Martina Diel
Das IT-Karrierehandbuch Gezielte Jobsuche, erfolgreich bewerben O’REILLY
IT-Karrierehandbuch Gezielte Jobsuche – erfolgreich bewerben
Martina Diel
Beijing • Cambridge • Farnham • Köln • Paris • Sebastopol • Taipei • Tokyo
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Copyright der deutschen Ausgabe: © 2008 by O’Reilly Verlag GmbH & Co. KG 1. Auflage 2008
Bibliografische Information Der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.ddb.de abrufbar.
Lektorat: Volker Bombien, Köln Korrektorat: Geesche Kieckbusch, Hamburg Satz: III-satz, Husby Umschlaggestaltung: Michael Oreal, Köln Produktion: Andrea Miß und Astrid Sander, Köln Belichtung, Druck und buchbinderische Verarbeitung: Druckerei Kösel, Krugzell; www.koeselbuch.de
ISBN 978-3-89721-728-7 Dieses Buch ist auf 100% chlorfrei gebleichtem Papier gedruckt.
INHALTSVERZEICHNIS
1 EINLEITUNG
1
Wie es zu diesem Buch kam
1
Warum dieses Buch?
2
Wie Sie dieses Buch lesen sollten und was überhaupt auf Sie zukommt
3
Danksagungen
4
2 GRUNDLAGEN
7
Worauf dieses Buch basiert 3 SELBSTANALYSE
7 11
Fragen, die Sie sich stellen sollten
12
Psychologische Tests
19
Persönlichkeitstests
28
4 SELBSTSTÄNDIG ALS FREELANCER
37
Generelles
37
Vor- und Nachteile
38
Projekte – woher nehmen?
41
Kluge Honorarkalkulation
48
Die Projektfalle
52
Nein, Sie sind nicht scheinselbstständig
52
Wie Sie als Externer mit internen Mitarbeitern klarkommen
53
Zusammenfassung und Überleitung
58
5 STELLENSUCHE
59
Ein paar generelle Anmerkungen
59
Stellenanzeigen in Printmedien
61
Jobbörsen
61
Wie lese ich Stellenanzeigen richtig?
67
Alternative Recherchequellen
72
Stellengesuche
77
Networking für die Karriere
77
6 BEWERBUNGEN Ein paar Gedanken zu Selbstmarketing und anderem Der Bewerbungsprozess
99 99 100
V
Wie liest ein Personaler Ihre Bewerbung? Stimmen von der anderen Seite des Schreibtischs
111
Das Allgemeine Gleichstellungsgesetz (AGG) für Sie als Bewerber
119
Umfang der Bewerbung
120
Ihr Anschreiben
121
Lebenslauf
130
»Dritte Seite« – vergessen Sie's!
144
IT-Profil – oder: Wie stelle ich Projekterfahrungen sinnvoll dar?
144
Zeugnisse – keine wissenschaftliche Arbeit, bitte!
146
Die leidigen Formalien – und etwas zur Sprache
150
Spezielles für Bewerbungen per E-Mail
153
Initiativbewerbungen
156
7 DAS VORSTELLUNGSGESPRÄCH
159
Gute Vorbereitung
159
Körpersprache
162
Was Personaler herausfinden wollen
163
Der Ablauf des Vorstellungsgespräches
164
Stimmen von der anderen Seite des Schreibtischs
180
8 GEHALTSVERHANDLUNG
189
Wo Sie nachschlagen können
190
Verhandlungstechnik
193
9 DIE ENTSCHEIDUNG
203
Mögliche Fallen im Arbeitsvertrag
208
Das Ende der Bewerbungsphase
213
10 GUTER START, POSITIVE WEITERENTWICKLUNG UND EIN SAUBERER ABSCHLUSS Neu in der Firma – der Einstieg
215 216
Ihre Entwicklung im Unternehmen – oder: Wie es weitergeht
220
Die Entwicklung Ihres professionellen Selbst
234
Auf und davon – der Ausstieg?
239
Zusammenfassung und Überleitung
244
11 ÜBERLEBEN ALS TECHIE
245
12 PROFESSIONELLE UNTERSTÜTZUNG
263
Personalberater
VI
106
263
Private Arbeitsvermittler
264
Karriereberater und Berufscoaches
264
Hilfe aus dem Web
267
INDEX
269
KAPITEL EINS
Einleitung
Wie es zu diesem Buch kam »Warum schreibst du eigentlich kein Buch?« Das fragte mich vor über einem Jahr ein Bekannter, als wir eines Abends im Irish Pub saßen und außer über Nagios und IPV6 auch über die Besonderheiten gemeinsamer Bekannter unter den üblichen Verdächtigen redeten und über interessante Jobangebote. Ja, warum eigentlich nicht? Lassen Sie mich etwas ausholen. Eigentlich bin ich die klassische Geisteswissenschaftlerin – habe Romanistik studiert, und wenn ich das nicht getan hätte, wäre ich Buchhändlerin geworden. Oder Bibliothekarin. Aber seit ungefähr zwanzig Jahren arbeite ich privat und beruflich mit Rechnern. Seit etwa dreizehn Jahren bin ich im Internet unterwegs, seit zehn im Usenet, und vor ungefähr fünf Jahren bin ich von der Microsoft-Welt zu unixoiden Systemen gewechselt (und habe es
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keinen Moment bereut – okay, nicht ernsthaft). Seit über zehn Jahren bin ich in der ITBranche, vorwiegend in der Beratung tätig, und vor zwei Jahren habe ich Coaching und Beratung für Bewerbung und Beruf hinzugenommen. Die meisten meiner Kunden kommen aus der Branche, in der auch ich meine Heimat gefunden habe, der IT-Branche. In all diesen Jahren habe ich viel gelernt – und das allermeiste von den Menschen, denen ich in meinen verschiedenen Jobs als Angestellte und Selbständige begegnet bin, von meinen Kollegen und Kunden, meinen Vorgesetzten und Mitarbeitern, Lieferanten und Externen, Kontakten aus Foren, Newsgroups, Social Networks und dem IRC. Die allermeisten von ihnen hatten das, was man »Technik-Affinität« nennen würde, und nicht wenige waren sogar richtige Techies, Nerds oder Geeks1, also Menschen, für die Rechner nicht einfach nur ein Mittel zum Zweck sind, sondern Teil der Lebensart. Ich lese noch immer gerne Bücher und liebe Sprachen, aber dank all dieser Menschen habe ich eine neue Seite an mir kennengelernt: die analytisch-strukturierte, den »Ingenieursansatz«, die Liebe zum Detail und das Faible für Eleganz in technischen Lösungen. Diesen Menschen ist das vorliegende Buch gewidmet, denn sie sind es, die meinem Denken eine neue Facette hinzugefügt haben und denen ich – so hoffe ich – helfen kann, ihren ganz individuellen Weg durch Bewerbung und Beruf zu finden.
Warum dieses Buch? Es gibt viele Bewerbungsratgeber, vielleicht sogar zu viele. Über so ziemlich jeden Aspekt von Bewerbungen wurde schon mindestens eine Regalreihe an Bänden verfasst, ob das nun die Bewerbung mit Mitteln von Web 2.0 ist oder die optimale Gestaltung einer »Dritten Seite«. Aber kein Bewerbungsratgeber bisher (so jedenfalls der Stand jetzt, im Frühjahr 2008) geht auf die besonderen Bedürfnisse und wichtiger noch: die spezielle Denkweise von Menschen ein, die in der IT-Branche arbeiten oder arbeiten wollen. (Von echten Geeks sprechen wir noch gar nicht.) Und Bewerbungsratgeber starten zu spät und hören zu früh auf – die wenigsten helfen, wenn es darum geht, herauszufinden, wo die Reise überhaupt hingehen soll, und die meisten hören auf, wenn der Vertrag unterschrieben ist. Aus meiner Praxis als Beraterin und Coach weiß ich aber, dass die ärgsten Bewerbungsprobleme bereits gelöst sind, wenn jemand sich fragt, wie seine Bewerbungsunterlagen aussehen sollen, und die wirklichen Berufsprobleme erst anfangen, wenn der erste Tag im neuen Job anbricht. Diese Lücke wollte ich schließen mit einem Buch, das Informatiker und Geeks versteht und dort abholt, wo sie stehen, das Beispiele wählt, die nicht dem Alltag des kaufmännischen Leiters entnommen sind oder der Krankenschwester, sondern dem das JavaEntwicklers oder der Systemadministratorin. Das auf ihre Denkweise eingeht und wichtige 1 Mehr dazu, was Nerds oder Geeks ausmacht, finden Sie in Kapitel 11.
2 KAPITEL EINS
Besonderheiten von Berufen in der IT-Branche berücksichtigt und dessen Autorin die Besonderheiten der Arbeit dort kennt – aus eigener langjähriger Erfahrung.
Wie Sie dieses Buch lesen sollten und was überhaupt auf Sie zukommt Fangen Sie einfach irgendwo an – wenn Ihnen ein Abschnitt ins Auge springt, lesen Sie hinein. Die Kapitel bauen zwar aufeinander auf, aber trotzdem können Sie da anfangen, wo es für Sie gerade interessant oder akut ist. Sehen Sie diesen Band als praktische Hilfe an, als Denkanstoß, als Anregung – aber seien Sie sich auch darüber im Klaren, was Sie nicht bekommen werden: • Rezepte, die Sie nur »nachkochen« müssen • Standardanschreiben oder -lebensläufe, die Sie nur noch mit Ihren Daten füllen müssen • Allheilmittel, die todsicher funktionieren • esoterisches oder ideologisches Gedankengut • das Ihren blinden Glauben erfordert Die wenigen Grundlagen, oder lassen Sie es mich besser Axiome nennen, die diesem Buch zugrunde liegen, stelle ich Ihnen in Kapitel 2 vor. Wenn Sie sich gar nicht sicher sind, wo es beruflich für Sie hingehen soll, beginnen Sie mit Kapitel 3. Hier lesen Sie einiges darüber, wie Sie mehr über sich selbst erfahren können. Sie lernen Methoden kennen, wie Sie Ihre Stärken und Schwächen feststellen können und auch, wie Sie herausfinden können, welche Berufsbilder damit korrespondieren. Sie wissen schon, was Sie ungefähr machen wollen, sind sich aber unsicher, ob als Angestellter oder als Selbständiger? Dann steigen Sie bei Kapitel 4 ein, denn hier geht es um Vor- und Nachteile der Freelancer-Tätigkeit, um juristische und finanzielle Fragen und andere Tipps und Tricks. Sie kennen Ihre Berufung, aber Ihnen fehlt die richtige Idee, wo Sie Firmen finden, die die Jobs anbieten, die Sie suchen? Dann blättern Sie zu Kapitel 5, denn hier zeige ich Ihnen auf, wo Sie interessante Stellenangebote finden, auch abseits der ausgetrampelten Pfade, und Sie erfahren, wie Sie Stellenanzeigen richtig deuten. Außerdem lernen Sie, was sich hinter dem Buzzword »Networking« verbirgt und wie Sie es für sich nutzbringend einsetzen können. Wenn Ihre Wunschunternehmen identifiziert sind, die Stellenanzeigen schon vor Ihnen liegen, dann stürzen Sie sich direkt auf Kapitel 6. Hier geht es darum, wie Sie Ihren Bewerbungsprozess vernünftig organisieren, wie Sie ein Anschreiben ansprechend formulieren
EINLEITUNG
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und Ihre Vorzüge im Lebenlauf angemessen präsentieren – und wie Sie das Ganze unfallfrei per Mail an Ihre Adressaten übermitteln. Auch was es mit IT-Profilen und der »Dritten Seite« auf sich hat, erfahren Sie hier. Kapitel 7 hilft Ihnen, wenn Sie schon einen Schritt weiter sind und Sie eine Einladung zum Vorstellungsgepräch haben. Ich zeige, wie Sie sich vorbereiten sollten und was im Gespräch auf Sie zukommen kann. Außerdem gebe ich Anregungen zu Fragen, die Sie selbst stellen können, wenn Sie sich ein aussagekräftiges Bild von Ihrem potenziellen Arbeitgeber machen wollen. Aber nicht nur die Inhalte sind wichtig – auch das Gehalt muss stimmen. Damit Sie bei den Gehaltsverhandlungen nicht über den Tisch gezogen werden, sollten Sie sich zuvor mit Kapitel 8 befassen. Bevor Sie endgültig einen Arbeitsvertrag unterschreiben, lesen Sie Kapitel 9 – hier geht es um Fallen im Arbeitsvertrag, die Sie kennen sollten, und Sie lernen Methoden kennen, wie Sie zu einer Entscheidung kommen können, die Kopf und Bauch zufriedenstellt. Kapitel 10 befasst sich mit der Zeit nach der Vertragsunterzeichnung: Worauf sollten Sie achten, wenn Sie neu in einer Firma sind? Und was können Sie tun, damit es für Sie auch positiv weitergeht? Was für Weiterbildungen sind sinnvoll und wie machen Sie Ihrem Chef schmackhaft, dass Sie sich weiterentwickeln wollen? Was für Verhaltensoptionen gibt es bei Problemen mit »Schlipsen«, aber auch mit Kollegen, sodass Sie nicht unter die Räder kommen? Aber auch der Abschied von einer Stelle ist ein Thema: Wie gestaltet man eine Kündigung und die Zeit danach so, dass man keine verbrannte Erde hinterlässt? In Kapitel 11 finden Sie einige FAQ – häufige Fragen, die sich im Berufsleben stellen und über die gerade Geeks und Informatiker immer wieder stolpern – und meine Antworten dazu. Kapitel 12 schließlich gibt Hinweise, wie und wo Sie professionelle Hilfe finden, wenn Ihnen dieses Buch nicht ausreicht.
Danksagungen Dazu, dass dieses Buch werden konnte, was es ist, habe nicht nur ich beigetragen, sondern auch die folgenden Menschen: Allen voran Martin Kaiser, der mir nicht nur immer wieder sein wertvolles Feedback zu meinen Entwürfen geliefert hat, sondern auch Geduld hatte, wenn ich in einer Schreibkrise steckte, und es klaglos hingenommen hat, dass ich über Monate viele Stunden unserer gemeinsamen Freizeit mit Schreiben verbracht habe.
4 KAPITEL EINS
Auch Volker Bombien gebührt großer Dank für seine ermutigenden Mails, seine zahlreichen Anregungen und dafür, dass er sich immer sicher war, dass dieses Buch ein Erfolg wird. Vielen Dank an Nicole »dyfa« Britz für ihre vielen Ideen, ihr unermüdliches Gegenlesen und nicht zuletzt für die wunderschönen Illustrationen! Danke auch an Tobias »Hoeni« Henöckl, Jörg Hoh und Dorothea Winterling für ihre Anmerkungen und Verbesserungsvorschläge, sowie an Svea Müller für ihre Hilfe beim Probekapitel, das den Verlag von diesem Projekt überzeugt hat. Ebenfalls ein Dankeschön an alle meine Interviewpartner, die sich Zeit für meine Fragen zu Bewerbungsunterlagen und Vorstellungsgespräche genommen haben, als da wären: • M.B. aus einer Bank in Frankfurt • Frau C. aus einem Softwarehaus bei Köln • Dieter Eisenbach von der PTV AG • Dr. Thomas Frühauf von der vwd Group • Peter Groll von der Ferchau Engineering GmbH • Rudolf Raab von der IZB Informatik-Zentrum München-Frankfurt a.M. GmbH & Co. KG • Claudia Raak von Wibas IT Maturity Services GmbH • Corinna Stellfeldt von der finius GmbH • Rainer Wawrzik von der Commerzbank AG • Jens W. von einem IT-Consulting-Unternehmen • Silke Westphal von der Zaesura Pro GmbH Herzlichen Dank auch an alle, die ihre »Geschichte aus der freien Wildbahn« (Kapitel 5) erzählt haben, und alle, die mit Kommentaren in meinem Blog Ideen beigetragen haben, vor allem Sven Rimbach. Und nicht zuletzt ein Dank an Jens Link, der alles ins Rollen brachte.
EINLEITUNG
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KAPITEL ZWEI
Grundlagen
Worauf dieses Buch basiert Wenn Sie von diesem Buch maximal profitieren wollen, sollten Sie wissen, auf welchen Grundüberzeugungen meine Überlegungen basieren und in welches Koordinatensystem ich meine Erfahrungen einordne. Ich skizziere im Folgenden, was ich als Axiome ansehe und daher nicht in Frage stelle.
Authentizität Ihre Aufgabe im Leben ist weder Linus Torvalds noch Bruce Schneier zu werden. Ihre Aufgabe ist es auch nicht, Ihren Eltern, Ihrem Partner oder Ihren Freunden zu gefallen oder deren Vorstellungen davon, wie Sie sein und was Sie tun sollen, zu erfüllen. Ihre Aufgabe im Leben ist es, Sie selbst zu sein. Eifern Sie daher nicht irgendwelchen Vorbildern nach, wie bewundernswert sie auch sein mögen – schauen Sie sich lieber den einen Trick hier und den anderen Kniff dort ab, aber gehen Sie Ihren eigenen Weg. Es ist die wichtigste, edelste, aber auch schwerste und langwierigste Aufgabe herauszufinden, was Ihnen selbst entspricht. Das kann Ihnen niemand abnehmen, und dieser Weg lässt sich weder
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abkürzen noch beschleunigen. Wo liegen Ihre Stärken, was wollen Sie damit anfangen und wie gehen Sie am besten mit Ihren Schwächen um? Oder ganz allgemein: Wo soll Ihr Weg Sie entlangführen, und was wollen Sie am Ende erreicht haben? Was soll auf Ihrem Grabstein stehen? Bei dieser Entdeckungstour soll Ihnen dieses Buch behilflich sein.
Ehrlichkeit Wenn Sie sich auf die Suche nach Ihrem Weg machen, dann muss Ehrlichkeit Ihr Begleiter sein. Damit ist zum einen die Ehrlichkeit anderen gegenüber gemeint – nicht nur dann, wenn man dafür Applaus bekommt, sondern auch dann, wenn man dafür Unverständnis erntet, Ablehnung oder gar Hass auf sich zieht (auch wenn das viel seltener geschieht, als man meinen könnte). Und sogar auch dann, wenn man sich damit in ein zweifelhaftes Licht rückt, zwischen allen Stühlen sitzt, sich lächerlich macht. Und als ob das nicht genug wäre: Da ist zum anderen auch – und das ist vielleicht noch viel schwerer zu erreichen und zu leben – die Ehrlichkeit sich selbst gegenüber. Das bedeutet den Verzicht auf Lügen, Ausflüchte, Beschönigungen und Ausreden, die das Ego schonen. Wenn Sie das, was ist, verwechseln mit dem, was sein sollte, betrügen Sie sich selbst und stehlen sich selbst Lebenszeit und Möglichkeiten zum Glück. Wenn Sie sich auf Ehrlichkeit einlassen, kann die Lektüre dieses Buches helfen, Ihre kleinen Selbstlügen zu entlarven und große überflüssig zu machen.
Fairness und Langfristigkeit Die Welt ist klein – jeder kennt jeden über ein paar Ecken, und das gilt erst recht für das Berufsfeld Informationstechnologie. Das Internet hat diesen Umstand sichtbar gemacht und Hürden eingerissen, die uns vorher daran hinderten, übergreifende, überregionale, manchmal sogar globale Kontakte zu knüpfen und zu nutzen. In einem solchen Biotop ist es ein Gebot der Klugheit, fair miteinander umzugehen, denn mit unlauteren Mitteln machen Sie sich nicht nur angreifbar, sondern vergiften das Umfeld, in dem Sie agieren und mit anderen kooperieren wollen. Legen Sie also für sich selbst fest, wie Sie behandelt werden wollen und wie Sie mit anderen umgehen wollen. Wenn Sie sich bemühen, danach zu leben, werden Sie merken: In den meisten Fällen wird Ihr Verhalten honoriert und mit Fairness beantwortet werden. In den Fällen, wo das nicht geschieht, steht es Ihnen jederzeit frei, kurzfristig den Kontakt einzustellen. Kein Kontakt ist so unentbehrlich, als dass sie wegen ihm Ihr Niveau unterschreiten sollten. Seien Sie aber auch zu sich selbst fair und gewöhnen Sie es sich ab, sich bei Fehlern niederzumachen oder unsinnig hohe Anforderungen an sich selbst zu stellen. Im Zweifel überlegen Sie: Wie würde ich mich einem guten Freund gegenüber verhalten? Und dann
8 KAPITEL ZWEI
seien Sie dieser Freund. Wie das funktionieren kann, dazu finden Sie Anregungen in den verschiedenen Kapiteln dieses Buches. Aus den gleichen Gründen, aus denen Sie fair sein sollten, ist es auch angebracht, langfristig zu denken. Nur wenn Sie Lösungen finden, die allen Beteiligten Vorteile bringen, werden Sie auf Dauer erfolgreich sein. Kurzfristige Triumphe auf Kosten anderer erzeugen vielleicht vorübergehende Befriedigung – Verbündete gewinnen Sie so nicht, sondern schlimmstenfalls schaffen Sie sich Feinde. Wenn Sie kurzfristig denken, müssen Sie überlegen, wie Sie sich vor anderen Menschen schützen – wenn Sie langfristig denken, dürfen Sie sich darauf freuen, dass andere Menschen sich erkenntlich erweisen. Die Ratschläge, die ich in diesem Buch gebe, berücksichtigen diese Überlegungen.
Nichts erzwingen Schlussendlich: Es gibt Situationen, da ist das Beste, was man tun kann, nichts zu tun. Manchmal ist die Zeit nicht reif oder jemand einfach noch nicht bereit, etwas einzusehen, etwas zu tun oder zu lassen und nichts kann daran etwas ändern – man kann es nur geschehen lassen. Dies ist kein Eingeständnis von Schwäche, sondern eine Erkenntnis, die dazugehört, auch und gerade für die Situationen, um die es in diesem Buch geht. Es gibt nicht die perfekte Technik, um jeden Job zu bekommen oder das todsichere Berufsfeld, in dem ernste Probleme per se ausgeschlossen sind. Aber das ist auch gar nicht nötig, wenn Sie lernen, mit dem, was Sie nicht bestimmen können, umzugehen, wenn Sie Unsicherheit akzeptieren lernen und manchmal auch einfach nutzen können, was sich Ihnen gerade anbietet.
GRUNDLAGEN
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KAPITEL DREI
Selbstanalyse
V
iele Leute machen sich über ihren Beruf im Voraus weniger Gedanken als um den Kauf des richtigen Autos – sie rutschen in einen Job irgendwie hinein und bleiben darin. Und dann gewinnt das Ganze eine gewisse Eigendynamik: Es scheint von Jahr zu Jahr schwerer zu werden, zu wechseln, man spezialisiert sich mehr und mehr – und nicht zuletzt wird man ja auch bequemer mit den Jahren. Und außerdem gilt ja noch immer der Satz: »Never touch a running system«. Mancher – ja, auch in der IT-Branche – glaubt, froh sein zu müssen, überhaupt irgendeinen Job zu haben. Denn irgendwie ist die Marktlage ja immer schlecht, irgendwo, für irgendwen. Dabei fällt folgender Zusammenhang unter den Tisch: Wirklich gute Arbeit leistet man vor allem dort, wo man gerne arbeitet. Und wo man gerne arbeitet, ist man auch fast immer gut oder kann es werden. Wer seine Stärken kennt, kann mit ihnen den Weg zu Beschäftigungen öffnen, in denen er wirklich Großes leisten kann – und wer seine Schwächen nicht ignoriert, kann Tätigkeiten wählen, in denen er nicht mit ihnen konfrontiert wird,
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oder sogar an ihnen arbeiten kann. Und nur wer weiß, was an ihm besonders ist, kann dieses Wissen auch anderen vermitteln – Arbeitgebern zum Beispiel, die überzeugt werden wollen, dass hier die richtige Frau oder der richtige Mann für den aktuellen Job sitzt. Es lohnt sich also, einen genaueren Blick auf sich selbst zu werfen und auf das, was man wirklich will und kann. Dazu gibt es verschiedenste Möglichkeiten – Sie können mit anderen reden, die Sie, natürlich vor allem aus dem beruflichen Umfeld her, kennen und etwas dazu sagen können, wie Sie arbeiten und wo sie Ihre Stärken sehen. Sie können in einer ruhigen Stunde einmal selbst Ihre Gedanken dazu niederschreiben, notieren, was Sie an Ihrer Arbeit schätzen und was Sie daran hassen, was Sie gerne gemacht haben und was Sie verabscheut haben,worum Sie sich gerissen und wovor Sie sich gedrückt haben. Eine weitere Möglichkeit sind alle Sorten Tests – Leistungs- und Persönlichkeitstests, Fragebögen zu Ihrem Teamverhalten und Ihren Werten. Welcher Weg Ihnen am ehesten entspricht, müssen Sie selbst herausfinden, denn hier wie auch anderswo führen viele Wege nach Rom. Nehmen Sie sich dafür die Zeit, die Sie brauchen und schieben Sie auch mal eine Pause ein, um Ihre neuen Erkenntnisse einsinken zu lassen. Dieses Kapitel bietet die verschiedensten Ansätze, bestimmt wird mindestens einer auch Ihnen weiterhelfen.
Fragen, die Sie sich stellen sollten Einige grundlegende Fragen sollten Sie sich beantworten, bevor Sie einen Gedanken darauf verwenden, wo Sie arbeiten oder wie Sie sich bewerben wollen. Wie würden Sie die folgenden Fragen spontan beantworten? • Was mag ich an meinem jetzigen Job? Und was hasse ich daran? • Was vermisse ich zur Zeit? Was könnte ich gut und würde es gerne tun, aber es ist in dieser Position nicht gefragt? • Und umgekehrt: Auf welcher meiner jetzigen Tätigkeiten könnte ich gut verzichten? • Was würde ich an meinem jetzigen Job gerne sofort ändern, wenn ich könnte? Warum tue ich es nicht? Gibt es etwas, was ich tun könnte, aber nicht tue? Warum nicht? • Was würde ich in einen neuen Job mit hinübernehmen wollen, wenn ich könnte? • Worüber freue ich mich? Worüber ärgere ich mich? • Was gibt mir Kraft, was ist eine Belohnung? • Was stiehlt mir Energie? Was empfinde ich als kränkend, langweilig, frustrierend?
12 K A P I T E L D R E I
Machen Sie eine Bestandsaufnahme Ihrer beruflichen Situation – schreiben Sie alles auf, was Ihnen durch den Kopf geht, denn die Betrachtung der aktuellen Situation kann ein guter Startpunkt für alle weiteren Überlegungen sein (siehe Abbildung 3-1).
A b b i l d u n g 3 - 1 : Schreiben Sie Ihre Überlegungen auf
Daraus ergeben sich beispielsweise folgende Fragen bezüglich einer künftigen Tätigkeit – hier nur eine kleine Auswahl: • Bin ich eher ein Jäger oder ein Farmer? Brauche ich schnelle Erfolge oder kann ich geduldig warten, bis meine Arbeit Früchte trägt? • Bin ich Marathonläufer oder Sprinter? Kann ich mich selbst auch über längere Zeit motivieren und durchhalten, oder liegt es mir mehr, alle Kräfte in einem kurzen Zeitraum zu bündeln? • Habe ich mich schon häufiger über Ungeduld aufgeregt oder über Trödelei? • Schaffe ich lieber Strukturen, auch für andere, oder ist es mir lieber, einen vorhandenen Rahmen mit Inhalt zu füllen? • Finde ich es schlimmer, wenn mir Inkonsequenz vorgeworfen wird, oder trifft mich die Bezeichnung »starrsinnig« härter? • Sehe ich mich eher als Generalist oder als Spezialist? Neige ich dazu, vieles über weniges herauszufinden, oder ein wenig über sehr vieles? • Bin ich Experte oder Manager? Möchte ich lieber Dinge selbst tun oder geht es mir darum, anderen zu helfen, ihre Arbeit zu erledigen?
SELBSTANALYSE
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• In welcher Art von Unternehmen möchte ich arbeiten – bei einem Unternehmen, das Anwender von IT ist, bei einem Anbieter von Software, Hardware oder Dienstleistungen, oder in einem Consulting-Haus, das bei der Anwendung dieser Technologien berät? Und viel wichtiger: Was sind meine Motive dafür? • Habe ich ein Faible für mittelständische Unternehmen oder zieht es mich eher in einen Konzern? Warum? Wenn Sie nicht all diese Fragen spontan befriedigend beantworten können, keine Sorge. Kaum jemand weiß ad hoc so viel über sich selbst, oder weiß, dass er es weiß. Es gibt zum Glück diverse Hilfsmittel auf dem Wege zur Selbsterkenntnis. Bitte erwarten Sie von keinem, dass es Ihnen »die Wahrheit« über Sie verrät. Diese Wahrheit gibt es nicht, es gibt nur Facetten Ihrer Persönlichkeit, die Ihnen nicht bewusst sind oder deren Bedeutung für Ihren Job Ihnen bisher nicht klar war. Beginnen wir mit etwas sehr Naheliegendem – einen Blick auf das, was hinter Ihnen liegt.
Was Sie bisher erlebt haben Gehen Sie zurück so weit Sie denken können, und überlegen Sie für alle Stationen – also Schule, Ausbildung, Studium, aber auch Praktika und Jobs –, wie Sie die folgenden Fragen beantworten würden: • Was habe ich schon alles gemacht in meinem Leben – und was davon gerne? Was hätte ich gerne gemacht, aber es hat sich bisher nicht ergeben? • Warum habe ich das gerne gemacht? Was hatten alle diese Tätigkeiten gemeinsam? • Was sind Szenen und Geschichten, die ich erlebt habe und die typisch für mich sind? • Was für Fähigkeiten habe ich in meinen verschiedenen Tätigkeiten erworben oder eingesetzt? Was für echte Stärken sind dabei zutage getreten? Was für Schwächen habe ich gezeigt? Wie habe ich daran gearbeitet? • Was möchte ich unbedingt wieder machen, was gerne hinzunehmen? Was würde ich in Kauf nehmen, was auf keinen Fall akzeptieren?
Bewertungen, Urteile, Einschätzungen Sehr hilfreich ist es auch, wenn Sie recht spontan einige Satzanfänge vervollständigen und möglichst noch etwas mehr dazu schreiben, vielleicht eine Episode aus Ihrem Leben. Beispiele für solche Sätze könnten sein:
14 K A P I T E L D R E I
• Ich hätte nie gedacht, dass ich einmal ... • Sehr stark beeinflusst hat mich ... • Am glücklichsten bin ich, wenn ich ... • Ich würde mich als Versager ansehen, wenn ich nicht ... • Von meinen Eltern habe ich ... • Die schwerste Aufgabe, die ich bisher bewältigt habe, war ... • Ich hatte großes Glück, dass ich ... • Ich bin stolz auf ... • Am meisten gelernt habe ich, als ... • Ich bin heilfroh, dass ich ... • Mein größter Fehler war ... • Ich möchte mich noch einmal so fühlen wie ... • Ich möchte nicht sterben, ohne ... Besonders bei der letzten Übung ist es hilfreich, wenn Sie darauf achten, wie Sie auf diese Erinnerungen und Überlegungen reagieren. Wo auch immer Ihre emotionale Reaktion im positiven oder negativen Sinne heftig ist, dürfen Sie davon ausgehen, dass Sie einen Punkt berührt haben, der für Ihr Berufsleben von großer Bedeutung ist und den Sie näher betrachten sollten.
Perspektivenwechsel Es ist nicht nur interessant, wie Sie selbst sich sehen, sondern auch, wie andere Sie wahrnehmen und was sie über Sie äußern. Sogar aus Kritik, die Sie unberechtigt finden, können Sie vieles lernen, denn ein wahrer Kern ist meist auch in der bösartigsten Nörgelei enthalten. Wer als »Labertasche« bezeichnet wird, ist selten in Wahrheit extrem wortkarg, auch wenn wohlmeinendere Kommentare ihn eher als »gesprächig« oder »kontaktfreudig« beschreiben würden. Sammeln Sie doch einmal: • Was für einen Ruf hatte ich in der Schule, der Ausbildung, dem Studium, bei meinen Kollegen, in der Familie, bei Freunden, im Verein? Was sagten andere über mich? Worin hatten sie damit recht, wo lagen sie falsch? • Wenn Sie mögen, fragen Sie ruhig auch Ihre aktuellen Kollegen, wie sie Sie sehen. • Fühlen Sie sich erkannt, gar durchschaut – oder missverstanden? Was würden Sie sich wünschen, was andere über Sie sagen sollten?
SELBSTANALYSE
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• Wenn es Diskrepanzen gibt zwischen dem, wie Sie gesehen werden, und dem, wie Sie gesehen werden wollen: Woran könnte es liegen, dass Sie so anders wahrgenommen werden, als Sie es sich wünschen? Aber es kann auch hilfreich sein, selbst einmal in die Rolle einer anderen Person zu schlüpfen und sich selbst sozusagen von außen zu betrachten. Stellen Sie sich die Frage: • Was würde der Kollege, mit dem Sie am engsten zusammenarbeiten, über Sie sagen, wenn er von einem Fremden zu Ihnen befragt würde? Was würde Ihr Chef sagen, und was sein Vorgänger? Welche zehn Begriffe würden andere Menschen, die Sie gut kennen, wählen, um Sie zu charakterisieren? Was würden Menschen sagen, die Sie weniger gut kennen? Welche Begriffe würden Menschen wählen, die Sie privat kennen und welche wären es, wenn Menschen aus dem Beruf gefragt wären? Welche zehn Adjektive wären das gewesen als Sie fünfundzwanzig waren? Unterscheiden sie sich von der heutigen Beschreibung und worin? • Wenn Sie sich selbst jemandem beschreiben müssten, der Sie nicht kennt – was würden Sie erwähnen? • Was für einem Menschen würden Sie empfehlen, Ihren Job zu machen, wem würden Sie davon abraten? Und warum? Ein Perspektivwechsel kann aber nicht nur heißen, dass Sie die Sichtweise anderer Menschen einnehmen, sondern es kann auch bedeuten, dass Sie den zeitlichen Aspekt hineinbringen oder die Rahmenbedingungen verändern. • Wenn ich keine Angst hätte, was würde ich dann tun? • Wenn ich im Lotto gewinnen würde, was für einen Job würde ich dann machen? • Wenn die Woche einen Tag mehr hätte, was würde ich damit anfangen? • Wenn ich fünf Leben hätte, was würde ich mit jedem einzelnen von ihnen anfangen? • Wenn mir jemand ein halbes Jahr den Lebensunterhalt finanzieren würde, unter der Voraussetzung, dass ich mich weiterbilde, was würde ich tun? • Wenn ich den für mich idealen Beruf gefunden hätte, woran würde ich es merken, dass er genau passt? Und woran würde ich erkennen, dass ich genau den falschen Job erwischt habe? • Was wäre mein absoluter Albtraumjob, wie würde ganz konkret ein Tag bei einer solchen Beschäftigung verlaufen? Wie sähe ein Tag oder eine Woche in meinem absoluten Traumjob aus?
16 K A P I T E L D R E I
Einige Ausschnitte, wie solch eine Beschreibung des idealen Tages aussehen kann, finden Sie im Folgenden. Ich fahre meinen Rechner hoch und schaue, ob Kaffee da ist, koche eventuell selbst welchen. Ich habe mein eigenes Aufgabengebiet und arbeite morgens am besten, daher setze ich mich jetzt direkt an Aufgaben, bei denen ich mich konzentrieren muss. Ich lese und prüfe Texte, exzerpiere sie, analysiere sie. Danach kommt eine Phase, in der ich einige Telefonate führe: Zum Beispiel melde ich mich bei Menschen, die bei mir zu einem bestimmten Thema eine Anfrage gestellt haben und für die ich etwas recherchiert habe. Ich schlage ihnen eine Lösung vor und stimme mit ihnen ab, ob der Vorschlag für sie zufriedenstellend ist. Eventuell sende ich nach dem Telefonat noch eine Mail, aber ich rufe auf jeden Fall vorher an. [...] Zu Mittag findet ein informeller Austausch mit meinen Kollegen statt. Auch wenn das, was sie mir sagen, nicht immer direkt relevant für meine Arbeit ist, ist es mir doch sehr wichtig, zu wissen, was sie gerade tun. Außerdem nutzen wir diese Meetings, um bei gemeinsamen Projekten Aufgaben zu verteilen.
oder Ein größeres Problem wartet im E-Mail-Fach. Alle anderen Dinge, die ich mir vorgenommen habe, müssen verschoben werden. Ich nehme Kontakt mit dem E-Mail-Absender auf, recherchiere, analysiere, denke über eine Lösung nach, stimme mich mit anderen in diesem Fall involvierten Kollegen ab, recherchiere noch einmal und lese bis zur Mittagspause. Das Problem ist nicht an einem Tag zu lösen. Den ganzen Nachmittag recherchiere ich, lese ich, telefoniere ich ... Einfädeln eines Termins mit einer bestimmten Abteilung, um die Vorgehensweise zu finalisieren.
Metaphern Wenn Ihnen gar nichts einfallen will, können Sie sich einer Selbstcharakteristik aber auch auf Umwegen nähern, indem Sie die Kraft der Bilder nutzen. • Wenn ich ein Stück Hardware wäre, welches wäre ich dann? Wäre ich eher ein solides Basismodell? (Sieht nicht nach viel aus, ist aber sehr verlässlich.) Oder ein Gerät der High-End-Luxus-Klasse? (Muss man richtig behandeln, wenn man gute Ergebnisse erzielen will.) Was für ein Betriebssystem, was für eine Anwendung, welche Programmiersprache wäre ich? Zum Beispiel: Ich bin eine Datenbank, ich arbeite gerne im Hintergrund, die Präsentation der Ergebnisse überlasse ich gerne der GUI.
Ganz im Ernst: Schreiben Sie eine Bedienungsanleitung für sich! Denken Sie an Ihren künftigen Chef, an Ihre künftigen Kollegen und sagen Sie ihnen, was an Ihnen besonders ist, worauf man bei Ihnen achten muss, um gute Ergebnisse zu erzielen. Sie werden dabei vieles über sich selbst erfahren. Gehen Sie auf folgende Fragen ein:
SELBSTANALYSE
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• Welche wichtigen Features habe ich? • Wie sehen die ersten Schritte bei der Inbetriebnahme aus? Gibt es Shortcuts und wofür? • Welche Bugs sind bisher bekannt? Gibt es bereits Bugfixes? Oder Workarounds? Wie sehen sie aus? • Worauf muss man sonst achten? Was sind gängige Warnings, was sind häufige Fehlercodes? Wann muss man den Kundendienst oder den Third-Level-Support rufen? • Gibt es Easter Eggs und wie bringt man sie zum Vorschein? • Wie sieht die Wartung aus? Was sollte man wie regelmäßig tun, damit das Gerät in einem guten Zustand bleibt? Ein Beispiel: Mich muss man langsam auf Betriebstemperatur bringen, sonst gebe ich komische Geräusche von mir. Wenn man das Stichwort First-Level-Support bringt, werde ich gereizt, das ist mein Shortcut, um mich ärgerlich zu machen. Wichtig ist auch noch zu wissen, dass ich im Gegensatz zu anderer Hardware sehr haltbar bin und bei guter Pflege auch viele Jahre treue Dienste leiste.
Wie auch immer Sie es angehen, wichtig ist: Setzen Sie sich hin und schreiben Sie Ihre Antworten auf, machen Sie sich Notizen. Nehmen Sie sich Zeit, und sprechen Sie Ihre Überlegungen mit jemandem durch, der Sie kennt. Es werden Ihnen sicher viele Dinge auffallen, auch wenn Sie bisher geglaubt haben, sich selbst schon ganz gut zu kennen. Und gehen Sie noch einen Schritt weiter auf die Metaebene und achten Sie darauf, wie Sie auf bestimmte Fragen reagieren: Ärgern Sie sich? Werden Sie unwillig und wollen Sie am liebsten nicht antworten? Werden Sie melancholisch oder aufgeregt?
Noch etwas mehr Struktur? Das alles genügt Ihnen noch nicht, diese Fragen erscheinen Ihnen zu beliebig, Sie wollen das alles von Grund auf analysieren, strukturierter vorgehen? Dann lesen Sie im nächsten Abschnitt weiter.
Richard Nelson Bolles »What Color is Your Parachute?« Wenn Sie zu der Sorte Mensch gehören, die die Dinge gerne generalstabsmäßig angeht, dann könnte der Ansatz von Richard Nelson Bolles genau das Richtige für Sie sein. Sein Buch »What Color is Your Parachute?« (deutsch: »Durchstarten zum Traumjob«) ist seit Langem ein Bestseller und ein erstklassiges Arbeitsmittel, wenn Sie die Berufsfindung umfassend angehen wollen.
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Ich schreibe bewusst »Arbeitsmittel«, denn wenn Sie sich nach dieser Methode auf die Jobsuche machen, haben Sie alle Hände voll zu tun – das Buch ist das Gegenteil des sprichwörtlichen Bewerbungsratgebers, aus dem man mal eben schnell ein paar Formulierungen abschreiben und dessen Musterlebenslauf man übernehmen kann. Bolles führt systematisch durch eine Bestandsaufnahme Ihrer persönlichen Eigenschaften und Fähigkeiten über die Zieldefinition bis hin zum Arbeitsplatz Ihres Wunschunternehmens. Unter http://www.jobhuntersbible.com/ finden sich auch online viele interessante Artikel zur Jobsuche – wenn auch mit stark amerikanischer Färbung. Einen ähnlichen Ansatz fahren der Profil Pass (http://www.profilpass-online.de/index. php?article_id=31&clang=0), die Kompetenzbilanz (http://www.gib.nrw.de/de/unt/weiterbildung/kompetenzbilanzierung.htm) und das Programm des Arbeitsmarktservice Österreich (http://www.ams.at/docs/001_Praxismappe_anleitung_0208.pdf) – auch hier geht es um eine Bestandsaufnahme eigener Stärken und Schwächen, mit deren Hilfe die weiteren Schritte identifiziert werden können. Leider ist die Methode stark papierorientiert und enthält wenige online ausführbare Schritte.
Barbara Sher »Wishcraft« Einen etwas anderen Ansatz wählt Barbara Sher – ihre Bücher »Wishcraft« und weitere können vor allem dann eine wertvolle Hilfe sein, wenn Sie das Gefühl haben, gar nicht zu wissen, was Sie wollen, oder wenn sich in jeden Satz, der mit »Ich würde gerne« anfängt, sofort ein »Aber« hineindrängt. Die Methode »Wishcraft« bietet Instrumente, wie man die inneren Blockaden überwinden kann und bietet wirksame Hilfen bei der schrittweisen Umsetzung einmal gefundener Ziele, ganz besonders auch mit Hilfe anderer Menschen (siehe dazu auch meine Anmerkungen zum Thema Networking im Abschnitt »Stellensuche« in Kapitel 5). Auf der Homepage der Autorin findet sich eine PDF-Version ihres bekanntesten Buches: http:// www.wishcraft.com/
Psychologische Tests Inspirierend bei der Erweiterung der Selbsteinschätzung sind natürlich auch die verschiedenen Sorten Psychotests – gerade Onlinetests können zudem auch noch sehr kurzweilig sein. Es existieren Heerscharen von Testmethoden, die von Personalabteilungen zur Eignungsdiagnostik verwendet werden – diese sind in der Regel relativ teuer und entsprechend nicht frei im Netz verfügbar. Ich werde daher hier im Wesentlichen über diejenigen Testverfahren schreiben, die kostenfrei oder für einen geringen Betrag zu haben sind, und die zudem online verfügbar sind.
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Aber bitte überschätzen Sie Tests nicht: Kein Test wird Ihnen »die Wahrheit« über sich selbst verraten, sondern die guten unter den Psychotests werden Ihnen allenfalls Anstöße geben, über sich selbst nachzudenken, die eigenen Fähigkeiten und Präferenzen neu zu betrachten, zu hinterfragen oder zu betonen. Probieren Sie verschiedene Tests aus und schauen Sie, worin sich die Ergebnisse ähneln. Die Tests, die ich vorstellen werde, lassen sich grob kategorisieren in • Potenzial- und Leistungstests • Berufsinteressentests • Persönlichkeitstests Die Grenzen sind häufig fließend, und einige Tests beinhalten Aspekte aller drei Kategorien.
Potenzial- und Leistungstests Kommen wir zunächst zu den Tests, in denen es darum geht, Ihre Stärken und Fähigkeiten auf bestimmten Gebieten zu messen.
Bochumer Inventar (BIP) Wissenschaftlich fundiert ist das Bochumer Inventar – zurzeit ist die Teilnahme am Test in der Version V mit einer Kostenbeteiligung von nur 40 Euro möglich (statt des sonst üblichen Preises von 98 Euro). Alle erforderlichen Infos dazu finden Sie hier: http://www. testentwicklung.de/bip.htm Das Ergebnis könnte so aussehen wie in Abbildung 3-2. Auffällig sind die hohen Werte bei Belastbarkeit, Leistungsmotivation, Führungsmotivation, Handlungsorientierung und Selbstbewusstsein – und die niedrigen bei Soziabilität und Gewissenhaftigkeit. Was für eine Position mag es wohl sein, in der so jemand zu großer Form aufläuft?
Diverse Potenzial- und Leistungstests des GEVA-Instituts Verbreitet und qualitativ hochwertig sind die Tests des GEVA-Instituts (http://www.gevainstitut.de/privatkunden/index.htm). Entsprechend sind sie kostenpflichtig, jedoch mit einem Preis von rund 20 bis 40 Euro durchaus bezahlbar. Im Rahmen meist zeitlich begrenzter Aktionen sind einige Tests aber auch einmal kostenlos verfügbar. Dies waren im Sommer 2007, als dieser Text verfasst wurde, der Test »Was kann ich?« (siehe Abbildung 3-3) sowie der Test im Rahmen der Aktion »In eigener Sache«.
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A b b i l d u n g 3 - 2 : Musterauswertung des Bochumer Inventars
A b b i l d u n g 3 - 3 : Was kann ich – Potenzialtest des GEVA-Instituts
Der Test »Was kann ich?« (http://www.was-kann-ich.de/) verlangt rund zwei Stunden Bearbeitungszeit und Konzentration, überzeugt aber durch die ausführliche Bewertung, die eine Einschätzung der eigenen Fähigkeiten auch im Vergleich zu anderen erlaubt.
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A b b i l d u n g 3 - 4 : »Was kann ich« – Ausschnitt aus einer Musterauswertung
Auch für den Test »In eigener Sache« gilt: Sie müssen etwas Zeit und Mühe investieren, aber das Ergebnis belohnt Sie: Es wird nicht nur in Bezug auf diverse Kriterien angezeigt, wie gut Sie abgeschnitten haben, sondern auch, ob und wie stark Ihre Selbsteinschätzung davon abweicht. Zusätzlich können Sie Fremdeinschätzungen einholen. So erhalten Sie wertvolle Hinweise darauf, ob Sie sich – auch im Vergleich zu anderen Absolventen des Tests – eher zu denen zählen müssen, die ihr Licht unter den Scheffel stellen, oder zu denjenigen, die sich selbst besonders wohlwollend betrachten. »In eigener Sache« kostet regulär 18 Euro, aber hin und wieder gibt es in Zeitungen oder Zeitschriften Gutscheine, mit deren Hilfe Sie sich kostenlos anmelden können. Zur Zeit (Sommer 2007) ist der Test mit dem Gutschein-Code »geva-institut« kostenlos verfügbar. Schauen Sie rein unter http://www.geva-institut.de/geva_ies/projekt.html oder http://www.ineigener-sache.de/. Aber auch andere Anbieter haben hilfreiche Online-Tests im Angebot.
HVB-Profil Potenzialanalyse Auf der Seite https://www.hvbprofil.de/scanup/ findet sich der Potenzialtest des Personalservice-Unternehmens HVB-Profil, einer Tochter der Hypovereinsbank. Dieser Test kann ebenfalls mit einer sehr ausführlichen Auswertung aufwarten und ist kostenlos. Auch hier werden das Selbstbild und das tatsächlich erzielte Ergebnis in Bezug auf diverse Fähigkeiten einander gegenübergestellt.
Allianz-Perspektiventest Ähnlich ist der Test, der u.a. von der Ruhruni Bochum und dem Testunternehmen Eligo entwickelt wurde und unter https://kallistra.eligo.de/eligo-perls/allianz/index.jsp kostenlos verfügbar ist. Leider hat er besonders im Sozialkompetenzen-Teil einige Längen (siehe Abbildung 3-5).
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A b b i l d u n g 3 - 5 : Berufssituationen-Test im Allianz-Perspektiventest mit »Schieberegler«
»Welcher Job passt zu mir?« der Studenten-Community Unicum Der Test, der vom Uni-Magazin Unicum angeboten wird, ähnelt dem Allianz-Test in einigen Punkten sehr, z.B. in den Fragen zum logischen Denken sowie in den Beurteilungen beruflicher Situationen. Nach Registrierung auf der Unicum-Homepage kann man am Test kostenlos teilnehmen, ohne Registrierung beträgt die Teilnahmegebühr 20 (gutangelegte) Euro. Den Einstieg finden Sie hier: http://www.unicum.de/beruf/jobtest/test_info.php Leider ist der Test nur mit eingeschaltetem Flash durchführbar, und die Menge der demografischen Informationen, die vor Start des eigentlichen Tests abgefragt werden, ist erheblich. Dafür ist das Ergebnis sehr ansehnlich:
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Auf die folgenden Fragenkomplexe: • Wie bewältigen Sie besonders schwierige Aufgaben? • Wie viel möchten Sie leisten? • Wie finden Sie Ideen, wenn Sie Probleme lösen? • Wie arbeiten Sie mit anderen zusammen? • Wie viel Streit darf sein? • Arbeiten Sie lieber allein oder in einer Gruppe? wird, neben einer allgemeinen Erläuterung des Testergebnisses, unter folgenden Aspekten eingegangen: • Was sagt das über Sie aus? Textbeispiel zum Fragenkomplex »Wie viel Streit darf sein?«: »Ihren Testwerten nach sollten Sie Ihre Einstellung zu Konflikten vielleicht einmal grundsätzlich überdenken. Im Berufsleben treffen nun einmal hin und wieder unterschiedliche Ansichten aufeinander, deren kontroverse Diskussion durchaus fruchtbar für den Arbeitsprozess sein kann. Bedenken Sie auch, dass es bei Konflikten häufig gerade nicht einen Schuldigen gibt, der allein die Verantwortung für die Auseinandersetzung zu tragen hat, sondern vielmehr unterschiedliche Wahrheiten und Sichtweisen existieren, die eine gleiche Berechtigung haben können. Wenn Sie sich diese Überlegungen einmal bewusst machen, werden Sie vermutlich feststellen, dass Ihnen eine Änderung Ihrer Einstellung zu Konflikten einen realistischeren und effizienteren Umgang mit Auseinandersetzungen ermöglicht.«
• Welche Stellen könnten gut zu Ihnen passen? Textbeispiel zum Fragenkomplex »Wie arbeiten Sie mit anderen zusammen?« »Ihrem aktuellen Ergebnis zufolge sollten Sie sich eine Stelle suchen, bei der eher fachliche Aufgaben im Vordergrund stehen (z.B. im Rahmen einer Sachbearbeiterfunktion im Innendienst) und nicht der unmittelbare Umgang mit Kunden besonders wichtig ist. Verkaufstätigkeiten, die Akquisition von neuen Kunden und ähnliche Aufgabenbereiche mit einem hohen Anteil an Kundenkontakten sind den Testwerten nach eher nicht für Sie geeignet.«
• Worauf können Sie im Kontakt zum Unternehmen achten? Textbeispiel zum Fragenkomplex »Wie bewältigen Sie besonders schwierige Aufgaben?« »Fragen Sie im Vorstellungsgespräch danach, wie es mit der Einarbeitungszeit aussieht. Ihren Ergebnissen nach wäre es für Sie nämlich eher ungünstig, wenn Sie am neuen Arbeitsplatz sofort ins kalte Wasser springen und sich ausschließlich durch eigene Initiative in die Materie einarbeiten müssen. Doch Vorsicht: Vermitteln Sie nicht den Eindruck, dass Sie bei allem an die Hand genommen werden wollen. Zusätzlich können Sie Ihren Vorgänger nach seiner Arbeitsorganisation befragen und sich z.B. Anregungen von seiner Zeiteinteilung einholen.«
Diese Auswertung ist sehr pragmatisch und vermeidet das bei vielen anderen Tests vorkommende Schulterzucken im Sinne von: »Und was fange ich damit jetzt an?«
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Eignungstests für ein Informatikstudium Wenn Sie konkreter Ihre Eignung für einen Informatikstudiengang prüfen wollen, schauen Sie sich einmal die Testangebote der Hochschulen an. Die Zeitschrift »Stern« hat sie in einer Übersichtsseite zusammengefasst: http://www.stern.de/wirtschaft/arbeit-karriere/539568.html?t=1&bereich=0 Zusätzlich ist der Test der Uni Bochum, das »Borakel«, erwähnenswert: Unter http://www. ruhr-uni-bochum.de/borakel finden Sie diese – zugegeben recht aufwendigen – Fragebögen zu Ihrer beruflichen Eignung und den dazu passenden Studiengängen. Achtung – Sie benötigen dafür Flash! Wie soll es nun weitergehen? Möchten Sie etwas mehr über sich als Persönlichkeit erfahren oder lieber konkreter auf mögliche Berufsbilder schauen? Dann bitte hier entlang – hier finden Sie einige Berufsinteressentests ...
Berufsinteressentests My Way – Der AK-Berufsinteressentest Der österreichische Berufsinteressentest nimmt insofern eine Sonderstellung ein, als er zu den ganz wenigen Tests im deutschsprachigen Raum gehört, bei denen in der Auswertung konkrete Berufsvorschläge gemacht werden. Das Ergebnis könnte aussehen wie in Abbildung 3-6 auf der nächsten Seite. Sie finden den kostenlosen Test hier: http://www.fwd.at/berufskompass/ Noch schneller und einfacher durchzuführen, dafür auch manchmal weniger treffsicher ist das Angebot der Agentur für Arbeit unter http://www.interesse-beruf.de.
Self directed Search (SDS)/Holland Codes SDS (Self directed Search) ist eine Methode zur Identifikation und Codierung von Berufsinteressen, entwickelt von John Holland. Menschen und ihre beruflichen Interessen lassen sich diesem Modell zufolge durch eine Kombination der folgenden Merkmale beschreiben: • handwerklich-technisch (realistic – Code R) • untersuchend-forschend (investigative – Code I) • künstlerisch-kreativ (artistic – Code A) • erziehend-pflegend (social – Code S) • führend-verkaufend (enterprising – Code E) • ordnend-verwaltend (conventional – Code C)
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A b b i l d u n g 3 - 6 : Berufsvorschläge als Teil der Auswertung des AK-Berufsinteressentests
Die sich ergebende Dreibuchstabenfolge ist der Holland Code. Explorix ist ein deutscher SDS-Test. Auch hier werden in der Auswertung Berufsvorschläge basierend auf dem im Test ermittelten Holland Code gemacht (siehe Abbildung 3-7). Der Test zur Ermittlung des individuellen Holland Codes ist in deutscher Sprache unter folgendem Link abrufbar: https://www.explorix.ch/
Oxford Career Fitness Analysis Für die Ermittlung des Holland Codes existieren diverse englischsprachige Seiten mit meist kostenlosen Tests, so z.B. der Oxford Career Fitness Analysis (siehe http://www.mycareerchange.com/interestprofiler.php). Dieser Test hat den besonderen Charme, dass man seinen aktuellen Beruf aus einer Liste heraussuchen kann und mit dem Testergebnis gleichzeitig erfährt, wie gut die eigenen Präferenzen zum aktuellen Beruf passen. In Abbildung 3-8 sehen Sie ein Beispiel für einen Datenbankadministrator, der mit seinem Beruf ganz offenbar nur mäßig glücklich ist.
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A b b i l d u n g 3 - 7 : Holland Codes und die dazugehörigen Berufsvorschläge
A b b i l d u n g 3 - 8 : Ergebnis der Oxford Career Fitness Analysis
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Situativer Interessentest (SIT) Auch der Situative Interessentest (SIT) basiert auf dem Modell von Holland. Der SIT ist etwas kürzer als andere hier vorgestellte Tests und bietet so auch mit wenig zeitlichem Aufwand einen ersten Einblick in die eigenen Präferenzen und Anhaltspunkte für geeignete Tätigkeitsgebiete. Der Test ist kostenlos und zu finden unter: http://arbeitsblaetter.stangltaller.at/TEST/SIT/Test.shtml
Persönlichkeitstests Bewegen wir uns ein wenig weg von den Potenzialanalysen und den konkreten Berufsempfehlungen hin zu den Tests, die den Anspruch haben, Ihnen etwas über Ihren Charakter, Ihre Persönlichkeit zu verraten.
16PF Der 16PF ist ein Oldtimer unter den Persönlichkeitstests, der durchaus noch für die eine oder andere Erkenntnis gut sein kann. Hier geht es um die folgenden 16 Persönlichkeitsfaktoren: • A Sachorientierung vs. Kontaktorientierung – Wärme • B Konkretes Denken vs. Abstraktes Denken – Logisches Schlussfolgern • C Emotionale Störbarkeit vs. Emotionale Widerstandsfähigkeit – Emotionale Stabilität • E Soziale Anpassung vs. Selbstbehauptung – Dominanz • F Besonnenheit vs. Begeisterungsfähigkeit – Lebhaftigkeit • G Flexibilität vs. Pflichtbewusstsein – Regelbewusstsein • H Zurückhaltung vs. Selbstsicherheit – Soziale Kompetenz • I Robustheit vs. Sensibilität – Empfindsamkeit • L Vertrauensbereitschaft vs. Skeptische Haltung – Wachsamkeit • M Pragmatismus vs. Unkonventionalität – Abgehobenheit • N Unbefangenheit vs. Überlegenheit – Privatheit • O Selbstvertrauen vs. Besorgtheit – Besorgtheit • Q1 Sicherheitsinteresse vs. Veränderungsbereitschaft – Offenheit für Veränderung • Q2 Gruppenverbundenheit vs. Eigenständigkeit – Selbstgenügsamkeit • Q3 Spontanität vs. Selbstkontrolle – Perfektionismus • Q4 Innere Ruhe vs. Innere Gespanntheit – Anspannung
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Bei Werner Stangl-Taller gibt es eine kostenlose Online-Kurzversion zu diesem Test: http:// arbeitsblaetter.stangl-taller.at/TEST/ESV/Test.shtml
Keirsey Temperament Sorter/Myers-Briggs Typ-Indikator (MBTI) Auch der Myers-Briggs Typ-Indikator (MBTI), besser bekannt als Keirsey Temperament Sorter, ist ein Klassiker – hier werden vier verschiedene Temperament-Dimensionen unterschieden, die da wären: • Introversion versus Extraversion ( I vs. E) • Intuition versus Sensorik (N vs. S) • Fühlen versus Denken (F vs. T) • Beurteilen versus Wahrnehmen (J vs. P) Aus der Kombination der vier Dimensionen ergeben sich unterschiedliche TemperamentTypen, zu denen es umfangreiche Beschreibungen gibt. Es gibt ganze Diskussionsforen und Regalmeter von Büchern zum Beispiel rund um die Frage, wie denn ein INFJ als Vorgesetzter zu einem ESTP als Mitarbeiter passt. Falls Sie den Keirsey Temperament Sorter noch nicht kennen, probieren Sie ihn unbedingt mal aus! Das können Sie an vielen Stellen im Netz auf Englisch tun, und hier auch auf Deutsch: http://keirsey.com/german.html oder hier http://www.philognosie.net/index.php/tests/ testsview/31/ .
Sozionik Ebenfalls mit Kategorisierungen arbeitet die Sozionik. Die Unterschiede zum MBTI/Keirsey Temperament Sorter sind gering. Hier werden folgende Dimensionen unterschieden: • Extrovertiert vs. Introvertiert • Praktisch vs. Theoretisch • Logisch vs. Fühlend • Geplant vs. Spontan Tests zur Einteilung in eine der resultierenden Gruppen finden sich ebenfalls an vielen Stellen im Netz, z.B. in englischer Version (siehe Abbildung 3-9), bei dem man sich selbst dadurch charakterisieren kann, dass man die Adjektive anklickt, die man für seine Persönlichkeit für zutreffend hält.
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A b b i l d u n g 3 - 9 : Sozionik-Test
Als Ergebnis erscheint eine Einordnung in eine der 16 Typen – Quellen dazu, was es ausmacht, einer dieser Persönlichkeitskategorien anzugehören, finden sich zuhauf im Netz. Auf Deutsch gibt es den ausführlichen Test leider nur in einer sehr vergröberten Form, z.B. hier: http://typentest.de/typentest_de_-_extra-test/typentest_de_-_extra-test.htm
Enneagramm Das Modell des Enneagramms ähnelt dem der Sozionik sehr. Auch hier hat sich rund um die neun Persönlichkeitstypen eine ganze Philosophie entwickelt, die teils auch esoterische Züge angenommen hat. Lassen Sie sich davon nicht abschrecken, sondern schauen Sie einfach einmal, was herauskommt, wenn Sie sich testen (http://www.9types.com/rheti/homepage.actual.html oder http://www.9types.com/newtest/homepage.actual.html). Deutsche Versionen finden sich z.B. unter http://www.enneagrammsoftware.de/Online-Test/ body_online-test.html#Testbeginn.
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Leider sind mir zurzeit (Sommer 2007) nur wenige Seiten bekannt, auf der es den Test auf Deutsch online mit kostenloser Auswertung gibt, eine davon ist hier: http://www.eclecticenergies.com/deutsch/enneagramm/test.php. Was ist Ihr Ergebnis? Sind Sie eher der Perfektionist, der Helfer, der Macher, der Individualist, der Denker, der Loyale, der Idealist, der Kämpfer oder der Vermittler? Und auf welche Art und Weise gehen die einzelnen Typen, gehen Sie mit Kritik um, welche Anerkennung wünschen Sie sich, wonach sehnen Sie sich und was vermeiden Sie lieber, wie sagen Sie Nein? Wirklich interessante Texte zu den Antworten, die einzelne Typen auf diese Fragen geben können, finden Sie unter http://www.enneagramm.de/typen.htm und weitergehende Fragen, die Ihnen neue Erkenntnisse über sich selbst bringen können, führt das EnneagrammPortal auf: http://www.enneagrammportal.de/uebungen/index.html
Big Five Persönlichkeitstest Sehr weit verbreitet und renommiert und nicht nur für berufliche Zwecke interessant ist der »Big Five Persönlichkeitstest« (siehe Abbildung 3-10). Hier geht es um die fünf folgenden Aspekte der Persönlichkeit: • Extraversion • Verträglichkeit • Gewissenhaftigkeit • Emotionale Stabilität • Offenheit
A b b i l d u n g 3 - 1 0 : Ergebnisübersicht eines Big Five Persönlichkeitstests
Der Test ist kostenlos verfügbar unter http://de.outofservice.com/bigfive/ – hier kann man sogar zusätzlich zu sich selbst noch eine weitere Person einschätzen.
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DISG Der häufig verwendete DISG-Test soll Ihre Verhaltensneigungen bezüglich der Merkmale Dominanz (D), Initiative (I), Stetigkeit (S) und Gewissenhaftigkeit (G) zeigen. Eine Möglichkeit für einen Online-Test finden Sie unter http://www.jobware.de/ra/ct/pt/4.html – leider ist der DISG zurzeit nicht kostenlos im Netz verfügbar.
Was sind Ihre Werte? Was motiviert Sie? Auch für die speziellere Frage, was Ihre persönlichen Wertvorstellungen und die daraus resultierenden Motivationen sind, gibt es Möglichkeiten des Online-Tests.
Karriere-Anker nach Ed Schein Beim Test des Karriere-Ankers geht es darum, herauszufinden, was für Sie Ihre zentrale Belohnung im Beruf ist – brauchen Sie Selbstbestimmung dringender als Sicherheit, die wirkliche Herausforderung eher als eine Verträglichkeit mit Ihrem Privatleben? Mit Hilfe dieses PDF-Dokuments http://www.netzwerk-buero.de/uploads/1251-der_ karriereanker_fragebogen.pdf und seiner Auswertung (http://www.netzwerk-buero.de/uploads/ 5336-auswertung_karriereanker.pdf) können Sie noch einmal bestätigt sehen, was Sie möglicherweise längst über sich wussten oder ahnten. Oder vielleicht erleben Sie doch noch eine Überraschung?
Motivprofil nach dem Zürcher Modell (MZPM) Eine weitere Möglichkeit, etwas darüber zu erfahren, was Sie im Beruf antreibt, finden Sie im »Motivprofil nach dem Zürcher Modell (MPZM)«. Hier werden Ihre Einstellungen zu den Themen • Bindung • Unternehmungslust • Macht • Geltung und • Leistung ermittelt – den Onlinetest dazu finden Sie hier: http://www.nicebread.de/onlinetests/mpzm/ mpzm.php.
Semiogramm Ebenfalls einen interessanten Einblick in die persönlichen Werte bietet das Semiogramm. Das Testergebnis kommt ohne langwierige verbale Erklärungen aus und zeigt deutlich, wo
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Ihre Werte zwischen Individualität und Sozialität, und zwischen Pflicht und Lebensfreude angesiedelt sind (siehe Abbildung 3-11).
A b b i l d u n g 3 - 1 1 : Ein Semiogramm
Der Test wird vom Marktforschungsinstitut TNS-Infratest kostenlos online unter dieser Adresse zur Verfügung gestellt: http://www.tns-infratest.com/02_business_solutions/02017c_ Semiogramm.asp
Wie arbeiten Sie im Team? Natürlich ist es aber nicht alleine entscheidend, welche Präferenzen, welche Stärken und Schwächen Sie selbst als Individuum haben, sondern es kommt auch darauf an, wie Sie mit anderen zusammenarbeiten. Dazu gibt es diverse Instrumente, in denen Ihre Teamfähigkeit untersucht wird, die Aufgaben, die Sie gerne im Team übernehmen, die Rolle, zu der Sie in einer Gruppe neigen. Kostenlos finden Sie hier einen Test zu den Teamrollen nach Belbins (http://till.schnupp.net/ teamrollen/), wo es um eine Einordnung in einen der acht folgenden Typen geht: • Gestalter • Teamarbeiter • Betriebsmann
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• Pflanze • Vorsitzender • Sorgenträger • Warner • Quellensucher Oder Sie absolvieren den kostenlosen Test bei der Uni Heidelberg zum »Heidelberger Teamrollen-Inventar (HEI-TRI) auf dieser Seite: http://knut.psi.uni-heidelberg.de/heitri/
Und wenn Sie noch nicht genug haben ... ... dann schauen Sie bei Richard Nelson Bolles in der Kategorie »Counseling« in den Kategorien 4 bis 6 nach – hier sind diverse Tests und Tools zur Persönlichkeit und zu beruflichen Neigungen verlinkt: http://www.jobhuntersbible.com/counseling/ Auch Werner Stangl-Taller hat noch einiges für Test-Junkies parat: http://www.stangl-taller. at/ARBEITSBLAETTER/TEST/ Und im Profiling-Portal gibt es ebenfalls noch mehr Tests, modular aufgebaut und selbstverständlich kostenlos: http://www.profilingportal.de/testcenter.php Oder machen Sie den Global Advanced Personality Test mit über 120 Fragen, und erfahren Sie Ihre Prozentwerte in Bezug auf 35 verschiedene Persönlichkeitsmerkmale: http://similarminds.com/global-adv.html Und wenn es etwas weniger ernst sein soll: Bei OKCupid (http://www.okcupid.com/) oder Blogthings (http://www.blogthings.com/) gibt es auch Tests zu der Frage, welcher Figur aus der Sesamstraße Sie am ehesten entsprechen oder was Sie für eine ausgestorbene Sprache wären, wenn Sie eine wären. Und das sind bei weitem noch nicht die seltsamsten Fragen, für deren Beantwortung es Tests gibt.
Wie geht es jetzt weiter? Sie sind nun am Ende dieses Kapitels angelangt und vermutlich sind Sie ins Nachdenken über sich gekommen. Sie haben aufgeschrieben, worüber Sie sonst nur nachgedacht haben, Sie haben die Perspektive gewechselt und aus der Sicht anderer Menschen sozusagen von außen auf sich geschaut. Sie haben mit dem einen oder anderen Test mehr über Ihr Leistungspotenzial und Ihre Persönlichkeit herausgefunden und darüber, wie Sie mit anderen Menschen interagieren. Sprechen Sie mit anderen über Ihre Erkenntnisse und Ergebnisse, sagen Sie, was Sie erstaunt und was für Sie passend klingt, hören Sie sich an, was Freunde, Kollegen, Bekannte zu Ihren Resultaten sagen. Kein Test sagt »die ganze und reine Wahrheit« über
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Sie, sie alle stellen nur – wenn sie gut sind – einen Aspekt Ihrer Persönlichkeit dar. Erst mit Ihrer Gewichtung, der zusätzlichen Einschätzung von Menschen, die Sie persönlich kennen, kann sich auch nur annähernd so etwas wie ein abgerundetes Bild ergeben. Mit diesem Bild von sich im Kopf können Sie sich der ersten Frage widmen, die Sie in Bezug auf Ihren konkreten Berufswunsch beantworten müssen, nämlich der Frage, ob Sie als Angestellter tätig sein wollen oder ob auch eine Selbständigkeit etwas für Sie ist.
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KAPITEL VIER
Selbstständig als Freelancer
Generelles Sie haben im vergangenen Kapitel etwas »Selbsterforschung« betrieben, haben durch die verschiedenen Methoden der Selbstanalyse erfahren, wo Ihre Bugs stecken und was echte Features sind, die Sie von anderen unterscheiden. Sie kennen sich selbst ein wenig besser und wollen jetzt einen Schritt weitergehen in Ihrem Vorhaben, endlich Ihre berufliche Situation zu ändern. Und nun liebäugeln Sie mit dem Gedanken an eine Selbstständigkeit. Der Mitarbeiter im Nachbarprojekt ist externer Berater, ein Selbstständiger, heißt es, und es ist unglaublich, was für einen Batzen Geld der jeden Monat kassiert – dabei ist er auch nicht besser als Sie selber. Außerdem scheint er Narrenfreiheit zu haben: er kommt keinen Tag vor elf Uhr ins Büro und freitags ist er bereits mittags verschwunden. Sie hingegen betrachten jeden Monat frustriert Ihre Gehaltsabrechnung und die immer größer werdende Differenz zwischen Brutto und Netto. Und wenn Sie Urlaub haben wollen, müssen Sie sich mit den Kollegen abstimmen, die natürlich allesamt schulpflichtige Kinder zu haben scheinen und daher Vorfahrt haben. Wäre Selbstständigkeit also nicht auch etwas für Sie?
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Ob die Existenz als Freelancer für Sie geeignet sein könnte, werden wir im folgenden Kapitel betrachten. Außerdem zeige ich, worauf Sie bei der Wahl Ihrer Kooperationspartner achten sollten und welche Fallen in Verträgen versteckt sein könnten. Ich erkläre außerdem, was Sie von einem Scheinselbstständigen unterscheidet und wie Sie Ihr Honorar passgenau kalkulieren. Achtung: Es geht hier nicht um den Aufbau eines eigenen Unternehmens im klassischen Sinne mit angestellten Mitarbeitern oder eigenen Produkten, sondern ganz speziell um die Tätigkeit eines sogenannten Freelancers, dessen Geschäftszweck es ist, seine eigene Arbeitsleistung – und im Wesentlichen nur diese – als selbstständiger Unternehmer am Markt anzubieten und zu verkaufen.
Vor- und Nachteile Nichts auf der Welt hat nur Vorteile, so auch nicht die Selbstständigkeit als Freelancer. In den folgenden Abschnitten werfe ich einen Blick auf die Pros und Contras dieser Form von Unternehmertum.
Was auf der Hand liegt: Urlaub, Krankheit, Weiterbildung Es ist fast zu naheliegend, um es eigens zu erwähnen, dennoch: Wenn Sie angestellt sind, greift für Sie die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall, Sie haben mindestens 20, häufig auch 30 bezahlte Urlaubstage. Weiterbildungen zahlt in der Regel der Arbeitgeber – nicht nur, dass er Ihnen das Gehalt fortzahlt, während Sie auf dem Seminar sind, sondern auch die Seminar- und Prüfungskosten gehen meist auf seine Kappe. All das ist Ihr Privatvergnügen, wenn Sie sich für eine Selbstständigkeit entscheiden. Andererseits: Wenn Sie sich Ihren Urlaub aufgrund enger Personaldecke sowieso häufig ausbezahlen lassen und die fehlenden freien Tage nicht vermissen, wenn Ihr Arbeitgeber mit Schulungen knauserig ist oder von Ihnen ohnehin erwartet, dass Sie Fortbildungen in Ihrer Freizeit besuchen oder gar selbst finanzieren, dann verlieren Sie an dieser Stelle nicht viel, wenn Sie in die Selbstständigkeit wechseln. Ähnlich verhält es sich mit der viel gerühmten Jobsicherheit bei Angestellten: Viele Honorarverträge eines Freelancers haben Kündigungsfristen, die nicht kürzer sind als die eines Angestellten. Die vermeintliche Sicherheit ist oft genug also keine. Können Sie ruhig schlafen bei dem Gedanken, dass zumindest auf dem Papier Ihre regelmäßigen Einkünfte nur noch bis zu einem bestimmten Termin gesichert sind? Dann könnte Selbstständigkeit für Sie eine Alternative sein.
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»Strategische Entscheidungen« und »Politik« Viele Mitarbeiter in der IT klagen über eine Firmenpolitik, die von Unverständnis für technische Belange geprägt ist und in der aber auch wirklich alles ausschließlich nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten entschieden wird. Dies ist bei einem Anwenderunternehmen, in dem die IT lediglich als Kostenfaktor gesehen wird, sehr naheliegend – häufig genug ist es aber auch bei Systemhäusern, IT-Beratungen oder Soft- und Hardwareherstellern nicht anders. Besonders bei inhabergeführten Unternehmen spielen oft die persönlichen Präferenzen des geschäftsführenden Gesellschafters oder seiner Golffreunde eine größere Rolle als technische oder Nutzenaspekte. Bei Konzernen tritt an diese Stelle häufig die »Corporate Policy« oder die realitätsfremd empfundene Anordnung der Zentrale, ob diese nun in Japan oder nur am anderen Ende der Republik sitzen mag. Unter solchen strategischen Entscheidungen leiden Sie als Angestellter mehr – von Ihnen wird Loyalität erwartet. Auch wenn der Vorstand zum Beispiel eine Entscheidung für die Umstellung der Mailserver auf Microsoft-Produkte trifft, müssen Sie gute Miene zum bösen Spiel machen, denn zumindest mittelfristige Kontinuität müssen Sie in Ihrem Lebenslauf zeigen. Als Freelancer tun Sie sich leichter mit einem Wechsel, wenn Ihr Kundenunternehmen einen Kurs einschlägt, den Sie nicht mittragen können – Ihren Wechsel können Sie sehr gut als Demonstration Ihrer Flexibilität verkaufen. Auch interne Machtspiele, Intrigen und »Politik« können Sie leichter an sich abprallen lassen, wenn Sie wissen, dass Ihr Schicksal nicht dauerhaft mit diesem einen Unternehmen verknüpft ist und auch niemand das von Ihnen erwartet. Sie werden genau aus diesem Grunde auch weniger oft Zielscheibe von Intrigen und Ränkeschmieden werden – Sie kommen von außen, und das ist auch allen bewusst.
Entwicklungspfade oder »Wie werde ich Guru?« »Der Prophet gilt nichts im eigenen Lande« – das ist eine Weisheit, die gerade Mitarbeiter in der IT-Branche häufig erleben müssen. Sehr oft wird eine Empfehlung, die ein Angestellter schon jahrelang immer wieder ausgesprochen hat, erst dann umgesetzt, wenn ein externer Berater das Gleiche vorschlägt. Dieses Verhalten ist menschlich – wer viel Geld ausgibt für Hilfe von außerhalb, der möchte auch, dass es gut investiertes Geld war und dass er sich nicht geirrt hat bei der Wahl seiner Berater. Und wie anders könnte er die Sinnhaftigkeit dieser Investition dokumentieren als dadurch, dass er die Ratschläge des externen Consultant umsetzt, der doch schon so viele andere Häuser der gleichen Branche von innen gesehen hat? Einfach auf den Rat seines erfahrenen Mitarbeiters zu hören, hat hingegen nichts so Großartiges.
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Dieser für viele Angestellte in der internen IT so ärgerliche Effekt ist einer der großen Vorteile für den erfahrenen IT-Freelancer. Hat man über die Jahre hinweg eine beeindruckende Projektliste erarbeitet, viele bekannte Unternehmen in seinen Referenzen, fällt es vergleichsweise leicht, mit seinen Vorschlägen Gehör zu finden. Ja, manchmal ist es direkt unheimlich, wie leicht mancher Manager aufgrund des eigenen Gutachtens dann wirklich Millionen für die empfohlene Lösung ausgibt. Hat man dieses Stadium einmal erreicht, kann man es sich auch leisten, Regeln zu ignorieren, die für Angestellte gelten, keinen Termin vor elf Uhr morgens zu akzeptieren oder im schwarzen Sweatshirt zum Kundentermin zu erscheinen. Diese Besonderheiten gelten dann als Qualitätsmerkmale und der Kunde fühlt sich umso aufgeschlossener und vorurteilsfreier, je mehr Toleranz ihm in dieser Hinsicht abverlangt wird. Oder kurzgefasst: Ein Guru ist selten ein festangestellter Mitarbeiter, sondern eher ein externer Berater, und sein Rat ist umso besser, je teurer er ist und je exzentrischer er sich gibt. Vom Angestellten hingegen wird in der Regel erwartet, dass er umgänglicher ist, wenn seine Ideen nicht als technikverliebte Weltfremdheiten behandelt werden sollen. Für den IT-Angestellten mit technischer Ausrichtung gibt es in vielen Unternehmen keinen eigenen Entwicklungspfad. Wer nicht Projektleiter oder Projektmanager werden will, hat oft nur die Alternative, weiterhin zu tun, was er bereits immer tat: Systeme administrieren oder Anwendungen entwickeln, bei einem Gehalt, das keine Sprünge macht, sondern sich bestenfalls langsam steigert. Technische Projektleiter oder »Chefarchitekten« sind noch selten, meist geht mit einem Wechsel in die Projektleitung die inhaltliche Arbeit weitgehend oder ganz verloren.
Mehr Abwechslung Ein ganz entscheidendes Kriterium, das für das Freelancertum spricht, ist der immense Abwechslungsreichtum dieser Tätigkeit. Kaum in einer anderen Konstellation werden Sie die Möglichkeit haben, so viele verschiedene Firmen von innen kennenzulernen, so viele unterschiedliche Aufgaben wahrnehmen zu können und so viele verschiedene Menschen kennenzulernen. Und anders als ein Angestellter werden Sie nicht gebremst durch die Notwendigkeit, die vor allem in Deutschland sehr gern gesehene Kontinuität im Lebenslauf zu zeigen. Allenfalls noch als angestellter IT-Berater kommen Sie ähnlich viel herum wie ein Freelancer.
Mehr Eigeninitiative und viel Selbstdisziplin Neben all den Vorteilen, die man als Freelancer haben mag, bedenken Sie bitte Folgendes: Als Selbstständiger brauchen Sie sehr viel mehr Eigenverantwortung, Risikofreude, Extrovertiertheit und auch Selbstdisziplin denn als Angestellter.
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Mit technischer Expertise ist es bei weitem nicht getan, denn neue Projekte wollen akquiriert sein und Vertragsverhandlungen müssen geführt werden, wenn Sie keine längere Leerlaufzeit riskieren wollen. Auch einige Bereitschaft, sich mit Bürokratie zu befassen, muss vorhanden sein: Sie müssen die eigenen Rechnungen zeitnah schreiben und dann auch den Eingang der Zahlungen kontrollieren. Mindestens vierteljährlich, anfangs monatlich, möchte Ihr Finanzamt Ihre Umsatzsteuervoranmeldungen sehen, bis zur Mitte des Folgejahres auch Ihre Steuererklärung. Manchmal werden Sie auch beim Finanzamt anrufen müssen, um zum Beispiel eine Fristverlängerung zu erreichen oder eine Frage zu klären, die Sie sonst finanziell schädigen könnte. Damit nicht genug: Sie brauchen Selbstdisziplin. Wenn Sie sich als IT-Freelancer selbstständig machen, werden sich schon in den ersten Monaten Beträge auf Ihrem Konto anhäufen, die Ihnen schwindelerregend erscheinen. Und nur die Umsatzsteuer, die Sie monatlich abführen, mindert diese Summe ein wenig. Bitte werden Sie dann nicht übermütig: Als Selbstständiger haben Sie keinen Arbeitgeber, der Einkommensteuern an den Staat abführt, bevor das Gehalt auf Ihrem Konto landet. Steuern zahlen Sie aber dennoch – teilweise nur eben rückwirkend. So kann es geschehen, dass Sie nach der Abgabe der ersten Einkommensteuererklärung nach der Gründung in erhebliche Liquiditätsschwierigkeiten geraten, denn es werden mit einem Schlag nicht nur die Einkommensteuern aus dem ersten Jahr fällig, sondern kurzfristig auch Vorauszahlungen auf die Steuerschuld für das aktuelle zweite Jahr. Beugen Sie einer solchen Situation vor, indem Sie rechtzeitig Rücklagen für die Einkommensteuer bilden. Idealerweise ermitteln Sie ein Nettogehalt, das Sie sich selbst monatlich auszahlen. So geraten Sie erst gar nicht in Versuchung, über Ihre Verhältnisse zu leben. Wenn der Gedanke an all diese Aufgaben Ihnen den Schweiß auf die Stirn treibt, sollten Sie Ihre Eignung zur Selbstständigkeit nochmals überdenken – oftmals reift die eigene Persönlichkeit über die Jahre ganz erheblich, und was heute noch ein unüberwindliches Hindernis scheint, kann in einigen Jahren machbar werden. Und nein – ein Steuerberater schützt nicht vor der Berührung mit diesen Themen. Sie müssen zumindest so viel Selbstdisziplin zeigen, dass Sie ihm regelmäßig Daten liefern, und so viel Verständnis für das Zahlenwerk aufbringen, dass Sie gegensteuern können, wenn etwas schiefzugehen droht. Auch Experten machen Fehler!
Projekte – woher nehmen? Als freier Mitarbeiter in der IT-Branche, oder kurz: IT-Freelancer, führt ein beliebter und gangbarer Weg über sogenannte Bodyleasing- oder Professional Service-Unternehmen.
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Was genau diese Unternehmen tun und worauf man im Umgang mit ihnen achten muss, zeige ich in den folgenden Abschnitten.
Professional Service Unternehmen Bodyleasing-Unternehmen sind IT-Beratungen, die kaum oder keine Projekte mit eigenen, fest angestellten Mitarbeitern durchführen, sondern ausschließlich Projekte mit externen Mitarbeitern, den Freelancern, abwickeln. Sie schließen einen Vertrag mit einem Endkunden ab und einen Vertrag mit dem einzelnen IT-Spezialisten und leben von der Marge. Die Endkunden profitieren von dieser Lösung, weil sie nicht mit diversen kleinen Unternehmen oder gar Einzelunternehmen kontrahieren müssen, sondern mit einer überschaubaren Anzahl größerer Unternehmen. Dies reduziert den Bearbeitungsaufwand ganz erheblich! Außerdem besteht eine größere Sicherheit bei Ausfällen – sollte ein dringend benötigter Freelancer einmal kurzfristig nicht verfügbar sein, kann ein Einzelunternehmer in der Regel keinen Ersatz zur Verfügung stellen. Ein großer Bodyleaser, der einen Umsatzbringer zu verlieren hat, wird sich aber durchaus ins Zeug legen, jemanden aus seinem Profilepool als Ersatz vorzustellen. Achtung, bitte nicht verwechseln: Bodyleasing ist nicht Zeitarbeit! Zeitarbeiter sind angestellte Mitarbeiter des Zeitarbeitsunternehmens, Freelancer bei einem Bodyleaser sind Selbstständige. Einige bekannte Namen, in alphabetischer Reihenfolge und ohne Anspruch auf Vollständigkeit, sind: • Entory (http://www.entory.com/entory/home/professionalSourcing/index.html) • GFT Resource Management GmbH (http://www.gft.com/resourcing/de/start.html) • Götzfried (http://www.goetzfried-ag.com/) • Harvey Nash (http://www.harveynash.com/de/vacancies/hnde_itjobs.asp) • Hays (http://www.hays.de/) • Pass/Profi4Project (http://www.profi4project.com/) • Quest (http://www.quest-online.de/projects_selbstaendige.php) Weitere Unternehmen finden Sie bei Gulp.de (http://www.gulp.de/robot/seek.html unter dem Eintrag »Projektanbieter stellen sich vor«). Es gibt auch sehr viele kleinere und nicht unbedingt weniger empfehlenswerte Unternehmen in dieser Branche – probieren Sie es aus! Manchmal kann gerade ein kleineres Unternehmen eine individuellere Betreuung bieten.
Der Vorstellungsprozess Sie haben – auf der Homepage des Bodyleasing-Unternehmens oder anderswo – ein interessantes Projekt entdeckt und ersten Kontakt zum Unternehmen aufgenommen. Wie geht es nun weiter?
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Als Erstes werden Sie aufgefordert, Ihre Unterlagen, das heißt Ihr sogenanntes Berateroder IT-Profil, in elektronischer Form einzureichen. (Näheres dazu in Kapitel 6 im Abschnitt »IT-Profil«). Hier ist es nützlich, wenn Sie ein Dokument parat haben, das Sie kurzfristig verschicken können, bitte in dem Format, das der Researcher anfordert, und sei es ein .doc. Achtung: Im Geschäft mit freien Mitarbeitern sind sehr viel kürzere Reaktionszeiten üblich als bei Bewerbungen um Festanstellungen. Sie sollten normalerweise binnen 24 Stunden reagieren können – dauert Ihre Rückmeldung wesentlich länger, wird Ihnen dies leicht als Desinteresse ausgelegt. Auch wenn manche Projektbesetzungen sich hinziehen, gibt es immer wieder Kunden, die von ihren Lieferanten im Rahmen eines »Feuerwehreinsatzes« Kandidatenprofile binnen Stunden benötigen. Hier gilt häufig »wer zuerst kommt, mahlt zuerst«. Ist Ihr Profil eingetroffen, wird sich ein Researcher bei Ihnen melden und gegebenenfalls offene Fragen zu Ihrer Projekterfahrung, Ihren Toolkenntnissen etc. adressieren. Bitte geben Sie detailliert Auskunft und betrachten Sie diese Fragen als wertvollen Input für die Verbesserung Ihres Profils. Diese Mitarbeiter sehen sehr viele Unterlagen von Freelancern und wissen, worauf es ankommt – Punkte, die unklar formuliert oder sonstwie für den Adressaten nicht unmittelbar einsichtig sind, werden hier identifiziert. Der Researcher oder eventuell der für das zu besetzende Projekt zuständige Projektmanager wird Ihnen dann auch Fragen beantworten, die Sie Ihrerseits zum Projekt haben. Dies geschieht häufig per Telefon, bei den seriöseren Häusern auch im Rahmen eines persönlichen Gespräches im Hause des Bodyleasers. Dies ist auch der Moment, in dem Sie den Honorarrahmen klären sollten. Sehr häufig wird Ihnen der Name und Ansprechpartner des Endkunden an dieser Stelle noch nicht mitgeteilt werden, zumindest dann noch nicht, wenn es sich um die erste Zusammenarbeit handelt. Dem liegt die Befürchtung zugrunde, Sie könnten mit der gewonnenen Information über diese Projektchance sich an ein konkurrierendes Bodyleasing-Unternehmen wenden und dort mit der Aussicht auf zusätzlichen Umsatz oder gar einen neuen Kunden ein höheres Honorar heraushandeln. Sie sollten es aber Ihrerseits deutlich sagen, wenn Sie bei einem bestimmten Unternehmen nicht angeboten werden möchten, oder wenn Ihr Profil bereits über ein anderes Professional Service-Unternehmen eingereicht wurde. Pokern nutzt an dieser Stelle selten etwas: In der Regel wird der Freelancer über das Unternehmen »eingekauft«, das das Profil als Erstes eingereicht hat. Sie können also nicht damit rechnen, bei einem zweiten Versuch ins Projekt zu kommen und ein höheres Honorar zu erzielen. Vereinbaren Sie am Ende des Gespräches einen klaren Verbleib und halten Sie sich auch an diese Vereinbarung – ein faires Verhalten ist der erste Schritt zu einer langfristigen Zusam-
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menarbeit mit diesem Unternehmen. Geben Sie also an, bis wann Sie eine Entscheidung benötigen, bis wann Sie sich an Ihre Aussage gebunden fühlen, am jeweiligen Projekt interessiert und grundsätzlich verfügbar zu sein. Bitte melden Sie sich sehr zeitnah, wenn sich daran etwas ändern sollte. Seien Sie aber sehr vorsichtig beim Unterschreiben von Vorverträgen – behalten Sie sich die Entscheidung, ob Sie definitiv für ein Projekt zur Verfügung stehen, immer vor, bis Sie auch das Gespräch mit dem Endkunden vor Ort geführt haben. Normalerweise binnen einiger Tage werden Sie vom Professional Service-Unternehmen einen Zwischenstand oder einen Terminvorschlag für ein Gespräch beim Kunden vor Ort bekommen. Dort gelten die gleichen Regeln wie für ein Vorstellungsgespräch für eine Festanstellung (siehe dazu Kapitel 7).
Was beim Vertrag zu beachten ist Ist das Gespräch positiv verlaufen, wird Ihnen ein Vertrag vorgelegt werden. Bevor Sie einen ersten Kontakt mit einem Bodyleaser unterschreiben, sollten Sie sich idealerweise Zeit nehmen, ihn mit einem Anwalt durchzugehen, ganz besonders dann, wenn es sich um einen Rahmenvertrag handelt, der Ihre Zusammenarbeit in allen kommenden Projekten regelt. Was Sie dabei lernen können, wird Ihnen in Ihren weiteren Projekten als Freelancer von großem Nutzen sein. Mindestens folgende Dinge sollten Sie aber in jedem Falle in Erfahrung bringen: • Handelt es sich um einen Dienst- oder um einen Werkvertrag? In der Regel wird ein Professional Service-Unternehmen Ihnen einen Dienstvertrag vorlegen. In diesem wird in relativ allgemeiner Weise dargestellt, welche Leistungen Sie zu erbringen haben – alles Weitere wird im Projekt selbst geregelt werden. Wichtig für Sie ist: Sie schulden bei Unterzeichnung eines solchen Vertrags eine Leistung »mittlerer Art und Güte«, nicht einen Erfolg oder ein bestimmtes Ergebnis. Nur in Werkverträgen können Sie verpflichtet werden, ein bestimmtes Ergebnis zu erbringen – doch Werkverträge müssen zur Risikobegrenzung sehr viel mehr Angaben zu Rahmenbedingungen, Beistell-Leistungen des Kunden, Abgrenzungen etc. enthalten. In der Regel wird kein seriöses Professional Service-Unternehmen mit einem Freelancer einen Werkvertrag schließen, da dies das unternehmerische Risiko einseitig auf die Einzelperson abwälzen würde. • Gibt es ein Wettbewerbsverbot? Viele Bodyleasing-Unternehmen nehmen einen Passus in ihren Verträgen auf, wonach der Freelancer nicht berechtigt ist, während der Projektlaufzeit im eigenen Namen oder im Namen eines anderen Professional Service-Unternehmens beim aktuellen Kunden oder in einem bestimmten Unternehmensbereich des Kunden aufzutreten.
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Hiermit soll die Bindung des Freelancers an das Professional Service-Unternehmen verstärkt und verhindert werden, dass er dem Unternehmen direkt oder indirekt bei einem Endkunden Konkurrenz macht, für den er keine eigene Akquisition leisten musste. Diese Einschränkung ist legitim, sofern sich die Sperrzeit auf die Projektlaufzeit beschränkt und sich auf nur einen Kunden bzw. bei Großkunden eine bestimmte Niederlassung oder Organisationseinheit des Kunden erstreckt. Bezieht sich das Wettbewerbsverbot auf einen Zeitraum von mehreren Monaten nach Projektende, sollten Sie abwägen: Wie wichtig ist Ihnen das Projekt? Wie eng ist das Wettbewerbsverbot gefasst? Grob gesagt ist ein Wettbewerbsverbot von sechs Monaten für den gesamten Deutsche Bank-Konzern natürlich schwerer zu akzeptieren als eines von zwei Monaten für den Bereich Community Management eines Online-Anbieters. • Gibt es eine Option auf Verlängerung? Ähnliches gilt für die Option, die sich Bodyleasing-Unternehmen auf einen Folgevertrag zu gleichen Konditionen einräumen lassen. Schauen Sie genau hin: Bis wann muss der Projektmanager seine Option aussprechen? Darf er sich dafür länger als vier, besser sechs Wochen vor Projektende Zeit lassen, handelt man sich selbst fast zwangsläufig eine Projektpause ein. Denn man kann ja erst dann einen anderen Vertrag schließen, wenn klar ist, dass der bisherige Vertragspartner seine Option nicht ausübt. Bedenken Sie auch, dass der Markt für Freelancer recht elastisch auf nachgefragte Skills reagiert – das Honorar, das Sie jetzt vereinbaren, kann in einem Jahr der Marktsituation nicht mehr angemessen sein, sowohl nach oben als auch nach unten. Wenn Sie an eine Option zu gleichen Konditionen gebunden sind, wenn Ihr Marktwert gestiegen ist, kann das überaus ärgerlich sein. Ist ihr Marktwert aufgrund sinkender Nachfrage gesunken, nutzt Ihnen hingegen ein hohes Honorar, das sie zuvor ausgehandelt hatten, kaum etwas, weil die Option dann vermutlich nicht ausgeübt wird. • Wie sieht es mit der Haftung aus? Bitte studieren Sie besonders aufmerksam alle Passagen, die Ihre Haftung betreffen. Vergleichen Sie die Passagen mit einer Berufshaftpflicht, die Sie besonders als Softwareentwickler in jedem Falle abschließen sollten. Seriöse Professional Service-Unternehmen wälzen das Haftungsrisiko nicht auf den Freelancer ab, sondern verlangen den Abschluss einer entsprechenden Versicherung bzw. begrenzen die Haftung in sinnvoller Weise, zum Beispiel auf die Höhe des Auftragswertes oder auf vorsätzliches oder grob fahrlässiges Verhalten. Was für Sie und Ihre Tätigkeit sinnvoll ist, sollten Sie mit einem Anwalt besprechen. • Welche Zahlungsziele werden vereinbart? Empfehlenswerte Professional Service-Unternehmen knüpfen die Auszahlung des Honorars an Kriterien, die Sie beeinflussen können, zum Beispiel an die rechtzeitige
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Abgabe eines Stundenzettels, der definierte formale Kriterien erfüllt und von einem Vertreter des Endkunden abgezeichnet ist. Häufig sind beispielsweise Klauseln anzutreffen, wonach das Honorar bis zum Ende des Folgemonats überwiesen wird, wenn der Stundenzettel bis zum dritten Werktag des Folgemonats dem Bodyleasing-Unternehmen vorliegt. Von Unternehmen, die die Zahlung Ihres Honorars von der Zahlung des Endkunden abhängig machen, rate ich ab. Hier wird wiederum der Versuch gemacht, unternehmerisches Risiko auf Sie abzuwälzen. Wie einige bekannte Bodyleasing-Unternehmen sich in Bezug auf Zahlungsziele nach eigenen Angaben verhalten, können Sie auf einer Seite von Resoom nachlesen: http:// magazine.resoom.de/?id=134 Wer tiefer in das Thema einsteigen mag, findet hier einige hilfreiche Artikel zum Vertragsrecht speziell für IT-Freelancer: http://www.gulp.de/kb/lwo/vertrag/mainvertrag.html oder auch bei der Computerwoche unter http://www.computerwoche.de/freiberufler/. Muster zu Dienstleistungsverträgen gibt es kostenlos zum Beispiel bei der Industrie- und Handelskammer Frankfurt am Main (http://www.frankfurt-main.ihk.de/recht/mustervertrag/ ihk/index.html) und unter dem folgenden Link: http://www.frankfurt-main.ihk.de/recht/ rechtslinks/vertraege_agb/index. html#BA
CHECKLISTE VERTRAG • Der Vertrag ist ein Dienstvertrag? • Es gibt kein Wettbewerbsverbot? • Es gibt keine Option auf Verlängerung? • Die Klauseln zur Haftung sind akzeptabel? • Das Zahlungsziel ist fair?
Regeln für den Umgang mit dem Bodyleaser Wenn Sie einen vertrauenswürdigen Bodyleaser gefunden haben, behandeln Sie ihn gut – er wird Sie gerne immer wieder in Projekte vermitteln und langfristig mit Ihnen zusammenarbeiten, weil auch er glücklich ist, wenn er jemanden gefunden hat, der gut beim Kunden ankommt, und er keinen Aufwand mehr treiben muss, um einen verlässlichen Freelancer zu finden. Eine Zusammenarbeit mit einem solchen Unternehmen kann ohne weiteres zu vielen Jahren Projektarbeit führen, in denen der Bodyleaser sich bemüht, Ihnen stets passende Projekte zu beschaffen, die auch Ihre Wünsche nach Weiterentwicklung berücksichtigen. 46 K A P I T E L V I E R
Eine sichere Cash cow pflegt man – sorgen Sie mit Ihrem Verhalten dafür, dass Sie als dieses »sichere Kapital« gesehen werden, und Sie gelangen in die komfortable Situation, dass die Projekte zu Ihnen kommen. Ihren Bodyleaser gut zu behandeln heißt: Halten Sie sich an Absprachen, kommunizieren Sie klar, wenn Sie ein anderes Projekt haben möchten, und auch, wenn Sie mit dem Gedanken spielen, auf ein anderes Professional Service-Unternehmen zuzugehen, um dadurch zum Beispiel zu einem Projekt bei Ihrem Wunschkunden zu kommen. Führen Sie Honorarverhandlungen fair auch dann, wenn die Marktlage für Sie günstig ist, und pressen Sie niemals das Letzte aus Ihrem Verhandlungspartner heraus.
Projektbörsen Doch ein solch verlässliches Vertrauensverhältnis zu einem oder mehreren Bodyleasern ist nichts, was von heute auf morgen entsteht. Woher nehmen Sie Ihre Projekte bis dahin? Wichtigstes Recherche-Medium sind Projektbörsen – allen voran ist hier Gulp (http://www. gulp.de) zu nennen. Als Freelancer können Sie hier Ihr Profil einstellen und die Reaktionen interessierter Projektanbieter abwarten. Dies wird erfahrungsgemäß allerdings nur dann passieren, wenn Sie ein sehr gesuchtes Profil haben. Sie haben aber auch Ihrerseits die Möglichkeit, den Bestand an Projekten nach verschiedenen Kriterien zu durchsuchen und sich auf Angebote zu bewerben, die dort ausgeschrieben sind. Alle diese Dienste sind für Projektsuchende kostenlos, die Plattform finanziert sich über die Gebühren der Projektanbieter. Weitere Projektbörsen, teils gebührenpflichtig, teils kostenlos, mit unterschiedlicher Anzahl Projekte und verschiedenen Schwerpunkten sind: • Freelancer 1 (http://www.freelancer1.de/) • Freelancer Map (http://www.freelancermap.de/) • Interlance (http://www.interlance.de/) • My Freelancer.de (http://www.myfreelancer.de/) • Projektwerk (https://www.projektwerk.de/) • Resoom Projects (http://projects.resoom.de/) • Joinvision (http://www.joinvision.com/) • Contraplug (http://www.contraplug.de/) • Reutax (http://www.reutax.de) Es lohnt sich aber auch, bei den einzelnen Bodyleasing-Unternehmen einen Blick auf die Homepage zu werfen, bzw. sich mit seinem Profil dort zu registrieren. Viele Professional Service-Unternehmen zeigen auf Projektbörsen nur einen Teil ihrer Projekte, um Präsenz
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zu zeigen, auf der Homepage oder in Newslettern an die registrierten Freelancer werden weitere Projekte angeboten. Eine weitere Option sind die Gruppen für Freiberufler in Xing, zum Beispiel der Freiberufler Projektmarkt (https://www.xing.com/net/freiberufler/), in dem nach eigenen Angaben um die 20 000 Projektangebote eingestellt sind.
Kluge Honorarkalkulation Sie haben Ihr Profil nun in den diversen Projektbörsen hinterlegt, sich bei dem einen oder anderen Bodyleasing-Unternehmen in die Datenbank eingetragen – da klingelt das Telefon, ein Recruiter ist dran und beschreibt Ihnen die Anforderungen für das, was vielleicht Ihr erstes Projekt als Freelancer sein wird. Und dann kommt sie, die entscheidende Frage: »Was hatten Sie sich denn als Stundensatz vorgestellt?« Falls Sie diese Frage fürchten und noch zu keinem rechten Schluss gekommen sind, wie hoch Ihr Honorar sein sollte, dann lesen Sie in den folgenden Abschnitten, wie Sie zu einer realistischen Honorarhöhe kommen. Grundsätzlich sind zwei Ansätze naheliegend: Die Ermittlung des auf dem Markt für Ihre Qualifikation und Erfahrung erzielbaren Honorars und die Ermittlung des Stundensatzes, der notwendig ist, um Ihnen ein verfügbares Einkommen zu beschaffen, wie Sie es als Angestellter hatten (oder hätten).
Marktpreis Der erste Weg führt auch hier wieder zur Gulp Projektbörse, wo Sie sich anhand Ihres Tätigkeitsgebiets anzeigen lassen können, welche Honorare andere Freelancer derzeit erzielen. Der Gulp-Stundensatzkalkulator (http://www.gulp.de/kb/tools/money.html) unterscheidet zwischen IT-Allgemein, Softwareentwickler, Administrator, Berater, Projektleiter, Trainer und Manager auf Zeit und erlaubt zusätzlich die Eingabe eines Freitextes zu Ihrem technischen oder fachlichen Schwerpunkt sowie die Verwendung von Boole'schen Operatoren. So ergibt die Suche nach Softwareentwickler AND Java zur Zeit (Sommer 2007) einen Durchschnittshonorarsatz von 65 bzw. 66 Euro pro Stunde (siehe Abbildung 4-1). Zu Beispielprofilen werden erzieltes Honorar, Alter und IT-Berufserfahrung dargestellt (siehe Abbildung 4-2).
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A b b i l d u n g 4 - 1 : Durchschnittshonorar
A b b i l d u n g 4 - 2 : Honorarbeispiele
Für den Statistik-Freund werden diverse Grafiken zur Stundensatzentwicklung etc. ausgegeben – in Abbildung 4-3 sehen Sie ein Beispiel zur Entwicklung des Honorars entlang der Zeitachse.
A b b i l d u n g 4 - 3 : Stundensatzentwicklung
Weitere Lektüre rund um Stundensätze finden Sie hier: http://www.gulp.de/kb/st/ stdsaetze/ mainstfreib.html.
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Kalkulationsschema ausgehend vom Einkommen als Angestellter Ein anderer Ansatz ist der Gedanke, das eigene Gehalt als Angestellter zugrunde zu legen und zu ermitteln, welches Honorar man als Freelancer erwirtschaften müsste, um gleich viel verfügbares Einkommen zu haben. Falls Sie in die Berufstätigkeit erst starten, sollten Sie die in Kapitel 8 genannten Quellen konsultieren, um einen realistischen Gehaltsrahmen zu ermitteln. Bitte bedenken Sie hierzu folgende Punkte: • Gehen Sie nicht einfach von Ihrem Bruttoeinkommen aus, sondern denken Sie daran, welche Beiträge zur Sozialversicherung und Krankenversicherung Ihr Arbeitgeber derzeit zahlt und addieren Sie diesen Beitrag zu dem Bruttogehalt, das sie beziehen. • Als Selbstständiger leisten Sie keine Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung. Hier müssen Sie privat Vorsorge leisten, zum Beispiel mit einer Basis-Rente (auch Rürup-Rente genannt). Wenn Sie aufgrund einer unsicheren Auftragssituation keine regelmäßigen monatlichen Zahlungen leisten können oder wollen, nutzen Sie doch die Möglichkeit einer Einmalzahlung. • Vergessen Sie auch nicht andere geldwerte Vorteile, zum Beispiel einen Dienstwagen, den Ihnen Ihr Arbeitgeber womöglich derzeit gewährt und den Sie ansonsten selbst finanzieren müssten. • Kalkulieren Sie Zeiten ein, in denen Sie kein Projekt haben – weil Sie auf ein Projekt bei Ihrem Lieblingskunden warten, weil Ihr Bodyleasing-Unternehmen Sie vertröstet oder weil sich einfach gerade nichts finden will. Oftmals benötigt ein Kunde nach dem Vorstellungsgespräch Bedenkzeit – und Sie möchten sie ihm auch geben, weil das Projekt Sie sehr interessiert. Dann sollten Sie Puffer in Höhe von zwei bis drei Monatsumsätzen haben, um nicht erpressbar zu sein. Dies gilt besonders vor dem Hintergrund, dass viele Banken in Bezug auf Kredite für Freiberufler sehr zurückhaltend sind – das gilt unter Umständen auch für einen Dispositionskredit. Einfach mal das Konto überziehen, wie das ein Angestellter kann, ist oft zumindest in der Anfangszeit keine Option. • Berechnen Sie, wie viel Ihrer Arbeitszeit Sie überhaupt für fakturierbare Stunden verwenden können, und wie viel Sie für das Schreiben Ihrer Rechnungen, die Akquisition oder Ihre Buchhaltung berechnen müssen. • Denken Sie auch an mögliche Ausfallzeiten durch Krankheit und Weiterbildung. Auch jeder Urlaubstag ist ein Tag Verdienstausfall! • Vergessen Sie nicht, dass Sie als selbstständiger Berater eine Haftpflichtversicherung benötigen, die zum Beispiel in dem Fall, dass Sie unternehmenskritische Applikationen programmieren, durchaus einige Tausend Euro im Jahr kosten kann.
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• Als IT-Freelancer ist Ihr einziges Kapital Ihre eigene Arbeitskraft – investieren Sie in sie, indem Sie regelmäßig Weiterbildungen besuchen. Dabei sollten Sie nicht nur technische Themen (dazu mehr im Kapitel 10 im Abschnitt »Weiterbildungen«) berücksichtigen, sondern sich auch über steuerliche und rechtliche Belange auf dem Laufenden halten. Auch Seminare zum Beispiel zu Rhetorik, Verhandlungstechnik oder Soft Skills stärken Ihre Persönlichkeit als Selbstständiger und damit indirekt Ihren Marktwert. Nicht zuletzt: Wenn Sie eine Familie haben, die wirtschaftlich von Ihnen abhängig ist, sollten Sie eine Berufsunfähigkeitsversicherung und eine Risikolebensversicherung finanzieren können. • Auf die Kalkulation von Kosten für Büro, Telefon, Büromaterial etc. werden Sie im Gegensatz zu anderen Selbstständigen hingegen in der Regel verzichten können, da Sie typischerweise beim Kunden vor Ort arbeiten. Kalkulieren Sie verschiedene Honorarsätze: einen für ein Projekt an Ihrem Wohnort und einen für ein Projekt, zu dem Sie wochenweise anreisen müssten. Viele BodyleasingUnternehmen zahlen keine Unterbringungskosten nach Nachweis, sondern einen »all inclusive«-Stunden- oder Tagespreis, den Sie auf Anfrage parat haben sollten. Überlegen Sie sich auch, wie sich Ihre Preise für kurz- und langfristige Projekte unterscheiden sollen. Wenn Sie einen Jahresvertrag unterschreiben, muss die Akquisition für neue Projekte in diesem Jahr nicht über Ihr Stundenhonorar finanziert werden. Andererseits kann ein kurzes Projekt ebenfalls sehr interessant sein und einen niedrigeren Stundensatz rechtfertigen, wenn Sie es als Aushängeschild nutzen können, etwa weil der Kunde ein großes Renommee hat oder Sie Praxis mit einem sehr gefragten Produkt sammeln können. Wie eine Kalkulation aussehen kann, die diese Faktoren berücksichtigt, zeigt sehr eindrucksvoll der Ratgeber E-Lancer (http://www.ratgeber-e-lancer.de/0502.html) oder der Artikel von Akademie.de (http://www.akademie.de/fuehrung-organisation/recht-und-finanzen/ tipps/finanzwesen/kalkulation.html). Machen Sie sich die Mühe und rechnen Sie das Honorar für sich durch, bevor Sie einen »Schnellschuss« machen und ein zu niedriges Honorar nennen. Keine Scheu – von einem zu hohen Honorar kann man sich immer noch herunterhandeln lassen, wenn das Projekt wirklich interessant zu sein verspricht. Recruiter bei Professional Service-Unternehmen tun den ganzen Tag nichts anderes als das. Von einem zu niedrigen Honorar ausgehend eine Preiserhöhung durchzusetzen, ist weitaus schwieriger. Goetz Buchholz macht außerdem folgende Beobachtung: Oft verlangen die IT-Freiberufler, die dort ihre Profile hinterlassen, niedrigere Stundensätze als die Unternehmen, die Freiberufler suchen, von sich aus anbieten (http://
www.ratgeber-e-lancer.de/0502.html#05020001). SELBSTSTÄNDIG ALS FREELANCER
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Eine Warnung vor Selbstausbeutung Bitte hüten Sie sich daher vor falscher Bescheidenheit, denn sie kann sehr leicht in Selbstausbeutung münden. Die Qualität Ihrer Arbeit wird oftmals leicht mit der Höhe Ihres Honorars in Beziehung gesetzt: Was keinen hohen Preis hat, das kann auch keinen großen Wert haben. Und was besonders teuer eingekauft wird, das muss ja dann besonders gut sein – und sei es nur, weil man sich nicht geirrt haben will bei seiner Auswahl. Überlassen Sie das wirtschaftliche Denken nicht den BWLern und »Schlipsen« – Ihre gute Arbeit hat es verdient, gewürdigt zu werden, und das geschieht zu einem guten Teil durch ein angemessenes Honorar.
Die Projektfalle Und noch eine Warnung – seien Sie auf der Hut, bevor die berühmte Projektfalle zuschnappt. Verlieren Sie nicht Ihre wirtschaftliche Lage aus den Augen, wenn Sie mitten im Projekt sind, Sie sich in Ihre Arbeit vergraben und Heldentaten begehen. Wenn es Mitte November ist und Ihr Projektmanager noch kein sehr klares Signal gegeben hat, dass er ab Januar wieder ein Projekt für Sie hat, dann ist es höchste Zeit, das Projektengagement ein klein wenig herunterzufahren und die Fühler nach anderen Projekten auszustrecken. Informieren Sie aber auch umgekehrt Ihr Professional Service-Unternehmen, wenn Sie von einer Projektchance erfahren, auch wenn Sie selbst sie nicht besetzen können. Viele dieser Unternehmen geben eine »Tippgeber-Provision« von bis zu einigen Tausend Euro – fragen Sie ruhig vorab danach. Denken Sie voraus und knüpfen Sie schon im Projekt neue Kontakte zu Menschen, die Ihre Fähigkeiten zu schätzen wissen. Es ist sehr schön, wenn das Bodyleasing-Unternehmen für Sie Projekte akquiriert – noch schöner ist es, wenn der Endkunde von sich aus nach Ihnen verlangt. Wie ein solches erfolgreiches Kontakteknüpfen aussehen kann, dazu lesen Sie mehr in Kapitel 5 im Abschnitt »Networking für die Karriere«.
Nein, Sie sind nicht scheinselbstständig Das Freelancertum vereinigt die Vorteile beider Welten: Durch die Einschaltung eines Bodyleasing-Unternehmens können Aufgaben wie Akquisition ausgelagert werden, die wichtigen Kriterien der Selbstständigkeit bleiben aber erhalten. Bei alldem sollten Sie aber das Problem der Scheinselbstständigkeit nicht außer Acht lassen. Die Situation ist aufgrund der politisch gewollten Förderung von Neugründungen nicht mehr so brisant wie noch vor einigen Jahren, dennoch: Wenn bei Ihnen aufgrund einer Abhängigkeit von einem einzigen Auftraggeber eine Scheinselbstständigkeit festge-
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stellt wird, so kann dies unter anderem dazu führen, dass mehrere Jahre im Nachhinein Beiträge zur Sozialversicherung fällig werden. Achten Sie daher darauf, dass folgende Merkmale auf Sie zutreffen: • Sie treten als Unternehmer mit eigenen Marketing- und Werbeaktivitäten am Markt auf. Sie haben zum Beispiel Visitenkarten und besitzen eine Homepage, auf der Sie sich und Ihre geschäftlichen Aktivitäten vorstellen. • Sie haben weitere Kunden, für die Sie Projekte abwickeln oder sonstwie tätig sind. Auch wenn Sie bei Ihren Akquisitionsbemühungen nicht erfolgreich sind, dokumentieren Sie Ihre Anstrengungen. • Sie sind nicht vergleichbar wie ein fest angestellter Mitarbeiter des Endkunden in dessen Organisation eingebunden. So werden Sie zum Beispiel nicht in Organigrammen oder anderen internen Dokumenten des Kunden ohne Nennung Ihres Externenstatus aufgeführt. Auch in Telefonverzeichnissen oder Schichtplänen werden Sie nicht neben Angestellten genannt. • Niemand erteilt Ihnen Weisungen oder macht Ihnen Vorschriften über die Art und Weise, wann und wie Sie Ihre Arbeit auszuführen haben, sei dies nun faktisch oder per Vertragsklausel. • Sie haben eine GmbH gegründet oder erwägen dies vor dem Hintergrund aktueller Gesetzesvorhaben der Bundesregierung. • Sie haben bestimmte Tätigkeiten an einen Mitarbeiter ausgelagert oder beabsichtigen es. Dies darf auch ein Familienangehöriger sein. Bei einem Job mit einem Gehalt in der sogenannten Gleitzone zwischen 401 und 800 Euro ist diese Möglichkeit nicht so kostspielig, wie sie auf den ersten Blick erscheinen mag, da Sozialversicherungsbeiträge nur anteilig fällig werden. Nähere Informationen dazu finden sich zum Beispiel im Ratgeber E-Lancer, in der Knowledge Base von Gulp oder bei der IHK Frankfurt (http://www.frankfurt-main.ihk.de/recht/ themen/arbeitsrecht/scheinselbstaendigkeit/index.html). Nützlich ist auch das Merkblatt der IHK München (http://www.ihk-muenchen.de/ internet/mike/ihk_geschaeftsfelder/recht/Anhaenge/ Scheinselb_2003.pdf).
Wie Sie als Externer mit internen Mitarbeitern klarkommen Wenn Sie erstmals als Externer in ein Unternehmen kommen, werden Sie möglicherweise über die veränderte Perspektive etwas erstaunt sein. Einerseits geschehen viele Dinge ohne Sie. Die Vergünstigungen, die Angestellte haben, fallen für Sie flach: subventioniertes Kantinenessen, Betriebssport, Tiefgaragenparkplätze – alles nur für die anderen. Auch auf Betriebsfeiern werden Sie häufig nicht eingeladen
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werden und so manches Gespräch über Interna wird verstummen, sobald Sie zur Tür hereinkommen. Und oftmals werden Sie das Gefühl haben, auf eine unsichtbare Mauer zu stoßen, zumindest am Anfang. Andererseits haben Sie immense Vorteile, ob faktisch oder nur in den Augen der angestellten Mitarbeiter: Sie kommen und gehen, wann Sie wollen, niemand in der Organisation des Unternehmens ist weisungsbefugt Ihnen gegenüber. Sie müssen sich viel weniger mit irgendjemandem gut stellen, um Karriere zu machen – dieser Weg steht Ihnen im Kundenunternehmen sowieso nicht offen. Und auf Sie hört man eher – denn Sie haben ja schon so viele Wettbewerber von innen gesehen und wissen, wie es besser gehen mag. (Oder jedenfalls ist es das, was man von Ihnen glaubt.) Aber auch Neid und Ablehnung kann eine Rolle spielen: Vielleicht hat ein Mitarbeiter Ihres Kunden einmal eine Abrechnung Ihres Bodyleasing-Unternehmens zu Gesicht bekommen und ist erschrocken über die Höhe der abgerechneten Summe. Viele Mitarbeiter befürchten auch, dass Externe aufgrund des häufig guten Drahts in das Management hinein eigens eingekauft wurden, um die internen Mitarbeiter auszuhorchen. Und schlussendlich spielt häufig auch die Schlussfolgerung eine Rolle: »IT-Berater ist gleich Unternehmensberater ist gleich McKinsey – und die kommen ja bekanntermaßen in ein Unternehmen nur, um Arbeitsplätze wegzurationalisieren«. Seien Sie auf alle diese Dinge gefasst und arbeiten Sie daran, dem negativen Ruf, der externen Beratern vorauseilt, entgegenzuwirken. Gute Ideen sind in diesem Zusammenhang: • Denken Sie daran: Was Sie als Externer schon an breiter Erfahrung gesammelt haben mögen, das müssen Sie oft mit mangelnder Tiefe des Wissens bezahlen. Betrachten Sie den Weg eines Festangestellten in Anwenderunternehmen ganz wertneutral als eine andere Option, die jemand gewählt hat. Dessen Weg ist nicht besser oder schlechter als Ihrer. Sie sind nicht zwingend der Klügere. • Verzichten Sie auf das Präsentieren von Statussymbolen. Wer im Sportwagen bei einem Unternehmen vorfährt, in dem die Mitarbeiter nach TVÖD bezahlt werden, sollte über vergrätzte Reaktionen nicht verwundert sein. • Ähnliches gilt für die Kleidung: Wenn Sie im Dreiteiler auftauchen, wo die internen Mitarbeiter Flanellhemd und Jeans tragen, fallen Sie ebenso negativ auf wie umgekehrt. Ein echter Guru kann sich sicher einige Exzentrizitäten erlauben – bis es soweit ist, sollten Sie sich an den Gepflogenheiten Ihrer Umgebung orientieren. • Seien Sie sich im Klaren darüber, dass interne Mitarbeiter Ihnen die Arbeit unmöglich machen können – wenn sie passiven Widerstand leisten, Informationen nicht preisgeben, kann es leicht passieren, dass Sie mit Ihren Bemühungen um gute Arbeit dauerhaft auf Granit beißen.
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• Zeigen Sie sich bodenständig: Wenn Sie auf ein Fest oder eine Feier eingeladen werden – gehen Sie hin. Wenn es üblich ist, zu Geburtstagen einen Sekt auszugeben oder für Geschenke zu sammeln – schließen Sie sich nicht aus. Und es schadet auch nicht, zur Produktionseinführung einer gemeinsam entwickelten Software einmal mit den Teamkollegen ein Bier trinken zu gehen – selbstredend auf Kosten des BodyleasingUnternehmens. • Behandeln Sie das, was Ihnen Mitarbeiter anvertrauen, unbedingt vertraulich, auch gegenüber dem Management des Endkunden. Dies ist Grundlage Ihrer Integrität. • Denken Sie noch nicht einmal daran, sich ungeliebten Arbeiten mit Hinweis auf die eigene hohe Qualifikation zu entziehen – ganz im Gegenteil: Wer 70 Euro in der Stunde verdient, kann durchaus auch seine Tasse in der Spülmaschine unterbringen oder auch mal Kopierpapier nachfüllen. Eine besser verdienende Putzfrau oder einen besser verdienenden Hausmeister wird es kaum geben. • Lästern mit den Kollegen darüber, wie verpeilt, weltfremd oder dämlich doch die internen Mitarbeiter sind, ist ein No-No – denken Sie auch hier daran, dass man sich im Leben immer zweimal trifft.
TEST: EIGNEN SIE SICH ZUM FREELANCER? 1. Wenn ich ungelöste Probleme habe ... a) ... kann ich an nichts anderes mehr denken und habe schlaflose Nächte, bis eine Lösung da ist. b) ... frage ich meine Freunde um Rat und diskutiere endlos mit ihnen, bis sie es nicht mehr hören können. c) ... ist mir noch immer eine Lösung eingefallen – wenn es mal stockt, kann ich mich auch gut z.B. mit Sport ablenken und später wieder mit neuer Energie damit befassen. 2. Meine Vorgesetzten fanden an mir immer gut, dass ich... a) ... die Regeln eingehalten und die Standards beachtet habe und gleichbleibend gute Leistungen gebracht habe. b) ... ein so guter Teamplayer war und für ein gutes Betriebsklima gesorgt habe. c) ... immer neue Herausforderungen angenommen und kreative Lösungen gefunden habe. 3. Das Finanzamt zieht beim monatlichen Umsatzsteuertermin einen viel zu hohen Betrag von Ihrem Geschäftskonto ein. a) Da rufe ich gleich mal an, das kann ja nur ein Missverständnis sein. b) Wer weiß, was das nun schon wieder ist ... Die machen doch eh, was sie wollen, wer soll da noch durchblicken? Ich hätte mir doch besser einen Steuerberater nehmen sollen ...
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c) Ich schreibe mir das auf und werde spätestens bei der jährlichen Umsatzsteuererklärung klären, was es mit dem Betrag auf sich hat. 4. Eine Freundin fragt Sie, ob Sie ihr beim Umzug helfen können. Sie ist ganz verzweifelt, weil niemand, den sie bisher gefragt hat, an dem Wochenende Zeit hat. a) Ich sage sofort zu, schließlich ist das Ehrensache. Obwohl ich eigentlich noch nicht so genau weiß, ob ich da überhaupt Zeit habe ... b) Ich verspreche ihr, mich am nächsten Tag bei ihr zu melden, wenn ich außer meinen privaten Kalender auch den in der Firma gecheckt habe und mit meiner Frau geklärt habe, dass wir an dem Wochenende nichts vorhaben. c) Ich sage ihr, dass ich ihr bestimmt am Samstag beim Transport helfen kann, sie aber für das Kistenpacken und Möbelabbauen am Freitag nicht auf mich zählen soll. 5. Auf einer Reise zu einem Vortrag, den Sie halten wollen, fällt ein Zug aus, mit dem Sie fahren wollen. a) Ich rufe beim Veranstalter an, dass ich nicht rechtzeitig kommen werde, und beschwere mich am Service Point der Bahn. b) Ich versuche einen Mietwagen zu organisieren. c) Ich schnauze meinen Partner an, der mich begleitet, und fluche über den miesen Service der Bahn. 6. Ein Freund hat Ihnen angeboten, Ihnen am Wochenende beim Tapezieren behilflich zu sein. Jetzt antwortet er nicht auf Ihre Mail, in der Sie ihn fragen, ob er am Samstagmorgen mit zum Baumarkt kommt. a) Ich lasse es darauf beruhen, denn es wäre aufdringlich, jetzt noch einmal nachzuhaken. b) Ich rufe ihn an und schlage vor, dass ich ihn um 10 Uhr abholen komme und wir hinterher auch ein Bier trinken gehen. c) Ich fahre am Samstagmorgen einfach bei ihm vorbei, klingele Sturm und nehme ihn mit zum Baumarkt. Schließlich hat er doch schon so gut wie zugesagt, jetzt kann er nicht einfach kneifen.
TESTAUFLÖSUNG Welche Antworten deuten auf eine Unternehmerpersönlichkeit hin? 1 c) Als Selbstständiger wird es für Sie immer wieder Situationen geben, die ungewiss sind – wenn Sie da auf Ihre Freunde angewiesen sind oder sich Ihrer Erholungsmöglichkeiten berauben, sabotieren Sie sich selbst. Antwort c) zeigt, dass Sie auf sich selbst vertrauen und grundsätzlich davon ausgehen, eine Lösung finden zu können.
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2 c), mit Abstrichen auch b) Als Selbstständiger ist es wichtig, dass Sie Ihre Befriedigung aus der Arbeit an sich ziehen und weniger auf explizite Anerkennung angewiesen sind. Auch sollten Sie es als befriedigend empfinden, sich selbst Strukturen zu geben, denn Regeln, die Sie befolgen, und Standards, die Sie einhalten müssen, wird es eher weniger geben. Als Freelancer in einem Kundenprojekt sind aber auch Ihre Teamplayerfähigkeiten, ähnlich wie bei einem Angestellten, durchaus von Nutzen. 3 a) Es ist gut, wenn Sie den Stier bei den Hörnern packen können und auch bei Problemen mit Behörden nicht in Hilflosigkeit verfallen (wie in Lösung b) skizziert) oder die Dinge aufschieben bis zum Sankt Nimmerleinstag (wie in Lösung c) angedeutet). 4 c) Weder a) mit seiner Bereitschaft, sofort etwas zuzusagen, was man vielleicht nicht halten kann, noch b) mit der Absicherung nach allen Seiten zeigen das Mittelmaß an Risikobereitschaft, das man als Unternehmer braucht. 5 b) Mit der Organisation eines Mietwagens tun Sie das Menschenmögliche, um Ihren Vortrag dennoch pünktlich halten zu können. Lösung a) hat dieses Ziel erst sekundär im Fokus, Lösung c) hingegen dient nur der Frustabfuhr. 6 b) Als Freelancer müssen Sie auf Menschen zugehen können und sie für Ihre Ziele gewinnen können. Weder mit Überrumplung (Option c)) noch mit vornehmer Zurückhaltung (Option a)) wird Ihnen das gelingen.
WARUM UNTERNEHMEN ÜBERHAUPT MIT EXTERNEN ZUSAMMENARBEITEN Warum arbeiten Unternehmen überhaupt mit Externen zusammen – die sind doch viel teurer? Teurer sind sie nur auf den ersten Blick – wenn man aber einkalkuliert, dass die Externen das benötigte Know-how schon mitbringen und Schulungen nicht mehr gezahlt werden müssen, wenn man zudem bedenkt, dass der Auftraggeber die Verträge mit Externen jederzeit auslaufen lassen kann, ohne dass ein Betriebsrat etwas mitzureden hätte, dann relativieren sich die höheren Kosten schnell. Manch spezialisiertes Know-how ist auf dem Markt gar nicht als Angestellter verfügbar, und es wäre auch wenig sinnvoll, es einzukaufen, wenn man nur einige Tage oder Wochen davon profitieren möchte. Und gerade in Zeiten, in denen Einstellungsstopps verhängt werden, die Arbeit aber trotzdem getan werden muss und Projekte anstehen, sind Externe die einzige Möglichkeit, die anstehenden Aufgaben zu stemmen.
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Zusammenfassung und Überleitung Sie haben sich nun mit Projektbörsen und Bodyleasern befasst, mit Vertragsklauseln und mit Fußangeln rund um die Scheinselbstständigkeit. Sie haben sich durch den Kopf gehen lassen, wie ein angemessenes Honorar für Ihre Tätigkeit aussehen sollte, und wissen, wie Sie als externer Mitarbeiter im Kundenunternehmen gut ankommen. Aber dennoch: So recht geheuer ist Ihnen das alles nicht, entweder, weil Sie sich das alles nicht wirklich zutrauen, weil Sie noch mehr Erfahrungen als Angestellter sammeln wollen, bevor Sie eine Selbstständigkeit in Erwägung ziehen – oder weil Sie einfach zu dem Schluss gekommen sind, dass Sie nicht für die Selbstständigkeit geboren sind. Dann sind Sie in den folgenden Kapiteln richtig, wo es um die Möglichkeiten zur Stellensuche und Bewerbung als Angestellter geht.
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KAPITEL FÜNF
Stellensuche
S
ie haben sich entschieden, Ihr Glück vorerst oder wieder einmal als Angestellter zu suchen. Sie haben auch eine ungefähre Vorstellung davon, was Sie können und wollen, und jetzt soll es konkret werden: Wo finden Sie Unternehmen und Positionen die Sie interessieren könnten? Welche Internetseiten können Sie durchstöbern auf der Suche nach einer Inspiration, einer neuen Idee dazu, was Sie herausfordern könnte? Lesen Sie die nächsten Abschnitte und finden Sie Antworten auf diese Fragen.
Ein paar generelle Anmerkungen Bevor Sie starten, halten Sie noch einmal kurz inne und überlegen Sie Ihre Strategie: Wie wollen Sie vorgehen? Was soll Ihr Motto sein? Nach welchen Kriterien wollen Sie entscheiden, ob Sie sich bei einem Unternehmen bewerben oder nicht? Für fast alle Lebenssituationen empfehle ich: Verhalten Sie sich besser wie der Scharfschütze als wie jemand, der mit einer Schrotflinte herumballert. Zielen Sie genau auf ausgewählte Unternehmen und Stellen, statt viele Bewerbungen breit zu streuen.
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Schreiben Sie lieber wenige, individuelle Bewerbungen an Unternehmen, in die Sie wirklich gut passen, als ein standardisiertes Anschreiben an viele Adressaten zu schicken. Es mag einfacher sein, einen Lebenslauf und ein Anschreiben einmal zu produzieren und immer wieder zu verschicken, als die Unterlagen jedes Mal erneut individuell anzupassen – aber sein Bewerbungsverhalten danach auszurichten, was müheloser ist, wäre so, als suchte man einen vermissten Schlüssel nicht dort, wo man ihn verloren zu haben glaubt, sondern dort, wo das Licht besonders hell ist. Bezogen auf die Stellensuche heißt das: Es ist sicher einfacher, viele Unternehmen in den Kreis der Bewerbungsempfänger aufzunehmen, und beruhigend, eine lange Liste an Adressen zu horten – aber das ist nicht unbedingt erfolgversprechend, wenn es darum geht, den wirklich passgenauen Job zu finden. Und es ist in aller Regel auch noch nicht einmal hilfreich dabei, überhaupt einen Job zu finden, wenn man ihn dringend braucht. Denn Adressaten von Bewerbungen geht es wie anderen Menschen auch: Sie wollen sich nicht austauschbar und beliebig fühlen. Und leider können die meisten »Schrotschuss«Bewerbungen ihren Charakter nicht verhehlen.
ALS QUEREINSTEIGER IN DIE BRANCHE Vor Jahrzehnten war es üblich, weil es keine Informatikerausbildung gab, als die ersten Rechner an den Start gingen, und zu Dot.com-Zeiten war es gang und gäbe: der Quereinsteiger in die IT-Branche. Auch heute noch steht die Informatik Ihnen als Fachfremdem offen – wenn Sie bereit sind, mit viel Eigeninitiative und Interesse sich selbst in Ihre Themen einzuarbeiten. Jedoch gilt für Sie noch mehr als für andere: Gleichen Sie Ihren Mangel an formaler Qualifikation durch Ausbildung oder Studium aus, indem Sie Weiterbildungen nutzen, Zertifikate erarbeiten und ganz allgemein in Ihr Know-how investieren. Welche Zertifikate es gibt und was Sie sonst noch beachten sollten, wenn Sie eine Weiterbildung erwägen, lesen Sie in »Weiterbildung« auf Seite 235. Auch was Learning-by-doing angeht, sollten Sie hart im Nehmen sein und Frustrationstoleranz aufweisen – der Rechner verzeiht keinen Fehler, und er tut, was Sie sagen, nicht was Sie meinen. Die langen Abende im Rechenzentrum und die durchgemachten Nächte kurz vor Produktionseinsatz lohnen sich aber – noch immer ist die Arbeit in der IT-Branche gerade aufgrund der sehr unterschiedlichen Hintergründe der Kollegen sehr reizvoll. Der Autorin dieses Buchs sind unter anderem folgende Berufshintergründe bei IT-Kollegen bekannt: Musiklehrer, Soziologin, Romanistin, Theologe, Mathematiklehrer, Fremdsprachensekretärin. Und all die Physiker und Elektrotechniker mag man ja kaum fachfremd nennen.
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Für einen passenden Job müssen Sie auch dort suchen, wo es weniger naheliegend ist und Mühe kostet. Das Ergebnis wird Sie für Ihre Anstrengungen entschädigen. Wo sollten Sie suchen? Was sind lohnenswerte Ansatzpunkte für Recherchen nach interessanten Stellen? Beginnen wir mit dem Naheliegendsten: Anzeigen in Printmedien und Jobbörsen.
Stellenanzeigen in Printmedien Der wohl bedeutendste überregionale Markt für Stellenanzeigen ist die Samstagsausgabe der Frankfurter Allgemeinen Zeitung. Es folgen der Stellenmarkt der Süddeutschen Zeitung und – mit Einschränkungen – der Frankfurter Rundschau. Für Tätigkeiten im öffentlich-rechtlichen Sektor oder in Forschung und Lehre ist noch der Stellenmarkt der ZEIT interessant (http://www.zeit.de/jobs/index). Das war es dann aber auch schon für die überregionale Suche – regionale Stellenmärkte finden Sie in den regionalen Printmedien. Die allermeisten Zeitungen stellen ihre Stellenmärkte auch online (die FAZ z.B. unter FAZ Jobs.net http://fazjob.net/) sodass Sie normalerweise nicht mehr auf die Papierversion angewiesen sein dürften, sondern die Anzeigen im Web durchsuchen können. Es versteht sich, dass Sie auch in Fachzeitschriften nachschauen können – je nach Ihrer Ausrichtung und dem Grad Ihrer Technikorientiertheit lohnt sich ein Blick z.B. in die c't, die Computerwoche oder die iX.
Jobbörsen Monster.de und Jobpilot kennen Sie natürlich – aber auch deren erweiterte Suchmöglichkeiten, die teils mit Boole’schen Operatoren arbeiten? Die Detailsuche nach IT-Jobs bei Monster (deren Stellenangebot übrigens seit der Fusion beider Unternehmen identisch mit dem von Jobpilot ist) finden Sie unter http://jobsuche.it. monster.de/, die von Stepstone unter http://www.it-jobs.stepstone.de/index_jobsuche.cfm. Daneben gibt es weitere Jobbörsen mit teils massenhaften Angeboten, stellvertretend seien hier nur einige genannt: • Gigajob: http://de.gigajob.com/ • Jobscout24: http://www.jobscout24.de/ • Stellenmarkt.de: http://www.stellenmarkt.de/ • Stellenanzeigen.de: http://www.stellenanzeigen.de/ • Jobware: http://www.jobware.de • Online-Stellenangebote: http://www.infoservice24.com/stellen.htm
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A b b i l d u n g 5 - 1 : Eine Anzeige von Bosch in der FAZ
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A b b i l d u n g 5 - 2 : Der IT-Channel bei der Jobbörse Monster
Die Jobbörse Jobstairs hat eine Sonderstellung unter diesen allgemeinen Jobbörsen: Hier inserieren ausschließlich einige ausgewählte Großunternehmen ihre offenen Stellen – welche das sind, können Sie hier nachlesen: http://www.jobstairs.de/unternehmensprofile.html. Ebenfalls eine Ausnahme bildet die Jobbörse der Arbeitsagentur – leider bedingt durch ihre legendär schlechte Ergonomie. Wer es dennoch versuchen will, findet das Angebot unter http://jobboerse.arbeitsagentur.de/. Empfehlenswerter sind dagegen die Angebote von Anbietern wie Rekruter.de (http://www. rekruter.de) und Meine Stadt.de (http://www.meinestadt.de/deutschland/jobs), die Frontends für die Arbeitsagentur-Angebote entwickelt haben. In beiden Jobbörsen ist auch die Regionalsuche besonders komfortabel möglich. Ergänzend kann sich für die regionale Suche ein Blick in das kostenlose Anzeigenportal Kijiji lohnen (http://www.kijiji.de). Hier ein Beispiel für die Suche nach IT-Stellenangeboten in Frankfurt: http://frankfurt-main.kijiji.de/f-Stellenangebote-IT-Telekom-EDV-W0QQCatIdZ65
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Wenn Sie mehr als sechzigtausend Euro im Jahr verdienen oder in Ihrem nächsten Job verdienen wollen, lohnt sich unter Umständen auch ein Blick in die Jobbörse Experteer (http://www.experteer.de): Dort werden Jahresgehälter zu den ausgeschriebenen Stellen angegeben. Einige Positionen sind aber nur dann mit allen erforderlichen Daten lesbar, wenn man Premium-Mitglied ist – dies kostet für einen Monat 15 Euro.
A b b i l d u n g 5 - 3 : Suche nach Gehaltshöhe bei Experteer
Auch das Social Network Xing bietet Stellenangebote, zum einen in den verschiedenen eigens hierfür eingerichteten Gruppen, zum anderen aber auch in den Diskussionsgruppen, die sich mit verschiedenen IT-Themen befassen und die oftmals eigene Bretter für Stellenangebote haben (siehe dazu mehr im Abschnitt »Xing« auf Seite 267): • Job- und Kooperationsmarktplatz, Forum »Stellenangebote IT, TK / Job offers ICT« unter https://www.xing.com/app/forum?op=showforum;id=17617 • Career Brokers, Schwerpunkt IT- und Finanzbranche: https://www.xing.com/app/network?op=forums;tab=3;name=itandfinancialservices • Beobachten Sie die Entwicklung unter https://www.xing.com/topic/jobsandcareer/, Foren kommen und gehen. Ein relativ neues Angebot ist das derzeit (Februar 2008) noch kostenlose Xing Marketplace unter https://www.xing.com/marketplace/ – hier werden Ihnen basierend auf den Angaben in Ihrem Profil personalisierte Jobangebote gemacht. Aber auch eine Volltextsuche ist möglich.
Spezialisierte Jobbörsen Für die IT-Branche gibt es natürlich auch einige spezifische Stellenbörsen, hier einige wichtige: • heise jobs: http://www.heise.de/jobs/ • IT-Arbeitsmarkt: http://www.it-arbeitsmarkt.de/ • Geekjobs: http://www.geekjobs.de/ • computerjobs.24: http://computerjobs24.de/site/index.php
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• Speziell für SAP gibt es den DV-Treff: http://www.dv-treff.de/Stellenangebote/sapjobstellenmarktstellenanzeigen.aspx? • Speziell für Entwickler gibt es Entwickler.com (http://www.entwickler.com/jobs) und für Microsoft-Experten MS Employ (http://www.msemploi.com/de/). Auch eine Suche in den auf Ingenieursstellen spezialisierten Jobbörsen kann interessante Ergebnisse zutage fördern, z.B. in folgenden Sites: • Ingenieurkarriere.de: http://www.ingenieurkarriere.de/Stellenmarkt/Detailsuche.aspx • Ingenieurweb: http://www.ingenieurweb.de/
Sonstige interessante Stellenmärkte Aus Kapitel 4 sind schon einige Unternehmen mit Stellenbörsen bekannt: • Die Firma Hays (http://www.hays.de) bietet auch Jobs für Angestellte. • Gulp.de stellt auch eine Suchmöglichkeit für Festanstellungen bereit unter http://www. gulp.de/robot/seek_fa.html. • Ebenfalls IT-Festanstellungsangebote bietet Harvey Nash: http://www.harveynash.com/de/ vacancies/hnde_itjobs.asp Weitere Personalberater mit Schwerpunkt IT und angeschlossener Stellenbörse: • HSC-Personal: http://www.hsc-personal.de/deutsch/index.htm • Perit Consulting: http://www.perit.de/start_jobangebote.html • Vesterling Personalberatung: http://www.vesterling.com/?pid=17
Meta-Suchmaschinen Komfortabel und schnell sucht es sich mit den Metasuchmaschinen, die gleich mehrere Jobbörsen auf einmal durchsuchen. Die folgenden Suchmaschinen durchkämmen Jobbörsen: • Jobworld wertet nach eigenen Angaben über 30 Stellenbörsen aus: http://www.jobworld.de/ • Bei Jobrobot sind es gar 76 andere Jobbörsen: http://www.jobrobot.de/ • Jobturbo durchsucht 14 Jobbörsen und ebensoviele Online-Stellenmärkte von Tageszeitungen: http://www.jobturbo.de Diese Suchmaschinen durchsuchen zusätzlich auch Firmenhomepages: • Im BDU-Stellenmarkt veröffentlichen Mitglieder des Bundes Deutscher Unternehmensberater ihre offenen Stellen, darunter auch Positionen in der IT-Beratung: http:// www.bdu.de/sn_ein_job_stellen.html
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• Worldwide Jobs wertet auch internationale Angebote aus: http://www.wwj.de/ • Joboter durchsucht ca. 1500 Firmenhomepages: http://www.joboter.de Jobs.de (http://www.jobs.de) stellt die Treffer in einer Kartenanzeige dar.
A b b i l d u n g 5 - 4 : Kartenanzeige der Suchergebnisse bei Jobs.de
IC-Jobs durchsucht nach eigenen Angaben über 1 Million Arbeitgeberseiten (http://www. icjobs.de), Yovadis.de (http://www.yovadis.de) spricht von 30.000 Jobs. Der Jobscanner (http:// www.jobscanner.de) listet die von ihm ausgewerteten mehreren Hundert Homepages von zumeist großen Firmen auf, Jobwindow.de (http://www.jobwindow.de) durchsucht zwölf Jobbörsen und diverse Firmenseiten. Cesar (http://www.cesar.de) durchsucht 20 Jobbörsen und einige Unternehmenshomepages. Kimeta (http://www.kimeta.de) durchsucht Jobbörsen, Angebote von Personalberatern ebenso wie Homepages von Unternehmen. Wenn Sie europaweit suchen wollen, ist möglicherweise die Stellenbörse von EURES für Sie interessant: Weit über eine Million Stellen aus mehr als dreißig europäischen Staaten sind unter http://ec.europa.eu/eures/home.jsp?lang=de gelistet. Speziell für Stellen in Grossbritannien gibt es http://www.itjobs-online.com, für Jobs in der Schweiz www.edv-jobs.ch.
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Wie nutze ich Jobbörsen richtig? Probieren Sie aus, welche Oberfläche Ihnen am meisten zusagt, mit welcher Suchmethode Sie die meisten und die passendsten Treffer landen. Überlegen Sie, was für Sie das K. o.Kriterium für einen Job ist – das kann der Ort sein, wenn Sie unbedingt nach Hamburg wollen, das Betriebssystem oder die Tatsache, dass Sie jetzt endlich nicht mehr nur Teilprojekte leiten wollen. Überlegen Sie, was für Synonyme es für Ihre Kriterien gibt – so kann es sinnvoll sein, sowohl nach dem String »Projektmanager« als auch nach »Project manager« oder nach »Projektleiter« zu suchen. Bei den meisten Jobbörsen müssen Sie nicht immer wiederkehren, um nach Ihren Schlagworten zu suchen, sondern können sich nach einer Anmeldung die auf Ihre Kriterien zutreffenden Stellenangebote per Mail zustellen lassen. Sie können aber natürlich auch Informationen zu sich und Ihrem Werdegang einstellen und darauf hoffen, dass ein potentieller Arbeitgeber Sie schon finden und sich seinerseits bei Ihnen melden wird. Erfahrungsgemäß führt diese Methode jedoch nur bei sehr gefragten Skills zum Erfolg, und man muss mit sehr vielen unpassenden Anfragen rechnen, die es dann auszusortieren gilt. Wenn Sie eine eigene Domain haben, kann es sinnvoll sein, den Localpart Ihrer Mailadresse entsprechend dem Verwendungszweck zu wählen. Wenn Sie also beispielsweise für die Anmeldung bei Jobware die Mailadresse
[email protected] verwenden, wissen Sie, wer mit Ihren Daten Schindluder treibt. Das alles finden Sie verwirrend? Sie wollen das Ganze lieber systematisch angehen? Dann werden Sie bei Crosswater Systems fündig. Das Unternehmen bietet Informationen rund um Jobbörsen an, z.B. hier eine thematische Übersicht von Jobbörsen: http://www.crosswater-systems.com/ej2000.htm . Eine Übersicht der IT-Jobbörsen findet sich unter http://www.crosswater-job-guide.com/php_ jboard_list/jboards_011_IT_list.php – mit Hilfe der erweiterten Suche unter http://www.crosswater-job-guide.com/php_jboard_list/Jobboersen_whoiswho_search.php lassen sich beliebige Merkmalkombinationen abfragen. Im Jobblog schließlich gibt es aktuelle Nachrichten rund um Online-Stellenmärkte und Jobbörsen: http://www.secretsites.de/joblog/.
Wie lese ich Stellenanzeigen richtig? Sie haben sich von der Fülle der Jobbörsen anregen lassen, haben recherchiert und sind auch fündig geworden – viele interessante Stellenanzeigen befinden sich in Ihren Book-
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marks. Wie dechiffrieren Sie nun, was man Ihnen sagen will? Wo sollten Sie sich bewerben, von welchen Stellen doch lieber die Finger lassen?
WAS IST MIT PERSONALDIENSTLEISTERN (BESSER BEKANNT ALS ZEITARBEITSUNTERNEHMEN)? Halsabschneider gibt es überall – natürlich auch unter den Zeitarbeitsfirmen. Aber sie können auch gute Chancen bieten, wenn Sie aus irgendeinem Grund gerade nicht besonders gut auf dem Markt landen können: längere Arbeitslosigkeit, ein höheres Lebensalter oder die Branche liegt mal wieder darnieder. Dann können Sie als externer Mitarbeiter zeigen, was Sie können, bevor ein Unternehmen »die Katze im Sack kauft«, und wenn es nicht klappt mit der Übernahme, sammeln Sie doch wertvolle Erfahrungen. Zeitarbeitsfirmen sind an einen eigenen Tarif gebunden – zahlen sie diese Löhne nicht, ist der Zeitarbeitnehmer genauso zu entlohnen wie vergleichbare Mitarbeiter, die direkt beim Entleiher angestellt sind. Hier haben Sie also eine gewisse Sicherheit, was Sie erwarten dürfen. Übrigens trägt die Zeitarbeitsfirma das Risiko Ihrer Weiterbeschäftigung – gibt es einmal keinen Einsatz für Sie, läuft Ihr Gehalt dennoch weiter. Die gegenläufige Praxis, einem Mitarbeiter zu kündigen, wenn sein Einsatz ausläuft und ihn erst dann gegebenenfalls wieder einzustellen, wenn ein neues Projekt naht, wurde bereits vor Arbeitsgerichten kassiert, denn bei Zeitarbeitsfirmen wird davon ausgegangen, dass ein anderweitiger Einsatz des Mitarbeiters möglich ist. Doch auch hier tun Sie wie überall im Arbeitsleben natürlich gut daran, wenn Sie Ihrem Disponenten entgegenkommen. Wenn Sie Ihre Urlaubstage wenn möglich in eine Zeit legen, wo ohnehin kein Einsatz für Sie vorhanden ist, wird ihm das sehr willkommen sein und er sich womöglich ein anderes Mal mit Großzügigkeit revanchieren. Und wenn alles gut geht, erhalten Sie schon bald eine Anfrage Ihres Entleihers, ob Sie nicht bei ihm direkt anfangen wollen – Sie wären nicht der Erste, der nur wenige Wochen bei einem Personaldienstleister eingesetzt ist. Vor allem die großen Player im Zeitarbeitsmarkt haben auch IT-Stellen im Angebot – stellvertretend seien hier nur die DIS AG (http://www.dis-ag.com/cms/disag/de/ newapplicant/ unter Information Technology) oder Elan IT (http://www.elanitresource.de/ ) genannt.
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Mut zur Lücke Bitte bedenken Sie: Stellenanzeigen sind eine Wunschliste. Oftmals durchläuft eine Stellenanzeige mehrere Stationen, und jeder Beteiligte fügt noch etwas von seinen persönlichen Vorlieben hinzu. Wenn jemand allen Ernstes folgende Anforderungen aufzählt: •
Abgeschlossenes Studium der Informatik, des Wirtschaftsingenieurwesens
•
Ausgezeichnete Kenntnisse in der objektorientierten Softwareentwicklung in C++
•
Fundierte SQL-Kenntnisse (Query-Profiling und Application-Tuning)
•
Erfahrung mit Cross-Platform Toolkits (vorzugsweise Qt)
•
Sehr gute Linux- (build tools, Netzwerk, System) und DB-Kenntnisse (Oracle)
•
Erfahrung in der DB-Programmierung (PL/SQL, OCI) und Script-Sprachen (Python)
•
Erfahrung mit Unitests, Sourcecode-Verwaltung (SVN, git), Debugging und Design-Pattern
•
Englisch in Wort und Schrift
•
Betriebswirtschaftliche Kenntnisse
•
Erfahrung in der Übernahme von fremdentwickelten Systemen
•
Kenntnisse und Erfahrungen mit Windows Server
dann dürfen Sie davon ausgehen, dass sich kaum jemand bewerben wird, der all diese Merkmale auf sich vereinigt. Und die meisten Unternehmen erwarten dies – implizit oder explizit – auch nicht ernsthaft. Wenn die Anforderungen restriktiv genug formuliert sind, besteht eine große Wahrscheinlichkeit, dass sich nur wenige Bewerber auf eine solche Anzeige melden, statt der vielen Hundert, die auf allgemeiner gehaltene Anzeigen oft eintreffen. Lassen Sie sich also nicht ins Bockshorn jagen. Wenn Sie siebzig Prozent der Anforderungen abdecken können und der Job Sie interessiert, bewerben Sie sich! Die meisten Firmen werden sich, wenn die Bewerbungen von Idealkandidaten ausbleiben, auch mit den Bewerbern befassen, bei denen es in einigen Punkten Lücken gibt. Andere Unternehmen verzichten dann ganz auf die Besetzung der Stelle – dann jedoch ist das Schlimmste, was Ihnen passieren kann, eine Absage. Zu welcher Kategorie das Unternehmen gehört, können Sie vorher nicht wissen – nur, wenn Sie eine Bewerbung wagen, haben Sie eine Chance es herauszufinden. Lassen Sie mich aber noch im Detail auf einige Anforderungen aus dieser und anderen Anzeigen eingehen: Abgeschlossenes Studium der Informatik, des Wirtschaftsingenieurwesens Hier haben Sie auch dann eine Chance, wenn Sie Elektrotechnik oder Physik studiert haben. Auch ein völlig fremder Studiengang ist weniger ein Problem, wenn Sie bereits einige Jahre Berufserfahrung oder anderweitig Praxis im Zieleinsatzgebiet haben. Eine Berufsausbildung z.B. als Fachinformatiker plus Berufserfahrung
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wird häufig einem einschlägigen Studium gleichgesetzt, eine Ausnahme bilden hier sehr wissenschaftsnahe Tätigkeiten, Hardware-nahe Entwicklung und einige Großunternehmen. Ausgezeichnete Kenntnisse in der objektorientierten Softwareentwicklung in C++, sehr gute Linux- (build tools, Netzwerk, System) und DB-Kenntnisse (Oracle) Hier werden in aller Regel Praxiskenntnisse erwartet. Stoff aus dem Studium zählt nicht, Sie müssen Ihr Wissen schon in einem Unternehmenskontext, sozusagen unter Realbedingungen durchgeführt haben. Daher sind Praktika so wichtig. Mindestens zwei Jahre Erfahrung mit Solaris, insbesondere Performancetuning Hier wird es ohne praxisorientierte Solaris-Kenntnisse nicht gehen – und von Tuning sollten Sie zumindest Grundkenntnisse haben. Zweijährige Berufserfahrung in der Softwareentwicklung Bei einer solchen Formulierung können Sie es mit einem Jahr Berufserfahrung versuchen – aber nicht frisch von der Uni. Bei einer solch klaren und explizit formulierten Anforderung werden Praktika auch kaum als Berufserfahrung zählen. Sehr gute Kenntnisse idealerweise in PostgreSQL Wenn Sie sich sehr gut mit MySQL auskennen und verstanden haben, wie eine relationale Datenbank funktioniert und auch klarmachen können, dass Sie zum Know-how-Transfer in der Lage sind, dann sollte das ausreichen. Englisch in Wort und Schrift In dieser allgemeinen Formulierung bedeutet die Anforderung einfach nur: »Wenn das Telefon klingelt, gehen Sie ran, auch wenn Sie die Ländervorwahl 0044 im Display sehen. Dokumentation und Menus unserer eingesetzten Software verstehen Sie und werden auch nicht darauf beharren, erst einen Sprachkurs besuchen zu müssen, bevor Sie eine Mail an unsere amerikanischen Kooperationspartner schreiben oder an einem englischsprachigen Grobdesign weiterarbeiten, das Ihr Vorgänger begonnen hat.« Senden Sie bitte Ihre vollständigen Bewerbungsunterlagen (tabellarischer Lebenslauf, Lichtbild, Zeugnisse). Auch dies ist ausreichend deutlich: Wenn Ihre Unterlagen kommentarlos nicht vollständig sind, kann es sein, dass sie »raus« sind aus dem Auswahlprozess. Lediglich der Forderung nach einem Foto müssen Sie nicht mehr nachkommen – Unternehmen setzen sich in Zeiten des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) dem Verdacht der Diskriminierung aus, wenn sie dennoch ein Bild erbitten. Wenn Sie denken, mit einem sympathischen Foto punkten zu können, sollten Sie sich dennoch nicht davon abhalten lassen, Ihren Unterlagen ein Bild beizufügen – nicht Sie sind es, die sich an das AGG halten müssen. Bitte senden Sie uns Ihre aussagefähigen Unterlagen per Email unter
[email protected] zu. Die Formulierung »aussagefähige Unterlagen« bringt dagegen schon mehr Abwägungsbedarf mit sich. Hier sind außer dem Lebenslauf noch die Zeugnisse der letzten
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beiden Arbeitgeber, bei Absolventen das Diplomzeugnis und Zeugnisse relevanter Praktika sinnvoll. Ihre Bewerbung mit Gehaltsvorstellung und frühestmöglichem Eintrittstermin richten Sie bitte an Gehaltsvorstellung und Eintrittstermin müssen Sie liefern – hier gilt Ähnliches wie bei dem Punkt »vollständige Bewerbungsunterlagen«: Drücken gilt nicht, Sie befördern sich sonst ins Aus. Informieren Sie sich daher nicht erst vor dem Vorstellungsgespräch, welche Gehaltsvorstellung realistisch ist. Wie das geht, erfahren Sie in Kapitel 8. Wenn Sie sich nicht sicher sind, wie wichtig welche Skills sind, dürfen Sie auch ruhig im Unternehmen anrufen und nachfragen. Oftmals bekommt man in einem Gespräch gleich ein viel besseres Gefühl dafür, was in dem Job wirklich entscheidend ist. Trauen Sie sich also ruhig – schlimmstenfalls hilft Ihnen die Auskunft nicht weiter. Weitere Hinweise zur Form von Bewerbungen finden Sie in Kapitel 6.
Die berühmten Soft Skills Auch sie findet man in jeder Stellenanzeige: die berühmt-berüchtigten Soft Skills, gerne auch soziale Kompetenz genannt: Teamfähigkeit, Flexibilität, Belastbarkeit und wie sie alle heißen. Was verbirgt sich dahinter? Und kann man Soft Skills lernen, sich antrainieren wie andere Dinge auch? Es gibt keine feste Anzahl Soft Skills, aber häufig und gerne genannt werden die folgenden:
Belastbarkeit die Fähigkeit, auch unter Stress und Druck noch gleichbleibend gute Leistungen zu erbringen
Kreativität die Fähigkeit, originelle Lösungen für Probleme zu finden und vorgegebene Denkmuster zu verlassen
Flexibilität und Offenheit die Bereitschaft, Pläne zu ändern und zu improvisieren, sich auf neue Situationen einzulassen
Neugierde und Lernbereitschaft der Wille, Zusammenhänge zu verstehen und Fakten zu erfahren, sich neues Wissen anzueignen und zusätzliche Methoden, Verfahren und Kenntnisse zu erwerben
Kontakt- und Kommunikationsstärke die Fähigkeit, in angemessener Weise mit anderen Menschen in Verbindung zu treten, Beziehungen aufzubauen und mit ihnen Informationen auszutauschen
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Unternehmerisches Denken Das Wissen um betriebswirtschaftliche Aspekte bei der Arbeit und ihre Berücksichtigung neben den technischen oder ästhetischen Kriterien
Konflikt- und Kritikfähigkeit die Fähigkeit und Bereitschaft, Interessensunterschiede zu erkennen und in adäquater Weise zu benennen, Kritik zu üben und anzunehmen
Teamfähigkeit die Fähigkeit, mit anderen gemeinsame Ziele zu verfolgen, andere zu unterstützen und Unterstützung anzunehmen Wie Sie solche Fähigkeiten in sich entwickeln oder stärken können, zeige ich in Kapitel 10»Soft Skills trainieren« auf Seite 238.
Alternative Recherchequellen Die Suche in Printanzeigen und Jobbörsen ist der naheliegendste Weg – aber nicht unbedingt der erfolgversprechendste. Einerseits veröffentlichen nämlich Unternehmen zuweilen auch dann Stellenanzeigen, wenn aktuell gar keine Stelle zu besetzen ist. Hiermit soll der Öffentlichkeit und natürlich vor allem dem Wettbewerb signalisiert werden, dass das Unternehmen floriert und expandiert. Andererseits werden offene Stellen oft gar nicht oder nur auf der eigenen Homepage ausgeschrieben. Grund sind die oft beträchtlichen Kosten für Jobbörsen oder die Tatsache, dass man den eigenen Bedarf noch gar nicht ausreichend konkretisieren kann, um ihn in eine Stellenanzeige zu gießen. Um solche Unternehmen und Stellen zu finden, muss man sich fern der ausgetrampelten Pfade bewegen. Einige Möglichkeiten stelle ich hier vor: Lassen Sie sich inspirieren!
Messekataloge Es kann die Cebit sein, es kann die Systems sein oder eine andere Messe: Sie alle haben Messekataloge und ein Ausstellerverzeichnis in digitaler Form im Web, oft auch noch lange nach der Messe. Sie brauchen also nicht unbedingt zu der Veranstaltung hinzufahren, um an Adressen von interessanten Unternehmen zu kommen. Durchforsten Sie die Verzeichnisse nach Firmen mit passendem Tätigkeitsschwerpunkt, besuchen Sie die Homepages der Unternehmen. Welche Messen stattfinden, entnehmen Sie den Homepages der Messeveranstalter, z.B. • Frankfurt: http://www.messefrankfurt.com/corporate/de/messen_unserebrands.html • Hannover: http://www.messe.de • München: http://www.messe-muenchen.de/id/26036/
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Jobmessen und Karrieretage Obwohl die Ausrichtung häufig stärker BWL-lastig sein mag: Lassen Sie Karrieremessen nicht ganz unberücksichtigt. Auch hier lassen sich interessante Kontakte knüpfen. Welche Veranstaltungen wann stattfinden und mit welchem Branchenschwerpunkt, können Sie zum Beispiel bei Access.de nachschlagen. Unter http://www.access.de/german/CareerServices/ index.asp?POS=GNG finden Sie einen Veranstaltungskalender. Auch Hobsons weist unter http://www.hobsons.de/de/recruiting_events/index.html auf die eine oder andere Veranstaltung hin, die Sie interessieren könnte.
Fachzeitschriften An dieser Stelle geht es weniger um Stellenangebote in Fachzeitschriften, sondern um die redaktionellen Beiträge. Achten Sie bei der Lektüre von Fachzeitungen und -zeitschriften doch künftig genauer auf die Firmennamen und Autoren – viele Mitarbeiter von IT-Beratungsunternehmen, aber auch von Anwenderfirmen veröffentlichen gerne einmal einen Artikel z.B. in der Computerwoche. Über mittelständische Firmen und deren IT-Projekte wird beispielsweise in der Computerwoche in der Rubrik CW-Mittelstand (http://www.computerwoche.de/mittelstand/) berichtet. Vielleicht ist ein Projekt dabei, das Sie interessiert, ein Unternehmen, das ein interessantes Aufgabengebiet hat. Auch die Rubrik IT-Macher kann lesenswert sein (http://www.computerwoche.de/job_karriere/ itmacher/) – hier werden IT-Führungskräfte samt ihrer Unternehmen in kurzen Portraits vorgestellt. Vielleicht lesen Sie ein anderes IT-Blatt, die Information Week? Oder eher die c't oder iX? Auch hier lohnt es sich, die Artikel mit einer anderen Perspektive zu lesen, auch wenn der Focus der letztgenannten ein sehr viel technischerer ist.
Veranstaltungen und Vorträge – auch als Referent Die Prospekte von Veranstaltungen und Vorträgen Ihrer Branche können interessante Informationsquellen sein. Wenn Sie das nächste Mal Werbung von IIR (http://www.iir.de/ 14/) oder Euroforum (http://www.euroforum.de) in Händen halten – werfen Sie einen Blick auf die Referenten und die Firmen, aus denen sie kommen. Besuchen Sie selbst Veranstaltungen aus dem Themenbereich, in dem Sie tätig sind oder sein wollen, sei es der Linux-Tag (http://www.linuxtag.org/2007/) oder eine andere Veranstaltung, um auf Firmen aufmerksam zu werden. Und wenn Sie nicht selbst präsent sein können, vertiefen Sie sich in die Veranstaltungsprogramme.
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Heise.de liefert eine Übersicht von (hauseigenen) Veranstaltungen, die Sie interessieren könnten: http://www.heise.de/veranstaltungen/, weitere Veranstaltungen mit einer Auswahl nach Themengebieten finden Sie bei iX: http://www.heise.de/ix/veranstaltungen/. Einen guten Überblick bietet auch der IT-Veranstaltungskalender (http://www.it-veranstaltungskalender. de). Auch ein Blick zu den Xing-Terminen kann sich u.U. lohnen: Unter Termine – Öffentliche Termine finden sich diverse Veranstaltungen: https://www.xing.com/app/events?op=browse.
Verbände Unterschätzen Sie nicht, was Verbände für Sie tun können. Besuchen Sie einmal die Seite des Bitkom und recherchieren Sie dort z.B. nach Marktstudien zu Themen, die für Sie interessant sind: http://www.bitkom.de/de/markt_statistik/2883.aspx, oder nach Unternehmen: http://www.bitkom.org/de/wir_ueber_uns/2854.aspx. Sehen Sie sich eher in der Beraterecke, könnte auch die Homepage des BDU für Sie interessant sein. Hier gibt es online auch eine Beraterdatenbank (http://www.bdu.de/sn_unt_mit_ berater.html?fuseaction=BeraterDB.Main&Database=BeraterDB), mit der Sie sehr detailliert z.B. IT-Beratungen mit bestimmten Tätigkeits- und Branchenschwerpunkten ermitteln können. Verbände, die weniger bekannt sind, können Sie hier recherchieren: Deutsches Verbändeforum (http://www.verbaende.com/), in dem ca. 12.000 Verbände verzeichnet sind, und Verbände.de (http://www.verbaende.de/), das einige Hundert Verbände umfasst.
Blogs Auch Blogs können eine wertvolle Informationsquelle sein – sei es in Form von Unternehmensblogs oder von Einzelpersonen, die in Ihrer Branche tätig sind. Wenn Sie die Blogosphäre noch nicht kennen, bieten einen Einstieg z.B. die Seiten von Technorati (http:// www.technorati.com) oder Bloglines (http://www.bloglines.com/).
Und wie man sonst noch recherchieren kann... Und natürlich sollten Sie – wenn nicht bereits geschehen – regelmäßig auf Heise Online (http://www.heise.de/) nachschauen, welche Neuigkeiten es gibt. Google-Alerts auf Stichworte, die Sie interessieren, ergänzen das Informationsportfolio (http://www.google.de/ alerts?hl=de). Und auch, wenn Sie auf den Homepages der gefundenen Firmen keine Stellenanzeige finden sollten, die zu Ihrem Profil passt: Mit dem Namen eines Unternehmensmitarbeiters ausgerüstet, können Sie Ihr Netzwerk einspannen, um den Kontakt zum Unternehmen,
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anders als über eine Bewerbung, herzustellen. Wie das genau geht, erfahren Sie im Abschnitt »Networking für die Karriere« auf Seite 77. Das Wissen um anstehende Projekte, neu eingeführte Produkte, geplante Migrationen ermöglicht es Ihnen, in einer Initiativbewerbung konkrete Problemlösungen anzubieten. Wie eine gute Initiativbewerbung aussieht, erfahren Sie in Kapitel 6.
DER GEFÜHLTE GAU – ARBEITSLOSIGKEIT Doch, das kann auch Ihnen passieren, auch als Informatiker: Der Job ist weg, weil es eine betriebsbedingte Kündigung gab, der Standort aufgelöst wurde oder weil man selbst gekündigt hat und wider Erwarten doch noch nichts Neues gefunden hat. Und nun ist die Kündigungsfrist um, der Montagmorgen bricht an und es ist kein neuer Job in Sicht, der einen jetzt aus dem Haus triebe, so wie die Jahre davor. Gerade weil in der IT-Branche viele Jahre kaum jemand arbeitslos war, phasenweise jeder ein Angebot bekam, der nur eine Handvoll Three Letter Acronyms fehlerfrei buchstabieren konnte, haben viele keinerlei Erfahrung damit, wie es ist, wenn der Fall dann doch mal eintritt. Und erst einmal mag man es nicht zugeben, dass es einen erwischt hat, während doch alle anderen darüber zu klagen scheinen, wie man ihnen die Bude einrennt, welcher Headhunter gerade wieder angerufen hat. Natürlich ist das Bild von der IT-Branche als generellem und permanentem Jobmotor so niemals richtig gewesen – aber es hält sich dennoch sehr hartnäckig. Für Informatiker in der Arbeitslosigkeit gelten die gleichen Regeln wie für alle anderen, plus einige weitere: • Halten Sie den Kontakt zu Kollegen, egal, ob Sie der einzige sind, der ausgeschieden ist, oder ob Sie einer Entlassungswelle zum Opfer gefallen sind. Natürlich kann Ihnen jemand, der selbst sucht, keinen Job beschaffen – aber vielleicht hört er von Stellen, die ihn selbst weniger interessieren, aber für Sie etwas sein könnten. Oder es klappt umgekehrt und etwas, was für Sie nicht in Frage kommt, kann ihrem Kollegen von Nutzen sein. • Sprechen Sie in Ihrem Umfeld, in Ihrem Freundes-, Bekannten- und Verwandtenkreis von Ihrer Situation. Keine falsche Scham – es spricht sich sowieso herum, dass Sie momentan »ohne« sind, dann packen Sie doch lieber den Stier bei den Hörnern. Arbeitslosigkeit ist nichts, wofür Sie sich schämen müssten. • Lesen Sie den Abschnitt »Networking für die Karriere« auf Seite 77 dieses Buches sehr genau und handeln Sie danach. • Strukturieren Sie Ihren Tagesablauf und betrachten Sie Ihre Jobsuche als Ihren aktuellen Beruf. Stehen Sie mit Ihrem Partner oder Partnerin auf und legen Sie gleich nach dem Frühstück los. Kleiden Sie sich ähnlich, als gingen Sie zur Arbeit, denn nur was sich nach Arbeit anfühlt, auch bei der Kleidung, wird auch so ernst genommen. Etwas, was man im Schlafanzug und mit ungekämmten Haaren macht, verfolgt man leicht mit weniger Ernst. STELLENSUCHE
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• Schaffen Sie sich einen festen Tagesplan, z.B. direkt nach dem Frühstück eine halbe Stunde private Mails lesen und schreiben, dann Stellen recherchieren und Netzwerk pflegen, Mittagessen, nachmittags an Bewerbungen und Unterlagen schreiben. • Auch wenn Sie viele Absagen ernten – achten Sie darauf, dass Sie keine Opferhaltung einnehmen, eine Haltung, in der Sie sich als schwach und ohnmächtig empfinden und die Arbeitgeber als übermächtig und willkürlich. Konzentrieren Sie sich auf das, was Sie zu bieten haben und machen Sie es sich immer wieder klar, statt auf das zu schauen, was Ihnen fehlt. • Je länger Sie arbeitslos sind, desto ungünstiger für Sie. Eine Tätigkeit, die vom Niveau und Gehalt her unter Ihrer letzten angesiedelt ist, ist möglicherweise auch ein Makel im Lebenslauf und ein schmerzlicher Einschnitt auf Ihrem Konto, aber aus einem Job heraus haben Sie bessere Voraussetzungen zu wechseln denn als Arbeitsloser, ganz einfach, weil Sie besser an Informationen kommen und weil Sie in einer besseren Verhandlungsposition sind. • Je länger Sie arbeitslos sind, desto wichtiger ist es, dass Sie im Thema bleiben. Falls Sie sowieso Ihre eigenen V- oder Dedicated Server und womöglich ein LAN betreiben – wunderbar. Noch besser ist es, wenn Sie etwas tun, was auch eine Außenwirkung hat, denn ganz ohne die Rückmeldung, die Sie früher aus dem Job gezogen haben, wird es nicht gehen. Greifen Sie also eine Idee aus Ihrem Verein oder Ihrer Usergroup auf, oder arbeiten Sie an einem Open Source-Projekt mit. Auch wenn ein Leser Ihres Lebenslaufs es nicht mit bezahlter Arbeit gleichsetzen wird, so macht es sich dennoch gut im Lebenslauf. Und für Ihre Psyche sind ein paar Erfolgserlebnisse auch nicht schlecht. • Prüfen Sie auch die Alternative, als Freelancer zu arbeiten. Auch wenn Sie eigentlich nicht der Typ dafür sind, kann es zur Überbrückung besser sein als eine längere Phase der Arbeitslosigkeit. Lesen Sie dazu auch das Kapitel 4 dieses Buches. • Arbeitsloseninitiativen können wichtig sein, gerade wenn es um rechtliche Fragen bei Auseinandersetzungen mit der Agentur für Arbeit oder der zuständigen ARGE geht. • Links zu einigen wichtigen Initiativen und deren Webforen: Tacheles Sozialhilfe: (http://www.tacheles-sozialhilfe.de) oder die Bundesarbeitsgemeinschaft der Erwerbslosen- und Sozialhilfeinitiativen e.V. (http://www.bag-shi.de/) sowie als wichtige Informationsquelle der Sozialticker (http://www.sozialticker.com/) und das dazugehörige Forum. Hier und in anderen Erwerbslosenforen sitzen oft Kenner der sozialrechtlichen Materie, die Ihnen wertvolle Tipps und Ratschläge geben können. Aber Achtung: In vielen Foren wird mehr Energie auf die Auseinandersetzung mit den Behörden und auf politische Parolen verwendet als auf das Finden neuer Jobmöglichkeiten. Achten Sie darauf, dass Sie auch Kontakte außerhalb dieser ganz speziellen »Szene« pflegen und ihren Fokus auf Beendigung, nicht Bewältigung der Arbeitslosigkeit legen.
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Stellengesuche Häufig vergessen, oft zu Unrecht: Das eigene Stellengesuch in der Zeitung oder Zeitschrift oder das Äquivalent in einer Jobbörse bzw. der Profildatenbank eines Personalberaters kann zumindest als Ergänzung durchaus hilfreich sein. In fast allen bekannten Jobbörsen besteht für Sie die Möglichkeit, ein Profil hochzuladen. Nehmen Sie sich dafür ebenso viel Zeit wie für einen individualisierten Lebenslauf (vgl. Kapitel 6) und denken Sie auch an einen aussagefähigen Titel. »SW-Entwickler, 28, sucht in HH« ist weniger aussagekräftig als etwa »Java-Entwickler, Erfahrung in Bank/Versicherung und Projektleitung«. Das Gleiche gilt für Stellengesuche in Printmedien. Vergessen Sie auch nicht die Möglichkeit, Ihr Stellengesuch in Xing kostenlos zu platzieren – zum Beispiel im Forum Job- und Kooperationsmarktplatz https://www.xing.com/app/ forum?op=showforum;id=2388 oder »Arbeitslos, na und?« https://www.xing.com/app/ forum?op=showforum;id=16969.
Networking für die Karriere Sehr viele Menschen, die noch nicht selbst das Netzwerken oder Networking für sich entdeckt haben, fragen sich: Ist das nicht das berühmte Vitamin B? Und damit etwas Unseriöses? Vitamin B im negativen Sinne heißt: Jemand bekommt einen Job trotz Unfähigkeit allein deshalb, weil er die richtigen Leute kennt. Netzwerken heißt: Jemand bekommt die Chance auf einen Job, weil er fähig ist, die richtigen Leute kennt und zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort war. Denn kaum jemand wird das Risiko eingehen, seinen eigenen guten Ruf in einem Netzwerk dadurch zu schädigen, dass er jemanden empfiehlt, der dann keine ausgezeichnete Arbeit abliefert. Allenfalls öffnet er jemandem Türen, den er für geeignet hält – ob er dann durch die Tür auch hindurch kommt und wie es dahinter weitergeht, entscheidet er selbst und seine Fach- und Sachkompetenz. Ein wichtiges Prinzip von Networking ist, dass man zunächst geben sollte und erst dann nehmen. Niemand macht sich Ungelegenheiten für jemanden, der fordernd auftritt und den keiner kennt – bei einer Person, die man gut kennt oder die man wenigstens schon öfter gesehen (oder von der man schon öfter gelesen) hat und die selbst bereits Hilfestellungen gegeben hat, sieht das schon deutlich anders aus. Daher überlegen Sie, welche Dinge Sie zu tun bereit sind, auch wenn nicht sofort oder nicht von den gleichen Personen etwas Gleichwertiges zurückkommt. Und dann geben Sie,
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ohne weiter groß nachzudenken. Der Link, den Sie seit Jahren in Ihrer Bookmarksammlung haben und der für Sie selbstverständlich ist, kann für jemand anderen das Tor zu einer neuen Welt sein. Der Hinweis auf einen Ansprechpartner zu einem bestimmten Thema, mit dem Sie sich auskennen, kostet Sie keine Mühe – hilft aber womöglich einem anderen sehr viel weiter. Und auf Dauer bekommen Sie erfahrungsgemäß sehr viel zurück – mehr als Sie an Zeit oder Geld verlieren könnten, wenn Sie mit der Informationsweitergabe zu großzügig wären. Damit kommen wir zum zweiten wichtigen Prinzip: Netzwerken ist der langfristige Aufbau und die Pflege von Kontakten. Wer sich einmal durch Kompetenz und Hilfsbereitschaft einen Namen gemacht hat, darf auch auf die Hilfsbereitschaft anderer vertrauen, wenn er Informationen, Unterstützung etc. benötigt. Überlegen Sie daher bei jedem Netzwerk, das Sie zu nutzen erwägen, nicht nur, was Sie bekommen möchten, sondern auch, was Sie geben können. Und kalkulieren Sie Zeit ein, bis Ihre Netzwerke tragfähig werden. Netzwerken ist keine Bewerbungsstrategie, die zu empfehlen ist, wenn Ihnen das Wasser bis zum Hals steht und in den nächsten vier Wochen ein Job her muss. Und selbstverständlich sollte auch sein, dass Sie die Menschen, die Ihnen geholfen haben, ein Zeichen Ihres Dankes zukommen lassen: Das kann ein Gegengefallen sein, aber auch schon mal ein Abendessen oder eine gute Flasche Wein.
Ein Beispiel für gelungenes Networking Ich suche juristischen Rat und befrage dazu mein Netzwerk, wer mir einen Anwalt empfehlen kann. Meine Ex-Kollegin A empfiehlt mir den Anwalt B, an den ich mich wegen eines Termins wende. Im Gespräch mit B erfahre ich, dass er zur Zeit neue Praxisräume sucht – ich vermittele ihm den Kontakt zu C, der einen Nachmieter für sein Büro sucht. C bedankt sich für die geglückte Vermittlung mit der Weitergabe meiner Visitenkarte an einen potenziellen Klienten, B hingegen werde ich bei der nächsten rechtlichen Frage einfach mal eine Mail schicken und davon ausgehen dürfen, dass er mir für die schnelle Auskunft keine Kostennote schreibt. Ähnlich kann das Netzwerken natürlich auch bei der Vermittlung von Jobchancen und Projekten funktionieren – wie genau, zeige ich in den folgenden Abschnitten.
Methoden – wie und wozu können Sie Networking verwenden? Sie können sehr direkt von einem Netzwerk profitieren, wenn Sie Menschen finden, die Menschen kennen, die die Firma kennen, in der Sie arbeiten möchten. Wie so eine Kette aussieht, lässt sich am leichtesten mit einem webbasierten Netzwerk wie Xing ermitteln – dort können Sie sich grafisch anzeigen lassen, wie Sie mit einer »Zielperson« in Verbindung stehen (siehe Abbildung 5-5).
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A b b i l d u n g 5 - 5 : Meine Verbindung zu Person X
Nehmen wir also an, Sie sind Linux-Entwickler und haben herausgefunden (siehe Kapitel 3), dass Sie in einer Firma arbeiten möchten, die sich mit Embedded Systems befasst, und gerne auch weiterhin mit Open Source-Produkten arbeiten würden. Über den Veranstaltungsprospekt eines Kongresses zum Thema Intelligente Unterhaltungselektronik haben Sie herausgefunden, in welchem Unternehmen mit Embedded Linux gearbeitet wird. Nun können Sie zum Beispiel in Xing über die Suche nach Firma in »Kontakten meiner Kontakte« herausfinden, wer den Referenten oder jemand anderen in Ihrem Zielunternehmen kennt, und ihn freundlich fragen, ob er einen Kontakt zu diesem Mitarbeiter herstellen kann, der vielleicht ein Ex-Kommilitone, Ex-Kollege oder Nachbar Ihres Bekannten ist. Wenn dann Ihr Kontakt Sie noch gut kennt und empfehlen kann, ist dies ein zusätzlicher Türöffner. Laut einer aktuellen Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung ist die Mitarbeitersuche über Angestellte des Unternehmens ein nicht nur sehr verbreitetes, sondern auch sehr erfolgreiches Instrument bei der Rekrutierung (http:// doku.iab.de/kurzber/2007/kb1107.pdf). Scheuen Sie sich daher nicht, diesen Weg zu gehen – viele Mitarbeiter erhalten vom Arbeitgeber Prämien, wenn Sie bei der Einstellung neuer Mitarbeiter behilflich sind. Aber auch wenn keine Empfehlung zustande kommt – ein Gespräch mit einem Insider wird fast immer informativ und hilfreich sein, auch ohne dass er dazu Betriebsgeheimnisse ausplaudern müsste. Denken Sie daran: Die meisten Menschen sprechen gerne über sich und ihre Erfahrungen, fühlen sich geschmeichelt, wenn man ihre Meinung wissen möchte. Und daher helfen sie auch gerne – jedenfalls dann,wenn sie sich dafür nicht allzu viele Ungelegenheiten machen müssen. Machen Sie es ihnen daher leicht, hilfsbereit zu sein. Eine andere, weniger direkte Methode, um vom Networking für seinen Berufsweg zu profitieren, ist es, sich zu einem bestimmten Thema als kompetenter Gesprächspartner einen Namen zu machen. Wenn Sie sich also beispielsweise als Oracle-Datenbank-Administrator beruflich verändern wollen, kann es eine gute Idee sein, in der »Szene« präsent zu sein durch Teilnahme an Diskussionsgruppen, ob im Web oder im Usenet, durch Präsenz bei Veranstaltungen, Schreiben von Artikeln oder das Halten von Vorträgen, zum Beispiel Usergroups. Auch ein Blog mit Informationen zu Oracle-Themen, Tuning-Tipps und Bugfixes kann gute Dienste leisten.
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VORBEREITUNG MIT ELEVATOR PITCH UND CO. Auch beim Networking ist gute Vorbereitung nur durch bessere Vorbereitung zu ersetzen. Was sollten Sie tun, bevor Sie an Ihr Netzwerk herantreten? Formulieren Sie einen sogenannten Elevator Pitch – eine sehr knappe Zusammenfassung Ihres beruflichen Profils, so komprimiert, dass eine Fahrstuhlfahrt von dreißig bis sechzig Sekunden ausreicht, um Ihrem Gegenüber verständlich zu machen, was Sie beruflich ausmacht und was Sie suchen. Vorkommen sollten: Ihre Erfahrungen bisher, Ihre technischen und Fachkenntnisse, die Branchen, in denen Sie tätig waren, und schließlich: was Sie suchen. Ein Beispiel für einen gelungenen Elevator Pitch wäre: • Ich bin Teilprojektleiter in der Anwendungsentwicklung auf dem MVS-Host und habe fünf Jahre Projekterfahrung in Banken vor allem mit Steuer- und Bilanzthemen, suche Projektleiterposten in Hamburg. Je nachdem, wen Sie mit dem Elevator Pitch ausrüsten wollen, kann es auch spezifischer werden: • Ich bin Releasemanager und Entwickler mit Erfahrung auf MVS/TSO/ISPF und unter Windows, kenne mich aus mit IAS, Basel II und MaH, programmiere in Cobol/DB2, würde gern in Projektleitungsaufgaben hineinwachsen. Der Elevator Pitch ist die Kurzfassung Ihrer Skills, mit denen Ihre Netzwerkkontakte ausgerüstet sein müssen, wenn sie sich für Sie umhören. In einem Satz, kurz und knackig, müssen die wesentlichen Bausteine genannt werden, die Ihr berufliches Profil ausmachen, und zwar in einer Sprache formuliert, die die Adressaten verstehen. Zusätzlich sollten Sie ein IT-Profil vorbereiten, das Sie Ihren Kontakten zur Verfügung stellen können und das Sie binnen weniger Stunden versenden können sollten. Wie ein IT-Profil aussehen sollte, beschreibe ich in Kapitel 6. Beschaffen Sie sich außerdem Visitenkarten und gewöhnen Sie sich an, diese immer dabei zu haben und auch zu verwenden. Kleiner Tipp: Man muss Notizen nicht auf Bierdeckeln oder Servietten machen – auch die Rückseite der Visitenkarte eignet sich.
Sie lernen so jede Menge Menschen kennen, die ein Interesse mit Ihnen gemeinsam haben – und wichtiger: Umgekehrt lernen auch sehr viele Menschen Sie kennen und können sich ein Bild von Ihren Kompetenzen machen. Oft geschieht es, dass dann die Stellenangebote fast von allein kommen – oder jedenfalls dann, wenn Sie signalisieren, veränderungswillig zu sein.
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Dieser Weg ist arbeitsintensiv und besonders langfristig angelegt – aber er funktioniert sehr zuverlässig und kommt besonders denjenigen entgegen, die sich unwohl bei dem Gedanken fühlen, etwas verkaufen zu müssen, die ein aktives Zugehen auf andere leicht als aufdringlich und unpassend empfinden. Diese Strategie lässt sich eher zusammenfassen als »Tun Sie das, was Sie sowieso gut können, und lassen Sie andere davon wissen oder daran teilhaben«. Eine weitere Methode, die etwas ungezielter ist als die bisher beschriebenen, ist es, die Information über seinen beruflichen Veränderungswillen zu streuen. Hier macht es die Masse (und das ist so ungefähr das einzige Mal in diesem Buch, dass ich das empfehle): Es geht darum, möglichst viele Menschen aus den verschiedensten Umfeldern, in denen Sie sich bewegen, zu bitten, Augen und Ohren offenzuhalten nach einem für Sie interessanten Job oder Unternehmen. Diese Methode ist die am wenigsten arbeitsintensivste, dafür benötigt sie ein wenig Vorbereitung – welche, lesen Sie im folgenden Abschnitt.
A b b i l d u n g 5 - 6 : Eine Einladung zu einem Regionaltreffen bei Xing
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Berücksichtigen Sie bei Xing noch folgende Tipps, und Sie werden das beste aus Ihrer Mitgliedschaft herausholen: • Suchen Sie nach Menschen anhand der Sie interessierenden Kriterien – und speichern Sie diese Anfrage als Suchagent mit Benachrichtigung. So können Sie sich wöchentlich oder täglich informieren lassen, wenn beispielsweise eine Person Mitglied wird, die Ihrer Zielbranche angehört und »Suche: Mitarbeiter« im Profil hat. • Gestalten Sie aber auch Ihr eigenes Profil interessant und so, dass Sie gefunden werden. Füllen Sie dazu Ihr »Biete«-Feld mit dem, was Ihre Kompetenz ausmacht, und das »Suche«-Feld mit all jenen Schlagwörtern, getrennt durch Komma, die Ihren Wunschjob auszeichnen.
LOHNT SICH EINE XING-PREMIUM-MITGLIEDSCHAFT? Einige der hier vorgestellten Funktionen stehen Xing-Mitgliedern nur dann zur Verfügung, wenn sie Premium-User sind, das heißt, monatlich einen Betrag von 5,95 Euro zahlen. So sind die Such-Möglichkeiten für Basic-User sehr eingeschränkt und auch die Kontaktaufnahme-Optionen sind sehr limitiert. Die Teilnahme an XingTreffen und an den Diskussionsgruppen steht aber allen Nutzern offen, egal ob zahlend oder nicht. Wann lohnt sich eine Premium-Mitgliedschaft für Sie? Wenn Sie arbeitslos sind oder dringend wechseln wollen, denn nur dann können Sie z.B. herausfinden, welcher Kontakt Ihrer Kontakte in der Firma arbeitet, in der Sie sich beworben haben, um ihn beispielsweise zu fragen, ob Sie zu einem Vorstellungsgespräch im Anzug overdressed sind. Wenn Sie Existenzgründer oder Freelancer auf Expansionskurs sind, um gezielt Kontakte zu knüpfen, z.B. zu Menschen, mit denen Sie Kooperationen schließen können, weil sie eine Dienstleistung anbieten, die die Ihre ergänzt. Wann genügt eine Basis-Mitgliedschaft? Wenn Sie Angestellter ohne konkreten Wechselwillen sind, denn für das Diskutieren in Themengruppen und den Kontakt zu ehemaligen Arbeitskollegen reicht auch die Basismitgliedschaft allemal. Wie auch immer Sie sich entscheiden: Xing-Gebühren werden von den Finanzämtern als Betriebsausgaben anerkannt und dem Vernehmen nach wurden Sie auch schon als Werbungskosten akzeptiert.
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Wenn Sie nicht gerade »Suche: Job« hineinschreiben, ist das noch nicht einmal etwas, was Sie vor Kollegen oder Vorgesetzten verbergen müssten. Auf Xing präsent zu sein, auch wenn man keinen Job sucht, ist gang und gäbe und daher völlig unverdächtig. Ihre Mitgliedschaft in ausgesprochenen Jobsuche-Gruppen können Sie in Ihren persönlichen Einstellungen unsichtbar machen. • Werten Sie die Reaktionen auf Ihr Profil aus und schärfen Sie es nach, wenn sich zu viele Headhunter melden, die Ihnen ungeeignete Jobs anbieten. Überprüfen Sie anhand der Powersuche: »Mitglieder, die mein Profil kürzlich aufgerufen haben«, was die Aufmerksamkeit auf Sie lenkt und bündeln Sie Ihre Anstrengungen in diesem Bereich. • Finden Sie Menschen, die Sie bereits kennen, aber noch nicht in Xing kontaktiert haben, über die Suche »Mitglieder, die mehrere meiner Kontakte kennen«.
LinkedIn Ähnlich auf den Beruf ausgerichtet wie Xing, aber sehr viel stärker international orientiert ist LinkedIn (http://www.linkedin.com). Der amerikanischen Herkunft ist es auch geschuldet, dass direkt im System die Möglichkeit vorgesehen ist, Referenzen zu verfassen. Ein Beispiel dafür finden Sie in Abbildung 5-7.
A b b i l d u n g 5 - 7 : Referenzen im LinkedIn
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Andere Social Networks, wie etwa Facebook (http://www.facebook.com), MySpace (http:// www.myspace.com) oder das deutsche StudiVZ (http://www.studivz.de) haben keinen Fokus auf berufliche oder geschäftliche Themen. Noch ist die Klientel sehr jung und studentisch geprägt – es lohnt sich aber, die Entwicklung im Auge zu behalten. Mit zunehmendem Alter der Benutzer werden sie entweder die Plattform verlassen – oder es werden die Themenschwerpunkte verändert. Erste Ansätze dazu zeigen sich zum Beispiel im StudiVZ mit dem Diskussionsforum »Einstieg – die Karrieregruppe«, einem Ableger der Zeitschrift »Junge Karriere«. Auch lokale Netzwerke wie zum Beispiel Shortview (http://www.shortview.de) oder die Lokalisten (http://www.lokalisten.de) können interessant sein, obwohl sie vordergründig keinen beruflichen Schwerpunkt haben. Doch gerade dann, wenn man es nicht darauf anlegt, sondern einfach nur seine Freizeit gestaltet, kann man die interessantesten Menschen kennenlernen. Aber nicht nur das Web, auch das reale Leben bietet viele Anknüpfungspunkte, um einen neuen Job zu finden, ohne je eine Bewerbung zu schreiben – oder wenigstens interessante Unternehmen kennenzulernen, ohne Jobbörsen durchzuackern.
Vereine, Usergroups und Stammtische Kennen Sie die Usergroup Ihres bevorzugten Betriebssystems oder Ihrer Lieblingsprogrammiersprache? Für Unix im Allgemeinen gibt es die GUUG (http://www.guug.de), für Linux im Speziellen die LUGs mit ihren Regionalgruppen (ein Überblick findet sich hier: http://www.linux.org/ groups/germany.html), für Perl-Freunde die Perl Mongers (http://www.pm.org/groups/europe. html), und die Systemadministratoren finden eine Heimat bei SAGE@GUUG (http://www. guug.de/sage/index.html), und für die BSD-Freunde gibt es das BSD Social Event (auch kurz BSE genannt, siehe zum Beispiel hier für die Münchner Gruppe: http://bse.42.org/). Für viele Themen gibt es auch eigene Chats, sogenannte Channels, in denen ähnlich wie bei einem Stammtisch im realen Leben nicht nur über Sachthemen geredet wird, sondern auch über Jobs geredet wird, die niemals einen Weg in irgendeine Stellenanzeige finden werden. Als Beispiel sei hier nur der Channel #php im IRC.net genannt. Wenn Sie noch nie gechattet haben, geben die Informationen unter http://helios-matrix.net/IRCMan/ eine erste Einleitung in den IRC-Chat. Sie sind weniger technisch orientiert, sondern leiten Projekte? Vielleicht ist dann die Gesellschaft für Informatik (GI, http://www.gi-ev.de/), die Gesellschaft für Projektmanagement (GPM, http://www.gpm-ipma.de//docs/01001) oder das PMI (http://www.pmi.org/info/ GMC_ChapterListingEMEA.asp#P262_4150) mit seinen Veranstaltungen für Sie interessant?
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Oder aber es interessieren Sie die Veranstaltungen des Cyber Forum (http://www.cyberforum.de/index.jsp), des Chaos Computer Club (CCC, http://www.ccc.de/) oder seiner Regionalgruppen. Oder ist der FITUG (http://www.fitug.de/) etwas für Sie? Oder vielleicht möchten Sie an einem Open Source-Projekt mitarbeiten? Wenn Sie Open Source-Software benutzen und Verbesserungsbedarf sehen, schreiben Sie einen Patch oder eine Erweiterung und reichen Sie Ihren Beitrag ein. Auch so schaffen Sie sich mittel- bis langfristig eine weitere Schlaufe Ihres Netzwerks. Oder schauen Sie mal bei Freshmeat (http://freshmeat.net/browse/18/) oder Sourceforge (http://sourceforge.net/softwaremap/), ob es nicht ein Projekt gibt, das Sie reizt und zu dem Sie beitragen können. Viele Projekte sind dankbar über Hilfe und suchen auch gezielt danach: http://sourceforge.net/ people/. Dies ist nur ein kleiner Ausschnitt des breiten Spektrums an Vereinen, Treffs und sonstigen Orten und Gruppen, wo sich Menschen mit IT-Interessen treffen. Ganz bestimmt gibt es auch für Ihr Thema und Ihre Plattform eine Gruppe, der Sie sich anschließen können. Und wenn nicht – gründen Sie eine!
Messen und Kongresse Weiter vorne hatte ich schon auf die Recherchemöglichkeiten hingewiesen, die Tagungen und Messen für die Recherche nach Unternehmen bieten. Wenn Sie hingegen von Unternehmen gefunden werden wollen, sollten Sie selbst Präsenz zeigen, indem Sie zum Beispiel einen Vortrag oder ein Seminar halten oder an der Organisation mitwirken. Keine Sorge: ein Vortrag muss nicht wissenschaftlichen Ansprüchen genügen oder gar Informationen enthalten, die die Welt noch nie gehört hat. Abhängig von Zielgruppe und Anspruch ist die Chance, mit einem Bericht aus der Praxis, fundierten technischen Informationen und einer zuhörergerechten Aufbereitung zum Zuge zu kommen, gar nicht gering. Viele Veranstalter sind erfreut über neue Gesichter und geben Newcomern gerne eine Chance. Und Sie selbst profitieren auch – Informationen zielgruppengerecht aufzuarbeiten, komplexe Sachverhalte einfach darzustellen und zu visualisieren ist eine Fertigkeit, die in fast jedem Job gebraucht wird und sich durch Übung weiterentwickelt. Also: Mischen Sie sich unters Volk, sprechen Sie mit Referenten, deren Vortrag Sie interessiert hat, und tauschen Sie Visitenkarten aus.
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IT-FRAUENORGANISATIONEN UND -EVENTS Wenn Sie einmal das Bedürfnis haben, zu Informatikthemen unter Frauen zu sein, gibt es durchaus einige Orte, wo die wenigen weiblichen Vertreterinnen der Branche sich treffen: • Webgrrls e.V. (http://www.webgrrls.de) – hier treffen sich Frauen, die in den »Neuen Medien« tätig sind, virtuell in Mailinglisten und Foren, aber auch in »real life« in Regionalgruppen und auf jährlichen nationalen Treffen. Einen Schwerpunkt bilden Webdesignerinnen, aber auch Programmiererinnen und andere sind vertreten. • Rootgrrls (http://www.rootgrrls.de) sind ein Spin-off der Webgrrls mit ähnlichem Fokus. • Die Häcksen (http://www.haecksen.org/?language=en) sind eine Gruppe für die Frauen im Chaos Computer Club (CCC): http://www.ccc.de Auch eine eigene regelmäßige Veranstaltung für Frauen in der Informatik gibt es: Die Informatica feminale (http://www.informatica-feminale.de/) findet seit 1997 jeden Sommer an der Universität Bremen statt. Die Veranstalterinnen haben es sich auf die Fahnen geschrieben, speziell für Frauen ein abwechslungsreiches Programm aus diversen Themengebieten der Informatik auf die Beine zu stellen. Das Konzept wird in Baden Württemberg zurzeit an der Uni Furtwangen aufgegriffen: http://www.netzwerk-fit.de/informatica/ Auch für Mädchen und junge Frauen, die an Informatik interessiert sind und ein Studium oder eine Ausbildung in der Informatik erwägen, gibt es Ansprechpartner, z.B. die Mentorinnen von Cybermentor (http://www.cybermentor.de/), einer Initiative, in der Informatikerinnen und in der IT-Branche tätige Frauen mit Rat und Tat weiterhelfen.
Webforen und das Usenet Diskutieren Sie in Foren Ihres Themengebiets mit – und achten Sie darauf, möglichst nur sachliche Beiträge zu schreiben und sich nicht in verbitterte Streitgespräche verwickeln zu lassen. Sie schaffen so kontinuierlich eine Sammlung Ihrer Kompetenz im Netz, die Ihnen indirekt wiederum Kontakt zu interessanten Firmen und potenziellen Arbeitgebern schaffen kann. Diese Seiten bieten einen ersten Einstieg in technische Newsgroups des Usenets: • Deutschsprachig: http://groups.google.de/groups/dir?&sel=33595018&expand=1 • International: http://groups.google.de/groups/dir?lnk=srgmt&q=comp.*
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Microsoft-Diskussionsgruppen: • Deutschsprachig: http://groups.google.de/groups/dir?&sel=33607473&expand=1 • International: http://groups.google.de/groups/dir?&sel=33554433,33606583,33606727 Wie Sie sich am besten aktiv am Usenet beteiligen, können Sie hier nachlesen: http:// groups.google.de/group/de.newusers.infos/topics?lnk=gschg. Als Alternative zur Installation eines Newsclients können Sie in den de.*-Gruppen zum Beispiel das Angebot von Newsoffice verwenden: http://www.newsoffice.de. Das Angebot an webbasierten Foren mit IT-Bezug ist unübersehbar – wenn Sie sich aktiv mit einer Software oder einem Betriebssystem oder einer Sprache beschäftigen, werden Sie die Orte kennen, wo sich die Community austauscht. Wenn Sie dort bisher unter Pseudonym aktiv waren, überlegen Sie sich, mit Ihrem echten Namen aufzutreten – so schaffen Sie sich einen guten Ruf, auf den Sie dank Google Groups jederzeit verweisen können. Denken Sie aber auch hier daran, was schon im Abschnitt »Methoden – wie und wozu können Sie Networking verwenden?« auf Seite 78 gesagt wurde: Sie können nicht wissen, wer alles Ihre Beiträge liest, also verhalten Sie sich so, als würden Ihre Kollegen (auch die nicht so wohlmeinenden), Ihre Vorgesetzten (auch die konservativen) und Ihre Kunden mitlesen. Machen Sie sich sichtbar in Ihrer beruflichen Kompetenz – in Zeiten des Internet ist das einfacher denn je. Nutzen Sie diese Chance!
Ganz individuell: Ihre beruflichen Weggefährten, auch von früher Ganz entscheidend für funktionierendes Networking sind aber nicht nur Leute, die Sie neu kennenlernen, viel wichtiger noch sind diejenigen, die Sie bereits kennen, und das auch noch aus dem beruflichen Kontext. Auch wenn es sich versteht, dass man allenfalls mit ausgewählten Kollegen über einen geplanten Firmenwechsel sprechen sollte, gehören ExKollegen, und in etwas geringerem Maße auch Ex-Kommilitonen, zu den wichtigsten Partner beim Networking: Sie kennen Ihre Arbeitsweise und schätzen Sie im Idealfall, sodass sie nicht nur beurteilen können, welche Jobs für Sie geeignet wären, sondern Ihren Arbeitsstil unter Umständen auch einem neuen Arbeitgeber empfehlen können. Machen Sie es sich daher zur Gewohnheit, den Kontakt zu Ex-Kollegen, ehemaligen Vorgesetzten und früheren Mitarbeitern zu halten. Tauschen Sie private Mailadressen aus und melden Sie sich mindestens einmal im Jahr, und sei es nur mit den üblichen Weihnachtsgrüßen oder einem (papiernen oder elektronischen) Geburtstagskärtchen. Halten Sie sich dabei nicht nur an Menschen, die in einer vergleichbaren Tätigkeit wie Sie arbeiten, sondern dehnen Sie diese Kontaktpflege auf das Sekretariat und den Vertrieb aus, kurz auf jeden, mit dem Sie sich gut verstanden haben. Die Erfahrungen dieser Menschen und deren Verbindungen können die Ihren gut ergänzen.
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Nehmen Sie an »Ehemaligen-Treffen« teil oder organisieren Sie mit den Mailadressen, die Sie gesammelt haben, selbst eines. Ob Sie nun einfach einen Tisch im Restaurant reservieren und eine Mail verschicken oder eine Alumni-Gruppe in Xing einrichten (https://www.xing. com/topic/alumni/) bleibt Ihnen und dem Ausmaß Ihres Perfektionsdrangs überlassen. Aber nicht nur die ehemaligen Weggefährten aus der eigenen Firma sollten Sie in Ihre Überlegungen einbeziehen: denken Sie auch an den Hardware-Lieferanten, mit dem Sie viel zu tun hatten, an den Mitarbeiter des Systemhauses, das Ihr Rechenzentrum betrieben hat, den externen Berater, der mit Ihnen die Migration auf das neue Betriebssystem vollzogen hat, die Zeitarbeiterin, die als Urlaubsvertretung im Abteilungssekretariat einen guten Job gemacht hat und an den Kunden, mit dem Sie wochenlang den fachlichen Test durchexerziert haben. All diese Menschen können sich als Multiplikatoren im Dienst Ihrer Sache erweisen.
Freunde, Familie und Ihr Bekanntenkreis Last, but not least: Sprechen Sie mit Verwandten, Freunden, den Kameraden aus dem Sportverein, den Bekannten über Ihr Thema. Und vergessen Sie nicht Ihre Nachbarn! Und falls Sie sich nun wundern, wie Ihr Nachbar Ihnen helfen können sollte, wo der doch Frührentner ist und früher in einem Gartenbaubetrieb tätig war, und der andere Lehrer an einer Waldorfschule ist – dann bedenken Sie bitte Folgendes: Auch diese Menschen haben mehrere Umfelder, und wenn sie auch nicht selbst etwas für Sie beitragen können, so haben sie vielleicht doch Kontakt zu jemandem, der es kann. Und nur, wenn Sie auch diesen Leuten eine Chance geben, diese Verbindung zu nutzen, werden sie es auch tun.
GESCHICHTEN AUS DER FREIEN WILDBAHN DER SEKT, MEIN CHEF UND ICH Es ist schon einige Jahre her, ich hatte gerade mein Studium der Mathematik beendet und ein paar Monate in meinem ersten Job gearbeitet, da musste ich mich wieder auf Stellensuche begeben: Die Firma war insolvent geworden und ich stand arbeitslos auf der Straße. Das Arbeitsamt (ja, so hieß es damals noch) hatte mir ein Stellenangebot als Softwareentwickler genannt, in dem als Anforderung so ziemlich jedes Three Letter Acronym, das die IT-Branche so kennt, aufgeführt war, natürlich alle als Must haveKriterien klassifiziert. Ich konnte nur von der Hälfte überhaupt sagen, was sich dahinter verbirgt, geschweige denn, dass ich »gute Kenntnisse« auf den Gebieten gehabt hätte, aber das Arbeitsamt meinte, dass ich mich da doch ruhig bewerben solle. Und wer kann solcher »Motivation« schon widerstehen?
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Also schickte ich eines Samstags die Bewerbung raus und harrte der Dinge, die da kommen mochten. Am folgenden Dienstag war mein dreißigster Geburtstag, und trotz Arbeitslosigkeit sah ich keinen Grund, das nicht gebührend zu feiern: Schon morgens kamen die ersten Gäste und brachten Sekt mit, und die Kette der Besucher riss nicht ab. Am Nachmittag hatte ich sicher mit mehr als einem Dutzend Freunden, Verwandten, Bekannten angestoßen, und als gegen halb sechs das Telefon klingelte und ich mich beschwingt meldete, war ich – milde ausgedrückt – ziemlich angeheitert. Nicht so vorsichtig gesagt: Ich war sturzbetrunken. Wer anrief, war aber nicht der 22. Geburtstagsgratulant – sondern mein neuer Chef in spe: Meine Bewerbung habe ihm gut gefallen, man wolle mich kennenlernen – ob ich denn am folgenden Tag um 8:00 Uhr Zeit für ein Vorstellungsgespräch hätte? Ja, es ginge nur so kurzfristig. Ich überspielte meine Schrecksekunde ziemlich geschickt, sagte zu und ließ mir noch in aller Ausführlichkeit den Weg zur Firma erklären. Was soll ich sagen – ich war verkatert am nächsten Tag, aber das Gespräch lief gut und ich bekam den Job. Ein Jahr später war ich mit meinem Chef auf einem Kundenbesuch gewesen und hinterher ging ich noch in eine Bäckerei und kaufte ich ein paar Stück Kuchen anlässlich des Geburtstags. Ich erinnerte mich zurück: »Ich weiß es noch ganz genau, heute vor einem Jahr haben wir das erste Mal miteinander telefoniert.« Mein Chef lachte und meinte: »Ja, du warst am Telefon so locker drauf, dass ich gleich dachte: ‚Die passt zu uns‘.« Ich habe darauf verzichtet, ihm zu erklären, woher die Lockerheit kam – denn eigentlich war ich damals eher verkrampft in Bewerbungssituationen. Nur weil ich so überrumpelt wurde, hatte ich gar keine Gelegenheit, mir Gedanken darüber zu machen, dass ich so dringend eine Stelle brauche und was ich alles gar nicht weiß und kann. Und so überrumpelt werden konnte ich nur, weil ich einiges getrunken hatte. Damit will ich um Gottes willen nicht für Alkohol vor Jobinterviews plädieren, nein: Aber es ist gut zu wissen, dass es oftmals schon reicht, aufs Sorgenmachen zu verzichten und nicht an all das zu denken, was schiefgehen könnte, um sympathisch rüberzukommen. Seither gehe ich wirklich entspannter in wichtige Gespräche aller Art. Birgit P., 45, Projektmanagerin und Datenschutzbeauftragte
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GESCHICHTEN AUS DER FREIEN WILDBAHN »ZIEHEN SIE DOCH IHR SAKKO AUS« Kurz nach Ende meines Studiums befand ich mich in der Bewerbungsphase für meine erste »richtige« Stelle. Ich hatte meine Onlinebewerbung bei einem kleinen IT-Unternehmen (um die 100 Mitarbeiter, ein Produkt, viel Consulting dazu) an einem Mittwochvormittag abgeschickt. Mittwochnachmittag rief mich die Sekretärin an und verabredete ein Vorstellungsgespräch für Freitag. Freitag stand ich also zu meinem ersten Vorstellungsgespräch vor dem Gebäude, in meinem neuen, feinen Bewerbungsdress – extrem nervös. Beim Betreten der Geschäftsräume sah es recht gemütlich aus. Kaffee-Ecke, leger gekleidete, gutgelaunte Mitarbeiter. Ein wenig Uni-Atmosphäre. Das Vorstellungsgespräch hatte ich bei einem der Geschäftsführer (noch nicht einmal dem Geschäftsführer, der für Personalangelegenheiten zuständig ist – er meinte später auch selber, er sei kein Personaler, ich hätte sicher gemerkt, daß das kein übliches Vorstellungsgespräch war). Er begrüßte mich und bat mich erst einmal, mein Sakko abzulegen, er fühle sich sonst so underdressed. Dann begann das eigentliche Gespräch. Er bat mich, ein paar Worte zu meiner Person zu verlieren und fragte nur ganz vereinzelt etwas. Beispielsweise ob ich Sport treibe, aber überhaupt nichts Fachliches. Dann stellte er sein Unternehmen und dessen Produkte und Dienstleistungen vor. So etwa anderthalb Stunden lang, mit Zwischenfragen meinerseits. Als dieser Teil zum Ende kam und ich mit direkten Fragen zum Studienverlauf oder auch fachlichen Kenntnissen rechnete, erklärte er mir, er habe ein »gutes Gefühl« und werde mir ein Vertragsangebot machen. Ich bekäme den Vertragsentwurf per E-Mail am Montag und dann darauf auch per Post. Da war ich perplex. Ich fragte noch ungläubig nach, ob es das jetzt gewesen sei, ob es kein Zweitgespräch gebe. Da fiel ihm ein, es sei möglicherweise eine gute Idee, mich auch meinem Projektleiter in spe vorzustellen. Also fand in der kommenden Woche doch ein Zweitgespräch statt. Da rechnete ich diesmal mit harten fachlichen Fragen. Aber auch dort: ein wenig netter Small Talk und ein paar Erläuterungen zu den Betriebsvereinbarungen, zur Altersvorsorge und solchen Dingen – und das war’s. Dieses Unternehmen war bereit, mich einzustellen, ohne meine Kompetenz auch nur im Ansatz abgeklopft zu haben (meine Noten waren sehr gut bis gut, aber nicht überragend, und Noten alleine sagen nicht unbedingt allzu viel). Das gute Gefühl des Geschäftsführers war genug.
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Ich frage mich, ob sie das dauerhaft durchhalten können, ohne mal eine echte Niete zu ziehen, ich wünsche ihnen jedenfalls wirklich allen Erfolg der Welt. Dieses Gespräch hat mir viel Anspannung genommen und war der perfekte Einstieg in die folgenden Vorstellungsgespräche (die dann »klassisch« waren). Ich habe mich letzten Endes jedoch für ein anderes Unternehmen entschieden und bin dort sehr zufrieden. Thomas H., 27, Softwareentwickler für Embedded Systems
GESCHICHTEN AUS DER FREIEN WILDBAHN »MÄNNLICHER STUDENT HÖHEREN SEMESTERS GESUCHT« Es war während meines Informatik-Studiums, als ich einen Nebenjob suchte und eine Kleinanzeige las, die wie folgt begann: »Männlicher Informatik-Student höheren Semesters gesucht für EDV-Arbeiten aller Art«. Ich habe sofort dort angerufen und den verdatterten Geschäftsführer gefragt, welche der drei Möglichkeiten ihm lieber wäre, erstens: Meine Rechtsanwältin schreibt ihm einen »lieben« Brief, weil er eine geschlechtsspezifisch diskriminierende Stellenanzeige geschaltet hat. Oder zweitens: Er überweist mir die Entschädigungszahlung gleich auf mein Konto. Oder drittens: Er lädt mich zum Vorstellungsgespräch ein. Denn das, was er da erwartete, das konnte ich alles auch – als weibliche Informatikstudentin höheren Semesters. Er entschied sich für die dritte Möglichkeit und siehe da, wir wurden uns einig und ich fing an zunächst als Netzwerkerin, dann als EDV-Leitung in dem kleinen Unternehmen für Labortechnik mit zwei Geschäftsführern und einem Dutzend Angestellten. Eines Morgens um sechs Uhr, ich war eigentlich schon im Urlaub, um acht Uhr sollte mein Flugzeug gehen, wurde ich von einem meiner Chefs wachgeklingelt mit dem sprichwörtlichen »Ich kann meine Präsentation nicht ausdrucken!« Da er netterweise schon ein Taxi vor meiner Tür postiert hatte, ließ ich mich breitschlagen und fuhr zu ihm hin. Mit der Datei war alles in Ordnung, es war mir wirklich ein Rätsel, warum sich seine PowerPoint-Folien nicht drucken ließen – bis ich entdeckte, dass er statt Kopierpapier einen Briefblock in den Drucker eingelegt hatte. Claudia K., Bewerbungscoach
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GESCHICHTEN AUS DER FREIEN WILDBAHN INNERE WERTE Es war vor vier Jahren, ich war arbeitslos und hatte mich bei mehreren Firmen als Softwareentwicklerin beworben. Am Donnerstagmorgen um zehn vor acht (ich lag noch im Bett) kam ein Anruf, am anderen Ende ein potenzieller Arbeitgeber, der mir Folgendes erklärte: Die Stelle soll baldmöglichst besetzt werden, der Entscheider ist nur noch bis elf Uhr im Haus, ob ich bis zehn Uhr da sein könnte zu einem Gespräch? Meine Antwort war klar: Natürlich, kein Problem. Da stand ich nun im Schlafanzug, das erste Mal in meinem 46-jährigen Leben mit knall-blauen Fingernägeln, zwei Tage vorher frisch lackiert. Und draußen dreißig Zentimeter Neuschnee und vor mir 25 Kilometer Fahrt. Nach kurzer innerer Debatte entschied ich, dass gut lackierte blaue Fingernägel besser sind als in Eile entfernter Nagellack und Nägel mit blauen Resten. Was soll ich sagen: Das Gespräch lief gut, die Stelle habe ich bekommen und wie ich später erfahren habe, hat mein künftiger Chef meine blauen Fingernägel nicht mal bemerkt, obwohl ich sie nicht versteckt hatte. Männer halt. Was ich bei diesem Jobinterview übrigens praktiziert habe: Ich habe während des Gesprächs nur gedacht »Ich will diese Arbeit, ich bin geeignet dafür, ich will diese Arbeit, ich kann es, ich will diese Arbeit« – und habe so meinem Gesprächspartner zunächst mal eine unbedingt positive Haltung vermitteln können. Das heißt nicht, dass ich alles so rosig auch wirklich sehen muss – aber die eigenen Zweifel zu betrachten, sich alles nochmal kritisch durch den Kopf gehen zu lassen, ob man just diesen Job auch machen kann und will, und dann für sich zu einer soliden Einschätzung zu kommen, dafür ist auch nach dem Gespräch noch alle Zeit der Welt. Monika H., 50, Softwareentwicklerin
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GESCHICHTEN AUS DER FREIEN WILDBAHN »HERR DOKTOR KOMMT GLEICH« Direkt nach meinem Studium war ich auf der Suche nach dem ersten Job als System- oder Netzadministrator. Die Suche führte mich auch zu Firma X (Name ist der Redaktion bekannt), einem IT-Dienstleister im Bankenbereich. Ich soll zu einer zentralen Adresse in der Frankfurter Innenstadt kommen. Es ist leicht zu finden, ich bin auch 5 Minuten vor dem vereinbarten Termin dort. Die Sekretärin nimmt mich in Empfang mit einem »Nehmen Sie doch einen Moment Platz«, und verschwindet wieder im Nebenzimmer. 20 Minuten lang passiert erst mal gar nichts. Da frage ich vorsichtig nach. »Herr Doktor Y (auch dieser Name ist der Redaktion bekannt) wird Sie gleich empfangen«, kommt zur Antwort. Ich bin gespannt. Er ist wohl sehr beschäftigt, der Herr Doktor Y. Nach weiteren 20 Minuten hake ich noch einmal nach. Inzwischen hab ich gedanklich die Firma aus der Liste der ernstzunehmenden Arbeitgeber gestrichen, aber irgendetwas lässt mich ausharren. Und die Antwort ist? Genau: »Noch einen kleinen Moment bitte.« Jetzt sollte das Gespräch dann doch langsam mal losgehen. Da von Herrn Doktor Y leider jede Spur fehlt, beschließe ich, das Gespräch dann doch einfach mit seiner Sekretärin zu beginnen. Ich klopfe an der offenen Türe Ihres Büros, nehme auf dem Besucherstuhl vor ihrem Schreibtisch Platz und schlage vor, dass es so nicht weitergehen kann. Vielleicht möchte sie erst mal ein wenig über das Unternehmen erzählen? Die Dame schaut anfänglich etwas verblüfft aus der Wäsche, protestiert aber erstaunlicherweise nicht, sondern erzählt vom Unternehmen – was sie vermutlich auch nicht schlechter macht als ihr Chef. Zunächst ist die Atmosphäre etwas angespannt, das legt sich aber im Laufe des Gesprächs. Nachdem sie erzählt hat, bin ich an der Reihe und beantworte ihre Fragen. Gegen Ende kommt Herr Doktor Y doch noch dazu und alles scheint in bester Ordnung. Ob dieses Unternehmen es wohl öfters erlebt, dass der Kandidat die Initiative in die Hand nehmen muss, damit das Jobinterview dann auch wirklich geführt wird? Während des Gesprächs bestätigt sich mein erster Eindruck, dass es sich hier um einen sehr eigenartigen Laden handelt. Was sie mehrfach wiederholen, alle beide: In diesem Unternehmen sind Banken die Kunden. Deshalb wird erwartet, dass man immer Anzug und Krawatte trägt – auch wenn man im Doppelboden des Rechenzentrums herumkriecht. Mein Fazit: Dort möchte ich nicht arbeiten. Wenige Wochen später erhalte ich die schriftliche Absage. Ein Standardtext. Martin K., 34, ehemals Systemadministrator
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UMGANG MIT HEADHUNTERN Wenn Sie in Xing gelistet sind, passiert es öfter mal: Urplötzlich haben Sie einen Personalberater oder Headhunter in der Leitung, der Ihnen ein mehr oder weniger passendes Angebot machen will. Was tun in einem solchen Fall? • Wenn Sie gar kein Interesse haben, sagen Sie es offen und verschwenden Sie nicht Ihre Zeit und die Ihres Gesprächspartners. Vielleicht sind Sie einmal froh, wenn Sie angerufen werden – was aber nur geschieht, wenn Sie Ihren guten Namen noch nicht als den einer Primadonna »verbrannt« haben. • Ärgern Sie sich dennoch nicht allzu sehr, wenn Sie immer wieder unpassende Angebote bekommen und antworten Sie, wenn Sie antworten, stets höflich. • Falls Sie zumindest ein geringes Interesse haben, vertagen Sie das Gespräch auf einen ungestörten Zeitpunkt, und lassen Sie sich am Wochenende oder am Abend auf Ihrem privaten Festnetzanschluss zurückrufen. Personalberater oder ihre Mitarbeiter, die Researcher, sind solche Arbeitszeiten gewohnt. • Lassen Sie sich ruhig kurz erzählen, um was es bei der angebotenen Stelle gehen soll. Wenn es darum geht, dass Sie Ihre Unterlagen schicken sollen, nennt Ihnen ein guter Personalberater auch das Unternehmen, um das es geht. Hier sollte kein großes Informationsdefizit entstehen – weder so, dass Sie Ihre Daten in ein großes schwarzes Loch schicken, noch dass Sie alles über den neuen Job erfahren, ohne Ihrerseits bereits ein gewisses Interesse signalisiert zu haben. • Lassen Sie sich zusichern, dass Ihre Unterlagen erst dann zum Kundenunternehmen weitergeleitet werden, wenn Sie dem zugestimmt haben – ein professioneller Personalberater streut Ihre Unterlagen nicht wahllos. • Wenn Sie jemanden wissen, der auf die offene Stelle passen könnte, kann es sein, dass Sie gleich zwei Menschen einen Gefallen tun – zwei Menschen, die dann zum Kreise derer hinzustoßen, auf deren Unterstützung Sie bei Ihren Angelegenheiten zählen können. • Verzichten Sie darauf, damit zu protzen, welch vielgefragter Mann (oder Frau) Sie sind – es könnte leicht geschehen, dass Ihr Interesse an anderen Firmen auch denjenigen zu Ohren kommt, von denen Sie das nicht möchten. Mit Angeboten in anderen Firmen zu liebäugeln, ist zwar als solches noch kein Kündigungsgrund, aber Ihre Loyalität ist damit schon in Frage gestellt und bestimmte Projekte wird man Ihnen einfach nicht mehr geben. Und auch Ihre Position im Gehaltspoker wird damit nicht gestärkt, denn kein Chef lässt sich gerne erpressen und selbst wenn er momentan auf Sie angewiesen ist, wird er sein Möglichstes tun, um diesen Zustand zu beenden – so oder so. Dies ist alles wichtig, wenn Sie von Personalberatern kontaktiert werden – was aber tun, wenn nicht? Dann sind Sie nicht sichtbar genug oder in einer Branche oder sehr engen Tätigkeitsnische aktiv, in der es wenig offene Stellen gibt. Ihre Sichtbarkeit können Sie erhöhen, indem Sie:
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• Veröffentlichen Sie Artikel, halten Sie Vorträge, gehen Sie auf Messen und Tagungen – machen Sie allgemein das, was in den Abschnitten »Veranstaltungen und Vorträge – auch als Referent« auf Seite 73 und »Networking für die Karriere« auf Seite 77 beschrieben ist, und auch Headhunter werden auf Sie aufmerksam werden, wenn es für Ihre Qualifikation einen Markt gibt.
GESCHICHTEN AUS DER FREIEN WILDBAHN HEADHUNTER MÜSSEN TAPFER SEIN Mein Kollege M. und ich sind Mitarbeiter bei einem mittelständischen IT-Dienstleister und arbeiten zusammen mit weiteren Kollegen bei einem Konzern-Kunden vor Ort in verschiedenen IT-Bereichen. M. hat vor einer Weile bekanntgegeben, dass er gekündigt hat und froh ist, bei unserem Kunden nicht mehr arbeiten zu müssen – er hat sich lange genug mit unerfüllbaren Wünschen herumgeärgert, gut, dass es jetzt ein Ende hat. Just in dieser Zeit erhält er eines Morgens einen Anruf von unserem Sekretariat: Es befinde sich ein Herr von der Allianz in der Leitung, der mit M. reden möchte. M. schaut verdutzt und übernimmt das Gespräch. Und es entspinnt sich folgender Dialog: Anrufer: »Ja, ich muss mich entschuldigen, ich bin gar nicht von der Allianz, ich suche im Auftrag einer international bekannten Firma nach neuen Mitarbeitern für spannende Aufgaben im Raum S. Sie wurden mir empfohlen ...« M. »Ja, danke für das Angebot, allerdings bin ich momentan schon im Wechsel zu einer neuen Stelle begriffen, habe von daher kein Interesse.« Anrufer: »Ah, dann wünsche ich Ihnen schon mal alles Gute. Könnten Sie mir denn vielleicht Bekannte empfehlen, die ich wegen so einer Stelle ansprechen könnte?« M. »Naja, so einfach kann ich Ihnen da niemanden empfehlen, da müssen Sie mir schon ein paar genauere Angaben für die Stelle machen, um die es geht.« Anrufer: »Also, wie Sie es sich vielleicht schon denken können, geht es um eine Stelle in ... Im Detail sucht die Firma ... einen Servicemanager für den Einsatz beim Kunden ...« Und er beschreibt die Aufgabe bei eben jenem Kunden, bei dem wir jetzt schon mehrere Jahre arbeiten und von dem wegzukommen M. ein so großes Bedürfnis war.
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M. »Ah ja, nett. Wissen Sie, ich kenne die Situation, in der dieser Servicemanager wirken soll, nur zu genau. Ich habe Kollegen, die in dieser Abteilung arbeiten, und ich war selbst lange genug in dem Job. Und ich würde nicht mal meinem ärgsten Feind empfehlen, diese Stelle anzunehmen! Raten Sie mal, warum ich mich wegbeworben habe?« Anrufer: »Öh ... dann auf Wiederhören!« Da ist der Headhunter wohl an den Falschen geraten. Seit diesem Telefonat leitet unser Sekretariat übrigens auch keine Anrufe mehr weiter. Ein IT-Berater aus dem Süddeutschen
UND DANN WAR DA NOCH... ... der Arbeitgeber, der meinte, seinen Arbeitnehmern im Arbeitsvertrag vorschreiben zu dürfen, welchen Arzt sie im Falle einer Krankschreibung besuchen müssen. ... der Personaler eines Unternehmens von Weltrang, der die Mailbewerbung ausdruckte und dem Bewerber zusammen mit einer Absage »zu unserer Entlastung« auf dem Postweg zurücksandte. (Okay, das ist zehn Jahre her ...) ... der Arbeitgeber, der im Arbeitsvertrag festschreiben wollte, dass ein Grund zur fristlosen Kündigung »das Führen eines Kraftfahrzeugs unter Alkoholeinfluss, auch wenn keine behördliche Feststellung stattgefunden hat« sei. Komfortabler Weg, einen unliebsamen Mitarbeiter schnell los zu werden: Man lade ihn zum Mittagessen ein, bestelle sich ein Bier und hoffe, dass der Mitarbeiter dasselbe tut. Die anschließende Fahrt zurück ins Büro kostet ihn dann den Kopf.
Die wichtigsten zehn Punkte in Checklistenform 1. Welches sind die wichtigsten Zeitungen, in denen ich recherchieren sollte? 2. Gibt es Fachzeitschriften, die interessante Stellenangebote für mich haben? 3. Welche Jobbörsen sollte ich durchsuchen (lassen), welche Crawler auf die Jagd schicken? 4. Wo finde ich sonst Adressen von für mich interessanten Unternehmen? 5. Was für Social Networks sind nützlich für mich?
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6. Gibt es Treffs oder Gruppen mit interessanten Leuten? 7. Welche Messen, Veranstaltungen und Kongresse könnte ich besuchen? 8. Gibt es interessante Diskussionsforen für mein Jobprofil? 9. Habe ich den Draht zu ehemaligen Kollegen und anderen »Connections« reaktiviert? 10. Kennt mein Bekanntenkreis, meine Freunde und Familie meinen Wunschjob? Sie haben nun Ihren Claim abgesteckt: Sie kennen die Zeitungen, in die Sie regelmäßig einen Blick werfen sollen, die Suchscripte in den relevanten Jobbörsen sind eingerichtet, Sie haben sich für die eine oder andere Veranstaltung Ihrer Branche angemeldet und Ihren Eintrag bei Xing überarbeitet. Außerdem haben Sie in den letzten Tagen mehr Menschen von Ihrer Jobsuche erzählt als in den drei Monaten davor. Jetzt geht’s los: Die Bookmarks werden mehr und mehr, Stellenangebote landen in Ihrem Postfach, Visitenkarten und ausgeschnittene Anzeigen sammeln sich auf Ihrem Schreibtisch, es entspinnen sich spannende Diskussionen in diversen Foren und auch die ersten Anrufe aus der Verwandtschaft und dem Freundeskreis trudeln ein. Wie machen Sie nun etwas aus diesem »Rohstoff«? Wie eine erfolgreiche Bewerbung aussieht und was Sie im Bewerbungsprozess beachten müssen, das lesen Sie im folgenden Kapitel.
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KAPITEL SECHS
Bewerbungen
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ie haben einen Strauß interessanter Unternehmen identifiziert, spannende Stellenanzeigen in Ihren Bookmarks, jetzt kann es also losgehen mit dem eigentlichen Bewerbungsprozess. Bevor Sie nun Ihre Festplatte nach den Dateien von der letzten Bewerbungsphase durchsuchen, noch ein paar grundsätzliche Gedanken vorweg.
Ein paar Gedanken zu Selbstmarketing und anderem Machen Sie sich bitte klar: Eine Bewerbung ist keine Doktorarbeit, keine Beweisführung, noch nicht einmal eine Dokumentation. Eine Bewerbung ist auch kein Lexikonartikel. Eine Bewerbung ist ein schriftliches Verkaufsgespräch. Entwickeln Sie Ihr Marketingtalent in eigener Sache – keine Sorge, das tut nicht weh, und Sie müssen dazu auch nicht Ihre Seele verkaufen. Vollständigkeit ist daher allenfalls ein Nebenziel, sehr häufig auch gar nicht erstrebenswert. Sie müssen nicht alle Ihre Zeugnisse vom Schulabschluss an beilegen, jeden Nebenjob auf
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dem Bau ausführlich darstellen, jedes erworbene Zertifikat und jedes besuchte Seminar dokumentieren, sondern nur das, was Ihre Qualifikation für die angestrebte Stelle unterstreicht und das Bild, das Sie von sich zeichnen wollen, abrundet. Auch wenn es verlockend ist und die vermeintliche Fleißarbeit geradezu danach schreit, automatisiert zu werden: Standardisierung ist im Bewerbungsprozess eher kontraproduktiv. Jede Bewerbung sollte individuell auf die jeweilige Stelle abgestimmt sein – und zwar nicht nur das Anschreiben, sondern auch der Lebenslauf und die Auswahl der beigefügten Anlagen. Hauptziel Ihrer Bewerbung, aller Dokumente, die Sie über sich herausgeben, und allgemein jeder Kommunikation mit Ihrem Zielunternehmen sollte sein, Ihre Eignung für den gewünschten Job plausibel zu machen und mit Beispielen zu untermauern. Wie das aussehen kann, zeige ich in den folgenden Abschnitten für alle Bestandteile der Bewerbung.
Der Bewerbungsprozess Noch bevor es darum geht, welche Unterlagen Sie bei einer Bewerbung verschicken, lassen Sie uns einen Blick darauf werfen, wie Sie Ihren Bewerbungsprozess organisieren: von dem Entschluss, jetzt loszulegen, bis zum unterschriebenen Vertrag. Hier also einige Überlegungen zu organisatorischen Aspekten, die Sie berücksichtigen sollten, noch bevor Sie ein einziges Schriftstück erstellen.
Zeitpunkt Der Bewerbungsprozess, vor allem, wenn er aus einer bestehenden Berufstätigkeit heraus gestartet wird, benötigt Zeit. Bitte unterschätzen Sie das nicht – von dem Entschluss, einen anderen Arbeitgeber zu suchen, bis zum ersten Arbeitstag im neuen Job werden fast immer mehrere Monate vergehen, aber auch ein Jahr oder länger ist durchaus keine Seltenheit. Viele Arbeitnehmer schaffen es allenfalls am Wochenende oder im Urlaub, genügend Zeit und Konzentration für Recherche und Formulierung von Anschreiben aufzubringen. Die Reaktionszeiten der Unternehmen sind oft leider ebenfalls erheblich, und auch die Abstimmung eines Vorstellungsgespräches mit verschiedenen Entscheidern kann langwierig sein. Kündigungsfristen kommen hinzu. Beginnen Sie daher Ihre Suche rechtzeitig, sodass Sie keinesfalls in einen selbstgeschaffenen Zeitdruck geraten. Die Entscheidung, wo Sie für die nächsten Jahre einen Großteil Ihrer Lebenszeit verbringen, sollten Sie keinesfalls übers Knie brechen oder in Torschlusspanik verfallen und den erstbesten Job annehmen, nur um vom alten Arbeitgeber wegzukommen.
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Eine Ausnahme bildet – mit Einschränkungen – nur das Bewerben aus der Arbeitslosigkeit oder einer akuten Mobbingsituation heraus. Was Sie beachten sollten, wenn Sie arbeitslos sind, beleuchte ich im Exkurs »Der gefühlte GAU – Arbeitslosigkeit« im Infokasten auf Seite 75. Auf Mobbingsituationen und Gegenmaßnahmen gehe ich in Kapitel 10 ein.
Menge Schon im vorigen Kapitel hatte ich etwas über die fehlende Sinnhaftigkeit des Schrotschuss-Prinzips gesagt – Qualität geht bei Bewerbungen eindeutig über Quantität. Auch hier bildet die einzige Ausnahme die Situation einiger Empfänger von Arbeitslosengeld II (auch als »Hartz IV« bekannt), die von ihrer Arbeitsagentur verpflichtet werden, eine feste Anzahl Bewerbungen pro Zeiteinheit zu verschicken, unabhängig davon, ob überhaupt so viele passende Stellen oder Arbeitgeber existieren. In diesem Fall ist das Ziel die Kostenminimierung bei den »Zwangsbewerbungen« und Konzentration auf die verbleibenden sinnvollen Bemühungen um Stellen. In allen anderen Fällen empfehle ich, mindestens vier bis sechs Bewerbungen gleichzeitig »im Rennen« zu haben. Etablieren Sie Routinen und reservieren Sie regelmäßig Zeit für Recherche und das Umformulieren der Unterlagen. Sie benötigen möglicherweise einen langen Atem, daher jagen Sie nicht in einer »Gewaltaktion« ein Dutzend Bewerbungen heraus, um dann wiederum mehrere Wochen lang die Bemühungen ruhen zu lassen. Und, ganz wichtig: Beenden Sie die Bewerbungen nicht, bevor Sie einen unterschriebenen Vertrag Ihres neuen Arbeitgebers vor sich liegen haben. Es heißt nicht umsonst: »The deal is not made until you sign the dotted line.« – siehe dazu auch den Abschnitt »Das Ende der Bewerbungsphase« auf Seite 213. Wenn es Ihnen vor dem Bewerbungsprozess sehr graust, Sie sich lange nicht mehr beworben haben, kann es hilfreich sein, wenn Sie mit zwei oder drei Bewerbungen bei Firmen beginnen, die Sie nicht ganz so sehr interessieren, wie es für eine Bewerbung eigentlich der Fall sein sollte. Nutzen Sie diese als kostenloses Bewerbungstraining und zum »Warmwerden«. Eventuell erleben Sie ja doch eine Überraschung und die Stelle entpuppt sich als interessanter als gedacht – wenn nicht, bleibt der Trainingseffekt.
Übersicht behalten! Wenn Sie zahlreiche Bewerbungen parallel »in der Pipeline« haben, benötigen Sie Hilfsmittel, um den Überblick zu behalten. Kaum etwas ist peinlicher, als einen Anruf vom potenziellen neuen Arbeitgeber zu erhalten und nicht sofort parat zu haben, auf welche Stelle man sich denn eigentlich beworben hat. Hilfreich kann da eine Tabelle sein, die Sie regelmäßig aktualisieren und die zum Beispiel Informationen enthält, wie Sie sie in Tabelle 6-1 sehen.
BEWERBUNGEN
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Unternehmen
Kontakt
Ort
Position
Beworben am
Gespräch am
genannte Gehaltsvorstellung
X AG
Fr. Liebig
Eschborn
Linux-Admin
12.04
13.05
60 TEUR
Y GmbH
Hr. Fehling
MUC
Netzwerkexperte
15.04
Status A. meldet sich bis 22.05
65 TEUR
T A B E L L E 6 - 1 : Laufende Bewerbungen
Bitte replizieren Sie die Tabelle regelmäßig auf Ihren PDA beziehungsweise legen Sie einen Ausdruck an den Ort, wo Sie Telefonate entgegennehmen, sodass Sie jederzeit im Bilde sind, wer da gerade mit Ihnen spricht und was Sie bereits abgesprochen hatten. Sollte es möglich sein, dass jemand anderes als Sie den Anruf entgegennimmt, sollte auch diese Person über die notwendigen Informationen verfügen.
WAS BEI TELEFONATEN ZU BEACHTEN IST Überlegen Sie sich bei jedem Telefonat vorher, was Sie erreichen wollen. Machen Sie sich Stichpunkte dazu, welche Botschaften Sie übermitteln wollen und welche Dinge Sie erfragen möchten. Halten Sie Papier und Bleistift bereit, damit Sie die gegebenen Antworten gleich notieren können. Wenn Sie verbunden werden, notieren Sie Name und Durchwahl Ihrer Gesprächspartner. Fassen Sie die wichtigsten Eckpunkte des Telefonats anschließend mit einer Mail zusammen – das dient der »Beweissicherung« und ansonsten ist es einfach eine Gedächtnisstütze für Ihren Gesprächspartner, aber auch für Sie: Sehr geehrter Herr X, wie soeben telefonisch besprochen, sende ich Ihnen anbei meine Bewerbungsunterlagen mit der Bitte, sie an den zuständigen Ansprechpartner in Ihrem Institut weiterzuleiten. Mit freundlichen Grüße Elke Mustermann
Übrigens: Es ist keine Urban Legend, dass die eigene Stimme besser klingt, wenn man im Stehen telefoniert und dass sich ein Lächeln überträgt, auch wenn man kein Bildtelefon hat. Bei wichtigen Telefonaten stehen Sie also auf und strahlen Sie Ihr Spiegelbild an.
Erreichbarkeit Bitte stellen Sie sicher, dass Ihr potenzieller neuer Arbeitgeber Sie auch erreicht. Falls Sie noch keine Mailbox für Ihre Handynummer eingerichtet haben, tun Sie es jetzt. Das 102 K A P I T E L S E C H S
Gleiche gilt für Ihren Festnetzanschluss – wenn Sie keine Hardware anschaffen wollen, nutzen Sie doch für die Bewerbungsphase die T-Net-Box der Telekom oder Vergleichbares. Falls Sie bereits Anrufbeantworter nutzen, überprüfen Sie, ob der Ansagetext wirklich einer ist, von dem Sie möchten, dass ein Unternehmen ihn hört. Gewollt witzige oder anzügliche Texte füllen den Anekdotenschatz der Personaler, verbessern aber nicht Ihr Bild bei Ihrem Ansprechpartner in der neuen Firma. Bitte hören Sie Ihre Mailboxen regelmäßig ab und machen Sie erbetene Rückrufe kurzfristig. Das Gleiche gilt natürlich für Ihre Mailaccounts. Sollte Ihnen doch einmal etwas entgangen sein, treten Sie die Flucht nach vorn an, melden Sie sich beim Unternehmen und geben Sie Ihren Fehler zu: »Ich habe diese Nachricht völlig übersehen, denn ich habe dummerweise versäumt, die Mailweiterleitung während meines Urlaubs zu aktivieren. Das tut mir sehr leid – ich bitte um Entschuldigung. Haben Sie noch Interesse an einem Vorstellungstermin? Dann würde ich mich freuen, wenn ich eine zweite Chance bekomme«
Machen Sie sich keine Sorgen, wenn Ihr Ansprechpartner Sie tagsüber in der Firma erreicht – wenn Sie sich am Telefon recht einsilbig geben, weiß der übliche Personaler natürlich schon, warum Sie gerade nicht offen sprechen können. Er wird Ihnen dann Fragen stellen, die Sie nur mit Ja oder Nein beantworten müssen. Besser ist es aber natürlich, wenn Sie sich für einen Moment an einen unbeobachteten und unbelauschten Ort zurückziehen können, um den Termin zu vereinbaren. Achtung: Treppenhäuser mögen zwar unbeobachtet wirken – ob sie aber auch unbelauscht von anderen Stockwerken aus sind, werden Sie selten feststellen können. Oder fragen Sie, wann Sie zurückrufen können – Empfänger von Bewerbungen sind es gewohnt, dass sie es mit Bewerbern zu tun haben, die sich noch in ungekündigter Position befinden und daher diskret mit ihren Wechselabsichten umgehen müssen.
Und wenn ich im Urlaub bin? Gerade wenn die Bewerbungsphase wie so häufig mehrere Monate dauert, werden Sie auch einmal im Urlaub oder mehrere Tage abwesend sein. Das ist natürlich völlig in Ordnung – aber bitte kommunizieren Sie diese Tatsache in einer Bewerbung. Ergänzen Sie zum Beispiel in Ihrem Lebenslauf Ihre Kontaktdaten mit folgendem Hinweis: Telefon: 0123/45 56 78 in der Zeit vom 18.06-30.06 erreichbar nur über 0177/678 99 99
und geben Sie auch im Anschreiben kurz an, wann Sie für Vorstellungsgespräche zur Verfügung stehen, zum Beispiel so: Ich würde mich über die Einladung zu einem Vorstellungsgespräch sehr freuen – ab 19.07 stehe ich nach meinem Urlaub wieder für Gespräche zur Verfügung.
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Wiedervorlage – wann und wie nachhaken? Wenn Sie Ihre Bewerbungsliste regelmäßig pflegen, werden Sie feststellen, dass einige Firmen nicht antworten oder dafür sehr lange brauchen. Dann ist es legitim, wenn Sie nachhaken. Folgende Faustregeln sind sinnvoll: • Eine Eingangsbestätigung sollten Sie in der Regel sofort erhalten (bei Mailbewerbungen) oder nach wenigen Tagen (bei Papierbewerbungen). Leider lässt diese gute Tradition nach, mehr und mehr Firmen sparen sich diese Eingangsbestätigung ganz. • Mit einer qualifizierten Reaktion, wie etwa einer Einladung zum Vorstellungsgespräch, einem Zwischenbescheid oder einer Absage, dürfen Sie in einem Zeitraum von wenigen Stunden (von manchen sehr dynamischen Unternehmen, die auf elektronische Bewerbungen reagieren) bis zu wenigen Wochen rechnen. • Haben Sie nach zwei bis drei Wochen keinerlei Reaktion erhalten, fragen Sie – am besten telefonisch – nach, wie der Stand der Dinge ist. Falls Sie aufgefordert werden, Ihre Unterlagen nochmals zu schicken, tun Sie das mit einem Verweis auf das Telefonat. (»Wie heute telefonisch mit Frau Langner besprochen, erhalten Sie meine Bewerbungsunterlagen anbei als PDF ...«) • Folgt daraufhin wiederum keine Reaktion, sollten Sie das Unternehmen im Geiste zu den Akten legen. Das Interesse an Ihnen ist entweder sehr gering oder die Rekrutierungsprozesse im Unternehmen sind außer Kontrolle. In beiden Fällen müssen Sie der Stelle eher nicht nachtrauern.
Umgang mit Absagen und Motivationsproblemen etc. Es wurde schon weiter oben gesagt: Für Ihre Bewerbungsphase brauchen Sie einen langen Atem. Sie werden – auch wenn Sie ein sehr gefragtes Profil haben – nicht auf alle Bewerbungen hin eine Einladung bekommen. Manchmal werden sich Absagen häufen und Einladungen ausbleiben. Die Motivation, weitere Anläufe zu unternehmen, sinkt, die Laune fällt. Was tun? Bitte machen Sie sich zunächst klar, dass eine Absage verschiedenste Gründe haben kann (hier eine Aufzählung ohne Anspruch auf Vollständigkeit): • Im Unternehmen oder der Abteilung gehen Änderungen vor sich, die die Rekrutierung von Mitarbeitern auf eine niedrigere Priorität setzen. Es werden bis auf Weiteres doch keine Mitarbeiter eingestellt, weil das Anforderungsprofil aufgrund der veränderten Situation neu aufgestellt werden muss. Allen Bewerbern wird abgesagt. • Sie erfüllen 80 Prozent der genannten Kriterien, aber man verzichtet lieber auf einen neuen Mitarbeiter, als dass man einen einstellt, der keine 100-Prozent-Lösung ist, weil man so hofft, die Einarbeitungszeit zu verkürzen.
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• Sie erfüllen 100 Prozent der genannten Kriterien, aber man möchte lieber jemanden einstellen, der nur 80 Prozent erfüllt. Man fürchtet nämlich, Sie könnten schnell unterfordert sein und nach kurzer Zeit eine erneute Suche nötig werden könnte, weil Sie die Stelle nur als Sprungbrett für etwas Besseres gesehen haben und woanders anfangen. • Sie erfüllen 100 Prozent der Kriterien, haben aber die Bewerbung so formuliert, dass es aussieht, als wären es nur 60 Prozent. Das kann zum Beispiel daran liegen, dass der Praktikant, der die Bewerbungen sichtet, nicht weiß, dass die Anforderung »gute Kenntnisse in relationalen Datenbanken« erfüllt ist, wenn jemand langjährige Erfahrungen mit MySQL und Oracle hat. • Sie erfüllen 100 Prozent der Kriterien, haben aber die Bewerbung so formuliert, dass es aussieht, als wären es nur 60 Prozent, weil Sie sich zwar als IT-Spezialist bewerben, aber Ihre EDV-Kenntnisse in 3 Zeilen abgehandelt haben. • Die Stelle war nie ernsthaft zu vergeben, entweder weil die Anzeige nur als Marketinginstrument veröffentlicht wurde (»Seht hier, wir expandieren!«) oder als Alibi, um später dann doch den internen Mitarbeiter einstellen zu können, den man sich für das Thema schon lange »ausgeguckt« hat. • Die Formulierung in der Absage stimmt: Sie haben wirklich super gepasst – aber da war noch ein weiterer Bewerber, der nach Meinung der Entscheider noch besser gepasst hat. All dies sind noch halbwegs rationale Gründe, aber auch Personaler und IT-Entscheider sind nur Menschen, daher kommen auch folgende Gründe in Frage: • Sie haben in einer Ubuntu-Community mitgearbeitet und der Chefarchitekt überzeugt den Personalentscheider davon, dass das etwas für Script-Kiddies ist • Sie haben sich in Ihrer Diplomarbeit mit »Extreme Programming« befasst, und der Teamleiter findet das affig, weil das ja alles nur Buzz Words sind. • Sie haben in der Liste Ihrer IT-Kenntnisse erwähnt, dass Sie Erfahrungen mit der Microfocus Cobol Workbench haben und der Abteilungsleiter ist der Meinung, dass Cobol ja nun wohl völlig durch ist. • Sie haben sehr lange bei Siemens oder im öffentlichen Dienst gearbeitet und der Personaler geht nun davon aus, dass Sie vor dem Programmieren erst die Ärmelschoner anlegen müssen. • Sie bewerben sich bei IBM und Ihre Mappe ist nicht blau. Nehmen Sie deshalb die Absagen nicht persönlich, in der Regel sind sie nicht so gemeint. Wann immer es möglich ist, fragen Sie telefonisch nach, woran es denn gelegen hat. Trotz rigider werdender gesetzlicher Vorschriften (dazu mehr im Abschnitt »Das Allgemeine Gleichstellungsgesetz (AGG) für Sie als Bewerber« auf Seite 119) ist der eine oder
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andere Gesprächspartner am Telefon noch eher als schriftlich bereit, die Gründe für die Absage zu erläutern. Sofern es etwas ist, was Sie nachvollziehen können, überlegen Sie, ob und wie Sie die Information in Ihre künftigen Bewerbungen einbauen. Das Beispiel mit der Farbe der Bewerbungsmappe mag nach Ungerechtigkeit und Willkür klingen – dennoch reagieren Menschen emotional. Nehmen Sie darauf Rücksicht, denn man muss die Menschen nehmen, wie Sie sind – es gibt keine anderen. Wenn Ihnen aber glaubwürdig versichert wird, dass es keinesfalls an Ihnen gelegen hat, dann akzeptieren Sie diese Erklärung auch. Sie müssen sich dann nicht das Hirn zermartern, was Sie denn besser machen sollen. Manchmal ist ein bestimmtes Verhalten oder eine Eigenheit gar kein Fehler, den man abstellen muss, sondern eine Besonderheit, die beim richtigen Gegenüber dann auch wirklich passt oder sogar Pluspunkte einbringt. Wenn einige Grundvoraussetzungen erfüllt sind, dann gilt: Sie müssen sich nicht verbiegen, um eine Stelle zu finden – sondern das Unternehmen finden, für das Sie sich nicht zu verbiegen brauchen.
Wie liest ein Personaler Ihre Bewerbung? Bevor ich Ihnen einige Beispiele für gelungene und weniger gelungene Bewerbungen zeige, hier zunächst einige Hinweise darauf, worauf Personaler bei der ersten Sichtung Ihrer Bewerbung achten und welche Fragen sie sich bei der Durchsicht Ihrer Unterlagen stellen.
Beim Durchsehen des Lebenslaufs • Trotz vieler Beteuerungen und den Restriktionen des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG): Wenn ein Foto da ist, wandert der erste Blick wie magisch angezogen darauf. Spontan beantwortet man sich die Frage: Ist das jemand, den ich hier in der Firma haben möchte? Könnte ich mir vorstellen, diesen Mann oder diese Frau auf unsere Kunden loszulassen? • Dann wird das Gesamtbild bewertet: Sieht das Ganze einigermaßen übersichtlich aus, ist es gut lesbar? • Als Nächstes fällt der Blick auf Ihre gegenwärtige Position – ist die Kandidatin arbeitslos, angestellt oder selbständig? Seit wann? • Welche weiteren beruflichen Stationen hat der Bewerber hinter sich? Hat er das, was er in der vakanten Position tun soll, schon einmal gemacht? Oder jedenfalls eine Vorstufe dazu? • Hat der Bewerber in den Umgebungen gearbeitet, in denen wir uns bewegen? Kennt er die Programmiersprachen, die wir verwenden? Oder hat er wenigstens solide
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Grundlagen in einer verwandten Sprache? Hat er damit nur privat herumgespielt, oder hat er die Erfahrungen tatsächlich im Job gesammelt? • In welchen Branchen hat die Bewerberin gearbeitet? Kennt sie unser Geschäft? Weiß sie, wie es hier zugeht? Oder müssen wir ihr erst erklären, was in einer Bank anders läuft als im Einzelhandel und in der Spedition anders als in der Werbeagentur? • In welchen Firmen und Projekten war die Kandidatin? Kenne ich jemanden, bei dem ich mich nach ihr erkundigen könnte? • Sieht man im Lebenslauf des Bewerbers einen Roten Faden? Oder sogar eine Entwicklung? Oder ist das ein wildes Durcheinander von Jobs, die wie zufällig zusammengewürfelt erscheinen, weil er halt immer genommen hat, was er kriegen konnte? Ist das alles schnell erkennbar, oder muss man herumblättern und -rechnen? • Was für eine Ausbildung hat die potenzielle Mitarbeiterin, und passt sie zum Rest der Abteilung, in der sie arbeiten soll? Hat sie mal ein Studium oder eine Ausbildung abgebrochen? • Gibt es Lücken oder Unklarheiten im Lebenslauf? Versucht der gute Mann, eine längere Arbeitslosigkeit zu tarnen? Oder ist das einer von denen, die zu Zeiten des Dotcom-Hypes in die Branche hineingerutscht sind, aber nicht wirklich Ahnung von irgendwas haben? • Wie lange waren die Stationen – ist das eine Jobhopperin? Oder ist sie einfach immer zu träge oder zu schlecht gewesen, das Unternehmen zu wechseln? • Was schreibt der Bewerber denn über Hobbys? Ist das ein versponnener Geek? Oder eher so ein Snowboarder-Typ? • Macht sie sonst noch was neben dem Job – ist sie in der Community aktiv? Kennt »man« sie, hat sie einen Namen? Eventuell kann man ja auch mal googeln, was man so über sie findet. • Wenn es um einen Job mit Führungsverantwortung geht: Hat der Kandidat schon mal geführt? Oder wenigstens ein Projekt geleitet? Wie viele Mitarbeiter waren das? Oder hat er eigentlich nur sich selbst gemanagt, wenn da »Projektleitung« steht? Packt er selbst noch mit an, kann er das überhaupt noch? Oder hat er die letzten Jahre nur noch gemanagt?
Beim Lesen des Anschreibens • Warum will die Bewerberin jetzt wechseln? Ist das, was sie schreibt, ehrlich oder will sie uns einen Bären aufbinden? • Ist das ein Standardschreiben, das er wahllos an alle möglichen Firmen rausjagt? Hat er verstanden, was uns wichtig ist bei dem Job oder erzählt er irrelevantes Zeug, das nichts mit unseren Anforderungen zu tun hat?
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• Passt die Gehaltsvorstellung so halbwegs? Kriegen wir die Kandidatin noch runtergehandelt (wenn sie etwas oberhalb des Rahmens liegt)? Ist sie völlig verzweifelt, total naiv oder einfach ein »liebes Mädchen«, das man billig abspeisen kann (wenn sie krass zu wenig verlangt)? • Geht’s auch etwas eher?
Beim Überfliegen der Zeugnisse • Gibt es von den letzten beruflichen Stationen Zeugnisse, oder fehlt da auffällig etwas? • Stimmt die Tätigkeitsbeschreibung halbwegs überein mit dem, was im Lebenslauf als Aufgaben steht? • Sind da »dicke Klöpse« in den Zeugnissen? Gab es irgendwann mal richtig Ärger mit ihm? Haben wir es hier mit einem Querulanten zu tun? Oder mit einer Zicke? Oder mit einem, der ständig »krank feiert«?
ELEMENTE EINES QUALIFIZIERTEN ARBEITSZEUGNISSES Ein qualifiziertes Arbeitszeugnis sollte mindestens folgende Elemente enthalten: • Ihren Namen und Ihr Eintrittsdatum, im Falle eines Abschlusszeugnisses auch Ihr Austrittsdatum • Ihre Tätigkeitsbezeichnung; sofern sie sich geändert hat, auch die folgenden. (»Frau M. trat als Juniorberaterin am 1. Februar 2006 in unser Haus ein. Aufgrund ihrer besonders guten Leistungen übernahm sie bereits am 1. Januar 2007 die Tätigkeit einer Teilprojektleiterin.«) • Eine kurze Beschreibung des Unternehmens oder Unternehmensbereiches, in dem Sie tätig waren (sofern es sich nicht um ein DAX-Unternehmen handelt, das sowieso jeder kennt). (»Die XY AG ist ein Internet Service Provider mit dem Schwerpunkt B2B im norddeutschen Raum...«) • Eine Beschreibung Ihrer wichtigsten Tätigkeiten und erreichten Ziele • Eine Bewertung Ihrer Leistungen und zwar in Bezug auf Ihr Wissen und Können, Ihre Arbeitsweise und Ihr Engagement. Als Informatiker sind wichtige Erfolgsfaktoren Ihrer Arbeitsweise analytisches Denken, Konzentrationsfähigkeit, Sorgfalt, Abstraktionsfähigkeit, schnelle Auffassungsgabe und Lernfähigkeit. Mindestens diese Punkte werden üblicherweise in Ihrer Leistungsbeurteilung benannt werden – Sie selbst werden am besten wissen, was es noch ist, was Sie in Ihrem Beruf erfolgreich macht. • Gerade in der IT-Branche sollten Sie auch großen Wert darauf legen, dass Weiterbildungen, an denen Sie teilgenommen haben, und Ihr Interesse daran deutlich aufgeführt werden.
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• Eine Bewertung Ihres persönlichen Verhaltens, sofern Sie disziplinarische Personalverantwortung oder Projektleitungsaufgaben hatten, auch Ihre Fähigkeit, Mitarbeiter zu führen • Eine Abschlussformel, in der entweder – im Falle eines Zwischenzeugnisses – der Wunsch nach einer weiteren Zusammenarbeit geäußert wird, oder – im Falle eines Abschlusszeugnisses – die Gründe des Ausscheidens, der Dank für die bisherige Arbeit, das Bedauern über Ihr Ausscheiden und gute Wünsche für weiteren beruflichen Erfolg ausgedrückt werden. (»Wir bedauern es sehr, dass wir Herrn B. aus wirtschaftlichen Gründen nicht weiter beschäftigen können, danken für seine wertvolle Mitarbeit und wünschen ihm beruflich und privat alles Gute und weiterhin viel Erfolg.«) • Unterschriften möglichst hoher Führungskräfte in Ihrem Unternehmen, die Ihnen vorgesetzt waren Die Zeugnissprache ist sehr verklausuliert, einzelne Passagen und sogar Worte haben oft feste Bedeutungen, die zunächst anders und meist harmloser klingen, als sie zu verstehen sind. Näheres dazu, wie sie zu deuten sind, finden Sie u.a. auf folgenden Seiten im Netz: Zeugnisgenerator (http://www.hr-manager.de/hr_man/ html/zeugnis_gen_net.html), wo sie für bestimmte Wunschnoten sich verschiedene Formulierungen anzeigen lassen können oder unter http://jobworld.evita.de/artikel/ arbeitszeugnis/, wo ebenfalls Musterformulierungen genannt werden. • Sie erleichtern Ihrem Vorgesetzten die Arbeit sehr, wenn Sie ihm eine Liste der von Ihnen geleisteten Projekte und Themengebiete zuliefern. Die Passage mit der Leistungs- und Verhaltensbeurteilung sollten Sie aber dem Profi aus der Personalabteilung überlassen, da dies ein wirklich diffiziles Geschäft ist. Die verwendeten Formulierungen können Sie mit obigen Links überprüfen oder auch einem Zeugnisspezialisten (z.B. einem Berufs- und Bewerbungscoach oder einem spezialisierten Anbieter wie http://www.arbeitszeugnisse.de übergeben – hüten Sie sich aber davor, als Laie Passagen aus öffentlich verfügbaren Quellen eins zu eins zu übernehmen! Das fällt dem professionellen Leser leicht auf und erhärtet den Eindruck, dass Ihr Zeugnis von Ihnen selbst geschrieben und von ihrem Vorgesetzten blind unterschrieben wurde – was es entwertet. Als Freelancer haben Sie keinen Anspruch auf ein Zeugnis von Ihrem Bodyleaser oder gar Ihrem Auftraggeber, auch wenn Sie über Jahre bei ihm in Projekten tätig waren. Eine besondere Konstellation ergibt sich auch für angestellte Mitarbeiter zum Beispiel von Unternehmens- oder IT-Beratungen, die in Vollzeit bei Kunden vor Ort tätig waren. Wenn Sie in einer solchen Situation sind, sollten Sie Dankes- und Lobesmails Ihres Auftraggebers sammeln und an Ihren Linienvorgesetzten in der Geschäftsstelle Ihrer Firma weiterleiten. Dies untermauert Ihren Anspruch auf eine gute oder sehr gute Bewertung im Zeugnis, die Ihr Vorgesetzter sonst kaum fundiert treffen kann.
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Zusammenfassend nach der ersten Durchsicht • Ist das ein Bastler oder ein Denker? Hat er eher das Problem, irgendwas quick & dirty zusammenzuhacken, oder neigt er dazu, schicke Folien zu produzieren, aber dann bei der Umsetzung zu schwächeln? • Ist sie eine Generalistin oder eine Spezialistin? • Kann er den Job fachlich und menschlich stemmen? Oder ist er im Gegenteil unterfordert und bei der nächsten Gelegenheit wieder weg?
WAS IST MIT BEWERBUNGSHOMEPAGES? Homepages für Bewerbungszwecke sind ein beliebtes Steckenpferd – von Bewerbern. Personalentscheider lassen sich selten dorthin locken, schon gar nicht, wenn sie den unvermeidlichen Ausdruck selbst erzeugen und sich dazu vorher auch noch anmelden müssen. Das klingt für den durchschnittlichen, nicht sonderlich Technikbegeisterten Personaler nach einem Zeitgrab. Ohne Zugangsschutz geht’s aber schlecht, denn Sie möchten sicher Ihre persönlichen Daten, Ihre Zeugnisse und was noch zu einer Bewerbungsmappe gehören kann, auch nicht für alle Welt sichtbar im Web herumstehen lassen, oder? Die Lösung ist einfach: Verzichten Sie auf Bewerbungshomepages oder versenden Sie einen Link allenfalls in Ergänzung zu den sonstigen Bewerbungsunterlagen und nur dann, wenn Sie auch in einem Web-nahen Bereich tätig werden wollen. Vergeben Sie dann einen entsprechenden User und ein Passwort, vielleicht angelehnt an das Unternehmen, bei dem Sie sich bewerben. User: Nestle Passwort: Vevey
Dann achten Sie aber bitte nicht nur auf einwandfreie Rechtschreibung und Zeichensetzung, sondern auch auf gutes HTML und lassen Sie lieber einmal mehr einen Validator drüberlaufen, um wirklich jeden toten Link oder sonstige Probleme ausmerzen zu können. Dass Bewerbungshomepages weitgehend sinnlos sind, wenn man sich davon erhofft, den Aufwand des Handlings von Bewerbungsunterlagen auf den künftigen Arbeitgeber abzuwälzen, heißt nicht, dass eine Online-Präsenz keinen positiven Effekt haben kann. Eine gut gepflegte Homepage, auf der Sie berufsrelevante Materialien zur Verfügung stellen, selbst geschriebene Freeware zum Download bereitstellen oder Ähnliches, kann durchaus eine gute Referenz sein, ebenso wie ein regelmäßig aktualisiertes Blog.
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Ein Beispiel dafür ist »Die wunderbare Welt von Isotopp« (http://blog.koehntopp.de/ bzw. http://kris.koehntopp.de/), wo der IT-Consultant Kristian Köhntopp neben persönlichen Meinungen und Erlebnissen auch immer wieder hilfreiche und nutzbringende Artikel zu IT-technischen Themen verfasst, die rege gelesen werden, oder »Guerilla Projektmanagement« (http://www.guerilla-projektmanagement.de/), wo der IT-Freelancer Sven Rimbach in amüsanter und entlarvender Weise Erkenntnisse aus dem Alltag eines IT-Projektleiters niederschreibt.
Sie sehen, es gilt an eine Menge Dinge zu denken und viele Faktoren zu berücksichtigen. Worauf Personaler und Personalentscheider besonderen Wert legen, was sie ärgert und was sie sich wünschen, das habe ich in den folgenden Abschnitten zusammengestellt.
Stimmen von der anderen Seite des Schreibtischs In Auszügen aus Kurzinterviews, die ich mit Personalentscheidern, Projektleitern, Personalern und Personalberatern geführt habe, die regelmäßig Mitarbeiter rekrutieren, möchte ich Ihnen nahebringen, was auf der anderen Seite des Schreibtisches geschätzt und weniger geschätzt wird, was nervt und was erfreut.
Herr B., Großprojektleiter, Bank, Frankfurt Worauf legst Du bei Bewerbungen für IT-Positionen besonderen Wert? Das kommt natürlich immer darauf an, was für eine Stelle es ist – gemeinsames Kriterium ist aber: ich schaue darauf, ob jemand sich weiterbildet. Ist er in einer Berufsorganisation, wie z.B. der GI oder GPM, hält er sich auf dem Laufenden? Wichtig ist mir auch, dass man merken kann, dass er sich vorher ein bisschen informiert hat, was hier so läuft, da sollte er nicht ganz ahnungslos sein. Für mich ist auch noch entscheidend, was für eine Person ich da vor mir habe: Nimmt er einfach nur entgegen, was sein Chef ihm sagt, oder blickt er über den Tellerrand hinaus? Wichtig ist mir auch, dass er ein gutes theoretisches Fundament hat – Spaghetti-Code ist mir ein Graus, ein Mitarbeiter soll strukturieren können und auch einen gewissen Anspruch an sich selbst und die Qualität haben, die er hervorbringt. Ach ja: Er erleichtert mir die Arbeit, wenn er diejenigen Projekte, die für diese Stelle relevant sind, ausführlicher darstellt. Und wenn er welche hat, dann soll er doch bitteschön seine K. o.-Kriterien klar nennen, da können wir uns möglicherweise beide viel Arbeit sparen.
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Welche Fehler machen Bewerber Deiner Erfahrung nach besonders häufig? Viele Bewerber machen in ihren Unterlagen nicht den Bezug zur Stelle klar. Die Aussage ist einfach »Ich kann alles« – ganz klarer Fall, da hat jemand eine Standardbewerbung verfasst. Und ganz ehrlich, wenn sich jemand als verhinderten Nobelpreisträger darstellt, bei dem alles perfekt ist, da frage ich mich dann schon: »Warum will der zu uns? Da stimmt was nicht.«
Was nervt Dich so richtig an den Bewerbungen, die Du erhältst, sei es formal oder inhaltlich? Oft wird versucht, zu viel Masse unterzubringen, und es mangelt an Struktur und Gliederung.
Silke Westphal, Zaesura Pro GmbH, Frankfurt Worauf legst Du bei Bewerbungen für IT-Positionen besonderen Wert? Oh, das ist nichts anderes als bei anderen Positionen, die ich besetze: Gut strukturierte, übersichtliche Bewerbungen, Beachten der in der Anzeige gegebenen Hinweise, dass ich alle Informationen geliefert bekomme, die ich angefordert habe, also zum Beispiel: Wann können die Leute anfangen, was möchten sie verdienen? Besonders wichtig für IT-Positionen finde ich eine Skill-Matrix, auf der die Bewerber angeben, was sie können und wie gut sie es können. Gerade in der IT haben ja die Bewerber im Laufe der Jahre meist umfangreiches Wissen angesammelt, über das sie keine Zeugnisse oder Zertifikate haben, weil sie es sich autodidaktisch angeeignet haben. Ein häufiges Problem dabei ist, dass die Leute nicht angeben, auf was für einer Skala sie sich einordnen, zum Beispiel sagen sie nicht, ob eine »1« nun die schlechteste oder die beste Note ist.
Welche Fehler machen Bewerber Deiner Erfahrung nach besonders häufig? Der größte Fehler, den ich immer wieder festgestellt habe: Die Kandidaten lesen nicht die Informationen, die ihnen zur Verfügung gestellt werden. Das ist nichts Spezifisches für die IT-Branche, sondern geht quer durch alle Branchen und Qualifikationen. Wir schalten zum Beispiel Anzeigen mit einem Hinweis »Für eine erfolgreiche Bewerbung finden Sie Informationen unter http://www.beispiellink.de«. Und dort steht dann: »Schicken Sie uns Bewerbungen per Mail, packen Sie alle Dokumente in eine PDF-Datei und liefern Sie uns folgende Informationen: Ihr Wunschgehalt, Ihr frühestes Startdatum, Ihr Aufenthaltsstatus in Deutschland, also wie dürfen Sie hier arbeiten.« Es ist erstaunlich, wie wenig diese
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Informationen genutzt werden – man kann den Bewerbungen genau ansehen, wer die Datei gelesen hat und wer nicht. Viele Bewerber schicken auch nicht eine Datei, sondern zwanzig, und ich kann mir dann die JPG-Dateien in der richtigen Reihenfolge zusammensuchen. So etwas schicke ich dann zurück mit der Bitte, das noch einmal richtig zu formatieren. Einige Kandidaten manövrieren sich auch mit ihrem Anschreiben ins Aus: Das geht dann über drei Seiten, larmoyante Vorträge über die schlechte Welt und den bösen letzten Chef, seitenlange Erklärungen, warum sie bestimmte Dinge nicht erreicht haben. So etwas finde ich unprofessionell. Auch ein fünfseitiger, unstrukturierter Lebenslauf ist kein Aushängeschild – dann doch bitte lieber knapp und präzise aufs Wesentliche beschränken.
Was nervt Dich so richtig an den Bewerbungen, die Du erhältst, sei es formal oder inhaltlich? Es nervt mich, wenn ich sehe, dass Leute sich keine Mühe gegeben und einfach nur eine Standardbewerbung zusammengekloppt haben, ohne sich Gedanken zu machen: »Was ist das für eine Firma, was ist das für ein Job, passe ich wirklich darauf?« Ärgerlich ist auch, wenn PDF-Dateien erbeten werden und stattdessen eine Bewerbung per Post ankommt, meist noch ohne Festnetz- oder Handynummer und auch ohne Mailadresse. Diese Leute legen die Hürde für eine Kontaktaufnahme sehr hoch. Und schließlich: Wenn Leute mich für doof halten, Dinge im Lebenslauf beschönigen, die sich im Abgleich mit Zeugnissen leicht überprüfen lassen. Wenn ein Zeugnis suspekt aussieht, dann frage ich nach persönlichen Referenzen – meist ziehen die Leute die Bewerbung dann zurück. So was nervt wirklich.
Claudia Raak, CEO, wibas IT Maturity Services GmbH Worauf legst Du bei Bewerbungen für IT-Positionen besonderen Wert? Besonderen Wert legen wir, neben der Berufserfahrung, auf Tätigkeiten – sei es studienoder berufsbegleitend –, die Kreativität, Einsatzbereitschaft und Eigeninitiative erkennen lassen.
Welche Fehler machen Bewerber Deiner Erfahrung nach besonders häufig? Bewerber geben sich im Anschreiben oder Lebenslauf keine Mühe, auf Inhalte der Stellenanzeige einzugehen (z.B. Standardanschreiben, zu detaillierter oder unpassend strukturierter Lebenslauf; Bewerbung mit einfachem Verweis auf die eigene Homepage ...).
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Leider recht häufig: Rechtschreib- oder grammatische Fehler (z.B. »Praktikas«) im Anschreiben etc. signalisieren mangelnde Sorgfalt oder Unkenntnis. »70%-Fachbegriffsanteil« – manche Lebensläufe oder Projektbeschreibungen sind nur so gespickt mit unverständlichen Aneinanderreihungen von Fachvokabeln, ohne dass aber der eigentliche Inhalt des Projekts bzw. der Stelle erfasst worden wäre.
Was nervt Dich so richtig an den Bewerbungen, die Du erhältst, sei es formal oder inhaltlich? Besonders ärgerlich sind Bewerbungen, bei denen die Bewerber offensichtlich nicht auf die ausgeschriebene Stelle passen. Das ist Zeitverschwendung nicht nur für uns, sondern auch für die Bewerber.
Peter Groll, Stellvertretender Niederlassungsleiter, ICT-Solutions, FERCHAU Engineering GmbH, Niederlassung Stuttgart Worauf legst Du bei Bewerbungen für IT-Positionen besonderen Wert? Ich wünsche mir eine übersichtliche Darstellung der Vita und der speziellen Erfahrung, möglichst gegliedert nach Projekten und Nennung der jeweils eingesetzten Tools.
Welche Fehler machen Bewerber Deiner Erfahrung nach besonders häufig? Zusammengehörige Informationen werden falsch sortiert und sind damit für den Betrachter nicht übersichtlich zu lesen; Zeugnisse oder Zertifikate fehlen, dadurch werden Angaben unglaubwürdig.
Was nervt Dich so richtig an den Bewerbungen, die Du erhältst, sei es formal oder inhaltlich? Ich finde es schade, wenn kein Bild dabei ist – schließlich sagt das Äußere auch etwas über eine Person aus.
Frau C., Fachbereichsleiterin Qualitätskontrolle, ein Softwarehaus bei Köln Worauf legst Du bei Bewerbungen für IT-Positionen besonderen Wert? Da wir eigentlich immer Quereinsteiger zum Softwaretesten einstellen, ist es mir besonders wichtig, dass die Bewerber herausstellen können, warum sie ihrer Meinung nach qualifiziert sind, und welche Teile ihrer bisherigen Berufserfahrung sie für den Job prädestinieren.
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Welche Fehler machen Bewerber Deiner Erfahrung nach besonders häufig? Stupide Aufzählungen ihrer bisherigen Tätigkeiten, die nichts mit dem zu tun habe, was sie in unserer Firma zu tun haben werden. Es interessiert mich wirklich nicht, wenn jemand als Aushilfsjob mal an der Supermarktkasse gesessen hat. Da ist es mir lieber, wenn jemand ausführlicher von seinem hobbymäßigen Engagement auf einem IT-Gebiet erzählt.
Was nervt Dich so richtig an den Bewerbungen, die Du erhältst, sei es formal oder inhaltlich? Ich kriege Zuckungen, wenn ich zu viele unnötige Anglizismen und Deppenapostrophe sehen muss. Rechtschreibung und Grammatik müssen ordentlich sein, wir müssen viel Dokumentation abliefern, da geht das nicht anders. Ansonsten nervt übertriebene Geschwätzigkeit bei irrelevantem Kram – es ist ja nett, wenn jemand Hobbyphilosoph ist, man sollte bloß nicht ganze Absätze in der Bewerbung darauf verschwenden.
Jens W., Manager Human Resources, IT-Consulting Unternehmen, Frankfurt Worauf legst Du bei Bewerbungen für IT-Positionen besonderen Wert? Zum einen auf Aussagefähigkeit. Gerade im IT-Bereich darf es gerne etwas ausführlicher sein, da es dort meistens auf den »feinen Unterschied« ankommt. Zum anderen auf Realismus.
Welche Fehler machen Bewerber Deiner Erfahrung nach besonders häufig? Sie schätzen sich falsch ein und sie informieren sich zu wenig über ihren potenziellen Arbeitgeber und den zu erwartenden Job. Das zeigt sich zum Beispiel darin, dass Bewerbungen an die falsche Person adressiert werden oder dass die Bewerber keine Ahnung von dem Job haben, auf den sie sich bewerben.
Was nervt Dich so richtig an den Bewerbungen, die Du erhältst, sei es formal oder inhaltlich? Nervig sind zum einen Massenbewerbungen (im Empfänger-Feld stehen dann die berühmten »undisclosed recipients«) per Mail. Ähnlich ärgerlich sind Bewerbungen ohne Aussagefähigkeit, wenn also zum Beispiel Kurzbeschreibungen der bisherigen Tätigkeiten und Projekte komplett fehlen. Und ganz besonders nett sind auch noch die notorischen »Experten«: Das sind Bewerber, die ganz offensichtlich Einsteiger sind, sich aber in jeder geforderten Disziplin für absolute
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Experten halten. Das kommt spätestens im Telefoninterview oder beim Vorstellungstermin sowieso raus.
Rudolf Raab, Abteilungsleiter Servicemanagement & ITReporting, IZB Informatik-Zentrum München-Frankfurt a.M. GmbH & Co. KG, Aschheim bei München Worauf legen Sie bei Bewerbungen für IT-Positionen besonderen Wert? Der Bewerber sollte entsprechende fachliche Erfahrungen gesammelt haben (mit Ausbildungsnachweisen) – eine ellenlange Liste von Produkt-/Systemnamen zeugt nicht von Spezialisierung. Er sollte bei seiner Bewerbung Bezug nehmen auf die ausgeschriebene Position (Warum ist er der Richtige dafür? Was kann er für das Unternehmen bewirken?). Eine gewisse Beständigkeit sollte aus seinen früheren Arbeitsverhältnissen ablesbar sein – regelmäßige Firmenwechsel nach wenigen Monaten ohne Erklärung führen zur Abwertung. Auch die Unterlagen müssen konsistent sein, unerklärte Lücken in den Bewerbungsunterlagen sind negativ. Und schließlich: Bitte keine Häufung von Schreibfehlern! Die Unterlagen sollten auch optisch gut aufgemacht sein, egal ob in Papierform oder elektronisch per Mail.
Welche Fehler machen Bewerber Ihrer Erfahrung nach besonders häufig? Die meisten Bewerber haben sich keine Mühe gemacht, die im Internet vorhandenen Informationen über die Firma anzusehen, und viele Kandidaten bewerben sich auf Stellen, obwohl sie die Voraussetzungen definitiv nicht erfüllen (»Ich suche eine Herausforderung.«).
Was nervt Sie so richtig an den Bewerbungen, die Sie erhalten, sei es formal oder inhaltlich? • Wenn das Bewerbungsschreiben beginnt mit »Ich suche eine neue Herausforderung ...« • Wenn Kopien unleserlich sind oder Zeugnisse oder Ausbildungsnachweise nur in Russisch, Kroatisch und dergleichen ohne Übersetzung beigelegt sind. • Bei elektronischen Bewerbungen nerven Massenanhänge – mein schlimmster Fall bisher war ein Zip-File mit 32 Dateien, vom JPG über PDF und DOC bis hin zu TIF und weiteren.
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C. Stellfeldt, Geschäftsführung, finius GmbH, Königstein i.T. Worauf legst Du bei Bewerbungen für IT-Positionen besonderen Wert? Das Know-how sollte einigermaßen aktuell sein, es muss erkennbar sein, dass sich der Bewerber regelmäßig weitergebildet hat. Zumindest ein Grundwissen in Betriebswirtschaft, idealerweise im Bankwesen, sollte vorhanden sein. Ich achte außerdem – und das gilt nicht nur bei der Besetzung bei IT-Positionen – auf die Länge bzw. die Prägnanz der Aussagen und auf die Vollständigkeit der Unterlagen.
Welche Fehler machen Bewerber Deiner Erfahrung nach besonders häufig? Die Firma und/oder Ansprechpartner werden falsch geschrieben. Aus dem Anschreiben wird nicht deutlich, auf welche Position der Kandidat sich bewirbt (z.B. weil der Betreff fehlt). Es liegen zu viele Anlagen bei – das ist zum Beispiel dann der Fall, wenn ein Bewerber Schulzeugnisse und alle Seminarbescheinigungen seines Lebens dazupackt. Nervig ist es auch, wenn solch eine Bewerbung dann als »Loseblattsammlung« kommt.
Was nervt Dich so richtig an den Bewerbungen, die Du erhältst, sei es formal oder inhaltlich? • schlechte Lesbarkeit oder unsauberer Aufbau der Unterlagen • Tipp- oder Grammatikfehler • bei elektronischen Bewerbungen: zu große Attachments • deutlich erkennbar schon mehrfach benutzte Unterlagen • übertriebene Darstellung der Vorzüge des Bewerbers bereits im Anschreiben
Dieter Eisenbach, Director Human Resources, PTV AG, Karlsruhe Worauf legst Du bei Bewerbungen für IT-Positionen besonderen Wert? Fachliche Qualifikation und Studienort spielen eine Rolle (wir bewegen uns in einer Nischenbranche); internationale Erfahrung, auch durch Praktika, ist ein Plus. Aber entscheidend ist immer noch die Persönlichkeit!
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Welche Fehler machen Bewerber Deiner Erfahrung nach besonders häufig? Lieblos zusammengestellte, kaum sortierte, unvollständige Bewerbungsunterlagen und eine schlechte Vorbereitung auf das Vorstellungsgespräch.
Was nervt Dich so richtig an den Bewerbungen, die Du erhältst, sei es formal oder inhaltlich? Wenn Informationen fehlen oder die Unterlagen keine Struktur haben, sodass ich lange suchen muss. Wenig Kreativität – »gute Bewerbungen« verschwinden dann bei Zeitdruck leicht in der Masse.
Dr. Thomas Frühauf, Head of WEB-Technology Systems, vwd group, Frankfurt am Main Worauf legst Du bei Bewerbungen für IT-Positionen besonderen Wert? Informationen zu den bisher durchgeführten Projekten (Umfang, Verantwortung des Bewerbers, eingesetzte Technologien und Methoden) Realistische Eigenbeurteilung (Notenskala) der IT-Skills Schlüssiger Lebenslauf Gute Beurteilungen – also keine offensichtlichen Gefälligkeitszeugnisse
Welche Fehler machen Bewerber Deiner Erfahrung nach besonders häufig? Zum einen werden zu bisherigen Tätigkeiten und Projekten nur unzureichende Informationen gegeben, zum anderen neigen einige Bewerber zu einer übertriebenen Darstellung der eigenen Skills.
Was nervt Dich so richtig an den Bewerbungen, die Du erhältst, sei es formal oder inhaltlich? Schlampige Anschreiben (Rechtschreibung, Grammatik, Formulierungen) Selbstüberschätzung – also zum Beispiel vor Selbstbewusstsein strotzende Bewerbungen trotz objektiv zu geringer Qualifikationen.
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Rainer Wawrzik, Abteilungsdirektor, Commerzbank AG, Frankfurt Worauf legst Du bei Bewerbungen für IT-Positionen besonderen Wert? Dass auf die in der Stellenausschreibung ausgeschriebenen Bedürfnisse eingegangen wird. Und dass eine kurze und prägnante Begründung geliefert wird, warum der Kandidat sich bewirbt.
Welche Fehler machen Bewerber Deiner Erfahrung nach besonders häufig? Sie schwelgen in der Vergangenheit und kommen nicht auf den Punkt.
Was nervt Dich so richtig an den Bewerbungen, die Du erhältst, sei es formal oder inhaltlich? Wenn sich Bewerber als optimale Kandidaten empfehlen, obwohl ihr Profil überhaupt nicht zu den Anforderungen passt. Beispielsweise suche ich Host-Entwickler für zOS mit Cobol-Kenntnissen, aber der Bewerber hat Perl unter Windows mit HTML gemacht.
Das Allgemeine Gleichstellungsgesetz (AGG) für Sie als Bewerber Seit Mitte 2006 ist das allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) in Kraft. Es soll dazu dienen, Diskriminierungen aufgrund der Herkunft, des Geschlechts, der Rasse, der Religion, des Alters, der sexuellen Ausrichtung oder der Weltanschauung zu verhindern. Dies bedeutet konkret für das Arbeitsleben, dass nun auch private Arbeitgeber beim Abschluss eines Arbeitsvertrages nicht mehr völlige Vertragsfreiheit haben, ähnlich wie es bisher schon für öffentliche Arbeitgeber galt. Die Lufthansa beispielsweise wurde zur Zahlung eines Schadensersatzes verurteilt, nachdem sie einer Bewerberin wegen ihres Alters eine Festanstellung verweigert hatte. Für Unternehmen ändert sich also durch das AGG einiges: Stellenanzeigen müssen zum Beispiel geschlechtsneutral und ohne Alterseinschränkungen formuliert werden, Absagen dürfen keine Hinweise auf Diskriminierungen enthalten, Entscheidungskriterien sind nachvollziehbar zu dokumentieren. Einige Unternehmen sind daher dazu übergegangen, Lebensläufe ohne persönliche Daten anzufordern: »Im Hinblick auf die Regelungen des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG), bitten wir Sie, Ihre Bewerbung auf ein Anschreiben, Angaben zu Ihren Qualifikationen und bisherigen Tätigkeiten sowie einen diesem Gesetz entsprechenden Lebenslauf zu beschränken.«
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Denn Daten, die man nicht hat, kann man nicht für Diskriminierung verwenden. Interessant für Sie als Bewerber: Wenn Sie den Verdacht haben, aus einem anderen Grund als Ihrer Qualifikation und Erfahrung eine Absage erhalten zu haben, zum Beispiel weil Sie zu alt für das »junge, dynamische Team« sind, haben Sie die Möglichkeit, eine Klage anzustrengen. Sie müssen lediglich Indizien für eine Diskriminierung anführen. Die Beweislast, nicht diskriminiert zu haben, liegt dann beim Unternehmen. Im Erfolgsfalle können Sie einen Schadensersatz für das entgangene Arbeitsentgelt erhalten. Lassen Sie sich vor einer Klage jedoch in jedem Falle anwaltlich beraten, um die Erfolgsaussichten abzuwägen. Die befürchtete durch das AGG ausgelöste Klagewelle ist bisher ausgeblieben, es scheint sich kein »AGG-Hopping« von Menschen zu entwickeln, die systematisch Schadensersatz für tatsächlich oder vorgeblich erlittene Diskriminierung zu erstreiten versuchen. Im Land Baden-Württemberg zum Beispiel liegt der Anteil der AGG-motivierten Arbeitsgerichtsprozesse im Promille-Bereich. Bis April 2007 gab es im ganzen Bundesland um die hundert Fälle, die meisten wegen vermuteter Altersdiskriminierung. Insofern sind die Änderungen für Sie als Bewerber derzeit gering. Zurzeit besteht beispielsweise kein Grund zur Annahme, dass eine Bewerbung allein deshalb abgelehnt wird, weil ein Bewerber freiwillig ein Foto mitschickt. Allerdings müssen Sie damit rechnen, noch seltener als schon bisher detaillierte Angaben zu den Gründen einer Absage zu erhalten, und schon gar nicht in schriftlicher Form. Manchmal kann hier ein Anruf helfen: Versuchen Sie ruhig Ihr Glück und probieren Sie, telefonisch in Erfahrung zu bringen, warum es nicht gereicht hat. Denken Sie daran: Sie haben nichts zu verlieren – dieses Unternehmen hat Ihnen bereits abgesagt! Aber Sie können viel gewinnen, nämlich einen wertvollen Hinweis darauf, wo Sie noch besser werden sollten. Wie sich die Rechtsprechung weiter entwickeln wird, bleibt abzuwarten. Halten Sie sich aber an Formvorschriften, die die Unternehmen explizit formulieren – aber dieser Rat galt auch bereits vor Inkrafttreten des AGG.
Umfang der Bewerbung Welchen Umfang sollte Ihre Bewerbung haben? Es kommt, wie immer, darauf an, was in der Anzeige verlangt wird. Meist ist von einem dieser drei Typen die Rede:
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Kurzbewerbung Eine Kurzbewerbung umfasst in der Regel nur das Anschreiben und einen Lebenslauf mit Foto. Das IT-Profil (siehe den Abschnitt »IT-Profil – oder: Wie stelle ich Projekterfahrungen sinnvoll dar?« auf Seite 144) kann man bei dieser Bewerbungsform in den Lebenslauf integrieren. aussagekräftige Bewerbungsunterlagen Hier sollten Sie neben Anschreiben, Lebenslauf und eventuell IT-Profil auch die wichtigsten Zeugnisse (wenn Sie die Papierform wählen, dann selbstverständlich als Kopien) beifügen. Welches die wichtigsten Zeugnisse sind, ist im Einzelfall abzuwägen – wie, das erläutere ich im Abschnitt »Zeugnisse – keine wissenschaftliche Arbeit, bitte! « auf Seite 146. vollständige Bewerbungsunterlagen Diese Formulierung wird nur noch selten gewählt – sehr häufig handelt es sich um Arbeitgeber aus dem öffentlichen Dienst. Diese geben üblicherweise auch an, was exakt an Unterlagen geliefert werden muss. In der Regel gehören dazu Universitätsabschlüsse, Ausbildungszeugnisse, Schulabschlusszeugnis, wichtige Zertifikate. In den folgenden Abschnitten erkläre ich, wie ein erfolgreiches Anschreiben aussieht, was Sie beim Lebenslauf beachten sollten, wie Sie ein IT-Profil aufbauen sollten und welche weiteren Dokumente Sie Ihrer Bewerbung beifügen können.
Ihr Anschreiben Ihr Anschreiben sollte sich an der aktuellen DIN-Norm 676 für Geschäftsbriefe orientieren – Formatvorlagen finden Sie dazu im Netz, zum Beispiel bei CHIP (http://www.chip.de/ downloads/c1_downloads_13002312.html). Nicht benötigte Felder wie »Ihr Zeichen:« oder »Ihre Nachricht vom« lassen Sie selbstverständlich weg. Bitte erstellen Sie auch dann ein Anschreiben, wenn Sie sich per Mail bewerben – mehr dazu finden Sie im Abschnitt »Spezielles für Bewerbungen per E-Mail« auf Seite 153.
Wie man es nicht machen sollte Schauen Sie sich ein Anschreiben an, das einige sehr häufige Fehler in sich vereinigt (Abbildung 6-1). Hier sind die gröbsten Fehler dieses Bewerbungsschreibens: 1. Bitte geben Sie nicht nur eine Mobiltelefonnummer an, sondern auch eine Festnetznummer. 2. Die Mailadresse sollte dem Anlass entsprechen – das betrifft den local part genauso wie die Domain. Mehr dazu im Abschnitt »Spezielles für Bewerbungen per E-Mail« auf Seite 153.
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A b b i l d u n g 6 - 1 : Anschreiben – Negativbeispiel, Teil 1
A b b i l d u n g 6 - 2 : Anschreiben – Negativbeispiel, Teil 2
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3. Den korrekten Namen, die Rechtsform und die Anschrift des Unternehmens entnehmen Sie der Stellenanzeige. Seien Sie genau – »T-Online« ist keine korrekte Bezeichnung. 4. »$Ortsname, den $Datum« ist veraltet – »$Ortsname, $Datum« ist gebräuchlich. 5. Den 31. Juni gibt es nicht – klassischer Flüchtigkeitsfehler. 6. Wenn es sich nicht um eine Initiativbewerbung handelt, geben Sie im Betreff an, auf welche Stelle Sie sich bewerben, fügen Sie eventuelle Kennziffern hinzu und die Fundstelle der Anzeige (Name der Jobbörse oder Ausgabe der Zeitung). Wenn Sie ein Telefonat oder Gespräch geführt haben, ist dies der richtige Platz, darauf zu verweisen. 7. Wenn Sie den Ansprechpartner – wie hier – kennen, sprechen Sie ihn auch an. Ist in der Anzeige kein Name genannt, dürfen Sie sich an die »sehr geehrten Damen und Herren« in der zuständigen Abteilung wenden. Gibt es jedoch sowieso noch eine Kleinigkeit, die Sie gerne vor Absenden der Bewerbung geklärt sehen möchten, rufen Sie ruhig im Unternehmen an. Bei der Gelegenheit können Sie nämlich auch den Namen Ihres Ansprechpartners erfragen. 8. Bitte erklären Sie in einer Bewerbung nicht, was Ihnen alles fehlt, sondern sprechen Sie über das, was Sie mitbringen. Ihr abgebrochenes Studium gehört hier nicht hin, sondern Ihre relevanten Kenntnisse und Erfahrungen. 9. Bitte erklären Sie in einer Bewerbung auch nicht, was der Job oder das Unternehmen Ihnen bieten soll, sondern umgekehrt, was Sie dem Unternehmen bieten wollen. Wie man so etwas formulieren kann, lesen Sie in den folgenden Abschnitten. 10.Diese Darstellung wirft viele Fragen auf – die beschriebene Tätigkeit könnte Sie für die Stelle qualifizieren, aber ob das wirklich der Fall ist, bleibt im Dunkeln, denn folgende Fragen bleiben unbeantwortet: • Wie viele Jahre sind »langjährig«? • Was für Anwendungsentwicklungsprojekte hat die Bewerberin geleitet? Waren das Online-Projekte? • Wurde Java eingesetzt? 11.Diese Tätigkeitsbeschreibung dagegen ist in diesem Anschreiben überflüssig. Für die Tätigkeit als Projektleiter JAVA sind Support- und Trainingserfahrungen mit anderen Produkten irrelevant. Welche Erfahrungen man in die Waagschale werfen sollte, zeige ich ebenfalls in den nächsten Kapiteln. 12.Das abgebrochene fachfremde Studium hat ebenfalls nichts im Anschreiben verloren, schon gar nicht verbunden mit einer Nennung der Schwerpunkte. Dieser Absatz wirkt in dieser Bewerbung wie ein Fremdkörper oder ein Nachtrauern nach alten Zeiten.
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13.Beliebte Soft Skills aufführen, ohne sie mit Beispielen zu belegen, ist wenig sinnvoll. Als Projektleiter stehen zudem andere Soft Skills als das vielstrapazierte »teamfähig« im Vordergrund. 14.Ein peinlicher Fehler, der auf bereits länger dauernde Bewerbungsaktivitäten schließen lässt: Die Bewerbung stammt aus dem Juni 2007, als mögliches Eintrittsdatum wird der Oktober 2006 genannt. 15.Eine Gehaltsvorstellung sollten Sie unbedingt nennen, wenn es in der Stellenanzeige gefordert wird. Ungefragt jedoch sollten Sie die Diskussion der Gehaltshöhe bis zum zweiten Vorstellungsgespräch zurückstellen. Jedwede Gehaltsforderung ist aber als Jahresgehalt (und nicht als Monatsgehalt) und als Bruttoverdienst (und nicht als Nettoeinkommen) zu formulieren. 16.Bitte sorgen Sie dafür, dass Ihr Anschreiben auf eine Seite passt – eine zweite Seite sollte in jedem Falle vermieden werden. 17.Wenn Sie Anlagen beifügen, zählen Sie sie bitte auch auf. Insgesamt wirkt das Anschreiben wenig auf die angestrebte Stelle ausgerichtet, sondern eher allgemein. So lesen sich Bewerbungen, die standardisiert wurden, bei denen nur wenige Daten auf das Zielunternehmen angepasst wurden, was dazu führt, dass sich das Unternehmen in der Bewerbung nicht wiedererkennt, auch wenn der Bewerber eigentlich passen könnte. Wie Sie dafür sorgen können, dass beim Lesen Ihrer Bewerbung spontan der Eindruck entsteht, dass Sie verstanden haben, wer und was gesucht wird, zeige ich Ihnen im folgenden Abschnitt.
Das passgenaue Anschreiben Erinnern Sie sich an das, was ich eingangs zu Bewerbungen sagte: Eine Bewerbung ist keine Beweisführung. Auch im Anschreiben müssen Sie nicht alles unterbringen, was Sie ausmacht, und schon gar nicht müssen Sie hier eine Kurzfassung Ihres Lebenslaufes abliefern. Sie sollten sich aber gut über das Unternehmen informieren: eine Suche bei Google News liefert die Schlagzeilen der letzten Wochen, ein Blick ins Archiv der Computerwoche schadet auch nicht. Dass Sie die Homepage des Unternehmens intensiv studiert haben, versteht sich von selbst. Wenn Sie sich auf eine Stellenanzeige hin bewerben, markieren Sie zunächst mit Textmarker all die Anforderungen an Ausbildung, Berufserfahrung, Methoden- und Produktkenntnissen, die Sie erfüllen. Nehmen Sie dann die zwei oder drei wichtigsten heraus und überlegen Sie, was genau Sie hier zu bieten haben. Diese drei Argumente sind dann der Kern Ihres Anschreibens.
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Erklären Sie nicht nur, dass Sie die Anforderungen erfüllen, sondern auch, wodurch Sie sie erfüllen. Erwähnen Sie dazu ausgewählte Stationen aus Ihrer Vita. Sie suchen einen studierten Informatiker mit Berufserfahrung im IT-Security – ich bringe ein Diplom der Uni Karlsruhe und drei Jahre Berufserfahrung als Senior Security Consultant bei einem mittelständischen Systemhaus mit Kunden aus der Automobil- und Investitionsgüterindustrie mit.
oder Als Leiter von Projekten in Banken und Sparkassen habe ich das für diese Position erforderliche Generalisten-Know-how in der Finanzdienstleistungsbranche, vor allem im Wertpapier-Sektor, erworben. Durch meine umfangreiche Erfahrung im Einsatz von Rational Rose habe ich außerdem einige Praxis in objektorientierter Modellierung gewonnen.
oder In der Softwareentwicklung und der Projektleitung habe ich bereits mehrjährige Erfahrung: zwei Jahre lang habe ich selbst Anwendungen unter PHP und Java für einen Suchmaschinenanbieter entwickelt, weitere zwei Jahre habe ich zusätzlich ein Team von bis zu vier Softwareentwicklern geführt und Java- und Websphere-Projekte erfolgreich geleitet.
Seien Sie konkret und beschreiben Sie Ihre Aufgaben anschaulich. Nennen Sie verwendete Produkte und geben Sie Größenordnungen an, zum Beispiel die Anzahl Ihrer Mitarbeiter, wenn Sie schon Führungsverantwortung hatten, die Anzahl der User, die Sie betreuen, wenn Sie im Support sind, die Anzahl Server, wenn Sie Admin sind – Sie selbst wissen am besten, welche Kennzahl Ihr Projekt oder Ihre Tätigkeit am ehesten charakterisiert. Alles andere an Erfahrungen und Qualifikationen, die Sie mitbringen, die aber nicht für diese Position gefordert sind, lassen Sie an dieser Stelle weg – denn es kann hier nicht als Argument für Ihre Einstellung dienen. Lassen Sie ebenfalls weg, wenn Sie eine Anforderung nicht erfüllen – das sieht der Leser der Bewerbung früh genug. Gehen Sie ähnlich vor, wenn es um die geforderten Soft Skills geht. Machen Sie sich klar, welche der Anforderungen Sie erfüllen, und erklären Sie dann, woran man das erkennen kann und wie Sie dazu gekommen sind. Einige Beispiele: Belastbarkeit: Durch meine mehrjährige Erfahrung als Projektleiter und Teilprojektleiter in der Entwicklung unternehmenskritischer Anwendungen bin ich es gewohnt, mit Termindruck umzugehen und hohe Qualitätsanforderungen zu erfüllen.
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Teamfähigkeit: Dass ein Team mehr leistet als die Summe seiner Mitglieder, erlebe ich täglich in der Zusammenarbeit mit meinen Entwicklerkollegen, mit denen Brainstormings und Diskussionen regelmäßig zu kreativen Lösungen für komplexe Probleme führen.
Flexibilität: Ich bin es gewohnt, Veränderungen als Chance zu sehen und offen für Neues: Als externer Berater in Bank- und Versicherungsrechenzentren habe ich gelernt, mich auf immer neue Situationen, Gesprächspartner und Probleme einzustellen.
Kommunikationsfähigkeit: Meine Aufgabe als Systemanalytiker bei der Xy GmbH bestand unter anderem darin, mit den Fachabteilungen die Anforderungen für die Neuentwicklung der bAV-Systeme zu definieren und in eine nicht interpretierbare Form zu bringen. So habe ich gelernt, mich auf unterschiedlichste Gesprächspartner einzustellen und sowohl in der schriftlichen als auch in der mündlichen Kommunikation einen hohen Qualitätsstandard zu erreichen.
Aber ein gutes Anschreiben zeigt sich nicht nur daran, dass es auf die Anforderungen des Unternehmens eingeht, sondern auch daran, dass es die Perspektive des Unternehmens einnimmt. Oder mit anderen Worten:
Machen Sie Angebote, statt Wünsche zu äußern In jedem Ratgeber zu Bewerbungen kann man lesen: »Erklären Sie, warum Sie genau in diesem Unternehmen arbeiten möchten.« Das ist auch richtig so – doch mancher missversteht das als Aufforderung, einen »Wunschzettel« zu verfassen, etwa wie folgt: Eine Tätigkeit in Ihrem Hause würde mich besonders reizen, da ich hier die Chance sehe, meine Kenntnisse in Linux weiterzuentwickeln und spannende Aufgaben im Bereich ServerFarmen zu übernehmen.
Auch wenn das Ihre Hauptmotivation sein mag – hier sollten Sie damit nicht argumentieren. Ein Unternehmen stellt Sie nicht deshalb ein, weil es primär Ihre Wünsche erfüllen will, sondern weil es sich einen Nutzen von Ihrer Arbeit verspricht. Versetzen Sie sich also in die Position des Unternehmens und nennen Sie explizit, was Sie einem Arbeitgeber zu bieten haben, was für einen Nutzen Sie für das Unternehmen schaffen können, zum Beispiel wie folgt: Meine umfangreiche Erfahrung in der Systemadministration könnte ich nutzbringend in Ihrem Hause einsetzen – ich habe auch bereits einige Kenntnisse in der Administration von Linux erworben. Erste Einblicke in die besonderen Anforderungen von Server-Farmen habe ich durch ein mehrmonatiges Praktikum in einem Banken-Rechenzentrum gewonnen.
Noch besser ist es, wenn Sie Ihre Recherchearbeit so intensiv betrieben haben, dass Sie konkret auf anstehende Projekte Ihres Wunscharbeitgebers eingehen können:
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Wie ich der Presse entnehme, planen Sie die Einführung der Siebel Professional Edition als CRM-Software – hierbei könnte ich Sie mit meiner zweijährigen Erfahrung aus Projekten zur Siebel-Einführung unterstützen, in denen ich als Teilprojektleiter und Datenbankspezialist für Oracle tätig war.
Generell gilt: Sprechen Sie nicht über das, was Ihnen fehlt, sondern über das, was Sie haben. Thematisieren Sie nicht das, was Sie nicht beherrschen, sondern das, was Sie können. Dazu gehört auch, dass Sie nicht von sich aus Probleme ansprechen, sondern auf Ihre Stärken hinweisen.
Keine Entschuldigungen, keine Rechtfertigungen Der Grund, warum Ihr letzter Arbeitgeber Ihren Zeitvertrag nicht verlängert hat, gehört üblicherweise nicht ins Anschreiben, ebenso wenig die Faktoren, die dazu führten, dass Sie Ihr Studium nicht beendet haben oder die Gründe, warum Sie noch keine Projektleitung übertragen bekommen haben. Beantworten Sie die Frage nach Ihrer einjährigen Arbeitslosigkeit vor dem aktuellen Job dann, wenn sie gestellt wird und nicht vorher. Rechtfertigen Sie nicht, erklären Sie nicht, entschuldigen Sie sich nicht – sondern zeigen Sie Ihre Stärken und bieten Sie Ihre Fähigkeiten an. Es ist nicht Ihre Aufgabe, Ihren potenziellen neuen Arbeitgeber auf problematische Punkte aufmerksam zu machen – ein geübter Personaler erkennt diese ohnehin am Lebenslauf. Und kritische Fragen stellt er Ihnen schon früh genug – aber erst im Vorstellungsgespräch, wo Sie auch die Chance haben, mit plausiblen Erklärungen zu überzeugen. Asynchrone Kommunikation zwischen Menschen ist sehr fehleranfällig, daher sollten Sie, wo immer möglich, das persönliche Gespräch wählen, wenn es um heikle Themen geht (übrigens nicht nur in der Bewerbungsphase – doch dazu später mehr in Kapitel 10).
Weitere Fußangeln Aber das ist natürlich nicht alles – im Folgenden einige weitere beliebte Möglichkeiten, Eigentore zu schießen.
Keine Gehaltsvorstellung nennen, wenn eine gefordert ist Die Frage nach dem gewünschten Gehalt ist für viele eine sehr heikle Frage – Sie sind sich unsicher, was Sie fordern können, und haben Sorge, sich entweder zu billig zu verkaufen oder mit einer zu hohen Forderung aus dem Rennen zu werfen. Die Sorge ist in gewisser Weise berechtigt, jedoch gibt es ein mindestens genauso sicheres Mittel, sich durch das Thema Gehalt zu disqualifizieren: indem Sie die Frage ignorieren und dem Problem ausweichen.
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Besteht Interesse an Ihrem Profil und sind noch nicht Dutzende anderer Bewerbungen eingegangen, erhalten Sie möglicherweise zwei Tage nach Versendung Ihrer Unterlagen einen Anruf und müssen dann die berühmte »Hausnummer« nennen, um die Sie sich im Anschreiben herumdrücken wollten. Gibt es sehr viel Konkurrenz um die Stelle, kann es Ihnen leicht passieren, dass Sie einfach nur wegen der fehlenden Gehaltsvorstellung noch vor der weiteren Prüfung Ihrer Unterlagen aussortiert werden – sozusagen ein K.o. in der ersten Runde wegen eines Formfehlers. Ringen Sie sich also durch, wenn es gefordert ist, auch eine Zahl zu nennen. Gute Recherche ist vorab erforderlich – wie Sie das angehen können, erfahren Sie in Kapitel 8.
Eine Gehaltsvorstellung nennen, wenn keine gefordert ist Das umgekehrte Verhalten ist nicht ganz so fatal: Wenn in einer Stellenanzeige keine Gehaltsvorstellung angefordert wird, wirkt es allenfalls deplatziert, so etwas dennoch im Anschreiben zu äußern. Wenn Ihre Vorstellungen aber im Rahmen liegen, schadet Ihnen das nicht unbedingt.
Keinen Eintrittstermin nennen, wenn das gefordert ist Das Eintrittsdatum hingegen ist ein sehr wichtiges Kriterium, was auch – sofern überhaupt Interesse an Ihrer Bewerbung besteht – ein häufiger Grund ist, einen Kandidaten kurz nach Eintreffen seiner Bewerbung zurückzurufen. Viele Details, viele Einzelaspekte haben wir nun betrachtet. Wie könnten sich all diese Mosaiksteine zu einem stimmigen und überzeugenden Anschreiben kombinieren lassen? Lassen Sie sich von dem Muster in Abbildung 6-3 inspirieren!
Checkliste für ein Anschreiben, das anspricht • Sind meine Adressdaten vollständig und korrekt? • Habe ich eine Festnetz- und eine Mobiltelefonnummer angegeben, die jeweils mit Anrufbeantwortern ausgerüstet sind? • Habe ich eine Mailadresse mit angemessenem Local part und Domain angegeben? • Ist der Name, die Rechtsform, die Anschrift des Unternehmens korrekt? • Habe ich einen Ansprechpartner genannt? • Enthält die Betreffzeile alle wichtigen Angaben wie die Stelle, auf die ich mich bewerbe, die Fundstelle, die Kennziffer? • Rede ich den Ansprechpartner persönlich an?
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A b b i l d u n g 6 - 3 : Anschreiben – Wie man es machen könnte
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• Habe ich bei drei Hauptanforderungen erklärt, inwiefern ich sie erfülle? • Mache ich deutlich, was ich für das Unternehmen tun kann? • Gehe ich mit konkreten Beispielen auf wesentliche Soft Skills ein? • Habe ich eine Gehaltsvorstellung in Form eines Bruttojahresgehalts genannt (nur wenn in der Anzeige verlangt)? • Habe ich meinen möglichen Eintrittstermin genannt? • Habe ich die beigefügten Anlagen aufgeführt?
Lebenslauf Auch wenn das Anschreiben obenauf liegt: Die meisten Personaler lesen den Lebenslauf von allen Bewerbungsunterlagen zuerst! Verwenden Sie viel Mühe auf ihn, denn er ist meist der erste Eindruck, den der Adressat von Ihnen gewinnt. Daher gilt auch für den Lebenslauf: Es gibt nicht den einen Standardlebenslauf für alle Bewerbungen – machen Sie sich die Mühe, ihn auf die jeweilige Stelle abzustimmen, für die Sie sich bewerben. Entscheiden Sie jedes Mal individuell, was Sie detailliert darstellen wollen und was Sie besser zusammenfassen. Manchmal haben Sie sogar die Wahl, ob Sie etwas einfügen oder herauslassen – und all das, ohne sich von der Wahrheit zu entfernen oder gar etwas zu »frisieren«. Wie das im Einzelnen aussehen kann, zeige ich auf den folgenden Seiten. Für die technische Umsetzung bieten sich automatisierte Lösungen an – ob nun mit Textbausteinen oder der Serienbrieffunktionalität in einer Textverarbeitungslösung, für die Linux-Freunde vielleicht eher mit LaTeX in Kombination mit einem Perl-Script, bleibt Ihnen überlassen.
Worauf achten Personaler? Personaler schauen anders auf einen Lebenslauf, als Sie das vielleicht tun würden, sie haben in einigen Aspekten andere Maßstäbe als Sie als Autor. Deshalb werfen wir einmal einen Blick auf die Kriterien, die für einen Personaler einen guten Lebenslauf ausmachen.
Übersichtlichkeit und Konsistenz Die zentrale Anforderung von Personalentscheidern an einen Lebenslauf ist die Übersichtlichkeit. Was Sie als Arbeitnehmer ausmacht, was Ihre relevanten Erfahrungen sind und wodurch Sie sich für die aktuelle Stelle empfehlen, muss klar und auf Anhieb erkennbar sein, möglichst ohne Rechnen und Blättern. Diesem Ziel sollte sich Ihre Darstellung unterordnen – im Zweifelsfall auch gegen Normen und Standards.
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Es mag zum Beispiel sein, dass die DIN-Norm 5008 für Schreib- und Gestaltungsregeln für die Textverarbeitung vorsieht, das aktuelle Datum als »2007-06-22« zu schreiben – der durchschnittliche Leser wird dennoch darüber stolpern, wenn Sie diese Notation im Lebenslauf verwenden. Übertreiben Sie es damit und verwenden so etwas auch im Fließtext, können Sie sich sehr leicht und womöglich unbeabsichtigt als technokratischer Querulant oder als Erbsenzähler darstellen. Das ist nur dann gut für Sie, wenn Sie sich für einen Job bewerben, wo Pedanterie ein Muss ist. Ob Sie den Lebenslauf chronologisch oder umgekehrt chronologisch darstellen, ist weniger relevant, sofern Sie Ihren Werdegang übersichtlich gestalten. Wenn Sie noch sehr jung sind, kann eine chronologische Darstellung sich eher anbieten, wenn Sie schon einige Berufsjahre oder -jahrzehnte hinter sich haben, hat eine umgekehrt chronologische Aufbereitung Vorteile, weil Ereignisse, die Jahrzehnte zurückliegen, nicht als Erstes ins Auge springen, sondern Ihre aktuelle Position. Achten Sie darauf, Gleiches gleich und Unterschiedliches unterschiedlich zu benennen. So sollten Sie beispielsweise Ihre Zeitangaben einheitlich gestalten: Wer einmal 09/1999-10/ 2002 schreibt, sollte nicht im gleichen Lebenslauf auf einmal 10-02 – 02-2004 verwenden. Versuchen Sie, sich in Ihren Leser hineinzuversetzen und seine Lesegewohnheiten nicht zu sehr zu strapazieren.
Lückenlosigkeit Ein weiteres zentrales Kriterium für einen guten Lebenslauf ist die häufig zitierte – aber ebenso häufig missverstandene – Lückenlosigkeit. Ein Lebenslauf sollte keine Lücken aufweisen, sondern für jeden Lebensabschnitt zumindest einen Eintrag enthalten. Tricksen – zum Beispiel durch das Weglassen von Monatsangaben – bringt nichts. Das bedeutet aber nicht, dass Sie jede Station Ihres Berufslebens gleich ausführlich darstellen müssen! Auch wenn es verlockend ist – der Lebenslauf ist nicht der Ort, wo Sie immer alles aufführen sollten, was Sie je gemacht haben. Die Grundschulzeit oder diverse umzugsbedingte Schulwechsel sind außer in sehr wenigen Ausnahmefällen nichts, was Sie als Erwachsener in Ihrem Lebenslauf darstellen müssen, und schon gar nicht in ähnlicher Granularität wie Ihre jüngsten beruflichen Stationen. Sollten Sie während der Schulzeit zum Beispiel Zeit im Ausland verbracht haben, kann das aber schon erwähnenswert sein. Auch der VHS-Kurs in MS Word aus dem Jahre 1998 oder der Job als Mathematik-Tutor im Grundstudium haben eine gewisse Halbwertszeit, nach deren Erreichen sie nicht mehr im Lebenslauf aufgeführt werden sollten.
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Die Eintragungsrelevanz ist abhängig von Lebensalter, Berufserfahrung, Dauer der Tätigkeit und Anzahl der Jahre, die seit der Tätigkeit vergangen sind. Je älter Sie selbst sind und je mehr Berufserfahrung Sie haben, je kürzer die Tätigkeit war und je länger sie her ist, desto geringer ist die Relevanz für die aktuelle Stelle, und desto knapper sollte der Eintrag ausfallen, sofern er überhaupt auftauchen muss. Wichtiger noch als die Frage, welche Elemente aufzuführen sind, ist die Entscheidung, wie detailliert Sie auf welche Erfahrung oder Ausbildung eingehen. Hier sollten Sie die Gestaltung vor allem davon abhängig machen, auf welche Position Sie sich gerade bewerben. Dazu mehr im Abschnitt »Berufserfahrung: Setzen Sie Schwerpunkte!« auf Seite 135.
»Roter Faden« Jeder Personaler wird instinktiv schauen, ob er einen roten Faden in ihren Tätigkeiten entdeckt, etwas, das folgerichtig erscheint – entweder ein klares Ziel, auf das Sie in all Ihren Positionen hinarbeiten, oder eine Gemeinsamkeit, die bei allen Einsätzen erkennbar ist, ob das nun eine bestimmte Programmiersprache ist oder die Tatsache, dass Sie bei all Ihren Tätigkeiten eine Schnittstellenfunktion innegehabt haben. Fragen Sie sich selbst: Was ist der gemeinsame Nenner in Ihrem Berufsleben? Was für Sie selber auf der Hand liegen mag, muss nicht für jeden anderen ebenso eindeutig erkennbar sein. Wenn Sie also zwar immer wieder die Rollen gewechselt haben und mal als Projektleiter und dann wieder als Anwendungsentwickler gearbeitet haben – aber immer wieder im Wertpapiergeschäft und dort im Clearing & Settlement Ihre Projekte hatten, dann betonen Sie Ihre Nähe zum Bankfachlichen und Ihren »Stallgeruch«. Oder wenn Sie umgekehrt in diversen Branchen tätig waren, dann sind es vielleicht die Objektorientierte Modellierung und der professionelle Umgang mit Rational Rose, die Ihr Asset und Ihr roter Faden sind. Arbeiten Sie ihn heraus!
Ohne geht’s nicht: Formales Eine Reihe von Formalien ist auch beim Lebenslauf zu beachten. Versehen Sie Ihren Lebenslauf in jedem Fall mit einem aktuellen Datum am Ende und unterschreiben Sie ihn, sofern Sie ihn in einer Papierversion versenden. Anderenfalls ist die Unterschrift entbehrlich. Im Fall einer Papierbewerbung versehen Sie ein Foto auf der Rückseite mit Ihrem Namen und Ihrer Adresse und setzen es auf Seite 1 Ihres Lebenslaufes. Bei einer Onlinebewerbung kommt ein gutes JPG an die entsprechende Stelle.
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In Zeiten des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) können Sie rein rechtlich gesehen auch auf das Foto verzichten – Personaler mögen es aber in der Regel sehr gern, wenn sie sich auch bereits vorab ein Bild vom Bewerber machen können, auch wenn sie gemäß AGG kein Foto mehr anfordern dürfen. Sie können hier also punkten. Näheres zum Thema »Foto« finden Sie im Abschnitt »Die leidigen Formalien – und etwas zur Sprache« auf Seite 150.
Gliederungsvorschlag Welche Fehler bei der Gestaltung von Lebensläufen häufig gemacht werden und wie Sie diese nicht nur vermeiden, sondern auch den Qualitätskriterien Übersichtlichkeit, Lückenlosigkeit und »Roter Faden« in Ihrem Lebenslauf Genüge tun können, zeige ich in den folgenden Unterkapiteln anhand der einzelnen Gliederungspunkte. In den meisten Fällen wird eine Aufteilung in folgende Abschnitte sinnvoll sein: • persönliche Daten • Ausbildungsdaten • Berufserfahrung • IT-Kenntnisse • sonstige Kenntnisse und Fähigkeiten • optional: sonstige Aktivitäten • optional: Hobbys • Datum und Unterschrift Doch dies ist kein Gesetz, und auch der sogenannte Europäische Lebenslauf hat sich noch nicht durchgesetzt – Sie dürfen individuelle Anpassungen in der Struktur vornehmen, sofern das Ihrer Vita entspricht und Ihre Eignung hervorhebt. Denken Sie dabei immer an die Qualitätskriterien der Personaler, vor allem an das der Übersichtlichkeit. Je weniger man hin- und herblättern muss, um Ihren Entwicklungsweg zu verfolgen, desto besser ist es. Worauf Sie bei den einzelnen Abschnitten achten sollten, beschreibe ich auf den folgenden Seiten.
Persönliche Daten: Schlank bleiben! Bei Ihren persönlichen Daten führen Sie auf: • Ihren Namen und Ihre Adresse • Ihre Telefonnummern, gerne auch die Mobiltelefonnummer, sowie Ihre E-MailAdresse.
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Sollten Sie während der Bewerbungszeit eingeschränkt erreichbar sein, zum Beispiel durch Urlaub, ist hier der Ort, dies zu vermerken, zum Beispiel wie folgt: Martin Mustermann Musterstraße 2 45678 Musterdorf Telefon: 012/32 45 56 zwischen 12. und 27. Juli nur erreichbar über Mobiltelefon 0171/34 56 78 99
• Geburtsdatum und Ort • Nationalität und Familienstand Gerade Frauen sind häufig unsicher, ob sie ihre Kinder erwähnen sollen, weil sie befürchten, als »unsichere Kandidatin« direkt aussortiert zu werden. Ich rate dazu, ehrlich zu sein. Ein Arbeitgeber, der Sie aussortieren würde, weil Sie Kinder haben, würde das in der Regel auch tun, wenn dieser Umstand im Vorstellungsgespräch angesprochen wird. Spielen Sie also von Anfang an mit offenen Karten und erwähnen Sie den Nachwuchs – wenn Ihre Kinder schon erwachsen sind, dürfen Sie das ebenfalls anführen. Bei Männern können Kinder sogar als Pluspunkt gewertet werden: Ein Familienvater, so will es jedenfalls das Vorurteil, wird eher kein Jobhopper sein. Rechts neben diesem Block findet ein Foto seinen Platz. Was hier nichts verloren hat: • Eltern und Geschwister: Diese Angaben interessieren allenfalls noch in einer Bewerbung um eine Ausbildungsstelle. • Religion: Eine Ausnahme bilden hier Tendenzbetriebe wie die Kirche, die verlangen dürfen, dass Bewerber einer bestimmten Konfession angehören. Dies wird dann aber in der Stellenanzeige explizit aufgeführt. • Nicknames und Künstlernamen, Parteizugehörigkeiten, Sternzeichen etc.
Was Sie gelernt haben: Ausbildungsdaten Dies ist der Platz für den Schulabschluss, die Ausbildung, das Studium sowie gegebenenfalls für relevante Weiterbildungen. Bitte erwähnen Sie, falls es aus dem Namen nicht unmittelbar hervorgeht, was für ein Unternehmen Ihr Ausbildungsbetrieb war – es macht einen Unterschied, ob man Fachinformatiker bei der IBM oder bei einer Anwaltskanzlei mit zehn Personen gelernt hat.
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Bei den Angaben zu Ihrem Studium können Sie gerne Vertiefungsrichtungen, Hauptfächer, Schwerpunkte, wichtige Seminararbeiten oder das Thema Ihrer Diplomarbeit nennen – sofern es einen Zusammenhang mit der angestrebten Stelle gibt und Ihre Eignung für die angestrebte Position sich damit belegen lässt. Auch Vollzeitkurse sind hier anzugeben – die Ausführlichkeit richtet sich nach der Stelle, für die Sie sich bewerben. Berufs- oder ausbildungsbegleitende Seminare sollten Sie nur dann angeben, wenn Sie damit einen klaren Bezug zur Stelle darlegen können. Bitte lesen Sie intensiv auch den folgenden Abschnitt »Berufserfahrung: Setzen Sie Schwerpunkte!«. Was hier nichts verloren hat: • Detaillierte Angaben zur Schulzeit: Die Grundschulzeit kann entfallen, ebenso wie Schulwechsel – eine Angabe wie »Fachabitur Informatik 1997, Note: 2,2« reicht völlig aus. Sie können anders verfahren, wenn Sie beispielsweise dokumentieren möchten, dass Sie auf dem zweiten Bildungsweg zu Ihrem Abitur gekommen sind und damit Ehrgeiz und Durchhaltevermögen gezeigt haben. • Weiterbildungen, die weder für Ihre jetzt angestrebte Stelle relevant sind, noch eine Seite von Ihnen zeigen, auf die Sie gerne hinweisen möchten.
Berufserfahrung: Setzen Sie Schwerpunkte! Bewerben Sie sich als Systemadministrator, sollten Sie Ihre letzte Position tendenziell ausführlicher beschreiben als in Beispiel 6-1 gezeigt. B E I S P I E L 6 - 1 . Zu knappe Tätigkeitsbeschreibung eines Administrators 2004-2006 Administrator, Fa. Müller, Stuttgart, Betreuung der Unix-Systeme
Hier bleiben einfach zu viele Fragen offen: • Von wann bis wann genau haben Sie dort gearbeitet? Es ergibt sich ein Unterschied von fast einem Jahr, je nach dem, ob Sie erst im Dezember 2004 dort angefangen und bereits im Januar 2006 wieder aufgehört haben, oder von Januar 2004 bis Ende Dezember 2006 angestellt waren • Was für ein Unternehmen ist die »Firma Müller«? Wie groß ist sie, welche Rechtsform hat sie? Auch wenn sich beide Unternehmen »Beratung« nennen könnten, wird in einer inhabergeführten Strategieberatungs-GmbH mit 300 Mitarbeitern ein anderes Klima herrschen als in einem Web 2.0-Startup von 30 Mitarbeitern, das als AG firmiert.
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• In was für einer Branche ist die »Firma Müller« tätig? Wenn Sie nicht gerade in einem DAX-Unternehmen tätig waren, gehen Sie bitte nicht davon aus, dass der Name des Unternehmens dem Leser ein Begriff sein wird. Auch bei der Besetzung einer Stelle in der IT ist es wichtig zu wissen, ob der Bewerber Erfahrung zum Beispiel mit Investment-Bankern als Usern gesammelt hat, bisher ausschließlich an einer Universität oder einem Forschungsinstitut tätig war oder seine Sporen in einem Baugeschäft oder einer Spedition verdient hat. • Was für Unix-Systeme wurden betreut? AIXen, Solaris-Server oder Linux-Maschinen? Oder gab es ein buntes Sammelsurium, vielleicht auch noch mit FreeBSD-Servern und SINIX dazwischen? Führen Sie es auf! • Wie groß waren die Installationen, die Sie administriert haben? Wie viele Server, wie viele Clients, wie viele User haben Sie betreut? • Und – ganz wichtig – worin genau bestand Ihre Aufgabe? Haben Sie Projekte durchgeführt? Worin genau bestand das Tagesgeschäft? Was gehörte noch zur Aufgabe dazu? All diese Fragen sind beantwortet in einer Darstellung wie in Beispiel 6-2. B E I S P I E L 6 - 2 . Ausführliche Tätigkeitsbeschreibung eines Systemadministrators 04/2004-12/2006
Systemadministrator, Müller GmbH & Co. KG (Werbeagentur), Stuttgart Umstellung der kompletten Serverlandschaft von Windows auf Linux Betrieb der Server unter Linux, HP-UX und AIX Rollout von OpenOffice auf 200 Clients Entwicklung von Schulungsunterlagen und Durchführung der Anwenderschulungen bundesweit Ausschreibung einer Storage-Lösung, Evaluierung der Angebote, Einführung der Lösung zusammen mit dem Anbieter 2nd Level-Support für die User-Hotline (200 User)
Seien Sie desto detaillierter, je relevanter die Tätigkeiten für die jetzt angestrebte Position sind, die Sie in der jeweiligen Stelle ausgeführt haben. Seien Sie umso knapper, je weniger relevant diese Tätigkeiten für die aktuelle Stelle sind. Bei einer Bewerbung als Entwickler dürften Sie also eine berufliche Station in der Systemadministration kürzer abhandeln (wenn auch nicht so kurz wie in Beispiel 1), bei einer Anstellung als Entwickler sieht es aber genau andersherum aus (siehe Beispiel 6-3). B E I S P I E L 6 - 3 . Zu knappe Tätigkeitsbeschreibung für die Bewerbung als Entwickler 2004-2006 Anwendungsentwickler JAVA, Mayer Bank
Solch eine Darstellung wirft mehr Fragen auf, als sie beantwortet. • Haben Sie Projekterfahrung, oder bestand Ihre Arbeit in reiner Wartung bestehender Anwendungen? • Haben Sie auch schon Anwendungen komplett neu entwickelt, oder nur bestehende erweitert?
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• Haben Sie Branchenfachkenntnisse erworben und können Sie mit einem Mitarbeiter der Fachabteilung sprechen? • Sind Sie ein reiner Coder, oder können Sie auch konzipieren? • Was ist mit dem »Drumherum« – wissen Sie, was der Unterschied zwischen einem Modul- und einem Integrationstest ist, wie man Testfälle definiert? Können Sie mit einem Versionskontrollsystem umgehen und dokumentieren Sie Ihre Arbeit? Beispiel 6-4 ist da informativer. B E I S P I E L 6 - 4 . Ausführliche Tätigkeitsbeschreibung für die Bewerbung als Anwendungsentwickler 04/2004-12/2006
Entwickler, Mayer-Bank AG, Berlin Mitarbeit an diversen Projekten, unter anderem: »Kontokorrent Aktiv« – Neuentwicklung der Girokonto-Anwendung Erweiterung einer Engine für die Zinsswap-Abwicklung für exotische Derivate Entwicklung von Anwendungen in Java und PHP Mitarbeit an Migrationskonzepten und Technischen Grobkonzepten Testkonzeption nach Äquivalenzklassenmethode, Testdurchführung Dokumentation in Rational Rose Verfassen von Benutzermanuals in deutscher und teils englischer Sprache
Nebentätigkeiten Bei Nebentätigkeiten haben Sie die Wahl: Wenn Sie damit Berufserfahrung im angestrebten Job nachweisen können, haben Sie die Möglichkeit, sie anzugeben. Verhält es sich andersherum, also befürchten Sie von der Angabe Ihrer Nebentätigkeiten eher einen negativen Einfluss auf das Gesamtbild Ihres beruflichen Profils, können Sie sie auch weglassen. Entscheidend ist, dass jedem Abschnitt Ihres Lebens seit dem Schulabschluss mindestens eine Tätigkeit zugeordnet ist. Sie müssen aber nicht angeben, dass Sie neben Ihrer Ausbildung als Fachinformatiker noch in der Produktion gejobbt oder während des Studiums gekellnert haben, wenn Sie das nicht möchten.
IT-Kenntnisse: Bitte lesergerecht aufbereiten Bitte gehen Sie davon aus, dass der Erstleser Ihrer Bewerbung sehr häufig keine Ahnung hat: Er kennt Sie nicht, und er kennt sich nicht besonders gut in der IT-Branche aus. Vieles von dem, was für Sie selbstverständlich ist, ist es für ihn absolut nicht. Die Erstsichtung von Bewerbungsunterlagen, besonders wenn es um eine Stelle geht, auf die Hunderte von Bewerbungen eingehen, ist eine undankbare Aufgabe und wird gerne einmal dem Praktikanten oder der Aushilfe überlassen. Dieser bedauernswerte Mitarbeiter bekommt eine Checkliste mit den »Must Haves« an die Hand, und diese Checkliste hakt er ab – was auch bedeutet, dass er aussortiert, wenn ein entscheidendes Kriterium nicht zu finden ist.
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So kann es vorkommen, dass eine Bewerbung, in der Debian-, Red Hat- und Suse-Kenntnisse aufgeführt sind, aussortiert wird: Der Praktikant hat das Stichwort »Linux« gesucht – und das taucht nicht auf. Oder es wird jemand mit »langjährigen Unix-Erfahrungen« gesucht – aber der Bewerber mit den Erfahrungen in AIX, Solaris und HP-UX wird nicht als solcher erkannt. Natürlich können Sie sich nun über den fehlenden Sachverstand ärgern – oder dafür sorgen, dass er Ihnen nicht schadet. Meine Empfehlung: Bereiten Sie die IT-Kenntnisse »idiotensicher« auf. Achten Sie auf die Stichworte, die in der Stellenanzeige genannt werden, und nehmen Sie sie in Ihrem Lebenslauf auf. Diese Aufzählung der IT-Kenntnisse eines Systemadministrators ist zu dünn: EDV-Kenntnisse: Unix, Linux, MS-Office, Netzwerk
Besser ist eine detailliertere Darstellung, zum Beispiel so: Unix: AIX, HP-UX, Solaris (5 Jahre)
oder Linux: Erfahrungen mit diversen Distributionen, vor allem mit Debian (8 Jahre) und Ubuntu (2 Jahre)
Machen Sie es dem Leser und sich selbst leicht, indem Sie Ihre IT-Kompetenzen strukturieren und auch genauer spezifizieren, wie gut Ihre Kenntnisse sind. Eine ungeordnete Anhäufung von Three Letter Acronyms (TLAs) wie hier kann erschlagen: IT-Kenntnisse: MVS, VAX, VMS, FreeBSD, DB2, SADT, TCP/IP, SMTP, POP3, IMAP, UML, SADT, HTTP, PHP, C, C++, tcl/tk, perl, HTML, XML, CSS, PL/2, SQL, JCL, TSO/ISPF, yacc, sed, awk, bash, exim, PGP, TeX/LaTeX,
Viel besser liest sich das strukturiert und spezifiziert nach der Tiefe Ihrer Kenntnisse oder der Dauer Ihrer Erfahrungen: Betriebssysteme: Linux (Debian, Suse): 5 Jahre FreeBSD, NetBSD: 2 Jahre Datenbanken: PostgreSQL, MySQL, DB2
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Programmiersprachen: C, C++, Java: sehr gute Kenntnisse PHP und tcl/tk: Grundkenntnisse Methoden: SADT, UML etc.
Sonstige Kenntnisse und Fähigkeiten: Klug auswählen und strukturiert darstellen Gehen Sie ähnlich vor, wenn Sie Ihre Sprachkenntnisse darstellen. Eine Differenzierung zum Beispiel nach Muttersprache – verhandlungssichere Kenntnisse – sehr gute Kenntnisse – gute Kenntnisse – Grundkenntnisse ist sinnvoll. Hilfreich ist auch, wenn Sie angeben, woher Sie Ihre Kenntnisse haben, zum Beispiel mit »Schulkenntnisse« oder »dreijähriger Aufenthalt in Australien«. Die Frage, ab wann man davon sprechen kann, eine Fremdsprache »sehr gut« oder »verhandlungssicher« zu beherrschen, ist nicht eindeutig zu beantworten. Generell sollten Sie bei verhandlungssicheren Sprachkenntnissen ohne Stocken und Zögern ihre Argumente vorbringen und auf Gegenargumente antworten können, allgemein eine Diskussion ähnlich gewandt und schlagfertig führen können wie in Ihrer Muttersprache. Als weitere Anhaltspunkte können folgende Kriterien dienen. Sehr gute Kenntnisse haben Sie, wenn Sie in der Fremdsprache • Ironie, Sticheleien, Wortspiele und Anspielungen bei anderen erkennen • unterschiedliche Stilniveaus und Nuancen bei anderen erkennen • im Englischen: wenn Sie eine Ablehnung ausdrücken können, ohne »no« oder »not« zu verwenden Sie sprechen verhandlungssicher, wenn Sie • Ironie, Sticheleien, Wortspiele und Anspielungen selbst ausdrücken können • unterschiedliche Stilniveaus und Nuancen selbst ausdrücken können Besonders, wenn Sie einen ausländischen (oder ausländisch klingenden) Namen und/oder einen Geburtsort im nicht-deutschsprachigen Ausland haben, sollten Sie explizit »Deutsch: Muttersprache« vermerken, wenn dies der Fall ist. Erwähnenswert sind übrigens nur die Kenntnisse von Sprachen, in denen Sie – überraschend im Vorstellungsgespräch darin angesprochen – wenigstens ein paar Sätze wechseln können.
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An dieser Stelle ist außerdem Platz für Führerscheine, Ausbilderscheine und was Sie noch an Qualifikationen haben mögen, die bisher nicht aufgetaucht sind und die einen Bezug zur Tätigkeit haben. Natürlich steht es Ihnen frei, auch mit einer Qualifikation auf eine Seite an Ihnen hinzuweisen, die nicht unmittelbar mit Ihrem Job zu tun hat, aber auf Qualitäten hinweist, die Sie auch im Job einsetzen können. Eine Aufzählung von Fähigkeiten wie Kreativität, Teamfähigkeit, rasche Auffassungsgabe etc. ist im Lebenslauf fehl am Platz – sie können allenfalls sehr wohldosiert im Anschreiben angesprochen werden. Wirklich gefordert sind Sie aber erst als Antwort auf die Frage nach Ihren Stärken im Vorstellungsgespräch.
Die Kür: Sonstige Aktivitäten Sie sind in der lokalen Linux User Group aktiv? Sie sitzen im Organisationskomitee eines Fachkongresses oder halten regelmäßig Vorträge? Sie haben bereits in Fachzeitschriften veröffentlicht oder gar ein Buch geschrieben? Sie kümmern sich in Ihrer Freizeit um behinderte Kinder oder sind Ehrenamtlicher beim Roten Kreuz? Widmen Sie diesen Aktivitäten eine eigene Rubrik und führen Sie auf, was entweder • Ihre Qualifikation für die angestrebte Stelle unterstreicht oder • eine andere Seite von Ihnen zeigt, die Sie unterstreichen möchten
»Und was machen Sie sonst so?« – Hobbys Hobbys müssen Sie nicht, dürfen Sie aber aufführen, wenn Sie mögen – aber bitte bedenken Sie auch, was Sie mit einer Aufzählung wie der folgenden für ein Bild von sich zeichnen: Hobbys: SF und Fantasy-Literatur, LARP, Geocaching, DVDs (Star Trek, v.a. TNG), Programmieren, Usenet, Modellbau
Bei einer solchen Anzahl von Hobbys könnte leicht der Verdacht aufkommen, dass Ihre Freizeit Ihre Zeit und Energie sehr in Anspruch nimmt. Außerdem sind die Hobbys geradezu klischeehaft einseitig. Ich empfehle daher: Bitte erwähnen Sie nur zwei oder drei Dinge – und wenn etwas dabei ist, wovon Sie guten Gewissens sagen können, dass Sie es auch gerne tun und das einen etwas anderen Aspekt Ihrer Persönlichkeit zeigt, bringen Sie es hinein, denn Hobbys: SF-Literatur, Standardtanz, Geocaching
wirkt doch bereits viel verträglicher.
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»Macken« geschickt darstellen Irgendwelche kleineren oder größeren Problemzonen hat jeder im Lebenslauf – die Frage ist, wie Sie damit umgehen. Ich rate dringend zu Ehrlichkeit – wenn Sie hier tricksen, können Sie unter Umständen noch Jahre nach einer erfolgreichen Einstellung allein aus diesem Grund gekündigt werden. Schreiben Sie wahrheitsgemäß, was Sie getan haben – eine Auszeit von einigen Monaten oder einem Jahr, zum Beispiel um eine lange Reise zu machen, wird zunehmend akzeptierter, gerade wenn es zum Beispiel nach einem Studien- oder Schulabschluss ist. Aber auch ein »Sabbatical« mitten im Berufsleben ist nichts allzu Außergewöhnliches mehr.
Lücken im Lebenslauf Auch vorübergehende Arbeitslosigkeit ist mittlerweile auch für IT-Mitarbeiter »standesgemäß« geworden – erwähnen Sie sie, ohne dabei Verrenkungen zu begehen. Fantasievolle Umschreibungen wie etwa »bewerbungsaktiv« ändern daran nichts. Erwähnen Sie aber auch, wenn Sie in solch einer Phase etwas für Ihre Weiterbildung getan haben, ehrenamtliche Aufgaben übernommen haben oder zum Beispiel in der Open Source-Community tätig waren. Den Grund Ihrer Arbeitslosigkeit können Sie ganz knapp angeben etwa wie in Beispiel 6-5 gezeigt. B E I S P I E L 6 - 5 . Darstellung einer Lücke im Lebenslauf 04/2005-04/2006
05/2006-10/2006
Junior Consultant, Schmidt & Partner GmbH (IT-Beratung) Erarbeitung von Machbarkeitsstudien im Bereich IT-Strategie Prozessanalyse und -design Einführung eines Dokumentenmanagement-Systems bei einer Versicherung Arbeitssuchend nach betriebsbedingter Kündigung durch Arbeitgeber Mitarbeit im OpenSource-Projekt »LX-Office«, Mitarbeit an der Entwicklung des ERP-Moduls Weiterbildung im Bereich Content Management-Systeme (v.a. Typo3)
Bitte bleiben Sie aber knapp und neutral – eine Geschichte, wie Sie mit falschen Versprechungen geködert und dann enttäuscht wurden, hat im Lebenslauf nichts verloren, auch wenn es der Wahrheit entsprechen mag. Kam es zu einem schnellen Wechsel, weil die berühmte »Chemie nicht gestimmt hat«, können Sie darauf in einem Vorstellungsgespräch eingehen – Sie werden mit Gewissheit danach gefragt werden.
Kurze Verweildauern Dass bei Festangestellten der Dauer der jeweiligen Berufsstationen besondere Aufmerksamkeit gilt, ist kein Geheimnis. Wer bereits in jungen Jahren oder mehrfach nacheinander Anstellungen aufführt, bei denen er weniger als zwei Jahre angestellt war, läuft Gefahr, entweder als flatterhaft aussortiert oder spätestens im Vorstellungsgespräch
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zu dieser Unstetigkeit befragt zu werden, je nachdem, wie viele Mitbewerber sich auf die aktuelle Stelle bewerben. Auch sehr kurze Anstellungszeiträume sollten Sie dennoch selbstbewusst vertreten. Waren es betriebsbedingte Kündigungen, Insolvenzen oder andere Umstände, auf die Sie keinen Einfluss hatten, dann können Sie ähnlich verfahren wie bei Zeiten der Arbeitslosigkeit – geben Sie einen kurzen Hinweis auf den Grund für das Ende des Arbeitsverhältnisses (zum Beispiel »Einstellung der Geschäftstätigkeit meines Arbeitgebers durch Insolvenz«). Wenn das Unternehmen, in dem Sie tätig waren, im Laufe Ihrer Zugehörigkeit – womöglich sogar mehrfach – umfirmiert oder fusioniert hat oder aufgekauft wurde, sollten Sie dies im Lebenslauf kenntlich machen (siehe Beispiel 6-6). B E I S P I E L 6 - 6 . Ungünstige Darstellung von Umfirmierungen 01/2000-06/2000
Xlink GmbH, Karlsruhe
07/2000-12/2000
[...] KPNQwest, Karlsruhe [...]
So kann für den unbedarften Leser der Eindruck entstehen, dass Sie zweimal nacheinander in der Probezeit das Handtuch geworfen haben oder »gegangen wurden«. Nicht jeder hat die Fusionen und Übernahmen zum Beispiel in der New Economy verfolgt oder gar noch nach Jahren parat! Besser ist daher die Lösung, die Sie in Beispiel 6-7 sehen. B E I S P I E L 6 - 7 . Günstige Darstellung von Umfirmierungen 01/2000-12/2000
Xlink GmbH, später KPNQWest, Karlsruhe [...]
Oder auch eine Lösung wie in Beispiel 6-8. B E I S P I E L 6 - 8 . Eine weitere Möglichkeit zur Darstellung von Umfirmierungen 01/2000-12/2000
KPNQWest, (vormals Xlink GmbH), Karlsruhe [...]
Bei Phasen als freier Mitarbeiter ist Langfristigkeit kein ganz so kritischer Faktor – aber auch hier wird der Personaler einen Blick darauf haben, ob jemand bei einem Auftraggeber mehrfach Projekte durchgeführt hat, denn das weist darauf hin, dass gute Arbeit geleistet wurde. Arbeiten Sie diesen Vorteil heraus!
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Checkliste für einen optimalen Lebenslauf • Ist der Lebenslauf übersichtlich? Erkennt man ohne Blättern und Rechnen, wie Sie sich beruflich entwickelt haben? • Ist der Lebenslauf konsistent? Ist Gleiches gleich und Unterschiedliches unterschiedlich benannt? • Ist der Lebenslauf lückenlos? Ist für jeden Zeitraum dokumentiert, was Sie in dieser Zeit getan haben? • Ist ein roter Faden erkennbar? Sieht man die Gemeinsamkeiten in ihren bisherigen Tätigkeiten? • Gibt es ein ansprechendes Foto? • Ist die vollständige Adresse enthalten? • Sind E-Mail-Adresse und Telefonnummern vorhanden? • Gibt es Angaben zu Geburtsdatum und -ort sowie zu Nationalität und Familienstand? • Sind diejenigen Stationen in Ausbildung und Beruf detailliert beschrieben, die Ihre Eignung für die aktuelle Stelle belegen? Im Einzelnen: • Sind die Zeitabschnitte monatsgenau aufgeführt? • Wird klar, was der jeweilige Arbeitgeber für ein Unternehmen war? Werden die Branche und Rechtsform angegeben? • Ist die Systemumgebung ausreichend genau spezifiziert? • Haben Sie Angaben über Größenordnungen gemacht (Anzahl Server, Clients, betreute User)? • Sind Ihre Aufgaben hinreichend spezifiziert? • Sind Stationen, die nicht unmittelbar für die aktuell angestrebte Stelle relevant sind, knapper dargestellt? • Sind Ihre IT-Kenntnisse in Kategorien übersichtlich gegliedert? • Ist Ihr jeweiliger Kenntnis- und Erfahrungsstand spezifiziert? • Sind Ihre Sprachkenntnisse aufgeführt und spezifiziert? • Haben Sie sonstige Kenntnisse und Fähigkeiten aufgeführt? • Tauchen Ihre relevanten Vereins- und Gremientätigkeiten auf? • Sind Ihre relevanten Vorträge und Publikationen genannt? • Zeichnen die Hobbys, die Sie aufzählen, ein Bild von Ihnen, das Ihnen gefällt? Im Falle einer Papierbewerbung: • Ist das Foto auf der Rückseite mit Ihrem Namen und Ihrer Anschrift versehen? • Ist der Lebenslauf unterschrieben und mit aktuellem Datum versehen?
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»Dritte Seite« – vergessen Sie's! »Kompetenzprofil«, »Was Sie sonst noch über mich wissen sollten« – das sind die Überschriften, die gerne verwendet werden bei dem, was bei Personalern und Personalberatern als die berüchtigte »Dritte Seite« bekannt ist. Ja, Sie haben richtig gelesen: Die weit überwiegende Mehrheit derjenigen, die Bewerbungen empfangen, finden eine dritte Seite, auf der Bewerber nochmals in blumigen Worten ihre Ziele, ihre Soft Skills oder Sonstiges über sich darstellen, bestenfalls überflüssig, schlimmstenfalls nervig. In der Regel wird hier nichts Neues gesagt, nichts aufgeführt, was in einem gut gemachten Lebenslauf und einem ansprechenden Anschreiben nicht bereits enthalten wäre. Die einzige Information, die zuverlässig ablesbar ist: Der Bewerber hat einen Bewerbungsratgeber gelesen – oder von einem Kollegen abgeschrieben, der es hat. Was man für das Unternehmen tun möchte, sollte im Bewerbungsanschreiben stehen, was man kann, im Lebenslauf – und wer man ist, zeigt sich dann im Vorstellungsgespräch, zumindest in einem Ausschnitt. Daher mein Rat: Eine »Dritte Seite« brauchen Sie nicht – investieren Sie lieber in gute Recherche, einen klar strukturierten und aussagekräftigen Lebenslauf, ein treffsicheres Anschreiben. Es gibt aber noch ein weiteres Dokument, das Sie als IT-Mitarbeiter brauchen könnten, besonders dann, wenn Sie als Freelancer arbeiten oder als Angestellter im Projektgeschäft tätig sind: das sogenannte IT- oder Projektprofil. Wie so etwas aussehen kann und inwiefern sich ein IT-Profil von einem Lebenslauf unterscheidet, das lesen Sie im folgenden Abschnitt.
IT-Profil – oder: Wie stelle ich Projekterfahrungen sinnvoll dar? Ein IT- oder Projektprofil wird besonders im Projektgeschäft verlangt und verwendet, speziell bei Freelancern, die für Bodyleaser tätig werden. Es gelten ähnliche Gestaltungsregeln wie bei den sonstigen Bewerbungsunterlagen: Ganz besonders die IT-Kenntnisse inklusive der Dauer der Erfahrung mit den jeweiligen Produkten und Methoden muss der Leser sofort erkennen können, und das Profil sollte auf die jeweilige Bewerbung abgestimmt sein.
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Sie haben aber mehr Gestaltungsfreiraum und sind nicht an die chronologische Reihenfolge gebunden. Sie können auch andere Sortierkriterien wählen, zum Beispiel »Projekte als Projektleiter« vs. »Projekte mit Oracle« oder eine Kategorisierung nach Branchen oder nach Rollout-Projekten vs. Anwendungsentwicklungsprojekte, oder was auch immer Ihnen sinnvoll erscheint. Aber: Kontinuität ist auch hier ein Plus, und wenn ein Kunde jemanden mehrfach in Projekten eingesetzt hat, ist das ein klares Verkaufsargument, das Sie auch betonen sollten. Bewährt hat sich für die Darstellung der durchgeführten Projekte die Struktur, die Sie in Beispiel 6-9 sehen. B E I S P I E L 6 - 9 . Station im IT-Profil 01/2004-12/2004
Maschinenbauunternehmen, Köln: Einführung eines CMS für Internetauftritt und Intranet Projektleitung (3 MA) Analyse der Benutzeranforderungen Toolevaluierung verschiedener CMS und Teststellung Planung und Durchführung der Einführung von Typo3 Migration vorhandener Seiten in das CMS Dokumentation Benutzerschulungen Systemumgebung: Typo3, Linux, Perl-Script, Dokumentation mit OpenOffice
Führen Sie auf: Dauer des Projekts Dies erlaubt eine Einschätzung, wie viel Erfahrung Sie mit der jeweiligen Systemumgebung sammeln konnten. Auftraggeber/Kunde Besonders, wenn Sie als Freelancer Ihr Profil bei Bodyleasern einreichen, kann es sinnvoll sein, die Unternehmen, in denen Sie gearbeitet haben, zu anonymisieren und nur die Branche zu nennen. Die Namen der Unternehmen können Sie auf Nachfrage dann im Gespräch nennen. Projektbeschreibung Geben Sie hier an, um was es im Gesamtprojekt ging – was war das Ziel? Gerne können Sie hier Angaben zu Größenordnungen machen, zum Beispiel die Anzahl der User, die Ihre Anwendung nutzen oder Ähnliches. Rolle im Projekt Nennen Sie hier Ihre offizielle Rolle im Projekt; wenn Sie Projekt- oder Teilprojektverantwortung hatten, auch die Anzahl der von Ihnen geführten Mitarbeiter, die Höhe des Projektbudgets oder die Anzahl Personentage oder -jahre.
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Aufgaben Gehen Sie auf Ihre Aufgaben ein – was haben Sie in den verschiedenen Projektphasen getan? Gehen Sie die Projektphasen durch und führen Sie auf, was Sie geleistet haben – auch hier können Sie natürlich, je nach Zweck, für den Sie das Profil erstellen, mittels unterschiedlicher Detaillierungstiefe Schwerpunkte setzen. Bitte gehen Sie auch auf das ein, was Ihnen als Randthema erscheinen mag: für einen Arbeitgeber ist es durchaus wichtig zu wissen, ob Sie imstande sind, eine Dokumentation in englischer Sprache zu erstellen oder ob Sie schon einmal ein Testkonzept geschrieben haben. Systemumgebung Geben Sie an, in welcher technischen Landschaft Sie sich während des Projektes bewegt haben. Seien Sie sorgfältig bei der Darstellung Ihrer IT-Kenntnisse – ähnlich wie bei einem Lebenslauf sollten Sie die Kenntnisse sinnvoll gliedern, zum Beispiel wie folgt: • Hardware • Betriebssysteme • Datenbanken • Programmiersprachen • Anwendungssoftware • systemnahe Software/Tools • Methoden • Zertifizierungen Das fertige Profil könnte für einen Generalisten mit Großrechnererfahrung dann zum Beispiel so aussehen, wie in Abbildung 6-4 gezeigt.
Zeugnisse – keine wissenschaftliche Arbeit, bitte! Bitte denken Sie daran: Sie erstellen keine wissenschaftliche Arbeit, Sie müssen nicht alles, was Sie behaupten, auch belegen. Wenn also nicht ausdrücklich etwas anderes verlangt wird, sondern das Unternehmen eine »aussagekräftige« Bewerbung anfordert, dann schicken Sie bitte nicht die Gesamtheit aller vorhandenen Zeugnisse mit. Beschränken Sie sich auf das, was im konkreten Fall Ihre Eignung für den angestrebten Job zeigt. In Abhängigkeit von Ihrem Lebensalter und Ihrer Berufserfahrung sind das • das Zeugnis des letzten Arbeitgebers, • Zeugnisse weiterer Arbeitgeber und • Ihr Diplom- oder Ausbildungszeugnis.
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A b b i l d u n g 6 - 4 : Beispielprofil
Auch Zeugnisse von Weiterbildungen, Seminaren und Praktika schicken Sie bitte nur dann mit, wenn sie Bezug zum angestrebten Job haben. Das Abitur- oder andere Schulzeugnisse sind entbehrlich, wenn Sie sich nicht gerade für eine Ausbildung oder den allerersten Job nach dem Studium bewerben. Ein Arbeitgeber – zum Beispiel aus dem öffentlichen Dienst –, der etwas davon dennoch braucht, wird die Unterlagen von Ihnen explizit anfordern. Es folgen einige Faustregeln, die Sie sich merken können. Faktoren, die für das Beifügen eines Zeugnisses sprechen: • Das Zeugnis ist jüngeren Datums. • Sie selbst sind jüngeren Datums.
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• Das Zeugnis ist relevant für die angestrebte Stelle. • Sie haben wenige andere Zeugnisse oder für einen bestimmten Zeitraum in Ihrem Lebenslauf sonst gar keines. • Das Zeugnis bezieht sich auf einen längeren Zeitraum (zum Beispiel Abschluss eines Studiums). Faktoren, die gegen das Beifügen eines Zeugnisses sprechen: • Das Zeugnis bezieht sich auf eine Tätigkeit, die länger her ist. • Das Zeugnis ist nicht relevant für die angestrebte Stelle. • Sie haben viele andere Zeugnisse. • Das Zeugnis bezieht sich auf einen kürzeren Zeitraum (zum Beispiel sollten Sie ein Zeugnis über eine eintägige Produktschulung nur im Ausnahmefall beilegen, wenn Sie damit eine ganz spezielle Aussage machen wollen). Was überhaupt nicht in eine Bewerbungsmappe gehört: • Ergebnisse von Psychotests und sogenannten »Self-Assessments« • Adresslisten von Unternehmen, bei denen Sie tätig waren • Projektbeschreibungen, die viel länger sind als im Beispielprofil dargestellt • Querverweise (»Bitte lesen Sie die Sektion 4.3 auf Seite 6 für eine detailliertere Darstellung. Anschrift im Anhang A 2.7 auf Seite vii«) Generell gilt: Bitte schreiben Sie keine Doktorarbeit! Dass Sie bestimmte Kenntnisse haben, müssen Sie nicht unbedingt mit einem Zertifikat beweisen, wenn nicht explizit danach verlangt wird. Auch dass Sie vor zwölf Jahren im Unternehmen X gearbeitet haben, werden Ihre potenziellen künftigen Arbeitgeber Ihnen zunächst einmal glauben, sofern nicht im Laufe des Kennenlernens ein Detail auftaucht, das dagegen spricht. Dennoch müssen Sie damit rechnen, dass der eine oder andere Personalchef oder ITEntscheider sich an ehemalige Kollegen oder alte Bekannte erinnern und einen Anruf in Ihrem ehemaligen Unternehmen machen wird. Und denken Sie noch nicht einmal daran, etwas an Ihren Zeugnissen zu modifizieren oder zu »frisieren« – sollte sich herausstellen, dass Sie aufgrund unrichtiger Angaben eingestellt wurden, kann dies auch noch nach Jahren eine Kündigung rechtfertigen. Wenn Sie bei dreißig Seiten plus Inhaltsverzeichnis plus Fußnoten plus Abkürzungsverzeichnis angelangt sind, sind Sie bereits weit über das hinausgeschossen, was für eine Bewerbung akzeptabel ist. Der übliche Personaler hat nicht die Zeit, sich länger als wenige Minuten mit Ihren Unterlagen zu befassen, um zu entscheiden, ob er Sie zum Vorstellungsgespräch einladen soll.
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ARBEITSZEUGNISSE UND DIE BERÜCHTIGTE ZEUGNISSPRACHE Arbeitszeugnisse sind ein Thema für sich, das ganze Regalreihen in den Buchhandlungen füllt – daher hier nur einige wichtige Anhaltspunkte und Hinweise: • Ihnen steht für jede geleistete Tätigkeit als Arbeitnehmer ein qualifiziertes Arbeitszeugnis zu – fordern Sie es spätestens bei der Kündigung einer Position als Abschlusszeugnis an (zum sinnvollen Vorgehen bei Kündigungen siehe »Die Stunde der Wahrheit« auf Seite 241). Falls es nicht kurzfristig geliefert werden sollte, schieben Sie eine Erinnerungsmail oder ein entsprechendes Telefonat nicht auf die lange Bank – wenn drei Jahre ins Land gegangen sind, ist Ihr Anspruch verfallen; wenn der Tarifvertrag etwas anderes vorsieht, auch schon früher. • Sollte Ihr Vorgesetzter wechseln, Sie eine neue Aufgabe übernehmen oder allgemein das Unternehmen umfirmieren oder umstrukturiert werden, kann die Ausstellung eines Zwischenzeugnisses sinnvoll sein. Auch in diesem Falle haben Sie ein Anrecht auf eine Beurteilung – bedenken Sie aber, dass ein Zwischenzeugnis auch ein Signal sein kann, dass Sie wechseln möchten. Machen Sie sich also darauf gefasst, dass man Sie darauf anspricht oder in den Wochen nach Erteilung genauer beobachtet, Ihr Vorgesetzter das Gespräch mit Ihnen sucht.
WIE FUNKTIONIEREN REFERENZEN? Wenn Sie sich im Ausland bewerben, werden oft explizit Referenzen angefordert. Oder auch, wenn Sie von einer Selbstständigkeit oder einiger Zeit als Freelancer wieder in eine Anstellung wechseln wollen, können Ihnen Referenzen gute Dienste leisten, denn aus Ihrer Zeit als Selbstständiger haben Sie normalerweise keine Arbeitszeugnisse. Wie funktioniert nun eine Referenz? Es geht kurz gesagt darum, einen Ansprechpartner aus Ihrer bisherigen beruflichen Vita zu benennen, der über Sie – natürlich möglichst positiv – Auskunft geben kann. • Je höher in der Hierarchie und je näher an der Gegenwart der Zeitraum liegt, um so besser. • Nennen Sie keine Referenz, ohne mit demjenigen gesprochen zu haben, der sie geben soll und ihn informiert zu haben, wer ihn da möglicherweise in welcher Angelegenheit anrufen wird. • Es versteht sich von selbst, dass Sie nur Personen als Referenz nennen sollten, von denen Sie wissen, dass sie Ihre Arbeit und Ihre Persönlichkeit schätzen.
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• In einer Bewerbung führen Sie Ihre Referenzen auf einem eigenen Blatt auf und geben dort jeweils Namen, Funktion, Kontaktdaten an, zum Beispiel so: Frank Mustermann, Leiter Rechenzentrum, Kommunales Gebietsrechenzentrum Kassel, Telefon: 0561/17 18 19 20, Mailadresse:
[email protected]
• Hat der Ansprechpartner inzwischen das Unternehmen gewechselt, geben Sie dies an, oder vermerken Sie – natürlich nur in Absprache – die privaten Kontaktdaten, etwa wie folgt: Elke Schulte, ehemals Abteilungsleiterin Customer Service bei der Müller Privatbank AG, Telefon privat: 089/23 34 45, Mailadresse:
[email protected]
Die leidigen Formalien – und etwas zur Sprache Wegen formaler Schnitzer alleine wird kaum jemand eine Bewerbung zurückgehen lassen, aber insgesamt können Sie einen unprofessionellen Eindruck hinterlassen. Achten Sie auch bei den Formalien auf einen guten Standard, damit Sie es sich nicht unnötig schwer machen.
Foto Bitte investieren Sie in ein angenehmes und halbwegs schmeichelhaftes Foto. So etwas gibt es nicht im Passbildautomaten, auch nicht einfach so von dem Freund mit der neuen hochauflösenden Digitalkamera. Lassen Sie einen Profi ran. Sie wollen ja auch nicht, dass sich die Putzfrau ums Backup kümmert. Oder gar ums Restore. Um einen guten Fotografen zu finden, hören Sie sich im Freundeskreis um – oder schauen Sie in einem Netzwerk wie zum Beispiel Xing, wessen Foto Ihnen gefällt und fragen Sie nach dem Fotografen. Keine falsche Scheu, denken Sie daran: Menschen helfen gerne, und wenn es durch so etwas Einfaches zu bewerkstelligen ist, wie das Nennen eines Namens und vielleicht noch eines Links, wird kaum einer Ihnen die Bitte abschlagen. Bitte tragen Sie keine »Geekshirts« – es sei denn, Sie bewerben sich bei mindshirts.de. Lassen Sie sich in einem Outfit fotografieren, das Sie auch zum Vorstellungsgespräch tragen würden, dann können Sie wenig falsch machen. Ein professioneller Fotograf fragt Sie, auf welche Stelle Sie sich bewerben wollen und gibt Ihnen Tipps für die dazu passende Kleidung. Als Mann nehmen Sie daher zu einem Fototermin mindestens mehrere Krawatten und Hemden mit.
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Frauen haben noch mehr Auswahl und sollten Tücher, Ohrringe, Haarklammern, Jacken, Blusen etc. zum Variieren nutzen. Für diese Gelegenheit sollten Sie übrigens unbedingt Make-up, speziell Lippenstift in Erwägung ziehen, auch wenn Sie sonst keines verwenden – der Effekt ist spektakulär. Ein Profifotograf ist nicht billig, aber die Investition lohnt sich. Lassen Sie sich außer den Papier-Abzügen auch eine Datei mit der digitalen Version der Bilder aushändigen – Sie können sie dann für Mailbewerbungen verwenden.
WOHER BEKOMME ICH GUTE FOTOS? Zunächst einmal: Woher bekommen Sie sie nicht? Nicht aus dem Automaten, nicht aus der Passbildkabine bei der Drogerie um die Ecke, und auch nicht aus dem Bildbearbeitungsprogramm auf Ihrem PC. Nehmen Sie etwas Geld in die Hand und gehen Sie zu jemandem, der sich wenigstens eine halbe Stunde Zeit für Sie nimmt. Bitte beachten Sie folgende Punkte: • Wenn Sie keinen guten Fotografen kennen, hören Sie sich in Ihrem Bekanntenkreis um oder nutzen Sie ganz einfach Plattformen wie Xing, um sich jemanden empfehlen zu lassen. Noch einfacher ist aber natürlich, Sie schauen sich einfach einige Fotos durch und notieren sich diejenigen, die Ihnen gut gefallen. Wenn Sie dann nachfragen, wer der Fotograf war, stellt sich oft genug heraus, dass Sie eine ganz bestimmte Handschrift erkannt haben. • Seriöse Kleidung ist angesagt – in etwa das, was Sie auch bei einem Bewerbungsgespräch tragen würden. Das bedeutet fast immer: Männer tragen Sakko und Krawatte, Frauen einen Blazer. Tiefe Dekolletés oder ärmellose Tops sind unangebracht. Näheres dazu lesen Sie in Kapitel 7. • Für die Frauen: Vermeiden Sie grelles Make-up oder auffällige Ohrringe – aber etwas Lippenstift lässt Sie weniger blass erscheinen und macht sich gut. • Ein freundliches Lächeln ist immer angebracht – ein guter Fotograf weiß, wie er Ihnen ein natürliches Strahlen auf die Lippen zaubert. • Egal wie gut Sie sich darauf gefallen: Ein Ausschnitt aus einem Familienfoto oder ein Schnappschuss aus dem Urlaub eignet sich nicht für Ihre Bewerbung.
Sprache, Orthografie und Interpunktion Wenn Sie jetzt sagen, dass Sie sich als Systemadministrator, als IT-Manager, als Entwickler bewerben und nicht als Journalist – dann haben Sie natürlich recht. Dennoch müssen Sie
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auch in der IT einen Mindeststandard einhalten, um nicht negativ aufzufallen, zum Beispiel, wenn es um Dokumentation geht. Wenn Sie mit Anwendern Anforderungen definieren, müssen Sie sprachlich sogar sehr präzise arbeiten. Doch egal, als was Sie sich auch bewerben: Überprüfen Sie Ihre Wortwahl und Ihren Satzbau – natürlich sollten Sie nicht zu flapsig formulieren, aber auch sehr gestelzte Wortwahl und verschachtelter Satzbau kommen nicht gut an. Überlegen Sie bei jedem Satz, ob Sie auch einfacher hätten formulieren können, lassen Sie Füllwörter weg und kommen Sie auf den Punkt. Umständlich und ein wenig gestelzt klingt folgender Absatz: Aufgrund meiner langjährigen Erfahrungen im Bereich Network und Server Security, die ich bei einem IT-Beratungshaus sammeln durfte und bei denen ich meine sehr schnelle Auffassungsgabe beweisen und weiterentwickeln durfte, empfehle ich mich in besonderer Weise für die von Ihnen ausgeschriebene Stelle.
Ähnlicher Inhalt, aber viel angenehmer zu lesen und viel konkreter und dennoch kürzer ist diese Variante: In meiner Tätigkeit bei einem IT-Beratungshaus habe ich einige Jahre Erfahrung im Bereich Network und Server-Security gesammelt. Durch die sehr vielfältigen Aufgaben wurde meine rasche Auffassungsgabe gefordert und ich habe sehr viel im Bereich VPNs und VoIP dazugelernt.
Kurzgefasst und mit viel Verständnis für Menschen aus der IT zeigt die Bloggerin Su-Shee in Ihrem Artikel in der »Datenschleuder«, worauf es ankommt. Lesen Sie hier nach: http:// www.trust-us.ch/ds/81/012.htm. Wen das Thema Sprache fesselt, dem seien die Bücher von Wolf Schneider empfohlen – Sie werden nicht mehr wie vorher schreiben, wenn Sie sein »Deutsch für Profis« (ISBN-10: 3442161754) oder »Deutsch für Kenner« (ISBN-10: 3492244610) gelesen haben. Achten Sie auf Ihre Orthografie und die Interpunktion. Kreative Kommasetzung ist sehr verbreitet – wenn Sie unsicher sind, lassen Sie besser jemanden drüberschauen. Denn selbst Rechtschreibungs- und Zeichensetzungsprofis werden betriebsblind, wenn sie einen Text das x-te Mal durchlesen.
Bewerbungsmappen und was sonst noch wichtig ist Geben Sie kein Geld für teure, sperrige »Bewerbungsmappen« aus Pappe aus. Diese haben gleich mehrere Nachteile: 1. Klappt man sie auf, nehmen sie durch ihren dreiteiligen Aufbau sehr viel Platz weg. 2. Klappt man sie zu, ist wegen des nicht transparenten Deckels der schnelle Blick auf den Namen des Bewerbers nicht mehr möglich. Dazu muss man die Mappe erst wieder aufklappen – womit man wieder bei Punkt 1 angelangt wäre.
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3. Will man die Unterlagen kopieren, muss man an drei Stellen Unterlagen unfallfrei entfernen – und nach dem Kopieren wieder einschieben. Dieses Ärgernis wird nur noch übertroffen durch laminierte oder spiralgebundene Bewerbungen, die man nicht in den Vorlageneinzug des Kopierers stecken kann, sondern von Hand einlegen muss. Dies alles ist unpraktisch und kostet den Personaler Zeit – und Sie Sympathiepunkte. Daher empfehle ich: Wenn Sie Papierbewerbungen versenden, dann verwenden Sie die klassischen Klemmhefter von Durable oder vergleichbare. Diese sind handlich, haben einen transparenten Deckel, Unterlagen lassen sich schnell entnehmen und auch wieder hineinstecken. Und preisgünstiger sind sie zudem noch. Wenn Sie eine etwas stabilere Ausführung verwenden, sind die Mappen auch mehrfach verwendbar. Machen Sie keine Experimente mit dem Papier. Weißes 80-Gramm-Briefpapier dürfte normalerweise völlig ausreichend sein; wenn Sie sehr edel wirken wollen, können Sie etwas schwereres Papier nehmen – alles andere wäre unpassend.
Spezielles für Bewerbungen per E-Mail Im Grunde gilt für Bewerbungen per Mail das Gleiche wie für andere Bewerbungen: Beziehen Sie sich auf das Unternehmen und seine Anforderungen, streichen Sie Ihren Nutzen für Ihren potenziellen neuen Arbeitgeber heraus. Ein paar Besonderheiten gibt es natürlich – im Folgenden erkläre ich, welche das sind. Auch hier gibt es noch keine offiziellen Standards oder Normen, aber es kristallisiert sich eine Konvention heraus.
Mailanschreiben Bitte schicken Sie eine Text-Mail (kein HTML), in der Sie bereits im Betreff darauf hinweisen, dass es sich um eine Bewerbung handelt, und geben Sie eventuelle Kennziffern und die Positionsbezeichnung an. Kein HTML deshalb, weil Sie nicht wissen können, welchen Mail-Client der Empfänger verwendet und wie folglich Ihre Mail am anderen Ende aussehen kann, wenn nicht beide zufällig Outlook verwenden. Im Mailbody ist dann folgender Text ausreichend: Sehr geehrter Herr Mayer, anbei als PDF-Anhang meine Bewerbung um die Position eines Systemadministrators für den Standort Düsseldorf, Kennziffer 08/W17. Mit freundlichen Grüßen Daniel Bergmann
[email protected] Telefon: 089/18 19 20 21
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Anhang Der Anhang besteht idealerweise aus einer einzigen PDF-Datei, in der Anschreiben, Lebenslauf und weitere Unterlagen enthalten sind. Kostenlose Tools, die aus Office-Dokumenten PDFs erstellen, finden Sie im Web oder als Bestandteil der ebenfalls kostenlosen OpenOffice-Suite (zu finden unter http://www.openoffice.org/). Wenn Sie die PDF-Datei dann auch noch sinnvoll benennen, zum Beispiel BewerbungDanielBergSysadmin08W17.pdf, machen Sie dem Leser eine Freude und zeigen, dass Sie sich in seine Lage versetzt haben. Bitte versenden Sie weder Word- noch andere Office-Dateien, es sei denn, es wird ausdrücklich gewünscht. Dies kann zum Beispiel bei Personalberatern oder Bodyleasern der Fall sein, wenn diese Ihre Unterlagen per Copy-and-Paste in ihr hauseigenes Format bringen wollen, um sie in dieser Form an ihre Kunden weiterzureichen. Bitte prüfen Sie in diesem Falle die Dokumenteigenschaften auf Informationen, die Sie nicht weiterreichen wollen (zum Beispiel den Adressaten der Bewerbung, die diesem Dokument zugrundelag). Stellen Sie ebenfalls sicher, dass auch bei eingeschalteter Überarbeitungsanzeige keine Informationen zutage treten, die Ihnen unangenehm sein könnten, zum Beispiel gelöschte Namen von Firmen, bei denen Sie sich beworben haben, oder verworfene Formulierungen. Dass Sie keine LaTeX-Sourcen oder DVI-Dateien versenden sollten, versteht sich – doch verzichten Sie besser auch auf tar.gz-Dateien und ZIP-Dateien, denn selbst das kann schon den einen oder anderen ungeübten Anwender überfordern. Achten Sie von vornherein auf eine passende Größe des Anhangs. Bei einer klugen Auswahl der versendeten Unterlagen und einer geeigneten Auflösung eingescannter Dokumente sollte es kein Problem sein, eine Größe von 2 MByte nicht zu überschreiten.
Mailadresse Last but not least: Bitte verwenden Sie keine E-Mail-Adresse des Typs coolerHacker@example. com. Auch
[email protected] oder
[email protected] kommen nicht so gut an. Auch sollten Sie eine eigene Mailadresse besitzen.
[email protected] oder
[email protected] wird dem Verwendungszweck nicht gerecht. Es mag langweilig sein, aber
[email protected] ist hier angebracht. Und natürlich sollten Sie Ihre Mails regelmäßig abrufen. Falls Sie Mailweiterleitungen in Betrieb haben: Testen Sie sie, bevor Sie erleben müssen, dass eine wichtige Mail mit einer Einladung zum Vorstellungsgespräch auf einem Server ungelesen vor sich hin gammelt, während Sie sich über die ausbleibenden Reaktionen der Unternehmen ärgern.
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Wenn Sie nicht die Domain eines Maildienstes wie etwa web.de oder gmx verwenden, sondern eine eigene Domain, bedenken Sie, dass ein neugieriger Personaler auf die Idee kommen könnte, zu schauen, ob es für die Domain auch eine Homepage gibt – und was sich auf dieser befindet. Die Fotos von der letzten feuchtfröhlichen Party oder den Hinweis auf die BDSM-Vorliebe sollten Sie nur dann darauf lassen, wenn Sie auch bereit sind, sich dazu im Vorstellungsgespräch zu äußern.
BEWERBEN IM AUSLAND ODER »AUF AUSLÄNDISCH« Bei Bewerbungen im Ausland weichen einige Regeln von dem ab, was Sie vom deutschsprachigen Raum gewohnt sind. Beachten Sie für den anglophonen Raum Folgendes für Lebensläufe: • Ein Lebenslauf enthält mittlerweile sehr häufig keine persönlichen Daten mehr außer Namen, Anschrift und Kontaktdaten – wer nichts über Ihr Aussehen, Ihr Alter, Ihre Nationalität, Religion oder Ihren Familienstand weiß, den können Sie nicht wegen Diskriminierung aus solchen Gründen verklagen. Ausgehend von den USA hat es sich daher weithin durchgesetzt, solche Daten nicht mehr anzufordern. • Formulieren Sie immer ein Karriereziel, das Sie mit der jetzigen Bewerbung erreichen wollen. (»Objective: To obtain an entry-level position in database management.«) • Geben Sie sowohl Ihre Berufserfahrung als auch Ihre Ausbildungsdaten in umgekehrt chronologischer Reihenfolge an, sodass die jeweils aktuelle Position ganz oben im Abschnitt steht. • Reichern Sie Ihre beruflichen Stationen mit Details zu Ihren Erfolgen an. Was haben Sie erreicht, was haben Sie verbessert? Wenn sich diese Errungenschaften auch noch in Zahlen abbilden lassen, umso besser. Speziell auf die Besonderheiten im anglophonen Ausland gehen die Seiten von Englishweb ein (http://www.englishweb.de/bewerbungen/). Dort gibt es auch Musterdokumente. Und wem das noch nicht reicht, findet hier ein ganzes Füllhorn von Cover Letters, also Bewerbungsschreiben in englischer Sprache: http://www.vault.com/nr/ht_list. jsp?ht_type=9, und entsprechender Resumes oder CVs (also Curriculum Vitae beziehungsweise Lebensläufe): http://www.vault.com/nr/ht_list.jsp?ht_type=8 Das Auswärtige Amt gibt weitere wichtige Tipps, nicht nur für das englischsprachige Ausland: http://www.auswaertiges-amt.de/diplo/de/AAmt/AusbildungKarriere/IO-Taetigkeit/Allgemeines/BewerbungTipps.html
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Initiativbewerbungen Sie brauchen natürlich nicht auf eine Stellenanzeige zu warten, um sich im Unternehmen Ihrer Träume zu bewerben – Sie können auch von sich aus Ihre Leistung anbieten. Diese Spezialform der Bewerbung wird auch »Blindbewerbung« genannt – allerdings ist diese Bezeichnung missverständlich, denn nichts dürfen solche Bewerbungen weniger sein als blindlings ausgeführt. Auch wenn für Initiativbewerbungen grundsätzlich dieselben Regeln wie für andere Bewerbungen gelten, sollten Sie ein paar Besonderheiten unbedingt beachten.
Kurzbewerbungen Versenden Sie ausschließlich Kurzbewerbungen. Ein Unternehmen, das Ihre Unterlagen nicht angefordert hat, mit einer ganzen Bewerbungsmappe zu beglücken, gleicht einem Überfall. Sie werden selten Unternehmen finden, die Ihnen Ihre Unterlagen dann auch noch zurückschicken. Beschränken Sie sich also auf ein Anschreiben plus Lebenslauf und/ oder IT-Profil.
Exzellente Vorbereitung und ein Schuss mitten ins Herz Verwenden Sie noch mehr Zeit, als Sie es ohnehin tun, auf die Recherche. Bringen Sie in Erfahrung, was in Ihrem Ziel-Unternehmen gerade auf der Tagesordnung steht. Mit welchen Problemen kämpft man, welche Pläne gibt es? Gab es eine Fusion, steht eine Umstrukturierung an, hat man sich gerade zur Migration von Windows-Fat-Clients auf Linux-Workstations entschlossen? Expandiert das Unternehmen? Steht es in der Kritik? Nutzen Sie zur Recherche die in Kapitel 3 genannten Kanäle, und vergessen Sie gerade hier nicht den Nutzen von Networking. Wenden Sie sich, wann immer möglich, mit dem Anschreiben eher an eine Fachabteilung als an die Personalabteilung, denn die sind näher dran an den alltäglichen Problemen und neigen weniger dazu, spontan abzulehnen, wenn es gerade keine passende Stellenanzeige gibt. Da es keine ausformulierten Anforderungen aus Stellenanzeigen gibt, auf die Sie sich beziehen könnten, machen Sie sich Gedanken darüber, welche Lösungen es sind, die Sie dem Unternehmen mit seinen aktuellen Problemen und seinen Zukunftsplänen anbieten können. Geben Sie eine Antwort auf die Frage, welche Probleme Sie für Ihren künftigen Arbeitgeber lösen können und seien Sie dabei konkret und anschaulich. Folgende Formulierung ist nicht so geeignet:
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Aufgrund meiner Erfahrung als Testmanager kann ich Sie mit meinem Know-how bei der Testdatenbereitstellung und dem Entwurf von Testszenarien, auch mit Tools, unterstützen.
Besser und anschaulicher ist: In meinem letzten Projekt habe ich als Testmanager den Integrationstest für rund 20 Teilprojekte koordiniert und den Performance- und Systemtest vor dem Produktionseinsatz organisiert – gerne würde ich Sie bei dieser Aufgabe auch in Ihrem anstehenden Großprojekt unterstützen. Falls Sie QA-Run einsetzen wollen – dieses Tool verwende ich seit einigen Jahren und habe auch bereits häufig Tester darin geschult.
Wecken Sie im Leser Ihrer Bewerbung das Gefühl, dass Sie seine Probleme nicht nur kennen, sondern auch lösen können, und dass er Sie dazu nur anrufen oder Ihre Unterlagen an die Personalabteilung weiterreichen muss mit der Bitte: »Ladet mir den doch mal ein.« Sie haben nun gesehen, wie Sie sinnvoll an den Bewerbungsprozess herangehen, worauf Empfänger von Bewerbungen Wert legen und wie Sie diese Wünsche in Anschreiben, Lebenslauf und IT-Profil erfüllen können. Sie wissen, was Sie sonst noch einer Bewerbungsmappe beifügen können und was nicht. Und Sie kennen die Fußangeln bei E-MailBewerbung und Initiativbewerbung. Nun kann es eigentlich nicht mehr lange dauern, bis der erste Anruf kommt und ein Telefoninterview vereinbart wird, oder die Mail mit der Einladung in der Mailbox liegt. Was Sie vor, im und nach dem Vorstellungsgespräch beachten sollten, darum soll es im nächsten Kapitel gehen. Folgen Sie mir!
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KAPITEL SIEBEN
Das Vorstellungsgespräch
D
ie ersehnte Mail liegt in der Inbox, die lang erhoffte Einladung zu Ihrem Wunscharbeitgeber ist da! Gratulation zu diesem ersten wichtigen Schritt – Ihr Vorstellungsgespräch naht. Nun gibt es aber doch so einige Menschen, gerade unter Informatikern, die sich in der Kommunikation gerne in der Nutzung von asynchronen Medien verstecken und den Schritt ins wirkliche Leben scheuen. Erkennen Sie sich wieder, gehören Sie zu dieser Gruppe von Menschen? Dann folgen Sie mir in dieses Kapitel – und Sie werden sehen, mit etwas Vorbereitung ist das alles gar nicht so schlimm.
Gute Vorbereitung Das A und O sind die Informationen, die Sie vor einem Gespräch über das Unternehmen und die Stelle sammeln. Dass Sie die Homepage des Unternehmens studieren, versteht sich von selbst. Prägen Sie sich ein paar Eckdaten ein – und bitte nicht nur technische, sondern auch kaufmännische. Ob der Umsatz des Unternehmens nun drei oder 30 Millionen sind, sollten Sie schon parat haben, und auch, wie viele Mitarbeiter es hat. Stellen Sie sich nicht als Fachidioten dar, den nur interessiert, welche SAP-Module unlängst eingeführt wurden, der aber ignoriert, wo in
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etwa der Pro-Kopf-Umsatz liegt (bei einem Dienstleistungsunternehmen), was das erfolgreichste Produkt ist oder wohin die meisten Exporte gehen (bei einem Industrieunternehmen). Schauen Sie auch in die üblichen Informationsquellen (siehe dazu Kapitel 5) und finden Sie heraus, was über das Unternehmen gesagt wird – was ist gerade ein heißes Thema, was war ein großer Erfolg, wofür hagelt es Kritik? Machen Sie eine Recherche in Xing und schauen Sie, welche Mitarbeiter Ihres Wunscharbeitgebers dort vertreten sind, in welchen Foren Sie sich äußern – und was sie über ihre eigene Firma sagen. Falls die Einladung telefonisch ausgesprochen wird, fragen Sie nach den Gesprächspartnern, die Sie erwarten. (In einer schriftlichen Einladung werden Sie diese Information sehr oft vorfinden.) In der Regel wird aber mindestens ein Gesprächspartner aus der Personalabteilung und ein Teilnehmer aus der Fachabteilung (zum Beispiel Ihr potentieller künftiger Chef oder dessen Vorgesetzter) dabei sein. Finden Sie heraus, was Sie über die Interviewpartner in Erfahrung bringen können – auch hier können Sie Xing oder LinkedIn nutzen. So vermeiden Sie es, einem ehemaligen Microsoft-Mitarbeiter auf den Schlips zu treten, wenn Sie über seinen früheren Arbeitgeber lauthals lästern, oder einen ehemaligen IBMAngestellten mit spitzen Bemerkungen über die legendäre Schwerfälligkeit der Mitarbeiter von »Big Blue« zu verärgern. Haben Sie alle relevanten Unterlagen dabei: • Ihre Bewerbungsunterlagen, wie Sie sie an das Unternehmen geschickt haben • eventuelle weitere Zeugnisse • Notizzettel für Ihre Mitschrift während des Gesprächs und einen funktionierenden Stift, besser zwei oder Ihren PDA, wenn Sie damit schnell genug Notizen machen können Haben Sie ein funktionierendes, nicht stumm geschaltetes Handy mit vollem Akku bei sich, für den unwahrscheinlichen Fall, dass Sie nicht pünktlich sein können oder man Sie aus einem ähnlichen Grund erreichen möchte. Stellen Sie sicher, dass Sie die wichtigsten Rufnummern Ihrer Gesprächspartner gespeichert haben. Und ganz wichtig: Schalten Sie das Handy aus, unmittelbar bevor Sie in das Gespräch gehen.
Pünktlichkeit Seien Sie bitte unter allen Umständen pünktlich. Dafür lohnt es sich nicht nur, vorher die Wegbeschreibung auf der Homepage anzuschauen oder Google Maps zu bemühen,
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sondern auch, den Weg vorher einmal abzufahren – jedenfalls wenn das Gespräch nicht gerade am anderen Ende des Landes stattfindet, sondern in Ihrer Nähe. Informieren Sie sich auch über den Fahrtrhythmus der öffentlichen Verkehrsmittel zum geplanten Termin – oder, wenn Sie mit dem Auto kommen wollen, klären Sie die Parkmöglichkeiten. Wenn Sie sich dann wenige Minuten vor dem Termin am Empfang melden, haben Sie alles richtig gemacht. Mehr als eine Viertelstunde zu früh sollten Sie jedoch auch nicht eintreffen – streben Sie eine Punktlandung an.
Kleidung und andere Oberflächlichkeiten Natürlich geht es um Sie und Ihre Qualifikation – aber Ihr Auftreten ist der Rahmen, in dem Sie sie präsentieren. Passt der nicht, beeinträchtigt er die Wirkung des Bildes, das Sie abgeben wollen. Daher denken Sie an die passende Kleidung. Und keine Sorge: Im Vorstellungsgespräch eine Krawatte zu tragen, muss nicht heißen, dass Sie auch künftig immer so erscheinen müssen. Sie sollen damit eher zeigen, dass Sie wissen, wie man sich dem Anlass entsprechend kleidet – und dass man mit Ihnen keine böse Überraschung erlebt, wenn es heißt: Morgen geht’s zum Kunden. Wenn Sie aber eine tragen, nehmen Sie bitte keine Motivkrawatte – die sind immer nur für den Träger lustig. Falls Sie selten eine Krawatte tragen, üben Sie das mit dem Krawattenknoten spätestens am Tag vorher. Solten Sie für den Anlass einen neuen Anzug erworben haben – schauen Sie nach, ob die Jackentaschen noch zugenäht sind und ob alle Labels (Ärmel!) entfernt sind. Weiße oder Motivsocken sind ebenfalls zu vermeiden. Bitte tragen Sie ausschließlich schlichte schwarze Schnürschuhe, und wenn Sie es besonders gut meinen, welche mit Ledersohle. Und putzen Sie sie vor dem Gespräch! Es muss auch nicht immer ein Anzug sein: Eine (dunkle) Jeans plus Hemd und Sakko ist für viele techniklastige Jobs eine durchaus akzeptable Variante. Mit »Syn/Ack«-T-Shirt oder »Bedauerlicher Einzelfall«-Motiv sollten Sie aber noch nicht einmal dann auftauchen, wenn Sie es bei Ihren Gesprächspartnern für möglich halten, dass sie ähnlich gekleidet erscheinen werden. Frauen haben mehr Freiheiten, was die Garderobe angeht – aber auch hier gilt, dass ein Blazer oder sogar ein Hosenanzug gut ankommt. Dafür muss es dann nicht unbedingt immer eine Bluse sein, ein nettes Shirt kombiniert mit einem passenden Tuch tut es auch. Achtung: Hübsche Ohrringe und ein wenig Lippenstift verbessern jedes Outfit, ohne sehr aufwändig zu sein.
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Für 99 Prozent von Ihnen ist dieser Hinweis überflüssig, diese mögen den folgenden Absatz überspringen. Für das eine Prozent aber, bei dem das nicht der Fall ist, lohnt sich dieser Absatz: Duschen Sie am Tag Ihres Vorstellungsgespräches und verwenden Sie in jedem Fall ein Deo. Rasierwasser in geringer Dosierung ist okay, aber wenn Sie normalerweise keines verwenden, nehmen Sie eher zu wenig als zu viel, die Gefahr der Überdosierung ist da. Riskieren Sie im Zweifel auch einen Friseurbesuch. Eine Rasur und das Reinigen der Fingernägel gehören selbstverständlich dazu. Und: Verzichten Sie – auch schon am Vortag – auf den Genuss von Knoblauch. Raucher tun Ihrem nichtrauchenden Gesprächspartner einen großen Gefallen, wenn sie ein Pfefferminzbonbon oder ein »Fisherman’s Friend« gegen die Nikotinausdünstungen lutschen. Nicht nur Raucher tun gut daran, auf frisch gewaschene und gebügelte Kleidung zu achten – auch Kleidung, die nicht fleckig oder durchgeschwitzt ist, nimmt nach einer Weile einen gewissen muffigen Geruch an, der sehr unangenehm sein kann. Generell gilt: Für detailliertere Informationen rund um die Gepflogenheiten und inbesondere den Dresscode in der Firma Ihres Interesses kommen wieder Ihre Kontakte, Ihr Netzwerk ins Spiel – es ist eine sehr wertvolle Information, dass der Technische Leiter gerne im »Sysadmin-Schwarz« auftaucht oder aber am liebsten im Dreiteiler dem dotcomImage entgegenwirken will. Wenn Sie dennoch unsicher sind, was Sie tragen sollen, fragen Sie doch einfach eine Person aus dem Freundeskreis, die Sie für gut gekleidet halten oder die in Ihrer Zielbranche tätig ist, um Hilfe – besonders Frauen werden hier häufig gerne bereit sein, Sie zu unterstützen.
Körpersprache Die Körpersprache ist – außer für extrem begabte Lügner und ausgebildete Schauspieler – die Sprache, in der sich kaum lügen lässt. Daher halte ich wenig von Tipps zu Gestik, Mimik, Körperhaltung oder anderen Details unserer »Body language«, die uns im Normalfall gar nicht bewusst sind. Auf diese Dinge explizit achten zu wollen, würde dazu führen, dass wir uns permanent selbst beobachten, jegliche Unbefangenheit verlören und unnatürlich bis gekünstelt wirken. Daher hier nur ein paar Hinweise auf einige Details, die sich vergleichsweise einfach beeinflussen lassen. • Achten Sie auf einen festen Händedruck – es gibt kaum etwas Unangenehmeres, als bei der Begrüßung das Gefühl einer Stoffpuppe oder eines feuchten Brötchens zu verspüren. • Blicken Sie nicht zu Boden, auf Ihre Hände, gen Himmel oder an Ihrem Gesprächspartner vorbei – das irritiert sehr, ohne dass dem Gegenüber bewusst werden muss,
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was überhaupt genau geschieht. Suchen Sie regelmäßig Augenkontakt und sprechen Sie bei mehreren Gesprächspartnern abwechselnd mit dem einen und dem anderen. • Ein Lächeln gehört dazu! Speziell zur Begrüßung und zum Abschied, aber durchaus auch mal zwischendurch macht sich ein Lächeln gut und erzeugt Sympathie – ebenso wie ein Augenzwinkern bei einer selbstironischen Bemerkung oder bei einem Scherz, den Ihre Interviewpartner zur Auflockerung machen.
Was Personaler herausfinden wollen Ihre Interviewpartner wollen einiges über die Person herausfinden, die vielleicht bald ein Kollege oder Mitarbeiter sein wird. Eine Auswahl von allgemeinen Fragen, die am Ende des Vorstellungsgespräches beantwortet sein sollen: • Macht der Bewerber sich die richtigen Vorstellungen von diesem Job? • Über- oder unterschätzt die Bewerberin die Anforderungen? • Bringt er alles mit, was man braucht, um in dieser Stelle erfolgreich zu sein, oder ist er im Gegenteil überqualifiziert? • Passt sie in unser Haus, in die Abteilung, in das Team? Besonders, wenn es um Stellen in der IT-Branche geht, spielen noch folgende Fragen und Bedenken eine Rolle: • Ist er bereit zu kommunizieren, und zwar nicht nur in Akronymen und Technobabble, sondern so, dass es auch der Geschäftsführer versteht? Benimmt er sich dabei kollegial oder gönnerhaft und dozierend? Oder ist er der Meinung, dass gute Arbeit doch für sich selbst spricht und wer seinen Source Code nicht lesen und beurteilen kann, dessen Meinung interessiert ihn auch nicht? • Betrachtet sie Informationen als Herrschaftswissen, das es zu horten gilt, oder teilt sie ihr Know-how gerne mit anderen? • Kann er von Angesicht zu Angesicht mit Leuten reden, oder versucht er, möglichst alles per Mail abzuwickeln und sich hinter seinem Monitor zu verstecken? Weiß er, dass man manchmal am besten einfach zu einem Kollegen hingeht, statt ellenlange Diskussionen am Telefon oder per Mail zu führen? • Denkt er, dass alle außer Technikern blöde »Schlipse« sind, die sowieso nicht wissen, worauf es ankommt? Sieht er sich als verkanntes Genie, das sich gegen eine ignorante Umwelt zur Wehr setzen muss und das daher auf Umgangsformen keinen Wert zu legen braucht? • Kann sie Prioritäten setzen und Kompromisse schließen oder fühlt sie sich gezwungen, bis ins letzte Detail Perfektion abzuliefern und der »reinen Lehre« zu folgen?
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• Ist er ein Spaghetti-Code-Produzent, den es im Dotcom-Hype in seinen Job gespült hat, der aber eigentlich nichts wirklich kann, weil er jegliche formale Ausbildung ablehnt? • Ist sie bereit, sich auf Neues einzulassen und dazuzulernen, oder glaubt sie, schon alles zu wissen? Oder jedenfalls alles, was sich zu wissen lohnt? Bei Jobs mit Führungs- oder Projektleitungsverantwortung kommen folgende Fragen hinzu: • Wie geht sie mit ihren Mitarbeitern um? Lässt sie ihnen Freiräume und vertraut sie ihnen als Spezialisten auf ihrem Gebiet? • Ist er als Chef einer, der alles kontrollieren muss und jeden Code Review selbst durchführen will? Denkt er, er müsste der beste Entwickler von allen und der Guru schlechthin sein, dann hätte er seine Aufgabe als Chef schon erfüllt? • Kann sie delegieren oder muss sie alles selbst machen, weil es ihr sonst niemals gut genug ist? • Wie ist sein Führungsstil, wie motiviert er seine Mitarbeiter – und passt das zu dem, was im Rest des Unternehmens praktiziert wird? • Warum möchte er eine Führungsposition – ist persönliche Eitelkeit das Hauptmotiv, oder ist er wirklich jemand, der Leute motivieren und zu einem Team zusammenschweißen kann und dem genau das Spaß macht? Dies sind einige der Dinge, die Ihre Gesprächspartner über Sie erfahren wollen – aber natürlich selten so direkt fragen werden. Welche Fragen Sie erwarten könnten, und wie das alles nun überhaupt abläuft, lesen Sie in den folgenden Abschnitten.
Der Ablauf des Vorstellungsgespräches Die meisten Vorstellungsgespräche laufen nach einem vorgefertigten Schema ab, das mehr oder minder so aussieht: 1. Begrüßung und Small Talk 2. Vorstellung des Unternehmens 3. Fragen an Sie 4. Fragen, die Sie stellen können 5. Klärung des Verbleibs und Verabschiedung
Small Talk Als Einstieg wird Ihr Gesprächspartner Ihnen eine Frage nach Ihrer Anreise, der Parkplatzsuche oder einem ähnlichen Thema stellen. Vielleicht macht er auch eine Bemerkung über
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das Wetter oder etwas anderes Unverfängliches. Kurz: Er übt sich in Small Talk, um Ihnen über die ersten Minuten hinwegzuhelfen, in denen die allermeisten Bewerber etwas angespannt sind. Es folgt eine Vorstellung der Gesprächspartner, man bietet Ihnen etwas zu trinken an – was Sie im Übrigen gerne annehmen können – und dann geht es los mit dem eigentlichen Gespräch.
Vorstellung des Unternehmens In den meisten Fällen ist das erste Element eine Vorstellung des Unternehmens und des Bereichs, in dem die Stelle angesiedelt ist. Oft werden hier auch noch weitere Informationen zur Stelle selbst gegeben. Das Allermeiste wird nicht neu für Sie sein, schließlich haben Sie sich ja vor der Bewerbung über das Unternehmen informiert. Seien Sie dennoch aufmerksam und machen Sie sich ausgiebig Notizen! Denn an Details aus diesem Teil können Sie mit späteren Fragen anknüpfen.
Fragen, mit denen Sie rechnen sollten – und was Sie mit Ihren Antworten bewirken Der Vorstellung des Unternehmens folgen Fragen an Sie. Seien Sie auch hier vorbereitet. Es gibt einige klassische Fragen, mit denen Sie immer rechnen müssen – überlegen Sie sich vorher, was Sie darauf antworten wollen.
Ehrlichkeit Ich plädiere für Ehrlichkeit in Vorstellungsgesprächen. Das hat zwei Gründe: • Die wenigsten Leute können gut lügen – wer es schlecht kann, wird erleben, dass der Versuch ihm schadet. • Wer eine Person spielt, die er nicht ist, bekommt möglicherweise einen Job, der nicht zu ihm passt, in einem Unternehmen, in dem er sich nicht wohlfühlt. Ehrlichkeit und taktische Klugheit müssen einander nicht ausschließen. Ehrlich zu sein, bedeutet nicht, dass Sie immer alles sagen müssen und schonungslos mit allem herausplatzen müssen, egal wie sehr es Ihnen auch schadet. Es gibt fast immer eine Wahrheit, die Ihnen nicht schadet. Gibt es diese Wahrheit nicht, sollten Sie ernsthaft darüber nachdenken, ob Sie sich auf die richtigen Stellen in den richtigen Firmen bewerben. In die richtige Firma in die richtige Position müssen Sie sich nicht »hineintricksen«.
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Ganz wichtig: Haben Sie für alles, was Sie sagen, Beispiele parat, sonst wirkt ihre Antwort nicht überzeugend, sondern auswendig gelernt. Überlegen Sie sich schon vorher, was Sie anführen und welche Botschaft Sie damit übermitteln wollen.
Die üblichen Fragen Sehr üblich sind folgende Fragen – bereiten Sie sich also mindestens darauf vor: Warum möchten Sie gerade hier arbeiten? oder die Variante Warum glauben Sie, dass Sie für diesen Job geeignet sind? Warum sollten wir gerade Sie einstellen und nicht irgendjemand anderen? Denken Sie an das, was ich in Bezug auf Ihr Bewerbungsanschreiben gesagt habe: Argumentieren Sie nicht mit Wünschen, sondern mit Nutzen. Warum passt Ihr Können, Ihr Wissen, Ihre Erfahrung so gut zum Haus, in dem Sie sich gerade befinden, und was konkret hat Sie bewogen, sich zu bewerben? Welches Problem können gerade Sie besonders gut für das Unternehmen lösen? Erzählen Sie doch mal von sich. Verfallen Sie bitte auch hier nicht in Extreme. Es ist sicher nicht angebracht, zu sagen »Das steht doch alles in meinen Unterlagen!« oder: »Was soll ich sagen? Ich dachte halt, Sie suchen doch Informatiker...« Der Interviewer fragt nicht nach Informationen über Sie, weil er nicht lesen könnte oder Ihre Unterlagen ignoriert hätte. Sondern er möchte hören, wie Sie die Dinge darstellen, was Sie wie zusammenfassen und gewichten. Und er möchte natürlich auch hören, ob Sie sich ausdrücken können, Dinge erklären und plausibel machen können. Und ein nicht ganz zu vernachlässigendes Detail: Wenn jemand bezüglich seines Werdeganges lügt, mag das noch nicht auffallen, wenn er seinen Lebenslauf türkt. Aber nur sehr wenige Leute schaffen es, in einem Gespräch mit einem realen Gegenüber überzeugend die Unwahrheit zu sagen. Lügen im Lebenslauf kommen also hier häufig durch geschickte Fragen ans Tageslicht. Es ist andererseits an dieser Stelle auch nicht der Zeitpunkt, eine lange Abhandlung über Sie als Mensch im Allgemeinen vom Stapel zu lassen. Auch wenn die Frage oft sehr allgemein formuliert wird: Hier ist nicht der richtige Moment, private Erlebnisse zu schildern oder Geschichten aus Ihrer Kindheit zum Besten zu geben. Hier ist der berufliche Mensch gefragt – die Geschichte fängt frühestens mit Ihrem ersten Bildungsabschluss an. Setzen Sie Schwerpunkte auf berufliche Stationen, die Sie geprägt haben und die für die angestrebte Position relevant sind. An dieser Stelle haben Sie die Gelegenheit, Ihre Entwicklung zu kommentieren, den berühmten roten Faden herauszuarbeiten und – falls das in den Unterlagen noch nicht wirklich gelungen ist – Ihre Entscheidungen zu erläutern. Diese Chance sollten Sie nutzen – üben Sie das ruhig einmal in einem Rollenspiel vorher.
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Richten Sie sich mit ihren Ausführungen nach den Wünschen der Interviewer, zum Beispiel wenn es um den Zeitraum geht, über den Sie berichten sollen. Reden Sie nicht über Programmierskills, wenn Ihr Gesprächspartner etwas zu Ihren Datenbankkenntnissen wissen will, oder über Ihren ersten Rechner vor ein paar Jahrzehnten, wenn Sie gefragt werden, was Sie in den letzten drei Jahren mit Solaris-Systemen angestellt haben. Nein, noch nicht einmal dann, wenn Sie damit die Chance vergeben, sich als Geek der alten Schule zu positionieren! Bitten Sie einen Freund, in die Rolle des Personalers zu schlüpfen und spielen Sie ein Gespräch durch. Wechseln Sie dann die Positionen und bitten Sie Ihr Gegenüber, darzustellen, wie Sie sich in der Rolle des Interviewten soeben verhalten haben. Üben Sie das Gespräch einige Male, bis Sie mit Ihrem »Auftritt« zufrieden sind. Es ist eine erstaunliche Erfahrung, auf diese Weise einmal sich selbst von außen sehen zu können und wie man sich im Gespräch verhält. Und was Sie einmal gesagt haben, sitzt besser als das, was Sie noch nie ausgesprochen haben – egal, ob es sich um eine Trockenübung oder um den Ernstfall handelt. Warum wollen Sie jetzt wechseln? Dies ist eine der schwierigeren Fragen, doch auch hier plädiere ich für Ehrlichkeit. Sie sollten gleichzeitig nichts Abwertendes über ihr bisheriges Unternehmen sagen. Wie können Sie diese Gratwanderung schaffen? Nehmen wir an, Sie wollen wechseln, weil Sie gerne Projekte leiten würden. Das geht in Ihrem Unternehmen aber nicht, denn dort erwartet man dafür einen einschlägigen Hochschulabschluss, und den haben Sie nicht. Eine ungeschickte Antwort wäre es nun, hier darüber vom Leder zu ziehen, welch merkwürdige Maßstäbe man dort an die Mitarbeiter anlegt, wie unflexibel und sinnlos doch diese Regeln sind. Gefolgt von einer Klage darüber, wie ungerecht man Sie behandelt, ist das der sichere Weg ins Aus. Besser wäre eine Antwort wie diese: »In meiner jetzigen Firma gibt es sehr klare Strukturen – das schätze ich in vielen Dingen auch sehr, es ist sehr leicht, sich in andere Projekte einzuarbeiten oder für jemanden die Vertretung zu übernehmen, weil alles gut dokumentiert ist. An einem Punkt kommt mir diese Struktur aber nicht sehr entgegen: Es gibt auch sehr klare Regeln dafür, wie man Projektleiter wird, und ein zentrales Kriterium dafür erfülle ich nicht. Weil ich aber glaube, ein guter Projektleiter sein zu können und mich diese Aufgabe reizt, bin ich heute hier.«
Oder gehen wir davon aus, das Problem ist, dass Sie sich mit Ihrer Vorgesetzten nicht gut verstehen, weil Sie finden, dass sie einfach eine aufgeblasene, arrogante Zicke ist – auch in diesem Fall gibt es unterschiedliche Arten, ehrlich zu sein. Ungeschickt wäre es auch hier, über den schlechten Charakter und miesen Führungsstil Ihrer Chefin herzuziehen – jeder Vorgesetzte wird bei so einer Tirade überlegen, ob Sie in ein paar Jahren auch so über ihn reden werden, wenn er den Fehler macht, Sie einzustellen.
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Daher gilt auch hier: Betonen Sie Ihre Subjektivität, nennen Sie das Positive, was es in diesem Zusammenhang zu nennen gibt, aber sagen Sie auch, was Sie stört. Eine Antwort wie die folgende wird bei den meisten Interviewpartnern auf Verständnis stoßen: »Ich habe ja die ersten zwei Jahre im Second Level Support gearbeitet und war auch als Spezialist für Lotus Notes aufgestellt. Dann wurde die Abteilung umstrukturiert und ich bin vor einem Jahr in das Team von Frau X gewechselt. Diese war früher in einer Bank angestellt und versteht sich besonders gut mit den Kollegen, die einen ähnlichen Hintergrund haben, sie hat auch einige Kollegen aus ihrer früheren Firma nachgeholt. Ich schätze Frau X sehr für ihre technischen Kenntnisse, aber wirklich warm bin ich mit ihr nie geworden und sie wohl auch nicht mit mir. Ich habe das Gefühl, dass ich in einer anderen Umgebung, wo auch die berühmte »Chemie« innerhalb des Teams eher passt, besser meine Fähigkeiten einsetzen könnte. Deshalb bin ich heute hier: Ich komme aus dem Anlagenbau und da fühle ich mich hier bei Ihnen im Industriepark sofort heimisch.«
In Ihrem Lebenslauf steht, ... Hier werden von einem erfahrenen Personaler all die Dinge angesprochen, die Sie vielleicht lieber unter den Tisch fallen lassen möchten: Phasen der Arbeitslosigkeit, Wechsel nach wenigen Monaten, abgebrochene Ausbildungen, ein überlanges Studium, eine Selbständigkeit, die sich als nicht tragfähig erwiesen hat. Reden Sie nicht drumherum, sondern stehen Sie zu dem, was Sie getan oder gelassen haben. Kaum jemand erwartet von einem Bewerber einen absolut makellosen Lebenslauf ohne jegliche Verwerfung oder wunden Punkt. Fast jeder hat so etwas – unterschiedlich ist nur, wie der Einzelne mit so etwas umgeht. Weinerlichkeit (»Ja, ich weiß, jetzt habe ich wohl keine Chance mehr.«) ist schlecht, Aggression ist schlecht, Anklage ebenfalls – sparen Sie sich das. Argumentieren Sie wiederum aus Ihrer damaligen Sicht, verdammen Sie sie nicht, aber erwähnen Sie es auch, wenn sie eine vergangene Entscheidung mit heutigem Wissen und aus aktueller Perspektive sehen. Zum Beispiel: »Damals war ich von den Möglichkeiten, die mir die Nebentätigkeit bot, dem unmittelbaren Erfolg, den ich sofort sehen konnte, völlig begeistert, und ich habe mich sehr in die Arbeit gestürzt und das Studium schleifen lassen. Es war eine gute Zeit und ich habe viel gelernt, ich bin aber auch froh, dass ich dann doch noch meinen Abschluss gemacht habe.«
Wo möchten Sie in fünf Jahren sein? Fragen Sie zunächst sich selbst: Wo möchten Sie denn tatsächlich in fünf Jahren sein? Wissen Sie das schon? Falls die Vision darin besteht, dass Sie dann mit einem Daiquiri auf Hawaii am Strand liegen, lassen Sie Ihre Gesprächspartner nicht daran teilhaben, sondern beschreiben Sie, was Sie gerne täten, wenn das nicht funktionieren sollte. Wenn Ihr Ehrgeiz in eine technische Richtung geht, sagen Sie es – wenn Sie Führungs- oder Projektverantwortung übernehmen wollen, auch das. Wenn Sie das noch nicht wissen, sondern erst einmal in kürzeren Zeiträumen denken, dürfen Sie – zumindest als Berufsanfänger – auch das sagen. Schildern Sie in
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jedem Fall Ihre Überlegungen, die Optionen, über die Sie nachdenken – wenn Sie hier den Schwerpunkt darauf setzen, einen Eindruck zu vermitteln, der Ihnen nicht entspricht, schaden Sie sich mehr als bei jeder anderen Frage selbst. Und dem Frager geht es nicht nur darum, was Sie antworten, sondern auch darum, wie Sie zu Entscheidungen kommen, was für Sie relevante Kriterien sind, wie Sie an Problemlösungen herangehen. Was sind Ihre größten Stärken? Überlegen Sie sich hier, was der ideale Inhaber dieser Position für Eigenschaften hat beziehungsweise, was dieser Mensch aus Sicht des Unternehmens für Stärken braucht. Und dann listen Sie Ihre Stärken auf. Die Schnittmenge dieser beiden Listen bildet das Kontingent, aus dem Sie bei der Beantwortung dieser Frage schöpfen können. Gibt es keine oder nur eine sehr kleine solche Schnittmenge, sollten Sie noch einmal sorgfältig überlegen, ob Sie sich auf die richtige Stelle bewerben. Überlegen Sie sich auch zu jeder Stärke, die Sie nennen, ein Beispiel, anhand dessen man sie erkennen kann oder eine Geschichte, wo sie zutage trat. Was sind Ihre größten Schwächen? Hier gilt Ähnliches wie bei der größten Stärke. Welche Schwächen wären hier verzeihlich? Und welche weisen Sie selbst auf? Sicherlich findet sich das eine oder andere. Erklären Sie auch hier an einem Beispiel, wie sich der Schwachpunkt äußert und weisen Sie darauf hin, wie Sie damit umgehen oder wie Sie die Schwäche bekämpfen oder jedenfalls in ihren negativen Auswirkungen beschränken. Das könnte beispielsweise wie folgt aussehen: »Ich habe manchmal Schwierigkeiten zu erkennen, wann es reicht – in jeder Hinsicht. Wenn mich etwas interessiert, bohre ich in Gesprächen oft nach und merke nicht, dass mein Gegenüber gerne das Thema wechseln möchte und langsam genervt reagiert. Oder wenn ich einen Fehler in der von mir geschriebenen Software nicht finde, dann neige ich dazu, mich da hineinzuverbeißen, auch wenn es sinnvoller wäre, erstmal eine Pause einzulegen und mit größerem Abstand später nochmal dran zu gehen. Ich habe mir für dieses Problem angewöhnt, mir selbst Zeitlimits zu setzen, z.B. »noch eine halbe Stunde probiere ich, den Bug zu finden, und wenn ich es dann nicht geschafft habe, dann mache ich morgen weiter«. Bezüglich des intensiven Nachbohrens habe ich meine Kollegen gebeten, mir klar zu sagen, wenn sie finden, dass ich es jetzt erstmal gut sein lassen soll. Beides funktioniert ganz leidlich – auch wenn ich mich teilweise noch bemühen muss, da wirklich konsequent zu sein.«
Was war bisher in Ihrem Leben Ihr größter Erfolg? Was war bisher Ihr größter Misserfolg? Das größte Problem? Und wie haben Sie es gelöst? Orientieren Sie sich an den Antworten zu »Stärken« und »Schwächen« – nennen Sie etwas, was zur Stelle passt, aber auch der Wahrheit entspricht. Es mag sein, dass eigentlich Ihr größter Erfolg im Leben aus Ihrer Sicht die Geburt Ihres Kindes war – nennen Sie bei einem Vorstellungsgespräch dennoch eher einen Erfolg auf beruflicher Ebene. Ähnliches gilt für den Misserfolg. Hier macht es sich besonders gut, wenn Sie glaubwürdig machen können, dass und was Sie aus Ihrer Niederlage gelernt haben.
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Wie würden Sie mit folgender Situation umgehen? (Es folgt ein Beispiel aus Ihrem Berufsalltag.) Wie würde der ideale Stelleninhaber sich verhalten? Würden Sie sich auch gerne so verhalten? Haben Sie sich auch schon so verhalten? Dann ist doch alles wunderbar. Ansonsten schränken Sie ruhig ein: »Ich hoffe, dass ich mich in einer solchen Situation so verhalten würde« oder »Ich habe es schon geschafft, das so durchzuziehen – nur leider nicht immer«. Sind Sie für diesen Job nicht überqualifiziert? Wenn Ihnen diese Frage gestellt wird, ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass Sie es auch sind. Wie stehen Sie selbst zu einer Tätigkeit, die Sie aller Voraussicht nach nicht wirklich fordern wird – sehen Sie sie als Sprungbrett hin zu etwas Besserem? Genau das ist es, was auch Ihr Arbeitgeber befürchtet – und was er möglichst vermeiden will. Wenn Sie nicht gerade seit Langem arbeitslos oder sonst in einer Zwangslage sind, würde ich von einer solchen Tätigkeit abraten. Anders sieht es aus, wenn Sie nicht glauben, dass diese Unterforderung wirklich besteht – dann nutzen Sie die Gelegenheit für eine Gegenfrage und einen Gegencheck, ob Ihre Vorstellungen von der Tätigkeit mit der Realität übereinstimmen. Mit was für Chefs haben Sie Probleme? Seien Sie ehrlich, ohne jemanden zu denunzieren. Es macht einen Unterschied, ob Ihnen Einschränkung unangenehmer ist als Orientierungslosigkeit oder Sie Freiheit vor klaren Strukturen vorziehen. Es ist aber legitim, darauf hinzuweisen, dass man als Profi mit niemandem wirkliche Probleme hat, sondern nur persönliche Präferenzen. Was bringt Sie in Stress und wie gehen Sie damit um? Auch hier bringt Unehrlichkeit wenig – wenn Sie sich als erfahrenen Projektmanager darstellen, der souverän »in time, in budget« liefert, dann ist Ihnen nicht geholfen, wenn Sie eigentlich bei nahenden Deadlines zu Magendrücken und Herzrasen neigen. Aber auch hier dürfen Sie einen Hinweis darauf einflechten, wie Sie versuchen, mit ihren Dispositionen umzugehen und negativen Stress für sich zu reduzieren oder in positiven Stress umzuwandeln. Was muss man tun, damit Sie gute Arbeit leisten? Natürlich sind Sie als professioneller Mensch eigenmotiviert und leisten ohnehin gute Arbeit – doch sicher gibt es etwas, was Ihnen als Belohnung besonders am Herzen liegt. Womit kann man Sie belohnen? Mit mehr Verantwortung, mit größerem Freiraum, mit verbalem Lob, mit Abwechslung? Oder doch lieber mit Weiterbildungsmöglichkeiten oder einer klassischen Beförderung? Lediglich wenn einzig der »schnöde Mammon« oder Statussymbole für Sie eine wirkliche Belohnung darstellen, sollten Sie damit etwas hinterm Berg halten und diese Dinge allenfalls als ergänzende Motivation darstellen. Ähnliches gilt für die Frage: Wie sieht ein Arbeitstag für Sie aus, wenn Sie ihn frei gestalten können?
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Wie stehen Sie zu Dienstreisen und Überstunden? Machen Sie Ihre Limits klar. Eine Position, die erfordert, dass Sie montags bis freitags unterwegs sind und in Hotels übernachten, wird nicht dadurch erträglicher, dass Sie im Vorstellungsgespräch behauptet haben, das machte Ihnen nichts aus. Auch bei den Überstunden werden Sie Ihre Position zwischen »Feierabend ist dann, wenn alle Tickets abgearbeitet sind, und das ist alles mit dem Gehalt abgegolten« und »Schlag 17 Uhr lass ich die Maus fallen – alles, was danach passiert, muss vorher vom Betriebsrat genehmigt werden, und dann geht es aufs Arbeitszeitkonto und wird abgefeiert« finden und vertreten müssen. Und bedenken Sie: Im Zweifelsfall wird in einem Vorstellungsgespräch eher das gesagt, was Ihre Gesprächspartner selbst glauben wollen oder das, von dem Sie möchten, dass sie es glauben. Werfen Sie auf jeden Fall einen Blick in den Arbeitsvertrag in die Passagen, in denen es um Dienstsitz, Abrechnung von Reisezeiten und Überstunden geht – denn wenn es hart auf hart kommt, werden Sie damit konfrontiert werden. Näheres dazu lesen Sie in Kapitel 9. Diese Frage hören noch immer meist ausschließlich Frauen: Sie haben angegeben, dass Sie zwei Kinder haben – wie werden die betreut? Erklären Sie, wie die Betreuungssituation ist, und versichern Sie, dass Sie und gegebenenfalls der jeweils andere Elternteil die Situation im Griff haben – ohne in Rechtfertigungen zu verfallen. Niemand kann einem Arbeitgeber garantieren, dass ein Kind nicht krank wird und jemand kurzfristig ausfällt – aber das ist auch gar nicht nötig. Denn auch kinderlose Arbeitnehmer bergen Risiken, die nicht eliminiert werden können, und weitsichtigen Arbeitgebern ist das bewusst. Sie haben englischsprachige Literatur als Hobby angegeben – erzählen Sie doch mal, wie finden Sie den neuen Philip Roth? Hier dürfen Sie sagen, dass Sie den neuen Roman von ihm noch nicht gelesen haben, aber zu seinen früheren Werken eine Meinung haben – und welche. Oder auch, dass Ihr Geschmack eher in Richtung Jonathan Franzen geht. Aber bitte nicht, dass Sie den Namen noch nie gehört haben und Sie mit dem Eintrag im Lebenslauf eigentlich sagen wollten: »Einen Band Harry Potter habe ich schon mal im Original gelesen.« Ähnliches gilt für Hobbys, die Sie angegeben haben in der Hoffnung, dass sie einen positiven Eindruck machen – Sie sollten sie schon auch ausüben, sonst kann es zu peinlichen Situationen kommen.
Etwas weniger übliche Fragen Etwas einfallsreichere Personaler versuchen es durchaus auch schon einmal ein wenig indirekter, Ihnen wichtige Informationen über sich selbst zu entlocken. Sie fordern Sie zum Beispiel auf, in die Perspektive eines anderen zu schlüpfen mit Fragen wie diesen: • Sie haben doch sicher auch Kollegen an Ihrer jetzigen Arbeitsstelle? Ja? Wie heißt denn der Kollege, mit dem Sie am meisten zusammen arbeiten? Herr Hoffmann? Was
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würde der Herr Hoffmann über Sie sagen? Fangen Sie doch mal an: »Also die Frau Lange, die ...« • Was würde Ihr Chef über Sie sagen? • Was finden Sie an Ihrem Chef gut? Und was nicht? Was machen Ihre Kollegen gut – und was nicht? • Welche Schwäche würden Sie einem Vorgesetzten/Kollegen/Mitarbeiter am leichtesten nachsehen können? Diesen Fragen liegt die Erkenntnis zugrunde, dass Menschen im Allgemeinen gerne projizieren. An einem Beispiel und grob vereinfacht gesprochen: Wer überall nur böse Absichten wittert, ist vermutlich selbst so ein Mensch, wie er sie allenorts zu erkennen glaubt. Und wer selbst sehr hilfsbereit ist, sieht auch in anderen eher die kooperativen Wesenszüge. Und wer bestimmte Schwächen leicht verzeiht, der hat genau diese Defizite oft selbst. Außerdem verleitet die geänderte Perspektive zu einem Nachlassen der Wachsamkeit und mancher wird spontan das Gemecker der Kollegin wiedergeben, ohne daran zu denken, dass er auch dann viel über sich selbst aussagt, wenn sie im Unrecht ist. Denn auch wenn sich jemand mit seinem Verhalten völlig im vertretbaren Bereich bewegt, ist es doch interessant und durchaus aussagekräftig, ob ihm vorgeworfen wird, er spiele sich zu sehr in den Mittelpunkt oder er stelle sein Licht zu sehr unter den Scheffel. Und einem Generalisten wird wohl kaum vorgeworfen werden, dass er sich zu tief in Details vergräbt, auch wenn der Vorwurf, er habe von nichts eine Ahnung, unberechtigt sein mag. Denken Sie also auch hier daran: Sagen Sie die Wahrheit, aber sagen Sie nicht jede Wahrheit. Betonen Sie das Positive, was andere über Sie sagen und verlieren Sie nicht Ihre Wachsamkeit. In eine ähnliche Richtung geht folgende Frage: • Was glauben Sie, sage ich nach diesem Gespräch über Sie? Und was sage ich in einem Jahr über Sie? • Wenn Sie ein technisches Gerät wären – welches wären Sie? Was für Bugs haben Sie? Gibt es besondere Features? Mit der letzten Frage wird auch gleichzeitig Ihre Abstraktionsfähigkeit geprüft – können Sie diesen Transfer leisten? Geraten Sie direkt ins Beschreiben und Ausschmücken, kennen Sie sich selbst gut?
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Stressfragen Gelassenheit gilt es zu bewahren, wenn Stressfragen gestellt werden: »Was würden Sie machen, wenn ich Ihnen sagen würde, dass Sie sich hier total lächerlich machen?« Bleiben Sie locker und nehmen Sie es als das, was es ist: ein Test, wie Sie auf Provokationen und Unhöflichkeit reagieren. Eine Rückfrage ist erlaubt und bringt Ihnen Zeit zum Nachdenken: »Wie kommen Sie darauf?« Eine nichtssagend-höfliche Antwort im Stil von »Ich sehe das etwas anders – ich denke nicht, dass ich mich lächerlich mache«, ist dann der perfekte Konter. Gerade in Zeiten von Web 2.0 müssen Sie damit rechnen, dass der eine oder andere Gesprächspartner Ihren Namen auch einmal in eine Suchmaschine eingibt oder nach Ihren Beiträgen in Xing-Foren sucht. Seien Sie sich stets dessen bewusst, was in der InternetÖffentlichkeit über Sie zu lesen ist und bereiten Sie sich darauf vor, mit dem einen oder anderen Fundstück konfrontiert zu werden, sei es nun das leicht peinliche Foto oder die verbale Entgleisung im Streitgespräch in einer hitzigen Debatte in Xing.
Fragen, bei denen Sie lügen dürfen Nach all den Fragen, auf die Sie vorbereitet sein müssen, hier noch ein paar Fragen, die Ihnen eigentlich niemand stellen darf, beziehungsweise bei denen Sie lügen dürfen, wenn es doch jemand tut. • Krankheiten und Behinderungen, die keine Relevanz für die aktuelle Stelle haben • Vorstrafen, sofern sie keine Relevanz für die aktuelle Stelle haben • Ihre politische oder sexuelle Orientierung • eine bestehende oder geplante Schwangerschaft
Erprobung der Sprachkenntnisse Es kann auch passieren, dass ein Gesprächspartner von einem Moment auf den anderen und unangekündigt in eine Sprache wechselt, von der Sie angegeben haben, dass Sie sie »sehr gut« oder »verhandlungssicher« beherrschen. Diese Sprache sollten Sie dann auch nach einem minimalen Überraschungseffekt flüssig verwenden und auf Fragen antworten können. Wichtiges Vokabular Ihres Fachgebietes sollten Sie parat haben und aktiv einsetzen können.
Fallen Eine der übelsten, leider aber auch am häufigsten betretenen Fallen besteht darin, sich exzessiv negativ zu äußern – worüber auch immer. Auch wenn es schon mehrfach gesagt
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wurde: Reden Sie niemals schlecht über einen ehemaligen Arbeitgeber, reden Sie ganz allgemein niemals schlecht über andere. Es gibt wohl kaum einen Sachverhalt, den Sie darstellen sollten, und den Sie nicht auch wertfrei zusammenfassen könnten mit einer Formel wie: »Die gegenseitigen Erwartungen, die Herangehensweisen, die Werte haben nicht zusammengepasst.« Oder argumentieren Sie mit einer divergierenden Entwicklung über die Jahre hinweg – was Ihnen lange Zeit gut gefallen hat und was viele Jahre richtig für Sie war, kann nun nicht mehr das Passende sein. Beachten Sie diesen feinen Unterschied, denn er bildet die Trennlinie zwischen Abwertung und neutraler Darstellung, zwischen fehlender Loyalität und einer konsequenten Entscheidung. Es gibt darüber hinaus noch einige typische Fallen, in die gerade Informatiker leider häufig tappen – hier sind einige von ihnen: • Sie betonen, dass Sie auf keinen Fall Windows verwenden wollen und dozieren über die Überlegenheit von Open Source. • Sie stellen allgemein alle technischen Lösungen, die nicht von Ihnen selbst stammen, als bestenfalls minderwertig, schlimmstenfalls skandalös schlecht dar und empfinden diese Pose als Zeichen Ihres Durchblicks. • Sie verwenden permanent die Begriffe »Kleinweich« oder »Microschrott«. • Wenn Sie nach Details aus Ihrer Vita gefragt werden, verweisen Sie etwas unwirsch auf Ihre Unterlagen: »Das steht doch alles in meinem Lebenslauf.« • Wenn Sie gefragt werden, ob Sie schon einmal mit einer bestimmten Software gearbeitet haben, antworten Sie einfach nur mit »Ja« – und nichts weiter. • Oder aber Sie verfallen, wenn Sie einmal warmgeworden sind, ins Gegenteil und empfinden eine Gesprächspause Ihres Gegenübers als Zwang, weitere Details zu dem zu liefern, was Sie bereits auführlich dargestellt haben. Dabei kommen dann Dinge heraus, die Sie niemals haben sagen wollen – mit anderen Worten: Sie reden sich um Kopf und Kragen. Haben Sie sich wiedererkannt? Dann wissen Sie ja jetzt, welche schlechten Gewohnheiten Sie ablegen sollten. Und denken Sie bei alldem immer daran: Ihr Gesprächspartner kann Sie mit Fragen, die er stellt, oder Kommentaren, die er abgibt, nicht wirklich persönlich treffen, denn er kennt Sie gar nicht. Bewerber und auch Interviewer begegnen einander in einer definierten Rolle und agieren auch nur in dieser. Auch Personaler sind unsicher und haben Angst, Fehler zu machen. »Nobody was ever fired for buying IBM« – und es wird auch niemand gefeuert, weil er einen vernünftig wirkenden Bewerber eingestellt hat. Geben Sie keinen Grund, weshalb man Mut beweisen müsste, Sie einzustellen.
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Fragen, die Sie stellen können – und was Sie von so mancher Antwort zu halten haben Natürlich sollten Sie primär nach den Dingen fragen, die relevant für Ihre Entscheidung sind – gehen Sie aber dabei auf die Stellenanzeige, die Informationen auf der Homepage und auf eventuelle vorangegangene Gespräche ein, sowie natürlich auf das, was in einer früheren Phase des Gesprächs bereits gesagt wurde. So zeigen Sie, dass Sie sich vorbereitet haben und interessiert sind.
Fragen zur Tätigkeit • Was genau sind die Aufgaben? Fragen Sie lieber konkret, zum Beispiel nach einem typischen Tagesablauf des Stelleninhabers. Wie sind die Anteile z.B. von Programmierung zu Management, von Support und Administration, von Projektarbeit und Tagesgeschäft? • Wie ist die Aufgabenteilung mit den Kollegen? Macht jeder alles oder gibt es Spezialisten für Themen? • Gibt es Projektarbeit mit fest zugewiesenen Aufgabengebieten? Oder wird die Arbeit mithilfe von Trouble-Tickets strukturiert und die Aufgaben wechselnd zugewiesen? • Sofern die Stellenanzeige diese Frage noch nicht erschöpfend beantwortet: Was wäre aus der Sicht Ihres potenziellen künftigen Vorgesetzten der ideale Kandidat für diese Stelle? Welche Eigenschaften, Kenntnisse, Erfahrungen hat er? Klären Sie für sich die Frage, ob Sie die Mehrheit dieser Eigenschaften haben – es ist nicht entscheidend, ob Sie sie wirklich brauchen, sondern ob Ihr Vorgesetzter dies denkt.
Fragen zu Technik • Mit welcher Software wird für welchen Zweck gearbeitet? Gibt es ein Projektplanungstool, ein Trouble-Ticket-System? • Welche Programmiersprachen und Datenbanken werden vorwiegend eingesetzt? • Mit welchen Betriebssystemen und mit welcher Office-Software wird gearbeitet? • Welches Versionskontrollsystem wird verwendet, welche Entwicklungsumgebungen und Testtools? • Welche Modellierungs- und Dokumentationswerkzeuge werden eingesetzt? • Inwieweit sind Sie frei in der Wahl Ihrer Tools oder gebunden an eine Unternehmenspolicy?
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Fragen zur Organisation • Warum wird die Stelle frei? Wachstum, Umstrukturierung, Kündigung, Beförderung des bisherigen Inhabers? • Wer ist mein Vorgesetzter? • Mit wem arbeite ich zusammen? Wie groß ist das Team, in dem ich arbeite? • Wie setzt es sich zusammen nach Alter, Geschlecht, Nationalität, Ausbildungs- und Erfahrungsstand, Firmenzugehörigkeit? Ist die Zusammensetzung zu homogen, kann es zu Einseitigkeit kommen, aber auch zu große Heterogenität ist nicht unproblematisch und kann zu Reibungsverlusten führen. • Wo ist die Stelle im Organigramm eingeordnet? Wo ist die Abteilung im Gesamtunternehmen eingeordnet? • Ist sie ein Profit- oder ein Costcenter? Dies kann einen erheblichen Unterschied machen dahingehend, wie sehr die eigene Arbeit im Unternehmen wertgeschätzt wird – in einem gewinnorientierten Umfeld werden immer diejenigen eher respektiert, die als Profitbringer gelten. Wird die IT-Abteilung aber als reines Costcenter gesehen, wird dieser Beitrag zum Unternehmenserfolg gar nicht ermittelt, und entsprechend sieht man die Mitarbeiter: als Kostenträger.
Fragen zu Rahmenbedingungen • In welcher Sprache wird die Dokumentation verfasst? Gibt es viele internationale Kontakte? • An welchem Ort arbeite ich? Wo ist mein Büro? • Wie häufig sind Dienstreisen? Wie lang dauern sie, wie kurzfristig werden sie angesetzt? Gelten Reisezeiten ganz oder teilweise als Arbeitszeit? • Wie viele Überstunden werden gemacht, wie werden sie abgegolten? • Muss Bereitschaft geleistet werden und wie oft? Wie sind die Reaktionszeiten? Und wie wird die Bereitschaft vergütet? Wird erwartet, dass Sie auch außerhalb einer eigentlichen Bereitschaft für Firmenbelange erreichbar sind? • Was für Arbeitszeitregelungen gibt es? Arbeitszeitkonto, Vertrauensarbeitszeit? Gilt Gleitzeit? • Gibt es einen Einarbeitungsplan, ein Patenmodell oder dergleichen? Wie lange ist die Phase, die offiziell als Einarbeitungszeit gilt?
Fragen zur beruflichen Entwicklung • Wie sind die Entwicklungsmöglichkeiten? Gibt es so etwas wie eine Spezialisten-Laufbahn für Mitarbeiter, die nicht an der klassischen Linienkarriere interessiert sind?
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Existiert ein Projektleiter-/Projektmanagerpool? • Gibt es jährliche Entwicklungs- und Zielvereinbarungsgespräche und was ist deren Inhalt? • Wie sieht es mit Weiterbildungsmöglichkeiten aus? Wird ein Teil oder werden sogar alle Seminare in der Freizeit abgeleistet? Unterstützt das Unternehmen die Mitarbeiter bei Zertifizierungen und wie? • Ermitteln Sie auch vorsichtig, wie das Betriebsklima im gesamten Unternehmen, aber besonders in Ihrer künftigen Abteilung ist. Das kann gelingen mit Fragen wie: Welches Ereignis aus jüngster Zeit illustriert das Betriebsklima, das in der Abteilung herrscht? Wie würde der Vorgesetzte seinen Führungsstil beschreiben? Wie hat er Probleme im Team gelöst? Wie hoch ist die Fluktuation? Vorsichtig sollten Sie deshalb sein, weil sehr leicht der Eindruck entstehen kann, Sie drehten den Spieß um, wenn Sie allzu sehr auf diese Punkte insistieren. Wie das Betriebsklima und der vorherrschende Führungsstil wirklich sind, ist sehr schwer im Vorfeld zu erkennen. Hier sollten Sie wiederum Ihr Netzwerk zu Rate ziehen oder die Möglichkeiten eines Schnuppertages zu nutzen versuchen (siehe »Der Schnuppertag« auf Seite 178).
Das zweite Gespräch Hier geht es dann darum, weitere Gesprächspartner kennenzulernen – wenn zuerst nur Personaler und ein Mitarbeiter der Fachabteilung zugegen war, sind jetzt eventuell weitere Vorgesetzte oder Kollegen dabei. Außerdem geht es um konkrete Vereinbarungen, speziell natürlich um das Gehalt und den konkreten Starttermin. Fragen, die Ihnen dann gestellt werden, sofern das nicht bereits im ersten Gespräch der Fall war, sind folgende: • Wie ist Ihre Kündigungsfrist? Lässt Sie Ihr jetziger Arbeitgeber früher gehen? Wann können Sie starten? • Was haben Sie bisher verdient? • Was stellen Sie sich jetzt als Jahresgehalt vor? • Wie stehen Sie zu dem Umzug? Und Ihr Partner, Ihre Familie? Ihre Fragen wären dann etwa wie folgt: • Wie könnte ein Gehaltspaket aussehen?
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Gibt es Urlaubs-, Weihnachtsgeld oder Sonstiges, und sind es freiwillige Leistungen (die damit jederzeit entfallen können) oder Vertragsbestandteile? • Was für fixe, was für variable Bestandteile gibt es und wie sind letztere zu erreichen? Wie könnte eine typische Zielvereinbarung aussehen? • Welche weiteren »Goodies« gibt es? Denkbar wären zum Beispiel Dienstwagen, eine feste Anzahl Seminartage pro Jahr, Essenszuschüsse, Jobticket oder auch Kleinigkeiten wie Freigetränke. • Kann das Unternehmen beim Umzug behilflich sein z.B. durch Hilfe bei der Wohnungssuche, Übernahme von Umzugskosten?
Der Schnuppertag Gelegentlich genutzt: Im Rahmen von »Schnuppertagen« erhalten Sie als potenzieller neuer Mitarbeiter die Gelegenheit, Ihre Kollegen und Vorgesetzten »in freier Wildbahn« kennenzulernen. Sie bewegen sich einen halben oder ganzen Tag als Gast relativ frei im Unternehmen und können das Gespräch informell suchen, mit ihren potenziellen neuen Kollegen einen Kaffee trinken und auch einmal inoffiziell hören, wie es sich denn so arbeitet in Ihrem Zielunternehmen. Dieses Instrument verwenden nur Unternehmen, die sich ihrer Sache recht sicher sind und die davon ausgehen, ein für Bewerber attraktives Gesamtpaket zu bieten – was nicht heißt, dass Unternehmen, die das nicht anbieten, unattraktiv wären. Daher kann ich nur raten: Wenn Sie die Möglichkeit haben, eine solche »Schnuppergelegenheit« wahrzunehmen, nutzen Sie sie! Sie erhalten realistische Einblicke abseits der Sonntagsreden, wie man sie in einem Vorstellungsgespräch möglicherweise noch äußert.
Das Telefoninterview Für das Telefoninterview gelten die gleichen Regeln wie für jedes Vorstellungsgespräch – nur ist es häufig leichter, es kurzfristig zu vereinbaren, weil keine Anreise erforderlich ist. Zudem halten sich die Kosten in sehr engem Rahmen. Daher wird diese Form des Vorstellungsgesprächs besonders gerne in Bereichen genutzt, in denen es kurze Wege und schnelle Entscheidungen gibt.
Nach dem Gespräch Verbleib Zum Schluss des Gespräches gilt es, eine klare Absprache zu treffen: Häufig wird der Interviewer eine Reaktion innerhalb eines bestimmten Zeitraumes zusichern und auch Sie bitten, sich zu melden, falls sich zwischenzeitlich etwas bei Ihnen ändert. Das heißt
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konkret: Geben Sie Bescheid, bevor Sie einen anderen Vertrag unterschreiben. Spielen Sie mit offenen Karten, wenn Sie weitere Gespräche führen, und sagen Sie ab, wenn Sie sich endgültig anderweitig entschieden haben. Wenn Sie arbeitslos oder von Arbeitslosigkeit bedroht sind, oder wenn Sie gerade ihr Studium beendet haben, wird kaum jemand etwas anderes erwarten. Hier würde eher ein Nein auf die Frage nach anderweitigen Bewerbungsaktivitäten zur Irritation führen. Sagen Sie aber bitte erst ab, wenn die Entscheidung gefallen ist, nicht vorher: Stellen Sie im eigenen Interesse die Bewerbungsaktivitäten erst ein, wenn Sie einen von beiden Seiten unterschriebenen Vertrag vor sich liegen haben.
Erreichbarkeit Seien Sie in der Zeit nach dem Vorstellungsgespräch auf genau den Kanälen erreichbar, bei denen Sie das zugesichert haben. Hören Sie Ihre Mailboxen regelmäßig ab und rufen Sie zurück, wenn Sie es zugesagt haben. Lesen Sie Ihre Inbox und beantworten Sie Mails. Noch ein Tipp: Überprüfen Sie die Ansage auf Ihrem Anrufbeantworter oder Ihrer Mailbox: Einen flapsigen oder gewollt witzigen Spruch sollten Sie zumindest in der Bewerbungsphase durch etwas Seriöseres ersetzen.
Bewerbungskostenerstattung Wenn Sie von einem Unternehmen zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen wurden, dann dürfen Sie davon ausgehen, dass das Unternehmen Ihnen Ihre Reisekosten erstattet, sofern es dies nicht vorher explizit ausgeschlossen hat. Sehr viele, besonders große Unternehmen, informieren Sie bereits mit der Einladung, bis zu welcher Höhe sie Kosten erstatten und überreichen Ihnen – ganz unabhängig davon, wie es mit Ihrer Bewerbung weitergeht – bereits gegen Ende des ersten Gespräches das entsprechende Formular. Wird das Thema nicht von Unternehmensseite angesprochen, sollten Sie dies Ihrerseits spätestens dann tun, wenn der Bewerbungsprozess beendet ist, z.B. durch eine Absage – wenn Sie in erheblicher Höhe in Vorlage treten müssten, z.B. weil Sie sinnvoll nur mit dem Flugzeug anreisen können, lohnt es sich unter Umständen, das Thema vor der Anreise abzuklären. In jedem Fall sollten Sie auf Luxus jeglicher Art verzichten und auch nicht herumtricksen (z.B. Hotelkosten geltend machen, wenn Sie eigentlich in der WG eines Freundes auf der Gästematratze übernachtet haben).
Gesprächsnachbereitung Auch wenn Sie nach dem Gespräch (vor allem nach dem ersten in einer Bewerbungsphase) vermutlich erst einmal einfach nur froh sind, wenn Sie es hinter sich haben: Machen Sie sich die Mühe und legen Sie einen Journaleintrag an. Vermerken Sie:
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• Wer waren meine Gesprächspartner? • Wie lang dauerte das Gespräch? • Worum ging es schwerpunktmäßig, was wurde gefragt? • Was habe ich gefragt und wie haben meine Gesprächspartner darauf reagiert? • Was lief gut? Was lief weniger gut? • Wo habe ich erreicht, was ich wollte, wo habe ich so gewirkt, wie das beabsichtigt war? • Wo habe ich nicht erreicht, was ich wollte, wo habe ich anders gewirkt, als ich wollte? • Was möchte ich beim nächsten Mal anders machen? • Was hat sich bewährt und würde ich wieder so machen? Oftmals werden es die Verhandlungen rund um die berühmten Konditionen sein, mit denen Sie nicht zufrieden sind – wie Sie auf diesem Gebiet sicherer werden und gelassen auftreten können, lesen Sie im folgenden Kapitel.
Stimmen von der anderen Seite des Schreibtischs Auch hier möchte ich Ihnen in Auszügen aus Kurzinterviews, die ich mit Personalentscheidern, Projektleitern, Personalern und Personalberatern geführt habe, die regelmäßig Mitarbeiter rekrutieren, nahebringen, was auf der anderen Seite des Schreibtischs geschätzt und weniger geschätzt wird, was nervt und was erfreut.
Herr B., Großprojektleiter, Bank, Frankfurt Welche Fragen stellst Du im Vorstellungsgespräch besonders gerne? Ich frage nach den eigenen Weiterbildungsbemühungen, bei Anwendungsentwicklern klopfe ich auch ab, ob sie ein theoretisches Konzept kennen, es in der Praxis einsetzen. Da hake ich dann auch gerne mal nach, was sie z.B. unter Objektorientierung verstehen und welche Vor- und Nachteile sie da nennen würden. Zu den Projekten, die im Lebenslauf genannt werden, frage ich auch gerne mal genauer nach: Um was genau ging es da? Was hat der Bewerber da gemacht, was war seine Rolle? Wenn er dann erzählt, merke ich schnell, ob er wirklich begeistert war von der Aufgabe und ob er erklären kann.
Worauf achtest Du beim Bewerber im Gespräch sonst noch? Mir ist Teamfähigkeit wichtig – darunter verstehe ich, dass jemand auch mit Leuten außerhalb der IT reden kann, dass er sich klar ausdrücken kann. Er muss auch mit kritischen Fragen selbstsicher umgehen können und Lücken im Lebenslauf erklären können. Und natürlich ist die persönliche Chemie sehr wichtig – auch Kleidung und Stil muss einfach hierher passen.
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Mir fällt es außerdem positiv auf, wenn jemand offen und ruhig auch offensiv vertritt, wenn er aufgrund seiner Familiensituation nicht sehr reisefreudig ist oder seine Überstunden in Grenzen halten will.
Was für Kuriositäten hast Du schon einmal in Vorstellungsgesprächen erlebt? Gar nichts weiter Besonderes – ein nicht ausgeschaltetes Handy war schon das Außergewöhnlichste.
Silke Westphal, Zaesura Pro GmbH (Personalberatung), Frankfurt Welche Fragen stellst Du im Vorstellungsgespräch besonders gerne? Ich arbeite ja nun AGG-gerecht und habe einen Gesprächsleitfaden, der bei jedem Interview abgearbeitet wird. Aber ich vermute, die Frage geht dahin, welche Punkte regelmäßig besonders kritisch sind? Englisch ist so ein Thema. Einer meiner wichtigsten Kunden legt großen Wert darauf, dass die Mitarbeiter Englisch können. Ich frage dann im Telefoninterview nach: »Sie haben geschrieben, Sie können gut Englisch, können wir denn da mal in Englisch weitermachen?« Da kommt bei den meisten zur Antwort: »Überhaupt kein Problem.« Und dann leg ich los und frage: »Can you please tell me what you did in your last job?«, und dann kommt erstmal ein: »Oh, Sie wollen ja wirklich auf Englisch weitermachen.« Es gibt welche, die fangen dann an und stottern sich durch ein paar Sätze und sagen dann: »Nee, ich kann es wohl doch nicht so gut«, und es gibt welche, die sagen gleich von vornherein »Oh, Sie erwischen mich jetzt auf dem ganz falschen Fuß«, und sprechen dann auch kein Wort Englisch. Und die wirklich allerkleinste Minderheit, die legt dann wirklich auf Englisch los. Da muss ich dann öfter grinsen, wenn ich merke, sie haben schlicht nicht damit gerechnet, dass es jemand wirklich mal probiert.
Worauf achtest Du beim Bewerber im Gespräch sonst noch? Ich achte darauf, dass die Leute mir vernünftige Antworten auf meine Fragen geben. Ich kann es nicht leiden, wenn mir jemand auf etwas antwortet, was ich nicht gefragt habe oder versucht, mich für doof zu verkaufen. Und wenn mir jemand ausweicht, dann hake ich da nach, und ich habe auch keine Hemmungen, viermal die gleiche Frage zu stellen. Dabei achte ich auch auf die Fähigkeit der Leute, sich auszudrücken. Leute, die früher bei der Bundeswehr waren, z.B. Zeitsoldaten, 12 Jahre, wenn du mit denen Telefoninterviews führst, das ist wirklich vom Feinsten: Die sagen dann zu einem »Ja! Nein! Ja! Nein!« – und von denen mal wirklich mehr als ein »Jawohl« zu kriegen, ist schon wirklich schwer.
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Im persönlichen Gespräch achte ich natürlich auch auf Körpersprache, gepflegtes Auftreten. Wirkt derjenige seriös, vertrauenswürdig, sympathisch? Hat das alles Hand und Fuß, was er sagt? Passt das, was er sagt, zu dem, wie er es sagt, zu der Körpersprache? Hat er Umgangsformen? Sagt er dir nett und freundlich guten Tag, oder wartet er, bis du dich auch hinsetzt, oder lässt er sich einfach irgendwohin plumpsen, nimmt schon mal Kaffee, ohne dass du ihm einen angeboten hast?
Was für Kuriositäten hast Du schon einmal in Vorstellungsgesprächen erlebt? Einiges Kuriose. Da war diese Dame, die mir mitten im Bewerbungsgespräch private Fotos auf den Tisch legte, mit dem Hinweis: »Damit Sie auch mal wissen, dass ich nicht nur im Kostüm eine gute Figur mache.« Die war dann gar nicht mehr zu bremsen und zeigte mir ein Foto nach dem anderen, hier war sie reiten, da war sie schwimmen, da war sie in Kuala Lumpur im Urwald – das hatte schon was sehr Merkwürdiges. Oder einmal fand das Vorstellungsgespräch im 20. Stock statt. Der Bewerber kam herein, wurde kreidebleich und ging rückwärts wieder raus. Das Gespräch haben wir dann im Flur geführt. Es stellte sich heraus, er hatte Höhenangst, daher kam die Position mit einem Arbeitsplatz in diesem Haus für ihn überhaupt nicht in Frage. Und dann war da noch der Typ, der mich heftigst angeflirtet hat und mich dann auch abends zu Hause anrief. Im Allgemeinen kann man sagen: Wenn man eine Stellenanzeige aufgibt, sind ungefähr fünfzig Prozent Schrott, mit dem man nix anfangen kann, zwanzig Prozent sind okay, aber nicht für die jeweilige Position geeignet. Mit ungefähr 25 Prozent kann man arbeiten. Und tja, fünf Prozent sind totale Psychopathen. Ganz egal, um welche Position es geht, welche Branche oder Hierarchieebene – fünf Prozent Psychopathen sind immer dabei.
Claudia Raak, CEO, wibas IT Maturity Services GmbH (IT-Beratung), Darmstadt Welche Fragen stellst Du im Vorstellungsgespräch besonders gerne? Gerne stelle ich Fragen nach der eigenen Motivation und den Visionen, sowie nach Stärken und Schwächen des Bewerbers. Und ich stelle gerne Fragen auf Englisch, um die Englischkenntnisse zu testen.
Worauf achtest Du beim Bewerber im Gespräch sonst noch? Da wir ein Beratungsunternehmen sind, achten wir natürlich auf die Ausstrahlung des Bewerbers und die Fähigkeit, Vertrauen beim Gegenüber zu schaffen. Darüber hinaus prüfen wir durch Übungen die »Kaltwasser-Fähigkeit« der Bewerber.
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Was für Kuriositäten hast Du schon einmal in Vorstellungsgesprächen erlebt? Wir sind – wie gesagt – ein Beratungsunternehmen, das Kunden im gesamten deutschsprachigen Raum bedient. Damit gehört die Bereitschaft zum Reisen zur Grundvoraussetzung für unsere Mitarbeiter. Einmal hat uns ein Personalberater einen Bewerber mitgebracht, bei dem sich im Laufe des Gesprächs herausstellte, dass er eigentlich weder reisen noch als Berater arbeiten wollte. Der Personalberater ist dann mit hochrotem Kopf wieder gegangen.
Peter Groll, Stv. Niederlassungsleiter, ICT-Solutions, FERCHAU Engineering GmbH (Ingenieurdienstleister), Niederlassung Stuttgart Welche Fragen stellst Du im Vorstellungsgespräch besonders gerne? • »Wie sieht Ihre ideale Arbeit aus?« • »Wo sehen Sie sich in 5 Jahren?« • »Was hat Sie bei einer letzten Tätigkeit enorm geärgert?«
Worauf achtest Du beim Bewerber im Gespräch sonst noch? Ich schaue auf das Auftreten insgesamt, die Persönlichkeit, die Manieren, und natürlich die Kommunikationsfähigkeit.
Was für Kuriositäten hast Du schon einmal in Vorstellungsgesprächen erlebt? Ein Bewerber kam zum Eingang herein in Jeans und einem gammeligen Pulli, in der Hand eine Plastiktüte, die Assistentin brachte ihn ins Besprechungszimmer. Als ich hineinging, saß er top gepflegt im Anzug mit Krawatte vor mir, er hatte sich sogar parfümiert – so eine Show habe ich nur einmal erlebt ...
Frau C., Fachbereichsleiterin Qualitätskontrolle, ein Softwarehaus bei Köln Welche Fragen stellst Du im Vorstellungsgespräch besonders gerne? Standardfrage: »Warum denken Sie, dass Sie sich für den Job besonders eignen?« Wobei ich bei der Antwort eher darauf achte, ob der Bewerber sich wirklich Gedanken darüber gemacht hat, was wir in der Firma eigentlich machen, als auf das, was er da über sich sagt.
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Worauf achtest Du beim Bewerber im Gespräch sonst noch? Wird der Bewerber bei uns ins Team passen? Das ist ziemlich wichtig für mich, ich habe nämlich schon mal Kandidaten ins Team gesetzt bekommen, wo das nicht der Fall war, die sich sehr störend auf den Arbeitsablauf ausgewirkt haben.
Was für Kuriositäten hast Du schon einmal in Vorstellungsgesprächen erlebt? So richtig Seltsames war noch nicht dabei.
Jens W., Manager Human Resources, IT-Consulting Unternehmen, Frankfurt Welche Fragen stellst Du im Vorstellungsgespräch besonders gerne? Mindestens die folgenden: • Warum will die Kandidatin sich umorientieren? • Wo sieht sie sich in einem oder drei Jahren? • Auf welche Weise betreibt sie eigengetriebene Weiterbildung? Und natürlich hinterfrage ich gerne auch mal ihre technischen Fähigkeiten.
Worauf achtest Du beim Bewerber im Gespräch sonst noch? Nicht unwichtig ist, wie er sich präsentiert – das Consulting-Business setzt ein Mindestmaß an Kommunikativität voraus. Und auf seine Motivation (will er den Job wirklich?).
Was für Kuriositäten hast Du schon einmal in Vorstellungsgesprächen erlebt? Bisher leider gar nichts wirklich Erzählenswertes.
Rudolf Raab, Abteilungsleiter Servicemanagement & IT-Reporting, IZB Informatik-Zentrum München-Frankfurt a.M. GmbH & Co. KG (Rechenzentrum und IT-Dienstleister), Aschheim bei München Welche Fragen stellen Sie im Vorstellungsgespräch besonders gerne? • Warum haben Sie sich auf diese Stelle beworben? • Was zeichnet Sie für diese Stelle aus? • Warum sollten wir gerade Sie nehmen? • Warum haben Sie Ihr vorheriges Arbeitsverhältnis gekündigt?
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Worauf achten Sie beim Bewerber im Gespräch sonst noch? Ich achte auf die Körperhaltung: Schaut mich der Bewerber an, wenn er mit mir spricht? Wie reagiert er auf Fragen – weicht er aus oder antwortet er nur mit knappen Sätzen? Ist er offen und ehrlich, oder versucht er etwas vorzuspielen? Wie verhält sich der Bewerber bei für ihn eher unangenehmen Fragen, zum Beispiel nach persönlichen Schwächen oder Gründen für frühere Kündigungen? Bricht er dann in Schweiß aus (das sieht man bei Männern am Hemdkragen ganz leicht), hat er zum Ende des Gesprächs schweißnasse Hände?
Was für Kuriositäten haben Sie schon einmal in Vorstellungsgesprächen erlebt? Trotz vieler Bewerbungsgespräche gibt es hier – Gott sei Dank – wenig zu berichten, also nur zwei Fälle: Am auffallendsten war ein Bewerber, der von der Papierlage her super war: fachliche Zertifikate ohne Ende, sehr gute Referenzen bei bekannten Firmen. Er hatte aber zwei gravierende Schwächen: Er konnte keinem in die Augen schauen – er blickte permanent auf den Bauchnabel (und darunter) dessen, dem er gerade antwortete. Und er war ein reiner Theoretiker, der ganz offensichtlich von den Firmen mit guten Zeugnissen weggelobt worden war. Das Gespräch war nach weniger als 30 Minuten – inklusive eines entsprechenden Feedbacks an den Kandidaten – vorbei. Der zweite bemerkenswerte Fall war ein Bewerber, der seit drei Monaten arbeitssuchend war und gehetzt aus seinem Urlaub zum Vorstellungsgespräch kam. Er hatte ganz offensichtlich überhaupt keine Ahnung, bei welcher Firma er sich gerade vorstellte und hatte sich deshalb auch keine großen Gedanken gemacht, was von ihm in einer derartigen Umgebung erwartet wird. Auch dieses Gespräch fand ein schnelles Ende.
C. Stellfeldt, Geschäftsführung, finius GmbH (Unternehmensberatung mit Schwerpunkt Investment Banking), Königstein im Taunus Welche Fragen stellst Du im Vorstellungsgespräch besonders gerne? Ich lasse mir Lücken oder Widersprüche im Lebenslauf gerne mal erklären. Gut finde ich auch die eine oder andere Assessment-Center-Frage, zum Beispiel: »Warum ist ein Gullideckel rund?« oder: »Was kann man mit einem Ziegelstein alles machen?« Eine Fachfrage gehört dazu, z.B. bitte ich, den Begriff »Swap« zu erklären – je nach Seniorität sollte der Bewerber dann schon erläutern können, welche Arten es gibt, was einen Swap grundsätzlich auszeichnet, wann man dieses Produkt nutzt und so weiter.
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Interessant ist natürlich auch, wie der Bewerber auf die Firma aufmerksam geworden ist und was er oder sie über uns weiß. Welche Erwartungshaltung hat er an uns oder auch an seine eigene Rolle im Unternehmen – wo will er in drei oder zehn Jahren stehen? Aufgrund der Firmenstruktur von finius klopfe ich dabei auch gerne ab, wie wichtig für den Kandidaten Titel, Rollen und Verantwortlichkeiten sind.
Worauf achtest Du beim Bewerber im Gespräch sonst noch? Der gesamte Auftritt des Kandidaten, also unter anderem die Körperhaltung und der Blick: »Kann er oder sie einem in die Augen schauen?« Hat sie eine klare Vorstellung über sich und ihre Ziele, stellt er auch selbst Fragen? Wie geht er mit Nachfragen um? Ich frage da auch gerne einmal nach etwas, was bereits erklärt wurde, oder aber, was den Kandidaten vermutlich etwas in die Enge treibt – so erkenne ich, wie es mit der Stressresistenz bestellt ist. Oder ich probiere aus, was passiert, wenn ich eine seiner Aussagen falsch wiedergebe – nimmt er das hin oder versucht er, die Aussage zu korrigieren, und wenn ja, wie?
Was für Kuriositäten hast Du schon einmal in Vorstellungsgesprächen erlebt? Einige! Eine Bewerberin wusste offensichtlich überhaupt nicht, auf welche Position sie sich eigentlich beworben hatte, ein Bewerber kam in legersten Freizeitklamotten (kurze Hose, T-Shirt, Birkenstocksandalen). Ein anderer Kandidat wollte mir (nachdem ich ihm eine Absage gegeben hatte) erklären, dass ich das Bewerbungsgespräch komplett falsch aufgebaut hätte und sowieso nicht die richtigen Fragen gestellt hätte. Und dann war da noch der Bewerber, der binnen drei Minuten (das ist nicht übertrieben) einen kompletten Keksteller leergegessen hatte und auch keine Hemmungen zeigte, mit vollem Mund zu reden.
Dieter Eisenbach, Director Human resources, PTV AG (ITBeratung für Verkehr, Transport und Logistik), Karlsruhe Welche Fragen stellst Du im Vorstellungsgespräch besonders gerne? Ich wechsele gerne mal die Perspektive und frage: »Wenn ich Ihren jetzigen Chef fragen würde, was er an Herrn XY besonders schätzt (oder nicht), welche Antworten würde ich erhalten?« (Herr XY ist natürlich der Bewerber selbst.)
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»Wenn Sie sich vorstellen könnten, Ihr jetziges Unternehmen als Vorstand zu verändern, was würden Sie spontan tun?«
Worauf achtest Du beim Bewerber im Gespräch sonst noch? Gestik, Mimik, Kommunikationsvermögen – behält er den roten Faden oder lässt er sich leicht ablenken?
Was für Kuriositäten hast Du schon einmal in Vorstellungsgesprächen erlebt? Nichts, was das Erzählen lohnen würde.
Dr. Thomas Frühauf, Head of WEB-Technology Systems, vwd group (Finanzinformationsdienstleister), Frankfurt am Main Welche Fragen stellst Du im Vorstellungsgespräch besonders gerne? Ich frage nach der Motivation für bisherige Firmenwechsel und stelle Detailfragen zu den bisherigen Projekten und Verantwortlichkeiten sowie auch zu den bevorzugten Methoden und Tools. Wichtig ist auch Fachwissen über die Anwendungsdomäne (bei uns Finanzwelt, Börsen).
Worauf achtest Du beim Bewerber im Gespräch sonst noch? Kommunikationsfähigkeit, Körpersprache, Offenheit. Wichtig ist auch Souveränität beim Umgang mit eigenen Schwachpunkten.
Was für Kuriositäten hast Du schon einmal in Vorstellungsgesprächen erlebt? Mehr als einmal begegneten mir Bewerber, die sich als solche »Supermänner« präsentierten, dass ich mich fragte, warum sie es nötig hätten, sich bei einer mittelgroßen, außerhalb einer kleinen Community nicht übermäßig bekannten Firma zu bewerben. Als ich genau dies dann den Bewerber fragte, begann meist die »Demaskierung«. Der größte Fehler, den Bewerber in Vorstellungsgesprächen machen können, ist zu schauspielern. Selbst wenn es ihnen gelingt, die Gesprächspartner zu bluffen, ist doch die Enttäuschung des neuen Chefs in der Probezeit umso größer. Eine Trennung innerhalb der ersten Monate ist dann die für beide Seiten unangenehme Konsequenz.
Rainer Wawrzik, Abteilungsdirektor, Commerzbank AG, Frankfurt Welche Fragen stellst Du im Vorstellungsgespräch besonders gerne? • Wie schätzen Sie Ihren Charakter ein? • Welche Stärken haben Sie?
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• Welche Schwächen haben Sie? • Worauf legen Sie bei einer Aufgabe mit Termindruck mehr Wert: auf Qualität oder auf Tempo?
Worauf achtest Du beim Bewerber im Gespräch sonst noch? Umgangsformen, Ausdrucksweise. Und: Kommt der Bewerber auf den Punkt, oder schweift er aus ...?
Was für Kuriositäten hast Du schon einmal in Vorstellungsgesprächen erlebt? Dazu fällt mir nichts ein.
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KAPITEL ACHT
Gehaltsverhandlung
B
itte senden Sie uns Ihre aussagekräftige Bewerbung, inklusive des frühesten Eintrittstermins und Ihrer Gehaltsvorstellungen.
So steht es lapidar in der Mehrheit aller Stellenanzeigen – und sehr viele Bewerber geraten in Schweiß. Was soll man angeben? Liegt man zu tief, verkauft man sich unter Wert, liegt man zu hoch, fliegt man gleich auf den Stapel »Absage« – so jedenfalls die Befürchtung. Es scheint vertrackt – man kann es nur falsch machen. Wenn Sie arbeitslos sind, vielleicht sogar schon eine Weile, sind Sie möglicherweise verzweifelt genug, sich billiger zu verkaufen, als es notwendig wäre. Gerade Frauen neigen dazu, ihr Gehalt eher zu niedrig anzusetzen, aus Angst, umverschämt zu wirken oder weil sie sich wirklich zu wenig zutrauen. Bei aller Sorge, sich mit einem zu hohen Wunschgehalt ins Aus zu katapultieren, gilt dennoch grundsätzlich: Von einem leicht zu hohen Gehalt herunterhandeln lassen kann man sich immer noch, aber von einem zu niedrigen Gehalt muss man sich erst mühselig hocharbeiten. Oder Sie haben ein erstes Vorstellungsgespräch erfolgreich bei Ihrem Wunschunternehmen hinter sich gebracht und gerade einen Anruf erhalten, dass Sie »eine Runde weiter« sind. Man möchte Sie zu einem zweiten Gespräch sehen. Manchmal hören Sie dann noch ein
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explizites »Und machen Sie sich auch mal ein paar Gedanken darüber, was Sie sich so als Gehalt vorstellen« – aber auch wenn es nicht gesagt wird: Das Thema steht nun an.
Das Gehalt steht aber auch dann immer wieder zur Debatte, wenn Sie längst im Beruf stehen – die Anzahl der tarifgebundenen Unternehmen sinkt, und selbst wer in einer solchen Umgebung arbeitet, muss als außertariflicher Angestellter weiterhin selbst sehen, wo er in Bezug auf sein Gehalt bleibt. Wie gehen Sie nun am besten vor? Einige Hinweise zu einer sinnvollen Verhandlungstechnik, sowohl vor dem Antreten einer neuen Stelle als auch für die Gehaltsgespräche in einem bestehenden Anstellungsverhältnis, und zu Informationsquellen rund um die Höhe Ihres Gehalts, stelle ich Ihnen nun vor.
Wo Sie nachschlagen können Bevor Sie sich überlegen, wie Sie Ihre Gehaltsvorstellungen rüberbringen können, benötigen Sie erst einmal Anhaltspunkte, um sich überhaupt gehaltlich einordnen zu können. Das Netz bietet dazu zahlreiche Möglichkeiten – einige stelle ich Ihnen im Folgenden vor:
Gehaltsübersichten Für einen allerersten Eindruck und zur Inspiration zur weiteren Recherche eignet sich die Seite der Süddeutschen Zeitung, auf der sortiert nach Berufsbezeichnung einige Eckdaten genannt werden: http://www.sueddeutsche.de/app/jobkarriere/gehaltstest/. In Abbildung 8-1 finden Sie als Beispiel den Eintrag zu »Informatiker«.
A b b i l d u n g 8 - 1 : Gehaltsangaben zum Berufsbild »Informatiker« in der Gehaltsdatenbank der Süddeutschen Zeitung
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Einen Überblick zu diversen Informationsquellen rund um Lohn und Gehälter bietet die Seite http://www.lohnspiegel.de/, die von der Hans-Böckler-Stiftung betrieben wird. Speziell zu Gehältern in der IT-Branche liefert die Seite der Jobbörse Stepstone einige knappe Informationen unter der URL http://www.it-jobs.stepstone.de/content/de/de/b2c_ gehaltsstruktur.cfm. Ähnlich kurz fasst sich Monster.de: http://it.monster.de/12627_de-de_p1.asp. Eine Sammlung von IT-Gehältern findet sich auch bei der auf IT-Berufe spezialisierten Personalberatung HiTec-Consult: http://www.hitec-consult.de/de/jobs/gehaltsliste_it_&_med. php?berufe=it. Ingenieurgehälter können Sie bei Ingenieurkarriere nachlesen http://www.ingenieurkarriere. de/bewerberservice/beratung/gehaltscheck/gehaltscheck.asp – dort gibt es auch einen kostenlosen Gehaltscheck. Eine Suche nach Gehaltsbeispielen können Sie bei Crosswater Systems ausprobieren – hier können Sie sich exemplarische Vergütungen anzeigen lassen: http://www.crosswater-job-guide.com/php_salary_anzeige/salary_details_list.php?goto=1. Aber Achtung: Die Applikation befindet sich derzeit (Sommer 2007) noch im Betastadium, was sich sowohl im Umfang des Datenmaterials als auch im Design niederschlägt. Aber es lohnt sich, die Seite im Auge zu behalten. Crosswater Systems betreibt auch eine Seite, auf der regelmäßig aktuelle Presseartikel zu Gehaltsthemen verlinkt werden: http://www.crosswater-systems.com/ej6000.htm. Gehaltsübersichten nach Branchen und Bereichen, kombiniert mit konkreten Gehaltsbeispielen, finden Sie auf http://www.gehalts-check.de/Gehaltsfuehrer/Gehalt-Office/BRA/MEN_ BRA.HTM bzw. auf http://www.gehalts-check.de/Gehaltsfuehrer/Gehalt-Office/BER/MEN_BER. HTM. Leider fehlen hier Hinweise auf die Aktualität der Daten. Wenn Sie schon ein wenig berufserfahren sind, finden sich in der Jobbörse Experteer nur Jobangebote mit Gehaltsangaben – allerdings fängt es hier erst bei einem Gehalt von 60.000 Euro an. Melden Sie sich kostenlos an und stöbern Sie ein bisschen bei http://www.experteer.de/.
Gehaltstests Hilfreiche Gehaltstests, allerdings in den meisten Fällen kostenpflichtig, finden sich an diversen Stellen im Netz. Empfehlenswert ist z.B. der Test des GEVA-Instituts: http://www.geva-institut.de/ privatkunden/jobwechsel_wiedereinstieg/gehalt/index.htm?ref=266627&affmt=b9&affmn=9.
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Der Anbieter Personalmarkt bietet eine Gehaltsanalyse zum Preis von ca. 30 Euro an (25 Euro für Berufseinsteiger) – eine Investition, die sich schon beim geringsten Verhandlungserfolg schnell amortisiert hat: http://www.personalmarkt.de/www/ga.homega.jsp. Der Link zum weniger ausführlichen, dafür aber kostenlosen Gehaltscheck findet sich zum Beispiel hier: http://www.personalmarkt.de/computerwoche/gc.homegc.jsp Einen ebenfalls kostenlosen Test bietet die Seite der VDI-Nachrichten, die »Ingenieurkarriere«: http://www.ingenieurkarriere.de/bewerberservice/beratung/gehaltscheck/gehaltstest.asp Achten Sie auf Aktionen in Zeitschriften und Jobbörsen, dort gibt es immer wieder zeitlich begrenzte Gratis-Angebote.
Gehaltsstudien Jährlich veranstaltet die Zeitschrift c't eine Umfrage zu Gehältern in der Branche und veröffentlicht ihre Ergebnisse, zuletzt hier: http://www.heise.de/ct/07/06/104/ Allgemein bietet die Seite http://www.computerwoche.de/job_karriere/gehaelter/ viele nützliche Informationen zum Gehalt in der IT-Branche. Für Absolventen gibt die Unternehmensberatung alma mater jährlich eine Studie zu Einstiegsgehältern heraus. Die aktuelle Ausgabe findet sich hier: http://www.alma-mater.de/ – nach Registrierung ist der Download kostenlos. Außerdem gibt die IG Metall jedes Jahr die Studie »Entgelt in der ITK-Branche« heraus und veröffentlicht die Ergebnisse in Buchform – die aktuelle Ausgabe wird hier vorgestellt: http://www.igmetall-itk.de/index.php?article_id=336. Die Studie wurde in der letzten Ausgabe allerdings wegen ihrer »utopischen Gehaltshöhen« stark kritisiert. Hilfreich ist noch die Studie der GPM, wo die Gehälter von Projektmitarbeitern untersucht werden – die Untersuchung aus dem Jahre 2005 ist frei verfügbar (http://www.gpm-ipma.de/ /docs/showsite.php?menu=010705) und gibt nicht nur absolute Zahlenwerte an, sondern bietet auch Ansätze zu einer Erklärung der Faktoren, die die Gehaltshöhe beeinflussen. Die meisten anderen Studien sind für den Arbeitnehmer kaum erschwinglich und allenfalls Auszüge werden veröffentlicht. Allen voran ist hier die Kienbaum-Vergütungsstudie für die DV-Branche zu nennen, die sehr häufig zitiert wird: http://www.systems-world.de/id/8213/ CMEntries_ID/166759/. Ähnlich hält es die Computerwoche: http://www.computerwoche.de/job_karriere/gehaelter/ 582680/index.html.
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Und ansonsten ... Wenn Sie im öffentlichen Dienst arbeiten, haben Sie es vergleichsweise einfach. In den meisten Anzeigen wird die Gehaltsstufe, in die die Stelle eingeordnet wird, genannt, und wenn das nicht der Fall ist, ist es ganz normal und üblich, danach zu fragen. Sie können nicht verhandeln, aber Sie müssen es auch nicht, sondern können sich aufs Nachschlagen beschränken und dann natürlich entscheiden, ob Sie mit diesem Gehalt leben können. Wie sich Ihre Bezüge gemäß TVÖD zusammensetzen, können Sie hier nachlesen: http://paul. schubbi.org/cgi-bin/oed/rechner?tarif=T.
A b b i l d u n g 8 - 2 : Berechnung der Bezüge im Öffentlichen Dienst
Verhandlungstechnik Sie haben nun eine Vorstellung davon, welche »Hausnummer« Sie für Ihr Jahresgehalt ansetzen können – werfen Sie nun noch einen Blick darauf, von welchen Kriterien das Gehalt abhängt, das Sie aushandeln können. Was sind wichtige Gesichtspunkte bei der Bestimmung Ihrer Gehaltshöhe?
Relevante Kriterien • Die Tätigkeit an sich und welches Ansehen sie genießt • Die hierarchische Einordnung: Es macht einen Unterschied, ob Sie in einer Expertenfunktion direkt einem Geschäftsführer oder Großprojektleiter zugeordnet sind und an ihn berichten, oder einem Teamleiter unterstellt sind, der wieder einem Abteilungsleiter zugeordnet ist, der einem Gruppenleiter ... • Ihre Führungsspanne, das heißt die Anzahl Mitarbeiter, für deren Arbeit Sie verantwortlich sind, und Ihre Budgetverantwortung • Traditionell auch Ihr Alter und (leider) Ihr Geschlecht. Frauen neigen noch immer dazu, zu bescheiden aufzutreten – fordern Sie daher als Frau immer etwas mehr als den Betrag, mit dem Sie sich gerade noch wohlfühlen. Sprechen Sie den Betrag laut
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aus und betrachten Sie sich dabei im Spiegel. Wenn Sie etwas rot werden, ist der Betrag gut gewählt. • Ihr Ausbildungsstand – ein TH- oder TU-Studium bringt einige Tausender mehr im Jahr als der Abschluss an einer FH oder einer Berufsakademie, und dieser wiederum mehr als die Ausbildung als Systemkaufmann oder Fachinformatiker. • Ihre relevante Berufserfahrung – dies ist der wohl wichtigste Faktor von allen hier genannten. Was Sie nachweislich können, was Sie bereits getan haben, ist mehr wert als alle anderen Aspekte – wuchern Sie daher mit diesem Pfund und arbeiten Sie heraus, welche Erfahrungen Sie gesammelt haben. • Ihre Spezialkenntnisse (z.B. SAP-Zertifizierungen) können in bestimmten Arbeitsmarktsektoren ebenfalls sehr wertvoll sein – fast immer sind sie aber ohne entsprechende Praxiserfahrung wenig hilfreich. • Ihr bisheriges Gehalt – ein Argument, warum man Ihnen nicht das zahlen kann, was Sie eigentlich für angebracht halten, wird häufig das bisherige Gehalt sein. Besonders häufig wird dies Ihr Vorgesetzter in einem bestehenden Arbeitsverhältnis anbringen – und in der Tat sind die »Sprünge«, die in einer Zeiteinheit in einem Unternehmen möglich sind, häufig eingeschränkt. Häufig wird erst ein Wechsel einen spürbaren »Sprung« bei Ihrem Gehalt ermöglichen – das muss aber nicht zwingend ein externer Wechsel sein, sondern kann auch im Unternehmen durch einen Wechsel auf eine komplett andere Position erfolgen. • Branche – Traditionell zahlen bestimmte Branchen besser als andere, darauf müssen Sie sich einstellen. Handel und Hotelbranche zahlen eher schlechter, Unternehmensberatung und Banken besser. Genaueres finden Sie im Abschnitt »Gehaltsstudien« auf Seite 192. • Unternehmensgröße – tendenziell sind Großunternehmen freigiebiger mit Sozialleistungen, als es kleine Unternehmen sind und sein können. (Dafür gibt es dort andere Vorteile, z.B. die Möglichkeit, vielseitigere Aufgaben zu übernehmen, schneller in der meist flacheren Hierarchie aufzusteigen und kürzere Dienstwege beschreiten zu können.) • Region und Stadt-/Land-Gefälle – im Norden und Osten der Republik sind die Gehälter niedriger als im Süden und Westen. Auch dazu Näheres in den Studien am Ende dieses Kapitels. • Seniorität – in vielen Unternehmen ist alleine die Tatsache, dass Sie seit einiger Zeit dabei sind, ein Argument für eine regelmäßige Erhöhung Ihrer Bezüge. Freuen Sie sich, wenn Sie in dieser Situation sind und ärgern Sie sich nicht, wenn Sie es (noch) nicht sind. • Die Bedeutung Ihrer Tätigkeit für das Unternehmen. Es macht einen Unterschied, ob Sie als Entwicklungsingenieur Embedded Systems an einem Produkt arbeiten, mit dem das Unternehmen erhebliche Umsatzanteile einzufahren hofft, oder ob Sie bei einem
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Schraubenhersteller das am Laufen halten, was von den Inhabern als »notwendiges Übel, es geht halt nicht ohne« angesehen wird. • Der Zeitpunkt und die Höhe der letzten Gehaltserhöhung. Wenn sie Jahre her ist und auch nur einen Inflationsausgleich sichergestellt hat, sind Ihre Argumente besser, als wenn Sie erst vor wenigen Monaten fünf Prozent zusätzlich erzielen konnten. Bevor wir zu den Empfehlungen kommen, wie Sie diese Faktoren in die Waagschale werfen können, zunächst ein paar Warnungen, wie Sie es nicht machen sollten.
Was Sie vermeiden sollten Bitte sehen Sie in all Ihren Gehaltsverhandlungen Ihren künftigen oder aktuellen Vorgesetzten nicht als Feind, sondern bedenken Sie die gemeinsamen Interessen, die Sie haben: eine dauerhafte und erfolgreiche Zusammenarbeit, von der beide Seiten profitieren. In Tätigkeitsgebieten, wie sie für die IT-Branche typisch sind, kommt es auf einen wachen Geist, Ideen und Engagement an. Nichts davon gedeiht gut, wenn ein Mitarbeiter das Gefühl hat, zu schlecht bezahlt zu werden im Vergleich zum Markt. Das weiß in der Regel auch ein Vorgesetzter – und er wird daher, wenn er auf langfristige Zusammenarbeit Wert legt, darauf achten, dass Sie Ihr Gehalt als insgesamt angemessen empfinden. Gibt es diese gemeinsame Basis nicht, steht auch Ihr Anstellungsverhältnis auf tönernen Füßen und Sie sollten Ihre Energie weniger darauf verwenden, mit einem uneinsichtigen Vorgesetzten ein Tauziehen ums Gehalt zu betreiben, sondern eher darauf, maximal viel zu lernen und mittel- bis langfristig einen anderen Vorgesetzten zu finden – innerhalb oder außerhalb des Unternehmens, bei dem Sie jetzt tätig sind. Bitte vermeiden Sie aber auch folgende Fehler:
Mit der persönlichen Lebensführung argumentieren Ihren Chef interessiert nicht, ob Sie ein kostspieliges Hobby oder viele kleine Kinder zu ernähren haben, ob Sie einen arbeitslosen Ex-Ehemann unterhalten müssen oder ein großes Haus abzahlen wollen: Das sind Ihre Entscheidungen, die Sie u.a. basierend auf der Höhe Ihres Gehalts treffen – nicht umgekehrt Faktoren, von denen Sie hoffen dürfen, dass sie die Höhe Ihrer Einkünfte beeinflussen. Sie erwirtschaften nicht mehr Umsatz für die Firma, wenn Sie einen Siebener-BMW leasen, als wenn Sie sich mit dem fahrbaren Untersatz begnügen, den Sie schon als Student hatten. Daher verwenden Sie nicht Ihre privaten Lebensumstände als Argument für eine Gehaltserhöhung.
Mit dem argumentieren, was andere (angeblich) bekommen Seien Sie auch extrem vorsichtig damit, das Gehalt Ihrer Kollegen als Argument für eine Gehaltserhöhung anzuführen. In vielen Arbeitsverträgen ist festgeschrieben, dass die indi-
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viduell vereinbarten Gehälter geheimzuhalten sind – sie erweisen Ihren Kollegen einen Bärendienst, wenn Sie auf diese Weise klarmachen, dass sie sich nicht daran gehalten haben, und verärgern Ihren Chef. Keine gute Grundlage, um die positive Stimmung herbeizuführen, die Sie benötigen, wenn Sie eine Erhöhung durchsetzen wollen.
Druck machen und drohen Ebenfalls eine ganz schlechte Idee ist es zu versuchen, sein Gegenüber in die Enge zu treiben, indem man mehr oder weniger offen durchblicken lässt, dass man kündigen wird, wenn die eigenen Gehaltsforderungen nicht umgesetzt werden, oder – im Fall des Vorstellungsgesprächs – seine Entscheidung für die Firma davon abhängig macht, dass die eigenen Forderungen eins zu eins umgesetzt werden. Niemand lässt sich gerne unter Druck setzen, auch wenn er inhaltlich mit den Forderungen durchaus einverstanden gewesen wäre – lassen Sie Ihrem Gegenüber daher jederzeit die Möglichkeit, Ihren Wünschen zuzustimmen, ohne sein Gesicht zu verlieren. Sie müssen weiter mit den Personen zusammenarbeiten, mit denen Sie Ihre Verhandlungen führen, und eine Gehaltserhöhung kann ein Pyrrhussieg sein, wenn Sie sich damit einen neuen Feind geschaffen haben. Es ist wichtig, seine eigenen Grenzen abzustecken und zu artikulieren – aber mit Drohungen schaffen Sie sich keinen Respekt, sondern nur Ärger. Rechnen Sie also damit, dass Sie drohenden Worten im Zweifelsfall Taten folgen lassen müssen – und schweigen Sie lieber, wenn Sie dazu nicht bereit sind.
Wie Sie es angehen können Kommen wir aber nun zu den Dingen, die Ihnen bei Ihrer Argumentation behilflich sein können. Ein paar Formalien vorweg: Rechnen Sie immer in Bruttojahresgehältern – was Sie monatlich netto herausbekommen, ist für die Gehaltsverhandlung sekundär, auch wenn Sie es natürlich immer im Kopf haben sollten. Unterscheiden Sie auch zwischen Fixgehalt (die Summe, die Ihnen garantiert ist) und Zielgehalt (die Summe aus Fixgehalt, freiwilligen Leistungen und variablem Anteil) und fragen Sie bei Vorschlägen Ihres Gegenübers nach, welche Zahl gemeint ist. Das ganz zentrale Argument für Ihre Verhandlungsposition ist Ihre Leistung, daher lautet mein Rat:
Präsentieren Sie Ihre Erfolge! Wenn Sie gerade um das Gehalt für Ihren neuen Job verhandeln, verweisen Sie auf die Erfolge, die Sie in Ihren bisherigen Tätigkeiten erreichen konnten. Noch viel mehr aber gilt dieser Hinweis für Gespräche um Ihr Gehalt in einem bestehenden Arbeitsverhältnis:
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Bereiten Sie sich exzellent vor. Sie werden selten einen so hohen Stundenlohn für Ihre Bemühungen erzielen wie bei diesen Recherchen. Listen Sie also auf, was Sie seit dem Zeitpunkt Ihrer letzten Gehaltsanpassung geleistet haben. Notieren Sie die Projekte, in denen Sie tätig waren oder die Sie gar verantwortlich als Projektleiter erfolgreich ins Ziel geführt haben. Weisen Sie hin auf die zufriedenen Kunden, die Ihren Weg säumen, die Sie und Ihr Unternehmen weiterempfehlen, zusätzliche Aufträge erteilen oder explizit nach Ihnen verlangen. Diese besondere Zufriedenheit dürfen Sie auch mit Mails belegen, in denen Ihre Verdienste gelobt werden. Wenn Sie im Vertrieb aktiv sind, haben Sie sowieso Ihre Umsatzziele parat und das, was Sie erreicht haben. Machen Sie es sich in jedem Falle zur Gewohnheit, im Alltag Notizen zu Ihren Erfolgen, zufriedenen Kunden etc. zu machen, die Sie in Ihrem Gehaltsgespräch verwenden können – wenn Sie sich erst ein paar Tage vorher damit befassen, werden viele Dinge schon nicht mehr präsent sein. Aber denken Sie auch an die auf den ersten Blick weniger naheliegenden Dinge: Sie haben das Intranet aufgeräumt und die HTML-Wüste in ein CMS migriert, sodass jetzt auch die Empfangssekretärin die Seiten pflegen kann – parallel zu Ihrer Projektarbeit? Sie haben Ihren Chef während seines Urlaubs vertreten? Sie haben neue Mitarbeiter aus Ihrem Bekanntenkreis für die Firma gewonnen? Notieren Sie auch das.
Deckungsbeitrag ausrechnen Besonders für diejenigen unter Ihnen, die hauptsächlich als »Techies« unterwegs sind – nehmen Sie sich die Zeit und errechnen Sie Ihren Deckungsbeitrag. Dazu müssen Sie nicht nur ermitteln, wie viele Stunden oder Tage Sie pro Jahr umsatzrelevant gearbeitet haben, sondern auch, welche Kosten Sie direkt oder indirekt über Gemeinkosten verursacht haben. Machen Sie sich die Mühe und errechnen Sie, was von Ihrer Arbeit dem Unternehmen als Ertrag bleibt – einen Anteil davon dürfen Sie durchaus für sich beanspruchen. Wie das genau geht, ist von Unternehmen zu Unternehmen leicht unterschiedlich – grob wird die Berechnungsmethode sich aber an folgender Formel anlehnen: U – Kv = DB1 DB1 – Kg = DB2 DB2 – Kf = DB3 Dabei gilt: U = Umsatz
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Kv = Variable Kosten, also Kosten, die mit dem Umsatz steigen. Bei einem IT-Berater wären dies beispielsweise Reisekosten – je mehr fakturierbare Tage ein Berater erarbeitet, desto höher werden in der Regel die durch ihn verursachten Spesen sein. Kg = Variable Gemeinkosten, also Kosten, die mit dem Umsatz steigen, aber nicht direkt einem bestimmten Mitarbeiter zuordenbar sind. Die Kosten für Projektleitung beispielsweise werden steigen, je mehr Umsatz mit mehr Mitarbeitern gemacht wird, ohne dass die Kosten exakt einem bestimmten Mitarbeiter zuordenbar wären. Kf = Fixkosten. Dies sind Kosten, die unabhängig von der Umsatzentwicklung anfallen, also beispielsweise Raumkosten für langfristig gemietete Gebäude. Erst der DB3 abzüglich Steuern ist eine Größe, mit dem sich argumentieren lässt, wenn es darum geht, wie viel »Gewinn« ein Unternehmen macht, den es gegebenenfalls an seine Mitarbeiter verteilen kann.
Betonen, wie man den Erfolg des Chefs unterstützt Vergessen Sie nie: Sie können nur dann Erfolg haben, wenn Ihr Chef Erfolg hat. Kennen Sie die Ziele Ihrer Abteilung, wissen Sie, woran Ihr Vorgesetzter von seinen Chefs gemessen wird? Inwiefern tragen Sie dazu bei, dass diese Ziele erreicht werden? Ihre Abteilung hat Service Level Agreements zu halten? Dann zeigen Sie Ihrem Chef, wie Sie mit Ihrer Arbeit dazu beigetragen haben, diese zu halten. Ihr Chef hat ein Umsatzziel? Dann zeigen Sie ihm, wie Ihre Expertise als Ansprechpartner im Presales Kunden überzeugt hat, Ihr Unternehmen zu beauftragen. Machen Sie Ihre Beiträge zum gemeinsamen Ziel zuerst sich selbst und dann Ihrem Vorgesetzten ganz klar. Denn eines liegt auf der Hand: Wenn für Gehaltserhöhungen nur ein begrenztes Budget zur Verfügung steht, wird ein Vorgesetzter dazu neigen, diejenigen damit zu bedenken, die ihm helfen, seine eigene Gehaltserhöhung durchsetzen zu können.
Eine Zukunftsperspektive aufzeigen Blicken Sie aber nicht nur in die Vergangenheit, sondern vereinbaren Sie auch Perspektiven für die Zukunft: Was werden Sie im kommenden Jahr leisten, welchen Beitrag zum Erfolg des Teams, der Abteilung und des ganzen Unternehmens bringen? Auch wenn Sie diese Lorbeeren erst noch verdienen müssen, gibt es doch Vorgesetzte, die sich von derlei Aussichten zu einer Gehaltserhöhung eher motivieren lassen als von einem Blick zurück.
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Einen Zielkorridor festlegen Wenn Sie sich anhand der im Abschnitt »Gehaltsübersichten« auf Seite 190 genannten Hilfsmittel grob über eine ungefähre Gehaltshöhe schlau gemacht haben, dann ermitteln Sie doch einmal probehalber eine schöne »runde« Zahl für ein Bruttojahresgehalt. Und dann gehen Sie ans kreative Herumprobieren: Lässt sie sich »glatt« durch zwölf oder dreizehn teilen? Welche naheliegende Summe ist ein Vielfaches von zwölf oder dreizehn Monatsgehältern? Falls Sie sich in einem Job befinden: Wie groß wäre die prozentuale Steigerung Ihres Gehalts im Vergleich zum bisherigen Gehalt? Haben Sie die jeweiligen Summen parat, sodass Sie jederzeit Angebote Ihres Vorgesetzten bewerten, ergänzen, modifizieren können, ohne lange nachrechnen zu müssen und selbst Vorschläge machen können, die auf die Bedenken Ihres Vorgesetzten eingehen, ohne Ihre Interessen zu vernachlässigen. Ermitteln Sie auch die aktuelle Inflationsrate und setzen Sie die zur Debatte stehende Gehaltserhöhung auch damit in Beziehung.
Mit Einwänden umgehen Was tun, wenn all Ihre Argumente nicht fruchten? Was, wenn Ihr Chef mauert und Ihre Erfolge ihn nicht zu beeindrucken scheinen? Wie Sie mit gängigen Einwänden umgehen können und was für Um- und Auswege es aus einer Diskussion geben kann, die sich festzufahren droht, lesen Sie im Folgenden. Wenn Sie nicht die gewünschten zehn Prozent mehr als im Vorjahr als Fixgehalt erreichen können, dann vielleicht aber doch fünf Prozent mehr plus einen variablen Anteil, der von Ihrer Zielerreichung und dem Ergebnis des Unternehmens abhängt und ein begehrtes Seminar, das Sie in die richtige Richtung weiterbringt.
Vertagen Sie sich Was Ihr Chef heute nicht alleine entscheiden kann oder mag, kann er in einer oder zwei Wochen mit seinem Management geklärt haben. Machen Sie direkt einen Termin aus, an dem Sie ihn wieder auf das noch offene Thema ansprechen. Und was heute nicht geht, geht vielleicht in einem halben Jahr – verabreden Sie schon jetzt, wann Sie sich wieder treffen, um das Thema »Gehalt« anzuschneiden. Besonders häufig wird ein leicht geringeres Gehalt für die ersten sechs Monate, also die Probezeit vereinbart – klären Sie in einem solchen Fall, ob nach Ablauf dieser Frist lediglich neu verhandelt wird, oder ob eine Erhöhung bei Übernahme in das Anstellungsverhältnis garantiert ist. Lassen Sie Entsprechendes auch in Ihrem Arbeitsvertrag festhalten. Diese Methode können Sie auch anwenden, wenn Ihnen als Totschlagargument die angeblich schlechte Gesamtlage des Unternehmens entgegengehalten wird – klären Sie, welche
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Kennzahl für das Gesamtunternehmen oder für Ihren Bereich erreicht werden müsste, damit eine Gehaltserhöhung möglich ist. Und bringen Sie das Thema dann wieder aufs Tapet, wenn die Zeit gekommen ist. Erhöhungen lassen sich im Übrigen auch rückwirkend vereinbaren – Sie müssen also auch hier nichts erzwingen.
Konkretisieren Sie Erwartungen Ihre Chefin erklärt Ihnen, dass Ihre Leistungen es nicht rechtfertigen, Ihnen mehr zu zahlen? Fragen Sie ruhig ganz explizit nach: Welche Leistungen müssten Sie erbringen, um sich für eine Gehaltsanpassung zu qualifizieren, welche Ziele erreichen? Achten Sie darauf, dass Sie quantifizierbare Ziele definieren, also etwas, das überprüfbar ist. »Der Support muss besser werden« ist nicht ausreichend messbar, »80 Prozent aller Useranfragen können schon im 1st Level Support gelöst werden« ist es sehr wohl.
Handeln Sie andere Vergünstigungen heraus Bedenken Sie auch: Wenn Ihrem Vorgesetzten die Hände gebunden sind, was eine reguläre Gehaltserhöhung angeht, sei es, weil er bereits den Rahmen ausgeschöpft hat, den er in diesem Jahr zur Verfügung hat, sei es, weil er auf das Gehaltsgefüge in der Abteilung Rücksicht nehmen muss, kann er doch möglicherweise andere Dinge für Sie tun: Er kann Seminare genehmigen, die Sie für Ihre Weiterentwicklung brauchen, die Prüfungskosten für Zertifikate übernehmen, um die Sie sich bemühen. Auch eine Einmalzahlung ist oftmals drin. Überlegen Sie auch, ob ein Dienstwagen in Ihrer beruflichen Situation sinnvoll sein kann. Falls Sie jemand sind, der technische Gadgets mag, lässt sich hier auch sicherlich etwas vereinbaren: Ob das nun ein Blackberry ist, ein State-of-the-Art-Handy, das Sie auch privat nutzen dürfen, ein ultraschneller Laptop mit einem besonders hochauflösenden Flatscreen-Monitor dazu, eine Standleitung für daheim – Sie selbst werden am besten wissen, was Ihr Herz begehrt und was sich gleichzeitig mit einem beruflichen Erfordernis erklären ließe.
Bringen Sie variable Anteile ins Gespräch Falls das Thema »variable Vergütung« für Sie bisher noch keines war, ist jetzt der Zeitpunkt, es anzusprechen: Wie könnte Ihr Unternehmen eine besondere persönliche Leistung, ein tolles Ergebnis des Teams oder eine positive Entwicklung für das Unternehmen honorieren? Lassen Sie sich hier aber nicht auf Bedingungen ein, die Sie nur sehr eingeschränkt oder gar nicht beeinflussen können. Wenn Sie nicht einen Löwenanteil Ihrer Zeit im Vertrieb verbringen, sollten Sie keinem variablen Anteil zustimmen, der höher als 20 Prozent liegt.
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CHECKLISTE: VORBEREITUNG DES GEHALTSGESPRÄCHS ... BEI EINER NEUEINSTELLUNG • Lesen Sie in den entsprechenden Studien nach. • Machen Sie einen Gehaltstest. • Sprechen Sie mit Menschen in ähnlicher Position.
... IM LAUFENDEN ARBEITSVERHÄLTNIS ZUSÄTZLICH • Sichten Sie die Unterlagen Ihres letzten Gehaltsgesprächs – wann und wie hoch war die letzte Erhöhung? • Prüfen Sie auch die Unterlagen Ihrer letzten Zielvereinbarung – haben Sie erreicht, was Sie dort vereinbart haben? Wenn nein, warum nicht? Hatten Sie dieses Ergebnis zu vertreten? Wenn ja, was können Sie im Austausch an Erfolgen anbieten? • Haben Sie eine Liste Ihrer Erfolge angelegt und gepflegt? Wenn nein, wird es allerhöchste Zeit dazu. Sehen Sie Ihre Aufzeichnungen durch und notieren Sie, was Sie seit dem letzten Gespräch erreicht haben. Sie dürfen auch Mails von Kunden, die Sie ausdrücklich loben, und andere Indizien mit in das Gespräch nehmen, um Ihre Erfolge zu illustrieren. • Informieren Sie sich zur wirtschaftlichen Lage Ihres Unternehmens, Ihres Unternehmensteils, Ihrer Abteilung – es darf Sie nicht »kalt erwischen«, wenn Ihr Chef mit der verschlechterten Ertragslage im Vergleich zum Vorjahr argumentiert. Darauf müssen Sie vorbereitet sein und Gegenargumente kennen. • Überlegen Sie, was Sie im kommenden Jahr oder den kommenden zwei Jahren erreichen wollen.
Sie haben in diesem Kapitel gesehen, welche Argumente Sie für Ihren Gehaltswunsch ins Feld führen können und welche nicht, und Sie haben gelernt, wie Sie die Verhandlung angehen können. Außerdem haben Sie wichtige Quellen kennengelernt, aus denen Sie Information zu realistischen Gehältern beziehen können. Nun sollten Sie gut gerüstet sein für Ihre Gehaltsgespräche – sei es im Rahmen einer bestehenden Anstellung, sei es im Zusammenhang mit einer neuen Stelle, die Sie anzutreten erwägen. Was Sie sonst noch beachten sollten bei Ihrer Entscheidung und wie Sie zu einem Entschluss kommen können, mit dem Sie sich wohlfühlen, darum geht es im nächsten Kapitel.
GEHALTSVERHANDLUNG
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KAPITEL NEUN
Die Entscheidung
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orstellungsgespräch und Gehaltsverhandlung liegen erfolgreich hinter Ihnen, doch nun stehen Sie vor der Qual der Wahl: Ihnen liegen mehrere Angebote vor, oder es steht einfach nur die Entscheidung an, ob Sie die Stelle, die Sie haben könnten, auch annehmen oder weitersuchen. In den folgenden Abschnitten werde ich Ihnen zeigen, wie Sie zu einer Entscheidung finden, mit der Sie sich wohlfühlen, und worauf Sie bei Vorliegen eines Arbeitsvertrags achten müssen. Gehören Sie zu den Menschen, denen Entscheidungen leichtfallen und die dann auch gut mit Ihrem Entschluss leben können? Oder zögern Sie, besonders vor wichtigen Weichenstellungen, länger und wägen endlos ab? Und wenn eine Entscheidung herbeigeführt ist, dann zweifeln Sie noch lange, ob der Entschluss auch der richtige war? Hier ein Ansatz, mit dem Sie zu einem Entschluss finden können, der sowohl Ratio als auch das berühmte Bauchgefühl berücksichtigt.
Strukturiert herangehen Der strukturierte Ansatz kommt dem Persönlichkeitsanteil in Ihnen entgegen, der gerne alles systematisch angehen und möglichst in eine Formel gießen will. Aber auch das Gefühl kommt nicht zu kurz.
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Schritt 1 – Die Festlegung Ihrer Entscheidungskriterien Beginnen Sie den Aufbau der Entscheidungsmatrix mit der Sammlung der Kriterien, die für Sie im Berufsleben wichtig sind. Ihre Liste könnte zum Beispiel wie folgt aussehen: • interessante Aufgabe • Weiterentwicklungsmöglichkeiten • angenehme Kollegen und ein motivierender Chef • Gehalt • Zusatzleistungen • Unternehmenssitz und Einsatzort • Arbeitszeitregelung Aber auch weniger naheliegende Faktoren könnten eine Rolle spielen: • Wirkung dieses Jobs in meinem Lebenslauf • persönlicher Sympathiewert dieses Unternehmens • Internationalität • Reiseintensität Zehn Kriterien oder mehr sollten schon herauskommen bei Ihrer Recherche. Schreiben Sie sie auf, am besten gleich in ein Tabellenkalkulationsprogramm Ihrer Wahl. Achtung: Die Reihenfolge ist noch keine Rangfolge. Das Ergebnis könnte dann aussehen wie in Abbildung 9-1.
Schritt 2 – Die Gewichtung Ihrer Kriterien Um das Ranking Ihrer Entscheidungskriterien festzulegen, müssen Sie jede Kombination bewerten: welches Kriterium ist Ihnen wichtiger, das eine oder das andere? Im obenstehenden Beispiel müssen Sie sich also zum Beispiel die Frage stellen: Ist Ihnen, bei sonst gleichen Bedingungen, ein internationales Umfeld wichtiger oder zusätzliche Urlaubstage? Dies können Sie manuell bewerkstelligen, indem Sie durch Hin- und Herschieben Gewichte vergeben, also dem wichtigsten Kriterium das Gewicht zwölf, dem unwichtigsten das Gewicht null. Sie werden sich aber leichter tun, wenn Sie nicht die gesamten Kriterien auf einmal betrachten, sondern jede Merkmalskombination für sich. Auch hier können Sie das Ganze in einem Excel- oder Calc-Blatt veranschaulichen. Legen Sie hier eine Konvention fest, zum Beispiel, dass Sie immer eine Eins vergeben, wenn das Kriterium in der Spalte wichtiger ist als das Kriterium in der Zeile.
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A b b i l d u n g 9 - 1 : Entscheidungsmatrix Schritt 1 – Die Festlegung Ihrer Entscheidungskriterien
Das Ergebnis könnte dann aussehen wie in Abbildung 9-2.
A b b i l d u n g 9 - 2 : Entscheidungsmatrix Schritt 2 – Die Gewichtung Ihrer Kriterien
DIE ENTSCHEIDUNG
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Die ansonsten doppelt auftauchenden Merkmalskombinationen sind grau unterlegt. In der Spalte Z finden Sie die Gewichtungen Ihrer Kriterien: Hier sind klar das Kriterium »Inhalt der Tätigkeit« mit einem Gewicht von 10 und »Internationalität« mit einem Gewicht von 8 die Spitzenreiter, dicht gefolgt von der technischen Umgebung mit der Gewichtung 6. Die Gewichtung ermitteln Sie anhand der Formeln in den Spalten X und Y, wo Sie berechnen, wie viele Male für das jeweilige Kriterium eine 1 (= ist wichtiger als) vergeben wurde. Hierfür bietet sich die Funktion CountIf bzw. ZaehlenWenn an. So bildet man für die Gewichtung des Kriteriums »Weiterbildungsmöglichkeiten« zunächst die Summe der Spaltenwerte und addiert die Summe der Zeilenwerte: Spaltensumme + Zeilensumme = Gewichtung =(COUNTIF(G8:G13;1) + COUNTIF(C7:F7;0))
Oder verbalisiert: Zählen Sie in der Spalte G in den Zeilen 8 bis 13 für jedes Vorkommen von »1« den Zähler um eins nach oben. Zählen Sie in der Zeile 7 in den Spalten C bis F für jedes Vorkommen von »0« den Zähler um eins nach oben. Addieren Sie anschließend diese beiden Werte.
Schritt 3 – Die Bewertung Ihrer Optionen Im nächsten Schritt notieren Sie bitte in den Spalten die Ihnen offenstehenden Optionen. Anschließend geben Sie jeder der möglichen Berufswege eine Note hinsichtlich der Erfüllung Ihrer Kriterien. Als sinnvoll hat es sich erwiesen, für eine sehr gute Abdeckung Ihrer Wunschcharakteristika eine 10 zu vergeben und für eine kaum vorhandene Kongruenz eine 1. Ein mögliches Ergebnis sehen Sie in Abbildung 9-3.
A b b i l d u n g 9 - 3 : Entscheidungsmatrix Schritt 3 – Die Bewertung der Optionen
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Schritt 4 – Das Ergebnis Um nun die gefundenen Bewertungen in Beziehung zu setzen mit den Ihnen wichtigen Entscheidungskriterien, werden die Ergebnisse der einzelnen beruflichen Optionen pro Kriterium mit Ihren individuellen Kriteriengewichtungen multipliziert. In Abbildung 9-4 können Sie sehen, was sich daraus bei unserem Beispiel ergibt.
A b b i l d u n g 9 - 4 : Entscheidungsmatrix Schritt 4 – Das Ergebnis
Sehr deutlich zeigt sich hier, dass – trotz gleicher Bewertung der Tätigkeitsinhalte – die Promotion deutlich besser wegkommt als die Anstellung bei einem kleineren Unternehmen. Noch besser aber schneidet die Tätigkeit in einem Konzern ab. Die Entscheidungsmatrix ist sehr schön in Excel abgebildet in dem Formular, das von Andreas Schaffron erstellt wurde und bei MW-Online (http://www.mw-online.de) für Premium-Mitglieder kostenlos zum Download zur Verfügung steht.
Schritt 5 – Ihr Gefühl Falls Sie geglaubt haben sollten, dass Ihre Beschäftigung mit der Entscheidungsmatrix nun beendet sein kann, haben Sie sich getäuscht. Ebenso wichtig wie die magische Zahl, die am Ende Ihrer Berechnungen steht, ist Ihre Reaktion darauf. Beobachten Sie sich genau: Wie finden Sie es, dass Ihnen nun sozusagen mathematisch nachgewiesen wurde, dass Job A derjenige ist, den Sie annehmen sollten? Erleichtert, weil Sie das sowieso wollten, aber sich nicht sicher waren, ob Sie »einfach so«
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ja sagen dürfen? Enttäuscht, weil Sie doch eigentlich lieber zu Firma B gegangen wären, trotz unleugbarer Nachteile? Vor allem, wenn es Diskrepanzen zwischen Ihrem zahlenmäßigen Ergebnis und ihrem Bauchgefühl gibt, sollten Sie sich weiter mit dem Thema befassen. Überprüfen Sie: • Haben Sie all die Kriterien aufgeführt, die Ihnen wichtig sind? Oder sind Faktoren unter den Tisch gefallen, weil sie Ihnen unangenehm oder einfach nicht bewusst waren? Es ist vollkommen legitim, auch aufzuschreiben, wenn zum Beispiel für Sie einfach der »Coolness-Faktor« eines Unternehmens eine Rolle spielt oder Ihnen Status, Jobtitel oder das Dienstfahrzeug wichtig sind. • Haben Sie Kriterien aufgeführt, die Ihnen eigentlich gar nicht wichtig sind, aber von denen Sie meinen, dass Sie sie berücksichtigen sollen? Wenn Sie beispielsweise Entwicklungsmöglichkeiten als Kriterium aufgeführt haben, aber eigentlich ein ganz und gar ehrgeizloser Mensch sind, sollten Sie überlegen, wessen Maßstäbe sich da gerade in Ihre Berufswahl einschleichen – vielleicht die Ihrer Eltern? Oder wollen Sie sonst jemanden beeindrucken oder zufriedenstellen? Überlegen Sie, wen Ihr Job glücklich machen soll: Sie oder andere Menschen? Wenn Sie sich für Letzteres entscheiden sollten, ist es ein wichtiger Schritt, sich diesen Umstand bewusst zu machen – bleibt er unbewusst, ist er ein Quell der Unzufriedenheit. • Haben Sie die Kriterien richtig gewichtet? Stimmt es wirklich, dass Ihnen eine langfristige Perspektive wichtiger ist als im FreeBSD-Umfeld zu arbeiten? Oder halten Sie es nur für vernünftig, so zu denken? Vernunft ist nicht alles, auch Ihr Gefühl will angemessen berücksichtigt werden. • Sind die Bewertungen Ihrer Optionen richtig vergeben? Oder haben Sie einer emotionalen Abneigung gegen eine Option dadurch Rechnung getragen, dass Sie zu schlechte »Noten« gegeben haben? Probieren Sie mit verschiedenen Zahlenkombinationen herum, bis Sie zu einem Ergebnis gekommen sind. Und dann schlafen Sie nochmal eine Nacht darüber. Reden Sie mit Menschen, die Sie gut kennen und auf deren Urteil Sie Wert legen, über Ihre Alternativen – Sie dürfen dabei auch die Entscheidungsmatrix hinzuziehen und über Ihre Kriterien, Gewichtungen und Bewertungen diskutieren. Sollten Sie weitere Anregungen zum Thema Entscheidungsfindung suchen, lassen Sie sich inspirieren von Gitte Härter, die Sie online unter http://www.entscheidungen-treffen.de/tipps/ default.htm finden.
Mögliche Fallen im Arbeitsvertrag Die Entscheidung ist getroffen, Sie wissen, welches Ihrer Angebote Sie annehmen wollen? Warten Sie noch einen Moment mit der Unterschrift unter den Arbeitsvertrag und prüfen
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Sie mindestens folgende recht häufig vorkommende Punkte. Ein Anwalt kann dabei eine wertvolle Hilfe sein – sein Honorar ist gut investiertes Geld, denn Sie stellen hier Weichen für die nächsten Jahre.
Das nachvertragliche Wettbewerbsverbot Besonders in der Forschung und Entwicklung, aber auch in anderen Tätigkeitsbereichen verhängen Arbeitgeber gerne ein Wettbewerbsverbot für ihre ausscheidenden Mitarbeiter, um einen Abfluss von Know-how an die Konkurrenz zu verhindern. Dies bedeutet konkret, dass Ihnen untersagt wird, für einen bestimmten Zeitraum nach Ihrem Ausscheiden bei einem Unternehmen eine Stelle anzunehmen, das mit Ihrem Exarbeitgeber unmittelbar in Wettbewerb steht. Gegen diese Klausel ist nicht prinzipiell etwas einzuwenden, sofern • die Frist, für die Sie »gesperrt« sind, nicht zu lang ist – juristisch gesehen ist die Frist bis zu zwei Jahren ausdehnbar, allerdings sollte gerade in der IT-Branche ein Aussetzen für längere Zeit als maximal ein halbes Jahr möglichst vermieden werden. • die Zahlung, die Ihnen als Ausgleich für den möglichen Einkommensausfall zugesichert wird, die sogenannte Karenzentschädigung, bei mindestens der Hälfte des zuvor bezogenen Gehalts liegt. Achtung: Treten Sie einen neuen Job an, wird das neue Gehalt auf die Karenzentschädigung angerechnet, Sie können aber weiter Zahlungen erhalten, sofern das neue Gehalt 110 Prozent des alten Gehalts nicht überschreitet. • die Wettbewerber, auf die sich das Verbot erstreckt, ausreichend konkret eingegrenzt sind, idealerweise namentlich genannt werden, sodass Sie nicht völlig an der Ausübung Ihres Berufes gehindert werden. Sollten Sie in Ihrem Arbeitsvertrag ein Wettbewerbsverbot vorfinden, sollten Sie abwägen, ob Sie mit dieser Einschränkung Ihres Aktionsradius mit Hilfe einer finanziellen Kompensation leben können und sich gegebenenfalls anwaltlich beraten lassen. Generell müssen Sie sich aber darüber im Klaren sein, dass in einigen Bereichen der Forschung und Entwicklung kaum ein Arbeitsvertrag ohne Wettbewerbsverbot zu haben sein wird.
Vertragsstrafen Halten Sie sich nicht an ein vereinbartes Wettbewerbsverbot, können Sie zur Zahlung einer Vertragsstrafe verpflichtet sein. Aber auch andere Vertragsstrafen werden gelegentlich im Arbeitsvertrag verankert, am häufigsten für den Fall des Nichtantritts der Stelle oder der Kündigung der Stelle vor Dienstantritt. Hiermit soll verhindert werden, dass Sie einen Vertrag unterschreiben, gleichzeitig aber weiter nach ihrem Traumjob Ausschau halten und dann für das Unternehmen ausfallen, das mit Ihnen gerechnet hat.
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In einem solchen Falle sollten Sie die Höhe der Vertragsstrafe und die Kündigungsfristen miteinander in Beziehung setzen und wiederum abwägen, ob Sie mit solch einer Klausel leben können. Wenn Sie nicht gerade zum Vabanque-Spiel neigen, sollte Ihnen eine derartige Klausel nicht allzu viel Kopfzerbrechen bereiten.
Rückzahlung von Ausbildungskosten Mancher Arbeitgeber möchte sich noch weiter absichern und integriert in seine Arbeitsverträge eine Klausel, wonach die Kosten für betrieblich finanzierte Aus- und Fortbildungen vom Arbeitnehmer zurückzuzahlen sind, sofern er innerhalb einer bestimmten Frist nach Ende des Kurses kündigt. Diese Klausel ist nur dann gültig, wenn es sich um Kenntnisse oder Zertifikate handelt, die Ihnen auch in anderen Unternehmen von Nutzen sein können – SAP-Zertifikate gehören dazu, aber auch CISCO-Zertifikate. Eine Schulung für eine Individualsoftware-Lösung, die nur innerhalb des Unternehmens oder Konzerns verwendet wird, gehört dagegen kaum dazu. Die Bindungsfrist, bis zu der bei einer Kündigung Ausbildungskosten zurückzuzahlen sind, hängt hauptsächlich von der Dauer der Weiterbildung und von der Höhe der Kosten ab. Wenn ein Kurs zwei Jahre gedauert hat, ist eine Bindung an den Arbeitgeber von bis zu fünf Jahren angemessen – geht es aber nur um ein vierwöchiges Seminar, sind eher einige wenige Monate anzusetzen. Rechnen Sie für sich durch, ab welcher Einkommenssteigerung in einem möglichen neuen Job sich für Sie die Rückzahlung der Ausbildungskosten lohnt. Oftmals ist an dieser Stelle der mögliche Gewinn durch eine langfristig bessere »Employability« weit höher als die zurückzuzahlende Summe. Achtung: Eine Rückzahlung von Ausbildungskosten ist normalerweise unzulässig, wenn sie nach einer betriebsbedingten Kündigung von Arbeitgeberseite erfolgen soll. Hier gilt für das Unternehmen: Selbst schuld, wenn es in die »falschen« Mitarbeiter investiert hat und nun kündigen muss, wen es zuvor teuer weitergebildet hat.
Abgeltung von Überstunden Bezüglich der pauschalen Abgeltung von Überstunden gibt es verschiedene Regelungen. Üblich sind Formulierungen, wonach zum Beispiel zehn Überstunden pro Monat pauschal mit dem Gehalt abgegolten sind, gelegentlich wird auch bezüglich der Anzahl der Überstunden keinerlei Einschränkung aufgeführt.
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EIN PAAR NÜTZLICHE LINKS ZU ARBEITSRECHT UND ARBEITSVERTRÄGEN Einige hilfreiche Informationen zum Arbeitsrecht finden Sie hier: • Arbeitsrechtsseiten der IHK Frankfurt: http://www.frankfurt-main.ihk.de/recht/themen/arbeitsrecht/index.html • Internetportal für Arbeitsrecht und Sozialrecht: http://www.aus-portal.de/ • Internetratgeber Recht: http://www.internetratgeber-recht.de/Arbeitsrecht/ hauptseite.htm • Arbeitsrecht.de: http://www.arbeitsrecht.de/ • Jurathek: http://www.jurathek.de/ Auch ein Blick in das JuraWiki kann interessant sein: http://www.jurawiki.de/ ArbeitsRecht. Informationen vonseiten der Gewerkschaften finden Sie hier: http://www.einblick. dgb.de/index_html. Das Netz ist voll von Musterverträgen – die meisten von ihnen sind allerdings kostenpflichtig. Eine Ausnahme bilden die Vertragsmuster der Industrie- und Handelskammern: • http://www.ihk-frankfurt.de/recht/mustervertrag/index.html • http://www.frankfurt-main.ihk.de/recht/mustervertrag/ihk/ Manchmal hilft alleine die Lektüre nicht, und Sie möchten mit jemandem sprechen, der sich auskennt. Ein erster Versuch könnte Sie in eines der Online-Foren zu Rechtsfragen führen, zum Beispiel in das Arbeits- und Sozialrechtsforum der Jurathek: http://forum.jurathek. de/forumdisplay.php?f=35. Wenn Sie rechtssichere Auskünfte benötigen, sollten Sie sich aber in jedem Fall an einen Anwalt wenden. Eine Suche nach Fachgebiet und Ort und teils weiteren Kriterien können Sie z.B. hier durchführen: • Interlex: http://www.interlex.de/ • Anwaltauskunft: http://anwaltauskunft.de/ • Anwalt-Suchservice: http://www.anwalt-suchservice.de/ Wenn es sehr schnell gehen soll, aber dennoch eine rechtssichere Auskunft gebraucht wird, ist »Frag einen Anwalt« das Mittel der Wahl. Dort können Sie Ihre individuelle Frage einstellen, einen Geldbetrag aussetzen und darauf warten, dass ein Anwalt sich Ihres Anliegens annimmt. Dies geschieht normalerweise binnen Stunden. Frühere Auskünfte sind kostenlos nachlesbar (http://www.frag-einenanwalt.de/).
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Und wenn Sie auf dem Laufenden bleiben wollen, was im Arbeitsrecht so geschieht, empfehle ich die Lektüre eines Arbeitsrechtsblogs, z.B. in der ZEIT: http://blog.zeit. de/arbeitsrecht/ oder unter http://www.arbeitsrecht-blog.de/.
An dieser Stelle sollten Sie unterscheiden: Kennen Sie das Unternehmen gut, z.B. weil Sie sich über Ihr Netzwerk beworben haben und können Sie daher die Überstundenhäufigkeit einschätzen? Wenn ja, können Sie sich unter Umständen auf eine uneingeschränkte Überstunden-»Flatrate« einlassen. Relevant ist auch die Branche, in der Sie tätig sein werden: In vielen Unternehmensberatungen wird traditionell lange gearbeitet und Überstunden gehören einfach dazu – dafür ist aber auch das Gehalt in der Regel sehr gut. Allgemein gilt: Je besser Ihr Gehalt ist, je weiter oben in der Hierarchie Sie stehen und je kleiner das Unternehmen ist, desto weniger sollten Sie damit rechnen, dass Sie Überstunden abrechnen können. Oder andersherum: Je näher am Doing Sie sich befinden und je niedriger Ihr Gehalt absolut und relativ gesehen liegt, desto weniger sollten Sie sich auf eine pauschale Abgeltung von Mehrarbeit durch das Gehalt einlassen. Ganz generell gilt: Eine Klausel, die Sie überrascht, ist tendenziell ein Warnsignal. Ein Arbeitgeber, der ernsthaft an Ihnen interessiert ist, wird wichtige Vertragsbestandteile mit Ihnen im Vorstellungsgespräch besprechen und von sich aus auf Besonderheiten wie etwa ein Wettbewerbsverbot eingehen. Sollten sich dennoch in dem Vertrag, der Ihnen zugesandt wurde, Passagen zeigen, die Sie nicht verstehen oder die aus Ihrer Sicht anders vereinbart wurden, zögern Sie nicht, Kontakt zu Ihrem Ansprechpartner aufzunehmen und sich alle Details erklären zu lassen. Besonders in kleineren Unternehmen kann häufig auch noch Einfluss auf die eine oder andere Formulierung genommen werden, während bei Konzernen meist Standardverträge existieren, von denen auch kaum abgewichen werden kann. Hellhörig sollten Sie werden, wenn man gereizt oder ausweichend auf Ihre Fragen reagiert. Wer an einer so kritischen Stelle kein Verständnis für seinen neuen Mitarbeiter zeigt oder es an Respekt fehlen lässt, outet sich möglicherweise bereits im Vorfeld als ein auch sonst unangenehmer Arbeitgeber.
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Das Ende der Bewerbungsphase Das Ende Ihrer Bewerbungsphase ist nicht gekommen, wenn Ihnen am Ende des Vorstellungsgespräches Ihr Gesprächspartner die Hand schüttelt und sagt: »Von unserer Seite aus ist alles klar.« Das Ende Ihrer Bewerbungsphase ist auch noch nicht gekommen, wenn Ihnen am Telefon zugesichert wird, dass der Vertrag in der Post ist. Das Ende Ihrer Bewerbungsphase ist ebenso wenig gekommen, wenn Sie einen ununterschriebenen Vertrag Ihres Wunschunternehmens in Händen halten. Das Ende Ihrer Bewerbungsphase ist noch nicht einmal gekommen, wenn Sie einen von Ihrem künftigen Chef in spe unterschriebenen Vertrag vor sich liegen haben. Sondern Ihre Bewerbungsphase ist erst dann beendet, wenn Sie den vom Arbeitgeber unterschriebenen Vertrag Ihrerseits unterschrieben und in die Post gegeben haben. Bitte beenden Sie Ihre Bewerbungsaktivitäten daher keine Sekunde eher und sagen Sie auch andere Gesprächstermine nicht vorher ab. Noch immer können sich Dinge in allerletzter Sekunde anders ergeben, sowohl vonseiten des Unternehmens als auch von Ihrer Seite. Darauf sollten Sie gefasst sein und eine solche Wendung nicht persönlich nehmen. Gerade damit weiterhin »Pacta sunt servanda« (Verträge sind einzuhalten) gilt, sollten Sie nicht vorschnell handeln – zu Ihrem eigenen Besten, aber auch für Ihre Berechenbarkeit gegenüber dem Arbeitgeber. Sie haben nun unterschrieben, in ein paar Wochen oder Monaten soll es losgehen im neuen Job. Sie informieren Ihren Arbeitgeber über Ihre Pläne und fordern ein Zeugnis an (siehe dazu auch »Arbeitszeugnisse und die berüchtigte Zeugnissprache« auf Seite 149) Sie beantragen Ihren Resturlaub, beenden Ihre Projekte und machen die Übergabe an Ihren Nachfolger. Sie räumen Ihren Schreibtisch und Ihre Festplatte auf und geben Ihre Zutrittskarten und Schlüssel zurück. Dann noch ein letzter Umtrunk mit den Kollegen, ein Glas Sekt und das Versprechen in Kontakt zu bleiben – und dann ist Ihr letzter Arbeitstag vorbei. Falls Sie an Ihren ersten Tag in der neuen Firma nicht nur mit Neugier und reiner Freude denken, sondern auch mit etwas Bangigkeit und der Hoffnung auf einen guten Start – dann lesen Sie das folgende Kapitel, in dem ich Ihnen zeige, wie Sie gut im neuen Unternehmen ankommen und von Anfang an Fettnäpfchen aller Art weiträumig umgehen.
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KAPITEL ZEHN
Guter Start, positive Weiterentwicklung und ein sauberer Abschluss
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ie haben unterschrieben, der neue Arbeitsvertrag ist abgeheftet, in ein paar Wochen geht es los – woran sollten Sie denken, was beachten, wie auftreten, damit Ihr Start in der neuen Firma und mit den neuen Kollegen ein guter ist? Mancher denkt so: »Ich erkläre den neuen Kollegen besser gleich in den ersten Tagen, dass das Trouble-Ticket-System, mit dem sie hier arbeiten, völlig veraltet ist, und dass die geplante Einführung von SAP im Einkauf sich noch bitter rächen wird, in meiner alten Firma habe ich es doch erlebt. Und wie sie hier in der Mittagspause kickern wie in einer Werbeagentur, das ist schon auch ein bisschen peinlich. Es ist doch gerade jetzt genau die richtige Zeit, denen mal zu sagen, wo sie auf dem falschen Trip sind – als unvoreingenommener Neuling habe ich darauf ja einen objektiveren Blick als die.« Keine gute Idee. Sie könnten kaum zielsicherer in viele Fettnäpfchen auf einmal treten und Ihren Start maximal erschweren. Wie es besser geht, lesen Sie weiter in den folgenden Abschnitten.
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Neu in der Firma – der Einstieg Die ersten 100 Tage in der neuen Firma sind entscheidend – es gibt ganze Bücher alleine darüber. Nicht ganz zu Unrecht, denn es stehen gerade in dieser Zeit eine Menge Fettnäpfchen bereit – und man wird Ihnen einen Fauxpas auch eher übelnehmen als später, wenn Sie einmal bekannt sind in Ihrem neuen Unternehmen oder in Ihrer Abteilung.
Seien Sie neugierig Auch wenn Sie schon Berufserfahrung haben – die Abläufe unterscheiden sich von Unternehmen zu Unternehmen massiv. Je nachdem, wie das Einarbeitungskonzept aussieht und ob es überhaupt eines gibt, werden Sie mit Ansprechpartnern, Prozessen, Regeln konfrontiert, die Sie so nicht kennen. Seien Sie neugierig, schauen Sie sich näher an, was Ihnen gezeigt wird, beschaffen Sie sich Hintergrundinformationen und stellen Sie Fragen. Falls Ihr Vorgänger noch verfügbar ist, nutzen Sie die Zeit, um ihn zu allem zu befragen, was Ihnen einfallen mag. Tun Sie Ihr Möglichstes, um hier ein Vertrauensverhältnis aufzubauen, denn Ihr Vorgänger kann Ihnen nicht nur auf fachlicher Seite wertvolle Insider-Informationen geben. Es kann beispielsweise sehr interessant sein, von ihm zu erfahren, warum er andere Aufgaben übernimmt – nimmt er nur innerhalb der Abteilung eine neue Position ein, wechselt er in einen anderen Unternehmensbereich oder geht er am Ende gar zum Wettbewerb? Oft werden Sie jetzt noch Zeit haben, im Internet oder Intranet zu recherchieren oder sich mit Infos zu versorgen, die nicht unmittelbar mit Ihrem eigenen Tätigkeitsfeld zu tun haben – nutzen Sie die Chance! Auch als Techie sollten Sie Unternehmenskennzahlen, wichtige Kunden, aktuelle Projekte, bedeutende Geschäftspartner, die Arbeit anderer Abteilungen interessieren. Schließlich müssen Sie sich nicht nur in Ihr Arbeitsgebiet einfinden, sondern auch so viel über das Unternehmen erfahren, dass Sie bis zum Ende der Probezeit wissen, ob Sie dort bleiben wollen. Auch in Ihrem ureigensten Tätigkeitsgebiet sollten Sie nicht so tun, als ob Sie alles wüssten. In der ersten Zeit sind Sie trotz Ihrer Kompetenz erstmal ein Lernender. Gewöhnen Sie es sich an, nachzufragen – vor allem dann, wenn Sie einen Ablauf nicht verstanden haben, den Sie künftig selbst durchführen sollen – statt zu nicken und zu hoffen, dass es auch mit Halbwissen schon irgendwie gehen wird. Wenn Ihnen dennoch Fehler unterlaufen – und das ist völlig normal –, bekennen Sie sich zu ihnen und versuchen Sie, sie nicht zu wiederholen. Ähnliches gilt für die Namen von Ansprechpartnern – niemand wird Ihnen übelnehmen, wenn Sie anfangs einmal zurückfragen: »Entschuldigen Sie, wie schreibt sich Ihr Name?«
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Machen Sie sich Notizen, damit Sie nicht immer wieder nachfragen müssen, sondern schon bald eigenständig arbeiten können. Wenn Sie zu viel oder zu wenig Aufgaben bekommen – geben Sie ein Signal. Lassen Sie nichts verlauten, geht Ihr Umfeld vermutlich davon aus, dass alles in bester Ordnung ist und gibt Ihnen womöglich noch mehr zu tun, wenn Sie schon unter der Last ächzen, oder delegiert Jobs an andere, wenn Sie sowieso schon hart an der Grenze zur Langeweile dahindümpeln. Also bitte keine falsche Scheu an dieser Stelle. Halten Sie sich aber mindestens im ersten Vierteljahr mit Verbesserungsvorschlägen zurück. Die ersten Wochen sind nicht der richtige Zeitpunkt, um eine langwierige Diskussion zum Thema emacs vs. vi oder über die Vorteile von Ubuntu zu führen. Das gilt auch dann, wenn Sie gefragt werden oder man Ihnen etwas in den Mund legt: »Sie denken sich jetzt wahrscheinlich, ‚Was ist das denn für ein verstaubter Haufen‘, was?« Die richtige Antwort darauf ist nicht ein erleichtert-begeistertes »Ja, allerdings!«, gefolgt von einem Vortrag, was Sie alles anders machen und wen Sie rauswerfen würden. Machen Sie lieber deutlich, dass Sie zwar schon einen ersten Eindruck haben, aber sich mit einem Urteil gerne Zeit lassen würden, bis Sie das wirklich beurteilen können. Wenn Sie etwas merkwürdig, umständlich, suboptimal finden: Fragen Sie nach den Gründen, warum es so gemacht wird und machen Sie sich zunächst im stillen Kämmerlein Gedanken und Notizen dazu, wie Sie es anders handhaben würden, wenn Ihnen die Gründe nicht einleuchten. Ihre Stunde wird kommen.
Wenn es menschelt Auch bei Tratsch und Lästereien sollten Sie sich ganz besonders in der Anfangszeit sehr zurückhalten – sonst geraten Sie schneller zwischen die Fronten, als Sie sich vorstellen können, und Sie verscherzen es sich mit Kollegen, um die es wirklich schade sein kann, wenn Sie sich einer Seite anschließen. Wird Ihnen etwas anvertraut, was einem Kollegen zum Nachteil gereichen könnte – schweigen Sie wie ein Grab. Als Neuer ist Ihre Position so schwach, dass jeder Versuch, so etwas auszunutzen, auf Sie zurückfallen wird. Vermeiden Sie auch das Schimpfen über die Verhältnisse beim alten Arbeitgeber. Ihre Wechselgründe sind Ihre Sache und sollten es auch vorerst bleiben. Für Gespräche mit den neuen Kollegen gibt es genügend andere Themen. Beobachten Sie viel. Wie gehen die Kollegen miteinander um, wie ist das Verhältnis zum Chef und zu dessen Vorgesetzten? Wie geht der Teamleiter mit seinen Mitarbeitern um? Wie wird auf Vorschläge reagiert, wie auf Kritik, wie auf Fehler? Wer redet mit wem worüber, und worüber nicht? Was sind die ungeschriebenen Regeln? Keine Sorge, Sie
GUTER START, POSITIVE WEITERENTWICKLUNG UND EIN SAUBERER ABSCHLUSS
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müssen nicht zum Experten für politische Spielchen und Intrigen werden. Aber machen Sie es sich nicht schwerer als nötig, indem Sie andere vor den Kopf stoßen, weil Sie einfach alles so machen, wie Sie es aus Ihrer früheren Firma gewohnt sind. Wer duzt und wer siezt sich? Halten Sie es mit den Anreden am Anfang so, wie es im Unternehmen üblich ist. Duzen sich alle, tun Sie das ruhig auch, wird gesiezt, machen Sie das ebenfalls, auch wenn es Ihnen widerstreben mag. Es bleibt später noch genug Zeit, einzelnen Kollegen das Du anzubieten. Aber bedenken Sie dabei: Es gilt üblicherweise noch immer, dass der in der Hierarchie Höherstehende oder Ältere den ersten Schritt in Richtung der informelleren Anrede gehen muss. Wer geht mit wem zum Mittagessen? Wenn es traditionell so ist, dass das Team gemeinsam in die Kantine geht, dann schließen Sie sich nicht aus. Wenn jeder an seinem Schreibtisch sein belegtes Brot herunterschlingt – halten Sie es ähnlich, zumindest in der ersten Zeit. Vom Usus abweichen können Sie immer noch, wenn Sie sich erst einmal »etabliert« haben – versuchen Sie das vorher, können Sie leicht in den Ruf des arroganten Schnösels (wenn Sie das Sushi-Restaurant der Kantine vorziehen) oder des Geizkragens geraten (wenn Sie lieber am Monitor das mitgebrachte Brötchen essen, statt mit den Kollegen zum Italiener zu gehen).
Socializing – von Festen und Feiern Wenn Sie das lesen, denken Sie vielleicht: »Feiern? Ich bin doch da zum Arbeiten und nicht zum Party machen?« Stimmt. Aber es arbeitet sich besser mit Menschen, die einander sympathisch sind. Und so etwas geschieht leichter in einem Rahmen, in dem auch die private Person sich zeigen darf. Sie müssen nicht mit den Menschen befreundet sein, mit denen Sie zusammenarbeiten. Aber Kommunikation ist der wichtigste Bestandteil guter Zusammenarbeit, und die findet nicht ausschließlich auf der Sachebene statt. Sie dürfen daher ruhig auch einmal etwas Privates erzählen, wenn es sich gerade so ergibt. Natürlich eignet sich das Thema »Was ich am Wochenende für einen Film gesehen habe« oder der Hinweis auf die Renovierung der Küche besser als der aktuelle Krach mit der Lebensgefährtin oder noch persönlichere Dinge. Auch Fragen an die Kollegen sind erlaubt – und sei es nur »Und, hatten Sie einen schönen Feiertag? Das Wetter war ja dann ab Mittag doch noch super«. Wenn Sie für den Job in eine neue Stadt gezogen sind, dürfen Sie die Kollegen gerne um Tipps für empfehlenswerte Ärzte, ein preiswertes Fitness-Studio oder das beste nepalesische Restaurant bitten. Die meisten Leute freuen sich, wenn sie hier behilflich sein können. Besonders gut kommt es an, wenn Sie sich sogar noch merken können, ob der Kollege Triathlet ist oder frischgebackener Vater von Zwillingen und gelegentlich mal eine Frage stellen, die beweist, dass Sie sich daran erinnern. Nein, das macht Ihre Arbeit nicht besser –
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aber Sie zu einem beliebteren Kollegen. Und Menschen, die man mag, glaubt man eher und unterstützt sie bereitwilliger in ihren Anliegen. Falls Sie nun einen Einwand formulieren, in dem das Wort »einschleimen« vorkommt: Niemand verlangt, dass Sie diese Methode gerade bei den Kollegen anwenden, die Ihnen unsympathisch sind – obwohl gerade die bestimmt positiv darauf reagieren würden.
CHECKLISTE: ZEHN FÜR HUNDERT – DIE ZEHN WICHTIGSTEN REGELN FÜR DIE ERSTEN HUNDERT TAGE • Fragen Sie viel und scheuen Sie keine Rückfragen, wenn Sie etwas noch nicht verstanden haben. • Machen Sie sich Notizen – so vermeiden Sie, immer wieder dieselben Dinge ansprechen zu müssen. • Recherchieren Sie über den eigenen Tellerrand hinaus und versorgen Sie sich mit Information. • Halten Sie sich mit Urteilen zurück – fundierte Aussagen können Sie erst treffen, wenn Sie länger als ein paar Wochen dabei sind. • Bleiben Sie neutral, wenn es um Konflikte und Animositäten im Kollegenkreis geht. • Beobachten Sie, wie das Miteinander im Hause abläuft und welche Gewohnheiten und Bräuche es gibt. • Respektieren Sie die ungeschriebenen Regeln – prägen können Sie sie, wenn Sie dazu gehören. • Seien Sie Mensch, geben Sie etwas von sich preis und mischen Sie sich unters Volk. • Bitten Sie um Feedback für Ihre Leistungen und Ihr Auftreten. • Bilden Sie sich eine Meinung: Sind Ihre Erwartungen erfüllt worden oder sollten Sie den Rest der Probezeit nutzen, um sich etwas anderes zu suchen?
Wenn Sie also zu einer Geburtstagsfeier eingeladen werden – gehen Sie hin. Sie müssen ja nicht ewig bleiben, aber gratulieren Sie und bleiben Sie ein paar Minuten. Wenn ein Kollege für ein Geschenk sammelt – beteiligen Sie sich, es muss ja nicht viel sein. Und wenn Sie selbst in den ersten Monaten nach dem Einstieg in einen neuen Job Geburtstag haben, bringen Sie belegte Brötchen und ein paar Flaschen Sekt mit – oder was auch immer in Ihrer Abteilung üblich ist. Aber Achtung! Alkohol ist nicht in allen Firmen gern gesehen. Hier sollten Sie sich erkundigen, bevor Sie die Korken knallen lassen.
GUTER START, POSITIVE WEITERENTWICKLUNG UND EIN SAUBERER ABSCHLUSS
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Auch die Regeln für einen Einstand sind unterschiedlich. Manche Abteilungen gehen sang- und klanglos darüber hinweg, in anderen feiert man den Eintritt, meist nach Ende der Probezeit, im größeren oder kleineren Rahmen. Halten Sie sich an die Gepflogenheiten – Sie müssen Sie ja nicht gutfinden. Aber es wäre doch schade, wenn die Zusammenarbeit rein sachlich gesehen gut laufen könnte, und es scheitert an diffusen Vorbehalten, persönlichen Empfindlichkeiten. Das mag bedauerlich sein – aber es ist auch menschlich. Und Sie haben es mit fehlbaren Menschen zu tun, immer und überall, denn es gibt keine anderen.
Rückmeldungen Falls Ihr Einarbeitungsplan einen Paten vorsieht, beanspruchen Sie diesen – er kann Ihnen wertvolle Hinweise geben und auch Feedback dazu, wie Sie bisher Ihre Sache machen. Fordern Sie diese Rückmeldungen ein und klären Sie auch, ob es ein »Sechs-WochenGespräch« geben wird, in dem es um die wechselseitige Einschätzung zwischen Ihnen und Ihrem Arbeitgeber geht. Sollte es hier Kritik geben, haben Sie noch genug Zeit, eine Kurskorrektur zu machen oder aber sich nach neuen Ufern umzusehen, wenn sich eine nicht ausräumbare Inkompatibilität zeigen sollte.
Ihre Entwicklung im Unternehmen – oder: Wie es weitergeht Wenn Ihre ersten hundert Tage hinter Ihnen liegen – wie geht es weiter? Worauf sollten Sie achten, um sich im Unternehmen einen sicheren Stand zu verschaffen, einen Namen zu machen, stabile Beziehungen zu knüpfen und nur dann anzuecken, wenn es Ihnen das auch wert ist? Beginnen wir mit Ihren Vorgesetzten, ob im Tagesgeschäft oder im Projekt – was sollten Sie im Umgang mit dieser Spezies beachten?
Vom Umgang mit Projektmanagern – oder mit Vorgesetzten allgemein Es gibt im Großen und Ganzen zwei Sorten von Chefs – diejenigen, die sich über die Sache definieren und der Meinung sind, dass der beste Experte eines Themas damit auch der beste Vorgesetzte für die Menschen ist, die in dem Thema arbeiten. Und die andere Sorte, die der Meinung ist, dass es auf andere Dinge ankommt, wenn man Führungsverantwortung für Mitarbeiter hat. Möglicherweise sind Ihnen die Ersteren sympathischer – in vielerlei Hinsicht praktischer sind die Letzteren. Warum? Das erfahren Sie in den folgenden Abschnitten.
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Was Sie von einem guten Manager erwarten können Über Management sind viele Regalkilometer an Büchern verfasst worden, und alle ein, zwei Jahre gibt es einen neuen Trend des »Management by ...« Ich werde hier kein Exzerpt davon abliefern, sondern meine ganz persönliche Quintessenz. Ein guter Manager versteht sich als Dienstleister und richtet darauf seinen Ehrgeiz. Seine Aufgabe ist es, seinen Mitarbeitern ihre Arbeit zu ermöglichen, sie von allem abzuschirmen, was sie an der Arbeit hindert, seien das fehlende Infrastruktur, unklare Ziele, nicht geklärte Abläufe, mangelhafte Materialien. Ein Manager gewinnt Kunden, ein Manager beschafft Räume, ein Manager stellt Leute ein – damit die Mitarbeiter dann für Kunden mit Kollegen in Büros arbeiten und ihr Bestes geben können. Er handelt ein Gehalt aus, beschafft Materialien und definiert Projekte – damit Mitarbeiter sie dann ausführen können, ohne sich um diese Rahmenbedingungen noch kümmern zu müssen. Ein Manager gestaltet Prozesse, sorgt für Ziele und kontrolliert den monetären Erfolg – damit sich Mitarbeiter damit nicht befassen müssen. Oder ganz konkret: Weil es Manager gibt, müssen Sie nicht das Büromaterial selbst bestellen, das Bürogebäude anmieten oder die Sekretärin einstellen, sondern können sich ganz der Frage widmen, ob Sie nun OpenSSL oder GnuTLS verwenden sollten. Manager und Fachexperten haben ganz einfach nur unterschiedliche Aufgaben – auch wenn es natürlich Manager gibt, die noch selbst mitarbeiten, und Mitarbeiter, die zum Teil Managementaufgaben wahrnehmen – und daher oft sehr unterschiedliche Charaktere. Mit ein wenig gutem Willen und Verständnis füreinander kann man sich perfekt ergänzen – auch wenn moderne Märchen es anders behaupten.
DELEGATION UND VERTRAUEN Ein guter Manager pflegt daher die hohe Kunst des Delegierens. Er ist es, der Ziele auf einer übergeordneten Ebene entweder definiert oder seinerseits von seinen Vorgesetzten gesetzt bekommt. Zur Erreichung dieser Ziele verteilt er Aufgaben an seine Mitarbeiter – idealerweise ohne ihnen Vorschriften zu machen, wie genau sie diese Ziele erreichen. Die einschlägige Literatur nennt diesen Stil »Management by objectives« – es ist einer der wenigen, der ungeachtet aller Strömungen in der Managementliteratur sich so gut bewährt hat, dass er seit vielen Jahrzehnten gepredigt und manchmal sogar gelebt wird. Wenn also Ihr Chef Ihnen eine Aufgabe gibt, fragen Sie ihn, was er genau als Ergebnis sehen möchte, bis wann er es möchte, welche Rahmenbedingungen zu beachten sind (muss zum Beispiel das Ergebnis in ein Trouble-Ticket-System eingetragen werden?) und woran er Qualität misst. Aber fragen Sie ihn nie und nimmer, wie Sie eine Aufgabe erledigen sollen – denn das ist Ihr Job.
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Ein guter Manager holt Ihre Meinung zu den Fragen ein, in denen Sie Spezialist sind, und nimmt sie ernst – erweisen Sie sich dieses Vertrauens als würdig, denn er ist darauf angewiesen, seine Entscheidungen auf Ihre Expertise aufzubauen. Denn ein guter Chef weiß, wo er sich heraushalten sollte. Heraushalten sollte er sich üblicherweise aus allem, wo er kein Experte mehr ist oder es nie war: aus dem, was Techniker gerne die »eigentliche« Arbeit nennen. Wenn er die Rahmenbedingungen setzt, kluge Experten einstellt, ihnen die zu ihren Talenten passenden Aufgaben gibt und für ihre Weiterbildung sorgt, realistische Ziele setzt und Erfolge kontrolliert, kann er es sich leisten, seine Leute machen zu lassen und ihnen den Freiraum zu geben, den sie brauchen.
FEEDBACK UND ÜBERBLICK Ein guter Manager gibt Feedback – bitte verwechseln Sie das nicht mit Lob. Feedback heißt, dass er ihnen konkret sagt, was er am Arbeitsergebnis noch anders haben möchte, ob er da noch eine Ergänzung und dort noch eine Vertiefung möchte, oder was Sie streichen sollen. Ein guter Manager hilft Ihnen, Ihre Arbeit in einen Gesamtzusammenhang einzuordnen, Ihre Bedeutung für den Rest des Projekts oder der Abteilung, und deren Arbeit für die Gesamtunternehmung einzuschätzen. Er gibt Ihnen Ausblicke in die Zukunftspläne der Firma und sorgt insgesamt für den berühmten Blick über den Tellerrand. Und wenn er ein sehr guter Manager ist, dann gibt er Ihnen auch noch Feedback zu Ihrer Person, Ihrem Verhalten, Ihrem Auftreten im Unternehmen und zu dem, was Sie besser machen können – wirklich sehr gute Unternehmen machen daraus eine Institution und etablieren regelmäßige Personalgespräche. Manchmal haben darin sogar die Mitarbeiter Gelegenheit, ihrem Chef Feedback zu geben. Doch dazu mehr im Abschnitt »Jahresgespräche«. Konsequent verfolgt, entsteht in solch einem Umfeld etwas, was den Namen »Förderung« verdient hat.
VERTRETUNG NACH AUSSEN Nichtsdestotrotz: Ein guter Chef steht zu seiner Verantwortung. Gegenüber seinen Vorgesetzten und gegenüber den Kunden steht er für das gerade, was sein Team produziert. Das schließt die Fehler ein, die das Team begeht – hier stellt er sich vor seine Mitarbeiter und schützt sie vor Attacken von außen. Das bedeutet nicht, dass er darauf verzichten muss, in einem Vier-Augen-Gespräch ein ernsthaftes Gespräch mit einem seiner Mitarbeiter zu führen, wenn der einen ernsthaften Schaden fahrlässig oder mutwillig verschuldet hat. Dennoch: Die Verantwortung für das Verhalten anderer, das man nur bedingt steuern kann, ist einer der Gründe, warum trotz prinzipieller Gleichwertigkeit von Manager- und Expertenarbeit die Managerarbeit in der Regel deutlich besser entlohnt wird. 222 K A P I T E L Z E H N
Auch für Eskalationen steht Ihr Vorgesetzter zur Verfügung – gibt es einen Konflikt zwischen Ihnen und einem Kollegen auf gleicher Ebene oder einem solchen Mitarbeiter von Kunden oder Lieferanten, dann ist es Ihr Vorgesetzter, der sich um eine Klärung zu kümmern hat, wenn Ihre Möglichkeiten ausgeschöpft sind. Dies ist ein ganz normaler Vorgang, hat nichts mit dem zu tun, was man in der Schule »Petzen« nannte, sondern stellt nur sicher, dass nicht Sie ein Problem auf der Arbeitsebene auszutragen versuchen, das im Management entschieden werden muss.
... und was nicht Aber natürlich gibt es auch ein paar Dinge, die Sie nicht von Ihrem Chef erwarten können:
EXPLIZITES LOB Explizites Lob gehört zu den Dingen, die im Beruf allgemein selten sind, erst recht in männerdominierten Branchen und Tätigkeitsfeldern. Wenn Sie einmal im Unternehmen etabliert sind, rate ich Ihnen: Stören Sie sich nicht daran, sondern gehen Sie davon aus, dass alles in Ordnung ist, wenn Sie nichts weiter hören. Lob kann auch nonverbal ausgesprochen werden, sei es durch mehr Verantwortung, mehr Freiraum, interessantere Aufgaben – oder ganz profan durch mehr Geld. Machen Sie sich also nicht von verbalisierter Anerkennung abhängig. Wenn Sie dann doch einmal expressis verbis gelobt werden, dürfen Sie sich natürlich darüber freuen und sich mindestens eine gedankliche Notiz machen – so etwas eignet sich sehr zum Beispiel als Argument für die nächste Gehaltserhöhung.
HINEINDENKEN IN DETAILS Auch das Hineindenken in Details Ihrer Arbeit ist etwas, was auch ein guter Vorgesetzter eher selten leisten wird. Und das ist auch nur zu verständlich, denn bedenken Sie: Sie haben nur einen direkten Vorgesetzten, er aber hat in der Regel eine ganze Anzahl Mitarbeiter, und er wird nicht die Muße, Zeit oder auch nur die Kenntnisse haben, sich in allen Arbeitsgebieten detailliert auszukennen. Sollte das anders sein, werden Sie misstrauisch: Dann ist Ihr Vorgesetzter entweder Workoholic, oder eine andere seiner Aufgaben kommt zu kurz.
IHRE SPRACHE SPRECHEN Er wird ebenso wenig Ihre Sprache sprechen, sondern die Sprache derer, die seine Ziele definieren, also seiner Vorgesetzten. Schauen Sie sich das von ihm ab – dazu mehr im nächsten Abschnitt »Wie man sich einen guten Vorgesetzten erzieht«.
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Wie man sich einen guten Vorgesetzten »erzieht« Dass Manager ihre Mitarbeiter führen, ist die Theorie. Provokative Gegenthese: Mitarbeiter führen ihren Manager. Fakt: So wie es sich bei der Verteilung der Jobs zwischen Mitarbeiter und Manager um eine reine Aufgabenteilung handelt, so ist auch bei der Führung Gegenseitigkeit angesagt. Als Mitarbeiter haben Sie jede Menge Möglichkeiten, die Beziehung zu Ihrem Chef zu gestalten und sein Verhalten in Ihrem Sinne zu beeinflussen. Wie das geht? Lesen Sie die folgenden Abschnitte.
SEINE ZIELE KENNENLERNEN Kennen Sie die Ziele Ihres Vorgesetzten? Wissen Sie, woran sein Chef seinen Erfolg misst und was dafür entscheidend ist, dass der vereinbarte variable Anteil auf seinem Konto landet? Wenn nicht, finden Sie es heraus. Abteilungsmeetings und Teamsitzungen können zum Gähnen sein – hören Sie das nächste Mal wenigstens so lange hin, bis das Thema »Ziele« angesprochen wurde und speichern Sie das ab. Sie haben das Gefühl, dass er andere Ziele hat, als er verkündet? Dann sperren Sie das nächste Mal auf dem Betriebsfest zu vorgerückter Stunde die Ohren auf und achten Sie darauf, ob er dann davon spricht, was ihn wirklich antreibt, was ihn tatsächlich reizt. Ist es Umsatz? Eine Beförderung? Ansehen im Unternehmen? Bekanntheit? Ein Guru-Status? State-of-the-Art-Projekte? Das diffuse Gefühl, irgendwie »wichtig« zu sein? Und wenn das alles nichts nutzt: Fragen Sie ihn ganz einfach, was seine Ziele für das Team und ganz persönlich sind, und wie Sie dazu beitragen können. Ja, Sie haben richtig gehört: Es geht darum, was Ihr Anteil am Erfolg des Teams und Ihres Vorgesetzten sein kann. Denn es gibt – mit sehr seltenen Ausnahmen – für Sie nur Erfolg mit Ihrem Chef und nicht ohne oder gar gegen ihn. Unterstützen Sie ihn also dabei, seine Ziele zu erreichen, und er wird Ihnen helfen, Ihre zu erreichen. Außer natürlich, er ist kein guter Vorgesetzter – aber dann wird auch kein anderes Mittel ihn dazu bewegen, Sie zu fördern. Sie haben also nichts zu verlieren, wenn Sie sich in Loyalität üben, solange Sie einem Vorgesetzten zugeordnet sind. Und nein, das bedeutet nicht, dass Sie ein Ja-Sager sein sollen. Kritisieren Sie ruhig in der Sache, schildern Sie Ihre Bedenken, wenn Sie welche haben, machen Sie Gegenvorschläge, die Sie für klug halten. Aber glauben Sie nicht, dass Sabotage oder Meuterei Sie weiterbringen. Wenn Sie Loyalität zu Ihrem Vorgesetzten nicht mehr mit Ihrem Gewissen vereinbaren können, müssen Sie die Konsequenzen ziehen und sich eine andere Wirkungsstätte suchen. (Wirklich unmoralische oder gar kriminelle Aktivitäten hier einmal ausgeschlossen – in solchen Fällen ist ein Gang zum oberen Management oder zur Polizei das Richtige.) Näheres dazu finden Sie im Netz unter dem Stichwort »Whistle blowing« z.B. hier: http:// www.whistleblower-netzwerk.de oder http://www.fairness-stiftung.de/whistleblowing.htm.
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SEINE SPRACHE SPRECHEN Sprechen Sie die Sprache Ihres Chefs! Wenn er Techie ist und vor Jahren den Job gemacht hat, den Sie jetzt machen, freut er sich möglicherweise, wenn Sie ein wenig ins Detail gehen und ein bisschen Technobabble verbreiten. Ist er aber schon lange aus der Praxis heraus oder gar Betriebswirtschaftler (!), wird er sich eher ärgern, wenn Sie sich so ausdrücken, dass er Sie nicht versteht, und in Unkenntnis von Hanlon’s Razor1 vielleicht sogar vermuten, dass Sie das bewusst tun, um etwas zu verschleiern. Denken Sie daher daran, dass Sie mit Menschen, die einige Vorkenntnisse aus dem Gebiet haben, um das es geht, auf dem fachsprachlichen Niveau reden sollten, wie Sie es auch bei einem Zwölfjährigen täten. Je höher ins Management Sie kommen, desto eher sollten Sie das Verständnis eines aufgeweckten Achtjährigen voraussetzen. Dies ist nicht herablassend, wenn Sie folgendes bedenken: Sie können Ihr Thema »Testkonzepte, Testdaten, Testumgebung« in der Breite und Tiefe kennen, denn das ist schließlich Ihr Leib- und Magen-Thema. Ihr Chef aber muss nicht nur mit Ihnen als Tester kommunizieren, sondern auch mit den Business Analysts, den Codern und der Fachabteilung – das allerdings mit dem Preis der Oberflächlichkeit. Sein Chef wiederum muss eventuell nicht nur die Anwendungsentwicklung, sondern auch den Betrieb und den ITEinkauf auf oberflächlicher Ebene begreifen. Und dessen Chef wiederum hat nicht nur die IT in seiner Verantwortung, sondern auch Personalwesen und Marketing. Denken Sie auch daran, dass Sie ihn nicht mit einem Wasserfall an Themen überschütten – liefern Sie Ihre Anliegen eines nach dem anderen an und heben Sie immer hervor, a) was der Stand der Dinge ist und b) was für ihn noch zu tun ist. Gehen Sie auch sonst auf ihn ein – Sie haben nur einen Chef, er hat viele Mitarbeiter, Sie haben es also leichter, sich auf ihn einzustellen, als er sich täte, wenn er zehn verschiedenen Menschen und ihren Besonderheiten gerecht werden wollte. Wenn er also der Meinung ist, Mails werden überschätzt, und lieber mal telefoniert – tun Sie es auch, wann immer Sie sich dazu überwinden können. Wenn er hingegen wohlstrukturierte, ausformulierte Mails liebt – gönnen Sie ihm den Spaß, wenn Sie die Zeit irgendwie erübrigen können.
IHN ERNST NEHMEN Viele Techies gehen davon aus, dass nur technische Arbeit die eigentliche Arbeit ist, alles andere ist das Drumherum. Und nur der Wille, technisch gute Lösungen zu realisieren, ist eine wirklich korrekte Motivation – alles andere ist allenfalls tolerabel.
1 Never attribute to malice that which can be adequately explained by stupidity.
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Vergessen Sie diese implizite Arroganz. Dinge zu organisieren, zu kommunizieren, Entscheidungen zu treffen, Koordinationspartner zu gewinnen oder Kunden zu überzeugen, ist ebenfalls »eigentliche« Arbeit und nicht weniger wert als das, was Sie tun. Und auch der Wille, Umsatz oder Ertrag zu erwirtschaften, ist legitim – ebenso legitim, wie das beste Werkzeug für die jeweilige Aufgabe auszuwählen oder selbst zu programmieren. Natürlich stimmt es: Was wären Manager ohne die Mitarbeiter, die die »eigentliche« Arbeit tun? Nur gilt dieser Satz auch andersherum: Was wären die Mitarbeiter ohne Manager? Falls Sie nun denken: »Besser dran«, überlegen Sie sich das nochmal und fragen Sie sich, wer sich dann um die Infrastruktur, die Kunden kümmern würde und darum, dass Ihr Gehalt fließt. Mitarbeiter, die dann nicht mehr genug Zeit hätten, zu programmieren oder zu administrieren. Manager eben.
IHM INFOS LIEFERN, OHNE DASS ER NACHFRAGEN MUSS Es gibt ein einfaches Mittel, mit dem Sie sich unglaublich schnell einen exzellenten Ruf erwerben können: Seien Sie berechenbar. Tun Sie, was Sie sagen, und zwar ständig. Das beinhaltet auch, dass Sie Rückmeldung geben, wenn etwas nicht klappt oder nicht fertig wird, wenn ein Termin nicht gehalten werden kann oder Sie mit einer Aufgabe absehbar nicht weiterkommen, auf deren Ergebnis andere angewiesen sind. Viele Menschen glauben, dass Verdrängen eine funktionierende Taktik ist und Aussitzen die beste Strategie. Sie kommen nur dann mit der Sprache heraus, wenn ihnen keine andere Möglichkeit bleibt. Für den Manager lässt sich solches Verhalten zusammenfassen mit der Formel »Ihm muss man alles aus der Nase ziehen«. Andersherum ist es ein extrem erleichterndes Gefühl für einen Manager, wenn er weiß, dass alles in Ordnung ist, wenn er nichts von Ihnen hört – gäbe es ein Problem, welcher Art auch immer, hätten Sie ja bereits Laut gegeben. Und tun Sie das dann doch einmal, laufen viele zu ganz großer Form auf und sehen es als sportliche Herausforderung an, nun effizient »Feuerwehr« spielen zu können. Krisenmanagement ist für viele gute Manager eine echte Königsdisziplin. Deshalb gilt: Keine Furcht vor Eskalation! Sagen Sie es, wenn etwas nicht so klappt, wie es soll, trotz aller Ihrer Bemühungen. Das ist kein Eingeständnis von Schwäche oder »Petzen«, sondern ein Kennzeichen professionellen Arbeitens.
IHN LOBEN Dass Mitarbeiter Anerkennung brauchen, ist etwas, das sich in jedem drittklassigen Ratgeberbüchlein nachlesen lässt – dass Manager darauf ebenso dankbar reagieren, ist weniger verbreitetes Wissen, aber dennoch ebenso zutreffend. Wenn Sie niemals etwas positiv hervorheben, dann wird auch Ihre Kritik weniger gut ankommen, ganz einfach, weil Ihre Äußerungen dann leicht als Meckereien abgetan werden können oder als »Bedenkenträ-
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gertum«. Wenn Sie aber mit Ihrem positiven Feedback ebenso deutlich sind wie mit Ihrer Kritik, stärken Sie Ihre Glaubwürdigkeit. Denn wenn Sie nie ein Ja sagen, ist Ihr Nein irgendwann nichts mehr wert, ebenso wie umgekehrt. Und ein ehrlich gemeintes »Wow, das war super, vielen Dank!« verfehlt selten seine Wirkung und kann regelrecht entwaffnen.
EINE HAND WÄSCHT DIE ANDERE Kommen Sie Ihrem Chef entgegen – vor allem natürlich da, wo es Ihnen nicht wehtut, ihm aber nutzt. Seien Sie an dieser Stelle durchaus freigiebig – und setzen Sie darauf, dass auch er dann großzügig sein wird, wenn es um etwas geht, was Ihnen wichtig ist. Machen Sie aber nicht den Fehler, so zu tun, als wäre Ihr Entgegenkommen eine Selbstverständlichkeit, auch wenn es das in Ihren Augen ist. Sonst kann es leicht geschehen, dass es übergangen wird und bei der nächsten vergleichbaren Gelegenheit vorausgesetzt wird. Wenn Ihr Chef Sie also bittet, wegen eines konkreten Problems einen Abend länger zu bleiben, dann ist es unklug, der Bitte wortlos zu entsprechen und sich künftig abends nichts mehr vorzunehmen, weil ja wieder etwas sein könnte. Klüger ist es, in so einem Fall klar zu sagen: »Oh, ich habe eigentlich heute Abend schon was vor. Aber das ist jetzt projektkritisch, sagen Sie? Okay, ich sehe zu, dass ich den Termin absagen kann, und dann kriegen wir das schon hin.« Mit solchen Punkten auf dem Loyalitätskonto ist es sicher kein Problem, wenn Sie das nächste Mal nach Ihrem 14-UhrTermin nicht mehr ins Büro kommen, sondern einen frühen Feierabend einlegen. Tun Sie also Gutes und sprechen Sie darüber.
Besonderheiten bei der Projektarbeit Was es zu beachten gibt, wenn Sie als Externer vor Ort beim Kunden arbeiten, hatte ich schon im Abschnitt »Wie Sie als Externer mit internen Mitarbeitern klarkommen« auf Seite 53 dargestellt. Aber auch wenn Sie »nur« In-House-Projekte machen, gibt es einige Dinge, die anders sind als bei einer Tätigkeit, die »nur« Tagesgeschäft umfasst. Sie haben einen Vorgesetzten, doch der ist sehr häufig nicht Ihr Projektleiter. Ihr Projektleiter kann Ihre Arbeit beurteilen, aber er kann nicht Ihr Gehalt erhöhen. Und der, der über Ihre berufliche Zukunft entscheidet, kann nicht bewerten, was Sie wirklich leisten. Ihr Projektleiter kann Ihnen im Rahmen des Projekts Anweisungen geben – aber Ihr Linienvorgesetzter generell auch, und immer wieder kommt es dabei zu Zielkonflikten. Wenn Sie nicht zerrieben werden wollen zwischen diesen beiden Polen, versuchen Sie, für Ihre relevanten Personalgespräche nicht nur Ihren Vorgesetzten und einen Vertreter der
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Personalabteilung an einen Tisch zu bekommen, sondern auch einen Projektleiter eines wichtigen Projekts, an dem Sie mitgearbeitet haben. Wenn das nicht möglich ist, so können Sie doch lobende Mails aus dem Projektalltag mit in die Diskussion einbringen und so die Qualität Ihrer Arbeit dokumentieren. In jedem Fall sollten Sie es vermeiden, Linienvorgesetzte und Projektleiter gegeneinander auszuspielen. Dieses Spiel ist gefährlich und wird in der Regel zu Ihren Ungunsten ausgehen.
Überstunden und das Gefühl von Unentbehrlichkeit Besonders unter IT-Mitarbeitern ist ein gewisser Perfektionismus verbreitet. Es reicht nicht, wenn alles läuft, es muss optimal sein, stilvoll, elegant. Diese Ansprüche sind sehr ehrenwert, doch häufig kaum realisierbar unter den Rahmenbedingungen eines Unternehmens, das Ertrag erwirtschaften muss, wenn es überleben will. Die Konsequenz für viele: Sie realisieren das Mehr an Qualität, die Extra-Eleganz, die wirklich saubere Lösung in ihrer Freizeit, nämlich in Überstunden, in Wochenendarbeit. Wenn Sie auch zu diesen Menschen gehören und damit glücklich sind: Wunderbar, Sie sind im Einklang mit sich. Aber was, wenn Sie damit nicht glücklich sind und sich ausgenutzt fühlen? Machen Sie sich bitte als Erstes klar, dass in einer funktionierenden Organisation das Management dafür zu sorgen hat, dass für die anstehenden Aufgaben eine ausreichende Anzahl Mitarbeiter mit der richtigen Qualifikation zur Verfügung stehen. Ebenfalls in der Verantwortung des Managements liegt es, dass diese Mitarbeiter für ihre Aufgaben eine realistische Zeitspanne zur Verfügung haben und mit geeigneten Mitteln arbeiten können. Dies ist die Beschreibung eines Ideals, wie es wohl kaum je in seiner Reinform vorkommt – dennoch ist es wichtig zu wissen, dass es nicht Ihr persönliches Versagen sein muss, wenn Sie in viel zu kurzer Zeit mit viel zu wenig Kollegen und mit ungeeigneten Instrumenten etwas nicht so schaffen, wie Sie es gerne würden. Priorisieren Sie Ihre Aufgaben für sich und zwar nach ihrer Bedeutung für Sie ganz persönlich und Ihren Erfolg im Unternehmen. Sie werden vermutlich nicht zufriedener, wenn Sie eine perfekte Lösung für ein Problem gefunden haben, das außer Ihnen keiner hat und die in einer Sprache realisiert ist, von der noch nie jemand in Ihrem Unternehmen gehört hat. Die Genialität Ihrer Lösung wird niemand zu schätzen wissen, und weder steigt davon Ihr Gehalt, noch Ihr Ansehen im Team. Ihr Ansehen wird aber steigen, wenn Sie dafür sorgen, dass das Projekt, das für Ihren Vorgesetzten wichtig ist, in bestmöglicher Qualität im Zeit- und Budgetrahmen fertig ist, auch wenn das nicht genial, sondern allenfalls Handwerkskunst ist. Wenn es für Sie
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andersherum ist, auch gut – aber erwarten Sie keine Belohnung für Leistungen, die keiner je von Ihnen erwartet hat oder niemand außer Ihnen versteht. Verfallen Sie auch nicht dem Mythos, Sie seien unentbehrlich. Sie sind es nicht, auch wenn es so scheinen mag. Die Firma wird ohne Sie zurechtkommen und muss es auch dann, wenn Ihnen einmal der berühmte Dachziegel auf den Kopf fallen sollte. Lernen Sie das Loslassen und üben Sie es, kaltlächelnd zuzuschauen, wenn Dinge nicht so gemacht werden, wie Sie es machen würden. Da draußen gibt es noch ein Leben – es ist wert entdeckt zu werden, vor allem dann, wenn Sie es bisher vernachlässigt haben. Und was, wenn Ihr Chef Druck auf Sie ausübt und erwartet, dass Sie Wunder vollbringen? Nun, das ist eine der wenigen Gelegenheiten, wo Sie Verantwortung zurückdelegieren können und sollten: Machen Sie ihm klar, was liegenbleibt, wenn Sie jetzt seine dringende Aufgabe erledigen. Er darf gerne Ihre Aufgaben neu priorisieren, dann muss er aber eben auch damit leben, dass niedriger Priorisiertes möglicherweise später unvollständig oder nicht in der gewünschten Qualität vorliegt. Missverstehen Sie mich nicht: Ich rate nicht generell von Überstunden ab. Wenn der Projektleiter oder man selbst schlecht geplant hat, dann fallen schon mal Überstunden an, dem kann und sollte man sich nicht gänzlich entziehen und das ist auch ganz normal und kann ein Team sogar zusammenschweißen, wenn es gelegentlich einmal vorkommt. Ich warne nur davor, sich auf ein System einzulassen, das nur funktionieren kann, wenn regelmäßig massive Überstunden gefahren werden und die Mitarbeiter generalstabsmäßige Selbstausbeutung betreiben, weil sie glauben, es sei ihr Problem, wenn sie nicht zaubern können. Lassen Sie sich keine Schuldgefühle machen, denn darauf wird in solchen Systemen gesetzt. Verfolgen und vertreten Sie Ihre Interessen – was auf Dauer darauf hinauslaufen kann, dass Sie sich ein Unternehmen suchen müssen, wo zwischen eigenen und Unternehmensinteressen kein grundsätzlicher Widerspruch mehr herrscht. Diese Unternehmen gibt es, keine Sorge – man muss sie nur finden.
Vom Umgang mit Kunden und Kollegen Für den Umgang mit Ihren Kunden gilt Ähnliches wie das, was für das gute Verhältnis zu Chefs gesagt wurde: Es gibt keinen Erfolg am Chef vorbei – und es gibt keinen Job ohne Kunden im weitesten Sinne. Wann immer Sie sich – oft ja sogar zu Recht! – über die unfähigen, unwissenden, dennoch so fest von ihrer Meinung überzeugten Kunden ärgern, denken Sie daran: Wenn die Kunden selbst alles wüssten, was Sie wissen, wenn sie alles könnten, was Sie können – wofür brauchte er dann noch Sie?
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Oder kurz gesagt: Freuen Sie sich über begriffsstutzige Kunden, denn sie finanzieren Ihr Gehalt. Betrachten Sie sie als Herausforderung an Ihre didaktischen Fähigkeiten – oder, wenn Lernresistenz hinzukommt, als Motivation, Ihre Gelassenheit und Professionalität zu üben. Lassen Sie nicht zu, dass ein Kunde Sie zu einem Verhalten bringt, das Sie selbst nicht in Ordnung finden. Seien Sie freundlich zu Ihren Kunden und holen Sie sie da ab, wo sie stehen. Denken Sie in jedem Augenblick daran, dass Sie für den Kunden Ihr Unternehmen repräsentieren – daher muss Ihr Auftreten einwandfrei sein. Sie können sich umgekehrt aber auch damit trösten, dass ein Angriff des Kunden niemals Sie persönlich treffen kann, sondern dem Unternehmen gilt, dessen Stellvertreter in der konkreten Situation nun einmal gerade Sie sind. Schreiben Sie freundliche Mails – dazu gehört eine Anrede und ein Abschiedsgruß – wenn Sie das nervig finden, packen Sie diese Dinge in die Signatur, sodass sie mit jeder neuen Mail automatisch erscheinen, und schreiben Sie Ihren eigentlichen Mailtext dazwischen. Ähnliches gilt für Telefonate und den persönlichen Umgang – es ist kein Witz, immer wieder gibt es Leute, die wort- und grußlos in Büros hereinstürmen und direkt mit Ihrem Anliegen loslegen. Eine Vorstellung, falls Sie das erste Mal dort sind, auf jeden Fall aber ein »Guten Tag« oder ein »Hallo« sind obligatorisch. Wenn Sie sich bereits mehrfach am Tag gesehen haben, tut es auch ein Nicken – verbunden mit einem freundlichen Lächeln erhöht es Ihre Chancen, dass Ihnen gerne zugehört wird und Sie vielleicht sogar bekommen, was Sie wollen, auf ein Vielfaches. Aber auch wenn Sie derjenige sind, von dem andere etwas wollen, steht es Ihnen gut, wenn Sie niemals jemanden spüren lassen, dass Sie sich in einer Machtposition wähnen. Dies gilt außer für die unmittelbaren Kollegen noch viel mehr für Menschen in Hilfsfunktionen, wie die guten Geister, die das Büro putzen, den Menschen, der die Kaffeemaschine wartet, den Handwerker, der Ihnen das Whiteboard montiert, oder auch den Zeitarbeiter im Lager.
ALS FRAU IN DER IT – UMGANG MIT DEM »GEMEINEN INFORMATIKER« Es ist noch immer so: Als Frau in der Informatik sind Sie – je technischer das Gebiet ist, in dem sie unterwegs ist, umso eher – häufig eine Exotin. Während in der Beratung der Frauenanteil durchaus bei 40 % liegen kann, gibt es z.B. in der hardwarenahen Entwicklung oft nur eine einzige Frau unter 20 oder 30 Männern.
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Doch der Exotinnenstatus hat nicht nur Nachteile: Natürlich wird man stärker beobachtet, bei Fehlern auch kritischer betrachtet – aber wenn man Aufmerksamkeit möchte und braucht, bekommt man sie einfacher. Deshalb ist es zu einem Gutteil Temperamentssache, ob man als Frau in einer Männerbranche eher leidet oder es eher genießt. Der Informatiker als solcher – sofern solche Verallgemeinerungen überhaupt zulässig sind – ist aber ein sehr viel pflegeleichterer Zeitgenosse als die Männer in vielen anderen Branchen. Machotum ist ihm fremd, und wenn er Ihnen mal in die Tastatur greift, dann weil er behilflich sein will und weiß, wie man das viel eleganter in Perl lösen kann. Der typische Geek ist über die wenigen Frauen in seinem Umfeld so glücklich, dass er wirklich vieles tut, um sie zu hegen und zu pflegen. Da werden die verschiedenen Parameter von find geduldig erklärt und /var/log/messages ausgewertet, als gäbe es kein Morgen. Der Bilderbuch-Informatiker ist hilfsbereit und legt sich gerne auf Gebieten ins Zeug, wo er sich auskennt. Aber verlangen Sie nicht von ihnen, dass sie sich ändern, dass sie ihre Ratio ausschalten oder unlogische Dinge verstehen. Und vor allem: Reden Sie Klartext mit ihnen. Der typische Informatiker wird Ihnen in der Regel gerne fast jeden Gefallen tun – wenn Sie ihm sagen, was Sie von ihm erwarten. Lassen Sie ihn nicht raten, lassen Sie ihn nicht zappeln. Er wird es Ihnen übelnehmen, wenn er es bemerkt – niemand kann Gedanken lesen und er behauptet es auch nicht von sich. Mehr von der Psyche eines typischen Geeks werden Sie verstehen, wenn Sie die FAQ in Kapitel 11 lesen, wo die Fragen beantwortet werden, die sich ihm im Alltagsleben so stellen.
Sonstige Komplikationen In den vergangenen Abschnitten haben Sie einiges darüber gelesen, wie wichtig Kommunikation ist, und wie entscheidend es ist, dass Sie selbst Ihre Interessen vertreten. Manchmal hilft aber all das nichts, und zwar dann, wenn Sie mit massiven Formen von Intrigen und politischen Winkelzügen konfrontiert werden.
Seilschaften Da ist es schon wieder passiert. Der Kollege, der weder fachlich noch menschlich allzu viel vorzuweisen hat und dessen Führungsqualitäten gegen Null tendieren, hat es schon wieder geschafft eine begehrte Fortbildung zu bekommen, und dann wird er auch noch befördert. Das kann nur daran liegen, dass er und der Technische Direktor schon lange gute Freunde sind. Was tun? Machen Sie sich klar, dass nicht so sehr entscheidet, wer die beste Arbeit tut oder der kompetenteste Mitarbeiter ist – es entscheidet, von wem der Vorgesetzte glaubt, dass er am
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fähigsten ist. So wie wir mit Werbung dazu gebracht werden, nicht ein Produkt zu kaufen, sondern ein gutes Gefühl, so schaffen es gute Selbstdarsteller, ihrem Gegenüber das Gefühl zu vermitteln »Bei mir ist das Problem in guten Händen, du wirst es nicht bereuen«. Sie müssen kein Schaumschläger werden, um sich von diesen Leuten etwas abzuschauen und zu berücksichtigen, dass auch Vorgesetzte Bauchmenschen sind und viel öfter irrational erscheinen, als sie selbst zugeben wollen. Mehr zu Ihrem Selbstmarketing finden Sie auch in Kapitel 11. Manchmal ist aber eine offenkundige Bevorzugung eines Mitarbeiters auch einfach der Tatsache geschuldet, dass es eine gemeinsame Vergangenheit gibt – sei es, dass man eine gemeinsame Zeit bei einem Exarbeitgeber verbracht hat, sei es, dass beide bei einer Fusion vom gleichen Fusionspartner kamen. Oder vielleicht ist es auch die gemeinsame Studienzeit oder die Mitgliedschaft in der Verbindung. Hier hilft nur Ihr eigenes Netzwerk – pflegen auch Sie Ihre Beziehungen.
Politik Typischer Fall: Der Vorstand hat sich beim Golfen ein neues Content Management System verkaufen lassen und klar, das muss nun, trotz offenkundiger Mängel auf Biegen und Brechen und um jeden Preis eingeführt werden. Oder der Mutterkonzern setzt auf eine neue Group Management-Software, über die jetzt jeder Mitarbeiter seine Termine verwalten muss. Tragen Sie es mit Fassung: Wenn so etwas hin und wieder passiert, sollten Sie damit leben können. Wenn es aber üblich ist und an der Tagesordnung, dass technische Faktoren keine Rolle spielen bei der Entscheidung über technische Fragen, dann bleibt Ihnen nur, sich einen Ort zu suchen, wo das anders ist, oder sich in regelmäßigem Schulterzucken zu üben. Verkneifen Sie sich auch die »Hab’ ich ja gesagt«-Phrasen, wenn das erwartete Desaster eingetreten ist. Es kann Ihnen sonst passieren, dass Sie als Überbringer der schlechten Botschaft den ganzen Ärger abbekommen.
Mobbing Mobbing ist ein in den letzten Jahren häufig strapazierter Begriff – der leider auch oft inflationär gebraucht wird. Es ist kein Mobbing, wenn Ihnen Ihr Chef dann und wann Aufgaben gibt, die Sie unter Ihrer Würde finden. Mobbing ist es ebenfalls nicht, wenn Ihre Kollegin Ihre Arbeit kritisiert. Und auch wenn die Bürogenossen Sie nicht fragen, ob Sie mit zum Mittagessen kommen, kann man noch nicht von Mobbing sprechen. Erst wenn Sie • über einen längeren Zeitraum und • systematisch • von mehreren Personen ausgegrenzt und angefeindet werden, dann spricht man von Mobbing.
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Wenn also Ihr Chef Ihnen nur noch absurde und unterfordernde Aufgaben gibt, Kollegen sich gegen Sie verbünden und in herabwürdigender Weise über Sie lästern, man Sie konsequent schneidet und aus Gesprächen ausschließt, dann sind das Anzeichen für Mobbing. Was können Sie tun, wenn Sie feststellen müssen, das das so ist? • Beginnen Sie, ein Mobbing-Tagebuch zu führen. Achten Sie darauf, dass Sie wirklich nur die reinen Fakten aufschreiben, das, was genau passiert ist, und nicht, was Sie für eine Motivation für die jeweilige Aktion vermuten. Das Mobbing-Tagebuch hilft Ihnen, für sich selbst, aber auch für eine eventuelle spätere Verwendung zu dokumentieren, was im Laufe der Zeit vorgefallen ist. • Holen Sie sich eine Außenperspektive auf die Situation, indem Sie Unbeteiligten, zum Beispiel Freunden aus Ihrem privaten Umfeld, die Geschehnisse schildern. Denkbar ist, dass andere Menschen das, was Ihnen widerfährt, ganz anders wahrnehmen – diese Deutungen können wertvolle Ergänzungen Ihres eigenen Erlebens sein. • Versuchen Sie sich klarzumachen, dass Mobbing nicht Ihre Schuld ist, sondern in einer Organisation und einem Führungsstil begründet liegt, der Mobbing erlaubt oder gar provoziert und in der Neigung einiger Menschen, sich durch vermeintliche Schwäche zu Schikanen herausgefordert zu fühlen. • Sorgen Sie auf jeden Fall dafür, dass Sie in Ihrer Freizeit einen Ausgleich haben und achten Sie gut auf sich. Nutzen Sie jede Gelegenheit, um sich zu belohnen und es sich gutgehen zu lassen. • Erkennen Sie Ihre Handlungsmöglichkeiten. Auch wenn Sie nicht schuld am Mobbing sind, so gibt es doch Verhaltensweisen, die Täter geradezu ermutigen, ihr schädliches Verhalten auszuüben. Dazu gehört ein unterentwickeltes Selbstwertgefühl, die Ausstrahlung von Unsicherheit und die Bereitschaft, sich für alles schuldig und niemals gut genug zu fühlen. Wenn Sie Ihre Verhaltensoptionen entdecken, verringern Sie die Ohnmacht und Hilflosigkeit, die für die Täter ein lohnenswertes Opfer ausmachen. Welche Handlungsmöglichkeiten haben Sie nun? • Sprechen Sie mit Ihrem Vorgesetzten, sofern er nicht Teil des Mobbings ist und fordern Sie ihn auf, den Tätern klarzumachen, welche Verhaltensweisen nicht geduldet sind. • Falls Sie keinen Erfolg damit haben: Kontaktieren Sie Ihren Betriebsrat und schildern Sie ihm die Situation. • Nehmen Sie Kontakt zu einer Mobbing-Beratungsstelle auf, z.B. http://www.mobbingweb.de/ oder http://www.mobbing-net.de/. Ganz besonders wenn Sie Führungskraft sind, kann Ihnen auch die Fairness-Stiftung gute Dienste leisten – Näheres dazu finden Sie unter http://www.fairness-stiftung.de. • Stärken Sie sich selbst, z.B. durch psychotherapeutische Unterstützung oder Seminare im Bereich Selbstbehauptung.
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So unterstützt, kann Ihnen leichter gelingen, was gegen Mobbing häufig sehr gut wirkt: Packen Sie den Stier bei den Hörnern und setzen Sie den Tätern klare Grenzen. Als Ultima Ratio bleibt natürlich, die Abteilung oder das Unternehmen zu verlassen. Es kann nur sein, dass Sie das Problem mit sich nehmen werden. Wiederum nicht, weil Sie an Ihrem Mobbing selbst schuld wären, sondern deswegen, weil Sie Ihre eigenen Ohnmachtsund Schwächegefühle noch mit sich herumtragen und möglichen Mobbern nonverbal und unwillentlich signalisieren »Mit mir könnt ihr es machen – ich werde mich im Zweifelsfall nicht wehren können«. Es lohnt sich daher fast immer, parallel zu einer Veränderung der äußeren Gegebenheiten auch auf die eigenen inneren Prozesse zu schauen und sich selbst besser zu respektieren. Denn wer sich selbst achtet und ernst nimmt, fordert diesen Respekt sehr häufig auch seinem Umfeld ab.
Die Entwicklung Ihres professionellen Selbst Ihr professionelles Selbst ist nicht statisch, nichts, was man einmal erreicht und worauf man sich dann ausruht, sondern das Produkt einer immerwährenden Weiterentwicklung. Was heute gut ist, kann schon morgen zu schlecht sein, wenn nicht ständig etwas hinzukommt. Investieren Sie daher in das wichtigste berufliche Kapital, das Sie haben: in sich selbst. Wie das geht, lesen Sie in den folgenden Abschnitten.
Jahresgespräche In den meisten Unternehmen gibt es sie ohnehin in irgendeiner Form, in anderen meint man noch immer, ohne sie auszukommen: regelmäßige Beurteilungsgespräche zwischen Vorgesetzten und Mitarbeiter. Wenn Sie in einer Organisation tätig sind, die hier schon Regeln etabliert hat, seien Sie glücklich und machen Sie sich diese Institution zunutze. Es wäre ein fataler Fehler, ein solches Gespräch als puren Formalismus anzusehen, statt die Chancen zu nutzen, die in einer regelmäßigen Rückmeldung liegen. Bereiten Sie sich also gut auf solche Gespräche vor und überlegen Sie, was Sie ansprechen wollen. Aber auch wenn in Ihrem Unternehmen noch kein Prozess existiert, der regelmäßige Mitarbeitergespräche sicherstellt, ist Feedback für Sie besonders wichtig. Sprechen Sie Ihren Chef spätestens nach Ende der Probezeit darauf an, was die Ziele für das kommende Jahr oder die nächsten sechs Monate sein sollen. Diese Gespräche sollten Sie dann spätestens nach Ablauf dieses Berichtszeitraums wiederholen – ergreifen Sie ruhig die Initiative, wenn Ihr Vorgesetzter es nicht tut. Nichts ist weniger sinnvoll, als sozusagen im luftleeren Raum vor sich hinzuwurschteln, ohne zu wissen, ob man den Anforderungen gerecht wird, die gestellt werden, ja oft sogar, ohne diese Anforderungen überhaupt zu kennen.
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Vereinbaren Sie messbare und realistische Ziele und versuchen Sie, bestimmte Maßnahmen an eine Zielerreichung zu knüpfen. Akzeptieren Sie aber auch berechtigte Kritik und sorgen Sie dafür, dass ein moniertes Verhalten sich erkennbar bessert. Was im Einzelnen bei dieser Art von Gespräch zu beachten ist, dazu finden Sie mehr in Kapitel 8.
Weiterbildung Vergessen Sie nicht Ihre Weiterbildung. Natürlich interessieren Sie sich sowieso für Ihre Arbeit, und Praxis ist durch nichts zu ersetzen, außer durch noch mehr Praxis. Aber manchmal kann es hilfreich sein, Ihr Wissen auch nachlesbar zu dokumentieren – es ist ein Argument nach innen und außen: nach innen, wenn Sie über Ihr Gehalt verhandeln, nach außen, wenn Sie sich nach einem neuen Job umsehen wollen. Außerdem lernen Sie in formalisierten Weiterbildungen auch Dinge, die Sie von sich aus nie aus Interesse angegangen wären, schlicht, weil Sie bisher kein besonderes Faible für dieses Thema hatten. So können Sie neue Seiten an sich kennenlernen und Gebiete für sich erobern, von deren Existenz Sie vielleicht vorher noch nicht einmal wussten.
IT-Zertifikate Falls Sie erwartet haben, dass Sie hier eine Abhandlung darüber finden, welche Zertifikate es gibt, wie lange sie gültig sind, was sie kosten – dann werden Sie enttäuscht werden. Dies sind Informationen, die Sie leicht im Netz bei den jeweiligen Anbietern nachlesen können, und der Vorteil ist, dass diese Informationen auch dann noch aktuell sind, wenn dieses Buch schon ein paar Jahre in Ihrem Regal steht. In diesem Kapitel geht es eher um die Frage: Was spricht grundsätzlich für oder gegen ein Zertifikat? In welchen Fällen kann es sinnvoll sein, in welchen eher nicht? Warum gibt es überhaupt Zertifikate, und warum setzen sich manche Vorgesetzte massiv dafür ein, dass ihre Mitarbeiter Zertifikate erwerben? Ganz einfach: Zertifikate spiegeln das menschliche Bedürfnis nach Sicherheit wider. Ein Zertifikat garantiert weder, dass der Inhaber den Stoff beherrscht, über den er eine Prüfung abgelegt hat, noch, dass der Prüfungsstoff in der Realität von Relevanz ist, noch viel weniger, dass der Mitarbeiter das Problem wird lösen können, das man ihm stellt. Aber mit Zertifikaten ist es wie mit Geld: es macht nicht glücklich, aber es beruhigt. Ein Personalentscheider, der einen Mitarbeiter einstellt, der nicht gut ist, obwohl er ein Zertifikat hat, wird sich weniger rechtfertigen müssen, als wenn er ihn trotz fehlenden Zertifikats eingestellt hätte. Im einen Fall geht die Reaktion eher in Richtung »Wer hätte das ahnen können?«, im anderen schon eher in Richtung »Das hätten Sie wissen müssen.« Diese Praxis und
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Geisteshaltung kann man gut oder schlecht finden – man sollte sie als Bewerber jedenfalls kennen. Auch Kunden sind auf Sicherheit bedacht. Bei der Wahl ihres Lieferanten oder Projektpartners verlassen sie sich gerne auf diejenigen, die bereits einmal von anderen für gut befunden wurden – z.B. die Cisco-Partnerfirmen, wenn es um Netzwerkprojekte geht, oder SAP-Partnerunternehmen, wenn SAP eingeführt werden soll. Hier verbirgt sich auch der Grund, warum Vorgesetzte manchmal erstaunlich freigiebig sind, wenn es darum geht, Herstellerzertifizierungen zu zahlen: Nur mit einer bestimmten Anzahl zertifizierter Mitarbeiter behält man seinen bevorzugten Status. Wann ist nun ein Zertifikat für Sie interessant? • Wenn Sie Quereinsteiger in die IT sind und keine oder nur wenig formale Qualifikationen haben, aber viel Praxiserfahrung. • Wenn Sie Ihre schon erworbene Praxiserfahrung mit einem »Papier« offiziell dokumentieren wollen. • Wenn Ihr Arbeitgeber die Kosten ganz oder teilweise übernimmt, zum Beispiel weil er mit einer definierten Anzahl von zertifizierten Mitarbeitern einen Partnerstatus eines bestimmten Lieferanten erreicht und dadurch Umsatzpotenzial für sich erschließt. • Wenn Sie bereit sind, noch eine Weile für Ihren jetzigen Arbeitgeber tätig zu sein oder ansonsten einen Teil der Weiterbildungskosten bei einem Wechsel zurückzuzahlen. Die meisten Arbeitgeber sichern Ihre Investition in die Mitarbeiter mit einer entsprechenden Klausel ab. • Wenn Sie im Rahmen einer bestehenden Berufstätigkeit neue Aufgaben übernehmen werden und sich darauf vorbereiten wollen. • Wenn Sie einen theoretischen Hintergrund erarbeiten wollen. • Wenn das Zertifikat eher selten zu finden ist und einen guten Ruf genießt (siehe CCNP und vor allem CCIE). Wann ist ein Zertifikat für Sie möglicherweise weniger interessant? • Wenn es dazu dienen soll, Sie in einem Bereich unterzubringen, in dem Sie noch keine Praxiserfahrung haben, z.B. aus der Arbeitslosigkeit heraus. • Wenn das Zertifikat Praxiserfahrung ersetzen soll. • Wenn Sie die Kosten ganz allein übernehmen müssten – die Kosten für Herstellerzertifikate liegen in der Regel im hohen vierstelligen Bereich. • Wenn Sie in der nächsten Zeit einen Arbeitgeberwechsel planen und nicht in der Lage oder willens sind, einen Teil der Weiterbildungskosten zurückzuzahlen.
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• Wenn noch unklar ist, ob Sie jemals in dem Tätigkeitsgebiet arbeiten werden, für das Sie das Zertifikat zu erwerben planen. • Wenn Sie sich Lösungshelfe oder gar Rezepte bei praktischen Problemen erhoffen. • Wenn das Zertifikat einen schlechten Ruf als Massenware oder Braindump hat (siehe zum Beispiel besonders in früheren Jahren der MCSE).
EINE AUSWAHL DER BEKANNTESTEN IT-ZERTIFIKATE FÜR BETRIEBSSYSTEME UND ANWENDUNGEN • Microsoft: Microsoft Certified Systems Engineer (MCSE) und Microsoft Certified System Administrator (MCSA) – http://www.microsoft.com/germany/learning/ mcse/default.mspx; Diskussionsforum unter http://www.mcseboard.de/. • Linux: Junior Level Linux Professional (LPIC-1), Advanced Level Linux Professional (LPIC-2), Senior Level Linux Professional (LPIC-3) des Linux Professional Institute (LPI) – http://www.lpi-german.de/ bzw. http://www.lpi.org/. • Netzwerke: Cisco Certified Network Associate (CCNA), Cisco Certified Network Professional (CCNP), Cisco Certified Internetwork Engineer (CCIE) – Die offizielle Seite ist http://www.cisco.com/web/learning/le3/learning_career_certifications_ and_learning_paths_home.html; Informationen und Foren unter http://www.ccnp. de/. • SAP: SAP Certified Master, SAP Certified Professional, SAP Certified Associate. Infos unter http://www.sap.com/germany/services/education/zertifizierung/index.epx. • Projektmanagement • GPM: Certified Project Management Associate, Certified Project Manager, Certified Senior Project Manager, Certified Projects Director – Näheres unter http://www.gpm-ipma.de/ unter Zertifizierung. • Project Management Institute (PMI) – Certified Associate in Project Management (CAPM) und Project Management Professional (PMP) – Näheres unter http://www.pmi.org/CareerDevelopment/Pages/Obtaining-Credential.aspx.
• PRINCE2 – PRINCE2 Foundation und die PRINCE2 Practitioner – nähere Informationen unter http://www.prince2-deutschland.de/ und unter http:// www.ogc.gov.uk/methods_prince_2.asp. • Systems Management ITIL – bisher gab es die Zertifikate ITIL-Foundation und IT Service Manager (ITSM) sowie diverse ITIL Practitioner für die unterschiedlichen Systems Management-Disziplinen wie etwa Change Management, Problem Management etc. Das System wird gerade überarbeitet und wird in der Version 3 neue Zertifikatslevel beinhalten. Nähere Informationen unter http://www.itsmf. de/ bzw. http://www.ogc.gov.uk/guidance_itil.asp.
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Soft Skills trainieren Aber auch die weniger leicht überprüfbaren Kenntnisse, die vielzitierten Soft Skills, sind wichtig, und sie lassen sich üben. Niemand ist in dieser Hinsicht perfekt, daher ein paar Beispiele, was Sie tun können, wenn Sie an der einen oder anderen Stelle Trainingsbedarf sehen.
VIELSEITIGKEIT Der Chef verkündet, dass eine neue Buchhaltungssoftware im Unternehmen eingeführt wird – sind Sie der Erste, der sich um die Mitarbeit bei der Einführung bemüht? Ein neues Steuergesetz wird verabschiedet – lesen Sie nach, was sich für Sie ändert? Wenn Sie Ihre Vielseitigkeit trainieren wollen, müssen Sie vor allem Ihren Geist stimulieren und Ihrem Hirn Futter geben: Lesen Sie Tageszeitungen – warum nicht mal abwechselnd die TAZ und die FAZ? Schauen Sie öfter mal Arte statt RTL oder gehen Sie gleich ins Programmkino in einen Film, von dessen Regisseur Sie noch niemals gehört haben. Oder lesen Sie in der Wikipedia jeden Tag einen zufälligen Artikel (http://de.wikipedia.org/wiki/ Hauptseite) und verfolgen Sie die Links. Oder legen Sie sich ein Lexikon auf die Toilette statt der immer gleichen EDV-Zeitschriften und tun Sie auch an dieser Stelle etwas für die Allgemeinbildung und den Geist. Und Sie werden merken: Es gibt noch viele Pfade am Wegesrand, die zu verfolgen sich lohnen kann. Sie werden nicht gleich zum Universaldilettanten, wenn Sie mal abseits Ihres »Leib- und Magenthemas« wildern.
FLEXIBILITÄT Die Freundin sagt kurzfristig den gemeinsamen USA-Urlaub ab, Sie müssen jetzt alleine fahren. Oder Ihr Kollege ist am Montagmorgen krank geworden, die Präsentation beim Kunden am Nachmittag müssen jetzt Sie übernehmen. Horrorszenarien oder Chancen? Wenn Sie improvisieren lernen und Planänderungen als Möglichkeiten statt als Bedrohung sehen wollen, verschaffen Sie sich Übung im Umgang mit dem Unbekannten: Tun Sie regelmäßig etwas, was Sie noch nie getan haben – es darf Ihnen dabei ruhig ein wenig mulmig sein, aber tun Sie es. Übernehmen Sie Aufgaben, um die Sie sich bisher gedrückt haben – wenigstens ein einziges Mal. Probieren Sie aus, wie es sich anfühlt, etwas nicht perfekt zu können – aber dennoch gut genug.
KREATIVITÄT Die Kundenveranstaltung braucht noch einen attraktiven Rahmen, aber Ihnen fällt nichts ein? Das neue Produkt braucht einen Namen, aber es will sich einfach keiner finden?
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Kreativität ist die Fähigkeit, Probleme auf originelle Weise zu lösen, eine Fähigkeit, die wächst, wenn sie geübt wird. Wechseln Sie die Perspektive: Wie würden Sie das Produkt einem zehnjährigen Kind oder Ihrer Großmutter erklären? Wie würde Ihr Kollege aus der Buchhaltung das Produkt beschreiben? Gibt es ein Bild, ein Tier oder ein Lied, an das Sie bei dem Produkt denken? Lassen Sie Ihre Assoziationen sprudeln – nur dann haben auch die guten Ideen eine Chance!
NEUGIERDE UND LERNBEREITSCHAFT Der Chef verkündet, dass ein neues Versionskontrollsystem eingeführt wird. Sind Sie der erste, der sich um die Mitarbeit bei der Einführung bemüht? Ein neues Steuergesetz wird verabschiedet. Lesen Sie nach, was sich für Sie ändert? Wenn Sie Ihre Neugier trainieren wollen, müssen Sie wie für die Vielseitigkeit vor allem Ihren Geist stimulieren und Ihrem Hirn Futter geben: Lesen Sie Tageszeitungen – warum nicht mal abwechselnd die TAZ und die FAZ? Schauen Sie lieber Arte oder Phoenix statt RTL. Oder lesen Sie in der Wikipedia jeden Tag einen zufälligen Artikel (http://de.wikipedia. org/wiki/Hauptseite) und verfolgen Sie die Links. Und sie werden merken: Neugier hilft beim Lernen, und das macht Freude! Darüber hinaus gibt es natürlich auch hier Seminare jeder Couleur – von Konfliktmanagement über Moderation über Zeitmanagement bis hin zu Kommunikationstraining. Überlegen Sie ruhig einmal, ob Sie neben den üblichen Seminaren in relevanten Tools und Sprachen auch einmal den Besuch eines solchen Seminars anregen. Gute Tipps rund um Soft Skills im Allgemeinen gibt es bei der Coach Academy: http://www. coachacademy.de/de;magazin;soft-skills.htm.
Auf und davon – der Ausstieg? Alles hat seine Zeit – und so enden die meisten Arbeitsverhältnisse irgendwann noch vor der Rente. Was tun, wenn Sie merken, für Sie ist die Zeit gekommen, Sie müssen anderswo weitermachen? Ich setze einmal voraus, dass Sie die Dinge, die Sie an Ihrem Job unglücklich gemacht haben, in angemessener Weise und bei den richtigen Personen angesprochen haben. Aber manchmal haben Sie alles richtig gemacht, und der Erfolg will sich dennoch nicht einstellen, ohne dass Sie etwas dafür könnten oder es in Ihrer Macht läge, etwas zu ändern. Dann heißt es: den geordneten Rückzug antreten. Wie sollten Sie das am klügsten anstellen? Ich beginne einmal mit den Dingen, die Sie um jeden Preis der Welt vermeiden sollen.
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Niemals: Drohungen Stoßen Sie niemals, wirklich niemals Drohungen aus. So sehr es Ihnen auf der Zunge liegen mag zu sagen: »Entweder es ändert sich endlich mal etwas in diesem Saustall hier, oder ab 1. Januar macht Ihr Euren Sch... alleine!«, tun Sie es nicht. Wer so etwas androht, kann nur verlieren. Entweder Ihr Gegenüber zuckt mit den Schultern – dann haben Sie Ihr Pulver verschossen und wenn Sie nicht wirklich eine Alternative haben, die Sie ab dem genannten Termin wahrnehmen können, dann haben Sie massiv an Glaubwürdigkeit eingebüßt. Es ist dann klar: Sie reden, aber es folgen keine Taten. Wer sich bisher Ihnen gegenüber respektlos verhalten hat, wird sich nun dazu ermutigt fühlen, das zu intensivieren: Man kann es ja offenbar ungestraft tun. Oder aber – und das ist die fast noch schlimmere Variante – Ihre Drohung wird ernst genommen und Ihr Gegenüber lenkt ein und gibt Ihnen, was Sie wollen, weil er auf Sie nicht verzichten kann. Dann haben Sie sich einen Feind geschaffen, womöglich fürs Leben, denn er hat sein Gesicht verloren, er musste nachgeben, und das als Ihr Vorgesetzter. Sobald sich die Zeiten zu seinen Gunsten ändern, wird er Sie das spüren lassen, es sei denn, er ist eine Mischung aus Mutter Teresa und Franz von Assisi. Vermeiden Sie daher bei allen Gesprächen, in denen es um Gehaltserhöhungen, Beförderungen, Verbesserungsvorschläge geht, jeden Anschein, dass Sie das Unternehmen verlassen könnten, wenn man nicht Ihren Vorstellungen folgt. Zu härteren Aussagen als »Das ist für mich inakzeptabel« sollten Sie sich wirklich keinesfalls hinreißen lassen. Nicht, weil Sie ein höflicher Mensch sein sollen. Sondern weil Sie sich sonst selbst massiv schaden.
Never ever: Dienst nach Vorschrift Fast ebenso tödlich für Ihre berufliche Reputation wie eine Drohung ist die Light-Variante: das ostentative Zurückschrauben Ihrer Arbeitsleistung und das Beharren auf buchstabengetreuer Beachtung von Vorschriften. Hiermit machen Sie klar: Hier schmollt jemand. Ähnlich wie im Falle einer Drohung machen Sie sich unglaubwürdig, wenn Sie nicht bald Ihre Konsequenzen ziehen, zumal dann, wenn Sie vorher erkennbar gerne und engagiert gearbeitet haben. Zusätzlich zermürbt das Fahren mit angezogener Handbremse aber auch Sie selbst – so macht Arbeit keinen Spaß, im Schmollwinkel ist es nicht sonderlich behaglich. Und zu allem Überfluss geben Sie den guten Leistungen, die Sie zuvor erbracht haben, einen negativen Beigeschmack – das was in Erinnerung bleiben wird, das sind die Verweigerungen, das Gezicke, die Pedanterie und nicht all die grandiosen Erfolge der Jahre, bevor man Ihnen so bitter Unrecht getan hat.
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Daher schmollen Sie bitte nicht. Wenn Sie nicht gerade ein bezaubernder Dreijähriger sind, macht so ein Verhalten Sie sehr unsympathisch.
Ebenfalls ganz schlecht: jammern, meckern, lästern Ein wenig Meckern gehört dazu und ist in manchen Kreisen schon fast guter Stil. Aber wenn es zu viel wird, Sie fast nur noch über Ihre dämlichen Kollegen, die merkbefreiten User und die unfähigen Manager lästern, dann laufen Sie Gefahr, sich selbst zu schaden. Seien Sie sich sicher: Mit solchen Äußerungen sagen Sie mehr über sich selbst aus als über die, die Gegenstand Ihrer Lästereien sind. Denn wer auf Dauer über Dinge jammert, die er ändern könnte, diskreditiert sich selbst als entscheidungsunfähig. Und wer sich permanent über Umstände beklagt, mit denen er sich entweder arrangieren oder aus denen er sich entfernen könnte, outet sich als geistig inflexibel oder von Angst vor Neuem geprägt.
In aller Stille neu orientieren Wenn das Maß für Sie wirklich voll ist – lassen Sie es zunächst niemanden aus Ihrem beruflichen Umfeld wissen. Klatsch und Tratsch verbreiten sich schnell, und die Nachricht, dass Sie ein unsicherer Kandidat sind und wechseln wollen, kommt zum denkbar ungünstigsten Zeitpunkt, wenn Sie noch keinen neuen Vertrag haben. (Vergleichen Sie dazu auch das Kapitel 9 – einen neuen Job haben Sie erst, wenn ein vom Arbeitgeber unterschriebener Arbeitsvertrag vor Ihnen liegt.) So kann es geschehen, dass man Sie nicht mehr in kritischen Projekten arbeiten lässt – denn wenn Sie ohnehin bald weg sind, dann kann man gleich jemand Neues einarbeiten. Kurz: Sie stehen auf dem Abstellgleis und zwischen allen Stühlen. Und eine Kündigung, ohne eine neue Stelle zu haben, ist auch nicht jedermanns Sache – ich kann davon nur abraten, denn Sie bringen sich damit ohne Not in eine schlechte Verhandlungsposition. Daher bewahren Sie gegenüber den Kollegen – und Ihren Vorgesetzten natürlich sowieso – Stillschweigen und beginnen Sie in aller Ruhe, aber systematisch mit einer Suche nach anderen Optionen. Wie das geht, können Sie in Kapitel 5 nachlesen.
Die Stunde der Wahrheit Wenn es dann soweit ist und der neue Vertrag unter Dach und Fach ist – wie bringen Sie es Ihrem Arbeitgeber bei? Bitte widerstehen Sie der Versuchung – auch wenn es noch so verlockend aussieht – bei dieser Gelegenheit mal kräftig auf den Putz zu hauen und alles zu sagen, was Sie schon immer mal sagen wollten. Malen Sie es sich aus, schreiben Sie ein
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Buch darüber, aber tun Sie es höchstens, wenn Ihre nächste berufliche Station der Ruhestand ist. Ansonsten gilt wie überall: Man trifft sich immer zweimal im Leben. Brechen Sie nicht ohne Not Brücken hinter sich ab. Packen Sie dann Ihre persönlichen Sachen schon einmal so zusammen, dass Sie nicht mehr sehr lange nach ihnen suchen müssen. Auch eventuelle persönliche Daten auf Ihrem Rechner, private Mails etc. sollten Sie löschen bzw. wegsichern. Es ist nicht allzu wahrscheinlich, aber machen Sie sich auf die Eventualität gefasst, dass Ihr Chef Ihren Weggang persönlich nimmt und mit einer sofortigen Freistellung reagiert. Machen Sie mit Ihrem direkten Vorgesetzten und nicht etwa mit der Personalabteilung oder sonstwem kurzfristig einen halbstündigen Termin aus. Warten Sie nicht bis zum letztmöglichen Termin, sondern geben Sie Ihren Vorgesetzten die Chance, sich nach Ersatz für Sie umzuschauen. Bereiten Sie parallel zuhause (!) ein Kündigungsschreiben vor – was Sie zuhause drucken, kann nicht am Pooldrucker im Kopierraum jemandem in die Hände fallen, den das nichts angeht. Das Schreiben selbst darf recht lapidar ausfallen (siehe Abbildung 10-1).
A b b i l d u n g 1 0 - 1 : Muster für ein Kündigungsschreiben
Erscheinen Sie dann pünktlich zum Termin und sagen Sie geradeheraus, was Sie zu sagen haben. Das Kündigungsschreiben übergeben Sie gleichzeitig. Je nach Situation und dem Verhältnis zwischen Ihnen und Ihrem Vorgesetzten wird jetzt der Zeitpunkt sein, wo nach den Gründen gefragt wird, wo gar nicht so selten auch das Angebot ausgesprochen wird, eine kräftige Gehaltserhöhung möglich zu machen, wenn Sie den Entschluss noch einmal überdenken. Ich rate Ihnen, sich an dieser Stelle nicht umstimmen zu lassen. Ihre Entscheidung ist weit früher und auf einer stabilen Basis gefallen, und außerdem sind Sie anderweitig bereits in der Pflicht. Die meisten Chefs sind auch neugierig und wollen wissen, wohin Sie wechseln – vertrösten Sie Ihren Vorgesetzten bis zu dem Zeitpunkt, wo Sie im neuen Unternehmen starten.
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Andere Arbeitgeber werden wütend, empfinden die Kündigung als persönliche Kränkung und ordnen die sofortige Freistellung an – schlimmstenfalls begleitet Sie ein Mitarbeiter an Ihren Schreibtisch, beaufsichtigt Sie dabei, wie Sie Ihre Sachen packen und nimmt Ihnen am Ende direkt alle Schlüssel, Zutrittsausweise etc. ab (daher der Rat, Persönliches schon einmal unauffällig zusammenzuräumen). Ansonsten rate ich Ihnen aber, Ihrem bald Exarbeitgeber entgegenzukommen. Wenn er Sie bittet, nicht all Ihren Resturlaub zu nehmen, sondern noch einige Tage in den Abschluss eines Projekts zu investieren: Schauen Sie, ob Sie es nicht ermöglichen können. Dass Sie einen Nachfolger einarbeiten, wenn es denn einen gibt, versteht sich von selbst.
Qualität bis zum Schluss Es sollte sich genauso von selbst verstehen, dass Sie bis zum Schluss gute Arbeit leisten, ihre Projekte abschließen, lose Enden zusammenknoten, sauber dokumentieren, was noch nicht dokumentiert ist, und allgemein nicht den Eindruck erwecken, das ginge Sie alles nichts mehr an. Denken Sie dran: Brechen Sie keine Brücken ab, über die Sie vielleicht noch einmal gehen müssen. Damit meine ich nicht, dass Sie wieder bei Ihrem alten Arbeitgeber anfangen, sondern einfach nur, dass ein guter Ruf zum wichtigsten Kapital gehört, das Sie haben. Und mit nichts schafft man sich so sicher eine gute Reputation wie dadurch, dass man Professionalität auch da zeigt, wo die meisten anderen disziplinlos werden. Wenn Sie Ihren Abschied so gestalten, sollte auch einem guten Zeugnis nichts mehr im Wege stehen. Lassen Sie es dennoch, bevor Sie es endgültig akzeptieren, von einem auf Arbeitsrecht spezialisierten Anwalt prüfen. Wie ein gutes Zeugnis aussieht und was es sonst noch rund um Arbeitszeugnisse zu beachten gilt, dazu finden Sie Näheres im Kasten »Elemente eines qualifizierten Arbeitszeugnisses« auf Seite 108 und »Arbeitszeugnisse und die berüchtigte Zeugnissprache« auf Seite 149. Abbildung 10-2 auf der nächsten Seite zeigt einen Zeugnisgenerator.
Ausstand feiern An einem Ihrer letzten Tage können Sie einen kleinen Umtrunk organisieren – vorausgesetzt, das ist in Ihrer Firma üblich. Laden Sie Ihr Team ein und tauschen Sie Adressen aus – vorerst nur die privaten Kontaktdaten, denn auch hier sollten Sie üblicherweise noch zurückhaltend sein mit der Information, zu welchem Unternehmen Sie wechseln. Melden Sie sich dann wieder, wenn Sie im neuen Unternehmen Fuß gefasst haben, und verabreden Sie sich auf einen Kaffee oder ein Bier. Das ist der Beginn eines Netzwerks, das Sie durch Ihr Berufsleben immer wieder ein Stück tragen kann. Mehr zu Networking in Kapitel 5.
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A b b i l d u n g 1 0 - 2 : Der Zeugnisgenerator
Zusammenfassung und Überleitung In diesem Kapitel haben Sie einiges darüber gelernt, mit welchen Verhaltensweisen Sie einen guten Einstieg in den Job oder in ein neues Unternehmen schaffen, welche Methoden und Verfahren ein gutes Verhältnis zu Ihren Vorgesetzten fördern, was hilfreich ist, um gut mit Kunden und Kollegen klarzukommen, und welche Mittel es gibt, um mit den Widrigkeiten umzugehen, die sich dennoch einstellen können. Außerdem haben Sie gesehen, welche Schritte Sie gehen müssen, um einen eleganten Ausstieg ohne zerschlagenes Porzellan hinzubekommen. Im nächsten Kapitel stelle ich Ihnen in Form einer FAQListe einige Gedanken und Überlegungen vor, die diesen Methoden und Verfahren, diesen Verhaltensweisen und Abläufen zugrunde liegen. Wenn Sie sich diese Gedanken zu eigen machen, können Sie selbst auch für neue Situationen passende Vorgehensweisen entwickeln. 244 K A P I T E L Z E H N
KAPITEL ELF
Überleben als Techie
I
n Kapitel 10 haben Sie einiges darüber erfahren, was für Methoden, Techniken und Verfahren Sie anwenden können, um erfolgreich in Ihren Job zu starten und sich positiv weiterzuentwickeln. In diesem Kapitel gehe ich auf einige Frequently Asked Questions ein und kläre weit verbreitete Irrtümer auf, wie sie besonders unter Geeks und Techies kursieren. Doch zunächst einmal zu den Begriffen: Was ist überhaupt ein Geek, ein Nerd, ein Techie? Auch wenn die Begriffe nicht ganz deckungsgleich sind, verwende ich sie im Folgenden synonym. Wenn Sie diese Zeilen interpretieren können1, gibt es eine gewisse Wahrscheinlichkeit, dass Sie ein solcher sind oder nah genug dran, genau zu wissen, was ein Geek ist:
1 Für alle anderen hier die Auflösung: http://www.geekcode.com/
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-----BEGIN GEEK CODE BLOCK----Version: 3.12 GCS/H/O d- s: a C++$ ULB++ P--- L++(--) E W-(++) N- o? K? w-- !O M++ V PS++ PE- Y+ PGP+ t- 5? X? R- !tv b+++ !DI D-- G- e+++ h--- r+++ z? ------END GEEK CODE BLOCK------
Ein typischer Geek liebt vor allem Technik um ihrer selbst willen und hat zu den Aspekten, die ihn interessieren, ein sehr tiefgehendes Wissen angesammelt und erweitert es ständig. Bei der Beschäftigung mit seinen Lieblingsthemen kann er alles um sich herum vergessen und ganz in seinem Tun versinken – auch ein gewisser Spieltrieb macht sich hier bemerkbar. Ein richtiger Geek bleibt immer Kind, will alles ausprobieren und allem auf den Grund gehen – jedenfalls dann, wenn es mit seinem Interessengebiet zu tun hat. Wenn es um sein Thema geht, kann er auch schon mal sehr messianistisch auftreten und lässt nichts gelten neben dem, was er als unzweifelhaft richtig erkannt hat. Ebenso extrem ist aber auch seine Haltung gegenüber allem und jedem, was ihn nicht interessiert: Umgangsformen, gepflegtes Outfit, Smalltalk, ja, sogar die Interaktion mit anderen Menschen, kurz, alles, was für ihn »Drumherum« ist und nicht »die Sache an sich« betrifft, ignoriert er häufig konsequent und oft ganz unbewusst – es existiert für ihn einfach nicht. Da kann es nicht ausbleiben, dass der klassische Geek im Alltagsleben oftmals aneckt. In den folgenden FAQ zeigen sich einige besonders häufige Reibungspunkte von Geeks und Nerds im Job.
Was ist falsch an Perfektionismus? Er kann lähmend sein, denn wer Perfektion anstrebt, tut häufig lieber gar nichts als etwas Suboptimales. Wer wirklich perfekt sein will, scheut Fehler – was das für negative Wirkungen haben kann, können Sie in meiner Antwort auf die Frage »Wie kann ich Fehler vermeiden?« auf Seite 247 nachlesen. Natürlich gibt es auch Situationen und Anwendungen, wo Perfektion im Sinne von Fehlerfreiheit genau das Richtige ist und ein Nummernkreuz mehr oder weniger darüber entscheidet, ob der Code kompiliert oder nicht – aber fragen Sie sich jeweils im konkreten Fall: Ist mein Wunsch, auch das letzte I-Tüpfelchen noch elegant und punktgenau zu platzieren, wirklich zielorientiert oder eher »L'art pour l'art«? Perfekte Ergebnisse existieren selten – und wenn doch einmal, dann kann sie kaum jemand von sehr guten Ergebnissen unterscheiden und ebenfalls sehr wenige wissen sie mehr zu schätzen als angemessen gute Resultate. Was hingegen jeder sieht, das ist die Tatsache, dass das perfekte Ergebnis länger gebraucht hat und dass dafür mehr Ressourcen eingesetzt wurden als für das angemessene Ergebnis.
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Oder kurz: Das perfekte Ergebnis führt nicht zu einem guten Gefühl, das schafft nur das angemessene Ergebnis. Epiktet sagte: »Es sind nicht die Dinge, die die Menschen beunruhigen, sondern die Ansichten, die sie darüber haben.« Analog gilt: Es sind nicht die objektiven Fakten, die dafür sorgen, ob etwas als Erfolg angesehen wird, sondern die Meinung, die die Menschen darüber haben. Und eine Meinung kann man sich nur über das bilden, was man wahrnehmen kann. Perfektion ist für die meisten Menschen aber nicht wahrnehmbar – schaffen Sie daher etwas, was sie wahrnehmen können.
Wie kann ich Fehler vermeiden? Indem Sie Fehler machen. Das mag spontan paradox klingen – lassen Sie es mich erklären: Es gibt nur eine hundertprozentig sichere Methode, Fehler von vornherein zu vermeiden: Sie tun gar nichts. Auch der Ausweg, nur das zu tun, was man sicher kann, hilft da nicht weiter – denn um etwas sicher zu beherrschen, müssen Sie durch die Phase des Lernens gehen, und die geht nicht ohne Fehler ab. Für Ihr Verhalten im Job gilt daher: Stehen Sie zu Ihren Fehlern vor sich selbst und anderen und lernen Sie aus ihnen. Es gibt keine effizientere Lernmethode, als einen Fauxpas selbst zu begehen. Sie haben ein Recht auf Fehler – denn sie sind der unausbleibliche Begleiter jeder Entwicklung und allen Fortschritts. Das ist natürlich kein Freibrief für Bequemlichkeit: Es macht einen Unterschied, ob der Change in die Hose ging, weil Sie die Doku nicht gelesen haben und ansonsten gewusst hätten, dass Ihr Vorgehen zum Verlust aller Daten führt, oder weil ein bislang unbekannter Bug zugeschlagen hat, den Sie auch als eifriger Bugtraq-Leser nicht hätten kennen können.
Verkaufen ist nicht so mein Ding – gute Arbeit spricht doch für sich selbst! Schlechte Nachrichten: Nein, das tut sie nicht. Sie ist stumm, oder wenn sie spricht, dann in einer Fremdsprache, die nur andere Experten verstehen, aber nicht die Nutzer und nicht diejenigen, die Ihre Arbeit beurteilen müssen und Ihre berufliche Entwicklung bestimmen. Gute Arbeit hat daher verdient, in Ihnen einen Fürsprecher zu finden, der dolmetscht zwischen ihr und der Umwelt. Man würde nicht so viele Milliarden Euro für Reklame ausgeben, wenn sich gute Produkte allein aufgrund ihrer Qualität verkaufen würden – machen Sie daher ruhig ein bisschen Werbung für sich. Denn wenn niemand weiß, dass Sie ein Programm geschrieben haben, das den Arbeitsaufwand für Neuinstallationen um 50 % reduziert, oder wenn die, die es wissen, nicht verstehen, was das bedeutet, wird es auch niemand würdigen können. Und die verdienten Lorbeeren werden auf das Konto von jemandem überwiesen, der mehr auf das Klappern geachtet hat, das nun mal zum Handwerk gehört.
ÜBERLEBEN ALS TECHIE
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Argumentieren Sie mit Nutzen! Schwärmen Sie nicht von der langen Uptime Ihres FileServers, sondern zeigen Sie, dass die User nun schon über ein Jahr keine Arbeitsunterbrechung durch Serverausfall hatten. Und vermeiden Sie dabei Fachsprache, denn diese ist nur effizient, wenn man sich in einer homogenen Gruppe bewegt. Haben Sie es mit Managern zu tun oder allgemein mit Menschen anderer Fachrichtungen, dann versuchen Sie, ihre Sprache zu sprechen. Wenn es Ihr 10-jähriger Sohn und Ihre Großmutter verstehen, dann versteht es auch Ihr Manager. Wie Sie Bewerbungen schreiben, die diese Anforderungen erfüllen, können Sie in Kapitel 6 nachlesen. Und: Kommunizieren Sie lieber einmal zu viel als einmal zu wenig, das gilt besonders für Ihre Erfolge. Misserfolge sprechen sich schon von selbst herum. Wenn Sie sich nicht sicher sind, ob Sie die Grenze zur Prahlerei überschreiten, fragen Sie von Zeit zu Zeit jemanden, der Ihnen wohlgesonnen ist, nach seiner Meinung – diese Rückkopplung bewahrt Sie davor, ins andere Extrem zu verfallen.
Ich habe aber keine Lust, mich zum Verkäufertypen zu entwickeln – meine Stärke ist nun mal die inhaltliche Arbeit! Das ist doch wunderbar – nichts spricht dagegen, dass es auch so bleibt. Aber ebenso wenig, wie Sie Ihre Muttersprache verlernen, wenn Sie Ihr Englisch verbessern, ebenso wenig wie Sie nicht das Wandern verlernen, wenn Sie sich einen Chachacha beibringen lassen – ebenso wenig müssen Sie ein schlechter Techniker werden, bloß weil Sie gelernt haben, wie Sie Ihre Arbeit denen verständlich machen können, die sie beurteilen sollen. (Denn nichts anderes ist Verkauf.) Auch wenn noch so viele Verkäufer keine Ahnung von Technik haben – es gibt kein Gesetz, das sagt, dass ein Techniker keine Ahnung vom Verkaufen haben darf, wenn er weiterhin auf inhaltlicher Ebene ein ernstzunehmender Gesprächspartner bleiben will. Fürchten Sie sich also nicht, etwas zu verlieren – Sie können nur gewinnen. Und es ist immer ein gutes Gefühl, die Wahl zu haben, statt seine eigenen Fehler hinterher mit einem »Ich konnte nicht anders« oder »Ich musste einfach« kommentieren zu müssen. Übrigens können Sie gerade als Fachexperte ein Faible fürs Verkaufen für sich nutzen: Gerade wenn Sie es schaffen, Ihrem Chef klarzumachen, dass Ihre Ideen gut sind, wird Ihnen Freiraum für inhaltliche Arbeit eingeräumt. Wenn Sie Dinge vor sich hinbasteln, die keiner versteht oder nachvollziehen kann, werden Sie viel eher mit Zweifeln, Nachfragen und Drängeleien zu kämpfen haben, als wenn Sie glaubhaft vermitteln können »Der weiß schon, was er tut«. Wie Sie das in einem Gehaltsgespräch vermitteln können, lesen Sie in Kapitel 8.
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Warum verkaufen die Sales-Droiden immer irgendwelche Lösungen, die wir gar nicht realisieren können, mit einem Liefertermin, zu dem noch nicht mal das Konzept fertig sein kann? Dafür gibt es viele Gründe – einer ist, dass sie gar nicht verstehen, warum das, was sie anbieten, nicht lieferbar ist. Und oftmals verstehen sie es deshalb nicht, weil die Erklärungen zu den Produkten oder Dienstleistungen von Technikern für Techniker gemacht worden sind. Betrachten Sie es daher als Ihre Aufgabe, Ihre Sales-Kollegen umfassend und auf deren Kenntnislevel zu informieren – denn das ist auch der Kenntnisstand der Entscheider draußen beim Kunden, mit denen sie reden müssen. Ein weiterer Grund ist: Vertriebsmitarbeiter werden dafür bezahlt, zu verkaufen, nicht dafür, das Verkaufte auch zu produzieren oder zu liefern. Wenn Sie wollen, dass Ihr Vertriebskollege seine variablen Anteile nicht nur dann ausgezahlt bekommt, wenn er das Blaue vom Himmel herunter verspricht, sondern realistische Dienstleistungen und Produkte verkauft, dann briefen Sie ihn sachdienlich. Weisen Sie ihn auf Verkaufschancen hin und er wird sich darauf stürzen. Ihnen ist aufgefallen, dass bei Kunde A die Datenbank nicht mehr performant arbeitet? Weisen Sie Ihren Vertriebler darauf hin. Das Monitoring der Mailserver fällt immer wieder aus? Geben Sie Ihrem Vertriebler einen Tipp. Und machen Sie klar, dass Sie sein Verbündeter sind, solange er nicht das Unmögliche verkauft.
Und wenn ich nun mal andere Ziele habe als die Vertriebsschlipse? Das mag schon stimmen. Teilweise jedenfalls. Bedenken Sie aber auch, dass Einzelinteressen und Gruppeninteressen einander nicht widersprechen müssen, oft sogar ganz im Gegenteil: Was für den Einzelnen schlecht ist, tut auch der Gruppe nicht gut, und was einer guten Zusammenarbeit nützlich ist, kommt auch dem Individuum entgegen. Und nicht zuletzt sind Sie alle den Unternehmenszielen verpflichtet. Wenn Sie mit diesen Zielen nichts anfangen können oder diese Ziele nicht mittragen möchten, sollten Sie sich ein anderes Unternehmen suchen. (Wie Sie einen sauberen Ausstieg realisieren, können Sie in »Die Stunde der Wahrheit« auf Seite 241 in Kapitel 10 nachlesen.) Wenn ein Mitarbeiter sich dauerhaft schlecht behandelt fühlt, wird er in die innere Kündigung gehen, Informationen nur ungerne oder unvollständig weitergeben oder ganz einfach nicht all seine Ideen und all seine Energie in die Arbeit investieren. Oder er kündigt und sorgt somit für erhöhte Arbeitsbelastung und die Notwendigkeit, wieder jemand Neuen einzuarbeiten. Es nicht so weit kommen zu lassen, ist daher nicht nur etwas, was
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dem einzelnen Kollegen zugute kommt, sondern auch der Gruppe, die reibungsloser arbeitet. Gemeinsame Interessen haben Sie aber ganz gewiss auch, zum Beispiel im Falle der Kollegen: gute Arbeit leisten, ein angenehmes Betriebsklima haben, genug Umsatz machen, dass die Firma weiterbesteht. Gerade weil es genug Unterschiede gibt, besinnen Sie sich auf die Gemeinsamkeiten und zeigen Sie, dass Sie alle im selben Boot sitzen. Auch mit den unsympathischsten Projektkollegen findet sich fast immer ein gemeinsames Interesse, und sei es, dass das Projekt rechtzeitig fertig wird oder man gegenüber dem Kunden gut dasteht. Im Zweifelsfalle (er-)finde man ganz einfach einen gemeinsamen Gegner und verbünde sich gegen ihn. :-)
Warum muss ich regelmäßig meine Zeit in Meetings verschwenden, in denen für mich sowieso nichts Sinnvolles herauskommt? Ganz unstrittig – viele Meetings sind sinnlos. Aber manches Meeting hat auch für Sie als Techie Sinn. Die Vertriebler berichten dort von neuen Entwicklungen beim Kunden? Hören Sie genau hin – vielleicht können Sie einen sinnvollen Vorschlag machen, wie man auftretende Probleme lösen und was man den Kunden als Service anbieten kann. Wenn Sie das Hirn während solcher Besprechungen auf Stand-by schalten, müssen Sie sich nicht wundern, wenn sich die »Sales-Droiden« selbst etwas ausdenken – und das ist dann oft nicht von übergroßem technischen Sachverstand geprägt. Überhaupt können Meetings ein Quell nützlicher Informationen sein: • Was geschieht anderswo im Unternehmen? (Eine wichtige Information, wenn ich z.B. hausintern wechseln will.) • Wie geht es der Firma überhaupt? (Eine wertvolle Argumentationshilfe bei Gehaltsgesprächen, siehe Kapitel 9.) • Wer macht was und wer ist wofür zuständig? (Gut zu wissen, dass der Kollege X mir bei meiner Frage zum Tuning von PostgreSQL-Datenbanken weiterhelfen kann oder bei NetBSD mitarbeitet.) All das bleibt Ihnen verborgen, wenn Sie sich im Elfenbeinturm der »inhaltlichen Arbeit« verstecken und das ganze Drumherum für Zeitverschwendung halten.
In Diskussionen geht es doch darum, dass ich meinem Gegenüber klarmache, was die richtige Lösung ist – oder? Das Problem ist: Sehr oft gibt es keine objektiv richtige Lösung. Es gibt nur eine Lösung, die Ihnen am meisten zusagt und Ihren Zwecken optimal entgegen kommt, und eine Lösung,
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für die das Gleiche bei Ihrem Gesprächspartner gilt. Machen Sie sich daher immer die Mühe, herauszufinden, welche Kriterien der eigenen Bewertung und der des Gegenübers zugrunde liegen. Wenn Ihre Bewertungsmaßstäbe Wartbarkeit und Eleganz sein mögen, so können die Ihres Gesprächspartners ganz andere sein – Preis und Standardkonformität zum Beispiel. Und eine Lösung ist immer nur in Bezug auf die Erfüllung bestimmter Kriterien optimal. Technische Lösungen und Prozesse sind für Menschen da. Wenn die technisch optimale Lösung, der elegante Prozess implementiert ist, aber von niemandem akzeptiert wird und daher sabotiert oder ignoriert wird, ist es so, als hätte es sie nie gegeben. Entscheidend ist daher – wie so oft – auch hier nicht, wie die Dinge sind, sondern wie die Menschen glauben, dass sie sind. Denn danach handeln sie. Bitte bedenken Sie auch, dass unterschiedliche Herangehensweisen eine Bereicherung sein können, gerade weil Sie niemals selbst auf bestimmte Aspekte gekommen wären, die Ihnen gerade der DAU oder der Chef Ihres Chefs präsentiert. Wer einen anderen Ansatz hat als Sie, lehnt nicht unbedingt Ihren Weg ab. Und selbst wer Ihren Ansatz ablehnt, lehnt nicht zwingend Sie als Person ab. Wer dies beherzigt, dürfte viele Konflikte entspannter sehen und weniger persönlich nehmen. Machen Sie sich auch bewusst, dass in einem Team bestimmte Rollen zwingend vertreten sein müssen, sonst funktioniert es nicht: Es muss jemanden geben, der treibt, und jemanden, der bremst. Ebenso muss es jemanden geben, der kreative Ideen einbringt, und jemanden, der sie umsetzt. Es braucht jemanden, der organisiert, und einen, der für gute Stimmung sorgt. Fällt eine Kraft weg, werden andere die vakante Aufgabe übernehmen. Wenn Sie sich also bisher immer eher als Bremser erlebt haben, seien Sie nicht allzu sehr überrascht, wenn Sie möglicherweise zum Antreiber werden, wenn die Person ausfällt, die bisher auf Vorwärtskommen gedrängt hat. Wenn Sie dies einmal erlebt haben, werden Sie kaum je mehr demjenigen etwas krummnehmen können, der diese Rolle nun gerade innehat.
Warum kann ich als Gewinner in einem Konflikt ganz leicht zum Verlierer werden? Hören Sie auf zu glauben, es gälte zu gewinnen und die Rolle des Siegers wäre eine begehrenswerte. Das Problem beim Siegen ist, dass es auch Verlierer gibt, mit denen Sie in der Regel dann noch weiterarbeiten müssen. Wer sich aber unterlegen glaubt, schiebt unter Umständen Frust, statt motiviert an einer Aufgabe mitzuarbeiten, und sucht nach einer Chance, es Ihnen mal so richtig zu zeigen, wie unrecht Sie doch hatten. Kein Satz wird häufiger vorab in Gedanken gesagt als: »Ich habe es dir doch gleich gesagt!«
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Seien Sie auch ehrlich zu sich selbst, was Ihre Motive angeht, aus denen heraus Sie eine Position vertreten: Ist es wirklich immer das reine Interesse an der Sache – oder spielt auch persönliche Eitelkeit eine Rolle, individuelle Empfindlichkeiten, jahrealte Rachegelüste, Spieltrieb oder ganz schnöde Ihr finanzieller Vorteil? Leben Sie diese Dinge anderweitig aus, aber bleiben Sie bei wichtigen Entscheidungen der Sache treu – Sie werden sonst wenig Spaß an Ihrem Sieg haben, weil man Sie schneller durchschaut, als Ihnen lieb sein kann. Im Berufsleben ist also so gut wie jeder Sieg ein Pyrrhussieg. Sorgen Sie mit Ihrer Lösung dafür, dass es keine Verlierer gibt, sondern Beteiligte. Machen Sie niemanden zum Unterlegenen – schaffen Sie Verbündete. Fast alle Menschen lieben fast nichts so sehr wie das Gefühl, wichtig zu sein und gebraucht zu werden – wenn Sie Menschen dazu die Gelegenheit geben, werden sie Ihnen auf immer dankbar sein, und das gilt auch für Leute, die Ihnen eigentlich nicht wohlgesonnen waren. Schon Machiavelli wusste: Wen du nicht besiegen kannst, den mach zu deinem Verbündeten. Es ist hilfreicher, jemanden als potenziellen Freund und Unterstützer zu sehen denn als möglichen Feind. Denn die Menschen neigen dazu, ihrem Ruf gerecht zu werden und sich so zu verhalten, wie man es von ihnen erwartet. Die meisten Menschen reagieren auf positive Ansprache positiv, also auf Lob oder auf die Bitte um Hilfe oder Rat, erfreut und bereitwillig – nutzen Sie das für sich! Und wen Sie damit nicht erreichen, den packen Sie vielleicht bei der Eitelkeit: Weihen Sie ihn in Pläne ein, machen Sie ihn zum Geheimnisträger – kaum jemand kann hier der Versuchung, loyal zu sein, widerstehen. Fangen Sie sicherheitshalber dennoch mit den nicht ganz so großen Geheimnissen an.
Warum sollte es eine gute Idee sein, anderen einen Gefallen zu tun? Damit die sich dann auf meine Kosten einen lauen Lenz machen? Betrachten Sie Gefälligkeiten als Konten, auf die Sie einzahlen, was Sie übrig haben, und von dem Sie abheben, wenn es einmal knapp ist. Wie viel Sie zurückbekommen, hängt nicht davon ab, wie schwer Ihnen die Gabe gefallen ist, sondern wie sehr Sie dem anderen damit weitergeholfen haben. Seien Sie daher freigiebig mit dem, was Sie gut können und gerne tun – es kostet Sie nicht viel, kann aber anderen sehr nützlich sein. Sie dürfen darauf setzen, dass diese sich mit dem revanchieren, was sie nicht viel kostet – Ihnen aber lieb und teuer sein kann. Dies ist der Grundgedanke des Networking – dazu mehr in »Networking für die Karriere« auf Seite 77 in Kapitel 5.
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Seien Sie auch nicht zu wählerisch damit, wem Sie welchen Gefallen tun. Die Welt ist klein und Sie schaffen sich in ihr einen Ruf. Der arbeitslose jugendliche Hippie, dem Sie seine triviale Frage zu HTML freundlich beantworten, kann Ihnen vielleicht nicht selbst und nicht in den nächsten Jahren essentiell helfen. Aber er hat ein Umfeld – und in das trägt er Ihren Namen hinein, vielleicht auch zu seinem Onkel, der in seinem mittelständischen Betrieb auf Open Source umsteigen will. Sie werden staunen, welche Resonanz Sie erleben werden. Und keine Sorge: Wenn jemand dauerhaft parasitäres Verhalten zeigt, dann sind es immer noch Sie, der jederzeit entscheiden kann, wie viel er wo investiert. Gefälligkeiten erweisen verpflichtet nicht den Geber, immer weiter zu geben – er kann damit auch einfach aufhören, wann immer er möchte oder wenn sein Bauch oder sein Kopf ihm das sagen.
Spricht irgendetwas gegen die Devise »Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser«? Wägen Sie gut ab, was Sie gewinnen und was Sie verlieren, wenn Sie misstrauen und kontrollieren. Sie tun sehr leicht größeres Unrecht und richten größeren Schaden an, wenn Sie fälschlich denen misstrauen, die Vertrauen verdient hätten, als wenn Sie denen einen Vertrauensvorschuss geben, die später zeigen, dass sie ihn nicht zu schätzen wussten. Misstrauen erfordert Kontrolle und diese bindet Energie – bei dem, der sie ausübt und bei dem, der sich gegen sie wehrt, Energie, die überall besser eingesetzt werden könnte. Dazu kommt: Es dauert länger, Wohlwollen zu regenerieren, das man durch unangebrachte Kontrolle und fehlgeleitetes Misstrauen verspielt hat (wenn es einem überhaupt gelingt), als eine zusätzliche Kontrolle zu etablieren, wenn man feststellt, dass man jemandem zu Unrecht vertraut hat. Wenn Sie mit dem Vertrauensvorschuss dosiert umgegangen sind, dürfte auch der eventuelle Schaden, den Sie durch eine Indiskretion erleiden, überschaubar bleiben. Ich rate Ihnen daher: Vertrauen Sie Ihren Mitarbeitern, Kollegen und Vorgesetzten bis sie zweifelsfrei bewiesen haben, dass Misstrauen angebrachter wäre. Und bei dem einen oder anderen kann es auch sinnvoll sein, ihm eine zweite Chance zu geben, statt weiter Kraft aufs Misstrauen zu verwenden.
Warum sollte ich mich Leuten gegenüber freundlich verhalten, die das absolut nicht verdient haben? Ganz einfach: Weil Sie selbst es sich verdient haben. Sie tun sich damit selbst einen Gefallen, wenn Sie ein bestimmtes Maß an Freundlichkeit auch dann nicht verlieren, wenn andere nichts lieber sähen, als dass Sie sich durch Unhöflichkeit angreifbar machen. Denn Professionalität heißt, auch dann freundlich zu sein, wenn einem nicht danach
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zumute ist, und das auch den Menschen gegenüber, bei denen man sich lieber anders verhielte. Denn unter günstigen Umständen kann es jeder. Brechen Sie ein Gespräch lieber ab, als etwas zu sagen, was Sie nicht auch unterschreiben oder mindestens ankreuzen würden und auch Ihrer Mutter, Ihrem Kind und Ihrem Chef gegenüber wiederholen würden. Oder kurz gesagt: Unfreundlichkeit ist sinnlos – wenn man im Recht ist, braucht man sie nicht, wenn man im Unrecht ist, nutzt sie einem nichts.
Ich ecke immer wieder an mit meinen Meinungen, was soll ich bloß tun? Möglicherweise gar nichts. Denn der Versuch, nicht mehr anzuecken, sondern es allen recht zu machen, ist der nahezu sichere Weg, es sich mit vielen zu verderben, denn man neigt dann dazu, seine Meinung häufig zu ändern und gereizt zu reagieren, weil man sich in Rechtfertigungs- oder Erklärungszwang fühlt. Fast überall, wo Menschen zusammentreffen, gibt es Konflikte und divergierende Interessen – das ist nichts Schlimmes. Lernen Sie das hinzunehmen als etwas zutiefst Menschliches, und es auszuhalten, ohne sofort dem Drang nachzugeben, Harmonie herstellen zu müssen. Sie sind kein schlechterer Mensch, wenn Sie anderer Meinung sind als Ihr Kollege, Ihr Vorgesetzter oder Ihr Kunde. Wichtig ist, dass Sie zu dem stehen, was Sie denken, und das tun, was Sie sagen. Wenn Sie außerdem noch lernen, Kritik richtig zu üben, nämlich indem Sie • zunächst das Positive würdigen und die gemeinsame Basis in Erinnerung rufen, • sich auf Verhalten oder Dinge beziehen, nicht auf Menschen, • konkrete Einzelfälle kritisieren, nicht verallgemeinern, wird Ihnen das selten übelgenommen werden. So sind Sie ein verlässlicher und integrer Gesprächspartner, der respektiert und dessen Position ernstgenommen wird – und mehr wollen Sie doch gar nicht, oder? Und außerdem: Wenn Sie die vermeintlichen Idioten unter Ihren Kollegen freundlich behandeln, kann es leicht passieren, dass Sie die besten Seiten an ihnen hervorlocken – und es Sie irgendwann einmal gar keine große Mühe mehr kostet, nett zu ihnen zu sein, weil sie sich zu den liebenswerten Menschen entwickelt haben, als die Sie sie schon behandelt haben, bevor sie es wirklich waren.
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Wenn ich mich meinen Kollegen gegenüber richtig verhalte, dann müsste doch auch alles so klappen, wie ich es möchte ... Falsch. Menschen sind komplex und Menschen sind verschieden. Auch trotz größter Anstrengungen werden Sie es nicht schaffen, anders als unter Laborbedingungen eine ceteris paribus-Situation zu schaffen, also eine Situation, in der Sie an genau einer Stellschraube etwas ändern und die übrigen Bedingungen bleiben gleich. Wie Ihr Gegenüber reagiert, lässt sich schwer voraussagen und nicht mit Regeln abbilden – zu viele Einflussgrößen können eine Rolle spielen und sich zudem noch gegenseitig beeinflussen. Was heute richtig war, kann morgen falsch sein, was bei Person X gut geklappt hat, schockiert Person Y, und was in der Besprechung mit Ihren Kollegen gut ankam, kann bei Ihren Kunden völlig daneben liegen. Fallen Sie daher nicht dem Irrtum zum Opfer, es gäbe immer ein richtiges Verhalten und dies ließe sich vorher bestimmen. Wichtiger als das richtige Verhalten ist die Bereitschaft, den Einzelfall zu sehen und individuell zu entscheiden, was angebracht erscheint – und es zu akzeptieren, wenn das Ergebnis dennoch nicht wie gewünscht ausfällt. Andere Menschen beeinflussen die Situation ebenso wie Sie – Ihr Einfluss beträgt bestenfalls 50 Prozent. Die schlechte Nachricht: Situationen, die mit anderen Menschen zu tun haben, können Sie nie komplett kontrollieren. Die gute Nachricht: Sie müssen es auch nicht. Sie dürfen Dinge auch einmal geschehen lassen – schieben Sie den Fluss nicht, sondern schauen Sie, wohin er fließt, und lassen Sie sich von ihm tragen.
Gibt es irgendeinen Grund zu telefonieren, wenn man stattdessen mailen kann? Oder persönlich vorbeizukommen, wenn man auch telefonieren kann? Aber natürlich. Der Grund ist die einfache Tatsache, dass nicht jeder Mensch so tickt wie sehr viele Techniker: Sie wollen nicht nur Informationen austauschen, sondern auch etwas für die persönliche Beziehung tun und vielleicht sogar etwas über sich selbst mitteilen. Warum das wichtig ist, haben Sie in Kapitel 10 gelesen. Wann immer Sie sich also überwinden können und der Sachverhalt es irgend zulässt, überlegen Sie, ob ein Telefonat statt einer Mail möglich ist oder ein persönlicher Besuch ein paar Büros weiter statt eines Gesprächs am Telefon. Das gilt besonders für Menschen, die Sie nicht persönlich kennen oder die keine Techies sind. Wenn man sich einmal die Hand geschüttelt oder gemeinsam einen Kaffee getrunken hat, diskutiert es sich gleich viel leichter.
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Eine der wenigen Gelegenheiten, wo Mail anderen Kommunikationswegen überlegen ist, ist die Zusammenfassung von etwas, was mündlich beschlossen wurde – übrigens auch ein bewährtes Mittel, um echte und vorgeschobene Missverständnisse auszuschließen. Wer die persönliche Interaktion der Mail vorzieht, liest übrigens auch dann keine lange Mail, wenn das erforderlich wäre. Wenn Sie so einem Kollegen einen komplexen Sachverhalt nahebringen wollen, dann schaffen Sie das noch am ehesten mit persönlicher Präsenz, mit Beispielen und mit konkretem Eingehen auf den Kenntnisstand und die Fragen des anderen. Und gänzlich ungeeignet ist Mail, wenn es bereits zu Rückfragen und Missverständnissen gekommen ist. Dies im Detail aufzudröseln, ist so gut wie unmöglich. Nehmen Sie Ihre Kaffeetasse in die Hand und wandern Sie zwei Gänge weiter zum Kollegen und erklären Sie ihm den Sachverhalt am Flipchart. Sie ärgern sich sonst nur und fügen dem Bild des »Informatikers als sozialem Autisten« ein weiteres Mosaiksteinchen hinzu.
Ich sehe es überhaupt nicht ein, mich an sinnlose Regeln zu halten – warum sollte ich auch? Weil Sie ein Profi sind. Professionalität zeigt sich unter anderem darin, dass man die Regeln kennt und befolgt, solange sie gelten – und sich um deren Änderung bemüht, wenn man sie für verbesserungswürdig oder einfach sinnlos hält. Die Regeln zu sabotieren ist hingegen ein Zeichen von Hilflosigkeit und Ohnmacht – ein Verhalten das oftmals diejenigen wählen, die sich anderweitig nicht durchsetzen können und sich hier ihre kleinen Triumphe holen. Daher gilt: Wenn Sie der Meinung sind, dass Microsoft-Produkte eine Geißel der Menschheit sind, obwohl sie in Ihrem Unternehmen eingesetzt werden, dann leisten Sie Überzeugungsarbeit für Open Office oder LaTeX, oder wechseln Sie das Unternehmen. Bis dahin halten Sie sich an die Regeln – niemand verlangt, dass Sie sie gut finden oder dass Sie sie gerne einhalten, es reicht, wenn Sie es überhaupt tun. Wiederholtes Nörgeln oder demonstratives Sabotieren hingegen schaden Ihrem Ansehen und – was schlimmer ist – auch Ihrer Selbstachtung. Auch ritualisiertes Nörgeln über die dämlichen DAUs, die schrecklichen Schlipse und die ahnungslosen, unprofessionellen Kollegen macht sich schlecht – nicht nur in seiner Wirkung auf andere, sondern es wirkt sich auch auf Ihre Stimmung und Ihre Leistungsfähigkeit aus, wenn Sie Ihre Konzentration auf das Negative richten.
Was hat es mit dem Nein-Sagen-Lernen auf sich? Gehören Sie zu denjenigen Kollegen, die es einfach nicht schaffen, »Nein« zu sagen? Die zu ihren eigentlichen Aufgaben immer noch einen Extra-Job aufgehalst bekommen und bei dem Versuch, alles unter einen Hut zu bekommen, einen Berg von Überstunden
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aufhäufen – und natürlich niemals abfeiern, weil immer neue, ach so wichtige Aufgaben dazu kommen? Dann müssen Sie Nein-Sagen lernen, denn nur wer Nein sagen kann, dessen Ja ist etwas wert. Wer es nicht schafft, jemandem einen Wunsch zu versagen, sich einer Anforderung zu entziehen, der verschleiert seinem Gegenüber, ob er etwas tut, weil er es gerne tut, es für richtig hält, dahintersteht – oder ob er es nur nicht geschafft hat, sich dagegen zu wehren. Seine Zustimmung ist also etwas Unsicheres, wenig Verlässliches – denn wer nicht Nein sagen kann, dem platzt schon mal im unpassenden Moment der Kragen und er wirft aus Frust und dem Gefühl heraus, ausgenutzt zu werden, alles hin. Wer hingegen nur dann Ja sagt, wenn er es auch so meint, auf dessen Zustimmung kann man sich viel eher verlassen – hätte er nicht tun wollen, worum man ihn bat, hätte er ganz sicher Nein gesagt. Daher üben Sie es schon mal: Wenn wieder einmal jemand seine ungeliebten Aufgaben bei Ihnen abladen will, weil das ja bisher immer so gut funktioniert hat, und Ihre ohnehin schon ellenlange To-do-Liste noch weiter verlängern will, dann lehnen Sie zur Abwechslung einmal ab: »Tut mir leid, ich habe im Moment keine Kapazitäten dafür.« Machen Sie sich auf verblüffte bis verärgerte Gesichter gefasst – und tragen Sie es mit Fassung. Die meisten Kollegen werden Sie nach einigen solcher Grenzsetzungen respektvoller behandeln und nicht mehr ohne weiteres mit allen Lästigkeiten der Welt behelligen. Wer insistiert, den dürfen Sie auf Ihren Vorgesetzten verweisen »Bitte kläre das mit meinem Chef – momentan bin ich mit seinen Aufträgen für das XY-Projekt bis Monatsende ausgelastet, ich kann das nicht verantworten, da jetzt etwas nach hinten zu schieben. Wenn er aber die Prioritäten ändert, kann ich dich natürlich gerne unterstützen«. Wer wirklichen Bedarf nach Ihrer Arbeit hat und nicht nur einfach etwas abwälzen will, der wird dies auch Ihrem Vorgesetzten klarmachen können. Und das ist eine der Aufgaben, für die Sie Ihren Chef haben (siehe dazu auch »Was Sie von einem guten Manager erwarten können« auf Seite 221 in Kapitel 10).
Was ich heute leiste, weiß doch in zwei Jahren sowieso keiner mehr zu würdigen. Schon möglich. Die Technik und die Anforderungen an die Technik ändern sich. Eine Lösung, die heute wunderbar ist, kann in zwei Jahren aufgrund geänderter Umweltbedingungen nutzlos sein. Wenn Sie sich heute ein Zweisitzer-Cabrio kaufen, weil es in Ihre Lebenssituation passt, kann sich das nach der Geburt Ihrer Kinder ändern. Da muss dann eine Familienkutsche her. Mit dem Cabrio fahren kann trotzdem eine wunderbare Sache sein, und niemand würde das abstreiten.
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Sorgen Sie also dafür, dass alle, die es wissen müssen, Ihre Leistungen bereits heute zu würdigen wissen. Und blicken Sie nach vorne – Sie danken ja Ihrem Chef auch nicht für die Gehaltserhöhung, die er Ihnen vor zwei Jahren gewährt hat, sondern wollen dieses Jahr wieder eine.
Warum ist die Antwort nicht immer 42? Anspielungen auf die Scheibenwelt, den Towel Day, das Auenland, Prinzessin Leia oder den BOFH sind nett, wenn Sie sicher sein können, dass Ihr Gegenüber die Andeutungen versteht und sie zurückspielen kann. In allen anderen Fällen können Sie leicht abschreckend wirken und den Eindruck erwecken, sich von Ihrer Umwelt abschotten und abgrenzen zu wollen. Überlegen Sie genau, bevor Sie »Geekfolklore« verwenden, ob das der Eindruck ist, den Sie gerade erwecken wollen. Ähnliches gilt für die Verwendung von Ironie und Sarkasmus – besonders gegenüber Menschen, die Ihnen unterlegen sind, sich in einer Position der Abhängigkeit befinden oder das glauben, ist Ironie und Sarkasmus selten angebracht, denn Ihr Gegenüber kann Ihnen nicht auf gleicher Ebene antworten oder versteht schlimmstenfalls gar nicht, was Sie meinen. Daher gilt auch hier: Verwenden Sie ein »Das willst du nicht wirklich« nur gegenüber Menschen, die Sie sehr gut kennen und bei denen Sie von einem gleichen Verständnis von Humor ausgehen können.
Es liegt nicht an mir, sondern an den Arbeitgebern – ich bekomme einfach keine Chance auf dem Arbeitsmarkt! Eine verlockende These, weil sie entlastet: Es ist nicht Ihre Schuld, Sie bemühen sich ja nach Kräften, aber es will und will einfach nicht klappen. Aber wenn Sie solch eine These wirklich ernstnehmen, entziehen Sie sich die Handlungsmöglichkeiten – denn wer die Schuld hat an einer Situation, wer sie herbeigeführt hat, der hat auch die Möglichkeit, sie zu verändern. Wer schuldlos ist, ist zugleich auch ausgeliefert. Wollen Sie wirklich die Gestaltung Ihres Lebens anderen Leuten überlassen? Die Verantwortung abgeben, weil Sie nicht schuld sein wollen an möglichen Misserfolgen? Natürlich ist es klar: Für bestimmte Dinge kann kein Mensch etwas, zum Beispiel für die Familie in die er hineingeboren wird, die Erbanlagen, die er mitbekommt, die Zeit, in der er aufwächst. Aber jeder kann etwas dafür, was er daraus macht. Und natürlich braucht jeder, der als Angestellter arbeiten will, einen Arbeitgeber, der ihn einstellt, jeder Selbstständige braucht Kunden, die ihn beauftragen. Doch diese werden abgeschreckt von einer Geisteshaltung, die aussagt: »Die Welt schuldet mir etwas, entschädige mich gefälligst für die Ungerechtigkeit, die mir bisher geschehen ist, gib mir, was mir fehlt.« Um wie viel anziehender wirkt es, wenn Sie ausstrahlen »Ich habe der Welt etwas
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zu geben, ich möchte weitergeben, was ich gelernt habe, einsetzen, was ich kann, teilen, was ich weiß – ich habe etwas, was Sie vielleicht gut gebrauchen können«. Oder kurz: Verstehen Sie sich als Gebender, nicht als Bedürftiger. Ganz egal, wie es rein äußerlich um Sie bestellt sein mag, ob Sie langzeitarbeitslos, chronisch krank oder bei der Diplomprüfung durchgefallen sind: Sie haben der Welt etwas zu geben – finden Sie heraus, was es ist und halten Sie es immer präsent, wohin auch immer Sie sich im Beruf und in Bewerbungen bewegen. Es macht einen Unterschied. Wie Sie dieser Haltung in einer Bewerbung Ausdruck verleihen und im Vorstellungsgespräch ausstrahlen, können Sie in den Kapiteln 6 und 7 nachlesen.
Aber es stimmt doch: Arbeitgebern geht’s um ihren Profit und damit um Ausbeutung ihrer Mitarbeiter, oder etwa nicht? Um Profit ja, um Ausbeutung nicht unbedingt. Wer Mitarbeiter ausbeutet, gefährdet damit seinen langfristigen Gewinn – den kann er nur sichern, wenn er eine Situation herstellt, die beiden nutzt, ihm als Arbeitgeber und seinen Angestellten. Denn eine Notlage, die man heute noch ausnutzen kann, kann sich morgen ins Gegenteil verkehren, das Unwissen über ein angemessenes Gehalt verschwindet durch Unterhaltungen mit den Kollegen, auch wenn im Arbeitsvertrag Stillschweigen darüber angeordnet wird. Aber Achtung: Es gibt etwas, was tolle Vorgesetzte ganz leicht in die Flucht schlägt – Arbeitnehmer, die eine prinzipiell schlechte Meinung von Arbeitgebern haben. Warum soll man sich auch mit Leuten herumschlagen, die das Schlechteste von einem denken und das Positive ignorieren oder heruntermachen, wenn es auch Mitarbeiter gibt, die gute Chefs zu schätzen wissen? Für die Arbeitnehmer mit dem Negativ-Klischee vom üblen Ausbeuter im Kopf bleiben dann die Arbeitgeber übrig, die dem Bild auch wirklich entsprechen – und geben ihnen dadurch die Möglichkeit, ihr negatives Arbeitgeberbild weiter zu bestätigen. Daher mein Rat: Ziehen Sie gute Arbeitgeber dadurch an, dass Sie sie erwarten. Der Pygmalion-Effekt funktioniert auch hier – was Sie denken, wird nicht nur von den Umständen beeinflusst, sondern Ihre Gedanken beeinflussen auch umgekehrt das, was geschieht.
Warum wiederholen sich bei mir immer und immer wieder dieselben Situationen? Es gibt für jeden Menschen Lektionen, die für ihn wichtig sind und die er lernen muss – welche das sind, unterscheidet sich individuell. Es ist wie bei Pacman: Ins nächste Level geht es erst, wenn das aktuelle Level geschafft ist.
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Daran lässt sich wenig ändern, außer dass Sie sich bei sich wiederholenden Problemen aufmerksam fragen sollten: Was sollte ich aus dieser Niederlage lernen? Was will mir diese Situation sagen? Und bedenken Sie: Wenn etwas mit einer Methode immer wieder nicht funktioniert, wird es nicht besser, wenn Sie Ihre Bemühungen intensivieren – sondern nur, wenn Sie einen anderen Ansatz wählen. Wer immer das Gleiche tut, erhält auch immer die gleichen Ergebnisse – für andere Resultate müssen Sie anderen Input liefern.
Inwiefern sollte es entscheidend sein, ob ich mich selbst als Verlierer sehe? Wichtig ist doch, was die anderen denken! Ganz einfach: Was Sie über sich selbst denken, das strahlen Sie auch aus. Und was Sie ausstrahlen, das glauben Ihnen andere. Der Zusammenhang ist nachgewiesen und in der Literatur als »Pygmalion-Effekt« bekannt – wer sich selbst als Verlierer sieht, wird von anderen als schwach wahrgenommen, ihm wird weniger zugetraut. Und schon verstärkt sich der Eindruck, man selber könne nichts und sei wenig leistungsfähig – was wieder dazu führt, dass man weniger Chancen bekommt als andere und seine Leistungsfähigkeit seltener trainieren kann. Nur besonders unabhängige Charaktere mit genügend Zeit und Problembewusstsein hinterfragen solche Eindrücke oder agieren gar entgegen dem ersten Blick – im Berufsleben geschieht das nicht so häufig, dass man sich darauf verlassen sollte. Aber umgekehrt funktioniert dieser Kreislauf ebenfalls: Wenn Sie Ihren Fokus auf das legen, was Sie können und haben, was Sie wissen und bewirken können, wird auch Ihr Umfeld Sie primär positiv wahrnehmen und Ihre Potenziale sehen. Machen Sie sich das zunutze und fangen Sie an mit der Konzentration auf Ihre Stärken – bringen Sie den positiven Kreislauf in Gang!
Ich bin einfach so – wie soll man denn etwas an seinem Charakter ändern? Vieles, was wir für unseren Charakter oder unser Wesen halten, ist erlernt – und entsprechend können wir auch andere, nützlichere Verhaltensweisen lernen. Je länger wir eine Haltung schon praktizieren, desto fester ist sie verankert und desto schwerer kann es sein, neue Muster hinzuzunehmen – aber wie in den meisten Dingen im Leben macht Übung den Meister. Entscheidend ist, dass Sie sich darüber bewusst werden, was ihre bisherige Haltung ausmacht, warum Sie sie angenommen und was Sie mit ihr gewonnen haben – und was verloren. Wenn Sie wissen, dass Sie Ihre bisherigen Sichtweisen nicht verneinen und verdammen müssen, dann können Sie viel leichter auch etwas Zusätzliches in Ihr Verhaltensrepertoire aufnehmen und sich Handlungsoptionen schaffen. Gestatten Sie es sich!
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Hören Sie auf sich. Wenn Sie unzufrieden sind, betrachten Sie das als Signal und gehen Sie dem auf den Grund – was würden Sie gerne ändern und welche Hindernisse stehen dem im Weg? Behandeln Sie Ihre Gefühle, auch die diffusen und unklaren, wie Kinder: Man erlaubt ihnen nicht alles und tut nicht alles, was sie wollen, aber man ignoriert sie auch nicht einfach, wenn sie sich zu Wort melden, sondern kümmert sich um sie.
Es gäbe so einiges, was ich tun müsste – aber ich traue mich einfach nicht Sie dürfen Angst haben, das ist nicht schlimm. Angst ist nur ein Hinweis darauf, dass Sie aus Ihrer »Komfortzone« heraustreten, die oft genug eine – bequeme, behagliche, aber dennoch – eine Falle ist. Neuland zu entdecken ist Veränderung, und Veränderung bringt Angst mit sich, keine Angst zu haben hingegen ist Stillstand. Insofern: Haben Sie ruhig Angst, aber lassen Sie sich von ihr nicht abhalten, sie gehört dazu.
Zusammenfassung Die Welt da draußen ist gar nicht so feindlich. Im Großen und Ganzen werden Sie das vorfinden, was Sie erwarten – gehen Sie also davon aus, dass hinter jedem Schreibtisch ein potenzieller Freund sitzt. Das ist genauso wahr oder unwahr wie die Aussage, dass es sich um einen potenziellen Feind handelt, aber um ein Vielfaches hilfreicher. Die Welt da draußen ist bunt – freuen Sie sich daran und sehen Sie die Besonderheiten anderer Leute nicht als Angriff auf Ihre Nerven oder Ihren Seelenfrieden, sondern als Stoff für Ihre Anekdotensammlung und Bereicherung für Ihre Erfahrung. Zeichnen Sie Ihre persönliche Landkarte – zunächst von sich selbst und dann von dem Job, den Sie ausüben wollen. Und dann suchen Sie sich einen Weg, Ihren persönlichen Weg, wie Sie zu dieser Arbeit hinfinden und schließlich, wo Ihr Entwicklungspfad verlaufen soll. Bei alledem gilt: Sie müssen sich nicht verstellen, Sie müssen nicht jemand anderes sein – es ist viel schwieriger: Sie müssen Sie selbst sein. Links und rechts gibt’s ein paar Leitplanken, die Sie nicht ignorieren sollten, wenn Sie einen Unfall vermeiden wollen, aber dazwischen ist viel Platz für Ihren eigenen Weg. Das ist ein ehrgeiziges Ziel – wenn man es konsequent umsetzen will, reicht es für ein ganzes Leben. Aber es ist auch sehr lohnenswert, nicht nur monetär, aber durchaus auch das.
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Professionelle Unterstützung
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ie haben dieses Buch fast zu Ende gelesen, aber noch sind viele Fragen offen und Sie würden gerne weitermachen, sich intensiver Ihrer beruflichen Entwicklung widmen, neue Pläne vorantreiben? Dann spricht vieles dafür, sich professionelle Unterstützung zu sichern. Doch wo finden Sie diese Hilfe? Wie erkennen Sie, wessen primäres Interesse es ist, Ihnen Geld aus der Tasche zu ziehen und wer Ihnen wirklich wertvolle Unterstützung geben kann? Beginnen wir mit der Berufsgruppe, die wohl am häufigsten in diesem Zusammenhang genannt wird.
Personalberater Die Gruppe der Personalberater, auch »Headhunter« genannt, besonders diejenigen, die auf die IT-Branche spezialisiert sind, können Ihnen bei Ihrer Stellensuche behilflich sein. Zum einen finden Sie bei ihnen möglicherweise Stellenangebote, auf die Sie sich bewerben möchten, vielleicht werden Sie ja auch direkt von einem Headhunter angesprochen. Und zum anderen können Sie sich auch dann, wenn gerade keine für Sie interessante Position
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offen ist, in deren Datenbank aufnehmen lassen. Aber das war es auch schon, was ein Personalberater für Sie tun kann. Bitte bedenken Sie: Headhunter leben von den Honoraren ihrer Unternehmenskunden und nicht von eventuellen Gebühren für die Beratung von Kandidaten. Daher werden sich die allermeisten auch sehr mit Tipps zu Bewerbung und Karriere zurückhalten. Und das ist auch gut so, denn Personalberater müssen die Interessen ihrer Kunden vertreten und eher Mühe darauf verwenden, Ihre Schwächen herauszufinden als Ihnen behilflich zu sein, sie zu kaschieren. Werden Sie daher misstrauisch, wenn ein Personalberater in Personalunion Karriereberatung anbietet – er versucht zwei Herren zu dienen, und das endet meist damit, für keinen von beiden wirklich Mehrwert zu schaffen.
Private Arbeitsvermittler Die meisten private Arbeitsvermittler halten es anders – sie werden für Privatkunden, also für Bewerber tätig. Oft ist die Arbeitsvermittlung ein weiteres Tätigkeitsgebiet von Zeitarbeitsfirmen. Ihre Erfolgshonorare betragen bis zu 2500 Euro, die allermeisten Vermittlungen werden aber über den Vermittlungsgutschein der Bundesagentur für Arbeit abgewickelt, der um die 2000 Euro wert ist. Bitte seien Sie aber mit der Herausgabe des Gutscheins vorsichtig und geben Sie das Original erst aus der Hand, wenn Sie einen Arbeitsvertrag unterschrieben haben. Sie dürfen auch mehrere Arbeitsvermittler kontaktieren und schlussendlich erst dem erfolgreichen den Vermittlungsgutschein aushändigen. Um die Verwirrung perfekt zu machen: Es gibt auch Firmen, die sich Arbeitsvermittler nennen, aber von den Unternehmen, die Mitarbeiter suchen, ein Erfolgshonorar kassieren. Fragen Sie ruhig, wie sich das Unternehmen finanziert, dessen Dienste Sie in Anspruch zu nehmen erwägen.
Karriereberater und Berufscoaches Die zentralen Ansprechpartner für professionelle Unterstützung bei Beruf und Bewerbung sind aber Karriereberater und spezialisierte (Berufs-)Coachs. Leider ist hier auch die Begriffsverwirrung sehr groß, denn Coach darf sich jedermann nennen und das nutzen auch viele, teils mit sehr esoterischen Heilsversprechen oder dubiosen Angeboten. Was sollten Sie sich fragen, wenn Sie darüber nachdenken, die Hilfe eines Coachs in Anspruch zu nehmen?
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Persönliche Sympathie Das zentrale Kriterium für die Wahl eines Coachs ist Ihr gutes Gefühl, wenn Sie ihm gegenübersitzen. Seriöse Coaches sehen ein kostenloses Erstgespräch von einer halben bis einer Stunde Dauer vor, in dem Sie sich kennenlernen und Ihre Fragen stellen können. Fühlen Sie sich respektvoll behandelt, ernstgenommen? Schenkt Ihnen Ihr Coach seine gesamte Aufmerksamkeit, oder wirkt er desinteressiert und abgelenkt? Hält er seine Zusagen ein, ist er pünktlich? Haben Sie das Gefühl, ihm vertrauen zu können? Beantwortet er Ihre Fragen oder weicht er aus? Stellt er Rückfragen, wenn er etwas nicht versteht, und vergewissert er sich, oder zieht er öfter falsche Schlüsse? Hören Sie ruhig auf Ihr Bauchgefühl und entscheiden Sie sich nicht allein deshalb für einen Coach, weil rational nichts gegen ihn spricht.
Qualifikation des Coachs Bringen Sie in Erfahrung, welche Qualifikation Ihr Coach mitbringt – studieren Sie seine Publikationen, die Informationen auf der Homepage. Hat sie eine spezielle Ausbildung absolviert? Welche Berufserfahrung hat er gesammelt? Wie lange war sie berufstätig und in welchen Positionen? Kennt er Ihre Branche, idealerweise nicht nur von seiner Klientel her, sondern aus eigenem Erleben? Es ist hilfreich, wenn Sie einem Karriereberater bestimmte Konstellationen und Konstrukte Ihres Jobs nicht mehr langatmig erklären müssen, sondern er oder sie schon ein Stichwort richtig einordnen kann und Sie so Ihre Zeit für das eigentliche Coaching nutzen können. Auch wirkt ein Coach häufig dann glaubhafter, wenn er selbst nach Ihren Maßstäben erfolgreich in seinem bisherigen Berufsleben war.
Methoden Klären Sie mit Ihrem potenziellen Unterstützer auch die Methoden, die er anwendet. Sehr verbreitet und durchaus bewährt sind unter anderem Elemente des Neurolinguistischen Programmierens und der systemischen Beratung, aber es gibt im Bereich des Coachings fast nichts, was es nicht gibt, auch an ausgefallenen bis seltsamen Techniken. Wundern Sie sich nicht, wenn Menschen Sie ernsthaft auf die tibetanische Steinkreistechnik oder das Mondphasen-Blutgruppen-Coaching einschwören wollen – aber bringen Sie diesen Dingen umso mehr Skepsis entgegen, je dringlicher Ihnen der jeweilige Ansatz als das allein selig machende Universalmittel ans Herz gelegt wird. Erfragen Sie, welche Methoden Ihr Coach verwendet, lassen Sie sich erklären, was Sie nicht kennen und bilden Sie sich Ihr eigenes Urteil darüber, ob Sie mit einer bestimmten Methode arbeiten möchten.
PROFESSIONELLE UNTERSTÜTZUNG
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Rahmenbedingungen Stimmen Sie mit dem potenziellen Coach ab, welches Ziel Ihre Zusammenarbeit haben soll, und formulieren Sie ein konkretes, überprüfbares Ziel. Schreiben Sie also nicht »Unterstützung bei der Jobsuche« als Ziel in Ihren Coaching-Vertrag, sondern definieren Sie Ergebnisse, die Sie gemeinsam im Coaching erarbeiten wollen, z.B. optimierte Bewerbungsunterlagen, ein Jobsteckbrief, ein Stärken-Schwächen-Profil, ein Zeitplan mit Zwischenschritten. Lassen Sie sich auch nennen, wie viele Sitzungen aus Sicht des Coachs für die Erreichung der Ziele nötig sind. Sprechen Sie auch vorab über den Ort des Coachings: Treffen Sie sich in den Räumen des Coachs oder sind auch Hausbesuche bei Ihnen möglich? Vor allem, wenn Sie weiter weg wohnen, ist auch interessant zu erfahren, ob – je nach Thema – einige oder alle Sitzungen per Telefon, per Mail, per Chat oder über diverse Methoden der Online-Zusammenarbeit (z.B. Google Documents oder Alternativen) durchgeführt werden können. Wie sieht es mit dem Zeitplan aus – wann können die Coaching-Sitzungen stattfinden? Sind Abend- oder Wochenendtermine möglich? Wie schnell können Sie starten, wie lang sind die Wartezeiten und die Intervalle zwischen den einzelnen Sitzungen? Stellen Sie bitte zudem sicher, dass im Vertrag keine Kündigungsfristen für Sie festgelegt sind – Coaching und Karriereberatung sind so persönliche Dienstleistungen, dass eine sinnvolle Zusammenarbeit nicht mehr möglich ist, wenn einer der beiden Beteiligten nur noch deshalb dabei ist, weil die Kündigungsfrist ihn bindet. Gute Coaches haben es nicht nötig, mit Klienten zu arbeiten, die unfreiwillig da sind. Dass ein Coach sich zu Verschwiegenheit verpflichtet, sollte selbstverständlich sein – eine entsprechende Klausel sollte im Vertrag enthalten sein.
Preis Schlussendlich spielt natürlich auch der Preis eine Rolle. Gehen Sie davon aus, dass ein seriöses Coaching unter einem Stundenhonorar von 60 Euro nicht angeboten werden kann – nach oben hin ist die Range offen. Manche Coaches bieten Sonderpreise für Arbeitslose, Studenten und Geringverdiener an, einige staffeln ihre Honorare nach dem aktuellen Gehalt des Klienten. Fragen Sie auch hier nach und lassen Sie sich den Abrechnungsmodus, die Rechnungsstellung und das Zahlungsziel erklären. Eine ordentliche Rechnung sollten Sie immer bekommen – Sie können die Kosten für Berufscoaching in der Regel als Werbungskosten einkommensteuermindernd geltend machen.
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Hilfe aus dem Web Wenn Sie vor einem »richtigen« Coaching noch zurückschrecken und die Möglichkeit erst einmal ausprobieren wollen, oder nur eine Detailfrage haben, können Ihnen auch diverse Angebote im Internet hilfreich sein. Eine kleine und subjektive Auswahl ausschließlich kostenloser Quellen stelle ich hier vor. Bitte überlegen Sie aber vor dem Coaching, wie viel von Ihrer beruflichen Situation Sie in welchem Kreis preisgeben wollen – schließlich könnte jemand aus Ihrer aktuellen Firma mitlesen, wenn Sie öffentlich über Ihren Wechselwillen diskutieren. Manche Foren erlauben die Teilnahme mit Pseudonym, andere schließen das aus – dann gilt es, noch genauer abzuwägen, welche Fragen Sie stellen und wie viele Details Sie preisgeben. Aber auch wenn Sie nicht selbst eine Frage stellen wollen: Oft können Sie auch schon vom Mitlesen profitieren, wenn andere Teilnehmer Diskussionen aufwerfen.
Xing Die Networking-Plattform Xing hatte ich schon in Kapitel 5 »Networking für die Karriere« auf Seite 77 vorgestellt. Die Foren dort bieten auch für Bewerbungs- und Berufsthemen teilweise sehr nützliche Hilfestellung an. Im Forum »Bewerbung und Recruiting« (https:// www.xing.com/net/bewerbungrecruiting/) zum Beispiel beantworten Personalleiter und Headhunter, Researcher und Coaches, aber auch interessierte Laien Fragen zum beruflichen Alltag, zur Karriereplanung und Bewerbung und diskutieren Ihre Anliegen mit Ihnen. Mehr für den Austausch unter Absolventen ist das Forum Young Career konzipiert (https:// www.xing.com/net/berufseinsteiger/), aber auch hier ist der eine oder andere Beitrag von Fachleuten zu lesen. Speziell für Fragen zur Jobsuche im Ausland und zu nationalen Besonderheiten von Bewerbung und Beruf gibt es das Forum »Headhunters direct« (https://www.xing.com/net/ headhunters/), in dem Personalberater Fragen zur internationalen Karriereplanung beantworten. Es entstehen täglich neue Foren, stöbern Sie ruhig einmal unter https://www.xing.com/topic/ jobsandcareer/.
LinkedIn Aber auch in der Networking-Plattform LinkedIn können Sie Fragen loswerden. Dort ist die Leserschaft internationaler – schauen Sie einfach mal in den Bereich »Answers« hinein (http://www.linkedin.com/answers/) und stöbern Sie in den zahlreichen Fragen und Antworten zu allen erdenklichen Themen.
PROFESSIONELLE UNTERSTÜTZUNG
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Monster Die Jobbörse Monster bietet außer Diskussionsforen auch Expertenforen an, in denen im vierzehntägigen Wechsel Coaches, Personaler, Karriere- und Personalberater Fragen zu unterschiedlichen Themenschwerpunkten beantworten. Sie finden die Startseite zu diesem Angebot unter http://foren.monster.de/index.asp.
Computerwoche Ein ähnliches Angebot bietet die Computerwoche – hier sind natürlich Fragen zur Berufstätigkeit in der IT-Branche »on topic« (http://www.computerwoche.de/job_karriere/karriere_ ratgeber/).
Ingenieurskarriere Der sehr erfahrene Personalberater Heiko Mell beantwortet schon seit vielen Jahren Anfragen von Bewerbern und Arbeitnehmern – auch heute noch können Sie ihm Fragen stellen und mit etwas Glück seine Antworten online nachlesen. Näheres zu diesem Service finden Sie unter http://www.ingenieurkarriere.de/bewerberservice/karrieremagazin/heikomell/ heikomellindex.asp. Klicken Sie im Bereich »Datenbankrecherche« auf ein Sie interessierendes Thema – der Antwortenschatz ist schier unerschöpflich.
Managementwissen Online Auch der Anbieter Managementwissen Online bietet seit einigen Jahren die Möglichkeit, Fragen zu stellen – hier besteht der besondere Charme darin, dass mehrere Coaches und Karriereberater ihre Sicht der Dinge darlegen. Schauen Sie einmal hier rein: http:// mwonline.de/db/coaching/online_coaching.php4. Die bisherigen Anfragen finden Sie hier: http://mwonline.de/db/topics/themenentry.php4?to_parebene=Anfragen&db=9.
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INDEX
Numerisch 16PF Kurzversion 29
A Ablauf 164 Absage 120 Gründe 106 Gründe für 120 Absagen 76, 104 Abschlusszeugnis 149 Access.de 73 AGG 70, 105, 106, 119, 120, 133 Schadensersatz 120 Alkohol 219 Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz 133 Allgemeines Gleichstellungsgesetz 105, 119 Alter 193 Anglizismen 115 Angst 261 Anruf 123 Anschreiben 121 Arbeitsloseninitiativen 76 Arbeitslosigkeit 75 Arbeitsmarkt 258 Arbeitsvermittler 264 Arbeitsvertrag 208 Fallen 208 Rückzahlung von Ausbildungskosten 210 Überstunden 210 Vertragsstrafen 209 Wettbewerbsverbot 209
Arbeitszeugnis Abschlussformel 109 Abschlusszeugnis 149 Beschreibung des Unternehmens 108 Leistungsbewertung 108 Sozialverhalten 109 Tätigkeitsbezeichnung 108 Zeugnisspezialisten 109 Zeugnissprache 109 Arbeitszeugnisse 149 Auenland 258 Ausbeutung 259 Ausbildungsstand 194 Ausfallzeiten 50 Ausland 155 Aussagefähige Unterlagen 70 Ausstand 243 Ausstieg 239
B Basis-Rente 50 BDU 74
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Bedienungsanleitung für mich 17 Berufscoaches 264 Berufserfahrung 70, 113, 114, 194 Berufshaftpflicht 45 Berufshaftpflichtversicherung 45, 50 Berufsunfähigkeitsversicherung 51 Beschreibung des idealen Tages 17 Bestandsaufnahme 13 Bewerbungsanschreiben Anforderungen 125 Anschreiben 121 Ansprechpartner 123 Arbeitslosigkeit 127 Betreff 123 Bruttoverdienst 124 Checkliste 128 Datum 123 DIN-Norm 676 121 Eintrittsdatum 112, 124, 128 Entschuldigungen 127 Festnetznummer 121 Fußangeln 127 Gehaltsvorstellung 108, 124, 127 Gehaltsvorstellungen 112 Handynummer 121 Jahresgehalt 124 Länge 124 Mailadresse 121 Massenbewerbung 115 Negativbeispiel 121 Nutzen 126 Positivbeispiel 124 Rechtfertigungen 127 Soft Skills 124, 125 Standardanschreiben 107, 113, 115 Studium 123 Subject 123 Wechselgründe 107 Bewerbungshomepage 110, 113 Bewerbungskostenerstattung 179 Bewerbungsmappen aus Pappe 152 dreiteilige 152 Klemmhefter 153 Bewerbungsphase Ende der 213 Bewerbungsunterlagen Anglizismen 115 Anhang 117
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Anlagen 124 aussagefähige 70 aussagekräftige 121 Bewerbungsanschreiben 113 Bewerbungsmappen 152 Bild 114 Briefpapier 153 Deppenapostrophe 115 Dritte Seite 144 Formalien 150 Foto 106, 114, 150 Interpunktion 151 IT-Profil 121, 144 JPG-Dateien 113 Kompetenzprofil 144 Kurzbewerbung 121 Lebenslauf 106, 113, 114, 118, 130 Massenbewerbungen 115 Menge 148 Orthografie 151 PDF-Dateien 113 Projektprofil 144 Psychotests 148 Rechtschreibung 114, 115, 116, 117, 118 Referenzen 113 roter Faden 107 Self-Assessments 148 Sprache 151 vollständige 70, 121 Vollständigkeit 117 Was Sie sonst noch über mich wissen sollten 144 Zeugnisse 108, 112, 113, 114, 116, 117 Bewertung 206 BIP 20 bisheriges Gehalt 194 Bitkom 74 Blick 162 Blindbewerbung 156 Blog 110 Bloglines 74 Bochumer Inventar 20 Bodyleaser 144 Bodyleasing 41 Bodyleasingunternehmen 46 BOFH 258 Bolles, Richard N. 18 Branche 194
BSD Social Event 84 BSE 84 Bundesarbeitsgemeinschaft der Erwerbslosen- und Sozialhilfeinitiativen 76
C c't 61, 73 CCC 85 Chaos Computer Club 85, 86 Charakter 260 Chat 84 Coaching Auwahlkriterien 265 Berufserfahrung 265 Branchenerfahrung 265 Erstgespräch 265 Honorar 266 Methoden 265 Neurolinguistisches Programmieren 265 NLP 265 Preis 266 Qualifikation 265 Rahmenbedingungen 266 systemische Beratung 265 Vertrag 266 Zeitplan 266 Coachs 264 Computerwoche 61, 73, 268 Cover Letter 155 Crosswater Systems 67 Cyber Forum 85
D Deckungsbeitrag 197 Delegation 221 Deppenapostrophe 115 Dienst nach Vorschrift 240 Dienstreisen 181, 183 DIN-Norm 676 121 Diskriminierung 119 Diskussionen 250 Dresscode 162 Drohungen 196, 240 Duzen 218
E Einarbeitung 220 Einarbeitungskonzept 216 Einarbeitungszeit Checkliste 219 Einarbeitungskonzept 216 Einarbeitungsplan 220 Sechs-Wochen-Gespräch 220 Eingangsbestätigung 104 Einstand 220 Einstieg 216 Einwandbehandlung 199 Elevator Pitch 80 Englischkenntnisse 70 Englishweb 155 Entory 42 Entscheidungskriterien 204 Entscheidungsmatrix 204 Erfolge 196 Erreichbarkeit 102, 179 Euroforum 73 Ex-Kollegen 87
F Fachsprache 248 Fachzeitschriften 61, 73 fakturierbare Stunden 50 Familienangehörige 53 FAZ 61 Feedback 222 Fehler 247 Fehlerfreiheit 246 Feste 218 FITUG 85 Foto Fotograf 150 Geekshirts 150 Kleidung 150 Papier-Abzüge 151 Fotos 151 Fragen 165 Behinderungen 173 die man Ihnen stellen wird 165 die Sie stellen können 175 Dienstreisen 171 Ehrlichkeit 165 Fallbeispiel 170 Fallen 173
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Hobbys 171 Kinder 171 Krankheiten 173 Kündigungsfrist 177 lügen 173 politische Orientierung 173 Rollenspiel 171 Schwächen 169 Schwangerschaft 173 sexuelle Orientierung 173 Sprachkenntnisse 173 Stärken 169 Stress 170 Stressfragen 173 Überqualifikation 170 Überstunden 171 Umzug 177 Verdienst 177 Vorstrafen 173 Wechselgründe 167 Ziele 168 Fragen, die Sie stellen können Arbeitszeitregelungen 176 Aufgaben 175 Aufgabenteilung 175 Bereitschaft 176 Betriebsklima 177 Betriebssystemen 175 Costcenter 176 Datenbanken 175 Dienstreisen 176 Einarbeitungsplan 176 Entwicklungsmöglichkeiten 176 Gehalt 177 Hilfe bei der Wohnungssuche 178 Kollegen 176 Organigramm 176 Organisation 176 Profitcenter 176 Programmiersprachen 175 Projektarbeit 175 Rahmenbedingungen 176 Software 175 Sonderleistungen 178 Tätigkeit 175 Team 176 Technik 175 Überstunden 176 Umzugskosten 178 Unternehmens-policy 175
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variable Bestandteile 178 Vorgänger 176 Vorgesetzter 176 Weiterbildungsmöglichkeiten 177 Zielvereinbarungsgespräche 177 Frau in der Informatik 230 Frauenanteil 230 Frauenevents Cybermentor 86 Informatica feminale 86 Frauenorganisationen 86 Häcksen 86 Rootgrrls 86 Webgrrls 86 Freelancer 76 Freshmeat 85 Freundlichkeit 182, 253 Führungsspanne 193 Führungsstil 164
G Geek 231 Geek Code 246 Geekfolklore 258 Gefälligkeiten 252 Gehalt der Kollegen 195 Gehaltsangabe 71 Gehaltsstudien alma mater 192 c't 192 Computerwoche 192 GPM 192 IG Metall 192 Kienbaum-Vergütungsstudie 192 Gehaltstests GEVA-Institut 191 Personalmarkt 192 VDI-Nachrichten 192 Gehaltsübersichten 190 Crosswater Systems 191 Experteer 191 Gehalts-Check 191 Hans-Böckler-Stiftung 191 HiTec-Consult 191 Ingenieurkarriere 191 Monster.de 191 Stepstone 191 Gehaltsvorstellung 71 Geschlecht 193
Gesellschaft für Informatik 84 Gesellschaft für Projektmanagement 84 Gesprächsnachbereitung 179 Gestik 187 Gewichtung 204 GFT Resource Management 42 GI 111 Gleitzone 53 GmbH 53 Google Alert 74 Götzfried 42 GPM 84, 111 Gulp 42, 47 Guru 39 GUUG 84
H Haftpflichtversicherung 50 Haftung 45 Händedruck 162 Harvey Nash 42, 65 Hays 42, 65 Headhunter 94 Heise Online 74 Heise.de 74 Hobsons 73 Homepage 53, 110 Honorar Kalkulationsschema 50 Marktpreis 48 Honorarkalkulation 51
I Idealer Tag 17 IIR 73 Information Week 73 Informationen 226 Ingenieurskarriere 268 Initiativbewerbung 123 Blindbewerbung 156 Kurzbewerbungen 156 Initiativbewerbungen 156 innere Kündigung 249 Interviews mit Personalern 111 Intrigen 39 IRC 84 Ironie 258 IT-Kenntnisse 137
IT-Profil 43, 144 Aufgaben 146 Auftraggeber 145 Dauer des Projekts 145 Projektbeschreibung 145 Projekte 118 Rolle im Projekt 145 Skill-Matrix 112 Systemumgebung 146 Three Letter Acronyms 138 TLAs 138 iX 61, 73
J Jahresgespräche 234 Jobblog 67 Jobbörsen Arbeitsagentur 63 computerjobs.24 64 DV-Treff 65 Experteer 64 Geekjobs 64 Gigajob 61 Gulp.de 65 Heise jobs 64 Ingenieurkarriere.de 65 Ingenieurweb 65 IT-Arbeitsmarkt 64 Jobpilot 61 Jobscout24 61 Jobstairs 63 Jobware 61 Kijiji 63 Meine Stadt.de 63 Monster 61 Online-Stellenangebote 61 Rekruter.de 63 Stellenanzeigen.de 61 Stellenmarkt.de 61 Stepstone 61 xing 64 Xing Marketplace 64 Jobsuchmaschinen BDU-Stellenmarkt 65 Cesar 66 IC-Jobs 66 Joboter 66 Jobrobot 65 Jobs.de 66
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Jobscanner 66 Jobturbo 65 Jobwindow.de 66 Jobworld 65 Worldwide Jobs 66 Yovadis.de 66
K Karriereberater 264 Karrieremessen 73 Kleidung 54, 151, 161 Komfortzone 261 Konflikt 251, 254 Kontrolle 253 Körperpflege 162 Körpersprache 162, 182, 185, 187 Kosten 51 Krawatte 161 Kritik 254 Kündigung 242 Kündigungsschreiben 242 Kurzbewerbung 121, 156
L Lächeln 163 Lästereien 217 Lebenshaltungskosten 195 Lebenslauf 130 Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz 133 Arbeitslosigkeit 107, 141 Ausbilderschein 140 Ausbildung 134 Ausbildungsdaten 134 Ausland 131 Berufserfahrung 135 Beständigkeit 116 Branche 136 Checkliste 143 chronologisch 131 Datum 132 ehrenamtliche Tätigkeit 140, 141 Eltern 134 Familienstand 134 Festnetznummer 113 Firmenwechsel 116 Formalien 132 Foto 132
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Führerschein 140 Führungsverantwortung 107 Fusion 142 Geburtsdatum 134 Geburtsort 134 Geschwister 134 Gliederung 133 Grundschulzeit 135 Handynummer 113 Hauptfach 135 Hobbys 107, 140 Insolvenz 142 IT-Kenntnisse 137 Jobhopper 107 JPG 132 Kinder 134 Konsistenz 130 Kündigungen 142 Künstlernamen 134 Kurze Verweildauer 141 Linux User Group 140 Lücken 107, 116, 131, 141 Lückenlosigkeit 131 Macken 141 Mailadresse 113 Muttersprache 139 Nationalität 134 Nebentätigkeiten 137 Nicknames 134 ohne persönliche Daten 119 Parteizugehörigkeit 134 Persönliche Daten 133 Projekterfahrung 136 Rechtsform 135 Religion 134 Roter Faden 132 Schulabschluss 134 Schulwechsel 131, 135 Schulzeit 135 Sonstige Aktivitäten 140 Sonstige Kenntnisse und Fähigkeiten 139 Sprachkenntnisse 139 Standardlebenslauf 130 Sternzeichen 134 Studium 134 Tätigkeitsbeschreibung 135 Telefonnummern 133 Three Letter Acronyms 138 TLAs 138
Übernahme 142 Übersichtlichkeit 130 Umfirmierung 142 umgekehrt chronologisch 131 Unterschrift 132 Urlaub 134 Vertiefungsrichtung 135 VHS-Kurs 131 Vita 114 Vorträge 140 Weiterbildung 134, 135 zweiter Bildungsweg 135 Leerlauf 50 Leistung mittlerer Art und Güte 44 LinkedIn 267 Linux-Tag 73 Lob 223, 226 Lücken 185 LUG 84
M Machtspiele 39 Mailaccount 103 Mailadresse Domain 121 local part 121 Mailbewerbungen 151 Anhang 154 Benennung 154 Bewerbungen per E-Mail 153 Domain 155 DVI-Dateien 154 Größe 154 HTML 153 LaTeX-Sourcen 154 Mailabruf 154 Mailadresse 154 Mailanschreiben 153 Mailbody 153 Mailweiterleitung 154 OpenOffice 154 PDF-Dokumente 154 tar.gz-Dateien 154 ZIP-Dateien 154 Mailbox 103 Mails 255 Managementwissen Online 268 Marktpreis 48 Meetings 250
Menge 101 Messekataloge 72 Messen 95 Metaphern 17 Microsoft-Diskussionsgruppen 87 Mimik 187 Misstrauen 253 Mitarbeiter 53 Mittagessen 218 Mobbing 232 Mobbing-Beratungsstelle 233 Mobbing-Tagebuch 233 Monster 61, 268 Motivationsproblemen 104
N nachhaken 104 Nein-Sagen 257 Networking 52, 74, 77 Alumni-Gruppe 88 Ehemaligen-Treffen 88 Ex-Kollegen 87 Xing 88 Netzwerk 243 Newsoffice 87 Nörgeln 256 Nutzen 248
O Öffentlicher Dienst 193 Open Source-Projekt 85
P Parkmöglichkeiten 161 Pass 42 Perfektionismus 246 Perl Mongers 84 Personalberater 94, 263 HSC-Personal 65 Perit Consulting 65 Vesterling Personalberatung 65 Personaldienstleister 68 Persönlichkeit 117 Perspektivenwechsel 15 PMI 84 Politik 39, 232 Potenzial- und Leistungstests 20
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Prinzessin Leia 258 Prioritäten 257 Privates 218 Professional Service 41 Professionalität 256 Profit 259 Projektarbeit 227 Projektbörsen 47 Contraplug 47 Freelancer 1 47 Freelancer Map 47 Gulp 47 Interlance 47 Joinvision 47 My Freelancer.de 47 Projektwerk 47 Resoom Projects 47 Reutax 47 Xing 48 Projektfalle 52 projektfreie Zeiten 50 Provision 52 Pünktlichkeit 160 Pygmalion-Effekt 259, 260
Q Quantität 101 Quereinsteiger 60, 114 Quest 42
R Rahmenvertrag 44 Ratgeber E-Lancer 51, 53 Recherchequellen 72 Referent 95 Referenzen 149 Regeln 256 Region 194 Rentenversicherung 50 Researcher 43 Resumes 155 Risikolebensversicherung 51 Rollenspiel 186 Rürup-Rente 50
S SAGE 84 Sarkasmus 258
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Scheibenwelt 258 Scheinselbstständigkeit 52 Schnuppertag 178 Schuhe 161 Schwächen 185, 187, 188 Seilschaften 231 Selbstausbeutung 52 Selbstmarketing 99 Seniorität 194 Sher, Barbara 19 Barbara Sher Wishcraft 19 Eignungsdiagnostik 19 Siezen 218 Skill-Profil IT-Kenntnisse 137 IT-Skill 118 Small Talk 164 Social networks Facebook 84 Lokalisten 84 MySpace 84 Shortview 84 StudiVZ 84 Socken 161 Soft Skills 71 Flexibilität 238 Kreativität 238 Vielseitigkeit 238 Sourceforge 85 Sozialticker 76 Spezialkenntnisse 194 Sprache 225 Sprachkenntnisse 181, 182 Muttersprache 139 sehr gute Kenntnisse 139 verhandlungssicher 139 Stärken 187 Statussymbole 54 Stellengesuche 77 Steuererklärung 41 Studienort 117 Studium Abbruch des 123 Diplomarbeit 135 fachfremdes 123 Hauptfach 135 Schwerpunkt 135 Vertiefungsrichtung 135 Stundensatzentwicklung 49 Stundensatzkalkulator 48
T Tacheles Sozialhilfe 76 Tagungen 95 Teamrollen 251 Technobabble 163 Technorati 74 Telefonate 102, 255 Telefoninterview 178 Test 55 Testauflösung 56 Tests 16PF 28 Allianz-Perspektiventest 22 Big Five Persönlichkeitstest 31 BIP 20 Bochumer Inventar 20 DISG 32 Eignungstests für ein Informatikstudium 25 Eignungstests Informatik 25 Enneagramm 30 Explorix 26 GEVA-Institut 20 Global Advanced Personality Test 34 Heidelberger Teamrollen-Inventar 34 HEI-TRI 34 Holland Codes 25 HVB-Profil Potenzialanalyse 22 In eigener Sache 20 Karriere-Anker 32 Keirsey Temperament Sorter 29 MBTI 29 My Way – Der AK-Berufs-interessentest 25 Myers-Briggs Typ-Indikator 29 Oxford Career Fitness Analysis 26 Persönlichkeitstests 28 Potenzial- und Leistungstests 20 SDS 25 Self directed Search (SDS) 25 Semiogramm 32 SIT 28 Situativer Interessentest 28 Sozionik 29 Teamrollen 33 Unicum 23 Was kann ich? 20 Welcher Job passt zu mir? 23 Three Letter Acronyms 138
Tippgeber-Provision 52 TLAs 138 Towel Day 258 Tratsch 217 TVÖD 193
U Überstunden 181, 228 Umgang mit Kollegen 229 Kunden 229 Manager 221 Managern 221 Projektmanagern 220 Vorgesetzten 220, 224 Umsatzsteuervoranmeldungen 41 Unterlagen 160 Unternehmensgröße 194 Urlaub 103 Usenet 86
V variable Vergütung 200 Verbände 74 BDU 74 Bitkom 74 Blogs 74 Deutsches Verbändeforum 74 Verbände.de 74 Verbesserungsvorschläge 217 Verbleib 43, 178 Vergünstigungen 200 Verhandlungstechnik 193 Verkaufen 247 Verkäufer 248, 249 Verlierer 260 Veröffentlichungen 95 Vertrag 44, 46 Dienstvertrag 44 Haftung 45 Option auf Verlängerung 45 Werkvertrag 44 Wettbewerbsverbot 45 Zahlungsziel 45 Vertrauen 221, 253 Vertrieb 249 Visitenkarten 53 vollständigen Bewerbungsunterlagen 70
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Vorgänger 216 Vorstellung 165 Vorstellungsprozess 42 Vorträge 95
W Wegbeschreibung 160 Weiterbildung 51, 60, 111, 117, 235 Quereinsteiger 236 Soft Skills 237 Vielseitigkeit 238 Zertifikate 235 Wettbewerbsverbot 44 Wiederholungen 259 Wiedervorlage 104
X Xing 48, 64, 74, 77, 160, 267 Bewerbung und Recruiting 267 Headhunters direct 267 Xing-Basis-Mitgliedschaft 82 Xing-Premium-Mitgliedschaft 82 Young Career 267
Z Zahlungsziel 45 Zeitarbeitsunternehmen 68 Zeitpunkt 100 Zeitungen 61 Zertifikate 60, 235 CAPM 237 CCIE 237
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CCNA 237 CCNP 237 GPM 237 ITIL 237 ITSM 237 LPI 237 LPIC 237 MCSA 237 MCSE 237 PMI 237 PMP 237 PRINCE2 237 SAP 237 Zeugnisse Abiturzeugnis 147 Ausbildungszeugnis 146 Diplomzeugnis 146 frisieren 148 Praktika 147 Psychotests 148 Schulzeugnisse 147 Self-Assessments 148 Seminare 147 Übersetzung von 116 Weiterbildungen 147 Zeugnissprache 149 Ziele 186, 224 Zielkorridor 199 Zukunftsperspektive 198 zweites Gespräch 177 Zwischenbescheid 104