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geht einigermaßen zurück; 8) die Schreibung <-dt> am Wortende geht zurück (freundt > Freund/freunt); 9) die Schreibung
Ausgaben des Gesprächsbüchleins von Ondrˇej Klatovsky´ (1540)
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Bokova´ vergleicht die Ausgaben von 1540 und 1578/1603, während sie die Olmützer Ausgabe von 1564 außer acht lässt (Bokova´ 1999). Eine kurze Probe zeigt jedoch, dass die bairischen Elemente bereits aus der Olmützer Ausgabe von Jan Günther (1564) weitgehend entfernt waren. Die Unterschiede zwischen der Ausgabe von 1564 und den jüngeren Ausgaben sind gering: wesentliche Unterschiede bestanden zwischen der Prager Ausgabe von 1540 (bzw. 1551, von der nur der Titel bekannt ist) und der Olmützer Ausgabe 1564. Die erste Ausgabe Melantrichs (1567) unterscheidet sich von der zweiten (1578) nur unwesentlich. 1540 (e8b-f1b)
1564 (f3b-f5b)
1578 (f3a-e5b)
Gu˚ten am pesten Abendt zwÁen liegt mÈgen -khÁit frÈndtschaff
Guten am besten Abent Zweien Leugt Moegen -keit Freuntschafft
guten am besten abend zweyen leugt moegen -keit freundschafft
Morphologische Veränderungen betreffen hauptsächlich die Flexion der Artikel, der attributiven Adjektive und der Substantive. Bokova´ behauptet, dass „die ältere Ausgabe neben flektierten zahlreiche unflektierte Formen im Attribut aufweist“, während „die jüngeren Drucke ausschließlich flektierte Attribute und Artikel haben“ (Bokova´ 1999: 19). Trotz dieser Behauptung enthält aber auch die Ausgabe von 1578 noch einige unflektierte unbestimmte Artikel bzw. Possessivpronomina oder Pronomen. Dabei ist interessant, dass die Ausgaben Melantrichs von 1567/1578/1603 in dieser Hinsicht einen Schritt zurück gegenüber der Olmützer Ausgabe von 1564 darstellen - 1564 werden viele Artikel flektiert, die später wieder in der unflektierten Form erscheinen. Das gilt auch für die Possessivpronomina mein, dein, sein und für das Negationswort kein. Wahrscheinlich kann man aber in diesem Zusammenhang nicht von einem Defizit in der Flexion sprechen, sondern eher von synkopierten bzw. apokopierten Formen. Das Endungs-e fehlt ja nur in den Formen, wo die grammatischen Kategorien im Artikelwort ausgedrückt werden bzw. umgekehrt: -e des unbestimmten Artikels kann apokopiert werden, wenn das Adjektiv in attributiver Stellung die Numerus/Genus/Kasus-Markierung trägt.
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Zdeneˇk Opava
1540
1564
1578
e8b ein schilling f2b ein bËsseren vnd grËsseren lust
e3b ein schilling e5a ein bessern vnd grËssern lust
g1a ein angenehme andwort g2b ein hierschen f1a fuer ein bawer
f3b einen schilling f5b einen bessern vnd grËssern lust g5b eine schËne zeyt g5b eine angenehme antwort g6b einen Hirschen f4a für einen Bawren
g4a ein feine kÈrtzyeil
h1a ein feine kurtzweil
g1a ein schËne zeit
f3a ein schËne zeit f3a ein angenehme antwort f4a ein Hirschen e3b für einen Bawren f6a ein feine kurtzweil
Diese Beispiele zeigen deutlich, dass die editorischen Eingriffe hier eher zufällig waren. Obwohl es eine Tendenz dazu gab, die synkopierten und apokopierten Formen zu vermeiden (statt ein schrieb man im Akk./Mask. einen, statt ein im Fem. eine usw.), stehen beide Möglichkeiten in allen Ausgaben nebeneinander. Dasselbe gilt auch für die Veränderungen in der Markierung des Plurals bei den Substantiven. Die meist unflektierten Pluralformen der ältesten Ausgabe wurden manchmal durch flektierte ersetzt. Die Mehrheit der Substantive im Plural blieb aber nach wie vor unflektiert - vor allem in Aufzählungen, in denen die unflektierte Form im Frühneuhochdeutschen üblich war, z. B. 1540
1564
1578
g3a fuchs / oder has
g7b Fuchsen oder Hasen
f5b Fuchsen oder Hasen
Im Bereich der Syntax sind Schwankungen in der Satztopologie interessant. Die einzelnen Fassungen des Textes weisen eine gewisse Unsicherheit in der Organisation der Prädikatsgruppe am Satzende auf: der Satzrahmen kann sowohl vollständig als auch unvollständig sein. In den Ausgaben von 1564 und 1578 wurde die Wortfolge in der Prädikatsgruppe manchmal gegenüber der ersten Ausgabe verändert. Die Veränderungen erwecken aber auch hier den Eindruck, dass sie eher systemlos vorgenommen wurden, da nicht alle einschlägigen Fälle korrigiert wurden. Bei der Flexion der Artikel haben wir gesehen, dass die Ausgabe von 1578 sich vom heutigen Usus, dem die erste Ausgabe näher steht, entfernt. Dasselbe gilt für Rahmenbildung und Organisation der Prädikatsgruppe. Betroffen ist hauptsächlich die Stellung des Hilfsverbs in der zusammengesetzten
Ausgaben des Gesprächsbüchleins von Ondrˇej Klatovsky´ (1540)
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Verbform im Nebensatz. Während in der ältesten Ausgabe das finite Hilfsverb am Satzende steht, ist es in der Ausgabe von 1578 dem infiniten Vollverb vorangestellt: 1540
1578
r3a wier wËllen die drymer was von stukhen vberblieben ist messen r4a …was im gwelb gewesen ist b6a …wËlliche so dw sy recht khennen wÈrdest t6b ich wÁyß nu˚r nicht wens gewaschen worden ist t1a wen der herr ein khnecht edwo hin schicken wËllen hat
p5b wir wËllen die druemmer / was vonstucken ist vberblieben / messen p7b …was im gewelb ist gewesen b4b …welche so du recht wÈrdest kennen r8a ich weis aber nicht wens gewaschen ist worden r2b wen der Herr ein Knecht etwa hin hat wËllen schicken
Inhaltlich blieb der Text unverändert, selbst in den Gesprächen, in denen es um Preisangaben geht, die bald überholt waren. Der Charakter der Veränderungen (die Ersetzung der bairisch gefärbten Schreibweise durch eine eher überregionale Variante, die Inkonsequenz in den morphologischen und syntaktischen Veränderungen und der vollkommene Verzicht auf inhaltliche Korrekturen) spricht dafür, dass Klatovsky´ sich an den Neuauflagen seines Werks nicht mehr beteiligt hat, sondern dass Drucker die Änderungen vorgenommen haben. Eine Bestätigung der Annahme, dass das Buch ohne Klatovsky´s Korrekturen neu aufgelegt wurde, und auch ein Beispiel für die Inkonsequenz der Verleger bzw. Drucker ist der unveränderte Teil über die Aussprache. Während die bairischen Züge im Text weitgehend beseitigt wurden, blieb die metasprachliche Beschreibung der Rechtschreib- und Ausspracheregeln in allen Ausgaben erhalten - man findet im Ausspracheteil z. B. die Beschreibung der Verdunkelung von /a/ zu /o/, deren graphische Entsprechung aus dem Text entfernt wurde (1578, b4b): Das gemein a braucht man den meisten theil fÈr o / wiewol es zu zeiten sein eigenschafft verliert / wie in diesen worten: Sprach Was hast du gethan.
Rˇzˇecˇ Cos vcˇinil.
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Zdeneˇk Opava
Diese Tatsachen stehen mit der Biographie des Verfassers im Einklang. Der steile gesellschaftliche Aufstieg des reichen Kaufmanns Klatovsky´ wurde durch die Ereignisse des ständischen Aufstands gegen König Ferdinand im Jahre 1547 abgebrochen - Klatovsky´ war in diesem Krisenjahr Bürgermeister der Prager Altstadt und beteiligte sich aktiv am Widerstand. Nach der Niederlage des Aufstands wurde er aus Prag ausgewiesen, musste nach Mähren (entweder nach Olmütz oder nach Prosteˇjov) übersiedeln und kehrte nicht mehr zurück. An der Prager Ausgabe von 1551 hätte er also nur schwerlich arbeiten können - wohl aber an der Olmützer Ausgabe von 1564. Trotzdem halte ich es nicht für wahrscheinlich, dass der alte Klatovsky´ sich tatsächlich noch an der neuen Ausgabe seines Werks beteiligt hat - der Verfasser wäre sicher nicht bei oberflächlichen graphischen Veränderungen seines vierundzwanzig Jahre alten Texts geblieben. Fazit: alle Ausgaben des Lehrbuchs von Klatovsky´ erschienen in der Zeit 1540-1641 - in der Zeit des größten wirtschaftlichen, politischen und kulturellen Aufschwungs des Königreichs. Zum vorletzten und zum letzten Mal wurde das Werk schon während des Dreißigjährigen Kriegs herausgegeben, der das Ende dieser Epoche bedeutete. Klatovsky´s Werk war zu stark an die Bedingungen des 16. und des ersten Drittels des 17. Jahrhunderts gebunden. Da die Drucker den Text stets ohne inhaltliche Veränderungen von den vorangehenden Ausgaben übernommen hatten, war er in der Mitte des 17. Jahrhunderts schon recht veraltet. Wie progressiv jedoch die sprachlichen Veränderungen waren, zu denen Jan Günther in der Ausgabe von 1564 und Melantrich in der von 1567 griffen, zeigt die Tatsache, dass der Text bis zur letzten Ausgabe 1641 (fast hundert Jahre nach der ersten und über achtzig Jahre nach der Ausgabe Günthers) ohne größere sprachliche Veränderungen gedruckt werden konnte.
Alena Sˇimecˇkova´, Prag
Zum Dialog im tschechisch-deutschen Gesprächsbuch von Ondrˇej Klatovsky´ 1. Einleitung Das Gesprächsbuch Ondrˇej Klatovsky´s Knı´jzˇka w Czˇeske´m a Neˇmecke´m Yazyku slozˇena´ / kterak by Czˇech Neˇmecky a Neˇmec Czˇesky ˇc´ıjsti / psa´ti / y mluwiti / ucˇiti se meˇl - Ein Büchlein in Behemischer vnd Deutscher Sprach / wie ein Behem Deutsch / deßgleichen ein Deutscher Behemisch lesen / schreiben vnd reden / lernen soll, das zu den am häufigsten aufgelegten Drucken in Böhmen zwischen 1540 und 1641 gehörte, stellt eine ergiebige Quelle nicht nur für die Untersuchung der individuellen Zweisprachigkeit 1 (Sˇimecˇkova´ 1994, 1996), sondern auch für die Analyse der gesprochenen Sprache des 16. Jahrhunderts dar. Der vorliegende Beitrag konzentriert sich auf die Untersuchung der Dialoggestaltung in der Ausgabe von Jirˇ´ı Melantrich aus dem Jahre 1578, und zwar vorwiegend auf der makroanalytischen Ebene (Henne / Rehbock 1973); die Exemplifizierung beschränkt sich auf den deutschen Teil.
2. Dialog und Gespräch Die Gesprächsbücher gehörten im 15./16. Jahrhundert ebenso wie Vokabulare, Lesebücher und Grammatiken zu der Textsortengruppe ,Sprachlehrbuch‘ (Bellmann 1996: 205) und verfolgten das Ziel der praxisorientierten Lehrwerke, deren Dialoge von den Schülern auswendig zu lernen waren. Als Vorbild dienten hier auch Lehrwerke für lateinische Schulen mit humanistischen Dialogen. Der Dialog als eine Art der dyadischen Kommunikation (Mora´vek/Müllerova´ 1973) spielt sich gewöhnlich zwischen zwei Partnern ab und wird überwiegend als eine Art Auseinandersetzung (über ein prinzipielles Thema) defi1 Vgl. Sˇimecˇkova´ 1994 und 1996
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niert. In Klatovsky´s Lehrbuch spielt eine einzige Dialogart, und zwar die persönliche Unterhaltung als Bestandteil des Unterrichts oder des Kauf- und Verkaufsgeschäfts, die entscheidende Rolle. Aus diesem Grund ziehen wir in Bezug auf Klatovsky´s Lehrbuch den Terminus Gespräch vor. Klatovsky´ selbst gebraucht den Ausdruck ,Dialog‘ nur einmal im Inhaltsverzeichnis am Ende des Lehrbuchs (Zpra´wa na wssecky Dyalogy a Rozmlauwa´nij w teˇchto Knı´jzˇka´ch / pro snadssı´j wyhleda´nı´j polozˇena´. - Ein lauter Vnterricht auff alle Dialogi oder gesprech / so hierinn begriffen / die dest leichter zufinden), die einzelnen Gespräche sind als Vnterredungen (Rozmlauwanı´j) überschrieben. Es wird allgemein angenommen, daß die Lehrbuchdialoge normalerweise fiktiven (für den Unterricht entworfenen) Charakter haben und dem Erwerb der gesprochenen Sprache dienen. Von jeher haben sie zum Ziel, sich natürlichen Gesprächen anzunähern, deren Charakter sie freilich weder erreichen können noch sollen. Es kann sogar behauptet werden, daß die Diskrepanz zwischen der Bemühung, sich der Spontaneität des natürlichen Gesprächs anzugleichen, und der Unmöglichkeit, dieses Ziel zu erreichen, für den zu Unterrichtszwecken konstruierten Dialog geradezu charakteristisch ist und bleiben muß. Der Erwerb einer Fremdsprache verlangt z. B. die Einprägung bestimmter Konstruktionen durch Wiederholung mit schrittweiser Umwandlung, was im natürlichen Gespräch eher entfremdend wirkt (vgl. das Paradigma in der deutsch-tschechischen Phrasensammlung, die parallel mit Klatovsky´s Buch im Böhmen des 16. und 17. Jahrhunderts gedruckt wurde, nämlich die Naucˇenije - Vnderweisung: Gott gebe ewer gnaden eyn guten morgen. Gott gebe ewer gnade eyn guten tag. Gott gebe ewer gnade eyn guten abent. Gott gebe ewer gnade eyn gute nacht usw.). Der didaktische Zweck erfordert ferner die Vollständigkeit der Sprachgestaltung auf allen Ebenen des fiktiven Dialogs, während sich das natürliche Gespräch durch Eliminierung verschiedener aus dem Kontext und der Situation ergänzbarer Elemente auszeichnet. Klatovsky´ greift nicht zu der didaktisierenden Wiederholung, die Textgestaltung ist aber nicht elliptisch, im Gegenteil, es werden alle möglichen Mittel der Textbereicherung ausgenutzt. Besonders spontan wirken die Wortwahl und die Phraseologie; es fällt auf, daß die Phraseme in beiden Sprachen dem wirklichen Usus der Zeit entsprechen, der Autor übersetzt sie ähnlich wie den übrigen Text nicht einfach wörtlich aus einer Sprache in die andere. Es handelt sich also nicht um Unterrichtsdialoge im eigentlichen Sinn des Wortes, auch nicht im thematischen Bereich mit der gegenseitigen Belehrung des Tschechen und des Deutschen über Aussprache, Schreibung und Grammatik der beiden Sprachen. Die Gespräche zwischen dem Meister und den Schülern haben nur allgemeine Fragen des Lernens zum Gegenstand. Bohatcova´ (1976) meint, daß Klatovsky´ in seinem Bemühen, den Stoff für seine Schüler „schmackhaft zu machen“, einen „redseligen belletristischen
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Text im modischen literarischen Stil“ geschrieben hätte, was später (v. a. seit dem Ende des 17. Jahrhunderts und im 18. Jahrhundert) der Grund dafür gewesen wäre, daß sich seine „maximalistische Verarbeitung, mit einer Menge von detaillierten landeskundlichen und sprachlichen Informationen ausgestattet“, überlebt hätte. 2 Klatovsky´s Dialoge machen eher einen inszenierten Eindruck, als wären sie als Szenen für ein Theaterstück geschrieben. Davon zeugt nicht nur die Anzahl der beteiligten Personen, die sich zwischen zwei und neun bewegt, und die Aufzählung dieser Personen vor dem Dialog (z. B.: Der Dominick. Der Wolff. Der Cornel Kauffmann. Der Knecht. Der Bub), sondern auch die ,Nebenszenen‘, in denen die sprechenden Personen das Verhalten der Abwesenden kommentieren. Nachdem z. B. der Herr seinen Knecht und den Diener eingehend angewiesen hatte, was zu tun wäre, und dann weggegangen war, unterhalten sich die beiden über ihn: Jan:
Lieber Herr Gott / ein solch gebieten / wenn ich mein lebenlang kein Pallen nie gebunden het / noch darbey gewesen / so wehr es genug / er geb einen guten Prediger / er ist fast ein sorgfeltiger Mensch / ich hör jm gern zu /wenn er stillschweiget. Rzˇehorzˇ: Er redet viel / ich halt er hab ein trunck des guten weins gethan / bis er jn außgehet / dann wird er baldt bessers muts sein (f. 82).
3. Thematische Bereiche der Gespräche Im Lehrbuch Klatovsky´s sind die Gespräche 3 in fünf thematischen Bereichen gestaltet, die gelegentlich ineinander greifen:
2 Die verarmten Drucker hätten nach Bohatcova´ (1976) im 18. Jahrhundert nach billigeren Vorlagen gegriffen, z. B. nach der Sammlung der gebräuchlichsten Konversationswendungen von einem anonymen Autor, Naucˇenije kra´tke´ obojı´ ˇrecˇi, neˇmecke´ a ˇceske´, ucˇiti se ˇc´ısti i mluwiti, Cˇecho´m neˇmecky a Neˇmco´m ˇcesky - Eyn kurcze vnderweisung beyder sprach Deutsch vnd Behemisch zulernen lesen vnd reden. Den behemen deutsch vnd den deutschen behemisch. Diese Phrasensammlung wurde bereits im 16. Jahrhundert parallel mit Klatovsky´s Buch gedruckt, aber sie erlebte noch im 17. und 18. Jahrhundert 16 weitere Auflagen. 3 Die Materialgrundlage dieses Beitrags bilden v. a. folgende Texte: F. 63-64: O Kupowa´nı´j Suken. - Vom Tuch kauffen. F. 82-86: Rozmlauwa´nı´j o prˇinesenı´j Suken do Hospody a Palı´jku˚ wa´za´nı´j. - Vnterredung vom Tuch heimbringen in die Herberig vnd Pallen binden. F. 87-88: Rozmlauwa´nı´j o Formanu. - Vnterredung vom Fuhrman. F. 89-97: O sskode na Mincy vzetı´j. - Vnterredung vom schaden an den Müntzen.
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Alena Sˇimecˇkova´
Abb. 9: Klatovsky´, Ondrˇej z Dalmanhorstu [Andreas von Glataw/Glatovinus], Knizˇka w Czieske´m a Niemeckem jazyku slozˇena.
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(1) Unterricht: Belehrung über Aussprache und Schreibung der beiden Sprachen sowie über einige grammatische Erscheinungen, die der Autor des Gesprächsbuchs anscheinend für die wichtigsten hält, d. h. Artikelgebrauch, Genusverteilung der Substantive, Formenbildung und Graduierung der Adjektive (die Wörtlein der vergleichnus); ein Tscheche unterrichtet hier einen Deutschen und umgekehrt, beide treten abwechselnd in der Rolle des Lehrers und des Schülers auf; (2) Lernen und Spielen, vom Gesichtspunkt der Schüler gestaltet; (3) Alltagsleben des Kaufmanns; (4) Kaufen und Verkaufen mit Warenbeschreibung; (5) Reisen von Prag nach Nürnberg und nach Wien. 4. Die Textgestaltung im Gesprächsbuch 4 Im Gesprächsbuch Klatovsky´s können folgende Gesprächsgestaltungen unterschieden werden: F. 98-103: Rozmlauwa´nı´j o handli Kupecke´m a zˇivnosti / prˇitom kterak Lide´ swau neopatrnostı´j a paychau se zawozugı´j / pod zpu˚sobem bohate´ho Kupce / a znamenite´ Meˇsstky. - Ein Vnterredung vom handel vnnd der Narung darneben wie sich die Leut mit jhrer vnfürsichtigkeit vnnd hoffart selbst verführen / vnter der gestalt eines reichen Kauffmanns vnd mechtigen Burgerin. F. 104-115: Wypsa´nı´j o Zˇeneˇ pyssne´ a vtratne´. - Beschreibung des stoltzen vnnd zerhaftigen Weibs. F. 115-120: O krama´rˇsky´ch weˇcech. - Von Kramerischen sachen / oder Kramer wahr. F. 120-123: Rozmlauwa´nı´j o proda´nı´j zbozˇ´ıj / a co gym zysku prˇinesla pra´ce. - Vnterredung vom verkauffung des Guts / vnd was er für ein gewin hat bekommen. F. 123-125: O Czˇeledi rozmlauwa´nı´j. - Vnterredung vom Gesindt. F. 125-127: O Kupowa´nı´j Zbozˇ´ıj do Kra´mu k prodagy. - Von Gütter kauffen in den Kram zu verkauffen. F. 127-129: List Mocny´ weˇrı´jcy´. - Ein glaubwirdiger Gewalts Brieff. F. 129-133: O Cesteˇ z Prahy do Normbergka rozmlauwa´nı´j. - Vnterredung vom Weg / von Prag auß / gen Nürnberg. F. 134-138: O Noclehu a Hospodeˇ Rozmlauwa´nı´j. - Vnterredung vom Nachtleger vnd Herberig. F. 138-150: O Krama´rˇsky´ch weˇcech / a o Ceduli ˇrezane´. - Von Krämerischen sachen / vnd außgeschnittenen Zetteln. F. 150-152: Cedule rˇezana´ Kra´msky´ch weˇcy´. - Ein außgeschnittener Zettel auff Kramerischen sachen. F. 152-157: Loketnı´j a Hedwa´bne´ weˇcy. - Elen vnd Seiden Wahr. F. 157-158: Rozmlauwa´nı´j o Cesteˇ do Wı´jdneˇ. - Vnterredung vom Weg gen Wien. 4 Die Gesprächsarten unterliegen im Laufe der Zeit deutlichen Änderungen; Henne/Rehbock 1982 unterscheiden Therapiegespräche, Beratungsgespräche, Verhandlungsgespräche, Mediengespräche, Unterrichtsgespräche, Spracherwerb und Integration in der Familie und lite-
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I. Gespräche im eigentlichen Sinn: Gespräche als dyadische Kommunikation mit normalem Sprecherwechsel (Gespräche vom Lernen und Spielen, Alltagsgespräche, Kauf- und Verkaufsgespräche). II. Gespräche, die mit Textteilen anderen Typs kombiniert werden: (a) Gespräche mit Exemplifizierungen in Form von Beispielen und Beispiellisten: Cze: Du sagst recht / dann ich dieses selber wol erkenne / daz die gewonheit die andere Natur ist / nach dem gemeinen sprichwort. Derhalben bey. (f. 20). W Neˇmcˇine
W Cˇesˇtineˇ
Das Das Das Das Der
Tato zˇena Tato deˇwecˇka Tento kuonˇ
Weib / Meidlein / Roß / Pferdt / Gaul /
Tento Hynsst
usw.
(b) Gespräche als Einleitung oder Nachtrag zu geschriebenen kaufmännischen Dokumenten, z. B. Ein glaubwirdiger Gewaltsbrieff; Von Krämerischen Sachen / und außgeschnittenen Zetteln.
(c) Gespräche als Einführung zu Itineraren (Vnterredung vom Weg / von Prag auß / gen Nürnberg - mit einer längeren Einführung; Vnterredung vom Weg gen Wien - mit kurzer Einführung). Die Wegstrecke im Itinerar wird nach der Tradition der römischen Kaiserzeit mit Angaben über Strecken und Orte versehen, wie es auch in den zeitgenössischen Reisebüchern und Memoiren der Fall war, z. B.: Vnterredung vom Weg gen Wien Jakesˇ:
Mein lieber freundt / ich bitt dich / sag mir / wo ich auff Wien gehen sol? Martin: Ich weiß nicht / wo du dahin gehen wilt / es seind zweyerley oder zween weg / der ein 36. meil. Wo ferr du den Weg gehen wilt / so must du von Prag auff Brod zu gehen / dahin hast du 4. meil wegs.
rarische Gespräche als heute vorkommende Gesprächsarten. Auch die ähnlich anmutenden Gesprächsarten (z. B. die Gespräche im Unterricht) werden heute qualitativ unterschiedlichgeführt.
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Jakesˇ: Wo dann weiter hin? Martin: Drey meil gen Köln. Von Köln zwo meil gen Zschaslaw. Von Zschaslaw 5. meil gen Deutschen Brod. (f. 146).
III. Andere Textarten im Gesprächsbuch - Widmungen (am Anfang und als Abschluss des Gesprächsbuchs) - Gedichte - „Die Weisen“ (Hinweis auf die Lehre der antiken Weisen Salomon, Pythagoras, Quintilianus, Seneca, Cato mit den Prinzipien des Lernens als Mittel zur Erreichung der Weisheit - Wortschatzlisten (Monatsnamen, Bezeichnungen von Körperteilen, Adjektive mit Graduierungsformen, Substantive mit Artikelwörtern).
5. Gesprächsgliederung Die Makroebene (Gesprächseröffnung, Gesprächsmitte, Gesprächsbeendigung) ist in den meisten Dialogen der eigentlichen Art (I) deutlich ausgrenzbar. Die Gesprächseröffnung erfolgt durch Gruß und Anrede: D: Gott helff euch Herr Wolff / mein allerliebster Freundt. W: Danck habt mein lieber Herr Dominick. Sagt mir wie jr euch an ewer gesundheit gehabt? D: Gott sey lob wenn wir gesund sein / so sprechen wir es sey gut. Euch danck ich / das jr nach meinem gesund fraget. Deßgleichen gönne ich euch alles guts / als meinem allerliebsten Freundt (f. 63).
Nach Gruß und Anrede folgt ein ,Vorspiel‘ zum Gespräch, das recht umständlich sein kann: W: Sagt mir wie es meinem Son gehet / ob er auch gehorsam ist und ob er fleissig Behemisch lernet? D: Er gehabt sich wol / vnd hat euch sampt der Frau Mutter fast grüssen lassen. Ich weis euch noch nichts von seinem vngehorsam zu sagen. Er ist gehorsam / so lernet er auch fleissig / wie jr denn aus seinem schreiben vernemen werdet (f. 63).
Die Gesprächseröffnung wird ausgespart, wenn ein Thema mehrere Gespräche übergreift. Der Verlauf der Gesprächsmitte hängt mit den Handlungsdimensionen des Gesprächs zusammen; z. B. das Gespräch zwischen dem Kaufmann und sei-
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ner Frau über das stoltze und zerhafftige Weib ist in der Mitte narrativ, die Frau des Kaufmanns beschreibt ihrem Mann sehr detailliert und ,dekorativ‘ das Äußere, die Bekleidung (Möglichkeiten des Stoffverkaufs!) und das Benehmen der anderen Kaufmannsfrau. Der Kaufmann wird langsam ungeduldig und unterbricht ihren Wortschwall mit immer schärferen Signalen, z. B.: Ich verstehe / mein liebes Weib / das jr hoffart treiben / wie dein red / kein ende hat Weib / da wird nun eine neue Predig werden Ey, was hör ich da / ich hab gemeint / es würde schier aussein / ja ist doch je lenger je mehr Liebes Weib, ich wart nun nach solcher Predig wirst du etwa die Feiertag nennen … (f. 111).
Die meisten Gespräche in Klatovsky´s Buch sind direktiv, z. B. die Gespräche zwischen dem Kaufmann und seinen Knechten oder zwischen dem Meister und seinen Schülern, so daß die Sequenz immer Befehle und Rückmeldungen enthält. Die Direktivität wird sprachlich oft salopp zum Ausdruck gebracht: Meister: Schüler: Meister:
Hastu gelernet / was du soltest gelernet haben? Ich hab es noch nicht gelernet / aber ich hab mirs schon beschrieben. Das mag ein Bub sein / er gedenckt nicht anderst / dann das er spielet / heb dich zum Teuffel / vnd lerne vor / was du lernen soltest / das ich dir das spielen nicht auff den arsch gebe (f. 5).
Wirt zum Hausknecht: Hast du noch kein Wasser bracht / wo gedenckest du nur hin? Hausknecht: Die Schenckin hat das Gießbeck / noch das Handfaß nicht außgerieben. Schenkin: Ists doch außgerieben / warumb heist dirs nicht die Frau geben. Du bist warlich ein rechter Esel / du must alls erklaffen / wo hastu die Teller / Löffel /mein lieber Lumil / richtest du doch gar nichts zu. Hausknecht: Bistu denn blind / das du es auff dem tisch nicht sihest (f. 40).
Der Gesprächsabschluß fällt meist mit dem Abschluß des thematischen Blocks zusammen. Die eigentlichen Gespräche werden ebenso wie die Eröffnungen mit Grüßen, Danksagungen, Gesundheitswünschen oder den sich auf die Zukunft beziehenden Versprechen beendet.
Zum Dialog im tschechisch-deutschen Gesprächsbuch von Klatovsky´
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6. Soziologische und pragmatische Aspekte der Gespräche In Klatovsky´s Gesprächsbuch werden sowohl interpersonale als auch Gruppengespräche gestaltet, in denen das soziale Verhältnis zwischen den Partnern entweder symmetrisch oder asymmetrisch ist. Das gilt für die Kaufleute, wenn sie untereinander sind, ebenso wie für Dienstleute. Der Hausknecht und die „Schenkin“ z. B. sind anscheinend die Höchstgestellten innerhalb der Dienerschaft. In ihren Gesprächen ist eine gewisse Abneigung gegen Tieferstehende, die bis zur Gehässigkeit reichen kann, spürbar. Asymmetrische Gespräche spielen sich zwischen dem Kaufmann und seiner Frau ab - er spricht in herablassendem Ton, autoritativ, sie untergeben, gehorchend, immer entgegenkommend - oder zwischen dem Kaufmann und der Dienerschaft, zwischen einem adeligen Gast und dem Wirt im Gasthaus. Die meisten Gespräche im Lehrbuch werden so geführt, daß der Sprecher, im besonderen der Kaufmann, spezifische Handlungsweisen seines Gegenüber auslöst (Kaufmann-Knecht, Kaufmann-seine Frau, Meister-Schüler). Der Sprachgebrauch ist also im Sinne Bühlers (1934) empraktisch. Charakteristisch für die soziale Stellung der Sprecher ist auch das Anredeverhalten. In symmetrischen Gesprächen wird geduzt oder geihrzt. Der Kaufmann duzt seine Frau, sie ihrzt ihn. Die Kaufleute (Diener) duzen einander, die Diener ihrzen den Kaufmann und seine Frau. Auch die nominale Anrede ist sozial-pragmatisch aufgefächert. Der Gesprächspartner wird angeredet: - mit dem Vornamen: Bartel, Hans, Dionysij (der Vorname wird in den meisten Fällen attribuiert, nur einmal kommt er allein vor); - mit dem Appellativum, das die Funktion oder den Beruf nennt: Haußknecht, Gesell, Schenckin, Köchin, Stallmeister, Knecht, Wirtin, Bub; die sozial gleichgeordneten Personen werden darüber hinaus mit Herr betitelt: Herr Meister, Herr Wirdt, Herr Preceptor, Herr Geselle. - Die Frau des Kaufmanns gehört vom Standpunkt ihres Mannes her zu den untergeordneten Kategorien und wird von ihm mit Frau (neutral, besonders vor anderen Gesprächspartnern) oder Weib (eher emotional, in Aufregung) angeredet; von der Dienerschaft wird sie mit Frau angesprochen. - die Anrede der vertrauten oder gut bekannten Personen wird attribuiert, z. B. lieber Gesell, lieber Jaroslaw, Haußknecht, mein lieber Bruder, mein allerliebster Wentzel; auch gnediger lieber Herr, gnediger Herr zu einem Adeligen. - nur ausnahmsweise ist die Anrede eine Beschimpfung: mein lieber lumil, du voller Zapf.
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7. Ausblick Bei der Analyse der Textgestaltung bei Georg von Nürnberg (15. Jahrhundert), Ondrˇej Klatovsky´ (16. Jahrhundert) und Matthias Kramer (17. Jahrhundert) werden viele bedeutende sprachliche Änderungen auch im Bereich der für den Sprachunterricht bestimmten Lehrwerke sichtbar. Die Analyse erweist sich als besonders ergiebig für die Charakterisierung der gesprochenen Sprache der Vergangenheit. Im Gesprächsbuch Klatovsky´s und auch in den Texten anderer Autoren seiner und der vorangehenden Zeit wird später oft, meist mit Verwunderung, der auffällig spontane Charakter des wiedergegebenen Gesprochenen hervorgehoben. Das hängt wahrscheinlich mit der sich ändernden Auffassung des Unterschieds zwischen gesprochener und geschriebener Sprache zusammen. Die gesprochene Sprache in den Gesprächsbüchern des 16. und 17. Jahrhunderts spiegelt vorwiegend das wirklich Gesprochene der Zeit wider. Später dringt in die Gestaltung der gesprochenen Texte der Gesprächsbücher die geschriebene Sprache ein, die sich von der Spontaneität wegentwickelt. So gebrauchen die späteren Gesprächsbücher allmählich immer mehr die Mittel der geschriebenen Sprache, die schließlich als Ausgangspunkt der Gestaltung des Gesprochenen dient. Analogisch wird auch der Unterschied zwischen der „groben“ Ausdrucksweise von früher und der späteren, verfeinerten Ausdrucksweise betrachtet. „Grob“ scheint aber die Ausdrucksweise des Gesprochenen in der erwähnten Zeit nur vom heutigen Gesichtspunkt her zu sein, da sich die pragmatischen Faktoren verändert haben.
Holger Klatte, Bamberg
Fremdsprachen in der Schule. Die Lehrbuchtradition des Sebald Heyden 1. Abgrenzung der Textsorte In der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts kommt es durch die sich rasch verbreitende Technik des Buchdruckes zum massenhaften Entstehen verschiedenster für den Sprachunterricht bestimmter Literatur, nämlich ein- oder mehrsprachiger Wörterbücher, Grammatiken, Orthographielehren sowie Lehr- und Konversationsbücher. Die für den Fremdsprachenunterricht in den modernen Fremdsprachen und die für den Unterricht im Griechischen oder Lateinischen bestimmte Literatur entwickelte sich in zwei Linien, die einander beeinflußten. Eine Textsorte bilden die für reisende Kaufleute bestimmten Sprachlehrbücher, die größtenteils als Konversationsbücher konzipiert waren. Sie sollten den rein praktischen Ansprüchen der Kaufleute entsprechen. Die ersten für die Aneignung des Deutschen bestimmten Lehrbücher dieser Art entstanden vor 1400 in Norditalien. 1 Die andere Sorte von Lehrmaterialien stellen die für die humanistische Lateinschulen verfaßten Vokabulare und Gesprächsbücher dar. Die Gesprächsbücher enthielten sowohl einfache als auch relativ komplizierte lateinische Dialoge, die die Schüler auswendig lernen sollten, um sich Konversationsfähigkeit in der lateinischen Sprache anzueignen. Böhmen und Mähren gehören spätestens seit 1500 zu den wichtigsten Abnehmern und Produzenten von Sprachlehrbüchern. Nicht jedes dieser Vokabulare - das erste erschien meines Wissens 1513 2 - oder Gesprächsbücher, in denen das Tschechische und Deutsche Referenzsprachen sind, kann man als tschechisch-deutsches Lehrbuch bezeichnen. Die in den böhmischen Ländern verwendeten Titel lassen sich in drei Gruppen einteilen: 1 Vgl. den Beitrag von Alda Rossebastiano in diesem Band. Der früheste bekannte Druck ist das Lehrbuch des Adam von Rottweil von 1477. 2 Vietor, Hieronymus/Singriener, Joannes, Dictionarius trium linguarum, Latine, Teutonice: Boemice, potiora vocabula continens: peregrinantibus apprime utilis, Wien 1513.
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1. Drei- oder mehrsprachige Lehrbücher und Vokabulare mit Latein als Zielsprache, in denen Tschechisch und Deutsch als gleichwertige Referenzsprachen vorkommen. Diese Lehrwerke wurden primär im Lateinunterricht eingesetzt. Die beiden Volkssprachen wurden aus Absatzgründen als Lernhilfen beigefügt. 2. Drei- oder mehrsprachige Lehrbücher und Vokabulare, in denen die Volkssprachen (immer aber das Lateinische) gleichwertig nebeneinanderstehen oder die Festlegung der Zielsprache nicht eindeutig ist. Sie wurden auch zum Erlernen der Volkssprachen verwendet. 3. Zweisprachige deutsch-tschechische Lehrwerke. Die Textsorte, die hier vorgestellt werden soll, fällt in die zweite Gruppe. Sie hat ihren Ursprung im Lateinunterricht des ausgehenden Mittelalters. Die Lehrbuchtradition des Sebald Heyden geht zurück auf die lateinischen Schülergespräche der Humanisten, also etwa das zweite Drittel des 15. Jahrhunderts, welche für Schüler zur Übung in der lateinischen Umgangssprache geschrieben wurden. In diesen Schülergesprächen werden Vorkommnisse aus dem Bereich des Schullebens oder aus dem Alltag der Schüler in Form von Musterbeispielen zum Gegenstand der Unterhaltung gemacht. Die Humanisten wollten die reine lateinische Sprache für jede Unterhaltung, nicht nur wissenschaftlicher, sondern auch privater Natur, verwendbar machen und den Schülern alles vorgeben, worüber ein Schüler zu sprechen in die Lage kommen konnte. Deswegen sind diese Gesprächssammlungen eine vorzügliche Quelle für die Geschichte des Schülerlebens und der Kulturgeschichte überhaupt (vgl. Bömer 1879).
2. Sebald Heyden und sein Puerilium colloquiorum formulae Die lateinischen Gesprächsbücher waren Sammlungen fiktiver Dialoge, die verschiedene Situationen aus dem Leben von Schülern behandelten. Die Dialoge umfaßten meist nicht mehr als zwei bis drei Seiten. Die handelnden Personen waren meist Schüler, die Themen betrafen das Schulleben. Die Gesprächspartner unterhalten sich über ihre Lehrer, den Unterricht, die Freizeit und ihre täglichen Aufgaben in der Schule oder zu Hause. Oft nehmen sie einen belehrenden oder religiösen Charakter an. Bei Sebald Heyden haben die Unterhaltungen der Schüler ihre „einfachste und natürlichste Form angenommen“ (Bömer 1897: 146). Heyden folgte mit seinem Lehrbuch der Tradition der Familiarum colloquiorum formulae (1518) des Erasmus von Rotterdam, deren Vorbildfunktion bereits im Titel zum Ausdruck kommt.
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Sebaldus Heyden, um 1490 als Sohn einer alten Nürnberger Patrizierfamilie geboren, besuchte erst die Lorenz-, dann die Sebaldusschule in Nürnberg und begab sich darauf an die Universität Ingolstadt, wo er die Magisterwürde erlangte. Nachdem er kurze Zeit in einem Städtchen in der Steiermark als Lehrer und ebenso kurz in Brück (Ungarn) als Kantor tätig gewesen war, übertrug man ihm 1520 das Rektorat der Spitalschule, die er nach den Angaben seiner Biographen zu hoher Blüte gebracht hat. 1525 wurde er zum Rektor der Sebaldusschule ernannt. Gestorben ist er am 9. Juli 1561. Heyden ist eigentlich eher auf einem ganz anderen Gebiet als dem der Sprachlehrbücher bekannt geworden. Er war Musiker und schrieb nicht nur eine breit rezipierte Musiktheorie, sondern komponierte und dichtete auch selbst. Von ihm stammt das Passionslied O Mensch, bewein dein Sünde groß (ca. 1520), das noch heute in den evangelisch-lutherischen Kirchengesangbüchern enthalten ist. Sein wichtigstes Sprachlehrwerk 3, die Formulae puerilium colloquiorum, erschien erstmals 1528 ohne deutsche Übersetzung in Straßburg. 4 Heyden widmete es den Schülern der Sebaldusschule in Nürnberg, an der er zu dieser Zeit auch unterrichtete. Es ist das bekannteste und am weitesten verbreitete Werk in der Reihe der Schülergespräche. Im Vorwort dieses Lateinlehrbuchs gibt er Benutzungshinweise. Demnach sollte in jeder Unterrichtsstunde ein Satz, der nicht mehr als acht Silben umfaßte, zum Memorieren diktiert werden, und zwar so, daß die Sätze aneinandergereiht einen Dialog bildeten, was das Repetieren erleichtern würde. Bis zur Mitte des 18. Jahrhunderts erlebte das Lehrbuch mindestens 40 Neuauflagen mit bis zu vier verschiedenen Sprachen (Bömer 1879: 137 und Riecke 1995: 100). Riecke weist auf ein bereits 1527 in Krakau bei Hieronymus Vietor gedrucktes lateinisch-deutsch-polnisch-ungarisches Gesprächsbüchlein hin, das demnach als die erste mehrsprachige Ausgabe der Formulae gelten kann (Riecke 1995: 102). 5 Seine Grundstruktur blieb im Prinzip dieselbe. Kleine Veränderungen wurden vor3 Heyden verfaßte außerdem das lateinisch-deutsche Schulwörterbuch Nomenclatura rerum domesticarum. Es erschien erstmals 1527 in Nürnberg bei Johan Petreius. Vgl. auch Müller 1993. 4 Formulae Puerilium colloquiorum, pro primis Tyronibus Sebaldine Scholae, Norimbergae per Sebaldum Heyden eorundem praeceptorem conscriptae. Sebal. Heyd. ad Nasutum lectorem Consultum pueris volumus, Nasute valeto. Queritur hic fructus, gloria nulla mihi. Straßburg 1528. Druck von Balthasar Beck. Ein Exemplar dieses Druckes befindet sich heute in der Ratsschulbibliothek Zwickau (RSB 2.722,5). Zur Diskussion über die Existenz früherer Auflagen vgl. Riecke (1995, S. 100). 5 Sein Titel lautet: Puerlilium / Colloquiorum / Formulae pro primis Tyronibus / per Sebaldum Heyden ex Comi / corum campo hinc inde collecte / iam denuo Germanico PoIonico ac Vngarico / ideomate illustrate.
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genommen, indem weitere Dialogszenen hinzugefügt oder die Namen der sprechenden Personen dem jeweiligen Sprachraum angepasst wurden. Die Ausgaben, die das Deutsche und Tschechische enthalten, wurden ausnahmslos in Prag gedruckt: Puerilium Colloquiorum Formulae XXXV. Latina, Bohemica, Polonica, et Teutonica lingua conscriptae, primis tyronibus accomodatissimae. Ad iuventutem, Sebal. Heyd. Ad Nasutum Lectorem. Prag 1535. Druck von Anton Codri. Puerilium Colloquiorum Formulae, Latina, Bohemica, Polonica, et Teutonica lingua brevissime conscriptae, primis tyronibus accomodatissimae. Prag 1550. Druck von Jan Kantor Had. Formulae Puerilium Colloquiorum, Latina, Bohemica, et Germanica lingua breuissime scriptae, primis tyronibus accomodatissimae, noviter recognitae. Johannes Vopatovinvs. Huc Romane puer etc., Sebald Heyden. Prag 1586. Druck von Georg Daczicenuis.
In dem Prager Druck von 1535 hat der polnische Magister Joannes Vopatoninus Radoch der deutschen Übersetzung noch eine böhmische und polnische Fassung hinzugefügt und sich kleine Veränderungen sowie auch mehrere Einschübe erlaubt, so zwischen Dialog 16 und 17 und nach 27. Dieses Werk wurde später ohne den polnischen Text noch mehrere Male aufgelegt.
3. Entwicklung der Dialogbücher hin zum volkssprachlichen Unterricht Die Methoden des Lateinunterrichts in den Schulen des Mittelalters unterschieden sich in vieler Hinsicht von den heutigen. Sobald ein Schüler Lesen und Schreiben gelernt hatte, folgte das Auswendiglernen grammatischer Regeln. Die geschah in der Regel mit Hilfe der Ars minor des römischen Grammatikers Aelius Donatus (2. Hälfte des 4. Jahrhunderts). Die allgemein übliche Unterrichtsmethode bestand jahrhundertelang im Auswendiglernen grammatischer Regeln, die teilweise in Versform verfaßt waren. Die Volkssprache als Hilfe beim Verständnis lateinischer Wörter und Texte sollte so weit wie möglich gemieden werden, so daß die ersten Lehrwerke auch keine volkssprachlichen Übersetzungen und Erklärungen enthielten. Seit dem Ende des 15. Jahrhunderts erschienen diese lateinischen Donate im deutschsprachigen Raum mit deutschen Interlinearübersetzungen (Caravolas 1994: 125). Das erste Werk dieser Art erschien 1487 (Jellinek 1968: 34). Von den gesellschaftlichen und technischen Veränderungen, die gegen Ende des 15. Jahrhunderts einsetzten, waren auch die Lateinschulen betroffen. Das Ziel des humanistischen Lateinunterrichts war es, das vulgäre mittel-
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Abb. 10: Heyden, Sebald: Puerilium Colloquiorum Formulae, Latina, Bohemica, et Germanica lingua brevissime conscriptae […]. Prag 1586. Druck von Georg Daczicenius.
alterliche Latein wieder den klassischen Vorbildern anzupassen. Das Gesprächsbuch des Erasmus von Rotterdam wurde genau zu diesem Zweck verfaßt; es erschien in über 70 Ausgaben (Horawitz 1887: 53 f.). Der Lateinunterricht gliederte sich nunmehr in drei Stufen. Wie zuvor stand die Aneignung elementarer schriftlicher und mündlicher Lateinkenntnisse am Anfang. Neu war die Aneignung von Sprechvermögen durch das Auswendiglernen kurzer Sätze, in denen auch grammatische Probleme erklärt wurden. Das Studium der Grammatik trat hinter die Vermittlung von Sprechkompetenz zurück. Die Dialogfähigkeit nahm breiteren Raum im Lateinunterricht ein. Ziel und Höhepunkt eines Lateinseminars waren die Lektüre klassischer Schriftsteller und rhetorische Übungen (Bömer 1897, Puff 1995, Fuhrmann 2000, ders. 2001: 29-73). Die wichtigste Unterrichtsmethode blieb das Memorieren. Interlinearübersetzungen förderten das Verstehen. Im ersten Drittel des 16. Jahrhunderts erreichten diese volkssprachlichen Übersetzungen allmählich einen höheren Status und traten quasi gleichberechtigt neben oder unter den lateinischen Text. Praxisorientierung war also eine wichtige Neuerung der humanistischen Unterrichtsmethoden. Die Schulordnungen bestimmen, daß die Schüler von einer bestimmten Altersstufe an miteinander nur noch lateinisch sprechen durften. Die Muttersprache zu sprechen, war verboten und unter Strafe ge-
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stellt. 6 Damit sich die Schüler trotzdem unterhalten konnten, wurden nicht nur die klassischen lateinischen Autoren gelernt, sondern auch Vokabeln und Phrasen für den alltäglichen Gebrauch. So entstanden einerseits neue, spezifisch auf die Schule zugeschnittene Wörterbücher, zum anderen die lateinischen Schülergespräche wie das Puerilium colloquiorum formulae des Sebald Heyden. Der älteste Druck dieser Art ist das im Jahre 1481 in Straßburg gedruckte Manuale Scholarium, qui studentium universitates aggredi ac postea in eis proficere instituunt. Die ersten Gesprächsbücher waren für den Lateinunterricht konzipiert. Dies wird bereits an der graphischen Darstellung deutlich. Die lateinische Version der Dialoge steht grundsätzlich im Mittelpunkt, was durch die Schriftgröße und Schriftart herausgehoben wird. Die deutsche Version in der ersten Ausgabe der Formulae hat demnach nur den Status einer Übersetzungshilfe. Dies ändert sich jedoch mit der Hinzufügung weiterer moderner Sprachen. Das Lateinische bleibt zwar bei allen bekannten Ausgaben die an erster Stelle stehende Sprache, aber die Dialoge in den übrigen Sprachen stehen gleichwertig untereinander.
4. Verwendung mehrsprachiger Lehrwerke im Schulunterricht in Böhmen Daß in den böhmischen Ländern im 16. Jahrhundert die deutsche Sprache an den Schulen gelehrt wurde, ist keineswegs selbstverständlich, doch haben wir aber eine Reihe von Hinweisen darauf. Zwar schreibt Wolkan (1894: 81 f.), daß um 1550 „in Böhmen eine vollständige nationale Zweitheilung auf dem Gebiete des Schulwesen eingetreten war“ und die deutschen Städte Böhmens die meisten ihrer Lehrer aus Wittenberg und Leipzig bezogen hätten, wogegen die tschechischen Städte von der Karlsuniversität mit Lehrern versorgt worden seien. Der Lehrplan für die tschechischen Schulen, den der Rektor der Prager Universität, M. Peter Codicillus von Tulechova, im Jahre 1586 im Auftrag des Stadtrates herausgab, nennt den Deutschunterricht ausdrücklich als Lehrgegenstand (ebd., 84). Demnach sollte der Unterricht im Deutschen bereits in der zweiten Klasse beginnen. 7 Auch die Jesuiten, die seit 1553 nach Böhmen berufen wurden, förderten an ihren Schulen den Deutschunterricht. Ihre eigentliche Aufgabe war es, 6 An die Schüler gerichtete Verbote lassen sich bis ins 19. Jahrhundert zurückverfolgen. Als Teil des Lernprozesses war das Deutsche allerdings zugelassen (Puff 1995: 97 ff.). 7 Peter Codicillus war übrigens auch Verfasser von lateinisch-deutsch-tschechischen Lehrwerken, z. B. Vocabularium trilingue, pro usu Scholarum, diligenter & accurate editum, Prag 1581.
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den katholischen Glauben wieder zu beleben. Sie suchten deshalb Einfluß auf die heranwachsende Jugend zu gewinnen (ebd., 84 f.). Freilich war es nicht ihre Absicht, der deutschen Sprache den Vorzug vor der tschechischen zu verschaffen. Die ersten zwölf Jesuitenmönche, die 1556 nach Prag kamen, waren allerdings allesamt des Tschechischen nicht mächtig. Sie förderten beide Volkssprachen bei ihren tschechischen und deutschen Schülern, schon um des gegenseitigen Verstehens willen. Die Lehrmittel für den Lateinunterricht an der neu gegründeten Clementinischen Akademie in Prag waren fast allesamt dreisprachig. Das läßt den Schluß zu, daß die Klassen sprachlich nicht einheitlich zusammengesetzt waren, sondern aus Schülern mit unterschiedlicher Muttersprache bestanden. 8 Die Reformation schuf einen weiteren Anlaß, bereits früh mit dem Deutschunterricht zu beginnen. Wer im Geiste der Lehren Luthers und Melanchthons studieren wollte, ging nicht nach Prag, sondern an die Universitäten in Wittenberg oder Leipzig. Der akademische Unterricht erfolgte sicherlich in lateinischer Sprache. Um sich außerhalb der Universität in der Stadt verständlich machen zu können, mußten die tschechischen Studierenden Deutsch lernen.
5. Aufbau des Puerilium colloquiorum formulae Heydens Werk besteht aus 27 kurzen Dialogen, die den gewöhnlichen Lauf des Schülerlebens zum Gegenstand haben. Es handelt sich meist um einfache Themen, wie Andreas und Balthasar begrüßen sich am Morgen; Gabriel weckt Heinrich auf, der verschlafen hat; Jodocus und Kilian hadern auf dem Schulweg miteinander; Stanislav unterweist Petr beim Rechtschreiben. Diese Dialoge enthalten oft auch grammatischen Lernstoff. Die Lernmethode war auch hier das Auswendiglernen. Das Gesprächsbuch beginnt mit einer Szene, in der zwei Schüler einander begrüßen. Die kurzen Sätze stehen jeweils in den vier Sprachen untereinander. Die Reihenfolge ist Lateinisch-Deutsch-Tschechisch-Polnisch. Bei jedem folgenden Gespräch wechseln die Gesprächspartner, der Inhalt der ersten vier Dialoge bleibt allerdings ähnlich. Es geht wieder um einfache Begrüßungsformeln zu unterschiedlichen Tageszeiten, gute Wünsche und Gesprächseinstiege. Eine metasprachliche Beschreibung grammatischer Sachver8 So erfolgte der Grammatikunterricht mit deutsch und tschechisch kommentierten Lehrwerken, z. B.: Principia s. Rudimenta grammaticae ex institutionibus Emanuelis Alveri e soc. J. pro usu tyronum latinitatis excerpta. Prag 1575.
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halte im Text erfolgt nicht. Die Schüler sprechen jeweils in der ersten Person. Der eine grüßt, sein Gegenüber grüßt zurück oder reagiert angemessen auf die Grüße: Blasius: Clemens: Blasius: Clemens:
Bys gegrüsset Clement. Bys du auch gegrüsset. Bis du sehr gegrüsset. Vnnd du auch so sehr.
Ein thematisch reicheres Gespräch entwickelt sich in den Dialogen fünf und sechs. Man unterhält sich über die Uhrzeit, abends vor dem Schlafengehen und morgens beim Aufstehen. Die Sprache ist der Sprechweise Jugendlicher angepaßt. Die Sprechenden beleidigen einander und verwenden Schimpfwörter. Die folgenden Dialoge sind thematisch dichter. Bis zum sechsten Gespräch werden nur die 1. und 2. Person und als Tempusform das Präsens verwendet. Zum Teil kommen auch analytische Futurformen mit wollen oder werden als Finitum vor. Ab Dialog sieben werden auch andere Personalformen und die Vergangenheitstempora verwendet: Hanno: Hanno: Hanno:
Awe was thun wir; Ich hab zu lange geschlaffen. Hab ich es doch gehört.
Diese ziemlich unsystematische Einführung grammatischer Strukturen in praktischen Beispielen zeigt, daß die Vermittlung der Grammatik des Deutschen in diesem Lehrwerk nicht im Vordergrund stand. Dem Verfasser ging es vor allem um die Aneignung eines altersgruppenspezifischen Wortschatzes. Man darf nicht vergessen, daß der lateinisch-deutsche Vorgänger dieses Buches ausschließlich für den Lateinunterricht eingesetzt wurde. Diese Herkunft verdeutlicht der zehnte Dialog in eindrucksvoller Weise. Wie bereits erwähnt, waren die Schüler an den Lateinschulen dazu angehalten, innerhalb der Schule ihre Muttersprache zu meiden. Wer unerlaubterweise deutsch sprach, wurde bestraft 9: Lucas: Marcus:
Wie bistu so stil. Ich darff nicht reden.
9 Klassenspione mit der Bezeichnung lupus oder corycaeus hatten die Aufgabe, den Sprachgebrauch ihrer Mitschüler zu überwachen (Puff 1995: 97). Vgl. auch Fuhrmann 2001: 55, 71.
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Lucas: Marcus: Lucas: Marcus: Lucas: Marcus: Lucas: Marcus: Lucas: Marcus: Lucas: Marcus: Lucas: Marcus:
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Wer hat dyr es verpotten. Unser Schulmeyster. Ist er doch nicht kegnewertik. Es sind aber die auffmercker danat. Wer sind die auffmercker. Die uns heymlich aufschreyben. Kenstu keynen aus yn. Wie solt ich sie kennen. Halten sie sich so heymlich. Sie synt so listig. Red du lateinisch. Wie gerne ich wolde so ich kund. Du wirst aber also ehe lernen. Diß macht das ich streichens nicht acht.
Die folgenden Unterhaltungen werden immer umfangreicher, so daß man von einer Lernprogression sprechen kann. Die Struktur der Sätze verändert sich allerdings kaum. Sie sind allesamt wenig komplex, weisen keine Nebensatzstrukturen auf. Meist sind es Aussagesätze in der 1. Person, des öfteren wird der Imperativ gebraucht. Die wechselnden Themen erweitern den Wortschatz ständig. So geht es in Dialog 16 um Arbeiten im Hause. Ein Tisch wird gedeckt. In diesem Gespräch werden zwölf neue Substantive eingeführt, die zum thematischen Bereich Küche gehören. Er enthält außerdem Benimmregeln bei Tisch, die der eine Schüler dem anderen erklärt. Die Puerilium colloquiorum formulae legen also ihren didaktischen Schwerpunkt auf die Aneignung von Sprechkompetenz, weniger auf grammatisches Wissen. Grammatischer Stoff wird entweder parallel zum Unterricht aus anderen Lehrwerken behandelt oder vom Lehrer mündlich erklärt.
6. Bezug zu anderen Lehrbüchern Die im 16. Jahrhundert erschienenen Lehrbücher des Deutschen als Fremdsprache beeinflußten einander. Auf die Verwandschaft des Gesprächsbuchs von Ondrˇej Klatovsky´ und der Kurtz undterweisung wurde im Beitrag von Zde˘nek Opava bereits hingewiesen. Die Methode, die diese beiden tschechischdeutschen Sprachbücher anwenden, läßt sich mit jener der lateinischen Schülergespräche vergleichen. Die Kurtz undterweisung (oder Naucˇenı´e kra´tke´) kam 1527 in der Druckerei des Pilsener Druckers Jan Pekk erstmals heraus. Sie ist zweisprachig und praktisch ausgerichtet. Der tschechische bzw. deutsche Text ist unsystematisch zweispaltig gedruckt. Die Adressaten waren reisende Kaufleute auf den
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Handelswegen Nürnberg-Prag-Wien. Die weite Verbreitung und der große Erfolg des Werkes zeigt sich an der großen Zahl von 19 bekannten Auflagen bis 1785. Das Lehrbuch weist eine Reihe von Parallelen zu Heydens Schülergesprächen auf. Bis auf einige Ausspracheregeln enthält es ebenfalls keine grammatischen Ausführungen, sondern zielt auf die Aneignung von Wortschatz ab. Es beginnt mit Grußformeln und möglichen Antworten darauf. Der tschechische Text steht links, der deutsche rechts. Die Beispielsätze sind im Vergleich zu den Schülergesprächen weit weniger systematisch zusammengestellt und haben selten einen thematischen Rahmen. Sie hängen eher assoziativ miteinander zusammen. Es geht beispielsweise um das Verhalten und die Verständigung im Wirtshaus, und ohne Überleitung geht es weiter mit dem Abschließen von Handelsgeschäften. Die Sätze sind nicht sonderlich komplex und bilden selten einen Dialog. Ziel dieses Buches ist es, dem Benutzer zu ermöglichen, sich in der Fremdsprache über die wichtigsten Themen und Tätigkeiten während einer Reise und über Handelsgeschäfte in der Fremdsprache zu verständigen. Ein Reisehandbuch dient anderen Zwecken als für Schulen konzipierte Schülergespräche. Während Heydens Dialoge auswendig gelernt werden sollten, ist die Kurtz undterweisung eher ein Taschenbuch zum Nachschlagen, ähnlich wie moderne Reisesprachführer, die als Anhang zum touristischen Hauptteil noch eine kurze Einführung in die Fremdsprache und eine Vokabelliste enthalten. Heydens Schülergespräche lassen sich also entwicklungsgeschichtlich in die Tradition der Lehrmittel für das Deutsche als Fremdsprache einordnen. Sie stammen aus der Tradition des Lateinunterrichts, dessen Methoden sie teilweise übernahmen, und sie kamen, wie gezeigt wurde, weitgehend ohne grammatische Terminologie aus. Die traditionelle Lernmethode des Memorierens und Auswendiglernens stand im Vordergrund.
Libusˇe Spa´cˇilova´, Olomouc
Deutsch-tschechische Lehrbuchtraditionen in den böhmischen Ländern von 1740 bis 1918 1. Die Stellung des Deutschen von 1740 bis 1918 in den böhmischen Ländern Bevor wir uns mit deutsch-tschechischen Lehrbuchtraditionen befassen, müssen wir die spezifische Stellung der deutschen Sprache im untersuchten Zeitraum in Böhmen und Mähren charakterisieren. Zu den wichtigen Merkmalen des Zeitraums von der Thronbesteigung durch Maria Theresia im Jahre 1740 bis zur Entstehung der selbständigen Tschechoslowakischen Republik im Jahre 1918 gehören einerseits die wachsenden Einflüsse einzelner Nationalsprachen in der Monarchie und die allmähliche Ersetzung des Lateinischen als übernationale Sprache durch das Deutsche, andererseits jedoch die eskalierende Nationalisierung der einzelnen Ethnien (Newerkla 2000: 233). Das Deutsche war zweifelsohne die dominante Sprache in der ganzen Monarchie, während das Tschechische, obwohl es vom Großteil der Bevölkerung in den böhmischen Ländern als Muttersprache und erste Landessprache aktiv benutzt wurde, als Schrift- und Bildungssprache, als Sprache des Gerichtswesens und der öffentlichen Verwaltung stark im Hintergrund stand. Auf den ersten Blick schien jedoch die sprachliche Situation für die nichtdeutschen Ethnien in der Monarchie günstig zu sein. Maria Theresia setzte in Einklang mit der mährischen Landesordnung aus dem Jahre 1627 den Unterricht in der Muttersprache, d. h. in den böhmischen Ländern auf Tschechisch, durch. Auch der im Jahre 1775 von J. I. Felbiger verfasste Allgemeine Schulplan für die deutschen Schulen in den k. k. Erbländern war vorteilhaft. Die deutsche Sprache, die als zweite Landessprache in den böhmischen Ländern bezeichnet wurde (Hrusˇka 1916: 15), sollte erst dann vermittelt werden, wenn die Schüler ihre Muttersprache genügend beherrschten. Es war üblich, Deutsch spätestens ab der dritten Klasse zu unterrichten (Newerkla 2000: 237). Anders sah aber die Situation an den Gymnasien aus, die vollkommen germanisiert wurden (Hanzal 1968: 324). Das Tschechische war bis 1848 eine
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minderwertige Unterrichtssprache. Neben Kenntnissen der Muttersprache verlangte man in den böhmischen Ländern Grundkenntnisse des Deutschen. Erst der Dualismus 1867 führte zur Gleichberechtigung der einzelnen Nationen und ihrer Sprachen in der habsburgischen Monarchie. Das Grundgesetz über die allgemeinen Rechte der Staatsbürger aus demselben Jahr schrieb vor, daß kein Staatsbürger zum Erlernen einer zweiten Landessprache gezwungen werden durfte. Diese Umstände führten zur Gründung neuer Schulen, denn nur auf diese Weise konnten die zahlreichen ethnischen Konflikte gelöst oder wenigstens gemildert werden. Eine weitere, zeitweilige Lösung war die Gliederung der Unterrichtsfächer in unbedingt obligatorische, relativ obligatorische und fakultative. Die relativ obligatorischen Fächer konnten die Eltern der Schulkinder aus einem größeren Fächerkanon auswählen. Mit der Wahl wurden sie für die Kinder zu obligatorischen Lerngegenständen. 2. Lehrmethoden im Fremdsprachenunterricht im untersuchten Zeitraum Im Fremdsprachenunterricht waren zwischen 1740 und 1918 in den böhmischen Ländern drei Lehrmethoden von Bedeutung. Die grammatische bzw. Grammatik-Übersetzungs-Methode hat ihre Wurzeln in der alten Methode, die ursprünglich im Griechisch- und Lateinunterricht eingesetzt wurde. Eine erste Phase des Unterrichts beschäftigte sich mit der Darbietung der grammatischen Regeln, in einer zweiten Phase wurden diese Regeln in der Übersetzung angewandt (de Cillia 1985: 54). In den 80er Jahren des 19. Jahrhundert kritisierte man diese Methode deswegen, weil moderne Sprachen auf gleiche Weise wie die „toten“ Sprachen unterrichtet würden. Die direkte Methode, die die grammatische Methode ablöste, wurde in den 80er Jahren des 19. Jahrhunderts eine ,offizielle‘ Methode im Fremdsprachenunterricht. Die Fremdsprache wurde ähnlich wie die Muttersprache, aber unter Berücksichtigung von Erkenntnissen der Pädagogik, der Phonetik und anderer Hilfsdisziplinen gelehrt. Man empfand die Muttersprache als eine Art Störfaktor im Fremdsprachenunterricht. Deshalb sollten die Lehrer Paraphrasierungen, Umschreibungen und Erläuterungen ausschließlich in der Fremdsprache machen. Übersetzungen wurden verpönt, die Grammatik wurde vernachlässigt oder ganz ausgeschlossen. Nach dem Konzept des bedeutenden tschechischen Deutsch- und Französischdidaktikers Jaroslav O. Hrusˇka - er lehrte an der Prager Universität - wurde diese Methode im ersten Viertel des 20. Jahrhunderts in den böhmischen Ländern nur im Französischunterricht eingesetzt, den meistens Muttersprachler gestalteten (Hrusˇka 1916: 14). Im Deutschunterricht setzte sich an den tschechischen Schulen die vermittelnde Methode durch, die von tschechischen Didaktikern detailliert durchgear-
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beitet worden war. Sie wurde in der habsburgischen Monarchie als ,offizielle‘ Methode anerkannt (Hrusˇka 1916: 15). Ein weiterer bedeutender tschechischer Didaktiker, Deutschlehrer und Lehrbuchautor der Zeit um 1900 war Edvard Ourˇednı´cˇek. Er formulierte ausführlich die Ziele des Fremdsprachenunterrichts nach dieser Methode (Ourˇednı´cˇek 1890: Vorwort). Wie sahen diese Ziele aus? Der Schüler soll sich in der Fremdsprache, also im Deutschen, verständigen können. Es kommt deshalb wesentlich darauf an, seine Sprechfertigkeit zu entfalten und sein Sprachgefühl zu entwickeln. Er soll nicht nur mündlich, sondern auch schriftlich seine Gedanken frei ausdrücken können. Ourˇednı´cˇek schlug weitere methodische Schritte vor. Die Verwendung von Bildern in der Wortschatzarbeit sollte die Vokabeln im Langzeitgedächtnis besser speichern helfen, und im Grammatikunterricht sollte ein induktives Verfahren, bei dem die Schüler selbst grammatische Regeln formulierten, dominieren. Ourˇednı´cˇek betonte, daß der Schüler in einem solchen Unterricht nicht nur Sprachkenntnisse, sondern auch Kenntnisse der fremdsprachigen Literatur erwürbe. Dieser Ansatz beeinflußte auch die Gestaltung von Lehrbüchern. Die vermittelnde Methode stellte zweifelsohne den didaktischen Höhepunkt im Fremdsprachenunterricht in den böhmischen Ländern vor 1918 dar.
3. Ältere Lehrbuchvorbilder in den böhmischen Ländern Die jeweils aktuellen Formen und Verfahren des Fremdsprachenunterrichts werden in jedem Land von den Traditionen, in denen er steht, beeinflußt. Vorhandene Lehrbücher, die diese Traditionen repräsentieren, üben auf die jeweils neu entstehenden Lehrbücher ihren Einfluß aus. In den böhmischen Ländern handelte es sich um drei Typen von Lehrbüchern, die den Autoren von 1740 bis 1918 als Vorbild dienten. Es waren in erster Reihe deutsche Lehrbücher, die nach der alten Tradition des Lateinunterrichts den Schülern grammatische Regeln beibrachten und das Übersetzen als die wichtigste Tätigkeit im Unterricht einübten. Solche Lehrbücher dienten in der zweiten Hälfte des 18. und im 19. Jahrhundert als Vorbild. Den zweiten Lehrbuchtyp, der im 19. Jahrhundert und in den ersten zwei Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts eine Rolle spielte, stellen Lehrbücher bzw. Lesebücher dar, die der Fremdsprachendidaktik von Johann Amos Comenius folgen. Comenius’ Didaktik trägt Züge der erst später wieder aktuellen vermittelnden Methode. Der Unterricht soll durch einen Text eröffnet werden, der grammatische Erscheinungen und Vokabeln präsentiert, und der Schüler
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soll zunächst einmal den Inhalt des Textes verstehen. Erst dann erarbeitet er unter Anleitung des Lehrers grammatische Strukturen und Vokabeln. Ziel des Fremdsprachenunterrichts ist nach Comenius der Gewinn von Erkenntnissen über die Welt, die von Schülern in der Fremdsprache wiedergegeben werden können, auf keinen Fall jedoch das Memorieren grammatischer Regeln. Diesen Zielen entsprach ein praktisches Vorbild: das Lesebuch Ianua linguarum reserata. Es wurde 1631 in lateinischer Sprache, zwei Jahre später viersprachig - lateinisch, italienisch, deutsch und tschechisch - gedruckt. Die einzelnen Texte in diesem Lesebuch vermitteln sachliche und sprachliche Informationen. Während die zwei genannten Lehrbuchtypen als Vorbild vor allem für die Gestaltung von Lehrbüchern für tschechische Schulkinder dienten, war das dritte Vorbild, nämlich zweisprachige Gesprächsbüchlein, die im 16. Jahrhundert erschienen waren, sowohl für Tschechen als auch für Deutsche bestimmt. Die Existenz dieser Bücher entsprach dem weitverbreiteten bilingualen Milieu in den böhmischen Ländern. Sie leisteten einen bedeutenden Beitrag zum natürlichen Erwerb der Zweitsprache, und sie sollten vor allem Erwachsene auf die Alltagskommunikation vorbereiten. Die wichtigsten von ihnen werden in den Beiträgen von Alena Sˇimecˇkova´ und Zdene˘k Opava in diesem Band vorgestellt.
4. Charakteristik der Schulbücher für den Unterricht des Deutschen als Zweitsprache in den böhmischen Ländern von 1740 bis 1918 Da Lehrbücher seit dem 18. Jahrhundert nach bestimmten, konzeptionell explizierten Lehrmethoden verfaßt wurden, können wir wichtige Merkmale dieser Methoden in den älteren Lehrbüchern gut wieder erkennen (vgl. Neuner/ Hunfeld 1993: 16 f.). Bei der Lehrbuchanalyse sind folgende Aspekte von Bedeutung: die Texte (Textauswahl, Textgestaltung), die Gestaltung der Grammatikvermittlung (Auswahl und Abfolge, Darstellung: Regeln, Beispiele, Regeln und Beispiele, fehlende Teilbereiche der Grammatik), die Übungen und der Lektionsaufbau.
4.1. Die Grammatik-Übersetzungs-Methode Diese Methode wies im Unterricht in den böhmischen Ländern verschiedene Varianten auf. Sie werden in den folgenden Abschnitten skizziert.
Deutsch-tschechische Lehrbuchtraditionen in den böhmischen Ländern
Abb. 11: Komensky´, Jan Amos [Comenius, Jan Amos], Janua Linguarum Reserata Aurea.
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4.1.1. Die Methode der systematischen Grammatik Die erste Variante war die Methode der systematischen Grammatik, die die Verfahren des Lateinunterrichts übernahm. Es handelte sich um eine theoretische Beschreibung der Deklinationen und Konjugationen des Deutschen ohne Übungen. An den Gymnasien in den böhmischen Ländern wurde im Rahmen der systematischen Grammatik das sog. orthographische Verfahren eingesetzt: Flexionssuffixe wurden als orthographische Angelegenheiten behandelt und erläutert. Es sind nur wenige Lehrbücher dieser Art erhalten, z. B. die Anweisung, die deutsche Orthographie gründlich zu lernen, oder die Kunst jedes deutsche Wort richtig zu schreiben (Kaschau 1826). 4.1.2. Die Methode der systematischen praktischen Grammatik Die zweite Variante ist die Methode der systematischen praktischen Grammatik. Die Lehrbücher beginnen mit einer Beschreibung der Aussprache, und die Grammatik wird, dem Muster der klassischen lateinischen Grammatik entsprechend, nach den Wortarten präsentiert. Jede grammatische Erscheinung wird kurz beschrieben und dann geübt. Der Autor dieser Variante, der Deutsche Johann Valentin Meidinger (1756-1822), fügte in seine systematische französische Grammatik Übungen und Übersetzungen ein. Nach diesem Vorbild entstanden viele Lehrbücher in den böhmischen Ländern. An zwei konkreten Beispielen können ihre charakteristischen Merkmale gezeigt werden. Im Jahre 1812 verfasste Ignaz Johann Schießler die Praktische böhmischdeutsche Grammatik für Böhmen, wodurch sie die deutsche Sprache auf eine leicht faßliche Art in kurzer Zeit gründlich erlernen können. Nach der von Johann Valentin Meidinger in seinen Grammatiken befolgten Methode (Prag 1812). Das Lehrbuch ist für Tschechen bestimmt, die die deutsche Sprache erlernen möchten. Die systematische Grammatik der Wortarten wird in 70 Kapiteln behandelt; sie entspricht den von Meidinger vorgeschlagenen Mustern. Am Anfang jedes Kapitels wird der grammatische Stoff in tschechischer Sprache erklärt und an deutschen Beispielen präsentiert. Dann folgen tschechische Ausdrücke, die ins Deutsche übersetzt werden sollen, und deutsch-tschechische Vokabelgleichungen. Später erscheinen auch tschechische Sätze, die ins Deutsche übersetzt werden sollen. Einige Sätze (Schießler 1812: 23) entsprechen der Alltagskommunikation, andere sind jedoch weit entfernt von ihr, z. B.: Gebet dieses Geld dem Becker und saget dem Fleischer, dem Schneider und dem Schuhmacher, daß ich nicht zu Hause bin. Wenn aber der Jäger kommt, so saget ihm, daß ich in meinem Zimmer bin.
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Oder: Ich habe heute den Bruder des Kaisers von Marokko gesehen, welcher schwärzer ist als der Teufel, indessen liebt er doch ein weißes Mädchen mehr als die Großmutter seines Herrn.
Was im Vergleich zu Meidingers Vorstellungen neu ist, sind Gespräche von verschiedenen Inhalten (insgesamt 21 Kurzdialoge), die ins Lehrbuch aufgenommen wurden. Dies kann als Folge des bilingualen Milieus und als Beeinflussung durch die Gesprächsbüchlein erklärt werden. Während das gerade charakterisierte Lehrbuch eher für den Fremdsprachenunterricht mit Erwachsenen empfohlen wurde, richtete sich die von Johann Ev. Schmitt verfaßte Kleine Deutsche Sprachlehre nach Johann B. Meidingers Lehrmethode herausgegeben (Kuttenberg 1813) an Kinder. Im Vorwort schreibt der Autor: Kinder von 7 bis 8 Jahren gehen gewöhnlich nicht schonend mit ihren Büchern um; daher streuben sich die Eltern ihren Kindern teuere Bücher zu kaufen, weil sie ihnen dieselben oft mehr als einmal anschaffen müssen. Ferner gibt es viele arme Kinder, welche teure Bücher gar nicht kaufen können. Wie mühsam es aber ist, böhmische Kinder Deutsch ohne ein Hilfsbuch zu lehren, wissen wohl meine Herren Amtsbrüder so gut als ich. Um mir das Lehren, den kleinen und ärmern Schülern aber das Lernen zu erleichtern, schrieb ich dieses Werkchen … (Schmitt 1813: 5).
21 Kapitel des Lehrbuchs sind der Grammatik einzelner Wortarten gewidmet. Im Inhaltsverzeichnis findet der Schüler einige Hauptthemen der Morphologie. Morphologische Erscheinungen werden aber auch bei der Behandlung verschiedener Nebensatzarten vermittelt, und auf diese Weise erwerben die Schüler auch Grundinformationen über die Syntax. Jede grammatische Erscheinung wird zunächst einmal in tschechischer Sprache erläutert, dann folgen Übersichten und deutsch-tschechische Beispiele (z. B. das Plusquamperfekt): Erhard war ein frommes und ehrerbiethiges Kind. Wie er Morgens gebethet hatte, wünschte er jedem, besonders seinen lieben Aeltern einen guten Morgen. (Schmitt 1813: 60 f.)
Erhart byl na´bozˇne´ a uctive´ dı´teˇ. Jakzˇ se ra´no pomodlil, winsˇoval kazˇde´mu, zwla´sˇteˇ svy´m mily´m rodicˇu˚m dobre´ jitro.
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Nach ein paar Kapiteln folgen Übungen zum Übersetzen (insgesamt 37), und zwar tschechische Wörter oder Sätze. Die deutschen Übersetzungen dieser Sätze sind mit verschiedenen Erläuterungen versehen, sie dienen als Schlüssel, damit der Schüler seine Übersetzung gleich korrigieren konnte. Die Übungen 38-155 sind kurze deutsche Lesetexte. Bei jedem Text finden sich tschechische Erklärungen einiger Vokabeln. An der systematischen Grammatik wurde vor allem die starre Reihenfolge der Wortarten (Substantiv, Adjektiv, Pronomen etc.) im Unterricht kritisiert. Es war ja auch sehr problematisch, ohne Kenntnis der Konjugation im Unterricht mit Anfängern Lesetexte zu verwenden, weil die Schüler noch kaum etwas verstanden. 4.1.3. Die methodische Grammatik Eine weitere Variante der Grammatik-Übersetzungs-Methode stellt die methodische Grammatik nach Johann Heinrich Seidenstücker (1765-1817) dar. Nach dieser Variante wurde das grammatische Pensum ohne Explikationen, nur anhand von Beispielsätzen und Übungen präsentiert, d. h. nach dem Motto: Keine ,Theorie‘ im Fremdsprachenunterricht. Der Schüler übersetzte Mustersätze in seine Muttersprache, transformierte sie und lernte auf diese Weise grammatische Strukturen kennen. Man ging fast immer vom Verb aus. Die Inhalte der Mustersätze bezogen sich auf das Alltagsleben des Schülers. Ich nenne exemplarisch zwei Lehrbücher, die dem Konzept der methodischen Grammatik verpflichtet sind. Das erste trägt den Titel Die zweite deutsche Grammatik für Schüler der Stadt- und Hauptschulen im Kaisertum Österreich (Prag 1856). Sie konzentriert sich stark auf die Vermittlung der deutschen Grammatik, ohne Grammatisches zum Thema zu machen, mit Betonung der Hinund Herübersetzung. Jede Lektion besteht aus zwei Abschnitten, zunächst aus deutschen Sätzen, die den grammatischen Stoff beinhalten und zum Übersetzen bestimmt sind. Im zweiten Abschnitt der Lektion finden die Schüler tschechisch formulierte Aufgaben, z. B.: „Suchen Sie aus den Sätzen alle Verben heraus, und bilden Sie Infinitive. Transformieren Sie folgende Sätze in die Vergangenheit. Übersetzen Sie.“ Grammatische Regeln erscheinen in einem speziellen Teil des Lehrbuchs in tschechischer Sprache, grammatische Termini sind auch in deutscher Sprache angeführt. Die grammatischen Schwerpunkte sind die Grundzüge der Morphologie (Verb, Substantiv, Adjektiv, Präpositionen und teilweise auch die Wortbildung) und der Syntax (Rektion der Verben, Nebensatzarten und die Satzverbindung). Das Vokabular der Beispielsätze gehört zum Alltag der Schüler, z. B. Beschreibungen des Elternhauses oder von Tieren.
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Das zweite und interessantere Beispiel ist das Lehrbuch von Josef Veˇnceslav Vlasa´k Böhmische und deutsche Sprachlehre in Beispielen, insbesondere für Diejenigen, welche die eine oder die andere Sprache leicht erlernen, jedoch den langsamen und trockenen Unterricht mittelst der Regeln vermeiden wollen. Mit einer beigefügten kurzen Geschichte Böhmens (4. Auflage, Prag 1853). Der Autor begründet seine Absichten und Ziele in der Vorrede: Es ereignet sich oft der Fall, daß fähigere Schüler, welche ihre Muttersprache bereits erlernt haben und den Studien sich widmen wollen, auch die nöthige Kenntniß der deutschen Sprache zu erwerben trachten; und im Gegentheile kommen auch in böhmische Schulen von Jahr zu Jahr viele Deutsche aus umliegenden Gegenden, welche die unvermeidliche Nothwendigkeit fühlend, wieder böhmisch zu lernen wünschen. Es wäre sehr unbesonnen und würde sogar das gewünschte Ziel verfehlen, wenn man solchen Schülern sogleich nach grammatikalischen Regeln die fremde Sprache erklären wollte. Der Unterricht in fremder Sprache muss Anfangs möglichst praktisch geschehen und zwar in kurzen, leichten Beispielen … Erst dann, wenn er schon vollkommen die fremde Sprache aufgefaßt hat, kann man dem Schüler die Regeln der Sprache vorlegen (Vlasa´k 1853: V-VI).
Das Buch ist zweisprachig, es konnte sowohl von Tschechen als auch von Deutschen benutzt werden. Im ersten Teil wird die Aussprache erklärt. Kurze Sprechübungen im zweiten Teil präsentieren grammatische Erscheinungen in beiden Sprachen (Ich bin jung. Du bist jünger. Er ist der jüngste von uns.), die von den Schülern memoriert werden sollen. Es handelt sich um die Grammatik aller Wortarten einschließlich der Interjektionen. Längere zusammenhängende Texte erscheinen im dritten Teil des Buches: Kurzgeschichten, Beschreibungen aus der Naturgeschichte, Erdbeschreibung und die Geschichte Böhmens.
4.1.4. Die Elementargrammatik Eine weitere Variante der Grammatik-Übersetzungs-Methode war die Elementargrammatik, die von dem Deutschen Karl Ploetz konzipiert wurde. Die Grammatikarbeit steht im Mittelpunkt, sie wird erläutert und an Beispielen von miteinander nicht zusammenhängenden Sätzen historischen, geographischen und philosophischen Inhalts geübt. Der Unterricht entspricht dem klassischen Lateinunterricht. Seine Struktur war fast einheitlich: 1. grammatische Regeln mit Erläuterungen (die Reihenfolge der grammatischen Erscheinungen bestimmt der Lehrer); 2. Vokabeln; 3. Übersetzung in die Muttersprache; 4. Übersetzung in die Fremdsprache. Den Höhepunkt stellt die korrekte Übersetzung dar. Die Schüler sollten zunächst einmal die Grammatik erwer-
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ben und sich dann mit den bedeutendsten Werken der klassischen Literatur bekannt machen. In den böhmischen Ländern entstand eine lange Reihe von Lehrbüchern nach dieser Variante. Ein Beispiel ist das Lehrbuch von Julius Roth, die Deutsche Sprachlehre für die erste Klasse der Mittelschulen (Prag 1877). Es besteht aus sechs Abschnitten. Jeder Abschnitt ist einer Wortart gewidmet: Substantiv und Artikel, Adjektiv, Pronomen, Numeralien, Adverbien und Verben. Einzelne grammatische Erscheinungen werden in tschechischer Sprache erläutert. Beispielsweise: Das Substantiv und der Artikel. Substantive sind entweder Konkreta oder Abstrakta. Konkreta sind Eigennamen und Gattungsnamen. Zu Gattungsnamen gehören Stoffnamen und Sammelnamen (Roth 1877: 2).
Grammatische Termini kommen in beiden Sprachen vor. Dann folgen Aufgaben, die auf der Metaebene bleiben, z. B.: Bestimmen Sie, welche von den folgenden Substantiven Konkreta und Abstrakta sind. Bei Konkreta geben Sie an, ob es sich um Eigennamen, Gattungsnamen, Stoffnamen oder Sammelnamen handelt.
Oder: Suchen Sie alle Beispiele heraus, in denen die Form im Akkusativ anders ist als im Nominativ.
In den Beispielsätzen wird Alltagsvokabular verwendet. Zu den bedeutenden Repräsentanten dieser Variante und den wichtigsten Lehrbuchautoren in den böhmischen Ländern gehörte Karel Antonı´n Madiera. Seine Deutsche Grammatik für die unteren Klassen der Mittelschulen (Prag 1869) ist eine sehr ausführliche deutsche Grammatik, die auch als Hilfsmittel bei der Vorbereitung auf die Abiturprüfung empfohlen wurde.
4.2. Konversationsbücher Die sprachlichen Verhältnisse in den böhmischen Ländern erforderten nicht nur Kenntnisse der deutschen Grammatik, sondern auch ein bestimmtes Niveau der kommunikativen Kompetenz. Alten Traditionen folgend erscheinen im 18. und 19. Jahrhundert Lehrbücher, mit deren Hilfe deutsche Konversation geübt werden konnte. Die Autoren setzten grammatische Grundkenntnisse voraus. Diese Konversationsbücher knüpften teilweise an die Ge-
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sprächsbüchlein des 16. und 17. Jahrhunderts an (vgl. die Beiträge von Zdeneˇk Opava, Alena Sˇimecˇkova´ und Holger Klatte in diesem Band). Sie waren oft sowohl für Tschechen als auch für Deutsche geschrieben. Als Beispiel kann das Werk Teutsch-böhmisches Konversationstaschenbuch. Eine Sammlung teutscher und böhmischer Benennungen, Phrasen, gewöhnlichen Anreden im gesellschaftlichen Umgange und vertrauter Gespräche über die manigfaltige Bedürfniße und Vorfälle des menschlichen Lebens, mit besonderern Zugabe der in der Kanzleisprache nothwendigsten Bedeutungen und Phrasen. Nebst einem Schlüßel zur richtigen Aussprache u. Anschreibung des Cˇechischen von Jan Javornicky´ und Josef Sˇru˚tek angeführt werden (2. Auflage, Königgrätz 1852). Im Vorwort schreiben die Autoren, daß das Buch für die tschechische wie die deutsche Jugend bestimmt sei, die keine höheren Schulen besucht, sondern entweder zu Hause bleibt oder in die Lehre geht, damit sie die Grundzüge der Sprache nicht vergißt. Das Lehrbuch ist konsequent zweisprachig. Explizite Grammatik fehlt, nur kurze Kapitel am Anfang vermitteln Informationen über Aussprache und Orthographie des Deutschen. Weitere Kapitel des Lehrbuchs sind der Konversation gewidmet. Es handelt sich um deutsch-tschechische Paralleltexte zu Themen wie Von Gott und der Schöpfung. Das Tierreich. Das Pflanzenreich. Das Mineralreich. Die Haus- und Landwirtschaft. Die Stadt und ihre Teile. Die Handwerker. Das Jahr und die Feiertage. Krankheiten. Die Kirche. Kleine Sätze zum Gebrauche im gesellschaftlichen Umgange (Höflichkeitsanreden, Komplimente und Grüße). Im Anhang finden sich Grundinformationen über die Korrespondenz. Die Autoren bieten auch eine kurze methodische Anweisung, wie man mit dem Lehrbuch arbeiten solle: Der Schüler soll fleißig lesen und auswendig lernen. Alles, was er lernt, soll er in der Kommunikation mit einem Muttersprachler verwenden. Die Autoren machen darauf aufmerksam, daß die Paralleltexte nicht wortwörtlich, sondern frei übersetzt sind. Sie erwähnen auch die Gefahren der Interferenz und warnen die Schüler vor ihren Tücken (z. B.: im Tschechischen ist Brot Maskulinum, im Deutschen Neutrum). Die neueren Gesprächsbüchlein machen es möglich, die deutsche Sprache ohne grammatischen Drill zu erwerben. Der Lehrgang ist praktisch orientiert: die Schüler sollten lernen, sich im Alltagsleben mit Deutschen zu verständigen. Diese Art von Lehrbüchern erfreute sich großer Beliebtheit, was die Tatsache belegt, daß solche Bücher noch in den ersten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts herausgegeben wurden (z. B. Schulz/Vorovka 1916). Ein anderer Typus von Zusatzmaterial für den Deutschunterricht folgte dem Vorbild von Comenius’ Ianua linguarum reserata. Frantisˇek Patocˇka verfaßte im Jahre 1870 einen Orbis pictus in tschechischer und deutscher Sprache (Prag 1870). Das Lesebuch besteht aus zweisprachigen Texten zu verschiedenen Themen, wie z. B. Die Welt und die Natur. Der Mensch und seine Haupteigenschaften.
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Beschäftigungen der Menschen etc. Die Schüler erwerben nicht nur sachliche, sondern auch sprachliche Kenntnisse. Im Deutschunterricht bietet das Buch so der Autor - genug Material zur Konversation. Ein großer Vorteil besteht darin, daß das Buch mit Bildern versehen ist. Man setzt voraus, daß sich die Schüler die Grundzüge der deutschen Grammatik bereits angeeignet haben.
4.3. Die vermittelnde Methode Die Lehrbücher aus den letzten Jahren des 19. Jahrhunderts folgten in ihrer Mehrzahl der vermittelnden Methode, die von tschechischen Didaktikern als analytisch-synthetische Methode bezeichnet wurde und den Höhepunkt des methodisch reflektierten Fremdsprachenunterrichts in den böhmischen Ländern vor 1918 darstellte. Ausgangspunkt für die Arbeit im Unterricht war ein zusammenhängender Text, der eine Alltagssituation im Leben des Schülers darstellte und neue Vokabeln und neue grammatische Erscheinungen präsentierte. Der grammatische Lehrstoff wurde auf das Minimum reduziert, man verwendete ein induktives Verfahren (vom Beispiel zur Regel) beim Grammatikerwerb. Deduktives Vorgehen (von der Regel zum Beispiel) wurde dann bevorzugt, wenn es schneller und vorteilhafter schien. Die vermittelnde Methode ließ Übersetzungen aus der Muttersprache zu, aber nicht im Anfangsunterricht, sondern erst später und ausschließlich zur Festigung des grammatischen Wissens. Die Lehrwerke, die nach diesem Konzept verfaßt waren, bemühten sich auch um die korrekte Aussprache, entwickelten die Sprechfertigkeit und führten die Schüler sogar in die Geschichte der deutschen Literatur ein. Zum ersten Mal wurde sie offiziell in der Instruktion für moderne Sprachen an unseren Schulen aus dem Jahre 1890, dann vor allem im Lehrplan aus dem Jahre 1898, proklamiert. Sie setzte sich auf allen Stufen der Schulen in den böhmischen Ländern durch. Im Deutschunterricht für Anfänger mit jungen Schülern wurden Bilder zur Veranschaulichung eingesetzt. Von Anfang an machten die Schüler Sprechübungen und lernten grammatische Regeln implizit an Beispielen. Edvard Ourˇednı´cˇek präsentierte Grundzüge der vermittelnden Methode in seinem Deutschen Übungsbuch für die erste und zweite Klasse der Mittelschulen (Brünn 1890). Er betonte die Notwendigkeit, das Sprachgefühl der Schüler zu entwickeln. Das größte Hindernis, das dem Sprachgefühl schade, sah er in der Hinübersetzung bei Anfängern. Die Übersetzung ins Deutsche in dieser Phase des Unterrichts hielt er für eine Quelle von Fehlleistungen. Der Lehrer sollte nur so viel Grammatisches vermitteln, wie die Schüler zum Sprechen
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brauchen. Das grammatische Pensum war sehr eingeschränkt, präsentiert wurden nur die wichtigsten grammatischen Erscheinungen anhand von Beispielen, d. h. induktiv. Grammatische Regeln wurden erst am Ende jeder Lektion formuliert. Das Lehrbuch enthält weiterhin deutsche Sprichwörter, kurze Gespräche, Rätsel etc., die ins Tschechische übertragen werden. Übersetzungen ins Deutsche kamen erst in der dritten Klasse an die Reihe. Dies sollte die bekannten Interferenzmechanismen dämpfen. Der Schüler müsse zuerst sprechen lernen, dann ins Deutsche übersetzen. Ourˇednı´cˇek betonte die Rolle der Lesetexte im Unterricht nachdrücklich. Es wurde deshalb üblich, Lesebücher entweder als feste oder als getrennte Bestandteile der Lehrbücher zu verfassen, weil die Grammatik anhand von Lesetexten präsentiert und geübt werden sollte. In einem Band erschien das Deutsche Übungs- und Lesebuch für Bürgerschulen. Stufe III. von Arnosˇt Rˇ´ıha und Antonı´n Sla´ma (Prag 1908). Das Übungsbuch besteht aus drei Teilen, das Lesebuch bildet einen selbständigen Teil. Ein kurzer Text präsentierte grammatische Erscheinungen, die dann erklärt und anhand von Aufgaben geübt wurden. Da das Lehrbuch für Schüler der dritten Klasse der Mittelschulen bestimmt war, erschienen hier auch tschechische Fabeln und andere Kurztexte, die ins Deutsche übertragen werden sollten. Insgesamt 45 Bilder im Lehrbuch sollten zur besseren Motivation der Schüler beitragen. Die Lesebücher ermöglichten den Schülern an Mittelschulen, relativ breite Kenntnisse der deutschen Literatur zu erwerben. Ein Beispiel ist das Deutsche Lesebuch für die obersten Klassen der Mittelschulen mit böhmischer Unterrichtssprache von Anton Trnka und Karl Veselı´k (Prag 1908), in dem die ältesten literarischen Epochen (germanische, althochdeutsche und mittelhochdeutsche Zeit) diskursiv behandelt werden, die jüngeren Epochen jedoch nicht nur darstellend, sondern auch anhand von Auszügen aus literarischen Texten.
4.4. Fachwortschatz im Deutschunterricht Seit Anfang des 20. Jahrhunderts entwickelt sich ein neues Konzept, der fachsprachlich orientierte Deutschunterricht. Fachwortschatz und Korrespondenz nahmen im Unterricht an Gewerbeschulen eine bedeutende Stellung ein. Es sind vor allem spezielle Lesebücher, die den Schülern Fachwortschätze anhand von Lesetexten vermitteln wollen, z. B. das Deutsche Lesebuch für die Gewerbeschulen für Mädchen - Spezialisierung Kleider- und Wäschenähen von Janovska´-Jona´sˇova´ (ohne Vornamen; Prag 1916) oder das Handbuch der deutschen
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Sprache für tschechische Frauengewerbeschulen von Josefa Hrdinova´ und Marie Masˇnerova´ (Prag 1916). Die Texte behandeln Themen, die für die Bildung der Mädchen in der damaligen Zeit als wichtig betrachtet wurden: Weißnähen, Kleidernähen, Materialkunde und Kurzgeschichten mit moralischen Belehrungen. Die Struktur beider Werke ist sehr ähnlich. Der vierbändige deutsch-tschechische Briefsteller Wie stilisiere ich leicht und schnell … von Josef Frantisˇek Urba´nek bot viele Möglichkeiten, die Textsorte Brief zu üben; viele Briefmuster wurden allerdings von Jugendlichen sicherlich nur selten verwendet, z. B. Titulaturen: An den Kaiser von Österreich, an die Kaiserin von Österreich etc. (Urba´nek 1904: 19).
4.5. Lehrbücher für die breite Öffentlichkeit Lehrbücher für die breite Öffentlichkeit konzentrierten sich auf die praktische Erlernung der Sprache; auch auf diesem Gebiet wurde die vermittelnde Methode (vgl. 4.3.) angewandt. Zu den bekanntesten Autoren gehörte Josef Vymazal, der in den letzten zwei Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts Handbücher der Serie Leicht und schnell für 28 Sprachen verfaßte. Das Erlernen der jeweiligen Sprache erfolgt durch das Memorieren von Sätzen aus dem Alltagsleben, die nicht nur vom Lehrer vorgesagt und vom Schüler nachgesprochen, sondern auch aufgeschrieben wurden. Bereits in den 70er Jahren des 19. Jahrhunderts entstanden viele Hilfsmittel für den Erwerb des Deutschen als Zweitsprache, die sich an ein breites Publikum richteten. Die Gründe dafür sind einfach: Die deutsche Sprache war in der habsburgischen Monarchie die Sprache der Verwaltung und der Jurisdiktion, und seit der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts herrschten wieder rege Kontakte zwischen den Sprachgruppen in allen möglichen Bereichen. Als Beispiel können die Fachwörterbücher von Frantisˇek Sˇpatny´ dienen, die zwischen 1851 und 1872 erschienen (alle in Prag): Wörterbuch für Wirtschaftsbeamte, Tierärzte, Technologen, Forst- und Weidmänner, Land- und Teichwirte, Gärtner, Bau-, Maurer- und Zimmermeister, Mühlbauer, Müller und Bräuer (1851); Wörterbuch für Männer- und Damenschneider, Tuchscherer, Nähterinnen, Putzmacherinnen und Industriallehrerinnen (1861); Wörterbuch für Faßbinder (1866); Kanzlei-Wörterbuch für Beamte, insbesondere für Buchhalter, Handels- und Kaufleute, Rechnungsführer, Rentmeister, Revidenten und überhaupt für Verrechner (1868); Wörterbuch für Jäger und Jagdfreunde (1870); Wörterbuch für die Zuckerfabrikation (1872). Für die breite Öffentlichkeit waren Konversationsbücher bestimmt, z. B. das Deutsch-böhmische Konversationsbuch von J. V. Sterzinger (Prag 1911). Einzelne Kapitel enthalten kurze Wendungen und Sätze, die in der Alltagskom-
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munikation verwendet werden. Die Themen sind unterschiedlich: Das Reisen. Der gesellschaftliche Verkehr der Menschen untereinander. Das Weltall. Der Himmel und die Erde. Das Land. Die Stadt. Das Haus. Die Wohnung. Die Familie. Der menschliche Körper. Bürgerliche Gesellschaft und Berufsarten. Dieses Buch wurde als Zusatzmaterial auch den Schülern an Mittelschulen empfohlen.
5. Zusammenfassung In dem gemeinsamen Projekt der Universitäten Bamberg und Olmütz Deutschlernen in den böhmischen Ländern vom 15. Jahrhundert bis 1918: eine teilkommentierte Bibliographie wurden im Olmützer Teilprojekt ca. 430 Lehrbücher analysiert, die von 1750 bis 1918 von Deutschlehrern und Schülern an tschechischen Schulen oder von Autodidakten benutzt wurden. Die Ergebnisse der Untersuchung bestätigen, daß das Spektrum dieser Lehrbücher sehr breit war. Es erschienen Lehrbücher, die an die alte Tradition des Konversationsbüchleins anknüpfen. Neben rein grammatisch orientierten Schulbüchern gab es Lehrbücher, die einen Mittelweg zwischen der grammatischen und der direkten Methode darstellten - Lehrbücher, die nach der vermittelnden Methode verfaßt wurden. Auch dieser Typ knüpfte an Traditionen an - vor allem an Comenius’ Vorstellungen vom Fremdsprachenunterricht, die noch heute aktuell sind. Lehrbücher dieser Art stellen um 1900 den Höhepunkt des Deutschunterrichts in den böhmischen Ländern dar und zeigen zusammen mit verschiedenen Konversationsbüchern und speziellen Lesebüchern, daß dem Unterricht des Deutschen als Fremd- und Zweitsprache im untersuchten Zeitraum große Aufmerksamkeit gewidmet wurde und daß der Deutschunterricht in den böhmischen Ländern auf hohem Niveau stand.
Vibeke Winge, Kopenhagen
Wann wurde Deutsch eine Fremdsprache? Die Anfänge des Deutschunterrichts in Dänemark. Man könnte sich vorstellen, daß eine Geschichte des Deutschen in Dänemark zugleich die Geschichte des Deutschen als Fremdsprache in Dänemark darstellen würde. Das ist aber nur beschränkt der Fall. Denn das Deutsche war bis ins 19. Jahrhundert keine Fremdsprache, sondern eine von mehreren Sprachen in einer multikulturellen und mehrsprachigen Gesellschaft. Im 19. Jahrhundert wurde Dänemark (als eine Folge von mehreren politischen Fehlgriffen) der Inbegriff eines Nationalstaats, und vielen Dänen ist die multikulturelle Vergangenheit ihres Landes unbekannt, nicht zuletzt deshalb, weil die Schulbücher das ganze 19. Jahrhundert hindurch und sogar noch bis zum Ende des 20. Jahrhunderts diese Tatsache verschwiegen haben. Der sogenannte dänische Gesamtstaat umfaßte seit der Mitte des 17. Jahrhunderts Dänemark, Norwegen und die beiden Herzogtümer Schleswig und Holstein, außerdem Island, Grönland und einige kleine Inseln im Atlantik und in der Karibik. In dieser ehemals multikulturellen Gesellschaft wurden neben dem Dänischen von großen Gruppen der Gesellschaft Norwegisch, Niederdeutsch und Hochdeutsch gesprochen, Deutsch sowohl von den Bürgern der Monarchie aus Schleswig und Holstein als auch von Zugewanderten, zunächst aus Norddeutschland, seit der Reformation zunehmend auch aus Mitteldeutschland. In kleineren Bevölkerungsgruppen, meist unter Religionsflüchtlingen, waren auch Niederländisch und Französisch zu hören. In welchem Umfang wurde in dieser Gesellschaft Sprachunterricht erteilt, und welche Sprachen wurden gelehrt? Die in Dänemark präsenten nicht-skandinavischen Sprachen lassen sich folgendermaßen chronologisch auflisten: Latein, Niederdeutsch, Hochdeutsch, Niederländisch, Französisch und schließlich (nach dem hier zu behandelnden Zeitraum) Englisch. Sprachunterricht ist wie in ganz Europa zunächst gleich Lateinunterricht. Das Lateinische wurde in Dänemark durch die christliche Mission im 9. Jahrhundert verbreitet und hielt sich bis in die Neuzeit als Gelehrtensprache.
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Leute aus verschiedenen Nationalitäten im Dienste der Kirche brachten diese Sprache mit. Ihre Benutzer waren die Gelehrten, und vermittelt wurde die Sprache durch das Bildungswesen, von den Klosterschulen bis zur Universität. Die Hansekaufleute brachten im 13. Jahrhundert das Niederdeutsche nach Dänemark. Diese Sprache hatte sich im ganzen Ostseeraum als Verkehrssprache durchgesetzt. Zu den Kaufleuten gesellten sich Handwerker, und auch in fürstlichen Kreisen mischten sich Niederdeutsch und Dänisch. Die Sprache wurde von den Zugezogenen auf dänischem Boden weiterhin gebraucht, und aus den Quellen geht hervor, daß auch die Einheimischen das Niederdeutsche passiv und vielfach auch aktiv beherrschten. Festgelegte eigene Domänen hatte das Niederdeutsche nicht, es dominierte jedoch bereits als Sprache des Militärs, eine Praxis, die sich im Zusammenhang mit dem Gebrauch von Söldnerheeren aus unterschiedlichen Ländern, in denen es als Lingua franca diente, etabliert hatte. Nachdem Latein nicht mehr die einzige Verwaltungssprache war, diente Niederdeutsch gleichberechtigt mit dem Dänischen nach einem funktionalen Prinzip als Urkundensprache. Niederdeutsche Urkunden auf dänischem Boden sind seit dem Anfang des 14. Jahrhunderts überliefert. Die Schreiber waren Geistliche, die ihre Ausbildung in Klosterschulen bekommen hatten. Im Alltag haben sich die Deutschen und die Skandinavier durch Semikommunikation verständigt. Material für Sprachunterricht mit dem Zweck, den Einheimischen Niederdeutsch beizubringen, ähnlich wie die aus dem östlichen Ostseeraum bekannten Gesprächsbücher, ist nicht überliefert. Die deutschen Kreise haben im Privatunterricht oder in kleinen städtischen Schulen sicher niederdeutsche Texte gelesen, die Sprache des höheren Bildungswesens war zu diesem Zeitpunkt aber noch ausschließlich Latein. Das Hochdeutsche dominierte zwischen 1550 und 1900. Es wurde verwendet von Adeligen, Kaufleuten, Handwerkern und Geistlichen, d. h. in allen Sozialschichten bis auf die Bauern. Im Zusammenhang mit der Reformation und den neuen Kontakten zu den protestantischen Gebieten Deutschlands verstärkte sich die Einwanderung aus dem (ost)mitteldeutschen Raum. Das Hochdeutsche wurde, wie früher das Niederdeutsche, eine Alternative zum Dänischen in allen Bereichen nach dem Prinzip der Funktionalität. Eine Domäne eroberte das Hochdeutsche ganz für sich: es wurde die offizielle Kommandosprache in der Armee, die weiterhin größtenteils ein Söldnerheer war, während die Marine, die ihre Leute aus Dänemark und Norwegen holte, das Dänische als Kommandosprache hatte. Die zugezogenen Deutschen blieben bei ihrem Hochdeutsch. Kinder reicher Leute bekamen gelegentlich Sprachunterricht (neben Latein auch
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Deutsch) durch Informatoren, Kinder von weniger prominenten Leuten wurden in kleineren städtischen Schulen unterrichtet. Zahlreiche Reiseberichte belegen, daß die Dänen in den Städten im allgemeinen auch ohne Unterricht das Deutsche passiv und vielfach auch aktiv beherrschten. Die ersten überlieferten Belege dafür, daß Dänen aus Karrieregründen Deutschunterricht bekommen haben, stammen aus dieser Zeit. Das Niederländische war vor allem im 16. und 17. Jahrhundert unter Kaufleuten und Seeleuten zu hören. Eigene Domänen hatte es nicht. Von den Einheimischen wurde das Niederländische dem Niederdeutschen gleichgestellt und vielfach auch als tysk ,deutsch‘ bezeichnet. Das Französische hatte im 17. Jahrhundert den größten Einfluß, teils vermittelt durch die oberen Schichten, die hier wie in Deutschland für die Kultur der europäischen Großmacht schwärmten, teils durch Hugenotten-Flüchtlinge. Auch wenn diese Sprache gelegentlich am Hof und in den adeligen Kreisen gesprochen und geschrieben wurde, hat sie in Dänemark nie eine ähnliche Rolle gespielt wie das Deutsche. Über den Lateinunterricht sind wir gut informiert. Was sich aber in den kleinen städtischen Schulen und den sogenannten Schreibschulen abspielte, ist hauptsächlich durch die Berichte von Pastoren belegt. Der Unterricht bestand darin, daß der Lehrer Texte vorlas, die dann von den Schülern nachgesprochen wurden. Lesen und Abschreiben wurden fleißig geübt. Einige Blätter, die den Kindern von deutschen Kaufleuten oder Handwerkern als erste Lesehilfe gedient haben könnten, sind (in miserablem Zustand) in der Königlichen Bibliothek in Kopenhagen erhalten. Es handelt sich um ein ABC in niederdeutscher Sprache. „Tydtlich dwanck / Arbeidt vnd lehr / Bringt de Kinder tho groter ehr“ heißt es auf der Titelseite. Es folgt eine Auflistung der Vokale: „De Ludt Bockstauen“, und der Konsonanten: „De stummen Bockstauen“. Als Leseübungen dienen Bibelzitate und Gebete. Das kleine Buch ist 1591 in Kopenhagen gedruckt worden „Vnd findt man se dar tho kope“. In welchem Kontext dieses ABC entstanden ist, ist nicht bekannt. Es ist jedoch auf keinen Fall für den Fremdsprachenunterricht gedacht. Zur Zeit der Reformation wurden in den dänischen Städten vier bis fünf Sprachen gesprochen: Dänisch, Norwegisch, Niederdeutsch, Niederländisch und Hochdeutsch. Geschrieben wurden (neben Latein) nur Dänisch und Hochdeutsch. Die norwegische Schriftsprache war mit der Reformation durch die dänische ersetzt worden, und die niederdeutsche Sprache hatte mit dem Untergang der Hanse ihren früheren Status verloren. Solange die Liebe zum König das Wichtigste war und nationale Identität und Vaterlandsliebe unbekannte Größen, solange bestand im dänischen Gesamtstaat wenig Zusammenhang zwischen Sprache und Nationalität. Vor
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Abb. 12: ABC Kopenhagen 1591. Det kongelige Bibliotek Køpenhagen, LN 302a.
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dem Hintergrund der hier skizzierten multilingualen Gesellschaft ist es im Falle Dänemarks problematisch, bei der Darstellung der Sprachverhältnisse im Mittelalter und in der frühen Neuzeit mit Begriffen wie Nationalsprache und Fremdsprache zu arbeiten. Heutzutage erlernt man eine Fremdsprache, um Land und Leute und die Kultur des betreffenden Sprachraumes kennenzulernen. Der Gebrauch einer bestimmten Sprache wurde in der damaligen Gesellschaft nicht von einem solchen Wunsch gesteuert, auch nicht von der Nationalität des Sprechers bestimmt, sondern von dessen gesellschaftlicher Position. So waren für eine geistliche Karriere, auch nach der Reformation, Lateinkenntnisse erforderlich, ebenso für eine wissenschaftliche Karriere und für die internationale Verbreitung der Schriften eines Wissenschaftlers. Für die Gebildeten war Latein weiterhin Lingua franca. Für eine Karriere als Diplomat waren Latein, Französisch oder Italienisch erforderlich. Diese Sprachen haben meist junge Adelige durch Unterricht und Praxis erworben. Die Erlernung war jedoch nicht immer eine Garantie für die reibungslose Kommunikation innerhalb der internationalen Szene: Ein österreichischer Gesandter beschwerte sich 1516, daß ein Pfarrer aus Kopenhagen sein „oberländisch“ Latein nicht verstanden habe. Die Aussprache des Pfarrers wird sicher durch seine dänische (evtl. niederdeutsche) Herkunft geprägt gewesen sein, und so hat er das süddeutsch gefärbte Latein des Gesandten nicht verstanden (Allen 1865, 2: 308). Ein englischer Gesandter übermittelte um 1600 König Christian IV. eine mündliche Botschaft in lateinischer Sprache, aber aufgrund der „dänischen“ Aussprache verstand er die Antwort der dänischen Seite nicht. Man bot ihm eine schriftliche deutsche Fassung der Antwort an. Da er dieser Sprache nicht mächtig war, blieb die Mission erfolglos (Becker 1843: 21). Die Motivation für die Erlernung einer anderen Sprache war in dieser Gesellschaft vielfach karrierebedingt. Kenntnisse einer fremden Sprache ermöglichten u. U. den sozialen Aufstieg. Wie aus meinen Ausführungen hervorgegangen sein dürfte, ist das Deutsche im Königreich Dänemark viele Jahrhunderte lang nicht als eine Fremdsprache zu bezeichnen. Das Deutsche war im Alltag genauso präsent wie das Dänische, hatte sogar, da es in der Oberschicht verhältnismäßig stärker vertreten war, in manchen Kreisen mehr Prestige. Es ist anzunehmen, daß Prestige und Karrieremöglichkeiten junge Dänen dazu veranlaßt haben, sich um eine perfekte Beherrschung dieser Sprache zu bemühen, und sie nicht nur durch das Ohr zu lernen. Frühe Belege für Deutschunterricht sind allerdings spärlich. Zwei Sorten von Quellen stehen uns zur Verfügung, erstens die metasprachlichen Belege aus Reiseberichten, Briefen und Tagebüchern, die bezeu-
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gen, daß Sprachunterricht erteilt wurde, und zweitens überliefertes Unterrichtsmaterial, Lesebücher und Grammatiken, allerdings vor dem 17. Jahrhundert praktisch nur für den Lateinunterricht. Erst seit dem 17. Jahrhundert werden auch die modernen Fremdsprachen in Dänemark Lerngegenstände. Die metasprachlichen Belege können uns über den Anlaß für den Unterricht, über die Motivation dafür und in einigen Fällen auch über das verwendete Lehrmaterial Auskunft geben. Der Anlaß kann eine Bildungsreise sein: 1557 schreibt der Hofmeister eines jungen dänischen Adeligen während eines Aufenthalts in Leipzig an dessen Vater: „Ich hab ihn dahin gebracht, daß er zu einem meister geht, ein tag in 2 stundt, damit er Deutsch schreiben sol, das tut er“ (Marquard 1929 - 41,1: 396). Der Unterricht soll die Lektüre von (besonders erbaulichen) Texten in deutscher Sprache ermöglichen: Die Töchter eines Adeligen sollten (1650) „Zu heylsamer Erkantnüs Gottes .. die heilige Bibell des Morgens vber Teutsch, vndt des Abends zum Abendgebeth dänisch“ mit ihrem deutschen Hauslehrer lesen (Andersen 1971: 131). Daß die Motivation der Schüler nicht immer den Erwartungen des Vaters entsprach, belegt ein Brief eines dänischen Adeligen Christen Skeel an seine Töchter (1653): „Die deutsche Sprache, die Ihr entgegen meinem Wunsch vernachlässigt habt, sollt Ihr üben, daß die Kosten, die damit verbunden waren, seit Eurer frühesten Kindheit für Euch einen deutschen Schulmeister zu haben, nicht zwecklos gewesen“ (Andersen 1971: 138, meine Übersetzung). 1623 wollte der König die teuren und oft gesundheitsgefährdenden Bildungsreisen beschränken und gründete eine Ritterakademie in Sorø südlich von Kopenhagen. Unterrichtsfächer waren Religion, Geschichte, Staatswissenschaft, Mathematik - mit einem prominenten Lehrer, Johannes Lauremberg, dem Verfasser der Vier Scherzgedichte (1652) -, Philosophie, klassische und moderne Sprachen: Französisch, Italienisch und Deutsch. Für den Französischunterricht entstanden neue Lehrbücher, verfaßt von dem in Dänemark lebenden Franzosen Daniel Matras, und zwar mit Deutsch als Referenzsprache, z. B.: Brevis grammatica gallica et italica. Oder eine kurtze Frantzösische unnd Italienische Grammatica, ausz den allerbesten, die biszher gedruckt worden, zusammen getragen, und auffs new übersehen und verbessert. Welches Lehrmaterial für den Deutschunterricht verwendet wurde, ist leider nicht bekannt. Bei den engen deutsch-dänischen Beziehungen ist es nicht auszuschließen, daß ein Exemplar der Grammatik von Schottelius bereits den Weg nach Dänemark gefunden haben könnte. Die erste Grammatik des Deutschen in dänischer Sprache ist eine Übersetzung (1696) der auf Lateinisch verfaßten Grammatik des Deutschen von
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Johannes Clajus (1578). Der dänische Übersetzer erklärt in der Vorrede, warum seiner Meinung nach ein Bedarf an deutschen Grammatiken für Dänen besteht. Seine Landsleute müßten mit oder ohne Sprachmeister die deutsche Sprache reden und schreiben können, „was einem jeden Laien, der die lateinische Sprache nicht versteht, besonders notwendig ist, und das besonders aufgrund des ständigen Handels und Verkehrs und weil unser König selbst über einige deutsche Provinzen herrscht“. Daß eine Grammatik des Deutschen mit Latein als Referenzsprache sich nicht ohne weiteres für ein dänisches Publikum eignet, darüber reflektiert der Übersetzer nicht. An einigen Stellen hat er jedoch stillschweigend den Text auf den dänischen Leser eingerichtet und auch die Hinweise auf griechische und hebräische Formen beschränkt. Das 17. Jahrhundert ist in Deutschland die Zeit der Sprachgesellschaften, und nach deutschem Vorbild entstand in Dänemark unter der Bezeichnung Sprachpatriotismus eine ähnliche Bewegung. Dänische Gelehrte, die vielfach Latein schrieben, kämpften für die Aufwertung der Muttersprache, zunächst gegen den Einfluß der Gelehrtensprachen, Latein und Griechisch. Die Ideen der Patrioten wurden im 18. Jahrhundert von jungen Intellektuellen aufgegriffen, die sich für das nationalsprachliche Denken und eine national bedingte Ausgrenzung bestimmter Sprachen einsetzten. Nach der Clajus-Grammatik erschienen jetzt in rascher Folge Grammatiken des Deutschen und Lesebücher für Dänen, aber auch Grammatiken des Dänischen für Deutsche, die Dänisch lernen wollten. Die ersten Ansätze zu Wörterbüchern stammen aus dem 17. Jahrhundert, es sind aber meist handschriftlich überlieferte unvollendete Entwürfe von Wortlisten. Auch die Lesebücher enthalten oft Glossare. Das erste vollständige gedruckte deutschdänische Wörterbuch erschien erst 1764. Als Verfasser von Grammatiken und Lesebüchern begegnet uns eine bunte Mischung aus Lehrern, Theologen, gescheiterten Studenten, Handwerkern und Soldaten, die als Sprachmeister ihr Brot verdienten. Wie im Falle der Clajus-Grammatik sind die Einleitungen aufschlußreich in bezug auf Zielsetzung des Verfassers und das zu erwartende Publikum. So verspricht Johannes Schaller (1716) durch gründliche Regeln und deutliche Beispiele sowohl auf Deutsch als auch auf Dänisch die schöne, nützliche und notwendige deutsche Sprache darzustellen und zu erklären, damit der Lernende auch ohne Sprachmeister diese verstehen, reden und schreiben lerne. Wer das Deklinieren, Konjugieren sowie andere grammatikalische Mittel und Kunstgriffe nicht gelernt habe, werde es mit dieser Grammatik in einem Monat schaffen. Ein häufig wiederkehrender Punkt im Vorwort ist die Klage über die Mischsprache, die in Kopenhagen verbreitet gewesen sein muß. Das Mitein-
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anderleben der Deutschen - nicht nur der Einwanderer, sondern auch der ,Dänen‘ aus den deutschsprachigen Herzogtümern - und Dänen habe den Sinn für korrekte Sprache verdorben. Auch die vielen Sprachlehrer ohne philologische Ausbildung (Militärs und Handwerker) werden dazu beigetragen haben. Die Grammatiken des 18. Jahrhunderts sind nach dem Muster der lateinischen Grammatiken aufgebaut. Für einen methodisch fundierten kontrastiven Ansatz war es immer noch zu früh. Hie und da zeigen jedoch verstreute Bemerkungen, daß der eine oder andere sich zu den spezifischen Unterschieden zwischen Deutsch und Dänisch Gedanken gemacht hat. Bei Basedow (1759) heißt es im Vorwort: „meine Absicht war, solche Regeln zu geben, wornach man die Übereinstimmung und Verschiedenheit mehrerer Sprachen am besten bemerken kann“. Bei Ekkard (1797) werden Eigentümlichkeiten in der Aussprache angesprochen: Die Niedersachsen haben den bösen Fehler, im Hochdeutschen das sch nicht auszusprechen, wo sie es in ihrer eigenen Sprache nicht haben. Die Dänen lernen meistens diesen Fehler von den Holsteinern und unsere Kinder werden nicht zeitig genug gewöhnt, das sch vor Mitlauten auszusprechen.
Die Texte in den Lesebüchern stammen bis Ende des 18. Jahrhunderts weiterhin aus religiösen erbaulichen Texten, häufig aus den Katechismen. Seit dem Ende des 18. Jahrhunderts, als die Stärkung der nationalen Identität eine politische Angelegenheit wurde, sind diese vielfach durch erbauliche Texte über Vaterlandsliebe ersetzt worden. Wie oben erwähnt war die einzige Domäne, die Deutsch für sich allein beanspruchte, die Sprache des Militärs. Überliefertes Unterrichtsmaterial aus den Militärschulen belegt, daß man hier fleißig die Deklinationen geübt und Diktate geschrieben hat. Als Grundlage für die Grammatikübungen und Lesestücke dienten altbekannte Texte über Gott, König und Vaterland.
Zusammenfassung Deutsch und Dänisch waren formal gleichberechtigte Sprachen im Königreich Dänemark. Es gab keine Verordnungen für die gesamte Monarchie über die Verteilung der beiden Sprachen, nur vereinzelt hatte man Verordnungen über die Zahl der deutschen bzw. dänischen Schreiber in einer Kanzlei. Der Gebrauch der beiden Sprachen war funktional bedingt. Deutsch war also keine Fremdsprache. In den oberen Schichten war sie prozentual besser vertreten. Außerhalb der Städte war sie aber praktisch nur in den Herzogtü-
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mern zu hören. Die deutschen Kreise hatten ihre eigenen Einrichtungen, Kirchen und Schulen, und sie lasen Bücher, Zeitungen und Zeitschriften, die in Kopenhagen gedruckt wurden, in ihrer eigenen Sprache. Mit dem Übergang zur Muttersprache in der Kirche nach der Reformation wurde die Mehrsprachigkeit evident, mit den Sprachpatrioten wurde die dänische Muttersprache aufgewertet, aber erst mit der Entwicklung einer nationalen Identität bei den Dänen wurde die deutsche Sprache, die in den oberen Schichten besser vertreten war, unbeliebt. Die Grammatiken des 18. Jahrhunderts haben als Hauptziel, die dänisch-deutsche Mischsprache zu bekämpfen, sind aber keine echten Fremdsprachengrammatiken. Die Sprachenfrage wurde nach dem Sturz des königlichen Leibarztes Struensee, der 1770-72 die Macht ergriffen hatte, ein Politikum. Deutsch wurde nur noch in Angelegenheiten der Herzogtümer erlaubt, die deutsche Kommandosprache 1773 verboten. Mit dem Indigenatsrecht 1776 wurden nur diejenigen, die innerhalb der Monarchie geboren waren, zu den Ämtern zugelassen. Die deutsche Sprache wurde zurückgedrängt, die Deutschen wurden nicht mehr ins Land gelassen, und mit dem nationalen Purismus versuchte man im 19. Jahrhundert auch die Spuren des langjährigen Kontakts aus der dänischen Sprache zu eliminieren, die „deutschen Rekruten in dänischer Uniform“, wie sie ein eifriger Purist genannt hat. Damit erst ist das Deutsche definitiv eine Fremdsprache geworden.
Helmut Glück, Bamberg
Mittelalterliche Zeugnisse für den Erwerb des Deutschen als Fremdsprache 1. Einleitung Erstaunlich wenig hat sich die Mediävistik bisher mit der Frage befaßt, ob, in welchem Umfang und wie im Mittelalter Volkssprachen als Fremdsprachen gelernt worden sind. Es scheint, als habe das übermächtige Latein - über dessen Bedeutung für das Mittelalter kein Wort zu verlieren ist - den Blick dafür verstellt, daß das der Fall war. Die Literatur zu diesem Punkt ist nämlich schmal. Es gab bisher keine monographische Darstellung, sieht man ab von den entsprechenden Kapiteln in Paul Le´vys Buch La langue Allemande en France. Pe´ne´tration et diffusion des origines a` nos jours. Vol. 1: Des origines a` 1830 von 1950 und den auf Deutschland bezogenen Abschnitten in La didactique des langues. Pre´cis d Histoire, I : 1450-1700 von Jean Antoine Caravolas (1994) 1. Entsprechende Darstellungen für andere Kontakträume fehlen. Die Aufsatzliteratur zu unserem Thema ist gut überschaubar. Das mag daran liegen, daß der Erwerb von Volkssprachen im Mittelalter und in der frühen Neuzeit gegenüber dem Erwerb des Lateinischen mit einer Ausnahme, die ich gleich nennen werde, niedrig bewertet wurde: wer Latein konnte, hat sich mit dem Lernen von Volkssprachen nicht freiwillig belastet. Diese Ausnahme sind das Französische bzw. das ProvencX alische im Hochmittelalter. Die mittelhochdeutsche Literatur ist stark von französischen bzw. provencX alischen Vorbildern beeinflußt worden, ebenso die mittelniederländische und die mittelniederdeutsche Literatur. Daraus muß man schließen, daß in den sozialen Gruppen, die diese Literatur geschaffen und verbreitet haben, Kenntnisse des Französischen nicht ganz selten waren. Im Hochmittelalter konnten Teile des Adels Französisch und ProvencX alisch, nicht zuletzt Frauen. Daraus aber zu schließen, das Französische sei im 12. und 13. Jahrhundert 1 Mein Buch Deutsch als Fremdsprache in Europa vom Mittelalter bis zur Barockzeit war zum Zeitpunkt des Symposiums noch nicht erschienen.
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die „mittelalterliche Verkehrssprache in Deutschland“ (Kuhfuß 1976: 325) gewesen, ist völlig übertrieben. Auch für das Spätmittelalter ist diese Behauptung falsch. Dafür ein Beispiel: 1454 ging in Frankfurt am Main, das damals die führende Messestadt des Reichs war, ein Brief aus Metz ein, „und nyemand konde den brieff gelesen“, weil er auf französisch geschrieben war (Ammann 1936: 75). Es gab im deutschen Sprachraum im Hoch- und Spätmittelalter Menschen, die Französisch bzw. ProvencX alisch konnten, aber sehr viele sind es nicht gewesen. Zunächst aber eine terminologische Klärung. Was ist gemeint mit Deutsch und Deutsch als Fremdsprache, wenn von ,mittelalterlichen Zeugnissen für den Erwerb des Deutschen als Fremdsprache‘ die Rede sein soll? Die Antwort ist einfach: Mit Deutsch ist das Deutsche auf der jeweiligen Stufe seiner Sprachentwicklung gemeint. Im 9. Jahrhundert ist das das Althochdeutsche, im 12. Jahrhundert das Mittelhochdeutsche, im 15. Jahrhundert das Frühneuhochdeutsche. Spräche ich in diesem Beitrag auch über das Niederdeutsche - was ich nicht beabsichtige - so wären entsprechende Erklärungen zu seinen älteren Sprachstufen und zu seinem Verhältnis zum Niederländischen und zu den nordischen Sprachen erforderlich. Das Deutsche war in seinen älteren Sprachstufen weitgehend unnormiert. Erst seit dem 16. Jahrhundert hat sich ein neuhochdeutscher Standard herausgebildet. Man müßte - und man kann das selbstredend - für die älteren Sprachstufen angeben, welche Art von Deutsch im Einzelfall gemeint ist, z. B. bairisch-ostschwäbische Mischvarietäten in den oberitalienischen Sprachbüchern des 15. Jahrhunderts oder das Schlesische, Bairische oder das Ostfränkische in tschechischen Sprachbüchern des 16. Jahrhunderts. All das ist gemeint, wenn hier von Deutsch als Fremdsprache die Rede ist (Näheres dazu in Glück 2002: 24-37). Warum belehre ich Sie über so Selbstverständliches? Der HSK-Band zur Kontaktlinguistik ist im vergangenen Jahr erschienen. Er enthält ein Kapitel, das der Geschichte des Fremdsprachenlernens gewidmet ist. Einige der Artikel in diesem Kapitel sind für das Thema dieses Symposions höchst wertvoll, etwa der Artikel von Alda Rossebastiano. Für andere Artikel dort gilt das nicht. Zu ihnen gehört der Artikel, der der Geschichte des Deutschen als Fremdsprache hätte gewidmet sein müssen. Er stammt von Claus Ahlzweig und Otto Ludwig (1997). Weil das Deutsche erst um 1800 als Standardsprache voll ausgebaut war, so schreiben sie, kann es vorher gar keinen ,richtigen‘ Deutschunterricht gegeben haben. Das ist, um es milde zu sagen, anachronistisch: sie projizieren einen Sprachbegriff des 20. Jahrhunderts in die Vergangenheit. Das Deutsche als Fremdsprache kommt dementsprechend gar nicht vor bei ihnen. Dafür behandeln sie die altbekannte Entstehungsge-
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schichte des muttersprachlichen Unterrichts in Deutschland und die seiner Didaktik. Die Volkssprache Deutsch als Lerngegenstand steht hier zur Debatte, und diese Volkssprache ist seit 1200 Jahren auch Lerngegenstand, nicht erst seit der Weimarer Klassik. Das scheint den beiden genannten Gelehrten nicht geläufig zu sein.
2. Althochdeutsche Evidenzen Schon verschiedentlich wurden die Kasseler Glossen und die Altdeutschen oder Pariser Gespräche, zwei althochdeutsche Glossensammlungen mit rudimentären dialogischen Strukturen, als Lehrwerktexte interpretiert. 2 Beide Denkmäler bestehen aus Einzelsätzen und kurzen dialogischen Partien. Diese Texte haben recht lebensnahe Inhalte, so daß es nicht abwegig ist, sie als Vorlagen für Konversationsübungen für den Gebrauch westfränkischer Reisender im ostfränkischen Nachbarland aufzufassen. Ob sie als authentische Zeugnisse für gesprochenes Althochdeutsch gelten können, kann man bezweifeln, denn wenn sie mit lehrhaften Absichten aufgeschrieben worden sind, dann sind es Lehrwerktexte, und Lehrwerktexte sind selten authentisch. Herbert Penzl glaubte sogar zeigen zu können, daß der Verfasser der Kasseler Glossen systematisch unterschiedliche Flexionsmuster einführen wollte (Penzl 1985: 243). Auch das ist nicht abwegig. Deshalb ist der Feststellung von Martin J. Schubert zuzustimmen, „daß die althochdeutschen Gespräche ganz genau wie moderne Sprachlernsätze nicht einen repräsentativen Ausschnitt aus der Umgangssprache bieten, sondern daß die Sätze mit didaktischer Absicht ausgewählt und zusammengestellt sind“ (Schubert 1996: 65). Zwei der ältesten Zeugnisse, die in althochdeutscher Sprache überliefert sind, dürfen also als Handreichungen für den Erwerb von (rudimentären) Kenntnissen des (Althoch-) Deutschen bestimmt werden. Das halte ich nicht für erstaunlich: entlang der Sprachgrenzen sind immer die jeweiligen Nachbarsprachen gelernt worden, wenn und soweit ein praktischer Bedarf danach bestand, sich im angrenzenden Sprachgebiet verständigen zu können. Von solchen Kontaktzonen, deren Bewohner ohnehin zweisprachig aufwuchsen und lebten, sehen wir einmal ab und fragen nur danach, ob, wo und wie 2 Kasseler Gespräche, 4o Ms. theol. 24, fol. 15v, 17r-17v (aus Fulda, 9. Jh.). Von den Altdeutschen Gesprächen sind zwei Manuskripte erhalten, eines davon in Paris (Bibl. Nat. Ms. Lat. 7641, fol. 1r, 2v, 3r, 7v, 16r), weshalb der Text auch Pariser Gespräche genannt wird, das andere in Rom (Biblioteca Apostolica Vaticana Cod. Reg. lat. 566, fol. 50v); vgl. Haubrichs/Pfister 1989. Edition in Steinmeyer/Sievers 1969.
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Abb. 13: „Kasseler Glossen“. Kassel, Gesamthochschulbibliothek, Landesbibliothek und Murhardsche Bibliothek 4∞. Ms. theol. 24, f. 17v.
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Volkssprachen als Fremdsprachen erlernt wurden. Dieses Lernen erfolgte oral, durch Zuhören (und Zusehen) und Nachsprechen, in der Regel wohl auch nicht durch Instruktion, sondern ,ungesteuert‘. Schriftliche Instruktion, wie sie in den beiden Glossensammlungen überliefert ist, war der Ausnahmefall - wer lesen und schreiben konnte, konnte auch Latein, war also auf Kenntnisse anderer Volkssprachen viel weniger angewiesen (und ohnehin meist Geistlicher). Diese beiden frühmittelalterlichen Sprachführer für Reisen nach Süddeutschland sind demzufolge als sichtbare Zeugnisse einer viel stärker verbreiteten oralen Praxis einzuschätzen, die nicht überliefert ist: der Praxis, bei Bedarf Nachbarsprachen zu lernen. Über die althochdeutsche Glossenliteratur und die Frage, ob es dort weitere Kandidaten für das Genre ,Lehrwerktext‘ gibt, welches zwei Volkssprachen miteinander verbindet, sollten allerdings Berufenere als ich Auskunft geben.
3. ,Ostkolonisation‘ und sprachliche Assimilation Sprachlehrtexte aus mittelhochdeutscher Zeit gibt es viele. Sie haben das Lateinische als Zielsprache, aber kaum die Volkssprachen, und schon gar nicht das Deutsche. Wir müssen also nach anderen Quellen suchen, wenn wir wissen wollen, ob und wie Deutsch gelernt worden ist. Daß Deutsch gelernt worden ist, steht außer Zweifel, und zwar vor allem in den Gebieten, die im Laufe der Ostkolonisation vom 12. bis zum 15. Jahrhundert deutschsprachig wurden, ebenso in den Gebieten, in denen im gleichen Zeitraum deutsche Siedlungen entstanden, die sich zu Sprachinseln entwickelten. Solche im Hochmittelalter entstandenen deutschen Sprachinseln existierten bis 1939 bzw. 1945 vom Baltikum bis nach Slowenien, von Böhmen bis Siebenbürgen, von der Gottschee bis nach Galizien. Lassen Sie uns zunächst einen Blick auf diese Gebiete werfen. Seit dem 12. Jahrhundert wurden vor allem in den westslavischen Gebieten Hunderte von Städten nach deutschem Recht gegründet. Sie wurden zum großen Teil mit deutschen Handwerkern und Kaufleuten besiedelt. Manche von ihnen führten eine schon früher gegründete slavische Siedlung weiter, in manchen von ihnen gab es von Beginn an neben deutschen auch slavische Wohnviertel (z. B. Brandenburg, Rostock und Leipzig). In anderen Städten lag der slavische Kietz (slav. chyzj ,Haus, Hütte‘) oder Wiek (mnd. ,kleine Meeresbucht‘) zwischen der Stadt und der Burg des Landesherrn, der er unterstand. Die slavischen Einwohner hatten in der Anfangsphase der Stadtgründungen nach deutschem Recht gute Aussichten, als gleichberechtigte Bürger aufgenommen zu werden. Das hat ihre Assimilation an die deutsche
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Mehrheit zweifellos beschleunigt. Die Bewohner der Kietze bzw. Wieke waren allerdings keine Stadtbewohner, und folglich hatten sie einen anderen (minderen) Rechtsstatus. Im Spätmittelalter wurden Slaven, die vom Land in die Städte zogen, rechtlich diskriminiert. Vielerorts wurden sogenannte Wendengesetze erlassen und Wendenvögte eingesetzt. Seit etwa 1350 findet sich häufig ein sog. ,Wendenparagraph‘ in den Zunftordnungen, der die Slaven - und im gleichen Atemzug andere ,unehrliche‘ Bevölkerungsgruppen, z. B. unehelich Geborene - von der Aufnahme in die jeweilige Zunft ausschloß. Explizite Verbote des Slavischen sind seit dem späten 13. Jahrhundert ergangen. Magdeburg beispielsweise hat den Gebrauch des Slavischen bei Gericht im Jahre 1290 „als unnütz abgeschafft“ - in Magdeburg konnte man offenbar nur noch Deutsch (Dollinger 1981: 174). Die „wendische Gerichtssprache“ wurde in Anhalt-Köthen 1293, in Altenburg, Zwickau und Leipzig 1327 und in Meißen 1424 aufgegeben (Witte 1908: 290). Die Frage, ob es sich hierbei um eine slavenfeindliche Schikane handelte oder ganz einfach um eine Reaktion darauf, daß es keine oder nur noch sehr wenige Slaven gab, die kein Deutsch konnten, ist schwer zu beantworten. Nimmt man ersteres an, dann haben solche Maßnahmen den Germanisierungsdruck zweifellos erhöht. Kaum jemand dürfte Lust gehabt haben, rechtliche und wirtschaftliche Nachteile hinzunehmen, denen er durch sprachliche und kulturelle Anpassung entgehen konnte. Auch in den Städten Polens, des Ordenslandes, Schlesiens, (Ober-) Ungarns und der böhmischen Länder lebten während des ganzen Mittelalters große slavische Gruppen unter Assimilationsdruck. Assimilationsdruck heißt unter anderem: Druck, das Deutsche zu lernen. Mitunter findet man die Meinung, vom Beginn der deutschen Ostexpansion im 10. und 11. Jahrhundert bis zum Ende des 15. Jahrhunderts seien Verständigungsprobleme zwischen Deutschen und Elb- und Ostseeslaven durch einzelne zweisprachige Personen geregelt worden, durch Dolmetscher also (Dralle 1991: 100). Das ist unwahrscheinlich. Viel näherliegend ist die Annahme, daß in den verschiedenen Abschnitten dieses Zeitraums verschiedene soziale Schichten nacheinander die Stadien der Zweisprachigkeit und des folgenden Sprachwechsels durchlaufen haben. Die sprachliche Assimilation erfaßte zuerst solche Gruppen, die in engem und regelmäßigem Kontakt mit deutschsprachigen Neusiedlern standen. Das war im elb- und ostseeslavischen Raum zunächst der slavische Adel, der bereits während der Eroberungsphase enge Verbindungen mit dem deutschen Adel einging, und zwar durch deutsch-slavische Ehen. Im 12. Jahrhundert geriet der niedere slavische Adel, die Lokatoren und kleinen Lehensträger, unter Assimilationsdruck. Aus der Verbindung dieser Schicht mit eingewanderten deutschen Ministerialen entwickelte sich das spätere ostelbische Junkertum. Die slavischen Bauern
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gerieten im Hochmittelalter in persönliche Unfreiheit. Sie lebten oft in miserablen Verhältnissen. Wo die deutsche Hegemonialkultur hinreichend präsent war, übernahmen sie seit dem 13. Jahrhundert die Sprache und die Lebensweisen der Deutschen. Die Germanisierung der Slaven war innerhalb der Grenzen des Deutschen Reichs bis 1400 großenteils abgeschlossen. Im südlichen Ostfalen beispielsweise stammen die letzten Hinweise auf ,Wenden‘ aus der Zeit um 1400. Wo dies nicht der Fall war, zog sich die sprachliche Assimilation in die Länge - bei den Dravänopolaben im hannöverschen Wendland bis ins 18. Jahrhundert, bei den Sorben in der Lausitz bis heute. Gegen Ende des 17. Jahrhunderts war im Wendland der Sprachwechsel zum Deutschen in seine Endphase eingetreten, ganze Dörfer hatten das Slavische bereits aufgegeben. Die folgende Beschreibung stammt aus dem Jahr 1672: dadurch immer eine Sprache oder Mundart nach der anderen zu Grunde gehet. Wie dann bey uns sich viel Wenden Vandali, aufhalten / die hinter Saltzwedel im Lüneburgischen / umb Lüchau / Danneberg / etc. ganzte Dörffer und Reviren inne habe; solcher ihre Kinder (ex propria confessione & admiratione habeo) reden fast alle Teutsch / und achten ihre vernaculum wenig (J. Praetorius, Satyrus Etymologicus […], 1672, cit. nach Bischoff 1967: 89).
Zwei Generationen später konnten die Kinder kein Slavisch mehr, nur noch die Alten, und man hörte es nicht gern. Der Sprachwechsel war abgeschlossen. 1710 berichtet Christian Hennig, der seit 1679 Prediger in Wustrow gewesen war, in der Vorrede zu seinem Vocabularium Venedicum, wie sich die Situation verändert hatte: Jeziger Zeit reden hier herum nur noch einige von den Alten Wendisch, und dürffen es Kaum vor ihren Kindern und andern jungen Leüten thun, weil sie damit ausgelachet werden: Gestalt dies, die Jungen, einen solchen Eckel für ihre MutterSprache haben, daß sie sie nicht einmal hören, geschweige denn lernen mögen. Dahero unfehlbar zu vermuthen, daß innerhalb 20. zum Höchsten 30. Jahren, wenn die Alten vorbey, die Sprache auch wird vergangen seyn, und mann so dann keinen Wend mehr in seiner Sprache alhier wird zu hören kriegen, und wenn man gleich viel Geld drum geben wolte (Chr. Hennig von Jessen, Vocabularium Venedicum, 1710, cit. nach Bischoff 1967: 89 f.).
Diese beiden Quellen geben Skizzen aus der Endphase eines langen, seit Generationen ablaufenden Prozesses. Sie sind vereinzelt, und es ist wenig bekannt darüber, wie sich im Wendland und in anderen Regionen des elbund ostseeslavischen Sprachgebiets dieser Prozeß abgespielt hat. Anzunehmen ist eine gewisse Gleichförmigkeit: am Beginn stehen Zweisprachigkeit und Sprachwechsel des Adels, am Ende stehen Zweisprachigkeit und Sprach-
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wechsel bei der Landbevölkerung, den Bauern. Daß dieser Prozeß in den einzelnen Regionen unterschiedlich rasch ablief, hat mit der Intensität des Kontakts zwischen Slaven und Deutschen, mit den Verkehrswegen, mit der Entfernung zu Städten zu tun. Anders waren - im Mittelalter - die Verhältnisse in den deutschen Städten, die in slavischsprachigem Umland lagen. Sie behielten viel länger slavische Bevölkerungsteile. Wesentliche Gründe für deren Spracherhalt waren die ständische Gliederung der städtischen Bevölkerung, die sozialen Aufstieg meist effizient verhinderte, und der stetige Nachzug an slavischsprachigen Personen aus dem Umland, die man als Arbeitskräfte brauchte. Ein Beispiel dafür ist Danzig, wo noch im Spätmittelalter „ein nicht geringer Anteil von Kaschuben und Polen anzunehmen [ist], ohne daß hier genauere Angaben möglich wären.“ (Lingenberg 1998: 383). Die hier skizzierten sprachlich-kulturellen Assimilationsprozesse waren jedoch nicht einseitig: in dominant slavischen Umgebungen assimilierten sich die Deutschen ihrerseits, wovon viele Familiennamen beiderseits der heutigen Sprachgrenzen beredtes Zeugnis ablegen. Viele Slaven haben im Mittelalter Deutsch gelernt und viele Deutsche haben ihrerseits Slavisch gelernt. Wie sie das getan haben, wissen wir nicht, welche Probleme sie dabei hatten, wissen wir ebenso wenig. Schriftliche Zeugnisse, die man als Sprachlehrmaterialien verstehen könnte, sind aus dem Raum zwischen Elbe und Oder nicht überliefert, ebensowenig Zeugnisse, in denen Sprachlernprozesse beschrieben werden. Wir haben lediglich Zeugnisse, aus denen wir schließen können, daß es Verständigungsprobleme gab, daß man Menschen diskriminiert hat, weil sie die falsche Sprache hatten. Viel mehr wissen wir nicht über diese erste große DaF-Veranstaltung (vgl. für Näheres Glück 2002: 55-66).
4. Deutsch als Fremdsprache in den romanischen Ländern Der Beitrag von Alda Rossebastiano in diesem Band befaßt sich mit Sprachbüchern, die im frühen 15. Jahrhundert in Venezien entstanden sind. Sie verdanken ihre Existenz den Bedürfnissen des Fernhandels. Gab es vor dieser Zeit Menschen romanischer Muttersprache, die sich die Mühe machten, Deutsch zu lernen? Hatten die ersten rudimentären Ansätze, wie sie in den beiden kleinen althochdeutschen Glossensammlungen (2.) vorliegen, keine Nachwirkungen? Das Deutsche, soviel wissen wir, war im Mittelalter - und noch lange danach - in den romanischen Ländern nicht beliebt, es galt als hart, mißtönend und schwer, als barbarisch eben. Die Deutschen hatten
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ebenfalls einen schlechten Ruf, sie galten als streitsüchtig und versoffen. Welche Gründe konnte es geben, sich mit diesem Volk und seiner Sprache abzugeben? An zwei Beispielen möchte ich zeigen, daß es solche Gründe gegeben hat. Das Gedicht Der welhische Gast von Thomasıˆn von Zerclære (Zirclaria) ist verfaßt von einem Romanen, der das Deutsche als Fremdsprache erlernt hat. So steht das ziemlich zu Anfang des Textes, wo der Autor sich vorstellt und um die Gunst des Lesers wirbt. Ob man ihn wörtlich nehmen soll? Er bittet um Nachsicht, falls (es ihn) gebreste an der spraˆche ,(er) sprachliche Mängel aufweist‘ oder er an der tiusche missespriche ,im Deutschen Fehler macht‘. Das Gedicht ist in tadellosem Mittelhochdeutsch geschrieben. Warum sagt der Autor also so etwas? Es ist eine klassische captatio benevolentiae. Die Leistung des Autors muß in noch hellerem Licht erscheinen, wenn er die Vorstellung nährt, daß er in einer Fremdsprache poetisch leistungsfähig ist. Thomasıˆn stammt aus dem Friaul, dessen Adel deutsch- oder zweisprachig war, so daß man eher annehmen darf, daß er zweisprachig aufgewachsen ist. Seine Behauptung, er sei vil gar ein walich ,ganz und gar ein Welscher‘, sollten wir also mit Vorsicht aufnehmen, ebenso seine Warnung, daß man wirtes an mıˆner tiusche inn ,(das) an meinem Deutsch merkt‘. Thomasıˆns Auftritt als Welscher‘ ist viel eher eine Art interkulturelles Programm: Tiusche lant, enphaˆhe wol als ein guot huˆsvrouwe sol disen dıˆnen welhschen gast der dıˆn eˆre minnet vast.
Deutschland, empfange diesen deinen welschen Gast, der deinem Ruhm sehr gewogen ist, so gut, wie eine gute Hausfrau das tun soll.
der seit dir zühte mære vil ob du in gern vernemen wil.
Der singt dir viele ehrenvolle Erzählungen falls du ihn gern hören willst.
du haˆst dicke gern vernomen daz von der welhsche ist genomen daz hant bediutet tiusche liute. 3
Du hast sehr gern vernommen, was aus Welschland gekommen ist; das haben Deutsche zu erkennen gegeben.
3 Ed. Rückert 1965, v. 66-70, 87-95.
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Thomasıˆns Werk enthält auch einen frühen Beleg für das Nachdenken über die Fremdwörter im Deutschen. Obwohl er, wie wir nun wissen, welhische kan, will er doch keine welschen Worte in sein Gedicht einmischen. Tut er das, um allen zu zeigen, wie gut er Deutsch kann? Er hat nämlich nichts dagegen, wenn andere Autoren das tun: swer strıˆfelt sıˆne tiusche wol mit der welhsche sam er sol wan daˆ lernt ein tiusche man der niht welhische kann der spæhen worte harte vil […] 4
wer sein Deutsch schön streifelt mit Welschem, wie sich das gehört, nur dann lernt ein Deutscher der kein Welsch kann sehr viele feine Wörter
Er mißt dem ,Streifeln‘ des Deutschen mit Italienischem also einen zivilisatorischen Wert zu und sagt, daß sich das gehöre. Ich verzichte auf Spekulationen darüber, ob Thomasıˆn damit anspielt auf den erwähnten Umstand, daß man die Deutschen in Italien für Barbaren hielt. Seine Aufgabe, so fährt er fort, liege nicht darin, den Deutschen Italienisch beizubringen. Schließlich sei er kein Sprachlehrer: ich vürcht ob ich iuch leˆren wolde wie man welhische sprechen solde daz mıˆn arbeit wær verlorn ich haˆn einn andern sin erkorn […] 5
ich fürchte, wenn ich euch lehren wollte, wie man Welsch spricht, wäre meine Arbeit für die Katz. Ich habe mir etwas anderes vorgenommen.
Wir können dieser Passage immerhin entnehmen, daß es andere Leute gab, die genau das taten: Deutschen beizubringen, wie man welhische sprechen solde. Sonst hätte Thomasıˆn kaum so ausdrücklich gesagt, daß er genau das nicht vorhabe. Nicht sonderlich gewagt scheint mir deshalb die Annahme, daß es auch Leute gegeben hat, die im 13. Jahrhundert komplementär arbeiteten und Italienern Deutsch beibrachten. Das zweite Beispiel ist anspruchsloser. Den Hinweis darauf verdanke ich Nikolaus Ruge. Es handelt sich um kommentarlose Hinweise darauf, daß 4 Ebd. v. 33-45, cit. 39-44. 5 Ebd.; v. 47-50.
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Anderssprachige Deutsch lernen wollen. In dem Gedicht Neu Teutsch klagt ein unbekannter Verfasser im frühen 14. Jahrhundert über die Verlogenheit seiner Zeitgenossen, über verkommene Kommunikationsgepflogenheiten im Deutschen und darüber, daß die Wörter ihr Gegenteil bedeuten würden: Man redet ditz und mainet daz Der tütsch wil lernen der bedarf basz Ains guoten tolmetschen ietz denn ie 6
Man sagt dies und meint das Wer deutsch lernen will, der braucht heute mehr denn je einen guten Dolmetscher.
Anschließend führt der Verfasser aus, in welcher Unordnung die Sprache sich befindet. Es geht hier weniger ums Deutschlernen als darum, daß viel gelogen wird. Man braucht jemanden, der sich auskennt, wenn man wissen will, was wahr ist und was falsch. Leute, die Deutsch erst lernen wollen, haben es dabei natürlich besonders schwer. Das Leitmotiv der Sprachkrise des Fin de sieˇcle um 1900, die Hugo von Hofmannsthal in seinem Chandos-Brief mit hoher sprachlicher Meisterschaft thematisiert hat, klingt hier an, wenn auch noch sehr unbeholfen formuliert. Das Gedicht schließt mit einem weiteren Hinweis auf die Probleme von Personen, die diese Sprache lernen wollen: Ich sait ez in aim iar nit uz Waz man newer tütsche hat Min hertz gar in wunder stat Wie ain frömbder wälscher man Yemer tütsch gelernen kann Hie mit wil ich ez lazzen ligen Und diser red lan sin geswigen. 7
Ich könnte es in einem ganzen Jahr nicht aufzählen, wie das Neudeutsch beschaffen ist. Es ist mir ein völliges Rätsel wie ein fremder welscher Mann jemals Deutsch lernen kann. Und damit will ich die Sache auf sich beruhen lassen und diese Rede beenden.
Zwar ist es dem Verfasser rätselhaft, wie ein Italiener dieses schreckliche Neudeutsch lernen will, doch das ist nicht der springende Punkt. Wichtig ist 6 Lieder-Saal. Ed. Lassberg 1968: CCXVI, v. 1-3, 327. 7 Ebd. v. 89-95, 329.
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Helmut Glück
der Umstand, daß es Italiener gab, die genau das beabsichtigten, und daß dies, wenn schon keine alltägliche, so doch auch keine ganz ungewöhnliche Angelegenheit war. Die Vermutung, die ich oben beim Kommentieren der Passage aus dem ,wälschen Gast‘ geäußert habe, findet hier eine Bestätigung.
5. Schlußbemerkungen Drei Hypothesen, die wir in der Bamberger Arbeitsstelle für die Geschichte des Deutschen als Fremdsprache Stück für Stück überprüfen werden und am liebsten auch beweisen wollen, lauten so: 1. Deutsch wird seit dem frühen Mittelalter als Fremdsprache gelernt. Seit dem frühen Mittelalter gibt es Hilfsmittel zum Deutschlernen, spätestens seit dem 15. Jahrhundert gibt es regelrechte Lehrwerke für die Hand des Lehrers, spätestens seit dem 16. Jahrhundert gibt es schulischen Deutschunterricht und Lehrbücher für die Hand des Schülers. 2. Die frühen grammaticae minores, die für den Deutschunterricht verfaßt worden sind, hatten konzeptionellen Einfluß auf die grammaticae maiores des späten 16. und des 17. Jahrhunderts. 3. Die Autoren der Glossare, Sprachbücher und Lerngrammatiken, die seit dem frühen 15. Jahrhundert produziert wurden, hatten rekonstruierbare Vorstellungen vom grammatischen Bau des (Früh-) Neuhochdeutschen, von Zentrum und Peripherie des Lexikons und der Morphologie und schließlich von grammatischer und lexikalischer Progression im Lehrund Lernprozeß.
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Bart Rossebastiano, Alda: „Serie di proverbi in lessici italiano-tedeschi del secolo XV“. In: Giornale storico della Letteratura italiana CLIII, 1976: 549-645. Bart Rossebastiano, Alda: „Antichi vocabolari plurilingui d’uso popolare. Parte I: la tradizione del ,Solenissimo Vochabuolista‘. In: De Gulden Passer LV, 1977: 91-92. Sarmiento, Ramo´n: „Die Verbreitung des Spanischen in Deutschland im Spiegel von Sprachlehrbüchern des 16. und 17. Jahrhunderts“. In: Beiträge zur Geschichte der Sprachwissenschaft 2, 1992: 173-191. Scarpa, Emanuela: „Uno sconosciuto glossarietto italiano-tedesco“. In: Studi di Filologia Italiana XLIX, 1991: 59-74. Schalk, Karl: „Mödlinger Grundbücher“. In: Jahrbuch für Landeskunde von Niederösterreich 10, 1911. Schröder, Konrad: Linguarum Recentium Annales. Der Unterricht in den modernen europäischen Sprachen im deutschsprachigen Raum. Bd. 1. 1500-1700. Augsburg 1980. Schröder, Konrad, Biographisches und bibliographisches Lexikon der Fremdsprachenlehrer des deutschsprachigen Raumes, Spätmittelalter bis 1800. Bd. 1: Quellenverzeichnis und Buchstaben A-C. Augsburg 1987. Bd. 2: Buchstaben D-H. Augsburg 1991. Bd. 3: Buchstaben I-Q. Augsburg 1992. Bd. 4: Buchstaben R-Z. Augsburg 1995. Bd. 5: Nachträge und Ergänzungen. Buchstaben A-K, Register. Augsburg 1997. Bd. 6: Nachträge und Ergänzungen, Buchstaben L-Z, Register. Augsburg 1998. Schubert, Martin J.: „1200 Jahre Deutsch als Fremdsprache. Dumme Witze im Fremdsprachenunterricht seit den Kasseler Glossen“. In: Poetica 28, 1996: 48-65. Sˇimecˇkova´, Alena: „Zur individuellen tschechisch-deutschen Zweisprachigkeit in Böhmen. Eine Fallstudie aus dem 16. Jahrhundert (1)“. In: Acta Universitatis Carolinae, Philologica 3, 1994: 109-117. Sˇimecˇkova´, Alena: „Zur individuellen tschechisch-deutschen Zweisprachigkeit in Böhmen. Eine Fallstudie aus dem 16. Jahrhundert (2)“. In: Acta Universitatis Carolinae, Philologica 5, 1996: 93-103. Simonsfeld, Henry: Der Fondaco dei Tedeschi in Venedig und die deutsch-venezianischen Handelsbeziehungen. Stuttgart 1987. Ska´la, Emil: „Das Prager Deutsch“. In: Jahrbuch der Bayerischen Akademie der schönen Künste 5, 1991. Ska´la, Emil: „Lexikographie in Böhmen im XIII.-XIX. Jahrhundert“. In: Festschrift für Herbert Kolb. Hrsg. von Klaus Matzel und Hans Gert Roloff. Bern 1989: 692-701. Ska´la, Emil: „O prazˇske´ neˇmcˇineˇ 16. stoletı´“. In: Slovo a slovesnost 34, 1973: 215-223.
Literatur
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Verzeichnis der Autorinnen und Autoren Barbara Bruzzone M. A. ist Mitarbeiterin an der Arbeitsstelle zur Geschichte des Deutschen als Fremdsprache an der Universität Bamberg und arbeitet an dem DFG-Projekt Deutsch als Fremdsprache in der Romania vom 15. bis zum 17. Jahrhundert. Sie hat Germanistik und Anglistik in Hannover studiert (Magisterarbeit: Italianismen im Duden: Italienisches Wortgut in den Rechtschreibduden von 1932 bis 1996). Sie arbeitet zur Zeit an einer Dissertation über verbale Höflichkeits- und Anredeformen in Sprachbüchern des Mittelalters und der frühen Neuzeit. Dr. Helmut Glück leitet die Arbeitsstelle zur Geschichte des Deutschen als Fremdsprache an der Universität Bamberg. Er ist Professor für Deutsche Sprachwissenschaft und Deutsch als Fremdsprache. Studium der Germanistik und Slavistik in Tübingen und Bochum, Promotion über Die preußisch-polnische Sprachenpolitik (Hamburg 1979), Habilitation mit Schrift und Schriftlichkeit (Stuttgart 1987). Zahlreiche Aufsätze zu Wortschatz und Grammatik des Gegenwartsdeutschen, zur kontrastiven Sprachwissenschaft, zu Sprachpolitik und -planung, Herausgeber des Metzler Lexikon Sprache (Stuttgart-Weimar 22000). Soeben erschien sein Buch Das Deutsche als Fremdsprache in Europa vom Mittelalter bis zur Barockzeit (Berlin-New York 2002). Holger Klatte M. A. studierte von 1995 bis 2000 Germanistik (Sprachwissenschaft), Kommunikationswissenschaft und Politikwissenschaft an der Otto-Friedrich-Universität Bamberg. Abschluß 2000 (Magisterarbeit: Die Reste des Schwäbischen in Georgien). Seit September 2001 Mitarbeiter an der Arbeitsstelle zur Geschichte des Deutschen als Fremdsprache der Universität Bamberg. Projekte: Deutschlernen in den böhmischen Ländern - eine teilkommentierte Bibliographie (2001); Das Bild der Tschechen bei den Deutschen (2002). Sandra Miehling ist Mitarbeiterin an der Arbeitsstelle zur Geschichte des Deutschen als Fremdsprache an der Universität Bamberg. Sie hat in Regensburg Deutsch,
Verzeichnis der Autorinnen und Autoren
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Italienisch, Französisch und Deutsch als Fremdsprache studiert. Momentan ist sie an dem DFG-Projekt Deutsch als Fremdsprache in der Romania vom 15. bis zum 17. Jahrhundert beteiligt und arbeitet an einer Dissertation über die Darstellung der Geschlechter in Sprachbüchern des Mittelalters und der frühen Neuzeit. Mgr. Zdeneˇk Opava studierte Germanistik und Geschichte an der Karlsuniversität Prag. Arbeitsschwerpunkte: deutsche Sprachgeschichte, Deutsch in den böhmischen Ländern. 2001 Diplomarbeit über Ondrˇej Klatovsky´ z Dalmanhorstu und sein tschechisch-deutsches Lehrbuch „Knizka w Czieske´m a Niemeckem yazyku“. Weitere Veröffentlichungen: Die ersten gedruckten deutsch-tschechischen Lehrwerke und Vokabulare. In: Germanistika Pragensia 15, Prag 2002 (in Druck). Dr. Oskar Pausch studierte Germanistik und Psychologie in Wien, daneben Tätigkeit als Siebdrucker. 1974 Habilitation (Altgermanistik). 1969 bis 1979 Leiter der Bibliothek im Institut für österreichische Geschichtsforschung, danach bis 1997 Direktor des Österreichischen Theatermuseums. 1988-1992 Präsident der SIBMAS (Societe´ Internationale des Bibliothe`ques et des Muse´es des Arts du Spectacle). Derzeit Arbeit an zwei sprachhistorischen Projekten im Rahmen der Österreichischen Akademie der Wissenschaften. Über 150 wissenschaftliche Veröffentlichungen, seit 1996 drei Lyrikbände. Dr. Alda Rossebastiano ist Professorin für romanische Philologie an der Universität Turin. Forschungsschwerpunkte: Lexikographie des Mittelalters und der Renaissance, Dialektologie, apodemische Literatur (insbesondere Pilgerreisen ins Heilige Land und die Voyage d’outremer von Jean de Mandeville), Toponomastik, Anthroponomastik (ein Wörterbuch der italienischen Personennamen ist im Druck). Sie ist weiterhin durch eine Vielzahl bibliographische Arbeiten und durch Editionen von Sprachbüchern des 15. und 16. Jahrhundert hervorgetreten. PhDr. Alena Sˇimecˇkova´, CSc. ist Professorin am Institut für germanische Studien der Philosophischen Fakultät der Karlsuniversität Prag. Forschungsgebiete: Wortbildung der deutschen Gegenwartssprache, deutsch-tschechischer Sprachvergleich, deutsche Gegenwartssprache nach 1945, Deutsch als Fremdsprache. Wichtige Veröffentlichungen: Untersuchungen zum ,trennbaren‘ Verb im Deutschen. AUC Philolo-
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Verzeichnis der Autorinnen und Autoren
gica Pragensia. Monographia. Prag: Bd. I-2000, Bd. II-2002. O neˇmcˇineˇ pro Cˇechy/Von der deutschen Sprache für Tschechen/. Prag 1992, 1996. Bibliographie zum deutsch-tschechischen Sprachvergleich. Prag 1997. Zur Zweisprachigkeit im Böhmen des 17. Jhs. In: Sprachgeschichtliche Untersuchungen zum älteren und neueren Deutsch. Festschrift für Hans Wellmann zum 60. Geburtstag. Hg. von W. König/L. Ortner. Heidelberg 1996, S. 361-370. Kontrastive Analysen DeutschTschechisch/Slowakisch. In: Handbücher zur Sprach- und Kommunikationswissenschaft. Bd. 19.1. Hg. v. L. Götze/G. Helbig/H.-J. Krumm. Berlin 2001, 394-403. Dr. Libusˇe Spa´ˇcilova´, studierte Germanistik und Geschichte an der Philosophischen Fakultät der Palacky´-Universität Olomouc (Olmütz, Tschechische Republik). 1981 Promotion, seit 1990 Mitarbeiterin des Lehrstuhls für Germanistik der Philosophischen Fakultät Olmütz, 1999 Habilitation an der Masaryk-Universität Brünn, mit der Arbeit Das Frühneuhochdeutsche in der Olmützer Stadtkanzlei. Eine textsortengeschichtliche Untersuchung unter linguistischem Aspekt. Forschungsschwerpunkte: Geschichte der frühneuhochdeutschen Sprache in Olmütz, österreichische Sprachvarietät und die Didaktik des Deutschen als Fremdsprache. Dr. Vibeke Winge ist Professorin am Germanistischen Institut der Universität Kopenhagen. Forschungsschwerpunkte: deutsche Sprachgeschichte, insbesondere der sprachliche und kulturelle Kontakt zwischen Deutsch, Dänisch und Mittelniederdeutsch. Dazu zahlreiche Aufsätze in Zeitschriften und Sammelbänden. Hauptwerk: Deutsche Dänen - dänische Deutsche. Geschichte der deutschen Sprache in Dänemark 1300-1800 mit einem Ausblick auf das 19. Jahrhundert. Heidelberg 1992 (Habilschrift). Lexikographische Tätigkeit als Mitarbeiterin am Frühneuhochdeutschen Wörterbuch (Bd 8,1 (1997), Bd. 8,2 (im Druck)); Mitarbeiterin an den Ergänzungsbänden des Ordbog over det danske Sprog (Das Große dänische Wörterbuch) Bd. 4 (2001), Bd. 5 (in Vorbereitung).
Verzeichnis der Abbildungen Abb. 1: Domenico de Lapi, 1479. Frontispiz. Bayerische Staatsbibliothek München 4∞. Ink. c. a. 149. Abb. 2: Cod. pal. lat. 1787 der Biblioteca Apostolica Vaticana, Fol. 3r mit Federzeichnung Jan Holubarzs. Abb. 3: Cod. pal. lat. 1787 der Biblioteca Apostolica Vaticana, Fol. 3v. Widmungsblatt mit Ladislaus Postumus im Krönungsornat. Abb. 4: CVP 2368 der Österreichischen Nationalbibliothek, Fol. 24v. Beginn des Tücheralphabets. Abb. 5: CVP 2868 der Österreichischen Nationalbibliothek, Fol. 1r. Beginn des Vokabulars. Abb. 6: de Sumara´n, Juan Angel. Das Newe Sprachbuch. Sprachbuch und gründlicher Wegweiser, durch welchen man die Vollkommenheit der vier fürnembsten Sprachen, die man in Europa pflegt zu reden gar leichtlich erraichen kan: Als Teutsch, Frantzösisch, Italiänisch und Spanisch. München: In Verlegung deß Authoris. 1621. Staatsbibliothek München. Polygl. 125. Abb. 7: Kramer, Matthias. Die richtige Grund-Festen Der Teutschen Sprache; Hauptsächlich eröffnet Der Italianischen Nation Welche Da begierig seye diese herrliche Sprache zu erlernen. Ein neues / auch denen Teutschen selbst zu beyder Sprachen Befoerderung sehr ersprießliches / und mit besonderm Fleiß / Deutlichkeit und Vollkommenheit ausgearbeitetes Werck von Matthia Kramer / Sprachmeistern. Nürnberg / Gedruckt und verlegt durch Johann Andrea´ Endters Gel. Soehne / Im Jahr Christi M DC XCIV. Universitätsbibliothek Regensburg. Abb. 8: Klatovsky´, Ondrˇej z Dalmanhorstu [Andreas von Glataw/ Glatovinus], Knizˇka w Czieske´m a Niemeckem jazyku slozˇena / kterakby Czˇech Niemecky a Niemec Czˇesky cˇysti / psa´ti y mluwiti ucˇyti se miel. Ein Büchlein in Behemischer und Deutscher Sprach / wie ein Behem Deutsch / deßgleichen ein Deutscher Behemisch lesen / schreiben und reden / lernen soll. Bartholomeˇj Netolicky´ Prag 1540. Bayerische Staatsbibliothek München, L. rel. 620.
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Abb. 9: Klatovsky´, Ondrˇej z Dalmanhorstu [Andreas von Glataw/ Glatovinus], Knizˇka w Czieske´m a Niemeckem jazyku slozˇena / kterakby Czˇech Niemecky a Niemec Czˇesky cˇysti / psa´ti y mluwiti ucˇyti se miel. Ein Büchlein in Behemischer und Deutscher Sprach / wie ein Behem Deutsch / deßgleichen ein Deutscher Behemisch lesen / schreiben und reden / lernen soll. Bartholomeˇj Netolicky´ Prag 1540. Bayerische Staatsbibliothek München, L. rel. 620. Abb. 10: Heyden, Sebald: Puerilium Colloquiorum Formulae, Latina, Bohemica, Polonica, et Teutonica lingua brevissime conscriptae […]. Prag 1586. Druck von Georg Daczicenius. Herzog-August-Bibliothek Wolfenbüttel 68.3 Gram (3), f. A6, v. Abb. 11: Komensky´, Jan Amos [Comenius, Jan Amos], Janua Linguarum Reserata Aurea, Sive Seminarium Linguarum Et Scientiarum Omnium, Hoc est: Compendiosa, Latinam, Italicam, Bohemicam et Germanicam linguam una cum scientiarum artiumque omnium fundamentis, perdiscendi Methodus sub Titulis centum, Periodis mille comprehensa, a Joanne Amos Comenio. Latine composita, & ab eodem in Bohemicum, ab aliis vero in Germanicum, Italicum, Gallicum, Polonicum, Anglicum idioma translata. Editio LatinoGermanica tertia. In qua postrema Editione mutata sunt ea paucula, quae Catholicae doctrinae non satis consona & Juventuti minus apta esse videbantur. Cum Gratia & Privilegio Sacrae Caesareae Majestatis. Universitas Carolo-Ferdinandeae in Collegio Societatis Jesu ad S. Clementem, per Adalbertum Georgium Konias Factorem. Prag 1694. Wissenschaftliche Bibliothek Olmütz WBO 34.248; WBO 649.145. Abb. 12: ABC Kopenhagen 1591. Det kongelige Bibliotek Køpenhagen, LN 302a. Abb. 13: „Kasseler Glossen“. Kassel, Gesamthochschulbibliothek, Landesbibliothek und Murhardsche Bibliothek 4∞. Ms. theol. 24, f. 17v.
Namenregister Adam von Rottweil 15f. 77 Ahlzweig, Claus 114 Albertus, Laurentius 54 Albrecht II. 22 Albrecht VI. 23 Alexander dei Villadei 2 Allen, Carl Ferdinand 107 Alverus, Emanuel 83 Ammann, Hektor 114 Andersen, Birte 108 Basedow, Johann Bernhard 110 Baumgartner, Andreas 25 Becher, Johann Joachim 55 Becherer, Johann 55 Beck, Balthasar 79 Becker, P.W. 107 Behaim, Michael 25 Bellmann, Günter 67 de Berlaimont, Noe¨l 9, 19 Bierbach, Christine 44 Bischoff, Karl 119 Blusch, Martina 11 Bohatcova´, Miriam 58, 61, 68f. Bokova´, Hildegard 61-63 Bömer, Aloys 57f., 78f., 81 Brauner, Heinz 35 Bray, Laurent 47, 55 Bruzzone, Barbara XI, XV, 19, 37-45 Bühler, Karl 75 Capistran, Johannes 25 Caravolas, Jean-Antoine 80, 113 de Cillia, Rudolf 88 Clajus, Johannes XI, 41, 54, 109 Claretus von Solencia (Klaret) 22, 31, 33, 35 Codicillus von Tulechova 82 Codri, Anton 80 Colo´n, Fernando 12 Columbus, Christoph 12 Comenius, Johann Amos 89-91, 97, 101
Dobrowsky, Joseph 31 Dollinger, Philip 118 Domenico de Lapi 17f. Donatus, Aelius 80 Dralle, Lothar 118 Ebendorfer, Thomas 25 Eberhard von Be´thune 2 Eins, Wieland XV Ekkard, Frederik 110 Eleonore von Portugal 22 Erasmus von Rotterdam XIII, 78, 81 Felbiger, Johann Ignaz 87 Ferdinand I. 66 Fichtenau, Heinrich 23, 29, 30 Flajsˇhans, Vaclav 23, 31, 33 Freyberger, Andreas 55 Friedrich III. 23, 25, 30 Fuhrmann, Manfred XIII, 81, 84 Galeoti, Marco 26 Galicˇ, Pavao 19 Georg von Nürnberg 4-7, 10f., 13, 16, 40, 76 Giovanni von Capestrano 2 Giustiniani, Vito R. 16 Glück, Helmut VII, IX, XII, XIV, 2, 38, 55, 113-124 Gregorius von Lisnick 10 Günther, Jan 61f., 62 Had, Jan Kantor 80 Haidinger, Alois 21, 28f. Hamman, Johann 4 Handl, Georg 61 Hanzal, Josef 87 Harnack, Otto 22 Hartmann, Heiko XV Haubrichs, Wolfgang 115 Henne, Helmut 67, 71 Hennig von Jessen, Christian 119 Heyden, Sebald XII, 57f., 77-86 Hinderbach, Johannes von 22, 25, 30
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Namenregister
Holowers, Hanus 26 Holowersin, Margaretha 26 Holtus, Günter 6 Holubarz, Jan X, XI, 21, 23-26, 35 Horawitz, Adalbert 81 Hradecky´, Mikula´sˇ 61 Hrdinova´, Josefa 100 Hrusˇka, Jaroslav O. 87-89 Hunfeld, Hans 90 Hunyadi 25
Miehling, Sandra XI, XV, 19, 47-55 Mora´vek, Milan 67 Müller, Peter 79 Müllerova´, Olga 67
Isidor von Sevilla 1, 6, 8 Ising, Gerhard 54
Ölinger, Albertus 54 Opava, Zdeneˇk XII, XIII, 57-66, 85, 90, 97 Otto von Mosbach 14 Ourˇednı´cˇek, Edvard 89, 98f.
Jakob von Calcinia 1 Janovska´ 99 Javornicky´, Jan 97 Jellinek, Max H. 41, 80 Jernej, Josep 19 Jirecˇek, Josef 60 Johann von Mosbach 23 Jona´sˇova´ 99 Karl IV. X, 22, 32 Klatovsky´, Ondrˇej XII, 57-66, 85 Klatte, Holger XII, XV, 77-86, 97 Kosro, K. 19 Kramer, Matthias XI, 47-55, 76 Krˇesa´lkova´, Jitka 14f., 21, 23 Kuhfuß, Walter 114 Ladislaus Postumus X, 21-23, 25-27 von Lassberg, Joseph Freiherr 123 Lauremberg, Johannes 108 Leonore von Portugal 30 Le´vy, Paul 113 Lingenberg, Heinz 120 Lorenzo il Magnifico 12 Ludwig, Otto 114 Madiera, Karel Antonın 96 Magliabechi, Antonio 12 de Man, Luis 1, 6, 13 Maria Theresia 87 Marquard, E. 108 Masˇnerova´, Marie 100 Matras, Daniel 108 Matthias Corvinus 22, 26 Maximilian I. X, 21f., 27-30, 32, 35 Mechthild von der Pfalz 23 Meidinger, Johann Valentin 92f. Melantrich, Jirˇ´ı 61, 63, 66f. Mencˇ´ık, Ferdinand 21, 33
Nehring, Karl 22 Netolicky´, Bartolomeˇj 58, 61 Neuner, Gerhard 90 Newerkla, Stefan M. 87 Nigrinus, Georgius 80
Patocˇka, Frantisˇek 97 Paulus von Melk 26 Pausch, Oskar X, 4f., 7, 21-35 Pekk, Hans (Jan) 58, 85 Penzl, Herbert 115 Petreius, Johan 79 Petrin, Silvia 25 Pfister, Max 115 Piccolomini, Aeneas Silvius 22, 35 Piroz˙yn´ski, Jan XII Ploetz, Karl 95 Praetorius, J. 119 Presa, Giovanni 14 Puff, Helmut 81f., 84 Putanec, Valentin 19 Rehbock, Helmut 67, 71 Riecke, Jörg 79 Rˇ´ıha, Arnosˇt 99 Ritter, Joachim-Friedrich 55 Rossebastiano, Alda IX, X, XV, 1-19, 40, 77, 114, 120 Roth, Julius 96 Rucelaj, Nicholo 12 Rückert, Heinrich 121 Ruge, Nikolaus 122 Scarpa, Emanuela 2 Schalk, Karl 25 Schaller, Johannes 109 Schenck, Lucas 23 Schießler, Ignaz Johann 92 Schmitt, Johann E. 93 Schottelius, Justus Georg 50, 52, 54f., 108 Schröder, Konrad IX Schubert, Martin J. 115 Schulz, Alwin 30
Namenregister Schulz, Ferdinand 97 Schweikard, Wolfgang 6 Seidenstücker, Johann Heinrich 94 Sievers, Eduard 115 Sigismund von Tirol 22 Sˇimecˇkova´, Alena XII, XIII, 67-76, 90, 97 Simonsfeld, Henry 5 Singriener, Joannes 33 Ska´la, Emil 35, 62 Skeel, Christen 108 Sla´ma, Antonı´n 99 Spa´cˇilova´, Libusˇe XIII, 87-101 Sˇpatny´, Frantisˇek 100 Spitzweg, Wolfgang 29 Sˇru˚tek, Josef 97 Steinmeyer, Elias 115 Sterzinger, Josef 100 Stieler, Kaspar XI, 54f. Strakosch-Grassmann, Gustav 22 Struensee Johann Friedrich 111 Stummvoll, Josef 30 de Sumara´n, Juan Angel XI, 37-47 Thomasıˆn von Zerclære XIV, 121f. Trnka, Anton 99
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Uhlirz, Karl 26 Ulrich von Cilli 23, 25 Unrest, Jakob 26 Urba´nek, Josef Frantisˇek 100 VencX on Wylhelm (Guglielmo da Venzone) 10 Verdeyen, R. 9 Veseli´k, Karl 99 Vietor, Hieronymus 77, 79 von Veleslavi´n, Adam 61 Vopatoninus Radoch, Joannes 80 Vorovka, Karel 97 Vymazal, Josef 100 Wenzel IV. 35 Wenzlaus vom Elefanten 26 Winge, Vibeke XIV, 103-111 Witte, Hans 118 Wizˇd’a´lkova´, Bedrˇisˇka 58 Wolkan, Rudolf 31, 33, 82 Zahradnı´k, Isodor Theodor 21, 23, 25f., 30, 35