstoff in der Luft am Arbeitsplatz, die nach dem gegenwartigen Stand der Kenntnis auch bei wiederholter und langfristiger, in der Regel taglich 8stiindiger Exposition, jedoch bei Einhaltung einer durchschnittlichen Wochenarbeitszeit von 40 Stunden (in Vierschicht*) Die Definition der Begriffe ist entnommen aus Horn, K.: Kommunalhygiene. 3. uberarbeitete Auflage Volk und Gesundheit, Berlin, 1980.
410
betrieben 42 Stunden je Woche im Durchschnitt von vier aufeinanderfolgenden Wochen), im allgemeinen die Gesundheit der Beschaftigten nicht beeintrachtigt und diese nicht unangemessen belastigt. In der Regel wird der MAK-Wert als Durchschnittswert uber Zeitraume bis zu einem Arbeitstag oder einer Arbeitsschicht integriert. Bei der Aufstellung von MAK-Werten sind in erster Linie die Wirkungscharakteristika der Stoffe berucksichtigt, daneben aber auch - soweit moglich - praktische Gegebenheiten der Arbeitsprozesse bzw. der durch diese bestimmten Expositionsmuster. Mangebend sind dabei wissenschaftlich fundierte Kriterien des Gesundheitsschutzes, nicht die technischen und wirtschaftlichen Moglichkeiten der Realisation in der Praxis (Definition der DFG-Senatskommission). MIKD-Werte
MIKD-Werte begrenzen Schadstoffkonzentrationen bei dauernder Einwirkung (Dauerwert). Bei Einhaltung der MIK,-Werte werden chronische Reaktionen des menschlichen Organismus gegeniiber Luftverunreinigungen weitestgehend verhindert. MIK,-Werte
MIKK-Werte begrenzen Schadstoffkonzentrationen fur den Einwirkungszeitraum von 30 Minuten (Kurzzeitwert). Bei Einhaltung der MIK,-Werte werden akute Reaktionen des menschlichen Organismus gegenuber Luftverunreinigungen weitestgehend verhindert. Mutagenitatlmutagene Wirkung
Die Mutagenitat charakterisiert die Wirkung eines chemischen Stoffes auf Korperund Keimzellen, die mit Veranderungen des genetischen Materials der Zellen verbunden sind. Okotoxikologie, okotoxikologisch
Die Okotoxikologie untersucht die Wirkung von Stoffen auf Okosysteme. Da Okosysteme wegen ihrer groljen Komplexitat fur experimentelle Untersuchungen nur schwer zuganglich sind, werden heutzutage in der okotoxikologischen Forschung Modellorganismen (Arten) benutzt, die fur Okosysteme reprasentativ sind und sich fur Labortests eignen. Das sind derzeit Bakterien, Algen, Wasserflohe (Daphnien), Fische, hohere Pflanzen (z. B. Hafer), Regenwurmer, Springschwanze (Collembolen), Bienen, Vogel. Okologische Chemie, okochemisch
Die okologische Chemie untersucht das Transport-, Verteilungs- und Transformationsverhalten chemischer Stoffe naturlichen o d e r h n d anthropogenen Ursprungs
41 1 in biologischen und nichtbiologischen Umweltstrukturen unter Beachtung moglicher Ruckwirkungen auf die stoffliche Zusammensetzung und Qualitat der Umwelt. Qualitatsziele fur Gewasser
Nach EG-Richtlinie 76/464/EWG werden Qualitatsnormen fur Gewasser in mg/L nach Ableitung von Schadstoffen aus Industriebetrieben wie folgt definiert: Qualitatsziele sind Konzentrationen, die sich auf das arithmethische Mittel der wahrend eines Jahres erzielten Ergebnisse beziehen. Die Proben miissen in hinreichender Nahe der Ableitungsstellen entnommen werden, damit sie fur die Qualitat der Gewasser in dem durch die Ableitung betroffenen Gebiet repasentativ sind. Die Probenahmehaufigkeit mu0 genugend hoch sein, um etwaige Veranderungen der Gewasser aufzeigen zu konnen, insbesondere unter Berucksichtigung der naturlichen Veranderung des Wasserhaushaltes. Reproduktionstoxizitat
Der Begriff Reproduktionstoxizitat umfaljt alle Phasen des Reproduktionszyklus. Endpunkte entsprechender Prufungen konnen sein: Fertilitat, Beeinflussung der Entwicklungsphasen von Fetus und Embryo, Teratogenitat, Effekte beim Neugeborenen z. B. durch Saugen. Sorptionskoeffizient
Der Sorptionskoeffizient eines chemischen Stoffes entspricht dem Quotienten aus den Stoffkonzentrationen in anorganischen und organischen Strukturen von Boden und Sediment und der diese umgebenden wail3rigen Phase im Gleichgewichtszustand der Stoffverteilung. Bei einer Vielzahl nicht ionisierter chemischer Verbindungen mit stark hydrophobem Charakter ist der Sorptionskoeffizient abhangig vom organischem Kohlenstoffgehalt des Bodens bzw. Sediments. Subchronische Toxizitat
Die subchronische Toxizitat charakterisiert die Giftigkeit eines chemischen Stoffes bei wiederholter Applikation uber einen Zeitraum von mindestens 28 Tagen, jedoch weniger als 90 Tagen. Synergistische Wirkung
Die toxische Wirkung von zwei oder mehr chemischen Stoffen wird als synergistisch bezeichnet, wenn die Gesamtwirkung groljer als die Summe der Einzelwirkungen ist und damit eine Wirkungsverstarkung zu verzeichnen ist.
422 TA Luft Emissionsbegrenzungen nach der technischen Anleitung Luft (TA Luft) sind die im Genehmigungsbescheid festzulegenden - zulassigen Massenkonzentrationen (mg/m3) von Luftverunreinigungen im Ab-
gas mit der Maflgabe, dalj - samtliche Tagesmittelwerte die festgelegten Massenkonzentrationen - 97% aller Halbstundenmittelwerte sechs Fiinftel der festgelegten Massenkonzentrationen - samtliche Halbstundenmittelwerte das Zweifache der festgelegten Massenkonzentrationen nicht uberschreiten, - zulassigen Massenverhaltnisse (Emissionsfaktoren) (kg Emission pro produzierte Tonne) - zulassigen Massenstrome (kg/h). TeratogenitWteratogene Wirkung Die Teratogenitat eines chemischen Stoffes charakterisiert seine Wirkung auf die korperliche und psychische Entwicklung des heranwachsenden Embryos und die damit verbundenen funktionellen und strukturellen Schadigungen. Toxische Grenzkonzentration/toxische Schwellenkonzentration Die toxische Grenz- bzw. Schwellenkonzentration eines chemischen Stoffes entspricht der Stoffmenge, bei deren Uberschreitung im toxikologischen R s t mit dem verfiigbaren Untersuchungsinstrumentarium erste Anzeichen einer toxischen Wirkung feststellbar sind (NOEC - no observed effect concentration).
Umweltchernikalie/Urnweltschadstoff Umweltchemikalien bzw. Umweltschadstoffe sind chemische Stoffe, die durch anthropogene Aktivitaten in die Umwelt eingebracht werden und in solchen Mengen oder Konzentrationen auftreten konnen, die geeignet sind, Lebewesen, okologische Systeme und insbesondere den Menschen zu gefahrden und zu schadigen. Hierzu gehoren chemische Elemente und Verbindungen organischer und anorganischer Natur, synthetischen oder natiirlichen Ursprungs. Das menschliche Zutun kann mittelbar oder unmittelbar erfolgen, es kann beabsichtigt oder unbeabsichtigt sein. Umweltchemikalien wirken immer uber nichtbiologische Strukturen von Hydro-, Pedo- und Atmosphare (Materialien zum Umweltprogramm der Bundesregierung, Bundesministerium des Inneren 1971, S. 73).
Urnweltgefahrlichkeit/urnweltgefahrliche Stoffe Nach der Gefahrlichkeitsmerkmaleverordnung ist das Merkmal ,,umweltgefahrlich" gegeben, wenn Stoffe selbst, deren Verunreinigungen oder Zersetzungsprodukte infolge der in den Verkehr gebrachten Menge, der Verwendung, der geringen
413
Abbaubarkeit, der Akkumulationsfahigkeit oder Mobilitat in der Umwelt auftreten, insbesondere sich anreichern konnen und aufgrund der Prufnachweise oder anderer wissenschaftlicher Erkenntnisse schadliche Wirkungen auf den Menschen oder auf Tiere, Pflanzen, Mikroorganismen, die naturliche Beschaffenheit von Wasser, Boden oder Luft und auf die Beziehungen unter ihnen sowie auf den Naturhaushalt haben konnen, die erhebliche Gefahren oder erhebliche Nachteile fur die Allgemeinheit herbeifuhren. Die Umweltgefahrlichkeit wird von einer Vielzahl von Eigenschaften des Stoffes und des Umweltsystems bestimmt. Von diesen Eigenschaften kann keine allein die Umweltgefahrlichkeit ausmachen, sondern nur das Zusammenwirken rnehrerer Eigenschaften. Verteilungskoeffizient
Auf der Grundlage des thermodynamisch begrundeten Nernstschen Verteilungsgesetzes ist der Verteilungskoeffizient eines chemischen Stoffes eine strukturchemisch bestimmte, systemabhangige, stoffspezifische Gleichgewichtskonstante der Stoffverteilung zwischen zwei nicht mischbaren Phasen. Verteilungskoeffizient n-OctanoVWasser
Der Verteilungskoeffizient n-Octanol/Wasser entspricht der Gleichgewichtskonstanten der Stoffverteilung im System n-Octanol/Wasser. Erfahrungsgemafi entsprechen die physikalisch-chemischen Eigenschaften von n-Octanol in etwa denen biologischer Membranen. Demzufolge wird dieser Verteilungskoeffizient als ein Ausdruck fur die Lipophilie eines chemischen Stoffes gewertet und gestattet Ruckschliisse auf das Verteilungsverhalten chemischer Stoffe in Biosystemen.
4
Que Ilenverzeichnis
Die in dem Datenspeicher angegebenen Daten, Untersuchungsergebnisse und Informationen zu den jeweiligen Stoffen sind vorwiegend Monographien, anderen Datensammlungen, Instituts-, Firmen- und Forschungsberichten entnommen. Jedes Datenprofil schlieDt eine Auswahl mangeblicher, spezifischer Literatur zum jeweiligen Stoff ein, sofern eine verallgemeinerungsfahige, inhaltliche Interpretation der Ergebnisse moglich war. Im wesentlichen sind die Daten und Informationen zu den Stoffeigenschaften und zu differenzierten toxischen Wirkungen den nachfolgenden Quellen entnommen. Althaus, H., Jung, K.-D.: Wirkungskonzentrationen (gesundheits-)schadigender bzw. toxischer Stoffe in Wasser fur niedere Wasserorganismen sowie kalt- und warmbliitige Wirbeltiere einschliefilich des Menschen bei oraler Aufnahme des Wassers oder Kontakt mit Wasser. Literaturund Datendokumentation. Ministerium fur Ernahrung, Landwirtschaft und Forsten d. Landes NRW, 1973 Augustin, H. et al.: Mikrobiozide Wirkstoffe als belastende Stoffe im Wasser. Vorstudie d. Fachausschusses FA III/6 der FG Wasserchemie in der Gesellschaft Dtsch. Chemiker, Bochum 1981 Christensen, H.E. et al. (ed.): The Toxic Substances List. 1974 Edition. U.S. Department of Health, Education and Welfare, Public Health Service. NIOSH, Rockville 1974 Deutsche Forschungsgemeinschaft: Schadstoffe im Wasser. Band 8, Phenole. Harald Boldt Verlag, Board 1982 Eaton J.G. et al. (ed.): Aquatic Toxicology, Proceedings of the Third Annual Symposium on Aquatic Toxicology. American Society for Testing and Materials, Philadelphia 1980 Frank, R.: Zusammenstellung einer Liste von koH-Reaktionsgeschwindigkeitskonstantenaus Originalvertiffentlichungen fur einzelne Chemikalien und Bewertung des Verhaltens dieser Stoffe in der Troposphare. Battelle Institut Frankfurt. Bericht im Auftrag des Umweltbundesamtes Berlin, Juni 1986 Gefahrstoffverordnung vom 26.08.1986 und Anhange, BG B1. I S. 1470 Hutzinger, 0. (ed.): The Handbook of Environmental Chemistry. Volume 1-3, Part A-C. Springer, Berlin-Heidelberg-New York. p. 984, 1980 IRPTC, Instruction for the Selection and Presentation of Data for the International Register of Potentially Toxic Chemicals with Sixty Illustrative Chemical Data Profiles. United Nations Environment Programme, Geneva 1979 IRPTC Legal File, Part 1 und 11. International Register of Potentially Toxic Chemicals, Geneva 1989 Ministry of International Trade and Industry (MITI 1986) Tokyo, Japan: The list of the existing chemical substances tested on biodegradability by microorganisms or bioaccumulation in fish body by Chemicals Inspection and Testing Institute Japan. Stand Januar 1987 Sittig, M.: Priority Toxic Pollutants. Noyes Data Corporation, Park Ridge, N. J. 1980 Sittig, M.: Pesticide Manufacturing and Toxic Materials Control Encyclopedia, Noyes Data Corporation, Park Ridge, N. J. 1980 U. S . Department of Health and Human Services 6th Annual Report on Carcinogenesis, Summary. National Toxicology Programme 1991 VEB Agrochemie Piesteritz (Hrsg.) Toxikologie, Therapie Pflanzenschutz- und Schadlingsbekampfungsmittel. Mittel zur Steuerung biologischer Prozesse. 2. Auflage Umweltbundesamt: Handbuch gefahrlicher Stoffe in Sonderabfallen, Materialien 5, 1978, Erich Schmidt Verlag, Berlin 1978
415 Umweltbundesamt: DABAWAS, Datenbank fur wassergefahrdende Stoffe, Umweltbundesamt. Berlin, 1979 U. S. Environmental Protection Agency: Water Quality Criteria. Ecological Research Series. EPA R-3 -73 -003, March 1973, Environmental Protection Agency, Washington 1973 Institut fiir Wasserwirtschaft: Wasserschadstoffkatalog Teil I und 11. Berlin 1975 WHO/FAO: Data Sheets on Pesticides. World Health Organization, Geneva, April 1979 WHO: Guidelines for Drinking Water Quality. Volume I. Recommendations. Geneva 1984; revised 1992 Unveroffentlichter Abschlunbericht. Zoeteman, B. C. J. et al.: Threshold Odour Concentrations in Water of Chemical Substances. R.I.D. Medeling 74, 3 Zoeteman, B. C. J.: Sensory Assessment of Water Quality. Pergamon Series on Environmental Science. Volume 2. Pergamon Press, Oxford-New York-Toronto-Sydney-ParkFrankfurt 1980 Topner, W. (Hrsg.): Schriftenreihe Gefghrliche Stoffe. Bd. 10, Gierke, W. Das Chemikaliengesetz und seine Rechtsvorschriften - Alte Stoffe -. Dtsch. Fachschriften Verlag, Wiesbaden, 1993 Gefahrstoffverordnung. Carl Heymanns Verlag, Kbln; 8. Auflage 1993 The Royal Society, London: Risk Analysis, Perception and Management. Report of a Royal Society Study Group, 1992 Pohle, H. Chemische Industrie: Umweltschutz, Arbeitsschutz, Anlagensicherheit. VCH, Weinheim, 1991 Sutter 11: G. W.; Ecological Risk Assessment. Lewis Publishers, Boca Raton 1993 Bundesanstalt fur Arbeitsschutz und Unfallforschung. Krebserzeugende Arbeitsstoffe: Verwendung und Eigenschaften. Nr. 2 Schriftenreihe Gefahrliche Arbeitsstoffe; Dortmund 1981 DFG Senatskommission zur Priifung gesundheitsschadlicher Arbeitsstoffe, MAK- und BAT-Werte-Liste 1993: Mitteilung 29. VCH Weinheim, 1994 Bd. 1 ; 4. Auflage: Berufsgenossenschaft der Chemischen Industrie, Kurzfassung Toxikologische Bewertungen. Heidelberg, 1990 Parlar, H., Angerhofer, D.: Chemische Okotoxikologie. Springer Verlag, Berlin 1991 WHO, Regional Office for Europe: Air Quality Guidelines for Europe. WHO Regional Publications, European Series No. 23. Copenhagen 1987 GDCh, FG Umweltchemie und Okotoxikologie: Positionspapier: Grundsatze der okotoxikologischen Bewertung von Chemikalien und Sachstand der heutigen Praxis. Mai 1993 OECD: Environment Monographs No. 69. Report of the OECD Workshop on the Application of Simple Models for Environmental Exposure Assessment. Paris, 1993 Umweltbundesamt, Texte: Chemikaliengesetz Heft 1 0 Bewertung der Umweltgefahrlichkeit von Alten Stoffen nach dem Chemikaliengesetz (ChemG.) OECD Environment Monographs No 27. Compendium of Environmental Exposure Assessment Methods for Chemicals. Paris, 1989 ECETOC: Technical Report No. 50. Estimating Environmental Concentrations of Chemicals using Fate and Exposure Models. Briissel, 1992 ECETOC: Technical Report No. 51. Environmental Hazard Assessment of Substances. Briissel, 1993 ECETOC: Technical Report No. 56. Aquatic Toxicity Data Evaluation. Briissel, 1993 Ahlers, J. Einstufung von Stoffen als ,,umweltgefahrlich". - EG-Richtlinie -. UWSF-2. Umweltchem. Okotox., 3 (6), S. 350, 1991 Toxic Substances Division, U. K. Department of Environment: Environmental Hazard Assessment No. 1 - 14, Garston, Watford, 1993 MITI, Japan: Biodegradation and Bioaccumulation Data of Existing Chemicals Based on the CSCL Japan. Chemical Inspection and Testing Institute Japan, 1992 Gribble, G. W.: Naturally Occurring Organohalogen Compounds - A Survey. J. Natural Products 55 (lo), 1353-1395, 1993 Richardson, M. L. (ed.): Risk Assessment of Chemicals in the Environment. Royal Society of Chemistry, London, 1988
41 6 Richardson, M. L. (ed.): Risk Management of Chemicals. Royal Society of Chemistry, London, 1992 Sampado, A. Binetti, R.: Risk Assessment of Chemical Substances. M. Ragno (ed.), Rome, 1990 Karcher, W. Devellers, J. (Hrsg.): Practical Applications of Quantitative Structure - Activity Relationships (QSAR) in Environmental Chemistry and Toxicology. Vol. 1 Kluwer Academic Publ., Dordrecht, 1990 Karcher, W. Devillers J. (ed.): Applied Multivariate Analysis in SAR and Environmental Studies. Kluwer Academic Publ., Dordrecht, 1990 Roth, L.: Gefahrstoff-Entsorgung. Vorschriften und Technologien fur die Entsorgung von Gefahrstoffen - Abfallschlusselnumern ecomed Verlagsgesellschaft, Landsberg, 1989 Gad, C.S. (ed.): Product Safety Evaluation Handbook. Marcel Dekker lnc., New York, 1988 Wagner, B. O., Miicke, W. Schenk, H. P.: Umweltmonitoring: Umweltkonzentrationen organischer Chemikalien; Literaturrecherche und Auswertung. ecomed Verlagsgesellschaft, Landsberg, 1989 Richardson, M. L. (ed.): The Dictionary of Substances and their Effects. Vol. 1; 2; 3. Royal Society of Chemistry, London, 1992 and 1993 Howard; Philip H.; Handbook of Environmental Fate and Exposure Data for Organic Chemicals; Vol. 1-111; Lewis Publishers, 1990 Lyman; W. J. et al; Handbook of Environmental Property Estimation Methods; Mc Craw-Hill, New York, 1982
Rechtsvorschriften zitiert in Punkt 1.6. Verordnung zur Bestimmung von Abfallen nach 0 2 Abs. 2 des Abfallgesetzes vom 24.05.1977 (Abfallbestirnrnungsverordnung) BGBI. I S. 772 Pflanzenschutzrnittelanwendungsverordnungvom 19.12.1980, BGBI. I S. 2335 EG-Richtlinie vorn 23.03.1982 betreffend Grenzwerte und Qualitatsziele fur Quecksilberableitungen aus dem Industriezweig Alkalichloridelektrolyse (82/176/EWG), ABI. Nr. L81 vorn 27.03.1982 S. 49 EG-Richtlinie vorn 26.09.1983 betreffend Grenzwerte und Qualitatsziele fur Cadmiumableitungen (83/514/EWG), ABI. Nr. L 291 vom 24.10.1983 S. 1 EG-Richtlinie vom 08.03.1984 betreffend Grenzwerte und Qualitatsziele fur Quecksilberableitungen mit Ausnahme des Industriezweiges Alkalichloridelektrolyse (84/156/EWG), ABI. Nr. L74 vom 17.03.1984 S. 49 EG-Richtlinie vom 09.10.1984 betreffend Grenzwerte und Qualitatsziele fur Ableitungen von Hexachlorcyclohexan (84/491/EWG), ABI. Nr. L 274 vom 17.10.1984 S. 11 Trinkwasserverordnung vom 23.05.1986, BGBI. I S. 760 Technische Anleitung Luft (TA Luft) vom 27.02.1986, GMBI. vom 28.02.1986 s. 93 EG-Richtlinie vom 12.06.1986 betreffend Grenzwerte und Qualitatsziele fur die Ableitung bestimmter gefahrlicher Stoffe im Sinne der Liste I irn Anhang der Richtlinie 76/464/EWG (86/280/EWG), ABI. Nr. L 181 vom 04.07.1986 S. 16 Verordnung zur Ernissionsbegrenzung von leichtfluchtigen Halogenkohlenwasser-stoffen vom 21.04.1986 (2. Bim SchV) BGBI. I. S. 71 f. Verordnung (EWG) Nr. 793/93 des Rates v. 23. Marz 1993 zur Bewertung und Kontrolle der Umweltrisiken chemischer Altstoffe.
417 Amtsblatt d. Europaischen Gemeinschaft Nr. L 84/1 v. 5.4.93 - Richtlinie 93/67/EWG der Kommission v. 20.7.93 zur Festlegung von Grund-
satzen fur die Bewertung der Risiken fur Mensch und Umwelt von gemaR der Richtlinie 67/548/EWG des Rates notifizierten Stoffen. Amtsblatt d. Europaischen Gemeinschaft Nr. L 277/9 v. 8.9.93 - Gefahrstoffverordnung vom 26.10.1993, BGBI. I S. 1782
5
Register
CAS-Nummer
Name
50-00-0 55-18-5 56-23-5 56-35-9 58-90-2 60-51-5 62-53-3 62-73-7 62-75-9 63-25-2 67-66-3 67-72-1 7 1-43-2 71-55-6 74-83-9 74-87-3 74-90-8 75-01-4 75-05-8 75-09-2 75-15-0 75-21-8 75-25-2 75-35-4 75-43-4 75-45-6 75-69-4 75-7 1-8 75-72-9 75-74-1 76-11-9 76- 12-0 76- 14-2 76-1 5-3 77-47-4 78-00-2
Forrnaldehyd N-Nitrosodiethylamin Tetrachlorrnethan Tributylzinnoxid 2,3,4,6Tetrachlorphenol Dimethoat Anilin Dichlorvos N-Nitrosodimethylamin Carbaryl Chloroform Hexachlorethan Benzol Trichlorethan Bromrnethan Chlorrnethan Blausaure Vinylchlorid Acetonitril Dichlorrnethan Schwefelkohlenstoff Ethylenoxid Brornoform 1,I-Dichlorethen Dichlorfluormethan Chlordifluormethan Trichlorfluormethan Dichlordifluormethan Chlortrifluormethan Bleitetrarnethyl I, 1-Difluor-I ,2,2,2-tetrachlorethan 1,2-Difluor-l ,I ,2,2-tetrachlorethan 1,2-Dichlor-l,1,2,2-tetrafluorethan I-Chlor- 1,1,2,2,2-pentafluorethan Hexachlorcyclopentadien Bleitetraethyl
419 CAS-Nummer
Name
79-1 0-7 79-34-5 85-68-7 86-30-6 87-61-6 87-68-3 88-06-2 88-73-3 88-75-5 94-75-7 95-47-6 95-48-7 95-50-1 95-5 1-2 95-94-3 95-95-4 98-07-7 98-88-4 98-95-3 100-00-5 100-02-7 100-41-4 100-42-5 100-44-7 106-42-3 106-44-5 106-46-7 106-48-9 106-89-8 106-93-4 107-02-8 107-06-2 107-13- 1 107-18-6 108-38-3 108-39-4 108-42-9 108-70-3 108-95-2 1 15-09-3 1 17-82-7
Acrylsaure Tetrachlorcthan Butylbenzylphthalat N-Nitrosodiphenylamin 1,2,3-Trichlorbenzol Hexachlorbutadien 2,4,6-Trichlorphenol o-Chlornitrobenzol 2-Nitrophenol 2,4-Dichlorphenoxyessigsaure 0-Xylol o-Kresol o-Dichlorbenzol o-Chloranilin
1,2,4,5-Tetrachlorbenzol 2,4,5-Trichlorphenol Benzotrichlorid Benzoylchlorid Nitrobenzol p-Chlornitrobenzol 4-Nitrophenol Et hylbenzol Styrol Benzylchlorid p-Xylol p-Kresol p-Dichlorbenzol 4-Chlorphenol Epichlorhydrin Dibrommethan Acrolein 1,ZDichlorethan Acrylnitril Allylalkohol m-Xylol m-Kresol m-C hloranilin 1,3,5-Trichlorbenzol Phenol Methylquecksilber-Chlorid Diethylhexylphthalat
420 ~~
~
~
CAS-Nummer
Name
-~
120-82-1 120-83-2 121-73-3 122-14-5 126-73-8 126-99-8 127-18-4 1 56- 10-5 198-88-3 301-04-2 302-17-0 309-00-2 354-58-5 374-07-2 541-73-1 542-75-6 62 1-64-7 634-66-2 634-90-2 684-93-5 759-73-9 834-12-8 924-16-3 11 16-54-7 1306-19-0 1319-77-3 1327-53-3 1330-20-7 1330-78-5 1332-21-4 1336-36-3 1912-24-9 1918- 16-7 3534-52-1 7439-92-1 7439-97-6 7440-02-0 7440-38-2 7440-41-7 7470-43-9 7778-44-1
1,2,4Trichlorbenzol 2,4-Dichlorphenol m-Chlornitrobenzol Fenitrothion Tributylphosphat Chloropren Tetrachlorethylen p-Nitrosodiphenylamin Toluol Blei(I1)acetat Chloralhydrat Aldrin 1 ,I ,I -Trichlor-2,2,2-trifluorethan 1 ,I -Dichlor-l,2,2,2-tetrafluorethan m-Dichlorbenzol 1,3-Dichlorpropen N-Nitroso-di-n-propylamin
1,2,3,4-Tetrachlorbenzol 1,2,3,5-Tetrachlorbenzol N-Nitroso-N-methylharnstoff N-Nitroso-N-ethylharnstoff Ametryn N-Nitroso-di-n-butylamin N-Nitrosodiethanolamin Cadmiumoxid Kresole Arsentrioxid Xylole Trikresylphosphat Asbest PCB Atrazin Propachlor 4,6-Dinitro-o-kresol Blei Quecksilber Nickel Arsen Beryllium Cadmium Calciumarsenat
42 1
CAS-Nummer
Name
7782-49-2 77 84-42- 1 12082-48-1 12408-10-5 13463-39-3 22967-92-6 25321-22-6 70776-03-3
Selen Arsin Trichlorbenzole Tetrachlorbenzole Nickelcarbonyl Methylquecksilber-Ion Dichlorbenzole Chlorierte Naphthaline
This Page Intentionally Left Blank