Seewölfe 451 1
Roy Palmer
Vor Perus Küsten
Als die Flutwelle von Süden herandonnerte, war es Philip Hasard Killigrews...
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Seewölfe 451 1
Roy Palmer
Vor Perus Küsten
Als die Flutwelle von Süden herandonnerte, war es Philip Hasard Killigrews schnelle Reaktion, die eine Tragödie verhinderte. Er tat das einzig Richtige, nämlich auf Nordkurs zu gehen und mit achterlichem Wind vor der Welle herzulaufen, um deren Anprall zu mindern. Auf dem bisherigen Kreuzkurs wäre eine Kenterung mit einer Rolle um einhundertundachtzig Grad so sicher wie das Amen in der Kirche gewesen. Sie überstanden diese furchtbare Flutwelle – nur in der Kombüse hatte es gewaltig gescheppert. Nur zwei Stunden später gab's den nächsten Schrecken, als die „Estrella de Malaga“ plötzlich nach Steuerbord kränkte und gleichzeitig das Heck hochstieg: Den Bug umarmte ein Riesenkrake, dessen Fangarme auch sogleich über das Vordeck krochen – und auch jemanden fanden... Die Hauptpersonen des Romans: Philip Hasard Killigrew – kämpft mit seinen Männern gegen die Zeit, um Menschenleben zu retten. Araua – erweist sich als nützliche Dolmetscherin. Smoky –sein Zauberspruch lautet: „Siehst du eine Wasserleiche, schnell nach Westen hin entweichet“ Don Hernan de Alcaraz – der Capitan einer spanischen Kriegsgaleone legt sich mit Hasard an. Aztlan – der Inkanachfahre hat allen Grund, dankbar zu sein.
1. Als Luis Carrero das Bewußtsein wiedererlangte, hatte er sofort wieder die gräßliche Szene vor Augen. Saugarme schlangen sich um seinen Körper, ein grausiges Monstrum packte und würgte ihn. Aus den Tiefe der See stieg es empor, kroch an Bord der Karavelle und tötete und zerfetzte alles, was in seine Reichweite gelangte. Nie zuvor hatte Carrero, der sich für einen starken und mutigen Mann gehalten hatte, etwas Schrecklicheres erlebt - und nie zuvor hatte er den Tod so unmittelbar und deutlich vor Augen gehabt. „Nein!“ Sein Schrei gellte durch das Schiff. Er versuchte, sich loszureißen, aber es wollte ihm nicht gelingen. Das Ungeheuer entließ ihn nicht mehr aus seiner mörderischen Umklammerung, er war verloren. Schon öffnete sich das scheußliche Schnabelmaul, und er glaubte das Schmatzen zu vernehmen, mit dem
sich die Kiefer mahlend bewegten. Gleichzeitig betäubte ihn ein infernalischer Gestank. „Nein!“ Wieder ertönte der verzweifelte Schrei. „Verdammt noch mal, jetzt hab’ ich aber die Schnauze voll!“ drang eine dumpfe Stimme an Carreros Ohr - offenbar aus den Tiefen der Finsternis. Carrero verstummte und hob lauschend den Kopf. Er verspürte starke, hämmernde Schmerzen, aber er bemerkte jetzt, daß es nicht die Bestie war, die ihn gefangen hielt. Er war gefesselt, an Händen und Füßen. Da fiel ihm alles wieder ein. Er schlug die Augen auf und blickte sich in seinem Gefängnis um. Das finstere, übelriechende Loch, in dem das Bilgenwasser unter der Gräting schwappte - der Vorhof zur Hölle -, war sein Aufenthaltsort geworden. Hier würde er auch die nächsten Tage verbringen, vielleicht Wochen. Alles war möglich, und der Feind, der ihn als Geisel genommen hatte, war unberechenbar.
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Wer aber war der Sprecher gewesen? Carreros Atem ging heftig und unregelmäßig. Welche neuen, entsetzlichen Dinge erwarteten ihn an Bord dieses Höllenschiffes? Eine Faust hieb gegen das solide Schott der Vorpiek. „He! Halt gefälligst das Maul, Carrero! Du hast schon genug -geheult, verstanden?“ „Was ist los ?“ fragte Carrero verwirrt. Der andere hatte englisch gesprochen, und Englisch verstand er nicht, kein Wort. „Los ist alles, was nicht angebunden ist“, sagte Matt Davies an der anderen Seite des Schotts, diesmal auf spanisch. Er hatte den zweiten morgendlichen Wachtörn übernommen, aber er verspürte nicht die geringste Lust, sich von dem Spanier die Ohren vollschreien zu lassen. „Du zum Beispiel bist nicht los“, fuhr er fort. „Weil du angekettet bist.“ „Ich will raus hier“, sagte Carrero keuchend. „Diesem Wunsch, Senor, können wir leider nicht entsprechen“, sagte Matt Davies. „Ich möchte an Deck!“ „Zu welchem Zweck?“ „Zum Füße vertreten.“ „Ist vorläufig nicht drin“, sagte Matt gelassen. „Du stiftest zuviel Unruhe, Amigo. Und unser Profos hat keine Lust, dir dauernd was aufs Maul zu hauen. Das wird ja langsam langweilig.“ „Ich will den Capitan sprechen!“ „Der Capitan will dich aber nicht sprechen“, sagte Matt. „Und jetzt bitte Ruhe in der Piek, oder ich hole doch den Profos.“ Carrero verstummte. Die Schmerzen in seinem Kinn und in seinem ganzen Schädel erinnerten ihn wieder an die Handschrift dieses Kerls. Er fürchtete Carberry noch mehr als den schwarzhaarigen Teufel, der diese Mannschaft von Höllenbraten befehligte, und das wollte etwas heißen. Er versuchte, sich zu beruhigen, und atmete wieder etwas langsamer. Was war eigentlich los mit ihm, daß er sich derart aus der Fassung bringen ließ? Hatte er den Verstand verloren? Nein, das auf keinen
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Fall. Er war nur verwirrt und schockiert über all das, was sich bisher zugetragen hatte. Er war von Potosi aus aufgebrochen, um eine „glorreiche Expedition“ durchzuführen - und nun dies. Sein Sargento war tot, von einer Drehbassenkugel getroffen. Die neunundzwanzig Soldaten, die zu seinem Kommando gehört hatten, Vasquez und die Besatzung der „Santa Teresa“ waren ausgesetzt worden, ebenso die sechs Bluthunde, die er bei sich gehabt hatte, um Indios zu jagen. Keine Jagd mehr, keine ausschweifenden Orgien mit den „Indianerhuren“ in der Kapitänskammer der „Santa Teresa“. Das alles konnte er vergessen. Mit einem Trick hatte ihn dieser vermeintliche „Don Esteban de Castellano“ an Bord der „Estrella de Malaga“ gelockt, hatte ihn ausgehorcht und dann festgenommen. Inzwischen wußte Carrero, was dieser schwarzhaarige Bastard vorhatte: Er wollte nach Potosi und dort den Cerro Rico, den „reichen Berg“, ausräumen und die spanische Krone um ihr Silber erleichtern. Carrero hatte versucht, diesen Kerl irrezuführen - mit einer falschen Skizze. Es war ihm nicht gelungen. Sie hatten ihn durchschaut, alle. Zweimal hatten sie ihm angedroht, ihn an der Rah aufzuknüpfen, beim zweitenmal hatten sie es um ein Haar wahrgemacht. So hatte er, Carrero, keine andere Wahl mehr gehabt. Er hatte ihnen alles beichten müssen, was er über Potosi wußte. Er, der Oberaufseher der Silberminen! Ausgerechnet ihm mußte das passieren! Wenn Don Ramon de Cubillo, der Provinzgouverneur von Potosi, das jemals erfuhr und ihn in seine dicken Finger bekam, hatte er verspielt. Aber was konnte er noch unternehmen, um sich mit eigener Kraft aus seiner hoffnungslosen Lage zu befreien? Nichts er war ihnen ausgeliefert auf Gedeih und Verderb. Es gab keine Fluchtmöglichkeit. Er hatte es versucht, Araua an sich zu reißen und als Geisel zu benutzen, aber auch das war mißglückt.
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Überhaupt, Glück und Pech standen im krassen Mißverhältnis zueinander. Er hatte sich als Held und Sieger gefühlt, als er mit der „Santa Teresa“ Arica verlassen und die Küste nordwärts nach Indios abgeforscht hatte. Immerhin hatte er auch schon an die zweihundert zukünftige Sklaven für Potosi in den Laderaum pferchen lassen. Dann aber war dieser schwarzhaarige Hundesohn aufgetaucht, der ihm mit seiner „Estrella de Málaga“ und der „San Lorenzo“ etwas vorgegaukelt hatte. Carrero hätte sich selbst ohrfeigen können. Warum hatte er die Falle nicht rechtzeitig genug durchschaut? Vielleicht war er durch die „Hundegeschichte“ abgelenkt gewesen. Der Korsar - der Teufel sollte ihn holen - hatte nicht erlauben wollen, daß Philipp, der Bluthundrüde, mit einem Bootsmannsstuhl an Bord der „Estrella“ gehievt wurde. Dort befand sich bereits ein anderer Hund - eine Wolfshündin namens Plymmie. Später hätte Carrero gern eine Wette abgeschlossen und die Hunde gegeneinander kämpfen lassen, aber auch das hatte der Schwarzhaarige abgelehnt. Was danach geschehen war, spottete jeder Beschreibung. Sie hatten ihn festgenommen und eingesperrt und die Indios befreit. Später war die „Santa Teresa“ versenkt worden. Basta - und Don Ramon de Cubillo würde vergebens auf die dringend benötigten Sklaven warten. Am allerschlimmsten aber war die Tatsache, daß diese „englischen Hurensöhne“ ihn, Luis Carrero, den Oberaufseher und Günstling aller Frauen, als Führer von Arica nach Potosi benutzen wollten. Es war so ungeheuerlich, daß Carreros Verstand sich der Tatsache verschloß. Aber konnte er sich auflehnen? Würde er den heroischen Entschluß fassen, sich lieber töten zu lassen als einzuwilligen? Er wußte schon jetzt, daß er sich beugen würde. Diese Kerle waren zu allem fähig, das hatten sie ihm bereits bewiesen. Und er hatte weniger Widerstandskraft, als er von sich selbst geglaubt hatte.
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Sie waren allesamt Satansbraten, von dem Schwarzhaarigen bis hin zu dem Kerl mit der Eisenhakenprothese, der gerade vor dem Vorpiekschott Wache hatte. Sie hatten einen Nigger dabei und das Indianermädchen, und drüben, auf der „San Lorenzo“, schien es auch einige Franzosen zu geben. Ein kunterbunter Haufen also -und hinzu kam noch das viele Viehzeug, das sie sich hielten. Ein Affe war da, ein Papagei und Hühner, die immer für irgendwelchen Aufruhr zu sorgen schienen. Carrero war sicher, einer Meute gemeingefährlicher Wahnsinniger in die Hände geraten zu sein. Das fatale war, daß er Angst vor ihnen hatte. Aber durch Heimtücke und List würde er es vielleicht doch noch schaffen, sie hereinzulegen. Es lohnte sich, darüber nachzudenken. Er lehnte sich mit dem Rücken gegen die Wand, schloß die Augen und grübelte herum. Allmählich ließen die Schmerzen wieder nach. Er konnte klar denken. Engländer, sagte er sich im stillen, wir rechnen noch miteinander ab. Matt Davies, der draußen auf dem Gang vor dem Schott hockte, dachte: Bilde dir bloß nicht ein, daß du uns hinters Licht führen kannst, du Drecksack! Wir passen auf dich auf! In der Tat: Selten war ein Gefangener besser bewacht worden als dieser Luis Carrero. „Der Mann ist wie Gift“, hatte der Seewolf gesagt, und damit hatte er nicht im geringsten übertrieben. * Es war ein sonniger und recht warmer Tag, der 19. November 1594. Die „Satansbraten“ und „Galgenstricke“, wie Carrero sie nannte, standen auf den Decks ihrer beiden „Leihschiffe“ und beratschlagten, was als nächstes zu tun sei. „He!“ sagte Hasard plötzlich und trat an die Schmuckbalustrade des Achterdecks der „Estrella de Malaga“. „Wer hat denn da eben geschrien?“
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„Wer wohl“, entgegnete Smoky vom vorderen Bereich der Kuhl. „Carrero natürlich.“ „Aber Matt hat ihm eben wärmstens empfohlen, die Schnauze zu halten, Sir!“ rief Batuti. „Gut so“, sagte der Seewolf und wandte sich wieder seinen Männern auf dem Achterdeck zu: Ben Brighton, Dan O'Flynn, Big Old Shane, Ferris Tucker und Pater David. Auch Araua war zur Stelle und lauschte, wie die Männer sich unterhielten. „Es könnte soweit alles ganz gut sein“, sagte Ferris Tucker. „Wenn der verdammte Wind nicht wäre!“ „Und der Perustrom“, sagte Shane. „Den hast du wohl vergessen, was?“ „Es ist mal wieder alles wie verhext“, sagte Dan. „Hör auf“, sagte Ferris. „Fang damit gar nicht erst an. Von Geistern und Ungeheuern will ich nichts hören, klar?“ „So war das auch nicht gemeint“, erklärte Dan frostig. „Umso besser“, sagte Hasard und grinste. „Dann vergiß es.“ Der bisherige Südwind hatte gedreht und wehte nun in etwa aus Südosten. Er strich also an der Küste entlang nordwestwärts. Folglich hatten die „Estrella de Malaga“ und die „San Lorenzo“ unter dem Kommando von Jean Ribault den Perustrom und den Wind gegenan - und der Wind war sogar ziemlich „happig“, wie Ben soeben, bemerkt hatte. Sie befanden sich zu diesem Zeitpunkt auf dem Kreuzschlag ostwärts über Backbordbug auf die Küste zu. Immer wieder spähte Hasard zum Land. Er hatte Bill, der zur Zeit den Ausguckposten im Großmars versah, auch die Anweisung gegeben, nach einem entsprechenden „Plätzchen“ Ausschau zu halten. „Nochmals“, sagte Hasard. „Ich bin fest entschlossen, die Culverine auf der ,San Lorenzo` so bald wie möglich zu ersetzen.“ „Wenn der verdammte Krake die Kanone bloß nicht mitgenommen hätte“, sagte Shane. „Aber, ich weiß ja, daran läßt sich nichts mehr ändern.“
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„Wobei immer noch die Frage offen bleibt, was das Tierchen mit der schönen Kanone wollte“, sagte Dan grinsend. Er wollte noch etwas hinzufügen, aber Ferris blickte ihn schon wieder drohend an. Deshalb hielt er doch lieber den Mund. „Also gut“, sagte Ben. „Die Sache mit der Culverine sollte wohl nicht aufgeschoben werden.“ „Die ,San Lorenzo' muß voll einsatzfähig sein“, sagte der Seewolf. „Vielleicht ist es gerade diese Culverine, die ersetzt werden muß, welche das nächste Gefecht entscheidet.“ Shane ließ einen zustimmenden Laut vernehmen, der wie ein Knurren klang. „Eben. Weiß man's denn?“ „Man hat schon Pferde kotzen sehen, mein Bester“, sagte Dan. „Walrösser auch“, sagte Ferris. „Das heißt Walrosse“, berichtigte ihn Dan. „Du willst dich heute wohl mit mir anlegen, wie?“ „Ganz und gar nicht.“ „Dann halt die Klappe und denk darüber nach, wie wir das mit der Culverine am besten lösen: „Indem wir die Küste anlaufen natürlich“, sagte Dan fröhlich, und der rothaarige Riese gab ein resigniertes Stöhnen von sich. „Was wir brauchen, ist eine geschützte kleine Bucht“, sagte Ben. „Und die werden wir früher oder später schon finden, keine Angst, Gentlemen.“ „Eher später“, sagte Pater David trocken. „Ich fürchte, mit der Umrüstung wird es noch etwas dauern.“ „Ich weiß, was du meinst“, sagte Hasard. „Unser Nachteil ist, daß wir die Küste immer nur auf dem Kreuzschlag zu ihr hin sehen, nicht wahr?“ „Ja, das ist doch ein erheblicher Nachteil.“ „Aber jetzt zum Beispiel kreuzen wir auf die Küste zu“, sagte Ferris. „Und wenn wir alle die Augen ordentlich aufsperren, entdecken wir schon noch eine Bucht, zur Hölle.“ „Ich habe den Eindruck, daß dir eine Laus über die Leber gekrochen ist“, sagte Dan. „Ganz ehrlich. Gib's zu, Ferris.“
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„Ist doch klar“, brummte der rothaarige Riese. „Bisher haben die Schläge über Backbordbug zur Küste nichts erbracht, ganz abgesehen von dieser elenden Kleckerei gegen Wind und Strom.“ „Da kann man schon ungeduldig werden“, pflichtete Shane ihm bei. „Und wir müssen uns dabei leider auch noch nach der ,San Lorenz« richten, die weniger Höhe als unser Kahn läuft.“ „Das ist aber nicht Jeans Schuld“, sagte Hasard. „Hab' ich auch nicht behaupten wollen“, sagte Shane. „Wenn er Höhe preßt, dann verliert die Galeone Fahrt“, sagte der Seewolf. „Das ist nun mal die alte Leier“, sagte Dan. „Und weniger Fahrt zu laufen, ist bei dem gegenansetzenden Perustrom gleichbedeutend damit, nahezu auf der Stelle zu stehen.“ „Scheißspiel!“ rief Carberry in diesem Moment auf dem Hauptdeck. „Wie lange soll das eigentlich noch so weitergehen?“ Hasard trat wieder an die Balustrade. „Spanisch sprechen, Ed! Vergiß nicht, wer wir sind!“ „Hier hört uns doch keiner, zum Henker!“ „Manchmal haben auch die einsamsten Klippen Ohren.“ „Ja, schon gut, Sir“, sagte der Profos und schob grimmig das Kinn vor. „Und in jeder Bucht können sich Wassergeister und Dämonen tummeln. Und Riesenkraken. Was? Wie?“ „Fängst du auch schon wieder damit an?“ fragte Roger Brighton. Es klang drohend. „Wir hatten doch vereinbart, keine dummen Sprüche mehr von uns zu geben, von wegen Aberglauben und so.“ „Und du hältst mich für dumm?“ „Nein, nur deine Sprüche.“ „Weißt du, was du mich kannst, Mister Brighton?“ „Ich kann es mir vorstellen, aber leider müssen wir beide darauf verzichten.“ Jetzt mußten sie beide lachen, und die Crew lachte mit. In der letzten Zeit hatte es nicht allzu viel zu lachen gegeben, wenn man von der Begegnung mit der Galeone der Komödianten einmal absah. Die
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Männer wurden allmählich immer gereizter, und es wurde höchste Zeit, daß die Sache mit der Culverine „bereinigt“ wurde, was im Grunde ja auch eine kleine Abwechslung und Erlösung von der nervtötenden Kreuzerei darstellte. Hasard und Ribault peilten - wie auch die Ausgucke auf beiden Schiffen - von nun an unablässig zum Land hinüber, das an dieser Stelle aus hohen und zerklüfteten Steilfelsen bestand. „Na, wie ist es denn?“ brummte der Seewolf. „Bietet sich da nicht etwas Günstiges an?“ „Es scheint so“, erwiderte Dan. Kurz darauf war er zu Bill in den Großmars aufgeentert und richtete sein Spektiv auf die Küste. „Ich hab' was erspäht!“ rief er. „Steuerbord voraus ist ein breiter Einschnitt!“ „Na, ist doch prächtig!“ rief der Profos. „Dann nichts wie hin!“ „Der Einschnitt scheint in eine fjordähnliche Bucht zu führen!“ meldete Dan. „Kurs auf die Bucht!“ befahl der Seewolf. „Sie könnte für unsere Zwecke geeignet sein!“ Sie konnten den Einschnitt mit der „Estrella“ und der „San Lorenzo“ gut anliegen und sogar etwas abfallen. Etwa eine Stunde später ankerten sie tatsächlich in einer abgeschirmten Bucht, die sich sackförmig nach dem Einschnitt öffnete, nach Südosten mehr, so daß sie in der Bucht von See her nicht zu entdecken waren. „So weit ist ja alles ganz gut und schön“, sagte Ferris, nachdem die Anker gesetzt waren. „Aber schaut euch mal an, wie diese Bucht aussieht!“ Sie hoben die Köpfe und blickten sich um. „Schlimm“, sagte der Seewolf. „Hier muß die Flutwelle des Seebebens voll hineingerast sein.“ „Reingedonnert ist sie“, sagte Carberry. „Und zwar mit voller Wucht.“ Ihre Stimmen hallten von den Felswänden wider und schienen einen metallischen, unwirklichen Klang zu haben. Alles wirkte ungewöhnlich ruhig und unheimlich, nicht
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einmal das Kreischen eines Seevogels erklang. „Hier is' es nicht ganz geheuer“, murmelte Batuti. „Wie bitte?“ sagte Blacky neben ihm. „Wie war das eben?“ „Wo keine Möwe schreit, da bleib nicht lange Zeit“, sagte Smoky mit finsterer Miene. „Hier wird schon wieder orakelt, was, wie?“ sagte Carberry. „Hört mal zu, ihr Affenärsche, wenn einer von euch den Teufel an die Bordwand malen will, kratzen wir ihn gemeinsam ab!“ „Der Einschnitt hat die Flutwelle zu elementarer Wucht gesteigert“, sagte der Seewolf und deutete auf die Felsen, die wie Mahnmale aufragten. „Und sie hat ziemliche Schäden angerichtet“, sagte Shane. „Felsbrüche und Einstürze - da oben sind ein paar Bäume ausgerissen, wenn mich nicht alles täuscht.“ „Und die Trümmer und Stämme schwimmen im Wasser“, sagte Pater David nachdenklich. „Ja, das sieht wirklich übel aus und gibt einem zu denken.“ „Ich wundere mich überhaupt, daß hier Bäume wachsen“, sagte Ferris. „Sie fristen ihr karges Dasein zwischen oder an den Felswänden“, sagte der Gottesmann. „Und ein bißchen Buschwerk gibt es auch. Genügsame Kreaturen des Herrn.“ „Wie bitte?“ fragte Shane verblüfft. „Auch Bäume sind Lebewesen“, erwiderte Hasard lächelnd. „Na ja, ist schon gut“, sagte der graubärtige Riese und kratzte sich etwas verwirrt im Nacken. Was war eigentlich los? Das Seebeben und die Begegnungen mit den Riesenkraken schienen einiges durcheinandergebracht zu haben, vor allem das seelische Gleichgewicht. Die Männer beider Schiffe blickten auf das Wasser der Bucht. Die Folgen der Flutwelle schwammen in der Bucht: Treibgut mit toten Fischen, Quallen und Krebsen.
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Plötzlich gewahrten sie auch das große Gebilde, das wie aufgespießt über einem Felszacken hing. Wie auf ein stummes Kommando hielten sie alle den Atem an. „Das kann doch nicht wahr sein“, sagte der Profos. „Es ist aber wahr“, sagte Jeff Bowie, der gerade neben ihm stand. „Das ist ein Krake.“ „Merde!“ ertönte es von Bord der „San Lorenzo“. Es war Montbars, der den Ruf ausgestoßen hatte. „Scheiße! Wir haben die Nase voll von den verdammten Biestern!“ „Montbars!“ rief Stenmark ihm zu. „Warum pullst du nicht hin und holst das Ungetüm von dem Felsen runter?“ „Lieber hacke ich mir ein Bein ab!“ „Davon rate ich ab“, sagte Dan. „Sprich bei Gelegenheit mal mit meinem Alten. Der klärt dich darüber auf, wie es ist, mit einem Holzbein herumzulaufen.“ Auch er blickte noch immer gebannt zu dem beachtlichen Krakenexemplar, dessen acht Fangarme leblos ausgespreizt waren. Irgendwer bekreuzigte sich hastig, und Pater David murmelte Worte, die wie ein Gebet klangen. Das war die Situation: Wenn die Männer der „Estrella“ an ihr letztes Abenteuer dachten, kriegten sie wirklich das Frösteln, denn nach wie vor hatte es den Anschein, als sei nicht alles so ganz mit rechten Dingen zugegangen. Den „Le Vengeurs“ an Bord der „San Lorenzo“ erging es nicht anders. Daß ein Krake ein Schiff in die Zange nahm und eine Culverine einfach „abräumte“ - das hatten auch die Hartgesottensten unter ihnen noch nicht erlebt. Aber wegen der fehlenden Culverine waren sie ja hier, und die Bucht schien genau der richtige Platz für das Vorhaben zu sein. 2. „Ich will euch mal was sagen“, erklärte der Seewolf. „Ich stehe im gewissen Sinne auf Stützen.“ „Das geht nicht nur dir so“, sagte Ben. „Ganz wohl ist auch mir nicht.“
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„Eben wegen des überstandenen Seebebens“, sagte Ferris. „Ich glaube, da denken wir wohl alle gleich.“ Hasard blickte ihn an. „Ich meine das so. Einerseits wird uns in dieser Bucht bestimmt niemand sichten, es sei denn, er steckt die Nase herein, was schon ein sehr großer Zufall wäre. Andererseits könnte es noch ein Seebeben geben.“ „Was durchaus möglich sein könnte“, sagte Pater David. „Es könnte wie das andere irgendwo weiter südlich entstanden sein.“ „Also, wenn das passiert, dann sitzen wir in dieser Bucht in einer mörderischen Falle“, sagte Dan. „Außerdem - hört doch mal!“ Jetzt vernahmen es alle: Der Wind aus Süden hatte zugelegt, er heulte und jaulte über die Felsen hinweg: „Ja“, brummt Shane. „Das wird noch ein feines Konzert. Es dürfte ein kleines Stürmchen geben.“ „Da liegen wir wiederum bestens geschützt“, sagte Hasard. „Aber auch fest.“ „Du kannst es drehen und wenden, wie du willst“, sagte Ben. „Was im Falle eines Sturmes Sicherheit bedeutet, stellt sich im Falle eines Seebebens als absolut tödliche Falle dar.“ Etwa an die sechs Yards hoch war die Flutwelle gewesen, der sie durch Hasards schnelle Reaktion entgangen waren. Sie hatten sie abgefangen, weil sie - mit beiden Schiffen -mit der Welle gelaufen waren. Anderenfalls hätte das Beben die „Estrella“ und die „San Lorenzo“ unweigerlich zum Kentern gebracht. „Hier muß die Welle noch höher gewesen sein“, sagte Hasard. „Sie hat den etwa zehn Yards breiten Uferstreifen unter sich begraben und ist mit zertrümmernder Gewalt fast in Kirchturmhöhe gegen die Felsen geprallt.“ „Mein Gott“, sagte Pater David. „Ein Segen, daß hier keine Menschen leben.“ „Sie wären jetzt längst nicht mehr am Leben“, sagte Shane. „Aber wo sollten sie auch gehaust haben?“ fragte Ferris. „Hier gibt es keine Möglichkeiten, sich Unterkünfte zu
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errichten. Der Uferstreifen wäre der denkbar ungünstigste Platz. Höchstens weiter oben, tiefer im Landesinnern, könnte ich mir Behausungen von Indios vorstellen.“ „Na gut“, sagte Hasard: „Und die können von dem Beben nicht in Mitleidenschaft gezogen worden sein. Die sind nur gefährdet, wenn es einen Sturm gibt. Los, wir haben schon genug Zeit verloren. Vorwärts, fangen wir mit der Arbeit an: Je schneller wir es hinter uns bringen, desto besser!“ So wurde die Übernahme der Culverine samt Lafette jetzt vorangetrieben. Die Männer der „Estrella“ fierten die Jolle an der Backbordseite des Schiffes ab, und mit Hilfe einer Talje und der Rahrute wurde zuerst das Rohr des 17pfünders. dann die Lafette aus dem Laderaum gehievt, ausgeschwenkt und in das Boot abgefiert. Sechs Männer pullten das Geschütz zur „San Lorenzo“ hinüber: Smoky, Ferris Tucker, Al Conroy, Roger Brighton, Jack Finnegan und Paddy Rogers. Ferris und Al sollten an Bord der Galeone mit beim Aufstellen und Festzurren der Kanone helfen. Zur Anbordnahme war auf der „San Lorenzo“ schon alles vorbereitet. Die Männer standen am Schanzkleid bereit. Jean Ribault gab nur ein paar knappe Anweisungen, als die Jolle eintraf, alles andere klappte reibungslos und mit der Routine mehr als hundertfach geübter Praxis. Die Männer arbeiteten hart und schnell, der Schweiß lief ihnen über die Gesichter. Mit vereinten Kräften hievten sie das Rohr und die Lafette auf das Hauptdeck der Galeone, senkten das Rohr auf die Lafette, bis die Schildzapfen festsaßen, und rückten die Culverine zurecht. Sie sprachen kein Wort und versahen mit fast verbissenem Eifer ihr Werk. * Eine Stunde später stand die Culverine, verzurrt und mit Brooktauen versehen, an ihrem Platz auf der Backbordseite der
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Kuhl. Die Männer richteten sich auf und wischten sich den Schweiß von der Stirn. Es gab eine Extraration Branntwein. Eric Winlow erschien auf Ribaults Order hin mit einer dickbauchigen Flasche und Mucks. „Na dann!“ rief Ribault beim Umtrunk. „Auf ein gutes Gelingen!“ „Was soll denn noch gelingen?“ fragte Paddy Rogers, begriffsstutzig wie immer. „Potosi“, erwiderte Jack Finnegan lakonisch. „Ach, Potosi“, brummte Paddy. „Das ist noch weit weg. Und wenn ich daran denke, daß wir so viele Meilen querfeldein marschieren müssen, wird mir ganz anders.“ „Daß du nicht so gern läufst, wissen wir“, sagte Ferris. „Aber denk doch mal an das viele Silber.“ „Und an die Spielhöllen von Potosi, wo man es gleich wieder verpulvern kann“, sagte Karl von Hutten lachend. „Ich denk' bloß an den Spanier, diesen blöden Hammel“, brummte Paddy. „Wenn der uns unterwegs wegläuft, haben wir alle Dons am Hals.“ „Carrero läuft nicht weg“, sagte Ribault. „Er ist ausgesprochen gefährlich, das weiß auch ich. Aber wir werden schon auf ihn aufpassen. Hast du kein Selbstvertrauen mehr, Mister Rogers?“ „Kein was? Ach, mir geht's gut.“ Die Männer lachten, nur Paddy und Gordon McLinn lachten nicht mit. Sie tranken lieber schnell noch eine Muck voll Brandy, dann war es McLinn, der Paddy beiseite nahm. „Hör mal“, sagte er. „Hast du eine Ahnung, über was die lachen?“ „Nein, weiß ich nicht.“ „Lachen die über dich?“ „Über mich doch nicht.“ „Dann möchte ich mal wissen, was es zu lachen gibt“, sagte Gordon McLinn. Diesem einzigartigen Dialog hatten alle gelauscht, und wieder wurde reihum gegrinst. Aber man mußte sich schon Mühe geben, die Stimmen der beiden „Schnelldenker“ noch zu verstehen, denn in der Zwischenzeit hatte der Sturm
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draußen weiter zugelegt und orgelte am Eingang der Bucht vorbei. „Nun hört euch das an“, sagte Pater David an Bord der „Estrella de Málaga“. „Liegen wir hier nicht wie in Abrahams Schoß?“ „Von diesem Abraham weiß ich nichts!“ brüllte Carberry, der gerade am Backbordniedergang des Achterdecks stand. „Aber das mit dem Schoß stimmt!“ „Du denkst wohl schon wieder an deine Mariana, was?“ rief Dan. „Was hat Mariana mit der Bucht zu tun, du Rüsselrochen?“ „Nicht mit der Bucht, sondern mit dem Schoß!“ „Blödsinn!“ rief Carberry. „Quatsch kein dummes Zeug, Mister O'Flynn, und halt dein Brabbelschott!“ „Aye, Sir.“ „Das schönste ist, daß wir dem Sturm was husten können“, sagte Shane auf dem Achterdeck. „Ja, wenn es keine Seebeben mit Flutwellen gäbe“, meinte Ben. „Mußt du damit wieder anfangen?“ „Hast du schon mal darüber nachgedacht, was es mit diesen Seebeben auf sich hat?“ fragte Ben. „Zur Hölle, nein! Und ich will es auch nicht!“ „Keiner weiß, wie sie entstehen“, sagte der Seewolf. „Auch der gelehrteste Mann nicht. Es gibt keine wissenschaftliche Erklärung dafür.“ „Was gibt es nicht?“ brüllte Carberry. „Keine wissenschaftlichen Erklärungen!“ schrie Dan. „Sollst du nicht deinen Sabbel halten?“ „Ich antworte, wenn ich was gefragt werde, Sir!“ „Und du mußt immer das letzte Wort haben, wie?“ „Ich halte mich nur an die Höflichkeitsregeln“, sagte Dan. „Kutscher!“ brüllte der Profos, daß die Masten wackelten. „Komm mal her, mein Alter!“ Der Kutscher befand sich gerade auf der Kuhl, er war im Begriff, das Kombüsenschott zu öffnen. Jetzt wandte er den Kopf.
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„Was ist denn los?“ fragte er verwundert. „Herkommen sollst du! Hast du Tang in den Ohren?“ Der Kutscher ging zu Carberry, und dieser brüllte: „Wir brauchen wissenschaftliche Erklärungen, klar?“ „Für was?“ „Für was?“ Carberry sah zu Hasard, Dan, Ben, Shane und Pater David, die ihn ihrerseits amüsiert musterten. „Ja, für was denn eigentlich?“ „Na, für das Seebeben“, erwiderte Hasard. „Ach so, ja“, Carberry blickte wieder den Kutscher drohend an. „Nun mal raus mit der Sprache! Wer macht so was? Wie entstehen diese verfluchten Beben?“ „Das weiß keiner“, sagte der Kutscher. „Du bist wohl nicht ganz dicht? Du kannst doch lesen und hast in allen. möglichen Büchern rumgeschnüffelt!“ „Das tue ich immer noch!“ „Und da steht nichts über die Beben drin?“ „Doch, aber es gibt keine Möglichkeit, die Ursachen zu klären“, entgegnete der Kutscher. „Wahrscheinlich kommt das Ganze tief aus dem Inneren der Erde.“ „Und wie sieht's da aus, im Inneren?“ „Auch das ist durch die Bücher noch nicht belegt“, sagte Pater David, um dem Kutscher Hilfe zu leisten. „Schließlich hat noch keiner nachgesehen, wie es dort unten aussieht, Edwin.“ Carberry fixierte ihn aus schmalen Augen, und sein Narbengesicht nahm einen etwas verschlagenen Ausdruck an. „Du müßtest es aber wissen. Da ist doch die Hölle, da unten, nicht?“ „Ja.“ „Und das Fegefeuer, was?“ „So steht es in der Bibel.“ „Klar, und die Bibel ist auch ein Buch.“ Carberry rieb sich die Hände. „Jetzt hab' ich's. Feuer - und Schießpulver! Da unten finden Explosionen statt, als wenn man tausend Siebzehnpfünder gleichzeitig abfeuert.“ „Und kleine, grüne Teufelchen heizen die Glut unter den Kesseln an, in denen Leute wie du schmoren“, sagte Dan. „Hab' ich dich was gefragt?“
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„Nein, Sir.“ „Also: Maul halten! Verarschen kann ich mich auch selbst.“ Der Profos blickte von Pater David zum Kutscher und wieder zu dem Gottesmann. Das Thema schien ihn wirklich zu fesseln. „Ist es so, wie ich sage? Heraus mit der Sprache!“ „Explosionen könnten eine Erklärung sein“, sagte der Kutscher. „Vielleicht existieren unterirdische Vulkane“, meinte Pater David. „Ja“, sagte der Kutscher. „Darüber habe ich auch schon nachgedacht. Möglich wäre, daß das gesamte Erdinnere flüssig ist und wir uns lediglich auf der dünnen, erkalteten Kruste bewegen.“ Carberrys Kinnlade klappte nach unten. „Dir geht's wohl nicht gut, was? Das wäre ja gefährlich! So, als ob man ständig auf einem Pulverfaß sitzt!“ „Theoretisch wäre das denkbar“, sagte der Gottesmann. „Allerdings steht vieles, was die Entstehung unserer Mutter Erde betrifft, im Widerspruch zu der Schöpfungsgeschichte der Bibel.“ „So?“ brummte Carberry. Sein Interesse hatte nachgelassen, die Sache war ihm nicht mehr geheuer. „Na ja, kann schon sein. Ist mir auch egal.“ Er marschierte davon und rieb sich den Nacken. Flüssige Erde, dachte er, so ein Quatsch. „Fest steht das eine“, sagte der Kutscher zu Pater David und den anderen. „Wo ein solches Naturereignis - ähnlich wie ein Erdbeben -einmal aufgetreten ist, da kann es sich auch wiederholen.“ „Und wahrscheinlich ist man dann auf See besser aufgehoben als in dieser Bucht“, sagte der Gottesmann. „Darauf, mein lieber David, kannst du gewissermaßen Gift nehmen“, sagte der Seewolf. „Aber das trifft eben nur zu, wenn kein Sturm herrscht, der auch zum Orkan werden kann.“ Wieder lauschten sie dem Tosen und Heulen des Windes und dem Rauschen und Brausen der Fluten, das von See her ertönte. Ja, Hasard hatte mit seinen Worten nicht unrecht: Aus diesem Sturm konnte sehr leicht ein Orkan werden.
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Inzwischen waren die sechs Männer der Jolle wieder in ihr Boot abgeentert, legten von der Bordwand der „San Lorenzo“ ab und pullten zurück zur „Estrella de Malaga“. Paddy Rogers dachte immer noch darüber nach, warum gelacht worden war, aber er wurde abgelenkt, denn Jack griff plötzlich nach seinem Unterarm. „Mann, sieh mal da!“ Paddy geriet mit dem Pullen aus dem Takt, sein Riemen stieß mit dem von Smoky zusammen. „He!“ sagte Smoky. „Was ist bei dir los? Hast du einen Hirnriß?“ „Ich doch nicht“, erwiderte Paddy etwas verstört. „Da“, sagte jetzt auch Ferris. „Da vorn ist etwas!“ „Ein Tangfeld“, sagte Al Conroy. „Na und? Das ist nach einem Seebeben doch wohl ganz normal.“ „Auch sonst“, sagte Roger Brighton. „Aber da schwimmt noch was drin!“ sagte Smoky. „Ich kann's jetzt genau erkennen.“ Er pullte als Backbord-Schlagmann und beugte sich in diesem Moment weit nach links über den Dollbord, um etwas Genaueres erkennen zu können. Nur wenige Augenblicke später passierte die Jolle das losgerissene, treibende Tangfeld. Die Männer bekreuzigten sich unwillkürlich und stießen entsetzte Laute aus. Die Entdeckung war wahrhaftig grausig -mitten in dem Tang befand sich eine menschliche Leiche. „Eine Wasserleiche“, sagte Ferris Tucker. „Hölle! Das hat uns noch gefehlt.“ „Los, weiterpullen“, sagte Jack Finnegan. „Nichts wie weg hier.“ „Hört mal zu“, sagte Al Conroy. „Wäre es nicht unsere Pflicht, die Leiche zu bergen?“ „Du spinnst wohl?“ fuhr Smoky ihn an. „Die kann vergiftet sein! Die Pest können wir uns wegholen!“ „Hölle und Teufel“, murmelte Paddy Rogers. „Wir sind wirklich vom Pech verfolgt. Das ist ein böses Zeichen.“
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„Ein Omen“, sagte Smoky heiser. Sie waren hartgesottene, salzgewässerte Rauhbeine, jawohl, aber nach diesen Krakenmonstern, die an Bord stiegen, nun auch noch ein grünes Wesen von menschlicher Gestalt, das unmittelbar an ihrem Boot vorbeitrieb - das ging wirklich aufs Gemüt. Am unbehaglichsten war es in diesem Moment wohl Smoky zumute, der ohnehin für jede Art von Aberglauben und auch für Old Donegal Daniel O'Flynns Spinnereien ein stets offenes Ohr hatte. „Siehst du eine Wasserleiche, schnell nach Westen hin entweiche“, murmelte er und blickte aus geweiteten Augen auf das Tangfeld. „Was war denn das für ein dämlicher Spruch?“ fragte Roger Brighton. Smoky wiederholte den Reim, aber diesmal war es Ferris, der wütend wurde. „Red keinen Stuß, Smoky! Was soll der Blödsinn? Wenn da einer von uns als Leiche rumschwimmen würde, würden wir auch nicht abhauen!“ „Sag so was nicht! Beschwör es nicht!“ „Westen ist außerdem Quatsch!“ fuhr der rothaarige Riese aufgebracht fort. „Da tobt der Sturm, oder hast du das schon wieder vergessen?“ „Hab' ich nicht!“ rief Smoky, seinerseits nun ebenfalls zornig geworden. „Aber hier geht es mal wieder nicht mit rechten Dingen zu, das schwöre ich dir! Du kannst dich von mir aus auf den Kopf stellen - die Wasserleiche bringt uns Unglück!“ „Was ist los?“ rief ihnen Hasard von Bord der „Estrella“ aus zu. „Hier schwimmt 'ne Wasserleiche!“ brüllte Roger Brighton. „Wir wissen nicht, in welchem Zustand sie sich befindet!“ schrie Ferris. „Handelt es sich um Mann oder Frau?“ wollte der Seewolf wissen. „Ist nicht zu erkennen!“ rief Roger zurück. „Ich schlage vor, die Leiche treiben zu lassen!“ schrie Jean Ribault. „Wir sollten sie eigentlich bestatten“, sagte der Seewolf. „Aber das birgt sicherlich einige Risiken. Kutscher, was meinst du?“
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Der Kutscher stand nicht weit entfernt auf der Kuhl der „Estrella“ und erwiderte: „Die Gefahr, sich eine Ansteckung, eine Infektion, wegzuholen, ist sehr groß. Wir wissen nicht, wie lange dieser Fremde schon tot ist. Im Interesse unserer Crews sollten wir davon absehen, die Leiche zu berühren.“ „Die Leiche treiben lassen!“ rief Hasard. „Aye, Sir!“ schallte es aus dem Boot zurück. Pater David schlug das Zeichen des Kreuzes und sagte: „Wer immer dieses Menschenkind gewesen ist, Gott sei seiner armen Seele gnädig.“ „Vielleicht war's ein Don“, sagte Ferris, der der Leiche ebenfalls mit einem unguten Gefühl nachblickte. Geheuer war sie ihm ebenfalls nicht, soviel stand fest. „Nein, kein Don“, widersprach Roger. „Ich sehe keinen Helm und keinen Brustpanzer.“ „Die könnte er verloren haben“, sagte Jack Finnegan. „Nicht den Brustpanzer“, sagte Al Conroy. „Es könnte auch ein Fischer oder so gewesen sein“, sagte Ferris. „Oder ein Eingeborener.“ „Das ganze Herumrätseln nutzt uns nichts“, sagte Smoky. „Welchen Sinn hat es?“ Sie schwiegen und pullten zur Karavelle zurück. Nachdem sie an Bord geentert waren und die Jolle hochgehievt und binnenbords geschwenkt hatten, stellte Hasard Ferris ein paar genauere Fragen. „Ferris, wie ist es möglich, daß man nicht erkennen konnte, ob es sich um eine Frau oder einen Mann handelt?“ „Die Leiche ist über und über mit Tang behangen.“ „Und sie wirkt wie ein Meeresfabelwesen!“ rief Smoky. „Ruhe!“ schrie Carberry. „Hat dich jemand gefragt?“ „Die Sache läßt mir keine Ruhe“, sagte der Seewolf. „Ich finde, es ist unsere Pflicht, sie an Land zu ziehen. Wir brauchen sie dabei ja nicht zu berühren.“ „Ja, das meine ich auch“, sagte Pater David aufatmend.
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„Ihr seid ja verrückt“, sagte Smoky, aber er verstummte sofort wieder und biß sich auf die Unterlippe. Schließlich war auch er kein Unmensch. Hatte nicht jeder Tote das Anrecht auf ein christliches Begräbnis, egal, wer er gewesen war? Hatten sie nicht schon Todfeinde bestattet, damit sie eine letzte Ruhestätte fanden? Irgendwie, so fand Smoky plötzlich, hatte er allen Grund, ein schlechtes Gewissen zu haben. Und nicht nur ihm ging es so, auch den anderen. 3. Die Jolle schwebte noch über Deck. „Wieder abfieren!“ rief Hasard seinen Männern zu. „Ich sehe mir die Leiche selber an!“ Er sah selbst ein, daß er einen Fehler begangen hatte. War denn plötzlich alles verhext und verdreht? „He!“ schrie Jean Ribault vom Achterdeck der „San Lorenzo“. „Bist du noch bei Trost?“ „Durchaus!“ entgegnete Hasard. „Und unter Christenmenschen ist es nicht üblich, Leichen im Wasser treiben zu lassen, verdammt noch mal!“ „Eben hast du noch anders gedacht!“ „Ich auch“, sagte der Kutscher leise und kratzte sich am Kopf. „Stehen wir etwa unter einem Bann?“ „Nee, wir sind bloß ziemlich durchgedreht wegen der Scheißkraken“, sagte der Profos. „Das ist es. Wir wissen bald nicht mehr, wo Backbord und Steuerbord ist.“ Die Jolle wurde inzwischen wieder abgefiert. Ferris hatte ein betretenes Gesicht. Er sah ein, daß auch er sich falsch verhalten hatte. Und wieso glaubten plötzlich alle, daß es spukte? „Smoky“, sagte er. „Komm mir nie wieder mit so blöden Sprüchen.“ „Schiebst du mir jetzt die Schuld in die Stiefel?“ „Das will ich nicht sagen. Ich will nur keine Sprüche mehr hören, von wegen nach Westen abhauen“, sagte Ferris wütend. „Bölk mich gefälligst nicht so an!“ „Wer bölkt denn? Ich vielleicht? Nein, du!“
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„Und du hast Sägespäne im Gehirn!“ „Nein, du!“ schrie der rothaarige Riese. „Aufhören”, sagte Hasard, der mittlerweile das Achterdeck verlassen hatte und auf die Kuhl trat. „Das führt zu nichts, wenn wir uns gegenseitig in die Haare geraten. Versucht mal, euch nicht ins Bockshorn jagen zu lassen. Denkt gefälligst nüchtern.“ „Aye, Sir“, sagten die Männer. „Wer meldet sich freiwillig für das Bergungsunternehmen?“ Pater David, Gary Andrews, Stenmark, Matt Davies, Jeff Bowie und Nils Larsen waren sofort dabei. Auch die anderen hoben die Hände, aber sechs Mann genügten Hasard. „Gut“, sagte er. „Wir nehmen Spaten mit. Wir ziehen die Leiche mit Bootshaken an Land. Die Haken werden später gereinigt und abgefackelt, damit keine Gefahr besteht.“ „Auch das ist eine gute Idee“, sagte der Kutscher. Hasard enterte als erster in die Jolle ab, die anderen folgten ihm. Sie legten ab und pullten zu der Leiche, die sich mit dem Tangfeld inzwischen fast dem Ausgang der Bucht genähert hatte. Allerdings bestand nicht die Gefahr, daß sie auf die offene See geriet - von draußen drückte der heulende Sturm gegen den Felseneinschnitt. Das Tangfeld dümpelte an ihm vorbei und schob sich in den südlichen Bereich der Bucht. Rasch hatten der Seewolf und seine Begleiter das Feld erreicht, und Hasard stand im Bug mit einem Peekhaken bereit. Er ließ bis in das Feld pullen, dann schwenkte er die Stange mit dem Haken weit voraus und berührte die Leiche. Er konnte sie fassen und zog sie ein Stück an das Boot heran. Sie drehte sich wie von selbst im Wasser auf den Rücken, der Tang schien sich wie durch Zauber aufzulösen, ein blasses Gesicht war zu erkennen. Matt Davies stöhnte unwillkürlich auf. „Mann, reiß dich zusammen!“ sagte Nils Larsen. „Das tu' ich doch.“
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„Die Leiche hat noch nicht lange im Wasser gelegen“, sagte Hasard. „Höchstens einen Tag. Der Verwesungsprozeß hat noch nicht eingesetzt.“ „Umso besser“, sagte Pater David. „Es ist eine Frau, wenn mich nicht alles täuscht.“ „Ja“, sagte der Seewolf. „Eine Indio-Frau.“ „Meine Güte“, sagte Gary Andrews betroffen. „Was für ein schreckliches Ende. Wie konnte das passieren?“ „Das Seebeben hat die Schuld“, sagte Stenmark. „Darauf gehe ich jede Wette ein.“ „Ich auch“, sagte Hasard. „Wie das alles zusammenhängt, können wir vielleicht noch klären. Jetzt laßt uns die Leiche erst mal zum Ufer schaffen.“ „Ist bei euch alles klar?“ rief Ben Brighton von der „Estrella“. „Ja!“ schrie Hasard zurück. „Es handelt sich um eine tote Indio-Frau!“ „Hasard!“ schrie Jean Ribault. „Was hast du vor?“ „Ich will sie begraben, verdammt noch mal!“ „Soll ich euch ein Stück Segeltuch bringen?“ „Wir holen es gleich, danke!“ rief Hasard zurück, und dann mußte er doch ein bißchen lächeln. Ribault wurmte es auch, was er vorhin gesagt hatte. Das bewies wieder ein- mal, daß sie eben doch alle aus ein und demselben Holz geschnitzt waren: rauh, aber mit einem weichen Kern. Und das ist gut so, dachte der Seewolf. * Zu diesem Zeitpunkt ging Bill die Gefangenenwache bei der Vorpiek. Er hatte die Rufe vernommen und machte sich einige Gedanken, was die Herkunft der fremden Indiofrau betraf. Hatte sie gar an der Bucht gewohnt? Wie? Unter welchen Bedingungen? Nun, es würde sich vielleicht noch herausstellen. Plötzlich ertönte aus der Vorpiek die Stimme von Luis Carrero. „He, hallo hörst du mich?“
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Bill gähnte gelangweilt. „Ja. Aber ich kann dir gleich noch einmal die Befehle des Kapitäns mitteilen: Kein Füßevertreten an Deck, kein Lösen der Ketten, keine Vergünstigungen, keine Extrawürste. Das ist alles.“ „Das ist unmenschlich.“ „Seit wann redest du von Menschlichkeit?“ „Ich bleibe in diesem Loch?“ „Vielleicht für immer“, sagte Bill. „Was geht dort draußen vor?“ fragte Carrero. „Das hast du doch selbst gehört.“ „Ich verstehe die englische Sprache nicht. Ich habe nur Indio begriffen. Sind dort Indios?“ „Eine Frau.“ „Was habt ihr mit ihr vor?“ Bill blickte zu dem Schatten, der sich ihm näherte. Er erkannte, um wen es sich handelte, und seine Züge hellten sich auf. Über diese Art von Besuch freute er sich immer. „Nichts Besonderes, glaube ich“, entgegnete er. „Und jetzt halt deinen Mund, Carrero.“ Carrero lachte höhnisch auf. „Indioweiber taugen nur für einen Zweck, wenn sie nicht zu häßlich und zu alt sind!“ „Halt's Maul!“ „Ich könnte euch in diesem Punkt einige Ratschläge geben.“ „Die Frau ist tot. Carrero. Unsere Leute wollen sie jetzt an Land bestatten.“ „Nur ein toter Indio ist ein guter Indio, aber es ist irre, ihn auch noch einzugraben.“ „Wir sind nun mal irre“, sagte Bill. „Du solltest dich allmählich daran gewöhnt haben. Wir haben mit dir auch noch etwas Irres vor.“ „Ihr behandelt diese wilden Affen, diesen Dreck, wie Menschen!“ brüllte Carrero. „Das ist gegen Gott und die Bibel! Sie sind geboren, um für Spanien zu arbeiten!“ „Deine Ansichten interessieren mich nicht“, sagte Bill. „Und versündige dich nicht. Jeder Mensch verdient es, wie ein Mensch behandelt zu werden, ganz gleich, welcher Hautfarbe er ist.“
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„Dieses Land wird erst dann spanisch sein, wenn die roten Hunde alle ausgerottet sind“, sagte Carrero. „Aber das kann ein Narr wie du nicht begreifen.“ „Araua kann es auch nicht begreifen“, sagte Bill. „Sie steht hier neben mir. Du erinnerst dich? Das Indianermädchen. Die Tochter unseres Kapitäns. Sie fragt mich, ob sie dich ein wenig mit ihrem Messer behandeln soll.“ Carrero verschluckte sich und begann zu husten. Damit hatte er nicht gerechnet! Welcher Teufel ritt ihn, daß er sich zu solchen Äußerungen hatte verleiten lassen? Hatte er doch den Verstand verloren? „Du empfängst deine verdiente Strafe noch, Spanier-, sagte Araua. „Alles, was du meinen Brüdern und Schwestern angetan hast, wird sich rächen. Verlaß dich drauf.“ „Fahr zur Hölle!“ schrie Carrero. „Araua, ich öffne jetzt das Schott“, sagte Bill. „Aber paß auf, daß du nicht zu tief stichst. Er muß am Leben bleiben.“ „Er wird am Leben bleiben“, sagte Araua. „Aber er wird schreien, gräßlich schreien.“ „Nein, nein!“ brüllte Carrero wie von Sinnen. „Das dürft ihr nicht!“ Bill öffnete das Schott. Araua stand im Halbdunkel da. Sie hielt tatsächlich ein blitzendes Messer in der rechten Hand aber nur, um den Kerl abzuschrecken und nachhaltig einzuschüchtern. „Nein!“ kreischte Carrero. Er versuchte, zurückzuweichen, aber die eisernen Fesseln hielten ihn fest. „Tu's nicht! Ich will nicht sterben!“ „Du hast es nicht verdient, zu leben“, sagte sie. „Ich flehe dich an - tu's nicht!“ „Vielleicht tut es ihm leid, was er gesagt hat“, sagte Bill. „Na, wie ist es, Carrero?“ „Ja. Es tut mir leid.“ „Und du nimmst alles zurück?“ „Ja, ja.“ „Das nutzt doch nichts“, sagte Araua. „Eine Ratte wie er wird auch weiterhin wie eine Ratte denken.“ „Was soll's?“ sagte Bill. „Ich finde, es lohnt sich nicht, daß wir uns unsere Finger an ihm beschmutzen.“
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„Vielleicht hast du recht“, sagte sie. „Aber wenn ich noch einmal so etwas von ihm höre, garantiere ich für nichts mehr.“ Bill warf das Schott wieder zu und schob den Riegel vor. Carrero lehnte sich mit dem Rücken gegen die Wand. Der kalte Angstschweiß war ihm ausgebrochen. Er hatte fürchterliche Angst, sein Herz hämmerte bis in den Hals hinauf, sein Atem ging jagend. Er konnte seine Angst riechen. Ich stinke, dachte er, Herrgott, und wie ich stinke! Araua nickte Bill nur knapp zu, dann entfernte sie sich. Vom anderen Ende des Ganges war plötzlich eine Stimme zu vernehmen. „Was ist los da vorn?“ Der Sprecher war Carberry. „Carrero hat wieder mal verrückt gespielt“, erwiderte sie. „Soll ich ihn zurechtbiegen, den Hund?“ „Das haben wir bereits getan.“ „Na gut“, sagte Carberry dumpf. „Aber mir juckt es in den Fingern. Ganz verdammt sogar.“ Carrero gab keinen Laut mehr von sich. Er mußte von nun an ständig befürchten, daß sie ihm den Garaus bereiteten - und er zweifelte nicht daran, daß sie ihre Drohungen jederzeit in die Tat umsetzen würden. * Unterdessen war die Leiche der Indiofrau mit Bootshaken an Land gezogen worden. Die Männer hoben ein Grab aus. Hasard gab die Anweisung, nun auch ein Stück Segeltuch zu holen, und Jeff Bowie und Nils Larsen pullten zu den Schiffen zurück. Als sie zurückkehrten, stand Pater David an dem offenen Grab und las einen Psalm aus der Bibel vor. Wer von den Männern eine Kopfbedeckung trug, nahm sie in diesem Moment ab. „Asche zu Asche und Staub zu Staub“, sagte Pater David, und sie mußten daran denken, daß eines Tages für jeden von ihnen die letzte Stunde schlug. Nach dem kurzen Gebet trafen die Männer Anstalten, die Leiche in das Stück
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Segeltuch zu betten, bevor sie der Grube übergeben wurde. Wieder wurden die Bootshaken benutzt. Nur Hasard bückte sich, um das Segeltuch zu schließen. Aber plötzlich gab es eine neue Überraschung. Hoch über ihren Köpfen ertönte ein prasselndes Geräusch. Ihre Köpfe ruckten herum, dann blickten sie an den Felsen hoch, konnten zunächst aber nichts erkennen. „Achtung!“ schrie Hasard jählings. „Steinschlag!“ Sie brachten sich mit langen Sätzen in Deckung, duckten sich hinter Felsen und zückten vorsichtshalber ihre Schußwaffen. Aus der Felswand lösten sich Steine. Sie polterten zu ihnen herunter und rollten auf den Uferstreifen. Einer blieb unmittelbar neben der Toten liegen. „Hölle“, sagte Jeff Bowie. „Was hat das jetzt wieder zu bedeuten?“ „Das ist der nächste Schock!“ zischte Nils Larsen. „Und hier spukt es doch, Leute!“ „Seht mal“, sagte Hasard. „Dort oben. Könnt ihr es erkennen?“ „Ja“, entgegnete Pater David. „Da ist ein bogenförmiges Loch entstanden.“ „In etwa zwölf Yards Höhe mitten in der Felswand“, sagte Stenmark. „Wie entsteht so was? Durch ein neues Beben?“ „Das Loch ist fast mannshoch“, sagte Hasard nüchtern. Er wollte zu dem Spektiv greifen, das er von Bord der „Estrella“ mitgenommen hatte, aber in diesem Moment geschah zweierlei. „He!“ schrie Ben Brighton vom Achterdeck der Karavelle. „Alles in Ordnung bei euch da drüben?“ „Ja!“ rief Hasard zurück - und dann stieß ihn Pater David mit dem Ellenbogen an. Oben, in der bogenförmigen Öffnung der Felswand, tauchte eine Gestalt auf. Sie bewegte sich ein bißchen, schien sich zu ducken und verbergen zu wollen. Aus ihrem Gebaren ging deutlich etwas Zögerndes, Unschlüssiges hervor. Hasard zog nun doch das Spektiv auseinander und spähte nach oben. „Ein Indio“, murmelte er. „Er scheint Angst zu haben. Kein Wunder, er hat in
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diesem Augenblick unsere beiden Schiffe entdeckt.“ „Und jetzt sieht er auch die Jolle“, sagte Pater David. „Und uns. Und die Leiche neben dem offenen Grab“, fügte Stenmark hinzu. In der Tat - am Felsenloch ertönte ein gellender Schrei, dann verschwand die Gestalt aus der Öffnung. „Er hat sich wieder ins Innere zurückgezogen“, sagte Hasard. „Der Schreck muß ihm tief in die Knochen gefahren sein.“ „Mit Sicherheit befindet sich im Inneren des Felsens eine Höhle“, sagte Pater David. Hasard war eher verdutzt als erschrocken. „Mein Gott“, sagte er. „Ich glaube, Angst brauchen wir vor diesem armen Teufel nicht zu haben.“ „Aber er ist sicherlich nicht allein in der Höhle“, sagte Stenmark. „Bestimmt nicht“, sagte Matt Davies. „Wahrscheinlich hat sich dort eine Schar Indios verschanzt, und wir müssen mit einem Pfeilhagel rechnen.“ Auch er hatte wie alle anderen - die Ereignisse auf der Insel de Puna vor dem Golf von Guayaquil noch nicht vergessen. Dort waren sie von den Nachfahren der Chimus angegriffen worden, als sie unwissend in eine Grabstätte eingedrungen waren - einen heiligen Ort der Indios, den sie somit nach deren Verständnis geschändet hatten. Darum hatten sich die Indios verbissen gegen die Fremden zur Wehr gesetzt, was ziemliche Komplikationen gegeben hatte. „Braucht ihr Verstärkung?“ rief Ben Brighton. „Nein“, erwiderte Hasard und erhob sich. „Halt“, sagte Nils Larsen. „Das kann gefährlich werden. Duck dich lieber wieder, Sir.“ Hasard schüttelte den Kopf. „Ihr verkennt dieses Mal die Lage, Männer. Der oder die Indios fürchten sich vor uns, sie werden nicht angreifen.“ Er erinnerte sich an das, was sie bereits gedacht und auch ausgesprochen hatten: Wenn hier Menschen gehaust haben sollten - wie war es ihnen dann bei der Flutwelle ergangen?
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Die Woge mußte doch alles überschwemmt haben. Pater David stand ebenfalls aus seiner Deckung auf. „Du hast recht, Sir. Diese Menschen haben wie durch ein Wunder die große Flutwelle überlebt. Wahrscheinlich haben sie Hilfe nötig.“ Aufmerksam studierte der Seewolf noch einmal den Felsen über dem bogenförmigen Loch. „Das muß es gewesen sein - von dem Aufprall der Welle ist über der Öffnung der Fels eingebrochen und hat den Eingang verblockt.“ „Ja, so muß es sich zugetragen haben“, sagte Pater David. „Die Indios sind lebendig begraben worden - bis auf diese arme Frau, die sich nicht mehr rechtzeitig zurückziehen konnte, wie ich annehme. Sie ist wohl ertrunken.“ „Ganz gleich, wie viele Überlebende es sind“, sagte Hasard. „Sie haben es geschafft, in der Zwischenzeit den Eingang wieder freizuräumen.“ „Und sollte Wasser in die Höhle geschossen sein, dann hat es nicht ausgereicht, den oder die Menschen darin zu ertränken“, sagte Matt Davies. „Ja, das leuchtet auch mir ein.“ „Das ist ja schon mal eine ganze Menge“, sagte Jeff spöttisch. „Jetzt nicht unken“, sagte, Matt warnend. „Es ist nicht der richtige Augenblick dafür.“ „Schon gut“, sagte Jeff. „Und was unternehmen wir? Warten wir, daß die Indios herauskommen - oder besuchen wir sie?“ Stenmark lachte kurz auf. „Besuchen ist gut. Kannst du mir mal verraten, wie du zu der Höhle aufsteigen willst?“ „Das wird sich finden“, sagte Hasard. „Wichtig ist erst einmal, daß wir Kontakt zu den Eingeborenen aufnehmen. Sie müssen wissen, daß wir ihre Freunde sind und keine feindlichen Absichten haben.“ Pater David lächelte. „Wir brauchen Araua als Dolmetscherin, nicht wahr?“ „Ja.“ Hasard wandte sich den Schiffen zu und legte beide Hände als Schalltrichter an den Mund. „Ben! Schick Araua zu uns!“ „Aye, Sir, verstanden!“ Ben zeigte klar.
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Wenig später wurde Araua an Land gepullt. Auch auf der „San Lorenzo“ war inzwischen ein Boot ausgesetzt worden. Zwar befürchtete man keinen Angriff für Hasards Landtrupp, aber Ribault nahm an, daß der Seewolf Hilfe brauchen konnte. Deshalb enterte er mit Karl von Hutten und fünf anderen Männern in die Jolle ab, und sie pullten ebenfalls zu dem Uferstreifen. 4. „Du weißt, was du zu tun hast?“ fragte Hasard, als Araua sich ihm näherte. Sie blieb stehen und sah ihn ernst an. „Ja, natürlich. Wir müssen diesen Höhlenmenschen - oder wie immer du sie nennen willst - zu verstehen geben, daß wir keine Feinde für sie sind.“ „Natürlich nehmen sie an, daß wir Spanier sind“, sagte Karl von Hutten. „Deshalb glauben sie wahrscheinlich auch, daß wir sie angreifen wollen.“ „Nicht wahrscheinlich“, sagte Hasard. „Ganz gewiß sogar. Sie rechnen damit, daß wir unsere Schiffskanonen auf den Eingang der Höhle richten und dafür sorgen, daß wieder alles einstürzt.“ „Dann sind sie endgültig verloren“, sagte Jean Ribault. „Sie wären es, meine ich, wenn an unserer Stelle ein Kerl wie Carrero mit seiner Meute in dieser Bucht gelandet wäre.“ „Araua“, sagte von Hutten. „Glaubst du, daß es sich tatsächlich um Höhlenmenschen handelt?“ „Aus ganz frühen Zeiten? Ich weiß nicht.“ „Nein, es sind ganz normale Indios“, sagte Hasard. „Keine Menschen aus der Steinzeit. Es muß an den landschaftlichen Gegebenheiten liegen, daß sie keine Hütten haben, sondern in der Höhle wohnen. Ich glaube auch, daß wir sehr gut mit ihnen verhandeln können. Araua, fang bitte an.“ Araua trat auf etwa fünf, sechs Yards vor die Felsen hin, legte den Kopf in den Nacken und rief etwas zu dem Höhlenloch hinauf, das nur Karl von Hutten verstand. Sie bediente sich der Inkasprache.
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„Sohn der Inkas!“ rief sie. „Bruder Arauas! Zeige dich! Kehre zurück, du brauchst keine Angst vor uns zu haben! Hier spricht Araua, die Tochter Arkanas! Ich gehöre dem Volk der Schlangenkrieger an!“ Sie verstummte und wartete darauf, daß der Indio wieder in dem Höhlenloch erschien. Doch eine Weile passierte überhaupt nichts. Die Männer blickten sich untereinander an, erste Zweifel an einem Erfolg von Arauas Appell wurden laut. „Er hat es nicht gehört“, sagte Stenmark. „Oder er will es nicht hören“, sagte Matt. „Das ist doch Unsinn“, sagte von Hutten. „Er muß nur erst verarbeiten, was er vernommen hat. Oder er muß sich mit seinen Leuten beraten. Immerhin müssen sie ja auch mit einkalkulieren, daß wir ihnen vielleicht eine Falle stellen.“ „Das dürfte schlicht unmöglich sein!“ sagte Ribault. „Es gibt ja wohl kein spanisches Schiff in der Neuen Welt, das ein Mädchen vom Stamm der Schlangenkrieger an Bord hat.“ „Sag das nicht. Auch die Dons könnten sich einer Sklavin bedienen, um Indios anzulocken“, erklärte Nils Larsen. „Aber keiner Schlangenkriegerin“, sagte Araua leise. „Jede meiner Schwestern würde sich selbst erdolchen, ehe sie sich dazu zwingen ließe, dem Feind zu Diensten zu sein.“ „Außerdem ist das, was ihr sagt, zu weit hergeholt“, meinte der Seewolf. „Die Indios wissen, daß Araua sie nicht belügt. Sie kennen Arkana und dürfen sicher sein, daß kein Mädchen wagen würde, sich als Arkanas Tochter auszugeben, wenn es nicht stimmt.“ „Dann verstehe ich nicht, warum der Mann nicht zurückkehrt“, sagte Matt. „Könnt ihr nicht abwarten?“ sagte Karl von Hutten. „Geduld habt ihr wohl überhaupt nicht, was?“ „Das hat damit nichts zu tun“, sagte Matt. „Nur scheut ein gebranntes Kind das Feuer. Ich meine, ich habe zwar nichts gegen die Eingeborenen, denen man hin und wieder begegnet, aber sie können auch ziemlich unberechenbar sein.“ „Still“, sagte der Seewolf. „Da ist er.“
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Genau in diesem Moment tauchte wieder die bronzefarbene Gestalt des Indios in der Öffnung der Höhle auf. Der Mann bewegte sich zögernd und scheu, und er verharrte, als er Araua unter sich erblickte. Sie beschrieb einige Gebärden, die wie eine Art Geheimsprache wirkten. Der Indio schien sich ein wenig zu beruhigen. „Wer bist du?“ fragte sie ihn. „Ich bin Araua, die Tochter Arkanas!“ Ein zweiter Indio erschien. Der erste Mann schien um die dreißig Jahre alt zu sein dieser war bedeutend älter. Ein Greis mit weißen Haaren, von der Erscheinung her würdig und ernst. Er hob beide Hände, schien damit etwas in die Luft zu zeichnen, und sagte dann mit klarer, tiefer Stimme: „Es ist Aztlan, weiter Pfeil, der zu dir spricht. Dies ist Tupac, einer meiner Söhne.“ „Ich grüße euch, Aztlan und Tupac!“ rief Araua. Aztlan sah den Stirnreif mit dem Schlangensymbol, den Araua trug, und er verneigte sich und legte die Hand aufs Herz. Er richtete sich wieder auf und rief: „Ich grüße dich, Araua, Tochter Arkanas! Es ist mir eine Ehre, dir zu begegnen!“ „Es hat also doch geklappt“, murmelte Matt. „Ist ja toll, wie das so geht.“ „Still!“ zischte von Hutten. „Willst du alles verderben?“ „Gib mir die Möglichkeit, dich zu besuchen, Aztlan!“ rief Araua. „Ich komme zu dir“, sagte der alte Mann. „Denn die Hochachtung, die wir alle vor Arkana und dir haben, Araua, gebietet mir, daß ich zu dir hinuntersteige.“ Er gab Tupac einen Wink, und sofort erschienen noch ein paar Gestalten in der Höhlenöffnung. Sie hantierten mit etwas, das sich kurz darauf als eine Strickleiter entpuppte. Sie brachten die Strickleiter aus, und nun kletterten einige von ihnen nach unten: Aztlan als erster, dann Tupac, eine ältere Frau und zwei Kinder. Kaum war er auf dem Uferstreifen angelangt, eilte Tupac zu der Toten und warf sich über sie. Er preßte sie an sich, ein
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heftiges Schluchzen schüttelte seinen Körper. Aztlan blieb dicht vor Araua und den Männern stehen, die ältere Frau und die Kinder hielten sich im Hintergrund. „Araua“, sagte der alte Mann mit kummervoller Miene. „Die Tote ist die Frau meines Sohnes.“ „Ich bedaure es und trauere mit euch um die arme Frau“, sagte Araua. „Meine weißen Freunde wollten die Tote bestatten, wie es sich gehört.“ Aztlan verneigte sich wieder, dann sagte er: „Auch dafür gebührt dir und deinen weißen Brüdern unser Dank, Araua.“ Er beschrieb mit beiden Händen die Linien eines Kreises in der Luft. „Vater Sonne wird euch dafür belohnen.“ „Wie hat sich dieses Unglück zugetragen?“ fragte Araua. „Pororoca, die große Flutwelle, eilte heran und brach in diese Bucht ein.“ „Pororoca hat auch uns heimgesucht“, sagte Araua. „Sie hat uns zwei Riesenkraken beschert, die uns eine Menge Schwierigkeiten bereitet haben.“ Sie wies auf den Kranken, der wie aufgespießt über dem Felszacken hing. „Furchtbar“, sagte Aztlan. „Als Pororoca kam, befanden wir uns hier, auf diesem Sand, zum Sammeln von Holz. Wir ließen alles fallen und rannten zur Leiter. Wir kletterten nach oben, aber Ramana, die Frau meines Sohnes Tupac, wurde von Pororoca an den Beinen gezerrt und weggerissen. Tupac versuchte noch, sie zu retten, aber es war zu spät. Fast büßte auch er mit dem Leben für seinen Mut.“ „Dann konntet ihr euch in die Höhle retten?“ „Ja, aber Pororoca hieb gegen die Felsen und schüttete den Eingang zu. Auch die Leiter wurde weggerissen.“ „Ihr hattet in der Höhle die Ersatzleiter.“ „Viele, nicht nur eine.“ „Hat es Verletzte gegeben? Sind noch mehr Männer oder Frauen oben? Kinder?“ „Mein zweiter Sohn Alpas wurde bei dem Einsturz des Eingangs verletzt.“ „Er ist noch oben in der Höhle?“
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„Ja“, erwiderte Aztlan - aber dann schien ihm etwas einzufallen. Er zuckte förmlich zusammen und warf den Kopf herum. „Was ist los?“ fragte Stenmark. „Was hat er jetzt?“ „Die anderen!“ stieß Aztlan hervor. „Wo sind die anderen?“ „Von wem sprichst du?“ fragte Araua so ruhig wie möglich, aber sie konnte sich bereits denken, um was es ging. Aztlan drehte ihr wieder das Gesicht zu. Der Schock und die Verwirrung hatten ihn verstört, erst jetzt waren ihm jene eingefallen, die noch in Gefahr waren. „Brüder und Schwestern!“ stieß er erregt aus. „Sie sind eingeschlossen! Sie sind verloren!“ „Wo sind sie?“ fragte Hasard, und Araua übersetzte. Aztlan deutete mit der ausgestreckten Hand zu einer Stelle in der Felswand, die weiter südlich der eigenen Höhle lag - und dann noch zu einem weiteren Punkt, wiederum noch etwas weiter südlich gelegen. „Zwei andere Höhlen?“ fragte Araua. „Ja“, erwiderte Aztlan. „Mit zwei anderen Familien, nehme ich an“, sagte der Seewolf, und wieder dolmetschte Araua. Auch dieses Mal bestätigte Aztlan es, und sein aufgeregtes Gestikulieren verriet, wie sehr er sich um die Verschütteten sorgte. Wieder sprach er schnell und heftig auf Araua ein. „Was sagt er?“ fragte Hasard. „Daß die Luft bereits sehr knapp sein muß. Auch Aztlan und seine Sippe hatten Schwierigkeiten, als sie die Steine aus dem Eingang der Höhle in mühsamer Arbeit wegräumten. Alpas ist zweimal ohnmächtig geworden.“ „Besteht denn keine Aussicht, daß sich auch die beiden anderen Familien befreien?“ fragte Pater David. Araua sprach wieder mit dem alten Indio, aber der konnte nur ein paar hilflose Gesten machen. „Aztlan weiß keinen Rat“, sagte er zu Araua. „Es müssen mehr Steine vor den beiden anderen Höhlen liegen.“ „Wenn wir diesen armen Menschen nicht helfen, sterben sie auf fürchterliche
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Weise“, sagte Pater David. „Allein schaffen sie es nicht, sie haben nicht das Glück, das Aztlan und seine Familie gehabt haben. Packen wir's an.“ „Wir helfen ihnen“, erwiderte Hasard. Er schritt zu Aztlan und legte ihm die Hand auf die Schulter. * Aztlan blickte ihn aus geweiteten, von Kummer und Resignation gezeichneten Augen an. Nachdem Araua wieder einige Erklärungen gegeben hatte, fragte er: „Aber wie willst du uns helfen, mein schwarzhaariger Bruder?“ „Zeige mir die Stellen, an denen sich die beiden anderen Höhlen befinden.“ Aztlan führte ihn über den Uferstreifen, Araua begleitete sie. Sie übersetzte simultan, was beide sagten, und die Verständigung funktionierte perfekt. Aztlan blieb stehen, legte den Kopf in den Nacken und schirmte die Augen mit der einen Hand gegen die Sonneneinstrahlung ab. Dann wies er auf einen Punkt, der sich etwa in zwölf, dreizehn Yards Höhe über ihnen befand und durch eine kleine Felsnase markiert war. „Dort“, sagte er. „Dort ist die eine Höhle.“ Pater David, Ribault und die anderen verharrten unterdessen an dem Platz, an dem das Grab ausgehoben worden war. Tupac kniete nach wie vor am Boden und stieß leise, verzweifelte Laute aus. Karl von Hutten trat jetzt jedoch zu ihm, bückte sich und redete behutsam in der Sprache der Inkas auf ihn ein. Aztlan war unterdessen einige Schritte weiter in südlicher Richtung gegangen, blieb wieder stehen und deutete noch einmal nach oben. „Dort“, sagte er. „Wo der schwarze Fleck im Gestein ist.“ „Was ist das?“ fragte Hasard. „Ein Mal der Götter.“ Hasard war eher versucht, an eine schwarze Ader im Felsen zu glauben, die nur an dieser Stelle zutage trat, doch das behielt er für sich. „Und dort ist die dritte Höhle?“ fragte er.
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„Ein Stück weiter oben.“ „Wir werden versuchen, die beiden Eingänge freizulegen, Aztlan”, sagte der Seewolf. „Aber - ihr habt keine Strickleitern! Wie wollt ihr hinaufklettern?“ Hasard lächelte. „Laß das ruhig unsere Sorge sein.“ Er drehte sich um und kehrte zu seinen Männern zurück. Er legte beide Hände an den Mund und rief zur „Estrella de Malaga“ und zur „San Lorenzo“ hinüber: „Ferris Tucker und Mulligan sofort zu mir!“ „Aye, Sir!“ „Wir klopfen Steine aus dem Felsen, bringt also alles erforderliche Werkzeug mit!“ „Aye, Sir!“ tönte es wieder zurück, und die Männer eilten über die Decks. „Kutscher, dich brauche ich auch, es gibt hier einen Verletzen!“ „Sofort, Sir!“ „Gary und Sten“, sagte Hasard. „Nehmt die Jolle und holt die drei ab. Aber beeilt euch. Wir dürfen keine Zeit verlieren. Es geht um jeden Atemzug - und um jeden Lidschlag.“ Matt Davies hatte bereits Eigeninitiative entwickelt. Die Felswände waren ziemlich steil, aber das schreckte ihn nicht ab. Schon kletterte er bei der mittleren Stelle, die Aztlan angegeben hatte, an der Wand hoch und prüfte die Festigkeit des Gesteins. Mal klopfte er hier, mal dort mit seiner Eisenhakenprothese gegen den Fels, und er stieß auch ein paar Laute aus, die wie Flüche übelster Art klangen. Gary und Stenmark pullten wie die Teufel zu den Schiffen und holten Ferris Tucker, Mulligan und den Kutscher ab, die „voll aufgetakelt“ hatten und alles mitbrachten, was an Land gebraucht wurde. Karl von Hutten und Araua war es inzwischen gelungen, Tupac halbwegs zu beruhigen. Von Hutten half dem Mann wieder auf die Beine, Araua sprach leise und beschwichtigend auf ihn ein. Tupac fuhr sich mit beiden Händen durchs Gesicht, stieß einen tiefen Seufzer aus und richtete sich wieder auf. Er hatte keine Tränen mehr für Ramana, seine tote Frau, doch die Spuren des Grauens und der
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Trauer zeichneten nach wie vor seine Züge. Pater David trat auf ihn zu. „Hör mich an, mein Bruder“, sagte er. „Es gibt keine Worte des Trostes, aber ich will dir trotzdem helfen. Die Zeit wird deinen Schmerz heilen, und eines Tages werden deine Wunden nur noch Narben sein. Du mußt stark sein und versuchen, alles zu überwinden.“ „Wer gibt dir die Weisheit, so zu reden?“ fragte Tupac und sah ihn aus zweifelnden Augen an. „Gott.“ „Es gibt nicht nur einen Gott.“ „Für mich existiert nur der eine, und er ist auch dein Gott“, sagte Pater David. Dann verwickelte er - wieder durch Arauas Übersetzungen - den Mann in ein längeres Gespräch und führte ihn allmählich von der toten Frau fort. Er versuchte nicht ihn zu bekehren. Er wollte ihn nur ablenken, und es gelang. Jeff Bowie und Nils Larsen betteten Ramana, die tote Indiofrau, in ihr Grab und schaufelten es wieder zu. Sie rammten ein schlichtes Holzkreuz in den Boden, Mulligan hatte es hergestellt. Der Kutscher kletterte unterdessen zu der Höhle hinauf, deren Eingang freigelegt war, stieg über Steine und Geröll und arbeitete sich auf den Mann zu, dessen Gestalt er im Halbdunkel der Höhle erkennen konnte. Araua folgte ihm, und bevor der Kutscher an die Arbeit ging und den verletzten Alpas untersuchte und verarztete, setzte sie ihm in der Inkasprache auseinander, daß er keine Angst zu haben brauche. „Araua, die Tochter Arkanas“, sagte Alpas mit schwacher Stimme. „Sei mir gegrüßt, wie schön du bist.“ „Ich grüße dich, Alpas. Ich habe meinen Medizinmann mitgebracht, der dich heilen soll.“ „Ja.“ „Hast du große Schmerzen?“ „Nein“, erwiderte Alpas gepreßt, aber er hätte am liebsten aufgeschrien. „Er scheint erhebliche Schmerzen zu haben“, sagte der Kutscher, „und will es
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nur nicht zugeben. Frag ihn, ob er sich bewegen kann.“ Araua tat es, und Alpas erwiderte: „Schlecht. Ich kann nicht mal richtig kriechen.“ „Wo tut es weh?“ „In der Brust. Hier.“ Alpas legte eine Hand auf die Brust, drückte aber nicht zu. „Wahrscheinlich sind Rippen angebrochen“, sagte der Kutscher. „Ist er von vielen Steinen getroffen worden, als die Flutwelle kam?“ Araua erkundigte sich danach. Sie betrachtete Alpas dabei. Er war jünger als Tupac, aber der Schmerz hatte jetzt seine Züge entstellt, so daß er um Jahre gealtert wirkte. „Viele Steine“, erwiderte Alpas. „Wie ein Hagel im schweren Donner. Die Götter sind gegen uns. Sie wollen uns strafen.“ „Nein, das redest du dir nur ein“, sagte Araua. „Hörst du nicht, wie es draußen tobt und heult?“ „Das sind nicht die Götter, sondern ein Sturm.“ „Und Pororoca, die große Welle, kommt auch wieder?“ „Wir hoffen, daß sie es nicht tut“, entgegnete Araua. „Aber du brauchst keine Angst zu haben. Du bist jetzt in Sicherheit.“ „Ich habe auch keine Angst“, sagte Alpas stolz. „Hältst du mich etwa für einen Feigling?“ „Ich halte dich für einen mutigen Mann, der es mit jedem meiner Schlangenkrieger aufnehmen könnte“, sagte sie ernst. „Das macht mich gesund.“ „Ja, natürlich. Und nun wird mein Medizinmann dich untersuchen.“ „Gut, Araua.“ Der Kutscher begab sich ans Werk. Kurze Zeit darauf wurde er in seiner Annahme bestätigt. Alpas' Brustkorb war gequetscht worden, aber glücklicherweise waren die Rippen nur angebrochen. Ein Streckverband genügte, und bald würde er wieder aufrecht gehen können. Die anderen Blessuren, die er davongetragen hatte, entpuppten sich als Abschürfungen
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und Beulen. Hasard stand immer noch unten auf dem Uferstreifen, hatte die Fäuste in die Seiten gestemmt und blickte zu Matt Davies hoch. „Matt, wie sieht es bei dir aus?“ „Wenn der Sturm zunimmt, fall' ich runter!“ „Wie eine reife Pflaume!“ rief Ferris. „Das habe ich nicht gesagt!“ brüllte Matt gegen das zunehmende Heulen und Tosen des Windes an. „Aber vielleicht kann man hier Haken in den Felsen schlagen!“ „Um einen Bootsmannsstuhl anzubringen?“ schrie Mulligan. „Ja, richtig!“ „Gut!“ rief Ferris. „Irgendwie brauchen wir ja auch eine Plattform, uni die Schuttmassen abräumen zu können!“ „Wenigstens ein Behelfsding!“ schrie Mulligan. „Jedenfalls für den ersten Abschnitt, bis wir an dem früheren Eingang Fuß fassen können!“ Mit seinem Prothesenhaken klopfte und hackte Matt noch einmal in den Felsen, dann rief er: „Jawohl, es kann losgehen! Ein Haken müßte hier halten!“ „Fangt an!“ befahl Hasard. „Jeder Augenblick, der verstreicht, verkürzt das Leben der Eingeschlossenen!“ 5. So lief nun die Rettungsaktion an -während draußen auf See der Sturm tobte und heulte und auch über die Bucht wegfegte. Alle Naturgewalten schienen entfesselt zu sein. Die Götter der Indios schienen tatsächlich die Wogen mit riesigen Geißeln zu bearbeiten. Sie hieben auch mit Hämmern gegen die Felsen, aber sie richteten nichts aus: Die Bucht war gut geschützt wie ein gewaltiger Kessel. Das Wasser in der Bucht war in der Zwischenzeit zwar etwas kabbelig geworden, aber verglichen mit draußen ging es hier zu „wie auf einem Ententeich“, wie Carberry sagte. Solange die Flutwelle nicht wiederkehrte, konnte man sich wirklich in Sicherheit fühlen. „Wie im Schoß vom alten Abraham“, brummte Carberry und blickte von der
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Kuhl der „Estrella“ zu den Kameraden am Strand hinüber. Eigentlich wurmte es ihn mächtig, daß er nicht mit dabeisein konnte. Was sollte er überhaupt tun? Herumstehen und die Daumen drehen? „Nee“, brummte er, dann wandte er sich ab und marschierte zur Back. „Ed!“ rief Ben Brighton. „Wohin gehst du?“ „Runter! Mal nachsehen, ob unser Gefangener auch keine Dummheiten anstellt!“ „Ja, gut!“ Der Profos stieg den Niedergang des Vordecks hinunter. Er ging durch den schmalen Gang zur Vorpiek und blieb bei Will Thorne stehen, der vor dem fest verriegelten Schott hockte. Will hatte gerade den nächsten Wachtörn übernommen. „Wie sieht's aus?“ fragte der Profos. Will deutete auf das Schott. „Alles ruhig. Er scheint begriffen zu haben, daß es keinen Zweck hat, immer herumzukrakeelen. Vielleicht schläft er auch.“ „Auch wenn er schläft, ist er noch giftig wie ein Sack voller Schlangen“, sagte Carberry. „Vergiß das nicht.“ „Da brauchst du dir wirklich keine Sorgen zu bereiten“, sagte Will grimmig. „Ich passe schon auf, und ich penne auch nicht ein.“ Luis Carrero war hellwach. Er lauschte den Stimmen der beiden Männer und verstand kein Wort von dem, was sie sagten, aber er erkannte auf Anhieb die Stimme des Profos' wieder und wurde an die für ihn recht unangenehmen Episoden erinnert, die sich an Oberdeck abgespielt hatten. Er verfluchte diesen Kerl, der ihn niedergeschlagen hatte. Er haßte ihn. Aber er hatte auch Angst vor ihm. Diese Angst spürte er sofort wieder körperlich. Seine Knie bebten und fühlten sich entsetzlich schwach und weich an. Kalter Schweiß brach ihm aus. War der Profos etwa erschienen, um ihn für das zur Rechenschaft zu ziehen, was er vorhin über die Indios gesagt hatte?
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Nein - die Schritte entfernten sich wieder, die Stimmen waren verstummt. Carrero atmete auf. Sie ließen ihn also in Ruhe. Durfte er hoffen? Würde sich doch noch alles zum Guten wenden? Das war eine Illusion. Zu wichtig war er für diese englischen Korsaren, die würden ihm keine Chance lassen, die Flucht zu ergreifen. Und wenn er seinen Auftrag erfüllt hatte, sie nach Potosi zu führen, dann würden sie ihn auf keinen Fall freilassen, das stand fest. Sie waren Freunde der Indios und schienen sich mit den Eingeborenen gut zu verstehen. Er, Carrero, hatte zuviel angerichtet, zu hoch war die Zahl seiner Opfer unter den „Indianeraffen“ - wie er sie in bester Übereinstimmung mit Don Ramon de Cubillo, dem Provinzgouverneur von Potosi, nannte -, und zu grausam hatte er unter ihnen gewütet, als daß diese Männer jetzt noch Nachsicht oder gar Gnade mit ihm üben konnten. Carrero lauschte dem Toben des Sturmes draußen auf See. Das Schiff hob und senkte sich im Kabbelwasser und schien leicht zu taumeln. Immer wieder spritzte das Bilgewasser unter der Gräting hervor und näßte ihn. Er preßte die Lippen zusammen und schloß die Augen. Wie sie ihn demütigten! Wenn er durch einen Zufall wieder die Freiheit erlangte, würde er sich furchtbar an ihnen rächen. Dann rollten die Köpfe, dann jagte er sie bis ans Ende der Welt, wenn es sein mußte. Während Carrero über seinen finsteren Gedanken brütete, suchte Carberry die Back auf und beobachtete kopfschüttelnd Sir John, den karmesinroten Aracanga, der wieder einmal Zwiegespräche mit den Hennen im Verschlag führte. War denn das noch zu fassen? Erst hatte er sich mit ihnen gezankt, jetzt schien er sich prächtig mit ihnen zu verstehen. Das konnte der Profos immer noch nicht begreifen. Plötzlich war aus der Kombüse Gepolter zu vernehmen. Carberry fuhr herum, seine Miene verfinsterte sich. Er ging auf das Kombüsenschott zu und riß es auf.
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„Was ist hier los?“ brüllte er - so laut, daß es auch Carrero in der Vorpiek deutlich hören konnte. Mac Pellew lag auf den Planken, nicht weit vom Kombüsenfeuer entfernt. Er konnte wirklich von Glück sagen, daß es wegen des Wetters gelöscht worden war, sonst hätte er sich jetzt zumindest an der Glut versengt. Ein Kupferkessel rollte hin und her. Mac richtete sich fluchend wieder auf und hielt ihn mit beiden Händen fest. Er schnitt dabei ein derart vergrämtes Gesicht, daß es wirkte, als wolle er jeden Moment losjammern. „Ich hab' dich was gefragt!“ brüllte Carberry. Mac sah ihn an und erwiderte: „Ich bin ausgerutscht, weil der Kahn so verdammt schlingert. Da ist mir der Kessel hingefallen.“ „Wieso hängt der Kessel nicht an der Kette?“ „Weil ich ihn in den Händen habe.“ Carberry rückte drohend auf ihn zu. „Mister Pellew“, sagte er. „Entweder gibst du mir auf der Stelle eine vernünftige Erklärung, oder es raucht im Schapp, verstanden?“ „Ich soll doch mit dem Kessel an Land“, sagte Mac beleidigt. „Ich dachte, das wüßtest du.“ „Nein.“ „Du warst ja eben auch nicht da. Wir ...“ „Wer hat dir diesen Befehl gegeben?“ „Hasard.“ „Aha“, sagte Carberry, aber für ihn war die Angelegenheit immer noch nicht klar. „Und was, zur Hölle, willst du mit dem Kessel an Land?“ „Wir sollen da eine Kochstelle einrichten“, erwiderte Mac und schaute dabei drein, als sei die „Estrella de Malaga“ gerade versunken. „Winlow hat auch die Order erhalten, mit seinem Kombüsengeschirr überzusetzen.“ „So. Aber ich möchte wissen, zu was das gut sein soll. Wir können doch genauso gut an Bord kochen.“ „Die Indios sind ausgehungert. Die brauchen was zu futtern, möglichst sofort.
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Und in den anderen beiden Höhlen, die verschüttet sind, stecken auch noch Familien drin“, sagte Mac. „Am allerwichtigsten ist ja wohl, daß erst mal die Kinder was zu beißen kriegen.“ „Stimmt, ja, das hätte ich fast vergessen.“ Carberry kratzte sich an der Brust. „Und wo, zum Henker, steckt der Kutscher?“ „In der ersten Höhle, das weißt du doch.“ „Ich weiß gar nichts.“ „Er verarztet den verletzten Indio.“ „Ja, gut. Warum stehst du hier eigentlich noch rum, Mister Pellew? Klemm dir deinen verdammten Kessel unter den Arm und schieb ab. Willst du die Indios warten lassen?“ „Nein, Sir.“ Mac beeilte sich, aus Carberrys Reichweite zu geraten. Irgendetwas schien den Profos besonders wütend zu stimmen. Während Mac mit seinem „Klapperkram“ in die Jolle abenterte und auch drüben, an Bord der „San Lorenzo“, Eric Winlow zum Aufbruch rüstete, marschierte Carberry mit verdrossener Miene über die Kuhl der „Estrella“. Er schritt dicht an Smoky vorbei, schien diesen aber überhaupt nicht zu bemerken. „He!“ sagte Smoky. „Was ist denn mit dir los?“ „Ach, laß mich in Ruhe.“ Ben Brighton, Big Old Shane und Dan O'Flynn standen an der Querbalustrade und blickten auf den Profos, der mit gesenktem Kopf auf das Achterkastell zurückte, als wolle er es umrennen. „Ed“, sagte Ben. „Ist was nicht in Ordnung? Du bist ja geladen wie ein Siebzehnpfünder!“ Carberry blieb stehen, stemmte die Fäuste in die Seiten und sah zu ihm hoch. Er glich die schwankenden Schiffsbewegungen durch Gewichtsverlagerung aus. „Ich weiß überhaupt nichts, verstehst du?“ „Nein“, erwiderte Ben verblüfft. „Das ist ganz schlecht. Hier werden Kombüsenkessel herumgeschleppt und Kochstellen eingerichtet, und ich habe von alledem keine Ahnung.“ „Weil du unten warst, um nach Carrero zu sehen“, sagte Ben.
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„Na schön, meinetwegen. Und wir essen heute abend am Ufer, was?“ „Ach, darum geht's!“ rief Ben und lachte. „Da wird sich schon eine Lösung finden!“ „Klar, man muß nur Bescheid wissen“, sagte Carberry und kratzte sich schon wieder, diesmal am Kinn. „Nein, Ben, da ist noch mehr“, sagte Shane. „Ich glaube, unserem guten Ed gefällt es in dieser Bucht nicht so sehr. Stimmt's Ed?“ „Man fühlt sich hier so verdammt eingeengt!“ „Keine Sorge, wir bleiben nicht ewig hier vor Anker liegen“, sagte Ben. „Und' es kommen auch wieder bessere Zeiten.“ „Scheißgegend, Scheißsturm“, sagte Carberry. „Hoffentlich ist es in Potosi besser.“ Er sah zu Dan, und seine Miene verfinsterte sich noch mehr. „Wieso sagst du eigentlich gar nichts, Mister O'Flynn?“ „Ich soll doch nur sprechen, wenn ich was gefragt werde.“ „Stimmt. Hab' ich ganz vergessen.“ „Ich habe so das Gefühl und den Eindruck, daß du immer vergeßlicher wirst“, sagte Shane. „Weißt du, was das bedeutet?“ „Nein. Und ich werde nicht älter, wenn es das ist, was du meinst.” Damit versiegte ihr Gespräch, und sie spähten wieder zum Ufer und zu den Felsen, wo hart gearbeitet wurde. Carberry wäre auch lieber drüben gewesen, dann hätte er wenigstens etwas tun können. Der Müßiggang machte ihn auf die Dauer kribbelig. Aber was konnte er an der Lage ändern? Sie waren mit den Schiffen in der Bucht eingeschlossen - wie die Indios oben in ihren Höhlen. * Ferris Tucker und Mulligan hatten Matts Vorschlag aufgegriffen. An den beiden Stellen im Felsen, die Aztlan angegeben hatte, waren seitlich je zwei Bootsmannsstühle angebracht worden, die mehrfach durch in den Felsen getriebene Haken gesichert waren, an denen sie hingen.
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Die Männer in den vier Bootsmannsstühlen - Ferris, Matt, Mulligan und Nils Larsen arbeiteten mit Hammer und Meißel und Brechstangen. Ferris und Mulligan bedienten sich großer schmiedeeiserner Kuhfüße, mit denen sie große Steinbrocken lösten und herausstemmten. Beide Höhleneingänge waren stärker verschüttet als die erste Höhle, wo sich die Indios von innen her hatten befreien können. Daß es den hier Eingeschlossenen unmöglich war, sich aus eigener Kraft zu befreien, ging Ferris und seinen drei Kameraden sofort auf, nachdem sie die ersten Steine beseitigt hatten. „Das sind ja Mordsbrocken!“ rief Mulligan, der mit Nils vor der linken Höhle postiert war. „Die muß man erst mal mit Hammer und Meißel Stück für Stück zertrümmern!“ „Hier sieht es nicht anders aus!“ schrie Ferris von der rechten Höhle zurück. „Hier ist alles verblockt! He, Matt, reich mir mal den Hammer rauf!“ „Eine Wahnsinnsarbeit!“ rief Matt und händigte ihm den Hammer aus. „Das hält beim besten Willen keiner lange durch!“ „Wir lösen uns reihum ab!“ rief Hasard von unten zu ihnen herauf. „Wir holen auch die anderen von den Schiffen, dann können wir stundenlang durchhalten!“ So geschah es - und somit gab es auch für Shane, den Profos, Ben, Karl von Hutten und alle anderen genügend Arbeit. Selbst Hasard und Ribault beteiligten sich an der Plackerei. Immer wieder wurden die Bootsmannsstühle abgefiert, neu besetzt und wieder zu den verschütteten Höhleneingängen hochgehievt. Der Kutscher hatte unterdessen Alpas, den verwundeten Indio, versorgt. Er hatte nicht nur gequetschte Rippen, sondern auch eine Kopfverletzung bei ihm festgestellt, außerdem noch eine schwere Schürfwunde auf der Schulter. Aber er hatte alles sorgfältig gereinigt, abgetupft und verbunden. Besondere Sorgfalt hatte er auf den Streckverband um die Brust verwendet, so daß Alpas sich wieder bewegen konnte.
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Alpas erhob sich vorsichtig und ging zum Ausgang der Höhle. Er blieb stehen, blickte zu den Schiffen und den arbeitenden Männern, wandte sich wieder um und sagte: „Ein Wunder ist geschehen. Ich habe kaum noch Schmerzen.“ Aarau, die den beiden Männern nach wie vor Gesellschaft leistete, sagte: „Es ist kein Wunder. Und du kannst von Glück sagen, daß du dir die Knochen nicht richtig gebrochen hast.“ „Wie lange wird es dauern, bis wieder alles geheilt ist?“ „Etwa vier Wochen“, erwiderte der Kutscher, nachdem Araua wieder übersetzt hatte. „Ein Mond wird vergehen, dann kannst du dich wieder ganz normal bewegen“, sagte Araua. Alpas verneigte sich vor dem Kutscher. „Ich danke dir, weißer Bruder. Du bist ein großer Medizinmann. Ein Schamane, besser als der unsere.“ „Ich tue nur meine Pflicht“, sagte der Kutscher. Er untersuchte Alpas noch einmal kurz und fragte: „Sind die Schmerzen noch groß?“ „Sie haben nachgelassen.“ „Atembeschwerden?“ „Ich kann wieder gut Luft holen.“ „Wir sehen uns später“, sagte der Kutscher. „Es gibt noch mehr Arbeit für mich.“ Er wies auf Mac Pellew und Eric Winlow, die dabei waren, die Kupferkessel und das andere Kombüsengerät über den Uferstreifen zu schleppen. Der Kutscher kletterte an der Strickleiter nach unten. Alpas blickte ihm nach, dann sah er wieder Araua an. „Ein guter Mann. Sind deine weißen Freunde alle so gute Männer?“ „Alle, du kannst dich darauf verlassen.“ „Ich wußte nicht, daß es gute Weiße gibt.“ „Hat deine Sippe mit den Spaniern auch schlechte Erfahrungen gemacht?“ „Schlechte“, bestätigte Alpas. „Oft kommen große Schiffe mit schwerbewaffneten Viracocha, Männern mit schwarzen Bärten. Sie brennen Dörfer nieder, schlagen Greise und Kinder tot, schänden die Frauen und entführen die
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Männer. In Potosi, so heißt es, sterben viele Hunderte rote Männer im Sumack Orcko.“ „Im Cerro Rico, dem reichen Berg, ja.“ „Du hast auch davon gehört?“ „Natürlich, und wir wollen nach Potosi, um dem Treiben ein Ende zu bereiten“, sagte Araua. „Zumindest wollen wir den Spaniern dort eine schwere Schlappe zufügen.“ „Bist du die Anführerin?“ „Nein. Philip Hasard Killigrew, mein Vater, ist der Anführer.“ „Und wo ist Arkana, deine Mutter?“ „Auf der Schlangen-Insel“, entgegnete Araua. „Wo die liegt, weißt du sicherlich nicht, aber ich werde es dir noch erzählen. Traust du dir zu, jetzt mit mir nach unten zu klettern?“ „Ja.“ „Soll ich dir behilflich sein?“ Alpas hob stolz den Kopf. „Das ist nicht erforderlich. Ich kann es allein. Eure Medizin ist eine gute Medizin.“ Wenig später trafen die beiden auf dem Uferstück ein, und Alpas ging zu seinem Bruder Tupac, um ihn wegen des Todes von Ramana zu trösten. Gemeinsam traten sie schließlich an das Grab, ließen sich auf die Knie nieder und stimmten einen Singsang an, mit dem sie die guten Geister zu beeinflussen trachteten, die Ramana nach Aztlans Aussage nun in das „Land der ewigen Sonne“ brachten. Araua beschäftigte sich ein bißchen mit den Kindern, die noch sehr klein waren und die Tragik des Geschehens nicht erfaßten. Es waren Ramanas und Tupacs Kinder, ein Junge und ein Mädchen. Die ältere Frau war, wie sich jetzt herausstellte, Aztlans Frau. Die Mutter der Brüder Tupac und Alpas. Sie trat zu ihnen an das Grab, bückte sich und streute winzige Steinchen um das Kreuz herum aus, die sie in der Zwischenzeit gesammelt hatte. Dann stimmte auch sie mit in den Singsang ein. Araua begann eine längere Unterhaltung mit Aztlan, in deren Verlauf sie alles über die hier lebenden Indiosippen erfuhr, was sie noch wissen wollte. Immer wieder
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blickten sie zu den am Felsen hängenden, arbeitenden Männern, die mit verbissenem Eifer die Höhleneingänge freizulegen versuchten. Der Kutscher hatte sich zu Mac Pellew und Eric Winlow gesellt. Zu dritt richteten sie auf dem Uferstreifen die provisorische Kochstelle ein, hängten die Kessel auf und entfachten Feuer. Das Entfachen war nicht weiter schwierig, aber der Wind blies die entstehenden Flammen immer wieder aus. Schließlich schichteten sie Steine zu einer Art Schutzwall auf - die Brocken, die bei der Öffnung der Höhlen anfielen - und bildeten daraus einen Ring, in dessen Zentrum sie wiederum das Feuer anzündeten. Diesmal züngelten die Flammen hoch und leckten gegen die Böden der Kessel. Bald begann das Wasser zu zischen und zu brodeln. Es wurde eine einfache, aber herzhafte Suppe zubereitet. Hasard hatte seine Schicht an dem rechten Höhleneingang gerade beendet und ließ sich abfieren. Er überließ seinen Platz Shane, drückte ihm seinen Hammer und den Meißel in die Hände und ging zu Aztlan und Araua. Dabei geriet er in Pater Davids Nähe und blieb kurz bei ihm stehen. „Geht es voran?“ fragte der Gottesmann. „Ja. Langsam, aber beständig“, erwiderte Hasard. „Glaubst du, daß die Eingeschlossenen überhaupt noch Atemluft haben?“ „Bislang können wir nur Vermutungen anstellen“, sagte der Seewolf. „Wir haben noch keine Stimmen gehört.“ „Ich bete, daß die armen Teufel noch am Leben sind.“ „Das tun wir alle.“ Hasard sah zu der alten Frau und den beiden Brüdern, die an dem Grab knieten und sich in einem beschwörenden Ritual wiegten. „Hast du Tupac einigermaßen beruhigen können?“ „Ja. Ich glaube, diese einfachen Menschen haben eine natürlichere Beziehung zum Tod als wir. Sie klagen und verzweifeln, aber sie fassen sich auch sehr schnell wieder.“
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„Ja, da hast du recht. Aber für dich sind sie Heiden.“ „Du weißt doch, wie ich darüber denke“, sagte Pater David. „Ich bin nicht hier, um sogenannte Wilde zu bekehren. Ich will ihr Freund sein und ihre Gewohnheiten kennenlernen. Ich akzeptiere ihre Lebensweise und ihre Religion und will ihnen meinen Glauben nicht aufdrängen.“ „Gut so. Weißt du, was ich finde? Du bist ein sehr fortschrittlicher Geistlicher.“ „Jeder Missionar sollte so sein.“ „Ja, und die Zeiten der Kreuzzüge sind vorbei“, sagte Hasard. „Aber es muß wohl noch sehr viel Zeit vergehen, bis man auch bei uns begreift, daß man fremde Völker nicht einfach mit den Füßen treten darf.“ Er ging weiter zu Aztlan und Araua. Kurz darauf erfuhr er durch Araua, wie es geschehen konnte, daß ausgerechnet in diesem unwirtlichen Küstenstrich, der kahl und menschenabweisend wirkte, Eingeborene seßhaft geworden waren. 6. „Es sind drei Familien“, sagte Araua zu Hasard, nachdem Aztlan seine ausschweifenden Erklärungen abgeschlossen hatte, die von vielen Gesten und Gebärden begleitet waren. „Sie sind direkte Nachfahren der Inkas.“ „Also eben doch keine primitiven Höhlenmenschen“, sagte Hasard. „Ganz und gar nicht. Sie haben sich vor den Spaniern hierher geflüchtet, betreiben Fischfang und bauen Gemüse an.“ „Gemüse? Wo?“ fragte Hasard überrascht. Unwillkürlich mußte Araua nun doch lächeln. „Bei den Höhlen befindet sich ein verborgener Zugang zu einem kleinen Tal oberhalb der Felsenküste. Dort ist eine Mais- und Batatenanpflanzung, und dort weidet auch eine kleine Alpakaherde.“ „Jetzt wird mir alles klar:' „Die Sippen jagen sogar Wale und Seehunde und benutzen dazu Rindenkanus, die mit Quer- und Längsspanten versehen sind. All das hat mir Aztlan erzählt. Doch jetzt sind diese Kanus alle zerschellt und zertrümmert.“
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„Sie werden neue bauen müssen“, sagte Hasard. „Hast du ihn gefragt, ob sie hier jemals von den Spaniern entdeckt worden sind?“ „Sie haben sie nie entdeckt. Bei der Annäherung von Schiffen haben sich die Familien stets oben in dem kleinen Tal versteckt. Ihre Hauptbehausungen sind jedoch die drei Höhlen.“ Araua deutete auf die erste, offene Höhle. „Übrigens ist in diese Höhle zwar Wasser eingedrungen, aber es war nicht genug, um sie total zu füllen.“ „Und was führte zu der Verschüttung?“ „Morsches Gestein oberhalb der Höhlen.“ „Dort ist die Verwitterung stärker als unten, nehme ich an“, sagte der Seewolf. „Ja.“ „Hat es denn hier nie zuvor Flutwellen gegeben?“ „Ja, aber so selten, daß man eigentlich nie damit gerechnet hat“, erwiderte Araua. „Aztlan erinnert sich nur aus Erzählungen seiner Großeltern an solch ein Ereignis.“ „Das muß also vor vielen, vielen Jahrzehnten gewesen sein“, sagte Hasard. Er atmete etwas auf. Somit bestätigte der alte Mann indirekt, daß mit einer baldigen Wiederholung eines solchen Bebens kaum zu rechnen war. Araua berichtete noch einige Einzelheiten über die Lebensgewohnheiten der Indios, dann war sie am Ende angelangt. Hasard kehrte zu den Männern zurück und überwachte die Arbeiten. Bis zum Abend hatten die Männer an den beiden verschütteten Höhleneingängen so viel Freiraum geschaffen, daß sie die Bootsmannsstühle nicht mehr zu benutzen brauchten. Geduckt standen sie in den Öffnungen und hieben mit den Meißeln auf die Steine ein. Die Brechstangen und Kuhfüße legten immer neue Stücke frei und hebelten sie heraus. Doch dann setzte die Dunkelheit ein. „Aufhören!“ ordnete Hasard an. „Wir können so nicht weiterarbeiten, das ist zu riskant!“ Shane streckte den Kopf aus der einen Höhlenöffnung hervor und rief: „Wir können Fackeln einsetzen!“
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„Klar, das gibt besseres Licht!“ schrie auch Ferris Tucker. „Nein! Die Absturzgefahr ist zu groß!“ rief der Seewolf. Die Männer kletterten zum Ufer hinunter. „Scheiße“, sagte Shane. „Wenn es noch früher am Tag gewesen wäre, hätten wir es vielleicht geschafft. Irgendwie ist es ärgerlich, daß wir die Arbeit unterbrechen müssen.“ „Eine wüste Arbeit“, sagte Ferris Tucker. „Aber wir haben wirklich was geleistet.“ „Hört bloß auf, euch selbst zu loben!“ brüllte Carberry. „Wo ist der Kutscher?“ rief Stenmark. „Hier, ich hab' ein paar offene Blasen!“ „Handwundensalbe her!“ schrie Roger Brighton. „Wir wollen auch morgen noch voll im Einsatz sein!“ Der Kutscher versorgte die „Handkranken“, dann begaben sich alle zu der provisorischen Kochstelle und nahmen ihr Abendbrot zu sich. Carberry ließ barsch zum Backen und Banken antreten. Die Indios hockten bereits da und löffelten ihre Suppe, und die beiden Kinder blickten neugierig zu dem großen Mann mit dem Narbengesicht und dem gewaltigen Kinn. Konnte der brüllen! So etwas hatten sie noch nicht gehört. Will Thorne nähte im Schein von Laternen an Bord der „Estrella“ Lederfäustlinge, die die Hände der Männer schützen sollten, wenn es am nächsten Morgen mit der harten Arbeit weiterging. Man mußte vorsorgen. Die Barrieren, die die Höhlen zuschlossen, waren sehr dick, es konnte noch Stunden dauern, bis sie geöffnet waren. Vielleicht würde man sogar noch den ganzen Tag darauf verwenden. * Am Morgen des 20. November tobte der Sturm immer noch. „Hölle“, sagte der Profos, als er sich von dem Lager erhob, das er am Ufer aufgeschlagen hatte. „Dieser verdammte Sturm!“
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Er hatte sich freiwillig zu diesem Teil der Aktion gemeldet - die anderen waren an Bord der „Estrella de Malaga“ und der „San Lorenzo“ zurückgekehrt und hatten in ihren Kojen übernachtet. Carberry indes und mit ihm Shane, Jan Ranse, Ferris, Mulligan und ein paar andere -hatten es vorgezogen, unter freiem Himmel zu schlafen. Sie wollten im Licht des neuen Tages die ersten sein, die wieder mit der Arbeit begannen. Carberry trat an die erloschene Feuerstelle, verleibte sich einen Napf kalte Suppe ein, ging weiter bis ans Wasser und kehrte nach einer „symbolischen Katzenwäsche“ zu den anderen zurück, die inzwischen ebenfalls aufgewacht waren. „He“, sagte Shane. „Hast du schon wieder mit dem verdammten Brustpanzer geschlafen, Ed?“ „Was denn sonst? Und was geht dich das an?“ „Ich würde ihn endlich mal ablegen, statt ihn dauernd mit mir rumzuschleppen.“ „Das Problem ist, daß er ihn nicht mehr runterkriegt“, sagte Ferris. „Er wird ihn von nun an zeitlebens mit sich herumtragen müssen, ich schwör's dir.“ „Paß auf, du fliegst gleich ins Wasser“, sagte der Profos drohend. „Ich bin heute morgen nicht zu faulen Späßen aufgelegt.“ „Sei doch nicht gleich beleidigt“, sagte Shane grinsend. „Darf ich dir mal behilflich sein? Wetten, daß ich das Ding aufbreche?“ „Nein.“ Carberry rieb sich die Nase. „Es könnte sein, daß ich meinen Panzer noch mal brauche. Genau wie meinen Helm. Haltet gefälligst die Schnauzen und gewöhnt euch daran, daß ich mich jederzeit wieder in einen spanischen Teniente verwandeln kann.“ Die Männer standen auf, auch an Bord der beiden Schiffe wurde es lebendig. Nach einer kurzen Morgenwäsche und einem kalten Frühstück spuckten die Mitglieder die „Ufer-Gruppe“ in die Fäustlinge - und stiegen wieder zu den Höhlenlöchern hoch. „Auf geht's!“ brüllte der Profos. „Es wäre doch gelacht, wenn wir's heute früh nicht schaffen!“ Er schwang einen Hammer und
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ließ ihn gegen die Steine krachen. Ein großer Brocken zerplatzte in viele Stücke, die Carberry über die Stiefel prasselten. Von der „Estrella“ und der „San Lorenzo“ traf Verstärkung ein. Die Männer eilten über das Ufer und enterten über die bereits am Vortag ausgebrachten Jakobsleitern zu den beiden geräumten Stellen auf. Hier konnten jetzt immer zwei Männer zugleich arbeiten und stemmen. Gegen acht Uhr hielt Shane plötzlich mit der Arbeit inne. „Hört mal“, sagte er. „Da ist was. Zum Teufel, hört ihr das nicht?“ „Ich hör's auch“, sagte Ferris. „Das sind Stimmen.“ „Ein Kind weint!“ brüllte Carberry von nebenan - und das Kind begann aus vollem Hals und in größter Panik zu schreien. Tupac erschien, er stieg zu Shane und Ferris in das mittlere Höhlenloch und redete auf seine Leute an der anderen Seite der Barriere ein. Araua war inzwischen zu der dritten Höhle hochgeklettert, und nachdem auch sie einige Erklärungen abgegeben hatte, verstummten die Stimmen. Nur das Kind weinte noch ein bißchen. „Sapperlot!“ sagte Carberry und wischte sich den Schweiß von der Stirn. „Die haben sich erschrocken, was? Wieso eigentlich?“ Araua lächelte. „Das frage ich mich auch.“ „Sind sie noch alle am Leben?“ „Es hat den Anschein“, erwiderte Araua. „Aber du brauchst wirklich nicht so zu brüllen, Ed. Ich bin nicht schwerhörig.“ „Wer brüllt denn?“ Er schüttelte den Kopf. „Jetzt fängst du auch schon an, über mich zu mäkeln. Das finde ich wirklich nicht nett von dir.“ „Ed“, sagte Araua. „Das würde ich mir dir gegenüber nie herausnehmen.“ Er stieß einen Laut aus, der wie eine Mischung aus Grunzen und Knurren klang. „Darum möchte ich auch gebeten haben. Ich kann sonst sehr zornig werden.“ „Das wissen wir alle“, sagte Blacky, der neben ihm stand. „Aber würdest du so freundlich sein, mal wieder ein bißchen zu stemmen?“
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Carberry langte mit dem Kuhfuß zu, und ein Stein, der so dick war wie drei 17Pfünder-Kugeln, rollte heraus. Er bewegte sich zum Eingang, und Araua wich ihm aus. Blacky wollte ihn noch packen, aber der Stein kippte bereits über die Kante. „Achtung da unten!“ schrie Blacky. „Steinschlag!“ Auf dem Uferstreifen sprangen die Männer auseinander - gerade noch rechtzeitig genug, denn der Stein schlug mit einem dumpfen Laut neben ihnen in den Sand. Smoky, der ihm am dichtesten stand, stieß einen wüsten Fluch aus. „Könnt ihr nicht aufpassen?“ brüllte er. „Tut mir leid!“ schrie Blacky. „Das war ein Versehen!“ „Mann, ich hätte das Ding fast auf den Schädel gekriegt!“ brüllte Smoky aufgebracht. „Macht nichts, der ist hart genug!“ schrie Blacky. Carberry stieß Araua mit dem Ellenbogen an: „So, da hörst du's. Und dann sagst du, ich brülle, was?“ „Du hast wieder mal gewonnen“, sagte sie lachend. Nicht nur Carberry, auch die anderen arbeiteten wie die Besessenen. Gegen zehn Uhr morgens zeichnete sich ein erster Erfolg ab: Der Brocken, der die mittlere Höhle verstopfte, wurde mit einigen letzten Hammer- und Meißelschlägen vollends zertrümmert. Was folgte, war eher ein Abräumen des Schutts, zum Teil mit Hacke und Schaufel und Brechstangen. „Weiter so!“ rief Hasard, der jetzt in der mittleren Höhle mitarbeitete. „Wir haben es bald geschafft!“ „Aber wir sind schneller!“ schrie Carberry aus der dritten Höhle. Er hatte sich nicht ablösen lassen wollen. Mit kräftigen Hieben bearbeitete er das Gestein. „Paß mal auf, du wirst dich wundern!“ Wieder fing im Inneren der Höhle das Kind an zu schreien. „Ed, du lernst es nicht mehr“, sagte Al, der ihm bei dieser Schicht assistierte. „Hab' ich dich was gefragt?“ „Nein, wieso?“ „Dann halt die Luke, Mister.“
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Emsig schufteten sie weiter, und auch Hasard ließ sich nicht mehr ablösen. Wieder verstrichen nahezu zwei Stunden, und fast hatte es den Anschein, als würde die Arbeit endlos weitergehen. Dann aber, um die Mittagsstunde, war es soweit: Hasard stieß mit seiner Gruppe in der mittleren Höhle durch. Eine Bresche öffnete sich in dem Geröll - helle Laute ertönten auf der anderen Seite, Ausrufe von verzweifelten Menschen. Stenmark und Gary Andrews, Hasards Helfer, räumten wieder eifrig den Schutt ab. Das Loch vergrößerte sich, Hasard konnte die Gestalten und Gesichter der Eingeschlossenen erkennen. Sie schrien wieder auf. Das Grauen und die Angst zeichneten noch ihre Züge, und sie konnten ihr Glück nicht fassen. Eine Frau schlug sich beide Hände vor das Gesicht, drei Kinder klammerten sich an ihren Beinen fest und weinten. Ein Indio taumelte auf den Seewolf zu. Er stolperte, drohte auf das Geröll zu stürzen, fing sich aber wieder und blieb dicht vor Hasard stehen. Aus ungläubigen, unnatürlich geweiteten Augen blickte er ihn an und schien nicht zu wissen. ob er Angst vor ihm haben oder vor Dankbarkeit vor die Füße fallen sollte. Inzwischen war aber auch Araua zur Stelle. Katzengewandt war sie an. der Jakobsleiter hochgeklettert und traf in dem Moment bei Hasard ein, in dem auch die anderen Indios vorsichtig aus dem Höhlenloch vortraten. Wieder betätigte sie sich als Dolmetscherin und konnte den Indiomann rasch davon überzeugen, daß wirklich alles mit rechten Dingen zuging und sie die Freiheit wiedererlangt hatten. Der Indio sank vor Araua auf die Knie. „Ein Wunder ist geschehen“, murmelte er. „Steh wieder auf“, sagte sie. „Wir sollten jetzt alle nach unten steigen. Dort warten Aztlan und seine Familie auf euch, und es gibt genug zu essen und zu trinken.“ „Wer bist du?“ fragte die Frau, an deren Beinen sich immer noch die Kinder festklammerten. „Araua, die Tochter Arkanas.“
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„Die Götter sind dir gnädig, Araua, sie haben uns geholfen.“ „Es war harte Arbeit“, sagte Hasard. „Ja“, sagte der Indiomann, nachdem Araua wieder übersetzt hatte. „Aber wir haben das Hämmern und Klopfen auch gehört und haben gehofft. Wir werden euch ewig dankbar sein. Ohne euch wären wir verloren gewesen.“ „Die Luft wurde knapp“, sagte ein anderer Mann, der jetzt zu ihnen trat. „Wir hätten diesen Tag nicht mehr überlebt.“ Zehn Menschen waren befreit -erst jetzt konnte Hasard die Familie richtig zählen, als auch die letzten Mitglieder, ein alter Mann und eine alte Frau, über das Geröll zu ihnen stolperten. Einer nach dem anderen kletterte an der Jakobsleiter nach unten. Aztlan, Tupac, Alpas, die alte Frau und die Kinder lachten und umarmten die Befreiten, eine rührende Wiedersehensszene spielte sich ab. Hasard enterte zu Carberry, Al und Matt auf, die immer noch wie die Besessenen in der dritten Höhle arbeiteten. Sie schwitzten und fluchten. Als Hasard hinter ihnen erschien, wandte Carberry sich kurz zu ihm um und fragte: „Wie sieht's bei euch aus?“ „Wir haben es geschafft» „Wie viele Leute?“ „Zehn.“ „Gut“, sagte der Profos. „Aber wir kommen hier überhaupt nicht weiter. Ich glaube, hier ist die ganze Höhle eingestürzt.“ „Nein“, sagte Matt. „Das kann nicht sein. Hör doch mal.“ Sie hielten mit der Arbeit inne und lauschten. Plötzlich vernahmen sie Klopfgeräusche und Stimmen - sehr nah. „He! Die sind ja nur noch ein paar Zoll von uns entfernt“, sagte Al Conroy. „Dann weiter!“ brüllte Carberry. „Nichts wie drauf, Leute!“ Hinter der Stein- und Geröllmauer begann wieder das Kind zu weinen. Hasard half mit. Von unten rückte Verstärkung an: Dan, Shane und Ferris kletterten schwer bewaffnet mit Brecheisen, Kuhfüßen und Schaufeln in das Höhlenloch. Wieder verstrich einige
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Zeit - doch dann, gegen zwei Uhr nachmittags, hämmerte Carberry auch den letzten Stein aus der Barriere. Schnell wurde der Schutt zur Seite geräumt - und als erster taumelte ein alter Indio auf sie zu. Araua war mittlerweile auch eingetroffen und setzte dem alten Mann auseinander, wer sie seien und was geschehen war. Carberry stand dabei und kam sich ziemlich überflüssig vor. Plötzlich tauchte jedoch eine junge Eingeborenenfrau neben ihm auf. Sie trug ein kleines Kind auf dem Arm und sah sehr verängstigt aus. Carberry grinste sie an und sagte: „So, nun ist ja wieder alles gut.“ Prompt fing das Kind fürchterlich zu schreien an. Die Frau wich vor Carberry zurück und prallte gegen Araua. Araua hielt sie fest, weil sie zu straucheln drohte, und sagte in der Sprache der Inkas: „Du brauchst dich nicht zu fürchten. Wir sind alle deine Freunde.“ Die junge Frau stammelte etwas und trat in den Kreis ihrer Familienangehörigen. Carberry näherte sich vorsichtig. Er bewegte sich so behutsam, als habe er Angst, etwas zu zertreten. „Was hat sie denn gesagt?“ flüsterte er. „Daß du aussiehst wie ein Kinderfresser.“ „Das hat sie wirklich gesagt?“ „Ja, aber sie meint es nicht so. Sie steht noch unter der Schockwirkung.“ „So ist nun mal die Welt“, sagte der Profos. „Da tut man mal was Ordentliches und wird auch noch verkannt.“ Etwas später änderte er seine Meinung aber. Als sich alle auf dem Uferstreifen versammelt hatten - die dritte Familie zählte sieben Köpfe -, trat die junge Frau auf Carberry zu, verbeugte sich tief vor ihm und drückte ihm einen kleinen, aus getrockneten Blumen geflochtenen Kranz in die schwieligen Hände. „Was soll ich denn damit?“ fragte er verdutzt. Araua lächelte. „Der Kranz ist ein Geschenk und gleichzeitig ein Amulett. Er verspricht ewiges Leben. Luana – so heißt die Frau – schenkt ihn dir zum Zeichen ihrer Dankbarkeit. Sie hat von mir
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erfahren, daß du maßgeblich an ihrer Rettung beteiligt warst.“ „Das kann ich nicht annehmen!“ „Du mußt es aber tun, Ed“, sagte Araua. „Du würdest sie sonst tödlich beleidigen.“ Carberry hielt den Kranz mit einer Hand fest und kratzte sich mit der anderen am Kinn. Er war richtig verlegen und wußte nicht, was er sagen sollte. Luana verneigte sich wieder vor ihm und zog sich dann langsam zurück. „Ja, also“, sagte Carberry. „Dann schönen Dank.“ Er blickte ihr nach und brüllte: „Schönen Dank auch!“ Diesmal fingen gleich drei Kinder an zu weinen. „Ed, der Kinderschreck“, sagte Jean Ribault mit etwas spöttischem Lächeln. „Aber nimm's dir nicht zu Herzen.“ „Weißt du eigentlich, wie blöd du bist?“ „Nein.“ „Dann will ich's dir erklären”, sagte der Profos und grinste. Der Kutscher untersuchte in der Zwischenzeit die Indios und verband einige leichte Verletzungen, die sie bei dem Einsturz ihrer Höhlen erlitten hatten. Mac Pellew und Eric Winlow teilten fleißig Suppe aus. Gierig löffelten die Indios sie in sich hinein. Araua und Pater David halfen bei der Versorgung der drei Familien mit. „Dreiundzwanzig Menschen vor dem sicheren Tod bewahrt“, sagte Ben, der nun ebenfalls an Land gepullt war, zu Hasard. „Ein beachtliches Ergebnis.“ „Die erste Familie hat sich aus eigener Kraft befreit“, sagte Hasard. „Die darfst du nicht mitzählen.“ „Im Prinzip ist es aber egal“, sagte Ben. „Aztlan und seine Leute hätten es nie geschafft, die beiden anderen Familien zu befreien. Aztlan gesellte sich zu ihnen. Von Hutten war bei ihm und übersetzte. „Ich würde euch gern unser Tal zeigen“, sagte der alte Mann. „Das interessiert mich-, sagte Hasard. „Wer kommt mit?“ Außer von Hutten und Ben schlossen sich ihm Jean Ribault, Shane, Ferris und der
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Profos an. Sie kletterten mit dem alten Indio neben der ersten Höhle durch einen versteckten Schacht auf. Er führte tunnelartig und mit Windungen schräg nach oben. Da und dort waren Steinstufen aus dem Felsen gehämmert. „Wäret ihr nicht gekommen, dann wäre alles verloren gewesen“, sagte Aztlan unterwegs. „Ohne die anderen beiden Familien hätten wir nicht weiterexistieren können. Wir hätten auch nicht mehr leben wollen.“ „Das alles kannst du jetzt vergessen“, sagte der Seewolf. Sie gingen weiter und erreichten einen Gang, der durch eine Felsen-platte verschlossen war. Aztlan öffnete sie. Dem Verlauf dieses Ganges folgten sie und gelangten nach etwa zweihundert Yards an einen versteckten Ausgang, der auf einen grasbewachsenen Hang mündete. Von hier aus hatten sie einen umfassenden Überblick über das Tal. Es war grün und fruchtbar, ein Flüßchen durchquerte es, Bäume spendeten Schatten. Mais und Bataten wuchsen auf einem umzäunten Areal, und auf der großen, natürlichen Wiese weideten die Alpakas, von denen Aztlan Araua bereits erzählt hatte. Der Sturmwind heulte über das Tal, aber unten, auf der Sohle, bewegte sich kaum ein Strauch. „Ein idyllisches Plätzchen Erde“, sagte Hasard. „Und die Bäume werden euch das Holz liefern, aus denen ihr neue Kanus baut, nicht wahr?“ „Ja“, entgegnete Aztlan. „Bald werden wir wieder fischen und jagen.“ „Aber Werkzeuge haben sie nicht“, sagte Ribault. „Die sollten wir ihnen hierlassen.“ Als sie nach einiger Zeit zur Bucht zurückkehrten, eilte ihnen Tupac entgegen. „Rasch!“ rief er. „Ein Schiff! Viracocha Spanier!“ „Schnell!“ stieß Hasard hervor, und mit wenigen Sätzen war er an der Jakobsleiter. Ehe er jedoch abentern konnte, mußte er die Ankunft von Alpas und dem Rest der Familie abwarten. Sie kletterten wie die Affen an der Leiter hoch und verschwanden in ihrer Höhle. Ebenso die
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beiden anderen Indiofamilien - überstürzt ergriffen sie die Flucht und hangelten zu ihren Höhlen hoch. Hasard blickte auf die Dreimastgaleone hinunter, die soeben in die Bucht schoß. Ein ziemlich abgetakeltes Schiff, das vom Wüten des Sturmes gezeichnet war - aber ein Kriegsschiff. Ein reiner Zufall mußte es ausgerechnet in diese Bucht geworfen haben. „Mist“, sagte Ben hinter Hasard. „Die haben uns hier wirklich noch gefehlt.“ „Ruhig Blut“, sagte der Seewolf. „Wir gaukeln ihnen wieder ein bißchen was vor. Mal sehen, wie das wirkt.“ Er enterte ab, und die Männer folgten ihm bis auf Aztlan natürlich, der jetzt bei seiner Sippe blieb. Hasard sprang vom unteren Ende der Jakobsleiter auf das Ufer, lief zu seinen Männern und rief: „Das Feuer löschen! Alle Mann an Bord!“ „Aye, Sir“, sagte Smoky. „Und wir spielen wieder auf spanisch, was?“ „Das ist doch klar!“ zischte Carberry ihm zu. „Frag nicht so dumm! Ein Glück, daß ich meinen Panzer noch trage.“ Den Helm hatte er an Bord zurück-¬ gelassen. Aber als sie jetzt zur „Estrella de Málaga“ zurückpullten und aufenterten, stülpte er ihn sich sofort wieder über. Alle Männer kehrten an Bord der „Estrella“ und der „San Lorenzo“ zurück - und harrten der Dinge, die unweigerlich folgen mußten. 7. „Wie gut, daß ich gleich an Bord geblieben bin“, brummte Batuti. „Sonst hätte es gleich wieder Stunk gegeben, wie?“ „Nicht lange herumreden!“ fuhr Carberry, der seinen Helm gerade noch zurechtrückte, ihn an. „Ab mit dir! Lös von mir aus Bill vor der Vorpiek ab! Aber verschwinde, bevor sie dich doch noch sehen!“ Batuti zog sich, vom geöffneten Vordecksschott zurück, das er eben geöffnet hatte, um nach dem Rechten zu sehen. Er rammte es hinter sich zu, murmelte einen ellenlangen Fluch und
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suchte Bill auf, der mit der Wachrunde vor dem Vorpieksschott an der Reihe war. „Was ist denn los?“ fragte Bill. „Eine spanische Kriegsgaleone hat sich in die Bucht verirrt“, sagte der GambiaMann. „Scheißspiel. Jetzt muß ich mich wieder verstecken.“ Bill grinste. „Sei doch froh. Was glaubst du, was für einen Schrecken die Dons kriegen, wenn sie einen spanisch sprechenden Neger vor sich auftauchen sehen!“ „Hör bloß auf.“ „Wo ankert die Galeone?“ „Im Nordteil der Bucht.“ „Und wann schießen wir sie zusammen?“ „Das kannst du die anderen fragen“, sagte Batuti unwirsch. „Ich löse dich hier ab, und du darfst nach oben.“ „Fein“, sagte Bill. „Ich bin schon weg.“ Er grinste Batuti noch einmal rasch zu, dann lief er durch den Gang nach achtern. „Was ist eigentlich los?“ fragte Carrero mit dumpfer Stimme aus dem Inneren der Vorpiek. „Spanier, halt die Schnauze, oder du kriegst was rein!“ stieß Batuti wütend hervor. Luis Carrero schwieg und biß sich auf die Unterlippe. Es schien wirklich ratsam zu sein, den Mund zu halten. Die Engländer wurden immer aufgebrachter, wie es den Anschein hatte. Wenn er sie zusätzlich durch seine Äußerungen reizte, konnte es sein, daß sie ihre Drohungen doch noch in die Tat umsetzten und ihn an der Großrah hochzogen, mit einem soliden Tau um den Hals. Zum selben Zeitpunkt stand Hasard in seiner vollen Montur als „Don Esteban de Castellano“ auf dem Achterdeck der „Estrella de Málaga“ und spähte durch das Spektiv zu der Kriegsgaleone hinüber. „Ein ziemlich dicker Brummer“, sagte er. „Aber der Capitan weiß nicht, wie er sich verhalten soll. Er ankert im nordwestlichen Bereich der Bucht, weil er überrascht ist, bereits zwei Schiffe vor Anker liegen zu sehen.“
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„Damit hat er sicherlich nicht gerechnet“, pflichtete Ben Brighton ihm bei. „Mal sehen, was er jetzt unternimmt.“ Heimlich hatten Hasard und Jean Ribault an Bord ihrer Schiffe gefechtsklar machen lassen. Im Schutz der Schanzkleider huschten die Männer auf und ab und nahmen ihre Posten auf den Gefechtsstationen ein. Die Geschütze waren bereits fix und fertig geladen, es mußten nur noch die Holzkohlefeuer in den Kupferbecken angeheizt werden. Hasard bedeutete seinen Männern jedoch plötzlich durch eine Gebärde, die Vorkehrungen einzustellen. „Wartet“, sagte er. „Drüben wird gerade ein Boot abgefiert. Vielleicht stattet uns der Capitan einen Besuch ab.“ „Sehr gut“, sagte Carberry mit grimmiger Miene. „Wir werden ihm einen gebührenden Empfang bereiten.“ „Ed“, sagte Hasard. „Du hältst dich gefälligst zurück.“ „Aye, Sir, selbstverständlich.“ „Wir lassen den Capitan aufentern und aufs Achterdeck kommen, wie es sich geziemt“, sagte Hasard. „Er wird mit militärischen Ehren begrüßt.“ „Vorausgesetzt, er steuert mit dem Boot wirklich unsere ,Estrella` an“, sagte Dan O'Flynn. „Hast du Zweifel?“ fragte Ben. „Was tun wir, wenn er die ,San Lorenzo` anläuft?“ „Er kommt zu uns“, sagte der Seewolf mit einem Blick auf die Jolle, die in diesem Moment mit vier Rudergasten und dem Capitan von der Kriegsgaleone ablegte und auf sie zuglitt. „Der Don hat aus der Tatsache, daß die ,Estrella` ein Kriegsschiff und die ,San Lorenzo` ein Handelssegler ist, gefolgert, daß er sich an uns zu halten hat.“ „Außerdem liegen wir etwas näher zu der Galeone versetzt als die ,San Lorenzo'„, sagte Shane. „Und wir sind sozusagen das Flaggschiff“, sagte Ferris. „Nachdem das geklärt wäre, brauchen wir eigentlich nur noch darüber nachzudenken, wie wir den Don am besten wieder loswerden.“
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„Bist du nicht willig, so brauch' ich Gewalt“, sagte Hasard mit dem Anflug eines Grinsens. „Ferris, wie viele Flaschenbomben hast du bereit?“ „Na, bestimmt ein Dutzend.“ „Wie wäre es, wenn du mal genau nachzählen würdest?“ „Aye, Sir“, sagte der rothaarige Riese mit breitem Grinsen. „Zu irgendwas könnten die Dinger noch nütze sein, wie?“ „Das will ich meinen“, sagte Hasard. Inzwischen hatte sich die Jolle der Kriegsgaleone auf Rufweite genähert. Der fremde Capitan straffte sich. „Welches Schiff?“ schrie er. „,Estrella de Malaga!“ rief Hasard zurück. „Aus Guayaquil!“ „Unter welchem Kapitän?“ „Don Esteban de Castellano“, antwortete Hasard. „Mit wem habe ich die Ehre?“ „Don Hernan de Alcaraz!“ „Es würde mich freuen, Sie an Bord der ,Estrella` begrüßen zu dürfen, Senor Capitan!“ rief Hasard. „Ich wollte ohnehin mit Ihnen sprechen!“ „Das klingt nicht sehr freundlich“, murmelte Ben. „Seht ihn euch an“, sagte Dan. „Er ist ein älterer Offizier, aber an Überheblichkeit übertrifft er vielleicht sogar noch Luis Carrero.“ „Wenn du dich da mal nicht verschätzt“, sagte Shane. „Ganz bestimmt nicht.“ Hasard gab seinen „Seesoldaten“ ein paar Anweisungen, und sie brachten die Jakobsleiter aus, die vorsichtshalber schon binnenbords geholt worden war, als sich die Crew an Bord zurückbegeben hatte. Carberry als „Teniente“ stand mit sechs „Soldaten“ Gewehr bei Fuß bereit. Und nun enterte Don Hernan de Alcaraz auf und betrat das Hauptdeck der Karavelle. Carberry musterte ihn aus schmalen Augen. Ihre Blicke begegneten sich, die Atmosphäre war sofort von knisternder Feindseligkeit und beiderseitiger Abneigung erfüllt. Don Hernan war ein bartloser, asketisch wirkender Mann mit kalten grauen Augen. Sein Kinn hielt er etwas angehoben, sein Mund war
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verkniffen. Er betrachtete den Riesen mit dem narbigen Gesicht sozusagen von oben herab, obwohl er kleiner war als Carberry. „Willkommen an Bord der ,Estrella'„, sagte Hasard vom Achterdeck, um die Lage zu retten. „Teniente, bitte begleiten Sie Don Hernan de Alcaráz zu mir.“ „Si, Senor“, brummelte Carberry. Er marschierte neben dem Capitan her bis zum Backbordniedergang des Achterdecks, dann blieb er stehen. Don Hernan stieg die Stufen hinauf und trat auf dem Achterdeck vor Hasard und dessen „Offiziere“ hin. Er sagte weder einen Gruß noch bot er dem Seewolf die Hand an, dieser Don Hernan. Er war auf Anhieb allen unsympathisch, und sie sahen ihn so freundlich an, wie ein hungriger Wolf seine Beute betrachtet. „Don Esteban de Castellano, nehme ich an?“ sagte Don Hernan. Hasard lächelte so verbindlich wie möglich. „In Person, Don Hernan.“ „Sie sollten Ihrem Teniente beibringen, deutlicher zu sprechen.“ „Oh, Sie dürfen sich über ihn nicht wundern“, sagte der Seewolf. „Er spricht nur Dialekt, ist aber ein sehr guter Mann.“ „Dialekt? So etwas wäre auf meinem Schiff nicht möglich.“ „Auf der ,Estrella` geht es schon, Capitan.“ „Außerdem trägt der Mann einen zu kleinen Helm und einen viel zu kleinen Brustpanzer“, sagte Don Hernan in scharfem, herrischem Tonfall. Carberry lief rötlich im Gesicht an und wollte einen seiner saftigsten Flüche ausstoßen, aber Blacky stand plötzlich neben ihm und raunte: „Dreh jetzt nicht durch. Noch wissen wir nicht, wie das Spielchen weitergeht.“ „Ich wüßte es schon.“ „Warte.“ „Don Hernan“, sagte Hasard - immer noch freundlich. „Sind Sie zu mir an Bord gekommen, um sich über meine Leute zu beschweren -oder brauchen Sie Hilfe wegen der Sturmschäden, die Ihr Schiff erlitten hat?“ „Ich will etwas anderes“, sagte Don Hernan. „Ich verlange eine Erklärung.
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Waren das eben Wilde, die da oben in den Höhlen verschwunden sind?“ „Haben Sie Wilde gesehen, Don Hernan?“ „Ja, das habe ich. Weiber und Kerle und ein paar Gören.“ „Dann müssen es wohl Indios sein, Senor“, sagte Hasard. Sein Lächeln war eingefroren, seine Stimme hatte einen kalten Klang. Don Hernan war nicht nur ein Mann von einmaliger Arroganz - wie Dan schon richtig erkannt hatte -, er schien auch ein typischer Indianerhasser zu sein. „Und Sie sind an Land gewesen und haben mit denen gesprochen?“ fuhr er Hasard an. „Warum fragen Sie mich, wenn Sie es bereits wissen?“ „Das ist ungeheuerlich!“ „Wüßte nicht, warum.“ „Wie können Sie es als spanischer Seeoffizier und Kommandant eines Kriegsschiffes überhaupt wagen, mit diesen Hunden zu reden, statt sie sofort zu erschießen oder aufzuhängen?“ schrie Don Hernan. „Ich erwarte, daß Sie sich augenblicklich rechtfertigen!“ „Senor“, sagte Hasard scharf. „Ich rede, mit wem es mir paßt. Sie haben mir nichts vorzuschreiben und nichts von mir zu verlangen. Beruhigen Sie sich, sonst lasse ich Sie unter Arrest stellen.“ Das saß. Don Hernan schnappte nach Luft. Einen Augenblick schien er zu wanken, aber dann fing er sich und hatte sich wieder in der Gewalt. „Ich will Ihnen etwas verraten“, sagte er so beherrscht wie möglich. „Ich bin von Coquimbo, Chile also, hier heraufgesegelt, um vom Vizekönig in Lima für den Gouverneur in Chile Truppen anzufordern.“ „Warum?“ „Weil dieses Araukaner-Gesindel wieder frech geworden ist“ „Sicherlich gibt es für diese Art von Frechheiten einigen Anlaß.“ „Der ganze Süden ist mal wieder in Aufruhr!“ stieß Don Hernan hervor. „Immer wieder diese roten Affen! Diese Teufel! Und hier muß ich nun sehen, wie sich ein spanischer Edelmann mit Ungeziefer gemein tut!“
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„Senor, ich ersuche Sie noch einmal, sich zu beruhigen“, sagte der Seewolf. Don Hernan deutete mit zitterndem Finger auf die drei Höhlen. Von den Öffnungen aus spähten die Indios ängstlich zu den Schiffen. Sie hörten die lauten Stimmen und waren aufs äußerste beunruhigt. „Es gibt Ärger“, sagte Aztlan zu seiner Familie. „Für unsere Freunde. Das ist schlecht, denn sie haben nur unseretwegen Schwierigkeiten. Und wir können ihnen nicht helfen.“ „Wir können es doch“, sagte seine Frau. „Ich spreche zu den Göttern, und die Götter werden mich erhören. Zerspringen soll der Mann, der auf das Schiff gestiegen ist und laut herumschreit. Er ist ein böser Mann.“ „Senor!“ schrie Don Hernan in diesem Augenblick. „Die Höhlen müssen sofort zusammengeschossen werden! Sofort, verstanden?“ „Warum?“ fragte Hasard. „Das Indianergesindel muß ausgerottet werden!“ „Sehr richtig“, sagte unten, in der Vorpiek, Luis Carrero, der jedes Wort verstehen konnte. „Endlich mal jemand, der diese Halunken zurechtstutzt. Hoffentlich erledigt er sie auch. He!“ Batuti öffnete das Schott. „Was willst du?“ „Hilfe!“ brüllte Carrero. „Dir stopf' ich das Maul, Spanier!“ sagte Batuti, und schon hatte er den Knebel zur Hand und steckte ihn Carrero zwischen die Zähne. Der konnte nur noch husten, spucken und würgen, aber nicht mehr schreien. Im übrigen legte der GambiaMann ihm eine Hand an die Gurgel und drückte ein bißchen zu. Carrero wurde etwas bläulich im Gesicht und glaubte zu ersticken. Wieder bereute er es, etwas gesagt zu haben. Aber der Drang war stärker gewesen als die Vernunft. Ein spanisches Schiff schien aufgetaucht zu sein, und der Capitan befand sich auf dem Achterdeck der Karavelle. War das keine Chance? „Wenn du willst, daß ich dich zerquetsche, brauchst du nur zu nicken“, sagte Batuti und rollte dabei so drohend mit den Augen,
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daß in Carrero die Panik aufstieg. Heftig schüttelte er den Kopf. „Du wirst nicht mehr schreien?“ Wieder schüttelte Carrero den Kopf - und Batuti ließ seinen Hals los. „Für dieses eine Mal laß ich dich noch in Ruhe“, murmelte er. „Aber versuche das nicht wieder. Ich zerquetsche dich wie eine Laus.“ Oben, auf dem Achterdeck, hätte sich Don Hernan um ein Haar verschluckt. Er hüstelte, verzog das Gesicht zu einer Grimasse und sah Hasard an. „Was war das?“ „Es hat jemand gerufen.“ „Aus der Vorpiek etwa?“ „Ja, da sitzt mal wieder einer von meinen Kerlen ein“, erwiderte Hasard. „Es ist eben ein disziplinloser Haufen, und dauernd muß ich irgendwelche Vergehen ahnden. Es sind schon viele bis aufs Blut gepeitscht oder kielgeholt worden, Capitan.“ „Ja? Und mit den Indianern, diesem Pack, gehen Sie besser um? Wieso eigentlich? Was haben Sie mit denen zu tun?“ „Das geht Sie auf gut spanisch gesagt einen Dreck an, Capitan.“ „Eröffnen Sie sofort das Feuer auf die Höhlen!“ „Nein!“ „Ich werde ...“ „Gar nichts werden Sie, Don Hernan“, unterbrach Hasard ihn kalt. „Denn Sie befinden sich an Bord meines Schiffes, und ich kann Sie jederzeit in Ketten legen lassen.“ „Das wagen Sie nicht!“ „Nun hören Sie mal gut zu!“ Hasard war immer noch gefaßt, obwohl er innerlich vor Wut kochte. „Sie haben mir erstens keine Befehle zu erteilen! Zweitens ist es meine Sache, auf welche Weise ich mit den Indios verkehre! Drittens sollten Sie mit Ihrer abgetakelten Galeone dem Herrgott danken, daß Sie noch Unterschlupf in dieser Bucht gefunden haben!“ „Dem lieben Herrgott danken, jawohl!“ sagte Shane grimmig. Don Hernan wich einen Schritt zurück. „Wo bin ich hier gelandet? Auf einem
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Schiff voller Verrückter? Sie nehmen das Pack auch noch in Schutz?“ „Ja, das ist so eine Angewohnheit von uns“, sagte Hasard. „Daran werden leider auch Sie nichts ändern.“ „Über diesen ungeheuerlichen Vorfall werde ich einen Rapport verfassen, den ich dem Vizekönig persönlich vorlege!“ schrie Don Hernan. „Tun Sie doch, was Sie wollen“, sagte Hasard eiskalt. „Aber halten Sie sich das eine vor Augen. In dieser Bucht herrscht Frieden. Wenn Ihnen das nicht paßt, können Sie gleich wieder verschwinden.“ „Ist das Ihr letztes Wort?“ „Ja. Ich werde die Indios weder erschießen noch erhängen, sondern sie immer nur als Menschen behandeln.“ „Sie sind festgenommen!” brüllte Don Hernan. Hasard lachte. „Sie machen wirklich Witze, aber jetzt reicht es mir, Capitan.“ Don Hernan sprang noch einen Schritt zurück und zückte seinen Degen. Er ließ die Klinge zweimal durch die Luft pfeifen und schrie: „Streichen Sie die Flagge, oder ich zwinge Sie mit Waffengewalt zur Aufgabe!“ 8. „Nun schaut euch den an“, sagte Carberry. „Der hat wirklich nicht mehr alle beisammen.“ Er tastete nach seinem Säbel und war schon im Begriff, ihn zu zücken, da fuhr Don Hernan halb herum und brüllte: „Deck! Hier hört ab sofort alles auf mein Kommando!“ Carberrys Unterkiefer sank weg. Er glaubte, sich verhört zu haben. Dann aber ertönte hinter seinem Rücken ein dröhnendes Gelächter, in das er miteinstimmte. Hasard zog blitzschnell ebenfalls seinen Degen. Er stand einen halben Yard von der Querbalustrade und gut zwei Yards von Don Hernan entfernt. Die Spitze seines Degens richtete sich auf Don Hernan. Dieser Kerl hatte ihn mit seiner
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menschenverachtenden Arroganz derart aufgebracht, daß er jetzt aufs Ganze ging. „Senor“, sagte er. „Versuchen Sie mal, mich zu entwaffnen.“ Don Hernan duckte sich etwas und rückte mit dem Degen auf ihn zu. Die Klinge pfiff wieder durch die Luft -und urplötzlich unternahm er einen Ausfall. Aber Hasard war auf der Hut. Er wich aus - Don Hernan stach ins Leere. Hasard wartete, bis er sich wieder gefangen hatte. Diese Chance ließ er ihm. Jetzt hätte Don Hernan sich noch eines Besseren besinnen können, aber er wollte nicht. Das Duell ging weiter. Eine Auseinandersetzung mit ihm und mit seiner Galeone war nicht mehr zu vermeiden. Don Hernan versuchte es mit einer neuen Attacke. Er glaubte, die Schwäche seines Gegners entdeckt zu haben. Hasard ließ ihn fast auflaufen, wich erst im letzten Moment aus und schwang nun selbst seinen Degen. Huschend bewegte sich die Klinge durch die Luft, und mit einemmal war Don Hernans Wams seitlich aufgeschlitzt. Ben, Shane, Dan und die anderen auf dem Achterdeck hatten sich etwas zurückgezogen. Das ganze Deck war für den Zweikampf frei. Don Hernan tänzelte auf und ab und glaubte, Hasard irreführen zu können, doch es gelang ihm nicht. Immer wieder entging Hasard seinen wütenden Angriffen. Erst allmählich ging dem Spanier auf, daß er hier seinen Meister gefunden hatte, der noch lange nicht alle Register gezogen hatte, sondern sich noch zurückhielt. Hasard blockte noch ein paar Attacken und Finten ab, dann ging er zum Gegenangriff über. Sein Degen schien durch die Luft zu schwirren, senste die gegnerische Waffe nieder und ritzte blutige Male auf Don Hernans Hände und in dessen Gesicht. Don Hernan wich zurück, duckte sich und wollte Widerstand leisten, doch die blitzartige Attacke des Seewolfs ließ nicht zu, daß er noch eine Verteidigung aufbaute.
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Don Hernan wußte nicht mehr, wie ihm geschah. Er prallte mit dem Rücken gegen das Schanzkleid der Backbordseite. Wie durch Zauberei flog sein Degen durch die Luft und landete im Wasser. Don Hernans zerschnittene Rechte schmerzte wie Feuer. Hasard setzte ihm die Degenspitze an die Gurgel. „Kapitulieren Sie, Don Hernan! Sie haben keine Chance mehr!“ Don Hernan ließ sich fallen. Die Spitze der Klinge schnitt ihm das Kinn auf, aber er spürte es kaum. In seinem blinden Haß riß er sein Messer aus dem Waffengurt und schleuderte es auf den Seewolf. Nur seiner Geistesgegenwart hatte Hasard es zu verdanken, daß er auch diesem gemeinen Ausfall entging. Er sprang nach links - das Messer zischte an ihm vorbei und bohrte sich mit einem dumpfen Laut in den Besanmast. Don Hernan sprang wieder auf und wollte auch noch seine Pistole zücken, aber Hasard war schneller. Die Degenspitze traf Don Hernans Brust genau in der Herzgegend. Don Hernan stöhnte auf, gab noch einen keuchenden Laut von sich und starrte Hasard in ungläubigem Entsetzen an. Hasard riß den Degen wieder zu sich heran. Don Hernan taumelte gegen das Schanzkleid, drehte sich um und kippte über den Handlauf außenbords. Die Welt versank für ihn hinter schwarzen Schleiern. Ich sterbe, dachte er noch, mein Gott, ich sterbe. Dann löschte ein Schlag seine Hirntätigkeit aus, und er war tot, als er ins Wasser klatschte. „Ferris!“ rief der Seewolf. „Hier, Sir!“ Ferris war mit ein paar Flaschenbomben aufgetaucht, von denen er die erste soeben entzündete. „Kümmere dich um die Jolle!“ „Alles klar!“ Von der Kriegsgaleone ertönte wütendes Geschrei. Der Ausguck hatte deutlich genug verfolgen können, wie das Duell ausgegangen war. Jetzt schien man drüben zum Gefecht zu rüsten. Aber auch die vier Bootsgasten in der Jolle erhoben Protestgeschrei. „Capitan!“ schrie einer von ihnen.
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„Ihr Dreckskerle!“ brüllte ein anderer. „Was habt ihr mit unserem Capitan gemacht?“ Ein dritter hob seine Muskete und legte auf Carberry an, der sich über das Schanzkleid beugte und in das Boot blickte. Ferris erschien neben Carberry, grinste und winkte dem Kerl mit einer Hand zu. „Nein, nicht! Ganz falsch!“ Verwirrt ließ der Spanier die Muskete wieder sinken. „Falsch?“ „Ja!“ rief Ferris. „Hier, das schickt euch der Capitan!“ Er ließ die Flaschenbombe mit der schmauchenden Lunte in die Jolle fallen. Die Lunte war schon ein Stück heruntergebrannt. Es dauerte nur ein paar Sekunden, dann flog sie auseinander, und zwei Spanier kippten schreiend aus der Jolle. Die Ladung der Wurfgranate war so bemessen, daß sie in dem Boot zwar einiges Unheil anrichten konnte, die Bordwand der „Estrella“ jedoch unversehrt blieb. Fluchend und brüllend ergriffen die beiden anderen spanischen Bootsgasten die Flucht. Einer versuchte noch, aus einiger Distanz auf Ferris und den Profos zu schießen, aber jetzt segelte die nächste Flaschenbombe durch die Luft. Sie landete polternd im Boot - wie durch Hexerei -, und im nächsten Moment explodierte sie. Diesmal war die Ladung stärker. Die Spanier wurden außenbords katapultiert. Die Jolle zerbrach und sank. Drüben, an Bord der Kriegsgaleone, puffte eine weiße Wolke hoch. Dann heulte eine Kugel heran und landete vor dem Bug der „Estrella“. Eine Wasserfontäne stieg auf und fiel wieder zusammen. „Das ist die offizielle Kriegserklärung!“ rief der Seewolf. „Drauf, Männer! Klar bei Lunten - und Feuer!“ „Arwenack!“ brüllten die Männer der „Estrella“ und der „San Lorenzo“. „Ar-wenack, Ar-we-nack!“ * Es wurde ein statisches Gefecht, denn die enge Bucht ließ keine Manöver zu. Die drei Schiffe konnten nicht einmal eine
Roy Palmer
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Wende oder Halse fahren, ohne sich gegenseitig zu rammen. Auf der Kriegsgaleone donnerten die Siebzehnpfünder, und es sah imposant und bedrohlich zugleich aus, wie die Stichflammen aus den Rohren leckten. Aber nur zwei Kugeln krachten bei der „Estrella“ gegen das Schanzkleid und die Bordwand. Das Schanzkleid zerbarst an der Trefferstelle, die andere Kugel brach ins Innere des Schiffes ein und rollte rumpelnd durch den Gang. Batuti stolperte über sie, rappelte sich fluchend wieder auf und stürzte nach oben. Jetzt durfte auch er handeln. Die „Estrella“ und die „San Lorenzo“ feuerten gleichzeitig, und die Culverinenund Drehbassenkugeln rissen bei dem Gegner auch einige Löcher. Dann huschten plötzlich Pfeile durch die Luft. Shane und Batuti standen bereit und deckten die Kriegsgaleone mit einer Serie von Brand- und Pulverpfeilen ein. Als erstes fing das Großsegel Feuer, dann züngelten die Flammen auch auf den Decks. Die knallenden Explosionen versetzten die spanische Mannschaft in brüllendes Entsetzen. Damit nicht genug: Auch Ferris Tuckers Höllenflaschen flogen wieder. Eine explodierte auf dem Achterdeck der Galeone, die nächste auf der Kuhl. Das Rigg brannte inzwischen lichterloh, und die Spanier wußten nicht mehr, was sie zuerst tun sollten: die Kanonen nachladen oder das Feuer löschen. Schließlich hatten Shane und Batuti das Schiff derart mit ihren Pfeilen beschossen, daß es wie eine einzige Fackel, ein Riesenfanal, loderte. Schreiende Gestalten sprangen ins Wasser, einige von ihnen brannten. Das Feuer breitete sich immer mehr aus und war im Begriff, das gesamte Vorkastell zu verschlingen. Dann erreichten die Flammen auch die Pulverkammern. „Halt!“ rief Hasard. „Es ist soweit. Ihr könnt das Schießen einstellen.“ Shane und Batuti ließen ihre Langbögen aus englischer Eibe sinken. Ferris hatte
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noch eine Flaschenbombe in der Hand, entfachte die Lunte aber nicht mehr. Die frisch nachgeladenen Drehbassen der „Estrella“ und der „San Lorenzo“ wurden nicht mehr abgefeuert. Ein einziger Donnerhall erklang von der Kriegsgaleone, und eine unsichtbare Gigantenfaust schien sie aus dem Wasser zu stoßen. Sie brach in zwei brennende, glühende Teile auseinander. Noch einmal hallten gellende Schreie durch die Bucht, dann versanken die Teile zischend in den Fluten. Eine fette schwarze Rauchwolke wälzte sich über das Wasser. Sie war der letzte Zeuge von dem Drama, das sich soeben abgespielt hatte. Aztlans Frau richtete sich im Eingang ihrer Wohnhöhle auf. „Die Götter haben mich erhört“, sagte sie ernst. „Sie sind uns wieder gut gesonnen. Keine Viracocha werden uns mehr behelligen.“ „Und es wird keine neue Flutwelle geben“, sagte Aztlan. Er traf Anstalten, auf den Uferstreifen hinunterzuklettern. Seine Söhne Tupac und Alpas folgten ihm. Wenig später pullten die Männer der „Estrella“ und der „San Lorenzo“ wieder an Land, auch Araua war mit dabei. Es wurde rasch dunkel. Der Kutscher, Mac Pellew und Eric Winlow entfachten die Feuer und sorgten für eine herzhafte Mahlzeit. Danach saßen die Männer noch lange zusammen und unterhielten sich. „Ihr habt mehr für uns getan, als wir jemals wiedergutmachen können“, sagte Aztlan. „Die Spanier sind auch unsere Feinde“, sagte Hasard. „Aber das heißt nicht, daß du jedem Engländer trauen kannst, Aztlan.“ „Es hat mit der Herkunft nichts zu tun“, sagte Pater David. „Es ist eine Frage der Einstellung“, sagte der alte Indio ernst. „Ich weiß es. Ihr werdet uns verlassen, Freunde, aber ihr werdet stets in unseren Herzen verweilen.“ „Vielleicht kehren wir einmal zurück“, sagte Hasard. „Dann verweilt ihr bei uns, und es wird ein großes Fest zu euren Ehren geben, denn dann trauern wir nicht mehr um Ramana, die jetzt nicht mehr unter uns ist.“
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Sie schwiegen und sahen zu dem schlichten Kreuz, das sich im Licht der Lagerfeuer wie ein Mahnmal von dem Ufersand abhob. „Dort enden wir alle einmal”, sagte Pater David schließlich. „Aber unsere Seele lebt weiter, und der Herr nimmt uns in sein unendliches Reich auf.“ „Erzähle mir mehr über deinen Herrn“, sagte Tupac. Pater David sprach, und alle hörten ihm aufmerksam zu. Wieder war es Araua, die fließend übersetzte. Aber Pater David hielt keine Predigt. Er berichtete auf ganz natürliche und unaufdringliche Weise von „seinem Herrn“, und auch die Arwenacks und die „Le Vengeurs“ lauschten ihm aufmerksam. Es wurde noch ein langer Abend. Die Flammen der Feuer flackerten nicht mehr stark, der Sturm ließ allmählich ab. Er würde auch weiterhin abflauen, die ganze Nacht hindurch. Nur ein Mann saß an Leib und Seele gebrochen in seinem Verlies: Luis Carrero. Er hatte gehofft, daß Don Hernan in dem Duell siegen und ihn aus der Vorpiek herausholen würde. Es hatte nichts genutzt. Don Hernan war tot, seine Mannschaft ebenfalls. Das Schiff lag auf dem Grund der Bucht. Er, Carrero, war auch weiterhin dazu verdammt, der Gefangene dieses schwarzhaarigen Bastards zu sein, der mit dem Teufel im Bunde zu stehen schien. * Am nächsten Tag - dem 21. November 1594 - rüsteten die Männer der „Estrella de Malaga“ und der „San Lorenzo“ zum Aufbruch. Der Sturm hatte nachgelassen, die Wetterbedingungen ließen ein Auslaufen wieder zu.
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Hasard überließ den Indios Waffen und Werkzeuge. Trotz heftiger Abwehr mußte Aztlan die Geschenke annehmen. Er revanchierte sich mit Alpakafellen, die von den Indiofrauen zu den Booten getragen wurden. „Das ist unser größter Reichtum“. sagte er. „Die Felle werden euch auf der kalten Höhe von Potosi einen guten Dienst erweisen.“ „Ich könnte die Felle hier zurücklassen“, sagte Hasard. „Ich würde es dir nicht verzeihen' sagte Aztlan. „Habt ihr noch mehr Felle?“ „Viele. Und viele Tiere.“ „Werdet ihr neue Boote bauen?“ „Wir fangen noch heute damit an. „Und die Höhlen werden aufgeräumt?“ fragte Hasard. „Sorge dich nicht um uns, weißer Freund“, sagte der alte Mann lächelnd. „Wir haben viel Arbeit. Aber wir haben auch Freude im Herzen. Unser Segen begleitet euch auf den. Weg nach Potosi!“ Sie schüttelten sich die Hände dann verabschiedeten sich Hasard und seine Kameraden auch von der. anderen Familienmitgliedern und den Familien der beiden anderer Höhlen. Nur eine Stunde später gingen beide Schiffe ankerauf und verließen die Bucht. Sie steuerten nach Süden Der Wind aus Südwesten drückte sie rasch voran. Wie lange würde es noch dauern bis Arica erreicht war und der Marsch nach Potosi begann? Hasard selbst wußte keine Antwort darauf. Die Dauer der Reise war von zu vielen Unwägbarkeiten abhängig vom Wetter, vom Wind und von jenen unvorhergesehenen Ereignissen und Überraschungen, die sich gerade auf dieser Fahrt immer wieder einstellten…
ENDE