HISTORIA
ZEITSCHRIFT FUR ALTE GESCHICHTE . REVUE D'HISTOIRE
ANCIENNE . JOURNAL OF A..l'lCIENT HISTORY· RIVISTA
DI STORIA ANTICA
EINZELSCHRIFTEN HERAUSGEGEBEN VON
HEINZ HEINEN!TRIER
HlLDEGARD TEMPORINI!TUBINGEN . GEROLD WALSER!BERN
HEFT 50
FRANZ STEINER VERLAG WIESBADEN GMBH
STUTTGART 1987
HERBERT BENNER
DIE POLITIK
DESP.CLODIUSPULCHER
UNTERSUCHUNGEN ZUR DENATURIERUNG
DES CLIENTELWESENS IN DER AUSGEHENDEN
ROMISCHEN REPUBLIK
FRANZ STEINER VERLAG WIESBADEN GMBH
STUTTGART 1987
INHALTSVERZEICHNIS 1. Einleitung
"
9
2. Die Denaturierung des Bindungswesens
20
3. Die Politik des Clodius
37
3.1. 3.1.1. 3.1.2. 3.1.3. 3.2. 3.2.1. 3.2.1.1. 3.2.1.2. 3.2.1.3. 3.2.1.4. 3.2.1.5. 3.2.2. 3.2.2.1. 3.2.2.2. 3.2.3. 3.2.3.1. 3.2.3.2. 3.3. 3.3.1. 3.3.1.1. 3.3.1.2. Exkurs:
Die politische Betatigung des Clodius in den
60er Jahren Die Auseinandersetzung des Clodius rnit der
Optirnatenfaction Die Dbernahrne der popularen Strategie durch Clodius . Die ersten Berniihungen des Clodius urn eine ,neue'
Gefolgschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. Die Tribunatspolitik des Clodius Die populare Politik des Clodius . . . . . . . . . . . . . . . . . .. Die Verbesserung der wirtschaftlichen und sozialen
Lage der plebs urbana. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. Die Einschrankung der rnagistratischen Gewalt Die politische Aufwertung der Volksversarnrnlung , Die restitutio libertatis als Prograrnrnpunkt Die Politisierung der Offentlichen Unzufriedenheit
rnit dern Dreibund Die Grundlage und Absicherung des clodianischen
Bindungsverhaltnisses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. Das Patronat des Clodius iiber die plebs urbana Die Diskreditierung und politische Neutralisierung
popularer Politiker . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. Die Organisierung der clodianischen Gefolgschaft ..... Die Rekrutierung der Clodianer . . . . . . . . . . . . . . . . . .. Die Organisation der Clodianer iiber die collegia " Die Clodianer: eine denaturierte Clientel Die soziale Zusarnrnensetzung der Clodianer Die Herkunft und wirtschaftliche Lage der Clodianer Die sozialen Gruppierungen innerhalb der
clodianischen Gefolgschaft " iuvenes barbatuli
37
37
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8
Inhaltsverzeichnis
3.3.2.
Die Verwendung und der Einsatz der Clodianer im
Offentlichen Leben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 3.3.2.1. comitia tributa und contiones 3.3.2.2. senatus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 3.3.2.3. iudicia 3.3.2.4. ludi. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 3.3.2.5 .. Die Vertrauenspositionen einzelner Clodianer 3.3.3 Das Bindungsverhaltnis zwischen Clodius und
seinen Anhangem , Die Methode und Zielsetzung clodianischer Politik 3.4. 3.4.1. Die Strukturelemente clodianischer Politik 3.4.1.1. Die contionale Politik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 3.4.1.2. Die politische Instrumentalisierung der Prozesse 3.4.1.3. Das Theater als Ort politischer Demonstration . . . . . . .. 3.4.1.4. Der Rilckgriff des Clodius auf traditionelle
politische Hilfsmittel Die Gewalt als politisches Mittel . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 3.4.1.5. Die Sicherung und der Ausbau der eigenen
3.4.2. Machtposition 3.4.2.1. Die Filrsorgepolitik des Clodius 3.4.2.2. Clodius' Kampf gegen die Vergabe von imperia
extraordinaria . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 3.4.2.3. Die Einflu~nahme des Clodius auf die Mehrheits verhaltnisse in den comitia centuriata . . . . . . . . . . . . . .. Exkurs: Freilassung der Sklaven 3.4.3. Clodius und die romische Politik in den J ahren
zwischen 58 und 53 v. Chr. . 4.
Schlu~
83
83
89
91
98
99
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108
110
III
liS
116
119
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125
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133
148
Anhang: Prosopographie der Clodiani . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 155
5. Literaturverzeichnis
177
6. Register
187
83 83 8S'
91 98
99 102 108 108 108 110 III
115 116
119 119 I:~5
127 130 133 148
155 177 187
1. EINLEITUNG "Die Kliente1 der alten Zeit war die Starke der Senatsaristrokratie. Die Kliente1 des 1etzten vorchristlichen J ahrhunderts zerstorte die Herr schaft der Senatoren.,,1 In diesen beiden Satzen hat A. Momigliano die Problematik der romischen Gesellschaftsstruktur und deren Bedeutung flir die soziopolitische Entwick1ung der romischen Repub1ik in poin tierter Form zum Ausdruck gebracht, ohne jedoch auf die Frage nach dem ,Warum', die sich zwangs1aufig stellt, in Symes Buch ,The Roman Revolution' eine befriedigende Antwort zu finden, wie aus seiner Re zension, der obenstehende Satze entnommen sind, hervorgeht. In der Folgezeit hat die Forschung dieser Fragestellung und beson ders der Interdependenz von Politik und Gesellschaft - einem auf grund der aristokratischen Struktur der romischen Republik gerade fUr das Verstandnis der romischen Geschichte grund1egenden Faktor erhohte Aufmerksamkeit geschenkt. Neben allgemeinen, eher skizzen haften Darstellungen iiber das Cliente1wesen in der spaten Repub1ik 2 finden sich Untersuchungen, die sich mit Einze1fragen dieser Thema tik befassen. Hier sind in erster Linie Arbeiten zu nennen, die die flir das Clientelverha1tnis relevante Begrifflichkeit ana1ysieren 3 oder aus gewahlte, spezifische Erscheinungsformen des Cliente1wesens behan deln. 4 Dabei fallt auf, daf.l sich die Forschung gerade in jiingster Zeit fast ausschlief.llich mit dem Phanomen der Heeresc1iente1 auseinanderge setzt hat, der a1s "Basis der Macht des Kaisers"s se1bstverstandlich auch 1 Momigliano 146. 2 J. Bleicken: Staatliche Ordnung und Freiheit in der romischen Republik. Frankfurt 1972, S. 64~80. ders.: Die Verfassung der romischen RepubIik. 2. Aufl. Paderborn 1978, S. 22 40. Chr. Meier: Res publica amissa. Frankfurt 1980, S. 7-64. N. Rouland: Pouvoir politique et dependance personnelle dans l'antiquite romaine. Genese et role des rapports de clientde. Briissel 1979. 3 J. Hellegouarc'h: Le vocabulaire latin des relations et des partis politiques sous la Republique. Paris 1963. W. Neulzauser: Patronus und Orator. Eine Geschichte ihrer Begriffe von ihren Anfangen bis in die augusteische Zeit. Innsbruck 1958. A. Weische: Studien zur politischen Sprache der romischen Republik. Miinster 1966. 4 E. Badian: Foreign Clientelae, 264-70 B.C. Oxford 1958. H. Aigner: Die Soldaten als Machtfaktor in der ausgehenden romischen Republik. Innsbruck 1974. E. Erdmann: Die Rolle des Heeres in der Zeit von Marius bis Caesar. Militarische und politisG11e Probleme einer Berufsarmee. Neustadt/Aisch 1972. H. Botermann: Die Soldaten und die romische Politik in der Zeit von Caesars Tod bis zur Begriindung des zweiten Triumvirats. Miinchen 1968 (Zetemata,46). E. Gabba: Esercito e societa nella tarda Repubblica romana. Florenz 1973 5 Bleicken: Kaiserreich 1, 51.
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10
Einleitung
in spaterer Zeit gro~e politische Bedeutung zukam, und deren Ent wicklungsgeschichte den augusteischen Principat als Fortsetzung und Endpunkt der spatrepublikanischen Geschichte verstehbar machte. Da-B aber die Senatoren am Ende der Republik ihre Herrschaft verloren, und da-B "Teile der romischen Bevolkerung sich aus den gewachsenen Bin dungen losten und sich einzelnen gro-Ben Mannem anschlossen", 6 ist mit dem Hinweis auf die marianische Heeresneuordnung und die so for cierte Begriindung von Heeresclientelen nur unzureichend erklart;7 denn die Legionare der spatrepublikanischen und friihkaiserzeitlichen Heere rekrutierten sich in der Regel aus den Bewohnem der landlichen Gebiete. 8 Wie verhielt es sich mit der plebs urbana? Wie wurde sie nach Auf losung der traditionellen Bindungen in das Bezugssystem der aristo kratischen Gesellschaft integriert? Weshalb lastete dieser "Klienten pobel", wie Mommsen die stadtromische Bevolkerung zwar abschatzig, soziologisch aber durchaus zutreffend zu umschreiben pflegte, "wie ein Alp auf dem r6mischen Gemeinwesen"?9 Diese Fragen sind bisher kaum eingehend diskutiert worden, was iiberraschen mag. Doch ist zu verrnuten, da~ dies weniger absichtlich herbeigeftihrt worden ist, son dem eher die unbedachte Folge einer historischen Betrachtungsweise ist, die bei der Auswahl ihrer Untersuchungsgegenstande vorzugsweise darauf achtet, ob die in Frage kommenden Ereignisse und Phanomene in spateren Epochen wirksam waren und die kiinftige historische Ent wicklung en~scheidend beeinflu-Bt haben. Eine solche Methode hat natiirlich den Nachteil, da~ andere, sich parallel vollziehende ~oziopoli tische Prozesse in der Regel wenig Beachtung finden und an die Peri pherie historischer Forschung treten. Diese Oberlegungen zeigen aber, da~ es durchaus verstandlich ist, da~ dem Bindungsverhaltnis der Solda ten gr6~ere Aufmerksamkeit geschenkt worden ist. Doch ist es nicht nur das Postulat, eine moglichst vollstandige und er schopfende Behandlung des historischen Geschehens anzustreben, was uns dazu aufruft, auch die Clientelbindungen der stadtromischen Be volkerung naher zu untersuchen. Denn man darf davon ausgehen, da~ uns die Beantwortung der oben angeftihrten Fragen die zweifellos komplizierten und komplexen Vorgange im spatrepublikanischen Rom transparenter macht, da ja insbesondere Ereignisse, die sich in einer 6 Ebd. 1,50.
7 Ebd. 1,50.
8 Brunt: Heer 139ff. ders.: IM 107f. Meier: RPA 100.
9 Mommsen: RG 3, 126.
Einleitung
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11
vorindustriellen Metropole abspielen, fUr die politische und gesellschaft liche Entwicklung bei weitem entscheidender waren, als dies fUr eine moderne Gro~- oder Hauptstadt zutreffen mag. lO Ferner scheint mir eine eingehendere Beschaftigung mit der plebs urbana auch aus universalgeschichtlicher Perspektive lohnend zu sein, da die Bevblkerung der Stadt Rom unter Hobsbawms Definition des ,Mob' subsumiert und somit als Phanomen angesehen werden kann, dem allgemeine historische Bedeutung zukommt. Mob ist nach Hobs bawm "die Bewegung aller Schichten der stadtischen Armen ... , die fUr Erreichung bkonomischer oder politischer Anderungen durch direkte Aktion eintritt, d. h. durch Aufruhr oder Rebellion; sie ist jedoch eine Bewegung, die von keiner bestimmten Ideologie inspiriert ist".ll Dieser Mob mu~ als Sozialphanomen jetzt untersucht werden, da er mit der Ausbildung eines wirksamen staatlichen Zwangsapparats zur Aufrechterhaltung der bffentlichen Ordnung (z. B. Polizei, Biiro kratie) "in vielen Teilen der Welt seit langem aufgehbrt" hat, "eine alWigliche Erscheinung oder gar die allgemein akzeptierte Methode einer volkstiimlichen Aktion zu sein, die er einst war. "12 Zwar ware es falsch, die plebs urbana als archaische Sozialbewe gung - vergleichbar den lazzaroni von Neapel - aufzufassen, doch weisen ihre soziale Zusammensetzung und ihre Verhaltens- und Hand lungsweisen Charakteristika auf, die Hobsbawm als Kennzeichen einer vorpolitischen Bewegung, wie sie der Mob in seinen Augen darstellte, ansah: 1. Die plebs urbana war eine permanent existierende soziale Gruppe, die sich aber "kaum permanent" als solche organisierte. 13 2. Die plebs urbana. besa~ die Mbglichkeit der direkten Aktion und Gewaltanwendung in weitem Umfang, da in Rom "keine Garnison und keine Polizei die Massen kontrollierte"/4 die Institution der Polizei oder einer ahnli~h gearteten Wach- oder Interventionstruppe ware namlich nur dann denkbar gewesen, "wenn man fUr diese Zeit die Existenz eines Staates in der Rolle eines iiber den gesellschaftli chen Parteien stehenden Dritten mit Neutralitatsanspruch behaupten will. "15
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10 11 12 13 14
Schneider: Militiirdiktatur 200. Hobsbawm: Sozialrebellen 155.
Hobsbawm: Sozialrebellen 141. Zum Begriff Bnmt: Mob 271 Anm. 1.
Hobsbawm: Sozialrebellen 141. Vgl. Pollard: GG 5,152.
Hobsbawm: Sozialrebellen 143.
Bnmt: Mob 280; vgl. Meier: RPA 157f. ders.: HZ 213. 396ff. Lintott: VRR 4. Nippel:
Handarbeit 72. 15 Schuller: Index 5,151.
12
Einleitung
3. "Feindschaft gegen Fremde, d. h. gegen solche, die nicht zur Stadt gehorten",16 zeigte auch die stadtromische Bevolkerung, besonders wenn es darum ging, eigene Privilegien anderen Bevolkerungsgruppen vorzuenthalten. 17 4. Soziologisch gesehen war die plebs urbana "eine Mischung aus KleineigentOmern, Lohnarbeitern, Freigelassenen und nicht klassi fizierbaren Stadtarmen".18 Insofern dOrfte die angestrebte Untersuchung der plebs urbana unse ren Kenntnisstand Ober den Mob erweitern und uns auBerdem die Historizitat dieses Phiinomens bewuBt machen. Darliberhinaus waren aber vor allem die auf dem Clientelwesen basierenden sozialen Bindun gen damr verantwortlich, daB die romische Plebs keine sozialrevolu tionare Bewegung werden konnte; sie war "keine einheitliche unter drlickte, revolutionare Klasse, die eine soziale Revolution hatte durch ftihren konnen. Infolge der Struktur der niederen sozialen Schichten, die voneinander hauptsachlich durch die Formen ihrer sozialen Abhiin gigkeit, also sozusagen durch von oben nach unten verlaufende Grenz linien, getrennt waren, konnte sich keine derartige Klasse bilden. "19 Gerade diese soziale Einbindung der plebs urbana in das aristokratische Gesellschaftssystem Roms laBt den Unterschied des antiken Mobs zu dem mittelalterlicher und neuzeitlicher Pragung, der "generell keine dauerhaften politischen bzw. ideologischen Bindungen aufweist,,,2!l deutlich werden. Darin zeigt sich die geschichtliche Einmaligkeit und das Besondere der plebs urbana; dies weist sie als historischen Sonder fall aus. In welchem Umfang und mit welcher Intensitat sich die principes seit Augustus der plebs urbana angenommen haben, urn ihre Stellung als alleinige Patrone dieser gesellschaftlichen Gruppe zu legitimieren, und welche machtpolitische Bedeutung diesem Bindungsverhiiltnis zukam, haben· Z. Yavetz in seinem Buch ,Plebs and Princeps' und G. Gilbert in seiner Arbeit Ober ,Die Beziehungen zwischen Princeps und stadtromischer Plebs im frlihen Prinzipat' eindrucksvoll dargelegt. Diese Monopolisierung der stadtromischen Clientel gelang dem Prin ceps vornehmlich aufgrund seiner Funktion "als Garant der Versor gung der stadtischen Bevolkerung",21 wahrend Theaterauffiihrungen, 16 17 18 19 20 21
Hobsbawm: Sozialrebellen 144.
Siehe dazu S. 33.
Gilbert 11. Vg!. Hobsbawm: Sozialrebellen 144.
Alfoldy: Gymn. 83, 16.
Gilbert 11.
Bruhns: Handarbeit 43.
13
Einieitung
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die Verwaltung der tribunicia potestas durch den Princeps selbst sowie der gemeinsame Kult der Lares und des genius Augusti die Integra tion der stadtromischen Unterschichten in die principale Gesellschafts ordnung gewahrleisteten. 22 Fur die friihe Principatszeit ist die systemstabilisierende Wirkung des Bindungsverha1tnisses zwischen Princeps und plebs urbana also
hinreichend nachgewiesen. Doch drangt sich die Frage auf, wie und
warum es zu dieser Uberfilhrung der stadtromischen Bevolkerung in
die Clientel des Princeps kam. Inwiefern erfuhr diese Entwicklung in der spatrepub1ikanischen Geschichte ihre Grundlegung? Hat sich vielleicht ein der Heeresentwick1ung ana10ger Proze~ am Ende der Repub1ik auch im zivilen Bereich abgespielt? Eine fUr die Zeit der ausgehenden Repub1ik, den oben genannten Untersuchungen verg1eichbare Studie uber die Beziehungen einze1ner
nobiles zur plebs urbana ist ein Desiderat der Forschung. Will man
diese Thematik in historisch sinnvoller Weise aufarbeiten, dann ist es
unbedingt notwendig, sich die Forschungsergebnisse der Principats analyse zu vergegenwartigen; diese konnen gleichsam als richtung weisende Erkenntnis- und Orientierungshilfen herangezogen werden. So diirfte beispielsweise die Befriedigung der materiellen Bedurfnisse der stadtischen Unterschicht durch den Princeps, die nach allgemeiner Auffassung die Grundlage des beiderseitigen Abhangigkeitsverhalt nisses bildete, auf eine ideelle und strukturelle Veranderung des Clien te1wesens hinweisen. Auch die behutsame Integrierung der plebs urbana in das principa1e HerrschaftsgefUge und ihre gleichzeitige Entpolitisie rung sind nur dann verstandlich, wenn man dieser Gesellschaftsschicht im Offentlichen Leben der spaten Repub1ik eine einflu~reiche Rolle zu gesteht. 23 Somit ergibt sich fUr unsere Arbeit zunachst fo1gende Aufgabenste1 lung: Es sollen die verschiedenen Aktivitaten und Einwirkungsmoglich keiten der plebs urbana auf das politische Geschehen und die gesellschaft lichen Vorgange im 1. Jh. v. Chr. ausfindig gemacht werden. Ferner mu~ die schon in v. Premersteins RE-Artike1 clientes konstatierte 24 und neuerdings von Rou1and 2s erneuerte These, da~ sich das Clientelver haltnis aus einer Rechts- in eine Sozialbeziehung gewandelt habe, naher 22 Nippel: Handarbeit 92. Bleicken: Kaiserreich 1,58. Gilbert 56ff. Yavetz: PaP 95ff.
23 Vg\. Gilbert 47.
24 v. Premerstein: RE 52: "So wird die Ciientei im allgemeinen nach und nach alles juristischen
Gehaltes entkleidet und leg! seit dem Ende der Republik den Beteiligten iediglich gesell schaftliche Obliegenheiten auf." 25 Rouland: PPDP 465f.
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14
Einleitung
prazisiert werden. Denn es genugt wohl nicht zu bemerken, "que le rap port se nouait en dehors de tout formalisme juridique",26 oder den Mangel an juristischen Texten als Beweis fUr diesen Wandel anzufUh ren. 27 Grundsatzlich ist es auch weniger dieser VeranderungsprozeB, der untersucht werden muBte, da die Forschung seit den Standekamp fen von einer freieren oder lockeren Form der Clientel spricht und da mit zum Ausdruck bringen will, daB infolge der Schwachung des perso nalen Elements die "Verbindlichkeit und Unausweichlichkeit der Pflich ten fUr den Clienten"28 verloren ging. Unklar ist hingegen, wie sich die Clientelbindung nach dieser Transformation darstellte, welches die cha rakteristischen Strukturmerkmale dieser Bindungsverhaltnisse waren, wie sie begriindet wurden und wie sie sich im Offentlichen Leben aktu alisierten. Dabei hat sich auch eine Untersuchung dieser Fragen nach der Be grundung, Funktion und Qualitat jenes ,sozialen' Bindungsverhaltnisses an dem vorgegebenen Quellenmaterial zu orientieren; dies bedeutet aber fUr unsere Arbeit, daB wir fast ausschlieBlich auf literarische Quellen zu riickgreifen konnen. Da die in Frage kommenden Texte jedoch schon lange bekannt und oft bearbeitet worden sind, scheinen wir uns in einer nicht gerade erfolgversprechenden Ausgangslage zu befinden. Doch ist das literarische Quellenmaterial, das uns fUr die Geschichte der spaten Republik vorliegt, insofern grundlegender und substantieller als dasjeni ge friiherer Epochen, weil wir fUr diesen Zeitraum uber eine vergleichs weise groBe Auswahl zeitgenossischer Literatur verfUgen und uns des halb auf das Urteil und die Einschatzung direkt betroffener Personen beziehen konnen. Will man mit diesem Material wissenschaftlich akzep tabel arbeiten und es erkenntnisfOrdernd al~wenden, dann muB man freilich die Tatsache, daB es sich bei unseren Quellen urn Werke der Li teratur handelt, in angemessener Weise beriicksichtigen. Urn die Konse quenzen und Forderungen, die sich daraus fur unser Arbeiten ergeben, zu verdeutlichen, bietet es sich meiner Meinung nach an, auf Roulands Werk ,Pouvoir politique et dependance personnelle dans l'antiquite ro maine. Genese et rOle des rapports de clientele' naher einzugehen und insbesondere dessen methodologische Vorgehensweise kritisch zu uber priifen. Rouland vertritt zwar ebenfalls die Meinung, daB man fur die Er forschung des Clientelwesens im 1. Jh. v. Chr. aufgrund fehlender juri 26 Ebd. 466.
27 Vg!. auch die Kritik von Kienast: Gnomon 53,686: "Interessant ist die These, daj), die "na
ture des relations de clientele" sich gewandelt habe "du juridique au social". Man vermilit je doch einen Beweis und wird vom Veri. im wesentlichen auf die Handbiicher verwiesen." 28 Bleicken: RR 28.
Einleitung
:c ::-.:'~
stischer Texte primar auf "sources d 'ordre litteraire" angewiesen ist, ohne aber im weiteren Verlauf seiner Arbeit dieser Erkenntnis die ihr gebtihrende Beachtung zu schenken. 29 So zieht er beispielsweise nur ju ristische Quellentexte heran, urn den Stellenwert des okonomischen Faktors flir das Clientelverhaltnis auszuloten, und meint dann, da die Anzahl schriftlicher Belege gering ist, "un certain declin des liens cliente laires" feststellen zu mtissen;30 der Autor bestreitet wiederholt die Exi stenz von Bindungsverhaltnissen oder deren politische Bedeutung mit dem Hinweis auf die"pauvrete des textes", 31 da er immer wieder auf die exakte Begrifflichkeit als conditio sine qua non rekurriert. 32 Urn begriffliche Eindeutigkeit bemtiht - ein an sich begrtiBenswer ter Vorsatz -, geht Rouland namlich von einer sehr engen Begriffsbe stimmung des Clienten aus;33 wenn er deshalb ausschlieBlich die Ver wendung juristischer Termini durch die antiken Autoren als Indiz flir ein solches Abhangigkeitsverhaltnis ansieht, dann faBt er aber dieses Bindungsverhaltnis vorzugsweise als RechtsverhiHtnis auf; so gesehen
konnen seine Ergebnisse freilich nicht tiberraschen. Doch allein die von
Rouland selbst proklamierte Umwandlung der Clientelbindung von ei
ner Rechts- in eine Sozialbeziehung muB ihre Spuren auch in der zeitge
nossischen Literatur hinterlassen haben, sofem man davon ausgeht, daB
Literatur immer einen Reflex der Wirklichkeit, in der sie entsteht, dar
stellt sowie Einfliissen und Bedingungen dieser Wirklichkeit unterwor
fen ist; gerade dies trifft aber in ungleich groBerem MaBe flir die literari
schen Werke eines Cicero oder Sallust zu, die beide als Politiker aktiv am 6ffentlichen Leben teilgenommen haben und somit etwaigen Ver anderungen ihrer Lebenswelt unmittelbar ausgesetzt waren; daB diese ihre Erfahrungen in ihre literarische Arbeit bewuBt oder unbewuBt ein geflossen sind, kann als sicher gelten. Hinzu kommt, daB an Literatur vergangener Zeiten, insbesondere an antike literarische Werke, keine neuzeitlichen MaBstlibe angelegt werden dtirfen; deshalb ist bei der Lek ttire dieser Texte und ihrer wissenschaftlichen Verwertung zu beachten, "daB starre Definitionen, soweit sie sich auf romische Terrninologie be ziehen, einfach nicht funktionieren. In ihrem Gebrauch von politischen Begriffen waren die Historiker der Antike nicht so vorsichtig wie mo deme Philologen und Juristen. In der Absicht haufige Wiederholungen
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29 30 31 32 33
Rou!and: PPDP 486.
Rouland: PPDP 466.
Ebd. 328[, 343, 350, 352,437,479,483.
Einzelne Beispiele soHen im Verlauf der Untersuchung eingehender diskutiert werden.
Rou!and: PPDP 324: "Le cliens au sens
du terme. C'est, pour notre part, !'accep'
tion dans laquelle nous employons le terme tout au long de notre etude".
--------- --
- - -
16
Einleitung
desselben Wortes zu vermeiden, benutzten sie haufig verschiedene Be ::".: ~ .:. e::s:l griffe als Synonyme. "34 Insofern kann Roulands juristischer Interpreta '';': ~ ~~1IIIIlI tionsansatz einer hinreichenden Auswertung des literarischen Quellen :' .J:tIIIiil materials nicht genugen. I Eine erneute Durchsicht und Prufung dieser Quellen durfte ihr Au genmerk also weniger auf die traditionellen Begriffe wie cliens, cliente la, patronus, patronatus und ihre griechischen Synonyme richten, son dern muf~te eher herauszufinden suchen, wie derartige Abhangigkeits verhaltnisse von den damaligen Autoren beschrieben wurden. In literari schen Texten ergibt sich ohnehin die Bedeutung der Begriffe erst aus dem Zusammenhang. 35 Somit kann nur eine den Sinn- und Aussagezu sammenhang mitberucksichtigende Interpretation unserer Quellen fUr diese Untersuchung geeignete und dem Quellenmaterial angmessene Er kenn tnisse herbeifUhren. Ein solches Vorgehen verlangt jedoch beson ders eine Forschungsarbeit uber soziale Beziehungen; denn auch das Clientelverhaltnis war "kein Rechtsverhiiltnis im strengen Sinne, son dern eine auf moralischen Verpflichtungen beruhende Bindung, deren Kraft sich aus ihrer sozialen Funktion ergab. "36 Will man dieses naher untersuchen, dann hilft es nicht weiter, sich auf wenige lateinische Be griffe zu fixieren und diese als beweiskraftige Kriterien zu reklamieren. Man ist vielmehr gezwungen, da dieses Beziehungsverhiiltnis der sozia len Sphare angeh6rt und auf einem Denken beruht, das an Sozial-, nicht aber an Rechtsnormen gebunden ist, das Handeln und Verhalten der jeweiligen Sozialpartner richtig zu analysieren; diese sind ein sicherer Gradmesser fUr die Existenz bzw. Nichtexistenz eines Bindungsverhiilt nisses und nur zu erarbeiten, wenn man von starren Begriffsdefinitio nen abgeht; alle Handlungsweisen, die sich in einer ,Offentlichen' Gesell schaft, wie es die r6mische war, finden, haben niimlich ihre soziale Ur sache und sind deshalb auf das interpersonale Beziehungssystem, die Clientelbindung, zurUckzufUhren. Diese aktualisierte sich jeweils in den Handlungen und Verhaltensweisen der beteiligten Personen und Perso nengruppcn. 34 Yal'etz: Caesar 229. ders.: PaP 142. Diese Erkenntnis prazisierte Sal/er fUr unseren For sehungsgegenstand folgendermaf.\en: ... "wc should not jump to the conclusion that patro nage existed only where the words patronus and cliens were used." (7). Zum Gebraueh des Wortes patronus bei Cieero ebd. S. 9. 35 Yal'etz: Caesar 230. ders.: PaP 148. Hier gilt cs aueh zu berticksichtigen, daf.l dem damaligen Lcscr durch den Kontext und die Zeitkenntnis bewuf.lt wurde, wie er die Aussagen eines Au tors Zll verstehen hatte, welche Tatbestiinde von jenem beschrieben wurden. Dieses ,Mehr· wissen' des antiken Lesepublikums ~ollte ebenfalls in die Interpretation der bctreffenden Textstellen miteinbezogen werden. 36 Bleicken: Qu,," 67. Vg!. der~.: RR 21. Harl 7. v. Premerstein: Prinzipat 15. Hel/egouarc 'h: Vocahulaire 17. Werner: Gymn. 80. 2331'.
EinJeitung
17
Wie sich dieser Wandel der Clientelbeziehung in der Alltagspolitik niederschlug, und welche Konsequenzen ein Politiker aus dieser Ent wicklung ziehen konnte, soIl am politischen Verhalten und Handeln des P. Clodius Pulcher exemplarisch dargestellt werden. So umstritten und beruchtigt jener bei seinen Zeitgenossen war, so t:: ::-ir A u ratselhaft und widerspruchlich bleibt er vielen heutigen Forschern; fUr u: _':,ente sie ist er einmal "Caesars Affe", 37 dann "a henchman of Crassus" 38 I:::::-c. son oder "ein v611ig selbstandig agierender, den Triumvirn feindlich gesinn ~~;!-:eits ter Politiker",39 an dessen Politik sich "ein ganzes sozial-revolutionares ~. _~:"rari Programm"40 ablesen lasse. Unter diese verschiedenartigen Urteile, die ~ :: :-st aus hier stellvertretend zitiert wurden, la~t sich die gesamte Forschungsli ~-_~,~ . lge zu teratur subsumieren. Obwohl schon Ed. Meyer erkannte, da~ Clodius ~::.::n fUr nicht gewillt war, "sich einfach zum willenlosen Werkzeug der Macht bS·:-:-,;; Er haber herzugeben", und vielmehr "in Konkurrenz mit jenen sich an der ~: :,,,son Spitze der Volksmassen eine selbstandige Macht grunden"41 wollte, i_ ::--, das setzte sich erst in neuerer Zeit das Bemuhen durch, in Clodius vornehm lc-.::. son lich eine eigenstandige politische Kraft zu sehen. 42 Diese Feststellung ~.;':eren wird aber insofern wieder relativiert, als der Zeitraum von Clodius' un ~s :1aher abhangiger Politik auf die J ahre von 58 bis 56 begrenzt 43 oder auf Cae L:~" Be sars Abwesenheit van Rom zuruckgefUhrt wird. 44 Wenn also Clodius L..::.--:-:;"ren. nicht mehr vorzugsweise als der Heifer der drei Machthaber erscheint, c'::~ s,)zia so ist sein politisches Verhalten nach Meinung der Gelehrten doch ihrer iLi.. -. 'lieh t Macht unterworfen. Ohne die Bedeutung des Dreibundes fUr die dama \..<... :-:-'- der lige Politik herunterspielen zu wollen, halte ich es dennoch fUr sicher, !i s::nerer da~ dieser enge Blickwinkel eine gerechte Wurdigung des Clodius ver ~-, ::rhalt hindern und, da andere gesellschaftliche Krafte weitgehend ausgespart l..:::,-:nitio bleiben, sein politisches Handeln als Funktion dieser drei Machthaber ;r: . '~-e sell ausweisen mu~. Eine eigene politische Konzeption wird Clodius abge [;;::.1:" Ur sprochen,45 oder man versteigt sich zu solch gewagten Thesen, da~ es 'k::~. die Clodius war, der es als letzter unternahm, "die republikanische Verfas ~ ::: den ['co': ?erso e·.: :::-,,, Be !l:::::;-preta t:'-..:;" llen
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Mommsen: RC 4,299. Vgl. Nowak 107, 1221'. Cic. ad. fam. 7.2.3.
Cary: CAH 9, 522.
Uttschenko: Cicero 153.
Kuhne: Hclikon 6, 110.
41 Ed. Meyer 88.
42 Bahcock: AJPh 86, 261'. Anm. 39. Gruen: LCRR 981'. ders.: Phoenix 20,130. Lintott: VRR
1941'. ders.: CaR 14, 158. Brunt: SCRR 134. dcrs.: Mob 304. Martin 881'. Meier: RE 589. ders.: Diss. 265. Schneider: Militardiktatur 262. ders.: WuP 355. Syme: Sallust 23. Ward:
Crass us 2321'. 43 Z.B. Lintott: CaR 14, 168. Meier: RE 589. 44 Kuhne: Helikon 6, 103. Vg!. Vogt: RC 362. 45 Martin 89. Heuss 2691'.
18
Einleitung
sung, die sich durch die fortschreitende Verdrangung des Volkes aus dem politischen Wil1ensbildungsproze~ aufloste, durch eine weitgehen de Partizipation der Massen an den politischen Entscheidungen neu zu beleben";46 und noch immer wird er allzu geme mit dem "terroristischen VolksfUhrer"47 iden tifiziert. Das widerspruchliche Bild, das die Forschung von Clodius zeichnet, hat abgesehen von ideologisch bedingten Verzeichnungen vor allem ei nen Grund: wie keiner seiner Zeitgenossen hatte und hat Clodius unter der diffamierenden und verzerrenden Darstellung zu leiden, die ihm sein personlicher Widersacher Cicero zuteil werden lie~ und die zweifellos die folgende Dberlieferung - Schriftsteller wie Plutarch und Cassius Dio - nachhaltig beeinfluf~te.48 Zwar pflegt Cicero Clodius gem als furens oder demens zu bezeichnen, doch sollte man nie vergessen, da~ jener kein politischer Selbstmorder, sondem ein aufstrebendes und ehrgeizi ges Mitglied der gens Claudia, einer der altesten und renommiertesten Adelsfamilien Roms, war und Karriere machen wollte; zu vorschnell werden oft Personen, deren Handlungsweise nur schwer zu verstehen ist und nicht der Normalitat entspricht, als verruckt und wahnsinnig apo strophiert und als ,arme Irre' abgetan. Urn dies zu vermeiden, wollen wir versuchen, Clodius' politisches Agieren und Planen aus seiner histo rischen Umwelt und Zeit heraus zu begreifen. Eine solche Vorgehensweise bewahrt uns vor der Gefahr einer bio graphischen Nacherzahlung der politischen Aktivitaten des Clodius: sie 46 Schneider: Militardiktatur 214.
47 Meier: Caesar 287.
48 Dazu S. 54 Anm. 93. Ciceros von personlicher Feindschaft gepragtes Clodiusbild hat auch
moderne Forscher dazu veranlafl>t, Clodius im Licht ciceronischer Aussagen zu charakterisie ren. So stellt uns beispielsweise ChI. Meier Clod ius wie folgt vor: "P. Clodius Pulcher hatte zwar besanders wenig Respekt vor den Idealen der Republik und den stolzen, doch haufig schwachen alten Herren, die sie reprasentierten. Er scheute so wenig wie seine besonders groGziigigen Schwestem Skandale. Aber das heillt zugleich: Er war hochst empfindlich. Was immer er andern antat, er mochte es gar nicht, wenn man ihm unfreundiich begegnete. Ge will war er hochbegabt, von starker Energie und hochst anspruchsvoll; aber oh ne Stetigkeit, ohne Bereitschaft, sich konsequent anzustrengen, ohne wirklichen Willen, ohne ein Ethos. Ein anarchisches Temperament, frei sich entfaltend, da kaum Widerstand es hielt, da es bewundert wurde; faszinierend flir Roms Jugend, zumal es wagte, was die meisten sich nur zu gem getraut hatten - schliei\lich zunehmend sich selbst verzehrend. Seine wichtigste An triebskraft neben dem Ehrgeiz scheint der Hafl> oder doch eine mal110se Aggressivitat gewe sen zu sein. Er suchte die Auffalligkeit und das Ansto1l>ige. Clodius hatte irgendein BedUrf nis, urn si ch zu schlagen. Die Ziele waren sekundar, sie konnten wechseln. Darauf kam es nicht an. Da war er frei. Aber Aggressivitat und Aggression mu1l>te er entfalten. Insoweit war er nicht frei. Er lebte aus Vemeinungen. Und er hatte ein GespUr damr, wo Potenzen des Protests bereitlagen.... Er war popular, aber alles andere als wohlmeinend. Ein abgrUndiger Charakter." (Caesar 266f.).
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fordert uns geradezu dazu auf, die Hauptperson oder - wie sie seit Ranke haufig genannt wird - die ,groBe Persbnlichkeit' unter Beriick sichtigung der jeweiligen historischen Strukturen und Prozesse zu be schreiben; sie kann deshalb die "Vermittlung von Struktur und Person, von iibergreifenden Prozessen und individuellen Handlungen "49 konkre tisieren. Zum einen sollte unsere Clodiusanalyse also Bereiche und Gegeben heiten jenseits der ,groBen Politik' berucksichtigen, d.h. den Politiker aus seiner Lebenswelt heraus zu entwickeln versuchen und seine Erfah rungen, "das Netz der sozialen Beziehungen ... , die Atmosphare der Zeit und den Stil der sozialen Klassen"so miteinbeziehen. "Ein zweiter Weg fiihrt iiber die EntscheidungsprozeBanalyse, iiber die Aufdeckung gezielter Beeinflussungen re1evanter Entscheidungen ... durch Personen und Organisationen und iiber die Frage nach bkonomischen, sozialen und politischen Bedingungen und Grenzen solcher Einfliisse; iiber das Aufspiiren vielfiiltiger, dem Zeitgenossen vielleicht se1bstverstandlicher und damit nicht bewuBter Bedingungsfaktoren von Entscheidungen und Nicht-Entscheidungen."51 Die Beachtung dieser methodologischen Richtlinien laBt auch die Feststellung, "daB groBe Personlichkeiten relativ groBen EinfluB auf den Geschichtsverlauf nehmen", 52 an Aussagekraft und historischer Transparenz gewinnen; dieser Sachverhalt - fUr eine aristokratische Ge sellschaftsordnung von exzeptioneller Bedeutung - kann auf diese Wei se als "ein struktureller Tatbestand begriffen und plausibel gemacht werden. . .. Ihnen (den groBen Persbnlichkeiten) korrespondieren je weils bestimmte historische Zusammenhange".53 Insofern wird unsere Untersuchung vielleicht auch die Aussage von Momiglianos eingangs zitierten Satzen konkretisieren und dessen Frage, warum die Cliente1bindung der spaten rbmischen Republik fUr die Zer stbrung der Senatsherrschaft mitverantwortlich war, einer Antwort naher bringen.
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Kocka: GG 7,579. Vgl. Meier: Ohnmacht 101'f.
Ebd.
Ebd.
Rittner 171.
Ebd. Vgl.Meier: Ohnmacht 971'f.
2. DIE DENATURIERUNG DES BINDUNGSWESENS Jede Gesellschaft griindet sich auf eine Vielzahl von zwischenmensch lischen Beziehungen, die das Zusammenleben organisieren und regeln. In der r6mischen Gesellschaft findet sich neben anderen Gemeinschafts formen wie Familie oder Staatsgemeinschaft die Clientelbindung. Dieses interpersonale Abhangigkeitsverhaltnis beruht auf dem reziproken Aus tausch von Leistungen, den beneficia oder merita. 1 Denjenigen, der ein beneficium empfangen hat, verpflichtet die fides, die moralisch-ethische Grundlage der clientela, dazu, sich seinem Wohltater gegenilber dankbar zu erweisen. Undankbarkeit oder Vergessen eines beneficium ist weder den Empfangern dieser Wohltaten noch deren Nachkommen gestattet. 2 Die ausstehenden Gegenleistungen, die officia, des beneficio obligatus bedeuten fUr den Wohltater einen Machtzuwachs; dieser "Anspruch auf Dank",3 mit dem lateinischen Relationsbegriff gratia wiedergegeben, war Richtschnur und Objekt aristokratischer Handlungsweise. 4 Das Obergewicht der beneficia war somit ein wichtiger Faktor fUr die digni tas eines jeden nobilis, fUr seine "Stellung und Geltung im Offentlichen Leben ". 5 War das Geben und Nehmen von beneficia ein Konstitutivum der r6 mischen Gesellschaft und Politik, sowohl der AuBen- wie der Innenpoli tik, 6 so konnte dieses BeziehungsgefUge nur dann idealiter funktionie ren und seine gesellschaftliche und politische Relevanz wahren, wenn die eben skizzierten Normen allgemein akzeptiert und praktiziert wur den. Nach Sallusts Auffassung waren jedoch Werte wie fides, probitas, pudor und pudicitia in der spaten Republik kauflich und hatten ihre Be deutung als ideelle Stabilisierungsfaktoren der r6mischen res publica weitgehend eingebilBt. 7 Der Verlust an Verbindlichkeit dieses u.a. auch 1 Cic. off. 1.56. 2 Ebd; 1.48: (beneficium) non reddere viro bono non licet, modo id facere possit sine iniuria. Vgl. 2.63. Publil. Syr. 55,58,80. 3 Poeschl: AuA 26, 13. 4 SaIl. Calil. 7.3: tanta cupido gloriae incesserat. 7.6: sed gloriae maxumum certamen inter ipsos erat . .. 5 Drexler 232. 6 Sail. Calil. 6.5. 7 SaIl. Calil. 10.4: namque avaritia fidem probitatem ceterasque artis bonas subvortit; pro his superbiam, crudelitatem, deos neglegere, omnia venalia habere edocuit. Vgl. ebd. 3.3,16.2. rep. 2.7.8. Dies lriff! auch fUr die libertas zu. Die besitzlose Bevolkerung war nach Sallust ge
Die Denaturierung des Bindungswesens
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fUr das Clientelverhaltnis 8 konstitutiven Norrnenkatalogs ist ein Sym
ptom des Desintegrationsprozesses der spatrepublikanischen Gesell
schaft. 9 In einer solchen Situation hatte man freilich erwarten k6nnen,
da~ "das System gesprengt worden ware oder da~ sich wenigstens eine
Alternative zu ihm aufgetan hatte".10 Allein dies geschah nicht. Ob
wohl man standig gegen einzelne Norrnen verstie~, sich der Gruppen
comment immer mehr aufl6ste, blieb die aristokratische Sozialstruktur
erhalten - nicht zuletzt deshalb, weil es zu den mores maiorum, der Ge
samtheit dieser Verhaltensforrnen, keine Alternative gab; man entwik
kelte kein neues ideologisches und ethisches Bezugssystem. ll Auch un
ter den veranderten Gegebenheiten des Weltreichs blieb der Normenka talog des archaischen Gemeindestaates mit seiner "Pravalenz des sozia len Ichs vor dem individuellen"12 in Geltung. Diese Konstanz des ideel len Wertesystems war "Symptom einer viel umfassenderen strukturellen Kontinuitat der Gesellschaft und der Offentlichen Ordnung", 13 die we sentlich dadurch bedingt war, da~ die sozialen Institutionen wie Familie und Clientel nie in Frage gestellt wurden, obwohl sich gerade letztere in der jeweiligen Aktualisierung durchaus prozessual verandern konnte. 14
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zwungen, ihre libertas, in der spaten Republik mit dem Stimmreeht in der Volksversamm lung, ja ganz konkret mit dem Reeht auf geheime Abstimmung gleiehgesetzt (Cie. Sest. 103. leg. 3.34,39. leg. agr. 2.4. Plane. 16. Aseon. 78 C. Dazu: Bleieken: OuF 64ff. ders.: RR 141. Wirszubski 26. Hellegouare'h: Voeabulaire 545), zu verkaufen, und muf1te sich in die servi tus begeben (Sail. rep. 2.5.4f. hist. 3.48.6,19. Wistrand 15). 8 Nach Bleieken ist die fides "sozusagen die begriffliehe Konkretisierung der Verhaltensweise zwischen Patron und Client" (RR 23); sie bezeichnet die Zuverlassigkeit beider Partner und integriert das Clientelverhaltnis in das allgemeine Sittengesetz (Bleieken: OuF 67. Meier: RPA 37f.). 9 Diese Entwicklung war mit den gewachsenen Moglichkeiten und Notwendigkeiten des zur Weltmacht expandierenden romischen Gemeinwesens eng verbunden. Indem es dem Senat und seinen Mitgliedern immer weniger gelang, die Aufgaben und Probleme, die sich aus der Weltreichsbildung ergaben, befriedigend zu losen, verlor diese Institution zusehends ihre Au toritat: fortan gab es keine autoritative Kraft mehr, die eine Kontrollfunktion iiber die Nor men der Adelsgesellschaft ausiiben und diese bei Bedarf durchsetzen konnte. Zugleich wuf1 te die auf Disziplinierung ihrer Standesmitglieder bedachte Senatsmehrheit der zunehmen den Profilierungssucht einzelner Personliehkeiten und dem sich auspragenden Individualis mus, Begleiterscheinungen der Expansion, lediglich das Festhalten an den traditionellen Wertvorstellungen und Verhaltensweisen entgegenzusetzen (Holseher 316). 10 Meier: Ohnmacht 41. 11 Alfoldy: Gymn. 83, 22. Selbst ein Caesar konnte seinen Machtansprueh nur durch die Ver absolutierung der dignitas, der traditionellen Leistungsmaxime der romischen Aristokratie, begriinden; sein Bezug auf die Gemeinschaft und auf das Gemeinwesen ist offensichtlich (Meier: Ohnmacht 42). 12 Posehl: AuA 26, 15.
13 Holseher 317 .
14 Bleieken: RR 242f. So war beispielsweise die Schwachung des personlichen Elements eine "Konsequenz der Ausweitung des Biirgertums" (Bleieken: RR 243). Auch im Rahmen der
22
Die Denaturierung des Bindungswesens
Diesem Wandel solI nun unsere Aufmerksamkeit gelten. Da namlich die mit dem Begriff der fides verbundenen sozialen Tugenden wie Zu verlassigkeit, Loyalitat und Hilfeleistung von den Patronen mit Geld und Geschenken erkauft werden konnten, bilBte die Clientelbindung ihre ideelI-moralische Basis ein. In der spaten Republik war es zuneh mend die Freigiebigkeit, die die Bindungsfunktion der fides ausfUlIte. Diese liberalitas, traditionelI Bestandteil aristokratischer Politik (adli ge Munifizenz), war gleichsam als strukturimmanentes Vehikel "zur Steigerung der eigenen Macht und des eigenen Ansehens"lS unter den nobiles alIgemein anerkannt. Mit fortschreitender Individualisierung und Materialisierung der r6mischen GeselIschaft wurde sie jedoch ihres sozialen Filrsorgecharakters immer mehr entkleidet und degenerierte zuin unkontrollierbaren Instrument inneraristokratischer Machtkampfe. Deshalb war es Ciceros Anliegen in seinem Werk de officiis, seine Gedanken ilber Art, Umfang und Ziel der liberalitas zu ver6ffentlichen. Ein kategorischer Verzicht auf derartige Schenkungen kam auch fUr ihn nicht in Betracht, da ein solches Verhalten in der bffentlichkeit als ava ritia verschrien war;16 ja, durch die Forderungen und Erwartungen, die die Bev6lkerung an die Aedilitat 1? und die Wahlbewerbung 18 knilpfte, war die liberalitas geradezu zu einem konstitutiven Element der spatre publikanischen Politik geworden. 19 Weil aber maBlose Freigiebigkeit zur Korrumpierung der Bilrger filhre,20 sucht Cicero dem ,freigiebigen' augusteischen Restauration wurde dem Sozialinstitut der Clientelbindung und ihrem Verhal tenskodex groBere Aufmerksamkeit geschenkt. Der Konzeption der renovatio Augusti ist zweifellos die ausfUhrliche Schilderung, die Dionys von HalikarnaB dem Clientelwesen in sei nen ,Antiquitates Romanae' zukommen lieB, verpflichtet (Dion. Ha!. ant. 2.9-11. Zur Hi storiziUit dieser Abschnitte bei Dionys finden sich bei Becker: RAC 7, 808 Literaturhinwei se. Vg!. Ferenczy: Oikumene 3, 198). Durch seinen Bericht, dem vielleicht eine Propaganda schrift aus dem 1. Jh. v. Chr., die "politische Tagesforderungen in die rom. Frtihzeit zurtick projiziert" (Becker: RAC 7, 808), zugrunde liegt, wollte der Verfasser der Lockerung des Clientelverhaltnisses entgegenwirken und das iiberlieferte Clientelverstandnis und -verhalten neu beleben. 15 K/oft 71. Cic. off. 2.65f. 16 Cic. off. 2.56: Vitanda tamen suspicio est avaritiae. Vg!. 2.75. 17 Ebd. 2.57 -59. 18 Wic wichtig die Bestechung fUr die Amtsbewerbung war, sollen zwei Beispiele belegen: Sulla wurde beim zweiten Anlauf zum Praetor gewahlt, nachdem er "das Volk teils durch Schmei chelei, teils durch Gelder fUr sich gewonnen hatte" (Plut. Sull. 5.2). Cato fiel bei der Con sulwahl durch, "da er auch seinen Freunden alle Werbemethoden untersagte, mit we!chen die Masse sonst gewonnen und gegangelt wurde" (Plut. Cat. min. 49.4). 19 Appian zufolge lobte das Volk schon immer die Freigiebigen (civ. 2.1), und so machten es sich einige Politiker zum Grundsatz, "jedem beliebigen zu dienen und ihn zu umschmeicheln (Dio 37.37.3). 20 Cic. off. 2.53: fit enim deterior, qui accipit, atque ad idem semper exspectandum paratior. Vg!. 2.52,55,71.
Die Denaturierung des Bindungswesens
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23
Politiker Verhaltensma~regeln und Richtlinien an die Hand zu geben, die ihm eine Unterscheidung zwischen erlaubter liberalitas/benignitas und abzulehnender largitio/ambitus ermoglichen sollten. 21 Fur Cicero ist die Billigung oder Ablehnung von largitiones von ihrer Notwendigkeit und Nutzlichkeit abhangig; diese wird selbstverstandlich im Hinblick auf das Gemeinwesen bestimmt: Mauern, Werften, Hafen und Wasserleitungen zu bauen oder Leute aus der Sklaverei freizukau fen, all dies ist fUr die res publica von Nutzen. 22 Diese Art der Munifi zenz nennt Cicero deshalb benignitas und unterscheidet sie von den lar gitiones, die von "Speichelleckern des Volkes, die die Charakterlosigkeit der Menge durch ein Vergnugen gleichsam kitzeln'<23, ausgefUhrt wer den. Aus diesem Grunde sind auch Agrarreformen und Schuldentilgun gen entschieden abzulehnen, da den einen etwas genommen wird, urn es den anderen geben zu konnen, und somit die Grundlagen des Staates untergraben werden. 24 Grunderfordernisse einer zu respektierenden Freigiebigkeit sind also der loyale Erwerb der benotigten Mittel und die Zweckfreiheit der Schenkung. 25 Gerade die largitio wird aber nicht nur von Cicero, sondern auch von anderen Autoren rein funktional gesehen, indem sie ihr eine machtpoli tische Komponente zuschreiben. So wurden populare Volkstribunen von ihren Gegnern des Strebens nach der Konigswurde bezichtigt, die sie angeblich durch Geschenke, in den Quellen meist als largitiones apo strophiert, zu erlangen hofften. 26 Es war die erklarte Absicht der largi
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21 Cic. orat. 2.105. Flir Cicera steht au1\er Frage, da1\ die Freigiebigkeit in Form von operae "lautior ac splendidior et viro forti claroque dignior" ist (off. 2.52,54). Diese operae haben -." ::.:.r Hiweite Wirkung (ebd. 2.66,54,70), sind vielen Leuten niitzlich (ebd. 2.54) und bleiben lange Zeit in Erinnerung (ebd. 2.60.63). Demgegeniiber sei den largitiones eine nur kurze Gel tungsdauer beschieden (ebd. 2.55. Sest. 139). Vg!. auch die Unterscheidung von largi prodigi :?-:: :;";:l:1da und largi liberales (off. 2.55). il;:o - =c.c-ii:k 22 Cic. off. 1.43. 2.59f., 63. So sind auch Getreideverteilungen an die Bevolkerung und Offent t•.::., o:-~c" des l'II ·c o::-,:O!len liche Speisungen zu billigen. sofern sie vom Volk gefordert werden, und durch diese Schen kungen ein ,wichtiges Ziel' erreicht werden soli (off. 2.58). 23 Cic. off. 2.63. 1.42. Zur benignitas: ebd. 2.63. 24 Ebd. 2.78. Vg!. 1.43. 25 Ebd. 1.43. 3.118. leg. 1.48. SaIL lug. 103.6. 26 Nach annalistischer Tradition bemlihten sich Sp. Cassius Vecellinus, Sp. Maelius und M.
<:r~o= Sulla Ir:~ 3: ~L'1lei Manlius Capitolinus urn die Errichtung eines regnum, indem sie sich durch gro1\zligige largi
tiones (Acker- und Getreidezuteilung, Schuldentilgung) die Gefolgschaft der Plebs zu sichern
~ ~:~ Con n_- ~c::hen suchten (Quellenbelege in den jeweiligen RE-Artikeln. Vg!. Kloft 50f., 56-64. Veyne 379.
Lintott: VRR 55ff.). Cicero vergleicht in seiner Stellungnahme zur rogatio Servilia die
decemviri, die die Ansiedlungsma1\nahmen durchftihren sollten, wiederholt mit reges (leg.
:::::::~.:c:1es agr. 2.15). Das politische Schlagwort regnum bezeichnet nach Earl "the position of a man s::::,=,::~,eln or faction whose power, influence and dignitas had attained a predominance over those of the rival nobles and factions, or had actually become, more than primus inter pares" (75. Vg!. Yavetz: Caesar 189). Zu den largitiones vg!. S. 33 Anm. 73). ~
~-,:: :-=-: ~::
sei-
24
Die Denaturierung des Bindungswesens
tores, durch Einsatz ihrer opes alIe anderen zu iibertreffen und somit die SolidarWit der Adelsgemeinschaft zu sprengen. 27 Diese machtpoliti sche Bedeutung der largitiones fUhrte dazu, da~ aufstrebende und machthungrige Politiker die Mittel und Moglichkeiten zu Schenkungen zu monopolisieren, zumindest aber potentielIe Konkurrenten von deren Nutznie~ung auszuschlie~en suchten. Bezeichnend ist eine diesbezligli che StelIungnahme des M. Livius Drusus, der gesagt haben solI, "nihil se ad largitionem ulli reliquisse, nisi si quis aut caenum dividere vellet aut caelum ". 28 Ebenso war es angeblich das vornehmliche Ziel der drei Machthaber Caesar, Pompeius und Crassus, "niemandem die Moglich keit zu largitiones zu lassen".29 AIs eine besonders entartete Form der largitio wird der Einsatz von pecunia zur Etablierung einer politischen MachtstelIung abgelehnt. Cice ro gei~elt ein derartiges Vorgehen als "sordidissima . .. illa quidem ratio et inquinatissima ", da materielIe Sachwerte virtus und industria ersetz ten. 30 Dennoch mu~ er eingestehen, da~ gerade zu seiner Zeit vie1e Poli tiker dazu iibergingen, sich mit Hilfe von Geldgeschenken die Sympa thien und Unterstiitzung der Anhanger zu sichern;31 materielIe Zuwen dungen seien effektiver, da sie fUr die jeweiligen Empfanger sofort und konkret vorhanden seien. 32 Es bleibt also festzuhalten, d~ in der spaten Republik in zunehmen dem Ma~e die Bindungsverhaltnisse durch largitiones begriindet wurden; in ihnen materialisierte sich die fides. Diese largitiones bildeten fortan das konstitutiveElement der Clientelbindung. 33 Die largitiones lie~ man vorzugsweise denjenigen zukommen, von de nen zu erwarten war, da~ sie niitzliche Gegenleistungen bereitwillig er brachten. 34 Da die Mitglieder der romischen Oberschicht durch kein be neficium verpflichtet sein wolIten,3s wandten sich die largitores an die 27 Cic. off. 1.64. Vgl. Cael. 78. Catil. 4.10.
28 FIar. epit. 2.5.6. Vir. ill. 66.5.
29 Cic. Att. 2.18.1. Diese Zielvorstellung lag moglicherweise auch der lex Iulia sumptuaria aus
dem Jahre 46 zugrunde; Caesar "hatte nichts dagegen, dafl> Senatoren sich trafen und ge meinsam mit Freunden in engerem Kreis speisten. Doch das Veranstalten van riesigen Trink gelagen fUr Volksmassen deutete auf die Absicht, sich bei diesen Massen allzu beliebt zu ma chen, und gerade das suchte Caesar zu vermeiden" (Yavetz: Caesar 156). 30 Cic. off. 2.21f.
31 Ebd. 2.22. Vgl. 1.49.
32 Ebd. 2.60.
33 Die exzcptionelle Bedeutung des ,evergetisme' fUr die Entwicklung des personlichen Bin
dungsverhiiltnisses hat insofern Veyne (77 ,81 ,407f.) richtiger erkannt als Rouland (PPDP 467). 34 Cic. off. 1.49.2.69. Vg!. Q. Cic. pet. 47. 35 Ein patrocinium beansprucht zu haben oder clientes genannt zu werden, war nach dem Selbstvcrstiindnis dieser Leute gleichbedeutend mit ihrem gesellschaftlichen und politischen ,Tod' (Cic. off. 2.69).
Die Denaturierung des Bindungswesens
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25
sag. homines tenues. 36 Diese Leute glaubten, empfangene Wohltaten vergelten zu rnlissen, da sie wegen ihrer Bedlirftigkeit und Arrnut auf die Freigiebigkeit reicher Mitblirger angewiesen waren;37 hatte aber der li beralis keine Hoffnung auf eine wie aueh irnrner geartete Gegenleistung, dann rnuBte seine Bereitschaft sinken, gegenliber anderen freigiebig zu sein. 38 Wie sah nun die ,Abzahlung' der beneficia aus? Was konnten die ho mines tenues als Gegenleistung offerieren? Da ihnen die wirtschaftli chen Mittel und die gesellschaftliche Reputation fehlten, urn ihre Wohl tiiter vor Gericht verteidigen, flir sie blirgen oder sie bewirten zu k6n nen, versuchten sie, erhaltene beneficia durch suae operae wiedergutzu rnaehen. 39 So fanden sie sich zur adsectatio und salutatio bereit,40 die flir das politische und gesellschaftliche Ansehen eines Politikers von gro Ber Bedeutung waren. 41 Mit dern ernsthaften Bernlihen einzelner nobi
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36 Zum Begriff Bolkestein: "Das Wort tenuis bezeiehnet den armen und einfaehen Mann aus dem Yolk. '" natlirJieh sind das die Armen, aber in ihrer Eigensehaft als Angehiirige der niederen Stiinde" (329). 37 Die strenge Beaehtung der aus den beneficia resultierenden officia ist bei den einfaehen Leu ten tief verwurzelt und nicht einmal dureh die Andrahung von Strafen aufzuheben (Cie. Mur. 71). Undankbarkeit wird von der gesamten Untersehieht verurteilt, und derjenige, der eine ihm erwiesene Wohltat vergillt, gilt als hostis temdorum (Cic. off. 2.63. Vg!. PubJil. Syr. 243). Sallust sah deshalb in den egentissimi die gesellsehaftIiehe Gruppe, die aufstre bende Politiker leieht flir ihre Pliine gewinnen und diesen nutzbar maehen konnten (lug. 86.3. Vg!. Cie. off. 2.70. Mur. 70. Publi!. Syr. 597. Hellegouarc'h: Voeabulaire 56). 38 Cie. off. 2.63. 39 Cie. Mur. 71. 40 Cie. Mur. 70. Q. Cie. pet. 19,35f[' 41 Q. Cie. pet. 36. Cie. Att. 1.16.5,18.2.2.22.3. Plut. Pomp. 23.3. Deshalb forderte Quintus seinen Bruder auf, wiihrend der Bewerbung "freundsehaftliehe Beziehungen einzugehen, mit wem du willst, solltest du dieh zu anderer Zeit urn den Umgang mit solehen Leuten bemli hen, kiinnte man meinen, du seist nieht reeht bei Trast" (pet. 25. Vg!. 16. Cie. Mur. 44). Flir Rouland sind die homines tenues, die diese Aufgaben versehen, "libres de liens c1ientelaires ( . . . le Pro Murena parle de fructum officii, ee qui laisse supposer que la clientela est ici absente)" (PPDP 420f., 484). Es ist durehaus richtig, dafl> diese Leute in keine festen und dauerhaften Clientelverhiiltnisse eingebunden waren; aber es ist unzuliissig, aufgrund fehlen der begrifflieher Eindeutigkeit seitens des antiken Quellenmaterials die Existenz von Bin dungsverhiiltnissen grundsiitzlieh zu bestreiten. Flir Quintus begrlindeten adsectatio und salu tatio zweifellos ein Verpfliehtungsverhiiltnis, dessen Beaehtung er seinem Bruder mehrmals nahelegt (pet. 21f.,37). Cieera selbst bezeichnet diese Dienstleistungen als officia (Mur. 70f. Vg!. Q. Cic. pet. 35. Sal!. lug. 85.3. Niealet: MCRR 412. Hellegouarc'h: Voeabulaire 160ff. Taylor: PPC 68f.). Diese Dienste wurden aueh nieht unentgeltlieh erbraeht, wie uns Cieera in seiner Verteidigungsrede flir L. Murena glauben maehen will (Mur. 69ff.). Bezah lung der salutatio und adsectatio, tribusweise Vergabe von Sitzpliitzen flir die Sehauspiele und Einladungen der Tribusbewohner zu den prandia waren giingige Belohnungen und sind gleiehsam als Unterhaltszahlung anzusehen (Mur. 67ff. Vg!. Nicolet: MCRR 415). So zog sieh Cato den Unwillen der Menge zu, als er im Senat strengere Vorsehriften flir die Consu latsbewerbung forderte, urn dem Amtersehaeher Einhalt zu gebieten; Plutareh zufolge erbit terte sein Vorstofl> die Leute, "weil er ihnen nieht nur das Reeht nahm, etwas Geld einzuneh
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Die Denaturierung des Bindungswesens
les, ihre Clientelen durch den gezielten Einsatz von largitiones zu ver gro-Bern, und durch die gleichzeitige Organisierung der Gefolgsleute 42 war es ferner moglich, diese personliche Gefolgschaft als entscheidendes politisches Machtmittel zu etablieren. J etzt konnten die Clienten (iber den traditionellen Aufgabenkatalog (salutatio, adsectatio, Unterstiit zung des Patrons bei Abstimmungen in der Volksversammlung) hinaus Funktionen iibernehmen, die die eher passiv vollzogene Begri.i-Bung und Begleitung43 urn das Moment aktiver oder passiver Gewaltanwendung erganzten. 44 So wurde die organisierte Clientel, da inneradlige Konflik te am Ausgang der Republik haufig nicht mehr ohne Gewalt ge16st wurden bzw. gelost werden konnten,45 als innenpolitische Kampftrup pe instrumentalisiert. men, sondern auch die Gelegenheit, eine Gefalligkeit zu erweisen, und das Voik somit zu gleich urn Einkommen und EinfluB brachte" (Cat. min. 49.3). Vg!. die Reaktion des Volkes auf Catos Bestechungsgesetz aus dem Jahre 54 (ebd. 44.2L) und Ciceros Kommentar zum Ambitusgesetz des Sulpicius (Mur. 47). Wie verbreitet diese ,Un'sitte der Einkommenssiche rung gewesen sein muB, beweist nicht zuletzt die andauernde, wenn auch letztlich erfolgiose Verscharfung der Ambitusgesetze im L Jh. v. Chr., die sich wiederholt auf das ungeloste Pro blem der gekauften adsectatio bezogen (Cic. Mur. 67. Zu den Gesetzen vg!. Gruen: LGRR 212- 224. Hahn 133fL). Die plebs urbana war in ihrer Gesamtheit keineswegs so altrui stisch, wie uns Hahn glauben machen will, wenn er sagt: "In dieselbe Richtung weisen mit groBem Nachdruck die einander rasch folgenden leges de ambitu, die je radikaler sie waren, desto eher von den Massen der plebs urbana unterstiitzt wurden" (136). 42 Ein effektiver Einsatz der Anhanger war angesichts der GroBe der Clientelen (Tib. Gracchus und P. Sulpicius Rufus sollen iiber 3000-4000 Clienten verfligt haben) nur moglich, wenn diese Leute in eine Organisation eingebunden wurden. Dies so lite ihre schnelle Mobilisierung gewahrleisten und die nicht mehr mogliche direkte und personliche Kommunikation zwi schen Patron und Client ersetzen. Zum ersten Mal finden wir bei C. Gracchus und M. Livius Drusus eine Gliederung der Gefolgsleute in drei spezifische Teilgruppen, die einen reibungs losen Ablauf der allmorgendlichen privaten salutatio ermoglichte (Sen. beneL 6.34.2). 43 Eine interessante Weiterentwicklung, respektive Anpassung der herkommlichen adsectatio an die Bedingungen der spaten Republik ist die Begleitung eines Politikers durch eine be waffnete Anhangerschar. Seit den Gracchen gehort sie zur Normalitat des politischen Lebens in Rom, wie uns Cicero zu berichten weill: "Agmine quadrato cum gladiis sequuntur; scuto
rum lecticas portari videmus. A tque his quidem iam inveteratis, patres conscripti, consuetu dine obduruimus" (Phil. 2.108). 44 Die Organisation und Ausbildung der Gefolgschaft flir den Einsatz in der bffentlichkeit und die politische Alltagsarbeit wurden von Clodius geleistet und werden spater ausfiihrlicher dargestellt (S. 631'[,). 45 Ein politisches System, dessen Funktionsfahigkeit darauf beruhte, daf;, die Staatsgeschafte in den Handen einer relativ homogenen Fiihrungsschicht lagen, deren Mitglieder unter kritik loser Beachtung der Prinzipien der Solidaritat und Gleichheit und unter stillschweigender Anerkennung der traditionellen politischen und gesellschaftlichen Konventionen ihre Rechte und Moglichkeiten auszuiiben suchten, konnte im iiberschaubaren Rahmen der gemeinde staatlichen Ordnung durch die effektive Praktizierung inneradliger SelbstkontrolIe iiber lan gere Zeit hin iiberleben, stieB aber unter den veranderten Bedingungen der Weltreichsbildung an die Grenze sciner Belastbarkeit. In so1chen Situationen, in denen aufgrund der allgemei nen Machtverteilung und Denkweise die bisherigen Schutzbarrieren des Staates und der Ge
Die Denaturierung des Bindungswesens
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In der Zeit der spaten Republik war das Clientelverhaltnis auf den reinen Fiirsorgegedanken reduziert worden und entbehrte jedweder ideell moralischen Grundlage. Die verpflichtende Kraft der fides muBte durch largitiones erkauft werden; diese waren fortan das entscheidende Krite rium fUr die Wirksamkeit dieser Bindungsverhiiltnisse. Auf diese Weise schufen sich einzelne nobiles eine jederzeit und fUr verschiedenartigste Zwecke mobilisierbare und gut organisierte ,Einsatztruppe', die ihre Be lange in der Offentlichkeit offensiv und zuweilen gewaltsam vertrat. Da her stehen die Materialisierung der Clientel und deren Instrumentalisie rung als politisches Gewaltpotential fur den Wandel, den die Clientelbin dung am Ende der Republik erfuhr. Diese Denaturierung des Clientel wesens veranderte Handeln und Denken der Politiker und die Bedin gungen der Politik, wie ein Blick auf die Entwicklung des spiitrepubli kanischen Heerwesens und der popularen Reformpolitik zeigt. Als das Heer nach der Reform des Marius als machtpolitisches Instru ment in die innenpolitischen Auseinandersetzungen miteinbezogen wur de, hat es die politische Entwicklung im 1. Jh. v. Chr. entscheidend be einfluBt. Bei Wahlen 46 und Gesetzesabstimmungen47 wurden die Solda ten aufgeboten, urn Stimmung und Ergebnis der Volksversammlung im Sinne ihres Feldherrn zu manipulieren. Mit ihrem Heer marschierten Sulla und Caesar nach Rom, urn ihre Forderungen gegen den ohnmiich tigen Senat durchzusetzen. Dieser Funktionswandel des Heeres, das nun
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seIlschaft keine uniiberwindlichen Hindernisschranken mehr darstellen, 'Osind Rechtsbruch und Gewaltanwendung geradezu fallig" (Meier: HZ 213, 399), wenn einzelne nobiles ihren Anspruch auf eine fiihrende Stellung auf legitimem Weg und mit legalen Mitteln nicht durch setzen k6nnen (Meier: Caesar 327). Auch die Bereitschaft der stadtr6mischen Bev61kerung, in bestimmten Situationen Gewalt anzuwenden, ist mit Hilfe des gangigen Erklarungsmu sters, welches vergleichbare gewaltsame Aktionen von Volksmassen zu anderen Zeite'n und in anderen Gesellschaftssystemen v61lig zu Recht als Funktion der fehlenden oder unzurei chenden Partizipation des· Volkes am politischen Willensbildungsprozel), ausgibt, nicht zu verstehen; in Rom war die Gewaltanwendung durch die Menge gerade darauf zuriickzufUh ren, 'Odal), die Mitwirkung des Volkes am regularen politischen Prozel), fest institutionalisiert war und zudem in gewisser Hinsicht noch ausgebaut wurde in einer Zeit, in der die Rahmen bedingungen schwanden, die fiir ein reibungsloses Funktionieren der politischen 1nstitutio nen Voraussetzung waren" (Nippel: Handarbeit 74). 46 Caesar wo lite beispielsweise die Wahl von Pompeius und Crassus zu Consuln fUr das Jahr 55 sicherstellen, indem er seine Soldaten zum Wahltermin beurlaubte (Dio 39.31.2. Plut. Cras. 14.6. Pomp. 51.4). 1m folgenden Jahr wurde den Soldaten Caesars die Wahl des Memmius empfohlen (Cic. Att. 1.16.6). Bei der Wahl des Marius und derjenigen des Murena betrieben die Soldaten Werbung fiir ihre ehemaligen Feldherrn bei Verwandten und Bekannten (Sail. lug. 65.4f. Cic. Mur. 38). 47 Zur lex Apuleia agraria: App. civ. 1.29. Vir. ill. 73.1. Rouland: L'Histoire 10, 37f. Zu den leges luliae agrariae: App. civ. 2.10. Plut. Caes. 14.6. Pomp. 48.1f. Luc. 42.7. Cic. Vatin. 5. Erdmann 117. Nowak 93. Martin 77f.
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nicht rnehr allein den Krieg gegen den auBeren Feind, sondem haufig auch den Karnpf rnit dern innenpolitischen Gegner entscheiden sollte, ist abgesehen von den veranderten gesarntpolitischen Rahrnenbedingun gen auf das Bestreben der Feldherm zUriickzufUhren, durch Bestechung und Versprechungen rnaterieller Vorteile die eigenen Legionen an sich zu binden und Soldaten anderer Befehlshaber fUr sich zu gewinnen. 48 Wie sehr die Bindung der Soldaten an ihre jeweiligen Feldherm vorn rna teriellen Sicherheitsdenken bestirnrnt wurde, beweist die Tatsache, daB sich die auf den Irnperator personlich vereidigten Legionare bedenken los tiber diesen ,Treueeid' hinwegsetzten. Dieses sacramentum bildete als "l'acte generateur d'une clientele rnilitaire"49 zwar weiterhin die juristische Grundlage des Bindungsverhaltnisses, hatte aber seine selbst verstandliche Verbindlichkeit und unbedingte Gtiltigkeit eingebtiBt; Ge horsarn und Beistand - Verpflichtungen, die die Soldaten rnit dern Schwur eingegangen waren - rnuBten nun von den HeerfUhrem jeweils ,erkauft' werden. Ober Ziel und Absicht, die diesen largitiones an die Soldaten nachge sagt wurden, inforrniert uns ein Passus aus dern Briefwechsel Ciceros rnit Plancus. so Da letzterer fUrchtet, daB die Senatoren den von ihrn be antragten Belohnungen fUr seine Soldaten nicht zustirnrnen wtirden,51 berntiht er sich, den Redner zur Untersttitzung seines Anliegens zu be wegen, indern er ihrn seine Griinde auseinanderlegt; er wolle durch diese Schenkungen nicht seine eigene Machtstellung (non potentiae meae cau sa) ausbauen, sondern lediglich den Soldaten ihre verdiente Belohnung zukornrnen lassen. Dies scheint ihrn jedoch selbst nicht auszureichen, urn Cicero von der Aufrichtigkeit seiner Absicht zu tiberzeugen (so oder ahnlich dtirften alle Feldherrn argurnentiert haben, urn ihre personli chen Machtarnbitionen hinter lauteren Ftirsorgegedanken zu verbergen); deshalb stellt er ihrn den Neutralisierungseffekt dieser largitiones vor Augen; die so belohnten Soldaten wtirden sich dern Staat noch enger verbunden ftihlen (coniunctiores_ rei p.) und sich jeden Aufruhrs enthal ten. Die politische Taktik sieht also bereits so aus, daB nicht etwa die vollzogene largitio, sondern sogar schon die Verweigerung dieser Schen kungen als bedrohlicher Destabilisierungsfaktor an die Wand gernalt werden kann. 48 Sail. Catil. 11.5. Plut. Sui!. 12.8: "Aber die jetzigen Befehlshaber sahen sich gezwungen, wiihrend sie ihre Armeen kommandierten, sich wie Demagogen zu benehmen, und indem sie mit den Geldern, die sie fUr das Wohlleben ihrer Soldaten aufwendeten, deren Dienste er kauften, machten sie insgeheim das ganze Vaterland zur Marktware und sich selbst zu Skla yen der Schlechtesten, urn uber die Besseren herrschen zu konnen." Vg!. ebd. 4.3. 49 Rouland: Labeo 25, 19. 50 Cic. ad fam. 10.24.2. 51 Siehe dazu S. 31 Anm.64.
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Die Militarclientel hatte ihre Basis nicht mehr in der moralischen Ver pflichtung der fides, 52 sondem in der Bereitschaft und Fahigkeit des Feldherm, den materiellen und finanziellen Anspruchen seiner Solda tenclienten nachzukommen und sich diese durch largitiones zu ver pflichten. 53 Trotzdem konnten die Soldaten in Friedenszeiten nur be dingt als Machtpotential eingesetzt werden, da sie als Veteranen zumeist in den italischen Colonien angesiedelt und in der Regel in Rom nicht dauemd prasent waren;S4 zudem war ihr offen gewaltsames Vorgehen dem Ansehen eines Politikers eher abtraglich. Das Beispiel der Heeresclientel machte deutlich, da~ gut organisierte und durch largitiones verpflichtete Clienten die politischen Institutio nen der Republik zeitweise neutralisieren konnten. Hier war im militari schen Bereich modellhaft ein Weg zur politischen Macht aufgezeigt war den, der ehrgeizige nobiles auffordem mu~te, Vergleichbares im zivilen Bereich zu versuchen. Das bevorzugte Objekt solcher Uberlegungen war in der spaten Repu blik die hauptstadtische Bevblkerung. 55 Das Prinzip der Offentlichkeit aller Politik S6 bestimmte Volksversammlungen,57 Gerichtsverhandlun gen 58 und Theaterspiele bzw. Gladiatorenwettkampfe 59 zu Foren der 52 FUr Gelzer (RG 183f.) und Taylor (PPC 2lf.) ist die fides noch das verbindende Element zwischen dem Befehlshaber und den Soldatenclienten. 53 Aigner: Soldaten 150f. Brunt: Heer 149. Gruen: LGRR 378. Hannand: ASR 469. v. Pre
merstein: Prinzipat 23. Schmitthenner: HZ 190, 2f. Schneider: Veteranenversorgung 206.
54 So mu/He beispielsweise Pompeius seine Veteranen aus Picenum herbeiholen, urn im Jahre
56 der Gefolgschaft des Clodius erfolgreich entgegentreten zu kiinnen (Cic. ad Q. fr. 2.3.4). 55 Zur Bedeutung der plebs urbana fUr Politik und Gesellschaft vgL besonders: Brunt: Mob 274ff. Hahn 12lff. Havas: ACD 15, 23ff. Meier: RPA 107ff. Nippel: Handarbeit 70ff. Ya vetz: PaP 9ff. 56 Bleicken: RR 105. 57 Kein riimischer Politiker konnte sich der psychologischen Wirkung entziehen, die von dem Beifall, dem Geschrei, den Pfeifkonzerten und Zwischenrufen oder den Krawallen der ver sammelten Menge ausging. So wird es verstandlich, daB einige Mitglieder der Nobilitat glaub ten, ihre politischen Vorstellungen leichter realisieren zu kiinnen, wenn sie vorzugsweise die contiones als Plattform der politischen Auseinandersetzung benutzten. FUr die Zeit der spa ten Republik fiel Cicero eine ,Sonderform' von Volksversammlungen auf, die sog. contiones conductae (Sest. 104,113,127). In diesen Volksversammlungen kamen die traditionellen Clientelbindungen kaum noch zum Tragen; ihre Teilnehmer waren vielmehr bindungslose und an materiellen Zuwendungen interessierte BUrger: "illa contionalis hirudo aerari, misera ac ieiuna plebecula", wie sie Cicero in einem Brief an Atticus abschatzig nennt. (Att. 1.16. 11. VgL Sest. 106). 58 Durch Aktivierung und Mobilisierung einer grof),en Anhangerschar wurden Anklager einge schUchtert, durch deren Geschrei oder Zwischenrufe Verteidiger verunsichert und Richter bei ihrer Urteilsfindung beeinfluf),t. Krawalle und Aufruhr, durch den Einsatz von operae provoziert, flihrten nicht selten zum Abbruch oder zur Vertagung der Gerichtsverhandlung (siehe dazu S. 91fL). 59 Einen wichtigen Resonanzboden fUr die aktuelle Tagespolitik bildeten die AuffUhrungen im Theater und Circus (Cic. Se5t. 106,115. Att. 2.19.3. 14.2.1,3.2. Zur Bedeutung dieser Ver
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politischen Meinungsbildung und -auBerung. Somit war die plebs urbana in der spaten Republik ein wichtiger politischer Machtfaktor. 60 Die po tentielle politische Macht der stiidtischen Bevolkerung konnte jedoch kaum wirksam werden, solange diese in die traditionellen Clientelver haltnisse eingebunden war. Diese Praxis der politischen Neutralisierung der plebs urbana gestalte te siCh aber seit der Mitte des 2. Jhs. v. Chr. immer schwieriger. Zunachst entzogen die leges tabellariae, die fUr alle wichtigen Wahlen die geheime Abstimmung gesetzlich festschrieben,61 die BurgerjClienten - zumin dest fUr die Zeit des Wahlvorgangs - der direkten Kontrolle ihrer Patro ne. 62 Diesen ProzeB der Lockerung und Auflosung bestehender Clientel bindungen unterstutzten und forcierten populare Reformpolitiker - in der Regel Volkstribunen -, indem sie die drangendsten wirtschaftlichen Probleme der plebs urbana politisierten. 63 Dabei war es neben den
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63
anstaltungen vg\.: Abbott: SaP 114. Yavetz: PaP 18ff. ders.: Ath. 43, 309f. Zur Bedeutung der Spiele fiir die weitere Karriere vg\. Cic. Mur. 37f.,40. ad fam. 2.6.3. Att. 4.16.6). Pfeif kanzerte, Ovatianen, Schmahrufe und aussagekraftiges Schweigen galten als Gradmesser van Sympathie und Antipathi,~ (Cic. Att. 1.16.11. 2.19.3. 4.15.6. ad fam. 8.2.1. ad Q. fr. 2.15.1. Sest 124). Ferner enthielt die Auswahl der Schauspie1e, besanders deren aktualisierte Dar bietung durch die Kiinstler, Anspielungen auf das tagespalitische Geschehen; Hinweise dieser Art wurden van den Zuschauern entweder mit Beifallsbekundungen oder MiL\fallensaulk rungen bedacht (Cic. Sest. 118ff. Att. 2.19.3. Va\. Max. 6.2.9); einige nobiles sollen aus Angst vor einer pers6nlichen Diffamierung durch das Theaterpublikum den Schauspielen ferngeblieben sein (Cic. Sest. 116,126. Pis. 65). Meier: RE 612. Lintott: GaR 14, 159. Yavetz: PaP 73. Hahn 123.
Cic. leg. 3.35f.,39. Ascon. 78 C.
Bleicken: LP 245,278f. ders.: RR 24,10lff. Martin 126,150,176. Meier: RE 602. Wirszub
ski 25f. Rouland: L'Histoire 10, 34f. Zur lex Maria de suffragiis ferendis: Bicknell: Latomus 28, 338,342. Martin 169f. Dabei ging es den Reformern natiirlich nicht urn eine Demakrati sierung der Volksversammlung, sondern in erster Linie urn die Starkung der eigenen politi schen Position. Dies gilt besonders flir die lex Gabinia (Martin 128) und die lex Cassia. die nach Cicero auf Betreiben des Scipio Aemilianus van dem Tribun 1. Cassius Longinus ro giert warden war (Cic. leg. 3.37. Brut. 97.) Earl (l08) sieht deshalb in dem Agrargesetz des Tib. Gracchus eine Reaktion auf die Tabellargesetzgebung und einen Angriff auf die Macht stellung Scipios. Zur Beschaftigungslage: Brunt: Mob 293. ders.: SCRR 37f. Bruhns: Handarbeit 31. Gruen: LGRR 385. Gamsey 4. Tibiletti 53. Zur Wohnsituation: Yavetz: Lebensbedingungen 98ff. v. P6hlmann: Wohnungsnot 199ff. ders.: Oberbev6lkerung 73ff. Vg\. auch die Beschreibung der Wohnverhaltnisse im Paris des 18. Jhs. bei Soboul 290ff. Zu den Mieten: Yavetz: Le bensbedingungen 119ff. ders.: CNRS 1970, 156f. Vielleicht war es vornehmlich den priva ten Getreide- und Olspenden, den mietfreien Wohnungen und anderen sozialen MaLlnahmen, die die nobiles ihren Clienten als Patrone zukommen lieL\en, zu verdanken, daL\ die wirt schaftliche Lage der stadtr6mischen Unterschicht bis ins spate 2. Jh. einigermaL\en ertraglich war. In der spaten Republik konnte dieses traditlOnelle Institut der sozialen Bindung seine wirtschaftlichen Verpflichtungen kaum oder nur mehr ungeniigend erflillen (Nippel: Hand arbeit 79f.).
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Agrargesetzen 64 in erster Linie die Frumentargesetzgebung, die das
ClientelgefUge nachhaltig tangierte. Zwar konnte die Ernahrung einer
Familie auf diese Weise trotz de, spater sogar kostenlos gewahrten Ge
treideration nicht sichergestellt werden, doch hatten die Getreidege
setze eine Signalwirkung: sie boten eine konkrete Alternative zur bisher
ilblichen und einzig maglichen Lasung de, Existenzsicherung, wie sie fUr
die plebs urbana in Frage kam. Die Mehrheit de, stadtramischen Beval
kerung war namlich bisher in wirtschaftlich schwierigen Situationen auf
die dem Clientelwesen innewohnende Fiirsorgeverpflichtung ihrer Patro
ne angewiesen. Die leges frumentariae entzogen den Patronen eines
ihrer traditionellen Mittel, mit dem sie ihre Verantwortlichkeit und ihr
Pflichtbewu:Gtsein gegenilber ihren Clienten unter Beweis stellen konn
ten. Somit war die private Brotverteilung als Bestandteil und Erweis
patronaler Fiirsorge entscheidend beeintrachtigt worden. Die ~Einstaa
tung~ de, Getreideversorgung schwachte auBerdem den personalen Be
zug zwischen Patron und Client, da 1etzterer seit EinfUhrung de, staatli
chen Getreideverteilung seine Getreideration von dem zustandigen Be
amten empfing. 65 "Von jedem sachlichen Anliegen abgelast", 66 degene
rierten die Frumentargesetze zu demagogischen Hilfsmitteln und ent
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64 Die Agrargesetze entsprachen insbesondere den Erwartungen der Veteran en und dienten weitgehend dazu, die Machtposition eines Feldherrn iiber die Militiirzeit hinaus zu sichern. Die leges agrariae und ihre DurchfUhrung begriindeten ein Bindungsverhiiltnis (Bleicken: OuF 74ff. Salmon 132. Tibiletti 65f. Schneider: Veteranenversorgung 123f., 169f. Eine an· dere Meinung venritt Rouland: PPDP 350ff., 394f.). Deshalb war die Betrachtungsweise der Senatoren, die solche Reformgesetze zu verhindern suchten, nicht "einseitig und inadiiquat" (Schneider: WuP 343), sondern im Hinblick auf die Sicherung ihres eigenen politischen Ein flusse, nur zu verstiindlich (Bruhns: Handarbeit 42. Martin 140,187. Gelzer: Caesar 73); so riet Cicero seinen Standesgenossen dafUr zu sorgen, "ne quis posthac quicquam eius modi (Ackerzuweisung) passU polliceri" (Phil. 8.9). Nichts kann freilich die personliche macht politische Zielsetzung dieser Miillnahmen deutlicher belegen als die Tatsache, da~ im Gegen satz zu vergangenen, von der Nobilitiit allgemein akzeptierten und mitgetragenen Colonie griindungen seit Sulla die rieu deduzierten Co10nien nach dem Namen ihres jeweiligt'm Griin, ders benannt wurden (Veil. 1.14.1). Die Namensform und die personliche Leitung der De ductionen durch den Initiator selbst oder durch Angehorige seiner Famiiie sind demonstra tiver Ausdruck der 1ndividualisierung gemeinschaftlicher Belange und der neuen Quaiitiit der Ansiedlungspolitik (Salmon 132) . 65 Die leges frumentariae sind nicht, wie Bleicken meint, "zunachst reine Wohlfahrtsgesetze, die den Lebensunterhalt der iirmeren Bevolkerung sichern sollten" (LP 145f.). Veyne sieht in der Getreidezuteilung "une institution incontestablement sociale, mais une institution d'Etat, etablie par une loi" (446) und stellt einen personlichen Vorteil fUr die Gesetzgeber in Abrede. Dabei iibersieht er jedoch, da~ der Romer anders als der heutige Staatsbiirger im Staat keine abstrakte Institution sah; vielmehr personifizierte sich die res publica fur ihn in ihren jeweiligen Magistraten; die Gesetze fiihrten demzufolge auch die Namen der dafiJr ver antwortlichen Beamten. wurden also als deren personliche Leistung gewiirdigt und steiger, ten ihr personliches Ansehen bei der Bevolkerung. 66 Martin 190.
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wickelten sich zu effektiven Machtetablierungskonzepten, die traditio neHe Clientelverhaltnisse lockerten und die jeweiligen Gesetzgeber an die Stelle der ehernaligen Patrone treten lie~en. Das gleiche Ziel verfolgten - wenn auch rnit geringerern Erfolg - die Initiatoren von Schulden- und Mieterlassen;67 auch Bauprograrnrne 68 und Berniihungen urn einen stabilen Geldwert 69 waren beirn Yolk sehr beliebt und hatten rnachtpolitische Konsequenzen, da sich die so Begiin stigten ihren Wohltatem verpflichtet fiihlten. Andere Politiker wollten sich durch die Verleihung des Biirgerrechts an die Bundesgenossen'Xl oder die Aufteilung der Neubiirger und Frei 67 Die bereitwillige Zusammenarbeit der plebs urbana mit den Politikern, die einen Sehulden und Mieterla~ propagierten, und die tatkraftige Unterstlitzung, die sie seitens der Beglinstig ten erfuhren (Dio 42.22ff.), beweisen, d~ derartige M~nahmen geeignet waren, eine per sonliehe Gefolgsehaft flir sieh zu gewinnen (Royer: RD 45, 440). Dieser politisehen Instru mentalisierung okonomiseher Probleme der stadtromisehen Untersehieht konnten die Sena toren nieht tatenlos zusehen, ohne ihre eigene Maehtstellung zu gefiihrden; entspreehend hart und unnaehgiebig begegneten sie den Beflirwortern von tabulae novae mit der Verklin dung eines SCU (Dio 42.23.2,29.3). Unter Berlieksiehtigung der maehtpolitisehen Kompo nente wird aueh verstandlieh, warum Caesar im Jahre 47 so liberstiirzt aus Asia abreiste ulld vorzeitig naeh Rom zurliekkehrte (App. eiv. 2.92). 68 Vor allem das Bestreben des C. Graeehus in der Offentliehkeit als allein verantwortlieher Leiter der Bauarbeiten zu figurieren (App. civ. 1.23), weist das Bauprogramm als maehtpoli tisehe Ma~nahme aus, obwohl gerade ihm soziale Motive nieht abzuspreehen sind. Angers verhalt es sieh zweifellos im folgenden Fall: im Jahre 62 versuchte der Praetor Caesar Catu Ius, der flir den Wiederaufbau des abgebrannten Iuppitertempels verantwortlieh war, diese Aufgabe zu entziehen und Pompeius mit der Leitung der Bauarbeiten zu betrauen (Dio 37.44.lf. Suet. lul. 15. vgl. Gelzer: Caesar 49f.). Dio zufolge war es U.a. Caesars Absicht, Pompeius' Ansehen in der Offentliehkeit zu mehren, urn so die Zuneigung der Menge zu ge winnen (Dio 37 .44.2). Schlie~lieh wird die politisehe Bedeutung, die der Oberleitung eines Bauvorhabens zukam, aueh von Cicero bestatigt. Dieser flirehtete flir seine Consulatsbewer bung vor allem die Konkurrenz und Kandidatur des Thermus; jener bes~e als verantwort lieher Leiter ftir den Bau der via Flaminia sehr glinstige Wahlaussichten, da die Bauarbeiten bis zum Wahltermin beendet seien (AU. 1.1.2). 69 Im Jahre 86 v. Chr. erOffnete M. Marius Gratidianus ein Bliro, urn Geldstlieke auf ihren Wert hin zu liberprlifen und gefalschte aus dem'Verkehr zu ziehen. Diese MaBnahme trug dem Prae tor die Ehrerbietung der stadtisehen Bevolkerung ein; die Bewohner der vici steilten an den bffentlichen Platzen Statuen mit seinem Bildnis auf und brachten ihm Opfer in Form von Weihraueh und Wein dar (Cie. off. 3.80. Aseon. 84 C. Plin. nat. 33.132.34.27. Sen. ira 3.18.1). Vgl. Yavetz: CNRS 1970, 134ff. Zeller 104. 70 Naeh Diodor leisteten die italisehen Bundesgenossen M. Livius Drusus aus Dankbarbeit flir seine Bemlihungen urn die Verleihung des Biirgerrechts einen sogenannten Gefolgschaftseid (Diod. 37.11). In der liberlieferten Eidesformel - sollte sie denn eeht sein - wird der Volks tribun als IJ.E-yW70C; EVEPYEr7/C; bezeichnet, ein Terminus, der nach v. Premerstein (Prinzipat 28ff.) und Harmand (Patronat 118f.) das Verhaltnis zwisehen den socii und ihrem Wohltater als Clientelbindung eharakterisiert (vgl. Taylor: PPC 46. Syme: RR 288. Galsterer 201). Dies wurde erst jlingst von Rouland bestritten, da es sieh seiner Meinung naeh bei IJ.€YLU70C; EVEPY€T7/C; urn "termes moins precis que celui de trP007a.77/C; et sans aucun rapport avee lui" (PPDP 355 Anm. 32) handelt. Roulands Argumentation ist insofern zu kritisieren, als er flir die Existenz eines Clientelverhaltnisses normativ die begriffliche Exaktheit der Quellen
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gelassenen auf alle 35 Tribus 71 neue Gefolgsleu te gewinnen. Wahrend sich die plebs urbana diesen Planen widersetzte, urn ihre privilegierte Stellung als Mehrheitsbeschaffer in den Volksversarnrnlungen nicht zu verlieren,72 bekarnpfte der Senat diese wie auch die ilbrigen Reforrn rna:6nahrnen, urn eine drastische Veranderung des bisher innerhalb der Nobilitat bestehenden Gleichgewichts zugunsten der Reformer zu ver hindern. 73 Gerade das rilcksich tslose Vorgehen der Senatoren';
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fordert (siehe dazu S. 14ff.). Flir die Senatoren stand jedenfalls fest, dafll die extensive Verlei hung des Blirgerrechts durch einen einzelnen Politiker die res publica in eine dominatio oder ein regnum verwandeite (SaIl. rep. 2.6.lff. Fiar. epit. 2.6.3. Vgl. Bieicken: RR 35. Gelzer: RG 178. Vretska 122f.). Auch Crassus und Caesar, die in den 60er Jahren den Transpada nern das romische Blirgerrecht verleihen wol!ten, verfolgten das Ziel, ihre personliche Ge folgschaft zu vergrofllern (Brunt: SCRR 122f. Gruen: LGRR 410. Wistrand 36). 71 Sulpicius soil die Verteilung der Italiker auf alle 35 Tribus proklamiert haben, "um diese bei seinen zuklinftigen Unternehmungen als zuverlassige HeIfer benutzen zu konnen; dabei brachte er seine personlichen Vorteile in der Offentlichkeit nicht zur Sprache" (App. civ. 1.55). Zu Cinnas Absichten vgl. Kiihne: Stud. Clas. 4, 196. Yavetz: CNRS 1970, 155. 72 Sowohl Libertine als auch Italiker waren den ,alten' Blirgern zahlenmiifllig liberlegen (VeIl. 2.20.2). Zum Zahlenverhaltnis zwischen AIt- und Neublirgern vgl. Brunt: IM 89, 396f. Bleicken: LP 253. 73 Dieses machtpolitische Kalklil kommt auch in der Terminologie zum Ausdruck; denn die angesprochenen Gesetze werden in den Quellen zumeist als largitiones bezeichnet (Tib. Gracchus: Cic. Sest. 105. leg. agr. 1.21. Val. Max. 3.2.17. C. Gracchus: Cic. Sest. 105. off. 2.72. leg. agr. 1.21. Tusc. 3.48. Sa tu minus: Cle. Sest. 105. Auct. ad Her. 1.12. Drums: Vir. ill. 66.5. Liv. perioch. 70. Flor. epit. 2.5.6. Vg!. Schol. Bob. 118 SI. App. elv. 1.35. Veil. 2.13.2. Tac. ann. 3.27.2. Rullus: Cic. Pis. 4. Caesar: Cic. Att. 2.16.1). Besonders Cicero cha rakterisiert mit diesem Ausdruck oft Bemlihungen von Politikern, die die materiellen Belan ge der plebs urbana politisierten, urn ihre eigene Clientel zu vergrofllern (siehe dazu S. 22ff.). 74 Fast alle Reformer fanden ein gewaltsames Ende; ihre Reformvorhaben wurden meist annu liert. Einzige Ausnahme waren die leges frumentariae; Rlicksichtnahme auf die plebs urbana, der als Hauptnutzniefller der Getreidegesetze im offentlichen Leben eine einflufllreiche Rolle zufiel, mag die Senatoren dazu bewogen haben, sich einer offentlich artikulierten Ablehnung derartiger Reformgesetze zu enthalten. Einige nobiles, besonders verarmte und finanzschwa che Mitglieder dieses Standes, nutzten liberdies die Moglichkeiten dieser Gesetze, indem sie ihren Sklaven die Freiheit schenkten und ihre Unterhaltsverpflichtung auf den Staat abwiilz ten; zudem rlihrten die leges frumentariae im Gegensatz zu den Ackergesetzen den privaten Besitzstand der Senatoren nicht an. 75 "Flir den Senat war in vielen Fallen das eigentliche Problem ... weniger der materielle Ge halt der Gesetze, als die Gefahr, daf:> einzelnen Mitgliedern der Nobilitat aus der Losung schwerwiegender sozialer Probleme ein Machtgewinn erwachsen konne, der den Rahmen der aristorkatischen Gleichheit sprengen wlirde.... Das eigentliche Ziel war nicht die Nie derwerfung von aufrlihrerischen Volksmassen, sondern die Ausschaltung von Tribunen" (Nippei: Handarbeit 77).
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Die Denaturierung des Bindungswesens
oder die rechtliche Position der Italiker und Freigelassenen zu verbes ern; ausschlaggebend und programmatisch waren diese ehrenwerten Mo tive weder bei den Gracchen noch bei ihren Nachfolgern. Nicht altruisti sche Hilfsbereitschaft, sondern vornehmlich machtpolitischer Pragma tismus und der Gewinn personlichen Prestiges bestimmten Handeln und Denken dieser Politiker. 76 Somit hatte die Unfiihigkeit der regierenden Adelskreise, die anstehenden sozialen und wirtschaftlichen Probleme befriedigend zu losen, zur Folge, dafll das soziale Sicherungsdenken im Rahmen der Clientelbindung verabsolutiert und das Clienteldenken ein zig auf diesen Sachverhalt konzentriert wurde. 77 Die populare Reformpolitik bedrohte tendenziell die auf dem macht politischen Gleichgewicht und der inneraristokratischen Solidaritat be ruhende Nobilitatsherrschaft. 78 Dennoch kam es nicht zu der von tiber eifrigen Vertretern der Optimaten schon diagnostizierten Umwalzung der bestehenden Ordnung; und dies ist nicht in erster Linie auf die bru tale Repressionspolitik des Senats zUrUckzuftihren, sondern es waren vielmehr folgende Tatbestande, die eine solche Entwicklung verhinder ten: (l) Kein Reformpolitiker hatte die Absicht, sich der plebs urbana auf Dauer als politischer Machtbasis zu bedienen; ihr politisches Han 76 Cber das Verhalten und die Ambitionen der Tribunen weiB uns Sallust folgendes zu berich ten: ... "coepere senatum eriminando plebem exagitare, dein largiundo atque pollicitando magis incendere, ita ipsi clari potentesque fieri" (Catil. 38.2f.). Deshalb ermahnt Cicero sei ne Standesgenossen, den Tribunen die Moglichkeit zu nehmen, sich durch largitiones Anse hen und Popularitat zu gewinnen (dom. 47. Vgl. auch Flor. epit. 2.1.1. Veil. 2.13.2). Die Empfehlung Cicer'os scheint Cato zur Richtschnur fUr seine Offentlich-politische Tatigkeit er koren zu haben; Plutarch zufo1ge versaumte er keine Volksversammlung oder Senatssitzung, "denn dort gab es immer Leute, die aus Liebedienerei bereit waren, fur den oder jenen einen Schulden- und AbgabenerlaB oder ein Geschenk aus Offentlichen Mitteln zu beschlieBen" (Cat. min. 18.1). Eine interessante Parallele findet sich in der griechischen Geschichte: AIs Kimon sich mit Hilfe seines Vermogens die Sympathie des athenischen Volkes gewinnen konnte, indem er u.a. Geschenke verteilte und seine eigenen Garten ftir das Volk Offnete, ge riet Perikles ins Hintertreffen. Deshalb gab ihm Damonides von Oia den Rat, "dem Volk das zu verteilen, was dem Volk gehort, da das Privatvermogen des Perikles nicht dazu ausreich te" (Aristot. Ath. pal. 27.3f.). 77 Die politische Thematisierung und Instrumentalisierung der wirtschaftlichen Bediirfnisse der plebs urbana in der eben geschilderten Weise macht nur dann Sinn, wenn man die Unzufrie denheit breiter Schichten mit ihren wirtschaftlichen und sozialen Verhaltnissen als histori sches Faktum anerkennt. Weil die materiellen Wiinsche der Bevolkerung - aus welchen Griin den auch immer - von den Patronen nicht in angemessener und ausreichender Weise erfiillt wurden, konnte deren Poiitisierung das Clientelgefiige und die auf dem Gleichheitsprinzip bcruhendc Machtvcrteilung innerhalb der Nobilitat so in Frage stellen, wie dies tatsachlich gcschah. Diese Entwicklung spricht gegen Meiers These von der romischen Republik als einem Gefalligkeitsstaat, in dem "ein immenser UberfluB an Mitteln und Moglichkeiten" herrschte, und in dem es immer moglich war, "Minderheiten miihelos zu befriedigen" (RPA 153. Dazu Brunt: Mob 296). 78 Bleicken: OuF 77.
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deln und Denken erwies sich ausnahmslos als standesgebunden, und kei ner hatte sich den tradierten Verhaltensweisen seines Standes so weit entfremdet, daB er glaubte, seine politische Karriere allein mit Hilfe der stadtramischen Bevalkerung erfolgreich fortsetzen zu kannen. Die plebs urbana war im Regelfall der Partner der Volkstribunen, die jedoch ausschlie1~lich wahrend ihrer Amtsperiode mit ihr zusammenarbeiteten. Deshalb waren die der popularen Gesetzespolitik inharenten machtpoli tischen Maglichkeiten und Perspektiven politisch nur dann zu realisie ren, wenn es einem Politiker gelang, sich aus seinen iiberkommenen Bin dungen zu lasen, urn den neuen Weg, der potentiell eine auBerordentli
che Machtstellung zu begrtinden vermochte, wahrnehmen und konse quent verfolgen zu kannen. Dazu bedurfte es aber - wie Chr. Meier richtig bemerkt - eines Mannes, "der das Zeug hatte, eine welthistorisch seltene Situation voll auszuschapfen. Die Gesellschaft, die ein Weltreich regierte, befand sich in langsamer Auflasung. Man konnte sich gegen all ihre Zwange und Borniertheit ausbilden, glanzvoll absetzen und seinen Aufstieg machen. Die Macht lag auf der StraBe".79 (2) Es geniigte kei neswegs, sich groBe Teile der plebs urbana persanlich zu verpflichten. Urn diese machtpolitisch erfolgreich einsetzen zu kannen, war eine effi ziente Organisation dieses Machtpotentials unbedingt notwendig. Schon Sallust sah die politische Schwache und mangelnde Durchschlagskraft der Plebs in der fehlenden Koordination und Organisation ihrer Krafte
begriindet. 80 Im Gegensatz zu den in Disziplin und Waffengebrauch ge iibten Soldatenclienten, die in den Handen ihrer politisch ehrgeizigen Feldherrn zu einem bedeutenden innenpolitischen Machtfaktor avan cierten, war es gerade dieser Tatbestand, der viele Politiker davon ab halten muBte, die plebs urbana fUr ein dem Heer vergleichbares politi sches Machtinstrument zu erachten und sie als solches auch einzuset zen. Fiir Leute, die am Beginn ihrer politischen Laufbahn standen, war aber die stadtramische Plebs eine sehr interessante und niitzliche politi sche Hilfstruppe. Roms Ausdehnung zum Weltreich laste eine strukturelle Krise des aristokratischen Systems aus. Trotz oder wegen der Expansion erfiillte die Clientelbindung nicht mehr die Funktion der sozialen Sicherung (z.B. Stillstand der Kolonisation), so daB sich die Clienten ihren Patro
nen zusehends entfremdeten. Diese Umorientierung der Clienten fUhrte dazu, daB der nobilis nicht mehr beliebig iiber die Clienten verfiigen, und daB die Clientel ihrerseits ihre Ansprtiche deutlicher zum Ausdruck
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79 Meier: Ohnmacht 97.
80 Sal!. lug. 41.6. Vg!. Plut. Gc. 14.4.
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Die Denaturierung des Bindungswesens
bringen konnte. Die Artikulation von materiellen, ja sogar politischen Wiinschen durch die Clienten zwang die Patrone, politische Programme zu verkiinden. Durch diese Politisierung der Clientel blieb das Clientel denken freilich unangetastet, es war zu keinem Zeitpunkt emsthaft ge fahrdet. Die Politik drang zwar in das Handeln der Clienten ein, doch beschrankte sich die Politisierung auf das soziale Sicherungsdenken. Dieses wurde zum Programm der Clienten und machte den Euergetis .mus zur fides stiftenden Kraft. Die Reduzierung des Clienteldenkens auf den reinen Fiirsorgegedanken ermoglichte es ehrgeizigen nobiles, sich kiinstlich eine Gefolgschaft aufzubauen, indem die iibrigen Clientel bindungen durch largitiones verunmoglicht wurden. Wurde die Politik auf diese Weise zum Motor der Umwalzung bestehender Clientelverhalt nisse, so bewirkte die Militarisierung der Clientel, die mit dem Namen des Marius verbunden ist, da~ die Clientel in zunehmendem Ma~e die Politik bestimmte. Der Senat mu~te nun einem Mechanismus der poli tischen Willensbildung folgen, der nicht mehr im friedlichen Einigungs proze~ zwischen Yolk und Senat, sondem in der Gewalt lag. Somit wur den wesentliche und charakteristische Eigenschaften und Funktionen der Clientelbindung im 1. Jh. v. Chr. verandert: sie wurde denaturiert. Die denaturierte Clientel wirkte auf den Bestand des aristokratischen Systems destabilisierend. Denn strukturell gesehen handelte es sich da bei urn einen Schritt zurtick in die archaische Ordnung, als gentilizische Verbande mit (vor)staatlichen Organen konkurrierten. Diese gab es auch in der Zeit der Republik, doch waren sie bisher immer in einen iibergeordneten Staatsbegriff eingebunden. J etzt wurden die politischen Entscheidungen - wie in der archaischen Periode - wieder aus den Gre mien hinausgelagert; die Politik wird von einzelnen nobiles bestimmt, die res publica als Staatsgedanke entschwindet, indem sie personalisiert wird, d.h. der einzelne setzt seine personlichen Interessen mit denen der res publir;;a gleich. So entstehen neben der res publica und ihren Institu tionen Machtgruppen und -faktoren, die sich mit der res publica identi fizieren. Der Versuch, diese au~erstaatlichen Machtkomplexe institutio nell zu verankem, scheitert, da der Fiihrungsanspruch einzelner gegen das innere Gesetz der Ordnung versto~t, diese aushohlt. So mu~ sich der personliche Machtanspruch neben den Institutionen etablieren und verfestigen, indem die kiinstlich erworbene Clientel als Gewaltpotential politisch instrumentalisiert wird. So beschleunigte die Denaturierung der Clientel die Monopolisierung der Clientelverhaltnisse und war eine wesentliche Ursache flir den Untergang der res publica, ohne da~ dies den politisch Handelnden bewu~t war.
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3. DIE POLITIK DES CLODIUS Die Entwicklung Roms zum Weltreich und deren gesellschaftliche und politische Auswirkungen veranderten - wie eben ausgefUhrt - die Methoden und Bedingungen romischer Politik. Da die Struktur der Ge sellschaft jeweils die Moglichkeiten und Grenzen determiniert, in denen sich der einzelne profilieren und seine Kompetenzen entfalten kann, werden die Beschreibung der politischen Karriere des Clodius, die Dis kussion seiner politischen Methode und die Analyse seines politischen Verhaltens zur strukturgeschichtlichen Fallstudie spatrepublikanischer Politik.
3.1. DIE POLITISCHE BETA TIGUNG DES CLODIUS IN DEN 60ER JAHREN
Das erste Auftreten des Clodius in der bffentlichkeit entspricht weit gehend dem fUr Roms Jugend ublichen und charakteristischen Einstieg in die Politik: Anklagevertretungen vor Gericht und die Inszenierung ge sellschaftlicher Skandale sollten den jungen nobilis ins Gerede bringen und ihm die fUr seine weitere Karriere notwendige Bekanntheit ver schaffen. In den meisten Fallen fehlte eine politisch fundierte Grund uberzeugung; die politische Aktivitat der romischen Jugend war zumeist von situationsbedingter Zweckgebundenheit bestimmt. Diese opportu nistische Verhaltensweise hatte nichtsdestoweniger fUr die bffentlich keit politische Signalwirkung, da sie erste AufschlUsse uber die politi schen Ambitionen undo Fahigkeiten des Nachwuchses gab. So sollen im folgenden einzelne Ereignisse aus den 60er Jahren, die mit dem Na men des Clodius verknupft sind, ausfUhrlicher behandelt werden.
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3.1.1. Die Auseinandersetzung des Clodius mit der Optimatenfaction Wahrend seines Militardienstes in den fruhen 60er J ahren gelang es Clodius, den Ruf des L. Licinius Lucullus, seines Schwagers, in militari scher und politischer Hinsicht in MiBkredit zu bringen. Die von dem Militartribunen gef6rderte Meuterei der valerianischen Legionen behin
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Die Politik des Clodius
derte die Kriegfiihrung des Lucullus gegen Mithridates und trug somit wesentlich zu dessen Abl6sung durch Pompeius bei. 1 Nach Rom zuruckgekehrt klagte Clodius im Jahre 65 L. Sergius Cati lina aufgrund der lex repetundarum an. 2 Dieser gait als einer der Expo nenten der sullanischen Proskriptionen; so wurde ihm u.a. auch die Er mordung des bei der plebs urbana sehr beliebten M. Marius Gratidianus angelastet. 3 Catilina wurde zwar - m6glicherweise sogar unter aktiver Mithilfe des Clodius - freigesprochen, doch konnte der junge Claudier mit diesem ProzeB vielleicht einen ersten Achtungserfolg bei der plebs urbana erringen. Jedenfalls attackierte er mit jener Anklage 4 und der Diskreditierung des Lucullus erstmals angesehene Vertreter des sullani schen Senatsregiments. Den vorlaufigen H6hepunkt dieser Bruskierung der fiihrenden Senats kreise bildete der Religionsfrevel, den Clodius am Bona dea-Fest im Jah re 62 beging. 5 Die in den Quellen zu einem amour6sen Abenteuer hoch stilisierte Episode ist mit dem Hinweis auf die jugendliche Unbefangen heit des Delinquenten kaum hinreichend erklart. Inszenierung und Ver lauf der beispiellosen Skandalgeschichte machen eines deutlich: Clodius war sich der Gefahrlichkeit seines Handelns bewuBt, kalkulierte und rechnete mit einer Reaktion der Vertreter des konservativen Senatoren kreises. Diese sahen nun den Zeitpunkt ihrer ,Rache' an dem aufsassigen und unkonventionell agierenden jungen Patricier gekommen und hoff ten dessen politische Karriere durch eine erfolgreiche Anklage, wenn nicht stoppen,.so doch in ihrem Sinne korrigieren zu k6nnen. 6 1 Plut. Luc. 34.1-3. Dio 35.14.4. Cic. har. resp. 42. Liv. perioch. 98. DaB Clodius' Unterstiit zung der Meuterei den Interessen des Pompeius diente, kann nicht bezweifelt werden; den noch bleibt es fraglich, ob Clodius sein Vorgehen wirklich mit den Protagonisten fUr eine Ablosung des Lucullus in Rom, mit Gabinius und Pompeius, abgestimmt hat, wie dies von Meier angenommen wird (Meier: Diss. 332 Anm. 40. VgL dagegen Twyman 871f. Moreau; Religio 181). Vollig iiberzogen ist Hahns Ansicht, daB Clodius schon in der Mitte der 60er Jahre eine "antisenatorische hetaireia" angefiihrt habe (129 Anm. 39), da hier der EinfluB des jungen Adligen doch weit iiberschatzt wird; Hahn scheint bei seiner Interpretation die spatere Stellung des Clodius in die 60er J ahre projiziert zu haben. VgL zur Bewertung dieser Episode S. 43. 2 Cic. har. resp. 42. Att. 1.2.1. Ascon. 9.66 C. Dio 37.10.3. 3 Q. Cic. pet. 10: Quid ego nunc dicam petere eum consulatum, qui hominem carissimum po pulo Romano, M. Marium, inspectante populo Romano vitibus per totam urbem ceciderit . . . DaB Clodius in Catilina den Reprasentanten der sullanischen Ordnung und den Freund Sullas treffen wollte, scheint sicher, da Dio die Catilinaanklage im Rahmen der Prozesse, die Mitte der 60er Jahre gegen ehemalige Sullaner gefiihrt wurden, behandelt (Dio 37.10.2f.). 4 Siehe dazu Anm. 3. 5 Cic. Alt. 1.12.3,13.3 har. resp. 43. dOI)l. 77,105. MiL 72. Veil. 2.45.1. Liv. perioch. 103. Plut. Cic. 28.1ff. Caes. 10.1.5. VgL Moreau: Religio 10ff. 6 Cic. Alt. 1.13.3,16.2. Plut. Caes. 10.3. Cic. 29.3f. Dio 37.46.1f. VgL Gruen: LGRR 273ff. Ward: Crassus 205. Zu den einzelnen Anklagepunkten sieheMoreau: Religio 168-194. Das
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Auch Ciceros ProzeBbeteiligung, der als Zeuge der Anklage Clodius' Alibi widerlegen soUte, wird unter Beachtung der politischen Instru mentalisierung der Skandalgeschichte eher verstandlich. Denn es muB den Betrachter zunachst iiberraschen, daB Cicero vor Gericht gegen Clo dius aussagte, da die Beziehung zwischen beiden Politikern als freund schaftlich zu bezeichnen ist. 7 Vollends unverstandlich und h6chst ver wunderlich ist zweifelsohne der Besuch, den Clodius Cicero am Spat nachmittag des fraglichen Tages abstattete. 8 Dadurch war sein Alibi, sein angeblicher Aufenthalt in Interamna, in Gefahr und desavouiert, sobaId Cicero in den Zeugenstand berufen wurde; damit muBte er je doch rechnen. 9 Clodius' Verhalten war somit ratselhaft, ja geradezu verrtickt,1O oder aber von wohliiberlegter Planung und Raffinesse be stimmt. Letzteres scheint duchaus zuzutreffen, da der ehemalige Con sul nach der catilinarischen Verschw6rung zur Zielscheibe popularer De magogie und Angriffe wurde, fUr Clodius also einen dankbaren Gegner abgab. So gesehen war es nur naheliegend, daB Clodius Cicero in seine Affiire zu verstricken suchte, urn sich dessen Unbeliebtheit bei der Be v6lkerung zunutze zu machen. M6glicherweise brachte Clodius sein fal sches Alibi lediglich in Umlauf, urn Cicero zu einer eindeutigen Aussage gegen ihn zu provozieren und somit seine Distanz zum ,Henker der Cati linarier' augenfallig beweisen zu k6nnen. ll Kollegium der Pontifices, welches die Anklageerhebung beantragte, setzte sich in seiner Mehrzahl aus iiberzeugten Optimaten zusammen (Namensliste bei Moreau: Religio 74f.); durch die politische Instrumentalisierung dieser religi6sen Institution wollte man dem jun gen nobilis beikommen (vg!. auch S. 126). 7 Vg!. gemeinsamer Kampf gegen Catilina (Plut. Cic. 29.1), gemeinsame UnterstUtzung der Consulatsbewerbung des Murena (als Murena de ambitu angeklagt wurde, verschwieg Cice ro in seiner Verteidigungsrede die Mittaterschaft des Clodius. Vg!. Moreau: REL58, 236f. S. 670, salutatio des Clodius bei Cicero; zur Bewertung der salutatio vg!. Moreau: Religio 204f.: "Ie 5 decembre, Clodius inaugurait officiellement ses fonctions de questeur. Or, on sait (au moins pour les magistratures superieures, et sous I'Empire) que les prises de fonctions etaient l'occasion de corteges solennels, dont la longueur et le brillant attestaient le prestige du magistrat: Pline en paile comme d'un officium. Il est pensable que Clodius soit venu prier Ciceron d'assister it cette ceremonie: le peu d'importance de sa magistrature etait com pense par sa naissance et ses alliances". 8 Cic. Att. 1.16.2. Va!. Max. 8.5.5. Scho!. Bob. 85 St. Plut. Cic. 29.10. 9 Vg!. dazu Ciceros eigene Bemerkung zu seiner Verpflichtung, vor Gericht als Zeuge aussagen zu miissen: Cic. Att. 1.16.2: . . . neque dixi quicquam pro testimonio nisi quod erat ita notum atque testatum ut non possem praeterire. 10 Balsdon: Historia 15, 71. 11 Cicero hielt sich zu Beginn des Prozesses sehr zuriiek und nahm von einer Zeugenaussage Ab stand (Seho!. Bob. 86 St.: Statueram, P. C, quoad reus esset P. Clodius, nihil de ilIo neque apud vos neque alio ullo in loco dicere. ... Nihil me addere ad alterius (Clodius) periculum. Vg!. Cie. Att. 1.13.3). Folgendes bewog ihn dazu, vor Gerieht als Zeuge gegen Clodius aus' zusagen: "Etenim post profectionem tuam primus, ut opinor, introitus fUit in causam fa bulae Clodianae, in qua ego nactus, ut mihi videbar, locum resecandae libidinis et coercen
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Die Politik des Ciodius
Clodius kam die heftige und allseitige Kampfansage der Optimaten Pluta. wie gerufen, da er so aller Welt deutlich zeigen konnte, daE er sich trotz 8fj/J-o// .:: seiner adligen Herkunft von Leuten wie Cato, Hortensius, Catulus, Fa und ill! vonius und eben Cicero unterschied, daE sein politisches Handeln und SchweSl schuldi,g Denken nicht standesgebunden waren. le provokativer er seine Gegen satzlichkeit zu den optimatischen Fiihrungspersonlichkeiten heraus Denunz: leicht n strich und durch sein Verhalten glaubhaft dokumentierte, desto unmiE dea-Pwj versUindlicher muEte er sich als popularis profilieren. Dabei kam es Clodius auch zugute, daE der Kult der Bona Dea von den unteren Be se T :LieD volkerungsschichten als ihre ureigenste Domane angesehen wurde;12 so einar..je: konnte Clodius gleichzeitig als Vorkampfer der religiosen Anspriiche der gezeit r; stadtischen plebs auftreten. '~·ercen. Bedenkt man all diese politischen und gesellschaftlichen Implikatio Di~ ~ nen des Bona dea-Skandals, dann war Clodius' Verhalten und Handeln wahrend dieser Affare mehr als "aus rein personlichen Motiven erwach sene und sich den Beschliissen des Senats widersetzende Demagogie".13 der CIa.:; Deshalb hat auch Cicero die politische Bedeutung dieser Skandalge schichte zweifellos richtig erfaEt, wenn er den Vorfall im nachhinein Z:lJll. folgendermaEen kommentiert: "A tque hie ei gradus (Bona dea-Skandal) ... P. Clodio gradus ad rem publieam hie primus fuit et aditus ad popu larem iae tationem atque adseensus ".14
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3.1.2. Die Ubemahme der popularen Strategie durch Clodius
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Die Offentlich gefiihrte Debatte iiber die Modalitaten, nach denen die prozessuale Untersuchung des Religionsfrevels durchgefiihrt werden soUte, bewog Clodius zur Anwendung popularer Methoden in der politi schen Auseinandersetzung. So griff er in haufig einberufenen eontiones seine prominenten Gegner an und suchte die Offentliche Meinung in sei nem Sinne zu beeinflussen. 15
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dae iuventutis vehemens jUi" ... (AtL 1.18.2). Vber Ciceros RoUe als Zeuge vg!. App. dv. ~ 2.14. Moreau: Religio 202ff. Zu Ciceros Unbeliebtheit wegen der Hinrichtung der Catilina ~ rier siehe S. 55. ~.liI 12 Gallini: SMSR 33, 260ff. Homer 531: "Es gibt wenig andere romische Kulte, bei denen der ,= Unterschied zwischen dem amtlichen adligen romischen Kult und der in Rom und in Italien =-~. im Volke, besonders aber bei den Sklaven verbreiteten Kultiibung so kra~ ist wie Bona Dea". ~1I 13 Martin 69. ~l 14 Cic. har. resp. 43. l1CII' 15 Cic. Att. 1.14.5: Clodius contiones miseras habebat, in quibus Lucullum, Hortensium, C. _.. i::"~l Pisonem, Messallam consulem contumeliose laedebat; me tantum ,comperisse omnia' crimi~'Cl~ . • nabatur. Ebd. 1.16.1: Cum enim ille (Clodius) ad contiones conjUgisset in iisque mea nomi ~ !::E;. ne ad invidiam uteretur, di immortales! quas ego pugnas et quantas strages edidi. Vg!. Schol. Bob. 86 St. Moreau: Religio 121-125.
Die politische Betatigung des Clodius in den 60er Jahren
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Plutarch zufolge klagte Clodius Priester und Priesterinnen 1TPOC; TOV of)J.10V an;16 sie waren es, die ihn des Religionsfrevels bezichtigt hatten,
und ihnen warf er nun das gleiche Vergehen vor. Auch Fabia, die Schwester von Ciceros Frau Terentia, kam als Vestalin durch die An schuldigungen des Clodius augenscheinlich in Gefahr; die Offentliche Denunzierung seiner Schwagerin traf zweifellos auch Cicero selbst; viel leicht nur ein Nebeneffekt, doch aufgrund seines Engagements im Bona dea-Proze~ eher beabsichtige Diffamierung des politischen Gegners. Die se Taktik denunziatorischer Polemik und die Methode, politische Aus einandersetzungen in der bffentlichkeit auszutragen, sollten in der Fol gezeit zum wirkungsvollen Instrument clodianischer Politik ausgebildet werden. 17 Die endgiiltige Profilierung als popularis gelang Clodius erst mit sei nem Obertritt zur Plebs; bislang haftete ihm noch immer das Odium des Patriciers an. Nach dem Vorbild des P. Sulpicius RufuS 18 bemiihte sich der Claudier seit seiner Quaestur urn die Aufnahme in den Plebejerstand mit dem erklarten Ziel, sich urn das Volkstribunat zu bewerben. 19 Zunachst wollte er unter Mithilfe des C. Herennius, eines Volkstribu nen aus dem Jahre 60, seine traductio ad plebem durch eine lex curiata
16 Plut. Cat. min. 19.5f. 17 Moreau datiert diese Episode in die Zeit nach dem Bon dea-ProzeB und widerlegt alle bis herigen Erkliirungsversuche der betreffenden Plutarchstelle iiberzeugend. Broughton, Gruen und Twyman verstanden die Textstelle dahingehend, daB sie sich auf Catilinas 1nzestprozeB aus dem Jahre 73 bezieht (Sail. Catil. 15.1. Cic. Catil. 3.9. Brut. 236. Q. Cic. pet. 10. Ascon. 91 C. Oras. hist. 6.3.1); Clodius sei Catilinas Anklager gewesen und auf das energische Ein
schreiten Catos hin in die militiirischen Dienste seines Schwagers Lucullus getreten (Braugh
ton 2.142 Anm. 10. Gruen: LGRR 42,271. ders.: Ath. 49, 60f. Twyman 857). Erganzend
zu Moreaus iiberzeugender Interpretation (Moreau: Religio 232-239) kann die richtige
historische Einordnung dieses Zwischenfalls durch folgende Informationen noch erhiirtet werden: (I) Clodius' Angriffe auf Cicero nach dem Bona dea-ProzeB (Schol. Bob. 86 St.; Ciceros Rede In Clodium et Curionem ist als Ciceras Antwort auf Clodius' Hetzkampagne zu verstehen): eine Anspielung auf Ciceros Schwagerin Fabia ist in diesem Zusammenhang denkbar; der Scholiast wollte die provokativen AuBerungen des Clodius durch das Wort lacessere zum Ausdruck bringen; jener drahte Cicero vielleicht mit einer Anklageerhebung gegen die Vestalin. (2) Clodius' Flucht aus Rom: Clodius war zur Zeit des Prozesses Quaes tor; wie wir wissen, hielt er sich in dieser Funktion auf Sizilien auf. Da er wiihrend des Pro zesses in Rom anwesend sein muBte, ist es naheliegend, daB er kurze Zeit nach seinem Frei spruch seine Amtsgeschafte in Sizilien aufgenommen und Rom verlassen hat; fUr Appian geh6rte die Bona dea-Affiire deshalb auch bezeichnenderweise zur Geschichte der Insel Sizi lien (App. Sik. 5.7). 18 Taylor: VDRR 145. 19 Schol. Bob. 87 St.: Cum se ad plebem transire velle diceret, sed misere fretum transire cupe. ret. Cic. Att. 2.1.5: Ille (Clodius) autem non simulat sed plane tribunus pi. fien' cupit. Vgl. Schol. Bob. 86 St.
42
Die Politik des Clodius
sanktionieren lassen. 20 AIs dies an dem Veto eines anderen Tribunen scheiterte, und eine weitere Gesetzesinitiative, die auch den Patriciern die Bekleidung des Volkstribunats ermoglichen soUte, im gleichen J ahr ebenfalls ohne Erfolg blieb, trat Clodius eigenmachtig in den Plebejer stand iiber. Die Annahme seiner Kandidatur konnte er jedoch nicht durchsetzen, da der Consul Metellus die Legitimitat dieser formlosen Entsagung der Patricierrechte bestritt und deshalb eine Bewerbung nicht zulie~.21 Die legale transitio ad plebem gelang schliemich unter Caesars Consulat durch eine lex curiata de arrogatione Clodii unter ak tiver Mitwirkung von Pompeius und Caesar. 22 Clodius, der nach seiner Adoption durch einen Plebejer diesen Gen tilnamen zu Recht fiihrte und somit seine Gegensatzlichkeit zu den Pa triciern auch im Namen zum Ausdruck brachte,23 hatte nach mehreren Anlaufen endlich die Berechtigung zur Kandidatur fUr das Volkstribu nat erlangt. Nicht um sich an den Anklagevertretern des Bona dea-Pro zesses rachen zu konnen, war Clodius an diesem Amt gelegen;24 noch weniger wollte er freilich Caesar seine Dienste als Tribun antragen, um sich so fiir die von jenem unterlassene Anzeige wahrend des Prozesses erkenntlich zu zeigen. 25 Viel richtiger erkannte wiederum Cicero die Absicht, die jener mit einer solch spektakularen Aktion verfolgte, wenn er schreibt: ... "sed videbatur mihi, si quid esset in eo populare quod plebeius factus esset, id amissurus ". 26 Der Obertritt zur Plebs soUte Clo
20 Cic. Att. 1.18.4: Est autem C. Herennius quidam tribunus pi., quem tu fortasse ne nosti qui dem; ... is ad plebem P. Clodium traducit idemque fert ut universus populus in campo Mar tio suffragium de re Clodi ferat. Vg!. 1.19.5. Zu C. Herennius siehe S. 174. 21 Dio 37.51.1f.
22 Quellenbelege bei Broughton 2.195. Zur rechtlichen Bewertung des Vorgangs: Gelzer:
Caesar 70. Taylor: PPC 88. 23 Albertini: MEFRA 24, 262 Anm. 4. 24 Dio 37.51.1. An den Fiihrern der Optimaten hiitte Clodius leicht unter Mithilfe einiger be freundeter Tribune Rache nehmen konnen; dazu bedurfte es nicht eines Obertritts zur Plebs. Zum Motiv der Rache siehe S. 54f. 25 Dio 38.12.1. App. civ. 2.14. Zu Clod ius' Dankbarkeitsverstiindnis vg!. Moreau: Religio 258f.: "C1odius avait re~u, de la part de chacun de ces hommes (Caesar, Pompeius, Crassus), un beneficium, et, selon les conceptions de leur milieu, ils etaient en droit d'en attendre des manifestations de gratia. Mais le propre de Clodius etait precisement de toujours utiliser le systeme de I'officium it son seul profit, I'appliquant chaque fois qu'il en tiIait avantage, y manquant lorsqu'il impliquait pour lui quelque obligation ... De ce point de vue, Clodius ctait bien un personnage sUbversif, puisqu'il violait systematiquement les regles presidant aux relations entre personnes apparentees ou liees par la necessitudo ou la familiaritas. Vg!. Cic. Att. 2.22.1. har. resp. 52. Clodius forderte von ihm gewiihrte Dienstleistungen wieder ein: so soli Pompeius dessen traductio ad plebem unterstiitzt haben, weil sich Clodius enga giert fUr die Ratifizierung der pompeianischen Neuordnung im Osten eingesetzt hatte (Plut. Pomp. 46.4f.). 26 Cic. Att. 2.7.2.
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dius' Selbstverstandnis als popularis augenfallig dokumentieren und ihm neue Popularitat verschaffen. Mit seiner Wahl zum Volkstribun hatte Clodius zudem die Moglichkeit, seine populare Methode auf legale Weise und auf offizieller Ebene fortzusetzen.
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3.1.3. Die ersten Bemuhungen des Clodius urn eine ,neue' Gefolgschaft Wie seine Vorfahren war auch Clodius urn eine VergroBerung der er erbten Clientel bemuht und nahm sich dieser Aufgabebei all seinen Aufenthalten auBerhalb Italiens mit erstaunlicher Intensitat und Ziel strebigkeit an. Seine erste Initiative auf diesem Gebiet bedarf dabei be sonderer Beachtung; denn sie erinnert in DurchfUhrung und Zielsetzung sehr an Vorgange, die uns aus der Burgerkriegszeit bekannt sind, und in deren Verlauf sich oftmals ein Clientelverhaltnis zwischen dem Feld herrn und seinen Soldaten herausbildeteY Clodius unterstutzte als MilWirtribun in der Armee des Lucullus eine Meuterei zweier valerianischer Legionen, die angeblich aufgrund ihrer langen Dienstzeit mit dieser Aktion ihre Entlassung erwirken wollten. 28 Die Valerianer, als treulose und auf den eigenen Vorteil bedachte Solda ten gefUrchtet, "Kat. rov KAWOWV lIo€wr:; EO€XOVro Kat. qnAoarpanWTr/V rrpoarryopEvov".29 Diesen Ehrennamen verliehen die Soldaten Clodius vermutlich deshalb, weil er ihre Forderung nach Entlassung unterstiltzt und ihnen Belohnungen in Aussicht gestellt hatte. DaB die valeriani schen Legionen fUr derartige Angebote ein offenes Ohr hatten und sie gerne annahmen, war bekannt 30 und zeigte sich kurze Zeit spater; ob wohl ihre Entlassung gebilligt worden war, traten sie, durch neue Ver sprechungen gekodert, wieder in die Dienste des Pompeius. 31 Fur Clo dius blieb dies nur eine Episode, aber - wie die folgende Entwicklung zeigen wird - eine lehrreiche. Auch in der Folgezeit engagierte sich Clodius in den verschiedent'
Siehe S, 27ff.
Plut, Luc. 34.2f. Dia 36.14.4. Liv. periach. 98. Cic. har. resp. 42.
Plut, Luc. 34.3.
Dia 104.2. Diad. 38/39,8.1f.
Dia 36.16.3.
Vg!. dazu die ausfiihrliche Schilderung van Rawson: Histaria 22, 234ff.
44
Die Politik des Clodius
denszeiten - bei innenpolitischen Auseinandersetzungen wertlos zu sein und nur bedingt erfolgversprechend eingesetzt werden zu k6nnen. 33 So waren es vor allem die Ereignisse wahrend des gerichtlichen Nach spiels der Bona dea-Affare, die flir Clodius' weiteres politisches Denken und Randeln entscheidend werden sollten: der oft bestimmende Ein fluB, den die plebs urbana auf den ProzeBverlauf auslibte, und die er folgreiche Manipulierung politischer Entscheidungen durch - notfalls gewaltsame - Aktionen der eigenen Anhanger lieBen ihn an neue Wege und Mittel zum Gewinn einer politischen Schllisselstellung glauben. Die von den Freunden des Clodius aufgestachelte Menge versetzte die Richter in solche Angst und Schrecken, daB diese nur unter dem Schutz einer bewaffneten Truppe zu einem Urteilsspruch bereit waren; aber selbst da waren die Stimmtafelchen einiger Juroren unleserlich ge schrieben. 34 Wie die Richter von der Volksmeinung unter Druck gesetzt wurden, so richtete auch Caesar sein Verhalten an der Raltung der Men ge aus. Er wagte es nicht, Clodius in eigener Person gerichtlich zu belan gen, da jener beim Yolk sehr beliebt war. 3S In diesem Zusammenhang sollte der Ausdruck potentissimus homo neu iiberdacht werden: ein solcher war Clodius nach der Auffassung eines Scholiasten zur Zeit seines Prozesses. 36 Der Angeklagte war nicht nur deshalb ein machtiger und geflirchteter Mann, weil er auf die Ver bindungen und Beziehungen der Claudier zurlickgreifen konnte, wie Rundell meint,37 und auch die Interpretation von Rawson nahelegt. 38 Wie der Kontext der Textstelle beweist, verdankte Clodius seinen Frei 33 B/eicken: RR 35. ders.: Gnomon 36, 186f. 34 Plut. Caes. 10.6. Cic. Att. 1.14.1. har. resp. 36. Scho!. Bob. 85 St.: Mu/tum diuque habitis concertationibus ante iudicium P. C/odius a turbu/enta multitudine, ne causam diceret, non sine impetu sedition is adiutus est, auctore huius conspirationis Q. Fufio Ca/eno tribuno pt. ... Vg!. Cic. Att. 1.16.5. Plut. Cic. 29.5. 35 App. civ. 2.14. Dio 37.45.1. Plut. Cic. 29.7. Caes. 10.6: TavTa or IJ.EV OVTW 1JPOVOVVTa TOV Kaiaapa A.E-yOVaLV €i1l'€(V, or OE Ty 07]IJ.<,J Xapl\OIJ.€VOV WPIJ.'f/IJ.€vy aW\€lV TOV KA.wowv. Der gleiche Beweggrund veranla~te den Consul M. Pupius Piso Calpurnius daw, Clod ius in die ser Affare zu unterstiitzen, wie uns Cicero berichtet: neque id magis amicitia Clodi adductus fecit quam studio perditarum rerum atque partium (Att. 1.14.6). 36 Scho!. Bob. 85 St.: Et primo quidem ab senatu praesidium petiverunt, de C/odio, po
tentissimo homine, liberius iudicaretur. 37 Nach Dio ist Clodius Ola T~V ETalP€iav (37.45.1) vor einer Verurteilung bewahrt worden. Unter dieser €TalP€la - so meint Rundell - sei "the network of alliances he inherited as a patrician Claudian" (Historia 28, 303 Anrn. 11) zu verstehen. Diese Interpretation ist frag lich, da Dio an anderer Stelle die Anhanger des Clodius als haipol anspricht (39.19.1). Clo dius' Verbindungem zu seiner Familie waren ohnehin nicht sehr gut (vg!. Cic. har. resp. 42); mit Ausnahme des Appius fand er bei seinen Verwandten zur Zeit des Prozesses keine nen nenswerte Unterstiitwng (vg!. Moreau: Religio 45f.). 38 Rawson: Historia 22, 223, 234.
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spruch vor allem seiner Popularitiit. Angesichts der eindeutigen Stel Iungnahme der unteren Bev6Ikerungsschichten fUr den AngekIagten er baten sich namIich die Richter eine bewaffnete Schutztruppe gegen den zum po ten tissimus homo avancierten CIodius. 39 Au~er der allgemeinen Volksstimmung kam CIodius die direkte Inter vention seiner Freunde und Anhanger zugute. Schon im Januar deutete Cicero seinem Freund Atticus mit der knappen, aber vielsagenden Nach richt "operae comparantur" an,4ll was man in den nachsten Monaten zu erwarten hatte. Kurze Zeit spater waren es besagte operae, die das Ge schehen ma~gebIich mitbestimmen sollten. Bei der Abstimmung uber die rogatio Pupia Valeria, welche die Zusammensetzung des Gerichtsho fes festIegen sollte, besetzten die operae Clodianae die Zugange zu den pontes und sorgten dafUr, da~ nur ablehnende StimmtafeIchen ausgege ben wurden. 41 Diese ManipuIierung des Gesetzgebungsverfahrens wurde von der Gegenseite zwar schnell unterbunden, aber die tumuItartige Auf16sung der VersammIung Iie~ an keine ordnungsgema~e Verabschie dung des SenatsbeschIusses denken. Somit war es den operae unter Fuh rung der iuvenes barbatuli, die bei der Abstimmung wahrscheinIich als custodes [ungierten,42 geIungen, CIodius' Wunsch hinsichtlich der Zu sammensetzung des Richterkollegiums zu erfUlIen. 43 Auch am Tage der Urteilsverkundung fanden sich viele Leute auf dem Forum ein;44 von Cicero als servi diskriminiert, durfte es sich bei diesen wie bei den oben erwahnten operae eher urn MitgIieder der damals verbotenen collegia gehandelt haben. 45 Dem intensiven Interesse der plebs urbana an dem Proze~ und dem aktiven Eingreifen der operae in den VerhandIungsabIa)lf verdankt CIo dius in erheblichem Ma~e seinen Freispruch.
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Betrachtet man die ersten Jahre von CIodius' Betatigung auf der poli tischen und gesellschaftlichen Buhne Roms, so fallen insbesondere zwe i Charakteristika auf: sein couragiertes Auftreten gegen einzeIne Vertre
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39 Moreau: Religio 46-50.
::xlio, po 40 Cic. Att. 1.13.3.
41 Cic. Att. 1.14.5: Nam cum dies venisset rogationi ex senatus consulto ferendae, concursa
bant barbatuli iuvenes, totus ille grex Catilinae, duce filiola Curionis, et populum ut anti E'l 1 . c. =,~ :',:: ''''orden. quaret rogabant. '" Operae Clodianae pontis occuparant, tabellae ministrabantur ita ut ~l=: -, .-::,,,~:ted as a nulla daretur , VTI ROGAS'. ~ --:-~,:~ cc::: 1St frag 42 Taylor: RVA 77.
In'::-- '" - ::: ~ ?l). Clo 43 Nowak 123. Lintott: VRR 69. Gruen: LGRR 275.
~. . - -~. ~~5p. 42); 44 Cic. Att. 1.16.5: Ita summa discessu bonorum, pleno foro servorum XXViudices ita fortes
h:" :-=:-::-;.,:-: :..;:2lle nen· tamen fuerunt ut summo proposito periculo vel perire maluerint quam perdere omnia. 45 Nowak 123. Yavetz: Caesar 93. Hr:
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Die Politik des Clodius
ter der Optimatenfaction und seine Vorliebe fUr den Gebrauch popula rer Methoden in der politischen Auseinandersetzung. Obwohl dies fUr sich genommen nicht auGergew6hnlich war, so ist es im speziellen Fall des Clodius doch wichtig, da sich dieser wie wenige seiner Zeitgenossen seiner politischen Grundsatzentscheidung verpflichtet fUhlte. Seine poli tischeDitigkeit in den 60er J ahren kann also nicht als entschuldbare ,Jugendsiinde' abgetan werden, sondern sie hatte bestimmenden EinfluG auf seinen weiteren politischen Weg. So diirften ihm die ersten Erfahrungen, die er in den verschiedenen Auseinandersetzungen gesammelt hatte, neue Perspektiven aufgezeigt und ihn dafUr sensibilisiert haben, eine bisher wenig beachtete politische Kraft, die plebs urbana, als entscheidenden Machtfaktor in die innen politischen Konfrontationen miteinzubeziehen. Welche Bedeutung Clo dius von angesehenen Politikern schon zum damaligen Zeitpunkt beige messen wurde, zeigte Pompeius' eifriges Bemiihen, sich die Dienste des Clodius fUr die anstehende Ratifizierungsdebatte iiber seine Neuordnung der 6stlichen Provinzen zu sichern. 46 Die Konsequenz und Zielstrebig keit, mit der Clodius seine transitio ad plebem betrieben hat, bestatigen seine Entschlossenheit und Absicht, den ,neuen' Weg zur politischen Macht Realitat werden zu lassen. Wahrend seines Volkstribunats konnte Clodius nun die institutionellen und legalen Rahmenbedingungen schaf fen, urn den Ausbau seiner Gefolgschaft rechtlich abzusichern.
3.2. DIE TRlBUNATSPOLITIK DES CLODIUS
Da das Volkstribunat als politisches Instrument zur Mobilisierung und Rekrutierung einer Anhangerschar geeignet war und seit der Zeit der Gracchen auch dazu benutzt wurde,47 waren dem Volkstribunen Clodius M6glichkeiten gegeben, seine bisherigen Bemiihungen urn eine ,neue' Gefolgschaft in gr6Gerem AusmaG und auf politisch-legaler Ebe ne fortzufUhren. Eine Analyse der clodianischen Tribunatspolitik miiGte demzufolge deutlich machen, welche Strategie und Konzeption der Tri bun im Jahre 58 verfolgte, und welcher Mittel und Wege er sich bei der Verwirklichung seiner Plane bediente.
46 Plut. Cat. min. 31.2: 0~ 8€ Kavravtla Karwv €VWraJJ,EVo~ E~€KpOVaE rov vOJJ,ov. ovrw (I1oJJ,1Ttfio~) KAW8 lOV TE 1TEPtElXEro, rou rOTE tlpaavrarov rwv 81/JJ,a/,w/,wv . . . Pomp. 46.4. Vg!. Rawson: Historia 22, 235.
47 Siehe dazu S. 30ff.
Die Tribunatspolitik des Clodius
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47
Wichtige AufschlUsse tiber Ziele und Absichten eines Politikers liefert zunachst dessen Gesetzgebungswerk; oft sind wir Uber dieses nur unzu langlich unterrichtet, sei es daB wir aufgrund der Dberlieferung Uber eine zu geringe Quellenbasis verfUgen, oder daB bestimmte Politiker we nig Interesse an gesetzlich fixierten Verftigungen hatten. Nun befinden wir uns ab er, was das Tribunat des Clodius anbelangt, in der glUcklichen Lage, vor allem Uber die legislativen MaBnahmen des Tribunen genauer informiert zu sein als tiber die Gesetzespolitik vergleichbarer Politiker. Dies allein ist schon ein unzweifelhaftes Zeichen fUr den Stellenwert und die Bedeutung, die den Gesetzen von Clodius selbst und von der spateren Dberlieferung beigemessen wurde. Ferner ist zu beachten, daB Clodius mit Beginn seines Tribunats vier Gesetzesvorlagen einreichte,48 die am 3.1.58 durch die Volksversammlung verabschiedet wurden. 49 Dieses erste Auftreten des Clodius als Amtsperson in der bffentlichkeit wurde wahrscheinlich sowohl von seinen Anhangern als auch von sei nen politischen Gegnern mit Spannung und Interesse erwartet und ver folgt, da Inhalt und Zielrichtung dieser Gesetzesvorschlage als richtungs weisend und programmatisch fUr die weitere Tribunatspolitik angesehen werden durften. Obwohl Broughton 50 12 verschiedene Gesetzesantrage des Clodius aus dessen Tribunatsjahr anfUhrt, hat sich die Forschung bisher meist nur mit einzelnen Gesetzen beschaftigt und den Versuch einer Gesamt beurteilung der c10dianischen Gesetzespolitik unterlassen. Dabei scheint 48 Die sofortige Promulgation der Gesetze nach der Amtsiibernahme deutet daraufhin, da~ die se Gesetzesantrage schon friiher beratschlagt und formuliert worden waren; vielleicht han delt es sich urn ein ,Wahlversprechen' des Clod ius, welches er miiglichst schnell einliisen wollte. 49 Ascon. 8 C. Dio 38.13.1f., 6. 50 Broughton 2.196. Zur Abfolge der c10dianischen Gesetze und der Ereignisse im Jahre 58 l~t sich folgendes sagen (vgl. GrimaI145-157. Badian: JRS 55, 116f.): 10.12.59: Beginn des Tribunats und Promulgation folgender Gesetze: lex de iure et tempore
legum rogandarum. lex de censoria notione. lex de collegiis. lex frumentaria. 1.1.58: Feier der Ludi Compitalicii unter Leitung des Sex. Clodius/Cloelius. 3.1.58: Annahme der Gesetze durch Volksversammlung. Ende Jan./Anf. Febr.: lex de capite civis Romani gleichzeitig mit lex de provinciis consula
ribus. Mitte Marz: rogatio de exilio Ciceronis; anschlie~end Flucht Ciceros aus Rom und Be schlagnahme seines Besitzes. April bis Mitte Mai: Befreiung des armenischen Prinzen Tigranes. ,Orientpolitik': lex de rege
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. Pomp.
Deiotaro et Brogitaro. lex de rege Ptolemaeo et de insula Cypro publicanda et de exuli bus Byzantium reducendis. lex de Catone quaestore cum iure praetorio mittendo. lex de permutatione provinciarum. 11.8.58: Mordanschlag auf Pompeius.
gegen Ende des Jahres: Angriff auf acta Caesaris.
48
Die Politik des Clodius
es angebracht, das umfangreiche Gesetzgebungswerk des Clodius in sei ner Gesamtheit zu diskutieren, urn dessen Intentionen und politische Ziele genauer beurteilen zu konnen.
3.2.1. Die populare Politik des Clodius Zu einer Gesetzespolitik, die den Anliegen der Plebs Rechnung trug und sich an deren Interessen ausrichtete, konnte Clodius aus mehreren Grilnden bestimmt werden. Erstens forderte ihn das Amt des Volkstri bunen dazu auf, Maf:,nahmen zu ergreifen, die ihn als Vertreter des Vol kes auswiesen. Zweitens muf:,te Clodius versuchen, die Erwartungen sei ner Anhanger zu erfUllen. Schlief:,lich durfte er darauf hoffen, seine Ge folgschaft zu vergrof:,ern, falls seine Politik breiteste Bevolkerungsgrup pen ansprechen sollte. 3.2.1.1. Die Verbesserung der wirtschaftlichen und sozialen Lage der plebs urbana Clodius' Frumentargesetz, das die unentgeltliche Verteilung des Ge treides an die in Rom wohnhafte Bevolkerung anordnete,s' war der Schluf:,punkt in einer Reihe von leges frumentariae, die in der letzten Phase der Republik erlassen worden waren. Es gaIt als "summe popu laris", S2 obwohl die Zuteilung von 5 modii Getreide nur fUr eine Einzel person, nicht aber fUr die Ernahrung einer Familie als ausreichend er achtet werden kann, S3 Clodius nahm hiermit beste populare Tradition wieder auf und tibertraf die Verftigungen alier seiner Vorganger bei weitem. Dieses Gesetz erfreute sich beim Yolk grof:,ter Beliebtheit und verhalf seinem Initiator zu grof:,er Popularitat. Die politische Bedeutung des Frumentargesetzes kann daran abgelesen werden, daf:, man es von staat licher Seite lange Zeit nicht wagte, diese Maf:,nahme zu revidieren oder sie wenigstens zu korrigieren, obwohl die Staatskasse - wie Cicero be hauptete S4 und die kostspielige Sicherstellung der Getreidelieferungen durch Pompeius im Jahre 56 zeigte SS - die Mehrkosten kaum aufbrin 51 52 53 54 55
Cie. Sest. 55. dorn. 25. Aseon. 8 C. Seho!. Bob. 132 SI. Dio 38.13.1.
Aseon. 8 C. Vg!. zu den Getreidegesetzen S. 31£.
Brunt: Mob 296 Anrn. 55. ders.: SCRR 136f.
Cic. Sest. 55: ... ut remissis senis et trientibus quinta prope pars vectigalium tolleretur . ..
Irn Jahre 56 rntillte der Senat Pornpeius 40 000 000 HS bewilligen, urn die Getreideversor gung der Stadt sicherstellen zu konnen (Cic. ad Q. fr. 2.6.1).
Die Tribunatspolitik des Clodius
49
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gen konnte, die Clodius' Getreidegesetz verursacht hatte. Erst Caesar nahm nach Beendigung des Blirgerkrieges eine umfassende Neuregelung der staatlichen Getreideverteilung vor. 56 Ebenso wie die lex frumentaria konnte auch die lex Clodia de colle giis, die das im Jahre 64 gegen die Vereine ausgesprochene Verbot wie der aufhob und ferner die Grlindung neuer collegia gestattete,s7 auf gute Resonanz bei der plebs urbana rechnen. Abgesehen davon, daB die 1':c ~;: ?:: ~!'Llung trug Annullierung eines unbeliebten Senatsbeschlusses zweifellos program matischen Charakter hatte, war das Vereinsgesetz des Clodius darliber k"=-:-=-;:~-=-5 :nehreren 15~: 2;0'5 Volkstri hinaus "die erste staatliche Zulassung der freien Assoziation flir die stadtromischen Kultgenossenschaften des armen Volkes".58 ~ "'=:-:~=:;O'r des Vol t~<7 .=:~. . .:.r:ungen sei Diese Vereine erflillten eine Vielzahl von Aufgaben, die flir die unte lL~' :-- =:-~-:::1. seine Ge ren Bevolkerungsschichten in wirtschaftlicher und sozialer Hinsicht sehr wichtig waren. So sorgten sie beispielsweise flir eine angemessene Be ~ 3='.=:"~erungsgrupstattung ihrer Mitglieder;59 Vereinsangehorige, die sich in finanziellen Schwierigkeiten befanden, wurden unterstlitzt; als personae im rechtli chen Sinne konnten die collegiae die Belange und Interessen ihrer Mit glieder vor Gericht vertreten; oft libernahmen sie auch die Zahlung von Freilassungsgeldern, die an den Patron oder Staat zu entrichten waren. 60 Da die collegia innerhalb der stadtromischen vici und nach BerufssHin C'=:-:::l-'::1£ des Ge den organisiert waren, bildeten sie flir die plebs urbana lokale Kommu f:~':=-:::::.:: ",-ar der nikationszentrenY Die gemeinsame Mitgliedschaft von Freien, Frei ~. =-~:: ~- =e~ letzten gelassenen und Sklaven, die territoriale Organisationsstruktur, die Aus : L _-:.n:":e popu richtung von Spielen und Festen und die religiose Verankerung der Ver :: -~ ::: =::1;0' Einzel eine muBten das SelbstbewuBtsein und Zusammengehorigkeitsgeflihl L5 ~~5-,=i::1end er der stadtromischen Unterschicht so positiv beeinflussen, daB diese col ;;"=;_2....-= Tradition legia zu Recht als "organisations de masse de la plebe pauvre" bezeich be::- ';=~glnger bei 62 net werden konnen. Obwohl Clodius der Getreideverteilung durch sein Gesetz eine neue e'::':':::: -.:nd verhalf QualWit verlieh 63 und mit seiner lex de collegiis ein geltendes Senats t:::.:: 3.= =='.1 tung des consult aus dem J ahre 64 annullierte, loste sein Handeln bei seinen t ==-_: :=5 yon staat
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Vg!. Yavetz: Caesar 156-159.
Quellen beiBroughton 2.196.
Alfoldi: Schweizer Miinzbliitter 18, 31.
Kiihne: Heilkon 6, 100. Siehe dazu S. 123.
Ebd. 104.
Flambard: MEFRA 89.1,132. Lintott: VRR 78.
Flambard: MEFRA 89.1, 133. Vg!. Favory: Index 8, 179: "L'activite multiple de ces colle
gia contribue, pour ainsi dire, it developper une societe paralIi~le 11 celie des gentes aristo cratiques, ou fonctionne une antre solidarite, qui se realise dans les n;seaux de clientele regis par les liens d'amicitia et soumis aux regles de lajides". 63 Siehe dazu S. 59f. 56 57 58 59 60 61 62
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-
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50
Die Politik des Clodius
Standesgenossen iiberraschenderweise keinen Sturm der Entriistung aus. Zwar sind wir nicht direkt dariiber informiert, warum die Senatoren den Tribun in dieser Weise gewahren lieBen, doch macht ihr Stillhalten eines deutlich: sie sahen in beidenGesetzen keine umstiirzlerischen und staatsgefahrdenden Beschliisse. Andernfalls ware man diesen Bestrebun gen- wie in so vielen Fallen eindrucksvoll demonstriert (Caesars Ge setzgebung, Annullierung der leges de libertinorum suffragiisJ - un nachgiebig und entschieden entgegengetreten. Diese Zuriickhaltung sei tens der Senatoren scheint mehrere und verschiedenartige Griinde zu haben. So war es offensichtlich, daB die Vereine nach dem Verbot in der Illegalitat weiterbestanden;64 damit waren sie aber einer direkten und wirksamen Kontrolle durch die staatlichen Organe weitgehend ent zogen; sah man in ihnen eine reale Gefahr fUr den Staat, dann war es zweifellos sinnvoller, ihre Aktivitaten in der bffentlichkeit zu beobach ten und zu kontrollieren. Ferner diirften vie1e Politiker eine offizielle Wiederzulassung der collegia aus personlichen Griinden begriiBt haben: als integraler Bestandteil der politischen Szene waren die collegia und ihre Mitglieder an den politischen Entscheidungsprozessen maBgeblich beteiligt; es blieb dem Geschick und Engagement des einzelnen iiberlas sen, welchen Nutzen er daraus zog.65 Auch Cicero schien zum Zeit punkt der Promulgation der Gesetze - vielleicht unter dem EinfluB des Atticus - davon iiberzeugt zu sein, daB die Legalisierung der Vereine fUr ihn selbst vorteilhaft sein konne. 66 Obwohl sich seine diesbeziiglichen Erwartungen nicht erfiillten,67 bezogen sich seine spateren negativen A.uBerungen iiber die collegia bezeichnenderweise ausschlieBlich auf die von Clodius neu gegriindeten Vereine. 68 Staatspolitische Taktik, person liche Vorteilsiiberlegungen und machtpolitische Planspiele einzelner principes,69 all dies mag das Verhalten der Senatoren beeinfluBt haben;
64 Siehe dazu S. 67f.
65 Rundel/: Historia 28, 311.
66 Cic. Att. 3.15.4: ... sed profecto, si quantum me amas et amasti tantum amare deberes ac
debuisses. numquam esses passus me quo tu abundabas egere consilio nee esses passus mihi persuaderi u tile nobis esse legem de col/egiis perferri. 67 Cicero rechnete vielleicht auf die Mithilfe der coliegia, urn seine drohende Verbannung ver hindern zu konnen; darin sah er sich freilich getiiuscht. 68 Cic. Sest. 34: ... servorum dilectus habebatur pro tribunali Aurelio nomine conlegiorum . .. ebd. 55: ... ut conlegia non modo ilia vetera contra senatus consultum restituerentur, sed ab uno gladiatore innumerabilia alia nova conscriberentur ... p. red. in sen. 33: Qua re cum viderem ... servos simulatione conlegiorum nominatim esse conscriptos, ... potui ... me vi armisque defendere . .. Pis. 9: ... conlegia non ea so/um quae senatus sustulerat restituta, sed innumerabilia quaedam nova ex omni faece urbis ac servitio con citata ... 69 Siehe dazu S. 135.
Die Tribunatspolitik des Clodius
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51
doch solIte man dariiber auf keinen Fall vergessen, da~ allein die Popu laritat der clodianischen Gesetze deren Handlungsspielraum entschei dend einschrankte;-;D wollte man sich die plebs urbana nicht vollends entfremden, so mu~te man die popularen leges Clodiae akzeptieren.
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Vervollstandigt wurde das Gesetzespaket, welches Clodius zu Beginn seiner Amtszeit vorlegte, durch eine Modifizierung der lex Aelia et Fufia und durch eine gesetzliche Eingrenzung der Rechte der Censo ren. 7l Die von Clodius verfUgte restriktive Handhabung der lex Aelia et Fufia erleichterte die Volksgesetzgebung, da obnuntiatio und interces sio betreffs der Volksversammlung und der dort gefa~ten Beschliisse durch die Magistrate strengeren Bestimmungen unterworfen wurden; sind diese im einzelnen auch nicht bekannt, so ist dennoch davon auszu gehen, da~ politische Gegner fortan gezwungen waren, die obnuntiatio "personlich vor der Volksversammlung"72 einzubringen. Ferner war es jetzt erlaubt, an alIen dies fasti gesetzgebende Versammlungen einzube rufen. 73 Denkt man an die von Bibulus im vergangenen J ahr praktizierte Obstruktionspolitik gegen die caesarische Gesetzgebung, dann darf Clo dius' Gesetz freilich auch als Vorsichtsma~nahme und Reaktion auf die se Vorgange gewertet werden. So gesehen ist die Verscharfung der lex Aelia et Fufia durch Clodius ein anschauliches Beispiel fUr den Struktur wandel und die Zeitgebundenheit popularer Politik: galten diese Geset ze zur Zeit ihrer Verabschiedung als populare Errungenschaft, so dien ten sie 100 Jahre spater als legales Mittel zur Verhinderung popularer Reformgesetze, mu~ten also erneut umgestaltet werden, urn ihren po pularen Charakter zu erhalten. Die lex Clodia de censoria notione solIte vermutlich den Ausschlu~ popularer Politiker - vielleicht dachte Clodius auch an sich selbst'l'l aus dem Senat aufgrund einer censorischen VerfUgung erschweren. 7S
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3.2.1.2. Die Einschrdnkung der magistratischen Gewalt
70 So bestiitigen Ciceros eher zurtickhaltende und ausweichende Stellungnahmen zu dem Fm mentar- und Vereinsgesetz des Clodius indirekt die Beliebtheit, der sich beide Gesetze bei der plebs urbana erfreuten; diese Gesetze werden van Cicero nur in wenigen Reden ange sprochen und vor allem nicht in so entschiedener Weise angegriffen wie die tibrigen leges Clodiae. die Anfang Januar verabschiedet wurden (siehe dazu S. 52). 71 Quellen beiBroughton 2.196.
72 Meier: RPA 142 Anm. 487. ders.: Caesar 279f.
73 Cle. Sest. 33: lata lex est, ... VT OMNIBVS FASTIS DIEBVS LEGEM FERRI LICERET
... Vg!. Sest. 56. prov. 46. Dio 38.13.6. 74 Martin 83. Meier: Diss. 239. 75 Nisbert: Pisonem 68. Butler-Cary 79f. Meier: RE 606.
52
Die Politik des Clodius
Flir die Streichung von der Senatorenliste wurden nun eine offizie11e Anklage und eine ordnungsgemage Verhandlung sowie die libereinstim mende Verurteilung durch beide Censoren obligatorisch. Damit war die Institution der Censur an sich natlirlich nicht in Frage geste11t;76 es so11 te lediglich deren Funktionalisierung als Kampfinstrument zur Elimi nierung mimie biger Politiker unterbunden werden. 77 Beide Gesetze dienten der Einschrankung magistratischer Willklir durch eine "Regelung der Versachlichung staatlicher Vorgange"78 und damit einer Absicherung popularer Politik. Cicero bezeichnete diese Ge setze als "perniciosae leges";79 besonders die leges Aelia et Fufia sah er als "propugnacula murique tranquillitatis atque oti"f!{) an, da sie "certis sima subsidia rei publicae contra tribunicios furores "81 gewesen seien; mit ihrer Anderung sei die Sicherheit des Staates gefahrdet, wlirden doch Bestimmungen revidiert, die liber eine lange Zeit kritiklos aner kannt worden seien. 82 Insofern waren diese Gesetze des Clodius ein An griff auf die liberkommenen moresmaiorum, ein fUr einen traditionell denkenden Ramer wie Cicero ungeheurer, ja geradezu revolutionarer Vorgang; deshalb die heftige Reaktion des Redners, der eine solche Ent wicklung nicht gutheigen konnte. Diese Angriffe auf traditionelle Be fugnisse und Institutionen fand jedoch durchaus die Zustimmung der Menge; Politikern, die sich in dieser Weise engagierten, war nach Cicero die Sympathie der imperita et concitata multitudo sicher. 83
76 Gruen: LGRR 257.
77 Nicolet: Conquete 425.
78 Meier: RE 605. Zur Beurteilung beider Gesetze siehe Meier: RE 605ff. Schneider: Militar
diktatur 199. An dieser Stelle ist auch die lex de scribis quaestoriis zu nennen, die es den Schreibern der Quaestoren untersagte, private Geschafte zu betreiben (Suet. Dom. 9.3). Die se administrative ReformmaEnahme erinnert an Catos Bemiihen, eine ordnungsgemille Amtsftihrung der Quaestoren zu garantieren (Plut. Cat. min. 17.3. Vg!. dazu Gruen: LGRR 255). 79 Cic. Pis. 10.
80 Cic. Pis. 9.
81 Cic. p. red. in sen. 11.
82 Cic. Sest. 33: qua una rogatione quis est qui non intellegat universam rem publicam esse
deletam? Pis. 10: C prope annos legem Aeliam et Fufiam tenueramus, CCCC iudicium noti onemque censoriam. 84 Cic. Sest. 140: At vero ii qui senatus consilium, qui auctoritatem bonorum, qui instituta maiorum neglexerunt et imperitae aut concitatae multitudini iucundi esse voluerunt, omnes [ere rei publicae poenas aut praesenti morte aut turpi exsilio dependerunt.
Die Tribunatspolitik des Clodius
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53
3.2.1.3. Die politische A ufwertu ng der Volksversammlung
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"I :-~2:':":
Die Beschrankung obrigkeitlicher Macht fand ihr Pendant in der Aus weitung der Kompetenzen der Volksversammlung. Wie schon oben an geflihrt,84 wurde das Obnuntiations- und Interessionsrecht der Beamten weiter eingeschrankt, und somit die comitia tributa und concilia plebis der bisherigen direkten und strengen Kontrolle durch die Beamten ent zogen. AuBer diesen verfahrenstechnischen Regelungen erweiterte Clo dius auch die Entscheidungsbefugnisse dieser Versammlungen, indem er sie - durchaus in popularer Tradition - in auBenpolitischen Fragen, der ureigensten Domane des Senats, flir zustandig erklarte. So libertrug die versammelte Plebs - analog zur lex Manilia (66) und lex Vatinia (59) - den Consuln von 58, L. Piso und A. Gabinius, als proconsularische Provinzen Macedonia und Cilicia, obwohl der Senat bereits anders entschieden hatte;85 spater lieB Clodius Gabinius unter Annullierung des Senatsbeschlusses sogar Syria zuteilen;86 die Provinz Cilicia wurde nun auBer der Reihe einem Praetor libergebenY Femer ordnete Clodius durch ein Plebiscit die Ausdehnung des Territoriums der Provinz Macedonia an;88 und auf gleiche Weise wurde Gabinius das Recht auf Kriegflihrung, Gelder aus dem Aerar und ein imperium infini tum libertragen, wenn man den diesbezliglichen Aussagen Ciceros glau ben darf. 89 Die Volksversammlung erhielt auBerdem die Befugnis, den Konigstitel an fremde Flirsten zu vergeben. su SchlieBlich wurde M. Por cius Cato vom Yolk beauftragt, das Vermogen des Ptolemaios von Cy pern zu beschlagnahmen und die exilierten Byzantier wieder in ihre Hei mat zurUckzuflihren. 91 84 Siehe S. SI. 85 Quellen bei Broughton 2.193f. Cic. dom. 24: tu provincias consularis . .. , eas lege Sempro
~II: :~:.~ -=-;'';:2:nille ,.. ::...:-, ,::.-.:----: I.GRR
~ -.,-... t .' .',' __
:-':..:'-::"m esse :..,;;'::::'m noti
_,:...~ "":. .;:.: !nstituta ~ ':iG.::...:~r. omnes
nia per senatum decretas rescidisti, extra ordinem sine sorte nominatim dedisti non consu libus, sed rei publicae pestibus ... 86 Cic. Sest. 55: ... ut Gabinio pro illa sua Cilicia, quam sibi, si rem publicam prodidisset, pac tus erat, Syria daretur, et uni helluoni bis de eadem re deliberandi et rogata lege potestas per novam legem fieret provinciae commutandae. Vg!. dom. 23,70. 87 Cic. dom. 23. 88 Ebd. 23: ... L. Pisoni, nonne nominatim populos liberos, multis senatus consultis, etiam recenti lege generi ipsius liberatos, vinctos et constrictos tradidisti? Vg!. Pis. 37,86. 89 Ebd. 23: ... quis bellum cum pacatissimis gentibus, quis pecuniam ad emendos agros con stitutam, ereptam ex visceribus aerari, quis imperium infinitum dedit? Vg!. dom. 55. 90 Siehe dazu S. 57. Die Verleihung des Konigstitels war sonst Sache des Senats (Cic. Sest. 57. Caes. Gal!. 1.43.4) oder des Feldherrn, dessen Verfilgung jedoch die Senatoren sanktionie ren muf>ten (vg!. pompebnische Neuordnung). 91 Quellen bei Broughton 2.198. Den Auftrag, Cyrene bzw. Bithynia in romische Verwaltung zu ilberfilhren, erteilte der Senat (Badian: RI 36. Christ: Krise 242).
-54
Die Politik des Clodius Da~
das Yolk auch in Fragen der Au~enpolitik und Staatsfinanzen
fUr zustandig erklart wurde und auf diesen Gebieten rechtskraftige Be
schllisse fassen durfte, war in der spaten Republik keine Seltenheit;
Vielfalt und Ausma~ der Kompetenzen, wie sie Clodius der Volksver
sammlung zubilligte, sind jedoch in der romischen Geschichte beispiel
los und bestatigen eindrucksvoll die neue Qualitat der popularen Politik
des Clodius.
3.2.1.4. Die ,restitutio libertatis' als Programmpunkt Kurze Zeit nach seinem Amtsantritt beantragte Clodius in einem Ge
setz, da~ derjenige, der einen romischen Burger ohne ordentliches Ge
rich tsverfahren und ohne Volksbeschlu~ toten lasse, geachtet werden
solle. 92 Diese Emeuerung des gracchischen Provocationsgesetzes bezog
sich augenscheinlich auf die Hinrichtung der Catilinarier. Da~ der Tri
bun dabei vomehmlich auf Cicero abzielte, der als Consul die Exeku
tion durchfUhren lieB, wird von den antiken Quellen behauptet und
durch die Umstande auch bestatigt. 93 Als sachliche Begrundung wird
.auf die Feindschaft zwischen beiden Politikem verwiesen und das Mo tiv der Rache hervorgehoben, welches nach antikem Verstandnis poli tische Handlungen durchaus hinreichend legitimieren konnte. 94 Doch erfa~t diese personliche Interpretation nur einen Teilaspekt der Proble matik, die sich aus Ciceros Verbannung ergibt, und verhindert zudem weitergehende Fragestellungen, die das personliche Schicksal in seiner politischen und gesellschaftlichen Bedingtheit zu erklaren suchen. 95
92 Quellen bei Broughton 2.196. 93 Plutarch und Cassius Dio interpretieren das Tribunat des Clodius fast ausschlieBlich unter
diesem personlichen Gesichtspunkt, daB sich der Tribun an Cicero riichen wollte, weil jener
ihr. wahrend des Bona dea-Prozesses nicht unterstiitzt habe (z.B. Dio 38.13.5f.). Beide er
greifen Ciceros Partei; dessen eigene Ausfiihrungen waren wahrscheinlich Grundlage flir ihre
Darstellungen. Deshalb miissen die Werke von Plutarch und Dio mit der anticlodianischen
Pramisse gelesen werden (vg!. dazu Gruen: Phoenix 20, 120f.).
94 Cic. inv. 2.65. 95 Dieses ,ultio'-Motiv findet sich in der neueren Forschung bei Gruen: Phoenix 20,124f. Lin tott: GaR 14,167. Zeller 127f., Martin 8lf., 89: "Alle Mittel popularer Agitation dienten Clodius zur Befriedigung seiner Privatrache an Cicero ...". Fiir Moreau ist der Konflikt zwi schen beiden Politikern zwar nicht eine "simple inimicitia privee s'exeryant dans le champ politique" (Religio 257), dennoch iibersieht auch er den politischen Aspekt dieser Auseinan dersetzung (ebd. 255ff.): die Instrumentalisierung der politischen Person ,Cicero' durch Clo I dius (vg!. S. 142). Wie das Rachemotiv so beruht auch die zweite Erklarungsversion, Clodius
habe Cicero und Cato im Auftrag des Dreibunds ,eliminiert', urn die Giiltigkeit der leges
luliae zu sichern (Fr6hlich 84. Brunt: SCRR 134. Meier: Caesar 28lf.), auf einer unkriti
schen Ubernahme tendenzioser Berichte antiker Autoren. Cicero selbst macht zwar an eini
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Die Tribunarspolitik des Clodius
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Mit seinem Gesetz wies Clodius auf die unveranderte Gtiltigkeit der lex Sempronia de capite civium hin, die von den romischen Bilrgern als wichtiges Freiheitsrecht verstanden wurde. 96 Das Entsetzen der plebs urbana ilber die illegale, d.h. ohne ein ordnungsgemaBes Gerichtsver fahren, vollzogene Hinrichtung der Catilinarier und ihr aggressives Ver halten gegenilber Cicero, als dieser am Ende seines Consulatsjahres sei nen Rechenschaftsbericht und Eid vor einer contio ablegen woll te, 97 machen deutlich, daB man dieses willkilrliche Vorgehen der magistrati schen Gewalt nicht billigte. 98 So zeigte die plebs urbana beim Anblick der Senatoren, die aus Ver bitterung ilber Ciceros Verbannung Trauerkleidung angelegt hatten, kein Zeichen der Anteilnahme. 99 Clodius' ,Rache'aktion an Cicero fand den Beifall der Menge, lOO da sie den Schutz romischer Bilrger vor der magistratischen Willkilr als Rechtsgrundsatz bestatigte; mit der Verban nung des ehemaligen Consuls war der Zustand der libertas wiederherge stellt. 101 Urn "die Ideologisierung der Provokation"l02 auch sichtbar zu dokumentieren, lieB Clodius auf dem konfiszierten Grundstilck Ciceros einen Tempel zu Ehren der Libertas errichten. 103 •
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gen Stellen Caesar, Pornpeius und Crassus narnentlich fUr sein MIP.>geschlck verantwortlich (Sest. 39f. har. resp. 47. Vgl. Dio 38.14f. App. civ. 2.14. Veil. 2.45.2. Vir. ill. 81.4), doch sind seine Anschuldigungen eher darauf zurtickzufUhren, daP.> er in unzulassiger Verabsolu tierung seiner personlichen Belange sein eigenes Schicksal zur norrnativen Richtschnur des politischen Handelns erhebt und seine Interessen als allgernein rnaP.>gebliche verstanden wis sen will. DaP.> dies jedoch nicht so war, rnur., er spater selbst elnraurnen; nach seiner Rtickkehr aus dern Exit relativiert er jedenfalls seine Beschuldigungen, akzeptiert sogar das Verhalten der drei Machthaber, die unter der Ausnahrnesituation des clodianischen Trlbunats in ihrern Handlungsspieiraurn eingeschrankt waren und nur ihre eigenen Interessen zu sichern suchten (Sest. 41. Pis. 79. prov. 43). Ihr Hauptaugenrnerk gait verstandlicherweise den leges Iuliae; urn deren Gtiltigkeit nieht zu gefahrden, "tribunum popularem a se alienare nolebant" (Sest. 40). Clodius handelte also nieht als Helfershelfer des Dreibunds; seln Vorgehen liil1t sich bes ser auf dern Hintergrund einer personliehen und konsequenten Maehtpolitlk verstehen (siehe dazu S. 133f['). Schneider: Militiirdlktatur 201. Wirszubski 31. Bleicken: RR 141.
Plut. Cie. 23.1. App. civ. 2.6. Dio 37.38.1f.
Cicero rnachte keinen Hehl daraus, daP.> ihrn die Unterdrtickung der catilinarisehen Ver
schw6rung nicht nur Ehre, sondern aueh den Har., und die Feindschaft vieler Leute eingetra gen habe; fortan war er elne dankbare Zielscheibe fUr die Angriffe popularer Dernagogen ein Fakturn, welches Clodius nieht verborgen blieb, und das er schon wiihrend des Bona dea Prozesses zu seinen Gunsten politlslerte (siehe S. 39). Zu Ciceros Unbeliebtheit: Cie. Flaee. 97. Cati!. 4.22. Sull. 9,28f. Alt. 1.16.I1,19.6,20.2; 2.19.4,22.2. Plut. Cie. 31.1f. Rundel/: Historia 28, 313. Brunt: Mob 300. Gal/ini: SMSR 33, 268. Martin 86. Schneider: Mllitiirdiktatur 201. Mlt der Verbannung war der ,Tyrann' Cleero aus der Stadt entfernt worden (Bleicken: RR 142. Wirszubski 75. Cicero wurde van Clodius als Tyrann beschirnpft: Cie. dam. 75,94. Sest. 109. Att. 1.16.10).
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102 Martin 86.
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103 Plut. CI(;. 33.1. Cie. dam. 108ff. 010 38.17.6. Vg!. Meier: RE 598. Brunt: Mob 300.
56
Die Politik des Clodius
M6glicherweise sind die von Clodius angekilndigte Amnestie de vi verurteilter Bilrger 104 und die Freilassung der indices 105 ebenso diesem Komplex der Wiederherstellung der Rechtssicherheit zuzuordnen.
3.2.1.5. Die Politisierung der offentlichen UnzufriedenheU mU dem Dreibund Schon wahrend Caesars Consulat wurden die drei Machthaber mit der Tatsache konfrontiert, da~ ihre Popularitat im Sinken begriffen war. 106 Das Yolk empfand die Herrschaft von Caesar, Pompeius und Crassus als "dominatio "107 und wollte es nicht hinnehmen, da~ die Macht "ad tris homines immoderatos "108 sein soUte. Zudem brachte ihre Politik der plebs urbana keine nennenswerten Vorteile;109 im Gegenteil, die drei Machthaber erwogen anscheinend sogar eine AnnuUierung des porci schen Frumentargesetzes aus dem J ahre 62. 110 Diese Antipathie der stadtr6mischen Bev61kerung gegenilber dem Dreibund 111 kann auch Clo dius nicht verborgen geblieben sein; und so wei~ uns Cicero zu berich
Cic. Sest. 66: Damnatis de vi restitutio . .. comparabatur.
Cic. haT. resp. 34.
Cic. Att. 2.19.2f.,20.3f.,21.1-3,5.
Ebd. 2.21.1: De re publica quid ego tibi subtiliter? Tota periit atque hoc est miserior quam
reliquisti, quod tum videbatur eius modi dominatio civitatem oppressisse quae iucunda esset multitudini ... , nunc repente tanto in odio est omnibus ut quorsus ereptura sit horreamus. 108 Ebd.2.9.2. 109 So war Caesars Absicht, die arm en und unbemittelten Leute an der Landverteilung zu be teiligen (Plut. Pomp. 47.3. Cat. min. 31.6,33.1. Suet. Iu!. 20.3), ~ vorausgesetzt Caesar meinte es aufrichtig - zweifellos unrealistisch. Denn nach Ciceros Angabe hatte man bei einer GrundstiicksgroBe von 10 iugera nur etwa 5000 Menschen auf dem ager Campanus ansiedeln konnen (Att. 2.16.1); da aber flir Caesar und Pompeius die Versorgung der Vete ranen absolute Prioritat besaB, durfte nur ein Bruchteil der Stadtbevolkerung auf ein Landlos hoffen. "In Wirklichkeit sind vor allem Pompeius' Veteranen bedacht worden" (Meier: Diss. 212). 110 Cic. Att. 2.19.3: Rosciae legi, etiam frumentariae minitabantur. III Zweifellos war nicht die gesamte plebs urbana dem Dreibund feindlich gesonnen, wie uns Cicero vielleicht glauben machen will; aber ebenso falsch ist Schneiders Behauptung, Cae sar sei im Jahre 59 von der plebs urbana unterstiitzt worden (WuP 354). Gerade Clodius' Verhalten wahrend Caesars Consulatsjahres und seine eigene Tribunatspolitik sprechen meiner Meinung nach fUr die prinzipielle Richtigkeit der ciceronischen Berichte; denn das dauernde Bemiihen des Clodius, die Stimmungs- und Interessenlage der unteren Bevolke rungsschichten in seine politischen Uberlegungen miteinzubeziehen und ihre Unzufrieden heit fUr seine personlichen Ziele auszuniitzen, ist als herausragendes Merkmal seines politi schen Taktierens und Handelns anzusehen (vg!. dazu S. UHf.). 104 105 106 107
Die Tribunatspolitik des Clodius
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112 Cic. Att. 2.12.2: ,PubIius' inquit ,tribunatum pI. petit.' ,Quid ais?' ,Et inimicissimus qui· dem Caesaris, et ut omnia' inquit ,ista rescindat'. Vg!. ebd. 2.8.1, 15.2. Rundell: Historia 28, 308f. 113 Cic. dom. 66. Att. 3.8.3. Ascon. 47 C. Scho!. Bob. 122 St. Dio 38.30.1f. Vg!. dazuNowak 127 114 Quellen bei Broughton 2.196. Auf diese Weise wurde die Handlungsweise des Pompeius im Osten als illegal gebrandmarkt und ihre Gtiltigkeit bestritten. Deiotarus wies den Titel rex, der ihm vom Volk verliehen worden war, nicht zurtick; auch Brogitarus behielt seinen Ko nigstite!. Siehe dazu S. 53. 115 Cic. har. resp. 48: tum leges IuIias contra auspicia latas et hic (Clodius) et in contionibus dicere . .. dom. 40: Tua denique omnis actio posterioribus mensibus fuit, omnia quae C. Caesar egisset, quod contra auspicia essent acta, per senatum rescindi oportere ... Siehe dazu S. 134f. 116 Cic. Att. 2.20.4.
117 Schaffer 139. Uttschenko: Cicero 158.
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Die Politik des Clodius
stimmte Politiker oder deren MaBnahmen zu seinem Vorteil zu politi sieren. Durch diese Konzeption einer systematischen und konsequenten popularen Politik hatte Clodius ein erstes Ziel seines Tribunats erreicht: er hatte sich die plebs urbana verpflichtet. 118
3.2.2. Die Grundlage und Absicherung des clodianischen Bindungsverhaltnisses
Seine populare Politik hatte Clodius die Gefolgschaft der plebs urba na eingetragen. Wie aber gedachte der Tribun weiter zu verfahren? War auch Clodius' Tribunatspolitik wie die seiner popularen Vorganger als einjahriges Zwischenspiel geplant, da sie sich aus den Erfordernissen des Amtes ergab und nicht auf einer politischen Grundsatzentscheidung be ruhte? Urn Clodius' politische Perspektive genauer zu bestimmen, miis sen wir die politischen Folgen seiner Gesetzgebung eingehender betrach ten.
3.2.2.1. Das Patronat des Clodius iiber die plebs urbana
Eckpfeiler der clodianischen Tribunatspolitik war zweifellos das Fru mentargesetz. Will man sich iiber die Intention, die Clodius zu einer sol chen MaBnahme bestimmte, Klarheit verschaffen, dann empfiehlt es sich, seinen Blick zunachst auf die Folgen zu richten, die dieses Gesetz zeitigte. Die kostenlose Getreideverteilung in Rom animierte viele pauperisier te Landbewohner zum Umzug in die Hauptstadt; so verstarkte sich die Landflucht nach Auskunft der Quellen in den 50er Jahren im AnschluB an die lex Clodia frumentaria. 119 Ferner laste das Frumentargesetz des Clodius eine bis dahin nie gekannte Freilassungswelle aus,120 da es auf grund seiner Radikalitat besonders den armeren Sklavenbesitzern die Moglichkeit bot, die Versorgung und Unterhaltssicherung ihrer bisheri gen Sklaven der Staatskasse zu iibertragen, wahrend ihnen die Dienste und die Arbeitskraft ihrer Freigelassenen weiterhin zur Verfiigung stan den/ 21 vielleicht waren es gerade die Schwierigkeiten vieler Patrone, 118 Vu!. Max. 3.5.4. Plut. Cic. 30.1. Pomp. 48.6.
119 SaIl. Catil. 37.4-7. App. civ. 2.120. Suet. Aug. 42.3. Varro rust. 2.3. Vg!. v. Berchem:
RPAA 18.1-2, 185. ders.: Distributions 19. Brunt: IM 380f. Gilbert 52. 120 Dio 39.24.1. Dion. Ha!. ant. 4.24.5. 121 Brunt: IM 380. Gruen: LGRR 386. Nicolet: Conquete 223. Treggiari: RFLR 16.
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den Unterha1t fUr ihre groGen Cliente1en zu bestreiten, die Clodius zu seinem Getreidegesetz anregten. Die lex Clodia frwnentaria lockerte zu dem die Abhangigkeit der plebs urbana von ihren zah1reichen Patro nen. 122 Denn bisher muGte der GroBteil der stadtromischen Bevo1ke rung aufgrund der miserab1en wirtschaftlichen Verha1tnisse zur Siche rung ihres Lebensunterhalts in die Cliente1en der nobiles eintreten. Die kosten10se staatliche Getreideversorgung, wenn sie auch nicht ausrei chend war, entzog somit den Patronen eines ihrer traditionellen Mitte1, urn ihre Verantwort1ichkeit gegenilber ihren C1ienten erweisen zu kon nen. Indem C10dius das Getreide kosten10s vertei1en lieB, verlieh er der staat1ichen Getreidezutei1ung den gleichen Stellenwert wie der privaten; er machte sie zu einem munus oder beneficium. Aus diesem Grunde wurde das Getreide auch nicht - wie sonst ilblich - wieder nur verbi1 ligt, sondern von nun an unentge1tlich ausgegeben. Da keine sach1iche Berechtigung 123 fUr eine solch weitgehende Mat3nahme vorlag, und da die kostenlose Getreidevertei1ung der Sch1uBpunkt aller Getreidegeset ze war (eine Verbesserung des jetzigen Frumentargesetzes durch Redu zierung des Se1bstkostenantei1s, wie sie bisher aufgrund von Verbilli gungen mog1ich gewesen war, war fortan ausgesch10ssen), wird die Zie1 setzung der lex Clodia frumentaria offenbar; durch die unentge1t1iche Getreidezutei1ung sch1ilpfte Clodius in die Rolle des Patrons der Bezugs berechtigten, die jedoch mit der plebs urbana nahezu identisch wa ren. 124 Insofern war das Gesetz nicht nur popular, sondern aufgrund seiner machtpolitischen Konsequenzen geradezu revolutionar. Clodius' Frumentargesetz besch1eunigte nicht nur die Landflucht, die Freilassungen und die Auflosung traditioneller Cliente1verhaltnisse, son dern suchte auch den Filrsorgegedanken, der dem Institut des Patronats innewohnt, zu erfUllen. Dies beweist die mit der kostenlosen Getreide verteilung zugleich verfUgte umfassende Neuregelung der Getreidever sorgung Roms sowie die finanzielle Absicherung dieses Versorgungspro 122 Brunt: Mob 295. Schneider: WuP 384. ders.: MiliHirdiktatur 199. v. Berchem: RPAA 18. 1-2,185. 123 Das Getreidegesetz des M. Porcius Cato lag erst vier Jahre zuriick. Von einer akuten Ver sorgungskrise, wie sie uns fUr die Jahre 67 und 57 iiberliefert sind, h6ren wir irn Jahr 58 nichts. Ciceros diesbeziigliche Aull>erung liber den Hunger der Clodianer bezieht si ch auf die wirtschaftliche Situation der Anhiinger des Clodius und kann nicht als Beleg fUr eine allgerneine Hungersnot herangezogen werden (Cic. dorn. 61. Siehe dazu S. 74 Anrn. 225). 124 Martin 82. Clodius' Getreidegesetl war nicht, wie Schneider rneint, als eine Ergiinzung zu den iulischen Agrargesetzcn gedacht (WuP 383), sondern gerade als Gegenrnall>nahrne und Antwort des Clodius auf die Politik des Dreibunds konzipiert, die den Wiinschen der stadt r6rnischen Bev61kerung wenig Verstiindnis entgegenbrachte.
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Die Politik des C10dius
grarnrns durch die Beschlagnahrne des ptolernaischen Verrnagens auf Cypem. l25 Getreidepoduktion und Getreidehandel des gesarnten Irnpe riurns unterstanden fortan staatlicher Kontrolle, urn eine kiinstlich her beigefUhrte Verknappung oder Verteuerung des Getreides zu verhin dem. l26 Mit der Sicherung der Getreideversorgung zeigte Clodius, da~ ihrn an einer dauerhaften Lasung des Versorgungsproblerns gelegen war, und da~ er sich fUr die Emahrung der stadtrarnischen Bevblkerung ver antwortlich fUhlte. 127 Urn diese Neuregelung auch personal rnit sich zu verbinden und urn die Getreideverteilung unter seiner Aufsicht zu be halten, betraute Clodius seinen engsten Vertrauten Sex. Clodius/Cloe lius rnit dieser Aufgabe. l28 Auch zwei weitere Gesetze des Clodius sind vielleicht irn Interesse seiner Anhanger erlassen warden. Dies kann fUr die lex de iniuriis publi cis als gesichert gelten, da diese fUr Menulla aus Anagnia verabschiedet wurde. 129 Die genauen Gesetzesbestirnrnungen sind zwar nicht naher bekannt, doch diirfte es sich urn eine Milderung sullanischer Vorschrif ten gehandelt haben. l30 E. Rawson ist der Ansicht, da~ Clodius durch dieses Zugestandnis die Unterstiitzung der tribus Poplilia, der das muni cipium Anagnia angeharte, fUr seine Politik zu gewinnen hoffte. l3l AIs Belohnung fUr geleistete Dienste oder als verpflichtende Vergiin stigungen lassen sich auch die imperia nova interpretieren, die der Tri bun fUr die rarnische Jugend vorschlug;132 rnaglicherweise sind darunter neue Posten irn Reer oder der Verwaltung zu verstehen, wie Nisbet rneint;133 interessant ist Meiers Verrnutung, da~ Clodius das erforderli che Mindestalter fUr die Consulatsbewerbung herabsetzen wollte. "Eine Rerabsetzung der bestehenden Altersgrenzen und darnit Erleichterung
125 Nicolet: CRAI 1980, 282ff. Dies wollte Asconius vielleicht auch semantisch zum Aus druck bringen, indem er das clodianische Frumentargesetz im Gegensatz zu den friiheren als lex annonaria bezeichnete (Ascon. 8 C. Vgl. Flambard: MEFRA 89.1, 147). Zum fi nanziellen Aspekt der Annektion Cyperns vg!. Badian: RI 87. Schneider: WuP 382f. 126 Cic. dom. 25: ... Sex. Clodio . .. omne fmmentum privatum et publicum, omnis provin cias fmmentarias, omnis mancipes, omnis horreomm clavis lege tua tradidisti ... Vg!. Schneider: WuP 382. 127 Zur Versorgungskrise im Jahre 57 siehe S.l1lff.
128 Siehe Anm. 126.
129 Cic. dom. 81: At tu etiam, ereptor civitatis, legem de iniuriis pubUcis tuUsti Anagnino
nescio cui Menullae pergratam, qui tibi ob eam legem statuam in meis aedibus posuit, ut locus ipse in tanta tua iniuria legem et inscriptionem statuae refelleret; quae res munici pibus Anagninis multo maiori dolori fuit quam quae idem We gladiator scelera Anagniae fecerat. 130 Nisbet: domo 143.
131 Rawson: Historia 26, 349.
132 Cic. dom. 129: ... imperia scribebantur nova iuventuti .. . Vg!. Sest. 66. Brut. 281.
13 3 Nisbe t: domo 177.
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der senatorischen Laufbahn hatte nicht nur der Jugend des senatori schen Adels, sondern vor allem auch derjenigen weiterer Schichten au Berhalb des Senats ein wertvolles Geschenk bedeutet. ... Fur sich hatte Clodius, indem er hier vielen neue Moglichkeiten erOffnete, starken An hang gewonnen". 134 Zudem zeigen die zahlreichen Vergunstigungen und Versprechungen, die Clodius wahrend seines Tribunats verschiedenen gesellschaftlichen Gruppen machte,135 daB er durch seine Politik seine Anhanger zufrie denstellen und seine Gefolgschaft vergroBern wollte,
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3.2.2.2. Die Diskreditierung und politische Neutralisierung popularer Politiker
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Zweifellos konnte sich Clodius seines Patronats uber die plebs urbana nicht sicher sein, solange andere Politiker die M6g1ichkeit hatten, sich ~,:=':-: ':: :schrif ihrerseits die Zuneigung dieser Gesellchaftsschicht zu erwerben. Wer wa 0lII:; ~. :':,_, :::urch ren die potentiellen Konkurrenten des Clodius urn die Gunst des Vol m.: ::': ss "umi lIT -:: -~::- .c: kes? Gelang es dem Volkstribun, die plebs urbana in seiner Abhangig keit zu belassen? Unter den Rivalen des Clodius sind vor allem Cicero, ~:.'- '=~::- '::-rgiln Cato, Pompeius und Caesar zu nennen. 1=,:,,-:- :.=::::- r T ri Cicero hatte sich trotz der Hinrichtung der Catilinarier durch die Ent ~~'C ':.: : : -,--un ter hullung der catilinarischen Verschw6rung (Verhinderung der Brandle M':' '-::- '\isbet gung Roms),I36 die strikte Ablehnung der lex Servilia agraria,137 die Er EL', :.=.c' ::-:l':ierli haltung der staatlichen Einkunfte und die Freundschaft mit Pompeius l38 1:::::' .. :':::=, .. Eine in den spaten 60er Jahren die Sympathie und Anerkennung von Teilen ~ - => :-::-:'::-rung der plebs urbana bewahren konnen. 139 Catos Popularitat beruhte aut' seinem personlichen Einsatz, mit dem er die Bekampfung der Catilina I .k':::"':: ::.'::. ='~:7: Aus·
~. "~I= ::. :,,:: :':'jheren
rier betrieben hatte,l40 und seiner unbeugsamen Gegnerschaft zum Drei ~, • . - - Z'Jrn fi·
bund/ 41 sie war aber insbesondere mit seiner lex frumentaria aus der WE-' ..: :; :.',
142 Beide Politiker wurden im Rahmen lIIt'<:; ....:•. -. :-:'::, provzn Zeit seines Tribunats verbunden. .... :c-=..:..:::: .. Vg!. der clodianischen Gesetzgebung aus Rom entfernt. r~
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134 Meier: Diss. 2531'. ders.: RPA 142 Anm. 487. Zur Bedeutung der Jugend fUr die Wahlbe werbung vg!. Q. Cie. pet. 6,33. Dazu allgernein: Eyben: RBPh 50, 44ff. 135 Cle. Sest. 66. 11.l''''::~ ::.::~ A 'l agnino 136 Cie. Cati!. 3.lf., 4.17. Sui!. 32. 1IIlE:::- """,.:::.c':': ::; osuit, ut Ee-,., :'_.~f3 "E s munici 137 Cie. leg. agr. 2.101. 138 Cie. leg. agr. 1.7,10; 2.55ff. Att. 1.16.11: Accedit ilIud, quod ilia contionalis hirudo aerari, k':" '.:,',-; Anagniae misera ac ieiuna plebecula, me ab hoc Magno unice diligi putat ... Ebd. 2.3.4. 139 Lintott: VRR 194. ders.: GaR 14, 165f. 140 Vg!. Catos Rede bei Sallust Cati!. 52. 141 Plut. Cat. min. 33.1f. Caes. 14.6. Dio 38.3. App. dv. 2.1lf. 142 Plut. Cat. min. 26.1. Caes. 8.4. Vg!. Lintott: VRR 194. ders.: GaR 14, 165f.
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Die Politik des Clodius
Mag dabei auch das Motiv der Rache eine Rolle gespielt haben, so zeigt doch sowohl die Verbannung Ciceros als auch die Entsendung Ca tos nach Cypern, daG eine das Personliche ilberbewertende Interpreta tion zu einseitigen und letztlich falschen Ergebnissen flihren muG. 143 Wie Badian nachgewiesen hat, wurde Cato erst spater mit der Konfiska tion des ptolemaischen Vermogens betraut, da Clodius Gabinius nicht traute und deshalb diese flir das Gelingen seiner gesamten Politik ent scheidende Aufgabe wieder entzog. l44 Es waren primar politische Ge sichtspunkte, die Clodius' Handlungsweise bestimmten. "Even Cicero makes it perfectly clear that the confiscation of Cyprus was a measure important to Clodius for its own sake; the choice of Cato for the mis sion was a happy afterthought" .145 Pompeius war in den 60er Jahren der beliebteste romische Politiker; sowohl die Wiedereinflihrung des Volkstribunats als auch seine milita rischen Erfolge trugen ihm dieses Ansehen bei der plebs urbana ein. 1% Auch Caesar richtete seine Handlungsweise an der Volksmeinung aus und erwarb sich nicht zuletzt durch seine auGergewohnliche Freigiebig keit die Zuneigung der stadtromischen Bevolkerung. 147 Beide Politiker erlitten zwar als Mitglieder des Dreibunds eine EinbuGe ihres Ansehens, doch konnte Clodius die freiwillige Abwesenheit Caesars von Rom (Statthalterschaft in Gallia) nur willkommen sein. Anders verhielt es sich zweifellos mit Pompeius, der sich weiterhin in der Hauptstadt auf hielt und somit als einziger der renommierten Politiker Clodius' Patro nat ilber die plebs urbana ernsthaft und dauerhaft gefiihrdete. 148 Des halb wurde er auch am heftigsten von Clodius attackiert: gefiihrdeten die teilweise Annullierung der pompeianischen NeuordnungsmaEnah men,!49 die anderweitige Verwendung der Gelder, die flir den Ankauf von Landereien vorgesehen waren,!50 und die drohende Aufhebung der iulischen Ansiedlungsgesetze die Stellung des Pompeius als Patron aus wartiger Filrsten und seiner Veteranen, so gipfelte die clodianische Of
143 Siehe dazu S. 54f.
144 Badian: JRS 55, 116f. Vg!. S. 53, 59f.
145 Ebd. 117. Femer war Cato so gezwungen, "die Rechtmiii.\igkeit seines (Clodius) Tribunats
und seiner tribunizischen Maf.)nahmen" (Meier: Diss. 249) anzuerkennen (vg!. Martin 88. S. 142ff.). 146 DazuMeier: RE 582,587. Lintott: VRR 188. 147 Caesar profilierte sich als popularis durch die Untersttitzung der lex Gabinia und seine Aedilitiit. Zur liberalitas: Sail. Cati!. 49.3,54.2. Vel!. 2.41.1. 148 Lintott: GaR 14, 166. Meier: Diss. 255. Vg!. App. dv. 2.15. 149 Cic. har. resp. 48. Piu!. Pomp. 48.6. Cic. 33.1. 150 Cic. dam. 23. Siehe dazu S. 53.
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Die Tribunatspolitik des Clodius
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fensive gegen ihn in einem Mordversuch;lsl moglicherweise wollte Clo dius den uberangstlichen Pompeius nur einschuchtern; jedenfalls hatte die Aktion die ihr zugedachte Wirkung: Pompeius enthielt sich fortan jeder politischen Tatigkeit in der bffentlichkeit. 1S2 Clodius gelang es, die plebs urbana dem Zugriff anderer Politiker weitgehend zu entziehen, indem er die betreffenden Personen entweder aus Rom entfernte oder zu politischer Abstinenz zwang. Dies konnte einen dazu verleiten, diese Gesetze ausschlieGlich aufdiesen personalen Aspekt, d.h. die Eliminierung ihm unliebsamer Politiker, zu reduzie ren. l53 Eine solch einseitige Betonung des ,personlichen' Charakters der leges Clodiae laGt jedoch die populare Gesamtkonzeption seines Tribu nats auGer Acht und verkurzt die Politik des Clodius in unzulassiger Weise. Clodius orientierte sich namlich in erster Linie an den Interessen des Volkes und der Volksmeinung, verstand es aber daruber hinaus aus gezeichnet, die diesen popularen Gesetzen inharenten Moglichkeiten in weitestem AusmaG seinen eigenen politischen Planen nutzbar zu ma chen. In dieser Verbindung allgemein-politischer Interessenwahrneh mung mit individuell-politischem Machtstreben ist das charakteristische Merkmal der clodianischen Tribunatspolitik zu sehen.
3.2.3. Die Organisierung der clodianischen Gefolgschaft Wollte Clodius die plebs urbana langfristig erfolgversprechend in die innenpolitischen Auseinandersetzungen miteinbeziehen, dann muGte er sich zunachst darum bemuhen, seine Anhangerschar zu vergroGern; fer ner stellte sich ihm das Problem, seine groGe und heterogene Gefolg schaft zu einer politisch handlungsfahigen Einheit zusammenfassen zu mussen. Nur eine befriedigende Losung dieser Rekrutierungs- und Or ganisationsfragen konnte dem Tribun eine bedeutende und dauerhafte Machtposition sichern.
151 Cic. MiL 18f. Pis. 28.dom. 13,67, 129. Sest. 69. har. resp. 48. Plut. Pomp. 49.2. Zum Gan zen Schaffer 153. Auch in den Jahren 56 und 52 iiu~erte Pompeius gegenUber anderen Politikern bzw. vor dem Volk, da~ er urn sein Leben flirchte (Cic. ad. Q. fr. 2.3.4. MiL 63, 67. Ascon. 38,51 C). Man ist also geneigt, von einer ,po1itischen' Angst zu sprechen, d.h. die AngstgefUh1e sollten Pompeius politische Vorteile (z.B. Truppenaushebung im J ahre 52) eintragen. 152 Cic. dom. 110. har. resp. 49,58. Sest. 69. MiL 18,73. Plut. Pomp. 49.2. VgL Meier: Diss. 274. Lenaghan 176. 153 Siehe S. 54f., 62.
64
Die Palitik des Cladius
3.2.3.1. Die Rekrutierung der Clodianer
Da Clodius bestrebt war, moglichst alle Gruppierungen der plebs ur bana in seine Gefolgschaft aufzunehmen, warb er seine Anhanger auf vielfaltige Art und Weise und an den verschiedensten Orten an. So ver suchte er sowohl in der ganzen Stadt als auch gezielt auf dem Forum neue Mitglieder flir seine Gefolgschaft zu gewinnen. Bei der gesamt stadtischen Werbekampagne bediente sich Clodius der lokalen Gliede rungsstruktur der Stadt Rom und benutzte die einzelnen vici als Re krutierungsfelder;ls4 dabei diirften ihm die in die vici-Organisation ein gebundenen collegia hilfreich gewesen sein. 155 Auf dem Forum wurde die Anwerbung vorzugsweise vor dem tribunal Aurelium organisiert;lS6 dieser Ort war wohl ein beliebter Treffpunkt arbeitsloser oder arbeits scheuer Leute und lag in der Nahe des Castortempels. 157 Au£er dieser taglichen und routinema£igen Erganzung seiner Anhan ger nutzte Clodius auch offiziell anerkannte Moglichkeiten, urn seine Gefolgschaft zu vergro£em. Im Jahre 56 bemiihte er sich beispielsweise urn die Freilassung der Sklaven, die Cato von Cypem nach Rom mitge bracht hatte, unter dem Namen Clodii, indem er vorgab, da£ er als ver antwortlicher Magistrat Cato nach Cypem geschickt habe. IS & Clodius hoffte vielleicht als deren neuer Patron seinen Riickhalt in der plebs urbana so verstarken zu konnen, wie dies schon Sulla durch die Frei~ lassung der 10 000 Comelii in eindrucksvoller Weise gelungen war. 159 154 Cic. dam. 54: Cum in tribunali Aurelio conscribebas palam non modo liberos sed etiam servos, ex omnibus vicis concitatos, vim tum videlicet non parabas ... Sest. 34: Isdemque consulibus inspectantibus servorum dilectus habebatur pro tribunali Aurelio nomine con legiorum, cum vicatim homines conscriberentur . .. dam. 129: ... servorum omnium vica tim celebrabatur tota urbe discriptio ... Vg!. har. resp. 22. Att. 4.3.2. Pis. 9,16. Plut. Cic. 30.5. 155 Flambard: MEFRA 89.1,132. Lintott: VRR 82. 156 Cic. Pis. 11: Pro Aurelio tribunali ... dilectus servorum habebatur ab eo (Cladius) ... p. red. ad Quir. 13: Ego, cum homines in tribunali Aurelio palam conscribi centuriarique vidissem, ... armis decertare pro mea salute nolui ... Vg!. Anm. 154. 157 Nisbet: dama 121. Nowak 114. 158 Dia 39.23.2. Es war liblich, daB die freigelassenen Sklaven den Namen des Beamten, dem sie ihre Freilassung verdankten, als Cagnamen ftihrten; vg!. Varro ling. 8.83: ... et Roma norum liberti debuerunt dici . .. , ut nominentur libertini orti publicis servis Romani, qui manumissi ante quam sub magistratum nomina, qui eos liberarunt, succedere ceperunt. 159 App. civ. 1.100. Vg!. Nowak 46,109. Welwei: Handarbeit 60. Staerman 252. Es ist nicht einsichtig, warum Favory diese machtpalitische Kampanente herunterzuspielen sucht und Cladius' Begehren als provakativen Akt gegenliber Cata ausgibt (Index 8, 182). Cladius hatte keinen Grund, Cat a in dieser Weise zu pravozieren (siehe dazu S. 142f[.). Allgemein liber den Gewinn neuer Clienten durch Freilassung: Dion. Ha!. ant. 4.23.6.
Die Tribunatspolitik des Cledius
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Der Plan des Clodius wurde van Cato vereitelt, der im Senat durchset zen konnte, dafll die Sklaven als die Cyprischen freigelassen wurden. Die verargerte Reaktion des Clodius, der nun seinerseits Cat 0 wegen seiner Amtsflihrung zur Rechenschaft zog,160 unterstreicht anschaulich die Be deutung, die jener der Freilassung beigemessen hatte. Auch Clodius' politische Freunde, die Consuln A. Gabinius und L. Piso, sein Bruder Appius und der ehemalige Tribun P. Vatinius, unter stiltzten seine Rekrutierung, indem sie seine Mitgliederwerbung zuiie11en und ihm eigene Gefolgsleute zur Verfligung stellten. 161
3.2.3.2. Die Organisation der Clodianer uber die collegia
Bei der Lasung seiner organisatorischen Probleme konnte Clodius auf seine lex collegiis restituendis novisque instituendis zUriickgreifen; Clo dius' diesbeziigliche Erwartungen beruhten insbesondere auf Erkennt nissen, die sich aus der Entwicklung des Vereinswesens in den 60er J ah ren ergaben, und auf eigenen Erfahrungen mit der Vereinsorganisation.
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Im Jahre 64 wurde durch Senatsbeschlu£ die Auflasung fast aller col legia verfligt, 162 obwohl seit dem Zwalftafelgesetz keinerlei Verande rung am geltenden Vereinsrecht vorgenommen warden war;163 zu solch weitreichenden gesetzlichen Schritten entschlofll man sich van staatli cher Seite jedoch nur, wenn der Bestand des Gemeinwesens ernsthaft gefahrdet war. Deshalb miissen dieser Reaktion des Senats Veranderun gen im Aufgabenbereich und in der Zielsetzung der collegia vorangegan gen sein; deren traditionelle Aktivitaten auf sozialem und religiasem Ge biet bargen namlich flir den Staat keine bedrohlichen Gefahren in sich; im Gegenteil, die Vereine absorbierten auf diese Weise einen Teil des so zialen Unmuts der stadtramischen Bevalkerung. Da die collegia in die lokale Organisationsstruktur Rams integriert waren 164 und sich im Laufe der Zeit als Organisationen der plebs urbana etablierten, war ein politisches Engagement der Vereine durchaus denk bar. Vor allem bei Wahlen und Gesetzesabstimmungen konnte ihr Ein 160 Die 39.23.3.
161 Zu Gabinius und Piso: Cie. dam. 55,58,119. Zu Appius: Cie. Sest. 77,85,126. Zu Vatinius:
Cie. Vatin. 33. Zu den beiden Letztgenannten siehe S. 169, 173. 162 Cic. Pis. 8. Aseon. 7 C. 163 Weber: Klio 59, 249. Weitere Literatur bei Kaser 307. 164 ZUT Einbindung der collegia in die lokale Organisation der Stadt Rom siehe Lintott: VRR 80ff. Flambard: MEFRA 89.1, 132.
66
Die Politik des Clodius
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zum Tragen kommen; so wurde beispielsweise die Wahlbestechung teilweise tiber diese collegia organisiert. 165 Der personliche Kontakt der Vereinsmitglieder und die Wirkung der auf den Vereinsversammlungen gefa~ten Beschltisse l66 legten es den Politikem nahe, sich tiber die ma gistri collegiorum die Untersttitzung der Vereinsmitglieder zu sichem. 167 Obwohl sich eine Instrumentalisierung der collegia fUr politische Zwek ke also durchaus anbot, so bleibt dennoch zu fragen, welche spezifi schen Ereignisse eine solch negative Einschiitzung des Vereinswesens hervorriefen, so da~ man in gewissen Senatskreisen sogar der Meinung Viar, die collegia seien adversus rem publicam gegrtindet worden. 168 Bis zum J ahre 67 finden wir in den Quellen keinerlei Hinweise auf etwaige staatsgefahrdende AktivWiten der Vereine. 169 AIs jedoch der Tribun C. Manilius unmittelbar nach Antritt seines Tribunats eine lex de libertinorum suffragiis zur Abstimmung vorlegte, bediente er sich offensichtlich einzelner collegia, urn seinem Gesetzesantrag die not wendige Untersttitzung zu verschaffen.I';U Unter bewu~ter Mi~achtung der gesetzlich vorgeschriebenen Rogationsfrist von 24 Tagen setzte er am letzten Tag des Jahres, also am Vorabend der Feierlichkeiten der Compitalia, 171 mit einer Schar von Freigelassenen und Sklaven die An nahme des Gesetzes durch. 172 AIs der Tribun mit seinen Anhangem den clivus Capitolinus besetzte, reagierte der Senat; in der Person des Quaestors L. Domitius Ahenobarbus trat die StaatsfUhrung Manilius und seiner Gefolgschaft entgegen; im Verlauf der folgenden Auseinan dersetzungen kam es zu gewaltsamen Zusammenst6~en.l73
165 166 167 168 169
170 171
172 173
Siehe dazu S. 67f.
Cic. dam. 74.
Q. Cic. pet. 8,30. Vg!. Lintott: GaR 14,161. Treggiari: RFLR 169. Wiseman: NMRS 131.
Ascon. 7 C. Ebd. 75 C.
Das Vargehen des Senats im Jahre 186 im Zusammenhang mit den Feierlichkeiten der
Bacchanalien bleibt hier unberlicksichtigt, da sich die damalige MaJ1nahme des Senats aus schlieJ1lich auf die collegia der Bacchanalien bezog. Lintott: VRR 81. Kiihne: Helikon 6, 102. Welwei: Handarbeit 63f. Die Spiele und Feierlichkeiten zu Ehren der Lares Compitalicii, die sog. Compitalia oder Ludi Compitalicii, fanden jeweils an den Kalenden des Januar statt. Ihre Ausrichtung oblag den collegia Compitalicia, in denen auch Freigelassene und Sklaven vertreten waren. Wiih rend flir Dionys v. HalikarnaJ1 ant. 4.14.3f. die Compitalia allein den Sklaven vorbehalten waren, ist wahl eher davon auszugehen, daJ1 auch Freie und Freigelassene zum Teilnehmer kreis gehorten, ja sogar die Mehrheit bildeten. Nur so konnte Manilius sein Gesetz rechts kriiftig verabschieden lassen. Vg!. zur Zusammensetzung der collegia Compitalicia: Flam bard: MEFRA 89.1, 132f. Lintott: VRR 81. Zeller 22-56. Ascon. 45,65 C. Dio 36.42.2f. Vg!. Zeller llOf. Cicero tadelt besonders die "celeritas actionis" (Ascon. 65 C). Ascan. 45 C.
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Ein J ahr spater versuchten Catilina, Autronius und Piso die Consuln des Jahres 65, L. Cotta und L. Torquatus, am Tag ihrer Amtsubemahme zu ermorden; eine Beteiligung einiger collegia an diesem Staatsstreich plan ist nicht auszuschlieBen. 1?4 Auch die Vorgange, die die beiden popularen Volkstribunen C. Cor nelius und C. Manilius vor einer Verurteilung de maiestate bewahrten, deuten auf Aktivitaten einzelner Vereine oder Vereinsangeh6riger zu gunsten der Angeklagten hin. So wurden die Cominii, die Anklager des Comelius, im J ahre 66 vor dem Gerichtstribunal von den duces opera rum umzingelt und so eingeschuchtert, daB sie von ihrer Anklage ablie Ben. 175 Im folgenden J ahr war es eine multitudo conspirata, die den maiestas-ProzeB des Manilius zu verhindem suchte, indem sie den An klagevertreter Cn. Minucius belagerte. l76 Im Gegensatz zu den bewaff neten Gladiatoren, mit denen Autronius vor Gericht erschien, urn seine Verurteilung de ambitu zu vereiteln,177 beweisen die Demonstration der Anhanger des Comelius und Manilius sowie die Leitung dieser Ak tionen durch die duces, daB es sich hier nicht urn eine gekaufte und trainierte Kampftruppe gehandelt hat, sondem eher urn Mitglieder der collegia. l78 Die Dberschreitung ihres Kompetenzbereichs und ihr erfolgreicher Einsatz bei Wahlen, Gesetzesabstimmungen und Gerichtsprozessen machten die collegia zu wichtigen Organisationen und verliehen ihnen eine politische Qualitat, die eine Reaktion des Senats geradezu heraus forderte. Das von diesem im Jahre 64 ausgesprochene Vereinsverbot zielte demzufolge lediglich auf die "coetus factiosorum hominum" und die ludi Compitalicii ab;1'79 man wollte also die politische Instrumenta lisierung des Vereinswesens unterbinden, die collegia insgesamt als ge sellschaftliche Organisationen jedoch nicht beseitigen. 180 Im J ahre 63 konnte Clodius selbst erste Kontakte zu den collegia knupfen, die damals zwar offiziell verboten waren, aber wohl dennoch illegal weiterbestanden, als er im Auftrag der Consulatsbewerber Mure 174 Sail. Cati!. 18.4-6. Cic. Cati!. 1.15. Sull. 68. Das Attentat wurde nicht ausgefiihrt, da es vorher verraten wurde; man verschob es deshalb auf Anfang Februar. Vgl. Zeller 115. 175 Ascon. 59f. C. 176 Schol. Bob. 119 SI. Da Manilius auch die Aktion gegen die Cominii initiiert hatte (Ascon. 60 C), ist anzunehmen, daB an beiden Vorfiillen die gleichen Leute beteiligt waren. Dazu Nowak 52f. 177 Cic. Sull. 15,71. 178 Welwei: Handarbeit 64. 179 Ascon. 75 C. Cic. Pis. 8. Ascon. 7 C. 180 Linderski: GuR 121. Lintott: VRR 81. Zeller 118ff. Flambard, Ktema 6,163.
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Die Politik des Clodius
na und Silanus die Verteilung und Auszahlung der Bestechungsgelder organisierte ;181 in seiner Eigenschaft als sequester mu~te er den diviso res der einzelnen Tribus die Gelder aushandigen und lernte infolgedes sen diese Tribusbeamten und ihre Arbeitsweise sowie die Organisations struktur der Bezirke personlich kennen. l82 Nach Cicero so11 jener bei dieser Aktion divisores getbtet haben; obgleich es sich bei dieser An schuldigung eher urn eine rhetorische Ubertreibung handeln durfte,l83 ist es dennoch denkbar, da~ Clodius eine Umorganisierung vornahm und einzelne divisores austauschte; ein Vorgang, den Cicero als Ermor dung dramatisierte. l84 Auch der Einsatz von operae wahrend des Bona dea-Prozesses, der mi~gluckte Versuch eines Volkstribunen, die Auf fuhrung der Compitalia zu erneuern,l85 und die gesetzwidrige Ausrich tung der ludi Compitalicii am 1.1.58 durch Sex. Clodius/Cloelius l86 sprechen fUr Clodius' Verbindungen zu den Vereinen und fur sein Be muhen, die Frage der Wiederzulassung der collegia offen zu halten. Die schon in den 60er Jahren erfolgte Umwandlung der collegia in politische Vereinigungen wurde unter Clodius' Tribunat fortgesetzt. Die von Clodius wieder oder neu gegrilndeten collegia nahmen zusehends den Charakter paramilitarischer Organisationen an; ihre Mitglieder wur den in decuriae und centuriae eingeteilt 187 und standen unter der Fuh rung von duces. 188 Da Cicero diese duces namentlich kennt, scheint es sich "um Figuren von einiger Prominenz"189 gehandelt zu haben. Deshalb darf man sie wohl mit den Fuhrungspersonlichkeiten der stadtromischen Unter schicht vergleichen, die uns aus den 60er Jahren bekannt sind. Von die 181 Cic. har. resp. 42: unde ut rediit, quaestum ilium maxime fecundum uberemque campes trem totum ad se ita redegit ut homo popularis fraudaret improbissime populum, idemque vir clemens divisores omnium tribuum domi ipse suae crudelissima morte mactaret. Dazu Lintott: GaR 14, 160. Moreau: REL 58, 225ff. Lenaghan 164f. 182 Zu sequester und divisores: Nicolet: MCRR 412ff. Yavetz: Caesar nf. Zur Beteiligung der collegia am Stimmenkauf: Q. Cic. pet. 30. Meier: RE 614. Nippel: Handarbeit 82. Treggiari: RFLR 169. Wiseman: NMRS 131. Zum Verhaltnis des Clodius zu den divisores: siehe S. 174. 183 Lenaghan 164f. Ein konkreter Mordvorwurf ware von Cicera zweifellos haufiger themati siert und in der Offentlichkeit starker registriert warden. 184 Eine ahnliche Passage findet sich bei Sallust rep. 2.4.2. 185 Cic. Pis. 8. Ascon. 7 C. Siehe dazu S.174. 186 Cic. Pis. 8,23. Siehe dazu S. 156ff. 187 Cic. Sest. 34. dom. 13. p. red. ad Quir. 13. 188 Cic. dam. 21,89. Sest. 112. 189 Nippel: Handarbeit 87. Zeller scheint mir seine Aussage, es handle sich bei den duces urn Leute, "die einer verachteten Schicht angehoren" (113), selbst zu widerlegen, wenn er wei ter schreibt, "daB unter den noti operarum duces gewahlte magistri vici der Innenstadt zu verstehen sind" (113).
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sen wissen wir, da:G sie als duces multitudinum oder duces operarum :::. _:-,~sgelder bereit waren, populare Politiker gegen ein entsprechendes Entgelt zu :- =- :::-, j i:'i50 unterstlitzen/;l) dies war ihnen moglich, da sie contiones kontrollieren :: ~:-,: ='lgedes und lenken konnten. 191 Ihre Publizitat legt es nahe, unter ihnen auch ':"""~_-':.:"'..:.s,~ tions die principes der collegia, pagi und vicinitates zu suchen. 193 Einige .= ~ ,:::-":'f bei duces aus der Gefolgschaft des Clodius wie beispielsweise Sex. Clodius/ :c, .:.~::-~::-:- An ~,~ -.-7~-..:::t. 183 Cloelius oder Decimus fungierten sogar als magistri collegiorum. 194 ---_ ..... Ferner besa:Gen die Clodianer im Castortempel ein Hauptquartier; =~ ',::=::ahm dieser diente den Anhangern des Clodius vorzugsweise als Treffpunkt -= ~,=:-:11or und Waffenarsenal. l95 Die exponierte Lage des Tempels hatte schon ='.: .:::-s Bona Cinna, Catilina und auch Caesar dazu bewogen, den Castortempel als 1:0-:= ::::- Auf Operationsbasis fUr ihre Aktionen auf dem Forum zu benutzen. ==-~:: A..:srich l86 Die von Cicero wiederholt angesprochene gute Ausrlistung und Be ~ ~: :::-L:us waffnung der Clodianer war allerdings nicht in dem Ma:Ge gegeben, wie _~-..:- ,,::::1 Be -:. uns der Autor suggerieren will/~; ansonsten hatte Clodius wohl kaum auf die Gladiatoren seines Bruders zuriickgreifen mlissen, um Milos ;:::- ,'=- :'--:?gia in -:.~::-~,zt_ Die kampferprobten Verbanden wirksam begegnen zu konnen. 197 Die An hanger des Clodius scheinen sich in ihrer Mehrzahl eher ,spontan' mit ~ =·..:se~ends IL:: :::f wur Steinen, Kniippeln etc. bewaffnet zu haben. 198 Obwohl Cicero die Clodianer als copiae, exercitu s, armatae catervae ~=::-:- =::r Flih und milites bezeichnet und ihre Anwerbung als milWirische Aushebung ... _:=. F ,guren (conscribere, dilectus, discriptio, discribere) beschreibt, so mu:G dieser CL=' =: 8...t1 sie Gebrauch miliHirischer Termini zur Charakterisierung der clodianischen 10.::-:':::-. C nter Gefolgschaft doch zu einem erheblichen Teil auf Ciceros gespanntes i::.: ~: ::':1 die Verhaltnis zu Clodius zuriickgeflihrt werden. Dennoch weisen die diffe renzierte Gliederung und paramilitarische Organisierung und Ausrlistung der Clodianer auf einen hohen Organisationsgrad hin, der insbesondere ;-=mpes· .........:..-; ::;"emque dadurch bedingt ist, da:G Clodius seine stadtromische Clientel in die col ~ ~cx ",--;O~:. Dazu legiale Organisationsstruktur einband. 199 -
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Asean. 59 C sprieht von "notis operarum ducibus".
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Zu den Aufgaben der magistri vg!. Bleicken: RE 248lf.
Cie. dam. 54: cum arma in aedem Castoris comportabas, nihil aliud nisi uti ne quid per
vim agi posset machinabare . .. Sest. 85: Captum erat forum anno superiore, aede Castoris tamquam arce aliqua a fugitivis occupata ... Vg!. Mil. 91. Pis. 11,23. har. resp. 28,49. Sest. 34. Cie. Att. 4.3.3ff. Sest. 53. dom.14.
Nippel: Handarbeit 83. Im Jahre 57 wissen wir ven einigen Niederlagen der Clodianer bei
gewaltsamen Auseinandersetzungen mit Milos Gladiatorentruppe. Siehe dazu S. 81 Anm. 273. Cie. Att. 4.3.3. Sest. 53. dem. 14. Plut. Cie. 30.5. Flambard: MEFRA 89.1, 133. Treggiari: RFLR 173f. Nowak 114f.
70
Die Politik des Clodius
Fur Clodius war die auf den Vereinen basierende Organisation seiner Gefolgschaft in vielfacher Hinsicht vorteilhaft: Die collegia ermoglich ten eine schnelle und allgemeine Mobilisierung der plebs urbana; sie wa ren ideale Instrumente zur Kontrolle der Stra£e; ihre paramilWirische Organisationsstruktur machte den kontrollierten Einsatz ihrer Mitglie der bei gewalWiigen Auseinandersetzungen moglich; die magistri der verschiedenen collegia dienten als Propagandisten der clodianischen Politik und fungierten als HeIfer bei der Getreideverteilung; bei Wahlen und Abstimmungen in der Volksversammlung konnten die Vereine das Ergebnis in Clodius' Sinn beeinflussen;200 vielleicht bildeten die collegia auch die Basiseinheiten fUr die Getreideverteilung und halfen so die nicht gerade einfachen organisatorischen Probleme zu losen, die sich aus der lex frumentaria ergaben. 201 Durch die Einbindung seiner Gefolgschaft in das Organisationssystem der collegia gelang es Clodius, seine Politik nicht nur wiihrend seines Tribunats durchzusetzen, sondern dadurch sollte es ihm moglich sein, auch ohne Bekleidung eines offiziellen Amtes aktiv in die romische Poli tik einzugreifen und diese entscheidend mitzubestimmen. 202 Clodius richtete seine Politik wiihrend seines Tribunats an den politi schen und wirtschaftlichen Wunschen der plebs urbana aus und suchte diese zu erfUllen. Indem er konsequent die Massen bewegende Themen zum Gegenstand seiner Politik machte, konnte das Volkstribunat unter seiner Ftihrung zum letzten Mal in der Geschichte der romischen Repu blick zum "Kristallisationskern personlicher Machtentfaltung"203 wer den. Durch seine populare Gesetzespolitik gewann er sich die plebs ur bana als personliche Gefolgschaft,204 die er fUr sich zu monopoliseren und politisch zu instrumentalisieren verstand, indem er die Gesetzesbe 200 Flambard: MEFRA 89.1, 144. Grnen: LGRR 445. Lintott: VRR 82. 193f. Treggiari: RFLR 174f. Martin 82f. 201 Niealet: MCRR 264. Flambard: MEFRA 89.1, 148f. Nippel: Handarbeit 91, Lintott ver mutet, dat!> den magistri die Oberaufsicht Uber die Getreideverteilung durch Clodius Uber tragen worden sei (GaR 14, 163). 202 Brnnt: Mob 304. Schneider: GWU 27, 606. Rouland: L'Histoire 10, 36f. Nippel.· Hum. Bild 98. Kiihnes Behauptung, Clod ius' einziger Beweggrund fUr die Wiederzulassung der collegia sei die Verwendung von Sklaven a1s bewaffnete Banden gewesen (Helikon 6,107), mut!> zurUckgewiesen werden; die einseitige Betonung der collegia als Potential fUr den Ban denkampf versperrt den Blick auf die vielfiiltige Verwendungsm6glichkeit dieser Organisa tionen und leistet einer Betrachtung Vorschub, die in Clodius lediglich einen Aufrtihrer und gewaittiitigen Demagogen zu sehen vermag. 203 Bringmann: GWU 31, 366. Vg!. Nicolet: Conquete 411, 204 Grnen: Phoenix 20, 128. Lintott: GaR 14, 167. ders.: VRR 82. Nicolet: Conquete 227, 235. Zeller 137.
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Die Clodianer: eine denaturierte Clientel
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stimmungen in der politischen Alltagsarbeit zu seinem Vorteil ausnutz te. So war es ihm leicht m6glich, auch nach seinem Tribunat weiterhin eine "force in politics"205 zu sein. Diese einseitige und eindeutige Kon zentration und Festlegung auf die plebs urbana mu~te Clodius' weitere politische Karriere und Arbeit aufs engste mit dieser gesellschaftlichen Gruppe verbinden. Dabei kam dem Institut der kostenlosen Getreide zuteilungen und der Problematik der Getreidefrage in der Zukunft be sondere Bedeutung zu; dies hatte jedoch zur Folge, da~ Clodius' Ver hiHtnis zur plebs urbana und seine Fuhrungsrolle "bis zu einem gewissen Grade von der Versorgungslage abhangig"206 wurde.
3.3. DIE CLODIANER: ErNE DENATURIERTE GEFOLGSCHAFT
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Wie schon die Tribunatspolitik zeigte, war die Gefolgschaft fUr Clo dius eine wichtige politische Determinante, die sein Handeln und Tak tieren in der Offentlichkeit weitgehend bestimmte. Will man dieses Prin zip c10dianischer Politik verstehen, dann ist es zunachst notwendig, sich uber die soziale Zusammensetzung und die politischen Aktivitaten der Clodianer sowie uber ihr Bindungsverhaltnis zu ihrem patronalen Fuhrer Klarheit zu verschaffen. Nur so durfte es uns gelingen, auch die Ent scheidungen und das Verhalten des Clodius in bestimmten Situationen besser zu erfassen.
3.3.1. Die soziale Zusammensetzung der Clodianer
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In keiner seiner Reden, die er nach seiner Ruckkehr aus dem Exil ge halten hat, unterlie~ es Cicero, das Thema ,Clodius' anzusprechen und die Offentlichkeit mit seinem pers6nlichen Schicksal zu konfrontieren. Urn sich den Glauben an die Gerechtigkeit und Loyalitat des r6mischen Volkes bewahren zu k6nnen, war fUr ihn der ,wahre' populus Romanus wahrend des Tribunats des Clodius durch Gewalt unterdriickt und nicht in der Lage, sich frei zu artikulieren. Noch im Jahre 56 war der Redner der Meinung, da~ alle die gleiche Staatsgesinnung hatten, "si operas conductorum removeris ".207 Fur Cicero waren die Anhanger des Clodius
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205 Brunt: SCRR 135. Welwei: Handarbeit 65f. Gruen: LGRR 445.
206 Welwei: Handarbeit 67. Zur Bedeutung der Getreidefrage fUr Clodius siehe S. 119ft 207 Cic. Sest. 106.
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72
Die Politik des Clodius
,eine kleine radikale Minderheit,,208 die sich vornehmlieh aus sicarii, ar mati, indices und servi zusammensetzte. 209 Es bleibt aber zu fragen, ob die operae, die Anhanger des Clodius, wirklieh die Au£)enseiter der romisehen Gesellsehaft waren, wie Cieero seinen Zuhorern gerne suggerieren wollte? Eine eingehendere Untersu chung liber die soziale Herkunft der Clodiani und eine detaillierte Be sehreibung der bekannten Gefolgsleute des Clodius dlirften uns ein dif ferenzierteres Bild von der elodianisehen Gefolgsehaft geben, als es Ci eeros, auf einem simplifizierenden Freund-Feind Denken basierende Charakterisierung der Clodianer zu leisten vermag. LaBt sieh eine juristisehe Differenzierung der Clodianer in Freie und Unfreie noeh relativ problemlos durehfilhren, so ist sehon eine anna hernd genaue proportionale Trennung dieser Leute in ingenui und liber tini aufgrund des Quellenmaterials unmoglieh. 21O Aueh die van Favory praktizierte Methode seheint kaum geeignet zu sein, die Zusammenset zung der clodianisehen Gefolgsehaft transparent zu maehen. Seine Dar stellung, die sich allzu sehr an Cieeros Terminologie orientiert, ist nam lieh zu allgemein gehalten und verliert jegliehen Aussagewert, da die un reflektierte Obemahme eiceroniseher Charakterisierungskriterien dazu filhrt, da£) soziale Gruppierungen (esclaves, le petit peuple) neben Per sonengruppen erseheinen, die nur in moralisehen Kategorien oder mit allgemeinen Typisierungsbegriffen (les restes de la eonjuration de Catilina; les fous, les depraves, les irresponsables; les ennemis interieurs) besehrieben werden konnen. 211 So sind beispielsweise Bemerkungen, daB sieh viele ehemalige Catili narier als Gefolgsleute bei Clodius eingefunden hatten,212 in ihrer Mehr zahl ebenso als Ubertreibungen und Topoi politiseher Demagogie aufzu fassen wie die Diffamierung der Clodianer als Verbrecher und Bandi ten. 213 In Wirkliehkeit dlirfte die Zahl der Catilinarier vergleiehsweise
208 Cic. Mil. 3: Reliqua vero muititudo, quae quidem est civium, tota nostra est, ... Unum
genus est adversum infestumque nobis eorum quos P. Ciodi turor rapinis et incendiis et omnibus exitiis publicis pavit ... 209 Cic. Sest. 95.
210 Dazu rreggiari: RFLR 220: "In the city plebs, especially as represented in the Clodian
gangs, there appears to have been little class distinction between freedmen and freeborn, though perhaps there were few of the latter". 211 Favory: Ciceron 129ff. 212 Cic. Att. 4.3.3. p. red. ad Quir. 13. dam. 58,61. Sest. 42. Pis. 11,16,23. Plane. 86. 213 Cic. Att. 4.3.3. dam. 24,45,48,53,64,89. Sest. 2,53,76,78,81,95 •. Vatin. 40. Mil. 36. Cicero zufolge gehorten auch zu den Catilinariern parricidi, sicarii, omnes facinerosi (Cati!. 2.22. Mur. 49); flir die Gefolgsleute des Antonius gebrauchte er in seinen Phi lippicae die gleichen Termini (Phi!. 5.18,12.17,27).
Die Clodianer: eine denaturierte Clientel
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gering gewesen sein,214 da sich dieser im Gegensatz zu emlgen seiner Mitverschworenen 215 eher auf die Untersttitzung der Kleinbauern und sullanischen Veteranen verlieB ;216 zudem vermied es Clodius, eine Schuldentilgung zu verktinden. Urn es nicht bei der stereotypen Feststellung, die cuncta plebs habe die Gefolgschaft des Clodius gebildet,217 zu belassen, sollen hier neben einigen Bemerkungen tiber die wirtschaftliche Situation und geographi sche Herkunft der Clodianer diejenigen Anhanger des Tribunen einge hender behandelt werden, die flir uns als gesellschaftliche oder berufs maBige Gruppen konkret faBbar sind; mit Hilfe dieser Einzeluntersu chungen kann vielleicht ein exakteres Gesamtbild der c10dianischen Ge folgschaft gezeichnet werden.
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Bei der Strukturanalyse der c10dianischen Clientel empfiehlt es sich, zwischen den sog. duces/auctores, den Ftihrern der einzelnen Abteilun gen, und den operae, den tibrigen Anhiingern des Clodius, zu unterschei den. Die duces waren allesamt Angehorige der plebs urbana, wenn man von Gellius absieht, der uns als eques Romanus vorgestellt wird. 218 Sie waren teils freier, teils unfreier Abstammung, wobei eine exakte Her kunftsbestimmung bei einigen Personen offen bleiben muB. Von folgen den Ftihrern wissen wir, daB sie ursprtinglich nicht aus Rom stammten: M. Lollius und Se(r)vius kamen aus der Campania; Firmidius, Lentidius und Plaguleius vielleicht aus dem oskischen Sprachgebiet; Fidulius stammte moglicherweise aus Gabii in Latium, und Titius war ein Sabi ner aus Reate. Hinsichtlich der sozialen und geographischen Herkunft der operae laBt sich das gleiche wie flir die duces sagen; auch die Helfershelfer ka men mehrheitlich aus der Hauptstad t. 219 Diese operae, vor allem die li 214 215 216 217
Brunt: Heer 128 Anm.17.Nowak 108[
Z.B. Lentulus (vgL SaiL CatiL 39.6).
Cic. CatiL 2.18-23. Mur. 49,52. PIut. Cic. 14.2,16.4.
Flambard: MEFRA 89.1, 124f.: "Opifices et tabernarii, xnpoTExvaL, egentes et imperiti,
liberti, servitia, en un mot, cuncta plebs, constituent dix ans de distance, les partisans communs de Catilina et de Clodius." 218 Zu den Personen siehe S. 156ff. 219 Aus Rom stammten nachweislich nicht: L. Gavius, Pola Servius (beide aus der Campania), C. Causinius Schola (Umbria), Menulla, T. Patina (beide aus Latium), Vettius Seato (Mar· si). Siehe im einzelnen S. 165ff.
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74
Die Politik des Clodius
berti, waren zumeist in die stadtischen Tribus eingeschrieben. So gaIt die tribus Palatina als RtickhaIt und zuverHissiges Stimmenreservoir fUr populare Politiker und insbesondere fUr Clodius. 220 Cicero bezeichnnet diese Tribus, auf Clodius Bezug nehmend, als "tuam Palatinam "; die Be deutung dieser Aussage ist unklar; vielleicht wollte Cicero mit dieser Formulierung auf die enge personliche Beziehung hinweisen, die zwi schen dieser Stadttribus und dem Tribunen bestand; in seinen Augen war die Palatina gleichsam der personliche Besitz des Clodius, sein Ge folgschaftsreservoir. Clodius selbst blieb bezeichnenderweise tratz sei ner Adoption weiterhin Mitglied seiner bisherigen Tribus, der Palatina; diese wies zusammen mit der Collina einen hohen An teil an Freigelasse nen auf. 221 So lai:!t sich sagen, dai:! alle Gefolgsleute des Clodius in Rom wohn haft waren und in ihrer Mehrzahl der plebs angehorten. Obwohl wir tiber die wirtschaftlichen Verhaltnisse der Clodianer nur im Einzelfall naher unterrichtet sind, darf es als gesichert geIten, dai:! viele Anhanger des Clodius verarmt und verschuldet waren oder am Rande des Existenzminimums lebten. Demzufolge werden die Clodiani von Cicero mehrmals als egentes oder egentes cives bezeichnet;222 Bolkestein zufolge pflegte man so Leute zu benennen, "die aUl~erstande waren, sich aus irgendeiner Einkommensquelle regelmaf:Jig und ausrei chend zu ernahren".223 Bei Sex. Clodius/Cloelius, Fidulius, Gellius und Vettius Seato wird ihre Armut ausdrticklich betont; Fidulius und Seato hatten iiberdies keine feste Un terkunft in Rom. 224 Die erhohte Mobili sierbarkeit und die Bereitschaft der Clodianer zur gewaltsamen Aktion in wirtschaftlich schwierigen Situationen bestatigen die von Cicero kon statierte materiell ungesicherte Existenz vieler Clodianer. 225
220 Cie. Sest. 114: ... tribum suam non tulit. Palatinam denique. per quam omnes illae pestes vexare rem publicam dicebantur, perdidit ... dom. 49: ... amici illi tui ... ita repelleban tur ut etiam Palatinam tuam perderent ... 221 Taylor: VDRR 145,148. Treggiari: RFLR 167,229. Zur tribus eoUina vg!. besonders S. 128f. 222 Cie. Sest. 2,38,58. dom. 13,45,58,79,89. Mil. 36. Plane. 86. Att. 4.3.5. Plut. Cie. 30.1. Seho!. Bob. 170 St. 223 Bolkestein 328. 224 Zu den einzelnen Personen siehe S. 156ff. 225 Siehe S. 11Hf. Cieero zufolge habe Clodius seinen Anhangern Ciceros Hauser als Substitu tionsmittel angeboten; an deren Steinen und Ziegeln sollten sie ihren Hunger stillen (dom. 61).
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Die Cladianer: eine denaturierte Clientel
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75
331.2. Die sozialen Gruppierungen innerhalb der clodianischen Gefolgschaft Im Anschlui~ an diese einftihrenden Hinweise uber die geographische Herkunft und wirtschaftliche Situation der Clodianer soll nun der Ver such untemommen werden, die Gefolgschaft des Clodius aufgrund ihrer sozialen und berufsmaflligen Zugehorigkeit zu bestimmten Personen gruppen naher zu charakterisieren. Dabei wird der freigeborene und libertine Teil der stadtromischen Plebs als sozial koharente Gruppe an gesehen,326 die jedoch hinsichtlich ihrer verschiedenartigen beruflichen Tatigkeit differenziert betrachtet wird. Am Beginn steht ein Oberblick tiber die Begriffe, mit denen Cicero die Clodianer zu benennen pflegte. Kommt Cicero in seinen Reden und Briefen auf Clodius und seine Gefolgschaft zu sprechen, so werden die Clodianer in auffallender Re gelmaflligkeit als servi apostrophiert. 227 Der fast stereotype Gebrauch der Sklaventermini durch Cicero lafllt jedoch berechtigte Zweifel an dem Wert der so formulierten Aussagen aufkommen und mahnt zur Vorsicht. Deshalb ist es angebracht und erforderlich, die Termini, die Cicero zur Charakterisierung der Anhanger seines personlichen Feindes wahIte, auf ihre Bedeutung und ihren Aussagewert hin genauer zu untersuchen. Die Reduzierung der clodianischen Gefolgschaft auf die Sklaven ent spricht der in der spaten Republik tiblichen "Taktik denunziatorischer Rhetorik"228 und verfolgte politische Ziele. Durch die Etikettierung der Clodiani als servi sollte Clodius innerhalb der NobilWH isoliert werden, indem dieser das Bild einer drohenden Sklavenerhebung vor Augen ge stellt wurde. Vielleicht hoffte man auch, Clodius auf diese Weise die Ge folgschaft der freigeborenen Burger entziehen zu konnen, die sich trotz ihrer wirtschaftlich desolaten Verhaltnisse ihrer freien Herkunft bewufllt waren und eine Gleichstellung mit den verachteten unfreien Sklaven als Diskriminierung empfanden. 229 Mit dem pejorativen und diskriminieren den servus wurden in der politischen Literatur der spaten Republik meist Freigelassene belegt, denen auch nach ihrer Freilassung das Odium
226 Vg!. S. 72. 227 Cic. Att. 4.3.2,4. ad fam. 1.9.13. p. red. in sen. 33. dam. 5f.,53,79,89,92,111,129. Sest. 34,53,75,81,85,95. har. resp. 22ff.,39. Cae!. 78. Pis. 9,11,23,30. Mi!. 26,36f.,73,76. leg. 3.45. 228 Nippel.· Handarbeit 83. Vg!. Cic. ac. 2.144: expromam primum illa invidiosa, quod eos om· nes qui in contione stabunt exsules servos insanos esse dicatis . .. 229 Favory: Ciceron 151. ders.: Index 8, 176f.,186. Lhroublon: AdC 242. Yavetz: Caesar 93f.
76
Die Politik des Clodius
der Unfreiheit anhaftete, und die auf diese Weise politisch und gesell schaftlich abqualifiziert werden sollten. Dieses Motiv politischer Invektive muB man in besonderem MaBe Ci cero, dem personlichen Feind des Clodius, unterstellen, was sich an fol gendem Beispiel anschaulich illustrieren HiBt: als Cicero auf die Werbe methoden des Clodius zu sprechen kam, benutzte er bezeichnenderwei se verschiedene Termini; in der contio sind es ganz wertneutral homi nes, die Clodius vor dem tribunal Aurelium anwarb;2:Kl im Senat titu liert er die gleichen Leute als servi. 231 Dies erinnert sehr an Ciceros 2. catilinarische Rede, in der er es ebenfalls vermied, die plebs urbana ex plizit als Catilinarier anzusprechen. 232 Wie er seine damaligen Zuhorer nicht als Catilinarier beschimpfen konnte, so schien es ihm auch jetzt nicht opportun, die Teilnehmer der Volksversammlung, die sich in ihrer Mehrzahl zu Clodius und seiner Politik bekannten, als servi zu diffamie ren. Somit darf es als gesichert gelten, daB unter den servi in der anti cIodianischen Literatur des Redners in aller Regellibertini zu verstehen sind. 233 Aus ahnlichen Grilnden ilbertrug Cicero vielleicht auch die Bezeich nung operae und mercennarii auf die Clodianer. Operae waren die bienstleistungen, die ein Freigelassener seinem ehemaligen Herrn schul dete;234 der Begriff, auf Personen angewandt, enthielt somit eine pejo rative Nuance und diskriminierte den libertinus gleichsam als mercen narius oder sen'us. 235 Zwischen den mercennarii und den Sklaven sah Cicero nahezu keinen Unterschied. 236 So macht die unterschiedliche Begrifflichkeit, mit der Cicero die An hanger des Clodius bezeichnete, vor allem deutlich, daB sich in der Ge 230 Cic. p. red. ad Quir. 13: Ego, cum homines in tribunali Aurelio palam conscribi centuria rique vidissem, ... armis decertare pro mea salu te nolui . .. 231 Cic. dam. 54: Cum in tribunali Aurelio conscribebas palam non modo liberos sed etiam servos, ... vim tum videlicet non parabas ... Pis. 9,23. Sest. 34. p. red. in sen. 33. 232 Cic. Catil. 2.18-23. Dazu Nowak 67. Yavetz: Historia 13, 488: "For these reasons we must not be misled by Cicero's omission of the urban plebs from his speech. For this speech ,,0 ratio habita ad Populum" - was directed to the city population. Having called Catiline's followers murderers, bandits and adulterers, he could not identify his own lis teners with this group, without defeating the whole purpose of his speech". 233 Favory: Index 8, 176. Gruen: LGRR 445. Lintott: VRR 78. Nippel: Handarbeit 83. Treg· giari: RFLR 144f.,265f. Siehe dazu aber auch S. 13lf. 234 Fabre 331. Macqueron 105. Treggiari: RFLR 16f., 69ft, 75ff. Nowaks Gleichsetzung der operae mit Tagelohnern (108) ist zu pauschal. Vgl. dazu S. 78ff. 235 Fabre 331. 236 Cic. off. 1.41: Bst autem infima condicio et fortuna servorum, quibus non male praeci piunt qui ita iubent uti, ut mercennariis: operam exigendam, iusta praebenda. Vgl. ebd. l.l50.
Die Clodianer: eine dena turierte Clien tel
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Besonders aus den Reihen der tabernarii erhielt Clodius Zulauf und Unterstiitzung. Die Parole tabernas claudi kiindigte die Mobilisierung der clodianischen Gefolgschaft an. 237 Diese tabernarii und opifices, von Cicero in diskriminierender Weise im gleichen Atemzug mit der faex civitatum genannt, obwohl man darunter eher den "erwerbstatigen ,menu peuple' "238 zu verstehen hat, bildeten das Riickgrat seiner Ver eine. Nicht jeder Zeit und nicht fUr jeden Zweck mobilisierbar, war die se Gruppe zumeist nur dann zur voriibergehenden Schlie~ung ihrer Bu den zu bewegen, wenn sie personlich tangierende Probleme zur Debatte standen. 239 In dieser Hinsicht war ihr Verhalten wahrend der catilinarischen Ver schwonmg geradezu beispielhaft. Catilinas Programm der tabulae novae fand bei den Handwerkern und Budenbesitzern Anklang. 240 Die Pacht fUr ihre Buden und Werkstatten sowie die Zinszahlungen fUr ihr Betriebs kapital lie~en sie oft in finanzielle Schwierigkeiten geraten, so da~ sie von Cicero an mehreren Stellen als egentes bezeichnet werden;241 aber diese Leute waren keine pauperes und verfUgten iiber einen bescheide nen Besitz;242 dieser Tatbestand sollte auch ihr weiteres Verhaltnis zur catilinarischen Verschworung wesentlich mitbestimmen. Zunachst schienen sie Catilina durchaus bereitwillig unterstiitzt zu haben. 243 AIs jedoch ein Beauftragter des Lentulus die armen Kleinhandler und Ge werbetreibenden fUr die aktive Mitwirkung an der Verschw6rung ge winnen wollte, hatte er keinen Erfolg. Jene schreckte das Geriicht, Cati lina wolle Rom in Brand setzen, so sehr, da~ sie sich von der Aufstands bewegung distanzierten; der drohende Verlust ihrer Arbeits- und Wohn statten und die Gefahrdung der eigenen Existenzgrundlage bewogen die tabernarii zur Abkehr von Catilina.~ Dennoch konnten Freigelassene
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237 Cic. dom. 54: ... cum edictis tuis tabernas claudi iubebas, non vim imperitae multitudi~ nis . .. quaerebas, .. Vgl. ebd. 89f. ac. 2.144. Ascon. 41,52 C. 238 Nippe/: Handarbeit 83. Zum Begriff faex siehe S. 79 Anm. 250. 239 Brunt: Mob 306. We/wei: Handarbeit 66f. 240 Yavetz: Historia 13,490. 241 Ebd. 496: "However, there is evidence for Bolkestein's conjecture that this term (egens) was used to describe a situation of indebtedness." Vg!. ders.: CNRS 1970, 144ff. Havas: ACD 13,15. 242 Yavetz: Historia 13,496. ders.: CNRS 1970, 145. 243 SaIl. Cati!. 37.1. 244 Ebd. 48.2: ... namque (plebs) alia belli facinora praedae magis quam detrimento fore, in~ cendium vero crude/e, inmoderatum ac sibi maxume ca/amitosum putabat ... Vgl. Cic. Ca til. 1.9,29. 3.8,14.4.17. Sull. 32. DazuHavas: ACD 13,15.
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Die Politik des Clodius
und Clienten des Lentulus einige XELpo7fxvaL dazu uberreden, ihnen bei dem Versuch behilflich zu sein, ihre Herren aus der Haft zu befreien. 245 In ahnlicher Absicht durften sich auch einige duces des Clodius bei den tabernae aufgehalten haben, urn die tabernarii und opifices zu akti vieren. 246 Clodius konnte auf ihre Unterstutzung rechnen, da er mit sei nem Frumentar- und Vereinsgesetz ihre Grundforderungen nach billi gem Getreide und Wiederzulassung der collegia erflillt hatte. Diese Gruppe stand ihm jedoch auch in Zukunft vorzugsweise in wirtschaft lichen Krisensituationen zur Verfligung; die tabernarii waren dann sogar zu gewaltsamen Protestaktionen zu bewegen. 247 Dennoch bleibt anzu merken und festzuhalten, "da5 Clodius eigentlich wenig Macht uber sol che Leute hatte, au5er wenrr sie Klagen hatten und in ihm ihren Fur sprecher sahen ".248 Nicht die tabernarii, wie Meier meint,249 bildeten vornehmlich das Rekrutierungspotential der plebs contionalis, da sie in der Regel ihre all tagliche Arbeit und ihren Einkommenserwerb der politischen Agitation vorzogen. Fur das tagliche populariter agere kamen eher beschafti gungslose Leute und Tagelohner in Frage, die auch Cicero von den ta 245 Sall. Cati\. 50.1: ... liberti et pauci ex clientibus Lentuli divorsis itineribus opifices atque servitia in vicis ad eum eripiundum sollicitabant ... Vg\. ebd. 52.14. App. civ. 2.5. Dio 37.35.3. Zum Verhalten der opifices Havas: ACD 15,31: "The tabernae were not com pletely at the disposal of some of the tabernarii but in the possession of notables and, be sides, many tabernarii were the clientes of wealthy persons who. as customers, secured substantial profit for the small merchants and craftsmen". Zur okonomischen Abhangig keit der tabernarii von reichen nobiles vg\. Skydsgaard 44ff. 246 Hier sind insbesondere Lentidius, Lollius, Plaguleius und Sergius zu nennen. Zu den Per sonen siehe S. 162ff. 247 Vg\. die Hungersnot im Jahre 57 (siehe dazu S. llHf.). Im November des gleichen Jahres schreibt Cicero an Atticus: "post has ruinas incendia rapinas desertus a suis vb: iam Deci mum dissignatorem, vix Gellium retinet ... " (Att. 4.3.2. Vg\. ebd. 4.3.5). Vielleicht kann Ciceros Nachricht dahingehend verstanden werden, da~ sich die "representants de la classe moyenne" (Yavetz: CNRS 1970, 145) innerhalb der plebs urbana, also die Kleinhandler und Handwerker, nach der Regelung der Getreidefrage wieder von Clodius distanzierten. Diese Interpretation scheint glaubhafter als Nowaks Erkliirung, der aus der zitierten Stelle eine "Veranderung im Gardewesen des Clodius" (135) herauslesen will (siehe dazu S. 81 Anm. 273). Zum Ganzen vgl. Soboul: "In Krisenzeiten war es die Pariser Sansculot terie in ihrer Gesamtheit, die die revolution are Bewegung in breiter Front ihren Hohe punkten zutrieb. Hatte sich die Situation wieder etwas beruhigt und war die Sorge urn das tagliche Brot weniger drtickend, so nahmen die Sansculotten durchaus nicht alle gleich regen Anteil am politischen Geschehen; nicht alle Sansculotten waren aktive, stets bereite Streiter fUr die Revolution" (52). 248 Brunt: Mob 306. ders.: SCRR 137. Welwei: Handarbeit 66f. 249 Meier: RE.614: "In erster Linie aus diesen tabernarii ... rekrutierte sich aller Wahrschein lichkeit nach die plebs contionalis, d.h. der eigentliche Partner der p. (populares) innerhalb des Volkes". Vg\. ders.: RPA 114.
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bernarii und opifices abhebt und abschatzig als "faex civitatum" be zeichnet. 250 Diese homines non occupati diirften sich ebenfalls wie die homines venales 251 oder die mercennariilconducticii vorzugsweise auf dem Marktplatz aufgehalten haben. Solche Leute waren leicht zur Teilnahme an Gerichtsverhandlungen und Volksversammlungen zu bewegen. 252 Da sie in keinem festen Beschaftigungsverhiiltnis standen, erhofften sie sich von einem Engagement bei derartigen Veranstaltungen au6er der Ab lenkung auch materielle Zuwendungen. Auch in den Reihen der Clodianer sind diese mercennarii zu finden, zu welchen sowohl freie Biirger als auch Freigelassene zu zahlen sind. 253 Fiir Cicero war beispielsweise das gegen ihn gerichtete Exilierungsgesetz von den Anhangern des Clodius verabschiedet worden, die sich aus ,.ii qui mercede conducuntur" und den tabernarii zusammensetzten. 254 Ge rade an diese mercennariilconducticii wandte sich Clodius, wenn er auf dem Forum neue Gefolgsleute fiir sich zu gewinnen suchte. Urn diese faex urbis organisatorisch zu erfassen, verfligte er in seiner lex de collegiis au6er der Wiederzulassung der alten collegia auch die Griindung neuer Vereine. In diese nova collegia sollten wahrscheinlich die mercennariilconducticii eingegliedert werden. 255 Diese Leute konn
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250 Cic, Flacc. 18: Opifices et tabemarios atque illam omnem faecem civitatum quid est negoti concitare, in eum praesertim qui nuper summo cum imperio fuerit, summo autem in amore esse propter ipsum imperi nomen non potuerit? VgL ad Q. fr. 2.5(4).3(5). Pis. 9. Att. 2.1. ,:';. ':--'::~'2~ld,be· 8. Dazu Havas: ACD 15, 25: "The designation faex is obviously not a reference to the f ' . ' : =~:" 5~cured lumpenproletarian elements in the plebs urbana but rather more to the labourers, carrying I:rr __ :~:: ..;'-:c 'Jangig· out their living from manual work". In seiner Verteidigungsrede Pro F7acco macht Cieero explizit die Mensehen aus Asien und Grieehenland fur die Unruhestorungen in den Volksversammlungen verantwortiieh, urn im weiteren Verhiuf seiner Ausfuhrungen vornehmlieh die Gruppe der Juden als Exponenten r: .. ~o.:':"!1 Jahres dieser Storenfriede zu nennen (Flaee. 17,66f.). Ein beliebter Aufenthaltsort der in Rom I 1: ~ ..: ::, ~m Deci lebenden jiidisehen Bevolkerungsgruppe war das tribunal Aurelium, in dessen unmittel . ' .. ~_;::~.t kann barer Umgebung der Prazef), gegen Flaceus stattfand (Flaee. 60). Gerade an diesem Ort ~:I=- ._-= :; : ~ cl classe warb Clodius viele seiner Gefolgsleute an (siehe S. 64); so ist es wahrseheinlieh, daf), sieh is: ~, ~:... ~:c-: handler unter den Clodianern aueh Leute jtidiseher Herkunft, die zumeist Freigelassene waren le,:, __ :_5::O~.zierten. (Treggiari: RFLR 205f.), befunden haben. Ihr interner, religios bedingter Zusammenhalt l; : , - =.::o.--:~n Stelle - zu denken ist an collegia (Yavetz: Caesar 96f.) - und ihr eontionales Engagement pra '., __ ;_":.2 dazu S. destinierten sie geradezu fUr Clodius' Gefolgsehaft. i' ='C_:'~: 53.nseulot 251 Cie. Sest. 134.
=-.: -: _~"::o:l Hohe, 252 Cie. Cael. 21. Sest. 100,126.
~X" -::: 5 :'~gc urn das 253 Treggiari: RFLR 89f., 98f.
IJ.' ' : -: -,-'-le gleieh 254 Cie, dom. 89: An tu populum Romanum esse illum putas qui constat es Us qui mercede
. i.!, ,,:~cs bereite conducuntur, qui impelluntur ut vim adferant magistratibus, ut obsideant senatum, optent cotidie caedem, incendia, rapinas? quem tu tamen populum nisi tabemis clausis frequenta re non poteras . , . L:~ _,,_=::- ',;:::uschein 255 Cie. Pis. 9: ... sed innumerabilia quaedam nova (eollegia) ex omni faece urbis ac servitio ~....c._-,:.- :nnerhalb concitata. Daf), Clodius in diese nova collegia tiberwiegend Tagelohner aufnahm, ist nahe· t
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Die Politik des Clodius
ten somit ihren Einf1u~ auf das politisehe Gesehehen in Rom noeh ver stiirken und aufgrund des nun erreiehten Organisationsgrades von Clo dius effektiv und gezielt eingesetzt werden. Im Gefolge des Clodius waren aueh Sklaven vertreten; ihr Anteil durf te aber vergleiehsweise gering gewesen sein, wenn man den tendenziel len Charakter diesbezuglieher Au~erungen Ciceros mitberiieksiehtigt. 263 Zwar war den Sklaven die lex frumentaria des Tribunen sehr willkom men, da sie die Chance auf eine baldige Freilassung erh6hte,264 doch daehte Clodius weder an eine Sklavenerhebung noeh an eine allgemeine Freilassung der Sklaven, wie dies von einigen Historikern behauptet wird. 265 Die Sklavenfrage war fUr ihn nur insofern von Belang, "weil vie le Sklaven infolge der reeht gro~zugigen r6misehen Freilassungspraxis sozusagen potentielle liberti waren ". 266 Cieeros Vorwurf gegen Clodius, er habe die Sklaven durch die spes libertatis als seine Anhiinger gewinnen wollen,267 darf jedoch ebenso wie die angeblich in seiner Praetur beabsichtigte, gesetzliehe Ratifizie rung dieses Vorhabens als gangiges Mittel politisch motivierter Polemik und Demagogie angesehen werden. 268 "J edes Eingreifen dieser Art hatte sofort nicht nur bei den r6mischen besitzenden Klassen, sondern im gleichen MaBe auch beim ganzen Yolk, bei allen freien Mensehen Ab neigung gegen ihn erregt, sogar bei den Armsten, die sich jedoch fUr et was unendlich H6heres als servi hielten".269 Aus der Tatsaehe, daB es Clodius anfangs nicht einmal opportun erschien, den Freigelassenen das gleiehe Stimmrecht wie den ubrigen freien Burgern zu gewahren, kann man ermessen, wie reserviert und skeptisch seine Einstellung zu der viel weitergehenden Forderung nach Freilassung aller Sklaven gewesen sein
263 264 265
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liegend, da die tabernarii und opifices schon immer in Vereinen organisiert waren und in
keine neuen eingegliedert werden mufl>ten. FUr die Unterscheidung in tabernariijopifices
und mercennariijconducticii spricht vielleicht auch die Zusammensetzung des Fiihrungs
corps der Clodianer: so werden uns Lentidius, Lollius, Plaguleius und Sergius als duces
der tabernarii (dom. 89), Gellius, Firmidius und Titius hingegen als Anfiihrer der mercen narii (Scst. 112) vorgestellt. Zu diesen Personen siehe S. 156ff.
(Die Anmerkungen 256-262 entfallen.)
Siche dazu S. 75f.
Welwei: Handarbeit 66.
Schneider: Militardiktatur 213: ,.Nach einer Andeutung von Cicero soliten die Sklaven in
Rom unter bestimmten Bedingungen aufgrund eines c10dischen Gesetzes freigelassen wer den". Vg!. Kiihne: Helikon 6, 103,110. Staerman 252. Welwei: Handarbeit 67. Cic. At!. 4.3.2. Il/e (Clodius) demens ruere; ... vicatim ambire. servis aperte spem liber tatis ostendere.· Flambard: MEFRA 89.1.152. Zur Praetur siehe S. 129ff. Loposzko: Index 8, 162.
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mag. Dennoeh erhielt Clodius vor allem tiber die collegia gewissen Zu lauf von Sklaven; ofters werden aueh entlaufene Sklaven Aufnahme in der c10dianisehen Gefolgsehaft gefunden haben?;U Die fUr Clodius bedeutsamste Gruppe innerhalb der Sklaven waren zumindest zeitweise - die Gladiatoren; diese Heh er sieh im Jahre 57 von seinem Bruder Appius aus, urn in der Auseinandersetzung mit den professionellen Kampfern des Milo besser bestehen zu konnen. 271 Nur in dieser Ausnahmesituation, als es urn das politisehe Uberleben des Clodius ging,272 seheint er auf die Gladiatoren zurllekgegriffen und sie als Leibwaehe benutzt zu haben. 273 Ansonsten vermied es Clodius, sieh zu eng mit den Gladiatoren zu liieren und sieh mit ihren gewaltsamen Aktionen zu identifizieren, da der Einsatz dieser Kampfer dem Yolk eher suspekt war. 21'l Ein extensiver Gebraueh von Gladiatoren verbot sieh Clodius van selbst, da ihm dieser das Odium eines Tyrannen einge tragen und somit dem Bild des Gewalttaters und Zerstorers der Repu blik, welches seine politisehen Gegner von ihm zeichneten, Vorsehub geleistet hatte. 275 Der behutsame Einsatz von kampferprobten Gladiatorentruppen dureh Clodius unterstreieht aber nur dessen prinzipielles Bemtihen, den Anteil der Sklaven innerhalb seiner Gefolgsehaft moglichst gering zu halten.
Exkurs: iUl'enes barbatuli Aueh Teile der von Cieero als "nostri isti comissatores coniurationis barbatuli iuvenes "276 besehimpften romisehen ,jeunesse doree' gehorten
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270 Cic. Sest. 85: Cap tu m erat forum anno superiore, aede Castoris tamquam arce aliqua a fugitivis occupata: silebatur. Att. 4.3.4: Clodius cum haberet fugitivorum delectas copias,
in campum ire non est ausus . .. 271 Cic. Sest. 77f.,85. Dio 39.7.2. 272 Clodius bewarb sich urn die Aedilitiit fur das Jahr 56; dies suchte Milo zu verhindern, in dem er jenen de vi anklagte. In der gewaltsam gefiihrten Auseinandersetzung brachte Clo dius die Gladiatoren seines Bruders zum Einsatz. 273 Die hiiufigen Niederlagen der Clodianer gegen Milos waffengetibte und kampferprobte Ver biinde weisen den Einsatz der Gladiatoren durch Clodius als Ausnahmefall aus. Es verbietet sich von daher in diesem Zusammenhang von einer "Veriinderung im Gardewesen des Clo dius" (Nowak 130, 135ff. Vg!. Shatzman: SERP 325) zu sprechen (zur Interpretation die ser Stelle vg!. S. 78 Anm. 247). Zur Bewaffnung der Clodianer siehe S. 69. 274 Nowak 120. Vg!. Dio 39.7.3. 275 Bezeichnung des Clodius als Tyrann: Cic. Mi!. 35. Vg!. Sest. 34. dom. 110. Cicero bezich tigt Clodius au~erdem, ein regnum anzustreben (Mil. 43. Siehe dazu S. 23 Anm. 26). 276 Cic. Att. 1.16.11.
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anfangs zum Gefolge des Clodius. Diese waren durch das harte Vorge hen des Senats gegen die Catilinarier und aufgrund ihrer Verschuldung mit den bestehenden Verhaltnissen unzufrieden und fanden sich in dem Kreis urn Clodius und seineI' Schwester CIodia zusammen. 277 Durch ihr tatkraftiges Eingreifen wurde del' Bona dea-Proze~ zur Farce; sie inszenierten die Abstimmungsmanipulation in del' Volksver sammlung und organisierten vielleicht auch die Bestechungskampagne, urn Clodius' Verurteilung zu vereiteln. 278 Einzelne Mitglieder diesel' Gruppe haben in spaterer Zeit fallweise mit Clodius zusammengearbei tet,279 doch bildete die adlige Jugend - den Bona dea-Proze~ ausgenom men - nie einen festen Bestandteil del' clodianischen Gefolgschaft. 2°O Dies ist weniger auf Clodius' radikale Hinwendung zur Plebs zuruck zufUhren, wie Nowak meint,281 sondern es ist verstandlich, da~ Leute wie Curio und Antonius an ihrer eigenen politischen Karriere interes siert und kaum gewillt waren, auf Dauer als Clodius' Steigbiigelhalter zu fungieren. Dennoch suchten auch diese beiden Politiker vom Ruhm und Ansehen des bei del' plebs urbana sehr beliebten Tribunen zu profitie ren. So unterschrieb beispielsweise Antonius die Mordanklage gegen Milo im Jahre 52 als subscriptor, obwohl er noch wahrend seineI' Bewerbung urn die Quaestur im J ahr zuvor einen Mordanschlag auf Clodius veriibt hatte. 282 Diesel' pl6tzliche Gesinnungswandel des Antonius ist aufs eng ste mit del' Ermordung des Clodius verbunden, die die politische Situa tion in Rom nachhaltig veranderte. "The murder of Clodius ... aroused the indignation of the city plebs not only against Milo but also against other enemies of Clodius.... It is in this context that we must view his (Antonius) accusation of Milo: it was a shrewed political move meant to appease Pompey and the Clodiani and to pave the way for his elec tion to the quaestorship of 51 ".283 Wie vor ihm Curio, so vermahlte sich spateI' auch Antonius mit Fulvia, del' ehemaligen Frau des Clodius. Ebenso orientierte sich das politische Handeln des Curio und Antonius zuweilen an del' Strategie und Taktik des Clodius. 284 277 Plut. Cic. 22.1. Ant. 2.3. Cic. Phi!. 2.44. Sest. 110f. Syme: Sallust 23. Siehe dazu S. 169ff. 278 Siehe S. 45. Zur Abstimmungsmanipulation durch junge Adlige vg!. Dion. Ha!. 10.39.3, 41.3f. 279 Dies diirfte besonders fUr Gellius zutreffen, in geringerem Ma~e auch fUr M. Antonius, P. Fonteius und C. Porcius Cato. 280 Nowak 105ff. Eyben: RBPh 50, 62. 281 Nowak 107. 282 Siehe S. 146f. 283 Linderski: Phoenix 28, 223. Vg!. Scho!. Bob. III St. Ascon. 37 C: eratque maxima pars
multitudinis infensa non solum Miloni sed etiam propter invisum patrocinium Ciceroni. 284 Zur Gesetzgebung des Curio wiihrend seines Tribunats und zur Obernahme der politischen Methoden des Clodius siehe Babcoc;C: AJPh 86, 28ff. Lacey: Historia 10, 318ff.
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Die Clodianer rekrutierten sich aus der in Rom wohnhaften Plebs; in ihrer Mehrzahl gehorten sie wohl dem Freigelassenenstand an. 28S Die politisch wichtigste Gruppe der tabernarii und opifices ermoglichte es Clodius, sich in den Volksversammlungen durchzusetzen. Ihre zweckge bundene Mobilisierbarkeit unterschied sie jedoch von der plebs contio naZis, den zeitweise beschaftigten mercennarii und conducticii, der an deren groGen Gruppe innerhalb der clodianischen Clientel. Die zahlen maGige GroGe der Clodianer und ihre mogliche Politisierung machten die Gefolgschaft des Clodius zu einem politischen Machtfaktor; ihre Effizienz war jedoch aufgrund der Mitgliederstruktur im voraus nur schwer zu bestimmen und von der jeweiligen Situation abhangig. Den noch muGte sie von den damaligen Politikern als konstante politische GroGe in ihre Dberlegungen miteinbezogen werden.
3.3.2. Die Verwendung und der Einsatz der Clodianer im Offentlichen Leben Mit dem Gewinn der plebs urbana als personlicher Gefolgschaft und mit der paramilitarischen Organisation seiner Clientel hatte Clodius die notwendigen Voraussetzungen geschaffen, urn auf das staatliche und ge sellschaftliche Leben in Rom bestimmenden EinfluG ausiiben zu kon nen. Inwieweit er die somit gegebenen Moglichkeiten im politischen Alltag verwirklichen konnte, war jedoch in hohem MaGe von dem ge zielten und effektiven Einsatz seiner Anhanger abhangig. Deshalb waren Methode und Strategie, nach der die clodianische Gefolgschaft in der bffentlichkeit agierte, von ausschlaggebender Bedeutung fUr den Poli tiker Clodius.
3.3.2.1. comitia tributa und contiones Sowohl die zentrale Bedeutung, die den Volksversammlungen als Schauplatz Offentlicher Diskussion und als politische Entscheidungsin stitution zukam, als auch sein Selbstverstandnis als popularer Politiker muGten Clodius darin bestarken, seine politischen Plane mit Hilfe dieser Versammlung legitimieren zu lassen. Seine Stellung als Patron der plebs urbana pradestinierte ihn geradezu zum moderator contionum, da es ihm aufgrund der strukturellen Gegebenheiten der spatrepublikanischen
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285 Treggiori. RFLR 175ff.
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Politik moglich war, durch die Mobilisierung seiner Anhanger den Ab lauf und die Ergebnisse der Volksversamm1ungen in entscheidender Weise mitzubestimmen. Auf welche Art und Weise die C10dianer in den contiones operierten, und welche Ziele sie im einzelnen verfolgten, so11 nun dargeste11t werden. Dabei wird der Schilderung spezifischer und typischer Ereignisse be wuBt ein groBerer Raum eingeraumt, urn dem politischen Geschehen in Rom seinen abstrakten Charakter zu nehmen, der ihm in der neueren Literatur oftma1s in teilweise iibertriebenem MaBe beigelegt wurde. Ge rade der Erfo1g und die Bedeutung des C10dius sind nur dann zu verste hen, wenn man davon ausgeht, daB eine direkte und engagierte Teilnah me der plebs urbana das politische Geschehen nachhaltig beeinflussen konnte, daB also die romische Politik in den 50er Jahren in gewissem AusmaB und in bestimmten Situationen auch Bedingungen und Konse quenzen unterworfen war, wie sie uns aus der direkten Demokratie be kannt sind. Wahrend des Bona dea-Skanda1s erstma1s erfo1greich praktiziert, war die person1iche Auseinandersetzung mit seinen politischen Gegnern fUr Clodius in der Fo1gezeit ein zentrales Thema in den von ihm einberufe nen contiones. Indem er bedeutende Politiker wie Pompeius oder Cice ro durch Schmahreden und Beschimpfungen vor der versammelten Men ge diffamierte und lacherlich machte, schadigte er ihr Ansehen. Belieb tes Mitte1 dieser Offentlichen Diskreditierung namhafter Politiker war ,die altercatio, eine in Dia1ogform gehaltene Diffamierungsrede. Ein cha rakteristisches und 1ehrreiches Beispie1 dieser polemischen Demagogie hat uns Cassius Dio iiberlierert. Wahrend einer contio im J ahre 56 so11 Clodius Pompeius auf fo1gende Weise verhohnt und dem Spott seiner Anhanger ausgesetzt haben: "Unter anderem hatte C10dius mit seinen Anhangern eine Verabredung getroffen, daB sie, wenn er in den Ver samm1ungen fragte, wer dies oder jenes tate oder sprache, a11e zusam men ,Pompeius' rufen sollten. So fragte er oft p1otz1ich hintereinander nach a11erei korperlichen und anderweitigen Feh1ern, die jener etwa ha ben konnte ... Wenn nun die einen anstimmten und die anderen wie im Chor miteinfie1en und ,Pompeius' riefen, da entstand, wie es in sol chen Fallen zu geschehen pflegt, ein scha11endes Ge1achter; Pompeius, der dabei weder ganz gleichgiiltig b1eiben konnte noch sich zu einem solchen Gauke1spie1 herab1assen wollte, geriet info1gedessen in Wut und auBer Fassung".286 DaB dies kein Einzelfa11,ja der Ablauf derartiger Dif 286 Dio 39.19.lf. Vg!. Plut. Pomp. 48.7.
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famierungskampagnen geradezu einstudiert und trainiert war, wei~ Ci cera zu berichten. 287 Diese verbalen Injurien wurden zuweilen durch ausgesuchte Pravoka tions- und Einschi.ichterungsaktionen seitens der Clodianer erganzt, die in gewaltsamen Ausschreitungen gegen einzelne Personen und Personen gruppen gipfelten. Als die Ritter beispielsweise eine Demonstration ge gen die Exilierung Ciceros organisiert hatten, 109 sie Clodius vor der Volksversammlung zur Rechenschaft und "trArryals &trL Ti/trPW{3tiq, <Sui 7LIJWIJ trpOtrapWKEUaaj1EIJWIJ aUIJEKol/!E";288 andere Politiker, die Cicera in dieser Situation beistehen wollten, wurden ebenfalls mi~handelt und niedergebri.illes9 Als Ciceros Freunde zu Beginn des J ahres 57 die Ri.ick berufung des Redners aus dem Exil hartnackig und zielstrebig verfolg ten, unterbanden die Clodianer die Verabschiedung eines entsprechen den Antrags durch die Volksversammlung, indem sie die Initiatoren und Teilnehmer der Veranstaltung auf vielfaltige Art und Weise ein schi.ichterten und terrorisierten: sie zerbachen die fasces des Consuls Metellus, verhinderten die Intercession eines Tribunen, besetzten die Zugange des Forums und warfen Amtspersonen von den Rostren oder starten ihren Vortrag durch Zwischenrufe. 2W Der AtmospMre offener oder latenter Repression und sHindig dro hender Gewaltanwendung war auch das Gesetzgebungsverfahren ausge setzt. Schon im J ahre 61 hatten die HeIfer des Clodius die pontes besetzt und nur ablehende Stimmtafelchen an die Stimmberechtigten ausgege ben. 291 Urn das Abstimmungsverfahren direkt kontrollieren zu k6nnen, wurden einige Anhanger des Clodius an den beiden Seitentreppen des Castortempels postiert; diese Aufgange dienten vermutlich bei Geset zesabstimmungen als pontes, die zu den Abstimmungsumen ftihrten. 292 Als Ciceros Freunde seine Rtickkehr durch ein Plebiscit legalisieren 287 Cic, Sest. 118: , , , is (Clodius) qui an tea cantorum convicio contiones celebrare suas sole-
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bat cantorum ipsorum vocibus eiciebatur, 288 289 290 291
Dio 38,16,5, Vg!. Cic, p. red. in sen. 32. dom. 54. Sest. 27. Cic, Mi!. 37. dom. 110. Cic, p. red. in sen. 7,26. Sest. 75ff.,85. ad Q. fr. 2.3.6. Plut. Cic. 33.3. Siehe S. 45. lm Jahre 54 verteilte der Praetor Servius Galba heimlich vor Tagesanbruch Stimmtafeln an seine Anhiinger, urn C. Pomptinus zum Triumph zu verhelfen; der so her beigefijhrte VolksbeschluB wurde als illegal kritisiert (Dio 39.65.2. Cic. Att. 4.18.4 ad Q. fr. 3.4.6), Auch Cato bemerkte bei einer Wahl, "daB die Stimmtafelchen alle von einer Hand geschrieben waren" (Plut. Cat. min. 46.2); die Wahl wurde daraufhin annulliert. 292 Taylor: RVA 41. Lintott: VRR 73. 293 Cic. dom. 54: . . . cum vera gradus Castoris convellisti ac removisti, tum . , . homines audacis ab eius templi aditu atque ascensu reppulisti . . . Sest. 34: ... gradus eiusdem templi tollebantur.,. Vg!. dom. 110. p. red. in sen. 32.
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Die Palitik des Cladius
wollten, lie~ Clodius diese Treppen beseitigen und einrei~en, urn seinen Unwillen iiber diese Initiative fUr jeden sichtbar zu bekunden und die technische DurchfUhrung der Abstimmung zu erschweren. 293 So wurden die Bemiihungen der politischen Gegner des Clodius auf legislativem Ge biet nachhaltig behindert; ihnen waren die comitia tributa und concilia plebis als politische Foren und Entscheidungsinstitutionen gleichsam konsequent entzogen. Demgegeniiber lie~ der Tribun seine eigenen GesetzesvorschHige durch eben jene Versammlungen sanktionieren, die Clodius' Anhanger Jenkten und manipulierten. ObwohJ wir nur iiber den Abstimmungsver lauf der lex Clodia de exilio Ciceronis genauer unterrichtet sind, darf man diesem singuIaren Ereignis wohl allgemeingiiltigen Charakter zu sprechen. Aus Ciceros Bericht lassen sich foJgende Besonderheiten her auslesen: (1) es handelte sich urn ein formlos einberufenes concilium;294 (2) die Clodianer standen unter der Fiihrung einiger bekannter duces;29S (3) die Abstimmung seJbst erinnert eher an eine AkkJamation, da die Clodianer auf die Frage VELITIS IVBEATISNE ihre Zustimmung zu dem Gesetzesantrag gaben; (4) die erste Stimme wurde von Fidulius, einem Vertrauten des CJodius, abgegeben. 296 Cicero war der Ansicht, da~ oftmals nicht mehr aJs 600, in Einzelfa1 Jen gar nur 100 Personen anwesend waren, urn ein Gesetz zu verab schieden;297 bei einigen Entscheidungen ware das AbstimmungsverhaJten einer Tribus durch die Stimmabgabe von nur fUnf Mannern bestimmt worden; diese hatten zumeist nicht einmal der betreffenden Tribus an geh6rt, sondern waren erst zum Zwecke der Abstimmung von dem lei tenden Magistrat in diese eingeschrieben worden. 298 Obwohl ein ab schlie~endes UrteiJ iiber die GJaubwiirdigkeit derartiger Au~erungen Ci ceros kaum m6g1ich ist, so machen seine Berichte doch zweifelIos deut lich, da~ CJodius durch den kontrollierten und iiberlegten Einsatz seiner Anhanger das Gesetzgebungsverfahren in den VoJksversammJungen ma nipuJieren konnte. 294 Cic. dam. 79. Der Varwurf der formalen Unrechtmiilligkeit ist wahl tendenzios und unbe rechtigt, ansansten ware er bei der Debatte lib er die Rechtmiilligkeit der cladianischen Gesetze van Cicero starker betant warden. Siehe S. 118. 295 Cic. Sest. 112. dam. 89. Vg!. dom. 21. Wahrend des Bona dea-Skandals fungierten die iuve nes barbatuli als duces (siehe S. 54). 296 Cic. dom. 79f.,82. Siehe dazu S. 160. 297 Cic. dom. 80: Hoc tu igitur, homo popularis, iure munitam civitatem et libertatem nos tram putas esse oportere, ut, si tribuno plebis rogante ,VELITIS IVBEATISNE' Fidulii centum se velle et iubere dixerint, possit unus quisque nostrum amittere civitatem? Sest.
59: Em cur ceteri reges stabilem esse suam fortunam arbitrentur, cum hoc illius funesti anni prodito exemplo videant per tribunum aliquem et sescentas operas se fortunis spoliari et regno omni posse nudari! 298 Cic. Sest. 109. Vg!. Taylor: PPC 60.
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Diese weitgehende Monopolisierung von contiones, concilia plebis und comitia tributa in der Hand des Clodius bedingte auch Tendenz und Absicht diesbezilglicher Bemerkungen Ciceros. Die eben geschilder ten Charakteristika des Abstimmungsverfahrens dienten jenem als Argu mente, urn die LegalWit der clodianischen Gesetze, insbesondere die RechtmaBigkeit desjenigen Gesetzes, welches seine Exilierung fest schrieb, zu bestreiten. Dieser lex de exilio hatten, so Cicero, nur con ducti, sicarii, egentes und perditi zugestimmt; die ilbrigen Bilrger aber waren, eingeschilchtert von den Clodianae operae, an einer freien Mei nungsauBerung gehindert worden. 299 Natilrlich war die offene oder la tente Gewaltanwendung ein wichtiger Faktor clodianischer Politik;300 dennoch ware es falsch, Clodius' Erfolg in der Volksversammlung ein seitig auf diesen Aspekt gewaltsamer Aktionen zu reduzieren. Nicht nur die Gewalt, auch die besonderen Bestimmungen des rbrnischen Wahl und Abstimmungssystems ermoglichten diese ,auBergewohnliche' Ge setzgebung. Da ilber das Abstirnmungsverhalten der einzelnen Abteilun gen (Curie, Centurie, Tribus) nach dem Mehrheitsprinzip befunden wurde, und in den Cornitien die Mehrheit der Abteilungen ilber den An trag entschied, war es durchaus moglich, daB ein Bruchteil der plebs ur bana gilltige Gesetze verabschieden konnte. 301 DaB es jedoch Clodius wie keinern seiner Vorganger gelungen war, die Volksversammlung als politisches Entscheidungsgremiurn fUr sich zu monopolisieren, stellen gerade die Vorgange urn die Rilckberufung Ciceros aus dem Exil ein drucksvoll unter Beweis. Obwohl sich die Freunde Ciceros mit Nachdruck urn die Rehabilitie rung des Consulars bemilhten,302 war ihnen in den comitia tributa und concilia plebis kein Erfolg beschieden. Deshalb verhandelten sie die An gelegenheit schlieNich vor den comitia centuriata, in denen das Stimm potential der arrneren Bevolkerungsschichten aufgrund der timokrati schen Organisationsstruktur dieser Versammlungen zugunsten der rei chen Filhrungsschicht nivelliert wurde; so wurde ein entsprechender Be schluB zur Rilckberufung Ciceros von den Centuriatcomitien mit gro Ber Mehrheit gefaBt,303 Diese bewuBte Verlagerung der Entscheidung in die comitia centuriata schaltete jedoch die clodianische Gefolgschaft als 299 Cic. dom. 45,53f.,68f.,78ff.,89,96. Sest. 27,34,59,65,84. Pis. 30,57. p. red. in sen. 18. leg. 3.25,45. 300 Siehe dazu S. 116ff. 301 Nippel89. 302 Cic. dom. 69. 303 Cic. dom. 73,90. Pis. 34ff. p. red. in sen. 24,27,29,31. Sest. 109,129. Mil. 39, Ascon. 3 C. Vel!. 2.35.3. Liv. perioch. 104. Zu den comitia centuriata vg!. Cie. leg. 3.44.
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Die Politik des Clodius
politischen Machtfaktor aus und ebnete den Weg fUr Clodius' Gegner. Aufgrund dieses Sachverhalts erscheint es angebracht, die Interpreta tion, die dieser Vorfall durch Rouland erfahren hat, emeut zu uberden ken; fUr ihn dokumentierte sich namlich in diesem Vorgang beispielhaft die Bedeutungslosigkeit der Clientenstimmen in der Volksversamm lung. 304 Zweifellos reichten die Clientelen von Ciceros Freunden nicht aus, urn den Antrag durchzusetzen; doch waren fUr ihren Mi:6erfolg in erster Linie die Macht- und Mehrheitsverhaltnisse, wie sie in diesen Ver sammlungen gegeben waren, verantwortlich. Da namlich die plebs urba na mehrheitlich in der personlichen Gefolgschaft des Clodius aufgegan gen war und sich dieser Bindung verpflichtet fUhlte,305 konnten sich die Gegner des Tribunen in den Tributcomitien nicht durchsetzen. Dieses Beispiel unterstreicht also gerade die politische Bedeutung, die den Ge folgsleuten noch am Ende der Republik in den comitia tributa und con cilia plebis zukam. Nicht nur auf dem Gebiet der Gesetzgebung erwiesen sich die Clodia ner als unentbehrliche Mehrheitsbeschaffer; sie hatten auch ma:6gebli chen Anteil an der Wahl des Clodius zum Aedil fUr das Jahr 56. Dieser Wahlerfolg war urn so erstaunlicher, da Milos Gladiatoren den Mitglie dem der Palatina, der Stammtribus des Clodius, den Zugang zu den saepta verwehrten;306 dennoch wurde Clodius als erster von allen Kan didaten gewahlt, was die ihm ubertragene Leitung der ludi Megalenses im April 56 bezeugt. 307 Clodius' Wahl ist trotz seiner vehementen und intensiven Wahlpropa ganda 308 nur dann verstandlich, wenn man davon ausgeht, da:6 seine An hanger nicht nur in wenigen Tribus zu finden waren, sondem in den meisten eine deutliche Dberzahl hatten. Auch von den Gewalt- und
304 Rou/and: PPDR 482f. Vg!. ebd. 415,427. Roulands Fehleinschatzung beruht insbesondere auf seinem, am juristischen Begriffsdenken orientierten Clientenbegriff. lm vorliegenden Fall spricht er lediglich die Anhanger der nobiles als Clienten an, wahrend er den Gefolgs leuten des Clodius diese Bezeichnung vorenthalt. Da aber der EinfluB der Nobilitatsclien ten in der Volksversammlung sank, sieht Rouland sein Vorurteil, daB die Clientelen in der Volksversammlung bedeutungslos waren, bestatigt. Dabei laBt er jedoch v611ig auBer Acht, daB diese Entwicklung durch die Tribunatspolitik des Clodius bedingt war, die die plebs urbana als politisches Potential weitgehend in der Hand dieses Politikers monopolisierte. 305 Brunt: Mob 285,302. Bemerkenswert ist auch die Tatsache, daJ.) weder der Praetor Flavius noch die Tribunen L. Novius und C. Ninnius Quadratus, allesamt Beamte im Tribunatsjahr des Clodius und dessen erklarte Gegner, ihre politische Amterlaufbahn erfolgreich fortset zen konnten (Gruen: LGRR 109). 306 Cic. dom. 49. Dazu Tay/or: RVA 54,135 Anm. 56. 307 Wiseman: Cinna 161. Zur Ausrichtung der Mega/esia durch die curulischen Aedile vg!. B6 mer 878. 308 Cic. Att. 4.3.3: Ille (Clodius) postea, si comitia sua non fierent, urbi minari. Ebd. 4.3.4: Contiones turbu/entae Mete/li, temerariae Appi, jUriosissimae Publi.
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Einschtichterungsaktionen der Gegenseite lie:6en sie sich nicht beein drucken, so da:6 man vielleicht sogar die These vertreten kann, da:6 der entschiedene Wille der Clodianer und ihre allgemeine Mobilisierung die Wirkung der Zwangsmittel neutralisierten. Die Forschung hat diesem Ereignis bisher die Beachtung, die es zwei fellos verdient, weitgehend versagt. Es gilt allgemein als erwiesen, da:6 Clodius seit der Mitte des Jahres 57 seinen starken Rtickhalt in der plebs urbana kontinuierlich eingebti:6t habe. 309 Dieses Bild bedarf zweifellos einer Korrektur, wie der Wahlausgang vom Frtihjahr 56 zeigt, aber auch Clodius' weitere politische Tatigkeit noch beweisen wird. 310 Mit Hilfe seiner Anhanger, die schnell mobilisiert werden konnten, tibte Clodius direkten Einflu:6 auf die contiones und comitia tributa aus und bestimmte die dort verhandelten Entscheidungen. So war seinen politischen Gegnern die Volksversammlung als politisches Medium fast vollstandig entzogen, wahrend es ihm gelang, seine eigenen politischen Vorstellungen tiber die von seinen Gefolgsleuten kontrollierten und do minierten Versammlungen zu verwirklichen. Indem Clodius gro:6e Teile der plebs urbana in seine personliche Gefolgschaft tiberftihrte, degene rierten die Volksversammlungen im Ausnahmefall sogar zu Akklama tionsveranstaltungen der Clodianer. Damit war aber eine Entwicklung eingeleitet, die unter dem Principat zur politischen Neutralisierung der Volksversammlungen ftihrte, da die Monopolisierung der plebs urbana in der Hand des Princeps den politischen Willen des Volkes tiberfltissig machte, und somit dessen Wahl- und Entscheidungsbefugnisse auf den Senat iibergehen konnten. 311
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3.3.2.2. senatus Wahrend die Einflu:6nahme auf die Volksversammlungen von Clodius sehr effektiv organisiert werden konnte, schien eine vergleichbare Ein wirkung auf den Senat kaum durchftihrbar zu sein; denn die Senatoren pflegten nur in geschlossenen Raumen unter Ausschlu:6 der Offentlich keit zu tagen, so da:6 die Btirger weder an den Sitzungen direkt teilneh men noch diese indirekt dirigieren konnten. SoUte der Senat aber nicht
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quent years, which were dominated by his vindictivness toward Cicero and his consuming feud with MHo. The urban populace will have found little to interest them in those ven tures". Vg!. Lintott: GaR 14,68. 310 Siehe S. 137f[' 311 Tac. ann. 1.15.1. Dazu Bleicken: OuF 80.
90
Die Politik des Clod ius
allein seinen politischen Gegnern vorbehalten bleiben und in deren Han den zu einem seine Politik kontrollierenden oder gar storenden Organ werden, dann war es fUr Clodius unerHiBlich, seine Anhanger als Druck potential zum Einsatz zu bringen, urn fUr ihn wichtige Entscheidungen dieser Institution mitzubestimmen. Wie erfolgreich und wirksam dies geschah, solI anhand einiger Beispiele illustriert werden. Urn die Solidaritat mit dem exilierten Cicero und die Verurteilung dieser MaBnahme auch nach auBen hin sichtbar kundzutun, wollte der Senat anordnen, daB die gesamte Bevolkerung zum Zeichen der Anteil nahme Trauerkleidung tragen solle. Da sich Clodius der Tragweite und des Propagandaeffektes einer derartigen Sympathiekundgebung wohl bewuBt war, umzingelte er die Curie mit einer bewaffneten Mannschaft. Daraufhin wurde die Senatssitzung aufgehoben, da nach Ansicht der Senatoren unter diesen Umstanden eine freie und ungestorte Beratung und BeschluBfassung nicht zu gewahrleisten waren. 312 Auch in der Fol gezeit wurden Senatsverhandlungen, in denen Ciceros Riickberufung Gegenstand der Debatte war, durch verschiedene Aktionen der Clodia ner unterbunden. Im September 57 solIten die Clodianer ebenfalls dUTCh eine macht voIle Demonstration die Senatoren, die \.iber die Vergabe der cum anna nae berieten, in ihrer Entscheidungsfreiheit beeintrachtigen; ein derar tiger BeschluB Mtte Clodius die Kontrolle \.iber die Getreideverteilung entzogen. 313 Die Protestaktion der Clodianer schien auch zunachst das erwiinschte Ergebnis zu zeitigen: einige Senatoren, wie beispielsweise Cicero, blieben aus Angst der Sitzung fern, die aus Sicherheitsgriinden auf das Capitol verlegt worden war, andere verlieBen beim Anriicken der Menge panikartig die Versammlung und flohen in der Dberzeugung nach Hause, daB an eine freimiitige Aussprache und ordnungsgemaBe BeschluBfassung nicht mehr zu denken sei. 314 Ein dauerhafter Erfolg blieb Clodius dennoch versagt, da die Anhanger des Pompeius, der als aussichtsreicher Kandidat fUr die Curatur an einem st6rungsfreien Ver lauf der Senatsdebatte sehr interessiert war, die mit der Zunge, nicht mit Schwertern kampfenden Clodianer miihelos vertrieben. 315 Nur wenige Monate spater berichtet Cicero seinem Bruder Quintus, daB eine Senatssitzung abgebrochen werden muBte, da die operae Cla
312 313 314 315
Plut. Cic. 31.1. Vg!. Cic. dom. 5. p. red. in sen. 12.
Siehe dazu S. 114.
Cic. Att. 4.1.6. dom. 5ff. Die 39.9.2.
Cic. Att. 4.1.6. dom. 6. Vg!. Meier: Diss. 284.
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dianae von der Graecostasis her durch lautstarkes Geschrei eine Fortset zung der Debatte verhindert hatten. 316 Clodius war also durchaus in der Lage, ihm mi:6liebige Antrage und Senatsdebatten durch seine Gefolgsleute sabotieren zu lassen. Der Hand lungsspielraum und bestimmende Einflu:6, den die Senatoren auf das politische Geschehen ausilbten, war somit zeit- und fallweise einge schrankt, da sich der Senat einer indirekten Kontrolle durch verschiede ne gesellschaftliche Gruppierungen nicht ganzlich entziehen konnte. Diese Fremdbestimmung und Machtlosigkeit der Senatoren schwachten jedoch die AutorWit dies er Institution und lie:6en den Senat vorilberge hend zum Spielball rivalisierender politischer Machte werden, wie sie in der spaten Republik die optimatische Nobilitatsclique, einzelne Heer filhrer und populare Tribune von der Ausstrahlungskraft eines Clodius darstellten.
3.3.2.3. iudicia Politische Auseinandersetzungen wurden vomehmlich im Senat und in der Volksversammlung gefilhrt, doch fanden sie nicht selten ihre Fortsetzung oder ihr Nachspiel vor dem Gericht. Eine erfolgreiche An klage verbannte namlich die betreffende Person zumindest zeitweise von der politischen Bilhne, unter Umstanden setzte sie einer politischen Karriere ein abruptes Ende. Insofem die Prozesse adliger Konkurrenten in der Regel politische Prozesse waren, fanden sie oft das Interesse einer breiten bffentlichkeit. 317 So war es nur folgerichtig, da:6 auch auf die sem Gebiet die Moglichkeiten einer solch gro:6en Anhangerschar, wie es die Clodianer waren, von ihrem patronalen Filhrer genutzt wurden. Urn den Leser einzustimmen und urn ihm vor Augen zu filhren, wie die engagierte Teilnahme der Clodianer den Verlauf einer Gerichtsver handlung bestimmen konnte, soIl an dieser Stelle Cicero zu Wort kom men, der seinem Bruder ilber die ErOffnung des Miloprozesses im Jahre 56 einen anschaulichen Bericht zukommen lie:6. Milo war von Clodius de vi angeklagt worden und wurde von Pompeius verteidigt. 318 Cicero schildert den Verhandlungsablauf wie folgt: "Am 7. Februar kam es zur 316 Cie. ad Q. fr. 2.1.3: Tum Clodius rogatus diem dicendo eximere coepit; fUrebat a Racilio se contumaciter urbaneque vexatum. Deinde eius operae repente a Graecostasi et gradibus clamorem satis magnum sustulerunt, opinor, in Q. Sextilium et amicos Milonis incitatae; eo metu iniecto repente magna querimonia omnium discessimus. 317 Cie. Sest. 36.
318 Cie. Sest. 95. MiI. 40. Dio 39.18.1. SehoI. Bob. 122, 171 St.
92
Die Politik des Clodius
Verhandlung gegen Milo. Pompeius sprach oder versuchte zu sprechen. Denn als er sich erhob, begannen die operae Clodianae zu Hirmen, und dies widerfuhr ihm wahrend seiner ganzen Rede, so da~ er nicht nur durch das GebrUll, sondern auch durch Beschimpfungen und Schmahun gen aus dem Konzept gebracht wurde. AIs er seine Rede beendet hatte (denn er zog sich durchaus ehrenvoll aus der Affare; er lie~ sich nicht einschUchtern; er sagte alles und zuweilen herrschte sogar Stille, wenn er sich mit Hilfe seines Ansehens durchsetzen konnte) - als er also zu En de war, stand Clodius auf. Diesem wurde von unseren Leuten ein so lautstarker Empfang bereitet (es gefie! ihnen namlich, ihm ihre Ehrer bietung zu erweisen), so da~ er die Fassung verlor, ins Stottern kam und ganz bla~ wurde. Da Pompeius mit seiner Rede urn zwolf Uhr gerade fertig geworden war, spielte sich diese Szene bis gegen zwei Uhr ab, wo bei man allerlei Schimpfworte und schlief~lich sogar sehr obszone Verse auf Clodius und Clodia zu horen bekam. Wutentbrannt und totenbla~ fragte jener mitten im Spektakel seine Anhanger, wer es denn sei, der die Leute verhungern lasse; ,Pompeius!' antworteten seine Gefolgsleute. Wer gerne nach Alexandria gehen mochte? ,Pompeius' antworteten sie wiederum. Wer nach ihrem Wunsche gehen solle? ,Crassus' war die Ant wort (dieser war zugegen, dem Milo aber nicht wohlgesonnen). Etwa urn drei Uhr begannen die Clodianer wie auf ein Kommando die Unsrigen anzuspeien; Erbitterung kam auf. Jene drangelten, urn uns zu verdran gen; unsere Leute gingen zum Angriff Uber; Flucht der operae; Clodius wurde von den Rostren geworfen, und auch ich maehte mich aus dem Staub, urn bei dem Gedrange nicht unter die FU~e zu kommen".319 Sehon in den fruhen 60er J ahren entgingen Politiker wie Cornelius, Manilius und Autronius einer Verurteilung, da sie Richter und Ankla ger von ihren Anhangern massiv unter Druck setzen lie~en. 320 Diesem Beispiel folgend Ubernahmen auch die Clodianer als prozessuale Hilfs truppe des Clodius eine FUlle von Aufgaben; dabei beschrankte sich ihr Engagement aber nicht nur auf eine Prozef~verhinderung, sondern diese waren auch bereit, Prozesse zu erOffnen oder deren Ausgang zu manipu lieren. Im Miloproze~ war es der sensible und in zivilen Angelegenheiten meist unsicher agierende Pompeius, der als Verteidiger des Milo dureh das GebrUll und die Verbalinjurien der Clodianer aus dem Konzept ge bracht wurde. Ebenso erging es M. Marcellus und dem redegewandten und proze~erfahrenen Cicero, als sie im Jahre 52 wiederum Milo, der 319 Cic. ad Q. fr. 2.3.2. Vg!. ebd. 1.6.1. MH. 40. 320 Vg!. dazu S. 67.
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des Mordes an C10dius angek1agt war, vor Gericht vertraten. 321 A1s nam 1ich M. Marcellus C. Causinius Scho1a verhoren wollte, versetzte ihn das Geschrei der umstehenden C10dianer in solche Furcht, "ut vim ultimam timens in tribunal a Domitio reciperetur ".322 Uber Ciceros Auftritt am darauffo1genden Tage wei~ Asconius fo1gendes zu berichten: "Cicero cum inciperet dicere, exceptus est acclamatione Clodianorum, qui se continere ne metu quidem circumstantium militum potuerunt. Itaque non ea qua solitus erat constantia dixit ". 323 Nicht nur die Verteidiger lie~en sich durch den storenden Larm der C10dianer beeindrucken, auch die Richter und Geschworenen nahmen biswei1en, bewu~t oder unbewu~t, bei ihrer Urtei1sfindung Rticksicht auf die Stimme des Vo1kes und lie~en sich den Willen der versammelten Menge aufzwingen. Bereits C1odius' Freispruch im Bona dea-Proze~ ist zumindest tei1weise auf die Angst der Richter vor der Menge zurtickzu ftihren, die offen bekundete, da~ sie eine Verurtei1ung des C10dius nicht wtinsche. 324 Noch intensiver und eindrucksvoller waren die Anstrengungen der C1o dianer wahrend des Mi1oprozesses im Jahre 52. Sie wohnten der gesam ten Verhand1ung bei und wurden am Tag vor der Urtei1sverkiindung in einer eigens zu diesem Zweck einberufenen Vo1ksversamm1ung van dem Tribun T. Munatius P1ancus aufgefordert, "ut postero die frequens ades set et elabi Milonem non pateretur, iudiciumque et dolorem suum osten deret euntibus ad tabellam ferendam ";325 und tatsachlich, am fo1genden Tag waren die tabernae in der gesamten Stadt gesch1ossen. 326 So storte die Clodiana multitudo nicht nur Ciceros abschlie~endes P1adoyer, son dern ihr spektaku1arer Auftritt verfehlte auch nicht seine Wirkung auf die Richter, die es nicht wagten, Milo freizusprechen; sie verurteilten ihn mit gro~er Mehrheit. 327 Die Bedeutung, die den Clodianern a1s Manipu1ations- und Sugge stionsinstrument zukam, erklart vielleicht auch die Tatsache, da~ so woh1 Milos Verhand1ung als auch der Proze~ gegen Caelius im J ahre 56 jeweils an den Mega1esien anberaumt wurden. 328 Da an diesen Tagen die 321 322 323 324 325 326
Ascon. 27 ,31 C. App. civ. 2.24. Dio 40.54.2.
Ascon. 40 C.
Ebd. 4lf. C.
Siehe S. 44.
Ascon. 40 C. Vg!. ebd. 52 C. Cic. Mi!. 3.
Ascon. 40f. C: Postero die, qui fuit iudicii summus a. d. VIl. ldus Aprilis, clausae fuerunt
tota urbe tabernae ... 327 Ascon. 53 C. 328 Cic. Cael. 1: Si quis ... miretur profecto quae sit tanta atrocitas huiusce causae, quod diebus festis ludisque publicis, omnibus forensibus negotiis intermissis, unum hoc iudicium exerceatur, nec dubitet quin tanti facinoris reus arguatur ut eo neglecto civitas stare non possit.
94
Die Politik des Clodius
Arbeit ruhte, konnte Clodius rnit einer regen Teilnahrne und einem zahlreichen Erscheinen seiner Anhanger bei der Verhandlung rechnen und auf ein ihrn genehrnes Gerichtsurteil hoffen. Die sicherste Methode, einer drohenden Verurteilung zu entgehen, war trotz der eben geschilderten, oft erfolgreich praktizierten Manipu lierungsstrategie der Clodianer der Boykott oder die Sabotage anstehen der Prozesse. Irn Jahre 59 wurde der flir das kornrnende Jahr zurn Consul gewahlte A. Gabinius von C. Cato de ambitu angeklagt; als letzterer seine Ankla ge in einer contio vortragen wolIte, ware er fast erschlagen worden. 329 Cicero selbst berichtet, auf diese Begebenheit Bezug nehrnend, daG sich Gabinius an die operae verkauft habe, "ne de ambitu causam dice ret ".330 Diese operae waren Anhanger des Clodius, da aus der TextstelIe hervorgeht, daG Gabinius die gleichen Leute, die ihn vor einer Verurtei lung bewahrt hatten, wahrend seines Consulats die gewlinschte Provinz bewilligen solIten ; liber die Vergabe der proconsularischen Provinzen lieG aber bekanntlich Clodius seine Gefolgsleute in einern concilium ple bis entscheiden. 331 Auch Vatinius, ein politischer Freund des Clodius, bat diesen urn Hil fe, als er nach der lex Licinia et Iunia angeklagt war. 332 Die von ihrern patronalen Flihrer flir die Verhandlung aufgebotenen Clodianer insze nierten ein solches Chaos und stlirzten Sitzbanke und Abstirnrnungsur nen urn, so daG der Praetor Memmius und die Anklager die Flucht er griffen, und sogar die Verhandlungsleiter der benachbarten Gerichts hafe konsterniert ihre Tribunale verlieGen; der ProzeG des Vatinius wur de eingestellt. 333 Doch nicht nur fUr seine Freunde erwiesen sich die Clodianer als wertvolle und zuverlassige HeIfer, auch Clodius selbst rnuGte auf diese zurlickgreifen, als ihn Milo im J ahre 57 de vi anklagte. 334 Wahrend ihn irn Frlihjahr ein iustitium, das von seinen politischen Freunden verfligt worden war und u.a. Roms Gerichtsrnaschinerie auf Zeit lahrnlegte, vor einem Schuldspruch bewahtt hatte,335 versuchte er der erneuten Ankla ge irn Herbst des gleichen Jahres rnit anderen Mitteln zu begegnen. Da 329 330 331 332
Cic. ad Q. fr. 1.2.15. Sest. 18.
Gc. Sest. 18.
Siehe dazu S. 53.
Cic. Vatin. 33: ... sed appellarisne nominatim pestem illius anni, furiam patriae, tempesta tern rei publicae, Clodium. Vg!. ebd. 34. Sest. 135. Scho!. Bob. 140,150 St. 333 Cic. Vatin. 34. Sest. 135. 334 Cic. p. red. in sen. 19. Mil. 35,40. Sest. 88f. Att. 4.3.5. Dio 39.7.4. P1ut. Cic. 33.3. 335 Cic. Sest. 85.89. ad fam. 5.3.1. p. red. in sen. 6,19. p. red. ad Quir. 14. har. resp. 50. Zu Clodius' Prozessen im Jahre 57 vg!. Brunt: LCM 6, 227ft'.
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sich Clodius urn die AedilWit flir das J ahr 56 beworben hatte und nach gewonnener Wahl aufgrund der magistratischen Immunitat dem gericht lichen Zugriff seiner Gegner entzogen worden ware, gaIt es, eine Auf nahme des Gerichtsverfahrens vor den Magistratswahlen zu verhindern. Fur derartige Aufgaben waren seine Anhanger aber geradezu pradesti niert. Diese sorgten durch wiederholte und gezielte Einsatze flir das ge wunschte Ergebnis: u.a. versuchten sie das Haus des Anklagers Milo am Cermalus zu stiirmen und uberfielen auch Cicero, Milos Protektor und Forderer,336 urn nur kurze Zeit spater die Senatoren durch ihr lautes und bedrohliches Geschrei zur unfreiwilligen Beendigung ihrer Sitzung zu zwingen; in dieser stand bezeichnenderweise die Konstituierung der GerichtshOfe und die Verschiebung der Wahlen zur Debatte. 337 So kam es zu keiner ProzeBeroffnung; stattdessen wurde Clodius im J anuar des folgenden J ahres zum Aedil gewahlt. War bei den bisher geschilderten Aktionen die multitudo Clodiana, also die Clodianer als undifferenzierter Personenverband, aktiv gewor den, so sind wir auch daruber unterrichtet, daB einzelnen Anhangern des Clodius im Rahmen eines Gerichtsverfahrens ganz bestimmte und spezifische Aufgaben zugewiesen wurden. So begegnen uns mehrere Clodianer in verschiedenen Prozessen als Anklager oder Zeugen. Zunachst versuchte man von clodianischer Seite Q. Cicero mit einer Anklage de repetundis zu belangen, da sich dieser zum Leidwesen des Clodius intensiv urn die Ruckberufung seines Bruders aus dem Exil be muhte; als Anklager war dem Vernehmen nach C. Clodi filius auserse hen. 338 Ein ProzeB kam jedoch nicht zustande. Im Jahre 56 wurde P. Sestius von Cn. Nerius de ambitu und von M. Tullius gleichzeitig de vi angeklagt,339 wobei T. Claudius die Anklage wegen Gewaltverbrechen mitunterzeichnete;340 M. Tullius wurde als An klager vermutlich spater durch P. Albinovanus ersetzt. 341 Cicero als da maliger Verteidiger des Sestius ging ebenso wie die spatere Rezeptions geschichte davon aus, daB Clodius Hintermann und Organisator dieser 336 Cic. Att. 4.3.3: !lIe (Clodius) omnium vocibus cum se non ad iudicium sed ad supplicium praesens trudi l'ideret, omnis Catilinas Acidinos postea reddidit. Nam Milonis domum, eam quae <est in> Cermalo, prid. Id. Nov. expugnare et incendere ita conatus est ut palam hora quinta cum scutis homines et eductis gladiis. alios cum accensis facibus adduxerit. Sest. 85. 337 Cic. ad Q. fr. 2,1.2f. Siehe S. 90f. 338 Cic. Att. 3.17.1. Siehe dazu S. 166. 339 Cic. ad Q. fr. 2.3.5: A. d. llll Id. Febr. Sestius ab indice Cn. Nerio Pupinia <de> ambitu est postulatus et eodem die a quodam M. Tullio de vi. Is erat aeger. 340 Cic. Vatin. 3. 341 Scho!. Bob. 125 St. Vg!. Gruen: LGRR 30lf. Anm. 150.
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Die Politik des Clodius
Anklageerhehung war. 342 Dies bedeutet aber, daB die Anklager, wenn nicht im Auftrag des Clodius, so doch zumindest mit seinem Einver standnis ihre Anklagen eingereicht haben; insofern sind sie wohl als An hanger des Clodius anzusehen. Obwohl uns die Quellen lediglich P. Albi novanus als Gefolgsmann des Clodius vorstellen, dilrfen wir wohl auf grund folgender Uberlegungen davon ausgehen, daB auch die ilbrigen Personen zur Gruppe der Clodianer zu rechnen sind. Cn. Nerius wird beispielsweise von Cicero als index bezeichnet; da der Begriff an dieser Stelle gleichsam als Berufsbezeichnung verwandt wird, ist es wahrschein lich, daB Nerius schon frilher als Denunziant in Erscheinung getreten ist; diese seine Tatigkeit dilrfte ihn auch mit Clodius in Kontakt ge bracht haben; Clodius wurde namlich nachgesagt, wahrend seines Tri bunats alle indices freigelassen und fort an intensiv mit diesen Leuten zusammengearbeitet zu haben. 343 DaB der subscriptor T. Claudius in en ger Beziehung zu der Familie der Claudier gestanden hat, ist schon aus seinem Namen ersichtlich; da er offensichtlich kein nobilis war, darf man in ihm wohl einen Clienten der gens Claudia sehen. 344 Sestius wurde zwar freigesprochen, doch hielt Clodius an seiner Taktik unverandert fest. Nicht einmal einen Monat spater wurde ein Gerichts verfahren gegen M. Caelius erbffnet, und sowohl der Ablauf des Prozes ses als auch die beteiligten Personen lassen Clodius' Engagement sicht bar werden. 345 Anklager waren Sempronius Atratinus und L. Herennius Balbus, die beide mit Personen aus der Umgebung des Clodius verwandt waren. 346 Wahrend diese Personen aufgrund fehlender Belege schwerlich als Clodianer eingestuft werden k6nnen, trifft dies flir den Nebenklager P. Clodius durchaus zu; dieser hatte nach Ciceros Aussage bereits mehr mals vergeblich Anklagen eingereicht;347 sein Cognomen weist ihn ein 342 Seho!. Bob. 125 St.: Postquam tamen Cicero ab exilio rediit, accusare de vi P. Clodius Sextium coepit inmisso velut principe delation is P. Albinovano . .. 343 Cic. har. resp. 34: Sed quaero ab ilio qui omnis indices tribunus e carcere in forum effudit ... Sest. 95: ... munitus indicibus fuit . .. 344 Gruen: LGRR 30 If. Anm. 150. 345 Cic. Cael. 2: Etenim si attendere diligenter atque existimare vere de omni hac causa volu
eritis, sic constituetis, iudices, nee descensurum quemquam ad hanc accusationem fuisse cui utrum vellet liceret nee, cum descendisset, quicquam habiturum spei fuisse, nisi ali· cuius intolerabili libidine et nimis acerbo odio niteretur. 346 Atratinus war mit Gellius, einem engen Vertrauten des Clodius, verschwagert. Herennius war m6glicherweise mit C. Herennius verwandt. Vg!. Gruen: LGRR 307. Zu den beiden Clodianern siehe S. 160f., 174. 347 Cic. Cae!. 27: Nam P. Clodius, amicus meus, cum se gravissime vehementissimeque iactaret et omnia inflammatus ageret tristissimis verbis, voce maxima, tametsi probabam eius elo quentiam, tamen non pertimescebam; aliquot enim in causis eum videram frustra litigan tem.
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deutig als Mitglied oder Client der gens Clodia aus. 348 Trotz des Fehl sehlags - Caelius wurde ebenfalls freigesproehen - versuehte es die gens Clodia zwei J ahre spater erneut, Caelius geriehtlieh zu belangen. Pola Servius saUte dieses Mal die RoUe des Anklagers zufallen. 349 Da dieser im Jahre 50 im Namen des Ap. Claudius Pulcher wiederum gegen Caeli us Anklage erhob,350 kann man sowohl ihn als aueh den oben genannten P. Clodius als ,professioneUe' accusatores ansehen, die im Dienste und Auftrag ihrer jeweiligen Patrone tatig waren. Wie die Anklageerhebung so war aueh die Zeugenaussage eine ntitzli ehe Hilfsfunktion, die Clodius gem einigen seiner Anhanger tibertrug. Sehon wahrend des Bona dea-Prozesses benannte er C. Causinius Schola aus Interamna als Zeugen, der sein Alibi bestatigen sollte. 351 Urn seine Anklage gegen Milo zu untermauem, lief~ Clodius den ehemaligen Tri bunen Vatinius in den Zeugenstand treten;352 und im ProzeB gegen Se stius war dieser wiederum, gemeinsam mit Gellius, Zeuge der Anklage vertretung. 353 AIs Milo wegen der Ermordung des Clodius unter Anklage stand, wurde C. Causinius Sehola in den Zeugenstand berufen;354 Zeuge war aueh C. Clodius. 355 Bei all diesen Personen handelt es sieh urn Ver traute und Anhanger des Clodius. Die Anhanger des Clodius agierten vor Gerieht - abgesehen von eini gen Personen, die als Anklagevertreter oder Zeugen sozusagen offizielle Aufgaben versahen - meist als anonyme Masse, die Geriehtsverhandlun gen boykottierte, den ProzeBverlauf manipulierte, Verteidiger oder An klager einsehtiehterte und Riehterkollegien bei der Urteilsfindung naeh haltig beeinflu~te. Zwar gelang es Clodius nieht entseheidend, sich der Geriehte als eines politisehen Mittels zu bedienen, da diese zu eindeutig der Kantrolle seiner Gegner unterstanden, doeh war es ihm immerhin moglieh, dureh das engagierte und eouragierte Auftreten seiner Anhan ger seine eigene Verurteilung zu verhindem. Damit konnten aber die Geriehte im Falle des Clodius ihre Funktion als optimatisehe Kontroll instanz nieht erftillen, die sie ansonsten gegen einzelne nobiles, die die Adelssolidaritat zu sprengen drohten, erfolgreich austibten. Die Karriere 348 Grnen: LGRR 307. 349 Cle. ad Q. fr. 2.12(11).2: Vereor ne homo taeter et ferns, Pola Servius, ad accusationem veniat; nam noster Caelius va/de oppugnatur a gente Clodia. 350 Cle. ad fam. 8.12.2f.
351 Cle. Att. 2.1.5. MU. 46. Aseon. 49 C. Plut. Cle. 29.10. Sehol. Bob. 85 St.
352 Cle. Vatln. 40,42. Sehol. Bob. 151 St.
353 Vatinius: Cle. ad Q. fr. 2.4.1. Sest. 135. Sehol. Bob. 125 St. Gellius: Cle. Vatin. 4.
354 Cic. Mil. 46. Aseon. 40 C.
355 Cle. Mil. 46.
98
Die Politik des Clodius
des Clodius und seine politische Machtposition waren jedenfalls auf dem konventionellen Weg einer gerichtliehen Anklage nieht zu ersehtit tern. 356 Deshalb wurde seine Ermordung von seinen Gegnern sehon fruh ins Auge gefaBt und kann gleiehsam als letzte Verzweiflungstat seiner politisehen Gegner gewertet werden, sich dieses machtigen und volks ttimliehen Mannes zu entledigen. 357
3.3.2.4. ludi
Neben den Volksversammlungen und Geriehtsverhandlungen konnte die Plebs aueh wiihrend der Theaterspiele und Gladiatorenkampfe ihrer Meinung bei den maBgebenden Politikern Beaehtung verschaffen. Nieht nur die AuffUhrung und Ausstattung der Spiele war ftir die weitere poli tisehe Karriere von aussehlaggebender Bedeutung; die in den Theater arenen versammelte Menge fungierte zudem als Meinungs- und Stim mungsbarometer, indem sie anwesende Politiker mit Unmuts- oder Bei fallsbekundungen bedachte und sieh zu aktuellen politisehen Fragen auBerte. 358 Deshalb waren Theater und Circus fUr Clodius' bffentlieh keitsarbeit interessant und boten sieh als Schauplatze ftir politisehe De monstrationen der Clodianer geradezu an. Aus den 50er Jahren sind wir tiber einige Theaterveranstaltungen unterriehtet, die von Clodius und seinen Anhangern zu derartigen Kundgebungen genutzt wurden. So nahmen die Protestdemonstrationen gegen die Getreideknappheit und Teuerung im Sommer 57 ihren Ausgang im Theater. Dort braehte die versammelte Mensehenmenge, vielleieht dureh den aktualisierten Vortrag der Sehauspieler stimuliert, ihren Unmut tiber die Versorgungs lage so lautstark zum Ausdruck, daB die Veranstaltung sehlie£lieh abge broehen werden muBte;359 es ist nicht auszuschlieBen, daB die Menge bestimmte Politiker namentlieh fUr den VersorgungsengpaB verantwort lieh maehte. Ahnliehes dtirfte sieh aueh wahrend der ludi Romani abge spielt haben. 360
356 Cic. p. red. in sen. 19. Sest. 89. 357 Cic. Att. 4.3.5: reum Publium, nisi ante occisus erit, fore a Milone puto; si se in turba ei iam obtulerit, occisum iri ab ipso Milone video. Non dubitat facere, prae se fert ... Vg!. har. resp. 6. 358 Siche dazu S. 29f. Anm. 59. 359 Ascon. 48 C: Is (L. Caecilius Rufus) cum faceret ludos Apollinares, ita infima coacta mul· titudo annonae caritate tumultuata est ut omnes qui in theatro spectandi causa conse· derant pellerentur. Siehe dazu S. 111 f. 360 Siche dazu S. 112[.
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Im folgenden J ahr ereignete sich ein spektakuHirer ZwischenfaIl wah rend der ludi Megalenses. Damals vertrieb die clodianische Gefolgschaft zunachst die Zuschauer aus dem Theater, urn sich am folgenden Tag der Btihne selbst zu bemachtigen. 361 Es ist nun durchaus vorsteIlbar, da~ die Clodianer die Theaterspiele in eigener Regie durchfUhrten und in poli tische Propagandaveranstaltungen fUr Clodius, den Schirmherm der Spiele, umwandelten. Bei ihrem Sturm auf das Theater scheinen sie zu dem einzelne Politiker und deren Politik in diffamierenden Sprechcho ren verspottet zu haben; dies mag jedenfaIls Ciceros Beschreibung der Clodianer als multitudo servorum eludentium implizit andeuten. 362 Clodius verstand es also, Theater- und Circusspiele geschickt und rou tiniert zur Beeinflussung und Manipulation der offentlichen Meinung zu nutzen. Durch die Teilnahme seiner Anhanger war es ihm leicht mog lich, derartige Veranstaltungen in Offentlichkeitswirksame Propaganda demonstrationen fUr seine Politik umzuwandeln. Die Clodianer waren standig im Interesse ihres patronalen Ftihrers tatig und an den Brennpunkten des politischen Geschehens zugegen. So konnte Clodius seine gesetzlichen Vorhaben in der Volksversammlung verabschieden lassen, da diese von seinen Anhangem kontrolliert WUf de. Indem die clodianische Gefolgschaft vor Gericht auftrat, verhinderte sie die Verurteilung des Clodius. Durch Protestdemonstrationen im Theater beeinflu~ten die Clodianer schlie~lich das politische Klima in Rom im Sinne des Clodius.
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3.3.2.5, Die Vertrauenspositionen einzelner Clodianer Haben wir uns bisher auf die Aktionen der manus Clodiana in der Of fentlichkeit konzentriert, so soIlen im folgenden einzelne Anhanger des Clodius im Mittelpunkt der Untersuchung stehen. Diesen wurden spezi fische Aufgaben zugewiesen, die sie im Interesse des Clodius im privaten und staatlichen Bereich zu erfUIlen hatten. Es war am Ende der Republik keine Seltenheit, da~ sich romische Magistrate ihre Subaltembeamten aus der eigenen Clientel auswahlten. So fungierten die Freigelassenen des Tib. Gracchus als seine Amtsdie ner;363 nach der Amtsenthebung des Octavius lie~ jener sogar einen ge 361 Cic, har. resp. 22-26. Siehe dazu S. 113f.
362 Cic. har. resp. 22.
363 PIut. Tib. Gracch. 12.4. Da PIutarch eigens darauf hinweist, da~ Tiberius seine eigenen
FreigeIassenen aIs Arntsdiener einsetzte, ist anzunehrnen, dill es sich urn eine Neuerung, zurnindest aber urn eine ungewohnliche Millnahrne des Tribunen handelte.
100
Die Politik des Clodius
wissen Mucius, 1TE"Aarr/V aVTofJ, an dessen Stelle zum Tribun wahlen. 364 Auch Clodius besetzte einzelne Vertrauenspositionen mit Leuten aus seiner naheren Umgebung. Vor allem der Getreideversorgung mu~te Clodius seine besondere Aufmerksamkeit schenken, da sein Name und seine politische Flihrungs stellung aufs engste mit der regelma~igen Verteilung der kostenlosen Getreiderationen verknlipft waren. Deshalb lie~ er Sex. Clodius/Cloelius die Oberaufsicht (iber "omne frumentum privatum et publicum, omnis provincias frumentarias, omnis mancipes, omnis horreorum clavis"365 libertragen, so da~ dieser sozusagen zum Revisor der romischen Getrei deversorgung avancierte. Wenn er auch nicht als "Procurator" bezeich net werden darf, wie dies Schneider unbedenklich tut,366 so kann man doch davon ausgehen, da~ der Vertraute des Clodius die res frumenta ria verwaltete und staatliche Vollmachten besa~, die ihm auf gesetzli chem Weg verliehen worden waren. 367 Als apparitor wird uns Damio, libertus Clodi, vorgestellt;368 mogli cherweise war er in dieser Eigenschaft unter Clodius' Tribunat viator. 369 Bei den beiden Schreibem, die Clodius Cato bei seiner Mission nach Cy pem als offizielle Gehilfen zur VerfUgung stellte, "von denen der eine ein Dieb und Erzschurke, der andere ein Client des Clodius war", 3';Q dlirfte es sich ebenfalls urn apparitores gehandelt haben; diese sollten vermutlich im Auftrag des Clodius die AmtsfUhrung des Cato kontrollie ren. 371 Aufgrund der Bedeutung, die den collegia als organisatorischen Ba siseinheiten der c10dianischen Gefolgschaft zukam, war es fUr Clodius vorteilhaft, einige magistri collegiorum zu seinen engsten Vertrauten 364 Plut. Tib. Gracch. 13.2. Vg!. Rouland: PPDR 338. Auch M. Livius Drusus machte einige seiner Freigelassenen zu Amtsdienern (Flor. epit. 2.17.8. Va!. Max. 9.5.2). 365 Cic. dom. 25. 366 Schneider: WuP 382. 367 Cic. dom. 25[ Vg!. Nicolet: CRAI 1980, 283[ Flambard irrt zweifellos, wenn er u.a. schreibt; ... "Sex. Clodius n'exercait aucune fonction officielle" MEFRA 89.1, 147 Anm. 123). 368 Ascon. 46[ C. 369 Nowak 116. 370 Plut. Cat. min. 34.6. 371 Daf.) die beiden einen soJchen Auftrag hatten, bestiitigt vielleicht Ciceros Korrespondenz; er berichtet seinem Freund Atticus liber seinen Freigelassenen Hilarus folgendes; "Liber tum ego habeo sane nequam hominem, Hilarum dico, ratiocinatorem et clientem tuum. De eo mihi Valerius interpres nuntiat, Thyillusque se audisse scribit haec, esse hominem cum Antonio: Antonium porro in cogendis pecuniis dictitare partem mihi quaeri et a me cus todem communis quaestus libertum esse missum. Non sum mediocriter commotus neque tamen credidi, sed certe aliquid sermonis [uit". (Att. 1.12.2).
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zahlen zu konnen. Den Posten eines magister collegii versahen beispiels weise Sex. Clodius/Cloelius und Decimus, die uns gleichfalls als duces operarum bekannt sind. Au~er diesen offiziellen Funktionstragem sind wir tiber die Tatigkeit einze1ner Clodianer unterrichtet, die von diesen eher in ihrer Eigen schaft als Privatpersonen ausgeflihrt wurde. Cicero bezeichnet Sex. Clo dius/Cloelius an einigen Stellen als seriptor legum und consiliarius des Clodius; dieser war also an den Beratungen tiber das c10dianische Ge setzgebungswerk beteiligt und redigierte die Gesetzesantrage; so verfa~ te er u.a. das gegen Cicero gerichtete Exilierungsgesetz 372 und die Schuld vertrage mit den Byzantinem und Brogitarus;3'73 vielleicht nahm er auch an der Beratung und Abfassung der Gesetze teil, die Clodius wah rend seiner Praetur zu erlassen gedachte. 3,;>\ Um nicht in den Verdacht zu kommen, die Exilierung Ciceros und die Konfiskation seines Eigentums aus eigenntitzigen Motiven betrieben zu haben, schob Clodius Vettius Seato aus dem Marserland als Stroh mann vor; dieser sollte Ciceros Villa in seinem Auftrag kaufen. 375 Einer eher alltaglichen Aufgabe kamen C. Clodius, P. Pomponius und C. Cau sinius Schola nach; sie begleiteten Clodius auf seiner ,letzten Reise' nach Aricia. 376 Indem Clodius Positionen und Funktionen im staatlichen Bereich (res [rumen taria, magistrO, die flir den Bestand und die Effizienz seiner Gefolgschaft von hochster Wichtigkeit waren, seinen eigenen Anhangem tiberantwortete, konnte er sich gegen Eingriffe seiner politischen Gegner wirksam absichem. Durch diese personalpolitischen Entscheidungen ge lang es ihm, seine individuellen Wtinsche auf privater und staatlicher Ebene leichter durchzusetzen. Diese Taktik, zur Sicherung des eigenen Einflusses wichtige Schltisselpositionen an Leute seines Vertrauens zu verge ben, deutet auf die Machtsicherungspolitik der spateren Principes hin, die ebenfalls wichtige Amter ihren Freigelassenen zuwiesen.
2r u.a. - Anm.
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101
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Cic. dom. 47f.,83. Sest. 133.
Cic. dom. 129. Vg!. allgemein: Cic. har. resp. 11. Ascon. 33 C.
Cic. Mi!. 33.
Cic. dom. 116: Posuit Scatonem ilium, ... ut is ... aedis in Palatio nobilissimas emisse se
diceret. 376 Cic. Mi!. 46. Ascon. 31 C: Erant cum Clodio praeterea tres comites eius, ex quibus eques Romanus unus C. Causinius Schola, duo de plebe noti homines P. Pompon ius, C. Clodius.
102
Die Politik des Clodius
3.3.3. Das Bindungsverhdltnis zwischen Clodius und seinen Anhiingern Es waren schon vie1e bekannte und beruhmte Personen in Rom unter groBer Anteilnahme der Beva1kerung beigesetzt worden. Diese ubliche Art der Beileidsbezeugung bestand meist darin, daB der kleine Mann den Tod seines ad ligen Mitburgers pflichtgemaB zur Kenntnis nahm und nur, wenn er als Client persanlich betroffen war, durfte er auch emotio nal starker engagiert gewesen sein; in der Regel kam man seiner Trauer pflicht nach, und so degenerierten die Bestattungen namhafter Persan lichkeiten zu zeremoniellen Akten einer formellen, aber ideell nichtssa genden Ehrerbietung und Wertschatzung, wie sie uns auch heutzutage noch bei Staatsbegrabnissen bekannter Monarchen und Politiker begeg nen. Selbst das Begrabnis von Sulla, pompas und eindrucksvoll auf grund der Mitwirkung der 10 000 cornelischen Freigelassenen, war in dieser Beziehung keine Ausnahme und vermittelte ebenfalls diesen Ein druck eines offiziellen Staatsaktes, eines bezuglich der Teilnehmerzahl zwar auBergewahnlichen, aber gemessen an seinem Verlauf doch nor malen Leichenbegangnisses. Wie anders verhielt sich dagegen die plebs urbana nach der Bekannt gabe von Clodius' Ermordung. Noch am gleichen Abend versammelte sich eine maxima multitudo infimae plebis et servorum im Hause des Clodius auf dem Palatin, in dessen Vorhalle der Ermordete aufgebahrt worden war;377 gleichzeitig fand sich eine groBe Menge auf dem Forum ein und verbrachte aus Furcht und Verzweiflung die Nacht unter freiem Himmel. 378 Am folgenden Tag trug die Volksmenge unter Fuhrung eini ger Volkstribunen (T. Munatius Plancus Bursa, Q. Pompeius Rufus) und Freunde des Clodius (Sex. Clodius/Cloelius) den Leichnam zu den Ro stren, urn ihn sodann mitsamt der Curie zu verbrennen?i9 AnschlieBend versuchte die Clodiana multitudo das Haus des Interrex M. Lepidus und des T. Annius MHo zu stiirmen, 3!lJ trug dann die fasces, die man aus dem Rain der Libertina geraubt hatte, zunachst zu den Bewerbern urn das Consulat, P. Plautius Hypsaeus und Q. Metellus Scipio, schlieBlich zu Pompeius und rief diesen bald zum Consul, bald zum Dictator aus. 381 Mag diese Schilderung auch auf den ersten Blick an einen unkontrollier 377 Aseon. 32 C. 378 App. dv. 2.21. Aueh naeh der Hinriehtung der Catilinarier verbraehte ein Teil der plebs urbana die Naeht auf dem Marktplatz (Plut. Cie. 22.2). 379 Aseon. 3lf., C. App. dv. 2.21. Dio 40.19.1f. Cie. Mil. 86, 90. Sehol. Bob. 11lf. St. Liv. perioeh. 107. 380 Ascon. 33 C. Dio 40.49.3. 381 Aseon. 33 C.
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ten und chaotischen Ausbruch bUnder Volkswut erinnem, so fordert uns Dios Kommentierung dieser Vorfalle doch zu einer vorsichtigeren Beurteilung auf; jener macht namlich, von der Beispiellosigkeit dieser Ereignisse sichtlich uberrascht und unfahig, Verlaufund Zie! der Aktio nen riehtig begreifen und einordnen zu konnen, zum Verhalten der Volksmenge folgende Bemerkung: "OIJTW TE oux OPJ1f1 TLVL, oLa 1TOV TOVC;
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Demnach handelte es sich wohl eher "urn eine wohlkalkulierte Ak tion",383 die in ihrer bemerkenswerten Verbindung von versuehter Selbstjustiz an dem vermeintliehen Morder, rauberischer Aggressivitat gegenuber einer wohlhabenden Obersehieht und bewuBter EinfluBnah me auf die weitere politisehe Entwicklung einzigartig ist und uber den zeremoniellen Charakter und geordneten Verlauf eines herkommlichen Leichenbegangnisses weit hinausweist. 384 Hier wird, wie Nippel richtig feststellt, "eine affektive Bindung an eine einzelne Person deutlich, wel che die bisher ublichen Dimensionen von Popularitat erheblieh tiber schreitet".385 Obwohl das Beziehungsverhaltnis zwisehen Clodius und seinen An hangem ein interpersonales war, und deshalb seine Erklarung vomehm lieh eine psychoanalytische Betraehtungsweise zu erfordem seheint, muB zu einer solchen Vorgehensweise folgendes kritisch angemerkt wer den. Die vom Historismus und seinen Vertretern aufgestellte Behaup tung, daB "nichts, was den mensehlichen Geist bewegt und sinnliehen Ausdruck gefunden hat, . . . nicht verstanden werden konnte",386 ba siert auf einem anthropologisehen Verstandnis, welches in dem Sinne statisch war, "daB sie (Anthropologie des Historismus) trotz allem In teresse an Evolution eine gleichbleibende Struktur der Empfindungs und Ausdrueksweisen, der Impulse und des Denkens voraussetzte";387 diese Verstehenslehreunterstellte unbewuBt "eine Gleiehartigkeit der Denkmuster und Reaktionsweisen uber die Jahrhunderte hinweg",388 wie sie die historisehe Bedingtheit mensehlicher Verhaltensweisen und
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382 Dio 40.49.3. Vg!. App. civ. 2.2lf.
383 Nippel: Handarbeit 87.
384 Das Leichenbegiingnis des Clodius ist nur mit den Vorfiillen nach Caesars Ermordnung zu
vergleichen (Plut. Caes. 68.1. Ant. 14.4. Brut. 20.4). 385 Nippel: Handarbeit 89. 386 Droysen 26. Vg!. Burckhardt 9. 387 Wehler 89. 388 Ebd. 90. Dies gilt zweifellos fUr die einzelnen Grundantriebe des Menschen, die gleich blei ben, jedoch entsprechend den jeweils herrschenden historischen Gegebenheiten unter schiedJiche Aktions- und Verhaltensweisen hervorrufen.
104
Die Politik des Clodius
Denkkategorien nur schwerlich zuHiBt. So sollten nicht die individuellen Motive Hauptinteresse der Forschung sein, sondern die gesellschaftlich politischen Antriebskrafte und Einflilsse herauszuarbeiten, ist "sowohl wissenschaftlich wichtiger und reizvoller als auch von der <{politischen Padagogik;il> her'<389 erstrebenswerter. Dies gilt jedoch in noch groBerer AusschlieBlichkeit fUr den Bereich der Alten Geschichte und speziell fUr die Problemstellung dieser Arbeit. Bevor wir namlich zu erklaren su chen, was die Clodianer an die Person des Clodius band, was diesen in den Augen seiner Anhanger zum "leading champion"390 werden lieB, milssen folgende Vorbemerkungen gemacht werden. Es ist unmoglich, die Motive, die den einzelnen Clodianer zu einer Bindung an Clodius be stimmt haben mogen, ausfindig zu machen, da uns die Clodianer in den Quellen nur als undifferenzierte und anonyme Masse entgegentreten; in folgedessen lassen sich individualpsychologische Untersuchungen ilber haupt nicht durchfUhren. Insofern wir jedoch gezwungen sind, die Clo dianer in ihrer Gesamtheit zu betrachten, kann uns ausschlieBlich die Kollektivmentalitat und der Sozialcharakter der Clodianer von Nutzen sein, wenn wir unsere Frage nach dem Bindungsverhaltnis beantworten wollen. Geisteshaltung und Eigenart einer amorphen Menschenmenge lassen sich aber am genauesten bestimmen, wenn man sie aus ihrem Handeln und Verhalten in bestimmten politischen und wirtschaftlichen Situationen zu deduzieren sucht. War die Intensitat eines personalen Be ziehungsverhaltnisses situationsabhangig, weil die politischen, wirt schaftlichen und gesellschaftlichen Ereignisse den Hintergrund und die Rahmenbedingungen fUr jedes Bindungsverhiiltnis bildeter1, so war dessen Dauerhaftigkeit personengebunden; d.h. Clodius war bestandig die einzige Bezugsperson fUr seine Anhanger, solange er seiner Filhrungs stellung gerecht werden und sich das Vertrauen seiner Gefolgsleute be wahren konnte. Wir milssen also versuchen, die Besonderheit des clodianischen Bindungsverhiiltnisses und die Andersartigkeit der Popu laritat des Clodius auf dem Hintergrund der politischen, wirtschaftli chen und sozialen Bedingungen der spaten romischen Republik heraus zuarbeiten, urn die aus der Sicht der Quellen unfaBbare Reaktion der stadtromischen Bevolkerung auf die Ermordung des Clodius vielleicht erklaren zu konnen. Dabei sind insbesondere folgende Charakteristika zu nennen: 1. Die plebs urbana diente immer wieder ehrgeizigen Politikern als wich tige Hilfstruppe, urn ihre personlichen Interessen durchzusetzen. In der 389 Ebd. 103,107. 390 Gruen: Phoenix 20,128.
Die Clodianer: eine denaturierte Clientel
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105
Regel waren es populare Volkstribunen, die wahrend ihrer Amtszeit aus politischen Ambitionen aktuelle Fragen und Themen aufgriffen und zu den ihren machten; ihre Zusammenarbeit mit der Plebs blieb allerdings auf das Tribunatsjahr beschrankt; zudem war die plebs urbana nur eine von vielen sozialen Gruppen, die van den Tribunen umworben wur den. 391 Hier nun stellte die Politik des Clodius eine wichtige Neuerung der popularen Methode dar und machte diesen zu einer Ausnahmeer scheinung unter den popularen Politikern der ausgehenden Republik. Clodius' bewuBte Fixierung auf die plebs urbana lieB diese zum alleini gen Partner und Objekt seiner Politik werden; nicht nur wahrend seines Tribunatsjahres basierte seine Macht und sein EinfluB auf der Unter stutzung weiter Teile der plebs urbana. sondern die politisch organisier te stadtromische Bevolkerung als dauernde Machtbasis wurde zum Kon stitutivum clodianischer Politik; es war dieser Tatbestand, der Cicero resigniert feststellen lie6: ... "qui (Clodius) etiam privatus eadem manu poterit contiones concitare ". 392 2. Indem Clodius die Gewalttaigkeiten seiner Anhanger duldete, ja sie sogar zu gewaltsamen Ausschreitungen aufrief, wurde der plebs urbana durch diese Proletarisierung der Politik eine eigene und ihr spezifische Moglichkeit der politischen Artikulation zugestanden, die aufgrund ihrer Radikalitat und Andersartigkeit den Widerspruch der fiihrenden Senatskreise herausforderte und die politische Auseinandersetzung qua litativ veranderte, da diese teilweise aus dem Bereich des regularen poli tischen Prozesses herausgenommen und den Formen direkter Demokra tie oder Ochlokratie unterworfen wurde. In diesen gewaltsamen Ak tionsformen waren aber Strukturen angelegt, "die potentiell die Bin dung an eine einzelne Person uberdauern konnten".393 Die Gewaltsam keit als politisches Mittel wurde Kennzeichen und Ausdrucksform einer eigensHindigen politischen ,Kultur' der plebs urbana. Durch die dauern de Gewaltanwendung wurde ferner eine Zersplitterung der verschiede nen Gruppierungen, aus denen sich die clodianische Gefolgschaft zu sammensetzte, verhindert und somit eine ,negative Solidaritat' geschaf fen;394 indem man sich gemeinsam ins Unrecht setzte, wurde man gleichsam zu einer Schwurgemeinschaft wider Willen, und zudem den
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391 Dazu Yavetz: "Ce qui caracterise ces hommes, c'est justement le fait qu'ils ont essaye, en promulguant des lois diverses, de se concilier la faveur de groupes dont les interets etaient opposes" (CNRS 1970, 152). 392 Cic. ad Q. fr. 1.4.3. Vg!. Lintott: VRR 196. 393 Nippel: Handarbeit 87. 394 Ebd. 88. Lintott: VRR 10,197.
106
Die Politik des Clodius
Gesetzmaf~igkeiten und
der Eigendynamik dieser Gewaltsamkeit ausge
395
setzt. 3. Da die regierenden Adelskreise in der Regel nur dann die wirtschaft liche Notlage der plebs urbana zum Gegenstand ihrer Politik machten, wenn es infolge von Getreidemangel zu Hungerrevolten gekommen war, blieben die wirtschaftlichen und sozialen Belange der Unterschicht von der offiziellen Politik unbeachtet; es gab keine staatliche Fiirsorge politik. Indern sich Clodius ganz gezielt dieser Fragen annahm und sie einer Lasung zuzuflihren suchte, avancierte er zum Fiirsprecher der plebs urbana und wurde sozusagen ihr Interessenvertreter. 396 Aufgrund dieses Selbstverstandnisses war Clodius flir den Lebensunterhalt seiner Anhanger verantwortlich: durch die lex annonaria und sonstige Vergiin stigungen 397 gab er dem Bindungsverhiiltnis im Gegensatz zu seinen po pularen Vorgangern eine dauerhafte materielle Basis, die fortan das per sanliche Element und die persanliche Kommunikation zwischen Fiihrer und Gefolgsleuten ersetzte, nicht aber die affektive und emotionale Bindung an seine Person aufhob, sondern gleichsam Voraussetzung und Giiltigkeitserweis derselben war. Deshalb hat der Kommentator in den Scholia Bobiensia die Hoffnungslosigkeit der Clodianer nach der Ermor dung ihres patronalen Fiihrers wohl durchaus richtig nachempfunden und erklart, wenn er schreibt: "Adlato etiam cadavere nobilissimi sena toris et popularis viri, post denique iniecto in curiam Hostiliam faces subiectae sunt ab turbulenta et sordida multitudine, cui et vita P. Clodi nimium fructuosa in praeteritum fuerat et tunc mors acerba erat ".398 4. Um ihrem Wohltater die gebiihrende Ehre zu erweisen, wurde Clodius nicht nur innerhalb der Stadtmauern verbrannt, sondern er sollte auch dort beigesetzt werden;399 diesen Wunsch der Clodianer formulierte der Tribun Q. Pompeius Rufus in einer contio: "Milo dedit quem in curia cremaretis: dabit quem in Capitolio sepeliatis ". 400 Eine Beerdigung in der Stadt war nach Cicero nur gestattet "aut eos quibus hoc ante hanc legem virtutis causa tributum est, ut Poplicolae, et Tuberto, quod eorum posteri iure tenuerunt, aut eos si qui hoc ut C. Fabricius virtu tis causa soluti legibus consecuti sunt':40! Mit der Beisetzung auf dem 395 Cic. Mil. 3: Unum genus est adversum infestumque nobis eorum quos P. Clodi furor rapinis et incendiis et omnibus exitUs publicis pavit ... 396 Cic. Mi!. 95: Plebem et infimam multitudinem, quae P. Clodio duce fortunis vestris immi nebat, eam . .. suam se fecisse commemorat . .. Vg!. har. resp. 57. Dazu Brunt: Mob 306f. ders.: SCRR 137. Nicolet: Conquete 227,235. Christ: Krise 308. Nippel: Handarbeit 8lf. 397 Siehe dazu S. 119 ff.
398 Schol. Bob. II1f. St.
399 Zum Verbot der Bestattung in der Stadt vg!. Cic. leg. 2.58.
400 Ascon. 51 C.
401 Cic. leg. 2.58.
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107
Capitol ware Clodius eine Ehre und ein Privileg zuteil geworden, das in seiner Bedeutung an den Heroenkult der Stadtegrlinder und Wohltiiter erinnert, wie er uns aus griechischen Stadten bekannt ist. Von daher wird es verstandlich, da£) Clodius auch in der Folgezeit das Identifikationsobjekt der stadtrbmischen Masse blieb. Nicht einmal Caesar wagte es, Milo, den Mbrder des Clodius, aus der Verbannung zu rlickzurufen. 402 Im J ahre 47 war es Ciceros Schwiegersohn P. Cornelius Dolabella, der Clodius' Sympathien bei der plebs urbana fUr sich zu ge winnen hoffte, indem er versprach, eine Statue des beliebten Tribunen aufzustellen. 403 Als einige Jahre spater ein gewisser Trebellius Calca mit der Nachricht, er sei Clodius, an die bffentlichkeit trat und deshalb ,sei ne' Guter zurtickverlangte, wurde die Plebs in hbchste Aufregung ver setzt und untersttitzte dessen Forderung vor Gericht. 404 Bei der Ermor dung Ciceros war es bezeichnenderweise ein Schuhmacher, 1T€ACLTT/C; KAWD iou, der Cicero an seine Verfolger verriet und seinen Patron rach te. 40S Zwar bewahrte die plebs urbana auch in vergangener Zeit seinen ver meintlichen Vorkampfern (Gracchen, Marius, Catilina) ein dauerhaftes Andenken und lie£) ihnen zum Teil sogar eine nahezu gbttliche Vereh rung zukommen,«J6 doch scheint dies im Falle des Clodius eine andere Qualitat zu haben. Man gewinnt namlich den Eindruck, da£) die plebs urbana uber die emotionale Bindung hinaus mit der Person des Clodius bestimmte Erwartungen und Hoffnungen verknupfte, die sein ,persona les' Wiedererscheinen zu einem Politikum werden lie~: die Person des Clodius stand fUr die materielle Absicherung der stadtrbmischen Bevbl kerung und ihre Etablierung als entscheidende politische Kraft in Rom. In der Person des Clodius verkorperten sich geradezu die politischen, wirtschaftlichen undsozialen Wlinsche der stadtrbmischen Unter schicht;407 deren Realisierung war jedoch fur die plebs urbana so aus schlie~lich an den Politiker Clodius gebunden, da£) seine Ermordung fUr sie das Ende dieser politischen Konzeption bedeuten mu~te, falls sie nicht einen anderen Fursprecher finden konnte. Deshalb suchte sie un ter den damals einflu~reichsten Politikern einen ,neuen und zweiten 402 App. dv. 2.48. Dio 41.36.2,42.24.2. Vg!. Yavetz: Caesar 67. 403 Cic. Att. 11.23.3: Nunc quidem ipse videtur denuntiare; audimus enim de statua Clodi. Generumne nostrum potissimum vel hoc vel t{lbulas novas? 404 Va!. Max. 9.15.5.
405 App. civ. 4.19.
406 An den tiffentlichen Pliitzen stellte man die Statuen der beiden Gracchen auf, und an dem
art, wo sie ermordet worden waren, wurden ihnen Opfer dargebracht (Plut. C. Gracch. 18.2. Vg!. v. Premerstein: Prinzipat 88). 407 Hahn 130.
108
Die Politik des Clodius
Clodius', da eine eigenstandige Wahmehmung ihrer Interessen fUr die stadtische Plebs undenkbar war; darin zeigte sich die Ohnmacht der ,machtigen' plebs urbana.
3.4. DIE METHODE UND ZIELSETZUNG CLODIANISCHER POLITIK
Nach der Beschreibung der c10dianischen Cliente1 wenden wir uns nun wieder der Person des C10dius zu. Im Mitte1punkt der fo1genden Untersuchung stehen die po1itischen Ereignisse aus den 50er Jahren, die C10dius direkt betrafen oder aber indirekt seine pers6n1ichen Entschei dungen beeinfluf.)ten. Dabei darf aufgrund unserer bisher gewonnenen Erkenntnisse davon ausgegangen werden, daf.) C10dius bei all seinen poli tischen Aktivitaten seine Machtbasis beriicksichtigen muf.)te; die Riick bindung an die plebs urbana war Grunderfordemis c10dianischer Po1itik. Unter Beachtung dieser Pramisse sollen die po1itische Methode des C10 dius ana1ysiert und seine politischen Vorhaben beurteilt werden. 3.4.1. Die Strukture1emente c10dianischer Politik
3.4.1.1. Die contionale Politik Fiir den popu1aren Po1itiker waren die Offentlichen Versamm1ungen des Volkes das wichtigste po1itische Forum. So iiberrascht es nicht, daf.) auch C10dius contiones einberief; einzigartig sind jedoch die Kon stanz und Haufigkeit, mit welcher er sich dieses po1itischen Mediums bediente. 408 Daf.) jener zwei Tage 1ang keine contio abgehalten hatte, hielt Cicero fUr so bemerkenswert und ungew6hnlich, daf.) er es seinem Freund Atticus eigens mitteilte;409 so ausschlie:f.)lich und fanatisch nahm C10dius die Rostren fUr sich in Anspruch, daf.) ihn Cicero mit der alles verschlingenden Scylla vergleicht. 41O Das Prinzip der bffent1ichkeit der Politik erhielt durch Clodius geradezu programmatischen Charakter. Wie seine popu1aren Vorganger sah auch C10dius in den contiones zu nachst ein Hi1fsmitte1 zur politischen Beeinflussung und ein Propagan dainstrument, doch benutzte er sie in zunehmendem Ma:f.)e , urn oppo sitionelle Po1itiker einzuschiichtern. 411 408 Cic. Sest. 42. p. red. in sen. 20. har. resp. 8,46,49,59. Mil. 27. Att. 2.22.2,4.3.4. ad Q. fr. 1.4.3. ad. fam. 5.3.1,13.6.1. 409 Cic. Att. 4.3.4. 410 Cic. hilI. resp. 59. 411 Nippel: Handarbeit 84. Hahn 137.
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109
lm Gegensatz zur Mehrzahl der frliheren Tribunen flihlte sich Clodius weder an tradierte Verhaltensweisen noch an die allgemein anerkannten und bisher weitgehend beachteten Regeln der politischen Auseinander setzung gebunden. So wei~ uns beispielsweise Dio zu berichten, da~ Clodius en tgegen dem vorangegangenen Sena tsbeschlu~ E/J rfl Kal'JT/ KOVOT/ oroAn vor die versammelte Menge getreten sei;412 auch andere Schriftsteller wunderten sich liber das vulgare und ordinare Verhalten und Auftreten des Tribunen. 413 lnsbesondere verunsicherten die von Clodius inszenierten altercationes seine politischen Gegner, da jene dieser unkonventionellen Art des politischen Streitgespraches zumeist nicht gewachsen waren. 414 Diese ,Plebejisierung' der politischen Um gangsformen erinnert an die Phase der attischen Demokratie, als Leute wie Kleon Einflu~ auf die Volksversammlungen und die offizielle Politik gewannen, indem sie sich in Aussehen und Sprache an ihrem Publikum orientierten. 415 Auch in der Auswahl der Verhandlungsgegenstande und der Zielset zung der contiones ging Clodius eigene und eigenwillige Wege. Urn dem politischen Entscheidungsproze~ gro~ere Transparenz zu verleihen und ihn in unmittelbare Abhangigkeit von der Volksmeinung zu bringen, stellte er hohe Magistrate in der contio zur Rede 416 und scheute sich nicht, Protokolle und Entscheidungen des Senats oder der Priesterkolle gien vor dem Yolk zu verlesen. 417 Da Clodius seine Anhanger dazu liber reden wollte, das Heiligtum der Libertas vor dem Zugriff seines recht ma~igen Besitzers zu schlitzen, erklarte er in einer contio - bewu~t die Unwahrheit sagend -, die Pontifices hatten in dieser Angelegenheit in seinem Sinne entschieden. 418 Eine so manipulierte Menge war durchaus zu gewalttatigen Formen der Meinungsau~erungzu bewegen, wenn man ihr ein Bauwerk oder Haus als Ziel einer Vergeltungsaktion anbot;419 die contio war in diesen Fallen Ausgangspunkt flir direkte Aktionen. 412 Dio 39.29.l. 413 Vell. 2.45.1: P. Clodius . .. quique dicendi neque faciendi ullum nisi quem vellet nosset modum legem in tribunatu tulit . .. Vgl. Plut. Pomp. 48.6. Cic. 28.1. Lue. 34.1f. Dio 36.14.4. Sail. hist. 5.12. 414 Siehe dazu S. 84 • 415 Connor 9lff. 416 Cie. p. red. in sen. 13. 417 Cie. har. resp. 9: Responsum haruspicum hoc recens de fremitu in contione recitavit ... Ebd. 8,5 If. Att. 4.3.2. 418 Cic. Att. 4.2.3: ... mihi facta statim est gratulatio (nemo enim dubitabat quin domus nobis esset adiudicata), cum subito ille (Clodius) in contionem escendit quam Appius ei dedit; nuntiat iam populo pontifices secundum se decrevisse, me autem vi conari in posses sionem venire; hortatur ut se et Appium sequantur et suam Libertatem vi defendant. 419 Vgl. die Zerstorung von Cieeros Hiiusern. Cie. har. resp. 33.
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Die Politik des Clodius
So machte Clodius die Volksversammlung nicht nur wahrend seiner Amtszeit, sondem immer wenn sich ihm die Moglichkeit dazu bot, d.h. sobald ihm befreundete Beamte die Kommunikation mit der Plebs er laubten, zur Plattform der politischen Auseinandersetzungen. Deshalb waren die contiones nicht mehr nur "das ideale Sprungbrett flir eine selbstandige Politik" ,420 sondern flir Clodius geradezu Garant und Grundlage seiner politischen Unabhangigkeit; sie waren unentbehrliches Instrument der politischen Demagogie und somit institutionelle Basis c10dianischer Politik.
3.4.1.2. Die politische Instrumentalisierung der Prozesse Es ist auffallend, da~ Clodius in den Jahren 56-54 einer regen Ge richtstatigkeit nachging; versucht man Sinn und Zweck dieser Prozesse zu ergriinden, so hilft uns zunachst eine Notiz des Plutarch weiter; wie uns dieser berichtet, erhob Clodius gegen einige Freunde des Pompeius Anklage, ,,1f€LpaV EV €K.eivOL<: ri]<: ITO/.L1f71i:ov A.a/.L{3avwv 8 Vva/.L€w<: ";421 dabei ist es unerheblich, ob dies gegen Ende des Jahres 58 oder zu Be ginn des Jahres 56 geschah. 422 Wichtig ist vielmehr, da~ Clodius glaubte, durch den Verlauf und Ausgang der Verhandlungen Hinweise iiber den politischen Einflu~ und das Offentliche Ansehen der beteiligten Perso nen zu erhalten. So waren in den Prozessen gegen Milo, Sestius und Caelius, die Clo dius mit Hilfe seiner Gefolgsleute initiiert hatte, nicht die Angeklagten selbst, sondern in erster Linie ihre Hintermanner - vor allem Pompeius, aber auch Cicero und Crassus - Zielscheiben dieser Anklageerhebun gen. 423 Dio zufolge klagte Clodius Milo insbesondere deshalb an, urn so dessen Ganner Pompeius und Cicero Offentlich verhohnen zu kon nen;424 fur Cicero war es offenkundig, da~ Pompeius "apud perditissi mam Wam atque infimam faecem populi" an Ansehen verloren hat, da er Milo vor Gericht verteidigt hatte. 425 420 Bleicken: LP 278.
421 Plut. Pom. 48.6.
422 Gruen (LGRR 294) meint, da~ sich diese Plutarchstelle auf ein Ereignis aus dem Jahre 58
bezieht; Meier (Diss. 254) bringt sie mit den Prozessen, die im Friihjahr 56 gegen Milo, Ses tius und Caelius gefiihrt wurden, in Verbindung. 423 MHo wurde von Pompeius und Cicero verteidigt, wahrend Crassus fUr ihn in den Zeugen stand trat. Sestius' Verteidiger waren Cicero und Crassus, Pompeius sein Zeuge. Cicero iibernahm auch fur Caelius die Verteidigung; dieser war iibrigens ein Schiitzling des Crassus. 424 Dio 39.18.2. Vg!. 39.19.2. 425 Cic. ad Q. fr. 2.5(4).3(5).
Die Methode und Zielsetzung clodianischer Politik
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Dieser allgemein machtpolitischen Komponente fiigte Clodius noch eine spezifisch populare hinzu, indem er verfiigte, daB sich Milo vor einem iudicium populi verantworten miisse. 426 Ein solcher ProzeB wur de in vier Verhandlungstagen in den comitia tributa gefiihrt; er gaIt als populares Kampfmittel und wurde in der Zeit nach Sulla nur no ch in AusnahmeHillen praktiziert. 427 Die vermehrte ProzeBtatigkeit des Clodius 428 weist ferner darauf hin, daB jener seine politische Taktik erweitert hat. Neben der offen gewalt samen Form der politischen Auseinandersetzung (StraBenkampfe, Zer stOrung von Hausern), die zwar effektiv, auf die Dauer jedoch unpopu lar war, scheint sich Clodius in zunehmendem MaBe der Gerichte be dient zu haben, urn seine politischen Gegner Offentlich zu diskreditie ren; auch die Prozesse sollten Hilfsmittel seiner aggressiven Demagogie werden.
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3.4.1.3. Das Theater als Ort politischer Demonstration
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Neben Volksversammlung und Gericht war das Theater ein wichtiges Medium fiir die politische Propaganda. Als es in Rom im Jahre 57 auf grund einer Getreideknappheit zu Teuerung und Hungerrevolten kam, machte sich Clodius die allgemeine Unzufriedenheit zunutze und poli tisierte diese wirtschaftliche Krisensituation. Durch die andauernde Hungersnot und steigende Getreidepreise be unruhigt, hatte sich zu den ludi Apollinares, die vom praetor urbanus L. Caecilius Rufus veranstaltet wurden, eine riesige Menschenmenge im Theater eingefunden. Ihr undiszipliniertes Verhalten verhinderte einen storungsfreien Ablauf der Auffiihrung, so daB man gezwungen war, die Spiele abzubrechen. 429 AnschlieBend wurde der Praetor - Cicero und
426 Cic. Mil. 40. ad Q. fr. 2.3.2, 6(5).4. Ascon. 48 C.
427 Mommsen: Staatsrecht Ill,!, 360.
428 Bleicken hat darauf aufmerksam gemacht, daB "erfolgreiche Ankliiger nach den Bestim
mungen von Strafgesetzen als Belohnung die Tribus des Verurteilten erhalten sollten" (LP 262). Nun befanden sich aber unter den Anklagevertretern, die im Auftrag des Clodius vor Gericht erschienen, auch Personen, die in einer der vier stadtischen Tribus eingeschrieben waren (siehe S. 95ff.). Die Moglichkeit, durch eine erfolgreiche Anklage in eine landliche Tribus zu gelangen, muBte flir die Clodianer und ihren patronalen Fiihrer gleichermaBen verlockend gewesen sein und mag Clodius' Entscheidung, seine politischen Gegner durch Prozesse zu bekiimpfen, beeinfluBt haben. 429 Ascon. 48 C: Is (L. Caecilius Rufus) cum faceret ludos Apollinares, ita infima coacta mul titudo annonae car/tate tumultuata est ut omnes qui in theatro spectandi causa consede rant pellerentur. Der Begriff coacta multitudo weist auf eine organisierte Menge hin.
112
Die Politik des Clodius
dem Kommentar des Asconius zufolge 430 - von den Anhangern des Clo dius in seinem Haus belagert. Da die Ausschreitungen im Theater und die Belagerung des Caecilius wohl nicht - wie Nowak meint - zeitlich voneinander zu trennen sind,431 sondern unmittelbar aufeinander folg ten, darf man annehmen, da~ sich die infima multitudo, die die Thea terbesucher beunruhigte, in ihrer Mehrzahl aus Clodianern zusammen setzte. Hauser und Politiker im Anschlu~ an contiones oder Theaterver anstaltungen zu iiberfallen, gehorte ja zum Repertoire clodianischer Po litikdemagogie; an den ludi Apollinares galten diese Dbergriffe offen sichtlich dem Politiker L. Caecilius Rufus. Nun ist bekannt, da~ jener Ciceros Riickkehr aus der Verbannung befUrwortete 432 und gewi~ kein Freund des Clodius war; doch hat er sich den Unmut der Clodianer eher aufgrund seiner Tatigkeit als praetor urbanus zugezogen; dieser war namlich in irgendeiner Weise mit der Verteilung des publicum frumen tum befa~t.437 Vermutlich versah auch Caecilius diese Aufgabe; die Menge hatte sich also an ihn gewandt, urn sich bei dem fiir die Getreide verteilung zustandigen Beamten iiber die iiberhohten Getreidepreise zu beklagen. Dies bedeutet aber, da~ Clodius ganz bewu~t die Apollinar spiele als Plattform fUr seine Protestaktion ausgewahlt hat und diese Ge ·legenheit wahrnehmen wollte, urn L. Caecilius Rufus die aktuelle Ge treideteuerung und Hungersnot anzulasten. Zwei Monate spater kam es aus dem gleichen Grund erneut zu Kra wallen im Theater, die vor der Curie fortgesetzt wurden; im Verlauf die ser Protestaktion machte die Menge Cicero namentlich fUr den Brot mangel verantwortlich. 434 Loposzko will diesen Vorfall als spontane Un mutsau~erung des anwesenden Theaterpublikums verstanden wissen, da "les sources ne disent rien sur la participation de Clodius et de ses troupes armees aces evimements".435 Als Beleg fUhrt er die eben zitier te Textstelle des Asconius an; diese bezieht sich jedoch - wie gesehen auf die von Caecilius gegebenen Apollinarspiele vom Juli 57 und nicht
430 Cic. Mi!. 38. Ascon. 48 C.
431 Nowak 131. 432 Cic. p. red. in sen. 22. 433 Asconius wei£ uns jedenfalls zu berichten, da£ der Praetor 1. Cassius, der im Jahr 66 die Gerichtsverhandlung gegen Cornelius 1eitete, mit der cura publici frnmenti betraut war (Ascon. 59 C. Vg!. Cic. Tusc. 3.48. Suet. Iu!. 41.3). Dazu Nicolet: CRAI 1980, 283. 434 Cic. Att. 4.1.5f.: Postridie in senatu, qui fuit dies Non. Sept., senatui gratias egimus. Eo
biduo, cum esset annonae summa caritas et homines ad theatrum primo, deinde ad sena tum concurrissent, impulsu Clodi mea opera frnmenti inopiam esse clamarent, ... feci et accurate sententiam dixi. Vg!. dom. 16. Dio 39.9.2. 435 Loposzko: QS 5,102.
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C10 und
auf das Ereignis aus dem September des gleichen J ahres. 436 Fur Cicero se1bst war es keine Frage, dafll Clodius Hintermann und Organisator der It - l~itlich gegen ihn gerichteten Verleumdungskampagne war; die Hungersnot sei u:-,j~r fo1g von jenem nur a1s Vorwand benutzt worden, urn die unerfahrene Men e ':':e Thea ge zu Brandstiftung, Raub und Mord aufzuhetzen. 437 Obwoh1 Cicero Z"_52....-nmen hinter alIen Unannehmlichkeiten prinzipielI die Hand des C10dius sah r', e2 rerver und in dieser Hinsicht keineswegs ein zuverlassiger Zeuge ist, sprechen 1r_5: .'l~r Po dennoch Inszenierung der Unruhestorungen und Politisierung der Ge =r..:':'e affen treidefrage fiir die G1aubwiirdigkeit unseres Informanten. t.. ::~ jener Da C10dius der Brotverteilung absolute Prioritat eingeraumt hatte, ~-:';;,':f kein und zudem sein Vertrauter Sex. C10dius!C10elius die res frumentaria c:.er eher verwaltete,438 mufllte er befiirchten, dafll sich die Unzufriedenheit der ':~,e se r war plebs urbana in erster Linie gegen ihn richtete und seine po1itische Fuh .:-:: .:---M..Jmen rungsrolIe bedrohte. Urn dies zu verhindern, sollten seine Anhanger m':~.lt~: die wahrend der TheaterauffUhrung die Versorgungsschwierigkeiten ganz lf~treide gezie1t bestimmten Politikern an1asten, ihn se1bst aber vom Vorwurf der ~-: :-eise zu Unfahigkeit und Pflichtvergessenheit befreien . . A~.)llinar A1s C10dius wahrend seiner Aedilitat die ludi Megalenses ausrichtete, ~ ':'::=se Ge kam es wiederum zu Storungen durch die Clodianer. 439 Da wir im Ge r.;;ell~ Ge gensatz zu den Ereignissen aus dem Vorjahr nicht dariiber unterrichtet sind, warum es zu diesen Ausschreitungen gekommen ist, sind wir auf ~:;.: zu Kra Vermutungen angewiesen. So denkt Nowak beispie1sweise an eine Pro '-e:-:a.uf die testdemonstration der C10dianer gegen die vom Senat beabsichtigte : .:e:: Brot Auflosung der collegia;44lJ fUr Bruwaene wolIte C10dius auf diese Weise C"::.:l.."1e Un dagegen protestieren, dafll die Debatte iiber den ager Campanus wieder I .:ssen, da aufgenommen worden war. 441 Beriicksichtigt man die c10dianische Re ~ e: je ses ligionspolitik, dann ist es auch moglich, dafll C10dius dem Kult der e':'':-:i zitier Magna Mater durch die Teilnahme seiner Gefo1gs1eute die sozia1e Ex : ~=s.=~en k1usivitat nehmen und ihn den Leuten, die sich in ihrer Mehrheit a1s _=-.:. nicht Anhiinger der Gottheit verstanden, zugang1ich machen wolIte. 442 ~~=:H~r
436 Loposzko geht wie Miinzer (Caecilius 1232) irrtiimlich davon aus, daB nur die Theaterspie le im September gestort wurden. Doch muBten aufgrund der Tumulte auch die ludi Apol, linares (6.--13. Juli) abgebrochen werden. 437 Cic. dam. 11: ... sin causa fuit annona, seditionis quidem instimulator et concitator tu fuisti, nonne id agendum nobis omnibus fuit ut materiem subtraheremusfurori tuo? Ebd. IT' :i-c 66 die 10ff. lm weiteren Verlauf seiner Rede bezeichnet Cicero Clodius als "speculator commu, er ~",::-a~t war nium m iseriaru m " (18). 438 Siehe dazu S. 59f., 119ff. : ~ ::, IiIc::' =~"'1us. Eo 439 Cic. har. resp. 22f. ~";'" d sena 440 Nowak 139.
!lI',:: . feci et 441 Bruwaene: AC 17, 86.
442 Vg!. den Bona dea-Prozef> (S.40). Staerman 251. Nippel.' Handarbeit 83 Anm. 40. Siehe
dazu S. 122f.
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Die Politik des Clodius
Bei der Beurteilung dieses Vorfalls sollten jedoch die aktuelle politi sche und wirtschaftliche Situation sowie deren agitatorische und pro pagandistische Transformation, wie sie Clodius bei vergleichbaren Ereig nissen publikumswirksam arrangierte, starker miteinbezogen werden. Zwar gelang es Pompeius, nachdem ihm im September 57 die cura an nonae auf fUnf J ahre libertragen worden war, die Getreideversorgung Roms kurzfristig zu verbessern,443 dennoch konnte auch er die Ver sorgungsprobleme auf lange Sicht nicht befriedigend lasen. Schon zu Beginn des folgenden J ahres machten ihn Clodius und seine Anhanger wiederholt fUr Teuerung und Getreidemangel verantwortlich. 444 Urn die sen Vorwlirfen wirksam begegnen und die Getreideversorgung der stad tischen Bevalkerung dauerhaft sicherstellen zu kannen, sah sich Pom peius gezwungen, den Senat urn weitere Geldmittel zu bitten; Anfang April wurden ihm zusatzlich 40 000 000 Sesterzen bewilligt. 44S Diese Hilfsma~nahme des Senats dlirfte jedoch nicht sofort wirksam gewor den sein,446 so da~ die Versorgungskrise wahrend der Megalesia andau erte. 447 Deshalb ist es wahrscheinlich, da~ Clodius die Theaterspiele zu Ehren der Magna Mater zum Anla~ nahm, urn die schwierige Versor gungslage Offentlich zu thematisieren und seinen politischen Gegner den demlitigenden Sprechcharen seiner Gefolgsleute auszuliefern. 448 Ferner ist davon auszugehen, da1~ in Rom Gertichte liber zu erwartende oder schon erfolgte Geheimtreffen der drei Machthaber verbreitet wurden; dies kannte Clodius veranla~t haben, die Teilnehmer dieser Konferen zen durch die machtvolle Demonstration seiner Anhanger, die durch aus einer ,Heerschau' ahnelte, nachdrticklich auf seine eigene Position und Stellung in Rom aufmerksam zu machen. Wenn uns auch der eigentliche Grund fUr die Starung der megalesi schen Spiele durch die Clodianer verborgen bleibt, so zeigt diese Episo de dennoch, auf welch unorthodoxe Weise Clodius seinen politischen Gegnern das Monopol liber das politische Medium ,Theater' zu entrei ~en verstand. Mit Hilfe seiner Anhanger wurden Theaterveranstaltungen Siehe dazu S. 120.
Siehe dazu S. 92.
Cic. ad Q. fro 2.6(5).1.
Der Senatsbeschlu£ erfolgte am 5. April (Cic. ad Q. fr. 2.6(5).1); Pompeius reiste erst am
11. April aus Rom ab, urn auf Sardinien Getreide zu kaufen (Cic. ad Q. fro 2.6(5).3. ad fam. 1.9.9). Die Megalesia wurden bekanntlich vom 4.-10. April gefeiert. 447 Cic. har. resp. 31: ... movet me etiam in hac caritate annonae, sterilitate agrorum, inopia frugum religio Telluris ... Zur Datierung der Rede siehe S. 144f. 448 Dail es zu diffamierenden Spottgesangen auf Pompeius und andere Politiker gekommen ist, wollte Cicero vielleicht zum Ausdruck bringen, indem er die Clodianer als multitudo ser· vorum eludentium (har. resp. 22) bezeichnete. 443 444 445 446
Die Methode und Zielsetzung c10dianischer Politik
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von Clodius in politische Demonstrationen umgewandelt und den contiones vergleichbar - als Ausgangspunkt fUr gewalWitige Protest aktionen benutzt.
3.4.1.4. Der Riickgriff des Clodius auf tradilionelle politische Hilfsmittel
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449 Siehe dazu S. 171ff. 450 Cic. Att. 4.2.4: Tum ad Clodium ventum est; cupiit diem consumere neque ei finis est fac, tus, sed tamen cum horas tris fere dixisset odio et strepitu senatus coactus est aliquando perorare. 451 Mommsen: Strafrecht 263. Lenaghan 184f.
452 Siehe dazu S. 94.
453 Mommsen: Strafrecht 263.
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Die Politik des Clodius
ihre Laden schlossen. 454 SoUte dies zutreffen, dann konnen wir viel leicht eine Passage aus Ciceros Rede de haruspicum responso sinnvoU interpretieren; dort erklart jener, da~ Clodius in einer contio den Erla~ eines iustitium gefordert habe. 455 Wahrend Lenaghan die Glaubwiirdig keit dieser Information anzweifelt,456 ist es aufgrund des eben Gesag ten durchaus moglich, da~ Clodius auf diese Weise seine Anhanger zu mobilisieren und seine politischen Gegner einzuschiichtern suchte.
3.4.1.5. Die Gewalt als politisches MUtel Seine politische AusnahmesteUung, die Clodius zeitweise zum unum schrankten Beherrscher der Hauptstadt machte, ist mit dem dominan ten Auftreten seiner Gefolgsleute auf den traditioneUen und offizieUen Biihnen des Offentlichen Lebens nicht hinreichend erklart. Dazu bedurf te es weiterer, meist illegaler, aber urn so wirkungsvoUerer Aktionen sei ner Gefolgschaft. Gemeint sind insbesondere die ZersWrungen Offentli cher und privater Gebiiude, die turbulenten Demonstrationen und die gewalttatigen Obergriffe gegen einzelne Politiker. Es war dieses "anarchische Treiben des Clodius"457 und seiner An hanger, welches dem Tribun zu seinem zweifelhaften, die Antike iiber dauernden Ruhm verhalf, so da~ er noch heute zuweilen als "iibler De magoge und Terrorist"45B und "abgriindiger Charakter", den "der Ha~ oder doch eine mamose Aggressivitat"459 antrieb, bezeichnet wird. Doch ist es weder richtig noch hilfreich, diese gewaltsamen Ausschrei tungen in erster Linie dem anarchischen Temperament des Clodius zu zuschreiben oder hinter einigen dieser Aktionen lediglich ,Rachefeld ziige' "des gekrankten Clodius"481 zu vermuten. Will man die ,clodia nische' Gewalt sachgerecht beurteilen, dann ist es zunachst unerla~lich, sich iiber Form und Sinn der Gewaltaktionen sowie iiber Motive und Absichten der Akteure zu informieren. So wurde beispielsweise Ciceros Villa auf dem Palatin "in conspectu prope totius urbis "461 gepliindert und angeziindet; vor den Augen der 454 455 456 457 458 459 460 461
Liv.9.7.8.
Cic. har. resp. 55.
Lenaghan 184f.
Meier: RPA 114f. Anm. 317. Ebd. 91 Anm. 164.
Kiihne: Helikon 6, 103.
Meier: Caesar 267, 325.
Nowak 125, 135, 137.
Cic. dam. 100.
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Burger setzten die Clodianer auch das Haus seines Bruders in Brand;462 ferner versuchten sie "palam hora quin fa" das Haus von Milo zu stur men. 463 Diese provokativen UberHille waren gezielte Aktionen; durch sie sollte der politische Gegner vor aller bffentlichkeit "auf symbolhaft ritualisierte Weise"464 bestraft werden. Auch die Pliinderung von Cice ros Villen durch die Clodianer erinnert an "die unmittelbare Vollzieh barkeit des Volkswillens und die effektive Bestrafung des Rechtsbre chers",465 wie sie uns aus der friihen Republik bekannt sind, da die An hanger des Clodius unmittelbar nach der Volksversammlung, die Cice ros Verbannung bestatigte und sein Eigentum konfiszierte, zu ihrer ,Strafexpedition' auszogen. 466 Vielleicht sind die Steinwurfe auf Magi strate 467 und das Zerbrechen der fasces 468 ebenfalls AusfluB dieser fru hen Aktionsfonnen plebejischer Selbsthilfe. 469 Durch diese gewaltsamen Aktionen brachte man direkt und demon strativ seine Unzufriedenheit zum Ausdruck und machte fUr politische und wirtschaftliche MiBstande ganz konkret das Fehlverhalten und Ver sagen bestimmter Politiker verantwortlich. 4';U Diese "politisierte Unzu friedenheit"471 war in der Regel Triebfeder und AnlaB fUr die Leute, Gewalt anzuwenden oder diese anzudrohen. In der Zeit des Clodius scheint insbesondere der "Hunger die treibende Kraft fUr die Gewaltan wendung gewesen zu sein".472 Teuerung und Getreideknappheit lasten - wie eben gesehen - die aufsehenerregenden Protestdemonstrationen der Clodianer gegen L. Caecilius Rufus, Cicero und Pompeius aus. 473 Zweifellos sollten diese gewaltsamen Ubergriffe die betreffenden Po litiker einschuchtern und Clodius seine politische Arbeit erleichtern; dies gelang auch im Einzelfall. 4'l'1 Dennoch ware es falsch, den Erfolg 462 Cic. Att. 4.3.2: ... Quinti fratis domus primo fracta coniectu lapidum ex area nostra, deinde infiammata iussu Clodi, inspectante urbe coniectis ignibus ... Vg!. Mi!. 87. 463 Cic. Att. 4.3.3. Milos Villa wurde schon im Friihjahr des gleichen Jahres von den Clodia nern iiberfallen (Cic. Sest. 85). Aufgrund dieser gewaltsamen Ubergriffe scheint Milo Clo dius de vi angeklagt zu haben (vg!. Maslowski: Eos 64, 23ff.). 464 Nippel: Handarbeit 84. ders.: HUIn.Bild. 98f.
465 Ebd. Vg!. Untott: Violence 25f.
466 Cic. p. red. in sen. 18. dom. 62. Pis. 26. Ascon. 10 C;
467 Cic. dom. 13f.
468 Gabinius: Dio 38.30.2. Metellus: Cle. p. red. in sen. 7. p. red. ad Quir. 14.
469 Nippel.· Handarbeit 86. ders.: Hum. Bild. 98f.
470 Gurr 154.
471 Ebd.
472 Brunt: Mob. 307, 309. Yavetz: PaP 38. Vg!. Hobsbwam 142. Zur Bedeutung der Brotfra
ge fUr den Verlauf der Franz6sischen Revolution siehe Soboul 295f. 473 Siehe dazu S. llHf. 474 Die permanente Gewalttatigkeit der Clodianer trieb Cicero in die Flucht und hatte zur Folge, da~ Pompeius sein Haus nicht mehr verlie~ (siehe S. 63).
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Die Politik des Clodius
des Clodius einseitig auf die Gewaltsamkeit zurtickzufilhren. 47S Wir wis sen namlich, da~ die leges Clodiae sicherlich nicht per vim verabschie det worden sind; gleichlautende Behauptungen Ciceros sind der polemi schen Rhetorik des Redners zuzuschreiben. 4';l5 Die Senatoren waren in ihrer Mehrzahl von der Legalitat der c10dianischen Gesetze liberzeugt und sahen in ihnen keine Bedrohung flir den Staat;477 und so wurde auch in der Folgezeit au~er der lex Clodia de censoria notione kein wei teres Gesetz des Clodius grundsatzlich geandert oder gar aufgehoben. 478 Selbst Cicero wagte es nicht, als er sich urn die Annullierung der gegen ihn gerichteten Beschllisse des Clodius bemiihte, sein Verlangen durch das gewaltsame Vorgehen des Tribunen zu begrtinden; er berief sich be zeichnenderweise darauf, da~ Clodius gesetzwidrig in den Plebejerstand libergetreten sei; da aber sein Tribunat jeder Rechtsgrundlage entbehrt habe, seien auch seine Gesetze ungliltig. 4'19 Der Erfolg des Clodius beruhte nicht allein auf der Gewaltsamkeit seiner Anhanger.4!ll Die Gewalt war lediglich eines, wenn auch ein sehr wichtiges Element der politischen Methode des Clodius; deshalb sollte man sich immer den funktionalen Charakter der ,c1odianischen' Ge waIt vor Augen halten. Die Intensitat und Haufigkeit der gewaltsamen Aktionen der Clodianer, die institutionelle Vermittlung der Gewalt durch die collegia-Organisation und die Zweckgebundenheit der Gewalt akte machen namlich deutlich, d~ es sich urn strukturelle Gewaltan wendung handelte. 481 Clodius machte die Gewalt zu einem "standard weapon in the political armoury",482 so da~ die politische Auseinander setzung und der politische Entscheidungsproze~ immer weniger den konventionellen Bedingungen der romischen Politik unterworfen waren. Diese politisierte Gewalt paralysierte die politischen Institutionen und ,plebejisierte' die traditionellen Umgangsformen des Offentlichen Le bens in Rom. 483
475 Nowak 134.
476 Quellen S. 87 Anm. 299. Dazu Rundell: Historia 28, 317f. Nippel: Handarbeit 84.
477 Cic. dom. 42. proY. 45f. Zur Bewertung der leges Clodiae durch die Senatoren siehe
S. 50 und S. 142. 478 Dio 40.57.1. Erst Caesar anderte die lex frumentaria des Clodius. 479 Plut. Cat. min. 33.6. Dio 39.11.lf. Siehe dazu S.14lff. 480 Meier: RE 589. Lintott: VRR 196. 481 Vg!. auch Caesars Consulatspolitik im Jahre 59. 482 Lintott: VRR 193. 483 Nippel: Handarbeit 86f. Schaffer 6f., 145. Zur Gewalt in der spaten Republik siehe S. 26f. Anm. 45.
Die Methode und Zielsetzung c10dianischer Politik
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Clodius bediente sich legaler und illegaler Mittel, urn seine politischen Vorstellungen zu vermitteln und durchzusetzen. Seine standige Koope ration mit der breiten Masse, seine Bereitschaft, politische Themen in der Offentlichkeit vorzutragen, seine Taktik, okonomische Krisensitua tionen zu politisieren, und sein Bestreben, Politik und Politiker der Atmosphare direkter oder indirekter Gewaltanwendung auszusetzen, sind typische Merkmale clodianischer Demagogie und beweisen, daB Clodius die populare Methode intensivierte und radikalisierte.
3.4.2. Die Sicherung und der Ausbau der eigenen Machtposition Stellte sich Clodius die Frage, wie er sich die Treue seiner Anhanger am zuverlassigsten bewahren konnte, so konnte er auf Erfahrungen aus seinem Tribunatsjahr zUriickgreifen. Damals initiierte er als Tribun po pulare Gesetze, die sein Patronat iiber die plebs urbana begriindeten und es durch die politische Neutralisierung wichtiger Politiker absicherten. LieB sich diese Politik auch ohne Amt fortsetzen? Welche Mittel und Wege standen Clodius in der Folgezeit zur VerfUgung, urn seine haupt stadtische Gefolgschaft in seiner Abhangigkeit zu belassen?
3.4.2.1. Die Fiirsorgepolitik des Clodius Ein erster schwerer Riickschlag und eine ernsthafte Gefahrdung sei ner Tribunatspolitik war fUr Clodius zweifellos die Entscheidung des Senats, Sex. ClodiusjCloelius die Oberaufsicht iiber die Getreideversor gung zu entziehen und Pompeius mit der cura annonae zu betrauen. 484 Dies mu£)te Clodius' Position und Machtstellung untergraben, da von nun an die Getreideverteilung mit dem Namen und der Person des Pom peius verbunden waren. So warf Clodius seinen Gegnern auch vor, die Getreideknappheit kiinstlich herbeigeflihrt zu haben,485 "damit Pom peius sein dahinschwindendes Ansehen durch ein neues Kommando wie
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siehe
484 Plut. Pomp. 49.5. App. dv. 2.18. Liv. perioch. 104.
485 Da sich die Versorgungslage in Rom unmittelbar nach der Amtsiibernahme durch Pom
peius pliitzlich und grundlegend anderte (Cic. p. red. ad Quir. 18. Plut. Pomp. 50,2. App. civ. 2.18), scheint Clodius' Vorwurf, das Getreide sei kiinstlich verknappt warden, berech tigt zu sein; selbst Cicero will dies nicht ausschliefl>en (dom 11). Auffallend ist die Paralleli tat zu den Vorgangen au. dem Jahre 67; auch damals war es Pompeius, der wegen der an dauernden Versorgungsschwierigkeiten durch die lex Gabinia ein imperium extraordina rium erhielt (Plut. Pomp. 25.lf.).
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Die Politik des Clodius
aus einer Ohnmacht erwecke und neu belebe";4l!6 dies gelang auch Pom peius, da die curatio annonae am Ende der Republik eine Moglichkeit war, "tiber den Weg der PopularWit politische Macht zu gewinnen".487 Noch harter traf Clodius freilich eine der ersten Verftigungen des neu en Curators. Pompeius ordnete namlich eine Durchsicht und Oberprti fung (recensio/recensus) der Getreidelisten an, um die Verteilung des Getreides fortan besser kontrollieren zu konnen. 488 Nun ist bekannt, daB Caesar und Augustus glaubten, das Problem der Getreideknappheit durch eine Reduzierung der Empfangsberechtigten losen zu konnen;489 Pompeius dachte wohl ebenfalls daran, den Kreis der Getreideempfiin ger einzugrenzen, da er beftirchtete, daB sich seine administrative MaB nahme auf seine Consulatsbewerbung negativ auswirken werde. 490 So muBten insbesondere ehemalige Sklaven, die von ihren Herren nach der Verabschiedung der lex Clodia frumentaria freigelassen worden waren,491 bei der geplanten Revision der Getreidelisten um ihren An spruch auf die monatliche Getreideration ftirchten, da viele ihre Frei heit nicht auf legitimem Weg erlangt hatten. 492 Die Freigelassenen bil deten jedoch innerhalb der clodianischen Gefolgschaft die groBte und wichtigste Teilgruppe;493 und so ist es naheliegend, daB Pompeius mit dieser Aktion Clodius' politische Stellung schwachen wollte, dessen
486 Plut. Pomp. 49.5. 487 Gilbert 51. Flambard: MEFRA 89.1, 147f. Untott: GaR 14, 168. Meier: Diss. 284. So wurde auch die Einze1curator-Stellung fur die cura annonae im Jahre 43 vom Senat abge schafft, urn beiden BUrgerkriegsgegnern dieses wichtige Machtmittel zu entziehen (Dio 46. 39.2). 488 Dio 39.24.1. Cic. Mil. 73.
489 Nicolet: eRAI 1976, 42ff.
490 Dio 39.24.2.
491 Siehe dazu S. 58.
492 Das r6mische Recht kannte drei Freilassungsformen: (1) die manumissio vindicta vor
einem Praetor, (2) die manumissio in censu, die Eintragung in die Censusliste, und (3) die manumissio testamento, die testamentarisch verfligte Freilassung (dazu Fabre 1Off.; Treg giari: RFLR 20ff,J. Dio berichtet, daB Pompeius die freigelassenen Sklaven durch seine Verordnung in eine offizielle Liste eintragen wollte (Dio 39.24.1); dies bedeutet jedoch, daB jene bisher in kein ordentliches Register aufgenommen und fo1glich ohne formale Be stiitigung freigelassen worden waren. DaB die Sklaven ihre Freiheit ohne ein rechtlich-for males Verfahren erlangt hatten, versteht sich nahezu von selbst; so waren die ehemaligen Herren von der Verpflichtung befreit, die Freilassungssteuer, die sog. vindicta libertatis, zah1en zu mUssen. Da sie mit der Freilassung ihrer Sklaven gerade einen Teil ihrer Kosten auf den Staat abzuwiilzen gedachten, ist es nur konsequent, wenn sie durch die ,informelle' Freilassung die Zahlung der vindicta zu umgehen suchten (Brunt: IM 102f., 380. Fabre 53. Treggiari: RFLR 27f.). Da in den Jahren 65 und 61 der Census nicht ordnungsgemiiB durchgeflihrt worden war und der niichste auf das Jahr 55/4 terminiert war, schien Pom peius' Vorgehen gerechtfertigt zu sein. 493 Siehc dazu S. 83.
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dauernde Diffamierungskampagnen ihn offensichtlich verargert hat ten .494 C10dius war also herausgefordet, und er loste dieses Problem durch eine gezielte Aktion seiner Gefo1gs1eute und den Einsatz von Gewalt. Urn namlich eine Kontrolluntersuchung der Getreidelisten zu vereiteln, Hef., er kurzerhand den Tempel der Nymphen in Brand stecken und die dort aufbewahrten Verzeichnisse der Censoren, unter denen sich auch die Getreidelisten befanden, vernichten. 495 Diese von Nico1et 496 vorge schlagene Erklarung des in der Forschung 497 lange Zeit umstrittenen Vorfalls, der in den Marz des J ahres 56 - unmittelbar vor den Caelius prozef., - zu datieren ware,498 ist p1ausibel und wird durch C10dius' Sor ge urn seine Popularitat bestatigt. Wollte jener die Mehrzahl seiner Ge fo1gs1eute nicht verlieren und sich sein Patronat iiber die plebs urbana erhalten, dann muf.,te er Pompeius' Vorhaben verhindern. Der Brand des Nymphentempels beweist, wie wichtig die Getreidefrage fUr C10dius war, und zeigt, daf., er seine Fiirsorgepflicht auf jede nur denkbare Weise zu erfiillen suchte. Dies unterstreichen auch die Informationen iiber angebliche Ge1dzu wendungen an die Clodianer. So verteilten die Abgesandten des klein asiatischen Dynasten Brogitarus, der den Konigstitel und die Kultstatte von Pessinus erwerben wollte, an die Anhanger des Clodius Gelder; die ,gekauften' Clodianer sollten die Anspriiche in der Volksversamm1ung
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494 Dio 39.24.3. Siehe dazu S. 84,92. 495 Cie. Cael. 78. har. resp. 57. MH. 73. parad. 4.31. Die iibrigen von Niea/et (CRAI 1976. 39) angefiihrten Quellen aus Cieeros Dankrede vor dem Volk (p. red. ad Quir. 14) und seiner Sestiana (Sest. 84,95) beziehen sieh jedoeh auf andere Sakrilege der Clodianer, da die Re den vor dem Zeitpunkt des Brandes gehalten wurden. 496 Nicolet: CRAI 1976, 43ff. ders.: MCRR 270. Favory: Index 8, 183f. Flambard: MEFRA 89.1, 148. Yavetz: Caesar 157. 497 Gallini sah beispielsweise im Brand des Nymphaeum einen Versueh des Clodius, ihrn un liebsarne Aufzeiehnungender Censoren zu verniehten (SMSR 33, 270). AIs augenfiilligen Angriff auf die Censur, deren Befugnisse Clodius wahrend seines Tribunats eingesehrankt hatte (siehe S. 51f.); wollte Lenaghan diese Gewaltaktion verstanden wissen (88). Naeh Staerman sollten den Freigelassenen auf diese Weise die Mogliehkeit gegeben werden, sieh naeh der Verniehtung der Censuslisten als freie Biirger registrieren zu lassen (251). Clark schlieBlich rneinte, Clodius habe die Verzeiehnisse der Censoren beseitigen wollen, urn die Freigelassenen aus den stadtisehen in die landliehen Tribus zu iiberfiihren (63). All diese Erkliirungsversuehe sind unzureiehend; so beziehen sie sich zu einseitig auf das personliehe Sehieksal des Clodius (Gallini) , ordnen den Vorfall zeitlieh falseh ein (Lenaghan denkt an Clodius' Tribunatsjahr, Nowak (133) an den Somrner 57) od er sie unterstellen Clodius po litisehe Absiehten (Staerman, Clark) , die diesern zurn damaligen Zeitpunkt offensichtlich fernlagen (siehe dazu S. 80, 129f.). Die Interpreten sahen den Brand des Nyrnphentern pels weitgehend als isoliertes Ereignis und erkannten deshalb nieht seine politische Aktua lit at. 498 Niealet: CRAI 1976,46.
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Die Politik des Clod ius
legalisieren. 499 DaB Clodius diese Besteehungsaktion guthieB, ist nieht verwunderlich, da er somit auf e1egante Weise die materiellen Wunsehe seiner Gefo1gs1eute befriedigt sah. Allzu oft mag ihn die Kostspieligkeit seiner Gefo1gsehaft in finanzielle Schwierigkeiten gebraeht haben. Dies bezeugen uns einige bekannte Vorfalle von po1itisehem Gangstertum und wirtsehaftlich bedingter Interessenpolitik. So fand sich der Tribun im Jahre 58 dazu bereit, den annenisehen Prinzen Tigranes aus seiner Haft in Rom zu befreien, da ihm fur diesen Coup Geld versproehen worden war. soo Von T. Furfanius erpreBte er Ge1der, indem er jenem mit einem gesellsehaftliehen Skandal drohte. SOl Finanzielle Unterstutzung seheint ihm aueh zeitweise Crassus gewahrt zu haben. S02 Im Jahre 55 wollte Clodius unbedingt eine Gesandtsehaft in den Osten ubernehmen, urn alte und noeh ausstehende Sehu1dbetra ge von Brogitarus und den Byzantiern einzutreiben. 503 Die so erworbenen Ge1dbetrage kamen woh1 teilweise seinen Anhan gem zugute. Fur C10dius waren die C10dianer operae conductae, con ducti oder mercennarii; es handeIte sieh urn Leute, die Politiker gegen ein entsprechendes Entgelt in der Offentliehkeit unterstiitzten. S04 Die Bezah1ung sollte C10dius die Treue seiner Anhiinger sichern und seine Gefo1gsehaft zusarnrnenhalten. Seinen Clienten einen Platz im Theater zu reservieren, gehorte zum Aufgabenkatalog eines Patrons. Aueh Clodius war sieh der Bedeutung dieser Patronatspflicht woh1 bewuBt S05 und so lieB er wahrend seiner Aedilitat seine Gefo1gs1eute an den Theateraufftihrungen, die irn Rah men der ludi Megalenses unter seinem Vorsitz gegeben wurden, tei1neh men. 506 Diese Desavouierung des sozial exklusiven Kultes der Magna 499 Cic. har. resp. 28: ... cuius (Brogitarus) legati te tribuna dividere in aede Castoris tuis ope ris nummos solebant ... Vg!. ebd. 29. Sest. 56: ... fanumque sanctissimarum atque anti quissimarum religionum venditum pecunia grandi Brogitaro ... 500 Dio 38.30.lf. 501 Cic. MiJ. 75. Clodius woUte Furfanius eine Leiche ins Haus schaffen lassen, wenn er ihm nicht die geforderte Geldsumme bezahlen soUte. 502 Cic. ad Q. fr. 2.3.4: Nam Pompeius haec intellegit nobiscumque communicat . .. C. Cato nem a Crasso sustentari, Clodio pecuniam suppeditari . .. 503 Ebd. 2.8(7).2. Clodius trat diese legatio libera nicht an; m6glicherweise hatte er seine siiu migen Gliiubiger durch deren Anktindigung zur sofortigen Zahlung der Gelder bewogen (vg!. Lenaghan 133). 504 Siehe dazu S. 76. 505 Aus dem Jahre 61 berichtet Cicero seinem Freund Atticus tiber ein Streitgespriich mit CIo dius, in dem u.a. auch die Frage der Theaterplatze flir Clicntcn angesprochen worden war, folgendes: "quin etiam cum candidatum deduceremus, quaerit ex me num consuessem Si culis locum gladiatoribus dare. Negavi. ,At ego' inquit ,novus patronus instituam; sed so ror, quae tantum habeat consularis loci, unum mihi solum pedem dat' ". (Atl. 2.1.5). 506 Cic. har. resp. 22ff. Cicero zufolge waren es servi, die Senat und Volk von Rom im Thea ter belagert haben (vg!. dazu S. 75f[,). Zum Hintergrund der St6rungen vgl. S. 113f.
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Mater 507 festigte sein antipatricisches Image in der bffentlichkeit und unterstrich seine Sympathie, die er Freigelassenen und Sklaven entge genbrachte;508 diesen war namlich der Besuch der Theaterspiele offiziell untersagt. 509 Dem Bereich clodianischer Fiirsorgemafllnahmen ist auch die Errich tung von columbaria zuzuordnen. Wie sehr den unteren Bevolkerungs gruppen an einer menschenwlirdigen Bestattung gelegen war,slO bewei sen die zahlreichen Begrabnisvereine, in denen sich einkommensschwa che Leute zusammenschlossen, urn sich gemeinsam ein Grabmal, ein sog. columbarium, zu errichten, falls ihnen ihr Patron in der gentili cischen Grabstatte keinen Platz zugesichert hatte. 511 Nun werden in zwei inschriftlichen Zeugnissen die beiden Clodianer Decimus und C. Causinius Schola als Funktionstrager solcher Begrabnisgesellschaften ge nannt;512 Decimus war wohl Griinder der societas cantorum Graeco rum, ein Freigelassener des Causinius fungierte vielleicht ebenfalls als magister eines Begrabnisvereins. Da beide zum engeren Bekanntenkreis des Clodius gehorten, haben sie diese societates vermutlich mit Billigung oder gar im Auftrag des Tribunen gegriindet. Zur damaligen Zeit diirfte die Zahl derer, die sich fiir solche Vereinigungen interessierten, grofll ge wesen sein, da viele der jiingst freigelassenen Sklaven kaum auf eine Bei setzung im columbarium ihrer ehemaligen Herren hoffen konnten; diese hatten sie ja gerade deshalb freigelassen, weil sie ihre finanziellen Aus gaben verringem wollten. Mit dem Bau von columbaria hatte Clodius emeut bewiesen, dafll er es glanzend verstand, drangende wirtschaftliche Probleme der plebs urbana institutionell so zu losen, dafll ihm personlich daraus politische und organisatorische Vorteile erwuchsen. Auffallend und in dieser Konzentration beispiellos sind die Eigen tumsdelikte, die mit dem Namen des Clodius in Verbindung gebracht werden. 513 Diese waren so zahlreich, dafll Kiihne sie als Teil einer volli 507 Der Kult der Cybele oder Magna Mater weist ahnliehe Merkmale auf, wie sie uns sehon bei der Bona Dea begegnet sind (siehe S. 40 Anm. 12). Die Exklusivitat des offentiieh-staatli ehen Kultes - u.a. durften 1ediglieh Mitglieder der Obersehieht den Tempel der Gottin be treten und am traditionellen Festmahl der Gottheit teilnehmen - widerspraeh der Inten sitat, mit der insbesondere die einfaehen Leute die Magna Mater verehrten (Bomer 883, 901. Coarel/i 474. Favory: Index 8, 180. Gallini: SMSR 33, 270f. Zel/er 142). 508 Nowak 119. Malaise 372. 509 Cie. har. resp. 26. 510 Aueh der gemeine Mann empfand ein Begrabnis auf dem von Horaz besehriebenen com mune sepulchrum vor dem Esquilinisehen Tor, wo die Leichen der armen Leute unter Tierkadavern, Sehmutz und Abfall verscharrt wurden, als Strafe und Schande (Hor. sat. 1.8.8ff., 5.99f.). 511 Kiihne: Helikon 6,104. Bomer 463ff.
512 Siehe zu den Personen S.159f. und S. 165f.
513 Cie. MH. 26,74-78,85,87. dom. 105, 115, 124, 129. har. resp. 30,48.
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Die Politik des Clodius
gen "Umwalzung der Eigentumsverhaltnisse"514 verstanden wissen wollte. Obwohl diese Interpretation zu weit geht und den ,invektiven' Charakter von Ciceros Rede ,Pro Milone', in der diese Enteignungsaktio nen ausfiihrlich beschrieben werden, weitgehend auBer Acht laBt, dlirf ten Ciceros Beschuldigungen nicht nur Stilmittel einer denunziatori schen Polemik sein; ihre historische Faktizitat konnte erhartet werden, wenn man neben den eigenslichtigen Interessen des Clodius, der seine Besitzungen auf dem Palatin vielleicht zu arrondieren suchte, auch des sen Gefolgschaft in die Dberlegungen miteinbezieht. So wissen wir von Cicero, daB eine Enteignungspolitik ganz allgemein von den unteren Be volkerungsschichten begrliBt wurde. 515 Im speziellen Fall des Clodius handelt es sich zudem ausnahmslos urn bona fortunasque locupletium, deren prominenteste Opfer Pompeius, Gabinius und Cicero werden soll ten. 516 Urn diesen Konfiskationen den Anschein egoistischer Bereiche rung zu nehmen und sie in der Propaganda vielmehr als soziale MaBnah men deklarieren zu konnen, lieB Clodius einige Hauser konsekrieren (Ci cero, Gabinius, Pompeius); somit waren diese Gebaude nach romischem Rechtsverstandnis dem privaten Zugriff und privater Nutzung entzo gen. 517 Die Flirsorgepflicht des Clodius verhinderte die schnelle Auflosung und Zersplitterung seiner Gefolgschaft. Indem sich Clodius urn eine moglichst umfassende und vielseitige Unterstiitzung seiner Anhanger be mlihte, nahm er aber seinen Konkurrenten die Moglichkeit, sich eine vergleichbare Anhangerschar in der plebs urbana zu gewinnen.
514 Kiihne: Helikon 6,110. 515 Cic. dorn. 47. 516 Cicero: Cic. dorn. 62. Pis. 26. p. red. in sen. 18. Ascon. 10 C. Pompeius: Cic. har. resp. 49. Gabinius: Cic. dorn. 124. Dio 38.30.2. 517 In seiner Rede vor den Pontifices erkHirte Cicero, Clodius habe den unteren Teil seines Grundstiickes auf dern Palatin an Mitglieder der gens Clodia iibereignet (dorn. 116). In den Carinen wollte Clodius angeblich an der Stelle von Pornpeius' Villa einen Porticus errichten lassen (Cic. har. resp. 49), und wahrend der Teuerung irn Jahre 57 soIlten Giiter und Ver rn6gen der reichen Mitbiirger "per causam inopum" beschlagnahrnt werden, urn die rnate rielle Not der egentes zu lindern (Cic. dorn. 13. Plane. 86. Dazu Loposzko: QS 5,103). Diese ,legalen' Obergriffe auf frerndes Eigenturn finden in den Enteignungsrna£nahrnen des Octavian eine interessante ParaIlele. Dieser versuchte die Vergr6Berung seiner Besitzungen zu verschleiern, indern er vorgab, daB die Gebaude, die er auf den beschlagnahrnten Grund stiicken errichten woIlte, der AIlgerneinheit offenstehen soIlten (Veil. 2.81.3. Dazu Yavetz: PaP 99).
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3.4.2.2. Clodius' Kampf gegen die Vergabe vom imperia ex traordinaria Ein beliebtes und erfalgversprechendes Mittel, seine eigene Machtpa sitian zu starken ader zu vergraBern, waren in der Zeit der spaten Repu blik die sag. imperia extraordinaria. Es war klar, daB der Politiker, dem man ein solches Kommando iibertragen hatte, "eine unvergleichli che Machtstellung im Staat erlangen wilrde". 518 HauptnutznieBer der Sonderimperien, die in den 60er Jahren vergeben worden waren, war Pompeius; sowohl die schnelle Beseitigung des Seerauberproblems als auch die erfolgreiche Beendigung des Krieges gegen Mithridates hatten ihm unter den ramischen Politikern die unbestrittene Filhrungsposition eingetragen. Machtpolitische Bedeutung und staatsrechtliche Unbedenk lichkeit dieser lmperien lieBen sie in den Augen des loyalen Pompeius als ideale Lasung erscheinen, urn sich aus den ungewohnten und engen Fesseln des Zivilisten zu befreien. So zielte sein politisches Handeln auch in der Folgezeit darauf ab, wiederum ein imperium extraordinari um zu erhalten. Eine erste Maglichkeit bot sich Pompeius im Sommer 57, als infolge anhaltender Getreideknappheit und Teuerung das wichtige Amt der cura annonae zur Disposition stand. 519 lm BewuBtsein der machtpoliti schen Konsequenzen, die mit der Dbertragung einer solch auBerordent lichen Machtbefugnis an Pompeius verbunden waren, filhlte sich Clodius aufs AuBerste herausgefordert. Deshalb beschuldigte er jenen nicht nur, die Hungersnot kilnstlich herbeigefilhrt zu haben, sondern er kritisierte auch die Entscheidung des Senats, indem er erklarte "extra ordinem dari nihil cuiquam oportere ". sw Auf den ersten Blick ist man geneigt, diese Argumentation, die man aus dem Munde eines Catulus oder Cato schon afters vernommen hatte, doch in die Gedankenwelt eines "neue rungssilchtigen und revolutionaren Mannes"521 nur schwer einzufligen war, als polemische Demagogie zu entlarven. So war es natilrlich auch flir Cicero offensichtlich, daB sich hinter dieser AuBerung des Clodius nicht seine wirkliche politische Dberzeugung verbarg, sondern daB es
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518 Brunt: Mob. 299. Vg\. Bleicken: OuF 79. Wistrand 20. Zu den imperia extraordinaria in der spaten Republik siehe Ridley: Historia 30, 280ff. 519 Die rogatio des Tribunen C. Messius unterstreicht die diesbeziigliche, Zielsetzung des Pom" peius; die van jenem beantragten Vollmachten (Verftigung iiber alle Staatsgelder, eine Flot te und ein imperium malus iiber alle Provinzen) erinnern sehr an die Bestimmungen der lex Gabinia aus dem Jahre 67 (Cic. Att. 4.1.7). 520 Cic. dam. 20. Vg\. ebd. 18,21,26. 521 Dia 35.14.4.
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Die Politik des Clodius
sich hier urn einen seiner iiblichen taktischen Winkelziige handelte; denn noch im vergangenen Jahr - so Cicero - habe Clodius Cato, mit einem au~erordentlichen Imperium ausgestattet, nach Cypern gesandt, damit er diese Insel als romische Provinz organisiere. Entgegen der ciceroni schen Interpretation zeigt jedoch gerade diese Begebenheit, wie skep tisch Clodius diesem Instrument der romischen Politik gegeniiberstand; u.a. wiihlte er den Politiker, dem diese Machtbefugnis zuteil werden sollte, mit gro~er Sorgfalt aus, gab ihm einen genau begrenzten und be schriebenen Auftrag und unterstellte ihn seiner direkten Kontrolle. 522 Die kommenden Ereignisse machen ebenfalls deutlich, dai) Clodius' Verhalten wiihrend der Diskussion iiber die cura annonae keine takti sche Ausnahme und seine Argumentation keineswegs so doppelziingig war, wie uns Cicero glauben machen will. Nur wenige Monate spiiter stellte sich niimlich im Zusammenhang mit der Riickfiihrung des Ptole maios auf den iigyptischen Thron wiederum die Frage nach einem im perium extraordinarium, und erneut gaIt Pompeius als aussichtsreicher Bewerber fiir dieses Kommando. S23 Durch seine gewohnt wirkungsvol len, demagogisch klug komponierten Volksreden 5.... und in seiner Funk tion als Mitglied des Priesterkollegiums der Sibylle suchte Clodius den . Bestrebungen des Pompeius entgegenzuwirken. Als Angehoriger dieses fiinfzehnkopfigen Gremiums S25 war er auch an dem Spruch beteiligt, der die Romer davor warnte, Ptolemaios XII. durch ein groi)es Heeres aufgebot in seine alten Rechte wiedereinsetzen zu wollen, und die Ver gabe eines imperium extraordinarium nahezu unmoglich machte. 526 Zudem kam es zu keiner Beschlui)fassung in dieser Sache, da Clodius die Rogation einer entsprechenden lex curiata durch ein iustitium ver hinderte, so dai) weder iiber die Ausstattung der Provinzen noch die Konstituierung der GerichtshOfe entschieden werden konnte. 527 Clodius hatte insofern Erfolg, als Pompeius nicht mit der Riickfiihrung des iigyp tischen Konigs beauftragt wurde. Eine Begebenheit aus dem J ahre 55 ist unter Beriicksichtigung des bisher Gesagten vielleicht ebenfalls besser zu verstehen. Da die stadtro mische Bevolkerung dariiber aufgebracht war, dai) Pompeius und Cras sus durch ein Plebiscit mehIjiihrige Provinzkommanden verliehen wor 522 Siehe dazu S. 62. Zur Uberwachung des Cato durch zwei Clienten des Clodius siehe S.100. 523 Dio 39.16.lf. 524 Dio 39.19.lf. Cic. ad Q. fr. 2.3.2. 525 Cic. hac. resp. 26: Ne hoc quidem tibi in mentem veniebat, Sibyllino sacerdoti ... Vg!. ebd.8.
526 Dio 39.15.2. Vg!. Cic. fam. 1.1.1,5.1.
527 Dio 39.19.3. Cic. ad Q. fr. 2.3.1. Zum iustitium siehe S. 115f.
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den waren, sttirzte sie die Bildsau1en des Pompeius um. 528 Form und Zie1setzung dieser Gewa1ttat weisen sie a1s Protestaktion aus und 1assen vermuten, daf.J C10dius Hintermann und Organisator dieses demonstrati ven Ausbruchs der V01kswut war, da es seit der Debatte tiber die cura annonae standiges Postu1at seiner P01itik war, die Dbertragung umfang reicher und unkontrollierbarer Machtbefugnisse an Einzelne zu hinter treiben. Abschlief.Jend bleibt zu sagen, daf.J die Motive, die Clodius in der Fra ge der Sonderimperien zu dieser rigorosen Haltung bestimmt haben, nicht genau zu bestimmen sind. Doch war er wohl in erster Linie daran interessiert, Politikern, die mit ihm urn eine einfluf.Jreiche Machtposi tion in Rom konkurrierten, jede Moglichkeit der Profilierung zu neh men; urn dies zu erreichen, bediente er sich konventioneller 1egaler Mit tel. Gerade diese Taktik, personliche Interessen moglichst auf gesetzli chem Weg durchzusetzen, laf.Jt sich also auch hier wieder nachweisen und hat sich im Laufe der Untersuchung als Merkmal clodianischer Poli tik herauskristallisiert.
3.4.2.3. Die EinjZuj3nahme des Clodius aut die Mehrheitsverhiiltnisse in den comitia centuriata
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Waren Clodius seine bisherigen Staatsamter, Volkstribunat und Aedi lit at , ohne Probleme von den comitia tributa verliehen worden, da seine Anhanger diese Versammlungen manipulieren und dirigieren konnten, so durfte er fUr die Wahlen zu den hoheren Magistraturen nicht ohne weiteres Gleiches erwarten. Denn die curulischen Beamten wurden von den comitia centuriata gewahlt, in denen die Besitzenden, nicht gerade Clodius' Freunde, ein einfluf.Jreicheres Stimmrecht besaf.Jen und desha1b den Ausgang der Wahlen maf.Jgeblich bestimmten. Schon im Jahre 57 hatten Ciceros Freunde Clodius die Relativitat seines politischen Ein flusses vor Augen gefUhrt und ihm ein anschauliches Beispie1 dafUr gelie fert, wie seine Gefolgschaft durch die interessenpolitische Instrumenta lisierung der comitia centuriata ausgeschaltet werden konnte; dama1s billigte diese Versammlung Ciceros Rtickberufung aus dem Exil, obwohl dies Clodius mit allen Mitteln zu verhindern suchte. 529 Wenn Clodius also auf Dauer politisch einfluf.Jreich bleiben und seine weitere Karriere auf konventionelle Weise, d.h. tiber Wahlen in den Co
". Vg!.
528 Plut. Cat. min. 43.4. 529 Siehe S. 87f.
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Die Politik des Clodius
mitien, fortsetzen wollte, ohne das Mittel der direkten Gewaltanwen dung exzessiv einzusetzen, dann war er gezwungen, sich in den Centu riatcomitien eine sichere Mehrheit zu verschaffen. Sollte ferner die plebs urbana weiterhin Garant seiner Machtposition sein und diese auch in Zukunft sichern, war es fUr Clodius unbedingt notwendig, die Stim men seiner Anhanger in den comitia centuriata aufzuwerten, da diese nach dem traditionellen Abstimmungsmodus nicht in angemessener Weise zur Geltung kommen konnten. Einen ersten Versuch, diese unvorteilhafte Konstellation in den Wahl comitien zu seinen Gunsten zu verandern, unternahm Clodius im Rah men seiner Wahlwerbung fUr die Praetur im Jahre 53. Damals leitete er - wie uns Cicero berichtet - den Wahlkampf fUr die beiden Consulats bewerber P. Plautius Hypsaeus und Q. Metellus Scipio und suchte den Wahlausgang u.a. durch die Bildung einer Collina nova zu beeinflus sen. S30 Einige Forscher wollten in dieser als dilectus bezeichneten Aktion des Clodius eine Wiederaufnahme altbewahrter, gewalttatiger Hand lungsstrategien sehen, indem sie die Textstelle dahingehend verstanden, da~ Clodius eine neue Bande aus der Tribus Collina rekrutiert habe. 53l Diese Interpretation ist jedoch einem Clodiusbild verpflichtet, welches mit dem Namen dieses Politikers zuallererst das Prinzip der Gewaltan wendung assoziiert und deshalb die Gewalt als wichtigstes Mittel der clodianischen Politik ansieht, und la~t den Zusammenhang, in den Ci cero diesen Vorfall einordnet, weitgehend au~er Acht. Cicero selbst fUhrt namlich die Bildung der nova CoUina unter den Ma~nahmen auf, die Clodius organisierte, urn einen Wahlerfolg in den comitia centuriata sicherzustellen. Schon S. Treggiari hat den wahltaktischen Aspekt dieses Vorgangs herausgestrichen;S32 so bringt sie die Konstituierung der nova Collina mit der rogatio de suffragiis libertinorum in Verbindung und meint, da~ dies ein erster Versuch des Clodius gewesen ware, das Stimmrecht der Freigelassenen in den Centuriata aufzuwerten; Clodius hatte deshalb vermutlich einzelne Tribusbeamte dazu uberredet, reiche Libertine in landliche Tribus einzuschreiben. S33 Moglicherweise hat jedoch Flambard diesen wahltechnischen Vorgang richtiger analysiert, wenn er sich auf 530 Cic. Mil. 25: Contulit se ad eius competitores, sed ita totam ut petitionem ipse solus etiam invitis illis gubemaret, tota ut comitia suis, ut dictitabat, umeris sustineret. Convocabat tri bus, se interponebat, Collinam novam dilectu perditissimorum civium conscribebat. 531 Linderski: Hermes 89,114. Taylor: VDRR 145 Anm. 50. Wiseman: NMRS 131.
532 Treggiari: Historia 19,121f. Vgl.Nicolet: MCRR 313f.
533 Treggiari: Historia 19, 122.
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einen parallelen Fall aus den 80er J ahren bezieht. Damals stellte sich den Romern nach dem Bundesgenossenkrieg das Problem, die Neubiir gel' in das bestehende Tribussystem einzuordnen, ohne dies selbst auf geben zu miissen. Deshalb wurden die Italiker in 8 bzw. 10 neue Tribus eingeschrieben, die erst nach den 35 ,alten' Tribus abstimmen sollten, im Regelfall also kaum zur Stimmabgabe gebeten wurden; diese iiber zahligen Tribus bezeichnete man als novae, urn sie von den schon exi stierenden unterscheiden zu konnen. 534 Clodius hatte demnach die no vi cives unter seinen Anhangern aufgefordert, sich in die nova Collina eintragen zu lassen; seine conscriptio ware also eher "une sol'te de ~campagne d'incitation~" gewesen. 535 Doch kann auch diesel' Losungs vorschlag nicht vollig iiberzeugen, wie Flambard selbst einraumen mu'B; "car les unites concernees par les elections pretoriennes etaient les cen turies; les tribus n'intervenaient que pour l'ordre du vote".536 Clodius diirfte kaum ernsthaft daran geglaubt haben, die Wahlen durch seine nova Collina flir sich entscheiden zu konnen. Wahrend die Ziele, die Clodius mit del' Bildung del' nova Collina ver folgte, weitgehend unklar bleiben, konnen wir die Intention, die del' ro gatio de libertinorum suffragiis zugrunde lag, besser beurteilen. Dieses Gesetz war in einem Gesetzespaket im Jahre 53 angekiindigt warden und sollte wahrend Clodius' Praetur verabschiedet werden. Wie Sulpicius, Cinna und Manilius wollte auch Clodius dul'ch sein Ge setz den Stand del' Freigelassenen politisch und gesellschaftlich aufwer ten; diese sollten fortan nicht mehr nur in den vier sHidtischen Tribus abstimmen diirfen, sondem auch in den Hindlichen. 537 Dadurch ware das traditionelle Ubergewicht del' Stimmen del' Landbevolkerung in den Centuriatcomitien beseitigt worden. Da die Neuverteilung del' Freige lassenen vermutlich nach dem Vorbild des Manilius durchgefiihrt wer den sollte, die libertini also in den Tribus ihrer ehemaligen Herren ein getragen worden waren,538 hat Asconius diese rogatio des Clodius zu Recht unter die Gesetze eingereiht, die nach Ciceros Uberzeugung "nos servis nostris addicerent". 539 Eine erfolgreiche Rogation des Freigelasse nengesetzes hatte Clodius' Stellung zweifellos gefestigt, seinen politi 534 Flambard: MEFRA 89.1, 150f.
535 Ebd. 151.
536 Ebd.151.
537 Ascon. 52 C: Significasse iam puto nos [uisse inter leges P. Clodi quas ferre proposuerat
eam quoque qua libertini, qui non plus quam in 1111 tribubus suffragium ferebant, possent in rusticis quoque tribubus, quae propriae ingenuorum sunt, ferre. SchoL Bob. 173 St. 538 Taylor: VDRR 146. Treggiari: Historia 19, 122. dies.: RFLR 50. 539 Cic. Mi!. 87. Ascon. 52 C. Zur Begrifflichkeit Ciceros siehe S. 76. Vg!. Favory: Index 8, 182.
130
Die Politik des Clodius
schen EinfluB gesteigert und ihn seinem Ziel naher gebracht, "die Co mitien durch die Stimmen der in Rom wohnenden Freigelassenen mit Hindlicher Tribus in die Hand zu bekommen und sie so der Nobilitat zu entwinden".540 Insofem lag das Gesetz aber ganz auf der Linie der clodianischen Gesetzespolitik; durch die lex de suffragiis hatte er die Wunsche seiner Anhanger so erfUllt, daf~ ihm dies personlich politische Vorteile verschafft Mtte. 54l Man mag uberrascht sein, daB Clodius diese rogatio erst w einem re lativ spaten Zeitpunkt und filnf J ahre nach seinem Tribunat eingebracht hat. Doch ist diese zeitliche Verzogerung verstiindlich, da diese MaBnah me bei der plebs urbana, die den Verlust eigener Privilegien befurchtete, nicht popular war;S42 zudem waren die Tumulte, die die Verabschie dung der lex Manilia ausgelost hatte, im Jahre 58 noch vielen Leuten gegenwiirtig. 543 Doch durfte Clodius insbesondere die ungeheure Anzahl van Freilassungen, die in diesem Ausma:l~ nicht vorhersehbar war, daw bewogen haben, sich die machtpolitischen Konsequenzen dieser Frei lassungswelle zunutze zu machen, indem er die politische Bedeutung der Freigelassenen ihrer zahlenmaBigen GroBe anzugleichen suchte.
Exkurs: Freilassung der Sklaven Zu den Vorhaben, die Clodius als Praetor zu legalisieren gedachte, zahlte nach der MutmaBung einiger Forscher auch die Freilassung der Sklaven, die an folgenden Stellen angesprochen werde: (I) Cic. Mil. 87: incidebantur iam domi leges, quae nos servis nostris addicerent (2) ebd. 89: lege nova, quae est inventa apud eum cum reliquis legibus Clo dianis, servos nostros libertos suos effecisset (3) Schol. Bob. 173 St.: Nee vero illam nefariam libertatem. Durch eine solche Freilassungsaktion ware Clodius zweifellos nach dem Vorbild Sullas zum unumschrankten Patron der stadtromischen Sklaven avanciert, und seiner Gefolgschaft ware eine stabile und breite Basis verschafft warden. Dennoch durfte Clodius einen solchen Plan, falls er ihn hatte, aus Rucksicht auf das sensible StandesbewuBtsein sei ner freigeborenen Anhanger kaum der bffentlichkeit preisgegeben ha ben. Zudem ware ein Politiker, der die Freilassung der Sklaven in so 540 Bleicken: LP 260 Anm. 41. Vg!. Favory: Index 8, 182[f. Flambard: MEFRA 89.1, 151f. Nicolet: Conquete 227. ders.: MCRR 312[f. Rouland: PPDP 427. Schaffer 159. 541 Taylor: VDRR 146. 542 Siehe dazu S. 32[. 543 Flambard: MEFRA 89.1, 153.
Die Methode und Zielsetzung clodianiseher Politik
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programmatischer Weise forderte, wie dies Clodius von Cicero unter stellt wird, von seinen politischen Gegnem direkter und entschiedener attackiert worden, als dies geschah. "Sie hatten den genauen InhaIt sei ner Projekte bekanntgegeben; sie hatten ihn unvergleichlich scharfer und konkreter angegriffen, als es bei den in der Rede Pro Milone ent haItenen Beschuldigungen Ciceros der Fall ist. Nach den damals in Rom existierenden Verhaltnissen zu urteilen, scheinen samtliche Gesetzent wurfe, die das Freilassen der Sklaven auf dem Wege der von oben durch gefilhrten leges vorsahen, nicht nur unwahrscheinlich, sondern viel mehr geradezu unmoglich gewesen zu sein". ~ Wie Loposzko jedoch uberzeugend gezeigt hat, konnen die oben zi tierten Textstellen nicht insgesamt bedenkenlos als polemische Au~e rungen Ciceros uber jene lex de suffragiis verstanden werden. 545 For scher wie Treggiari S46 und Taylor,547 die einen im Zusammenhang mit der Interpretation ciceronischer Texte, die Clodius und seine Politik betreffen, durchaus richtigen und wichtigen Sachverhalt in unzulassi ger Weise verallgemeinert haben, gingen namlich davon aus, da~ Cice 548 TO "die liberti in rhetorischer Polemik zu servi degradieren" wollte. Wenn dies Ciceros Absicht gewesen ware, hatte er aber nicht servos nostros libertos suos efficere formulieren durfen. "Die angebliche Po lemik der Bezeichnung servi hatte unmittelbar neben dem tatsachlich gemeinten liberti den Sinnzusammenhang vollig verdunkelt, statt ihn in pointierter Form zu unterstreichen".549 Eine lex de libertinorum suffragiis hatte Cicero ferner weder so geheimnisvoIl als lex nova be zeichnen mussen, noch hatte sich Clodius als deren Erfinder riihmen durfen, wie uns dies bei Cicero und Quintilian belegt ist;550 die Ein schreibung der Freigelassenen in aIle Tribus war bekanntlich seit dem Ende des 4. Jhs. v. ChI. kontinuierlich in der romischen Politik them a tisiert worden. 55l
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544 Loposzko: Index 8, 162. Favory: Index 8, 184. Welwei: Handarbeit 67. 545 Loposzko: Index 8, 154ff. Dies trifft meiner Meinung naeh aber - im Gegensatz zu Lo poszko und Lehmann .' fUr Mi!. 87 sehr wohl zu. An dieser Stelle sprieht Cieero allgemein von Clodius' Gesetzesvorhaben, und zumindest fUr die lex de suffragiis ist Cieeros Beurtei· lung aueh zutreffend (vg!. S. 129). In diesem Sinn verstand Aseonius die Textpassage; er erwiihnt in seinem Kommentar lediglieh die lex de suffragiis, da ihm moglieherweise die iibrigen leges Clodianae nieht mehr bekannt waren (siehe dazu Lehmann: BIDR 83, 260f.). 546 Treggiari: Historia 19, 12lf. dies. RFLR 50,174, 265f.
547 Taylor: VDRR 145f. Vg!. Rouland: PPDP 426f. GlUen: LGRR 408. Siehe aueh S. 75f.
548 Lehmann: BIDR 83, 255,
549 Lehmann: BIDR 83, 255.
550 Cie. Mil. 89. Quint. inst. 9.2.54: an huius ille legis, quam Clodius a se inventam gloriatur,
mentionem facere ausus esset vivo Milone, non dicam consule? 551 Treggiari: RFLR 37ff.
132
Die Politik des Clodius
Fur welche Personengruppe war also jene lex nova des Clodius be stimmt? Was war ihr genauer Inhalt? Auch Loposzko diskutiert die schon frliher von Peyron und Mommsen vertretene Interpretation dieser Textpassage;552 beide wollten in den durch Clodius' Gesetz Begunstigten die spateren Latini Iuniani wiedererkennen; so wurden in der Principats zeit Personen genannt, die nach der lex Iunia (Norbana?) freigelassen worden waren. Durch dieses Gesetz wurde "der formell mangelhaften und also nichtigen Freilassung eines romischen Sclaven diejenige Rechts wirkung beigelegt ... , dass derselbe bei seinen Lebzeiten gleich dem Burger der latinischen Colonie in romischen Rechtsformen sol1e verkeh ren, auch ... im Heer dienen und unter den flir die Latiner festgesetz ten Bedingungen das romische Burgerrecht gewinnen konnen". 553 Das Edikt des Praetors solIte also daflir sorgen, da~ der ohne Beachtung der Formen des ius civile Freigelassene "im Besitz seiner faktischen Freiheit vom Praetor geschutzt wurde".554 Loposzko sah in diesen Erklarungs versuchen aufgrund des fehlenden Quellenmaterials flir die spate Repu blik eine "nicht zuverlassige Moglichkeit der Inhaltsdeutung der von Clodius entworfenen Gesetze betreffs der Sklaven". 555 Doch ist seine Vorsicht nicht angebracht, da Treggiari und Fabre in ihren Untersuchungen gezeigt haben, da~ diese ,informellen' Freilassun gen in der Zeit der spaten Republik weit verbreitet waren;556 beruck sichtigt man ferner die romische Rechtssetzungspraxis, die sich gerne an exempla orientierte, dann ist es nur folgerichtig, die Anfange des von uns diskutierten Rechtsinstituts in diesem Zeitraum zu suchen. Hier soIl vor allem ein Ereignis hervorgehoben werden, welches die Praxis, Skla yen ohne rechtlich-formales Verfahren freizulassen, und die sich daraus ergebenden rechtlichen Komplikationen mit der Person und Politik des Clodius in Verbindung bringt. AIs namlich Pompeius die Listen der Getreideempfanger im Jahre 56 revidieren wollte, zielte er vornehmlich auf jene Freigelassenen ab, die aufgrund ihres ungekHirten Offentlichrechtlichen Status urn ihre Getrei 552 553 554 555 556
Dazu Loposzko: Index 8, 162f.
Mommsen: Staatsrecht 111,1,626.
Steinwenter 911.
Loposzko: Index 8, 163.
Treggiari: RFLR 29ff. Fabre 52ff. Vg!. S. 120 Anm. 492. In einem Brief an Atticus be klagt sich Cicero uber die Treulosigkeit seines ehemaligen Sklaven Chrysipp und gedenkt ihn deshalb zu bestrafen (Att. 7.2.8); "sein hauptsachliches und eigentliches (praesertim cum) Druck- und Drohmittel gegen die zu strafenden Treulosen ist deren besonderer und heikler Freiheitsstatus, da bei ihrer Freilassung anwesend war, nemo, a quo recte l'indica rentur. wobei recte in diesem Zusammenhang nichts anderes als
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Die Methode und Zielsetzung clodianischer Politik
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frumentaria des Clodius sprunghaft angestiegen; damals verhinderte Clo
dius ihre Ruckversetzung in den Sklavenstand, indem er das Nymphae
urn in Brand setzen lie~.5S7 Dennoch mu~te Clodius diese rechtliche Zwitterstellung vieler seiner Anhanger beunruhigen; und so ist es nur zu verstandlich, da~ er als Praetor diesen Zustand zu seinem und seiner Ge folgsleute Vorteil zu iindern suchte. Ein solches Gesetz war weder revo lutionar noch lief es Gefahr, von den ad ligen Standesgenossen diskredi tiert zu werden. Auch die freie Bevolkerung dlirfte eine solche Maf~nah me nicht in gleicher Weise wie eine allgemeine Sklavenbefreiung abge lehnt haben. "Da~ der Offentlichrechtliche, eher formale Aspekt der Reform in der Zeit der ausgehenden Republik mit ihrer Tendenz zum Rlickzug ins Private und zur Verteidigung nur individualistischer Inter essen und Berechtigungen ... viele GemUter bewegt hatte, darf bezwei felt werden". 558
Clodius hat wohl seinen Anhangern - im Gegensatz zu den Latini Iuniani - gewi~ das ius suffragii zugestanden; auf diese Weise konnte er seine Position in den comitia tributa weiter festigen und seinen Einflu~ in den comitia centuriata stiirker als bisher geltend machen. Insofern unterstreicht auch dieser Vorgang die schon mehrmals beobachtete Me thode, "da~ Clodius sein Programm eben durch Gesetze, also doch wohl auf verfassungskonformem Wege verwirklichen wollte". SS9
Somit scheint das von der Forschung bisher gezeichnete Bild eines chaotischen und terroristischen AufrUhrers in dieser Ausschlie£lichkeit nicht mehr haltbar zu sein. Urn dies genauer beurteilen zu k6nnen, soli nun Clodius' politische Strategie, die er in den Jahren nach seinem Tri bunat verfolgte, betrachtet werden.
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3.4.3. Clodius und die romische Politik in den J ahren zwischen 58 und 53 v. Chr.
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In den 50er Jahren bildete zweifellos der Dreibund zwischen Caesar, Pompeius und Crassus den Kristallisationspunkt in der romischen Poli tik. Da es die Handlungsmaxime der drei Machthaber war, "ne quid age retur in re publica, quod displicuisse t ulli e tribus ", 560 mu~te jeder Poli tiker mit ihnen zusammenarbeiten, wenn er nicht ins politische Abseits geraten wollte. Zwar war die Mehrheit der Senatoren anfangs davon 557 558 559 560
Siehe dazu S. 120f.
Lehmann: BIDR 83, 259f.
Ebd.259.
Suet. Iul. 19.2.
134
Die Politik des Clodius
Uberzeugt, unabhiingig und frei agieren zu konnen, da die Eintracht der drei Politiker nicht von Dauer ware, doch sahen sie sich darin getauscht; auch Cicero, beispielhafter Vertreter dieser Gruppe, stellte spater resig niert fest: ,,punt quidem certe in amicorum nostrorum (Caesar, Pom peius, Crassus) potestate, atque ita, ut nullam mutationem umquam hac hominum aetate habitura res esse videatur"561 . Deshalb schloi~ er sich enger an Pompeius an 562 und sohnte sich in der Folgezeit auch mit Cae sar und Crassus aus. 563 Dennoch gab es - wie Cicero sie nennt - quidam homines, die diese politische Tatsache nicht widerspruchslos hinnehmen und sich den Ent scheidungen der drei Machthaber nicht widerstandslos unterordnen wollten. S64 Bekannte Personlichkeiten des Offentlichen Lebens wie Bi bulus, Cato, Favonius, Servilius, Hortensius und Domitius Ahenobarbus waren unter diesen Leuten zu finden; sie standen in strikter und standi ger Opposition zum Dreibund und avancierten aufgrund ihrer personli chen auctoritas zu einflu£)reichen Gegenspielem der drei Manner. Auch Clodius hatte diese Gegebenheiten der romischen Innenpolitik zur Kenntnis zu nehmen und sein Handeln und Planen daran auszurich ten. Wie er sich gegenUber den angesprochenen Personen und Gruppie rungen, deren unterschiedliche Interessen die tagespolitischen Entschei dungen nachhaltig mitbestimmten, verhielt, solI nun dargestellt werden; dabei werden die politischen Ereignisse in ihrer chronologischen Abfol ge erortert, um mogliche Veranderungen der c10dianischen Politik her auszuarbeiten und diese selbst in ihrer Zeitgebundenheit verstehen zu konnen.
58. v. Chr.: Der Konflikt zwischen den drei Machthabem und ihren Geg nem entzUndete sich - wie nicht anders zu erwarten war - an der Fra ge, ob die leges Iuliae auf legale Art und Weise erlassen worden seien. Nachdem ein Vermittlungsversuch an Caesars Unnachgiebigkeit geschei tert war,565 mu£)te es nach Ablauf von Caesars Consulatsjahr zur Macht probe kommen. Dabei rechneten die Widersacher des Dreibundes viel leicht insgeheim mit der UnterstUtzung des Tribunen; dieser hatte nam lich schon im Jahre 59 erklart, er werde im kommenden Jahr die iuli schen Gesetze fUr ungtiltig erklaren lassen. 566 Diese Perspektive, Clodius 561 562 563 564
Cic. ad fam. 1.8.1.
Ebd. 1.8.2.
Ebd. 1.9.4, 12, 18,20.
Ebd. 1.8.4: otium nobis exoptandum est, quod ii, qui potiuntur rerum, praestaturi viden tur, si quidam homines patientius eorum potentiam terre potuerint ... 565 Meier: MH 32, 196ff. 566 Cic. Att. 2.8.1, 12.2, 15.2. Siehe dazu S. 56f.
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als Mitstreiter und Speerspitze im Kampf gegen die leges Iuliae gewin nen zu konnen, mag einer der Grlinde gewesen sein, der sie auf Clodius' gesetzgeberische Aktivitaten zuriickhaltend reagieren lie~. S67 Als dann die Praetoren Memmius und Domitius Ahenobarbus die Rechtma~igkeit der Gesetze des Vorjahres bestritten und diese annullieren wollten, S68 warteten sie jedoch vergeblich auf die Mitwirkung des Clodius. Bei sei nen damaligen Vorhaben (Provinzverteilung, Exilierung Ciceros) durfte sich jener auf das Wohlverhalten der drei Machthaber verlassen;569 deren Entmachtung interessierte ihn zum damaligen Zeitpunkt nicht. Nur we nige Monate spater signalisierten aber Clodius' Angriffe auf Teile der pompeianischen Neuordnung im Osten den Optimaten, da~ in Zukunft mit Clodius zu rechnen war. Dies sollte sich auch bestatigen; noch wah rend seiner Amtszeit stellte Clodius die Legalitat der leges Iuliae in Fra ge, und sofort standen ihm prominente nobiles zur Seite, urn seinem Vorgehen durch ihre Zeugenaussagen den notigen Nachdruck zu verlei hen.s';U Doch schon dieses erste offizielle Zusammengehen des Clodius mit den Gegnern des Dreibundes la~t deutlich werden, da~ dieser Zusam menarbeit ein gemeinsames positives politisches Programm fehlte; das negative Bindeglied dieser Koalition war die gemeinsame Frontstellung gegen den Dreibund, der sich fUr sie in der Person des Pompeius, der vermeintlichen Flihrungspersonlichkeit, S71 personifizierte. Dabei glaub ten die summi viri in Clodius den geeigneten Mann, "qui in contione detrahat de Pompeio ", S72 gefunden zu haben. Clodius selbst konnte sei ne personlichen Angriffe auf Pompeius als eine von renommierten Po litikern autorisierte und gleichsam offizielle Aktion ausgeben. Da~ die
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567 Cic. ad Q. ff. 1.3.8. ad fam. 1.9.13f. Siehe dazu S. 50L 568 Cic. Sest. 40. Pis. 79. 569 Caesar selbst hatte sich wiihrend der catilinarischen Verschw6rung und im Rabiriusprazeill auf die lex de capite civis berufen. Die Pravinzen fielen mit Gabinius und Pisa an erkliirte Anhiinger des Dreibunds; und da Caesar sich in der Niihe Rams aufhielt, bis Cata palitisch neutralisiert war (Cic. Sest. 41), wird deutlich, daill er mit dieser Maillnahme des Cladius sehr wahl einverstanden war, 570 Cic. dam. 40: Sed haec de auspiciis, quae ego nunc perbreviter attingo, acta sunt a te. Tu
tuo praecipitante iam et debilitato tribunatu auspiciorum patronus subito exstitisti; tu M. Bibulum in contionem, tu augures produxisti ... Tua denique omnis actio posterioribus mensibus fuit, omnia quae C. Caesar egisset, quod contra auspicia essent acta, per senatum rescindi oportere ... pray. 45: Nam summi civitatis viri, quorum ego consilio rem publi· cam conser"avi, et quorum auctoritate illam coniunctionem Caesaris defugi, Iulias leges et ceteras illo consule rogatas iure latas negant ... Vg!. dam. 39ff. pray. 45f. har. resp. 50. 571 Cic. ad fam. 1.9.11: Cum autem in re publica Cn. Pompeius princeps esset vir, ... non putavi famam inconstantiae mihi pertimescendam ... Vg!. App. civ. 2.15. 572 Cic. har. resp. 50. Vg!. ebd. 46,51f. ad Q. fr. 2.3.4. ad fam. 1.9.10. Gruen: Histaria 18, 89. Marsh: CI1. 28, 174L
136
Die Paiitik des Cladius
se ,personliche' Auseinandersetzung, die Clodius und die ,alten Herren' des Senats zusammenflihrte, einen politischen Hintergrund hatte und den Kampf urn machtpolitische Partikularinteressen widerspiegelte, ver steht sich wegen der prinzipiellen Politisierung alles Personlichen in der romischen Politik nahezu van selbst. Stand flir Clodius das personliche Machtstreben auf der Basis einer stadtischen Clientel klar im Vorder grund, so wollten die summi viri durch die Fiir-Ungilltig-Erklarung der iulischen Gesetze erreichen, "daB die Regeln, auf denen das Senatsregi me beruhte, nicht durch mala exempla ausgehohlt oder zerstort wilr den ". S73 Sie konnten also das allgemeine Staatsinteresse flir sich rekla mieren, urn ihre personliche politische Stellung zu sichem. Trotz aller Gegensatzlichkeiten sollte "diese mindestens partielle Verbindung und Interessengemeinschaft"574 auch in den folgenden Jahren ein bestim mender Faktor der romischen Innenpolitik sein. Selbstverstandlich darf man sich diese Koalition nicht als statische und festgefligte politische Gruppe vorstellen, die standig zusammenar beitete und in der Offentlichkeit gemeinschaftlich auftrat; hier fanden sich - wie es in Rom durchaus ilblich war - einzelne Mitglieder der Oberschicht zu einer zeitweiligen politischen Allianz zusammen, wenn es ihren personlichen Interessen niltzlich zu sein schien. Diese Verbin dung war vorzugsweise gegenstandsabhangig und aktualisierte sich je weils in der politischen Auseinandersetzung mit Pompeius. So unter stiltzten Bibulus und Q. Metellus, der Vetter des Clodius, Ciceros Rilck berufung aus dem Exil, die von Caesar und Pompeius eifrig betrieben wurde ;575 sie hielten es flir einen gefahrlichen Prazedenzfall, daB ein Consul filr die Durchflihrung eines ordnungsgemaB gefaBten Senatsbe schlusses spater vor dem Yolk zur Rechenschaft gezogen und verurteilt werden konnte. 576 Ebenso waren es sachliche Motive, insbesondere die andauemden Unruhen der plebs urbana, die die summi viri dazu bewo gen, Pompeius mit der cura annonae zu betrauen; eine Entscheidung, die Clodius' Rilckhalt bei der stadtischen Plebs gefiihrdete und deshalb van jenem vehement bekampft wurde. Als Pompeius darilber hinaus das imperium extraordinarium in der Agyptenfrage beanspruchte, waren Clodius und seine optimatischen ,Freunde' in ihrem Kampf gegen die allzu groBe Machtkonzentration in der Hand des Pompeius wieder ver eint. 577 Es war dieses "Verfechten der eigenen Interessen auf den zur 573 574 575 576 577
Meier: MH 32, 208.
Ebd. 198.
Cic. dam. 69f. Vg!. GlUen: LGRR 294.
Vg!. dazu die SalidaritatserkHirung des Senats mit Cicero aus dem Jahre 62 (Dia 37.42.2f.).
Siehe dazu S. 137.
Die Methode und Zie!setzung clodianischer Politik ::-1~rren'
137
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VerfUgung stehenden Wegen",s78 welches Handlungen und Entscheidun gen der Politiker bestimmte und die Koalition zwischen Clodius und den summi l'iri als illustratives Beispiel dieser spezifisch romischen Art politischer Gruppierungen ausweist.
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57. v. Chr.: Die Mehrzahl der nobiles befUrwortete Ciceros Rlickberu
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fung aus dem Exil; auBerdem muBten sie es akzeptieren, daB Pompeius die cura annonae verliehen wurde. S79 Dennoch blieb der Kampf gegen Pompeius und die leges Iuliae weiterhin Richtschnur fUr ihr politisches Handeln . Als Clodius zu Ende des Jahre 57 ein ProzeB de vi drohte, nahmen sich Metellus, Ap. Claudius und Hortensius seiner Sache im Senat an;580 moglicherweise beglinstigten sie auch seine Wahl zum Aedil fUr das J ahr 56. 581
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56 v. Chr.: In engeren Kontakt traten Clodius und die summi viri im Jahre 56. Zuniichst war es Pompeius' Wunsch, Ptolemaios XII. nach Agypten zurilckzufUhren, der ihr Blindnis wieder intensivierte. Da dies einer weiteren Machtsteigerung flir Pompeius gleichgekommen ware, stieB sein Begehren auf den erbitterten Widerstand seiner Gegner. Ge stiltzt auf den Spruch der Quindecemviri und begilnstigt durch die zeit weise Blockade der Staatsgeschiifte, gelang es schlieBlich, Pompeius dieses Kommando vorzuenthalten. 582 Wie rigoros sich die summi viri gegen Pompeius wandten, zeigte sich im ProzeB des Sex. Clodius/Cloe lius aus dem Marz des Jahres. Wie uns Cicero berichtet, verdankte die ser seinen Freispruch vorzugsweise der Tatsache, daB sich Pompeius die Feindschaft der Senatoren zugezogen habe. S83 Diese Zusammenarbeit der Pompeiusgegner endete nach der Mei nung zahlreicher Forscher mit der Konferenz von Luca und der dort vereinbarten Konsolidierung des Dreibunds; doch nicht nur die Inter essenkoalition zwischen Clodius und den summi viri sei an den Beschlils sen der Konferenzteilnehmer zerbrochen, auch Clodius selbst habe in folgedessen seine bisherige unabhangige Stellung flir immer eingebliBt; fortan sei er zum Befehlsempfanger und Helfershelfer der drei Dynasten 578 Meier: RPA XL. Zum Ganzen ebd. XXXVIlIff.
579 Vg!. dazu S. 119f.
580 Cic. Att. 4.3.3: Metellus calumnia dicendi tempus exemit adiu van te Appio, etiam hercule
familiar! tuo, de cuius constantia vitae tuae verissimae litterae. 581 Ebd. 4.3.4. Vg!. Mitchell:TAPhA 100, 315. 582 Siehe dazu S. 126. 583 Cic. ad Q. fT. 2.5(4).4(6). Vg!. Gruen: LGRR 304f. ders.: Historia 18,88. Siehe auch S. 157.
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Die Politik des Clodius
geworden. 584 Urn ihre Aussagen zu begriinden, verweisen sie insbesondere auf folgendes: (1) Wir besitzen fUr die Jahre 55-52 nur relativ wenige Informationen liber die Person des Clodius; dies wird dahingehend in terpretiert, daB sich Clodius mit den gegebenen Machtverhaltnissen ab gefunden habe und in den Dienst der drei Machthaber getreten sei. (2) Clodius hat nach seiner Auss6hnung mit dem Dreibund die Wahlbewer bung von Pompeius und Crassus fUr das Consulat im J ahr 55 aktiv un terstlitzt. 58S Auf welch unsicherem Boden dieser Erklarungsversuch jedoch steht, wird deutlich, wenn man diese Argumente auf ihre Glaub wlirdigkeit hin liberpriift. Natlirlich ist es richtig, daB uns die Quellen uber die politische Tatig keit des Clodius in den Jahren nach 56 wenig zu berichten haben. Be vor dieses ,argumentum ex silentio' als Indiz und negativer Beleg fUr Clodius' BotmaBigkeit unter die Autoritat des Dreibundes herangezogen wird, sollte man liberlegen, ob diese Merkwlirdigkeit, daB wir den Na men des Clodius in den Quellen seltener finden, nicht auch anders er kHirt werden kann. Ein solch radikaler Wandel vom eigenstandigen Poli tiker zum ErfUllungsgehilfen und Handlanger eines Caesar oder Pom peius dlirfte auch von Clodius nicht liber Nacht vollzogen worden sein; dies setzte zwangslaufig voraus, daB Clodius schon langer von diesen Po litikern abhangig gewesen ware, was aber nach unseren bisherigen Er kenntnissen nicht der Fall war. Wie wir weiter oben gesehen haben,586 spricht einiges dafUr, daB Clo dius seine politische Taktik seit dem Jahr 56 partiell geandert hat. Fort an sollte der politische Gegner nicht nur gewaltsam, sondern vermehrt mit konventionellen Mitteln (Prozesse) attackiert werden. 587 In diesem EntschluB dlirften ihn sowohl seine Anhanger, die in ihrer Mehrzahl der Gewalt eher distanziert und reserviert gegenliberstanden,588 als auch sei ne optimatischen ,Bundesgenossen', die Gewalt als politisches Mittel ebenfalls ablehnten, bestarkt haben. Diese teilweise Abkehr des Clodius von seiner bisherigen politischen Strategie kann aber ein wichtiger Grund dafUr sein, daB uns Clodius in den Quellen weniger haufig begeg 584 Meier: Caesar 332: "Sie vereinbarten noch, daB jeder von ihnen seine Freunde und Ver bUndeten in die gemeinsame Politik einzubringen habe. Clodius hatte sich mit Pompeius zu vertragen". Vg!. Gelzer: Pompeius 165. Gruen: LGRR 150, 335; Lintott: GaR 14, 168. Lenaghan 26. Leach 145. Kumaniecki: Klio 37, 143. Marsh: C11 28, 175. Nowak 103, 107. Seager: Pompey 124ff., 180. Schneider: Militiirdiktatur 206. Ward: Crassus 265. Wi seman: Cinna 163f. 585 Dio 39.29.1. 586 Siehe dazu S. 110r. 587 Zum Wandel der politischen Methode des Clodius siehe auch S.146. 588 Vg!. das Verhalten der tabernarii S. 77f. Siehe auch Yavetz: Caesar 94.
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net: sobald seine Auftritte in der bffentlichkeit immer mehr der spek takularen Gewaltsamkeit entbehrten, verlor er flir unsere antiken Be richterstatter an Attraktivitat, da er flir ihre Geschichten und ihre sen sationslUsteme Leserschaft nicht mehr solch interessantes Material wie frtiher lieferte. Deshalb sollte man mit dem ,argumentum ex silentio' vorsichtig umgehen und es nicht vorschnell dazu benutzen, urn Clodius' Abhangigkeit vom Dreibund beweisen zu wollen. Eine Aussohnung des Clodius mit Pompeius und seine Wahlhilfe flir Pompeius und Crassus sind uns in den Quellen glaubhaft ilberliefert. Dennoch ist es keineswegs so eindeutig erwiesen - wie uns viele Gelehr te glauben machen wollen -, da~ die ,Bekehrung' des Clodius mit der Konferenz von Luca in umittelbarem Zusammenhang steht, und ihm sein Bruder Appius, der an dieser Zusammenkunft teilnahm, sozusagen neue Instruktionen und Verhaltensma~regelnerteilte. 589 Eine solche Erklarung, die Clodius eine politische Unselbstandigkeit unterstellt, die in diesem Ausma~ mit Sicherheit nicht gegeben war,590 beruht insbesondere auf der Annahme, da~ die Konferenzbeschlilsse so fort wirksam wurden und das politische Geschehen in Rom unmittelbar beeinflu~ten. Da~ dem so war, ist zumindest zweifelhaft; auch die GUl tigkeit dieser Abmachungen mu~te sich erst in der Zukunft erweisen, und eine ahnliche Entwicklung und Entzweiung des Dreibunds, wie wir sie aus den Jahren 57 und 56 kennen, waren nicht auszuschlie~en;ja die Beteiligten selbst waren sich des durchschlagenden Erfolgs ihrer Dber einkunft keineswegs sicher und zweifelten an der allgemeinen Anerken nung ihrer Absprache. Anders Hi~t es sich kaum erklaren, da~ Pompeius und Crassus, im Senat ilber ihre Consulatsplane befragt, eine klare Ant wort unsicher und angstlich verweigerten. 591 Demnach hatte die Konferenz von Luca flir die aktuelle Politik nicht die uberragende Bedeutung, die ihr die Forschung beigelegt hat. Diese Fehleinschatzung ist wohl in erster Linie darauf zuruckzuflihren, da~ wir auch in dieser Frage vomehmlich auf die personlichen, von egoisti scher Selbstilberschatzung gefarbten schriftlichen Zeugnisse Ciceros, der allerdings mit fliegenden Fahnen zum Dreibund ilbergelaufen war,592 zu ruckgreifen mussen; dies sollte aber bei der Interpretation berucksichtigt werden. Es ist nicht zu bestreiten, da~ die Konsolidierung des Dreibunds ein politisches Faktum war, als solches in die politischen Dberlegungen 589 Gruen: LGRR 101, 150. Lenaghan 180. Meier: RE 590. Nowak 122 Anm. 7. Rundell: Historia 28, 323f. Siehe auch S. 138 Anm. 584. 590 Siehe dazu S. 145. 591 Dio 39.30.lf. 592 Cic. ad fam. 1.7.7f. Siehe dazu S. 142.
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Die Politik des Clodius
miteinbezogen werden muBte und auf die rbmische Innenpolitik wirkte, aber gewiB nicht in der Weise, daB sich ihm alle politischen und gesell schaftlichen Krafte bedingungslos unterordneten. 593 Wie Clodius auf diese neue Situation reagierte, wollen wir nun untersuchen, und dabei insbesondere der Frage nachgehen, wann und warum er sich dem Drei bund anschloB. Die betreffenden Passagen aus Dios Geschichtswerk und Ciceros Re den und Briefe sind unsere Hauptquellen, wenn wir das Geschehen re konstruieren wollen. Aus Dios Schilderung laBt sich nur schwerlich eine genaue Datierung und Abfolge der Ereignisse ablesen. Dennoch kann liber die Zusammenarbeit des Clodius mit dem Dreibund soviel mit Si cherheit gesagt werden: als Clodius die Verwaltungstatigkeit des Cato auf Cypern angriff, fand er die Unterstlitzung Caesars 594 und nach Plu tarchs Information auch diejenige des Pompeius. 595 Die Rilckkehr Catos ist auf den Spatsommer des Jahres 56 zu datieren. Zeitlich noch etwas spater ist Clodius' Rede in der Volksversammlung, in der er die Consu latsbewerbung des Pompeius und Crassus beflirwortete, anzusetzen. 596 Aufgrund der uns von Dio liberlieferten Informationen ergibt sich also, daB ein Zusammengehen des Clodius mit dem Dreibund spatestens im Spatsommer - nach Catos Rlickkehr von Cypern - politische Realitat war. Weitere Klarheit kann uns die Beachtung sonstiger Begebenheiten aus diesem J ahre, vor allem aber die zeitliche Einordnung von Ciceros Rede de haruspicum responso in den Handlungsablauf, verschaffen. In dieser Rede findet sich namlich ein sicherer Hinweis auf die Versohnung des Clodius mit Pompeius; Cicero sagt folgendes: "Sed ne id viros optimos diutius delectet, legant hanc eius contionem de qua loquor; in qua Pom peium ornat, - an potius deformat? certe laudat, et unum esse in hac civitate dignum huius imperi gloria dicit, et significat se illi esse amicissi mum et reconciliationem esse gratiae factam ". 597 Obwohl der Redner von der Glaubwlirdigkeit dieser Nachricht keineswegs liberzeugt ist, dilr fen wir darin zweifellos eine Anspielung auf den AnschluB des Clodius an Pompeius sehen. Um diese Information historisch angemessen ver wenden zu kbnnen, ist es jedoch unerlaBlich, Ciceros Rede de harus picum responso genauer zu datieren. 593 Vg!. dazu die Vorgange aus dem Jahre 58 (S. 134ff.).
594 Dio 39.25.4.
595 Plut. Cat. min. 45.1. Plutarch datiert diese Begebenheit irrtlimlich nach Pompeius' Consu
la tsjahr. 596 Dio 39.29.1. 597 Cic. har. resp. 51.
Die '\1ethode und Zielsetzung clodianischer Politik
:=< _. c~:'~ wirkte,
In Ciceros Korrespondenz mit seinem Bruder Quintus und seinen bei den Freunden Atticus und Lentulus Spinther, die uns uber die Gescheh nisse der ersten Jahreshalfte relativ gut inforrniert, wird das Gutachten der Haruspices nicht erwahnt. Auch in seiner Rede de provinciis consu laribus (Juni 56) spricht Cicero weder das Gutachten noch die Aussoh nung zwischen Clodius und den drei Dynasten an, obwohl sich gerade letzteres angeboten hatte; denn in einer Passage kommt er auf das gute Verhaltnis zwischen den surnmi viri und Clodius zu sprechen;598 hat te sich dieser Zustand in der Zwischenzeit geandert, ware Cicero mit Si cherheit darauf eingegangen. Da sich Cicero auBerdem von Mitte Juni bis Ende Juni auf seinen Landgutern aufgehalten hat, ist anzunehmen, daB die fragliche Rede in der zweiten Jahreshalfte gehalten worden ist. Diese negative BeweisfUhrung soU an der inhaltlichen Kommentierung der Rede verifiziert werden; wir woUen deshalb folgende Tatbestande disku tieren: 1. Verlauf des Cicero-Clodius Konfliktes im Jahr 56: Das Gutachten der Haruspices wurde im AnschluB an die Beobachtung unheilvoller Vorzei chen eingeholt, war aber von jener oppositioneUen Senatsgruppe initi iert worden, die die Vorgange in Luca unter Politisierung der religiosen Autoritat zu neutralisieren suchte; auf gleiche Weise hatte man auch zu Beginn des J ahres die agyptische Frage gelost. 599 Die in diesem Gutach ten angesprochene Profanierung geweihter Statten nutzte Clodius so gleich, urn Cicero anzugreifen. In einer contio gab er vor, dieser Be schluB der Haruspices beziehe sich auf Ciceros Haus auf dem Palatin, welches Clodius wahrend seines Tribunats der Gottin Libertas geweiht hatte, spater aber Cicero zumckgegeben und von diesem wieder neu auf gebaut worden war; im AnschluB an die Kundgebung versuchte Clodius mehrmals, das im Neubau befindliche Haus mit Hilfe seiner Anhanger einzureiBen. Dabei kam ihm einmal Milo in die Quere, das andere Mal war die versammelte Menge zu einer derartigen Gewalttat nicht zu be wegen. Der damber emporte Cicero schlug nun seinersefts zuruck und entfernte, unterstutzt von Milo und einigen Tribunen, die Stelen, auf denen Clodius' Tribunatspolitik festgehalten war, vom Capitol. Diese wurden jedoch von Clodius unter Mithilfe seines Bruders Caius, der in diesem Jahr Praetor war, an ihren ursprunglichen Ort zuruckgebracht. Erneut gelang es Cicero, die Stelen zu beseitigen und in seinem Haus zu deponieren. In der Folgezeit bestritt Cicero die Legalitat des clodiani schen Tribunats und aUer seiner damaligen VerfUgungen, wahrend CIo
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598 Cic. pray. 45f. 599 Siehe S.126. Vg!. Kumaniecki: Klio 37, 140. Dazu allgemein Favory: Index 8. 180f.
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Die Politik des Clodius
dius Ciceros Ruckkehr aus dem Exil fUr ungesetzma~ig erklarte. An die ser Diskussion beteiligte sich auch Cato, nachdem er von Cypem zu riickgekehrt war; dieser sprach sich zu Ciceros Erstaunen fUr die Recht ma~igkeit von Clodius' Tribunat aus, ,,<po~7)1JEle: alla 117) K.al ooa aUToe:
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raschenderweise im Sande. 2. RoUe der summi virz': Cicero war bei diesen Leuten in Verruf ge kommen, weil er sich durch seinen unerwarteten Anschlu~ an den Drei bund, den er in seiner Rede uber die Provinzverteilung wortreich ver teidigte, in ihren Augen desavouiert hatte. Noch Anfang April war er nachdriicklich fUr eine Wiederaufnahme der Debatte de agro Campano eingetreten/,()l hatte also somit die Frage der leges Iuliae emeut them a tisiert. 602 Nach der Konferenz von Luca fand er sich jedoch auf der Sei te der drei Machthaber wieder, sprach sich fUr die Soldzahlung an Cae sars Soldaten und die VerHingerung von dessen Provinzkommando aus. 603 Insofem war Cicero ein dankbares Ziel fur Clodius' Angriffe. Als die Frage der Legalitat von Clodius' Tribunat durch Cicero wieder aufge worfen wurde, sprachen sich die summi viri fUr die Rechtma~igkeit der clodianischen Gesetze aus, um im gleichen Atemzug die leges Iuliae fUr gesetzwidrig zu erklaren. 604 Dies macht es aber nur zu verstandlich, da~ Cicero es peinlich vermied, diese Problematik in seiner Rede anzuspre chen; dies ware seinem Plan, "durch eine seinen Interessen dienende Aufklarung der Angelegenheit ... die Konsuln (so zu) beeinflussen, da mit sie wahrend der Darstellung der Angelegenheit "uber die heiligen und geweihten Statten" in ihrem Bericht sein Haus nicht erwahnten",6OS we nig nutzlich gewesen, da es seine Zuh6rer wenig beeindruckt, sondern ganz im Gegenteil eher verargert hatte. 606 Deshalb spricht dieses Fak tum, von Kumaniecki als Beweis fUr die friihe Datierung der Rede ange fUhrt,607 nicht dagegen, da~ Cicero diese Rede im Spatsommer gehalten hat. 600 Dio 39.22.1.
601 Cic. ad Q. fr. 2.6(5).1.
602 Cic. ad fam. 1.9.8: Quin etiam Marcellino et Philippo consulibus Nonis Aprilibus mihi est
senatus adsensus, ut de agro Campano frequenti senatu Idibus Maiis referretur. Num potui magis in arcem il/ius causae invadere au t magis oblivisci temporum meorum. meminisse actionum? 603 Cic. proy. 28. Balb. 61. ad fam. 1.7.10. 604 Cic. proy. 451'. 605 Kumaniecki: Klio 37, 141 f. 606 Siehe dazu S. 144. 607 Kumaniecki: Klio 37, 138,
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Vielmehr ist es riehtig, daG sieh die alte Interessenkoalition, beste hend aus Clodius und seinen optimatisehen ,Freunden', zu Beginn des Jahres (Agyptenfrage) neu zusammengefunden hat. Die Konferenz von Luea und die Emeuerung des Dreibunds bewirkten dann nieht die Auf lasung, sondem einen noeh engeren ZusammensehluG dieser Koalition, wie uns aueh Cieero zu beriehten weiG; certi homines hoffierten nun seinen Intimfeind,608 und noeh im Juli herrsehte seiner Meinung naeh gral~te Uneinigkeit im Staate. 609 Die aueh von den Haruspiees angespro ehene optimatium discordia dissensioque 610 diirften sieh aber vor allem dadureh verseharft haben, daG sich Pompeius und Crassus urn das Con sulat fUr das Jahr 55 bewarben. Dies war aber frilhestens seit Juli ein offenes Geheimnis, da sieh nun C. Cato - vermutlieh im Auftrag des Dreibunds - intensiv darum bemilhte, den Zeitpunkt der Wahlen mag liehst auf das Ende des J ahres hinauszusehieben, urn Caesars Soldaten die Teilnahme an den Wahlen zu ermagliehen. 611 Ein Consulat fUr die beiden Maehthaber war weder im Interesse des Clodius noeh seiner opti matischen Verbilndeten. Deshalb darf man davon ausgehen, daG die In teressenkoalition zum Zeitpunkt von Catos Rilekkehr noeh unbesehadet war. 3. Clodius' Weehsel zum Dreibund: Solange die Debatte ilber die Lega litat seines Tribunats andauerte, hatte Clodius keinen AnlaG, die Gegner des Dreibunds, die ihn in dieser Frage aktiv unterstiltzten, in einer con tio zu beleidigen und sieh als Bundesgenosse des Pompeius zu preisen. Bei einem Dbergang zum Dreibund hatte Clodius den Beistand der Opti maten unverzilglieh verloren. Es muGte sehon ein triftiger Grund sein, der diesen zu einem Frontweehsel veranlassen konnte. Wahrend man noeh ilber die Legalitat von Clodius' Tribunat diskutierte, wurde im Se nat die Frage verhandelt, wie mit den Sklaven, die Cato aus Cypem mit gebraeht hatte, verfahren werden solle. Clodius wollte sie geme unter dem Namen Ki\WOLOL freigelassen sehen, stieG aber auf den erbitterten Widerstand Catos und seiner Freunde, unter denen sieh aueh die sum mi viri befunden haben diirften. 612 Enttauseht und verargert greift je 608 Cic. ad fam. 1.9.10: Erat hoc mihi dolendum, sed multo illud magis, quod inimicum meum , .. sic amplexabantur, sic in manibus habebant, sic fovebant, sic me praesente osculaban· tur, non illi quidem ut mihi stomachum facerent, quem ego funditus perdidi, sed certe ut facere se arbitrarentur. 609 Ebd. 1.7.10: Quod scribis te velle scire, qui sit rei publicae status, summa dissensio est, sed contentio dispar, .. 610 Cic. har. resp. 40ff. 611 Dio 39.27.3. Liv. perioch. 105. Zur Beteiligung der Soldaten Caesars an den Wahlen siehe S. 27 Anm. 46. 612 Dio 39.23.1f.
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ner daraufhin Catos Administration an, wobei er von Caesar und Pom peius unterstlitzt wird. 613 Diesen kommt der Bruch der einfluBreichen Koalition sehr ge1egen, da sie nach der Rilckkehr Catos mit dem ver starkten Widerstand ihrer Gegner rechnen und urn ihre neu geschaffe ne Machtstellung fUrchten muBten. Desha1b umwarben sie den einfluB reichen C10dius a1s neuen Bilndnispartner, indem sie ihm u.a. eine libe ra legatio in Aussicht stelIten;619 so erklart sich auch die Reaktion der Senatoren auf die Wahlrede des Clodius, die jener fur die Consulatsbe werber gehalten hatte, da sie kurz vorher noch gemeinsam beide Macht haber bekampft hatten; sie waren uber Clodius' Umschwung - wie auch ein Teil seiner Anhanger 61S - so erbittert, daB sie ihn beinahe get6tet hatten. 616 J etzt liiBt sich Ciceros Rede de haruspicum responso genauer datie ren. Plutarch zufolge wurde Cato niimlich durch die Entfernung der Gesetzestafeln zu einer eindeutigen StelIungnahme fUr Clodius gezwun gen;617 durch diese Aktion solIte Clodius' Tribunat augenfiillig fUr un giiltig erklart werden; damit konnte Cato jedoch aus bekannten Grun den nicht einverstanden sein. 618 Cicero hoffte nun durch eine ,objekti ye' Schilderung seiner Beweggriinde, Cato und seine optimatischen Freunde von der RechtmaBigkeit seines Anliegens zu uberzeugen. Des halb vermied er es, die Legalitat von Clodius' Tribunat eigens zu thema tisieren; dies hatte insbesondere Cato provoziert. 619 Die Rede de harus picum responso muB als Ciceros Antwort auf Catos Eingreifen in die Tribunatsdebatte angesehen werden. Das Gutachten der Haruspices wurde vermutlich erst nach Catos Ruckkehr von Cypern erstelIt; denn es "scheint sicher, daB die politischen Folgerungen den Haruspices von optimatischen Mitgliedern der Quindecemviri sacris faciundis eingege ben waren";620 diesem Gremium geh6rten u.a. Cato und Clodius an. 621 Auch die Auseinandersetzung zwischen Cicero und Clodius anlaBlich der Debatte uber die Schwierigkeiten der Publicanen in Syrien, die in der Rede angesprochen wird,622 deutet darauf hin, daB Ciceros Rede de haruspicum responso in den September des J ahres 56 zu datieren ist; 613 614 615 616 617 618 619 620 621 622
Siehe dazu S. 140.
Cie. ad Q. fr. 2.8(7).2.
Seho!. Bob. 170 St.
Dio 39.29.2f.
Plut. Cat. min. 40.1f.
Siehe dazu S.142.
Ebd.
Gelzer: Cieero 176.
Gelzer: Cieero 176. Vg!. Lenaghan 128f.
Cie. har. resp. If.
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denn es war ilblieh, die Angelegenheit der Publieanen jeweils im Herbst im Senat zu verhandeln. 623 Die Ereignisse des Jahres 56 sind ein illustratives Beispiel und Lehr stilek flir Clodius' politisehes Handeln und Verhalten. Dieses riehtet sieh konsequent am eigenen Vorteil aus. Dabei wird Clodius ein moglieher Weehsel der Koalition nieht von aui1en aufoktroyiert, wie einige For seher meinen, sondern aus Niltzliehkeitserwagungen von ihm selbst voll zogen. Niehts kann jedoeh die ungebroehene MaehtsteHung des Clodius deutlieher und eindrueksvoller beweisen als die Tatsaehe, dafJ sieh alle politiseh einfluBreiehen Personen in Rom um seine Freundsehaft be milhten und seine Feindsehaft flirehteten. Mit der plebs urbana als Maehtbasis war Clodius naeh wie vor ein bedeutender innenpolitiseher Maehtfaktor, der mitbestimmte, aber nieht ilber sieh bestimmen lieE.
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55 v. Chr.: Fast erwartungsgemaB braeh die Verbindung zwisehen Clo dius und dem Dreibund wahl sehon zu Beginn des J ahres 55 'vvieder aus einander. Zunaehst trat Clodius die libera legatio aus uns unbekannten Grilnden nieht an. 624 Verargern mu£te ihn die lex Licinia de sodaliciis, die die Organisation seiner Gefolgsleute ilber die collegia in Frage steH te, somit aber sein politisehes Agieren ersehwerte und seine Maehtstel lung gefahrdete. 625 Deshalb durfte sich Clodius an den Aktionen ihrer Gegner, die die be absiehtigte Provinzverteilung und Kommandoilbertragung an die drei Maehthaber zu verhindern suehten, beteiligt haben. So ist die antipom peianisehe Protestaktion der stadtromisehen Bev6lkerung, die, erbittert ilber solch weitgehende Forderungen des Dreibunds, die Statuen des Pompeius umsturzte,626 vermutlieh von Clodius initiiert und von seinen Anhangem ausgefilhrt worden. Diese Demonstration des Volkszorns er innert in ihrer taktisehen Zielsetzung an die ilbliehe Methode des Clo dius, den politischen Gegner in der Offentlichkeit zu diskreditieren. 627 Im Juni des gleiehen Jahres erkundigt sieh Cicero bei Atticus ilber Plane und Aktionen des Clodius;628 vielleieht aueh dies ein Indiz flir die Allge genwartigkeit und Bedeutung des Clodius fUr die r6misehe Innenpolitik. 623 Stein 99 (mit Quellen). Die gleiche Datierung findet sich bei Stein (97ff.) und Gelzer (Ci cero 176ff., vg!. K!. Schr. 2,231). 624 Siehe dazu S. 122. Crassus und Pompeius hofften so, Clodius ausschalten zu konnen. 625 Ward: Crassus 272. 626 Siehe dazu S. 126f. 627 Siehe dazu S. 84. 628 Cic. Att. 4.11.2: Qua re, ut homini curioso, ita perscribe ad me, ... quid ilia populi Appu· leia . ..
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Die Palitik des Cladius
54 ii, Chr.: In diesem Jahr begegnet uns Clodius vorzugsweise als Vertei diger oder Anklager vor Gericht. Zusammen mit fUnf anderen namhaf ten Politikern, unter denen sich auch Cicero befand, verteidigte er Scau ms, der apud populum angeklagt word en war. 629 Cicero fUhlte sich vor Clodius sicher,630 mufllte sich dessen Friedfertigkeit aber durch politi scnes Wohlverhalten und prozessuale Untatigkeit erkaufen. So nahm er beispielsweise von einer Verteidigung des Procilius (tr. pI. 56), eines Anhangers des Dreibunds,631 Abstand, da Clodius der Anklagevertre ter war;632 Procilius wurde tibrigens vemrteilt. Clodius selbst scheint sich wieder enger an die Dreibundopposition angeschlossen zu haben; jedenfalls war dies fUr Cicero der eigentliche AnlaB, der ihn dazu bewog, die Verteidigung des Vatinius zu iiberneh men; in diesem Sinne rechtfertigt er sein Verhalten vor Lentulus Spin ther und schreibt diesem folgendes: "Sic petivi a iudicibus, ut, quoniam quidam nobiles homines et de me optime meriti nimis amarent inimi curn meum meque inspectante saepe eum in senatu modo severe sedu cerent, modo familiariter atque hi/are amplexarentur, quoniamque illi haberent swan Publium, darent mihi ipsi alium Publium, in quo pos sem illorum animos mediocriter lacessitus leviter repungere ". 633 AuBer dem bewarb sich Clodius anscheinend urn die Praetur fUr das kommen de Jahr, 109 seine Kandidatur jedoch angesichts der Verzogemng der Wahlen und der damit gegebenen Verkiirzung der Amtszeit wieder zu rUck. 634 Eine erfolgreiche Bewerbung urn die Praetur machte indessen ein gutes VerhiUtnis zu einfluBreichen nobiles erforderlich; auch dies spricht flir eine partielle Wiedervereinigung der alten Dreibundopposi tion.
53 v. Chr.: In diesem J ahr unternahm Clodius einen erneuten Versuch, in das Amt des Praetors gewahlt zu werden. In den StraBenschlachten, die sich die Bewerber urn das Consulat, Scipio, Hypsaeus und Milo, lie ferten, engagierten sich aueh die Gefolgsleute des Clodius; sie bewarfen u.a. den Consul Messalla und Cicero mit Steinen. 635 Der erbittert ge 629 630 631 632 633 634
Aseon. 20f. C. Cie. Att. 4.16.6. Zum iudicium populi siehe S. 111.
Cie. ad Q. fro 2.15(14).2. Att. 4.11.6.
Cie. ad Q. fro 2.7(6).1.
Cie. Att. 4.15.4,16.5. ZUll Proze~ siehe Linderski: Studi 292ff.
Cie. ad fam. 1.9.19.
Cie. MiL 24. Sehal. Bab. 172 St.: ,Tuamque praeturam non tuo more differas'. Hoc in nar
ratione Milonianae defensionis plenius ostendit: Clodium petitorem fuisse praeturae, cum que animadverteret comitia non sic procedere, ut Kal. Ianuariis posset inire praeturam, ma luisse desinere a petitione. 635 Seho!. Bob. 172 S. Aseon. 48 C.
Die Methode und Zielsetzung c10dianischer Politik
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fUhrte Wahlkampf hatte Clodius beinahe das Leben gekostet, da sich Antonius, Bewerber um die Quaestur und nachmaliger Triumvir, durch die Ermordung dieses volkstiimlichen Mannes bei seinen Gonnem be liebt machen wollte. 636 Bevor esjedoch zu den Wahlcomitien kam, wur de Clodius von seinem personlichen und politischen Feind Milo bei Bo villae ermordet.
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Aus den relativ wenigen Informationen, die wir ilber Clodius' Aktivi taten in den Jahren von 55 bis 53 besitzen, ergibt sich, da~ sich dieser seine politische Unabhangigkeit weitgehend bewahren konnte. Clodius' Bemilhen, seine politische Karriere auf traditionelle Art und Weise fort zusetzen, und sein zeitweiliges Zusammengehen mit den summi viri be weisen zudem, da~ er nicht beabsichtigte, die res publica zu zerstOren. Nicht anders als fUr viele seiner Zeitgenossen war es auch Clodius' Ziel, sich personlich eine einflu~reiche Stellung im Staat zu verschaffen. Da bei beschritt er zweifellos einen neuen Weg: mit Hilfe der plebs urbana, die er als seine personliche Gefolgschaft organisierte, war es Clodius moglich, eine einflu~reiche und unabhangige Politik zu betreiben.
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636 Cic. Mi!. 40. Phi!. 2.21,49. Dio 43.40.2. Siehe dazu S. 170.
4. SCHLUSS
Mit der Weltreichsbildung erOffneten sich ehrgeizigen Mitgliedern der Nobilitit unzahlige Moglichkeiten, ihre personliche Reputation zu stei gem und ihren Anspruch auf eine ihrem Sozialprestige (dignitas) ent sprechende politische und gesellschaftliche Stellung zu rechtfertigen. Gleichzeitig waren diese Politiker, da ihr individueller Machtanspruch aus naheliegenden Grtinden von der Mehrzahl ihrer Standesgenossen nicht akzeptiert wurde und deshalb nur gegen deren Widerstand durch zusetzen war, immer haufiger gezwungen, ihre politische Karriere ent gegen den traditionellen Verhaltensformen einer Aristokratie und neben den Institutionen fortzufUhren. DaE diese inneradligen Machtkiimpfe am Ende der Republik in zunehmendem MaEe gewaltsam geftihrt wur den, kann nicht tiberraschen, da die Normen und Prinzipien des romi schen Stadtstaates aufgrund der spezifischen Anforderungen und Pro bleme, die sich aus Roms Entwicklung zum Weltreich ergaben, standig verletzt werden muEten. Deshalb stellte sich auch weniger die Frage, ob der Einsatz von Gewalt in der innenpolitischen Auseinandersetzung ge rechtfertigt sei: sie war struktureller Bestandteil der spatrepublikani schen Politik; wichtiger und entscheidender war es fUr den aufstreben den nobilis, sich die Untersttitzung verschiedenster politischer und ge sellschaftlicher Krafte zu sichern, die seinen Anspruch auf eine Ftih rungsstellung - wenn notig unter Gewaltanwendung - durchsetzen konnten. Als potentielle Gruppe kamen zuallererst die Soldaten in Betracht: ihre Waffengetibtheit, ihr hoher Organisationsgrad, ihr standiger Kon takt mit dem Feldherrn und ihre Identifikation mit seinen Leistungen, Faktoren, die vornehmlich mit der Umgestaltung des romischen Heeres durch Marius verbunden sind, begtinstigten die Begrtindung eines ge genseitigen Abhiingigkeitsverhaltnisses zwischen Feldherr und Unter gebenen und dessen machtpolitische Instrumentalisierung. Doch war es gerade diese organisierte Gewaltsamkeit und deren Ablehnung durch Senatoren und stadtromische Bevolkerung, die traditionell denkende und der tiberkommenen Ordnung verpflichtete Imperatoren - wie beispielsweise Pompeius - von einem extensiven und konsequenten Gebrauch dieses Machtinstruments abhalten muEte. Auch die fehlende dauerhafte Prasenz der Soldaten in Rom dtirfte ehrgeizige nobiles in ihrer Skepsis, die romische Tagespolitik mit Hilfe des Heeres bestimmen zu konnen, nur bestarkt haben.
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Vor allem letzteres favorisierte eine andere gesellschaftliche Gruppe: die plebs urbana. Sie konnte den nobiles Gegenleistungen im politischen und gesellschaftlichen Leben in vieWiltiger Form offerieren und den Verlauf und Ausgang von Wahlen, Prozessen und Volksversammlungen beeinflussen. Darilber hinaus war sie standig verfUgbar und unter be stimmten Bedingungen leicht zu mobilisieren; die stadtromische Bevol kerung ermoglichte es den Politikern, das politische Leben permanent zu manipulieren und zu kontrollieren. Dagegen war die plebs urbana im Waffengebrauch den kampferprobten Soldaten, aber auch den profes sionellen Gladiatoren unterlegen und als unorganisierte Masse nicht leicht zu manovrieren und politisch effektiv einzusetzen. Lie~en sich also in der spaten Republik durchaus ,schlagkraftige Hilfstruppen' finden, die die politische Karriere eines Adligen wirksam unterstUtzen konnten, so ist dennoch zu beachten, da~ dieses Macht streben nicht mit einer Sache verbunden und somit auf politischer Ebene nicht adaquat thematisiert werden konnte, da es letztlich rein personal begrilndet war. Um jedoch Soldaten oder plebs urbana macht politisch instrumentalisieren zu konnen, bedurfte es eines politischen und sozialen Instituts, welches die Verbindung zwischen dem Politiker und diesen Gruppen herstellte. In der Moderne sind dies Parteien, Ver bande etc. und ihre jeweiligen Programme. In der romischen Gesell schaft war es das personliche Bindungsverhaltnis, das die Transforma tion des Individuell-Privaten in das Allgemein-Politische leistete. Trotz des Wandels der inneren Struktur der Clientel durch die seit dem Standekampf eingetretene Vermassung und Lockerung der Bin dung wurde sie als Sozialinstitut nie in Frage gestellt. Mit der zuneh menden Schwachung des personalen Elements ,politisierte' sich die Cli entelbindung. "Zwar bedeutet hier <{Politik;p nicht, da~ die Clienten nun zunehmend auch politische Sachentscheide trafen; sie entschieden sich nach wie vor fUr Personen und nur indirekt, uber sie, auch fUr be stimmte Sachprogramme, und selbst bei dieser indirekten Form der Sachentscheidung war die Wahl des Patrons nur in Ausnahmefallen von einer von ihm propagierten politischen Sache, vielmehr in der Regel von Faktoren bestimmt, die auf das allgemeine Ansehen der einzelnen Per son oder Familie oder auch auf bestimmte, au~erhalb der gro~en Politik liegende Handlungsweisen zielten, die das besondere Interesse des ein zelnen Burgers beruhrten".l Seit der Mitte des 2. Jhs. konnte namlich die Clientelbindung ihre Funktion der sozialen Sicherung der Schutzbe fohlenen nicht mehr in dem Umfang wie frilher erfUllen (keine neuen 1 Bleicken: RR 28. ders.: OuF 70.
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150
Schlul1
CoIoniegrilndungen, Bauernvertreibung durch Vordringen der Villen wirtschaft); der EinfluB und die AusschlieBlichkeit der traditionellen CIienteIverhaltnisse wurden ferner durch gesetzliche Neuerungen wie die leges tabellariae und frumentariae verringert. Von nun an wird die PoIitik zum Motor der UmwaIzung bestehender ClienteIbindungen. 2 Davon bleibt freilich das Clienteldenken an sich, d.h. das Denken in Clientelverhaltnissen, unangetastet. Denn die ,Politisierung' der CIien ten ist lediglich auf einen einzigen Sachverhalt beschrankt: das soziaIe Sicherungsdenken. Den SoIdatenclienten wurde deshalb von ihren Feldherrn neben dem Beuteanteil eine LandzuteiIung am Ende ihrer Dienstzeit in Aussicht ge stellt. Durch die Politisierung der materiellen Belange der stadtromi schen Unterschicht gelang es popularen Politikern, groBe Teile der plebs urbana vorubergehend in ein personliches Abhangigkeitsverhaltnis ein zubinden. 3 So wurde die die ClienteI realisierende fides, die Verpflich tung der Sozialpartner zur gegenseitigen Unterstiitzung, fortan nur mehr dann wirksam, wenn materielle Vergiinstigungen gewahrt oder verspro chen wurden. Diese Reduzierung des CIienteIdenkens auf den reinen Fiirsorgege danken unter Schwachung der ethischen Sphare sowie der Einsatz der Gefolgschaft als Gewalt- und Machtinstrument in den inneren Kampfen stehen fUr eine Sonderform des CIienteIwesens: das denaturierte Clien telverhaltnis. Dies war die effektive und praktikable Anpassung des Bin dungswesens an die veranderten politischen, wirtschaftlichen und gesell schaftlichen Gegebenheiten der spaten RepubIik. Nach dem Vorbild der machtigen Heerfiihrer wie Marius, Sulla oder Pompeius, die mit Hilfe ihrer Heeresclientel ihren Anspruch auf eine Sonderstellung innerhaIb der republikanischen Ordnung durchzusetzen hofften, war es in erster Linie Clodius, der sich des anderen Machtfak tors bediente, urn sich eine einfluBreiche Position zu begriinden. Schon in jungen J ahren fieI er durch seine unorthodoxe poIitische Handlungs- und Verhaltensweise auf und suchte sich in bewuBte Di stanz zu seiner patricischen Herkunft und zu den Vertretern der alten Ordnung zu setzen; mit seinem spektakularen Obertritt zur Plebs mach te er sein Anderssein allen deutlich. Diese gIeichsam programmatische Entscheidung fand wahrend CIodius' Volkstribunat im Jahre 58 in einer Gesetzgebung, die die politischen und wirtschaftlichen Wiinsche der 2 Ders.: OuF 77. 3 Niea/et: Conquihe 233.
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Schluf1
an den politischen Entscheidungen zuzubilligen. Zwar k6nnen wir uns iiber Clodius' diesbeziigliche Absichten kein abschlieBendes Urteil er lauben, aber jener hatte es sich gewiB verbeten, als ,Demokrat' bezeich net zu werden. Zu sehr waren sein Denken und Handeln an den Prinzi pien der aristokratischen res publica orientiert (Amterlaufbahn, Legali tatsdenken, Fiihrungsanspruch der Mitglieder der Aristokratie) und zu eindeutig beniitzte er die plebs urbana als ein reines Machtinstrument, so daB Clodius eine zielbewuBte Demokratisierung der romischen Re publik nicht unterstellt werden darf. Seine konsequente Zusammenar beit mit der stadtromichen Bevolkerung war nur insofem eine ,Alter native', als sie einen anderen Weg aufzeigte, wie das personliche Macht streben neben den traditionellen Institutionen und entgegen den iiber kommenen Verhaltensmustern zu verwirklichen war, ohne die gemein destaatlich-aristokratische Struktur des Gemeinwesens in Frage zu stellen. Es war zunachst Caesar, der die Lehren aus Clodius' Politik 109. Die Aktionen des Caelius und Dolabella mogen ihn daran erinnert haben, wie leicht die sUidtische Plebs zu manipulieren war und in den Handen eines politischen Gegners die eigene Machtstellung gefahrden konnte. Deshalb entschloB er sich zu einer Doppelstrategie: er verpflichtete sich die plebs urbana durch Theaterauffiihrungen, Spiele, Speisungen und Geschenke in noch nie gekannter Form,4 versuchte aber gleichzeitig, ihren EinfluB auf das politische Geschehen zu verringem; so begrenzte er die Zahl der Getreideempfanger auf 150 000 Personen, verbot die collegia und schopfte das politische Macht- und Storpotential der Haupt stadt durch umfangreiche Ansiedlungsprogramme ab. s Nach seiner Ermordung blieb es schlieBlich Augustus vorbehalten, die plebs urbana politisch zu neutralisieren. Die Entwicklung nach Caesars Tod, das Auftreten des Pseudomarius 6 sowie die Beliebtheit, der sich Egnatius Rufus bei der stadtischen Plebs erfreute,7 fiihrten auch ihm noch einmal vor Augen, welche Bedeutung der plebs urbana als Macht basis und Destabilisierungsfaktor zukam. Urn seine Machtposition in Rom dauerhaft zu sichern, muBte er es seinen aristokratischen Wider sachem unmoglich machen, sich zu einem gefahrlichen Gegenspieler aufschwingen zu konnen. Das Beer als einheitlicher Block war leicht in die neue Ordnung zu integrieren, indem man es dem Princeps direkt un 4 5 6 7
App. civ. 2,48, 102. Plut. Caes. 55.2, 57.5. Veil. 2.56.1. Liv. perioch. 1l5.
Zu den einzelnen MaBnahmen vg!. Yavetz: Caesar 95ff., 143f., 156ff.
Yavetz: PaP 60ff.
Ebd. 94, 96f.
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terstellte und auf ihn personlich vereidigte: es sollte fortan die rnacht politische Basis des Principats bilden. 8 Ungleich schwieriger gestaltete sich dieser Eingliederungsproze~ fUr die hauptstadtische Plebs, die auf grund ihrer zahlreichen und wechselnden Bindungen alles andere als eine hornogene Gruppe darstellte. Einen praktikablen Weg, diese Bevol kerungsschicht enger an sich zu binden, hatte zweifellos Clodius gewie sen, und so ist es nicht verwunderlich, da~ sich Augustus seiner Metho de - jedoch rnit veranderter Zielsetzung - bediente. In bewu~ter Fort setzung der popularen Tradition behielt sich der Princeps die Arntsge walt der tribunicia potestas vor und avancierte zurn Patron der plebs urbana; Getreideverteilung, TheaterauffUhrungen und der gerneinsarne Kult der Lares und des genius Augusti taten ein Ubriges, urn die stadti sche Bevolkerung in die principale Gesellschaftsordnung einzubeziehen und sie in der Hand des Princeps zu rnonopolisieren. Gleichzeitig verlor die Plebs ihre politische Bedeutung und degenerierte nach ihrer Entpoli tisierung durch Tiberius 9 zum Resonanzboden der kaiserlichen Repra sentation in der Offentlichkeit: die politische plebs urbana entwickelte sich somit zur unpolitischen plebs frumentaria. Die Anfange dieses von Martial und Iuvenal beschriebenen parasita ren Cliententums finden sich schon in der spaten Republik. Ihres ide ellen Charakters weitgehend beraubt, wurde die Clientelbindung immer mehr zu einer rein wirtschaftlichen UnterstUtzungsinstitution. Gerade wegen ihrer materiellen Basis konnte diese aber in ihrer denaturierten Form am Ende der Republik - im Gegensatz zur Zeit der Flavier - ihre machtpolitische Bedeutung bewahren, und zwar solange die plebs urba na ein politischer Faktor war. Das Verdienst, dies erkannt und politisch realisiert zu haben, kommt Clodius zu und verlangt eine gerechte WUrdigung seiner politischen Ta tigkeit. Richtet man sein Augenmerk freilich vornehmlich auf die fol gende geschichtliche Entwicklung, die Entstehting des Principats und die zielstrebige Ausformung des Weltreichs, dann iiberrascht es keines wegs, da~ seine politische Leistung falsch beurteilt wurde oder in Ver gessenheit geriet. Wahrend namlich die vorbildliche und progressive Pro vinzordnung eines Pompeius oder die weitsichtigen Plane eines Caesar und Augustus, die die stadtromische Enge zu Uberwinden und die repu blikanische Ordnung zeitgema~ zu reformieren suchten, zu zukunfts weisenden Fortschrittsprogrammen avancierten, wurde die Beteiligung der breiten Masse an den politischen Entscheidungen durch die Politik 8 Bleicken: Kaiserreich 1, 5I. 9 Ders.: OuF 80.
154
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der Principes 10 abrupt und definitiv abgebrochen. Damit war aber C10 dius' Alternativkonzept, sich mit Hi1fe der stadtromischen Cliente1 eine einflu~reiche politische Position aufzubauen, obsolet geworden. Des ha1b mu~te jener neben den ,Geschichte machenden' Personlichkeiten seiner Zeit verb1assen, seine Politik a1s riickstandig erscheinen und zu einem Kuriosum der spatrepublikanischen Krise degradiert werden. Eine solche Einschatzung 1ie~ sich natlirlich durch das Bi1d, das uns Cicero von C10dius iibermitte1t hat, in vie1facher Weise bestatigen und auf anschau1iche Weise dokumentieren. Dessen verzerrte Darstellung, in der sich sein ganzer Ha~ auf den person1ichen Widersacher in p1umpen Dbertreibungen und boswilligen Unwahrheiten ent1ud, und die in ihrer prinzipiellen Voreingenommenheit die charakteristischen Merkma1e einer Invektive aufweist, beeinflu~te nicht nur antike Schriftsteller, son dern bestimmte auch nachhaltig das Urteil der modernen Forschung, was angesichts der Autoritat und Reputation, die Cicero allentha1ben genie~t, nicht iiberrascht. La~t man es allerdings dabei bewenden, dann werden wir uns woh1 auch in Zukunft mit zweife1haften Psychogram men des C10dius begnligen mlissen, die sein politisches Hande1n ver . nach1assigen und desha1b 1ediglich dazu beitragen, seinen zweife1haften Ruhm und Ruf a1s der beriihmtesten und berlichtigsten Skanda1figur der spatrepub1ikanischen Geschichte zu festigen. Nimmt man hingegen die Fahigkeit, historische Situationen und Ge gebenheiten richtig zu ana1ysieren und fUr das eigene po1itische Macht streben auszunutzen, a1s Ma~stab der Beurtei1ung und zum Kriterium historischer Bedeutung - so fragwlirdig eine solche Kategorisierung auch immer sein mag -, dann ist C10dius Po1itikern wie Marius, Sulla, Pompeius und Caesar durchaus an die Seite zu stellen. Ihm fehlte zwei fellos der Glanz des erfo1greichen Fe1dherrn, der Ruhm des Provinzorga nisators oder das Flair des genia1en und ,gott1ichen' Staatsmannes, aber er bewies seine Einzigartigkeit auf dem Schaup1atz der Alltagspolitik in Rom: auf dem Gebiet der MassenfUhrung und auf dem Fe1d der politi schen Demagogie war C10dius zu seinen Lebzeiten unbesiegbar. So gese hen war C10dius a1s demagogischer Vo1ksfUhrer "in einer Phase der machtpo1itischen Dominanz mi1itarischer Kliente1en"ll die adaquate Alternative zu den machtigen HeerfUhrern.
10 Neben der Entpolitisierung wurde die exzeptionelle Stellung der plebs urbana auch durch die freiziigige Vergabe des Biirgerrechts an Bewohner der Provinzen nivelliert; vg!. den Ge folgschaftseid, den die Italiker und Bewohner der westlichen Provinzen Octavian leisteten. 11 Christ: Sklavenfiihrer 86.
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Uber den Personenkreis, der sich irn Laufe seiner politischen Tatig keit in wechselnder Zusarnrnensetzung urn Clodius gruppierte, besitzen wir einige Untersuchungen, deren Zielsetzung kurz dargestellt werden soll, urn Intensionen und Aussagewert der folgenden Prosopographie richtig einschatzen zu konnen. Die von Flarnbard 12 und Nowak l3 zusarnrnengestellten Listen be schranken sich aufgrund ihres Untersuchungsgegenstandes (Bandenrnit glieder bzw. Gardewesen des Clodius) auf die Nennung der duces ope rarum. Ein urnfassenderes Verzeichnis der Personen, die rnit Clodius in Kontakt waren und rnit ihrn zeitweise zusarnrnengearbeitet haben, fin det sich in Favorys Aufsatz ,Classes dangereuses et crise de l'Etat dans le discours ciceronien d 'apres les ecrits de Ciceron de 57 a 52 ';14 dieses ist jedoch nur bedingt brauchbar, da Favory duces operarum, Bearnte und sonstige Anhanger des Clodius undifferenziert nebeneinander auf fiihrt, ohne deren unterschiedlichen Aufgaben- und Tatigkeitsbereich hinreichend zu beriicksichtigen .15 E. Rawson hat erganzend zu Alber tini l6 in zwei Aufsatzen die Clientelbeziehungen der Claudier unter sucht und dabei wertvolles Material liber die Clienten des Clodius zu sarnrnengetragen;17 doch begnligt sie sich in der Regel rnit der geogra phischen Herkunftsbestirnrnung der clodianischen Gefolgsleute, so da~ die politischen und sozialen Tatigkeiten dieser Personen weitgehend un beriicksichtigt bleiben. Unser Ziel ist es hingegen, in der Prosopographie alle uns bekannten Personen aufzufiihren, die aus den verschiedensten Griinden (u.a. bindungsirnrnanenter Pflichtgehorsarn; politische Nlitz lichkeitserwagungen; rnaterielle Vorteile) rnit Clodius zusarnrnengearbei tet haben. 18 Diese Gefolgsleute sollen in drei Gruppen eingeteilt werden: die du ces operarum, die operae Clodianae und die magistratus, die in Clodius' 12 Flambard: MEFRA 89.1,126-131.
13 Nowak 115-117.
14 Favory: Ciceron 139-145. Vg!. dazu die Kritik von Flambard: MEFRA 89.1,154. Zurn Be·
griff Nippel: ... "urn bei Cicero eine Vorstellung von den Unterschichten irn Sinne der
15 16 17 18
"classes dangereuses" des 19. Jhs. wiederzufinden, bedarf es allerdings eines erheblichen AusrnaBes an eigener ideologischer Voreingenornrnenheit" (Handarbeit 82 Anrn. 42). SieheFlambard: MEFRA 89.1, 154. Vg!. dazu S. 72. Albertini: MEFRA 24, 247ff. Rawson: Historia 22, 219ff. dies.: Historia 26, 340ff. Flambard nennt diesen Personenkreis "le parti clodien (avec toutes les restrictions d'usage)" und riiurnt ein, "qu'il faille etablir la prosopographie definitive de ces milieux politiques" (MEFRA 89.1,154).
156
Anhang: Prosopographie der Clodiani
Interesse tatig waren. Das erstellte Verzeichnis laBt natilrlich nur be dingt einen RilckschluB auf die Mitgliederstruktur der clodianischen Gefolgschaft zu, da es sich bei den aufgefilhrten Clodianern nur urn die profiliertesten und dem damaligen Betrachter (in aller Regel Cicero) na mentlich bekannten, also die dokumentarisch belegten Personen han delt, die aber allenfalls als die Filhrungspersonlichkeiten angesehen wer den konnen. 19
1. duces operarum Unter den duces sind die Personen zu verstehen, die innerhalb der clodianischen Gefolgschaft mit Filhrungsaufgaben betraut waren; diese Leute werden in den Quellen meist als duces oder auctores bezeich net.
SEX. CLODIUS/CLOELIUS: Mit dem Streit urn das Cognomen des Sextus ist zugleich auch die Diskussion ilber die soziale Herkunft dieser Person entbrannt. Da handschriftliche und stilistische Losungsversuche - erst jilngst wieder von Shackleton Bailey 20 praktiziert - aufgrund der schlechten Qualitat des handschriftlich ilberlieferten Materials wohl nie zu einer befriedigenden Klarung des Problems fiihren werden, ist es sinnvoller, bei der Erorterung dieser Fragen die historischen Tatbestan de heranzuziehen. Hier sollen die bekannten Argumente nicht wieder holt werden, die von Shackleton Bailey 21 und Flambard 22 kontrovers diskutiert word en sind. Filr die libertine Abstammung des Sex. Clodiusj Cloelius lassen sich erganzend noch zwei bisher kaum beachtete Indi zien anfilhren: (1) Dieser Clodianer war Cicero zufolge mit der Leitung der ludi Compitalicii beauftragt, obwohl er bis zu diesem Zeitpunkt nie eine toga praetexta getragen hatte;23 nach Marquardt ist die toga prae texta "die Tracht der freigeborenen (ingenui) Kinder",24 die Sex. Clo diusjCloelius als Freigelassener nie getragen hatte. 25 (2) Indem Sex. Clo diusjCloelius die Verbrennung des Leichnams des Clodius inszenierte 19 Cicero durfte wohl nur die stadtbekannten Personen namentlich gekannt haben; spricht er von diesen Leuten, so mu~ man annehmen, da~ auch seine Zuhorer oder die Adressaten sei ner Briefe mit den genannten Namen bestimmte Personen assoziieren konnten. 20 Shackleton Bailey: Historia 30, 383. 21 Ders.: C1Q 10, 4lf. ders.: Philol. 108, 109f. 22 Flambard: MEFRA 89.1, 126ff. ders.: MEFRA 90, 235ff. 23 Cic. Pis. 8: Tu ... Sex. Clodium, qui numquam antea praetextatus fuisset, ludos facere et praetextatum volitare passus es . .. 24 Marquardt 124 Anm. 5. 25 Nisbet: Pisonem 66.
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und leitete,26 erfiillte er die Pflicht eines Clienten, die ihm die ehren volle Bestattung des Patrons gebot. 27 Dber die wirtschaftlichen Verhiiltnisse des Sex. Clodius/Cloelius be richtet uns Cicero, daB er weder Geld noch einen festen Wohnsitz be sessen habe. 28 Sex. Clodius/Cloelius iibte eine Vielzahl von Funktionen aus: er war operarum dux, minister und satelies; 29 da er uns als scriba vorge stellt wird und im Jahre 58 die ludi Compitalicii leitete, war er mogli cherweise magister scribarum;:'IJ als scriptor legum und consiliarius war er an der Beratung und schriftlichen Abfassung der leges Clodianae beteiligt; im Jahre 58 wurde ihm durch die lex Clodia annonaria die cu ratio rei frumentariae iibertragen;31 nach der Ermordung des Clodius verwaltete er dessen NachlaB. 32 Sex. Clodius/Cloelius wird als aktiver Teilnehmer an den contiones des Clodius genannt. 33 Er fiihrte wahrscheinlich die Clodianer bei der Brandlegung der aedes Nympharum;'!!A ferner war er an den Zerstorungs aktionen gegen die Hiiuser der Gebriider Cicero und die Siiulenhalle des Catulus beteiligt,35 Irn Auftrag des Clodius holte er den armenischen Prinzen Tigranes, der nach seiner Befreiung bei Antium Schiffbruch er litten hatte, nach Rom zuriick. 36 Aufgrund der von ihm begangenen Ge walttaten klagte ihn Milo im Jahre 56 de vi oder de maiestate an;37 zum Leidwesen Ciceros wurde er aber freigesprochen. Weil Clodius' Leichnam mitsamt der Curie unter seiner Fiihrung verbrannt worden war, wurde er im Jahre 52 erneut de vi angeklagt und verurteilt. 38 Im J ahre 44 rief Antonius Sex. Clodius/Cloelius aus dem Exil zuriick;39 Cicero hatte dies schon im J ahre 49 erwartet und befiirchtet, als Caesar nach Rom zuriickkehrte. 40
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:::.: r.:g.1 prae 27 Fabre 148f.
28 Cic. Cael. 78: ... Sex. Clodius absolutus est. quem . .. aut ministrum seditionis aut ducem
, ':'.:0 Sex. Clo vidistis, hominem sine re, sini fide, sine spe. sine sede, sine fortunis . .. Vgl. dom. 25. ~<:':o:-.r Sex. Clo 29 Cic. Cael. 78. Ascon. 7 C. C':-' :..:::,;zenierte 30 Lintott: GaR 14, 163. ders.: VRR 82. Nur als magister konnte Sex. Clodius/Cloelius die Lei· r='~~,;
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tung der Spiele libernehmen; deshalb spricht Treggiari jenem zu Unrecht diese Position ab (RFLR 170). Siehe dazu S. 100. Cic. Mil. 33. Cic. dom. 50. har. resp. 59. Cic. Cael. 78. Zum Brand siehe S. 121. Ebd. Ascon. 47 C. Cic. ad Q. fr. 2.5(4).4(6). Cael. 78. Dazu Lintott: VRR 218. Ascon. 55 C. Cic. Att. 14.13.6, l3A.2f., l3B.3, 14.2, 19.2. Cic. Att. 10.8.3.
158
Anhang: Prosopographie die Clodiani
Sex. C10dius/C1oe1ius, der am hiiufigsten von allen duces in den Que1 1en genannt wird, kann wegen seiner vie1fiiltigen und bedeutsamen Auf gaben, die er fur C10dius versah, a1s ,rechte Hand des C1odius' bezeich net werden: so wurde er von Cicero a1s signifer apostrophiert;41 fUr As conius war er "familiarissimus Clodii ". 42
DAMJO: Asconius stellt uns diesen a1s libertus Clodii vor; Damio hatte wiihrend des Tribunats des C10dius das Amt eines apparitor inne;43 vie1 1eicht war er viator. 44 Unter seiner Leitung be1agerten die C10dianer - vermutlich im Au gust 58 - Pompeius in seinem Haus. 4s F1ambard will in ihm uberdies den servus Clodii erkennen, "quem We (C1odius) ad Cn. Pompeium interficiendum conlocarat ". 46 AuBer dem Zeitpunkt - F1ambard da tiert das Geschehen fii1schlicherweise in das J ahr 53 47 - spricht auch die inhalt1iche Kommentierung der Cicerostelle (Mil. 37) durch Asco nius gegen diese Interpretation; Asconius ziihlt niimlich zunachst alle N achsteUungen auf, die C10dius im J ahre 58 gegen Pompeius inszeniert hat, u.a. auch den Mordversuch; in diesem Zusammenhang wird sodann die Be1agerung des Pompeius ausftihrlicher kommentiert;48 Mordan sch1ag und Be1agerung sind durchaus koordinierte Aktionen, doch 1iiBt sich aus der Asconiusstelle nicht heraus1esen, daB diese von der gleichen Person ausgeftihrt worden sind. Bei der ,Obsession' des Pompeius han delte es sich woh1 urn eine Protestdemonstration; Pompeius soUte einge schuchtert und in sein Haus ,verbannt' werden. 49 A1s Damio info1gedes sen verhaftet wurde, bat er die Tribunen urn Hilfe; im Ver1auf cler fo1 genden Verhand1ung beschu1digte ihn der Tribun L. Novius, ihn se1bst verwundet und Pompeius be1agert zu haben. so Damio wurde wahr scheinlich nicht verurteilt, da Asconius nichts derg1eichen zu berichten weiB. 41 Cic. Att. 2.12.2. Mil. 90. 42 Ascon. 7 C. 43 Ebd. 47 C.
44 Nowak 116.
45 Ascon. 46f. C: Obsessus est etiam a liberto Clodi Damione, ut ex Actis eius anni cognovi, in
quibus XV Kal. Sept. L. Novius tribunus plebis, collega Clodi, ... ita sententiam dixit: Et si ab hoc apparitore P. Clodi vulneratus sum, et hominibus armatis praesidiis dispositis a re publica Cn. Pompeius obsessusque est cum appeUer, non utar eius exemplo quem vitupero et iudicium toUam . .. 46 Cic. Mil. 18. Vgl. ebd. 37.
47 Flambard: MEFRA 89.1,129.
48 Ascon. 46f. C.
49 Siehe dazu S. 63.
50 Ascon. 47 C.
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DECIM US: Die IdentWit des Decimus ist sehr umstritten. Wahrend ihn Fabre und F1ambard fUr einen Freigelassenen ha1ten,51 ist er fUr Treggia ri ein ingenuus. 52 Wiseman und Gruen glaubten in dieser Person Deci mus Iunius Brutus, den spateren Caesarm6rder, wiederzuerkennen. 53 Da5 man aber Decimus eher und richtiger a1s libertus ansehen mu5, be statigt ein Blick auf die ihm zugeschriebenen Tatigkeiten. Bei der Abstimmung uber das gegen Cicero gerichtete Exilierungsge setz wiI'd Decimus a1s auctor bezeichnet;54 ihm durfte also bei dieser Kampagne eine Fiihrungsfunktion zugefallen sein. Gegen Ende des Jah res 57 solI er sich zusammen mit Gellius von C10dius distanziert haben. 55 In diesem Zusammenhang stellt uns Cicero Decimus als dissignator vor; eine so bezeichnete Person war entweder a1s P1atzanweiser im Thea ter 56 odeI' a1s Organisator von Leichenfeiem 57 tatig; beide Funktionen werden haufig van Freige1assenen ausgeubt. 58 Dennoch 1a5t sich nich t leicht entscheiden, "welcher von beiden Arten der D. (dissignator) Deci mus bei Cic. Att. IV 3,2 zuzurechnen sei".59 Bezieht man jedoch - im Ansch1u5 an Sogliano - die Inschrift NI. 2519 60 auf die uns interessie rende Person, dann darf man in Decimus, dem Gefolgsmann des Clo dius, den Griinder der societas cantorum Graecorum, die auch synhodus Decumianorum genannt wurde, sehen; jener k6nnte magister der nam1i chen societas gewesen sein. Diese Vereinigung scheint in erster Linie a1s Begrabnisverein gegriindet word en zu sein; von daher wird aber auch verstandlich, warum Cicero Decimus a1s dissignator ansprach: da sich jener urn den Kauf eines Begrabnisp1atzes und den Bau eines columba rium bemuhte, war er im weitesten Sinne an der Organisation von Lei chenfeiem betei1igt. 61 51 52 53 54 55
Fabre 353. Flambard: MEFRA 89.1,129.
Treggiari: RFLR 175 Anm. 1.
Wisernan: Cinna 152f. Gruen: LGRR 296.
Cic. dom. 50.
Cic. Att. 4.3.2: post has ruinas incendia rapinas desertus a suis vb: iam Decimum dissigna torern, vix Gellium retinet ... 56 Plaut. Poen. 19. 57 HoT. epist, 1.7.6. 58 Flambard: MEFRA 89.1,129. 59 Pollack 1200. 60 CIL l'.2 2519 (= ILLRP 771): Societatis cantor(um) Graeco[r]um et quei in / hac sunhodo sunt, de pequnia commune. L. Maecenas D.! Ma[e(cia) J desi / gnator patronus sunhodi, probauit. M. Vac[ci]us M.l. Theophilus, / Q. Vibius Q. 1. Simus magistreis sunhodi D[ec]u mianorum locu[m] / sepulchri emendo, aedificando curauerunt. / ... Dazu die Anmerkung: Decimum designatorem, qui Clodii seetator tuit, ... hanc synhodum constituisse censuit Sogliallo, (MOVGEtOV 3, 1927, 197ff.). 61 Fabre 159f. Flambard: MEFRA 89.1, 129: "Si cette inscription a bien un rapport quel conque avec le Decumus designator, lieutenant de Clodius, on aurait une preuve supple mentaire de I'implantation de ses operae dans les structures collegiales".
160
Anhang: Prasapagraphie die Cladiani
Oecimus war ein enger Vertrauter des Clodius und einer der bekann teren duces, da er an mehreren Stellen zusammen mit Sex. ClodiusjCloe lius bzw. mit Gellius jeweils stellvertretend fUr die Gesamtheit der Clo dianer, genannt wird. 62
FID ULIUS: Oieser Clodianer war wohl ein ingenuus, da es Cicero an dernfalls kaum versaumt hatte, uns die unfreie Herkunft des Mannes mitzuteilen, der als erster iiber die lex de exilio Ciceronis abgestimmt hatte; jenes Faktum ware fUr Cicero zweifellos ein weiteres Indiz fUr die UnrechtmaBigkeit des Gesetzes gewesen und von ihm angesprochen worden. 63 Fidulius stammte vermutlich aus einem latinischen munici pium, vielleicht aus Gabii. 64 Ob es sich bei dem in Ciceros Rede In Va tinium erwahnten C. Fibulus urn die namliche Person handelt, ist unge wiB;65 aufgrund der Rekrutierung der clodianischen Gefolgschaft ist es aber durchaus denkbar, daB man einen ehemaligen Anhanger des Vati nius spater in den Reihen des Clodius wiederfindet. Nach Cicero hatte Fidulius keinen festen Wohnsitz, war er doch ge zwungen, auf dem Forum unter freiem Himmel zu nachtigen. 66 Bei der Abstimmung iiber die lex de exilio Ciceronis war Fidulius der Anfiihrer der Clodianer und gab als erster seine Stimme ab;67 sein Name wurde deshalb in dem Index, der vor dem eigentlichen Gesetzestext stand, aufgefiihrt; dieses Vorrecht des primus scivit, welches Clodius seinem Gefolgsmann zugestand, darf als Ehrenrecht und Zeichen beson derer Hochachtung angesehen werden. 68 FIRMIDIUS: Oieser Anhanger des Clodius war, dem Namen nach zu ur teilen, vielleicht oskischer Herkunft; doch ist es auch m6glich, daB es sich urn einen Freigelassenen handelt. 69 Zusammen mit Gellius und Titius wird er als dux et auctor der clo dianischen mercennarii genannt. ';u CELLIUS: Oer Angeh6rige der gens Cellia war ein r6mischer eques. 71 Im Gegensatz zur bisher fast allgemein als verbindlich anerkannten Her 62 63 64 65 66 67 68 69 70 71
Cic. dam. 50. Att. 4.3.2.
Flambard: MEFRA 89.1,129.
Cic. dam. 80.
Cic. Vatin. 31. Vg!. Miinzer: Fidulius 2316.
Cic. dam. 80.
Ebd. 79f., 82.
Mommsen: Staatmcht 1Il, 411£. Tay/or: RVA 76.
Nowak 116. Rawson: Histaria 26, 348.
Cic. ScsI. 112.
Cic. Scst. 110.
Anhang: Prosopographie der Clodiani
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kunftsbestimmung (Bruder des L. Gellius Poplicola: cos. 72, cens. 70. Sohn des L. Marcius Philippus: cos. 91, cens. 86) durfte der Gefolgs mann des Clodius eher in die Generation zwischen dem Consul des J ah res 72 und dem des Jahres 36 einzureihen sein;72 so ist auch Ciceros Charakteristik des Gellius "the classic story of a younger son in an aris tocratic family".73 Ferner HiBt seine von Catull angesprochene Liebes aWire mit Clodia vermuten,14 daB Gellius zum Kreis der iuvenes barba tuti gehorte, der sich nach der catilinarischen Verschworung urn Clo dius und seine Schwester Clodia gebildet hatte. 75 Cicero berichtet uns, daB Gellius schon in frlihen Jahren das vaterli che Vermogen verpraBt habe;75 da er seinen aufwendigen Lebenssti1 trotz der finanziellen Schwierigkeiten kaum geiindert hat, war er wohl verschuldet. Gellius gait als concitator contionis 77 und "nutricula seditiosorum omnium "78. Zusammen mit Firmidius und Titius fUhrte er die Clodianer als dux et auctor bei Gesetzesabstimmungen in der Volksversammlung an. 79 Gegen Ende des J ahres 57 soll sich Gellius angeblich van Clodius zuruckgezogen haben;80 dies ist durchaus moglich, wurde er doch wahrscheinlich wegen der Gewalttaten der Clodianer - im Senat be schimpft. 81 Gellius brach jedoch nicht fUr immer mit Clodius, sondern stellte sich im Marz des folgenden J ahres, als Clodius einen ProzeB gegen Sestius initiierte, den Anklagevertretern als Zeuge zur Verfli gung. 82 Gellius war fUr Cicero ein enger Vertrauter des Clodius; zusammen mit Sex. Clodius/Cloelius und Titius wird er als einer der Hundskopfe der Scylla Clodius bezeichnet. 83 72 73 74 75 76 77
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161
78 79
80 81
82 83
Wiseman: Cinna 126.
Ebd. 127.
Catul!. carm. 80, 91.
Miinzer: Gellius 1003.
Cic. Sest. 11Of.
Cic. Sest. 110. Seine populare Oberzeugung suchte er nach Ciccro durch die Heirat mit einer
Freigelassenen zu bekunden (ebd,). Cic. VaHn. 4. Cic. Sest. 112. Nowak fiihrt Gellius nicht unter den duces auf, da dicser ..bei keiner Gewalt aktion des Clod ius namentlich festzustellen ist" (106). Nicht die BetcHigung an gewaltsamen Aktionen ist als Indiz und Kriterium flir die Einordnung unter die duces operarnm heranzu ziehen, sondern die Funktion(en), die die betreffcnde Person ausiibte; diese weisen Gellius jedoch eindeutig a]s Fiihrungskraft aus. Cic. Att. 4.3.2. Cic. ad Q. If. 2.1.1. Diesc contumeliae machen nur dann Sinn, wenn sic sich auI konkrete Vorfiille beziehen; hier ist insbcsondere an die Ausschreitungen der Clodianer gegcn die Gc briider Cicero und gegen Milo im November 57 zu denken (siehe S. 95). Cic. Vatin. 4. Cic. har. resp. 59.
162
Anhang: Prosopographie der Clodiani
LENTIDIUS: Aufgrund seines Namens liiBt sich dieser C10dianer eigent 1ich a1s ingenuus bestimmen, der aus dem oskischen Sprachgebiet stammte;84 moglicherweise war er aber ein Freigelassener. 8S Lentidius gait zusammen mit Lollius, Plaguleius und Sergius a1s dux tabernariorum. 86 Im Jahre 57 leitete er gemeinsam mit Titius eine Ge wa1taktion der C1odianer, in deren Verlauf der Vo1kstribun Sestius im Castortempel zusammengesch1agen wurde. 87
LOLLIUS: Vielleicht war M. Lollius ein ingenuus aus der Campania;88 er konnte aber auch, wie Nowak meint, ein "Freigelassener der gens Lallia, etwa des gleichnamigen Quaestors von 65 v. Chr. gewesen sein ";89 seine mehrma1s be1egte Zusammenarbeit mit dem Freigelassenen Ser gius spricht fUr seine LibertinWit. Lollius war wie Lentidius, P1aguleius und Sergius dux tabernario rum. <;Q Unter seiner Fuhrung stimmten die C10dianer uber die Gesetze ab, die Cicero und Cato aus Rom ,verbannten'.91 Cicero wirft ihm au Berdem vor, wahrend des Tribunats des C10dius die Ermordung des Pompeius gefordert zu haben. 92 Gemeinsam mit Sergius 1eitete er die Protestaktionen der Clodianer, die wegen der Versorgungsschwierigkei ten und anhaItenden Teuerung im Sommer des Jahres 57 organisiert wurden: in deren Verlauf wurde u.a. der im Concordiatempel tagende Senat belagert und der Consul Metellus mit Steinen beworfen;93 in einer nachtlichen Protestdemonstration wurde Cicero fUr die wirtschaftliche Zwangslage verantwortlich gemacht. 94 Cicero sah in LoIlius den C1odianer, "qui sine terra ne nUrlC quidem tecum (Clodius) est ", 9S und deutet damit an, dab Lollius zum engsten Kreis des C10dius zu zahlen ist, moglicherweise sein Leibwachter war. 96 PLA GULEIUS: Der Name dieses Clodianers weist wie bei Firmidius und Lentidius auf seine oskische Abstammung hin; sein Trager konnte 84 85 86 87 88 89 90 91 92 93 94 95 96
Treggiari: RFLR 175 Anm. 5. Wiseman: NMRS 37 Anm. 5.
Rawson: Historia 26, 348.
Gc. dom. 89.
Cic. Sest. 80.
Rawson: Historia 26, 348. Treggiari: RFLR 175 Anm. 5.
Nowak 116.
Cic. dom. 89.
Ebd.21.89.
Ebd. 13.
Ebd. 13.
Ebd. 14.
Ebd. 13.
Flambard: MEFRA 89.1,130.
Anhang: Prasapagraphie der Cladiani
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163
ein ingenuus gewesen sein. 97 Doch war Plaguleius wie Flambard ilberzeugend nachgewiesen hat 98 - offensichtlich ein Freigelassener. Wie Len tidius, Lollius und Sergius war Plaguleius dux tabernario rum. 99 Er wurde vermutlich im Jahre 52 in einem der zahlreichen Pro zesse, durch die man die Gewalt wirksam zu bekampfen hoffte, de vi verurteilt. 1OO Im Jahre 49 befilrchtete Cicero, daB Caesar Leute wie Sex. Clodius/Cloelius und Plaguleius aus der Verbannung zuriickholen wer de. 101 Im Gegensatz zum Erstgenannten sind wir jedoch ilber eine Be gnadigung des Plaguleius nicht unterrichtet.
SERGIUS: Mit groBer Wahrscheinlichkeit war L. Sergius ein Freigelasse ner des Catilina. 102 Er wird mit Lentidius, Lollius und Plaguleius unter den duces taber nariorum genannt 103 und von Cicero als "concitator tabernariorum "104 bezeichnet. Sergius war an den gleichen Aktionen wie Lollius betei ligt. 105 Nach Cicero ist er de iniuriis angeklagt und verurteilt wor den/ 06 ob dies der Wahrheit entspricht oder AusfluB ciceronischer Po lemik ist, laBt sich nicht entscheiden .107 Wie Lollius darf man auch Sergius als Leibwachter des Clodius an sehen. 1OB SE(R) VIUS: Dieser Anhiinger des Clodius stammte vermutlich aus dem sildlichen Latium oder aus der Campania. 109 Im Jahre 56 wurde er zur groBen Freude Ciceros - wahrscheinlich de vi - angeklagt und verurteilt. 11O Da sich eine Anklage in der Regel auf eine profilierte Personlichkeit bezog, der bei Gewaltaktionen eine Filhrungsrolle zugefallen war, und die aufgrund ihrer Publizitat namhaft 97 98 99 100 101 102 103 104 105 106 107 108 109 110
Rawson: Histaria 26, 348. Treggiari: RFLR 175 Anm. 5. Wiseman: NMRS 37 Anm. 5.
Flambard: MEFRA 89.1,130. Vg!. Nowak 116. Gelzer: Cicero 328 Anm. 55.
Cic. dam. 89.
Ascan. 55 C.
Cic. Att. 10.8.3.
Flambard: MEFRA 89.1, 130. Nowak 109. Rawson: Histaria 26, 348. Treggiari: RFLR
172,175 Anm. 5. Cic. dam. 89. Ebd. 13. Siehe dazu S.162. Cic. dam. 13. Gruen: LGRR 283 Anm. 86. Cicero zufalge war er "stipator tui corporis" (dam. 13). Rawson: Histaria 26, 347. Cic. ad Q. fr. 2.5(4).4(6): Sed hoc incommodum consolantur cottidianae damnationes inimicorum, in quibus me perlibente Sevius adlisus est, ceteri conciduntur.
164
Anhang: Prosopographie der Clodiani
gemacht und gerichtlich belangt werden konnte, III darf man Se(r)vius wohl zu Recht unter die c10dianischen duces einreihen. DaB dieser le diglich einmal erwahnt wird, spricht nicht gegen seine Stellung als dux, da er nach seiner Verurteilung Rom wohl verlassen muBte und aus der Offentlichkeit verschwand. ll2
TlTIUS: Dieser Clodianer war ein ingenuus aus Reate im Sabiner land. 1l3 Er war dux et auctor der Clodianer und an einigen Aktionen betei ligt: mit Lentidius leitete er den Angriff auf den Tribun Sestius;1l4 mit Gellius und Firmidius llS bzw. mit Lollius und Sergius 1l6 organisierte er die Abstimmungen liber die c10dianischen Gesetze in der Volksversamm lung. Titius darf ebenfalls zu den engeren Vertrauten des Clodius gezahlt werden, war er doch flir Cicero einer der Hundskopfe der Scylla Clo dius. ll7 Obwohl sich die soziale Herkunft vieler duces nicht liickenlos bestim men HiBt, so zeigt das uns vorliegende Material doch, daB die meisten der uns bekannten Fiihrer der Clodianer Freigelassene waren; auch in den unsicheren Fallen (Sex. ClodiusjCloelius, Decimus, Lentidius, Lolli us, Plaguleius) scheint es angebrachter, die unfreie Herkunft vorzuzie hen, da sich die Behauptung ihrer freien Abstammung fast ausschlieB lich auf die Namensform stlitzt. Einige duces kamen aus der naheren Umgebung Roms; alle wohnten jedoch in Rom. Ober die wirtschaftliche Situation dreier duces sind wir unterrichtet: sie waren egentes, wobei sich diese Armut nicht nur auf die finanziel len Mittel bezieht, sondern auch ihre Wohn- und Lebensverhaltnisse ein schlieBt. Diese Aussage darf wohl ohne Bedenken, wenn auch mit unter schiedlicher Nuancierung, auf die librigen Flihrungspersonlichkeiten libertragen werden. Die duces fiihrten die Abteilungen der Clodianer an; sie organisierten und mobilisierten die operae Clodianae flir die Volksversammlungen, III Auch Sex. Clodius(Cloelius, Plaguleius und Saufeius wurden im Jahre 52 als duces opera rum angeklagt (Ascon. 55 C). 112 Sowohl Firmidius als auch Plaguleius sind uns nur an einer einzigen Stelle als Clodianer be zeugt. 113 Cic. Sest. 80. 114 Ebd. 115 Ebd. 112. 116 Cic. dom. 21. 117 Cic. har. resp. 59. Vg!. Flambard: MEFRA 89.1, 130. Nowak 115f.
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Anhang: Prosopographie der Clodiani
165
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Protestdemonstrationen und gewaltsamen Dbergriffe. Da sie als magistri einzelner collegia sowie durch ihre Anwesenheit auf dem Forum und durch ihren taglichen Umgang mit bestimmten Bevolkerungsgruppen (tabernarii, mercennariiJ unmittelbaren Kontakt zu gro~en Teilen der plebs urbana hatten, dienten sie Clodius als Mittelspersonen und stellten die Verbindung zwischen ihm und seinen Gefolgsleuten her; sie setzten ihren patronalen Flihrer liber die Volksstimmung in Kenntnis und waren seine Berater. Ohne die aktive Mitarbeit der duces ware es Clodius wohl schwerlich gelungen, seiner Gefolgschaft diese Breitenwirkung und Be deutung zu verschaffen. Ihre Stellung als duces setzte notwendigerweise ein enges Vertrauens verhaltnis zwischen ihnen und Clodius voraus. Dies wird im Einzelfall durch die Aufgaben, die ihnen Clodius libertrug (Leibwachter, Sekretar, Amtsdiener), und durch Ciceros Charakterisierung (Hundskopfe der Scylla Clodius) bestatigt. 2. operae Clodianae
Zu den operae sind die Anhanger des Clodius zu zahlen, denen keine Fiihrungsaufgaben zugefallen waren, die uns aber als Helfer bekannt sind und zumeist in Clodius' Auftrag spezifische Aufgaben wahrnah men.
P. ALBINO VANUS: Diesen bestellte Clodius zur Anklageerhebung ge gen Sestius. 1I8 Da an anderer Stelle von Cicero 1l9 M. Tullius als Ankla ger des Sestius genannt wird, wurde letzterer moglicherweise aufgrund einer divinatio durch P. Albinovanus ersetzt. l20 C. CA USINIUS SCHOLA: Der Angehorige des Ritterstandes stammte aus Interamna. 121 Wahrend des Bona dea-Prozesses bezeugte er Clodius' Alibi. 122 Da er Clodius auf seiner Reise nach Aricia begleitete und somit bei dessen Er mordung zugegen war, wurde er im folgenden Proze~ gegen Milo von der Anklage als Zeuge benannt. 123
118 119 120 121 122 123
Cic. Vatin. 3,41. Schol. Bob. 125 St.
Cic. ad Q. fr. 2.3.5,
Gruen: LGRR 30lf. Anm. 150. Zum Prozefl> siehe S. 95f.
Cic. Mil. 46. Ascon. 31 C.
Siehe S. 97.
Cic. Mil. 46. Ascon. 40 C.
166
Anhang: Prosopographie der Clodiani
Ein Freigelassener des Causinius Schola war verrnutlich magister eines Begrabnisvereins: die Inschrift CIL I 1274 besagt jedenfalls, da~ C. Cau sinius Sco1a von einer societas a1s curator mit dem Bau und der Aus stattung eines columbarium beauftragt worden sei. 124 Fo1gt man der von Degrassi vorgeschlagenen Identifizierung,125 so hatte man einen wei teren Beleg dafUr, da~ die clodianische Gefolgschaft uber die collegia organisiert worden war. Fur Cicero war Causinius familiarissimus Clodi,126 also ein sehr en ger Vertrauter und guter Bekannter des Tribunen, was auch die Dauer der beiderseitigen Freundschaft, die zumindest lO J ahre bestand, be statigt. T. CLA UDIUS: Dieser Anhanger des C10dius war ein Client oder ein un bedeutenderes Mitglied der gens Claudia; "not, apparently, a nobilis".127 Er war subscriptor der Anklage de vi, die Clodius im Jahre 56 gegen Sestius inszenierte. 128
C. CLODIUS: Bei dieser Person handelt es sich wahrscheinlich urn einen Freige1assenen des Clodius;129 er war eine stadtbekannte Personlich ·keit. l30 Im Jahre 58 soUte er vieUeicht Q. Cicero anklagen;131 da wir ilber einen Proze~ nichts wissen, dilrfte es bei der Drohung und der damit verbundenen Einschilchterung geblieben sein. Wie P. Pomponius und C. Causinius Schola begleitete er Clodius auf seiner Reise nach Aricia und wurde deshalb im Proze~ gegen Milo als Zeuge vernommen. 132 P. CLODIUS: Dieser war vermutlich ebenso wie C. C10dius ein Freige lassener des Clodius. 133
124 CIL I 1274 (= Dessau ILS 7878): C. Causinius Scolae 1. Spinter / in hac societate primus cur(ator) factus est et / hoc monumentum aedificandum expoliend(um) / curavit so cisq(ue) probavit, habet partes viriles 1111, oU(as) XX / Campia L. 1. Cassandra Causini (uxor) sibi et suis. 125 Ebd.: C. Causinius Schola Interamnas memoratur a Cicerone Mil. 46.
126 Cic. MH. 46.
127 Gruen: LGRR 30lf. Anm. 150.
128 Cic. Vatin. 3. Zum Prozel1 siehe S. 95f.
129 Miinzer: Clodius 64. Gruen: LGRR 339. Hahn 140.
130 Ascon. 31 C: Erant cum Clodio praeterea tres comites eius, ... duo de plebe noti homines
P. Pomponius, C. Clodius. 131 Cic. Att. 3.8.2, 17.1. 132 Cic. Mil. 46. 133 Gruen: LGRR 307. Hahn 140.
Anhang: Prosopographie der Clodiani
Im CaeliusprozeG (56 v.Chr.) trat er als NebenkHiger auf, naehdem er
sieh laut Cieero sehon in mehreren Prozessen vergeblieh als AnkHiger
versueht hatte. l34
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SEX CLODIUS: Der Sieilier war ebenfalls ein Client der Claudier, mog
lieherweise sogar einer des Clodius. 135
Wahrend des Bona dea-Skandals verfa:Bte er - wahrseheinlieh im Auf
trag des Clodius- ein Gedieht, um die Bedeutung der Gottin und somit
die Affare in der bffentliehkeit herunterzuspielen. In der gleichen Zeit
sehrieb Buta, ein Client des Cato, gleiehsam als Antwort auf Clodius'
Gedieht seine Aitia, die die Gottheit rehabilitieren sollte. Demzufolge
ware der Streit zwisehen den beiden Protagonisten dieses politisehen
Skandals (Clodius "" Cato) von deren Clienten auf literariseher Ebene
weitergefUhrt worden. l36
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L. CA VIUS: Dieser Clodianer kam vielleieht aus der Campania. 137 Im
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J ahre 50 versehaffte ihm Cicero auf Bitten des M. Brutus eine Praefek tenstelle. l38 Da er Cieero nieht wohl gesonnen war und von diesem ab sehatzig als "P. Clodi canis "139 bezeichnet wurde, kann man annehmen, da:B Gavius in friiherer Zeit mit Clodius in Verbindung gestanden hat.
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MENULLA: Dieser Gefolgsmann des Clodius war ein ingenuus aus Anagnia in Latium. l40 Menulla diirfte im Gegensatz zu den meisten Clodianem iiber ein ge wisses Vermogen verfiigt haben, da er Clodius aus Dank fUr seinen Bei stand ein Denkmal in Cieeros besehlagnahmtem Palast gesetzt hat. 141 In seinem Tribunatsjahr hatte Clodius eine lex de iniuriis publicis erlassen, urn eben jenen Menulla, dem wahrseheinlieh eine Anklage drohte, vor einer Verurteilung zu bewahren. 142
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CN. NERIUS: Der Clodianer war ein ingenuus aus der tribus Pupi nia. 143 Wisemans Vorsehlag, der diesen Mann mit dem gleiehnamigen
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Causini 134 Cic. Cael. 27.
135 Wiseman: Cinna 136f.
136 Ebd.137.
137 Rawson: Historia 26, 348.
138 Cic. Att. 6.1.4, 3.6.
139 Ebd. 6.3.6. Auch Piso wurde von Cicero a]s Clodianus canis diffarniert (Pis. 23).
140 Cic. dorn. 8I.
141 Ebd.
142 Zu Inha]t und Zie] des Gesetzes siehe S. 60.
143 Cic. ad Q. fr. 2.3.5. Zur Tribus Pupinia gehorte das Gebiet urn Gabii (Taylor: VDRR 38).
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168
Anhang: Prosopographie der Clodiani
quaestor urbanus aus dem Jahre 49 identifiziert,I'14 ist mit Taylors Uberlegung zurUekzuweisen: "the tribe may be used to distinguish him from another, perhaps more important, Cn. Nerius, and this man may not have been a senator".145 Nerius reiehte im Februar 56 eine Ankla ge de ambitu gegen Sestius ein;l46 in diesem Zusammenhang bezeieh net ihn Cicero als index. 147 T. PATINA: Dieser Clodianer kam wahrseheinlieh aus Lanuvium, einer Landstadt in Latium. l48 Von Cieero wird er als engster Vertrauter des Cladius genannt. 149
P. POMPONIUS: Aseonius zufolge war Pomponius ein bekannter Mann aus der plebs urbana. 150 Zusammen mit C. Causinius Sehola und C. Clo dius wird er uns als Reisebegleiter des Clodius vorgestellt. 151
seATO: Dieser Anhanger des Clodius stammte aus dem Marserland und war ein ingenuus. 152 Cieero nennt ihn "egentem, ... qui in Marsis ... tectum quo imbris vitandi causa succederet iam nullum haberet". 153 Clodius beauftragte Seato, Cieeros Villa zu kaufen. l54 Vielleieht ist er der gleiche manceps Vettius, van dem Cieero im Jahre 56 eine Villa kaufte, die jener von Catulus erworben hatte. 155 1st Seato wirklieh der bekannte manceps Vettius gewesen, dann ware der Kauf von Cieeros Villa dureh Clodius in der Tat unter dem Deekmantel eines legalen Ge sehaftes erfolgt. POLA SER VIUS: Vermutlieh kam jener aus dem siidlichen Latium oder aus der Campania. l56 Man darf ihn nieht mit Se(r)vius verweehseln; bei de k6nnten jedoeh Verwandte gewesen sein. 157 144 145 146 147 148 149 150 151 152 153 154 155
Wiseman: NMRS 244.
Taylor: VDRR 237.
Cic. ad Q. fr. 2.3.5.
Ebd. siehe dazu S. 95f.
Cic. MiJ. 46.
Ebd. Flir Cicero war Patina familiarissimus suus.
Ascon. 31 C.
Ebd.
Cic. dom. 116. Treggiari: RFLR 175 Anm. 5.
Cic. dom. 116.
Cic. dom. 116.
Cic. Att. 4.5.2. Vielleicht nimmt Cicero auch in einem spateren Brief auf diesen Vettius
Bezug, indem er diesen als Beispiel fLir einen cleveren Geschaftsmann nennt (Att. 6.1.15). 156 Rawson: Historia 26, 347. 157 Gruen: LGRR 305 Anm. 167. Rawson: Historia 26, 347 Anm. 47.
Anhang: Prosopographie der Clodiani
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169
Pola sollte im J ahre 54 im Auftrag der gens Clodia Anklage gegen M. Caelius erheben. 158 Im Jahre 50 wurde er von Ap. Claudius erneut zum AnkHiger fUr Caelius bestellt. 159 Cicero bezeichnete ihn als "homo taeter et ferus". 160
M. TULLIUS: Tullius reichte am 10.2.56 eine Anklage de vi gegen Sestius ein. 161 Es ist unsicher, ob er Anhanger des Clodius war, da er spater als AnkHiger durch P. Albinovanus ersetzt wurde. 162 P. VA TIN/US: Zu Beginn des Jahres 58 bewahrte Clodius mit Hilfe sei ner Gefolgsleute Vatinius, den Volkstribunen des J ahres 59, vor einer Verurteilung;l63 dieser arbeitete in der Folgezeit voriibergehend mit Clo dius zusammen. Vatinius war nach Ciceros Uberzeugung an seiner Verbannung betei ligt,l64 begegnet uns aber var allem als Belastungszeuge in einigen Pro zessen; so sagte er gegen Milo und Sestius aus, als diese de vi angeklagt waren. 165 Die operae Clodianae kamen aus alIen gesellschaftlichen Schichten, gehorten jedoch in ihrer Mehrzahl der stadtromischen Unterschicht an; Clodius' eigene familia diirfte unter diesen Leuten zu suchen sein. Eini ge dieser HeIfer kamen aus dem italischen Umland. Im Auftrag des Clodius begegnen sie uns u.a. als Anklager oder Zeu gen vor Gericht, als Reisebegleiter und Geschaftsagenten. Bei der Be deutung der ihnen zugeteilten Aufgaben darf man davon ausgehen, da~ sie das personliche Vertrauen des Clodius genossen und diesem - im Gegensatz zur Mehrzahl seiner iibrigen Anhanger - personlich bekannt waren. Exkurs: iuvenes barbatlJli Diese adulescentuli waren allesamt Mitglieder der Nobilitat und fan den sich im Kreis urn Clodius und seine Schwester Clodia zusammen.
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158 159 160 161 162 163 164 165
Cic. ad Q. fr. 2.12(11).2.
Cic. ad fam. 8.12.2f.
Cic. ad Q. fr. 2.12(11).2.
Ebd. 2.3.5.
Cic. Vatin. 3,41.
Siehe S. 94.
Cic. Sest. 13 3.
Siehe S. 97.
170
Anhang: Prosopographie der Clodiani
Sie traten vorzugsweise w1ihrend des Bona dea-Prozesses als HeIfer des Clodius in Erscheinung.
M. ANTONIUS: Schon in jungen Jahren war Antonius verschuldet, da die finanziellen Mittel seines Vaters bescheiden waren, er aber dennoch ein aufwendiges und kostspieliges Leben fuhrte. l66 Er war mit dem jungeren Curio befreundet;167 so durfte er sich auch unter den iuvenes barbatuli befunden haben, die im J ahre 61 die Ab stimmung liber die lex Pupia Valeria de incesto Clodii verhinderten. l68 Cicero meint, da~ jener noch w1ihrend des Tribunats des Clodius ein intirnus Clodi gewesen sei,169 doch scheint Plutarchs Nachricht, Anto nius habe sich nur kurze Zeit an der Agitation des Clodius beteiligt,170 glaubhafter zu sein. Im Jahre 53 soll Antonius w1ihrend seiner Bewer bung urn die Quaestur einen Mordanschlag auf Clodius verubt haben. 171 Als Milo wegen der Ermordung des Clodius angeklagt wurde, war Anto nius einer der subscriptores der Anklage. 172 Spater heiratete er Fulvia, Clodius' Witwe, und holte im Jahre 44 Sex. Clodius/Cloelius aus dem Exil zurack. l73
P. FONTEIUS: Dieser adulescens war wahrscheinlich ein Mitglied der bekannten tusculanischen gens Fonteia. 174 Er adoptierte Clodius irn Jahre 59 und ermoglichte ihrn so die Bewerbung urn das Volkstribu nat. 175 C. LICINIUS MACER CAL VUS: Der junge nobilis gehorte zum Clo dius-Clodia-Kreis. Wenn es richtig ist, da~ Clodius selbst das Geld fUr die Bestechung der Richter bereitstellte/76 dann darf man in jenem "Cal vurn ex Nanneianis ", l77 der innerhalb von zwei Tagen die Bestechungs 166 167 168 169 170 171 172 173 174
175 176
177
Plut. Ant. 1.1, 2.3. Cie. Phi!. 2.44. Cie. Phi!. 2.44f. Siehe dazu S. 45. Cic. Phi!. 2.48. Plut. Ant. 2.5. Vg!. Eyben: RBPh 50, 6lf. Irn Jahre 58 verliefi Antonius Rom und ging naeh Grieehenland, urn seinen GHiubigern zu entkornmen. Siehe dazu S. 147. Siehe dazu S. 82. Siehe dazu S. 157 Anrn. 39. Rawson: Historia 26, 348 Anrn. 59. Siehe dazu S. 42. Cie. Att. 1.16.10. har. resp. 37. SehoL Bob. 86f., 173 St. Quint. inst. 8.3.81. Clodius seheint sieh naeh dern ProzeB in finanziellen Sehwierigkeiten befunden und seine Glaubi ger auf seine Proquaestur vertrostet zu haben; er hoffte das reiehe Syrien als Provinz zu er halten (Loposzko: Ath. 56, 297). Cie. Att. 1.16.5.
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aktion organisierte, den eben genannten Ca1vus wiedererkennen. Dieser kann a1s typischer Vertreter der iuvenes barbatuli angesehen wer den,178 was Cicero durch das griechische Wort veavLac; zum Ausdruck bringen wollte. l79 Gegen die andere L6sungsm6g1ichkeit, diese Person mit M. Crassus zu identifizieren, sprechen insbesondere folgende Ge sichtspunkte: (l) Crassus war woh1 kaum bereit, sein politisches Re nommee fUr eine politisch noch relativ unbekannte Person aufs Spiel zu setzen/ 80 (2) bei seinen finanziellen M6glichkeiten hatte Crassus leicht mehr Richter bestechen und das Abstimmungsergebnis deutlicher ge stalten k6nnen. 181 Obwohl die uns bekannten Fakten eher fUr C. Lici nius Macer Calvus sprechen, b1eibt dennoch festzuhalten, "da~ das Quellenmateria1 die Annahme einer solchen These nicht mit v6l1iger Si cherheit er1aubt". 182 C SCRIBONIUS CURIO: Der junge Curio war mit M. Antonius und C. Licinius Macer Calvus befreundet. 183 Er leitete die Aktion der operae Clodianae, die die Abstimmung iiber die lex de incesto Clodii verhinder
te. l84 Spater trennte er sich von Clodius, heiratete aber nach dessen Er mordung seine Witwe Fulvia. l85 3. magistratus
Unter den Beamten fand Clodius ebenfalls Anhanger, die ihn aus ver wandtschaftlicher Zuneigung oder aufgrund empfangener Geld- und Sachspenden Unterstiitzung gewahrten. Im zweiten Fall liegt es nahe, die betreffenden Personen gleichsam als ,magistratische operae' anzuse hen. Politiker wie C. Pupius Piso (cos. 61), A. Gabinius und 1. Piso (coss. 58) sollen dabei nicht beriicksichtigt werden, da sie Clodius eher durch ihre Passivitat begiinstigen, ihn jedoch nicht iiber einen langeren Zeitraum aktiv unterstiitzten. l86 178 Calvus war ein Verwandter des Curio und darnals verrnutlich 21 Jahre alt (Munzer: Lici nius 429. Plin. nat. 7. 165). 179 Varro ling. 5.119. Vg!. Frank: AJPh 40, 397f. Wiseman: Cinna 149ff. 180 Wiseman: Cinna 148. Grnen: Phoenix 20,121. 181 Nur 31 der 51 Richter waren bestochen (Cic. Att. 1.16.10). 182 Loposzko: Ath. 56, 299f. 183 Siehe dazu S. 170f. 184 Siehe dazu S. 45. 185 Babcock: AJPh 86, 17f. 186 Die drei Tribunen des Jahres 52, T. Munatius Plancus, Q. Pornpeius Rufus und C. Sallus tius Crispus, die nach der Errnordung des Clodius u.a. eine prozessuale Untersuchung des Vorfalls anstrengten, konnen hier unberiicksichtigt bleiben, da wir iiber eine Zusarnmen arbeit dieser Personen rnit Clodius nichts wissen; zumindest Q. Pompeius Rufus hatte aber engeren Kontakt zu Clodius (Ascon. 50f. C).
172
Anhang: Prosopographie der Clodiani
L. A ELlUS LlGUS: Ligus wurde von der gens Aelia adoptiert und soll nach Ciceros polemischer, wenig glaubhafter Nachricht aus Ligurien stammen. 187 Vielleicht war er ein Nachkomme des Consuls von 172, des einzigen Consulars seiner Familie. l88 Im Jahre 58 bekleidete er das Volkstribunat. 189 Als der Tribun L. Ninnius Quadratus an den Kalenden des Juni 58 im Senat beantragte, Cicero aus dem Exil zUrUckzurufen, legte Aelius Ligus sein Veto ein. 1OO Nur wenige Monate spater intercedierte er wie derum gegen einen gleich lautenden Antrag des designierten Consuls Lentulus. 191 Zusammen mit Numerius und Serranus, den Tribunen des J ahres 57, wird Ligus von Cicero zu den quisquiliae seditionis Clodianae ge zahlt,l92 und als "additamentum inimicorum meorum "193 oder als "ven alis adscriptor et subscriptor tuus'l94 bezeichnet. SEX. A TILlUS SERRANUS GA VlANUS: Serranus war wohl von nie derer Abstammung und von Geburt her ein Gavier; wahrscheinlich kam er aus der Campania;l95 er wurde von der gens A tilia adoptiert. l96 Im Jahre 57 war er tribunus plebis. Zunachst sprach er sich durchaus fUr den von den designierten Tribu nen verfaBten Antrag aus, Cicero zu begnadigen; als der Consul Lentu Ius im Senat einen entsprechenden Gesetzesentwurf zur Diskussion stellte, bat sich Serranus Bedenkzeit aus und blockierte die BeschluBfas sung; nach Ciceros Meinung war er in der Zwischenzeit von Clodius ge kauft worden. m Zusammen mit Ap. Claudius und seinem Kollegen Nu merius sabottierte er die Bemiihungen der iibrigen Beamten, Ciceros Verbannung zu beenden. l98 Als Cicero aus dem Exil zUrUckgekehrt war und sich von den Magistraten die Einberufung einer contio erbat, waren es wieder diese drei HeIfer des Clodius, die sich gegen Ciceros Begehren aussprachen. l99 Gemeinsam mit dem Consul Metellus, dem Praetor Ap. Claudius und dem Tribunen Q. Numerius Rufus initiierte Serranus ein 187 Cic. har. resp. 5. Sest. 69. Gruen: LGRR 181 Anm. 69.
188 Gruen: LGRR 181.
189 190 191 192 193 194 195 196 197 198 199
Aelius war im Jahre 58 Volkstribun und nicht, wie Klebs meint, im Jahre 57 (Klebs 523).
Cic. Sest. 68. p. red. in sen. 3. Dio 38.30.4.
Cic. p. red. in sen. 8.
Cic. Sest. 94.
Ebd.68.
Cic.dom.49.
Cic. Sest. 72. Vg!. Rawson: Historia 26, 347.
Cic. Sest. 72.
Ebd. 72, 74. p. red. ad Quir. 12.
Cic. Pis. 35. Schol. Bob. 122 St. Ascon. 11 C.
Cic. Att. 4.1.6.
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-Anhang: Prosopographie der Clodiani
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173
iustitium, als Clodius im Februar 57 von Milo de vi angeklagt worden war. 200 Da der Senat am 1.10.57 beschloB, Cicero seine enteigneten Be sitztumer wieder zurilckzugeben, erhob Serranus Einspruch, lieB sich aber durch den heftigen Widerspruch der Senatoren umstimmen. 201 Auch die von Milo verhafteten Gladiatoren des Ap. Claudius, die damals in Diensten des Clodius standen, kamen mit seiner Hilfe wieder frei. 202 Ober Ciceros Vorwurf, Serranus habe sanctissima sacella verbauen oder beseitigen lassen,203 ist nichts Genaues bekannt. Fur Cicero war Serranus von Clodius gekauft worden und handelte in seinem Auftrag. 284 Er wird mit Ligus und Numerius zu den quisquiliae seditionis Clodianae gezahlt. 205
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AP. CLA UDIUS PULCHER: Appius war der Bruder des Clodius und im Jahre 57 Praetor. Wahrend seiner Amtszeit unterstutzte er die Tribunen Serranus und Numerius, die im Auftrag seines Bruders tatig waren. 206 Appius ste11te Clodius seine Gladiatorentruppe zur Verftigung, die er fUr die Leichen spiele seines Neffen M. Claudius gekauft hatte. 207 AIs Magistrat erteilte er seinem Bruder in der Volksversammlung das Rederecht;208 er selbst agitierte in verschiedenen contiones gegen Ciceros Ruckkehr. 209 Die po litischen Wege der beiden Brtider trennten sich jedoch in der Folge zeit. 2lO
Q. FUFIUS CALENUS: Fufius stammte aus Cales in Latium. 211 Er be kleidete im Jahre 61 das Volkstribunat. Wahrend des Bona dea-Prozesses bekampfte Fufius die lex de incesto Clodii 212 und lancierte im Interesse des Clodius einen eigenen Gesetzes antrag; diesem stimmte der Senat notgedrungen zu, da der Tribun seine
200 201 202 203 204 205 206 207 208 209 210
Siehe dazu S. 94f.
Cic. Att. 4.2.4.
Cic. Sest. 85.
Cic. har. resp. 32.
Cic. Sest. 72, 74, 87. Pis. 35.
Cic. Sest. 94.
Siehe unter Sex. Atilius Serranus Gavianus.
Siehe dazu S. 8 L
Cic. At!. 4.2.3.
Cic. Sest. 126.
Clodius soli seinem Bruder Appius einen Teil seines Besitzes genommen haben (Cic. Mil.
75). Siehe S. 123f. 211 Rawson: Historia 26, 346. 212 Cic. At!. 1.14.6, 16.2.
174
Anhang: Prosopographie der Clodiani
Intercession androhte;213 dadurch wurde jedoch der gesamte Proze£ zur Farce. 214 Fufius leitete auch eine Protestdemonstration der Clodianer, urn die Richter einzuschiichtern. 21s Vielleicht darf man in ihm jenen .. unum senatorem" sehen, der im Caeliusproze£ (56 v. Chr.) den Ange klagten beschuldigte, ihn tiitlich angegriffen zu haben. 216 C. HERENNIUS: Die Vorfahren dieses Politikers waren wohl Senato
ren;217 sein Vater war divisor. 218 Da Clodius nach seiner Riickkehr aus der Gallia transalpina ebenfalls im Wahlgeschiift tatig war, ist es rnog lich, da£ er den Sohn iiber den Vater kennengelernt hat. 2l9 Cicero bezeichnet Herennius als .. hominem nequam atque egen tem ",220 so da£ ihn Clodius vielleicht durch Geldzuwendungen zur Mit arbeit bewegen konnte. 221 Wahrend seines Tribunats bemtihte er sich, Clodius' transitio ad ple bem durch eine lex curiata in die Wege zu leiten. 222 Es ist nicht ausge schlossen, da£ er auch der Tribun war, der die magistri collegiorum in ihrem Bemiihen unterstiitzte, die ludi Compitalicii zu Beginn des J ahres 60 emeut zu feiem. 223
Q. NUMERIUS RUFUS: Numerius stammte vermutlich aus Picenum. 224 Er hatte im Jahre 57 das Volkstribunat inne. Als Tribun war er an den gerneinsamen Aktionen des Serranus und Ap. Claudius beteiligt. 225 Im Zusammenhang mit dem Dberfall der Clo dianer auf Sestius berichtet Cicero, da£ die Clodianer einen gewissen Q. Numerius gesucht hatten, urn ihn zu toten; seine Ermordnung soUte ihr Vorgehen gegen Sestius vieUeicht rechtfertigen. 226 Inwieweit dies der Wahrheit entspricht, la£t sich nicht entscheiden. Andererseits ware es auch denkbar, da£ "Numerius sich gegen den Bruch der sacrosanctitas 213 214 215 216 217 218 219 220 221 222 223 224 225 226
Cic. Att. 1.16.2.
Ebd. 1.16.1.
Schol. Bob. 85 St.
Cic. Cael. 19. Man mu~ es bei dieser einschriinkenden Bemerkung belassen, da der Name
des Senators nicht eindeutig iiberliefert ist. Gruen:LGRRI85. Cic. Att. 1.18.4. Lintott: GaR 14,160. Siehe dazu S. 67f. Cic. Att. 1.19.5. Miinzer: Herennius 664. Wiseman: NMRS 174. Siehe dazu S. 41£. Lintott: GaR 14, 160. Nisbet: Pisonem 66. Flambard: MEFRA 89.1, 119f. Anm. 14. Gruen: LGRR 118. Rawson: Historia 26, 347. Siehe unter Sex. Atilius Serranus Gavianus. Cic. Sest. 82.
Anhang: Prosopographie der Clodiani ~:~
be
ProzeB zur
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~
175
eines Tribunen aussprach und deshalb ebenfalls bedroht werden soll te".227 Fur Cicero war Numerius ebenfalls van Clodius gekauft worden;228 er geh6rte zu den quisquiliae seditionis Clodianae. 229
C. PORCIUS CA TO: Auch Cato ist wohl zum Clodius-Clodia-Kreis zu rechnen. Als Anklager des Gabinius, des Vertrauten des Pompeius, trat er im Jahre 59 erstmals an die Offentlichkeit. 230 Im Jahre 56 war er Volkstribun . ::' !C Als Clodius Ende des J ahres 57 eine Anklage de vi drohte, interve ~"": ~;~ue egen nierte Cato im Interesse seines Freundes; zusammen mit seinem Kolle t:1~ '::-:';=::1 zur Mit gen Cassius pladierte er im Senat daftir, daB die Magistratswahlen vor der Konstituierung der GerichtshOfe durchgefiihrt werden sollten. 231 [' :-" ~::c--::;'o ad ple Da Pompeius Milo im Februar 56 vor Gericht verteidigte, muBte er im b --': ~j:ht ausge Senat die Verbalinjurien des Cato uber sich ergehen lassen. 232 Wie Clo C"': .' .-::cgiorum in dius soll auch Cato die finanzielle Unterstutzung des Crassus zugute ge E.;::,~ des J ahres kommen sein;233 dies scheint jedoch wenig glaubhaft, da Cato aus fin an ziellen Schwierigkeiten gezwungen war, seine Gladiatorentruppe zu ver kaufen; mit einem Geldgeber wie Crassus im Rucken ware dies wohl nicht n6tig gewesen. 234 Im Jahre 54 wurde Cato nach der lex Iunia Lici nia und der lex Fufia angeklagt, entging aber in beiden Fallen einer Ver ':1;:;: ~=crarlUs und urteilung. 23s 1 -~-:~~'J.J der Clo Cato hat mit Clodius lose zusammengearbeitet; haufig mag der ~ ==--__ ;:::1. gewissen Kampf gegen den gemeinsamen politischen Feind Pompeius das einigen ~ ::bung sollte de Element gewesen sein. 236 b .. r. .. eit dies der e=:-;:::5.;:i ts ware es Die ,magistratischen operae' des Clodius halfen ihrem Freund auf in IC<=: SJ.:rosanctitas stitutionellem Gebiet; in erster Linie beriefen sie contiones ein und in tercedierten im Namen des Clodius; sie waren e.ine hilfreiche und not wendige Erganzung zur Menge der Clodianer, da sie den Einsatz der c1o dianischen Gefolgschaft durch amtliche Verftigungen erleichtem und _,"" -'-'~::. da der Name unter dem Schein der Legalitat vorbereiten konnten.
Ire =.. ,J:-J
Senato ~:- R~:kkehr aus f ---!li'-::.T. est es m6g
.
.
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A:1m. 14.
227 228 229 230 231 232 233 234 235 236
Nowak 133.
Cic. Sest. 72: Ex iis princeps (Numerius) emitur ab inimicis meis ... Vg!. ebd. 82, 87.
Ebd.94.
Cic. ad Q. fr. 1.2.15
Ebd.2.1.2.
Cic. ad Q. fro 2.3.3. ad fam. 1.6.1 .
Cic. ad Q. fr. 2.3.4.
Ebd. 2.3.5 . Vg!. Nowak 107.
Cic. Att. 4.15.4, 16.5. Dazu Linderski: Studi 28lff.
Nowak 106.
_._-----_._------~-_._-------_._-----------------
176
Anhang: Prosopographie der Clodiani
Die vorliegende Prosopographie weist die clodianische Gefo1gschaft a1s strukturellen Sonderfall einer spiitrepub1ikanischen Cliente1 aus: (l) im Gegensatz zu verg1eichbaren Ade1sgefo1gschaften finden wir unter den Clodianern vie1e Personen aus der Plebs, die uns nament1ich be kannt sind; (2) die aufgabenspezifische Einteilung der C10dianer zeigt die Besonderheit dieser Gefo1gschaft auf organisatorischem Gebiet.
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P. Albinovanus 95f., 165
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110f., 117, 141, 146f.
M. Antonius 82, 147, 170
S. Atilius Serranus Gavianus 172f. P. Autronius 67
Brogitarus 57, 101, 12lf.
Q. Caecilius Metellus Celer 42
Q. Caecilius Metellus Nepos 136f. L. Caecilius Rufus l1lf., 11 7
M. Caelius Rufus 93f., 96f., 11 0 M. Calpurnius Bibulus 134, 136, siehe
B. summi viri L. Calpurnius Piso 53, 65
Cassius Dio 54 93 ,140
C. Causinius Schola 93,97,101,123, 165f.
Ap. Claudius Pulcher 65,81,97,137,139,
173
T. Claudius 95f., 166
C. C10dius 95,97,101,166 P. Clodius 96f., 166f.
Sex. Clodius/Cloelius 68f., 100f., 113, 137,
156f.
Sex. Clodius 167
C. Cornelius 67
Damio 100, 158
Decimus 69,101,123, 159f.
Deiotarus 57
Dionys v. Halikarnai) 2lf,14
Fabia 41
Fidulius 86, 160
Firmidius 160
P. Fonteius 170
C. Fufius Calenus 17 3f. L. Gavius 167
A. Gabinius 53,65,94,124 L. Gellius Poplicola 97, 160f. C. Heiennius 41f., 174
Q. Hortensius Hortalus 40, 134, 137, siehe
B. summi viri
C. Iulius Caesar 24,42,44, 56f., 62, 107,
133ff.,152
Lentidius 162
M. Licinius Crassus Dives 110, 122, 133ff.,
171
L. Licinius Lucullus 37f.,43 C. Licinius Macer Calvus 170f. M. Livius Drusus 24, 32f. 70
Lollius 162
C. Manilius 66f., 129
M. Marius Gratidianus 32 69 ,38
Menulla 60, 167
T. Munatius Plancus Bursa 28,93, 102
Cn. Nerius 95f., 167f.
Q. Numerius Rufus 174f. C. Caesar Octavianus Augustus 12f., 152f. T. Patina 168
Plaguleius 162f.
Plutarch 54 93
Cn. Pompeius Magnus 24,42,46, 56f., 62f.,
90ff., 102,110,114, 119ff., 125ff., 133ff.
Q. Pompeius Rufus 102, 106
P. Pomponius 101, 168
C. Porcius Cato 94,143,175 M. Porcius Cato 40,53,62,64, 126, 134,
140ff., siehe B. summi viri
Ptolemaeus v. Cypern 53
Ptolemaios XII. Auletes 126, 137
Scato 101,168
C. Scribonius Curio 82,171 C. Sempronius Gracchus 32 68
L. Sergius Catilina 38,41 17 ,67, 72f., 77
Sergius 163
Se(r)vius 163f.
Pola Servius 97, 168 f.
P. Sestius 95f.
P. Sulpicius Rufus 33 71 ,41,129
Titius 164
M. Tullius 95,169
M. Tullius Cicero 39ff., 52, 54f., 61, 86,
92f., 110, 116f., 140ff.
Q. Tullius Cicero 95
P. Vatinius 65,94,97, 146, 169
188
Register
B. SACHREGISTER
Abstimmung siehe Gesetzgebung accusator 97
Adoption 42,74,170
adsectatio 25f.
aedes Nymphaeum 121
Aedil/AedilWit 22, 88f., 94f., 122, 137
ager Campanus 56 109 , 142
Xgypten 126, 136L, 143
altercatio 84, 109
ambitus-Gesetze 25 f. 41
apparitor 100
auctores siehe duces
Bauaufsicht 32 68
beneficium 20, 24ff., 59
Bestechung 22 18 , 121f.
Bindungswesen
- Entwicklung 20fL - Denaturierung 35f., 59, 102ff., 150
Bona dea-Skandal 38fL, 44, 82
BUrgerrechtsverleihung 32f,70
Castortempel 69
clientela siehe Bindungswesen
coUegia 45,49L,65fL, 78L, 100L, 118,145
columban"um 123
ColoniegrUndung 31 64
comitia - centuriata 87,127fL
- tributa 53, 86ff., 111
concilium plebis 53, 86f.
conducticii siehe mercennarii
contio 29 57 , 84L, 108fL
cura annonae 84f., 90, 100, 108ff., 114,
119f., 125ff., 136f.
Cypern 53,56,62,64L, 142fL
Demagogie 83f. 108ff., 111ff.
dignitas 20, 21 1O
divisor 68, 174
Dreibund 56f., 133ff., 151
duces 67ff., 73, 79f. 255 , 101, 156ff.
Eigentumsdelikte siehe Konfiskationen
equites siehe Ritter
Expansion 21 9 ,35
fides 20fL,24,27,29,36 150
Frcigelassene 32f., 50,58 66,72, 75ff., 83,
120,123, 128ff.
Freiheit 20f. 7 , 54f.
Gerichte 29 58 , 67,91ff., 110L, 146
Gesetzgebung 45, 85f.
Getreidegesetze siehe leges fru mentariae
Getreidemangel 98,106, 111f., 114, 117
GewaIt 26,85, 93ff., 105f., 111, 116ff., 126f., 145
Gladiatoren 69,81
Heeresclientel 27ff., 43, 148ff.
homines tenues 25f.
Hunger 59 123 ,117
impeniz nova 60f.
imperium extraordinarium 125ff., 136
index 56, 96f.
intercessio 51, 172fL
iustitium 94, 115f., 126
iu-jlenes barbatuli 45, 81f., 169ff.
Juden 79 250
Konferenz von Luca 137ff.
Konfiskationen 55,101, 123f.
largitio(nes) 23ff., 33 73 ,34 76 ,36
legatio libera 122, 144f.
leges agrariae 30 64
- Oodiae 48ff., 63,118, 141f.
- frumentariae 31f., 33 74 , 48, 59,150
- Iuliae 54f.95 , 57, 134f., 137, 142
-tabeUariae 30,150
lex Oodiade censoria notione 51f., 118
- Oodia de coUegiis 49f., 65, 78f.
- Oodia de exilio Ciceronis 86f., 101
- Oodia de iniuriis publicis 60
- Clodia de iure et tempore legum
rogandarum 51
- Oodia de scribis quaestoriis 52 78
- Oodia frumentaria 48L, 58ff., 70, 78,
80, 100, 106, 120, 133, 151
lex curiata de a"ogatione Oodii 42
lex Licinia de sodaliciis 145
- Manilia de libertinorum suffragiis 66,
130
- Sempronia de capite civis Romani 55
liberalitas 22f.
libertas siehe Freiheit
libertus/libertinus siehe Freigelassene
ludi Apollinares 111f.
- Compitalicii 66ff., 174
- Megalenses 88,99, 113f., 122
- Romani 98, 112f.
magister coUegiorum 66ff., 100L
Magna Mater 113,122f.
manumissio 120 492
mercennarii 76,79,83,122
Meuterei 37f.,43
MietnachlaB 32 67
mos maiorum 21, 52
Register obnuntiatio 51
officium 20, 25f.
operae 45,68, 7lff., 76, 87, 90f., 94, 165ff.
opifices siehe tabemarii
plebs urbana 10ff., 29ff., 46, 70f., 89, 104ff.,
149f., 152f.
Polizeigewalt 11
pontes 45,85
populares 30ff., 42f., 105
praetor urbanus 11lf.
Principat 12f., 89, 152
Quindecimviri 137, 144
Ritter 85
regnum 23 26
Religion 40,113 rogatio Godia de libertinorum suffragiis 129ff.
salutatio 25f., 39 7
sequester 68
servi 75f., 80f., 130ff.
Schuldenerlill 32 67 ,73,77
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189 Sklaven siehe servi Spiele siehe ludi Soldaten 27ff., 143, 148f. summi viri 134ff., 137, 142ff. suffragium 13Off. tabernarii 77ff.,83,93, 115f. tabulae novae siche Schuldenerlill Theater 29f. 59 , 98f., 111ff., 122f. transitio ad plebem 4lf., 46 tribunal Aurelium 64,76,79 250 tribuni pleb is siehe populares tn'bus ColUna 74, 128f. - Palatina 74,88 ultio-Motiv 42,54,62 vici 32 69 ,64 vis siehe Gewalt Volksgericht Ill, 146 Volksversammlungen siehe comitia bzw. concilium Waffen 69