Atlan - Der Held von
Arkon
Nr. 220
Der Kreis der Zeit Sein Ziel ist der Sturz des
Usurpators - sein Gegner ist eine...
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Atlan - Der Held von
Arkon
Nr. 220
Der Kreis der Zeit Sein Ziel ist der Sturz des
Usurpators - sein Gegner ist eine
Legende
von H. G. Francis
Das Große Imperium der Arkoniden kämpft um seine nackte Existenz, denn es muß sich sowohl äußerer als auch innerer Feinde erwehren. Die äußeren Feinde sind die Maahks, deren Raumflotten den Streitkräften des Im periums durch überraschende Schläge schwere Verluste zufügen. Die inneren Fein de Arkons sind Habgier und Korruption der Herrschenden, die – allen voran Impera tor Orbanaschol III. – nur auf ihren eigenen Vorteil bedacht sind und das Gemein wohl völlig außer acht lassen. Gegen diese inneren Feinde des Imperiums ist der junge Atlan, der rechtmäßige Thronerbe und Kristallprinz von Arkon, der eine stetig wachsende Schar von ver schworenen Helfern um sich sammeln konnte, bereits mehrmals erfolgreich vorge gangen. Selbst empfindliche Rückschläge entmutigen ihn nicht und hindern ihn und seine Helfer nicht daran, den Kampf gegen Orbanaschol, den Diktator und Usurpa tor, mit aller Energie fortzusetzen. Doch da ist auch noch ein Mann auf Arkon, der, ohne daß Atlan von seiner Exi stenz weiß, die Sache des Kristallprinzen vertritt. Dieser Mann ist USO-Agent Sinclair M. Kennon. Aus ferner Zukunft wurde er in das alte Arkon verschlagen, wo er dank seiner großen kriminalistischen Fähigkeiten unter dem Namen Lebo Axton einen wichtigen Posten im imperialen Geheimdienst übernehmen konnte. Jetzt will er die Ereignisse zugunsten Orbanaschols manipulieren. Er weiß es noch nicht – aber er bewegt sich im KREIS DER ZEIT …
Der Kreis der Zeit
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Die Hautpersonen des Romans:
Lebo Axton-Kennon - Ein Terraner aus der Zukunft in Orbanaschols Diensten.
Kelly - Kennons seltsamer Roboter.
Sorgith Artho - Kennons arkonidischer Assistent.
Mara Bonkal - Eine »Heldin« von Arkon.
Lano - Ein »Werwolf«.
Quertan Merantor - Geheimdienstchef von Arkon I.
Schon als Leiquon Arkatenbel sich der Jagdhütte näherte, spürte er, daß irgend et was nicht in Ordnung war. Etwa zehn Meter vom Seeufer entfernt blieb er stehen und blickte sich um. Alles sah ruhig aus. Nebelschleier um wehten die Mauern der Hertanan-Villa Bon kals. Sie dämpften das Licht der aufgehen den Sonne. Ein paar dunkle Seilkvögel um kreisten den turmartigen Aufbau mit den Antennen, die bis ins All hinauszugreifen schienen. Über die Wipfel des Waldes hinweg konnte Arkatenbel die obere Rundung des Raumschiffs sehen, das erst vor einigen Ta gen von den Werften Arkons gekommen war. Was hatte Arkatenbel beunruhigt? Er wußte es nicht zu sagen. Vorsichtshalber lud er den Jagdstifer durch. Die Waffe verschoß nadelfeine Bol zen, die mit Widerhaken versehen waren. Wenn ein solcher Bolzen in einen Körper eindrang, spreizten sich fünf Nadeln davon ab und bremsten das Geschoß somit schlag artig ab. Dies war die einzige Methode, mit der die Sonnenhirsche erlegt werden konn ten, ohne daß es bei ihnen zu einer schockar tigen Reaktion kam, durch die das Fleisch ungenießbar wurde. Sollte sich ein solcher Hirsch in der Nähe versteckt haben, um ihn zu überfallen? So etwas wäre nicht unmöglich gewesen. Auf Kafa war man sich einig, daß diese Tiere über eine gewisse Intelligenz verfügten, und daß sie gerade deshalb so gefährlich waren. Arkatenbel trat einige Schritte zur Seite und glitt lautlos bis an das Seeufer heran. Von hier aus konnte er die Hütte besser
übersehen. Doch da war nichts, was ihm hät te gefährlich werden können. Er ließ die Waffe sinken. Allmählich wurde er nervös. Er mußte an Bonkal denken. Ihm erging es kaum anders. Die Sabotageakte der letzten Zeit hatten alles durcheinandergebracht. Sie hatten die Ruhe gestört. Arkatenbel öffnete die Tür der Jagdhütte. Knarrend drehte sie sich in ihren Angeln. Damit überdeckte sie das Geräusch, welches das Wesen verursachte, das hinter dem Be rater Bonkals aus dem Wasser stieg. Es war hochgewachsen und von humanoi dem Äußeren. Der unbekleidete Oberkörper war dicht behaart, und auf den breiten Schultern thronte der Kopf eines Raubtiers mit weit vorspringender Schnauze, großen Augen und einem Federbusch, der vom Nacken her über den Kopf hinwegragte. Das Wesen warf den Halm weg, durch den es geatmet hatte, als es unter Wasser ge wesen war. Dabei verursachte es ein leises Geräusch. Arkatenbel fuhr herum. »Sak, was treibst du hier?« fragte er über rascht. Das Wesen antwortete mit einer dumpf grollenden Stimme, die kaum zu verstehen war. Es entblößte die Zähne. Fingerlange Giftstacheln schoben sich durch zwei Zahn lücken nach vorn. Arkatenbel fuhr zurück. »Du, Sak?« Er schüttelte den Kopf. »Das darf doch nicht wahr sein …« Das seltsame Geschöpf duckte sich leicht und schnellte sich knurrend auf den Arkoni den. Dieser riß den Jagdstifer hoch und drückte ab. Der Nadelbolzen fuhr Sak im gleichen Moment ins Herz, als dieser Arka tenbel mit den Giftstacheln die Haut aufriß. Die beiden Gegner trennten sich. Beide tau melten zurück. Sie blickten sich mit gewei
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H. G. Francis
teten Augen an, wobei sich beide darüber klar waren, daß sie sich gegenseitig den To desstoß versetzt hatten. Der Arkonide versuchte, etwas zu sagen, doch seine zuckenden Lippen entließen nur unverständliche Laute. Sak stürzte auf die Knie. Er preßte die Hände auf die Brust, öffnete den Rachen und biß einige Male wild in die Luft. Dann kippte er vornüber und blieb auf dem Boden liegen. Arkatenbel schleppte sich noch bis in die Jagdhütte. Hier mühte er sich mit letzter Kraft ab, einen Kurzbericht in ein Aufzeich nungsgerät zu sprechen, aber vergeblich. Die durch das Gift hervorgerufene Lähmung breitete sich so schnell über seinen ganzen Körper aus, daß er nichts mehr erklären konnte. Der Arkonide starb, ohne Bonkal benach richtigen zu können.
* »Haben Sie von Sereylon Markharet ge hört?« fragte Avrael Arrkonta. Er stand mit hinter dem Rücken verschränkten Armen an der Fensterfront seiner Luxuswohnung und blickte auf die Parklandschaft hinaus, die weite Teile des Planeten bedeckte. Von hier aus reichte die Sicht bei klarem Wetter bis fast zum Hügel der Weisen, dem Regie rungssitz des Imperators. »Sereylon Markharet?« fragte Lebo Ax ton sinnierend. Er saß in einem Sessel hinter dem Industriellen. Seine kurzen Beine bau melten in der Luft. Hinter, ihm stand Robot Kelly. »Markharet? War das nicht der Mann, der die Verwüstung des Planeten SosholTrakheer verschuldete?« Avrael Arrkonta drehte sich überrascht um. »Der Wissenschaftler experimentierte mit einer Waffe, die er das Kristallschwert nannte. Leider gelang es ihm nie, sie unter Kontrolle zu bekommen. Das sollte späteren Generationen …« Lebo Axton brach betroffen ab.
Avrael Arrkonta lachte laut auf. »Hören Sie auf«, rief er amüsiert. »Mich brauchen Sie doch nicht in dieser Weise zu bluffen, Lebo. Tun Sie mir gegenüber nicht so, als wüßten Sie nicht genau, daß Sereylon Markharet noch gar nicht mit seinen Experi menten begonnen hat. Wieso sprechen Sie in der Vergangenheit von ihm?« Sinclair Marout Kennon, der unter dem Namen Lebo Axton in einer arkonidischen Zeit lebte, von der er nicht wußte, ob sie für ihn tatsächlich real war, suchte nach Worten. Für einen kurzen Moment war er nicht kon zentriert genug gewesen und hatte sich ver plappert. Er kannte die arkonidische Ge schichte, wie sie jemand kennen konnte, der sich zehntausend Jahre später mit den histo rischen Begebenheiten befaßt. Er wußte, welche herausragenden Ereignisse die histo rische Entwicklung des arkonidischen Impe riums beeinflußt hatten. Daher war ihm auch bekannt, daß der Wissenschaftler Markharet gefährliche Experimente unternommen hat te, die gescheitert waren. Die Bevölkerung eines ganzen Planeten hatte dabei ein grausi ges Ende gefunden. Als Lebo Axton aber durfte er das noch nicht wissen, und er durfte sich vor allem darüber nicht äußern. »Ich wollte einen Scherz machen«, erklär te er und rutschte aus dem Sessel. »Ich gehe zu, daß es ein makabrer Scherz war. Selbst verständlich kann niemand schon jetzt sa gen, wie die Experimente dieses Markharet verlaufen werden.« »Das will ich meinen«, entgegnete der Arkonide. »Warum fragten Sie, Avrael?« Arrkonta überlegte. Dabei schenkte er Axton ein alkoholisches Getränk ein, von dem sie bereits einige Gläser genossen hat ten. »Nun, Lebo«, eröffnete er dem Kosmokri minalisten endlich. »Einige einflußreiche Freunde sind zusammen mit diesem Mark haret an mich herangetreten.« »Warum? Ich verstehe nicht.« Arrkonta blickte ihn überrascht an.
Der Kreis der Zeit »Sie wissen, daß der Planet SosholTrakheer mir gehört«, erklärte er und lächel te unmerklich dabei. »Das ist eine Tatsache, die mich vollkommen überrascht hat, wie ich gestehe. Ich habe nicht damit gerechnet, weil darüber bisher nur ein paar meiner Freunde informiert waren. Nun, mittlerweile habe ich mich damit abgefunden, daß der ar konidische Geheimdienst sich offenbar um alles kümmert. Sie haben wahrscheinlich meine Akte eingesehen.« Axton war in der Klemme. Er durfte ei nerseits nicht diese billige Ausrede suchen, weil Arrkonta sein Freund war. Andererseits konnte er nicht zugeben, daß er von den Er eignissen um den Planeten Soshol-Trakheer wußte, weil er die Zukunft kannte. »Sie irren sich, Avrael«, erwiderte er be hutsam. »Bis jetzt habe ich mir Ihre Akte noch nicht angesehen. Ich vertraue Ihnen und bin überzeugt davon, daß Sie mir auch so sagen werden, was Sie für wichtig hal ten.« Nun war der Arkonide verblüfft. »Aber, wieso …?« »Vielleicht darf ich Ihnen das später ein mal verraten?« Axton lächelte begütigend. »Sagen Sie mir, was Ihre Freunde von Ihnen wollten.« Arrkonta trank sein Glas aus. »Also gut, Lebo. Sie wollten, daß ich Markharet erlaube, seine Experimente auf Soshol-Trakheer durchzuführen. Sie haben mir gesagt, daß diese Arbeiten gefährlich sind. Daher weiß ich nicht, wie ich mich ent scheiden soll. Helfen Sie mir.« Axton-Kennon hatte das Gefühl, von ei nem Faustschlag in den Magen getroffen zu werden. Bis zu dieser Sekunde hatte er noch nicht einmal andeutungsweise damit gerech net, mit einer solchen Entscheidung kon frontiert zu werden. Seine Gedanken über schlugen sich, und er hatte nur einen Wunsch, möglichst viel Zeit für seine Ant wort zu gewinnen. Er wußte, daß der Wissenschaftler Mark haret mit seinem Kristallschwert scheitern und daß der Planet Soshol-Trakheer unter
5 gehen würde. Das war aus der Sicht des Majors Sinclair Marout Kennon, der für die USO Atlans und das Solare Imperium Perry Rhodans tätig gewesen war, eine geschichtliche Tatsache. Millionen Arkoniden hatten bei dieser Kata strophe den Tod gefunden. Die Entscheidung über das Schicksal lag plötzlich nicht mehr in den Händen von Avrael Arrkonta. So sah es nur aus. Axton hatte jedoch in den letzten Sekunden die Überzeugung gewonnen, daß der Arkonide den Planet nicht zur Verfügung stellen woll te. Er wollte die Bitte des Wissenschaftlers und seiner Freunde ausschlagen. Nur einer konnte ihn vermutlich noch um stimmen. Er selbst. Lebo Axton. Das war einfach unlogisch. Es konnte nicht sein. Wieder einmal fragte Axton sich, ob er in einer realen oder in einer Traumwelt lebte. War er wirklich? Niemals zuvor war er auf eine derartige Situation gestoßen. Sie erschien ihm absolut ausweglos. Wenn er Avrael Arrkonta abriet, dann würde der Arkonide die Erlaubnis verwei gern. Entschied sich der Industrielle aber ge gen die Experimente, dann würden Millio nen Arkoniden überleben; dann mußte die Geschichte des arkonidischen Imperiums ei ne andere Entwicklung nehmen. Sie konnte sich so kraß von jener unterscheiden, die Axton-Kennon kannte, daß nie ein Solares Imperium entstehen würde. Soshol-Trakheer mußte also untergehen. Die Entscheidung darüber durfte aber nicht bei ihm, Axton liegen. Sie konnte gar nicht bei ihm liegen, weil er von der Ver nichtung des Planeten gewußt hatte, bevor er mit Hilfe der Traummaschine in die arkoni dische Vergangenheit gereist war. Eine derartige Manipulation erschien Ax ton absolut unmöglich. »Nun, Lebo?« fragte Avrael Arrkonta. »Sie schweigen? Warum sagen Sie nichts.« Der Verwachsene hob abwehrend die
6 Hände. »Es tut mir leid, daß ich diesen makabren Scherz gemacht habe.« Arrkonta lachte. »Nein, das meine ich nicht. Und so billig lasse ich Sie auch nicht davonkommen. Hier und jetzt sollen Sie, mein Freund, mir eine schwere Entscheidung abnehmen. Das ist doch nicht zuviel verlangt, oder? Ich möchte Sie natürlich nicht beleidigen. Ihre Worte haben mir gezeigt, daß Sie über den Inhalt der Experimente informiert sind. Ich mache es daher von Ihnen abhängig, ob Markharet anfangen kann oder nicht.« »Lassen Sie einen anderen entscheiden, Avrael. Ich bitte Sie darum.« Der Arkonide lachte erneut. »Nein, ich habe es mir in den Kopf ge setzt, Sie Schicksal spielen zu lassen.« »Wenn ich sage, daß Sie Markharet die Genehmigung geben sollen, kann Sie dann noch jemand umstimmen?« »Nie und nimmer.« »Dann sagen Sie ja, Avrael.« Axton atme te schwer und keuchend. Er fühlte, daß ihm der Schweiß ausbrach. Das Unmögliche war wirklich geworden. Der Arkonide erhob sich und ging zu seinem Videogerät. Er drückte einige Knöpfe, bis das Bild eines dunkelhaa rigen Mannes erschien. Mit gedämpfter Stimme erteilte er ihm einige Befehle und kehrte dann zu seinem Sessel zurück. »Markharet wird Ihnen auf den Knien danken«, sagte er lächelnd. Axton hörte diese Worte kaum. Ihm war eine ungeheuerliche Idee gekom men, die alles auf den Kopf stellte, was sei ne bisherige Existenz anbetraf. Sie war in ih ren Konsequenzen so außerordentlich, daß Axton sie kaum zu durchdenken wagte. Er gab Robot Kelly einen Wink. »Komm her, du Mißgeburt«, sagte er mit heiserer Stimme. »Ich muß in meine Woh nung.« »Schon jetzt?« fragte Arrkonta über rascht. »Ich habe Sie doch nicht beleidigt?« »Überhaupt nicht, lieber Freund«, erwi derte Axton. »Dennoch bitte ich Sie, mich
H. G. Francis zu entschuldigen. Ich fühle mich nicht be sonders gut.« »Das sieht man Ihnen allerdings an«, stellte der Arkonide besorgt fest. »Kann ich etwas für Sie tun? Soll ich einen Arzt ru fen?« »Kelly wird mich versorgen. Machen Sie, bitte, keine Umstände.« Der Verwachsene kletterte auf den Rücken des Roboters, stemmte seine über großen Füße in die Haltebügel und klam merte sich an den Schultern fest. Avrael Arrkonta brachte Axton zur Tür. Er ließ ihn durch drei Bedienstete bis in sei ne Wohnung begleiten. Axton legte sich ins Bett, als er allein war. Robot Kelly blieb neben der Ruhestätte ste hen. »Was willst du?« fragte der Terraner ge reizt. »Nichts«, antwortete Kelly. »Ich bin zu frieden.« Axton fuhr auf. Schweiß bedeckte seine Stirn. »Was bist du?« »Zufrieden.« Kelly neigte sich leicht nach vorn, so daß Axton das Organband sehen konnte, das halb um seinen Schädel führte. »Ich wollte präzise damit ausdrücken, daß ich keine Wünsche habe.« Der Verwachsene ließ sich in die Kissen zurückfallen. »Mein lieber Kelly«, sagte er nach einer Weile mit unnatürlich ruhiger Stimme. »Du bist dazu da, mir zu dienen, mich zu be schützen und mir auf gar keinen Fall zu schaden. Begreifst du das?« »In der Tat. Das sind Dinge, die bereits in meiner Grundprogrammierung festgelegt worden sind.« Lebo Axton fuhr wie von der Feder ge schnellt hoch. »Und warum hältst du dich nicht an deine Programmierung?« schrie er wütend. »Warum quälst du mich systematisch?« Es klickte bedrohlich im Kopf des Robo ters. Der Terraner ließ sich erneut in die Kis
Der Kreis der Zeit sen sinken. Besorgt musterte er Kelly. »Was ist los?« fragte er. »Ich habe einige Kurzschlüsse registriert, Meister«, antwortete die Maschine. »Der Schaden wurde bereits wieder behoben.« »Du hattest einen Dachschaden?« »Wenn du meine Schädeldecke als Dach bezeichnest, Schätzchen, dann ist diese For mulierung nicht richtig, denn der Schaden lag darunter.« »Ich geb's auf«, sagte Axton stöhnend. »Warum habe ich dich bloß vom Schrott platz mitgenommen? Hätte ich dich dort ge lassen, dann wärest du jetzt schon längst ein geschmolzen und wenigstens zu einem Ge genstand von einem gewissen Wert verar beitet worden. So aber …« »Du warst hilflos«, erklärte Kelly. »Du brauchtest dringend einen Roboter, der dich …« »Ruhe«, brüllte Axton. Sein Haß gegen Roboter brach wieder aus. Kelly hätte nicht erwähnen dürfen, wie hilflos Kennon gewe sen war, als er nach dem Sturz durch den Zeitstrom wieder zu sich gekommen war. Er sprang aus dem Bett, eilte hastig zu ei nem Sessel, auf dem sein Energiestrahler lag. Er richtete die Waffe dann jedoch nicht auf den Roboter, wie er es impulsiv hatte tun wollen, sondern legte sie wieder zurück. Er beruhigte sich rasch. »Du hast mein Gespräch mit Avrael Arr konta gehört«, sagte er. »Er hat mich zu meiner Entscheidung gezwungen. Stimmt das?« »Diese Feststellung ist richtig.« »Tu nicht so förmlich. Ich will etwas klä ren, und dabei möchte ich nicht durch dich abgelenkt werden. Verzichte also auf deine dämlichen Mätzchen. Ich weiß, daß der Pla net Soshol-Trakheer untergehen wird. Ich erinnere mich an die Zukunft, Verstehst du das?« »Nein.« »Das ist auch nicht …« Axton brach ab. Das Videogerät sprach an. Er gab Kelly den Befehl, es einzuschalten. Er selbst setzte sich in einen Sessel. Sekunden später erschi
7 en das massige Gesicht von Quertan Meran tor, dem Geheimdienstchef von Arkon I, auf dem Projektionsfeld. Axton richtete sich un willkürlich auf. »Ich muß Sie sofort sprechen«, erklärte der Arkonide. »kommen Sie in mein Büro.« Lebo Axton wußte, daß er jetzt höchste Eile an den Tag legen mußte. Er kletterte auf den Rücken des Roboters und hieb diesem die geballte Faust auf den Kopf. »Los, du Esel, lauf schon«, befahl er. Kelly eilte aus der Wohnung, von der ein kurzer Gang zu einem Gleiterparkeinschnitt erfolgte. Hier stand eine neue Maschine, die Axton erst vor einigen Tagen erworben hat te. Die Erfolge der letzten Zeit hatten ihm beträchtliche finanzielle Mittel und eine neue Wohnung eingebracht. Obwohl Axton äußerst schnell im Ar beitsraum Merantors erschien, blickte dieser ihn mißbilligend an. »Ich weiß nicht, warum ich mich mit ei nem Krüppel eingelassen habe«, sagte der Arkonide brutal. »Mir wird schlecht, wenn ich sehe, wie Sie zu mir hereinschleichen.« Der Verwachsene kannte Quertan Meran tor zur Genüge. Er wußte, daß es keinen Sinn hatte, auf diese Bemerkungen einzuge hen. Der Geheimdienstchef war cholerisch und von einer schonungslosen Offenheit. Merantor saß hinter einem kleinen Tisch, auf dem nur eine Akte lag. Sein eigentlicher Arbeitstisch stand einige Meter weiter. Er war mit Papieren, Kommunikationsinstru menten und Schreibstiften förmlich übersät. »Können Sie mit Weibern umgehen?« fragte Merantor überraschend. »Natürlich«, antwortete Axton gelassen. Der Arkonide richtete sich auf seinem Stuhl auf. Er verschränkte die Arme vor der Brust, verengte die Augen und streckte das kantige Kinn vor. »Geben Sie nicht so an, Axton«, sagte er. »Nach dem, was ich bisher von Ihnen gehört habe, fangen Sie immer an zu stottern, wenn Sie weibliche Hüften sehen.« Axton, der noch immer in den Haltebü geln auf dem Rücken seines Roboters stand,
8 tippte Kelly an den Kopf. »Unter den gegebenen Umständen ist es wohl besser, ich komme später wieder«, er klärte er. »Vielleicht kann man dann ver nünftiger mit Ihnen reden.« Der Arkonide stützte die Hände auf den Tisch. Er musterte Axton kalt und abschät zend. »Wissen Sie, wer Mara Bonkal ist?« »Leider nein.« »Manchmal wundere ich mich über Sie, Axton. In manchen Dingen sind Sie ein Ge nie, dann wiederum wissen Sie nichts über so wichtige Persönlichkeiten wie etwa Mara Bonkal.« »So ist das«, entgegnete der Verwachsene gleichmütig. Der Geheimdienstler klappte die vor ihm liegende Akte zu und warf sie Axton hin über. Robot Kelly fing sie mit blitzschneller Bewegung auf. »Es geht um Sabotageanschläge«, erklärte Merantor. »Mara Bonkal hat die verrückte Neigung, sich mit allen möglichen exoti schen Geschöpfen der Galaxis zu umgeben. Fast alle sind Tiere, aber es sind auch Halb intelligenzen dabei, von denen niemand sa gen kann, wie sie im nächsten Moment rea gieren werden. Wir vermuten, daß ein Teil der Sabotageakte, die auf Kafa im System Kaf-Kalga verübt worden sind, auf diese Geschöpfe zurückzuführen sind. Es muß un ter ihnen welche geben, die von den Me thanatmern gedungen worden sind.« Axton schürzte die Lippen. »Ist das ein Fall für mich?« fragte er ohne großes Interesse. Quertan Merantor erhob sich. Er stemmte die Fäuste in die Seiten. »Und ob«, sagte er ärgerlich. »Oder soll ten Ihnen die Erfolge der letzten Zeit zu Kopf gestiegen sein?« Axton lächelte. Zum ersten Mal spürte er eine gewisse Feindschaft, die von Merantor ausging. War sich der Geheimdienstchef dessen bewußt geworden, wie sehr er in sei ner Position gefährdet war, wenn es ihm – Axton – gelang, die Reihe seiner Erfolge
H. G. Francis fortzusetzen? Fürchtete er die Konkurrenz bereits? Für Kennon-Axton war es ganz klar, daß er versuchen mußte, selbst Chef der mächtigsten Organisation des arkonidi schen Imperiums zu werden. Er hatte jedoch nicht damit gerechnet, daß sich jetzt bereits eine Gegenströmung bemerkbar machte. »Keineswegs«, erwiderte er vorsichtig. »Ich denke nur, das Problem ist leicht lös bar, wenn man Mara Bonkal verbietet, sich einem solchen Risiko auszusetzen.« Merantor schnaubte wütend. »Sie haben keine Ahnung, wer Mara Bon kal ist«, erklärte er. »Sie gehört zu den mili tärischen Führungsspitzen des Reiches. Der Imperator bringt ihr höchstes Wohlwollen entgegen. Er schätzt ihren militärischen und politischen Rat, da sie beachtliche Erfolge auf beiden Gebieten aufzuweisen hat. Einer solchen Frau kann man nicht einfach etwas verbieten.« »Ich habe schon begriffen«, sagte Axton. Er wußte jetzt, warum er auf diesen einfach erscheinenden Fall angesetzt worden war. Zu allen Zeiten pflegten die Mächtigen ih re fähigsten Mitarbeiter dazu zu mißbrau chen, kleine Arbeiten für Freunde zu erledi gen, nur um diesen dadurch zu schmeicheln. Nicht anders schien es in diesem Fall zu sein. Orbanaschol III. hatte selbstverständlich auch seinen Kreis von Freunden und Hel fern, die die Basis seiner Macht bildeten. Für ihn wäre es nicht ausreichend gewesen, Gonozal VII. ermorden zu lassen. Dadurch allein hätte er noch nicht Imperator von Ar kon werden können. Er hatte von Anfang an die Unterstützung und Hilfe seiner Freunde benötigt. Nur durch sie hatte er seine Macht festigen können. Das wußte auch Orbanaschol. Deshalb be handelte er seine Freunde mit besonderer Rücksicht. Schmeichelte ihnen hier, be schenkte sie dort, verlieh ihnen hohe Ämter und gab ihnen die Möglichkeit, sich Reich tümer zu erwerben. Mara Bonkal gehörte offenbar zu diesem Kreis. Bei ihr duldete Orbanaschol III. ge
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wisse Verrücktheiten, um sie nicht zu verär gern. Lebo Axton klemmte sich die Akte unter den Arm. »Haben Sie noch Fragen, Axton?« »Nein, vorläufig nicht.« Der Terraner tippte den Roboter an und verabschiedete sich. Als die Tür hinter ihm zuglitt, überfiel ihn die Erkenntnis, wer Ma ra Bonkal war, mit elementarer Wucht.
* Der Arkonide trat ein, musterte Axton von oben herab und ging grußlos zu einem Sessel. Er setzte sich, schlug die Beine über einander und schob sich einen Paragum zwi schen die Zähne. Er kaute einige Male auf der zähen Masse herum und sagte danach: »Mein Name ist Sorgith Artho. Sie wer den mir behilflich sein, die Sabotagefälle von Kafa im System Kaf-Kalga zu lösen.« Axton lehnte sich in seinen Sessel zurück und legte die Akte auf den Tisch. »Ach, werde ich das?« »Merantor und ich haben über Mara Bon kal gesprochen. Wir sind uns einig darüber, daß dieser Fall zu delikat für einen … einen Mann wie Sie ist.« Sorgith Artho blickte Axton in eindeutiger Weise an. »Sagen Sie ruhig Krüppel. Das wollten Sie doch?« »Allerdings«, antwortete der Arkonide verächtlich. »Wir können es Mara Bonkal nicht zumuten, in dieser Weise … Was ma chen Sie denn da?« »Ich habe soeben die Nummer von Quer tan Merantor eingetippt.« Der Arkonide sprang auf. »Merantor ist nicht da.« »So?« Axton lächelte unmerklich. Er wandte sich an Quertan Merantor, dessen Bild auf der Projektionsfläche erschien. »Ein gewisser Sorgith Artho ist bei mir. Er hat mir soeben erklärt, daß er und Sie überein gekommen sind, Mara Bonkal eine Arbeits gruppe zu senden, der Sorgith Artho vor steht.«
Artho stand vor Axton und blickte haßer füllt auf ihn herab. Sein Gesicht hatte eine wächserne Tönung angenommen. Der Ver wachsene stellte mit gewisser Genugtuung fest, daß die Hände des Arkoniden zitterten. »Artho wird Sie begleiten«, erwiderte der Geheimdienstchef scharf. »Er untersteht Ih rem Befehl.« Damit unterbrach er die Verbindung. »Das werden Sie mir büßen, Lebo Ax ton«, sagte Sorgith Artho mit bebender Stimme. »Setzen Sie sich, und halten Sie den Mund«, entgegnete der Verwachsene gelas sen. »Ich habe zu arbeiten. Wenn ich damit fertig bin, stehe ich Ihnen zur Verfügung. Bis dahin belästigen Sie mich nicht.« Der Arkonide gehorchte. Er war ein unge wöhnlich schmal gewachsener Mann, der Axton durch seine äußere Erscheinung an die Aras erinnerte. Auffallend waren die großen, blauen Augen, die in einem lebhaf ten Kontrast zu dem schulterlangen, weißen Haar und dem blassen Teint standen. Seine Hände waren feingliedrig. Sie wirkten den noch zu groß, da die Finger unproportional lang waren. Der Kosmopsychologe durchschaute ihn. Sorgith Artho brannte, vor Ehrgeiz. Er war innerlich unsicher und versuchte dies durch eine gewisse Unverfrorenheit zu überspie len. Zweifellos war die Initiative von ihm ausgegangen. Er hatte auf eine noch unge klärte Weise von dem bevorstehenden Ein satz gegen die Saboteure erfahren und wollte sich ihm anschließen, um sich im Erfolg sonnen zu können. Kennon vermutete aber, daß Artho noch weit ehrgeizigere Pläne hat te. Er glaubte, daß der Arkonide ihn aus schalten wollte, um an seine Stelle treten zu können. Axton blickte auf. »Was wissen Sie über die Katanen des Capits?« fragte er. Sorgith Artho war vollkommen über rascht. »Die Katanen des Capits? Das sind Feier tage, die auf uralte Riten zurückgehen. Frü
10 her wurden damit die Fruchtbarkeitsgötter geehrt. Heute haben die Katanen selbstver ständlich ihre Bedeutung verloren, aber sie werden immer noch stark beachtet. Warum fragen Sie? Das müßten Sie doch wissen.« »Eine andere Bedeutung haben die Kata nen nicht?« »Nein.« »Wir fliegen morgen nach Kafa«, erklärte Axton, ohne Artho eine Begründung für sei ne Fragen zu geben. Er wartete, bis der Ar konide sich erhoben hatte und zur Tür ge gangen war. Dann befahl er: »Bringen Sie mir Informationsmaterial über Mara Bon kal.« Artho wollte sich auflehnen. Er überlegte es sich jedoch anders und sagte: »In einer Stunde können Sie alles haben, was bei uns vorhanden ist.« Axton fluchte leise, als er mit Kelly allein war. Dieser Auftrag gefiel ihm nicht. Nur mit dem größten Unbehagen dachte er daran, daß er Sabotagefälle aufklären sollte. Dafür gab es andere Männer, die geeigneter sein mochten als er. Zugleich aber faszinierte ihn die Möglichkeit, in die Nähe von Mara Bon kal zu kommen. Er hoffte, abseits des Auftrags im Sinne Atlans arbeiten zu können. An den Katanen des Capits würde eine Raumschlacht stattfinden. Die Maahks wür den eine arkonidische Flotte im ChemiSpieth überfallen. Das war es, woran Axton sich nach dem Gespräch mit Quertan Meran tor erinnert hatte. Als, Sinclair Marout Ken non hatte er sich eingehend mit der altarko nidischen Geschichte befaßt. Daher wußte er, daß die Schlacht in diesem Jahr, in dem er sich als Lebo Axton befand, an den Kata nen des Capits stattfinden würde. Was ihn aber geradezu elektrisiert hatte, war, daß er sich an die Mitwirkung der Arkonidin Mara Bonkal erinnert hatte. Von ihrer herausragenden Rolle würde noch Jahrtausende später die Rede sein. Ax ton glaubte jedoch, sich daran erinnern zu können, daß in keiner historischen Quelle
H. G. Francis exakt gesagt wurde, was sie eigentlich bei dieser Schlacht getan hatte, bei der die ge samte arkonidische Flotte und auch ihr Raumschiff YREMBEL vernichtet werden würde. Stets war nur von einer »heldenhaften Haltung« und von einer »strategisch genialen Leistung, die mit ein wenig mehr Glück den Untergang der Arko niden hätte abwenden können«, die Rede. Axton erhob sich. »Komm her, Kelly«, befahl er. »Wir flie gen nach Hause.« Er kletterte auf den Rücken des Roboters und ließ sich zum Gleiter bringen. Erst als er in seiner Wohnung war, sprach er wieder. Hier befand sich kein Abhörgerät. Das wuß te er genau. Die Scheiben der Wohnung wa ren schwingungsfrei gelagert. Es hätte einem weit entfernten Lauscher also nichts gehol fen, einen Spionstrahl gegen die Fenster scheiben zu richten. Diese konnten durch akustische Signale, wie sie bei einem Ge spräch entstanden, nicht in Schwingungen gebracht werden. Auch das elektrische Sy stem, mit dem die verschiedenen Apparatu ren versorgt wurden, hatte Axton entspre chend abgesichert. Mit den bestehenden technischen Möglichkeiten der Arkoniden konnte er nicht abgehört werden. Das war der Grund dafür gewesen, daß er sich für diese Wohnung entschieden hatte. In nächte langer Arbeit hatte er sie sorgfältig präpa riert. »Hör genau zu, Kelly«, forderte er. »Wir haben bereits über das Soshol-Trak heer-Problem gesprochen, es aber noch nicht abgeschlossen. Du weißt also, daß ich über gewisse Dinge, die in der Zukunft gesche hen werden, gut informiert bin. Ich will dir erklären, was an den Katanen der Capits passiert.« Er schilderte die Schlacht mit den Me thans und die Rolle, die Mara Bonkal dabei spielen würde. »Verstanden?« fragte er abschließend. »Logisch«, antwortete der Roboter. »Gut. Da ich also weiß, was passieren wird, habe ich den Plan entworfen, Mara
Der Kreis der Zeit Bonkals Rolle bei der Schlacht umzukehren. Ich will, daß sie nicht als Heldin daraus her vorgeht, sondern als Versagerin. Was würde das bedeuten?« »Das würde den Bonkal-Clan entmachten. Orbanaschol würde diese einflußreichen Fa milie fallenlassen. Er könnte gar nicht an ders, obwohl er sich damit selbst schwächen würde.« »Das würde die Zukunft verändern.« »Die Zukunft kann logischerweise gar nicht verändert werden, da sie keine feste Größe ist. Alle Entwicklungen sind mög lich.« »Für mich steht die Zukunft fest. Ich ken ne sie als Vergangenheit.« »Dann sehe ich mich gezwungen, festzu stellen, daß du entweder einen Dachschaden hast, Herzchen, oder daß du aus der Zukunft kommst.« »Ein bißchen mehr Respekt, wenn ich bit ten darf.« »Ich erlaube es dir.« Axton ließ sich durch diese Bemerkung des Roboters ausnahmsweise nicht provozie ren. »Wenn du annimmst, daß ich aus der Zu kunft komme«, fuhr er fort, »dann kannst du mir auch die Soshol-Trakheer – Entschei dung erklären.« »Selbstverständlich, Liebling«, erwiderte Kelly. »Das ist einfach. Wenn du mir die Wahrheit gesagt hast, und davon darf ich bei deinem edlen Charakter wohl ausgehen, dann …« »Rede nicht so dummes Zeug.« »… gibt es nur eine Antwort: Alles kann sich nur so entwickeln, wie du es aus deiner historischen Sicht kennst, weil du bereits in die Geschehnisse eingegriffen hast, wenn du in einer fernen Zukunft einmal Sinclair Ma rout Kennon sein wirst.« »Das ist genau der Schluß, den ich auch bereits gezogen habe.« »Es ist erfreulich, daß du mit deiner doch wesentlich geringeren Intelligenz zu dem gleichen Ergebnis gekommen bist wie ich.« »Du bist geschwätzig.«
11 »Es ist der Überschwung meiner Freude.« Axton stöhnte gequält. Er ging um den Roboter herum und schaltete ihn mit einer raschen Bewegung aus. »Das finde ich aber gar nicht nett«, sagte Kelly mit langsam ersterbender Stimme. Ax ton hatte jedoch kein Erbarmen mit ihm. Er wollte sich konzentrieren, denn er mußte ge nau wissen, wie er sich zu verhalten hatte, wenn er mit Mara Bonkal zusammentraf. Spielte es eine Rolle für die historische Ent wicklung, ob Mara Bonkal als Heldin oder als Versager aus der Schlacht hervorging? Axton legte sich aufs Bett und schloß die Augen, weil er sich so besser konzentrieren konnte. Er war jetzt überzeugt davon, daß er bei weitem nicht so vorsichtig wie bisher zu sein brauchte. Er konnte die Zukunft gar nicht manipulieren und auch kein Zeitpara doxon schaffen, so seltsam das auf den er sten Blick erschien. Er befand sich in einem Kreis der Zeit, aus dem er wahrscheinlich gar nicht ausbrechen konnte. Unwillkürlich fragte er sich, wie er die nächsten zehntausend Jahre überstehen wür de. Würde er neben Atlan leben? Nein, das war nicht möglich, denn dann mußte der Ar konide ihn wiedererkennen, wenn sie sich auf der Erde treffen würden. Vielleicht wür de er durch ein noch unbekanntes Ereignis erneut durch die Zeiten geschleudert wer den? Irgendeine Brücke mußte es jedoch ge ben. Jetzt hatte er erst Anschluß an die altar konidischen Ereignisse gefunden. Eine zweite Verbindung mußte sich zu jenen der Zeit des Solaren Imperiums ergeben. Kennon hielt es nicht länger in der Woh nung aus. Er aktivierte Kelly, stieg auf den Rücken des Roboters und befahl ihm, ihn ins Archiv des Geheimdiensts zu bringen. Hier verbrachte er den Rest der Nacht mit dem intensiven Studium verschiedener Akten, in denen eine überraschende Datenfülle über die wichtigsten Mitglieder des Bonkal-Clans zusammengefaßt waren. Mara Bonkal war zweifellos die führende Persönlichkeit dieser Familie.
12 Als Axton am frühen Morgen am Raum hafen erschien, empfing ihn Sorgith Artho mit eisiger Miene. »Ich wollte Ihnen die Akten in Ihr Büro bringen«, erklärte er. »Sie waren nicht da und waren auch in Ihrer Wohnung nicht zu erreichen. Ich habe die Akten ins Archiv zu rückgebracht.« »Kluger Junge«, murmelte der Terraner. »Wenn ich Sie nicht hätte …« Er ließ sich von Robot Kelly ins Schiff tragen. Es war ein kleiner Transportraumer, der Spezialgüter für Kafa geladen hatte und über nur wenige Passagierkabinen verfügte. Axton zog sich zurück, ohne sich um den Arkoniden zu kümmern, und legte sich ins Bett. Er schlief noch vor dem Start ein. Erst zwanzig Stunden später wachte er wieder auf. Mürrisch begab er sich in die Hygienekabine. Die Beine taten ihm weh, und er fühlte einen dumpfen Druck im Kopf. Dieser wich auch nicht, als der Terraner ge duscht hatte. Im Gegenteil. Er wurde intensi ver, so daß bald heftige Schmerzen einsetz ten. Axton versuchte, sie mit Medikamenten zu lindern, aber sie blieben nahezu ohne Wirkung. Axton ließ sich von Kelly ein leichtes Es sen servieren. Er schaltete den Interkom ein, als ein Signal anzeigte, daß sie sich dem Zielplaneten näherten. Kafa war eine Sauerstoffwelt, deren nörd liche Halbkugel von zahllosen Inseln be deckt wurde. Die südliche Halbkugel be stand aus einem einzigen, riesigen Konti nent, der öd und leer zu sein schien. Axton entdeckte nur wenige Seen, die aber offen sichtlich zu wenig Feuchtigkeit brachten, so daß sich keine ausgedehnte Vegetation aus bilden konnte. Die Inseln der nördlichen Re gionen aber waren grün und von landschaft lich außerordentlichem Reiz. »Was macht Artho?« fragte er. »Er hat sich viermal hier gemeldet«, ant wortete Gentleman Kelly. »Ich habe ihn ab gewiesen. Er ist wütend.« Der Terraner gähnte. Er lehnte sich in den Polstern zurück und rief sich die wichtigsten
H. G. Francis Daten der Akte Bonkal ins Gedächtnis zu rück. Er mußte vorsichtig sein. Mara Bonkal wollte richtig behandelt werden. Als der Frachter gelandet war, erschien Sorgith Artho erneut vor der Kabine. Axton wandte sich nicht um, als er energisch auf Kelly einredete. »Ich muß Lebo Axton unbedingt spre chen«, rief der Arkonide. Seufzend erhob sich der Kosmokrimina list. »Was gibt es denn?« fragte er. »Ich muß die Taktik mit Ihnen durchspre chen, nach der wir vorgehen werden«, er klärte Sorgith Artho. Gelassen kletterte der Verwachsene auf den Rücken seines Roboters. Kelly mar schierte an dem Arkoniden vorbei. Ärgerlich lief Artho hinter ihm her. »Je schneller Sie begreifen, Artho, daß auf Kafa alles nach meinen Vorstellungen abgewickelt wird, desto besser wird unsere Zusammenarbeit sein«, sagte Axton ruhig. »Spielen Sie nicht länger Theater, sondern benehmen Sie sich vernünftig. Dann ist alles in Ordnung. Kommen Sie mir vor allem nicht in die Quere, sonst treten Sie mit dem nächsten Schiff die Rückreise an.« Axton tippte Kelly auf den Kopf. Der Ro boter blieb vor der Hauptschleuse des Raumschiffs stehen. »Haben wir uns verstanden?« Sorgith Artho schäumte vor Wut. Der Verwachsene konnte ihm ansehen, daß er ihm am liebsten an die Gurgel gesprungen wäre, aber er fügte sich. Er schritt in einem Abstand von drei Metern hinter Axton her, als dieser auf dem Rücken Kellys das Raum schiff verließ. Direkt am Landeplatz wartete ein luxuriöser Kombigleiter auf sie. Das be scheidene Gepäck Axtons fand auf den Sit zen ausreichend Platz. Sorgith Artho dage gen mußte die Ladefläche für seine Sachen in Anspruch nehmen. Am Steuer der Maschine saß ein weiß blondes Mädchen, das Axton neugierig mu sterte. Sie trug eine zartrosa Uniform, die mit silbernen Knöpfen verziert war.
Der Kreis der Zeit »Ich soll Sie abholen«, sagte sie und deu tete mit dem Daumen über die Schulter. »Beeilen Sie sich.« Wenig später glitt die Maschine über eini ge flache Gebäude hinweg, von denen aus der Raumhafen verwaltet wurde. Sie lagen am Rande der Betonplastikpiste in einem waldreichen Gebiet. Nach einigen Minuten erreichte der Gleiter eine ausgedehnte Stadt, die an der Küste der Insel errichtet worden war. Ungefähr fünfzig Kilometer davon ent fernt befand sich der schloßartige Wohnsitz von Mara Bonkal. Der Gleiter raste in einer Höhe von etwa fünfhundert Metern darauf zu, als bei Lebo Axton plötzlich wieder star ke Kopfschmerzen einsetzten. Sie kamen so überraschend, daß er spontan die Hände an den Kopf legte und aufstöhnte. »Was fehlt Ihnen?« fragte Artho. »Es ist nichts weiter«, antwortete der Ver wachsene mühsam. Die Schmerzen ebbten wieder ab. Als Axton die Hand nach Robot Kelly ausstreckte, um sich eine Tablette geben zu lassen, erschütterte eine dumpfe Explosion die Maschine, die sich mit dem Bug steil aufrichtete. Die Arkonidin am Steuer schrie auf. In dieser Sekunde gab es eine zweite Ex plosion. Sie zerriß den Gleiter. Axton und Sorgith Artho, die auf den hinteren Plätzen saßen, wurden durch die vorderen Sitze vor Splittern und Explosionsdruck geschützt. Gentleman Kelly überstand die Explosion unbeschadet. Das schöne Mädchen aber wurde auf der Stelle getötet. Die Flugkabine zerbrach in drei Teile. Axton, Artho und Kelly stürzten heraus. Der Arkonide schrie gellend auf, als er in die bo denlose Tiefe fiel. Der Terraner warf sich mit einem kräfti gen Ruck herum. Noch befand sich der Ro boter über ihm. »Komm her, Kelly«, brüllte er. »Beeile dich gefälligst.« Der Roboter beschleunigte und holte rasch auf. Geschickt schob er sich unter den Verwachsenen, so daß dieser seine Füße in
13 die unteren Haltebügel schieben konnte. Sorgith Artho befand sich etwa fünfzehn Meter unter ihnen. Er schlug wie von Sinnen um sich, als könne er dadurch Halt finden. Sein Gesicht war gerötet und sein Mund weit geöffnet. Trümmerstücke des Gleiters wirbelten um Axton, Kelly und den Arkoni den herum. Als sie sich noch etwa einhundert Meter über dem Boden befanden, gab der Terraner dem Roboter den Befehl, Artho aufzufan gen. Kelly beschleunigte abermals, raste auf den Arkoniden zu und packte ihn am Kra gen. Dann flog er seitlich aus dem Trüm merregen heraus, verzögerte behutsam und landete am Ufer eines kleinen Sees neben ei ner hölzernen Hütte. Sorgith Artho brach zusammen. Er zitterte am ganzen Leib. Kennon beachtete ihn nicht. Er blickte nach oben. Die brennenden Trümmer des zerstörten Antigravgleiters klatschten zi schend auf die Wasseroberfläche und ver sanken. Auf dem Dach der Hütte hockte ein selt sames Wesen. Sein Hauptkörper war etwa so groß wie ein Fußball und tiefblau. Er wurde von zwei fingerdünnen Beinen getra gen, die etwa anderthalb Meter lang waren. An der oberen Rundung des kugelförmigen Rumpfes ragten drei flammenrote Federn hervor. »Landest du immer so?« fragte das mit ei nem dichten Pelz besetzte Geschöpf zwit schernd. Axton konnte nicht erkennen, wo Mund und Augen seines Gegenübers waren. »Landest du immer so?« »Nein, natürlich nicht«, antwortete er. Ar tho erhob sich. »Wir haben nur ein bißchen Spaß gemacht.« »Landest du immer so?« fuhr der blaue Ball fröhlich fort. »Ich sagte doch, daß ich …«, begann Ax ton. »Es hat keinen Sinn, mit dem Gröckl zu reden«, sagte jemand mit abgrundtiefer Baß stimme hinter ihm. »Er kann nicht mehr Worte sagen als diese.«
14 Robot Kelly drehte sich mit Axton um. Aus den Büschen kam ein Wesen hervor, das den Terraner an Gestalten aus phantasti schen Geschichten der Erde erinnerte. Es glich einem Werwolf. Vom Kopf bis zu den Hüften war es einem Wolf ähnlich. Der von einer kurzen Hose bedeckte Unterkörper schien aber einem Menschen zu gehören. Kennon hatte niemals von Geschöpfen dieser Art gehört. Er konnte eine gewisse Abscheu nicht unterdrücken. Ihm erschienen die Augen des Fremden tückisch, und von den Reißzähnen, die von den Lefzen entblö ßt waren, ging eine nicht zu übersehende Drohung aus. »Es ist ein Tier. Nichts weiter«, ergänzte das seltsame Wesen. »Daß unser Gleiter durch Sabotage zer stört und die Pilotin dabei getötet worden ist, scheint Sie nicht zu interessieren«, sagte Sorgith Artho mit schriller Stimme. Er stand unter Schockeinwirkung. »Mara Bonkal wird sich darum kümmern. Wir bedauern den Vorfall. Wer sind Sie?« Axton stellte sich vor. »Mein Name ist Lano«, sagte das Wesen mit dem Wolfskopf. »Ich stehe im Dienst Mara Bonkals. Folgen Sie mir, bitte.« Er wandte sich um und ging davon, ohne sich darum zu kümmern, ob Axton und der Arkonide ihm folgten. Der Verwachsene gab Kelly ein Zeichen. Schnell schloß der Robo ter zu Lano auf. Sorgith Artho eilte hinter ihnen her. »Axton«, sagte er keuchend, als er dicht hinter ihm war. Der Kosmokriminalist blickte über die Schulter zurück. Er sah, daß sich das Ge sicht des Arkoniden vor Haß und Wutver zerrte. »Axton, das werde ich Ihnen so leicht nicht vergessen.« »Was werden Sie nicht vergessen? Wo von sprechen Sie?« »Das wissen Sie genau. Sie haben mich absichtlich so tief abstürzen lassen, daß ich annehmen mußte, alles wäre vorbei.« »Was wollen Sie? Ich habe Sie gerettet.
H. G. Francis Ohne meinen Roboter wären Sie jetzt tot.« »Ich weiß«, rief Artho wütend. Er mußte schnell ausschreiten, um dem Roboter fol gen zu können. »Mußten Sie mich aber erst im allerletzten Moment auffangen? Hätten Sie das nicht früher tun können?« Lebo Axton grinste. Er schüttelte den Kopf. »Sie sind verrückt geworden, Artho«, er klärte er. »Anstatt mir auf Knien dafür zu danken, daß Sie noch leben, beschimpfen Sie mich.« Der Arkonide blieb schweratmend stehen. »Sie haben überlegt, ob Sie mich auffan gen sollten oder nicht. Sie waren versucht, mich auf diese bequeme Weise abzuschüt teln, Axton. Sie haben mich nicht gerettet, weil Sie sich dazu verpflichtet fühlten, wie es bei jedem anständigen Menschen der Fall gewesen wäre. O nein, Sie haben es nur ge tan, weil Sie sonst Unannehmlichkeiten ge habt hätten.« »Sie machen mir Spaß, Artho. Jetzt be daure ich fast …« Axton wandte sich ab. Kelly marschierte weiter. Sorgith Artho blieb weiter zurück als zuvor. Lano wartete, bis Axton bei ihm war. Aus den Büschen flatterte ein grüner Vogel herbei und umkreiste den Kopf des Terra ners, wobei er fröhlich zwitscherte. Unwill kürlich streckte Axton die Hand nach ihm aus. »Das würde ich nicht tun«, sagte das We sen mit dem Wolfskopf warnend. »Sie meinen, das könnte ihn verscheu chen?« fragte Axton. »Durchaus nicht«, erwiderte Lano. »Er könnte Ihre Haut mit dem Schnabel aufrit zen, und das wäre tödlich für Sie.« Axton zog seine Hand eilig zurück. Vor dem schloßartigen Gebäude befand sich eine weite Terrasse, die mit üppig blü henden Büschen umstellt war. Exotisch aus sehende Tiere spielten dort. Keines davon hatte Lebo Axton je gesehen. Aber er hatte kaum Augen für sie. Er sah die Frau an, die zwischen den Büschen stand und freundlich lächelnd auf ihn wartete.
Der Kreis der Zeit
15
Es war Mara Bonkal.
* Ein kleiner, grüner Vogel saß auf ihrer Schulter. Er war von der gleichen Art wie jener, vor dem Lano Axton gewarnt hatte. Mara Bonkal fürchtete sich jedoch nicht vor dem Tier, das spielerisch in dem seidigen Stoff ihres Kleides herumpickte. »Sie sind Lebo Axton, der ungemein er folgreiche Kriminalist. Quertan Merantor hat Sie mir empfohlen«, sagte die Arkoni din. Sie war eine ungewöhnlich schöne Frau. Die ausdrucksvollen Augen schlugen Axton förmlich in ihren Bann. Er hatte gewußt, daß Mara Bonkal schön war, da er zahlreiche Bilder von ihr gesehen hatte. Dennoch überraschte ihn ihr Ausse hen. Die Bilder waren weit von der Wirk lichkeit entfernt gewesen. Sie hatten die tat sächliche Schönheit dieser Frau noch nicht einmal ahnen lassen. Jetzt wußte Axton, was Quertan Merantor mit seiner Frage gemeint hatte. Die alten Komplexe, die Kennon von je her Frauen gegenüber geplagt hatten, bra chen wieder durch. Er fühlte, wie ihm heiß wurde. Das Herz schlug ihm wild in der Brust, und er wurde sich seiner Häßlichkeit bewußt. Für einen kurzen Moment wünschte er sich in den vollkommenen Robotkörper zurück, in dem er so lange existiert hatte. Dieser Frau gegenüber fühlte er sich be fangen. Er wurde sich dessen bewußt, daß er im Grunde genommen gar nicht gekommen war, um die Sabotageakte aufzuklären, son dern um selbst Sabotage zu begehen und einen Rufmord an dieser Frau vorzubereiten. Schon jetzt wurde er schwankend in seinem Entschluß. Äußerlich gelassen schritt Sorgith Artho an ihm vorbei, trat auf Mara Bonkal zu und begrüßte sie formvollendet. Mit selbstsiche rem Lächeln machte er ihr einige Kompli mente. Axton beobachtete Mara dabei. Sie
wandte sich dem Arkoniden zu, der sie durch seine Worte sofort für sich einzuneh men schien. Kennon fühlte eine widersinni ge Eifersucht in sich aufsteigen. Für einen kurzen Moment wollte ihn die Erregung übermannen, und fast hätte er sich zu eini gen unbedachten Äußerungen hinreißen las sen. Dann aber zwang er sich zu einem leich ten Lachen. »Ich sehe, Sie verstehen sich ausgezeich net«, sagte er. »Das ist Sorgith Artho, ein nicht weniger erfolgreicher Mitarbeiter Me rantors als ich.« Der grüne Vogel flatterte davon. Eine faustgroße, weiße Spinne kroch auf Mara Bonkal zu. Sie hatte ein Stielauge, das etwa einen Meter über dem Spinnenkörper auf dem tentakelartigen Auswuchs schwankte. Die Arkonidin stampfte mit dem Fuß auf, und die Spinne zog sich eilig zurück. Mara Bonkal blickte Axton an. Ihre Au gen verdunkelten sich. »Ich habe erfahren, daß der Gleiter abge stürzt ist«, sagte sie. »Eine Explosion«, erwiderte Artho eilig. »Es muß Sabotage gewesen sein.« »Ich bin froh, daß Sie dabei nicht umge kommen sind«, erklärte die Arkonidin. Ax ton merkte ihr an, daß sie es ehrlich meinte. »Bitte, gehen wir doch ins Haus. Ich möchte Ihnen erzählen, was hier alles vorgefallen ist.« Mara Bonkal führte die beiden Männer in einen luxuriös eingerichteten Raum. Der Reichtum der Arkonidin war unübersehbar. Ebenso deutlich aber trat auch die extreme Vorliebe für exotische Lebensformen her vor. In dem Salon, der etwa einhundertfünf zig Quadratmeter groß war, entdeckte Axton auf Anhieb zwölf Geschöpfe, wie er sie nie mals zuvor gesehen hatte. Einige waren nur faustgroß und lagen unter Sesseln oder Schränken, andere beanspruchten erheblich mehr Platz. Lano hatte sich in einem Winkel in einen Sessel gesetzt und betrachtete einen Film im Video. »Ist das hier der rechte Platz?« fragte Ax
16 ton und stieg von seinem Roboter herunter. »Vielleicht sollten wir nicht so viele Zeugen haben.« »Nur Lano ist intelligent«, antwortete Ma ra Bonkal leichthin. »Er genießt mein volles Vertrauen.« Sie griff unter den Sessel, in dem sie saß, und holte ein buntgefiedertes Wesen darun ter hervor. Es rollte sich zu Axtons Überra schung auseinander und glich nun einer Schlange. »Was ist passiert?« fragte Axton. Ein humanoides Wesen näherte sich in unterwürfiger Haltung und setzte Gebäck und Getränke auf dem Tisch ab. Danach stellte es Gläser und Teller vor Axton und Artho. Es war untersetzt und hatte einen vo gelartigen Kopf mit weit vorspringendem Schnabel. Seine dunkle Haut schimmerte bläulich. Auch so ein Wesen war Kennon niemals begegnet. Er wurde sich dessen be wußt, wie groß die Zahl der verschiedenen Lebensformen in der Galaxis war, und wie viele von ihnen im Laufe der nächsten zehn tausend Jahre aus ihr verschwinden würden. »Die größten Schwierigkeiten ergaben sich in der Positronik und in der Raum schiffstechnik«, begann die Arkonidin. »Ich habe den Eindruck, daß hier irgendwo Agenten der Methans tätig sind, denen es darauf ankommt, diesen Planeten als militä rischen Stützpunkt weitgehend auszuschal ten. Sie wissen, daß hier eine Flotte von ins gesamt sieben Raumschiffen stationiert ist, darunter das größte und stärkste Schiff, die YREMBEL. An Bord dieser Einheiten traten zunächst erhebliche Störungen auf. Sie konnten durch extrem scharfe Bewachung jedoch bereinigt werden. Dennoch haben die Sabotageakte nicht nachgelassen. Sie konzentrieren sich jetzt auf die militärischen Anlagen außerhalb der Raumer, auf das Kommunikationssystem und meinen Mitarbeiterstab. Erst vor einigen Tagen wurde einer meiner besten Waffen spezialisten, der Vulkanträger Leiquon Arkatenbel, überfallen und getötet. Dabei ge lang es ihm zwar, den Angreifer zu erledi-
H. G. Francis gen, aber für ihn war es schon zu spät. Eine Untersuchung ergab, daß der Attentäter mit Drogen beeinflußt worden war und nicht aus freier Entscheidung handelte.« »Leider muß ich Ihnen sagen, daß sich Saboteure unter den vielen exotischen We sen, die hier frei herumlaufen, leicht verber gen können«, erwiderte Sorgith Artho streng. »Die beste Lösung wäre, daß Sie sich von allen trennen und nur noch arkonidi sches Personal in Ihrer Nähe dulden.« Mara Bonkal legte den Kopf in den Nacken und blickte den Arkoniden trotzig an. »Sie glauben doch nicht wirklich, daß ich meine Lieblinge davonjage, nur weil unter ihnen eventuell einer sein könnte, der mein Vertrauen nicht verdient?« fragte sie heraus fordernd. Artho merkte, daß er ungeschickt gewe sen war. Er lenkte jedoch nicht ein, sondern fuhr hitzig auf. »Sie vergessen, daß wir uns im Krieg be finden. Unter solchen Umständen können wir uns Nachlässigkeiten nicht erlauben. Die Tiere bilden einen besonderen Risikofaktor. Sie müssen weg. Es sei denn, daß Sie uns absolut eindeutig beweisen können, daß alle wirklich Tiere und keine Intelligenzwesen sind.« Mara Bonkal veränderte sich schlagartig. Aus der plaudernden Schloßherrin wurde die militärische Oberkommandierende. Ihr Ge sicht wurde hart. Unter der weichen Schale kam die kampfgewohnte Persönlichkeit her vor. Sie wandte sich Axton zu und tat, als sei Sorgith Artho nicht mehr vorhanden. »Haben Sie ähnlich intelligente Vorschlä ge zu machen?« fragte sie schneidend scharf. »Keineswegs«, antwortete Axton gelas sen. Dieser Persönlichkeit, die sich jetzt zeigte, fühlte er sich gewachsen. Er sah in ihr nicht mehr das verführerische Weib, son dern den klar denkenden und handelnden Offizier bester arkonidischer Schulung. »Soweit ich weiß, ist bisher durch nichts
Der Kreis der Zeit bewiesen, daß die Saboteure überhaupt im Kreise dieser exotischen Wesen zu suchen sind, die Sie so lieben«, fuhr er fort. »Wir werden erst einmal die einzelnen Fälle un tersuchen. Danach werden wir weitersehen.« »Es liegt auf der Hand, daß die Saboteure sich dort verstecken, wo sie am schwersten aufzuspüren sind«, wandte Artho hartnäckig ein. »Natürlich«, entgegnete Axton. »Dabei müssen Sie aber berücksichtigen, daß es für die Methanatmer nahezu unmöglich ist, Agenten gezielt auf diesem Wege einzuset zen! Mara Bonkal hat die Tiere und Halbin telligenzen aus galaktischen Bereichen mit gebracht, die weitab von den Anflugzonen der Methans liegen.« Mara Bonkal nickte ihm anerkennend zu. »Der Ansicht bin ich auch, Lebo Axton«, erwiderte sie. »Wie hätten die Methans her ausfinden sollen, wohin meine letzten Rei sen geführt haben? Wie hätten sie schon vorher dort einen vorbereiteten Agenten ab setzen können?« »Wahrscheinlicher ist, daß die Methans hier auf Kafa einige von den Halbintelligen zen eingefangen und mit ihren speziellen Mitteln beeinflußt haben«, erklärte Sorgith Artho. Axton-Kennon griff sich an den Kopf. Er spürte wieder ein unangenehmes Po chen. Vom Nacken her schien sich alles zu verkrampfen, und dann schienen sich tau send Nadeln in seinen Kopf zu bohren. Er rutschte aus seinem Sessel und blickte sich suchend um. »Was haben Sie?« fragte Mara Bonkal. »Ist Ihnen nicht gut?« forschte Artho. »Sie hätten nicht soviel trinken sollen.« »Kelly«, rief Axton stöhnend. »Paß auf.« In diesem Moment klirrten die Scheiben. Ein ovaler Gegenstand flog herein und rollte der schönen Arkonidin direkt vor die Füße. Gleichzeitig aber geriet der Roboter in Be wegung. Er schnellte sich über die Sessel und den Tisch hinweg, packte das Wurfge schoß, richtete sich auf und schleuderte es wieder zum Fenster hinaus. Dabei bewegte
17 er seinen Arm so schnell, daß die Bewegung für die Arkoniden und den Terraner schon nicht mehr wahrnehmbar war. Axton ließ sich fallen. Auch Mara Bonkal reagierte unerhört schnell. Sorgith Artho zö gerte etwas, bevor er sich duckte. Die Bom be explodierte auf der Terrasse. Axton sah eine grellweiße Stichflamme aufsteigen, und er hörte, daß die Splitter der Scheibe aus dem Rahmen sprangen. Einer von ihnen bohrte sich Artho in die Wange. Der Arkoni de schrie schmerzgepeinigt auf. Robot Kelly hatte sich nur nach vorn ge neigt. In dieser Haltung fing er die Druck welle ab, so daß er unmittelbar nach der Ex plosion loslaufen konnte. Er sprang durch das zerstörte Fenster auf die Terrasse hinaus und stieg danach steil in die Luft. Mit Hilfe seines Antigravtriebwerks erreichte er rasch eine Höhe von fast zweihundert Metern. Von hier aus spähte er in die Runde. Er hätte einen fliehenden Attentäter unbedingt sehen müssen. Er entdeckte aber nur einen Spiegel, der auf einer kleinen Anhöhe stand. Und er wurde auch nur durch die Explosion auf ihn aufmerksam, durch die er zerfetzt wurde. Lebo Axton eilte mit schleifenden Füßen auf die Terrasse hinaus. Dort, wo die Bombe explodiert war, befand sich nun ein etwa einen Meter tiefer Krater. Mehrere der exoti schen Tiere Mara Bonkals lagen tot auf den Steinen. Er fuhr sich mehrmals mit der flachen Hand über die Augen, da er nicht klar sehen konnte. Ihm war, als blicke er durch ein gro bes, flirrendes Sieb hindurch. Gentleman Kelly landete neben ihm. Ax ton streckte die Hand nach ihm aus und stieg auf seinen Rücken. Hier klammerte er sich fest und atmete einige Male tief durch. Er fühlte sich zunehmend sicherer. »Was hast du beobachtet?« fragte er. »Ein Spiegel, der zerstört wurde. Ein Hü gel. Sonst nichts.« »Was soll das?« forschte Axton ärgerlich. »Damit kann ich nichts anfangen. Los. Ich will's selbst sehen.« Er kümmerte sich nicht darum, daß Mara
18 Bonkal und Sorgith Artho heraus kamen. Auf dem Rücken des Roboters schwebte er in die Höhe. Kelly flog bis zu dem Hügel, auf dem der Spiegel gestanden hatte. »Landen«, befahl Axton. Der Spiegel bestand aus Glas. Nur noch Splitter waren von ihm übrig. Die Explosion hatte den Boden aufgerissen, so daß auch keine Abdrücke mehr vorhanden waren, aus denen Axton hätte erkennen können, in wel cher Stellung der Spiegel dort gestanden hat te. Nach kurzer Untersuchung drehte er sich um und blickte zum Haus Mara Bonkals hinüber. »Wozu ist ein Spiegel da?« fragte er. »Man kann damit um die Ecke sehen«, antwortete Kelly. »Kluger Junge«, lobte der Verwachsene. »Irgendwo an einem Fenster hat der Attentä ter gestanden. Mit Hilfe des Spiegels konnte er beobachten, wo wir uns im Salon aufhiel ten. Dann hat er die Bombe, die wahrschein lich mit einem Antigrav versehen war, auf uns gelenkt. Damit nach dem Attentat nie mand mehr feststellen kann, von wo aus die Bombe gesteuert wurde, hat er auch den Spiegel zerstört. Fast wäre der Plan aufge gangen.« Er kletterte wieder auf den Rücken des Roboters und ließ sich zur Terrasse zurück tragen. Inzwischen hatte das Personal aufge räumt und vor allem die Tierleichen ent fernt. Zwei Arkoniden waren dabei, den Bombentrichter zu schließen. Axton wollte Sorgith Artho nicht mehr verärgern als unbedingt notwendig. Deshalb berichtete er ihm und der Arkonidin, was er herausgefunden hatte. »Stellen Sie fest, wer sich im Haus aufge halten hat«, bat er Mara Bonkal. »Wichtig sind vor allem die oberen Räume. Von dort aus muß der Angriff gesteuert worden sein.« Weder die Arkonidin noch Artho ließen erkennen, wie weit sie das Attentat er schreckt hatte. Beide beherrschten sich mu stergültig, oder sie waren wirklich nicht be eindruckt. Axton konnte es nicht eindeutig
H. G. Francis unterscheiden. »Mein Roboter hat darüber hinaus Impul se geortet, die aus der Richtung der Raum schiffe gekommen sind«, eröffnete Axton der Arkonidin. »Es gibt wohl keinen Zwei fel, daß sie mit dem Vorfall in Verbindung zu bringen sind.« Axton spielte hoch. Er sah, daß sich die Augen der Frau weiteten und zugleich feucht wurden. Dieses Zeichen der Erregung war nicht zu übersehen. »Ich vertraue meinen Besatzungen«, sagte sie. »Was Sie da sagen, kann einfach nicht sein.« Sorgith Artho beobachtete ihn. »Sie dürfen niemandem vertrauen«, erwi derte Lebo Axton. »Es ist doch widersinnig, daß jemand von Bord eines Schiffes aus an dem Anschlag beteiligt gewesen sein soll«, bemerkte Artho heftig. »Bedenken Sie, wenn dort ein Sabo teur wäre, würde er sich ja selbst schaden, wenn es zu einem Zwischenfall im Raum kommt.« Axton tat, als habe er den Einwand nicht gehört. »Ich würde es begrüßen, wenn Sie mir mein Zimmer zeigten«, sagte er zu der Ar konidin. Er spürte ihren inneren Widerstand. Sie wollte nicht glauben, daß
Der Kreis der Zeit ein guter Ausblick auf den See. Axton legte sich in ein auf Antigravfeldern schwebendes Netz und überließ es Kelly, die Räume nach Abhörgeräten zu untersuchen. Er überdachte die nächsten Schritte, die unternommen wer den mußten. Für ihn stand fest, daß der ursprüngliche Plan beibehalten werden mußte. Wenn es gelang, Mara Bonkal in der be vorstehenden Schlacht an den Katanen des Capits in die Rolle einer Versagerin zu ma növrieren, dann wurde sie politisch und mi litärisch entmachtet. Das bedeutete, daß sie gleichzeitig auch für die Saboteure uninter essant wurde. Axton blickte auf sein Chronometer. Nach seinen Informationen hatte er noch acht Tage Zeit bis zu den Katanen des Ca pits. Während auf den Planeten des arkoni dischen Imperiums die Feiern begannen, würde es zur Raumschlacht kommen. Frag los würde auch die Aufmerksamkeit der Ar konidin in den letzten Tagen und Stunden vor Beginn der Katanen nachlassen. Kelly kehrte zu ihm zurück. »Die Räume sind sauber«, erklärte er. »Ich habe nichts festgestellt.« Axton erhob sich und kletterte auf den Rücken der Maschine. »Bring mich zu der schönen Frau, Kelly«, befahl er. »Verliebt, Herzchen?« fragte der Roboter. Kennon-Axton verschlug es die Sprache. »Was hast du da gefragt?« »Ich habe mich zartfühlend danach erkun digt, ob dein Herz höher als sonst schlägt.« Axton stöhnte. Er versetzte dem Roboter einen Tritt in den Rücken. »Ich werde dich verschrotten lassen, wenn du noch einmal derart dämliche Fragen stellst«, drohte er. »Mein Logiksektor hat diese Frage als ab solut vernünftig beurteilt«, antwortete Gent leman Kelly. »Mara Bonkal ist schön, char mant und anziehend. Sie hat ein freundliches Wesen und ist eine ausgereifte Persönlich keit. Sie ist geistig hochstehend und weiß, was sie will. Alles in allem sind das Fakto
19 ren, die nur für sie sprechen. Die in mir fest gehaltenen Daten lassen keinen Zweifel dar an, daß ein Mann, der sich in eine solche Frau nicht verliebt …« »Still, du Satan«, schrie Axton krei schend. Er hieb dem Roboter mit beiden Fäusten auf den Kopf, obwohl er wußte, daß Kelly keinerlei Schmerzen empfinden konn te. »Ich verbiete dir, noch ein einziges Wort zusagen.« »Du leidest, Liebster«, erklärte Kelly mit gedämpfter Stimme, in der so etwas wie Mitleid mitzuschwingen schien. »Das wollte ich nicht.« Axton drückte den Projektor seines Ener giestrahlers an den Kopf des Roboters. »Wenn du noch einen einzigen Laut von dir gibst, vernichte ich dich«, sagte er wie von Sinnen. Er wußte, daß der frühere Besit zer des Roboters für die Reaktionen Kellys verantwortlich war. Die Maschine handelte so, wie es ihr die Programmierung vor schrieb. Ihr einen Vorwurf zu machen, wäre also absolut widersinnig gewesen. Dennoch konnte Kennon die Worte nicht ertragen. Er war sich der Unzulänglichkeiten seines Kör pers bewußt, und er litt darunter. Zwischen ihm und den Frauen würde immer eine un sichtbare Schranke bestehen bleiben. Er würde sie nie durchbrechen können. Allmählich beruhigte er sich. Der Sturm der in ihm tobenden Gefühle flaute ab. »Geh jetzt«, befahl er schließlich er schöpft. Kelly verließ den Salon und trug ihn auf einen breiten Gang hinaus, dessen Seiten mit kostbaren Fellen behängt waren. Auf schma len Metallstreifen stand jeweils eine Erläute rung und eine Kurzbeschreibung des Plane ten, von dem die Felle stammten. Mara Bon kal hatte weite Teile der Galaxis kennenge lernt. Axton verzichtete darauf, sich im An tigravschacht nach unten tragen zu lassen. Er lenkte Kelly die breite Treppe hinunter. Am Ende der Treppe standen Mara Bon kal und Sorgith Artho. Axton fühlte einen Stich in der Brust, als er sah, wie die beiden miteinander sprachen. Die Arkonidin blickte
20 Artho mit leuchtenden Augen an, während er leise auf sie einsprach. Als seien sie bei einem verbotenen Spiel ertappt worden, fuhren sie herum, als sie die Schritte des Roboters hörten. »Ich wäre Ihnen dankbar, Mara«, sagte Axton und bemühte sich dabei um einen möglichst gleichmütigen Tonfall, »wenn Sie mir jetzt Ihre Raumschiffe zeigen würden. Haben Sie bereits erfaßt, welche Personen sich während des Attentats oben aufgehalten haben?« Sorgith Artho lächelte abfällig. »Das ist nicht mehr notwendig, Axton«, antwortete er für die Arkonidin. »So, tatsächlich?« »Allerdings«, erklärte Artho triumphie rend. »Wir haben den Attentäter nämlich schon.« Er betonte seine Worte so eigenartig, daß Axton nicht wußte, wie er sie gemeint hatte. Dann aber schaltete er. Er lächelte. »Sie meinen, es handelt sich um einen Unglücksfall? Ein Kind hat mit einem Ding herumgespielt, das sich plötzlich als unver mutet gefährlich erwiesen hat?« Mara Bonkal blickte Artho überrascht an. Dieser krauste die Stirn. »Woher wissen Sie das?« fragte er arg wöhnisch und verschränkte die Arme vor der Brust, als wolle er sich gegen Axton ab schirmen. »Ist es so?« Der Verwachsene lenkte den Roboter die letzten Stufen hinunter. »Nun antworten Sie schon.« Mara Bonkal tat es für ihn. »Es ist so, Lebo Axton«, sagte sie ver wirrt. »Der Sohn meiner Schwester hat sich selbst einen Antigrav gebaut. Leider hat er dabei einige Fehler gemacht und ein Teil eingebaut, das zu spontanen Reaktionen neigt. Das Gerät ist außer Kontrolle geraten. Dadurch kam es zu dem Zwischenfall. Es ist also alles in Ordnung.« »Meinen Sie?« »Aber selbstverständlich doch«, bemerkte Sorgith Artho nun. Er trat einen Schritt vor, so daß er die Frau halb mit seinem Körper
H. G. Francis verdeckte, als wolle er sie schützen. »Ich ha be mit dem Jungen gesprochen und alles kontrolliert. Er hat mit den Saboteuren nichts zu tun.« »Vielleicht haben Sie wirklich recht«, er widerte Axton. »Ich bestehe jedoch darauf, den Jungen zu sprechen. Sofort.« Mara Bonkal ging mit einer geschmeidi gen Bewegung um Artho herum. Sie lächel te, als habe sie es mit einem störrischen Kind zu tun, dem man mit sanfter Gewalt beibringen mußte, daß es seinen Willen nicht durchsetzen würde. »Es geht nicht. Der Junge schläft.« »Jetzt? Zu dieser Tageszeit?« »Er hat einen Schock erlitten und ist so erschöpft, daß er Ruhe benötigt.« Lebo Axton stützte sich mit dem Ellenbo gen auf den Kopf Kellys und beugte sich vor. »So ist das also. Nun gut, Mara, wenn Sie nicht wollen, dann werde ich Sie nicht zwin gen. Führen Sie mich durch Ihr Raumschiff. Ist es die YREMBEL?« Sie blickte ihn überrascht an. »Woher wissen Sie das? Ich habe das Schiff erst gestern mit diesem Namen verse hen.« Axton antwortete nicht. Er lächelte nur, als amüsiere ihn, daß er die Arkonidin ver blüfft hatte. Tatsächlich hätte er sich am lie bsten auf die Lippen gebissen. Er hatte sich verplappert. Mara Bonkal wartete einige Sekunden. Als er dann noch nicht geantwortet hatte, sah sie ein, daß er es nun war, der ihr energi schen Widerstand entgegensetzte. Und sie akzeptierte seine Haltung. In ihren Augen blitzte es auf. Ihr gefiel die Art, wie er sie behandelte. Offensichtlich war sie so etwas nicht gewohnt. Sie wandte sich um und ging vor den bei den Männern her.
* Die YREMBEL war das modernste Schiff, das Axton im arkonidischen Imperi
Der Kreis der Zeit um dieser Zeit gesehen hatte. Unübersehbar war vor allem die Bewaffnung des riesigen Raumschiffs. Sie bestand aus zwanzig Ther mostrahlern, deren auffallend große Projek toren aus der Kugelhülle hervorragten, und zehn Desintegratorstrahlern. Axton war überzeugt, daß darüber hinaus noch Rake tenwaffen vorhanden waren, die die Kampf kraft des Raumers weiter erhöhten. Zweiein halb Meter hohe Kampfroboter mit jeweils vier Waffenarmen bewachten die YREM BEL. Sie standen in einem Abstand von je weils etwa zehn Meter voneinander und bil deten eine dichte Kette um das Schiff. Damit nicht genug. Zwischen ihnen und dem Raumer patrouillierten Arkoniden, die die Neuerwerbung Mara Bonkals zusätzlich ab sicherten. Die Augen der Arkonidin blitzten stolz auf, als sie sich zu Axton umwandte. »Nun, was sagen Sie?« fragte sie. »Ich bin beeindruckt«, erwiderte der Kos mokriminalist. »Damit können Sie alles vernichten, was die Methans aufzubieten haben«, bemerkte Artho. Er ging an Axton und Kelly vorbei und setzte zu weiteren, schmeichelhaften Worten an. Mara Bonkal wandte sich jedoch ab. »Kommen Sie«, sagte sie und eilte auf die Bodenschleuse zu. »Was, zum Teufel, suchen Sie?« fragte Sorgith Artho, als er neben Kelly und Axton hinter der Arkonidin her ging. »Den Attentäter und sein Motiv«, antwor tete der Verwachsene, als habe Artho den Jungen nie erwähnt. Der Arkonide blieb ste hen. Er betrat die YREMBEL nicht, sondern wandte sich ab und kehrte zur Villa der Ar konidin zurück, als sich die Schleusenschot te hinter ihr und Axton schlossen. Der Terraner ließ sich durch das Schiff führen. Wenn Mara Bonkal Fragen über sei ne kriminalistische Arbeiten stellte, wich er ihr aus, bis sie es aufgab. Der Grundaufbau des Raumschiffes war bereits in der Form gegeben, wie er sich über Tausende von Jahren hinweg bewähren und deshalb erhalten sollte. Axton war sich
21 dessen absolut sicher, daß er sich mühelos an Bord dieses Schiffes zurechtfinden wür de. Er zweifelte jedoch daran, daß es ihm gelingen würde, uneingeladen an Bord zu kommen. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte er überhaupt nicht in Erwägung gezogen, daß es zu schwierig sein könnte, in die YREM BEL zu kommen. Nun mußte er erkennen, daß es nahezu unmöglich war. Auch im Schiff standen überall Wachen. Sie machten deutlich, daß Mara Bonkal die Sabotageakte nicht auf die leichte Schulter nahm. Sie war sich ihrer Verantwortung als arkonidischer Offizier bewußt. Und doch war sie nicht vorsichtig genug. Als Axton sich genügend lange in der Hauptleitzentrale umgesehen hatte, die sich im Zentrum der Kugelzelle befand, sagte sie: »Ich würde Ihnen gern noch die kosmo kartographische Abteilung zeigen. Sie ist mein ganz besonderer Stolz. Sie ist nach meinen Vorschlägen eingerichtet worden.« Sie blickte Axton in die Augen und lä chelte. Er merkte ihr an, daß sie ihn als voll wertigen Mann ansah, nicht als Krüppel. Das sollte sich aber schon wenige Sekunden später wieder ändern. »Ich muß allerdings darauf bestehen, daß Sie mir ohne Ihren gräßlichen Roboter fol gen. Warum versehen Sie ihn nicht wenig stens einmal mit ein bißchen Farbe?« »Laß mich herunter«, befahl Axton. Kelly kniete sich hin, so daß der Verwachsene mü helos herabsteigen konnte. »Erstens, Mara, sträubt sich Kelly mit Händen und Füßen gegen eine Verschönerung. Zweitens: Wa rum wollen Sie nicht, daß mein Roboter mit kommt?« Ihre Augen verdunkelten sich, und ihr Mund zuckte. Sie blickte auf Axton herab, den sie nun weit überragte. Er stand in linki scher Haltung vor ihr. »Ich will nicht, daß der Roboter eventuell irgendwelche Aufzeichnungen macht«, ant wortete sie schroff und wandte sich ab. Axton linkes Augenlid zuckte nervös. Er hatte wohl gemerkt, was geschehen war. Für einige Zeit hatte er sich an der Sympathie
22 der Arkonidin erwärmen können, jetzt schlug ihm wieder eiskalte Verachtung ent gegen, die sich einzig und allein auf sein Äußeres begründete. Er folgte ihr. Seine Fü ße glitten schleifend über den Boden. Da sie die Zentrale bereits verlassen hatte und vor einem Antigravschacht wartete, versuchte er, ihren Vorsprung einzuholen. Zugleich erlag er dem Verlangen, ihr zu beweisen, daß er nicht so schwach war, wie er aussah. Als er am Antigravschacht war, erkannte er, daß er einen Fehler gemacht hatte. Sein Atem ging schnell und keuchend, und Schweiß bedeckte seine Stirn. Mara Bonkal stieg in den Schacht und verschwand nach oben. Er wartete fast eine Minute, bis er ihr folgte. Doch die Zeit reichte nicht ganz aus. Er hatte sich noch nicht wieder erholt. So war er gezwungen, auf dem nächsten Deck sehr langsam zu gehen. Die Arkonidin wartete in der kartographi schen Zentrale auf ihn. »Es tut mir leid«, sagte sie. »Ich wollte Sie nicht verletzen.« »Schon gut«, erwiderte er leichthin, so als habe er den Zwischenfall bereits vergessen. Sie atmete auf, breitete die Arme begei stert aus und rief: »Sehen Sie sich das an, Axton!« In diesem Moment ging das Licht aus. »Entschuldigen Sie«, bat Mara Bonkal. »Das hat vermutlich nichts zu bedeuten.« Axton hörte, daß das Türschott zur Seite glitt. Plötzlich schien sich eine Hand mit un erträglich festem Druck um seinen Schädel zu spannen. »Mara, Vorsicht«, schrie er mit schriller Stimme. Er fühlte einen Stoß, wurde zur Seite ge schleudert und prallte gegen einen gepolster ten Sessel. Sein Kopf schlug gegen die Leh ne, und er brach zusammen. Für Sekunden lag er hilflos auf dem Boden. Er riß die Au gen weit auf. Obwohl es im Raum völlig dunkel war, konnte er die Umrisse Maras und die eines hochgewachsenen, massigen Mannes erken nen. Sie waren zwar nur schwach und ver-
H. G. Francis schwommen, aber er konnte sie einwandfrei ausmachen. So sah er, daß Mara Bonkal ge schmeidig zurückwich, während der Mann sich ihr mit suchend ausgestreckten Händen näherte. Als er um sich tastete, spürte er einen kleinen Gegenstand in den Händen, ohne ihn identifizieren zu können. Er nahm ihn auf und schleuderte ihn quer durch den Raum. Einige Meter von ihm entfernt prallte er auf und rutschte scheppernd über den Boden. Der Mann fuhr herum und sprang auf die Stelle zu, von der das Geräusch kam. »Er ist vor dem Kaf-Kalga-Bild«, rief Ax ton hastig. Mara Bonkal wußte mit dieser Informati on etwas anzufangen. Sie schnellte sich blind auf den Unbekannten und hieb ihm den gestreckten Ann in die Beugung zwi schen Hals und Kopf. Dann wirbelte sie her um und floh einige Schritte vor ihm. »Das sollst du mir büßen«, sagte der Fremde drohend. Axton richtete sich lautlos auf. Seine Hände glitten tastend über den Tisch, bis sie einige Schreibstifte fanden. Er nahm sie auf und warf sie auf den Eindringling. Dieser fluchte wütend, als er getroffen wurde. Er drehte sich zu Axton um. Plötzlich blitzte eine Flamme in seinen Händen auf. Sie erhellte den Raum ein we nig. Die Arkonidin kam aus einer dunklen Ecke hervorgeschossen und griff den Mann ungestüm an. Sie überraschte ihn völlig, und sie traf ihn mehrmals mit ihren Handkanten und gestreckten Fingern, ohne ihn allerdings damit zu Fall bringen zu können. In dem kurzen Moment, als es hell gewe sen war, hatte Axton aber auch gesehen, daß der Fremde ein Messer in der Faust hielt. Es war blutig. »Helfen Sie mir doch, Lebo«, rief sie keu chend. Axton trafen diese Worte bis ins Mark. In seinem Robotkörper hätte er keine Mühe ge habt, den Kampf zu entscheiden. Es wäre ei ne Sache von Sekunden gewesen, und der
Der Kreis der Zeit Attentäter hätte keine Chance gehabt. In sei nem natürlich gewachsenen Körper aber war er so hilflos wie ein Kind. Wie erstarrt beobachtete er die beiden Kämpfenden. Während er sich noch darüber wunderte, daß er im Dunkeln soviel erken nen konnte, traf Mara Bonkal ihren Gegner am Kopf. Der Mann taumelte zurück und geriet damit in die Nähe Axtons. Als die, Arkonidin erneut angriff, und der Fremde ausweichen wollte, umklammerte der Ver wachsene sein rechtes Bein. Er stürzte zu Boden. Im gleichen Moment ging das Licht wie der an. Axton sah, daß die Arkonidin aus Wun den an der Schulter und den Hüften stark blutete. Dennoch erschien sie keineswegs geschwächt. Als es wieder hell im Raum wurde, schaltete sie viel schneller als der At tentäter. Sie sprang wie eine Raubkatze auf ihn zu und schmetterte ihm die Fußspitze unter das Kinn. Mit diesem Tritt überwand sie ihn endgültig. Er flog zur Seite und blieb re gungslos liegen. Lebo Axton raffte sich auf. »Wie geht es Ihnen?« fragte er besorgt. Mara Bonkal antwortete nicht. Sie eilte hinaus. Der Terraner blickte ihr nach, wand te sich dann dem Unbekannten zu und dreh te ihn mühsam auf den Rücken. Der Mann war tot. Axton untersuchte ihn sorgfältig, entdeck te jedoch nichts, was zu seiner Identifizie rung dienen konnte. Noch während dieser Arbeit trafen mehrere Offiziere der YREM BEL ein. »Kennen Sie den Mann?« fragte der Kos mokriminalist. »Es ist ein Ingenieur. Er gehört zur Besat zung«, antwortete einer der Offiziere, ein kleinwüchsiger Mann mit scharfen Augen. »Ich begreife nicht, wie er so etwas tun konnte.« »Ist ein Arzt an Bord?« »Allerdings.« »Er soll den Toten untersuchen. Sofort.
23 Ich muß wissen, ob er manipuliert worden ist.« Er sprach den ranghöchsten der Offizie re an. »Bitte, sorgen Sie dafür, daß mein Ro boter zu mir kommen kann.« Der Offizier erteilte die entsprechenden Befehle und versuchte danach, mit dem Ver wachsenen ins Gespräch zu kommen. Lebo Axton wich ihm jedoch aus und tat, als habe er den Raum noch zu untersuchen. Tatsäch lich ging es ihm darum, irgend etwas zu fin den, was ihm später helfen konnte, erneut ins Schiff zu kommen. Der Offizier ließ ihn gewähren. Nach einigen Minuten traf Gentleman Kelly ein. Axton wandte sich ihm enttäuscht zu. Er war keinen Schritt weiter als vorher. »Führen Sie mich in die medizinische Sta tion«, bat er den Offizier, als die Leiche ab transportiert wurde. »Ich muß dabei sein, wenn der Arzt die Analysen durchführt.« Auch jetzt gab es keine Schwierigkeiten. Der Offizier brachte ihn an das genannte Ziel, das zwei Decks tiefer lag. Auch jetzt achtete Axton auf alles, was ihm weiterhel fen konnte. Der Erfolg war jedoch entmuti gend. Als er die medizinische Station betrat, hatte sich der Eindruck bei ihm verstärkt, daß es nahezu unmöglich war, unbemerkt ins Schiff einzudringen und hier zu agieren. Sorgith Artho saß auf einem Hocker. Er sprang sofort auf, als Axton auf dem Rücken Kellys hereinkam. Mit grimmigem Gesicht trat er auf ihn zu. »Ich habe es gewußt, Axton«, sagte er zornig. »Gewußt? Was?« »Ihnen ist Mara völlig egal. Sie spielen mit ihrem Leben, nur um Ihr Ziel zu errei chen. Wie konnten Sie zulassen, daß sie …« »Halten Sie den Mund«, fuhr Axton auf. »Sie wissen ja nicht, wovon Sie reden.« Er lenkte Kelly an dem Arkoniden vorbei und wollte das Behandlungszimmer betre ten. Artho eilte ihm jedoch nach und hielt ihn auf. »Sie können nicht hineingehen. Der Arzt behandelt sie.« Axton blickte zu den Offizieren hinüber,
24 die die Leiche des Attentäters auf einer An tigravliege hereinbrachten. »Kennen Sie den Arzt?« fragte er scharf. »Wissen Sie, daß er wirklich zuverlässig ist? Sind Sie absolut sicher, daß er Mara Bonkal nicht gerade jetzt ein Medikament verab reicht, das ihre Persönlichkeit zerstört?« »Sie spielen sich auf, als hätten Sie hier das Kommando«, sagte Sorgith Artho so lei se, daß die anderen Arkoniden ihn nicht ver stehen konnten. »Sie irren sich jedoch.« »Mir ist egal, ob Sie sich als ranghöher einstufen als mich oder nicht. Ich tue, was kriminalistisch notwendig ist. Sollten Sie mir dabei in die Quere kommen, werden Sie die Konsequenzen zu tragen haben.« »Sie scheinen zu vergessen, daß ich Arko nide bin, Sie aber nicht«, sagte Artho. »Das macht den kleinen, aber entscheidenden Un terschied zwischen uns beiden aus.« Lebo Axton beachtete ihn nicht. Er lenkte Kelly in das Behandlungszimmer. Mara Bonkal lag auf einer Liege. Ihr Körper wur de durch ein Tuch nur spärlich bedeckt. Das aber störte sie nicht im geringsten. Sie lä chelte, als sie Axton sah. »Ich danke Ihnen, daß Sie sich um mich kümmern«, sagte sie mühsam. »Es geht schon wieder. Orman hat die Wunden ver klebt.« Axton wandte sich an den Arzt, einen au ßerordentlich hageren Mann von etwas mehr als zwei Metern Größe. Orman hatte einen kahlen Schädel, tief eingefallene Wangen und lange, dürre Hände. Er sah fast wie ein Ara aus. »Ich möchte, daß Sie den Toten genaue stens untersuchen«, erklärte der Verwachse ne. »Machen Sie Blut- und Gewebsanalysen. Ich muß wissen, ob der Mann medikamentös manipuliert worden ist.« »Dann müßte ich auch Organproben ma chen«, erwiderte Orman. »Natürlich«, stimmte Axton zu. »Keine halbe Arbeit, bitte.« Der Arzt blickte Mara Bonkal hilfesu chend an. »Das geht nicht, Lebo«, sagte sie und
H. G. Francis richtete sich auf. Geschmeidig glitt sie von der Liege und kleidete sich ungeniert an. »Warum nicht?« fragte er. »Das wissen Sie nicht?« Die Arkonidin war vollkommen überrascht. »Nein«, erwiderte er ungeduldig. »Warum?« »In den letzten Tagen vor Beginn der Ka tanen des Capits ist es verboten, einen Leichnam zu öffnen.« Lebo Axton schaltete blitzschnell. Er leg te keinen Protest gegen die Entscheidung der Arkonidin ein und versuchte auch nicht, sie umzustimmen. Ungewollt hatte sie ihm in die Hände gespielt. Später einmal konnte ihr die Weigerung, diese wichtige Untersu chung durchzuführen, zum Verhängnis wer den. »Daran habe ich nicht gedacht«, antworte te er langsam. »Eine derartige Behinderung …« »Sie müssen sich damit abfinden«, sagte der Arzt.
* Axton öffnete das Fenster seines Zimmers und blickte hinaus. Draußen war es voll kommen dunkel. Er schloß die Augen für ei nige Sekunden und konzentrierte sich. Da nach versuchte er, in der Dunkelheit etwas zu erkennen. Tatsächlich machte er einige rot glimmende Schatten aus, die tief unter ihm zwischen den Büschen und Bäumen ruhten. Nach einiger Zeit gelang es ihm auch, sie zu identifizieren. Einer von ihnen mußte Lano sein, das Wesen mit dem Wolfskopf. Lano lag auf dem Rücken und schlief offenbar. »Los jetzt«, befahl der Terraner leise. Er kletterte auf den Rücken des Roboters und ließ sich durch das Fenster hinaustragen. Er schwebte bis zum Dach der Villa empor und glitt lautlos darüber hinweg. Als er einige Aufbauten erreichte, befahl Axton ihm zu landen. Er stieg vom Rücken des Roboters herunter und kehrte bis zur Dachkante zu rück. Hier legte er sich auf den Bauch und
Der Kreis der Zeit spähte nach unten. Einige Sekunden lang sah er überhaupt nichts. Dann allmählich schälten sich dort, wo sich lebende Wesen aufhielten, rötliche Punkte aus der Dunkelheit. Da Kennon sich genau eingeprägt hatte, wo diese Wesen vor her gewesen waren, konnte er feststellen, daß sich keines von ihnen bewegt hatte. Er schloß daraus, daß unter ihnen keines war, das nachtsichtig oder ebenfalls infrarotemp findlich war. Niemand hatte ihn bemerkt. »Kelly!« rief er mit gedämpfter Stimme. Der Roboter erschien vor ihm, ohne das geringste Geräusch zu verursachen. Axton stellte sich in die Haltebügel. »Auf geht's«, sagte er. Der Roboter löste sich vom Dach und flog auf die YREMBEL zu. Dabei neigte er sich weit nach vorn, so daß Axton fast auf sei nem Rücken lag. Er glitt über das Ende des Daches hinaus und senkte sich danach vor sichtig zwischen einigen Gebäuden ab. Wie derum spähte der Terraner ständig umher, ohne jemanden zu bemerken. Er ließ sich bis auf dreihundert Meter an das Raumschiff herantragen und dann abset zen. »Du wartest hier«, sagte er. »Paß auf, daß dich niemand bemerkt.« Danach raffte er einige Sachen auf und eilte durch die Nacht davon. Er hatte den Rest des Tages und einen Teil der Nacht mit wichtigen Vorbereitungs arbeiten verbracht. Dabei hatte er Robot Kelly einige positronische Teile ausbauen müssen. Aus ihnen hatte er mehrere neue Geräte zusammengestellt. Mit ihrer Hilfe wollte er die Beobachtungs- und Ortungssy steme der Roboter lahmlegen, so daß die Maschinen ihn weder optisch noch ortungs technisch erfassen konnten. Bei entspre chend längerer Vorbereitungszeit hätte er auch Kelly so präparieren können, daß die ser ihn wie gewohnt hätte tragen können. Unter den gegebenen Umständen aber war das nicht möglich gewesen. Es fehlte an Zeit und Material. Langsam arbeitete Axton sich voran. Er
25 mußte durch Gras gehen, das ihm bis an die Hüften reichte. Herumliegende Äste und Steine erschwerten ihm den Weg zusätzlich, so daß er bald eine Pause einlegen mußte, um sich zu erholen. Inzwischen war es etwas heller geworden. Der Mond von Kafa schob sich über den Horizont. Axton konnte zwei Roboter sehen, die et wa noch hundert Meter von ihm entfernt wa ren. Ihre Konturen hoben sich nur schwach von dem ebenfalls dunklen Hintergrund ab. Vorsichtshalber blickte Axton auf die An zeigen seiner Geräte. Befriedigt steckte er sie wieder unter seine Bluse, als er festge stellt hatte, daß sie nach Plan arbeiteten. Geduckt eilte er weiter. Es war warm, und jeder Schritt wurde zur Qual. Dennoch kämpfte Axton sich Schritt für Schritt voran, wobei er die Roboter stän dig beobachtete. Selbstverständlich konnte er nur von den Erkenntnissen ausgehen, die er bisher über Roboter des arkonidischen Imperiums gewonnen hatte. Er mußte die Leistungsfähigkeit dieser Maschinen zu grunde legen. Dabei wußte er jedoch nicht, ob seine Informationen wirklich vollständig waren. Wirkten seine Abwehrgeräte tatsäch lich, oder besaßen die Roboter bereits ent sprechende Gegeneinrichtungen? Diese wür den in späteren Jahren einmal selbstver ständlich sein. Als Axton bis auf dreißig Meter an die Roboter herangekommen war, kroch er auf allen vieren weiter. Nun konnte er nur dann noch etwas sehen, wenn er den Kopf hob. Das Gras bot ihm gute Deckungsmöglich keiten. Als er genau zwischen zwei Robotern lag und sich etwas verschnaufte, fragte er sich, was er wohl sagen sollte, wenn er hier ent deckt wurde. Mit der Behauptung, alles die ne nur der Suche nach den Saboteuren, wür de er wohl kaum weit kommen. Die Roboter reagierten nicht auf ihn. Die Geräte funktionierten also. Axton atmete jedoch erst auf, als er noch einige Meter weitergekrochen war, ohne daß
26 etwas passierte. Dann allerdings flatterte etwas über ihn hinweg. Er sah den rötlichen Wärmeschat ten, der allmählich hinter einem Landebein verschwand. Der Mond stieg schnell höher, aber das störte ihn nicht, da er das Raumschiff prak tisch erreicht hatte. Nur noch wenige Meter trennten ihn von der Bodenschleuse, die oh nehin in tiefem Dunkel lag. Sie schien unbewacht zu sein. Axton konnte keinen Roboter sehen. Es hielten sich auch keine Arkoniden in der Nähe auf. Er war versucht, aufzustehen und zur Schleuse hinüberzugehen. Doch dann siegte die Vorsicht. Er kroch noch zwei Meter wei ter und erreichte den Rand einer Mulde, die etwa zwei Meter tief war. Hier fuhr er wie von der Tarantel gesto chen zurück. Zwei faustgroße, grüne Augen blickten ihn an. In ihnen schien sich das ganze Licht gesammelt zu haben, das es überhaupt hier unter dem Schiff gab. Seine infrarotempfindlich gewordenen Augen konnten darüber hinaus den Wärmeschatten eines Tieres sehen, das etwa die Größe eines terranischen Löwen hatte. Axton preßte sich an den Boden, wobei er hoffte, daß die Bestie ihn nicht bemerkt hat te. Aber das stimmte nicht. Das Tier erhob sich laut gähnend und trottete auf ihn zu. Es wuchs riesenhaft über ihm auf. Axton fühlte, daß eine der mächtigen Tatzen ihn an der Schulter berührte. Er verfluchte die Vorliebe Mara Bonkals für exotische Tiere. In aller Eile zog er den kleinen Paralysator und schoß ihn auf die Bestie ab. Diese bäumte sich laut kreischend auf und schlug wild mit den Tatzen um sich. Axton schoß wieder und wieder in seiner Angst und Verzweiflung, bis das Raubtier endlich zusammenbrach. Der Lärm war jedoch nicht unbemerkt ge blieben. Die Roboter reagierten, und in der Nähe der Villa Mara Bonkals wurden Stim men laut. Axton schob die Waffe eilig wieder in den Gürtel zurück und rannte geduckt da-
H. G. Francis von. Um die Roboter kümmerte er sich nicht, da er wußte, daß sie ihn nicht wahr nehmen konnten. Allerdings machte er sich erhebliche Sorgen. Er wußte nicht, ob die optischen Aufnahmen der Wachmaschinen elektromagnetisch gespeichert wurden, wie es bei vielen terranischen Robotern zehntau send Jahre später selbstverständlich sein würde. Auf solchen Aufzeichnungen würde er zu sehen sein. Als er eine Hügelkuppe erreicht hatte, be merkte er, daß sich von der Villa her etwa zwanzig Arkoniden näherten. Sie hielten starke Lampen in den Händen und liefen sehr schnell. Axton rannte weiter, stolperte jedoch und rollte den Hügel hinunter. Er blieb zwischen einigen Büschen liegen und fluchte über die Unbotmäßigkeiten seines Körpers. Von der Seite her kam ein Wesen, das er im Mond licht mühelos als Lano, das Wolfsgeschöpf, identifizierte. Axton hielt sich in der Deckung der Büsche. Er preßte sich fest an den Boden, als Lano kaum zwei Meter von ihm entfernt vorbeistürmte. Dann kroch er vorsichtig weiter bis zu einer anderen Buschgruppe. Er erreichte sie ungesehen, richtete sich auf und lief keuchend bis zu ei nem Baum. Entsetzt fuhr er zurück, als plötzlich ein Roboter vor ihm auftauchte. Unwillkürlich griff er zur Waffe. »Aber, Herzchen«, sagte die Maschine in vorwurfsvollem Ton. »Du willst mir doch wohl nicht an den Kragen?« »Kelly«, rief der Verwachsene erleichtert. »Zum ersten Mal freue ich mich wirklich darüber, dich zu sehen.« Der Roboter kniete sich auf den Boden, so daß Axton auf seinen Rücken klettern konn te. Von hier aus beobachtete er, was sich am Raumschiff tat. Dort hatte sich mittlerweile eine beträchtliche Menge eingefunden. Ax ton konnte Arkoniden und humanoide sowie nichthumanoide Geschöpfe aller Art erken nen. In dem unbeschreiblichen Durcheinan der, das vor der Schleuse herrschte, schien alles möglich zu sein. Für einen kurzen Mo
Der Kreis der Zeit ment bereute er, daß er nicht einfach dort geblieben war und sich in der Menge ver steckt hatte. Dann aber stellte er fest, daß die Bodenschleuse äußerst scharf bewacht wur de. Die arkonidische Mannschaft Mara Bon kals hatte die Gefahr offenbar erkannt. Sie schirmte die YREMBEL noch besser als zu vor ab. »Bring mich hinüber, Kelly, aber lang sam«, befahl Axton, als er sich wieder so weit erholt hatte, daß er ruhig atmen konnte. Er ordnete seine Kombination und entfernte einige Gräser, die im Armband seines Chro nometers hängengeblieben waren. Dann stützte er sich lässig auf den Kopf des Robo ters und tat, als habe er nicht die geringste Ahnung, was beim Schiff passiert war. Einige Männer, die seltsam geformte Vo gelköpfe hatten, und deren mit Federn be setzte Arme bis auf den Boden herabreich ten, machten ihm respektvoll Platz. Über ihm flammten Scheinwerfer an der Rundung der YREMBEL auf. Sorgith Artho und Mara Bonkal, die einen nachdenklichen Eindruck machte, schoben sich durch die Menge. Der Arkonide kam auf Axton zu. »Was ist hier passiert?« fragte der Kos mokriminalist. »Während Sie sich offenbar eine Ruhe stunde leisteten«, antwortete Artho, »hat je mand versucht, in die YREMBEL einzudrin gen. Er hat es immerhin geschafft, den Si cherheitsgürtel der Roboter unbemerkt zu überwinden und bis an die Bodenschleuse vorzustoßen.« »Jemand?« fragte Axton gedehnt. »Sie wissen nicht, wer es ist?« »Natürlich nicht. Woher sollten wir? Er ist geflohen.« »Dann muß ich Sie loben, Artho. Sie ha ben hervorragende Arbeit geleistet«, sagte Axton ironisch. »Zumindest haben Sie für Spurensicherung gesorgt. Oder nicht? Soll ten Sie zugelassen haben, daß die Neugieri gen hier alle Spuren zertrampelt haben?« Sorgith Artho biß sich erbittert auf die Lippen. »Täuschen Sie sich nicht, Axton«, erwi
27 derte er heftig. »Sie haben keinen Grund, sich über einen Fehler zu freuen. Ich habe keinen begangen?« »So? Wirklich nicht?« »Nein, Lebo«, sagte Mara Bonkal. »Wirklich nicht. Der Unbekannte hat Ebrox, eine Raubkatze von dem Planeten ExbroxExbrol, paralysiert. Daraus ist zu schließen, daß Ebrox ihn gesehen hat.« »Und?« forschte Axton verwundert. »Ich verstehe nicht, was Sie damit sagen wollen, Mara.« »Ebrox ist intelligent. Er wird uns verra ten können, wer auf ihn geschossen hat, wenn er wieder zu sich gekommen ist.« Lebo Axton fuhr der Schrecken in die Glieder. Damit hatte er nicht gerechnet. »Sie sind überrascht?« fragte Artho lau ernd. »Ein wenig verwirrt«, gab Axton zu. »Wer ist Ebrox, und wo ist er?« Mara Bonkal gab den Arkoniden einen befehlenden Wink. Eine Gasse tat sich auf. Axton konnte das löwenähnliche Geschöpf sehen, das bewegungslos im Gras lag. Es war fast doppelt so groß wie ein terranischer Löwe, hatte ein giftgrünes Fell, eine zottige Mähne, die die Unterseite des Körpers be deckte, und eine Dornenkette, die sich über den Rücken hinwegzog. Axton pfiff anerkennend. »Ein beachtlicher Bursche«, sagte er. »Schade, daß er es nicht geschafft hat, den Täter zu fangen.« Mara lächelte. »Mit Ebrox ist trotzdem nicht zu spaßen. Geschöpfe seiner Art haben die unangeneh me Angewohnheit, ihre Beutetiere auf den Dornen aufzuspießen und wenigstens zwei Tage lang mit sich herumzutragen. Während dieser Zeit sind die Beutetiere bei vollem Bewußtsein. Durch die Dornen dringt nur langsam ein Gift in ihren Körper ein. Erst danach wird das Fleisch für Ebrox genieß bar.« »Hübsche Schoßtierchen haben Sie sich angeschafft, Mara«, erwiderte Axton, dem ein kalter Schauer über den Rücken lief. Er
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H. G. Francis
erkannte, welch ungeheurer Gefahr er nur ganz knapp entgangen war. »Ich kann nicht sagen, daß ich meinem ärgsten Feind eine solche Folter gönne. Noch nicht einmal ih nen, Artho.« »Für Scherze dieser Art habe ich nichts übrig, Axton. Das sollten Sie allmählich wissen.« Der Kosmokriminalist tat, als habe er die se Worte nicht gehört. Er überlegte fieber haft, wie er aus der Falle herauskommen konnte, in die er unversehens geraten war. Ebrox durfte nicht wieder zu sich kommen. Er mußte sterben oder so lange in der Para lyse bleiben, bis die YREMBEL gestartet war.
* »Wenn Ebrox wirklich intelligent ist, Ma ra, dann müssen Sie ihn mit allen Mitteln schützen«, erklärte Axton. Die Menge be gann sich aufzulösen. Bewaffnete Arkoni den bildeten einen Ring um das paralysierte Wesen. »Wir sind bereits dabei«, erwiderte sie er staunt. »Genügt Ihnen nicht, was wir unter nehmen?« Er schüttelte den Kopf. »Was wollen Sie denn noch?« forschte Sorgith Artho ärgerlich. »Was auch immer ich unternehme, Ihnen genügt es nicht.« »Sehen Sie, Mara«, sagte er und blickte der Arkonidin in die Augen. Sie wich ihm nicht aus. Er glaubte, eine gewisse Wärme in ihren Blicken zu erkennen. »Wenn Ebrox wirklich intelligent ist und sagen kann, wer der Täter war, dann schwebt er in höchster Lebensgefahr. Ich rate Ihnen dringend, einen Feldprojektor heranzuschaffen und ihn unter eine Energieglocke zu legen. Ebrox könnte sonst getötet werden.« »Sie scheinen meinen Männern nicht ge rade viel zuzutrauen, Lebo«, bemerkte sie. »Ich sehe jedoch ein, daß Sie recht haben. Das Risiko ist zu hoch.« Sie entfernte sich, um den Offizieren eine entsprechende Anweisung zu erteilen. Sor-
gith Artho schwieg beharrlich. Er war eifer süchtig und mißgönnte Axton jeden Plus punkt. Der Terraner beschloß, ihn noch mehr als bisher zu überwachen. Er lenkte Kelly herum und führte ihn eini ge Schritte auf Ebrox zu. »Anpeilen und Giftpfeil abschießen, be vor die Glocke errichtet wird«, wisperte er. »Verstanden?« Gentleman Kelly bewegte seinen Kopf ruckartig um einige Millimeter hin und her. Das war das Zeichen dafür, daß er das Kom mando gehört hatte. Sorgith Artho kam zu Axton. Er räusperte sich. Mara Bonkal kehr te zurück. »Wir sind bisher keinen Schritt vorange kommen«, stellte Artho fest. »Bedauerlicherweise«, gab Axton zu. »So ist das nun mal.« Er sprach in einem zurückhaltenden Ton, so daß Artho sogleich aufmerksam wurde. »Verbergen Sie mir etwas?« fragte der Arkonide scharf. »Natürlich nicht«, erwiderte Axton. »Wie kommen Sie auf einen solchen Gedanken?« Wiederum sprach er in einem Ton, der Artho vermuten ließ, daß er genau das Ge genteil von dem meinte, was er gesagt hatte. Der Arkonide konnte sich jedoch nicht mehr äußern, weil Mara Bonkal sich nun zu ihnen gesellte. »Ich habe alles veranlaßt«, berichtete sie. »Sind Sie mit mir zufrieden?« »Sehr«, lobte der Verwachsene. »Es ist auch gut, daß Sie die vielen Neugierigen zu rückweisen ließen.« Sie standen am Rand des Lichtkegels, den die Scheinwerfer schufen. Lebo Axton lenk te Kelly etwas aus diesem hellen Bereich heraus, so daß er in einen Halbschatten ge riet. Tatsächlich löste sich die Menge nun rasch auf. Allerlei fremdartige Wesen eilten durch das Gras davon. Einige drehten sich noch einmal um und blickten zurück, weil vier Roboter einen Energieschirmprojektor heranschleppten. Die Aufmerksamkeit rich tete sich auf diese Maschinen, die den Para lysierten endgültig absichern sollten.
Der Kreis der Zeit Axton beugte sich nach vorn. »Feuer«, flüsterte er. Im Ovalkörper Kellys öffnete sich eine winzige Klappe, und eine Röhre schob sich hervor, die kaum so dick wie ein Grashalm war. Es zischte kaum vernehmlich, als der Giftpfeil herausgeschleudert wurde. Das Ge schoß raste mit hoher Geschwindigkeit durch eine Lücke in der Menge der Zu schauer und bohrte sich durch das Fell des Paralysierten hindurch. Wieder ruckte der Kopf Kellys ein wenig hin und her. Lebo Axton atmete auf. Er hatte Ebrox nicht tödlich vergiftet, son dern ihm lediglich ein Medikament verab reicht, das vorübergehend zu einem extrem starken Abfall der geistigen Leistungen füh ren würde. Ebrox würde als stammelnde, hirnlos wirkende Kreatur aufwachen und sich nicht vor Ablauf von etwa drei Wochen von dem Giftschock erholen. Sekunden nach dem Treffer, den Kelly er zielt hatte, schloß sich ein flimmernder Energieschirm über Ebrox und schützte ihn vor allen äußeren Einflüssen. »Was werden Sie übermorgen tun, Le bo?« fragte Mara Bonkal. »Übermorgen? Ich verstehe nicht.« »Übermorgen beginnen die Katanen des Capits«, erklärte sie. »Selbstverständlich werde ich Kafa dann verlassen und nach Ar kon fliegen. Ich werde vorher auf Ylihoffa Station machen, um dort an den religiösen Vorbereitungsfeierlichkeiten teilzunehmen. Werden sie mit mir fliegen, oder werden Sie hierbleiben?« Es war keine Frage. Es war eine Bitte. Deutlicher denn je zuvor fühlte Axton die Zuneigung dieser schönen Frau, die uner reichbar für ihn bleiben mußte, und die er trotz aller Sympathie nicht schonen durfte. Er mußte seinen einmal gefaßten Plan kon sequent durchführen. »Ich bin etwas überrascht«, erwiderte er. »Ich habe nicht damit gerechnet, daß Sie Kafa verlassen würden. In einem solchen Fall werde ich jedoch an Bord sein, denn die
29 Sabotageakte gelten Ihnen wegen Ihrer mili tärischen Bedeutung. Es steht also zu be fürchten, daß sich Ihre Feinde auf die YREMBEL konzentrieren werden.« Er schüttelte den Kopf. »Nur eine Frage noch, Mara. Wieso be ginnen übermorgen die Katanen des Capits? Ich war darauf eingestellt, daß es frühestens in einer Woche soweit ist.« Sie lachte. »Oh, Lebo, woher kommen Sie eigent lich? Sie müßten doch wissen, daß diese Zeitangabe sich auf die Zeitrechnung von Ylihoffa bezieht und nicht auf die von Ar kon.« Axton-Kennon war so überrascht, daß er zunächst nichts zu sagen wußte. Damit wa ren unerwartet Schwierigkeiten entstanden, die alles zunichte machen konnten. Wie soll te er bis zum Start ins Schiff kommen und die Hauptpositronik manipulieren? Es er schien völlig ausgeschlossen, daß er seinen Plan noch verwirklichen konnte. Schon bald nach dem Start aber mußte der Alarm und damit der Befehl kommen, in die Schlacht gegen die Maahks einzugreifen. Dann war es endgültig zu spät. Konnte er es sich überhaupt leisten, an Bord zu gehen? Das lag ganz und gar nicht im Bereich seiner ursprünglichen Planung, denn es war eine unumstößliche Tatsache, daß die YREMBEL bei der Schlacht vernichtet wer den würde. Mara Bonkal würde überleben, aber ihr Raumschiff würde im Feuer der Maahks zerfetzt werden. Axton verspürte wenig Lust, unter solchen Umständen an Bord zu sein, und er bereute seine Antwort, die er Mara erteilt hatte. Andererseits bot sich ihm an Bord die allerletzte Chance, sei ne Pläne doch noch zu vollenden. Er mußte sie nutzen. »Ich bin müde«, sagte er. »Die Nacht ist bald vorbei. Ich will die letzten Stunden nut zen.« »Begleiten Sie mich ins Haus«, bat Mara. Sie schritt schweigend neben dem Roboter her. Lebo Axton suchte nach Worten, fand
30 jedoch keine. Je länger er darüber nachdach te, wie er eine allgemeine Unterhaltung be ginnen konnte, und desto mehr verkrampfte er sich. Die Komplexe, die er schönen Frauen von jeher gegenüber gehegt hatte, lähm ten seinen Geist. Mara störte jedoch nicht, daß auch er schwieg. »Ich wollte, Sie wären früher nach Kafa gekommen«, sagte sie. »Von welchem Pla neten stammen Sie, Lebo?« »Ich bin auf der Erde geboren, Mara«, antwortete er wahrheitsgetreu, wobei er wußte, daß dieser Planet allen Arkoniden völlig unbekannt war. »Ich habe nie davon gehört.« »Gute Nacht«, sagte er, da er nicht weiter über Terra sprechen wollte. Er nickte ihr freundlich zu und ließ sich von Kelly die Treppe hinauftragen. Sie blieb am Fuß der Treppe stehen und blickte ihm nach. Er fluchte leise vor sich hin. Ihm wäre es jetzt lieber gewesen, wenn Bonkal ihm ablehnend und verächtlich begegnet wäre. Als er die Hand gegen den Öffnungskon takt seiner Tür legte, fühlte er plötzlich einen stechenden Schmerz im Hinterkopf. Er reagierte instinktiv und blitzschnell. Er ließ sich nach hinten fallen und stieß sich kräftig von Kelly ab. Im Sprung warf er sich herum, so daß er auf allen vieren landen konnte. Im gleichen Moment schoß eine grünliche Schleimmasse aus der Türöffnung heraus und überschüttete Kelly. Die Arme des Ro boters ruckten hoch, und die metallenen Fin ger versuchten, den Schleim abzustreifen. Axton sah, daß ein Stachelball, der einen Durchmesser von etwa einem Meter hatte, auf den Roboter zuwanderte und sich dann bemühte, an ihm vorbeizukommen. »Laß ihn nicht durch, Kelly«, schrie der Terraner. Er vernahm hastige Schritte hinter sich und wandte sich um. Dabei merkte er erst, daß er sich verletzt hatte. Sein rechtes Bein schmerzte. Mara Bonkal eilte auf ihn zu. »Was ist los, Lebo?« fragte sie atemlos. »Hast du … haben Sie …?«
H. G. Francis Sie blieb stehen und wich dann entsetzt zurück. »Sagen Sie dem Roboter, daß er den Sta cheltöter zerschlagen soll«, rief sie. »Nicht mit einem Energiestrahler schießen!« Lebo Axton zog sich hastig von Gentle man Kelly und dem Stachelwesen zurück, das sich mit wilden Bewegungen seiner zahllosen, grauen Stacheln abmühte, den Roboter zurückzudrängen. »Nimm die Fäuste, Kelly«, befahl Axton. Der Roboter beugte sich nach vorn und hieb mit seinen stählernen Fäusten auf das seltsame Wesen ein. Knirschend zerbrachen die Stacheln. Die Bruchstücke wirbelten über den Gang und bohrten sich in die Sei tenwände. Der Kosmokriminalist und die Arkonidin flüchteten noch einige Meter wei ter und blieben erst stehen, als sie sahen, daß sie von den winzigen Geschossen nicht mehr erreicht werden konnten. Kelly zertrümmerte das Wesen, bis nur noch ein faustgroßer Kern übrigblieb, der glatt und ohne Stacheln war. Der Roboter nahm ihn zwischen die Hände und zer quetschte ihn, wobei er offensichtlich große Kräfte aufwenden mußte. Axton wunderte sich darüber, wie lange der Kern dem Druck widerstand. Schließlich aber zerplatzte er, und eine gelbliche Flüssigkeit tropfte auf den Boden herab. Sie brannte augenblicklich tiefe Löcher in den Boden. »Sie haben Glück gehabt, Lebo«, sagte Mara Bonkal erschüttert. »Der Schleim löst jede biologische Substanz sofort auf. Sie wären innerhalb weniger Sekunden tot ge wesen, wenn Sie auch nur einen Tropfen da von abbekommen hätten. Es ist eine Waffe des Stacheltöters.« »Ich sagte schon, Mara, seltsame Freunde haben Sie!« »Machen Sie mir keinen Vorwurf«, bat sie. »Einen Stacheltöter habe ich niemals mit nach Kafa gebracht.« »Wie ist er dann hierhergekommen?« fragte Axton. Kelly marschierte in die Räume, die dem Kosmokriminalisten zugewiesen worden
Der Kreis der Zeit waren, und inspizierte sie. »Ich weiß es nicht«, antwortete die Arko nidin. »Von welcher Welt stammen die Stachel töter?« »Auch das kann ich Ihnen im Moment nicht beantworten, Lebo. Ich habe zu viele Welten besucht. Ich müßte erst in meinen Unterlagen nachsehen. Meinen Sie, daß die se Frage wichtig ist?« »Sehr sogar«, erwiderte Axton. »Ich möchte alles über Stacheltöter wissen, was darüber bekannt ist. Und dann bitte ich Sie, mir genaue Unterlagen über alle Fremdwe sen zu geben, die auf Kafa leben und zu Ih rem Haushalt gehören.« »Ich darf doch annehmen, daß Sie solche Unterlagen besitzen, Mara? Sie führen ge nau Buch über jedes Wesen, das Sie von an deren Welten mitbringen? Oder sollte ich mich irren?« »Selbstverständlich nicht«, antwortete sie. »Wollen Sie sie gleich sehen oder erst mor gen?« »Ich kann doch nicht mehr schlafen. Ge hen wir also gleich an die Arbeit.« Sie führte ihn durch mehrere leerstehende Räume und einige Gänge in den gegenüber liegenden Flügel der Villa und machte schließlich vor der Tür zu einem Eckraum halt. »Die Kartei ist vollständig«, erklärte sie zögernd. »Sie ist jedoch nicht so geordnet, wie sie eigentlich sein sollte. Ich wollte mor gen daran arbeiten, Lebo. Verstehen Sie, ich wollte …« Sie brach ab und preßte die Lippen zu sammen. »Verdammt«, fuhr sie wütend über sich selbst fort. »Ich war ein bißchen zu vertrau ensselig, weil ich mir nicht vorstellen konn te, daß ein sauerstoffatmendes Wesen ge meinsame Sache mit den Methans machen könnte.« Sie öffnete die Tür, als er nichts erwider te. Axton blickte in einen Raum, in dem zahlreiche Stahlboxen herumstanden, die mit Folien, Aufzeichnungsbändern und Fo
31 tos bis zum Überquellen gefüllt waren. Von einer geordneten und übersichtlichen Kartei konnte keine Rede sein. »Das ist ja ein wüstes Durcheinander, Schätzchen«, kommentierte Gentleman Kel ly. Mara Bonkal fuhr herum. »Kann dieser dämliche Roboter nicht schweigen?« fragte sie gereizt. »Allerdings, das kann er«, erwiderte Ax ton gelassen. »Ich kann Ihnen allerdings einen Vorwurf nicht ersparen, Mara. Sie ha ben Ihren vielen exotischen Wesen blind vertraut. Eine solche Haltung paßt nicht zu der verantwortungsvollen Position, die Sie einnehmen. Es wird Zeit, daß hier eine ge wisse Ordnung eintritt.« Sie wußte, daß Lebo Axton recht hatte. Das machte sie jedoch nicht einsichtig, son dern aggressiv. »Wollen Sie mir einen Strick daraus dre hen?« fragte sie heftig. »Keineswegs, Mara«, antwortete er ruhig. »Ich werde Ordnung in die Kartei bringen und dabei hoffentlich bald denjenigen fin den, der für die Sabotageakte verantwortlich ist, Sorgen Sie inzwischen dafür, daß die YREMBEL noch besser abgesichert wird. Eine genaue Überprüfung des gesamten Schiffes wäre vorteilhaft.« »Ich werde Ihnen ein Frühstück bringen lassen«, sagte sie und eilte davon. Axton lächelte undurchsichtig, als er den Karteiraum betrat. Er hatte gewußt, daß Ma ra Bonkal irgendwo eine schwache Stelle hatte. Jetzt hatte er sie gefunden. Er betrat den Raum und begann mit der Arbeit, wobei er die positronischen Einrich tungen Kellys für sich nutzte. Er selbst hätte unmöglich alle Einzelheiten behalten kön nen, die in der Kartei aufgezeichnet worden waren. Vier Stunden später erschien Sorgith Ar tho bei ihm. Der Arkonide machte einen un ruhigen Eindruck. Seine Lider zuckten ner vös. Er grüßte wortlos und setzte sich auf ei ne Stahlbox, die mit sorgfältig sortierten Karteikarten gefüllt war.
32 »Während Sie hier Arbeiten ausführen, die auch von dem Dienstpersonal erledigt werden könnte, habe ich mich ein wenig umgehört«, sagte er. »Sie würden diese Arbeit einem anderen überlassen?« fragte Axton erstaunt. »Tatsächlich?« Der Arkonide fuhr sich mit dem Handrücken über den Mund. Er blickte auf einen Kartenstapel, überlegte kurz und ant wortete danach verlegen: »Natürlich nicht. Wichtige Karten könnten verschwinden.« »Sie haben es erfaßt«, lobte Axton. »Also, was haben Sie herausgefunden?« »Ich weiß jetzt, wer den Stacheltöter in Ihre Räume gebracht hat«, erwiderte Artho. »Der Anschlag hat, allgemeine Empörung bei dem arkonidischen Personal ausgelöst. Ein Mädchen hat Lano gesehen, wie er das Stachelwesen in einem Behälter durch das Haus getragen hat.« »Das Wolfswesen? Das überrascht mich.« »Ich habe sofort versucht, Lano zu ver haften«, berichtete der Arkonide. »Er ist ver schwunden. Er ist mit einem Gleiter aufs Land hinaus geflohen.« »Das ist immerhin schon etwas«, sagte Axton. »Ich möchte Sie jetzt bitten, die Si cherungsarbeiten auf der YREMBEL zu lei ten.« »Ich habe meine Offiziere«, bemerkte Mara Bonkal, die in diesem Moment eintrat und gehört hatte, was Axton gesagt hatte. »Wollen Sie damit sagen, daß Sie nicht damit einverstanden wären, wenn Sorgith Artho die YREMBEL genau untersucht? Mara, er ist ein Spezialist in diesen Dingen«, entgegnete Axton vorwurfsvoll. »Ich kann für Ordnung sorgen, wo es not wendig ist«, erklärte sie aufbegehrend. »Ich empfände es als beleidigend, wenn Sie dar auf bestehen, daß Artho die Arbeiten leitet.« »Mara, die YREMBEL muß stets und im mer einsatzbereit sein. Sie wissen, daß es zu jeder Zeit zu einem Kampf mit den Maahks kommen kann. Sollte die YREMBEL dann versagen, verlieren Sie viel. Sie setzen alles aufs Spiel, was Sie und Ihre Familie sich in
H. G. Francis langen Jahren aufgebaut haben. Deshalb müssen Sie unter allen Umständen verhin dern, daß die Einsatzbereitschaft der YREMBEL durch Sabotageakte gemindert wird.« Sie zögerte. Lebo Axton blickte sie mit unbewegtem Gesicht an. Er ließ sich nicht anmerken, was er dachte und fühlte. Ihm kam es tatsächlich darauf an, die Saboteure von Kafa vor dem Start der YREMBEL zur Schlacht mit den Methans zu entlarven und unschädlich zu machen, selbst wenn er sich dadurch seine eigene Arbeit nahezu unmöglich machte. Wenn Mara Bonkal versagte, dann durfte es keine Ausflüchte mehr für sie geben. Sie durfte nicht behaupten können, daß Sabota ge die Ursache ihres Versagens war. Was auch immer geschah, Sie allein mußte am Ende als die Schuldige dastehen. Gelang es nicht, sie in diese Position zu lancieren, dann war der Plan Axtons gescheitert. »Gehen Sie an Bord der YREMBEL«, be fahl Axton mit scharfer Stimme. »Lebo, ich protestiere«, sagte die Arkoni din heftig. »Sie verletzen meine Offizierseh re.« Der Kosmokriminalist befand sich in ei ner unerwarteten Situation, die ihn auf der einen Seite schmerzte, aber der anderen Sei te aber auch erleichterte. Er fühlte, daß alle Sympathie und Zuneigung, die ihm in Mara Bonkal erwachsen waren, mit einem Wort zerstört werden konnten. Jetzt war sie nicht mehr nur Frau, sondern Offizier des arkoni dischen Imperiums. Persönliche Gefühle spielten keine Rolle mehr, wenn sie sich in diesem Status gefährdet sah. Ein Gegner, der ihm mit kalter Ablehnung oder mit Gleich gültigkeit entgegentrat, war ihm jedoch lie ber als eine Frau, deren Gefühle er enttäu schen mußte. Er konnte und wollte keine Rücksicht auf sie und auf sich nehmen. Er selbst sah sich als Kämpfer für Atlan an, der nur das eine Ziel kannte, diesem den Weg zur Macht zu ebnen. »Mara, Sie werden Sorgith Artho an Bord bringen und ihn die Untersuchung durchfüh
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ren lassen. Ich dulde keine Einschränkung in dieser Hinsicht. Die Schlagkraft der YREM BEL muß hundertprozentig erhalten bleiben. Das müßte Ihnen als Offizier des arkonidi schen Imperiums eigentlich klar sein.« Ihr schossen Tränen der Erregung in die Augen. »Das lassen Sie sich von einem NichtArkoniden sagen?« fragte Sorgith Artho zy nisch. Er glaubte, die Gelegenheit zu einem Tief schlag gegen Lebo Axton nutzen zu können. Mara Bonkal fuhr herum und stürmte aus dem Raum. »Gehen Sie mit ihr«, befahl Axton mit schneidend scharfer Stimme. Wieder versuchte der Arkonide, gegen ihn aufzubegehren, doch er hielt dem durchdrin genden Blick Axtons nicht stand. Er verließ den Raum ebenfalls. »So erwirbt man sich Freunde«, kommen tierte Gentleman Kelly. »Sei still, du Ungeheuer«, sagte Axton. Er entspannte sich. Die Entscheidung war ge fallen. Er hatte Front gegen die Arkonidin bezogen und war damit in die einsame Posi tion zurückgekehrt, aus der heraus er bisher stets Erfolge erzielt hatte. Gleichzeitig hatte er in Sorgith Artho einen Zeugen gewonnen, auf den er sich später um so sicherer verlas sen konnte. Artho war der Typ, der sich auf die Seite des Erfolgreichen zu schlagen versuchte, um in seinem Schatten und in seinem Sog eben falls Karriere machen zu können. Axton zweifelte daher nicht daran, daß der Arkoni de sofort zu ihm überschwenken würde, wenn der Offizier Mara Bonkal als der große Versager der Schlacht vom ChemiSpieth-System feststand.
* Der Arkonide neigte grüßend den Kopf. »Die YREMBEL wird in einer Stunde starten«, teilte er förmlich mit. »Die Vulkan trägerin Bonkal läßt Sie bitten, sich unver züglich an Bord zu begeben.«
»Warum diese Eile?« fragte Axton. »Darüber bin ich nicht informiert«, ant wortete der Bote, drehte sich um und verließ den Karteiraum. Axton erhob sich, raffte einige Karten, Fotos und Aufzeichnungsbänder zusammen, stieg auf den Rücken seines Roboters und lenkte diesen auf den Gang hinaus. »Schnell, Kelly«, sagte er drängend. »Ich will sehen, wie sie an Bord geht.« Gentleman Kelly gehorchte kommentar los. Er eilte über die Gänge und Flure bis zu einer abwärts führenden Treppe, wo ein kleiner geschlossener Behälter aus Plastik stahl stand. »Sieh da, Kelly«, sagte Axton. »Man hat uns bereits ausquartiert.« Er stieg von dem Roboter herab und öff nete den Kasten vorsichtig. Dieses Mal hiel ten die Saboteure jedoch keine unangeneh me Überraschung für ihn bereit. Er durch suchte seine Sachen und fand, daß auch das Geheimfach unberührt geblieben war. Kelly nahm den Kasten auf, auf den Ax ton notfalls auch hätte verzichten können. Was wirklich wichtig für ihn war, war im Innern des Roboters versteckt. Wenig später trat Kelly mit seiner menschlichen Last auf die Terrasse hinaus. Von hier aus konnte Axton die. Menge gut übersehen, die auf dem Weg zur YREMBEL war. Nur etwa dreißig Schritte von ihm ent fernt ging Mara Bonkal, die mit einer Prunk uniform bekleidet war. Bei ihr befand sich ein bunter Haufen exotischer Lebewesen. Ein kugelförmiges Pelzgeschöpf kauerte auf ihrer Schulter, ein farbenprächtiger Vogel flatterte neben ihrem Kopf daher. Zwei Raubkatzen, wie Axton sie noch nie gesehen hatte, flankierten sie auf ihrem Weg zum Raumschiff. Eine mit Federnbüscheln be setzte Schlange kroch vor ihr her. Auf dem Linken Arm, den sie leicht angewinkelt hat te, saß ein grüner Vogel, der fröhlich zwit scherte. Sie neigte ihren Kopf zu ihm herun ter und gab ähnliche Laute von sich. Axton erkannte in dem Vogel das gleiche Tier, das er als erstes auf Kafa gesehen hat
34 te. Er erinnerte sich an einen kleinen Zwi schenfall nach dem Absturz des Gleiters. Er hatte seine Hand nach dem Vogel ausge streckt. Lano, das Wolfswesen, hatte ihn vor dem Tier gewarnt. Er hatte behauptet, daß es tödlich für Axton wäre, wenn es seine Haut mit dem Schnabel ritzen sollte. »Mara«, rief er. Die Arkonidin legte ihren Kopf stolz in den Nacken und ging weiter, als habe sie nichts gehört. »Mara«, rief er erneut. »Bleiben Sie ste hen.« »So können Sie doch nicht mit ihr um springen«, sagte Sorgith Artho empört. Er trat hinter Axton aus dem Haus. »Wollen Sie sie vor ihrem Personal und ihren Offizieren beleidigen?« Mara Bonkal blieb stehen und wandte sich zu dem Verwachsenen um. Sie war bleich bis in die Lippen, und ihr Gesicht war zu einer Maske erstarrt, in dem nur die Au gen lebten. Axton lenkte Kelly auf sie zu. Er bemerk te, daß einige andere Offiziere niederen Rangs die Szene beobachteten. »Was gibt es, Axton?« fragte sie kühl. »Mara, Sie werden diese Geschöpfe selbstverständlich nicht mit an Bord neh men.« »Werde ich das nicht?« »Nein.« »Sie irren sich. Diese Freunde sind stets mit mir an Bord meiner Raumschiffe gewe sen, und sie werden es auch dieses Mal sein.« »Dann ist eine Katastrophe unvermeid lich, Mara. Ich weiß jetzt, wer hinter den Sa botageakten der letzten Zeit steht. Ich weiß, wer dafür verantwortlich ist. Es ist einer von diesen, Ihren Freunden.« »Das ist eine Verleumdung«, antwortete sie heftig. Ihre Augen wurden feucht. »So etwas können Sie niemals beweisen, weil es nicht wahr ist.« Lebo Axton stützte sich mit dem Ellenbo gen auf den Kopf Kellys. »Es tut mir leid, Mara«, sagte er mitfüh-
H. G. Francis lend. »Von einem dieser Geschöpfe werden Sie maßlos enttäuscht werden.« Sorgith Artho ging an Axton und dem Ro boter vorbei und stellte sich neben Mara Bonkal, wobei er allerdings in respektvoller Entfernung von den Raubkatzen blieb. »Sie gehen zu weit, Axton«, erklärte er abweisend. »Sie benehmen sich, als hätten Sie nichts anderes im Sinn, als Mara zu zer stören. Dabei ist es Ihr Auftrag, ihr zu helfen und ihre Position als Befehlshaber über die Kafa-Flotte zu festigen.« Axton hielt plötzlich die Karteikarten in den Händen. »Wenn Sie sich ein wenig Mühe gemacht hätten, Mara, dann hätten Sie es auch selbst herausgefunden. Aber Sie waren zu gutgläu big. Sie wollten nicht akzeptieren, daß einer Ihrer vermeintlichen Freunde ein Verräter sein könnte.« »Sprechen Sie weiter«, forderte sie mit heiserer Stimme, als er eine Pause machte. »Nun gut, Mara. Ich habe hier die Daten eines Wesens, das auf seiner Heimatwelt, ei ner Sauerstoffwelt, vornehmlich in Berei chen mit hohem Methangasvorkommen lebt. Es hat einen komplizierten Stoffwechsel, der es erfordert, daß es sich vor allem nachts ei nem Methangasgemisch aussetzt. Es nimmt daraus den für seinen Organismus wichtigen Kohlenstoff auf.« Der grüne Vogel, der bisher auf dem Arm der Arkonidin gesessen hatte, flatterte plötz lich auf und flog mit unglaublicher Ge schwindigkeit auf Axton zu, den Schnabel zum Hieb bereit. Die Hand Kellys fuhr je doch noch schneller hoch. Bevor Mara Bon kal etwas sagen konnte, fing sie den Vogel und schloß sich um ihn. Erst jetzt schrie die Arkonidin entsetzt auf. Kelly öffnete die Hand wieder und ließ den Vogel fallen. Das Tier war tot. »Was haben Sie getan, Lebo Axton?« fragte sie wild. »Was haben Sie Scheusal an gerichtet?« »Ich habe jene Intelligenz beseitigt, die von den Methans gedungen war.«
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Axton sprach nicht weiter, denn die bei den Raubkatzen stoben in panikartiger Flucht davon. Mara Bonkal blickte ihnen be troffen nach. »Die Tiere sind vom biosuggestiven Ein fluß des Sumpfvogels befreit«, erklärte Lebo Axton ruhig. »Jetzt brechen wieder ihre nor malen Instinkte durch, und die befehlen ih nen, sich vor allem in Sicherheit zu bringen, was sie nicht kennen oder was nicht der Na tur ihres Heimatplaneten entspricht.« »Woher wissen Sie das?« fragte die Arko nidin bestürzt. »Das steht alles auf den von ihrem Kos mobiologen zusammengestellten Karteikar ten. Nilk Tirikoyn hat Sie mehrmals ge warnt, sich mit dem Sumpfvogel einzulas sen. Sie haben es dennoch getan.« Axton machte eine kleine Pause. Er fühlte durchaus keinen Triumph. »Und jetzt befehle ich Ih nen, außer der arkonidischen Stammbesat zung nur noch Sorgith Artho und mich an Bord der YREMBEL zu lassen. Alle Tiere und Halbintelligenzen, die zu Ihrem privaten Zoo gehören, bleiben hier.« Ihr Gesicht fiel sichtlich ein, und ihre Au gen verdunkelten sich. Mara Bonkal war in ihrem Stolz getroffen, aber sie wußte, daß sie im Augenblick nichts anderes tun konn te, als sich den Anweisungen Lebo Axtons zu beugen.
* Vier Stunden später hob die YREMBEL ab. Unmittelbar darauf betrat Mara Bonkal die kleine Kabine, die Axton in der Nähe der Hauptleitzentrale zugewiesen worden war. Der Kosmokriminalist saß über Zahlenrei hen und stellte Berechnungen an. Er schob die Papiere zusammen, als er die Arkonidin sah, und erhob sich. »Was kann ich für Sie tun, Mara?« fragte er und bot ihr Platz an. Sie versuchte ein Lächeln. Es mißlang ihr. »Ich habe inzwischen zusammen mit mei nen Offizieren, den Biologen und Sorgith Artho die Unterlagen durchgesehen, die Sie
mir übergeben haben«, erklärte sie zögernd. »Ich bin jetzt überzeugt, daß Sie in jeder Be ziehung recht hatten. Yirrit, der Sumpfvogel war der Kern des Sabotagetrupps, zu dem wohl auch Lano gehört. Ungeklärt ist jedoch noch, von wem der Vogel seine Befehle er halten hat. Wir sind zu der Ansicht gekom men, daß Ihre Version am wahrscheinlich sten ist. Auf Kafa muß eine Geheimstation der Maahks vorhanden sein, von der aus der Vogel gelenkt worden ist. Es wird die Auf gabe meiner Offiziere sein, die Station zu finden und auszuheben.« »Ich glaube, daß das nicht mehr nötig ist«, sagte Axton. »Die Methanatmer wissen inzwischen, daß ihre Pläne fehlgeschlagen sind. Das wird sie veranlassen, sich von Kafa zurückzuziehen.« »Sind Sie der Meinung, daß die Sabotage fälle damit beendet sind?« »Vollkommen.« »Dann möchte ich Sie bitten, auf Ylihoffa die YREMBEL zu verlassen.« Mara Bonkal wich seinen Blicken aus. »Diese Bitte werde ich Ihnen nicht erfül len«, erwiderte er hart. »Die YREMBEL fliegt anschließend nach Arkon. Das ist mein Ziel. Sie werden mich mitnehmen.« Sie wollte aufbegehren, sagte dann jedoch nichts und wandte sich zur Tür. Sie wußte, daß sie im Grunde genommen falsch handel te. Die Sabotageakte waren einzig und allein durch ihre Gutgläubigkeit möglich gewor den. »Ich möchte den kosmokartographischen Raum noch einmal sehen«, sagte er, bevor sie den Raum verlassen konnte. »Mir ist et was aufgefallen.« Sie drehte sich langsam um. »Noch et was?« fragte sie unsicher. Er lächelte beruhigend. »Sie haben nichts zu befürchten, Mara. Ich denke, daß lediglich einer Ihrer Offiziere in einer etwas unangenehmen Lage ist.« »Wer?« »Das erfahren Sie später.« »Ich will es jetzt wissen.« Axton schüttelte den Kopf.
36 »Ich möchte meine Untersuchung erst zu Ende führen und einen klaren Beweis haben. Danach werde ich Sie informieren.« »Also gut, Lebo«, erwiderte sie. »Ich wer de Sie in Ihrer Arbeit nicht behindern.« Axton sah ihr nach, als sie die Kabine verließ und die Tür langsam hinter sich schloß. Er mochte Mara nach wie vor, und er konnte nicht verstehen, daß eine Frau von ihrem Format sich so eindeutig auf die Seite eines Mannes wie Orbanaschol III. geschla gen hatte. Die Vulkanträgerin hatte eine of fensichtlich hochstehende Moral, so daß er sich nicht vorstellen konnte, daß sie mit den politischen Machenschaften dieses Impera tors wirklich einverstanden war. Ein offenes Wort wäre jedoch nicht nur gefährlich, son dern auch verhängnisvoll gewesen. Axton wartete einige Minuten, bis er hof fen konnte, nicht erneut mit der Arkonidin zusammenzutreffen. Dann stieg er auf den Rücken seines Roboters und machte sich auf den Weg zur kosmokartographischen Stati on. Bei der ersten Besichtigung der Räume war ihm aufgefallen, daß dort auch ein Bau plan der YREMBEL vorhanden war. Dieser sollte zur Ausgangsbasis für alle weiteren Schritte werden. Die Zeit drängte. Die Schlacht im ChemiSpieth-System stand unmittelbar bevor. Ax ton wußte lediglich, daß sie an den Katanen des Capits stattfinden würde, diese aber dau erten fünf Arkontage. Wann begann die Auseinandersetzung? Am ersten oder erst am letzten Tag? Wann kam der Alarmruf für Mara Bonkal und der Befehl, augenblicklich ins Chemi-Spieth-System aufzubrechen? Auf dem Weg zu seinem Ziel begegnete er zahlreichen Offizieren und Mannschaften. Überall herrschte rege Betriebsamkeit. Man verhielt sich ihm gegenüber reserviert, ob wohl man ihm im Grunde genommen dank bar hätte sein müssen. Das störte Axton je doch nicht. Der kartographische Raum war mit zwei weiblichen Offizieren und einem Wissen schaftler besetzt. Sie arbeiteten an den po sitronischen Geräten und trafen die letzten
H. G. Francis Vorbereitungen für die bevorstehende Tran sition, die durchgeführt werden würde, so bald die YREMBEL annähernd Lichtge schwindigkeit erreicht hatte. Unter diesen Umständen mußte der Kosmokriminalist warten. Unauffällig sah er sich in der Station um, während die Arkoniden ihre Arbeit fort setzten, als sei er nicht vorhanden. Axton erlebte den Sprung durch den Hyperraum vor einem Bildschirm, der eine Skizze des Planeten Ylihoffa zeigte. Es war eine äußerst kleine Welt von nur etwa drei tausend Kilometern Durchmesser und ohne Atmosphäre. Unter der Oberfläche des Pla neten befanden sich zahlreiche Höhlen und tempelartige Bauten, in denen die religiösen Feierlichkeiten stattfinden sollten. Unter an deren Umständen hätte es den Terraner ge reizt, Zeuge dieser Veranstaltungen zu wer den. Jetzt bot sie ihm lediglich die Chance einer ungestörten Arbeit. Unmittelbar nach der Rematerialisierung verließen die Arkoniden die Station. Axton wandte sich sofort den Schiffsplänen zu, die zum Teil durch andere Papiere verdeckt wurden, so daß die optischen Geräte Kellys sie nicht voll erfassen konnten. Er überließ es dem Roboter, die wichtigsten Details in sich aufzunehmen. Der Form halber hielt er sich noch eine weitere Stunde in der Station auf und verließ sie danach. Er kehrte in seine Kabine zu rück. Die YREMBEL befand sich bereits im Ylihoffa-System, das nur aus einer kleinen gelben Sonne und dem einen Planeten be stand. Zahlreiche andere Raumschiffe hatten sich hier bereits eingefunden. Lebo Axton konnte sie auf dem Bildschirm in seiner Ka bine klar erkennen. Fast alle waren kleine Einheiten ohne militärische Ausstattung. Sie alle würden bei den bevorstehenden Ausein andersetzungen keine Rolle spielen. Nachdem er das erkannt hatte, wandte er sich Kelly zu. Der Roboter zeichnete schnell und präzise die Plandetails auf, die Axton abforderte. Die Hauptleitzentrale befand sich unmit telbar unter dem kosmokartographischen
Der Kreis der Zeit Raum, eine direkte Verbindung gab es aller dings nicht. »Du weißt, worum es geht, Kelly«, sagte Axton. »Ich muß an die Hauptpositronik heran. Dabei interessiert ausschließlich der Sektor, der die Kursprogrammierung und damit das Transitionstriebwerk betrifft.« Der Roboter ergänzte die Zeichnung und markierte die Punkte in der Hauptleitzentra le, die Axton erreichen mußte. Da der Terra ner bei der Schiffsbesichtigung bereits in der Zentrale gewesen war, stellten sie für ihn keine Überraschung dar. Sie befanden sich an der Peripherie der halbkugelförmig ange legten Zentrale. »Die einzige Möglichkeit, unbemerkt dorthin zu kommen, besteht darin, durch die Belüftungsschächte zu kriechen«, führte Kelly aus. »Diese sind allerdings reichlich eng bemessen. Für dich könnten sie aber noch ausreichend Platz bieten, Schätzchen.« »Damit habe ich gerechnet. Das ist der wunde Punkt bei den meisten Raumschif fen.« Er ließ sich genau zeigen, wie lang die Strecke war, die er zurückzulegen hatte. »Hier ist ein Sonderalarmsystem ange führt«, ergänzte der Roboter seine Erläute rungen. »Das ist eine weitere Schwierigkeit. Sobald etwas in das Belüftungssystem ein dringt, was nicht ausgefiltert werden kann, weil es zu groß ist, wird in der Hauptleitzen trale ein Alarmsignal ausgelöst.« »Also ist Mara doch nicht ganz so unvor sichtig, wie ich befürchtet habe«, bemerkte Axton. »In diesem Fall wäre mir ein bißchen Leichtsinn allerdings lieber gewesen.« »Ich kann das erledigen, Herzchen«, er klärte Kelly. »Die Hauptüberwachung befin det sich in der Zentrale. Wenn ich in ihre Nähe komme, kann ich sie mit einem ener getischen Impuls lahmlegen.« »Dann beginnen wir«, sagte Axton ent schlossen. Er kletterte erneut auf den Rücken seines Roboters und befahl ihm, ihn in die Hauptleitzentrale zu bringen. Auf dem Weg dorthin überlegte er, was er Mara Bon kal fragen sollte. Ihm wollte jedoch nichts Rechtes einfallen. Erst als er die Arkonidin
37 sah, wußte er, was er sagen mußte. »Ich benötige eine Liste der Offiziere und Mannschaften, Mara«, erklärte er. »Dabei kommt es mir vor allem darauf an, auch die Geburtsplaneten der Besatzungsmitglieder zu erfahren. Ich nehme an, daß nicht alle auf Arkon zur Welt gekommen sind.« »Sie können sie haben, sobald ich von den Feiern auf Ylihoffa zurückgekehrt bin. Das wird in achtundzwanzig Arkonstunden der Fall sein.« »Das genügt«, erwiderte er. Sie schöpfte keinen Argwohn. Er verab schiedete sich und kehrte in seine Kabine zurück. Hier traf er seine letzten Vorberei tungen. Nun wollte er keine Zeit mehr ver lieren. Als Mara Bonkal mit nahezu dem ge samten Offiziersstab und einem Teil der Mannschaft die YREMBEL verließ, war Axton einsatzbereit. Er wartete, bis die Bei boote mit den Arkoniden gestartet waren, dann ließ er sich in den kosmokartographi schen Raum hinauftragen. Die Station war nicht besetzt. Als Axton sich jedoch bereits an dem Belüftungsgitter zu schaffen machte, meldete Kelly einen Astronomen. Axton saß über einigen Karten, als der Wissenschaftler eintrat. »Ich hatte Sie hier nicht erwartet«, sagte er überrascht. »Wenn Sie hier etwas zu erledigen haben, dann müssen Sie es auf später verschieben«, erwiderte Axton, ohne auf seine Worte ein zugehen. »Ich möchte in der nächsten Stun de nicht gestört werden.« Der Arkonide machte keine Schwierigkei ten. Wortlos zog er sich zurück. Axton schickte Kelly hinaus und postierte ihn vor die Tür. Er erteilte ihm die Anweisung, nie manden in die Station zu lassen. Da er wuß te, daß der Roboter sich strikt an diesen Be fehl halten würde, kroch er nun in den Be lüftungsschacht. Eine Tasche mit allerlei Ausrüstungsgegenständen, die allerdings nur wenig Raum einnahmen, hängte er sich um den Hals. Eine winzige Lampe leuchtete an einem Stirnband, so daß er die Hände frei hatte.
38 Der Schacht war tatsächlich so eng, daß er nur langsam vorankam. Immer wieder stieß er zudem auf Filter, die er entfernen mußte, ohne sie dabei beschädigen zu dürfen. Auf dem Rückweg mußte er sie wieder anbrin gen, um so seine Spur zu verwischen. Diese Arbeiten hielten ihn außerordentlich lange auf. Solange er waagrecht kriechen konnte, kam er dennoch gut voran. Wirklich schwie rig wurde es erst, als er eine Schachtabzwei gung nehmen mußte, die senkrecht nach un ten führte. Er hatte keine andere Wahl. Es gab keinen anderen Weg zur Hauptpositro nik. Mit einem Spezialkleber heftete er ein dünnes Seil an die Seitenwand des Belüf tungsschachts, an dem er sich auf dem Rückweg wieder hochziehen wollte. Dann ließ er sich mit den Beinen voran etwa zehn Meter weit nach unten, ohne dabei auf ein Hindernis zu stoßen. Mühsam nach Atem ringend und vor Schwäche stöhnend, quälte er sich um eine enge Biegung in den Gang ein, in dem er zur Positronik gelangen wollte. Die Luft wurde heiß und stickig, weil der Rundlauf gestört war. Ihm flimmerte es vor den Augen, und er mußte eine Pause von fast zehn Minuten einlegen, bis er sich soweit erholt hatte, daß er seinen mühseligen Weg fortsetzen konnte. Nach wenigen Metern stieß er auf einen Filter. Darauf war er vorbereitet, denn dieser war in den Plänen eingezeichnet gewesen. Fast dankbar nahm er die erneute Pause hin und machte sich daran, das Gitter zu lösen. Er benötigte dieses Mal weitaus länger als sonst. Als es ihm endlich entgegenkippte, glaubte er, eine kleine Ewigkeit sei vergan gen. Er blickte auf sein Chronometer und stellte erschreckt fest, daß er den Zeitplan bereits um mehr als siebzehn Minuten über schritten hatte. Damit befand er sich bereits im Bereich der Notreserve, ohne mit der eigentlichen Arbeit begonnen zu haben. Als er aufblickte, kauerte ein kleiner, grü ner Vogel vor ihm und musterte ihn mit zur Seite geneigtem Kopf. Der Schrecken fuhr Axton in die Glieder.
H. G. Francis Dies war ein Sumpfvogel. Er erinnerte sich daran, daß ein Schnabelhieb in die Haut bereits tödliche Folgen haben konnte. Ihm war völlig rätselhaft, wie dieses heimtückische Wesen in den Schacht ge kommen war. Es mußte unter den Arkoni den jemanden geben, der unter dem sugge stiven Einfluß dieses Geschöpfes stand. Axton fühlte die Impulswellen auf sich eindringen. Er stemmte sich ihnen entgegen und kämpfte sie überraschend leicht nieder. Drohend streckte er dem Vogel das Werk zeug entgegen, mit dem er bisher die Filter gelöst hatte. Es war einem Schraubenzieher ähnlich, hatte jedoch an der Spitze eine mes serscharfe Klinge. Der Sumpfvogel zog sich hüpfend einige Zentimeter zurück und musterte ihn erneut, wobei er den Kopf zur Seite neigte. Auf ah nungslose Gemüter mochte diese Haltung harmlos oder vielleicht gar anziehend wir ken. Axton aber lief ein Schauer des Entset zens über den Rücken. Blitzschnell stieß er mit dem Werkzeug zu, doch der Sumpfvogel hüpfte kreischend zurück. Er öffnete den Schnabel und flatterte mit den Flügeln. Dann griff er an. Er schoß wie ein grüner Pfeil auf Axton zu, warf sich jedoch geschickt herum, als das Messer auf ihn zufuhr. Wild hieb es mit dem Schnabel nach der Hand Axtons, traf jedoch nur den Daumennagel, ohne diesen durchbohren zu können. Der Terraner fluchte. Der Schweiß drohte, ihm in die Augen zu laufen. Er achtete nicht darauf, sondern stieß erneut mit aller Kraft zu. Dieses Mal hatte er mehr Glück. Er durchbohrte den Sumpfvogel und tötete ihn. Hastig zog er seine Hand zurück, als er sah, daß der Kopf nach vorn ruckte, und der Schnabel sich ihm in die Haut zu hacken suchte. Der Todeskampf des tückischen Feindes dauerte mehrere Minuten. Axton sah schau dernd zu. Er wagte nicht, sein Werkzeug zu bergen, solange der Sumpfvogel sich noch regte. Endlich aber war es soweit. Mit äu ßerster Vorsicht nahm er das Instrument an
Der Kreis der Zeit sich und schob den toten Vogel vor sich her. Er sah kurz darauf, daß dieses Wesen einen der Filter durchschlagen hatte, und er staun te, über die Kraft, die es dabei entfaltet hat te. War es allein gewesen? Gab es noch wei tere Sumpfvögel in dem Gewirr der Belüf tungsschächte? Die Gedanken an diese Gefahr minderten seine Konzentration, so daß er plötzlich nicht mehr genau wußte, wo er war. Er ver suchte in aller Eile, seinen Weg zu rekon struieren, aber es gelang ihm nicht. Ärgerlich über sich selbst löschte er die Lampe an seiner Stirn. In völliger Dunkel heit überdachte er jeden Meter, den er ge krochen war, bis es absolut keinen Zweifel mehr über seine exakte Position geben konn te. Er überprüfte seine Berechnungen noch zwei weitere Male, dann war er ganz sicher, daß er sich nicht geirrt hatte. Er schaltete das Licht wieder an. Lautlos kroch er weiter, bis er an den nächsten Filter kam. Auch dieser war von dem Sumpfvogel durchstoßen worden. Eini ge grüne Federn lagen noch herum. Axton legte den Vogel dazu und legte einen Maß stab an das Gitter. Danach markierte er einen Punkt an der Seitenwand. Dahinter mußte eine Lücke in der Hauptpositronik sein. Er setzte ein Desintegratormesser an die Seitenwand und zog es langsam daran her unter. Das Material löste sich augenblicklich auf. Sekunden darauf fiel ihm eine Platte entgegen, die etwa fünfzig Zentimeter hoch und vierzig Zentimeter breit war. Er blickte durch die entstandene Lücke und atmete auf. Er hatte sein Ziel haargenau gefunden. Der Schnitt mit der Desintegratorklinge hat te nur wenige Zentimeter an wichtigen Po sitronikelementen vorbeigeführt. Er löschte die Lampe. Einige Sekunden verstrichen, bis er sich ans Dunkel gewöhnt hatte. Wiederum spähte er durch die Öff nung in das Innere der Hauptpositronik hin ein. Er konnte nirgends eine Stelle ent
39 decken, durch die Licht eindrang. Das be deutete, daß die Lichtquelle in seinem Stirn band ebenfalls nicht auffallen würde. Ein Offizier, der sich zufällig über die Positro nikbank beugte, konnte nichts bemerken. Er schaltete das Licht wieder an und holte dann die vorbereiteten Elemente aus seiner Bluse hervor, wobei er sich keuchend hin und her wälzte, bis es ihm endlich gelang, den Arm so zu verdrehen, daß er die Bau steine ergreifen konnte. Als er es geschafft hatte, mußte er eine Pause einlegen. Die Muskeln seiner Arme zuckten, und er be fürchtete einen Krampf. Dieser konnte ihm in der qualvollen Enge des Schachts ver hängnisvoll werden. Er versetzte sich selbst in einen trance ähnlichen Zustand völliger Ruhe und Ent spannung. Danach ging es ihm deutlich bes ser. Es gelang ihm, sich völlig auf die Arbeit zu konzentrieren. Er schob beide Arme durch die Lücke in der Wand, stemmte sich mit gespreizten Beinen vorsichtig ab und glitt so Zentimeter um Zentimeter in die Hauptpositronik der YREMBEL hinein. Sorgfältig achtete er dar auf, daß er keinerlei Geräusche verursachte. Er hörte die Stimmen der Offiziere in der Zentrale. Sie unterhielten sich über die Fei erlichkeiten auf dem Mini-Planeten Ylihof fa. Sie schienen nicht viel davon zu halten. Fruchtbarkeitsriten gehörten ihrer Meinung nach in eine barbarische Vergangenheit. Männer und Frauen, die in den Feierlichkei ten der Katanen des Capits aufgingen, waren ihrer Ansicht nach überspannt. Dabei nah men sie ihren Oberkommandierenden Mara Bonkal allerdings aus. Sie sprachen in Tö nen höchster Hochachtung von der Arkoni din. Axton war sich dessen jedoch nicht ganz sicher, ob sie es wirklich ehrlich mein ten oder sich Vorteile von solchen Äußerun gen versprachen. Er verschloß sich ihren Gesprächen und konzentrierte sich völlig auf seine Arbeit. Er wußte, daß die Zeit drängte. Oben stand Gentleman Kelly und bewachte die kosmo kartographische Zentrale. Niemand konnte
40 sagen, wie lange er die Arkoniden davon ab halten konnte, diese zu betreten. Axton rech nete damit, daß sie sich irgendwann über Kelly hinwegsetzen würden, da er keine Ge walt anwenden durfte. Er drückte die Bauteile an die Transitions automatik, von der aus bindende Kursbefeh le auch an die anderen Raumschiffe der klei nen Flotte gehen würden. Diese würden von den Hauptpositroniken aufgenommen und an die Autopiloten weitergeleitet werden, so daß das ganze Geschwader beieinander blei ben würde. Schlug die YREMBEL einen falschen Kurs ein, dann taten die anderen Schiffe es auch. Es zischte leise. »He, war da nicht etwas?« fragte eine Stimme, die unmittelbar neben Axton aufzu klingen schien. Der Terraner verhielt mitten in der Bewe gung. »Ich habe doch etwas gehört«, sagte die gleiche Stimme. »Was ist denn los?« erkundigte sich ein anderer Offizier. Er hatte ein helles, unange nehm klingendes Organ. »Da war irgend etwas, Solk.« Axton zwang sich, ruhig und leise zu at men. Seine Hände begannen zu zittern, und wiederum verkrampfte sich die Muskulatur seiner Arme. In der Hauptleitzentrale wurde es still. Dann näherten sich ihm Schritte. »Wo denn, Artishod?« »Hier. In der Positronik.« »Die Instrumente zeigen nichts an. Teste doch mal durch.« Axton vernahm das Klicken, Wispern und Rascheln verschiedener Instrumente. Er hör te, wie die Hand des Arkoniden über die Schaltelemente über ihm glitt. Vorsichtig senkte er seine Hand zum Kopf und schalte te das Licht aus. Voller Anspannung wartete er. Wenn die Arkoniden jetzt bemerkten, daß ein Teil des Alarmsystems ausgeschaltet war, dann war alles vorbei. Sollte einer von ihnen auf den Gedanken kommen, einen
H. G. Francis Teil der Verschalung aufzuklappen um in das Innere der Positronik zu sehen, mußte er ihn entdecken. Axton war versucht, sich fluchtartig in das Belüftungssystem zurückzuziehen, doch er widerstand diesem Verlangen. Er mußte an Ort und Stelle bleiben, weil sich Ge räusche bei einem hastigen Rückzug nicht vermeiden ließen. »Hier ist nichts, Solk.« »Alles in Ordnung, Artishod?« »Scheint so. Aber ich habe etwas gehört.« »Du wirst dich getäuscht haben.« Axton wartete. Er hoffte, daß die Arkoniden ihre Unter haltung fortsetzen würden, aber sie dachten offenbar nicht daran. Mehrere Minuten verstrichen. Immer noch war es still in der Zentrale. Axton wag te es nicht, seine Arbeit wieder aufzuneh men, weil sich ein abermaliges Zischen nicht umgehen ließ, wenn er das letzte Bau teil verklebte. Da endlich bewegte sich das Hauptschott der Zentrale. Schwere Schritte näherten sich. Axton spürte, wie es ihm kalt über den Rücken lief. Für einen kurzen Moment be fürchtete er, entdeckt worden zu sein. Wa rum sprach niemand? Wurde jetzt die Ver schalung der Positronik aufgerissen? Kam denn der tödliche Schuß? War Kelly über rumpelt worden? Da endlich klang eine neue Stimme auf, und Axton konnte aus ihr heraushören, daß der Mann fast vor Lachen platzte. »Ich muß euch etwas erzählen, Leute«, rief der Arkonide. »So etwas habt ihr noch nicht erlebt. Hört zu, eben war ich unten bei Fertoik und Pruik. Die beiden …« Gelächter brandete auf. Offenbar unter strich der Neuankömmling seine Worte mit vielsagenden Gesten. Lebo Axton handelte blitzschnell. Er brachte den Kleber an. Es zischte leise auf. Aber dieses Mal ging das Geräusch völlig in den anderen unter. Danach brachte der Ter raner eine Desintegratorschaltung an und führte eine letzte Prüfung durch. Er hatte
Der Kreis der Zeit keinen Fehler gemacht. Sorgfältig beseitigte er alle Spuren. Er wischte vor allem den Staub am Rand der Schnittstellen auf, die er mit dem Desinte gratormesser in die Seitenwand gezogen hat te. Danach kroch er langsam wieder in den Belüftungsschacht zurück. Hier nahm er den toten Sumpfvogel auf und steckte ihn in die Tasche. Er barg ebenfalls alle Federn, die das Wesen verloren hatte. Niemand durfte auf den Gedanken kommen, daß ein Zusam menhang zwischen dem Sumpfvogel und Mara Bonkals Handlungsweise vorhanden war. Axton hoffte nur, daß sich nicht noch weitere Vögel an Bord der YREMBEL auf hielten. Sie konnten seine gesamten Pläne zerstören. Er drückte die herausgeschnittene Platte in die Öffnung der Positronikrückwand und strich vorsichtig einen Kleber über die Kan ten. Das Material verschmolz augenblicklich miteinander und fügte sich schließlich so in die Metallplastikfläche ein, daß keinerlei Spuren zurückblieben. Da Axton sich nicht umdrehen konnte, mußte er nun mit den Füßen, voran zurück kriechen. Das erwies sich als weitaus mühe voller, als er vorher angenommen hatte. Schwierigkeiten ergaben sich vor allem, als er die Stellen passierte, an denen er die Fil ter herausgelöst hatte. Hier verhakte er sich mit seinen Kleidern in scharfen Ecken und vorspringenden Stiften. Kostbare Zeit ging damit verloren, daß er Stoffspuren beseiti gen und die Filter wieder befestigen mußte. Er glaubte hören zu können, daß über ihm Arkoniden auf Gentleman Kelly einspra chen. Endlich erreichte er den aufwärts führen den Schacht. Hier konnte er den miniaturi sierten Antigrav einsetzen, den Kelly stets für ihn mitführte. Relativ mühelos stieg er auf, kroch dann mit dem Kopf zuerst in einen Seitengang und erreichte die Öffnung in der kartographischen Station. Tatsächlich vernahm er die wütenden Stimmen einiger Arkoniden, die sich dar über beschwerten, daß sie die Station nicht
41 betreten durften. Axton kletterte aus dem Schacht, befestig te den Filter wieder, überprüfte seine Klei der, beseitigte einige verräterische Spuren von Klebstoff an seinen Händen und öffnete dann die Tür. »Was ist hier los?« fragte er mit scharfer Stimme. Drei Arkoniden standen vor ihm. Es wa ren Wissenschaftler. »Wir benötigen dringend wissenschaftli che Unterlagen für unsere Arbeit«, erklärte einer von ihnen. »Aber dieser Dummkopf von einem Roboter läßt uns nicht vorbei.« »Dieser Dummkopf von einem Roboter handelt strikt nach meinem Befehl«, erwi derte Axton kalt. »Sie werden sich noch et was gedulden müssen, meine Herren.« Er schloß die Tür wieder, ohne sich um die Proteste der Arkoniden zu kümmern. Dann überprüfte er noch einmal, ob er auch alle Spuren beseitigt hatte. Dabei ging er mit der Präzision und Sorgfalt des Kriminalisten vor, der seine Erfahrungen aus einer Arbeit von mehreren Jahrhunderten schöpfen konn te. Erst als er absolut sicher war, daß ihm kein Fehler unterlaufen war, verließ er die kosmokartographische Zentrale. Zehn Minuten später kam der General alarm.
* Lebo Axton betrat die Hauptleitzentrale wenige Minuten nach Mara Bonkal, die in fliegender Eile von Ylihoffa zurückgekehrt war. Die Frau war verwandelt, sie wirkte eis kalt und beherrscht. Ihre Befehle kamen prä zise, knapp und scharf. Sie unterschied sich durch nichts mehr von einem männlichen Oberbefehlshaber. »Sie stören«, sagte sie, als Axton in der Zentrale erschien. Er setzte sich in einen freien Sessel, als habe er nichts gehört. Zornig ging sie auf ihn zu. Sie verhielt sich so, als habe sie ihn nie zuvor gesehen.
42 »Muß ich Ihnen erst den dienstlichen Be fehl erteilen, die Zentrale zu verlassen?« fragte sie scharf. »Das wird Ihnen nichts nützen, Mara«, antwortete er gelassen. »Sie wissen, daß ich auf Grund meiner Funktion berechtigt bin, mich an jedem Punkt des Raumschiffs auf zuhalten, den ich beobachten will. Ich werde mir nicht entgehen lassen, welche Vorberei tungen Sie treffen, und wie Sie mit der YREMBEL eingreifen werden. Woher ist der Alarmruf gekommen?« Ihr Gesicht hatte eine wächserne Tönung angenommen. »Im Chemi-Spieth-System ist eine Schlacht mit den Methans im Gange«, er klärte sie. »Wir stehen überlegenen Verbän den gegenüber. Deshalb wird die YREM BEL dringend benötigt. Wir hoffen, mit ihr noch eine Niederlage abwenden zu können.« »Dann beeilen Sie sich«, forderte Axton. »Kümmern Sie sich nicht um mich. Ich wer de Sie nicht stören und niemanden aufhal ten.« Sie akzeptierte widerwillig, daß er die Zentrale nicht verlassen würde, und verzich tete auf eine zeitraubende Auseinanderset zung. Sie eilte auf ihren Platz zurück. Die YREMBEL beschleunigte bereits mit Höchstwerten. Auf dem Panoramabild schirm war eine auffallende Sternenformati on zu erkennen. Sieben Sonnen bildeten einen Pilz, der aus dem Nichts heraus zu wachsen schien. Axton ließ sich nicht anmerken, unter welcher Anspannung er stand. Er beobachte te die Offiziere. An ihren Stimmen konnte er sie identifizieren. Auch sie arbeiteten ruhig, schnell und genau. Sie beherrschten die In strumente und bildeten zusammen mit Mara Bonkal ein hervorragend eingespieltes Team. Wiederum bedauerte Axton, daß die se Frau sich auf die Seite Orbanaschols III. geschlagen hatte. »Transition«, befahl die Arkonidin. Der Erste Offizier drückte eine rote Taste. Fast gleichzeitig setzte ein ziehender Schmerz ein. Axton spürte die Entmateriali-
H. G. Francis sation deutlich. Die Umgebung ver schwamm vor seinen Augen. Er hatte das Gefühl, von einer unwiderstehlichen Gewalt nach vorn gerissen zu werden. Als er sich instinktiv nach hinten stemmen wollte, schleuderte ihn etwas zurück, und die Welt um ihn wurde wieder materiell stabil. Auf dem Panoramaschirm leuchteten völlig an dere Sterne als noch kurz zuvor. Die YREMBEL raste mit annähernd Lichtgeschwindigkeit auf eine rote Sonne zu. »Ortung?« fragte Mara Bonkal scharf. »Negativ«, antwortete der Funk- und Or tungsleitoffizier. »Negativ?« Die Arkonidin fuhr herum. Ihre Frage klang wie ein Schrei. Ihr Gesicht verzerrte sich. »Keine Ortung«, bestätigte der Offizier. Die Arkonidin blickte auf den Bildschirm. Ihr Kopf wandte sich hin und her, als sich ihre Augen auf die verschiedenen Sonnen richteten. »Fehlberechnung«, meldete der Erste Of fizier. »Wir befinden uns nicht am Ziel punkt.« »Der Sprung war zu kurz«, behauptete ei ner der anderen Offiziere. Der Stimme nach mußte es Artishod sein. Die rote Sonne kam rasend schnell näher. Es mußte etwas geschehen. Mit dem Nor maltriebwerk konnte die YREMBEL ihr nicht ausweichen. »Transition«, befahl Mara Bonkal. Der Erste Offizier drückte die Taste. »Mara, nein«, schrie Lebo Axton. »Das dürfen Sie nicht …« Das Raumschiff entmaterialisierte und setzte seinen Flug in entstofflichter Form durch den Hyperraum fort. Als überdimen sionale Energiespirale überbrückte es die Distanz von etwa zwölf Lichtjahren in Null zeit. »Stören Sie nicht«, brüllte Mara Bonkal zurück, als die YREMBEL rematerialisierte. »Was fällt Ihnen ein?« Wie von Sinnen fuhr sie auf ihn zu, wir belte dann jedoch herum, als sie hörte, wie
Der Kreis der Zeit der Erste Offizier zu fluchen begann. Auf dem Panoramaschirm zeichneten sich völlig unbekannte Sternenformationen ab. Auf den Ortungsschirmen war nicht ein ein ziger Reflex zu erkennen, der auf ein ande res Raumschiff hingewiesen hätte. »Ich sagte doch, daß Sie das nicht hätten tun dürfen«, bemerkte Axton ruhig. »Welcher Wahnsinnige hat das verschul det?« fragte die Arkonidin. Ihre Stimme bebte vor Zorn. Sie eilte auf den Chefnavi gator zu, packte ihn an der Schulter, wirbelte ihn herum und schlug ihm die flache Hand ins Gesicht. »Sie elender Narr.« Ihre Reaktion zeigte, daß sie sich der pre kären Lage bewußt war, in der sich die YREMBEL und sie sich befanden. »Man wartet auf uns. Jede Minute kann Tausenden von Arkoniden das Leben ko sten«, schrie sie. »Und Sie sind nicht in der Lage, die kosmischen Kursdaten richtig zu programmieren.« »Ich habe keinen Fehler gemacht«, be hauptete der Offizier. Er tippte eine Reihe von Tasten. Auf den Bildschirmen vor ihm erschienen Zahlenkolonnen. Sekunden spä ter bestätigte die Hauptpositronik, daß alles richtig war. Die Zieldaten waren richtig er mittelt und an den Autopiloten weitergeleitet worden. »Das ist Sabotage«, stellte Mara Bonkal fest. »Das ist Verrat.« »Sabotage?« fragte Axton ruhig. »Dazu dürften die Saboteure keine Gelegenheit ge habt haben.« »Sie halten den Mund!« schrie die Arko nidin. Sorgith Artho betrat die Hauptleitzentrale. Bestürzt blickte er auf das Durcheinander. »Warum befinden wir uns nicht im Schlachtgebiet?« fragte er. »Wenn Sie noch ein Wort sagen, erschie ße ich Sie«, erklärte Mara Bonkal. Artho fuhr erschrocken zurück und setzte sich neben Lebo Axton. Fassungslos beob achtete er das Geschehen in der Zentrale. Mara Bonkal fing sich schnell. Mit erstaun licher Übersicht leitete sie ihre Offiziere an,
43 als sie den Schock überwunden hatte. »Wir ermitteln zunächst die Position«, be fahl sie. »Soppthad, versuchen Sie, per Hy perkom Verbindung mit den kämpfenden Einheiten zu bekommen. Beeilen Sie sich.« Ihre Anordnungen kamen Schlag auf Schlag. Wiederum konnte Axton nicht umhin, sie zu bewundern. Nach etwa einer Stunde stand fest, daß man keine Hyperkomverbindung mit den kämpfenden Einheiten herstellen konnte. Man befand sich in einem unbekannten Raumsektor, weitab von Arkon, Ylihoffa und Kafa. Man war auf sich allein angewie sen. Jetzt kam es darauf an, die kosmische Position exakt zu ermitteln. Hatte man diese Werte, dann konnte die Hauptpositronik neu programmiert und das Ziel abermals ange peilt werden. Vier Positronikingenieure erschienen in der Zentrale. Mara Bonkal wies sie an, mit der Untersuchungsarbeit zu beginnen. »Ich will genau wissen, warum es zu die ser Fehlleistung gekommen ist«, sagte sie. Axton erhob sich und schickte sich an, die Zentrale zu verlassen. Die Arkonidin fuhr auf ihn zu, packte ihn an der Schulter und hielt ihn fest. »Sie bleiben hier«, befahl sie. Er lächelte milde. »Warum?« »Weil ich wissen will, was sie im kosmo kartographischen Raum getan haben. Sie ha ben die Unterlagen gefälscht.« »Gleich werden Sie behaupten, ich sei auch an den Magenverstimmungen schuld, unter denen Sie hin und wieder leiden«, ent gegnete er spöttisch. »Was haben Sie dort getrieben?« »Ich habe festgestellt, daß der Verdacht, den ich zunächst gehegt habe, unbegründet war. Und jetzt lassen Sie mich gehen.« »Sie lügen«, sagte sie wütend. »Sie sind ein elender Lügner.« »Wenn Sie meinen …?« Er zuckte mit den Schultern, lächelte erneut und verließ die Hauptleitzentrale. Hilflos blickte sie ihm
44 nach. Kaum hatte sich das Schott hinter ihm verschlossen, als Axton auf den Antigrav schacht zustürmte. Ungeduldig glitt er darin nach unten. Dann eilte er weiter bis zu sei ner Kabine. Völlig atemlos kam er darin an. Er öffnete die Tür und trat ein. »Es ist so weit«, sagte er keuchend. »Desintegratorschaltung aktivieren.« »Schätzchen, du bist aber ganz schön aus der Puste«, stellte Gentleman Kelly fest. »Du solltest dich nicht so übernehmen, das könnte deiner gesunden Gesichtsfarbe scha den.« Der Terraner ließ sich auf das Bett fallen. »Aktivieren«, befahl er röchelnd. »Das ist bereits geschehen, Liebling«, er widerte der Roboter. »In der Positronik ist jetzt nur noch Staub. Es gibt keine Spur mehr von deiner segensreichen Tätigkeit.« Lebo Axton schloß die Augen. Er fühlte, wie sein Herz in der Brust hämmerte. Durch eine kleine Unachtsamkeit hätte er fast den Erfolg der gesamten Aktion in Frage ge stellt. »Jetzt kommt es darauf an, Kelly«, sagte er, als er sich wieder einigermaßen erholt hatte. »Die YREMBEL wird bald erneut aufbrechen, und dieses Mal wird sie ihr Ziel erreichen. Dann aber wird sie mitten ins Feuer der maahkschen Energiekanonen ge raten und vernichtet werden. Was wird dann aus uns?« »Asche«, antwortete Kelly trocken. »So weit wollen wir es nicht kommen las sen«, sagte der Terraner. »Verdammt, so ha ben wir nicht gewettet.« »Du mußt aufstehen.« »Ich bleibe liegen, so lange ich will.« »Du bist trotzig.« Axton fuhr hoch. »Da hört sich doch alles auf«, sagte er är gerlich. »Muß ich mir so etwas von dir sa gen lassen, du Schrotthaufen? Du weißt ja noch nicht einmal, wovon du sprichst.« »O doch«, erwiderte Gentleman Kelly. »Wenn ein Mann Widerstand leistet, so sagt man voller Hochachtung von ihm, er habe
H. G. Francis einen starken Willen, benimmt sich eine Frau in gleicher Situation ebenso, so sagt man, sie sei dickköpfig, und von einem Kind sagt man schlicht, es sei trotzig. Ist das so richtig, Herzchen?« Axton nahm einen Becher mit heißem Kaffee und schleuderte ihn Kelly ins Ge sicht. Der Roboter ließ es sich gefallen. »Ist dir jetzt besser?« fragte er. »Ich … ich verschrotte dich. Oder ich las se dich in der Schlacht von Chemi-Spieth zerstrahlen.« »Und auf wem willst du dann herumrei ten?« »Ich reite nicht auf dir herum, sondern ich lasse mich von dir tragen. Das ist ein gewal tiger Unterschied.« Axton stand auf, wusch sich das Gesicht, nahm ein leicht alkoholi sches Getränk zu sich und trat Kelly ab schließend gegen die Beine. »Also gut, du Ungeheuer«, sagte er. »Irgend etwas müssen wir tun. Es wäre sinn los, ein Beiboot klar zu machen, weil wir nicht wissen, wo die YREMBEL die Treffer erhält.« »Du solltest dir einen Raumanzug besor gen«, empfahl Kelly. »Ich kann auch im freien Raum existieren. Bei dir habe ich in dieser Hinsicht einige Befürchtungen.« »Sie sind voll berechtigt«, gab Axton zu. Er fühlte sich wieder besser. Er trat auf den Gang hinaus. Auf den Raumschiffen des ter ranischen Imperiums waren stets in unmit telbarer Nähe der Unterkünfte Schränke mit Schutz- oder Kampfanzügen zu finden. Ähn lich mußte es auf diesem Raumer auch sein. So dachte Axton. Aber er irrte sich. Voller Unbehagen blickte er sich um. Er konnte sich nicht von irgendwoher einen Raumanzug holen. Das würde auffal len. Nach kurzem Überlegen entschloß er sich, zur Hauptleitzentrale zurückzukehren. Er stieg auf den Rücken Kellys und ließ sich tragen. »Wir trennen uns nicht mehr«, erklärte er so leise, daß nur der Roboter es hören konn te. »In den nächsten Stunden fällt die Ent scheidung. Am besten bleiben wir in der Nä
Der Kreis der Zeit he Mara Bonkals. Sie wird das Ende des Raumschiffs überleben.« »Steht das fest?« Axton stutzte. Ihm fiel auf, daß er einen Denkfehler begangen hätte. Aus der ge schichtlichen Überlieferung war bekannt, daß Mara Bonkal sich heldenhaft in der Schlacht verhalten hatte. Hieß das aber auch wirklich, daß sie die Schlacht überlebt hatte? Im nächsten Moment schon fluchte er un beherrscht. Selbstverständlich bedeutete es das, denn die Bonkal-Sippe hatte ihre gesell schaftliche Stellung nach der Schlacht festi gen können. Das war nur unter der Führung Mara Bonkals möglich gewesen. Die Situation begann an seinen Nerven zu zerren. Alles stand auf Messers Schneide. Er zwang sich zur Ruhe. Wenn er jetzt nicht mit äußerster Konzentration vorging, dann mußte er im letzten Moment scheitern. In der Hauptleitzentrale war es ruhig. Mara Bonkal saß in ihrem Sessel und las in einer Tabelle. Sie blickte auf, als Axton hereinkam. Sorgith Artho stand an der Hauptpositronik, die von den Technikern ge öffnet worden war. Er überwachte die Arbeit eines Ingenieurs. »Wie lange noch, Mara?« fragte Axton. »Wir haben es bald. Es kann nur noch we nige Minuten dauern«, erwiderte sie, »dann ist uns unsere Position bekannt. Ich habe be reits entsprechende Startvorbereitungen tref fen lassen.« Er zeigte zu Artho hinüber. »Was hat sich dort ergeben?« »Nichts. Es ist absolut schleierhaft, wes halb es zu dem zweimaligen Fehlsprung kam.« »Ihre Situation ist prekär, Mara«, sagte er. »Wenn Sie nicht noch eine absolut überra gende Rolle in der Schlacht spielen können, sehe ich schwere Zeiten für Sie kommen.« Sie preßte die Lippen zusammen. »Es war ein technischer Fehler«, erklärte sie heftig. »Das war es nicht«, bemerkte Sorgith Ar tho, der sich zu ihnen gesellte. »Was wollen Sie damit sagen?« fragte sie
45 mit bebender Stimme. Er wich ihren Blicken aus. »Nichts, Mara, nichts«, erwiderte er leise und tonlos. »Wollen Sie mir und meinen Offizieren Feigheit vorwerfen?« schrie sie schrill. »Mara, beherrschen Sie sich doch«, bat er, Mitgefühl heuchelnd. Die führenden Offiziere der YREMBEL wandten sich ihnen zu. Sie wollten sich kein Wort entgehen lassen, und sie fühlten sich angegriffen. »Schluß jetzt«, befahl Axton. »Konzentrieren Sie sich auf die Arbeit. Die YREMBEL muß so schnell wie möglich aufbrechen.« »Die Daten liegen vor«, teilte der Chefna vigator mit. »Dann los«, befahl Mara Bonkal wütend. »Verlieren Sie keine Zeit.« Wieder entwickelte sich jene Geschäftig keit, die Axton schon einmal fasziniert hatte. Die Arkoniden arbeiteten schnell und genau. Nur noch Minuten verstrichen, dann be schleunigte der Raumer bereits wieder. »Ist es nicht üblich, vor einem Kampf Raumanzüge anzulegen?« fragte Axton, als sich die Arkonidin zu ihm umwandte. Sie schürzte verächtlich die Lippen. »Und Sie wollen mir Feigheit vorwer fen?« fragte sie. »Ich habe Ihnen nichts vorgeworfen«, korrigierte er sie sanft, aber nachdrücklich. »Jetzt aber könnte der Eindruck der Leicht fertigkeit entstehen.« Ihre Wangen verfärbten sich. Mara Bon kal fühlte sich in die Enge getrieben. Für Se kunden wurde sie unsicher. Die Belastung schien zu groß für sie zu werden, doch dann bäumte sie sich energisch auf. Sie gewann die Gewalt über sich zurück. Sie beugte sich über ein Mikrophon und erteilte den Befehl, Raumanzüge anzulegen, wo es möglich war. Dann wandte sie sich zu Artho und Axton um. »Auch Sie, meine Herren, werden Raum anzüge anziehen. Sofort.« Sie gab einem ih rer Offiziere einen Wink. Der Arkonide eilte
46 zu einem Schrank und holte zwei Rauman züge hervor. Währenddessen liefen die letz ten Vorbereitungen für die Transition ab. Die YREMBEL erreichte fast die Lichtge schwindigkeit und entmaterialisierte. Als sie rematerialisierte, befand sie sich noch etwa eine Lichtstunde vom Kampfge biet entfernt. Auf den Ortungsschirmen zeichneten sich die Raumschiffe der Maahks deutlich ab. Sie kesselten drei arkonidische Schlachtschiffe ein, von denen eines bereits weitgehend zerstört war. Weißliches Feuer schlug strahlend aus seiner Kugelzelle her vor. Ansonsten gab es nur noch Trümmer und Wracks. Von einer Flotte von ursprüng lich neunundzwanzig arkonidischen Raum schiffen war praktisch nichts mehr vorhan den. Die Methanatmer verfügten dagegen noch über zwölf Raumschiffe, die die Situa tion souverän beherrschten. Mara Bonkal zögerte keine Sekunde. Schnell und entschlossen kamen ihre Be fehle. Sie wollte mitten in die Szene hinein springen. Ungeduldig wartete sie die dazu notwendigen Berechnungen und Vorberei tungen ab. Dann war es soweit. Axton wußte, daß die YREMBEL nur noch Minuten existieren würde. Die Offizie re hatten fast alle Raumanzüge angelegt. Nun zog auch Mara Bonkal in fliegender Ei le entsprechende Schutzkleidung an. Axton mühte sich zusammen mit Kelly ab, in einen Raumanzug hineinzukommen. Wenn der Roboter ihm nicht geholfen hätte, dann hätte er es nie geschafft. Als er schließlich wieder in den Haltebügeln auf dem Rücken Kellys stand, bot er ein Bild des Jammers. Der Raumanzug war viel zu groß für ihn. Die Beine waren zu lang, und die Ärmel schlot terten lose um seine Arme und behinderten ihn mehr, als das sie ihm genützt hätten. Er war sich dessen bewußt, wie lächerlich er in diesem Aufzug aussah. Aber es half al les nichts. Er brauchte den Raumanzug. Sorgith Artho konnte sich einige hämi sche Bemerkungen nicht verkneifen. Axton sah, daß einige der Offiziere abfällig grin-
H. G. Francis sten. Er bemühte sich, es zu übersehen. Die YREMBEL entmaterialisierte erneut und sprang in das Kampfgeschehen hinein. Als die Bildschirme wieder hell wurden, erschien ein maahkscher Kampfraumer di rekt vor dem Schiff. In nur etwa hundert Meter Entfernung raste der arkonidische Raumer an ihm vorbei. Mara Bonkal schrie ihre Befehle. Die Energiekanonen der YREMBEL flammten auf. Feuerfluten jagten in den Raum hinaus und bohrten sich in die Flan ken des feindlichen Schiffes, das unmittelbar darauf explodierte. Dann aber wurde die YREMBEL von schweren Treffern erschüttert. Die Alarmsi renen heulten auf. Axton hatte Mühe, sich auf dem Rücken Kellys zu halten, als der Roboter zu Boden stürzte. Über ihn hinweg flog Sorgith Artho, der vor Schreck auf schrie. Blaue Blitze zuckten krachend aus dem Pult der Hauptpositronik. Der Autopilot platzte auseinander. Feuer schlug aus den Bruchstellen und zerstörte die darüber ange brachten Bild- und Kontrollschirme. Bevor sie jedoch ausfielen, sah Axton, daß die an deren Raumschiffe der Arkonidin, die durch die Hauptpositronik an die YREMBEL ge fesselt waren, im Feuer der Maahks vergin gen. Dann überschwemmten wahre Kaska den von Alarmlichtern die noch funktionie renden Geräte in der Hauptleitzentrale. Die YREMBEL war tödlich getroffen. Daran konnte es jetzt keinen Zweifel mehr geben. Axton stülpte sich den transparenten Schutzhelm über den Kopf und schaltete das autarke Versorgungssystem ein. Er atmete saubere und rauchfreie Luft, während über all in der Zentrale Brände ausbrachen und übelriechender Qualm aufstieg. Mara Bonkal hatte ihren Sessel verlassen, da er aus der Halterung gerissen worden war. Sie stand aufrecht zwischen den Flam men und schrie Befehle, die keiner der Offi ziere mehr ausführen konnte. Kelly richtete sich auf. Axton klammerte sich an ihn. Er lenkte ihn zu der Arkonidin. »Es ist vorbei, Mara«, rief er ihr mit Hilfe
Der Kreis der Zeit der Außenlautsprecher zu. »Sie können sich und die Mannschaft nur noch in den Beiboo ten retten.« Sie fuhr herum und blickte ihn an. Ihr Ge sicht war wachsbleich, und ihre Lippen zit terten. Sie wollte etwas sagen, doch in die sem Moment erhielt die YREMBEL einen weiteren Treffer, der das Schiff schwer er schütterte. Unmittelbar darauf erfolgte eine dumpfe Explosion. Endlich begriff die Arkonidin. Sie war zu Boden gestürzt, raffte sich jetzt mit der Hilfe Kellys wieder auf, zog den Raumhelm zu sich heran und setzte ihn auf. Das Licht er losch. Sekundenbruchteile später ging die Notbeleuchtung an. Axton sah sich mitten in einem unbe schreiblichen Chaos. Der Zustand der Zen trale ließ allzu deutlich erkennen, daß die YREMBEL nur noch ein Wrack war. Keiner der Bildschirme war mehr in Betrieb. Die Verbindung zur Außenwelt war abgerissen. Axton stellte eine schnelle Berechnung an. Die YREMBEL war mit einer Geschwin digkeit, die nur wenig unter der des Lichtes lag, in das Schlachtfeld hineingerast. Sie war durch die Trümmer hindurchgebrochen und hatte Treffer einstecken müssen, ohne dabei ihre Geschwindigkeit wesentlich zu vermin dern. Sie mußte nun schon Lichtminuten vom Kampf geschehen entfernt sein. Damit war die Gefahr weiterer Treffer be hoben. Das Schiff konnte allerdings durch die mitgeführten Atomraketen weiter zer stört werden. Die Wahrscheinlichkeit, daß die Bordbestände explodierten, war hoch. Die Stimme der Arkonidin klang in seinen Helmlautsprechern auf. »Wir verlassen die YREMBEL«, teilte Mara Bonkal mit resignierender Stimme mit. »In Sektor Blau-Drei müssen noch Beiboote vorhanden sein, die intakt sind.« Sie stand aufrecht in der Zentrale und lenkte ihre Offiziere mit befehlenden Gesten hinaus. Erst als auch Sorgith Artho und Le bo Axton gegangen waren, verließ sie die Hauptleitzentrale. Axton sah, daß sie sich
47 noch einmal umdrehte und zurückblickte.
* Als Axton in die Nähe des Antigrav schachts kam, fielen die letzten Maschinen der YREMBEL aus. Für ihn war der Unter schied kaum spürbar, als die Antigravaggre gate aussetzten. Robot Kelly sorgte für einen entsprechenden Ausgleich. Artho, Mara Bonkal und die Offiziere aber mußten sich durch den Schacht nach unten hangeln. Ihre Raumanzüge verfügten über keine Fluggerä te, die sie innerhalb des Schiffes einsetzen konnten. Die Arkonidin wurde zusehends nervöser. Sie trieb die Offiziere mit heftigen Worten an. Axton, der mit Kelly den Abschluß bil dete, beobachtete Mara im Schein seines Helmscheinwerfers. Die Arkonidin verlor zusehends ihre Hal tung. Plötzlich war sie nicht mehr die reiche Frau, hinter der ein ansehnliches Machtpo tential stand. Sie war nur noch eine Schiff brüchige. Als Kelly den Schacht verließ und Axton hinter den anderen hertrug, sah Axton zwei tote Arkoniden, die in den Trümmern einer aufgerissenen Wand hingen. Mara hatte kei nen Blick für sie. Sie drängte ihre Offiziere vorwärts, bis eine aus ihren Verankerungen gerissene Maschine den Gang versperrte. »Hier geht's nicht weiter«, meldete einer der Arkoniden. »Wir versuchen es weiter unten«, ent schied Mara mit schriller Stimme. »Wir sollten uns trennen«, schlug der Er ste Offizier vor. »Auf diese Weise finden wir leichter ein Beiboot, das noch intakt ist.« »Wir bleiben zusammen«, erwiderte die Arkonidin heftig. Endlich kam sie auf den Gedanken, nach anderen Überlebenden zu suchen. Über Helmfunk bat sie um Meldung, aber alles blieb still. – Axton stutzte. Es war ausgeschlossen, daß niemand au ßer ihnen die Katastrophe überlebt hatte. Die Schäden am Schiff waren beträchtlich, den
48 noch aber mußte es noch Abschnitte geben, die unzerstört waren. Daher wäre es ein all zu großer Zufall gewesen, wenn nur diejeni gen überlebt hätten, die sich in der Haupt leitzentrale aufgehalten hatten. Die Stimme Mara Bonkals verriet, daß auch sie davon überzeugt war. »Ich weiß, daß Sie mich hören können«, schrie sie in ihr Mikrophon. »Ihr Schweigen betrachte ich als Verrat. Ich werde daher jeden vor ein Kriegsgericht bringen, der sich nicht augenblicklich meldet, obwohl er die Möglichkeit dazu hätte.« Jetzt klangen vereinzelte Stimmen in den Kopfhörern Axtons auf. Er zählte mit. Insge samt erfolgten zwölf Meldungen. Auch das war noch nicht genug. Es mußten noch mehr Arkoniden überlebt haben. Die Gruppe erreichte einen Gang, der kei nerlei Beschädigungen aufwies. Drei Män ner in Raumanzügen kamen ihr entgegen. Sie salutierten vor der Arkonidin und nann ten ihre Namen. »In Hangar Vier steht ein Raumgleiter«, teilte einer von ihnen mit. »Die Maschine ist vollkommen intakt. Sie bietet allerdings nur für vierzehn Personen Platz.« »Wir sind fünfzehn«, stellte der Erste Of fizier nüchtern fest. »Wie sieht es in den an deren Hangars aus?« »Auf dieser Seite des Schiffes gibt es kei ne funktionsfähigen Beiboote mehr«, sagte der Ingenieur. Seine Stimme schwankte un merklich. Mara Bonkal hatte ein feines Ge hör dafür. »Was ist los?« fragte sie barsch. Der Ingenieur zögerte. »Reden Sie«, fuhr sie ihn an. »Ofghal Xarxoh ist mit sechs Mann in ei ner Maschine geflüchtet.« »Xarxoh hat sich nicht gemeldet«, stellte sie zornig fest. Sie befahl einem der Offiziere, das Schott zum Hangar zu öffnen. Dann drängte sie sich als erste durch den Durchgang. Sie stieß sich ab und schwebte mit ausgestreckten Ar men zu dem Raumgleiter hinüber. Als Ax ton die Maschine sah, zweifelte er daran,
H. G. Francis daß sie wirklich vierzehn Personen aufneh men konnte. Sie war viel zu klein und mußte bereits mit acht Personen überbesetzt sein. Die Arkonidin öffnete die Schleuse und kroch hinein. Im Schiff gingen die Lichter an. Axton sah Mara Bonkal unter der trans parenten Haube über dem Kommandostand erscheinen. Sie kümmerte sich nicht um die anderen. Ihr schien es nur darauf anzukom men, daß sie an Bord war. Alles andere schi en ihr egal zu sein. Er begriff, daß er sich grundlegend in ihr getäuscht hatte. Sie war nicht die Persön lichkeit, die er bisher in ihr gesehen hatte. Ein terranischer Kommandant hätte in dieser Situation ganz anders gehandelt. Er wäre mit Sicherheit nicht der erste an Bord gewesen. Er hätte auch keine Anstalten gemacht, das Schiff zu verlassen, ohne sich vorher davon zu überzeugen, daß sich niemand mehr in nerhalb des Wracks befand, der Hilfe benö tigte. Warum kümmerte die Arkonidin sich nicht um die anderen Arkoniden, die sich gemeldet hatten? »Es sieht so aus, Kelly, als müßten wir uns jetzt trennen«, sagte Axton. »Unser ge meinsamer Weg scheint zu Ende zu sein.« »Ich werde mich außen am Beiboot befe stigen«, kündigte der Roboter an. »So schnell wirst du mich nicht los, Herzchen.« »Hoffentlich kommst du nicht auf den Gedanken, dich in einen der Abstrahlschäch te zu setzen«, sagte Axton. »So wie du bist, bist du eigentlich kaum brauchbar, als glü hender Metallklumpen taugst du aber über haupt nichts mehr.« »Ich werde meinen einmaligen Wert er halten«, erklärte Kelly. Er trug Axton zum Beiboot. Mittlerweile waren bereits fünf Offiziere an Bord gegan gen. Dabei hatten sie sich streng nach ihrer Rangordnung gerichtet, so daß die rang höchsten Offiziere sich nunmehr in Sicher heit wähnen konnten. Ganz klar war abzuse hen, wer schließlich draußen bleiben würde. Es mußte einer der beiden Ingenieure sein, da sie den niedrigsten Rang von allen be kleideten. Sorgith Artho verschaffte sich
Der Kreis der Zeit energisch Zutritt vor dem Ortungsoffizier, den er mit einer wütenden Armbewegung zurückdrängte. Dabei entstand eine Lücke. Gentleman Kelly handelte entschlossen. Er griff über seine Schultern hinweg nach Axton, hob ihn aus den Halterungen und warf ihn mit geschicktem Schwung in die Schleuse. Der Terraner prallte hart auf und rutschte in das Beiboot hinein. Er fluchte är gerlich, obwohl er anerkannte, daß der Ro boter ihn dadurch eine direkte Auseinander setzung mit den Arkoniden erspart hatte. Im Raumgleiter herrschte bereits eine qualvolle Enge. Axton konnte sich nicht vorstellen, daß tatsächlich zwölf Personen aufgenommen werden konnten. »Es geht nicht«, sagte er, wobei er sich in eine Ecke preßte. »Wir schaffen es nicht.« »Unmöglich«, stimmte Sorgith Artho zu. »Mehr als zehn Personen gehen nicht in die Kabine. Die anderen müssen draußen blei ben. Sie sollen nach einem anderen Beiboot suchen.« Mara Bonkal blickte auf die Schleuse. In ihrem Gesicht arbeitete es. »Die Raumanzüge sind zu sperrig. Da durch geht zuviel Platz verloren«, stellte sie fest. »Wir müssen sie ablegen und ausschleu sen«, sagte der Erste Offizier. »Das Risiko ist zu hoch«, erwiderte die Arkonidin. Sie fuhr herum und senkte ihre Hand auf einen Knopf. Die Schleusenschotte schlossen sich. Vier Männer waren noch draußen. Einer von ihnen versuchte im letzten Moment, in die Schleuse zu kommen. Axton hörte sei nen gräßlichen Schrei, als seine Arme von dem sich schließenden Schott abgetrennt wurden. Er konnte durch die transparente Scheibe nach draußen blicken. Die drei anderen Männer waren vor Entsetzen wie gelähmt. Mit einer solchen Entscheidung ihres Kom mandanten hatten sie nicht gerechnet. Einer von ihnen griff nach seinem Energiestrahler, den er am Gürtel trug. »Wenn Sie das tun, Mara Bonkal, dann
49 werde ich den Raumgleiter zerstören«, droh te er. Die Arkonidin senkte ihre Hand erneut auf die Tasten. Die seitlichen Bordstrahler blitzten auf. Eine Feuerflut raste über die drei Arkoniden hinweg und verbrannte sie. Mara Bonkal betätigte die Funktaste, mit der die Hangarschleuse normalerweise zu öffnen war. Doch jetzt bewegten sich die beiden Schotte nicht. Kurz entschlossen feu erte sie die Bugstrahler ab. Innerhalb weni ger Sekunden zerfetzte sie damit sowohl das Innen- wie das Außenschott der Schleuse. Der Weg war frei. Sie startete das Beiboot und jagte es in den Raum hinaus.
* An Bord herrschte angespanntes Schwei gen. Keiner der Offiziere nahm Stellung zu den Entscheidungen ihres Kommandanten. Auch Axton sah sich nicht genötigt, irgend etwas zu sagen. Innerhalb weniger Minuten hatte er das Bild, das er sich von Mara Bon kal gemacht hatte, vollkommen revidieren müssen. Jetzt beschäftigte ihn nur noch ein Pro blem. Wie konnte die Aktion erfolgreich abge schlossen werden? Die Aussichten waren trotz aller bisheri ger gelungener Planabschnitte nicht beson ders gut, denn das Beiboot trieb mit etwa halber Lichtgeschwindigkeit durch den frei en Raum. Es hatte das Chemi-Spieth-System bereits verlassen. Dort gab es keine arkoni dischen Raumschiffe mehr. Die Maahks wa ren die eindeutigen Gewinner der Schlacht. Das Beiboot besaß keinen Hyperantrieb und war daher für den interstellaren Raum nicht geeignet. Mara Bonkal gab keine Not signale ab, weil sie offenbar fürchtete, damit die Methanatmer auf sich aufmerksam zu machen. Ihre Taktik erwies sich als richtig. Die Maahks zogen sich nach einigen Stunden aus dem Chemi-Spieth-System zurück.
50 Während dieser Zeit hatte die Arkonidin die Fahrt des Raumgleiters ständig gedrosselt. Einige Stunden nach dem Verschwinden der Maahks schlugen die Massetaster des Beibootes an. »Das sind sie«, sagte Mara Bonkal er leichtert. Arkonidische Einheiten erschienen im Chemi-Spieth-System. Die Arkonidin löste sich aus ihrer Starre. Sie setzte eine Reihe von Funksignalen ab, hob die Fahrt des Raumgleiters vollends auf, wendete und be schleunigte scharf. Die Bildschirme vor ihr leuchteten auf. Das kantige Gesicht eines arkonidischen Of fiziers formte sich aus flirrenden Farbfel dern. Die Arkonidin identifizierte sich. »Wir erwarten Sie«, antwortete der Fun ker knapp und unterbrach die Verbindung. Mara Bonkal schaltete die Bildschirme aus, die jetzt nur noch ein milchiges Weiß zeigten. Geschickt führte sie den Raumglei ter an das Sonnensystem heran, in dem es von Trümmerstücken förmlich wimmelte. Bereits aus großer Entfernung konnte mit Hilfe der Ortungsgeräte beobachtet werden, daß umfangreiche Bergungsarbeiten unter nommen wurden. Die Arkoniden sammelten Schiffbrüchige ein, die in ihren Raumanzü gen durch das System trieben. Mara Bonkal kümmerte sich nicht um die se Kommandos. Sie steuerte das Flaggschiff der aus vier Raumern bestehenden Flotte an. Eine automatische Landekontrolle nahm sie auf und führte sie in eine Schleuse. Von dort glitt das Beiboot auf einem rötlich schim mernden Antigravfeld in einen Hangar, der einer Mischung aus einem Auffanglager und einem Lazarett glich. Etwa hundert Arkoniden in Raumanzügen warteten darauf, in andere Sektoren des Schiffes gelassen zu werden. Sie hatten ihre Raumhelme zurückgeklappt. Wenigstens zwanzig weitere Männer wiesen schwere Verwundungen, meistens Verbrennungen, auf. Sie wurden von Ärzten und Medorobo tern aus ihren Raumanzügen geschnitten.
H. G. Francis Drei Offiziere in schwarzen Uniformen schoben sich durch die Menge und traten an das Beiboot heran. Mara Bonkal öffnete die Schleuse. Mit energischen Gesten gab sie den Offizieren, Artho und Axton zu verste hen, daß sie das Schiff als letzte verlassen würde. Axton sah einige der Arkoniden grinsen, als sie ihn bemerkten. Sie stießen sich ge genseitig an und machten sich auf ihn auf merksam. Er blickte flüchtig zum Heck der Maschine. Robot Kelly hatte es tatsächlich geschafft, sich so am Raumgleiter zu veran kern, daß er mitgeschleppt worden war. Ax ton befreite sich eilig aus dem ihm lästigen Raumanzug. Er hatte ihn noch nicht ganz abgestreift, als Mara Bonkal in stolzer Hal tung aus der Maschine kam. Sie salutierte vor den schwarz uniformier ten Offizieren und nannte ihren Rang und ihren Namen. »Sie sind verhaftet«, erklärte einer von ih nen. Die Arkonidin zuckte zusammen und wich vor ihm zurück. »Was wirft man mir vor?« fragte sie hef tig. »Feigheit vor dem Feind, Mara Bonkal.« Sie wurde bleich. Der Helm ihres Raum anzuges fiel ihr aus der Hand. Mit bebenden Lippen versuchte sie eine Antwort, brachte aber keine Silbe hervor. Die Offiziere traten zur Seite und machten ihr Platz. Zögernd setzte sie sich in Bewe gung. Es war still geworden im Hangar. Die Ar koniden hatten gemerkt, was geschehen war. Die Verhaftung eines Vulkanträgers war oh nehin schon eine Sensation für sie. Die Tat sache aber, daß dieser auch noch eine Frau war, steigerte ihr Interesse bis ins Unermeß liche. Mara Bonkal hatte den Hangar kaum verlassen, als sich einige der Zuschauer neu gierig an Sorgith Artho und die Offiziere der YREMBEL wandten. Zu ihrer Enttäuschung wies der Erste Offizier sie jedoch schroff ab. Lebo Axton wandte sich seinem Roboter zu.
Der Kreis der Zeit Gentleman Kelly lag noch immer auf dem Heck des Beibootes. »Willst du nicht herunterkommen?« frag te Axton. »Ich kann nicht«, antwortete Kelly. »Wieso nicht?« »Ich sitze fest.« Jetzt blickte der Verwachsene genau hin. Er erschrak. »Du hast den Metallplastikkleber genom men«, sagte er. »Anders ging es nicht, Herzchen.« Axton lief es kalt über den Rücken. Der Roboter hatte jenen Kleber verwendet, den der Terraner auch eingesetzt hatte, um die Öffnung an der Hauptpositronik wieder zu schließen. Wenn die Arkoniden darauf auf merksam wurden, konnten sie Verdacht schöpfen. Es war sinnlos, Kelly einen Vor wurf zu machen. Der Roboter hatte mit der ihm eigenen Logik gehandelt. Danach war das beste und sicherste Mittel am Beiboot zu bleiben für ihn gewesen, sich an der Außen haut festzukleben. Seine beiden Hände wa ren unzertrennbar mit dem Arkonstahl ver bunden. Das Metall der Hände war mit dem der Außenhaut verschmolzen. Es gab nur einen Weg für Axton, den Ro boter von der Maschine zu lösen. Er mußte hinaufklettern und ihn abschneiden. In aller Eile suchte er nach Vorsprüngen, auf die er seine Füße setzen konnte. Dann stieg er mühsam hinauf. Jetzt zeigte sich, daß die Verhaftung und die damit verbundene Aufregung der Arkonidin ein Glück für ihn war, denn niemand achtete auf ihn. Erst als er Kellys Hände mit einem Desintegra tormesser an den Handgelenken abtrennte und die Hände dann mit dem Desintegrator feld in Staub verwandelte, wurde man auf ihn aufmerksam. Einige Arkoniden rissen Witze über ihn. Axton ließ sie kalt über sich ergehen. Er versetzte Kelly einen Tritt, konnte ihn damit aber nicht herunterschleu dern. Der Roboter schaltete sein Antigrav triebwerk ein und schwebte sanft von der Maschine weg. Dann kehrte er zurück. »Ich würde dir gern herabhelfen, Lieb
51 ling«, sagte er so laut, daß die Arkoniden ihn hören konnten. Ein brüllendes Gelächter war die Reaktion auf diese Worte. Nun konnte Axton seinen Ärger doch nicht ganz unterdrücken. Er kletterte auf den Rücken des Roboters und setzte ihm das Desintegratormesser an den Lautsprecher. »Ein Wort noch von dir«, sagte er zi schelnd, »und ich beseitige alles, womit du dich äußern könntest.« Gentleman Kelly trug ihn schweigend auf den Boden herab.
* Die Untersuchung fand vor fünf hohen Offizieren auf Arkon statt. Lebo Axton war lediglich Zeuge der letzten Phase. Als er den Raum betrat, stand Mara Bon kal bleich vor den drei Offizieren. Sie blick te hilfesuchend zu Axton hinüber, der sich von Kelly zu einer Bank unter einem Fenster tragen ließ. Die bis zu diesem Zeitpunkt ver nommenen Zeugen saßen in bequemen Ses seln hinter einer Barriere aus farbigen Stei nen. Es waren hauptsächlich Offiziere der YREMBEL. Sorgith Artho war bereits ge hört worden. In einer Nische saß ein rotge kleideter Arkonide. Er trug keine Rangab zeichen und schien doch der höchste und wichtigste Offizier im Raum zu sein. »Lebo Axton«, sagte er mit dröhnender Baßstimme. »Schildern Sie, was an Bord der YREMBEL geschah, nachdem der Alarmruf eingetroffen war.« »Der Kommandant der YREMBEL und der zu ihr gehörigen Schiffe löste sofort einen Einsatzalarm aus und brach zum Che mi-Spieth-System auf«, erwiderte der Ver wachsene. »Die Flotte materialisierte aller dings nicht im Zielgebiet, sondern in einem unbekannten Raumsektor. Auch der danach folgende Hypersprung brachte die YREM BEL und die anderen, synchron geschalteten Schiffe nicht in das Sonnensystem, in dem die Schlacht stattfand.« »Ist die Hauptpositronik mit falschen Da ten versehen worden?«
52 »Das kann ich nicht eindeutig beantwor ten.« »Vermuten Sie, daß Sabotage vorlag?« »Sabotageakte wurden auf Kafa verübt«, erklärte Axton vorsichtig. »Ich konnte klä ren, wer dafür verantwortlich war. Gleich zeitig gelang es, die Saboteure von der YREMBEL fernzuhalten, obwohl mir die Arbeit nicht gerade erleichtert wurde.« »Sind Sie durch Mara Bonkal behindert worden?« »Man hat mir nicht so geholfen, wie es vielleicht möglich gewesen wäre«, entgeg nete Axton ausweichend. Bewußt verzichte te er auf eine klare Aussage. Als der Rote ihn dazu aufforderte, berichtete er, was auf Kafa geschehen war, und er zog eine klare Linie zwischen den Ereignissen auf diesem Planeten und jenen auf der YREMBEL. Ma ra Bonkal wurde immer blasser. Allmählich begriff sie. »Ich stelle fest, daß die Hauptpositronik vollkommen in Ordnung war«, sagte der Ro te schließlich. »Bei einer eingehenden Un tersuchung wurde lediglich etwas Staub ge funden. Daraus lassen sich keine Rück schlüsse ziehen. Wie, Mara Bonkal, erklären Sie sich das Versagen der Positronik?« »Ich habe keine Erklärung.« Einer der drei Offiziere beugte sich vor. »Haben Sie der Positronik falsche Daten eingegeben?« forschte er mit scharfer Stim me. »Auf gar keinen Fall«, erwiderte sie hef tig. »War es vielleicht so, daß Sie die YREM BEL und die anderen Schiffe ihrer Einheit absichtlich zunächst in einen falschen Sektor brachten, um Zeit verstreichen zu lassen? War es so, daß Sie dadurch hofften, zu ei nem Zeitpunkt im Chemi-Spieth-System aufzutauchen, an dem die Schlacht bereits zu Ende war?« fragte der Rote. »Nein«, rief die Arkonidin empört. »Das ist eine Verleumdung.« Der Arkonide in der roten Kombination wandte sich wieder an Axton. »Glauben Sie, Axton, daß Mara Bonkal
H. G. Francis absichtlich zu spät kam?« fragte er. Axton tat, als müsse er überlegen. Er zö gerte. Dann erwiderte er langsam: »Dazu möchte ich mich nicht äußern.« »Sorgith Artho hat bestätigt, daß Sie in Ihrer Aufklärungsarbeit auf Kafa behindert worden sind«, sagte der Rote. »Welcher Ein druck wäre entstanden, wenn es Urnen nicht gelungen wäre, die Sabotagefälle auf Kafa noch vor dem Start der YREMBEL zu ent schlüsseln? Hätten wir alle dann nicht zu dem Ergebnis kommen müssen, daß die YREMBEL durch das Verschulden der Sa boteure auf einen falschen Kurs geriet?« »Dazu möchte ich mich nicht äußern«, sagte Axton. Bewußt verzichtete er darauf, Mara Bonkal mit aller Härte zu beschuldi gen. Der bloße Verdacht genügte. »Wir wissen auch so Bescheid«, erklärte der Rote. Er richtete sich auf. Mara Bonkal preßte die Lippen zusam men. Stolz legte sie den Kopf in den Nacken. Sie tat, als gleite alles von ihr ab. Doch Axton glaubte, sie gut genug zu ken nen. Er war überzeugt davon, daß sie genau wußte, wie es um sie stand. »Mara Bonkal, ich stelle fest, daß Sie den Verdacht, der ausgesprochen worden ist, nicht entkräften konnten«, sagte der Arkoni de in der roten Kombination. »Andererseits kann dieses Gericht ihnen nicht eindeutig beweisen, daß Sie aus dem Motiv der Feig heit vor dem Feind gehandelt haben. Da die YREMBEL und die zu ihr gehörigen Raum schiffe vollkommen zerstört worden sind, läßt sich jetzt auch nicht mehr feststellen, in welcher Weise Sie die Hauptpositronik ma nipuliert haben. Das Gericht sieht daher da von ab, Sie mit der Strafe zu belegen, die unter anderen Umständen hätte verhängt werden müssen. Eindeutig bewiesen sind in dessen die Vernachlässigungen der Sicher heitsbestimmungen auf Kampfraumschiffen. Das Gericht verurteilt Sie daher zu einer Geldstrafe in einer Höhe von zehn Prozent Ihres Vermögens. Die Verhandlung ist ge schlossen.« Der Rote erhob sich und verließ die Ni
Der Kreis der Zeit
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sche. Die drei Offiziere, die vor Mara Bon kal gesessen hatten, folgten ihm. Erst jetzt erhoben sich die Offiziere der YREMBEL und Sorgith Artho. Dieser kam zu Axton. Niemand beachtete die Arkonidin, die mit hängenden Schultern noch immer an der gleichen Stelle stand. Sorgith Artho deutete geringschätzig auf sie. »Sie hätten sie ebensogut auch zum Tode verurteilen können«, sagte er. »Sie ist erle digt. Sie darf sich nirgendwo mehr sehen lassen. Orbanaschol wird nicht mehr wissen, daß sie existiert.« Er lachte hämisch. »Wenn sie das gewußt hätte, dann hätte Sie uns wohl kaum nach Kafa gerufen, da mit wir die Sabotagefälle aufklären.« Axton nickte ihm zustimmend zu. »Ich möchte Sie zum Essen einladen, Ax ton«, sagte Artho. »Kommen Sie mit mir?« »Gern«, erwiderte Axton. Er log, denn er wäre froh gewesen, jetzt allein zu sein. Er verabscheute Sorgith Artho. Am liebsten wäre er ihm aus dem Weg gegangen. Sie verließen den Gerichtssaal. Er hatte das große Spiel gewonnen. Mara Bonkal war im Abseits gelandet Sie war gesell schaftlich vernichtet. Orbanaschol würde sie und ihre Familie fallenlassen und dadurch seine Macht selbst verringern und ohne sich bewußt zu werden, daß er sich dadurch eines loyalen Anhangs beraubte. Dennoch war es ein Sieg, der Axton nicht befriedigte. Er hat te einen schalen Geschmack im Mund. In der Tür blickte Sorgith Artho zu Mara
Bonkal zurück. »Sie kann froh sein, daß nicht zur Sprache gekommen ist, was sich am Schluß auf der YREMBEL abgespielt hat«, sagte er. »Ihre Reaktion war mir unbegreiflich.« Er lachte kurz auf, als sie weitergingen. »Stellen Sie sich vor, dabei hat man mir gesagt, der größte Ehrgeiz dieser Frau wäre gewesen, sich einen Platz in der Geschichte Arkons zu erobern. Vielleicht hat sie es so gar geschafft, aber man wird nicht als Hel din von ihr sprechen, sondern als Versage rin.« Axton räusperte sich. Artho lachte erneut auf. »Leider hat sie viel zu viel Geld, Axton. Vielleicht schafft sie es vor ihrem Tode noch, einen Geschichtsschreiber so zu beste chen, daß er die Geschichte verfälscht und sie als Heldin der Schlacht vom ChemiSpieth-System in die Geschichte eingehen läßt. Vielleicht veranlaßt das auch erst einer ihrer Nachfahren. So wie ich die Familie kenne, wird es irgendeiner wohl veranlas sen.« Lebo Axton war wie vom Donner ge rührt. An eine solche Möglichkeit hatte er überhaupt noch nicht gedacht. Dennoch war klar, daß sich der noch bestehende, schein bare Widerspruch im Kreis der Zeit auf die se Weise lösen mußte.
E N D E
ENDE