Thomas Volling Auftragsbezogene Planung bei variantenreicher Serienproduktion
GABLER EDITION WISSENSCHAFT Produktion ...
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Thomas Volling Auftragsbezogene Planung bei variantenreicher Serienproduktion
GABLER EDITION WISSENSCHAFT Produktion und Logistik Herausgegeben von Professor Dr. Wolfgang Domschke, Technische Universität Darmstadt, Professor Dr. Andreas Drexl, Universität Kiel, Professor Dr. Bernhard Fleischmann, Universität Augsburg, Professor Dr. Hans-Otto Günther, Technische Universität Berlin, Professor Dr. Stefan Helber, Universität Hannover, Professor Dr. Karl Inderfurth, Universität Magdeburg, Professor Dr. Thomas Spengler, Universität Braunschweig, Professor Dr. Hartmut Stadtler, Technische Universität Darmstadt, Professor Dr. Horst Tempelmeier, Universität zu Köln, Professor Dr. Gerhard Wäscher, Universität Magdeburg
Kontakt: Professor Dr. Hans-Otto Günther, Technische Universität Berlin, FG BWL – Produktionsmanagement, Wilmersdorfer Str. 148, 10585 Berlin
Diese Reihe dient der Veröffentlichung neuer Forschungsergebnisse auf den Gebieten der Produktion und Logistik. Aufgenommen werden vor allem herausragende quantitativ orientierte Dissertationen und Habilitationsschriften. Die Publikationen vermitteln innovative Beiträge zur Lösung praktischer Anwendungsprobleme der Produktion und Logistik unter Einsatz quantitativer Methoden und moderner Informationstechnologie.
Thomas Volling
Auftragsbezogene Planung bei variantenreicher Serienproduktion Eine Untersuchung mit Fallstudien aus der Automobilindustrie
Mit einem Geleitwort von Prof. Dr. Thomas S. Spengler
GABLER EDITION WISSENSCHAFT
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über abrufbar.
Dissertation Technische Universität Braunschweig, 2008
1. Auflage 2009 Alle Rechte vorbehalten © Gabler | GWV Fachverlage GmbH, Wiesbaden 2009 Lektorat: Frauke Schindler / Nicole Schweitzer Gabler ist Teil der Fachverlagsgruppe Springer Science+Business Media. www.gabler.de Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften. Umschlaggestaltung: Regine Zimmer, Dipl.-Designerin, Frankfurt/Main Gedruckt auf säurefreiem und chlorfrei gebleichtem Papier Printed in Germany ISBN 978-3-8349-1477-4
Geleitwort DieinvielenIndustriebranchenzubeobachtendeSättigungderMärkterücktAspekte der Differenzierung der angebotenen Leistung in den Vordergrund, um sich so ge genüberWettbewerbernabzugrenzen.DieAnpassbarkeitderangebotenenProdukte stellteinzentralesDifferenzierungsmerkmaldar,sodassdieHerstellungkundenindi vidueller Produkte heutzutage überwiegend im Rahmen einer variantenreichen Se rienproduktion erfolgt. Die Bewältigung der zunehmenden Anzahl von Varianten stellt für Industrieunternehmen eine der wichtigsten Aufgaben des Produktionsma nagements dar. In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage der Konzeption, der branchenspezifischen Ausgestaltung sowie des Einsatzes betrieblicher Planungssys teme.VonbesondererBedeutungisthierbeidiegeeigneteKoordinationderzugrun deliegendenPlanungsfunktioneninderAuftragsabwicklung.DerzeitbestehendeSys temederauftragsbezogenenPlanungsindüberwiegenddurcheinesequentielleAb arbeitungderProzessederAuftragsannahmeundderenÜberführunginProduktions vorgaben gekennzeichnet und führen damit zu Schwierigkeiten bei der Einhaltung zugesagterTermine,einerseitsundeinerüberdenZeitablaufungleichmäßigenKapa zitätsauslastung,andererseits.AbhilfeversprechenhierdieaufBasisvonMethoden desOperationsResearcharbeitenden„AdvancedPlanningSystems(APS)“,diealler dingsbisherinderPraxisderauftragsbezogenenPlanunglediglicheineuntergeord nete Rolle spielen. Gründe hierfür liegen insbesondere in der bisher fehlenden wis senschaftlichenAuseinandersetzungmitihrerWirkungsweisebeieinemzielgerichte tenEinsatzinderauftragsbezogenenPlanungbeivariantenreicherSerienproduktion. DieserHerausforderungstelltsichdievonHerrnVollingvorgelegteDissertation.Die zugrundegelegteZielsetzungbestehtinersterLinieinderKonzeptioneinermodell basierten Entscheidungsunterstützung für die auftragsbezogene Planung bei varian tenreicherSerienproduktion.InzweiterLinieerfolgtdieEvaluationdeserarbeiteten KonzeptsmitHilfeeinerumfangreichenSimulationsstudieanhandeinesFallbeispiels aus der Automobilindustrie. Schließlich setzt sich Herr Volling das Ziel, aus den Er gebnissen Gestaltungsempfehlungen zur Verbesserung operationaler Planungssyste meabzuleiten.NachdergrundlegendenCharakterisierungundEinordnungdervari antenreichen Serienproduktion sowie der auftragsbezogenen Planung werden zur Konkretisierung des vorliegenden Handlungsbedarfs sowie zur Ableitung von Anfor
VI
Geleitwort
derungen an eine Entscheidungsunterstützung in der auftragsbezogenen Planung zweiexploratorischeFallstudienausderAutomobilindustriedargestellt.Dakeinerder in der Folge diskutierten Ansätze aus der Literatur die abgeleiteten Anforderungen zurGänzeerfüllt,entwickeltHerrVollingEntscheidungsmodellezurAuftragsannahme sowie zur Produktionsprogrammplanung. Die Evaluation der Entscheidungsmodelle wird auf Basis einer umfangreichen Simulationsstudie vorgenommen. Zum Einsatz derModelleinrealenAnwendungsumgebungenistderenAnpassungandiejeweili gen Rahmenbedingungen erforderlich.Auch auf diesen Aspekt wird ausführlich ein gegangen.DieArbeitschließtmiteinerkritischenWürdigungderentwickeltenAnsät zeundderAbleitungvonHandlungsempfehlungen. Herr Volling deckt mit seiner vorgelegten Dissertation eine sowohl unter theoreti schen als auch praxisorientierten Gesichtspunkten äußerst aktuelle und anspruchs volleThematikab,unddiesaufaußerordentlichhohemNiveau.Dievonihmherange zogenenundeigenständigweiterentwickeltenEntscheidungsmodellezurauftragsbe zogenenPlanungbeivariantenreicherSerienproduktionsindgleichsamwissenschaft lich fundiert wie innovativ. Hervorzuheben ist die hohe Praxisrelevanz der Themen stellung und die damit verbundene umfangreiche empirische Prozess und Daten analyse,dieHerrVollingaufgrundseinerExpertiseundseinerinzahlreichenProjek tengesammeltenErfahrungeninderAutomobilindustriezielsicherdurchgeführthat. Herr Volling hat mit der vorgelegten Dissertation wissenschaftliches Neuland betre tenundmittelsdervonihmentwickeltenundvalidiertenEntscheidungsmodellebe achtenswerte Erfolge erzielt. Besonders eindrucksvoll ist die gleichmäßig hohe Ein dringtiefe in die mit der Bearbeitung der Thematik verbunden Themengebiete der BetriebswirtschaftslehreunddesOperationsResearch,vorallemimHinblickaufdie herausgearbeiteten Anforderungen der industriellen Praxis. Insgesamt hat Herr Vol lingmitseinerDissertationdenStandderForschungimThemengebietderauftrags bezogenenPlanungeinenentscheidendenSchrittvorangebrachtundgleichzeitigbe achtenswerte Erfolge im Hinblick auf die Gestaltung zukünftiger integrierter Pla nungssysteme zur Koordination der Auftragsannahme und der Produktionspro grammplanungerzielt. Univ.Prof.Dr.ThomasS.Spengler
Vorwort Die vorliegende Dissertation entstand während meiner Tätigkeit als wissenschaftli cherMitarbeiteramInstitutfürProduktionundLogistikderTechnischenUniversität CaroloWilhelmina zu Braunschweig. Rückblickend eine Zeit, die nicht nur forderte, sonderninsbesondereauchvielSpaßgemachthat.GeradedieUnterstützung,dieich vonvielenSeitendaruntervonStudenten,Hiwis,Kollegen,Freundenundvonmei ner Familie erfahren habe, hat entscheidend zum erfolgreichen Abschluss dieser Arbeitbeigetragen.IchmöchtedaherdieGelegenheitnutzen,imFolgendeneinigen besonderenPersonenmeinenherzlichenDankauszusprechen. GanzbesondererDankgebührtmeinemDoktorvaterundLeiterdesInstitutsfürPro duktionundLogistikHerrnProf.Dr.ThomasS.SpenglerfürdievielenhilfreichenAn regungenundHinweise,diefruchtbarenDiskussionenunddieUnterstützung,dieer mir hat zukommen lassen. Diese beschränkte sich nicht nur auf fachliche Inhalte, sondernschlossauchdieSchaffungeinergutenArbeitsatmosphäre,dieErmöglichung anwendungsorientierter Forschung und die Förderung persönlicher Qualifikationen mitein.HerzlichbedankenmöchteichmichauchbeiHerrnProf.Dr.DirkC.Mattfeld, Leiter des Lehrstuhls für Decision Support, für die wohlwollende Übernahme des Zweitgutachtens und das der Arbeit entgegengebrachte Interesse. Mein Dank gilt auchHerrnProf.Dr.WolfgangFritz,LeiterdesInstitutsfürMarketing,fürdieÜber nahme des Vorsitzes der Prüfungskommission und die Schaffung der positiven Prü fungsatmosphäre,diemirZuteilwurde. Ein herzliches Dankeschön gilt meinen Kollegen, die mich sowohl auf fachlicher als auch auf persönlicher Ebene begleitet haben. Ganz besonders möchte ich mich bei meinemehemaligenKollegenundFreundStefanRehkopfbedanken,derdurchviel fältige konzeptionelle Anregungen und konstruktive Tipps wesentlich zum Gelingen derArbeitbeigetragenhat.GleichesgiltfürNiklasLabitzke,deralsersterderzweiten GenerationderArbeitsgruppeProduktionsundOperationsmanagement(POM)nicht zuletzt durch das Gegenlesen dieser Arbeit wertvolle Unterstützung geleistet hat. Dank gebührt den weiteren POM’s, d.h. André Hintsches, Matthias Wichmann und KaiWittek,sowiemeinenKollegenGritWalther,EberhardSchmid,AnneSchatka,Jörg Wansart, Britta Engel, Jenny Steinborn, KerstinSchmidt und Karsten Kieckhäfer, die
VIII
Vorwort
mirinvielenSituationendenRückenfreigehaltenhabenunddienichtzuletztGrund dafürsind,dassdieArbeitamInstitutoftmalsnurformalvoneinemHobby,alsoeiner Tätigkeit,dermansichnichtausNotwendigkeit,sondernfreiwilligunterzieht,zuun terscheiden ist. Aber auch bei den ehemaligen Kollegen Oliver Seefried, Marcus Schröter, Wiebke Stölting und Grischa Meyer möchte ich mich für die angenehme Zusammenarbeit bedanken. Wenig funktioniert am Institut ohne die tatkräftige Un terstützungdesGeschäftszimmerssowiestudentischerHilfskräfte.Besondersbedan ken möchte ich mich bei Birgit Haupt, Marvin SchulzeQuester, Sebastian Arnecke, NilsFranzen,ChristianNeldner,FlorianHauserundSvenZimdahl. DasindieserArbeitbehandelteThemaistmotiviertdurchunterschiedlicheKoopera tionsprojekte.OhnedieEinblickeausdiesenProjektensowiedieUnterstützungdurch diejeweiligenProjektpartnerwäredieErstellungdieserVeröffentlichungnichtmög lichgewesen.BesondersmöchteichmichbedankenbeiDr.Ing.GerdAupperle,Dr. Ing.RoySauer,Dr.HeinzDetmer,WilfriedBreierundFilipeRodrigues.Meinbesonde rerDankgebührtauchdenStudenten,denenindiesenProjekteneinezentraleRolle zukam. Allen voran JanHenning Luers, Henning Kordts, Leif Strauß, Sebastian Fitz, MichaelHille,SimoneDilling,DennisKiolbassa,PhilipLaukartundSvenFriebe. EinganzbesondererDankgebührtandieserStellemeinerFamilie.MeineElternRe nate und Reinhard Volling, meine Geschwister Katrin und Timo, meine Großmütter IrmgardVollingundErikaGuthsowiedieFamilieOlinskihabenmichaufmeinembis herigen Lebensweg in allen Lebenslagen bedingungslos unterstützt, gefördert und begleitetundmireinesorgenfreieAusbildungermöglicht.Bedankenmöchteichmich auch bei vielen Freunden, darunter insbesondere Florian Behme, Arne Brinkmeier undJörgHenkel,diestetsdierichtigenermutigendenundermunterndenWortezur richtigenZeitfandenundnachhaltigeSorgedafürgetragenhaben,dassdasobenge nannteHobbyzumindestnichtdaseinzigegebliebenist.MeinherzlichsterDankaber gilt meiner Freundin und zukünftigen Frau Mascha Lagershausen, die mich mit Ge duldundVerständnisbegleitetundmirdenfüreinesolcheArbeiterforderlichenper sönlichenRückhaltgegebenhat.
ThomasVolling
Inhaltsverzeichnis Tabellenverzeichnis...............................................................................................XV Abbildungsverzeichnis..........................................................................................XIX Symbolverzeichnis..............................................................................................XXV Abkürzungsverzeichnis.......................................................................................XXIX 1
2
Einleitung........................................................................................................1 1.1
AusgangslageundProblemstellung................................................................1
1.2
ZielsetzungundVorgehensweise....................................................................4
GrundlagendervariantenreichenSerienproduktion........................................9 2.1
Einordnung....................................................................................................10
2.1.1
KundenindividuelleMassenproduktionalshybrideWettbewerbs strategie................................................................................................10
2.1.2
DifferenzierungsmerkmalKundenauftragsentkopplungspunkt.............14
2.1.3
AbgrenzungdervariantenreichenSerienproduktion.............................18
2.2
Charakteristika..............................................................................................20
2.2.1
EigenschaftendesOutputs....................................................................21
2.2.2
EigenschaftendesThroughput..............................................................24
2.2.3
EigenschaftendesInputs.......................................................................26
2.3
Nutzenpotenziale.........................................................................................27
2.3.1
VorteileeinerbedarfsgerechtenLeistungserstellung............................28
2.3.2
VorteileeinerverzögertenVariantenbildung.........................................30
2.3.3
ZugangzudetailliertenMarktinformationenundErhöhungder Kundenbindung.....................................................................................32
2.4
WirtschaftlicheRelevanz...............................................................................33
X
3
GrundlagenderauftragsbezogenenPlanung..................................................35 3.1
PlanungskonzeptionenimProduktionsmanagement....................................35
3.1.1
CharakteristischeMerkmalevonEntscheidungssituationen.................37
3.1.2
Planungsphilosophien............................................................................44
3.1.3
KonzeptderHierarchischenPlanung.....................................................45
3.1.4
UmgangmitunvollständigenInformationen........................................48
3.1.5
ModellbasiertePlanung.........................................................................51
3.1.6
Fazit.......................................................................................................56
3.2
DieoperativeProduktionsplanungalshierarchischesPlanungssystem........56
3.2.1
Bezugsrahmen.......................................................................................57
3.2.2
Planungsmodule....................................................................................58
3.3
AbgrenzungundKlassifikationderauftragsbezogenenPlanung...................62
3.3.1
PhasendesAuftragsabwicklungsprozesses...........................................62
3.3.2
EntscheidungenderauftragsbezogenenPlanung.................................67
3.3.3
KlassifikationderEntscheidungssituation.............................................78
3.4 4
Inhaltsverzeichnis
PlanerischerBezugsrahmenderauftragsbezogenenPlanung......................82
KonkretisierungdesHandlungsbedarfsanhandausgewählterFallstudien......91 4.1
Industrieumfeld.............................................................................................93
4.2
BezugsrahmenfürdieAnalyse....................................................................102
4.3
Fallstudien...................................................................................................105
4.3.1
VolkswagenTouran.............................................................................105
4.3.2
Porsche911er......................................................................................111
4.4
KonkretisierungdesHandlungsbedarfsundAbleitungvonAnforderungen aneineEntscheidungsunterstützung..........................................................116
5
BestehendeAnsätzezurauftragsbezogenenPlanung...................................123 5.1
AuftragsbezuginderProduktionsplanung..................................................123
Inhaltsverzeichnis
5.2
XI
AnsätzederVerfügbarkeitsprüfung............................................................127
5.2.1
SynchroneAnsätze...............................................................................129
5.2.2
AsynchroneAnsätze............................................................................133
5.2.3
Fazit.....................................................................................................138
5.3
AnsätzederProduktionsprogrammplanung...............................................139
5.3.1
MengenbasierteAnsätze.....................................................................140
5.3.2
AuftragsbezogeneAnsätze..................................................................141
5.3.3
Fazit.....................................................................................................143
5.4
AnsätzederdynamischenAnalyse..............................................................144
5.4.1
AggregierteAnalysederAuftragsabwicklung.....................................145
5.4.2
RollierendePlanung.............................................................................147
5.5 6
ErgebnisdesLiteraturüberblicks.................................................................149
KonzeptionvonEntscheidungsmodellenzurauftragsbezogenenPlanung....151 6.1
EntwicklungeinerhierarchischenPlanungskonzeption..............................151
6.1.1
BezugsrahmenzurAnalysedezentralerEntscheidungssituationen.....151
6.1.2
FormalisierungderEntscheidungssituation.........................................160
6.2
StrukturelleEntwicklungvonEntscheidungsmodellen...............................169
6.2.1
Grundmodell........................................................................................169
6.2.2
Erweiterungen.....................................................................................181
6.3
Strukturvalidierung.....................................................................................186
6.3.1
GrundlegendeStruktur........................................................................187
6.3.2
ModellierungderEinundUmplanungskosten...................................187
6.3.3
ModellierungderNivellierung.............................................................189
6.3.4
SegmentierungderZielfunktion..........................................................190
6.4
ErgebnisderModellierung..........................................................................191
XII
7
NumerischeAnalyse...................................................................................195 7.1
DefinitionderTestumgebung......................................................................196
7.1.1
AbgrenzungdesUntersuchungsbereichs.............................................198
7.1.2
ModellanpassungenundAusgangsdaten............................................200
7.1.3
Zielgrößen............................................................................................207
7.2
VoruntersuchungenundUntersuchungsdesign..........................................208
7.2.1
Vergleichspolitiken..............................................................................209
7.2.2
Untersuchungsdesign..........................................................................216
7.3
Ergebnisse...................................................................................................222
7.3.1
MethodischeVorbemerkungen...........................................................222
7.3.2
EinflussderModellparameter.............................................................225
7.3.3
EinflussderNachfrage.........................................................................235
7.4 8
Inhaltsverzeichnis
ErgebnissederUntersuchung.....................................................................240
AnwendungsspezifischeKonfigurationdesPlanungssystems.......................245 8.1
EinführungvonbetrieblichenPlanungssystemen.......................................246
8.1.1
PhasenderEinführung........................................................................246
8.1.2
KonkretisierungfürdieauftragsbezogenePlanung.............................249
8.2
AufgabederKonfiguration..........................................................................253
8.2.1
Ausgangslage......................................................................................253
8.2.2
ParameterwahlimKontextdermodellbasiertenPlanung...................254
8.2.3
KonkretisierungdesEntscheidungsunterstützungsbedarfs.................261
8.3
Lösungsansätze...........................................................................................264
8.3.1
MetaEntscheidungsunterstützungnachHanne..................................264
8.3.2
ForschungimBereichderrollierendenPlanung..................................265
8.3.3
SimulationsbasierteOptimierung........................................................268
Inhaltsverzeichnis
8.4
XIII
KonzeptioneinesKonfigurationsansatzes...................................................271
8.4.1
MethodischeVorüberlegungen...........................................................272
8.4.2
Konzeptentwicklung............................................................................273
8.5 9
ErgebnisderanwendungsspezifischenKonfiguration.................................278
KritischeWürdigungundHandlungsempfehlungen......................................281 9.1
ReflektionderwissenschaftlichenErkenntnisse.........................................281
9.1.1
StrukturierungderEntscheidungssituation.........................................281
9.1.2
EntwickelterAnsatzzurauftragsbezogenenPlanung..........................284
9.1.3
ErkenntnissebezüglichdesdynamischenVerhaltens..........................287
9.1.4
KonzeptzurKonfiguration...................................................................289
9.2
ImplikationenfürdieunternehmerischePraxis..........................................290
10 Zusammenfassung.......................................................................................293 Literatur..............................................................................................................299 Index...................................................................................................................315 Anhang...............................................................................................................319
Tabellenverzeichnis Tabelle1:
EinflussfaktorenaufdiePositionierungdesKAEP.............................18
Tabelle2:
StrukturierungderoutputorientiertenEigenschaften......................23
Tabelle3:
StrukturierungderthroughputorientiertenEigenschaften...............26
Tabelle4:
StrukturierungderinputorientiertenEigenschaften.........................27
Tabelle5.
BeispieledervariantenreichenSerienproduktion.............................34
Tabelle6:
MerkmaledesZielsystems................................................................41
Tabelle7:
MerkmaledesderEntscheidungslogik..............................................41
Tabelle8:
MerkmalevonEntscheidungsfeldundInformationssystem.............44
Tabelle9:
AusgewählteAnsätzezumUmgangmitUnsicherheitinder Planung.............................................................................................49
Tabelle10:
KlassifikationvonAnsätzenzurPlanungbeiUnsicherheit................50
Tabelle11:
AusgewählteAnsätzezurStrukturierungderAufgabender AuftragsabwicklungbeginnendmitderKundenanfrage...................63
Tabelle12:
ZielederauftragsbezogenenPlanunginausgewählten Arbeiten............................................................................................73
Tabelle13:
KlassifikationderEntscheidungssituationder auftragsbezogenenPlanung..............................................................81
Tabelle14.
ProgrammezurRestrukturierungdes Auftragsabwicklungsprozesses..........................................................97
Tabelle15:
AnteilekundenbezogenerProduktioninausgewählten Märkten............................................................................................98
Tabelle16:
MerkmalederAutomobilindustriealsAusprägungder variantenreichenSerienproduktion................................................101
Tabelle17:
ÜbersichtderProduktoptionenVolkswagenTouran......................107
Tabelle18:
ÜbersichtderProduktoptionenPorsche911er...............................112
Tabelle19.
ErwarteteLieferzeiteninUK(n=1033)............................................118
XVI
Tabellenverzeichnis
Tabelle20:
AnforderungenandieauftragsbezogenePlanung..........................121
Tabelle21:
AnsätzedesMasterProductionScheduling....................................125
Tabelle22:
DimensionzurUnterscheidungvonAnsätzender Verfügbarkeitsprüfung....................................................................129
Tabelle23:
AusgewählteAnsätzezursynchronenVerfügbarkeitsprüfung.......132
Tabelle24:
ErfüllungderAnforderungendurchsynchroneAnsätzeder Auftragsannahme............................................................................133
Tabelle25:
AusgewählteAnsätzezurasynchronenVerfügbarkeitsprüfung......137
Tabelle26:
ErfüllungderAnforderungendurchasynchroneAnsätzeder Auftragsannahme............................................................................138
Tabelle27:
AusgewählteAnsätzezurProduktionsprogrammplanungbei variantenreicherSerienproduktion.................................................143
Tabelle28:
ErfüllungderAnforderungendurchsynchroneAnsätzeder Produktionsprogrammplanung.......................................................144
Tabelle29:
ErfüllungderAnforderungendurchsynchroneAnsätzeder Produktionsprogrammplanung.......................................................147
Tabelle30
KonfigurationsraumzurGestaltungvonEntscheidungs modellen.........................................................................................184
Tabelle31:
ErfüllungderAnforderungenderauftragsbezogenenPlanung durchdasentwickeltePlanungssystem..........................................193
Tabelle32:
Modellgrenztabelle.........................................................................199
Tabelle33:
ProduktstrukturdernumerischenUntersuchung...........................204
Tabelle34:
UnveränderlicheParameterderUntersuchung..............................207
Tabelle35:
ZielgrößenderUntersuchung.........................................................208
Tabelle36:
KlassifikationderexogenenParameter...........................................217
Tabelle37:
ParameterundAusprägungendeserstenExperimentsder erstenPhase....................................................................................221
Tabellenverzeichnis
Tabelle38:
XVII
ParameterundAusprägungendeszweitenExperimentsder erstenPhase....................................................................................221
Tabelle39:
ParameterundAusprägungenderzweitenPhase..........................222
Tabelle40:
ZusammenfassungderErgebnissederVarianzanalyse...................226
Tabelle41:
ZusammenfassungderEffekte........................................................231
Tabelle42:
PlanungsdynamikgemesseninderAnzahlvonAufträgen,die infrüherenAusführungenderProduktionsprogrammplanung bereitsdiefinaleProduktionsperiodehaben...............................234
Tabelle43:
KlassifikationderexogenenParameter...........................................252
Tabelle44:
AnforderungenaneinenEntscheidungsunterstützungsansatz zurParametrierung.........................................................................264
Tabelle45:
AnwendbarkeitdesAnsatzesvonHanne........................................265
Tabelle46:
ÜbersichtausgewählterArbeitenimBereichderrollierenden Planung...........................................................................................267
Tabelle47:
AnwendbarkeitvonAnsätzenzurParametrierung rollierenderPlanungsverfahren......................................................268
Tabelle48:
AnwendbarkeitvonAnsätzenzursimulationsbasierten Optimierung....................................................................................271
Tabelle49:
AnsätzedersimulationsbasiertenOptimierung..............................272
Tabelle50:
EinflussfaktorenaufdieRelevanzderauftragsbezogenen Planung...........................................................................................292
Tabelle51:
VarianzanalysefürdieersteUntersuchungsphase.........................320
Abbildungsverzeichnis Abbildung1: AufbauderArbeit................................................................................8 Abbildung2: KundenauftragsentkopplungspunktimWertschöpfungs prozess..............................................................................................15 Abbildung3: KlassifikationvonErscheinungsformenderProduktion anhanddesKAEP...............................................................................16 Abbildung4: ProduktbeschreibungbeivariantenreicherSerienproduktion..........22 Abbildung5: RelativeMengenhäufigkeitsverteilungüberMotoroptionund Ausstattungspaket............................................................................29 Abbildung6: ProduktionsentscheidungenalsInteraktionsprozess........................38 Abbildung7: KonzeptderrollierendenPlanungfürdieZeitpunkteݐ undݐଵ (ݐଵ ݐ )............................................................................................51 Abbildung8: GrundlegendeStrukturvonquantitativenModellen........................53 Abbildung9: SchematischerAblaufdermodellgestütztenPlanung.......................54 Abbildung10: StrukturvonAdvancedPlanningSystemsModuleder operativenPlanungsindhervorgehoben..........................................58 Abbildung11: KundenundProduktionsauftragimKontextder auftragsbezogenenPlanung..............................................................67 Abbildung12: GrundlegendeStrukturderauftragsbezogenenPlanung..................68 Abbildung13: EntscheidungenderauftragsbezogenenPlanung.............................70 Abbildung14: IllustrativerFüllgradfürnormalverteiltegewünschte Lieferzeiten;fettdargestelltistderFortschrittdes BestellprozessesderjeweiligenZeitpunktebiszumZeitpunkt derBetrachtung(߬ ൌ Ͳ)....................................................................72 Abbildung15: KennzahlenimAuftragsdurchlauf.....................................................76 Abbildung16: Bezugsrahmenderauftragsbezogenenundauftragsneutralen Planung.............................................................................................83
XX
Abbildungsverzeichnis
Abbildung17: TerminlicherZusammenhangzwischenKundenund Produktionsauftrag...........................................................................85 Abbildung18: SachlicheundzeitlicheAbhängigkeiteninder auftragsbezogenenPlanung..............................................................88 Abbildung19: SupplyChainStrukturinderAutomobilindustrie.............................95 Abbildung20: ArtenderauftragsbezogenenPlanunganhanddes KundenbelegungsgradesimAuftragsabwicklungsprozess..............100 Abbildung21: BezugsrahmenfürdieFallstudien...................................................105 Abbildung22: VWTouranNeuzulassungeninDeutschland(2003bis2007).........108 Abbildung23: StrukturdesauftragsbezogenenPlanungssystems(VW Touran)............................................................................................111 Abbildung24: Porsche911erNeuzulassungeninDeutschland(20032007).........113 Abbildung25: EinplanungentsprechenddesRealtimePositioning.......................115 Abbildung26: StrukturdesauftragsbezogenenPlanungssystems(Porsche 911er)..............................................................................................116 Abbildung27: EinordnungvonAnsätzenderVerfügbarkeitsprüfunginden BezugsrahmenderauftragsbezogenenPlanung.............................128 Abbildung28: EinordnungvonAnsätzenderProduktionsprogrammplanung indenBezugsrahmenderauftragsbezogenenPlanung..................140 Abbildung29: FormalesGrundmodelldezentralerEntscheidungen......................153 Abbildung30: TypenderAntizipationimKontextdezentralen Entscheidungssituationen;approximierteAbbildungensind durchunterbrocheneLiniengekennzeichnet..................................158 Abbildung31: HandlungsalternativenimRahmenderAuftragsannahme; einePeriodeentsprichteinemKästchen.........................................162 Abbildung32: StrukturderEinplanungskosten;vereinfachendwirdvon vernachlässigbarenDurchlaufzeitenausgegangen.........................163
Abbildungsverzeichnis
XXI
Abbildung33: AuftragsbezogeneEntscheidungssituationder Produktionsprogrammplanung.......................................................165 Abbildung34: ExemplarischerVerlaufderUmplanungskosten.............................166 Abbildung35: RessourcenbezogeneEntscheidungssituationder Produktionsprogrammplanung.......................................................167 Abbildung36. KonzeptionellesModellderauftragsbezogenenPlanung...............169 Abbildung37. BestimmungderUnterschreitungenderminimal angestrebtenKapazitätsbelastungfüreineeinzelne RessourceundPeriode....................................................................176 Abbildung38: IllustrativeEntscheidungssituationinder Produktionsprogrammplanungfürnormalverteilte gewünschteLieferzeiten.................................................................178 Abbildung39: DatenflussdesauftragsbezogenenPlanungssystems.....................179 Abbildung40: IllustrativesBeispielzumZusammenwirkenvon AuftragsannahmeundProduktionsprogrammplanung (Durchlaufzeitenwerdenvernachlässigt)........................................181 Abbildung41: IllustrativeEntscheidungssituationinderAuftragsannahme fürnormalverteiltegewünschteLieferzeiten..................................185 Abbildung42: AblaufderSimulation......................................................................197 Abbildung43: ExemplarischeNachfrageverlauffüreinFahrzeugmodell...............202 Abbildung44: ExemplarischeNachfragereihen;aufgetragenistderVerlauf derNachfrage݀überdieZeit(linksobenߚ ൌ ͲǤͲͳ,rechts obenߚ ൌ ͲǤͳ,linksuntenߚ ൌ ͲǤʹ,rechtsuntenߚ ൌ ͲǤ͵)...........203 Abbildung45: Unterauslastungfürߛ ൌ ͲǡͲͳ(links)undߛ ൌ Ͳǡ͵(rechts); Ergebnissesindnormiertaufdiedurchschnittliche Zielerreichung.................................................................................210 Abbildung46: MittlereEinplanungskostenfürߛ ൌ ͲǡͲͳ(links)undߛ ൌ Ͳǡ͵ (rechts);Ergebnissesindnormiertaufdiedurchschnittliche Zielerreichung.................................................................................210
XXII
Abbildungsverzeichnis
Abbildung47: AusgewählteZielerreichungenfürߣ ൌ ͳǡͲ(links)undߣ ൌ ͳǡʹ (rechts)sowieߚ ൌ Ͳǡͳundߛ ൌ Ͳǡʹ;Ergebnissesindnormiert aufdenjeweilsmaximalenWert.....................................................212 Abbildung48: MittlerepaarweiseDifferenzzwischenBasispolitikundex postOptimierungderUnterauslastungfürߛ ൌ ͲǡͲͳ(links) undߛ ൌ Ͳǡ͵(rechts);dieErgebnissesindnormiertaufdie durchschnittlicheDifferenzzwischenbeidenPolitiken...................213 Abbildung49: MittlerepaarweiseDifferenzzwischenBasispolitikundex postOptimierungdermittlerenEinplanungskostenfür ߛ ൌ ͲǡͲͳ(links)undߛ ൌ Ͳǡ͵(rechts);dieErgebnissesind normiertaufdiedurchschnittlicheDifferenzinder Zielerreichung.................................................................................214 Abbildung50: ProfildiagrammefüreinKapazitäts/Nachfrageverhältnisvon 1,0(links)und1,2(rechts).Dargestelltsinddie skalentransformiertenZielerreichungenfürdie UnterauslastungunddiemittlerenEinplanungskostensowie diemittlereLagerdauerbezogenaufdendurchschnittlichen WertdesjeweiligenNachfrageszenarios.DieWerteergeben sichalsDurchschnitteüberdenFaktor௧௧ .......................228 Abbildung51: ErwarteteZielerreichunginAbhängigkeitdesKapazitäts/ NachfrageverhältnissesunddesGewichtungsfaktors ௧௧ .Dargestelltsinddieskalentransformierten ZielerreichungenfürdieUnterauslastungunddiemittleren EinplanungskostensowiediemittlereLagerdauerbezogen aufdiedurchschnittlicheLagerdauerdesjeweiligen Kapazitäts/Nachfrageverhältnisses.DieWerteergebensich jeweilsalsDurchschnitteüberdieFaktoren௩ und ௦௩ ............................................................................................230 Abbildung52: EinflussderIntervallgrenzefüreinKapazitäts/Nachfrage verhältnissesvonO ൌ ͳ(oben)undO ൌ ͳǡʹ(unten)sowiedie obenangegebenenParameter;dargestelltsinddieskalen
Abbildungsverzeichnis
XXIII
transformiertenZielerreichungenfürdieUnterauslastung unddiemittlerenEinplanungskostensowiediemittlere LagerdauerbezogenaufdiedurchschnittlicheLagerdauerdes jeweiligenKapazitäts/Nachfrageverhältnisses................................233 Abbildung53: ZielerreichunginAbhängigkeitvonKapazitäts/Nachfrage verhältnisundVolatilitätderNachfragefürߛ ൌ Ͳǡʹ;die WertesindjeweilsaufdiedurchschnittlichenZielerreichung bezogen...........................................................................................236 Abbildung54: UnterauslastunginAbhängigkeitvonKapazitäts/Nachfrage verhältnisundVolatilitätderNachfragefürߛ ൌ Ͳǡʹ;die WertesindaufdenDurchschnittbezogen......................................237 Abbildung55: SkalentransformierteZielerreichunginAbhängigkeitvon Kapazitäts/NachfrageverhältnisundVolatilitätderNachfrage fürߛ ൌ Ͳǡʹ......................................................................................238 Abbildung56: AblaufderEinführungvonPlanungssystemen................................247 Abbildung57: KlassifizierungvonAnwendungsfällenderParametrierung............259 Abbildung58: MetaEntscheidungsproblemderKonfiguration.............................260 Abbildung59: KonzeptzurKonfiguration...............................................................274 Abbildung60: ExemplarischeNachfragereihenfürnormalverteilte Nachfrage(linksߚ ൌ Ͳǡͳ,rechtsߚ ൌ Ͳǡ͵).....................................319
Symbolverzeichnis IndizesundMengen ܤ
IndexderBasisebene
݅
IndexderAnfrage/desAuftrags
ࣣ௧
IndexmengederangenommenenAufträge,dieindenPlanungshori zontderProduktionsprogrammplanungbeginnendmitPeriodeݐfal len
݇
IndexderEbenenderhierarchischenPlanung݇ אሼܶǡ ܤሽ
IndexderParameterkombinationen( ൌ ͳǡ ǥ ǡ )
ݎ
IndexderRessourcen()࣬ א ݎ
ݐ
IndexderPlanperiodendesBezugssystems( ݐൌ ͳǡʹǡ ǥ ǡ ܶ ௫ )
ݐ
ZeitpunktderEntscheidungderTopebene
ݐଵ
ZeitpunktderEntscheidungderBasisebene
ܶ
IndexderTopebene
W
IndexderPlanperiodenfürAuftragsannahmeundProduktionsprog rammplanung
߆
MengederRessourcenundPeriodenkombinationen,derenKapazi tätsauslastungkleineristalsdieminimalangestrebte
Entscheidungsvariablen ܽො כ
approximierteEntscheidungderBasisebene
ܽ
optimaleEntscheidungderEbene݇
ܽ
zulässigeEntscheidungderEbene݇
ܿݐW
FreieKapazitätderRessourceݎinPeriodeW
ା ܿݐW
VerfügbareKapazitätderRessourceݎinPeriodeWnormalisiertinBe ௫ zugaufdiemaximaleKapazitätܿܽW
XXVI
Symbolverzeichnis
ି ܿݐW
RelativeUnterschreitungderangestrebtenminimalenKapazitätsbe lastungܿܽW rRessourceݎinPeriodeW
xMPS iW
BinäreEntscheidungsvariablederProduktionsprogrammplanung
ݔොெௌ
ApproximationderUmplanungdurchdieProduktionsprogrammpla nung
xOP iW
BinäreEntscheidungsvariablederAuftragsannahme
Parameter ܽ
ProduktionskoeffizientvonAuftrag/Anfrage݅bezüglichRessourceݎ
ܣመ
approximiertesEntscheidungsfeldderBasisebene
ܣ
EntscheidungsfeldEbene݇
ܨܣሺܰܫሻ
Antizipationsrelation
ߚ
KoeffizientzurBestimmungderStandardabweichungderNachfrage
ܿܽ௫ W
MaximaleverfügbareKapazitätvonRessourceݎinPeriodeW
ܿெௌ W
UmplanungskostenvonAuftrag݅bezüglichRessource(ݎMPS)
ܿை W
TerminabhängigeKostenbeiEinplanungvonAnfrage݅bezüglichRes sourceݎ
ܿܽ W
MinimalangestrebteKapazitätsbelegungvonRessourceݎinPeriodeW
ܥመ
approximiertesKriteriumderBasisebene
ܥሺሻ
Zielfunktion(derEbene݇)
் ܥ
EntscheidungsverhaltensderBasisebeneimKalkülderTopebene (TopDownKalkül)
்் ܥ
privates,ebenenbezogenesKalkülderTopebene
ߛ
KoeffizientzurBestimmungderStandardabweichungdergewünsch tenLieferzeiten
݀ҧ
mittlereNachfrage
݀
InkrementellerEffektvonFaktorstufen
Symbolverzeichnis
XXVII
ߝఠ
ZufälligerFehlerfürParameterkombination݊undReplikation߱
݄ሺ௧ሻ
(Politikabhängige)Zielerreichung
݄
SkalentransformierteZielerreichung
݄ఠ
ZielerreichungfürParameterkombination݊undReplikation߱
ܫሺூேሻǡ௧
InformationsstandzumZeitpunkttderEntscheidungderEbene݇ge gebenenfallsunterBerücksichtigungderInstruktionܰܫ
ܫ௧బ
InformationsstandzumZeitpunktderantizipativenInteraktion
ܫ௧భ
InformationsstandzumZeitpunktderfaktischenInteraktion
ܰܫ
Instruktionen
כ ܰܫ
HypothetischeInstruktion
ככ ܰܫ
FinaleInstruktion
݇
ParameterzurUnterscheidungderZielfunktionsintervalledesProduk tionsprogrammplanung( ݐ ݇ ݐ ܶ െ ͳ)
ߣ
Kapazitäts/Nachfrageverhältnis
݄݉ܽܿݐ௪
AnteilvonAufträgen,derinderProduktionsprogrammplanungmit einemVorlaufvonݓPlanungsperiodenbereitsder(späteren)finalen Periodezugeordnetist
ܯ
EntscheidungsproblemderEbene݇
௧௧
GewichtungsfaktorfürdenAntizipationsterm
௩
GewichtungsfaktorfürdenerstenTermderZielfunktionderProdukti onsprogrammplanung
௦௩
GewichtungsfaktorimzweitenTermderZielfunktionderProdukti onsprogrammplanung
ܲ ௦௩ ሺȉሻ
BewertungsfunktionfürdierelativeverfügbareKapazität
ݍ
AnzahlvonKriterienimKontextmultikriteriellerEntscheidungsmodel le,bzw.AnzahlzuverändernderParameter
ݐ݈ݎ
gewünschteLieferzeit(requestedleadtime)vonAnfrage݅
XXVIII
Symbolverzeichnis
ܴ²
Bestimmtheitsmaß
ߩ
KoeffizientzurBestimmungdermindestensangestrebtenKapazitäts auslastung(BezogenaufmaximaleKapazität)
ܵܵி௧
SummederfaktorbedingtenFehlerquadrate
ܵܵ௨
SummederzufallsbedingtenFehlerquadrate
ܵܵ௦௧
SummederFehlerquadratedesExperiment
ܶ
LängedesPlanungszeitraumsderProduktionsprogrammplanung
ܶ ௫
LängedesPlanungshorizontsderAuftragsannahme
݁݇ܽݐ
EinbauratefürOptionbzw.Ressourceݎ
ߴ
SchwellwertderGewichtungsfunktionܲ ௦௩ ሺȉሻ
ߤ
Erwartungswert
ߤҧ
GeschätzterErwartungswert
ܺത,݄ത
ArithmetischeMittel
ܺ
BeobachteteErgebnisrealisationinReplikation݅
Abkürzungsverzeichnis APS
AdvancedPlanningSystem
ATP
mengenbasierteVerfügbarkeitsprüfung(AvailabletoPromise)
BTO
Auftragsbzw.Variantenmontage(BuildtoOrder)
CRN
gemeinsameZufallszahlen(CommonRandomNumbers)
CTP
kapazitätsorientierteVerfügbarkeitsprüfung(CapabletoPromise)
ERP
EnterpriseResourcePlanning
ETO
Auftragskonstruktion(EngineertoOrder)
FAVAS
FahrzeugAuftragsverwaltungsundabgleichssystem
IID
unabhängigundidentischverteilt
KAEP
Kundenauftragsentkopplungspunkt
MADM
MultiAttributeDecisionMaking
MCDM
MultiCriteriaDecisionMaking
MODM
MultiObjectiveDecisionMaking
MPS
Produktionsprogrammplanung(MasterProductionScheduling)
MPP
AggregierteProduktionsprogrammplanung(MasterProduction Planning)
MRP
Materialbedarfsplanung(MaterialRequrirementsPlanning)
MRPII
ManufacturingRessourcesPlanning
MTO
Auftragsproduktion(maketoorder)
MTS
Lagerproduktion(maketostock)
NEVADA
NeuwagenDatenbank
OEM
Originalteilehersteller
OP
Auftragsannahme(orderpromising)
XXX
PIA
PorscheIntegriertesAuftragsundRessourcenManagement
PoPC
pointofproductconfiguration
Abkürzungsverzeichnis
1 Einleitung 1.1 AusgangslageundProblemstellung WielässtsicheinerstetigzunehmendenAnzahlvonVarianteninderAuftragsabwick lungbegegnen?WelchenBeitragkönnenindiesemZusammenhangbetrieblichePla nungssystemeleistenundwiesolltendieseausgestaltetwerden?Wielässtsicheine KoordinationderPlanungsfunktioneninderAuftragsabwicklungherbeiführen? Die Beantwortung dieser und ähnlicher Fragen stellt eine der wesentlichen Heraus forderungeninUnternehmendar,diesichzunehmenddifferenzierterenMarktanfor derungen gegenübergestellt sehen. Spiegelbildlich für die Anfänge der industriellen Produktion war ein Leitbild, wie es sehr plakativ von dem folgenden Zitat von FORD untermaltwird:„Webelieve[…]thatnofactoryislargeenoughtomaketwokindsof products”.1 Demnach stand die Produktion großer Mengen homogener Güter im Vordergrund.DurchdieinvielenBranchenzubeobachtendenSättigungderMärkte rückten aber zunehmend Aspekte der Differenzierung der angebotenen Leistung in den Fokus, um sich von Wettbewerbern abzugrenzen.2 Ein zentrales Differenzie rungsmerkmalstelltvordiesemHintergrunddieAnpassbarkeitderangebotenenPro duktedar,sodassimExtremfalleinekundenindividuelleLeistungserstellungimRah men einer variantenreichen Serienproduktion erfolgt. Entsprechende Tendenzen lassensichineinemweitenSpektrumderindustriellenWertschöpfungbeobachten. BeispielsweisewirddietheoretischeAnzahlvonProduktvarianteninderAutomobil industrie angegeben mit 1020 (Audi) bzw. 1035 (BMW).3 Eine ähnliche Vielfalt zeigt sichetwaimBereichvonPersonalcomputernoderMöbeln.4BelegdieserEntwicklung ist eine Studie von WILDEMANN. Demnach war in den letzten zwei Jahrzehnten des vergangenen Jahrhunderts in stagnierenden Märkten eine durchschnittliche Zunah mederVariantenvielfaltum420Prozentzuverzeichnen.5 1
3 4
Ford(1988),S.82 Sharma/Laplaca(2005);Ahlström/Westbrook(1999) Andres(2006) EineumfassendeAuflistungistBeispielsweiseinPiller(2003)gegeben.WeiterQuellenumfassen etwaBehrendt(1997)(Möbel)oderKapuscinskietal.(2004)(Computer). 5 Wildemann(2000) 2
2
1Einleitung
Um Wettbewerbsvorteile zu schaffen und dauerhafte zu erhalten, reicht allein die Bereitstellung kundenindividueller Produkte allerdings nicht aus. Stattdessen ist es wichtig, weitere Differenzierungsmerkmale zu erschließen.6 Von besonderer Bedeu tungistindiesemKontextdieGestaltungderInteraktionmitdenKundenimRahmen der Annahme und Abwicklung von Aufträgen. Belege hierfür sind empirische Er kenntnisse, wonach Kunden in der Automobilindustrie gerade die Relevanz der Lie fertreueundderAngebotsvielfaltimHinblickaufdieKaufentscheidungalsbesonders hochbewerten,währendderPreislediglicheinenwettbewerbskonformenStandard erreichenmuss.7AufBasiseinerBefragungvon2.600KundeninfünfLändern(China, Frankreich, Deutschland, England und USA) kommt eine weitere Studie im Bereich der Automobilindustrie zu dem Schluss, dass überdies hohe Anforderungen an die Bearbeitungszeit für die Erstellung von Lieferzusagen bestehen. So fordern 10 Pro zentderNeuwagenkundeneinesofortigeZusage,39ProzenteineAntwortinnerhalb vonvierStundenundimmerhin82Prozenteineinnerhalbvon24Stunden.8Zwarge hendieUmsätzeimFalleinerNichterfüllungdieserAnforderungenfürdenHersteller nicht zwingend verloren, da oftmals lediglich ein weiterer Händler konsultiert wird. JedochzeigtsichgeradeinSchwellenländern,indenenProduzentenoftmalslediglich auf ein weniger stark ausgeprägtes Markenimage zurückgreifen können, eine Ten denzzurAbwanderungderKundenzueinemanderenAnbieter(18ProzentderNen nungen). Der Auftragsabwicklungsprozess wird damit zu einem zentralen Wettbe werbsfaktor.EineähnlicheAusgangslagekannauchinweiterenBranchenbeobachtet werden.DiesbestätigtetwaeineUmfrageunterausgewähltenbritischenUnterneh menunterschiedlicherIndustrien.9DemnachistdieZeitzurErstellungvonAngeboten dasbedeutsamsteLeistungsmerkmalbeiderAuftragsannahme.10 InderKonsequenzdersobeschriebenenEntwicklungresultierendeutlichveränderte AnforderungenandasProduktionsmanagementundimBesonderenandieauftrags bezogenePlanung.GegenstanddieseristdieZusammenführungvonKundenaufträ 6
8 9 10 7
Stalk/Hout(1990) Krog(2006) Capgemini(2008) Gunasekaranetal.(2004) VergleicheauchGunasekaranetal.(2001)oderTowill(1997).
1Einleitung
3
gen und Produktionsressourcen, sodass eine effiziente Erfüllung der Wünsche nach differenziertenProduktenundeinerleistungsfähigenAuftragsabwicklunggewährleis tetwird.DiesumfasstimWesentlichendieBestimmungvonLiefertermineninReak tionaufvorliegendeKundenanfragensowiediesichanschließendeRealisierungdie ser Vorgaben. Dabei sind Anforderungen an kurze Lieferzeiten zu berücksichtigen, jedoch Terminangaben zu vermeiden, die unter Berücksichtigung der verfügbaren Kapazitäten nicht einzuhalten wären und damit eine Reduktion der Liefertreue zur Folge hätten. Um die Wirtschaftlichkeit der Leistungserstellung sicherzustellen, sind zudem ressourcenseitige Aspekte, d.h. Anforderungen die sich durch das Produkti onssystemergeben,indiePlanungzuintegrieren. Doch gerade die derzeit im Produktionsmanagement verwendeten Planungsverfah renundprozessesinddurcheindeutlichesVerbesserungspotenzialgekennzeichnet. DiesbelegteineStudiebeider29InterviewsmitVertreternvonsechsglobalenAu tomobilherstellern sowie 10 Zulieferern durchgeführt wurden. Demnach wird den BereichenProduktionsmanagementundAuftragsabwicklungzwareineäußersthohe Relevanz in Bezug auf den wirtschaftlichen Erfolg beigemessen, jedoch leisten die derzeitigen Systeme lediglich eine befriedigende Zielerreichung.11 Zu ähnlichen Er kenntnissenkommteineStudiedes3DAYCAR RESEARCH PROGRAMME.ZentralesGestal tungselement zur Erreichung eines verbesserten Auftragsabwicklungsprozesses ist demnacheinauftragsbezogenesPlanungssystem.12 Bestehende Systeme der auftragsbezogenen Planung sind überwiegend durch eine sequenzielle Vorgehensweise gekennzeichnet. Die Annahme von Aufträgen und de renÜberführunginProduktionsvorgabenerfolgtdemnachdurcheineReiheklarab gegrenzter Planungsaufgaben. Überdies ist oftmals keine informationssystemseitige Durchgängigkeitvorhanden.FolgenumfassenausgedehnteBearbeitungszeiten,Feh ler in der Datenübermittlung sowie Verzögerungen in der Informationsweitergabe, die zu schwerwiegenden Konsequenzen in Bezug auf die Zusammenarbeit in der Wertschöpfungsketteführenkönnen.13 11
IBM(2004) 3DayCarResearchTeam(2003) 13 Leeetal.(1997);Holwegetal.(2005) 12
4
1Einleitung
Vielversprechend erscheint in diesem Kontext der Einsatz integrierter Planungssys temeaufderBasisvonMethodendesOperationsResearch,sogenanntenAdvanced Planning Systemen (APS). Allerdings fehlt bislang eine fundierte wissenschaftliche AuseinandersetzungmitdemEinsatzsolcherSystemeinderauftragsbezogenenPla nungbeivariantenreicherSerienproduktion.Diesistumsoerstaunlicher,alsdassein wesentlicherFaktorfürderenzielgerichtetenEinsatzineinembesserenVerständnis ihrerWirkungsweisegesehenwerdenmuss.GleichwohlerweistsichdieserErkennt nisgegenstandinsofernalsnichttrivial,dadieGrundlagederPlanungunddamitauch die realisierbare Zielerreichung durch konkrete Kundenaufträge determiniert wird. Diese konkretisieren sich jedoch erst im Zeitverlauf und induzieren so eine unver meidbareDynamikindiePlanung. 1.2 ZielsetzungundVorgehensweise VordiesemHintergrundbestehtdieZielsetzungdervorliegendenArbeitinderKon zeptioneinermodellbasiertenEntscheidungsunterstützungfürdieauftragsbezogene PlanungbeivariantenreicherSerienproduktion.ZurEvaluationdesKonzeptswerden die Ergebnisse einer Simulationsstudie präsentiert. Die hierzu notwendige Konkreti sierungerfolgtfüreinBeispielausderAutomobilproduktion.DaaufdieserBasisGes taltungsempfehlungenfürdieVerbesserungoperationalerPlanungssystemeabgelei tetwerdensollen,orientiertsichdievorliegendeArbeitandenGrundzügendesauf TAYLORzurückgehendenScientificManagement.14 Zur Erreichung der dargelegten Zielsetzung wird der folgende Lösungsweg einge schlagen.DieCharakterisierungundEinordnungdervariantenreichenSerienproduk tionerfolgtinKapitel2.Diesumfasstdiegrundlegendebegrifflicheundkonzeptionel le Abgrenzung der variantenreichen Serienproduktion als Realisierungsform einer kundenindividuellen Massenproduktion sowie die Ableitung konstituierender Eigen schaften. Die in der Folge diskutierten Nutzenpotenziale ergeben sich demnach als KonsequenzeneinerbedarfsgerechtenLeistungserstellung,derverzögertenAuftrags zuordnung sowie dem Zugang zu detaillierten Marktinformationen. Das Kapitel schließt mit einer Reflektion der wirtschaftlichen Relevanz der variantenreichen Se 14
Bertrand/Fransoo(2002)
1Einleitung
5
rienproduktion,indemeinBezugzuIndustriebranchenhergestelltwird,indeneneine entsprechendeAusprägungsformderindustriellenProduktionvorherrscht. Diese grundlegenden Ausführungen werden komplementiert durch die Erörterung desGegenstandsderauftragsbezogenenPlanunginKapitel3.DieZielsetzungbesteht inderErarbeitungeinesplanerischenBezugsrahmensalsBasisfürdienachfolgenden Untersuchungen. Hierzu werden zunächst wesentliche Aspekte der Strukturierung betrieblicherPlanungsaufgabenimRahmenvonPlanungskonzeptionenerörtert.Dies umfasstdieGrundlagenderhierarchischenPlanung,MöglichkeitenzurBerücksichti gungunsichererEinflüssesowiedenAnsatzdermodellbasiertenPlanung.Aufbauend auf diesen Ausführungen erfolgt die Übertragung des allgemeinen hierarchischen PlanungskonzeptsaufdenBereichderoperativenProduktionsplanungundschließlich die Konkretisierung des Gegenstands der auftragsbezogenen Planung. Dies ermög lichtdieStrukturierungderuntersuchungsrelevantenPlanungsaufgabenineinenBe zugsrahmen. Unterschieden werden hierbei einerseits auftragsbezogene und auf tragsanonymeAufgabensowiedieAufgabenderAuftragsannahmeundderProdukti onsprogrammplanung. Mit diesen Ausführungen ist die begriffliche und konzeptionelle Voraussetzung ge schaffen,umanhandvonzweiexploratorischenFallstudieneineKonkretisierungdes Handlungsbedarfsvorzunehmen.DieseistGegenstandvonKapitel4.ZielistdieAb leitungvonAnforderungenaneineEntscheidungsunterstützunginderauftragsbezo genenPlanung.UmeinemöglichsttiefgreifendeAnalysezuermöglichen,erfolgteine FokussierungaufdieAutomobilindustrie.NebenderwirtschaftlichenRelevanzdieser BranchesprichthierfürinsbesonderedieTatsache,dassunterschiedlicheAusprägun gendervariantenreichenSerienproduktionbeobachtetwerdenkönnen.ImRahmen der Analyse werden nach einer allgemeinen Vorstellung des Industrieumfelds zwei Fallstudiendiskutiert.BasisderinderFolgedargestelltenvergleichendenBewertung istderzuvoreingeführteplanerischeBezugsrahmen.ImErgebnislassensichkonkrete AnforderungenaneinPlanungssystemableiten. Die kritische Würdigung bestehender Ansätze im Hinblick auf diese Anforderungen erfolgtinKapitel5.ImEinzelnensindAnsätzederVerfügbarkeitsprüfung,derProduk tionsprogrammplanungundderdynamischenAnalysevonPlanungssystemenzuun terscheiden.EinevollständigeErfüllungderAnforderungenistdurchkeinenderbe
6
1Einleitung
stehenden Ansätze gegeben, sodass in Kapitel 6 die formale Entwicklung von Ent scheidungsmodellen erfolgt. Die konzeptionelle Grundlage ergibt sich durch die Ar beiten von SCHNEEWEIß zur hierarchischen Planung. Unterschieden wird zwischen ei nem Modell für die Auftragsannahme und die Produktionsprogrammplanung. Auf grund der so beschriebenen Dekomposition ergibt sich ein Bedarf der Koordination derModelle.HierzuwerdenverschiedeneModellerweiterungenvorgestelltunddis kutiert.DasKapitelschließtmiteinerstrukturellenValidierungderentwickeltenMo delle. DienumerischeAnalysedieserModelleistGegenstandvonKapitel7.Hierzuwirdei ne simulationsbasierte Testumgebung eingeführt und es werden die notwendigen Konkretisierungenvorgenommen.UntersuchungsgegenstandisteinAnwendungsbei spiel, das die grundlegenden Charakteristika der auftragsbezogenen Planung in der Automobilindustrie reflektiert. Zur Erzeugung der Testinstanzen wird eine randomi sierte Variation eines realen Datensatzes verwendet. Die eigentliche Analyse unter gliedertsichinzweiPhasen.IneinererstenwerdendieErgebnisseeinerVoranalyse dargestellt.ZielistdieDefinitionvonReferenzpolitikenaufderenBasiseineverglei chendeBewertungverschiedenerPlanungsverfahrenermöglichtwird.Inderzweiten Phase erfolgt dann die detaillierte Diskussion des Verhaltens des konzipierten auf tragsbezogenenPlanungssystems.AusgangspunktsindKennzahlenfürdieGleichmä ßigkeitderRessourcenauslastung,dieLieferfähigkeitsowiedieLagerung. Um die entwickelten Modelle als Entscheidungsunterstützung in realen Anwen dungsumgebungeneinsetzenzukönnen,sinddieseandiejeweiligenRahmenbedin gungen anzupassen. Die hiermit verbundene Fixierung modellierungstechnischer Freiheitsgrade erfolgt bei der Einführung des Planungssystems im Rahmen der an wendungsspezifischenKonfiguration.EineentsprechendeKonzeptionwirdinKapitel 8entwickelt.HierzuwirdzunächstdasMetaEntscheidungsproblemderKonfigurati on expliziert, um in der Folge geeignete methodische Ansätze aus der Literatur zu identifizieren. Diese entstammen aus drei Bereichen: der multikriteriellen Entschei dungsunterstützung, der rollierenden Planung sowie der simulationsbasierten Opti mierung.AufbauendaufeinerkritischenWürdigungdieserAnsätzewirdeinKonzept zurKonfigurationdervorgestelltenModellezurauftragsbezogenenPlanungpräsen tiert.
1Einleitung
7
DiekritischeWürdigungderentwickeltenAnsätzeunddieAbleitungvonHandlungs empfehlungen ist Gegenstand von Kapitel 9. In diesem Zusammenhang wird auch weiterer Forschungsbedarf aufgezeigt. Die Arbeit schließt mit einer Zusammenfas sunginKapitel10. Eine schematische Darstellung des Aufbaus der Arbeit ist in Abbildung 1 gegeben. DiesumfasstdiejeweiligenZielsetzungenderKapitel,dieInformationsgrundlageund denGangderUntersuchung.
8
1Einleitung
Ziel:EinordnungundAbleitung vonallgemeinenCharakteristika
BezugsrahmenfürAnalyse
KonkretisierungdesHandlungsbedarfsanhandausgewählterFallstudien Ziel:AbleitendesempirischenHandlungs bzw.Entscheidungsunterstützungs bedarfs aufBasisvonzweiexploratorischenFallstudien
Kapitel5
BestehendeAnsätzezurauftragsbezogenenPlanung Ziel:KritischeWürdigungvonbestehendenMethoden
KonzeptionvonEntscheidungsmodellenzurauftragsbezogenenPlanung Ziel:EntwicklungvonquantitativenModellenfürdenaufgezeigten Bezugsrahmen
Kapitel6
EinsatzmöglichkeitenundVerbesserungspotenzialederbestehendenMethoden
BezugsrahmenfürEntscheidungsunterstützung
Kapitel4
Ziel:Entwicklungeines planerischenBezugsrahmens
empirischeAnforderungenaneineEntscheidungsunterstützung
Kapitel6
CharakteristikadervariantenreichenSerienproduktion, KonkretisierungdesEntscheidungsunterstützungsbedarfs
begrifflicheundkonzeptionelleGrundlagen
Grundlagender auftragsbezogenenPlanung
Kapitel6
Grundlagendervariantenreichen Serienproduktion
Kapitel3
Kapitel2
Kapitel1: Einleitung
NumerischeAnalyse Ziel:ValidierungundEvaluationderentwickeltenEntscheidungsmodelle
Kapitel6
Kapitel7
strukturelleEntscheidungsmodelle
Kapitel8
WirkungszusammenhängeimKontextderdynamischenEntscheidungssituation
AnwendungsspezifischeKonfigurationdesPlanungssystems Ziel:EntwicklungeinesKonzeptszursituationsadäquatenAnpassungdes PlanungssystemsimRahmenvonEinführungsprojekten
Kapitel9: KritischeWürdigungundHandlungsempfehlungen Kapitel10: Zusammenfassung
Abbildung1: AufbauderArbeit
2 GrundlagendervariantenreichenSerienproduktion Gegenstand der Produktion ist die Transformation von Objekten mit dem Ziel, eine auchalsWertschöpfungbezeichneteNutzenerhöhungbzw.LeistunginBezugaufdie BefriedigunggesellschaftlicherBedürfnissezuerreichen.15DieProduktionführtfolg lichimErgebniszuGütern,denProdukten,diefürdenAbsatzbestimmtsindundso die unternehmerische Tätigkeit industrieller Firmen begründen.16 Bei einem homo genenAbsatzmarktresultiertdiesineineProduktion,dieaufdieHerstellunggroßer Mengen gleichartiger Güter ausgerichtet ist. Entsprechende Erscheinungsformen werdenauchalsMassenoderMarktproduktionbezeichnet.Lässtsichdagegenkein homogener Markt ausmachen, folgt hieraus für Unternehmen die Notwendigkeit, durchAnpassungihresProduktangebotsaufspezifischeBedürfnissezureagieren.Die FolgesinddifferenzierteProduktstrategien,dieoftmalsdadurchgekennzeichnetsind, dassunterschiedlicheAusprägungeneinerGrundausführungmitähnlicherFormbzw. FunktionundinderRegelhohemAnteilidentischerKomponentenamMarktangebo ten werden.17 Produkte können in diesem Fall durch eine Menge optionaler Eigen schaften an die jeweiligen Kundenbedürfnisse angepasst werden.18 Ein solches Vor gehenführtzueinerProduktionvonVariantenunddamitfürdenFall,dasseingroßes VolumenvonProduktenmiteinerhohenAnzahlvonAnpassungsmöglichkeitenher gestelltwirdzurvariantenreichenSerienproduktion.19 Als eingehende Voraussetzungen für die in dieser Arbeit angestellten Untersuchun genwirdindiesemKapiteleinegrundlegendebegrifflicheundkonzeptionelleEinord nung der variantenreichen Serienproduktion vorgenommen, um hieraus deren cha rakteristischenEigenschaftenabzuleiten.DasKapitelschließtmiteinerDiskussionder NutzenpotenzialeundderwirtschaftlichenRelevanz.
15
17 18 19 16
Dyckhoff/Spengler(2007),S.1 Zäpfel(1982),S.1 VDI(1978),S.9;Gabler(1998) Kotler(1989) Die Bezeichnung Variante wird im Rahmen dieser Arbeit ausschließlich zur Kennzeichnung ver kaufsfähigerEndprodukteverwendet.EineweitergehendeDifferenzierunggemäßderDispositi onsstufe,wiez.B.vonSchiemann(1981)vorgenommen,erfolgtdemnachnicht.
10
2GrundlagendervariantenreichenSerienproduktion
2.1 Einordnung 2.1.1 KundenindividuelleMassenproduktionalshybrideWettbewerbsstrategie Nach PORTER bestehen die grundlegendenWettbewerbsstrategien in der Kostenfüh rerschaft oder der Differenzierung.20 Auf dieser Basis lassen sich zwei extreme Er scheinungsformenderProduktionunterscheiden.TraditionellwirddieKostenführer schaft eng verknüpft mit dem Paradigma der Massenproduktion.21 Demgegenüber führt eine Differenzierungsstrategie zu einer verstärkten Berücksichtigung spezifi scher Kundenbedürfnisse im Rahmen einer Auftragsproduktion. Im Nachfolgenden werden beide Erscheinungsformen charakterisiert, um auf dieser Basis eine Misch form aus beiden Ansätzen, die kundenindividuelle Massenproduktion, einzuführen. Diesebildet,wiespäteraufgezeigtwird,diekonzeptionelleGrundlagefürdievarian tenreicheSerienproduktion. Kennzeichen der Massenproduktion sind standardisierte Prozesse zur Herstellung ebenfallsstandardisierterProdukte.Diesführtzueinerstarkarbeitsteiligorganisier ten Produktion basierend auf den von TAYLOR geprägten Grundsätzen.22 Ausgangs punkt entsprechender Ansätze ist das Bestreben, Kostenvorteile realisieren zu kön nen,indemdurchGrößeneffekteeinemaximaleProduktivitätalsVerhältnisderAus bringungzumFaktoreinsatzangestrebtwird.23EinesolcheAusrichtungderProdukti on setzt allerdings voraus, dass wesentliche Anwendungsvoraussetzungen erfüllt sind.InbesonderemMaßebetrifftdiesdieExistenzvonklarsegmentiertenundmit telfristigstabilenAbsatzmärkten.24NurindiesemFalllässtsichderzukünftigeBedarf antizipieren und somit eine gleichförmige und hochgradig ausgelastete Produktion erreichen.VordiesemHintergrundwerdenentsprechendeErscheinungsformenauch alsMarktproduktionbezeichnet.25 20
Porter (1999) S. 70f.; PORTER unterscheidet ferner die Strategiealternative einer Konzentration aufSchwerpunkte,welcheletztlichabereineKonkretisierungderhiergenanntenStrategiendar stellt. 21 Hayes/Wheelwright(1979) 22 Taylor(1911) 23 Lampel/Mintzberg(1996);Kumar(2005) 24 Raturietal.(1990);zudenAnwendungsvoraussetzungensieheauchZäpfel(1982),S.58 25 Riebel(1965)
2GrundlagendervariantenreichenSerienproduktion
11
Der konzeptionelle Gegenentwurf der Massenproduktion ist durch die Kundenpro duktion gegeben. Hierunter wird eine Leistungserstellung verstanden, die für ganz bestimmteKunden,d.h.nachAuftragserteilungerfolgtunddamitzurUmsetzungei nerDifferenzierungsstrategiegeeignetist.TraditionellkommtderKundenproduktion imBereichderIndustriegütereinegroßeBedeutungzu.26IndiesemBereichwerden ProdukteihrerseitszurErschließungvonWettbewerbsvorteileneingesetztundmüs sendaherdenspezifischenAnforderungendergewerblichenKundennachDifferen zierung Rechnung tragen (z.B. Kreuzfahrtschiffe, Kraftwerksbau). Kennzeichen der Kundenproduktion sind flexible Prozesse zur Darstellung einer großen Bandbreite herzustellenderProdukte.DemVorteildergroßenAnpassungsflexibilitätinBezugauf Kundenwünsche steht jedoch die vergleichsweise geringere Produktivität entgegen. Auch führt eine solche Produktion zu Lieferzeiten, die durch den Arbeitsinhalt der jeweiligen Produkte bestimmt werden. Entsprechende Konzepte sind daher grund sätzlichwenigskalierbar. Wie bereits von SKINNER Ende der 70er Jahre attestiert, führte die zu beobachtende MarksättigungunddiezunehmendeAufgeklärtheitderKundenauchinBranchen,in denen herkömmlicherweise eher Unternehmen mit Massenproduktion dominierten zu einer abnehmenden Bedeutung des Preises als alleiniges Differenzierungsmerk mal.27DieseEntwicklungwurdeauchalseinWandelhinzueinemnachfragebestimm ten Marktgeschehen, dem sogenannten Käufermarkt, betitelt.28 Für Unternehmen bestehtdieFolgedieserEntwicklungdarin,dassdieBearbeitungeinesMarkteseine feingranulare Segmentierung und somit eine differenzierte Ausrichtung des Leis tungsprogramms erforderlich macht.29 Weitere Faktoren, die diese Entwicklung be günstigensindetwadieindenIndustrieländernzubeobachtendensoziodemographi sche Verschiebungen(z.B. die Alterung der Gesellschaft bzw. der zunehmende Frei zeitanteil) sowie die Zunahme internationaler Aktivitäten mit den damit einherge henden regionalen Produktanpassungen.30 Die Anwendungsvoraussetzungen der 26
28 29 30 27
Porter(1996) Skinner(1969);McDonald/Tobin(1998) Meffert(1999),S.38 Kotha(1995);Feitzinger/Lee(1997);einenempirischerBelegliefertWildemann(2000). SiehehierzuvertiefendReichwald/Piller(2006),S.23f.
12
2GrundlagendervariantenreichenSerienproduktion
Massenproduktion sind damit in vielen Branchen in abnehmendem Maße erfüllt. Gleichzeitig ist eine Differenzierungsstrategie im beschriebenen Umfeld nur dann wettbewerbsfähig, wenn diese nicht zu einer unverhältnismäßigen Erhöhung des Verkaufspreisesbzw.derLieferzeitenführt.31EineAdaptionherkömmlicherAnsätze derKundenproduktionistdamitoftmalsnichtmöglich. Vor diesem Hintergrund ist das Aufkommen hybrider Strategien zu sehen, die als Mischformen Charakteristika der Massen und Kundenproduktion vereinen.32 Die grundlegendeZielsetzungdieserAnsätzebestehtdarin,aufdereinenSeiteeinegro ßeVariabilitäthinsichtlichderangebotenenProduktezurealisierenundfolglicheine Differenzierungsstrategie zu verfolgen. Auf der anderen Seite sollen Verkaufspreise ermöglichtwerden,dieimBereichderMassenproduktionliegen.33Begünstigtwurde diese Entwicklung durch das Aufkommen leistungsfähiger Informations34 und Pro duktionstechnologien.35 Durch diese wurde es möglich, einerseits der gestiegenen DatenundPlanungskomplexitätzubegegnenundandererseitsdieAnpassungsfähig keit der Produktion so zu erhöhen, dass ein großes Spektrum von Produkten unter VerwendungidentischerAnlagenhergestelltwerdenkann. EineentsprechendeAusrichtungderProduktionistnachDAVISalskundenindividuelle Massenproduktion (mass customization) zu bezeichnen.36 In einer aktuellen Arbeit definiertJIAOdieseals „a new paradigm for industries to provide products and services that best serve customerneedswhilemaintainingnearmassproductionefficiency.“37 Eine Definition mit stärkerem Bezug auf die konstituierenden Eigenschaften schlägt PILLERvor:
31
33 34 35 36 37 32
Kotha(1995) EineumfassendeDiskussionsolcherMischformenfindetsichbereitsbeiRiebel(1965). Lampel/Mintzberg(1996) Jiaoetal.(2003) DaSilveiraetal.(2001) Davis(1987),S.169 Jiaoetal.(2003)
2GrundlagendervariantenreichenSerienproduktion
13
“Masscustomizationreferstoacustomercodesignprocessofproductsandser vices, which meet the needs of each individual customer with regard to certain productfeatures.Alloperationsareperformedwithinafixedsolutionspace,cha racterizedbystablebutstillflexibleandresponsiveprocesses.Asaresult,thecosts associatedwithcustomizationallowforapricelevelthatdoesnotimplyaswitch inanuppermarketsegment.”38 DemnachlassensichfolgendeEigenschaftenvonStrategienderkundenindividuellen Massenproduktionunterscheiden.39 Kundenbezogene Leistungserstellung: Kunden werden, wie auch bei der Dienstleistungsproduktion,alsexternerFaktorindenProduktionsprozessein gebunden,indemsiediezuerbringendenLeistungspezifizieren.Diessetztei neInteraktionzwischendenKundenunddemUnternehmenvorausundführt dazu, dass eine vorgelagerte Produktion von Endprodukten nur sehr einge schränktmöglichist. Gegebenes Leistungsspektrum: Wenngleich Kunden die Möglichkeit zur Pro duktanpassung haben, ist die kundenindividuelle Massenproduktion dadurch gekennzeichnet, dass standardisierte Prozesse in der Produktion zur Anwen dungkommen.DieAnpassungvonProduktenistdemnachaufdieSpezifikati on bzw. Wahl vorbestimmter Eigenschaften beschränkt. Diese Eigenschaft lässtsichinAnlehnunganVONHIPPELalsfixierterLösungsraumbezeichnen.40 Wettbewerbsfähiger Preis: Auchwenn das Ziel der kundenindividuellenMas senproduktion oftmals darin besteht, einen erhöhten Preis zu erzielen, sind entsprechendeAnsätzevonderklassischenKundenproduktiondadurchabzu grenzen,dassgrundsätzlichdieselbenSegmentebedientwerden,dieauchmit AnsätzenderMassenproduktionbedienbarwären. Die Umsetzung einer Strategie der kundenindividuellen Massenfertigung macht die NeuausrichtungderbetrieblichenAbläufeerforderlich.VonzentralerBedeutungfür IndustrieunternehmenistindiesemKontextderAuftragsabwicklungsprozessundim 38
Piller(2004) SieheauchKumar(2005)oderPiller(2004)sowiediedortangegebenenQuellen. 40 vonHippel(2001).DieseEigenschaftentsprichteinergegebenenTechnikinderTerminologieder Aktivitätsanalyse(Dyckhoff/Spengler(2007),S.60). 39
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2GrundlagendervariantenreichenSerienproduktion
SpeziellendiePositionierungdesimnachfolgendennochnäherzuerläuterndenKun denauftragsentkopplungspunkts. 2.1.2 DifferenzierungsmerkmalKundenauftragsentkopplungspunkt ZurAbgrenzungderzuvoreingeführtenErscheinungsformenindustriellerProduktion dienlich ist der Auftragsbezug in der Leistungserstellung, welcher letztlich die Auf tragsabwicklungsstrategie definiert. Demnach lässt sich entlang des Materialflusses dermeistenProduktionsprozesseeineStelleidentifizieren,abderdieweiterenBear beitungsundTransportprozessebezogenaufeinenkonkretenKundenauftragdurch geführtwerden.41DieseStellewirdinderbetriebswirtschaftlichenLiteraturalsKun denauftragsentkopplungspunkt(KAEP)bezeichnet.42 AlswesentlicheImplikationdesKAEPführenRUDBERGUNDWIKNERdenAspektderRea lisierungderUnsicherheitan.43DemnachwerdendurchdenKAEPdiejenigenAktivitä ten,dieunterSicherheit,d.h.nachAuftragseingangunddamitreaktivdurchgeführt werden, von denjenigen abgegrenzt, die unter Unsicherheit, d.h. antizipativ auf der Basis von Prognosen erfolgen.44 Da Prognosen naturgemäß mit Fehlern verbunden sind,machtderÜbergangvoneinerantizipativenzueinerreaktivenLeistungserstel lungeineEntkopplungdesMaterialflussesdurchLagerhaltungnotwendig.DerKAEP entspricht folglich einem Lager, das den Wechsel zwischen auftragsanonymen und auftragsbezogenen Wertschöpfungsaktivitäten markiert. Für einen idealisierten WertschöpfungsprozessergibtsichdamitderinAbbildung2dargestellteZusammen hang.FürdiesesillustrativeBeispielerfolgtdieProduktentwicklungunddieBeschaf fungvonEinzelteilenvordemEingangvonKundenaufträgenunddamitprognoseba siert.DiebeschafftenEinzelteilewerdenanderStelledesKAEPineinemLagervorrä tiggehaltenundinderReaktionaufdenEingangvonAufträgenderweiterenVerar beitung, d.h. der Komponentenfertigung, Montage und Distribution, zugänglich ge macht.DiewahrgenommeneDurchlaufzeitistdamit–fürdenFall,dassallebenötig 41
Meyr(2003);Riebel(1965) InderenglischsprachigenLiteraturwirddiesesKonstruktalsdecouplingpointbzw.orderpenet rationpointbezeichnet(Hoekstraetal.(1992),S.6ff.;Sharman(1985)). 43 Rudberg/Wikner(2004);zumKonstruktderUnsicherheitsieheauchAbschnitt3.1.4. 44 VergleicheähnlichBalletal.(2004);Meyr(2003) 42
2GrundlagendervariantenreichenSerienproduktion
15
ten Einzelteile vorrätig sind – auf die auftragsbezogenen Prozesselemente be schränkt. AUFTRAGSANONYM prognosebasierte Prozesse (push-based)
Entwicklung
Beschaffung
AUFTRAGSBEZOGEN reaktive Prozesse (pull-based)
Komponentenfertigung
Montage
Distribution
Kundenauftragsentkopplungspunkt (Lager)
45
Abbildung2: KundenauftragsentkopplungspunktimWertschöpfungsprozess
Auf Basis des KAEP lassen sich die zuvor eingeführten Erscheinungsformen der Pro duktion abgrenzen. Um die erforderlichen stabilen Rahmenbedingungen in der Pro duktion sicherzustellen, basieren Ansätze der Massenproduktion auf einer Entkopp lung von Nachfrage und Leistungserstellung. In Bezug auf die Auftragsabwicklungs strategie resultiert hieraus die sogenannte Lagerproduktion, bei der sämtliche Pro zesse der physischen Leistungserstellung auftragsanonym und damit antizipativ durchgeführt werden. Demgegenüber impliziert eine reine Kundenproduktion, dass sämtliche Aktivitäten der Wertschöpfungskette kundenindividuell und damit auf tragsbezogen vollzogen werden. Alle weiteren Platzierungen des KAEP begründen hybride Ansätze, die Eigenschaften antizipativer und reaktiver Konzepte kombinie ren.46FolgendeAuftragsabwicklungsstrategienlassensichunterscheiden.47 Auftragskonstruktion (engineertoorder, ETO): sämtliche Wertschöpfungsak tivitäten inklusive der Entwicklung sind an vorliegende Kundenaufträge ge bunden.Eserfolgtkeinesystematischebzw.geplanteBestandshaltungentlang derWertschöpfungskette. Auftragsproduktion (maketoorder, MTO): Die Produktion, d.h. Komponen tenfertigung und Montage, erfolgt nach Auftragseingang für bereits kon struierte Produkte. Die Beschaffung fremdgefertigter Rohmaterialien und Komponentenerfolgtantizipativ. 45
z.B.Lampel/Mintzberg(1996) Riebel(1965)bezeichnetdiesealsMischformen. 47 Amaroetal.(1999) 46
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2GrundlagendervariantenreichenSerienproduktion
Auftrags bzw. Variantenmontage (buildtoorder, BTO): Die Wertschöpfung erfolgt bis auf die (End)Montage antizipativ. Lagerhaltung erfolgt demnach aufderStufeeigenundfremdgefertigterKomponenten. Lagerproduktion (maketostock, MTS): Sämtliche Aktivitäten erfolgen bevor ein Kundenauftrag platziert wird. Demnach beschränkt sich die Auftragsab wicklungaufdieZuordnungeinesbevorratetenEndprodukts. EinezusammenfassendeGegenüberstellungistinAbbildung3gegeben. Entwicklung
Beschaffung
Komponentenfertigung
Montage
Distribution
ETO
Entwicklung
Beschaffung
Komponentenfertigung
Montage
Distribution
MTO
Entwicklung
Beschaffung
Komponentenfertigung
Montage
Distribution
BTO
Entwicklung
Beschaffung
Komponentenfertigung
Montage
Distribution
MTS
antizipativ
reaktiv
Abbildung3: KlassifikationvonErscheinungsformenderProduktionanhanddesKAEP
In der wissenschaftlichen Auseinandersetzung mit Auftragsabwicklungsstrategien wurdenverschiedeneEinflussfaktorenaufdieWahldesEntkopplungspunktesidenti fiziert.Hierzuzählen:48 GeforderteLieferzeit:JewenigerrestriktivdieAnforderungenandieLieferzeit sind, desto mehr Zeit steht für auftragsspezifische Produktionsaktivitäten zur Verfügung.DamitlässtsichumsoehereinereaktiveLeistungserstellungreali sieren. Unsicherheit im Auftragsdurchlauf: Unterliegt die Ausbringung von Wert schöpfungsaktivitäten unsicheren Einflüssen (z.B. durch Schwankungen der Wiederbeschaffungszeit oder Qualitätsproblemen in der Produktion), führt dies für den Fall, dass diese auftragsbezogen durchgeführt werden, zu kaum absehbaren Streuungen der Durchlaufzeit und folglich zu Problemen bei der
48
Hierzu vertiefend siehe z.B. Van Hoek et al. (1998); Chopra/Meindl (2004), S. 10ff.; Rudberg/ Wikner(2004);Nayloretal.(1999).
2GrundlagendervariantenreichenSerienproduktion
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EinhaltungvonLieferzusagen.DamitnimmtdieBedeutungeinerantizipativen LeistungserstellungmitdemAusmaßanUnsicherheitzu. Prognostizierbarkeit der Nachfrage: Die Anwendbarkeit einer antizipativen LeistungserstellungwirdimWesentlichendurchdieMöglichkeitzurVorhersa gedeszukünftigenBedarfsbestimmt.49Istdiesenichtgegeben,nimmtdieRe levanzderreaktivenLeistungserstellungzu. Strategische Relevanz der Herstellkosten: Durch Skaleneffekte, wie die Grö ßendegression und Lern bzw. Erfahrungskurven, lassen sich auf Basis einer StandardisierungundVerstetigungderNachfragePotenzialezurReduktionder Herstellkostenerschließen.DamitnimmtmiteinerzunehmendenRelevanzder Kosten, die Bedeutung der antizipativen Leistungserstellung zu. Im Extrem führtdieszurobenbeschriebenenStrategiederMassenproduktion. Komplexität der Produktionsaktivitäten: Eine auftragsbezogene Produktion führtgrundsätzlichdazu,dassSkaleneffektenureingeschränktgenutztwerden können. Da die Relevanz von Skaleneffekten tendenziell mit der Komplexität derLeistungserstellungzunimmt(z.B.HalbleiterfertigungimVergleichHerstel lung von Möbeln), nimmt die Bedeutung der reaktiven Leistungserstellung gleichsamab. Produktvielfalt: Mit der Anzahl angebotener Produktvarianten steigt auf der einen Seite die Anzahl anzufertigender Prognosen. Auf der anderen Seite ist miteinerReduktionderPrognosegütezurechnen.50InderKonsequenznimmt die Anwendbarkeit einer antizipativen Leistungserstellung grundsätzlich mit der Vielfalt des Angebots ab. Gleichwohl erfolgt die Herbeiführung der kun denspezifischenProdukteigenschaftenoftmalsnichtunmittelbarmitdemBe ginn der Wertschöpfung. LEE und TANG führen vor diesem Hintergrund das Konzept des Point of Product Configuration (PoPC) ein.51 Nach dem PoPC nimmtdieVielfaltinderProduktionsprunghaftzu.EineAusdehnungderanti zipativen Leistungserstellung über diesen Punkt hinaus ist daher in der Regel
49
Meyr(2003) Vollmann(2005),S.39;siehehierzuauchAbschnitt2.3.2. 51 Lee/Tang(1997) 50
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2GrundlagendervariantenreichenSerienproduktion
ungeeignet,sodasseinereaktiveLeistungserstellungvorzuziehenist.DerPoPC gehtdamitalszusätzlicherFaktorindiePositionierungdesKAEPein. Die Einflussfaktoren auf die Relevanz der reaktiven Leistungserstellung sind in ihrer Wirkung in Tabelle 1 zusammenfassend dargestellt. Diese sind wesentlich bei der FestlegungdesKAEP. Tabelle1:
EinflussfaktorenaufdiePositionierungdesKAEP
ZunahmedergefordertenLieferzeit
RelevanzreaktiverLeistungserstellung Ü
ZunahmederUnsicherheitimAuftragsdurchlauf
Þ
ZunahmederPrognostizierbarkeitderNachfrage
Þ
ZunahmederstrategischenRelevanzderHerstellkosten
Þ
ZunahmederKomplexitätderProduktionsaktivitäten
Þ
ZunahmederProduktvielfalt
Ü Legende:Þnimmtab;Ünimmtzu
Wie in Abschnitt 2.1.1 dargelegt, ergeben sich die konstituierenden Merkmale der kundenindividuellen Massenproduktion durch eine hohe Produktvielfalt bei kurzen LieferzeitenundHerstellkosten,dieeinenwettbewerbsfähigenAngebotspreisermög lichen. Aufgrund dieser originär gegenläufigen Anforderungen scheint eine extreme Positionierung des KAEP, wie im Fall der reinen Auftragsproduktion oder der Lager produktion, wenig vielversprechend. Vielmehr sind hybrideAnsätze geeignet, um je nach Anforderungen des Industrieumfelds ein ausgewogenes Eigenschaftsprofil zu erreichen.52 2.1.3 AbgrenzungdervariantenreichenSerienproduktion EineAnalysederLiteraturmachtdeutlich,dasseskeineneinheitlichenAnsatzzurRe alisierunghybriderAuftragsabwicklungsstrategiengibt.Realisierungsformenvariieren von einer geringfügigen Anpassung der Verpackung bis hin zu konstruktiven Anpas sungsmaßnahmen.DassichsoergebenenahezukontinuierlicheSpektrumvonhybri den Ausprägungsformen der Auftragsabwicklung hat dazu geführt, dass zahlreiche Arbeiten zur Klassifizierung publiziert worden sind.53 Zur trennscharfen Abgrenzung 52
Meyr(2003) Vergleichez.B.MacCarthyetal.(2003),Alfordetal.(2000),Kurbel(2003)undWikner/Rudberg (2005)sowiediedortangegebenenQuellen.
53
2GrundlagendervariantenreichenSerienproduktion
19
dernachfolgendenAusführungensolldahereineKonkretisierunghybriderAuftrags abwicklungsstrategienvorgenommenwerden,umaufdieserBasiszueinerDefinition dervariantenreichenSerienproduktionzugelangen. AufbauendauffrüherenArbeitenschlagenMACCARTHY ET AL.die Unterscheidungso genannter Konfigurationsmodi (configuration modes) der kundenindividuellen Mas senproduktion anhand von drei Differenzierungsdimensionen vor.54 Dies sind das Ausmaß des zeitlichen Bezugs zwischen Wertschöpfungsaktivitäten und Kundenauf trägen,d.h.diePositionierungdesKAEP,dieFlexibilitätderzurVerfügungstehenden Ressourcen sowie die Wiederholhäufigkeit der Transaktionen. Folglich ergeben sich fünfAusprägungendervariantenreichenSerienproduktion. 1. Catalogue mass customization: Die kundenspezifische Anpassung basiert auf auftragsbezogenen Produktoptionen;55 eine direkte Beziehung zwischen Kon struktionsaktivitäten und Aufträgen existiert nicht; es kommen Standardpro zessefürdieAuftragsabwicklungzumEinsatzundesüberwiegenEinzeltrans aktionenohneWiederholung(z.B.Automobilhersteller). 2. Fixedresourcedesignperorder:EstreffendieEigenschaftendeserstenFalls zu,jedochwerdenKonstruktionsaktivitätenimRahmeneinerAnpassungskon struktionauftragsbezogenenvollzogen(z.B.Omnibusproduktion).56 3. Flexibleresourcedesignperorder:Zusätzlichzu2.existierenanpassbarePro duktionspfade, d.h. eine flexible Ressourcenzuordnung (z.B. Produktion von Hochleistungswerkstoffen). 4. Fixed resource calloff mass customization: Zusätzlich zu 2. liegen repetitive TransaktionenaufBasisvonRahmenverträgenvor(z.B.Steuergeräteprodukti on). 5. Flexibleresourcecalloffmasscustomization:Zusätzlichzu3.überwiegenwie derholte Transaktionen auf der Basis von Rahmenverträgen (z.B. Produktion vonStraßenbahnen). 54
MacCarthyetal.(2003) Alford et al. (2000) sprechen in diesem Zusammenhang auch von einer Merkmalskonfiguration (optionalcustimization). 56 InAbgrenzungzurAuftragskonstruktionwirdhierdavonausgegangen,dassBasiskonstruktionen existieren, die durch konstruktive Modifikationen an Kundenbedürfnisse bzw. Auftragsspezifika angepasstwerden. 55
20
2GrundlagendervariantenreichenSerienproduktion
InsbesonderedieersteAusprägungsformentsprichtderGrundideederkundenindivi duellenMassenproduktionwieinAbschnitt2.1.1eingeführt.DieZielsetzungbesteht folglichdarin,einehoheAnpassbarkeitderProduktebeigleichzeitigerAufrechterhal tungvonStandardsinderLeistungserstellungherbeizuführen.ImFokusliegenhier beiTransaktionenmitEndkunden.DieübrigenAusprägungsformensindüberwiegend inGeschäftsbeziehungenetabliertindeneninderRegelneinesehrvielgeringereAn zahlvonKundenbedientwird.DieswirdauchdurchdiegenanntenBeispieledeutlich. VordiesemHintergrundwirdimNachfolgendeneineEinschränkungaufdieals„cata logue mass customization“ bezeichnete Ausprägungsform von Auftragsabwicklungs strategienvorgenommen.UntereinervariantenreichenSerienproduktionwirddem nach eine Auftrags bzw. Variantenmontage (BTO) verstanden, die auf die Realisie rung der kundenindividuellen Massenproduktion zielt.57 Hierbei kommt weder Rah menverträgen noch auftragsbezogenen Konstruktionsleistungen eine wesentliche Rolle zu. Eine differenzierte Diskussion der Charakteristika der variantenreichen Se rienproduktionistnachfolgendgegeben. 2.2 Charakteristika Zur Klassifikation von Produktionssystemen wird in der produktionswirtschaftlichen Forschung zumeist Bezug auf eine prozessuale Betrachtung genommen. Entspre chend dem Gegenstand der Produktion wird dabei zwischen drei Elementen unter schieden.58DiessinddieEinsatzgüter(Input),dieeinerwertschöpfendenTransforma tion(Throughput)unterzogenwerden,sodassverkaufsfähigeGüter(Output)erzeugt werden.EntsprechenddieserKlassifikationwerdenimNachfolgendendieCharakte ristika der variantenreichen Serienproduktion eingeführt. Anzumerken ist, dass Er scheinungsformen der variantenreichen Serienproduktion in der Praxis sehr unter schiedlicheGestaltungsundAusprägungsformenannehmenkönnen.Dennochsollen nachfolgendkonstituierendeCharakteristikadargestelltwerden,umsoeineGrundla ge für die Entwicklung einer Entscheidungsunterstützung in der auftragsbezogenen Planungzuermöglichen. 57
Nach Alford et al. (2000) ist eine entsprechende Strategie als Merkmalskonfiguration (optional customization)zubezeichnen. 58 Zäpfel(1982),S.1f.;Dyckhoff/Spengler(2007),S.3f.
2GrundlagendervariantenreichenSerienproduktion
21
2.2.1 EigenschaftendesOutputs MerkmalsdimensionenzurKonkretisierungoutputorientierterEigenschaftensinddas Erzeugnisspektrum,dieErzeugnisstruktursowiederKundenbezug. EntsprechenddergrundlegendenZielsetzungdervariantenreichenSerienproduktion istdasErzeugnisspektrumdurcheinehoheVielfaltgekennzeichnet.EntgegenAnsät zenderreinenKundenproduktionkommenallerdingsStandarderzeugnissemitVari anten zum Einsatz.59 Die Definition von Produkten erfolgt demnach nicht wahlfrei, sonderndurchKonfigurationvonvordefiniertenGrundprodukten,d.h.durchSelekti onstandardisierterProduktmerkmale,densogenanntenOptionen.60AlsSynonymfür denBegriffVariantehatsichinderwissenschaftlichenDiskussionderTerminusMo delledurchgesetzt.61 DainvielenFälleneinekaumzuüberschauendeAnzahlvonOptionenexistiert(z.B. Arbeitsplatzrechner, Automobile) wird oftmals eine weitergehende Strukturierung vorgenommen. HERLYN schlägt hierzu vor, Optionen, die sich substitutiv verhalten, sich also gegenseitig paarweise ausschließen, zu Optionsklassen bzw. familien zu sammenzufassen(z.B.Prozessor,Lenkrad).62DiesführtzuderinAbbildung4darge stelltenhierarchischenProduktbeschreibung.
59
EinentsprechendesVariantenverständnisführtlautGABLERWIRTSCHAFTELEXIKONzuStrukturvarian ten(Gabler(1998)). 60 Kumar(2005);Alfordetal.(2000)bezeichneneineentsprechendesVorgehenals“optionalcus tomization”. 61 Eine ausführliche Beschreibung der Begrifflichkeiten für das Beispiel Automobilindustrie findet sichindenAusführungenvonStautner(2001),S.41f.undPil/Holweg(2004). 62 Herlyn(1990),S.34;Ohl(2000),S.115f.merkthierzuan,dassdurchdieseStrukturierungkeines fallshinreichendzurSicherstellungderBauarbeitist,daoftmalsabmessungsbedingteoderfunk tionaleInterdependenzenzwischenOptionenunterschiedlicherFamilienexistieren.
22
2GrundlagendervariantenreichenSerienproduktion
Abbildung4: ProduktbeschreibungbeivariantenreicherSerienproduktion
AlsKonsequenzderAngebotsvielfaltresultiertoftmalseinerhöhterBeratungsbedarf. DemnachsindKundenbeiderFixierungdervorhandenenproduktseitigenFreiheits grade entsprechend ihrer Wünsche zu unterstützen.63 Neben dem Einsatz von Ab satzmittlern kommt vor diesem Hintergrund informationstechnischen Produktkonfi guratoreneinegroßeBedeutungzu.64 ZurRealisierungderoutputorientiertenVielfaltkommenbeivariantenreicherSerien produktionmodulareErzeugnisstrukturenzumEinsatz.65DieErzeugungvonVarian ten basiert dann auf der Kombination von Modulen, d.h. von standardisierten und austauschbarenEinheiten,diespezifischeLeistungsmerkmaleerfüllen.66Somitistes möglich,standardisierteProzesseinderBeschaffungundProduktionderModulezu etablierenunddamiteinerseitsanalogzurMassenproduktionvonSkalenvorteilenzu profitieren und andererseits durch Kombination dieser Prozesse eine aus Sicht des MarkteshoheDifferenzierungzuerreichen.67AuchlassensichdurchdieModularisie rungPostponementKonzepterealisieren,deneneinezentraleRollebeiderAbstim 63
Ausdruck dieser Feststellung ist die Erkenntnis, dass Käufer durchschnittlich 37 Stunden in den KaufvonAutomobilen,alsBeispielkonfigurierbarerProdukte,investieren(Andres(2006)). 64 Leeetal.(2000);vonHippel(2001) 65 Baldwin/Clark(1997);Feitzinger/Lee(1997) 66 Salvadoretal.(2002);Tseng/Jiao(2001) 67 Pil/Holweg (2004); Fredriksson/Gadde (2005); (Kumar (2005); Zu den Vorteilen modularer Pro duktstrukturensieheauch:Bi/Zhang(2001);Baldwin/Clark(1997).
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23
mungvonPoPCundKAEPzukommt.68DieProduktkonfiguration,d.h.dieZusammen stellungderModule,diezurErfüllungderspezifischenKundenwünscheerforderlich sind,wirddabeiindieMontageverlagert. MitHinblickaufdieLokalisierungdesKAEPfolgtdamit,dassbeidervariantenreichen Serienproduktion,entsprechendeinerBTOStrategie,MontageundDistributionsakti vitäten auftragsbezogen und damit reaktiv vollzogen werden, während die vorgela gertenProzesseüberwiegendentkoppeltunddamitantizipativerfolgen.69DieLiefer zeitenkönnenfolglichimVergleichzueinerreinauftragsbezogenenProduktiondeut lich verkürzt werden. Auch wird durch eine entsprechende Strategie der Tatsache Rechnung getragen, dass sich der Bedarf für variantenreiche Endprodukte nur sehr eingeschränktmitakzeptablerGenauigkeitprognostizierenlässt.Demgegenüberlässt sichaufderEbenederProduktoptioneninderRegeleinesehrvielhöhereGenauig keiterzielen.DieserAspektwirdinAbschnitt2.3.2vertiefenddargestellt. Aus demKundenbezug resultiert jedoch eine verstärkte Anbindung der Leistungser stellungandieUnsicherheitundDynamikderNachfrage.DasProduktionsprogramm und somit auch die Ressourcenbelastung in der Montage und Distribution werden folglichmaßgeblichdurchdiezufälligeVerteilungderAuftragseingängebeeinflusst.70 In der Konsequenz wird die Anpassungsfähigkeit der Leistungserstellung in diesem TeilbereichdesAuftragsabwicklungsprozesseszueinemkritischenAspekt. DieoutputorientiertenEigenschaftenlassensichdemnachwieinTabelle2dargestellt zusammenfassen. Tabelle2:
StrukturierungderoutputorientiertenEigenschaften
Merkmal
Ausprägung
Erzeugnisspektrum
VariantenbildungdurchKombinationstandardisierterProduktoptionen
Erzeugnisstrukturen
ModulareProduktstrukturen
KAEP
Auftragsbzw.Variantenmontage(BTO)
68
Feitzinger/Lee(1997);DasausdemEnglischenstammendeVerb‚topostpone’lässtsichmitauf schieben,verschiebenoderverzögerninsDeutscheübersetzen.Unter‚Postponement’wirdda herimRahmendieserArbeitsinngemäßdasAufschiebenbzw.dasVerzögernvon(kundenspezi fischen)AktivitätenentlangderWertschöpfungsketteverstanden. 69 FürKomponentenmitbesondershohemWertistoftmalseineabweichendeVorgehensweisezu beobachten.SiehehierzuauchAbschnitt2.2.3. 70 Omerci(2006);Zäpfel(2001),S.84;Günther/Tempelmeier(2005),S.12
24
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2.2.2 EigenschaftendesThroughput UmdiegeforderteAnpassungsfähigkeitbeigleichzeitighoherMengenleistungzurea lisieren,findetbeivariantenreicherSerienproduktionüberwiegendderProduktions typ der Variantenfließfertigung bzw. der gemischten Fließfertigung Anwendung.71 KennzeichendiesesProduktionstypsistdieorganisationaleVerkettungeinzelnerBe arbeitungsstationengemäßderStrukturderherzustellendenErzeugnisse,wobeiun terschiedliche Varianten unter Verwendung desselben Produktionssystems gefertigt werden.72EshandeltsichfolglichumeineverbundeneProduktion,dienachdemOb jektprinzip organisiert ist.73 Dabei erfordert die Produktion individualisierter Güter, dass Umrüstaufwände zwischen aufeinanderfolgenden Varianten minimiert wer den.74Dieswirderreicht,indemflexibleAutomatisierungslösungenundArbeitsorga nisationskonzeptezurAnwendunggebrachtwerden.75 Als Konsequenz des Produktionstyps ergibt sich, dass der Losgrößenplanung in der Montage eine untergeordnete Bedeutung zukommt. Aufträge lassen sich in nahezu beliebiger Reihenfolge fertigen.76 Jedoch existieren aggregierte Restriktionen in Be zug auf Produktionsressourcen (z.B. Fertigungszeit, Mitarbeiter) und Kaufteile (z.B. AnzahlbedarfssynchronzubeschaffenderTeilejeTag).Dieseergebensichzumeinen durch die Taktung der Produktion, d.h. durch den durchschnittlichen zeitlichen Ab stand zwischen der Fertigstellung zweier aufeinanderfolgender Produkte (mengen mäßigeKapazität).ZumanderenwirddieLeistungsfähigkeitbegrenztdurchdiezuläs sigenKombinationenanAufträgenbestimmterKonfiguration,densogenanntenMo dellMix.77 Dieser resultiert aus der langfristigen Abstimmung des Fließproduktions systems (auch: Fließbandabstimmung) und lässt sich aufgrund der damit verbunde nen strukturellen Änderungsmaßnahmen (z.B. Verschieben von Maschinen, Umler
71
Domschke(1996);Boysenetal.(2007) DaherauchdieBezeichnung„mixedmodelassemblylines“(Bolat(2003) 73 Im Gegensatz zum Verrichtungsprinzip erfolgt die organisatorsiche Anordnung von Maschinen beimObjektprinzipentsprechenddemAblaufdesHerstellungsprozesses(Zäpfel(1982),S.17). 74 Boysenetal.(2006a);Piller(2003),S.341 75 SiehehierzuvertiefendTuetal.(2001) 76 Scholl(1999),S.7;BMWGroup(2007); 77 Meyr(2004a);Boysenetal.(2007) 72
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nen von Personal) nur sehr begrenzt variieren.78 Dies sei durch folgendes Beispiel verdeutlicht.InderEndmontagevonAutomobilenüberwiegenFließproduktionskon zepte,beidenendieMitarbeiterbestimmteMontagetätigkeitenübernehmen,wäh rendsichdasMontageobjekt(d.h.dasFahrzeug)kontinuierlichweiterbewegt.Istdie Tätigkeitabgeschlossen,wechselndieMitarbeiterzumnächstenFahrzeug.Beiidenti schenArbeitsinhaltenführtdiesdazu,dassdieMitarbeiterihreTätigkeitstetsander selben Position am Fließband aufnehmen und abschließen. Da aber bei gemischter Fließfertigung nicht jedes Fahrzeug den gleichen Umfang an Montageaktivitäten er fordert, schwanken die jeweiligen Montagezeiten. In der Konsequenz bewegen sich die Mitarbeiter entlang der Flussrichtung (höhere Arbeitsinhalte) oder gegen die FlussrichtungdesMontagebandes(geringereArbeitsinhalte).Durcheinengeeigneten ModellMixkompensierensichAufundAbwärtsbewegung.Anderenfallskanneszu unerwünschten Unterbrechungen im Arbeitsablauf kommen, da notwendige Vorar beiten noch nicht abgeschlossen sind.79 Da sich die Ressourcenbelastung aus den Produktoptionenableitenlässt,könnenentsprechendeRestriktionenformalineiner ܪ ǣ ܰ Notation angegeben werden.80 Als Obergrenze für den ModellMix dürfen dannmaximalܪ AufträgeeinerSequenzderLängeܰ dieOptionaufweisen. Gleichzeitig sind entsprechende Produktionssysteme so konfiguriert, dass ihr wirt schaftlicher Betrieb im Zeitverlauf eine gewisse Mindestauslastung erforderlich macht. Im Wesentlichen ist dies in den kapitalintensiven Automatisierungslösungen bzw.demdarausresultierendenhohenFixkostenanteilbegründet.81Weiterhinexis tieren empirische Belege dafür, dass entgegen der grundsätzlich vorhandenen pro duktionstechnischen Anpassungsfähigkeit, negative Konsequenzen mit einer hohen Variabilität der Kapazitätsbelegung einhergehen.82 Diese Erkenntnis hat in vielen
78
80 81 82 79
Siehehierzuvertiefendz.B.Boysenetal.(2006a). SiehehierzuvertiefendetwaGünther/Tempelmeier(2005),S235ff. Drexl/Kimms(2001);Proud(1999),S.214ff. Meyr(2004b) Auf Basis einer fallstudienbasierte Untersuchung in der Automobilindustrie zeigen Fisher/Ittner (1999)dasseinehöhereOptionsvariabilitätimTagesvergleichzusignifikanthöherenArbeitskos tenproAuto,geringerenNutzungsgraden,höherenBeständenundeinemhöherenNacharbeits aufwandführen.
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BranchenzurForderungnacheinernivelliertenProduktiongeführt,beidereinege glätteteNachfragenachOptionenangestrebtwird.83 EineZusammenfassungderthroughputorientiertenEigenschaftenistinTabelle3ge geben. Tabelle3:
StrukturierungderthroughputorientiertenEigenschaften
Merkmal
Ausprägung
Produktionstyp
GemischteFließfertigungbzw.Variantenfließfertigung
MengenmäßigeRestriktion
DefiniertdurchTaktungderFließproduktion
ModellMixRestriktionen
DefiniertdurchFließbandabstimmung
2.2.3 EigenschaftendesInputs GefördertdurchdieEntkopplungderKomponentenfertigungistbeivariantenreicher SerienproduktionoftmalseineausgeprägteArbeitsteiligkeitzubeobachten.ZumBei spielweisenAutomobilherstellerEigenfertigungsquotenvondurchschnittlich30Pro zentaus.84InderPCIndustriewirdkaummehralsdieMontageundderVertriebvon Originalteileherstellern, den sogenannten OEM, übernommen. Der Bezug von Kom ponenten erfolgt von spezialisierten Zulieferern. In der Konsequenz sind Unterneh men mit variantenreicher Serienproduktion in komplexe Wertschöpfungsketten, so genannte Supply Chains, eingebunden. Die Größe der Wertschöpfungskette nimmt dabeitendenziellmitderAnzahlangebotenerModulezu. UmindiesemKontexteineabgestimmteLeistungserstellungzuermöglichen,istder Einsatz von Koordinationsinstrumenten unerlässlich.85 Neben informationstechni schenAnsätzen,dieaufeineErhöhungderTransparenzzielen,kommenzurKoordi nationderLieferbeziehungenzwischendeneinzelnenAkteureninSupplyChainszu meistKontrakte zumEinsatz, die gegenseitige Zusicherungen in Bezug auf die men genmäßige Anpassungsfähigkeit der Anzahl zu beschaffender Komponenten spezifi
83
Tsai(1995);Miltenburg(1989) Mercer(2006) 85 Siehehierzuvertiefend:DaSilveiraetal.(2001);Coronadoetal.(2004);Kumar(2001). 84
2GrundlagendervariantenreichenSerienproduktion
27
zieren.86DiesodefinierteBandbreitebildetfürdieeinzelnenAkteureeineverbindli chePlanungsgrundlageundträgtsomitzurReduktionvonUnsicherheitbei.87 DiewechselseitigeAbstimmungistinbesonderemMaßerelevant,fallseinebedarfs synchroneDispositionsstrategieverfolgtwird.ZwarerfolgtdieBeschaffungvonKom ponenten bei einer variantenreichen Serienproduktion überwiegend auftragsano nym, jedoch sind oftmals Abweichungen von dieser Vorgehensweise für besonders hochwertigeKomponentenzubeobachten.IndiesemFallwirdeineAusdehnungdes Anteils der reaktiven Prozesse des Auftragsabwicklungsprozesses vorgenommen. Oftmals werden hierfür auch die Bezeichnungen justintime bzw. justinsequence verwendet. Die maximale Verfügbarkeit der Komponenten ergibt sich bei einer sol chenDispositionsstrategiedurchdievomLieferantenzugesagteKapazität. DemnachergebensichdieinTabelle4zusammengefassteninputorientiertenEigen schaften. Tabelle4:
StrukturierungderinputorientiertenEigenschaften
Merkmal
Ausprägung
Eigenfertigungsquote
gering
Lieferbeziehungen
fixiertdurchVerträge
2.3 Nutzenpotenziale DieimRahmendervariantenreichenSerienproduktionverfolgteDifferenzierungdes Leistungsprogramms wird zunächst mit einer Nutzenerhöhung für den Kunden und daherauchmiteinerhöherenZahlungsbereitschaftbzw.StärkungderWettbewerbs positioninZusammenhanggebracht.88AlsBeispielführenPILLER ET AL.dieumbiszu 50 Prozent erhöhten Preise von konfigurierbaren Sportschuhen der Marken Adidas undNikean.89AberauchinderAutomobilindustriewirdeinererhöhtenOptionsviel
86
Fredriksson/Gadde (2005); Cannon/Perreault Jr (1999); Krajewski et al. (2005); zum Nutzen in formationstechnischer Ansätze in der Koordination von Supply Chains bei variantenreicher Se rienproduktionsieheauchCoronadoetal.(2004). 87 Cachon(2003);Tsayetal.(1999);Tsay/Lovejoy(1999) 88 Sharma/Laplaca(2005);Gunasekaran/Ngai(2005);Lancaster(1990) 89 Pilleretal.(2004)
28
2GrundlagendervariantenreichenSerienproduktion
falteinwesentlichesErtragspotenzialzugewiesen.90GleichzeitiggehteineErhöhung der Vielfalt mit erhöhten Kosten einher. So führt LINGNAU zusätzliche Kosten im Be schaffungsbereich (u.a. schlechtere Einkaufskonditionen, erhöhte Logistikkosten, er höhterAufwandinderKoordinationundÜberwachung),Fehlmengenkosten,Kosten im Produktionsbereich (u.a. Effizienzverluste) und Kosten im Absatzbereich (u.a. Marktforschung) sowie zusätzliche Qualitätssicherungskosten und Lagerkosten an.91 Vor diesem Hintergrund besteht in der wissenschaftlichen Diskussion Einigkeit dar über,dasseinezentraleVoraussetzungfürdiewirtschaftlicheRealisierungeinervari antenreichenSerienproduktionindenobeneingeführtentechnologischenundorga nisatorischen Konzepten besteht (d.h. insbesondere modularen Produktstrukturen undeinergemischtenFließfertigung).EinweitererAnsatzpunktzurRealisierungeiner variantenreichenSerienproduktionistinderWahldesKAEPzusehen.Demnacher folgenwesentlicheTeilederWertschöpfungbeidervariantenreichenSerienproduk tionreaktiv,d.h.nachdemEingangspezifischerAufträge.InderKonsequenzfließen umfassendereInformationenüberdasmarktlicheUmfeldindieWertschöpfungein, alsdiesbeiMTSStrategienderFallwäre.92DiedamiteinhergehendenNutzenpoten zialelassensichindreiKategorienklassifizieren,dienachfolgenderläutertwerden.93 VorteileeinerbedarfsgerechtenLeistungserstellung VorteileeinerverzögertenVariantenbildung Zugang zu detaillierten Nachfrageinformationen und Erhöhung der Kunden bindung ImNachfolgendenwerdendieVorteileentsprechenddieserKlassifizierungerörtert. 2.3.1 VorteileeinerbedarfsgerechtenLeistungserstellung EinzentralerVorteileinerbedarfsgerechtenLeistungserstellungbestehtinderStei gerung der Kundenzufriedenheit, da eine erhöhte Übereinstimmung zwischen Kun denwünschen und den gelieferten Produkten gegeben ist. Diese Erhöhung manifes 90
Andres(2006) Lingnau(1994) 92 DieEinbeziehungvonKonsumenten(„consumers“)indieSpezifikationderProduktion(„produc tion“)wirdauchals„prosuming“bezeichnet(vanHoek(2001)). 93 Pilleretal.(2004)bezeichnenentsprechendeVorteileals„economiesofintegration”. 91
2GrundlagendervariantenreichenSerienproduktion
29
tiertsicheinerseitsineinemzusätzlichenErlöspotenzialundandererseitsinreduzier tenAbsatzkosten. Zur Verdeutlichung des Erlöspotenzials sei das folgende Beispiel gegeben. Hierbei werdendieKonsequenzeneinerauftragsanonymenProduktionvariantenreicherPro dukteanhandeinerempirischenUntersuchungdesBestellverhaltensfüreinenKlein wagenaufdembritischenMarktillustriert.94InAbbildung5dargestelltistdierelative NachfragehäufigkeitfürdreiMotoroptionenundachtAusstattungspakete.Demnach isteinedeutlicheErhöhungdergeringwertigstenKombination,d.h.fürdenkleinsten MotorunddaseinfachsteAusstattungspaketzuerkennen.DenErgebnissenderStu diefolgend,spiegeltdieseErhöhungnichtdentatsächlichenMarktbedarfwider,son dernistdaraufzurückzuführen,dassdiefürdieSpezifikationverantwortlichenHänd ler zur Erfüllung ihrer mengenmäßigen Vertriebsziele auf die günstige Basisausstat tungzurückgriffen,dasiezumZeitpunktderSpezifikationkeineInformationenüber konkreteKundenaufträgevorliegenhatten.DasPotenzialeineshöherenAnteilsauf tragsbezogener Produktion begründet sich vor diesem Hintergrund dadurch, dass grundsätzlichbesserausgestatteProduktehättenverkauftwerdenkönnen.95
Abbildung5: RelativeMengenhäufigkeitsverteilungüberMotoroptionundAusstattungspaket96
94
3DayCarResearchTeam(2003),S.27f. Nguyen (2006); der entgangene Ertrag lässt sich als Opportunitätskosten im Sinne einer nicht genutzten Gelegenheit konzeptionalisieren. Diese Erkenntnis wird auch durch eine Analyse des AutomobilherstellersBMWgestützt.DemnachwerdengeradehochwertigeAustattungsumfänge oftmalsnachträglichbestellt(Gaudiano(2006)). 96 3DayCarResearchTeam(2003),S.28 95
30
2GrundlagendervariantenreichenSerienproduktion
InderdirektenKonsequenzeinerunzureichendenÜbereinstimmungvonnachgefrag tenundhergestelltenProduktenresultierenzudemerhöhteAbsatzkosten.Diesebe gründensichimWesentlicheninPreisnachlässen,diegewährtwerden,umdieNach fragenachLagerfahrzeugenzustimulierensowieinKostendiedurchLagerungindu ziertwerden.LautderobenbereitszitiertenStudiebritischerNeuwagenkäufeerhiel ten 22 Prozent der Kunden nicht ihre Wunschkonfiguration. Bei nahezu der Hälfte wurden Kompensationszahlungen bzw. Preisnachlässe gewährt.97 In einer weiteren Studie werden diese Zahlungen für ein typisches Fahrzeug auf dem US amerikanischen Markt mit 10 Prozent des Verkaufspreises angegeben.98 Analoge TendenzenlassensichinderElektronikindustriebeobachten.DurchdenWertverlust vonArbeitsplatzrechnernnimmtdererzielbareVerkaufspreismitderZeitdauerzwi schenFertigstellungundAbsatzabundschmälertsodenErtrag.99Durcheinebessere AbstimmungvonAngebotundNachfrageließensichfolglichRationalisierungspoten zialeerschließen. Ein weiterer Aspekt, der zu einer Erhöhung der Absatzkosten führt ist die Lagerung vonEndprodukten.BeieinerLagerfertigung,wiesievonvielenAutomobilherstellern aufdemUSamerikanischenMarktpraktiziertwird,werdenalleinfürdieKostender Lagerhaltung von Endprodukten (d.h. Kapitalbindungskosten, Versicherungskosten, etc.)jeFahrzeug$431ausgewiesen.100AuchindemdurcheinenhöherenAnteilauf tragsbezogener Produktion gekennzeichneten Europäischen Markt wird die durch schnittliche Lagerreichweite derHändler mit über 60 Tagen angegeben.101 Beieiner bedarfsgerechtenLeistungserstellungkönnendieseBeständeunddiedamitverbun denenKostendeutlichreduziertwerden. 2.3.2 VorteileeinerverzögertenVariantenbildung NebendenbenanntenNutzenpotenzialeneinerbedarfsgerechtenLeistungserstellung ergebensichbeivariantenreicherSerienproduktionVorteileeinerverzögertenVari 97
Elias(2002) Lapidus(2000);vertiefendsieheHolweg/Pil(2004),S.85ff. 99 Der Computerhersteller Dell quantifiziert den Wertverlust von Computerkomponenten mit 0,5 bis2ProzentjeWoche(Kapuscinskietal.(2004)). 100 Lapidus(2000) 101 3DayCarResearchTeam(2003) 98
2GrundlagendervariantenreichenSerienproduktion
31
antenbildung,dieunterderBezeichnungPostponementGegenstandeinerintensiven wissenschaftlichen Diskussion geworden sind.102 Folglich werden Lagerbestände auf Endproduktebene zugunsten einer früheren Stufe der Wertschöpfung vermieden. DiesentsprichtderinAbschnitt2.1.2diskutiertenLinksverschiebungdesKAEP.Zum einensindso,insbesonderefürdenFall,dassesgelingt,denKAEPbiszumPoPCzu verschieben, deutlich weniger Lagerhaltungspositionen zu verwalten. Zum anderen bestehtgrundsätzlichEinigkeitdarüber,dassdurcheineDifferenzierungdieEignung einesProduktsfürbestimmteSegmente(imExtremfalleinzelneKunden)erhöhtund fürandereSegmentereduziertwird.103DamitmachteinhöhererAnteilantizipativer ProduktioneinePrognosehöhererDetaillierungerforderlich.DadetaillierteProgno sen im Vergleichzu aggregierten mit einem höherenFehlerbehaftet sind, führt ein entsprechendesVorgehenzueinerErhöhungderUnsicherheitunddamitzueinerins gesamtverschlechtertenPlanbarkeit.104DieserZusammenhangwirddurchfolgendes illustratives Beispiel offenbar. Ein Hersteller von Arbeitsplatzrechnern bietet je drei Prozessoren,Grafikkarten,SpeicherausstattungenundGehäusean.Folglichmüssten ͵ସ ൌ ͺͳPrognosenerstelltwerden,umdenBedarffürEndproduktevorherzusagen. Wird die Lagerhaltung – wie bei der variantenreichen Serienproduktion – auf die Ebene der Komponenten beschränkt, sind lediglich ͵ כͶ ൌ ͳʹ Prognosen zu erstel len.ZudemwirdaufgrunddesdamiteinhergehendenhöherenAggregationsgradsder AufwandderErstellungderPrognosetrotzhöhererQualitätverringert.Ausbetriebs wirtschaftlicherSichtbedingteineverzögerteVariantenbildungdamiteineReihevon Vorteilen. So lassen sich die benötigten Sicherheitsbestände zur Aufrechterhaltung der geforderten Lieferbereitschaft reduzieren.105 Auch wird analog zur Massenpro duktionderEinsatzeffizienterFertigungstechnologienmöglich,dasichdieNachfrage verstetigen lässt. Schließlich erfolgt die Lagerhaltung auf einer frühen Wertschöp fungsstufe,wodurchdieKapitalbindungskostenreduziertwerden.106
102
VertiefendsiehevanHoek(2001);Yangetal.(2004a);Yangetal.(2004b). Yangetal.(2004a) 104 Vollmannetal.(2005),S.39;fürdendortangegebenenNachweiswerdenunabhängigverteilte Nachfragewerteunterstellt. 105 Aviv/Federgruen(2001) 106 Yangetal.(2004b) 103
32
2GrundlagendervariantenreichenSerienproduktion
2.3.3 Zugang zu detaillierten Marktinformationen und Erhöhung der Kundenbin dung Eine weitere Kategorie von Nutzenpotenzialen der variantenreichen Serienprodukti on beruht auf dem Zugang zu detaillierten Nachfrageinformationen.107 Demnach besteht eine zentrale Herausforderung der antizipativen Leistungserstellung darin, dieKundenpräferenzenzuerfassen,umdieseinverkaufsfähigeProduktezuüberfüh ren.MitzunehmenderVariabilitätderProdukte,fälltesKundenjedochzunehmend schwer, ihre Präferenzen ohne konkrete Kaufabsicht in Produktspezifikationen zu überführen. Eine Analyse der historischen Verkaufsdaten scheint ebenso wenig er folgsversprechend,dadiese,wieinAbschnitt2.3.1ausgeführt,beiantizipativerLeis tungserstellunginderRegelnichtdietatsächlicheNachfragewiderspiegeln. BeidervariantenreichenSerienproduktionwirdKundendieMöglichkeitgewährt,die ProduktspezifikationenimMomentdesKaufszudefinieren.DamiterhältdasUnter nehmendetaillierteInformationenüberdieNachfrage,dieinderFolgeAnwendung in allen Unternehmensfunktionen finden können (z.B. Produktentwicklung, Marke ting,Beschaffung).108 Neben dem verbesserten Zugang zu Marktinformationen, lässt sich durch die ver stärkteEinbeziehungvonKundenimRahmendervariantenreichenSerienproduktion zudem eine erhöhte Bindung erreichen.109 Diese kann aus unternehmerischer Sicht genutztwerden,umErgänzungsoderWiederholungskäufezustimulieren.Derhier fürnotwendigeAufwandistinderRegeldeutlichgeringer,alsderzurAkquisitionvon Neukundenerforderliche.110FolglichkönnenMarketingaufwendungenreduziertund Marktanteilestabilisiertwerden.
107
DiesewerdeninderangelsächsischenLiteraturwerdendieseauchals„sticky(local)information“ bezeichnet(vonHippel(1998)). 108 Pilleretal.(2004) 109 FüreinetransaktionskostentheoretischeAnalysesieheVandermerwe(2000)odermitbesonde remFokusaufdasKonstruktderLoyalitätJackson(1985). 110 Pilleretal.(2004)
2GrundlagendervariantenreichenSerienproduktion
33
2.4 WirtschaftlicheRelevanz Zusammenfassend bietet die variantenreiche Serienproduktion eine Reihe von Nut zenpotenzialen,diezueinerbranchenübergreifendenAdaptionentsprechenderKon zeptegeführthat.InTabelle5sindausgewählteBranchendargestellt,indenenAus prägungen der variantenreichen Serienproduktion beobachtet werden können. Zur Illustration sind zudem exemplarische Produktmerkmale sowie ausgewählte volks wirtschaftliche Kennzahlen gegeben, die Rückschlüsse auf die Bedeutung der Bran chenzulassen.GemeinistallenAnwendungsbeispielendieKombinationeinergroßen AnzahlhergestellterProduktebeigleichzeitighoherProduktvielfalt. DiemitAbstandgrößteBedeutungkommtimDeutschenWirtschaftsraumderAuto mobilindustrieundinsbesonderederHerstellungvonPersonenkraftwagenzu.Diese BranchescheintdaherinbesonderemMaßegeeignet,umKonsequenzendervarian tenreichen Serienproduktion auf betriebliche Planungssysteme zu diskutieren. Im Rahmen der vorliegenden Arbeit wird aus diesem Grund an verschiedenen Stellen BezugaufAnwendungsfälleausdieserBranchegenommen.Zunächstaberwerdenim nachfolgendenKapiteldieGrundlagenderauftragsbezogenenPlanungerörtert. Eine umfassende Zusammenstellung von Fallbeispielen der variantenreichen Serien produktion ist im Internet gegeben.111 Die hier aufgeführten Produktkonfiguratoren ermöglicheneinenvertiefendenEinblickindieVielfaltbestehenderAusprägungsfor mendervariantenreichenSerienproduktion.
111
o.V.(2008)
34
Tabelle5.
2GrundlagendervariantenreichenSerienproduktion
BeispieledervariantenreichenSerienproduktion
Industrie branche
exemplarischeMerkmalsdimensio nenundausprägungen
WertderPro duktion (Mrd.Euro)112
Produktion (Millionen Stückbzw. 1000t)113
ausgewählte Anbieter
Personen Karosserie(Stufen,Schrägheck,Cab kraftwagen rio),Getriebe(Handschaltung,Automa tik),Motor(Benzin,Gas,Diesel,Hybrid)
131,8
5.932
Volkswagen, Opel
Omnibusse Karosserie(Glenk,Monobus),Achsen (zwei,drei),Motorisierung(Diesel,Gas)
1,7
7
NEOMAN, Daimler
Lastkraft wagen
Karosserie(Sattelzug,Fahrgestell),Fah rerhaus(L,XL,XXL),Federung(Blatt, Luftfederung)
9,6
314
MAN, Daimler
Rönten geräte
Bauform(horizontal/vertikal),Leis tungsklasse,Patiententisch(statio när/mobil),Zubehör(Konsole,Drucker, usw.)
1,4
30
Siemens, Philips
Computer
Gehäuse(Desktop,Tower),Prozessor (Intel,AMD),Komponenten(Grafikkar te,Festplatte,Speicher)
7,8114
10,7115
Dell,Fujitsu Siemens
Fahrräder
Rahmenmaterial(Aluminium,Stahl, Carbon),Federung(Gabel,Rahmen, Sattel,keine),Schaltung(24Gang,27 Gang)
0,6116
1,75117
vaust,MAXX
Stahlin dustrie118
Fertigungsstufe(Warmband,feuerver zinktesBand),Coilgewicht,Coillänge
3,3
12.552
Salzgitter, Thyssen Krupp
1,3
5,7
inwerk, Moormann
Büromöbel Plattenausführung(Echtholz,Funier), FarbeGestell(Aluminiumgebürstet, weiß),Elektrifizierung(ohne,mit)
112
InDeutschlandlautStatistischesBundesamt(2008) InDeutschlandlautStatistischesBundesamt(2008) 114 DigitaleDatenverarbeitung;StatistischesBundesamt(2008) 115 AbsatzdatenlautFAZ(2008) 116 GeschätztaufBasisEurobike(2007) 117 Eurobike(2007) 118 StatistiknurfürWarmbreitband 113
3 GrundlagenderauftragsbezogenenPlanung Mit dem Übergang zu einer auftragsbezogenen Leistungserstellung im Rahmen der variantenreichenSerienproduktiongehteinegrundlegendeVerschiebungderAnfor derungen an die verwendeten Planungsverfahren einher. Ursächlich hierfür ist im WesentlichendieimvorhergehendenKapitelausgeführteIndividualisierungderPro dukte und die damit einhergehende auftragsspezifische Ressourceninanspruchnah me.GrundlagederPlanungistdemnachnichtlängereineantizipierteNachfragenach homogenen Gütern. Vielmehr gilt es Ansätze zum Umgang mit Kundenbedarfen zu entwickeln,dieinqualitativerundzeitlicherHinsichtspezifiziertsindundfolglicheine individuelleReaktiondesUnternehmenserforderlichmachen. DieDarstellungdermiteinersolchenUmstellungverbundenenKonsequenzeninBe zug auf das Produktionsmanagement ist Gegenstand des nachfolgenden Kapitels. HierzuwirdinAbschnitt3.1zunächsteinebegrifflicheundkonzeptionelleGrundlage geschaffen.WesentlicheAspektebetreffendieStrukturierungbetrieblicherPlanungs aufgabeninFormeineshierarchischenSystemssowieMöglichkeitenzurBerücksich tigung unsicherer Einflüsse. Auch werden die Grundlagen der modellbasierten Pla nung einführend dargestellt. Die Übertragung des allgemeinen hierarchischen Pla nungskonzepts auf den Bereich der operativen Produktionsplanung erfolgt in Ab schnitt3.2.HieraufaufbauendwirdinAbschnitt3.3dieAufgabederauftragsbezoge nenPlanunganhanddesAuftragsabwicklungsprozessesverdeutlichtundinderFolge aufBasisderinAbschnitt3.1erarbeitetenMerkmaleklassifiziert.DieKonkretisierung deszuvordargestellten hierarchischen Planungskonzepts führtzum inAbschnitt3.4 erörterten Bezugsrahmen der auftragsbezogenen Planung. Neben einer Strukturie rungderuntersuchungsrelevantenPlanungsaufgabenwerdenindiesemKontextauch dieauftragsbezogenenvondenauftragsanonymenAspektenderPlanungabgegrenzt und Schnittstellen zwischen diesen verdeutlicht. Als auftragsbezogene Planungsauf gabenwerdeninderFolgedieAuftragsannahmeunddieProduktionsprogrammpla nungunterschieden.DasKapitelschließtmiteinemFazit. 3.1 PlanungskonzeptionenimProduktionsmanagement GegenstanddesProduktionsmanagementsistdieUnterstützungvonEntscheidungen im Hinblick auf die Gestaltung und den Betrieb bzw. die Lenkung von Wertschöp
36
3GrundlagenderauftragsbezogenenPlanung
fungssystemen,wiedieseinKapitel2einführendvorgestelltwurden.119DieseDiffe renzierung entspricht dem Schaffen von Strukturen im Rahmen der Gestaltung und der sich anschließenden zielorientierten Nutzung dieser Strukturen durch die Len kung. In Anlehnung an den allgemeinen Managementprozess lassen sich für beide Aufgabenbereiche die Phasen der Willensbildung und die der Willensdurchsetzung unterscheiden.120 Terminologisch wird diese Differenzierung reflektiert durch die Begriffe der Planung (Willensbildung) und der Steuerung (Willensdurchsetzung).121 DerFokusdernachfolgendenAusführungenwirdaufdenplanerischenAufgabenim BereichderLenkunggelegt. Allgemein wird unter dem Begriff der Planung die „gedankliche Vorwegnahme zu künftigen Handelns durch Abwägen verschiedener Handlungsalternativen und [die] EntscheidungfürdengünstigstenWeg“verstanden.122AufgabederProduktionspla nungistfolglichdie„systematischeSucheundFestlegungdergegenwärtigenHand lungsmöglichkeiten, um die zukünftigen Zustände im Produktionsbereich festzule gen“.123 InAnbetrachtderAufgabenvielfaltderProduktionsplanungistesoftmalsnotwendig, eineweitergehendeStrukturierungdergesamtplanerischenAufgabedurchzuführen. ImErgebnisführteinesolcheStrukturierungzuPlanungskonzeptionen,dieimNach folgendenerörtertwerden.HierzuwerdenzunächstdieallgemeinenCharakteristika von betriebswirtschaftlichen Entscheidungssituationen dargestellt (Abschnitt 3.1.1). Darauf aufbauend werden grundsätzliche Möglichkeiten zur Strukturierung der Ge samtplanungsaufgabe aufgezeigt (Abschnitt 3.1.2) und für die in der Praxis weitver breitete Hierarchische Planung konkretisiert (Abschnitt 3.1.3). Eine besondere Her ausforderung für die Planung resultiert aus der eingeschränkten Verfügbarkeit von InformationenzumZeitpunktderPlanung.AnsätzezumUmgangmitdieserSituation werdeninAbschnitt3.1.4aufgezeigt.SchließlichwirddieAuswahlvonvorteilhaften 119
Dyckhoff/Spengler(2007),S.6 Zäpfel(1982),S.33 121 PlakativüberschreibtAnthony(1965),S.10denGegenstandderPlanung(planning)mit„deciding whattodo“unddenderSteuerung(control)mit„assuringthatthedesiredresultsareobtained“. 122 Wöhe/Döring(2002),S.134ff. 123 Zäpfel(1982),S.33 120
3GrundlagenderauftragsbezogenenPlanung
37
Handlungsalternativen für viele praktische Fragestellungen der Produktionsplanung durch die Vielzahl und Verschiedenartigkeit zu berücksichtigender Einflussfaktoren undderenWechselwirkungenerschwert.124DaherwirdimRahmendermodellbasier ten Planung versucht, das Problem durch eine bewusste Vereinfachung besser zu durchdringen.DiegrundlegendenElementeundderAblaufdermodellbasiertenPla nungwerdenimabschließendenAbschnittdargestellt. 3.1.1 CharakteristischeMerkmalevonEntscheidungssituationen Entsprechend dem allgemeinen Verständnis betriebswirtschaftlicher Entscheidungs prozesse können Fragestellungen der Produktionsplanung als Interaktionsprozesse zweier Subsysteme konzeptionalisiert werden.125 Unterschieden wird hierbei zwi schen dem Objektsystem, d.h. dem eigentlichen Produktions bzw. Ausführungssys tem,unddemalsSubjektsystembezeichnetenPlanungssystem.ImRahmenderEnt scheidungsfindunginteragierenbeide,indemdemSubjektsystemInformationenüber den Zustand des Objektsystems, d.h. Entscheidungsalternativen und Umweltzustän de,zurVerfügunggestelltwerden.DieseInformationenwerdendortverarbeitetund unterHeranziehungvonEntscheidungslogikundZielsysteminAktivitätenbzw.Plan vorgabenüberführt,diewiederumEingangsinformationenfürdasObjektsystemdar stellen (Abbildung 6). Demnach kann der so beschriebene Interaktionsprozess ver wendet werden, um eine zielgerichtete Lenkung des Objektsystems durch das Sub jektsystemabzubilden.
124
Entsprechende Fragestellungen werden oftmals auch als komplexe Probleme bezeichnet (Reiß (1993)) 125 Bamberg/Coenenberg(2006),S.1ff.;vergleicheähnlichauchAckoff(1962),S.30.
38
3GrundlagenderauftragsbezogenenPlanung
Subjektsystem Zielsystem Entscheidungslogik Aktivitäten
Informationen
Informationssystem
Entscheidungsfeld Objektsystem
126
Abbildung6: ProduktionsentscheidungenalsInteraktionsprozess
AnhanddieserStrukturierunglassensichbetriebswirtschaftlicheEntscheidungsprob leme bzw. Entscheidungssituationen grundlegend klassifizieren. Die hierzu heranzu ziehendenMerkmalewerdenimNachfolgendenerörtert. Zielsystem UnterZielenwerdenVorstellungenüberanzustrebendeZuständeverstanden.127Ziele definierendamitdieKonsequenzen,dieimRahmenderBewertungundAuswahlvon Handlungsalternativen zugrundegelegt werden. Synonym werden oftmals auch die BegriffeZielgrößen,ZieldimensionenoderKriterienverwendet. GrundsätzlicheMerkmalezurDifferenzierungbetriebswirtschaftlicherZielgrößensind die Art und Operationalität. Demnach lassen sich Ziele mit Bezug zu finanziellen Kenngrößen (z.B. Deckungsbeitrag, Lagerkosten) unterscheiden von solchen ohne einendirektenBezugzudiesen(z.B.Servicegrad,Verspätungen).128Hinsichtlichihrer MessundVergleichbarkeitsindweiterhinquantitativeKriterienvonqualitativenab zugrenzen. Diese Unterscheidung resultiert in folgende Klassifizierung von Zielgrö ßen:129 126
InAnlehnunganBamberg/Coenenberg(2006),S.1 Klein/Scholl(2004),S.3 128 ZielemitBezugzufinanziellenKenngrößenwerdenauchalsFormalzieledieübrigenalsSachziele bezeichent. 129 Bezüglich der Klassifizierung herrscht keine Einigkeit. Beispielsweise unterscheiden z.B. Bam berg/Coenenberg(2006),S.29finanziellevonnichtfinanziellenZielgrößen. 127
3GrundlagenderauftragsbezogenenPlanung
39
QualitativeZielgrößensindnichtunmittelbarmessundvergleichbar,d.h.no minaloderordinalskaliert.130 QuantitativemonetäreZielgrößensindstandardisiert(d.h.absolutoderinter vallskaliert) und daher messbar.Sie beziehen sich auf finanzielleKenngrößen desUnternehmens. Quantitative nichtmonetäre Zielgrößen sind analog zu den monetären stan dardisiert,beziehensichjedochaufnichtfinanzielleKenngrößen. ImRahmenderbetrieblichenEntscheidungsfindungwirdoftmalsaufdieübergeord neten (quantitativ monetären) Zielgrößen der Unternehmung zurückgegriffen. Aller dings ist dieses Vorgehen mit Problemen verbunden, wenn kein expliziter Zusam menhang zwischen den betrachteten Handlungsalternativen und den Fundamental zielen der Unternehmung, wie z.B. der Eigenkapitalrendite, hergestellt werden kann.131 Demnach wird zumeist auf sogenannte Instrumentalziele (z.B. Kostenmini mierung, Deckungsbeitragsmaximierung) zurückgegriffen, für die ein kausaler Zu sammenhangzudenübergeordnetenFundamentalzielenangenommenwird.Gelingt es,dierelevantenInstrumentalzielevergleichbarzumachen,wirddurchdiesedasim Rahmen der Entscheidungsunterstützung zu berücksichtigende Zielsystem definiert. Eine wesentliche Bedeutung kommt hierbei der betriebswirtschaftlichen Bewertung (d.h. der Monetarisierung) der Zielerreichung von Handlungsalternativen zu. Lassen sichjedochTeilederInstrumentalzielenichtodernichthinreichendgenaubewerten, führtdieszueinerEntscheidungssituationmitmehrfacherZielsetzung(auch:Vektor optimierung, multikriterielle Entscheidungsfindung bzw. Multiple Criteria Decision Making,MCDM).Kennzeichnendfürdieseistdann:132 DieEntscheidungssituationweistmehrereZielgrößenauf. Es liegen Zielkonflikte vor, d.h. eine Verbesserung hinsichtlich eines Ziels be dingteineVerschlechterungdesErgebnisseseinesanderenZiels. Die Ziele werden in unterschiedlichen Einheiten gemessen und sind deshalb nichtdirektmiteinandervergleichbar. 130
ZuSkalenformensiehevertiefendz.B.Fahrmeiretal.(2007),S.17f. Fritz(1986);Eisenführ/Weber(2003),Kap.3.3.1 132 Zimmermann/Gutsche(1991),S.21f. 131
40
3GrundlagenderauftragsbezogenenPlanung
DamitermöglichtalleindieFestlegungderZielgrößenindenmeistenpraktischenSi tuationenkeineendgültigeEntscheidungsfindung.Vielmehrexistierenzumeistmeh rereKriterien,dieinunterschiedlichemMaßedurchdieHandlungsalternativenerfüllt werden. Um dennoch eine Entscheidungsunterstützung bereitzustellen, ist eine Strukturierung der Zielgrößen notwendig, die die Wertvorstellungen des Entschei dungsträgersabbildet.HierzuschlagenBAMBERGUND COENENBERGdieDefinitionsoge nannterPräferenzrelationenvor.133SoistzunächstfürjedesKriteriumdieHöhenprä ferenzfestzulegen.UnterschiedenwerdendabeiZiele,dieeszuextremierengilt,so wie solche, für die ein vorgegebenes Anspruchsniveau zu erreichen ist (sogenannte Satifizierungsziele).BeimehrfacherZielsetzungistfernerdieAngabeeinerArtenprä ferenzrelation erforderlich.134 Gegenstand dieser ist es, die unterschiedlichen Hand lungsalternativenvergleichbarzumachenundsoAussagenüberdieErgebnisvorteil haftigkeit einzelner Alternativen abzuleiten.135 Als weitere Aspekte können im Rah men der Bewertung von Handlungsalternativen der Zeitpunkt der Realisierung des Ergebnisses (Zeitpräferenz) sowie die Sicherheit derZielerreichung (Risikopräferenz) Berücksichtigungfinden. ImHinblickaufdieInteressenderEntscheidungsträgerkönnenzweiArtenvonEnt scheidungssituationen voneinander abgegrenzt werden.136 Verfolgen die Entschei dungsträger einheitliche Interessen, besteht zwischen ihnen ein Konsens bezüglich desZielsystems.ImUmkehrschlusszeichnensichpluralistischeEntscheidungssituati onendadurchaus,dassabweichendeInteressenbestehen.Dieskannoftmalsfürso genannteGruppenentscheidungenbeobachtetwerden.EinheitlicheEntscheidungssi tuationen sind durch eine sehr viel bessere Nachvollziehbarkeit gekennzeichnet, da alleEntscheidungsträgereinealsvorteilhaftbewerteteLösungauchakzeptieren. EinezusammenfassendeDarstellungderMerkmalevonZielsystemenistinTabelle6 gegeben.
133
Bamberg/Coenenberg(2006),S.28ff. SiehehierzuvertiefendetwaKlein/Scholl(2004),S.99ff. 135 FüreinerweiterführendeDiskussionseiaufBamberg/Coenenberg(2006),S.29f.verwiesen. 136 Hierzuvertiefendsiehez.B.Jackson/Keys(1984). 134
3GrundlagenderauftragsbezogenenPlanung Tabelle6:
41
MerkmaledesZielsystems
Merkmal
Ausprägungen
BezugzuUnterneh menserfolg
Fundamentalziele
ArtundOperationalität
qualitativ
AnzahlderZiele Beziehung
quantitativmonetär
eindeutig konkurrierend
Präferenzrelation
Instrumentalziele
Höhenpräferenz
Interessen
quantitativnicht monetär mehrere
neutral Artenpräferenz
einheitlich
komplementär
Zeitpräferenz
Risikopräferenz
pluralistisch
Entscheidungslogik Gegenstand der Entscheidungslogik ist die Bestimmung der vorzuziehenden Hand lungsalternative.137 Hierzu sind die Konsequenzen der betrachteten Handlungsalter nativenzuermittelnundentsprechenddesZielsystemszubewerten.ZurUnterstüt zungdieserAufgabekommeninderoperativenProduktionsplanungoftmalsModelle desOperationsResearchzumEinsatz.GrundsätzlichistaberauchderEinsatzqualita tiverMethoden(z.B.Argumentsammlungen)denkbar(Tabelle7).Diegrundlegenden ElementedermodellbasiertenPlanungwerdeninAbschnitt3.1.3vertiefendbehan delt. Tabelle7: Merkmal
MerkmaledesderEntscheidungslogik Ausprägungen
Art
qualitativ
quantitativ(modellbasiert)
EntscheidungsfeldundInformationssystem Das Entscheidungsfeld ist charakterisiert durch den Raum beeinflussbarer Handlun gen (auch: Aktionenraum) sowie den möglichen zukünftigen Zuständen (auch: Zu standsraum). Zustände entsprechen diesem Verständnis nach Eigenschaften bzw.
137
Der präskriptiven Entscheidungstheorie entsprechend soll die Prämisse rationalen Verhaltens unterstelltwerden.
42
3GrundlagenderauftragsbezogenenPlanung
Entwicklungen des Umfelds, die Einfluss auf die Zielerreichung haben, jedoch vom Entscheidungsträgernichtbeeinflusstwerdenkönnen.138 InBezugaufdiemöglichenHandlungenlassensichzweiArtenvonEntscheidungssi tuationenunterscheiden.SinddiemöglichenAlternativenexplizitgegeben,führtdies zu(diskreten)Auswahlentscheidungen.AndersstelltsichdieSituationbeieinernicht explizitgegebenen(oftmalsnichtbegrenzten)AnzahlmöglicherHandlungendar.Ent sprechende Entscheidungssituationen führen zu Optimierungsproblemen wie sie im OperationsResearchuntersuchtwerden. WeiterhinsindEntscheidungssituationenimHinblickaufihreWiederholhäufigkeitzu unterscheiden. Demnach sind einmalige Entscheidungen abzugrenzen von solchen, die repetitiven Charakter haben. Letzteres ist dann der gegeben, wenn strukturell identische Entscheidungen wiederholt, d.h. z.B. unter Berücksichtigung neuer Infor mationenzutreffensind.DiesisttendenzielleherderFall,jegeringerdieunterneh merischeTragweiteist.139 Üblicherweise wird bei der Analyse betriebswirtschaftlicher Entscheidungen Bezug auf ein zeitlich begrenztes Entscheidungsfeld (auch: geschlossenes Entscheidungs feld)genommen.140IndiesemFalllassensichinAbhängigkeitderzurVerfügungste henden Informationen zwei Fälle unterscheiden. Unterschieden wird demnach zwi schen Entscheidungen unter Sicherheit und solchen unter Unsicherheit, bei denen nicht alle notwendigen Informationen vorliegen. Das Konstrukt der Unsicherheit ist folglich ein Maß zur Quantifizierung der Differenz zwischen den Informationen die benötigt werden und denen, die im Rahmen der Entscheidungsfindung verfügbar
138
Bamberg/Coenenberg(2006),S.18f. Jackson/Keys(1984)bezeichnenentsprechendeEntscheidungssituationenalsmechanicalunitary odermechanicalpluralist,jenachdemobeinodermehrereEntscheidungsträgereinzubeziehen sind.DieseDiskussionsollhierabernichtvertieftwerden. 140 Klein/Scholl(2004);39f. 139
3GrundlagenderauftragsbezogenenPlanung
43
sind.141 Damit lässt sich in Abhängigkeit der zum Zeitpunkt der Entscheidung vorlie gendenInformationsverfügbarkeitfolgendeUnterscheidungvornehmen.142 Bei Entscheidungen unter Sicherheit sind die eintretenden Umweltzustände bekannt.EntsprechendeEntscheidungenwerdenauchalsdeterministischbe zeichnet. Entscheidungen unter Unsicherheit können weiter differenziert werden nach EntscheidungenunterUngewissheit,beidenzwarmöglicheZukunftsentwick lungen (Szenarien) bekannt sind, jedoch keine Informationen bezüglich der Eintrittswahrscheinlichkeit vorliegen, sowie Entscheidungen unter Risiko bei denen analog zur Situation unter Ungewissheit die möglichen Szenarien be kanntsind,jedochzusätzlichInformationenbezüglichderEintrittswahrschein lichkeitenvorliegen.EntscheidungenunterRisikowerdenauchalsstochastisch bezeichnet. InvielenpraktischenFällenistkeinenatürlicheBedingungerfüllt,umdenZeitraum, für den Entscheidungen zu treffen sind, zu beschränken. Die idealtypische Prämisse einesgeschlossenenEntscheidungsfeldslässtsichdamitoftmalsnichtaufrechterhal ten.143Ursachenkönnenetwadarinliegen,dasskeinnatürlichesEndedesPlanungs zeitraumsbestimmbarist(zeitlicheOffenheit)oderaberEntscheidungenAuswirkun genüberdenbetrachtetenZeitraumhinaushaben(sachlicheOffenheit).Diesführtzu einemoffenenEntscheidungsfeldbzw.zeitlichvertikalenInterdependenzen.144 DadieInformationenüberdiezukünftigenZuständeimInformationssystemverwal tet werden, lässt sich das Merkmal der Informationsverfügbarkeit sowohl dem Ent scheidungsfeldwieauchdemInformationssystemzuordnen.Eswirddahernichtwei terzwischendiesenbeidenElementenvonEntscheidungssituationendifferenziert. DiedargestelltenUnterscheidungsmerkmalesindinTabelle8zusammenfassenddar gestellt. 141
Yangetal.(2004a) Bamberg/Coenenberg (2006), S. 19; Grundsätzlich können die benannten Charakteristika auch aufdieErmittlungderKonsequenzenvonHandlungsalternativenimRahmenderEntscheidungs logikzutreffen. 143 Adam(1996),Kap1.1.4.6 144 Jacob(1974),S.303 142
44 Tabelle8:
3GrundlagenderauftragsbezogenenPlanung
MerkmalevonEntscheidungsfeldundInformationssystem
Merkmal
Ausprägungen
zeitlicheBeschränktheit ArtderEntscheidungssituation Wiederholhäufigkeit Informationsverfügbarkeit
offen
geschlossen
Auswahlproblem
Optimierungsproblem
einmal Sicherheit
mehrfach Risiko
Ungewissheit
3.1.2 Planungsphilosophien Auf Basis der zuvor dargestellten Merkmale ist eine grundsätzliche Unterscheidung von Entscheidungssituationen möglich. Jedoch lassen sich betriebliche Entschei dungsprobleme häufig nicht vom einbettenden Kontext isolieren. Ursächlich ist die Tatsache,dassoftmalskeineklareUnterscheidungzwischenAktionen,alsodenvom EntscheiderbeeinflussbarenFaktoren,undZuständen,alsodenexogenenEinflussfak toren,möglichist.DemnachexistiereninderRegelWechselwirkungenzwischenein zelnen betrieblichen Entscheidungen, sodass eine trennscharfe Abgrenzung der je weiligenEntscheidungssituation,wiesieVoraussetzungeinerisoliertenAnalysewäre, nur sehr eingeschränkt durchführbar ist. Gegenstand von Planungsphilosophien ist vor diesem Hintergrund die Strukturierung der einzelnen betrieblichen Entschei dungsproblemeineinenGesamtkontext.DiehierbeiverwendetenStrukturierungsan sätzelassensichinsachlicherundzeitlicherHinsichtunterscheiden.145 EinesachlicheDifferenzierungführtzuderUnterscheidungvonAnsätzenderTotal und solchen der Partialplanung. Beim Ansatz der Totalplanung wird versucht, das vollständige Entscheidungsproblem im Rahmen eines Planungsschritts zu lösen.146 Demnach wird davon ausgegangen, dass alle Informationen, Zielgrößen und Ent scheidungsregeln zum Zeitpunkt der Planung in hinreichender Genauigkeit bekannt sind.DieausderVielzahlmöglicherHandlungenundzuberücksichtigenderZustände resultierendeKomplexitätdesProblemsführtaberoftmalsdazu,dasseineTotalpla nungnichtrealisierbarist.147VordiesemHintergrundwirdimRahmenvonAnsätzen 145
Corsten/Gössinger(2001);Steven(1994),S.9ff.;Klein/Scholl(2004),S.188 Adam(1996),S.50ff.;EineÜbersichtvonAnwendungenderTotalplanungistinStadtler(1988),S. 21ff.gegeben. 147 Adam(1996),S.187f. 146
3GrundlagenderauftragsbezogenenPlanung
45
der Partialplanung versucht, die planerische Aufgabe in überschneidungsfreie Teil problemezuzerlegen.148DiesesVorgehenerfordertindeseinevereinfachendeFixie rung der vorhandenen Verflechtungen indem lediglich Auswirkungen der jeweiligen Entscheidung,nichtaberReaktionen,betrachtetwerden. Eine zweite Möglichkeit der Strukturierung von Planungsproblemen besteht in der zeitlichenDifferenzierung.DiesführtzurUnterscheidungvonAnsätzenderSimultan undSukzessivplanung.ImSinnedesWortlautsbestehtdasZielvonsimultanenAnsät zenindergleichzeitigenBetrachtungdesgesamtenPlanungshorizonts.ZeitlicheAb hängigkeiten zwischen einzelnen Entscheidungen werden demnach vollständig er fasst.JedochsindentsprechendeAnsätzeaufdenFallgeschlossenerEntscheidungs felder beschränkt. Bei Ansätzen der Sukzessivplanung erfolgt die Lösung der Ent scheidungsproblemein einer vorher festgelegtenReihenfolge.Diejeweiligen Ergeb nissefließenfolglichalsfixierteEingangsinformationenindienachfolgendePlanung ein.DaimFalleineszeitlichnichtbegrenztenEntscheidungsfeldskeineEndbedingung für die Planung existiert, sind ausschließlich Sukzessivplanungskonzepte anwend bar.149 DurchdieUnterteilungdesGesamtproblemsinmehrerekleinerekönnendiedarge stellten Ansätze zu einer Reduktion der Komplexität beitragen. Werden jedoch die vorhandenen Wechselwirkungen zwischen den Teilproblemen nicht hinreichend be rücksichtigt, impliziert dies die Gefahr, suboptimale Gesamtlösungen zu generieren. DamitentstehtderBedarfeinerKoordinationderTeilmodelleinHinblickaufdenGe samterfolg.150 Eine entsprechende Konzeption wird durch die hierarchische Planung beschrieben,dieGegenstanddesnachfolgendenAbschnittsist. 3.1.3 KonzeptderHierarchischenPlanung Neben den zuvor diskutierten Gründen der Komplexität wird die Sinnhaftigkeit von Ansätzen einer gesamthaften Betrachtung aller Planungsaufgaben im Sinne der Si
148
Klein/Scholl(2004),S.185ff. SieheKlein/Scholl(2004),S.197f.fürBedingungen,unterdeneneineSimultanplanungtrotzzeit lichoffenemEntscheidungsfeldgrundsätzlichmöglichist. 150 Klein/Scholl(2004),S.189 149
46
3GrundlagenderauftragsbezogenenPlanung
multan bzw. Totalplanung durch eine Reihe von Eigenschaften betrieblicher Pla nungsproblemeeingeschränkt.151 Grundsätzlich nimmt mit der Länge des Planungshorizonts der Einfluss unsi cherFaktorenzu(z.B.AbsatzprognosefüreinJahrvs.Prognosedeskommen denTages). Planungshorizonte unterschiedlicher Länge implizieren unterschiedliche An forderungen an die Aktualität und damit an die Wiederholhäufigkeit der Pla nung (z.B. mittelfristige Personalbedarfsplanung vs. Personaleinsatzplanung fürdiekommendeSchicht). DererforderlicheDetaillierungsgradhängtsehrstarkvonderjeweiligenFrage stellungab(z.B.KapazitätsplanungaufBasisvonEndproduktenvs.Reihenfol geplanungfürFertigungsaufträge). Planungsaufgaben unterscheiden sich in der unternehmerischen Tragweite unddenorganisatorischenZuständigkeiten(z.B.AbschlussvonLiefervereinba rungenmitLieferantenvs.Maschinenbelegungsplanung). DieAnforderungenandieEntscheidungsfindungsindfolglichstarkdifferenziertund hängen von der jeweiligen Entscheidungssituation ab. Eine simultane Betrachtung allerinUnternehmenzutreffendenEntscheidungenscheintvordiesemHintergrund weder realisierbar noch sinnvoll.Vielmehr scheint es zweckmäßig zu sein, Entschei dungen vergleichbarer Fristigkeit zu Planungsebenen zusammenzufassen. Für jede Ebene lassen sich dann unterschiedliche Planungsprobleme, die sogenannten Pla nungsmodule, identifizieren, für welche sich aufgrund ausgeprägter gegenseitiger Abhängigkeiten eine simultane Lösung anbietet.152 Um trotz dieser Dekomposition konsistentePlanungsergebnissezuerhalten,werdendieeinzelnenModuledurchde finierteInformationsflüssekoordiniert.DiesesVorgehenführtzumAnsatzderHierar chischen Planung bzw. zu einem Hierarchischen Planungssystem.153 Aufgrund der 151
Meal(1984);Bretzke(1980),S.127ff. Fleischmann/Meyr(2003) 153 InAnlehnungandenallgemeinenSprachgebrauchsolluntereinemSystemeineMengevonEle mentenverstandenwerden,diedurch bestimmteBeziehungen miteinanderinVerbindungste hen.EinSystemwirdalshierarchischbezeichnet,wennesübereinedezentraleStrukturverfügt und die Kopplungsbeziehungen zwischen den Elementen asymmetrisch in Bezug auf Zeit, Ent scheidungskompetenzundInformationsverfügbarkeitsind(Schneeweiß(2003),S.7). 152
3GrundlagenderauftragsbezogenenPlanung
47
UnterteilunginModule,dieimHinblickaufdasGesamtergebniskoordiniertwerden, stellt dieser Ansatz eine Mischform der zuvor beschriebenen Planungsphilosophien dar.154 Hierarchische Planungssysteme werden durch vier grundlegende Eigenschaften be schrieben:155 Dekomposition bzw. Hierarchisierung: Das Gesamtproblem wird in Teilprob leme unterteilt und es werden Über bzw. Unterordnungsbeziehungen defi niert.156 Diese können sowohl vertikaler Natur sein (für den Fall nicht gleich rangiger Planungsaufgaben)157 oder aber horizontaler Natur (für den Fall gleichrangigerPlanungsaufgaben).EinebesondereFormderKopplungbesteht beizeitlichvertikalenAbhängigkeitsbeziehungen.IndiesemFallhabenfrühere EntscheidungeneinenEinflussaufspätere,obwohlbeidegrundsätzlichgleich rangigsind.158 Aggregation: Um den spezifischen Informationsbedürfnissen der jeweiligen Planungsaufgabe Rechnung zu tragen und gleichsam die Konsistenz der Ent scheidungsfindungsicherzustellen,werdenRegelnzurZusammenfassungein zelner Planungselemente (z.B. Aufträge, Produkte, Zeiteinheiten) definiert.159 Je nach Anforderungen des jeweiligen Planungsproblems werden Informatio nenaufBasisdieserRegelnverdichtetoderdetailliertbereitgestellt. Zeitliche Reichweite: Entscheidungen werden entsprechend ihrer zeitlichen Fristigkeitzusammengefasst.DurchHierarchisierungundAggregationwirdes damit möglich, Festlegungen partiell aufzuschieben und so von einer verbes serten Informationsverfügbarkeit zu profitieren. Beispielsweise können 154
Kistner/Switalski(1989) Steven(1994),S.25ff. 156 AlsweitereKennzeichenderHierarchisierungführenMesarovicetal.(1970)dasWeisungsrecht der übergeordneten Ebenen sowie die Erfolgsabhängigkeit an. Beide Elemente scheinen aber durchdievorhergehendenAusführungenbereitshinreichendberücksichtigt. 157 DasAttributderGleichrangigkeitbeziehtsichhieraufdiezuvorbeschriebenenEigenschaftender Planungsaufgabe,d.h.insbesonderediezeitlichenFristigkeitunddenDetaillierungsgrad. 158 Als konstituierendes Merkmal hierarchischer Entscheidungssituationen führt Schneeweiß die Existenz asymmetrischer Abhängigkeiten an (Schneeweiß (2003), S. 3). Diese Eigenschaft trifft folglichaufvertikalewieauchzeitlichvertikaleEntscheidungssituationenzu. 159 Switalski(1988) 155
48
3GrundlagenderauftragsbezogenenPlanung
Grundsatzentscheidungen wie Kapazitätserweiterungen auf der Basis von Prognosensofortentschiedenwerden,währenddieNutzungderKapazitäten in Abhängigkeit der konkret vorliegendenAufträge imRahmen der Detailpla nungfestzulegenist. Koordination: Die Abstimmung der Teilplanungsaufgaben im Hinblick auf das GesamtergebniserfolgtdurchdieEinführungvonKopplungsbeziehungen.Ne ben einer einseitigen Vorgabe bestehen Möglichkeiten zur Ausgestaltung der Kopplung in der Einführung einer wechselseitigen Abstimmung (im Fall hori zontalerDekomposition)sowieeinerAbstimmungdurchRückkopplungen(im FallvertikalerDekomposition). Das Konzept der Hierarchischen Planung beschreibt einen sehr universellen Ansatz zurStrukturierungbetrieblicherPlanungsprobleme.160AuchimweiterenVerlaufdie serArbeitwirdwiederholtvoneinerentsprechendenKonzeptionGebrauchgemacht. Zunächst aber wird im Nachfolgenden die informatorische Planungsgrundlage von Entscheidungssituationendetailliertbeschrieben. 3.1.4 UmgangmitunvollständigenInformationen Wiebereitserörtert,basiertjedePlanungaufInformationen.Dabeikanngrundsätz lichfestgestelltwerden,dassUmfangundQualitätderplanungsrelevantenInforma tionen im Zeitverlauf zunehmen.161 Unter Berücksichtigung obiger Definition steigt damitimUmkehrschlussdieUnsicherheittendenziellmitderLängedesbetrachteten Planungshorizonts.DiestrifftimbesonderenMaßeaufEntscheidungssituationenzu, fürdiekeinenatürlicheBegrenzungdesPlanungshorizontsangegebenwerdenkann, indenenalsoeinoffenesEntscheidungsfeldvorliegt. In der produktionswirtschaftlichen Forschung wurden eine Reihe von Ansätzen zum UmgangmitUnsicherheitbzw.unvollständigenInformationeninderPlanungentwi ckelt.EineAuswahlistinTabelle9dargestellt.
160
DieRelevanzwirdnichtzuletztauchdurchdiezahlreichenAnwendungenfürsehrunterschiedli che Fragestellungen dokumentiert. Eine umfassende Diskussion führen etwa SCHNEEWEIß oder KÜPPER(Schneeweiß(2003);Küpper(2007)). 161 Scholletal.(2004)bezeichnendiesenSachverhaltalsInformationsdynamik.
3GrundlagenderauftragsbezogenenPlanung Tabelle9:
49
AusgewählteAnsätzezumUmgangmitUnsicherheitinderPlanung
Autor
Klassifikation
tenKate(1995),S.19
CurativeControl:NeuplanungindefiniertenAbständenohneBeobach tungderEntwicklung(reparierend) PreventiveControl:TreffenvonvorbeugendenEntscheidungenzurBe einflussungderunsicherenEinflüsse AdaptiveControl:BeobachtungderEntwicklungundgegebenenfalls Neuplanung
Aytugetal.(2005)
CompletelyReactive:PlanungaufBasisderaktuellerInformationenoh neBerücksichtigungvonPrognosen Robust:antizipativeMinimierungderAuswirkungenvonStörungen PredictiveReactive:PlanungaufBasisdervorliegendenInformationen (u.U.auchPrognosen);NeuplanungbeiVorliegenbestimmterBedingun gen
Scholletal.(2004)
StarrePlanung:deterministischePlanungfüreineerwarteteEntwicklung FlexiblePlanung:vorbeugendeBestimmungvonmehrerePläne,zwi schendenengewechseltwerdenkann RobustePlanung:ErmittlungeinesPlansmitakzeptableGüteauchbei ungünstigenUmweltentwicklungen
Lin/Krajewski(1992)
StarrePlanung:einmaligePlanung RollierendePlanung:wiederholtePlanungbeiVorliegenbestimmter Bedingungen
Grundsätzlich lassen sich entsprechende Ansätze anhand zweier Merkmale unter scheiden.Diessinddas VorliegeneinerPrognosesowie dasVorhandenseineinerReaktionaufUmweltentwicklungen. DiesführtzufolgenderKlassifikationvonAnsätzen(Tabelle10).BeiintuitivenAnsät zen wird auf den Einsatz formaler (Planungs)Verfahren verzichtet. Folglich werden wederPrognosenbenötigtnochwerdendieEntscheidungeninReaktionaufUmwelt entwicklungenangepasst.EineformalereRealisierungsformwirddurchdiereinanti zipative Planung beschrieben. In diesem Fall werden Prognosen in der Entschei dungsfindung berücksichtigt. Methoden umfassen die deterministische Planung auf BasisvonErsatzwerten,dierobustePlanungoderdiestochastischeOptimierung.Eine Reaktion auf Umweltentwicklungen erfolgt bei rein antizipativen Methoden indes nicht.ImGegensatzdazubasierenAnsätzederreinreaktivenPlanung(auch:online Planung)aufeinerfortwährendenAnpassungderPläneinAbhängigkeitaktualisierter
50
3GrundlagenderauftragsbezogenenPlanung
Informationen. Eine Berücksichtigung von Prognosen erfolgt nicht.162 Das umfas sendsteKonzeptwirddurchdieantizipativreaktivePlanungbeschrieben.Indiesem FallwirdunterBerücksichtigungvonPrognosenzunächsteinPlanerstellt.Kommtes imZeitverlaufzuunerwartetenEntwicklungenwirdeineNeuplanungeingeleitetund derPlanentsprechendmodifiziert. Tabelle10:
KlassifikationvonAnsätzenzurPlanungbeiUnsicherheit
Prognosevorhanden
nein
ja
ReaktionaufUm weltentwicklungen
nein
(spontane)Intuition
reinantizipativePlanung
ja
reinreaktivePlanung
antizipativreaktivePlanung
BeiVorliegeneinesoffenenEntscheidungsfeldsführendieAnsätzederIntuitionund derreinantizipativenPlanungnurdannzuakzeptablenErgebnissen,wennzumZeit punktderPlanungallerelevantenInformationenvorliegenundnichtzuerwartenist, dass weitere Informationen hinzukommen (z.B. bei stationären Rahmenbedingun gen). Ist diese Voraussetzung nicht erfüllt, sind Mechanismen zur Reaktion auf Um weltentwicklungenzudefinieren. In diesem Kontext kommt dem Ansatz der rollierenden Planung eine große Bedeu tung zu.163 Das Grundprinzip dieser Ausführungsart beruht auf sich überlappenden Planungshorizonten. Im Rahmen einer iterativen Ausführung wird stets ein Teil der Planung verbindlich fixiert während die übrigen Entscheidungen lediglich vorläufig sindundimZugedersichanschließendenIterationeninAbhängigkeitvonaktuellen Umweltentwicklungennochverändertwerdenkönnen.DerverbindlicheBereichwird auchalseingefroreneZonebezeichnet.DiesersolltemindestenssolangwiederAb stand zwischen zwei Iterationen, das sogenannte Planungsintervall, gewählt sein.164 DasgrundlegendeKonzeptderrollierendenPlanungistinAbbildung7illustriert.Die rollierendePlanungstelltfolglicheineMöglichkeitzurRealisierungreinreaktiverbzw. 162
Aytugetal.(2005) Baker(1977);Chandetal.(2002) 164 Sonderfälle der rollierenden Planung sind die Anschlussplanung (Planungsintervall entspricht Planungshorizont) und die rollenden Planung, bei der einmal getroffene Vorgabe dauerhaft fi xiertwerden(Friedl(2003),Kap.4.2.2.4). 163
3GrundlagenderauftragsbezogenenPlanung
51
reaktivantizipativer Ansätze zum Umgang mit unvollständigen Informationen dar. Zur weitergehenden Strukturierung der Entscheidungssituation kommen oftmals ModellezurAnwendung.DiesewerdenimNachfolgendenerörtert. Planungshorizont Planungs intervall Plant0 Plant1 t0
t1 VerbindlichePlanung (eingefroreneZone) Vorläufige Planung
Abbildung7: KonzeptderrollierendenPlanungfürdieZeitpunkteݐ undݐଵ (ݐଵ ݐ )
3.1.5 ModellbasiertePlanung Kennzeichen einer idealen Planung ist, dass sowohl alle möglichen Alternativen als auchallemöglichenzukünftigenZuständeinderEntscheidungsfindungBerücksichti gungfinden.DiesistindenmeistenpraktischenEntscheidungssituationennichtmög lich,dabeispielsweiseAnforderungenandiezurVerfügungstehendeZeitexistieren. Daher erfolgt oftmals eine Abbildung der Realität in Form von Modellen auf deren Basis eine Unterstützung der Entscheidungsfindung ermöglicht wird.165 Modelle zie len auf eine Abbildung der relevanten Elemente sowie deren Zusammenwirken, die zwarunvollständigist,aberdennochhinreichendeSchlüsseaufdaszugrundeliegen deRealsystemzulässt.166
165
Domschke/Drexl(2005),S.3;füreinevertiefendeDiskussionderAspektederStrukturgleichheit (Isomorpie)bzw.ähnlichkeit(homomorphie)siehez.B.Dinkelbach(1973). 166 VDI 3633 (1993), S. 3.; oftmals wird in der betriebswirtschaftlichen Literatur ein allgemeineres Modellverständniszugrundegelegt.AnstelledesZusammenwirkenswirdhierbeilediglichdieAn gabe von Beziehungen (sogenannten Relationen) vorausgesetzt (z.B. Bamberg/Coenenberg (2006),S.13f.).
52
3GrundlagenderauftragsbezogenenPlanung
InderbetriebswirtschaftlichenForschungexistierenzahlreicheSchematazurKlassifi kationvonModellen.VoneinemsolchensollhiermitVerweisaufdieentsprechen denArbeitenAbstandgenommenwerden.167VielmehrwirdderFokusaufdenEinsatz von quantitativen (auch: mathematischen) Modellen gelegt, die den Erkenntnisge genstanddesOperationsResearchdarstellen.168DiesesindimGegensatzzuqualitati venModellendadurchdefiniert,dasssichallerelevantenKriterienmessenundsomit quantifizierenlassen. QuantitativeModellelassensichinzweiKategorienunterteilen:169 DeskriptiveModelle,zudenenauchSimulationsmodellezählen,zielenaufdie AnalysevonWirkungszusammenhängenab. Normative Modelle, die auch als Entscheidungs bzw. Optimierungsmodelle bezeichnet werden, enthalten eine Zielfunktion zur Bewertung von Hand lungsalternativenmitdemZiel,vorteilhafteAlternativenzuidentifizieren. Im Hinblick auf den in Abschnitt 3.1.1 eingeführten Interaktionsprozess lassen sich Entscheidungsmodelle wie in Abbildung 8 dargestellt konzeptionalisieren. Grundle gendeElementesinddemnachdasObjektunddasSubjektsystem.Hierbeiunterteilt sichdasObjektsystemweiterindieAktionsmenge,durchdiedasSpektrummöglicher Handlungen definiert wird, die Transformation zur Ermittlung der Handlungskonse quenzensowiedieErgebnismenge.170
167
Shapiro(2006),S.10ff.;Adam/Witte(1975);Scholl(2001),S.16ff. Hillier/Lieberman (1997), S. 3; Zur geschichtlichen Entwicklung der quantitativen Modellierung siehez.B.Bertrand/Fransoo(2002). 169 Shapiro (2006), S. 10ff.; oftmals wird eine weitergehende Differenzierung vorgenommen (z.B. Schneeweiß(2002),S.108).DieseistaberfürdievorliegendeArbeitnichtvonRelevanz. 170 Schneeweiss(1991),S.71f. 168
3GrundlagenderauftragsbezogenenPlanung
53
deskriptives Modell
Entscheidungsmodell
Subjektsystem Zielkriterium
Aktionsmenge
Transformation
Ergebnismenge Objektsystem
Umfeld
171
Abbildung8: GrundlegendeStrukturvonquantitativenModellen
ImRahmenderModellanwendungwirdausderAktionsmengeeineeinzelneAktion ausgewähltundüberdieTransformationeinemErgebnisausderErgebnismengezu geordnet. Neben der jeweiligen Aktion wird die Transformation zudem durch den Zustand des Umfelds determiniert. Das Ergebnis wird schließlich über das Ziel kriterium des Wertsystems bewertet. Diese Bewertung führt im Ergebnis zu einer OrdnungderErgebnisseundüberderenAbhängigkeitzuAktionenauchzueinerOrd nung der Handlungsalternativen. Dies entspricht der zuvor eingeführten Entschei dungslogik.DieunterBeachtungdesZielkriteriumsvorteilhaftesteAktionbzw.Aktio nen(beifehlenderEindeutigkeit)kannbzw.könnensomitbestimmtwerden.Jenach AnzahlderZielkriterienlassensichhierbeieinundmultikriterielleEntscheidungsmo delleunterscheiden.172 Deskriptive Modelle sind von Entscheidungsmodellen dadurch abzugrenzen, dass kein Subjektsystem abgebildet wird. Sie dienen damit lediglich der Erzeugung von Informationen. Die Interpretation, Bewertung und Auswahl der Alternativen wird demEntscheiderüberlassen.
171
InAnlehnunganSchneeweiss(1991),S.72. Scholl (2001), S. 17. Weiterhin lassen sich explizite von impliziten Formulierungen der Aktions menge. Bei expliziten Formulierungen ist eine diskrete Anzahl von Aktionen bzw. Handlungsal ternativenexplizitvorgegeben(Auswahlmodell).Demgegenüberergibtsichdiesebeieinerimpli zitenAktionsmengedurcheinSystemvonRestriktionen(Optimierungsmodell).
172
54
3GrundlagenderauftragsbezogenenPlanung
ZumEinsatzvonquantitativenModelleninderPlanungexistierenzahlreicheVorge hensmodelle.173Diesenistgemein,dasszwischenunterschiedlichenPhasendifferen ziert wird. Der nachfolgend beschriebene idealisierte Ablauf richtet sich nach den AusführungenvonSCHNEEWEIßundMITROFFETAL.(Abbildung9).174Aufgrundderstruk turellen Ähnlichkeit von deskriptiven Modellen und Entscheidungsmodellen, wird lediglichaufletzterefokussiert. empirischeValidierung
KonzeptionellesModell (Realmodell)
RealeProblemsituation
Strukturvalidierung
Formalmodell Entscheidungs validierung
Ergebnisse(Plan)
expostValidierung
175
Abbildung9: SchematischerAblaufdermodellgestütztenPlanung
AusgangspunktdermodellbasiertenPlanungisteinerealeProblemsituation.Ineinem ersten Strukturierungsschritt erfolgt die Entwicklung eineskonzeptionellen Modells (auch:Realmodell).DiesbeinhaltetFestlegungenbezüglichderwichtigstenElemente undBeziehungenderProblemsituationsowiederverfolgtenZielsetzung.ImErgebnis liegt eine abstrahierte, zumeist verbale Beschreibung des Realproblems und damit zugleicheineAbgrenzungdeszuuntersuchendenSystemsvor.Dasichdieseskonzep tionelleModellaberinderRegelnochnichtformalanalysierenlässt,wirdesineiner zweiten Strukturierungsstufe in eine mathematische Beschreibung, das sogenannte 173
Hillier/Lieberman (1997), S. 14ff.; Domschke/Drexl (2005), S. 1f.; Schneeweiß (2002), S. 109ff.; Mitroffetal.(1974) 174 Schneeweiß(2002),S.109ff.;Mitroffetal.(1974) 175 InAnlehnunganSchneeweiß(2002),S.111undMitroffetal.(1974).
3GrundlagenderauftragsbezogenenPlanung
55
Formalmodell, überführt. Dieses enthält üblicherweise noch weitere Vereinfachun gen(sogenannteRelaxationen)gegenüberdererstenStrukturierungsstufe.Ineinem drittenSchrittwirdfestgelegtmitwelcherMethodedasFormalmodellgelöstwerden soll.ErgebnisderLösungisteineinBezugaufdieZielsetzungvorteilhafteHandlungs alternative, die anschließend für die reale Problemsituation implementiert werden kann. MitderModellierungisteinebewussteVereinfachungderRealitätverbunden.Damit stellt sich die Frage, ob die durch das Modell generierten Lösungen überhaupt zur LösungderoriginärenProblemsituationgeeignetsind,d.h.obRückschlüssevonden erzielten Ergebnissen auf das abgebildete System grundsätzlich möglich sind. Diese Prüfung wird auch als Validierung bezeichnet.176 Für den vorgestellten Ablauf der modellbasiertenPlanunglassensichvierArtenderValidierungunterscheiden: GegenstandderempirischenValidierungistdieEvaluationdeskonzeptionel lenModells.HierzusinddiezumModellführendenHypothesenmitBezugauf dierealeProblemsituationzuüberprüfen.177 Im Rahmen der Strukturvalidierung wird das Formalmodell mit den enthal tenden Relaxationen auf strukturelle Ähnlichkeit gegenüber der realen Prob lemsituationanalysiert. Bei der Entscheidungsvalidierung werden die ermittelten Lösungen anhand deskonzeptionellenModellsplausibilisiert. ImGegensatzzudenvorgenanntenArtenderValidierung,beidenenimSinne einerexanteBetrachtungversuchtwird,dieQualitätdermodellbasiertenPla nungvorderRealisierungsicherzustellen,werdenbeiderexpostValidierung anhand der implementierten Lösung die tatsächlichen Auswirkungen im Ver gleichzudengeplantenbeurteilt.DamitkanndieQualitätbeieinererneuten DurchführungdesPlanungsprozessesverbessertwerden.
176
Fishman/Kiviat(1968) Schneeweiß(2002),S.110
177
56
3GrundlagenderauftragsbezogenenPlanung
3.1.6 Fazit AlsErgebnisdesUnterkapitelskanndamitfestgestelltwerden,dasssichEntscheidun gendesProduktionsmanagementsalsInteraktionsprozessemodellierenlassen.Dabei macht die Komplexität praktischer Fragestellungen oftmals eine weitergehende Strukturierungerforderlich.DiesführtzuPlanungskonzeptionen,undimBesonderen zum Konzept der Hierarchischen Planung, welches eine Mischform zweier extremer Planungsphilosophien darstellt. Um im Kontext der Hierarchischen Planung mit un vollständigen Informationen umzugehen, findet oftmals eine rollierende Ausfüh rungsartEinsatz, beider der jeweilsbetrachtete Planungshorizont unterteilt wird in einenzufixierendenBereichundeinen,fürdenlediglichvorläufigeFestlegungenge troffen werden. Weiterhin kommt dem Einsatz von Modellen eine zentrale Bedeu tungzu.DiesedienenderVerdichtungvonInformationenundkönnensomitVerwen dungfinden,umEntscheidungenzuunterstützen. Aufbauend auf diesen grundlegenden Einführungen wird im Nachfolgenden eine Übertragung des Konzepts der Hierarchischen Planung auf das Produktionsmanage mentundimSpeziellenaufdieoperativeProduktionsplanungvorgenommen. 3.2 DieoperativeProduktionsplanungalshierarchischesPlanungssystem Mit Bezug auf das Konzept der Hierarchischen Planung wurden vielzählige Ansätze zur Systematisierung betrieblicher Entscheidungen des Produktionsmanagements entwickelt.ZurückgehendaufdiegrundlegendenArbeitenvonANTHONYlassensichim Hinblick auf die zeitliche Reichweite bzw. die Tragweite für das Unternehmen drei Ebenenunterscheiden:178 diestrategische(strategicplanning), dietaktische(managerialcontrol)und dieoperativePlanung(operationalcontrol). DiejeweiligenPlanungsebenenweisengrundsätzlicheUnterschiedeinihrenCharak teristikaauf.VoneinerumfassendenDiskussionsollimRahmendieserArbeitjedoch Abstand genommen werden und anstelle dessen auf die einschlägigen Veröffentli
178
Anthony(1965),S.15ff.
3GrundlagenderauftragsbezogenenPlanung
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chungenverwiesenwerden.179DerFokusdernachfolgendenAusführungenwirdauf die operative Ebene gelegt. Gegenstand dieser sind „Entscheidungen über die zu produzierenden Leistungen und den optimalen Einsatz des vorhandenen Produkti onsapparates“fürdieunmittelbareZukunft.180DasLeistungsvermögenwirddemnach in qualitativer und quantitativer Sicht entsprechend den Vorgaben aus der strategi schen und taktischen Planung als gegeben angenommen, sodass die unternehmeri scheTragweitederEntscheidungenvergleichsweisegeringist. TrotzdersovorgenommenenEinschränkungistdasAufgabenspektrumderoperati venProduktionsplanungäußerstumfassendundvielfältig.181SodifferierenEntschei dungen hinsichtlich ihres Planungsgegenstands entlang des Produktionsprozesses sowie der zeitlichen Reichweite. Die Bereitstellung einer zielgerichteten Entschei dungsunterstützung durch quantitative Modelle macht daher die weitergehende Strukturierungerforderlich.HierzusollnachfolgendderBezugsrahmendersogenann ten Planungsmatrix eingeführt werden. In diesem Konzept wird zwischen unter schiedlichen Planungsmodulen differenziert. Als Grundlage für die weiterenAusfüh rungen sollen diese mit besonderem Fokus auf die Module der operativen Planung eingeführtwerden. 3.2.1 Bezugsrahmen DieÜbertragungdesAnsatzesderHierarchischenPlanungaufdieoperativeProduk tionsplanungistGegenstandzahlreicherArbeiten.182EinAnsatz,deraufderstruktu rellenAnalysekommerziellerPlanungssysteme(sogenannterAdvancedPlanningSys teme,APS)beruht,gehtaufRHODEETAL.zurück.183Beidiesemwirdentsprechendden zuvor dargestellten Dimensionen der Dekomposition unterschieden zwischen den Funktionsbereichen Beschaffung, Produktion, Distribution und Absatz (horizontal) sowiederzeitlichenDimensionderEntscheidungen(vertikal).Folglichlassensichdie 179
Anthony(1965),S.15ff.;Schneeweiß(2002),S.97ff.;Zäpfel(2001),S.45;Bitran/Tirupati(1993); Miller(2002);Shapiro(1999) 180 Zäpfel(1982),S.38 181 Miller(2002),S.5 182 Siehez.B.Fleischmann/Meyr(2003);Zijm(2000);Stadtler(1988);Betge(2006);Kistner/Switalski (1989);Steven(1994)sowiediedortangegebenenQuellen. 183 Rhodeetal.(2000)
58
3GrundlagenderauftragsbezogenenPlanung
Aufgaben der operativen Produktionsplanung einbetten in eine Matrix (Abbildung 10). Die sich durch diese Systematisierung ergebenden Planungsmodule werden nachfolgendargestellt. Produktion
Distribution
Absatz
Strategische Netzwerkplanung
Ausführung
mittel- und kurzfristig
Produktionsprogrammplanung Losgrößen- und Ressourceneinsatzplanung
Distributionsplanung
Absatzplanung
Beschaffungsfeinplanung
Produktionsfeinplanung
Transportplanung
Verfügbarkeits prüfung
Beschaffungssteuerung
Produktionssteuerung
Transportsteuerung
Vertriebssteuerung
Auftragsabwicklungsprozess
Advanced Planning System
langfristig
Beschaffung
Abbildung10: StrukturvonAdvancedPlanningSystemsModulederoperativenPlanungsindher vorgehoben184
3.2.2 Planungsmodule ImRahmenderstrategischenNetzwerkplanung(StrategicNetworkPlanning)erfolgt die langfristige Gestaltung des Wertschöpfungssystems.185 Folglich sind in der Regel die Funktionsbereiche Beschaffung, Produktion, Distribution und Vertrieb übergrei fendzubetrachten.DiesbetrifftetwaFestlegungendesProduktionsundAbsatzpro gramms,derStandortesowiederFertigungstiefe. Gegenstand der Absatzplanung (Demand Planning) ist es, die zukünftige Nachfrage zuplanen.DiesumfasstdiePrognoseaufBasisunterschiedlicherstatistischerVerfah ren sowie die Planung von absatzpolitischen Maßnahmen (z.B. Diskont
184
InAnlehnunganRhodeetal.(2000) Werner(2002),S.225
185
3GrundlagenderauftragsbezogenenPlanung
59
Programmen).186ImFallkonfigurierbarerProdukteumfasstdiePrognosenebenAn gabenüberHöheundVerlaufderNachfragefürEnderzeugnisse187auchdenBedarf kritischer Produktoptionen,188 da durch diese Parameter sowohl der zu erwartende Erlös als auch die korrespondierende Kapazitätsbelastung maßgeblich beeinflusst werden.189 Weiterhin fällt die Marktsegmentierung mit dem Ziel der Allokationspla nung(AllocationPlanning)indenAufgabenbereichderAbsatzplanung,wobeiverfüg bare Kapazitäten und Prognosen Berücksichtigung finden. Ergebnisse der Allokati onsplanung sind oftmals Quoten für die ressourcenbeanspruchenden Produkt/ Marktkombinationen mit dem Ziel der Maximierung des Erfolges der Unterneh mung.190DieErgebnissederAbsatzplanungwerdeninnachfolgendenPlanungsschrit teninunterschiedlichstarkaggregierterFormweiterverwendet. Aufgabe der Produktionsprogrammplanung (Master Planning) ist die mittelfristige Koordination des Materialflusses für das gesamte Unternehmen.191 Dies entspricht der in der Regel standortübergreifenden Ermittlung aufeinander abgestimmter Be schaffungs, Produktions und Distributionspläne unter Berücksichtigung der in der Absatzplanung ermittelten Nachfrage. Dabei lassen sich zwei charakteristische Pla nungsaufgabenunterscheiden: ZielderAggregiertenProduktionsprogrammplanung(MasterProductionPlan ning, MPP) ist die Bestimmung von Kapazitäten und Lagerbeständen.192 Dies umfasst oftmals auch einen saisonalen Ausgleich im Rahmen der Beschäfti
186
Chopra/Meindl(2004),S.241ff. InderAutomobilindustriehandeltessichhierbeibeispielsweiseumFahrzeugmodelle. 188 Dies könnten in der Automobilindustrie etwa die Karosserievariante oder die MotorGetriebe Kombinationsein. 189 Holwegetal.(2005),Benkel(2000),S.36 190 Balletal.(2004) 191 Rohde/Wagner(2008) 192 Insbesondere in der angelsächsischen Literatur wird oftmals der Absatzbereich in die Betrach tung integriert. Dies führt zum Verständnis einer integrierten Absatz und Leistungserstellungs planung(auch:SalesandOperationsPlanning)(z.B.Vollmannetal.(2005),S.172).Allerdingsbe dingen organisatorische Aspekte in vielen Anwendungsfällen eine separate und damit iterative Lösung der Teilprobleme. Ergebnis sind dann im Konsens verabschiedete Pläne, die gleichzeitig selbstverpflichtendfürdiejeweiligenFunktionsbereichesind. 187
60
3GrundlagenderauftragsbezogenenPlanung
gungsglättung.193 Aus Gründen der Komplexitätsreduktion und der Prognose güteerfolgtzumeisteineinsachlicherundzeitlicherHinsichtstarkaggregierte Betrachtung(z.B.durchBildungvonProdukt,MaterialundRessourcengrup pen;BetrachtungvonWochenoderMonaten). Die so definierten Vorgaben werden in der Hauptproduktionsprogrammpla nung(MasterProductionScheduling,MPS)biszurEbenederPrimärbedarfe194 detailliert.195FolglichwirdüberdieNutzungderzuvordefiniertenKapazitäten im Hinblick auf Art, Menge und Zeitpunkt bzw. periode entschieden, indem einAbgleichzwischendenLieferzusagenundeinereffizientenRessourcenver wendung angestrebt wird.196 Um die Konsistenz der Planung sicherzustellen, wirdzumeisteinelogischeVerknüpfungzwischenNachfrageundAngebother gestellt. ImNachfolgendenwirddieHauptproduktionsprogrammplanungverkürztalsProduk tionsprogrammplanung bezeichnet. Die Aufgaben der Aggregierten Produktionspro grammplanungsindhiervonausgenommen. Im Rahmen der Losgrößen und Ressourceneinsatzplanung (Production Planning) erfolgt eine Erweiterung der Betrachtung auf Vorprodukte. Dies beinhaltet gegebe nenfallsdieZusammenfassungvonBedarfenzuLosenundderenZuordnungzuRes sourcen(z.B.Produktionssegmenten).DemnachisteinezuvorgehendeAuflösungder Bedarfe erforderlich.197 Die Losgrößen und Ressourceneinsatzplanung macht eine sehr viel feingranularere Modellierung als die Produktionsprogrammplanung erfor derlich.DaherwirdoftmalslediglicheinStandortgeplant.ErgebnisderPlanungsind Vorgaben für die nachfolgende Feinplanung (Detailed Planning). Gegenstand dieser istdieErmittlungvonProduktionsreihenfolgenundMaschinenbelegungsplänen.Auf grundderhohenAnforderungenandieDetaillierungderPlanungprofitiertdieFein
193
Günther/Tempelmeier(2005),S.151 PrimärbedarfebezeichnendenBedarfanverkaufsfähigenEndprodukten. 195 Schneeweiß(2002),S.204 196 Vollmannetal.(2005),S.172f. 197 Zijm(2000)ordnetdieseAufgabedersogenanntenProzessplanungzu. 194
3GrundlagenderauftragsbezogenenPlanung
61
planungvoneinerdezentralenAusführungindeneinzelnenProduktionsstandorten bzw.segmenten.198 DieBeschaffungsfeinplanung(PurchasingPlanning)dientderSicherstellungderMa terialversorgungnacherfolgterStücklistenauflösung.InvielenFällenwirddieseAuf gabe vom transaktionsorientierten ERPSystem199 übernommen, da diese Basisfunk tionalitätdortebenfallsvorhandenist.ErweiterteFunktionenumfassenetwadieBe stellplanungen mit Berücksichtigung von Alternativlieferanten oder Mengenrabat ten.200 Demgegenüber beinhaltet die Distributions und Transportplanung (Distribution & Transport Planning) die Festlegung der Transportströme und Lagermengen im Hin blick auf die kostenminimale Sicherstellung des gewünschten Kundenservices sowie dieOrganisationdesphysischenAblaufsdergeplantenTransporte. GegenstandderVerfügbarkeitsprüfung(DemandFulfillment&AvailabletoPromise) istimBezugsrahmenderPlanungsmatrixdieplanerischeAbwicklungvonKundenauf trägen.201DiesewirdimNachfolgendennochvertiefenddargestellt. DerÜbergangvonplanerischenAufgabenzurSteuerungwirddurchdenBeginnder Leistungserstellungbzw.derphysischenAusführungmarkiert.AspektederSteuerung sind demnach in allen betrieblichen Funktionsbereichen von Relevanz. Im Rahmen dieser Arbeit werden entsprechend obiger Abgrenzung Aufgaben der Steuerung al lerdingsnichtweiterbetrachtet.202 DieModulederAbsatz,Produktionsprogramm,LosgrößenundRessourceneinsatz sowie Produktionsfeinplanung werden gemeinhin der operativen Produktionspla nungzugeordnet.DabeiwirdjenachPositiondesKAEPzwischenprognosebasierter Planung (forecastdriven planning) und auftragsbezogener Planung (orderdriven
198
Fleischmann/Meyr(2003) ERPstehtfürEnterpriseResourcePlanning 200 Stadtler(2005) 201 Balletal.(2004) 202 Siehe hierzu je nach Fokus vertiefend etwa Zijm (2000) (allgemein), McKay/Wiers (2003) (ar beitswissenschaftlicheAspekte)oderStevensonetal.(2005)(Auftragsproduktion). 199
62
3GrundlagenderauftragsbezogenenPlanung
planning) unterschieden.203 Die Besonderheiten des Auftragsbezugs werden im fol gendenAbschnittvertiefenderläutert. 3.3 AbgrenzungundKlassifikationderauftragsbezogenenPlanung AlszentralesMerkmalinderUnterscheidungvonErscheinungsformenderProdukti on wurde der KAEP eingeführt (Abschnitt 2.1.2). Demnach erfolgt ein bedeutsamer AnteilderLeistungserstellungbeivariantenreicherSerienproduktionauftragsbezoge nen.HierauslassensichspezifischeEigenschaftenderoperativenProduktionsplanung ableiten, die nachfolgend dargestellt werden. Da der Fokus auf die reaktiven Pla nungsaufgaben,d.h.AufgabendiedurchdenEingangvonKundenanfragenausgelöst werden, gelegt wird, soll die Bezeichnung auftragsbezogene Planung verwendet werden. AusgangspunktderauftragsbezogenenPlanungistdasVorliegeneinesAuftragsbzw. einerAnfrage.DaherwirdzunächstderAuftragsabwicklungsprozesseinführenddar gestellt.AufdieserBasislässtsichdieEntscheidungssituationderauftragsbezogenen PlanungabgrenzenundimHinblickaufdieinAbschnitt3.1.1eingeführtenMerkmale klassifizieren. 3.3.1 PhasendesAuftragsabwicklungsprozesses Im produktionswirtschaftlichen Sinne stellen Aufträge eine logische Verknüpfung zwischen einer als Quelle interpretierbaren Menge von Aktivitäten des Wertschöp fungssystemsundeinemBedarfbzw.derSenkeher.204Dabeiistesausdefinitorischer Sicht unerheblich, ob der Bedarf von einem (End)Kunden hervorgebracht wird (ex ternerAuftragbzw.Kundenauftrag)oderobdieserlediglicheinenunternehmensin ternen Bedarf markiert (interner Auftrag bzw. Produktionsauftrag).205 Gegenstand derAuftragsabwicklungsindfolglichalleAktivitäten,diebeginnendmitderFormu lierung des Bedarfs durch den(internen oder externen) Kunden(auch: Anfrage) zur
203
Fleischmann/Meyr(2004);Meyr(2003) ÄhnlichsieheetwaShapiroetal.(2004). 205 ZuinformatorischenElementenvonAufträgensiehevertiefendPfohl(1996),S.78f. 204
3GrundlagenderauftragsbezogenenPlanung
63
Übergabe eines Produkts sowie dessen Bezahlung führen.206 Im Fokus der hier ge führtenDiskussionstehendiedispositivenAufgabenderAuftragsabwicklung.207 In Bezug auf die Abgrenzung des Auftragsabwicklungsprozesses besteht in der wis senschaftlichen Diskussion keine Einheitlichkeit. Dieses zeigt sich zum einen in der anzutreffenden Begriffsvielfalt.208 Zum anderen existieren deutliche Unterschiede in der inhaltlichen Auffassung. So wird teilweise ein sehr weites Begriffsverständnis zugrundegelegt,wonachauchAufgabenderAbsatzoderProduktionsprogrammpla nung dem Aufgabenbereich der Auftragsabwicklung zugeordnet werden (SHAPIRO ET AL.,VOLLMANNETAL.,CROXTON).InanderenArbeitenwirdsehrvielstärkeraufdieDa
tenverarbeitung (z.B. PFOHL) oder aber einzelne Phasen der Auftragsabwicklung fo kussiert (z.B. FLEISCHMANN UND MEYR, FISCHER). Trotz dieser Unterschiede belegt die vergleichendeAnalysederAnsätzegrundlegendeGemeinsamkeiten(Tabelle11). Tabelle11:
Ausgewählte Ansätze zur Strukturierung der Aufgaben der Auftragsabwicklung be ginnendmitderKundenanfrage209
Autor
Phase AufgabenderAuf tragsannahme (vorBestätigung)
Croxton (2003)
Generateand communicateor der,enterorder, processorder (creditcheck,in ventory/capacity check,process planning)
vorbereitende Aufgaben (vorStartder Produktion) Handledocumen tation
produktionsbeglei tendeAufgaben (vorAuslieferung) Fillorder,deliver order
nacheilende Aufgaben
Postdeliveryacit vitiesandperfor mancemeasure ment
206
ÄhnlichsieheetwaPfohl(1996),S.78ff. ZudispositivenAufgabensieheWöhe/Döring(2002),S.107;insofernwäreauchdieBezeichnung Auftrags(abwicklungsprozess)managementdenkbar. 208 Hierzu zählen die Begriffe Auftragsabwicklung bzw. Order Fulfillment (Croxton (2003); Braba zon/MacCarthy(2006a)),Auftragsbearbeitungbzw.OrderProcessing,Auftragsmanagementbzw. ordermanagement(Shapiroetal.(2004))KundeKundeProzessbzw.OrdertoDeliveryProcess (Holweg/Pil(2004),S.17ff.;Bufka(2004),S.49ff.)oderDemandManagementbzw.Fulfillment (Vollmannetal.(2005),S.20ff.;Kilger/Schneeweiss(2005)). 209 Teilweise wird ein umfassenderes Verständnis des Auftragsabwicklungsprozesses zugrunde ge legt.HiersollenallerdingslediglichdieAufgabenabderKundenanfrageBerücksichtigungfinden. 207
64
Tabelle11(Fortsetzung)
Autor
Phase AufgabenderAuf tragsannahme (vorBestätigung)
Fischer (2001),S. 18ff.
3GrundlagenderauftragsbezogenenPlanung
Verfügbarkeitsprü fung,Kundenauf tragsbestätigung undTerminverga be
vorbereitende Aufgaben (vorStartder Produktion)
produktionsbeglei tendeAufgaben (vorAuslieferung)
nacheilende Aufgaben
MaßnahmenbeitemporärerLieferunfä higkeit,ÜberwachungundRepromise
Fleischmann/ ATPcalculation, Meyr(2004) orderacceptance, duedatesetting/ shortageplanning
Repromising,de mandsupplymat ching
MacCarthyet Ordertakingand al.(2003) coordination
Orderfulfilment management
Orderfulfilment realisation
Postorderinterac tion
Productvalidation andmanufacturing engineering
Pfohl(1996), S.82ff.
Übermittlung
Aufbereitung
Shapiroetal. (2004)
Ordergeneration, Activityscheduling Fulfillment pricing,orderre ceipt,orderentry, orderprioritization
Billing
Vollmannet al.(2005),S. 26und675f.
Orderentry,credit Customerorder checking service,ordercon figuraitionman agement
Inventoryanalysis andallocation, picking,shipping, delivery
Invoicing,reorde ring
Welker (2004),S. 18ff.
Orderquotation, orderacceptation, orderentry
Orderfulfillment
Aftersales
Orderscheduling
Umsetzung,Zu sammenstellung, Versand
Fakturierung
Returnsandclaims Postsalesservice
Vor diesem Hintergrund können vier grundsätzliche Phasen unterschieden werden, diesichineinechronologischeReihenfolgebringenlassen: Gegenstand der Auftragsannahme (Order Promising) ist die Erfassung und Bestätigung bzw. Ablehnung des Kundenbedarfs. Hierzu ist der (externe) Be darfzunächst,z.B.unterVerwendungvonProduktkonfiguratoren,zuformali sieren und in den zugehörigen (internen) Ressourcenbedarf zu überführen
3GrundlagenderauftragsbezogenenPlanung
65
(technische Verschlüsselung). Dies ermöglicht einerseits die Überprüfung der technischenHerstellbarkeitsowieandererseitsdieAbleitungvonZusagenbe züglichderLieferfähigkeit.OftmalsbestehenhierbeizahlreicheFreiheitsgrade. Anstelle der binären Aussage über die Lieferfähigkeit tritt dann ein Angebot, das u.a. durch spezifische Angaben in Bezug auf Liefertermin, menge und preisgekennzeichnetseinkann.EinweitererBestandteilderAuftragsannah meistes,dieKundenanfragevorAngebotserstellungausbetriebswirtschaftli cherSichtzubewerten.DiesumfasstzumeinendieÜberprüfungderBonität desKunden.DadieAnnahmeeinesAuftragszumanderendazuführenkann, dass zukünftige betriebswirtschaftlich vorteilhaftere Anfragen nicht oder nur eingeschränktbedientwerdenkönnen,kommtderAuftragsanbahnungzudem dieAufgabederSelektionzu.210BeipositivemAusgangderPrüfungkommtes zum Angebot, das nach Bestätigung durch den Kunden zum ersten Ergebnis derAuftragsannahmeführt:derdemKundengegenüberhinsichtlichProdukt konfiguration, Preis und Liefertermin spezifizierten Lieferverpflichtung (auch: bestätigterKundenauftrag).SindmitdemAuftrag,wieimFalldervarianten reichen Serienproduktion, Leistungserstellungsprozesse verbunden, besteht einzweitesErgebnisderAuftragsannahmeineineminsachlicherundzeitlicher Hinsicht spezifizierten Bedarf für die Herstellung eines Endprodukts. Dieser wirdnachfolgendalsProduktionsauftragbezeichnet. Im Rahmen der Produktionsvorbereitung sind die Ergebnisse der Auftrags annahmesozudetaillieren,daskonkreteVorgabenbzw.PlänefürdieProduk tionabgeleitetwerdenkönnen.HierbeilassensichzweiPlanungsaufgabenun terscheiden. Zum einen kann die sequentielle Entscheidungsfindung in der AuftragsannahmezuunvorteilhaftenPlänenführen(z.B.zustarkschwanken den Kapazitätsbedarfen). Insofern wird oftmals eine zusätzliche Koordination notwendig.GegenstanddieserPlanungsaufgabeistdie(Re)Terminierungder ProduktionsaufträgeimSinnederProduktionsprogrammplanung,wobeiInter dependenzen zwischen den Aufträgen Berücksichtigung finden. Zum anderen sind die im Rahmen der Produktionsprogrammplanung finalisierten Produkti 210
Entsprechende Fragestellungen werden im Rahmen des Revenue Managements vertiefend be handelt(z.B.Talluri/VanRyzin(2005);Spengleretal.(2008)).
66
3GrundlagenderauftragsbezogenenPlanung
onsaufträgefürPrimärbedarfeimHinblickaufdieabgeleitetenBedarfeweiter zu detaillieren, sofern diese bedarfsorientiert disponiert werden.211 Die ent sprechenden Aufgaben wurden oben unter der Bezeichnung Losgrößen und RessourceneinsatzplanungsowieFeinplanungbereitsdargestellt. Überdiesentsprichtderursprünglichformulierteoftmalsnichtdemletztlichen Kundenbedarf. Dies führt zu Änderungswünschen von Kunden, die sich bei spielsweise auf die Produktkonfiguration oder Liefermenge bzw. den Liefer terminbeziehenkönnen.IndiesemFallwirdeineÄnderungsprüfungerforder lich, die inhaltlich der zuvor dargestellten Auftragsannahme entspricht. Der Produktionsauftrag wird schließlich fixiert und der Produktion als Vorgabe übergeben. Unter die produktionsbegleitenden Aufgaben fallen all jene, die zwischen StartderProduktionundAuslieferungdesProduktsliegen.Diesentsprichtden AufgabenderSteuerung.ZusätzlichwerdendemKundenwährendderProduk tionoftmalsInformationenüberdenFortschrittzugänglichgemacht. Nacheilende Aufgaben betreffen im Wesentlichen die Rechnungsstellung so wieeventuelleServiceleistungen. MitdemStartderProduktionwirdderÜbergangzwischendenplanerischenundden steuernden Aufgaben markiert. Gegenstand der auftragsbezogenen Planung sind demnachdieAuftragsannahmesowiedieunterderBezeichnung„Produktionsvorbe reitung“subsummiertenInhalte.DabeieinervariantenreichenSerienproduktionle diglich die Erzeugung der Primärbedarfe auftragsbezogen vollzogen wird, wird im NachfolgendeneineweitereBeschränkungaufEndproduktebzw.Primärbedarfevor genommen.212GegenstanddernachfolgendzuvertiefendenauftragsbezogenenPla nung(imengerenSinne)sindfolglichdieAufgabenderAuftragsannahmephasesowie dieProduktionsprogrammplanungimKontextderProduktionsvorbereitung.
211
DerKAEPliegtindiesemFallhinterderKomponentenfertigung(Abschnitt2.2.3). DieseEinschränkungsetztvoraus,dasssichausderVerfügbarkeitderKomponentenkeineEng pässe ergeben. Da diesesbei variantenreicher Serienproduktion nicht immer im vollen Umfang sichergestellt werden kann, wird in der nachfolgenden Modellentwicklung eine Möglichkeit zur AbbildungbedarfssynchrondisponierterKomponentendiskutiert.
212
3GrundlagenderauftragsbezogenenPlanung
67
DamitlässtsichderGegenstandderauftragsbezogenenPlanungwieinAbbildung11 schematisch dargestellt zusammenfassen. Im Zentrum steht die Überführung bzw. Zuordnungeinesu.a.durchProduktmerkmaleundeinenLiefertermingekennzeichne ten Kundenbedarfs für ein Endprodukt (Kundenauftrag) in bzw. zu einem Produkti onsauftragfüreinenPrimärbedarf.DieseristimGegensatzzumKundenauftragdurch einen Produktionstermin und einen Ressourcenbedarf gekennzeichnet. Für diesen TeilprozessderAuftragsabwicklungwerdenimNachfolgendendiezutreffendenEnt scheidungenkonkretisiert. Produktionstermin Produktionsauftrag Ressourcenbedarf Zuordnung Liefertermin Kundenauftrag Produktmerkmale
Abbildung11: KundenundProduktionsauftragimKontextderauftragsbezogenenPlanung
3.3.2 EntscheidungenderauftragsbezogenenPlanung Im Fokus der auftragsbezogenen Planung steht die Überführung des Kundenwun sches in einen Produktionsauftrag. Dies entspricht der Abstimmung der (Kunden) Nachfrageunddes(Ressourcen)Angebotsbzw.einerKoordinationderFunktionsbe reicheProduktionundAbsatz.ZunächstwerdennachfolgenddieEntscheidungender auftragsbezogenen Planung qualitativ beschrieben, bevor in Abschnitt 3.3.2 eine KlassifikationinBezugaufdieinAbschnitt3.1.1aufgezeigtenEigenschaftenvonEnt scheidungssituationenerfolgt. GrundlegendeStruktur EineidealisierteDarstellungderInformationsflüsseinderauftragsbezogenenPlanung istinAbbildung12gegeben.AusgangspunktderPlanungsinddemnacheingehende Kundenanfragen. Im Rahmen der auftragsbezogenen Planung werden diese in Hin blick auf ihre Herstellbarkeit und betriebswirtschaftliche Vorteilhaftigkeit bewertet,
68
3GrundlagenderauftragsbezogenenPlanung
sodass im Ergebnis ein vollständig spezifizierter Kundenauftrag sowie ein ebenfalls spezifizierter Produktionsauftrag resultieren. Um die mittelfristige Koordination der Entscheidungsfindungsicherzustellen,findeninderPlanungmittelfristigeVorgaben, wie etwa die aggregierte Verfügbarkeit von Ressourcen oder Kontingente für Ver triebskanäle,Berücksichtigung.213Überdieskannesdazukommen,dassweitere(ex terne) Einflussfaktoren zu berücksichtigen sind, die Auswirkungen auf die Planung haben.DieswäreetwadannderFall,wenngesetzlicheVorgabendieProduktionbe stimmterProduktkonfigurationennuringewissenZeiträumenzuließen. mittelfristige Vorgaben
externe Einflüsse
Auftragsbezogene Planung
Anfragen bestätigte Kundenaufträge
spezifizierte Produktionsaufträge
Kunden/ Händler
214
Abbildung12: GrundlegendeStrukturderauftragsbezogenenPlanung
Die Anforderungen an Verfahren zur auftragsbezogenen Planung richten sich maß geblichnachdenzuberücksichtigendenFreiheitsgraden,RestriktionenundInforma tionen. Kundenseitig betrifft dies die Parameter des Kundenauftrags, d.h. insbeson deredieMenge,dieKonfiguration,denErlössowiedieLieferzeit,diejeweilsstandar disiertoderaberauftragsspezifischseinkönnen.215Weiterhinistzuunterscheiden,ob diejeweiligenParameterdesKundenauftragsstandardisiertbzw.durchdenKunden vorgegeben (Restriktion bzw. Informationen) oder aber im Rahmen der Auftragsan nahmezuvereinbarensind(Freiheitsgrade).WieimRahmenderoperativenProduk tionsplanungüblich,sindressourcenseitigimWesentlichendiepotenziellenEngpässe
213
Welker/Vries(2005) InAnlehnunganWelker/Vries(2005) 215 Oftmals sind zudem weitere Parameter zu fixieren. Dies betrifft etwa die Festlegung von Straf zahlungenoderLieferbedingungen.VoneinervertiefendenDiskussionsollhieraberAbstandge nommenwerden. 214
3GrundlagenderauftragsbezogenenPlanung
69
zuberücksichtigen.FreiheitsgradebestehenmaßgeblichinderzeitlichenZuordnung derAufträge.216 Bei auftragsspezifischen Produktkonfigurationen sowie mehreren potenziellen Eng pässenlässtsichdieEntscheidungssituationwiefolgtillustrativdarstellen(Abbildung 13).217DerhöhereAggregationsgradimRahmenderübergeordnetenPlanungmacht inderRegelzunächsteineDisaggregationdermittelfristigenVorgabennotwendig.Im ErgebnisstehtfürjedeinderauftragsbezogenenPlanungzuberücksichtigendeRes sourceundPeriodeeineKapazitätsgrenzefest(1).DieRealisierungderNachfragein FormvonKundenanfragenerforderteinezeitnaheReaktiondesUnternehmens.Um einenzulässigenLieferterminzubestimmen,istder–durcheinespezifischeProdukt konfiguration und damit einhergehend einen spezifischen Kapazitätsbedarf gekenn zeichneten–KundenanfragefolglichimRahmenderAuftragsannahmeeinterminier terProduktionsauftragzuzuordnen(2).BezugspunktdiesersogenanntenEinplanung ist der aus dem vom Kunden gewünschten Liefertermin resultierende Produktions termin. Dieser lässt sich in der Regel durch Rückwärtsterminierung bestimmen.218 WährendderAuftragsannahmeistdemnachzuentscheiden,welcheZuordnungun ter Berücksichtigung des Kundenwunsches und der sich ergebenen Kapazitätsbelas tunggewähltwerdensoll. AbweichungenzwischenderantizipiertenNachfrage,dieBasisfürdieFestlegungder aggregierten ressourcenspezifischen Kapazitäten ist, und der sich durch die einge henden Aufträge ergebene Realisation führen zu einer ungleichmäßigen Kapazitäts auslastung.EinewirtschaftlicheProduktionistunterdiesenBedingungennurschwer möglich.219DaherwirdoftmalseinenachträglicheAnpassungderPlanungimRahmen derProduktionsprogrammplanungerforderlich(3).GegenstanddieseristeineNeu zuordnungderProduktionsaufträgezuPerioden,d.h.eineterminlicheVerschiebung, unterBerücksichtigungderverbessertenInformationsverfügbarkeit.Zuberücksichti 216
Weitere Faktoren können etwa die Los oder Kampangenbildung oder aber die kurzfristige An passung der Kapazität betreffen. Diese sollen aber hier nicht näher betrachtet werden. Vertie fendsieheetwaKallrath(2002). 217 Spengleretal.(2006) 218 VoraussetzungsindbekannteDurchlaufzeitenindenderProduktionunddenfolgendenProzes sen. 219 Zäpfel(1982),S.55f.
70
3GrundlagenderauftragsbezogenenPlanung
gensinddabeidiekundenseitiggenanntenTermine,Vorgabenausdermittelfristigen Abstimmung, Anforderungen des Leistungserstellungssystems sowie die Aufrechter haltungderLieferfähigkeit.DabeientstehendeZielkonfliktesindentsprechendaufzu lösen.
Abbildung13: EntscheidungenderauftragsbezogenenPlanung
Planungsgrundlage Eine Besonderheit der auftragsbezogenen Produktion besteht in der sich sukzessive konkretisierendenPlanungsgrundlage,d.h.deneingehendenAufträgen.Indenmeis tenpraktischenFällenkannnichtdavonausgegangenwerden,dassdieWunschliefer zeitenallerKundenanfragenkonstantsind.Vielmehrnähernsichdieseaufgrundder großen Anzahl unabhängiger Entscheidungen oftmals einer Normalverteilung an.220 Damit lässt sich ausgehend von einer aktuellen Planungsperiode der Anteil der für zukünftigePeriodenbereitsbekanntenAufträgenwieinAbbildung14idealisiertdar gestelltauftragen.DerresultierendeVerlaufwirdauchalsFüllgrad(beirelativerBe
220
Stautner(2001),S.38;dieNormalverteilungsannahmelässtsichauchüberdenzentralenGrenz wertsatzderStatistikbegründen.DemnachresultiertdasadditiveZusammenwirkeneinergroßen AnzahlunabhängigerEreignisse(dergewünschtenLieferzeiten)annäherndineineNormalvertei lung(Fahrmeiretal.(2007),S.315ff.).
3GrundlagenderauftragsbezogenenPlanung
71
trachtung) bzw. Füllprofil (bei absoluter, d.h. auftragsbezogener Betrachtung) be zeichnet.221 Der Füllgrad bzw. das Füllprofil lässt sich wie folgt ermitteln. Aus Gründen der An schaulichkeit werden hierzu lediglich eine einzelne Ressource, ein einzelner Pla nungshorizontderProduktionsprogrammplanungsowievernachlässigbareDurchlauf zeiten betrachtet. Für eine deterministische und konstante erwartete Nachfrage je Zeiteinheit sowie normalverteilte gewünschte Lieferzeiten ݕ( ݕ Ͳ) lässt sich die kumulierte Anzahl von Bestellungen, die sogenannteBuchungskurve für einen Zeit punkt ߬ mathematisch angeben durch ܾఛ ሺݕሻ ൌ ͳ െ ܨఛ ሺݕሻ, wobei ܨఛ ሺݕሻ die Vertei lungsfunktion der gewünschten Lieferzeit für den entsprechenden Zeitpunkt be schreibt.222EinWertvon ݕൌ ͲrepräsentiertindiesemKontexteinesofortigeLiefe rerwartung.DemnachliegenfürdiesenZeitpunktalleAufträgevor.SteigendeWerte fürݕimpliziereneineLiefererwartunggrößernull.FüreinenausgewähltenBetrach tungszeitpunkt ergibt sich die Planungsgrundlage aus den Bestellprozessen der ein zelnen (Liefer)Zeitpunkte. Für die gewählten Annahmen resultiert folglich ein mit zunehmendem Vorgriff ߬ monoton abnehmender Verlauf für den Anteil bekannter Aufträge. Mathematisch ergibt sich dieser Verlauf zu ݃ሺ߬ሻ ൌ ܾఛ ሺ ݕൌ ߬ሻ, da sich die zeitliche Differenz zwischen dem Zeitpunkt der gewünschten Lieferung ߬ und dem Bezugszeitpunkt (߬ ൌ Ͳ) (d.h. die noch ausstehende Buchzugszeit) genau zu ߬ Zeit einheitenbemisst.BeispielhaftresultiertdiePlanungsgrundlagefürden(Liefer)Zeit punkt ߬ ൌ ͳͲ des aktuellen Planungshorizonts durch die Aufträge aller Kunden, die eine Lieferzeiterwartung größer oder gleich 10 Zeiteinheiten haben. Mathematisch lässtsichdieserAnteilausderVerteilungsfunktionderWunschlieferzeitenberechnen gemäß ݃ሺͳͲሻ ൌ ܨଵ ሺͳͲሻ ൌ ͳ െ ܨଵ ሺͳͲሻ. Der so modellierbare Anteil bekannter AufträgewirdauchalsanalytischerFüllgrad݃ሺ߬ሻbezeichnetundquantifiziertdenje nigen Prozentsatz von Aufträgen, der zum Zeitpunkt der Betrachtung (d.h. der Pla nung)zurProduktionin߬Zeiteinheitenvorliegt.223DieserSachverhaltistinAbbildung 221
SynonymeumfassendieBegriffeAuftragsprofil(Meyr(2003))oderKundenbelegungsgrad(Staut ner(2001),S.86ff.). 222 Um negative Werte für die gewünschten Lieferzeiten zu vermeiden, wird oftmals eine (erwar tungswertneutrale) beidseitige Beschränkung auf das Intervall ሾͲǢ ʹܧሼݕሽሿ vorgenommen. Eine solcheseiauchhierunterstellt. 223 HierbeiwirdvereinfachendvoneinerkontinuierlichenBetrachtungausgegangen.
72
3GrundlagenderauftragsbezogenenPlanung
14 schematisch durch drei ausgewählte Bestellprozesse verdeutlicht. Die erwartete Anzahl von Kundenaufträgen ݄ሺ߬ሻ, die für eine bestimmte Periode ߬ bis zum Zeit punktderBetrachtungplatziertwordenist,ergibtsichdanndurchDiskretisierungdes Füllgrads und Multiplikation mit der Gesamtnachfrage je Periode. ݄ wird auch als analytischesFüllprofileinesPlanungshorizontsbezeichnet.
Abbildung14: IllustrativerFüllgradfürnormalverteiltegewünschteLieferzeiten;fettdargestelltist derFortschrittdesBestellprozessesderjeweiligenZeitpunktebiszumZeitpunktder Betrachtung(߬ ൌ Ͳ)224
Ziele BezüglichderZielederauftragsbezogenenPlanungbestehtinderwissenschaftlichen Diskussion weitgehende Uneinigkeit. Ursächlich hierfür ist unter anderem, dass im Rahmen der Planung zumindest die Interessen von Produktion und Vertrieb abzu stimmen sind.225 Eine Auswahl von Arbeiten ist in Tabelle 12 zusammengetragen. 224
VergleicheähnlichMeyr(2003);Vollmannetal.(2005),S.27 Welker/Vries(2005)
225
3GrundlagenderauftragsbezogenenPlanung
73
Aufgeführt sind jeweils die Ziele, die durch Entscheidungen der auftragsbezogenen Planung beeinflussbar sind. Zur besseren Vergleichbarkeit sind diese entsprechend derinAbschnitt3.1.1eingeführtenUnterscheidungklassifiziertin: quantitativmonetäreZiele(1), quantitativnichtmonetäreZiele(2)und qualitativeZiele(3). Tabelle12:
ZielederauftragsbezogenenPlanunginausgewähltenArbeiten
Autor
Ziele
1
2
3
Bolat(2003)
Deliverydatedependentcosts
x
Engel/Zimmermann(1998)
Utilitywork Laborutilization Componentusage
x x x
Gunasekaranetal.(2001); Gunasekaranetal.(2004)
Customerquerytime Flexibilitytomeetparticularcustomerneeds Deliveryleadtime Totalcycletime Manufacturingcosts Capacityutilization Inventorycarryingcosts
x x
x x x x
x
Kleijnen/Smits(2003)
Fillrate Confirmedfillrate Responsedelay Stock Delay
x x x x x
Lingnau(1994)
Einkaufskosten Fehlmengenkosten(evtl.Preisnachlässe) Leerkosten AbweichungenvomModellMix Rüstkosten Lagerkosten
x x x x x x
Pfohl(1996),S.30ff.
Auftragsabwicklungskosten x Transportkosten x Serviceniveaukosten x Lagerhaltungskosten x Loskosten x Lieferzeit x Lieferzuverlässigkeit x Lieferbereitschaft x Lieferungsbeschaffenheit x Lieferflexibilität x Legende:(1)quantitativmonetär;(2)quantitativnichtmonetär;(3)qualitativ
74
3GrundlagenderauftragsbezogenenPlanung
Tabelle12(Fortsetzung) Autor
Ziele
Stewart(1995)
Deliverytorequestdate Deliverytocommitdate Orderfillleadtime Replancycle Ordermanagementcosts Inventorydaysofsupply
Zäpfel(1982),S.186.
1
2 x x x x
3
x x
Einrichtekosten x Leerkosten x ZwischenundEndlagerkosten x lieferterminabhängigeKosten x Legende:(1)quantitativmonetär;(2)quantitativnichtmonetär;(3)qualitativ
MitHinblickaufdiequantitativmonetärenZielelassensichauftragsorientierteund ressourcenorientierteKostenundErlösgrößenunterscheiden.Kennzeichenvonauf tragsorientierten Größen ist der unmittelbare Bezug zu einem spezifischen Kunden bedarf.Hierzuzählen: DerErlöseinesAuftrags. Kosten für Abweichungen zwischen bestätigtem und tatsächlichem Lieferter min (auch: Anpassungskosten). Diese beinhalten etwa Kosten der Lagerung (beiverfrühterFertigstellung)oderStrafkosten(beiverspäteterFertigstellung). Opportunitätskosten durch Verdrängung von zukünftigen profitableren Auf trägen(lostsales). DenauftragsorientiertenGrößenlassensichsolchemitBezugzudenRessourcenge genüberstellen.DiesesindimEinzelnen: Der unter Verwendung der Ressourcen realisierbare Gesamtdeckungsbeitrag alsDifferenzzwischendemerzieltenErlösunddenvariablenKosten;diesent sprichtderSelektiondesdeckungsbeitragsoptimalenAuftragsportfolios. Kosten vor der Produktion: Durch die in der auftragsbezogenen Planung ge troffenenFestlegungenderProduktionsaufträgewerdendieRüstkostensowie dieBeschaffungsstückkostenbeeinflusst.BeivariantenreicherSerienprodukti onsinderstereoftvonuntergeordneterBedeutung(Abschnitt2.2.2).Letztere sind darauf zurückzuführen, dass bei Abweichungen von der originär verein bartenAbnahmemengenoftmalserhöhtePreiseinRechnunggestelltwerden. Dies trifft insbesondere auf Komponenten zu, die bedarfssynchron beschafft
3GrundlagenderauftragsbezogenenPlanung
75
werden(Abschnitt2.2.3).ImFalleinerauftragsanonymenDispositionführtein geringerer Verbrauch als der geplante in der Regel zur Lagerung bereits be schaffteroderhergestellterVorprodukteunddamitzuLagerkosten. Während der Produktion werden durch die auftragsbezogene Planung soge nannte Leerkosten sowie Kosten der temporären Kapazitätserweiterung be einflusst. Leerkosten fallen aufgrund nicht genutzter Kapazitäten an, wie z.B. imFallwechselnderEngpässe.DiesbetrifftimWesentlichenungenutzteGele genheitenzurSteigerungdesErlöses(Opportunitätskosten)sowiehöherePer sonalstückkosten,daderEinsatzdesPersonalsinderRegelnichtbeliebigfle xibel ist.226 Für den gegenteiligen Fall, d.h. die Kapazitäten werden zeitweise überschritten,fallenu.U.zusätzlichePersonalkostenan.Diestrifftgleicherma ßenaufaggregierte(mengenmäßige)AbweichungenzurKapazitätdereinzel nenRessourcenjePeriodesowieaufdieausderdetailliertenProduktionsrei henfolge resultierenden (zeitlichen) Schwankungen in der Ressourcenbelas tungzu. AnalogzudenzuvordargestelltenZielenlassensichauchimBereichderquantitativ nichtmonetärenZieleauftragsvonressourcenorientiertenKenngrößenunterschei den.DiesentsprichtderüblichenDifferenzierungzwischenServiceundEffizienzkri terien.227ZurVerdeutlichungderauftragsbezogenenKennzahlensindinAbbildung15 zentraleterminabhängigeKennzahlenzusammengefasst.
226
BeieinernichtausgelastetenMontageliniekanninderRegeldaseingesetztePersonalreduziert werden.IstdieLinieallerdingsungleichmäßigausgelastet,müssenzumeistzusätzlichePersonen, diesogenanntenSpringereingesetztwerden,umtemporäreÜberlastungeneinzelnerStationen zukompensieren.DiesführtzuerhöhtenPersonalkostenjehergestelltemProdukt(z.B.Lingnau (1994)). 227 Chopra/Meindl(2004),S.30ff.
76
3GrundlagenderauftragsbezogenenPlanung Wunschtermintreue
Liefertreue
Lieferfähigkeit Ist-Lieferzeit
(erstmals) bestätigte Lieferzeit
Wunschlieferzeit
Auftragseingangsdatum
Kundenwunschliefertermin
(erster) bestätigter Termin
Auftragserfüllungsdatum
228
Abbildung15: KennzahlenimAuftragsdurchlauf
DemnachlassensichdreiIntervalleunterscheiden.DieDifferenzzwischendemZeit punkt des Auftragseingangs und dem gewünschten Liefertermin entspricht der Wunschlieferzeit.WeichtdervomUnternehmenbestätigteTerminvomgewünschten ab,ergibtsicheineabweichende(erstmals)bestätigteLieferzeitwieinAbbildung15 dargestellt.DieDifferenzzwischendemAuftragseingangundderErfüllung,d.h.dem tatsächlichen Lieferdatum, führt schließlich zur IstLieferzeit (auch: order fill lead time, delivery leadtime). Demnach lassen sich die folgenden auftragsbezogenen Kennzahlendefinieren,wobeisowohldieAngabedurchabsolutealsauchdurchVer hältniskennzahlenmöglichist.229 Die Lieferfähigkeit (auch: response delay) beschreibt die Differenz zwischen bestätigtem und gewünschtem Liefertermin. Folglich sind neben positiven Werten(Verspätung)auchnegative(Verfrühung)möglich.Denkbaristsowohl die Angabe als prozentualer Anteil der termingerecht bestätigten sowie als durchschnittlichezeitlicheDifferenz.230 DurchdieLiefertreue(auch:Lieferzuverlässigkeit)wirddieDifferenzzwischen tatsächlichemundbestätigtemTerminbeschrieben.ÜblichistdieAngabeder termingerechten bezogen auf die Gesamtzahl der Aufträge (auch: confirmed 228
InAnlehnunganGollwitzer/Karl(1998),S.69 DiesewerdenauchunterderBezeichnungLieferservicesubsummiert. 230 Um eine Kompensation zwischen positiven und negativen Werten zu verhindern, ist eine Be trachtungvonBeträgenerforderlich. 229
3GrundlagenderauftragsbezogenenPlanung
77
fill rate) oder aber die mittlere Abweichung (auch: delay, deliverytocomit date). Die Wunschtermintreue (auch: fill rate, deliverytorequest date) schließlich quantifiziert das Maß der Übereinstimmung zwischen tatsächlichem und ge wünschtemTermin. InErgänzungzudenauftragsorientiertenlassensichressourcenorientierteKennzah lenalsZielederauftragsbezogenenPlanungidentifizieren.Diessind: DieabsoluteAusbringung(inStück)bzw.dieAuslastungderRessourcen. DasAusmaßdesEinsatzesanzusätzlichenArbeitskräftenalsFolgeeinertem porärenÜberlastung(auch:utilitywork). DieGleichmäßigkeitderProduktionsauslastung(auch:Nivellierung)undKom ponentennachfrage (auch: component usage).231 Eine mögliche Operationali sierung besteht in der Berechnung von Abweichungen zu definierten Auslas tungszielen.232 LetztlichlassensichauchqualitativeZielefürdieauftragsbezogenePlanungdefinie ren.DiessindimEinzelnen: DieAuskunftsfähigkeitüberLieferfähigkeitundAuftragsstati.233 Die Möglichkeit zur nachträglichen Änderung von ursprünglich vereinbarten Auftragsparameternwiez.B.derAuftragskonfiguration(auch:Änderungsflexi bilität). DieVerbesserungderInformationsgrundlagefürdienachfolgendePlanung.234 Indem ausschließlich zulässige Vorgaben an das Produktionssystem zur Aus führungweitergegebenwerden,lassensichnachträglicheKorrekturenzurück führen. EineinheitlichesZielsystembestehtfolglichfürdieauftragsbezogenePlanungnicht. Gleichwohl lassen sich mit Bezugnahme auf die grundlegendende Struktur der Ent 231
Monden (1998); Engel/Zimmermann (1998); Ding/Tolani (2003); Drexl/Kimms (2001); Fredriks son/Gadde (2005); eine Nivellierung des Komponentenverbrauchs wird insbesondere bei be darfssynchronenDispositionsstrategiengefordert. 232 Bolat(2003) 233 Shapiro(2006),S.375;Zibell(1990),S.26 234 Meyr(2004a)
78
3GrundlagenderauftragsbezogenenPlanung
scheidungssituationdreiKategorienvonKriterienidentifizieren,dieinmonetärerwie auchnichtmonetärerArtquantifiziertwerdenkönnen.DasZielsystemderauftrags basiertenPlanungergibtsichfolglichdurchkundenorientierteZiele,ressourcenorien tierteZieleundbestandsorientierteZiele.235AusgangspunktkundenorientierterZiele sinddievomKundenwahrgenommenenLeistungsmerkmalederAuftragsabwicklung. HierzuzähleninsbesonderedieLieferfähigkeitunddieLieferbereitschaft.Demgegen überreflektierendieressourcenorientiertenZieledasAusmaßindemdieerzeugten PlanvorgabeneineeffizienteProduktionzulassen.BeieinervariantenreichenSerien produktion lassen sich diese im Kern auf die Nivellierung der Ressourcenauslastung zurückführen (Abschnitt 2.2.2). Letztlich lässt sich eine gewisse Entkopplung in der InanspruchnahmederRessourcenundderAuslieferungdurchdenGebrauchderLa gerungerreichen.ImSinneeinervollständigenAbbildungderKonsequenzenvonEnt scheidungen der auftragsbezogenen Planung sind daher auch bestandsorientierte Zielezuberücksichtigen. Die Relevanz der einzelnen Ziele wird in der Regel vom jeweiligen Anwendungsfall abhängen.236 Einheitliche Angaben in Bezug auf Höhen und Artenpräferenz lassen sichdahernichtmachen. 3.3.3 KlassifikationderEntscheidungssituation Auf Basis der zuvor dargestellten Beschreibung der Entscheidungen der auftragsbe zogenenPlanunglässtsichdiesewiefolgtklassifizieren.AlsBezugsrahmenwirdhier bei auf die in Abschnitt 3.1.1 eingeführten charakteristischen Merkmale Bezug ge nommen. Entscheidungsfeld ImRahmenderauftragsbezogenenPlanungsindEntscheidungenübermehreremög licheZuordnungen zwischenKundenaufträgen und Produktionsaufträgenzutreffen. DabeikönnenzweiArtenderEntscheidungssituationenunterschiedenwerden.Wird im Rahmen der Auftragsannahme lediglich eine einzelne Anfrage bearbeitet, lassen 235
Hierbeiwirdunterstellt,dassdieErlösefürdieauftragsbezogenePlanungfeststehen,dadieseim RahmendermittelfristigenPlanungberücksichtigtwerden. 236 Gunasekaranetal.(2004)
3GrundlagenderauftragsbezogenenPlanung
79
sichdiemöglichenPeriodenzuordnungenaufgrundihrergeringenAnzahlsowohlex plizitwieauchimplizitvorgegeben(Auswahlproblem).237Werdenhingegenmehrere Aufträge betrachtet, nimmt die Anzahl möglicher Zuordnungen durch die sich erge benenInterdependenzenkombinatorischzu.DamitistlediglicheineimpliziteAngabe derHandlungsalternativenmöglich.DiesführtzueinemOptimierungsproblem. Durchdiesich sukzessivkonkretisierende Planungsgrundlage,d.h. die eintreffenden Aufträge, lässt sich keine natürliche Begrenzung des Entscheidungsfelds identifizie ren. Folglich sind die Voraussetzungen für ein zeitlich geschlossenes Entscheidungs feldnichterfüllt,sodassdiesesalsoffenklassifiziertwerdenmuss. Die fortwährende AnkunftvonAnfragenmachteine häufigeWiederholung derEnt scheidungsfindung im Rahmen der Auftragsannahme notwendig. Dabei wird die In formationsbasisfürjedeeinzelneEntscheidungssituationdurchdaszuvoreingeführte Füllprofilbeschrieben.DemnachlässtsichauseinerstatischenSichteineBegrenzung fürdenBereichvornehmen,fürdenbereitsAufträgevorliegen;dieBedingungenfür eingeschlossenesEntscheidungsfeldsinddemnachimstatischenSinneerfüllt. AufdieserGrundlagelässtsichauchdienächsteEigenschaftderEntscheidungssitua tion, die Wiederholhäufigkeit, klassifizieren. Während es sich bei der auftragsbezo genen Planung um eine strukturell, zumindest in Zeitbereichen, feststehende Ent scheidungssituationhandelt,ändernsichdierelevantenInformationenmitjederAuf tragsankunft. Lassen sich die Auftragsankünfte nicht perfekt antizipieren, ist daher einemehrmaligeAusführungderPlanungerforderlich. BeimVorliegeneineszeitlichgeschlossenenEntscheidungsfeldswurdenunterschied liche Ausprägungen der Informationsverfügbarkeit differenziert. Da die zukünftigen Aufträgenichtbekanntsind,istgrundsätzlichvoneinerSituationunterUnsicherheit auszugehen. Eine Risikosituation läge dann vor, wenn Eintrittswahrscheinlichkeiten für die Aufträge und die Reihenfolge ihres Eintreffens angegeben werden können. DieswärefüreinegeringeAnzahlvonerwartetenAufträgenundVariantenbzw.Kon figurationen gegebenenfalls möglich. Mit einer zunehmenden Anzahl möglicher An
237
VoraussetzungisteinezeitlicheAggregation.
80
3GrundlagenderauftragsbezogenenPlanung
kunftssequenzenistdieAngabederEintrittswahrscheinlichkeitenjedochnichtlänger möglich.DiesführtzueinerEntscheidungssituationunterUngewissheit. Zielsystem WiezuvordargestelltlässtsichfürdieauftragsbezogenenPlanungkeineinheitliches Zielkriterium identifizieren. Folglich ist das Zielsystem durch mehrere Ziele gekenn zeichnet. Aufgrund des operativen Charakters der Planung scheint es dabei wenig vielversprechend einen direkten Bezug zwischen den zu treffenden Entscheidungen und den Fundamentalzielen der Unternehmung zu konstruieren. Daher wurden in Abschnitt 3.3.2 unterschiedliche Zielgrößen eingeführt, die sich weiter in kunden, ressourcen und bestandsorientierte Kriterien unterscheiden lassen. Eine allgemein gültige Eingrenzung scheint vor diesem Hintergrund nicht darstellbar. Grundsätzlich muss jedoch davon ausgegangen werden, dass zumindest partiell konkurrierende Zielsetzungen existieren. So wird beispielsweise eine hohe Lieferfähigkeit mit einer geringenAuslastunginVerbindunggebracht.238Aufgrundder(potenziell)mehrfachen Zielsetzung ist zumindest eine Angabe von Höhen und Artenpräferenz notwendig. Die Zeit und Risikopräferenz scheinen vor dem Hintergrund der wiederholten Ent scheidungsfindung und des klar umrissenen Handlungsspielraums der operativen PlanungvonuntergeordneterBedeutung. Auch wenn die auftragsbezogene Planung mehrere Funktionsbereiche umfasst, soll nachfolgendvoneinergrundsätzlicheinheitlichenInteressenslagederEntscheidungs träger ausgegangen werden. Hintergrund ist, dass beide Funktionsbereiche grund sätzlich der übergeordneten Zielsetzung des Unternehmens unterstellt sind. Auch wurden aufgrund der vielschichtigen Interdependenzen zwischen beiden Bereichen, trotz der traditionell strikten Teilung, vielfach Zusammenlegungen durchgeführt.239 Die hieraus resultierende Organisationseinheit wird häufig als Integriertes Auftrags managementbezeichnet.
238
Voudouris(1996) Kim(2007)
239
3GrundlagenderauftragsbezogenenPlanung
81
Entscheidungslogik InHinblickaufdieEntscheidungslogikscheintderEinsatzeinerquantitativenmodell basiertenEntscheidungsunterstützungnotwendig.UrsächlichhierfürsindzweiArgu mente. Zum einen mag zwar die Annahme einzelner Aufträge aufgrund der über schaubaren Anzahl von Handlungsalternativen noch durch menschliche Problemlö sungskompetenz durchdringbar sein, eine Berücksichtigung der Interdependenzen zwischen den Aufträgen führt aber zu einer nicht mehr überschaubaren Vielzahl zu bewertender Möglichkeiten. In Kombination mit einer hohen Anzahl zu bearbeiten derAnfragenhättedieseinenkaumzuvertretenenAufwandinderPlanungzurFol ge. Zum anderen lässt sich die Entscheidungssituation, wie im vorhergehenden Ab schnitt erläutert, insgesamt wohl strukturieren. Der Einsatz modellbasierter Verfah renscheintdahergrundsätzlichgutgeeignet. Eine zusammenfassende Darstellung der vorgenommenen Klassifikation der Ent scheidungssituation der auftragsbezogenen Planung ist in Tabelle 13 gegeben. Auf dieserBasiswirdimnachfolgendeneinplanerischerBezugsrahmenpräsentiert. Tabelle13:
KlassifikationderEntscheidungssituationderauftragsbezogenenPlanung
Merkmal
Ausprägungen
zeitlicheBeschränktheit
offen
geschlossen
ArtderEntscheidungssi tuation
Auswahlproblem
Optimierungsproblem
einmal
mehrfach
Wiederholhäufigkeit Informationsverfügbar keit BezugzuUnterneh menserfolg ArtundOperationalität derZiele AnzahlderZiele BeziehungderZiele Präferenzrelation
Sicherheit
Risiko
Fundamentalziele qualitativ
Instrumentalziele
quantitativmonetär
eindeutig konkurrierend Höhenpräferenz
Ungewissheit
quantitativnicht monetär mehrere
neutral Artenpräferenz
komplementär
Zeitpräferenz
Risikopräferenz
Interessen
einheitlich
pluralistisch
ArtderEntscheidungs unterstützung
qualitativ
quantitativ(modellbasiert)
82
3GrundlagenderauftragsbezogenenPlanung
3.4 PlanerischerBezugsrahmenderauftragsbezogenenPlanung VoraussetzungeinerquantitativenEntscheidungsunterstützungistdiezuvordurchzu führende Strukturierung der Entscheidungssituation, sodass gleichsam valide wie auchrechenbareModelleerstelltwerdenkönnen.DiesmachtdieDefinitionvonPla nungsaufgaben im Sinne einer Planungskonzeption erforderlich. Vor diesem Hinter grundwurdeinAbschnitt3.2einallgemeinerhierarchischerBezugsrahmenderope rativenProduktionsplanungeingeführt.UmjedocheineEntscheidungsunterstützung für die skizzierte Entscheidungssituation der auftragsbezogenen Planung entwickeln zu können, ist dieser allgemeine Bezugsrahmen zunächst zu konkretisieren. Hierzu scheint es zweckmäßig, eine weitergehende Differenzierung in Bezug auf die in Ab schnitt 3.3.1 eingeführten Aufgaben der auftragsbezogenen Planung vorzunehmen undaufdieserBasisPlanungsmoduleabzuleiten.DiesewerdenimFolgendenvorge stelltundineinenZusammenhanggebracht. Die Anforderungen an die zuvor beschriebenen Planungsaufgaben der Auftragsan nahme und der Produktionsvorbereitung sind sehr unterschiedlich. Im Rahmen der AuftragsannahmeisteinegroßeAnzahlvonAnfragenzubewältigen.Dieseinduziert einenichtunerheblicheDynamikindiePlanung.Gleichzeitigresultiertausdeneinge hendenKundenaufträgeneinesichsukzessivkonkretisierendePlanungsgrundlage.Es scheintdaherzweckmäßigzusein,diebeiderAuftragsannahmegeneriertenProduk tionsaufträgeunterBerücksichtigungderneuenInformationenimZugederProdukti onsprogrammplanung zu reevaluieren. Die zugehörige Entscheidungssituation ist je dochdurcheinedeutlichhöhereKomplexitätgekennzeichnet.Ursächlichhierfürist, dassimRahmenderAuftragsannahmelediglichdieneueingegangenenAnfragenbe arbeitetwerdenmüssen.DiePlanungsgrundlagederReevaluationergibtsichdemge genüberdurchalleakzeptiertenAufträge.DadieermitteltenResultateüberdiesEin gangsinformationenfürdieDetailplanungdarstellen,240istvonhöherenAnforderun genandieZulässigkeitderVorgabenunddamitandiezuberücksichtigendenRestrik tionenauszugehen.NachfolgendsolldaherzwischenzweiPlanungsmodulenderauf tragsbezogenenPlanungunterschiedenwerden. 240
Die Bezeichnung Detailplanung wird hier als Oberbegriff für die in Abschnitt 3.3.1 erörterten nachfolgendenPlanungsaufgabenverwendet.
3GrundlagenderauftragsbezogenenPlanung
83
Ihrem Wesen entsprechend basiert die auftragsbasierende Planung auf den bereits bekannten Bedarfen, d.h. den Kundenbedarfen. Um vor diesem Hintergrund eine kurzsichtige Entscheidungsfindung zu vermeiden, sind übergeordnete prognoseba siertePlanungsfunktionenerforderlich.DiesesollenunterderBezeichnungauftrags neutralePlanungsaufgabendargestelltwerden. Die Zusammenführung der so gegebenen Aufgaben in einen planerischen Bezugs rahmenistinAbbildung16gegeben.DieserbildetdieGrundlagefürdienachfolgende Analyse des Zusammenwirkens von auftragsneutraler (auch: pushbased bzw. kun denanonym) und auftragsbezogener Planung (auch: pullbased). Bestandteile des auftragsbezogenenSystemsbildendieModuleAuftragseinplanungundProduktions programmplanung. mittelfristige Ressourcenverfügbarkeit Eigenfertigung, Beschaffungskonditionen
Produktstruktur
Prognosen
• Absatzplanung • Aggregierte Produktionsprogrammplanung (MPP)
aggregierte Kapazität
freie Kapazitäten
Produktionsprogrammplanung (MPS)
• Abgleich von Aufträgen und Ressourcen
auftragsbezogenes Planungssystem
Kapazitätsbelegung, Bestände
Auftragsneutrales Planungssystem
Historie/ Markt
Quoten Auftragsannahme
• Verschlüsselung • Ermittlung Liefertermin • Profitabilitätsprüfung
spez. Produktionsaufträge
Anfragen Kunden/ Absatzmittler Angebote, Kundenaufträge mit bestätigtem Lieferdatum
Detailplanung Eigenfertigung und Fremdbezug
Abbildung16: BezugsrahmenderauftragsbezogenenundauftragsneutralenPlanung
AuftragsbezogenesPlanungssystem Bei Lagerproduktion erfolgt die Planung der Produktion weitestgehend entkoppelt von der eigentlichen Auftragsabwicklung. Demgegenüber ist die Situation bei auf tragsgebundener Leistungserstellung – wie im Fall der variantenreichen Serienpro duktion–komplexer.NotwendigeVoraussetzungderProduktionistderEingangvon Kundenanfragen.DiesegiltesimRahmenderPlanungsomitdenzurVerfügungste
84
3GrundlagenderauftragsbezogenenPlanung
hendenRessourcenabzugleichen,dasseineinBezugaufServicewieauchEffizienz kriterien vorteilhafte Leistungserstellung ermöglicht wird (Abschnitt 3.3.2). Hierbei lassen sich entsprechend der grundlegenden Struktur der Entscheidungssituation zweizentralePlanungsaufgabenunterscheiden.AufgabederAuftragsannahmeistes, wieinAbschnitt3.3.1detailliertbeschrieben,eingehendeKundenanfragenauftech nische und kapazitative Herstellbarkeit zu prüfen und so entweder eine terminliche Lieferzusage zu generieren oder die Anfrage abzulehnen. Hierbei sind insbesondere AnforderungenandieReaktionszeitunddiezeitlicheGenauigkeitderPlanungzube achten.241 Gleichzeitig wird durch die Einplanungsentscheidung das Portfolio herzu stellender Aufträge bestimmt. Unter Berücksichtigung der spezifischen Auftragsei genschaftenfolgtdamit,zugleichdieFestlegungdeserzielbarenGesamtdeckungsbei trags. DerAuftragsannahme kommt folglich die Funktion derSelektion vorteilhafter Aufträgezu. ErgebnisderAuftragsannahmesindAngebote,dienachBestätigungdurchdenjewei ligen Kunden in Kundenaufträge überführt werden, sowie spezifizierte Produktions aufträge, die der weiteren Planung zur Realisierung übergeben werden. Diese Pla nungsaufgabe ist der Produktionsprogrammplanung zugeordnet. Im Einzelnen be stehtdasZieldarin,einenAbgleichzwischendengetätigtenLieferzusagenundeinem effizienten Ressourceneinsatz sicherzustellen. Hierzu sind die im Rahmen der Auf tragsannahme generierten Produktionsaufträge endgültig zu terminieren, d.h. es ist imSinnederobigenDefinitionüberArtundMengederineinerPeriodeherzustellen denModellezuentscheiden(Abschnitt3.3.2).EineÜbereinstimmungzwischendem imRahmenderAuftragsannahmezugeordnetenunddemletztlichfestgelegtenPro duktionsterministnichtzwingendgegeben.DieErgebnissederPlanung,d.h.diefina len Termine der Produktionsaufträge, werden schließlich an die Detailplanung wei tergereicht.DiesichausderProduktionsprogrammplanungergebeneverfügbareKa pazitätwirdderAuftragseinplanungzurückgespielt. DasZusammenwirkenvonAuftragsannahmeundProduktionsprogrammplanungistin Abbildung17verdeutlicht.DemnachwirdbeiAuftragseingangunterBerücksichtigung des Wunschtermins ein terminierter Produktionsauftrag generiert. Der reguläre Fall 241
BeideKriterienbeeinflussendasqualitativeKriteriumderAuskunftsfähigkeit(Abschnitt3.3.2).
3GrundlagenderauftragsbezogenenPlanung
85
bestehtineinerZuordnungentsprechendderDurchlaufzeit(a).InderFolgekannder Auftragwiegewünschtbestätigtwerden.Zudemwirdaufgrundderbedarfsgerechten Leistungserstellung keine Lagerung des Endprodukts notwendig. Ist eine derartige Zuordnung z.B. aus kapazitativen Gründen nicht möglich, sind zwei Fälle zu unter scheiden. Lässt sich etwa der Auftrag durch Vorziehen bedienen (b), kann der Wunschtermin wie gehabt bestätigt werden, jedoch wird die Lagerung des Endpro duktsfürdieZwischenzeitnotwendig.AlternativkönnteauchderKundevoneinem abweichenden Liefertermin überzeugt werden. Dies ist aber in der Regel mit einer eingeschränkten Kundenzufriedenheit verbunden, sodass gegebenfalls Kompensati onsleistungen notwendig werden. Alternativ zum Vorziehen kann ein Auftrag auch verspätet werden (d.h. die zeitliche Differenz zwischen Produktionstermin und WunschterministkleineralsdieDurchlaufzeit)(c).Jedochfolgthierauseinereduzier teLieferfähigkeit,dalediglicheinspätererLieferterminbestätigtwerdenkann. Auftragseingang
Wunschlieferung
Auftragsfixierung Zeit time
b
a
bestätigte Lieferung time Zeit
Kundenauftrag
Auftragsannahme
c time Zeit
vorläufiger Produktionsauftrag
Zeit time
B zulässige Zuordnung Durchlaufzeit (2 Perioden)
finaler Produktionsauftrag
A
Produktionsprogrammplanung
C time Zeit
Abbildung17: TerminlicherZusammenhangzwischenKundenundProduktionsauftrag
Dersoerstellte(vorläufige)ProduktionsauftragwirdimRahmenderProduktionspro grammplanung einem finalen Produktionstermin zugeordnet. Erneut können grund sätzlichdreiFälleunterschiedenwerden.EineZuordnungentsprechenddervorläufi genziehtkeineKonsequenzennachsich(A).AllerdingskannbeispielsweisedieNivel lierung der Produktionsauslastung oder die eingeschränkte Verfügbarkeit von Kom ponenten ein Verschieben vorteilhaft bzw. erforderlich machen. Die Konsequenzen ergeben sich analog zur Situation bei der Auftragsannahme. So resultiert ein zeitli chesVorziehenindieNotwendigkeitzurLagerungdesEndprodukts,fallsderKunde nichtvondemverändertenLieferterminüberzeugtwerdenkann(B).Analogführtein Verspäten der Produktion (C) zu einer verzögerten Auslieferung und damit zu einer
86
3GrundlagenderauftragsbezogenenPlanung
eingeschränktenLiefertreue.AuchwirddieFlexibilitätderAuslieferungoftmalsdurch Distributionspläne weiter eingeschränkt. So verkehren beispielsweise Sammeltrans portenurinbestimmtenFrequenzen. Gegenstand der auftragsbezogenen Planung ist es demnach, die Aufträge so einzu planen,dasseineimGesamtkontextvorteilhafteZielerreichungresultiert. AuftragsneutralePlanung DiebeschriebenenPlanungsaufgabenbasierenaufeinersichsequenziellkonkretisie rendenPlanungsgrundlage(d.h.deneingehendenAufträgen).UmindiesemKontext einekurzsichtigeEntscheidungsfindungzuvermeiden,isteinemittelfristigeKoordina tion erforderlich. Da in diesem Bereich allerdings keine hinreichende Kenntnis über dieherzustellendenAufträgegegebenist,bedarfeseinerAntizipationderzuerwar tenden Nachfrage bzw. der daraus durch die Produktstruktur ermittelbaren Kapazi tätsbelastungdurchPrognosen.ImRahmenderauftragsneutralenPlanungsinddann einerseitsdiemittelfristigenBeschaffungsundProduktionskapazitätenzudefinieren (aggregierteProduktionsprogrammplanung)undandererseitskoordinativeVorgaben für die Auftragsannahme abzuleiten. In vielen praktischen Fällen werden hierbei im Rahmen der sogenannten Allokationsplanung Kapazitätskontingente (sogenannte Quoten) für die jeweiligen Marktsegmente reserviert.242 Ergebnis sind somit aggre gierteFestlegungen,diegleichzeitigselbstverpflichtendfürdiejeweiligenFunktions bereichesind.ZurAufrechterhaltungderKonsistenzzwischenauftragsbezogenerund neutraler Planung werden jeweils aktualisierte Informationen über den Systemzu stand(z.B.KapazitätsbelegungenundBestände)zurückgespielt. DamitlässtsichdasdargestelltePlanungssystemalsÜberlagerungzweierHierarchien beschreiben: Neben vertikalen Kopplungsbeziehungen zwischen auftragsanonymer undbezogenerPlanungherrschtaufderEbenederauftragsbezogenenPlanungauf grund der Gleichrangigkeit der beschriebenen Planungsaufgaben eine horizontale Hierarchie vor. Da allerdings die Auftragsannahme der Produktionsplanung zeitlich vorgelagert ist, handelt es sich bei den Kopplungsbeziehungen um zeitlichvertikale Abhängigkeiten(Abschnitt3.1.3). 242
Kilger/Schneeweiss(2005);Balletal.(2004)
3GrundlagenderauftragsbezogenenPlanung
87
UmgangmitunsicherenInformationen Wie in Abschnitt 3.3.3 ausgeführt,resultiert die sich sukzessiv konkretisierende Pla nungsgrundlageineinoffenesEntscheidungsfeld.VordiesemHintergrundsindledig lichreinreaktiveundantizipativreaktiveAnsätzederPlanunganwendbar,dabeide auf der Berücksichtigung einer im Zeitverlauf zunehmenden Informationsgrundlage beruhen(Abschnitt3.1.1).ZudemhandeltessichbeiderauftragsbezogenenPlanung um eine Entscheidungssituation unter Ungewissheit, falls bestimmten Reihenfolgen von Kundenanfragen keine Wahrscheinlichkeit zugewiesen werden kann. Dies trifft insbesonderezu,fallseinehoheAnzahlvonVariantenzuberücksichtigenist.Indie semFalllässtsichfolglichkeinePrognosehinreichenderGenauigkeiterstellen,wiesie AnwendungsvoraussetzungenantizipativreaktiverAnsätzeist.VonbesondererRele vanzfürdenUntersuchungsgegenstanddieserAusarbeitung,d.h.dievariantenreiche SerienproduktionsinddaherreaktiveAnsätze. AufgrundderdeutlichenUnterschiedeindenAnforderungenandieAuftragsannah meundProduktionsprogrammplanungisteineasynchroneAusführungsartanzustre ben.Diesegestaltetsichwiefolgt.DieAuftragsannahmeführtimErgebniszueinem Angebot. Damit ist der wesentliche Einflussfaktor auf die Ausführungsart bzw. häufigkeitdurchdie vom Kunden geforderte Antwortzeit gegeben. Bestehtder Be darfeinersofortigenQuotierung,lässtsicheineindividuelleVerarbeitungderAnfra gen nicht vermeiden. In jedem anderen Fall können Anfragen zunächst gesammelt werden, um dann schließlich gemeinsam verarbeitet zu werden. Aufgrund der ver besserten Informationsgrundlage ist in letzterem Fall mit einer besseren Zielerrei chungzurechnen. Zentrales Ergebnis der Produktionsprogrammplanung sind Pläne, die der weiteren Planungübergebenwerden.WesentlicheDeterminantederWiderholhäufigkeitsind damit Anforderungen an die Aktualität der Planung. Eine zu häufige Änderung der VorgabenfürdiedetailliertePlanungführtaberzueinererhöhtenDynamik,derso genanntenPlanungsnervosität.243UmgleichsamaktuelleInformationennichtzurück zuhaltensowiediefürdieDetaillierungerforderlicheStabilitätsicherzustellen,bietet sicheinerollierendeAusführungsartan(Abschnitt3.1.4). 243
Scholletal.(2004)
88
3GrundlagenderauftragsbezogenenPlanung
DieresultierendeAusführungsartistinAbbildung18schematischdargestellt.Folglich ergebensichdiejeweiligenProduktionsvorgabendurchAusführungderProduktions programmplanungzudendiskretenZeitpunkten ݐ(ݐ Ͳ).DiezugehörigePlanungs grundlage resultiert aus den einzelnen Auftragsannahmeentscheidungen, die zwi schendenZeitpunktengetroffenwerden. Kapazitäten
Anfragen Auftragsannahme Angebote
t=1
Aufträge
nachgelagerte Planung
Kapazitäten auftragsbezogene Planung
übergeordnete Planung
Kundenanfragen/bestätigte Angebote
Produktions programmplanung
auftragsbezogene Planung
übergeordnete Planung
Produktions programmplanung
nachgelagerte Planung
Anfragen Auftragsannahme Angebote
t=2
Aufträge
Produktions programmplanung
nachgelagerte Planung
Kapazitäten auftragsbezogene Planung
übergeordnete Planung
Aufträge
Anfragen Auftragsannahme Angebote
t=3
Produktionspläne
Abbildung18: SachlicheundzeitlicheAbhängigkeiteninderauftragsbezogenenPlanung
ZusammenfassendlässtsichdieauftragsbezogenePlanungalsTeilaufgabederopera tivenPlanunginFormeineshierarchischenPlanungssystemsbestehendausdenMo dulen der Auftragsannahme und Produktionsprogrammplanung strukturieren. Der FokusderbisherigenAusführungenlagaufderallgemeinenEinordnungundAbgren zung der auftragsbezogenen Planung bei variantenreicher Serienproduktion. Diese Ausführungen sollen im Nachfolgenden in zweierlei Hinsicht konkretisiert werden.
3GrundlagenderauftragsbezogenenPlanung
89
Zum einen erfolgt die Präzisierung des Handlungsbedarfs anhand von zwei ausge wähltenFallstudienausderAutomobilindustrie.ZumanderenwirdaufdieserGrund lage der Handlungsbedarf im Hinblick auf die Bereitstellung einer Entscheidungsun terstützungerarbeitet.DamitdienendieFallstudieneinerseitsderempirischenVali dierung des planerischen Bezugsrahmens sowie andererseits als Grundlage für die spätereModellierung.
4 Konkretisierung des Handlungsbedarfs anhand ausgewählter Fallstudien Eine wesentliche Voraussetzung des Einsatzes quantitativer Modelle ist die situati onsadäquate Abstraktion (conceptualization) der praktischen Problemstellung, so dassdierelevantenCharakteristikaderoriginärenEntscheidungssituationabgebildet werdenunddamiteinemöglichsthoheexanteValiditätderForschunggegebenist. DemZieldervorliegendenArbeitentsprechend,werdenindennachfolgendenKapi teln Entscheidungsmodelle für die auftragsbezogene Planung bei variantenreicher Serienproduktionentwickelt.UmjedocheineGrundlagefürdiequantitativeModel lierungzuschaffen,sollennachfolgenddieAnforderungenaneineEntscheidungsun terstützungaufderBasisvonFallstudienkonkretisiertwerden. Fallstudien(casestudies)sindimGegensatzzuanderenempirischenForschungsde signs244(wiederBeobachtungoderdemExperiment)ineinembesonderenMaßefür exploratorische Untersuchungen geeignet.245 Im Mittelpunkt steht dabei die Erhö hung des Systemverständnisses indem Strukturen und Zusammenhängen zur Erklä rungvonKonstrukteninihremrealweltlichenKontexterfasstwerden.246Fürdievor liegende Untersuchung entspricht dies der Konkretisierung der Anforderungen an eine Entscheidungsunterstützung zur auftragsbezogenen Planung anhand konkreter AusprägungendervariantenreichenSerienproduktion. Im Gegensatz zu Fragebogenuntersuchungen, deren Ziel in der Generierung statis tisch auswertbarer Aussagen und damit in der Verallgemeinerung der gewonnenen Erkenntnisse besteht,247 besteht das Ziel von Fallstudien vorrangig darin, neue Hin weiseaufvorherrschendeStrukturenzuidentifizieren.248DieInterpretierbarkeitder 244
Yin(2003),S.3ff.folgendwirddasForschungsdesigndefiniertals“thelogicalsequencethatcon nectstheempiricaldatetoastudy’sinitialresearchquestionsand,ultimately,toitsconclusions”. 245 Vossetal.(2002);Meredith(1998);Yin(2003),S.3ff. 246 Fritz(1995),S.59f. 247 Rea/Parker(2005) 248 Macphersonetal.(2000).DieMethodikderFallstudienuntersuchungistalskontextorientiertzu verstehen. D.h. basierend auf der Erkenntnis, dass die Interpretation der Ergebnisse betriebs wirtschaftlicher Forschung zumeist die Kenntniss der spezifischen Rahmenbedingungen voraus setzt, erfolgt eine möglichst detaillierte Darstellung und Analyse von Sachverhalten im einbet tendenKontext,umhierausSchlüsseabzuleiten(Dubois/Gadde(2002);Pettigrew(1985)).
92
4KonkretisierungdesHandlungsbedarfsanhandausgewählterFallstudien
so generierten Ergebnisse lässt sich anhand der folgenden Bewertungsdimensionen beurteilen:249 Konstruktvalidität(constructvalidity) ExterneValidität(externalvalidity) Reliabilität(reliability) Im Rahmen der Konstruktvalidität ist zu hinterfragen, ob die bei der Untersuchung berücksichtigten Systemeigenschaften zur Untersuchung der Problemstellung geeig net sind. Aus diesem Grund wird vor der Durchführung von Fallstudien zumeist ein theoretischerBezugsrahmenerarbeitet,aufdessenBasiseineAbgrenzungderUnter suchungdurchgeführtwerdenkann.FürdiehierdargestellteUntersuchungwirdein solcherinAbschnitt4.1entwickelt.DieserdientderKonkretisierungderzuvordarge stelltenallgemeinenAusführungen(Kapitel2und3)undbildetdieGrundlagefürdie DarstellungundDiskussionderFallstudien. DieexterneValiditätwirdalsKriteriumherangezogen,umdieVerallgemeinerbarkeit der in der Analyse gefundenen Ergebnisse auszudrücken. Bei Fallstudien wird eine möglichst tiefgreifende Erfassung eines Sachverhalts angestrebt. Durch den damit verbundenenAufwandwirdallerdingsdieReichweitederUntersuchunglimitiert,so dassinderRegelkeinefürdieGrundgesamtheitimstatistischenSinnrepräsentative Stichprobeuntersuchtwerdenkann.InsbesonderedieUntersuchungeinzelnerFälle wirdvordiesemHintergrundmiteinerReihevonEinschränkungeninBezugaufdie externe Validität in Zusammenhang gebracht.250 Aus diesem Grund werden bei der multiplen Fallstudie mehrere unabhängige Fallstudien durchgeführt.251 Das zentrale Gestaltungskriterium bei dieser Art von Forschungsdesign besteht demnach in der Fallauswahl(replicationlogic).252AufgrundderdeutlichgeringerenAnzahlvonFällen wirdhieranstellederStichprobenbestimmungimFallvonherkömmlichenquantitati venStudien(z.B.randomisierteVerfahren)aufdietheoretischeoderauchzielgerich 249
Yin(2003),S.116ff. LeonardBarton (1990) nennen als die Generalisierbarkeit der Untersuchung einschränkende FaktorenetwadieFehlinterpretationeinzelnerGegebenheitenunddieÜberbewertungderver fügbarenInformationen. 251 Eisenhardt(1989);Vossetal.(2002) 252 Yin(2003),S.47 250
4KonkretisierungdesHandlungsbedarfsanhandausgewählterFallstudien
93
tete Stichprobenbildung (theoretical sampling) zurückgegriffen.253 Die Stichproben bildungbzw.FallauswahlbasiertdannaufderIdentifikationmöglichstkontrastreicher Fälle für die die interessierenden Systemeigenschaften gleichsam zu beobachten sind.254EntsprechendeinermultiplenFallstudienuntersuchungwerdenfürdieAnaly sezweiausgewählteFälleausderAutomobilindustrieerörtert.UrsächlichfürdieBe trachtungderAutomobilindustrie ist einerseits derengroße volkswirtschaftlicheRe levanz255 aber gleichzeitig die große Bandbreite beobachtbarer Unternehmensfälle. Soistesmöglich,fürdasidentischeIndustrieumfeld(AutomobilindustrieinDeutsch land),zweisehrkonträreFällezuuntersuchen.EinePräzisierungderFallauswahlwird inAbschnitt4.1vorgenommen. SchließlichgibtdieReliabilitätAuskunftüberdieWiederholbarkeitderDurchführung. BeidernachfolgendenDarstellungderPlanungssystemezurauftragsbezogenenPla nung handelt es sich um eine Momentaufnahme. Entsprechend der Zielsetzung der vorliegendenArbeitbleibtdieDarstellungallerdingsaufallgemeineZusammenhänge beschränkt.AuchbasiertdieAnalyseauföffentlichzugänglichenDaten.DieMöglich keitzurWiederholungderUntersuchungistdahergrundsätzlichgegeben. ZieldesvorliegendenKapitelsistes,anhandvonzweiexploratorischenFallstudiendie Entscheidungssituation der auftragsbezogenen Planung bei variantenreicher Serien produktionzupräzisierenunddamiteineGrundlagefürdiequantitativeAnalyseim weiterenVerlaufderArbeitzuschaffen.DerFokusliegthierbeiaufderAbleitungvon Anforderungen an eine Entscheidungsunterstützung in der auftragsbezogenen Pla nungbeivariantenreicherSerienproduktion. 4.1 Industrieumfeld DieAutomobilindustrieistwiekaumeineandereBranchedurchhochgradigkomple xe Produkte bei gleichzeitig hohen Produktionsvolumina gekennzeichnet. So beste 253
Silverman(2000),S.104f. Eisenhardt(1989);DiesesVorgehenstehtimKontrastzuMethodendererstenGruppe,beide neneinemöglichstpräziseErmittlungstatistischer SchlüsseinBezugaufdie zugrundeliegende GrundgesamtheitimVordergrundsteht. 255 In Deutschland wurden im Jahr 2005 insgesamt 236 Mrd. Euro entsprechend einem Anteil von 19%desGesamtumsatzesderdeutschenIndustriedurchdieAutomobilindustriegeneriert(VDA (2008)).VergleichhierzuauchAbschnitt2.4. 254
94
4KonkretisierungdesHandlungsbedarfsanhandausgewählterFallstudien
henaktuelleAutomobileausbiszu20.000Stücklistenpositionen256beieinerweltwei tenProduktionvon66,5MillionenPersonenkraftwagenimJahr2007.257Gleichzeitig istdieBranchedurcheinenausgeprägteninternationalenWettbewerbgekennzeich net.258DamitrücktinsbesondereindentraditionellenAutomobilmärkten(USA,Euro pa und Japan) die Erschließung von Differenzierungsmerkmale in den Vordergrund der Bemühungen der verbliebenen 15 international aktiven unabhängigen Automo bilhersteller.259AlsKonsequenzsindimbesonderenMaßedievoneuropäischenHer stellernangebotenenProduktegekennzeichnetdurcheinegroßeAnzahlvonAnpas sungsmöglichkeitenmitderKonsequenzeinergroßenAnzahlzuproduzierenderVari anten.260 Die Produktion in der Automobilindustrie ist stark arbeitsteilig organisiert.261 Dabei lassen sich aus einer prozessorientierten Sicht fünf generische Stufen entlang der Wertschöpfungsketteunterscheiden(Abbildung19).AufdererstenStufeerfolgtdie FertigungvonKomponenten.DadiesezumeistdurchZulieferererbrachtwird,ergibt sichaufgrunddergroßenAnzahlzuintegrierenderKomponenteneinweitverzweig tes Netz von Lieferbeziehungen. Zur Reduktion dieser werden oftmals ausgewählte Zulieferer, die sogenannten Systemlieferanten, mit Integrationsaufgaben betraut.262 Die resultierenden Zwischenprodukte werden auch als Module (module assembly units)bezeichnet.ZurKoordinationderLieferbeziehungenkommenmittelbislang fristige Verträge zum Einsatz, in denen der Bedarf an Komponenten fixiert wird. KommteszuAbweichungen,dieüberzuvorfestgelegteGrenzenhinausgehen,wer denKompensationszahlungenfällig.263ImRahmenderdrittenStufederWertschöp fungerfolgtdieeigentlicheErzeugungdesverkaufsfähigenAutomobils.Diezugehöri gen Produktionsstufen umfassen die Fertigung der (Roh)Karosserie durch Pressen, Schweißen (Rohbau) und Lackieren sowie die Integration der zugelieferten Kompo 256
BMWGroup(2007) Gadesmann(2007) 258 Mercer(2001) 259 Mercer(2001) 260 Vergleichez.B.Gaudiano(2006). 261 Mercer(2006) 262 Kamath/Liker(1994) 263 Fredriksson/Gadde(2005) 257
4KonkretisierungdesHandlungsbedarfsanhandausgewählterFallstudien
95
nentenundModuleimRahmenderEndmontage.DerProduktionschließtsichinder RegeleinemehrstufigeDistributionan.264DemnachwerdendieProdukteinSammel transporten zunächst gemeinsam zu Verteilzentren verbracht, um schließlich den Händlern bzw. den Kunden verfügbar gemacht zu werden. Mit der Distribution ist oftmalsein(mehrstufiger)Eigentumsübergangverbunden(z.B.Zentralvertrieb,regi onaleVertriebsgesellschaft,Händler). Für das Beispiel des schwedischen Werks der Firma Volvo ergibt sich eine Struktur bestehend aus 170 Zulieferern, 15 Systemlieferanten, die insgesamt 26 Module lie fern, sowie 2400 Händlern. Der resultierende Wertschöpfungsanteil von Volvo liegt aufderStufederKomponentenundModulebeietwa25Prozent.265Dieaufdiesem WeggefertigteAnzahlvonAutomobilenbetrugimJahr2003ca.160.000Stück. Komponenten fertigung
Vormontage Module
Fahrzeug produktion
Distribution
Absatz/Vertrieb
KomponentenKomponentenzulieferer Händler zulieferer
KomponentenKomponentenzulieferer zulieferer KomponentenKomponentenSystemzulieferer zulieferer zulieferer KomponentenKomponentenzulieferer zulieferer
KomponentenVerteilzentren zulieferer KomponentenHändler zulieferer
Volvos Werk Göteborg KomponentenImporteure zulieferer
KomponentenKomponentenKomponentenzulieferer Komponentenzulieferer zulieferer zulieferer
KomponentenHändler zulieferer
266
Abbildung19: SupplyChainStrukturinderAutomobilindustrie
DerProduktionstypistdamitwiefolgteinzuordnen.Durchdenzusammenführenden (assemblierenden)Charakter istdie Form des Materialflusses267 über den gesamten Produktionsprozesskonvergierend.Demgegenüberlässtsichkeinesegmentübergrei fende Organisationsform identifizieren. Während beim Umformen im Presswerk in 264
Benkel(2000),TeileBundC Fredriksson/Gadde(2005) 266 Fredriksson/Gadde(2005) 267 Oftmals wird synonym vom Vergenztyp (Dyckhoff/Spengler (2007), S. 21f.) bzw. Prozesstypen (Günther/Tempelmeier(2005),S.19ff.)gesprochen. 265
96
4KonkretisierungdesHandlungsbedarfsanhandausgewählterFallstudien
derRegelwenigeUniversalmaschinenzurFertigungunterschiedlicherKomponenten zum Einsatz kommen (Werkstattfertigung), ist die Endmontage der Modelle nach demPrinzipdergetaktetenFließfertigungorganisiert.268DabeiistesdurchFortschrit teimBereichderAnlagentechnologiemöglichgeworden,imSinnedervariantenrei chen Serienproduktion, unterschiedliche Modelle (teilweise sogar Karosserievarian ten)innahezubeliebigerReihenfolgeunterVerwendungderselbenMontageliniezu produzieren.269 Gleichwohl sind die in Abschnitt 2.2.2 dargestellten Restriktionen in BezugaufMengeundModellMixzuberücksichtigen. Das Erzeugnisspektrum von Automobilherstellern lässt sich hierarchisch strukturie ren.270DieeigentlicheGrundkonstruktionwirdalsPlattformoderauchSeriebezeich net.VondieserleitensichunterschiedlicheBauformen,diesogenanntenKarosserie varianten(bodyinwhite)ab(z.B.Fließheck,Cabrio,Kombi).Vollständigbeschriebene ProduktewerdenschließlichalsModellebezeichnet.271ZurBewältigungderdurchdie VielfaltderangebotenenModellvarianteninduziertenKomplexitätgreifenHersteller vonAutomobilenaufmodulareErzeugnisstrukturenzurück(Abschnitt2.2.1).272Indi viduelleProduktvarianten(d.h.Modelle)lassensichfolglichdurchKombinationstan dardisierterModuleaufbauen.273 InderAutomobilindustrielässtsicheinübergeordneterTrendhinzurErhöhungdes Anteils kundenbezogener Produktion, entsprechend einer Linksverschiebung des KAEP, erkennen.274 Die Zielsetzung besteht dabei darin, die produzierten Produkte mitkonkretenKundenaufträgenzuverknüpfenundsomitbesseraufdietatsächliche Nachfrageeingehenzukönnen.InderKonsequenzsollkundenseitigeineverbesserte Servicequalität und ressourcenseitig eine höhere Effizienz (z.B. Reduzierung der Be stände)erreichtwerden(Abschnitt2.3).275DurchNutzungvonInternettechnologien 268
270 271
Drexl/Kimms(2001) Vergleichez.B.BMWGroup(2007)oderFisher/Ittner(1999). Herlyn(1990),S.34 Oftmals wird eine weitergehende Differenzierung (z.B. nach MotorGetriebeKombinationen) vorgenommen.DiesescheintallerdingsfürdienachfolgendenAusführungennichterforderlich. 272 Alfordetal.(2000) 273 Baldwin/Clark(1997) 274 Holweg(2003);Howardetal.(2005);Meyr(2004a) 275 3DayCarResearchTeam(2003) 269
4KonkretisierungdesHandlungsbedarfsanhandausgewählterFallstudien
97
istesdabeimöglich,denKundenstärkeralszuvorindieErstellungvonProduktions vorgaben einzubinden (z.B. OnlineProduktkonfiguratoren) und durch Kopplung von Auftragsannahme und Lieferzusage eine verbesserte Koordination der kunden und ressourcenseitigenAktivitätenzuerreichen.276EineAuflistungvonInitiativenausge wählter Hersteller zur Restrukturierung des Auftragsabwicklungsprozesses im oben genanntenSinneistinTabelle14gegeben. Tabelle14.
ProgrammezurRestrukturierungdesAuftragsabwicklungsprozesses277
Hersteller
Programmbezeichnung
Lieferzeitziel
BMW
KOVP–KundenorientierterVertriebsprozess
10Tage
DaimlerChrysler
FastCar/GlobalOrdering
15Tage
Ford
OrdertoDelivery
15Tage
GeneralMotors
OrdertoDelivery
20Tage
Porsche
PorscheIntegriertesAuftragsund RessourcenManagement
imFokusstehtdieAus kunftsfähigkeitbeiAuf tragsbestätigung
Renault
ProjetNouvelleDistribution(PND)
21Tage
Volkswagen
ProzesseimFokus
14Tage
Toyota
Scion
57Tage
ZurUmsetzungderkundenbezogenenProduktionkommtüberwiegenddieStrategie der Variantenmontage zum Einsatz.278 Demnach erfolgt die eigentliche Anpassung desProduktes,d.h.diekundenspezifischeKombinationvonModulen,inderEndmon tage.DieserkommtfolglichdieFunktiondesPoPCzu(Abschnitt2.1.2).Dessenunge achtet wird bei herkömmlichen Konzepten zur Auftragsabwicklung eine frühzeitige Zuordnung von Kundenaufträgen zu Produkten vorgenommen (oftmals schon im Rohbau).279DieindiesemBereichhäufigauftretendenProzessstörungenwirkensich dannnegativaufdieEinhaltungvereinbarterLiefertermineaus.280AusdiesemGrund bestehenaktuelleBestrebungendarin,dieAuftragszuordnungimSinneeinerreinen
276
Swann(2001),S.95f. Gaudiano(2006);Hoogestraat(2004);Nguyen(2006);SAPAG(2007);Nyabietal.(2006) 278 Alfordetal.(2000) 279 Pil/Holweg(2004) 280 Gaudiano(2006) 277
98
4KonkretisierungdesHandlungsbedarfsanhandausgewählterFallstudien
Variantenmontage zu verzögern.281 Die vorgelagerten Fertigungsschritte erfolgen in diesemFallauftragsunabhängig. KonsequenzeinerreinkundenbezogenenProduktionwäreunterdessen,dassKunden miteinerLieferzeiterwartung,diekleineristalsdiekürzestemöglicheLieferzeit,nicht bedient werden könnten. Daher lässt sich in den meisten Realisierungsformen von Auftragsabwicklungsprozessen ein Nebeneinander von kundenbezogener und anonymer Produktion beobachten.282 Eine Auflistung des Anteils kundenbezogener ProduktionfürausgewählteMärkteistinTabelle15gegeben. Tabelle15:
AnteilekundenbezogenerProduktioninausgewähltenMärkten283
Verkaufsart
Europa
UK
Deutsch land
USA
Japan (Toyota)
Auftragsfertigung(BTO)
48%
32%
62%
6%
50%
VerkäufeausZentrallageroder gemeinsamerLagerhaltung(MTS)
14%
51%
8%
5%
6%
VerkäufeausHändlerbestand(MTS)
38%
17%
30%
89%
34%
Ein eindeutiger KAEP lässt sich damit für die Automobilindustrie nicht bestimmen (Abschnitt 2.1.2). Vielmehr hängt der Auftragsabwicklungsprozess wesentlich vom BestellverhaltenderKundenab.AufgrundderzentralenBedeutungfürdieAusgestal tung auftragsbezogener Planungsprozesse, soll dieser Sachverhalt nachfolgend kurz illustriertwerden. Für die in einem Bezugszeitraum (z.B. einen Tag) produzierten Fahrzeuge lässt sich der Durchlauf durch die Stufen Produktionsvorbereitung, Produktion, Distribution undÜbergabebeschreiben.WirdvereinfachendvoneinemgemeinsamenÜbergabe ort(d.h.identischenDistributionszeiten)ausgegangen,ergibtsichausdergemeinsa men Produktionsperiode ein gemeinsamer (frühester) Auslieferungszeitpunkt. Für denFall,dasskeinereinkundenbezogeneProduktionvorliegt,istderBestellprozess demHerstellungsprozessnebengeordnet.D.h.wennzumZeitpunktderPlanfixierung 281
Meyr(2004a) Brabazon/MacCarthy(2006b) 283 Holweg/Pil(2004),S.12 282
4KonkretisierungdesHandlungsbedarfsanhandausgewählterFallstudien
99
nichtfürallezurHerstellungvorgesehenenFahrzeugeKundenaufträgevorliegen,er folgt eine kundenanonyme Spezifikation. Dabei lässt sich der kumulative Anteil vor liegenderBestellungenentsprechenddeminAbschnitt3.3.2diskutiertenFüllgradals monoton fallende Funktion rückwärtsschreitend von der Übergabe auftragen.284 In derAutomobilindustriewirddieseKennzahloftmalsauchalsKundenbelegungsgrad bezeichnet.DemnachhabenalleKunden,dieihrenAuftragvorderfrühestenmögli chenAuslieferungplatzieren,eineLieferzeiterwartunggrößernull,währendallespä tereintreffendeneineunverzögerteLieferungerwarten.285 SomitleitensichdreiIntervalleab,diezusammenfassendinAbbildung20dargestellt sind. In einem ersten Intervall, der Einplanung (1), gehen Kundenaufträge ein und werden im Rahmen der auftragsbezogenen Planung auf ihre (kapazitative) Herstell barkeit geprüft (Abschnitt 3.3.2). Dieser Prozess wird fortgesetzt, bis zum Zeitpunkt derFixierungdesProduktionsplans.UmauchdieKundenbedienenzukönnen,diezu diesem Zeitpunkt noch keinen Auftrag platziert haben (d.h. kürzere Lieferzeiten er warten),wirdderProduktionsplandurchkundenanonymeFahrzeugeergänzt.286Da beierfolgteineSpezifikationentsprechendderantizipiertenNachfrage.InderFolge stehtdamitfest,welcheProduktehergestelltwerden.AufgabeimRahmenderauf tragsbezogenenPlanungistindieser,derzweitenPhase,nunmehrdieZuordnungvon AufträgenzudenspezifiziertenkundenanonymenProdukten(2).Diesewirdauchals Allokationbezeichnet.IstzumZeitpunktderAuslieferungandenHändlernochkein KundefüreinFahrzeuggefunden,gehtdiesesinseinenBestandüber.EineFortset zung des Allokationsverfahrens über diesen Zeitpunkt hinaus ist grundsätzlich mög lich(3), jedoch oftmals mit zusätzlichen Logistikkostenfür die Organisation und Ab wicklung der (Einzel)Transporte zwischen Händlern verbunden. Aus Sicht der Pro duktionsstrategie ergibt sich folglich eine Kombination aus kundenbezogener Leis tungserstellung bzw. BTO (1) sowie kundenanonymer Leistungserstellung bzw. MTS (2und3).
284
Meyr(2004a) Elias(2002) 286 ZudenRisikendieserVorgehensweisesieheetwa:3DayCarResearchTeam(2003). 285
100
4KonkretisierungdesHandlungsbedarfsanhandausgewählterFallstudien
BeiderAllokationhandeltessichumeinederEinplanungzeitlichnachgelagerteAuf gabe. Der Umkehrschluss trifft auf die Ausführungsreihenfolge im Rahmen der auf tragsbezogenenPlanungzu.HierwirdzunächstimRahmenderAllokationversucht, dieAnfragedurcheinkundenanonymesProduktzubedienen.Istdiesnichtmöglich, wirddieEinplanungausgeführt.AufgrunddieserstriktsequenziellenVorgehensweise lassen sich die nachfolgende Betrachtungen auf die Einplanung beschränken. Auf SchnittstellenzurAllokationwirdallerdingshingewiesen. Einplanung
Allokation frühester Auslieferungszeitpunkt
100 %
MTS 50 %
1
2
3 BTO
Auftragsabwicklungsstrategie
Kundenbelegungsgrad
Fixierung der Planung
Zeit Produktionsvorbereitung
Produktion
Distribution
Übergabe
Abbildung20: Arten der auftragsbezogenen Planung anhand des Kundenbelegungsgrades im Auf tragsabwicklungsprozess287
EineabschließendeDiskussionderMerkmaledervariantenreichenSerienproduktion wieinAbschnitt2.2dargestellt,istinTabelle16gegeben.DemnachistdieAutomo bilproduktion grundsätzlich der variantenreichen Serienproduktion zuzuordnen. Die Koexistenz verschiedener Auftragsabwicklungsstrategien ist insofern unkritisch, da sichdieverschiedenenStrategienunabhängigvoneinanderanalysierenlassen.288
287
Stautner(2001),S.89;Bufka(2004),S.79. Eine vertiefende Analyse der Allokation wird in Bufka (2004), Brabazon/MacCarthy (2004) und Brabazon/MacCarthy(2006b)durchgeführt.
288
4KonkretisierungdesHandlungsbedarfsanhandausgewählterFallstudien
101
Tabelle16:
Merkmale der Automobilindustrie als Ausprägung der variantenreichen Serienpro duktion
Merkmal
Eigenschaftdervariantenreichen Serienproduktion
Auftragsabwicklunginder Automobilindustrie
Erzeugnisspektrum
VariantendurchKombination standardisierterProduktoptionen
trifftzu
Erzeugnisstrukturen
modulareProduktstrukturen
KAEP
Auftragsbzw. Variantenmontage(BTO)
Produktionstyp
gemischteFließfertigungbzw. Variantenfließfertigung
trifftzu
mengenmäßige Restriktion
definiertdurchTaktungder Fließproduktion
trifftzu
ModellMix Restriktionen
definiertdurch Fließbandabstimmung
trifftzu
trifftzu trifftmirEinschränkungzu,dakeineein deutigeFestlegungdesKAEPmöglichist
Eigenfertigungsquote gering
trifftzu
Lieferbeziehungen
trifftzu
fixiertdurchVerträge
DerMarktfürAutomobilelässtsichmitBezugaufdieEigenschaftenderProduktein Modellreihen segmentieren. Diese unterscheiden sich in physischen (d.h. optischen und technischen) Merkmalen, wie der Karosserieform, der Anzahl von Sitzen sowie derFahrzeuggröße,aberinsbesondereauchinmarktorientiertenMerkmalen.Hierzu zählenderVerkaufspreis,dieAnzahlmöglicherProduktoptionensowiedasVerkaufs volumen.DieseswirdbeispielsweisedurcheinenVergleichderKlassen„Minis“(u.a. Ford Ka) und „Oberklasse“ (u.a. Maybach) offenbar. Das Kraftfahrtbundesamt diffe renziert zwischen insgesamt zehn Segmenten sowie „Wohnmobilen“ und „Sonsti gen“.289 HerstellerbedienenoftmalseineVielzahlvonMarktsegmenten.290UnterBerücksich tigungderdeutlichenUnterscheideindenmarktorientiertenMerkmalen,scheintei ne segmentübergreifende Diskussion von Systemen zur auftragsbezogenen Planung wenig zweckmäßig. Daher soll nachfolgend anstelle einer herstellerbezogenen Dis kussionaufspezifischeModellreihenfokussiertwerden.UmbeiderFallauswahleine 289
DieDifferenzierungbasiertaufderKlassifikationdesKraftfahrtbundesamtes(KBA(2007a)). BeispielsweisebietetVolkswagengleichermaßenProdukteindenSegmentenMinis(Fox),Klein wagen(Polo),Kompaktklasse(Eos,Golf,Beetle),Mittelklasse(Passat),Oberklasse(Phaeton),Ge ländewagen(Tiguan,Touareg),Utilities(Caddy,Crafter,Transporter)undVans(Touran)an.
290
102
4KonkretisierungdesHandlungsbedarfsanhandausgewählterFallstudien
möglichstgroßeHeterogenitätzuerreichen,wurdenFällederModellreichen„Vans“ (VWTouran),und„Sportwagen“(Porsche911er)ausgewählt. 4.2 BezugsrahmenfürdieAnalyse Eingehende Voraussetzung von Fallstudienuntersuchungen ist ein strukturierender Bezugsrahmen,indemdieinteressierendenAspektedeszuuntersuchendenSystems ineinenZusammenhanggebrachtwerden.291Nursolassensichdieunterschiedlichen FälleeinergemeinsamenAnalysezuführen. Als Grundlage eines strukturierenden Bezugsrahmens lässt sich für den im Rahmen dieserArbeitbetrachtetenUntersuchungsgegenstanddieZielsetzungderauftragsbe zogenen Planung heranziehen. Demnach besteht das übergeordnete Ziel entspre chender Planungskonzeptionen in der Zusammenführung von (Ressourcen)Angebot und (Kunden)Nachfrage und damit in der Unterstützung des Auftragsabwicklungs prozesses(Abschnitt3.3.1).InderKonsequenzwirddieEignungundLeistungsfähig keitvonauftragsbezogenenPlanungskonzeptenineinemhohenMaßedurchdiespe zifischenEigenschaftendieserFaktorenbeeinflusst.ImUmkehrschlussbegründendie diesenBereichenzugehörigenCharakteristikaAnforderungenandieauftragsbezoge ne Planung, die im praktischen Kontext zur Umsetzung der verwendeten Planungs konzeptegeführthaben.AlsBezugsrahmenfürdienachfolgendeDiskussionderFall studiensolldahereinSystembestehendausdenMerkmalsfeldernAngebot,Nachfra geundPlanungssystemAnwendungfinden. MerkmaledesAngebots Im Rahmen ihrer Unternehmensstrategie zielen industrielle Unternehmen darauf, NutzenfürihreWertschöpfungspartnerzuschaffenunddadurchdeneigenenErfolg zu sichern.292 Wesentliche Gestaltungsmerkmale der Unternehmensstrategie stellen die angebotenen Leistungen (Produkte) und die zu ihrer Herstellung verwendeten Ressourcen(Produktionssystem)dar.
291
Vossetal.(2002) Meffert(2000),S.223;Wöhe/Döring(2002),S.5f.
292
4KonkretisierungdesHandlungsbedarfsanhandausgewählterFallstudien
103
Im Hinblick auf die Leistung lassen sich materielle Komponenten von immateriellen unterscheiden.293DasmaterielleLeistungsprogramm294entsprichtdemangebotenen Erzeugnisspektrum. Relevant aus Sicht der auftragsbezogenen Planung ist insbeson dere die hierdurch festgelegte (interne) Variabilität, da diese eine maßgebliche De terminante für diezubeherrschende Prozess und Teilevielfalt ist.295 Diese wird be stimmtdurchdieKonstruktionsart(modularimFallderAutomobilindustrie)sowiedie AnzahlangebotenerProdukte,bzw.dieVariantenvielfalt.DieimmateriellenLeistun genumfassensämtlicheAspektedesvomKundenwahrgenommenNutzens,dienicht alleindurchdasphysischeProduktbestimmtwerden(z.B.VersicherungsoderFinan zierungsleistungen).296Hierzuzähleninsbesondereauchdie(Service)Merkmaledes Auftragsabwicklungsprozesses (Abschnitt 3.3.2).297 Da diese allerdings maßgeblich durch das Planungskonzept bestimmt werden, sollen sie nachfolgend als Merkmale desselbenverstandenwerden. Merkmale,diedieAusgestaltungderRessourcenbeschreiben,betreffenimWesent lichendiezurWertschöpfungverwendetenProzesse.DieVorstellungderallgemeinen Struktur der Leistungserstellung erfolgte bereits im Rahmen der einführenden Aus führungen zum Industrieumfeld. Demnach ergeben sich hinsichtlich der Form des Materialflusses sowie der Organisationsform keine untersuchungsrelevanten Unter schiede. Mögliche Differenzierungsmerkmale stellen demgegenüber die Fertigungs tiefe sowie die geographische Verteilung der Produktionsstandorte bzw. die Netz werkstruktur(exklusiveStandorte,paralleleStandorte)dar.AlszusätzlichesKriterium für die Diskussion von auftragsbezogenen Planungssystemen scheint weiterhin die kapazitativeAnpassungsfähigkeit(d.h.dieKapazitätsflexibilität)relevant.Diesbetrifft gleichsamdiequantitativeAnpassungsfähigkeit(Produktionsrate)wieauchdiequali tativeAnpassungsfähigkeit(Produktprogramm).298
293
SiehehierzuvertiefendMeffert(2000),S.334f.sowiedortangegebenenQuellen. DiesewerdenauchalssubstanziellesProduktbezeichnet(Brockhoff(1999),S.14). 295 Pil/Holweg(2004) 296 Brockhoff(1999),S.13 297 DiesewerdenoftmalsauchalslogistischeQualitätbezeichnet(Pfohl(1996),S.36ff.) 298 DiequantitativeAnpassungsfähigkeitentspreichtdervonSLACKeingeführten“volumeflexibility”. Diequalitativeder„product/mixflexibility“(Slack(1987)). 294
104
4KonkretisierungdesHandlungsbedarfsanhandausgewählterFallstudien
MerkmalederNachfrage Die Inanspruchnahme des Angebots durch die Nachfrage führt zur eigentlichen un ternehmerischen Tätigkeit. Aus deskriptiver Sicht lassen sich aggregierte von detail liertenEigenschaftenderNachfrageunterscheiden.299AggregierteMerkmalsdimensi onenbetreffenimWesentlichendieHöheundzeitlicheVerteilung,d.h.dieDynamik der Nachfrage. Diesen stehen aus einer detaillierten, d.h. auftragsbezogenen Per spektivediegewünschtenLieferzeitenunddieindividuellenAuftragskonfigurationen entgegen. Dabei sehen sich Unternehmen oftmals nicht homogenen Erwartungen konfrontiert.IndiesemFalllassensichunterschiedliche(Markt)Segmentemitspezi fischen Anforderungen unterscheiden (z.B. Firmen und Privatkunden oder geogra phischeBereiche).AlsKonsequenzsindinpraktischenFällenregelmäßigVertriebska näle zu beobachten, die auf die jeweiligen Anforderungen der Segmente angepasst sind. Planungskonzept DieausdenMerkmalenvonAngebotundNachfrageableitbarenAnforderungenbil den schließlich die Basis für das Planungskonzept. Durch dieses werden die Pla nungsmodule(Struktur)sowiediezugehörigenVerfahren(Prozesse)definiert.Beide AspektewerdengrundlegenddurchdeninAbschnitt3.4erörtertenplanerischenBe zugsrahmenbeschrieben.DierelevantenMerkmalelassensichdemnachdenModu lenAuftragsannahmeundProduktionsprogrammplanungzuordnen. GegenstandderAuftragsannahmeistdieÜberführungvonKundenanfrageninbestä tigteAufträge.AlsMerkmalesinddemnachzuunterscheidendieZielsetzungderPla nung(Abschnitt3.3.2),dieAusführungsart(auftragsindividuell,periodisch),diezeitli che Granularität des Lieferversprechens (z.B. Tage, Wochen), die Modellierung von Kapazitäten(z.B.Endprodukte,Optionen)unddieIntegrationmitdernachfolgenden Planung.ÜberdiesstelltdieMöglichkeit,einenbereitsplatziertenAuftragzuändern einenzusätzlichenKundennutzenmitBezugzumAuftragsabwicklungsprozessdar. 299
ImRahmenderhierdargelegtenAnalysestehtdieBeschreibungderNachfrageimVordergrund. Diese soll daher als unabhängig angesehen werden. Wechselwirkungen zwischen Angebot und Nachfrage,wiesiebeispielsweiseErkenntnisgegenstanddesRevenueManagementssind(Tallu ri/VanRyzin(2005)),werdendemnachnichtbetrachtet.
4KonkretisierungdesHandlungsbedarfsanhandausgewählterFallstudien
105
DiesospezifiziertenAufträgewerdenimRahmenderProduktionsprogrammplanung (MPS) in Vorgaben für die Leistungserstellung überführt. Relevante Merkmale sind demnach die Zielsetzung der Planung, der Planungshorizont sowie die verwendete AggregationinzeitlicherundkapazitativerHinsicht. Ein weiteres Merkmal betrifft die Festlegung der Beziehung zum Absatzmarkt, d.h. dieWahldesKAEP(Abschnitt2.1.2).Untersuchungsrelevantscheintinsbesonderedie Unterstützung der in Abschnitt 4.1 eingeführten Phasen der Auftragsabwicklung durchdasPlanungskonzept(d.h.EinplanungundAllokation). Bezugsrahmen DersichausdendargestelltenMerkmalsdimensionenergebeneBezugsrahmenistin Abbildung 21 illustriert. Dieser soll nachfolgend Anwendung finden, um die Fallstu dienzudiskutieren.
Abbildung21: BezugsrahmenfürdieFallstudien
4.3 Fallstudien Auf der Basis des im Vorhergehenden erarbeiteten Bezugsrahmens werden im Fol gendenzweiFallstudiendiskutiert.DiessinddieFälledesVolkswagenTouransowie desPorsche911er. 4.3.1 VolkswagenTouran Der Volkswagen Touran wird seit der Markteinführung im Jahr 2003 von der Au to5000 GmbH (nachfolgend: Auto5000), einer 100 prozentigen Tochtergesellschaft
106
4KonkretisierungdesHandlungsbedarfsanhandausgewählterFallstudien
derVolkswagenAG,produziert.ZumUnternehmenzählen3.900Mitarbeiter.300Ne bendemTouranwirdseitEnde2007derTiguranalszweiteProduktreiheproduziert. Im Nachfolgenden soll ausschließlich die Auftragsabwicklung des Touran betrachtet werden.DiesentsprichtdemStandzuBeginndesJahres2007. MerkmaledesAngebots Die Produktion des Touran erfolgt exklusiv am Standort Wolfsburg innerhalb des Stammwerks der Volkswagen AG. Folglich ergibt sich eine stark integrierte Struktur desProduktionsnetzes.DieFertigungstiefebeträgtetwa27Prozent.301 DerTouranwirdseitdemzweitenHalbjahr2006inderzweitenGenerationvertrie ben. Neben den drei Ausstattungsvarianten302 Conceptline, Highline und Trendline wirddiedurchzahlreicheoptischeMerkmaleundeinum12mmerhöhtesFahrwerk gekennzeichnete Ausstattungsvariante CrossTouran vertrieben.303 Eine vollständige ÜbersichtderangebotenenProduktoptionenistinTabelle17dargestellt.Hierauser gibtsicheinetheoretischeAnzahlvon3,8*1018Produktkonfigurationen.DieProdukt preiserangierenimBereichvonca.20.000bis40.000Euro. DurchdieexklusiveFertigungamStandortWolfsburgbestehtkeineMöglichkeit,die Produktionsinfrastrukturanderweitigzubenutzen.Daheristkeinekurzfristigequali tativeFlexibilitätvorhanden,sodassSchwankungeninderNachfragedurchdasPro duktionssystemzukompensierensind.DieNennkapazitätbeträgt840Fahrzeugepro Tag im DreiSchichtSystem.304 Im Hinblick auf die quantitative Flexibilität kann die durchschnittlicheArbeitszeitvon35StundenproWocheaufbiszu42Stundenaus geweitet werden. Entsprechende Stunden werden auf einem Arbeitszeitkonto mit einer Beschränkung von 400 Stunden geführt. Weiterhin können jährlich bis zu 30 SpätschichtenanSamstageneinberufenwerden. 300
StandEnde2006gemäßAuto5000(2007) Pries(2002) 302 Ausstattungsvarianten werden durch eine Menge vordefinierter Eigenschaften (z.B. Radio, Leichtmetallfelgen) sowie evtl. optische Merkmale (z.B. Schriftzüge) unterscheiden, sodass sich einspezifischerBasispreisergibt.AusstattungsvariantensindfolglicheineRealisierungsformder Optionsbündelung(Pil/Holweg(2004)). 303 Grünweg(2007) 304 Auto5000(2007) 301
4KonkretisierungdesHandlungsbedarfsanhandausgewählterFallstudien Tabelle17:
107
305
ÜbersichtderProduktoptionenVolkswagenTouran
Optionsfamilie
Option
Motor/Getriebe
Anzahl 5/4
Optionsart
Außenlackierung
11
Pflichtoption
Innenausstattung
2
Pflichtoption
Sonderausstattung
Dachreling
1
Wunschoption
Sonderausstattung
Dekoreinlagen
1
Wunschoption
Sonderausstattung
Diebstahlwarnanlagen
1
Wunschoption
Sonderausstattung
Fahrerassistenzsysteme
2
Wunschoption
Sonderausstattung
Fahrradträgersysteme
2
Wunschoption
Sonderausstattung
Fahrwerke
3
Wunschoption
Sonderausstattung
Fahrzeugschriftzüge
1
Wunschoption
Sonderausstattung
Klimaanlagen
2
Wunschoption
Sonderausstattung
Lenkräder
2
Wunschoption
Sonderausstattung
Licht&Sicht
9
Wunschoption
Sonderausstattung
Multimediasysteme
2
Wunschoption
Sonderausstattung
RadioNavigationssysteme
3
Wunschoption
Sonderausstattung
Radiosysteme
4
Wunschoption
Sonderausstattung
Räder/Reifen
8
Wunschoption
Sonderausstattung
Scheiben
2
Wunschoption
Sonderausstattung
Sitzkonfiguration
1
Wunschoption
Sonderausstattung
Telefon
1
Wunschoption
Sonderausstattung
Winterpakete
3
Wunschoption
Sonderausstattung
Fahrhilfen
9
Wunschoption
Sonderausstattung
WeitereAusstattungen
16
Wunschoption
Pflichtoption
MerkmalederNachfrage Der deutsche Markt stellt mit 47 Prozent der Gesamtproduktion (bezogen auf das Jahr2006)denbedeutsamstenEinzelmarktdar.306BezogenaufdiesenistderTouran seitBeginndesJahres2004dasmeistverkaufteAutoinseinemSegment.Diemonat lichenZulassungenbetrugenimBetrachtungszeitraum2003bis2007durchschnittlich 6.873FahrzeugebeieinemVariationskoeffizientenvon23Prozent.DieNeuwagenzu lassungendesTouraninDeutschlandsindfürdieJahre2004bis2007inAbbildung28 zusammengefasst. 305
ErgebniseinerRechercheunterVerwendungdesOnlineProduktkonfiguratorsam18.12.2007. VolkswagenAG(2006)
306
108
4KonkretisierungdesHandlungsbedarfsanhandausgewählterFallstudien
307
Abbildung22: VWTouranNeuzulassungeninDeutschland(2003bis2007)
Planungskonzept DieauftragsbezogenePlanungerfolgtimRahmendesAuftragsmanagements.Alsre levanteTeilprozesselassensichdieEinplanungimSystemFAVAS(FahrzeugAuftrags verwaltungs und abgleichssystem) sowie das vorgeschaltete Allokationsverfahren unterscheiden(Abschnitt4.1).308 DerProzessderauftragsbezogenenPlanungwirddurcheinevorliegendeKundenan frageausgelöst.ImRahmeneinessequenziellenAnsatzeslassensichvierStufenun terscheiden: die Erfassung, die Herstellbarkeitsprüfung, die Einplanung sowie die Wochenprogrammerstellung. DerersteSchrittimRahmendesAuftragsmanagementsbestehtinderErfassungder Kundenanfrage, d.h. der Überführung des Kundenwunsches in eine standardisierte Beschreibung.HierbeikommenProduktkonfiguratorenzumEinsatz.Ergebnisisteine in Bezug auf die kundenorientierten Produkteigenschaften spezifizierte Anfrage. Es wird ferner unterschieden zwischen unterschiedlichen Bestellarten (z.B. Kundenauf trag,Vorführwagen,Lagerauftrag).
307
KBA(2007b) DienachfolgendenAusführungenbasierenausschließlichauföffentlichzugänglichenMaterialien: Hoogestraat(2004),Stoßberg(2002)sowieCoordes(2003).AusdiesemGrundsollvoneinerge sondertenKennzeichnungimNachfolgendenAbstandgenommenwerden.
308
4KonkretisierungdesHandlungsbedarfsanhandausgewählterFallstudien
109
In einem zweiten Schritt werden die so generierten Datensätze aus dem Informa tionssystemdesHändlers(NeuwagenDatenbankbzw.NEWADA)indaszentraleAuf tragsmanagementsystem überspielt und dort der technischen Verschlüsselung und Herstellbarkeitsprüfung zugeführt. Dieses geschieht in der Regel zeitversetzt zum Verkaufsgespräch,obwohldietechnologischenVorrausetzungenfüreineEchtzeitprü fung erfüllt sind. Somit ergibt sich eine ereignisgesteuerte Ausführungsart. Gegens tanddesProzessschrittsistdieÜberführungderkundenorientiertenEigenschaftenin einen Kapazitätsbedarf für ausgewählte Merkmale. In diesem Rahmen erfolgt auch die Prüfung der Produktspezifikation auf Vollständigkeit sowie die Überprüfung der technischenundlogistischenHerstellbarkeit.SokönnenbeispielsweiseeinzelnePro duktmerkmale zum nachgefragten Zeitpunkt zeitweise gesperrt und dadurch (noch) nichtverfügbarsein.DiepositivePrüfungwirddurchdieVergabeeinesKennzeichens, demsogenanntenGültigkeitsdatumquittiert.DerjeweiligeAuftragstehtnunmehrfür dieEinplanungzurVerfügung.ImFalleinesnegativenAusgangsderPrüfungwerden dieDatendemHändlerzurerneutenPrüfungzurückgespielt. Im Rahmen der Auftragseinplanung erfolgt die Prüfung der kapazitativen Herstell barkeit basierend auf einer merkmalsbasierten Repräsentation der Kapazität, den sogenanntenSchaugläsern.Dieseresultiertausderübergeordnetenprognosebasier ten Planung (der sogenannten wochenorientierten Mengenplanung) und definieren Grenzen für die wochenweise Leistungsfähigkeit (z.B. Anzahl eines Motorentyps je Woche).SindeinzelneRestriktionenverletzt,erfolgteinezeitlicheVerschiebungdes Auftrags mit anschließender erneuter Prüfung auf kapazitative Herstellbarkeit. Für denbetrachtetenkurzfristigenPlanungshorizonterfolgtkeinesystematischeBerück sichtigungdervorhandenenPersonalflexibilität.DieserProzesswirdsolangeiteriert, biseinezulässigeEinplanungermitteltwurde.ErgebnisderAuftragseinplanungistdie Zuordnung der bestimmten Fertigstellungswoche, der ersten Schauglaswoche. Aus diesemDatumwirdfernerder(vorläufige)LieferterminerrechnetundandenHänd lerzurückgespielt. Auf Basis der bestätigten Aufträge erfolgtim Rahmen der Wochenprogrammerstel lungdieDefinitionderwerksbezogenenWochenvorgabenfüreinenPlanungshorizont von vier Wochen. Dies entspricht der oben eingeführten Produktionsprogrammpla nung. Unterschieden wird zwischen der vorläufigen Einplanung (dem sogenannten
110
4KonkretisierungdesHandlungsbedarfsanhandausgewählterFallstudien
vorläufigen Wochensoll), die für die Planperioden drei und vier durchgeführt wird, sowie der finalen Einplanung (dem Wochensoll) in den Perioden eins und zwei.309 MotivationfürdaszweistufigeVorgehenist,dassfürdiePeriodendreiundvierwei terhinÄnderungenderAuftragsspezifikationenermöglichtwerden,soferndieskapa zitativzulässigist(d.h.keinezeitlicheVerschiebungdesAuftragszurFolgehätte).Die ErstellungderWochenprogrammeundWeitergabeannachgelagerteInstanzen(d.h. diewerksbezogenePlanung)erfolgtwöchentlichrollierend(Abschnitt3.1.4). NebenderErfüllungeinerKundenanfragedurcheinherzustellendesProduktbesteht dieMöglichkeit,aufeinkundenanonymproduziertesFahrzeugzurückzugreifen.Diese FunktionalitätwirdimFalldesTouranAuftragsabwicklungssystemsdurcheinAlloka tionsverfahren, das sogenannte Locating, realisiert. Diese gliedert sich in den oben dargestelltenProzessvordiePrüfungderHerstellbarkeitein,sollaberhiernichtver tiefendbehandeltwerden. DamitergibtsichdasinAbbildung23dargestellteSystemzurauftragsbezogenenPla nung.NebendenzuvorerörtertenInformationsflüssenkannesvorkommen,dasssich Abweichungen zwischen dem prognostizierten und dem eintretenden ModellMix einstellen.IndiesemFallisteineAnpassungderKapazitätenimRahmenderwochen orientierten Mengenplanung vorgesehen (sogenannte Mangelverwaltung). Hierzu werden die Informationen über die eingeplanten Aufträge (d.h. die Kapazitätsbele gung)zurVerfügunggestellt. Zur Bewertung der TouranAuftragsabwicklung kommt eine Reihe von vorrangig quantitativnichtmonetärenKennzahlenzurAnwendung(Abschnitt3.3.2).Besonde re Bedeutung kommt dabei der Liefertreue zu. So werden insbesondere die soge nannte Einplanungstreue (entsprechend der Übereinstimmung von vorläufigem und endgültigem Produktionsauftrag) sowie die Liefertreue wie in Abschnitt 3.3.2 defi nierterhoben.DarüberhinauserfolgeinedetaillierteErhebungderDurchlaufzeiten.
309
ZudemwirdbeiderFixierungdasWerkskennzeichenvergebenundeswerdendieFertigungsun terlagengeneriert.
4KonkretisierungdesHandlungsbedarfsanhandausgewählterFallstudien
111
Kapazitäten
Wochenprogrammerstellung
• Wöchentliche Ausführung • Bestimmung der finalen Produktionswoche
• Werkszuordnung
auftragsbezogene Planung
Mangelverwaltung
Wochenorientierte Mengenplanung
Einplanung
• Ereignisgesteuerte Ausführung
• Herstellbarkeitsprüfung • Bestimmung der vorläufigen Produktionsund Lieferwoche
Anfragen Händlersystem vorläufiger Liefertermin
spez. Aufträge mit bestätigter Liefer- und vorläufiger Produktionswoche Reihenfolgeplanung (für wochenweise aggregierte Vorgaben)
Abbildung23: StrukturdesauftragsbezogenenPlanungssystems(VWTouran)
4.3.2 Porsche911er Der Porsche 911er wird seit seiner erstmaligen Markteinführung im Jahr 1964 von der Dr.Ing. h.c. F. Porsche AG (nachfolgend Porsche) in Serie produziert. Seit dem Jahr2004wirdderSportwagenbereitsindersechstenGenerationunterderinternen Bezeichnung997vermarktet.BezogenaufdasGeschäftsjahr2005/2006zähltenzum UnternehmenPorsche11.384Mitarbeiter.DerGesamtumsatzlagbei7,3Milliarden Euro,wovon17ProzentaufdendeutschenMarktentfielen.Nebendem911erwer den drei weitere Produktreihen produziert und vertrieben, der Carrera GT, der BoxsterundCayenne.Der911erstelltmit35ProzentdesProduktionsvolumensnach wievordiebedeutsamsteProduktreihedar.310 MerkmaledesAngebots DieProduktiondes911ererfolgtexklusivinStuttgartZuffenhausen,demStammwerk vonPorsche.DieGesamtproduktionbetrugimGeschäftsjahr2005/200636.504Ein heiten.DiesentsprichteinemZuwachsbezogenaufdasVorjahrvon28Prozent.Diese Steigerungkonntenurerreichtwerden,indemderüberwiegendeTeilderProduktion des Boxster nach Finnland verlagert wurde. Daher ist von einer sehr hohen Kapazi tätsauslastungauszugehen.DieFertigungstiefebeträgtbeim911erca.20Prozent.
310
Porsche(2006)
112
4KonkretisierungdesHandlungsbedarfsanhandausgewählterFallstudien
Der 911er wird in 14 Varianten angeboten. Diese unterscheiden sich durch Festle gung der Bauform (Fließheck, Cabrio, Targa), eines Motors (239 353 kW), der An triebsart(Zweirad,Allrad)sowiezahlreichenoptischenundfunktionalenEigenschaf ten. Eine vollständige Übersicht der angebotenen Produktoptionen ist in Tabelle 18 dargestellt.HierausergibtsicheinetheoretischeAnzahlvondeutlichmehrals2*1011 Produktkonfigurationen.DiePreiserangierenzwischenetwa80.000und165.000Eu ro.AlsInstrumentderKundenbindungerfolgtdieÜbergabefertiggestellterFahrzeuge oftmalsdirektabWerk(4.000FahrzeugeimGeschäftsjahr2005/06). Tabelle18:
ÜbersichtderProduktoptionenPorsche911er311
Optionsfamilie
Option
Modell
()
Anzahl 14
Optionsart Pflichtoption
Außenlackierung
()
15
Pflichtoption
Räder
()
6
Pflichtoption
Räderzubehör
()
11
Wunschoption
Sitze
Bauart,MaterialundFarbe
93
Pflichtoption
Sonderausstattung
Exterieur
13
Wunschoption
Sonderausstattung
Motor,Getriebe
Sonderausstattung
Interieur
8
Wunschoption
>100
Wunschoption
Sonderausstattung
Audio&Kommunikation
8
Wunschoption
Sonderausstattung
Werksabholung
1
Wunschoption
DasverwendeteProduktionssystemkanngrundsätzlichauchzurHerstellungweiterer Produkte(Boxster)verwendetwerden.EinequalitativeAnpassungsfähigkeitistdem nachgrundsätzlichvorhanden.JedochführtdiehoheAuslastungdazu,dasseinequa si exklusive Produktion des 911er vorgenommen wird. Durch die hohe Komplexität derLieferbeziehungenscheinteinekurzfristigeVeränderungdieserBetriebsartwenig aussichtsreich. Ferner ist durch das hohe Auslastungsniveau von einer geringen (quantitativen)Erweiterungsfähigkeitauszugehen. MerkmalederNachfrage Der911erwirdinüber100Ländernangeboten.DabeistelltderdeutscheMarktmit 19 Prozent der Gesamtproduktion (bezogen auf das Geschäftsjahr 2006) nach dem 311
Ergebnisse einer Recherche unter Verwendung des OnlineKonfigurators; durchgeführt am 1.05.2008.
4KonkretisierungdesHandlungsbedarfsanhandausgewählterFallstudien
113
nordamerikanischen (37 Prozent) den bedeutsamsten Einzelmarkt dar.312 Obgleich entsprichtdiesimVergleichzumvorhergehendenGeschäftsjahr,indemca.26Pro zentderProduktionaufdendeutschenMarktentfielen,einerdeutlichenReduktion. Die monatlichen Zulassungen in Deutschland betrugen im Betrachtungszeitraum 2003bis2007durchschnittlich621FahrzeugebeieinemVariationskoeffizientenvon 37Prozent.GleichwohlistimglobalenKontextaufgrunddermitderhohenNachfra geeinhergehendenProduktionimBereichderMaximalkapazitätvoneinerinsgesamt deutlich niedrigeren Volatilität auszugehen. Indiz hierfür ist die deutliche Abnahme desVariationskoeffizientenindenletztenzwölfMonatenderZeitreihe(31Prozent) sowiedemWertfürdasJahr2007(26Prozent).DieNeuwagenzulassungendes911er inDeutschlandsindfürdieJahre2003bis2007inAbbildung24zusammengefasst. 1200
Fahrzeuge
1000 800 2004
600
2005 400 2006 200
2007
0
313
Abbildung24: Porsche911erNeuzulassungeninDeutschland(20032007)
Planungskonzept Die auftragsbezogene Planung der Porsche AG erfolgt seit Anfang 2006 im Rahmen eines neu eingeführten Auftragsmanagementsystems, dem sogenannten „Porsche IntegriertesAuftragsundRessourcenManagement“(PIA).314
312
Porsche(2006) KBA(2007b) 314 DienachfolgendenAusführungenbasierenausschließlichauföffentlichzugänglichenMaterialien: Niemann (2006), SAP AG (2007), Porsche (2006), SAP (2005a) sowie Wolff/Geiger (2001). Aus 313
114
4KonkretisierungdesHandlungsbedarfsanhandausgewählterFallstudien
Die systemseitige Realisierung von PIA basiert auf dem SAP Produkt „Supply Chain Management Automotive“ und unterstützt die Abwicklung von der Auftragsanlage beimImporteurbiszurAuslieferungdesfertigenFahrzeugs.Zieldesbislanggrößten ITEinführungsprojekts von Porsche war es, bereits bei der Auftragserteilung durch denKundeneinenProduktionsundLieferterminzuermitteln,derimHinblickaufdie erforderlichenKapazitätenzulässigist.GleichzeitigwurdedieÄnderungsfristumzwei Wochenverlängert und es werden Auswirkungen vonÄnderungen(d.h.terminliche Verschiebungen) sofort ersichtlich. Ziel ist es, eine vollständige Anbindung der Ver triebszentrenandasSystemzuerreichen. AnalogzumBeispieldesVolkswagenTouranlassensichvierPhasenderauftragsbe zogenen Planung unterscheiden: die Erfassung, die Herstellbarkeitsprüfung, die Ein planungsowiedieBildungvonaggregiertenProduktionsplänen. IneinererstenPhaseerfolgtdieErfassungderKundenwünscheimsogenanntenVe hicleManagementSystem.WeitereFunktionalitätendiesesSystemsumfassendiein Abschnitt 3.4 eingeführte Quotenprüfung (d.h. die Prüfung, ob hinreichende Ver kaufsrechtebzw.KontingentefürdieVertriebseinheitvorliegen)unddieAllokations planung. Sollte die Prüfung einen Produktionsbedarf ergeben, wird die Anfrage an daszentraleSystemvonPorscheüberspielt. DernächsteSchrittderauftragsbasierenPlanungbetrifftdieHerstellbarkeitsprüfung. IndiesemKontexterfolgtauchdieÜberführungderkundenindieressourcenorien tierte Produktdarstellung (d.h. die technische Verschlüsselung). Eine Werkszuord nungentfälltimFalldes911erdurchdieexklusiveZuordnungzumPorscheStamm werkinStuttgartZuffenhausen. DieEinplanung,d.h.dieErmittlungtagesgenauerProduktionsundLiefertermineer folgtimRahmendessogenanntenRealtimePositioning.HierbeikommteinOptimie rungsmodell zum Einsatz, das gleichsam die Wunschtermine des Kunden sowie die NivellierungderKapazitätsauslastungberücksichtigenkann.DieAusführungerfolgtin Echtzeit,d.h.unmittelbarnachderEingabe.FolglichkönnenInformationenüberdie LieferfähigkeitunmittelbarindenVerkaufsprozesseinfließen.Kapazitätenwerdenin diesemGrundsollvoneinergesondertenKennzeichnungimNachfolgendenAbstandgenommen werden.
4KonkretisierungdesHandlungsbedarfsanhandausgewählterFallstudien
115
Formvon(aggregierte)ModellMixRestriktionen(z.B.AnzahlderFahrzeugemitKli maanlage je Tag) berücksichtigt (Abschnitt 2.2.2). Die Entscheidungssituation ist in Abbildung25verdeutlicht.DemnachbestehtdasZieldesRealtimePositioningdarin, eine bestmögliche (zulässige) Zuordnung zwischen Auftrag und Produktionstag zu ermitteln.ImBeispielergibtsichdiesezurerstenPeriode,inderausreichendKapazi tätzurBedienungdesAuftragszurVerfügungsteht. AlsabschließendePhasederPlanungerfolgtdieFixierungderPeriodenzuweisungfür denjeweilserstenTagdesPlanungshorizontsalssogenanntePeriodenscheibe.Diese definiertdieineinerPeriodezuproduzierendenFahrzeugeundstelltdahereineag gregierte Vorgabe dar. Wie auch schon bei der Einplanung werden ModellMix Re striktionenbeiderBildungderPeriodenscheibenberücksichtigt. Auftrag 7 • Konfiguration: Farbe – „ROT“ Getriebe – „Automatik“ Motor – „300 PS“ • Gewünschtes Lieferdatum: 29.04.2008
Restriktion 1
• Motor = „300 PS“ • Menge pro Tag: 150
Restriktion 2
• Getriebe = „Automatik“ • Menge pro Tag: 70
verbleibende verfügbare Menge
Auftrag 7
Tag 1
Tag 2
Tag 3
Tag 4
Tag 5
Tag 6
Restriktion 1
2
3
0
2
3
4
Restriktion 2
0
0
2
4
0
2
Restriktion 3
1
2
0
1
2
0
Restriktion 4
0
1
0
1
0
2
1
2
4
2
3
1
… Restriktion n
frühestes Produktionsdatum für Auftrag 7 ÆTag 4
Abbildung25: EinplanungentsprechenddesRealtimePositioning315
BasisfürEinplanungundPeriodenscheibenbildungistdasAuftragsbuch,d.h.diezent raleAuftragsdatenbank,inderallerelevantenDatenwieetwaTermineunddiePro duktkonfiguration gespeichert werden. Änderungen im Auftragsbuch ergeben sich durch hinzukommende oder geänderte Aufträge sowie Umplanungen, die im Sinne 315
SAP(2005a)
116
4KonkretisierungdesHandlungsbedarfsanhandausgewählterFallstudien
der Produktionsprogrammplanung asynchron zum Auftragseingang für ausgewählte ZeitintervalleundAufträgedurchgeführtwerdenkönnen.DurchdiegemeinsameDa tenbasisexistierenengeWechselwirkungenzwischenderEinplanung,Änderungund UmplanungvonKundenaufträgen.DieletztlicheZielerreichunginBezugaufkunden und ressourcenorientierte Ziele resultiert aus dem Ergebnis dieser Wechselwirkun gen.InAbbildung26istdieArchitekturderauftragsbezogenenPlanungzusammen fassenddargestellt. DieZieledesPlanungskonzeptsbestehenzumeineninderSteigerungderKundenzu friedenheit durch verbesserte Änderungsmöglichkeiten, einer höheren Termintreue und einer sofortigen Lieferterminzusage. Zum anderen lassen sich durch das integ rierte System Engpässe schneller erkennen und beheben sowie nivellierte Produkti onsvorgabenerzeugen.AuchführtderAbbauvonSystembrüchen(z.B.zwischenIm porteurundOEM)zueinerbeschleunigtenAuftragsabwicklungundeinerverbesser tenPlanungsbasis(mehrAufträgestehenfürdiePlanungzurVerfügung). Modell-Mix Restriktionen
Quoten
Auftragsbuch • asynchrone Umplanung • Bestimmung des finalen Produktionstages
auftragsbezogene Planung
freie Kapazitäten
Realtime Positioning • Ereignisgesteuerte Ausführung • Quotenprüfung • Herstellbarkeitsprüfung • Bestimmung von Liefertermins Produktionstag
Anfragen Vehicle Management System verbindlicher Liefertermin
spez. Aufträge mit bestätigtem Liefertag und vorläufigem Produktionstag Reihenfolgeplanung (für tageweise aggregierte Vorgaben)
Abbildung26: StrukturdesauftragsbezogenenPlanungssystems(Porsche911er)
4.4 KonkretisierungdesHandlungsbedarfsundAbleitungvonAnforderun genaneineEntscheidungsunterstützung EntsprechendderZielsetzungdesKapitelssollendieimVorhergehendendargestell ten Fallstudien genutzt werden, um die Entscheidungssituation der auftragsbezoge nen Planung bei variantenreicher Serienproduktion zu präzisieren und damit eine Grundlage für die quantitative Analyse im weiteren Verlauf der Arbeit zu schaffen.
4KonkretisierungdesHandlungsbedarfsanhandausgewählterFallstudien
117
DerFokusliegthierbeiaufderKonkretisierungderAnforderungenandieauftragsbe zogenePlanung.HierzuwerdenimRahmenderFallkontrastierungÄhnlichkeitenund UnterschiedezwischendendargestelltenFällendiskutiert. MitHinblickaufdieMerkmaledesAngebotslassensichkaumUnterschiedeausma chen. In beiden Fällen werden in hohem Maße anpassbare Produkte global vertrie benundaneinemexklusivenStandortproduziert.ImdirektenVergleichistdiePro duktiondes911erdurcheinegeringereWertschöpfungstiefegekennzeichnet(20im Vergleichzu27Prozent).JedochistinbeidenFälleneineintensiveIntegrationfremd erbrachter Leistungen zu beobachten. Wesentlich trennschäfer trägt hingegen der Unterschied im Verkaufspreis. So lassen Verkaufspreise von 20 bis 40 imGegensatz zu80bis165TausendEuroaufeinegrundsätzlichunterschiedlicheZielgruppeschlie ßen. Im direkten Vergleich der Merkmale der Nachfrage zeigt sich in beiden Fällen eine internationaleVermarktungsstrategie.Jedochistdiesedurcheinesehrunterschiedli che geographische Diversifikation gekennzeichnet. So ist die Abhängigkeit der Tou ranProduktion von einem einzelnen, dem deutschen, Markt wesentlich größer als die des 911er (47 im Vergleich zu 19 Prozent des Produktionsvolumens). Allerdings lassensichauchimFalldes911er56ProzentallerVerkäufezweiMärktenzuordnen (DeutschlandundNordamerika).AuffälligistdiegrößereDynamikimHinblickaufdie InlandszulassungenfürdenFalldes911er.Hinweisehierfürsindnichtnurdiemit37 Prozent der mittleren Nachfrage deutlich größere Variationskoeffizienten (als Indiz für die Volatilität) (Touran: 23 Prozent) sondern auch das der Dynamik überlagerte ausgeprägte Wachstum von 28 Prozent zwischen den Berichtsperioden 2004/2005 und 2005/2006. Gleichwohl ist durch den Anstieg der Absatzzahlen und die damit einhergehende geringer werdende kapazitative Flexibilität von einer abnehmenden Volatilitätauszugehen.BeideEffekteführenaberdazu,dassdiefrühzeitigeEvaluati on der Durchlaufzeit und damit auch die Aufgabe der Auftragsannahme anspruchs vollerwird.AngabenzudergewünschtenLieferzeitließensichausdemvorliegenden Datenmaterialnichtextrahieren.InbisherigenUntersuchungenwurdeaufeineNor malverteilungdergewünschtenLieferzeitimdeutschenMarktmiteinemMittelwert
118
4KonkretisierungdesHandlungsbedarfsanhandausgewählterFallstudien
vonvierbissechsWochenhingewiesen.316DifferenziertereAnalysenfindensichfür den englischen Markt (Tabelle 19). Zudem gibt es Hinweise darauf, dass die ge wünschtenLieferzeitentendenzielllängerfürhochpreisigeFahrzeugesind.317 Tabelle19.
ErwarteteLieferzeiteninUK(n=1033)318
Lieferzeit
Anteil[%]
kumulierterAnteil[%]
biszueinerWoche
21
21
einebiszweiWochen
38
59
zweibisvierWochen
35
94
mehralsvierWochen
6
100
DiewohldeutlichstenUnterschiedezwischendendargestelltenFällenlassensichhin sichtlichdesPlanungskonzeptsausmachen.DabeiistdasimFalldes911erverwen deteSystemalsdeutlichleistungsfähigeranzusehen.EinedetaillierteDiskussionder einzelnenLeistungsmerkmaleistnachfolgendgegeben. GrundsätzlicheÜbereinstimmunglässtsichbezüglichderZielederPlanungskonzepti onen ausmachen. So wird in beiden betrachteten Fällen eine dokumentlose und hochgradig automatisierte Auftragsbearbeitung angestrebt. Durch dieses Vorgehen wirdimVergleichzufrüheren,teilweisemanuellenundnichtvollständigintegrierten KonzepteneineBeschleunigungderInformationsübermittlungundverarbeitungund damitderAuftragsannahmeerreicht.WeiterhinwirdKundeneineverlängerteÄnde rungsfristeingeräumt.AuchistinbeidenKonzepteneinefrühzeitigeErmittlungeines Lieferterminsangedacht,welcherinderFolgealsReferenzbeiderGenerierungvon Produktionsvorgabenverwendetwird.FolglichistdieobenbeschriebeneFunktionali tätderEinplanungvorhanden. InderRealisierungderKonzepteergebensichindesdeutlicheUnterschiede.Sozielt dasPlanungssystemvonPorscheexplizitaufeineunmittelbareundtagesgenaueLie ferterminermittlung. Diese Informationen können folglich direkt in das Verkaufsge spräch einfließen. Zudem werden größere Freiheitsgrade in Bezug auf Änderungen ermöglicht. Während beim TouranKonzept Änderungen nur bis zwei Wochen vor FinalisierungdesProduktionsprogrammsundauchdannnur,wennsieindervorge 316
Stautner(2001) Holweg/Pil(2004),S.78 318 Elias(2002) 317
4KonkretisierungdesHandlungsbedarfsanhandausgewählterFallstudien
119
sehenen Periode kapazitativ zulässig sind, ermöglicht werden, sind diese beim Por scheKonzept auch dann möglich, wenn sie eine Terminverschiebung zur Folge hät ten.DieseVorgehensweisestelltdeutlichhöhereAnforderungenandasPlanungssys tem,daeinemöglicheKonsequenzderTerminverschiebunginverändertenBedarfen anVormaterialienunddamiteinegrößereDynamikbesteht.Demgegenüberermög licht die umfassende Änderungsmöglichkeit aber einen größeren Kundenservice so wie potenziell höhere Deckungsbeiträge.319 Ein weiteres Differenzierungsmerkmal besteht in der tagesgenauen im Vergleich zur wochenweisen Detaillierung der Pla nung.DiewochenweiseVorgehensweiseermöglichteinegrößereFlexibilität,dader nachgelagerten Planung umfassendere Freiheitsgrade in der Terminierung von Auf trägeneingeräumtwerden.DemstehenalsVorteiledertagesgenauenAuflösungdie MöglichkeitzurReduktionvonBeständensowiediefeinereModellierungverfügbarer KapazitätenunddamiteinehöherePlanungsgüteentgegen.Letztlichprofitiertauch der Kundenservice von der erhöhten Auflösung und es kann die so explizierte Pro zessbeherrschungalsMarketinginstrumenteingesetztwerden.320 DieMöglichkeitzurUmplanungimRahmendesAuftragsbuchsstellteinweiteresUn terscheidungsmerkmal dar. Diese Funktionalität entspricht der oben diskutierten Produktionsprogrammplanung (Abschnitt 3.4). Im Fall des Porsche Planungssystems bestehtdieMöglichkeit,UnregelmäßigkeiteninderKapazitätsbelegung(z.B.alsFolge dersequenziellenAuftragsannahme)imGesamtkontext,d.h.unterBerücksichtigung allervorliegendenAufträge,durchReoptimierungzukompensieren.Einevergleichba reFunktionistimTouranPlanungssystemnichtvorgesehen.Letztlichkommenbeim PorscheSystemEntscheidungsmodellezumEinsatz.SolassensichdieunterUmstän den widersprüchlichen Zielsetzungen (z.B. hoher Lieferservice bei einer nivellierten Kapazitätsbelegung)effizientabbilden. AusdemerweitertenFunktionsspektrumderPorscheLösungleitensichabergleich zeitigspezifischeAnforderungenandasPlanungssystemab.SokannderEinsatzvon 319
Den Umfang nachträglich hinzugefügter hochwertiger Ausstattungsmerkmale erörtert z.B. Gau diano(2006)amBeispielvonBMW. 320 Ein Beispiel für den intensiven Einsatz der Planungskompetenz als Differenzierungsmerkmal ist der Automobilhersteller BMW. Dies belegen zahlreiche Publikationen (u.a. in Tages und Fach zeitschriftensowieVorträgen).
120
4KonkretisierungdesHandlungsbedarfsanhandausgewählterFallstudien
mathematischen Optimierungsmodellen für die Einplanung, Änderung und Umpla nungdazubeitragen,diemöglichenZielkonfliktederauftragsbezogenenPlanungauf zulösenunddiereaktionsschnelleErmittlungvonbelastbarenLieferterminenermög lichen.Jedochsetztdiesvoraus,dassdieEntscheidungssituationderauftragsbezoge nenPlanunghinreichendgenauabgebildetwird.EinebesondereAnforderungandie Gestaltung von Planungsmodellen ergibt sich durch die Möglichkeit zur nachträgli chen Umplanung im Rahmen der Produktionsprogrammplanung. Wie bereits in Ab schnitt 3.4 ausgeführt, ergeben sich dadurch Fragestellungen derKopplung der bei denPlanungsaufgabenderAuftragsannahmeundProduktionsprogrammplanung. BasisdesPorschePlanungssystemsisteinkommerziellesAPS,indiesemFalleinesder Firma SAP. Auch haben weitere Anbieter entsprechende Lösungen im Produktport fio.321Jedochistbislangnichtbekannt,inwieferndieseSysteme,überdiezuvordisku tiertenkonzeptionellenVorteilehinaus,einenBeitragzurVerbesserungderauftrags bezogenenPlanungleistenkönnenundwelcheFaktorensichförderlichbzw.hinder lichaufihreVorteilhaftigkeitauswirken.AuchfehltbislangeineEinbettungderver wendetenPlanungsverfahrenindiewissenschaftlicheLiteratur,sodasskeinefundier teAuseinandersetzungmitderThematikmöglichist.ZieldernachfolgendenUntersu chungenistes,eineAnbindunganbisherigeArbeitenherzustellenundaufdieserBa sisdieGrundlagefüreinefundiertemethodischeDiskussionunddieErweiterungbe stehender wissenschaftlicher Ansätze im Hinblick auf die Anforderungen der auf tragsbezogenenPlanungzuschaffen.DurchdieseAusführungenwerdendieVoraus setzungenfüreineallgemeinereAnalysedesVerhaltensauftragsbezogenerPlanungs systeme im dynamischen Kontext der variantenreichen Serienproduktion und damit eine Entscheidungshilfe für die Übertragung von auftragsbezogenen Planungssyste menaufweitereAnwendungsfällegeschaffen.LetztlichwerdenEmpfehlungenfürdie WeiterentwicklungvonAPSabgeleitet. Eine zusammenfassende Darstellung der Anforderungen an ein auftragsbezogenes Planungssystem,wieesdurchdasBeispielvonPorschebeschriebenwird,istinTabel le20gegeben.Anzumerkenist,dassdieMöglichkeitzurRealisierungnachträglicher
321
Abraham(2002);i2(2004).
4KonkretisierungdesHandlungsbedarfsanhandausgewählterFallstudien
121
ÄnderungsmöglichkeitenfürKundenaufträgeeinenSpezialfallderAuftragsannahme prüfungdarstellt.DiesewirddaherimFolgendennichtgesondertberücksichtigt. DieErfüllungdieserAnforderungenistvonzentralerBedeutungfürdenerfolgreichen EinsatzunddieWeiterentwicklungauftragsbezogenerPlanungssysteme.Daherwer denimnachfolgendenKapitelexistierendeAnsätzeaufihreEignungzurGewährung einerEntscheidungsunterstützunguntersucht.
Tabelle20:
AnforderungenandieauftragsbezogenePlanung
Eigenschaft
Anforderung
KundenbezogeneFertigung
AbbildungauftragsspezifischerProduktmerkmaleund Bedarfstermine
SofortigeLieferzusage
BerücksichtigungdesoffenenEntscheidungsfeldsim RahmendesProduktionssystems KurzeAusführungszeitenfürAuftragsannahme
GemischteFließfertigung
BerücksichtigungvonaggregiertenLinienrestriktionen alspotenzielleEngpässe(ModellMixRestriktionen) NivellierteProduktionsvorgaben
NachträglicheÄnderungsmöglichkeitenfür AbbildungkurzfristigerPlanänderungen Kundenaufträge
5 BestehendeAnsätzezurauftragsbezogenenPlanung 5.1 AuftragsbezuginderProduktionsplanung EinAuftragsbezuginderProduktionsplanungwirddadurchbegründet,dasseinlogi scher Zusammenhang zwischen einem Kundenbedarf (Kundenauftrag) und dem be trachteten Planungsobjekt (Produktionsauftrag) hergestellt wird.322 Dieser Betrach tungsweise steht das klassische Paradigma der operativen Produktionsplanung ge genüber,wieeszurzeitdominierendinLehrbüchernvertretenist.Demnachwirdim Sinne einer Lagerfertigung von Prognosen als Grundlage der Planung ausgegangen (Abschnitt 2.1.2).323 Von einer Berücksichtigung einzelner Kundenaufträge kann in diesemFallabgesehenwerden,sodasssichProduktionsvorgabenaufBasiseinfacher reinlinearerEntscheidungsmodelleableitenlassen.324EinederartigeVorgehensweise setzt jedoch voraus, dass eine große Anzahl gleichartiger Produkte hergestellt wird. NurindiesemFalllässtsichderFehlergegebenenfallsvernachlässigen,dersichaus der unzureichenden Berücksichtigung der Nichtteilbarkeit diskreter Produkte im RahmeneinerlinearenModellierungergibt. Am wenigsten ist diese Voraussetzung für die reine Auftragsproduktion (ETO,MTO) erfüllt (Abschnitt 2.1). In diesem Bereich der industriellen Produktion fand daher in den 70er Jahren verstärkt eine Weiterentwicklung damaliger Planungsansätzen im HinblickaufeinenstärkerenAuftragsbezugstatt.MaßgeblicheFragestellungindiesen ArbeitenwardieAuftragsannahmebeiprojektbezogenerProduktion,d.h.diebinäre EntscheidungobeineKundenanfrageunterBerücksichtigungderunsicherenzukünf tigenNachfrageberücksichtigtwerdensollteodernicht.HierzupräsentiertJACOBei nen Ansatz, bei dem mehrere potenzielleEngpasskapazitäten abgebildetwerden.325 EinbestimmterAnteilderKapazitätwirdmitVorgabenfürdenMindestdeckungsbei trag (sogenannte Quasikosten) belegt, sodass dieser für gegebenenfalls später ein treffendehochwertigeNachfragegeschütztbleibt.Gleichwohlwirdlediglicheineein 322
DieselogischeVerknüpfungwirdauchalsPeggingbezeichnet(Berryetal.(1983)). Günther/Tempelmeier (2007); Dyckhoff/Spengler (2005); Chopra/Meindl (2004); Schneeweiß (2002) 324 Beispiele sind etwa Modellformulierungen zur Beschäftigungsglättung, Hauptproduktionsprog rammplanungundLosgrößenplanung. 325 Jacob(1971) 323
124
5BestehendeAnsätzederauftragsbezogenenPlanung
zelne Periode betrachtet. Gerade bei reiner Auftragsfertigung existieren jedoch un terschiedliche Fristigkeiten von Kundenbedarfen, da kaum davon ausgegangen wer denkann,dassalleKundendieselbeErwartungandieLieferzeithaben.326Vordiesem HintergrundnimmtCZERANOWSKYeineErweiterungdesAnsatzesaufeinenmehrperi odigen Kontext vor.327 Differenzierte Liefertermine lassen sich somit abbilden. Auch wurdeninderFolgeErweiterungenpräsentiert.328 AllerdingsliegtderFokusentsprechenderArbeitenaufdemspezifischenUmfeldder reinen Auftragsproduktion. Aus den fehlenden Standards in der Produktdefinition resultieren weitgehende Freiheitsgrade in der Produktion. Damit wird in der Regel eine sehr detaillierte Modellierung des Produktionssystems auf der Ebene der Los größen und Ressourceneinsatzplanung bzw. Feinplanung erforderlich (Abschnitt 3.3.2).BeieinervariantenreichenSerienproduktionerfolgtdieEndmontageweitest gehend entkoppelt von den vorgelagerten Bereichen. Daher lässt sich in der auf tragsbezogenen Planung eine Beschränkung auf die letzte Stufe der Wertschöpfung vornehmen. Die resultierende Entscheidungssituation ist daher deutlich weniger komplex als die der reinen Auftragsproduktion. Gleichwohl muss von einer wesent lichhöherenAnzahlvonAnfragenausgegangenwerden,dieesimRahmenderAuf tragsannahmezubewältigengilt.AucherweistsichdieKoordinationderAktivitäten desVertriebsundderproduzierendenBereicheimGegensatzzurPlanungbeiLager fertigung als deutlich anspruchsvoller. In diesem Kontext ist die vorrangig im US amerikanischenRaumzubeobachtendeHäufungvonPublikationenweiterentwickel terKonzeptederProduktionsprogrammplanungimHinblickaufeinenstärkerenAuf tragsbezugzusehen.DiezugehörigePlanungsfunktionwirdauchalsMasterProduc tionScheduling(MPS)bezeichnet,dasiedieKoordinationallerDetailpläne(schedu les)imHinblickaufdieErfüllungvonMarktbedarfenzurAufgabehat.329Dieseswird durchfolgendeDefinitionvonPROUDreflektiert:330 326
Riebel(1965) Czeranowsky(1974),S.30ff. 328 BeispielsweiseerörternDREXLundKOLISCH ErweiterungeninBezugaufeinintegriertesPlanungs system(Drexl/Kolisch(2001)). 329 McClelland(1988);Schwendinger(1979);Berryetal.(1983) 330 Proud(1999),S.xxii 327
5BestehendeAnsätzederauftragsbezogenenPlanung
125
„Masterschedulingisthepivotalpointinamanufacturingbusinesswhendemand fromtilemarketplaceisbalancedwithtilecapabilitiesandcapacitiesoftilecom panyanditssuppliersinrealtimeterms.” KonstituierendesMerkmaldesMPSistsomitdieAbbildungderLeistungsfähigkeitdes ProduktionssystemsinBezugaufdieNachfrage,sodassAussagenüberdieErfüllbar keit von Aufträgen abgeleitet werden können. Dies macht es erforderlich, im Sinne einerauftragsbezogenenPlanung,einenZusammenhangzwischeneinzelnenAufträ gen und den verfügbaren Ressourcen herzustellen. LIN UND KRAJEWSKI fassen diesen Sachverhaltwiefolgtzusammen:331 „The MPS provides the link between market requirements and the specific sche duleforamasterscheduleitem.” EntsprechenddiesemVerständnis,d.h.derVerknüpfungvonAngebotundNachfrage lassensichzweiUnterscheidungsdimensionenfürAnsätzedesMPSableiten: dieModellierungderNachfrageund dieModellierungderRessourcen(Angebot). In Bezug auf beide Unterscheidungsdimensionen sind jeweils die Ausprägungen de tailliertundaggregiertvorstellbar.EineDisaggregationderNachfrageentsprichtder Betrachtung von einzelnen Aufträgen mit Kundenbezug im Kontrast zu kundenano nymenMengen(ggf.spezifiziertnachVertriebskanälen).InHinblickaufdieRessour cenlassensichAnsätzeunterscheiden,beidenenKapazitätenmitexplizitemBezugzu potenziellen Engpässen abgebildet werden sowie solche die auf der Angabe von (Endprodukt) Mengen basieren. Demnach ergibt sich die in Tabelle 21 dargestellte Differenzierung. Tabelle21:
AnsätzedesMasterProductionScheduling
RepräsentationderNachfrage
Repräsentation derRessourcen
(Endprodukt)Mengen Engpasskapazität
kundenanonyme Produktmengen
Aufträgemit Kundenbezug
MRP
ATP
MRPII
CTP
331
Lin/Krajewski(1992)
126
5BestehendeAnsätzederauftragsbezogenenPlanung
DieKombinationvonaggregiertenNachfrageinformationen(d.h.Prognosen)undag gregiertenKapazitätenentsprichtdemeingangsdiskutiertentraditionellenPlanungs verständnis. Entsprechende Konzepte werden auch als MaterialRequirements Plan ning(MRP)bezeichnet.EineErweiterungaufdieBetrachtungdetaillierterKapazitäts informationen bildet die Grundlage für das sogenannte Manufacturing Ressources Planning(MRPII).332DemgegenüberführteineIntegrationvondetailliertenNachfra geinformationen, d.h. Aufträgen, zu Ansätzen des AvailabletoPromise (ATP) bzw. desCapabletoPromise(CTP)jenachdem,obInformationenüberdieVerfügbarkeit von Endprodukten oder aber über detaillierteKapazitäten berücksichtigtwerden.333 Entsprechende Ansätze werden auch als Verfügbarkeitsprüfung bezeichnet (Ab schnitt3.2.2). Entwicklungsgeschichtlich gingen ATPAnsätze denen des CTP vor.334 Demnach be standdieZielsetzungzunächstdarin,imRahmeneinerreinenInformationsfunktion, dennochnichtzugesagtenAnteildesdispositivenEndproduktbestandszuverwalten. Hierzu zählen neben dem physischen Bestand auch geplante Zugänge. Dies belegt eine Definition der U.S.amerikanischen Association for Operations Management (APICS),dieATPdefiniertals:335 „the uncommitted portion of a company’s inventory and planned production, maintainedinthemasterscheduletosupportcustomerorderpromising.“ Durch die Bereitstellung von aktuellen Informationen über den Bestand wird im Rahmen von ATPAnsätzen eine bessere Qualität von Lieferzusagen angestrebt. Es wirdallerdings in derRegelkeine Entscheidungsunterstützungbereitgestellt, sodass dieEntscheidungüberdiezutreffendeLieferzusagebeimehrerenRealisierungsmög lichkeitenreinaufmenschlicherProblemlösungsfähigkeitbasiert.336Auchlassensich diemitderstarkaggregiertenAbbildungderKapazitäteinhergehendenkonzeptionel lenLimitationennichtüberkommen,sodassATPAnsätzeaufAnwendungsumgebun 332
SiehehierzuvertiefendauchZijm(2000)sowiediedortangegebenenQuellen. InAbgrenzungzuCTPAnsätzen(auch:AdvancedATP)werdensolchedesATPauchalskonven tionellbezeichnet(Pibernik(2005)). 334 z.B.Schwendinger(1979),Guerrero/Kern(1988) 335 Cox(1992),S.3 336 Balletal.(2004) 333
5BestehendeAnsätzederauftragsbezogenenPlanung
127
genmiteinergeringenAnzahlhomogenerGüter,wiediesetwaaufdenFallderLa gerfertigungzutrifft,beschränktbleiben. Für die auftragsbezogene Planung bei variantenreicher Serienproduktion sind damit AnsätzedesCTPvonRelevanz.BeidiesenwerdeninderPlanungkonkreteAufträge mit Kundenbezug sowie die Kapazität der potenziellen Engpässe berücksichtigt. Vor diesemHintergrundwerdennachfolgendbestehendeLösungsansätzezurUmsetzung einer CTPFunktionalität diskutiert. Hierbei können drei grundlegende Forschungs richtungen unterschieden werden. Fokus einer ersten ist die Auftragsannahmeent scheidung. Dies entspricht einer CTPKonzeption im engeren Sinne. Entsprechende Arbeiten werden nachfolgend unter der Bezeichnung Verfügbarkeitsprüfung subsu miert.IneinerzweitenForschungsrichtungwerdenAnsätzedesMPSfürdievarian tenreicheSerienproduktionuntersucht.EinBezugzurCTPFunktionalitätistinsofern vorhanden,daauchindiesemBereichderUmgangmitKundenaufträgenabgebildet wird. Im Sinne einer konsistenten Terminologie wird nachfolgend für das MPS die Bezeichnung Produktionsprogrammplanung verwendet (Abschnitt 3.2.2). In einer drittenGruppevonArbeitenwirdschließlichdasdynamischeVerhaltenvonauftrags bezogenenPlanungssystemenfürdasbetrachteteIndustrieumfeldanalysiert. 5.2 AnsätzederVerfügbarkeitsprüfung Gegenstand von Ansätzen der Verfügbarkeitsprüfung ist die Unterstützung der Auf tragsannahmeentsprechendderAusführungeninAbschnitt3.4.Voneinergesonder tenBetrachtungderProduktionsprogrammplanungsfunktionwirdhierbeiabgesehen. ZurmittelfristigenKoordinationderAbsatzaktivitätenwerdeninbestehendenArbei tenteilweiseQuotenberücksichtigtwobeiunterstelltwird,dassdiesevordereigent lichen Verfügbarkeitsprüfung gebildet werden. Demnach lassen sich entsprechende ArbeitenwieinAbbildung27dargestelltindenplanerischenBezugsrahmeneinord nen.
128
5BestehendeAnsätzederauftragsbezogenenPlanung
aggregierte Kapazität
Quoten
Auftragsannahme
• Verschlüsselung • Ermittlung Liefertermin* • Ermittlung Liefermenge*
Detailplanung Eigenfertigung und Fremdbezug
Anfragen Kunden/ Absatzmittler Angebote, Kundenaufträge mit bestätigtem Lieferdatum * Unterstützt durch die Verfügbarkeitsprüfung
Abbildung27: Einordnung von Ansätzen der Verfügbarkeitsprüfung in den Bezugsrahmen der auf tragsbezogenenPlanung
Zur Klassifikation von Ansätzen der Verfügbarkeitsprüfung schlagen BALL ET AL. vier Unterscheidungsdimensionen vor.337 Dies sind der Umfang der Entscheidungsunter stützung(decisionsupport),dieplanerischenFreiheitsgradebzw.dasEntscheidungs feld (decision space), der Betrachtungsbereich entlang der Wertschöpfungskette (executionscope)sowiedieAusführungsartderPlanung(executionmode).Alsergän zendesKriteriumführtPIBERNIKdieInteraktionmitderProduktionsprogrammplanung an.338DemnachkönnenAnsätzeunterscheidenwerden,beidenenbeiderAuftrags annahme,imRahmeneinersequenziellenVorgehensweise,lediglichdieneuenKun denanfragen betrachtet werden, von solchen, bei denen nachträgliche Änderungen derbereitsangenommenenAufträgemöglichsind.Daerstgenanntedaraufbasieren, dassneueAnfragenineinenbereitsbestehendenPlaneingefügtwerden,bezeichnen ROUNDYETAL.dieseauchalsJobInsertionKonzeptionen.339Schließlichergibtsichein weiteres Unterscheidungsmerkmal in der methodischen Implementierung. Eine zu sammenfassende Darstellung der Unterscheidungsdimensionen ist in Tabelle 22 ge geben.
337
Balletal.(2004) Pibernik(2005) 339 Roundyetal.(2005) 338
5BestehendeAnsätzederauftragsbezogenenPlanung
129
Tabelle22:
DimensionzurUnterscheidungvonAnsätzenderVerfügbarkeitsprüfung
Unterscheidungsdimension
Beschreibung
Entscheidungsunterstützung
UmfangderEntscheidungsunterstützungvoneinerreinenFunkti onzurAbfragederKapazitätbishinzurErmittlungderoptimalen Lieferzusage.
Entscheidungsfeld
UmfangderEntscheidungsfindungimHinblickaufdieAufgaben derAuftragsannahme(Abschnitt3.3.1)sowieDetaillierungsgrad derPrüfung
Betrachtungsbereich
UmfangderPrüfungentlangderWertschöpfungskette
Ausführungsart
ZeitlicherBezugzwischenKundenanfrageundLieferzusage
InteraktionmitderProdukti onsprogrammplanung
UmfangdernachträglichenVeränderungderimRahmenderAuf tragsannahmesequenziellerzeugtenFestlegungen
MethodischeImplementierung MethodischeUmsetzungderEntscheidungsunterstützung
Wenngleich in ihrer Gänze hilfreich bei der Diskussion von Ansätzen der Verfügbar keitsprüfung,lassensichinsbesonderedieMerkmalsdimensionenderAusführungsart und die der methodischen Implementierung für eine Strukturierung heranziehen. HierbeikanninAbhängigkeitdervonKundengefordertenReaktionszeitenzwischen zweiAusführungsartenunterschiedenwerden.SynchroneAnsätzeberuhenaufeiner individuellen Bearbeitung von Kundenanfragen zum Zeitpunkt ihres Eingangs. Dem gegenüberzielenasynchroneAnsätzeaufdiegleichzeitigeBearbeitungeinerMenge vorliegender Kundenanfragen. Da dies die zuvorgehende Sammlung von Anfragen erforderlich macht, ergeben sich aus der Perspektive der Kunden deutlich längere Bearbeitungszeiten.InHinblickaufdiemethodischeUmsetzunglassensichOptimie rungsalgorithmenvonEntscheidungsregeln(policies)unterscheiden.DerUnterschied besteht darin, dass bei letzteren die Annahmeentscheidung lediglich vom aktuellen (i.d.R.aggregierten)ZustanddesProduktionssystemsabhängt,währenderstgenannte aufderLösungeinesEntscheidungsproblemsberuhen.AufbauendaufdieserUnter scheidungwerdennachfolgendAnsätzederVerfügbarkeitsprüfungdargestellt. 5.2.1 SynchroneAnsätze SynchroneAnsätze(auch:realtimebzw.online)basierenaufeinemPlanungsprozess, bei dem jede Anfrage separat zum Zeitpunkt ihres Eintreffens bearbeitet wird. Die Zielsetzung besteht entweder darin, einen gegebenen Liefertermin zu bestätigen bzw.abzulehnenoderabereinenschnellstmöglichenLieferterminzuermitteln.Eine
130
5BestehendeAnsätzederauftragsbezogenenPlanung
AntizipationzukünftigerAnfragenerfolgtnicht,sodassplanerischeInterdependenzen ausschließlich zu den bereits vorliegenden Aufträgen berücksichtigt werden.340 Die methodischen Umsetzungsformen umfassen optimierende und regelbasierte Ansät ze. OptimierendeAnsätze AusgangspunktvonoptimierendenArbeitensindÜberlegungenderkurzfristigenPro duktionsplanung (Reihenfolgeplanung, Maschinenbelegungsplanung). Die Ermittlung der Durchlaufzeit basiert folglich auf der (approximativen) Lösung der detaillierten PlanungsproblemefüralleStationenimAuftragsdurchlauf. OptimierendesynchroneAnsätzesindbislangausschließlichfürakademischeBeispie leexistent.ZunennensindhierArbeitenvonWESTERETAL.341undTEN KATE.342ImMit telpunkt steht die reaktionsschnelle Ermittlung von detaillierten Maschinenbele gungsplänen für Aufträge mit exogenen und folglich nicht veränderlichen Lieferter minen. Dabei wird aufgrund der probleminhärenten Komplexität in der Regel ledig licheineMaschineberücksichtigt.AlsKriteriumfürdieAnnahmevonAufträgenwird dieSummederKosten,diesichdurchAbweichungenzwischendemgegebenenLie fertermin und dem geplanten Fertigstellungstermin ergeben (Abschnitt 3.3.3), mit einemzuvorfestgelegtenSchwellwertverglichen.ErgebnisderArbeitenist,dassdie detaillierte Planung nur für den Fall einer hohen Kapazitätsauslastung und kurzen gewünschtenLieferzeitenzueinerbesserenZielerreichungführt,alseineVergleichs politik, dieim Sinne einer einfachen regelbasiertenAuftragsannahmeprüfung, ledig lich Informationen über den aktuellen Arbeitsvorrat, d.h. die angenommenen noch nichtfertiggestelltenAufträge,zurPrüfungderAnnahmeverwendet. DerAnsatzvonAKKANbasiertebenfallsaufeinemdetailliertenPlanfüreineMaschi ne.343 Eine nachträgliche Anpassung der Planung ist nicht zulässig. Im Rahmen der Auftragsannahmewirdgeprüft,obAufträgevordemexogenenLieferterminfertigge 340
EineentsprechendeVorgehensweisewirdimangelsächsischenSprachraumauchalsgreedybe zeichnet. 341 Westeretal.(1992) 342 tenKate(1994) 343 Akkan(1997)
5BestehendeAnsätzederauftragsbezogenenPlanung
131
stellt werden können. Als Zielkriterien werden berücksichtigt die Kosten der Ableh nungvonAufträgen,d.h.dieentgangenenDeckungsbeiträge,sowiesolchederLage rung.UnteranderemwerdenzweiHeuristikenzurErzeugungvonProduktionsaufträ genvorgestellt.DemnachführteinefrühestmöglicheEinplanungzuhohenBeständen jedochgleichzeitigzueinergeringenFragmentierungderPlanungundsomitzueiner höheren Auslastung bzw. höheren Bereitschaft zur Annahme weiterer Aufträge. Im Umkehrschluss resultiert die späteste mögliche Einplanung in geringere Bestände abereinehöhereFragmentierung. IneineraktuellenArbeitentwickelnROBINSONUND CARLSONeinenoptimierendensyn chronenAnsatzfürdieAuftragsmontagebeigeringerVariantenvielfalt.344DieZielset zungbestehtinderAllokationvonKomponenten,ModulundEndproduktbeständen zu Kundenaufträgen, um die Differenz zwischen Erlös und Produktions bzw. Lager kosten zu maximieren. Eine explizite Berücksichtigung von Kapazitäten findet nicht statt. Vielmehr werden verfügbare Mengen auf allen Dispositionsstufen berücksich tigt.DerAnsatzentsprichtdemnacheinermehrstufigenATPKonzeption.Aspekteder Nivellierungfinden,wieauchbeidenvorgenanntenArbeiten,keineBerücksichtigung. Der wesentliche Vorteil von optimierenden Verfahren liegt in der sehr detaillierten Berücksichtigung der kapazitativen Zulässigkeit von Auftragsannahmeentscheidun gen. In vielen Anwendungsfällen der reinen Auftragsproduktion ist die frühzeitige detaillierte Betrachtung des Auftragsdurchlaufs allerdings nur sehr eingeschränkt möglich.UrsächlichsindetwadieKomplexitätvonFragestellungenderReihenfolge und Maschinenbelegungsplanung, sodass entsprechende Ansätze grundsätzlich we nig skalierbar sind, sowie stochastische Einflüsse (z.B. Bearbeitungszeiten, Material verfügbarkeit).VordiesemHintergrundwurdeimBereichderregelbasiertenAnsätze eineReihevonArbeitenpubliziert,dieaufaggregiertenInformationenüberdenZu standdesProduktionssystemsbasieren.ZentraleFragestellungistdanndieSchätzung vonAuftragsdurchlaufzeitenimRahmenderAuftragsannahme.EntsprechendeArbei tenwerdennachfolgenddiskutiert.
344
Robinson/Carlson(2007)
132
5BestehendeAnsätzederauftragsbezogenenPlanung
RegelbasierteAnsätze Im Bereich der regelbasierten synchronen Ansätze sind Arbeiten von HENDRY UND KINGSMAN345 sowie RAAYMAKERS ET AL.346 zu nennen. Ausgehend von aggregierten In formationenüberdenaktuellenBelastungszustandwirdversucht,Durchlaufzeitenzu schätzen. Eine aktuelle Übersicht der zur Anwendung gebrachten Schätzverfahren findetsichinMOSES ET AL.347EinflussgrößenumfassenetwadieAnzahlderAufträge, den Variationskoeffizienten der Bearbeitungszeiten oder die Anzahl der Bearbei tungsvorgänge.ErweiterungendurchkomplexestatistischeModelleunddieBerück sichtigungvonUnsicherheitpräsentierenIVANESCUETAL.348 EineÜbersichtausgewählterAnsätzesowiederenEinordnungentsprechendderein geführtenUnterscheidungistinTabelle23gegeben.DieaggregierteVorgehensweise stelltfürdenFallnichtgekoppelterFertigungssystemeundeinerhinreichendenkapa zitativenFlexibilitäteinleistungsfähigesVerfahrendar.JedochscheintimHinblickauf die Anforderungen der variantenreichen Serienproduktion der bedeutsame Aspekt derNivellierungunzureichendberücksichtigt. Tabelle23:
AusgewählteAnsätzezursynchronenVerfügbarkeitsprüfung
Urheber
Beschreibung
optimierend
regelbasiert
Akkan(1997)
SynchroneVerfügbarkeitsprüfungohnenach träglichePlanänderungbeieinerMaschineund gegebenenLieferzeiten.
x
Hendry/Kingsman (1993),Kingsmanet al.(1996),Kings man/Hendry(2002)
Belastungssteuerung(RegressionaufBasisder Ressourcenbelastung)zurErmittlungvon Durchlaufzeiten,umüberdieAuftragsannah mebeigegebenenLieferzeitenzuentscheiden.
x
Ivanescuetal. (2002);Ivanescu (2004)
Regressionsbasiertesaggregiertesundheuristi schesdetailliertesVerfahrenzurBestätigung vonLieferterminen.
(x)
x
Mosesetal.(2004)
VerfahrenzurSchätzungvonDurchlaufzeiten mittelsstatistischerVerfahren.
x
345
Hendry/Kingsman(1993),Kingsmanetal.(1996) Raaymakersetal.(2000) 347 Mosesetal.(2004) 348 Ivanescuetal.(2002) 346
5BestehendeAnsätzederauftragsbezogenenPlanung
133
Tabelle23(Fortsetzung) Urheber
Beschreibung
Raaymakersetal. (2000)
VergleichendeBewertungvonregressionsba sierterDurchlaufzeitermittlung,Belastungs steuerung(RegressionaufBasisderRessour cenbelastung)undFeinplanungfüreineWerk stattfertigung,umüberAuftragsannahmebei gegebenenLieferzeitenzuentscheiden.
Robinson/Carlson (2007)
MehrstufigeATPKonzeptionzurAllokationvon BeständenzuAufträgenmitmehrerenPositio nen.
Westeretal.(1992); ErmittlungdetaillierterMaschinenbelegungs tenKate(1994) pläneimRahmenderAuftragsannahmefür eineeinzelneMaschine.Vergleichmiteiner regelbasiertenVerfügbarkeitsprüfung.
optimierend
regelbasiert
(x)
x
x
x
(x)
BeisynchronenAnsätzenwirddieZeitzurGewährungeinerLieferzusagemaßgeblich durchdieAusführungszeitdesPlanungsprozessesbeschränkt.FürdenFalleinerent sprechenden Gestaltung des Planungssystems können folglich Auskünfte bezüglich derLieferfähigkeitindieVerkaufsverhandlungenintegriertwerden.Diesemkonzep tionellen Vorteil steht durch die sequenzielle Vorgehensweise allerdings ein poten ziellmyopischesVerhaltenmiteinerentsprechendenPerformanceentgegen,dazum ZeitpunktderAusführungkeinegesichertenInformationenüberzukünftigeAufträge vorliegen. Auch erfolgt in bestehenden Arbeiten keine Berücksichtigung von Aspek tenderNivellierungoderModellMixRestrktionen.EinzusammenfassenderAbgleich mitdenobendargestelltenAnforderungenistinTabelle24gegeben. Tabelle24:
ErfüllungderAnforderungendurchsynchroneAnsätzederAuftragsannahme
Anforderung auftragsspezifischeProduktmerkmaleundBedarfstermine
Erfüllungsgrad ×
BerücksichtigungdesoffenenEntscheidungsfelds
×
KurzeAusführungszeitenfürAuftragsannahme
×
ModellMixRestriktionen
Ø
NivellierteProduktionsvorgaben
Ø Legende:×vollständigerfülltÖteilweiseerfülltØnichterfüllt
5.2.2 AsynchroneAnsätze Um die Konsequenzen der Kurzsichtigkeit synchroner Ansätze zu mindern, basieren asynchroneAnsätze(auch:batchAnsätze)aufdersimultanenBetrachtungmehrerer
134
5BestehendeAnsätzederauftragsbezogenenPlanung
Kundenanfragen.Voraussetzunghierfüristindes,dassAnfragenzunächstübereinen gewissen Zeitraum gesammelt werden. Eine weitergehende Antizipation wird aller dingsauchbeidieserVerfahrensgruppenichtvorgenommen.Analogzudensynchro nen Ansätzen besteht die Zielsetzung entweder darin, einen vorgegebenen Liefer termin zu bestätigen bzw. abzulehnen oder aber erstmalig einen (frühesten) Liefer termin zu ermitteln. Oftmals wird zusätzlich die Entscheidung über die zu liefernde Mengeunterstützt.MitHinblickaufdiemethodischeUmsetzunglassensichwieauch bei den synchronen Ansätzen optimierende Verfahren von Entscheidungsregeln un terscheiden. OptimierendeAnsätze Zu den optimierenden Ansätzen zählen Veröffentlichungen von CHEN ET AL.349 sowie PIBERNIK.350 Gegenstand ist die Optimierung des erzielten Deckungsbeitrags für ein mehrperiodiges aggregiertes Entscheidungsproblem unter Berücksichtigung von pa gatorischen (Produktions und Beschaffungskosten) und kalkulatorischen, den soge nannten intangiblen Kosten (Lager, Strafkosten für Spätlieferung oder für Kapazi tätsunterauslastung). Berücksichtigt werden Zulässigkeitsgrenzen für den Lieferter minunddieLiefermenge.ZurEvaluationihresAnsatzesgreifenCHENETAL.aufDaten des Festplattenherstellers Maxtor zurück. Für diesen Fall präsentieren die Autoren zwei Ergebnisse. Werden im Rahmen einer rollierenden Vorgehensweise bestätigte LieferdatenundMengenalsRestriktionenfürfolgendeAusführungenbehandelt,d.h. neueAnfragenwerdenineinenbestehendenPlanintegriert,könnenimRahmender numerischen Analyse gute Ergebnisse für ausreichend große BatchingIntervalle ge zeigtwerden.351EineVerkürzungdesBetrachtungsraumsführtjedochzueinersigni fikanten Ergebnisverschlechterung. Die Ergebnisse verdeutlichen die Konsequenzen einer unzureichenden Berücksichtigung der Interdependenzen zwischen denAufträ gen in der Entscheidungsfindung. Ein solches Vorgehen führt dazu, dass später ein treffende Aufträge abgelehnt werden müssen. Für ein ähnliches Modell, bei dem
349
Chenetal.(2001);Chenetal.(2002) Pibernik(2005) 351 Chenetal.(2001) 350
5BestehendeAnsätzederauftragsbezogenenPlanung
135
nachträgliche Umplanungen zulässig sind, ist dieser Effekt nicht zu beobachten.352 Vielmehr steigt mit zunehmender Länge des Intervalls, in dem Aufträge gesammelt werdendieAnzahldernichtrechtzeitigbestätigtenAufträge.AufgrundderKomplexi tätdesPlanungsproblemsistinbeidenFällenmitsignifikantenLaufzeitenzurErmitt lungderLösungzurechnen.EineÜbertragungdesAnsatzesaufeinesynchroneKon zeptionistdaherwenigvielversprechend. In einer aktuellen Arbeit präsentieren ZHAO ET AL. einen asynchronen Ansatz für das FallbeispieleinesnichtnäherspezifiziertenProduktsderFirmaToshiba.353Zielistdie OptimierungvonVerspätungskosteninBezugaufeinexogenesLieferdatum,derLa gerkostenundderKosteneinerunausgeglichenenProduktion(Nivellierung).DieAb lehnungvonAufträgenistnichtzulässig,jedochkönnendieseaufgeteiltwerden.Zu dem wird die Möglichkeit einer kurzfristigen Erhöhung der Kapazität berücksich tigt.354ZurAggregationderZielkriterienkommenGewichtungsparameterzumEinsatz (ArtenpräferenzinAbschnitt3.1.1).AufgrundderKomplexitätdesModellsführendie AutoreneineDekompositiondurch.FolglichwerdenzunächstdieLieferwochenund erstineinemzweitenSchrittfürdieeinzelnenWochendieLiefertagebestimmt.Die numerischeAnalysebelegteinenZielkonfliktzwischendenLagerkostenunddenVer spätungskosten. Allerdings können bei geeigneter Wahl der Gewichtungsparameter VerbesserungeninBezugaufallebetrachtetenZielkriterienerreichtwerden.Erneut steht die mit der Lösung verbundene Zeit einer Übertragung auf einen synchronen Ansatzentgegen. Eine vergleichbare Modellstruktur präsentieren FLEISCHMANN UND MEYR.355 Ziel ist die MinimierungvonlieferterminabhängigenKosten(VerfrühungundVerspätung)sowie Lagerkosten. Um dem skizzierten Problemen einer sequenziellen Auftragsannahme zubegegnen,weisendieAutorenaufdienotwendigeKopplungvonAuftragsannah me und Produktionsprogrammplanung hin. Eine Modellierung dieser Kopplung er folgtallerdingsnicht. 352
Chenetal.(2002) Zhaoetal.(2005) 354 DadieseszukeinerErhöhungderGrenzkostenführt,isteineBerücksichtigunginderZielfunktion nichterforderlich. 355 Fleischmann/Meyr(2004) 353
136
5BestehendeAnsätzederauftragsbezogenenPlanung
ZusammenfassendstehenleistungsfähigeAnsätzezurRealisierungeinerasynchronen Auftragsannahme zur Verfügung. In einigen Ansätzen werden Aspekte der Nivellie rungberücksichtigt.AuchlassensichProblemeeinerkurzsichtigenEntscheidungsfin dungdurchausreichendlangeBatchingIntervalleoderabereineIntegrationmitder Produktionsprogrammplanung,d.h.derMöglichkeitzunachträglichenUmplanungen, vermeiden. Aufgrund der damit einhergehenden Zeiten zur Lösung des Planungs problems steht jedoch gerade dieses einer Übertragung der Konzepte auf eine syn chronePrüfungentgegen.ZurBeschleunigungderPrüfungwurdendaherregelbasier teKonzeptionenvorgestellt. RegelbasierteAnsätze Einen hierarchischen regelbasierten Ansatz zur Auftragsannahme für eine globale SupplyChainzurHerstellungvonTFTLCDisplaysbeschreibenJEONGETAL.356DieAu toren unterscheiden zwischen einer globalen regelbasierten Auftragsannahmeprü fungsowieeinerHeuristikzurErmittlungderfreienKapazitäten,dieaufdenArbeiten vonTAYLORUNDPLENERTaufbaut.357HierbeierfolgtdieApproximationderfreienKapa zitäteneinerWerkstattfertigungbasierendaufderNetzplantechnik.358Zieldespriori tätsbasierten Verfahrens ist die Minimierung des zeitlichen Abstands zwischen dem gewünschten und dem bestätigten Lieferdatum (Lieferfähigkeit). Hierzu werden für die einzelnen Aufträge Prioritäten berechnet. Durch eine regelbasierte Vorgehens weiselässtsicheineBeschleunigungderPrüfungerreichen.Allerdingsistdasabbild bare Zielsystem stark limitiert. Insbesondere lassen sich Aspekte der Nivellierung nichthinreichendintegrieren. Eine Übersicht ausgewählter Ansätze zur asynchronen Verfügbarkeitsprüfung sowie deren Einordnung entsprechend der eingeführten Unterscheidung ist in Tabelle 25 gegeben.
356
Jeongetal.(2002) Taylor/Plenert(1999) 358 ZurNetzplantechniksiehevertiefendz.B.Hillier/Lieberman(1997),278ff. 357
5BestehendeAnsätzederauftragsbezogenenPlanung Tabelle25:
137
AusgewählteAnsätzezurasynchronenVerfügbarkeitsprüfung
Urheber
Ansatz
optimierend
regelbasiert
Chenetal.(2001); Chenetal.(2002)
AsynchroneVerfügbarkeitsprüfungzurMaxi mierungderErlöseabzüglichLagerkostenund variablenProduktionskostensowieStrafkos tenfürKapazitätsunterauslastungundAuf tragsablehnung.
x
Guerrero/Kern (1988); Kern/Guerrero (1990)
AsynchroneVerfügbarkeitsprüfungfürein Auftragsmontageumfeld.ZielistdieMinimie rungderKostennichtbefriedigterNachfrage, derVerspätung,derLagerung,derBearbei tungsowievonAbweichungenzueinemge wünschtenNiveaufreierKapazitätzurBedie nungzukünftigerNachfrage.Umplanungen sindnichtzulässig.
x
Jeongetal.(2002)
AsynchroneVerfügbarkeitsprüfungfürein globalesProduktionsnetzwerkundgegebene Liefertermine.Zieldesprioritätsbasierten Verfahrensistdie(MaximierungderWunsch termintreue).
x
Jungetal.(2003)
AsynchroneVerfügbarkeitsprüfungfürmehre reStandortebeiAuftragsproduktion.Zielist dieMinimierungderKostenderVerfrühung undVerspätunginBezugaufeinengegebenen Liefertermin.
x
Pibernik(2005)
AsynchroneVerfügbarkeitsprüfungzurErmitt lungderGrößevonbiszuzweiTeillieferungen. MaximierungderErlöseabzüglichLagerkosten fürEndprodukte,TransportkostenfürTeillie ferungensowieKostennichtbedienterNach frage.BasisderBetrachtungistdiegeplante VerfügbarkeitvonEndproduktenimSinne einesATPAnsatzes.WeiterhinVorstellung einerregelbasiertensynchronenVerfügbar keitsprüfung.
x
(x)
Zhaoetal.(2005)
Fallbeispieleinesnichtnäherspezifizierten ProduktsderFirmaToshiba.AsynchronerAn satzzurOptimierungvonVerspätungskosten inBezugaufeinexogenesLieferdatum,Lager kostenundKosteneinerunausgeglichenen Produktion(Nivellierung).EineAblehnungvon Aufträgenistunzulässig.
x
Der maßgebliche Vorteil asynchroner Ansätze besteht darin, dass sich Interdepen denzen zwischen einzelnen Anfragen durch die verbreiterte Informationsgrundlage besserberücksichtigenlassen.AusderasynchronenAusführungsartfolgtjedocheine
138
5BestehendeAnsätzederauftragsbezogenenPlanung
verzögerte Antwortzeit. Eine Interaktion zwischen Kunden und Unternehmen wird damitnichtermöglicht.EinzusammenfassenderAbgleichmitdenobendargestellten AnforderungenistinTabelle26gegeben. Tabelle26:
ErfüllungderAnforderungendurchasynchroneAnsätzederAuftragsannahme
Anforderung auftragsspezifischeProduktmerkmaleundBedarfstermine
Erfüllungsgrad ×
BerücksichtigungdesoffenenEntscheidungsfelds
×
KurzeAusführungszeitenfürAuftragsannahme
Ø
ModellMixRestriktionen
Ø
NivellierteProduktionsvorgaben
Ö Legende:×vollständigerfülltÖteilweiseerfülltØnichterfüllt
5.2.3 Fazit Synchrone Ansätze der Verfügbarkeitsprüfung sind grundsätzlich zur Unterstützung einesinteraktivenAuftragsannahmeprozessesgeeignet.JedochwerdenBesonderhei ten der variantenreichen Serienproduktion in bestehenden Arbeiten nicht hinrei chendberücksichtigt.InsbesonderefehlteineIntegrationvonAspektenderNivellie rung.AuchbestehtdurchdiekurzsichtigeEntscheidungsfindungderBedarfeinermit telfristigenKoordination. ImBereichderasynchronenAnsätzesindgrundsätzlichArbeitenverfügbar,dieeine bessere mittelfristige Koordination der Entscheidungsfindung darstellen. Durch die monolithische Modellierung sind entsprechende Arbeiten jedoch kaum auf eine in teraktiveAuftragsannahmekonzeptionübertragbar.Ursächlichhierfüristdiemitder Lösung des Entscheidungsproblems verbundene Ausführungszeit. Anfragende Kun denhättendahermitausgedehntenAntwortzeitenzurechnen,dienocherhöhtwer den,fallszumZeitpunktderAnfragebereitseinePrüfungdurchgeführtwird.UmIn konsistenzenzuvermeidenmüssteindiesemFallzunächstbiszuderenBeendigung gewartet werden. Gleichsam wird die Entscheidungssituation der variantenreichen SerienproduktionwieauchbeidensynchronenAnsätzennuransatzweiseabgebildet. Eine umfassendere Modellierung erfolgt im Bereich der Produktionsprogrammpla nung.EntsprechendeAnsätzewerdennachfolgendvorgestellt.
5BestehendeAnsätzederauftragsbezogenenPlanung
139
5.3 AnsätzederProduktionsprogrammplanung Ausgangslage von Ansätzen der Produktionsprogrammplanung bei variantenreicher SerienproduktionisteineMengebereitsangenommenerKundenaufträge.359Fürdie se gilt es vorteilhafteProduktionspläne imoben definierten Sinne zu ermitteln (Ab schnitt 3.4). Klassische Ansätze beruhen auf der Lösung des detaillierten Mixed ModelSequencingProblems,d.h.aufderErmittlungderdetailliertenProduktionsse quenz, werfen jedoch für die aus Sicht der Nivellierung relevanten Zeiträume kaum überbrückbarekomplexitätsbezogeneProblemeauf.360DasZielaggregierterAnsätze ist vor diesem Hintergrund die Bestimmung von periodenbezogenen Programmen ohne explizite Berücksichtigung der Reihenfolge. Entsprechende Ansätze lassen sich indieForschungdesProduktionsmanagementsbeiVariantenfließfertigungeinreihen zwischendervorgelagertenAufgabederFließbandabstimmungunddernachgelager ten Aufgabe der Feinplanung. Eingangsinformationen der Produktionsprogrammpla nungbestehendemnachindenKapazitätendereinzelnenStationen,dieausderim Rahmen der Fließbandabstimmung vollzogenen Zuordnung von Arbeitsinhalten zu Stationen resultieren.361 Demgegenüber gehen die Ergebnisse der Produktionspro grammplanung in die nachgelagerte Feinplanung ein. Gegenstand dieser ist die Be stimmungder optimalen Produktionssequenz (Abschnitt2.2.2).362Dakeine explizite BerücksichtigungderAuftragsannahmeerfolgt,könnenAnsätzederProduktionspro grammplanungwieinAbbildung28dargestelltindenBezugsrahmenderauftragsbe zogenenPlanungeingeordnetwerden.ImEinzelnenlassensichAnsätzemitAuftrags bezug von solchen, bei denen lediglich auftragsanonyme Mengen herzustellender Varianten betrachtet werden, abgrenzen. Beide Gruppen werden im Folgenden dis kutiert.
359
Scholl(1999),S.107f. Bolat(2003) 361 HierzuvertiefendsieheetwaBecker/Scholl(2006). 362 SieheetwaDrexl/Kimms(2001)oderBoysenetal.(2007). 360
140
5BestehendeAnsätzederauftragsbezogenenPlanung aggregierte Kapazität Produktionsprogrammplanung
• Abgleich von Aufträgen
spezifizierte Produktionsaufträge
und Ressourcen
Detailplanung Eigenfertigung und Fremdbezug
Abbildung28: Einordnung von Ansätzen der Produktionsprogrammplanung in den Bezugsrahmen derauftragsbezogenenPlanung
5.3.1 MengenbasierteAnsätze Das Problem der Produktionsprogrammplanung für die variantenreiche Serienpro duktionbetrachtenDINGUND TOLANIamBeispieleinesHerstellersvonMinibaggern.363 ImZugederPlanungwerdenherzustellendeMengenfüreinegegebeneAnzahlvon Varianten festgelegt. Ein expliziter Kundenbezug wird dabei nicht modelliert. Eine Verallgemeinerung auf den kundenspezifischen Fall ist jedoch ohne weiteres durch führbar,dazeitlicheZulässigkeitsintervallefürdieverschiedenenVariantendefiniert werden.DieAnalysebasiertaufeinerlexikographischeMehrzieloptimierung364unter Berücksichtigung der (quadratischen) Abweichung zu einem Gesamtauslastungsziel, d.h.dergesamtenProduktionsmengejeTag,unddemModellMix,d.h.der(quadra tischen) Abweichung zur idealen Produktionsmenge der einzelnen Varianten je Tag.365ZurLösungdesresultierendenquadratischenganzzahligenOptimierungsprob lems werden lokale Suchverfahren im Rahmen eines zweistufigen Algorithmus zur Anwendung gebracht. Aufgrund der expliziten Variantendefinition ist der Ansatz im 363
Ding/Tolani(2003) BeiderlexikographischenMehrzieloptimierungwerdendieZielkriterienentsprechendihrerRe levanz gereiht. Beginnend mit der höchsten Prioritätsklasse werden die Zielfunktionen gemäß dieserReihenfolgeoptimiert,bisentwedereineeinzigemöglicheLösungverbleibtoderallePrio ritätsklassendurchlaufenwurden.DieOptimierungaufeinernachgelagertenEbenederZielhie rarchie darf die Ergebnisse der übergeordneten Ebenen nicht verschlechtern (Zimmer mann/Gutsche(1991),S.126). 365 ImSinneeinernivelliertenProduktionwirdeinegleichmäßigeAufteilungderinsgesamtherzus tellendenProdukteaufdiePeriodenderPlanungvollzogen.DiedarausresultierendeStückzahlje PeriodedefiniertdieidealeProduktionsmenge. 364
5BestehendeAnsätzederauftragsbezogenenPlanung
141
GegensatzzueinermerkmalsbasiertenModellierungwenigskalierbar(Abschnitt2.2). Auch erfolgt keine Bewertung der terminlichen Zielerreichung. Diese wird in auf tragsbezogenenAnsätzenberücksichtigt,welcheGegenstanddernachfolgendenDis kussionsind. 5.3.2 AuftragsbezogeneAnsätze Aufbauend auf HINDI UND PLOSZAJSKI366 erörtert BOLAT das Problem der Selektion von vorteilhaftenAufträgenauseinerMengevorliegenderAufträgefüreineeinzelnean stehende Planungsperiode.367 Die Betrachtung ist demnach statisch. Die Zielsetzung bestehtimSinnederMaximierungderLiefertreueinderMinimierungderterminab hängigen Kosten bezogen auf einen gegebenen bestätigten Liefertermin (Abschnitt 3.3.2).AspektederNivellierungwerdendurchNebenbedingungenmodelliert,wobei harteGrenzenfürminimaleundmaximaleKapazitätsbelegungendereinzelnenStati onen der Fertigungslinie formuliert werden. Zur Lösung des resultierenden mehrdi mensionalen Rucksackproblems wird ein relaxiertes Branch & BoundVerfahren mit ZweiertauschHeuristikzurErmittlungzulässigerLösungenzurAnwendunggebracht. DieNutzenpotenzialewerdendurchnumerischeUntersuchungenbelegt.Hierbeiwird eineVariantenfließfertigungmit10Bearbeitungsstationenbetrachtet.BeiderErzeu gung von Aufträgen werden unter Verwendung einer Gleichverteilung vorgegebene BearbeitungszeitenfürdiejeweiligenStationengezogen.EinBezugzuProduktmerk malenwirdnichtexplizitabgebildet.DerAnsatzwirdanhandvielzähligerParameter kombinationennumerischevaluiert.AllerdingsbleibtdieBetrachtungfürjedeKom bination auf eine einmalige Lösung des Problems beschränkt. Die Dynamik der Ent scheidungssituationwirddemnachnurunzureichendabgebildet. In aktuellen Veröffentlichungen präsentiert BOYSEN ein Verfahren zur Produktions programmplanung bei variantenreicher Serienproduktion.368 Im Gegensatz zu BOLAT werden hierbei im Rahmen eines dynamischen Ansatzes mehrere Perioden berück sichtigt.WiezuvorbestehtdieZielsetzunginderMinimierungvonterminabhängigen Kosten. Überdies werden Erweiterungen auf dieZuordnung derAufträge zumehre 366
Hindi/Ploszajski(1994) Bolat(2003) 368 Boysenetal.(2007);Boysen(2005a);Boysen(2005b) 367
142
5BestehendeAnsätzederauftragsbezogenenPlanung
ren Produktionslinien, die Integration von Aspekten der Reihenfolgeplanung sowie AspektederNivellierungüberzusätzlicheNebenbedingungenbzw.durchModifikati onderZielfunktiondiskutiert.DerFokusderArbeitenliegteindeutigaufderErmitt lung von Lösungsverfahren für das sich ergebene generalisierte multidimensionale Zuordnungsproblem(MultiRessourceGeneralizedAssignmentProblem).Dienumeri sche Evaluation basiert auf einer einmaligen Lösung des Planungsproblems. Auch wirddavonausgegangen,dassvollständigspezifizierteAufträgemitbestätigtemLie ferterminzurPrüfungvorliegen.DieinitialeFestlegungdieserTerminewirdallerdings nicht expliziert. Anders als beim Ansatz von BOLAT finden ModellMix Restriktionen über ܪ ǣ ܰ Regeln Berücksichtigung (Abschnitt 2.2). Für eine gegebene Produkti onsmenge je Tag (entsprechend der Sequenzlänge) lassen sich damit die Restriktio nenderSequenzplanungapproximieren.GleichzeitigwirdeinexpliziterBezugzuPro duktmerkmalen aufrechterhalten.369 Das Vorgehen entspricht demnach dem in den FallstudienzubeobachtendenModellierungsansatz(Abschnitt4.3). ÄhnlichistdasVorgehenineinerReihevonPublikationenvonSAWIK.370Hierwerden multikriterielleVerfahrenzurProduktionsprogrammplanungbeivariantenreicherSe rienproduktionvorgestellt.AusgangspunktisteinelosweiseProduktionmitmehreren parallelenMaschinen.DemnachistimRahmenderPlanungüberdiezeitlicheZuord nung der Aufträge zu diesen Maschinen zu entscheiden, sodass die (gewichtete) Summe aus verspäteten und verfrühten Aufträgen sowie einem Nivellierungsterm minimiert wird.371 Dieser Ansatz wird verglichen mit einer lexikografischen Vorge hensweise.AnalogzudenzuvorgenanntenAnsätzenwirdvongegebenenbestätigten Terminenausgegangen.AuchbasiertdienumerischeEvaluationaufeinereinmaligen LösungdesProblems.
369
Drexl/Kimms(2001) Williamson(1990),Sawik(2007),Sawik(2006) 371 Zur Operationalisierung der Nivellierung wird die maximale Anzahl benötigter Maschinen mini miert. 370
5BestehendeAnsätzederauftragsbezogenenPlanung
143
5.3.3 Fazit Insgesamt lässt sich feststellen, dass aussichtsreiche Ansätze der Produktionspro grammplanungfürdievariantenreicheSerienfertigungexistieren.EineKurzbeschrei bungistinTabelle27gegeben. Tabelle27:
AusgewählteAnsätzezurProduktionsprogrammplanungbeivariantenreicherSerien produktion
Urheber
Ansatz
Ding/Tolani(2003)
ProduktionsprogrammplanungamBeispiel einesHerstellersvonMinibaggern;lexiko graphischeMehrzieloptimierungunterBe rücksichtigungder(quadratischen)Abwei chungzueinemGesamtauslastungszielund demModellMix.
x
Hindi/Ploszajski (1994)
SelektionvonAufträgenauseinerMenge vorliegenderAufträgefüreineeinzelne anstehendePlanungsperiode;Maximierung derAnzahldergewähltenAufträgefürbe stimmteModelle/Marktsegmenteunter BerücksichtigungvonKapazitätsrestriktio nenfürProduktmerkmale.
x
Bolat(2003)
SelektionvonAufträgenauseinerMenge vorliegenderAufträgefüreineeinzelne anstehendePlanungsperiode;Minimierung derterminabhängigenKostenbezogenauf einengegebenenbestätigtenLiefertermin unterBerücksichtigungvonzeitlichenKapa zitätsrestriktionen.
x
Boysenetal. (2007);Boysen (2005a);Boysen (2005b)
SelektionvonAufträgenauseinerMenge vorliegenderAufträgefürmehrereanste hendePlanungsperiode;Minimierungder terminabhängigenKostenbezogenaufei nengegebenenbestätigtenLiefertermin unterBerücksichtigungvonKapazitätsre striktionenfürProduktmerkmale;diverse Erweiterungen.
x
x
Williamson(1990), MultikriterielleVerfahrenzurProduktions Sawik(2007),Sawik programmplanungbeilosweiserProduktion (2006) mitmehrerenparallelenMaschinen;Mini mierungdergewichtetenSummeausver spätetenundverfrühtenAufträgensowie einemNivellierungsterm.
mengenbasiert auftragsbasiert
144
5BestehendeAnsätzederauftragsbezogenenPlanung
DieGegenüberstellungderAnsätzemitdenobendiskutiertenZielenderauftragsbe zogenenPlanung(Abschnitt3.3.2),dasssowohlauftragsorientiertewieauchressour cenorientierte Kriterien Eingang in die Entscheidungsfindung finden (Tabelle 28). Verbesserungspotenziale zeigen sich zum einen in der fundierten Auseinanderset zung mit der Unterstützung der Auftragsannahmeentscheidung. Zum anderen wird stetsvoneinereinmaligenEntscheidungssituationausgegangen.DiezeitlicheOffen heit des Entscheidungsfelds wird demnach nicht hinreichend berücksichtigt. Eben dieseistHauptuntersuchungsgegenstanddesdrittenindieserArbeitzudiskutieren denBereichsderbetriebswirtschaftlichenForschung,denAnsätzenderdynamischen Analyse. Eine zusammenfassender Abgleich mit den oben dargestellten Anforderungen ist in Tabelle28gegeben. Tabelle28:
Erfüllung der Anforderungen durch synchrone Ansätze der Produktionsprogramm planung
Anforderung AuftragsspezifischeProduktmerkmaleundBedarfstermine
Erfüllungsgrad ×
BerücksichtigungdesoffenenEntscheidungsfelds
Ø
KurzeAusführungszeitenfürAuftragsannahme
Ø
ModellMixRestriktionen
× ×
NivellierteProduktionsvorgaben
Legende:×vollständigerfülltÖteilweiseerfülltØnichterfüllt
5.4 AnsätzederdynamischenAnalyse Ein zentrales Merkmal der Entscheidungssituation der auftragsbezogenen Planung besteht in der zeitlichen Offenheit des Entscheidungsfeldes. Demnach konkretisiert sichdieInformationsgrundlagemitjedemEingangeinerKundenanfrage.Nichtsdesto trotz sind Arbeiten, in denen diese Aspekte sowie die daraus resultierenden Konse quenzen untersucht werden, äußerst rar. Bestehende Ansätze können unterteilt werden,nachsolchen,dieaufdieAnalysevonAuftragsabwicklungsstrategienzielen sowie solchen, die sich aus methodischer Sicht mit den Konsequenzen einer rollier endenPlanungsausführungauseinandersetzen.BeideGruppenwerdennachfolgend diskutiert.
5BestehendeAnsätzederauftragsbezogenenPlanung
145
5.4.1 AggregierteAnalysederAuftragsabwicklung AusgangspunktderUntersuchungvonHOLWEGETAL.istdieUmstellungderautomobi lenProduktionvoneinerLagerfertigungaufeinevariantenreicheSerienproduktion.372 HierzuentwickelndieAutoreneinModellzursimulativenUntersuchungeinerzwei stufigen Wertschöpfungskette zur Produktion von zwei Produkten. Ziel der system dynamischenundfolglichstarkabstrahiertenUntersuchungistes,dieAuswirkungen von Einflussfaktoren, wie etwa von zeitlichen Verzögerungen im Informationsfluss, aufdieZielerreichungderPlanungzuanalysieren.ErgebnisderAnalyseist,dassse quenzielle Planungsansätze, bei denen ausgeprägte Zeiten zwischen Auftragsannah me, Produktionsplanung und Materialbedarfsplanung bestehen, nur sehr einge schränktinderLagesind,einevariantenreicheSerienproduktionzurealisieren.Dem gegenüber scheinen Ansätze gut geeignet, die auf der unverzögerten Informations weitergabe sowie einer regelmäßigen Anpassung der Produktionsprogrammplanung bei gleichzeitiger Aufrechterhaltung einer nivellierten Ressourceninanspruchnahme basieren. Aufgrund des hohen Abstraktionsgrades lassen sich allerdings nur solche prinzipielleHandlungsempfehlungenfürdieGestaltungvonPlanungssystemenablei ten. EinedetailliertereUntersuchungdesdynamischenVerhaltenseinervariantenreichen Serienproduktion am Beispiel der Automobilproduktion beschreiben BRABAZON UND MACCARTHY.373 Diese basiert auf einem komplexen ereignisdiskreten Simulationsmo dell.AusgangspunktisteineAuftragsabwicklungsstrategie,dieElementederLagerfer tigung und der Auftragsfertigung kombiniert und von den Autoren als Virtual Build toOrder bezeichnet wird. Kundenanfragen können demnach aus dem physischen Bestand(d.h.demLagerbestandoderdemUmlaufbestand),dengeplantenProdukti onsaufträgen(dersogenanntenPipeline)sowiedurchNeuanlageeinesProduktions auftragserfülltwerden.DieAutorenbildendamitdiegängigePraxisvielerVolumen hersteller ab, bei denen ein Teil der Produktion antizipativ durchgeführt wird. Die AufgabedesPlanungssystemsistesfolglich,unterBerücksichtigungdervomKunden gewünschten Produktkonfiguration, eine zulässige Zuordnung vorzunehmen, sowie 372
Holwegetal.(2005) Brabazon/MacCarthy(2004),Brabazon/MacCarthy(2006b),Brabazon/MacCarthy(2006a)
373
146
5BestehendeAnsätzederauftragsbezogenenPlanung
gegebenenfallskundenanonymeProduktionsaufträgezuerzeugen,umeinenivellier te Produktion sicherzustellen. Durch die Produktion der Lagerfahrzeuge (d.h. nicht kundenbelegte Produkte) wird Kapazität in Anspruch genommen. Damit verlängert sich die Lieferzeit für kundenspezifische Fahrzeuge für den Fall, dass kein Fahrzeug aus dem dispositiven Bestand alloziert werden kann. Dieser Effekt wird verstärkt durch einen Anstieg in der Vielfalt angebotener Varianten, da dadurch die Wahr scheinlichkeiteinerexaktenAntizipationderzukünftigenNachfrageabnimmt.Inder KonsequenzführtderVirtualBuildtoOrderAnsatzdazu,dassdiedurchschnittlichen Wartezeiten der Kunden wie auch das Bestandsniveau ansteigen. Dies steht der ei gentlichenZielsetzungentgegen.AllerdingsweisendieAutorendaraufhin,dassintel ligentere Verfahren zur auftragsbezogenen Planung deutliche Verbesserungen erge ben könnten. Für die Studie implementierten die Autoren lediglich grobe Entschei dungsregeln. Beispielsweise erfolgt das Auffüllen des Produktionsprogramms rein zufällig. Durch diese stark vereinfachte Modellierung lassen sich keine konkreten HandlungsempfehlungenfürdieGestaltungvonPlanungssystemenableiten. Das Zusammenwirken verschiedener regelbasierter synchroner Verfahren der Auf tragsannahme und einer nicht näher spezifizierten Produktionsprogrammplanung analysiert MCCLELLAND.374 Erkenntnisgegenstand ist die Eignung von verschiedenen Auftragsannahmekalkülen für die Produktion modularer Güter mit stochastischen KapazitätenundDurchlaufzeiten.375Hierbeiwirddavonausgegangen,dassstetseine schnellstmöglicheLieferunggewünschtwird.DiebetrachtetenVerfahrenunterschei densichhinsichtlichihresDetaillierungsgrades.DasSpektrumreichtvoneinernicht kapazitiertenPolitikmitkonstantenDurchlaufzeitenhinzueinerBetrachtungsämtli cher Kapazitäten über den Auftragsdurchlauf bereits bei der Auftragsannahme. Zur EvaluationderPolitikenkommteinBeispielmit10VariantenzumEinsatzwobeiVor materialienaufzweiDispositionsstufenbetrachtetwerden.EswerdenKennzahlenfür Lieferzeit, treue und Bestand herangezogen, die mittels eines ereignisdiskreten Si mulationsmodellsermitteltwerden.AlsErgebnisderUntersuchunglässtsichfürdas 374
McClelland(1988) InderAnalysewirdvonlediglichsiebenAufträgenjeWocheundDurchlaufzeitenvonmehreren Wochenausgegangen.DieVoraussetzungeneinervariantenreichenSerienproduktionsinddaher nichterfüllt.
375
5BestehendeAnsätzederauftragsbezogenenPlanung
147
betrachteteSystemkeinedominierendePolitikermitteln.VielmehrfindetdieAutorin BelegefürdenoffenkundigenZielkonfliktzwischendenBeständenundderLieferzeit aufdereinenSeiteundderLiefertreueaufderanderen:mitzunehmendenBestän denoderbestätigtenLieferzeitennimmtauchdieLiefertreuezu.Aufgrunddergerin gen Stückzahlen kommt im beschriebenen Ansatz dem für die variantenreiche Se rienproduktionbedeutsamenAspektderNivellierungkeineRelevanzzu.Auchlassen sichkeinedifferenziertenLieferwünscheabbilden.InsbesondereaberistdasErgebnis wenigbefriedigend,dalediglicheinoffenkundigerZielkonfliktbestätigtwird. Damitbleibtzusammenfassendfestzuhalten,dassbislangkeineArbeitenzurAnalyse desVerhaltensauftragsbezogenerPlanungssystemeimdynamischenKontextderva riantenreichenSerienproduktionexistieren.SolchewärenjedochdieVoraussetzung, um Handlungsempfehlungen für die Gestaltung von Planungssystemen abzuleiten. Eine zusammenfassende Gegenüberstellung von Arbeiten zur aggregierten dynami schenAnalyse von Auftragsabwicklungssystemen mit den oben dargestellten Anfor derungenistinTabelle29gegeben. Tabelle29:
Erfüllung der Anforderungen durch synchrone Ansätze der Produktionsprogramm planung
Anforderung AuftragsspezifischeProduktmerkmaleundBedarfstermine
Erfüllungsgrad Ö
BerücksichtigungdesoffenenEntscheidungsfelds
×
KurzeAusführungszeitenfürAuftragsannahme
×
ModellMixRestriktionen
Ø
NivellierteProduktionsvorgaben
Ö Legende:×vollständigerfülltÖteilweiseerfülltØnichterfüllt
5.4.2 RollierendePlanung Ausgangspunkt von Untersuchungen der rollierenden Planung ist die sich sukzessiv verändernde Informationsbasis bei Vorhandensein eines offenen Entscheidungs felds.376DiezentraleFragestellungbetrifftdenabnehmendenEffektvonInformatio nen über die Zukunft auf aktuelle Entscheidungen.377 Demnach wird davon ausge
376
EntsprechendeArbeitendatierenzurückbiszudenAusführungenvon(Modigliani/Hohn(1955)). Chandetal.(2002)
377
148
5BestehendeAnsätzederauftragsbezogenenPlanung
gangen,dassInformationenabeinembestimmtenZeitpunktkeinenEinflussaufdie zumjetzigenZeitpunktzutreffendenEntscheidungenhaben. InbestehendenArbeitenzurUntersuchungderrollierendenPlanungimUmfeldder Produktionsprogrammplanungwirdüberwiegendvoneinernichtkapazitiertenprog nosebasierten Produktion ausgegangen.378 Betrachtungsgegenstand ist dann etwa der Zielkonflikt zwischen einer hohen Aktualität, die durch häufige Planänderungen erreicht werden kann, und einer hohen Effizienz der Leistungserstellung, die stabile Vorgaben erforderlich macht.379 Um in letzterem Fall auf Abweichungen zwischen PrognoseundRealisierungreagierenzukönnen,sindallerdingsinderRegelerhöhte (Sicherheits) Bestände erforderlich, während im ersten Fall, d.h. häufigen Umpla nungen,voneinergeringerenEffizienzausgegangenwird. AufBasiseinermehrfachenFallstudie,inderdiePlanungssystemevonZulieferunter nehmeneinesHerstellersvonDesktopComputernuntersuchtwurden,kommenKRA JEWSKI ET AL. zu dem Schluss, dass zwei grundlegende Planungsstrategien möglich
sind.380 Die eine Möglichkeit besteht in der Reduktion der Unsicherheit (reduce un certainity).DieseStrategieistgekennzeichnetdurchrestriktiveVertragswerke,stabile Produktionsvorgaben und ein hohes Maß an antizipativer Leistungserstellung. Die Gegenstrategie(copewithuncertainty)istdurcheinehäufigeAktualisierungderPlä neundeinweitesSpektrumzulässigerÄnderungenbeigleichzeitighohemAnteilre aktiverLeistungserstellungcharakterisiert. ImFalldervariantenreichenSerienproduktionsindbeideStrategienzuidentifizieren. DemnachherrschtaufEbenederKomponentenundModule,d.h.vordemKAEP,eine Strategie der Reduktion von Unsicherheit vor. Die Strategie nach diesem Punkt ist eherderGegenstrategiezuzuordnen.DemnachisteinehoheAktualitätderPläneer forderlich.EineÜbertragungderErkenntnissederForschungzurrollierendenProduk tionsprogrammplanung auf den reaktiven, d.h. auftragsbezogenen Teil der Wert schöpfungistindesnichtohneweiteresmöglich.UrsächlichhierfüristdieTatsache, dasssichkeinePrognosenfüreinzelneAufträgeerstellenlassen(Abschnitt3.4).Da 378
Tang/Grubbstrom(2002) Lin/Krajewski(1992) 380 Krajewskietal.(2005) 379
5BestehendeAnsätzederauftragsbezogenenPlanung
149
mit kann in der Planung zwar von einer deterministischen Planungsgrundlage, den Aufträgen,ausgegangenwerden,jedochändertsichdieseimZeitverlaufsehrhäufig und feingranular mit jeder zusätzlichen Ankunft einer Anfrage. Aufgrund dieses grundlegenden Unterschieds scheint eine unabhängige Untersuchung des dynami schenVerhaltensvonPlanungssystemenzurauftragsbezogenenPlanungunablässig. 5.5 ErgebnisdesLiteraturüberblicks Zusammenfassend ist damit festzustellen, dass Teilaspekte der auftragsbezogenen Planung bei variantenreicher Serienproduktion in verschiedenen Forschungsrichtun genbehandeltwordensind.EineumfassendeAnalysefehltallerdingsbislang.Sobie ten bestehende Ansätze der Verfügbarkeitsprüfung eine Unterstützung für die An nahme von Aufträgen. Jedoch findet keine hinreichende Berücksichtigung der Cha rakteristika der variantenreichen Serienproduktion und im Besonderen des Aspekts derNivellierungstatt. Dies ist im Bereich der Produktionsprogrammplanung grundsätzlich gegeben. Auch existierteineVielzahlvonArbeiten.AllerdingswirdbeidiesenAnsätzenstetsvonei ner einmaligen Entscheidungssituation ausgegangen. Die im betrachteten Umfeld vorherrschendeInformationsdynamikwirddemnachnichtzufriedenstellendberück sichtigt. Dieser Aspekt wird wiederum in Ansätzen der dynamischen Analyse betrachtet. Al lerdings gehen entsprechende Arbeiten im Umfeld der variantenreichen Serienpro duktion von sehr stark abstrahierten Modellen aus. Eine Ableitung von Handlungs empfehlungenfürdieGestaltungvonauftragsbezogenenPlanungssystemenistdaher nichtmöglich.Arbeiten,indeneneinhöhererDetaillierungsgradeingenommenwird, sindzahlreichvorhandenfürUmgebungenmitantizipativerLeistungserstellung.Eine ÜbertragungaufdievariantenreicheSerienproduktionistindesnichtmöglich. Vor diesem Hintergrund ist es nicht möglich, die für die vorliegende Untersuchung formulierteProblemstellung,d.h.dieGestaltungeinesauftragsbezogenenPlanungs systems für die variantenreiche Serienproduktion anhand bestehender Forschungs arbeitenzubeantworten.DaherwerdenimverbleibendenTeildervorliegendenAr beit Entscheidungsmodelle für die variantenreiche Serienproduktion konzipiert und
150
5BestehendeAnsätzederauftragsbezogenenPlanung
numerisch analysiert. Ausgangspunkt sind die grundlegenden Ausführungen in den Kapitelnzweibisvier.
6 Konzeption von Entscheidungsmodellen zur auftragsbezo genenPlanung IndenvorangehendenKapitelnwurdeanhanddesplanerischenBezugsrahmenszur auftragsbezogenen Planung aufgezeigt, dass bislang kein Modellierungsansatz exis tiert, durch den die dargestellten Anforderungen der Entscheidungssituation gleich samerfülltwerden.ImnachfolgendenKapitelwerdendahermathematischeModelle zurErfüllungderinAbschnitt4.4dargestelltenAnforderungenentwickelt.DieseMo dellesollengenerischsein,d.h.imVordergrundstehtdieEntwicklungeinesallgemei nenKonzeptszurSchließungdesaufgezeigtenForschungsbedarfs.Dementsprechend liegtderFokusdesKapitelsaufstrukturellenAspekten. DerAufbaudesKapitelsistwiefolgt.ZunächstwirdeinehierarchischePlanungskon zeption für die auftragsbezogene Planung entwickelt (Abschnitt 6.1), um auf dieser Basis Entscheidungsmodelle formulieren zu können (Abschnitt 6.2). Das Kapitel schließtmiteinerstrukturellenValidierungdieserModelle(Abschnitt6.3)sowieeiner ZusammenfassungderErgebnisse(Abschnitt6.4). 6.1 EntwicklungeinerhierarchischenPlanungskonzeption Der für die auftragsbezogene Planung entwickelte Bezugsrahmen weist eine hierar chischeunddaherdezentraleStrukturauf(Abschnitt3.4).AlsGrundlagederEntwick lungvonEntscheidungsmodellensolldaherzunächsteinBezugsrahmenzurAnalyse derartiger Entscheidungssituationen präsentiert werden. Aufbauend auf diesem Be zugsrahmen erfolgt die formale Beschreibung der auftragsbezogenen Planung. Im ErgebnisstehtdamitentsprechenddeminAbschnitt3.5eingeführtenVorgehender modellbasiertenPlanungeinkonzeptionellesModellzurVerfügung,dassinderFolge alsBasisfürdieweitergehendeModellierungherangezogenwird. 6.1.1 BezugsrahmenzurAnalysedezentralerEntscheidungssituationen BasierendaufderErkenntnis,dassdieüberwiegendeAnzahlunternehmerischerEnt scheidungeneinedezentraleGrundstrukturaufweist,d.h.aufunabhängigenmitein anderverknüpftenTeilentscheidungenberuht,entwickeltSCHNEEWEIßeinenformalen BezugsrahmenzurAnalysevonEntscheidungsprozessen.VonbesondererBedeutung sinddabeidezentraleEntscheidungen,diedurcheineasymmetrischeBeziehung(z.B.
152
6KonzeptionvonEntscheidungsmodellenzurauftragsbezogenenPlanung
inBezugaufZeit,EntscheidungskompetenzoderInformationsverfügbarkeit)gekenn zeichnet sind. DieserGrundtyp wird auch als hierarchisch oderin Anlehnung an die Terminologie der volkswirtschaftlichen Forschung als StackelbergSzenario bezeich net(Abschnitt3.2).381 Hierarchische Planungssysteme lassen sich als System bestehend aus (mindestens) zwei,durchInformationsflüssemiteinandergekoppeltenElementenkonzeptionalisie ren.Diessinddieübergeordnetebzw.vorgelagerteTopebeneܶsowiedienachgela gerte Basisebene ܤ. Um trotz dieser Dekomposition in Teilsysteme bzw. probleme zu einer koordinierten Entscheidungsfindung zu gelangen, kommt eine zentrale Be deutungderInstallationvonAbstimmungsmechanismen,densogenanntenKoordina tionsmechanismen,zu.Insbesonderescheinteszweckmäßig,VorgabenderTopebe ne(diesogenanntenInstruktionen)ܰܫzunächstzuevaluieren,bevordieseverbind lich an die Basisebene weitergereicht werden. Hierzu führt SCHNEEWEIß das Konzept der Antizipation ein. Im Rahmen der Antizipation wird auf eine modellhafte Be schreibungdesEntscheidungsverhaltensderBasisebenezurückgegriffen,umKonse quenzen möglicher Entscheidungen (der hypothetischen Instruktionen) zunächst geeignet zu ermitteln und so schließlich die optimale zu selektieren. Die ermittelte faktische Instruktion der Topebene כ ܰܫdientin der Folge der Basisebene als Input zurBestimmungihrerEntscheidung.JenachAusprägungderEntscheidungssituation wirddieseEntscheidungderTopebeneinFormderReaktionRE*zurückgespieltund dort zur Reevaluation der vorherigen Entscheidung genutzt. Das Ergebnis dieses In teraktionsprozesses der dispositiven, d.h. planenden Ebenen wird schließlich dem nachgelagertenObjektsysteminFormderfinalenInstruktion ככ ܰܫzurImplementie rungübergeben.GrundlagederEvaluationdersogetroffenenEntscheidungistdasim ProduktionssystemrealisierteErgebnis.DieseswirdinFormeinesexpostFeedbacks dem Entscheidungsunterstützungssystem zurückgespielt. In Bezug auf den im Ab schnitt3.1dargestelltenInteraktionsprozessbetrieblicherEntscheidungenkonstituie renTopundBasisebenedasSubjektsystem.EinezusammenfassendeDarstellungdes BezugsrahmensistinAbbildung29gegeben.
381
Schneeweiß(2003),S.7
6KonzeptionvonEntscheidungsmodellenzurauftragsbezogenenPlanung
153
Entscheidungsunterstützungssystem, Subjektsystem Topebene It0T
Topmodell CT
(2) hypothetische Instruktion, IN
(1) Antizipation AF(IN)
antizipiertes Basismodell CB
(3) faktische Instruktion, IN*
(4) Reaktion RE*
Basisebene CB, It1B (5) finale Instruktion, IN**
(6) ex-post Feedback
Produktionssystem, Objektsystem
382
Abbildung29: FormalesGrundmodelldezentralerEntscheidungen
ImFalleineszweistufigenhierarchischenPlanungssystemskonkretisiertsichdieEnt scheidungssituation wie folgt. Gegenstand des Systems sind die beiden Ebenen ݇ אሼܶǡ ܤሽmitdenzugehörigenEntscheidungsmodellenܯ .DiesesindimEinzelnen durchdasjeweiligeKriterium ܥ ,dasEntscheidungsfeldܣ sowiedenInformations standzumZeitpunktݐderEntscheidungܫ௧ eindeutigbeschrieben.Fernerbezeichne כ
ܽ ܣ zulässige Entscheidungen der Ebene k sowie ܽ die optimale. Zur differen zierten Analyse der Kriterien ܥ unterscheidet SCHNEEWEIß weiterhin zwischen dem privaten,ebenenbezogenen Kriterium ்் ܥund deralsTopDown Kriterium் ܥ be zeichnetenRepräsentationdesEntscheidungsverhaltensderBasisebeneimKriterium derTopebene. DezentraleEntscheidungsprozesselassensichdamitalseinSystembestehendausbis zudreiineinanderverschachteltenInteraktionsprozessenkonzeptionalisieren.Inner halb dieser Interaktionsprozesse werden die Entscheidungsebenen durch Informati onsflüssemiteinandergekoppelt.ZuunterscheidensinddieantizipativeInteraktion, diefaktischeInteraktionsowiediefinaleInteraktion.
382
VergleicheähnlichSchneeweiß(2003),S.17
154
6KonzeptionvonEntscheidungsmodellenzurauftragsbezogenenPlanung
Durch die antizipative Interaktion wird das Zusammenwirken von Top und antizi pierterBasisebenebeschrieben.DerzugehörigeInformationsstandzumZeitpunktݐ derInteraktionwirdalsܫ௧்బ bezeichnet.DieantizipativeInteraktionwirdexplizitdurch (1)dieAntizipationsrelationܨܣሺܰܫሻund(2)durchdievonderjeweiligenzulässigen Entscheidung ்ܽ abhängige (hypothetische) Instruktion ) ்ܽ(ܰܫ. Der zentrale Aspekt der antizipativen Interaktion ist damit die Vorwegnahme des Entscheidungsverhal tensderBasisebeneimRahmenderAntizipationsrelation.HierzuwirdeineApproxi mation der Zielfunktion + sowie des Entscheidungsfeldes ܣመூே in Abhängigkeit der gewählten Instruktion durchgeführt.383 Ergebnis der antizipativen Interaktion ist (3) כ
diefaktischeEntscheidungderTopebene்ܽ Ǥ AlsfaktischeInteraktionwirddasZusammenwirkenvonTopundBasisebeneimVor feld der eigentlichen (finalen) Entscheidung bezeichnet. Hierbei dient die faktische Instruktion כ ܰܫderBasisebenealsEingangsinformationzurBestimmungderoptima len Entscheidung unter Berücksichtigung des verfügbaren Informationsstandes ܫ௧భ . DerassoziierteInformationsrückfluss(4)wirddurcheinemöglicheReaktionܴ כ ܧbe schrieben.FürdenFallderstrenghierarchischenEntscheidungsfindung(z.B.beizeit lichversetzterEntscheidungsfindung,d.h.zeitlichvertikalenAbhängigkeiten)isteine faktischeInteraktionimRahmeneineseinzelnenEntscheidungsprozessesnichtprak tikabel.384 In diesem Fall reduziert sich die faktische Interaktion zur einseitigen For mulierung der faktischen Instruktion durch die Topebene. Eine Sondersituation be steht,fallsdieInteraktionwiederholtausgeführtwird,bevoreszureigentlichenUm setzung der Entscheidungen kommt (z.B. im Rahmen einer in Abschnitt 3.1.4 be schriebenen, rollierenden Vorgehensweise). In diesem Fall besteht die Möglichkeit eines begrenzten Informationsaustauschs innerhalb des Subjektsystems, bevor Ent scheidungenmitAuswirkungenaufdasObjektsystemgetroffenwerden. DurchdiefinaleInteraktionwirdschließlichdieImplementierungaufBasisderfina len Instruktion ( ככ ܰܫ5) sowie eines eventuellen expost Feedback (6) beschrieben. DieZielerreichungdesgesamtenhierarchischenPlanungssystemswirddamitalleinig 383
DieInstruktionmussnichtderEntscheidungderTopebeneentsprechen,resultiertjedochdurch gegebeneBerechnungsvorschriftenausdieser(z.B.durchDisaggregation). 384 Eine weiterer Bewegrund für eine eingeschränkte Relevanz der faktischen Interaktion können etwaInformationssymmetriensein.
6KonzeptionvonEntscheidungsmodellenzurauftragsbezogenenPlanung
155
durch die finale Instruktion determiniert. Alle weiteren Entscheidungen des Pla nungssystemswerdennichtindieRealitätumgesetztundhabendaherlediglicheinen virtuellen Charakter. Demnach macht die Evaluation von Planungskonzeptionen die AuswertungdesexpostFeedbackserforderlich. Das Grundproblem der dezentralen Entscheidungsfindung für den zweistufigen hie כ
כ
rarchischenFalllässtsichsomitdurchdieEntscheidungen்ܽ undܽ sowiedieAnti zipationsfunktionAF(IN)unddiehypothetischeInstruktionܰܫeindeutigbeschreiben (61)(64).AlleapproximiertenWerteseienimFolgendenimeinemƸ gekennzeich net.385Fernerbezeichneܧሼǥ _ܫ௧ ሽdenmathematischenErwartungswertinBezugauf den zum Zeitpunkt ݐverfügbaren Informationsstand ܫ௧ . Die optimale Entscheidung כ
derTopebeneunddamitdiefaktischeInstruktionergibtsichalsdiejenigeLösung்ܽ aller zulässigen Lösungen ்ܽ ்ܣ א, die den Erwartungswert des Zielkriteriums der Topebene unter Berücksichtigung der zum Zeitpunkt der Entscheidung verfügbaren Informationenܫ௧்బ optimiert(61).BestandteilederZielfunktionsinddasebenenbezo geneKriterium ்் ܥsowiedasKriterium் ܥ ,daszurBewertungvonEntscheidungen der Basisebene eingesetzt wird. Die besondere Herausforderung liegt dabei in der AntizipationdesEntscheidungsverhaltensderBasisebene.HierzufindetdieAntizipa tionsrelation ܨܣሺܰܫሻ Anwendung. Diese ergibt sich in Abhängigkeit der hypotheti schenInstruktion,welchesichihrerseitsausderEntscheidungderTopebeneableiten lässt(62).ZurBestimmungderAntizipationsrelationistdanndasArgumentderLö sung zu ermitteln, die den Zielfunktionswert des antizipierten Kriteriums der Basis ebene + optimiert (63). Da im Rahmen der Entscheidungsfindung der Topebene nichtalleInformationenvorliegen,diederBasisebenezurVerfügungstehen,istesje nachAnwendungsfallerforderlich,nebendemKriteriumauchdasEntscheidungsfeld ܣመூே sowie die zur Verfügung stehenden Informationen ܫመூே geeignet zu vorwegzu כ
nehmen.DieeigentlicheEntscheidungderBasisebene(d.h.diefinaleInstruktion)ܽ ergibt sich schließlich entsprechend (64). Die hierbei zur Verfügung stehenden In formationen ܫூே כǡ௧ werden durch den Zeitpunkt der Entscheidungsfindung ݐଵ sowie భ
die faktische Instruktion כ ܰܫbeeinflusst. Aufgrund der additiven Struktur der Ziel
385
Schneeweiß(2003),S.37
156
6KonzeptionvonEntscheidungsmodellenzurauftragsbezogenenPlanung
funktionistdasEntscheidungsproblemdermultikriteriellenOptimierungzuzuordnen (Abschnitt3.1.5).386 כ
்ܽ ൌ א ܧ൛ ்் ܥሺ்ܽ ሻ ் ܥ ൫ܨܣሺܰܫሻ൯_ܫ௧்బ ൟ
(61)
ܰܫൌ ܰܫሺ்ܽ ሻ
(62)
כ ܨܣሺܰܫሻ ൌ ൌ ಳאಳಿ ܧ൛+ ሺ ሻ_ܫመூே ൟ
(63)
ܽ ൌ ಳ אಳ ܧ כ൛ ܥ ሺܽ ሻ_ܫூே כǡ௧ ൟ భ
כ
ಿ
(64)
Ein zentrales Konzept des Grundmodells repräsentiert die Antizipationsrelation. Durch diese wird eine Koordination der Einzelentscheidungen angestrebt, sodass trotzderdezentralenModellstruktureineglobaleffizienteEntscheidungsfindunger möglicht wird. Konzeptionell lassen sich vier Ausprägungen der Antizipation unter scheiden:387 Nicht reaktive Antizipation (Typ 1): Im Rahmen einer strikten hierarchischen PlanungwerdenEntscheidungenderübergeordnetenEbeneohneBerücksich tigung der nachfolgenden getroffen (TopDownPlanung). Demnach erfolgt keine Evaluation der Konsequenzen alternativer Handlungen, d.h. hypotheti scher Instruktionen, und es findet keine gegenseitige Abstimmung statt. Die ZulässigkeitdersoermitteltenLösungkannfolglichnichtgarantiertwerden.Es werden lediglich grundlegende Charakteristika der nachgelagerten Entschei dungdurchModifikationdesEntscheidungskalküls ் ܥoderdesEntscheidungs felds ்ܣderTopebeneberücksichtigt. ImpliziteAntizipation(Typ2):EigenschaftendesEntscheidungsverhaltensder Basisebene werden mittelbar im Rahmen der Entscheidungsfindung der Top ebeneberücksichtigt.DiesgeschiehtinderRegeldurcheineAdaptiondesEnt ் scheidungsfeldes ( ்ܣൌ ܣிሺூேሻ ), d.h. indem solche Entscheidungen ausge
schlossenwerden,diebesondersungünstigeKonstellationenfürdienachgela 386
AufgrundderunsicherenInformationsgrundlageundderrekursivenFormulierunghandeltessich umeinestochastischdynamischeProblemformulierung. 387 Schneeweiß(2003),S.42ff.
6KonzeptionvonEntscheidungsmodellenzurauftragsbezogenenPlanung
157
gerteEntscheidungsebenebegründen(z.B.eineUnzulässigkeitderPlanungzur Folge hätten). Konstituierendes Merkmal dieses Antizipationstypen ist, dass dieEntscheidungenderBasisebeneinReaktionaufdieInstruktionenderTop כ
ebenenichtexplizitberücksichtigtwerden(ܨܣሺܰܫሻ ് ). Explizit approximierte Antizipation (Typ 3): Das Entscheidungsverhalten der Basisebene wird unmittelbar im Entscheidungskalkül der Topebene berück כ
sichtigt(ܨܣሺܰܫሻ ൌ ).DiesmachteineModifikationdesKriteriums ் ܥent sprechend(61)erforderlich.JedochwirdnichtdievolleKomplexität,sondern nur eine Approximation dieserin die Entscheidungsfindung eingebunden. Ein Beispiel der explizit approximierten Antizipation wäre die Substitution sto chastischerEingangsgrößendurchihrenErwartungswert. ExplizitexakteAntizipation(Typ4):ImRahmenderexplizitexaktenoderauch perfektenAntizipationwerdenallezumZeitpunktݐ zurVerfügungstehenden InformationenimEntscheidungskalkülderTopebeneberücksichtigt. GrundsätzlichimplizierteinehöhereFormderAntizipationeineumfassendereInfor mationsbasisbeiderEvaluationvonHandlungsalternativen.JedochsteigtalsKonse quenz dieser zusätzlichen Informationen einerseits die Komplexität des Entschei dungsmodells der Topebene und damit die zur Lösung benötigte Zeit, andererseits nimmtauchdermitderBeschaffungundBearbeitungdieserInformationenverbun dene Aufwand zu. Folglich ist die Wahl einer adäquaten Form der Antizipation oft malsnurunterBerücksichtigungderspezifischenAnforderungenderEntscheidungs situation möglich. Eine zusammenfassende Darstellung der Antizipationstypen ist in Abbildung30gegeben.
158
6KonzeptionvonEntscheidungsmodellenzurauftragsbezogenenPlanung
Typ1 nichtreaktive Antizipation
Typ2 impliziteAntizipation
Topebene Topebene T It0T
Topebene Topebene T It0 T
I t0
I t0
Zielfunktion
CT
Zielfunktion
C
T
C TT
Entscheidungsfeld
AT
(1)Antizipation AF(IN)
ATAF ( IN(1)Antizipation ) AF(IN) (1)Antizipation
(2)hypothet.Instruktion
IN
Entscheidungsfeld
T
A
antizipiertesBasismodell
B Aˆ IN
(3)faktischeInstruktion
(4)Reaktion
RE *
IN *
(3)faktischeInstruktion
C B , AINB * , I tB1
Typ3 explizitapproximierteAntizipation
Typ4 explizitexakteAntizipation Topebene Topebene T It0 T
I t0
Zielfunktion
CT
C TT C TB
Zielfunktion
CT
Entscheidungsfeld
AT
IN
Entscheidungsfeld AF(IN)
(1)Antizipation
AF ( IN ) aˆ B
B B C B , AIN * , It 1
AF ( IN ) aˆ B
*
Cˆ B , Aˆ INB
(4)Reaktion
RE antizipiertesBasismodell
IN
AF(IN) (1)Antizipation
antizipiertesBasismodell
Cˆ B , Aˆ INB
IN *
ATAF ( IN (1)Antizipation )
(2)hypothet.Instruktion *
antizipiertesBasismodell
(3)faktischeInstruktion
C TT C TB
AT
ATAF ( IN(1)Antizipation )
(2)hypothet.Instruktion
RE *
antizipiertesBasismodell
C B , AINB * , I tB1
I t0
(4)Reaktion
IN *
antizipiertesBasismodell
Topebene Topebene T It0T
AF (IN )
*
(3)faktischeInstruktion
IN *
(4)Reaktion
RE *
antizipiertesBasismodell
C B , AINB * , I tB1
Abbildung30: Typen der Antizipation im Kontext dezentralen Entscheidungssituationen; approximierte AbbildungensinddurchunterbrocheneLiniengekennzeichnet
EinenbedeutsamenSonderfallfürdieAnalyseunternehmerischerPlanungsprobleme stellentaktischoperativeEntscheidungssituationen(tacticaloperationaldistributed decisionmakingsystems)dar.Diesesinddadurchgekennzeichnet,dasssichdieTeil
6KonzeptionvonEntscheidungsmodellenzurauftragsbezogenenPlanung
159
entscheidungenlediglichdurchdiezurVerfügungstehendenInformationunterschei den. Dieser Sachverhalt wird auch als zeitliche Informationsasymmetrie bezeichnet. DemnachwirdvoneinemInformationsgewinnzwischendemZeitpunktderEntschei dungderTopebeneݐ unddemderBasisebeneݐଵ (ݐଵ ݐ ሻausgegangen.DieMerk male taktischoperativer Entscheidungssituationen lassen sich damit wie folgt zu sammenfassen:388 TeamSituation:DieEbenensinddurchkohärenteInteressengekennzeichnet. Dadurchwirdeinekomplementärebzw.additiveStrukturdesEntscheidungs kalkülsderTopebeneሺ ் ܥൌ ்் ܥ ் ܥ ሻbegründet.IstdasEntscheidungskal kül der Basisebene zudem bekannt ൫் ܥ ൌ + ൌ ܥ ൯, ist von einer flachen taktischoperativen Entscheidungssituation (smooth tacticaloperational distributeddecisionmakingsystems)dieRede. OrganisationaleHierarchie:EntscheidungenwerdenzuunterschiedlichenZeit punkten mit zumeist unterschiedlicher Fristigkeit und mit unterschiedlichem Informationsstand getroffen.389 Aufgrund dieser zeitlichen Differenzierung ist eineBerücksichtigungderReaktionimRahmenderEntscheidungsfindungder Topebenenichtmöglich. Schwache Informationsasymmetrie: Aufgrund der TeamSituation stehen grundsätzlich beiden Ebenen dieselben Informationen zur Verfügung. Damit kann eine durch die zeitliche Versetzung der Entscheidungen begründete In formationsasymmetrieimZeitverlaufprinzipiellvollständigaufgelöstwerden. DasGrundproblemderverteiltenEntscheidungsfindungreduziertsichfürflachetak tischoperativeEntscheidungssituationenzu(65)(68).WieimallgemeinenModell ergibtsichdieoptimaleEntscheidungderTopebene,d.h.diediefaktischeInstrukti כ
on,alsdiejenigeLösung்ܽ ,diedenErwartungswertdesZielkriteriumsderTopebene optimiert(65).DerwesentlicheUnterschiedzumzuvorerörtertenGrundmodellliegt darin,dassimRahmenderEntscheidungsfindungderTopebenevollständigeInforma 388
Schneeweiß(2003),S.99f. InAbgrenzungzuorganisationalenSystemenunterscheidetSchneeweiß(2003)(S.29ff.)virtuelle Systeme der verteilten Entscheidungsfindung (constructional hiearchie). Diese sind dadurch ge kennzeichnet, dass die Ebenen unterschiedliche Ziele und Entscheidungskompetenzen aufwei sen.
389
160
6KonzeptionvonEntscheidungsmodellenzurauftragsbezogenenPlanung
tionen über das Entscheidungsmodell der Basisebene zur Verfügung stehen (+ ൌ ܥ ).UnterschiedezwischendenEbenenergebensichdamitlediglichinderInforma tionsgrundlage.AllerdingsistinderKonsequenzauchimFalleinerflachentaktisch operativenEntscheidungsfindungeineVorwegnahmedesEntscheidungsfeldsܣመூே der Basisebeneerforderlich,umdiezukünftigeEntscheidungderBasisebenezuantizipie ren(67). כ
்ܽ ൌ א ܧ൛ ்் ܥሺ்ܽ ሻ ܥ ൫ܨܣሺܰܫሻ൯_ܫ௧బ ൟ
(65)
ܰܫൌ ܰܫሺ்ܽ )
(66)
כ
ܨܣሺܰܫሻ ൌ
ൌ ಳ אಳಿ ܧ൛ ܥ ሺ ሻ_ܫ௧బ ൟ
כ
ܽ ൌ ಳאಳ ܧ כ൛ ܥ ሺܽ ሻ_ܫ௧భ ൟ ಿ
(67) (68)
DerdargestellteBezugsrahmenlieferteinenallgemeinenAnsatzzurAnalysebetrieb licherEntscheidungen.HieraufaufbauendsollnachfolgenddieEntscheidungssituati onderauftragsbezogenenPlanungbeivariantenreicherSerienproduktionformalisiert werden,uminderFolgeEntscheidungsmodelleableitenzukönnen. 6.1.2 FormalisierungderEntscheidungssituation Durch den Transfer des formalen Bezugsrahmens zur Analyse dezentraler Entschei dungssituationen auf die auftragsbezogene Planung bei variantenreicher Serienpro duktion lassen sich Erkenntnisse für die Ausgestaltung der identifizierten Entschei dungsmodellefürdieAuftragsannahmeunddieProduktionsprogrammplanungablei ten.ImSinnederkonzeptionellenModellierungsollhierzuzunächsteinequalitative AnalysederEntscheidungskalkülederauftragsbezogenenPlanunggemäßdesaufge zeigtenSchemaserfolgen. DieEntscheidungenderauftragsbezogenenPlanunglassensichwiefolgtzusammen fassen (Abschnitt 3.4). Auslösendes Ereignis der Planung ist der Eingang einer Kun denanfrage.DerGegenstandderAuftragsannahmebestehtdanndarin,einentermi nierten Produktionsauftrag zu generieren und diesen an die Produktionsprogramm planungzuübergeben.ImRahmendiesererfolgtdieFinalisierungdergesammelten ProduktionsaufträgeunterBerücksichtigungderaktualisiertenInformationsgrundlage und deren Weitergabe an das Ausführungssystem. Folglich werden im Rahmen der
6KonzeptionvonEntscheidungsmodellenzurauftragsbezogenenPlanung
161
Auftragsannahme (Topebene) zeitlich vorgelagert Vorgaben bzw. Instruktionen für die Produktionsprogrammplanung (Basisebene) generiert. Dabei kann grundsätzlich von einer Teamsituation mit schwacher Informationsasymmetrie ausgegangen wer den,dabeidePlanungsfunktionendiePerspektiveeinesUnternehmensrepräsentie renundsomitdurchkohärenteInteressengekennzeichnetseinsollten.Einweiteres Merkmal des Planungssystems betrifft die zeitliche Abfolge der Einzelentscheidun gen.AlsKonsequenzdersequenziellenStrukturergibtsicheineorganisationaleHie rarchie. Demnach ist zwischen der Terminierung im Rahmen der Auftragsannahme undderimRahmenderProduktionsprogrammplanungeinInformationszugewinnin FormderzwischenzeitlicheingetroffenAufträgezubeobachten.Aufdiebetrachtete EntscheidungssituationtreffenfolglichdieobenaufgeführtenEigenschaftendertak tischoperativenPlanungzu. EineBesonderheitderEntscheidungssituationresultiertausderzwarzeitlichversetz tenaberinsgesamtwiederholtenAusführungsart.DabeidePlanungenvonvergleich barerzeitlicherFristigkeitsind,sindimFalleinerkapazitiertenAuftragsannahmeIn formationenüberdieverfügbarenKapazitätenerforderlich.Dadiesejedochihrerseits das Resultat der Produktionsprogrammplanung darstellen, besteht eine Entschei dungssituation mit wechselseitigen, zeitlich versetzten Informationsflüssen. Die sich ableitendeHierarchieistdemnachaussachlicherSichtalshorizontalzubezeichnen. Dennoch stehen die vorhandenen zeitlich vertikalen Abhängigkeiten einer wechsel seitigenAbstimmungzueinemgegebenenZeitpunktentgegen.EineKoordinationist damitnurimKontexteinerwiederholtenInteraktionmöglich. AufbauendaufdieserallgemeinenKlassifikationderauftragsbezogenenPlanunglässt sich diesemit Hinblick auf denvorgestellten Bezugsrahmen zur Analyse dezentraler Entscheidungssituationen,wienachfolgendausgeführt,formalisieren. TopebeneAuftragsannahme Entsprechend der in Abschnitt 3.4 formulierten Ausgangslage, besteht die primäre FunktionderAuftragsannahmeinderGenerierungeinesProduktionsauftrags,sodass der vom Kunden gewünschte Termin möglichst gut eingehalten wird. Von einer ge sondertenEvaluationderbetriebswirtschaftlichenVorteilhaftigkeiteinerAuftragsan nahmekannindiesemKontextabgesehenwerden,fallseineKoordinationderNach
162
6KonzeptionvonEntscheidungsmodellenzurauftragsbezogenenPlanung
frageseite durch übergeordnete Entscheidungsinstanzen existiert (z.B. im Fall von Quoten, wie in Abschnitt 4.3.2 beschrieben). Etwaige Vorgaben bzw. Instruktionen giltesindiesemFallinFormvonRestriktionenimEntscheidungsfeld ்ܣzuberück sichtigen.FolglichlässtsichdieEntscheidungssituationderTopebenewiefolgtforma lisieren.AusgehendvoneinemgegebenenWunschterminexistierendreigrundlegen deHandlungsalternativen்ܽ (Abbildung31). Auftrags eingang
Wunsch termin
Kundenauftrag
Zeit
2
1
2: Abweichungskosten (Verfrühung) 3: Abweichungskosten (Verspätung)
3
vorläufiger Produktionsauftrag
Zeit gewählteZuordnung Annahme:DurchlaufzeitvonzweiPerioden
Abbildung31: Handlungsalternativen im Rahmen der Auftragsannahme; eine Periode entspricht einemKästchen
Ist eine idealtypische Einplanung entsprechend des Wunschliefertermins abzüglich der Durchlaufzeit nicht möglich (Fall 1), dann muss zwischen einer verfrühten und einer verspäteten Einplanung abgewogen werden. Monetäre Konsequenzen einer verspäteten Einplanung (Fall 3), die sogenannten Abweichungskosten, ergeben sich dadurch, dass der gewünschte Termin nicht erfüllt werden kann. Demnach werden Leistungen erforderlich, um die eingeschränkte Lieferfähigkeit zu kompensieren. DemgegenüberresultierenmonetäreKonsequenzeneinerEinplanungvorderDurch laufzeit (Fall 2) aus dem Vergleich der Grenzlagerkosten und den Grenzkosten der Abweichung,diesichanalogzumvorherigenFalldurchLeistungenzurKompensation einer reduzierten Kundenzufriedenheit ergeben. Dieser Sachverhalt ist in Abbildung 32 für ein Beispiel ohne Durchlaufzeiten illustriert. Dargestellt sind der Verlauf der Lagerkosten und der der Abweichungskosten. Ersterer ergibt sich als Funktion der DifferenzzwischendererstenPeriode,inder,ausgehendvondergewünschten,aus reichendKapazitätzurVerfügungsteht(zulässigePeriode)undderbestätigten,wobei hier vereinfachend von einem linearen Zusammenhang ausgegangen werden soll.
6KonzeptionvonEntscheidungsmodellenzurauftragsbezogenenPlanung
163
Demnach nehmen die Lagerkosten mit jeder zusätzlichen Periode zwischen beiden Terminen um einen konstanten Betrag zu. Demgegenüber ergeben sich die Abwei chungskosten aus der Differenz zwischen Wunschliefertermin und bestätigtem Ter min.AbweichungenzwischenbeidenführenzueinemlinearenAnstiegderKosten. Grenzabweichungskosten >Grenzlagerkosten
00 90 80 70 60 50 40 30 20 10 0
Grenzabweichungskosten <Grenzlagerkosten
120 100 Kosten
Kosten
80 60 40 20 bestätigte Periode
1 3 5 7 9 11 13 15 17 19 21 23 25
zulässige Periode
1 3 5 7 9 11 13 15 17 19 21 23 25
Wunschperiode
Einplanungskosten
bestätigte Periode
0 zulässige Periode
Lagerkosten
Wunschperiode
Abweichungskosten
Abbildung32: Struktur der Einplanungskosten; vereinfachend wird von vernachlässigbaren Durch laufzeitenausgegangen
AufdieserGrundlagekönnenzweiextremeSzenarienunterschiedenwerden.Fürden Fall, dass die Grenzabweichungskosten strikt größer sind als die Grenzlagerkosten ergibtsichderlinksdargestellteFall.Demnachistesabsolutvorteilhaft,dieWunsch periodezubestätigenundvonderMöglichkeitzurLagerungnacherfolgterProdukti onGebrauchzumachen,umdiezeitlicheDifferenzzuüberbrücken.Diestrifftetwa aufdieAnlieferungvonBaumaterialienaufinnerstädtischeBaustellenzu,dahierder Lagerplatz beim Kunden (d.h. auf der Baustelle) einen streng limitierenden Faktor darstelltundsomiteinebedarfssynchroneAnlieferungerforderlichmacht.Derzweite FallergibtsichimUmkehrschluss,fallsdieGrenzlagerkostenstriktgrößersindalsdie Grenzabweichungskosten(rechteSeiteinAbbildung32).IndiesemFallistesvorteil haft,denKundenvondemfrüherenTerminzuüberzeugenunddieAbweichungskos teninKaufzunehmen.DiesistetwaderFall,wennKundenimRahmenderVerkaufs verhandlungen lediglich eine schwache Präferenz bezüglich der Termine haben. Im Weiteren wird davon ausgegangen, dass letztere Annahme zutrifft.390 In der Konse quenzdieserAnnahmeergibtsichimRahmenderAuftragsannahmeeineineindeuti 390
Eine Erweiterung auf allgemeine Kostenstrukturen ist ohne weiteres möglich, wie in Kapitel 9 vertiefenddiskutiertwird.
164
6KonzeptionvonEntscheidungsmodellenzurauftragsbezogenenPlanung
ger Zusammenhang zwischen dem Produktionstermin und dem bestätigten Termin entsprechendderDurchlaufzeitdesAuftrags.VonderMöglichkeitzurLagerungwird aufgrund der Kostenstruktur kein Gebrauch gemacht. Die mit der Terminierung des Auftrags einhergehenden Kosten werden nachfolgend zusammenfassend als Einpla nungskostenbezeichnet.InBezugaufdieinAbschnitt3.3.2eingeführteUnterschei dungsinddiesezurBewertungderLieferfähigkeitgeeignet. Das(private)Kriterium ்் ܥderTopebeneergibtsichfolglichdurchdieMinimierung derEinplanungskosten.ErgebnisderAuftragsannahmeistdanneinerseitsdiebestä tigteKundenanfrage,d.h.derLieferterminundandererseitseinvorläufigterminierter Produktionsauftrag.DieserentsprichtderVorgabefürdieProduktionsprogrammpla nungunddamitderfaktischenInstruktion כ ܰܫ.DasEntscheidungsfeldderAuftrags annahme wird durch etwaige Quoten und Kapazitätsrestriktionen explizit. Der In formationsstand ୲ܫబ zum Zeitpunkt ݐ der Auftragsannahme umfasst bereits vorlie gendeAufträgeundInformationenüberdieRessourcenverfügbarkeit. BasisebeneProduktionsprogrammplanung DieAufgabederProduktionsprogrammplanungbestehtinderFolgedarin,dievorläu figenProduktionsaufträgeinProduktionsplänezurWeitergabeandienachgelagerte Planung zu überführen (Abschnitt 3.4). Ergebnis der Produktionsprogrammplanung כ
sind demnach die finalen terminierten Produktionsaufträge ܽ . Im Rahmen einer rollierendenVorgehensweisewerdenlediglichdieErgebnissefürdieaktuellePeriode fixiert (Abschnitt 3.1.4). Diese entsprechen der finalen Instruktion ככ ܰܫ. Die Pla nungsergebnisse für die weiteren Perioden haben temporären Charakter und sind Gegenstand einer weiteren Konkretisierung in folgenden Planungszyklen. Das Ent scheidungsfeld der Produktionsprogrammplanung ܣ wird durch Ressourcen restriktionensowiedieVorgabenderAuftragsannahme,d.h.dievorläufigenProduk tionsaufträge,explizit.DerhierbeivorliegendeInformationsstand୲ܫభ umfasstallebis zumjeweiligenZeitpunktݐଵ bestätigtenKundenaufträge. Mit Hinblick auf das Kriterium der Basisebene sind zwei Sichten von Relevanz. Aus einer auftragsbezogenen Sichtwird durch die Planung festgelegt, inwiefern die Ter minierungdervorläufigenProduktionsaufträgeunterBerücksichtigungderverbesser ten Informationsgrundlage zu ändern ist. Auf der anderen Seite werden die Festle
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165
gungenzurUmsetzungandasProduktionssystemweitergereicht.Dahersindausei ner ressourcenbezogenen Perspektive AnforderungenderLeistungserstellung in der Planungzubeachten.DiesbetrifftinsbesonderedieNivellierungderKapazitätsbele gung(Abschnitt3.3.2). bestätigter Termin vorläufiger Produktionsauftrag
Zeit
b
a
endgültiger Produktionsauftrag
b: Lagerkosten / Änderungskosten c: Strafkosten
c Zeit
gewählteZuordnung Annahme:konst.DurchlaufzeitvonzweiPerioden
Abbildung33: AuftragsbezogeneEntscheidungssituationderProduktionsprogrammplanung
DerersteAspekt,d.h.dieauftragsbezogeneSicht,führtzuderinAbbildung33visua lisiertenSituation.EinBeibehaltendervorläufigenTerminierungziehtkeineweiteren monetären Konsequenzen nachsich.Demgegenüber resultiert ein Vorziehen in den zusätzlichen Bedarf der Lagerung oder aber in die Notwendigkeit, den zugesagten Terminzuverschieben.DieserSachverhaltlässtsichdurchÄnderungskostenkonzep tionalisieren. Vor dem Hintergrund des in Kapitel 4 erörterten Umfelds kann aller dingsdieSinnhaftigkeitletztererOptioninFragegestelltwerden.Demnachscheintes wenigplausibelzusein,währendderVerkaufsverhandlungeneinengenauenTermin zu nennen, um diesen nachträglich wieder zu ändern. Es wird daher im Folgenden davonausgegangen,dassdieKosteneinerTerminänderungnachderAuftragsbestäti gung prohibitiv hochsind, sodass ein Vorziehen vonAufträgen im Rahmen der Pro duktionsprogrammplanungstetsdenBedarfeinerLagerungnachsichzieht.EinVer späten führt unterdessen dazu, dass der zugesagte Liefertermin nicht eingehalten werdenkann.FolglichfallengegebenenfallsKonventionalstrafenan.Dieresultieren denKostenwerdennachfolgendalsUmplanungskostenbezeichnet.InBezugaufdie zuvor eingeführten Kennzahlen quantifizieren diese die Liefertreue. Eine exemplari sche Modellierung der Umplanungskosten ist in Abbildung 34 gegeben. Für dieses
166
6KonzeptionvonEntscheidungsmodellenzurauftragsbezogenenPlanung
BeispielbedingtdieVerspätungeinesProduktionsauftragseinesprungfixeZunahme derKosteninHöhederVertragsstrafe,währenddasVorziehenmitLagerkostenein hergeht,diemitderDifferenzzwischendervorläufigenundderfinalenProduktions periodezunehmen.FürdasdargestellteBeispielsinddieKostendesVorziehensstets geringeralsdieVerspätungskosten.FürdenFall,dasseinVorziehenmöglichist,wir kenletzteredaherprohibitiv. 120 Umplanungsosten
100 80 60 40 20 0
finaleProduktionsperiode
1 3 5 7 9 11 13 15 17 19 21 23 25 vorläufigeProduktionsperiode
Abbildung34: ExemplarischerVerlaufderUmplanungskosten
Die ressourcenbezogene Perspektive ergibt sich durch die kumulierten Terminie rungsentscheidungen. Für die idealisierte Annahme, dass die Verteilung der ge wünschten Liefertermine einer Normalverteilung entspricht, ergibt sich der in Ab schnitt3.3.2eingeführteSförmigeFüllgrad.DemnachnimmtdieKapazitätsbelegung derPeriodenmitzunehmendemVorgriffmonotonab.InpraktischenFällenistjedoch davon auszugehen, dass sich Abweichungen zu diesem idealtypischen Verlauf erge ben. Eine exemplarische Situation ist in Abbildung 35 für den Fall einer Ressource dargestellt.DemnachschwanktdiesichausderNachfrageergebeneKapazitätsbele gung zufällig um den Füllgrad. Starke Schwankungen in der Kapazitätsbelegung ste hendemZieleinernivelliertenProduktionentgegen(Abschnitt2.2.2).DaimRahmen einerrollierendenAusführungsartlediglichdiejeweilserstePeriodefixiertwird,sind Aspekte der Nivellierung im engeren Sinne nur für diese relevant. Jedoch resultiert ausdereingeschränktenReaktionsfähigkeitdesProduktionssystemsbeivariantenrei cher Serienproduktion zumeist die Notwendigkeit, auch über die aktuelle Periode
6KonzeptionvonEntscheidungsmodellenzurauftragsbezogenenPlanung
167
hinauseineVorausschauaufdieNachfragezugewähren.391Daherwirdoftmalseine NivellierungfürmehrerePeriodenangestrebt. 100%
Kapazität
80% 60% 40% 20% 0% t + 01 1 2 3 4 5 56 7 8 9 10 10 11 12 13 14 1515 16 17 18 19 2020 21 Periode
20
16
12
8
Kapazitätsbelegung erwartete Kapazitätsbelegung
4
0
Abbildung35: RessourcenbezogeneEntscheidungssituationderProduktionsprogrammplanung
Die Zielsetzung ܥ der Produktionsprogrammplanung besteht vor diesem Hinter grundinderAuflösungdesZielkonfliktszwischendenUmplanungskostenaufderei nenSeiteunddenressourcenseitigenAnforderungennacheinernivelliertenAuslas tung unter Berücksichtigung der Instruktionen der Topebene, d.h. der vorläufigen Produktionsaufträge.DaüberdiesimRahmenderProduktionsprogrammplanungdie freienKapazitätenund damit implizit die Lieferfähigkeit in Bezug auf neueAufträge bestimmt wird, ergibt sich einedritte Zielsetzung, die im Modell zu berücksichtigen ist. Antizipation UmdasKonzeptderAntizipationaufdieauftragsbezogenenPlanungzuübertragen, sinddurcheingeeignetesTopDownKriterium் ܥ AspektederBasisebene,d.h.der Produktionsprogramplanung, im Rahmen der Entscheidungsfindung der Topebene, d.h. während der Auftragsannahme, zu berücksichtigen.392 Folglich gilt es, Auswir kungenvonTerminierungsentscheidungen(Instruktionen)aufAspektederLeistungs 391
Holwegetal.(2005) AufgrunddertaktischoperativenEntscheidungssituationistdasKalkülderBasisebenegrundsätz lichbekannt.Dennochsoll,wienachfolgendnochnäheraufgezeigtwird,voneinemgesonderten TopDownKalkül ausgegangen werden. Demnach wird hier von einer gesonderten Kennzeich nungdurchdenIndexܶGebrauchgemacht.
392
168
6KonzeptionvonEntscheidungsmodellenzurauftragsbezogenenPlanung
erstellungzuberücksichtigen(hiermittelbarrepräsentiertdurchdieProduktionspro grammplanung).393 Dies betrifft insbesondere die Antizipation möglicher nachträgli cherUmplanung,diesichausAspektenderNivellierungdesProduktionsprogramms ergeben können. Aufgrund der vorherrschenden flachen taktischoperativen Ent scheidungssituationkann das Kalkül der Basisebene dabei grundsätzlich als bekannt angesehen werden. Da allerdings die Informationen zum Zeitpunkt ݐ der Auftrags annahme aufgrund der vorliegenden zeitlichvertikalen Entscheidungssituation un vollständigsind,bedarfeseinergeeignetenApproximationdesEntscheidungsverhal tensderBasisebene,d.h.dernachträglichenUmplanungen,durchdieAntizipations relation ܨܣሺܰܫሻ. Hierbei kommen grundsätzlich alle zuvor dargestellten Typen der Antizipation in Betracht. Allerdings wird durch die Integration des TopDown Kriteriums in die Auftragsannahme eine multikriterielle Entscheidungssituation be gründet(Abschnitt3.1.1). Das konzeptionelle Modell ist in Abbildung 36 zusammenfassend dargestellt. Auf grund der taktischoperativen Entscheidungssituation entfällt die Reaktion, d.h. der Informationsrückfluss zwischen Basis und Topebene im Hinblick auf die getroffene Auftragsannahmeentscheidung. Im dynamischen Kontext (d.h. in Bezug auf spätere Auftragsannahmeentscheidungen)erfolgtallerdingsdieRückkopplungderfreienKa pazitätenalsErgebnisderProduktionsprogrammplanung.
393
ImengerenSinneentsprichtdieProduktionsprogrammplanunglediglichderwiederumantizipier ten (eigentlichen) Leistungserstellung, da mit der Detailplanung eine weitere Planungsebene nachgeschaltetist.Jedochsollhiervereinfachenddavonausgegangenwerden,dassdiePlänein derdefiniertenFormrealisiertwerdenkönnen.
6KonzeptionvonEntscheidungsmodellenzurauftragsbezogenenPlanung
169
Auftragsbezogene Planung Auftragsannahme (Topebene) It0 Topmodell CT = CTT+ CTB(AF(IN)) (2) mögliche Produktionsperiode IN
(1) antizipierte Umplanung, AF(IN)
antizipiertes Basismodell CB
(3) vorläufige Produktionsperiode, IN* Produktionsprogrammplanung (Basisebene) CB, It1 (5) finale Produktionsperioden, IN**
(6) ex-post Feedback
Detailplanung, Produktionssystem
Abbildung36. KonzeptionellesModellderauftragsbezogenenPlanung
AufbauendaufderkonzeptionellenBeschreibungderEntscheidungssituationwerden nachfolgend quantitative Entscheidungsmodelle für die auftragsbezogene Planung dargestellt. Hierbei wird zwischen einem Grundmodell zur Auftragsannahme und Produktionsprogrammplanung sowie unterschiedlichen konzeptionellen Erweiterun genentsprechenddereingeführtenAntizipationstypenunterschieden. 6.2 StrukturelleEntwicklungvonEntscheidungsmodellen 6.2.1 Grundmodell Entsprechend den vorhergehenden Ausführungen weist das Grundmodell der auf tragsbezogenenPlanungeinedezentraleStruktur,bestehendauseinemsynchronen ModellzurAuftragsannahme(Topebene)sowieeinemasynchronausgeführtenMo dellzurProduktionsprogrammplanungbeivariantenreicherSerienproduktion(Basis ebene)auf.UmdieÜbertragbarkeitderErkenntnissesicherzustellen,wirddieAnaly se auf allgemeine Zusammenhänge beschränkt. Insbesondere soll im Rahmen des GrundmodellsvonderPrämisseausgegangenwerden,dasszurAnnahmevorliegende Aufträgebetriebswirtschaftlichvorteilhaftsind,dasiederübergeordnetenKoordina tiondurchdieAllokationsplanungunterliegensowiegrundsätzlichpositiveDeckungs
170
6KonzeptionvonEntscheidungsmodellenzurauftragsbezogenenPlanung
beiträgeerwirtschaften(Abschnitt3.4).OhneEinschränkungderAllgemeinheitwird fernerangenommen,dassdieAufträgegemäßihrerDurchlaufzeitinderProduktion unddendiesernachgelagertenStufenrückwärtsterminiertwordensind,sodassein heitlichdiePeriodedesProduktionsbeginns,d.h.derEinplanung,betrachtetwerden kann.AuchsolldieAnalyseaufeinProduktionssystem(hier:einFließproduktionssys tem) beschränkt bleiben. Für die Modellierung wird die nachfolgende Notation be nutzt. Generell wird dabei zur Kennzeichnung von Symbolen der Auftragsannahme das Subskript OP (Order Promising) und für die der Produktionsprogrammplanung dasSubskriptMPS(MasterProductionScheduling)verwendet. IndizesundMengen ݅
IndexderAnfrage/desAuftragsሺ݅ ͳሻ
ݐ
IndexderPlanperioden( ݐ Ͳ)
W
Index derPlanperioden fürAuftragsannahme und Produktionsprogramm planung(W ͳ)
ݎ
IndexderRessourcen()࣬ א ݎ
ࣣ୲
Indexmenge der angenommenen Aufträge, die in den Planungshorizont derProduktionsprogrammplanungbeginnendmitPeriodeݐfallen
Daten ܶ ௫
LängedesPlanungshorizontsderAuftragsannahme
ܶ
LängedesPlanungshorizontsderProduktionsprogrammplanung
ܽ
ProduktionskoeffizientvonAuftragbzw.Anfrage݅bezüglichRessourceݎ
ܿWை
EinplanungskostenvonAnfrage݅bezüglichRessource(ݎOP)
ܿWெௌ
UmplanungskostenvonAuftrag݅bezüglichRessource(ݎMPS)
ܿݐW
NichtbelegteKapazitätvonRessourceݎinPeriodeW
௫ ܿܽW
MaximaleverfügbareKapazitätvonRessourceݎinPeriodeW
ܿܽW
MinimalangestrebteKapazitätsbelegungvonRessourceݎinPeriodeW
݇
ParameterzurUnterscheidungderZielfunktionsintervallederProduktions programmplanung( ݐ ݇ ݐ ܶ െ ͳ)
6KonzeptionvonEntscheidungsmodellenzurauftragsbezogenenPlanung
171
௩ GewichtungsfaktorfürdenerstenTermderZielfunktionderProduktions programmplanung ܲ ௦௩ ሺȉሻBewertungsfunktionfürdierelativeverfügbareKapazität Entscheidungsvariablen ͳǡ fallsAnfrageiPeriodeWzugeordnetwirdሺሻ Ͳǡ sonst.
W ൌ ൜
ͳǡ fallsAuragiPeriodeWzugeordnetwirdሺMPSሻ Ͳǡ sonst.
W ൌ ൜ ି ܿݐW
RelativeUnterschreitungderangestrebtenminimalenKapazitätsbelastung ܿܽW derRessourceݎinPeriodeW
ା ܿݐW
Verfügbare Kapazität der Ressource ݎin Periode W normalisiert in Bezug ௫ aufdiemaximaleKapazitätܿܽW
Auftragsannahme DasbinäreZuordnungsproblemderAuftragsannahmezurQuotierungeinerKunden anfrageergibtsichdamitwiefolgtzu(69)(612).ImRahmenderAuftragsannahme wird einer vorliegenden Anfrage ݅ eine Periode W innerhalb des Planungszeitraums ሾݐǡ ݐ ܶ ௫ ሿzugewiesen,sodassdieEinplanungskostenminimiertwerden(69).Die se Entscheidung wird modelliert durch die binären Entscheidungsvariablen W , die genaudanndenWertͳannehmen,wenndiebetrachteteAnfrage݅derPlanungspe riodeWzugewiesenwird.394DieentscheidungsrelevantenKosteneinerZuweisungܿWை ergeben sich dabei für das Modell als Eingangsinformation entsprechend der oben stehendenÜberlegungen(Abschnitt6.1.2).DurchdieNebenbedingungen(610)fin den Ressourcenrestriktionen Berücksichtigung, indem auf die noch nicht belegten Kapazitätenܿݐఛ zurückgegriffenwird.395Produktionskoeffizientenܽ kommenzur 394
Hierbeiwird davonausgegangen,dassalleAufträge,dieKapazitäteiner RessourceinAnspruch nehmen,aufdemidentischenDurchlaufpfadzudiesergelangen.DamitlässtsichausdemZeit punktdesProduktionsstartseineindeutigderZeitpunktderKapazitätsinanspruchnahmeableiten. DurchlaufzeitenkönneninderFolgevernachlässigtwerden.SiehehierzuvertiefendSPENGLER ET AL.(2007). 395 DieverfügbarenKapazitätenresultierenausderInitialisierungdurchdieProduktionsprogramm planung sowie der inkrementellen Aktualisierung entsprechend der angenommenen Aufträge. D.h.nachjederAuftragsannahmewerdendieverfügbarenKapazitätenentsprechendderKapazi tätsbelegung des Auftrags reduziert. Siehe hierzu auch untenstehenden Abschnitt „Datenfluss undZusammenwirken“.
172
6KonzeptionvonEntscheidungsmodellenzurauftragsbezogenenPlanung
Anwendung, um die aus der Auftragskonfiguration resultierende Ressourcenbelas tungabzubilden.Dabeiistesgrundsätzlichunerheblich,obdieProduktionskoeffizien ten in Bezug auf den Zeitbedarf an den jeweiligen Stationen der Montagelinie oder aberinBezugaufProduktmerkmalemodelliertwerden(Abschnitt5.3.2).ZurVerein heitlichungderArgumentationwirdnachfolgendausschließlichaufeinemerkmalba sierteDefinitionBezuggenommen.SchließlichstelltGleichung(611)sicher,dassdie betrachtete Anfrage genau einer Periode zugewiesen wird. Ergebnis der Auftrags annahmeisteinevorläufigeProduktionsperiodebzw.derdarausresultierendebestä tigte Liefertermin für eine definierte Auftragskonfiguration. Damit wird durch das ModelldieMöglichkeitgeboten,alternativeProduktkonfigurationenhinsichtlichihrer LieferfähigkeitzuevaluierenundinAbhängigkeitdieserdenAuftragzuplatzieren.In der Terminologie der dezentralen Entscheidungsfindung entspricht die faktische In struktionderdurchdenVektorderbinärenEntscheidungsvariablenݔఛ modellierten bestätigtenPeriode.396 ௧ା் ೌೣ ିଵ
Minimiere
ܿWை ȉ W
(69)
ఛୀ௧
u.d.N.
W ȉ ܽ ܿݐఛ
࣬ א ǡ ɒ ୫ୟ୶ െ ͳ (610)
୲ାౣ౮ ିଵ
W ൌ ͳ
(611)
W אሼͲǡͳሽ
ɒ ୫ୟ୶ െ ͳ
(612)
தୀ୲
Produktionsprogrammplanung Das Entscheidungsproblem der Produktionsprogrammplanung besteht in der Folge darin,finaleProduktionsperiodenfürdieMengederfürdenaktuellenPlanungszeit raumሾݐǡ ݐ ܶ െ ͳሿvorliegendenAufträge݅ ࣣ א௧ zubestimmen.DieZuordnungsent 396
StellvertretendfürdiedargestellteBeschreibungistalternativaucheinealgorithmischeFormu lierungmöglich.DieoptimaleZuweisungergibtsichdemnachausderzulässigenmitdengering stenKosten.MitHinblickaufdieweitergehendeDiskussionauftragsbezogenerPlanungssysteme wirdhieraufdiegegebenemathematischeModellierungzurückgegriffen.
6KonzeptionvonEntscheidungsmodellenzurauftragsbezogenenPlanung
173
scheidung der Aufträge ݅ zur Periode W wird durch binäre Entscheidungsvariablen
W modelliert.AnalogzurModellierungderAuftragsannahmenehmendiesegenau danndenWertͳan,wenneinAuftrag݅einerPeriodeWzugeordnetwird. UmdendivergierendenAnforderungenandiePlanungRechnungzutragen,scheint eine differenzierte Modellierung der Zielfunktion zweckmäßig. Hierzu bietet es sich an,denPlanungshorizontderProduktionsprogrammplanunginzweiZeitintervallezu unterteilen:IneinemerstenIntervallderZielfunktionሾݐǡ ݐ ݇ሿliegteinhoherAnteil der erwarteten Aufträge vor, sodass eine umfassende Planungsgrundlage existiert. Zudem ist die Zeit bis zur Fixierung der Vorgaben relativ gering. Damit überwiegen AnforderungenandieNivellierungderRessourcenbelastung.IneinemzweitenInter vallderZielfunktionሾ ݐ ݇ ͳǡ ݐ ܶ െ ͳሿstehtaufgrundderhohenAnzahlnochzu erwartender Aufträge die Aufrechterhaltung der Lieferfähigkeit bzw. die dazu kor respondierendeMinimierungvonEngpässenimVordergrund.Umdiegrößtmögliche Flexibilität zu wahren, scheint es zweckmäßig zu sein, eine freie, d.h. intervallüber greifendeZuordnungvonAufträgenzuPeriodenzuzulassen.LetztlichsindimRahmen der Produktionsprogrammplanung die Umplanungskosten zu berücksichtigen, die sich durch Abweichung zur faktischen Instruktion (d.h. der vorläufigen Produktions periode)ergeben.EntsprechendobigerArgumentationergebensichdiesedurchKos tenderLagerung(d.h.z.B.KapitalbindungskostensowieVersicherungen). ZurOperationalisierungdererstgenanntenZielsetzungexistierenvielfältigeAnsätze. So greifen DING und TOLANI auf die Minimierung der quadratischen Abweichung zu gegebenen Auslastungszielen zurück (Abschnitt 5.3.1). Allerdings begründet diese Modellierung eine Komplexität, die die Bestimmung der optimalen Lösung in endli cherZeitnichtmehrzulässt.VordiesemHintergrundgreifenandereAutorenaufal ternative Formulierungen zurück, die durch eine bessere Lösbarkeit gekennzeichnet sind.397InAnlehnunganBOLATsollenhierspezifischeminimaleundmaximaleGren zen für die Kapazitätsauslastungzum Einsatz kommen. Diese können beispielsweise aus der Fließbandabstimmung des Produktionssystems stammen und bestimmen GrenzenfürdenvorteilhaftenArbeitsbereich.DieZielsetzungimerstenIntervallder 397
BOLATverwendetRestriktionenumuntereundobereGrenzenfürdieRessourcenbelastungfest zulegen.BOYSENdeutetdieNutzenpotenzialeeinerIntegration derAbweichungzuAuslastungs zielenindieZielfunktionan,untersuchtdieseallerdingsnichtweiter(Boysen(2005a),S.170ff.).
174
6KonzeptionvonEntscheidungsmodellenzurauftragsbezogenenPlanung
ZielfunktionbestehtdemnachinderMinimierungvonAbweichungenzudiesemAus lastungsbereich. Hierbei stellt die obere Grenze in der Regel eine harte Restriktion dar, sodass im Folgenden lediglich Unterschreitungen der Minimalauslastung be trachtet werden.398 Im Umkehrschluss besteht die Zielsetzung im zweiten Intervall darin, Belegungssituationen zu vermeiden,die zu einer eingeschränkten Lieferfähig keitführenkönnen. Anzumerken ist, dass einer Monetarisierung der Zielkriterien aufgrund des zeitlich offenen Entscheidungsfelds enge Grenzen gesetzt sind. Dies liegt im Wesentlichen daringeründet,dassessichbisaufdieerstePeriodeumlediglichvorläufigeundda mitnichtkostenwirksameFestlegungenhandelt.BeispielsweisekönnendieVorgaben für die dritte Periode eines Planungshorizonts in den folgenden Ausführungen der Planungnochzweimalverändertwerden.AuchwürdediemonetäreBewertungder Lieferfähigkeit eine umfassendere Abbildung der noch zu erwartenden Aufträge er forderlich machen. Diese scheint aber aufgrund der eingeschränkten Vorhersagbar keit einzelner Aufträge wenig vielversprechend. Damit liegt aufgrund der fehlenden VergleichbarkeitdereinzelnenZielkriterieneinemultikriterielleEntscheidungssituati onvor(Abschnitt3.1.1).ZurAggregationdereinzelnenKriterienwirdnachfolgendauf einegewichteteSummenbildungzurückgegriffen. DieZielsetzungdesbinärenOptimierungsmodells(613)(619)ergibtsichdannzur MinimierungderdurchdenFaktor௩ (௩ Ͳ)gewichtetenUnterschrei ି tung der geforderten Auslastung ܿݐఛ im Intervall1 sowie die Maximierung der ା im Intervall 2. durch die Funktion ܲ ௦௩ gewichteten verfügbaren Kapazität ܿݐఛ
DerdritteTermderZielfunktiondientderIntegrationderzuvorerörtertenauftrags undperiodenabhängigenUmplanungskostenܿWெௌ .
398
Eine Verallgemeinerung auf die Betrachtung beidseitiger Abweichungen wäre ohne weiteres durchführbar,sollhierabernichtweiterverfolgtwerden.
6KonzeptionvonEntscheidungsmodellenzurauftragsbezogenenPlanung
175
Minimiere ௧ା
௧ା்ିଵ
ି ௩ ȉ ܿݐఛ െ
௧ା்ିଵ ାሻ ܲ ௦௩ ሺܿݐఛ ܿWெௌ ȉ W
࣬אఛୀ௧ାାଵ
࣬אఛୀ௧
u.d.N.
௫ ܿܽఛ ܿݐఛ െ ܿܽఛ ି ൌ ܿݐఛ ܿܽఛ
ܿݐఛ ା ௫ ൌ ܿݐఛ ܿܽఛ
ఛୀ௧
(613)
ࣣא౪
࣬ א ݎ Ǣ ݐ ߬ ݐ ݇
(614)
࣬ א ݎ Ǣ ݐ ݇ ͳ ߬ ݐ ܶ െ ͳ (615)
W ȉ ܽ ܿݐఛ ൌ ܿܽ௫ ࣬ א ݎ Ǣ ݐ ߬ ݐ ܶ െ ͳ ఛ
(616)
ࣣא౪
௧ା்ିଵ
W ൌ ͳ
୲ࣣ א ݅
(617)
࣬ א ݎ Ǣ ݐ ߬ ݐ ܶ െ ͳ
(618)
୲ࣣ א ݅ ǡ ݐ ߬ ݐ ܶ െ ͳ
(619)
ఛୀ௧
ି ା ǡ ܿݐఛ Ͳ ܿݐఛ ǡ ܿݐఛ
W אሼͲǡͳሽ
ି Die Berechnungsgrößen ܿݐఛ für das erste Intervall der Zielfunktion ergeben sich
durch Normierung der ressourcen und periodenbezogenen Unterschreitung der entsprechendUngleichungen mindestensangestrebtenKapazitätsauslastungܿܽఛ
(614). Dieser Sachverhalt ist in Abbildung 37 illustrativ für eine einzelne Ressource und Periode dargestellt. Für eine gegebene maximale Kapazität ܿܽ௫ und eine mindestens angestrebte Kapazitätsauslastung ܿܽ , lässt sich zu jeder gewählten Terminierung von Aufträgen die normierte Unterschreitung berechnen. Dies wird durch folgendes Beispiel verdeutlicht. Für eine angenommene maximale Kapazität ܿܽ௫ von ͳͲͲ Einheiten und eine aktuelle Kapazitätsbelegung von 40 Einheiten ergibtsicheinefreieKapazitätܿݐvonͲEinheiten.Fernerbetrageܿܽ ,d.h.die mindestens angestrebte Kapazitätsbelegung, ͺͲ Einheiten. Somit ergibt sich eine normierteUnterschreitungvon50Prozent(ܿ ିݐൌ ሺͺͲ Ͳ െ ͳͲͲሻȀͺͲ ൌ Ͳǡͷ).
176
6KonzeptionvonEntscheidungsmodellenzurauftragsbezogenenPlanung
ctp Kapazität
ctp - cap min
¦ ai xiMPS
i
cap min
cap max
Abbildung37. Bestimmung der Unterschreitungen der minimal angestrebten Kapazitätsbelastung füreineeinzelneRessourceundPeriode ା Als Eingangsinformation für das zweite Intervall der Zielfunktion ܿݐఛ werden die
nichtbelegtenKapazitätenܿݐW gemäßdenUngleichungen(615)bezüglichderma ௫ ximalenKapazitätܿܽఛ normiert.399DurchdieNebenbedingungen(616)wirddie
kapazitative Zulässigkeit sichergestellt und der Schlupf ܿݐW , d.h. die aktuell nicht belegte Kapazität, berechnet. Durch die Nebenbedingungen (617) wird gewährleis tet,dassjederAuftrageinerPeriodezugeordnetwird.DieNichtnegativitätallerHilfs größensowiedieDefinitionderbinärenEntscheidungsvariablensindGegenstandder Nebenbedingungen(618)(619). ௫ Durch die ressourcen und periodenbezogene Kapazität ܿܽఛ lassen sich glei
chermaßenRestriktionendesProduktionssystemsalsauchsolchederKomponenten verfügbarkeitberücksichtigen,soferndiesebedarfssynchron,d.h.ohneLagerhaltung beschafftwerden(Abschnitt2.2.3).DemnachergibtsichdieperiodenbezogeneKapa zität eines untersuchungsrelevanten Fließproduktionssystems ܿܽఛ௫ als Quotient der verfügbaren Arbeitszeit und der Taktzeit, d.h. der durchschnittlichen Zeit zwi schenderFertigstellungzweierProdukte.UmdarüberhinausModellMixRestriktio nen in das Kalkül einzubeziehen, wird die so bestimmte Maximalkapazität entspre chendderinAbschnitt2.2.2diskutiertenܪ ǣ ܰ NotationfürallekapazitativenRes sourcendurcheinenFaktorD reduziert.400DiemaximalverfügbareKapazitätjePeri
FüreinenichtbelegteKapazitätenvon50Einheiten(ܿݐW ൌ ͷͲ)undeinemaximaleKapazitätje ௫ Periode von 100 Einheiten (ܿܽఛ ൌ ͳͲͲ) ergibt sich die normierte verfügbare Kapazität zu ହ ା ܿݐఛ ൌ ൌ Ͳǡͷ.
399
ଵ
400
Hierbeiwirddavonausgegangen,dasseinebeidseitigeineindeutigeBeziehungzwischenOptio nenundRessourcenexistiert.DerAnpassungsfaktorfüreineRessourceD berechnetsichdem nachalsQuotientvon ܪ undܰ und kann interpretiert werdenalsdermaximale prozentuale AnteilderherzustellendenProduktemitderOption,d.h.vonProdukten,diedieRessourceݎin Anspruchnehmen.
6KonzeptionvonEntscheidungsmodellenzurauftragsbezogenenPlanung
177
௫ ode und Ressource ܿܽఛ ergibt sich damit aus dem Produkt D ȉ ܿܽఛ௫ .401 Im
Kontrast dazu sind die Kapazitäten der Komponentenrestriktionen unabhängig von derSequenzplanung.Dahersollfürdieseaufvertraglichgeregelteunddamitexogen vorgegebene periodenbezogene Maximalkapazitäten zurückgegriffen werden. Als zusätzliche Kapazitätsinformation sei darüber hinaus die mindestens angestrebte AuslastungjeRessourceܿܽఛ gegeben.DieseergibtsichausderLinienkonfigurati
onbzw.derBeschaffungsplanung(z.B.überRahmenverträge). EinKernelementdesaufgezeigtenModellierungsansatzesbestehtindersegmentier tenZielfunktion.AusgangspunktdieserModellierungistdiezurVerfügungstehende Informationsbasis, die sich durch den Füllgrad beschreiben lässt (Abschnitt 3.3.2). Demnach können für eine angenommene mindestens angestrebte Kapazitätsbele ௫ ൌ Ͳǡͺ ȉ ܿܽఛ ) zwei Intervalle identifiziert wer gung von ͺͲ Prozent (d.h. ܿܽఛ
den(Abbildung38).IneinemerstenBereich(Periodeneinsbissieben)überschreitet der Füllgrad das kritische Auslastungsniveau, während für die weiteren Perioden nichthinreichendvieleAufträgebekanntsind.GleichzeitigistindemBereichumdie zehnte Periode mit dem größten Zufluss an neuen Aufträgen zu rechnen. Dies geht ausderSteigungdesFüllgradshervor.DurchdieSegmentierungderZielfunktionwird es möglich, im ersten Intervall, für das im Durchschnitt eine ausreichend große An zahl von Aufträgen platziert worden ist, eine nivellierte Ressourcenbelegung anzu strebenunddamitderAnforderungnacheinerstabilenPlanungRechnungzutragen, während im zweiten Intervall, aufgrund der relativ größeren Anzahl noch zu erwar tenderAufträge,vordergründigdieAufrechterhaltungderLieferfähigkeitangestrebt werdenkann. Ergebensich,wieinderAbbildungdargestellt,inpraktischenAnwendungsfällenAb weichungen zum analytischen Füllgrad, lässt sich die grundlegende Funktionsweise der Zielfunktion wie folgt beschreiben.402 In dem ersten Intervall, d.h. den ersten ݇ ܪ ǣ ܰ Regeln stammen originär aus der Sequenzplanung (z.B. Drexl/Kimms (2001)). Demnach resultiertausablauforganisatorischenRestriktionenetwa,dassmaximal3aus5Produkteneine bestimmteOptionaufweisendürfen.DurchErweiterungmitderAnzahlderinsgesamtzuprodu zierendenProdukteerhältmanfolglicheineaggregierteRepräsentationderKapazität. 402 Abweichungenkönneninsbesonderedannresultieren,wenndieGesamtzahlnachgefragterEin heiten stochastisch ist oder aber fallskonkrete Realisierungen der stochastischen gewünschten Lieferzeitbetrachtetwerden. 401
178
6KonzeptionvonEntscheidungsmodellenzurauftragsbezogenenPlanung
Perioden,wirddieMinimierungdergekennzeichnetenUnterschreitungenderange strebtenMindestauslastungverfolgt.IndenverbleibendenPeriodendesPlanungsho rizontsstehthingegendieMaximierungderdurchdieFunktionܲ ௦௩ bewerteten freienKapazitätimVordergrund.DurchdieSegmentierunglassensichfolglichbeide, originärwidersprüchlichenZielsetzungensimultanverfolgen. 100%
20
Kapazität
80% mindestens angestrebte Kapazitätsbelegung
60% 40% 20%
Kapazitätsbelegung
16
k Perioden
12
Unterauslastung
8
4
Freie Kapazität
T Perioden
0% t + 01 1 2 3 4 5 56 7 8 9 10 10 11 12 13 14 1515 16 17 18 19 2020 21 Periode
0
erwartete Kapazitätsbelegung
Abbildung38: Illustrative Entscheidungssituation in der Produktionsprogrammplanung für normal verteiltegewünschteLieferzeiten
DatenflussundZusammenwirken Um eine konsistentePlanung zu ermöglichen, sind die Modelle durchInformations flüssemiteinanderzukoppeln.DiesesindzusammenfassendinAbbildung39darge stellt. ImRahmenderAuftragsannahmewirdeineKundenanfrageineinenvorläufigenPro duktionsauftragüberführt.DiehierzunotwendigenInformationenüberdienichtbe legten Kapazitäten werden durch eine Kapazitätsdatenbank zur Verfügung gestellt. Diejenigen über den Bedarf können etwa durch einen Produktkonfigurator erzeugt werden (Abschnitt 2.2.1). Nach erfolgter Bestätigung des terminierten Angebots durch den Kunden sind zwei Operationen durchzuführen. Auf der einen Seite wird derProduktionsauftragineinerAuftragsdatenbankgespeichert.IndiesemZugekön nenetwaauchdieUmplanungskosteninAbhängigkeitderEinplanungsentscheidung sowie gegebenenfalls weitere produkt und kundenspezifische Merkmale ermittelt undfürdenjeweiligenAuftraggespeichertwerden.AufderanderenSeitewerdendie
6KonzeptionvonEntscheidungsmodellenzurauftragsbezogenenPlanung
179
aktualisierten Kapazitätsinformationen entsprechend der Inanspruchnahme durch denAuftragandieKapazitätsdatenbankzurückgespielt.
Abbildung39: DatenflussdesauftragsbezogenenPlanungssystems
Die so generierten Informationen werden in der Folge der Produktionsprogramm planungverfügbargemacht.NachAbschlussderProduktionsprogrammplanungwer den die finalen Produktionsperioden für alle Aufträge der ersten Periode sowie die aktualisierten vorläufigen Produktionsperioden aller anderen Aufträge zurückge spielt. Zudem werden die neu ermittelten nicht belegten Kapazitäten in die Kapazi tätsdatenbankübermittelt.AlsKopplungsbedingungzwischendenbeidenPlanungs modellenfungierendemnachdieUngleichungenderkapazitativenZulässigkeit(610) (bottomup)sowiedieKostenderUmplanung(topdown). InderKonsequenzderengenKopplungderPlanungsmoduleistjeweilslediglichdie Ausführung einer einzelnen Planungsaufgabe möglich. Anderenfalls lässt sich nicht sicherzustellen, dass keine Inkonsistenzen entstehen. Dies wäre beispielsweise der Fall,fallszweiparalleleAuftragsannahmeprüfungenaufdiegleicheknappeRessource zugreifen würden. Daher bestehen neben dem Servicemerkmal einer verbesserten
180
6KonzeptionvonEntscheidungsmodellenzurauftragsbezogenenPlanung
Auskunftsfähigkeit auch systemimmanente Beweggründe für eine kurze Ausfüh rungszeiteinersynchronenAuftragsannahme(Abschnitt3.3.2).403 UmdieprinzipielleFunktionsweisedeszweistufigenAnsatzeszuillustrieren,seifol gendesBeispielgegeben(Abbildung40).DemnachwerdenzweiRessourcenbzw.Op tionenbetrachtet,fürdieinzweibeispielhaftenPeriodenjeweilseineKapazitätvon einerEinheitzurVerfügungsteht.EswerdendreiAufträgebetrachtet,diekonsekutiv aufihreRealisierbarkeitgeprüftwerden.DieEinplanungdererstenbeidenAufträge entsprechendihresWunschterminsistmöglich.404DerdritteAuftragerfordertjeeine Kapazitätseinheit der beiden Optionen. Demnach kann dieser im Rahmen einer se quenziellenPrüfungnichtbestätigtwerden(Spalte„bestätigtePeriode“).Wirdaller dings nach der Ankunft des zweiten Auftrags die Produktionsprogrammplanung durchgeführt,wäreeineUmplanungvonAuftragzweidenkbar,umindererstenPe riodeeinennivelliertenProduktionsplanzuerhalten(Spalte„finalePeriode“)undin derzweitenPeriodeKapazitätfürweitereAufträgezuschaffen.InderFolgeließesich Auftrag drei wie gewünscht bestätigen. Die Nutzenpotenziale der zweistufigen Vor gehensweise ergeben sich demnach durch eine erhöhte Lieferfähigkeit sowie eine verbesserteNivellierungderRessourceninanspruchnahme.ZudemgleichenErgebnis würdeeinintegrierterAnsatzkommen,beidemimSinneeinersynchronenProdukti onsprogrammplanung mit jeder Ankunft einer Anfrage das vollständige Planungs problem gelöst wird (gekennzeichnet durch die Spalte „optimale Periode“). Gleich wohl hätte ein solcher eine signifikante Steigerung der Komplexität der Auftragsan nahmezurFolge.DemnachwäremiterheblichenSchwierigkeiteninHinblickaufdie Ausführungszeitzurechnen.
403
DieseAnwendungsvoraussetzungwirdauchfürkommerzielleSystemezurCTPPrüfungangege ben(SAP(2005b)). 404 Durchlaufzeitenwerdenhierbeivernachlässigt.
6KonzeptionvonEntscheidungsmodellenzurauftragsbezogenenPlanung
181
Kapazität
Periode1
Periode 2
Option1
1
1
Option2
1
1
Auftrag
Belegung Option1
Belegung Option 2
Wunsch periode
Bestätigte Periode
Finale Periode
Optimale Periode
Auftrag 1
0
1
1
1
1
1
Auftrag 2
1
0
2
2
1
1
Auftrag3
1
1
2
2
2
Abbildung40: Illustratives Beispiel zum Zusammenwirken von Auftragsannahme und Produktions programmplanung(Durchlaufzeitenwerdenvernachlässigt)
6.2.2 Erweiterungen DieDekompositionvonAuftragsannahmeundProduktionsprogrammplanungistaus deninAbschnitt3.4beschriebenenGründenzweckmäßig.Durchdiesekommtaller dings der Koordination der Einzelentscheidungen eine zentrale Bedeutung zu. Im KontrastzuklassischenhierarchischenProduktionsplanungssystemen,beidenendie BestimmungkonsistenterPläneobdesdurchAggregationhervorgerufenenVerlustes von Informationen im Zentrum steht,405 ruft eine unzureichende Koordination der Teilentscheidungen im betrachteten Kontext die Gefahr unvorteilhafter Pläne durch zu restriktive Instruktionen derAuftragsannahme hervor.406 Ausdiesem Grund wer dennachfolgendmöglicheAusprägungsformenderKoordinationdiskutiert. Ein zentraler Bestandteil der dezentralen Entscheidungsfindung nach SCHNEEWEIß ist dieAntizipationsrelationܨܣሺȉሻ.DiesestellteinenfunktionalenZusammenhangzwi schender(hypothetischenbzw.faktischen)EntscheidungderTopebene,d.h.derbes tätigtenPeriode,undderEntscheidungderBasisebene,d.h.derfinalenPeriodeher. Die Zielsetzung des Vorgehens besteht darin, trotz der unabhängigen Teilentschei dungen eine aus globaler Sicht effiziente Entscheidungsfindung zu ermöglichen. Demnachkann,ausgehendvonderstrikthierarchischenPlanungbishinzurexpliziten 405
VergleicheetwaLeisten(1998). AlsBeispielsinddieErgebnissevonChenetal.(2001)zusehen,wonachsichdieLängedesBat chingIntervalls positiv auf die Performance der Auftragsannahme auswirkt. Ein zu kurze Länge desIntervallsführtdemnachdazu,dassTerminebestätigtwerden,diedazuführen,dassspätere Kundenanfragennichtodernureingeschränkterfülltwerdenkönnen(Abschnitt5.2.2).
406
182
6KonzeptionvonEntscheidungsmodellenzurauftragsbezogenenPlanung
Antizipation, zwischen vier grundsätzlichen Ausprägungen differenziert werden (Ab schnitt6.1.1).DiesesSchemasollnachfolgendgenutztwerden,umMöglichkeitenzur Berücksichtigung des Entscheidungsverhaltens der Basisebene (Produktionspro grammplanung)imKalkülderTopebene(Auftragsannahme)aufzuzeigen. EineKoordinationgemäßTyp1entsprichtdemnaivenFall,dassdieAuftragsannah me unabhängig von nachgelagerten Entscheidungen durchgeführt wird. Da Folgen von Handlungsalternativen (d.h. Terminzuweisungen) nicht systematisch evaluiert werden,wirddieserTypauchalsnichtreaktiveAntizipationbezeichnet.DieÜbertra gungdiesesAntizipationstypenaufdieauftragsbezogenePlanungmündetineinein finite,d.h.einenichtkapazitierteAuftragsannahmestrategie.Hierbeikommeninder Regel Standarddurchlaufzeiten zur Anwendung (Abschnitt 5.5.1). Die Kapazitätsre striktionen (610) werden demnach im Rahmen der Auftragsannahme nicht berück sichtigt.DurchdieVerwendungeinerfixenStandarddurchlaufzeitzurErmittlungvon LieferterminenkönnenallerdingsgravierendeProblemeverursachtwerden,dadiese so lang gewählt werden müsste, dass sie selbst bei einer extrem hohen Nachfrage nocheinzuhaltenwäre.Darausergebensichallerdingsoftmalsnichtwettbewerbsfä hige Lieferzeiten. Jede Festsetzung einer kürzeren Zeit hätte jedoch eine reduzierte Liefertreue zur Folge, da sich die Vorgaben der Auftragsannahme im Rahmen der Produktionsprogrammplanung unter Berücksichtigung der Kapazitäten als nicht um setzbarerweisenwürden.TrotzdieseroffenkundigenSchwachstellen,lässtsichdie ser Typ in praktischen Anwendungen oftmals vorfinden.407 Entsprechende Ansätze werdennachfolgendnichtvertiefendbehandelt. Im Rahmen der Antizipation vom Typ 2, der impliziten Antizipation, werden Eigen schaftenderBasisebeneimplizit,d.h.durchgenerelleZusammenhängeinnerhalbdes EntscheidungskalkülsoderdurchdasEntscheidungsfeldderTopebeneberücksichtigt. EineMöglichkeitzurDarstellungdiesesAntizipationstypsimKontextderauftragsbe zogenenPlanungwurdebereitsimRahmendesGrundmodellsmittelsderNebenbe dingungen (610) beschrieben. Die Koordination erfolgt über die Beschränkung des Lösungsraums der Topebene durch die zur Verfügung stehenden Kapazitäten ܿݐW . ImKontrastzurAntizipationvomTyp1bestehtdasZieldesTyps2darin,dieZulässig 407
3DayCarResearchTeam(2003);McClelland(1988)
6KonzeptionvonEntscheidungsmodellenzurauftragsbezogenenPlanung
183
keit der dezentralen Entscheidung sicherzustellen. Jedoch erfolgt keine Evaluation dernachgelagertenEntscheidungsfindungunddamitressourcenorientierterZiele. BeimTyp3,derexplizitenapproximiertenAntizipation,giltes,dieCharakteristikader Basisebene unmittelbar im Entscheidungskalkül der Topebene zu berücksichtigen (ݔොெௌ ൌ ܨܣሺݔை ሻ).JedochwirdnichtdievolleKomplexität,sondernnureineAppro ximation dieser in die Entscheidungsfindung eingebunden. Eine Möglichkeit besteht darin,lediglichdenaktuellenAuftragimSinneeinerJobInsertionKonzeptionzube trachten.VoneinerzeitaufwändigenLösungderProduktionsprogrammplanungkann somitabgesehenwerden.BasisderAntizipationistdanndasletzteErgebnisderPro duktionsprogrammplanung, d.h.der letzte zulässige Produktionsplan, sowiedie sich darausergebenennichtbelegtenKapazitätenܿݐW . FürdenFallderexplizitenexaktenAntizipation(Typ4)sindschließlichdasvollständi geEntscheidungskalkülderBasisebenesowiediezumZeitpunktderAuftragsannah mezurVerfügungstehendenInformationenüberdiezuerwartendeNachfrageexpli zitimEntscheidungskalkülderTopebenezuberücksichtigen.Diesentsprichtdervoll ständigenLösungdesEntscheidungsproblemsderProduktionsprogrammplanungbei jederAuftragsannahme.AufgrundderhohenAnzahlmöglicherProduktkonfiguratio nen scheint eineauftragsgenaue Prognose,d.h. die Vorhersage von Auftragsreihen folgeundkonfiguration,wenigpraktikabel.UnterdieserPrämisseentsprichtderver fügbare Informationsstand dem vorhandenen Auftragsportfolio. Interdependenzen zwischen den Aufträgen sind im Rahmen der Planung folglich zu berücksichtigen. GleichwohlresultierteinesolcheVorgehensweiseinlangeLösungszeiten.DieIntegra tion in eine synchrone Auftragsannahme ist daher aus den vorgenannten Gründen wenig aussichtsreich. Eine Zusammenfassung der Erweiterungen des Grundmodells istinTabelle30veranschaulicht.DiesentsprichtdemKonfigurationsraumfürdieGes taltung von quantitativen Entscheidungsmodellen für die auftragsbezogene Planung beivariantenreicherSerienproduktion.
184
6KonzeptionvonEntscheidungsmodellenzurauftragsbezogenenPlanung
Tabelle30
KonfigurationsraumzurGestaltungvonEntscheidungsmodellen
Antizipationstyp
AusgestaltungderAntizipationdurch...
Typ1–nichtreaktiveAntizipation
eserfolgtkeineAntizipation
Typ2–impliziteAntizipation
Nebenbedingungen(610)
Typ3–expliziteapproximierteAntizipation
Zielfunktion(623)sowieNebenbedingungen (610)und(625)
Typ4–expliziteexakteAntizipation
AusführungderProduktionsprogrammplanung imRahmenderAuftragsannahme
ImHinblickaufeineverbesserteKoordinationderEntscheidungsfindungscheintins besonderedieAntizipationvomTyp3,d.h.dieexpliziteapproximierteAntizipation, aussichtsreich.Daherwird deren Übertragung auf dieauftragsbezogene Planung im Nachfolgenden beschrieben. Ausgangslage ist das folgende Modell für die Auftrags annahme: ௧ା் ೌೣ ିଵ
Minimiere
ܿWை ȉ W ் ܥ ሺݔොW ሻ
(620)
ఛୀ௧
u.d.N.
ݔො ൌ ܨܣሺ ሻ
(621)
(610)(612) FürdiegetroffeneAnnahme,dassdieGrenzkostenderLagerungdiederterminlichen Abweichungübersteigen(Abschnitt6.1.2),vereinfachtsichdasKalkülweiter.Daesin diesem Fall strikt vorteilhaft ist, den Kunden im Rahmen der Auftragsannahme von einem abweichenden Termin zu überzeugen, kann der Freiheitsgrad der Lagerung vernachlässigtwerden.DemnachergibtsichdieAntizipationsrelationܨܣሺȉሻimRah menderantizipativenInteraktiondurchdiehypothetischeInstruktion,d.h.diefinale Produktionsperiodeentsprichtdervorläufigen.DiesresultiertzugleichineineVerein fachung des TopDownKalküls ் ܥ , d.h. die Berücksichtigung der Zielfunktion der Produktionsprogrammplanung in der Auftragsannahme. Da keine Umplanung abge bildet werden müssen, entfällt die Relevanz des dritten Terms der Zielfunktion der Produktionsprogrammplanung.EineweitergehendeVereinfachungergibtsichauchin BezugaufdenzweitenTerm.Zielistes,KapazitätenfürdieAnnahmevonAufträgen
6KonzeptionvonEntscheidungsmodellenzurauftragsbezogenenPlanung
185
zwischenzweiAusführungenderrollierendenPlanungzuschaffenundsomitdieLie ferfähigkeit aufrechtzuerhalten. Im Kontext eines synchronen Auftragsannahmever fahrensentfälltdieseArgumentation.Daheristeshinreichend,imRahmendesTop DownKalküls den ersten Term der Produktionsprogrammplanung abzubilden. Als TopDown Kriterium kann in diesem Fall etwa der Beitrag des Auftrags zur Nivellie rungdesbestehendenProduktionsplansausgewertetwerden.DieseEntscheidungssi tuationistinAbbildung41schematischdargestellt.FürdenFall,dassdieaktuelleAn frage, wie durch die hervorgehobenen Bereiche gekennzeichnet, einen Beitrag zur Verminderung der Unterschreitung der angestrebten Mindestauslastung zuträgt, kanndiesinderZielfunktionberücksichtigtwerden. 100%
20
Kapazität
80%
16
mindestens angestrebte Kapazitätsbelegung
60% 40% 20%
12
8
k Perioden
0% t+ 0 1 1 2 3 4 5 56 7 8 9 10 10 11 12 13 14 1515 16 17 18 19 2020 21 Periode
Kapazitätsbelegung Beitrag zur Reduktion der Unterauslastung
4
0
erwartete Kapazitätsbelegung
Abbildung41: Illustrative Entscheidungssituation in der Auftragsannahme für normalverteilte ge wünschteLieferzeiten
DemnachergibtsichfürdieexplizitapproximierteAntizipationfolgendesmodifizier tes Modell zur Auftragsannahme (623)(628). Analog zur Auftragsannahme im Grundmodell besteht die Zielsetzung in der Minimierung der Einplanungskosten. Auch wird weiterhin lediglich die aktuelle Anfrage betrachtet. Zur Antizipation des Entscheidungsverhaltens der Basisebene wird allerdings ein weiterer Term ergänzt. Dieser quantifiziert den Beitragdes Auftrags zur Verminderung von Unterschreitun gen der mindestens angestrebten Auslastung, gewichtet durch den Koeffizienten ௧௧ (௧௧ Ͳ).HierbeiwerdenalljeneKombinationenvonRessour cen und Perioden ሺݎǡ ߬ሻ im ersten Intervall der Zielfunktion der Produktionspro grammplanungሾݐǡ ݐ ݇ሿbetrachtet,fürdiedieminimalangestrebteKapazitätsaus
186
6KonzeptionvonEntscheidungsmodellenzurauftragsbezogenenPlanung
lastungܿܽఛ unterschrittenwird.DiezugehörigeMengewirdmitȣbezeichnetund
istwiein(622)angegebendefiniert.
௫ ȣ אሼሺݎǡ ߬ሻหܿݐఛ ܿܽఛ െ ܿܽఛ Ǣ ࣬ א ݎǡ ݐ ߬ ݐ ݇ሽ
(622)
InErgänzungzumNebenbedingungssystemderGrundmodellsderAuftragsannahme (624),(626)und(627)sindfernerNebenbedingungenzurBerechnungdesBeitrags ି zur Verminderung der Unterschreitung ܿݐఛ (625) sowie die grundlegende Vari
ablendefinition(528)zuergänzen. ௧ା் ೌೣ ିଵ
Minimiere
ି ܿWை ȉ W െ ௧௧ ܿݐఛ
ఛୀ௧
(623)
ሺǡఛሻא
u.d.N.
W ȉ ୧୰
୰த
࣬ א ǡ ɒ ୫ୟ୶ െ ͳ (624)
ݔை W ȉ ܽ ି ൌ ܿݐఛ ܿܽఛ
ሺǡ ɒሻ אȣ
(625)
(626)
ɒ ୫ୟ୶ െ ͳ
(627)
ሺǡ ɒሻ אȣ
(628)
୲ାౣ౮
W ൌ ͳ தୀ୲
W אሼͲǡͳሽ ି Ͳ ܿݐఛ
6.3 Strukturvalidierung EinezentraleBedeutungimRahmendermodellbasiertenPlanungkommtderÜber prüfung der Validität zu. Dies beinhaltet die Prüfung, ob das Modell den Betrach tungsgegenstandhinreichendgenauabbildet,umzurLösungderoriginärenProblem situation beitragen zu können (Abschnitt 3.1.5). Im vorangehenden Kapitel wurden allgemeineModellezurUnterstützungderauftragsbezogenenPlanungbeivarianten reicherSerienproduktionentwickelt.HierzuwurdenaufderBasiseineskonzeptionel lenModells(Abschnitt6.1)FormalmodelleunterschiedlicherKomplexitätvorgestellt. ImRahmenderStrukturvalidierungsinddemnachdieAnnahmendiezurEntwicklung dieserFormalmodelleführtenzuhinterfragen.FürdenbetrachtetenFallbetrifftdies
6KonzeptionvonEntscheidungsmodellenzurauftragsbezogenenPlanung
187
die Annahmen zur grundlegenden Struktur des Planungssystems, die Modellierung der Ein und Umplanungskosten sowie der Nivellierung und die Segmentierung der Zielfunktion. Auf diese Aspekte wird im Folgenden eingegangen. Aufgrund der ge meinsamen Entwicklung von konzeptionellen Modell und Formalmodell im vorlie genden Kapitel soll keine gesonderte Differenzierung zwischen den Aufgaben der empirischenValidierungundderStrukturvalidierungvollzogenwerden.Ausgangslage derArgumentationsinddieinKapitel4dargestelltenFallstudien. 6.3.1 GrundlegendeStruktur Die grundlegende Struktur des Planungssystems ist dezentral. Demnach wird zwi scheneinersynchronenAuftragsannahmezurDarstellungderKundeninteraktionso wieeinerasynchronenProduktionsplanungzurÜberführungderAufträgeinProduk tionspläne differenziert. Diese Unterscheidung lässt sich spiegelbildlich in den be trachteten Fallstudien wiederfinden. Um den heterogenen Anforderungen der Ent scheidungssituation Rechnung zu tragen, wird auch hier zwischen beiden Planungs aufgaben differenziert. Folglich kann von einer aus struktureller Sicht validen Abbil dungausgegangenwerden. 6.3.2 ModellierungderEinundUmplanungskosten Zur Modellierung der Konsequenzen eines zeitlichen Verschiebens von Aufträgen wurden Kosten unterstellt, die mit der Abweichung zwischen der gewünschten und der bestätigten Periode (Einplanungskosten) sowie der vorläufigen und der finalen Produktionsperiode(Umplanungskosten)zunehmen. ObwohldieAnnahmelinearerKostenindenzuvordiskutiertenArbeitenzurProduk tionsprogrammplanung bei variantenreicher Serienproduktion gemeinhin unterstellt wird (Abschnitt 5.3), ist die Praxisrelevanz im Hinblick auf die tatsächliche Entschei dungssituation infrage zu stellen. Als problematisch können sich in diesem Kontext sowohl die grundlegende Erhebung dieser Kosten sowie die Konsequenzen eines nichtlinearenVerlaufsergeben.408
408
Boysen(2005a),S.197sprichtindiesemZusammenhanganstellevonKostenmitunterauchvon einemPrioritätswert.
188
6KonzeptionvonEntscheidungsmodellenzurauftragsbezogenenPlanung
AufgrundderhohenAnforderungen,diesichausderzuvorimAllgemeinenundan handderFallstudienimSpeziellenerörtertenEntscheidungssituationderauftragsbe zogenen Planung ergeben, scheint es unerlässlich, eine modellbasierte Entschei dungsunterstützungbereitzustellen.DiesemachtallerdingsdieAbbildungderPräfe renzenderKundenerforderlich.DaindenmeistenFällennichtdavonausgegangen werden muss, dass Kunden vollständig indifferent bezüglich alternativer Termine sind,kannvonderExistenzlokalerMinimaausgegangenwerden.ZurApproximation solcher lässt sich ein linearer Kostenverlauf verwenden.409 Ein entsprechendes Vor gehenscheintdamitfürdenFall,dasskeinegenauerenKenntnisseüberdiePräferen zenvorhandensind,grundsätzlichgerechtfertigt. AusderAnnahmederLinearitätergibtsichunterdessen,dassdieBetrachtungjenach KostenstrukturaufdieerstekapazitativzulässigeoderaberdiegewünschtePeriode beschränkt werden kann (Abschnitt 6.1.2). Für die obenstehende Argumentation wurde angenommen, dass die Grenzlagerkosten dieGrenzabweichungskosten über steigen, sodass die optimale Politik stets darin besteht, die dem Wunschtermin ab züglich der Durchlaufzeit nahegelegenste zulässige Periode für die Produktion des AuftragszuwählenunddensichdarausergebenenLieferterminzubestätigen.Wei terhin wurde davon ausgegangen, dass die Grenzlagerkosten geringer sind, als die GrenzkostendernachträglichenTerminänderung.InderKonsequenzführtdieszuder Annahme,dassdieGrenzkostenderÄnderungimRahmenderAuftragsannahmege ringersindalsdieGrenzkostenderTerminänderungimRahmenderProduktionspro grammplanung.DieAnnahmeeinerentsprechendenKostenstrukturscheintmitVer weis auf bestehende empirische Forschungsergebnisse z.B. für das Industrieumfeld derAutomobilindustriegrundsätzlichplausibel.WährenddieLieferfähigkeiteineher untergeordnetesZieldarstellt,gehtdieLagerungvonEndproduktenmitsignifikanten Kosteneinher.GleichzeitigstelltdieLiefertreue,d.h.dasErreicheneineszuvorbestä tigtenLieferterminseinesderzentralenZieledervariantenreichenSerienproduktion dar.410 409
Im Rahmen einer mehrmaligen Ausführung des Auftragsannahmemodells lassen sich zudem mehreregewünschteLiefertermineprüfenundsomitauchnichtstetigePräferenzfunktionenmit lokalenMinimaabbilden. 410 Krog(2006)
6KonzeptionvonEntscheidungsmodellenzurauftragsbezogenenPlanung
189
DieGültigkeitdesModellierungsansatzesistaberauchfürabweichendeKostenstruk turen gegeben. So führt eine Umkehr der Kostenstruktur dazu, dass es auch dann stetsvorteilhaftist,denWunschterminzubestätigen,wenneinefrühereProduktion möglichseinsollte.UmdiekapazitativeZulässigkeitsicherzustellen,bedarfesjedoch nach wie vor einer auftragsbezogenen Annahmeprüfung, wie sie durch das darge stellteModellabgebildetwird.411 AucheinAbweichenvonderLinearitätsannahmeistmitHinblickaufdieEignungdes Planungssystemsunbedenklich.Ursächlichhierfürist,dassdieEinplanungskostenaus Sicht desModells exogene Eingangsinformationendarstellen. Folglich können belie bigkomplexeVerläufeabgebildetwerden,ohnedasdieseinestrukturelleÄnderung desModellszurFolgehätte.DieeinzigeVeränderungergibtsichinderBerechnung der Umplanungskosten, da diese dieKopplung zwischen Auftragsannahmeund Pro duktionsprogrammplanung herstellen.412 Gleichwohl erfolgt auch die Berechnung dieser außerhalb der Produktionsprogrammplanung. Eine strukturelle Änderung der Entscheidungsmodelleistdemnachnichterforderlich. Zusammenfassend lässt sich damit feststellen, dass die Annahme linearer Kosten strukturen grundsätzlich gerechtfertigt ist. Überdies bleibt die Modellbildung aus strukturellerSichtauchdannvalide,wennandereKostenstrukturenabzubildensind. 6.3.3 ModellierungderNivellierung UmeinehoheEffizienzvonProduktionssystemen,dienachdemPrinzipdergemisch ten Fließfertigung organisiert sind sicherzustellen, sind Aspekte des ModellMix wie auchsolcheeinernivelliertenAuslastungzuberücksichtigen.ZurvollständigenAbbil dungvonModellMixRestriktionenwäredieBestimmungderdetailliertenProdukti 411
UmeinekonsistenteAbbildungderKapazitätsicherzustellen,istesnotwendig,denAuftragsbe zug in der Planung aufrechtzuerhalten. Demnach ist die Kapazität entsprechend dem Ergebnis der Auftragsannahmeprüfung, d.h. der ermittelten zulässigen Periode, sowie der Kapazitätsin anspruchnahmedesAuftragsfürkommendeAuftragsannahmeprüfungenzureduzieren.Dieer mitteltePeriodeistsomitauchvonRelevanz,wenndemKundengegenübereineanderebestä tigtwird. 412 Bezugsperiode zur Berechnung der Umplanungs bzw. Lagerkosten wäre in dem Fall, dass die GrenzänderungskostendieGrenzlagerkostenübersteigenundeinevorgezogeneProduktionvor teilhaft ist, die Wunschperiode. In dem Fall nichtlinearer Kostenverläufe ergibt sich unter der gleichenVoraussetzungeinebestätigtePeriode,diezwischendergewünschtenundderjenigen, diesichausdererstenzulässigenzuzüglichderDurchlaufzeitergibt,liegt.
190
6KonzeptionvonEntscheidungsmodellenzurauftragsbezogenenPlanung
onsreihenfolgenotwendig.GleichwohlwürdeeinsolchesVorgehenanderKomplexi tät des zu lösenden Entscheidungsproblems scheitern.413 Vor diesem Hintergrund lässtsich eine Abstraktion vom originären Problem imRahmen der auftragsbezoge nen Planung nicht vermeiden. Im beschriebenen Modellierungsansatz wird auf die FestlegungvonHöchstgrenzenfürProduktmerkmaleimSinneeinerܪ ǣ ܰ Notation zurückgegriffen.EinentsprechendesVorgehenfindetsichinvielzähligenArbeitenzur gemischtenFließfertigung(Abschnitt5.3.2).AllerdingsentstehtdurchdieseAbstrak tiondieGefahr,dasssichkeinzulässigerDetailplanerstellenlässt.ImRahmeneiner hierarchischen Planungskonzeption ließe sich dieser Situation durch eine Rückkopp lung zwischen Detailplanung und Produktionsprogrammplanung begegnen. Vor die sem Hintergrund soll von einer grundsätzlichen Plausibilität der Modellierungsan nahmeausgegangenwerden. Der zweite Aspekt ergibt sich durch die Operationalisierung der Nivellierung. Eine exakteMetrikzurReflektiondiesesSachverhaltswärediequadratischeAbweichung derressourcenbezogenenKapazitätsauslastung.AllerdingshateinesolcheModellie rung eine nichtlineare Modellformulierung zur Folge, sodass praxisrelevante Prob lemstellungennichtlängeroptimalgelöstwerdenkönnen.414Daherwurdeeineeinfa cheKennzahlgewählt,dieAbweichungenzueinemvorteilhaftenAuslastungsbereich quantifiziert.TrotzeinemdeutlichenVorteilinBezugaufdieLösbarkeitentsprichtdie grundlegende Logik der der Nivellierung.415 Der Modellierungsansatz scheint daher imKernplausibel.UmjedochgenaueAussagenüberdieValiditätableitenzukönnen, istdasVerhaltendesPlanungssystemsimdynamischenKontextzuevaluieren.Dieses wirdimfolgendenKapitelvertiefendausgeführt. 6.3.4 SegmentierungderZielfunktion Schließlich wurde im Rahmen der Produktionsprogrammplanung eine segmentierte Zielfunktion vorgestellt. Während Aspekteder Nivellierung, d.h.der erste Term, so 413
BereitsdasAuffindeneinerzulässigenLösungbeigemischterFließfertigungzähltzurKlasseder NPschwerenProbleme(Drexl/Jordan(1995)). 414 Ding/Tolani(2003) 415 Erreicht die Kapazitätsbelastung für alle Ressourcen den Vorteilhaftigkeitsbereich, so wirkt sich dieszugleichbeschränkendaufdieSchwankungsbreiteunddamitdiequadratischeAbweichung aus.
6KonzeptionvonEntscheidungsmodellenzurauftragsbezogenenPlanung
191
wie die Umplanungskosten bereits verschiedentlich Eingang in frühere Arbeiten zur Auftragsannahme und Produktionsprogrammplanung fanden (Kapitel 5), ist die Be rücksichtigung des zweiten Terms bislang ohne Anwendungsbeispiel. Eine Ursache hierfüristsicherlich,dassderAspektdesoffenenEntscheidungsfeldsbislangnuran satzweise in bisherigen Arbeiten berücksichtigt wurde. Auch liegt insbesondere in Arbeiten zur Produktionsprogrammplanung die einmalige Ausführung des Entschei dungsmodellsimFokus. Die grundlegenden Überlegungen, die zur Segmentierung der Zielfunktion führen, wurdenimVorhergehendenaufgeführt.JedochlässtsichaufdieserBasiskeinekon kreteAussagezurValiditätableiten.VielmehristhierzudieAnalysedesPlanungssys temsineinemdynamischenKontexterforderlich.DiesewirdimnachfolgendenKapi telvorgenommen. Zusammenfassend lässt sich damit eine grundsätzliche Validität des Modellierungs ansatzeskonstatieren.EinereinargumentativeBetrachtungbleibtjedochaufgrund legendeAspektebeschränkt.VordiesemHintergrundwirdimNachfolgendenvertie fendaufdasdynamischeVerhaltendesPlanungssystemseingegangen.Ausgangslage ist die Frage, ob die präsentierte Modellierung geeignet ist, um die Ziele der auf tragsbezogenenPlanungimKontextdervariantenreichenSerienproduktionzubeein flussen.ZudiesemZweckwerdendieErgebnisseeinerexperimentellenUntersuchung präsentiert,dieaufeinemereignisdiskretenSimulationsmodellbasiert.Diesesreflek tiertdiegrundlegendenEigenschaftendervariantenreichenSerienproduktion. ImHinblickaufdenidealtypischenModellierungsprozessentsprichteinesolcheVor gehensweisederAnwendungbzw.LösungdesModells(Abschnitt3.1.5).Damitkön nen die erzielten Ergebnisse zugleich für eine Entscheidungsvalidierung, d.h. für die PlausibilisierungderermitteltenLösungenanhanddeskonzeptionellenModellsver wendetwerden. 6.4 ErgebnisderModellierung IndiesemKapitelwurdenEntscheidungsmodellefürdieauftragsbezogenenPlanung bei variantenreicher Serienproduktion entwickelt. Ausgangspunkt der formalen Mo dellierungwarendieArbeitenvonSCHNEEWEIßzurhierarchischenPlanung.Aufdieser Basis wurden separate Modelle für die Auftragsannahme und die Produktionspro
192
6KonzeptionvonEntscheidungsmodellenzurauftragsbezogenenPlanung
grammplanung entwickelt und aufbauend auf dem planerischen Bezugsrahmen der auftragsbezogenen Planung in ein hierarchisches Planungssystem integriert. Auf grundderDekompositionderoriginärenAufgabenstellungergabsicheinBedarfzur KoordinationderModelle.HierzuwurdenverschiedeneModellerweiterungenvorge stelltunddiskutiert.DenAbschlussbildeteeineDiskussionderValiditätdesModellie rungsansatzes. Zusammenfassendlässtsichfesthalten,dassdurchdengewähltenModellierungsan satzdieinKapitel4abgeleitetenAnforderungenaneineEntscheidungsunterstützung invollemUmfangerfülltwerden.SolassensichdurchdieEinführungvonAufträgen alsObjektederPlanungohneweiteresauftragsspezifischeProduktmerkmaleundBe darfstermineberücksichtigen. DemoffenenEntscheidungsfeldwirdinsofernbegegnet,alsdasseinreaktiverAnsatz verfolgt wurde. Der mit dem Eintreffen von Aufträgen verbundene Informationsge winn wird durch die fortwährende Aktualisierung der Planung berücksichtigt. Auch gelingt es durch die Segmentierung der Zielfunktion der Produktionsprogrammpla nung,differenziertaufdieInformationsdynamikzureagieren.DasEntscheidungsver haltenberücksichtigtdemnachexplizitdiedurchdenFüllgradbeschriebeneInforma tionsgrundlage. Um kurze Ausführungszeiten in der Auftragsannahme zu erreichen, wurde eine De kompositiondesgesamtenPlanungssystemsvorgenommen.DemnachistimRahmen derAuftragsannahmelediglicheininderKomplexitätreduziertesEntscheidungsprob lem zu lösen. Dieses wird komplementiert durch ein Modell zur Produktionspro grammplanung.DurchdiewenigerrestriktivenAnforderungenandieAusführungszeit lässtsichindiesemKontexteineumfassendereBerücksichtigungderEntscheidungs situationrealisieren. Die letzen beiden Anforderungen betreffen die Abbildung von ModellMix RestriktionensowiedieIntegrationvonnivelliertenProduktionsvorgabenindieZiel funktion. Beides gelingt auf Basis der vorgestellten Modelle. ModellMix Restriktionen lassen sich durch eine entsprechende Interpretation der Ressourcen abbilden.SomitkönnendieüblichenRegelnzurAntizipationvonLinienrestriktionen, wie etwa dieܪ ǣ ܰ Regeln, ohne weiteres abgebildet werden. Letztlich erlaubt die
6KonzeptionvonEntscheidungsmodellenzurauftragsbezogenenPlanung
193
Formulierung der Zielfunktion der Produktionsprogrammplanung eine Berücksichti gungvonAspektenderNivellierung. EinezusammenfassendeDarstellung derAnforderungserfüllung ist in Tabelle 31 ge geben.
Tabelle31:
Erfüllung der Anforderungen der auftragsbezogenen Planung durch das entwickelte Planungssystem
AnforderungderauftragsbezogenenPlanung
ErfüllungdurchPlanungssystem
auftragsspezifischeProduktmerkmaleund Bedarfstermine
erfülltdurchBerücksichtigungeinzelnerAufträgein derPlanung
Berücksichtigungdesoffenen Entscheidungsfelds
erfülltdurchreaktiveAusführungsartunddieBe rücksichtigungdesFüllgradsinderPlanung
KurzeAusführungszeitenfür Auftragsannahme
erfülltdurchDekompositionderPlanungsaufgaben
ModellMixRestriktionen
erfülltdurchressourcenspezifischeKapazitätsgren zen
NivellierteProduktionsvorgaben
erfülltdurchBerücksichtigunginderZielfunktionder Produktionsprogrammplanung
7 NumerischeAnalyse In den vorhergehenden Kapiteln wurden allgemeine Modelle zur Unterstützung der auftragsbezogenen Planung bei variantenreicher Serienproduktion entwickelt. Ziel dieses Kapitelsist es,die dargelegtenAnsätze zu evaluieren. ImFokus stehthierbei diedynamischeEvaluationderpräsentiertenModelleimAllgemeinensowiederBe deutung der Antizipation im Rahmen der auftragsbezogenen Planung im Speziellen. DahierzueineLösungderModelleerforderlichist,entsprichtdieseAufgabederEnt scheidungsvalidierung(Abschnitt3.1.5).VoneinervalidenAbbildungsollvordiesem Hintergrundgesprochenwerden,wenndieeinzelnenElementedesPlanungssystems geeignetsind,umdieErreichungallerzuvordefiniertenZielkriterienimdynamischen Kontext der Entscheidungssituation zu beeinflussen. Nur in diesem Fall kann davon ausgegangenwerden,dassdasvorgestelltePlanungssystemeinegrundsätzlicheEnt scheidungsunterstützungleistenkann.AlszweiteZielsetzungistderEinflussvonUm gebungsfaktorenaufdasVerhaltenderauftragsbezogenenPlanungzuuntersuchen. Damit sollen Erkenntnisse generiert werden, welche Faktoren sich förderlich bzw. hinderlichaufdieRelevanzderauftragsbezogenenPlanungauswirkenunddamitals Anwendungsvoraussetzungeneinersolchenangesehenwerdenkönnen. Beide Zielsetzungen sind vordergründig exploratorisch, d.h. auf die Entdeckung von Zusammenhängenangelegt.416InAnbetrachtdessehreingeschränktenVerständnis ses,dasüberdasVerhaltenvonauftragsbezogenenPlanungssystemenbeivarianten reicherSerienproduktionvorliegt,isthierinaberzugleicheineNotwendigkeitfürspä tere Untersuchungen zu sehen. Um die Komplexität der realweltlichen Entschei dungssituationausreichendabzubilden,wirdimRahmenderUntersuchungeinereig nisdiskretesSimulationsmodelleingesetzt. DieArgumentationgliedertsichwiefolgt.ZunächstwirddieverwendeteTestumge bungvorgestellt.DieNutzungdieserUmgebunggliedertsichinzweiTeile.Ineinem ersten wird aufbauend auf einer Voruntersuchung ein Vorgehen für die eigentliche Analyseabgeleitet.ImzweitenTeilerfolgtdanndiedetaillierteDiskussionderErgeb nisse.DasKapitelschließtmiteinemFazit.
416
Fritz(1986),S.60
196
7NumerischeAnalyse
7.1 DefinitionderTestumgebung DasVerhalteneinesauftragsbezogenenPlanungssystemswirdinpraktischenAnwen dungsfällen von einer Vielzahl exogener Faktoren sowie dem dynamischen Zusam menspielderPlanungsaufgabenbeeinflusst.EinegeschlosseneBeschreibungdesSys temverhaltensistdahernichtmitvertretbaremAufwandmöglich.ZurAnalysederar tigerSystemewirdimOperationsResearchinderRegelaufSimulationsmodellezu rückgegriffen, die auf eine numerische Evaluation von Wirkungszusammenhängen zielen.417 Die im nachfolgenden erörterte experimentelle Analyse basiert auf einem ereignisdiskretenSimulationsmodell,dassdieInteraktionvonAuftragsannahmeund Produktionsprogramplanungabbildet. ImAllgemeinenlassensichnachRARDINundUZOYdreimöglicheDatenquellenfürdie Evaluation von Planungssystemen unterscheiden.418 Dies sind Daten realer Anwen dungsfälle,publizierteTestdatensätzesowiezufälliggenerierteDaten.Grundsätzlich ist die Verwendung von Daten aus praktischen Anwendungsfällen vorzuziehen, da diese die tatsächlichen Begebenheiten der Entscheidungssituation bestmöglich re flektieren. Nachteilig ist jedoch, dass entsprechende Datensätze oftmals nur unvoll ständigoderabernichtausreichendgroßsind,umdasvollständigeEinsatzspektrum desuntersuchtenPlanungssystemszuerfassen.Auchhängtdiesenan,dassdievor handenenDatenzumeistdurcheinbestehendesPlanungssystembeeinflusstworden sind.VordiesemHintergrundschlagendieAutoreneineKombinationdeserstenund desletztenVerfahrensvor.EinesolcheVorgehensweisebezeichnensiealsrandomi sierteVariationenrealerDatensätze(randomvariantsofrealdatasets).Testinstan zenlassensichdemnachdurchdiezufälligeVariationvonDatensätzenerzeugen,die diegrundlegendeStrukturdesrealenProblemswiderspiegeln. StandardisierteTestdatensätzestehenfürdiebetrachteteFragestellungderauftrags bezogenenPlanungnichtzurVerfügung.JedochexistierenzahlreicheempirischeAr beiten,ausdenensichInformationenüberdiegrundlegendeProblemstellungextra hierenlassen.VordiesemHintergrundwirdnachfolgendaufdasVerfahrenderran 417
Domschke/Drexl(2005),S.6;Scholl(2001),S.18;Andersonetal.(2000),S.588;Gosavi(2003),S. 3;Law/Kelton(2000),S.1 418 Rardin/Uzsoy(2001)
7NumerischeAnalyse
197
domisierten Variation bestehender Datensätze zurückgegriffen. Hierzu ist indes ein Verfahren notwendig, dass ausgehend von gegebenen Parametern konkrete Testin stanzenerzeugt.Einsolcheswirdnachfolgendbeschrieben. Nachfragestrom erzeugt
Start der Simulation
Nachfrageverteilung
Ziehe absolute Nachfrage je Periode
XOR
Generiere Aufträge entsprechend Nachfrage
Ende Planungsperiode
XOR
sonst Auftragsliste generiert
Simuliere Auftragseingang
XOR
Verteilung der gewünschten Lieterzeit
Zuordnung Ankunftszeitpunkt
Verteilung der Nachfrage nach Optionen
Zuordnung Auftragskonfiguration
Kapazitätsdatenbank Produktionsprogrammplanung
Auftragsannahme Auftragsdatenbank
XOR
Aufträge vollständig spezifiziert
XOR
sonst
XOR
sonst
Ende der Simulation erreicht
Auftragsliste nach Eingang sortieren
Nachfragestrom erzeugt
Abbildung42: AblaufderSimulation
Der generelle Ablauf des Verfahrens ergibt sich wie folgt (Abbildung 42). Zunächst wird für jeden Simulationslauf ein Nachfragestrom erzeugt. Dieser ist im Einzelnen gegeben durch eine Menge von Aufträgen mit spezifischen Angaben in Bezug auf Produktkonfiguration,BestellzeitpunktundgewünschterLieferperiode.Ausgangslage
198
7NumerischeAnalyse
derNachfraggenerierungistdemnachdieBestimmungderAnzahlnachgefragterPro duktejePeriode,d.h.dieHöhederNachfrage.HierzuwirdeineZufallszahlentspre chendeinerimWeiterennochnäherzuspezifizierendenVerteilunggezogen.Inder Folge werden Datensätze für einzelne Aufträge in der durch die Nachfragehöhe de terminiertenAnzahlerzeugtundanschließendspezifiziert.Konkretwirdhierzuunter Verwendung einer zweiten Verteilung für jeden Auftrag eine gewünschte Lieferzeit gezogen. Durch Subtraktion dieser von der ursprünglichen Periode lässt sich somit der Zeitpunkt des Auftragseingangs ermitteln. Als abschließenden Schritt der Nach frageerzeugung wird den jeweiligen Aufträgen eine Produktkonfiguration zugewie sen. Hierbei kommt eine dritte Verteilung zum Einsatz. Die so erzeugte Menge von Aufträgen wird schließlich entsprechend ihrem Eingangsdatum sortiert, sodass im Ergebnis ein Nachfragestrom bestehend aus individuellen Aufträgen zur Verfügung steht. Einflussfaktoren sind die Verteilungen der Nachfragehöhe, der gewünschten LieferzeitsowiederProduktkonfiguration. IneinemzweitenSchrittwirddersogenerierteNachfragestromindasauftragsbezo genePlanungssystemüberspielt.DiesesistimEinzelnengekennzeichnetdurcheine synchrone, d.h. durch das Eintreffen von Aufträgen angesteuerte Auftragsannahme sowie eine asynchrone, d.h. rollierend ausgeführte Produktionsprogrammplanung. UmInkonsistenzenzuvermeiden,kannjeweilsnureineFunktiongleichzeitigausge führtwerden. BasisdersoftwaretechnischenImplementierungsinddieSimulationsumgebungPlant SimulationsowiederSolverLingo. 7.1.1 AbgrenzungdesUntersuchungsbereichs Eine vollständige Abbildung der das Planungssystem umgebenden Umwelt im Rah men der Testumgebung würde zu einemTotalmodellführen und somit andem mit derModellierungverbundenenAufwandscheitern(Abschnitt3.1.2).Umvordiesem Hintergrund eine simulationsbasierte Evaluation von Systemen der auftragsbezoge nenPlanungdurchführenzukönnen,sindAnnahmenbezüglichderzubetrachtenden Faktoren notwendig. Insbesondere lassen sich solche Faktoren unterscheiden, die innerhalbderSimulationerzeugtwerdenundsolche,dieexogenvorgegebenwerden. Beide Arten beschreiben den Untersuchungsbereich und demnach die Grenze des
7NumerischeAnalyse
199
Modells. Alle weiteren Faktoren werden ausgeschlossen. Zur Strukturierung dieser EinflussfaktorenschlägtSTERMANdieDarstellungsformderModellgrenztabellevor.419 FürdievorliegendeUntersuchungisteinesolcheinTabelle32gegeben. Tabelle32:
Modellgrenztabelle
Endogen
Exogen
Ausgeschlossen
Nachfragestrom(Höheder NachfragejeTag,Strukturder Nachfragebzw.ModellMix, ReihenfolgederAuftragsan künfte)
Produktstruktur,d.h.insbeson dereProduktmerkmale
Faktorenohnegrundlegende ÄnderungderModelllogik(al ternativeWerke,Vertriebsquo ten)
MomentederNachfragevertei lungen(VerteilungderNachfra gejeTag,Verteilungderge Auftragsannahme(Bestimmung wünschtenLieferzeiten,Vertei derbestätigtenLieferperiode/ lungderNachfragenachPro dervorläufigenProduktionspe duktoptionen),Einplanungskos riode) ten Produktionsprogrammplanung ParameterdesProduktionssys (BestimmungderfinalenLiefer tems(KapazitätjeOption,an bzw.Produktionsperiode) gestrebteMindestauslastung, Gesamtzielerreichung(finale Umplanungen,realisierteAus lastung)
SpezielleProblemkonstellatio nen(instationäreNachfrage muster,Kapazitätsflexibilität undStörungen(z.B.Streiks), Auftragsänderungenund stornierungen,Beeinflussbar keitderNachfrage)
ParameterderAuftragsannah me(Antizipationsformund parameter) ParameterderProduktionspro grammplanung(Gewichtungs faktorbzw.funktion,Intervall grenze,Planungsintervallund horizont)
Endogen,d.h.durchdasModellbestimmt,werdenimWesentlichenderzuvorerör terteNachfragestrom,sowiedieEntscheidungenvonAuftragsannahmeundProduk tionsprogrammplanung.AlsKonsequenzdesZusammenspielsbeiderPlanungsaufga ben ergibt sich ferner das gesamthafte Verhalten des auftragsbezogenen Planungs systemsinBezugaufdiefinalenInstruktionenandieDetailplanung,d.h.derfixierte Produktionsplan.WiebereitsimRahmenderStrukturvalidierungerörtert,wirddurch dassogegebeneSystemdiegrundlegendeStrukturderpraktischenEntscheidungssi tuation reflektiert. Gleichwohl macht die quantitative Analyse die Angabe weiterer Parameter, d.h. die Konkretisierung des zu untersuchenden Systems, erforderlich. 419
Sterman(2000),S.97ff.
200
7NumerischeAnalyse
AusSichtdesSimulationsmodellshandeltessichhierbeiumexogeneFestlegungen. Im Einzelnen sind die Produktstruktur sowie die Parameter zur Konkretisierung des Nachfragestroms,desProduktionssystemsundderEntscheidungsmodellezuspezifi zieren. Von der Untersuchung ausgenommen sind Faktoren, die eine zusätzliche Spezifizie rungerforderlichmachenwürden,ohnedieAussagefähigkeitdesModellszuändern. HierzuzählendieAnzahlderzubetrachtendenWerkesowiedieBerücksichtigungvon Quoten zur Koordination des Absatzbereichs. Eine zweite Gruppe von Faktoren, die nicht Gegenstand der nachfolgenden Untersuchungen sind, betreffen Aspekte, die durchaus Einfluss auf das Verhalten von auftragsbezogenen Systemen haben könn ten,jedochlediglichinSpezialfällenvonRelevanzsind.VoneinerAnalysediesersoll imRahmenderhierdargestelltengrundlegendenAnalysedesSystemverhaltensAb standgenommenwerden.EineErweiterungistjedochohneweiteresmöglich. ImNachfolgendenwirddassobeschriebeneSystemderauftragsbezogenenPlanung konkretisiert, sodass eine simulationsbasierte Untersuchung durchgeführt werden kann.InBezugaufdieModellgrenztabellebetrifftdiesdieSpezifizierungderexoge nenParameter. 7.1.2 ModellanpassungenundAusgangsdaten Wie zuvordargestellt, lassen sich die exogenen Parameter hinsichtlich der Bereiche Nachfragestrom, Produktionssystem, Auftragsannahme sowie Produktionspro grammplanung strukturieren. Die hierfür getroffenen Annahmen werden untenste hendexpliziert.PraktischeRealisierungsformendervariantenreichenSerienprodukti on können ein großes Spektrum möglicher Ausprägungen der Rahmenbedingungen umfassen. Zur Vereinheitlichung der Darstellung wird daher nachfolgend exempla risch auf die bereits in Kapitel 4 vertiefend diskutierte Anwendungsumgebung der Automobilindustriefokussiert.DiegrundlegendenStrukturenkönnenaberalsdurch ausaufweitereBranchenübertragbarangesehenwerden(Abschnitt2.4). ParameterdesNachfragestromsundderProduktstruktur Um einen Nachfragestrom zu erzeugen, der die grundlegenden Charakteristika der variantenreichenSerienproduktioninderAutomobilindustriewiderspiegelt,sinddrei
7NumerischeAnalyse
201
Verteilungenzuspezifizieren(Abschnitt4.2).DiesbetrifftdieHöhederNachfrage,die Verteilung der gewünschten Lieferzeiten sowie die Struktur der Nachfrage. Da sich letzterenurimZusammenhangmitderProduktstrukturangebenlässt,wirdauchdie seimNachfolgendendefiniert. Um die Höhe der Nachfrage zu modellieren, wird auf eine autoregressive gleitende Durchschnittsbildung zurückgegriffen (autoregressive moving average, ARMA). Im Gegensatz zu den häufig verwendeten unabhängig und identisch verteilten Zufalls zahlen (independent and identically distributed, IID) sind entsprechende Zeitreihen durch einhöheres Maß aninnerer Konsistenz gekennzeichnet.420 D.h.im Gegensatz zu den vollständig unabhängigen Werten von IIDbasierten Zufallszahlenreihen wird bewusst ein gewisses Maß an Abhängigkeit zwischen aufeinanderfolgenden Werten integriert.Nachfragemuster,wieetwaungleicheVerkaufszahlenüberdieWochenta ge oder Marketingmaßnahmen lassen sich so besser in die Analyse integrieren.421 Gleichzeitigistdavonauszugehen,dassdieAnforderungenandieauftragsbezogene PlanungdurchdieseAbhängigkeitsteigen,dasichPhasenindenendieNachfragedie KapazitätübersteigtmitsolchenindenennichtausreichendNachfragevorhandenist, um die Kapazität auszulasten, im Zeitverlauf abwechseln. Demgegenüber gleichen sichdieSchwankungenbeiIIDZufallswertenvielkurzfristigeraus.Exemplarischlässt sichdieseAnnahmeanhandderinAbbildung43dargestelltenNachfragefüreinFahr zeugmodell eines ausgewählten Automobilherstellers nachvollziehen. Der Korrelati onskoeffizient zwischen zwei aufeinander folgenden Werten weist mit einem Wert von0,21einvonnullabweichendesMaßauf.422DiePrämisseIIDverteilterNachfra gewertekanndahernichtbestätigtwerden.
420
Makridakisetal.(1998);Law/Kelton(2000),S.384 Waller(2002) 422 EinKorrelationskoeffizientvon0,21weistaufeinenschwachpositivenZusammenhangzwischen zweiaufeinanderfolgendenWertenhin(Fahrmeiretal.(2007),S.139). 421
7NumerischeAnalyse
Menge
202
140 120 100 80 60 40 20 0 1 3 5 7 9 11 13 15 17 19 21 23 25 27 29 31 Tage
423
Abbildung43: ExemplarischeNachfrageverlauffüreinFahrzeugmodell
AusgehendvoneinermittlerenNachfrage݀ҧ,d.h.dermittlerenAnzahlvonAufträgen jePeriode,kommtvordiesemHintergrunddiefolgendeFunktionzurErmittlungdes Nachfrageverlaufs zum Einsatz. Diese beschreibt einen ARMAProzess erster Ord nung.424
݀ఛ ൌ ඃ݀ҧ ͲǤͺ ȉ ൫݀ఛିଵ െ ݀ҧ ൯ െ ͲǤͳ ȉ ߝఛିଵ ߝఛ ඇ
(71)
ߝఛ ̱ܰሺͲǢ ߚ ȉ ݀ҧ ሻ
(72)
WiedurchdieKlammernۀڿgekennzeichnet,werdendieWerteaufganzeZahlenge rundet.DieAbweichungenzurmittlerenNachfrageergebensichdurchdennormal verteiltenFehlerߝఛ .DieSchwankungsbreitedesFehlerswirddurchdieStandardab weichung entsprechend dem Anpassungsfaktor ߚ proportional zur mittleren Nach fragefestgelegt. FürdieseVerteilungsannahmesindbeispielhafteRealisierungeninAbhängigkeitdes AnpassungsfaktorsߚinAbbildung44dargestellt.
423
Omerci(2006),S.20 Makridakis(1998),S.344f.
424
7NumerischeAnalyse
203
75,00
75,00
50,00 50,00 25,00 0,00
25,00 1
11
21
31
41
51
61
1
11
21
31
41
51
61
100,00
100,00
75,00
75,00
50,00
50,00
25,00
25,00
0,00
0,00 1
11
21
31
41
51
61
1
11
21
31
41
51
61
Abbildung44: ExemplarischeNachfragereihen;aufgetragenistderVerlaufderNachfrage݀überdie Zeit (links oben ߚ ൌ ͲǤͲͳ, rechts oben ߚ ൌ ͲǤͳ, links unten ߚ ൌ ͲǤʹ, rechts unten ߚ ൌ ͲǤ͵)
FürdieVerteilungdergewünschtenLieferzeitwirdeineNormalverteilungverwendet. AusgangspunktdieserÜberlegungist,dasssichfürdiesederzentraleGrenzwertsatz aufgrundderdeutlichgrößerenAnzahlunabhängigerRealisierungen,d.h.derindivi duellenKundenanfragen,besserrechtfertigenlässt,alsdiesimFallderGesamtnach frage je Periode der Fall ist (Abschnitt 3.3.2). Unter Verwendung der mittleren ge wünschtenLieferzeit(requestedleadtime,)ݐ݈ݎvon10Perioden(ܧሼݐ݈ݎ ሽ ൌ ͳͲ)sowie des Anpassungsfaktors ߛ zur Spezifizierung der Standardabweichung ergibt sich fol gendeVerteilungfürdiegewünschtenLieferzeitenderAnfragen݅.425 ݐ݈ݎ ̱ܰሺͳͲǢ ͳͲ ȉ ߛሻ
(73)
425
Im Rahmen der simulationsbasierten Untersuchung werden negative gewünschte Lieferzeiten ausgeschlossen. Vor diesem Hintergrund wird eine symmetrische, und damit erwartungswert neutraleBeschränkungderNormalverteilungimIntervallሾͲǢ ʹͲሿvorgenommen.
204
7NumerischeAnalyse
LetztlichistdieStrukturderNachfragefestzulegen.Ausgangslagehierbeiisteinvon HOLLWEG und PIL publizierter Datensatz eines Automobilherstellers (Tabelle 33).426 DemnachwirdeinProduktmit18Optionenbetrachtet,diesichinachtOptionsfami lienstrukturierenlassen.IndemdieKapazitätdesProduktionssystemsanalogzudie senProduktoptionendefiniertwird,sindgleichsam18Ressourcenzuunterscheiden (Abschnitt2.2.2).DieNachfragenachdeneinzelnenOptionenbzw.Ressourcenwird nachfolgend unter Verwendungvon Einbauraten, d.h.derrelativen Häufigkeit einer jedenOptioninnerhalbihrerOptionsfamilie,generiert.Hierzukommenseparateem pirische Verteilungen für jede Optionsfamilie zum Einsatz. Die Konfiguration eines spezifischenAuftrags݅,d.h.dieProduktionskoeffizientenܽ bezüglichderRessource ݎ, ergibt sich dann durch Kombination der unabhängig gezogenen Ausstattungs merkmale.UnterBerücksichtigungallermöglichenPermutationenergebensichsomit 576möglicheProduktkonfigurationen. Tabelle33:
ProduktstrukturdernumerischenUntersuchung
Ressourcen indexr
Options famile
Bezeichnung
Option
Einbaurate݁݇ܽݐ
1..2
1
Getriebe
Hand schal tung
Automa tik
0,92
0,08
0
3..5
2
Motor
Benzin
Diesel
Turbo Diesel
0,50
0,45
0,05
6..7
3
Chassis
8..10
4
Ausstattung
3türer
5türer
0,60
0,40
0
Standard
Special
GTI
0,82
0,10
0,08
11..12
5
ABS
wahr
falsch
0,66
0,34
0
13..14
6
Klimaanlage
wahr
falsch
0,66
0,34
0
15..16
7
Schiebedach
wahr
falsch
0,25
0,75
0
17..18
8
Seitenairbag
wahr
falsch
0,08
0,92
0
ParameterdesProduktionssystems Die Konkretisierungen im Hinblick auf das Produktionssystem umfassen die Angabe von periodenbezogenen Kapazitätsgrenzen für die jeweiligen Ressourcen sowie die FestlegungdermindestensangestrebtenAuslastung.DiemaximaleKapazitätjeRes ௫ source und Periode ܿܽఛ wird in Abhängigkeit der Einbaurate und der mittleren
426
Holweg/Pil(2004),S.31
7NumerischeAnalyse
205
NachfragesowieeinemFaktorߣbestimmt(74).DerFaktorߣquantifiziertdemnach das Kapazitäts/Nachfrageverhältnis. Die angestrebte Kapazitätsauslastung ܿܽఛ
ergibtsichunterBerücksichtigungdieserObergrenzeundeinesAnpassungsfaktorsߩ (75).
௫ ൌ ඃߣ ȉ ݁݇ܽݐ ȉ ݀ҧ ඇ ܿܽఛ
(74)
௫ ۀ ൌ ߩڿȉ ܿܽఛ ܿܽఛ
(75)
ParameterderEntscheidungsmodelle AlsVoraussetzungderUntersuchungsindletztlichimRahmenderEntscheidungsmo delledieGewichtungsbzw.Bewertungsfunktionenfestzulegen.DiesbetrifftdiePa rameter ௩ und ௧௧ , die Funktion ܲ ௦௩ ሺȉሻ sowie die Ein und Um planungskosten.DieFestlegungderGewichtungsfaktorensowiedesParameters݇zur Abgrenzung der Zielfunktionsintervalle wird im Kontext des Untersuchungsdesigns nochnäherbeschrieben(Abschnitt7.2.4).FürdieUmsetzungderBewertungsfunkti ondeszweitenTermsderZielfunktionderProduktionsprogrammplanungkommtdie in(76)dargestellteFunktionzumEinsatz.Hierbeihandeltessichumeinestückweise lineareApproximationeinerdegressivenBewertungverfügbarerKapazität.Demnach wirddienormierteverfügbareKapazitätbiszueinembestimmtenSchwellwertߴmit demKoeffizienten ௦௩ ( ௦௩ Ͳ)gewichtet.EineZunahmeüberdiesenWert hinausführtzukeinemweiterenAnstiegderBewertungsfunktion.
௦௩ ା ȉ ܿݐఛ ǡ ା ሻൌ ቊ ܲ ௦௩ ሺܿݐఛ ௦௩ ȉߴ ǡ
ା ܿݐఛ ൏ߴ ݐݏ݊ݏǤ
(76)
Zur Bestimmung der Einplanungskosten kommt eine lineare Funktion zum Einsatz. EineVerfrühungwirdmiteinerEinheitjePeriodebewertet,eineVerspätungmitfünf Einheiten je Periode. Die Umplanungskosten werden für den Fall der Verspätung prohibitivhochgesetzt.EineVerfrühunggehtmiteinerEinheitjePeriodeindieBe rechnungdesZielfunktionswertsein. DarüberhinaussinddieParameterderrollierendenProduktionsprogrammplanungzu fixieren. Diese betreffen die Frequenz und die Aggregation der Planung sowie den Planungshorizont ܶ. Grundsätzlich werden Aspekte einer vorteilhaften Planungsfre
206
7NumerischeAnalyse
quenz durch die Anforderungen der nachgelagerten Planungsfunktionen definiert. EinezuhäufigeAktualisierungderAnforderungenwürdeeinerstabilenKoordination entgegenstehenunddieGlaubwürdigkeitbzw.dieAkzeptanzderPläneinsbesondere imHinblickaufnachgelagerteMitgliederderSupplyChainreduzieren.427Demgegen überwürdedieAuftragsannahmevoneinererhöhtenAktualisierungsfrequenzprofi tieren.SoentsprächederExtremfalleinerAusführungderProduktionsprogrammpla nung bei jeder Ankunft einer Anfrage einer monolithischen Planungskonzeption. In praktischenAnwendungsszenariendürftedieWiederholhäufigkeitmaßgeblichdurch AspektederKonsistenzbeschränktwerden.Solassensichaufgrunddervorhandenen wechselseitigen Abhängigkeiten während der Ausführungszeit der Produktionspro grammplanung keine zusätzlichen Kundenanfragen durch die Auftragsannahme be arbeiten, ohne dass Inkonsistenzen hinsichtlich der gemeinsamen Datenbasis (d.h. den Kapazitäten) zu befürchten wären. Idealerweise ist die Produktionsprogramm planungdaherinZeitenauszuführen,indenenkeineKundenanfragenzubearbeiten sind(z.B.inderNacht).NachfolgendwirddahervoneinerAusführungderProdukti onsprogrammplanungzumEndejederPeriodeausgegangen. SchließlichwirddieLängedesPlanungshorizontsܶdurchdiezurVerfügungstehende Planungsgrundlage beschränkt. Durch den Auftragsbezug in der Planung stehen Nachfrageinformationen (d.h. Aufträge) nur für einen Bereich zur Verfügung, der durchdiegewünschteLieferzeitdeterminiertwird.FüreingegebenesNachfragever haltenlässtsichdamitdienatürlicheLängedesPlanungshorizontsbestimmen.Inder vorliegendenUntersuchungwirdderPlanungshorizontzuܶ ൌ ͳͲPeriodengesetzt. ParameterderSimulation Zur Evaluation des Ansatzes wird eine terminierende Simulation gewählt. Demnach istdieAnzahlderPeriodenjeLaufsowiedieAnzahlderunabhängigenWiederholun gen, der sogenannten Replikationen, festzulegen. Für die im Nachfolgenden darge stellteUntersuchungwurdenjeweils50Periodenuntersucht.AufderBasisvonVor untersuchungen wurde eine Wiederholhäufigkeit für die einzelnen Simulationsläufe von50Replikationenfestgelegt. 427
Siehe hierzu vertiefend etwa Sridharan et al. (1987), Inderfurth (1997) oder Tang/Grubbstrom (2002).
7NumerischeAnalyse
207
ZusammenfassungderunveränderlichenParameter VondenzuvorgenanntenParameternwurdenimRahmenderUntersuchungeinige konstant vorgegeben. Diese sind zusammenfassend in Tabelle 34 dargestellt. Insbe sondere wurde die mittlere Nachfrage zu 50 Produkten je Periode gewählt. Unter BerücksichtigungderLängeeinesjedenSimulationslaufsergibtsichdamiteinemitt lereAuftragsanzahlvon2500Stück.ÜberdieswurdendieWertefürdiemindestens angestrebteAuslastungkonstantgehalten. Tabelle34:
UnveränderlicheParameterderUntersuchung
externerFaktor MittlereNachfrage
Symbol ݀ҧ ߩ
MindestensangestrebteAuslastung
Festlegung 50 0,8
PeriodenjeReplikation
50
Replikationen
50
7.1.3 Zielgrößen Zur Beschreibung des aggregierten Verhaltens von auftragsbezogenen Planungssys temen sind die in Abschnitt 3.3.2 dargestellten Ziele heranzuziehen. Demnach lässt sichdieBetrachtungnichtaufeineeinzelneDimensionbeschränken,sondernerfor dert die Integration mehrerer Kriterien. Dies sind der kundenorientierte Aspekt der Lieferfähigkeit sowie der ressourcenorientierte der Nivellierung und der Gebrauch von der Möglichkeit zur Lagerung. Zusätzlich wird die Stabilität der Planung ausge wertet. Die Lieferfähigkeit ist mittelbar das Resultat des gesamten auftragsbezogenen Pla nungssystems. Sie lässt sich jedoch unmittelbar operationalisieren durch die durch schnittlichenEinlastungskostenimRahmenderAuftragsannahme.IndemdieseKenn zahl Betrachtung findet, werden Kundenanfragen entsprechend ihrer Priorität (d.h. denterminabhängigenKosten)zurBerechnungderLieferfähigkeitherangezogen. DieNotwendigkeitzurLagerungergibtsichdann,wenndieimRahmenderProdukti onsprogrammplanung ermittelte Produktionsperiode vor der ursprünglich zugewie senenliegt.AlsgeeigneteKennzahlzurQuantifizierungdesAusmaßes,zudemLage rungnotwendigwird,kanndemnachdiedurchschnittlicheLagerzeitjeAuftragheran gezogenwerden.
208
7NumerischeAnalyse
ZurOperationalisierungderNivellierungwerdendiekumuliertenAbweichungenzur minimal angestrebten Kapazitätsauslastung ausgewertet, wobei lediglich die finalen Zuweisungen im Zuge der rollierenden Planung ausgewertet werden. Das entspre chendeKriteriumwirdnachfolgendalsUnterauslastungbezeichnet. Schließlichist eine ideale Planung durch stabile Festlegungen gekennzeichnet, da in derKonsequenzkurzfristigerUmplanungeneinerhöhterKoordinationsaufwandent steht.ZurBeschreibung derPlanungsstabilität findet die Kennzahl݄݉ܽܿݐ௪ Anwen dung. Diese quantifiziert denjenigen Anteil von Aufträgen, der bei der Produktions programmplanungmiteinemVorlaufvonݓPlanungsperiodenbereitsder(späteren) finalenPeriodezugeordnetist. EinezusammenfassendeDarstellungistinTabelle35gegeben. Tabelle35:
ZielgrößenderUntersuchung
Kategorie
Zielgröße
kundenorientiert
durchschnittlicheEinlastungskosten
bestandsorientiert
LagerperiodenjeAuftrag
ressourcenorientiert
AbweichungvonderminimalangestrebtenKapazitätsauslastung(Un terauslastung)
stabilitätsorientiert
AnteilvonAufträgen,dessenvorläufigeTerminierungimRahmender Produktionsprogrammplanungderfinalenentspricht
7.2 VoruntersuchungenundUntersuchungsdesign ImVorhergehendenwurdeeinegroßeAnzahlvonParameterneingeführt,dieeinen möglichen Einfluss auf das Verhalten des Planungssystems haben können. Ziel der untenstehendvorgestelltenVoruntersuchungenistvordiesemHintergrunddieSchaf fung eines grundsätzlichen Verständnissesdes Systemverhaltens, um die Parameter weitergehendzustrukturierenundaufdieserBasiseinVorgehenfürdienachfolgen deUntersuchungzuentwickeln. ZudiesemZweckkommenzweiVergleichspolitikenzurAnwendung.Diesedefinieren gewissermaßen Extremfälle der auftragsbezogenen Planung und können daher als MaßstabzurBewertungweitererPlanungssystemeverwendetwerden.
7NumerischeAnalyse
209
7.2.1 Vergleichspolitiken Als Vergleichspolitik wird auf der einen Seite eine kapazitierte Auftragsannahme im Sinne einer synchronen Verfügbarkeitsprüfung betrachtet (Abschnitt 5.2.1). Eine In teraktion mit der Produktionsprogrammplanung wird hierbei nicht berücksichtigt, sodassdieseVorgehensweisedemJobInsertionPrinzipfolgt.DasresultierendePla nungsverfahren wird nachfolgend als Basispolitik bezeichnet und entspricht einer üblichen Vorgehensweise in der Praxis, wie etwa für das Beispiel des Touran Pla nungssystemserörtert(Abschnitt4.3.1).AlszweiteVergleichspolitikwirdeinenach trägliche Optimierungsrechnung herangezogen. Diese wird nachfolgend als expost Optimierungbezeichnet.DadienachträglicheOptimierungeineuntereSchrankefür diezuminimierendenKriteriendefiniert,währenddieBasispolitikaufgrundihrerEin fachheiteinemöglicheobereSchrankedarstellt,ergibtsichdasPotenzialvonverbes serten Ansätzen der auftragsbezogenen Planung durch den Vergleich beider Vorge hensweisen. KapazitierteAuftragsannahmeBasispolitik DaAspektederProduktionsprogrammplanungunberücksichtigtbleiben,werdenbei einer kapazitierten Auftragsannahme keine nachträglichen Umplanungen durchge führt.Folglich kommt eine entsprechendeVorgehensweise ohne den Gebrauch von derMöglichkeitzurLagerungaus.DasZielsystemreduziertsichdamitaufdiedurch schnittlichen Einplanungskosten sowie die Unterschreitung der mindestens ange strebtenAuslastung.FürbeideKriterienistindenuntenstehendenAbbildungendie ZielerreichungfürunterschiedlicheAnpassungsfaktorenderStandardabweichungder Nachfragemenge ߚ und der gewünschten Lieferzeit ߛ sowie dem Kapazitäts/Nach frageverhältnisߣdargestellt.DieWertefürdieUnterauslastungsindinAbbildung45 dargestellt,diefürdiemittlerenEinplanungskosteninAbbildung46. Demnach hat eine Erhöhung des Kapazitäts/Nachfrageverhältnisses, d.h. der Über kapazität, eine Zunahme der Unterschreitung der mindestens angestrebten Auslas tungbeigleichzeitigerAbnahmederdurchschnittlichenEinplanungskostenzurFolge. Dies ist insofern plausibel, da es wahrscheinlicher ist, dass sich im Rahmen der se quentiellen Vorgehensweise nivellierte Pläne einstellen, wenn ein ausgeglichenes Verhältnis von Kapazität und Nachfrage besteht. Im Umkehrschluss wirkt sich die
210
7NumerischeAnalyse
AbwesenheitvonÜberkapazitätnegativaufdieLieferfähigkeitundsomitaufdiemitt lerenEinplanungskostenaus. 200%
200%
150%
150% = 0,01 = 0,1 = 0,2 = 0,3
100% 50%
= 0,01 = 0,1 = 0,2 = 0,3
100% 50%
0%
0% 1 1,1 1,2 Kapazitäts-/Nachfrageverhältnis
1 1,1 1,2 Kapazitäts-/Nachfrageverhältnis
Abbildung45: Unterauslastung für ߛ ൌ ͲǡͲͳ (links) und ߛ ൌ Ͳǡ͵ (rechts); Ergebnisse sind normiert aufdiedurchschnittlicheZielerreichung 300%
300%
250%
250%
200%
200%
= 0,01 = 0,1 = 0,2 = 0,3
150% 100%
= 0,01 = 0,1 = 0,2 = 0,3
150% 100%
50%
50%
0%
0% 1 1,1 1,2 Kapazitäts-/Nachfrageverhältnis
1 1,1 1,2 Kapazitäts-/Nachfrageverhältnis
Abbildung46: MittlereEinplanungskostenfürߛ ൌ ͲǡͲͳ(links)undߛ ൌ Ͳǡ͵(rechts);Ergebnissesind normiertaufdiedurchschnittlicheZielerreichung
Eindeutiger sind die Auswirkungen der Anpassungsfaktoren der Verteilungen der Nachfrage.EinehöhereStandardabweichungderMengeführtgleichsamzusteigen denWertenfürdieEinplanungskostenalsauchfürdieUnterauslastung.EineZunah me der Standardabweichung der Lieferzeit führt demgegenüber dazu, dass sich in Bezug auf beide Kriterien geringfügige Verbesserungen erreichen lassen. Ursächlich hierfür ist, dass Nachfragespitzen durch diegrößere Streuung dergewünschten Lie ferzeiten besser geglättet werden. Die Anforderungen an die Planung nehmen folg lichab. ExpostOptimierung Die wesentliche Herausforderung der auftragsbezogenen Planung bei variantenrei cher Serienproduktion besteht in der sich sukzessiv konkretisierenden Planungs grundlage. Diese einschränkende Bedingung wird im Rahmen der expost
7NumerischeAnalyse
211
Betrachtungaufgegeben,indemunterstelltwird,dassalleAnfragen݅ ࣣ אfürdenge samten Betrachtungszeitraum ܶ ௌ௨௧ zum Zeitpunkt der Planung vorliegen. Die optimalen Zuordnungsentscheidungen ergeben sich folglich durch simultane Lösung des Produktionsplanungsproblems. Auf das sich daraus ergebene Entscheidungsfeld trifft folglich die Eigenschaft der Geschlossenheit zu (Abschnitt 3.1.1). Aufgrund der verändertenEntscheidungssituationistallerdingseineModifikationdesvormalserör tertenEntscheidungsmodellsnotwendig(Abschnitt6.2.1).Sodientder zweiteTerm derZielfunktiondesoriginärenModellsderAufrechterhaltungderLieferfähigkeitim Kontext eines offenen Entscheidungsfelds. Aus der Perspektive einer expost Betrachtung ist dieser Term demnach nicht länger von Bedeutung. Überdies ist die OptionderUmplanungnichtlängerentscheidungsrelevant,dafürdieUntersuchung unterstelltwurde,dassesstriktvorteilhafterist,dieKundenvoneinemabweichen den Liefertermin zu überzeugen (Abschnitt 6.1.2). Folglich vereinfacht sich das Ent scheidungsmodelldazu,denKonfliktzwischendenKriterienderVermeidungvonUn terschreitungendermindestensangestrebtenAuslastungunddenEinplanungskosten aufzulösen (77) (712). Das sich dadurch ergebene Modell ähnelt in struktureller SichtdemvonBOYSENpräsentierten(Abschnitt5.3.2). ் ೄೠೌ
Minimiere
u.d.N.
௩
ȉ
் ೄೠೌ
ି ܿݐఛ
ఛୀଵ
࣬א
௫ ܿܽఛ ܿݐఛ െ ܿܽఛ ି ൌ ܿݐఛ ܿܽఛ
ܿWை ȉ W
ఛୀଵ
ࣣא
(77)
࣬ א ݎ Ǣ ͳ ߬ ܶ ௌ௨௧ (78)
W ȉ ܽ ܿݐఛ ൌ ܿܽ௫ ࣬ א ݎ Ǣ ͳ ߬ ܶ ௌ௨௧ (79) ఛ ࣣא
௧ା்ିଵ
W ൌ ͳ
୲ࣣ א ݅
(710)
ͳ ߬ ܶ ௌ௨௧
(711)
ఛୀ௧
ି Ͳ ܿݐఛ ǡ ܿݐఛ
W אሼͲǡͳሽ
ࣣ א ݅ ǡ ͳ ߬ ܶ ௌ௨௧ (712)
212
7NumerischeAnalyse
DemnachlässtsichderbereitsinKapitel5diskutierteZielkonfliktzwischenkunden undressourcenorientiertenKriterien,d.h.inBezugaufdieEinplanungskostenunddie Unterschreitung der Mindestauslastung, bestätigen. Diese Erkenntnis wird gestützt durchdieinAbbildung47dargestelltenZielerreichungen,diesichdurchunterschied liche Wahl von ௩ ergeben. Demnach lässt sich eine Verbesserung des einen
100%
Einplanungskosten
Einplanungskosten
KriteriumsnurdurcheineVerschlechterungdesanderenerreichen.428
95%
90%
85%
100% 80% 60% 40% 20% 0%
0%
20%
40%
60%
80% 100%
Unterauslastung
0%
20%
40%
60%
80% 100%
Unterauslastung
Abbildung47: AusgewählteZielerreichungenfürߣ ൌ ͳǡͲ(links)undߣ ൌ ͳǡʹ(rechts)sowieߚ ൌ Ͳǡͳ undߛ ൌ Ͳǡʹ;ErgebnissesindnormiertaufdenjeweilsmaximalenWert.
DieErmittlungderoptimalenZielerreichungalsGrundlagefürdienachfolgendeUn tersuchung macht vor diesem Hintergrund die Angabe der Artenpräferenz des Ent scheidungsträgers erforderlich (Abschnitt 3.1.1). Um den generischen Charakter der vorliegenden Untersuchung nicht infrage zu stellen, soll hier anstelle dessen in An lehnunganeineweitverbreiteteVorgehensweisebeiderVektoroptimierungderso genannteidealeVektor(auch:utopischerPunkt)Anwendungfinden.429Dieserkom biniertdieZielerreichungenbeieineralleinigenOptimierungnachdenjeweiligenKri terien, hier also den geringsten Wert der Einplanungskosten mit dem ebenfalls ge ringstenWertderUnterschreitungderMindestauslastung.430
428
DieaufgetragenenZielerreichungensindinsofernalseffizientzubezeichnen,alsdasseineVer besserung in Bezug auf des eine Kriterium nicht ohne Verschlechterung der anderen Zielerrei chungrealisierbarist(Gal(1986)). 429 Tamizetal.(1998) 430 Ehrgott/Gandibleux(2000)
7NumerischeAnalyse
213
AufBasisdesVergleichszwischenBasispolitikunddemidealenVektorlässtsichdas Potenzial von verbesserten auftragsbezogenen Planungskonzepten abschätzen.431 HierbeizeigtsicheindifferenziertesBild.DasPotenzialbezüglichderReduktionder Unterauslastung wird positiv von einem steigenden Kapazitäts/Nachfrageverhältnis und einer höheren Variabilität der Nachfragehöhe beeinflusst. Gleichsam nimmt es mit einer höheren Variabilität der gewünschten Lieferzeiten geringfügig ab (Abbildung 48). In Relation zur Zielerreichung der Basispolitik lassen sich im Mittel Reduktionen von 94 bis 100 Prozent (ߛ ൌ ͲǡͲͳ) bzw. 93 und 100 Prozent (ߛ ൌ Ͳǡ͵) realisieren.DasPotenzialinBezugaufdieUnterauslastungentwickeltsichdamitana logzuderzuvordargestelltenabsolutenHöhederKennzahlbeiAnwendungderBa sispolitik.HoheabsoluteWertefürdieUnterauslastunggehenfolglichmitebenfalls hohenWertenfürdasPotenzialeinher. 200%
200%
150%
150%
100%
100%
50%
50%
0%
= 0,01 = 0,1 = 0,2 = 0,3
0% 1 1,1 1,2 Kapazitäts-/Nachfrageverhältnis
1 1,1 1,2 Kapazitäts-/Nachfrageverhältnis
Abbildung48: MittlerepaarweiseDifferenzzwischenBasispolitikundexpostOptimierungderUn terauslastungfürߛ ൌ ͲǡͲͳ(links)undߛ ൌ Ͳǡ͵(rechts);dieErgebnissesindnormiert aufdiedurchschnittlicheDifferenzzwischenbeidenPolitiken.
EinabweichendesErgebniszeigtsichmitHinblickaufdasPotenzialzurReduktionder mittleren Einplanungskosten (Abbildung 49). Für ein ausgeglichenes Kapazitäts/ Nachfrageverhältnis (ߣ ൌ ͳǡͲ) nimmt das Potenzial mit einer steigenden Variabilität derNachfragehöheab.DemnachübersteigtdieDifferenzdermittlerenEinplanungs kosten für eine nahezu deterministische Nachfrage (ߚ ൌ ͲǡͲͳ) die bei einer ausge prägtenVolatilität(ߚ ൌ Ͳǡ͵)umdenFaktordrei.GegenläufigeEffektezeigensichfür 431
Gleichwohl ist anzumerken, dass der ideale Vektor im betrachteten Umfeld keine zulässige Lö sung darstellt. Ein entsprechendes Vorgehen führt folglich zu einer systematischen Überschät zungdesPotenzials.
214
7NumerischeAnalyse
denFalleiner20prozentigenÜberkapazität(ߣ ൌ ͳǡʹ).HiernimmtdasPotenzialzur Reduktion der mittleren Einplanungskosten mit steigender Volatilität deutlich zu, wobeiderrelativeUnterschiedaufgrunddergeringerenabsolutenHöhenochdeutli cherausfällt(Faktor3,7).DieEntwicklunggleichtsichdamitmitzunehmenderÜber kapazität, wie zuvor auch für die Unterauslastung beobachtet, der Entwicklung der absolutenHöhedermittlerenEinplanungskostenimFallderBasispolitikan.DasPo tenzialzurReduktionderEinplanungskostenimRahmenderauftragsbezogenenPla nungistdemnachjenachKapazitäts/NachfrageszenarioamgrößtenfürdenFalleiner geringenÜberkapazitätundeinergleichzeitiggeringenVolatilitätderNachfragehöhe sowiebeieinerhöherenÜberkapazitätundeinerebenfallshohenVolatilität.Generell übertreffen die Werte für ein ausgeglichenes Kapazitäts/Nachfrageszenario erwar tungsgemäßdieübrigen.InRelationzurZielerreichungderBasispolitiklassensichim Mittel Reduktionen von 12 bis 71 Prozent (ߛ ൌ ͲǡͲͳ) bzw. 17 und 76 Prozent (ߛ ൌ Ͳǡ͵)realisieren. 300%
300%
250%
250%
200%
200%
150%
150%
100%
100%
50%
50%
0%
= 0,01 = 0,1 = 0,2 = 0,3
0% 1 1,1 1,2 Kapazitäts-/Nachfrageverhältnis
1 1,1 1,2 Kapazitäts-/Nachfrageverhältnis
Abbildung49: MittlerepaarweiseDifferenzzwischenBasispolitikundexpostOptimierungdermitt lerenEinplanungskostenfürߛ ൌ ͲǡͲͳ(links)undߛ ൌ Ͳǡ͵(rechts);dieErgebnissesind normiertaufdiedurchschnittlicheDifferenzinderZielerreichung.
UrsächlichfürdengegenläufigenEffektderVolatilitätderNachfrageunddesKapazi täts/Nachfrageszenarios zeigen sich zwei Phänomene. Bei einer konstant hohen Nachfrage(d.h. O ൌ ͳundߚ ൌ ͲǡͲͳ)führenimFallderBasispolitikressourcenspezi fischeEngpässedazu,dassAufträgenichtwiegewünschteingeplantwerdenkönnen. Dieser Effekt soll als ModellMixbedingte Lieferunfähigkeit bezeichnet werden. Im KontextderexpostBetrachtunglässtsichsolchenEngpässendurchdieBerücksichti gung der Interdependenzen in der Kapazitätsinanspruchnahme der Aufträge besser
7NumerischeAnalyse
215
begegnen.FolglicherklärtsichdasgroßePotenzialzurReduktionderEinplanungskos ten. Demgegenüber ist die relative Erhöhung des Potenzials bezüglich der Einpla nungskostenimFalleinerstarkschwankendenniedrigenNachfrage(d.h.O ൌ ͳǡʹund ߚ ൌ Ͳǡ͵)durchzeitweiligeNachfragespitzenzubegründen.DerzugehörigeEffektsoll alsvolumenbedingteLieferunfähigkeitbezeichnetwerden.ImRahmenderexpost BetrachtunglässtsichdiesemdurchgezieltesVorziehenvonAufträgenentgegenwir ken.DiehierzunotwendigenInformationenwerdenimFallderBasispolitiknichtbe rücksichtigt, sodass mit einer deutlich schlechteren Effektivität im Hinblick auf die KompensationdiesesPhänomenszurechnenist. GleichsamuneinheitlichistderEinflussderVariabilitätdergewünschtenLieferzeiten. Bei einem ausgeglichenen Kapazität/Nachfrageverhältnis nimmt das Potenzial mit einer steigenden Volatilität zu, während der Umkehrschluss bei Vorhandensein von Überkapazitätzutrifft.ErneutistderEinflussimVergleichzudenbeidenanderenFak torengering. Um die Interpretierbarkeit der nachfolgenden Simulationsergebnisse zu erhöhen, wirdeinerelativeBetrachtungderKennzahlenUnterauslastungundmittlereEinpla nungskosten durchgeführt. Hierbei ergibt sich die kriterienbezogene Zielerreichung desbetrachtetenPlanungssystems݄jeweilsbezogenaufdieDifferenzzwischender ZielerreichungderBasispolitik݄௦௦௧ undderKomponentedesidealenVektors ݄௫ି௦௧ (713).DieresultierendeKennzahl݄kanndemnachalsNutzungsgradbezo genaufdasidealtypischePotenzialbetrachtetwerden.432EinWertvon100Prozent repräsentiert eine vollständige Nutzung des Potenzials, während ein Wert von null einerZielerreichunggemäßderBasispolitikentspricht.Wertezwischennullundeins bildendierelativeVerbesserungbezogenaufdieDifferenzzwischendenbeidenRe ferenzwertenab. ݄ ൌ
݄௦௦௧ െ ݄ ݄௦௦௧ െ ݄௫ି௦௧
(713)
432
EinentsprechendesVorgehenentsprichtderlinearenSkalentransformation(Spengler(1998),S. 171f.).
216
7NumerischeAnalyse
FürdiemittlereLagerdauerlässtsicheinentsprechendesVorgehennichtübertragen, da diese bei beiden Referenzpolitiken nicht berücksichtigt wird. Aus diesem Grund wirdhierfüraufeineabsoluteBetrachtungzurückgegriffen. AufbauendaufdiesenVoruntersuchungenistimNachfolgendendasanzuwendende Untersuchungsdesignfestzulegen.DiesesbetrifftdieEntscheidung,wiedasSimulati onsmodellgenutztwerdensoll,umdieformuliertenFragestellungenzubeantworten undumfasstdaherdieweitergehendeStrukturierungderFaktoren.433 7.2.2 Untersuchungsdesign EinoftmalsverwendetesSynonymfürdieBezeichnungUntersuchungsdesignistdas DesignvonExperimenten(DesignofExperiments).UmeineeindeutigeBasisfürdie untenstehendenAusführungenzuschaffen,sindzunächstdiegrundlegendenTermini zuklärenundvoneinanderabzugrenzen.DiesbetrifftdieBegriffeExperiment,Simu lationslaufundReplikation.EinExperimentbezeichnetdieAusführungdesSimulati onsmodells,umeinespezifischeFragestellungzubeantworten.Hierzukannesgege benenfallsnotwendigsein,mehrereKonfigurationen,d.h.Kombinationenvonunab hängigenVariablenzusimulieren.DieunabhängigenVariablenwerdenoftmalsauch alsFaktorenbezeichnet.JedeUntersuchungfürsichgenommenwirdSimulationslauf genannt.UntereinerBeobachtungoderauchReplikationwirdschließlicheinekon kreteInstanzdesModellsverstanden.DiesumfasstaucheinespezifischeStichprobe der zu berücksichtigenden unsicheren Einflüsse. Im Rahmen des Untersuchungsde signsistfolglichfestzulegen,welcheExperimentezurBeantwortungderbetrachteten Fragestellungen durchzuführen sind, und welche Simulationsläufe hierzu notwendig sind. Um ein Untersuchungsdesign für die betrachteteFragestellung zu entwickeln, ist es zunächst zweckmäßig, die exogenen Parameter, d.h. die Faktoren, zu klassifizieren. DemnachlassensichdreiGruppenunterscheiden.DieersteGruppeumfasststruktu relle Parameter, die in praktischen Anwendungen aus Sicht der auftragsbezogenen Planung als gegeben angesehen werden können. Hierzu gehören beispielsweise die KapazitätendesProduktionssystemsundRahmenverträgezurRegelungderbedarfs 433
Law/Kelton(2000),S.622f.;Kleijnen(1998)
7NumerischeAnalyse
217
synchronen Beschaffung. In die zweite Gruppe sind Parameter einzuordnen, die ebenfalls als unabhängig von den Planungsentscheidungen angesehen werden kön nen,aberimZeitablaufdurcheinehöhereVeränderlichkeitgekennzeichnetsind.Die se werden nachfolgend als organisational bezeichnet. Als Beispiel seien an dieser StelleAttributederKundennachfragegenannt(VerteilungderNachfrageundderge wünschten Lieferzeiten). Die zeitlichen Veränderungen organisationaler Parameter könnenbeispielsweisedurchdenLebenszyklusdesbetrachtetenProduktsbeeinflusst werden.DiedritteGruppeumfasstschließlichParameter,welchederAusgestaltung desmathematischenProgrammsdienenunddamitfreigewähltwerdenkönnen.Da siederKonfigurationdesPlanungssystemsdienen,werdensiealsKonfigurationspa rameterbezeichnet.EinezusammenfassendeDarstellungistinTabelle36gegeben. Tabelle36:
KlassifikationderexogenenParameter
StrukturelleParameter
OrganisationaleParameter
Konfigurationsparameter
Produktstruktur
VerteilungsmomentedesNach frageverlaufs(mittlereNachfra ge,Standardabweichungdes Fehlers)
ParameterderAuftragsannahme (GewichtungsfaktordesAntizi pationsterms)
ParameterdesProduktions systems(Kapazitätundmin destensangestrebteAuslas tung)
Verteilungsmomentederge wünschtenLieferzeiten(Erwar tungswertundStandardabwei chung)
ParameterProduktionspro grammplanung(Gewichtungs faktorbzw.funktion,Planungs intervallundhorizont),
VerteilungderNachfragenach Produktoptionen Einplanungskosten
AufgrunddergroßenAnzahlvonParameternbietetsicheindifferenziertesUntersu chungsdesign an. Entsprechend der Zielsetzung der Untersuchung besteht der Ge genstand einer ersten Phase in der Evaluation der vorgestellten Modelle zur auf tragsbezogenenPlanung.ImMittelpunktderBetrachtungstehenfolglichdieParame terderdrittenGruppe.DaraufaufbauendliegtderFokusineinerzweitenPhaseauf der Analyse des Einflusses der Umgebungsfaktoren, d.h. der Faktoren der zweiten Gruppe,aufdasVerhaltendesauftragsbezogenenPlanungssystems. ZurBeantwortungbeiderFragestellungenistjeweilsderkausaleZusammenhangzwi schen den Parametern (unabhängige Variable) und der zugehörigen Zielerreichung
218
7NumerischeAnalyse
(abhängige Variable) zu evaluieren. Ein Untersuchungsdesign zur Analyse derartiger Zusammenhänge ist ein sogenanntes vollfaktorielles Design.434 Ein solches basiert auf der vollständigen systematischen Kombination von jeweils (mindestens) zwei AusprägungenfürjedeunabhängigeVariable.JedeKombinationergibteinensepara tenSimulationslauf,sodassbei݇FaktorenmitjeweilszweiAusprägungeninsgesamt ʹ Simulationsläufe untersucht werden müssen.435 Das Ziel besteht darin, sowohl AussagenüberdieRelevanzeinesFaktorshinsichtlichderErgebnisrealisationdesSys tems als auch über die Wechselwirkungen zwischen den Faktoren in Bezug auf die Ergebnisrealisation zu erhalten. Ersterer Zusammenhang wird als Haupteffekt be zeichnet,letztereralsInteraktionseffekt. WiedurchdieVoruntersuchungenbelegt,werdendieErgebnisrealisationenerheblich durch das Verhältnis der Kapazität zur Nachfrage beeinflusst. Da die Nachfrage im RahmenderSimulationalsstochastischmodelliertwird,ergibtsichdastatsächliche Kapazitäts/Nachfrageverhältnis für eine konkrete Replikation als endogene Größe. DamitistvoneinerKorrelationzwischenUntersuchungenmitidentischenZufallszah lenauszugehen.UnterdieserVoraussetzunglässtsichdieTechnikdergemeinsamen Zufallszahlen(commonrandomnumbers,CRN)zurReduktionderVarianzderErgeb nisrealisationenunddamitzurErhöhungderstatistischenEffizienzanwenden.436Die seswirdnachfolgendvollzogen. Aufgrund der geringen Kenntnisse, die über das Verhalten von auftragsbezogenen Planungsproblemenvorliegen,könnenInteraktionseffektenichtausgeschlossenwer den.DieAnwendungeinesvollfaktoriellenDesignsscheintdaherfürdiebetrachtete FragestellungimbesonderenMaßegeeignet.
434
Law/Kelton(2000),S.626 IndiesemFallwirdoftmalsauchvoneinem2kFaktorDesigngesprochen. 436 Ursächlichhierfürist,dassaufgrundderdurchdiegemeinsamenZufallszahlenimpliziertenKorre lation die Varianz der Differenz kleiner ist als die der Einzelverteilungen (Wilson (1984); Law/Kelton(2000),S.558) 435
7NumerischeAnalyse
219
UntersuchungsdesigndererstenPhase ImRahmendererstenPhasewerdendieParameterderPlanungsmodelleeinersys tematischen Variation unterzogen.437 Bei genauerer Betrachtung zeigen sich in der BedeutungderParameterallerdingsweitergehendeUnterschiede.WährenddieGe wichtungsfaktorenweitestgehendfreiwählbarsind,leitensichausdemIntervallpa rameter weitergehende Konsequenzen ab. Da durch diesen das Intervall definiert wird, in dem die Unterschreitung der Mindestauslastung minimiert wird, hat dieser ParameterwesentlichenEinflussaufdieNivellierungderPlanung.Aufgrundderzuvor erörtertenÜberlegungen,dassinvielenpraktischenFälleneineNivellierungüberdie aktuelle Periode hinaus notwendig ist, um der eingeschränkten Flexibilität des Pro duktionssystemsRechnungzutragen,wirdzunächstvoneinemgegebenenParame terwertausgegangen.DieseAnnahmewirdineinemzweitenSchrittrelaxiert. EinzweiterParameter,dervonbesonderemInteresseist,istdieGewichtungdesAn tizipationsterms. Durch diesen erfolgt die Einbindung der Antizipation mit dem Ziel einer verbesserten Koordination der Einzelentscheidungen der auftragsbezogenen Planung.DurchgezielteWahlderbetrachtetenWertelassensichzweiausstrukturel lerSichtunterschiedlicheAntizipationsformenrealisieren.EinParameterwertvonnull entsprichtdemnachderimplizitenAntizipationwährendeinWertgrößernullzueiner explizitapproximierendenAntizipationführt(Abschnitt6.2.2).Folglichlässtsichdas spezielleZielderUntersuchung,d.h.dieAuswirkungenderAntizipationalsBestand teildererstenPhasebeleuchten.HierzuwirdaufgrundderzentralenBedeutungeine weitergehende Analyse vorgenommen. In diesem Kontext wird die Anzahl der be trachtetenFaktorstufenfürdieGewichtungdesAntizipationstermserhöht,sodassin dervertiefendenStudieinsgesamtdreiFaktorstufenunterschiedenwerden. AusgangslagedeserstenExperimentsistdemnacheinevollfaktorielleUntersuchung desEinflussesderGewichtungsfaktorenaufdieErgebnisrealisationen.BasisderÜber legungen, die zur Festlegung der zu untersuchenden Parameterausprägungen führ ten, war der Grundgedanke der lexikografischen Optimierung (Abschnitt 5.3.1). Die 437
WährendderAnalysewirddieGewichtungdesdrittenTermsderZielfunktionderProduktions programmplanung,d.h.derUmplanungskostenkonstantgehalten.Diesesistinsoferngerechtfer tigt,dadurchdieWahlderGewichtungendererstenbeidenTermejederelativeBedeutungdes drittenabgebildetwird.
220
7NumerischeAnalyse
Lösung des Entscheidungsproblems ergibt sich demnach durch sequenzielle Lösung nach den einzelnen Kriterien. Indem für die Gewichtungsfaktoren unterschiedliche Größenordnungengewähltwurden,gehtdergeringgewichteteTermnurdannindie Entscheidungsfindungein,wennmehrereoptimaleLösungeninBezugaufdenstark gewichteten Term existieren. Wie bereits aus den Voruntersuchungen hervorging, werden die Ergebnisse überdies zu einem großen Teil durch das Nachfrageszenario beeinflusst. Als zusätzlicher Parameter wird daher das Kapazitäts/Nachfrage verhältnisߣindasExperimentaufgenommen.ImHinblickaufdieAnpassungsfakto ren für die Standardabweichung der Nachfragehöhe und die gewünschte Lieferzeit werdenmittlereParameterwertegewählt.SoergibtsichdiegrößteDifferenzdesbe rechnetenPotenzialsinBezugaufdieUnterauslastungzwischendenWertenߚ ൌ Ͳǡͳ undߚ ൌ ͲǡʹfürdenAnpassungsfaktorderNachfragehöhe.UmdieErgebnissenicht zuverzerrenwirddahereinkonservativerWertvon0,1gewählt.Ohnehingeringist der Einfluss des Anpassungsfaktors ߛ. Für die nachfolgenden Untersuchungen wird der Wert zu ߛ ൌ Ͳǡʹ gesetzt. Der Zielfunktionsparameter wird zunächst zu ݇ ൌ Ͷ, entsprechend einem ebenfalls mittleren Wert im Zulässigkeitsbereich gesetzt. Für denSchwellwertderGewichtungsfunktionܲ ௦௩ ሺȉሻzeigtesichinVoruntersuchun gen ein sehr geringer Einfluss. Daher wird dieser in der Folge nicht vertiefend be trachtet. Alle übrigen Parameter werden wie zuvor erörtert fixiert (Tabelle 37). Für die gewählten Ausprägungen ergeben sich folglich 16 Parameterkombinationen re spektive Simulationsläufe. Um überdies differenziertere Erkenntnisse über die Rele vanz des Antizipationsterms zu erhalten, werden weitere Simulationsläufe durchge führt.HierbeiwerdenjeweilsdreiWertefürdasKapazitäts/Nachfrageverhältnisund denGewichtungsfaktorunterschieden.
7NumerischeAnalyse
221
Tabelle37:
ParameterundAusprägungendeserstenExperimentsdererstenPhase
Faktor
Symbol
Ausprägungen
Freiheitsgrade
ߣ
1,0,(1,1)*,1,2
1,(2)*
௩
10,10000
1
௦௩
10,10000
1
௧௧
Kapazitäts/Nachfrageverhältnis
GewichtungdesNivellierungsterms
GewichtungdesServiceterms GewichtungdesAntizipationsterms
0,(6)*,10
1,(2)*
Zielfunktionsintervallparameter
݇
4
0
Mindestauslastung
ߩ
0,8
0
SchwellwertderGewichtungsfunktion ܲ ௦௩ ሺȉሻ AnpassungsfaktorderStandardabweichung derAuftragsvolumina
ߴ
0,3
0
ߚ
0,1
0
AnpassungsfaktorderStandardabweichung dergewünschtenLieferzeit
ߛ
0,2
0
*BerücksichtigunginvertiefenderAnalyse
ZieldeszweitenExperimentsdererstenPhaseistes,dieAuswirkungendesIntervall parametersderZielfunktionderProduktionsprogrammplanungaufdasVerhaltendes Planungssystemszuanalysieren.UmeinemöglichstdetaillierteUntersuchungzuer lauben, werden mit Ausnahme des Kapazitäts/Nachfrageverhältnisses alle anderen Parameterfixiert.AlsReferenzkonfigurationfürdasPlanungssystemfindeteinPara metersatz Anwendung, der, wie nachfolgend ausgeführt wird, einen ausgeprägten EinflussaufallebetrachtetenZielkriterienhat.DemnachsindergänzendachtSimula tionsläufedurchzuführen. Tabelle38:
ParameterundAusprägungendeszweitenExperimentsdererstenPhase
Faktor Kapazitäts/Nachfrageverhältnis GewichtungdesNivellierungsterms GewichtungdesServiceterms
Symbol
Ausprägungen
ߣ
1,0;1,2
Freiheitsgrade 1
௩
10000
0
௦௩
10000
0
௧௧
6
0
Zielfunktionsintervallparameter
k
0,2,4,6,8
4
Mindestauslastung
ߩ
0,8
0
SchwellwertderGewichtungsfunktion ܲ ௦௩ ሺȉሻ AnpassungsfaktorderStandardabweichung derAuftragsvolumina
ߴ
0,3
0
Ⱦ
0,1
0
AnpassungsfaktorderStandardabweichung dergewünschtenLieferzeit
ߛ
0,2
0
GewichtungdesAntizipationsterms
222
7NumerischeAnalyse
UntersuchungsdesignderzweitenPhase ImFokuseinerzweitenPhasestehtdievertiefendeAnalysedesEinflussesexogener Größen auf das Verhalten des Planungssystems. Auf der Basis dieser Untersuchung sollesmöglichsein,HandlungsempfehlungenfürdenEinsatzvonauftragsbezogenen Planungssystemen im Kontext einer variantenreichen Serienproduktion abzuleiten. ImRahmenderVoranalysezeigtesichmitBezugaufdieEinplanungskosteneinaus geprägter Interaktionseffekt zwischen der Volatilität der Nachfragehöhe und dem VerhältnisvonKapazitätzuNachfrage.UmdiesenEffektmitHinblickaufdasVerhal ten des Planungssystems zu untersuchen, werden die entsprechenden Anpassungs faktorensystematischvariiert.ErneutfindeteineReferenzkonfigurationfürdasPla nungssystemAnwendung,dieeinenausgeprägtenEinflussaufallebetrachtetenZiel kriterien hat. Für die in Tabelle 39 zusammengefassten Parameterausprägungen er gebensich12Simulationsläufe,wobeidieErgebnissevondreiLäufenbereitsausder erstenPhasevorliegen.
Tabelle39:
ParameterundAusprägungenderzweitenPhase
Faktor
Symbol
Ausprägungen
Kapazitäts/Nachfrageverhältnis
ߣ
1,0;1,1;1,2
2
Mindestauslastung
ߩ
0,8
0
SchwellwertderGewichtungsfunktion ܲ ௦௩ ሺȉሻ AnpassungsfaktorderStandardabweichung derAuftragsvolumina
ߴ
0,3
0
Ⱦ
0,1;0,2
1
AnpassungsfaktorderStandardabweichung dergewünschtenLieferzeit
ߛ
0,1,0,2
1
௩
10000
0
௦௩
10000
0
k
4
0
௧௧
6
0
GewichtungdesNivellierungsterms GewichtungdesServiceterms Zielfunktionsintervallparameter GewichtungdesAntizipationsterms
Freiheitsgrade
7.3 Ergebnisse 7.3.1 MethodischeVorbemerkungen BevordieErgebnissederEvaluationdesauftragsbezogenenPlanungssystemserörtert werden, sind zunächst die verwendeten Methoden einführend darzustellen. Neben
7NumerischeAnalyse
223
derbereitseingeführtenVarianzreduktionstechnikderCRNbetrifftdiesdieVarianz analyseundProfildiagramme. Eine effiziente Möglichkeit zur exploratorischen Untersuchung von Simulations experimentenistdieVarianzanalyse(AnalysisofVariance,ANOVA).438Ausgangslage dieseristdiePrämisse,dassdienichtzufälligeVariationderErgebnisrealisationallein auf die Unterschiede in den Ausprägungen der untersuchten Faktoren zurückzufüh renist.FürdieReplikation߱(߱ ൌ ͳǡ ǥ ǡ πሻeinesExperimentsmiteinemFaktorund denAusprägungen݊(݊ ൌ ͳǡ ǥ ǡ ܰሻergibtsichdieErgebnisrealisation݄ఠ wiefolgt: ݄ఠ ൌ ߤ ߜ ߝఠ
(714)
Hierbeibezeichnetߝఠ denzufälligenFehler.DerinkrementelleEffektderFaktoraus prägung݊ergibtsichzuߜ ,wobeiinderRegeldavonausgegangenwird,dasssichdie inkrementellenEffekteinsgesamtausgleichen(σே ୀଵ ߜ ൌ Ͳ).GrundideederVarianz analyseistnun,dieSummederFehlerquadratedesExperiments(ܵܵ௦௧ ),d.h.die quadriertenAbweichungenzumglobalenMittelwert,entsprechendderbetrachteten Faktoren und dem zufälligen Fehler zu partitionieren. Demnach ergibt sich für die einfachsteFormderVarianzanalyse(d.h.lediglicheinbetrachteterFaktormit݊Aus prägungen)folgendeUnterteilungderbeobachtenStreuung: ே
π
ܵܵ௦௧ ൌ ሺ݄ఠ െ ݄തఠ ሻଶ
(715)
ୀଵ ఠୀଵ ே
ே
π
ൌ π ȉ ሺ݄Ǥ െ ݄തǤǤ ሻଶ ሺ݄ఠ െ ݄തǤ െ ݄തǤǤ ሻଶ
ୀଵ
ୀଵ ఠୀଵ
ൌ ܵܵி௧ ܵܵ௨
HierbeiindizierendiePunktedieBildungdesDurchschnittsüberdenjeweiligenIndex bzw. die Indices. Beispielsweise bezeichnet ݄Ǥ die durchschnittliche Zielerreichung für eine Faktorausprägung über alle Replikationen. Üblicherweise wird mehr als ein Faktor betrachtet. Zudem lassen sich Interaktionseffekte in vielen Fällen nicht aus 438
Rardin/Uzsoy(2001)
224
7NumerischeAnalyse
schließen. Dies macht eine weitergehende Partitionierung der Gesamtstreuung er forderlich.GleichesgiltfürdenFall,dass,wieindervorliegendenUntersuchung,die Varianzreduktionstechnik der gemeinsamen Zufallszahlen zum Einsatz kommt. Me thodische Konsequenzen sind etwa in RARDIN und UZOY oder einschlägigen Quellen zurVarianzanalysedargestellt.439 EinzentralerVorteilderAnwendungderVarianzanalysefürexploratorischeUntersu chungenist,dassdieseeineAussageüberdenFehlerersterArtinBezugaufdenEin flussvonFaktorenaufeineinteressierendeErgebnisgrößeliefert.Somitlässtsichdie Wahrscheinlichkeit quantifizieren, dass der jeweilige Faktor keinen Einfluss ausübt. AuchliefertdieAnalyseeineAussageüberdieGütedesErklärungsmodells,diesoge nannte Erklärkraft. Hierzu kommt, wie auch bei der Regressionsanalyse üblich, das Bestimmtheitsmaß(ܴଶ )zumEinsatz.DiesesistdefiniertalsderAnteilderStreuung, der durch die Faktoren des Modells im Verhältnis zur Gesamtstreuung erklärt wird. Eine Kennzahl nahe eins deutet demnach auf eine hohe Erklärkraft hin. Gleichwohl bestehenzweiAnwendungsvoraussetzungenderVarianzanalyseinderNormalvertei lungsannahme und der Varianzgleichheit (Homoskedastizität) des Fehlerterms über alle Faktorkombinationen. Bestehen Zweifel am Vorliegen dieser Voraussetzungen, können die Ergebnisse der Analyse lediglich als approximative Informationen ver wendet werden. In diesem Fall lässt sich die Analyse durch nachträgliche Untersu chungen komplementieren. Aufgrund der grundsätzlichen Eignung zur simultanen Analyse möglicher Kausalbeziehungen soll nachfolgend von der Varianzanalyse Gebrauchgemachtwerden. DieVarianzanalyseliefertausschließlichInformationenüberdasgrundsätzlicheVor liegeneinerKausalbeziehung.AngabenüberRichtungundBetragderEffektemachen einevertiefendeAnalyseerforderlich.HierzukommenoftmalsProfildiagrammezum Einsatz. In diesen werden die geschätzten Mittelwerte ߤҧ der Verteilungen des be trachtetenZielkriteriumsfürdieinteressierendenFaktorenaufgetragen.Somitistes möglich, visuell Aussagen über Haupt und Interaktionseffekte abzuleiten. Berech nungsgrundlageisthierbeidasarithmetischeMittelܺതüberdie݊Ergebnisrealisatio nenܺ (716). 439
Rardin/Uzsoy(2001);Fahrmeiretal.(2007),S.517ff.
7NumerischeAnalyse
225
ߤҧ ൌ ܺത ൌ
ͳ ܺ ݊
(716)
ୀଵ
7.3.2 EinflussderModellparameter UmdenEinflussderGewichtungsparameterzuuntersuchen,wurdenjeweilsseparate Varianzanalysen für die beiden betrachteten Werte des Kapazitäts/Nachfrage verhältnissesundjedesZielkriteriumdurchgeführt.ZurBerücksichtigungdergemein samen Zufallszahlen, wurde eine Blockvariable namens Replikation aufgenommen. AlsSignifikanzniveauwurdeeinWertvon95Prozentgewählt. Die Ergebnisse der Untersuchung sind in Tabelle 40 zusammengetragen. Eine voll ständige Übersicht der Ergebnisse der Varianzanalyse ist im Anhang gegeben. Dem nachzeigtsichinBezugaufdenEinflussderbetrachtenFaktorenaufdiejeweiligen Zielkriterien ein differenziertes Bild. Das kundenorientierte Kriterium der mittleren Einplanungskosten wird signifikant beeinflusst durch die Gewichtung des zweiten TermsderProduktionsprogrammplanungsowiedurchdiedesAntizipationstermsder Auftragsannahme. Für ein ausgeglichenes Verhältnis von Kapazität zu Nachfrage (ߣ ൌ ͳǡͲ)könnendarüberhinauseinHaupteffektdesGewichtungsfaktorsdesNivel lierungsterms sowie ein Interaktionseffekt zwischen beiden Faktoren der Produkti onsprogrammplanungnachgewiesenwerden.DemnachbestehteinsignifikanterZu sammenhangzwischenderKonfigurationderProduktionsprogrammplanungundder Zielerreichung der Auftragsannahme. Dieser ist zugleich Beleg der wechselseitigen Abhängigkeit zwischen beiden Planungsfunktionen und der damit einhergehenden NotwendigkeiteinerintegriertenAnalyse.DieUnterauslastungwirdimWesentlichen beeinflusst durch die Gewichtung des Nivellierungsterms. Ein Zusammenhang zur Gewichtung des Serviceterms ist für ein ausgeglichenes Verhältnis von Kapazität zu Nachfrageersichtlich.DiemittlereLagerdauerunddamitdasAusmaßanUmplanun gen im Rahmen der Produktionsprogrammplanung wird schließlich durch alle be trachteten Faktoren beeinflusst. Mit einem Bestimmtheitsmaß von mindestens 87 ProzentlässtsichfüralleVarianzanalyseneinehoheErklärkraftkonstatieren.
226 Tabelle40: Faktor
7NumerischeAnalyse 440
ZusammenfassungderErgebnissederVarianzanalyse mittlereEinplanungs kosten
Unterauslastung
mittlereLagerdauer
௩
signifikant (fürߣ ൌ ͳǡͲ)
signifikant
signifikant
௦௩
signifikant
signifikant (fürߣ ൌ ͳǡͲ)
signifikant
௧௧
signifikant
keinEffekt
signifikant
௩ , ௦௩ (fürߣ ൌ ͳǡͲ)
keinEffekt
keinEffekt
Interaktion
Um Richtung und Betrag der identifizierten Effekte zu analysieren werden nachfol gendzweivertiefendeAuswertungenpräsentiert.ZumeinenerfolgtdieAnalysedes Zusammenwirkens der Gewichtungsfaktoren der Zielfunktion der Produktionspro grammplanung. Hierzu kommen Profildiagramme zum Einsatz. Der Effekt des Ge wichtungsfaktors ௧௧ wird durch Mittelwertbildung heraus gerechnet. Zum anderen wird der Einfluss des Gewichtungsfaktors der Auftragsannahme weiterge henduntersucht.HierbeiwurdendreiStufendesFaktorsbetrachtet.Erneutlässtsich dem Einfluss der anderen beiden Faktoren durch Mittelwertbildung begegnen. Die separate Analyse ist gerechtfertigt, da keine Interaktionseffekte zwischen den Ge wichtungsfaktorenderProduktionsprogrammplanungunddemderAuftragsannahme festgestelltwurden. EinflussderGewichtungsfaktorenderProduktionsprogrammplanung Abbildungsgegenstand der Profildiagramme ist die skalentransformierte Zielerrei chungfürdieUnterauslastungunddiemittlerenEinplanungskostensowiedieWerte fürdiemittlereLagerdauernormiertaufdiedurchschnittlicheLagerdauerdesjeweili gen Kapazitäts/Nachfrageszenarios (Abbildung 50). Demnach zeigt sich, dass eine adäquate Wahl der Gewichtungsfaktoren zwar zur Lösung des im Rahmen der Vor analyse aufgezeigten Zielkonflikts zwischen Unterauslastung und Einplanungskosten beitragen kann, dieses jedoch zu Lasten der mittleren Lagerdauer geht. So wird die Unterauslastung maßgeblich beeinflusst durch den Faktor ௩ , wie durch die 440
DievollständigenErgebnissederVarianzanalysesindimAnhanggegeben.
7NumerischeAnalyse
227
Parallelverschiebung der Verbindungslinien indiziert. Für ein ausgewogenes Verhält nisvonKapazitätzuNachfragebestehtüberdieseinpositiverEffektdurchdenFaktor ௦௩ ,angezeigtdurchdieSteigungderVerbindungslinie.DiegrößteNutzungdes PotenzialsfürdieUnterauslastung(48%bzw.88%)lässtsichfolglichdurchgleichzei tigesSetzenderGewichtungsfaktorenaufihrenhöherenWerterreichen.Einspiegel bildliches Ergebnis zeigt sich in Bezug auf die mittleren Einplanungskosten. Diese werden maßgeblich durch den Faktor ௦௩ beeinflusst, wobei ein positiver Zu sammenhangattestiertwerdenkann.Obwohlsignifikant,istderEinflussdesFaktors ௩ sehrgering.DiegrößteVerbesserunglässtsichdurcheinenniedrigenWert für௩ beigleichzeitigerhoherWahldesFaktors ௦௩ erreichen.DerUnter schied zur Konfiguration mit gleichsam hohen Werten für beide Faktoren ist aller dings sehr gering. Damit lässt sich auch der im Rahmen der Varianzanalyse identifi zierteInteraktionseffektzwischendenFaktorennachvollziehen. Die Verbesserung in Bezug auf die Unterauslastung und die mittleren Einplanungs kosten führt allerdings dazu, dass zunehmend von der Möglichkeit zur Lagerung Gebrauch gemacht wird. So üben sowohl der Faktor ௩ als auch der Faktor ௦௩ einennegativenEinflussaufdiemittlereLagerdaueraus(d.h.höhereWerte für den Gewichtungsfaktor führen zu ebenfalls höheren Werten für die Lagerung). MitHinblickaufdieHöhedesEffektszeigtsicheindeutlicherUnterschied.Soüber trifft die mittlere Lagerdauer bei einem Kapazitäts/Nachfrageverhältnis von ߣ ൌ ͳǡʹ die für einen Wertvon ߣ ൌ ͳǡͲ um mehr als dasZweifache.Auch ist der Effekt des Gewichtungsfaktors des Nivellierungsterms deutlich ausgeprägter. Diese Erkenntnis istinsofernplausibel,alsdasseinezunehmendeÜbernachfrageeinengrößerenUm fang an Umplanungen erforderlich macht, um nivellierte Produktionspläne zu errei chen.Anzumerkenist,dassdiedurcheinenhohenWertfürdenGewichtungsfaktor ௦௩ induzierten (nachträglichen) Umplanungen auch bei der betrachteten Kos tenstruktur, d.h. den relativ höheren Grenzlagerkosten (Abschnitt 6.1.2), insgesamt vorteilhaft sein können. Dieses liegt darin begründet, dass auf der einen Seite im RahmenderProduktionsprogrammplanungallevorliegendenAufträgeberücksichtigt werden. Somit können durch gezieltes Vorziehen einzelner Aufträgen die Einpla nungskosten mehrerer neuer Anfragen reduziert werden. Gleichzeitig ergeben sich
228
7NumerischeAnalyse
insbesonderebeieinemausgeglichenenVerhältnisvonKapazitätzuNachfragepositi veKonsequenzeninBezugaufdieNivellierung. Unterauslastung 50%
Unterauslastung p leveling
90%
p leveling
80% 10 10000 70%
40%
10 10000
60% 30%
50% 40%
20%
30% 10
p service
10000
10
mittlere Einplanungskosten 50%
p service
10000
mittlere Einplanungskosten p leveling
40%
40%
10 30% 10000
30%
20%
20%
10%
10%
p leveling 10 10000
0% 10
p service
10000
10
mittlere Lagerdauer 200%
p service
10000
mittlere Lagerdauer 200%
p leveling
150%
10 150% 10000
100%
100%
50%
50%
0%
p leveling 10 10000
0% 10
p service
10000
10
p service
10000
Abbildung50: Profildiagramme für ein Kapazitäts/Nachfrageverhältnis von 1,0 (links) und 1,2 (rechts). Dargestellt sind die skalentransformierten Zielerreichungen für die Unter auslastungunddiemittlerenEinplanungskostensowiediemittlereLagerdauerbezo gen auf den durchschnittlichen Wert des jeweiligen Nachfrageszenarios. Die Werte ergebensichalsDurchschnitteüberdenFaktor௧௧ .
7NumerischeAnalyse
229
Damitlässtsichzusammenfassendfeststellen,dassdiebetrachtetenGewichtungsfak toreneingesetztwerdenkönnen,umdieZielkriterieninweitenBereichenzubeein flussen. Die identifizierten Effekte zeigen sich weitestgehend unabhängig vom Ver hältnis der Kapazität zur Nachfrage: jeweils lassen sich durch eine hohe Wahl der GewichtungsfaktorenderProduktionsprogrammplanungdeutlicheVerbesserungenin BezugaufdiekundenundressourcenorientiertenKriterienerreichen.Diesistaller dingsnurmöglich,indemvonUmplanungenGebrauchgemachtwird.DieFolgezeigt sich in einem erhöhten Bedarf der Lagerung. Die Parameter der Produktionspro grammplanungsinddamitgenerellzurLösungdesimRahmenderVoruntersuchun gen identifizierten Zielkonflikts zwischen kunden und ressourcenorientierten Krite rien geeignet. Um jedoch eine Abstimmung der Entscheidungsfindung in Bezug auf dasvollständigeZielsystemderauftragsbezogenenPlanung(d.h.unterBerücksichti gungderdurchdiePlanungsentscheidungenverursachtenLagerung)herbeizuführen, bedarfeseinerverbessertenKoordinationdereinzelnenEntscheidungen.Mitdiesem Ziel wurde im Vorhergehenden der Antizipationsterm eingeführt. Dieser wird nach folgend in seinen Konsequenzen auf das Verhalten des Planungssystems weiterge henduntersucht.DadieUmplanungenzunehmen,fallshoheWertefürdieGewich tungsfaktorengewähltwerden,wirddieParameterkombinationderProduktionspro grammplanung mit den hohen Werten für die Parameter ௩ und ௦௩ ge wählt. EinflussdesAntizipationsterms Das Ergebnis einer systematischen Variation des Gewichtungsfaktors des Antizipa tionsterms ist in Abbildung 51 aufgetragen. Dargestellt sind erneut die skalentrans formiertenWertefürdieEinplanungskostenunddieUnterauslastungsowiedienor miertenmittlerenLagerperiodenfürdreiWertedesGewichtungsfaktors௧௧ . Durch Wahl des Parameterwerts ௧௧ ൌ Ͳ entspricht die erste Datenreihe einerimplizitenAntizipationwährenddieanderenbeideneineAntizipationvomTyp 3,d.h.eineexplizitapproximierteAntizipation,darstellen.
230
7NumerischeAnalyse
mittlere Einplanungskosten
mittlere Lagerdauer
80%
130%
60%
110%
P anticipation
0
40%
90%
20%
6 10
70%
0% -20%
1
1,1
50%
1,2
Kapazitäts-/Nachfrageverhältnis
1 1,1 1,2 Kapazitäts-/Nachfrageverhältnis
Unterauslastung 75% P anticipation
65%
0
55%
6 45%
10
35% 25% 1 1,1 1,2 Kapazitäts-/Nachfrageverhältnis
Abbildung51: ErwarteteZielerreichunginAbhängigkeitdesKapazitäts/Nachfrageverhältnissesund des Gewichtungsfaktors ௧௧ . Dargestellt sind die skalentransformierten ZielerreichungenfürdieUnterauslastungunddiemittlerenEinplanungskostensowie diemittlereLagerdauerbezogenaufdiedurchschnittlicheLagerdauerdesjeweiligen Kapazitäts/Nachfrageverhältnisses.DieWerteergebensichjeweilsalsDurchschnitte überdieFaktoren௩ und ௦௩ .
Demnach lassen sich die Aussagen der Varianzanalyse bestätigen. Die Variation des Faktorwerts übt einen Effekt auf die mittleren Einplanungskosten und die mittlere Lagerdaueraus,ohnejedochdieUnterauslastungzubeeinflussen.ImEinzelnenführt einsteigenderWertzunächstzueinemAnstiegderEinplanungskostenbzw.zueiner geringfügigeren (skalentransformierten) Verbesserung gegenüber der Basispolitik. Dieser Effekt fällt je deutlicher aus, desto größer das Verhältnis der Kapazität zur Nachfrage ist. Für eine 20prozentige Überkapazität und einen Faktorwert von ௧௧ ൌ ͳͲergibtsichsogareinWertfürdiemittlerenEinplanungskosten,der denjenigen der Basispolitik übersteigt (gekennzeichnet durch den negativen Ver gleichswert). Allerdings lässt sich durch diese Verschlechterung eine Reduktion der mittleren Lagerdauer bzw. die damit einhergehende Reduktion der Umplanungen erreichen. In Relation zur Zielerreichung der Politik mit impliziter Antizipation
7NumerischeAnalyse
231
(௧௧ ൌ Ͳ)lässtsichimMitteleineReduktionvon24bis33Prozent(ߣ ൌ ͳǡͲ bzw.ߣ ൌ ͳǡͳ)realisieren.InderKonsequenzkanndamitdieIntentiondesAntizipati onsterms,d.h.dieVerbesserungderKoordinationderEinzelentscheidungenbestätigt werden. Durch Verfolgen einer expliziten approximierten Antizipation lässt sich folglich eine gezielte Beeinflussung der Umplanungen erreichen. Dies hat jedoch erhöhteEinpla nungskosten zur Folge, da Kunden bei der Auftragsannahme ein Termin bestätigt wird,derstärkeralszuvorAspektederProduktionsprogrammplanungberücksichtigt. DerAntizipationstermistdemnachnutzbar,umeinesituationsadäquateLösungdes ZielkonfliktszwischendenmittlerenEinlastungskostenunddernachträglichenLage rungherbeizuführen. Zusammenfassend ergeben sich die folgenden Wirkungszusammenhänge (Tabelle 41).DieParameterderProduktionsprogrammplanungkönneneingesetztwerden,um eine Verbesserung der Zielerreichung in Bezug auf die mittleren Einlastungskosten und die Unterauslastung zu erreichen. Dieses zieht allerdings den erhöhten Bedarf einerLagerungnachsich,dadieVerbesserungendurchnachträglicheUmplanungen vonAufträgenerzieltwerden.EineReduktiondieserUmplanungenistmöglich,indem eine explizit approximierte Form der Antizipation (Typ 3) zur Anwendung kommt. Durchdiesegelingtes,AspektederProduktionsprogrammplanungbereitsinderAuf tragsannahmeentscheidung zu berücksichtigen. Bei entsprechender Gestaltung der EntscheidungsmodelleistdamitkeinewesentlicheVerlängerungderAusführungszeit derAuftragsannahmeverbunden. Tabelle41:
ZusammenfassungderEffekte mittlere Einplanungskosten
Unterauslastung
mittlere Lagerdauer
௩
Þ441
Ø
×
௦௩
Ø
Þ441
×
௧௧
×
keinEffekt
Ø
Faktor
Legende:×(Ü)(teilweise)positiverZusammenhangØ(Þ)(teilweise)negativerZusammenhang
fürߣ ൌ ͳǡͲ
441
232
7NumerischeAnalyse
FüreinenParameterwertvon௧௧ ൌ gehtvonjedemderGewichtungsfak toren ein Effekt aus. Daher wird für die nachfolgenden Untersuchungen auf diese KonfigurationdesPlanungssystemszurückgegriffen. EinflussdesIntervallparameters GegenstandeineszweitenExperimentsdererstenPhaseistdieAuswirkungeinerVa riationderLängedeserstenIntervallsderZielfunktionderProduktionsprogrammpla nung, d.h. des Parameters ݇. Hierbei wird zwischen den bereits zuvor betrachteten Kapazitäts/Nachfrageverhältnissen ߣ ൌ ͳǡͲ und ߣ ൌ ͳǡʹ sowie fünf Ausprägungen desIntervallparametersunterschieden.ImErgebnislässtsichfesthalten,dassdieEf fektivität des auftragsbezogenen Planungssystems negativ von einer längeren Aus dehnungdeserstenIntervallsderZielfunktionbeeinflusstwird.SonehmendieVer besserungeninBezugaufdiemittlerenEinplanungskostensowiedieUnterauslastung monotonab.GleichzeitigwirdeingeringererGebrauchvonderMöglichkeitzurUm planung von Aufträgen gemacht, wie sich ineiner reduzierten mittleren Lagerdauer zeigt. Die sich so abzeichnende Tendenz entspricht einer Konvergenz der Zielerrei chunggegendiederBasispolitik. Insgesamt lässt sich ein relativ stabiles Verhalten im Verlauf der mittleren Einpla nungskostensowiederUnterauslastungfürdieerstendreiWertedesParameters݇ feststellen.DiesemstehendeutlichgeringereWertefürdieübrigenzweiParameter ausprägungenentgegen.DieseErgebnissegehenmitderArgumentationimKontext desanalytischenFüllgradseinher(Abschnitt6.2.1).WährendindenerstenPerioden desPlanungshorizontsinderRegelausreichendAufträgebekanntsind,umdasange strebte Auslastungsziel zu erreichen, kann dieses in den späteren Perioden für die betrachteten Relationen von Kapazität zu Nachfrage nicht erwartet werden.442 Die FolgeisteineAbnahmederEffektivität.DieselässtsichauchalseinVerlustderKon trolledereinzelnenElementedesPlanungssystemsimHinblickaufdieZielederauf tragsbezogenenPlanunginterpretieren.DieErgebnissesindzusammenfassendinAb bildung52dargestellt. 442
Für eine Nachfrage, die die Kapazität überschreitet, wäre von einem Aufbau des Auftragsbe stands und damit von einer sukzessiven Füllung aller Perioden des Planungshorizonts auszuge hen.DieserFallwirdaberimRahmendieserArbeitnichtnäheruntersucht.
7NumerischeAnalyse mittlere Einplanungskosten
Unterauslastung
mittlere Lagerdauer
50%
180% 160%
40%
140% 120%
30%
100% 80%
20%
60% 40%
10%
relative Lagerdauer
skalentransformierte Einplanungskosten, Unterauslastung
233
20% 0%
0% 0
2
4
6
8
100%
200% 180%
80%
160% 140%
60%
120% 100%
40%
80% 60%
20%
relative Lagerdauer
skalentransformierte Einplanungskosten, Unterauslastung
Intervallparameter k
40% 20%
0%
0% 0
2
4
6
8
Intervallparameter k
Abbildung52: Einfluss der Intervallgrenze für ein Kapazitäts/Nachfrageverhältnisses von O ൌ ͳ(oben)undO ൌ ͳǡʹ(unten)sowiedieobenangegebenenParameter;dargestellt
sind die skalentransformierten Zielerreichungen für die Unterauslastung und die mittleren Einplanungskosten sowie die mittlere Lagerdauer bezogen auf die durch schnittlicheLagerdauerdesjeweiligenKapazitäts/Nachfrageverhältnisses.
EinzweitesErgebnisderAnalyseist,dasseinekürzereAusdehnungdeserstenInter vallssichzwarpositivaufdieEffektivitätderPlanungssystemsauswirkt,jedochnega tiveKonsequenzeninBezugaufspäteUmplanungenvonAufträgenunddamitaufdie Planungsdynamik hat. Dieses belegt die Auswertung der Kennzahl ݄݉ܽܿݐ௪ . Diese quantifiziertdenjenigenAnteilvonAufträgen,derbeiderProduktionsprogrammpla
234
7NumerischeAnalyse
nungmiteinemVorlaufvonݓPlanungsperiodenbereitsder(späteren)finalenPerio dezugeordnetist.EinWertderKennzahlvon݄݉ܽܿݐଷ ൌ Ͳǡͺbedeutetfolglich,dass bereitsdreiPlanausführungenvorderFixierungfür80ProzentderAufträgediefinale Periodefestgelegtwurde.JestärkersichdieKennzahldemWerteinsannähert,desto stabileristdiePlanung. DemnachführensteigendeWertefürdenIntervallparameterunddenVorlaufzuei ner Zunahme der Dynamik. Dieser Effekt ist überdies deutlich ausgeprägter für den Fall, dass die Kapazität die Nachfrage übersteigt. So stimmen bei einem Kapazitäts/ Nachfrageverhältnisvon O ൌ ͳǡʹundeinemIntervallparametervon݇ ൌ ͲeinePeri odevorderFixierunglediglich32ProzentderEinplanungenmitderletztlichenüber ein.Demgegenübersinddies75Prozent,wennbeisonstgleichenParameterwerten derWertfürdenIntervallparameterauf݇ ൌ Ͷerhöhtwird.EineZusammenfassung derWertefürdieDynamikkennzahlistinTabelle42gegeben. Tabelle42:
PlanungsdynamikgemesseninderAnzahlvonAufträgen,dieinfrüherenAusführun genderProduktionsprogrammplanungbereitsdiefinaleProduktionsperiodehaben
Intervallparameter
݇
1
2
3
0
0,83
0,80
0,80
2
0,87
0,84
0,78
4
0,89
0,85
0,84
6
0,92
0,88
0,87
8
0,95
0,92
0,91
0
0,32
0,28
0,26
2
0,65
0,56
0,36
4
0,75
0,67
0,65
6
0,80
0,72
0,70
8
0,91
0,85
0,83
Kapazitäts/ Nachfrage verhältnis O ൌ ͳǡͲͲ
Kapazitäts/ Nachfrage verhältnis O ൌ ͳǡʹͲ
Vorlaufݓ
Zusammenfassendlässtsichdamitfeststellen,dassimHinblickaufeineeffektiveBe einflussungdesVerhaltensdesPlanungssystemsgrundsätzlicheingeringerWertfür den Intervallparameter anzustreben ist. Die damit einhergehende Planungsdynamik setztjedochvoraus,dassdieWertschöpfungsketteausreichendanpassungsfähigist, umauchaufkurzfristigeÄnderungenderLiefertermineunddamitauchdesBedarfs zu reagieren. Eine besondere Herausforderung ist darin zu sehen, dass neben den
7NumerischeAnalyse
235
eigentlichen Produktionsaktivitäten auch die unter Umständen erforderliche Lage rung,dieDistributionunddieÜbergabekoordiniertwerdenmüssen.Kurzfristigeter minliche Änderungen führen hier zwangsläufig zu einem größeren koordinativen Aufwand. 7.3.3 EinflussderNachfrage In der vorhergehenden Analyse wurde der Einfluss der Parameter der Entschei dungsmodelledargestellt.AusgangslagewarengegebeneWertefürdieVolatilitätder Nachfrage. Wie in den Voruntersuchungen dargelegt, stellt diese allerdings einen maßgeblichen Einflussfaktor auf das Verhalten der auftragsbezogenen Planung dar. Gegenstand der zweiten Phase ist vor diesem Hintergrund die Analyse des Zusam menhangs zwischen den Parametern der Nachfrage und der Zielerreichung der Pla nungspolitik.DieseAnalysesollAufschlussdarübergeben,welchenachfrageseitigen Faktorensichbesondersförderlichbzw.hinderlichaufdasPotenzialkomplexerauf tragsbezogenerPlanungssystemeauswirken. DieErgebnisselassensichwiefolgtzusammenfassen(Abbildung53).AnalogzurBeo bachtungimFallderBasispolitikführteineSteigerungderVolatilitätderNachfrage höhe zu steigenden Werten für die Einplanungskosten. Gleichsam resultiert ein zu nehmendes Verhältnis von Kapazität zu Nachfrage, d.h. das Vorhandensein von Überkapazität,ingeringereKosten.DierelativgrößtenEinplanungskostensindfolg lichfüreinehoheVolatilitätbeiausgeglichenerNachfrage(ߣ ൌ ͳǡͲ)zubeobachten, diegeringstenfüreinegeringeVolatilitätbei20prozentigerÜberkapazität.Dabeiist einüberproportionalerZusammenhangerkennbar.D.h.besondersgroßfälltderUn terschied zwischen einem Kapazitäts/Nachfrageverhältnis von ߣ ൌ ͳǡͲ und ߣ ൌ ͳǡͳ aus.EinEffekt,dersoauchbeiderBasispolitikzubeobachtenist.EingeringesAus maß von Überkapazität wirkt sich folglich überproportional auf die durch das Pla nungssystemerzielbareLieferfähigkeitaus.Diesgiltinbesonderemfüreinegeringe VolatilitätderNachfrage(ߚ ൏ Ͳǡʹ). EbenfallseindeutigfälltderEffektinBezugaufdiemittlereLagerdaueraus.Hierzeigt sicheinsehrgleichmäßigerAnstiegmiteinerzunehmendenÜberkapazitätwieauch mit einer zunehmenden Volatilität. Durch die Überlagerung beider Effekte ist der größteGebrauchderLagerungfürdenSimulationslaufmithoherÜberkapazitätund
236
7NumerischeAnalyse
hoher Volatilität zu erkennen. Ein abweichender Verlauf zeigt sich lediglich für eine sehrgeringeVolatilität(ߚ ൌ ͲǡͲͳ).DemnachistzwischendenKapazitäts/Nachfrage verhältnissenvonߣ ൌ ͳǡͳundߣ ൌ ͳǡʹeinegeringfügigeAbnahmederUmplanungen zu verzeichnen. Dies lässt darauf schließen, dass sich bei einer lediglich geringen Überkapazität Verbesserungen in Bezug auf die Einplanungskosten und die nachfol gend näher erörterte Unterkapazität durch Berücksichtigung der Interdependenzen zwischen den Aufträgen im Rahmen der Produktionsprogrammplanung erreichen lassen.DiesmachtindesdenumfassenderenGebrauchvonUmplanungenerforder lich.EinEffektderbeisehrgeringerVolatilitätderNachfragemitweiterzunehmen derÜberkapazitätinseinerAuswirkungabnimmt. mittlere Lagerdauer
mittlere Einplanungskosten
200%
250% 200%
150% = 0,01 = 0,1 = 0,2 = 0,3
150%
100% 100%
50%
50%
0%
0% 1 1,1 1,2 Kapazitäts-/Nachfrageverhältnis
1 1,1 1,2 Kapazitäts-/Nachfrageverhältnis
Abbildung53: ZielerreichunginAbhängigkeitvonKapazitäts/NachfrageverhältnisundVolatilitätder Nachfrage für ߛ ൌ Ͳǡʹ; die Werte sind jeweils auf die durchschnittlichen Zielerrei chungbezogen.
EbenfallswieimFallderBasispolitik,wirdauchdieUnterauslastungnegativvonder VolatilitätderNachfragebeeinflusst(Abbildung54).DieUnterauslastungsteigtdem nachmiteinerzunehmendenVolatilität,sodassdergrößteWertfüreinehoheÜber kapazitätbeigleichzeitighoherVolatilitätderNachfragezuverzeichnenist.Interes santistallerdings,dasssichdasVorhandenseinvonÜberkapazitätfürdenFalleiner geringen Volatilität, positiv auf die Unterauslastung auswirkt. D.h. trotz einem stei gendenVerhältnisvonKapazitätzuNachfrageunddamiteinhergehendeinergröße renÜberkapazitätsinktderWertfürdieUnterschreitungdermindestensgeforderten Kapazitätsauslastung. Ein Effekt, der in umgekehrter Art für die Basispolitik zu beo bachten ist. Der Effekt ist in sofern plausibel, als dass die Wahrscheinlichkeit, dass sichfüralleRessourceneinnivellierterPlanerzeugenlässt,miteinerzunehmenden
7NumerischeAnalyse
237
Produktvariabilität abnimmt, falls nicht hinreichend kapazitative Flexibilität vorhan denist.DemnachkönnenEngpasssituationenfürbestimmteRessourcendazuführen, dass die Auslastungsziele für andere Ressourcen unterschritten werden. Neben der zuvoreingeführtenModellMixbedingtenLieferunfähigkeitistdemnachzudemeine ModellMixbegründete Unterauslastung zu verzeichnen. Dieser lässt sich durch Überkapazität wirkungsvoll begegnen. Somit lässt sich auch der zuvor verzeichnete relativgroßeAnstieginderZahlderUmplanungenbessernachvollziehen.Diesesind notwendig,umdieReduktionderUnterauslastungundderEinplanungskostenzuer reichen. Die Reduktion in der Unterauslastung ist allerdings nur dann zu beobachten, wenn eine relativ stabile Nachfrage vorliegt (ߚ Ͳǡͳ). Bei einer höheren Volatilität führt dieSchwankungimNachfragevolumendazu,dassingewissenPeriodennichtausrei chendAufträgezurErreichungdesAuslastungszielszurVerfügungstehenunddamit eine Unterschreitung des Auslastungsziels nicht vermeidbar ist. Demnach ist auch einevolumenbedingteUnterauslastungzubeobachten. Unterauslastung 250% 200% = 0,01 = 0,1 = 0,2 = 0,3
150% 100% 50% 0% 1 1,1 1,2 Kapazitäts-/Nachfrageverhältnis
Abbildung54: Unterauslastung in Abhängigkeit von Kapazitäts/Nachfrageverhältnis und Volatilität derNachfragefürߛ ൌ Ͳǡʹ;dieWertesindaufdenDurchschnittbezogen.
BetrachtungsgegenstandderbisherigenAnalysewardieabsoluteZielerreichungdes auftragsbezogenen Planungssystems. Um diese besser interpretieren zu können, werden nachfolgend die Ergebnisse einer Potenzialanalyse ausgeführt. Gegenstand sinddemnachdieinAbbildung55dargestelltenskalentransformiertenZielerreichun gen.DabeidenReferenzpolitikenkeineMöglichkeitzurLagerungberücksichtigtwird, wirddiesehiernichtweitergehendbetrachtet.
238
7NumerischeAnalyse Unterauslastung
mittlere Einplanungskosten 100%
100%
50%
50%
0%
= 0,01 = 0,1 = 0,2 = 0,3
0% 1 1,1 1,2 Kapazitäts-/Nachfrageverhältnis
1 1,1 1,2 Kapazitäts-/Nachfrageverhältnis
Abbildung55: Skalentransformierte Zielerreichung in Abhängigkeit von Kapazitäts/ Nachfragever hältnisundVolatilitätderNachfragefürߛ ൌ Ͳǡʹ
Insgesamt zeigen sich keine eindeutigen Effekte in Bezug auf die Potenzialnutzung. DennochwerdendiezuvorerörtertenSchlüssegestützt. In Bezug auf die Unterauslastung ist die beste Potenzialnutzung bei Vorhandensein einerÜberkapazitätundeinergeringenVolatilitätderNachfragezuerkennen.Hierbei stellen sich Werte von bis zu 89 Prozent ein. Der bei einer geringen Volatilität der Nachfrage zu beobachtenden ModellMixbedingten Unterauslastung lässt sich wir kungsvollbegegnen,wennausreichendKapazitätzurVerfügungsteht.(ߣ ͳǡͳ).Eine Zunahme der Volatilität bzw. die damit einhergehenden volumenbedingten Effekte lassensichallerdingsnurteilweisedurchdasPlanungssystemkompensieren,sodass einegeringereNutzungdesPotenzialszuerkennenist.DieVerbesserungeninBezug aufdieBasispolitiksindmiteinerumca.50ProzentgeringerenUnterauslastungal lerdingsnochimmersehrdeutlich.AbweichendistderEffektfüreinausgeglichenes VerhältnisvonKapazitätzuNachfrage.HierführteineZunahmederVolatilitätdazu, dasssichdasVerbesserungspotenzialbessernutzenlässt.Diezeitweisevorhandene ÜberkapazitätimFalleinerhohenVolatilitätscheintdaherimSinneeinerVerminde rung der Unterauslastung nutzbar zu sein. Insgesamt ist anzumerken, dass im Rah men des Planungssystems alle Zielkriterien simultan berücksichtigt werden, sodass die Zielerreichung das Ergebnis einer Kompromisslösung darstellt. Demgegenüber gehenindieBerechnungdesidealenVektorsimRahmenderexpostBetrachtungdie ErgebnissederjeweilseinkriteriellenOptimierungein. In Bezug auf dieEinplanungskosten lässt sich derModellMixbedingten Lieferunfä higkeitnurbedingtentgegenwirken.DieswirddurchdiegeringeNutzungdesPoten
7NumerischeAnalyse
239
zials für eine geringe Volatilität der Nachfrage sowie ein ausgeglichenes Verhältnis vonKapazitätzuNachfragedeutlich.Zwarsindmitüber35ProzenterheblichePoten zialnutzungsgrade zu erkennen, dennoch fallen diese im Vergleich zu den anderen untersuchtenParameterkombinationenehergeringaus.DeutlicheristdasErgebnisin BezugaufdievolumenbedingteLieferunfähigkeit.HierzeigtsichdasbetrachtetePla nungssystemsehrwirkungsvoll.SoisteineNutzungdesPotenzialszubeobachten,die deutlich über 50 Prozent liegt. Bei einer hohen Volatilität und einem Kapazitäts/ Nachfrageverhältnis von 1,1 lässt sich gar eine vollständige Nutzung des idealtypi schenPotenzialrealisieren. Zusammenfassend lässt sich damit feststellen, dass sich durch das untersuchte Pla nungssystemzwareinAnstiegindenzuminimierendenZielkriterieninAbhängigkeit von steigenden Werten für die Überkapazität und Volatilität der Nachfrage nicht vermeidenlässt,jedochgelingtesinallenbetrachtetenSimulationsläufenErgebnisse inBezugaufdiemittlerenEinplanungskostenunddieUnterauslastungzuerreichen, dieeinedeutlicheVerbesserunggegenüberderBasispolitikdarstellen.DasPlanungs system kann demnach sowohl zur Verminderung der Konsequenzen ModellMix begründeter wie auch volumenbedingter Effekte eingesetzt werden. Gleichwohl nehmendiehierzunotwendigenUmplanungenmitsteigendenWertenfürdieÜber kapazität und die Volatilität der Nachfrage zu, obwohl eine explizit approximative Antizipation zum Einsatz kommt. Gleichsam ein Indiz für die zunehmende Relevanz derKoordinationunterdenentsprechendenNachfragebedingungen. Überdies lässt sich für eine wenig volatile Nachfrage (ߚ Ͳǡͳ) feststellen, dass das Vorhandensein von Überkapazität dazu beitragen kann die Unterauslastung zu ver ringern.BeleghierfürsinddieabsolutgeringerenWertefürdieUnterkapazitätsowie diedeutlichenAnstiegeinderNutzungdesaufgezeigtenPotenzials.Füreinestärker schwankendeNachfragelässtsichdieserEffektallerdingsnichtfortschreiben.Ursäch lichhierfürist,dassUmplanungeninnochgrößeremUmfangnotwendigwären,um
240
7NumerischeAnalyse
dieUnterauslastungzuvermeiden.DiesewerdenaberimRahmenderKompromiss bildungimHinblickaufdieanderenKriterienunterbunden.443 7.4 ErgebnissederUntersuchung In diesem Kapitel wurde der zuvor erarbeitete Bezugsrahmen einer numerischen Analyseunterzogen.AusgangslagewarenempirischeDatenausderAutomobilindust rie,dieimRahmeneinersimulationsbasiertenAnalyseeinerstochastischenVariation zugeführtwurden.DieErgebnisselassensichinvierGruppenuntergliedern. InBezugaufdasallgemeinePotenzialdesEinsatzesauftragsbezogenerPlanungssys teme in der Automobilindustrie führt der Vergleich einer expostBetrachtung mit einer sequenziellen Auftragsannahme zu den folgenden Erkenntnissen (Abschnitt 7.2.1): DasPotenzialauftragsbezogenerPlanungssystemewirdpositivdurchdasVor handenseinvonÜberkapazitätsowiedieVolatilitätderNachfragebeeinflusst. Dabei lassen sich im Vergleich zu einer kapazitierten Auftragsannahme bezo genaufdieUnterauslastungReduktionenvon93bis100Prozentsowiebezo genaufdieEinlastungskostensolchevon12bis76Prozentrealisieren.Einen negativenEinflussübtdieVolatilitätdergewünschtenLieferzeitenaus.Dieser istbetraglichdeutlichgeringeralsdievorgenannten. VondieserRegelabweichendeErgebnissestellensichfüreinestetigeNachfra geundknappenKapazitätenein.HieristeinebesondereErhöhungdesPoten zials in Bezug auf die mittleren Einplanungskosten zu beobachten. Demnach ergibtsichfürdieseUmgebungsbedingungendieMöglichkeit,dieLieferfähig keitdeutlichzusteigern. EingrundsätzlicherZielkonfliktexistiertzwischendemkundenorientiertenKri teriumniedrigerEinplanungskostenunddemressourcenorientiertennivellier terProduktionsvorgaben.
443
In die Berechnung der idealen Zielerreichung für die Unterauslastung gehen die terminbezoge nenKriteriennurnachrangigein.Werdendiesestärkerberücksichtigt,zeigtsichderinAbschnitt 7.2.1diskutierteZielkonflikt,sodasslediglichgeringereWerteerreichtwerden.
7NumerischeAnalyse
241
AufBasisderallgemeinenPotenzialanalysewurdedasvorgestellteKonzeptzurauf tragsbezogenen Planung in Abschnitt 7.3.2 unter Verwendung der eingeführten Si mulationsumgebungevaluiert.DieErgebnisselassensichwiefolgtzusammenfassen. DurchdieKonzeptionalisierungderauftragsbezogenenPlanungalseinSystem bestehend aus zwei definierten, miteinander verknüpften Planungsaufgaben lässt sich die Zielerreichung in großen Bereichen beeinflussen. Insbesondere lässt sich der Zielkonflikt zwischen dem kundenorientierten Kriterium einer hohen Lieferfähigkeit bzw. niedrigen Einplanungskosten und den ressourcen bzw. bestandsorientierten Kriterien im dynamischen Kontext zielgerichtet lö sen. Dies geht aus den Ergebnissen der Varianzanalyse sowie der Profildia grammehervor. InBezugaufdiesegmentierteZielfunktionkonntenachgewiesenwerden,dass diese wirkungsvoll eingesetzt werden kann, um gleichsam Aspekte der Nivel lierung wie auch der Lieferfähigkeit zu berücksichtigen. Für die untersuchten Szenarien kann der erste Term eingesetzt werden, um unabhängig vom Ver hältnisderKapazitätzurNachfrageeineReduktionUnterauslastungherbeizu führen. Für den zweiten Term gilt gleiches in Bezug auf die mittleren Einpla nungskosten.DierelativeBedeutungderTermelässtsichüberdieeingeführ tenParameterskalieren. Die Unterteilung der gesamtplanerischen Aufgabe in zwei miteinander ver bundene Teilaufgaben macht die Installation von Kopplungsmechanismener forderlich. Hierzu wurde ein Antizipationsterm eingeführt. Für diesen konnte gezeigtwerden,dassereinenpositivenEinflussaufdieKoordinationdesPla nungssystemsausübt.SolässtsichdiemittlereLagerdauerinAbhängigkeitdes VerhältnissesvonKapazitätzuNachfrageumbiszu33Prozentreduzieren,oh nedasseineReduktionderVerbesserungeninBezugaufdieUnterauslastung zu verzeichnen ist. Gleichwohl nehmen die mittleren Einplanungskosten auf grunddessystemimmanentenZielkonfliktsinderKonsequenzzu. Die Effektivität des Planungssystems nimmt mit zunehmender Ausdehnung des ersten Intervalls der Zielfunktion der Produktionsprogrammplanung ab. GleichzeitigresultierteinekurzeAusdehnungdeserstenIntervallsineineer höhte Planungsdynamik. Bei einem Kapazitäts/Nachfrageverhältnis von 1,2
242
7NumerischeAnalyse
undeinerAusdehnungdeserstenIntervallsvoneinerPeriodeentsprechenle diglich32ProzentderAuftragsterminierungeneinePeriodevorderFixierung derfinalen.BeisonstgleichenBedingungenerhöhtsichdieserAnteilbeieiner AusdehnungdeserstenIntervallsauffünfPeriodenauf75Prozent.Diesent sprichteinerdeutlichhöherenPlanungsstabilität.EinZielkonflikt,derfüreinen konkretenAnwendungsfallzulösenist. Letztlichwurdeuntersucht,inwieferndieRahmenbedingungeneinenEinflussaufdie EffektivitätdesPlanungssystemsausüben(Abschnitt7.3.3).Zielwares,nachfragesei tige Anwendungsvoraussetzungen für den Einsatz komplexer auftragsbasierter Pla nungssystemeabzuleiten.HierzuwurdeneineKonfigurationderModellegewählt,für diezuvoreinEinflussaufallebetrachtenKriteriennachgewiesenwurde.AlsErgebnis sederAnalyseergabensichfolgendeZusammenhänge. DieabsoluteZielerreichungdesbetrachtetenPlanungssystemswirdgrundsätz lichnegativbeeinflusstdurchdieVolatilitätderNachfrage.Soergebensichmit zunehmenderVolatilitätumeinVielfacheshöhereWertefürdieEinplanungs kostenunddieUnterkapazität.EinEffektderbesondersdeutlichbeiVorhan denseinvonÜberkapazitätzumTragenkommt.Gleichwohllassensichinallen betrachtetenUmgebungsbedingungendeutlicheVerbesserungeninBezugauf dieEinplanungskostensowiedieUnterauslastungderBasispolitikerzielen.So kanninBezugaufdieEinplanungskostenteilweisedasidealtypischePotenzial abgetragenwerden,inBezugaufdieUnterauslastungsinddiesbiszu89Pro zent.HierzusindallerdingsUmplanungenerforderlich. Das Planungssystem ist im Besonderen dazu geeignet, einer volumenbeding ten,d.h.einerdurchdieVolatilitätderNachfrageinduziertenLieferunfähigkeit zubegegnen.SozeigtsichunabhängigvomVerhältnisderKapazitätzurNach frageeinPotenzialnutzungsgradvonmehrals80Prozent. Die mit einer Überkapazität einhergehenden zusätzlichen planerischen Frei heitsgradewirkensichpositivaufdieNivellierungaus,wenndieVolatilitätder Nachfragenichtzuhochist(hier:ߚ Ͳǡͳ).D.h.zusätzlicheKapazitätführtda zu,dassesgelingt,einebessereNivellierungdesProduktionsprogrammsher beizuführen.
7NumerischeAnalyse
243
Die Relevanz der Koordination der Planungsaufgaben und demnach die der AntizipationistgrundsätzlichhochbeieinerhohenVolatilitätaberauchbeiei nerstetigenNachfrageundeinemgewissenMaßanÜberkapazität. Zusammenfassend lässt sich damit im Hinblick auf die eingangs formulierte Zielset zungdesKapitelsfeststellen,dassauchauseinerdynamischenPerspektiveeinevali deAbbildungderProblemstrukturgegebenist.SoistdasaufgezeigtePlanungssystem geeignet, um eine situationsadäquate Lösung der vorhandenen Zielkonflikte herbei zuführen. Auch lassen sich auf Basis der Untersuchung nachfrageseitige Anwen dungsvoraussetzungenableiten. DerFokusderArbeitlagbislangaufderEntwicklungeinesPlanungssystems,umEnt scheidungen der auftragsbasierten Planung bei variantenreicher Serienproduktion unterstützen zu können. Die hierzu konzipierten Entscheidungsmodelle zielen auf eineAbbildungderallgemeinenEntscheidungssituation,wiesieindenKapiteln2bis 4erörtertwordenist.SiesinddahervomGrundsatzhergenerisch.UmdieModellein konkreten Anwendungsumgebungen einsetzen zu können, bedarf es einer Umset zungimRahmenbetrieblicherPlanungssysteme.InsbesonderesindindiesemKontext die verbliebenen modellierungstechnischen Freiheitsgrade an die jeweiligen Bege benheiten der Anwendungssituation anzupassen. Diese Aufgabe ist Gegenstand des nachfolgenden Kapitels. Der Fokus liegt hierbei auf einer konzeptionellen Erweite rungderbisherigenAusführungen.
7 NumerischeAnalyse In den vorhergehenden Kapiteln wurden allgemeine Modelle zur Unterstützung der auftragsbezogenen Planung bei variantenreicher Serienproduktion entwickelt. Ziel dieses Kapitelsist es,die dargelegtenAnsätze zu evaluieren. ImFokus stehthierbei diedynamischeEvaluationderpräsentiertenModelleimAllgemeinensowiederBe deutung der Antizipation im Rahmen der auftragsbezogenen Planung im Speziellen. DahierzueineLösungderModelleerforderlichist,entsprichtdieseAufgabederEnt scheidungsvalidierung(Abschnitt3.1.5).VoneinervalidenAbbildungsollvordiesem Hintergrundgesprochenwerden,wenndieeinzelnenElementedesPlanungssystems geeignetsind,umdieErreichungallerzuvordefiniertenZielkriterienimdynamischen Kontext der Entscheidungssituation zu beeinflussen. Nur in diesem Fall kann davon ausgegangenwerden,dassdasvorgestelltePlanungssystemeinegrundsätzlicheEnt scheidungsunterstützungleistenkann.AlszweiteZielsetzungistderEinflussvonUm gebungsfaktorenaufdasVerhaltenderauftragsbezogenenPlanungzuuntersuchen. Damit sollen Erkenntnisse generiert werden, welche Faktoren sich förderlich bzw. hinderlichaufdieRelevanzderauftragsbezogenenPlanungauswirkenunddamitals Anwendungsvoraussetzungeneinersolchenangesehenwerdenkönnen. Beide Zielsetzungen sind vordergründig exploratorisch, d.h. auf die Entdeckung von Zusammenhängenangelegt.416InAnbetrachtdessehreingeschränktenVerständnis ses,dasüberdasVerhaltenvonauftragsbezogenenPlanungssystemenbeivarianten reicherSerienproduktionvorliegt,isthierinaberzugleicheineNotwendigkeitfürspä tere Untersuchungen zu sehen. Um die Komplexität der realweltlichen Entschei dungssituationausreichendabzubilden,wirdimRahmenderUntersuchungeinereig nisdiskretesSimulationsmodelleingesetzt. DieArgumentationgliedertsichwiefolgt.ZunächstwirddieverwendeteTestumge bungvorgestellt.DieNutzungdieserUmgebunggliedertsichinzweiTeile.Ineinem ersten wird aufbauend auf einer Voruntersuchung ein Vorgehen für die eigentliche Analyseabgeleitet.ImzweitenTeilerfolgtdanndiedetaillierteDiskussionderErgeb nisse.DasKapitelschließtmiteinemFazit.
416
Fritz(1986),S.60
196
7NumerischeAnalyse
7.1 DefinitionderTestumgebung DasVerhalteneinesauftragsbezogenenPlanungssystemswirdinpraktischenAnwen dungsfällen von einer Vielzahl exogener Faktoren sowie dem dynamischen Zusam menspielderPlanungsaufgabenbeeinflusst.EinegeschlosseneBeschreibungdesSys temverhaltensistdahernichtmitvertretbaremAufwandmöglich.ZurAnalysederar tigerSystemewirdimOperationsResearchinderRegelaufSimulationsmodellezu rückgegriffen, die auf eine numerische Evaluation von Wirkungszusammenhängen zielen.417 Die im nachfolgenden erörterte experimentelle Analyse basiert auf einem ereignisdiskretenSimulationsmodell,dassdieInteraktionvonAuftragsannahmeund Produktionsprogramplanungabbildet. ImAllgemeinenlassensichnachRARDINundUZOYdreimöglicheDatenquellenfürdie Evaluation von Planungssystemen unterscheiden.418 Dies sind Daten realer Anwen dungsfälle,publizierteTestdatensätzesowiezufälliggenerierteDaten.Grundsätzlich ist die Verwendung von Daten aus praktischen Anwendungsfällen vorzuziehen, da diese die tatsächlichen Begebenheiten der Entscheidungssituation bestmöglich re flektieren. Nachteilig ist jedoch, dass entsprechende Datensätze oftmals nur unvoll ständigoderabernichtausreichendgroßsind,umdasvollständigeEinsatzspektrum desuntersuchtenPlanungssystemszuerfassen.Auchhängtdiesenan,dassdievor handenenDatenzumeistdurcheinbestehendesPlanungssystembeeinflusstworden sind.VordiesemHintergrundschlagendieAutoreneineKombinationdeserstenund desletztenVerfahrensvor.EinesolcheVorgehensweisebezeichnensiealsrandomi sierteVariationenrealerDatensätze(randomvariantsofrealdatasets).Testinstan zenlassensichdemnachdurchdiezufälligeVariationvonDatensätzenerzeugen,die diegrundlegendeStrukturdesrealenProblemswiderspiegeln. StandardisierteTestdatensätzestehenfürdiebetrachteteFragestellungderauftrags bezogenenPlanungnichtzurVerfügung.JedochexistierenzahlreicheempirischeAr beiten,ausdenensichInformationenüberdiegrundlegendeProblemstellungextra hierenlassen.VordiesemHintergrundwirdnachfolgendaufdasVerfahrenderran 417
Domschke/Drexl(2005),S.6;Scholl(2001),S.18;Andersonetal.(2000),S.588;Gosavi(2003),S. 3;Law/Kelton(2000),S.1 418 Rardin/Uzsoy(2001)
7NumerischeAnalyse
197
domisierten Variation bestehender Datensätze zurückgegriffen. Hierzu ist indes ein Verfahren notwendig, dass ausgehend von gegebenen Parametern konkrete Testin stanzenerzeugt.Einsolcheswirdnachfolgendbeschrieben. Nachfragestrom erzeugt
Start der Simulation
Nachfrageverteilung
Ziehe absolute Nachfrage je Periode
XOR
Generiere Aufträge entsprechend Nachfrage
Ende Planungsperiode
XOR
sonst Auftragsliste generiert
Simuliere Auftragseingang
XOR
Verteilung der gewünschten Lieterzeit
Zuordnung Ankunftszeitpunkt
Verteilung der Nachfrage nach Optionen
Zuordnung Auftragskonfiguration
Kapazitätsdatenbank Produktionsprogrammplanung
Auftragsannahme Auftragsdatenbank
XOR
Aufträge vollständig spezifiziert
XOR
sonst
XOR
sonst
Ende der Simulation erreicht
Auftragsliste nach Eingang sortieren
Nachfragestrom erzeugt
Abbildung42: AblaufderSimulation
Der generelle Ablauf des Verfahrens ergibt sich wie folgt (Abbildung 42). Zunächst wird für jeden Simulationslauf ein Nachfragestrom erzeugt. Dieser ist im Einzelnen gegeben durch eine Menge von Aufträgen mit spezifischen Angaben in Bezug auf Produktkonfiguration,BestellzeitpunktundgewünschterLieferperiode.Ausgangslage
198
7NumerischeAnalyse
derNachfraggenerierungistdemnachdieBestimmungderAnzahlnachgefragterPro duktejePeriode,d.h.dieHöhederNachfrage.HierzuwirdeineZufallszahlentspre chendeinerimWeiterennochnäherzuspezifizierendenVerteilunggezogen.Inder Folge werden Datensätze für einzelne Aufträge in der durch die Nachfragehöhe de terminiertenAnzahlerzeugtundanschließendspezifiziert.Konkretwirdhierzuunter Verwendung einer zweiten Verteilung für jeden Auftrag eine gewünschte Lieferzeit gezogen. Durch Subtraktion dieser von der ursprünglichen Periode lässt sich somit der Zeitpunkt des Auftragseingangs ermitteln. Als abschließenden Schritt der Nach frageerzeugung wird den jeweiligen Aufträgen eine Produktkonfiguration zugewie sen. Hierbei kommt eine dritte Verteilung zum Einsatz. Die so erzeugte Menge von Aufträgen wird schließlich entsprechend ihrem Eingangsdatum sortiert, sodass im Ergebnis ein Nachfragestrom bestehend aus individuellen Aufträgen zur Verfügung steht. Einflussfaktoren sind die Verteilungen der Nachfragehöhe, der gewünschten LieferzeitsowiederProduktkonfiguration. IneinemzweitenSchrittwirddersogenerierteNachfragestromindasauftragsbezo genePlanungssystemüberspielt.DiesesistimEinzelnengekennzeichnetdurcheine synchrone, d.h. durch das Eintreffen von Aufträgen angesteuerte Auftragsannahme sowie eine asynchrone, d.h. rollierend ausgeführte Produktionsprogrammplanung. UmInkonsistenzenzuvermeiden,kannjeweilsnureineFunktiongleichzeitigausge führtwerden. BasisdersoftwaretechnischenImplementierungsinddieSimulationsumgebungPlant SimulationsowiederSolverLingo. 7.1.1 AbgrenzungdesUntersuchungsbereichs Eine vollständige Abbildung der das Planungssystem umgebenden Umwelt im Rah men der Testumgebung würde zu einemTotalmodellführen und somit andem mit derModellierungverbundenenAufwandscheitern(Abschnitt3.1.2).Umvordiesem Hintergrund eine simulationsbasierte Evaluation von Systemen der auftragsbezoge nenPlanungdurchführenzukönnen,sindAnnahmenbezüglichderzubetrachtenden Faktoren notwendig. Insbesondere lassen sich solche Faktoren unterscheiden, die innerhalbderSimulationerzeugtwerdenundsolche,dieexogenvorgegebenwerden. Beide Arten beschreiben den Untersuchungsbereich und demnach die Grenze des
7NumerischeAnalyse
199
Modells. Alle weiteren Faktoren werden ausgeschlossen. Zur Strukturierung dieser EinflussfaktorenschlägtSTERMANdieDarstellungsformderModellgrenztabellevor.419 FürdievorliegendeUntersuchungisteinesolcheinTabelle32gegeben. Tabelle32:
Modellgrenztabelle
Endogen
Exogen
Ausgeschlossen
Nachfragestrom(Höheder NachfragejeTag,Strukturder Nachfragebzw.ModellMix, ReihenfolgederAuftragsan künfte)
Produktstruktur,d.h.insbeson dereProduktmerkmale
Faktorenohnegrundlegende ÄnderungderModelllogik(al ternativeWerke,Vertriebsquo ten)
MomentederNachfragevertei lungen(VerteilungderNachfra gejeTag,Verteilungderge Auftragsannahme(Bestimmung wünschtenLieferzeiten,Vertei derbestätigtenLieferperiode/ lungderNachfragenachPro dervorläufigenProduktionspe duktoptionen),Einplanungskos riode) ten Produktionsprogrammplanung ParameterdesProduktionssys (BestimmungderfinalenLiefer tems(KapazitätjeOption,an bzw.Produktionsperiode) gestrebteMindestauslastung, Gesamtzielerreichung(finale Umplanungen,realisierteAus lastung)
SpezielleProblemkonstellatio nen(instationäreNachfrage muster,Kapazitätsflexibilität undStörungen(z.B.Streiks), Auftragsänderungenund stornierungen,Beeinflussbar keitderNachfrage)
ParameterderAuftragsannah me(Antizipationsformund parameter) ParameterderProduktionspro grammplanung(Gewichtungs faktorbzw.funktion,Intervall grenze,Planungsintervallund horizont)
Endogen,d.h.durchdasModellbestimmt,werdenimWesentlichenderzuvorerör terteNachfragestrom,sowiedieEntscheidungenvonAuftragsannahmeundProduk tionsprogrammplanung.AlsKonsequenzdesZusammenspielsbeiderPlanungsaufga ben ergibt sich ferner das gesamthafte Verhalten des auftragsbezogenen Planungs systemsinBezugaufdiefinalenInstruktionenandieDetailplanung,d.h.derfixierte Produktionsplan.WiebereitsimRahmenderStrukturvalidierungerörtert,wirddurch dassogegebeneSystemdiegrundlegendeStrukturderpraktischenEntscheidungssi tuation reflektiert. Gleichwohl macht die quantitative Analyse die Angabe weiterer Parameter, d.h. die Konkretisierung des zu untersuchenden Systems, erforderlich. 419
Sterman(2000),S.97ff.
200
7NumerischeAnalyse
AusSichtdesSimulationsmodellshandeltessichhierbeiumexogeneFestlegungen. Im Einzelnen sind die Produktstruktur sowie die Parameter zur Konkretisierung des Nachfragestroms,desProduktionssystemsundderEntscheidungsmodellezuspezifi zieren. Von der Untersuchung ausgenommen sind Faktoren, die eine zusätzliche Spezifizie rungerforderlichmachenwürden,ohnedieAussagefähigkeitdesModellszuändern. HierzuzählendieAnzahlderzubetrachtendenWerkesowiedieBerücksichtigungvon Quoten zur Koordination des Absatzbereichs. Eine zweite Gruppe von Faktoren, die nicht Gegenstand der nachfolgenden Untersuchungen sind, betreffen Aspekte, die durchaus Einfluss auf das Verhalten von auftragsbezogenen Systemen haben könn ten,jedochlediglichinSpezialfällenvonRelevanzsind.VoneinerAnalysediesersoll imRahmenderhierdargestelltengrundlegendenAnalysedesSystemverhaltensAb standgenommenwerden.EineErweiterungistjedochohneweiteresmöglich. ImNachfolgendenwirddassobeschriebeneSystemderauftragsbezogenenPlanung konkretisiert, sodass eine simulationsbasierte Untersuchung durchgeführt werden kann.InBezugaufdieModellgrenztabellebetrifftdiesdieSpezifizierungderexoge nenParameter. 7.1.2 ModellanpassungenundAusgangsdaten Wie zuvordargestellt, lassen sich die exogenen Parameter hinsichtlich der Bereiche Nachfragestrom, Produktionssystem, Auftragsannahme sowie Produktionspro grammplanung strukturieren. Die hierfür getroffenen Annahmen werden untenste hendexpliziert.PraktischeRealisierungsformendervariantenreichenSerienprodukti on können ein großes Spektrum möglicher Ausprägungen der Rahmenbedingungen umfassen. Zur Vereinheitlichung der Darstellung wird daher nachfolgend exempla risch auf die bereits in Kapitel 4 vertiefend diskutierte Anwendungsumgebung der Automobilindustriefokussiert.DiegrundlegendenStrukturenkönnenaberalsdurch ausaufweitereBranchenübertragbarangesehenwerden(Abschnitt2.4). ParameterdesNachfragestromsundderProduktstruktur Um einen Nachfragestrom zu erzeugen, der die grundlegenden Charakteristika der variantenreichenSerienproduktioninderAutomobilindustriewiderspiegelt,sinddrei
7NumerischeAnalyse
201
Verteilungenzuspezifizieren(Abschnitt4.2).DiesbetrifftdieHöhederNachfrage,die Verteilung der gewünschten Lieferzeiten sowie die Struktur der Nachfrage. Da sich letzterenurimZusammenhangmitderProduktstrukturangebenlässt,wirdauchdie seimNachfolgendendefiniert. Um die Höhe der Nachfrage zu modellieren, wird auf eine autoregressive gleitende Durchschnittsbildung zurückgegriffen (autoregressive moving average, ARMA). Im Gegensatz zu den häufig verwendeten unabhängig und identisch verteilten Zufalls zahlen (independent and identically distributed, IID) sind entsprechende Zeitreihen durch einhöheres Maß aninnerer Konsistenz gekennzeichnet.420 D.h.im Gegensatz zu den vollständig unabhängigen Werten von IIDbasierten Zufallszahlenreihen wird bewusst ein gewisses Maß an Abhängigkeit zwischen aufeinanderfolgenden Werten integriert.Nachfragemuster,wieetwaungleicheVerkaufszahlenüberdieWochenta ge oder Marketingmaßnahmen lassen sich so besser in die Analyse integrieren.421 Gleichzeitigistdavonauszugehen,dassdieAnforderungenandieauftragsbezogene PlanungdurchdieseAbhängigkeitsteigen,dasichPhasenindenendieNachfragedie KapazitätübersteigtmitsolchenindenennichtausreichendNachfragevorhandenist, um die Kapazität auszulasten, im Zeitverlauf abwechseln. Demgegenüber gleichen sichdieSchwankungenbeiIIDZufallswertenvielkurzfristigeraus.Exemplarischlässt sichdieseAnnahmeanhandderinAbbildung43dargestelltenNachfragefüreinFahr zeugmodell eines ausgewählten Automobilherstellers nachvollziehen. Der Korrelati onskoeffizient zwischen zwei aufeinander folgenden Werten weist mit einem Wert von0,21einvonnullabweichendesMaßauf.422DiePrämisseIIDverteilterNachfra gewertekanndahernichtbestätigtwerden.
420
Makridakisetal.(1998);Law/Kelton(2000),S.384 Waller(2002) 422 EinKorrelationskoeffizientvon0,21weistaufeinenschwachpositivenZusammenhangzwischen zweiaufeinanderfolgendenWertenhin(Fahrmeiretal.(2007),S.139). 421
7NumerischeAnalyse
Menge
202
140 120 100 80 60 40 20 0 1 3 5 7 9 11 13 15 17 19 21 23 25 27 29 31 Tage
423
Abbildung43: ExemplarischeNachfrageverlauffüreinFahrzeugmodell
AusgehendvoneinermittlerenNachfrage݀ҧ,d.h.dermittlerenAnzahlvonAufträgen jePeriode,kommtvordiesemHintergrunddiefolgendeFunktionzurErmittlungdes Nachfrageverlaufs zum Einsatz. Diese beschreibt einen ARMAProzess erster Ord nung.424
݀ఛ ൌ ඃ݀ҧ ͲǤͺ ȉ ൫݀ఛିଵ െ ݀ҧ ൯ െ ͲǤͳ ȉ ߝఛିଵ ߝఛ ඇ
(71)
ߝఛ ̱ܰሺͲǢ ߚ ȉ ݀ҧ ሻ
(72)
WiedurchdieKlammernۀڿgekennzeichnet,werdendieWerteaufganzeZahlenge rundet.DieAbweichungenzurmittlerenNachfrageergebensichdurchdennormal verteiltenFehlerߝఛ .DieSchwankungsbreitedesFehlerswirddurchdieStandardab weichung entsprechend dem Anpassungsfaktor ߚ proportional zur mittleren Nach fragefestgelegt. FürdieseVerteilungsannahmesindbeispielhafteRealisierungeninAbhängigkeitdes AnpassungsfaktorsߚinAbbildung44dargestellt.
423
Omerci(2006),S.20 Makridakis(1998),S.344f.
424
7NumerischeAnalyse
203
75,00
75,00
50,00 50,00 25,00 0,00
25,00 1
11
21
31
41
51
61
1
11
21
31
41
51
61
100,00
100,00
75,00
75,00
50,00
50,00
25,00
25,00
0,00
0,00 1
11
21
31
41
51
61
1
11
21
31
41
51
61
Abbildung44: ExemplarischeNachfragereihen;aufgetragenistderVerlaufderNachfrage݀überdie Zeit (links oben ߚ ൌ ͲǤͲͳ, rechts oben ߚ ൌ ͲǤͳ, links unten ߚ ൌ ͲǤʹ, rechts unten ߚ ൌ ͲǤ͵)
FürdieVerteilungdergewünschtenLieferzeitwirdeineNormalverteilungverwendet. AusgangspunktdieserÜberlegungist,dasssichfürdiesederzentraleGrenzwertsatz aufgrundderdeutlichgrößerenAnzahlunabhängigerRealisierungen,d.h.derindivi duellenKundenanfragen,besserrechtfertigenlässt,alsdiesimFallderGesamtnach frage je Periode der Fall ist (Abschnitt 3.3.2). Unter Verwendung der mittleren ge wünschtenLieferzeit(requestedleadtime,)ݐ݈ݎvon10Perioden(ܧሼݐ݈ݎ ሽ ൌ ͳͲ)sowie des Anpassungsfaktors ߛ zur Spezifizierung der Standardabweichung ergibt sich fol gendeVerteilungfürdiegewünschtenLieferzeitenderAnfragen݅.425 ݐ݈ݎ ̱ܰሺͳͲǢ ͳͲ ȉ ߛሻ
(73)
425
Im Rahmen der simulationsbasierten Untersuchung werden negative gewünschte Lieferzeiten ausgeschlossen. Vor diesem Hintergrund wird eine symmetrische, und damit erwartungswert neutraleBeschränkungderNormalverteilungimIntervallሾͲǢ ʹͲሿvorgenommen.
204
7NumerischeAnalyse
LetztlichistdieStrukturderNachfragefestzulegen.Ausgangslagehierbeiisteinvon HOLLWEG und PIL publizierter Datensatz eines Automobilherstellers (Tabelle 33).426 DemnachwirdeinProduktmit18Optionenbetrachtet,diesichinachtOptionsfami lienstrukturierenlassen.IndemdieKapazitätdesProduktionssystemsanalogzudie senProduktoptionendefiniertwird,sindgleichsam18Ressourcenzuunterscheiden (Abschnitt2.2.2).DieNachfragenachdeneinzelnenOptionenbzw.Ressourcenwird nachfolgend unter Verwendungvon Einbauraten, d.h.derrelativen Häufigkeit einer jedenOptioninnerhalbihrerOptionsfamilie,generiert.Hierzukommenseparateem pirische Verteilungen für jede Optionsfamilie zum Einsatz. Die Konfiguration eines spezifischenAuftrags݅,d.h.dieProduktionskoeffizientenܽ bezüglichderRessource ݎ, ergibt sich dann durch Kombination der unabhängig gezogenen Ausstattungs merkmale.UnterBerücksichtigungallermöglichenPermutationenergebensichsomit 576möglicheProduktkonfigurationen. Tabelle33:
ProduktstrukturdernumerischenUntersuchung
Ressourcen indexr
Options famile
Bezeichnung
Option
Einbaurate݁݇ܽݐ
1..2
1
Getriebe
Hand schal tung
Automa tik
0,92
0,08
0
3..5
2
Motor
Benzin
Diesel
Turbo Diesel
0,50
0,45
0,05
6..7
3
Chassis
8..10
4
Ausstattung
3türer
5türer
0,60
0,40
0
Standard
Special
GTI
0,82
0,10
0,08
11..12
5
ABS
wahr
falsch
0,66
0,34
0
13..14
6
Klimaanlage
wahr
falsch
0,66
0,34
0
15..16
7
Schiebedach
wahr
falsch
0,25
0,75
0
17..18
8
Seitenairbag
wahr
falsch
0,08
0,92
0
ParameterdesProduktionssystems Die Konkretisierungen im Hinblick auf das Produktionssystem umfassen die Angabe von periodenbezogenen Kapazitätsgrenzen für die jeweiligen Ressourcen sowie die FestlegungdermindestensangestrebtenAuslastung.DiemaximaleKapazitätjeRes ௫ source und Periode ܿܽఛ wird in Abhängigkeit der Einbaurate und der mittleren
426
Holweg/Pil(2004),S.31
7NumerischeAnalyse
205
NachfragesowieeinemFaktorߣbestimmt(74).DerFaktorߣquantifiziertdemnach das Kapazitäts/Nachfrageverhältnis. Die angestrebte Kapazitätsauslastung ܿܽఛ
ergibtsichunterBerücksichtigungdieserObergrenzeundeinesAnpassungsfaktorsߩ (75).
௫ ൌ ඃߣ ȉ ݁݇ܽݐ ȉ ݀ҧ ඇ ܿܽఛ
(74)
௫ ۀ ൌ ߩڿȉ ܿܽఛ ܿܽఛ
(75)
ParameterderEntscheidungsmodelle AlsVoraussetzungderUntersuchungsindletztlichimRahmenderEntscheidungsmo delledieGewichtungsbzw.Bewertungsfunktionenfestzulegen.DiesbetrifftdiePa rameter ௩ und ௧௧ , die Funktion ܲ ௦௩ ሺȉሻ sowie die Ein und Um planungskosten.DieFestlegungderGewichtungsfaktorensowiedesParameters݇zur Abgrenzung der Zielfunktionsintervalle wird im Kontext des Untersuchungsdesigns nochnäherbeschrieben(Abschnitt7.2.4).FürdieUmsetzungderBewertungsfunkti ondeszweitenTermsderZielfunktionderProduktionsprogrammplanungkommtdie in(76)dargestellteFunktionzumEinsatz.Hierbeihandeltessichumeinestückweise lineareApproximationeinerdegressivenBewertungverfügbarerKapazität.Demnach wirddienormierteverfügbareKapazitätbiszueinembestimmtenSchwellwertߴmit demKoeffizienten ௦௩ ( ௦௩ Ͳ)gewichtet.EineZunahmeüberdiesenWert hinausführtzukeinemweiterenAnstiegderBewertungsfunktion.
௦௩ ା ȉ ܿݐఛ ǡ ା ሻൌ ቊ ܲ ௦௩ ሺܿݐఛ ௦௩ ȉߴ ǡ
ା ܿݐఛ ൏ߴ ݐݏ݊ݏǤ
(76)
Zur Bestimmung der Einplanungskosten kommt eine lineare Funktion zum Einsatz. EineVerfrühungwirdmiteinerEinheitjePeriodebewertet,eineVerspätungmitfünf Einheiten je Periode. Die Umplanungskosten werden für den Fall der Verspätung prohibitivhochgesetzt.EineVerfrühunggehtmiteinerEinheitjePeriodeindieBe rechnungdesZielfunktionswertsein. DarüberhinaussinddieParameterderrollierendenProduktionsprogrammplanungzu fixieren. Diese betreffen die Frequenz und die Aggregation der Planung sowie den Planungshorizont ܶ. Grundsätzlich werden Aspekte einer vorteilhaften Planungsfre
206
7NumerischeAnalyse
quenz durch die Anforderungen der nachgelagerten Planungsfunktionen definiert. EinezuhäufigeAktualisierungderAnforderungenwürdeeinerstabilenKoordination entgegenstehenunddieGlaubwürdigkeitbzw.dieAkzeptanzderPläneinsbesondere imHinblickaufnachgelagerteMitgliederderSupplyChainreduzieren.427Demgegen überwürdedieAuftragsannahmevoneinererhöhtenAktualisierungsfrequenzprofi tieren.SoentsprächederExtremfalleinerAusführungderProduktionsprogrammpla nung bei jeder Ankunft einer Anfrage einer monolithischen Planungskonzeption. In praktischenAnwendungsszenariendürftedieWiederholhäufigkeitmaßgeblichdurch AspektederKonsistenzbeschränktwerden.Solassensichaufgrunddervorhandenen wechselseitigen Abhängigkeiten während der Ausführungszeit der Produktionspro grammplanung keine zusätzlichen Kundenanfragen durch die Auftragsannahme be arbeiten, ohne dass Inkonsistenzen hinsichtlich der gemeinsamen Datenbasis (d.h. den Kapazitäten) zu befürchten wären. Idealerweise ist die Produktionsprogramm planungdaherinZeitenauszuführen,indenenkeineKundenanfragenzubearbeiten sind(z.B.inderNacht).NachfolgendwirddahervoneinerAusführungderProdukti onsprogrammplanungzumEndejederPeriodeausgegangen. SchließlichwirddieLängedesPlanungshorizontsܶdurchdiezurVerfügungstehende Planungsgrundlage beschränkt. Durch den Auftragsbezug in der Planung stehen Nachfrageinformationen (d.h. Aufträge) nur für einen Bereich zur Verfügung, der durchdiegewünschteLieferzeitdeterminiertwird.FüreingegebenesNachfragever haltenlässtsichdamitdienatürlicheLängedesPlanungshorizontsbestimmen.Inder vorliegendenUntersuchungwirdderPlanungshorizontzuܶ ൌ ͳͲPeriodengesetzt. ParameterderSimulation Zur Evaluation des Ansatzes wird eine terminierende Simulation gewählt. Demnach istdieAnzahlderPeriodenjeLaufsowiedieAnzahlderunabhängigenWiederholun gen, der sogenannten Replikationen, festzulegen. Für die im Nachfolgenden darge stellteUntersuchungwurdenjeweils50Periodenuntersucht.AufderBasisvonVor untersuchungen wurde eine Wiederholhäufigkeit für die einzelnen Simulationsläufe von50Replikationenfestgelegt. 427
Siehe hierzu vertiefend etwa Sridharan et al. (1987), Inderfurth (1997) oder Tang/Grubbstrom (2002).
7NumerischeAnalyse
207
ZusammenfassungderunveränderlichenParameter VondenzuvorgenanntenParameternwurdenimRahmenderUntersuchungeinige konstant vorgegeben. Diese sind zusammenfassend in Tabelle 34 dargestellt. Insbe sondere wurde die mittlere Nachfrage zu 50 Produkten je Periode gewählt. Unter BerücksichtigungderLängeeinesjedenSimulationslaufsergibtsichdamiteinemitt lereAuftragsanzahlvon2500Stück.ÜberdieswurdendieWertefürdiemindestens angestrebteAuslastungkonstantgehalten. Tabelle34:
UnveränderlicheParameterderUntersuchung
externerFaktor MittlereNachfrage
Symbol ݀ҧ ߩ
MindestensangestrebteAuslastung
Festlegung 50 0,8
PeriodenjeReplikation
50
Replikationen
50
7.1.3 Zielgrößen Zur Beschreibung des aggregierten Verhaltens von auftragsbezogenen Planungssys temen sind die in Abschnitt 3.3.2 dargestellten Ziele heranzuziehen. Demnach lässt sichdieBetrachtungnichtaufeineeinzelneDimensionbeschränken,sondernerfor dert die Integration mehrerer Kriterien. Dies sind der kundenorientierte Aspekt der Lieferfähigkeit sowie der ressourcenorientierte der Nivellierung und der Gebrauch von der Möglichkeit zur Lagerung. Zusätzlich wird die Stabilität der Planung ausge wertet. Die Lieferfähigkeit ist mittelbar das Resultat des gesamten auftragsbezogenen Pla nungssystems. Sie lässt sich jedoch unmittelbar operationalisieren durch die durch schnittlichenEinlastungskostenimRahmenderAuftragsannahme.IndemdieseKenn zahl Betrachtung findet, werden Kundenanfragen entsprechend ihrer Priorität (d.h. denterminabhängigenKosten)zurBerechnungderLieferfähigkeitherangezogen. DieNotwendigkeitzurLagerungergibtsichdann,wenndieimRahmenderProdukti onsprogrammplanung ermittelte Produktionsperiode vor der ursprünglich zugewie senenliegt.AlsgeeigneteKennzahlzurQuantifizierungdesAusmaßes,zudemLage rungnotwendigwird,kanndemnachdiedurchschnittlicheLagerzeitjeAuftragheran gezogenwerden.
208
7NumerischeAnalyse
ZurOperationalisierungderNivellierungwerdendiekumuliertenAbweichungenzur minimal angestrebten Kapazitätsauslastung ausgewertet, wobei lediglich die finalen Zuweisungen im Zuge der rollierenden Planung ausgewertet werden. Das entspre chendeKriteriumwirdnachfolgendalsUnterauslastungbezeichnet. Schließlichist eine ideale Planung durch stabile Festlegungen gekennzeichnet, da in derKonsequenzkurzfristigerUmplanungeneinerhöhterKoordinationsaufwandent steht.ZurBeschreibung derPlanungsstabilität findet die Kennzahl݄݉ܽܿݐ௪ Anwen dung. Diese quantifiziert denjenigen Anteil von Aufträgen, der bei der Produktions programmplanungmiteinemVorlaufvonݓPlanungsperiodenbereitsder(späteren) finalenPeriodezugeordnetist. EinezusammenfassendeDarstellungistinTabelle35gegeben. Tabelle35:
ZielgrößenderUntersuchung
Kategorie
Zielgröße
kundenorientiert
durchschnittlicheEinlastungskosten
bestandsorientiert
LagerperiodenjeAuftrag
ressourcenorientiert
AbweichungvonderminimalangestrebtenKapazitätsauslastung(Un terauslastung)
stabilitätsorientiert
AnteilvonAufträgen,dessenvorläufigeTerminierungimRahmender Produktionsprogrammplanungderfinalenentspricht
7.2 VoruntersuchungenundUntersuchungsdesign ImVorhergehendenwurdeeinegroßeAnzahlvonParameterneingeführt,dieeinen möglichen Einfluss auf das Verhalten des Planungssystems haben können. Ziel der untenstehendvorgestelltenVoruntersuchungenistvordiesemHintergrunddieSchaf fung eines grundsätzlichen Verständnissesdes Systemverhaltens, um die Parameter weitergehendzustrukturierenundaufdieserBasiseinVorgehenfürdienachfolgen deUntersuchungzuentwickeln. ZudiesemZweckkommenzweiVergleichspolitikenzurAnwendung.Diesedefinieren gewissermaßen Extremfälle der auftragsbezogenen Planung und können daher als MaßstabzurBewertungweitererPlanungssystemeverwendetwerden.
7NumerischeAnalyse
209
7.2.1 Vergleichspolitiken Als Vergleichspolitik wird auf der einen Seite eine kapazitierte Auftragsannahme im Sinne einer synchronen Verfügbarkeitsprüfung betrachtet (Abschnitt 5.2.1). Eine In teraktion mit der Produktionsprogrammplanung wird hierbei nicht berücksichtigt, sodassdieseVorgehensweisedemJobInsertionPrinzipfolgt.DasresultierendePla nungsverfahren wird nachfolgend als Basispolitik bezeichnet und entspricht einer üblichen Vorgehensweise in der Praxis, wie etwa für das Beispiel des Touran Pla nungssystemserörtert(Abschnitt4.3.1).AlszweiteVergleichspolitikwirdeinenach trägliche Optimierungsrechnung herangezogen. Diese wird nachfolgend als expost Optimierungbezeichnet.DadienachträglicheOptimierungeineuntereSchrankefür diezuminimierendenKriteriendefiniert,währenddieBasispolitikaufgrundihrerEin fachheiteinemöglicheobereSchrankedarstellt,ergibtsichdasPotenzialvonverbes serten Ansätzen der auftragsbezogenen Planung durch den Vergleich beider Vorge hensweisen. KapazitierteAuftragsannahmeBasispolitik DaAspektederProduktionsprogrammplanungunberücksichtigtbleiben,werdenbei einer kapazitierten Auftragsannahme keine nachträglichen Umplanungen durchge führt.Folglich kommt eine entsprechendeVorgehensweise ohne den Gebrauch von derMöglichkeitzurLagerungaus.DasZielsystemreduziertsichdamitaufdiedurch schnittlichen Einplanungskosten sowie die Unterschreitung der mindestens ange strebtenAuslastung.FürbeideKriterienistindenuntenstehendenAbbildungendie ZielerreichungfürunterschiedlicheAnpassungsfaktorenderStandardabweichungder Nachfragemenge ߚ und der gewünschten Lieferzeit ߛ sowie dem Kapazitäts/Nach frageverhältnisߣdargestellt.DieWertefürdieUnterauslastungsindinAbbildung45 dargestellt,diefürdiemittlerenEinplanungskosteninAbbildung46. Demnach hat eine Erhöhung des Kapazitäts/Nachfrageverhältnisses, d.h. der Über kapazität, eine Zunahme der Unterschreitung der mindestens angestrebten Auslas tungbeigleichzeitigerAbnahmederdurchschnittlichenEinplanungskostenzurFolge. Dies ist insofern plausibel, da es wahrscheinlicher ist, dass sich im Rahmen der se quentiellen Vorgehensweise nivellierte Pläne einstellen, wenn ein ausgeglichenes Verhältnis von Kapazität und Nachfrage besteht. Im Umkehrschluss wirkt sich die
210
7NumerischeAnalyse
AbwesenheitvonÜberkapazitätnegativaufdieLieferfähigkeitundsomitaufdiemitt lerenEinplanungskostenaus. 200%
200%
150%
150% = 0,01 = 0,1 = 0,2 = 0,3
100% 50%
= 0,01 = 0,1 = 0,2 = 0,3
100% 50%
0%
0% 1 1,1 1,2 Kapazitäts-/Nachfrageverhältnis
1 1,1 1,2 Kapazitäts-/Nachfrageverhältnis
Abbildung45: Unterauslastung für ߛ ൌ ͲǡͲͳ (links) und ߛ ൌ Ͳǡ͵ (rechts); Ergebnisse sind normiert aufdiedurchschnittlicheZielerreichung 300%
300%
250%
250%
200%
200%
= 0,01 = 0,1 = 0,2 = 0,3
150% 100%
= 0,01 = 0,1 = 0,2 = 0,3
150% 100%
50%
50%
0%
0% 1 1,1 1,2 Kapazitäts-/Nachfrageverhältnis
1 1,1 1,2 Kapazitäts-/Nachfrageverhältnis
Abbildung46: MittlereEinplanungskostenfürߛ ൌ ͲǡͲͳ(links)undߛ ൌ Ͳǡ͵(rechts);Ergebnissesind normiertaufdiedurchschnittlicheZielerreichung
Eindeutiger sind die Auswirkungen der Anpassungsfaktoren der Verteilungen der Nachfrage.EinehöhereStandardabweichungderMengeführtgleichsamzusteigen denWertenfürdieEinplanungskostenalsauchfürdieUnterauslastung.EineZunah me der Standardabweichung der Lieferzeit führt demgegenüber dazu, dass sich in Bezug auf beide Kriterien geringfügige Verbesserungen erreichen lassen. Ursächlich hierfür ist, dass Nachfragespitzen durch diegrößere Streuung dergewünschten Lie ferzeiten besser geglättet werden. Die Anforderungen an die Planung nehmen folg lichab. ExpostOptimierung Die wesentliche Herausforderung der auftragsbezogenen Planung bei variantenrei cher Serienproduktion besteht in der sich sukzessiv konkretisierenden Planungs grundlage. Diese einschränkende Bedingung wird im Rahmen der expost
7NumerischeAnalyse
211
Betrachtungaufgegeben,indemunterstelltwird,dassalleAnfragen݅ ࣣ אfürdenge samten Betrachtungszeitraum ܶ ௌ௨௧ zum Zeitpunkt der Planung vorliegen. Die optimalen Zuordnungsentscheidungen ergeben sich folglich durch simultane Lösung des Produktionsplanungsproblems. Auf das sich daraus ergebene Entscheidungsfeld trifft folglich die Eigenschaft der Geschlossenheit zu (Abschnitt 3.1.1). Aufgrund der verändertenEntscheidungssituationistallerdingseineModifikationdesvormalserör tertenEntscheidungsmodellsnotwendig(Abschnitt6.2.1).Sodientder zweiteTerm derZielfunktiondesoriginärenModellsderAufrechterhaltungderLieferfähigkeitim Kontext eines offenen Entscheidungsfelds. Aus der Perspektive einer expost Betrachtung ist dieser Term demnach nicht länger von Bedeutung. Überdies ist die OptionderUmplanungnichtlängerentscheidungsrelevant,dafürdieUntersuchung unterstelltwurde,dassesstriktvorteilhafterist,dieKundenvoneinemabweichen den Liefertermin zu überzeugen (Abschnitt 6.1.2). Folglich vereinfacht sich das Ent scheidungsmodelldazu,denKonfliktzwischendenKriterienderVermeidungvonUn terschreitungendermindestensangestrebtenAuslastungunddenEinplanungskosten aufzulösen (77) (712). Das sich dadurch ergebene Modell ähnelt in struktureller SichtdemvonBOYSENpräsentierten(Abschnitt5.3.2). ் ೄೠೌ
Minimiere
u.d.N.
௩
ȉ
் ೄೠೌ
ି ܿݐఛ
ఛୀଵ
࣬א
௫ ܿܽఛ ܿݐఛ െ ܿܽఛ ି ൌ ܿݐఛ ܿܽఛ
ܿWை ȉ W
ఛୀଵ
ࣣא
(77)
࣬ א ݎ Ǣ ͳ ߬ ܶ ௌ௨௧ (78)
W ȉ ܽ ܿݐఛ ൌ ܿܽ௫ ࣬ א ݎ Ǣ ͳ ߬ ܶ ௌ௨௧ (79) ఛ ࣣא
௧ା்ିଵ
W ൌ ͳ
୲ࣣ א ݅
(710)
ͳ ߬ ܶ ௌ௨௧
(711)
ఛୀ௧
ି Ͳ ܿݐఛ ǡ ܿݐఛ
W אሼͲǡͳሽ
ࣣ א ݅ ǡ ͳ ߬ ܶ ௌ௨௧ (712)
212
7NumerischeAnalyse
DemnachlässtsichderbereitsinKapitel5diskutierteZielkonfliktzwischenkunden undressourcenorientiertenKriterien,d.h.inBezugaufdieEinplanungskostenunddie Unterschreitung der Mindestauslastung, bestätigen. Diese Erkenntnis wird gestützt durchdieinAbbildung47dargestelltenZielerreichungen,diesichdurchunterschied liche Wahl von ௩ ergeben. Demnach lässt sich eine Verbesserung des einen
100%
Einplanungskosten
Einplanungskosten
KriteriumsnurdurcheineVerschlechterungdesanderenerreichen.428
95%
90%
85%
100% 80% 60% 40% 20% 0%
0%
20%
40%
60%
80% 100%
Unterauslastung
0%
20%
40%
60%
80% 100%
Unterauslastung
Abbildung47: AusgewählteZielerreichungenfürߣ ൌ ͳǡͲ(links)undߣ ൌ ͳǡʹ(rechts)sowieߚ ൌ Ͳǡͳ undߛ ൌ Ͳǡʹ;ErgebnissesindnormiertaufdenjeweilsmaximalenWert.
DieErmittlungderoptimalenZielerreichungalsGrundlagefürdienachfolgendeUn tersuchung macht vor diesem Hintergrund die Angabe der Artenpräferenz des Ent scheidungsträgers erforderlich (Abschnitt 3.1.1). Um den generischen Charakter der vorliegenden Untersuchung nicht infrage zu stellen, soll hier anstelle dessen in An lehnunganeineweitverbreiteteVorgehensweisebeiderVektoroptimierungderso genannteidealeVektor(auch:utopischerPunkt)Anwendungfinden.429Dieserkom biniertdieZielerreichungenbeieineralleinigenOptimierungnachdenjeweiligenKri terien, hier also den geringsten Wert der Einplanungskosten mit dem ebenfalls ge ringstenWertderUnterschreitungderMindestauslastung.430
428
DieaufgetragenenZielerreichungensindinsofernalseffizientzubezeichnen,alsdasseineVer besserung in Bezug auf des eine Kriterium nicht ohne Verschlechterung der anderen Zielerrei chungrealisierbarist(Gal(1986)). 429 Tamizetal.(1998) 430 Ehrgott/Gandibleux(2000)
7NumerischeAnalyse
213
AufBasisdesVergleichszwischenBasispolitikunddemidealenVektorlässtsichdas Potenzial von verbesserten auftragsbezogenen Planungskonzepten abschätzen.431 HierbeizeigtsicheindifferenziertesBild.DasPotenzialbezüglichderReduktionder Unterauslastung wird positiv von einem steigenden Kapazitäts/Nachfrageverhältnis und einer höheren Variabilität der Nachfragehöhe beeinflusst. Gleichsam nimmt es mit einer höheren Variabilität der gewünschten Lieferzeiten geringfügig ab (Abbildung 48). In Relation zur Zielerreichung der Basispolitik lassen sich im Mittel Reduktionen von 94 bis 100 Prozent (ߛ ൌ ͲǡͲͳ) bzw. 93 und 100 Prozent (ߛ ൌ Ͳǡ͵) realisieren.DasPotenzialinBezugaufdieUnterauslastungentwickeltsichdamitana logzuderzuvordargestelltenabsolutenHöhederKennzahlbeiAnwendungderBa sispolitik.HoheabsoluteWertefürdieUnterauslastunggehenfolglichmitebenfalls hohenWertenfürdasPotenzialeinher. 200%
200%
150%
150%
100%
100%
50%
50%
0%
= 0,01 = 0,1 = 0,2 = 0,3
0% 1 1,1 1,2 Kapazitäts-/Nachfrageverhältnis
1 1,1 1,2 Kapazitäts-/Nachfrageverhältnis
Abbildung48: MittlerepaarweiseDifferenzzwischenBasispolitikundexpostOptimierungderUn terauslastungfürߛ ൌ ͲǡͲͳ(links)undߛ ൌ Ͳǡ͵(rechts);dieErgebnissesindnormiert aufdiedurchschnittlicheDifferenzzwischenbeidenPolitiken.
EinabweichendesErgebniszeigtsichmitHinblickaufdasPotenzialzurReduktionder mittleren Einplanungskosten (Abbildung 49). Für ein ausgeglichenes Kapazitäts/ Nachfrageverhältnis (ߣ ൌ ͳǡͲ) nimmt das Potenzial mit einer steigenden Variabilität derNachfragehöheab.DemnachübersteigtdieDifferenzdermittlerenEinplanungs kosten für eine nahezu deterministische Nachfrage (ߚ ൌ ͲǡͲͳ) die bei einer ausge prägtenVolatilität(ߚ ൌ Ͳǡ͵)umdenFaktordrei.GegenläufigeEffektezeigensichfür 431
Gleichwohl ist anzumerken, dass der ideale Vektor im betrachteten Umfeld keine zulässige Lö sung darstellt. Ein entsprechendes Vorgehen führt folglich zu einer systematischen Überschät zungdesPotenzials.
214
7NumerischeAnalyse
denFalleiner20prozentigenÜberkapazität(ߣ ൌ ͳǡʹ).HiernimmtdasPotenzialzur Reduktion der mittleren Einplanungskosten mit steigender Volatilität deutlich zu, wobeiderrelativeUnterschiedaufgrunddergeringerenabsolutenHöhenochdeutli cherausfällt(Faktor3,7).DieEntwicklunggleichtsichdamitmitzunehmenderÜber kapazität, wie zuvor auch für die Unterauslastung beobachtet, der Entwicklung der absolutenHöhedermittlerenEinplanungskostenimFallderBasispolitikan.DasPo tenzialzurReduktionderEinplanungskostenimRahmenderauftragsbezogenenPla nungistdemnachjenachKapazitäts/NachfrageszenarioamgrößtenfürdenFalleiner geringenÜberkapazitätundeinergleichzeitiggeringenVolatilitätderNachfragehöhe sowiebeieinerhöherenÜberkapazitätundeinerebenfallshohenVolatilität.Generell übertreffen die Werte für ein ausgeglichenes Kapazitäts/Nachfrageszenario erwar tungsgemäßdieübrigen.InRelationzurZielerreichungderBasispolitiklassensichim Mittel Reduktionen von 12 bis 71 Prozent (ߛ ൌ ͲǡͲͳ) bzw. 17 und 76 Prozent (ߛ ൌ Ͳǡ͵)realisieren. 300%
300%
250%
250%
200%
200%
150%
150%
100%
100%
50%
50%
0%
= 0,01 = 0,1 = 0,2 = 0,3
0% 1 1,1 1,2 Kapazitäts-/Nachfrageverhältnis
1 1,1 1,2 Kapazitäts-/Nachfrageverhältnis
Abbildung49: MittlerepaarweiseDifferenzzwischenBasispolitikundexpostOptimierungdermitt lerenEinplanungskostenfürߛ ൌ ͲǡͲͳ(links)undߛ ൌ Ͳǡ͵(rechts);dieErgebnissesind normiertaufdiedurchschnittlicheDifferenzinderZielerreichung.
UrsächlichfürdengegenläufigenEffektderVolatilitätderNachfrageunddesKapazi täts/Nachfrageszenarios zeigen sich zwei Phänomene. Bei einer konstant hohen Nachfrage(d.h. O ൌ ͳundߚ ൌ ͲǡͲͳ)führenimFallderBasispolitikressourcenspezi fischeEngpässedazu,dassAufträgenichtwiegewünschteingeplantwerdenkönnen. Dieser Effekt soll als ModellMixbedingte Lieferunfähigkeit bezeichnet werden. Im KontextderexpostBetrachtunglässtsichsolchenEngpässendurchdieBerücksichti gung der Interdependenzen in der Kapazitätsinanspruchnahme der Aufträge besser
7NumerischeAnalyse
215
begegnen.FolglicherklärtsichdasgroßePotenzialzurReduktionderEinplanungskos ten. Demgegenüber ist die relative Erhöhung des Potenzials bezüglich der Einpla nungskostenimFalleinerstarkschwankendenniedrigenNachfrage(d.h.O ൌ ͳǡʹund ߚ ൌ Ͳǡ͵)durchzeitweiligeNachfragespitzenzubegründen.DerzugehörigeEffektsoll alsvolumenbedingteLieferunfähigkeitbezeichnetwerden.ImRahmenderexpost BetrachtunglässtsichdiesemdurchgezieltesVorziehenvonAufträgenentgegenwir ken.DiehierzunotwendigenInformationenwerdenimFallderBasispolitiknichtbe rücksichtigt, sodass mit einer deutlich schlechteren Effektivität im Hinblick auf die KompensationdiesesPhänomenszurechnenist. GleichsamuneinheitlichistderEinflussderVariabilitätdergewünschtenLieferzeiten. Bei einem ausgeglichenen Kapazität/Nachfrageverhältnis nimmt das Potenzial mit einer steigenden Volatilität zu, während der Umkehrschluss bei Vorhandensein von Überkapazitätzutrifft.ErneutistderEinflussimVergleichzudenbeidenanderenFak torengering. Um die Interpretierbarkeit der nachfolgenden Simulationsergebnisse zu erhöhen, wirdeinerelativeBetrachtungderKennzahlenUnterauslastungundmittlereEinpla nungskosten durchgeführt. Hierbei ergibt sich die kriterienbezogene Zielerreichung desbetrachtetenPlanungssystems݄jeweilsbezogenaufdieDifferenzzwischender ZielerreichungderBasispolitik݄௦௦௧ undderKomponentedesidealenVektors ݄௫ି௦௧ (713).DieresultierendeKennzahl݄kanndemnachalsNutzungsgradbezo genaufdasidealtypischePotenzialbetrachtetwerden.432EinWertvon100Prozent repräsentiert eine vollständige Nutzung des Potenzials, während ein Wert von null einerZielerreichunggemäßderBasispolitikentspricht.Wertezwischennullundeins bildendierelativeVerbesserungbezogenaufdieDifferenzzwischendenbeidenRe ferenzwertenab. ݄ ൌ
݄௦௦௧ െ ݄ ݄௦௦௧ െ ݄௫ି௦௧
(713)
432
EinentsprechendesVorgehenentsprichtderlinearenSkalentransformation(Spengler(1998),S. 171f.).
216
7NumerischeAnalyse
FürdiemittlereLagerdauerlässtsicheinentsprechendesVorgehennichtübertragen, da diese bei beiden Referenzpolitiken nicht berücksichtigt wird. Aus diesem Grund wirdhierfüraufeineabsoluteBetrachtungzurückgegriffen. AufbauendaufdiesenVoruntersuchungenistimNachfolgendendasanzuwendende Untersuchungsdesignfestzulegen.DiesesbetrifftdieEntscheidung,wiedasSimulati onsmodellgenutztwerdensoll,umdieformuliertenFragestellungenzubeantworten undumfasstdaherdieweitergehendeStrukturierungderFaktoren.433 7.2.2 Untersuchungsdesign EinoftmalsverwendetesSynonymfürdieBezeichnungUntersuchungsdesignistdas DesignvonExperimenten(DesignofExperiments).UmeineeindeutigeBasisfürdie untenstehendenAusführungenzuschaffen,sindzunächstdiegrundlegendenTermini zuklärenundvoneinanderabzugrenzen.DiesbetrifftdieBegriffeExperiment,Simu lationslaufundReplikation.EinExperimentbezeichnetdieAusführungdesSimulati onsmodells,umeinespezifischeFragestellungzubeantworten.Hierzukannesgege benenfallsnotwendigsein,mehrereKonfigurationen,d.h.Kombinationenvonunab hängigenVariablenzusimulieren.DieunabhängigenVariablenwerdenoftmalsauch alsFaktorenbezeichnet.JedeUntersuchungfürsichgenommenwirdSimulationslauf genannt.UntereinerBeobachtungoderauchReplikationwirdschließlicheinekon kreteInstanzdesModellsverstanden.DiesumfasstaucheinespezifischeStichprobe der zu berücksichtigenden unsicheren Einflüsse. Im Rahmen des Untersuchungsde signsistfolglichfestzulegen,welcheExperimentezurBeantwortungderbetrachteten Fragestellungen durchzuführen sind, und welche Simulationsläufe hierzu notwendig sind. Um ein Untersuchungsdesign für die betrachteteFragestellung zu entwickeln, ist es zunächst zweckmäßig, die exogenen Parameter, d.h. die Faktoren, zu klassifizieren. DemnachlassensichdreiGruppenunterscheiden.DieersteGruppeumfasststruktu relle Parameter, die in praktischen Anwendungen aus Sicht der auftragsbezogenen Planung als gegeben angesehen werden können. Hierzu gehören beispielsweise die KapazitätendesProduktionssystemsundRahmenverträgezurRegelungderbedarfs 433
Law/Kelton(2000),S.622f.;Kleijnen(1998)
7NumerischeAnalyse
217
synchronen Beschaffung. In die zweite Gruppe sind Parameter einzuordnen, die ebenfalls als unabhängig von den Planungsentscheidungen angesehen werden kön nen,aberimZeitablaufdurcheinehöhereVeränderlichkeitgekennzeichnetsind.Die se werden nachfolgend als organisational bezeichnet. Als Beispiel seien an dieser StelleAttributederKundennachfragegenannt(VerteilungderNachfrageundderge wünschten Lieferzeiten). Die zeitlichen Veränderungen organisationaler Parameter könnenbeispielsweisedurchdenLebenszyklusdesbetrachtetenProduktsbeeinflusst werden.DiedritteGruppeumfasstschließlichParameter,welchederAusgestaltung desmathematischenProgrammsdienenunddamitfreigewähltwerdenkönnen.Da siederKonfigurationdesPlanungssystemsdienen,werdensiealsKonfigurationspa rameterbezeichnet.EinezusammenfassendeDarstellungistinTabelle36gegeben. Tabelle36:
KlassifikationderexogenenParameter
StrukturelleParameter
OrganisationaleParameter
Konfigurationsparameter
Produktstruktur
VerteilungsmomentedesNach frageverlaufs(mittlereNachfra ge,Standardabweichungdes Fehlers)
ParameterderAuftragsannahme (GewichtungsfaktordesAntizi pationsterms)
ParameterdesProduktions systems(Kapazitätundmin destensangestrebteAuslas tung)
Verteilungsmomentederge wünschtenLieferzeiten(Erwar tungswertundStandardabwei chung)
ParameterProduktionspro grammplanung(Gewichtungs faktorbzw.funktion,Planungs intervallundhorizont),
VerteilungderNachfragenach Produktoptionen Einplanungskosten
AufgrunddergroßenAnzahlvonParameternbietetsicheindifferenziertesUntersu chungsdesign an. Entsprechend der Zielsetzung der Untersuchung besteht der Ge genstand einer ersten Phase in der Evaluation der vorgestellten Modelle zur auf tragsbezogenenPlanung.ImMittelpunktderBetrachtungstehenfolglichdieParame terderdrittenGruppe.DaraufaufbauendliegtderFokusineinerzweitenPhaseauf der Analyse des Einflusses der Umgebungsfaktoren, d.h. der Faktoren der zweiten Gruppe,aufdasVerhaltendesauftragsbezogenenPlanungssystems. ZurBeantwortungbeiderFragestellungenistjeweilsderkausaleZusammenhangzwi schen den Parametern (unabhängige Variable) und der zugehörigen Zielerreichung
218
7NumerischeAnalyse
(abhängige Variable) zu evaluieren. Ein Untersuchungsdesign zur Analyse derartiger Zusammenhänge ist ein sogenanntes vollfaktorielles Design.434 Ein solches basiert auf der vollständigen systematischen Kombination von jeweils (mindestens) zwei AusprägungenfürjedeunabhängigeVariable.JedeKombinationergibteinensepara tenSimulationslauf,sodassbei݇FaktorenmitjeweilszweiAusprägungeninsgesamt ʹ Simulationsläufe untersucht werden müssen.435 Das Ziel besteht darin, sowohl AussagenüberdieRelevanzeinesFaktorshinsichtlichderErgebnisrealisationdesSys tems als auch über die Wechselwirkungen zwischen den Faktoren in Bezug auf die Ergebnisrealisation zu erhalten. Ersterer Zusammenhang wird als Haupteffekt be zeichnet,letztereralsInteraktionseffekt. WiedurchdieVoruntersuchungenbelegt,werdendieErgebnisrealisationenerheblich durch das Verhältnis der Kapazität zur Nachfrage beeinflusst. Da die Nachfrage im RahmenderSimulationalsstochastischmodelliertwird,ergibtsichdastatsächliche Kapazitäts/Nachfrageverhältnis für eine konkrete Replikation als endogene Größe. DamitistvoneinerKorrelationzwischenUntersuchungenmitidentischenZufallszah lenauszugehen.UnterdieserVoraussetzunglässtsichdieTechnikdergemeinsamen Zufallszahlen(commonrandomnumbers,CRN)zurReduktionderVarianzderErgeb nisrealisationenunddamitzurErhöhungderstatistischenEffizienzanwenden.436Die seswirdnachfolgendvollzogen. Aufgrund der geringen Kenntnisse, die über das Verhalten von auftragsbezogenen Planungsproblemenvorliegen,könnenInteraktionseffektenichtausgeschlossenwer den.DieAnwendungeinesvollfaktoriellenDesignsscheintdaherfürdiebetrachtete FragestellungimbesonderenMaßegeeignet.
434
Law/Kelton(2000),S.626 IndiesemFallwirdoftmalsauchvoneinem2kFaktorDesigngesprochen. 436 Ursächlichhierfürist,dassaufgrundderdurchdiegemeinsamenZufallszahlenimpliziertenKorre lation die Varianz der Differenz kleiner ist als die der Einzelverteilungen (Wilson (1984); Law/Kelton(2000),S.558) 435
7NumerischeAnalyse
219
UntersuchungsdesigndererstenPhase ImRahmendererstenPhasewerdendieParameterderPlanungsmodelleeinersys tematischen Variation unterzogen.437 Bei genauerer Betrachtung zeigen sich in der BedeutungderParameterallerdingsweitergehendeUnterschiede.WährenddieGe wichtungsfaktorenweitestgehendfreiwählbarsind,leitensichausdemIntervallpa rameter weitergehende Konsequenzen ab. Da durch diesen das Intervall definiert wird, in dem die Unterschreitung der Mindestauslastung minimiert wird, hat dieser ParameterwesentlichenEinflussaufdieNivellierungderPlanung.Aufgrundderzuvor erörtertenÜberlegungen,dassinvielenpraktischenFälleneineNivellierungüberdie aktuelle Periode hinaus notwendig ist, um der eingeschränkten Flexibilität des Pro duktionssystemsRechnungzutragen,wirdzunächstvoneinemgegebenenParame terwertausgegangen.DieseAnnahmewirdineinemzweitenSchrittrelaxiert. EinzweiterParameter,dervonbesonderemInteresseist,istdieGewichtungdesAn tizipationsterms. Durch diesen erfolgt die Einbindung der Antizipation mit dem Ziel einer verbesserten Koordination der Einzelentscheidungen der auftragsbezogenen Planung.DurchgezielteWahlderbetrachtetenWertelassensichzweiausstrukturel lerSichtunterschiedlicheAntizipationsformenrealisieren.EinParameterwertvonnull entsprichtdemnachderimplizitenAntizipationwährendeinWertgrößernullzueiner explizitapproximierendenAntizipationführt(Abschnitt6.2.2).Folglichlässtsichdas spezielleZielderUntersuchung,d.h.dieAuswirkungenderAntizipationalsBestand teildererstenPhasebeleuchten.HierzuwirdaufgrundderzentralenBedeutungeine weitergehende Analyse vorgenommen. In diesem Kontext wird die Anzahl der be trachtetenFaktorstufenfürdieGewichtungdesAntizipationstermserhöht,sodassin dervertiefendenStudieinsgesamtdreiFaktorstufenunterschiedenwerden. AusgangslagedeserstenExperimentsistdemnacheinevollfaktorielleUntersuchung desEinflussesderGewichtungsfaktorenaufdieErgebnisrealisationen.BasisderÜber legungen, die zur Festlegung der zu untersuchenden Parameterausprägungen führ ten, war der Grundgedanke der lexikografischen Optimierung (Abschnitt 5.3.1). Die 437
WährendderAnalysewirddieGewichtungdesdrittenTermsderZielfunktionderProduktions programmplanung,d.h.derUmplanungskostenkonstantgehalten.Diesesistinsoferngerechtfer tigt,dadurchdieWahlderGewichtungendererstenbeidenTermejederelativeBedeutungdes drittenabgebildetwird.
220
7NumerischeAnalyse
Lösung des Entscheidungsproblems ergibt sich demnach durch sequenzielle Lösung nach den einzelnen Kriterien. Indem für die Gewichtungsfaktoren unterschiedliche Größenordnungengewähltwurden,gehtdergeringgewichteteTermnurdannindie Entscheidungsfindungein,wennmehrereoptimaleLösungeninBezugaufdenstark gewichteten Term existieren. Wie bereits aus den Voruntersuchungen hervorging, werden die Ergebnisse überdies zu einem großen Teil durch das Nachfrageszenario beeinflusst. Als zusätzlicher Parameter wird daher das Kapazitäts/Nachfrage verhältnisߣindasExperimentaufgenommen.ImHinblickaufdieAnpassungsfakto ren für die Standardabweichung der Nachfragehöhe und die gewünschte Lieferzeit werdenmittlereParameterwertegewählt.SoergibtsichdiegrößteDifferenzdesbe rechnetenPotenzialsinBezugaufdieUnterauslastungzwischendenWertenߚ ൌ Ͳǡͳ undߚ ൌ ͲǡʹfürdenAnpassungsfaktorderNachfragehöhe.UmdieErgebnissenicht zuverzerrenwirddahereinkonservativerWertvon0,1gewählt.Ohnehingeringist der Einfluss des Anpassungsfaktors ߛ. Für die nachfolgenden Untersuchungen wird der Wert zu ߛ ൌ Ͳǡʹ gesetzt. Der Zielfunktionsparameter wird zunächst zu ݇ ൌ Ͷ, entsprechend einem ebenfalls mittleren Wert im Zulässigkeitsbereich gesetzt. Für denSchwellwertderGewichtungsfunktionܲ ௦௩ ሺȉሻzeigtesichinVoruntersuchun gen ein sehr geringer Einfluss. Daher wird dieser in der Folge nicht vertiefend be trachtet. Alle übrigen Parameter werden wie zuvor erörtert fixiert (Tabelle 37). Für die gewählten Ausprägungen ergeben sich folglich 16 Parameterkombinationen re spektive Simulationsläufe. Um überdies differenziertere Erkenntnisse über die Rele vanz des Antizipationsterms zu erhalten, werden weitere Simulationsläufe durchge führt.HierbeiwerdenjeweilsdreiWertefürdasKapazitäts/Nachfrageverhältnisund denGewichtungsfaktorunterschieden.
7NumerischeAnalyse
221
Tabelle37:
ParameterundAusprägungendeserstenExperimentsdererstenPhase
Faktor
Symbol
Ausprägungen
Freiheitsgrade
ߣ
1,0,(1,1)*,1,2
1,(2)*
௩
10,10000
1
௦௩
10,10000
1
௧௧
Kapazitäts/Nachfrageverhältnis
GewichtungdesNivellierungsterms
GewichtungdesServiceterms GewichtungdesAntizipationsterms
0,(6)*,10
1,(2)*
Zielfunktionsintervallparameter
݇
4
0
Mindestauslastung
ߩ
0,8
0
SchwellwertderGewichtungsfunktion ܲ ௦௩ ሺȉሻ AnpassungsfaktorderStandardabweichung derAuftragsvolumina
ߴ
0,3
0
ߚ
0,1
0
AnpassungsfaktorderStandardabweichung dergewünschtenLieferzeit
ߛ
0,2
0
*BerücksichtigunginvertiefenderAnalyse
ZieldeszweitenExperimentsdererstenPhaseistes,dieAuswirkungendesIntervall parametersderZielfunktionderProduktionsprogrammplanungaufdasVerhaltendes Planungssystemszuanalysieren.UmeinemöglichstdetaillierteUntersuchungzuer lauben, werden mit Ausnahme des Kapazitäts/Nachfrageverhältnisses alle anderen Parameterfixiert.AlsReferenzkonfigurationfürdasPlanungssystemfindeteinPara metersatz Anwendung, der, wie nachfolgend ausgeführt wird, einen ausgeprägten EinflussaufallebetrachtetenZielkriterienhat.DemnachsindergänzendachtSimula tionsläufedurchzuführen. Tabelle38:
ParameterundAusprägungendeszweitenExperimentsdererstenPhase
Faktor Kapazitäts/Nachfrageverhältnis GewichtungdesNivellierungsterms GewichtungdesServiceterms
Symbol
Ausprägungen
ߣ
1,0;1,2
Freiheitsgrade 1
௩
10000
0
௦௩
10000
0
௧௧
6
0
Zielfunktionsintervallparameter
k
0,2,4,6,8
4
Mindestauslastung
ߩ
0,8
0
SchwellwertderGewichtungsfunktion ܲ ௦௩ ሺȉሻ AnpassungsfaktorderStandardabweichung derAuftragsvolumina
ߴ
0,3
0
Ⱦ
0,1
0
AnpassungsfaktorderStandardabweichung dergewünschtenLieferzeit
ߛ
0,2
0
GewichtungdesAntizipationsterms
222
7NumerischeAnalyse
UntersuchungsdesignderzweitenPhase ImFokuseinerzweitenPhasestehtdievertiefendeAnalysedesEinflussesexogener Größen auf das Verhalten des Planungssystems. Auf der Basis dieser Untersuchung sollesmöglichsein,HandlungsempfehlungenfürdenEinsatzvonauftragsbezogenen Planungssystemen im Kontext einer variantenreichen Serienproduktion abzuleiten. ImRahmenderVoranalysezeigtesichmitBezugaufdieEinplanungskosteneinaus geprägter Interaktionseffekt zwischen der Volatilität der Nachfragehöhe und dem VerhältnisvonKapazitätzuNachfrage.UmdiesenEffektmitHinblickaufdasVerhal ten des Planungssystems zu untersuchen, werden die entsprechenden Anpassungs faktorensystematischvariiert.ErneutfindeteineReferenzkonfigurationfürdasPla nungssystemAnwendung,dieeinenausgeprägtenEinflussaufallebetrachtetenZiel kriterien hat. Für die in Tabelle 39 zusammengefassten Parameterausprägungen er gebensich12Simulationsläufe,wobeidieErgebnissevondreiLäufenbereitsausder erstenPhasevorliegen.
Tabelle39:
ParameterundAusprägungenderzweitenPhase
Faktor
Symbol
Ausprägungen
Kapazitäts/Nachfrageverhältnis
ߣ
1,0;1,1;1,2
2
Mindestauslastung
ߩ
0,8
0
SchwellwertderGewichtungsfunktion ܲ ௦௩ ሺȉሻ AnpassungsfaktorderStandardabweichung derAuftragsvolumina
ߴ
0,3
0
Ⱦ
0,1;0,2
1
AnpassungsfaktorderStandardabweichung dergewünschtenLieferzeit
ߛ
0,1,0,2
1
௩
10000
0
௦௩
10000
0
k
4
0
௧௧
6
0
GewichtungdesNivellierungsterms GewichtungdesServiceterms Zielfunktionsintervallparameter GewichtungdesAntizipationsterms
Freiheitsgrade
7.3 Ergebnisse 7.3.1 MethodischeVorbemerkungen BevordieErgebnissederEvaluationdesauftragsbezogenenPlanungssystemserörtert werden, sind zunächst die verwendeten Methoden einführend darzustellen. Neben
7NumerischeAnalyse
223
derbereitseingeführtenVarianzreduktionstechnikderCRNbetrifftdiesdieVarianz analyseundProfildiagramme. Eine effiziente Möglichkeit zur exploratorischen Untersuchung von Simulations experimentenistdieVarianzanalyse(AnalysisofVariance,ANOVA).438Ausgangslage dieseristdiePrämisse,dassdienichtzufälligeVariationderErgebnisrealisationallein auf die Unterschiede in den Ausprägungen der untersuchten Faktoren zurückzufüh renist.FürdieReplikation߱(߱ ൌ ͳǡ ǥ ǡ πሻeinesExperimentsmiteinemFaktorund denAusprägungen݊(݊ ൌ ͳǡ ǥ ǡ ܰሻergibtsichdieErgebnisrealisation݄ఠ wiefolgt: ݄ఠ ൌ ߤ ߜ ߝఠ
(714)
Hierbeibezeichnetߝఠ denzufälligenFehler.DerinkrementelleEffektderFaktoraus prägung݊ergibtsichzuߜ ,wobeiinderRegeldavonausgegangenwird,dasssichdie inkrementellenEffekteinsgesamtausgleichen(σே ୀଵ ߜ ൌ Ͳ).GrundideederVarianz analyseistnun,dieSummederFehlerquadratedesExperiments(ܵܵ௦௧ ),d.h.die quadriertenAbweichungenzumglobalenMittelwert,entsprechendderbetrachteten Faktoren und dem zufälligen Fehler zu partitionieren. Demnach ergibt sich für die einfachsteFormderVarianzanalyse(d.h.lediglicheinbetrachteterFaktormit݊Aus prägungen)folgendeUnterteilungderbeobachtenStreuung: ே
π
ܵܵ௦௧ ൌ ሺ݄ఠ െ ݄തఠ ሻଶ
(715)
ୀଵ ఠୀଵ ே
ே
π
ൌ π ȉ ሺ݄Ǥ െ ݄തǤǤ ሻଶ ሺ݄ఠ െ ݄തǤ െ ݄തǤǤ ሻଶ
ୀଵ
ୀଵ ఠୀଵ
ൌ ܵܵி௧ ܵܵ௨
HierbeiindizierendiePunktedieBildungdesDurchschnittsüberdenjeweiligenIndex bzw. die Indices. Beispielsweise bezeichnet ݄Ǥ die durchschnittliche Zielerreichung für eine Faktorausprägung über alle Replikationen. Üblicherweise wird mehr als ein Faktor betrachtet. Zudem lassen sich Interaktionseffekte in vielen Fällen nicht aus 438
Rardin/Uzsoy(2001)
224
7NumerischeAnalyse
schließen. Dies macht eine weitergehende Partitionierung der Gesamtstreuung er forderlich.GleichesgiltfürdenFall,dass,wieindervorliegendenUntersuchung,die Varianzreduktionstechnik der gemeinsamen Zufallszahlen zum Einsatz kommt. Me thodische Konsequenzen sind etwa in RARDIN und UZOY oder einschlägigen Quellen zurVarianzanalysedargestellt.439 EinzentralerVorteilderAnwendungderVarianzanalysefürexploratorischeUntersu chungenist,dassdieseeineAussageüberdenFehlerersterArtinBezugaufdenEin flussvonFaktorenaufeineinteressierendeErgebnisgrößeliefert.Somitlässtsichdie Wahrscheinlichkeit quantifizieren, dass der jeweilige Faktor keinen Einfluss ausübt. AuchliefertdieAnalyseeineAussageüberdieGütedesErklärungsmodells,diesoge nannte Erklärkraft. Hierzu kommt, wie auch bei der Regressionsanalyse üblich, das Bestimmtheitsmaß(ܴଶ )zumEinsatz.DiesesistdefiniertalsderAnteilderStreuung, der durch die Faktoren des Modells im Verhältnis zur Gesamtstreuung erklärt wird. Eine Kennzahl nahe eins deutet demnach auf eine hohe Erklärkraft hin. Gleichwohl bestehenzweiAnwendungsvoraussetzungenderVarianzanalyseinderNormalvertei lungsannahme und der Varianzgleichheit (Homoskedastizität) des Fehlerterms über alle Faktorkombinationen. Bestehen Zweifel am Vorliegen dieser Voraussetzungen, können die Ergebnisse der Analyse lediglich als approximative Informationen ver wendet werden. In diesem Fall lässt sich die Analyse durch nachträgliche Untersu chungen komplementieren. Aufgrund der grundsätzlichen Eignung zur simultanen Analyse möglicher Kausalbeziehungen soll nachfolgend von der Varianzanalyse Gebrauchgemachtwerden. DieVarianzanalyseliefertausschließlichInformationenüberdasgrundsätzlicheVor liegeneinerKausalbeziehung.AngabenüberRichtungundBetragderEffektemachen einevertiefendeAnalyseerforderlich.HierzukommenoftmalsProfildiagrammezum Einsatz. In diesen werden die geschätzten Mittelwerte ߤҧ der Verteilungen des be trachtetenZielkriteriumsfürdieinteressierendenFaktorenaufgetragen.Somitistes möglich, visuell Aussagen über Haupt und Interaktionseffekte abzuleiten. Berech nungsgrundlageisthierbeidasarithmetischeMittelܺതüberdie݊Ergebnisrealisatio nenܺ (716). 439
Rardin/Uzsoy(2001);Fahrmeiretal.(2007),S.517ff.
7NumerischeAnalyse
225
ߤҧ ൌ ܺത ൌ
ͳ ܺ ݊
(716)
ୀଵ
7.3.2 EinflussderModellparameter UmdenEinflussderGewichtungsparameterzuuntersuchen,wurdenjeweilsseparate Varianzanalysen für die beiden betrachteten Werte des Kapazitäts/Nachfrage verhältnissesundjedesZielkriteriumdurchgeführt.ZurBerücksichtigungdergemein samen Zufallszahlen, wurde eine Blockvariable namens Replikation aufgenommen. AlsSignifikanzniveauwurdeeinWertvon95Prozentgewählt. Die Ergebnisse der Untersuchung sind in Tabelle 40 zusammengetragen. Eine voll ständige Übersicht der Ergebnisse der Varianzanalyse ist im Anhang gegeben. Dem nachzeigtsichinBezugaufdenEinflussderbetrachtenFaktorenaufdiejeweiligen Zielkriterien ein differenziertes Bild. Das kundenorientierte Kriterium der mittleren Einplanungskosten wird signifikant beeinflusst durch die Gewichtung des zweiten TermsderProduktionsprogrammplanungsowiedurchdiedesAntizipationstermsder Auftragsannahme. Für ein ausgeglichenes Verhältnis von Kapazität zu Nachfrage (ߣ ൌ ͳǡͲ)könnendarüberhinauseinHaupteffektdesGewichtungsfaktorsdesNivel lierungsterms sowie ein Interaktionseffekt zwischen beiden Faktoren der Produkti onsprogrammplanungnachgewiesenwerden.DemnachbestehteinsignifikanterZu sammenhangzwischenderKonfigurationderProduktionsprogrammplanungundder Zielerreichung der Auftragsannahme. Dieser ist zugleich Beleg der wechselseitigen Abhängigkeit zwischen beiden Planungsfunktionen und der damit einhergehenden NotwendigkeiteinerintegriertenAnalyse.DieUnterauslastungwirdimWesentlichen beeinflusst durch die Gewichtung des Nivellierungsterms. Ein Zusammenhang zur Gewichtung des Serviceterms ist für ein ausgeglichenes Verhältnis von Kapazität zu Nachfrageersichtlich.DiemittlereLagerdauerunddamitdasAusmaßanUmplanun gen im Rahmen der Produktionsprogrammplanung wird schließlich durch alle be trachteten Faktoren beeinflusst. Mit einem Bestimmtheitsmaß von mindestens 87 ProzentlässtsichfüralleVarianzanalyseneinehoheErklärkraftkonstatieren.
226 Tabelle40: Faktor
7NumerischeAnalyse 440
ZusammenfassungderErgebnissederVarianzanalyse mittlereEinplanungs kosten
Unterauslastung
mittlereLagerdauer
௩
signifikant (fürߣ ൌ ͳǡͲ)
signifikant
signifikant
௦௩
signifikant
signifikant (fürߣ ൌ ͳǡͲ)
signifikant
௧௧
signifikant
keinEffekt
signifikant
௩ , ௦௩ (fürߣ ൌ ͳǡͲ)
keinEffekt
keinEffekt
Interaktion
Um Richtung und Betrag der identifizierten Effekte zu analysieren werden nachfol gendzweivertiefendeAuswertungenpräsentiert.ZumeinenerfolgtdieAnalysedes Zusammenwirkens der Gewichtungsfaktoren der Zielfunktion der Produktionspro grammplanung. Hierzu kommen Profildiagramme zum Einsatz. Der Effekt des Ge wichtungsfaktors ௧௧ wird durch Mittelwertbildung heraus gerechnet. Zum anderen wird der Einfluss des Gewichtungsfaktors der Auftragsannahme weiterge henduntersucht.HierbeiwurdendreiStufendesFaktorsbetrachtet.Erneutlässtsich dem Einfluss der anderen beiden Faktoren durch Mittelwertbildung begegnen. Die separate Analyse ist gerechtfertigt, da keine Interaktionseffekte zwischen den Ge wichtungsfaktorenderProduktionsprogrammplanungunddemderAuftragsannahme festgestelltwurden. EinflussderGewichtungsfaktorenderProduktionsprogrammplanung Abbildungsgegenstand der Profildiagramme ist die skalentransformierte Zielerrei chungfürdieUnterauslastungunddiemittlerenEinplanungskostensowiedieWerte fürdiemittlereLagerdauernormiertaufdiedurchschnittlicheLagerdauerdesjeweili gen Kapazitäts/Nachfrageszenarios (Abbildung 50). Demnach zeigt sich, dass eine adäquate Wahl der Gewichtungsfaktoren zwar zur Lösung des im Rahmen der Vor analyse aufgezeigten Zielkonflikts zwischen Unterauslastung und Einplanungskosten beitragen kann, dieses jedoch zu Lasten der mittleren Lagerdauer geht. So wird die Unterauslastung maßgeblich beeinflusst durch den Faktor ௩ , wie durch die 440
DievollständigenErgebnissederVarianzanalysesindimAnhanggegeben.
7NumerischeAnalyse
227
Parallelverschiebung der Verbindungslinien indiziert. Für ein ausgewogenes Verhält nisvonKapazitätzuNachfragebestehtüberdieseinpositiverEffektdurchdenFaktor ௦௩ ,angezeigtdurchdieSteigungderVerbindungslinie.DiegrößteNutzungdes PotenzialsfürdieUnterauslastung(48%bzw.88%)lässtsichfolglichdurchgleichzei tigesSetzenderGewichtungsfaktorenaufihrenhöherenWerterreichen.Einspiegel bildliches Ergebnis zeigt sich in Bezug auf die mittleren Einplanungskosten. Diese werden maßgeblich durch den Faktor ௦௩ beeinflusst, wobei ein positiver Zu sammenhangattestiertwerdenkann.Obwohlsignifikant,istderEinflussdesFaktors ௩ sehrgering.DiegrößteVerbesserunglässtsichdurcheinenniedrigenWert für௩ beigleichzeitigerhoherWahldesFaktors ௦௩ erreichen.DerUnter schied zur Konfiguration mit gleichsam hohen Werten für beide Faktoren ist aller dings sehr gering. Damit lässt sich auch der im Rahmen der Varianzanalyse identifi zierteInteraktionseffektzwischendenFaktorennachvollziehen. Die Verbesserung in Bezug auf die Unterauslastung und die mittleren Einplanungs kosten führt allerdings dazu, dass zunehmend von der Möglichkeit zur Lagerung Gebrauch gemacht wird. So üben sowohl der Faktor ௩ als auch der Faktor ௦௩ einennegativenEinflussaufdiemittlereLagerdaueraus(d.h.höhereWerte für den Gewichtungsfaktor führen zu ebenfalls höheren Werten für die Lagerung). MitHinblickaufdieHöhedesEffektszeigtsicheindeutlicherUnterschied.Soüber trifft die mittlere Lagerdauer bei einem Kapazitäts/Nachfrageverhältnis von ߣ ൌ ͳǡʹ die für einen Wertvon ߣ ൌ ͳǡͲ um mehr als dasZweifache.Auch ist der Effekt des Gewichtungsfaktors des Nivellierungsterms deutlich ausgeprägter. Diese Erkenntnis istinsofernplausibel,alsdasseinezunehmendeÜbernachfrageeinengrößerenUm fang an Umplanungen erforderlich macht, um nivellierte Produktionspläne zu errei chen.Anzumerkenist,dassdiedurcheinenhohenWertfürdenGewichtungsfaktor ௦௩ induzierten (nachträglichen) Umplanungen auch bei der betrachteten Kos tenstruktur, d.h. den relativ höheren Grenzlagerkosten (Abschnitt 6.1.2), insgesamt vorteilhaft sein können. Dieses liegt darin begründet, dass auf der einen Seite im RahmenderProduktionsprogrammplanungallevorliegendenAufträgeberücksichtigt werden. Somit können durch gezieltes Vorziehen einzelner Aufträgen die Einpla nungskosten mehrerer neuer Anfragen reduziert werden. Gleichzeitig ergeben sich
228
7NumerischeAnalyse
insbesonderebeieinemausgeglichenenVerhältnisvonKapazitätzuNachfragepositi veKonsequenzeninBezugaufdieNivellierung. Unterauslastung 50%
Unterauslastung p leveling
90%
p leveling
80% 10 10000 70%
40%
10 10000
60% 30%
50% 40%
20%
30% 10
p service
10000
10
mittlere Einplanungskosten 50%
p service
10000
mittlere Einplanungskosten p leveling
40%
40%
10 30% 10000
30%
20%
20%
10%
10%
p leveling 10 10000
0% 10
p service
10000
10
mittlere Lagerdauer 200%
p service
10000
mittlere Lagerdauer 200%
p leveling
150%
10 150% 10000
100%
100%
50%
50%
0%
p leveling 10 10000
0% 10
p service
10000
10
p service
10000
Abbildung50: Profildiagramme für ein Kapazitäts/Nachfrageverhältnis von 1,0 (links) und 1,2 (rechts). Dargestellt sind die skalentransformierten Zielerreichungen für die Unter auslastungunddiemittlerenEinplanungskostensowiediemittlereLagerdauerbezo gen auf den durchschnittlichen Wert des jeweiligen Nachfrageszenarios. Die Werte ergebensichalsDurchschnitteüberdenFaktor௧௧ .
7NumerischeAnalyse
229
Damitlässtsichzusammenfassendfeststellen,dassdiebetrachtetenGewichtungsfak toreneingesetztwerdenkönnen,umdieZielkriterieninweitenBereichenzubeein flussen. Die identifizierten Effekte zeigen sich weitestgehend unabhängig vom Ver hältnis der Kapazität zur Nachfrage: jeweils lassen sich durch eine hohe Wahl der GewichtungsfaktorenderProduktionsprogrammplanungdeutlicheVerbesserungenin BezugaufdiekundenundressourcenorientiertenKriterienerreichen.Diesistaller dingsnurmöglich,indemvonUmplanungenGebrauchgemachtwird.DieFolgezeigt sich in einem erhöhten Bedarf der Lagerung. Die Parameter der Produktionspro grammplanungsinddamitgenerellzurLösungdesimRahmenderVoruntersuchun gen identifizierten Zielkonflikts zwischen kunden und ressourcenorientierten Krite rien geeignet. Um jedoch eine Abstimmung der Entscheidungsfindung in Bezug auf dasvollständigeZielsystemderauftragsbezogenenPlanung(d.h.unterBerücksichti gungderdurchdiePlanungsentscheidungenverursachtenLagerung)herbeizuführen, bedarfeseinerverbessertenKoordinationdereinzelnenEntscheidungen.Mitdiesem Ziel wurde im Vorhergehenden der Antizipationsterm eingeführt. Dieser wird nach folgend in seinen Konsequenzen auf das Verhalten des Planungssystems weiterge henduntersucht.DadieUmplanungenzunehmen,fallshoheWertefürdieGewich tungsfaktorengewähltwerden,wirddieParameterkombinationderProduktionspro grammplanung mit den hohen Werten für die Parameter ௩ und ௦௩ ge wählt. EinflussdesAntizipationsterms Das Ergebnis einer systematischen Variation des Gewichtungsfaktors des Antizipa tionsterms ist in Abbildung 51 aufgetragen. Dargestellt sind erneut die skalentrans formiertenWertefürdieEinplanungskostenunddieUnterauslastungsowiedienor miertenmittlerenLagerperiodenfürdreiWertedesGewichtungsfaktors௧௧ . Durch Wahl des Parameterwerts ௧௧ ൌ Ͳ entspricht die erste Datenreihe einerimplizitenAntizipationwährenddieanderenbeideneineAntizipationvomTyp 3,d.h.eineexplizitapproximierteAntizipation,darstellen.
230
7NumerischeAnalyse
mittlere Einplanungskosten
mittlere Lagerdauer
80%
130%
60%
110%
P anticipation
0
40%
90%
20%
6 10
70%
0% -20%
1
1,1
50%
1,2
Kapazitäts-/Nachfrageverhältnis
1 1,1 1,2 Kapazitäts-/Nachfrageverhältnis
Unterauslastung 75% P anticipation
65%
0
55%
6 45%
10
35% 25% 1 1,1 1,2 Kapazitäts-/Nachfrageverhältnis
Abbildung51: ErwarteteZielerreichunginAbhängigkeitdesKapazitäts/Nachfrageverhältnissesund des Gewichtungsfaktors ௧௧ . Dargestellt sind die skalentransformierten ZielerreichungenfürdieUnterauslastungunddiemittlerenEinplanungskostensowie diemittlereLagerdauerbezogenaufdiedurchschnittlicheLagerdauerdesjeweiligen Kapazitäts/Nachfrageverhältnisses.DieWerteergebensichjeweilsalsDurchschnitte überdieFaktoren௩ und ௦௩ .
Demnach lassen sich die Aussagen der Varianzanalyse bestätigen. Die Variation des Faktorwerts übt einen Effekt auf die mittleren Einplanungskosten und die mittlere Lagerdaueraus,ohnejedochdieUnterauslastungzubeeinflussen.ImEinzelnenführt einsteigenderWertzunächstzueinemAnstiegderEinplanungskostenbzw.zueiner geringfügigeren (skalentransformierten) Verbesserung gegenüber der Basispolitik. Dieser Effekt fällt je deutlicher aus, desto größer das Verhältnis der Kapazität zur Nachfrage ist. Für eine 20prozentige Überkapazität und einen Faktorwert von ௧௧ ൌ ͳͲergibtsichsogareinWertfürdiemittlerenEinplanungskosten,der denjenigen der Basispolitik übersteigt (gekennzeichnet durch den negativen Ver gleichswert). Allerdings lässt sich durch diese Verschlechterung eine Reduktion der mittleren Lagerdauer bzw. die damit einhergehende Reduktion der Umplanungen erreichen. In Relation zur Zielerreichung der Politik mit impliziter Antizipation
7NumerischeAnalyse
231
(௧௧ ൌ Ͳ)lässtsichimMitteleineReduktionvon24bis33Prozent(ߣ ൌ ͳǡͲ bzw.ߣ ൌ ͳǡͳ)realisieren.InderKonsequenzkanndamitdieIntentiondesAntizipati onsterms,d.h.dieVerbesserungderKoordinationderEinzelentscheidungenbestätigt werden. Durch Verfolgen einer expliziten approximierten Antizipation lässt sich folglich eine gezielte Beeinflussung der Umplanungen erreichen. Dies hat jedoch erhöhteEinpla nungskosten zur Folge, da Kunden bei der Auftragsannahme ein Termin bestätigt wird,derstärkeralszuvorAspektederProduktionsprogrammplanungberücksichtigt. DerAntizipationstermistdemnachnutzbar,umeinesituationsadäquateLösungdes ZielkonfliktszwischendenmittlerenEinlastungskostenunddernachträglichenLage rungherbeizuführen. Zusammenfassend ergeben sich die folgenden Wirkungszusammenhänge (Tabelle 41).DieParameterderProduktionsprogrammplanungkönneneingesetztwerden,um eine Verbesserung der Zielerreichung in Bezug auf die mittleren Einlastungskosten und die Unterauslastung zu erreichen. Dieses zieht allerdings den erhöhten Bedarf einerLagerungnachsich,dadieVerbesserungendurchnachträglicheUmplanungen vonAufträgenerzieltwerden.EineReduktiondieserUmplanungenistmöglich,indem eine explizit approximierte Form der Antizipation (Typ 3) zur Anwendung kommt. Durchdiesegelingtes,AspektederProduktionsprogrammplanungbereitsinderAuf tragsannahmeentscheidung zu berücksichtigen. Bei entsprechender Gestaltung der EntscheidungsmodelleistdamitkeinewesentlicheVerlängerungderAusführungszeit derAuftragsannahmeverbunden. Tabelle41:
ZusammenfassungderEffekte mittlere Einplanungskosten
Unterauslastung
mittlere Lagerdauer
௩
Þ441
Ø
×
௦௩
Ø
Þ441
×
௧௧
×
keinEffekt
Ø
Faktor
Legende:×(Ü)(teilweise)positiverZusammenhangØ(Þ)(teilweise)negativerZusammenhang
fürߣ ൌ ͳǡͲ
441
232
7NumerischeAnalyse
FüreinenParameterwertvon௧௧ ൌ gehtvonjedemderGewichtungsfak toren ein Effekt aus. Daher wird für die nachfolgenden Untersuchungen auf diese KonfigurationdesPlanungssystemszurückgegriffen. EinflussdesIntervallparameters GegenstandeineszweitenExperimentsdererstenPhaseistdieAuswirkungeinerVa riationderLängedeserstenIntervallsderZielfunktionderProduktionsprogrammpla nung, d.h. des Parameters ݇. Hierbei wird zwischen den bereits zuvor betrachteten Kapazitäts/Nachfrageverhältnissen ߣ ൌ ͳǡͲ und ߣ ൌ ͳǡʹ sowie fünf Ausprägungen desIntervallparametersunterschieden.ImErgebnislässtsichfesthalten,dassdieEf fektivität des auftragsbezogenen Planungssystems negativ von einer längeren Aus dehnungdeserstenIntervallsderZielfunktionbeeinflusstwird.SonehmendieVer besserungeninBezugaufdiemittlerenEinplanungskostensowiedieUnterauslastung monotonab.GleichzeitigwirdeingeringererGebrauchvonderMöglichkeitzurUm planung von Aufträgen gemacht, wie sich ineiner reduzierten mittleren Lagerdauer zeigt. Die sich so abzeichnende Tendenz entspricht einer Konvergenz der Zielerrei chunggegendiederBasispolitik. Insgesamt lässt sich ein relativ stabiles Verhalten im Verlauf der mittleren Einpla nungskostensowiederUnterauslastungfürdieerstendreiWertedesParameters݇ feststellen.DiesemstehendeutlichgeringereWertefürdieübrigenzweiParameter ausprägungenentgegen.DieseErgebnissegehenmitderArgumentationimKontext desanalytischenFüllgradseinher(Abschnitt6.2.1).WährendindenerstenPerioden desPlanungshorizontsinderRegelausreichendAufträgebekanntsind,umdasange strebte Auslastungsziel zu erreichen, kann dieses in den späteren Perioden für die betrachteten Relationen von Kapazität zu Nachfrage nicht erwartet werden.442 Die FolgeisteineAbnahmederEffektivität.DieselässtsichauchalseinVerlustderKon trolledereinzelnenElementedesPlanungssystemsimHinblickaufdieZielederauf tragsbezogenenPlanunginterpretieren.DieErgebnissesindzusammenfassendinAb bildung52dargestellt. 442
Für eine Nachfrage, die die Kapazität überschreitet, wäre von einem Aufbau des Auftragsbe stands und damit von einer sukzessiven Füllung aller Perioden des Planungshorizonts auszuge hen.DieserFallwirdaberimRahmendieserArbeitnichtnäheruntersucht.
7NumerischeAnalyse mittlere Einplanungskosten
Unterauslastung
mittlere Lagerdauer
50%
180% 160%
40%
140% 120%
30%
100% 80%
20%
60% 40%
10%
relative Lagerdauer
skalentransformierte Einplanungskosten, Unterauslastung
233
20% 0%
0% 0
2
4
6
8
100%
200% 180%
80%
160% 140%
60%
120% 100%
40%
80% 60%
20%
relative Lagerdauer
skalentransformierte Einplanungskosten, Unterauslastung
Intervallparameter k
40% 20%
0%
0% 0
2
4
6
8
Intervallparameter k
Abbildung52: Einfluss der Intervallgrenze für ein Kapazitäts/Nachfrageverhältnisses von O ൌ ͳ(oben)undO ൌ ͳǡʹ(unten)sowiedieobenangegebenenParameter;dargestellt
sind die skalentransformierten Zielerreichungen für die Unterauslastung und die mittleren Einplanungskosten sowie die mittlere Lagerdauer bezogen auf die durch schnittlicheLagerdauerdesjeweiligenKapazitäts/Nachfrageverhältnisses.
EinzweitesErgebnisderAnalyseist,dasseinekürzereAusdehnungdeserstenInter vallssichzwarpositivaufdieEffektivitätderPlanungssystemsauswirkt,jedochnega tiveKonsequenzeninBezugaufspäteUmplanungenvonAufträgenunddamitaufdie Planungsdynamik hat. Dieses belegt die Auswertung der Kennzahl ݄݉ܽܿݐ௪ . Diese quantifiziertdenjenigenAnteilvonAufträgen,derbeiderProduktionsprogrammpla
234
7NumerischeAnalyse
nungmiteinemVorlaufvonݓPlanungsperiodenbereitsder(späteren)finalenPerio dezugeordnetist.EinWertderKennzahlvon݄݉ܽܿݐଷ ൌ Ͳǡͺbedeutetfolglich,dass bereitsdreiPlanausführungenvorderFixierungfür80ProzentderAufträgediefinale Periodefestgelegtwurde.JestärkersichdieKennzahldemWerteinsannähert,desto stabileristdiePlanung. DemnachführensteigendeWertefürdenIntervallparameterunddenVorlaufzuei ner Zunahme der Dynamik. Dieser Effekt ist überdies deutlich ausgeprägter für den Fall, dass die Kapazität die Nachfrage übersteigt. So stimmen bei einem Kapazitäts/ Nachfrageverhältnisvon O ൌ ͳǡʹundeinemIntervallparametervon݇ ൌ ͲeinePeri odevorderFixierunglediglich32ProzentderEinplanungenmitderletztlichenüber ein.Demgegenübersinddies75Prozent,wennbeisonstgleichenParameterwerten derWertfürdenIntervallparameterauf݇ ൌ Ͷerhöhtwird.EineZusammenfassung derWertefürdieDynamikkennzahlistinTabelle42gegeben. Tabelle42:
PlanungsdynamikgemesseninderAnzahlvonAufträgen,dieinfrüherenAusführun genderProduktionsprogrammplanungbereitsdiefinaleProduktionsperiodehaben
Intervallparameter
݇
1
2
3
0
0,83
0,80
0,80
2
0,87
0,84
0,78
4
0,89
0,85
0,84
6
0,92
0,88
0,87
8
0,95
0,92
0,91
0
0,32
0,28
0,26
2
0,65
0,56
0,36
4
0,75
0,67
0,65
6
0,80
0,72
0,70
8
0,91
0,85
0,83
Kapazitäts/ Nachfrage verhältnis O ൌ ͳǡͲͲ
Kapazitäts/ Nachfrage verhältnis O ൌ ͳǡʹͲ
Vorlaufݓ
Zusammenfassendlässtsichdamitfeststellen,dassimHinblickaufeineeffektiveBe einflussungdesVerhaltensdesPlanungssystemsgrundsätzlicheingeringerWertfür den Intervallparameter anzustreben ist. Die damit einhergehende Planungsdynamik setztjedochvoraus,dassdieWertschöpfungsketteausreichendanpassungsfähigist, umauchaufkurzfristigeÄnderungenderLiefertermineunddamitauchdesBedarfs zu reagieren. Eine besondere Herausforderung ist darin zu sehen, dass neben den
7NumerischeAnalyse
235
eigentlichen Produktionsaktivitäten auch die unter Umständen erforderliche Lage rung,dieDistributionunddieÜbergabekoordiniertwerdenmüssen.Kurzfristigeter minliche Änderungen führen hier zwangsläufig zu einem größeren koordinativen Aufwand. 7.3.3 EinflussderNachfrage In der vorhergehenden Analyse wurde der Einfluss der Parameter der Entschei dungsmodelledargestellt.AusgangslagewarengegebeneWertefürdieVolatilitätder Nachfrage. Wie in den Voruntersuchungen dargelegt, stellt diese allerdings einen maßgeblichen Einflussfaktor auf das Verhalten der auftragsbezogenen Planung dar. Gegenstand der zweiten Phase ist vor diesem Hintergrund die Analyse des Zusam menhangs zwischen den Parametern der Nachfrage und der Zielerreichung der Pla nungspolitik.DieseAnalysesollAufschlussdarübergeben,welchenachfrageseitigen Faktorensichbesondersförderlichbzw.hinderlichaufdasPotenzialkomplexerauf tragsbezogenerPlanungssystemeauswirken. DieErgebnisselassensichwiefolgtzusammenfassen(Abbildung53).AnalogzurBeo bachtungimFallderBasispolitikführteineSteigerungderVolatilitätderNachfrage höhe zu steigenden Werten für die Einplanungskosten. Gleichsam resultiert ein zu nehmendes Verhältnis von Kapazität zu Nachfrage, d.h. das Vorhandensein von Überkapazität,ingeringereKosten.DierelativgrößtenEinplanungskostensindfolg lichfüreinehoheVolatilitätbeiausgeglichenerNachfrage(ߣ ൌ ͳǡͲ)zubeobachten, diegeringstenfüreinegeringeVolatilitätbei20prozentigerÜberkapazität.Dabeiist einüberproportionalerZusammenhangerkennbar.D.h.besondersgroßfälltderUn terschied zwischen einem Kapazitäts/Nachfrageverhältnis von ߣ ൌ ͳǡͲ und ߣ ൌ ͳǡͳ aus.EinEffekt,dersoauchbeiderBasispolitikzubeobachtenist.EingeringesAus maß von Überkapazität wirkt sich folglich überproportional auf die durch das Pla nungssystemerzielbareLieferfähigkeitaus.Diesgiltinbesonderemfüreinegeringe VolatilitätderNachfrage(ߚ ൏ Ͳǡʹ). EbenfallseindeutigfälltderEffektinBezugaufdiemittlereLagerdaueraus.Hierzeigt sicheinsehrgleichmäßigerAnstiegmiteinerzunehmendenÜberkapazitätwieauch mit einer zunehmenden Volatilität. Durch die Überlagerung beider Effekte ist der größteGebrauchderLagerungfürdenSimulationslaufmithoherÜberkapazitätund
236
7NumerischeAnalyse
hoher Volatilität zu erkennen. Ein abweichender Verlauf zeigt sich lediglich für eine sehrgeringeVolatilität(ߚ ൌ ͲǡͲͳ).DemnachistzwischendenKapazitäts/Nachfrage verhältnissenvonߣ ൌ ͳǡͳundߣ ൌ ͳǡʹeinegeringfügigeAbnahmederUmplanungen zu verzeichnen. Dies lässt darauf schließen, dass sich bei einer lediglich geringen Überkapazität Verbesserungen in Bezug auf die Einplanungskosten und die nachfol gend näher erörterte Unterkapazität durch Berücksichtigung der Interdependenzen zwischen den Aufträgen im Rahmen der Produktionsprogrammplanung erreichen lassen.DiesmachtindesdenumfassenderenGebrauchvonUmplanungenerforder lich.EinEffektderbeisehrgeringerVolatilitätderNachfragemitweiterzunehmen derÜberkapazitätinseinerAuswirkungabnimmt. mittlere Lagerdauer
mittlere Einplanungskosten
200%
250% 200%
150% = 0,01 = 0,1 = 0,2 = 0,3
150%
100% 100%
50%
50%
0%
0% 1 1,1 1,2 Kapazitäts-/Nachfrageverhältnis
1 1,1 1,2 Kapazitäts-/Nachfrageverhältnis
Abbildung53: ZielerreichunginAbhängigkeitvonKapazitäts/NachfrageverhältnisundVolatilitätder Nachfrage für ߛ ൌ Ͳǡʹ; die Werte sind jeweils auf die durchschnittlichen Zielerrei chungbezogen.
EbenfallswieimFallderBasispolitik,wirdauchdieUnterauslastungnegativvonder VolatilitätderNachfragebeeinflusst(Abbildung54).DieUnterauslastungsteigtdem nachmiteinerzunehmendenVolatilität,sodassdergrößteWertfüreinehoheÜber kapazitätbeigleichzeitighoherVolatilitätderNachfragezuverzeichnenist.Interes santistallerdings,dasssichdasVorhandenseinvonÜberkapazitätfürdenFalleiner geringen Volatilität, positiv auf die Unterauslastung auswirkt. D.h. trotz einem stei gendenVerhältnisvonKapazitätzuNachfrageunddamiteinhergehendeinergröße renÜberkapazitätsinktderWertfürdieUnterschreitungdermindestensgeforderten Kapazitätsauslastung. Ein Effekt, der in umgekehrter Art für die Basispolitik zu beo bachten ist. Der Effekt ist in sofern plausibel, als dass die Wahrscheinlichkeit, dass sichfüralleRessourceneinnivellierterPlanerzeugenlässt,miteinerzunehmenden
7NumerischeAnalyse
237
Produktvariabilität abnimmt, falls nicht hinreichend kapazitative Flexibilität vorhan denist.DemnachkönnenEngpasssituationenfürbestimmteRessourcendazuführen, dass die Auslastungsziele für andere Ressourcen unterschritten werden. Neben der zuvoreingeführtenModellMixbedingtenLieferunfähigkeitistdemnachzudemeine ModellMixbegründete Unterauslastung zu verzeichnen. Dieser lässt sich durch Überkapazität wirkungsvoll begegnen. Somit lässt sich auch der zuvor verzeichnete relativgroßeAnstieginderZahlderUmplanungenbessernachvollziehen.Diesesind notwendig,umdieReduktionderUnterauslastungundderEinplanungskostenzuer reichen. Die Reduktion in der Unterauslastung ist allerdings nur dann zu beobachten, wenn eine relativ stabile Nachfrage vorliegt (ߚ Ͳǡͳ). Bei einer höheren Volatilität führt dieSchwankungimNachfragevolumendazu,dassingewissenPeriodennichtausrei chendAufträgezurErreichungdesAuslastungszielszurVerfügungstehenunddamit eine Unterschreitung des Auslastungsziels nicht vermeidbar ist. Demnach ist auch einevolumenbedingteUnterauslastungzubeobachten. Unterauslastung 250% 200% = 0,01 = 0,1 = 0,2 = 0,3
150% 100% 50% 0% 1 1,1 1,2 Kapazitäts-/Nachfrageverhältnis
Abbildung54: Unterauslastung in Abhängigkeit von Kapazitäts/Nachfrageverhältnis und Volatilität derNachfragefürߛ ൌ Ͳǡʹ;dieWertesindaufdenDurchschnittbezogen.
BetrachtungsgegenstandderbisherigenAnalysewardieabsoluteZielerreichungdes auftragsbezogenen Planungssystems. Um diese besser interpretieren zu können, werden nachfolgend die Ergebnisse einer Potenzialanalyse ausgeführt. Gegenstand sinddemnachdieinAbbildung55dargestelltenskalentransformiertenZielerreichun gen.DabeidenReferenzpolitikenkeineMöglichkeitzurLagerungberücksichtigtwird, wirddiesehiernichtweitergehendbetrachtet.
238
7NumerischeAnalyse Unterauslastung
mittlere Einplanungskosten 100%
100%
50%
50%
0%
= 0,01 = 0,1 = 0,2 = 0,3
0% 1 1,1 1,2 Kapazitäts-/Nachfrageverhältnis
1 1,1 1,2 Kapazitäts-/Nachfrageverhältnis
Abbildung55: Skalentransformierte Zielerreichung in Abhängigkeit von Kapazitäts/ Nachfragever hältnisundVolatilitätderNachfragefürߛ ൌ Ͳǡʹ
Insgesamt zeigen sich keine eindeutigen Effekte in Bezug auf die Potenzialnutzung. DennochwerdendiezuvorerörtertenSchlüssegestützt. In Bezug auf die Unterauslastung ist die beste Potenzialnutzung bei Vorhandensein einerÜberkapazitätundeinergeringenVolatilitätderNachfragezuerkennen.Hierbei stellen sich Werte von bis zu 89 Prozent ein. Der bei einer geringen Volatilität der Nachfrage zu beobachtenden ModellMixbedingten Unterauslastung lässt sich wir kungsvollbegegnen,wennausreichendKapazitätzurVerfügungsteht.(ߣ ͳǡͳ).Eine Zunahme der Volatilität bzw. die damit einhergehenden volumenbedingten Effekte lassensichallerdingsnurteilweisedurchdasPlanungssystemkompensieren,sodass einegeringereNutzungdesPotenzialszuerkennenist.DieVerbesserungeninBezug aufdieBasispolitiksindmiteinerumca.50ProzentgeringerenUnterauslastungal lerdingsnochimmersehrdeutlich.AbweichendistderEffektfüreinausgeglichenes VerhältnisvonKapazitätzuNachfrage.HierführteineZunahmederVolatilitätdazu, dasssichdasVerbesserungspotenzialbessernutzenlässt.Diezeitweisevorhandene ÜberkapazitätimFalleinerhohenVolatilitätscheintdaherimSinneeinerVerminde rung der Unterauslastung nutzbar zu sein. Insgesamt ist anzumerken, dass im Rah men des Planungssystems alle Zielkriterien simultan berücksichtigt werden, sodass die Zielerreichung das Ergebnis einer Kompromisslösung darstellt. Demgegenüber gehenindieBerechnungdesidealenVektorsimRahmenderexpostBetrachtungdie ErgebnissederjeweilseinkriteriellenOptimierungein. In Bezug auf dieEinplanungskosten lässt sich derModellMixbedingten Lieferunfä higkeitnurbedingtentgegenwirken.DieswirddurchdiegeringeNutzungdesPoten
7NumerischeAnalyse
239
zials für eine geringe Volatilität der Nachfrage sowie ein ausgeglichenes Verhältnis vonKapazitätzuNachfragedeutlich.Zwarsindmitüber35ProzenterheblichePoten zialnutzungsgrade zu erkennen, dennoch fallen diese im Vergleich zu den anderen untersuchtenParameterkombinationenehergeringaus.DeutlicheristdasErgebnisin BezugaufdievolumenbedingteLieferunfähigkeit.HierzeigtsichdasbetrachtetePla nungssystemsehrwirkungsvoll.SoisteineNutzungdesPotenzialszubeobachten,die deutlich über 50 Prozent liegt. Bei einer hohen Volatilität und einem Kapazitäts/ Nachfrageverhältnis von 1,1 lässt sich gar eine vollständige Nutzung des idealtypi schenPotenzialrealisieren. Zusammenfassend lässt sich damit feststellen, dass sich durch das untersuchte Pla nungssystemzwareinAnstiegindenzuminimierendenZielkriterieninAbhängigkeit von steigenden Werten für die Überkapazität und Volatilität der Nachfrage nicht vermeidenlässt,jedochgelingtesinallenbetrachtetenSimulationsläufenErgebnisse inBezugaufdiemittlerenEinplanungskostenunddieUnterauslastungzuerreichen, dieeinedeutlicheVerbesserunggegenüberderBasispolitikdarstellen.DasPlanungs system kann demnach sowohl zur Verminderung der Konsequenzen ModellMix begründeter wie auch volumenbedingter Effekte eingesetzt werden. Gleichwohl nehmendiehierzunotwendigenUmplanungenmitsteigendenWertenfürdieÜber kapazität und die Volatilität der Nachfrage zu, obwohl eine explizit approximative Antizipation zum Einsatz kommt. Gleichsam ein Indiz für die zunehmende Relevanz derKoordinationunterdenentsprechendenNachfragebedingungen. Überdies lässt sich für eine wenig volatile Nachfrage (ߚ Ͳǡͳ) feststellen, dass das Vorhandensein von Überkapazität dazu beitragen kann die Unterauslastung zu ver ringern.BeleghierfürsinddieabsolutgeringerenWertefürdieUnterkapazitätsowie diedeutlichenAnstiegeinderNutzungdesaufgezeigtenPotenzials.Füreinestärker schwankendeNachfragelässtsichdieserEffektallerdingsnichtfortschreiben.Ursäch lichhierfürist,dassUmplanungeninnochgrößeremUmfangnotwendigwären,um
240
7NumerischeAnalyse
dieUnterauslastungzuvermeiden.DiesewerdenaberimRahmenderKompromiss bildungimHinblickaufdieanderenKriterienunterbunden.443 7.4 ErgebnissederUntersuchung In diesem Kapitel wurde der zuvor erarbeitete Bezugsrahmen einer numerischen Analyseunterzogen.AusgangslagewarenempirischeDatenausderAutomobilindust rie,dieimRahmeneinersimulationsbasiertenAnalyseeinerstochastischenVariation zugeführtwurden.DieErgebnisselassensichinvierGruppenuntergliedern. InBezugaufdasallgemeinePotenzialdesEinsatzesauftragsbezogenerPlanungssys teme in der Automobilindustrie führt der Vergleich einer expostBetrachtung mit einer sequenziellen Auftragsannahme zu den folgenden Erkenntnissen (Abschnitt 7.2.1): DasPotenzialauftragsbezogenerPlanungssystemewirdpositivdurchdasVor handenseinvonÜberkapazitätsowiedieVolatilitätderNachfragebeeinflusst. Dabei lassen sich im Vergleich zu einer kapazitierten Auftragsannahme bezo genaufdieUnterauslastungReduktionenvon93bis100Prozentsowiebezo genaufdieEinlastungskostensolchevon12bis76Prozentrealisieren.Einen negativenEinflussübtdieVolatilitätdergewünschtenLieferzeitenaus.Dieser istbetraglichdeutlichgeringeralsdievorgenannten. VondieserRegelabweichendeErgebnissestellensichfüreinestetigeNachfra geundknappenKapazitätenein.HieristeinebesondereErhöhungdesPoten zials in Bezug auf die mittleren Einplanungskosten zu beobachten. Demnach ergibtsichfürdieseUmgebungsbedingungendieMöglichkeit,dieLieferfähig keitdeutlichzusteigern. EingrundsätzlicherZielkonfliktexistiertzwischendemkundenorientiertenKri teriumniedrigerEinplanungskostenunddemressourcenorientiertennivellier terProduktionsvorgaben.
443
In die Berechnung der idealen Zielerreichung für die Unterauslastung gehen die terminbezoge nenKriteriennurnachrangigein.Werdendiesestärkerberücksichtigt,zeigtsichderinAbschnitt 7.2.1diskutierteZielkonflikt,sodasslediglichgeringereWerteerreichtwerden.
7NumerischeAnalyse
241
AufBasisderallgemeinenPotenzialanalysewurdedasvorgestellteKonzeptzurauf tragsbezogenen Planung in Abschnitt 7.3.2 unter Verwendung der eingeführten Si mulationsumgebungevaluiert.DieErgebnisselassensichwiefolgtzusammenfassen. DurchdieKonzeptionalisierungderauftragsbezogenenPlanungalseinSystem bestehend aus zwei definierten, miteinander verknüpften Planungsaufgaben lässt sich die Zielerreichung in großen Bereichen beeinflussen. Insbesondere lässt sich der Zielkonflikt zwischen dem kundenorientierten Kriterium einer hohen Lieferfähigkeit bzw. niedrigen Einplanungskosten und den ressourcen bzw. bestandsorientierten Kriterien im dynamischen Kontext zielgerichtet lö sen. Dies geht aus den Ergebnissen der Varianzanalyse sowie der Profildia grammehervor. InBezugaufdiesegmentierteZielfunktionkonntenachgewiesenwerden,dass diese wirkungsvoll eingesetzt werden kann, um gleichsam Aspekte der Nivel lierung wie auch der Lieferfähigkeit zu berücksichtigen. Für die untersuchten Szenarien kann der erste Term eingesetzt werden, um unabhängig vom Ver hältnisderKapazitätzurNachfrageeineReduktionUnterauslastungherbeizu führen. Für den zweiten Term gilt gleiches in Bezug auf die mittleren Einpla nungskosten.DierelativeBedeutungderTermelässtsichüberdieeingeführ tenParameterskalieren. Die Unterteilung der gesamtplanerischen Aufgabe in zwei miteinander ver bundene Teilaufgaben macht die Installation von Kopplungsmechanismener forderlich. Hierzu wurde ein Antizipationsterm eingeführt. Für diesen konnte gezeigtwerden,dassereinenpositivenEinflussaufdieKoordinationdesPla nungssystemsausübt.SolässtsichdiemittlereLagerdauerinAbhängigkeitdes VerhältnissesvonKapazitätzuNachfrageumbiszu33Prozentreduzieren,oh nedasseineReduktionderVerbesserungeninBezugaufdieUnterauslastung zu verzeichnen ist. Gleichwohl nehmen die mittleren Einplanungskosten auf grunddessystemimmanentenZielkonfliktsinderKonsequenzzu. Die Effektivität des Planungssystems nimmt mit zunehmender Ausdehnung des ersten Intervalls der Zielfunktion der Produktionsprogrammplanung ab. GleichzeitigresultierteinekurzeAusdehnungdeserstenIntervallsineineer höhte Planungsdynamik. Bei einem Kapazitäts/Nachfrageverhältnis von 1,2
242
7NumerischeAnalyse
undeinerAusdehnungdeserstenIntervallsvoneinerPeriodeentsprechenle diglich32ProzentderAuftragsterminierungeneinePeriodevorderFixierung derfinalen.BeisonstgleichenBedingungenerhöhtsichdieserAnteilbeieiner AusdehnungdeserstenIntervallsauffünfPeriodenauf75Prozent.Diesent sprichteinerdeutlichhöherenPlanungsstabilität.EinZielkonflikt,derfüreinen konkretenAnwendungsfallzulösenist. Letztlichwurdeuntersucht,inwieferndieRahmenbedingungeneinenEinflussaufdie EffektivitätdesPlanungssystemsausüben(Abschnitt7.3.3).Zielwares,nachfragesei tige Anwendungsvoraussetzungen für den Einsatz komplexer auftragsbasierter Pla nungssystemeabzuleiten.HierzuwurdeneineKonfigurationderModellegewählt,für diezuvoreinEinflussaufallebetrachtenKriteriennachgewiesenwurde.AlsErgebnis sederAnalyseergabensichfolgendeZusammenhänge. DieabsoluteZielerreichungdesbetrachtetenPlanungssystemswirdgrundsätz lichnegativbeeinflusstdurchdieVolatilitätderNachfrage.Soergebensichmit zunehmenderVolatilitätumeinVielfacheshöhereWertefürdieEinplanungs kostenunddieUnterkapazität.EinEffektderbesondersdeutlichbeiVorhan denseinvonÜberkapazitätzumTragenkommt.Gleichwohllassensichinallen betrachtetenUmgebungsbedingungendeutlicheVerbesserungeninBezugauf dieEinplanungskostensowiedieUnterauslastungderBasispolitikerzielen.So kanninBezugaufdieEinplanungskostenteilweisedasidealtypischePotenzial abgetragenwerden,inBezugaufdieUnterauslastungsinddiesbiszu89Pro zent.HierzusindallerdingsUmplanungenerforderlich. Das Planungssystem ist im Besonderen dazu geeignet, einer volumenbeding ten,d.h.einerdurchdieVolatilitätderNachfrageinduziertenLieferunfähigkeit zubegegnen.SozeigtsichunabhängigvomVerhältnisderKapazitätzurNach frageeinPotenzialnutzungsgradvonmehrals80Prozent. Die mit einer Überkapazität einhergehenden zusätzlichen planerischen Frei heitsgradewirkensichpositivaufdieNivellierungaus,wenndieVolatilitätder Nachfragenichtzuhochist(hier:ߚ Ͳǡͳ).D.h.zusätzlicheKapazitätführtda zu,dassesgelingt,einebessereNivellierungdesProduktionsprogrammsher beizuführen.
7NumerischeAnalyse
243
Die Relevanz der Koordination der Planungsaufgaben und demnach die der AntizipationistgrundsätzlichhochbeieinerhohenVolatilitätaberauchbeiei nerstetigenNachfrageundeinemgewissenMaßanÜberkapazität. Zusammenfassend lässt sich damit im Hinblick auf die eingangs formulierte Zielset zungdesKapitelsfeststellen,dassauchauseinerdynamischenPerspektiveeinevali deAbbildungderProblemstrukturgegebenist.SoistdasaufgezeigtePlanungssystem geeignet, um eine situationsadäquate Lösung der vorhandenen Zielkonflikte herbei zuführen. Auch lassen sich auf Basis der Untersuchung nachfrageseitige Anwen dungsvoraussetzungenableiten. DerFokusderArbeitlagbislangaufderEntwicklungeinesPlanungssystems,umEnt scheidungen der auftragsbasierten Planung bei variantenreicher Serienproduktion unterstützen zu können. Die hierzu konzipierten Entscheidungsmodelle zielen auf eineAbbildungderallgemeinenEntscheidungssituation,wiesieindenKapiteln2bis 4erörtertwordenist.SiesinddahervomGrundsatzhergenerisch.UmdieModellein konkreten Anwendungsumgebungen einsetzen zu können, bedarf es einer Umset zungimRahmenbetrieblicherPlanungssysteme.InsbesonderesindindiesemKontext die verbliebenen modellierungstechnischen Freiheitsgrade an die jeweiligen Bege benheiten der Anwendungssituation anzupassen. Diese Aufgabe ist Gegenstand des nachfolgenden Kapitels. Der Fokus liegt hierbei auf einer konzeptionellen Erweite rungderbisherigenAusführungen.
9 KritischeWürdigungundHandlungsempfehlungen IndervorliegendenArbeitwirdeinAnsatzentwickeltaufdessenBasisesmöglichist, eine modellbasierte Entscheidungsunterstützung in der auftragsbezogenen Planung beivariantenreicherSerienproduktionbereitzustellen.DieserAnsatzbasiertaufzwei abgrenzbarenEntscheidungsmodellen,diedurchInformationsflüsseineinhierarchi schesPlanungssystemintegriertwerden.ZieldesSystemsistes,denZielkonfliktzwi schenkunden,ressoucenundbestandsorientiertenZielenimRahmenderAnnahme und Realisierung von Aufträgen in Abhängigkeit von der im Unternehmen vorherr schendenSituationbeeinflussenzukönnen.HierbeikönnendurchdenAnsatzindrei BereichenFortschrittegeneriertwerden,dieimNachfolgendenausführlichreflektiert werden.DiesesbetrifftdieStrukturierungderEntscheidungssituation,denAnsatzzur Modellierung der auftragsbezogene Planung sowie die Schaffung eines grundlegen denVerständnissesdesVerhaltensvonauftragsbezogenenPlanungssystemenimdy namischen Kontext der betrachteten Entscheidungssituation. Durch eine konzeptio nelle Erweiterung des Ansatzes im Hinblick auf die situationsadäquate Festlegung modellierungstechnischer Freiheitsgrade, wird im Rahmen der vorliegenden Arbeit letztlich ein Arbeitsfeld methodisch erschlossen, das bislang als eines der wesentli chenAnwendungshemmnissevonEntscheidungsmodellenindynamischenIndustrie umgebungenanzusehenist. DerAufbaudiesesKapitelsistwiefolgt.ZunächsterfolgteinevertiefendeDiskussion dererzieltenErkenntnisse.ImAnschlusshieranwerdenImplikationenfürdieunter nehmerischePraxisaufgezeigt. 9.1 ReflektionderwissenschaftlichenErkenntnisse 9.1.1 StrukturierungderEntscheidungssituation Bei der auftragsbezogenen Planung handelt es sich um eine Entscheidungssituation imSpannungsfeldzwischenKundenanforderungenaneineverlässlicheundzeitnahe Erzeugung von Lieferzusagen sowie den Erfordernissen des Produktionssystems an Vorgaben,dieeineeffizienteLeistungserstellungmöglichmachen.Hinzukommt,dass sichdieInformationsgrundlageerstimZeitverlaufkonkretisiert.Ansätze,diereinauf dermenschlichenProblemlösungsfähigkeitberuhen,sindvordiesemHintergrundnur eingeschränktinderLage,vorteilhaftePlänezuerzeugen.Vielversprechenderscheint
282
9KritischeWürdigungundHandlungsempfehlungen
die Abbildung der Realität in Form von Modellen, auf deren Basis eine bessere Durchdringung der Entscheidungssituation im Sinne einer Entscheidungsunterstüt zungermöglichtwird. Voraussetzung eines Einsatzes von Modellen ist eine Strukturierung der Entschei dungssituation,sodassdieentscheidungsrelevantenTatbeständeidentifiziertwerden können. In diesem Kontext erfolgt im Rahmen dieser Arbeit eine grundlegende Ein bettung der Auftragsabwicklungsform der variantenreichen Serienproduktion sowie derauftragsbezogenenPlanungindiebetriebswirtschaftlicheForschungdesProduk tionsmanagements. Auf dieser Basis wird ein planerischer Bezugsrahmen der auf tragsbezogenenPlanungabgeleitet.DieserstellteineumfassendeStrukturierungder EntscheidungssituationdarundintegriertdiezweiPlanungsaufgabenderAuftragsan nahmeundderProduktionsprogrammplanungineinenhierarchischenKontext. Um den Bezugsrahmen einer kritischen Reflektion zu unterziehen, wird dieser An handvonzweiFallstudiendiskutiert.AufdieserBasislässtsicheineKonkretisierung desEntscheidungsunterstützungsbedarfsvornehmen,sodassAnforderungenanEnt scheidungsmodelleabgeleitetwerdenkönnen.Demnachkönnenfürdiebetrachteten Beispielezwei grundsätzlichähnliche aberin ihrer Umsetzung sehr unterschiedliche Planungskonzeptionen identifiziert werden. Große Ähnlichkeit ergibt sich in der StrukturierungderEntscheidungssituation,wobeiinbeidenFällendiedurchdenzu vor entwickelten planerischen Bezugsrahmen dargestellte Strukturierung gestützt wird. Unterschiede zeigen sich hingegen in der Ausgestaltung der Planungssysteme im Hinblick auf die angestrebten Leistungsmerkmale. In diesem Zusammenhang er weist sich insbesondere eine Konzeption, die auf einer sofortigen Lieferzusage ba siert, als richtungsweisend im Sinne einer idealtypischen Umsetzung einer kunden orientierten Auftragsabwicklung bei variantenreicher Serienproduktion. Gleichwohl ist diese in Bezug auf die auftragsbezogene Planung als besonders anspruchsvoll zu beurteilen.FürdiesenFallkönnenfünfAnforderungenaneineEntscheidungsunter stützungabgeleitetwerden.Diessind: AbbildungauftragsspezifischerProduktmerkmaleundBedarfstermine BerücksichtigungdesoffenenEntscheidungsfelds KurzeAusführungszeitenbeiderAuftragsannahme
9KritischeWürdigungundHandlungsempfehlungen
283
BerücksichtigungvonaggregiertenLinienrestriktionenalspotenzielleEngpässe (ModellMixRestriktionen) ErzeugungnivellierterProduktionsvorgaben Die Gegenüberstellung bestehender Ansätze zur auftragsbezogenen Planung mit diesen Anforderungen macht offenbar, dass bislang lediglich Teilaspekte der auf tragsbezogenen Planung Eingang in Entscheidungsunterstützungsansätze gefunden haben.DiesemstehtdiedurchdieFallstudiennochmalshervorgehobene,hoheRele vanz der auftragsbezogenen Planung entgegen, die sich auch in der Verfügbarkeit kommerziellerPlanungssystemeniederschlägt.VordiesemHintergrundistesaufder BasisbestehenderArbeitennichtmöglich,diefürdievorliegendenArbeitformulierte Problemstellung, d.h. die Bereitstellung einer modellbasierten Entscheidungsunter stützung in der auftragsbezogenen Planung bei variantenreicher Serienproduktion, zufriedenstellend zu beantworten. Daher werden im verbleibenden Teil der vorlie gendenArbeitEntscheidungsmodellefürdievariantenreicheSerienproduktionkonzi piert. Erweiterungspotenziale im Hinblick auf die weitergehende Strukturierung der Ent scheidungssituationergebensichdurchdieAusweitungderFallstudienuntersuchung. AusgangslagederFallstudienuntersuchungsindAnwendungsfälleausderAutomobil industrie. Dabei steht nicht die Generierung möglichst verallgemeinerbarer Aussage imVordergrund,sondernvielmehreinvertieftesVerständnisderEntscheidungssitua tionderauftragsbezogenenPlanungundderhierfürverwendetenPlanungssysteme. Auch wenn durch die Fallauswahl eine bewusste Kontrastierung angestrebt wurde, wäreeineAusweitungderAnalyseinzweiDimensionenerstrebenswert. EineersteMöglichkeitzurErweiterungderUntersuchungbestehtinderEinbeziehung weitererAnwendungsfälleausderAutomobilindustrie.Insbesondereistaufgrunddes unterschiedlichen Anteils kundenbezogener Leistungserstellung eine ausgeprägte regionale Differenzierung zu erwarten. Beispielsweise beträgt der Anteil kundenbe zogen hergestellter Fahrzeuge inden USA weniger als zehn Prozent (Abschnitt 4.1). Demnach ist von deutlich unterschiedlichen Anforderungen an das Produktionsma nagementundimBesonderenandieauftragsbezogenePlanungauszugehen.Weiter hin scheint eine umfassendere Gegenüberstellung verschiedener Marktsegmente vielversprechend. Demnach werden oftmals Segmente mit abweichenden Anforde
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rungenbedient.UnterscheidungsdimensionenumfassendieStückzahlen,Vertragspa rameter(z.B.Lieferzeitenbzw.Pönalen),dieDynamikundVariabilitätderNachfrage sowiedieBedeutungdesPreisesalsverkaufsentscheidendesArgument.FürdasBei spielderAutomobilindustriewirddiesetwadurchdenVergleichdesPrivatkundenge schäfts(hoheDynamikundVariabilitätbeikurzenLieferzeiten)mitdemFlottenkun dengeschäfts(geringereDynamikundVariabilitätbeilängerenLieferzeitenaberho herRelevanzdesPreises)offenbar. Eine zweite Einschränkung ergibt sich durch die Fokussierung auf die Automobilin dustrie.DieseistimRahmenderArbeiterforderlich,umimHinblickaufdieKomplexi tätderpraktischenAnwendungsumgebungeineausreichendeEindringtiefezuerrei chen. Auch stellt die Automobilindustrie sicherlich eine sehr bedeutsame Branche dar, in der die Auftragsabwicklungsstrategie der variantenreichen Serienproduktion zubeobachtenist.GleichwohlwirdhierdurchdieVerallgemeinerbarkeitderErkennt nisse begrenzt. Aussichtsreich erscheint vor diesem Hintergrund die Einbeziehung weiterer Branchen, in denen eine variantenreiche Serienproduktion vorherrscht. Hierzu zählen etwa die in Abschnitt 2.4 aufgezeigten Branchen der Herstellung von Computern,RöntgengerätenoderMöbeln. 9.1.2 EntwickelterAnsatzzurauftragsbezogenenPlanung Aufbauend auf der Strukturierung der Entscheidungssituation werden im Rahmen dieserArbeitEntscheidungsmodellefürdievariantenreicheSerienproduktionentwi ckelt.Dadurchwirdesermöglicht,aufdereinenSeiteeinezeitnaheBestätigungvon individuellenKundenanfragenunterBerücksichtigungderjeweiligenKapazitätssitua tionzurealisierenundaufderanderenabgestimmteProduktionsplänezurWeiterga be an die nachfolgende Planung zu generieren. Der gewählte Modellierungsansatz gehtdabeiüberbestehendeArbeitenhinaus,indemdiezweiModulederauftragsbe zogenen Planung, d.h. dieAuftragsannahme und die Produktionsprogrammplanung, in ein integriertes Planungssystem für die variantenreiche Serienproduktion zusam mengeführtwerden. DieModellierungorientiertsichandemzuvorerarbeitetenplanerischenBezugsrah men.UmkurzeAusführungszeitenbeiderAuftragsannahmezuerreichen,wirdeinin derKomplexitätreduziertesModellfüreinesynchroneAuftragsannahmeentwickelt.
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Dieses wird komplementiert durch ein asynchrones Modell für die Produktionspro grammplanung. Die Implementierung komplexerer Auftragsannahmemodelle ist grundsätzlich denkbar, hätte jedoch zur Folge, dass im Rahmen einer synchronen AusführungsartdieWahrscheinlichkeitzunimmt,dassmehrereAnfragengleichzeitig platziert werden. Eine parallele Bearbeitung dieser Anfragen würde die Gefahr von Inkonsistenzen in den Daten nach sich ziehen. Demgegenüber ist eine sequenzielle Vorgehensweise mit verlängerten Bearbeitungszeiten verbunden.507 Durch die ge wählteDekompositionwirdeinesynchroneBestätigungvonKundenanfragenermög licht.GleichzeitigstelltdieKopplungmitderProduktionsprogrammplanungdiekapa zitativeZulässigkeitderFestlegungensowiedenAbgleichmitdenAnforderungender Leistungserstellungsicher. Vor dem Hintergrund der vorgenommenen Dekomposition ist allerdings die Kopp lungderbeidenModellevonbesondererBedeutung.SoerfolgtimRahmendervor liegendenArbeiterstmaligeinefundierteDiskussionvonMöglichkeitenzurErweite rungdesEntscheidungskalkülsderAuftragsannahmeimHinblickaufdieAntizipation der Entscheidungssituation der nachgelagerten Produktionsprogrammplanung. In diesem Zusammenhang werden aufbauend auf den Arbeiten von SCHNEEWEIß mögli cheAntizipationsformenmodelliertundeinervergleichendenBewertungzugeführt. Ein wesentlicher Aspekt der Entscheidungssituation betrifft das zeitlich offene Ent scheidungsfeld,d.h.dieInformationsdynamik.DasvorgestelltePlanungssystemhebt sichindiesemZusammenhangvonbestehendenArbeitendadurchab,dasszurInteg ration der Informationsdynamik eine Erweiterung der Zielfunktion der Produktions programmplanung präsentiert wird. Demnach wird in Ergänzung zu den bekannten Zielsetzungen einer nivellierten Ressourcenauslastung sowie der Minimierung der BeständeauchdieAufrechterhaltungderLieferfähigkeitangestrebt.Hierzuwirdeine segmentierte Zielfunktion eingeführt. Konzeptionelle Basis dieser Überlegungen ist dieinformationellePlanungsgrundlage,diesichdurchdievorliegendenAufträgeer gibt.DieselässtsichdurchdensogenanntenFüllgradbeschreiben.
507
Auf diesen Sachverhalt weist auch SAP in einem technischen Papier zur Verfügbarkeitsprüfung hin(SAP(2005b)).
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Um sicherzustellen, dass die konzipierten Modelle die Anforderungen an eine Ent scheidungsunterstützunghinreichendgenauabbilden,wirdeineargumentativeVali dierungderModellstrukturdurchgeführt.AlsErgebnislässtsichfesthalten,dasseine grundsätzlicheValiditätdesModellierungsansatzeskonstatiertwerdenkann.Dierein argumentativeBetrachtungbleibtjedochaufgrundlegendeAspektebeschränkt.Vor diesemHintergrundwirdinderFolgeeinevertiefendeAnalysedesdynamischenVer haltensdesPlanungssystemsdurchgeführt. ErweiterungspotenzialeimHinblickaufdieModellierungergebensichdurcheinedif ferenziertere Abbildung der Artenpräferenz sowie durch die umfassendere Berück sichtigungvonVerdrängungseffektenzwischenAufträgen. ImRahmenderModellierungwirdkeineweitergehendeDifferenzierunginderPriori sierungderUnterauslastungdereinzelnenRessourcensowiederterminlichenZieler reichung der einzelnen Aufträgevorgenommen. Diese Annahmegeht einher mit ei ner ressourcen, auftrags und periodenunabhängigen Artenpräferenz des Entschei dungsträgers.UmdiegenerellenWirkungszusammenhängeimVerhaltenauftragsbe zogenerPlanungssystemezuerforschen,scheintdieseEinschränkunggerechtfertigt. FallsdiekonkretenBegebenheiteninpraktischenAnwendungsfällenjedocheinedif ferenziertereModellierungerforderlichmachensollten,könnendieskalarenGewich tungsfaktorenderZielfunktionendurchressourcen,auftragsoderperiodenabhängi geFunktionensubsituiertwerden.AufdieserBasisließesichetwaeinedifferenzierte Bewertung der Unterschreitung der geforderten Auslastung oder der Umplanungs kostenvornehmen.DieentsprechendenModellformulierungensindinSPENGLERETAL. gegeben.508 WeiterhinwirdbeiderModellierungdavonausgegangen,dassdieKoordinationder Vertriebskanäle Gegenstand einer mittelfristigen Planungsaufgabe, der Allokations planung, ist. Wenngleich dieses einer üblichen Vorgehensweise in der Praxis und in bisherigenArbeitenentspricht,konntenfürandereAnwendungsfälleeinerkundenin dividuellenLeistungserstellungdeutlicheErtragssteigerungspotenzialeeinerdifferen zierteren Entscheidungsunterstützung aufgezeigt werden. Ausgangspunkt der Über legungenistdann,dieApproximationderOpportunitätskosteneinerAuftragsannah 508
Spengleretal.(2006)
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me durch Methoden des Revenue Managements. Diese Kosten quantifizieren die monetären Konsequenzen einer Verdrängung von zukünftigen Aufträgen, die aus kapazitativen Gründen abgelehnt werden müssen, falls der betrachtete Auftrag an genommen wird. Die Ergebnisse einer Anwendung in der Eisen und Stahlindustrie diskutierenSPENGLERETAL.509AuchwurdenkonzeptionelleErweiterungimHinblickauf dieIntegrationvonMethodendesRevenueManagementsinSystemezurauftragsbe zogenenPlanungpubliziert.510 9.1.3 ErkenntnissebezüglichdesdynamischenVerhaltens EinErkenntniszieldieserArbeitbestehtinderFragestellung,obderpräsentierteMo dellierungsansatz geeignet ist, um die Kriterien der auftragsbezogenen Planung im dynamischen Kontext der variantenreichen Serienproduktion zielgerichtet zu beein flussen.ZudiesemZweckwerdendieErgebnisseeinerexperimentellenUntersuchung präsentiert,dieaufeinemereignisdiskretenSimulationsmodellbasiert,dasdiegrund legendenEigenschaftenderauftragsbezogenenPlanungbeivariantenreicherSerien produktionreflektiert.DabeigelingtesimRahmenderUntersuchung,dasVerhalten entsprechenderPlanungssystemezuanalysierenundaufdieserBasisNutzenpotenzi ale des Einsatzes quantitativer Methoden in der auftragsbezogene Planung nachzu weisen.SoistimErgebnisfestzuhalten,dasssichdasVerhaltendesauftragsbezoge nen Planungssystems in großen Bereichen beeinflussen lässt. Insbesondere ist es möglich, den Zielkonflikt zwischen dem kundenorientierten Kriterium einer hohen Lieferfähigkeit bzw. niedrigen Einplanungskosten und den ressourcen bzw. be standsorientiertenKriterienimdynamischenKontextzielgerichtetzulösen.Solassen sichimVergleichzueinerBasispolitik,dieeinenichtreaktiveAuftragsannahmeohne BerücksichtigungderProduktionsprogrammplanungrepräsentiert,deutlicheVerbes serungen in Bezug auf die kunden und ressourcenorientierten Kriterien erreichen. GleichwohlsinderhöhteWertefürdenBestandnichtzuvermeiden.DieAnwendung desPlanungssystemssetztdemnacheineAnpassungandiejeweiligeEntscheidungs situationvoraus.
509
Spengleretal.(2007a) Spengleretal.(2008);Quanteetal.(2007)
510
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AlsFaktoren,diesichpositivaufdieNutzenpotenzialevonkomplexenauftragsbezo genen Planungssystemen auswirken, wird einer Kapazität, die die Nachfrage über steigtsowieeinezunehmendeVolatilitätderNachfragehöheidentifiziert.Dieeinzige AbweichungvondieserRegelergibtsichfürdieEinplanungskostenalsMaßzurQuan tifizierungderLieferfähigkeit.HierzeigtsicheinedeutlicheErhöhungdesPotenzials, wenneinausgeglichenesVerhältnisvonKapazitätzuNachfragevorliegt. AusderAnalysegehthervor,dassdasPlanungssystemimBesonderendazugeeignet ist, einer volumenbedingten, d.h. einer durch die Volatilität der Nachfrage induzier tenLieferunfähigkeitzubegegnen.AuchwirkensichdiemiteinerÜberkapazitätein hergehenden zusätzlichen planerischen Freiheitsgrade positiv auf die Nivellierung unddieVerminderungderEinplanungskostenaus,wenndieVolatilitätderNachfrage nicht zu hoch ist. Insbesondere unter dieser Voraussetzung ist das betrachtete Pla nungssystem demnach auch zum Abbau einer ModellMixbedingten Unterauslas tung geeignet. Die Relevanz der Koordination der Planungsaufgaben und demnach die der Antizipation ist grundsätzlich hoch bei einer hohen Volatilität aber auch bei einerstetigenNachfrageundeinemgewissenMaßanÜberkapazität.Hierinkönnen zugleich Anwendungsvoraussetzungen des dargestellten Planungssystems gesehen werden. DerFokusderAusführungenliegtaufderUntersuchungdesgrundlegendenVerhal tens auftragsbezogener Planungssysteme. Vor diesem Hintergrund werden für die SimulationUmgebungsbedingungengewählt,diediewesentlichenEigenschaftender Entscheidungssituationabbilden.AuchwirdeinegroßeVariationsbreitefürdieAus prägungderbeeinflussendenParametergewählt,sodasssichAussagenübereingro ßes Spektrum von Anwendungsfällen ableiten lassen. Im Hinblick auf die weiterge hende Diskussion von Nutzenpotenzialen des erörterten Konzepts scheint eine An wendungaufeinenkonkretenAnwendungsfallaussichtsreich.Auchließesichaufdie serBasiseinekonkretebetriebswirtschaftlicheBewertungdereinzelnenZieldimensi onenvornehmen,sodassimErgebniseinePräzisierungderNutzenpotenzialemöglich wäre. MöglichkeitenzurErweiterungderAnalyseergebensichdurchdieUntersuchungder Konsequenzen von unterschiedlichen Marktsegmenten mit spezifischen Eigenschaf ten.SoistnebendemAbsatzanPrivatkundenoftmalsaucheinseparaterAbsatzkanal
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für Firmenkunden zu beobachten. Darüber hinaus werden in der Regel neben der HerstellungregulärerBedarfeauchProduktefürsonstigeVerwendungenproduziert (z.B.ProduktefürVersuchsundVorführzweckeoderfürMitarbeiter).InderKonse quenz ergeben sich damit weitergehende Freiheitsgrade für die auftragsbezogene Planung. Modellierungsseitig lassen sich diese durch differenzierte Kosten der Ein und Umplanung abbilden. Interessant ist unterdessen die Fragestellung, inwiefern dieserTatbestandsichaufdieZielerreichungauswirkt.ZurBeantwortungdieserFra gesindweitergehendeUntersuchungenerforderlich. 9.1.4 KonzeptzurKonfiguration UmdieentwickeltenModelleindenoperativenBetriebzuüberführen,stehenstan dardisierte Vorgehensweisen zur Verfügung. Diese scheinen grundsätzlich auf das hier dargestellte Planungssystem übertragbar. Weitestgehend ohne Betrachtung bleibt unterdessen der Aspekt der situationsadäquaten Bestimmung der erforderli chen Parameter. In Bezug auf das System zur auftragsbezogenen Planung ergeben sich nichttriviale Fragestellungen insbesondere aus der Verwendung additiver Kom promisszielfunktionen als Bestandteile der vorgestellten Entscheidungsmodelle. Nachteilig bei einer derartigen Modellierung ist, dass Entscheidungsträger a priori Präferenzendefinierenmüssen,umdieModelleandieAnforderungeneinerkonkre tenIndustrieumgebunganzupassen.Dieseswirdüberdiesdurchdenlediglichmittel barenZusammenhangzwischenParameterwertenundderZielerreichungimdynami schenKontexterschwert.UmdieFragezubeantworten,inwieferndieseAufgabeme thodischunterstütztwerdenkann,wirdeinkonzeptionellerAnsatzentwickelt. ErkenntnissekönnendabeiinzweierleiHinsichtgeneriertwerden.AufdereinenSeite wirddieAusgangslageeingebettetindiebetriebswirtschaftlicheForschung.Damitist die Basis für eine fundierte Diskussion gelegt. Auf der anderen Seite werden Lö sungsmöglichkeitendiskutiert.VielversprechendzeigensichinsbesondereMethoden dersimulationsbasiertenOptimierung,dieaufeineeffizienteSuchevorteilhafterKon figurationen im Kontext stochastischer Rahmenbedingungen zielen. Erste Erkennt nisse in Bezug auf die Nutzenpotenziale einer derartigen Vorgehensweise sind in
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SPENGLERETAL.dokumentiert.511JedochbestehtderBedarfeinerweitergehendenUn tersuchung. Maßgebliche Herausforderungen ergebensich dabeidurch die Laufzeit. FörderlichwirkensichindiesemZusammenhangFortschritteimBereichderRechner technologie sowie der Effizienz von Algorithmen der simulationsbasierten Optimie rungaus. 9.2 ImplikationenfürdieunternehmerischePraxis Dem Verständnis des Scientific Management entsprechend, besteht die eigentliche Zielsetzung der im Rahmen dieser Arbeit entwickelten modellbasierten Entschei dungsunterstützung in der Lösung einer praktischen Problemstellung. Ausgangslage der hier dargestellten Ausführungen ist die auftragsbezogene Planung in Unterneh men mit variantenreicher Serienproduktion. Trotz dieser generischen Ausrichtung können Erkenntnisse in Bezug auf die Übertragbarkeit und die Anwendungsvoraus setzungen bzw. Nutzenpotenziale generiert werden. Aus diesen leiten sich die im NachfolgendenerörtertenImplikationenfürdiebetrieblichePraxisab. ZentraleVoraussetzungfürdieÜbertragbarkeitdesplanerischenBezugsrahmensso wiederhierfürentwickeltenModelleisteinegeeigneteinformationstechnischeInf rastruktur.DieseumfassteinerseitsdieVerfügbarkeitderrelevantenInformationen, wie etwa von Kapazitäten oder von Bedarfskoeffizienten, sowie andererseits das Vorhandensein von betrieblichen Informationssystemen zur softwaretechnischen Umsetzung des Planungssystems (Kapitel 8). Mit den kommerziell verfügbaren APS Softwaretools sind diese Voraussetzungen für viele praktische Anwendungsfälle er füllt.512 Dies trifft auch auf das in Kapitel 5 dargestellte Fallbeispiel von Porsche zu. DieimRahmenderArbeitvorgestelltenKonzepteundMethodenlassensichfolglich grundsätzlich in die Praxis übertragen. Von besonderem Nutzen ist in diesem Zu sammenhang die Strukturierung der Entscheidungssituation. Diese ermöglicht in praktischen Anwendungsfällen eine fundierte Diskussion alternativer Realisierungs formenfürdieauftragsbezogenePlanung.DiesumfasstaufdereinenSeitedieDefini tionderanzustrebendenLeistungsmerkmaledesPlanungssystems(Umsetzungeiner synchronenAuftragsannahme,RelevanzderNivellierung,etc.).AufderanderenSeite 511
Spengleretal.(2007b) VergleicheetwaSAP(2005a);Abraham(2002);i2(2004).
512
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können auf dieser Basis modellierungstechnische Fragestellungen diskutiert werden (Realisierung der Antizipation, Segmentierung der Zielfunktion). Die Ausführungen bildendamiteineBasisfürdieAusgestaltungvonAPS. ImplikationenkönnenfernerinBezugaufdieAnwendungsvoraussetzungenundNut zenpotenzialeabgeleitetwerden.SomachtdieUntersuchungdeutlich,dasseineImp lementierung von komplexen auftragsbezogenen Planungssystemen nicht uneinge schränktsinnvollist.EinewesentlicheAnwendungsvoraussetzungbestehtinderKos tenstruktur.WieinAbschnitt6.1.2ausgeführt,wirddieRelevanzvonauftragsbezo genenPlanungssystemenmaßgeblichdurchdierelativeHöhederentscheidungsrele vanten Grenzkosten beeinflusst. Demnach ist die Relevanz am Größten, falls die Grenzlagerkosten die Grenzkosten der Abweichung übersteigen und zusätzlich die Grenzkosten der Nivellierung (zumindest teilweise) größer sind als die Grenzkosten derLagerung.IndiesemFallistesvorteilhaft,InformationenüberdieKapazitätsbele gung bereits in die Auftragsannahme einfließen zu lassen. Diese Voraussetzung scheintbeispielsweiseinderAutomobilindustrieerfüllt.EindeutlicherBelegdesPo tenzialseinerBerücksichtigungvonKapazitätsinformationeninderAuftragsannahme wird überdies durch Arbeiten im Bereich des Revenue Managements dokumen tiert.513 WeitereAnwendungsvoraussetzungenergebensichdurchdiedargestellteSimulati on. Komplexe auftragsbezogene Planungssysteme sind demnach vorrangig relevant, falls die Kapazität die Nachfrage übersteigt bzw. wenn die Volatilität der Nachfrage groß ist. In diesem Fall gilt es einen Kompromiss in Bezug auf die Kriteriender auf tragsbezogenenPlanungzuerreichen,derdievorhandenenFreiheitsgradezielgerich tet nutzt. Die vorgestellten Modelle scheinen hierzu geeignet. Hierbei wäre eine AusweitungderAnalyse,wiezuvordargestellt,wünschenswert,umdieValiditätdie serAussageninBezugaufweitereAnwendungsfälleweiterzuerhöhen.Einezusam menfassendeDarstellungderwesentlichenFaktorenmitEinflussaufdieRelevanzder auftragsbezogenenPlanungistinTabelle50gegeben.
513
Spengleretal.(2007a)
292 Tabelle50:
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EinflussfaktorenaufdieRelevanzderauftragsbezogenenPlanung
Zunahmeder/des... GrenzkostenderUnterauslastung
Relevanzeinerkoordinierten auftragbezogenenPlanung ×
GrenzkostenderLagerung
×
GrenzkostenderEinplanung
Ø
VolatilitätderNachfrage
×
× KapazitätsüberschussesbeigeringerVolatilität Legende:×vollständigerfülltÖteilweiseerfülltØnichterfüllt
AlseineweitereAnwendungdervorgestelltenSimulationsumgebungergibtsichletzt lichdieMöglichkeit,AussagenüberdieNutzenpotenzialevonMaßnahmenzurVari antenreduktioninBezugaufdieZielederauftragsbezogenenPlanungableiten.Die ses würde lediglich die Parametrierung des Simulationsmodells entsprechend der konkretenBegebenheitenerforderlichmachen. Zusammenfassend lässt sich damit feststellen, dass mit dieser Arbeit erstmalig die Grundlage für ein vertieftes Verständnis der praxisrelevanten Problemstellung der auftragsbezogenenPlanungimKontexteinervariantenreichenSerienproduktionge schaffenwird.DiefundierteAnalysederEntscheidungssituationmachtdeutlich,dass bestehende Planungsverfahren nur sehr eingeschränkt auf diesen Anwendungsfall übertragbar sind.Demgegenüber wird durch den vorgestelltenModellierungsansatz eine Basisfür dieWeiterentwicklung von APS undderen Einführung in industriellen Anwendungsumgebungengeschaffen.ZudemwirddasAufgabenfeldderKonfigurati onkonzeptionellerschlossen.DieseskannwegbereitendinderVerringerungderAn wendungshemmnissevonAPSsein.
10 Zusammenfassung InvielenMärktensindSättigungstendenzenzubeobachten,sodassfürUnternehmen zunehmend Bestrebungen zur Differenzierung ihrer angebotenen Leistungen in den Fokus rücken. Diese Entwicklung führt dazu, dass in einer großen Anzahl von Bran chen, die traditionell durch Ansätze der Massenfertigung geprägt waren, ein Trend zurImplementierungkundenindividuellerAuftragsabwicklungsstrategienzuverzeich nenist.KennzeichendieseristderVersuch,spezifischeKundenbedürfnissepassgenau zu befriedigen, indem eine individuelle d.h. kundenbezogene Einstellung der Pro dukteigenschaften erfolgt. Eine entsprechende Ausrichtung der Leistungserstellung führtzueinervariantenreichenSerienproduktion. In Bezug auf das Produktionsmanagement resultiert diese Entwicklung in deutlich veränderteAnforderungen.AusgangspunktderPlanungsindnichtlängermittelfristig fixiertePrognosenfürhomogeneGüter,sondernsukzessiveeintreffendeKundenauf trägemitspezifischenAnforderungenandieLeistungserstellung.DerErfolgeinersol chen Produktion wird im Wesentlichen durch das Maß determiniert, in dem es ge lingt, eine Abstimmung von Nachfrage und Ressourcenangebot herbeizuführen. Da mit ist ein Bedeutungszuwachs der auftragsbezogenen Planung zu beobachten, de renGegenstandinderZusammenführungvonKundenaufträgenundProduktionsres sourcenliegt. Im Rahmen der Umsetzung von Ansätzen zur auftragsbezogenen Planung scheinen integrierte Planungssysteme besonders geeignet. Allerdings fehlt bislang eine fun diertewissenschaftlicheAuseinandersetzungmitderAusgestaltungunddemEinsatz solcherSystemeindemindustriellenUmfelddervariantenreichenSerienproduktion. VordiesemHintergrundbestehtdieZielsetzungdervorliegendenArbeitinderKon zeptioneinermodellbasiertenEntscheidungsunterstützungfürdieauftragsbezogene PlanungbeivariantenreicherSerienproduktion,umaufdieserBasisAnwendungsvor aussetzung und Gestaltungsempfehlungen für den Einsatz von Planungssystemen abzuleiten.ZurEvaluationdesKonzeptswerdendieErgebnisseeinerSimulationsstu diepräsentiert.DiehierzunotwendigeKonkretisierungerfolgtfüreinBeispielausder Automobilindustrie, als bedeutsamste Branche, in der Ansätze der variantenreichen Serienproduktionzubeobachtensind.
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10Zusammenfassung
AusgangspunktderUntersuchungisteineCharakterisierungundEinordnungderva riantenreichenSerienproduktion.DiesewirdalsRealisierungsformeinerkundenindi viduellenMassenproduktionverstanden,derenkonstituierendeMerkmalesichdurch eine kundenbezogene Leistungserstellung, ein gegebenes Leistungsspektrum sowie einenwettbewerbsfähigenPreisergeben.ZentralerAnsatzpunktzurErreichungdie serMerkmaleistdiegezielteKombinationvonantizipativenundreaktivenElementen in der Leistungserstellung. Nutzenpotenziale ergeben sich in der Konsequenz einer bedarfsgerechten Leistungserstellung, der verzögerten Auftragszuordnung sowie demZugangzudetailliertenMarktinformationen.DieempirischeRelevanzderUnter suchungvonFragestellungendervariantenreichenSerienproduktionbelegenausge wählte volkswirtschaftliche Kennzahlen für unterschiedliche Industriebranchen. So wirdalleinderWertderin2007imdeutschenWirtschaftsraumhergestelltenPerso nenkraftwagenmit131Mrd.Euroangegeben(Kapitel2). DiesegrundlegendenAusführungenwerdenvervollständigtdurchdieErörterungdes Gegenstands der auftragsbezogenen Planung. Das Ergebnis besteht in der Entwick lungeinesplanerischenBezugsrahmensalsBasisfürdienachfolgendenUntersuchun gen. Hierzu werden zunächst wesentliche Aspekte der Strukturierung betrieblicher PlanungsaufgabenimRahmenvonPlanungskonzeptionenerörtert.Diesumfasstdie GrundlagenderhierarchischenPlanung,MöglichkeitenzurBerücksichtigungunsiche rerEinflüssesowiedenAnsatzdermodellbasiertenPlanung.DieÜbertragungdieser Ansätze auf die auftragsbezogene Planung ermöglichte die Integration der untersu chungsrelevanten Aufgaben in einen Bezugsrahmen. Unterschieden werden hierbei einerseits auftragsbezogene und auftragsanonyme Aufgaben sowie andererseits die AufgabenderAuftragsannahmeundderProduktionsprogrammplanung(Kapitel3). AufbauendaufdiesenAusführungenwirdanhandvonzweiFallstudieneineKonkreti sierungdesHandlungsbedarfsvorgenommen.UmeinemöglichsttiefgreifendeAnaly sezuermöglichen,erfolgteineFokussierungaufdieAutomobilindustrie.Nebender wirtschaftlichenRelevanzdieserBranchesprichtfürdieseAuswahldieTatsache,dass sichunterschiedlicheAusprägungendervariantenreichenSerienproduktionbeobach tenlassen.ImErgebniswerdenkonkreteAnforderungenaneineEntscheidungsunter stützunginderauftragsbezogenenPlanungabgeleitet.Dieseergebensichdurchdie Abbildung auftragsspezifischer Produktmerkmale und Bedarfstermine, die Berück
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sichtigungdesoffenenEntscheidungsfelds,dieRealisierungsofortigerLieferzusagen, die Berücksichtigung aggregierter Kapazitätsrestriktionen, die Erzeugung nivellierter ProduktionsvorgabenunddieAbbildungkurzfristigerPlanänderungen(Kapitel4). InderFolgewerdenbestehendeAnsätzeeinerkritischenWürdigungimHinblickauf dieErfüllungdieserAnforderungenunterzogen.VonRelevanzsindAnsätzederVer fügbarkeitsprüfung,derProduktionsprogrammplanungundderdynamischenAnalyse vonPlanungssystemen(Kapitel5).EinevollständigeErfüllungderAnforderungenist durch keinen bestehenden Ansatz gegeben, sodass eine formale Entwicklung von Entscheidungsmodellen erforderlich ist. Hierbei wird zwischen separaten Modellen fürdieAuftragsannahmeunddieProduktionsprogrammplanungunterschieden.Auf grund dieser Dekomposition ergibt sich der Bedarf einer Koordination der Modelle. HierzuwerdenverschiedeneModellerweiterungenvorgestellt.KonzeptionelleGrund lagederAusführungensinddieArbeitenvonSCHNEEWEIßzurhierarchischenPlanung. DerabschließendeAbgleichderentwickeltenModellemitdenzuvordefiniertenAn forderungenbestätigtderengrundsätzlicheEignung(Kapitel6). ZurEvaluationderentwickeltenModellederauftragsbezogenenPlanungerfolgteine numerischeAnalyse.HierzuwirdeinesimulationsbasierteTestumgebungeingeführt. UntersuchungsgegenstandisterneuteinAnwendungsbeispiel,dasdiegrundlegenden CharakteristikaderauftragsbezogenenPlanunginderAutomobilindustriereflektiert. Zur Erzeugung der Testinstanzen kommt ein realer Datensatz zur Anwendung. Die eigentliche Analyse untergliedert sich in drei Phasen. In einer ersten Phase werden dieErgebnisseeinerVoranalysedargestellt.ImErgebnislassensichzweiReferenzpo litikendefinieren,diefüreinevergleichendeBewertungvonauftragsbezogenenPla nungssystemen herangezogen werden können. Diese ergeben sich durch eine se quenziellekapazitierteAuftragsannahme,wiesieoftmalsinpraxizumEinsatzkommt, sowie die Entscheidungsfindung unter Annahme vollständiger Informationen im RahmeneinerexpostOptimierung.DerVergleichbeiderPolitikenbelegtdasPoten zialvonkomplexenauftragsbezogenenPlanungssystemen.Solassensichfüralleun tersuchtenSzenariendeutlicheVerbesserungeninBezugaufdieUnterauslastungals MaßderNivellierungsowiedieEinlastungskostenalsMaßderLieferfähigkeitrealisie ren.AllerdingsbestehteinZielkonfliktzwischenbeidenKriterien(Abschnitt7.2).
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10Zusammenfassung
IneinerzweitenPhasederUntersuchungerfolgteinedetaillierteDiskussiondesVer haltens des konzipierten Planungssystems. Ausgangspunkt sind Kennzahlen für die Nivellierung,dieLieferfähigkeitsowiedieLagerung,dieerforderlichwird,wennFest legungenderAuftragsannahmenachträglichmodifiziertwerden.Demnachlässtsich dieZielerreichunginweitenBereichenbeeinflussen.DersystemimmanenteZielkon fliktistdemnachimdynamischenKontextsituationsgerechtlösbar.Beleghierfürsind dieErgebnisseeinerVarianzanalyse.AuchunterstützendieErgebnissedieSinnhaftig keit einer Koordination von Auftragsannahme und Produktionsprogrammplanung unddamitdieeinerintegriertenAuslegungvonbeiden.Solässtsichdurchdeneinge führtenAntizipationstermeinedeutlichverbesserteAbstimmungderPlanungsaufga benerzielen.LetztlichkanndasaufgezeigtePlanungssystemandieErfordernisseder LeistungserstellungnachstabilenPlanvorgabenangepaßtwerden.Hieristallerdings einZielkonfliktzwischenderEffektivitätunddererreichtenPlanungsstabilitätzuer kennen.DieserwärefüreinenkonkretenAnwendungsfallzulösen(Abschnitt7.3). GegenstandderdrittenPhaseistschließlichdieAnalysedesEinflusses,dendieRah menbedingungenaufdiePlanungausüben.DieabsoluteZielerreichungdesbetrach teten Planungssystems wird negativ beeinflusst durch die Volatilität der Nachfrage. EinEffektderbesondersdeutlichbeiVorhandenseinvonÜberkapazitätzumTragen kommt.GleichwohllassensichfürallebetrachtetenUmgebungsbedingungendeutli che Verbesserungen in Bezug auf die Einplanungskosten sowie die Unterauslastung der Basispolitik erzielen. So kann hinsichtlich der Einplanungskosten teilweise das idealtypischePotenzialabgetragenwerden,hinsichtlichderUnterauslastungsinddies biszu89Prozent.HierzusindallerdingsUmplanungenerforderlich.DiemitdemVor handensein von Überkapazität einhergehenden planerischen Freiheitsgrade wirken sich positiv auf die Nivellierung und die Verminderung der Einplanungskosten aus, soferndieVolatilitätderNachfragenichtzuhochist.DieRelevanzderKoordination derPlanungsaufgabenistamgrößtenbeieinerhohenVolatilitätaberauchbeieiner stetigenNachfrageundeinemgewissenMaßanÜberkapazität(Abschnitt7.3). ZurÜberführungdesKonzeptszurauftragsbezogenenPlanungindenoperativenBe triebimRahmenbetrieblicherPlanungssystemestehenzahlreicheVorgehensmodelle zurVerfügung.GegenstanddieseristdieStrukturierungderzugehörigenAufgabenin FormeinesEinführungsprojekts.UmdieentwickeltenModellealsEntscheidungsun
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terstützung einsetzen zu können, sind jedoch in Abhängigkeit der jeweiligen Rah menbedingungenweitergehendemodellierungstechnischeFreiheitsgradezubelegen. DiesesistGegenstandderKonfiguration.AufbauendaufeinerkritischenWürdigung dieserAnsätzewirdeinKonzeptzurKonfigurationdervorgestelltenModellezurauf tragsbezogenen Planung entwickelt. Dieses basiert auf der Kopplung der Entschei dungsmodelle mit einem Simulationsmodell. Entscheidungsträger werden somit in die Lage versetzt, die Festlegung der Parameter auf der Zielerreichung zu basieren, diesichalsErgebnisderdynamischenInteraktionvonAuftragsannahmeundProduk tionsprogrammplanungunterBerücksichtigungdererwartetenunsicherenNachfrage ergibt. Im Ergebnis ist demnach ein besseres Verständnis des Planungssystems und damiteineinsgesamthöhereAkzeptanzzuerwarten. Insgesamtlässtsichfesthalten,dassmitdieserArbeiterstmaligdieGrundlagefürein vertieftes Verständnis der praxisrelevanten Problemstellung der auftragsbezogenen PlanungimKontextdervariantenreichenSerienproduktiongeschaffenwird.Diefun dierte Analyse der Entscheidungssituation macht deutlich, dass bestehende Pla nungsansätze nur sehr eingeschränkt auf diesen Anwendungsfall übertragbar sind. DemgegenüberwirddurchdenvorgestelltenModellierungsansatzeineBasisfürdie Weiterentwicklung von APS und deren Einführung in industriellen Anwendungsum gebungengeschaffen.ZudemwirddasAufgabenfeldderKonfigurationkonzeptionell erschlossen.DieseskannwegbereitendinderVerringerungderAnwendungshemm nissevonAPSsein.EineentscheidendeImplikationfürdiePraxisergibtsichzudem durch die Anwendungsvoraussetzungen komplexer auftragsbezogenen Planungssys teme.SoisteinEinsatzentsprechenderSystemenurdannuneingeschränktsinnvoll, wenneinerseitsdieerforderlicheinformationstechnischeInfrastrukturbereitgestellt werdenkannundandererseitsVoraussetzungeninBezugaufdieKostenstrukturund die zuvor dargestellten Eigenschaften der Nachfrage erfüllt sind. Insbesondere für denFall,dassdieGrenzlagerkostendieGrenzkostenderAbweichungnichtüberstei genundzusätzlichdieGrenzkostenderNivellierungnicht(zumindestteilweise)grö ßersindalsGrenzkostenderLagerung,scheinteswenigvielversprechendInformati onen überdie Kapazitätsbelegung bereits in dieAuftragsannahme einfließenzu las sen(Kapitel9).DieÜberprüfungdieserVoraussetzungenkannimeinzelnenAnwen dungsfalldazubeitragen,folgenschwereFehlinvestitionenzuvermeiden.
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Index A
Einplanung..............................................69,99 Einplanungskosten......................................164
Abweichungskosten....................................162
Entscheidungsfeld.........................................41
AdvancedPlanningSystem...................57,246
geschlossenes..........................................42
Aggregation...................................................47
offenes.....................................................43
Allokation......................................................99
Entscheidungslogik.......................................41
Anfrage..........................................................62
Entscheidungsmodelle..................................52
Antizipation.................................................152
Entscheidungssituation.................................38
Antizipationsrelation...................154,156,181
flachetaktischoperative.......................159
Artenpräferenz..............................................40
taktischoperative..................................158
Auftrag...........................................................62
ERPSystem.................................................246
Auftragsabwicklung.......................................62
Experiment.................................................216
Auftragsabwicklungsstrategie.......................14
expostFeedback........................................152
Einflussfaktoren........................................16
expostOptimierung..................................209
Erscheinungsformen.................................15 Auftragsannahme..............64,69,84,123,171 AvailabletoPromise...................................126
B
F Formalmodell................................................55 Füllgrad.................................................70,177 Füllprofil........................................................71
Basisebene...................................................152 Basispolitik...................................................209 Bezugsrahmen
G Gradientenverfahren..................................322
Fallstudien..............................................102 hierarchischePlanung............................151
H
planerischer..............................................83 HierarchischePlanung..................................46
C CapabletoPromise.....................................126
Höhenpräferenz............................................40
I
Customizing.........................................249,251 Implementierung........................................248
D
Informationsfluß.........................................178 Informationsstand..............................153,164
Dekomposition..............................................47 DeskriptiveModelle......................................53
E Einführungsprojekt......................................245
Informationsverfügbarkeit...........................43 Instruktion..................................................152 faktische.................................................152 finale......................................................152 hypothetische........................................152
316 Interaktion antizipative.............................................154 faktische..................................................154 finale.......................................................154
Index Parametrierung...........................................255 direkte....................................................256 indirekte.................................................257 Planung auftragsbezogen................................62,66
K
auftragsneutral........................................86
Kalibrierung.................................................257
operative..................................................61
Konfiguration.......................................252,258
rollierende................................................50
konzeptionellesModell.................................54
taktischoperative..................................161
Koordination..........................................48,181
Vorgehensmodell.....................................54
Kundenauftragsentkopplungspunkt..............14
Planungsmatrix.............................................57
Kundenbelegungsgrad...................................99
Planungsphilosophie.....................................44
kundenindividuelleMassenproduktion........12
Planungsstabilität.......................................208
Kundenproduktion........................................11
Postponement..............................................31 Präferenzrelation..........................................40
L Lieferfähigkeit................................................76 Liefertreue.....................................................76
Produktionsprogrammplanung 59,69,84,172 Projektdefinition.........................................246
R
Lieferunfähigkeit ModellMixbedingt................................214
Reaktion......................................................152
volumenbedingt......................................215
Replikation..................................................216
M
S
Massenproduktion........................................10
simulationsbasierteOptimierung...............268
MasterProductionScheduling..............60,124
Simulationslauf...........................................216
MetaHeuristik....................................273,323
statistischeSelektion..................................321
Metamodell.................................................322
Systementwicklung.....................................247
Modell...........................................................51
Systementwurf...........................................246
ModellMix....................................................24
N Nachbereitung.............................................248
P
T TabuSearchVerfahren..............................324 Topebene....................................................152
U
Parameter....................................................255
Umplanungskosten.....................................165
organisationale.......................................251
Unsicherheit............................................42,48
strukturelle.............................................251
Untersuchungsdesign.................................216
Index
V
317
Z
Validierung....................................................55
ZeitlicheReichweite......................................47
Validität.........................................................92
Ziele
variantenreicheSerienproduktion................20
Definition.................................................38
Veränderungsmanagement.........................248
mehrfache........................................39,255
Verfügbarkeitsprüfung................................126
qualitative..........................................39,77
vollfaktoriellesDesign.................................218
quantitativmonetäre.........................39,74 quantitativnichtmonetäre...............39,75
W
Zielfunktion
Wunschtermintreue......................................77
segmentierte..........................................177 Zielsystem.....................................................78
Anhang 75,00
100,00 75,00
50,00
50,00 25,00
25,00
0,00
0,00 1
11
21
31
41
51
61
1
11
21
31
41
51
61
Abbildung60: ExemplarischeNachfragereihenfürnormalverteilte Nachfrage(links ߚ ൌ Ͳǡͳ,rechts ߚ ൌ Ͳǡ͵)
320
Tabelle51:
Anhang
VarianzanalysefürdieersteUntersuchungsphase
MittlereEinplanungskosten
MittlereLagerdauer
Unterauslastung
O
Faktor
1,0
௩
0,31
9,68
0,00
0,96
43,71
0,00
964,92
90,37
0,00
௦௩
9,42
295
0,00
5,19
236,4
0,00
273,90
25,65
0,00
௧௧
5,4
169
0,00
0,55
24,89
0,00
10,11
0,95
0,33
௩ * ௦௩
,318
9,96
,002
,079
3,58
,059
136,45
2,47
,117
௩ * ௧௧
,019
,59
,444
,028
1,27
,261
77,55
1,40
,237
,068
2,12
,147
,099
4,53
,034
3,18
,06
,810
௦௩ * ௧௧ Modell
330
185
,000
49,85
40,56
,000
63808
106,72
,000
Replikation
315
197
,000
42,95
39,14
,000
62505
117,08
,000
1,2
௩
0,00
0,19
0,66
48,08
439,82
0,00
48206
872,92
0,00
௦௩
0,65
32
0,00
3,56
32,57
0,00
116,42
2,11
0,15
௧௧
18,31
891
0,00
4,49
41,09
0,00
39,77
0,72
0,40
௩ * ௦௩
,019
,92
,337
,126
1,15
,284
42,13
3,95
,048
௩ * ௧௧
,036
1,75
,187
,236
2,16
,143
7,72
,72
,396
௦௩ * ௧௧ Modell
,080
3,91
,049
,250
2,29
,131
4,79
,45
,503
78
68,15
,000
243,31
39,75
,000
572987
185,28
,000
59
58
,000
186,57
34,14
,000
524407
189,92
,000
Replikation
Quad ratsum me1
F Wert
p Wert
Quad ratsum me2
F Wert
p Wert
Quad ratsum me3
F Wert
p Wert
1
ܴଶ ൌ Ͳǡͻ
2 ଶ
ܴ ൌ Ͳǡͺ
ܴ ൌ Ͳǡͻͷ(O ൌ ͳǡͲሻbzw,ܴ ൌ Ͳǡͻ(O ൌ ͳǡͲሻ
3 ଶ
ଶ
Anhang
321
MethodendersimulationsbasiertenOptimierung Verfahren der statistischen Selektion zielen auf die vollständige vergleichende Be wertung einer Menge zu betrachtender Alternativen bzw. Parameterkombinationen auf Basis statistischer Methoden.514 Grundsätzlich lassen sich dabei Verfahren des Mehrfachvergleichs von denen des RankingandSelection unterscheiden. Bei erste renhandeltessichumdieWeiterentwicklunggrundlegenderVerfahrenausdemBe reich der Statistik hinsichtlich der spezifischen Anforderungen simulationsbasierter Untersuchungen (z.B. gemeinsamen Zufallszahlen). Hierzu zählt etwa das Verfahren des vollständigen Vergleichs auf Basis paarweiser tTests.Allerdings bieten entspre chendeVerfahrenkeineweitergehendeUnterstützungbeiderAuslegungderSimula tion, d.h. insbesondere bei der Festlegung der Anzahl durchzuführender Replikatio nen.DieFolgesindgegebenenfallsunnötiglangeLaufzeiten.DieseErkenntnisbildet die Ausgangslage von Ansätzen des RankingandSelection. Auch bei diesen besteht dieZielsetzungdarin,einstatistischesVerfahrenzurDiskriminierungvonAlternativen hinsichtlicheinesgegebenenSignifikanzniveausbereitzustellen.FürdieKonfiguration relevantsindhierbeiinsbesondereIndifferenzzonenansätze,dieaufeineBestimmung derbestenLösungzielen.515ImRahmendesVerfahrenswerdenzweiPhasendurch laufen,d.h.eswerdenfürjedeParameterkombinationzweiSimulationsläufevollzo gen.ZieldeserstenLaufsistes,dieVarianzderbetrachtetenErgebnisgrößezuschät zen.HierzuwirdeinevorgegebeneundidentischeAnzahlvonReplikationensimuliert. Auf Basis dieser Ergebnisse wird anschließend berechnet, wie viele zusätzliche Beo bachtungenunterBerücksichtigungderAnzahlzuvergleichenderParameterkombina tionen,desdefiniertenSignifikanzniveaussowiederIndifferenzzonefürdieeinzelnen Parameterkombinationen notwendig sind, um eine Auswahlentscheidung treffen zu können. Durch die differenzierte Steuerung der Replikationsgenerierung ermöglicht dasVerfahreneineeffizienteNutzungderverfügbarenRessourcen.Jedochlässtsich das größte Anwendungshemmnis von Verfahren der statistischen Selektion im Kon textdersimulationsbasiertenOptimierungistnichtüberkommen.Dieserührtdaher, 514
Law/Kelton(2000),S.566ff. Fu(1994);WeitereVerfahrenzielenaufdieBestimmungeinergegebenenAnzahlvorzuziehender auseinerMengegegebenerAlternativenEineausführlicheDiskussionvonAnsätzenzurBestim mung vorteilhafter Untermengen sowie weiterführende Quellen sind in Law/Kelton (2000), S. 569ff.sowieSpall(2003),S.400ff.gegeben.
515
322
Anhang
dass ein simultaner Vergleich aller Konfigurationen angestrebt wird. Entsprechende VerfahrensinddaheraufFällemiteinergeringenAnzahlmöglicherKonfigurationen, d.h.kleineLösungsräumebeschränkt. Grundlegend anders gestaltet sich der Suchprozess bei Gradientenverfahren, wie etwaderstochastischenApproximation.516AusgangspunktistdieSchätzungderers tenpartiellenAbleitungderZielfunktion,d.h.derGradientenbezüglichderbetrach tetenParameter.517ImRahmeneinesiterativenVerfahrenswirddieInformationüber die Gradienten genutzt, um ausgehend von einem Punkt im Lösungsraum die Such richtung mit der größten Verbesserung des Zielfunktionswertes zu identifizieren. Durch diese wird letztlich – unter Verwendung einer Schrittweite – der nächste zu untersuchendePunktbestimmt.DieHerausforderungliegtdarinbegründet,dassbei Simulationsmodellen keine geschlossene Systembeschreibung zur Bestimmung der Gradientenvorliegt.DemnachmüssendieentsprechendenWertegeschätztwerden. Beim Verfahren der finiten Differenzbetrachtung wird etwa in jedem Schritt des Suchprozesses eine Abschätzung des Gradienten an der jeweiligen Stelle ermittelt, indemjederParameterbeigleichzeitigerFixierungderübrigeneinerfinitenVerände rungunterzogenwird.AusdendadurchermitteltenErgebnissenlässtsicheinelinea reApproximationdesGradientenberechnen.518Gradientenverfahrenstellenfolglich dieUmsetzungeineslokalenSuchverfahrensimstochastischenKontextdar.Proble matisch erweist sich indes, dass entsprechende Verfahren per se nicht in der Lage sind,lokaleOptimazuüberkommen.519 Um diesen konzeptionellen Nachteil zu vermeiden basieren Metamodelle auf einer approximativenBeschreibungderfürSimulationsmodellezumeistunbekanntenfunk tionalen Beziehung zwischen Parametern und interessierenden Ergebnisgrößen, der
516
DiesegehtaufdieGrundlagenarbeitenvonROBBINS UND MONROsowieKIEFER UND WOLFOWITZ zu rückgeht Robbins/Monro (1951); Kiefer/Wolfowitz (1952); eine umfassende Übersicht ist in Kushner/Clark(1978)sowieL'Ecuyer(1991)gegeben. 517 Robbins/Monro(1951) 518 Eine entsprechende Schätzung des Gradienten wird auch als KieferWolfowitzAlgorithmus be zeichnet. 519 Erweiterungsmöglichkeiten bestehen z.B. in dem mehrfachen Start des Verfahrens mit unter schiedlichenStartwertenfürdieParameter.
Anhang
323
sogenanntenTransformationsfunktion.520IstdieseBeziehungbekannt,lässtsichdas globale Optimum bestimmen. Hierzu werden für ausgewählte Punkte des Lösungs raumsSimulationsläufedurchgeführtunddiedarausgewonnenenInformationenge nutzt, um die beobachteten UrsacheWirkungsBeziehungen in einem übergeordne temModell,demMetaModell,abzubilden.521IneinerzweitenPhasedesVerfahrens wirddiesesModellherangezogen,umdieoptimalenParameterkombinationenunab hängigvomeigentlichenSimulationsmodellzuidentifizieren.DerwesentlicheVorteil liegtdarinbegründet,dasssichdieAuswahlderoptimalenKonfigurationvonderei gentlichenSimulationentkoppelnlässt.VerfahrenderMetaModellierungsinddaher imBesonderenfürdenEinsatzimRahmeneinesinteraktivenEntscheidungsfindungs prozesses geeignet, bei dem möglichst unverzögert Zielfunktionswerte für unter schiedlicheKonfigurationenzubestimmensind.AllerdingsführenentsprechendeAn sätzeinsbesonderebeiLösungsraumgebirgenmitscharfenKantenundflachenTälern zukeinenbefriedigendenErgebnissen.522 Eine weitere Möglichkeit, um lokale Optima zu überwinden besteht darin, Meta HeuristikenindieLösungssuchezuintegrieren.523Zudenamweitestenverbreiteten MetaHeuristikenzählenAnsätzedesSimulatedAnnealing,524desTabuSeachsowie den Evolutionären Algorithmen.525 Dabei lässt sich auf vielfältige Weise eine Kopp lung mit den zuvor dargestellten Verfahren der simulationsbasierten Optimierung herbeiführen.ZielderKombinationbeiderVerfahren(sklassen)istes,Suchverfahren 520
EntsprechendeAnsätzewerdendaherauchalsmodellbasiertbezeichnet(Gosavi(2003),S.93). MethodenderMetamodellierungumfassennebenneuronalenNetzen,diedenLernprozessdes Menschenimitieren(Nasereddin/Mollaghasemi(1999)),insbesondereResponseSurfaceAnsätze (Neddermeijeretal.(2000)). 522 Azadivar/Talavage(1980) 523 Für umfassende Übersichten siehe Osman/Laporte (1996), Voss (2001) oder Gendreau/Potvin (2005). 524 Die MetaHeuristik Simulated Annealing wurde auf Basis des Abkühlprozesses von Festkörpern entwickelt. Ausgehend von einer zufälligen Anfangslösung wird durch Variation der Parameter eine Nachbarlösunggeneriert.IstdieNachbarlösungbesseralsdieAusgangslösungwirdsieals neueAusgangslösungübernommen.Istsieschlechter,wirdsielediglichmitmonotonsinkenden Akzeptanzwahrscheinlichkeit (entspricht der Temperatur im Abkühlungsprozess) angenommen. Hierzuvertiefend:Kirkpatricketal.(1983) 525 EvolutionäreAlgorithmenbasierenaufdenPrinzipienderDynamiknatürlicherEvolutionsprozes sewiebeispielsweisederVererbungoderderMutation.SiehehierzuvertiefendHolland(1975) sowieGoldberg(1989). 521
324
Anhang
mit geringer Stagnationswahrscheinlichkeit (d.h. einer geringen Wahrscheinlichkeit, dassderSuchprozessineinemlokalenOptimumzumErliegenkommt)undgleichzei tig hoher statistischer Effizienz konstruieren.526 Aufgrund der Konzeptvielfalt im Be reich der MetaHeuristiken seien die nachfolgenden Ausführungen beschränkt auf TabuSearchVerfahren.DerspezifischeVorteildieserMetaHeristikliegtindergerin gen Anzahl zu definierender Verfahrensparameter sowie der deterministischen Grundkonstruktion, die einerseits die Reproduktion von Suchpfaden zulässt und an dererseitsdemsystematischenmenschlichenDenkensehrnahekommt.527 KernideevonTabuSearchVerfahrenisteiniterativerlokalerSuchprozess(analogzu den zuvor beschriebenen Gradientenverfahren). Dieser lässt sich von weniger kom plexen Verfahren dadurch abgrenzen, dass auch schlechtere Lösungen unter gewis senBedingungenakzeptiertwerden.Dadurchistesmöglich,lokaleOptimazuverlas senundsodasglobaleOptimumeinesmultidimensionalenLösungsraumeszuidenti fizieren.528 Der prinzipielle Ablauf des Verfahrens ist wie folgt. In jedem Iterations schrittwirddieNachbarschaftderaktuellenLösungevaluiertundeswirdderNach barmitdergrößtenVerbesserungbzw.dergeringstenVerschlechterungdesZielfunk tionswertesausgewählt.DiesesVorgehenführtallerdingszwingendzueinerStagna tion in einem lokalen Optimum, da im Falle der Wahl der geringsten Verschlechte rung des Zielfunktionswertes im nächsten Schritt wieder die Lösung der vorherigen Iterationgewähltwerdenwürde(sogenannteKurzzyklen).AusdiesemGrundwirdim RahmenvonTabuSearchVerfahrendieHistorieevaluierterLösungenineinemkurz zeitigenSpeicher,dersogenanntenTabuListe,festgehalten.DieseLösungenwerden inderFolgefüreinedurchdieLängederListedefinierteAnzahlvonIterationenge sperrt. Damit stellt das TabuSearchVerfahren eine sehr flexible MetaHeuristiken dar,dieleichtanspezifischeFragestellungenangepasstwerdenkann.
526
Fuetal.(2005) Michalewicz/Fogel(2000),S.129;Gendreau/Potvin(2005) 528 TabuSearchVerfahrenwurdenerstmaligvonGLOVER(1986)undHANSEN(1986)zurLösungkom binatorischerOptimierungsproblemevorgestellt. 527