Markus Frittum Die Soziale Arbeit und ihr Verhältnis zum Humor
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Markus Frittum
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Markus Frittum Die Soziale Arbeit und ihr Verhältnis zum Humor
VS RESEARCH
Markus Frittum
Die Soziale Arbeit und ihr Verhältnis zum Humor Möglichkeiten humorvoller Intervention im Beratungsgespräch
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Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über abrufbar.
1. Auflage 2009 Alle Rechte vorbehalten © VS Verlag für Sozialwissenschaften | GWV Fachverlage GmbH, Wiesbaden 2009 Lektorat: Christina M. Brian / Ingrid Walther VS Verlag für Sozialwissenschaften ist Teil der Fachverlagsgruppe Springer Science+Business Media. www.vs-verlag.de Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften. Umschlaggestaltung: KünkelLopka Medienentwicklung, Heidelberg Gedruckt auf säurefreiem und chlorfrei gebleichtem Papier Printed in Germany ISBN 978-3-531-16294-2
Vorwort Vor geraumer Zeit blätterte ich in einem Fachbuch, das sich mit Sozialer Arbeit im Handlungsfeld „Psychische Erkrankungen“ auseinandersetzte. Dabei stieß ich auf eine kurze Abhandlung über die Anwendungsmöglichkeiten humorvoller Interventionen in diesem Arbeitsbereich. Von diesem Moment an beschäftigte mich das Thema „Humor in der Sozialen Arbeit“ und ich begann zu recherchieren, zunächst mit einer geringen Erwartung, fündig zu werden. Jedoch stellte ich schnell fest, dass es doch bereits einige Publikationen gab, die den Humor untersuchten. Aus dem Bereich der Sozialen Arbeit fand ich allerdings nur äußerst wenige Werke vor, sodass ich beschloss, mich im Rahmen einer wissenschaftlichen Arbeit dem Humor in der Sozialen Arbeit zu widmen. Die Ergebnisse meiner Untersuchung, soviel kann ich jetzt schon verraten, sind teilweise überraschend, teilweise bestätigen sie bisherige Vermutungen. Sie geben einen Einblick, wie SozialarbeiterInnen Humor gegenüberstehen und welche Überlegungen sie anstellen, wenn sie Humor anwenden bzw. nicht anwenden. Namhafte HumorexpertInnen geben Aufschluss über die Möglichkeiten humorvoller Interventionen. Im Zuge der wissenschaftlichen Auseinandersetzung habe ich den Humor immer wieder neu kennen gelernt. Obwohl ich mir seiner Eigenschaften weitgehend bewusst war, erlangte ich immer wieder interessante Einblicke in neue Dimensionen, in denen der Humor sich bewegt, in denen er seine Wirkung entfaltet. Ich freue mich sehr darüber, dass dieses Werk mit der Veröffentlichung einem breiten Publikum zugänglich gemacht wird. Für die Zeit der Erstellung der Arbeit habe ich bereits in der frühen Forschungsphase ein Motto formuliert, das mir in anstrengenden Zeiten immer wieder neue Energie verlieh: „Mach sie fertig, bevor sie dich fertig macht.“ An dieser Stelle möchte ich mich bei einigen Personen bedanken, die für die Erstellung dieses Buches wesentliche Beiträge geleistet haben. Mein Dank richtet sich gleichermaßen an die SozialarbeiterInnen, die an der schriftlichen Befragung teilnahmen, sowie an die HumorExpertInnen, die sich für die qualitativen Interviews zur Verfügung stellten. Zu erwähnen sind hierbei Herbert Effinger, Frank Farrelly, Peter Hain, Eleonore Höfner, Alfred Kirchmayr und Michael Titze. Ich bedanke mich sehr herzlich bei Frau DSAin Mag.a Judith Haberhauer-Stidl, die mich mit ihrem fachlichen Wissen, ihrem Blick auf das Wesentliche und ihrer positiven, humorvollen Art auf unvergleichliche Weise unterstützte. Ebenso dankbar bin ich Christina Pesendorfer-Frittum, die mich nicht nur bei organisatorischen Belangen und bei der Dateneingabe unterstützte, sondern mir auch darüber hinaus in vielerlei Hinsicht zur Seite stand. Weiterer Dank geht
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an Mag. (FH) Stefan Schmid, Mag. Ian Hackl, Mag. Dietmar Hudsky, Dr. Eduard Pesendorfer, Sandra Pollany und Susanne Leinwetter. Wie bereits erwähnt, entspringt die auf Humor bezogene Fachliteratur nur in den seltensten Fällen der Sozialen Arbeit. Dies ist insofern schade, da meine Untersuchungen gezeigt haben, dass SozialarbeiterInnen dem Humor sehr positiv gegenüberstehen. Es würde mich freuen, wenn mit dem vorliegenden Buch Anreize geschaffen werden könnten, Humor in der Beratung, aber auch im gesamten Berufsalltag, vermehrt einzusetzen. Markus Frittum
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Inhaltsverzeichnis Vorwort .......................................................................................................................... 5 1
Einleitung ...................................................................................................... 15
2 2.1 2.2 2.3 2.4 2.5 2.6 2.7 2.8
Sozialarbeit.................................................................................................... 17 Was ist Soziale Arbeit?............................................................................. 17 Kompetenzen der Sozialen Arbeit ............................................................ 18 Funktionen und Aufgaben ........................................................................ 19 Ziele Sozialer Arbeit................................................................................. 20 Methoden der Sozialen Arbeit .................................................................. 20 Sozialarbeit in Österreich.......................................................................... 21 Zusammenfassung .................................................................................... 22 Exkurs - Sozialarbeit und Psychotherapie ................................................ 22
3.1 3.1.1 3.1.2 3.1.3 3.1.4 3.2 3.2.1 3.2.2 3.3 3.3.1 3.3.2 3.3.3 3.4 3.5
Das Beratungsgespräch................................................................................ 25 Beratung in der Sozialen Arbeit................................................................ 25 Definition .................................................................................................. 25 Der Inhalt sozialarbeiterischer Beratung .................................................. 26 Ziele der Beratung .................................................................................... 26 Das Setting................................................................................................ 26 Ablauf einer Beratung............................................................................... 27 Die Haltung der BeraterInnen................................................................... 27 Der Beratungsprozess ............................................................................... 28 Kommunikation ........................................................................................ 29 Verbale Kommunikation........................................................................... 29 Paraverbale Kommunikation .................................................................... 30 Nonverbale Kommunikation..................................................................... 30 Gesprächstechniken und Interventionen................................................... 31 Zusammenfassung .................................................................................... 31
4.1 4.2 4.2.1 4.2.2 4.2.3 4.2.4 4.2.5 4.2.6 4.2.7 4.2.8 4.2.9
Humor – Eine Annäherung an ein Phänomen........................................... 33 Darstellung der Definitionslandschaft ...................................................... 33 Verwandte des Humors............................................................................. 35 Komik ....................................................................................................... 35 Der Witz.................................................................................................... 35 Ironie......................................................................................................... 36 Sarkasmus ................................................................................................. 37 Zynismus................................................................................................... 37 Schwarzer Humor ..................................................................................... 38 Galgenhumor ............................................................................................ 38 Der Wiener Schmäh.................................................................................. 38 Zusammenfassung .................................................................................... 39
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5 5.1 5.2 5.3 5.4
Humortheoretische Ansätze......................................................................... 41 Psychophysiologische Theorien ............................................................... 41 Überlegenheits- und Aggressionstheorien ................................................ 41 Soziale Theorien ....................................................................................... 42 Inkongruenztheorien ................................................................................. 42
6.1 6.2 6.3
Funktionen des Humors............................................................................... 45 Soziale Funktionen ................................................................................... 45 Psychologische Funktionen ...................................................................... 46 Physiologische Funktionen ....................................................................... 47
7.1 7.2 7.3
Humorreaktionen ......................................................................................... 49 Erheiterung und Heiterkeit........................................................................ 49 Lächeln...................................................................................................... 50 Lachen....................................................................................................... 50
8.1 8.2 8.3 8.4 8.5
Persönlichkeit und Geschlecht .................................................................... 53 Der humorvolle Mensch ........................................................................... 53 Der humorlose Mensch............................................................................. 53 Sinn für Humor ......................................................................................... 53 Humor der Geschlechter ........................................................................... 54 Zusammenfassung .................................................................................... 55
9.1 9.2 9.3 9.4 9.5 9.6 9.7 9.8
Humor in Psychotherapie und Beratung.................................................... 57 Sigmund Freud und die Psychoanalyse .................................................... 57 Alfred Adler und die Individualpsychologie ............................................ 58 Viktor Frankl und die Logotherapie ......................................................... 58 Frank Farrelly und die Provokative Therapie ........................................... 60 Stellungnahmen zum Humor in der Therapie........................................... 65 Therapeutischer Humor ............................................................................ 66 Schwierigkeiten und Grenzen in der Humoranwendung.......................... 68 Zusammenfassung .................................................................................... 69
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Humor in der Beratung der Sozialen Arbeit.............................................. 71
11 11.1 11.2 11.3 11.3.1 11.3.2 11.3.3 11.4 11.4.1 11.4.2 11.4.3
8
Untersuchung ................................................................................................ 73 Fragestellungen und Hypothesen.............................................................. 73 Wahl der Erhebungsmethoden.................................................................. 74 Quantitative Methode ............................................................................... 75 Erhebungsinstrument ................................................................................ 75 Stichprobe ................................................................................................. 75 Auswertungsmethode................................................................................ 76 Qualitative Methode ................................................................................. 77 Erhebungsinstrument ................................................................................ 77 Auswahl der InterviewpartnerInnen ......................................................... 77 Auswertungsmethode................................................................................ 78
11.5 12
Kritische Auseinandersetzung mit beiden Forschungsmethoden ............. 78
12.1 12.1.1 12.1.2 12.1.3 12.1.4 12.1.5 12.2 12.2.1 12.2.2 12.2.3 12.2.4 12.2.5 12.3 12.3.1 12.3.2 12.3.3 12.3.4 12.3.5
Quantitative Forschungsergebnisse ............................................................ 81 Soziodemographische Daten..................................................................... 81 Genderstruktur .......................................................................................... 81 Altersstruktur ............................................................................................ 81 Ausbildungsübersicht................................................................................ 82 Berufserfahrung ........................................................................................ 83 Handlungsfelder........................................................................................ 83 Das Verhältnis von SozialarbeiterInnen zum Humor ............................... 84 Eigenschaften des Humors........................................................................ 84 Humor – eine Selbsteinschätzung............................................................. 86 Stellenwert des Humors beruflich und privat ........................................... 87 Humor in der Ausbildung ......................................................................... 87 Stellenwert innerhalb der Profession ........................................................ 88 Humor in der Beratung der Sozialarbeit ................................................... 89 Stellenwert von Humor in der Beratung ................................................... 89 Häufigkeit der Humoranwendung ............................................................ 89 Humor in den Handlungsfeldern............................................................... 90 Gründe für und gegen Humor................................................................... 93 Zusammenfassung .................................................................................... 95
13.1 13.1.1 13.1.2 13.1.3 13.1.4 13.1.5 13.1.6 13.2 13.3 13.3.1 13.3.2 13.3.3 13.3.4 13.3.5 13.3.6 13.3.7 13.3.8 13.3.9 13.4 13.4.1 13.4.2 13.4.3 13.4.4 13.5
Qualitative Forschungsergebnisse............................................................... 97 Die Expertinneninterviews ....................................................................... 97 Interview mit Dr. phil. Herbert Effinger................................................... 98 Interview mit Dr.in phil. Eleonore Höfner .............................................. 103 Interview mit Dr. rer. soc. Michael Titze ............................................... 109 Interview mit Dr. phil. Peter Hain, MSc................................................. 114 Interview mit Dr. phil. Dr. theol. Alfred Kirchmayr .............................. 119 Interview mit Frank Farrelly, M.D. ........................................................ 123 Auswertung der Daten und Darstellung der Ergebnisse......................... 125 Anwendung und Einsatz von Humor...................................................... 125 Definition des Humors............................................................................ 125 Fähigkeiten des Humors ......................................................................... 126 Möglichkeiten und Methoden................................................................. 126 Grenzen................................................................................................... 129 Richtlinien............................................................................................... 130 Persönlichkeitsstruktur............................................................................ 131 „Humorfreie Beratung“........................................................................... 132 Ausbildung.............................................................................................. 132 Meinungen in Fachkreisen...................................................................... 132 Humor in der Sozialen Arbeit................................................................. 133 Einschätzung........................................................................................... 133 Psychotherapie und Soziale Arbeit ......................................................... 134 Humor trotz(t) sozialer Probleme ........................................................... 134 Auslachen und Geringschätzung ............................................................ 135 Persönliches Fazit aus der Arbeit mit Humor......................................... 135
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14 14.1 15
Ergebnisse.................................................................................................... 137 Bearbeitungen der Forschungsfragen und Hypothesen .......................... 137 Conclusio, Kritik und Ausblick................................................................. 141
Literatur ...................................................................................................................... 145 Weiterführende Links ................................................................................................... 156
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Abbildungs- und Tabellenverzeichnis Abbildung 1 – Verteilung nach Alter ............................................................................. 82 Abbildung 2 – Ausbildung ............................................................................................. 82 Abbildung 3 – Erreichte Handlungsfelder...................................................................... 83 Abbildung 4 – Selbsteinschätzung zum Humor ............................................................. 86 Abbildung 5 – Stellenwert innerhalb der Profession...................................................... 88 Abbildung 6 – Einschätzung der möglichen Humoranwendung.................................... 91 Abbildung 7 – Mögliche Anwendung in der Praxis ....................................................... 92
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„Humor ist, wenn man trotzdem SozialarbeiterIn wird.“1 Alfred Kirchmayr
1
Entnommen aus dem Experteninterview (vgl. Kapitel 13.1)
1
Einleitung
Humor ist ein Phänomen, mit dem die Menschen im täglichen Miteinander häufig zu tun haben und das sich kaum aus unserem Leben wegdenken lässt. In manchen Situationen kann es sein, dass Menschen aufgrund ihrer aktuellen Lebenslage den Humor verlieren. Das geschieht zumeist dann, wenn Ereignisse eintreten, die sie als belastend bewerten, die einen Nachteil oder Schaden jeglicher Art nach sich ziehen. Die Soziale Arbeit hat es nicht selten mit Menschen zu tun, die sich in Situationen befinden, in denen ihnen nicht zum Lachen zumute ist, in denen sie den Humor „verloren“ haben. Die professionellen Helfer begegnen diesen Menschen mit Einfühlungsvermögen, Verständnis und adäquaten Unterstützungsangeboten. „Humor ist, wenn man trotzdem lacht“, meint der Volksmund. Hierbei wird auf eine Fähigkeit des Humors hingewiesen – nämlich in schwierigen Situationen nicht den Mut zu verlieren. „Trotzdem“ – trotz meiner misslichen Lage vermag ich mir ein Lachen oder Lächeln abzuringen, vermag ich neue Hoffnung zu schöpfen und an den gegenwärtigen Herausforderungen nicht zu verzweifeln. Nicht immer wird das möglich sein. Jedoch in vielen Situationen jedoch kann dieses „trotzdem“ ein Problem aus einem neuen Blickwinkel heraus betrachten lassen. Diesen Mut könnten SozialarbeiterInnen anregen, wenn sie Humor im Beratungsgespräch mit ihren KlientInnen anwenden würden, möchte man meinen. Will man herausfinden, ob sie das auch tun oder ob das in der Sozialen Arbeit aufgrund ihrer Rahmenbedingungen überhaupt möglich ist, bleiben einem hierzu Antworten eher verwehrt. Sowohl der Humor in der Sozialen Arbeit als auch SozialarbeiterInnen im Umgang mit Humor werden in einschlägiger Fachliteratur mangelhaft abgehandelt. Einige wenige AutorInnen haben sich damit befasst und versucht, die Einsatzmöglichkeiten des Humors in der Sozialen Arbeit zu beschreiben. Deren Einschätzungen gehen zwar dahin, dass humorvolle Interventionen grundsätzlich in der Sozialen Arbeit anwendbar seien, aber die Soziale Arbeit dem Humor wenig abgewinnen könne. Über die Anwendung von Humor aus der Sicht der in der Praxis tätigen SozialarbeiterInnen liegen nur spärliche Ergebnisse vor. Diese Arbeit geht den Fragen nach, welchen Stellenwert SozialarbeiterInnen dem Humor beimessen, wie oft sie ihn in Beratungsgesprächen einsetzen und welche Rolle das jeweilige Handlungsfeld für die Verwendung von Humor spielt. Die Daten zur Beantwortung dieser Fragen wurden mittels einer schriftlichen Befragung, bei der 161 SozialarbeiterInnen aus Wiener Institutionen teilnahmen, erhoben. Darüber hinaus stellte sich die Frage, welche Aspekte bei der Anwendung von Humor im Beratungsgespräch
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der Sozialen Arbeit zu beachten sind. Sechs internationale ExpertInnen nahmen in qualitativen Interviews hierzu Stellung: Herbert Effinger, Frank Farrelly, Peter Hain, Eleonore Höfner, Alfred Kirchmayr und Michael Titze. Die Arbeit ist so aufgebaut, dass sie sich zunächst in einem theoretischen Teil mit dem aktuellen Forschungsstand beschäftigt. Das erste Kapitel beschreibt die Soziale Arbeit, indem ihre Aufgaben und Funktionen dargestellt werden. Weiters wird auf die Beratung und die menschliche Kommunikation eingegangen. Nach der Definition des Humorbegriffes werden verschiedenen Erscheinungsformen dargestellt. Mithilfe von Kenntnissen aus mehreren Disziplinen werden humortheoretische Ansätze vorgestellt, die Funktionen des Humors und die Reaktionen, die er bei Menschen auslösen kann, beschrieben. Es wird darauf eingegangen, welche Rolle die Persönlichkeit und das Geschlecht im Umgang mit Humor spielen. Mithilfe von Theorien und Methoden aus der Psychotherapie werden mehrere Zugänge in der Anwendung von Humor dargestellt, ehe der theoretische Teil mit den bisherigen Erkenntnissen über Humor in der Beratung der Sozialen Arbeit abschließt. Der empirische Teil formuliert Fragestellungen und Hypothesen, die mit quantitativen und qualitativen Forschungsmethoden bearbeitet werden. Am Ende werden deren Ergebnisse präsentiert, interpretiert, und neue Fragestellungen aufgeworfen.
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I
THEORETISCHER TEIL
2
Sozialarbeit
Bevor der Humor Gegenstand einer näheren Betrachtung wird, soll auf den Rahmen, in dem er untersucht wird, eingegangen werden. Die Darstellung konzentriert sich auf die Kompetenzen, Aufgaben und Ziele Sozialer Arbeit sowie auf Ambivalenzen, mit denen sie sich auseinanderzusetzen hat. Gegenwärtige Anforderungen und künftige Entwicklungen werden Thema sein, wobei ein spezieller Fokus auf die Situation in Österreich gerichtet ist. 2.1 Was ist Soziale Arbeit? Zunächst kommt man nicht umhin, auf die Bezeichnung „Soziale Arbeit“ einzugehen. Dieser in Österreich relativ neue Begriff (vgl. Popp 2004) gilt als zusammenfassend für die Berufsbereiche Sozialarbeit und Sozialpädagogik. Es sollen in diesem gemeinsamen Oberbegriff die fürsorgerischen Aspekte der Sozialarbeit und die erzieherischen Aspekte der Sozialpädagogik vereint werden. In Deutschland ist dieser Begriff schon seit den 1970er Jahren geläufig und hat sich weitgehend durchgesetzt (vgl. Thiersch 2004:146). Seine Anwendung bleibt dort aber dennoch bis heute nicht ohne Kritik.2 In Österreich steckt die gegenseitige Annäherung von Sozialarbeit und Sozialpädagogik dagegen noch in den Kinderschuhen. Dies äußert sich vor allem in deren sehr unterschiedlichen Ausbildungsformen, worin derzeit noch „das vorrangig Trennende“ (Haberhauer-Stidl 2004:4) liegen dürfte.3 Für die vorliegende Arbeit sind die Begriffe „Sozialarbeit“ und „Soziale Arbeit“ von Bedeutung. Die Verwendung beider Begriffe soll insofern nicht irreführend sein, als sich die dargestellten Inhalte und Ergebnisse gleichermaßen auf die Sozialarbeit und die Sozialpädagogik übertragen lassen. Will man Soziale Arbeit beschreiben, so werden einem in der Fachliteratur Definitionen geboten, die mehr oder weniger aussagekräftig sind. Die Definition von Staub2
3
Kleve (2000:69) führt aus, man habe sich zwar der begrifflichen Unterscheidung entledigt, aber die Frage nach der Identität dessen, was nun als Einheit von Sozialarbeit und Sozialpädagogik gelten kann bestehe weiterhin. Lüssi (1995:49) bezeichnet den Begriff „Soziale Arbeit“ als „eine Notlösung des leidigen terminologischen Problems um diese beiden Berufsbezeichnungen“. Im Vergleich zur Sozialarbeit gibt es in Österreich kein explizites Fachhochschulstudium der Sozialpädagogik; eine diesbezügliche Ausbildung wird an berufsbildenden höheren Schulen oder Kollegs angeboten (vgl. Wilfing 2005:205). Der Wiener FH-Diplomstudiengang „Sozialarbeit im städtischen Raum“ stellt hier eine Ausnahme dar, indem innerhalb der Ausbildung auch Sozialpädagogik und Freizeitpädagogik verankert sind, ohne dass es hierfür einen gesonderten Ausbildungstitel oder Abschluss gibt (vgl. Haberhauer-Stidl 2004:4).
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Bernasconi (2007:10) bietet einen kompakten Eindruck der Aufgaben Sozialer Arbeit. Dabei bedient sie sich der Definition der International Federation of Social Workers (IFSW), und damit einer von 80 Berufsverbänden getragenen internationalen Definition: „Soziale Arbeit ist eine Profession, die sozialen Wandel, Problemlösungen in menschlichen Beziehungen sowie die Ermächtigung und Befreiung von Menschen fördert, um ihr Wohlbefinden zu verbessern. Indem sie sich auf Theorien menschlichen Verhaltens sowie sozialer Systeme als Erklärungsbasis stützt, interveniert Soziale Arbeit im Schnittpunkt zwischen Individuum und Umwelt/Gesellschaft. Dabei sind die Prinzipien der Menschenrechte und sozialer Gerechtigkeit für die Soziale Arbeit von fundamentaler Bedeutung.“
Erler (2004:14) geht in seiner Definition mehr auf die gesellschaftlichen und sozialpolitischen Aufträge Sozialer Arbeit ein und damit auf einen wichtigen Aspekt, der diese Profession ausmacht: „Soziale Arbeit ist ein sozialwissenschaftliches und praktisch-pädagogisches Instrument moderner Gesellschaften und damit deren sozialpolitisch-administrativen Handlungsapparats. Soziale Arbeit zielt dabei auf spezifische Problem- und Mangellagen von Personen, die weder durch die vorherrschende Art und Weise des Güter-, Arbeits- und Dienstleistungsmarktes ausgeglichen werden, noch von familiären und ähnlichen privaten Formen.“
Eine vereinfachte Definition bietet Lüssi (1995:79), der in der Sozialarbeit „professionelles Lösen sozialer Probleme“ als wesentliche Aufgabe hervorhebt, und es damit auf den kleinsten Nenner bringt. Welcher Methoden sich die Sozialarbeit bedient, welche Funktion sie inne hat und mit welchen Kompetenzen sie ausgestattet ist, soll im Weiteren betrachtet werden. 2.2 Kompetenzen der Sozialen Arbeit Die Soziale Arbeit ist gegenwärtig im Begriff der Etablierung einer eigenständigen Sozialarbeitswissenschaft.4 Die Soziale Arbeit hat schon seit jeher auf diverse Bezugswissenschaften zurückgegriffen, die sie erfolgreich in ihre Lehre eingeflochten hat. Die dadurch entstandene wissensbasierte „Querschnittkompetenz“ (Karlusch 2005:14) kann als Markenzeichen des methodischen Handelns Sozialer Arbeit benannt werden. Pantucek (2007:33) betont, dass Sozialarbeit „nicht nur und nicht in erster Linie“ Pädagogik, angewandte Soziologie, Psychologie oder Psychotherapie plus materieller Hilfe sei. 4
Die Fachliteratur der Sozialen Arbeit bietet ein breites Angebot verschiedener Publikationen zu diesem Thema, die sich u.a. mit den Grundlagen und dem Sinn einer Sozialarbeitswissenschaft auseinandersetzen (vgl. Engelke 2004; Sidler 2004; Bango 2001).
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Denn obwohl sie von allem etwas enthalte, sei ihr ein ganz eigenes Feld eigen (vgl. ebd.). In diesem Bereich kann sie ihre präventiven, intervenierenden und problemlösenden Fähigkeiten ausspielen. Da sich ihre Handlungsfelder quer durch die Gesellschaft erstrecken, ist Soziale Arbeit in das soziale Netz eingeflochten und trägt es mit. 2.3 Funktionen und Aufgaben Die Soziale Arbeit bewegt sich in einem Spannungsverhältnis, welches in der Ambivalenz des „doppelten Mandats“ begründet ist. Diese Bezeichnung beschreibt die beiden Funktionen Sozialer Arbeit. Sie hat einerseits eine Problemlösungsfunktion im einzelnen Problemfall zu erfüllen, andererseits soll sie gleichzeitig ihrer gesellschaftlichen Funktion gerecht werden (vgl. Lüssi 1995:125). Sie hat sozusagen eine Verpflichtung gegenüber ihrer Klientel und gegenüber der Gesellschaft. Aus dieser Verpflichtung heraus resultieren zwei unterschiedliche Arten sozialarbeiterischer Klientschaft. Man spricht dabei von „freiwilligen KlientInnen“ und von „PflichtklientInnen“. Es ist also nicht immer der freie Wille von KlientInnen Sozialer Arbeit, wirklich KlientInnen zu sein (vgl. ebd.:101). Arbeitsbündnisse dieser Art, auch „Zwangskontexte“ genannt, sind gesetzlich geregelt und finden sich beispielsweise in den Bereichen Bewährungshilfe, Jugendwohlfahrt und Psychische Erkrankungen (vgl. Kovar 2007:15). Kovar (ebd.) merkt an, dass die Sozialarbeit Zwang, Macht und Kontrolle seit jeher differenziert betrachte und polarisierend diskutiere. Die Tatsache, dass die Sozialarbeit in vielen Bereichen ohne Zwang und Kontrolle nicht mehr auskomme, bedürfe ihm zufolge allerdings keiner weiteren Diskussion. Lüssi (1995:315) spricht darüber hinaus von einem „faktischen Zwang“, der vor allem im Zusammenhang mit finanzieller oder materieller Unterstützung vorkommt und der KlientInnen angesichts ihrer sozialen Not keine andere Wahl lässt, als sozialarbeiterische Hilfe anzunehmen. Auf personenbezogener Ebene beinhaltet die Funktion Sozialer Arbeit „sowohl die Erschließung von Ressourcen zur Befriedigung von Grundbedürfnissen als auch die Ermöglichung und Förderung von Lernprozessen im Hinblick auf individuelle und kulturelle Orientierungs- und Handlungsmuster, eigenbestimmte Lebensführung wie aktive Teilnahme an möglichst fairen Austausch- und Machtbeziehungen.“ (Staub-Bernasconi 1995:192) Die Erhaltung und Verbesserung der Gesellschaft werden in der allgemeinen gesellschaftlichen Funktion unter Soziale Arbeit subsumiert (vgl. Lüssi 1995:127). Gesellschaftliche Probleme sollen auf individueller Ebene bearbeitet und gelöst werden, zumindest jedoch sollen sie gemanagt und verwaltet werden (vgl. Staub-Bernasconi 1995:192). Am Beispiel Arbeitslosigkeit hieße das, dass „erfolgreiche“ Soziale Arbeit
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mit Individuen im günstigsten Falle ein Beschäftigungsverhältnis zur Folge hätte, um dem gesellschaftlichen Problem der Arbeitslosigkeit entgegenzuwirken. Sind die Rahmenbedingungen dafür nicht gegeben, hat sie die Pflicht, „bestimmte Probleme an die relevanten gesellschaftlichen Akteure wieder zur Bearbeitung zurückzugeben.“ (StaubBernasconi 1995:192f) Ein Gesamtbild über die Funktionen Sozialer Arbeit erlaubt Lüssi. Er unterscheidet die mediatorische (vermittelnde), die kompensatorische (ausgleichende), die protektive (schützende) und die motivatorische (verhaltensbeeinflussende) Funktion. Diese Funktionen sind in der Lösung von Problemen wesentlich. Soziale Arbeit vermittelt zwischen Personen, gleicht Mängel aus, schützt Menschen und bewegt sie zu problemlösendem Verhalten (vgl. Lüssi 1995:120f). 2.4 Ziele Sozialer Arbeit Soziale Arbeit unterstützt die Menschen darin, „ihr persönliches Potential und ihre eigenen Ressourcen für sich und die Gesellschaft zu nützen“ (Kovar 2007:15). Als Ziel Sozialer Arbeit bezeichnet Staub-Bernasconi (1995:99) „einerseits die Erfüllung menschlicher Bedürfnisse und damit bio-physischer, psychischer, sozialer Werte, andererseits den Aufbau oder die Erhaltung menschengerechter Sozialstrukturen dort, wo sie der Sozialen Arbeit zugänglich sind.“ Das Ziel Sozialer Arbeit kann im Optimalfall darin gesehen werden, dass sie selbst überflüssig wird, indem aufgrund eines bearbeiteten und gelösten Problems vonseiten des Individuums und der Gesellschaft an sie kein Auftrag mehr gerichtet ist. 2.5 Methoden der Sozialen Arbeit Die Soziale Arbeit unterscheidet drei klassische Methoden: Die soziale Gruppenarbeit, die soziale Gemeinwesenarbeit und die soziale Einzelhilfe, die auch als Einzelfallhilfe, soziale Fallarbeit oder Casework bekannt ist (vgl. Schwendtke 1995:399). Diese „Dreifaltigkeit“ (Galuske 2007:160) der Methoden gilt für die Soziale Arbeit von heute als unzureichend. Jede dieser Methoden wurde bereits mit einer Vielfalt von Handlungskonzepten erweitert, wie zum Beispiel durch Case-Management, Mediation, sozialarbeiterische/sozialpädagogische Beratung, Erlebnispädagogik, Themenzentrierte Interaktion und die multiperspektivische Fallarbeit, um nur einige zu nennen (vgl. Erler 2004:91). Die sozialarbeiterische Beratung wird dabei für alle SozialarbeiterInnen ein unabdingbares Handlungskonzept darstellen.
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2.6 Sozialarbeit in Österreich In den letzten Jahren war die Sozialarbeit in Österreich vor allem im Bereich der Ausbildung heftig in Bewegung. Nachdem 20015 die 4-jährigen FH-Diplomstudiengänge die 3-jährige Akademie für Sozialarbeit abgelöst hatten, startete im September 2007 der 3-jährige Bachelor-Studiengang an den Fachhochschulen. Mit der Implementierung des Bachelor-Master-Systems, abgesehen von weiteren möglichen Angeboten für MasterStudiengänge, sollte die Ausbildungslandschaft in diesem Bereich etwas zur Ruhe kommen. Diese Reformen bieten natürlich neue Chancen und Möglichkeiten, allerdings verunsichern sie auch viele AkteurInnen Sozialer Arbeit (vgl. Bittner 2007:23). Hinzu kommt, dass schon in naher Zukunft SozialarbeiterInnen mit fünf unterschiedlichen Ausbildungsabschlüssen in der Praxis tätig sein werden. Was das für die sozialen Institutionen und deren Leitungsebenen, aber vor allem für die SozialarbeiterInnen selbst bedeutet, ist kaum abschätzbar. Aus berufssoziologischer Sicht sind Veränderungen für das Selbstbild als Profession und die Positionierung am Arbeitsmarkt zu erwarten (vgl. Lepschy 2007:29). Doch nicht nur im Bereich der Ausbildung steht die Sozialarbeit neuen Anforderungen gegenüber, auch die Rahmenbedingungen in der sozialarbeiterischen Arbeitspraxis sind permanenten gesellschaftlichen und politischen Entwicklungen unterworfen. Der Rückzug des Staates ist nach Fürst (2006:29) „allgegenwärtig“ und sei in sämtlichen Handlungsfeldern der Sozialen Arbeit spürbar. Gleichzeitig wächst der Druck von den AuftraggeberInnen Sozialer Arbeit. Leistungen und Ergebnisse müssen überprüfbar, die Arbeit ökonomisch rechtfertigbar sein (vgl. Kovar 2007:15). Gerade in dieser Zeit, mit jenen verschiedenen und tiefgreifenden Anforderungen an die Soziale Arbeit, würde ein Berufsgesetz den nötigen Halt und die Sicherheit verleihen, die derzeit fehlen. Der Österreichische Berufsverband der SozialarbeiterInnen (OBDS) arbeitet seit 1997 emsig an der Verabschiedung eines Berufsgesetzes, das jedoch auf politischer Ebene bislang ausgebremst wurde (vgl. Haberhauer-Stidl 2007:4). Einen der wichtigsten Punkte des Berufsgesetzesentwurfes stellt jener des Berufsschutzes dar, in dem der Titel geschützt und das Berufsbild beschrieben ist. Dies ist insofern wichtig, um nicht die von Stark (2007:38) formulierte Gefahr real werden zu lassen, „aus gewissen Bereichen wie z.B. der Krankenhaussozialarbeit hinausgedrängt zu werden.“
5
In einigen Bundesländern starteten die Fachhochschulstudiengänge im Jahr 2001, in Wien allerdings erst 2002 (vgl. Wilfing 2005:202).
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In Zukunft werden SozialarbeiterInnen weiteren Anforderungen ausgesetzt sein, die von der Gesellschaft an sie gestellt werden. Neben dem „Wandel der Familie“ werden vor allem mit der hohen Arbeitslosigkeit und der wachsenden Armut6 Problemkonstellationen einhergehen, mit denen sich die Soziale Arbeit auseinandersetzen wird müssen. Erler (2004:29f) sieht aber das Besondere der Sozialen Arbeit gerade darin, dass sie dieser Vielzahl an sozialen Entwicklungen Rechnung zu tragen vermag. 2.7 Zusammenfassung Die Soziale Arbeit ist vielschichtig – in ihren Bezugswissenschaften, in ihren Funktionen und Aufträgen, in ihren Handlungsfeldern und Methoden. Sie strebt innerhalb ihrer Profession einen laufenden Entwicklungsprozess an, der nicht zuletzt durch äußere Veränderungen vorangetrieben wird. Nicht immer finden SozialarbeiterInnen Rahmenbedingungen vor, die für eine professionelle Arbeit als optimal anzusehen sind. Sowohl strukturelle Veränderungen im Bereich der Ausbildung, also auch gesellschaftliche und sozialpolitische Herausforderungen stellen an SozialarbeiterInnen die Anforderung, sich rasch darauf einzustellen, sich anzupassen und weiterhin die geforderte Leistung abzurufen. Im Hinblick auf die Untersuchung des Humors im Beratungsgespräch der Sozialen Arbeit werden diese Umstände zu berücksichtigen sein. Auf die Rolle, die der Humor innerhalb dieser Rahmenbedingungen einnimmt und einnehmen kann, wird in den nächsten Kapiteln eingegangen. 2.8 Exkurs - Sozialarbeit und Psychotherapie Im weiteren Verlauf dieser Arbeit wird mehrmals auf Kenntnisse zurückgegriffen, die dem Feld der Psychotherapie entsprungen sind. Nun ist die Bandbreite von spezifischer sozialarbeiterischer Fachliteratur zum Thema Humor äußerst schmal und kaum ausreichend, sodass ein Zugriff auf andere Wissenschaftszweige unvermeidlich ist. Die Psychotherapie stellt in diesem Zusammenhang eine wesentliche Berufsgruppe in der Anwendung von Humor dar, die sich diesem Thema zwar nicht erschöpfend, aber immerhin ausreichend angenommen hat. Ich halte es an dieser Stelle für wichtig, die Übertragbarkeit von Erkenntnissen aus der Psychotherapie in die Theorie der Sozialen Arbeit kurz darzustellen. Zuerst muss deutlich hervorgehoben werden, dass SozialarbeiterInnen nicht befähigt sind, Psychotherapie durchzuführen (außer sie haben eine dementsprechende Ausbildung), auch wenn man sich neuerdings mit dem Interaktionsmedium der psycho-
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Knapp (2004:79) beschreibt die verschiedenen Facetten der Armut in Österreich. Er spricht von einer „neuen“ Armut, die bis in die Mittelschicht der österreichischen Gesellschaft hineinreicht und in veränderten politischen und gesellschaftlichen Rahmenbedingungen begründet ist.
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sozialen Therapie ihrer annähert.7 PsychotherapeutInnen sind sowohl therapeutisch als auch beratend tätig, wobei aufgrund der fließenden Übergänge die Bestimmung, ob es sich nun um Psychotherapie oder Beratung handelt, nicht immer einfach ist (vgl. Stumm 1996:35). Im Unterschied zur Psychotherapie ist Beratung dadurch gekennzeichnet, dass „beim Klienten keine psychische Störung bzw. Erkrankung vorliegt oder die Beratung nicht auf die Behandlung krankheitswertiger Leidenszustände ausgerichtet ist.“ (Stumm 1996:35) Krefting (2004:264) zufolge meint Psychotherapie „ganz allgemein die Behandlung psychischer und damit verbundener körperlicher Störungen mit Mitteln, die auf das Psychische einwirken, vor allem Wort und Sprache.“ Da auch die Soziale Arbeit in ihrer Beratung verbale und nonverbale Interaktionsmedien anwendet, und sich ähnlicher theoretischer und wissenschaftlicher Grundlagen bedient, habe ich keine Bedenken oder Zweifel, psychotherapeutisches Wissen in diese Arbeit einfließen zu lassen. Mithilfe von Carl Rogers (2001:17) möchte ich meine Annahme unterstreichen, der behauptete, dass „intensive und erfolgreiche Beratung von intensiver und erfolgreicher Psychotherapie nicht zu unterscheiden ist.“
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Mit der psycho-sozialen Therapie steht der Sozialen Arbeit ein spezifisches Interaktionsmedium zur Verfügung, das vor allem in der Klinischen Sozialarbeit zur Anwendung kommt. „Zentral sind Verhaltensstörungen, zu deren Veränderung Psychotherapie noch nicht angemessen erscheint, Beratung alleine aber als nicht mehr ausreichend gesehen wird“ (Stimmer 2006:111f).
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Das Beratungsgespräch
Das Beratungsgespräch hat einen wichtigen und hohen Stellenwert innerhalb der Sozialen Arbeit8 und stellt in der Ausstattung methodischer Handlungskonzepte für SozialarbeiterInnen ein unerlässliches Werkzeug dar. Um einem professionellen Beratungsgespräch Rechnung zu tragen, bedarf es fundierter Kenntnisse in der Gesprächsführung und in der menschlichen Kommunikation. In diesem Kapitel werden die Anforderungen, die hierbei an SozialarbeiterInnen gestellt werden, veranschaulicht. 3.1 Beratung in der Sozialen Arbeit Wenn ein Mensch Probleme wahrnimmt, gibt es nach Reichel (2005:17) drei Handlungsmöglichkeiten. Entweder er wird selbst damit fertig, er nimmt sein soziales Netz in Anspruch9 oder er sucht geeignete professionelle Hilfe auf und lässt sich von ihr beraten. Die dritte Möglichkeit, die professionelle Beratung, wird den Untersuchungsgegenstand dieses Kapitels darstellen. 3.1.1 Definition Schwendtke (1995:66) beschreibt Beratung als einen Kommunikationsvorgang zwischen BeraterInnen und KlientInnen, in dem die BeraterInnen bestrebt sind, die Probleme der KlientInnen zu verstehen und ihnen Anregungen und Hilfen zur Selbsthilfe zu vermitteln. „Die Beratung schließt Diagnose, Beschaffung von Informationen, Gesprächsführung zur Sicherung des Verständnisses, Ermutigung und Ratschlag ein.“ (ebd.) Sickendieck/Engel/Nestmann (2002:14) heben in ihrer Definition die Anregung zur eigenständigen Problembewältigung hervor. Ihnen zufolge zielt Beratung „auf die Förderung und (Wieder-)Herstellung der Bewältigungskompetenzen der KlientInnen selbst und ihrer sozialen Umwelt, ohne ihnen die eigentliche Problemlösung abnehmen zu wollen.“
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Eine im Großraum Wien durchgeführte Studie brachte hervor, dass die 286 befragten SozialarbeiterInnen die Gesprächsführung als am häufigsten angewandte Technik angaben, gefolgt von Beratung und Casework (vgl. Mayrhofer/Raab-Steiner 2007:154f). Ebenso bezeichnet Lüssi (1995:393) die Beratung als „sozusagen allgegenwärtig“ in der Praxis der Sozialarbeit. Die Inanspruchnahme des sozialen Netzes ist auch unter dem Begriff „Alltagsberatung“ (vgl. Bachmaier et al. 1999:18-20) bekannt. Sie beschreibt eine nicht-professionelle Beratungsform, die hauptsächlich im Familien-, Freundes- und Bekanntenkreis zur Anwendung kommt.
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3.1.2 Der Inhalt sozialarbeiterischer Beratung Die Themen und Inhalte der sozialarbeiterischen Beratung können so unterschiedlich sein, wie es die Handlungsfelder und ihre Arbeitsaufträge selbst sind. „Kennzeichnend für die sozialarbeiterische Beratung ist, dass sie sich auf soziale Sachverhalte, also auf soziale Bedürfnisobjekte bezieht und nicht, wie es im therapeutischen Raum zutrifft, auf die Persönlichkeit an-sich.“ (Lüssi 1995:394) Die Beratungsangebote sollen „die Vermittlung neuen Wissens und/oder die Wiederbelebung alten Wissens bzw. die Förderung neuer Handlungskompetenzen und/oder die Wiederbelebung alter Handlungskompetenzen“ sowie „Sacharbeit“ und „Beziehungsarbeit“ zugleich ermöglichen (Stimmer 2006:101). Die Beratung wird schwerpunktmäßig auf die Förderung der psycho-sozialen Kompetenz oder die Information gerichtet. Dabei steht die Verknüpfung dieser beiden Aspekte im Vordergrund. Diese können in den verschiedenen Phasen des Beratungsprozesses unterschiedlich gewichtet sein. So wird zum Beispiel bei einem Mangel an materieller Grundsicherung zuerst an der Behebung dieses Mangels gearbeitet werden, wobei die psycho-soziale Unterstützung – vorerst – etwas ins Hintertreffen gerät, ohne jedoch vernachlässigt zu werden. Später wird sich dieses Verhältnis umdrehen und im weiteren Beratungsverlauf, je nach Bedarf, veränderbar sein (vgl. ebd.). 3.1.3 Ziele der Beratung Bei den KlientInnen sollen die Bewältigungskompetenzen, die Entscheidungsfähigkeit, die Selbsthilfebereitschaft, die Selbststeuerung und die Handlungskompetenzen verbessert werden (vgl. Rauchfleisch 2001 zit. n. Rauchfleisch 2006:163). Die Betroffenen werden angeregt, aktiv am Veränderungs- und Lösungsprozess teilzunehmen, um das Ziel jeder Beratung zu erreichen: die Veränderung der problematischen Situation (vgl. Blöchlinger/Käser 2006:334). Lüssi (1995:394) sieht das Ziel der Beratung darin, „Klarheit zu schaffen darüber, worin das Problem besteht, und den Klienten zu befähigen, sich so zu verhalten, dass es gelöst wird.“ 3.1.4 Das Setting Die Beratung in der Sozialen Arbeit unterscheidet sich schon aufgrund der Bandbreite möglicher Settings, die es in anderen beratenden Berufsgruppen in dieser Vielfalt womöglich nicht gibt. Denkt man im Zusammenhang mit Beratung an ein gemütliches Zimmer, eine schön eingerichtete Praxis oder an ein angenehmes Büro, so kann man in der Sozialen Arbeit davon grundsätzlich nicht ausgehen. In diversen Institutionen kann einerseits aufgrund räumlicher oder finanzieller Engpässe ein derartiges Setting unmög-
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lich hergestellt werden,10 andererseits erfordern die Rahmenbedingungen der verschiedenen Handlungsfelder, das Beratungsgespräch auch außerhalb eines für solche Zwecke eingerichteten Raumes durchzuführen. Je nach Handlungsfeld oder Problem der AdressatInnen Sozialer Arbeit kann ein Beratungsgespräch an vielerlei Orten stattfinden. Zum Beispiel im Freien, etwa in einem Park oder anderen öffentlichen Plätzen oder am Wohnort der KlientInnen. Um in diesen Settings professionell arbeiten zu können, wird SozialarbeiterInnen ein hohes Maß an Flexibilität abverlangt. 3.2 Ablauf einer Beratung Zu Beginn einer Beratung treffen BeraterIn und KlientIn, die sich (normalerweise) nicht kennen, aufeinander. Dabei ist nicht von vornherein zu erwarten, dass zwischen den beiden Menschen etwas Hilfreiches und Gemeinsames entsteht. Es ist die Aufgabe beider, eine Situation herzustellen, in der menschliche Nähe und wechselseitiges Verstehen möglich sind (vgl. Junker 1973:24f). 3.2.1 Die Haltung der BeraterInnen Damit BeraterInnen mit KlientInnen eine Beziehung aufbauen und gemeinsam am Problem arbeiten können, bedarf es bestimmter Einstellungen seitens der BeraterInnen. Sie wurden von Rogers (2001b) definiert, und werden auch im Beratungswesen der Sozialen Arbeit als wichtige Grundlage verstanden (vgl. Dvorak 2005:231). Kongruenz oder Echtheit BeraterInnen sind sie selbst, sie verstecken sich nicht hinter einer Fassade. Sie sind sich ihrer eigenen Empfindungen bewusst und vermögen diese auch KlientInnen mitzuteilen, wenn es angemessen ist. Akzeptanz BeraterInnen bringen KlientInnen tiefe und echte Zuneigung entgegen und äußern diese auch. Empathie Damit ist das einfühlende Verstehen gemeint. BeraterInnen sind damit sozusagen in der Welt der KlientInnen zu Hause, sie tauchen in die Welt komplexer Sinngehalte ein, die KlientInnen ausdrücken (vgl. Rogers 2001b:23-32).
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Der Soziologe Konrad Hofer hat die Arbeitsbedingungen von SozialarbeiterInnen in Wien analysiert, und ist bei seinen Beobachtungen zu dem Schluss gekommen, dass Beratungsgespräche in vielen Einrichtungen nicht ungestört durchgeführt werden können (vgl. Hofer 2002:220).
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Es wird angenommen, dass die Reihenfolge dieser drei Bedingungen zugleich den Grad ihrer Wichtigkeit anzeigt. Dabei wird die Kongruenz als grundlegendste Bedingung benannt, während im Gegensatz dazu die beiden anderen zwar als wichtig, „aber vermutlich nicht ganz so ausschlaggebend“ (ebd.:23) erscheinen. Sind diese Bedingungen erfüllt, so kann ein „therapeutischer Wandlungsprozess“ (ebd.:32) in Gang gesetzt werden. 3.2.2 Der Beratungsprozess Nun begeben sich BeraterInnen und KlientInnen in einen Problemlösungsprozess, der sich nach Goldfried/D´Zurilla (1971 zit. n. Weinberger 2004:109-113) in fünf Phasen gliedern lässt und die von Weinberger (ebd.) folgendermaßen beschrieben werden: Allgemeine Orientierung Es wird das Problem erfragt. KlientInnen werden nach ihren Ressourcen gefragt und was sie schon alles unternommen haben, um zu einer Lösung des Problems zu kommen. Problemformulierung und Definition Einzelne Elemente des Problems werden identifiziert, das Selbstbild der KlientInnen und dessen Bewertung wird analysiert, Ziele und Teilziele werden definiert. Entwicklung von Alternativen Zur Lösung des Problems werden alternative Vorgehensweisen entwickelt, die von KlientInnen und BeraterInnen gemeinsam konkretisiert werden. Entscheidung Die KlientInnen werden angeregt, sich mit den Konsequenzen der jeweiligen Alternativen auseinander zu setzen und anhand bestimmter Kriterien abzuwägen. Verifikation Werden die Maßnahmen realisiert, gilt es abzuklären, inwieweit die angestrebten Ziele erreicht worden sind bzw. aus welchen Gründen sie nicht erreicht werden konnten. Man muss davon ausgehen, dass der ursprünglich festgesetzte Lösungsweg mehrmals modifiziert werden muss. Zusätzliche Schritte zu einer Lösung des Problems können gegebenenfalls erarbeitet werden, aber auch längerfristige therapeutische Maßnahmen als erforderlich erachtet werden. Die Problemlösung läuft in der Praxis zwar nicht unbedingt in der aufgezeigten schematischen Form ab, jedoch sind die einzelnen Elemente Bestandteile eines jeden Lösungs-
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prozesses. Den einzelnen Stufen kommt dabei je nach Art und Umfang des Problems eine unterschiedliche Gewichtung zu (vgl. Weinberger 2004:113). Die Erzählungen der KlientInnen sind „die Grundlage der gemeinsamen Wirklichkeitskonstruktion und damit die Voraussetzung für ein auf das gesamte Modell abgestimmtes Handeln“ (Steinebach 2006:54). Dabei besteht nach McLeod (2004:303) einer der faszinierendsten Aspekte des Beratungsprozesses darin, dass sich sowohl BeraterInnen als auch KlientInnen gegenseitig Informationen vorenthalten. Die Aufmerksamkeit auf das zu lenken, was nicht gesagt wird, sieht er als eine der produktivsten Strategien in der Beratung. 3.3 Kommunikation Die Kommunikation zwischen BeraterInnen und KlientInnen gilt als wesentliches Kriterium jedes Veränderungsprozesses. Dabei trägt die Qualität des Kommunikationsflusses entscheidend zum Gelingen des Hilfeprozesses bei (vgl. Hoffmann/Gerbis 1981:61). Wenn hier von Qualität gesprochen wird, muss man sich zuerst anschauen, was die menschliche Kommunikation beinhaltet und wie sie abläuft. Zunächst lässt sie sich in verbale, paraverbale und nonverbale Kommunikation unterteilen (vgl. Flammer 2001:27-28). 3.3.1 Verbale Kommunikation Die verbale Kommunikation besteht darin, „was jemand in (gesprochener oder geschriebener) Sprache explizit ausdrückt“ (Flammer 2001:27). Dabei befinden sich die Teilnehmer einer sprachlichen Kommunikation entweder in der Rolle des Senders oder des Empfängers (vgl. Herrmann 2005:18). Dem Empfänger obliegt es nun, die Nachricht des Senders zu entschlüsseln (vgl. Schulz von Thun 2001:25). Diese Nachricht wird allerdings nicht nur nach dem Inhalt entschlüsselt, sondern auch danach, was sie über die Beziehung der GesprächspartnerInnen aussagt. So stellten Watzlawick/Beavin/Jackson (2003:53) fest, dass in jeder Kommunikation ein Inhaltsund ein Beziehungsaspekt vorzufinden ist. Schulz von Thun (2001:13f) hat dieses „Axiom“11 auf vier Aspekte erweitert12. Er schreibt jeder Nachricht vier Seiten zu: 11
Watzlawick/Beavin/Jackson (2003:50-70) unterscheiden 5 Axiome: 1. Man kann nicht nicht kommunizieren. 2. Jede Kommunikation hat einen Inhalts- und einen Beziehungsaspekt, derart, dass letzterer den ersteren bestimmt und daher eine Metakommunikation ist. 3. Die Natur einer Beziehung ist durch die Interpunktion der Kommunikationsabläufe seitens der Partner bedingt. 4. Menschliche Kommunikation bedient sich digitaler und analoger Modalitäten. Digitale Kommunikationen haben eine komplexe und vielseitige logische Syntax, aber eine auf dem Gebiet der Beziehungen unzulängliche Semantik. Analoge Kommunikationen dagegen besitzen dieses semantische Potential, ermangeln aber die für eindeutige Kommunikationen erforderliche logische Syntax. 5. Zwischenmenschliche Kommunikationsabläufe sind entweder symmetrisch oder komplementär, je nachdem, ob die Beziehung zwischen den Partnern auf Gleichheit oder Unterschiedlichkeit beruht.
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Sachinhalt (Worüber ich informiere), Selbstoffenbarung (Was ich von mir selbst kundgebe), Beziehung (Was ich von dir halte und wie wir zueinander stehen), Appell (Wozu ich dich veranlassen möchte) (vgl. ebd.:26-30). Diese vier Seiten sind allerdings nicht nur im Senden, sondern auch im Empfangen von Nachrichten relevant. Es ist hier vom „vierohrigen Empfänger“ (ebd.:45) die Rede, dem es möglich sein soll, Botschaften jeder Seite zu empfangen. Je nachdem welches „Ohr“ gerade vorrangig auf Empfang geschalten ist, können Gespräche einen sehr unterschiedlichen Verlauf nehmen. „Die ausgewogene «Vierohrigkeit» sollte zur kommunikationspsychologischen Grundausrüstung des Empfängers gehören“, betont Schulz von Thun (2001:46). 3.3.2 Paraverbale Kommunikation Paraverbale Botschaften bestehen zwar nicht aus Worten, werden aber dennoch sprechend ausgedrückt. Die paraverbale Kommunikation setzt sich aus sprachbegleitenden Merkmalen zusammen, wie zum Beispiel Tonhöhe, Sprachmelodie, Lachen, Betonung, Lautstärke, Pausen oder Tempo (vgl. Watzlawick/Beavin/Jackson 2003; Flammer 2001; Nußbeck 2006). Später, in Kapitel 7.3, beschäftigen wir uns noch eingehender mit dem Lachen und dem Lächeln. 3.3.3 Nonverbale Kommunikation Diese Form der Kommunikation kommt ohne das gesprochene Wort aus, funktioniert also nonverbal. Argyle (2002:62) bezeichnet nonverbale Signale als „körperliche Bewegungen, die als rein physische Vorgänge analysiert werden können.“ Als Beispiele können hier u.a. Handbewegungen, Körperhaltung, Gesichtsausdruck, Berührung oder Blickrichtung genannt werden.13 Die Signale des Körpers sind Untersuchungen von Mehrabian (1980 zit. n. Nußbeck 2006:42) zufolge die ausdruckstärksten Kommunikationsmittel. Er stellte fest, dass lediglich 7% der emotionalen Bedeutung einer Botschaft verbal vermittelt werden, etwa 38% aus paraverbalen Inhalten bestehen, aber mehr als 55% mithilfe nonverbaler Signale gesendet werden. Über die verbale Kommunikation hinausblickend, bringen Watzlawick/Beavin/ Jackson (2003:51) die paraverbale und nonverbale Kommunikation als „Verhalten“ auf einen Nenner und stellen fest: „Man kann sich nicht nicht verhalten.“ Es ist also dem 12
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Diese Erweiterung bezieht sich allerdings eher auf eine breitere und genauere Definition des angeführten Axioms. Schulz von Thun (2001:30) erklärt, dass sein „Sachinhalt“ dem „Inhaltsaspekt“ Watzlawicks/Beavins/Jacksons entspreche, deren „Beziehungsaspekt“ im Grunde Schulz von Thuns „Selbstoffenbarung“, „Beziehung“ und „Appell“ umfasse. Zu diesem Thema sind die Bücher des Pantomimen Samy Molcho (1998; 2001) zu empfehlen, die sich dem Thema vielleicht nicht auf ausschließlich wissenschaftliche Weise nähern, aber mit Bildern und klaren Beschreibungen auch für SozialarbeiterInnen nicht unwesentliche Erkenntnisse bringen.
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Menschen unmöglich, auch nicht im Schweigen oder im regungslosen Verharren, keine Informationen auszusenden. Es handelt sich hierbei um „die Unmöglichkeit, nicht zu kommunizieren“ (ebd.50). 3.4 Gesprächstechniken und Interventionen BeraterInnen bedienen sich diverser Hilfsmittel, um den Beratungsprozess vorwärts zu bringen, zu fördern und zu gestalten (vgl. Bürgi 2004:237). Hierbei steht eine breite Palette von Möglichkeiten zur Verfügung, die einerseits als grundlegende Werkzeuge in der Beratungsarbeit gelten, anderseits sind aus den diversen psychotherapeutischen Fachrichtungen sehr spezielle Techniken entsprungen. Fragen sind ein wesentlicher Bestandteil von Beratungsgesprächen. Dabei richtet sich eine Partei an eine andere, was üblicherweise in verbaler Form geschieht, aber auch nonverbal ausgeführt werden kann (vgl. Bodenheimer 2004:20). Aus der systemischen Kurzzeittherapie kommt beispielsweise die Frage nach Ausnahmen, also wann das Problem nicht auftritt, um der Neigung der KlientInnen entgegenzuwirken, das Problem als „ständig auftretend“ einzuordnen (vgl. De Shazer 2002:23). Mithilfe von wer-, was-, wann-, wo-, und wie-Fragen können Einzelheiten erfragt und von KlientInnen beschrieben werden. Warum-Fragen werden im lösungsorientierten Vorgehen Berg (2003:51) zufolge ausgespart, da sie KlientInnen den Fokus auf Ursachen anstatt auf Lösungen richten lassen. Die Vielfalt an verschiedenen Techniken, Methoden und Interventionen, aus denen SozialarbeiterInnen auswählen können, kann hier nur grob umrissen werden. Zu betonen ist, dass es keinesfalls darum geht, Menschen dazu zu drängen, was sie nicht wollen, vielmehr geht es um „ein Verständnis von Kommunikation, das Veränderung auf eine natürliche Weise hervorruft und fördert.“ (Miller/Rollnick 2004:48) 3.5 Zusammenfassung In der Ausübung von Beratung werden also an SozialarbeiterInnen hohe Anforderungen gestellt. Nicht nur die Rahmenbedingungen erfordern flexible Denk- und Handlungsfähigkeiten in der Beratung Sozialer Arbeit, sondern auch die unterschiedlichen Problemlagen und Hintergründe der AdressatInnen sind dabei wesentlich. SozialarbeiterInnen haben mit Menschen verschiedenen Alters zu tun, die wiederum aus unterschiedlichen sozialen Schichten entstammen und durch kulturelle und religiöse Vielfalt geprägt sein können. SozialarbeiterInnen verstehen sich hierbei in gewisser Weise als DolmetscherInnen zwischen Lebenswelt und System (vgl. Effinger 2003:18). Die kommunikative Handlungskompetenz nimmt in der Sozialen Arbeit eine wichtige Stellung ein. Sie kann
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als „Fähigkeit zum Verständnis unterschiedlichster Lebenslagen, Lebenswelten und Funktionslogiken in unterschiedlichsten sozialen Systemen“ (ebd.) bezeichnet werden.
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Humor – Eine Annäherung an ein Phänomen
Humor14 ist ein alltägliches Phänomen, welches einem in unterschiedlichsten Formen und bei verschiedensten Gelegenheiten unterkommt. Humor zeichnet sich durch verschiedene Funktionen, Wirkungen und Erscheinungsformen aus, die Menschen fröhlich stimmen, aber mitunter auch verletzend sein können. Er macht es den VerfasserInnen einschlägiger Literatur schwer, ihn eindeutig zu definieren.15 Dabei ist nicht zuletzt aufgrund der Vielfalt des Auftretens von Humor eine begriffliche Eingrenzung desselben unumgänglich. Der Humor steht in dieser Arbeit unter der speziellen Beobachtung auf seine Anwendungsmöglichkeiten im Beratungsgespräch der Sozialen Arbeit. Welche Art von Humor sich in diesem Bereich als förderlich und hilfreich herausstellt, wird in diesem Kapitel erläutert, genauso wie die Haltung, aus der er angewendet wird. 4.1 Darstellung der Definitionslandschaft Die etymologische Bedeutung des Begriffes „Humor“16 ist bereits in einigen Schriften (vgl. u.a. Titze/Eschenröder 2003; Bernhardt 1985; Kirchmayr 2006; Robinson 2002) ausreichend abgehandelt worden, sodass ich hier nicht mehr näher darauf eingehen möchte, sondern mich vielmehr auf Definitionen von ExpertInnen in der Humoranwendung beziehe. Ich halte es dabei für sinnvoll, Definitionen anzuführen, die in diesem Buch als Grundlage für ein Verständnis von Humor gelten können. Humor zu haben bedeutet nach Effinger (2006:48) „zurücktreten zu können“, wobei hier keineswegs der verbale „Tritt“ gemeint ist, den man auf humorvoll-aggressive Weise an ein Gegenüber richtet, sondern „vielmehr sich von etwas Lähmendem und Beklemmendem distanzieren zu können.“ Görg (1994:57) zufolge ist mit dem Begriff des
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In Wien existiert die mittlerweile seltene, gleichbedeutende Bezeichnung „Hamur“. Wehle (1980:159) führt aus, dass das Wort fast nur noch ironisch angewendet wird. „Du hast aber einen Hamur!“ würde bedeuten „Du drückst dich aber makaber aus!“ Mir selbst ist der Ausdruck „Hamur“ ebenso gleichbedeutend mit „Humor“ bekannt, allerdings im Zusammenhang mit Mut bzw. Lebensmut. „Der hat einen Hamur“ heißt demnach soviel wie „Der traut sich etwas“, er begegnet einer Sache optimistisch und hoffnungsvoll. Für Robinson (2002:9) ist Humor ein schwer zu fassendes Konzept, „für das eine genaue Definition vielleicht gar nicht möglich ist.“ Titze/Eschenröder (2003:12) wiederum sehen es als „problematisch, das Wort Humor als Oberbegriff für komische Phänomene und als Bezeichnung für ein besonderes Phänomen aus diesem Bereich, die heiter-gelassene Einstellung angesichts widriger Umstände zu verwenden.“ Eine weitere Schwierigkeit besteht in der Anzahl verschiedener Bedeutungen, die ein weites Spektrum umfassen (vgl. Moody 1979:18). Humor lateinischen Ursprungs bedeutet „Feuchtigkeit“ oder „Flüssigkeit“ und bezieht sich auf vier Körpersäfte, deren ausgeglichenes Verhältnis als „guter Humor“ bezeichnet wird (vgl. Titze/Eschenröder 2003:11f).
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Humors „eine menschliche Haltung gemeint, ein Ethos, eine Weltsicht, die in allem Wirklichen, auch wenn es unbedeutend und widrig ist, das Bedeutsame oder doch Liebenswerte erkennt.“ Robinson (2002:10) bezeichnet jede Situation als Humor, „die von den Beteiligten als komisch wahrgenommen wird und dazu führt, daß diese lachen oder lächeln und Belustigung empfinden.“ Weiters verwendet sie den Begriff „Humor“ im Sinne eines generellen Konzepts, das in einem dreiphasigen Prozess aus kognitiver Kommunikation, emotionaler Reaktion, die sich in Belustigung und Freude äußert, und physischer Reaktion, im Lachen oder Lächeln, abfolgt (vgl. ebd.). Höfner/Schachtner (1995:27) heben den positiven Blickwinkel heraus, den uns Humor verleihen kann. Er befähigt uns, „das Absurde an einer Sachlage zu erkennen und sich davon nicht unterkriegen zu lassen, sondern darüber zu lachen.“ Dem Humor muss nicht zwangsläufig ein Lachen folgen, aber häufig ist es ein Ausdruck desselben, was dazu führt, dass der Humor eher als harmlose und oberflächliche Ausdrucksweise eingeordnet wird (vgl. Zijderveld 1976:21). Später werden wir noch feststellen, dass diese Einordnung zu Unrecht besteht. Der Humor hat also die Eigenschaft, sich nicht unterkriegen zu lassen, er verträgt sich nicht mit dem Gefühl von Hoffnungslosigkeit und Hilflosigkeit, meinen Höfner/Schachtner (2004:56). „Der Humor ist nicht resigniert, er ist trotzig“ (Freud 1927/2004b:255) und er beruht „auf einer geringeren Empfindlichkeit gegenüber dem kleinen menschlichen Missgeschick“ (Kraeplin 2001:77). Humor äußert sich nach Kirchmayr (2006:31) in einer seelischen Grundhaltung heiterer Gelassenheit, die den Menschen die Gegebenheiten des Lebens von einer höheren Warte aus betrachten lassen. „Echter Humor“ wird von Wohlwollen und Sympathie genährt und entsteht aus einer Mischung von warmer Anteilnahme und heiterer Distanz (vgl. ebd.). In ihm sind vor allem die Weisheit des reifen Menschen und die Torheit des Kindlichen in seltsamer Harmonie vereint (vgl. ebd.:185). Humor hat etwas Anarchisches an sich, er ist darauf aus, die uns durch Sprache und Institutionen auferlegten Beschränkungen zu überschreiten. Damit schafft er eine Art Chaos, verlegt Grenzlinien, formuliert vorgegebene Definitionen neu und erfreut sich an einem kurzen, doch oft intensiven Überlegenheitsgefühl (vgl. Zijderveld 1976:24). Freud (1927/2004b:254) führt aus, der Humor habe nicht nur etwas Befreiendes, sondern auch etwas Großartiges und Erhebendes. Das Großartige liege „in der siegreich behaupteten Unverletzlichkeit des Ichs“, welches sich von den Veranlassungen der Realität nicht kränken lasse. Das Ich zeigt dabei, dass ihm die Traumen der Außenwelt nicht nahe gehen können, es zeigt sogar, dass „sie ihm nur Anlässe zu Lustgewinn sind“ (ebd). Ein für den Humor durchaus wesentlicher Zug, wie Freud meint. „Mit seiner
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Abwehr der Leidensmöglichkeit nimmt er einen Platz ein in der großen Reihe jener Methoden, die das menschliche Seelenleben ausgebildet hat, um sich dem Zwang des Leidens zu entziehen“ (ebd. 255). „Das Wesen des Humors besteht darin, daß man sich die Affekte erspart, zu denen die Situation Anlaß gäbe, und sich mit einem Scherz über die Möglichkeit solcher Gefühlsäußerungen hinaussetzt.“ (ebd. 254) 4.2 Verwandte des Humors Im Zusammenhang mit Humor sind einige Begriffe geläufig, die mehr oder weniger mit Humor in Verbindung gebracht werden können. Die folgenden Erläuterungen sollen die Unterschiede, als auch die darin verborgenen Qualitäten des Humors herausheben. 4.2.1 Komik Während der Humor eine Haltung, eine Lebenseinstellung darstellt, gilt das Komische als eine Form von Inszenierung, von Konstruktion, als ein Ausdruck intellektueller Raffinements (vgl. Bachmaier 2007:10). Das Komische wird in der Regel „an Personen gefunden, und zwar in deren Bewegungen, Formen, Handlungen und Charakterzügen, wahrscheinlich ursprünglich nur an den körperlichen, später auch an den seelischen Eigenschaften derselben, beziehungsweise an deren Äußerungen“ (Freud 1905/2004a:201). In weiterer Übertragung können auch Objekte, Situationen und dergleichen komisch wirken (vgl. ebd.:193). Titze (2003:45) fasst Freuds Erkenntnisse über die Komik folgendermaßen zusammen: „Als komisch wird nach Freud nur dann etwas empfunden, wenn der Betrachter selbst eine Vorstellung von dem hat, was in einer bestimmten Situation angemessen ist. Wird diese Vorstellung nicht erfüllt, weil zum Beispiel ein Mitmensch zu wenig oder zuviel Aufwand betreibt, kommt es zu einem Kontrasterlebnis.“ Es tritt also nicht das von uns gespannt Erwartete und Vernünftige ein, sondern eine zumeist als humoristisch empfundene Lösung, welche die so aufgebaute Spannung wieder reduziert und das ursprüngliche Gleichgewicht wiederherstellt (vgl. Fischer 2001:7f). Komisch kann dabei nur etwas sein, das offensichtlich ist. Denn eine Situation, die durch unsere Sinne nicht erfassbar ist und unser Geist nur mit Mühe erkennen kann, wirkt nicht komisch (vgl. Hirsch 1963:12). 4.2.2 Der Witz Während die Komik „gefunden“ wird, wird der Witz „gemacht“, stellt Freud (1905/2004a:193) fest. Er ist eine Fähigkeit des Verstandes, der auf die Ausbildung der Kombinationsgabe beruht (vgl. Kraeplin 2001:77). Freud beschreibt in seinem Buch „Der Witz und seine Beziehungen zum Unbewussten“ (1905/2004a) die Technik, die Tendenzen und Motive des Witzes sehr ausführlich, die wiederum mehrfach in ver-
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schiedenen Schriften zusammengefasst, interpretiert und ausgebaut wurden (vgl. u.a. Grotjahn 1974; Strotzka 1982; Frings 1996; Kirchmayr 2006). Eine ausführliche Darstellung Freuds Erkenntnisse über den Witz würden in dieser Arbeit zu weit vom eigentlichen Thema wegführen. Jedoch findet Plessner eine knappe und gelungene Darstellung als Essenz von Freuds Arbeit. „So lässt sich – meint Freud – […] die Lust am Witz auf Erleichterung eines bestehenden Zwanges oder eines noch zu leistenden Kraftaufwandes zurückführen. Diese Erleichterung tritt aber erst ein, wenn durch die Beseitigung der Hemmung freigewordene Kraft im Lachen sich Bahn bricht. […]. Deshalb entfaltet der Witz seine befreiende Wirkung nur in der Mitteilung.“ (Plessner 1961:141)
Die Ersparung der psychischen Energie, die zur Erhaltung der Hemmschwelle erforderlich ist, führt zu einem Lustgewinn, da die sexuellen oder aggressiven Wünsche wenigstens imaginär ausgelebt werden können (vgl. Bachmaier 2007:16). Bernhardt (1985:19) weist auf die beiden Bedeutungen des Wortes „Witz“ im Deutschen hin. Witz ist als belustigend pointierte Anekdote einerseits eine spezifische Form des Komischen, andererseits bedeutet Witz auch Geist – also das Talent zum geistreich-witzigen Formulieren und zur geistreichen Schlagfertigkeit. Der Witz vermindert die Gefahr geistiger und affektiver Erstarrung und eröffnet neue Perspektiven. „Wer Witze macht und wer Witz hat, relativiert, was ohne Alternative als ausweglos erscheint“ (Effinger 2006:48). Er ist außerdem in der Lage, den Ernst einer prekären Lebenslage zu relativieren (vgl. ebd.:52). Der Witz ist in seinen Grundzügen anarchisch und kümmert sich nicht um Konventionen. Dies entnimmt man auch Critchley (2004:103), der Witze als Formen der Abstraktion bezeichnet, „die unsere üblichen Reaktionsweisen, ob sie nun auf Wahrheit oder auf die Moral bezogen sind, zeitweilig außer Kraft setzen.“ 4.2.3 Ironie Die Ironie tritt in Erscheinung, indem sie das Gegenteil von dem äußert, was man in Wirklichkeit mitteilen will (vgl. Kirchmayr 2006:183). Sie stellt also das, worauf sie sich bezieht, in Frage. Bernhardt (1985:18) unterscheidet in der ironischen Ausdrucksform das rhetorische Mittel und das didaktische Kommunikationsmittel. Als rhetorisches Mittel findet man die Ironie dort, wo Werturteile nicht geteilt werden und daher – fast immer auf aggressive Weise – übertrieben und überzogen werden (vgl. ebd.). Knox (1973 zit. nach Groeben/Scheele 2003:735) definiert vier Hauptversionen der Ironie in der Rhetorik: a) das Gegenteil von dem sagen, was man meint; b)
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etwas anderes sagen, als man meint; c) tadeln durch falsches Lob und loben durch vorgeblichen Tadel; d) jede Art des Sich-Lustig-Machens und Spottens. Für das Thema dieser Arbeit ist die Ironie als didaktisches Kommunikationsmittel sehr interessant. Im Zuhörer soll aufgrund bewusst ausgesprochener falscher oder fragwürdiger Wertvorstellungen bzw. durch fragende Unwissenheit oder logische Fehlschlüsse eine „positive Erkenntnisanstrengung“ provoziert werden (vgl. Bernhardt 1985:18). In dieser Form angewandt, verhält sich die Ironie nur in geringem Maße aggressiv, vielmehr kritisch und korrigierend. Der aus der Ironie entsprungene Humor ist dann gelungen, wenn die wahre Meinung des Humoristen erkannt und akzeptiert wird, ohne dass nachgefragt werden muss. Gerade bei unsicheren Menschen kann die ironisch verfärbte Botschaft nicht völlig entschlüsselt werden, wodurch zum Gefühl, nicht verstanden worden zu sein, jenes hinzukommt, dass sich jemand über sie lustig gemacht hat (vgl. Frings 1996:88). Eine Form der Ironie ist die Selbstironie, die meistens mit liebevoller Selbstkritik verbunden ist. Sie äußert sich wohlwollend über die eigenen Schwächen und Beschränkungen (vgl. Kirchmayr 2006:182). 4.2.4 Sarkasmus Finden sich bei der Ironie so gut wie immer freundliche Züge, so ist der Sarkasmus dagegen gespickt von beißendem Spott und Hohn (vgl. Frings 1996:92). Es ist hier die aggressive Komponente dominant, vor allem das sarkastische Lachen kann als bitter bezeichnet werden und wird häufig als „vernichtend“ erlebt (vgl. Kirchmayr 2006:184). Der sarkastische Humor ist beißend, zielgerichtet und lächerlich machend und macht seine Anwender kaum sympathisch (vgl. Zijderveld 1976:74f). 4.2.5 Zynismus Der Zynismus ist seiner Art nach dem Humor geradezu entgegengesetzt. Er ist keineswegs eine „humorähnliche“ Einstellung, sondern vielmehr eine „psychologische Verteidigungs- und Angriffshaltung in zwischenmenschlichen Beziehungen“ (Fry 2000:67). Den Unterschied zum Sarkasmus beschreibt Frings (1996:92) im Fehlen größerer affektiver, also gefühlsbetonter Betroffenheit. Er bezieht sich zumeist auf das Lächerlichmachen von Werten und Idealen. Der Zyniker demaskiert, was im Verborgenen bleiben soll; er tut das in unverschämter und vorsätzlicher Weise. Empathisches oder warmherziges Verhalten fehlt ihm dabei gänzlich (vgl. Fry 2000:67). Hinter dem Zynismus verbergen sich oft Enttäuschung, Bitterkeit und Resignation, gepaart mit einer großen Verletzlichkeit der An-
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wenderInnen. Er kann als Bewältigungsmechanismus für alle möglichen Kränkungen und Belastungen in Erscheinung treten (vgl. Frings 1996:92f). 4.2.6 Schwarzer Humor Eine Erscheinungsform des Humors, die auch im Sozialbereich von Bedeutung sein kann, ist der Schwarze Humor (vgl. Robinson 2002). Es handelt sich dabei um die „sarkastische Betonung des Absurden, die uns lachen läßt, damit wir nicht weinen müssen“ (Robinson 2002:80). Diese Form des Humors trotzt und rebelliert gegen den Tod, das Abschiednehmen und das Scheitern. Er bewegt sich an der Grenze des Erträglichen, kann allerdings mit seiner Energie zu einer „Jetzt aber trotzdem“ - Haltung führen (vgl. Holtbernd 2002:54f). Nach Ziv (1984 zit. nach Robinson 2002:83) ist Schwarzer Humor ein Abwehrmechanismus, der sich auf alles bezieht, was Angst erzeugt.17 Wo das Lachen im Hals stecken bleibt oder intellektuell keine Antwort gegeben werden kann, versucht er, in der traurigen Situation eine Balance zu finden (vgl. Holtbernd 2002:93). 4.2.7 Galgenhumor Im Galgenhumor tritt der Humor als besonders makabre und sarkastische Erscheinung auf, und zwar dann, wenn ein Individuum oder eine Gruppe unter großer Belastung steht und der Konfrontation mit einer bedrohlichen Situation ausgesetzt ist (z.B. schwere Erkrankungen, Krieg). Galgenhumor baut eigene Ängste ab, nicht zwangsläufig jene anderer Personen und mit Sicherheit nicht die Ängste jener Person, an die der Galgenhumor gerichtet wird. Im medizinischen Bereich erfüllt der Gebrauch von Galgenhumor zwar eine teamstärkende Funktion beim Personal, kann bei PatientInnen allerdings Befremden auslösen (vgl. Robinson 2002:86). 4.2.8 Der Wiener Schmäh Verfasst man in Wien ein Schriftstück über Humor, so kommt man wohl nicht umhin, auch den hiesigen „Schmäh“ zu berücksichtigen. Der Schmäh wird mit dem schwarzen Humor in Zusammenhang gebracht (vgl. Kotthoff 1998:134). Er kann als humorvolle Unterhaltung im Gespräch bezeichnet werden und beinhaltet vor allem den witzigen Schlagabtausch.
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Ralph Wiener (1994) beschreibt in seinem Buch „Gefährliches Lachen“ den schwarzen Humor im Dritten Reich. Mithilfe des „Flüsterwitzes“ verlieh man seiner Verachtung gegen die nationalsozialistische Diktatur Ausdruck. Politische Witze, wie z.B. „Was gibt´s für neue Witze? Sechs Monate Dachau“ erfüllten den Tatbestand der „Wehrkraftzersetzung“ und unterlagen mitunter der Todesstrafe. Der schwarze Humor in derartigen Witzen war eine Ausdrucksform des Widerstandes, die von den Bürgern ergriffen wurde, um sich auf diese Weise vom Nationalsozialismus distanzieren zu können.
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Im Schmäh wird allerdings auch die Wahrheit zum Vorteil des „Schmähführers“ ausgeschmückt, sodass damit Lügen oder Übertreibungen einhergehen, die ihn zum „Schmähtandler“ werden lassen (vgl. Wehle 1980:251). Beim Schmähführen wird auf jeden Schmäh des Gegenübers reagiert, und zwar wiederum mit einer humorvoll formulierten Wortmeldung, wobei hier das witzige Formulierungsvermögen unabdingbar ist. Der Schmäh kann in guter oder in böser Absicht produziert werden. Diese Kommunikationsform wird eher der Unterschicht und eher Männern zugeordnet (vgl. Kotthoff 1998:133f). 4.2.9 Zusammenfassung Der Wert des Sarkasmus und des Zynismus ist aufgrund seiner aggressiven Aspekte für Interventionen in der Beratung als gering einzuschätzen (vgl. Frings 1996:93). Das Komische und der Witz in Form von Esprit können in der Beratung sowohl von SozialarbeiterInnen als auch von KlientInnen in der jeweiligen Situation oder im Rahmen von Erzählungen mit eingebracht werden, und sind meines Erachtens eine gute Möglichkeit, die Atmosphäre positiv zu gestalten und die Beziehung zu stärken. Mithilfe eines erzählten Witzes mag eine Situation oder ein Problem in wenigen Worten so dargestellt werden, dass KlientInnen dieses Bild für sich umzudeuten und zu integrieren vermögen. Auch die Ironie, vor allem die Selbstironie, scheint für die Beratung geeignet zu sein. Wobei natürlich anzumerken ist, und das gilt für jede Form des Humors, dass eine wertschätzende Haltung der SozialarbeiterInnen als Grundlage in der beratenden Tätigkeit Voraussetzung ist, und diese bei der Anwendung von Humor nicht minder wichtig ist. Nicht zuletzt wird man in sozialen Institutionen im Raum Wien öfter auf KlientInnen treffen, die sich „im Schmäh“ mitteilen werden. Ist man hier fähig, auf dem gleichen Sprachlevel zu antworten (ohne sich verbal hochzuduellieren!) bzw. versteht man die „eigentliche“ Botschaft dahinter, wird das der Beziehung mit großer Wahrscheinlichkeit zuträglich sein und die Akzeptanz vonseiten der KlientInnen fördern.
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Humortheoretische Ansätze
Nähert man sich den theoretischen Erklärungsversuchen an, so stellt man fest, dass hierbei mehrere unterschiedliche Modelle vorhanden sind. Das komplexe Phänomen „Humor“ kann aus vielerlei Perspektiven betrachtet werden, was zur Folge hat, dass hierzu mehrer Theorien existieren (vgl. Robinson 2002; Herzhoff 2007; Sassenrath 2001). Aus diesem Grund möchte ich gar nicht dem Anspruch auf Vollständigkeit erliegen, sondern nur auf jene vier Ansätze eingehen, die von Titze/Eschenröder (2003:37) als für das Verständnis der therapeutischen Bedeutung des Humors relevant bezeichnet wurden. 5.1 Psychophysiologische Theorien Die psychophysischen Theorien beschäftigen sich vor allem mit den körperlichen Auswirkungen des Lachens, dessen physiologische Bedeutung auf angeborenen Potentialen beruht. Dabei wirkt das Lachen auf den Körper entspannend, stabilisiert den Blutdruck und regt den Kreislauf an (vgl. Titze/Eschenröder 2003:37f). Spencer (1901 zit. nach Freud 1905/2004a:159) betrachtet das Lachen als Phänomen der Abfuhr seelischer Erregung. Erkenntnisse der Psychoanalyse sehen im Lachen einen gesunden und biologisch notwendigen Entlastungsprozess, der innerpsychisch bedingt ist (vgl. Titze/Eschenröder 2003:38). Humorreaktionen des Lachens oder der Erheiterung ermöglichen eine kathartische, also reinigende Befreiung von verdrängten Affekten, die Freud auf feindselige oder sexuelle Impulse zurückgeführt hat (vgl. ebd.: 39). 5.2 Überlegenheits- und Aggressionstheorien Hier liegt die Annahme zugrunde, dass ein Überlegenheitsgefühl hergestellt wird, indem über die Unterlegenheit, die Dummheit oder das Pech anderer gelacht wird (vgl. Robinson 2002:18). Mit der Überlegenheitstheorie lassen sich nach Sassenrath (2001:17) die Mechanismen der Aggression in Witzen erklären, vor allem jener, die sich gegen Randgruppen und ethnische Minderheiten richten. Der Humor wird dabei als Deckmantel für sozial unerwünschtes Verhalten missbraucht. Grotjahn (1974:207f) führt aus, dass Lachen dann auftritt, wenn Verdrängungsenergie von ihrer Funktion, dem Bewusstsein etwas fernzuhalten, befreit wird. Taucht ein schockierender Gedanke oder eine absichtliche Aggression, welche zuvor verdrängt wurde, als Witz wieder im Bewusstsein auf, so wird die Energie, die die Feindseligkeit
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verdrängt gehalten hat, in Lachen umgesetzt. Das Freisein von Verdrängung löst somit Freude und Lachen aus. 5.3 Soziale Theorien Während die Überlegenheits- und Aggressionstheorien die feindseligen und entwertenden Komponenten des Humors betonen, beschäftigen sich die sozialen Theorien mit den sozial verbindenden Aspekten des Humors innerhalb einer Gruppe. „Beide Aspekte wirken zusammen, wenn die Bindung innerhalb einer Gruppe durch die Ausgrenzung von Außenstehenden, die der Lächerlichkeit preisgegeben werden, gefestigt wird.“ (Titze/Eschenröder 2003:48) In Form von gemeinsamem Lachen wird eine starke emotionale Nähe zwischen den einzelnen Gruppenmitgliedern hergestellt, erklärt Ziv (1984 zit. nach Titze/Eschenröder 2003:49). Er führt die Doppelwertigkeit der sozialen Funktion des Humors weiter aus. Sie bezieht sich einerseits auf das gruppendynamische Innenleben eines sozialen Systems, also auf die Qualität der Interaktion innerhalb der Gruppe. Andererseits besitzt sie eine adaptive Funktion, da die Mitglieder einer sozialen Gruppe – wie oben erwähnt – gegenüber Außenstehenden ein Zusammengehörigkeitsgefühl entwickeln können (Ziv 1984:26 zit. nach Titze/Eschenröder 2003:48). Der Humor verfügt über eine Kontrollfunktion, da mit seiner Hilfe Billigung und Missbilligung eines sozialen Verhaltens ausgedrückt werden kann, und notwendigerweise ein Gruppenmitglied, das von gruppeninternen Normen abweicht, wieder zur Korrektur seines/ihres Verhaltens motiviert wird (vgl. Stephenson 1951 zit. nach Robinson 2002:18). Coser (1960 zit. nach Titze/Eschenröder 2003:49) fand heraus, dass Angehörige des statusniederen Pflegepersonals einer psychiatrischen Klinik eine Vielzahl an sarkastischen Bemerkungen gegenüber statushöheren KollegInnen fallen ließen. Sie entwickelten dadurch Ich-stärkende Bewältigungsmechanismen für ihre berufliche Situation, reduzierten ihre psychische Spannung und verstärkten das Solidaritätsgefühl. 5.4 Inkongruenztheorien Der Gedanke, der diesen Theorien zugrunde liegt, besagt, dass ein Großteil dessen, was den Humor ausmacht, durch das Nebeneinander von Elementen bedingt ist, die als widersprüchlich, als inkongruent erlebt werden. Der Lustgewinn liegt hierin, eine vertraute Sache oder Person im Widerspruch mit den eigenen Erwartungen oder Vorstellungen in einem ganz anderen Kontext eingeordnet zu sehen, was häufig in dieser Art bei Witzen auftritt und in einer Pointe aufgelöst wird (vgl. Frings 1996:36f).
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Schultz (1976 zit. nach Sassenrath 2001:20) unterscheidet unlösbare, „reine“ Inkongruenzen (Nonsens) von lösbaren, „bedeutungsvollen“ Inkongruenzen. Vermag man es, die Zwänge des logischen Denkens hinter sich zu lassen und wie ein Kind zu denken, so ist in diesem Fall ein Lustgewinn und eine Humorreaktion möglich, ohne die Inkongruenz auflösen zu müssen (vgl. Frings 1996:40f). Welche Personen sich an der Bewältigung einer Inkongruenz oder an seiner bloßen Existenz erfreuen, hängt mitunter von deren Persönlichkeitsmerkmalen ab. „Während der eine schon am Klang und Rhythmus reiner Nonsens-Wörter seine Freude haben mag, liegt für den anderen die Essenz des Humors vielleicht eher in der geistigen Herausforderung durch eine Inkongruenz.“ (ebd.: 41)
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Funktionen des Humors
Mag in den vorigen Kapiteln die Beantwortung der Frage, welche Funktionen Humor erfüllt, bereits angeregt worden sein, so soll folgend das Hauptaugenmerk darauf gelegt werden. Soziale, psychologische und physiologische Funktionen stehen dabei im Mittelpunkt. Klar zu trennen sind diese drei Dimensionen Moody (1979:31) zufolge nicht. Vielmehr sind sie in einer „komplizierten und verwirrenden Weise miteinander verwoben und verwandt.“ (ebd.) 6.1 Soziale Funktionen Wie schon erwähnt, kommt dem Lächeln und dem Lachen eine bedeutende Rolle in der frühen Sozialisation zu. Sie sind Signale der Freundlichkeit, Entspanntheit und Solidarität. Der Versuch, komisches Lachen bei anderen hervorzurufen, ist ein Mittel, um nach deren Akzeptanz zu suchen. Die meisten tun dies gelegentlich, verstärkt tut es der Gruppenclown, dessen Rolle es verlangt, alle zum Lachen zu bringen (vgl. Berger 1998:68). Berger (1998:68-70) unterscheidet die „sozio-positive“ und die „sozio-negative“ Wirkung des Humors. Erstere stärkt den Zusammenhalt der Gruppe. Gerade als Neuling in einer Gruppe ist es wichtig, rasch herauszufinden, worüber gelacht wird beziehungsweise bei welchen Themen Humor als unangemessen gilt. Die sozio-negativen Aspekte des Humors beziehen ihn als Instrument sozialer Kontrolle innerhalb einer Gruppe mit ein. Personen etwa, die in ihrem Verhalten von jenem der Gruppe abweichen oder deren Norm nicht erfüllen, werden durch Lächerlichkeit bestraft, Außenseiter damit definiert. Hierzu passt der Hinweis Effingers (2006:49), der Spruch „Wer zuletzt lacht, lacht am besten“ deute schon darauf hin, dass Humor nicht für alle Beteiligten auf die gleiche Resonanz stoße und leicht für soziale Machtspiele zu missbrauchen sei. Mit der Abgrenzung gegenüber Außenstehenden können auch Konflikte innerhalb der Gruppe nach außen kanalisiert werden. Mit Scherzen über andere lässt sich von gruppeninternen Unterschieden und Rivalitäten ablenken. Im gemeinsamen Lachen werden – nicht zuletzt angeregt durch Witze – interne Gruppenprobleme überdeckt (vgl. Bernhardt 1985:122-124). Hervorzuheben sind die kommunikativen Fähigkeiten des Humors. So vermag eine humoristische Bemerkung in der Aufnahme eines Gespräches mit Fremden die anfängliche Distanz zu verringern und „das Eis zu brechen“ (vgl. Moody 1979:30). In diesem Zusammenhang ist häufig vom „Humor als soziales Schmiermittel“ die Rede (vgl. u.a. Robinson 2002; McGhee 1979). Es kann mit seiner Hilfe eine Nähe, eine Intimität auf-
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gebaut werden, die durch häufigen Augenkontakt gefördert und bestätigt wird. Nun kann diese Intimität einen Punkt erreichen, an der sie als unangenehm empfunden wird, sodass ein angenehmerer Level wiederhergestellt werden soll. Dies geschieht in der Unterbrechung des Augenkontaktes, die sich im Lachen vollzieht, und durch Zurückwerfen des Kopfes noch erweitert werden kann (vgl. Chapman 1979 zit. nach Sassenrath 2001:26). Die sozialen Funktionen des Humors fasst Robinson (2002:48-55) im Aufbau sozialer Bindungen, im Umgang mit sozialen Konflikten, der Förderung des Zusammengehörigkeitsgefühls und in der sozialen Kontrolle zusammen. Zijderveld (1976:202) kommt in seiner Abhandlung über den Humor in der Gesellschaft zu dem Schluss, dass „Humor im System der Gesellschaft vorkommt, ohne von diesem System zu sein. Humor und Lachen sind daher an den Ereignissen der Welt beteiligt, während sie gleichzeitig auch abseits davon stehen.“ 6.2 Psychologische Funktionen Berger (1998:61-64) beschäftigt sich mit den psychologischen Funktionen des Humors. Er hebt einerseits seine aggressive Funktion heraus, bei der aggressive Handlungen als gesellschaftliche Tabus umgangen werden. Man führt einen verbalen Schlag durch, aber „keinen wirklichen“. Auf diese Weise kann also aggressive Energie abgeführt werden, ohne gröbere gesellschaftliche Sanktionen erwarten zu müssen. Der psychologische Mechanismus, der Witzen zugrunde liege, ist nach Freudscher Auffassung die Ersatzbefriedigung oder Wunscherfüllung. Eine psychologische Entlastung verleiht daher der „defensive Humor“, der im Umgang mit Angst, bedrohlichen Ereignissen, Krankheiten und Tod zum Tragen kommt – Stichwort „schwarzer Humor“ (ebd.: 66-71). Humor und Lachen führen also zu einem Abbau von Spannung und Angst, wodurch es zu einer emotionalen Beruhigung kommt. In diesem Zustand ist es möglich, vorherrschende Probleme wieder distanziert und aus einer neuen Sichtweise betrachten zu können. Mithilfe einer positiven Deutung der Probleme macht man sich frei von hemmenden negativen Emotionen, um sich der aktiven Problemlösung zu widmen (vgl. Sassenrath 2001:57). Nach Moody (1979:27) hat der Humor mitunter auch die Eigenschaft, zu einem Vermeidungsverhalten beizutragen. Er nimmt an, dass Humor und Lachen, die Polarisation zu gewissen negativen Gemütszuständen wie Ärger, Aggressivität oder Rachegefühle darstellen. Eine humorvolle Haltung in bestimmten Situationen könne diesen Gemütszuständen entgegenwirken, und auf diese Weise gehässiges Verhalten gegenüber anderen verhindern. Kirchmayr (2007:K38) sieht in jedem Witz ein Problem verborgen,
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das oft psychohygienisch zur Sprache kommt: „Denn die Verdrängung von starken Gefühlen ist eine wesentliche Ursache für psychische und psychosomatische Erkrankungen.“ Zuletzt geht Fry (2000:68) so weit, Humor und Lachen als diejenigen Reaktionen zu definieren, die den drei ungesündesten Emotionen, nämlich Angst, Depression und Ärger, direkt entgegenwirken. 6.3 Physiologische Funktionen Als Paradebeispiel der gesundheitsfördernden und heilenden Wirkung des Humors gilt die Genesung von Norman Cousins nach einer schmerzhaften Krankheit mit schlechter Prognose. Mithilfe lustiger Filme und Bücher brachte er sich selbst zum Lachen, wodurch seine Schmerzen gelindert wurden und die Entzündungen in seinem Körper bis hin zur vollständigen Heilung verringert wurden (vgl. Moody 1979; Robinson 2002; Titze/Eschenröder 2003)18. Es soll hier nur kurz auf die Wirkung von Humor und Lachen auf den menschlichen Körper eingegangen werden. Zu den positiven Wirkungen können beispielsweise folgende gezählt werden: Es entspannt die Muskeln, stärkt die Immunabwehr, wirkt Stress entgegen, erhöht den Gasaustausch in der Lunge, aktiviert das Herz-Kreislauf-System und senkt den Blutdruck (vgl. Titze/Eschenröder 2003; Titze 2004; Holtbernd 2002, Robinson 1983). Inwieweit Humor auf lange Sicht als wirkungsvoller Faktor in Bezug auf die Verbesserung des Gesundheitszustandes von schwerkranken Menschen gelten kann, ist noch nicht eindeutig erforscht. Fest steht jedoch, dass Humor und Lachen die Lebensqualität steigern19 (vgl. Robinson 2002:28).
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Nach Papousek (2008:90) ist die Genesung Cousins kein Beleg für die Heilkraft des Lachens. Um diesen zu erbringen, wären „kontrollierte wissenschaftliche Studien an vielen Menschen notwendig“. Im klinischen Bereich leisten die „Rote-Nasen-Clowndoctors“ wertvolle Humorarbeit, indem sie kranken Menschen Lebensmut schenken und schmerzhafte Therapien erleichtern (vgl. www.rotenasen.at).
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Humorreaktionen
Das Lachen und das Lächeln werden häufig in Zusammenhang mit Humor gebracht. Es könnte dabei der Rückschluss entstehen, dass beide Phänomene eine „automatische“ Reaktion einer humorvollen Situation wären. Natürlich wird dies häufig der Fall sein, aber so wie nicht jedes Lachen ein Resultat von Humor ist, produziert auch nicht jedes Humorereignis notwendigerweise Lachen (vgl. Apte 1985:239). Um die Reaktionen auf Humor etwas differenzierter betrachten zu können, bieten sich die Erkenntnisse der Lachforschung, der Gelotologie, und der Persönlichkeits- und Emotionspsychologie an. 7.1 Erheiterung und Heiterkeit Der Persönlichkeitspsychologe Willibald Ruch (1995; 1998a; 1998b; 2000) unterscheidet die Reaktionen „Erheiterung“ und „Heiterkeit“. Sein Kollege Franz-Josef Hehl vermag den Unterschied beider Reaktionen auf der Grundlage Ruchs so zu beschreiben: „Die kurzfristige affektive Reaktion auf humorige Situationen nannte er [Ruch – Anm. des Autors] »Erheiterung« und die längerfristige Bereitschaft, auf humorvolle Situationen gefühlsmäßig positiv zu reagieren »Heiterkeit«“ (Hehl 2004:26) Ruch definiert vor allem die Erheiterung noch detaillierter: „Erheiterung beschreibt einen emotionalen Prozess, der sich in einer kurzfristigen Veränderung im heiteren Erleben (er-heitern bedeutet, jemanden heiter, lustig „stimmen“), in der Auslösung von Lachen oder Lächeln und in phasischen physiologischen Veränderungen vollzieht.“ (Ruch 1993 zit. nach Ruch 2000:231)
Erheiterung wird als angenehm erlebt und demnach den positiven Emotionen (siehe Ulich/Mayring 1992) zugeordnet. Sie wird im Alltag häufig an die Wirkung von Situationen und Stimuli gekoppelt, die als „komisch“, „humorig“ oder „witzig“ empfunden werden. Ebenso kann sie durch das Lachen und Lächeln anderer hervorgerufen werden, aber auch durch Erinnern, Imagination oder Suggestion erheiternder Ereignisse. Befindet man sich in heiterer Stimmung, ist damit ein Zustand erhöhter Bereitschaft gegeben, mit Erheiterung zu reagieren (vgl. Ruch 2000:235f). Als Gegenpol der Heiterkeit kann der Ernst verstanden werden. In der ernsten Stimmung liegt eine erhöhte Schwelle für die Auslösbarkeit von Erheiterung und Lachen (vgl. Ruch 1995:691). Hehl (2004:26) überträgt diese Erkenntnisse in die Beratungssituation. Ob sich KlientInnen erheitern, ob sie lächeln oder lachen, lasse sich von BeraterInnen zu einem großen Teil einfach beobachten, meint er. Zwar orientiere sich jeder Berater oder The-
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rapeut intuitiv an der Mimik, dennoch könne diese Fähigkeit auf der Grundlage der Ergebnisse der Humorforschung zunehmend verbessert werden. Wenden wir uns also nun dem Lachen und dem Lächeln zu, welche auch in den schriftlichen Abhandlungen über Humor immer wieder zur Sprache kommen und denen in dieser Arbeit eine ebenso große Bedeutung zukommt. Dabei sollen beide Aspekte im Zusammenhang mit einer heiteren Stimmung betrachtet werden und nicht mit destruktiven Formen, die mit bedrohlichen Gebärden oder dem Auslachen von Menschen einhergehen. Ebenso werden Erscheinungsformen des Lachens, die mit psychischen Erkrankungen einhergehen20, vernachlässigt. 7.2 Lächeln „Humor ist, wenn man trotzdem lächelt“, meint Bernhardt (1985:15), der somit das Lachen in dem bekannten Spruch durch das Lächeln ersetzt. Er rechtfertigt dies mit der Erklärung, dass das Lächeln dem Humor wesentlich verwandter sei als das Lachen. Der gleichen Meinung war auch Freud (1927/2004b:258), der erklärte, dass „die humoristische Lust nie die Intensität der Lust am Komischen oder am Witz erreicht, sich niemals im herzhaften Lachen ausgibt.“ Dem Lächeln fehlt im Vergleich zum Lachen dessen Explosivität. Entgegen der lauten Körperlichkeit des Lachens tritt es im sanften Spiel der Gesichtszüge auf. In ihm finden sich Zurückhaltung und Diskretion sowie eine schlichte Eloquenz (vgl. Critchley 2004:128f). Bedient man sich entwicklungspsychologischer Erkenntnisse, so fällt auf, dass Kleinkinder spätestens im dritten Monat als deutlich erkennbare Reaktion auf den Menschen zu lächeln beginnen, wobei dies nicht nur das positiv affektive Klima zwischen Mutter und Kind stärkt, sondern ihm ursprünglich auch eine Überlebensfunktion zukam. Es sollte damit die Aggression des Feindes gehemmt, und Wohlwollen und Schutzbereitschaft aktiviert werden (vgl. Schenk-Danzinger 2001:85-87). Betrachtet man die weitere psychologische Entwicklung eines Kindes, so „folgen dem ersten Lächeln Schritt um Schritt das Lächeln der Verlegenheit, das freudige Lachen, das Lachen über eine komische Situation, das Lachen in einer Gruppe, das aggressive Lachen über einen Außenseiter und schließlich […] das Lachen der Schadenfreude.“ (Berger 1998:58) 7.3 Lachen Auf den ersten Blick wird man das Lachen zunächst mit Humor und Witz in Verbindung bringen, vielleicht mit einer geselligen Runde, die sich heiter unterhält. Doch wird 20
Moody (1979:80-87) beschreibt charakteristische Züge von Lachen und Lächeln, die verschiedenen psychischen Erkrankungen nahe liegen. Beispielsweise sei ein Merkmal der Schizophrenie eine krankhafte Unfähigkeit zu echter Freude und Heiterkeit, deren Lächeln „leer“, also nicht echt wirke. Dagegen klinge das Lachen manischer PatientInnen hastig, gezwungen, laut und ungeduldig.
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man später feststellen, dass manches Lachen auch unangenehm sein kann, mitunter auch befremdlich wirken mag. Provine (2000:2) vergleicht das Lachen mit einem Harlekin und dessen zwei Gesichtern – eines davon ist lächelnd und freundlich, das andere finster und beunruhigend. Auch Alfred Adler (1976:221) findet im Lachen verbindende Nuancen wie auch feindliche und angreifende Untertöne. Als Beispiel für Letztere nennt er die Schadenfreude, die sich über das Gemeinschaftsgefühl hinwegsetzt und es verletzt. Die Freude sei der eigentliche Ausdruck für die Überwindung von Schwierigkeiten, mit der das Lachen in seiner befreienden Wirkung einhergeht. Nicht zuletzt unterstreicht er die soziale Bedürftigkeit des Lachens, welches um die Sympathie des Anderen wirbt (vgl. ebd.: 241). Wir lachen also nicht nur, wenn wir etwas lustig finden, sondern vor allem, wenn wir soziale Bindungen aufbauen und festigen wollen (vgl. Fischer 2007:41). Dabei kommt die kommunikative Bedeutung zum Tragen, mit der sich der lachende Mensch seiner Umgebung auf unverkennbare Weise mitteilt (vgl. Titze 2004:287). McGhee (1979:172) betont basierend auf die Erkenntnisse der Humorforschung, dass es zwar verschiedene Formen des Lachens gebe, aber nur eine davon im Zusammenhang mit Humor stehe. Das „soziale Lachen“ kommt unter den nicht auf Humor bezogenen Formen dabei wahrscheinlich am häufigsten vor, und dürfte sogar verbreiteter sein als das auf Humor bezogene Lachen. Soziales Lachen tritt dabei als Teil normaler Konversation auf. Es dient dazu, Nervosität zu überdecken, anderen ein gutes Gefühl zu geben, Pausen zu überbrücken und die Konversation entspannter und angenehmer zu gestalten. „Höfliches Lachen“ bei unlustigen Erzählungen oder Witzen ist eine weitere Form des sozialen Lachens, welches wie ein humorvolles Lachen scheinen soll. Kotthoff (1998:105) führt hier weiter aus, dass das „amüsierte Lachen“ insofern vom sozialen Lachen zu unterscheiden sei, als letzteres nicht heraus platze, sondern reguliert vonstatten gehe und den Höflichkeitsregeln genüge. Lachen ist ein expressiver Vorgang, mit dem Gefühle und Emotionen aus unserem Inneren in die Außenwelt getragen werden. Moody (1979:25f) sieht diese Kraft vor allem dann sehr stark zum Vorschein treten, wenn das Lachen aufgrund der äußeren Umstände unterdrückt werden soll. Es verbietet sich dann, wenn es von anderen bestraft würde oder es mit Herzlosigkeit in Zusammenhang gebracht werden könnte. Weiters lacht der Mensch aus Verlegenheit, Verzweiflung, beim Spielen oder als Ausdrucksgebärde des Kitzels (vgl. Plessner 1961:93-148). Dem „irrationalen Lachen“ liegt möglicherweise ein Durcheinandergeraten des emotionalen Haushaltes zugrunde oder es tritt in Verbindung mit psychischen Störungen auf (vgl. Zijderveld 1976:182f).
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Persönlichkeit und Geschlecht
Dieses Kapitel setzt sich mit humorvollen und humorlosen Menschen auseinander sowie den Hintergründen, die dabei einen Unterschied ausmachen. Der Sinn für Humor wird genauso beleuchtet wie geschlechtliche Unterschiede. 8.1 Der humorvolle Mensch Bernhardt (1985:42-48) zeichnet ein sehr detailliertes Bild des humorvollen Menschen. So behandelt der Humorvolle andere wie sich selbst mit einer toleranten Grundhaltung, kann sie mit Heiterkeit, Freude und Optimismus anstecken. Weiters ist ihm ein besonderes Verhältnis zwischen Selbstbehauptung und Hingabe eigen. Sein Lachen ist statt eines Auslachens ein Mitlachen, er ist bescheiden und nicht resigniert. Freud (1927/2004b:254) erklärt, dass das Ich des humorvollen Menschen sich weigert, „sich durch die Veranlassungen aus der Realität kränken, zum Leiden nötigen zu lassen.“ Im humorvollen Menschen verinnerlicht das Über-Ich nicht nur die strenge, sondern auch die liebevolle Haltung der Eltern. „Es tröstet das Ich und verhilft ihm dazu, die lustvolle Seite der Situation zu erkennen und auszukosten“ (Bernhardt 1985:55). Ein humorvolles Über-Ich kann demnach von einem Kind, das strenge, humorlose Eltern hatte, nicht entwickelt werden (vgl. Görl 1994:58). 8.2 Der humorlose Mensch Die eben erwähnte strenge Erziehung kann die Befolgung von Normen in übermäßigen Perfektionismus und übertriebene Gewissenhaftigkeit auswachsen lassen. Der so erzogene Mensch ist ständig darauf bedacht, keine Fehler zu machen und nicht unangenehm aufzufallen – er hat sozusagen „nichts zu lachen“. Es mangelt ihm an Humor, wodurch er sich auch seine Schwächen nicht eingestehen kann (vgl. Görl 1994:60). Wenn hier die Humorlosigkeit als endgültig und unveränderbar anmutet, so ist zu sagen, dass sehr wohl die Möglichkeit besteht, sich in der eigenen Wahrnehmung und Ausdrucksweise des Humors zu trainieren. Als spannend und hilfreich gelten hier beispielsweise die Werke von Titze (2003; 2004) und Salameh (2007), die Anregungen und Übungen hierfür bieten. 8.3 Sinn für Humor Wenn über das Verhalten einer Person gesprochen wird, kommt man mitunter auch darauf zu sprechen, ob diese Sinn für Humor hat oder ihr eben derselbe fehlt (vgl. Ruch
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1998a). Je nachdem ob dieser „Sinn“ vorhanden ist, wird sie als humorvoll oder humorlos definiert werden. Aber was macht diesen „Sinn“ aus? Raskin ist zwar der Meinung, der Sinn für Humor sei schwierig zu definieren, dennoch wagt er einen Versuch: „The sense of humor is, nevertheless, precisely this – the ability to perceive, interpret, and enjoy humor“ (1998:95). Nach Martin (2007:194) erklärt er sich am besten als Gruppe von Charakterzügen und Fähigkeiten, die mit verschiedenen Komponenten, Formen und Funktionen von Humor zu tun haben. Dabei weist er darauf hin, dass diese mehr oder weniger Bezug zueinander haben können. So werden beispielsweise Menschen, die andere auf humorvolle Art zum Lachen bringen, Humor nicht notwendigerweise auch zur Bewältigung ihrer Stressphasen einsetzen. In der Entwicklung des Sinns für Humor müssen sowohl Aspekte der genetischen Voraussetzungen, als auch Aspekte von Umwelteinflüssen miteinbezogen werden (vgl. McGhee 1979:198). Fokussiert auf äußere Einflüsse, meint Grotjahn (1974:69), bilde sich der Sinn für Humor in Phasen aus, „die parallel zur Entwicklung des menschlichen Individuums von der Kindheit zum Erwachsenenalter verlaufen.“ Es kommt hier vor allem den Eltern als Vorbild und Modell eine große Bedeutung zu. Die Kinder lernen am Humorverhalten der Eltern, wie und in welchen Situationen sie ihn gebrauchen. Weitere Vorbilder im Umfeld des Kindes werden auch als Modelle in der Humoranwendung dienen (vgl. McGhee 1979:189-195). Im Laufe der Zeit wird der heranwachsende Mensch einen Sinn für Humor entwickeln, der so einzigartig sein wird, wie sein Daumenabdruck (vgl. ebd.: 245). 8.4 Humor der Geschlechter „Frauen sind nicht witzig. Sie haben keinen Humor“, sagt Fritsch (2001:66) in Anspielung auf ein ihrer Meinung nach weit verbreitetes Vorurteil, das sowohl von Männern als auch von Frauen genährt werde. Kotthoff (1996b:121) beschäftigt sich mit diesem Thema und stellt fest, dass Frauen tendenziell ein anderes Verhältnis zu den heiteren Seiten des Alltags haben als Männer. Obwohl Frauen mehr lächeln als Männer, galt das Lachen einer Dame lange Zeit als ungehörig. Mäßigung und Züchtigung standen beim Lachen der Frau im Vordergrund, wodurch es unterdrückt wurde und - damit einhergehend - das ausschließlich den Frauen zugeschriebene Kichern entstand. Ein Unterschied liegt auch im sozialen Lachen, das sich bei Frauen wesentlich häufiger zeigt als bei Männern. Frauen lachen generell häufiger als Männer, kann festgehalten werden. Geht es um die Partnerwahl, dann suchen Frauen eher Männer, die sie zum Lachen bringen. Männer sind bemüht, diese Forderung zu erfüllen und bevorzugen Frauen, die auf ihren Humor reagieren (vgl. Provine 2000:34). Bei Kindern ist Ähnliches zu beobachten. In gemisch-
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ten Gruppen sind Buben häufiger die Spaßinitiatoren, Mädchen finden sich in der Rolle der Spaßrezipientinnen (vgl. McGhee 1979:210). Hinter diesem Verhalten stehen allerdings eher die Unterschiede in den gesellschaftlichen Erwartungen an die Geschlechterrollen als biologische Faktoren (vgl. McGhee1979:201; Berger 1998:75). Der Humor der Frauen ist im Gegensatz zu jenem der Männer nicht aggressiv. Während männliches Scherzen im Rahmen von Konkurrenz funktioniert, versucht weibliches Witzeln eher Zusammengehörigkeit herzustellen (vgl. Kotthoff 1996b:140f). In der Anwendung des Humors erkennen Stocking/Zillmann (1996:237), dass Frauen ihrem eigenen Geschlecht wenig zur Seite stehen. Während der männliche Humor auf die Demütigung des Feindes abzielt, wenden Frauen sich selbst erniedrigende Späße an. Es handelt sich hierbei um eine subtile Unterwerfungsmöglichkeit der Frauen, um Männern zu gefallen. Eine Studie von Stocking/Zillmann ergab, dass Frauen es lustiger fanden, wenn eine Frau einen Gag gegen sich selbst richtete, als wenn ein Mann über sich selbst Witze machte. Helga Kotthoff, (1996a:14f) Herausgeberin des Buches „Das Gelächter der Geschlechter“, beschreibt im Vorwort des Werkes dieses Ergebnis als „besonders schockierend“ und appelliert anschließend an beiderlei Geschlechter, dieses negative Frauenbild umzuformulieren. 8.5 Zusammenfassung Es gibt Menschen, die aufgrund ihrer Erfahrungen mit Humor besser umgehen können als andere, ihn mehr oder weniger gut produzieren bzw. ihn mehr oder weniger gut verarbeiten können. Es wurde hierbei allerdings auch verdeutlicht, dass die Humorpersönlichkeit nicht an einem bestimmten Punkt seine Grenzen findet, sondern trainiert werden kann. So kann ein Humortagebuch beispielsweise hilfreich sein, den eigenen Humor zu erkennen und zu reflektieren. Es können Witzsammlungen angelegt werden, um sich in Momenten, in denen man „nichts zu lachen hat“, aufzuheitern. Dem gleichen Zweck dienen Filme, Comics und Bücher die man als lustig empfindet. Alles, was hilft, mit dem Schwung einer kurzfristigen Erheiterung aus der jeweiligen Situation auszusteigen und auf Distanz zu gehen, kann genutzt werden. Ebenso wurde verdeutlicht, dass Frauen und Männer unterschiedliche Humorvorlieben haben und Humor zu jeweils anderen Zwecken einsetzen.
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Humor in Psychotherapie und Beratung
Die Anwendung des Humors in der Psychotherapie und in der Beratung sollen in diesem Kapitel erörtert werden. Namhafte VertreterInnen verschiedener therapeutischer Schulen und Richtungen haben sich mit Humor auseinandergesetzt. Im Besonderen werden die Beiträge von den Vertretern der „Wiener Schule“, Sigmund Freud, Alfred Adler und Viktor Frankl im Zentrum dieser Betrachtung stehen. Mit Frank Farrelly, dem Begründer der Provokativen Therapie, fügt sich ein Spezialist in diese Gruppe ein, der durch die Art seiner Humoranwendung durchaus polarisiert, aber für die Veranschaulichung der Fähigkeiten des Humors auf keinen Fall unbeachtet bleiben darf. Aufgrund der konsequenten Anwendung des Humors soll dieser provokative Ansatz genauer betrachtet werden. Zuletzt sollen noch die Grundsätze des therapeutischen Humors zusammengefasst und erläutert werden. 9.1 Sigmund Freud und die Psychoanalyse Der Wiener Arzt und Psychoanalytiker Sigmund Freud hat mit seinen Werken „Der Witz und seine Beziehung zum Unbewussten“ (1905/2004a) und „Der Humor“ (1927/2004b) zwei unverzichtbare Beiträge für die Auseinandersetzung mit Humor und Witz verfasst. Sowohl die VertreterInnen aus der Psychoanalyse, als auch aus anderen therapeutischen Richtungen haben auf diese Erkenntnisse zurückgegriffen, sie interpretiert oder erweitert (vgl. Grotjahn 1974; Strotzka 1982; Bernhardt 1985; Frings 1996; Barron 1999; Kirchmayr 2006). Heidrun Görl fasst die Essenz der Erkenntnisse Freuds zusammen: „Freud hält den Humor für eine Strategie, durch die ein Mensch Gefühle wie Ärger, Schmerz, Rührung, Bemitleidung umwandelt in Komik oder einen Witz oder andere Arten des Komischen. Der humorvolle Mensch ist sich der leidvollen Situation durchaus bewußt, aber er trotzt ihr und wandelt sie um in einen Triumph. So gelingt es ihm, das Lustprinzip durchzusetzen ohne die Realität zu leugnen.“ (Görl 1994:58)
Die Theorien Freuds und der VertreterInnen der Psychoanalyse sind bereits in den vorherigen Erklärungsversuchen den Humor betreffend eingeflossen, sodass von einer weiteren Vertiefung abgesehen wird. Titze und Eschenröder (2003:64) merken an, dass der psychoanalytischen Literatur die Diskussion spezieller Techniken in der Humoranwendung fehle, dass aber die positive Bedeutung einer humorvollen Haltung für die psychoanalytische Therapie in der neuen Literatur unverkennbar gewürdigt werde.
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9.2 Alfred Adler und die Individualpsychologie Der Wiener Psychiater Alfred Adler befand sich im Kreise Sigmund Freuds, ehe er seinen eigenen tiefenpsychologischen Ansatz, die Individualpsychologie, etablierte. Neben theoretischen Erklärungskonzepten, die mit dem Gemeinschafts- und Minderwertigkeitsgefühl zusammenhängen, sind auch Adlers Anwendungen in der therapeutischen Praxis überliefert. „Er übte seine therapeutische und erziehungsberatende Tätigkeit so weit wie möglich in der Öffentlichkeit aus, z.B. in den Wiener individualpsychologischen Beratungsstellen oder in Seminaren für Studenten der einschlägigen Fächer“ (Bernhardt 1985:78). Dabei hatten die Gespräche mit seinen Patienten „meist einen leicht-freudigen, humorvollen Einschlag“ (Adler 1927 zit. nach Bernhardt 1985:78). Adler (1976:221) zufolge begegnen wir Menschen, mit einer humorvollen, heiteren Gemütsverfassung mit großem Interesse: „Sie kommen uns leicht näher, und wir beurteilen sie schon rein gefühlsmäßig viel sympathischer als andere Menschen. […] Es sind Menschen, die ein heiteres Wesen haben, nicht immer bedrückt und besorgt einhergehen, auch die anderen nicht immer zum Objekt und Träger ihrer eigenen Sorgen machen, die es über sich bringen, im Zusammensein mit anderen Heiterkeit auszustrahlen, das Leben zu verschönern und lebenswerter zu machen. Man spürt den guten Menschen […] in ihren Mienen und Gebärden, in freudigen Affekten und in ihrem Lachen.“
Titze und Eschenröder (2003:68) sind Beispiele überliefert, in denen Adler paranoiden PatientInnen, die sich von Anderen beobachtet fühlten, zu sagen pflegte: „Wie sind sie doch zu beneiden! Wenn ich auf die Straße gehe, schert sich nicht einmal mein Hund um mich.“ So wie seine Lebenseinstellung von augenzwinkernder, fröhlicher Offenheit geprägt war, trat Adler selbst seinen PatientInnen als heiterer Kamerad gegenüber (vgl. ebd.:67f). In der Individualpsychologie ist die Verwendung verschiedener humorbezogener Techniken, konfrontativer und paradoxer, verankert, welche die praktische Anwendung von Humor in dieser Therapierichtung unterstreichen (vgl. ebd.: 73-75). 9.3 Viktor Frankl und die Logotherapie Der Wiener Psychiater Viktor Frankl begründete mit der Logotherapie die dritte Wiener Richtung der Psychotherapie.21 Er betrachtet den Menschen als Einheit von Körper, Psyche und Geist. Die geistige Dimension „ist für ihn die eigentlich menschliche Dimension, die selbst nie krank werden kann und dank derer die Person erst frei Stellung
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Frankl verwendet diese Bezeichnung, obwohl der Begriff nicht von ihm selbst stammt: „Den Begriff dritte Wiener Richtung habe nicht ich geprägt, […], jedenfalls sind es andere, die von der Logotherapie als dritter Wiener Richtung gesprochen haben.“ (Frankl/Kreuzer 1997:14)
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zum Psychophysikum nehmen kann“ (Görl 1994:60). Frankl spricht in diesem Zusammenhang von der „Trotzmacht des Geistes“. Darüber hinaus ist der „Wille zum Sinn“ das zentrale menschliche Bedürfnis (vgl. Frankl 1949; 1971; 1984; 1992; 1997; 1999a, 1999b; 2002a; 2002b, 2002c). Die Logotherapie bezieht sich auf zwei wesentliche Grundphänomene – auf Selbsttranszendenz und auf Selbstdistanzierung. Frankl hebt in der Beschreibung dieser Phänomene bereits die Rolle des Humors in der Logotherapie heraus: „Wir sprechen von der Selbsttranszendenz, davon, daß der Mensch immer über sich hinauslangt. Aber neben dieser Selbsttranszendenz ist noch eine zweite menschliche Fähigkeit da – die Selbstdistanzierungsfähigkeit. Der Mensch kann von sich abrücken, er kann sich gegenübertreten, ja er kann sich sogar entgegentreten, wenn es notwendig ist, und dieses Sich-SelbstGegenübertreten muß keineswegs immer nur in einer heroischen Weise erfolgen, sondern es kann auch in einer ironischen Weise zustande kommen. Der Humor ist deshalb eine spezifisch menschliche Fähigkeit, weil er voraussetzt, daß der Mensch lachen kann, und zwar auch über sich selbst lachen kann, über seine eigenen Ängste lachen kann.“ (Frankl/Kreuzer 1997:20)
Frankl war während der nationalsozialistischen Herrschaft in mehreren Konzentrationslagern inhaftiert. Die Selbsttranszendenz und Selbstdistanzierung ermöglichten ihm „die Einkehr in ein Reich geistiger Freiheit und inneren Reichtum“ (Lukas 1990:6) und damit das Weiter- und Überleben. Er verfasste später eine „Erlebnisschilderung“ in Form seines Buches „…und trotzdem Ja zum Leben sagen“, in der auch der Humor Thema ist. „[…] so mag es noch erstaunlicher klingen, wenn ich sage, daß es dort auch Humor gibt. […] Auch der Humor ist eine Waffe der Seele im Kampf um ihre Selbsterhaltung. Ist doch bekannt, daß der Humor wie kaum sonst etwas im menschlichen Dasein geeignet ist, Distanz zu schaffen und sich über die Situation zu stellen, wenn auch nur, wie gesagt, für Sekunden. […] Stellt der Wille zum Humor, der Versuch, die Dinge irgendwie in witziger Perspektive zu sehen, gleichsam einen Trick dar, dann handelt es sich jeweils um einen Trick so recht im Sinne einer Art Lebenskunst.“ (Frankl 2002a:74-75)
Als bekannteste Intervention der Logotherapie gilt die paradoxe Intention, die im Grunde der Selbstdistanzierung dient. „Paradoxe Intention heißt, daß sich der Patient wünschen beziehungsweise vornehmen soll, was er bis dahin sosehr gefürchtet hatte“, erklärt Frankl, und führt weiter aus, dass es dabei nicht um eine Verstärkung des Symptoms gehe, wie dies aus der Verhaltenstherapie bekannt ist: „Das heißt, ich sage dem Patienten nicht: »Haben Sie noch mehr Platzangst«, sondern ich sage dem Patienten: »Wie wäre es, wenn Sie anstelle der Angst vor dem Herzschlag, die Sie haben, die Sie ja zur Platzangst bewogen hat, einmal vornehmen: Heute gehe ich aus und lasse mich
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vom Schlag treffen, vom Gehirnschlag plus Herzschlag, heute gehe ich aus und werde den Leuten auf der Straße zeigen, wie einer zehnmal hintereinander kollabieren kann.« Und merken Sie: In dem Moment fängt er innerlich zu lächeln an. Damit ist die Distanz gewonnen. Er ist nicht mehr ein Symptom, er hat eine Neurose, und die kann er manipulieren.“ (Frankl/Kreuzer 1997:21f)
Der Humor gehört zum Wesen der Technik der paradoxen Intention, er ist für ihren Erfolg von großer Bedeutung (vgl. Frankl 1999a:25). Dass Frankl dem Humor einiges zutraut und ihm einen hohen Wert beimisst, lässt sich vor allem aufgrund der stolzen Anwesenheit in seinen zahlreichen Publikationen herleiten, vor allem aber dadurch, dass er ihn sogar als „Existential“ (Frankl 2002c:164)22 bezeichnen würde. Die PatientInnen sollen lernen, der Angst nicht nur ins Gesicht zu sehen, sondern ihr sogar ins Gesicht zu lachen, war er überzeugt. Dazu bedarf es „eines Mutes zur Lächerlichkeit“ (Frankl 2002c:164). Zuletzt soll die durch den Humor ermöglichte Fähigkeit, Problemen gegenüber auf Distanz gehen zu können, von Frankl selbst unterstrichen werden: „Nichts lässt den Patienten von sich selbst so sehr distanzieren wie der Humor.“ (Frankl 1999a:157) 9.4 Frank Farrelly und die Provokative Therapie In den sechziger Jahren des vorigen Jahrhunderts entwickelte der Social Worker23 Frank Farrelly (vgl. Kap. 13.1) einen Therapieansatz, den er später als „Provokative Therapie“ bezeichnete. Im Vergleich zu den zuvor vorgestellten therapeutischen Richtungen nimmt der Humor hier eine zentrale Rolle ein (vgl. Salameh 1983:63). Den Unterschied zu anderen therapeutischen Richtungen erklären Farrelly und Brandsma (1974/2005:74) folgendermaßen: „Hinsichtlich des Verhaltens des Therapeuten unterscheidet sich die provokative Therapie von anderen therapeutischen Richtungen durch den Grad an Direktheit und den Gebrauch von Konfrontation, den widersprechenden und bestätigenden Gesprächsstil, den systematischen Gebrauch von sprachlichen und nichtsprachlichen Reizen und das Vermeiden professioneller Würde in Verbindung mit freiem Gebrauch von Humor und Spaßmacherei.“
Frank Farrelly, ein Schüler von Carl Rogers, machte die Erfahrung, dass er bei manchen KlientInnen mit den Grundsätzen der klientenzentrierten Therapie an unüberwindbare Grenzen stieß: „Es wurde immer klarer, daß einfühlsames Verstehen, Feedback, warm22
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„Der Humor würde verdienen, ein Existential genannt zu werden. Nicht anders als die Sorge (M. Heidegger) und die Liebe (L. Binswanger).“ (Frankl 2002c:164) Im Rahmen einer persönlichen Korrespondenz mit Eleonore Höfner weist sie darauf hin, dass Farrelly zwar Social Worker sei, diese Bezeichnung allerdings mit dem „Sozialarbeiter“ im deutschsprachigen Raum nicht vergleichbar sei. Höfner schlägt die Bezeichnung „Psychologe“ vor, die das Berufsbild des amerikanischen Social Workers am ehesten beschreibt.
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herziges Sich-kümmern und wirkliche Übereinstimmung einfach nicht genug waren und uns nirgendwohin brachten“, schildert er die Situation während des 91. Gespräches mit einem Klienten. An diesem Punkt „gab er auf“ und sagte ihm: „In Ordnung, ich stimme mit Ihnen überein, Sie sind ein hoffnungsloser Fall.“ Er bot ihm noch 91 weitere Gespräche an, um diese „Diagnose“ bestätigen zu können. Der Klient begann zu protestieren, er wäre nicht so schlecht und hoffnungslos. Nach weiteren sechs Gesprächen entließ sich der Klient selbst aus der psychiatrischen Klinik, jedoch nicht ohne zuvor von Farrelly gesagt zu bekommen, er werde vermutlich den Rest seines Lebens in psychiatrischen Kliniken verbringen müssen (vgl. ebd.: 34) Was ist bei diesem Gespräch passiert? Farrelly hat seinen Klienten provoziert24, herausgefordert, ihn aus seiner passiven Rolle herausgeholt und seine Selbstverantwortung angeregt. Farrelly formuliert zwei zentrale Hypothesen25 der Provokativen Therapie, wobei die erste sich an die Einstellung des Patienten sich selbst gegenüber richtet: „Wenn er von dem Therapeuten provoziert wird (humorvoll, wahrnehmend und in des Patienten eigenem Bezugsrahmen), tendiert der Patient dazu, sich in die entgegengesetzte Richtung zu bewegen und zwar genau entgegengesetzt der Definition, die der Therapeut von dem Patienten als Person gegeben hat. Die zweite Hypothese zielt auf das offene Verhalten des Patienten: Wenn er provokativ von dem Therapeuten dazu gedrängt wird (humorvoll und tiefblickend), seine Selbstverteidigung und sein eingeschränktes Verhalten fortzusetzen, dann wird der Patient dazu neigen, sich auf sein eigenes sichselbsterweiterndes und den anderen förderndes Verhalten einzulassen.“ (ebd.: 68f)
Der Therapeut spielt in diesem Prozess eine besondere Rolle. Farrelly findet für das Vorgehen des provokativen Therapeuten eine knappe, aber aussagekräftige Bezeichnung – er spielt „des Teufels Advokat“. Er ergreift Partei für die negative Seite. „Der Therapeut spielt die Rolle des Satans dadurch, daß er den Patienten dazu verführt und drängt, seine „Sünden“, seine abweichenden und pathologischen Verhaltensweisen mit „guten“ und einleuchtenden Gründen fortzusetzen. Er übernimmt den „krummen“ Teil des therapeutischen Gesprächs, um den Patienten dadurch zu provozieren, den vernünftigen, den geraden und psychologisch angepaßten Teil des Gesprächs zu übernehmen“ (ebd.:76). Der Therapeut und der Patient beziehen sich in einer ironischen Weise auf die
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Höfner/Schachtner (2004:193) verstehen unter „provozieren“ nicht rüpelhaftes Konfrontieren oder Anpöbeln, sondern im Sinne des lateinischen provocare bedeutet es „hervorrufen“ bzw. „herausfordern“. 25 Trotz der positiven Einschätzung der Möglichkeiten der Provokativen Therapie steht der wissenschaftliche Beweis für diese Vorgehensweise noch aus (vgl. Höfner/Schachtner 2004; Titze/Eschenröder 2003).
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Stärken des Patienten, indem sie den Therapeuten die Schwächen übernehmen lassen (vgl. ebd.:79). „Viele Therapeuten ziehen es vor, dem Patienten ewig etwas anzudeuten, anstatt ihm klipp und klar etwas zu sagen“, meint Farrelly (ebd.:83). In der provokativen Therapie verhält es sich anders. Der Therapeut zeigt dem Klienten auf verschiedene Art und Weise die sozialen Konsequenzen seines Verhaltens und Benehmens auf. Er versucht, all die tabuisierten Dinge zu sagen, die die Menschen einander nicht sagen können, er ist bemüht, das Unaussprechliche auszusprechen, das Nicht-fühlbare zu fühlen und das Undenkbare mit dem Klienten zu denken. Er versucht, die verschlüsselten Zweifel des Klienten zu benennen und seine schlimmsten Gedanken und Ängste über sich selbst, aber auch die Reaktionen anderer auf ihn, zu wiederholen. Der Klient bemerkt dadurch, dass er „nicht zerstört oder ausgelöscht“ wird und kann mit diesen Konfliktbereichen auf einer bewussteren und realistischeren Ebene umgehen. Hier kommen die Merkmale der provokativen Kommunikation zum Tragen. Der provokative Therapeut versucht, in das Bezugssystem des Klienten einzutreten, um es dann zu verändern. Der Eintritt in das Bezugssystem wird ihm durch die Anwendung der Sprache der KlientInnen erleichtert. Die „Sprache der Straße“ hat sich in der Provokativen Therapie als wirkungsvoll herausgestellt. Mit ihr wird verständlicher und aus dem Bauch heraus gesprochen (vgl. Farrelly/Brandsma 1974/2005:160). Es werden vier Arten einer wirkungsvollen Sprache unterschieden: 1) die religiös-moralische Sprache, 2) die Gossensprache oder die Sprache in Umkleideräumen, 3) die Körpersprache oder die Sprache aus der Körperfühlsphäre, 4) der berufliche Jargon (vgl. ebd.:160f). „Die religiös-moralische Sprache ist elternhaft, eindrücklich, autoritär, basiert auf Schwarzweiß-Unterscheidung und neigt dazu, die Gesetzlichkeit von bestimmten Subkulturen und bestimmten Perioden zu verherrlichen. Die Umkleideraumsprache ist jung, fluchend, und affektbeladen. Körpersprache wird kommuniziert durch Position, Haltung, Gestik, Mimik und den Berührungssinn. Berufsjargon ist geschraubt, vieldeutig, tiefsinnig und meistens ängstlich.“ (ebd.:161) Um diese Vorgehensweise zu veranschaulichen, ohne sie dabei aus dem Kontext zu reißen, müsste man mindestens ein komplettes Interview beobachten können. InterviewTranskriptionen provokativer Sitzungen sind, obwohl die non-verbalen Elemente dabei fehlen, eine gute Möglichkeit, sich einen ersten Eindruck zu verschaffen und ein Gespür dafür zu bekommen. Ein Beispiel von Höfner/Schachtner (2004:116f) verdeutlicht, wie die Selbstdemontage der KlientInnen sabotiert wird, wenn die abwertende Unterstellung von außen kommt:
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Kl: Mein Problem ist, dass ich oft Depressionen habe. Th: Aus gutem Grund! Kl: Ja! Th: Sie haben wirklich allen Grund zu Depressionen! Kl: Nein, ich… Th: Mein Vater pflegte zu sagen: „Manche Leute erfreuen sich eines höchst unglückseligen Lebens!“ Kl: So war es vielleicht manchmal bei mir. Ich glaube, es hängt mit meinem geringen Selbstvertrauen zusammen. Und deshalb versuche ich sehr viel zu arbeiten, immer mehr und mehr, und dann bin ich völlig erschöpft. Th: Ja. Sie erschöpfen sich damit, zu versuchen, Zutrauen zu gewinnen, Selbstvertrauen. Warum brechen Sie nicht einfach zusammen? Und lassen sich von jemand anderen durchs Leben tragen! Kl: Das ist es, was ich mir wünsche! Th: Ja, sehen Sie, manche Frauen sind stark. Sie kochen, haben Freunde, organisieren alles mögliche. Sie haben viel Energie, und wenn etwas unmöglich ist, dauert es nur ein bisschen länger. Und dann gibt es Frauen, die so eine Art zerbrechliche Blume im Glashaus des Lebens sind. Die brauchen Fürsorge und Schutz. Kl: Aber ich bin eine Mischung. Ich habe das Selbstbild, dass ich sehr stark bin! Th: (erstaunt): Woher haben Sie dieses Bild? Wo, wer… Wie kommen Sie darauf, dass Sie eine Mischung wären? Kl: Wenn ich mir mein Leben anschaue, sehe ich, dass ich sehr stark bin. Ich kann alles tun. Th: Nun, nicht „alles“! Es gibt Zeiten, wo Sie – sagen wir mal nicht gerade stark, sondern nicht vollständig schwach sind. (Zitiert:) „Manchmal bin ich nicht völlig schwach!“ – „Sehr gut, sehr gut!“ sagen die Leute dann. „So gesehen, sahen Sie sehr stark aus, gestern, zwischen 11 und 12 Uhr!
Welche Rolle der Humor in der Provokativen Therapie spielt, beschreibt Eleonore Höfner26. Sie führt Farrellys Theorien weiter aus, allerdings unter der Bezeichnung „Provokativer Stil“27. Sie erklärt, dass sie den Klienten als gleichwertigen Gesprächspartner herausfordert und ihm das Absurde und Selbstschädigende an seinem Denken zeigt. Auf diese Weise – inmitten einer humorvollen Atmosphäre – wird ihm beigebracht, über sich selbst zu lachen. Dieses Lachen trägt bereits die Hoffnung auf einen guten Ausgang in sich. Auch vonseiten der Berater wird diese Zuversicht vermittelt, weil die Probleme nicht so tragisch und bitter ernst genommen werden, der Klient allerdings ganz und gar für voll genommen wird. Während also der Mensch ernst genommen wird, macht man 26
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Zwar sind als AutorInnen des Buches „Das wäre doch gelacht“ Höfner und Schachtner angeführt, geschrieben hat es allerdings ausschließlich Eleonore Höfner, wie Schachtner selbst in seinem Vorwort erwähnt (vgl. Schachtner 2004:12). Höfner schreibt im Vorwort ihres Buches „Das wäre doch gelacht“, dass die Vorgehensweisen der Provokativen Therapie nicht nur therapeutisch wirksam sind, sondern jeden Umgang mit Menschen müheloser machen. „Deshalb sprechen wir auch vom Provokativen Stil, denn wir beschreiben kein neues Therapiegebäude, sondern einen Kommunikations- und Verhaltensstil, der auch in der Psychotherapie Anwendung finden und (fast) jedes therapeutische Vorgehen bereichern kann.“ (Höfner 2004:14)
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sich – mit dem Klienten gemeinsam – über das Symptom lustig (Höfner/Schachtner 2004:42f). Sie weist auch auf die bereits erwähnte Bedeutung non-verbaler Signale hin, ohne die manch humorvolle Provokation falsch aufgefasst würde. Je deutlicher „der Schalk im Auge sitzt“, desto eher stellt sich die beabsichtigte Wirkung ein. Die humorvoll verpackten Provokationen lassen sich auf diese Weise viel besser verdauen (vgl. ebd.:48). Provokative Therapie kann erst als solche bezeichnet werden, wenn der Klient wenigstens ein Mal während eines Gesprächs lacht. Trotzdem kann man hier nicht von einer Unterhaltungsstunde sprechen, denn der Humor wird in hohem Maße zielorientiert angewendet. TherapeutInnen wollen „jenseits des Lachens kommen und den Patienten dazu bringen, mit persönlichen Angelegenheiten, Gefühlen und Verhaltensweisen direkt und ehrlich umzugehen.“ (Farrelly/Brandsma 1974/2005:133) Die humorvollen Verzerrungen des spürbar selbstironischen Therapeuten fordern KlientInnen heraus, zu seinen Aussagen eine distanzierte Haltung einzunehmen. Er ist aufgefordert, sich ständig zu fragen, ob er das jetzt wörtlich nehmen soll oder noch „übersetzen“ muss. Hiermit wird die Fähigkeit zum Relativieren gefördert, aber auch die Unabhängigkeit vom Therapeuten, (vgl. Höfner/Schachtner 2004:51) wie folgendes Beispiel zeigt: Kl: (ernsthaft) Herr Farrelly, haben Sie je in der Therapie bemerkt, daß Ihre Patienten Schwierigkeiten haben, sie von Gott zu unterscheiden? Weil, als ich in der Psychoanalyse war, konnte ich meinen Therapeuten nicht von Gott Th: (lehnt sich nach vorne, als ob er sich halb vom Stuhl erheben wollte, streckt seine Arme aus in einer „leidenden-Jesus-am-Kreuz-Haltung“, nimmt einen „messianischen“ Gesichtsaudruck an; in einem saccharinsüßen „vergebenden“ Ton) Meine lieben Kinder… (der Therapeut fährt fort, seine Arme auszubreiten, bis seine Hände im Gesicht einer lautstarken, streitsüchtigen Patientin landen, die an seiner linken Seite sitzt, sie grabscht sein Handgelenk, schiebt seine Hand weg, während sie sein Handgelenk weiter festhält und unterbricht den Therapeuten laut lachend) Kl: Ach Quatsch, Frank – Sie sind nichts weiter als ein Sozialarbeiter! (Die Gruppe lacht laut). Th: (nimmt abrupt einen „überraschten“ Ausdruck an, als ob er aus einer Trance erwache) Huuh? Kl: (schaut zum Therapeuten, nickt langsam und ernsthaft) Ich sehe, Sie lassen sie nicht so abhängig von sich werden. (Farrelly/Brandsma 1974/2005:138)
Warum KlientInnen die manchmal sehr direkt formulierten Provokationen annehmen können, erklärt sich mit Watzlawicks digitalem und analogem Kommunikationsmodell. Im provokativen Stil wird auf der digitalen Ebene, der Ebene der Begriffe, frech kommuniziert, was manchmal sogar ätzend oder bösartig klingen mag. Gleichzeitig wird auf der nonverbalen, analogen Ebene das Gegenteil vermittelt, nämlich, dass die KlientIn-
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nen für wertvoll und gleichwertig angesehen werden. AnwenderInnen des Provokativen Stils verhalten sich fast immer inkongruent, da sie verbal unverschämt, aber nonverbal warmherzig und unterstützend kommunizieren. Hierzu erwähnt Höfner, dass 90 Prozent der Kommunikation auf der nonverbalen Ebene ablaufen, jedoch lediglich 10 Prozent durch das gesprochene Wort bestimmt werden.28 Bei inhaltlich widersprechenden, also inkongruenten Botschaften werden die Empfänger der Botschaft immer der nonverbalen glauben (vgl. Höfner/Schachtner 2004:71). Wenn KlientInnen humorvoll konfrontiert werden, schwingt die Botschaft mit, die nackten Tatsachen anzunehmen und das Warum zu vergessen. Es werden Bewältigungsreaktionen motiviert, indem sich KlientInnen gegenüber den TherapeutInnen (die die negative Seite übernommen haben) behaupten, sich somit vom Problem distanzieren und sich überlegen fühlen. Nicht zuletzt hilft Humor auch den TherapeutInnen, die durch den Humoreinsatz in Eintracht mit sich selbst bleiben. Der Humor macht die Therapie für die AnwenderInnen erträglich und sogar erfreulich (vgl. Farrelly/Brandsma 1974/2005:156). Mehr Humor ist nach Farrelly/Brandsma nicht gleichbedeutend mit besseren Therapieerfolgen. Anstrengungen besonders humorvoll und witzig zu sein, können den Humor erzwungen und statisch erscheinen lassen sowie den Therapeuten am einfühlenden Verstehen hindern (vgl. ebd.:156). Für den Einsatz von Humor spielt die Persönlichkeit der BeraterInnen eine wichtige Rolle. „Der Klient kann nur lernen, mit dem Therapeuten über sich zu lachen, wenn auch dieser sich komisch finden kann.“ (Höfner/Schachtner 2004:50f) 9.5 Stellungnahmen zum Humor in der Therapie Peter Hain hat für sein Buch „Das Geheimnis therapeutischer Wirkung“ (2001) InterviewpartnerInnen befragt, um mit deren Hilfe schulenübergreifende Wirkfaktoren zu erarbeiten. Dabei war auch der Humor Gegenstand seiner Untersuchung. Einige Ergebnisse und Wortmeldungen der InterviewpartnerInnen Peter Hains sollen hier herausgehoben werden. Für Frank Farrelly ist Humor „zutiefst menschlich, und ich denke, er kann dem Therapeuten und vor allem dem Patienten helfen. Ich stimme zu, dass es tragische Elemente im Leben gibt, aber ich widerspreche der Auffassung, das Leben sei eine Tragödie. Nicht die tragische Maske, sondern die komische und die tragische, beide zusammen symbolisieren das Leben“ (Hain 2001:63). Die Unterscheidung verschiedener 28
Vgl. hierzu Kapitel 3.3.3. Mehrabians Studie spricht von 7% verbaler Inhalte der Kommunikation. Die von ihm untersuchten paraverbalen und nonverbalen Inhalte werden häufig zusammengefasst und als „nonverbal“ bezeichnet. Mehrabians Ergebnissen zufolge wäre von 93% nonverbaler Inhalte auszugehen.
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Formen des Humors – von der aggressiven bis zur heilsamen – ist für ihn wichtig. „Wohlwollender Humor ist heilsam und kann als starke Gegenkonditionierung wirken“ (ebd.:72). Voraussetzung für gute provokative Therapeuten ist ihm zufolge ein Hang zum Absurden und ein wirklich guter Sinn für Humor (vgl. ebd.:63-72). Paul Watzlawick findet Humor „absolut wichtig“ (ebd.:104), differenziert jedoch: „Da muss man wirklich eingetreten sein in die Wirklichkeit, die sich der Betreffende konstruiert hat. Das ist wichtig. Andernfalls könnte er sich verhöhnt fühlen.“ (ebd.:104) Helm Stierlin, Pionier der Familientherapie, kann Humor einiges abgewinnen. „Ich halte den Humor auch in der Arbeit für sehr wichtig. Ich war ursprünglich mehr so sozialisiert, den Humor nicht reinzulassen, und fand in (später [Anm. Peter Hain]) ungeheuer befreiend. Einen Humor, das hat auch Frank Farrelly sehr gut gezeigt, der den Patienten nicht entwertet, aber trotzdem sozusagen die existenziellen Widersprüche in der Situation in einer spielerisch humorvollen und doch akzeptierenden Weise zum Ausdruck bringt.“ (ebd.:113) Hain hebt heraus, dass Humor von all seinen zehn InterviewpartnerInnen für ihre therapeutische Arbeit geschätzt und als wertvoll erachtet wird, und der „Sinn für Humor“ eine wichtige Grundlage für die Gestaltung der therapeutischen Beziehung darstellt. Humor fördere nicht nur empathisches Verstehen und eine kooperative Atmosphäre, sondern mache in einigen Fällen ein therapeutisches Beziehungsangebot überhaupt erst möglich. Hain selbst sieht im Humor einen für viele Bereiche immer relevanter werdenden Wirkfaktor29 (vgl. ebd.152f). 9.6 Therapeutischer Humor In der Fachliteratur, die sich dem Humor widmet, findet man mitunter Abhandlungen über den „Therapeutischen Humor“ (vgl. u.a. Titze/Eschenröder 2003, Bernhardt 1985). Nach Salameh (1986 zit. nach Titze/Eschenröder 2003:133) steht der therapeutische Humor im Einklang mit den Bedürfnissen der PatientInnen. Er fördert eine offene therapeutische Beziehung, hilft, Probleme aus einer anderen, weniger ernsten Perspektive zu betrachten und regt den Prozess der Selbsterkenntnis auf spielerische Art an. Im Gegensatz dazu steht der destruktive Humor: „Durch destruktiven Humor macht der Therapeut seinen Gefühlen von Wut und Verärgerung Luft und ist den Auswirkungen die29
Hain beschreibt in einer Fußnote die „vielen Bereiche“. Dabei verweist er auf sieben veranstaltete Kongresse in Basel und Arosa, die „neben der Psychotherapie auch die Medizin, Krankenpflege, Clinic-Clowns, Gerontopsychiatrie, Lachtherapie, Pädagogik und Management u.a.“ (2001:53) umfassten. Sollte die Sozialarbeit Teil dieser Kongresse gewesen sein, dann zumindest kein erwähnenswerter. Es spiegelt sich auch hier die Übersehbarkeit des Humors in der Sozialen Arbeit wider. Es bleibt zu mutmaßen, ob Theorien über Humor in der Sozialen Arbeit mangels Qualität oder Quantität in ihrer Präsenz vernachlässigt werden.
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ser Äußerungen beim Patienten gegenüber unsensibel. Dies führt bei Patienten zu Verletztheit und Mißtrauen“ (ebd.). Therapeutischen Humor definiert Salameh folgendermaßen: „Therapeutischer Humor ist eine Entspannung des persönlichen Erlebens, die einsetzt als lustvolle Verwirrung, gepaart mit einer Auflösung von Sinnzusammenhängen, letztere gefolgt von einer erhellenden Neuordnung der Zusammenhänge, welche in einer neuen, positiv stimmenden Aufladung der kognitiv-emotionalen Batterien gipfelt. Dieser Vorgang ist üblicherweise von eindeutigen physiologischen Indikatoren begleitet – neben Abstufungen der Mimik von Lächeln bis Lachen z.B. Muskelentspannung und vertiefte Atmung – und verbessert die seelischen Bedingungen für Geselligkeit und Sozialverhalten des einzelnen.“ (Salameh 2007:47)
Weiters erscheint ihm gerechtfertigt, Humor „den Status eines für erfolgreiche Beratung und Therapie wesentlichen Faktors“ (Salameh 2007:72) zuzusprechen. Hervorzuheben ist allerdings, dass der Humor frei von Sarkasmus sein muss. Erst dann können maladaptive Verhaltensmuster der KlientInnen geschwächt werden, kreative Problemlösung angeregt und ein gutes Verhältnis aufgebaut werden (vgl. ebd.:72). Michael Titze bringt eine kompakte Beschreibung des Therapeutischen Humors: „Therapeutischer Humor ist immer dann gegeben, wenn die Intention des Humoristen darauf abzielt, einen langfristigen soziopositiven (oder eben: therapeutischen) Effekt hervorzurufen. Dies im Gegensatz zum Unterhaltungshumor, wo es um einen schnellen, unspezifischen Lacherfolg geht.“30 Therapeutischer Humor soll Bernhardt (1985:111) zufolge spontan und nicht erzwungen sein, muss also echt sein. TherapeutInnen können sich nicht vornehmen, humorvoll zu sein. Sie könnten lediglich einen Humor entwickeln, der dann in der Therapie seinen Niederschlag findet. Juan Andrés Bernhardt beschreibt folgende Vorteile, die durch therapeutischen Humor erreicht werden: 1. „Die humorvolle Haltung des Therapeuten hat Modellwirkung. Der Klient übernimmt diese Einstellung bewusst oder unbewusst. 2. Gemeinsames Lachen entspannt die Therapeut-Klient-Beziehung und stärkt so das therapeutische Bündnis. Dadurch wird die freie Assoziation gefördert. 3. Mitteilungen des Therapeuten können durch Humor indirekt erfolgen; der Klient behält die Freiheit, die indirekte Mitteilung zu verstehen oder nicht. Die Meinung des Therapeuten wird ihm nicht aufgezwungen. 30
Diese Beschreibung erhielt ich von Michael Titze persönlich. Das E-Mail liegt mir vor, die zitierte Textstelle wird ohne Abänderung wiedergegeben.
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4. Humorvolle Deutungen werden vom Klienten eher akzeptiert als ernsthafte. Die Bewusstwerdung verdrängter Erinnerungen, Gefühle und Gedanken wird so erleichtert. 5. Die Sichtweise des Klienten wird verändert. Humor ermöglicht es ihm, seine Probleme zu relativieren und sich selbst und andere aus einem wohlwollenden Blickwinkel zu betrachten. 6. Das Selbst des Klienten wird gestärkt. Er kann sich von bisherigen, ihn hemmenden Überzeugungen trennen und entfaltet seinen freien Willen und seinen Sinn für Freude.“ (Bernhardt 1985:135) 9.7 Schwierigkeiten und Grenzen in der Humoranwendung Bislang wurde vorwiegend von der positiven Wirkung des Humors gesprochen, dennoch blieb die Berücksichtigung negativer Wirkungen nicht ausgespart. Diese sollen hier noch einmal zur Sprache kommen, damit ein ausgewogenes Gesamtbild des Humors in die weiteren Betrachtungen übertragen werden kann. Robinson (2002:57) weist darauf hin, dass der Humor versagt, wenn Angst oder Anspannung ein gewisses Maß überschritten haben. Sind Angst oder Schmerzen nicht unter Kontrolle, werden alle Energien benötigt, um Gefahren abzuwenden und die Komik verpufft. Erst wenn eine akute Krise vorüber ist, kann die betreffende Person wieder lachen. Aus psychoanalytischer Sicht stellt das große narzisstisch kränkende Potential eine Schwierigkeit dar, da es bei KlientInnen das Gefühl auslösen kann, nicht verstanden oder ausgelacht zu werden. Zum Tragen kommt diese Gefahr, wenn BeraterInnen aufgrund einer unreflektierten Haltung KlientInnen gegenüber im Humor aggressive Impulse ausagieren. Es muss hierbei berücksichtigt werden, dass auch andere Interventionen bei inadäquater Anwendung ihre Schwierigkeiten mitbringen – dies gilt ebenso für den Humor. Dennoch besteht die Gewissheit, dass sich eine humorvolle Intervention wieder ausbalancieren lässt (vgl. Frings 1996:106-114). Bernhardt (1985:138) knüpft an der von Frings erwähnten unreflektierten Haltung von BeraterInnen an. Er sieht in der Anwendung „unechten“ Humors Tendenzen, die auf Ängste, Aggressionen und Projektionen seitens der BeraterInnen zurückzuführen sind, und mit denen KlientInnen konfrontiert werden. Auf KlientInnen wirkt sich dieser Humor so aus, dass sich die Kindheitserfahrung, ausgelacht zu werden, wiederholt, sie den Ärger darüber unterdrücken, um nicht als humorlos zu gelten, oder es werden ihre Abwehrmechanismen dadurch verstärkt. Beide, Bernhardt und Frings, verweisen im Zusammenhang mit Argumenten gegen den Humoreinsatz auf das Werk von Lawrence Kubie, „Das zerstörerische Potential des
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Humors in der Psychotherapie“, in dem der Autor vor dem Gebrauch von Humor in der Therapie warnt. Seine Darstellungen bedürfen einerseits eines kritischen Blickes (vgl Frings 1996), andererseits räumt Kubie zumindest erfahrenen Therapeuten ein, in ihrer Arbeit humorvoll sein zu dürfen (vgl. Bernhardt 1985:66). Jochum (1994:53f) sieht die Grenzen fließend, denn wie auch die Person und ihre Wertordnung einzigartig und einmalig sind, so ist es auch ihr Humor. Er benennt Themen, in denen Humor nicht angebracht ist, wie etwa Selbstmord, Vergewaltigung, Tod eines Angehörigen und Blasphemie. Es ist vor allem darauf zu achten, dass echte Werte der KlientInnen nicht entwertet werden. Effinger (2006:51) unterstreicht eine gewisse Achtsamkeit im Humorgebrauch. Für ihn gilt, „dass der Humor nicht in jeder Situation und nicht bei jedem Zuhörer positive Eigenschaften entfaltet und als therapeutische oder sozialarbeiterische Interventionsform nicht für Alles oder Alle geeignet ist.“ 9.8 Zusammenfassung In den Ausführungen der Vertreter der „Wiener Schule“ konnte man erkennen, wie aus den theoretischen Abhandlungen Freuds der Humor bei Adler auch in der Praxis zur Anwendung kam, und Frankl ihm eine noch bedeutendere Rolle zusprach. Die Provokative Therapie zeigt, was mit Humor alles möglich ist und welch ungeheures Potenzial bei richtiger Anwendung in ihm steckt. Die wertschätzende Haltung KlientInnen gegenüber muss als Notwendigkeit abermals unterstrichen werden. Sie bildet den Grundstock in der Anwendung von Humor. Der „Gute Draht“ ist für die Herstellung und Erhaltung einer tragfähigen Arbeitsbeziehung unerlässlich. Er setzt sich nach Höfner/Schachtner (2004:63) aus der Kombination von Wohlwollen und Kompetenz zusammen und bietet eine Grundlage für eine gedeihvolle Humorarbeit. Zweifellos gehen mit dem Humor eine Reihe positiver Wirkungen einher, die für KlientInnen genauso förderlich sind wie für BeraterInnen. Falsch angewandt, kann er allerdings sehr verletzend sein und kontraproduktiv auf den Aufbau bzw. den Erhalt der Beziehung einwirken. Es gilt zu beachten, dass Humor nicht krampfhaft von BeraterInnen in die Beratung eingebracht werden soll, sondern aus einer humorvollen, lockeren und entspannten Grundhaltung in das Gespräch einfließt.
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10 Humor in der Beratung der Sozialen Arbeit Wie steht es nun also mit dem Humor in der Beratung der Sozialen Arbeit? Wie eingangs schon erwähnt, gibt es nur einige wenige Publikationen, die sich mit Humor in der Sozialen Arbeit beschäftigen (vgl. Effinger 2005, 2006; Limbrunner 1995; Paprotta 2005; Herzhoff 2007). Das Interesse an diesem Thema dürfte allerdings zunehmen, zumindest wenn man die steigende Zahl an Diplomarbeiten im deutschsprachigen Raum betrachtet (vgl. u.a. Bollinger/Lustenberger 2001; Weber 2006; Troicher 2007). Wie schätzen die Verfasser der bisherigen Publikationen die Situation ein? Aus dem Essay von Limbrunner (1995:76f) geht hervor, dass SozialarbeiterInnen aufgrund eines Überangebots „sozialwissenschaftlicher Halbwertzeit-Theorien“ längst der Humor und das Lachen vergangen sind: „Sozialarbeit unter kapitalistischen Produktionsbedingungen, der kurze steckengebliebene Marsch in den Agenturen sozialer Kontrolle, Stigmatisierung, Labeling, die sanften Kontrolleure und die Lohnerzieher, Gefühlsarbeit, Paradoxien helfenden Handelns, vom Helfer- zum Managersyndrom und so fort. Alles endet, zunächst hochgehandelt, weil für die Praxis wenig hilfreich, im Cooling out, ja nachgerade im Burn out!“ (ebd.). Er benennt weitere Gründe für die berufliche Humorlosigkeit, beispielsweise die neue Professionalität, den Managementboom in der Sozialarbeit oder Entwicklungen der Sozialarbeit in Richtung einer privatisierten, marktwirtschaftlichen Dienstleistung. Sozialarbeit gleiche Sisyphosarbeit, die noch dazu schlank besoldet sei, führt er weiter aus (vgl. ebd.:77f). Die Sozialarbeit ist mit schicksalsschwerer Stimmung, Ernst, Traurigkeit und Betroffenheit bereits ausreichend vertraut; Humor könnte hier entgegenwirken (vgl. ebd.:78). „Wenn die Folge des analytischen und kritischen Sozialarbeiter-Blickes ist, sich der Absurditäten und Paradoxien bewußt zu werden, darauf mit Humor und Gleichmut – nicht Gleichgültigkeit – zu reagieren und trotzdem weiterzumachen, dann erst sind wir gute Sozialarbeiter und Sozialarbeiterinnen“ (ebd.:78). Zuletzt zählt Limbrunner den Gebrauch von Humor „zu den Aufgaben einer beruflichen Hygiene, zu einer Lebens- und Sozialarbeiterkunst!“ (ebd.:80). Das Bild, welches hier konstruiert wurde, ist von bitterem Ernst und Humorlosigkeit geprägt, wenn auch mit einem hoffnungsvollen Blick in die Zukunft. Hat Limbrunner seine Sicht im Jahr 1995 geäußert, so sieht es sein Kollege Herbert Effinger über zehn Jahre später „positiver oder zumindest zweigeteilt“ (Effinger 2006:55). Er gibt Limbrunner insofern Recht, solange von wissenschaftlichen Veröffentlichungen die Rede ist. Bei Tagungen oder diversen Zusammenkünften machte er aber auch andere Erfahrungen (vgl. ebd.). Doch auch Effinger äußert sich kritisch und stellt die Frage, ob
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Soziale Arbeit eine humorlose Profession sei, wo alles ernst, traurig und bedrückt sein muss, kann aber nach eigener Aussage nicht empirisch abgesichert darauf antworten (vgl. Effinger 2005:15). Er sieht im Humor ein effizientes Lösungsmittel, das als Ressource genutzt werden kann. Um dieses auch in der Sozialen Arbeit zu etablieren, empfiehlt er 1.) mehr Humor in Ausbildung und Studium, 2.) mehr Humor in der Praxis, 3.) Humor als professionellen Selbstschutz, 4.) Humor als Gegenstand der Sozialarbeitsforschung (vgl. ebd.:19). Im dritten Punkt ist das Thema Burnout inbegriffen, das vor allem für VertreterInnen der helfenden Berufe wesentlich ist. Es ist hervorzuheben, dass Humor die Prozesse einer Burnout-Entwicklung verhindern bzw. verringern kann (Goltz 2002 zit. nach Hirsch 2007:76). Sabine Paprotta (2005) ist der Frage nachgegangen, ob Humor in der Sozialen Arbeit ein Thema ist. Ihre Untersuchung hat gezeigt, dass SozialarbeiterInnen Humor als ein wichtiges Element ihrer Arbeit sehen. Die Hypothese, eine besonders belastende Problematik des Klientels brächte einen eher ernsten Arbeitsstil hervor, ließ sich nicht bestätigen. Aus der Zusammenfassung der Ergebnisse geht ein Bild von SozialarbeiterInnen hervor, die dem Humor durchaus positive Seiten abgewinnen können. Dies ergibt im Vergleich zu den bisherigen Darstellungen eine dem Humor gegenüber weitaus aufgeschlossenere Sozialarbeit. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass – Paprottas Ergebnisse ausgenommen – über die Anwendung von Humor in der Beratung der Sozialen Arbeit keine wissenschaftlich abgesicherten Daten vorliegen. Die Meinungen und Einschätzungen von Effinger und Limbrunner zeigen, dass die Auseinandersetzung mit Humor in der Sozialen Arbeit noch einen Aufholbedarf aufweist.
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II EMPIRISCHER TEIL
11 Untersuchung Auf den theoretischen Teil aufbauend, soll im empirischen Teil meiner Arbeit der Humor in der Sozialen Arbeit einer weiteren Betrachtung unterzogen werden. Zunächst werden Forschungsfragen und Hypothesen formuliert, die mithilfe von ausgewählten Methoden der empirischen Sozialforschung (vgl. Steinert/Thiele 2000) bearbeitet werden sollen. Am Ende werden die Ergebnisse interpretiert und diskutiert, wodurch neue Fragen und Hypothesen entstehen können. 11.1 Fragestellungen und Hypothesen Fragestellungen werden als Tür zum untersuchten Forschungsfeld gesehen (vgl. Flick 2007:140). Mit den formulierten Fragestellungen werden bestimmte Aspekte des Forschungsgegenstandes herausgehoben: Wie stehen SozialarbeiterInnen dem Humor gegenüber, welchen Stellenwert sprechen sie ihm zu, und wie wird Humor in der Sozialen Arbeit in der Außendarstellung wahrgenommen? In welcher Häufigkeit kommt Humor in sozialarbeiterischen Beratungs-gesprächen zur Anwendung? Wie schätzen SozialarbeiterInnen die Häufigkeit der Humoranwendung ihrer KollegInnen ein? Wie oft wird in den verschiedenen Handlungsfeldern Sozialer Arbeit Humor im Beratungsgespräch angewandt und wie schätzen SozialarbeiterInnen die Humoranwendung in diesen Handlungsfeldern nach ihrer Häufigkeit ein? Welche Aspekte sind bei der Anwendung von Humor im Beratungsgespräch unter Berücksichtigung des Klientels Sozialer Arbeit zu beachten? Mit welchen Argumenten können Bedenken, durch die Humoranwendung könnten sich KlientInnen gering geschätzt bzw. ausgelacht fühlen, entkräftet werden? Aus diesen Fragestellungen heraus lassen sich folgende Hypothesen formulieren:
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Hypothese 1 Obwohl SozialarbeiterInnen privat und im Gespräch mit KollegInnen dem Humor einen hohen Stellenwert beimessen, nimmt er für sie im Beratungsgespräch nur einen geringen Stellenwert ein. Hypothese 2 SozialarbeiterInnen schreiben dem Humor überwiegend positive Eigenschaften zu, wenden Humor aber nur in geringem Maße in der Beratung an. Hypothese 3 SozialarbeiterInnen sehen sich selbst dem Humor positiver gegenüberstehend, als sie dies ihren KollegInnen zuschreiben. Hypothese 4 SozialarbeiterInnen wenden Humor im Beratungsgespräch häufiger an, als sie dies ihren KollegInnen zuschreiben. Hypothese 5 Humor wird in den jeweiligen Handlungsfeldern der Sozialen Arbeit öfter angewandt, als dies von SozialarbeiterInnen eingeschätzt wird.
Hypothese 6 Humor ist nicht bei jeder Person und nicht in jeder Situation anwendbar, vor allem bei akut krisenhaften Problemen ist er nicht angebracht. 11.2 Wahl der Erhebungsmethoden Es werden sowohl quantitative als auch qualitative Methoden verwendet. Der Verknüpfung beider Methoden im Sinne einer „Triangulation“ (Flick 2007:44) liegt die Annahme zugrunde, dass der gleichzeitige Einsatz qualitativer und quantitativer Methoden eher komplementäre als rivalisierende Effekte generiert (vgl. Jick 1983 zit. nach Flick 2007:44). Die quantitative Erhebung richtete sich in Form einer schriftlichen Befragung an SozialarbeiterInnen in Wiener Institutionen. Es sollte vordergründig untersucht werden, in welcher Häufigkeit Humor in der sozialarbeiterischen Beratung zur Anwendung kommt. Weiters sollten Fragenkomplexe, die auf die Erhebung von Meinungen und
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Einschätzungen über Humor in der Sozialen Arbeit im Generellen, und Humor in der Beratung der Sozialen Arbeit im Speziellen abzielten, Informationen zu Tage bringen, welche als Grundlage für die Untersuchung des gegenseitigen Verhältnisses von Humor und Sozialarbeit verwendet werden konnten. Als geeignete Untersuchungsvariante wurde der standardisierte Fragebogen erachtet, da mit ihm eine große Anzahl an SozialarbeiterInnen erreicht werden konnte. Die qualitative Erhebung wurde mittels leitfadenorientierter ExpertInneninterviews durchgeführt. Sie sollten die Möglichkeiten, in welcher Form Humor in der sozialarbeiterischen Beratung anwendbar ist, aufzeigen. Die Frage nach den Grenzen des Humors und der dabei zu beachtenden Aspekte dienten der Formulierung von Richtlinien in der Humoranwendung. Die ExpertInneninterviews wurden als geeignete Erhebungsmethode herangezogen, da die Aussagen von Fachleuten auf dem Gebiet der Humoranwendung in der Beratung eine wesentliche Grundlage zur Beantwortung der Forschungsfragen darstellten. Mithilfe des Leitfadens konnte der Fokus auf die zu erhebenden Themenkomplexe gerichtet werden, ohne einen offenen Charakter hinsichtlich der Gesprächsund Themendynamik aufgeben zu müssen. Somit bestand die Möglichkeit, neue, bis dahin nicht berücksichtigte Themen erfassen zu können. 11.3 Quantitative Methode Der Fragebogen stellt in der Sozialforschung eines der am häufigsten verwendeten Instrumente der Datenerhebung dar (vgl. Pallas 2006:333). Auf den Ablauf und die Durchführung der Befragung soll im Folgenden näher eingegangen werden. 11.3.1 Erhebungsinstrument Für die Konstruktion und Gestaltung des Fragebogens, der Formulierung der Fragen und der Wahl der Antwortformate bediente ich mich einschlägiger Fachliteratur (Kirchhoff et al. 2006; Diekmann 2006; Raab-Steiner 2006; Pilshofer 2001), um den Qualitätsanforderungen der Fragebogenerstellung gerecht zu werden. Der mit einem Begleitschreiben versandte Fragebogen bestand aus 30 Fragekomplexen. Mittels Einleitung und Instruktion wurden die SozialarbeiterInnen auf den Ablauf der Befragung vorbereitet. 11.3.2 Stichprobe Der Fragebogen war an Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeiter gerichtet, die zum Zeitpunkt der Befragung in Wiener Institutionen beschäftigt waren und bereits Beratungen im Einzelsetting durchgeführt hatten. Diese Voraussetzungen wurden in der Einleitung
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des Fragebogens festgehalten. Die abgeschlossene Ausbildung zum/r Sozialarbeiter/in wurde als wesentliches Kriterium zur Teilnahme an der Befragung angemerkt. Es war nicht möglich, die Grundgesamtheit genau zu benennen. Allerdings war eine Zahl eruierbar, an der sich auch die im letzten Jahr veröffentlichte Studie von Mayrhofer und Raab-Steiner (2007:51) orientierte. Diese beziehen sich auf einen vom Österreichischen Berufsverband der SozialarbeiterInnen (OBDS) veröffentlichten Stand des Jahres 2003, der für Wien eine Anzahl von 1.405 Diplomierten SozialarbeiterInnen angibt, und seither nicht mehr aktualisiert wurde (vgl. OBDS 2008). Auch wenn die vorliegende Zahl kaum mit dem derzeitigen Stand übereinstimmen dürfte, wird sie in Ermangelung vergleichbarer Daten für die weitere Untersuchung herangezogen. Als Grundlage für die Ziehung der Stichprobe wurde die Praxisliste des Diplomstudiengangs „Sozialarbeit im städtischen Raum“ herangezogen (vgl. Haberhauer-Stidl 2005b). Der Fragebogen wurde an die darin vermerkten Institutionen per Mail ausgesandt, fehlende Mailadressen soweit möglich recherchiert. Bei einigen größeren Institutionen (Fonds Soziales Wien, Caritas Wien, MAG ELF, Verein Neustart, Verein Wiener Jugendzentren) wurde die Erlaubnis zur Verteilung der Fragebögen eingeholt, die in einigen Fällen auch intern weitergeleitet wurden. Über diese internen Verteilungen liegen keine gesicherten Zahlen vor, da der Verteilungsumfang nicht von allen Institutionen rückgemeldet wurde. Dennoch kann abzüglich der 29 Mails, die nicht zugesandt werden konnten, von ungefähr 208 Institutionen ausgegangen werden, die den Fragebogen erhalten haben. Wie viele SozialarbeiterInnen damit erreicht wurden, kann nicht gesagt werden, wodurch eine Rücklaufquote nicht exakt bestimmbar ist. Vielmehr lässt sich genauer feststellen, welchen prozentuellen Anteil die Stichprobe an der Grundgesamtheit einnimmt. Es wurden insgesamt 163 Fragebögen entweder postalisch oder per Mail retourniert, von denen zwei nicht ausgefüllt waren. Somit konnten 161 Fragebögen zur Auswertung herangezogen werden, die – orientiert man sich an der oben genannten Grundgesamtheit – 11,46% der in Wien beschäftigten ausgebildeten SozialarbeiterInnen repräsentieren. 11.3.3 Auswertungsmethode Die Auswertung der aus den Fragebögen gewonnenen Daten erfolgte unter Verwendung des Statistikprogramms SPSS (Statistical Package for Social Sciences, Version 15). Die Antworten wurden dabei in Zahlen codiert, die in dieser Form die deskriptiv- bzw. analytischstatistische Auswertung ermöglichten (vgl. Brunner 2006; Raab-Steiner 2007).
76
11.4 Qualitative Methode Die qualitative Erhebung wurde mittels leitfadengestützter ExpertInneninterviews durchgeführt, die einer inhaltsanalytischen Auswertung unterzogen wurden. 11.4.1 Erhebungsinstrument In der empirischen Sozialforschung zählt das ExpertInneninterview zu den am häufigsten genutzten qualitativen Verfahren, und lässt sich vor allem zu dem Zweck einsetzen, spezifisches und konzentriertes Wissen ausgewählter Personen zu einem umrahmten Themenbereich abzufragen (vgl. Kühl/Strodtholz 2002 zit. nach Bobens 2006:319). Auch wenn die Ansichten, wer als ExpertIn gelten kann, sehr unterschiedlich sind (vgl. Flick 2007:214), wird ExpertInnen ein spezifisches Wissen zugeschrieben, welches sich auf einen bestimmten Bereich bezieht (vgl. Flick 2007; Bobens 2006). Mit Hilfe des Leitfadens werden einzelne Themengebiete vorgegeben, wodurch das Interview thematisch eingegrenzt wird (vgl. Haberhauer-Stidl 2007a:5). Durch die zentrale Stellung der angesprochenen Themen und Aspekte wird die Vergleichbarkeit der Antwortreaktionen verschiedener befragter Personen ermöglicht (vgl. Diekmann 2006:446). Dennoch werden die Fragen nicht einem Fragebogen gleich abgespult, sondern können in der Reihenfolge und in der Schwerpunktsetzung je nach Interviewten variiert werden und neue Themenbereiche zulassen. 11.4.2 Auswahl der InterviewpartnerInnen Nach intensiven Recherchen in der auf Humor bezogenen Fachliteratur und im Internet konnte ein ExpertInnenkreis bestimmt werden. Mit dieser Gruppe von 13 Personen nahm ich per Mail Kontakt auf, wobei ich neben der Anfrage auf ein Interview auch meine Arbeit vorstellte und ein Exposé beifügte. Meine Hoffnungen auf positive Reaktionen waren eher gering. Umso mehr freute ich mich über neun Zusagen, mir für ein solches Interview zur Verfügung zu stehen. Da diese Zahl an ExpertInnen den Rahmen dieser Arbeit gesprengt hätte, fiel die Wahl auf fünf Personen: Dr. Herbert Effinger, Dr. Peter Hain, Dr.in Eleonore Höfner, Dr. Dr. Alfred Kirchmayr und Dr. Michael Titze. Als Kriterien für die Auswahl galten verschiedene Veröffentlichungen (siehe Literaturverzeichnis) über Humor im psychosozialen Bereich bzw. nachvollziehbare Erfahrung in der Anwendung von Humor in der Beratung. Eine weitere Person konnte später noch in diesen Kreis aufgenommen werden. Frank Farrelly stellte sich in einer Pause eines von ihm in Wien gehaltenen Workshops in Provokativer Therapie auf meine Bitte hin spontan für ein Interview zur Verfügung. Auf die Biographie der InterviewpartnerInnen wird im Kapitel 13.1 eingegangen.
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Die InterviewpartnerInnen wurden auf elektronischem Weg über den Ablauf der Interviews informiert. Die Gespräche wurden fernmündlich durchgeführt und mit Hilfe eines Aufnahmeadapters auf einem Diktiergerät mitgeschnitten. Auch darüber waren die ExpertInnen informiert. Als ungefährer Zeitrahmen war eine Stunde vorgesehen. Es wurde den Interviewten angeboten, ihnen den Leitfaden vorab zuzusenden. Manche nahmen hiervon Gebrauch, sodass ein Unterschied in der Vorbereitung auf das Interview gegeben war. 11.4.3 Auswertungsmethode Als Auswertungsmethode wurde die Inhaltsanalyse nach Mayring (2000; 2001; 2002) gewählt, da sich die Auswertung von ExpertInneninterviews vor allem auf Analyse und Vergleich der Inhalte des ExpertInnenwissens richtet (vgl. Flick 2007:219). Nach der Transkription der Interviews standen für die analytische Arbeit insgesamt 81 Seiten an verschriftlichten Gesprächsinhalten zur Verfügung. Die Qualitative Inhaltsanalyse analysiert Texte systematisch, „indem sie das Material schrittweise mit theoriegeleitet am Material entwickelten Kategoriensystemen bearbeitet“ (Mayring 2002:114). Die Analyse wird dabei einerseits deduktiv durchgeführt, in dem bereits zu Beginn Kategorien gebildet und begründet werden, denen passende Textstellen zugeordnet werden. Andererseits können weitere Kategorien induktiv, also aus dem Material heraus, formuliert werden, wenn eine Textstelle zu den bereits bestehenden Kategorien nicht passt. Nach einem Teil des Materialdurchgangs (etwa 1050%), wenn fast keine neuen Kategorien mehr gebildet werden können, wird das gesammelte Kategoriensystem überarbeitet und geprüft (vgl. Mayring 2002:115-117). Das Ergebnis dieser Analyse ist ein Set von Kategorien zu einer bestimmten Thematik, dem spezifische Textstellen zugeordnet sind. Nun kann das gesamte Kategoriensystem in Bezug auf die Fragestellung und dahinter liegende Theorien interpretiert werden, oder aber eine quantitative Auswertung der den Kategorien zugeordneten Textstellen erfolgen (vgl. ebd.:117). So können beispielsweise Kategorien nach der Häufigkeit ihres Auftauchens im Material geordnet werden. Diese quantitativen Prozeduren erfordern allerdings in einem dritten Schritt eine neuerliche qualitative Interpretation. 11.5 Kritische Auseinandersetzung mit beiden Forschungsmethoden Beide Erhebungsmethoden wurden einem Pre-Test unterzogen und sodann an den erforderlichen Stellen korrigiert. Der Leitfaden wurde auf Klarheit und Verständlichkeit der Fragen geprüft, der Fragebogen auf eine widerspruchsfreie Frageformulierung und auf optische Ansprechbarkeit. Darüber hinaus ermittelten weitere Tests seine elektroni-
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sche „Format-Stabilität“ und etwaige Schwierigkeiten beim Ausfüllen des Fragebogens am Computer. Bereits nachdem der Fragebogen ausgeschickt war, fielen mir einige Verbesserungsvorschläge ein, die sich auf neue Frageformulierungen bezogen oder den einen oder anderen Fragekomplex in seiner Notwendigkeit hinterfragten. Von mehreren Seiten wurde mir dieser „Reflexionsvorgang“ als durchaus üblicher Teil des Forschungsprozesses bestätigt. Im Nachhinein würde ich die Fragen 13, 14, 16 und 17 weglassen, da sie sich unzureichend auf meine Forschungsfragen beziehen. Dem Begriff des „methodischen Humors“ begegnete ich von Beginn an nicht ohne Bedenken, und fand ihn auch danach nicht ganz treffend.31 Die Einleitung und Instruktion ließen nach dem PreTest keine Fragen mehr offen. Aufgrund der Möglichkeit, in einem vorgegebenen Textfeld am Ende des Fragebogens ein Feedback zu geben, ist eine Kritik auch aus der Sicht der befragten Personen möglich. Jeweils ein Mal wurde auf die Schwierigkeiten einer Beantwortung der Frage 27 hingewiesen, der Begriff „methodischer Humor“ als unklar erachtet und Fragewiederholungen angemerkt. Die qualitativen Interviews verliefen alle in einem sehr angenehmen Gesprächsklima und zeichneten sich durchwegs durch äußerst gehalt- und wertvolle Inhalte aus. Jedes Gespräch beinhaltete dabei in unterschiedlicher Ausprägung Humor nicht nur im sachlichen Inhalt, sondern auch im Gespräch selbst. Nämlich in der Art der Erzählung, in vorgetragenen Witzen oder heiteren Geschichten war der Humor mehrmals präsent. Mit dem erstellten Leitfaden konnten alle Fragestellungen, die qualitativ erfasst werden sollten, zumindest berührt werden. Die Kernfragen wurden von allen Interviewpartnerinnen beantwortet, ebenso wurden mit jedem Gespräch neue Gebiete beschritten und neue Aspekte aufgeworfen. Der Einsatz zweier Forschungsmethoden war auch im Nachhinein gesehen eine gute Wahl. Durch die Stärken beider Methoden schien das Thema dieser Arbeit gut erschlossen werden zu können.
31
Ursprünglich wollte ich den Begriff „Therapeutischer Humor“ im Fragebogen verwenden, hatte aber Bedenken, dass die befragten SozialarbeiterInnen ihre Angaben zum Humor von einer PsychotherapeutInnenausbildung abhängig machen könnten. Da Humor, wie in Kapitel 9.6 beschrieben, in seiner totalen Ausprägung auch Aspekte beinhaltet, die im Beratungskontext eher kontraproduktiv sind, schien mir an manchen Stellen die Bezeichnung „Humor“ alleine ebenfalls nicht treffend. Die Wahl fiel auf die Bezeichnung „Methodischer Humor“, die im eigentlichen Sinn den Therapeutischen Humor meint, allerdings an das Befragungsfeld angepasst wurde. Da SozialarbeiterInnen mit dem Methodenbegriff durchaus vertraut sind, kann davon ausgegangen werden, dass damit ein Humor verstanden wurde, der aus einer wohlwollenden Haltung heraus kommt und mitunter auch als Beratungstool gelten kann. Denn so wie die – höchst menschliche und bis dahin „ungeschliffene“ – Kommunikation für die professionelle Arbeit in Aus- und Weiterbildungen erlernt wird, kann auch der Umgang mit Humor erlernt werden, der ebenso von Person zu Person verschieden ist.
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12 Quantitative Forschungsergebnisse Die Darstellung der quantitativen Ergebnisse gliedert sich in drei Bereiche. Zunächst werden soziodemographische Daten der Stichprobe veranschaulicht, danach wird auf jene Inhalte fokussiert, die auf das Verhältnis der Sozialarbeit zum Humor schließen lassen. Zuletzt rückt die Anwendung von Humor in den Blickpunkt der Auswertung. 12.1 Soziodemographische Daten 12.1.1 Genderstruktur Betrachtet man die Geschlechterverteilung der befragten Personen, so fällt auf, dass wesentlich mehr Frauen als Männer an der Befragung teilgenommen haben. Von den 161 SozialarbeiterInnen sind 136 weiblich (84,5%) und 25 männlich (15,5%). Während in der Praxis zwischen weiblichen und männlichen SozialarbeiterInnen ein ungefähreres Verhältnis von 3:1 vorherrscht (vgl. Mayrhofer/Raab-Steiner 2007:58), ergibt sich in dieser Untersuchung ein Verhältnis von 5,5:1. Es bleibt zu mutmaßen, ob der Fragebogen verhältnismäßig mehr Frauen als Männer erreicht hat oder ob Männer für das Thema dieser Studie ein geringeres Interesse aufbringen, und dadurch eine geringere Motivation zur Teilnahme an der Befragung die Folge war. 12.1.2 Altersstruktur Die Analyse der Altersstruktur weist eine Altersspanne von 23 bis 57 Jahren auf. Der Mittelwert liegt bei 39,26 Jahren (n=160; s=8,101)32. Die Angaben wurden in Gruppen zusammengefasst, um ein kompakteres Bild über die Altersverteilung zu erhalten, die in der folgenden Abbildung veranschaulicht wird.
32
„n“ bezeichnet die Anzahl der Personen, die Angaben zu dieser Frage gemacht haben, die Standardabweichung wird mit „s“ abgekürzt dargestellt.
81
Prozent
Verteilung nach Alter 50 45 40 35 30 25 20 15 10 5 0
43,1 31,3
17,5 8,1
23-29 Jahre
30-39 Jahre
40-49 Jahre
50-57 Jahre
Abbildung 1 – Verteilung nach Alter
Aus der Übersicht geht hervor, dass fast drei Viertel (74,4%) der Personen ein Alter zwischen 30 und 49 Jahren aufweisen. Nur 17,5% sind jünger als diese Gruppe, lediglich 8,1% älter. 12.1.3 Ausbildungsübersicht Die folgende Analyse soll über die Ausbildung zum/r SozialarbeiterIn Aufschluss geben (vgl. Kap. 2.6). Da Nachgraduierungen des Ausbildungs-Levels in Form eines MasterStudiums möglich sind, wurde nach der höchsten abgeschlossenen sozialarbeiterischen Ausbildung gefragt.
Höchste abgeschlossene Ausbildung zum/r SozialarbeiterIn 70 54
60 Prozent
50 40
30,5
30 20
13
10
2,5
0 2-jährige Akademie
3-jährige Akademie
4-jährige FH
Master-Studium
Abbildung 2 – Ausbildung
Es ist deutlich erkennbar, dass die AbsolventInnen der Akademien für Sozialarbeit mit insgesamt 87,5% einen großen Anteil der befragten SozialarbeiterInnen ausmachen. Auf die derzeit (noch) aktuellen Ausbildungsformen verteilen sich 15,5% der Personen.
82
12.1.4 Berufserfahrung Die Frage nach ihrer Berufserfahrung in Jahren ergab eine Spanne von 0,5 bis 33 Jahren. Zählt man diese Jahre zusammen, so flossen in die Antwortkategorien des Fragebogens insgesamt 2104,5 Berufsjahre (n=161) an sozialarbeiterischer Erfahrung ein. Der Mittelwert an Berufsjahren in der Sozialarbeit beträgt 13,071 Jahre (s=8,131). 12.1.5 Handlungsfelder Die SozialarbeiterInnen wurden um die Angabe des Handlungsfeldes33 gebeten, in dem sich ihre Institution befindet. So wurde ersichtlich, welche Handlungsfelder mit den befragten Personen erreicht wurden. In der Auswertung soll diese Information einen weiteren Zusammenhang zwischen Humor und Sozialer Arbeit liefern. Da jedoch einige Handlungsfelder unterrepräsentiert vorkommen, kann davon ausgegangen werden, dass dafür nicht alle Daten zur Verwendung kommen können.
Erreichte Handlungsfelder F a m ilie
3 2 ,5
S uc ht/Dro ge n
12 ,5
B e ruf/B ildung
10
Wo hne n/Wo hnungs lo s igk.
9 ,4
Kinde r/J uge ndl/F r.pä d.
6 ,9
J us tiz/S tra ffä lligk.
6 ,9
P s yc hia trie /P s y-s o z. B e r.
5,6 3 ,8
M igra tio n/Inte gra tio n
3 ,1
M a te rie lle Grunds ic he rung
3 ,1
Alte r M e ns c h 1,9
B e hinde rung
1,3
Ge s c hle c hts s e ns ible P ro ble m e
0 ,6
Ge s undhe it/Kra nkhe it
2 ,5
a nde re s 0
5
10
15
20
25
30
35
40
Abbildung 3 – Erreichte Handlungsfelder
Vier Personen fanden sich in diesem Kategoriesystem nicht wieder. Sie vermerkten sich unter der Antwortmöglichkeit „anderes“, wobei nur drei von ihnen ihr Handlungsfeld angaben (Opferhilfe, Gemeinwesenarbeit, Betriebssozialarbeit).
33
Es standen den Befragten 13 Handlungsfelder zur Auswahl, obwohl der Lehrplan der Fachhochschulen 16 Handlungsfelder aufweist. Ich habe das HAF Internationale Sozialarbeit nicht berücksichtigt, da es in der Praxisliste keine Institution gab, die in diese Kategorie fiel. Die Handlungsfelder Jugend und Freizeit wurden in Kinder/Jugend/Freizeitpädagogik zusammengefasst und zielte auf die außerschulische Jugendarbeit ab, während das HAF Familie eher den Bereich der MAG 11 meinte. Die Handlungsfelder Bildung und Arbeit wurden ebenso in eine Rubrik zusammengefasst.
83
Die Verteilung der Handlungsfelder lässt sich mangels dementsprechender Daten nicht mit der wirklichen Verteilung vergleichen. Der große Rücklauf aus dem Handlungsfeld Familie ist mit Sicherheit darin begründet, dass es ein großes Arbeitsfeld in der Sozialarbeit darstellt. Weiters könnte die Weiterleitung der Fragebögen innerhalb der MAG ELF die Erreichbarkeit und somit die Rücksendungen erhöht haben. 12.2 Das Verhältnis von SozialarbeiterInnen zum Humor Hier interessiert jener Teil des Fragebogens, der auf den Zugang von SozialarbeiterInnen zum Humor fokussiert. Es wird auf die Humor-Persönlichkeit von SozialarbeiterInnen im Berufs- als auch im Privatleben eingegangen. Selbst- und Fremdeinschätzungen ermitteln den Stellenwert, den Humor für SozialarbeiterInnen hat. 12.2.1 Eigenschaften des Humors In einem offenen Antwortformat hatten die Befragten die Möglichkeit, drei Eigenschaften zu nennen, die sie dem Humor zuschreiben. Es sollten auf diese Weise Assoziationen mit Humor ermittelt werden. Aus dem Datenmaterial von 447 Angaben wurden sieben Kategorien gebildet, denen alle Angaben zuordenbar waren. Damit ein Eindruck über die Häufigkeit dieser Angaben entsteht, findet sich die Anzahl in einer Klammer wieder. Entlastung (125) Der größte Teil der Angaben bezog sich auf die entlastende Wirkung des Humors. Ihm wurde als häufigste Eigenschaft entspannend (42) zugeschrieben, gefolgt von auflockernd (27) und befreiend (25). Als weitere Zuschreibungen wurden erleichternd (17) und Gelassenheit (14) genannt. Ressourcenaktivierung (97) Hier wurde auf die Fähigkeit des Humors eingegangen, Ressourcen zu aktivieren, neue Sichtweisen zu eröffnen und Distanz herzustellen. So wurde Humor als aktivierend/aufmunternd (24), relativierend/distanzierend (22) und lebensfroh/kreativ (21) bezeichnet. Außerdem wurden positiv/optimistisch (16) und selbstreflexiv/ich-stark (14) genannt. Humorreaktionen und positive Stimmung (75) Die SozialarbeiterInnen sind mit diesem Teil der Angaben auf die Humorreaktionen und das Gefühl, das bei seiner Anwendung entstehen kann, eingegangen. Lachen/Lächeln
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(20) und lustig (20) standen dabei gemeinsam an der Spitze, gefolgt von fröhlich/Spaß (15), erheiternd (11), wohltuend (5) und Leichtigkeit (4). Soziale Aspekte (68) Bezogen sich die Angaben auf die sozialen Aspekte des Humors, so wurden verbindend (21), kommunikativ (14) und freundlich/sympathisch (13) angegeben, sowie beziehungsfördernd (11) und menschlich (9). Humorverwandte (37) Es wurden auch Angaben gemacht, die dem gleich kommen, was wir in Kapitel 4.2 als „Verwandte des Humors“ beschrieben haben. Die Breite der Nennungen wurde auf drei Kategorien komprimiert. Selbstironie (18) steht hier als Begriff an erster Stelle, danach finden sich witzig/komisch (12) und schwarz/trocken/ironisch (7). Negative Eigenschaften (2) Kamen bislang ausschließlich positiv zu bewertende Eigenschaften zur Nennung, so wurde auch eine sehr geringe Zahl an negativen Eigenschaften angeführt. Mit boshaft (2) schrieben lediglich zwei Personen dem Humor eine negative Eigenschaft zu. Sonstige (43) Hier werden jene Begriffe gesammelt, die in das bestehende Kategoriesystem nicht eingeordnet werden konnten: spontan (14), intelligent (8), gesund (7). Unberücksichtigt blieben zuletzt 14 Angaben, die jeweils einmal genannt wurden und für die Definition einer neuen Kategorie eine zu geringe Anzahl aufwiesen. Die befragten SozialarbeiterInnen haben ein sehr breites Spektrum an Humoreigenschaften gezeichnet. Berücksichtigt man Kontexte, in denen Humor durchaus in negativem Sinne angewendet werden könnte, so fällt hier auf, dass nur zwei Personen mit der Eigenschaft boshaft eine Nennung abgaben, die in diese Kategorie fallen würde. Verglichen mit der Gesamtzahl der Angaben sind das lediglich 0,45%, die auf nicht positive Eigenschaften des Humors zufallen. Entlastung und Ressourcenaktivierung/Relativierung waren die Kategorien mit den häufigsten Nennungen, aus denen auch die fünf meistgenannten Angaben hervorgehen. SozialarbeiterInnen schätzen demnach die entspannende, auflockernde und befreiende Wirkung des Humors. Außerdem geht hervor, dass sowohl die aktivierenden und aufmunternden Aspekte betont werden, genauso wie die relativierenden und distanzierenden. Beinahe im gleichen Ausmaß wie die distanzierenden Aspekte wurden die verbin-
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denden erwähnt, sodass Humor für die Herstellung und Erhaltung eines fruchtbaren Nähe-Distanz-Verhältnisses geeignet erscheint. Halten wir also für die weitere Untersuchung fest: SozialarbeiterInnen sehen im Humor in einem hohen Ausmaß etwas Positives und schreiben ihm Eigenschaften zu, die für den Arbeitsalltag förderlich und hilfreich sein können. 12.2.2 Humor – eine Selbsteinschätzung Die nächste Betrachtung zielt auf die Ergründung ab, für wie humorvoll sich SozialarbeiterInnen halten und ob sie aktiven Humor bevorzugen, also Humor produzieren, oder ob ihnen passiver Humor lieber ist, indem sie sich erheitern lassen.
Selbsteinschätzung zum Humor Humorvoller Mensch ja eher ja
Aktiver Humor
eher nein nein
Passiver Humor
0%
20%
40%
60%
80%
100%
Abbildung 4 – Selbsteinschätzung zum Humor
In der Abbildung ist ersichtlich, dass die Frage „Würden Sie sich selbst als humorvollen Menschen bezeichnen?“ überwiegend bejaht wurde. 47,8% antworteten mit ja und 46,6% mit eher ja. Weniger humorvoll schätzten sich 5,6% Personen ein und drückten dies mit eher nein aus. Als humorlos bezeichnete sich niemand. Der Median liegt bei eher ja (n=161). Die Antwortkategorien „Mir gefällt es, wenn ich die Leute zum Lachen bringe“ bzw. „wenn Leute mich zum Lachen bringen“ erbrachten das in der Abbildung ersichtliche Ergebnis, dass SozialarbeiterInnen lieber Humor konsumieren als ihn zu produzieren, wobei bei beiden Kategorien nur jeweils eine Person mit eher nein antwortete. 68,98% gefällt es, Humor zu produzieren und antworteten mit ja, 30,38% mit eher ja, 0,64% mit eher nein. Passiver Humor wird von 88,8% der Befragten mit ja bevorzugt,
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von 10,6% mit eher ja, 0,6% bevorzugen ihn eher weniger. Der Median liegt bei beiden Fragen bei ja (aktiv: n=158; passiv: n=161). 12.2.3 Stellenwert des Humors beruflich und privat Hat Humor bei den SozialarbeiterInnen im Privat- und Berufsleben einen unterschiedlichen Stellenwert? Die Antwortmöglichkeit einer zehnstufigen Skala, die mit 1 auf keinen Stellenwert und mit 10 auf einen sehr hohen Stellenwert schließen ließ, ergab folgendes Ergebnis. Der Median des Stellenwerts im Privatleben lag beim Wert 9 (n=161) und zeigte damit die hohe Bedeutung des Humors im privaten Bereich. Der Median des Stellenwerts im gesamten beruflichen Alltag lag mit dem Wert 8 (n=161) ebenfalls hoch, jedoch geringer als im Privatleben. Es lässt sich also sagen, dass die SozialarbeiterInnen Humor im Privatleben einen geringfügig höheren Stellenwert beimessen als sie dies im Berufsleben tun. Zwei weitere Fragen gingen näher auf den Humor im beruflichen Alltag ein. Auf der gleichen Skala konnten die Fragen beantwortet werden, welchen Stellenwert Humor im informellen Gespräch mit KollegInnen und im allgemeinen Umgang mit KlientInnen, also außerhalb von Beratungsgesprächen34, einnimmt. Vergleicht man die Mediane der beiden Antwortkategorien, so hat der Humor im Austausch mit KollegInnen mit einem Wert von 9 (n=160) einen geringfügig höheren Stellenwert als im Austausch mit KlientInnen, der mit einem Wert von 8 (n=159) angegeben ist. Beide Werte lassen auf einen hohen Stellenwert schließen, dennoch besagt der geringe Unterschied, dass Humor für die SozialarbeiterInnen im Gespräch mit ihren KollegInnen etwas wichtiger ist, als im allgemeinen Umgang mit ihren KlientInnen. 12.2.4 Humor in der Ausbildung Interessant ist auch, ob SozialarbeiterInnen in ihrer Ausbildung mit Lehrinhalten konfrontiert wurden, die sich auf die Anwendung von Humor in der Sozialarbeit beziehen. Die Frage danach zeigte, dass dies selten der Fall war. 62,7% beantworteten diese Frage mit nie, 28,6% mit selten und 8,7% mit gelegentlich. Keiner der Befragten kreuzte oft bzw. immer an. Der Median liegt bei nie (n=161). Es kann demnach behauptet werden, dass Humor als Gegenstand in der Ausbildung vernachlässigt wird. Besteht aber überhaupt der Wunsch nach mehr Humor in der Ausbildung? Die SozialarbeiterInnen sehen dahingehend einen Nachholbedarf. Sie wurden gefragt, ob sie es begrüßen würden, die methodische Anwendung von Humor im Bachelor-Lehrplan der Fachhochschulen aufzunehmen. Dabei zeigten sich 50,94% mit ja und 40,88% mit eher 34
Diese Betonung ist gerade für jene Institutionen interessant, deren KlientInnenkontakt sich nicht ausschließlich aus Beratungen zusammensetzt.
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ja davon überzeugt, dass Humor in die Fachhochschulen einziehen soll, 6,92% sahen mit eher nein und 1,26% mit nein hier keinen Bedarf. Der Median liegt bei ja (n=159) und unterstreicht den Wunsch nach Humor in der Ausbildung. 12.2.5 Stellenwert innerhalb der Profession Die SozialarbeiterInnen wurden mit der Frage konfrontiert, wie sie persönlich dem Humor als Methode gegenüberstehen, und wie sie den Standpunkt ihrer KollegInnen aus dem gesamten Berufsfeld sowie jenen der Theoretiker der Sozialen Arbeit einschätzen. Es ist ersichtlich (Abb. 5), dass die SozialarbeiterInnen mit ihrer Selbsteinschätzung dem Humor am positivsten gegenüberstehen; nämlich zu 40,6% positiv und zu 51,8% eher positiv. Jeweils 3,8% stehen ihm gleichgültig bzw. eher negativ gegenüber. Wenn die SozialarbeiterInnen einschätzen sollen, wie die KollegInnen ihres Berufstandes dem Humor gegenüberstehen, so entsteht dabei zwar auch ein positiver Standpunkt, allerdings ist dieser geringer als jener der Selbsteinschätzung. Demnach stehen ihre KollegInnen nur zu 1,9% dem Humor positiv gegenüber, zu 65,6% eher positiv, 24,8% gleichgültig und zu 7,7% eher negativ. Vergleicht man die Mediane, so ergibt das sowohl in der Selbsteinschätzung (n=160) als auch in der Fremdeinschätzung (n=157) einen Wert von eher positiv. Den Theoretikern der Sozialen Arbeit schreibt man mit 54,5% eine gleichgültige Haltung zu. Nur 32,1% würden ihn insgesamt positiv und eher positiv sehen, 12,8% eher negativ und 0,6% negativ.
Stellenwert innerhalb der Profession
Selbst positiv eher positiv KollegInnen
gleichgültig eher negativ negativ
Theoretiker
0%
20%
40%
60%
80%
100%
Abbildung 5 – Stellenwert innerhalb der Profession
Es wurde auch die Frage Herbert Effingers, ob die Sozialarbeit eine humorlose Profession sei (vgl. Kapitel 10), direkt an die Befragten zur Beantwortung weitergeleitet. Die
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SozialarbeiterInnen einigten sich auf eher nein (Median; n=159). 1,3% stimmten der Frage zu, 32,7% antworteten mit eher ja, 39% mit eher nein, 27% mit nein. Somit sieht ungefähr ein Drittel die Sozialarbeit als humorlose Profession, fast zwei Drittel meinen, sie seien in einem humorvollen Berufsfeld tätig. 12.3 Humor in der Beratung der Sozialarbeit Wurde der Humor im Beratungsgespräch bislang noch nicht untersucht, so soll dies hier geschehen. Nicht nur über die Häufigkeit der Anwendung von Humor soll Aufschluss gegeben werden, sondern es wird auch versucht, einen Überblick zu erhalten, welche Unterschiede es in den jeweiligen Handlungsfeldern gibt. 12.3.1 Stellenwert von Humor in der Beratung Die SozialalarbeiterInnen wurden gefragt, welchen Stellenwert der Humor als Methode für die Beratung von KlientInnen auf einer zehnstelligen Skala einnimmt. Der Median zeigt, dass die Befragten mit einem Wert von 7 (n=155) dem Humor in der Beratung einen überdurchschnittlichen Stellenwert beimessen. Für 12,9% hat er keinen Stellenwert, für 5,2% einen sehr hohen Stellenwert. Vergleicht man dieses Ergebnis mit jenem der Humoranwendung mit KlientInnen außerhalb von Beratungsgesprächen, so zeigt sich im Beratungssetting ein um einen Punkt geringerer Wert. SozialarbeiterInnen verzichten also im Kontakt mit KlientInnen tendenziell eher auf Humor, sobald ein Gespräch einen Beratungscharakter aufweist. 12.3.2 Häufigkeit der Humoranwendung Wie oft kommt nun also Humor im Beratungsgespräch zur Anwendung? Natürlich kann hier nur mit Einschätzungen der befragten Personen gearbeitet werden. Dennoch wird die Vorstellung über das Auftreten von Humor dadurch etwas greifbarer. Zunächst wurde die Frage gestellt, wie oft ihrer Meinung nach von SozialarbeiterInnen Humor im Beratungsgespräch angewendet wird. Danach wurde um eine Einschätzung gebeten, wie oft sie selbst diesen anwenden. Als Grundlage wurde von zehn Beratungen ausgegangen, sodass danach gefragt war, in wie vielen von zehn Beratungsgesprächen mindestes einmal pro Gespräch Humor bewusst eingesetzt wurde. Die Häufigkeit der Humoranwendung Ihrer KollegInnen lag in der Einschätzung der Befragten bei einem Mittelwert von 3,42 (n=155; s=2,177). In der nächsten Frage schätzten die Befragten selbst ihre quantitative Humoranwendung ein. Diese lag mit einem Mittelwert von 4,81 (n=155; s=2,757) deutlich höher. Ähnlich dem Stellenwert innerhalb der Profession wurde also auch hier den KollegInnen eine geringere Humoranwendung attestiert, als man sie sich selbst zusprach.
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Ob die Häufigkeit der Anwendung von Humor davon abhängt, ob es sich um Sozialarbeiterinnen oder Sozialarbeiter handelt, wurde mit einem Mann-Whitney-U-Test überprüft. Hier konnten keine signifikanten (p=0,346) Unterschiede bestimmt werden, sodass es also für die Häufigkeit der Humoranwendung nicht von Bedeutung ist, ob die Sozialarbeitenden männlichen oder weiblichen Geschlechts sind. Dennoch bringt der Vergleich der Mittelwerte der beiden Geschlechtergruppen eine interessante Beobachtung zutage. Die Männer haben die Humoranwendung ihrer KollegInnen mit einem Mittelwert von 3,04 (n=24; s=2,422) eingeschätzt, ihre eigene jedoch mit einem Mittelwert von 5,32 (n=25; s=3,172) weit höher angegeben. Frauen dagegen schätzten die KollegInnen in der Humoranwendung aktiver ein als dies ihre männlichen Kollegen taten, nämlich mit einem Mittelwert von 3,49 (n=131; s=2,132), lagen mit ihrer Selbsteinschätzung allerdings unter jener der Männer, wie der Mittelwert von 4,71 (n=130; s=2,672) zeigt. Geht man von diesem Vergleich aus, so wenden Frauen weniger oft Humor in der Beratung an als Männer, allerdings schätzen sie die Anwendung bei ihren KollegInnen wesentlich höher ein, als das die Männer tun. Mithilfe einer Korrelationsanalyse wurde untersucht, ob die Häufigkeit der Anwendung von Humor einen Zusammenhang mit dem Alter bzw. mit der Berufserfahrung aufweist. Die Ergebnisse zeigen, dass weder das Alter (nach Spearman: p=0,483) der SozialarbeiterInnen, noch ihre Berufserfahrung (nach Spearman: p=0,302) einen signifikanten Zusammenhang mit der quantitativen Anwendung von Humor im Beratungsgespräch zeigt. 12.3.3 Humor in den Handlungsfeldern Dieser Teil der Auswertung beschäftigt sich mit der Ermittlung jener Handlungsfelder der Sozialen Arbeit, in denen Humor öfter angewendet wird bzw. weniger oft zur Anwendung kommt. Die SozialarbeiterInnen wurden gefragt, wie häufig aus ihrer Sicht methodischer Humor innerhalb der angegebenen Handlungsfelder anwendbar ist. Abbildung 6 ist zu entnehmen, dass die SozialarbeiterInnen im Handlungsfeld (HAF) Kinder/Jugend/Freizeitpädagogik Humor als am häufigsten anwendbar einschätzen. Insgesamt 93,4% der befragten Personen stellen sich vor, dass er oft bzw. immer anwendbar ist. Summiert man die Angaben zu oft und immer, so steht an nächster Stelle das HAF Alte Menschen (73%), gefolgt vom HAF Beruf/Bildung (56,4%), HAF Behinderung (47%), HAF Familie (44,1%) und HAF Gesundheit/Krankheit (41,7%). Mit lediglich 8,7% findet man den geringsten Wert im HAF Materielle Grundsicherung. Vergleicht man die Summen der Angaben zu nie und selten, so liegt hier das HAF Materielle Grundsicherung an der Spitze. 51,7% sehen nur eine geringe Anwendungs-
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möglichkeit des Humors in diesem Arbeitsfeld. Ähnlich verhält es sich im HAF Wohnen/Wohnungslosigkeit (34,9%) und im HAF Justiz/Straffälligkeit (30,6%).
Einschätzung der möglichen Humoranwendung KJF FA AM PP WW MG GK JS BB MI SD BEH GSP
nie selten manchmal oft immer
0%
20%
40%
60%
80%
100%
Abbildung 6 – Einschätzung der möglichen Humoranwendung35
Um zu ermitteln, wie oft Humor in Beratungsgesprächen dieser Handlungsfelder wirklich zum Einsatz kommen kann, wurden die SozialarbeiterInnen gebeten, auf ihre Erfahrung zurückzugreifen. Sie machten Angaben zu den Handlungsfeldern, in denen sie bereits gearbeitet haben, und quantifizierten ihren Humorgebrauch (Abb. 7).
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Abkürzungen: KJF – Kinder/Jugend/Freizeitpädagogik, FA – Familie, AM – Alte Menschen, PP – Psychiatrie/Psychosozialer Bereich, WW – Wohnen/Wohnungslosigkeit, MG – Materielle Grundsicherung, GK – Gesundheit/Krankheit, JS – Justiz/Straffälligkeit, BB – Beruf/Bildung, MI – Migration/Integration, SD – Sucht/Drogen, BEH – Behinderung, GSP – Geschlechtssensible Probleme
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Mögliche Anwendung in der Praxis KJF FA AM PP WW MG GK JS BB MI SD BEH GSP
nie selten manchmal oft immer
0%
20%
40%
60%
80%
100%
Abbildung 7 – Mögliche Anwendung in der Praxis
Hier stand das HAF Kinder/Jugend/Freizeitpädagogik ebenso an erster Stelle. Auch wenn in der vorigen Einschätzung von einer höheren Anwendbarkeit ausgegangen wurde, so haben immerhin 56,6% immer bzw. oft angekreuzt. Somit haben mehr als die Hälfte aller in diesem Handlungsfeld beschäftigt gewesenen und derzeit beschäftigten SozialarbeiterInnen regelmäßig Humor in der Beratung angewandt. An zweiter Stelle stand diesmal das HAF Beruf/Bildung (56,5%), gefolgt vom HAF Alte Menschen (48,6%) und dem HAF Sucht/Drogen (48%). Nie und selten war Humor für 50% der Erfahrenen im HAF Materielle Grundsicherung anwendbar. Im HAF Wohnen/Wohnungslosigkeit waren das 36,4% und im HAF Psychiatrie/Psychosozialer Bereich 35,2%. Ein Vergleich der Mediane der beiden Einschätzungen brachte nur in zwei Handlungsfeldern unterschiedliche Werte hervor. Von außen wurde im HAF Alte Menschen Humor als oft anwendbar eingeschätzt, während die in diesem Feld Erfahrenen meinten, dass er nur manchmal einsetzbar sei. Im HAF Materielle Grundsicherung verhielt es sich umgekehrt. Dort wurde der Humor als selten anwendbar eingeschätzt. Die in dem Handlungsfeld erfahrenen SozialarbeiterInnen waren der Meinung, ihn öfter angewendet zu haben. Der Median ihrer Angaben liegt genau zwischen selten und manchmal. Der Humor der Handlungsfelder Kinder/Jugend/Freizeitpädagogik und Beruf/Bildung wurde sowohl in der Selbsteinschätzung, als auch in der Fremdeinschätzung als oft anwendbar bewertet. In den Humoreinschätzungen der übrigen Handlungsfelder stimmten die Mediane der Selbst- und Fremdeinschätzung mit dem Wert manchmal überein. Betrachtet man die Mediane der Angaben, dann deckten sich die beiden Einschätzungen überwiegend. Ansonsten waren auffällige Unterschiede im HAF Familie, HAF
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Alter Mensch, HAF Gesundheit/Krankheit zu erkennen, bei denen die Humoranwendung von außen sichtbar höher eingeschätzt wurde, als dies in der Praxis der Fall war. Andererseits konnte Humor im HAF Justiz/Straffälligkeit, HAF Sucht/Drogen und im HAF Geschlechtssensible Probleme öfter angewendet werden als vermutet. Da am Anfang des Fragebogens das Handlungsfeld erfasst wurde, in dem die SozialarbeiterInnen zum Zeitpunkt der Befragung beschäftigt waren, konnten die Angaben über die Häufigkeit der Humoranwendung ausgehend von 10 Beratungen den Handlungsfeldern zugeordnet werden. Allerdings können aufgrund zu kleiner Datensätze dabei nicht alle berücksichtigt werden. Die größte Zahl lag im HAF Familie vor und bietet dadurch einen „stabilen“ Mittelwert. Wir wollen uns aber auch die anderen Mittelwerte der verschiedenen Bereiche ansehen, um einen weiteren Eindruck zu bekommen, in welchen Handlungsfeldern Humor eher zur Anwendung kommt. Der größte Mittelwert lag mit einem Wert von 5,73 (n=11) im HAF Kinder/Jugend/Freizeitpädagogik, gefolgt vom HAF Beruf/Bildung (5,38; n=16), HAF Wohnen/Wohnungslosigkeit (5,14; n=14), HAF Sucht/Drogen (4,95; n=20) und dem HAF Familie (4,12; n=49). Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass Humor in den Handlungsfeldern Kinder/Jugend/Familie, Beruf/Bildung, Alte Menschen und Sucht/Drogen am häufigsten zur Anwendung kommt; in den Handlungsfeldern Materielle Grundsicherung, Wohnen/Wohnungslosigkeit und Psychiatrie/Psychosozialer Bereich hingegen weniger oft. 12.3.4 Gründe für und gegen Humor In einem offenen Antwortformat konnten die Befragten auf die Frage „Ich wende methodischen Humor im Beratungsgespräch an, weil…“ bzw. „nicht an, weil…“ ihre Gründe angeben, die für ihre Anwendung oder ihre Nicht-Anwendung ausschlaggebend sind. Vermutet wurde eine Entweder/Oder-Haltung hinsichtlich dieser Antwort. Da vereinzelt aber beide Teile ausgefüllt wurden, würde ich diese Einschränkung aus heutiger Sicht unterlassen. Die Rubrik mit der Begründung, warum sie Humor anwenden, haben 132 Personen ausgefüllt. Mithilfe der inhaltsanalytischen Auswertung konnten aus diesen Angaben heraus 17 Kategorien definiert werden, die insgesamt 286 Werte umfassten. Eine Begründung für die Nicht-Anwendung von Humor gaben 57 Personen an. Dabei wurden 72 Werte acht Kategorien zugeordnet. In der folgenden Darstellung der angegebenen Gründe für die Anwendung von Humor stehen die Anzahl der Werte an die betreffenden Kategorien in Klammer angehängt.
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Pro Humoranwendung Hauptsächlich wenden SozialarbeiterInnen Humor wegen seiner entspannenden (47) Wirkung an, die für beide Seiten, also sowohl für KlientInnen als auch SozialarbeiterInnen, relevant ist. Man bedient sich seiner, wenn es um den Aufbau und Erhalt einer tragfähigen Beziehung (37) geht, und er kommt zum Einsatz, wenn ein Gespräch aufgelockert (32) werden soll. Humor bringt Dynamik und Kreativität in Lösungsansätze (24) und verhilft zur Einnahme eines anderen Blickwinkels bzw. anderer Sichtweisen (23). Humor ist dann gefragt, wenn zum bestehenden Thema Distanz (16) eingenommen und die Schwere (15) aus demselben genommen werden soll. Die SozialarbeiterInnen schätzen seine psychohygienische Wirkung (13), die einem Burnout-Syndrom entgegenwirken kann. Humor schafft Vertrauen (12), zeigt sich als Bestandteil eines angenehmen Gesprächsklimas (11) und vermag die Stimmung zu heben (11). SozialarbeiterInnen schätzen die verbindende Funktion des gemeinsamen Lachens (9), welches im Übrigen gut tut (8) und aufbaut (8). Außerdem lassen sich mit Humor Botschaften annehmbarer transportieren (7). Für die Beratungssituation dürfte es nicht unwesentlich sein, dass Humor eine menschliche Ebene (7) ins Gespräch bringt. Dies ist vor allem dann noch bedeutender, wenn sich SozialarbeiterInnen selbst als sehr humorvoll erleben (6). Beispiele aus den Angaben: „Humor nimmt bitteren Wahrheiten die Schärfe, ohne unklar zu werden.“ „Es ist einfach notwendig, Humor anzuwenden, will man längere Zeit in diesem Bereich bestehen.“ „Ich kann dadurch im Gespräch authentischer bleiben und muss Impulse zur Humornutzung nicht unterdrücken.“ „Mit Humor wird eine distanzierende Haltung zum Problem eingenommen, wodurch neue Perspektiven erarbeitet werden können.“ Contra Humoranwendung Wenden wir uns nun den Gründen zu, die SozialarbeiterInnen nennen, wenn sie methodischen Humor im Beratungsgespräch nicht anwenden. Sie verzichten auf Humor, wenn er ihnen aufgrund der bestehenden Problematik als unpassend (16) erscheint. Ebenso sehen sie davon ab, sollte das Thema zu ernst (12) sein. Eine weitere Gruppe wendet Humor nicht an, weil sie keine Kenntnisse (12) in der richtigen Anwendung besitzt oder sie mit Humor als Methode bzw. mit methodischem Humor nichts anfangen können
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(11). Humor kommt nicht zur Anwendung, wenn das Gefühl entsteht, die KlientInnen könnten ihn aufgrund ihrer aktuellen Situation nicht verstehen oder wenn sie als humorlos eingeschätzt werden (7). Besteht die Gefahr, dass sich aufgrund des Einsatzes von Humor KlientInnen nicht ernst genommen fühlen oder der Lächerlichkeit preisgegeben (6) werden könnten, wird er vernachlässigt. In manchen Situationen sehen sich aber SozialarbeiterInnen einfach nicht in der Lage, humorvoll zu sein (5). Zuletzt wurde als Grund gegen den Humoreinsatz das Fehlen einer tragfähigen Beziehung (3) genannt. Beispiele aus den Angaben: „Ich wende Humor nicht an, weil die KlientInnen in schwierigen Situationen recht verzweifelt sind, und sie ihn als Lächerlichmachen ihrer Probleme verstehen könnten.“ „Ich bin selbst oft erschlagen von der Schwere der Probleme, die KlientInnen mitbringen und vergesse auch darauf, Humor einzusetzen.“ „Weil mir manches mal das Lachen in der Arbeit vergeht.“ „Wenn es aufgrund meiner Stimmung nicht passt, wende ich Humor nicht an.“ „Weil ich in Humor als Methode nie unterrichtet wurde.“ 12.3.5 Zusammenfassung Wir haben gesehen, dass die SozialarbeiterInnen der Anwendung von Humor grundsätzlich eher positiv gegenüberstehen, es aber auch je nach Handlungsfeld Unterschiede gibt. Es entsteht ein erster Eindruck, der dem Humor im sozialarbeiterischen Alltag eine beachtliche Präsenz zuschreibt. Die befragten Personen dürften es selbst ähnlich erleben, wurde doch die „Behauptung“, die Sozialarbeit wäre eine humorlose Profession, zurückgewiesen. Es soll an dieser Stelle allerdings noch nicht näher auf die Ergebnisse dieser Untersuchung eingegangen werden. Zunächst wollen wir uns den Resultaten des qualitativen Forschungsteils widmen, um danach mithilfe beider Teile die Forschungsfragen beantworten, und die Hypothesen verifizieren bzw. falsifizieren zu können.
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13 Qualitative Forschungsergebnisse Mithilfe der sechs ExpertInneninterviews war es möglich, über die Meinungen und Einschätzungen der SozialarbeiterInnen hinauszugehen, und weitere Informationen zum Einsatz von Humor einzuholen. Die Transkripte der jeweiligen InterviewpartnerInnen wurden zunächst inhaltsanalytisch zusammengefasst und finden sich somit in kompakter, gut lesbarer Form auf den nächsten Seiten wieder. 13.1 Die ExpertInneninterviews Die Aussagen der Interviewten36 werden ohne inhaltliche Abänderungen in zusammengefasster Form wiedergegeben. Erläuterungen zur Person sind den Interviews vorangestellt, persönliche Anmerkungen über die Gesprächsatmosphäre folgen danach. Textstellen, die aus den Transkripten zitiert wurden, sind durch eine kursive Schreibweise gekennzeichnet. Die folgende Übersicht zeigt, wann die einzelnen Interviews durchgeführt wurden: Frank Farrelly, 27. Oktober 2007 Herbert Effinger, 21.November 2007 Eleonore Höfner, 28. November 2007 Michael Titze, 30 November 2007 Peter Hain, 04. Dezember 2007 Alfred Kirchmayr 06. Dezember 2007
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Die Angaben zu ihrer Person wurden an die ExpertInnen zur Durchsicht versandt und in der vorliegenden Form bestätigt. Die Sprüche im Namensfeld stammen aus den ExpertInneninterviews dieser Arbeit.
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13.1.1 Interview mit Dr. phil. Herbert Effinger „… ich glaube, dass die SozialarbeiterInnen selbst in der Praxis viel mehr lachen als bekannt ist.“
Diplomsozialpädagoge, Professor für Sozialarbeitswissenschaft/Sozialpädagogik an der Evangelischen Hochschule für Soziale Arbeit in Dresden, Supervisor, Coach und Berater, Case Management Ausbilder, Mitglied im Vorstand der Deutschen Gesellschaft für Soziale Arbeit, Mitglied von HumorCare Deutschland e.V.37 Herbert Effinger war mir seit den allerersten Recherchen ein Begriff, da er einer der wenigen Fachleute der Sozialen Arbeit ist, die zum Thema „Humor in der Sozialen Arbeit“ Publikationen veröffentlicht haben. Sein Buch „Lachen erlaubt – Witz und Humor in der Sozialen Arbeit“ war mir neben seine Essays in einschlägigen Fachzeitschriften eine wichtige Quelle. Leider lag der Erscheinungstermin seines neuen Buches „Die Wahrheit zum Lachen bringen. Humor als Medium in der Sozialen Arbeit“ (2008a) nur noch knapp innerhalb des Zeitrahmens dieser Arbeit, sodass es nur noch der Schlussbetrachtung zugänglich gemacht werden konnten. Auf meine erste Frage, was ihm zu Humor in der Sozialen Arbeit einfällt, geht Effinger auf zwei Punkte ein: den Humor in der Praxis und den Humor in der Außenwahrnehmung. Er glaubt, dass Humor in der Praxis häufiger vorkommt und SozialarbeiterInnen viel mehr lachen, als es nach außen hin wahrgenommen wird. Eine von ihm durchgeführte Befragung von AbsolventInnen der Evangelischen Hochschule für Soziale Arbeit in Dresden ergab, dass vierzig Prozent Humor für eine wichtige Eigenschaft halten. Ein Großteil der Befragten sah den Erwerb dieser Kompetenz in der frühen Sozialisation erworben, die weder im Studium noch in der Praxis erlernbar sei. Effinger selbst glaubt, dass jeder Mensch und auch jeder Sozialarbeiter einen besonderen Zugang zum Humor hat. Deshalb glaube ich, dass jeder darin auch zumindest eine Ressource entdecken kann. Dabei geht es ihm nicht darum, den Humor als Unterhaltung zu verstehen, sondern als eine Haltung, aus der heraus man KlientInnen – verbunden mit dem Fokus auf eine wertschätzende Beziehung – mit Gelassenheit und Heiterkeit gegenübertritt. Humorausbildungen findet er im Prinzip gut. Auch an seiner Hochschule werden Humorseminare angeboten, in denen vor allem der eigene Humortyp kennen gelernt und eine humorvolle Haltung entwickelt werden soll. Dabei steht mitunter auch die Akzeptanz von Paradoxien, Ambivalenzen und Mehrdeutigkeiten im Mittelpunkt. Die Liebe 37
HumorCare - Gesellschaft zur Förderung von Humor in Therapie, Pflege, Pädagogik und Beratung.
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zur Mehrdeutigkeit sei seine Definition von Humor, hebt er an dieser Stelle heraus. Mit Humor können neue Perspektiven entstehen, mit denen Dinge anders, auch gelassener, betrachtet werden können. Ist man sich dessen erst mal bewusst, könnten in einem weiteren Schritt Humortechniken in die Beratung integriert werden, beispielsweise humorvolle Konfrontationen. Konfrontation ist immer so eine Schwierigkeit bei Sozialarbeitern. Das mögen sie meistens nicht besonders gern, die Dinge auf den Punkt zu bringen. SozialarbeiterInnen falle es eher schwer, Grenzen zu ziehen. Aber genau das könne man auf eine liebevolle Art und Weise mit Humor ganz gut machen. Wie man das macht, sei durchaus erlernbar, meint er. Vorauszusetzen sei allerdings eine solide Basis in Gesprächsführungs- und Beratungskompetenzen. Auf diese Kenntnisse aufbauend könne mit Humor die Kommunikation zur Herstellung und Aufrechterhaltung einer Beziehung effektiver und effizienter gestaltet werden. Auf meine Frage, wie der mögliche Vorwurf, wenn es KlientInnen schon „so schlecht“ gehe, könne man doch nicht auch noch Humor anwenden, einzuordnen sei, meint Effinger, dass die Kollegen an den Hochschulen und Fachhochschulen da eher reservierter sind und sich nicht so richtig vorstellen können, was man da mit Humor machen soll, weil das ja eigentlich eine ganz ernste Sache ist. Ich konfrontiere ihn mit einer Vermutung, dass die SozialarbeiterInnen vom Humoreinsatz absehen würden, weil die Gefahr bestünde, die KlientInnen könnten sich ausgelacht fühlen. Effinger sieht diese Gefahr schon auch, aber nicht vordergründig. Wie gesagt, man kann Humor in der Arbeit mit den Adressaten nur anwenden, wenn man schon eine gute Beziehung hat. Als unterste Stufe des Humors kann er dem Beziehungsaufbau dienen, nämlich in Form von Lächeln und als eine Art von Freundlichkeit und Heiterkeit. Damit kann man im Erstgespräch Humor eine Atmosphäre schaffen, in der die Herstellung und Festlegung eines Arbeitsbündnisses erleichtert werden kann. Angesprochen auf die Grenzen in der Humoranwendung, also wann Humor nicht angebracht sei, meint er, das könne man nicht verallgemeinern. Nach meiner Erfahrung ist das wirklich abhängig von der einzelnen Situation und vom einzelnen Menschen, dem ich da gegenüber sitze, und wie meine Beziehung zu dem ist. Effinger verweist auf die bekannten Kommunikationstheorien, nach denen der Sender über die Bedeutung einer Botschaft bestimme. Das ist beim Humor in besonders zugespitzter Weise der Fall. Es gebe diese Grenzen, betont er, aber sie zu benennen sei schwer. Für die Arbeit mit geistig behinderten Menschen sieht er Witze nicht geeignet, denn für die Deutung eines Witzes sei ein bestimmter Wortschatz und eine gewisse Intelligenz erforderlich. Clownereien auf einer pantomimisch-witzigen Art hingegen würden sich für alle Gruppen eignen. Als weiteres Beispiel nennt er den medizinischen Bereich, wo in der Arbeit
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mit unheilbar erkrankten PatientInnen auch mit einer Portion schwarzen Humor ganz gut gearbeitet werden kann, und verweist hierfür auf Iren Bischofberger. Wir kommen auf den Einsatz von Humor bei akut krisenhaften Problemen zu sprechen, die zum Beispiel in körperlicher oder sexueller Gewalt gründen können. Wie kann Humor in derartigen Situationen eingesetzt werden? Herbert Effinger erklärt hierzu sehr verständlich: Die Möglichkeit, Humor einzusetzen, hängt mit der Fähigkeit zusammen, – egal auf welcher Seite - eine Distanz herzustellen. Wenn sich jemand in einer aktuellen Krisensituation befindet und darin gefangen ist, sodass er den Humor gar nicht verstehen würde, ihn als Angriff bewerten würde, dann würde ich es sein lassen. Ob Humor für bestimmte Problemstellungen oder Personengruppen eher bzw. eher nicht anzuwenden sei, ließe sich so nicht beantworten. Generell sollte Achtung gegenüber den KlientInnen gezeigt werden, und bei bestimmten Problemlagen bedürfe es einer größeren Vorsicht im Einsatz von Humor. Insbesondere sei Authentizität wichtig. Man kann Humor nicht einsetzen, wenn man das sozusagen als reine Technik benutzt. Das kauft einem niemand ab. Also, wenn es echt ist, wenn es kongruent ist, zu der Person passt, dann hat man Chancen, dass Humor auch in Situationen eingesetzt werden kann, wo man es nicht für möglich hält. Ich finde die Frage interessant, wie der/die SozialarbeiterIn beschrieben werden kann, die aus der Sicht des Interviewten den Einsatz von Humor unterlassen sollte. Also, diejenigen, die eine Idee haben, sie könnten in ihrer Arbeit eindeutige Botschaften übermitteln und widerspruchsfrei sein oder widerspruchsfreie Situationen herbeiführen, die meinen, sie könnten Probleme gänzlich lösen, die sollten das sein lassen. Effinger bestätigt meine Zusammenfassung, es bräuchte also einen entspannten und gelösten Zugang zu der eigenen Arbeit und auch den KlientInnen gegenüber. Welche Richtlinien im professionellen Umgang mit Humor als Orientierung gelten sollen, behandeln wir als nächstes. Auf mich selber gucken, in welcher Stimmung bin ich. Nur wenn ich selber in einer gelösten und entspannten Stimmung bin, soll Humor zur Anwendung kommen. Sonst wird es Zynismus, Sarkasmus und es besteht die Gefahr, jemanden abzuwerten. Die Verfassung des Gegenübers spielt dabei eine Rolle. Wenn der Klient zumacht, dann geht es vielleicht nicht. Allerdings könnte der Humor dazu beitragen, diese Abgeschlossenheit oder Krisensituation aufzulösen. Man müsse da genau hinschauen und den Kontext beachten, führt er weiter aus. Eine Formel könne er nicht aufstellen. Hier unterstreicht er noch einmal die Notwendigkeit einer guten Grundqualifikation in Gesprächs- und Beratungstechniken. Hat man in diesen Kenntnissen ausreichend Routine, kann die Aufmerksamkeit darauf gerichtet werden, was die KlientInnen brauchen und ist nicht ständig auf die Überlegung eines neuen Handlungsplanes fixiert. Weiters sei ein hohes Selbstvertrauen und eine hohe Selbstreflexion von-
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nöten, denn wenn ich mich selber eher im Unreinen fühle, unsicher fühle, dann wird Humor zu einer zusätzlichen Verlegenheitslösung, und wahrscheinlich mehr Irritationen herbeiführen, als wirklich Lösungen. Wie kann man sich ein Beratungsgespräch vorstellen, das gänzlich frei von Humor ist, frage ich. Da würde die menschliche Seite fehlen. Ein derartiges Beratungsgespräch könnte man dann auch per Internet erledigen, ginge es nur darum, Informationen zu erhalten. Beratungen in der Sozialarbeit sind aber nicht mit der Suche nach der günstigsten Autoversicherung zu vergleichen, betont Effinger. Wenn ein Jugendlicher, der Schwierigkeiten mit seinen Eltern hat, zu einer/m SozialarbeiterIn kommt, dann ist hier eine Ambivalenz vorhanden. Nämlich, dass der Jugendliche seinen Freiraum haben möchte, ohne aber die Eltern zu verlieren. Ähnliche Ambivalenzen liegen dem doppelten Mandat zugrunde. Er führt hier als Beispiel eine erwerbslose Person an, die, weil sie sonst kein Geld bekäme, zu ihm in die Beratung kommt. Mit diesem Zwangskontext könnte man spielerisch umgehen, indem man sagt: Gut, Sie sind jetzt nicht unbedingt gekommen, weil ich so ein netter Mensch bin, sondern weil Sie das Geld brauchen, das kann ich auch verstehen, das würde ich vielleicht auch machen. Sozusagen über ein Aufnehmen dieser Ambivalenz. Im Klienten mag sich diese Ambivalenz so ausdrücken, indem er sich denkt, „Ich hab eigentlich gar keine Lust, da werde ich gedrängelt. Aber ich muss da hingehen, weil ich das Geld brauche, um überleben zu können.“ Und wenn ich dann als Berater das anerkenne, dass diese Ambivalenz da ist, und nicht sage, du musst aber jetzt und streng dich mehr an, dann entschärfe und entspanne ich die Situation. In der Literaturlandschaft zum Thema Humor ist der Bereich der Sozialen Arbeit nur dürftig gesät. Man könne sich aber hier Werken bedienen, die der Psychotherapie entspringen. Im kürzlich erschienenen Buch von Waleed Anthony Salameh, „Humor in der integrativen Kurzzeittherapie“, findet er viele Hinweise, die ganz gut in die Sozialarbeit zu übertragen sind. Das Gespräch wendet sich hin zur persönlichen Erfahrung mit Humor, und zielt darauf ab, inwieweit sich sein Humoreinsatz in der Beratung mit zunehmender Erfahrung verändert hat. Ist vor Jahren sein Humor noch nebenbei, zufällig und unbewusst passiert, so gestaltet sich das heute bewusster und gezielter. Allerdings plant Effinger eine Beratung nicht durch, im Sinne von, ich muss da noch ordentlich ein bisschen Humor reinbringen oder so. Das kommt ganz auf den Prozessverlauf an. Wenn ich merke, das kommt ins Stocken, dann kann ich da auf Instrumente zurückgreifen, die ich mal erprobt habe. Als Freund des Provokativen Stils würde er sich nicht bezeichnen. Das liegt aber nicht daran, dass er den für falsch hält, sondern dieser Stil zu seiner Persönlichkeit nicht passt. Für die Arbeit mit dem provokativen Stil müsse man sehr wortge-
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wandt und schnell sein. Er hingegen sei eher ein norddeutscher Typ, bedächtig und ruhig. Er hat auch Eleonore Höfner schon bei Tagungen beobachtet. Dem provokativen Stil gegenüber hat Effinger eher noch so Bedenken. Also, das darf man jetzt?, sagt er lachend, wenn er an Höfners Demonstrationen denkt, und setzt gleich danach fort: Also, das ist mir auch nicht fremd. Ich bin nicht der Meinung, dass man mit Humor alles machen darf. Aus der Arbeit mit Humor habe er vor allem zwei Sachen gelernt – einerseits wurde die Beziehungen mit den Menschen, mit denen er gearbeitet hat, viel enger, andererseits erhöhte sich seine Selbstakzeptanz, die mehr Gelassenheit mit sich brachte und ihm erlaubte, nicht immer perfekt sein zu müssen. Ich bin in einer besseren Stimmung, die Kontaktaufnahme ist leichter, ich hab mehr Zugang zu meinen eigenen Intuitionen, bin etwas spielerischer. Am Ende des Gesprächs ist noch Raum für Offenes oder bislang Unerwähntes. Was mich auch lange herumgetrieben hat, wobei, es ist jetzt weniger geworden, war die Frage, warum gilt die Sozialarbeit als humorlos? Was gibt´s da für Hypothesen? Ich frage ihn nach seinen Eindrücken. Er machte die Beobachtung, dass Mitte der Achtziger Jahre die Medien sich immer weniger mit sozialen Problemen beschäftigt haben und in der gleichen Zeit die Spaßgesellschaft ihren Aufschwung erlebte. Das hat so eine Empfindlichkeit gebracht, auch in der Sozialarbeitsliteratur, sich nicht dem Verdacht auszusetzen, auch noch auf dieser Spaßgesellschaft aufzusitzen. Da ist so ein bisschen das Kind mit dem Bade ausgeschüttet worden. Man wollte also nicht mit den Leuten, die sich über die Verlierer der Gesellschaft lustig gemacht haben, in ein Boot gesteckt werden. Aber da könnte man verschiedene Hypothesen anstellen – aus meiner Sicht, sagt er lächelnd. Ich bedanke mich bei Herbert Effinger für das Gespräch. Die ruhige und besonnene Art Effingers sowie sein trockener Humor kamen mir bei meinem ersten Telefoninterview sehr entgegen. Wir unterhalten uns über den voraussichtlichen Zeitpunkt der Fertigstellung meiner Arbeit und sein neues Buch. Er wünscht mir noch viel Erfolg.
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13.1.2 Interview mit Dr.in phil. Eleonore Höfner „Der Witz ist, wenn man Klienten sagt, du kannst nichts mehr, dann richten sie ihr Augenmerk auf das, was sie noch können.“
Diplompsychologin, Psychotherapeutin (HP), Leiterin des Deutschen Instituts für Provokative Therapie (D.I.P.), und des Consultinginstitutes k.l.i.c., Vorträge und Workshops zum Provokativen Stil, Führungskräfte-Trainings, Supervision und Coaching, Beziehungskabarett „Die Kunst der Ehezerrüttung“ Wenige Tage vor dem Interview mit Eleonore Höfner hatte ich ihr Buch „Das wäre doch gelacht! Humor und Provokation in der Therapie“ fertig gelesen und kam beinahe direkt aus einem Workshop mit Frank Farrelly, sodass meine Kenntnisse über die Vorgehensweise in der Provokativen Therapie und die Anwendung des Provokativen Stils sehr aktuell waren. Ich freute mich schon sehr auf das Interview und auf die Möglichkeit, mein Thema aus der Sicht der Provokativen Therapie zu betrachten. Auf meine Einstiegsfrage, was Eleonore Höfner mit Humor und Sozialer Arbeit assoziiert, geht sie auf die Soziale Arbeit im Sinne von Menschen, die Schwierigkeiten haben, ein. Sie klärt zunächst auf, dass der Begriff „provokativ“ leicht irre führend sein kann, weil man denkt, das ist was Böses oder wo man jemand ärgern will. Aber provokativ wird ja verstanden im Sinne von hervorlocken, hervorrufen, und da ist der Humor ein ganz wichtiger Punkt. Denn Menschen mit Problemen stecken meistens irgendwo fest und meinen, es ginge an diesem Punkt nicht mehr weiter. Da stellt der Humor des provokativen Stils mit dem Lachen über die eigenen Stolpersteine eine Relativierung her. Es gehe nicht darum, platte Witze zu machen, sondern es soll entdeckt werden, welche Absurditäten und Denkblockaden in dem Verhalten stecken, und zerrt genau diese Punkte ans Licht, karikiert sie so, dass der Klient darüber lachen kann. Und in dem Moment, wo man über etwas lachen kann, was einem bisher Schwierigkeiten bereitet hat, ist ein Riesenfreiraum gewonnen. Sie führt weiter aus, dass Feststecken und Lachen sich nicht vertragen und mit dem Lachen darüber ein Bann gebrochen wird, der neue Verhaltensweisen eröffnet. In den Beratungsstunden werde deshalb viel gelacht, wobei das Ziel sei, dass vor allem die KlientInnen über sich selbst lachen können. Das ist unserer Meinung nach die höchste Kunst der Lebens-bewältigung – dass man sich selbst zwar ernst nimmt, aber nicht so bitterernst nimmt.
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Höfner betont die beiden Kennzeichen des Provokativen Stils – Humor und Herausforderung. Die Herausforderung liegt darin, dass man alles, warum der Klient glaubt, er könne sich nicht verändern, persifliert. Es gebe häufig fixe Ideen in den Köpfen der KlientInnen, die meinten, etwas einfach nicht zu können oder beispielsweise zu alt für etwas zu sein. Das zerre man ans Licht, indem man es übersteigert, bis sich die KlientInnen wehren und meinen, es doch schaffen zu können. So kann man beispielsweise auch einer 25-jährigen Person sagen, dass sie für diese Aufgabe zu alt sei. Mit 16 hätte sie/er es noch geschafft, aber jetzt könne sie/er es vergessen. Damit wird der Widerstand gegen diese Einschränkungen geweckt, wobei der Widerstand nicht gegen die TherapeutInnen gerichtet sei, sondern gegen die eigenen Stolpersteine. Wenn KlientInnen dann etwas gelingt, erzählt sie, rufen sie manchmal auch bei ihr an und schildern ihr dies. Und dann sagt man nicht, das ist ja toll, sondern dann sagt man, ja, das war eine Eintagsfliege. Warten sie bis nächsten Dienstag, dann sind Sie wieder ganz die Alte. Also, man hat diese lockere, humorvolle Kommunikation eigentlich dauernd drauf. Dabei hebt sie noch mal hervor, dass man sich nicht über jede Art von Lebensphilosophie der KlientInnen lustig macht, sondern nur über die Stellen, wo sie feststeckten. In weiterer Folge kommen wir auf Humor bezogene Berührungsängste in der Sozialarbeit zu sprechen. Wie steht sie der Meinung gegenüber, den „armen“ KlientInnen könne in ihren Problemlagen nicht auch noch Humor zugemutet werden? Höfner sieht hier einen Mythos, der nicht nur in der Sozialarbeit vorherrsche, sondern auch in der Therapie. Als auffällig sieht sie von Zweiflern diese Angst, um Himmels willen, man könnte diese armen, verletzlichen, unendlich schrecklich gebeutelten Patienten noch weiter ins Unglück stürzen. Dann behandeln sie ihn wie ein rohes Ei und packen ihn in Watte, was dem Klienten überhaupt keinen Gefallen tut. Wenn ich den Klienten in Watte packe, dann kriegt er implizit die Botschaft, ich bin tatsächlich ein armes Schwein und brauche Schutz und Schonung, ich kann´s alleine nicht. Ich bin ohne diese Hilfe verloren. Ginge man hier etwas kumpelhafter, etwas rauer vor, dann würde die Botschaft lauten, he, die traut mir hier ja Einiges zu. Außerdem sind Klienten nicht halb so zerbrechlich, wie die Therapeuten glauben oder die Sozialarbeiter. SozialarbeiterInnen würden sich wenn es heiß wird eher nicht so gerne an bestimmte Probleme heranwagen, und meinten, sie seien keine Therapeuten. Für sie ist das eine Schutzbehauptung, denn der Unterschied nur sei graduell. In dem Moment, wo man in die Welt des Klienten einsteigen kann, kann man mit ihm arbeiten. Das ganze letzte Jahrhundert war von der Vorstellung geprägt, Heulen und Zähneklappern wären ein fixer Bestandteil einer Therapie, klärt sie auf. Der Humor sei dabei zu kurz gekommen. Viele hoch gelehrte Professoren hätten Angst um ihren Ruf, nur
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weil sie sich mit Humor beschäftigten. Die trauen sich da überhaupt nicht dran. Und das ist einfach Bullshit. Der Humor ist eine äußerst heilende Sache. Eleonore Höfner kommt noch einmal auf KlientInnen, deren Lebenslage auf mehreren Ebenen prekär ist, zu sprechen. Man richtet in der Provokativen Therapie das Augenmerk auf die bestehenden Ressourcen. Viele Menschen hätten aufgegeben und meinten, nichts mehr machen zu können. Hierin ortet sie eine Denkblockade, aus der KlientInnen sozusagen heraus-gefordert werden, indem ihnen mehr recht gegeben wird, als ihnen lieb ist. „Begib dich in die Obhut des Staates, so werden dir alle Entscheidungen abgenommen, du hast zwar keinen Freiraum mehr, aber der Preis für diese Versorgung ist ja nicht zu hoch“ – so in etwa könnten Provokationen aussehen, in denen auch die Vor- und Nachteile dieser so dargestellten Situation verpackt sind. Man formuliert dabei derart überspitzt, dass KlientInnen Widerstand leisten. Der Witz ist, wenn man Klienten sagt, du kannst nichts mehr, dann richten sie ihr Augenmerk auf das, was sie noch können. Und das ist deutlich wirkungsvoller, als wenn ich sage, he, du kannst doch das, du kannst doch das. Dann würden sie entgegnen, moment mal, das kann ich nicht wirklich gut. Besonders wichtig sei hier allerdings der feste Glaube an die Ressourcen der KlientInnen. Einschränkungen sieht sie beispielsweise bei Trauerphasen. Bei Todesfällen nahe stehender Personen nimmt man den Klienten in den Arm und tröstet ihn erst mal. Das ist ja keine Selbstschädigung. Aber wenn eine arbeitslose Person jahrelang zu Hause warte, dass ihr/ihm der designte Traumjob in den Schoß falle, dann wäre das eine Denkblockade. Vom Humoreinsatz sei also dann abzusehen, wenn keine Selbstschädigung oder Denkblockade vorliege. Das müsse man wirklich beachten und werde oft übersehen. Trauer und Ruhe sind für eine gewisse Zeit sehr wichtig. Allerdings werden Schicksalsschläge auch als Entschuldigung dafür hergenommen, nichts mehr tun zu können. Wenn ich letzte Woche vergewaltigt worden bin, dann muss ich das erst mal verarbeiten. Aber wenn ich vor 20 Jahren vergewaltigt worden bin, und dann sage, ich kann in meinem Leben nie mehr ein ausgefülltes Liebesleben haben, dann ist das eine Entschuldigung. Geht man provokativ vor, dann könnte man hier einige Szenarien erfinden: Man hat mir im Lokal nicht richtig eingeschenkt, das ist bestimmt, weil ich vergewaltigt worden bin. Also, man kann das ad absurdum führen. Wenn KollegInnen aus der Therapie mit dem Provokativen Stil in Kontakt kommen, dann sind alle Reaktionen möglich. Sie bemerkt in den von ihr gehaltenen Workshops, dass sehr viele Teilnehmer auch ihre eigenen Stolpersteine im Kopf haben. Manchen käme die Lösung zu schnell oder sind verwundert, worüber gelacht werde. Es schade auch Therapeuten nicht, mal etwas Neues zu machen. Andere wiederum schauten sich das gar nicht genau an und fänden es trotzdem unmöglich. Und wissen Sie, was
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mir das ist? Scheißegal. Wenn es jemand gerne anders machen möchte, soll er´s tun. Sie erinnert sich an ihren ersten Kontakt mit Frank Farrelly und der Provokativen Therapie. Für sie war dieser Moment ein absoluter Durchbruch. Sie hatte damals bereits 15 Jahre an therapeutischer Erfahrung und befand sich an dem Punkt, wo ihr das langatmige therapeutische Vorgehen zu schaffen machte. Dann kam dieser provokative Ansatz, wo sofort was in Bewegung kommt. Die können manchmal sauer sein, die Klienten, aber im Endeffekt ist es immer so, dass sie merken, ich kann in meinem alten, selbstgebrauten Wahnsinn nicht mehr weiter verharren – und das ist ein gutes Zeichen. Aus Büchern alleine könne man den provokativen Stil nicht erlernen. Man brauche eine gezielte Anleitung, weil es zu unzähligen Missverständnissen einlade. Es gehe um das liebevolle Karikieren des Weltbildes des Klienten, kurz LKW genannt. Spricht man KlientInnen keine Ressourcen zu, dann werden die Provokationen sehr bösartig. Jene, die vielleicht nur ein Video provokativen Vorgehens gesehen haben, übersehen oft die immense Empathie und Zuwendung die dahinter steckt, und sind nur auf den konfrontativen Aspekt fixiert. Deshalb gibt es in ihren Seminaren die Möglichkeit, diesen Stil auszuprobieren und zu üben. Höfner fasst vier Kontraindikationen zusammen, die in der Provokativen Therapie zu nennen sind. Erstens, dass keine Denkblockade oder selbstschädigende Störung vorliegt. Zweitens, wenn man KlientInnen nicht ausstehen kann. Drittens, wenn das Problem dem Therapeuten völlig unbekannt ist. Man könne dabei schwer provokativ werden, weil man nicht wisse, wo man ansetzen solle. Kann man sich beispielsweise in die Wahnwelt eines Schizophrenen nicht hineinversetzen, vermag man auch nicht zu persiflieren. In der provokativen Arbeit stelle man nicht so viele Fragen, sondern stelle häufig Behauptungen auf, wofür eben ein gewisses Wissen über die Welt der KlientInnen erforderlich sei. Als vierte und letzte Kontraindikation führt sie die Nähe zum bestehenden Problem an. Steckt man als Therapeut in derselben Sache fest, dann kann man nicht mehr provozieren. Provozieren bedeute, etwas zu relativieren, und das ist dann unmöglich, wenn man im gleichen Problem wie KlientInnen feststecke. Höfner geht auf die Frage ein, wie SozialarbeiterInnen beschrieben werden können, die Humor nicht anwenden sollten. Wenn man sehr lange in diesem Arbeitsfeld arbeitet, dann mag sich einmal das Gefühl einstellen, dass KlientInnen ohne einen selbst verloren seien. Wenn man dann irgendwann zu der Idee kommt, man sei selber klüger, erleuchteter, besser und hätte selber keine Absurditäten im eigenen Leben, dann sollte man die Finger davon lassen. Gerade weil man selbst auch blinde Flecken habe, soll man sich selbst nicht zu wichtig nehmen und glauben, man wäre klüger und besser als andere Leute. Vor allem in TherapeutInnenkreisen gäbe es einige, die glaubten, alles durchschauen zu können. In diesem Zusammenhang fällt ihr ein Witz ein: Was ist der Unter-
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schied zwischen einem Therapeuten und dem lieben Gott? Der liebe Gott glaubt nicht, dass er ein Therapeut sei. Wir kommen darauf zu sprechen, was zu beachten sei, wenn man Humor in der Beratung anwende. Bevor man provokativen Humor einsetzt, sei zunächst zu prüfen, ob es einem möglich wäre, bei der zu beratenden Person Ressourcen zu entdecken. Wenn man den Klient für hoffnungslos hält, dann darf man nicht zu ihm sagen, du bist ein hoffnungsloser Fall. Wenn ich aber glaube, er kann das schaffen, dann darf ich das sagen. Dann kann ich sagen, also, vergiss es einfach, ja? Aussichtslos, das schaffst du nie mehr in diesem Leben. Aber immer mit dem zwinkernden Auge und diesem Gesprächsstil, so wie man abends mit guten Freunden in der Kneipe sitzt und sich gegenseitig in die Seite knufft. Es erfordere kommunikative Fähigkeiten, die man erlernen und entwickeln könne. Ebenso könne man Humor erlernen. Mich interessiert, ob die Reaktionen der KlientInnen beim provokativen Vorgehen für sie kalkulierbar sind. Eine Wahrscheinlichkeit sei gegeben, erklärt sie, aber dass sie genau wisse, was passieren werde, sei nicht möglich. Damit erhält sich auch eine gewisse Frische in dieser Arbeit. Sollte einmal etwas schief gehen, müsse man sich das auch eingestehen. Die „Angebote“, die KlientInnen senden, sollen erkannt und aufgegriffen werden. Ob sie lachen oder rote Flecken am Hals bekommen, all diese Dinge könne man aufgreifen und damit weiter arbeiten, indem man es anspricht und neue Provokationen formuliert. Wie stellt Höfner sich ein Beratungsgespräch vor, das frei von Humor wäre? Das wäre schrecklich. Da würde ich mich erhängen, sagt sie lachend. Sie könne sich eine Beratungsstunde ohne die Suche nach den absurden Stellen gar nicht mehr vorstellen. Das Schöne ist, wenn man provokativ arbeitet, darf man wieder zu einem normalen Menschen werden. Also, wenn jemand kommt und sagt, ich bin verzweifelt, weil ich einen Trauerfall hatte, dann setze ich mich neben ihn und nehme ihn in den Arm. Das ist ja kein Problem. Dabei sind Klienten selbst in solchen Fällen ungeheuer erleichtert, wenn man auch ein paar absurde Schlenker reinbringen kann. Aber das kommt dann auf den Fall an, ein gewisses Fingerspitzengefühl ist dabei erforderlicht. Hier ist natürlich die berufliche Erfahrung ein nicht zu übersehender Faktor. Sie zitiert lächelnd Frank Farrelly, der einmal gesagt haben soll, die ersten 10.000 Sitzungen wären die schwersten. Im Frühstadium ihrer provokativen Arbeit stresste sie auch die Vorstellung, sie müsse dabei sehr kreativ sein. Aber wenn man das System einmal begriffen habe, funktioniere es einfach. Wir kommen auf Frank Farrelly zu sprechen. Höfner verweist darauf, dass Farrelly ein Schüler von Carl Rogers war. Die hundertprozentige Empathie, die der Gesprächs-
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therapie zugrunde liege, sei auch in die Provokative Therapie eingegangen. Denn das ist die Grundvoraussetzung. Es ist nicht gemeint, dass man den anderen in die Pfanne haut, sondern wichtig ist, dass man dem auf die Sprünge hilft, dass er wieder sehen und spüren kann, dass er selber Energien und Kraft und Power hat. Mitunter an Stellen, wo er sie gar nicht vermutet hat. Wir unterhalten uns über die von ihr und Frank Farrelly veranstalteten Workshops. Dabei merkt sie an, dass der Provokative Stil mit fast jeder Therapieform kombinierbar sei. Man muss jetzt ja nicht nur provokativ arbeiten, obwohl die Gefahr groß ist, dass man´s immer mehr macht, sagt sie, und ich entnehme ihrer Stimme ein „augenzwinkerndes“ Lächeln. Gegen Ende des Gesprächs erklärt sie, dass ihr der provokative Umgangston bereits vertraut war, als sie Farrelly noch gar nicht kannte. Mit ihrem Mann hatte sie sich bereits auf diese Weise unterhalten. Aber ich hätte nicht gewagt, das in der Therapie einzusetzen, wenn ich den Frank nicht getroffen hätte. Also, vielleicht hätte ich es gewagt, aber jedenfalls habe ich es bis dahin nie riskiert. Der Provokative Stil schütze vor einer allzu allwissenden Selbsteinschätzung. Sich selbst relativieren zu können – das werde mit Humor am Leben erhalten. Ich glaube, dass man sonst als Therapeut sehr leicht in die Gefahr kommt, zu meinen, ich bin ja so viel weiser als alle anderen. Wobei es natürlich klar ist, dass ich mit 61 eine deutlich fortgeschrittenere – und in dem Moment unterbricht sie ihren Satz mit schallendem Gelächter, dem ich mit einstimme. Wie so oft in diesem Interview bekam ich eine Kostprobe, welche Energie der Provokative Stil in sich birgt. Wir sprechen noch über die weitere Verarbeitung der Daten und den Forschungsverlauf. Dabei entsteht ein sehr unterhaltsames Gespräch, bei dem sie mir auch alles Gute für die weitere Arbeit wünscht. Immer noch erheitert von diesem angeregten Interview fasse ich meine Eindrücke kurz schriftlich zusammen, und lasse dieses reichhaltige, unverblümt formulierte Interview nachwirken.
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13.1.3 Interview mit Dr. rer. soc. Michael Titze „Denn Humor darf nicht gleichgesetzt werden mit Verbalhumor, sondern es handelt sich vielmehr um eine ganzheitliche Haltung.“
Diplompsychologe, Psychologischer Psychotherapeut, Psychoanalytiker, Gründungsvorsitzender von HumorCare Deutschland, Wissenschaftlicher Programmgestalter des Internationalen Kongresses „Humor in der Therapie“ und des Humorkongresses von Arosa Dem Interview mit Michael Titze begegnete ich mit besonderem Interesse, da er bereits mehrere Bücher und Artikel über Humor verfasst hat, mit denen ich mich ebenso im Vorfeld intensiv auseinandergesetzt habe. Vor allem das Werk „Therapeutischer Humor – Grundlagen und Anwendungen“ verhalf mir in der Einstiegsphase zu dieser Arbeit, einen ersten Überblick über die Möglichkeiten des Einsatzes von Humor zu erhalten. Angesprochen auf Assoziationen, die ihm zu Humor in der Sozialen Arbeit einfallen, betont er zunächst, dass er auf diesem Gebiet kein Spezialist sei. Humor sei eine kommunikative Hilfe und schlage Brücken, weshalb man auch vom sozialen Schmiermittel sprechen würde. In der Entwicklungspsychologie komme diese Brücke in Form des kindlichen Lächelns an seine Bezugsperson vor. Man kann durchaus sagen, dass die Mutter das Kind so konditioniert, es lieb zu haben. Man kann weiterhin sagen – immer wenn ich jemandem humorvoll lächelnd gegenübertrete, dann entsteht nicht nur eine kommunikative, sondern auch eine affektive Verbindung. So konditioniere ich den anderen, oder ich mache das, was man in der Tiefenpsychologie als Übertragungsmanipulation bezeichnet. So schaffe ich die Voraussetzungen, dass die weitere Kommunikation besser läuft. Mit einem skeptischen Gesicht oder einer neutralen Maske ergebe sich diese Brücke nicht. Es geht also darum, dass die kommunikative Verbindung hergestellt wird, bevor es zur eigentlichen Verbalisierung kommt. Erkenntnisse, die auch für die Soziale Arbeit wichtig seien. Unter diesen eben beschriebenen Voraussetzungen könne eine humorvolle Haltung entstehen. Denn Humor darf nicht gleichgesetzt werden mit Verbalhumor, sondern es handelt sich hier vielmehr um eine ganzheitliche Haltung. Humorkenntnisse aus der Psychotherapie seien auf jeden Fall in die Soziale Arbeit eins zu eins übertragbar. Wo Menschen direkt miteinander zu tun haben, gehe man von der gleichen Prämisse aus. Wie sieht es Michael Titze, wenn man meine, Humor und Lachen wären bei sozialen Problemen unpassend? Lachen, meint er, sei eine mögliche Humorreaktion. Eine
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humorvolle Haltung entspreche einer Gelassenheit, die sich vor allem in der Mimik zeige. Dieses körpersprachliche Angebot könne für Menschen, die unter Druck stehen und soziale Probleme haben, eine Anregung zur Relativierung sein, die für die Betroffenen hilfreich sei. Titze kommt dabei auf Viktor Frankl zu sprechen. Die paradoxe Intention hat er als große humorvolle Maßnahme angesehen, das hat er mir persönlich gesagt. Dass für ihn alles Paradoxe nur Mittel sind, die aufgrund einer Haltung, einer Einstellung, einer humorvollen Einstellung appliziert werden können. Frankl sprach davon, dass es um die Umstellung einer Einstellung gehe. Mithilfe der humorvollen Gelassenheit lässt sich eine einseitige Einstellung, die auch viele Klienten in der Sozialarbeit haben, umstellen. KlientInnen werde somit gezeigt, es gebe noch mehr Möglichkeiten im Leben und werden auf diese Weise ermutigt. Der therapeutische Humor, nicht der Unterhaltungshumor, zielt auf Ermutigung, Vermittlung von Mut, Lebensmut, Selbstbewusstsein und Ich-Stärkung ab. Das werde allerdings nur dann vermittelt, wenn auch SozialarbeiterInnen selber diese Umstellung oder diesen Einstellungswandel bei sich vollzogen haben. Ich denke, aus einer durch Humor vermittelten Haltung heraus, die nicht unbedingt logisch oder rational nachvollziehbar ist, entsteht so etwas wie die Gewissheit: „Na ja, es lässt sich doch etwas tun und lässt sich doch etwas ändern.“ Menschen, die mit TherapeutInnen, BeraterInnen oder SozialarbeiterInnen zu tun hätten, würden sich auch von deren Optimismus anstecken lassen. Die Überzeugung, dass es doch irgendwie machbar ist, könne nur nonverbal transportiert werden, ist er sich sicher. Insofern hätten SozialarbeiterInnen eine Modellwirkung, weil sie selbst an das glauben, was sie vermitteln sollen. Ich frage nach den Grenzen in der Humoranwendung und kann mir vorstellen, dass er bei akut krisenhaften Problemsituationen nicht angebracht wäre. Das ist richtig, antwortet Titze. Würde man mit Humor aus dem verbalen Bereich relativieren wollen, und sagen, das sei doch nicht so schlimm, und würde noch ein Witzchen anhängen, dann fühlte sich der Andere nicht ernst genommen. Man müsse sich mit dem Anderen identifizieren und gleichzeitig davon ausgehen, dass es eine Lösung gebe. Zunächst geht man auf den Klienten als Person ein und signalisiert gleichzeitig: „Es wird schon einen konstruktiven Weg der Problemlösung geben, auch wenn ich dir jetzt im Augenblick nicht sagen kann, wie dieser Weg aussieht.“ Weiters hebt er einen interessanten Aspekt heraus. Je weniger man sich auf Witze oder Sprüche einlasse, beispielsweise „Es wird schon klappen“ oder „Machen sie sich nicht so viel Gedanken“, desto eher könne eine echte authentische Beziehung entstehen, aus der heraus Ermutigung erfolgen könne. Ob aufgrund der Persönlichkeitsstruktur Humor bei manchen KlientInnen nicht zum Einsatz kommen sollte, frage ich. Handle es sich um verbalen Humor, würde er das bestätigen. Es gehe darum, sich in Menschen hinein versetzen zu können und den Fokus
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auf seine Stärken zu richten. Ruch und Seligmann nennt er an dieser Stelle, die sich als Vertreter der positiven Psychologie mit diesem Thema beschäftigten. Blicke man auf die Stärken und die Ressourcen, würde man sich auch nicht von dem, was nicht gelinge, irritieren lassen. So könne man bei einem Hausbesuch einem Klienten, der einen MessiHaushalt und katastrophale Finanzen habe, den Blick automatisch auf das Gelingende richten und das entsprechend verbalisieren. Es geht also darum, das Gute im Schlechten aufzudecken. Als Grundsatz oder Richtlinie in der Humorarbeit betont er den Mut zur eigenen Unvollkommenheit. Auch sei dem Anderen zu vermitteln, dass man nicht die Person sei, die schnelle Lösungen parat habe, aber gleichzeitig zeigen solle, dass man nicht aufgebe. Eine Tendenz zur Selbstironisierung wäre dabei sehr wichtig. Oft sei es so, dass KlientInnen ihr Gegenüber als übermächtig ansehen. Werden ihre Erwartungen nicht erfüllt, seien sie schnell enttäusch. Hier könne man von Vornherein die eigenen Grenzen und Einschränkungen verbalisieren. Mit dem „Mut zur Lächerlichkeit“, wie es Frankl nannte, könne man seine eigene Person und seine Fähigkeiten mithilfe der Selbstironie relativieren. Aber auch bei der Selbstironisierung geht es um das richtige Augenmaß. Das heißt: Wenn der Therapeut oder Sozialarbeiter sich selbst so richtig durch den Kakao zieht oder sich zu sehr der Lächerlichkeit preisgibt, dann ist das sicher nicht gut. Denn da handelt es sich bloß um Effekthascherei, um Schau oder – was noch schlimmer ist – um eine Art Masochismus. Konstruktiver ist es, wenn lediglich eine leichte Tendenz zur Selbstironisierung erkennbar wird. Diese Umstellung der eigenen Einstellung könne man sich sicherlich nicht aus Büchern anlesen, es handle sich hierbei um einen Prozess, in dem man seine Haltung auf das Gute im Schlechten einstelle. Michael Titze bringt ein sehr anschauliches Beispiel: Wenn man in einer Beratung verbal angegriffen würde, weil man einen Fehler gemacht habe, könne man sich für den Hinweis bedanken und auf den Mut hinweisen, diese Kritik geäußert zu haben. KlientInnen würden das als Bestätigung sehen. Bei den SozialarbeiterInnen müsse dabei aber die Bereitschaft vorhanden sein, KlientInnen auch mal in eine überlegene Position kommen zu lassen. Bei Seminaren beispielsweise könne das in Rollenspielen gut ausprobiert werden. Wir kommen auf den Provokativen Stil zu sprechen. Titze findet die Arbeiten von Farrelly, Höfner und Schachtner sehr interessant, meint aber, dass bei traumatisierten Menschen diese Vorgehensweise kontraproduktiv sein könne. Die moderne Traumatherapie habe festgestellt, dass Konfrontatives eher kontraproduktiv sei, weil pathogene Muster aufgerissen werden, was Ohnmachtsempfindungen zur Folge hat, die mit einer affektiven Implosion einhergehen können, also Resignation, Selbstschädigung oder Auto-Aggression. Luise Reddemann empfehle ausdrücklich ein nicht konfrontatives hu-
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morzentriertes Vorgehen in der Traumatherapie. Ich denke, die Klientel des Sozialarbeiters, gerade in sozialen Brennpunkten, setzt sich aus Menschen zusammen, die nicht selten schwer traumatisiert sind. Das setzt schon in der Kindheit ein, wenn man an prekäre wirtschaftliche Verhältnisse denkt, an zerrüttete Familienverhältnisse, Missbrauch und Misshandlungen. Letztendlich hat es der Sozialarbeiter immer wieder mit traumatisierten Menschen zu tun. Daher sollte er oder sie die Ergebnisse der durch die Hirnforschung unterstützten modernen Traumatherapie grundsätzlich berücksichtigen, deren Fazit ist, dass konfrontatives Arbeiten kontraindiziert ist, ein nicht humorzentriertes Vorgehen hingegen produktiv wirkt. Ich erzähle von meiner Teilnahme am Workshop mit Frank Farrelly und merke an, dass mir auffiel, dass Humor schon von Anbeginn eines Beratungsgespräches eingesetzt wird. Das Hauptproblem der Provokativen Therapie ist der fremdironisierende Humor. Wenn das ein selbstironisierender Humor wäre, der aber nicht zu stark sein darf, könnte dieser Ansatz durchaus konstruktiv sein. Titze bringt seine Meinung auf den Punkt: Es liegt mir einfach nicht, sich über andere Menschen, noch dazu Klienten, lustig zu machen! Was hinter der Idee der Provokativen Therapie steht, ist im Grunde der alte Ansatz der Reizüberflutung. Durch ein forciertes Lächerlichmachen der Symptomatik soll es zu einer Umbesinnung, Neuorientierung in Richtung rationaleres, realitätsgerechteres Denken und Handeln kommen. So wird der Klient ins kalte Wasser der sarkastischen Übertreibung gestoßen und man hofft dann, dass er oder sie gerade dadurch zur Einsicht kommt und vernünftiger wird. Ob das Lachen, dass dabei entsteht, tatsächlich echt im Sinne einer Befreiung ist, bleibt dahingestellt. Welche SozialarbeiterInnen sollten Humor eher nicht anwenden? Wer sich mit Selbstironie schwer tue oder Schwierigkeiten habe, verbale Angriffe schlagfertig zu kontern, der soll und kann sich auf humorvolle Interventionsstrategien nicht einlassen. Mit Humor könne man auch eine defensive Haltung einnehmen und Aggressionen von außen abwehren. Diejenigen, die gar nicht darauf reagieren würden, liefen Gefahr, in eine ohnmächtige Position zu gelangen. Reagiere man mit Gegenaggression könne man keine Brücke mehr zu KlientInnen schlagen, was eine weitere Arbeit unmöglich mache. In einer von Humor geprägten Haltung schaffe ich es jedoch, die Aggressionen, die vom Anderen ausgehen, zu entschärfen, zu relativieren, so dass die zwischenmenschliche Brücke stabil bleibt. Ein humorloses Beratungsgespräch wäre nicht stimmig und von einem inneren Konflikt geprägt. Die verbalen Inhalte können mit nonverbalen inkompatibel sein. Es ist klar, dass die zwischenmenschliche Beziehung sich nicht im Verbalen aufbaut. Wenn ich also jemanden als lästig oder widerlich ansehe, und dann versuche, diesem Menschen zu helfen, dann spürt dieser, dass ich das eigentlich nicht will. KlientInnen zeigen eine
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entsprechende Reaktion auf nonverbaler Ebene. Die verbalen Interventionen der BeraterInnen laufen somit ins Leere. Haben BeraterInnen das Bedürfnis zu lachen sei es geradezu kongruent, wenn sie das machten. Es sei jedoch drauf zu achten, dass dieses Lachen nicht auf Kosten der KlientInnen ginge. Titze selbst hat ursprünglich klassisch tiefenpsychologisch psychoanalytisch gearbeitet. Als Krisenintervention im Sinne einer Kurztherapie sei es schwierig psychoanalytisch zu arbeiten. Titze verweist hier auf das Buch von Waleed Anthony Salameh, das für die Soziale Arbeit zu empfehlen sei. Er habe Viktor Frankl 1980 oder 1981 bei einem Kongress kennen gelernt und es ergab sich eine lange Korrespondenz über Paradoxien. Frankl erkannte sein großes Interesse an diesem Thema und ermutigte ihn, da weiter zu machen. Er hat mir gesagt, dass es nicht so sehr um technische Aspekte im Humor geht, entscheidend ist vielmehr die Haltung. Und die muss man sich täglich aneignen, indem man eben den Mut zur Unvollkommenheit als Chance ansieht, und nicht als Defizit. Denn hierbei werden Ressourcen und Kompetenzen freigelegt, die sich in einen kreativen Prozess einbinden lassen. Ich stelle abschließend die Frage, ob noch etwas offen geblieben sei oder noch hinzugefügt werden könnte. Wie sein Zugang zum Humor entstanden sei, könne ich auf der Vitae auf seiner Homepage nachlesen, und würde noch eine Ergänzung darstellen. Es gehe eben stark auf Frankl ein, unterstreicht er, der mit seinem sinnzentrierten Ansatz eigentlich auch die Theorie für Humor in Therapie und Beratung und all diesen Bereichen mitgeliefert hat, und er bezeichnet den Humor ja als ein Existential. Der Humor ist für Frankl etwas für die eigene Person Essentielles. Und das würde bedeuten, dass man Humor dann auch lebenslang trainieren muss. Wir unterhalten uns nach dem Interview noch etwas über Frankl, Adler und Freud. Wir verabschieden uns mit Glückwünschen von seiner Seite. Im Gespräch mit Michael Titze empfand ich eine sehr freundliche und positive Stimmung. Die transportierten Inhalte haben den vorgegebenen Themenbereichen neue Aspekte verliehen, aber auch Hinweise zu weiteren Blickpunkten und Sichtweisen gegeben.
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13.1.4 Interview mit Dr. phil. Peter Hain, MSc „Also, es ging dann mehr darum, auch etwas in die Therapie zu integrieren, was zum Teil zumindest zum eigenen Repertoire schon gehört hat, aber nicht erlaubt war bis dahin.“
Klinischer Psychologe u. Psychotherapeut (Gesprächspsychotherapie, Hypnosetherapie, systemische Paar- und Familientherapie, Provocative Therapy); Ausbilder u. Dozent im Bereich schulenübergreifender, hypnotherapeutischer u. humorvoll provokativer Ansätze in D, A, und CH; wissenschaftliche Leitung von sieben internat. Kongressen über die Heilkraft von Lachen und Humor in Medizin und Therapie in Arosa und Basel u. der Seminare „Humor in der Sozialen Arbeit“, Gründungspräsident u. Präsident von HumorCare Schweiz; Ausbilder u. Past-Präsident der Ges. f. klin. Hypnose Schweiz, ghyps Mit Peter Hain stand mir ein Experte aus der Schweiz zur Verfügung. Er hat neben mehreren Fachartikeln im Internet vor allem das Buch „Das Geheimnis therapeutischer Wirkung“ verfasst, in dem er sich auch intensiv mit dem Humor beschäftigt. Seit Jahren bietet er ein Seminar zum Thema „Humor in der Sozialen Arbeit“ an der FH Basel an. Peter Hain war der einzige, der anmerkte, dass das Interview in der fernmündlichen Version nicht optimal wäre, da die nonverbalen Inhalte der Kommunikation nicht erfasst werden könnten. Umso mehr freute ich mich, dass er trotzdem – auch in dieser Form – einem Gespräch zur Verfügung stand. Ich stelle die Frage, was Peter Hain einfällt, wenn er an Humor in der Sozialarbeit denkt. Er meint, da er ja ein Seminar zu dem Thema hält, falle ihm einiges dazu ein. Spontan könne er sagen, dass beides ganz gut zusammen passe und auf jeden Fall nötig sei, und zwar für beide, SozialarbeiterInnen und KlientInnen. Wir kommen auf etwaige Ressentiments Humor gegenüber zu sprechen, und er erzählt, er sei vor 15 Jahren noch belächelt worden, als er mit Humor als Thema in einen Kongress ging. Das sei heute nicht mehr so. In der Schweiz seien in den letzten zehn Jahren acht Humorkongresse durchgeführt worden. In Basel mache er seit zehn Jahren an der Fachhochschule das Seminar „Humor in der Sozialen Arbeit“, welches sich großer Resonanz erfreue. Dabei ergänzt er, dass es sich um ein Nachdiplomseminar handle, das nicht zur Ausbildung gehöre. Es macht für mich den Eindruck, als gäbe es hier weniger Berührungsängste gegenüber Humor. Ja gut, das ist schon natürlich immer der Wechsel zwischen Neugierde und
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man weiß nicht so recht, was das soll. Vor allen Dingen gegenüber den Vorgesetzten, die das genehmigen müssen. Hier brauche es halt zunächst etwas an Aufklärungsarbeit. Auch bei großen Institutionen sozialer Dienstleistungen vernehme er zunehmendes Interesse, da er auch dort schon etliche Seminare durchgeführt hat. Er bringt einen sehr interessanten Aspekt mit ein, wenn es um eine mögliche Erklärung geht, warum in Beratungen Sozialer Arbeit weniger Humor eingesetzt werde. Ich weiß nicht, welche Beratungskonzepten in Österreich oder in Ihrer Ausbildung vorhanden sind, aber viele stammen vielleicht aus psychotherapeutischen Ansätzen ursprünglich, und dort ging es ja auch sehr lange humorlos zu. Er verweist auf zwei Pioniere in dieser Hinsicht, die beide in Wien ansässig waren: Viktor Frankl und Alfred Adler. Während Sigmund Freud eher mit OberschichtsklientInnen gearbeitet habe, seien Frankl und Adler in ihren Arbeitsfeldern eher im Kern des Ernstes tätig gewesen. Da hätte der Humor anscheinend eine umso wichtigere Rolle eingenommen. Österreich, aber vor allem Wien, sei hier als pionierhaft hervorzuheben. Mit Paul Watzlawick fällt ihm noch ein weiterer Österreicher ein, der mit Humor in Verbindung zu bringen ist. In Bezug auf die Sozialarbeit verweist er auf Frank Farrelly. Als wichtig erachtet er eine eindeutige Humordefinition, nämlich derart, dass Sarkasmus, Zynismus und schwere Ironie nicht mehr vorkommen. Weil sonst wäre es natürlich nach wie vor eine sehr ambivalente Geschichte oder auch eine Glückssache. Seine Definition von Humor liegt in einer wohlwollenden Haltung zu sich und seinen Problemen. Dabei kommt der Empathie eine wesentliche Rolle zu. Nur, wenn Sie es aus einer empathischen Haltung heraus machen, ob sich selbst gegenüber oder mit Klienten zusammen, dann hat das Platz in der Therapie oder in der Beratung. Angesprochen auf die Grenzen in der Humoranwendung meint er, wenn ich mich als Berater oder Therapeut ärgere oder verletzt fühle oder mich in einem Konflikt befinde, dann ist das automatisch wie eine Kontraindikation in diesem Moment. Es wäre ungünstig und er sähe es als fachlichen Fehler, würde man sich mit Humor aus einem solchen Konflikt retten wollen. Das heißt, Humor muss immer aus einer wohlwollenden Grundhaltung heraus kommen, dann allerdings eröffnet er ganz neue Möglichkeiten. Gut, da würde ich ganz einfach sagen, das Gegenteil ist der Fall, meint er, als ich ihn mit der Meinung, Humor könne bei Menschen mit Problemen nicht angewendet werden, konfrontiere. Wie es ja so schön heißt, wenn einem das Wasser bis zum Hals steht, soll man den Kopf nicht hängen lassen. Auslachen und Spott seien natürlich nicht angebracht, aber es sei zu betonen, dass sich in wohlwollendem Humor bereits Optimismus und Zumutung, im Sinne von „ich mute jemanden etwas zu“, verbergen. Wir kommen darauf zu sprechen, in welchen Situation Humor nicht eingesetzt werden soll. Das komme wirklich auf das konkrete Beispiel an, eröffnet er. Letztendlich
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kann man ja nicht von einem Extrem ins andere gehen und sagen, der Humor ist nur dann erlaubt in der Sozialen Arbeit, wenn er zu jeder Zeit und zu jedem Moment und immer quasi die beste Möglichkeit darstellt. Niemand würde behaupten, dass es jetzt nur noch Humor bräuchte, und alles andere könne ignoriert werden. Der Humor ist nicht dafür da, Trauer oder Schmerz oder emotionalen Schmerz oder sonst Probleme zu ersetzen, sondern er ist eine Bereicherung, bis hin zum Sterben. Sterbebegleitung ohne Humor fände ich etwas vom Schlimmsten, was einem passieren kann. Aber das heißt nicht, dass man damit Trauer oder Abschied ersetzen will oder eine Abkürzung sucht. So nach dem Motto, mit Humor ersparen wir uns das Andere, das ist nicht die Idee. Er sei eine wertvolle und wichtige Ergänzung. Bei Gewaltthemen verhalte es sich ähnlich, auch da komme man mit viel Lachen nicht um die Gewalt herum. Man schaue dann, ob aus der gerade vordergründigen Thematik humorvolle Perspektiven herausgearbeitet werden können. Aber das geht auch nur als Unikat. Alle humorvollen Bilder, die man gemeinsam mit Klienten erarbeitet, sind Unikate und nicht übertragbar. Deswegen könne man auch nicht sagen, bei Gewalt gehe man in bestimmter Weise vor und komme somit zu einer bestimmten Lösung. Mich interessiert dabei, ob Hain im Verlauf einer solchen Beratung eher aus dem Gefühl heraus den Humor einsetzt. Nicht unbedingt aus dem Gefühl, erklärt er, obwohl es natürlich auch aus der empathischen Haltung heraus eine Rolle spiele, aber es habe auch damit zu tun, ob man sich in die Situation einzusteigen getraue und sie mit den KlientInnen gemeinsam weiterentwickle. Also, wenn ein Klient zum Beispiel Platzangst hat und Angst hat, sich übergeben zu müssen, dann kann man in das Bild mal einsteigen und kann schauen, vielleicht entdeckt er selber auch, dass, wenn er wirklich kotzen müsste, er selber am sichersten Ort steht. Durch dieses Einsteigen in Bilder ergeben sich plötzlich neue Möglichkeiten. Aber das weiß ich am Anfang der Stunde nicht, das geht nur gemeinsam. Man steige in den Kern des Problems ein und beginne, ihn weiter zu entwickeln. Stoßen KlientInnen dabei auf Grenzen, so helfen ihnen BeraterInnen dort weiter denken zu dürfen, wo man normalerweise aus Angst oder irgendwelchen anderen Gründen aufhört zu denken. Das kann, muss aber nicht humorvoll werden. Er bringt ein Beispiel einer Klientin, die an einer Hundephobie litt, und den Eindruck hatte, mehrere kleine Kläffer würden öfter vor ihrer Haustür richtiggehend auf sie warten. Hain hat ihr dann die Geschichte eines ängstlichen Hundes erzählt, der herausgefunden hatte, dass der Postbote noch ängstlicher war als er selbst. Jedes Mal, wenn der kam, hat der Hund fürchterlich gebellt und empfand es als Freudenfest, den Postboten zu verängstigen. Dann hat er dieses Bild auf die Klientin übertragen und gemeint, dass die Hunde alle nur ihretwegen kämen, weil sonst keiner mehr Angst vor ihnen hätte. Die Klientin musste dabei schmunzeln und die Hundeangst begann sich bald zu verändern.
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Hain merkt an dieser Stelle an, dass die bereits erarbeiteten Bilder aber nicht auf andere KlientInnen übertragen werden können. Angesprochen auf KlientInnen, bei denen Humor nicht zum Einsatz kommen sollte, kommt er auf das von ihm zusammengestellte Humor-ABC zu sprechen. Dabei stehe A für Absicht, nämlich in der Form, dass man sich eine Art innerer Humorbereitschaft erlaube. B stehe für Beziehung, aber auch für Bereicherung, und beschreibt eine empathische Haltung als Voraussetzung. Mit C ist der Context gemeint, in dem er stattfindet. Dabei wird der Auftrag und die Zielsetzung der Beratung aber auch die Befindlichkeit des Gegenübers berücksichtigt. Außerdem sei zu berücksichtigen, mit wem man es zu tun hat, beispielsweise ob die KlientInnen Jugendliche oder ältere Personen wären, ob etwa eine geistige Behinderung vorliege oder ob die Personen aus einem anderen Kulturkreis stammen. Kinder haben beispielsweise ein anderes Abstraktionsvermögen als Erwachsene, geistig behinderte Menschen einen anderen Sinn für Humor. Bei Erwachsenen könne das Abstraktionsvermögen in einer Problem- oder Angsttrance reduziert sein, was zum Beispiel vor einer Operation der Fall wäre. Es werde dabei alles im Zusammenhang mit dieser Operation mit großen Ohren wahrgenommen. Es wäre von einem Kontextfehler zu sprechen, würde der Chirurg – trotz bester Absicht – vor der Operation sagen: „Das wird schon schief gehen.“ Die Patientin würde das als negative Prophezeiung einordnen und nicht als humorvolle Aufmunterung. Welche SozialarbeiterInnen Humor nicht anwenden sollten, frage ich. Wenn man überhaupt keinen Zugang zum Humor habe und humorvolle Perspektiven nicht gerne erarbeiten wolle, dann solle man das auch nicht machen. Oder zuerst mal bei sich selber anfangen und schauen, ob man sich überhaupt ein eigenes Problem liebevoll schmunzelnd anschauen oder liebevoll übertreiben kann. Übertreibungen nach dem Motto „Schlimmer geht´s immer“ seien ein guter Weg raus aus einer Sackgasse. Zu schauen, was man an einer Misere noch verschlechtern könne. Wenn ich das liebevoll mit mir selber machen kann, dann mache ich das vielleicht auch mit Klienten gerne. Humorberaterausbildungen findet er persönlich nicht angemessen, weil das einfach bei uns nicht so gut ins Berufsbild passt. Zumindest in der Schweiz oder bei Humorcare habe man sich bis jetzt ganz klar dagegen gewendet, wenn es um Ausbildungen zum diplomierten Humorberater ging. Er meint, der klientenzentrierte Ansatz sei für die Beratung noch immer das A und O und biete einen guten Rahmen für weitere Ausbildungen. Carl Rogers habe er noch persönlich als sehr humorvollen Menschen kennen gelernt. Ergänzungen mit systemischen Inhalten und Perspektiven würden sich nicht widersprechen. Wir kommen auf Farrelly und seine Provokative Therapie zu sprechen. Provokative Therapie würde ich jetzt nicht mit Humor in dem Sinn gleichsetzen, sondern es hat natürlich noch zusätzliche, zum Teil sehr sinnvolle Aspekte, die mit der Ad-
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vocatus Diaboli Haltung zusammenhängen, die auch sehr schnell humorvoll wird. In der Sozialarbeit komme es auch häufig vor, dass man es mit ambivalenten, schlecht oder fremd motivierten Personen zu tun habe, und da ist die Advocatus Diaboli Haltung nach wie vor die beste, die ich kenne. Aber derartige Weiterbildungen sollen in eine gute Grundausbildung eingebunden werden. Die Frage, was einem humorfreien Beratungsgespräch fehle, beantwortet er augenzwinkernd: da fehlt zuerst mal der Humor, oder? Aber er setzt dann fort, vermutlich fehlt dann erstens Optimismus, es fehlt wahrscheinlich auch ein Teil von Lebendigkeit, und es fehlen Perspektiven wahrscheinlich. Das muss zwar nicht sein, aber zumindest eine Möglichkeit für Perspektiven. Wahrscheinlich ist es auch weniger empathisch, wäre zu befürchten. Ein Beratungsgespräch, das völlig humorlos ist, das ist wahrscheinlich schwierig, wirklich empathisch bis zum Ende rüberzukriegen. Auf den Humor wurde er aufmerksam, als er 1985 bei Farrellys erstem in Europa veranstaltetem Seminar beiwohnte. Was das bei mir ausgelöst hat von Anfang an war, dass der in der Therapie was gemacht hat, was ich in der Jugendzeit auch immer gemacht hab. Also, es ging dann mehr darum, auch etwas in die Therapie zu integrieren, was eben zum Teil zumindest zum eigenen Repertoire schon gehört hat, aber nicht erlaubt war bis dahin. In den achtziger Jahren sei Humor in den klassischen Ausbildungen fast verboten gewesen. Insofern war´s für mich auch wie so eine Art Erlaubnis, etwas wieder in die therapeutische Arbeit einfließen zu lassen, was ich durchaus früher schon trainiert hatte. Er hat dann für sich später einen Stil entwickelt, den er als „Inframing“38 beschreibt, in dem man in die Symptomatik intensiv einsteige, und mit der Führung zum Weiterdenken und Weiterentwickeln humorvolle Perspektiven erarbeite. Dies sei die bevorzugte Art, die in seinen Therapien und Beratungen vorkomme, und der Advocatus Diaboli Haltung relativ ähnlich sei. Er verwende in seinen Beratungen mehrere Ansätze, in denen er ausgebildet sei und man könne mit Humor sicher Türen öffnen, unterstreicht er. Also, ich denke mir, Humor ist eine wichtige Bereicherung, aber nicht der einzige Punkt. Und Provokative Therapie würde ich jetzt nicht von A bis Z, also nicht die ganze Stunde durchziehen. Vielleicht schon mal eine Stunde, aber nicht die ganze Therapie. Es wäre schade um die anderen Ausbildungen, die er gemacht habe, ergänzt er schmunzelnd. Ich mache da sehr gute Erfahrungen, dass sich das wunderbar ergänzt. Nach dem Interview plaudern wir noch über den weiteren Forschungsverlauf und über Humorberaterausbildungen in Österreich. Vor allem an der gewählten Auswertungsmethode zeigt Hain Interesse. Er wünscht mir noch viel Spaß für die Fertigstellung der 38
Weitere Ausführungen bietet Hain in einem seiner Artikel (vgl. Hain 1993).
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Arbeit und wir verabschieden uns. Das Gespräch mit Peter Hain brachte, wie zu erwarten, wieder neue Elemente und Sichtweisen in die Thematik.
13.1.5 Interview mit Dr. phil. Dr. theol. Alfred Kirchmayr „Wo viele Probleme sind, sind auf jeden Fall Witz und Humor wichtig. Insofern ist es in der Sozialarbeit ein ganz wichtiges Thema - für alle Betroffenen. Auch für die SozialarbeiterInnen, die verdammt viel aushalten müssen.“
Studium der Psychologie, Soziologie und katholischen Theologie, Psychoanalytiker, 1982-2000 Akademieprofessor für Psychologie und Sozialphilosophie an der Sozialakademie St. Pölten, ab 2000 Lektor für Psychologie an der Fachhochschule für Sozialarbeit St. Pölten Das letzte Telefoninterview führte ich mit Alfred Kirchmayr, mit dem ich einen Fachmann aus Österreich gewinnen konnte. Er hatte ebenso erst kürzlich zuvor ein Buch verfasst – „Witz und Humor – Vitamine einer erotischen Kultur“. Aufgrund seiner jahrzehntelangen Tätigkeit als Professor an der Fachhochschule und früheren Sozialakademie in St. Pölten steht er der Sozialarbeit nahe. Alfred Kirchmayr fragt mich gleich zu Beginn, wie es mir bei den bisherigen Interviews ergangen sei, und ich erzähle ihm von meiner Begeisterung über die Vielzahl an verschiedenen Aspekten und Informationen, die ich in den vorherigen Interviews erhalten habe. Er frage deswegen so direkt, weil unter Humor irrsinnig viel verstanden werden könne. Der Humor als Oberbegriff für Witz, Komik, Ironie und Zynismus einerseits und der Humor im engeren Sinn als Grundeinstellung andererseits mache eine Differenzierung schwer, stellt er fest. Kirchmayr empfiehlt das neue Buch von Waleed Anthony Salameh. Salameh vertritt die Meinung, dass die eher aggressiven Formen des Humors, also Zynismus oder Sarkasmus, für die Beratung nicht geeignet wären. Kirchmayr hat in seiner Rezension zu Salamehs Buch einen anderen Fokus eingebracht. Er meint, wenn SozialarbeiterInnen mit einem Menschen zu tun hat, der durch einen widerlichen Chef seine Arbeit verloren hat, so sei es durchaus möglich, im Gespräch mit dieser Person einen zynischen Witz über diesen widerlichen Chef zu erzählen. Dies würde helfen, die Wut raus zu lassen und damit Distanz gewinnen. Er nennt hierzu ein Beispiel. Zwei Sekretärinnen
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kommen ins Gespräch. Sagt die eine, unser Chef ist ein Wunderkind. Sagt die andere, wie kommst du den darauf? Sagt die andere, na, der hat mit sechs Jahren die Intelligenz gehabt, wie er sie heute hat. Verstehen Sie? Die Wut kommt raus, und die zwei können zumindest kurz lachen über den Widerling. Das kann so eine Situation einfach psychohygienisch ein bisschen entschärfen. Salameh habe es auf KlientInnen bezogen, ergänzt er anschließend, die man natürlich nicht beschämen könne. Er selbst kennt viele Witze und flechtet sie, wenn sie passend erscheinen, auch ins Beratungsgespräch ein. Kirchmayr bringt ein Beispiel aus seiner Praxis. Eine junge Frau wurde nach einem Jahr Ehe von ihrem Mann verlassen. Hat sie in den ersten Gesprächen die Wut noch in sich hinein gefressen, so war mittlerweile zu bemerken, dass die Wut auf den Mann langsam heraus kam. Als sie in einer Sitzung meinte, ihr Mann hätte sie doch gar nicht verdient, bringt Alfred Kirchmayr einen Witz: Wissen Sie, was ein Mann in Salzsäure ist? Ein gelöstes Problem. Das sei zwar kein besonders guter Witz, sagt er, aber die Frau habe unter Tränen noch lachen können. Das ist zwar ein sehr aggressiver Witz, aber in der Situation hat er geholfen, die Wutgefühle zu verstärken und raus zu lassen. Ich bin aufgrund meiner jahrelangen therapeutischen Erfahrung überzeugt, dass Witze psychohygienisch wirken können, auch sehr aggressive Witze, aber natürlich nur dann, wenn sie auf andere bezogen sind. Ich frage ihn nach seinen Assoziationen zu Humor in der Sozialen Arbeit. Sozialarbeit sei eine sehr schwierige Arbeit, eröffnet er. Humor und Witz gebe es nur, weil es Probleme gebe. Im weitesten Sinne handle es sich beim Humor um eine Hilfe, Probleme zu bewältigen. Man könne das am jüdischen Humor beobachten. Das jüdische Volk habe jahrtausendelang schlechte Erfahrungen gemacht, nicht nur unter der Herrschaft der Nationalsozialisten. Und warum hat gerade dieses Volk den stärksten Witz und den tiefsten Humor entwickelt? Weil sie so viel erlitten haben. Wo viele Probleme sind, sind auf jeden Fall Witz und Humor wichtig. Insofern ist es in der Sozialarbeit ein ganz wichtiges Thema – für alle Betroffenen. Auch für die SozialarbeiterInnen, die verdammt viel aushalten müssen. Ebenso für die Psychohygiene von SozialarbeiterInnen sei er wichtig. Ich hab oft gesagt in den Vorlesungen, Humor ist, wenn man trotzdem SozialarbeiterIn wird. Weil man da ja sozial gesehen oder gesellschaftlich gesehen sehr viel Müllhaldenarbeit machen muss. Man arbeitet fast hauptsächlich mit Leuten, die an den Rand gedrängt sind, benachteiligt sind oder große Probleme haben und deswegen abgeschoben werden, vereinfacht gesagt. Er ist derzeit zwar am Aussteigen aus seiner Tätigkeit an der Fachhochschule, aber die Sozialarbeit ist ihm doch ein sehr vertrauter Bereich. Die Frage, ob ihm Berührungsängste vonseiten der Sozialarbeit dem Humor gegenüber aufgefallen wären, beantwortet er mit der Einschätzung, dass unsere Gesellschaft
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generell witzlos sei. In Vorträgen und Seminaren hat er festgestellt, dass eine total oberflächliche Witzkultur vorherrsche. Bei Vorlesungen hat er manches mit einem Witz auf den Punkt gebracht, das haben die Studierenden unterschiedlich aufgenommen. Bei einem Vortrag vor Psychoanalytikern in Berlin hat er über die Bedeutung von Humor und Witz in der Psychotherapie referiert. Da konnten viele nichts damit anfangen. Woraufhin er auf Freuds Bücher zum Witz und zum Humor verwies. Der Freud würde in der Urne rotieren, hab ich gesagt, wenn er sähe, was seine Epigonen zum Teil machen. Ihm fällt noch ein Spruch von Mark Twain ein, der zur vorherigen Erklärung bezüglich Humor und Probleme passt. Mark Twain, der Schriftsteller, hat gesagt, im Himmel gibt es keinen Humor und keinen Witz. Weil dort gibt es ja definitionsgemäß keine Probleme. Muss furchtbar fad sein, sagt er nach einer kurzen Pause schmunzelnd. Meint man, man könne in der Sozialen Arbeit aufgrund der für sie typischen Problemlagen keinen Humor anwenden, so sieht er das als weit verbreitetes Missverstehen von Humor. Da Alfred Kirchmayr angedeutet hat, er habe sich schon mit dem Humor in verschiedenen Kulturen auseinandergesetzt, frage ich ihn, ob er sich mit dem Wiener Schmäh auch schon beschäftigt hat. Der Wiener Schmäh hat ja sehr viel vom jüdischen Witz. Das sei vor allem auf die gemeinsame Geschichte Wiens und der jüdischen Gemeinde zurückzuführen. Ich bringe ein, dass ich im Zuge meiner praktischen Erfahrungen immer wieder überrascht war, in welchen Situationen KlientInnen den Schmäh „rennen“ lassen. Der Humor sei eben ein Überlebensmittel, steht für ihn fest. Er verweist auf den Lagerhumor in den Konzentrationslagern, von dem Viktor Frankl erzählt hat. Lachen sei nicht nur Resignation. Natürlich hat es auch unter Umständen etwas Resignatives, aber es hat primär etwas Psychohygienisches. Sollen sich KlientInnen der Sozialarbeit nur damit beschäftigen, wie arm sie sind, fragt er. Nein, die blödeln halt auch und lassen den Wiener Schmäh rennen. Wenn es um die Grenzen der Anwendung von Humor geht, dann sei zuerst die entscheidende Frage, welche Art von Humor man verwende. Wenn ich jemand entwerten würde durch den Humor, dann ist das einfach immer daneben. Hilft es aber KlientInnen zu mehr Selbstdistanz zu gelangen, dann sei das positiv. Der entscheidende Punkt liegt darin, dass KlientInnen nicht entwertet werden. Ob beispielsweise bei Gewaltthemen Humor einsetzbar sei, hänge von der Situation ab. Alles, was Menschen ermutigt, sie in ihrem Selbstwertgefühl fördert, was ihnen hilft zum Beispiel Distanz von negativen Gefühlen zu kriegen, das ist gut. Und das kann man auch mit Humor. Es stelle sich die Frage, wen man trifft. Wenn ich in der Hitlerzeit, wo wirklich viele Leute gelitten haben, den Witz erzählt habe, „Was bedeutet der Hitlergruß? Aufgehobene Rechte“, dann ist das ein irrsinnig starker Witz. Der hilft kurz gegen diese Übermacht einen kleinen Sieg
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zu erringen. Obwohl man hilflos ist, resigniert man damit nicht vor diesem System. Man fördere damit das Selbstwertgefühl und die eigene Würde. Kirchmayr bringt ein weiteres Beispiel aus seiner Praxis. Im Rahmen einer Paartherapie, die Frau war sehr dominant und der Mann zog sich immer mehr zurück, intervenierte er mit der Aussage: „Je mehr sie Druck machen, umso mehr drückt sich ihr Mann.“ Beide mussten lachen und es wurde ihnen bewusst, was da ablief. Eine Konfliktsituation könne so aufgelockert werden. Wenn Humor und Witz die Konfliktfähigkeit fördert oder einen Konflikt noch klarer sichtbar macht und ermutigt, ihn anzugehen, dann ist das ein ganz wichtiges Motiv, humorvoll zu intervenieren. Das geht jetzt schon tiefer, meint er als ich nach möglichen Richtlinien in der Humoranwendung frage. Vor allem im Bereich des Umganges mit Konflikten können Humor und guter Witz förderlich sein, erklärt er. Auf konkrete Richtlinien, so habe ich das Gefühl, möchte er sich nicht festlegen. Seminare zum Thema findet er gut, er hält selbst auch immer wieder welche. Gerade in solchen Seminaren könne man den Humor erproben und fördern. Die Einen haben sicherlich mehr von der Anlage her oder haben Eltern gehabt, die dafür einen Sinn hatten. Aber tierischer Ernst muss nicht immer unbedingt so bleiben, wie man ihn hat, sondern man kann ihn lockern, man kann gegensteuern, man kann Humor und Sinn für Witz auch ein bisschen entfalten. Manche hätten mehr Sinn für Witze, andere für Comics oder Comedy. Man werde das nehmen, wofür man einen Sinn habe. Man soll den Sinn für Witz und Humor fördern, das ist für SozialarbeiterInnen gut. Aber es muss stimmig sein, denn es komme dabei sehr auf die Persönlichkeit an. Ein humorfreies Beratungsgespräch fände er eher traurig. Zum Schmunzeln sei fast immer etwas. Wenn ich tierisch ernst mit einer schwierigen Situation umgehe, dann bin ich irgendwie erstarrt. Wenn ich aber ein bisschen lockerer werden kann, ist es schon leichter. Wir kommen auf das Thema Lachen zu sprechen. Das Lachen sei eine vielschichtige Sache. Es reiche vom befreienden, herzhaften Lachen bis hin zum tödlichen Auslachen und Verlachen. Nietzsche habe gesagt, durch Lachen töte man am Besten. Andererseits sprach auch derselbe zu seinen Jüngern, sie sollen ihm das Lachen lernen. Ich komme noch einmal auf den Witz zurück. Da ich ja die Zusammenhänge eines Witzes herstellen müsse, um ihn überhaupt verstehen zu können, meine ich, dass sich der Empfänger Gedanken über den Inhalt des Witzes machen muss, womit man KlientInnen in eine sehr aktive Position brächte, stelle ich in den Raum. Dem stimmt Alfred Kirchmayr zu und unterstreicht an dieser Stelle seine aktivierende Wirkung. Nimmt man eine wohlwollende Haltung im Humoreinsatz ein, so sei die Gefahr, dass sich jemand ausgelacht fühle, beinahe gebannt. Natürlich könne man Menschen
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mit einer sehr bescheidenen geistigen Kapazität nicht einen komplizierten Witz erzählen. Den würde er nicht kapieren, und das würde dann auch sein Selbstwertgefühl nicht fördern. Gerade das Selbstwertgefühl sei nämlich etwas Zentrales. Wenn das Selbstwertgefühl bei Menschen mit Problemen gefördert wird, atmen sie auf. Und das kann man eben auch mit Witz und Humor. Humor bei akut krisenhaften Problemen einzusetzen, sei für ihn durchaus vorstellbar. Es komme allerdings auf die Art des Humors an. Zum Schluss merkt Kirchmayr noch generell an, dass eine große Unsensibilität und Unwissenheit zum Thema Humor bemerkbar sei. Am Ende des Gespräches unterhalten wir uns über Sozialarbeiterwitze und die Auswertung der Daten. Er findet meine Arbeit gut, aber es sei ein schwieriges Thema. Ich blicke auf ein angenehmes Gespräch zurück, welches mit den Erläuterungen über den Witz eine zusätzliche Ebene erreichte. An manchen Stellen hatte ich das Gefühl – manchmal merkte er dies auch an – dass Alfred Kirchmayr aufgrund der für ihn wenig differenzierten Unterscheidung des Humors, nicht tiefer in manche Fragen einsteigen wollte. Dennoch wurden in diesem Interview wieder neue Aspekte zu diesem Thema aufgetan. Er wünscht mir Glück und Erfolg für die Fertigstellung der Arbeit.
13.1.6 Interview mit Frank Farrelly, M.D. “I think we need to have the character and integrity to tell the truth, no matter which way the chips fly or which way or direction it takes.” Master Degree in Sozialarbeit, Mitglied der „Academy of Certified Social Workers“, u.a. einige Jahre klinischer Professor an der „University of Wisconsin – School of Social Work“, derzeit hält er weltweit Seminare in Provokativer Therapie, als dessen Gründer er gilt. Das Interview mit Frank Farrelly führe ich erst nach den Telefoninterviews an, obwohl es vor allen anderen stattfand. Begründet kann dies vor allem aufgrund des unterschiedlichen Settings werden. Auch wegen der Kürze des Interviews erschien es mir als Einstieg in die Auswertung wenig geeignet. Im Rahmen eines Basis-Workshops in Provokativer Therapie, der im Oktober 2007 in Wien stattfand, hatte ich die Gelegenheit, in einer Pause mit Frank Farrelly ein kurzes
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Interview zu führen. Nun war der Zeitpunkt für uns beide unvorbereitet und der Rahmen in der Garderobe eines Seminarzentrums äußerst ungewöhnlich, dennoch hatten wir eine gute Viertelstunde Zeit, uns zu unterhalten. Ich hatte drei Fragen meines Leitfadens ausgewählt, die ich Farrelly stellte. Aus dem Transskript geht im Verhältnis weniger Textmaterial hervor als aus den anderen Interviews. Einerseits lag dies an manchen Passagen, die aufgrund des Geräuschpegels im Gebäude bzw. an der Aussprache meines Interviewpartners unverständlich waren. Andererseits kam Farrelly meines Erachtens nicht so auf den Punkt der Sache, wie es die restlichen fünf Interviewten taten. Eleonore Höfner beschrieb in ihrem Interview, Farrelly würde in den Seminaren seine Arbeit sehr rechtshemisphärisch erklären, mit Assoziationen, Bildern und Geschichten. Wünsche man einen kognitiven Rahmen, so kriege man den bei Frank Farrelly nicht. Das fiel mir bereits im Workshop auf, im Interview aber noch viel mehr. Manchmal wich er von der ursprünglichen gestellten Frage weit ab. Worauf er hinaus wollte, war mir jedoch klar. Auf diese Weise habe ich wohl hautnah einen Teilaspekt der provokativen Arbeit am eigenen Leibe erfahren. Nicht so sehr auf das gesprochene Wort käme es an, sondern auf die Art und Weise, wie es transportiert werde. Der besseren Lesbarkeit halber habe ich das Interview ins Deutsche übersetzt. Ich frage ihn, wie er KlientInnen beschreiben würde, bei denen man Humor nicht einsetzen sollte. Solche habe er noch nie getroffen, meint er. Farrelly erzählt, dass die Philosophen des Mittelalters sagten, der Mensch wäre das einzige Tier mit einem Sinn für Humor, und er führt das weiter aus. Viele Leute würden den gekreuzigten Jesus spielen und nicht Lachen wollen: „Weil ich habe mehr Schmerz erlitten, als irgend jemand anderer in der Menschheitsgeschichte“, sagt er mit leidender Stimme und mit eingesacktem Körper. Viele Menschen würden diese Rolle spielen. Welche SozialarbeiterInnen sollten Humor nicht anwenden, frage ich Farrelly. Manche Leute scheinen keinen Sinn für Humor zu haben, meint er. Und wenn, dann ist es viel „bla bla bla“ und nicht wirklich echt. Es wäre so, dass sie Humor nie genutzt hätten oder noch nie ausprobiert hätten. Oder sie versuchten, einen Witz zu erzählen Aber so etwas ginge in die Hose. Solche Leute möchten witziger sein, indem sie einen Witz erzählen. Zuerst sollte man lernen, wie man Humor anwende. Weiters erzählt er einige Geschichten, die außerhalb dieses Themas angesiedelt sind. Die dritte Frage bezieht sich auf Humor bei akut krisenhaften Problemen, beispielsweise sexueller Gewalt. Er habe mit Sexualtätern gearbeitet, sagt er, die auch ihre Familienmitglieder missbrauchten. In einem Fall wäre der Vater zweier Töchter übergriffig geworden. Farrelly habe der 16 Jahre alten Tochter gesagt, dass, wenn er sich das nächste mal annähere, sie schreien, kämpfen und kratzen solle, und nicht die Mutter, sondern die Polizei rufen solle. Der Vater sagte dazu, dass er aber der Vater sei. „Dann
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verhalte dich wie einer“, schrie Farrelly den Vater an. Wirklich laut habe er das gemacht. Denn ansonsten könne er das dem Richter erzählen, sagte Farrelly zu dem Vater. Farrelly winselt mit leidlicher Stimme: „Ich wusste nicht was das bedeutete. Ich wusste gar nicht, was das zu bedeuten hätte. Ich kann mich an nichts mehr erinnern.“ „Aha, aber sie erinnern sich“, schreit Farrelly hallend. Abschließend sagt er, SozialarbeiterInnen sollten den Charakter haben, die Wahrheit zu sagen, egal in welche Richtung es ginge. Ich frage ihn, ob ich dieses Interview für meine Arbeit verwenden dürfe, und er stimmt zu. Für mich war es ein spannendes Erlebnis, Frank Farrelly zu interviewen. Wahrscheinlich hätte ein anderer zeitlicher und örtlicher Rahmen das Gespräch anders verlaufen lassen. Aufgrund des Settings ist Farrelly möglicherweise nicht so sehr in die Tiefe gegangen, und so lösten manche Antworten bei mir eher Verwirrung als Klärung aus. Dennoch ging aus diesem Interview eindeutig hervor, welch unkonventioneller Mittel Farrelly sich bedient und in welch unverfälschter Wortwahl er sich ausdrückt. 13.2 Auswertung der Daten und Darstellung der Ergebnisse Wie bereits in der Beschreibung der Methode erklärt, wurden für die Inhaltsanalyse Kodes gebildet, denen die Inhalte zugeordnet werden konnten. Für die Auswertung wurden 15 Kodes definiert, mit denen das Material bearbeitet wurde. Auf diese Weise wurde ermöglicht, das Material, welches sich in drei Hauptkategorien untergliedert, übersichtlich und geordnet darzustellen. Im ersten Teil wird auf den Einsatz und die Anwendung von Humor eingegangen. Der zweite Teil konzentriert sich speziell auf Einschätzungen und Möglichkeiten, die in der Sozialen Arbeit im Zusammenhang mit Humor wesentlich sind. In welcher Weise die Interviewten zur Arbeit mit Humor gestoßen sind und welches Fazit sie aus daraus ziehen, beschreibt das dritte Kapitel. 13.3 Anwendung und Einsatz von Humor 13.3.1 Definition des Humors Meine InterviewpartnerInnen fanden es zunächst wichtig, den Humor eindeutig zu definieren. Humor als Haltung, und nicht als Unterhaltung zu verstehen – hierin lag der Grundtenor aller Aussagen. Es geht nicht darum, kabarettistische Züge in die Beratung zu bringen, sondern es sollen aus einer humorvoll empathischen Haltung die Stärken der KlientInnen angeregt werden.
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13.3.2 Fähigkeiten des Humors Die Fähigkeit, Distanz herzustellen und zu relativieren wurde von allen TelefoninterviewpartnerInnen erwähnt. Damit verbunden sei der Aufbau neuer Perspektiven und Sichtweisen möglich. Humor kann als Instrument zur Herstellung eines Arbeitsbündnisses und zur Beziehungsgestaltung eingesetzt werden. Humor wird als „soziales Schmiermittel“ (Titze) verstanden, mit dessen Hilfe Brücken geschlagen werden können. Weiters vermittelt er Mut und Optimismus, indem man einerseits aus der humorvollen Haltung heraus den KlientInnen übermittelt, dass es doch eine Lösung geben kann. Andererseits wohnt dem Humor eine „Zumutung“ inne, und zwar Zumutung im Sinne eines für KlientInnen wahrnehmbaren Mutzuspruches. Die KlientInnen erleben, dass die SozialarbeiterInnen ihnen die Stärke und Kraft zutrauen, das Problem zu lösen. Somit schafft es der Humor, die Menschen zu aktivieren und anzuregen. Er hat eine psychohygienische Wirkung, indem er Gefühle verstärken und nach außen transportieren kann. Kirchmayr hat dabei im Speziellen auf den Witz hingewiesen, der diese Fähigkeit ebenso besitze, betonte jedoch, dass der Witz aber nicht die KlientInnen direkt betreffen dürfe. Dem Humor liegen ebenso Fähigkeiten zugrunde, die nicht nur für KlientInnen hilfreich sind, sondern auch für SozialarbeiterInnen. Wendet man Humor mit dem „Mut zur Unvollkommenheit“ (Titze) an, so hat das auf KlientInnen eine Art Vorbildwirkung, die ihnen zeigt, dass auch BeraterInnen nicht ohne Fehler und Schwächen sind. Der Humor verhindert somit, dass man sich selber nicht zu wichtig nimmt und für allwissend hält. Diesen Fokus betonte vor allem Eleonore Höfner mehrmals, die erklärte, dass mit dem Humoreinsatz eine psychische Entlastung und eine psychohygienische Wirkung einhergehen. 13.3.3 Möglichkeiten und Methoden Mit Humor können KlientInnen aktiviert und ermutigt werden, für ihre Probleme einzustehen und am Lösungsprozess (wieder) teilzunehmen. Der Humor aus der in der Definition beschriebenen Haltung vermittelt den KlientInnen, dass sie von den BeraterInnen nicht für schwach und unfähig gehalten werden, sondern, dass ihnen etwas zugetraut wird. „Klienten sind nicht halb so zerbrechlich wie die Therapeuten glauben oder die Sozialarbeiter“, meint hierzu Eleonore Höfner. Mehrmals wurde die paradoxe Intention Frankls hervorgehoben, die er selbst als „große humorvolle Maßnahme“ (Titze) angesehen habe. Vor allem die „Umstellung einer Einstellung“ kann mit Humor unterstützt werden, indem der Blick wieder auf die Ressourcen der KlientInnen und das Gelingende gerichtet wird. Hier dürfte auch die humorvolle Gelassenheit sowohl für SozialarbeiterInnen und KlientInnen ihren Beitrag leisten. Titze beschreibt, dass man sich in dieser
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Form der Gelassenheit auf die Stärken der KlientInnen einstellt, ohne sich aber von dem, was nicht gelingt, irritieren zu lassen. In diesem Klima können KlientInnen Ermutigung erfahren und sich durch die Gelassenheit der SozialarbeiterInnen angenommen fühlen. Im Zuge einer Beratung oder im Umgang mit KlientInnen kann es durchaus vorkommen, dass der Unmut einer unbefriedigenden Situation an die BeraterInnen gerichtet wird und sich in verbalen Angriffen äußert. Mit Humor vermag man in diesen Fällen eine defensive Haltung einzunehmen, indem man bei Aggressionen von außen humorvoll reagiert. Freud sprach hier von der „höchsten Abwehrhaltung“ (Titze), die ermöglicht, dass die Gegenaggression oder die Unterdrückung einer Reaktion unterlassen werden kann. Es ist also somit möglich, einerseits diesen Unmut aufzugreifen und anzusprechen, um damit weiterzuarbeiten, andererseits vermeidet man als SozialarbeiterIn, dass man die Aggression aufnimmt und in sich hineinfrisst bzw. auf gleicher Ebene reagiert. Kirchmayr betonte die verschiedenen Einsatzmöglichkeiten des Witzes. Selbst aggressive Witze könnten in der Beratung verwendet werden, allerdings nur wenn sichergestellt ist, dass sie nicht direkt an KlientInnen, sondern an Außenstehende, gerichtet sind. Im Beratungsverlauf kann auf dieser Basis jederzeit ein Witz, wenn er „passend“ erscheint, erzählt werden. Ich denke, die Beispiele der InterviewpartnerInnen haben gut umrissen, welche Möglichkeiten in der Humoranwendung zur Verfügung stehen. Es zeigte sich, dass die KlientInnen beispielsweise mittels paradoxer oder provokativer Vorgehensweisen in ihrer Person vollständig ernst genommen werden. Im Gegensatz dazu wird damit das Problem relativiert, ihm nicht zuviel Bedeutung beigemessen. Die Interviewten hatten hier teils ähnliche, teils unterschiedliche Herangehensweisen und Methoden, wie sie ihre Humorarbeit umsetzten. Michael Titze steht für die Anwendung des therapeutischen Humors aus einer ganzheitlichen Sicht, Herbert Effinger geht auf die Aufnahme gerade in der Sozialen Arbeit vorhandener Ambivalenzen ein, Peter Hain wendet seinen Stil des Inframings an, mithilfe dessen er humorvolle Perspektiven entwickelt, Alfred Kirchmayr arbeitet mit Witzen, die KlientInnen anregen und Emotionen abführen können, Eleonore Höfner und Frank Farrelly verwenden den Provokativen Stil. Der provokative Stil lässt sich überall dort anwenden, wo keine Denkblockade oder Selbstschädigung vorliegt. Ansonsten entnehme ich außer den in Kapitel 13.3.4 erwähnten Kontraindikationen keine Einschränkungen. Denkt man – um den Humor in seinen Möglichkeiten zu skizzieren – an akut krisenhaften Probleme, so ist es nach Titze wichtiger, eine authentische Beziehung aufzubauen, aus der heraus Ermutigung erfolgen kann, anstatt verbalen Humor einzusetzen. „Humor kann immer dann eingesetzt wer-
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den, wenn er das Selbstwertgefühl fördert und er Distanz zu negativen Gefühlen verleiht“, meint Alfred Kirchmayr. Peter Hain betont, dass bei derartigen Problemen nicht pauschalisiert werden dürfe. Humor kann nicht alles andere ersetzen und „stattdessen“ angewandt werden, also darf Empathie und Wohlwollen nicht vernachlässigt werden. Für Herbert Effinger ist von Relevanz, ob es KlientInnen in einer Krisensituation möglich ist, eine Distanz herzustellen, denn ansonsten würde der Humor eher als Angriff verstanden werden. In derartigen Kontexten ist besondere Aufmerksamkeit und Vorsicht erforderlich. An dieser Stelle ist auch zu erwähnen, dass Frank Farrelly auf die Frage, welche KlientInnen für die Verwendung von Humor nicht geeignet wären, geantwortet hat, dass er sie oder ihn bisher noch nicht getroffen habe. Dass Humor – Denkblockaden und Selbstschädigungen vorausgesetzt – auch bei Themen sexueller Gewalt einsetzbar ist, zeigten Höfner und Farrelly. Weiters wurden auch Mediation und Sterbebegleitung als konkrete Einsatzfelder genannt. Genauso wurde der Humor durch seine stressreduzierende Wirkung als Burnout-Prävention bezeichnet, die gerade in der Sozialen Arbeit kein unwesentliches Thema darstellt. Wurden Methoden genannt, so standen diese überwiegend im Zusammenhang mit Frankls paradoxer Intention, systemischen Ansätzen oder dem Provokativen Stil. Über den Provokativen Stil wurde unterschiedlich geurteilt. Zwar wurden seine Fähigkeiten mehrmals hervorgehoben, aber auch kritische Sichtweisen ließen ein differenziertes Gesamtbild zu. Hain schätzt vor allem die Advocatus Diaboli Haltung des Provokativen Stils, aber würde, da er die Anwendung mehrerer Methoden bevorzugt, den Provokativen Stil nicht über eine ganze Therapie hinweg anwenden. Effinger sieht diesen Stil für seine Persönlichkeit nicht passend. Titze bezieht sich auf die Ergebnisse der Traumaforschung, und meint, dass konfrontatives Vorgehen alte Verletzungen wieder aufreißt, und somit kontraproduktiv ist. Er bezieht sich auf Luise Reddemann, die „ganz ausdrücklich ein nicht konfrontatives humorzentriertes Vorgehen“ in der Traumatherapie empfiehlt. Ein nicht bedrohliches humorzentriertes Vorgehen wirkt hingegen produktiv. „Hinter der Provokativen Therapie steht im Grunde der alte Ansatz der Reizüberflutung“, erklärt Titze, und sieht das Hauptproblem in der Verwendung von fremdironisierendem Humor. „Durch das forcierte Lächerlichmachen der Symptomatik soll es zu einer Umbesinnung, Neuorientierung in Richtung rationaleres, realitätsgerechteres Denken und Handeln kommen“, wodurch KlientInnen mit der Hoffnung ins kalte Wasser gestoßen würden, dadurch zur Einsicht zu kommen. „Ob das Lachen, das dabei entsteht, tatsächlich echt im Sinne einer Befreiung ist, bleibt dahingestellt“, meint er abschließend. Höfner erwähnt im Interview, man könne mit dem Provokativen Stil rasch Erfolge erzielen, die auch anhaltend sind, nicht zuletzt deshalb, weil die KlientInnen auf diese Weise selbst entscheiden würden und somit dahinter stehen könnten. „Dass man
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wieder durch das Trauma durch muss und derartiger Unsinn, stimmt einfach nicht.“ (Höfner) Ich denke, auf Basis der Erläuterungen der ExpertInnen können die Möglichkeiten, die Humor in seiner Verwendung bietet, eindeutig erfasst werden. Unter der Berücksichtigung einiger Richtlinien eröffnet sich für KlientInnen und SozialarbeiterInnen ein breites Feld an Möglichkeiten, die neue Perspektiven für die beraterische Arbeit bieten. In den nächsten Kapiteln werden die Grenzen und die Richtlinien ein noch schärferes Bild über den Einsatz des Humors zeichnen. 13.3.4 Grenzen Man kann Humor „nicht mit jedem und in jeder Situation“ anwenden, meinte Herbert Effinger. Die anderen ExpertInnen schlossen sich seiner Meinung überwiegend an. Es war für die meisten schwer zu benennen, wo die Grenzen des Humoreinsatzes liegen. Befinden sich KlientInnen in Krisensituationen, in denen sie den Humor nicht oder gar als Angriff verstehen würden, sollte davon abgesehen werden (Effinger). Die Grenze ist auf jeden Fall überschritten, wenn eine Entwertung stattfindet (Kirchmayr). Wenn Humor aber von einer Grundhaltung aus angewendet wird, die absichtliche Verletzungen ausschließt, ist die Wahrscheinlichkeit solcher auf ein Minimum reduziert, meint Kirchmayr. Wobei hierzu der Hinweis Effingers zu beachten ist, der sich auf kommunikationstheoretische Kenntnisse bezieht und hervorhebt, dass der Empfänger über die Bedeutung einer Botschaft entscheide und nicht der Sender. Wenn man sich als BeraterIn verletzt fühlt, verärgert ist oder in einem Konflikt befindet, kommt das in diesen Momenten einer Kontraindikation gleich (Hain). Klarer drückt sich Höfner aus, die vom Humoreinsatz dann abrät, wenn keine Selbstschädigung oder keine Denkblockade vorliegt. Für den Provokativen Stil sind somit vier Kontraindikationen wesentlich: 1) keine Selbstschädigung und keine Denkblockade, 2) als unsympathisch empfundene KlientInnen, 3) das Problem ist völlig unbekannt, sodass nicht provokativ angesetzt werden kann, 4) BeraterInnen stecken im selben Problem fest. Mehrmals wurde angedeutet, es hänge von der Situation ab, ob Humor eingesetzt werden könne oder nicht. Dennoch gelang es, ein Bild zu umreißen, das eine Vorstellung davon gibt, wonach man sich im Zweifel richten kann. Gerade bei Problemen, die mit Gewaltausübungen zusammenhängen, kann man das nicht so pauschal sagen, wurde angedeutet. Frank Farrelly merkte an, mit Sexualtätern bereits provokativ gearbeitet zu haben.
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13.3.5 Richtlinien Als wichtiges Ergebnis der Interviews konnten sieben Richtlinien bzw. Bedingungen für den Einsatz von Humor herausgefiltert werden, die veranschaulichen sollen, was bei der Arbeit mit Humor zu berücksichtigen ist. Kompetenz Die Basis in der Arbeit mit Humor stellt eine solide Ausbildung in Gesprächsführungsund Beratungskompetenzen dar. Erst mit diesem Grundgerüst ausgestattet, kann Humor angewendet werden. Aus- und Weiterbildungen in der Anwendung von Humormethoden sind zu empfehlen. Authentizität Der Humor muss zur Persönlichkeit der BeraterInnen passen. Ein Humor, der rein als Technik angewendet wird und nicht mit der Person übereinstimmt, ist nicht authentisch und wird von Klientinnen auch als solches erlebt. Mut Der Mut zur Unvollkommenheit, zur Lächerlichkeit und zum Scheitern ist für SozialarbeiterInnen als auch für KlientInnen hervorzuheben. Ebenso der Mut, die Rolle des Allwissenden abzustreifen, sich Fehler eingestehen zu können und KlientInnen auch eine stärkere Position einnehmen zu lassen. Eine Tendenz zur Selbstironisierung unterstreicht diesen Mut. Empathie Ist generell in der Beratung eine empathische Grundhaltung vorauszusetzen, so kommt ihr in der Arbeit mit Humor zumindest die gleiche Bedeutung zu. Hinsichtlich der Achtung der KlientInnen und der beraterischen Beziehung ist es unabdingbar, dass der Humor aus einer wohlwollenden Haltung heraus entsteht. Optimismus Aus einer optimistischen oder ressourcenorientierten Haltung wird KlientInnen vermittelt, dass es für das Problem eine Lösung gibt. Der so entstehende Humor vermittelt der Person das Vertrauen in seine/ihre Stärken. Der Glaube an die Fähigkeiten der KlientInnen ist dabei Voraussetzung.
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Bereitschaft SozialarbeiterInnen kommt die Aufgabe zu, sich in jeder Situation zu fragen, ob sie sich in der geeigneten Grundstimmung für humorvolle Interventionen befinden. Auch wenn sie grundsätzlich mit der Humorarbeit vertraut sind, kann es aufgrund der eigenen Stimmung nicht passend sein, ihn einzusetzen. Außerhalb einer gelösten und entspannten Stimmung besteht die Gefahr, KlientInnen abzuwerten. Kontext Nicht nur der Rahmen, in dem das Gespräch stattfindet, ist hier gemeint, sondern vor allem die Einschätzung, mit welchen Voraussetzungen KlientInnen in das Gespräch kommen und wie es um ihre Befindlichkeit bestellt ist. Der Fokus kann dabei auf die geistige Ausstattung der Person, auf kulturelle Hintergründe, aktuelle Traumen oder das Alter gerichtet sein. Die Einschätzung der Beziehung zwischen SozialarbeiterInnen und KlientInnen spielt hierbei ebenso eine wichtige Rolle. 13.3.6 Persönlichkeitsstruktur In den Interviews war mitunter der Fokus auf die Ergründung gerichtet, wie die SozialarbeiterInnen beschrieben werden können, die Humor nicht verwenden sollten. Es wurde davon ausgegangen, dass bestimmte persönliche Ausstattungen oder Einstellungen der Verwendung von Humor abträglich sind. Hier führte Eleonore Höfner an, man soll die Finger vom Humor lassen, „wenn man meint, man sei selber klüger, erleuchteter, besser, und hätte keine Absurditäten im eigenen Leben.“ Es ist wichtig, dass man sich Fehler eingestehen kann, den Perfektionsanspruch zurückschraubt und – ganz wichtig – den Glauben an die Kraft der KlientInnen hat. Effinger erklärt, diejenigen, die meinten, Probleme gänzlich lösen zu können, sollten den Einsatz von Humor sein lassen. „Wer sich mit Selbstironie schwer tut oder Schwierigkeiten hat, verbale Angriffe schlagfertig zu kontern, der soll und kann sich auf humorvolle Interventionsstrategien nicht einlassen.“ (Titze) Hain geht davon aus, dass Humorarbeit für jene nicht geeignet ist, die keinen Zugang und keinen Gefallen an der Erarbeitung humorvoller Perspektiven fänden. In die gleiche Kerbe schlägt Kirchmayr, der einen Sinn für Witz und Humor als notwendige Voraussetzung erachtet. Es lässt sich also herausheben, dass SozialarbeiterInnen mit einem hohen Perfektionsanspruch und einem mangelnden Sinn für Humor humorvolle Interventionen eher unterlassen sollten. Der Glaube an die Fähigkeiten der KlientInnen muss vorhanden sein. Eine gewisse Schlagfertigkeit ist aus eigenem Interesse von Vorteil. Im Kapitel 13.3.8 werden wir uns noch mit der Entwicklung der Humorfähigkeit auseinandersetzen. Dennoch ist hier im Sinne der Anmerkung Peter Hains noch zu erwähnen, dass
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SozialarbeiterInnen, die sich im Umgang mit Humor nicht so wohl fühlen, durchaus selbst einen Zugang finden können, indem sie ihre eigenen Probleme liebevoll zu übertreiben probieren. Mit der persönlichen Erfahrung, dass die humorvolle Herangehensweise eine positive Wirkung nach sich zieht, lässt sich Humor möglicherweise in der Beratung leichter einsetzen. 13.3.7 „Humorfreie Beratung“ Um die Bedeutung des Humors auf eine andere Art betrachten zu können, wurde die Situation gedanklich hergestellt, in der man sich in einem humorfreien Beratungsgespräch befindet. Es kam dabei zum Vorschein, dass einem derartigen Gespräch einige Faktoren, die in der Beratung von Bedeutung sind, fehlen würden. Einem Beratungsgespräch ohne Humor fehlt vor allem die „menschliche“ Seite. Der Humor ist eine höchst menschliche Eigenschaft, die sie natürlich auch in der Beratung bleibt, und deshalb nicht ausgeklammert werden sollte. Die verbalen Inhalte können auch ohne Humor vermittelt werden, man würde sich allerdings die Möglichkeiten vorenthalten, die Humor vor allem auf nonverbaler Ebene bietet. Einem „bitterernsten“ Gespräch fehlt die Lockerheit, die nicht nur für die Beziehung förderlich ist, sondern auch die Grundlage einer optimistischen Haltung sein kann, aus der heraus neue Perspektiven gebildet werden können. 13.3.8 Ausbildung Es wurde bereits festgehalten, dass eine fundierte Ausbildung in Gesprächsführungsund Beratungskompetenzen unumgänglich ist. Um einen tieferen theoretischen Background für die Humorarbeit zu erhalten, bieten sich verschiedene Aus- und Weiterbildungsoptionen an. Es ist möglich, eine humorvolle Haltung zu fördern und seinen Humor zu erweitern, war die einhellige Meinung. Diesbezügliche Aus- und Weiterbildungen wurde einstimmig empfohlen. Vor allem durch Beobachtungen und Übungen im Rollenspiel ist eine intensive Erfahrung möglich ist, die durch das Lesen einer Fachlektüre nicht zu ersetzen ist. Dabei kann vor allem die Formulierung, selbstironisierender, paradoxer oder provokativer Äußerungen geübt werden. Gerade der provokative Stil bedarf einer gezielten Anleitung, da er sonst zu unzähligen Missverständnissen einlädt (Höfner). 13.3.9 Meinungen in Fachkreisen „Das ganze letzte Jahrhundert war geprägt davon, dass man mit Menschen in der Therapie Heulen und Zähneklappern machen musste“, beschreibt Höfner einen Zustand, in dem Humor kein Thema war. Es schade „auch Therapeuten nicht, mal was Neues zu
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lernen“, formuliert Höfner. Von KollegInnen bekommt sie die Rückmeldung, dass ihnen durch die Anwendung des Provokativen Stils die Arbeit wieder Spaß macht. Mit dem Thema „Humor“ wurde Hain bei Kongressen noch vor 15 Jahren „müde belächelt“, was sich in den letzten Jahren zusehends gebessert hat. Auch Kirchmayr stieß anfangs in Fachkreisen auf Unverständnis, nahm später aber doch ein wachsendes Interesse wahr. Es lässt sich also auch in der Psychotherapie eine gewisse Distanz feststellen, die mit zunehmendem Wissen über die Wirkung des Humors abnehmen dürfte. Mit dem wachsenden Angebot an Aus- und Weiterbildungen und der Durchführung von Humorkongressen ist es gut vorstellbar, dass sich etwaige Vorurteile abbauen lassen. Ein Trend in diese Richtung konnte zumindest in den letzten Jahren beobachtet werden. 13.4 Humor in der Sozialen Arbeit 13.4.1 Einschätzung Herbert Effinger war wohl der Experte mit dem besten Einblick und Zugang in das Feld der Sozialen Arbeit. In seiner Einschätzung über den Humor in der Sozialen Arbeit geht er davon aus, „dass es tatsächlich mehr gibt, als wahrgenommen wird“. Gerade humorvolle Konfrontation stellt eine Schwierigkeit dar, da Sozialarbeiter es nicht so gerne mögen, Dinge auf den Punkt zu bringen und Grenzen zu setzen. Seine KollegInnen der Fachhochschulen und Hochschulen haben wenig Vorstellung von den Möglichkeiten, die mit humorvollen Interventionen einhergehen. Er beschäftigt sich schon länger mit den möglichen Ursachen, warum auch nach außen hin die Soziale Arbeit als „humorlos“ wahrgenommen bzw. eingeschätzt wird. Gerade „weil Sozialarbeit eine sehr schwierige Arbeit ist“, käme ihr der Humor zugute, denn „wo viele Probleme sind, sind auf jeden Fall Witz und Humor wichtig“ (Kirchmayr). „Humor ist, wenn man trotzdem SozialarbeiterIn wird“, scherzte Kirchmayr. Dabei geht er auf die hohen Anforderungen ein, die an SozialarbeiterInnen gestellt werden, und betont, dass sie „verdammt viel aushalten müssen“. Peter Hain vertritt die Meinung, Humor und Sozialarbeit passen gut zusammen und sind für KlientInnen und SozialarbeiterInnen gleichermaßen wichtig. Den Aussagen der ExpertInnen nach zu schließen, lässt sich Humor in der Sozialarbeit gut einsetzen und wird auch als notwendig erachtet. Herauszuhören ist dennoch, dass die Soziale Arbeit nicht mit einer Profession, die zum Humor in der Beratung wesentliche Beiträge leistet, assoziiert wird.
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13.4.2 Psychotherapie und Soziale Arbeit Da, wie im letzten Kapitel beschrieben, die Soziale Arbeit nur mit wenigen Ausnahmen Beiträge zur Humorforschung leistet, stand zur Abklärung, inwieweit Kenntnisse aus der Psychotherapie übertragbar sind. Alle ExpertInnen sahen in diesem Zusammenhang keine Einschränkungen oder Vorbehalte. Höfner sieht den Unterschied nur graduell und regt sogar an, sich auch „wenn´s ein bisschen heiß wird“ an Probleme heranzuwagen, denn „wo man in die Welt des Klienten einsteigen kann, kann man mit ihm arbeiten“. Halten wir also fest: Kenntnisse des Humoreinsatzes in der Beratung, die aus der Psychotherapie entsprungen sind, lassen sich ohne Einschränkungen auf die Soziale Arbeit übertragen. 13.4.3 Humor trotz(t) sozialer Probleme Aus meiner Überschrift entnimmt man bereits zwei wesentliche Aussagen: Humor ist trotz sozialer Probleme anwendbar und Humor trotzt sozialer Probleme, soll heißen, dass mithilfe des Humors neue Perspektiven möglich sind, man wieder Mut fasst und sich nicht unterkriegen lässt. Ein Mythos in der Sozialarbeit, aber auch in der Psychotherapie, ist Höfner zufolge jener, dass „diese armen, verletzlichen, unendlich schrecklich gebeutelten Patienten“ mit Humor nicht noch weiter ins Unglück gestürzt werden dürfen. Doch gerade das Gegenteil kann der Fall sein. Befinden sich KlientInnen in schwierigen sozialen Lagen, so ist aus dieser humorvollen, bestärkenden Haltung der Fokus auf die Ressourcen in den Menschen gerichtet. Humor ermöglicht eine Distanz zum bestehenden Problem und wirkt auf diese Weise psychohygienisch, bringt es Kirchmayr auf den Punkt. Gerade für eine beträchtliche Anzahl für Wiener KlientInnen stellt dabei der Schmäh nicht nur eine psychische Entlastung dar, sondern mit ihm ist auch die Förderung des Selbstwertgefühls und der menschlichen Würde verbunden. „In dem Moment, wo man über etwas lachen kann, das einem bisher Schwierigkeiten bereitet hat, ist ein Riesenfreiraum gewonnen.“ (Höfner) Herbert Effinger ist auf die Problematik des doppelten Mandats eingegangen. Bei Zwangskontexten, wie sie in der Sozialarbeit vorkommen können, sehen KlientInnen, wenn es um die Erreichung sozialer Leistungen geht, SozialarbeiterInnen als Hindernis oder zu überwindende Hürde. KlientInnen sind in solchen Fällen auf diese Leistungen fixiert, und haben an einem Gespräch mit SozialarbeiterInnen wenig Interesse. In dieser Situation kann anstatt einer belehrenden Haltung diese Ambivalenz humorvoll aufgegriffen werden, in dem man KlientInnen folgendermaßen begegnet: „Gut, Sie sind ja jetzt nicht gekommen, weil ich so ein netter Mensch bin, sondern weil Sie das Geld
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brauchen. Das kann ich gut verstehen, ich würde vielleicht dasselbe machen.“ So kann dem Gegenüber klar gemacht werden, wer an diesem Kontext noch aller beteiligt ist, das heißt, dass SozialarbeiterInnen auch von Rahmenbedingungen umgeben sind, die auf sie und ihre Arbeit Einfluss haben. Auf diese Art mit Ambivalenzen umzugehen, lässt sich auf alle Handlungsfelder umlegen und trägt mit Sicherheit zum gegenseitigen Verständnis zwischen SozialarbeiterInnen und KlientInnen bei. Durch die bio-psychosoziale Herangehensweise an soziale Probleme arbeiten SozialarbeiterInnen auf mehreren Systemebenen. Vor allem beziehen sich Beratungsinterventionen auf psychische und soziale Systeme, meint Effinger. Augrund dieser mehrdimensionalen Herangehensweise verhält sich der Humoreinsatz in der Sozialen Arbeit sehr komplex. 13.4.4 Auslachen und Geringschätzung Es mag womöglich das Vorurteil im Raum stehen, der Humor im Beratungsgespräch wäre eine Form des Auslachens und der Geringschätzung. Nun, nach den bisherigen Erklärungen wird klar, dass dies nicht der Fall ist. Die Interviewten sind auf diese Einschätzung eingegangen und wiederholen sich in der Form, dass sie wieder auf die Voraussetzungen hinweisen, die für die Arbeit mit Humor gegeben sein müssen. Bei Humor aus einer wertschätzenden Haltung heraus kann weder von Abwertung noch von Auslachen die Rede sein. Höfner fügt hier an, dass derartige Einschätzungen eher von Leuten kommen, „die es selber noch nie gemacht oder gesehen haben“. 13.5 Persönliches Fazit aus der Arbeit mit Humor Was ist also das Fazit der ExpertInnen in ihrer Arbeit mit Humor? Was haben sie selbst daraus gelernt? Was hat sich im Laufe der Zeit verändert? Für Eleonore Höfner war es damals eine „Erleuchtung“, als sie Frank Farrelly und seine Provokative Therapie kennen lernte. „Da würde ich mich erhängen“, scherzte sie, als wir von der Vorstellung einer Arbeit ohne Humoreinsatz sprachen. Ich denke, bei ihr kam zum Vorschein, wie gut sich ihre Persönlichkeit mit dem provokativen Stil vereinigt. An dem Punkt, wo sie Farrelly traf, fühlte sie sich von einer therapeutischen Vorgehensweise, die ihr zu langsam und zu träge erschien, ausgelaugt. Am provokativen Stil schätzt sie dessen Lebendigkeit, Kreativität und Dynamik, die nicht nur KlientInnen zugute kommen, sondern auch von ihr als Therapeutin Aktivität einfordern. Der Provokative Stil erlaubt ihr, nicht perfekt und allwissend sein zu müssen und schützt sie vor einer „allwissenden“ Haltung. Michael Titzes Biographie in der Humorarbeit ist geprägt von Viktor Frankls Erkenntnissen, vor allem jener der paradoxen Vorgehensweisen. Titze hat sich zum Zeitpunkt, als er Frankl kennen lernte, selbst mit Paradoxien in der Psychotherapie beschäf-
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tigt, woraufhin der Wiener ihn zur Weiterarbeit an diesem Thema ermutigte. Gerade bei Titze kommt die Betonung einer humorvollen Haltung sehr stark heraus. Ausgestattet mit dem „Mut zur Unvollkommenheit“ können gerade in der Kurzzeittherapie und in Kriseninterventionen stabile Arbeitsbündnisse hergestellt werden. Alfred Kirchmayr kann als der Vertreter des Witzes bezeichnet werden. Seit Jahren erforscht er die Fähigkeiten und Formen des Witzes. Diese Arbeit führte ihn bis nach Japan, Mexiko und China. Mit dem Witz können Probleme gut auf den Punkt gebracht werden. Auch in seinen Sitzungen erzählt er Witze, allerdings nicht um auf den kurzen Lacher abzuzielen, sondern um KlientInnen anzuregen und zu aktivieren. Die Untersuchungen in unserer Gesellschaft veranlassten ihn dazu, ihr „eine oberflächliche Witzkultur“ zu attestieren. Er fordert eine erotische Witzkultur, in der über Witze auch nachgedacht werden sollte. Die ersten Eindrücke zum Thema Humor erhielt Peter Hain von Carl Rogers, aber vor allem von Frank Farrelly, bei dem er sein erstes in Europa durchgeführtes Seminar besuchte. Mit Farrellys Arbeit konnte Hain einen persönlichen Bezug herstellen, da ihm aus seiner Jugend diese Art der Kommunikation geläufig war. Im Weiteren ging es für ihn darum, etwas in die Therapie zu integrieren, das er schon zu seinem eigenen Repertoire zählen konnte, und mithilfe der Provokativen Therapie nun auch „eine Art Erlaubnis“ für diese Anwendung vorlag. In der Folge war Hain mit der Organisation von Seminaren und Kongressen maßgeblich daran beteiligt, dieses Thema einem breiteren Fachpublikum zugänglich zu machen. Mit seiner Methode des Inframings leistete er einen weiteren Beitrag für die Verwendung von Humor. Herbert Effinger schätzt am Humor seine „Liebe zur Mehrdeutigkeit“. Gerade für die Soziale Arbeit ist es wesentlich, Ambivalenzen und Paradoxien aus einer humorvollen Haltung heraus zu akzeptieren. Nicht nur als Berater nutzt er die Fähigkeiten des Humors, sondern auch als Professor an der Hochschule für Soziale Arbeit. Im Unterricht sieht er den Humor als gute Möglichkeit für die didaktische Arbeit mit Studierenden. Mit dem Einsatz von Humor, der in seiner Arbeit im Laufe der Jahre für ihn zunehmende Bedeutung erlangte, bemerkte er, dass nicht nur die Beziehung zu KlientInnen viel enger wurde, sondern der Humor ihm auch eine Gelassenheit verlieh, die seinen Anspruch auf Perfektion reduzierte. Durch den Humoreinsatz ist seines Erachtens die Beratertätigkeit weniger anstrengend geworden und seine Beratungskompetenzen wurden erhöht.
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14 Ergebnisse Mit den Ergebnissen der beiden Forschungsteile wenden wir uns den formulierten Forschungsfragen und Hypothesen zu. 14.1 Bearbeitungen der Forschungsfragen und Hypothesen Wie stehen SozialarbeiterInnen dem Humor gegenüber, welchen Stellenwert sprechen sie ihm zu, und wie wird Humor in der Sozialen Arbeit in der Außendarstellung wahrgenommen? Vorweg kann bereits erwähnt werden, dass die SozialarbeiterInnen dem Humor überwiegend positiv gegenüber stehen. Dies äußert sich vor allem durch die beinahe ausschließlich positiven Eigenschaften, die sie ihm zuschreiben. Im Gespräch mit KollegInnen messen sie ihm den höchsten Stellenwert bei, auch im Umgang mit KlientInnen wurde ein hoher Wert gemessen. Festgehalten werden kann, dass der Humor im Beratungsgespräch zwar einen hohen Stellenwert einnimmt, ihm in der Kommunikation außerhalb von Beratungen jedoch einen höherer Stellenwert zukommt. Den Interviews war zu entnehmen, dass dem Einsatz von Humor im sozialarbeiterischen Arbeitsfeld grundsätzlich nichts entgegen spricht. In der Außendarstellung wird er nach Effinger weniger wahrgenommen, als dies wirklich der Fall sein dürfte. Vielleicht wirkt hier die mangelnde Auseinandersetzung der Sozialen Arbeit mit dem Humor mit ein. Ein Vergleich der Behandlung dieses Themas in der Psychotherapie oder in Pflegeberufen, lässt einen Nachhohlbedarf in der Sozialen Arbeit erkennen. In jüngster Zeit häufen sich sogar Publikationen über die Verwendung von Humor im Bereich des Managements. Auch dort werden die Vorteile, die der Humor für ihre Arbeit bringt, erkannt. Zwei Drittel der Befragten sehen in der Sozialarbeit keine humorlose Profession. Insofern lässt sich die Einschätzung Herbert Effingers (vgl. Kap. 13.1) bestätigen, nämlich, dass Humor häufiger verwendet wird, als bekannt ist. Ich denke, hier wären auch die Fachhochschulen gefragt, die zumindest Wahlpflichtfächer anbieten könnten, in denen der Humor den Studierenden näher gebracht wird. 92% der Befragten würden dies zumindest begrüßen, wobei wir hier von ExpertInnen der Praxis sprechen, von denen nach eigenen Angaben 91% kaum oder nie in den Genuss kamen, in ihrer Ausbildung Informationen zum Einsatz von Humor zu erhalten. Eine Beschäftigung mit dem Thema Humor – aus der eigenen Profession heraus – würde nicht nur Vorbehalte oder
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falsche Vorstellungen relativieren, sondern würde sozusagen auch eine Art „Erlaubnis“ für jene SozialarbeiterInnen darstellen, die aufgrund dieser Bestätigung bislang vom Humorgebrauch absahen. Ich erinnere dabei an Hain und Höfner, die diese „Erlaubnis“ in Form der Provokativen Therapie vernahmen, und fortan mit Humor zu arbeiten begannen. Die Hypothese, Obwohl SozialarbeiterInnen privat und im Gespräch mit KollegInnen dem Humor einen hohen Stellenwert beimessen, nimmt er für sie im Beratungsgespräch nur einen geringen Stellenwert ein, könnte dann verifiziert werden, wenn anstatt eines „geringen“ von einem „geringeren“ Stellenwert die Rede wäre. Denn so kann zwar ein geringerer Stellenwert festgestellt werden, als gering ist er mit einem Medianwert von 7 von 10 nicht zu bezeichnen. Die Hypothese, SozialarbeiterInnen sehen sich selbst dem Humor positiver gegenüberstehend, als sie dies ihren KollegInnen zuschreiben, kann verifiziert werden. Während mehr als 92% der SozialarbeiterInnen dem Humor insgesamt positiv gegenüberstehen, kamen die Befragten zur Einschätzung, dass nur etwas mehr als 67% ihrer KollegInnen dem Humor ebenso positiv gegenüber stehen würden. In welcher Häufigkeit kommt Humor in sozialarbeiterischen Beratungsgesprächen zur Anwendung? Wie schätzen SozialarbeiterInnen die Häufigkeit der Humoranwendung ihrer KollegInnen ein? Wie oft wird in den verschiedenen Handlungsfeldern Sozialer Arbeit Humor im Beratungsgespräch angewendet und wie schätzen SozialarbeiterInnen die Humoranwendung in diesen Handlungsfeldern nach ihrer Häufigkeit ein? SozialarbeiterInnen sind der Meinung, dass ihre KollegInnen Humor seltener anwenden, als sie das selbst tun. Ausgehend von zehn Beratungsgesprächen wurde den KollegInnen eine durchschnittliche Verwendung des Humors in 3,42 Gesprächen bescheinigt, mit einem Mittelwert von 4,81 waren die SozialarbeiterInnen der Meinung, dass sie beinahe in jedem zweiten Beratungsgespräch humorvoll intervenieren. Vielleicht mag auch hierin die Meinung begründet sein, dass in der Sozialen Arbeit Humor als „Stiefkind“ behandelt werde, wenn davon ausgegangen wird, dass ihn die KollegInnen weniger verwenden. Nach der Einschätzung der Befragten ist der Einsatz von Humor im Handlungsfeld Kinder/Jugend/Freizeitpädagogik am häufigsten möglich, gefolgt von den Handlungsfeldern Alte Menschen, Beruf/Bildung, Behinderung und Familie. Die in den jeweiligen Handlungsfeldern erfahrenen SozialarbeiterInnen schätzten die reale Anwendbarkeit so ein, dass das Handlungsfeld Kinder/Jugend/Freizeitpädagogik ebenso ganz vorne plat-
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ziert wurde. Auch in den Handlungsfeldern Beruf/Bildung, Alte Menschen und Sucht/Drogen konnten humorvolle Interventionen häufig eingesetzt werden. Die Hypothese, SozialarbeiterInnen schreiben dem Humor überwiegend positive Eigenschaften zu, wenden Humor aber nur in geringem Maße in der Beratung an, kann insofern falsifiziert werden, als es sich bei einer durchschnittlichen Verwendung von Humor bei fast jedem zweiten Beratungsgespräch nicht um ein „geringes Maß“ handelt. SozialarbeiterInnen wenden Humor im Beratungsgespräch häufiger an, als sie dies ihren KollegInnen zuschreiben. Diese Hypothese kann verifiziert werden. Eine weitere Hypothese lautete: Humor wird in den jeweiligen Handlungsfeldern der Sozialen Arbeit öfter angewendet, als dies von SozialarbeiterInnen eingeschätzt wird. Diese Hypothese ist in ihrer Formulierung weitestgehend zu falsifizieren. Im Vergleich der Mediane ergaben sich nur bei zwei Handlungsfeldern Unterschiede in der Einschätzung. Weitere Abweichungen in den Einschätzungen konnten in die eine bzw. andere Richtung festgestellt werden und glichen sich im Gesamtbild aus. Welche Aspekte sind bei der Anwendung von Humor im Beratungsgespräch unter Berücksichtigung des Klientels Sozialer Arbeit zu beachten? Mit welchen Argumenten können Bedenken entkräftet werden, durch die Humoranwendung könnten sich KlientInnen gering geschätzt bzw. ausgelacht fühlen? Diese Forschungsfragen werden in den Kapiteln 13.4.3 und 13.4.4 ausführlich beantwortet. Ich denke, es kann nicht oft genug unterstrichen werden, dass vor allem die humorvolle Grundhaltung, die auf Wertschätzung und Empathie beruht, in der Arbeit mit Humor unerlässlich ist. Dabei darf Humor keinesfalls mit einer derartigen Belustigung verwechselt werden, wie wir sie beispielsweise aus dem Fernsehen kennen, und die in bestimmten Bereichen auch seine Berechtigung hat. Die Hypothese, Humor ist nicht bei jeder Person und nicht in jeder Situation anwendbar, vor allem bei akut krisenhaften Problemen ist er nicht angebracht, ist zum überwiegenden Teil zu verifizieren. Humor ist kein Allheilmittel und kann nicht ohne Einschätzung bestimmter Voraussetzungen verwendet werden. Dass bei akut krisenhaften Problemen dem Humor andere Interventionen vorzuziehen sind, wurde zwar verdeutlicht, aber dass seine Fähigkeiten in diesen Fällen nicht wirksam wären, wurde nicht behauptet.
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15 Conclusio, Kritik und Ausblick Verglichen mit der Ausgangslage scheint es mit dieser Arbeit gelungen zu sein, den Humor in der Sozialen Arbeit in einem neuen Licht darzustellen. Mithilfe der Daten der Fragebögen konnte ein Bild gezeichnet werden, dass vom Stereotyp der humorlosen SozialarbeiterInnen abweicht. Vor allem die überwiegend positiven Eigenschaften, die die SozialarbeiterInnen dem Humor zugeschrieben haben, lassen deutlich erkennen, wie sehr sie den Humor schätzen. Es hat sich herausgestellt, dass Humor in der Beratung von SozialarbeiterInnen häufiger angewendet wird, als vermutet wurde. Mangels dahingehender Untersuchungen konnten bislang über die Häufigkeit des Humoreinsatzes keine genauen Aussagen getroffen werden. Aufbauend auf diese neue Erkenntnis ist zu hinterfragen, warum die Sozialarbeit sich dieses Themas nur wenig annimmt. Es konnte beobachtet werden, dass die vermeintliche Meinung, Humor käme in der Sozialen Arbeit nur mäßig zum Einsatz, auch in der Befragung aufrechterhalten wurde. Die Befragten gingen davon aus, dass ihre KollegInnen dem Humor einen geringeren Stellenwert beimessen und ihn in der Beratung weniger einsetzen würden, als sie selbst das taten. Vielleicht wird dadurch die Sichtweise unterstützt, dass Humor in der Sozialen Arbeit kein Thema sei. Meines Erachtens wird das von außen auch so gesehen. Das Gros der humorbezogenen Fachliteratur entbehrt die Behandlung des Humors in der Sozialen Arbeit. Zwar lassen sich die Kenntnisse aus anderen Fachrichtungen zum Großteil auch in die Soziale Arbeit übertragen, allerdings könnten ExpertInnen „aus dem eigenen Feld“ (wie Herbert Effinger und Alfons Limbrunner) dem Humor aus einer anderen Sicht begegnen, nicht zuletzt, da sie mit den vorherrschenden Rahmenbedingungen vertraut sind. Vorhandene Möglichkeiten, sich mit anderen Disziplinen auszutauchen, stünden dafür schon bereit. Bei Humorkongressen könnte die Gelegenheit genutzt werden, einen Beitrag der Sozialen Arbeit zu leisten. Vor allem in Deutschland und der Schweiz sind Plattformen zum Austausch und zur Information und Weiterbildung vorhanden. (siehe „Weiterführende Links“) In Österreich konnte ich hingegen nichts Vergleichbares finden. Dabei war ich mehrmals mit Beiträgen verschiedener Fachleute zum Thema Humor konfrontiert, die mit Österreich in Verbindung gebracht werden konnten. Neben Sigmund Freud, Alfred Adler und Viktor Frankl sind hier vor allem Paul Watzlawick, Willibald Ruch und Alfred Kirchmayr zu nennen. Angesichts dieser klingenden Namen
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erscheint es umso erstaunlicher, dass österreichische Beiträge, die den Humor als Untersuchungsgegenstand heranziehen, nur in äußerst geringem Ausmaß vorhanden sind. Außerhalb der Grenzen Österreichs wird dem Humor mehr Beachtung geschenkt. Im Zuge meiner Recherchen war ich zunächst von der großen Anzahl an Publikationen, die sich dem Humor widmeten, überrascht. Insofern stellte es für mich anfangs eine Schwierigkeit dar, die Werke, die für meine Arbeit wesentlich waren, herauszufiltern. Mit Sicherheit wäre es auch interessant gewesen beispielsweise auf philosophische Erkenntnisse näher einzugehen. Die empirische Forschung konnte über meinen Erwartungen vonstatten gehen. Der Rücklauf der Fragebögen übertraf meinen geschätzten Wert, den ich ungefähr bei 100 Rücksendungen angesiedelt hatte. Möglicherweise kann dies mit einem großen Interesse der SozialarbeiterInnen am Thema „Humor“ interpretiert werden. Ebenso freute ich mich über die Zusagen der HumorexpertInnen. Mit einer derartigen Bereitschaft, mir für ein Interview zur Verfügung zu stehen, hatte ich nicht gerechnet. Setze ich mich mit der gesamten Arbeit kritisch auseinander, so bin ich im Großen und Ganzen sehr zufrieden. Aufgrund eines Seitenlimits von 140 Seiten musste ich den Theorieteil möglichst knapp halten. Ich denke, ich habe trotzdem alle wesentlichen Aspekte zu diesem Thema eingebracht. Das vorrangige Ziel, das Thema übersichtlich darzustellen, dürfte erreicht worden sein. Aus heutiger Sicht bestätigt mich meine Wahl, die Forschungsfragen mittels qualitativer und quantitativer Methoden zu bearbeiten. Den Fragebogen würde ich in manchen Punkten verändern. Der Begriff „Methodischer Humor“ ist zu diskutieren. Wie schon im Kapitel 11.5 erklärt, ist dieser Begriff zwar mit der Bedeutung des „Therapeutischem Humors“ gleichzusetzen, allerdings sollte ein anderer Begriff einer möglichen Irreführung durch den Zusatz „Therapeutisch“ zuvorkommen. Die Verwendung des Begriffs „Therapeutischer Humor“ im Fragebogen würde ich mit einer entsprechend ausführlichen Erklärung aus heutiger Sicht vorziehen, da dieser mit dem entsprechenden theoretischen Hintergrund beschrieben werden kann. Ob zukünftige Auseinandersetzungen mit der Humoranwendung in der Sozialen Arbeit einen spezifischen Humorbegriff erfordern, bleibt offen. Mit einem Ausblick auf zukünftige Möglichkeiten und (An)Forderungen möchte ich zunächst auf die Ausbildung eingehen. Ich sehe es im Sinne einer ganzheitlichen Beratung als Notwendigkeit, dass die Fachhochschulen den Studierenden Sozialer Arbeit die Möglichkeit bieten, mit Erkenntnissen über humorvolle Interventionen und Ergebnissen der Humorforschung konfrontiert zu werden. Dies könnte in Form von Wahlpflichtfächern geschehen oder als Teil der Vermittlung von Gesprächsführungs- und Beratungstechniken. Damit wäre nicht nur die Erweiterung sozialarbeiterischer Beratungs-Tools verbunden, sondern es läge darin auch eine Signalwirkung vonseiten der
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Ausbildungsstätten verborgen, die dem Einsatz von Humor in der Sozialarbeit mehr Akzeptanz verleihen würde. In einer derartigen Ausbildung könnten Vorurteile abgebaut werden und Kenntnisse über die Möglichkeiten und Fähigkeiten des Humors erlernt werden. Die Grenzen in der Humoranwendung wären Thema eines solchen Unterrichtes genauso wie das Bewusstwerden des eigenen Humors. An dieser Stelle möchte ich ein Buch erwähnen, das von den meisten InterviewpartnerInnen als Lektüre für die Soziale Arbeit empfohlen wurde: Waleed Anthony Salamehs Werk „Humor in der Integrativen Kurzzeittherapie“ (2007) geht auf humorvolle Interventionsmöglichkeiten ein. Salameh liefert neben grundlegenden Informationen zum Humor auch eine Übersicht, wie man das Humor- und Lachpotential der KlientInnen aktivieren kann. Die zu Beginn der Arbeit dargestellten Anforderungen an SozialarbeiterInnen haben gezeigt, dass im Zuge des Sozialabbaus und struktureller Veränderungen die Belastungen eher zunehmen. Vor allem in Österreich sind auf Ausbildungsebene in den letzten Jahren rasant Reformen umgesetzt worden, die sich mit noch nicht absehbaren Auswirkungen auf die Institutionen auswirken werden. Ich bin überzeugt, dass man mit Humor diesen Belastungen besser standhalten kann. Aus der bereits erwähnten humorvollen Haltung heraus könnte man diesen erhöhten Anforderungen mit mehr Gelassenheit begegnen. Das Resultat wäre eine heitere Grundstimmung, die sich mitunter auch auf KlientInnen übertragen ließe. An dieser Stelle soll auf das neue Buch von Herbert Effinger (2008a) verweisen werden. Sein Werk „Die Wahrheit zum Lachen bringen“ geht auf den Humor als Medium in der Sozialen Arbeit ein. Leider lag der Erscheinungstermin des Buches nur noch knapp im Rahmen meines Zeitplanes, sodass ich nur geringfügig darauf eingehen konnte. Eine der vielen Erkenntnisse des Werkes ist, dass Humor in der Sozialen Arbeit eine noch viel zu wenig genutzte Ressource darstellt. Die Mit-AutorInnen des Buches stellen Erkenntnisse der Humorforschung und Beispiele für den Einsatz von Humor als Methode vor. Mit diesem Werk wird ein weiterer wichtiger Beitrag für die Humorbetrachtung in der Sozialen Arbeit geleistet. Effinger geht auch auf den humorvollen Umgang mit Ambivalenzen und Paradoxien ein (vgl. 2008b, 2008c). Für ihn ist Humor „ein Balancierschirm auf dem Seil über den Abgründen des professionellen Alltags und ein Polster, falls man doch mal abstürzt“ (2008c:22f) Eine tiefere Auseinandersetzung mit den Auszügen des Buches war mir aus Zeitgründen nicht möglich. Für jene, die Interesse an den Möglichkeiten des Humors in der Sozialen Arbeit haben, wird dieses Werk eine unverzichtbare Quelle darstellen. Abschließen möchte ich mit Salameh (2007:64f): „Ein Therapeut, der mit dem Einsatz von Humor arbeitet und alles tut, um dem Klienten eine gesunde humoristische
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Optik zu implantieren, installiert damit so etwas wie einen Selbstheilungsmechanismus für Anfälle von Mutlosigkeit – ein Sicherungssystem, das in Zeiten großen Kummers automatisch anspringt, um die Gegebenheiten relativierend zu gewichten, das Selbst aufzubauen und ihm neuen Mut einzuflößen.“ Ich sehe hierin einen wesentlichen Grund, dem Humor in der Sozialen Arbeit eine höhere Wertigkeit beizumessen und sich diesem Thema zu öffnen. Denn Humor ermutigt KlientInnen nicht nur in der Beratung, sondern verleiht Ihnen die Fähigkeit, ihn darüber hinaus für sich selbst zu nutzen. Damit wird er dem Grundgedanken des Empowerments, die „Stärkung von Autonomie und Selbstbestimmung“ (Herriger 2006:13) anzuregen, auf alle Fälle gerecht. Für jene, die trotzdem Zweifel hegen, sei gesagt, dass der Humor genauso falsch eingesetzt werden kann, wie jede Beratungstechnik auch (vgl. Salameh 2007:34). Am Ende möchte ich meine persönliche Erkenntnis dieser Arbeit in ein paar Worten ausdrücken: Humor trotz(t) sozialer Probleme.
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Weiterführende Links Humorcare Deutschland: http://www.humorcare.com Humorcare Schweiz: http://www.humorcare.ch Deutsches Institut für Provokative Therapie: http://www.provokativ.com Österreichischer Berufsverband der SozialarbeiterInnen: http://www.wien-sozialarbeit.at FH-Campus Wien: http://www.fh-campuswien.ac.at/studium/soziales Herbert Effinger: http://www.herbert-effinger.de Frank Farrelly: http://www.provocativetherapy.com Peter Hain: http://www.drhain.ch Eleonore Höfner: http://www.klicinstitut.de Alfred Kirchmayr: http://psychotherapie-lebenskunst.at/index.php?menuid=20 Michael Titze: http://www.michael-titze.de
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