Kölner Schriften zum Medizinrecht Band 3 Reihenherausgeber Christian Katzenmeier
Christina Meurer
Außergerichtliche ...
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Kölner Schriften zum Medizinrecht Band 3 Reihenherausgeber Christian Katzenmeier
Christina Meurer
Außergerichtliche Streitbeilegung in Arzthaftungssachen unter besonderer Berücksichtigung der Arbeit der Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen bei den Ärztekammern
123
Christina Meurer Universität zu Köln Institut für Medizinrecht Albertus-Magnus-Platz 50923 Köln
ISBN 978-3-540-69215-7
e-ISBN 978-3-540-69216-4
DOI 10.1007/978-3-540-69216-4 Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. c 2008 Springer-Verlag Berlin Heidelberg Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt. Die dadurch begründeten Rechte, insbesondere die der Übersetzung, des Nachdrucks, des Vortrags, der Entnahme von Abbildungen und Tabellen, der Funksendung, der Mikroverfilmung oder der Vervielfältigung auf anderen Wegen und der Speicherung in Datenverarbeitungsanlagen, bleiben, auch bei nur auszugsweiser Verwertung, vorbehalten. Eine Vervielfältigung dieses Werkes oder von Teilen dieses Werkes ist auch im Einzelfall nur in den Grenzen der gesetzlichen Bestimmungen des Urheberrechtsgesetzes der Bundesrepublik Deutschland vom 9. September 1965 in der jeweils geltenden Fassung zulässig. Sie ist grundsätzlich vergütungspflichtig. Zuwiderhandlungen unterliegen den Strafbestimmungen des Urheberrechtsgesetzes. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften. Herstellung: le-tex publishing services oHG, Leipzig Einbandgestaltung: WMXDesign GmbH, Heidelberg Gedruckt auf säurefreiem Papier 987654321 springer.de
Meinen Eltern
Vorwort Die vorliegende Arbeit wurde im Wintersemester 2007/2008 von der Juristischen Fakultät der Universität zu Köln als Dissertation angenommen. Danken möchte ich allen, die mich durch Rat und Kritik bei der Erstellung der Arbeit unterstützt haben. Mein besonderer Dank gilt meinem Doktorvater und akademischen Lehrer Herrn Prof. Dr. Christian Katzenmeier für die Anregung des Themas, die Betreuung der Arbeit sowie deren Aufnahme in die Reihe der Kölner Schriften zum Medizinrecht. Die Arbeit entstand während meiner Zeit als wissenschaftliche Mitarbeiterin an dem von ihm geleiteten Institut für Medizinrecht der Universität zu Köln. Dank gebührt auch Herrn Prof. Dr. Hanns Prütting für die zügige Erstellung des Zweitgutachtens. Danken möchte ich zudem den Verantwortlichen der Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen, die mir bereitwillig ausführliches Datenmaterial zur Verfügung gestellt haben. Besondere Unterstützung habe ich durch Herrn Ulrich Smentkowski von der Gutachterkommission bei der Ärztekammer Nordrhein sowie durch Frau Barbara Berner aus der Rechtsabteilung der Bundesärztekammer erhalten. Ein herzlicher Dank gilt den Mitarbeitern des Instituts für Medizinrecht, die die Arbeit gelesen und kritisch kommentiert haben. Ganz besonders möchte ich mich bedanken bei meinen Eltern, meiner Schwester sowie Johannes Bongers. Ihre vielfältige Unterstützung beim Erstellen der Arbeit war mir eine wichtige Hilfe. Ihnen widme ich daher diese Arbeit.
Köln, im März 2008
Christina Meurer
Inhalt
Einleitung ...............................................................................................................1 1. Kapitel: Außergerichtliche Streitbeilegung in Arzthaftungsstreitigkeiten ..3 A. Entwicklung der Arzthaftung .............................................................................3 B. Außergerichtliche Streitbeilegung ......................................................................4 I. Vorteile außergerichtlicher Streitbeilegung in Arzthaftungsstreitigkeiten..5 1. Ökonomische Gesichtspunkte ................................................................5 2. Geringere Zugangsbarrieren ...................................................................6 3. Potential zur Konfliktlösung...................................................................9 4. Sachkunde der Entscheidungsgremien .................................................12 5. Ergebnis................................................................................................13 II. Verfahren außergerichtlicher Streitbeilegung in Arzthaftungssachen.......13 2. Kapitel: Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen .........................15 A. Entstehung ........................................................................................................16 B. Rechtsnatur .......................................................................................................17 C. Unterschiede zwischen Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen.......18 D. Personelle Besetzung der Gremien ...................................................................19 I. Unterschiede in der personellen Zusammensetzung .................................20 II. Personelle Zusammensetzung der Gutachterkommission Nordrhein........20 E. Verfahren ..........................................................................................................21 I. Verfahrensprinzipien.................................................................................21 1. Freiwilligkeit des Verfahrens ...............................................................21 a) Streitwertbedingte obligatorische Schlichtungsverfahren................22 b) Vorteile des freiwilligen Schlichtungsverfahrens ............................23 aa) Vergleichsbereitschaft der Parteien............................................23 bb) Vereinbarkeit mit verfassungsrechtlichen Grundsätzen.............23 cc) Schutz vor Überlastung der außergerichtlichen Stellen .............24 c) Ergebnis ...........................................................................................25 2. Unverbindlichkeit .................................................................................25 3. Gebührenfreiheit...................................................................................26 II. Verfahrenshindernisse...............................................................................27 III. Verfahrensablauf.......................................................................................28 1. Antrag...................................................................................................28 2. Sachprüfung und Sachverhaltsermittlung.............................................29 3. Beschlussfassung und abschließender Bescheid...................................30 4. Verfahren bei der Gutachterkommission Nordrhein.............................31 F. Verfahrensbeteiligte ..........................................................................................32 I. Patient .......................................................................................................32 II. Arzt ...........................................................................................................32 III. Beteiligung der Krankenhausträger...........................................................33
X
Inhalt
IV. Beteiligung der Haftpflichtversicherer...................................................... 34 1. Art und Umfang der Beteiligung .......................................................... 35 2. Kostenbeteiligung................................................................................. 35 3. Anerkenntnisverbot .............................................................................. 36 V. Möglichkeit einer Beteiligung der Krankenkassen ................................... 37 G. Anwaltliche Vertretung .................................................................................... 38 I. Umfang anwaltlicher Vertretung .............................................................. 39 II. Bewertung anwaltlicher Vertretung .......................................................... 40 III. Anwaltskosten........................................................................................... 40 1. Berechnung der Gebühren.................................................................... 41 a) Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VV RVG....................................... 41 b) Einigungsgebühr nach Nr. 1000 VV RVG ...................................... 42 c) Honorarvereinbarungen ................................................................... 43 2. Gebührenrechtliche Verbesserung und finanzieller Anreiz .................. 43 IV. Kostentragung........................................................................................... 44 1. Kostentragung bei einem außergerichtlichen Schlichtungsverfahren .......................................................................... 44 2. Kostentragung bei einem Ausgleich durch den Haftpflichtversicherer........................................................................... 46 3. Kostentragung bei einem sich anschließenden Gerichtsverfahren ....... 46 a) Materiell-rechtlicher Erstattungsanspruch ....................................... 47 b) Kostenfestsetzungsverfahren nach §§ 103 ff. ZPO.......................... 47 c) Ergebnis ........................................................................................... 49 3. Kapitel: Statistische Auswertung................................................................... 51 A. Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen ............................................ 51 I. Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen – bundesweit............... 51 1. Bundesweite Entwicklung .................................................................... 51 2. Bundeseinheitliche Statistik, 2006 ....................................................... 53 II. Gutachterkommission für ärztliche Behandlungsfehler bei der Ärztekammer Nordrhein ........................................................................... 57 1. Statistik................................................................................................. 58 2. Ergebnisse der Sachentscheidungen..................................................... 60 3. Verfahrensdauer ................................................................................... 61 4. Anwaltliche Vertretung ........................................................................ 63 5. Fachgebiete........................................................................................... 64 III. Entwicklung abgeschlossener Verfahren .................................................. 65 1. Evaluation der Gutachterkommission Nordrhein ................................. 65 2. Regulierung mit dem Haftpflichtversicherer ........................................ 68 3. Ergebnis................................................................................................ 69 B. Einordnung in die Gesamtstatistik der Behandlungsfehlervorwürfe ................ 70 I. Häufigkeit ärztlicher Behandlungsfehler .................................................. 70 II. Arzthaftungsprozesse vor Gericht............................................................. 72 C. Ergebnis............................................................................................................ 73
Inhalt
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4. Kapitel: Auswirkungen des Verfahrens vor den Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen auf ein gerichtliches Verfahren .................................75 A. Verjährung........................................................................................................75 I. Beginn der Verjährungsfrist......................................................................75 II. Hemmung der Verjährung.........................................................................77 1. Hemmungstatbestände..........................................................................77 2. Inhaltliche Reichweite der Hemmung ..................................................78 3. Personelle Reichweite der Hemmung...................................................79 B. Prozesskostenhilfe ............................................................................................80 C. Bedeutung des außergerichtlichen Gutachtens im gerichtlichen Prozess .........82 I. Einholung eines weiteren gerichtlichen Sachverständigengutachtens ......83 II. Präjudizialität ............................................................................................83 III. Problematik sich widersprechender Gutachten .........................................84 IV. Der Gutacher des Gütestellenverfahrens als Gutachter im Prozess ..........85 D. Güteverhandlung im Sinne des § 278 Abs. 2 ZPO ...........................................85 5. Kapitel: Bewertung der Arbeit der Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen.......................................................................................87 A. Objektivität und Neutralität der Verfahren.......................................................88 I. Objektivität der Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen...........88 1. Zweifel an der Objektivität aufgrund der Ansiedlung bei den Ärztekammern..........................................................................89 2. Zweifel an der Objektivität aufgrund der Finanzierung durch die Ärztekammern ......................................................................90 3. Ergebnis................................................................................................90 II. Objektivität der Gutachter – Kollegialitätsprinzip ....................................91 1. Objektivität medizinischer Sachverständiger .......................................91 2. Objektivität medizinischer Gutachter im Verfahren vor den ärztlichen Gütestellen ..............................................................94 a) Maßnahmen zur Sicherung der Objektivität ....................................94 aa) Statuten der Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen ..94 bb) Berufsordnung ...........................................................................97 b) Erfahrungen in der Praxis der Stellen ..............................................97 3. Ergebnis................................................................................................97 III. Qualität der Gutachten ..............................................................................98 1. Maßnahmen zur Qualitätssicherung .....................................................99 a) Vorschriften zu Aufbau und Inhalt von Gutachten ..........................99 b) Besondere Qualifikation der Gutachter..........................................100 c) Formulierung des Gutachtenauftrags und fachkundige Prüfung des Gutachtens .................................................................101 2. Ergebnis..............................................................................................102 IV. Anonymisierung des Gutachters .............................................................103 V. Ergebnis ..................................................................................................104
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Inhalt
B. Rechtsstaatlichkeit des Verfahrens: Einhaltung wesentlicher Verfahrensgarantien........................................................................................ 104 I. Spannungsfeld zwischen Formlosigkeit und Rechtsstaatlichkeit............ 104 II. Beteiligung der Parteien.......................................................................... 107 1. Mündliche Anhörung ......................................................................... 108 a) Vorteile einer mündlichen Anhörung ............................................. 108 b) Status quo....................................................................................... 110 2. Information und Beteiligung der Parteien .......................................... 111 a) Status quo ....................................................................................... 111 b) Stellungnahme................................................................................ 113 3. Widerspruchsmöglichkeit................................................................... 113 4. Eckpunkte zur Verbesserung der Verfahrensabläufe.......................... 114 C. Beteiligung von Patientenvertretern – Sicherung kollektiver Patientenrechte................................................................................................ 115 I. Qualifikation der Patientenvertreter........................................................ 116 1. Beteiligung von Laien als Patientenvertreter...................................... 116 a) Beteiligung von Laien als Patientenvertreter auf Entscheidungsebene....................................................................... 117 aa) Problem: Sachverstand der Laienvertreter ............................... 117 bb) Ablehnung seitens der Gütestellen .......................................... 118 cc) Modell Rheinland-Pfalz ........................................................... 118 b) Beteiligung von Laien als Patientenvertreter auf Verfahrensoder Beratungsebene...................................................................... 119 2. Beteiligung von Medizinern oder Juristen als Patientenvertreter ....... 120 II. Legitimation einer Beteiligung von Patientenvertretern ......................... 120 1. Legitimation durch Entsendung ......................................................... 121 2. Legitimation durch Bestellung ........................................................... 121 III. Fazit ........................................................................................................ 123 D. Vereinheitlichung der Verfahrensordnungen – Angleichung der Fehlerquoten .................................................................................................. 124 I. Vorteile und Probleme einer Vereinheitlichung...................................... 125 II. Status quo................................................................................................ 126 III. Stellungnahme ........................................................................................ 127 E. Verfahrensdauer.............................................................................................. 128 I. Durchschnittsverfahrensdauer im Vergleich zu Gerichtsverfahren ........ 128 II. Gründe einer Verfahrensverzögerung ..................................................... 130 III. Stellungnahme ........................................................................................ 131 F. Begrenzter sachlicher Prüfungsumfang .......................................................... 131 I. Aufklärungspflichtverletzung ................................................................. 131 II. Beweiserleichterungen und Beweislastumkehr....................................... 134 G. Öffentlichkeitsarbeit ....................................................................................... 135 H. Akzeptanz der Verfahren und der Voten ........................................................ 137 J. Fazit ................................................................................................................. 139
Inhalt
XIII
6. Kapitel: Qualitätssicherung..........................................................................141 A. Medizinschadensforschung: Auswertung registrierter Behandlungsfehler.....142 B. Risk-Management: Entwicklung von Fehlervermeidungsstrategien ..............143 I. Fehlervermeidung durch Öffentlichkeitsarbeit und Fortbildung.............144 II. Kooperation mit den Institutionen der ärztlichen Qualitätssicherung .....145 C. Bundesweite Fehlermeldesysteme ..................................................................146 D. Fazit ................................................................................................................148 7. Kapitel: Weitere Möglichkeiten außergerichtlicher Streitbeilegung ........149 A. Sonstige Stellen zur Unterstützung der Beilegung von Arzthaftungsstreitigkeiten...............................................................................149 I. Medizinischer Dienst der Krankenversicherung .....................................149 II. Patientenberatungsstellen........................................................................150 B. Einrichtung anbieterunabhängiger Patientenvertretungen ..............................151 C. Mediation in Arzthaftungssachen ...................................................................152 I. Besonderheiten der Arzt-Patient-Beziehung ...........................................153 II. Potential zur Konfliktbeseitigung ...........................................................155 1. Finanzieller Ausgleich als Ziel des Patienten .....................................155 a) Mangelnde Verhandlungsautonomie des Arztes – Problem der Einbeziehung des Haftpflichtversicherers .................155 b) Einvernehmliche Streitregelung nicht hinsichtlich medizinischer Fachfrage ................................................................157 c) „Waffengleichheit“ im Arzt-Patient-Verhältnis.............................158 d) Ergebnis .........................................................................................159 2. Kommunikation und Erklärung als Ziel des Patienten .......................159 III. Status Quo...............................................................................................161 IV. Ergebnis ..................................................................................................162 D. Gerichtsverbundene Streitbeilegung...............................................................164 8. Kapitel: Schlussbetrachtung.........................................................................169 A. Zusammenfassung der wesentlichen Ergebnisse ............................................169 B. Fazit ................................................................................................................172 Anhang ...............................................................................................................173 Literaturverzeichnis ..........................................................................................205
Einleitung
Die Zahl der Arzthaftungsprozesse ist in den letzten Jahrzehnten stark angestiegen. Gerichtliche Verfahren in Arzthaftungsstreitigkeiten sind für die betroffenen Parteien oftmals in besonderem Maße belastend: Für den Patienten ist ein regelmäßig lang andauernder, komplexer und undurchsichtiger Prozess kein leichter Weg zur Durchsetzung möglicher Ansprüche. Für den Arzt haben Gerichtsverfahren nicht selten eine stigmatisierende Wirkung. Gerade in dem von Vertrauen geprägten Arzt-Patient-Verhältnis werden Streitigkeiten zudem oftmals mit einer besonderen Emotionalität ausgetragen. Auf dem Gebiet des Arzthaftungsrechts wird daher verstärkt nach Alternativen zum gerichtlichen Verfahren gesucht. Diese Entwicklung lässt sich einordnen in das allgemeine Bestreben zur Stärkung alternativer außergerichtlicher Streitbeilegung: Die Möglichkeit einer Wahl zwischen unterschiedlichen Konfliktbeilegungsverfahren kann eine Bereicherung für Rechtsstaat und Gesellschaft sein.1 Zugleich soll sie in Zeiten starker Inanspruchnahme der Justiz eine Entlastung der Gerichte bewirken. Das Bewusstsein dafür zu stärken, dass erst nach Fehlschlagen aller Einigungsversuche die Durchführung eines gerichtlichen Prozesses die letzte Möglichkeit sein sollte, ist daher soziologisch wie rechtspolitisch wünschenswert.2 Inwiefern sich das Arzthaftungsrecht als komplexe Rechtsmaterie mit seinen Besonderheiten des Arzt-Patient-Verhältnisses für eine außergerichtliche Streitbeilegung eignet, ist Gegenstand der nachfolgenden Untersuchung. Den Schwerpunkt bildet dabei eine Auseinandersetzung mit der Arbeit der bei den Ärztekammern angesiedelten Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen. Diese Gütestellen existieren nunmehr seit über 30 Jahren und verzeichnen hohe Antragszahlen. Bei einer Darstellung und kritischen Würdigung der Arbeit dieser Stellen werden insbesondere neuere Entwicklungen in den Verfahrensabläufen sowie aktuelles Zahlenmaterial berücksichtigt. Dies soll eine Aussage darüber ermöglichen, ob die Verfahren der Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen eine für alle Beteiligten vorteilhafte ergänzende oder gar ersetzende Alternative zu einem Arzthaftungsprozess vor den staatlichen Gerichten darstellen können.
1
Vgl. z.B. Katzenmeier, ZZP 115 (2002), 51, 86; Hager, Konflikt und Konsens, S. 39; Hoffmann-Riem, in: FS Blankenburg, S. 649, 660. 2 Vgl. Stickelbrock, JZ 2002, 633.
1. Kapitel: Außergerichtliche Streitbeilegung in Arzthaftungsstreitigkeiten
A. Entwicklung der Arzthaftung Das Arzthaftungsrecht gewinnt immer mehr an Bedeutung und hat sich zu einem komplexen Rechtsgebiet entwickelt.3 In den letzten Jahrzehnten hat die Zahl der Arzthaftungsprozesse stetig zugenommen. Offizielle Statistiken über Arzthaftungsklagen vor den Zivilgerichten wurden lange Zeit nicht geführt.4 Erst seit wenigen Jahren werden Erledigungszahlen in Arzthaftungssachen statistisch erfasst.5 Ein gesicherter Datenbestand hinsichtlich der Entwicklung der Arzthaftungszahlen existiert daher nicht, es herrscht jedoch Einigkeit darüber, dass die Zahl der Klagen deutlich angestiegen ist.6 Die Gründe hierfür sind vielschichtig: Die Medizin unterliegt einer stetigen Weiterentwicklung und Verwissenschaftlichung, damit einher geht nicht nur eine Steigerung der Heilungschancen, sondern gleichzeitig eine Zunahme der Behandlungsrisiken. Die zunehmende Spezialisierung und Arbeitsteilung erhöhen die Gefahr von Delegationsfehlern oder Fehleinschätzungen.7 3
Ausführlich vgl. z.B. Katzenmeier, Arzthaftung; Laufs/Uhlenbruck, Handbuch des Arztrechts, §§ 97 ff.; Deutsch/Spickhoff, Medizinrecht, Kap. VI; vgl. auch die Kommentierungen in: AnwKomm/Katzenmeier, § 823 Rn. 337 ff.; Soergel/Spickhoff, Anh I § 823; Staudinger/Hager, § 823 Teil I; MüKo/Wagner, § 823 Teil K Rn. 642 ff. 4 Dies wurde immer wieder beanstandet, vgl. statt vieler Katzenmeier, Arzthaftung, S. 39; Sachverständigenrat für die konzertierte Aktion im Gesundheitswesen, Gutachten 2003 I, in: BT-Drucks. 15/530, S. 135. 5 Seit dem Berichtsjahr 2004 weist die durch das Statistische Bundesamt erstellte Zivilgerichtsstatistik die Erledigungszahl in Arzthaftungssachen aus, vgl. Statistisches Bundesamt, Fachserie 10, R 2.1, für das Berichtsjahr 2005 sind 7.860, für 2004 sind 7.659 erstinstanzliche Erledigungen verzeichnet. 6 Von einem deutlichen Anstieg spricht Katzenmeier, Arzthaftung, S. 39 ff.; von einem „sprunghaften Anstieg“ sprechen Deutsch, Medizinrecht, Rn. 124; Franzki, MedR 1994, 171, 173; von einer „Flut von Arzthaftungsentscheidungen“ oder „lawinenartigen Zunahme“ sprechen Laufs, in: Laufs/Uhlenbruck, Handbuch des Arztrechts, § 97 Rn. 1; Schlund, VersR 1994, 657, 658; Ileri, in: Laufs u.a., Entwicklung der Arzthaftung, S. 321, 322; in Bezug auf die letzen Jahre wird nur von einer leichten Zunahme ausgegangen: Hansis/Hart, Gesundheitsberichterstattung des Bundes 04/01, Medizinische Behandlungsfehler, S. 6; Krumpaszky/Sethe/Selbmann, VersR 1997, 420, 427; Pelz, DRiZ 1998, 473. Stets wird darauf hingewiesen, dass die Zahl der Arzthaftungsprozesse im Vergleich zu der Anzahl der jährlichen Behandlungen sehr gering ist, vgl. Katzenmeier, Arzthaftung, S. 43; Ulsenheimer, in: Berg/Ulsenheimer, Patientensicherheit, S. 3. 7 Ausführlich vgl. Katzenmeier, Arzthaftung, S. 12 ff.; Laufs, in: Laufs/Uhlenbruck, Handbuch des Arztrechts, § 97 Rn. 1; Spickhoff, NJW 2002, 1757, 1758; Laum, ZKM 2003, 163; Hansis/Hansis, Der ärztliche Behandlungsfehler, S. 11; Carstensen, ZVersWiss 1990, 43.
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1. Kap.: Außergerichtliche Streitbeilegung in Arzthaftungsstreitigkeiten
Der Fortschritt der Medizin und die daraus resultierenden neuen Behandlungsmöglichkeiten bedingen zudem ein verstärktes Anspruchsdenken auf Patientenseite: Bei Ausbleiben des Heilungserfolges zeigt sich der Patient immer weniger bereit, seine Krankheit als Schicksal anzunehmen, vielmehr wird häufig der Arzt verantwortlich gemacht.8 Auch ein Wandel im Arzt-Patient-Verhältnis trägt zur vermehrten Geltendmachung von Ansprüchen bei: Die Emanzipation der Patientenschaft und die damit einhergehende Entwicklung, den Arzt nicht mehr als unfehlbare Autorität anzusehen, sowie die allgemeine staatsbürgerliche Erziehung zur Konfliktbereitschaft verstärkte in den vergangenen Jahrzehnten die Bereitwilligkeit zur gerichtlichen Durchsetzung möglicher Ansprüche.9 Zudem durchlebte das einst durch besondere Nähe geprägte Verhältnis zwischen Arzt und Patient einen Wandel hin zu einem anonymeren Verhältnis. Auch dies ist Grund dafür, dass der Patient den Arzt für mögliches Fehlverhalten eher zur Verantwortung zieht.10
B. Außergerichtliche Streitbeilegung Auf dem Gebiet des Arzthaftungsrechts wird verstärkt nach Alternativen zum gerichtlichen Verfahren gesucht. Der deutliche Anstieg der Arzthaftungsprozesse und Strafanzeigen hatte bereits in den siebziger Jahren insbesondere die Ärzteschaft dazu bewogen, über Möglichkeiten außergerichtlicher Streitbeilegung nachzudenken. Bis heute werden auf diesem Rechtsgebiet ein Ausbau und eine Verbesserung alternativer Streitbeilegungsformen angestrebt. Dieses Bestreben lässt sich einordnen in eine allgemeine Diskussion: Außergerichtliche Streitbeilegung als Alternative zum Zivilprozess ist ein Dauerthema in Wissenschaft und Rechtspolitik.11 In den sechziger Jahren wurde die Diskussion durch Soziologen neu belebt und wird bis heute in der Rechtssoziologie erörtert.12 Die wissenschaftliche Diskussion wurde von Politik und Justizpraxis aufgegriffen, gerade in den 8
Vgl. Laufs, in: Laufs/Uhlenbruck, Handbuch des Arztrechts, § 97 Rn. 1; Katzenmeier, Arzthaftung, S. 25 ff.; Franzki, MedR 1994, 171, 172; Hansis/Hart, Gesundheitsberichterstattung des Bundes 04/01, Medizinische Behandlungsfehler, S. 4; Carstensen, ZVersWiss 1990, 43; Pelz, DRiZ 1998, 473. 9 Katzenmeier, Arzthaftung, S. 29; Franzki, MedR 1994, 171, 172; Bergmann, Arzthaftung, S. 2 f.; Franzki, MedR 1994, 171, 172; Bodenburg/Matthies, VersR 1982, 729. 10 Franzki, MedR 1994, 171, 172; Ulsenheimer, in: Berg/Ulsenheimer, Patientensicherheit, S. 3; Laum, Statut der Gutachterkommission Nordrhein, S. 7; ders., ZKM 2003, 163; Meyer, ZKM 2000, 123. 11 Vgl. z.B. Katzenmeier, ZZP 115 (2002), 51 ff.; Prütting, Außergerichtliche Streitschlichtung. Zu den historischen Entwicklungslinien außergerichtlicher Streitschlichtung vgl. Prütting, in: ebd., Rn. 9 ff.; Schuster, in: Blankenburg/Gottwald/Strempel, Alternativen in der Ziviljustiz, S. 189 ff.; Prütting, JZ 1985, 261 ff., stellt heraus, dass der Gegensatz von „Schlichten und Richten“ im Grunde eine uralte Fragestellung der Rechtswissenschaft ist. 12 Vgl. z.B. Röhl, Rechtssoziologie, § 53 ff.; ders., in: Röhl, Lexikon des Rechts, Rechtssoziologie, 3/20 S. 1 ff.; Rehbinder, Rechtssoziologie, § 8.
B. Außergerichtliche Streitbeilegung
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letzten Jahren ist ein verstärktes Interesse an außergerichtlichen Methoden der Streitbeilegung zu verzeichnen. Unter dem Oberbegriff „Alternative Streitbeilegung“ haben sich unterschiedliche Methoden herausgebildet und im deutschen Rechtssystem verankert.13
I. Vorteile außergerichtlicher Streitbeilegung in Arzthaftungsstreitigkeiten Ausgangspunkt der Diskussion außergerichtlicher Streitbeilegungsformen als Alternative zum Zivilprozess ist die Feststellung, dass ein gerichtliches Verfahren nicht für jede Art rechtlicher Auseinandersetzung angemessen ist. Gesucht wird nach Verfahren, die im Einzelfall Vorteile gegenüber einem gerichtlichen Prozess bieten und damit den Interessen der Parteien besser dienen. Hinsichtlich der Frage nach den Vorteilen außergerichtlicher Streitbeilegung speziell in Arzthaftungssachen sind die allgemeinen Überlegungen bezüglich ihrer Übertragbarkeit auf das Arzthaftungsrecht zu untersuchen. 1. Ökonomische Gesichtspunkte Auf rechtspolitischer Seite legen insbesondere ökonomische Gesichtspunkte eine Suche nach Möglichkeiten zur Entlastung der Justiz nahe: Die staatlichen Zivilgerichte haben eine große Zahl an Verfahren abzuwickeln. Eine dauerhafte Entlastung der Justiz und eine damit einhergehende Kostenreduzierung im öffentlichen Sektor kann nur erreicht werden, wenn eine Steigerung der Eingangszahlen vermieden wird, hierzu bietet die außergerichtliche Streitbeilegung mit ihrer Filterwirkung eine wesentliche Möglichkeit.14 13
Vgl. dazu z.B. Katzenmeier, ZZP 115 (2002), 51; Prütting, in: Prütting, Außergerichtliche Streitschlichtung, Rn. 20; ders., Referat zum aktuellen Forum Verfahrensrecht, DJT 1998, O 11, O 14. Auch der Gesetzgeber hat gehandelt, am 1.1.2000 ist das Gesetz zur Förderung der außergerichtlichen Streitbeilegung in Kraft getreten; die Bedeutung außergerichtlicher Streitbeilegungsformen wurde auch auf europäischer Ebene erkannt, vgl. den Richtlinienvorschlag des Europäischen Parlaments und des Rates über bestimmte Aspekte der Mediation: KOM(2004) 718, 2004/0251 (COD) vom 22.10.2004. Der Gedanke außergerichtlicher Streitbeilegung war schon immer stark durch rechtsvergleichende Überlegungen beeinflusst: Im amerikanischen Recht werden unter dem Oberbegriff der „Alternative Dispute Resolution“ (ADR) Alternativen zum gerichtlichen Verfahren entwickelt; vgl. dazu Haft, in: Haft/Schlieffen, Handbuch Mediation, § 2 Rn. 2 ff.; Breidenbach, Mediation, § 3 S. 11 ff.; Gottwald, AnwBl 2000, 265, 266; zu Entwicklungen in anderen Rechtsordnungen vgl. Prütting, in: Prütting, Außergerichtliche Streitbeilegung, Rn. 23. 14 Katzenmeier, ZZP 115 (2002), 51, 56 ff.; Stickelbrock, JZ 2002, 633; Prütting, AnwBl. 2000, 273, 274; Wesche, ZRP 2004, 49, 50; Leutheusser-Schnarrenberger, NJW 1995, 2441, 2444; Stock, in: Gottwald/Strempel, Streitschlichtung, S. 113 ff.; Gottwald, in: FS Blankenburg, S. 635, 636; Böckenstiegel, DRiZ 1996, 267; zweifelnd: Raiser, Rechtssoziologie, S. 290; Lüke, in: FS Baumgärtel, S. 349, 350; Falke/Gessener, in: Blankenburg/Gottwald/Strempel, Alternativen in der Ziviljustiz, S. 296; Weiß, in: FS Rolland, S. 395, 396. Zur Auswirkung der Reform des Zivilprozessrechts und damit auch des am
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1. Kap.: Außergerichtliche Streitbeilegung in Arzthaftungsstreitigkeiten
Auf dem Gebiet der Arzthaftung sind die Eingangszahlen bei Gericht in den letzten Jahrzehnten um ein Mehrfaches angestiegen. Auch die Tatsache, dass bei dem Bundesgerichtshof und den Oberlandesgerichten entsprechende Fachsenate sowie bei den Landgerichten entsprechende Fachkammern für Arzthaftungssachen gebildet wurden, spricht für eine besonders starke Inanspruchnahme der Gerichte. Dies gilt nicht nur zahlenmäßig in Bezug auf den Geschäftsanfall, sondern insbesondere auch hinsichtlich des Umfangs der einzelnen Verfahren. Regelmäßig ist das Einholen von Sachverständigengutachten erforderlich. Dies macht Arzthaftungsprozesse zu aufwändigen und damit teuren Verfahren. Gerade aus diesem Grund können auf diesem Gebiet außergerichtliche Verfahren wesentlich zur Gerichtsentlastung beitragen.15 Zudem ist die Ärzteschaft in ihrer Allgemeinheit von der steigenden Zahl der gegen einzelne Ärzte gerichteten Ansprüche durch erhöhte Haftpflichtversicherungsprämien betroffen. Eine Stärkung außergerichtlicher Verfahren, in denen der Streit häufig ohne finanzielle Ausgleichszahlungen abgeschlossen wird, liegt damit unabhängig von einer Betroffenheit im Einzelfall im direkten wirtschaftlichen Interesse aller Ärzte. Ökonomische Aspekte sprechen damit insbesondere aus rechtspolitischer Sicht, aber auch im Interesse der Ärzteschaft für eine Stärkung außergerichtlicher Verfahren.16 2. Geringere Zugangsbarrieren Im Zusammenhang mit einer Stärkung von Verfahren außergerichtlicher Streitbeilegung wird immer wieder der Gedanke eines „freien Zugangs zum Recht“ geäußert. Der Hintergrund ist soziologischer Art: In der Rechtssoziologie wird auf schichtenspezifische Zugangsbarrieren für die Parteien zu einem gerichtlichen Verfahren hingewiesen, die geprägt sind durch verschieden Faktoren.17 Zunächst 1.1.2000 in Kraft getretene „Gesetzes zur Förderung der außergerichtlichen Streitschlichtung“ und der Einführung des § 15a EGZPO vgl. Hommerich/Prütting u.a., Evaluation ZPO-Reform, S. 275 f., die als Ergebnis formulieren: „Dem deutlichen Anstieg der Eingangszahlen zwischen 1990 und 1996 bei den Amtsgerichten folgte 1997 bis 2001 ein leichter Abschwung und seither wieder ein noch leichterer Anstieg. Die Entwicklung war in schwächerer und nicht ganz gradliniger Form auch bei den Landgerichten zu beobachten. Damit ergab sich insgesamt in jüngster Zeit eine Stabilisierung der Eingangszahlen auf hohem Niveau. Auswirkungen der ZPO-Reform spiegeln sich in dieser Entwicklung wohl nicht wider“; zu detaillierten Übersichten vgl. S. 41 und S. 44; hinsichtlich der Förderung der außergerichtlichen Streitbeilegung durch § 15a EGZPO wird auf S. 277 festgehalten: „Die Förderung der außergerichtliche Streitbeilegung scheint dagegen nur zögerlich Fuß zu fassen.“ 15 Blankenburg u.a., Entwicklungen im Zusammenspiel außer- und innergerichtlicher Konfliktregelung, S. 158, allgemein zu Rechtsgebieten, auf denen Gerichtsverfahren wegen des Erfordernisses von Sachverständigengutachten umfangreich sind. 16 Deutsch/Spickhoff, Medizinrecht, Rn. 417 u. 434; Laum, ZKM 2003, 163, 164; Scheppokrat/Neu, VersR 2002, 397; Bodenburg/Matthies, VersR 1982, 729; Nicklisch, in: FS Bülow, S. 159; Kohnle, DRiZ 1983, 140. 17 Rehbinder, Rechtssoziologie, Rn. 151; Röhl, Rechtssoziologie, S. 509; ders., in: Röhl, Lexikon des Rechts, Rechtssoziologie, 3/20 S. 3.
B. Außergerichtliche Streitbeilegung
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werden soziale Barrieren angeführt: Die oftmals vorhandene soziale Distanz der Betroffenen zur Anwaltschaft und Richterschaft und die damit verbundenen schichtspezifischen Vorbehalte sowie psychische Schwellen und Scheu vor überlegenen Gegnern, also insgesamt die Ängste in Bezug auf gerichtliche Verfahren, halten viele Betroffene von einer Anrufung der Gerichte ab.18 Zudem bestehen wirtschaftliche Barrieren, die in den oftmals hohen und unkalkulierbaren Kosten der Rechtsberatung sowie den Gerichtskosten begründet sind.19 Des Weiteren sind auch rechtliche Barrieren nicht zu unterschätzen: Die hohe Komplexität der Zugangs- und Verfahrensvorschriften eines Gerichtsverfahrens und die häufig lange Verfahrensdauer hält viele Betroffene von einer Anrufung der Gerichte ab.20 Diese sozialen, wirtschaftlichen und rechtlichen Zugangsbarrieren abzubauen, ist ein wesentliches Ziel der Stärkung außergerichtlicher Streitbeilegungsverfahren. Im Gegensatz zu dem stark formalisierten Gerichtsverfahren zeichnen sich die außergerichtlichen Verfahren durch eine eher unstrukturierte, informelle und personenbezogene Vermittlung bei Auseinandersetzungen aus.21 Gerade die Aussicht auf ein solches weniger förmliches Verfahren und eine günstigere und schnellerer Erledigung des Streits, veranlasst die Betroffenen zur Wahl eines außergerichtlichen Verfahrens.22 Unter Berücksichtigung der angeführten Barrieren hinsichtlich des Zugangs zu Gericht, können Verfahren außergerichtlicher Streitbeilegung insbesondere auch in Arzthaftungsstreitigkeiten Vorteile bieten. Soziale Barrieren spielen im Arzthaftungsverfahren in mehrfacher Hinsicht eine Rolle: Vorbehalte der Parteien gegenüber der Anwaltschaft und Richterschaft bestehen hier wie in jedem anderen Rechtsgebiet. Hinzu kommt, dass auch im Verhältnis der Parteien untereinander, also im Verhältnis des Patienten zum Arzt häufig soziale Unterschiede bestehen. Die Arzt-Patient-Beziehung ist asymmetrisch: Sie ist gekennzeichnet durch ein 18 Rehbinder, Rechtssoziologie, Rn. 151; Preibisch, Außergerichtliche Vorverfahren, S. 284; Falke/Gessener, in: Blankenburg/Gottwald/Strempel, Alternativen in der Ziviljustiz, S. 296; Scherpe, Außergerichtliche Streitbeilegung in Verbrauchersachen, S. 10 ff; Weiß, in: FS Rolland, S. 395, 396. 19 Rehbinder, Rechtssoziologie, Rn. 151; Röhl, Rechtssoziologie, S. 509; Katzenmeier, ZZP 115 (2002), 51, 61; Preibisch, Außergerichtliche Vorverfahren, S. 283; Scherpe, Außergerichtliche Streitbeilegung in Verbrauchersachen, S. 10 ff.; Prütting, JZ 1985, 261 f., 266 f.; ders., in: Jung, Alternativen zur Strafjustiz, S. 245, 247; Weizel, Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen, S. 7. 20 Katzenmeier, ZZP 115 (2002), 51, 61; Rehbinder, Rechtssoziologie, Rn. 151; Röhl, Rechtssoziologie, S. 509; Prütting, JZ 1985, 261 f., 266 f.; Scherpe, Außergerichtliche Streitbeilegung in Verbrauchersachen, S. 10 ff.; dies ist auch wesentlicher Gedanke des Richtlinienvorschlags des Europäischen Parlaments und des Rates über bestimmte Aspekte der Mediation: KOM(2004) 718 endgültig, 2004/0251 (COD) vom 22.10.2004, am 9.11.2007 durch den Rat gebilligt, vgl. Pres/07/253. 21 Zu den Vor- und Nachteilen dieser Formlosigkeit vgl. Kap. 5 B. I., S. 104 ff. 22 Hager, Konflikt und Konsens, S. 43; Katzenmeier, ZZP 115 (2002), 51, 72; Rosenberg/Schwab/Gottwald, Zivilprozessrecht, § 173 Rn. 13; Raiser, Rechtssoziologie, S. 290, weist darauf hin, dass der Betroffene so das autoritäre und bürokratische Gerichtsverfahren zugunsten menschenfreundlicher informeller Kommunikationsformen vermeiden kann.
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1. Kap.: Außergerichtliche Streitbeilegung in Arzthaftungsstreitigkeiten
Kompetenzgefälle in Bezug auf das medizinische Fachwissen, die Rolle des Patienten als Hilfesuchendem gegenüber der des Arztes als Autoritätsperson und nicht zuletzt auch hinsichtlich der häufigen soziokulturellen Unterschiede der Herkunft. Hilflosigkeit und Unwissenheit des Patienten stehen der fachlichen Kompetenz und Autorität des Arztes gegenüber und bedingen ein Interaktions- und Kommunikationsgefälle.23 Bei einem Anrufen der Gerichte muss sich der Patient daher von vornherein auf eine Auseinandersetzung einlassen, in der er häufig dem Arzt unter verschiedenen Gesichtspunkten unterlegen ist. Trotz verfahrensrechtlicher Besonderheiten im Arzthaftungsprozess gelingt es nicht immer, dieses Machtungleichgewicht aufzuheben.24 Auch wirtschaftliche Barrieren bestehen im Arzthaftungsprozess in besonderem Maße: Die Entscheidung über das Vorliegen ärztlichen Fehlverhaltens erfordert medizinisches Fachwissen. Für die Patienten, die regelmäßig dieses Fachwissen nicht haben, ist der Ausgang des Verfahrens und damit das Kostenrisiko häufig nur schwer abzuschätzen.25 Dieses Kostenrisiko besteht im außergerichtlichen Verfahren nicht oder jedenfalls in ungleich geringerem Umfang. So wird gerade den wirtschaftlich schwächeren Patienten erst die Möglichkeit eröffnet, dem Verdacht einer ärztlichen Fehlbehandlung nachzugehen.26 Auch in Bezug auf rechtliche Barrieren bieten Verfahren außergerichtlicher Streitbeilegung Vorteile. Für einen juristischen und medizinischen Laien sind die Arzthaftungsprozesse in zweifacher Hinsicht undurchsichtig: In juristischer Hinsicht begründen neben prozessrechtlichen Aspekten auch materiell-rechtliche Besonderheiten des Arzthaftungsrechts eine besondere Komplexität der Verfahren. Hinzu kommt, dass regelmäßig das Einholen von Sachverständigengutachten erforderlich ist. Die Gutachten sind für medizinische Laien wenig verständlich, da-
23 Siegrist, Medizinische Soziologie, Kap. 5.3.1, S. 251, spricht von einer „strukturell asymmetrischen sozialen Beziehung“ und führt dafür die Macht des Arztes, namentlich die aus der unterschiedlichen Wissensverteilung resultierende Expertenmacht, die Definitionsmacht hinsichtlich der Diagnoseerstellung und die Steuerungsmacht hinsichtlich der Behandlung an; vgl. auch Katzenmeier, Arzthaftung, S. 9; Francke, Ärztliche Berufsfreiheit und Patientenrechte, S. 41; Francke/Hart, in: Badura/Hart/Schellschmidt, Bürgerorientierung des Gesundheitswesens, S. 195. 24 BT-Drucks. 13/11452, S. 1. Besonderheiten bestehen z.B. hinsichtlich des Beweisrechts und des Verhandlungsgrundsatzes, ausführlich vgl. Katzenmeier, Arzthaftung, S. 277 ff. 25 Ulsenheimer, in: Laufs/Uhlenbruck, Handbuch des Arztrechts, § 113 Rn. 1; Scheppokrat/Neu, VersR 2002, 397. 26 Francke/Hart, in: Badura/Hart/Schellschmidt, Bürgerorientierung des Gesundheitswesens, S. 197; dies., Charta der Patientenrechte, S. 240, führen die Prozesskosten als ein Defizit des derzeitigen Haftungsrecht aus Patientensicht an. Vgl. auch Ulsenheimer, in: Laufs/Uhlenbruck, Handbuch des Arztrechts, § 113 Rn. 1; Laum, Statut der Gutachterkommission Nordrhein, S. 9; ders., ZKM 2003, 163, 164; Scheppokrat/Neu, VersR 2002, 397; Kohnle, DRiZ 1983, 140; U. Schmidt, in: Prütting, Außergerichtliche Streitbeilegung, Rn. 754, 756 f.
B. Außergerichtliche Streitbeilegung
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mit wird das Verfahren insgesamt und somit auch das abschließende Urteil für den Patienten undurchschaubar.27 Insgesamt kann außergerichtliche Streitbeilegung gerade in Arzthaftungssachen, in denen dem Patienten das erforderliche Fachwissen zur Abschätzung der Erfolgsaussichten und zum Verständnis des Verfahrens fehlt, Vorteile bieten. 3. Potential zur Konfliktlösung Häufig wird angeführt, dass das gerichtliche Verfahren nur eine begrenzte Eignung zur Befriedung von Konflikten hat und außergerichtliche Verfahren unter Umständen hierzu besser geeignet sind. Dies wird damit begründet, dass ein vor Gericht ausgetragener Streit häufig nicht in seiner gesamten Komplexität behandelt wird; die Rechtssoziologie spricht von einer „Verrechtlichung des Streitgegenstandes“:28 Das gerichtliche Verfahren ist in erster Linie auf die Durchsetzung materiell bestehender Rechte gerichtet.29 Ein Konflikt wird vor Gericht daher nur nach selektiven, die ursprüngliche Komplexität reduzierenden Regeln behandelt und ändert so seinen Charakter.30 Der Gegenstand des Rechtsstreits wird von seinem gesellschaftlichen Hintergrund gelöst, die Beteiligten treten nicht mehr in ihren sozialen Rollen auf, zum Beispiel als Arzt und Patient, sondern in der prozessspezifischen Rolle als Kläger oder Beklagter.31 Dabei wird der emotionale Konflikt ausgeblendet und das soziale Umfeld ausgegrenzt. Häufig wird angeführt, dass dies einer Lösung des Gesamtkonfliktes nicht sachdienlich sei, hierfür müsse der Konflikt vielmehr in seiner ganzen Komplexität aufgearbeitet werden.32 Im 27 Hager, Konflikt und Konsens, S. 47, führt an, dass Arzthaftungsprozesse häufig in eine „Gutachterschlacht“ ausarten. 28 Raiser, Rechtssoziologie, S. 297; Hoffmann-Riem, in: FS Blankenburg, S. 649, 652; Röhl, in: Röhl, Lexikon des Rechts, Rechtssoziologie, 3/20 S. 1; Falke/Gessener, in: Blankenburg/Gottwald/Strempel, Alternativen in der Ziviljustiz, S. 293, 299 ff.; Katzenmeier, ZKM 2005, 159; vgl. auch Luhmann, Legitimation durch Verfahren, S. 59 ff.; ders., Rechtssoziologie, S. 263 ff., der jedoch darauf hinweist, dass dies wesentlich zur Legitimität und Akzeptanz der jeweiligen Entscheidung beiträgt. 29 Rosenberg/Schwab/Gottwald, Zivilprozessrecht, § 1 III 1 – 4; Zöller/Vollkommer, Einleitung zur ZPO Rn. 39. 30 Gottwald, Streitbeilegung ohne Urteil, S. 11; Hoffmann-Riem, in: FS Blankenburg, S. 649, 652; Hager, Konflikt und Konsens, S. 46; Raiser, Rechtssoziologie, S. 297; Katzenmeier, ZKM 2005, 159; Eisele, Jura 2003, 656, 658. 31 Luhmann, Legitimation durch Verfahren, S. 82 ff. 32 Raiser, Rechtssoziologie, S. 299, bezeichnet diese Verrechtlichung als eine der Schattenseiten des Gerichtsverfahrens und führt aus: „Die Umformulierung des Konfliktstoffs und die Eingrenzung auf die rechtlich relevanten Punkte verursachen eine selektive Realitätsverarbeitung, bei der die komplexen Ursachen des Streits und die dahinter stehenden gesellschaftlichen Spannungen nicht mehr in Erscheinung treten“; vgl. auch Falke/Gessener, in: Blankenburg/Gottwald/Strempel, Alternativen in der Ziviljustiz, S. 294; Gottwald, Streitbeilegung ohne Urteil, S. 14 ff.; Breidenbach, Mediation, S. 53; Katzenmeier, ZKM 2005, 159. A.A. aber Luhmann, Legitimation durch Verfahren, S. 82 ff., der diese Rollenübernahme rechtssoziologisch hinsichtlich ihrer Bedeutung für die Legitimation des Verfahrens und die Hinnahme von Entscheidungen untersucht; auf S. 87 kommt Luhmann zum
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1. Kap.: Außergerichtliche Streitbeilegung in Arzthaftungsstreitigkeiten
außergerichtlichen Verfahren besteht dazu eher die Möglichkeit: Die Streitursachen und Vorstellungen der Parteien können besser berücksichtigt werden, Gegenstand von Verhandlungen ist nicht allein eine Rechtsfrage, auch der tiefer liegende Konflikt findet Berücksichtigung. Wesentlicher Vorteil außergerichtlicher Verfahren ist zudem die Möglichkeit einer flexiblen Entscheidungsfindung. Im gerichtlichen Verfahren hat der Richter einen Sachverhalt isoliert und rückblickend zu regeln und darf dabei nur nach dem Gesetz verfahren. Im Regelfall wird das Gerichtsverfahren durch ein Urteil abgeschlossen. Hierbei hat der Richter nur die Möglichkeit, der Klage stattzugeben oder die Klage abzuweisen, im Ergebnis schlägt sich das „Alles-oder-NichtsPrinzip“ nieder.33 Das außergerichtliche Verfahren bietet hingegen die Möglichkeit einer selbstbestimmten, einzelfallorientierten, für beide Parteien akzeptablen und flexiblen Lösung. Insgesamt besteht damit Aussicht auf eine qualitativ hochwertige Konfliktbeseitigung. Eine solche ist wesentliche Voraussetzung für eine Akzeptanz der gefundenen Übereinkunft durch die Parteien, und damit für eine endgültige Beilegung des Streits.34 Eine umfassende und individuelle Konfliktlösung ist gerade bei Streitigkeiten im Arzt-Patient-Verhältnis von besonderer Bedeutung: Dieses Verhältnis ist in besonderem Maße von Vertrauen geprägt, der mit dem Behandlungsfehler verbundene Schuldvorwurf führt regelmäßig zu einer erheblichen Störung dieses Vertrauensverhältnisses.35 Hieraus ergeben sich oftmals vielschichtige Motive für ein Vorgehen des Patienten gegen den Arzt: In vielen Fällen wird von den Geschädigten primär ein finanzieller Ausgleich angestrebt.36 Häufig haben Patienten Ergebnis, dass diese Rollenübernahme die „Heimliche Theorie des Verfahrens [ist]: daß man durch Verstrickung in ein Rollenspiel die Persönlichkeit einfangen, umbilden und zur Hinnahme von Entscheidungen motivieren könne.“; relativierend zu diesen nur theoretisch begründeten Aussagen aber Raiser, Rechtssoziologie, S. 297. 33 Raiser, Rechtssoziologie, S. 299, S. 289; Hager, Konflikt und Konsens, S. 48; Röhl, Rechtssoziologie, S. 516; ders., in: Röhl, Lexikon des Rechts, Rechtssoziologie, 3/20 S. 2; Falke/Gessener, in: Blankenburg/Gottwald/Strempel, Alternativen in der Ziviljustiz, S. 294; Wesche, ZRP 2004, 49, 50; Schneeweiß, DRiZ 2002, 107, 108; Gottwald, AnwBl. 2000, 265, 268; Prütting, JZ 1985, 261, 267. 34 Hager, Konflikt und Konsens, S. 42, 44; Röhl, Rechtssoziologie, S. 515; ders., in: Röhl, Lexikon des Rechts, Rechtssoziologie, 3/20 S. 2; Katzenmeier, ZZP 115 (2002), 51, 73; Gottwald, in: FS Blankenburg, S. 635, 637; Wesche, ZRP 2004, 49, 50; Ponschab/Kleinhenz, DRiZ 2002, 430; Prütting, JZ 1985, 261, 262, 267. 35 Francke/Hart, in: Badura/Hart/Schellschmidt, Bürgerorientierung des Gesundheitswesens, S. 195 f.; dies., Charta der Patientenrechte, S. 240. Zum besonderen Charakter der Arzt-Patient-Beziehung vgl. Katzenmeier, Arzthaftung, S. 5 ff., der auf S. 9 auf die Bedeutung des Vertrauens hinweist. 36 Feix, Verankerung einvernehmlicher Streitbeilegung im Zivilprozessrecht, S. 203; Circhetta de Marrón, Alternative Streitschlichtung, S. 134; Meyer, ZKM 2000, 123, 124; Grill, in: Häring, Chirurgie und Recht, S. 185, geht davon aus, dass in 50 % die Klagen aus finanziellen Gründen erhoben werden; Kilian, VersR 2000, 942, hingegen führt eine Studie aus Großbritannien an, wonach 33 % der geschädigten Patienten ein Verfahren mit dem Ziel einer finanziellen Entschädigung durchführen.
B. Außergerichtliche Streitbeilegung
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daneben, oder in vielen Fällen sogar ohne ein Bestreben nach einem finanziellen Ausgleich, das Bedürfnis, eine Erklärung für das Geschehene und eine angemessene Entschuldigung des Arztes zu erhalten.37 Häufig wären sie zu einer Streitbeilegung auch ohne Klage bereit, wenn der Arzt das Vorgehen und die Ursachen des Behandlungsfehlers verständlich erklärte oder eine Entschuldigung ausspräche.38 Häufige Konfliktursache sind damit die zwischen Arzt und Patient bestehenden Kommunikationsschwierigkeiten.39 Eine auf Geld gerichtete Klage wird in diesen Fällen vielfach nur deshalb gewählt, weil das Gericht die nahe liegende Institution für die Streitentscheidung ist und die Schadensersatzklage der dort einzig zur Verfügung gestellte Weg ist.40 Eine offene Kommunikation und eine Erklärung des Geschehenen könnte in vielen Fällen besser zu einer Entschärfung des Konfliktes beitragen.41 Gerichtsverfahren mit einer Eingrenzung des Konfliktstoffs auf die rechtlich relevanten Punkte und einer Ausgrenzung des persönlichen und sozialen Umfelds werden der Komplexität des Streites oftmals nicht gerecht. Außergerichtliche Streitbeilegungsverfahren bieten sich daher in Arzthaftungsstreitigkeiten in besonderer Weise als Alternative an.42
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Sachverständigenrat für die konzertierte Aktion im Gesundheitswesen, Gutachten 2003 I, in: BT-Drucks. 15/530, S. 157, mit dem Hinweis, dass hierauf bislang in der Praxis zu wenig eingegangen wird; Franzki, MedR 2000, 464; Beck, in: Protokoll Arbeitskreis „Ärzte und Juristen“, S. 7; Circhetta de Marrón, Alternative Streitschlichtung, S. 134. 38 Kilian, VersR 2000, 942; Ewig, in: Haft/Schlieffen, Handbuch Mediation, § 47 Rn. 71. 39 Laufs, in: Laufs/Uhlenbruck, Handbuch des Arztrechts, § 97 Rn. 7, führt an, dass Arzthaftpflichtprozesse nicht selten Ausdruck eines gestörten Vertrauensverhältnisses sind; Stegers, ZMGR 2006, 49, merkt an, Arzthaftungssachen seien häufig geprägt von Ohnmachtsgefühlen auf der einen und dem Gefühl des unverstandenen Helfers auf der anderen Seite; vgl. auch Franzki, MedR 2000, 464; Sachverständigenrat für die konzertierte Aktion im Gesundheitswesen, Gutachten 2003 I, in: BT-Drucks. 15/530, S. 157; Ewig, in: Haft/Schlieffen, Handbuch Mediation, § 47 Rn. 39; R. Greiner/Henkel/Kranich, Wer soll schlichten, S. 39. 40 Gottwald, Streitbeilegung ohne Urteil, S. 11; Ewig, in: Haft/Schlieffen, Handbuch Mediation, § 47 Rn. 71. 41 Francke/Hart, in: Badura/Hart/Schellschmidt, Bürgerorientierung des Gesundheitswesens, S. 196; Stegers, in: Arbeitsgemeinschaft Rechtsanwälte im Medizinrecht, Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen, S. 100, führt an, dass die Medizin von ihrer Tradition eher justizfern ist und daher ein umsichtiges, auch jenseits von materieller Kompensation liegenden Interessen der Beteiligten gerecht werdendes Schlichtungsverfahren das Verständnis von Arzt und Patient stärker fördern könnte als ein kontradiktorisches Verfahren; Bock, in: Berg/Ulsenheimer, Patientensicherheit, S. 239, bemängelt, dass in Krankenhäusern kein strukturiertes Zwischenfallmanagement unter juristischen Kriterien etabliert ist; vgl. auch Sachverständigenrat für die konzertierte Aktion im Gesundheitswesen, Gutachten 2003 I, in: BT-Drucks. 15/530, S. 155; Weizel, Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen, S. 6. 42 Gottwald, in: FS Blankenburg, S. 635, 639; Stegers, in: Arbeitsgemeinschaft Rechtsanwälte im Medizinrecht, Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen, S. 100; Falke/Gessener, in: Blankenburg/Gottwald/Strempel, Alternativen in der Ziviljustiz, S. 303; Laum, ZKM 2003, 163; Scheppokrat/Neu, VersR 2002, 397.
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1. Kap.: Außergerichtliche Streitbeilegung in Arzthaftungsstreitigkeiten
4. Sachkunde der Entscheidungsgremien Über Möglichkeiten außergerichtlicher Streitbeilegung wird verstärkt auf Rechtsgebieten nachgedacht, die zur Erfassung des Sachverhalts ein fachbezogenes Spezialwissen erfordern. Das Gericht ist bei seinem Urteil in der Regel auf einen Sachverständigen mit entsprechendem Fachwissen angewiesen. Demgegenüber sind Einrichtungen der außergerichtlichen Streitbeilegung oftmals durch eine besondere Fachkompetenz gekennzeichnet. Dort tätige Personen müssen keine Juristen sein, sie sind häufig vielmehr Experten auf dem jeweiligen Fachgebiet und weisen damit eine besondere Sachnähe auf.43 Dementsprechend eignen sich außergerichtliche Verfahren besonders für Konflikte, die sich durch sachverständige Beurteilung schneller als vor Gericht und mit oftmals höherer Akzeptanz durch die Parteien klären lassen.44 Auch dieser Aspekt lässt sich auf Arzthaftungsstreitigkeiten übertragen: Entscheidungen auf diesem Rechtsgebiet erfordern regelmäßig medizinische Fachkenntnisse und Erfahrungen, über die Juristen nicht verfügen. Die Heranziehung von Sachverständigen gewinnt angesichts der Wissensexplosion in der Medizin und der damit verbundenen Spezialisierung weiter an Bedeutung.45 Zwar wurden bei den Landgerichten, Oberlandesgerichten und dem Bundesgerichtshof Spezialspruchkörper gebildet, trotzdem bestehen aufgrund der schwierigen medizinischen Materie und der oftmals komplizierten Sachverhalte für die Gerichte Schwierigkeiten hinsichtlich Sachverhaltsermittlung, Beweisführung und Begutachtung.46 Der Richter ist bei der Aufklärung des Sachverhalts und bei der Klärung medizinischer Fachfragen daher auf das Gutachten eines Sachverständigen angewiesen, diese sind häufig ausschlaggebend für den Prozessausgang.47 So besteht die Gefahr, dass der Sachverständige, der eigentlich nur „Gehilfe des Richters“48 sein sollte, zum „heimlichen Herrn des Verfahrens“ wird.49 Eine Zusammenführung von juristischem und medizinischem Fachwissen, welches sich in gerichtlichen 43 Katzenmeier, ZZP 115 (2002), 51, 72; Raiser, Rechtssoziologie, S. 290; Prütting, JZ 1985, 261, 268; ders., AnwBl. 2000, 273, 275; Falke/Gessener, in: Blankenburg/Gottwald/Strempel, Alternativen in der Ziviljustiz, S. 306; Rüssel, in: Haft/Schlieffen, Handbuch Mediation, § 33 Rn. 34. 44 Blankenburg u.a., Entwicklungen im Zusammenspiel außer- und innergerichtlicher Konfliktregungen, S. 181; Prütting, in: Jung, Alternativen zur Strafjustiz, S. 245, 247; Rüssel, in: Haft/Schlieffen, Handbuch Mediation, § 33 Rn. 34; Schuster, in: Blankenburg/Gottwald/Strempel, Alternativen in der Ziviljustiz, S. 195. 45 Katzenmeier, Arzthaftung, S. 395. 46 Scheppokrat/Neu, VersR 2002, 397; Bodenburg/Matthies, VersR 1982, 729. 47 Laufs, in: Laufs/Uhlenbruck, Handbuch des Arztrechts, § 97 Rn. 3; Katzenmeier, Arzthaftung, S. 395; Franzki, in: Bayerlein, Sachverständigenrecht, § 52 Rn. 1; Frahm/Nixdorf, Arzthaftungsrecht, Rn. 249; Wesche, ZRP 2004, 49, 52; Weyers, Gutachten zum 52. DJT 1972, Abteilung Arztrecht, S. A 36; Stegers, VersR 2000, 419, 420. 48 Katzenmeier, Arzthaftung, S. 398; Musielak/Huber, § 402 Rn. 1. 49 Vgl. dazu die Ausführungen bei Katzenmeier, Arzthaftung, S. 396 ff., auf S. 397: Der Richter „muss darauf achten, dass ihm die Entscheidung nicht aus der Hand genommen und er nicht etwa beim Urteilsspruch zum bloßen Sprachrohr des Sachverständigen wird“.
B. Außergerichtliche Streitbeilegung
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Verfahren als äußerst problematisch gestaltet, ist im Rahmen außergerichtlicher Streitbeilegungsverfahren leichter möglich. 5. Ergebnis Im Rahmen der Diskussion alternativer Streitbeilegungsmethoden werden insbesondere ökonomische Gesichtspunkte, das Potential zur endgültigen Konfliktbeilegung und die Sachkunde der Entscheidungsfinder als Vorteil angeführt. Diese Aspekte gelten in besonderer Weise auch für Arzthaftungsstreitigkeiten: Die hohe Zahl der Klagen, häufig lang andauernde und undurchsichtige Verfahren, die Komplexität des Streitstoffs und das Erfordernis des medizinischen Fachwissens lassen Formen alternativer Streitbeilegung zweckmäßig erscheinen.
II. Verfahren außergerichtlicher Streitbeilegung in Arzthaftungssachen Das Potential außergerichtlicher Streitbeilegung in Arzthaftungssachen wurde früh erkannt, zur Durchsetzung der Ansprüche des Patienten gegen den Arzt spielen außergerichtliche Verfahren heute eine wesentliche Rolle: Schätzungen gehen davon aus, dass 90 % aller gemeldeten Schadensfälle außergerichtlich erledigt werden.50 Hierzu bieten sich den Parteien derzeit verschiedene Wege: (1) Bei den Ärztekammern angesiedelte Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen haben es sich zur Aufgabe gemacht, Arzthaftungsstreitigkeiten durch objektive Begutachtung ärztlichen Handelns beizulegen. Sie werden auf Antrag des Patienten oder des Arztes tätig. Diese ärztlichen Gütestellen gehören zu den bedeutendsten und erfolgreichsten Einrichtungen der außergerichtlichen Streitschlichtung. Einer umfassenden Untersuchung ihrer Tätigkeit dient daher diese Bearbeitung.51 (2) Seit einigen Jahren prüft auch der Medizinische Dienst der Krankenkassen (MDK) Behandlungsfehlervorwürfe. Der MDK wird im Auftrag der gesetzlichen Krankenkassen tätig, die so ihre Versicherten bei der Verfolgung von Ersatzansprüchen unterstützen.52 (3) Auch direkte Verhandlungen zwischen dem Patienten und der Haftpflichtversicherung des Arztes sind eine Möglichkeit außergerichtlicher Streitbeilegung. In diesen Fällen entscheidet der Haftpflichtversicherer, falls nötig unter Einholung eines Gutachtens, über die Schadensregulierung. (4) In jüngerer Zeit wird vor allem auch die Möglichkeit einer Mediation in Arzthaftungssachen
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BT-Drucks. 13/11452, S. 2. Dies erscheint umso erwähnenswerter, als insgesamt die außergerichtlichen Streitbeilegungsmöglichkeiten im deutschen Zivilrecht nur zögerlich in Anspruch genommenen werden, vgl. Katzenmeier, ZZP 115 (2002), 51, 76; Rüssel, JuS 2003, 380; Prütting, in: Prütting, Außergerichtliche Streitschlichtung, Rn. 22; ders., Referat zum aktuellen Forum Verfahrensrecht, DJT 1998, O 11, O 15; ders., AnwBl. 2000, 273, 274; Böckenstiegel, DRiZ 1996, 267. 51 Vgl. dazu Kap. 2 bis Kap. 6. 52 Vgl. dazu Kap. 7 A. I., S. 149 f.
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1. Kap.: Außergerichtliche Streitbeilegung in Arzthaftungsstreitigkeiten
diskutiert.53 Angedacht wird zudem eine Eingliederung eines außergerichtlichen Schlichtungsversuchs in das gerichtliche Verfahren.54 Im Folgenden werden die einzelnen Formen außergerichtlicher Streitbeilegung vorgestellt und auf ihre spezifische Eignung in Arzthaftungssachen untersucht.
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Vgl. dazu Kap. 7 C., S. 152 ff. Vgl. dazu Kap. 7 D., S. 164 ff.
2. Kapitel: Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen In Deutschland gibt es derzeit neun Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen, die jeweils bei den Ärztekammern angesiedelt sind. Diese Gütestellen haben sich eine außergerichtliche Streitbeilegung in Arzthaftungssachen zur Aufgabe gemacht. Verfahrensziel ist, durch objektive Begutachtung ärztlichen Handelns dem durch einen möglichen Behandlungsfehler in seiner Gesundheit Geschädigten die Durchsetzung begründeter Ansprüche und dem Arzt eine Zurückweisung unbegründeter Ansprüche zu erleichtern.55 So soll insgesamt zu einer Verbesserung des Arzt-Patient-Verhältnisses beigetragen werden.56 Gegenstand des Verfahrens ist die sachverständige Prüfung des Vorliegens eines durch den Arzt begangenen Behandlungsfehlers und eines daraus resultierenden Gesundheitsschadens des Patienten. Dabei wird auch die Kausalität zwischen Behandlungsfehler und Gesundheitsschaden geprüft. Dieser Prüfungsumfang ist in allen Statuten festgelegt.57 In der Praxis können die Untersuchungen der Stellen im Einzelfall weiter gehen. Auf Antrag wird ebenfalls das Vorliegen einer haftungsbegründenden Aufklärungspflichtverletzung untersucht.58 Die Schadenshöhe wird nicht beziffert. In geeigneten Fällen wird mit Zustimmung der Beteiligten ein Schlichtungsversuch unternommen, dies ist in der Praxis äußerst selten.59
55 Vgl. § 1 Abs. 1 Statut Baden-Württemberg; § 1 Abs. 2 Statut Bayern; Präambel Statut Hessen; § 1 Abs. 1 Statut Norddt. SchlSt.; § 1 Abs. 2 Statut Nordrhein; § 1 Statut Rheinland Pfalz; § 1 Abs. 3 Statut Saarland; § 1 Abs. 2 Statut Sachsen; § 2 Statut WestfalenLippe. 56 Vgl. das Beschlussprotokoll des 103. Dt. Ärztetags, Drucks. I-3. 57 § 2 Abs. 1 Statut Baden-Württemberg; § 1 Abs. 2 Statut Bayern; Präambel Statut Hessen; § 2 Abs. 1 Statut Norddt. SchlSt.; § 2 Abs. 1 Statut Nordrhein; § 1 Statut RheinlandPfalz; § 2 Abs. 1 Statut Saarland; § 1 Abs. 1 Statut Sachsen; § 3 Abs. 1 Statut WestfalenLippe. Nach § 1 Abs. 1 des Statuts der Gutachterkommission bei der Ärztekammer des Saarlandes werden seit Juli 2007 auch behauptete zahnärztliche Fehler begutachtet, sofern in Folge fehlerhaften zahnärztlichen Handelns ein über diese Fachgebiet hinausgehender Gesundheitsschaden entstanden sein soll. 58 Vgl. zum Prüfungsumfang ausführlich Kap. 5 F., S. 131 ff. 59 § 7 Abs. 2 Statut Baden-Württemberg; § 6 Abs. 5 Statut Hessen; § 5 Abs. 3 Statut Norddt. SchlSt.; § 10 Abs. 5 Statut Nordrhein; §§ 1 Abs. 2, 8 Statut Rheinland-Pfalz; § 2 Abs. 2 Statut Saarland; §§ 2, 8 Abs. 3 Statut Westfalen-Lippe. Streitschlichtung ist ein Verfahren, in dem ein neutraler Dritter versucht, im Wege einer aktiven Erarbeitung der Konfliktlösung den Streitparteien ein Schlichtungs- und Vergleichsergebnis vorzulegen wobei er jedoch nicht die Befugnis hat, den Streit zu entscheiden, vgl. Prütting, in: Prütting, Außergerichtliche Streitbeilegung, Rn. 5.
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2. Kap.: Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen
A. Entstehung Gutacherkommissionen und Schlichtungsstellen gibt es seit nunmehr über 30 Jahren. Der Anstoß zur Einrichtung ging von der Ärzteschaft aus. Anlass war die stark angestiegene Zahl der gegen Ärzte gerichteten Schadensersatzklagen und die hohe Zahl der Strafanzeigen.60 Für den betroffenen Arzt bedeuten solche Verfahren vor den staatlichen Gerichten oftmals eine starke persönliche Belastung und es können sich erhebliche berufliche und wirtschaftliche Nachteile ergeben.61 Durch die Einrichtung der Gütestellen sollte ein für Arzt und Patient weniger belastendes Alternativverfahren geschaffen werden. Zugleich sollte die Bereitschaft signalisiert werden, begangene Fehler einzugestehen und alles zu tun, um einen für beide Seiten gerechten Interessensausgleich zu finden.62 Die Landesärztekammer Bayern gründete im April 1975 die erste Schlichtungsstelle,63 im Dezember 1975 folgte die Gutachterkommission bei der Ärztekammer Nordrhein, im April 1976 die Schlichtungsstelle für Arzthaftpflichtfragen der norddeutschen Ärztekammern und nach und nach entsprechende Einrichtungen bei anderen Kammern. Nach der Wiedervereinigung im Jahr 1990 traten die Ärztekammern der neuen Bundesländer der Norddeutschen Schlichtungsstelle bei, einzig die sächsische Ärztekammer gründete eine eigene Schlichtungsstelle.64 Heute existieren folgende Gütestellen:65 Die Gutachterkommission für Fragen ärztlicher Haftpflicht bei der Landesärztekammer Baden-Württemberg,66 die Gutachterstelle für Arzthaftungsfragen bei der Bayerischen Ärztekammer, die Gutachter- und Schlichtungsstelle für ärztliche Behandlungen im Bereich der Landesärztekammer Hessen, die Schlichtungsstelle für Arzthaftpflichtfragen der norddeutschen Ärztekammern,67 die Gutachterkommission für ärztliche Behandlungsfehler bei der Ärztekammer Nordrhein, der Schlichtungsausschuss zur Begutachtung ärztlicher Behandlungen bei der Landesärztekammer Rheinland-Pfalz, die Gutach60
Vgl. dazu Kap. 1 A., S. 3 f. In den siebziger Jahren erstatteten viele Patienten, denen es weniger um eine strafrechtliche Belangung des Arztes als vielmehr um einen zivilrechtlichen Schadensausgleich ging, zunächst Strafanzeige, um so ein kostenloses Gutachten zu erlangen, vgl. Rumler-Detzel, VersR 1988, 6; Kohnle, DRiZ 1983, 140, 142; Scheppokrat/Neu, VersR 2002, 397. 61 Vgl. Laufs, Arztrecht, Rn. 545; Laum, in: Wenzel, Handbuch FA Medizinrecht, Kap. 6 Rn. 2; Kohnle, DRiZ 1983, 140, 142. 62 Weizel, Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen, S. 14. 63 Seit 2000 als Gutachterstelle geführt. 64 Seit 2002 als Gutachterstelle geführt. 65 Eine Auflistung mit Adressen findet sich unter Anhang A. 66 Im Bereich der Landesärztekammer Baden-Württemberg sind Gutachterkommissionen bei den Bezirksärztekammern Nordwürttemberg, Südwürttemberg, Nordbaden und Südbaden angesiedelt. 67 Im Folgenden als Norddeutsche Schlichtungsstelle bezeichnet. In dieser haben sich die Ärztekammern Berlin, Brandenburg, Bremen, Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Sachsen-Anhalt, Schleswig-Holstein und Thüringen zu einer Arbeitsgemeinschaft zusammengeschlossen.
B. Rechtsnatur
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terkommission für Fragen ärztlicher Haftpflicht bei der Ärztekammer des Saarlandes, die Gutachterstelle für Arzthaftungsfragen bei der Sächsischen Landesärztekammer sowie die Gutachterkommission für ärztliche Haftpflichtfragen bei der Ärztekammer Westfalen-Lippe.
B. Rechtsnatur Die Gütestellen sind Einrichtungen der jeweiligen (Landes-)ärztekammern,68 jedoch organisatorisch von diesen getrennt.69 Ursprünglich wurden sie freiwillig gegründet, mittlerweile ist in den Heilberufsgesetzen der Länder den Ärztekammern die Errichtung von Stellen zur Begutachtung von Behandlungsfehlern zur Pflichtaufgabe bestimmt. Die Gutachtenerstattung gehört zu den Aufgaben, welche die Ärzte traditionell im Rahmen ihrer berufsständischen Autonomie regeln. Es besteht eine Verpflichtung der Kammern zur Schlichtung von Streitigkeiten, die aus der Berufsausübung zwischen Kammerangehörigen sowie zwischen diesen und einem Dritten entstanden sind.70 Die Gütestellen unterliegen als Gremien der Ärztekammern der Aufsicht der jeweiligen obersten Landesgesundheitsbehörde.71 Die Statuten der Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen72 sind rechtlich als Satzung anzusehen, die von den Ärztekammern als Körperschaften des öffentlichen Rechts im Rahmen der gesetzlich verliehenen Autonomie zur Regelung 68
Die Schlichtungsstelle der norddeutschen Ärztekammern, die als gemeinsame Einrichtung mehrerer Landesärztekammern geschaffen wurde, ist eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR), Gesellschafter sind die neun Ärztekammern, vgl. Scheppokrat/Neu, VersR 2002, 397. Ausführlich zur Rechtsnatur der Stellen und der Verfahrensordnungen vgl. Laum/Smentkowski, Statut der Gutachterkommission Nordrhein, S. 10, 13; Laum, in: Wenzel, Handbuch FA Medizinrecht, Kap. 6 Rn. 8. 69 Vgl. Laum/Smentkowski, Statut der Gutachterkommission Nordrhein, S. 10, 16, mit dem Hinweis, dass dies auch durch die Bezeichnung „Gutachterkommission ‚bei’ der Ärztekammer“ deutlich wird. 70 So z.B. seit 1994 im Heilberufsgesetz des Landes Nordrhein Westfalen: § 6 Abs. 1 Nr. 9 HeilBerG NRW benennt die Errichtung von Stellen zur Begutachtung von Behandlungsfehlern als Aufgabe der Ärztekammer; § 8 HeilBerG NRW legt fest, dass die Stellen, soweit sie zur Begutachtung von Behandlungsfehlern als unselbständige Einrichtungen durch Satzung errichtet werden, zu regeln haben: 1. ihre Aufgaben, 2. die Voraussetzungen für ihre Tätigkeit, 3. ihre Zusammensetzung, 4. die Anforderungen an Sachkunde, Unabhängigkeit und Pflichten der Mitglieder, 5. das Verfahren einschließlich der Antragsberechtigung, 6. die Aufgaben des Vorsitzes, 7. die Berichterstattung im Rahmen des Geschäftsberichts der Kammer. Vgl. dazu auch Laum/Smentkowski, Statut der Gutachterkommission Nordrhein, S. 13; Tettinger, Kammerrecht, B III 2 f aa. 71 Für Nordrhein-Westfalen vgl. § 28 Abs. 1 HeilBerG NRW i.V.m. § 20 Abs. 1 LOG NRW. 72 Diese Satzungen werden unterschiedlich als Statut, Verfahrensordnung oder Satzung benannt. Sie werden in dieser Arbeit jedoch einheitlich als Statuten bezeichnet, dies entspricht der von den meisten Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen gewählten Benennung. Die Statuten finden sich unter Anhang B.
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2. Kap.: Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen
eigener Angelegenheiten erlassen worden sind.73 Sie werden von der Kammerversammlung beschlossen und vom zuständigen Landesminister genehmigt.
C. Unterschiede zwischen Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen In ihrer Konzeption haben sich die Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen immer mehr angeglichen, die Unterschiede in der Benennung sind kaum mehr begründet. Zwar weisen die Stellen grundsätzlich entsprechend ihrer Zielsetzung insbesondere in Bezug auf die abschließende Stellungnahme Unterschiede auf: Ziel des Verfahrens vor der Schlichtungsstelle ist die Feststellung, ob der wegen eines ärztlichen Behandlungsfehlers erhobene Schadensersatzanspruch des Patienten dem Grunde nach berechtigt ist. Entsprechend erfolgt ein konkreter Entscheidungsvorschlag an den Haftpflichtversicherer, ob ein Schaden reguliert werden soll, Vorschläge zur Höhe des Schadensausgleichs werden jedoch nicht gemacht.74 Dieses Konzept liegt darin begründet, dass die Schlichtungsstellen ursprünglich gemeinsam mit dem HUK-Verband errichtet wurden.75 Ziel der Gutachterkommissionen ist hingegen ausdrücklich allein die Feststellung eines Behandlungsfehlers und die Erstellung eines entsprechenden Gutachtens.76 Praktisch haben diese Unterschiede zwischen Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen heute keine Auswirkung mehr: Bei beiden Arten von Stellen liegt der Schwerpunkt in der ärztlichen Begutachtung77 und ein Schlichtungsversuch ist möglich,78 aber die Ausnahme.79 73
Laum, in: Wenzel, Handbuch FA Medizinrecht, Kap. 6 Rn. 8; Deutsch/Spickhoff, Medizinrecht, Rn. 421, sprechen von „Standesrecht minderen Grades“; Laum/Smentkowski, Statut der Gutachterkommission Nordrhein, S. 13, führen an, dass ein Streit um Rechte und Pflichten aus diesen Normen folglich eine Streitigkeit des öffentlichen Rechts ist, für die der Rechtsweg zu den Verwaltungsgerichten gegeben ist; vgl. auch VG Münster Rh. ÄBl. 1985, 1109. 74 Vgl. § 5 Abs. 3 Statut Norddt. SchlSt. und § 1 Statut Rheinland-Pfalz: Es erfolgt jeweils eine Stellungnahme zur Haftung dem Grunde nach und dann soweit ein Behandlungsfehler bejaht wird, ein entsprechender Entscheidungsvorschlag. 75 Die 1975 gegründete bayerische Schlichtungsstelle beruhte auf einer Vereinbarung mit dem HUK-Verband, diese wurde jedoch durch die Umwandlung in eine Gutachter- und Schlichtungsstelle (1998) und schließlich in eine Gutachterstelle (2000) aufgehoben. Auch in Sachsen wurde ursprünglich eine Schlichtungsstelle aufgrund einer Vereinbarung mit dem HUK-Verband tätig, auch hier erfolgte eine Umwandlung in eine Gutachterstelle (2002). 76 Vgl. § 2 Abs. 1 Statut Baden-Württemberg; § 1 Abs. 2 Statut Bayern; Präambel Statut Hessen; § 2 Abs. 1 Statut Nordrhein; § 2 Abs. 1 Statut Saarland; § 1 Abs. 1 Statut Sachsen; § 3 Abs. 1 Statut Westfalen-Lippe. 77 Weizel, Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen, S. 15, 17; Franzki, in: Arbeitsgemeinschaft Rechtsanwälte im Medizinrecht, Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen, S. 70; Weltrich, DRiZ 1996, 473; Bodenburg/Matthies, VersR 1982, 729; Doms, NJW 1981, 2489.
D. Personelle Besetzung der Gremien
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Diese Schwerpunktsetzung spiegelt sich auch in der Benennung der Stellen wider: Von den neun Gütestellen werden sechs in Form einer Gutachterkommission oder Gutachterstelle geführt.80 Als Schlichtungsstelle sind nur noch zwei Gütestellen organisiert.81 Teilweise bestehen Kombinationen in der Namensgebung.82 Einige Stellen haben in ihrer Entwicklungsgeschichte ihre Konzeption und Namensgebung geändert: Die bayerische Gütestelle wurde im Jahr 1975 als Schlichtungsstelle gegründet, im Jahr 1998 in eine Gutachter- und Schlichtungsstelle umgewandelt und wird seit dem Jahr 2000 als Gutachterstelle fortgeführt. Auch die sächsische Gütestelle wurde im Jahr 2002 von einer Schlichtungsstelle in eine Gutachterstelle umgewandelt. Diese Änderungen zeugen von der deutlichen Schwerpunktsetzung hinsichtlich der Begutachtung.
D. Personelle Besetzung der Gremien Aufbau und personelle Zusammensetzung der ärztlichen Gütestellen sind in den Statuten geregelt. Gemeinsam ist allen Stellen die ehrenamtliche Tätigkeit der Gremienmitglieder.83 Auch sind alle Stellen sowohl mit Ärzten als auch mit Juristen besetzt. Dies ist erforderlich, da Sachverhalte sowohl medizinisch begutachtet als auch haftungsrechtlich bewertet werden müssen und damit ein interdisziplinärer Klärungs- und Entscheidungsprozess vorzunehmen ist.84 Die Bestellung der Mitglieder erfolgt durch die jeweilige (Landes-)ärztekammer.85 78 Bei allen Gutachterkommissionen ist ein Schlichtungsvorschlag möglich: Vgl. § 7 Abs. 2 Statut Baden-Württemberg; § 6 Abs. 5 Statut Hessen; § 10 Abs. 5 Statut Nordrhein; § 2 Abs. 2 Statut Saarland; § 2 Statut Westfalen-Lippe. Auch bei den Schlichtungsstellen enthält der Entscheidungsvorschlag nur eine Stellungnahme zur Haftpflicht dem Grunde nach, und nur auf Wunsch der Beteiligten wird ein konkreter Vorschlag zur Streitbeseitigung unterbreitet: Vgl. § 5 Abs. 3 Statut Norddt. SchlSt.; § 1 Abs. 2 Statut Rheinland-Pfalz. 79 Weizel, Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen, S. 16, Fn. 72; Bodenburg/Matthies, VersR 1982, 729. 80 Gutachterkommission für Fragen ärztlicher Haftpflicht bei der Landesärztekammer Baden-Württemberg, Gutachterstelle für Arzthaftungsfragen bei der Bayerischen Ärztekammer, Gutachterkommission für ärztliche Behandlungsfehler bei der Ärztekammer Nordrhein, Gutachterkommission für Fragen ärztlicher Haftpflicht bei der Ärztekammer des Saarlandes, Gutachterstelle für Arzthaftungsfragen bei der Sächsischen Landesärztekammer, Gutachterkommission für ärztliche Haftpflichtfragen bei der Ärztekammer WestfalenLippe. 81 Schlichtungsstelle für Arzthaftpflichtfragen der norddeutschen Ärztekammern; Schlichtungsausschuss zur Begutachtung ärztlicher Behandlungen bei der Landesärztekammer Rheinland-Pfalz. 82 Gutachter- und Schlichtungsstelle für ärztliche Behandlungen im Bereich der Landesärztekammer Hessen. 83 § 4 Abs. 6 Statut Baden-Württemberg; § 4 Abs. 6 Statut Nordrhein; § 3 Statut Rheinland-Pfalz; § 4 Abs. 5 Statut Saarland; § 5 Abs. 2 Statut Westfalen-Lippe. 84 Vgl. Stegers, ZMGR 2006, 49, 51. 85 Z.B.: § 4 Abs. 1 Statut Nordrhein.
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2. Kap.: Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen
I. Unterschiede in der personellen Zusammensetzung In ihrer personellen Zusammensetzung unterscheiden sich die Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen. Ein Unterschied besteht hinsichtlich des Amts des Vorsitzenden: Bei den meisten Gütestellen hat dieses Amt ein Jurist mit Befähigung zum Richteramt inne,86 bei anderen Gütestellen ist diese Position mit einem Arzt besetzt.87 Unterschiede bestehen auch hinsichtlich der Anzahl der Mitglieder, diese variiert von zwei – also mindestens einem Juristen und einem Arzt – bis hin zu fünf Mitgliedern. Zusätzlich zu diesen Kernmitgliedern können nach alle Statuten in unterschiedlicher Form weitere Ärzte beigezogen werden. So ist gewährleistet, dass die Mitglieder im Einzelfall Mediziner aus dem Fachbereich des beschuldigten Arztes zu Rate ziehen können. In einigen Statuten ist vorgesehen, dass ein solcher Arzt, der demselben Fachgebiet angehört, als Mitglied des Entscheidungsgremiums zu bestimmen ist,88 nach anderen Statuten kann er jedenfalls beratend beigezogen werden.89 Eine Besonderheit hinsichtlich der Zusammensetzung besteht beim Schlichtungsausschuss zur Begutachtung ärztlicher Behandlungen bei der Landesärztekammer Rheinland-Pfalz, dort sind seit dem Jahr 2002 auch zwei Patientenvertreter Mitglieder des Ausschusses.90
II. Personelle Zusammensetzung der Gutachterkommission Nordrhein Die Gutachterkommission bei der Ärztekammer Nordrhein besteht aus einem Vorsitzenden, der die Befähigung zum Richteramt haben muss und vier qualifizierten Ärzten, jeweils aus den Fachbereichen Chirurgie, Innere Medizin, Pathologie und Allgemeinmedizin.91 Für weitere Fachgebiete können korrespondierende Mitglieder berufen werden.92 Einem Arzt ist als geschäftsführendem Kommissionsmitglied die Bearbeitung der medizinischen Fragen übertragen.93 Für jedes Mitglied der Kommission werden mehrere stellvertretende Mitglieder berufen, die 86
Vgl. § 4 Abs. 1 Nr. 1 Statut Baden-Württemberg; § 4 Abs. 2 Nr. 1 Statut Nordrhein; § 2 Statut Rheinland-Pfalz; § 4 Abs. 2 Statut Saarland; § 6 Abs. 1 Statut Westfalen-Lippe; § 4 Abs. 1 Statut Hessen: entweder Arzt oder Jurist als Vorsitzender. Bereits der 52. DJT hat sich dafür ausgesprochen, dass der Vorsitz einem Juristen eingeräumt wird, vgl. Verhandlungen des 52. DJT 1978, Abteilung Arztrecht, Beschlüsse, S. I 206; vgl. auch Steffen, Referat zum 52. DJT 1978, Abteilung Arztrecht, S. I 28. 87 § 2 Abs. 1 Statut Bayern; § 4 Abs. 1 Nr. 1 Statut Norddt. SchlSt.; § 2 Abs. 1 Statut Sachsen. 88 Z.B.: § 4 Abs. 2 Nr. 3 Statut Baden-Württemberg; § 2 Statut Rheinland-Pfalz; § 4 Abs. 2 Statut Saarland; § 6 Abs. 1 Statut Westfalen-Lippe. 89 Z.B.: § 2 Abs. 1 Statut Bayern; § 4 Abs. 3 Statut Nordrhein; § 2 Abs. 4 Statut Sachsen. 90 Vgl. dazu ausführlich Kap. 5 C. I. 1. a) cc), S. 118 f. 91 Vgl. § 4 Abs. 2 Statut Nordrhein. 92 Vgl. § 4 Abs. 3 Statut Nordrhein. 93 Vgl. § 5 Statut Nordrhein.
E. Verfahren
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als ständige Vertreter tätig sind.94 Deren Zuständigkeit ist durch einen Geschäftsverteilungsplan geregelt.95 Allein das geschäftsführende Kommissionsmitglied hat 17 Stellvertreter, zur Erstellung externer Gutachten arbeitet die Kommission mit über 200 Ärzten zusammen. 96 Problemfälle können dem Plenum der Gutachterkommission vortragen werden.97
E. Verfahren Die Verfahrensweise der Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen ist in den Statuten festgeschrieben.98 Die Einrichtung der Gütestellen ist eine landesgesetzlich normierte Aufgabe der Ärztekammern. Aus dieser föderativen Struktur ergibt sich eine unterschiedliche Ausgestaltung der Verfahren.99
I. Verfahrensprinzipien Trotz zahlreicher Unterschiede in den Verfahrensordnungen gelten einige Verfahrensprinzipien vor allen Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen gleichermaßen: Das Verfahren ist bestimmt durch den Grundsatz der Freiwilligkeit, der Unverbindlichkeit und der Gebührenfreiheit. 1. Freiwilligkeit des Verfahrens Eine Beteiligung am Verfahren steht dem Arzt und dem Patienten frei, ein Verfahren findet nur statt, wenn beide Seiten der Durchführung zustimmen.100 Vereinzelt wird die Zustimmung des Arztes zum Verfahren als Berufspflicht angesehen.101 Eine solche besteht jedoch weder nach den Kammergesetzen noch nach den Berufsordnungen der Ärzte. Eine Berufspflicht im Sinne einer aus dem materiellen Standesrecht abzuleitenden zwingenden Rechtspflicht besteht folglich nicht.102 Vereinzelt wird der Gedanke einer bloß moralisch wirkenden Standespflicht ange94
Vgl. § 4 Abs. 2 Statut Nordrhein. Dies entspricht dem Vorschlag von Stegers, ZMGR 2006, 49, 52: Die Besetzung der Kommission im jeweiligen Einzelfall sollte ähnlich den Bestimmungen über den gesetzlichen Richter abstrakt generell festgelegt sein, um Manipulationen auszuschließen. 96 Laum/Smentkowski, Statut der Gutachterkommission Nordrhein, S. 124 f. 97 Laum/Smentkowski, Statut der Gutachterkommission Nordrhein, S. 135. 98 Die Statuten finden sich unter Anhang B. 99 Vgl. zur Kritik an der unterschiedlichen Ausgestaltung insbesondere Kap. 5 D., S. 124 ff. 100 § 3 Abs. 1 Statut Baden-Württemberg; § 4 Abs. 4 Statut Bayern; § 1 Abs. 3 Statut Hessen; § 2 Abs. 2 d Statut Norddt. SchlSt.; § 6 Statut Rheinland-Pfalz; § 3 Abs. 2 Statut Saarland; § 4 Abs. 2 Statut Sachsen; § 4 Abs. 1 Statut Westfalen-Lippe. 101 Kohnle, DRiZ 1983, 140, 141. 102 Laum/Smentkowski, Statut der Gutachterkommission Nordrhein, S. 16; Weizel, Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen, S. 70; Stegers, ZMGR 2006, 49, 52. 95
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2. Kap.: Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen
bracht,103 jedoch widerspräche auch eine so hergeleitete Verpflichtung dem Freiwilligkeitsgrundsatz.104 Eine irgendwie geartete Pflicht zur Zustimmung zum Verfahren besteht damit für den Arzt nicht.105 Er hat jedoch innerhalb einer angemessenen Frist zu erklären, ob er an dem Verfahren teilnehmen möchte oder nicht.106 In der Praxis ist die Zahl der Fälle, in denen der Arzt die Zustimmung zum Verfahren verweigert, sehr gering.107 a) Streitwertbedingte obligatorische Schlichtungsverfahren Für bestimmte Fallkonstellationen ist in Zivilverfahren gem. § 15 a EGZPO in Verbindung mit den Landesgesetzen eine Durchführung außergerichtlicher Schlichtungsverfahren gesetzlich vorgeschrieben. Auch für Arzthaftungsverfahren kann sich eine Pflicht zur Durchführung eines außergerichtlichen Einigungsversuchs nach § 15 a Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EGZPO ergeben, wenn der Streitwert weniger als 750 Euro beträgt. Ein solcher Einigungsversuch kann auch vor den Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen der Ärztekammern durchgeführt werden: Nach § 15 a Abs. 3 S. 1 EGZPO ist ein Einigungsversuch vor einer sonstigen Gütestelle möglich, sonstige Gütestellen sind dabei nach § 15 a Abs. 3 S. 2 EGZPO auch branchengebundene Gütestellen und damit die Gütestellen bei den Ärztekammern.108 Fälle, in denen bei Arzthaftungssachen der Streitwert unter 750 Euro liegt, sind jedoch sehr selten, typischerweise bestehen hier sehr viel höhere Streitwerte.109 Es werden daher nur äußerst wenige Arzthaftungsklagen von § 15 a EGZPO berührt.110
103
Vgl. ausführlich Weizel, Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen, S. 70 f., die eine solche Standespflicht jedoch im Ergebnis ablehnt; so wohl auch Ratajczak/Stegers, Medizinhaftpflichtschäden, Rn. 95. 104 Weizel, Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen, S. 74; Stegers, ZMGR 2006, 49, 52. 105 Laum/Smentkowski, Statut der Gutachterkommission Nordrhein, S. 16; Weizel, Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen, S. 74; Stegers, ZMGR 2006, 49, 52; RumlerDetzel, VersR 1988, 6. 106 Vgl. Laum/Smentkowski, Statut der Gutachterkommission Nordrhein, S. 119. Diese Erklärungspflicht ist von der Ärztekammer Nordrhein in Einzelfällen berufsrechtlich durchgesetzt worden: Heilberufsgericht Köln, Rh. ÄBl. 1991, 67. 107 Vgl. Laum/Smentkowski, Statut der Gutachterkommission Nordrhein, S. 16, die dies auf das Verantwortungsgefühl der Ärzte und das ärztliche Berufsverständnis zurückführen; vgl. auch Fitting, in: Arbeitsgemeinschaft Rechtsanwälte im Medizinrecht, Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen, S. 48. 108 BT-Drucks. 14/980 S. 7 f.; Soergel/Spickhoff, § 823 Anh I Rn. 269; Zöller/Gummer, § 15a EGZPO Rn. 21. 109 Angaben zum durchschnittlichen Schadensaufwand bei Lutterbeck, in: Wenzel, Handbuch FA Medizinrecht, Kap. 5 B, Rn. 93 u. Abb. 1. 110 Laum/Smentkowski, Statut der Gutachterkommission Nordrhein, S. 17.
E. Verfahren
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b) Vorteile des freiwilligen Schlichtungsverfahrens Abgesehen von den streitwertbedingten Ausnahmefällen ist ein außergerichtlicher Schlichtungsversuch in Arzthaftungsstreitigkeiten freiwillig. Zwar wurde vereinzelt die Begründung einer Pflicht zur Durchführung eines Schlichtungsverfahrens in Arzthaftungssachen unabhängig vom Streitwert angedacht.111 Von der absolut vorherrschenden Meinung wird ein solches obligatorisches Verfahren auf diesem Rechtsgebiet jedoch eindeutig und zu Recht abgelehnt.112 aa) Vergleichsbereitschaft der Parteien Gerade die freie und gemeinsame Entscheidung von Arzt und Patient zur Durchführung eines Verfahrens vor den Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen trägt wesentlich zu den Erfolgen dieser außergerichtlichen Verfahren bei.113 Müsste das Verfahren zwangsweise durchgeführt werden, wäre es in vielen Fällen mangels Vergleichsbereitschaft zum Scheitern verurteilt und so ein lediglich prozessverzögernder Umweg.114 Diese Argumentation lässt sich einordnen in die allgemein gegen eine Verpflichtung zur Durchführung eines Schlichtungsverfahrens angeführten Bedenken: Oftmals wird vorgebracht, dass obligatorische außergerichtliche Streitschlichtung zur Erzielung hochwertiger Ergebnisse nicht geeignet ist.115 Schlichtung könne nur dann zielführend sein, wenn sie auf einer freiwilligen Mitwirkung der Parteien mit entsprechender Einigungsbereitschaft beruht.116 An die Stelle von Zwang sollte vielmehr Motivation zu einer konsensualen Konfliktbewältigung treten.117 bb) Vereinbarkeit mit verfassungsrechtlichen Grundsätzen In der allgemeinen Diskussion um obligatorische Schlichtungsverfahren werden auch verfassungsrechtliche Bedenken vorgebracht.118 Diskutiert wird die Vereinbarkeit mit Art. 92 GG, wonach die rechtsprechende Gewalt den Richtern anver111
Macke, in: FS Steffen, S. 301; Wagner, JZ 1998, 836, 837; so wohl auch die Deutsche Gesellschaft für Medizinrecht e.V., in: Laufs u.a., Entwicklung der Arzthaftung, S. 352. 112 Laum, in: Wenzel, Handbuch FA Medizinrecht, Kap. 6 Rn. 14; Laum/Smentkowski, Statut der Gutachterkommission Nordrhein, S. 16 f.; Eberhardt, Selbstverständnis, Anspruch und Verfahrenspraxis, S. 95 ff. u. 379; Taupitz, ZRP 1997, 161, 164; Weltrich, DRiZ 1996, 473. 113 Laum/Smentkowski, Statut der Gutachterkommission Nordrhein, S. 16; vgl. auch Scheppokrat/Neu, VersR 2002, 397, 403. 114 Taupitz, ZRP 1997, 161, 164. 115 Katzenmeier, ZZP 115 (2002), 51, 86, 88; Stickelbrock, JZ 2002, 633, 637; Schuster, in: Blankenburg/Gottwald/Strempel, Alternativen in der Ziviljustiz, S. 194. 116 Stickelbrock, JZ 2002, 633, 637 f.; Stadler, NJW 1998, 2479, 2482; Greger, ZRP 1998, 183, 194. 117 Katzenmeier, ZZP 115 (2002), 51, 86, 88. 118 Prütting, Referat zum aktuellen Forum Verfahrensrecht, DJT 1998, O 11, O 31; ders. in: Prütting, Außergerichtliche Streitbeilegung, Rn. 57 ff., jeweils hinsichtlich § 15 a EGZPO.
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2. Kap.: Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen
traut ist.119 Auch hinsichtlich des Justizgewährungsanspruchs wird eine gesetzlich geregelte Pflicht zur Durchführung eines Schlichtungsverfahrens als bedenklich angesehen, da so der aus dem Rechtsstaatsprinzip i.V.m. Art. 19 Abs. 4 GG, Art. 103 Abs. 1 GG abzuleitende garantierte Zugang zu Gericht eingeschränkt sein könnte.120 Diese allgemein zur außergerichtlichen Streitbeilegung angeführten verfassungsrechtlichen Bedenken sprechen auch in Arzthaftungssachen gegen die Einführung eines obligatorischen Schlichtungsverfahrens.121 Dies gilt insbesondere, da diese Stellen nur begrenzte Erkenntnismöglichkeiten haben, sie können nicht über die Beweiskraft von Urkunden, über den Wahrheitsgehalt einer Aussage oder die Glaubwürdigkeit einer Person befinden.122 Auch aufgrund der in Einzelfällen bestehenden Zweifel an Qualifikation, Unabhängigkeit und Unparteilichkeit der Mitglieder sind die Schlichtungsverfahren nur als freiwillige Alternative zum staatlichen Rechtsschutz zu befürworten.123 cc) Schutz vor Überlastung der außergerichtlichen Stellen Speziell hinsichtlich der Verfahren vor den ärztlichen Gütestellten lassen sich auch rein praktische Gründe anbringen: Die Einführung eines obligatorischen Schlichtungsverfahrens brächte eine drastische Steigerung des Geschäftsanfalls für die Einrichtungen mit sich. Die Arbeit der Stellen in der bisherigen Form, die durch Tätigkeit ehrenamtlicher Mitglieder und Sachverständiger geprägt ist, wäre dann nicht mehr möglich. Der Einsatz hauptamtlicher und vollzeitbeschäftigter Kräfte würde jedoch zu einem enormen Anstieg der Verfahrenskosten führen, die Stellen könnten dann nicht mehr billiger arbeiten als rationell organisierte Gerichte.124
119 Prütting, in: Prütting, Außergerichtliche Streitbeilegung, Rn. 69, der im Ergebnis eine Vereinbarkeit bejaht, da bei außergerichtlicher Streitschlichtung der Schlichter keine Entscheidungskompetenz hat, sondern allein auf die Herstellung eines Konsenses zwischen den Parteien hinzuwirken hat. 120 Prütting, Referat zum aktuellen Forum Verfahrensrecht, DJT 1998, O 11, O 31; ders., in: Prütting, Außergerichtliche Streitbeilegung, Rn. 60, der eine Verletzung im Ergebnis aber ablehnt, da ein Vorverfahren lediglich eine zeitliche Verzögerung bedinge. 121 Taupitz, ZRP 1997, 161, 164. 122 Stegers, ZMGR 2006, 49, 52. 123 So Raiser, Rechtssoziologie S. 291, zu der allgemeinen Diskussion um obligatorische Schlichtungsverfahren. Zu den Zweifeln an Qualifikation, Unabhängigkeit und Unparteilichkeit einzelner Mitglieder vgl. ausführlich Kap. 5 A. II., S. 91 ff. 124 Laum/Smentkowski, Statut der Gutachterkommission Nordrhein, S. 17.
E. Verfahren
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c) Ergebnis Aufgrund der angeführten Gründe ist der Grundsatz der Freiwilligkeit der Schlichtungsverfahren in Arzthaftungssachen unabdingbar.125 Ein Zwang zur Durchführung eines Verfahrens vor den Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen wäre nicht mit dem Zweck einer einvernehmlichen Konfliktbeseitigung vereinbar, wäre in der derzeitigen Organisation der Stellen nicht praktikabel und liefe zudem auf einen Verlust an Rechtsstaatlichkeit hinaus. 2. Unverbindlichkeit Weiterer Grundsatz der Verfahren vor den ärztlichen Gütestellen ist deren Unverbindlichkeit. In den Statuten ist geregelt, dass durch das Verfahren der Rechtsweg nicht ausgeschlossen wird.126 Rechtlich hat die Entscheidung der außergerichtlichen Stellen für die Gerichte keine Bindungswirkung.127 Vereinzelt wird die Möglichkeit einer Erweiterung der Funktion der außergerichtlichen Schlichtungsverfahren aufgezeigt: Angedacht wird, die Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen mit verbindlichen Funktionen und dem Abschluss durch einen verbindlichen außergerichtlichen Gutachterspruch in das System der Schadensregulierung einzubeziehen.128 Die Stellen könnten so Teil eines partiell privatisierten Verfahrens der Schadensregulierung werden, das durch eine gerichtliche Berufungs- und Revisionsinstanz abgeschlossen würde. Dazu müssten die Verfahren jedoch gerichtsähnlich zugangs- und verfahrensmäßig organisiert werden. Ihr Status und ihre Funktion, die bisher nicht schadensregulierend ist, die Beteiligungsrechte sowie die Trägerschaft wären zu reformieren.129 Insgesamt wird diese Funktionserweiterung zu Recht als diskussionsbedürftig angesehen.130 Derzeit ist sie wohl kaum praktikabel. 125 So auch Deutsch/Matthies, Arzthaftungsrecht, Gutachter- und Schlichtungsstellen, S. 110; Laum/Smentkowski, Statut der Gutachterkommission Nordrhein, S. 17; Stegers, ZMGR 2006, 49, 52; Taupitz, ZRP 1997, 161, 164. 126 § 1 Abs. 2 Statut Bayern; § 11 Statut Hessen; § 7 Statut Norddt. SchlSt.; § 8 Statut Rheinland-Pfalz; § 7 Abs. 3 Statut Saarland; § 1 Abs. 4 Statut Sachsen. 127 Die ärztlichen Gütestellen sind keine Schiedsgerichte i.S.v. §§ 1025 ff. ZPO, vgl. dazu Soergel/Spickhoff, § 823 Anh I Rn. 267; Ulsenheimer, in: Laufs/Uhlenbruck, Handbuch des Arztrechts, § 113 Rn. 7; Deutsch/Spickhoff, Medizinrecht, Rn. 425; Henschel, Schlichtungs- und Gutachterstellen, S. 114 ff. Zu einer faktischen Bindungswirkung der außergerichtlichen Bescheide vgl. Kap. 4 C. II., S. 83 f. 128 Francke/Hart, Charta der Patientenrechte, S. 246, die hierin ein völlig neues Modell außergerichtlicher Streitschlichtungsverfahren in Arzthaftungssachen sehen, dies aber für diskussionsbedürftig halten; dies., in: Badura/Hart/Schellschmidt, Bürgerorientierung des Gesundheitswesens, S. 209; Stegers, ZMGR 2006, 49, 56. 129 Francke/Hart, Charta der Patientenrechte, S. 246; dies., in: Badura/Hart/Schellschmidt, Bürgerorientierung des Gesundheitswesens, S. 209; Stegers, ZMGR 2006, 49, 56, führt an, dass Möglichkeiten zur Ladung von Zeugen, zur mündlichen Verhandlung und zur Sanktion bei Verletzung der Prozessförderungspflicht gewährleistet werden müssten. 130 Francke/Hart, Charta der Patientenrechte, S. 246; dies., in: Badura/Hart/Schellschmidt, Bürgerorientierung des Gesundheitswesens, S. 209.
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2. Kap.: Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen
3. Gebührenfreiheit Das Verfahren vor den Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen ist für die Beteiligten grundsätzlich kostenfrei.131 Nur in wenigen Statuten ist festgelegt, dass im Falle eines Antrags zur Einholung eines Sachverständigengutachtens seitens der Beteiligten der Antragstellende die dadurch entstehenden Kosten selbst tragen muss.132 Dies stellt jedoch eine Ausnahme dar. Finanziert wird das Verfahren grundsätzlich durch die Kammern und damit durch die Kammerbeiträge der Ärzte.133 Um die Kosten möglichst niedrig zu halten, werden die Mitglieder der Stellen ehrenamtlich tätig.134 In einigen Statuten ist eine Kostenbeteiligung durch die Haftpflichtversicherer vorgesehenen.135 Dieses Kostendeckungsprinzip ist bezogen auf die derzeitige Organisation der Gütestellen zu befürworten, denn eine Aufteilung der Aufwendungen zwischen Arzt und Patient im jeweiligen Fall würde zwangläufig eine Zulassungshürde schaffen.136 Die Gebührenfreiheit für die Beteiligten ist damit ein wesentlicher Vorteil des Verfahrens bei den ärztlichen Gütestellen.137 Zwar betrifft sie nur die Verfahrensgebühren, die außerverfahrensmäßigen Kosten, insbesondere die An-
131
§ 8 Abs. 1 Statut Baden-Württemberg; § 5 Abs. 1 Statut Bayern; § 9 Statut Hessen; § 6 Abs. 1 Statut Norddt. SchlSt.; § 11 Abs. 2 Statut Nordrhein; § 11 Statut Rheinland-Pfalz; § 8 Abs. 2 Statut Saarland; § 6 Abs. 1 Statut Sachsen; § 9 Abs. 2 Statut Westfalen-Lippe. 132 § 8 Abs. 1 Statut Baden-Württemberg; § 8 Abs. 2 Statut Saarland; § 9 Statut Hessen sieht vor, dass die Kosten, die von Dritten für das Zur-Verfügung-Stellen von Krankenunterlagen o.ä. gefordert werden dürfen, von den Beteiligten zu tragen sind. 133 § 5 Abs. 3 Statut Bayern; § 9 Statut Hessen; § 6 Abs. 1 Statut Norddt. SchlSt.; § 11 Abs. 1 Statut Nordrhein; § 8 Abs. 1 Statut Saarland; § 6 Abs. 4 Statut Sachsen; § 9 Abs. 1 Statut Westfalen-Lippe. 134 § 4 Abs. 6 Statut Baden-Württemberg; § 4 Abs. 6 Statut Nordrhein; § 3 Statut Rheinland-Pfalz; § 4 Abs. 5 Statut Saarland; § 5 Abs. 2 Statut Westfalen-Lippe. 135 Vgl. dazu Kap. 2 F. IV. 2., S. 35 f. 136 Stegers, ZMGR 2006, 49, mit dem Hinweis, dass man dies sozial auffangen könnte, indem man eine dem Prozesskostenhilfeverfahren ähnliche Vorprüfung durchführt oder eine Stiftungslösung anstrebt, bei der die gesetzlichen und privaten Krankenkassen sowie Beihilfeträger, Haftpflichtversicherer, Ärztekammern und Länder Gelder bereitstellen. Zu Recht führt Stegers jedoch an, dass beide Varianten derzeit kaum praktikabel sind. 137 Sachverständigenrat für die konzertierte Aktion im Gesundheitswesen, Gutachten 2003 I, in: BT-Drucks. 15/530, S. 168 (Der Sachverständigenrat wurde 1985 als „Sachverständigenrat für die konzertierte Aktion im Gesundheitswesen“ geschaffen und mit Inkrafttreten des GKV-Modernisierungsgesetzes zum 1.1.2004 umbenannt in „Sachverständigenrat zur Begutachtung der Entwicklung im Gesundheitswesen“. Aufgabe des interdisziplinär besetzten Gremiums ist die Erstellung von Gutachten zur gesundheitlichen Versorgung und ihren medizinischen und wirtschaftlichen Auswirkungen. Der Sachverständigenrat hat sich insbes. im Jahresgutachten 2003 auch mit der Arbeit der Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen beschäftigt.); Deutsch/Spickhoff, Medizinrecht, Rn. 419, 423; Ulsenheimer, in: Laufs/Uhlenbruck, Handbuch des Arztrechts, § 113 Rn. 14; Bergmann, Arzthaftung, S. 161; Prütting, in: Jung, Alternativen zur Strafjustiz, S. 245, 253; Eberhardt, NJW 1986, 747, 752.
E. Verfahren
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waltskosten sind hingegen von den Parteien selbst zu tragen.138 Dennoch ergibt sich für die Beteiligten die Möglichkeit einer medizinischen und rechtlichen Prüfung ihres Falls mit im Vergleich zu einem gerichtlichen Verfahren deutlich geringeren Gesamtkosten.139
II. Verfahrenshindernisse In seltenen Fällen kann es vorkommen, dass ein Antrag nicht zur Sachentscheidung angenommen wird. Dies ist der Fall, wenn die angerufene Stelle örtlich nicht zuständig ist. Zuständig ist immer die Gütestelle der Ärztekammer, bei der der beschuldigte Arzt Mitglied ist. Fehlt es an dieser Zuständigkeit, werden die Anträge entweder mit Hinweis auf die örtlich zuständige Stelle zurückgewiesen oder direkt an diese abgegeben.140 Des Weiteren sind in den Statuten Verfahrenshindernisse festgelegt: Ein Verfahren findet nicht statt, wenn bereits ein rechtskräftiges Urteil ergangen ist, ein zivil- oder strafgerichtliches Verfahren oder ein staatsanwaltliches Ermittlungsverfahren anhängig ist oder wenn der Streitgegenstand durch Vergleich erledigt wurde.141 Wird ein solches Verfahren nach Anrufen der Gütestelle eingeleitet, kann diese ihr Verfahren einstellen. Ein Verfahrenshindernis besteht auch, wenn der behauptete Behandlungsfehler zum Zeitpunkt der Antragsstellung mehr als fünf Jahre zurückliegt.142 Weitere Ausschlussgründe sind nach einigen Statuten die Geringfügigkeit der Beeinträchtigung des Patienten,143 eine Geltendmachung von Schäden im Zusammenhang mit ärztlichen Gutachten144 sowie die Möglichkeit einer Geltendmachung von Ansprüchen aus Amtshaftung.145
138
Ausführlich zur Kostenproblematik vgl. Kap. 2 G. III., IV., S. 40 ff. In einem Gerichtsverfahren ist zudem für den Patienten streitwertbedingt das finanzielle Kostenrisiko umso höher, je größer der Gesundheitsschaden ist. Dieses Problem wird erkannt in BT-Drucks. 13/11452, S. 25 f., jedoch als Ausfluss eines grundsätzlich gerechten Wertgebührensystems angesehen. 140 Laum/Smentkowski, Statut der Gutachterkommission Nordrhein, S. 47; Weizel, Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen, S. 22. 141 § 3 Abs. 2 Statut Baden-Württemberg; § 4 Abs. 1 Statut Bayern; § 2 Statut Hessen; § 2 Statut Norddt. SchlSt.; § 3 Abs. 4 Statut Nordrhein; § 7 Statut Rheinland-Pfalz; § 3 Abs. 5 Statut Saarland; § 1 Abs. 5 Statut Sachsen; § 4 Abs. 4 Statut Westfalen-Lippe. 142 Vgl. § 3 Abs. 2 c Statut Baden-Württemberg; § 4 Abs. 1 Statut Bayern; § 2 Abs. 5 Statut Hessen (hier ist ein Verfahren möglich, wenn beide Parteien ihr Einverständnis erklären); § 3 Abs. 5 Statut Nordrhein; § 7 Statut Rheinland-Pfalz (vier Jahre); § 3 Abs. 5 Statut Saarland; § 4 Abs. 4 Statut Westfalen-Lippe. 143 Vgl. § 4 Abs. 1 Statut Bayern; § 2 Abs. 6 Statut Hessen; § 7 Statut Rheinland-Pfalz; § 3 Abs. 5 Statut Saarland; § 4 Abs. 5 Statut Sachsen. 144 § 3 Abs. 2 e Statut Baden-Württemberg; § 4 Abs. 1 Statut Bayern; § 3 Abs. 5 d Statut Saarland; § 4 Abs. 4 d Statut Westfalen-Lippe. 145 § 3 Abs. 2 f Statut Baden-Württemberg; § 4 Abs. 4 e Statut Westfalen-Lippe. 139
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2. Kap.: Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen
III. Verfahrensablauf Unterschiede im Verfahrensablauf der einzelnen Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen waren und sind Anlass zur Kritik.146 Trotz dieser Unterschiede sind bei allen Stellen Gemeinsamkeiten hinsichtlich der Verfahrensweise festzustellen. 1. Antrag Bei allen Gütestellen wird das Verfahren durch einen schriftlichen Antrag des Patienten oder des Arztes eingeleitet.147 In der Praxis ist eine Antragstellung durch einen Arzt äußerst selten.148 Die formellen Anforderungen sind nicht sehr hoch, auch ein laienhaft und unzureichend vorgebrachter Antrag des Patienten ist ausreichend.149 Darzulegen ist allerdings der konkrete Gesundheitsschaden.150 Durch diese insgesamt niedrigen Anforderungen soll dem Patienten als medizinischem Laien, der oft Einzelheiten des Behandlungsverlaufs nicht kennt, eine Antragsbegründung erleichtert werden. Ihm wird insgesamt die Substantiierungslast genommen.151 Der jeweilige Antragsgegner muss seine Zustimmung erteilen.152
146
Vgl. dazu insbesondere Kap. 5 D., S. 124 ff. § 3 Abs. 1 Statut Baden-Württemberg; § 4 Abs. 2 Statut Bayern; § 1 Abs. 1 Statut Hessen; § 2 Statut Norddt. SchlSt.; § 3 Statut Nordrhein; § 6 Statut Rheinland-Pfalz; § 3 Abs. 3 Statut Saarland; § 4 Abs. 1 Statut Sachsen; § 4 Abs. 1 Statut Westfalen-Lippe. Ist der Patient verstorben sind nach einigen Statuten auch dessen Erben antragsberechtigt, vgl. § 3 Abs. 1 Statut Baden-Württemberg; § 1 Abs. 1 Statut Hessen; § 2 Abs. 2 Statut Nordrhein; § 6 Statut Rheinland-Pfalz; § 3 Abs. 3 Statut Saarland; § 4 Abs. 1 Statut Westfalen-Lippe. 148 Weizel, Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen, S. 22; Bergmann, Arzthaftung, S. 160. 149 Laum, in: Wenzel, Handbuch FA Medizinrecht, Kap. 6 Rn. 25; Laum/Smentkowski, Statut der Gutachterkommission Nordrhein, S. 48 f.; Rumler-Detzel, in: Arbeitsgemeinschaft Rechtsanwälte im Medizinrecht, „Waffen-Gleichheit“, S. 103, sieht hierin ein Mittel zur Sicherung der Chancengleichheit im außergerichtlichen Verfahren. 150 Laum/Smentkowski, Statut der Gutachterkommission Nordrhein, S. 49; Weltrich, in: Arbeitsgemeinschaft Rechtsanwälte im Medizinrecht, Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen, S. 107. 151 Sachverständigenrat für die konzertierte Aktion im Gesundheitswesen, Gutachten 2003 I, in: BT-Drucks. 15/530, S. 165; Weltrich, DRiZ 1996, 473, 474. 152 § 3 Abs. 1 Statut Baden-Württemberg; § 4 Abs. 4 Statut Bayern; § 1 Abs. 3 Statut Hessen; § 2 Abs. 2 d Statut Norddt. SchlSt.; Laum/Smentkowski, Statut der Gutachterkommission Nordrhein, S. 16; § 6 Statut Rheinland-Pfalz; § 3 Abs. 2 Statut Saarland; § 4 Abs. 2 Statut Sachsen; § 4 Abs. 1 Statut Westfalen-Lippe. 147
E. Verfahren
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2. Sachprüfung und Sachverhaltsermittlung Die Sachverhaltsermittlung und Sachprüfung hat nach allen Statuten durch die Stellen zu erfolgen.153 Dies dient der „Waffengleichheit“ in der rechtlichen Auseinandersetzung zwischen medizinischen Laien und Ärzten.154 Bei der Sachverhaltsermittlung gehen die Stellen zum Teil unterschiedlich vor. Im Einzelnen erfolgt die Sachprüfung durch das Einholen von Stellungnahmen der Beteiligten,155 durch das Sichten von Unterlagen, ärztlichen Dokumentationen sowie medizinischen Befunden,156 ggf. durch eine Erörterung des Sachverhalts in den Sitzungen der Gremien157 und durch eine grundsätzlich schriftliche und nur in Ausnahmefällen mündliche Erörterung des Geschehens mit den Beteiligten.158 Wesentlicher Bestandteil ist das Einholen von Sachverständigengutachten.159 Alle Stellen sind zwar mit fachkundigen Ärzten besetzt, trotzdem besteht die Möglichkeit, externe Gutachten einzuholen. Eine solche Begutachtung trägt wesentlich zur Aufklärung des Behandlungsgeschehens bei.160 Ein externer Gutachter ist als Sachverständiger vertraglich primär der Gütestelle als Auftraggeber verpflichtet.161 Nach einigen Statuten ist die Beauftragung externer Gutachter der Regelfall, nach anderen Statuten ist eine solche Beauftragung nur für Fälle vorgesehen, in denen die Stelle ein 153
Vgl. § 6 Abs. 1 Statut Baden-Württemberg; § 4 Abs. 5 Statut Bayern; § 6 Abs. 4 Statut Hessen; § 3 Abs. 1 Statut Norddt. SchlSt.; § 6 Abs. 1 Statut Nordrhein; § 6 Abs. 1 Statut Saarland; § 7 Abs. 1 Statut Westfalen-Lippe. 154 Neu, in: Protokoll Arbeitskreis „Ärzte und Juristen“, S. 3; Matthies, Schiedsinstanzen, S. 177; a.A. Kranich/Henkel, in: Kranich/Böcken, Patientenrechte, S. 160, die unter Bezugnahme auf eine Studie der Verbraucherschutzzentrale Hamburg anführen, die Tatsachen würden in der Praxis nicht ausreichend ermittelt. Skeptisch auch Eberhardt, in: Arbeitsgemeinschaft Rechtsanwälte im Medizinrecht, Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen, S. 67, mit dem Hinweis, dass die Stellen keine hinreichende Aufklärung übernehmen; geprüft würden allein die vom Patienten erhobenen Vorwürfe, Hinweise auf einen anderen Ansatzpunkt seitens der Stellen seien selten. 155 Z.B.: § 5 Abs. 3 Statut Baden-Württemberg; § 5 Abs. 3 Statut Nordrhein; § 5 Abs. 3 Statut Saarland; § 6 Abs. 3 Statut Westfalen-Lippe. 156 § 5 Abs. 1 Statut Hessen; § 3 Abs. 1, Abs. 2 Statut Norddt. SchlSt.; § 6 Abs. 3 Statut Westfalen-Lippe. 157 Z.B.: § 5 Abs. 3 Statut Nordrhein; § 4 Statut Rheinland-Pfalz. 158 Vgl. hierzu ausführlich Kap. 5 B. II., S. 107 ff. 159 Vgl. § 6 Abs. 3 Statut Baden-Württemberg; § 4 Abs. 6 Statut Bayern; § 5 Abs. 2 Statut Hessen; § 5 Abs. 2 Statut Norddt. SchlSt.; § 6 Abs. 2 Statut Nordrhein; § 4 Statut Rheinland-Pfalz; § 6 Abs. 3 Statut Saarland; § 5 Abs. 1 Statut Sachsen. 160 Die ärztliche Begutachtung wird definiert als Anwendung medizinischer Erkenntnisse auf einen Einzelfall hinsichtlich einer bestimmten Fragestellung, vgl. Ratzel/Lippert, MBO, § 25 Rn. 3. 161 OLG Köln GesR 2006, 93. Zum Begriff des Sachverständigen vgl. Rosenberg/Schwab/ Gottwald, Zivilprozessrecht, § 120 Rn. 1; Schlund, in: Ehlers, Medizinisches Gutachten im Prozess, Rn. 16. Der Sachverständige haftet seinem Vertragspartner auf Erfüllung des Werkvertrags, vgl. Ratzel/Lippert, MBO, § 25 Rn. 29. § 839 a BGB findet hingegen wohl keine Anwendung auf die Gutachter der Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen, vgl. Tätigkeitsbericht der BÄK 2002/2003, Kap. 7.
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2. Kap.: Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen
solches Gutachten nicht eigenständig und kommissionsintern erstellen kann. Bei einigen Stellen besteht die Möglichkeit, problematische Fälle in Konferenzen oder Plenumssitzungen mit einem großen Fachpublikum interdisziplinär zu erörtern.162 3. Beschlussfassung und abschließender Bescheid Hinsichtlich der Beschlussfassung bestehen wesentliche Unterschiede im Verfahrensablauf. Bei vielen Stellen erfolgt diese im Wege eines zweistufigen Verfahrensaufbaus: Die Beteiligten erhalten im Anschluss an eine einfache Sachverhaltsprüfung einen Vorbescheid/Erstbescheid.163 Innerhalb einer bestimmten Frist nach Erhalt dieses Bescheides besteht die Möglichkeit zum Widerspruch. Falls ein solcher vorgebracht wird, kommt es zu einer Beschlussfassung durch die jeweiligen Gremien in ihrer Gesamtbesetzung. Bei einigen Stellen ist in den Statuten ein einstufiger Verfahrensaufbau ohne Widerspruchsmöglichkeit vorgesehen.164 Den Abschluss des Verfahrens bildet ein abschließender Bescheid oder ein abschließendes Gutachten hinsichtlich des Vorliegens eines Behandlungsfehlers und eines dadurch entstandenen Schadens beim Patienten.165 Darüber hinaus besteht die Möglichkeit, in geeigneten Fällen einen Schlichtungsversuch zu unternehmen.166
162
Bei der Gutachterkommission Nordrhein werden ausgewählte Fälle in monatlich stattfindenden Plenarsitzungen vorgetragen, vgl. Laum/Smentkowski, Statut der Gutachterkommission Nordrhein, S. 135. Bei der norddeutschen Schlichtungsstelle wird ein Teil der Fälle in einer wöchentlichen Konferenz (regelmäßig 4 Juristen, 25 Ärzte) vorgetragen, vgl. Scheppokrat/Neu VersR 2001, 23, 27. 163 § 5 Abs. 4 Statut Baden-Württemberg; § 5 Abs. 5 Statut Hessen; § 5 Abs. 4 Statut Nordrhein; § 5 Abs. 4 Statut Saarland; ähnlich die Konzeption der Norddt. SchlSt., wo kein Erstbescheid ergeht, die Beteiligten jedoch das eingeholte Sachverständigengutachten zur Kenntnis erhalten und zeitlich vor einem Schlichtungsvorschlag Stellung nehmen können, § 5 Abs. 2 Norddt. SchlSt. 164 Zur Kritik an einem solchen Verfahrensaufbau ohne Widerspruchsmöglichkeit vgl. Kap. 5 B. II. 3., S. 113 f. 165 Vgl. § 7 Abs. 1 Statut Baden-Württemberg; § 4 Abs. 8 Statut Bayern; § 6 Abs. 6 Statut Hessen; § 5 Abs. 3 Statut Norddt. SchlSt.; § 10 Abs. 1 Statut Nordrhein; § 8 Statut Rheinland-Pfalz; § 7 Abs. 1 Statut Saarland; § 4 Abs. 3 Statut Sachsen; § 8 Abs. 2 Statut Westfalen-Lippe. 166 § 7 Abs. 2 Statut Baden-Württemberg; § 6 Abs. 5 Statut Hessen; § 5 Abs. 3 Statut Norddt. SchlSt.; § 10 Abs. 5 Statut Nordrhein; §§ 1 Abs. 2, 8 Statut Rheinland-Pfalz; § 2 Abs. 2 Statut Saarland; §§ 2, 8 Abs. 3 Statut Westfalen-Lippe.
E. Verfahren
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4. Verfahren bei der Gutachterkommission Nordrhein Beispielhaft sei der Verfahrensablauf vor der Gutachterkommission Nordrhein ausführlicher dargestellt:167 Stellt ein Patient einen Antrag bei der Kommission, so hat er zunächst den beschuldigten Arzt sowie die vor- und nachbehandelnden Ärzte zu benennen und von ihrer Schweigepflicht zu befreien. Der beschuldigte Arzt bekommt Gelegenheit zur Stellungnahme. Daraufhin werden die Akten dem geschäftsführenden Kommissionsmitglied zur Festlegung des weiteren Umfangs der Sachverhaltsermittlungen und zur Vorbereitung des Verfahrens vorgelegt.168 Auch dem zuständigen Juristen werden die Akten zur rechtlichen Mitprüfung übermittelt.169 Bei der Aufklärung des Sachverhalts ist die Kommission nicht an Beweisanträge gebunden.170 Der Sachverhalt wird aus den vorliegenden Krankenunterlagen, den objektiven Befunden, dem Sachvortrag der Parteien und etwaigen Untersuchungsergebnissen ermittelt, eine Vernehmung von Zeugen ist hingegen nicht möglich.171 Gegebenenfalls werden externe Gutachter mit der Erstellung eines Sachverständigengutachtens beauftragt.172 Die Person des Gutachters wird den Parteien vor Vergabe des Auftrags mitgeteilt.173 Nach Einholung des Fachgutachtens wird der Fall erneut dem damit befassten Fachmediziner zur Vorbereitung des gutachterlichen Bescheids vorgelegt. Eine abschließende medizinische Prüfung erfolgt durch das geschäftsführende Mitglied.174 In einfach gelagerten Fällen wird den Beteiligten eine Entscheidung in Form eines Erstbescheids mitgeteilt.175 Von dieser Möglichkeit wird regelmäßig Gebrauch gemacht.176 Legt einer der Beteiligten gegen diesen Erstbescheid Einspruch ein, entscheidet die Kommission in größerer Besetzung und mit größerem Aufwand. Zudem besteht die Möglichkeit, die Fälle in den monatlich stattfindenden Plenarsitzungen vorzutragen und interdisziplinär zu erörtern.177 So wurde gleichsam eine „zweite Instanz“ geschaffen. Diese wurde seit 1975 durchschnittlich in 21,7 % der Fälle in Anspruch genommen, in 6,4 % der nochmaligen Überprüfungen kam es zu abweichenden Ergebnissen.178 167
Ausführlich dazu Laum/Smentkowski, Statut der Gutachterkommission Nordrhein. Vgl. auch Laum, in: Wenzel, Handbuch des FA Medizinrecht, Kap. 6 Rn. 45 ff.; Fitting, in: Arbeitsgemeinschaft Rechtsanwälte im Medizinrecht, Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen, S. 49 ff. 168 Vgl. § 5 Statut Nordrhein; Laum/Smentkowski, Statut der Gutachterkommission Nordrhein, S. 133 f. 169 Laum/Smentkowski, Statut der Gutachterkommission Nordrhein, S. 133. 170 Vgl. § 6 Abs. 3 Statut Nordrhein. 171 Laum/Smentkowski, Statut der Gutachterkommission Nordrhein, S. 129. 172 Vgl. § 6 Abs. 2 Statut Nordrhein. 173 Laum/Smentkowski, Statut der Gutachterkommission Nordrhein, S. 134. 174 Laum, in: Wenzel, Handbuch FA Medizinrecht, Kap. 6 Rn. 52; Laum/Smentkowski, Statut der Gutachterkommission Nordrhein, S. 135. 175 Vgl. § 5 Abs. 4 Statut Nordrhein. 176 Laum/Smentkowski, Statut der Gutachterkommission Nordrhein, S. 127. 177 Laum, in: Wenzel, Handbuch FA Medizinrecht, Kap. 6 Rn. 55; Laum/Smentkowski, Statut der Gutachterkommission Nordrhein, S. 135 f. 178 Vgl. dazu ausführlich Kap. 3, Tabelle 7, S. 59.
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2. Kap.: Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen
Die endgültige Entscheidung wird den Beteiligten in einem abschließenden Bescheid mitgeteilt.179
F. Verfahrensbeteiligte I. Patient Beteiligt an dem Verfahren vor den Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen ist der Patient, der seinen Fall zur Untersuchung vorbringt.180 Dieser kann sich durch einen Verfahrensbevollmächtigten vertreten lassen.181 In Betracht kommt insbesondere eine anwaltliche Vertretung.182 Es besteht jedoch auch die Möglichkeit, sich durch Angehörige oder durch persönlich Bevollmächtigte von Patientenhilfsorganisationen vertreten zu lassen. Nach einigen Statuten sind dabei jedoch die Grenzen des § 157 ZPO zu berücksichtigen, wonach die Vertretung durch Personen, die nicht Rechtsanwälte sind, nur eingeschränkt möglich ist.183
II. Arzt Ebenso beteiligt ist der in Anspruch genommene Arzt als Verfahrensgegner.184 Auch dieser kann sich vertreten lassen. Die Gütestellen sind als Einrichtungen der jeweiligen Ärztekammern geschaffen, so dass die personelle Reichweite die der Kammer angehörenden Ärzte umfasst.185 Richtet sich der Vorwurf gegen Kran-
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Laum/Smentkowski, Statut der Gutachterkommission Nordrhein, S. 157 ff., näher zur Entstehung des gutachterlichen Bescheids vgl. dort S. 148 ff. 180 § 2 Abs. 2 Statut Baden-Württemberg; § 4 Abs. 3 Statut Bayern; § 1 Abs. 2 Statut Hessen; § 3 Abs. 2 a Statut Norddt. SchlSt.; § 2 Abs. 2 Statut Nordrhein; § 6 Statut RheinlandPfalz; § 3 Abs. 1 Statut Saarland; § 3 Abs. 1 Statut Sachsen; § 3 Abs. 2 Statut WestfalenLippe. 181 § 2 Abs. 2 Statut Baden-Württemberg; § 5 Abs. 1 Statut Bayern; § 1 Abs. 4 Statut Hessen; § 3 Abs. 2 Statut Norddt. SchlSt.; § 2 Abs. 2 Statut Nordrhein; § 6 Statut RheinlandPfalz; § 3 Abs. 1 Statut Saarland; vgl. § 6 Statut Sachsen; § 3 Abs. 2 Statut WestfalenLippe. 182 Zur anwaltlichen Vertretung vgl. ausführlich Kap. 2 G., S. 38 ff. 183 § 2 Abs. 2 Statut Baden-Württemberg; § 2 Abs. 2 Statut Nordrhein; § 3 Abs. 1 Statut Saarland. Dies schließt jedoch eine Vertretung durch Angehörige oder durch persönlich Bevollmächtigte von Patientenhilfsorganisationen nicht grundsätzlich aus, vgl. Laum/ Smentkowski, Statut der Gutachterkommission Nordrhein, S. 48. 184 § 2 Abs. 2 Statut Baden-Württemberg; § 4 Abs. 3 Statut Bayern; § 1 Abs. 2 Statut Hessen; § 3 Abs. 2 b Statut Norddt. SchlSt.; § 2 Abs. 2 Statut Nordrhein; § 6 Statut RheinlandPfalz; § 3 Abs. 1 Statut Saarland; § 3 Abs. 1 Statut Sachsen; § 3 Abs. 2 Statut WestfalenLippe. 185 Laum/Smentkowski, Statut der Gutachterkommission Nordrhein, S. 47; Weizel, Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen, S. 16; Bodenburg/Matthies, VersR 1982, 729.
F. Verfahrensbeteiligte
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kenhausärzte, kann auch der Chefarzt Beteiligter sein.186 Vor- oder nachbehandelnde Ärzte, gegen die der Patient keinen Überprüfungsantrag gestellt hat sowie das sonstige Pflegepersonal sind hingegen nicht beteiligt.187
III. Beteiligung der Krankenhausträger Hat ein in einem Krankenhaus angestellter Arzt fehlerhaft gehandelt, können sich Ansprüche nicht nur gegen diesen, sondern auch gegen den Krankenhausträger ergeben.188 Bei manchen Gütestellen ist daher eine Beteiligung des Krankenhausträgers oder des Trägers der ärztlich geleiteten Einrichtung möglich, wenn dieser dem Verfahren zustimmt.189 Bei einigen Schlichtungsstellen waren die öffentlichrechtlich organisierten Krankenhäuser ursprünglich von dem Verfahren ausgeschlossen,190 nach und nach haben sich jedoch auch diese den Verfahren unterworfen.191 Vorteil einer Beteiligung der Krankenhausträger ist die Möglichkeit einer umfassenden Klärung der Haftungsfrage bezüglich sämtlicher in Betracht kommender Anspruchsgegner.192 Günstig ist für den Patienten zudem eine Verjährungshemmung hinsichtlich der Ansprüche gegen alle am Verfahren Beteiligten.193 Trotz dieser Vorteile ist eine Beteiligung der Krankenhausträger am Verfahren nicht bei allen Stellen vorgesehen. Als Grund werden vor allem Praktikabilitäts186 Laum, in: Wenzel, Handbuch FA Medizinrecht, Kap. 6 Rn. 31; ders., Rh. ÄBl. 2002, 19; Laum/Smentkowski, Statut der Gutachterkommission Nordrhein, S. 48. 187 Laum/Smentkowski, Statut der Gutachterkommission Nordrhein, S. 49; Laum, in: Wenzel, Handbuch FA Medizinrecht, Kap. 6 Rn. 33; Bergmann, Arzthaftung, S. 160 f. 188 In Betracht kommt eine vertragliche Haftung gem. §§ 611, 280 Abs. 1 BGB, wobei der Krankenhausträger gem. § 278 für das Verschulden des Arztes einstehen muss. Zudem kommt ein deliktischer Anspruch gem. § 831 BGB als Haftung für den Arzt als Verrichtungsgehilfen in Betracht, vgl. dazu AnwKomm/Katzenmeier, § 823 Rn. 349, § 831 Rn. 24. Daneben kann eine Haftung gem. § 823 Abs. 1 BGB bei einem Organisationsverschulden des Krankenhauses stehen, vgl. dazu AnwKomm/Katzenmeier, § 823 Rn. 359. Auch kommt eine Haftung des Krankenhausträgers für seinen Vertreter nach den Grundsätzen der Organhaftung gem. §§ 31, 89 BGB in Betracht, vgl. AnwKomm/Katzenmeier, § 823 Rn. 356. Ausführlich zur Haftung des Krankenhausträgers auch Bergmann, in: Bergmann/ Kienzle, Krankenhaushaftung, Rn. 2 ff. 189 § 4 Abs. 3 Statut Bayern; § 7 Statut Hessen (keine Antragsberechtigung aber die Möglichkeit einer Überprüfung der Ansprüche gegen den Krankenhausträger); § 2 Abs. 2 c Statut Norddt. SchlSt.; § 3 Abs. 1 Statut Sachsen. 190 Einschränkungen ergaben sich daraus, dass diese Stellen auf einer Abrede mit dem HUK-Verband beruhten und daher nur dort versicherte Ärzte und Krankenhausträger an dem Verfahren teilnehmen konnten, vgl. dazu Eberhardt, Gynäkologe 1998, 394, 395. 191 Vgl. Ulsenheimer, in: Laufs/Uhlenbruck, Handbuch des Arztrechts, § 113 Rn. 1; Deutsch/Spickhoff, Medizinrecht, Rn. 424; Weizel, Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen, S. 16; Laum/Smentkowski, Statut der Gutachterkommission Nordrhein, S. 11. 192 Ratajczak, in: Arbeitsgemeinschaft Rechtsanwälte im Medizinrecht, Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen, S. 9; Deutsch/Matthies, Arzthaftungsrecht - Gutachter- und Schlichtungsstellen, S. 109. 193 Deutsch/Matthies, Arzthaftungsrecht, Gutachter- und Schlichtungsstellen, S. 109.
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2. Kap.: Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen
probleme angeführt: Untersuchungen, die für eine Feststellung der Haftung dieser Träger erforderlich sind, können unter Umständen sehr umfangreich sein, oftmals ist die Einbeziehung vieler Personen erforderlich. Regelmäßig sind juristische Zurechungsfragen zu beantworten. Allein dies ist für die außergerichtlichen Stellen, die sich primär durch ihren medizinischen Sachverstand auszeichnen, wenig praktikabel. Hinzu kommt, dass in dem grundsätzlich schriftlichen Verfahren auch nicht die Möglichkeit einer umfassenden Ermittlung besteht, insbesondere ist eine Partei- und Zeugenvernehmung nicht vorgesehen. Des Weiteren berufen sich die meisten Stellen auf ihr selbst gesetztes Ziel der Beseitigung eines Konfliktes zwischen Arzt und Patient. Diese Konfliktbeilegung auch auf das Verhältnis zwischen Patient und Krankenhausträger zu erstrecken, zähle nicht zu den Aufgaben der Stellen. Diese sind bei den Ärztekammer angesiedelt. Die Kammern sind Berufsorganisationen zur Regelung der Belange der ihr angehörigen Ärzte, das dort angesiedelte Schlichtungsverfahren ist daher grundsätzlich personenbezogen.194 Eine umfassende Klärung des gesamten Haftungsfalls unter Berücksichtigung der Ansprüche gegen alle in Betracht kommenden Anspruchsgegner wäre daher wünschenswert, sie ist jedoch im Rahmen eines Gütestellenverfahrens regelmäßig nicht möglich. Hierzu mangelt es den außergerichtlichen Stellen an Möglichkeiten zur Sachverhaltsermittlung. Unter Berücksichtigung der Haftung der Krankenhausträger und anderer beteiligter Personen kann die Haftungsfrage daher nur vor Gericht geklärt werden. Ein Hinweis auf die Gefahr der Verjährung der Ansprüche gegen den Krankenhausträger an den Patienten ist daher ausreichend.195
IV. Beteiligung der Haftpflichtversicherer Verfolgt der Patient mit der Durchführung des außergerichtlichen Verfahrens einen finanziellen Ausgleich, so hat er sich regelmäßig an den Haftpflichtversicherer des Arztes zu wenden.196 Zwar besteht kein Direktanspruch des Patienten gegenüber dem Haftpflichtversicherer, nur der Arzt hat einen Freistellungsanspruch gegen seinen Versicherer. Gleichwohl empfiehlt es sich, die Korrespondenz mit dem Haftpflichtversicherer aufzunehmen. Denn die haftungsrechtliche Leistungsbeziehung von Arzt und Patient wird durch die Einbettung in Systeme der kollektiven Schadenstragung bestimmt, ein individueller Schadensausgleich zwischen Schädiger und Geschädigtem ist in der Praxis längst zur Ausnahme geworden.197 Die Regulierung des Versicherungsfalls fällt in den Zuständigkeitsbereich des 194
Weizel, Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen, S. 51. So im Ergebnis auch Weizel, Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen, S. 53. Zur Verjährungsproblematik vgl. ausführlich Kap. 4 A., S. 75 ff. 196 Gemäß § 21 MBO ist der Arzt verpflichtet, sich hinreichend gegen Haftpflichtansprüche im Rahmen seiner beruflichen Tätigkeit zu versichern. Vgl. ausführlich zur Berufshaftpflichtversicherung des Arztes Katzenmeier/Brennecke, in: Wenzel, Handbuch FA Medizinrecht, Kap. 5; Katzenmeier, Arzthaftung, S. 194 ff. 197 Vgl. dazu Katzenmeier, Arzthaftung, S. 193 ff.; AnwKomm/Katzenmeier, Vor § 823 Rn. 31 ff. 195
F. Verfahrensbeteiligte
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Versicherers, dessen professionelle Erfahrung die Abwicklung erleichtern soll.198 Im Außenverhältnis hat der Versicherer eine Regulierungsvollmacht gemäß Nr. 5.2 der Allgemeinen Versicherungsbedingungen für die Haftpflichtversicherung (AHB 2007).199 Im Innenverhältnis zum Versicherungsnehmer hat er korrespondierend eine Geschäftsführungsbefugnis.200 Erst wenn sich der Haftpflichtversicherer zu einer Regulierung des Schadens bereit erklärt, hat der Patient sein Ziel einer materiellen Entschädigung erreicht. Aufgrund dieser Konstellation ist bei den meisten Gütestellen eine Beteiligung der Haftpflichtversicherer vorgesehen. 1. Art und Umfang der Beteiligung Art und Umfang der Beteiligung sind unterschiedlich ausgestaltet: Im Verfahren vor einigen Gütestellen ist der Haftpflichtversicherer des Arztes antragsberechtigt und damit unmittelbar Beteiligter.201 Da eine Durchführung eines Verfahrens die Zustimmung aller Beteiligten erfordert,202 hat die Haftpflichtversicherung damit grundsätzlich die Möglichkeit, das Verfahren zu verhindern. Teilweise ist festgelegt, dass die Gütestelle erst angerufen werden kann, wenn der Haftpflichtversicherer zu dem Anspruch Stellung genommen hat.203 Nach anderen Statuten ist der Versicherer jedenfalls über die Durchführung eines Verfahrens zu unterrichten.204 Bei den meisten Stellen können sich die Haftpflichtversicherungen zur Sache äußern und insbesondere die von dem beschuldigten Arzt gestellten Anträge begründen, die abschließenden Bescheide werden ihnen formlos zugesandt.205 Eine solche Information der Versicherer über den Ablauf des jeweiligen Verfahrens erscheint sinnvoll, da sie dazu dient, schneller und effektiver zu einem gerechten Interessenausgleich zu kommen.206 2. Kostenbeteiligung Teilweise bestehen Vereinbarungen zwischen den Ärztekammern und dem Gesamtverband der Versicherungswirtschaft (GDV) bezüglich einer Kostenbeteiligung an den Verfahren. Zum Teil werden dabei Pauschalgebühren erhoben,207 teilweise sind die konkret entstandenen Kosten der Gutachtenerstellung zu erstat198
Katzenmeier/Brennecke, in: Wenzel, Handbuch FA Medizinrecht, Kap. 5 Rn. 65. Die Allgemeinen Versicherungsbedingungen für die Haftpflichtversicherung (AHB) sind Musterbedingungen des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft e.V. (GDV), deren Verwendung für die Haftpflichtversicherungen fakultativ ist. 200 Prölss/Martin/Voigt/Kappmann, § 5 AHB a.F. (2002) Rn. 30; Katzenmeier/Brennecke, in: Wenzel, Handbuch FA Medizinrecht, Kap. 5 Rn. 67 f. 201 § 4 Abs. 3 Statut Bayern; § 2 Abs. 2 d Statut Norddt. SchlSt.; § 3 Abs. 1 Statut Sachsen. 202 § 4 Abs. 4 Statut Bayern; § 2 Abs. 2 Statut Norddt. SchlSt.; § 4 Abs. 2 Statut Sachsen. 203 § 1 Abs. 3 Statut Sachsen. 204 § 1 Abs. 3 Statut Hessen. 205 So die Angabe von Laum, in: Wenzel, Handbuch FA Medizinrecht, Kap. 6 Rn. 41. 206 Weizel, Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen, S. 149 ff. 207 § 5 Abs. 2 Statut Bayern, § 9 Statut Hessen (freiwillige Beteiligung); § 9 Abs. 5 Statut Westfalen-Lippe (freiwillige Beteiligung). 199
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2. Kap.: Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen
ten,208 nach einigen Statuten ist eine Kombination aus Gutachterkosten und Verfahrenspauschale vorgesehen.209 Die Kostenbeteiligung übernimmt das über den versicherten Arzt involvierte Mitgliedsunternehmen des GDV. Dieses erhält von den Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen eine Rechnung mit einer Kostenpauschale oder den konkreten Gutachterkosten, die unabhängig davon geleistet werden, ob ein Behandlungsfehler bejaht wurde oder nicht.210 Hierbei handelt es sich um eine rein finanzielle Beteiligung aus der keine Einflussnahme des Versicherers auf die Sachentscheidung resultiert.211 3. Anerkenntnisverbot Nach Nr. 25.3 AHB 2004 war es dem Arzt untersagt, ohne vorherige Zustimmung des Versicherers einen Haftpflichtanspruch anzuerkennen.212 Bei vorsätzlicher oder grob fahrlässiger Verletzung dieser Obliegenheit musste er gemäß Nr. 26.2 AHB 2004 mit dem Verlust seines Versicherungsschutzes rechnen. Dieses Anerkenntnisverbot wurde im Rahmen der Reform des Versicherungsvertragsgesetzes (VVG) vom Gesetzgeber als unzulässig erklärt.213 Für das Verfahren vor den Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen ergeben sich aus dieser Gesetzesneuerung keine Konsequenzen: Das Anerkenntnisverbot hatte ohnehin keine Auswirkungen auf diese Verfahren:214 Wahrheitsgemäße Erklärungen über Tatsachen und bloße Mitteilungen zum Behandlungsgeschehen seitens des Arztes im Rahmen des Gütestellenverfahrens fielen nicht hierunter.215 Untersagt war allein die Anerkennung eines Haftpflichtanspruches. Befürchtungen der Ärzte, durch 208
§ 6 Abs. 2 Statut Sachsen. § 6 Abs. 2 Statut Norddt. SchlSt.; § 11 Statut Rheinland-Pfalz. 210 Weidinger, in: Wenzel, Handbuch FA Medizinrecht, Kap. 5 Rn. 140; ders., VW 2003, 674; Laum/Smentkowski, Statut der Gutachterkommission Nordrhein, S. 161; Scheppokrat/ Neu, VersR 2002, 397. 211 Weidinger, in: Wenzel, Handbuch FA Medizinrecht, Kap. 5 Rn. 140; ders., VW 2003, 674; Eberhardt, NJW 1986, 747, 748; Matthies, Schiedsinstanzen, S. 150. 212 Vgl. zu diesem Anerkenntnisverbot ausführlich Katzenmeier/Brennecke, in: Wenzel, Handbuch FA Medizinrecht, Kap. 5 Rn. 57 ff.; Johannsen, in: Beckmann/MatuscheBeckmann, Versicherungsrechtshandbuch, § 24 Rn. 90. 213 Die geänderte Fassung des Versicherungsvertragsgesetzes (VVG), die am 1.1.2008 in Kraft getreten ist, sieht in § 105 vor: „Eine Vereinbarung, nach welcher der Versicherer nicht zur Leistung verpflichtet ist, wenn ohne seine Einwilligung der Versicherungsnehmer den Dritten befriedigt oder dessen Anspruch anerkennt, ist unwirksam.“ In den AHB 2007 ist das Anerkenntnisverbot aufgrund dieser Gesetzesneuerung nicht mehr vorgesehen. Vgl. zu dieser Neuerung Kap. 7 C. II. 1. a), S. 155 ff. 214 Zur entsprechenden Problematik im Rahmen eines Mediationsverfahrens vgl. Kap. 7 C. II. 1. a), S. 155 ff. 215 BT-Drucks. 13/11452, S. 11; Uhlenbruck/Schlund, in: Laufs/Uhlenbruck, Handbuch des Arztrechts, § 22 Rn. 9; Katzenmeier/Brennecke, in: Wenzel, Handbuch FA Medizinrecht, Kap. 5 Rn. 59, vgl. dort auch den Hinweis in Fn. 167, wonach einige Versicherer für Einlassungen des Arztes im Verfahren vor den Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen besondere, dem Versicherungsnehmer entgegenkommende Bestimmungen vorsehen; Weidinger, in: ebd., Kap. 5 Rn. 150; Laum, in: ebd., Kap. 6 Rn. 37 u. 44. 209
F. Verfahrensbeteiligte
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Aussagen über die Ursachen eines im einzelnen ungeklärten Geschehens und durch Beantwortung der aufgeworfenen Fragen ihren Versicherungsschutz zu gefährden, waren daher unbegründet.216
V. Möglichkeit einer Beteiligung der Krankenkassen Es wird diskutiert, ob den Krankenkassen in den Verfahren vor den Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen ein eigenes Antragsrecht eingeräumt werden sollte.217 Die Idee einer solchen Beteiligung beruht auf der Erkenntnis, dass immer häufiger Patienten in der Verfolgung ihrer Schadensersatzansprüche durch die Krankenkassen unterstützt werden und die Verfahren vor den Gütestellen häufig durch diese initiiert werden.218 Dies zeigt sich nach Angaben der Mitglieder der Stellen daran, dass der Antrag des Patienten ersichtlich durch die Krankenkassen formuliert wurde und unter Umständen sogar mit dem Briefkopf der Krankenkassen eingereicht wird.219 Eine solche indirekte Einflussnahme könnte vermieden werden, indem den Krankenkassen ein direktes Antragsrecht eingeräumt wird. Es wird der Gedanke angebracht, dass so die sich an das Güteverfahren häufig anschließenden Regressstreitigkeiten vermieden und damit die endgültige Schadensabwicklung beschleunigt werden könnte. Im Gegenzug könnten die Kassen zur Erstattung eines Kostenbeitrags herangezogen werden.220 Die Gütestellen selbst lehnen eine Beteiligung der Krankenkassen ab, in den Statuten ist eine solche nicht vorgesehen. Angeführt wird, dass die Initiative der Kassen weniger auf den Willen zur Unterstützung des Patienten als vielmehr auf eigennützige Motive, nämlich die erleichterte Regressierung zurückzuführen ist.221 216
Sachverständigenrat für die konzertierte Aktion im Gesundheitswesen, Gutachten 2003 I, in: BT-Drucks. 15/530, S. 157; Uhlenbruck/Schlund, in: Laufs/Uhlenbruck, Handbuch des Arztrechts, § 22 Rn. 9; Katzenmeier/Brennecke, in: Wenzel, Handbuch FA Medizinrecht, Kap. 5 Rn. 59; Laum, ebd., Kap. 6 Rn. 37 u. 44; Weidinger, ebd., Kap. 5 Rn. 150; ders., MedR 2004, 289, 292, für die DBV-Winterthur: In keinem einzigen Fall, in welchem der Arzt den Patienten über einen möglicherweise haftungsbegründenden Sachverhalt informiert hat, habe man den Deckungsschutz abgelehnt. 217 Vgl. Weizel, Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen, S. 53 ff.; Tätigkeitsbericht der BÄK 1997, S. 341. 218 Vgl. BT-Drucks. 13/11452, S. 27; Sachverständigenrat für die konzertierte Aktion im Gesundheitswesen, Gutachten 2003 I, in: BT-Drucks. 15/530, S. 138: In 35 % der Fälle werden Schlichtungsanträge von Krankenversicherungen initiiert oder unterstützt. 219 Vgl. dazu Weizel, Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen, S. 53. 220 Vgl. Weizel, Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen, S. 54, die diese Gedanken zwar aufwirft, im Ergebnis eine Beteiligung der Kassen aber ablehnt. 221 Vgl. zu diesem Regress Katzenmeier, Arzthaftung, S. 210 ff.: Die Krankenversicherer treten mit ihren Leistungen an den Patienten nur in Vorlage, dadurch soll aber weder der Arzt von seiner Schadensersatzpflicht befreit, noch der Patient bereichert werden. Daher bestimmt § 116 Abs. 1 SGB X, dass ein Ersatzanspruch, der dem Geschädigten gegen den Schädiger zusteht, auf den Sozialversicherungsträger übergeht (im Bereich der Privatversicherung wird dies entsprechend gem. § 67 Abs. 1 VVG angeordnet).
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2. Kap.: Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen
Die Krankenkassen bei einem Regress gegen den Arzt zu unterstützen, sei nicht Aufgabe der Gütestellen. Aufgabe des außergerichtlichen Schlichtungsverfahrens sei vielmehr allein die Beilegung des Konflikts zwischen Arzt und Patient, die Einbeziehung der Krankenkassen sei unter diesem Gesichtpunkt nicht sachdienlich.222 Wesentliches Argument gegen ein eigenes Antragsrecht der Kassen ist zudem der Grundsatz der Freiwilligkeit des Verfahrens, dieser wäre durch ein solches Recht gefährdet: In Konstellationen, in denen der Patient an der Durchführung eines Verfahrens nicht interessiert ist, könnten die Krankenkassen dahingehend Druck ausüben und so den Patienten gegen dessen Willen zur Durchführung zwingen.223 Wegen der aufgezeigten Gründe ist eine Beteiligung der Krankenkassen am Gütestellenverfahren nicht zu befürworten. Auch ist zu berücksichtigen, dass die Krankenversicherungen eine eigene Institution zur Begutachtung von Arzthaftungsfällen geschaffen haben: Der Medizinische Dienst der Krankenversicherung (MDK) prüft im Auftrag der gesetzlichen Krankenkassen Behandlungsfehlervorwürfe. Angesichts dieser Möglichkeit ist die verhältnismäßig große Zahl der durch die Versicherungen initiierten Gütestellenverfahren erstaunlich.224
G. Anwaltliche Vertretung Nach den Statuten aller Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen ist die Vertretung der Parteien durch einen Anwalt zugelassen.225 Bundesweite Angaben zur Quote der mit anwaltlicher Beteiligung geführten Verfahren liegen nicht vor. Nach Angaben einzelner Gütestellen werden etwa 50 – 60 % der Patienten, aber lediglich 2 – 3 % der Ärzte vertreten.226 Bei der Gutachterkommission Nordrhein lag die Vertretungsquote in den Jahren 2005 und 2006 insgesamt jeweils bei ca. 50 %. Ob die Parteien anwaltlich unterstützt werden oder nicht, hat dort keine nennenswerten Auswirkungen auf den Ausgang des Verfahrens.227 222
So zu Recht Weizel, Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen, S. 54 f. Weizel, Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen, S. 56. 224 Vgl. zum Medizinischen Dienst der Krankenversicherung Kap. 7 A. I., S. 149 f. 225 § 2 Abs. 2 Statut Baden-Württemberg; vgl. § 5 Abs. 1 Statut Bayern; § 1 Abs. 4 Statut Hessen; § 3 Abs. 2 Statut Norddt. SchlSt.; § 2 Abs. 2 Statut Nordrhein; § 6 Statut Rheinland-Pfalz; § 3 Abs. 1 Statut Saarland; § 6 Abs. 1 Statut Sachsen; § 3 Abs. 2 Statut Westfalen-Lippe; anders war dies z.T. bei den Gütestellen der Landeszahnärztekammern, auch dort wurde aber ein satzungsmäßiger Ausschluss anwaltlicher Vertretung als nicht zulässig entschieden, vgl. OVG NW MedR 1991, 352. 226 Laum, in: Wenzel, Handbuch FA Medizinrecht, Kap. 6 Rn. 28, führt an, dass sich im Durchschnitt die Hälfte der Patienten durch die Anwälte vertreten lassen; BT-Drucks. 13/11452, S. 14: Seitens der Norddt. Schlichtungsstelle wird die Quote der mit anwaltlicher Vertretung geführten Verfahren auf 60 % geschätzt; vgl. auch die Nachweise bei Weizel, Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen, S. 155, wonach auch die Zahlenangeben der Gutachterkommission Baden-Württemberg diese Einschätzung bestätigen. 227 Vgl. dazu Kap. 3 A. II. 4., Tabellen 11, 12, S. 63. So auch BT-Drucks. 13/11452, S. 14, unter Bezugnahme auf Angaben der Norddt. Schlichtungsstelle, der Gutachterkommission 223
G. Anwaltliche Vertretung
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I. Umfang anwaltlicher Vertretung Entscheidet sich der Patient bei dem Verdacht eines ärztlichen Behandlungsfehlers dafür, Rechtsbeistand bei einem Anwalt zu suchen, so kommt jenem eine wichtige Rolle zu:228 Bereits bei der Entscheidung, ob ein Verfahren vor einer außergerichtlichen Gütestelle durchgeführt wird, ob direkt in Verhandlungen mit dem Haftpflichtversicherer eingetreten wird oder ob eine gerichtliche Klage erhoben werden soll, ist der anwaltliche Rat oftmals ausschlaggebend.229 Hat sich der Patient zur Durchführung eines Verfahrens vor einer Gütestelle entschlossen, so kann der Anwalt seinen Mandanten überall dort unterstützen, wo nach der Verfahrensordnung eine Beteiligung der Partei vorgesehen ist. Auch nach Abschluss des außergerichtlichen Verfahrens ist zur Einschätzung der Prozessaussichten in einem sich möglicherweise anschließenden Gerichtsverfahren anwaltliche Unterstützung hilfreich. Die Besonderheiten eines Arzthaftungsprozesses, insbesondere die der Beweislastverteilung, sind für einen juristischen Laien nur schwer verständlich.230 Auch wenn der Patient zur direkten Schadensregulierung Verhandlungen mit dem Haftpflichtversicherer aufnimmt, bedarf es im Regelfall anwaltlicher Hilfe. Der Patient ist gegenüber der Versicherung als erfahrenem Verhandlungspartner in einer deutlich schwächeren Position. Dieses Verhandlungsungleichgewicht kann durch die Unterstützung eines Anwalts mit entsprechender Erfahrung ausgeglichen werden. 231
Nordrhein sowie der sächsischen Schlichtungsstelle; vgl. auch Weizel, Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen, S. 157, bzgl. Angaben aus Baden-Württemberg. 228 Zur Rolle des Anwalts im Gütestellenverfahren vgl. ausführlich Weizel, Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen, S. 154 ff. 229 Hager, Konflikt und Konsens, S. 105, führt an, es sollte eine anwaltliche Standespflicht sein, vor Beginn des Prozesses die Möglichkeiten einverständlicher Streitbeilegung mit der eigenen Partei, der Gegenpartei, möglicherweise im Zusammenspiel mit deren Anwalt auszuloten. 230 Weizel, Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen, S. 160. 231 So Laum, in: Wenzel, Handbuch FA Medizinrecht, Kap. 6 Rn. 28; Weizel, Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen, S. 161 ff.; Circhetta de Marrón, Alternative Streitschlichtung, S. 124; Weltrich, in: Arbeitsgemeinschaft Rechtsanwälte im Medizinrecht, Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen, S. 110; ders., DRiZ 1996, 473, 475; Weizel, Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen, S. 161, mit dem Hinweis, dass die Quote der Beteiligung von Anwälten bei den Verhandlungen mit dem Versicherer bei über 90 % liegt.
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2. Kap.: Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen
II. Bewertung anwaltlicher Vertretung Seitens der Gütestellen wird stets darauf hingewiesen, dass eine anwaltliche Vertretung aufgrund des in den Verfahrensordnungen verankerten Untersuchungsgrundsatzes nicht erforderlich ist.232 Trotzdem kann eine Vertretung im Einzelfall Vorteile haben.233 Es wird angeführt, eine anwaltliche Unterstützung trage häufig zu einer Versachlichung des Verfahrens bei. Ist der Anwalt mit der Verfahrensweise der jeweiligen Gütestelle vertraut, kann dies eine Arbeitserleichterung für die Stelle darstellen.234 Mit seiner Hilfe können zudem die dem Patienten durch die Verfahrensordnungen eingeräumten Möglichkeiten der Beteiligung in den unterschiedlichen Phasen des Verfahrens leichter wahrgenommen werden.235 Hierbei handelt es sich jedoch um rein praktische Argumente, auf den Ausgang der Verfahren hat die anwaltliche Vertretung keine erkennbaren Auswirkungen.236
III. Anwaltskosten Die Gebühren, die der Anwalt für sein Tätigwerden geltend machen kann, sind anhand des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes (RVG) zu bestimmen. Die Höhe der Anwaltsgebühren, die sich bei einem Verfahren vor den ärztlichen Gütestellen ergeben, kann mittelbar bereits auf die Entscheidung zum Anrufen einer Gütestelle Einfluss nehmen. Denn ob der Anwalt zu einem außergerichtlichen Güteverfahren oder einem Gerichtsverfahren rät, hängt in der Praxis häufig von finanziellen Eigeninteressen ab. Der Gesetzgeber hatte daher bei der Festlegung der außergerichtlichen Anwaltskosten eine Abwägung vorzunehmen: Einerseits sollen die dem Mandanten in einem außergerichtlichen Verfahren entstehenden Kosten möglichst gering gehalten werden, andererseits gilt es, finanzielle Anreize für den Anwalt zu schaffen, so dass dieser das außergerichtliche Verfahren auch wirklich als Alternative zum Gerichtsverfahren empfehlen wird.237 Dies hat der Gesetzgeber erkannt und im Rahmen der Ersetzung der Bundesrechtsanwaltsgebührenordnung (BRAGO) durch das am 1.7.2004 in Kraft getretene Rechtsanwaltsvergü-
232 Franzki, MedR 2000, 464, 465; Weltrich, in: Arbeitsgemeinschaft Rechtsanwälte im Medizinrecht, Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen, S. 110; ders., DRiZ 1996, 473, 475. 233 Deutsch/Matthies, Arzthaftungsrecht, Gutachter- und Schlichtungsstellen, S. 128. 234 Weltrich, in: Arbeitsgemeinschaft Rechtsanwälte im Medizinrecht, Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen, S. 110; ders., DRiZ 1996, 473, 475. 235 Weizel, Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen, S. 159. 236 Für die Gutachterkommission Nordrhein vgl. Kap. 3 A. II. 4, Tabellen 11, 12, S. 63; vgl. auch BT-Drucks. 13/11452, S. 14; Weizel, Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen, S. 159. 237 Weizel, Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen, S. 163 f; Deutsch/Matthies, Arzthaftungsrecht, Gutachter- und Schlichtungsstellen, S. 129; Feix, Verankerung einvernehmlicher Streitbeilegung im deutschen Zivilprozessrecht, S. 124; Circhetta de Marrón, Alternative Streitschlichtung, S. 124.
G. Anwaltliche Vertretung
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tungsgesetz (RVG) die Normen zur Gebührenfestsetzung bei außergerichtlicher Tätigkeit des Anwalts reformiert.238 1. Berechnung der Gebühren Die Berechnung der Anwaltsgebühren für eine außergerichtliche Vertretung richtet sich nach den Nrn. 2300 ff. des Vergütungsverzeichnisses zum RVG (VV RVG).239 a) Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VV RVG Nr. 2300 VV RVG sieht eine Geschäftsgebühr von 0,5 bis 2,5 für eine Vertretung im außergerichtlichen Bereich vor. Diese Gebühr entsteht auch bei einer Tätigkeit des Anwalts im Rahmen eines außergerichtlichen Verfahrens vor den ärztlichen Gütestellen. Sie ist als Gesamtgebühr konzipiert und umfasst die im Zusammenhang mit diesen Verfahren anfallenden Arbeiten:240 Abgegolten wird die Aufnahme der Informationen des Falls, die Erstellung und Versendung von Schriftsätzen, Besprechungen mit dem Mandanten, dem Gegner oder Dritten, die Einholung von Informationen und das Studium von Fachliteratur.241 Die Gebühr nach Nr. 2300 VV RVG ist als Rahmengebühr ausgestaltet. Innerhalb des Satzrahmens von 0,5 – 2,5 ist sie im Einzelfall festzusetzen. Dazu sind die in § 14 RVG genannten Kriterien heranzuziehen,242 der Rechtsanwalt hat die Gebühr im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände nach billigem Ermessen, insbesondere nach Umfang und Schwierigkeit der Tätigkeit zu bestimmen. Eine durchschnittliche Tätigkeit rechtfertigt nach der amtlichen Anmerkung zu Nr. 2300 VV RVG nur die Schwellen- bzw. Regelgebühr von 1,3. Um eine höhere Gebühr anzusetzen, muss der Anwalt darlegen, dass sein Tätigwerden umfangreich oder schwierig war.243 Die Vertretung in einem Verfahren vor den ärztlichen Gütestellen kann mit einem großen Aufwand verbunden sein. Der Mandant ist zunächst über die Möglichkeit eines solchen Verfahrens zu informieren. Der Anwalt muss sich in die Verfahrensordnungen der jeweiligen Stelle einarbeiten. Die Durchführung des Verfahrens ist mit Schriftverkehr verbunden. Es gilt den Antrag zu stellen und die unterschiedlichen Beteiligungsrechte wahrzunehmen. Allein dieser Arbeitsumfang kann die Festsetzung oberhalb der Schwellengebühr von 1,3 und insgesamt im oberen Bereich der Rahmengebühr rechtfertigen. Darüber hinaus ist allein die Beschäftigung mit arzthaftungsrechtlichen Problemen aufgrund der speziellen Ausgestaltung dieses Rechtsgebiets – unabhängig vom
238 239 240 241 242 243
Vgl. zu den Motiven BT-Drucks. 15/1971, 147 f. Bis zum 1.7.2006: Nr. 2400 ff. VV RVG. Hartung/Römermann/Schons, Nr. 2300 VV RVG Rn. 12. Schneider/Wolf/Onderka/Wahlen, Vorb. 2.3 VV RVG, Rn 26; Enders, RVG, Rn. 544. Enders, RVG, Rn. 550; Hartmann, Kostengesetze, Nr. 2300 VV RVG Rn. 23. Schneider/Wolf/Onderka/Wahlen, Nr. 2300 VV RVG, Rn. 9 ff.
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2. Kap.: Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen
Anrufen einer Gütestelle – als schwierig einzustufen.244 Bei entsprechendem Aufwand kann der Anwalt daher eine Gebühr von bis zu 2,5 festsetzen. Weitere Gebühren sind für eine Vertretung in einem nicht obligatorischen Schlichtungsverfahren nicht vorgesehen.245 Insbesondere eine Geschäftsgebühr nach Nr. 2303 VV RVG kommt für Verfahren vor den Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen nicht in Betracht. Von Nr. 2303 Nr. 1 VV RVG sind nur obligatorische Güteverfahren umfasst,246 die ärztlichen Gütestellen sind auch keine Stellen i.S.d. Nr. 2303 Nr. 4 VV RVG.247 b) Einigungsgebühr nach Nr. 1000 VV RVG Kommt es im Anschluss an das freiwillige Güteverfahren zu einer Einigung mit dem Haftpflichtversicherer des Arztes, kann dem Anwalt zusätzlich neben der Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VV RVG auch eine Einigungsgebühr von 1,5 nach Nr. 1000 VV RVG zustehen.248 In Arzthafthaftpflichtstreitigkeiten werden regelmäßig Abfindungsvergleiche geschlossen.249 Bei diesen Vereinbarungen mit dem Haftpflichtversicherer handelt es sich um Vergleiche i.S.d. § 779 BGB und damit um eine Einigung i.S.d Nr. 1000 VV RVG.250
244
Hartmann, Kostengesetze, Nr. 2300 VV RVG Rn. 29, 36; Gebauer/Schneider, RVG, § 14 Rn. 31. 245 Die nach § 118 BRAGO ausgewiesenen Besprechungs- und Beweisaufnahmegebühren sind nach RVG nicht mehr als gesonderte Gebühren vorgesehen. Diese allgemeine Beschränkung auf nur noch eine Gebührenart wird daher ausgeglichen durch eine wesentliche Erhöhung des früheren Gebührenrahmens, vgl. Hartmann, Kostengesetze, Nr. 2300 VV RVG Rn. 2; Schneider/Wolf/Onderka/Wahlen, Vorb. 2.3 VV RVG, Rn. 27. 246 Enders, RVG, Rn. 653. 247 BGH VersR 2005, 707 = AGS 2004, 484 m. Anm. Madert; = JurBüro 2005, 83, 84 m. Anm. Enders; OLG Karlsruhe JurBüro 1985, 236 noch zu § 65 BRAGO; Schneider/Wolf/ Onderka/Schneider/Wahlen, Nr. 2303 VV RVG, Rn. 3; a.A. Scherpe, AnwBl. 2004, 14, 15, der entgegen dem Wortlaut nicht fordert, dass die jeweilige Stelle gesetzlich eingerichtet sein muss und daher eine Anwendung des § 65 BRAGO auf private Streitbeilegungseinrichtungen sowohl für Verfahren nach § 15 a EGZPO als auch für sonstige Verfahren bejaht, zumindest eine analoge Anwendung für möglich hält. 248 Weizel, Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen, S. 169, u. Heck, in: Prütting, Außergerichtliche Streitbeilegung, Rn. 584, jeweils zu § 23 BRAGO; Schneider/Wolf/ Schneider, Nr. 1000 VV RVG, Rn. 13; Hartmann, Kostengesetze, Nr. 2300 VV RVG Rn. 8; Enders, RVG, Rn. 545. 249 Vgl. dazu Katzenmeier/Brennecke, in: Wenzel, Handbuch FA Medizinrecht, Kap. 5 Rn. 72 ff.; Heidermann, in: Ehlers/Broglie, Arzthaftungsrecht, Rn. 384; Weizel, Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen, S. 168. 250 Schneider/Wolf/Schneider, Nr. 1000 VV RVG Rn. 76; Weizel, Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen, S. 169, zu § 23 I BRAGO. Vgl. zu Abfindungsvergleichen bei der Regulierung von Haftpflichtschäden auch MüKo/Habersack, § 779 Rn. 47.
G. Anwaltliche Vertretung
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c) Honorarvereinbarungen In Einzelfällen kann die außergerichtliche Tätigkeit so umfangreich sein, dass selbst die Höchstgebühr nach Nr. 2300 VV RVG von 2,5 gemessen am tatsächlichen Aufwand des Anwalts für eine sachgerechte und wirtschaftlich zumutbare Honorierung nicht ausreichend ist. Aus diesem Grund besteht die Möglichkeit, mit den Mandanten eine zusätzliche Honorarvereinbarung zu treffen.251 2. Gebührenrechtliche Verbesserung und finanzieller Anreiz Ein Vergleich der geltenden Gebührenvorschriften des RVG mit denen der bis zum 1.7.2004 geltenden BRAGO kann verdeutlichen, ob für den Anwalt durch die neuen Gebührenregeln tatsächlich ein finanzieller Anreiz geschaffen wurde, dem Mandanten zu außergerichtlichen Schlichtungsverfahren zu raten. Nachfolgend werden dazu jeweils die Gebühren berücksichtigt, die der Anwalt allein im Gütestellenverfahren veranschlagen kann: (1) Bei entsprechendem Aufwand kann der Anwalt nach den Gebührenregeln des RVG wie aufgezeigt nach Nr. 2300 VV RVG eine Gebühr von bis zu 2,5 festsetzen. (2) Bei einer Gebührenberechnung nach der BRAGO konnte ein Anwalt im Verfahren vor den ärztlichen Schlichtungsstellen die allgemeinen außergerichtlichen Gebühren nach § 118 BRAGO abrechnen. Er erhielt eine Geschäftsgebühr nach § 118 Abs. 1 Nr. 1 BRAGO,252 daneben konnte er zusätzlich eine Verhandlungsgebühr nach § 118 Abs. 1 Nr. 2 BRAGO berechnen, wenn er vor der Gütestelle im Wege einer Mitwirkung bei Besprechungen und Verhandlungen tätig wurde.253 Eine Beweisgebühr nach § 118 Abs. 1 Nr. 3 BRAGO schied jedoch aus, da die ärztlichen Gütestellen keine Gerichte oder Behörden i.S.d. § 118 Abs. 1
251
Gerold/Schmidt/v.Eicken/Madert/Müller-Raabe/Madert, Nr. 2400 – 2403 VV RVG, Rn. 174; dieses Honorar ist keine Geschäftsgebühr und damit nicht nach Teil 3 Vorbemerkung 3 Abs. 4 auf die Gebühren in einem gerichtlichen Verfahren anzurechnen, vgl. Hartung/Römermann/Schons, Nr. 2300 VV RVG Rn. 85; Enders, JurBüro 2005, 84. 252 BGH MedR 2005, 96, 97; Heck, in: Prütting, Außergerichtliche Streitschlichtung, Rn. 580; eine Güteverfahrensgebühr gem. § 65 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BRAGO erhielt der Anwalt jedoch nicht, weil es sich bei den Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen nicht um Gütestellen i.S.d. § 794 Abs. 1 Nr. 1 ZPO handelt. 253 BGH MedR 2005, 96, 97; Heck, in: Prütting, Außergerichtliche Streitschlichtung, Rn. 581 f. Die Besprechungsgebühr nach § 118 Abs. 1 Nr. 2 BRAGO wurde nicht in das RVG übernommen. Hier fällt nur eine Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VV RVG an, bei deren Bemessung der Aufwand für Besprechungen mit berücksichtigt wird, vgl. Zöller/Herget, § 91 Rn. 13.
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2. Kap.: Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen
Nr. 3 BRAGO sind.254 Insgesamt konnte der Anwalt danach bei Vertretung vor einer ärztlichen Gütestelle bis zu 15/10 Gebühr berechnen.255 Ein Vergleich mit den nach dem RVG möglichen 2,5 Gebühren verdeutlicht, dass durch die Neuregelung tatsächlich eine Besserstellung stattgefunden hat. Bei entsprechendem Arbeitsaufwand, der sich in der Rahmengebühr widerspiegelt, kann der Anwalt insgesamt höhere Gebühren abrechnen. Ein finanzieller Anreiz mit dem Ziel der Stärkung außergerichtlicher Streitbeilegung ist also geschaffen.
IV. Kostentragung In den Statuten der Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen ist festgelegt, dass die Parteien die Kosten einer anwaltlichen Vertretung im Innenverhältnis zu den Stellen selbst tragen. Im Außenverhältnis und insbesondere im Verhältnis der Beteiligten untereinander ist eine Kostenerstattung hingegen möglich.256 Entscheidend hierfür sind der Ausgang des Güteverfahrens und des sich unter Umständen anschließenden Gerichtsverfahrens. 1. Kostentragung bei einem außergerichtlichen Schlichtungsverfahren Wird ein außergerichtliches Schlichtungsverfahren durchgeführt ohne dass es danach zu einem Ausgleich durch den Haftpflichtversicherer des Arztes oder zu einem Gerichtsverfahren kommt, also insbesondere bei negativem Bescheid, haben die Beteiligten ihre Anwaltskosten grundsätzlich selbst zu tragen. Prozesskostenhilfe wird nicht gewährt, weil es sich nicht um ein gerichtliches Verfahren handelt.257 In bestimmten außergerichtlichen Verfahren können Parteien finanzielle Hilfe nach dem Beratungshilfegesetz erhalten.258 Eine Anwendung auf die Verfah-
254
BGH MedR 2005, 96, 97; Madert, AGS 2003, 373; Heck, in: Prütting, Außergerichtliche Streitschlichtung, Rn. 583; a.A. und damit eine Beweisgebühr bejahend OLG Bremen MedR 2003, 639, 640. 255 Weizel, Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen, S. 165, mit entsprechendem Berechnungsbeispiel: 7,5/10 Geschäftsgebühr gem. § 118 Abs. 1 Nr. 1 BRAGO + 7,5/10 Besprechungsgebühr gem. § 118 Abs. 1 Nr. 2 BRAGO = 15/10 Gebühr. 256 LG Baden-Baden MedR 1987, 159; Weizel, Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen, S. 174; anders noch Bodenburg/Matthies, VersR 1982, 729, 734 f., die aufgrund des Wortlauts der Statuten davon ausgingen, dass die Anwaltskosten nicht erstattungsfähig sind, dies aber nicht befürworteten, sondern eine Kostenerstattung vielmehr für wünschenswert halten. 257 Prütting, in: FS 150 Jahre LG Saarbrücken, 1985, S. 264, der dies als Nachteil sieht; ders., BB 1999 Beilage 9, 7, 12, spricht sich daher für eine entsprechende Anwendung der Regelungen der Prozesskostenhilfe im außergerichtlichen Verfahren aus; so wohl auch Schlund, in: Laufs u.a., Entwicklung der Arzthaftung, S. 333, 339. 258 Heck, in: Prütting, Außergerichtliche Streitschlichtung, Rn. 594, mit Berechnungsbeispiel.
G. Anwaltliche Vertretung
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ren vor den ärztlichen Gütestellen wurde teilweise bejaht.259 In der seit dem Jahr 1999 bestehenden Fassung des § 1 Abs. 1 Beratungshilfegesetz werden jedoch als außergerichtliche Schlichtungsverfahren, für die eine Beratungshilfe in Betracht kommt, ausdrücklich nur die obligatorischen Verfahren der Stellen des § 15 a EGZPO benannt. Bei den Verfahren vor den ärztlichen Gütestellen handelt es sich gerade nicht um obligatorische Verfahren. Ob angesichts des klaren Wortlauts die Anwendung des Beratungshilfegesetztes in Betracht kommt, ist fraglich.260 In Betracht kommt eine Kostentragung durch die Rechtsschutzversicherer. Die Leistungen, die der Rechtsschutzversicherer dem Versicherungsnehmer zu erbringen hat, ergeben sich aus § 5 der Allgemeinen Bedingungen für die Rechtsschutzversicherung (ARB 2000).261 Auch die Tätigkeit des Anwalts im Rahmen eines Verfahrens vor einer ärztlichen Gütestelle ist mitversichert. Dies ergibt sich daraus, dass es sich bei den Gebühren für außergerichtliche Vertretung nach Nr. 2300 VV RVG um die gesetzliche Vergütung handelt, vgl. § 5 Abs. 1 a ARB 2000.262 Diese Kostentragung ist bedeutsam, sie kommt einer Anerkennung der außergerichtlichen Verfahren als Alternative zu den gerichtlichen Verfahren auch durch die Rechtsschutzversicherer gleich. Gemäß § 5 Abs. 1 lit. d) ARB 2000 trägt der Versicherer zudem die Gebühren eines Schlichtungsverfahrens bis zur Höhe der Gebühren, die im Falle der Anrufung eines zuständigen staatlichen Gerichtes erster Instanz entstehen. Es werden auch die Gebühren eines Verfahrens ersetzt, das nicht mit einer für die Parteien verbindlichen Entscheidung endet. Dass es sich um ein Verfahren vor einer gesetzlichen Gütestelle handelt, wird nicht gefordert.263 Von § 5 Abs. 1 lit. d) ARB 2000 sind jedoch allein die Verfahrenskosten umfasst,264 solche fallen im Verfahren vor den ärztlichen Gütestellen gerade nicht an.
259 Weizel, Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen, S. 176, zu der vor 1999 bestehenden Fassung. Allgemein befürwortet auch Weiß, in: FS Rolland, S. 395, 410, eine analoge Anwendung in freiwilligen außergerichtlichen Verfahren. 260 Für eine Inanspruchnahme von Beratungshilfe in diesen Verfahren BM Justiz / BM Gesundheit, „Patientenrechte in Deutschland“, S. 14. Gegen die Gewähr von Beratungshilfe selbst im obligatorischen Schlichtungsverfahren nach dem BaySchlG i.V.m. § 15 a EGZPO aber AG Nürnberg JurBüro 2002, 147. 261 Hierbei handelt es sich um vom GDV erlassene Musterbedingungen, deren Umsetzung für die Rechtsschutzversicherer fakultativ ist. 262 Obarowski, in: Beckmann/Matusche-Beckmann, Versicherungsrechtshandbuch, § 37 Rn. 189; Gebauer/Schneider, Nr. 2403 VV RVG a.F. Rn. 50, zu den nach Nr. 2303 VV RVG n.F. entstehenden Gebühren; vgl. auch Hartung/Römermann/Schons, Nr. 2300 VV RVG Rn. 144; Weizel, Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen, S. 176, geht davon aus, dass die Kosten nicht durch die Rechtsschutzversicherer getragen werden, befürwortet dies jedoch aus rechtspolitischen Gründen. 263 Vgl. Prölss/Martin/Prölss/Armbruster, § 5 ARB (1994) Rn. 5. 264 So zu Recht Obarowski, in: Beckmann/Matusche-Beckmann, Versicherungsrechtshandbuch, § 37 Rn. 189; a.A. aber Bauer/Schneider, in: van Bühren, Handbuch Versicherungsrecht, § 13 Rn. 328, die hiervon auch die Anwaltskosten umfasst sehen.
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2. Kap.: Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen
2. Kostentragung bei einem Ausgleich durch den Haftpflichtversicherer Wird nach Durchführung des Gütestellenverfahrens eine Schadensregulierung durch den Haftpflichtversicherer des Arztes vorgenommen, stellt sich die Frage, ob dieser die Anwaltskosten als Teil des entstandenen Schadens ersetzen muss. Bei den Anwaltskosten könnte es sich um einen Folgeschaden handeln, auf den sich die Schadensersatzpflicht gemäß § 249 Abs. 2 S. 1 BGB erstreckt. Voraussetzung ist, dass der Schaden mit dem schädigenden Ereignis in einem adäquaten Ursachenzusammenhang steht.265 Hinsichtlich der Kosten der Rechtsverfolgung, die durch die Geltendmachung eines Schadensersatzanspruchs entstehen, besteht ein solcher Zusammenhang.266 Zu ersetzen sind dabei auch die Anwaltskosten im Rahmen einer außergerichtlichen Schadensregulierung, wenn die Inanspruchnahme eines Rechtsanwalts notwendig war.267 Eine solche Notwendigkeit wird aufgrund der komplizierten arzthaftungsrechtlichen Fragen im Gütestellenverfahren für den Patienten unproblematisch bejaht.268 Folglich können die Anwaltsgebühren als Schadensposten in die Berechnung des Schadens einbezogen werden. Es besteht ein materiell-rechtlicher Erstattungsanspruch, die Anwaltsgebühren müssen vom Haftpflichtversicherer ersetzt werden.269 3. Kostentragung bei einem sich anschließenden Gerichtsverfahren Auch wenn sich an das Verfahren vor den Gütestellen ein gerichtliches Verfahren anschließt, stellt sich die Frage der Erstattungsfähigkeit der außergerichtlichen Anwaltskosten. Diese Frage hat mit der Einführung des RVG an Bedeutung gewonnen. Nach den Gebührenregelungen der BRAGO war die Geschäftsgebühr nach § 118 Abs. 1 Nr. 1 BRAGO gemäß § 118 Abs. 2 BRAGO vollständig auf die Gebühren des sich anschließenden Gerichtsverfahrens anzurechen und ging damit in diesen auf. Eine solche vollständige Anrechnung ist im neuen RVG nicht mehr vorgesehen: Nach der Neuregelung in Vorbemerkung 3 Abs. 4 VV RVG ist die Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VV RVG nur noch zur Hälfte / höchstens mit einem Gebührensatz von 0,75 auf die Verfahrensgebühr des gerichtlichen Verfahrens aus Nr. 3100 VV RVG anzurechnen.270 Dies hat in der Praxis zur Folge, dass 265
Palandt/Heinrichs, § 249 Rn. 36. Palandt/Heinrichs, § 249 Rn. 38; Bamberger/Roth/Grüneberg, § 249 Rn. 72; Staudinger/Schiemann, § 249 Rn. 232 u. § 251 Rn. 114 ff. sieht diese Schäden nicht i.R.d. § 249 Abs. 2 S. 1 sondern i.R.d. § 251 als ersatzfähig. 267 Bamberger/Roth/Grüneberg, § 249 Rn. 74; MüKo/Oetker, § 249 Rn. 175; Palandt/ Heinrichs, § 249 Rn. 38, 39; AnwKomm/Magnus, § 249 Rn. 78. 268 LG Baden-Baden MedR 1987, 159; Ulsenheimer, in: Laufs/Uhlenbruck, Handbuch des Arztrechts, § 113 Rn. 9; Laufs, Arztrecht, Rn. 546; so im Ergebnis auch Weizel, Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen, S. 178. 269 LG Baden-Baden MedR 1987, 159. 270 Die Anrechnungsvorschrift soll verhindern, dass die gleiche Tätigkeit zweimal honoriert wird, wenn die Angelegenheit zunächst als außergerichtliche und später als gerichtliche betrieben wird, während sie nur einmal honoriert worden wäre, wenn sie sofort vor Ge266
G. Anwaltliche Vertretung
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die Verfahrensgebühr entsprechend abgesenkt wird und die Geschäftsgebühr in voller Höhe bestehen bleibt.271 Es bleibt damit nach den Regelungen des RVG nunmehr stets ein „außergerichtlicher Rest“272 – eine Art „Kollateralschaden“.273 Für den Mandanten ist von Interesse, ob er auch für diese außergerichtlichen Gebühren im Falle eines Obsiegens Ersatz vom Gegner verlangen kann. a) Materiell-rechtlicher Erstattungsanspruch Allgemein bejaht wird die Möglichkeit des Klägers, im Falle seines Obsiegens nach materiellem Recht vorzugehen. Eine Erstattung des Restschadens kommt in Betracht, wenn ein materiell-rechtlicher Anspruch gegeben ist.274 Kosten für anwaltliche Hilfe im Rahmen des ärztlichen Gütestellenverfahrens sind im Rahmen vertraglicher und deliktischer Schadensersatzansprüche erstattungsfähig, die Anwaltsgebühren sind ein Folgeschaden, auf die sich die Schadensersatzpflicht des Arztes nach § 249 Abs. 2 S. 1 BGB erstreckt.275 Zur Durchsetzung dieses materiell-rechtlichen Anspruchs ist die außergerichtliche Gebühr nach Nr. 2300 VV RVG als Nebenforderung i.R.d. Hauptsacheverfahrens geltend zu machen.276 b) Kostenfestsetzungsverfahren nach §§ 103 ff. ZPO Fraglich ist, ob auch ein prozessualer Anspruch auf Erstattung der verbleibenden außergerichtlichen Anwaltsgebühren aus § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO besteht, so dass diese Kosten im Falle eines Obsiegens im Rahmen eines Kostenfestsetzungsverfahrens nach den §§ 103 ff. ZPO festgesetzt werden können. Grundsätzlich zählt der nicht anrechenbare Teil der Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VV RVG nicht zu den im Kostenfestsetzungsverfahren anzumeldenden Prozesskosten.277 Es wird jedoch in Betracht gezogen, dass in manchen Konstellationen auch für außergerichtliche Kosten ein prozessualer Erstattungsanspruch i.S.d. § 91 ZPO besteht, der dann konsequenterweise auch im Kostenfestsetzungsverfahren Berücksichtigung
richt gebracht worden wäre, vgl. Gerold/Schmidt/v.Eicken/Madert/Müller-Raabe/Madert, Nr. 2400 – 2403 VV RVG Rn. 183. 271 So jetzt BGH NJW 2007, 2049, 2050. 272 Zöller/Herget, § 104 Rn. 21; Enders, RVG, Rn. 622, mit Berechnungsbeispielen. 273 Hartung/Römermann/Schons, Vorbem. 3 RVG Rn. 56 u. Nr. 2300 VV RVG Rn. 89. 274 Enders, RVG, Rn. 625; Hartung/Römermann/Schons, Vorbem. 3 RVG Rn. 57 u. Nr. 2300 VV RVG Rn. 103. 275 So schon LG Baden-Baden MedR 1987, 159; Laufs, Arztrecht, Rn. 546; Laum, in: Wenzel, Handbuch des FA Medizinrecht, Kap. 6 Rn. 28; Hartung/Römermann/Schons, Nr. 2300 VV RVG Rn. 106. 276 BGH NJW 2007, 2049, 2050; Schneider/Wolf, RVG, Vorb. 2.3, Rn. 34; Hartung/ Römermann/ Schons, Vorbem. 3 RVG Rn. 58 u. 2300 VV Rn. 91; Schneider, NJW 2007, 2001; Schons, NJW 2005, 3089, 3091. 277 BGH NJW 2007, 2049, 2050; OLG Frankfurt NJW 2005, 759; Schons, NJW 2005, 3089, 3091; Hartung/Römermann/Schons, Vorbem. 3 RVG Rn. 58; Enders, RVG, Rn. 624.
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2. Kap.: Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen
finden muss.278 Dieser Weg ist regelmäßig weniger aufwändig als eine klageweise Geltendmachung des materiell-rechtlichen Anspruchs und zusätzliche Prozesse können so vermieden werden.279 Voraussetzung für einen im Kostenfestsetzungsverfahren zu berücksichtigenden prozessualen Anspruch ist, dass die im Rahmen einer außergerichtlichen Vertretung vor einer ärztlichen Gütestelle entstandenen Anwaltsgebühren Kosten i.S.d. § 91 ZPO sind: Unter § 91 Abs. 1, Abs. 2 ZPO fallen Vorbereitungskosten und in diesem Rahmen auch Anwaltskosten.280 Voraussetzung ist dabei deren Notwendigkeit sowie Prozessbezogenheit. (1) Notwendigkeit: Ob es sich bei den Anwaltskosten im Verfahren vor den ärztlichen Gütestellen um zur Rechtsverfolgung und Rechtsverteidigung notwendige Kosten handelt, wurde in den vergangenen Jahrzehnten diskutiert. Unterschieden wurde hinsichtlich der Notwendigkeit einer Einschaltung eines Anwalts auf Patientenseite und auf Arztseite: Für die Patientenseite wird eine anwaltliche Vertretung im Güteverfahren allgemein als notwendig anerkannt, aufgrund der komplizierten arzthaftungsrechtlichen Fragen sei diese geboten.281 Für den Arzt wurde die Notwendigkeit der Einschaltung eines Anwalts teilweise verneint. Dieser müsse sich im Verfahren lediglich zu dem Behandlungsgeschehen äußern, hierzu sei sein Fachwissen ausreichend und anwaltliche Hilfe nicht erforderlich.282 In jüngerer Zeit wird jedoch vertreten, dass die Kosten für die anwaltliche Vertretung auch für den Arzt notwendig i.S.d. § 91 Abs. 1 ZPO sind.283 Auch wenn es diesem aufgrund seines Fachwissens leichter falle, das eingeholte Gutachten zu beurteilen, sei eine anwaltliche Vertretung nicht grundsätzlich entbehrlich. Denn die Gütestellen klären nicht nur rein medizinische Fragestellungen, sondern geben eine umfassende Stellungnahme zum Haftungsfall ab, die auch eine juristische Bewertung beinhaltet.284 Die Kosten für die anwaltliche Vertretung im Verfahren vor einer Schlichtungsstelle für Arzthaftpflichtfragen werden damit sowohl für
278 Hartung/Römermann/Schons, Nr. 2300 VV Rn. 113, der hier Vorbereitungskosten anführt. Zöller/Herget, § 104 Rn. 21; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, § 91 Rn. 61; Heck, in: Prütting, Außergerichtliche Streitschlichtung, Rn. 599, 602, bejaht dies für ein obligatorisches nicht aber für ein freiwilliges Schlichtungsverfahren. 279 Zöller/Herget, § 104 Rn. 21, der die Scheu der Gerichte, außergerichtlichen Kosten den Weg in die Festsetzung zu öffnen, nicht versteht; Musielak/Wolst, Vor § 91 Rn. 16, der aus diesem Grund befürwortet, dass die Rechtsprechung den Kreis der im Festsetzungsverfahren durchsetzbaren Kosten weiter zieht. 280 Schneider/Wolf/Onderka/Schneider/Wahlen, Nr. 2303 VV RVG, Rn. 46. 281 OLG Bremen MedR 2003, 639, 640; LG Baden-Baden MedR 1987, 159; Soergel/ Spickhoff, § 823 Anh I Rn. 267; Weizel, Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen, S. 176 ff.; offen gelassen OLG Düsseldorf, AHRS 7410/2. 282 OLG Düsseldorf AHRS 7410/2, das zu diesem Ergebnis kommt obwohl richtig erkannt wird, dass die Bewertung durch die Gutachterkommission im nachfolgenden Haftungsprozess eine nicht unwesentliche Rolle spielen kann; Weizel, Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen, S. 175. 283 OLG Bremen MedR 2003, 639, 640; Soergel/Spickhoff, § 823 Anh I Rn. 267. 284 OLG Bremen MedR 2003, 639, 640.
G. Anwaltliche Vertretung
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den Arzt als auch für den Patienten als notwendig zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung i.S.d. § 91 Abs. 1 ZPO angesehen.285 (2) Prozessbezogenheit: Prozessbezogen sind solche außergerichtlichen Kosten, die mit einem bevorstehenden Rechtsstreit in unmittelbarer Beziehung stehen. Dagegen sind Maßnahmen zur Vermeidung eines Prozesses sowie Maßnahmen, die allein der Entscheidung dienen, ob prozessiert werden soll oder nicht, grundsätzlich nicht prozessbezogen.286 Fraglich ist, wie vor diesem Hintergrund die Kosten einer anwaltlichen Vertretung in einem Verfahren vor den Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen einzuordnen sind. Einerseits ist die Prozessvermeidung erklärtes Ziel dieser Stellen. Andererseits stellt das Güteverfahren in Fällen, in denen sich ein gerichtliches Verfahren anschließt, eine konkrete Vorbereitungshandlung dar: Die im außergerichtlichen Verfahren erstellten Gutachten können im Wege des Urkundsbeweises in den Prozess eingebracht werden. Die Handlungen der Gütestellen dienen also nicht nur der Prozessvermeidung, sondern gleichzeitig der Prozessvorbereitung. In solchen Konstellationen wird eine Prozessbezogenheit teilweise bejaht.287 (3) Ergebnis: Bejaht man Notwendigkeit und Prozessbezogenheit der Kosten der anwaltlichen Vertretung im ärztlichen Gütestellenverfahren und qualifiziert diese vorprozessualen Kosten ausnahmsweise als solche i.S.d. § 91 ZPO,288 dann ist es konsequent, diese außergerichtlichen Kosten ausnahmsweise auch im Kostenfestsetzungsverfahren nach §§ 103 ff. ZPO zu berücksichtigen.289 c) Ergebnis Die aufgrund der nur teilweisen Anrechnung verbleibende außergerichtliche Gebühr nach Nr. 2300 VV RVG ist erstattungsfähig. Es besteht ein materiell-rechtlicher Kostenerstattungsanspruch, der sich aus einer Erstreckung der Schadensersatzpflicht gem. § 249 Abs. 2 S. 1 BGB auch auf Folgeschäden ergibt und klageweise geltend gemacht werden kann. Bejaht man auch einen prozessualen Anspruch aus § 91 ZPO, der eine Festsetzung der Kosten in einem Verfahren nach §§ 103 ff. ZPO ermöglicht, dann tritt dieser neben den materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruch.290 Im Falle eines Obsiegens vor Gericht kann die jeweilige 285 BGH MedR 2005, 96, 97; OLG Bremen MedR 2003, 639, 640; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, § 91 Rn. 61; Soergel/Spickhoff, § 823 Anh I Rn. 267. 286 Zöller/Herget, § 104 Rn. 21; Madert/Müller-Rabe, NJW 2006, 1927, 1931; Stein/ Jonas/Bork, § 91 Rn. 39. Für eine weite Auslegung und eine Erstattungsfähigkeit der Kosten einer Beratung dazu, ob man sich auf den Prozess einlassen sollte: Hartmann, Kostengesetze, Nr. 2300 VV RVG Rn. 49. 287 Stein/Jonas/Bork, § 91 Rn. 43. 288 So Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, § 91 Rn. 61; Soergel/Spickhoff, § 823 Anh I Rn. 267. 289 So ausdrücklich auch Hartung/Römermann/Schons, Nr. 2300 VV Rn. 113. 290 Zöller/Herget, Vor § 91 Rn. 11. Soweit sich beide Ansprüche decken, fehlt aber das Rechtsschutzbedürfnis für eine klageweise Geltendmachung des materiell-rechtlichen Anspruchs, weil der Weg über das Kostenfestsetzungsverfahren weniger aufwändig ist, vgl. Musielak/Wolst, Vor § 91 Rn. 16.
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2. Kap.: Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen
Partei somit Ersatz der durch eine Vertretung vor einer ärztlichen Gütestelle entstandenen Gebühren vom Gegner verlangen.
3. Kapitel: Statistische Auswertung A. Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen Seit ihrem Bestehen erfassen die Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen die Daten der bei ihnen durchgeführten Verfahren und werten diese systematisch anhand verschiedener Kriterien aus. Insbesondere bei den (Landes-)Ärztekammern gibt es ausführliches Datenmaterial, welches in den jährlichen Tätigkeitsberichten veröffentlicht wird. Zusätzlich werden die Daten der neun Stellen in einer bundesweiten Statistik zusammengeführt. Diese wird jährlich in den Tätigkeitsberichten der Bundesärztekammer veröffentlicht.291 Eine Darstellung der Arbeit der ärztlichen Gütestellen anhand von Statistiken ermöglicht objektive Aussagen über deren Tätigkeit und über die Entwicklung der außergerichtlichen Verfahren in den nunmehr drei Jahrzehnten ihres Bestehens.
I. Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen – bundesweit 1. Bundesweite Entwicklung Zur Darstellung der Entwicklung der außergerichtlichen Verfahren bietet sich ein Vergleich der Daten verschiedener Jahre an. Die hier präsentierten Zahlen basieren auf den jährlich im Tätigkeitsbericht der Bundesärztekammer veröffentlichten, bundesweiten Erhebungen. Dort wurden in der bis zum Jahr 2005 durchgeführten Verfahrensweise die Datensätze der neun ärztlichen Gütestellen tabellarisch nebeneinander gestellt. In Tabelle 1 sind diese Daten jeweils addiert und beziehen sich damit auf das gesamte Bundesgebiet. Die Antragszahlen sind seit Gründung der Stellen stetig angestiegen. Waren es im Jahr 1981 noch 2.258 Anträge,292 so wurden im Jahre 2006 insgesamt 10.280 Anträge eingereicht, die Zahl ist damit um ein 4,6faches gestiegen. Seit dem Jahr 2000 hat sich die Antragszahl auf einem hohen Niveau bei 10.000 bis 11.000 Anträgen pro Jahr stabilisiert. Auffällig ist ein deutlicher Anstieg der Erledigungen, seit dem Jahr 2004 liegt die Zahl der Erledigungen jeweils über der Zahl der gestellten Anträge. Dies lässt insgesamt auf eine Verkürzung der Durchschnittsverfahrensdauer schließen.
291
Die aktuelle Statistik für das Jahr 2006 findet sich in: „Statistische Erhebung der Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen – Statistikjahr 2006“ – abrufbar unter www.bundesaerztekammer.de.; für die zurückliegenden Jahre vgl. z.B. Tätigkeitsbericht der BÄK 2006, 338 f.; 2005, 369 f.; 2004, 319 f. Ausgehend von diesem Datenmaterial werden Auswertungen der Ergebnisse veröffentlicht, vgl. Eissler, MedR 2005, 280; zur Gutachterkommission Baden-Württemberg vgl. ders., MedR 2004, 429; Neumann, MedR 2003, 326. 292 Zu diesem Zeitpunkt allein auf dem Gebiet der alten Bundesländer.
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3. Kap.: Statistische Auswertung
Tabelle 1. Bundesweite Entwicklung 1981 - 2006
1) Nur Gebiet der alten Bundesländer. 2) Seit 2005 werden die Daten im Wege des Medical Error Reporting Systems (MERS) erfasst; ein Vergleich mit den Datensätzen aus den Vorjahren ist daher nur bedingt möglich; um eine Entwicklung aufzuzeigen wird hier versucht, die Daten bestmöglich kompatibel darzustellen. 3) Die Differenz zwischen der Zahl der "erledigten Anträge" und der "mit Sachentscheidung erledigten Anträge" ergibt sich aus den Anträgen, die aus formalen Gründen (fehlende Zuständigkeit u.a.) nicht zur Entscheidung angenommen wurden. 4) Aufgrund der Erfassung der Sachentscheidungen anhand sich überschneidender Kriterien ergeben sich Mehrfachnennungen einzelner Entscheidungen. 5) Haftungsbegründend im juristischen Sinne sind Behandlungsfehler sowie Aufklärungsmängel, die kausal für einen eingetretenen Schaden sind. Die Zahlen ergeben sich daher aus der Summe der mit * markierten Parameter in Relation zur Anzahl der Sachentscheidungen. 6) Im Rahmen einer medizinischen Auswertung sind sämtliche Behandlungsfehler sowie Aufklärungsmängel zu berücksichtigen. Die Zahlen ergeben sich daher aus der Summe der mit ** markierten Parameter in Relation zur Anzahl der Sachentscheidungen. Quelle: 1981 – 2005: Eigene Berechnung auf Grundlage der Tätigkeitsberichte der Bundesärztekammer; für 2006: „Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen bei den Ärztekammern – Ein Wegweiser“.
Bei Aussagen zum Ausgang der Verfahren vor den ärztlichen Gütestellen ist zwischen einer Erfolgsquote im juristischen Sinne und einer Fehlerquote im medizinischen Sinne zu differenzieren:293 Im juristischen Sinne haftungsbegründend können nur solche Behandlungsfehler sowie Aufklärungspflichtverletzungen sein, die kausal für einen eingetretenen Schaden sind. Unter haftungsrechtlichen und damit juristischen Gesichtspunkten liegt die Erfolgsquote seit dem Jahr 2000 bezogen auf die Anzahl der Sachentscheidungen durchschnittlich bei 24,6 %. Im Rahmen 293
Zu den Problemen der unterschiedlichen Begriffsdefinitionen vgl. Sachverständigenrat für die konzertierte Aktion im Gesundheitswesen, Gutachten 2003 I, in: BT-Drucks. 15/530, S. 134 f.
A. Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen
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einer medizinischen Auswertung – insbesondere unter dem Gesichtspunkt zukünftiger Fehlervermeidung – ist es sinnvoll, alle ärztlichen Aufklärungspflichtverletzungen und Behandlungsfehler zu berücksichtigen und zwar auch solche, die nicht kausal für einen Schaden wurden. Unter Berücksichtigung aller festgestellten Behandlungsfehler und Aufklärungspflichtverletzungen ergibt sich seit dem Jahr 2000 bezogen auf die Anzahl der Sachentscheidungen eine durchschnittliche Fehlerquote von 31,8 %. 2. Bundeseinheitliche Statistik, 2006 Die bundesweite statistische Erhebung wies in der bis zum Jahr 2005 geführten Form deutliche Schwachstellen auf. Die Daten der einzelnen Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen wurden lediglich zusammengetragen und nebeneinander gestellt. Die statistischen Erhebungen auf Länderebene unterschieden sich jedoch, so dass ein sinnvoller direkter Vergleich der Stellen nicht möglich war: Bei der Erfassung der Daten durch die Stellen bestanden erhebliche Unterschiede in der Zählweise.294 Für das Jahr 2006 ist daher erstmals eine bundeseinheitliche Statistik erarbeitet worden, in der die Ergebnisse der einzelnen Gütestellen anhand einheitlicher Parameter ausgewertet wurden.295 Indem die Daten damit auf einen „gemeinsamen Nenner“ gebracht wurden, ist nun ein Vergleich der Stellen möglich. Diese einheitliche Auswertung erfolgte mittels eines Medical Error Reporting Systems (MERS), das von nun an Grundlage der statistischen Erhebungen sein wird:296 294
Laum/Beck, Rh. ÄBl. 2/2006, 25, 26, führen für die unterschiedliche Zählweise Folgendes an: Bei der Gutachterkommission Nordrhein werden von einem Patienten erhobene Vorwürfe, die sich gegen mehr als einen Arzt richten, in der Regel in einem Begutachtungsverfahren unter einem Aktenzeichen zusammengefasst, während in anderen Zuständigkeitsbereichen für jeden Arzt ein besonderes Verfahren aufgeführt wird. Dies führt zunächst zu einer unterschiedlichen Zählweise hinsichtlich der Antragszahl. Weitere Konsequenzen können sich auch für die Behandlungsfehlerquote ergeben und zwar in Konstellationen, in denen bei Beteiligung mehrerer Ärzte ein Behandlungsfehler für den einen bejaht und für den anderen verneint wird: Kommen andere Stellen bei drei beteiligten Ärzten, von denen bei einem ein Behandlungsfehler bejaht und bei zweien ein Behandlungsfehler verneint wird, zum statistischen Ergebnis „zwei Anträge: Behandlungsfehler (-); ein Antrag: Behandlungsfehler (+)“, so kommt die Gutachterkommission Nordrhein nach dem „worstcase-Prinzip“ zum Ergebnis „ein Antrag: Behandlungsfehler (+)“. 295 Tätigkeitsbericht der BÄK 2005, S. 369. Die Ständige Konferenz der Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen hatte sich auf eine bundesweit einheitliche Dokumentation der Verfahrensergebnisse und Zusammenführung der Daten in einer bundeseinheitlichen Statistik verständigt. Bei ihren Tagungen haben sich die Teilnehmer schwerpunktmäßig mit der Erarbeitung einer entsprechenden Systematik beschäftigt, vgl. Tätigkeitsbericht der BÄK 2004, S. 318 u. Tätigkeitsbericht der BÄK 2003/2004, S. 330. 296 Vorgestellt werden das System und die gewonnenen Ergebnisse in: Bundesärztekammer/Ständige Konferenz der Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen bei den Ärztekammern (Hrsg.), „Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen bei den Ärztekammern – Ein Wegweiser“; „Statistische Erhebung der Gutachterkommissionen und Schlich-
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3. Kap.: Statistische Auswertung
Hiermit werden die Daten der Stellen nach bundeseinheitlichen Parametern (Fachgebiet; Versorgungsebene; Krankheit und verschlüsselte Diagnose nach ICD-10297; Alter; Geschlecht; Patientenvorwurf; durchgeführte Behandlungsmaßnahme; gutachterlich festgestellter Behandlungsfehler; aufgetretener Schaden nach Art und Schweregrad)298 mittels eines elektronischen Statistikbogens erfasst und in einer Bundesstatistik zusammengeführt.299 Tabelle 2. Bundeseinheitliche statistische Erhebung, 2006
1) Abkürzungen: BW – Baden-Württemberg; BY – Bayern; HE – Hessen; NR – Nordrhein; Ndt. – Norddt. SchlSt.; RP – Rheinland- Pfalz; SL – Saarland; SN – Sachsen; WL – Westfalen-Lippe. 2) Die Differenz zwischen der Zahl der "erledigten Anträge" und der "mit Sachentscheidung erledigten Anträge" ergibt sich aus den Anträgen, die aus formalen Gründen (fehlende Zuständigkeit u.a.) nicht zur Entscheidung angenommen wurden. 3) Haftungsbegründend im juristischen Sinne sind Behandlungsfehler, die kausal für einen eingetretenen Schaden sind, sowie Aufklärungsmängel. Die Zahlen ergeben sich daher aus der Summe der mit * markierten Parameter in Relation zur Anzahl aller Sachentscheidungen. 4) Im Rahmen einer medizinischen Auswertung sind sämtliche Behandlungsfehler sowie Aufklärungsmängel zu berücksichtigen. Die Zahlen ergeben sich daher aus der Summe der mit ** markierten Parameter in Relation zur Anzahl aller Sachentscheidungen. Quelle: Angaben der Bundesärztekammer/(Landes-)ärztekammern; „Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen bei den Ärztekammern – Ein Wegweiser“.
tungsstellen – Statistikjahr 2006“ – abrufbar unter www.bundesaerztekammer.de; Merten, DÄBl. 2007, A-1140. 297 ICD 10 ist der Schlüssel zur internationalen Klassifikation der Krankheiten; in der deutschen Fassung wird er vom Deutschen Institut für medizinische Dokumentation und Information im Auftrag des BMG herausgegeben. 298 Diese neun Parameter benennt Neu, Geschäftsführer der Schlichtungsstelle für Arzthaftpflichtfragen der norddeutschen Ärztekammern, wiedergegeben bei Merten, DÄBl. 2006, A-2993. 299 Die zentrale Sammlung der von den einzelnen Gremien zu erfassenden Datensätze übernimmt die Geschäftsstelle der Schlichtungsstelle für Arzthaftpflichtfragen der norddeutschen Ärztekammer, vgl. Tätigkeitsbericht der BÄK 2003/2004, S. 331; „Statistische Erhebung der Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen“ – Statistikjahr 2006, S. 1.
A. Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen
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Die neue Statistik ermöglicht einen Überblick über die Arbeit der außergerichtlichen Gütestellen. Trotz der nunmehr bundesweit einheitlichen Datenerfassung erscheint ein direkter Vergleich der Daten der Stellen nicht angebracht. Dies gilt insbesondere für die unterschiedlichen Erfolgsquoten – die Ursachen für diesbezügliche Abweichungen sind vielschichtig: Auch wenn mittels des MERS ein wichtiger Schritt zur Vereinheitlichung der Datenerfassung erreicht wurde, können letzte Unterschiede in der Bearbeitung nicht ausgeschlossen werden. Zusätzliche Faktoren für die unterschiedlichen Erfolgsquoten können nach wie vor auch regionale Unterschiede in Verfahren und Struktur der Stellen sein. Eine absolute Vergleichbarkeit ist daher auch mittels des MERS nicht hergestellt. Hier sind die Entwicklungen der nächsten Jahre abzuwarten. Die Behandlungsfehlerquote erlaubt keine Rückschlüsse auf die Objektivität der Stellen. Herauszustellen ist vielmehr, dass bundesweit für das Jahr 2006 insgesamt eine haftungsbegründende Erfolgsquote von 23,4 % sowie eine medizinische Fehlerquote von 29,5 % gegeben ist. Diese Quoten weichen nur leicht vom jeweiligen bundesweiten Durchschnitt seit dem Jahr 2000 ab. Dies spricht dafür, dass die Arbeit der Gütestellen konstante Beurteilungen hervorbringt. Die absoluten Antragszahlen bei den einzelnen Stellen zeigen starke Unterschiede. Die Zahl der Anträge, die die Stellen jährlich zu bearbeiten haben, wirkt sich auf die praktische Verfahrensweise aus und ist bei einer Bewertung der Verfahren von Bedeutung. Ein Vergleich der Stellen anhand der absoluten Zahlen ist jedoch wenig aufschlussreich, da sich die Zuständigkeit der Stellen auf unterschiedlich große Gebiete erstreckt. Als sinnvolle Bezugsgröße bieten sich daher die Bevölkerungszahl der jeweiligen Einzugsgebiete oder die Zahl der dort jeweils berufstätigen Ärzte an. Tabelle 3. Relative Antragshäufigkeit, 2006
1) Bevölkerung, Stand 31.12.2005; Quelle: Statistische Ämter des Bundes und der Länder. 2) Berufstätige Ärzte, Stand 31.12.2006; Quelle: Ärztestatistik der Bundesärztekammer. Quelle: Eigene Berechnung und Darstellung.
Neben quantitativen Daten zur Arbeit der Stellen ermöglicht die Bundesstatistik zusätzlich auch qualitative Angaben zu ärztlichen Behandlungs- und Aufklärungsfehlern. So können Fehlerhäufigkeiten erkannt und Fehlerursachen ausgewertet werden, um diese für Fortbildung und Qualitätssicherung zu nutzen.300 Für die
300
Vgl. dazu ausführlich Kap. 6, S. 141 ff.
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3. Kap.: Statistische Auswertung
Außendarstellung werden daher bestimmte Themenschwerpunkte aufbereitet,301 so z.B. hinsichtlich der Verteilung der Behandlungsfehler nach Behandlungsort oder Tätigkeitsgebiet der jeweiligen Antragsgegner: Tabelle 4. Behandlungsfehler nach Behandlungsort, 2006
1) Grundlage: max. vier Antragsgegner pro Sachentscheidung. Quelle: „Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen bei den Ärztekammern - Ein Wegweiser“.
Quelle: Darstellung nach „Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen bei den Ärztekammern – Ein Wegweiser“.
Abb. 1. Behandlungsfehler nach Behandlungsort, 2006.
301
Tätigkeitsbericht der BÄK 2004, S. 319; Tätigkeitsbericht der BÄK 2003/2004, S. 330.
A. Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen
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Tabelle 5. Behandlungsfehler nach Fachgebieten der Antragsgegner, 20061)
1) Zahlen ermittelt mittels MERS; ohne Bayern. Quelle: Darstellung nach „Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen bei den Ärztekammern – Ein Wegweiser“.
Zudem ist die bundeseinheitliche Statistik nützlich bei der Öffentlichkeitsarbeit der Stellen: Im Frühjahr 2007 wurde seitens der Bundesärztekammer und der Ständigen Konferenz der Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen eine Broschüre herausgegeben, in der über die Tätigkeit der Gütestellen berichtet wird und insbesondere die Ziele und Ergebnisse der neuen Statistik erläutert werden.302 Auf einer Pressekonferenz im April 2007 wurde die mittels des MERS erstellte Statistik vorgestellt.303
II. Gutachterkommission für ärztliche Behandlungsfehler bei der Ärztekammer Nordrhein Die Bedeutung und Chancen einer umfangreichen Auswertung erkannte die Gutachterkommission Nordrhein früh. Dort werden die Verfahren seit vielen Jahren beispielhaft unter zahlreichen Gesichtspunkten erfasst.304 Eine derart detaillierte Auswertung erfolgt nur bei wenigen Stellen, ein diesbezüglich bundesweiter Vergleich ist daher nicht möglich. Die Ergebnisse der Erhebungen werden jährlich im Rheinischen Ärzteblatt veröffentlicht.305 Auch nutzt die Ärztekammer Nordrhein
302 „Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen bei den Ärztekammern – Ein Wegweiser“. 303 In vielen Medien wurde über das MERS berichtet und z.T. wurden die Ergebnisse veröffentlicht, vgl. Merten, DÄBl. 2007, A 1140; vgl. auch Frankfurter Allgemeine Zeitung v. 19. April 2007, S. 12. 304 Einblicke in die Systematik der Erfassung und Auswertung bei Laum/Smentkowski, Statut der Gutachterkommission Nordrhein, Schlussanhang, S. 165 ff. 305 Die Tätigkeitsberichte werden zu Beginn eines Jahres im Rheinischen Ärzteblatt veröffentlicht, vgl. z.B. Rh. ÄBl. 1/2007, 15; 2/2006, 24; 2/2005, 18; 1/2004, 19; 2/2003, 18; 2/2002, 17.
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3. Kap.: Statistische Auswertung
die Ergebnisse dieser Auswertungen zur Qualitätssicherung und Fortbildung. Dies kann Vorbild für bundesweite Maßnahmen zur Fehlervermeidung sein.306 1. Statistik Auf dem Datenbestand der Gutachterkommission beruhende Tabellen veranschaulichen die Entwicklung der Arbeit dieser Gütestelle: Tabelle 6. Statistische Übersicht
1) Berichtszeitraum jeweils 1.10. des Vorjahres bis 30.9. des genannten Jahres. 2) Bezogen auf die gutachterlichen Bescheide. Die Auswertung der Gutachterkommission Nordrhein erfolgt unter medizinischen Gesichtspunkten; daher sind auch die Behandlungsfehler berücksichtigt, die nicht kausal zu einem Schaden geführt haben; berücksichtigt sind hier jedoch nicht die Aufklärungsmängel. Quelle: Gutachterkommission Nordrhein, Tätigkeitsberichte.
2.500
Anträge
2.000
Erledigungen
1.500
Noch zu erledigende Anträge
1.000
Festgestellte Behandlungsfehler
500 0 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 Quelle: Eigene Darstellung nach Daten der Gutachterkommission Nordrhein, Tätigkeitsberichte.
Abb. 2. Statistische Übersicht, Gutachterkommission Nordrhein.
306
Vgl. dazu näher Kap. 6, S. 141 ff.
A. Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen
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Ein Vergleich der Antragszahlen aus dem Jahr 1990 mit denen aus dem Jahr 2006 zeigt, dass sich die Zahl der jährlichen Anträge allein in diesem Zeitraum nahezu verdoppelt hat. Seit mehreren Jahren haben sich die Antragszahlen auf einem hohen Niveau von ca. 1.800 Anträgen pro Jahr stabilisiert. Damit ist die Gutachterkommission Nordrhein bezogen auf die absoluten Antragszahlen nach der Norddeutschen Schlichtungsstelle die zweitgrößte Gütestelle.307 Hinsichtlich der Verfahrensdauer sind positive Entwicklungen erkennbar: Seit dem Jahr 2003 sinkt die Zahl noch zu erledigender Anträge, seit dem Jahr 2004 liegt die Erledigungszahl über der Antragszahl, seit dem Jahr 2005 ist die Zahl noch zu erledigender Anträge niedriger als die Zahl neu eingehender Anträge. Dies weist auf eine deutliche Verkürzung der Verfahrensdauer hin (vgl. dazu Tabelle 10). Die Behandlungsfehlerquote liegt im Durchschnitt seit dem Jahr 1975 bei 32,9 %. Jährliche Abweichungen liegen im Bereich normaler statistischer Schwankungen. Auffallend ist ein deutlicher Anstieg der Zahl der Anträge gem. § 5 Abs. 4 S. 3 des Statuts in den letzten Jahren (vgl. dazu nachfolgend Tabelle 7). Immer mehr Parteien machen von der Möglichkeit einer Überprüfung des Erstbescheides Gebrauch. Seit dem Jahr 1975 wird durchschnittlich in 6,4 % der Überprüfungen vom Erstbescheid abgewichen. Dies zeugt von einem hohen Bestand der Bescheide. Zugleich belegt dies, dass eine Überprüfung durch die Gesamtkommission keine reine Formsache ist, sondern tatsächlich eine erneute Beratung stattfindet und ein sinnvolles Korrektiv gegeben ist. Tabelle 7. Widerspruchsverfahren
1) Berichtszeitraum jeweils 1.10. des Vorjahres bis 30.9. des genannten Jahres. Quelle: Gutachterkommission Nordrhein, Tätigkeitsberichte.
307
Setzt man die absoluten Zahlen in Relation zum Einzugsgebiet, so ist die Gutachterkommission Nordrhein die Stelle mit der höchsten Antragsquote, vgl. dazu Tabelle 3.
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3. Kap.: Statistische Auswertung
2. Ergebnisse der Sachentscheidungen Tabelle 8. Sachentscheidungen
1) Berichtszeitraum jeweils 1.1. – 31.12. Aufgrund des von Tabelle 7 unterschiedlichen Berichtszeitraums ergeben sich unterschiedliche Datensätze; die Berichtszeiträume ergeben sich aus organisatorischen Gründen. 2) Haftungsbegründend im juristischen Sinne sind Behandlungsfehler, die kausal für einen eingetretenen Schaden sind, sowie Aufklärungsmängel. Die Zahlen ergeben sich daher aus der Summe der mit * markierten Parameter in Relation zur Anzahl aller Sachentscheidungen. 3) Im Rahmen einer medizinischen Auswertung sind sämtliche Behandlungsfehler sowie Aufklärungsmängel zu berücksichtigen. Die Zahlen ergeben sich daher aus der Summe der mit ** markierten Parameter in Relation zur Anzahl aller Sachentscheidungen. Quelle: Bundesärztekammer, Tätigkeitsberichte.
Unter haftungsrechtlichen Gesichtspunkten liegt die Erfolgsquote im Durchschnitt der Jahre 2000 bis 2004 bei 28,7 %. Legt man hingegen das ärztliche Fehlverhalten als Maßstab an, dann ergibt sich für diesen Zeitraum eine durchschnittliche Fehlerquote von 36,8 %.308 Jährliche Abweichungen der Quoten liegen im Bereich statistischer Schwankungen.
308
Abweichungen zu den eigenen Angaben der Stellen wonach die Behandlungsfehlerquote im langjährigen Durchschnitt bei ca. 35 % liegt, vgl. Laum/Smentkowski, Statut der Gutachterkommission Nordrhein, S. 18, ergeben sich daraus, dass dort Aufklärungsmängel nicht einbezogen wurden.
A. Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen
3. Verfahrensdauer Tabelle 9. Verfahrensdauer
Quelle: Daten der Gutachterkommission Nordrhein.
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3. Kap.: Statistische Auswertung
Tabelle 10. Durchschnittsverfahrensdauer in Monaten1)
1) Die Durchschnittsverfahrensdauer wird hier definiert als Quotient der durchschnittlichen Anzahl gutachterlicher Bescheide pro Monat (bezogen auf das jeweilige Jahr) und den jeweils noch zu erledigenden Anträgen (vgl. Tabelle 6). Quelle: Daten der Gutachterkommission Nordrhein.
Quelle: Eigene Darstellung nach Daten der Gutachterkommission Nordrhein.
Abb. 3. Verfahrensdauer, Gutachterkommission Nordrhein.
Der Gutachterkommission ist es gelungen, die Durchschnittsverfahrensdauer deutlich zu kürzen.309 Hierzu haben Änderungen im Verfahrensablauf beigetragen: Durch Konzentration und Vereinfachung bisher mehrschrittiger Arbeitsabläufe sowie durch eine frühere Einbindung der (stellvertretenden) geschäftsführenden 309
Anschaulich auch die in den Tätigkeitsberichten der Gutachterkommission wiedergegebenen Stellungnahmen: Weltrich/Fitting, Rh. ÄBl. 2/1997, 20, 22: „Die Verfahrensdauer bleibt trotz leichter Verbesserung die Hauptsorge der Kommission“; Weltrich, wiedergegeben von Smentkowski, Rh. ÄBl. 2/1998, 10: Der Bestand an anhängigen Verfahren sei so weit reduziert, dass nun die angestrebte Verfahrensdauer von 12 Monaten erreichbar sei; Weltrich, wiedergegeben von Smentkowski, Rh. ÄBl. 2/1999, 16: Die durchschnittliche Verfahrensdauer liege bei rund 12 Monaten, einem seit langem angestrebten Ziel; schließlich Weltrich, wiedergegeben von Smentkowski, Rh. ÄBl. 12/1999, 21: Die durchschnittliche Verfahrensdauer, die früher einmal das große Sorgenkind der Kommission gewesen sei, halte sich bei etwa 12 Monaten.
A. Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen
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Mitglieder in die Entscheidung über die Einholung eventuell erforderlicher auswärtiger Sachverständigengutachten und den Umfang der Sachverhaltsermittlung konnten die Verfahren effektiver gestaltet und dadurch insgesamt verkürzt werden.310 Die Durchschnittsverfahrensdauer liegt nunmehr bei 13,8 Monaten.311 Bei 64,1 % der im Jahr 2006 durch gutachterlichen Bescheid abgeschlossenen Verfahren lag die Verfahrensdauer unter 15 Monaten. 4. Anwaltliche Vertretung Tabelle 11. Quote anwaltlicher Vertretung
1) Berichtszeitraum jeweils 1.10. des Vorjahres bis 30.9. des benannten Jahres. Quelle: Daten der Gutachterkommission Nordrhein.
Tabelle 12. Auswirkungen anwaltlicher Vertretung auf das Verfahrensergebnis
1) Berichtszeitraum jeweils 1.10. des Vorjahres bis 30.9. des benannten Jahres. Quelle: Daten der Gutachterkommission Nordrhein.
Die Quote der anwaltlichen Vertretung der Parteien in den Verfahren liegt bei ca. 50 %.312 Ein Vergleich der Ergebnisse der mit anwaltlicher Vertretung und der ohne anwaltliche Vertretung durchgeführten Verfahren verdeutlicht, dass eine anwaltliche Vertretung keine bedeutenden Auswirkungen auf den Ausgang der Verfahren hat.
310
Smentkowski, Rh. ÄBl. 2/2003, 18. Ähnlich die Angaben bei Laum/Smentkowski, Statut der Gutachterkommission Nordrhein, S. 41. 312 Ausführlich zur Rolle des Anwalts im Gütestellenverfahren vgl. Kap. 2 G, S. 38 ff. 311
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3. Kap.: Statistische Auswertung
Für den geringen Abweichungsgrad der Quoten können verschiedenen Faktoren maßgeblich sein. Nahe liegt insbesondere, dass Patienten in von vorneherein aussichtsreicheren Fällen wohl eher anwaltlichen Beistand suchen. 5. Fachgebiete Seit vielen Jahren evaluiert die Gutachterkommission Nordrhein ihre Verfahren auch unter inhaltlichen Gesichtpunkten und war damit Vorbild für die nunmehr bundesweite quantitative Auswertung. Die Untersuchung der Verfahren nach Fachgebieten und Tätigkeitsbereichen der betroffenen Ärzte ist erwartungsgemäß vergleichbar mit den Auswertungen auf Bundesebene. Tabelle 13. Behandlungsfehler nach Fachgebieten
1) Untersuchungszeitraum 1.10.2003 – 30.9.2004. 2) Bezogen auf die auf das Fachgebiet entfallenden Fälle. Quelle: Gutachterkommission Nordrhein; Tabelle nach Rh. Äbl. 2/2005, 19 f.
A. Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen
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Tabelle 14. Fachgebiete aufgegliedert nach Behandlungsorten
1) Untersuchungszeitraum 1.10.2003 – 30.9.2004. Quelle: Gutachterkommission Nordrhein; Tabelle nach Rh. Äbl. 2/2005, 19 f.
III. Entwicklung abgeschlossener Verfahren Eine Untersuchung der Weiterentwicklung der bei den Gütestellen abgeschlossenen Fälle bietet wesentliche Erkenntnisse über das außergerichtliche Verfahren: Die Quote der Streitigkeiten, die nach Abschluss der außergerichtlichen Verfahren nicht weiterverfolgt werden, ist ein Indiz für die Akzeptanz der Entscheidungen seitens der Parteien und damit für die außergerichtliche Befriedungsquote. Zudem bietet die Quote der Anerkennung der außergerichtlichen Gutachten durch die Haftpflichtversicherer Aufschluss über die Qualität der Gutachten. Gleiches gilt für die Zahl der vom außergerichtlichen Votum abweichenden Gerichtsurteile. 1. Evaluation der Gutachterkommission Nordrhein Die Gutachterkommission Nordrhein führt in regelmäßigen Abständen (1990, 1995, 2000) Evaluationen ihrer Verfahren durch.313 Dabei wird bei den Haftpflichtversicherern, bei den am Verfahren beteiligten Parteien oder ihren anwaltlichen Vertretern erfragt, wie nach Abschluss des außergerichtlichen Verfahrens 313
Daten und Ergebnisse dieser Evaluation finden sich bei Laum/Beck/Smentkowski, Rh. Äbl. 12/2003, 10; Laum, in: Wenzel, Handbuch FA Medizinrecht, Kap. 6 Rn. 62.
66
3. Kap.: Statistische Auswertung
weiter vorgegangen wurde. Bei der Evaluation der Verfahren aus dem Jahr 2000 war die Beteiligungsquote sehr hoch, auf 97,5 % der Anfragen seitens der Kommission gingen Antworten ein. Der Ausgangsdatensatz ergibt sich wie folgt: Tabelle 15. Ausgangsdatensatz
1) Davon Schaden u. Kausalität bejaht: 324 Fälle; Schaden/Kausalität verneint oder nicht feststellbar: 71 Fälle. 2) Davon Behandlungsfehler/Aufklärungsmangel verneint: 608 Fälle; Behandlungsfehler/Aufklärungsmangel offen gelassen: 29 Fälle. 3) Davon Schaden u. Kausalität bejaht: 312 Fälle; Schaden/Kausalität verneint oder nicht feststellbar: 70 Fälle. Quelle: Gutachterkommission Nordrhein, Laum/Beck/Smentkowski, Rh. ÄBl 12/2003, 10.
Die im Rahmen der Erhebung mittels eines detaillierten Fragebogens eingegangenen Antworten gaben in der Regel erschöpfend Auskunft über die Weiterentwicklung der Haftungsstreitigkeiten (vgl. dazu nachfolgend Tabelle 16). Die außergerichtliche Befriedungsquote, das heißt der Anteil der Haftungsstreitigkeiten, die ohne die Inanspruchnahme gerichtlicher Instanzen unmittelbar durch das Verfahren der Gutachterkommission oder mittelbar durch eine darauf aufbauende Regulierung der Haftpflichtversicherer befriedet wurde, liegt damit bezogen auf die eingegangenen Antworten bei 86,8 %. In den Fällen, in denen es zu einem gerichtlichen Verfahren kam, hielten die Gutachten fast immer auch gerichtlicher Nachprüfung stand, nur in 0,6 % der eingegangenen Antworten wichen die gerichtlichen Entscheidungen von dem Ergebnis des Begutachtungsverfahrens ab. Ähnliche Ergebnisse wurden bei Evaluationen durch andere Stellen erzielt.314 Diese Zahlen sind Indiz für eine hohe Befriedungsquote der außergerichtlichen Verfahren.315
314
Für die Gutachterkommission Baden-Württemberg vgl. Neumann, MedR 1998, 309; für die Schlichtungsstelle der norddeutschen Ärztekammern vgl. www.schlichtungsstelle.de – Evaluation. 315 Vgl. dazu auch Kap. 5 H., S. 137 ff. So auch der Sachverständigenrat für die konzertierte Aktion im Gesundheitswesen, Gutachten 2003 I, in: BT-Drucks. 15/530, S. 167, unter Bezugnahme auf diese Evaluation; Carstensen, VW 1996, 241 ff.; ders., in: Bergmann/Kienzle, Krankenhaushaftung, Rn. 708 ff.
A. Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen Tabelle 16. Weiterentwicklung
1) Eingegangene Antworten. Quelle: Gutachterkommission Nordrhein; Laum/Beck/Smentkowski, Rh. ÄBl 12/2003, 10.
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3. Kap.: Statistische Auswertung
2. Regulierung mit dem Haftpflichtversicherer Bezüglich der Weiterentwicklung der Arzthaftungsstreitigkeiten nach Abschluss der Verfahren vor den ärztlichen Gütestellen könnten sowohl die Haftpflichtversicherer als auch die Gerichte Aufschluss geben. Bei den Landesjustizverwaltungen werden diesbezüglich jedoch keine offiziellen Statistiken geführt.316 Aussagekräftig und repräsentativ sind hingegen die Daten der Haftpflichtversicherer: Die Patienten, die nach Abschluss des Gütestellenverfahrens eine Regulierung ihres Schadens anstreben, wenden sich in der Regel an den Haftpflichtversicherer des Arztes. Dort werden die Daten der Arzthaftpflichtstreitigkeiten systematisch erfasst. Die DBV-Winterthur-Versicherung317 verfügt als auf dem Sektor der Arzthaftpflicht führende Versicherung über einen aussagekräftigen Datenbestand, der seit vielen Jahren ausgewertet und regelmäßig veröffentlicht wird.318 Tabelle 17. Anteil ärztlicher Güteverfahren an abgeschlossenen Arzthaftpflichtfällen der DBV-Winterthur
Quelle: Weidinger, in: Wenzel, Handbuch FA Medizinrecht, Kap. 5 Rn. 140.
Der Anteil ärztlicher Haftpflichtfälle, denen ein Güteverfahren vorausgegangen ist, liegt bei der DBV-Winterthur-Versicherung im Durchschnitt seit 2000 bei etwa 31 %. Die Auswirkungen der Voten der Gütestellen auf die Regulierung und Anspruchsabwehr durch die Haftpflichtversicherung gestalten sich wie folgt:
316
Als Anhaltspunkt können folgende Zahlen gelten, die jedoch aufgrund der zu geringen Datenbasis nicht repräsentativ sind: In Hamburg wurde für die Jahre 1996 bis 1998 ermittelt, dass beim AG in 20 %, beim LG in 33 % und beim OLG in ca. 33 – 50 % der Arzthaftungsfälle Verfahren vor den Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen vorausgegangen waren, so die Angaben in BT-Drucks. v. 30.9.1998, 13/11452, S. 23. 317 Zahl der bei der DBV-Winterthur versicherten Ärzte insgesamt, Stand 31.12.2005: 122.000, Quelle: Weidinger, in: Wenzel, Handbuch FA Medizinrecht, Kap. 5 Rn. 138; zur Einordnung die Zahl berufstätiger Ärzte bundesweit, Stand 31.12.2005: 307.577, Quelle: Ärztestatistik der BÄK. 318 Weidinger, in: Wenzel, Handbuch FA Medizinrecht, Kap. 5 Rn. 132 ff.; ders., MedR 2006, 571, 572; 2004, 289.
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Tabelle 18. Auswirkungen der Bescheide der Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen auf Regulierung und Anspruchsabwehr durch die DBV-Winterthur
Quelle: Weidinger, in: Wenzel, Handbuch FA Medizinrecht, Kap. 5 Rn. 141.
Die Quote der Anerkennung der außergerichtlichen Gutachten durch diese Haftpflichtversicherung liegt damit bei 87 %. 3. Ergebnis Die Evaluation der Arbeit der Gutachterkommission Nordrhein aus dem Jahr 2000 hat ergeben, dass die außergerichtliche Befriedungsquote, bei der ein Gerichtsverfahren vermieden werden konnte, bezogen auf die eingegangenen Antworten bei 86,8 % liegt. Die Quote der Anerkennung der außergerichtlichen Gutachten durch die DBV-Winterthur-Versicherung liegt bei 87 %.319 Diese Zahlen sind ein Indiz für die Qualität sowie eine hohe Akzeptanz der außergerichtlichen Entscheidungen der Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen.
319 Bei Weizel, Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen S. 115 ff., ist eine Vielzahl von Evaluationen dargestellt. Weizel kommt auf S. 138 f. zu einem vergleichbaren Ergebnis einer Akzeptanz der außergerichtlichen Bescheide in fast 90 % der Fälle und der Berücksichtigung der Empfehlungen seitens der Haftpflichtversicherer in 70 – 80 % der Fälle. Freilich betreffen die Evaluationen weit zurückliegende Jahrgänge, beruhen zudem z.T. nur auf einer kleinen Materialbasis und sind damit für heutige Untersuchungen wenig repräsentativ.
70
3. Kap.: Statistische Auswertung
B. Einordnung in die Gesamtstatistik der Behandlungsfehlervorwürfe Zur Einordnung der Daten der Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen bietet sich ein Vergleich mit anderen bezüglich Arzthaftungssachen veröffentlichten Zahlen an.
I. Häufigkeit ärztlicher Behandlungsfehler Eine einheitliche Darstellung zu den in Deutschland jährlich vermuteten oder tatsächlich nachgewiesenen medizinischen Behandlungsfehlervorwürfen existiert nicht. Veröffentlichte Zahlen beruhen auf Schätzungen, die Angaben schwanken. Für das Jahr 1999 unternahmen Martin Hansis und Dieter Hart für das RobertKoch-Institut im Rahmen der Gesundheitsberichterstattung des Bundes den Versuch, Informationen von verschiedenen Stellen für arzthaftungsrechtliche Fragen zusammenzuführen, um so auf eine durch Zahlen belegte Schätzung zu kommen.320 Dazu wurden die Statistiken aller Stellen, an die sich Patienten im Falle vermeintlicher Behandlungsfehler wenden können, zusammengeführt und ausgewertet. Im Jahr 1999 wurden bei den Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen 9.800 Anträge eingereicht. Der Medizinische Dienst der Krankenversicherungen (MDK), der bei vermuteten Behandlungsfehlern im Auftrag der Krankenkassen tätig wird,321 hat 9.678 Begutachtungen durchführt. Des Weiteren wurden sämtliche Landgerichte Deutschlands zu ihren Eingangszahlen in Arzthaftungssachen befragt.322 Zudem wurden die Fälle berücksichtigt, in denen eine direkte Regulierung mit der Versicherung stattfand. Insgesamt kommen Martin Hansis und Dieter Hart zu einer Schätzung, die sich auf 40.000 Behandlungsfehlervorwürfe und 12.000 nachgewiesene Behandlungsfehler pro Jahr beläuft.323 Diese Zahlen gelten als realistisch und werden vielfach übernommen.324 Neben den bekannt werdenden Schadensmeldungen wird eine erhebliche Dunkelziffer vermutet.325 320
Die Ergebnisse sind dargestellt in: Hansis/Hart, „Gesundheitsberichterstattung des Bundes 04/01, Medizinische Behandlungsfehler“; die Daten finden sich auch bei Hansis/Hansis, Der ärztliche Behandlungsfehler, S. 15 ff., sowie bei Hansis, die Ersatzkasse 2002, 370 ff. 321 Vgl. dazu näher in Kap. 7 A. I., S. 149 f. 322 Hansis/Hart, Gesundheitsberichterstattung des Bundes 04/01, Medizinische Behandlungsfehler, S. 6, sowie Hansis, die Ersatzkasse 2002, 370, führen dazu an: Von 116 Landgerichten machten 52 Landgerichte entsprechende Angaben, insgesamt waren dort 4.200 Arzthaftungsfälle zu verzeichnen. 323 Hansis/Hart, Gesundheitsberichterstattung des Bundes 04/01, Medizinische Behandlungsfehler, S. 6 f. Daraus ergeben sich 140 Fehlervorwürfe je 1000 Ärzte, bzw. pro Arzt ein Fehlervorwurf alle 7 Jahre. 324 Sachverständigenrat für die konzertierte Aktion im Gesundheitswesen, Gutachten 2003 I, in: BT-Drucks. 15/530, S. 138; Laum, in: Wenzel, Handbuch FA Medizinrecht, Kap. 6 Rn. 1. Andere Schätzungen belaufen sich auf 15.000 bis 30.000 Schadensmeldungen,
B. Einordnung in die Gesamtstatistik der Behandlungsfehlervorwürfe
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Die Behandlungsfehlervorwürfe sind ungleich auf die medizinischen Fächer verteilt: die sog. „schneidenden Fächer“ (Chirurgie, Gynäkologie, Orthopädie) sind relativ überrepräsentiert, wohingegen die sog. „konservativen Fächer“ (Innere Medizin, Dermatologie, Kinderheilkunde usw.) unterrepräsentiert sind.326 Begründet wird dies mit der unterschiedlichen Fehleranfälligkeit in den einzelnen Bereichen sowie der unterschiedlichen Wahrnehmbarkeit der Fehler durch den Patienten.327 Obwohl tatsächlich in etwa genauso viele Ärzte in niedergelassenen Praxen tätig sind wie im Krankenhausbereich, richten sich 70 % der Vorwürfe gegen Krankenhausärzte und 40 % gegen niedergelassene Ärzte.328 Dies wird damit erklärt, dass sich das Arzt-Patient-Verhältnis im jeweiligen Umfeld unterscheidet und mit der Institution Krankenhaus kritischer umgegangen wird als mit dem niedergelassenen Arzt.329 Eine Einordnung der Daten der Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen in diese Studie verdeutlicht in quantitativer Hinsicht, dass rund ein Viertel der jährlich erhobenen Behandlungsfehlervorwürfe bei den außergerichtlichen Gütestellen bearbeitet werden. Dies ist insbesondere unter Berücksichtigung der ehrenamtlichen Arbeit der dort tätigen Mitglieder ein bemerkenswerter Prozentsatz.
vgl. BT-Drucks. 13/11452 S. 2. Zum Vergleich: In einem Gutachten zum 52. Deutschen Juristentag hat Hans-Leo Weyers 1978 die Gesamtzahl der jährlich in der Bundesrepublik gegen Ärzte und Krankenhausträger aus Arztfehlern tatsächlich erhobenen Haftpflichtansprüche auf ca. 5.500 geschätzt, vgl. Weyers, 52. DJT 1987, Gutachten A, A 39. 325 BT-Drucks. 13/11452. S. 2; Sachverständigenrat für die konzertierte Aktion im Gesundheitswesen, Gutachten 2003 I, in: BT-Drucks. 15/530, S. 137, graphisch dargestellt in Abb. 20 mit dem Hinweis, dass davon auszugehen sei, dass die bekannten Daten zu Behandlungsfehlern und Schadensfällen lediglich die Spitze eines Eisbergs darstellen. Nicht belegte Schätzungen hinsichtlich der Medizinschadensfälle insgesamt belaufen sich auf 100.000 Medizinschadensfälle, vgl. Ballast, KrV 1994, 73 oder gar 400.000 Behandlungsfehler pro Jahr, vgl. die Verbraucherzentrale Hamburg e.V., R. Greiner/Henkel/Kranich, Wer soll schlichten, S. 5. 326 Hansis/Hart, Gesundheitsberichterstattung des Bundes 04/01, Medizinische Behandlungsfehler, S. 7; Scheppokrat/Neu, VersR 2002, 397, 398; Grill, in: Häring, Chirurgie und Recht, S. 183; Pelz, DRiZ 1998, 473, 474. 327 Sachverständigenrat für die konzertierte Aktion im Gesundheitswesen, Gutachten 2003 I, in: BT-Drucks. 15/530, S. 138; Hansis/Hart, Gesundheitsberichterstattung des Bundes 04/01, Medizinische Behandlungsfehler, S. 8; Carstensen, ZaeF 1995, 570, 573. 328 Hansis/Hart, Gesundheitsberichterstattung des Bundes 04/01, Medizinische Behandlungsfehler, S. 8, die Gesamtzahl liegt bei über 100 %, weil sich ein Teil der Vorwürfe sowohl gegen Krankenhausärzte als auch gegen niedergelassene Ärzte richtet; Scheppokrat/Neu, VersR 2002, 397, 398; Sachverständigenrat für die konzertierte Aktion im Gesundheitswesen, Gutachten 2003 I, in: BT-Drucks. 15/530, S. 138. 329 Sachverständigenrat für die konzertierte Aktion im Gesundheitswesen, Gutachten 2003 I, in: BT-Drucks. 15/530, S. 138; Hansis, die Ersatzkasse 2002, 372, führt zudem an, dass nicht auszuschließen sei, dass fehlerbegründende organisatorische Defizite im Krankenhaus verstärkt zu finden sind.
72
3. Kap.: Statistische Auswertung
II. Arzthaftungsprozesse vor Gericht Zur Einordnung der Arbeit der Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen ist insbesondere auch ein Vergleich mit Daten zu Arzthaftungsprozessen vor Gericht interessant. Das diesbezüglich vorliegende Zahlenmaterial ist jedoch unzureichend. Offizielle Statistiken der Landesjustizverwaltungen über Rechtsstreitigkeiten auf dem Gebiet der Arzthaftung existieren nicht.330 Seit dem Berichtsjahr 2004 weist die durch das Statistische Bundesamt erstellte Zivilgerichtsstatistik die Erledigungszahl in Arzthaftungssachen aus.331 Diese benennt für das Berichtsjahr 2005 insgesamt 7.860332 und für das Berichtsjahr 2004333 insgesamt 7.659 erstinstanzliche Erledigungen. Bislang veröffentlichte Schätzungen von 2.000334 über 3.000335 bis hin zu 10.000336 jährlichen Arzthaftungsprozessen sind damit überholt. Hinsichtlich des Ausgangs der Verfahren in Arzthaftungssachen vor Gericht existieren nach wie vor keine offiziellen Statistiken. Sachverständige Schätzungen gehen davon aus, dass von den erhobenen Schadensersatzklagen rund die Hälfte abgewiesen wird, die andere Hälfte größtenteils durch Vergleich erledigt wird und nur in 10 % der Fälle ein Prozess zu einer vollständigen Verurteilung des Arztes führt.337 Angesichts dieser bloßen Schätzungen ist ein Vergleich der Erfolgsquoten vor Gericht und vor den außergerichtlichen Stellen kaum möglich. Zudem fehlt es an einer einheitlichen Ausgangslage, da die Erfolgsaussichten der Fälle von vor330
Dies beanstanden Katzenmeier, Arzthaftung, S. 39; Sachverständigenrat für die konzertierte Aktion im Gesundheitswesen, Gutachten 2003 I, in: BT-Drucks. 15/530, S. 135; Franzki, MedR 1994, 172; Fuchs, ArztR, 1996, 319, 324; Hansis/Hansis, Der ärztliche Behandlungsfehler, S. 89. 331 Vgl. Statistisches Bundesamt, Fachserie 10, R 2.1 aus den Jahren 2005 und 2004. Seit dem Berichtsjahr 2004 wird in der durch das Statistische Bundesamt mittels einer Zählkartenerhebung ermittelten Zivilgerichtsstatistik der Verfahrensgegenstand differenziert anhand eines Sachgebietskataloges erfasst, in dem Arzthaftungssachen gesondert ausgewiesen werden. 332 Davon: Vor dem Amtsgericht erledigte Arzthaftungssachen: 2.003; vor dem Landgericht in erster Instanz erledigte Zivilprozesssachen: 5.857. 333 Davon: Vor dem Amtsgericht erledigte Arzthaftungssachen: 2.394; vor dem Landgericht in erster Instanz erledigte Zivilprozesssachen: 5.265. 334 So noch Ulsenheimer, MedR 1992, 127. 335 Katzenmeier, Arzthaftung, S. 41; so auch Krumpaszky/Sethe/Selbmann, VersR 1997, 420, 424; Franzki, MedR 1994, 171, 173, spricht von jährlich mehreren tausend Prozessen vor den Landgerichten in erster Instanz. 336 Vgl. Ulsenheimer, in: Berg/Ulsenheimer, Patientensicherheit, S. 2; Laum/Smentkowski, Statut der Gutachterkommission Nordrhein, S. 8 u. Laum, ZKM 2003, 163, 164; Hansis/Hart, Gesundheitsberichterstattung des Bundes 04/01, Medizinische Behandlungsfehler, S. 6, berufen sich auf eine Umfrage bei den 116 Landgerichten Deutschlands: 52 Landgerichte machten entsprechende Angaben, insgesamt wurden dort 4.200 Arzthaftungsfälle verzeichnet. 337 Katzenmeier, Arzthaftung, S. 41 f.; Krumpaszky/Sethe/Selbmann, VersR 1997, 420, 424; Hirte, Berufshaftung, S. 94; Uhlenbruck, in: Laufs/Uhlenbruck, Handbuch des Arztrechts, § 22 Rn. 1.
C. Ergebnis
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neherein unterschiedlich liegen: Vor Gericht werden meist die aussichtsreicheren Fälle gebracht, wohingegen vor die Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen häufig Fälle gelangen, die weniger Aussicht auf Erfolg haben: Die Kostenfreiheit verleitet dazu, zweifelhafte Forderungen zunächst von den außergerichtlichen Gremien überprüfen zu lassen.338 Auch die sozialen und rechtlichen Zugangsbarrieren sind im außergerichtlichen Verfahren im Vergleich zum Gerichtsverfahren ungleich niedriger.339 Insgesamt findet vor dem Zivilprozess eine vielschichtige Selektion statt, so dass sich die Fälle bei Gericht von den bei den außergerichtlichen Stellen vorgetragenen unterscheiden.340 Ein Vergleich der gerichtlichen und der außergerichtlichen Behandlungsfehlerquoten ist daher nicht sinnvoll. Arzthaftungsprozesse sind in der Regel geprägt durch eine lange Verfahrensdauer. Dies ist durch eine oftmals langwierige Klärung einer komplizierten Sachlage begründet, bei der häufig Fachgutachter zu Rate gezogen werden müssen.341 Die Verfahrensdauer in Arzthaftpflichtsachen liegt über dem Durchschnitt in anderen Zivilverfahren. Sachverständige Schätzungen gehen für die erste Instanz von ein bis zwei Jahren, für die Berufungsinstanz von mindestens einem weiteren Jahr aus.342 Im Vergleich dazu ist die Durchschnittsverfahrensdauer in den außergerichtlichen Verfahren deutlich kürzer, bei der Gutachterkommission Nordrhein lag sie im Jahr 2006 bei 13,8 Monaten (vgl. dazu Tabelle 10).
C. Ergebnis Die Verfahren vor den Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen werden seit Jahrzehnten systematisch erfasst. Eine Auswertung findet in quantitativer sowie in qualitativer Hinsicht statt. Die Daten der einzelnen Stellen werden in einer bundeseinheitlichen Statistik zusammengeführt, seit dem Jahr 2006 erfolgt dies mittels eines neu entwickelten Systems, das die Daten anhand einheitlicher Parameter erfasst. Umfassende Daten zu den insgesamt in Deutschland jährlich erhobenen Behandlungsfehlervorwürfen sind nicht verfügbar, weder in quantitativer noch in qualitativer Hinsicht werden diese einheitlich erfasst. Obwohl dies seit Jahrzehnten vielfach bemängelt wird, führen auch die Landesjustizbehörden keine Statisti-
338
Deutsch/Spickhoff, Medizinrecht, Rn. 434; Kleinwefers/Sparwasser, VersR 1988, 764, 765. 339 Vgl. dazu bereits Kap. 1 B I. 2. 340 Deutsch/Matthies, Arzthaftungsrecht, Gutachter- und Schlichtungsstellen, S. 117. 341 Scheppokrat/Neu, VersR 2002, 397; Laum, ZKM 2003, 163, 164; Bodenburg/Matthies, VersR 1982, 729. 342 Sachverständigenrat für die konzertierte Aktion im Gesundheitswesen, Gutachten 2003 I, in: BT-Drucks. 15/530, S. 170, wo angeführt wird, dass die Verfahren vor den ärztlichen Gütestellen deutlich kürzer als Gerichtsverfahren seien; Krumpaszky/Sethe/Selbmann, VersR 1997, 420, 424, gehen davon aus, dass die Prozesse allein in erster Instanz etwa 16,4 Monate dauern.
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3. Kap.: Statistische Auswertung
ken über Inhalt und Ausgang von Rechtsstreitigkeiten auf dem Gebiet der Arzthaftung. Führt man sich die Defizite bei der statistischen Erfassung medizinischer Behandlungsfehler und das ungenutzte Potential einer solchen Erfassung zur Entwicklung von Fehlervermeidungsstrategien vor Augen,343 so ist es um so bemerkenswerter, was die außergerichtlichen Stellen seit Jahrzehnten leisten: Mittels einer umfassenden Auswertung ihrer Verfahren reflektieren sie ihre Arbeit, sie legen ihre Ergebnisse offen und sorgen damit für Transparenz ihrer Verfahren. Gleichzeitig leisten sie so einen wesentlichen Beitrag zur Medizinschadensforschung. Die stets bereitwillig zur Verfügung gestellten Daten der Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen sind Grundlage vieler Studien zu Behandlungsfehlervorwürfen.
343
Vgl. dazu Kap. 6, S. 141 ff.
4. Kapitel: Auswirkungen des Verfahrens vor den Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen auf ein gerichtliches Verfahren Durch das außergerichtliche Verfahren vor den Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen wird der Rechtsweg zu den Gerichten nicht ausgeschlossen. Die Entscheidungen der Gütestellen sind für die Parteien unverbindlich und haben keine rechtliche Bindungswirkung für das Gericht.344 Dennoch kann die Durchführung des außergerichtlichen Verfahrens unter verschiedenen Gesichtspunkten Auswirkungen auf ein sich anschließendes gerichtliches Verfahren haben.
A. Verjährung Eine Haftung des Arztes aufgrund eines Behandlungsfehlers oder einer Aufklärungspflichtverletzung kann sich aus Vertrag und aus Delikt ergeben. Sowohl für die vertraglichen als auch für die deliktischen Ansprüche beträgt die regelmäßige Verjährungsfrist gemäß § 195 BGB drei Jahre.345
I. Beginn der Verjährungsfrist Die Verjährungsfrist beginnt gemäß § 199 Abs. 1 BGB mit Abschluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger von den anspruchsbegründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt hat oder ohne grobe Fahrlässigkeit hätte erlangen müssen. Im Arzthaftungsrecht müssen dem Patienten nach ständiger Rechtsprechung des BGH diejenigen Tatsachen bekannt sein, die im Hinblick auf den Behandlungsfehler ein ärztliches Fehlverhalten nahe legen, erforderlich ist ein Grundwissen über das konkrete Behandlungsgeschehen.346 Bei Aufklärungspflichtverletzungen ist zusätzlich die Kenntnis der Umstände erforderlich, aus welchen sich die Verletzung der Aufklärungspflicht ergibt. Erforderlich ist danach das Wissen, dass der Arzt ein bestimmtes Eingriffsrisiko, über das hätte aufgeklärt werden müssen, verschwiegen oder verharmlost hat.347 Da Ansprüche wegen Behandlungsfehlern und solche wegen Aufklärungs-
344
§ 1 Abs. 2 Statut Bayern; § 11 Statut Hessen; § 7 Statut der Norddt. SchlSt.; Laum/Smentkowski, Statut der Gutachterkommission Nordrhein, S. 10; § 8 Statut Rheinland-Pfalz; § 7 Abs. 3 Statut Saarland; § 1 Abs. 4 Statut Sachsen. 345 Vgl. zur Verjährung von Schadensersatzansprüchen im Arzthaftungsrecht nach der Schuldrechtsreform Katzenmeier, Arzthaftung, S. 145 ff.; ders., VersR 2002, 1066, 1069 ff. 346 BGH NJW 1988 1516, 1517; 1991, 2350, 2351; 1995, 776, 777. 347 BGH NJW 1976, 363, 365; OLG Köln VersR 1988, 744, 745; Katzenmeier, Arzthaftung, S. 147; ders., VersR 2002, 1066, 1070; Eberhardt, NJW 1983, 2613, 2614.
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4. Kap.: Auswirkungen auf ein gerichtliches Verfahren
pflichtverletzungen damit an einen unterschiedlichen Kenntnisstand anknüpfen, können sie unterschiedlich verjähren.348 Ein Verfahren vor den Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen kann ausschlaggebend für den Beginn der Verjährung sein, wenn sich aus dem Antrag des Patienten ergibt, dass er Kenntnis von den die Haftung begründenden Tatsachen hat.349 Die Verjährungsfrist beginnt dann mit Ablauf des Jahres, in dem der Antrag bei der Gütestelle gestellt wurde. Werden von dem Patienten sowohl Behandlungsfehler als auch Aufklärungspflichtverletzung geltend gemacht, so ist unproblematisch von einem einheitlichen Verjährungsbeginn auszugehen. Problematisch ist jedoch die Konstellation, in der bei den Gütestellen ein Verfahren zur Prüfung eines Behandlungsfehlers erfolglos durchgeführt wurde und im Anschluss an dieses Verfahren nach Ablauf der Dreijahresfrist des § 195 BGB durch den Patienten diesmal unter Berufung auf eine Aufklärungspflichtverletzung eine gerichtliche Klage eingereicht wird.350 Teilweise wird in einem solchen Fall eine Verjährung auch der Aufklärungsrüge angenommen:351 Es gehe zu weit, wenn der Patient abwarten kann, bis der Sachverhalt hinsichtlich des Behandlungsfehlers durch ein Gutachten eingehend aufgeklärt ist, bevor eine Aufklärungsrüge als Auffangtatbestand geltend gemacht wird. Es bestehe eine Pflicht des Geschädigten, sein Wissen bezüglich der Tatsachen, aus denen sich die Aufklärungspflichtverletzung ergibt, zu vervollständigen.352 Hierbei wird jedoch verkannt, dass der Patient eine qualifizierte Kenntnis der Umstände, aus denen sich der Vorwurf einer Aufklärungspflichtverletzung ergibt, regelmäßig nicht hat und sie auch nicht durch einfache und zumutbare Maßnahmen erlangen kann: Zwar hat der BGH eine Obliegenheit des Geschädigten bejaht, sein Wissen durch einfache Maßnahmen zu vervollständigen, diese umfasst jedoch keine Nachforschungen hinsichtlich der anspruchsbegründenden Tatsachen.353 Eine qualifizierte Kenntnis kann somit unter Umständen erst dann gegeben sein, wenn – z.B. durch das Gutachten der ärztlichen Gütestelle – feststeht, dass ein Behandlungsfehler nicht gegeben ist, wohl aber Umstände vorlagen, die der Patient aufgrund schuldhaft unterbliebener Aufklärung nicht kannte. Richtigerweise ist daher bei Geltendmachung eines Behandlungsfehlers vor der Gütestelle nicht automatisch von einem gleichzeitigen Beginn der Verjährungsfrist hinsichtlich der Aufklärungsrüge auszugehen.354 348
Katzenmeier, VersR 2002, 1066, 1070; Eberhardt, NJW 1983, 2613, 2614. OLG Oldenburg, VersR 1994, 178, 179; Weizel, Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen, S. 102. 350 Vgl. zur Problematik ausführlich Weizel, Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen, S. 98 ff. 351 So Matthies, VersR 1981, 1099, 1100, der anführt, dass Behandlungsfehler und Aufklärungsrüge regelmäßig auf demselben Lebenssachverhalt beruhen. 352 Matthies, VersR 1981, 1099, 1100, unter Berufung auf BGH NJW 1976, 363, 365. 353 BGH NJW 1995, 776, 778; 2000, 953, 954; Katzenmeier, VersR 2002, 1066, 1070; Eberhardt, NJW 1983, 2613, 1615. 354 BGH NJW 1976, 363, 365; OLG Köln VersR 1988, 744, 745; Eberhardt, NJW 1983, 2613, 1615; Weizel, Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen, S. 100. 349
A. Verjährung
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II. Hemmung der Verjährung Erklären die Beteiligten ihr Einverständnis zur Durchführung eines Verfahrens vor einer Gutachterkommission oder Schlichtungsstelle, bewirkt dies eine Hemmung der Verjährung. 1. Hemmungstatbestände Eine Verjährungshemmung ergibt sich einerseits aus § 203 S. 1 BGB. Das Einschalten einer ärztlichen Gütestelle ist als „Verhandeln“ im Sinne dieser Norm anzusehen.355 Daneben tritt eine Hemmung auch nach § 204 Abs. 1 Nr. 4 BGB ein:356 Nach dem Gesetzeswortlaut wird einem Verfahren vor einer „sonstigen Gütestelle, die Streitbeilegungen betreibt,“ Hemmungswirkung zuerkannt. Mit „sonstigen Gütestellen“ sind den Gesetzesmaterialien folgend auch die Gütestellen im Sinne von § 15 a EGZPO gemeint,357 die ärztlichen Gütestellen sind solche im Sinne des § 15 a Abs. 3 EGZPO.358 Die beiden Hemmungstatbestände des § 203 S. 1 und des § 204 Abs. 1 Nr. 4 BGB stehen nicht in einem Konkurrenzverhältnis, sondern können nebeneinander zur Anwendung gebracht werden.359 Für den Beginn der Hemmungswirkung ist nach dem Wortlaut des § 204 Abs. 1 Nr. 4 BGB die Veranlassung der Bekanntgabe des Güteantrags maßgeblich. Es wird damit auf das aktenmäßig nachprüfbare Vorgehen der Gütestelle und nicht auf die tatsächliche Bekanntgabe des Güteantrags abgestellt.360 Dies wird teilweise als rechtsstaatlich bedenklich angesehen, da so im Falle eines Nichtzugangs eine 355
Jeweils zu § 852 Abs. 2 BGB a.F. aber auf § 203 BGB übertragbar: BGH NJW 1983, 2075, 2076; OLG Oldenburg VersR 1994, 178, 179; NJW 1993, 2997, 2998; OLG Zweibrücken NJW-RR 2001, 667, 670; OLG Köln VersR 1988, 744, 745. Vgl. auch AnwKomm/Mansel/Budzikiewicz, § 203 Rn. 25; Bamberger/Roth/Spindler, § 203 Rn. 4; Soergel/Spickhoff, § 823 Anh I Rn. 272; Deutsch/Spickhoff, Medizinrecht, Rn. 432; Weizel, Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen, S. 103 ff. 356 AnwKomm/Mansel/Budzikiewicz, § 203 Rn. 25; Soergel/Spickhoff, § 823 Anh I Rn. 272; Ulsenheimer, in: Laufs/Uhlenbruck, Handbuch des Arztrechts, § 113 Rn. 11; Laum/Smentkowski, Statut der Gutachterkommission Nordrhein, S. 121. Ausführlich zur Entstehungsgeschichte des § 204 Abs. 1 Nr. 4 BGB vgl. Friedrich, NJW 2003, 1781 f. 357 BT-Drucks. 14/6040 S. 114; AnwKomm/Mansel/Budzikiewicz, § 204 Rn. 59; Palandt/ Heinrichs, § 204 Rn. 19; Zöller/Gummer, § 15a EGZPO Rn. 20; Prütting, in: Prütting, Außergerichtliche Streitbeilegung, Rn. 90; Friedrich, NJW 2003, 1781; ders., JR 2002, 397, 400. 358 Vgl. BT-Drucks. 14/980, S. 7 f.; Zöller/Gummer, § 15a EGZPO Rn. 21; Soergel/ Spickhoff, § 823 Anh I Rn. 269. 359 AnwKomm/Mansel/Budzikiewicz, § 203 Rn. 25; Staudinger/Peters, § 203 Rn. 3; a.A. aber: Erman/Schmidt-Räntsch, § 203 Rn. 4, wonach Verhandlungen vor einer ärztlichen Gütestelle jetzt ausschließlich von § 204 Abs. 1 Nr. 4 BGB erfasst werden und nicht mehr als Verhandlungen i.S.d. § 203 BGB n.F. zu qualifizieren sind. 360 Friedrich, NJW 2003, 1781 f. Beispielsweise sind die Voraussetzungen der Hemmung erfüllt, sobald die Gütestelle den an den Schuldner adressierten Brief mit dem Güteantrag zur Post gibt.
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4. Kap.: Auswirkungen auf ein gerichtliches Verfahren
Verjährungshemmung ohne Verfahrenskenntnis des Schuldners eintreten kann.361 In den meisten Fällen wird § 204 Nr. 4 letzter HS BGB einschlägig sein, wonach die Hemmung der Verjährung rückwirkend bereits mit der Einreichung des Antrags eintritt, wenn die Bekanntgabe demnächst nach Einreichung des Antrags veranlasst wird.362 Die Hemmung endet mit Zugang des Kommissionsbescheides.363 Schließen sich daran noch Verhandlungen mit dem Versicherer an, endet die Hemmung erst, wenn dieser die Fortsetzung der Verhandlungen endgültig ablehnt.364 2. Inhaltliche Reichweite der Hemmung Im Einzelfall kann problematisch sein, worauf sich die Hemmung der Verjährung inhaltlich erstreckt: Hat der Patient sowohl von den anspruchsbegründenden Tatsachen eines möglichen Behandlungsfehlers als auch von denen einer möglichen Aufklärungspflichtverletzung Kenntnis, läuft hinsichtlich beider Ansprüche die Verjährungsfrist. Wird dann ein Verfahren vor der Gütestelle ausschließlich bezüglich des Vorliegens eines Behandlungsfehlers durchgeführt, ist fraglich, ob die Hemmungswirkung auch für den möglichen Anspruch aus der zunächst nicht geltend gemachten Aufklärungspflichtverletzung eintritt. Teilweise wird vertreten, eine umfassende Hemmung sei in diesen Fällen nicht sachgerecht, es bestehe kein Anlass, eine zu spät geltend gemachte Aufklärungspflichtverletzung derart zu begünstigen.365 Überwiegend wird jedoch angenommen, dass eine Hemmung auch hinsichtlich der Aufklärungsrüge eintritt.366 Überzeugend wird argumentiert, dass das Ziel des außergerichtlichen Güteverfahrens eine umfassende Streitbeilegung unter allen in Betracht kommenden Gesichtspunkten ist. Vor diesem Hintergrund ist der für die Hemmung maßgebliche Begriff des „Verhandelns“ weit zu verstehen. Es ist anzunehmen, dass Arzt und Patient eine umfassende Konfliktbeilegung anstreben. Der Arzt, der von der Einschaltung einer Gütestelle wegen eines Behandlungsfehlers weiß, muss ebenso mit einer subsidiären Inanspruchnahme auf361
So AnwKomm/Mansel/Budzikiewicz, § 204 Rn. 61; Bamberger/Roth/Henrich, § 204 Rn. 24; Staudinger/Eidenmüller, NJW 2004, 23, 25; Krafka, in: Prütting, Außergerichtliche Streitbeilegung, Rn. 214. Maßgeblich solle daher die Bekanntgabe und nicht deren Veranlassung sein, so der Vorschlag von Palandt/Heinrichs, § 204 Rn. 19; Staudinger/Peters, § 204 Rn. 60. 362 Zöller/Gummer, § 15a EGZPO Rn. 20; Bamberger/Roth/Henrich, § 204 Rn. 25; Huber/Faust/Huber, Schuldrechtsmodernisierung, Kapitel 11 Rn. 36; Friedrich, NJW 2003, 1781; Laum/Smentkowski, Statut der Gutachterkommission Nordrhein, S. 121. 363 OLG Zweibrücken NJW-RR 2001, 667, 670; OLG Naumburg OLG-NL 2002, 241, 245; Palandt/Heinrichs, § 204 Rn. 37; Weizel, Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen, S. 106. 364 Weizel, Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen, S. 106. 365 Ahrens, Anmerkung zu BGH VI ZR 173/81, NJW 1983, 2077, der daher dazu rät, den Patienten darauf hinzuweisen, neben dem Behandlungsfehler auch die unzureichende Aufklärung zu rügen. 366 OLG Köln VersR 1988, 744, 745; Soergel/Spickhoff, § 823 Anh I Rn. 272; Weizel, Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen, S. 107 ff.
A. Verjährung
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grund einer Aufklärungspflichtverletzung rechnen.367 Auch wenn eine Aufklärungsrüge nicht ausdrücklich erhoben wird, darf daraus nicht geschlossen werden, dass die Parteien derartige Ansprüche aus den Verhandlungen ausnehmen wollen.368 Zu Recht wird daher in Fällen, in denen vor der Gütestelle nur das Vorliegen eines Behandlungsfehlers geprüft wird, eine umfassende Verjährungshemmung auch hinsichtlich möglicher Ansprüche aufgrund einer Aufklärungspflichtverletzung bejaht. 3. Personelle Reichweite der Hemmung Die Hemmung der Verjährung wirkt nur inter partes, also nur zwischen den an dem Verfahren vor der Gütestelle tatsächlich Beteiligten.369 Daher ist es wichtig, alle beschuldigten Ärzte in das Verfahren einzubeziehen.370 Eine Beteiligung des Krankenhausträgers ist nur bei wenigen Gütestellen möglich.371 Es ist daher hinsichtlich der gegen diesen Träger gerichteten Ansprüche nötig, entweder die zuständige Haftpflichtversicherung um Verzicht auf die Einrede der Verjährung zu bitten oder zur Fristwahrung gemäß § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB Klage zu erheben.372
367
Soergel/Spickhoff, § 823 Anh I Rn. 272; Weizel, Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen, S. 108 f. 368 Weizel, Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen, S. 109; Eberhardt, VersR 1981, 1100, der eine umfassende Hemmungswirkung darauf stützt, dass Aufklärungsrüge und Behandlungsfehler auf einem einheitlichen Lebenssachverhalt beruhen. Früher wurde die umfassende Hemmungswirkung damit begründet, dass eine Verneinung der Hemmung dem Zweck zuwiderlaufe, zunächst das außergerichtliche Verfahren abzuwarten und so eine Streitbeilegung zu erreichen, da der Patient noch während des Verfahrens Klage hinsichtlich der Aufklärungspflichtverletzung erheben müsste, vgl. so noch OLG Köln, VersR 1988, 744, 745. Dieses Argument ist entkräftet, da es aus einer Zeit stammt, in der eine Aufklärungspflichtverletzung durch die Gütestellen noch nicht untersucht wurde. Heute muss der Patient zur Herbeiführung der Hemmung hinsichtlich der Aufklärungsrüge nicht mehr eine Klage anstreben, sondern kann diese ebenfalls bei den Gütestellen erheben. 369 Soergel/Spickhoff, § 823 Anh I Rn. 272; Laufs, in: Laufs/Uhlenbruck, Handbuch des Arztrechts, § 106 Rn. 23; Weizel, Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen, S. 110. 370 Ahrens, Anmerkung zu BGH VI ZR 173/81, NJW 1983, 2077; Laum/Smentkowski, Statut der Gutachterkommission Nordrhein, S. 121; Laum, ZKM 2003, 163, 164. 371 Vgl. dazu Kap. 2 F. 3., S. 33 f. 372 Laufs, in: Laufs/Uhlenbruck, Handbuch des Arztrechts, § 106 Rn. 23; Matthies, VersR 1981, 1099; Laum/Smentkowski, Statut der Gutachterkommission Nordrhein, S. 121; Weizel, Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen, S. 112; Weidinger, VW 2003, 674; Eberhardt, NJW 1983, 2613, 2616; Enders, in: FS Schneider, S. 421, 424, zieht in Erwägung, dass ein Krankenhausträger, der den Patienten auf die Möglichkeit eines außergerichtlichen Verfahrens hingewiesen hat oder dieses Verfahren in sonstiger Weise aktiv gefördert hat, gem. § 242 BGB gehindert sein sollte, sich auf eine evtl. zwischenzeitlich eingetretene Verjährung zu berufen.
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4. Kap.: Auswirkungen auf ein gerichtliches Verfahren
B. Prozesskostenhilfe In Rechtsprechung und Literatur herrschte in den ersten Jahren nach Gründung der Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen Uneinigkeit darüber, ob die Durchführung eines außergerichtlichen Verfahrens vor diesen Stellen Voraussetzung für die Gewährung von Prozesskostenhilfe in einem anschließenden Gerichtsverfahren sein sollte.373 Problematisiert wurde die Frage, ob es als „mutwillige“ Rechtsverfolgung im Sinne des § 114 S. 1 ZPO zu werten ist, wenn vor einem gerichtlichen Verfahren mögliche andere Verfahren nicht in Anspruch genommen werden. Mutwilligkeit im Sinne von § 114 S. 1 ZPO liegt vor, wenn eine verständige Partei von der konkret beabsichtigten Prozessführung absehen würde.374 Dies wird dann angenommen, wenn die Partei den verfolgten Zweck prozessual auf wesentlich einfachere oder billigere Weise erreichen kann.375 In zwei landgerichtlichen Entscheidungen aus den achtziger Jahren wurde ein außergerichtliches Verfahren vor einer Gutachterkommission oder Schlichtungsstelle als solch einfacherer und billigerer Weg angesehen: Eine verständige Partei werde zunächst ein Verfahren bei einer ärztlichen Gütestelle durchführen und solange von einer Klageerhebung absehen.376 An diesen Entscheidungen wurde in den Folgejahren durch Literatur377 und Rechtsprechung378 zu Recht vehemente Kritik geäußert. Anzuführen sind zunächst zivilprozessuale Bedenken: Bei der Gegenüberstellung von staatlicher Gerichtsbarkeit und außergerichtlicher Schlichtung gilt es zu berücksichtigen, dass den Parteien die Wahl des sichersten Weges und des weitreichendsten Rechtsschutzes nicht verwehrt werden darf.379 Die Entscheidungen der außergerichtlichen Stellen sind für die Beteiligten nicht bindend und nicht vollstreckbar.380 Auch der Umfang der rechtlichen Prüfung ist im Rahmen des Gü-
373
Ausführlich zur Entwicklung des Streitstandes vgl. Weizel, Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen, S. 85 ff. m.w.N. 374 Zöller/Philippi, § 114 Rn. 30; Stein/Jonas/Bork, § 114 Rn. 27. 375 Stein/Jonas/Bork, § 114 Rn. 32. 376 So LG Aurich NJW 86, 792; LG Dortmund JZ 88, 255. 377 Vgl. z.B. Matthies, Anmerkung zu LG Aurich 6 O 58/84, NJW 1986, 792, 793; Giesen, Anmerkung zu LG Dortmund 17 O 23/86, JZ 1988, 255 ff: Der Beschluss beruhe im Wesentlichen auf einer unreflektierten Übertragung von Rechtsgrundsätzen, die für andere (prozessrechtliche) Fallgestaltungen entwickelt wurden; Weizel, Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen, S. 85 ff.; Giesen, Arzthaftungsrecht, Rn. 37; ders., in: Arbeitsgemeinschaft Rechtsanwälte im Medizinrecht, Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen, S. 81; Enders, in: FS Schneider, 421, 425; Stegers, AnwBl. 1989, 137 ff.; Prütting, in: Jung, Alternativen zur Strafjustiz, S. 245, 248. 378 OLG Oldenburg MedR 88, 274; OLG Düsseldorf NJW 1989, 2955. 379 Matthies, NJW 1986, 792; Weizel, Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen, S. 87. 380 § 1 Abs. 2 Statut Bayern; § 11 Statut Hessen; § 7 Statut der Norddt. SchlSt.; Laum/Smentkowski, Statut der Gutachterkommission Nordrhein, S. 10; § 8 Statut Rheinland-Pfalz; § 7 Abs. 3 Statut Saarland; § 1 Abs. 4 Statut Sachsen.
B. Prozesskostenhilfe
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testellenverfahrens begrenzt.381 Eine Gleichstellung der Verfahren ist daher nicht sachgerecht, im Verhältnis zwischen freiwilliger privater Schlichtung und dem staatlichen Rechtsweg hat letzterer Vorrang.382 Auch verfassungsrechtlich sind Bedenken dagegen anzuführen, die Gewähr von Prozesskostenhilfe von der Durchführung des außergerichtlichen Güteverfahrens abhängig zu machen.383 Die Prozesskostenhilfe soll eine Gleichstellung von bemittelten und unbemittelten Parteien im Bereich des Rechtsschutzes ermöglichen.384 Ein Schlichtungsverfahren, welches zu Ungunsten des Antragstellers ausgeht, kann die Ablehnung eines Prozesskostenhilfeantrags zur Folge haben: Im Rahmen des § 114 ZPO erfolgt lediglich eine summarische Prüfung der Erfolgsaussichten, die bei einer ablehnenden Bescheidung seitens der Gütestellen häufig negativ ausfällt.385 Der Entscheidung der Gütestelle kann damit eine präjudizielle Wirkung hinsichtlich des Prozesskostenhilfeverfahrens zukommen386 und insofern würde ein Zwang zur vorherigen Anrufung einer Gütestelle eine hilfsbedürftige Partei gegenüber einer vermögenden Partei benachteiligen.387 Schließlich ist zu berücksichtigen, dass eine obligatorische Anrufung den Verfahrensgrundsätzen der Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen selbst widerspräche, da so der Grundsatz der Freiwilligkeit relativiert würde.388 Aufgrund der angeführten Gründe entspricht es heute einhelliger Auffassung in Rechtsprechung389 und Literatur,390 dass die Gewähr von Prozesskostenhilfe in ei381
Vgl. dazu Kap. 5 F., S. 131 ff. Weizel, Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen, S. 88 ff.; Matthies, NJW 1986, 792, 793; Giesen, JZ 1988, 255, 256; ders., Arzthaftungsrecht, Rn. 37; Zöller/ Philippi, § 114 Rn. 33. 383 MüKo-ZPO/Prütting, § 279 Rn. 23; ders., Referat zum aktuellen Forum Verfahrensrecht, DJT 1998, O 11, O 18; Giesen, Arzthaftungsrecht, Rn. 38; Weizel, Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen, S. 89 ff.; Stellpflug u.a., Handbuch Medizinrecht, F 300 Rn. 45 f. 384 BVerfG NJW 2003, 1857; OLG Düsseldorf NJW 1989, 2955; Stein/Jonas/Bork, Vor § 114 Rn. 7; Musielak/Fischer, § 114 Rn. 1; Matthies, NJW 1986, 792, 793; Giesen, JZ 1988, 255, 256; näher zur Herleitung des Prozesskostenhilferechts aus dem Grundgesetz vgl. Stein/Jonas/Bork, vor § 114 Rn. 8: Herleitung aus Art. 1 GG (Menschenwürde), Art. 3 Abs. 1 GG (Grundsatz der Gleichheit vor dem Gesetz), Art. 19 Abs. IV GG (Rechtsweggarantie), Art. 20 Abs. 1 GG (Sozialstaatsprinzip), Art. 20 Abs. 3 GG (Rechtsstaatsprinzip), Art. 103 Abs. 1 GG (Grundsatz des rechtlichen Gehörs). 385 OLG Oldenburg AHRS, 7400/100; Weizel, Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen, S. 60. 386 Soergel/Spickhoff, § 823 Anh I Rn. 268; Weizel, Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen, S. 60; Franzki, in: Bayerlein, Sachverständigenrecht, § 52 Rn. 3; Enders, in: FS Schneider, 421, 426. 387 Zöller/Philippi, § 114 Rn. 33; Giesen, Arzthaftungsrecht, Rn. 38; Weizel, Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen, S. 90; Stellpflug u.a., Handbuch Medizinrecht, F 300 Rn. 45 f. 388 Weizel, Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen, S. 87; Giesen, Anmerkung zu LG Dortmund 17 O 23/86, JZ 1988, 255, 258. 389 OLG Düsseldorf NJW 1989, 2955; OLG Oldenburg MedR 1988, 274. 382
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4. Kap.: Auswirkungen auf ein gerichtliches Verfahren
nem Gerichtsverfahren nicht von einer vorangegangenen Durchführung eines außergerichtlichen Verfahrens vor den ärztlichen Schlichtungsstellen abhängen darf. Prozesskostenhilfe wird jedoch unter Umständen dann abgelehnt, wenn ein einmal eingeleitetes außergerichtliches Verfahren mutwillig unterbrochen wird.391 Eine Bewilligung der Prozesskostenhilfe kann zudem aufgehoben werden, wenn bei der Beantragung verschwiegen wurde, dass bereits ein Schlichtungsverfahren vorangegangen ist:392 § 124 Nr. 1 ZPO sieht vor, dass eine Aufhebung der Bewilligung möglich ist, wenn die Partei über die erforderlichen Voraussetzungen getäuscht hat. Ein Verschweigen eines vorangegangenen Schlichtungsverfahrens kann eine solche Täuschung darstellen.393
C. Bedeutung des außergerichtlichen Gutachtens im gerichtlichen Prozess Rechtlich hat die Entscheidung der Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen für die Gerichte keine Bindungswirkung.394 Dies ist auch in den Statuten der meisten Stellen verankert.395 Den Parteien kann jedoch je nach Ausgang des außergerichtlichen Verfahrens daran gelegen sein, dass das dort erstellte Gutachten durch das Gericht berücksichtigt wird. Zudem kann auch für den Richter von Interesse sein, auf eine bereits erfolgte sachverständige Begutachtung des Falles zurückzugreifen. Eine Einbringung des im außergerichtlichen Verfahren erstellten Gutachtens in den Prozess kann im Wege eines Urkundsbeweises erfolgen.396 390
Vgl. z.B. Stein/Jonas/Bork, § 114 Rn. 33; Zöller/Philippi, § 114 Rn. 33; Musielak/Fischer, § 114 Rn. 31; Soergel/Spickhoff, § 823 Anh I Rn. 271; Weizel, Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen, S. 93 f.; Deutsch/Matthies, Arzthaftungsrecht, Gutachter- und Schlichtungsstellen, S. 130; Ulsenheimer, in: Laufs/Uhlenbruck, Handbuch des Arztrechts, § 114 Rn. 9; Deutsch/Spickhoff, Medizinrecht, Rn. 429; Laufs, Arztrecht, Rn. 546; Rehborn, MDR 2002, 1281, 1286; Giesen, JZ 1990, 1053, 1056; Weltrich, DRiZ 1996, 473, 475. 391 Soergel/Spickhoff, § 823 Anh I Rn. 271; Deutsch/Matthies, Arzthaftungsrecht, Gutachter- und Schlichtungsstellen, S. 131. 392 Soergel/Spickhoff, § 823 Anh I Rn. 271; Weizel, Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen, S. 61; Deutsch/Spickhoff, Medizinrecht, Rn. 430. 393 Weizel, Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen, S. 61, führt an, in diesen Fällen werde das konkrete Streitverhältnis unrichtig dargestellt und so über eine hinreichende Erfolgsaussicht getäuscht. 394 Die ärztlichen Gütestellen sind keine Schiedsgerichte i.S.v. §§ 1025 ff. ZPO, vgl. dazu Soergel/Spickhoff, § 823 Anh I Rn. 267; Ulsenheimer, in: Laufs/Uhlenbruck, Handbuch des Arztrechts, § 113 Rn. 7; Deutsch/Spickhoff, Medizinrecht, Rn. 425; Henschel, Schlichtungs- und Gutachterstellen, S. 114 ff. 395 § 1 Abs. 2 Statut Bayern; § 11 Statut Hessen; § 7 Statut Norddt. SchlSt.; Laum/Smentkowski, Statut der Gutachterkommission Nordrhein, S. 10; § 8 Statut Rheinland-Pfalz; § 7 Abs. 3 Statut Saarland; § 1 Abs. 4 Statut Sachsen. 396 BGH NJW 1999, 1802, 1803; BGH NJW 1987, 2300, 2301; OVG Münster NJW 1999, 1802, 1803; OLG Köln VersR 1990, 311; Zöller/Greger, § 402 Rn. 6c; Soergel/Spickhoff,
C. Bedeutung des außergerichtlichen Gutachtens im gerichtlichen Prozess
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I. Einholung eines weiteren gerichtlichen Sachverständigengutachtens Der Richter hat im Einzelfall zu entscheiden, ob das Gutachten der außergerichtlichen Stelle als alleinige Grundlage seiner Entscheidung ausreichend ist oder ob die Einholung eines weiteren gerichtlichen Sachverständigengutachtens gemäß §§ 402 ff. ZPO erforderlich ist.397 Maßstab muss dabei sein, ob das vorliegende Gutachten, gemessen an den strengen Anforderungen in Arzthaftpflichtprozessen, dem Gericht eine ausreichend sichere Grundlage zur Überzeugung im Wege der freien Beweiswürdigung i.S.d. § 286 ZPO ist.398 Die Parteien können ihrerseits das Einholen eines zweiten Gutachtens durch eine Rüge der mangelnden Sachkunde des außergerichtlichen Gutachters erreichen. Das Gericht hat diese Rüge sorgfältig zu prüfen. Sind die Zweifel berechtigt, und ist die Gutachterkompetenz substantiiert bestritten, muss eine weitere Begutachtung veranlasst werden.399 Die Erstellung eines zusätzlichen gerichtlichen Gutachtens kann auch dann erforderlich sein, wenn im Prozess neue Tatsachen vorgetragen werden, die bei der Erstellung des Gutachtens im außergerichtlichen Verfahren noch nicht bekannt waren.400
II. Präjudizialität Teilweise wird es als Gefahr aufgezeigt, dass sich die Gutachten der außergerichtlichen Stellen im Rahmen einer faktischen Bindungswirkung präjudiziell auf ein Gerichtsverfahren auswirken.401 Eine solche Bindungswirkung mag im Einzelfall gegeben sein. Es ist nicht auszuschließen, dass der Richter oder ein gerichtlich bestellter Gutachter von dem im Wege des Urkundsbeweises in das Verfahren eingebrachten außergerichtlichen Gutachten Kenntnis nimmt und sich hiervon beeinflussen lässt. Bedenklich ist dies jedoch nur dann, wenn dabei vorhandene Schwächen des Gutachtens nicht erkannt werden oder wenn die Gefahr besteht, dass die Ergebnisse des primär medizinischen Gutachtens für die juristischen Entscheidungen nicht richtig gewertet werden. Es ist Aufgabe des Richters, zu prüfen, ob und § 823 Anh I Rn. 268; Franzki, in: Bayerlein, Sachverständigenrecht, § 52 Rn. 3; Enders, in: FS Schneider, 421, 440. Ein vor den ärztlichen Gütestellen erstelltes Gutachten ist kein Gutachten i.S.d. § 411 a ZPO. 397 BGH NJW 1999, 1802, 1803; NJW 1987, 2300, 2301; Bürger, MedR 1999, 100, 104; Enders, in: FS Schneider, 421, 442, weist darauf hin, dass es eines Hinweises bedarf, wenn das Gericht allein gestützt auf ein im Wege des Urkundsbeweises eingebrachtes Gutachten einer ärztlichen Gütestelle entscheiden will, um so der anderen Prozesspartei Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. 398 Enders, in: FS Schneider, 421, 441; OVG Münster NJW, 1999, 1802, 1803. 399 BGH NJW 1987, 2300, 2301; OVG Münster NJW 1999, 1802, 1803; Musielak, § 402 Rn. 5; Franzki, in: Bayerlein, Sachverständigenrecht, § 52 Rn. 3; Weizel, Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen, S. 76 f.; Enders, in: FS Schneider, 421, 443 f.; Bürger, MedR 1999, 100, 104. 400 Weizel, Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen, S. 78. 401 Nicklisch, in: FS Bülow , S. 159, 176.
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4. Kap.: Auswirkungen auf ein gerichtliches Verfahren
hinsichtlich welcher Ergebnisse er das außergerichtliche Gutachten seiner Entscheidung zugrunde legt. Bedenken einer faktischen Bindungswirkung resultieren also primär aus der Gefahr einer fehlerhaften juristischen Würdigung des außergerichtlichen Gutachtens und nicht aus dessen präjudizieller Wirkung.402 Als grundsätzliche Gefahr ist die Bindungswirkung der Gutachten aber nicht anzusehen.403 In den meisten Fällen besteht sie zu Recht. Bereits dadurch, dass die Gutachten auf einem gemeinsamen Auftrag der Parteien beruhen, kommt ihnen ein großes Gewicht zu.404 Außerdem ist zu beachten, dass die Stellungnahmen der Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen in aller Regel von großer Fachkompetenz geprägt sind, so dass die Übereinstimmung der gerichtlichen Entscheidung mit der der Gütestelle in den meisten Fällen nicht aus einer Beeinflussung des Gerichts durch das Gutachten resultiert, sondern vielmehr einfach darin begründet ist, dass die getroffene Entscheidung im konkreten Fall die richtige ist.405
III. Problematik sich widersprechender Gutachten Kommen das außergerichtliche und das gerichtliche Gutachten zu sich widersprechenden Ergebnissen, stehen dem Richter verschiedene Vorgehensweisen offen:406 Er kann sich in freier Beweiswürdigung einem Sachverständigen anschließen, wenn dessen Gutachten vollständig widerspruchsfrei und überzeugend ist und ersichtlich ist, aus welchen Gründen diesem Gutachten gefolgt wird.407 Ergeben sich diesbezüglich Zweifel, hat der Richter die Möglichkeit, ein Obergutachten einzu402
Eberhardt, NJW 1986, 747, 750, der zudem auf die Gefahr der mangelnden Objektivität des gerichtlich bestellten Gutachters hinweist. 403 So auch Weizel, Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen, S. 62; Ulsenheimer, in: Laufs/Uhlenbruck, Handbuch des Arztrechts, § 113 Rn. 8; Franzki, in: Arbeitsgemeinschaft Rechtsanwälte im Medizinrecht, Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen, S. 75; vgl. auch Eberhardt, NJW 1986, 747, 750; Ratajczak, in: Arbeitsgemeinschaft Rechtsanwälte im Medizinrecht, Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen, S. 9, führt an, dass sich eine präjudizielle Wirkung nur unter denselben Voraussetzungen wie bei einem Privatgutachten ergebe, also regelmäßig gar nicht. 404 Ulsenheimer, in: Laufs/Uhlenbruck, Handbuch des Arztrechts, § 113 Rn. 8. 405 Weizel, Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen, S. 62; Ulsenheimer, in: Laufs/ Uhlenbruck, Handbuch des Arztrechts, § 113 Rn. 8. Teilweise wird die Präjudizialität sogar befürwortet: Es wird erwogen, ob nicht die gesamten bei der Gütestelle geführten Vorgänge in einem späteren Prozess beigezogen werden sollten, ähnlich wie eine Beweissicherungsakte, so Bodenburg/Matthies, VersR 1982, 729, 734. 406 Vgl. zur Problematik ausführlich Weizel, Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen, S. 78. 407 Bürger, MedR 1999, 100, 104; Katzenmeier, Arzthaftung, S. 414; Schlund, in: Ehlers, Medizinisches Gutachten im Prozess, Rn. 138; Scheppokrat/Neu, VersR 2001, 23, 27, führt an, dass ob der schwierigen Materie des Arzthaftungsrechts akzeptiert werden muss, dass Gutachten zu unterschiedlichen Schlüssen führen können ohne dass daraus auf eine falsche oder unzutreffende Bewertung durch einen der beiden Sachverständigen geschlossen werden kann.
D. Güteverhandlung im Sinne des § 278 Abs. 2 ZPO
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holen. Ein bloßes Abweichen des Gütestellengutachtens vom Gerichtsgutachten indiziert das Einholen eines solchen Obergutachtens jedoch nicht.408
IV. Der Gutacher des Gütestellenverfahrens als Gutachter im Prozess Es ist fraglich, ob der Gutachter des Gütestellenverfahrens auch im anschließenden Gerichtsverfahren als Gutachter in derselben Sache herangezogen werden darf.409 Im gerichtlichen Prozess besteht unter den Voraussetzungen des § 406 Abs. 1 ZPO die Möglichkeit zur Ablehnung eines Sachverständigen. In der gegebenen Konstellation könnte sich der Ablehnungsgrund der Befangenheit gemäß §§ 406 Abs. 1 i.V.m. 42 ZPO ergeben. Abzustellen ist darauf, ob sich Zweifel an der Unparteilichkeit und Unvoreingenommenheit des Sachverständigen ergeben. Allein aus einer vorherigen Tätigkeit für eine Gutachterkommission oder Schlichtungsstelle kann jedoch kein Ablehnungsgrund hergeleitet werden, und zwar auch nicht für diejenige Prozesspartei, zu deren Lasten die Entscheidung ausgegangen ist.410 Grundsätzlich besteht daher die Möglichkeit, den Gutachter auch im Gerichtsprozess heranzuziehen. Fraglich ist allein, ob dies sachdienlich ist. Denn das Vertrauen der Parteien in den Sachverständigen ist Voraussetzung für die Akzeptanz des Gutachtens. Da im Falle des Misstrauens einer Partei die Aussicht auf eine Beilegung des Konflikts gering ist, sollte nach Möglichkeit eine solche Heranziehung vermieden werden.411
D. Güteverhandlung im Sinne des § 278 Abs. 2 ZPO Seit Inkrafttreten des Zivilprozessreformgesetz am 1.1.2002 muss gemäß § 278 Abs. 2 ZPO jeder mündlichen Verhandlung im Zivilprozess eine Güteverhandlung mit dem Zweck einer gütlichen Beilegung des Rechtsstreits vorausgehen. Dieser Grundsatz der obligatorischen Güteverhandlung wird durch die in § 278 Abs. 2 S. 1 ZPO genannten Ausnahmen durchbrochen. Danach kann von einer Güteverhandlung abgesehen werden, wenn bereits ein Versuch der Einigung vor einer außergerichtlichen Gütestelle stattgefunden hat. Als solche gelten jedenfalls alle 408
Bürger, MedR 1999, 100, 104; allgemein zu dieser Möglichkeit bei sich widersprechenden Gutachten, vgl. Katzenmeier, Arzthaftung, S. 414; Franzki, in: Bayerlein, Sachverständigenrecht, § 52 Rn. 4; Rumler-Detzel, in: Arbeitsgemeinschaft Rechtsanwälte im Medizinrecht, Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen, S. 93, 94, weist darauf hin, dass es in der Praxis häufig bei der Beurteilung der Gütestelle bleibt, weil diese häufig mehr Überzeugungskraft besitzt. 409 Vgl. dazu ausführlich Weizel, Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen, S. 79. 410 OLG Braunschweig MedR 1990, 356, 357; Ulrich, Der gerichtliche Sachverständige, Rn. 203; Weizel, Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen, S. 83; Enders, in: FS Schneider, 421, 429 f. 411 Weizel, Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen, S. 83.
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4. Kap.: Auswirkungen auf ein gerichtliches Verfahren
Stellen i.S.d. § 15 a EGZPO und mithin auch die Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen der Ärztekammern als Gütestellen gemäß § 15 a Abs. 3 EGZPO.412 Hinsichtlich der Entbehrlichkeit einer Güteverhandlung nach § 278 Abs. 2 ZPO ist jedoch der begrenzte Prüfungsumfang der ärztlichen Gütestellen zu berücksichtigen: Ist der Haftungsgrund zwischen den Parteien nach Durchführung des Verfahrens unstreitig, besteht hingegen noch Streit hinsichtlich des Haftungsumfangs, hat insoweit noch keine Güteverhandlung stattgefunden.413
412
Zöller/Greger, § 278 Rn. 22; Musielak/Foerste, § 278 Rn. 2; Soergel/Spickhoff, § 823 Anh I Rn. 270; Deutsch/Spickhoff, Medizinrecht, Rn. 423; Foerste, NJW 2001, 3103, 3104; Gehrlein, VersR 2002, 935. 413 Soergel/Spickhoff, § 823 Anh I Rn. 270; Deutsch/Spickhoff, Medizinrecht, Rn. 423.
5. Kapitel: Bewertung der Arbeit der Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen Ziel der Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen ist, dem Patienten eine Durchsetzung begründeter Ansprüche und dem Arzt eine Zurückweisung unbegründeter Vorwürfe zu erleichtern.414 Die außergerichtlichen Verfahren sollen durch eine individuelle Konfliktlösung und ein vereinfachtes Verfahren Vorteile gegenüber einem Gerichtsverfahren bieten. Entscheidend für eine Bewertung der Arbeit der Gütestellen ist, ob sie diesem Anspruch gerecht werden und tatsächlich eine sinnvolle Alternative zum Gerichtsverfahren darstellen. Ausschlaggebend ist vor allem, ob sie ein faires Verfahren bieten, ob eine Richtigkeitsgewähr hinsichtlich der Ergebnisse gegeben ist und ob die Verfahren tatsächlich zur Streiterledigung beitragen.415 Seit Einrichtung der Stellen wurden diesbezüglich immer wieder Bedenken geäußert. Im Mittelpunkt der zum Teil vehementen Kritik stehen Bedenken an der Objektivität der Stellen, der Rechtsstaatlichkeit des Verfahrens und auch seiner Effektivität. Die Stellen wurden durch diese Kritik zu einer stetigen Weiterentwicklung ihrer Verfahren veranlasst. Durch die Ständige Konferenz der Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen wurden im Jahr 2001 Eckpunkte zur Verbesserung der Verfahrensabläufe erarbeitet.416 Diese legen Mindestvoraussetzungen fest, die an die Verfahren zu stellen sind. In den vergangenen Jahren haben einige Gütestellen daraufhin ihre Statuten geändert.417 Ob dies insgesamt zu einer Verbesserung der außergerichtlichen Verfahren geführt hat, bedarf einer näheren Untersuchung.
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Vgl. § 1 Abs. 1 Statut Baden-Württemberg; § 1 Abs. 2 Statut Bayern; Präambel Statut Hessen; § 1 Abs. 1 Statut Norddt. SchlSt.; § 1 Abs. 2 Statut Nordrhein; § 1 Statut Rheinland Pfalz; § 1 Abs. 3 Statut Saarland; § 1 Abs. 2 Statut Sachsen; § 2 Statut WestfalenLippe. 415 Vgl. Stegers, ZMGR 2006, 49. 416 Zum Wortlaut vgl. Kap. 5 B. II. 4., S. 114. Diese Eckpunkte sind zudem abgedruckt bei Laum/Smentkowski, Statut der Gutachterkommission Nordrhein, S. 177. 417 Gutachterkommission bei der Landesärztekammer Baden-Württemberg: 9.7.2005; Gutachter- und Schlichtungsstelle bei der Landesärztekammer Hessen: 7.12.2004; Gutachterkommission für ärztliche Haftpflichtfragen bei der Ärztekammer Westfalen-Lippe: 27.11.2004; Gutachterkommission bei der Ärztekammer des Saarlandes: Juli 2007; Gutachterstelle bei der Sächsischen Landesärztekammer: 16.11.2004; Schlichtungssausschuss bei der Landesärztekammer Rheinland-Pfalz: 17.11.2001; Gutachterstelle bei der Bayrischen Landesärztekammer: 23.10.2000.
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5. Kap.: Bewertung der Arbeit der Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen
A. Objektivität und Neutralität der Verfahren Der Vorwurf mangelnder Objektivität und Neutralität wird den Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen seit ihrer Errichtung und bis heute entgegengebracht. Die angeführten Metaphern sind mannigfaltig: Die Problematik der Objektivität wird häufig als „Gretchenfrage“418 der Institutionen bezeichnet. Immer wieder wird der Ausspruch „Cornix cornici numquam oculos effodit“ – „Eine Krähe hackt der anderen kein Auge aus“ angeführt.419 Die Gütestellen werden gar als „trojanische Pferde“420 bezeichnet, oder es wird ihnen eine „Schlichtung von ‚Anbieters Gnaden’“421 zugeschrieben. Die Stellen sind bei den Ärztekammern angesiedelt, das Verfahren wird durch Ärzte bestimmt – der Verdacht mangelnder Objektivität liegt in der Tat zunächst nicht fern.422 Objektivität und Neutralität sind jedoch wesentliche Voraussetzungen der Verfahrensgerechtigkeit. Nur wenn diese gewährleistet sind, haben Justizalternativen eine Chance, sich auf dem Markt zu etablieren.423 Für die allgemeine Akzeptanz der ärztlichen Gütestellen ist es daher von zentraler Bedeutung, den Vorwurf mangelnder Neutralität zu widerlegen. Hierbei ist zu trennen: Zu untersuchen ist einerseits die Objektivität der Stellen selbst als bei den Ärztekammern angesiedelte Institutionen, und andererseits die der einzelnen Kommissionsmitglieder und Gutachter.
I. Objektivität der Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen Der Gedanke mangelnder Objektivität und Neutralität der Stellen ist insbesondere darin begründet, dass diese bei den Ärztekammern angesiedelt sind und zum Teil von diesen finanziert werden.424 Kritische Stimmen merken daher an, es dränge sich der Eindruck auf, dass die „Ärzte über sich selbst zu Gericht sitzen“.425 Die Stellen seien „zwischen Standesinteressen und sozialen Schutzinteressen angesiedelt“ und stünden so von vorneherein in einem Spannungsverhältnis von unter418
Eberhardt, NJW 1986, 747, 749. Vgl. statt vieler R. Greiner/Henkel/Kranich, Wer soll schlichten, S. 6; Circhetta de Marrón, Alternative Streitschlichtung, S. 112. 420 Vgl. Makiol/Rademacher/Ratajczak/Schwarz-Schilling/Stegers, in: Arbeitsgemeinschaft Rechtsanwälte im Medizinrecht, Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen, S. 1. 421 So Kranich/Henkel, in: Kranich/Böcken, Patientenrechte, S. 159. 422 So auch Henschel, Schlichtungs- und Gutachterstellen, S. 208; Eberhardt, NJW 1986, 747, 749; Weizel, Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen, S. 37. 423 Raiser, Rechtssoziologie, S. 216; Katzenmeier, ZZP 115 (2002), 51, 89; Gottwald, in: FS für Blankenburg, S. 635, 644; Matthies, Schiedsinstanzen, S. 134; Henschel, Schlichtungs- und Gutachterstellen, S. 197. 424 Vgl. § 5 Abs. 2 Statut Bayern; § 9 Statut Hessen; § 6 Abs. 1 Statut Norddt. SchlSt.; § 11 Abs. 1 Statut Nordrhein; § 8 Abs. 1 Statut Saarland; § 6 Abs. 4 Statut Sachsen; § 9 Abs. 1 Statut Westfalen-Lippe. 425 So R. Greiner/Henkel/Kranich, Wer soll schlichten, S. 25. 419
A. Objektivität und Neutralität der Verfahren
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schiedlichen Interessen.426 Viele Selbstdarstellungen deuteten darauf hin, dass der Patientenschutz nur proklamatorisch in den Vordergrund gestellt werde, während in Wirklichkeit primär Standesinteressen der Ärzte verfolgt würden.427 Die Objektivität der Stellen sei nicht gewahrt.428 Ob dieser pauschale Vorwurf berechtigt ist, bedarf einer eingehenden Prüfung. 1. Zweifel an der Objektivität aufgrund der Ansiedlung bei den Ärztekammern Zum Teil wird schon aufgrund der Ansiedlung der Gütestellen bei den Ärztekammern deren Unabhängigkeit in Frage gestellt.429 Die Stellen sind jedoch keine Einrichtungen der Kammern, sie sind lediglich bei diesen und damit bei der Berufsaufsicht angesiedelt.430 Durch eine organisatorische Sonderstellung ist dabei gewährleistet, dass sie gegenüber den Organen der Ärztekammer unabhängig und frei von Weisungen sind.431 Objektivierbare Hinweise darauf, dass die Ärztekammern als Träger der Gütestellen Einfluss auf das Verfahren nehmen, haben sich nicht ergeben.432 Eine Einmischung oder nur Nachfrage seitens einer Kammer während der laufenden Fallbearbeitung wurde nicht festgestellt.433 Zweifel an der Unabhängigkeit der Stellen aufgrund ihrer Ansiedlung bei den Ärztekammern sind daher nicht nachvollziehbar.434
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Francke/Hart, Ärztliche Verantwortung und Patienteninformation, S. 105. Eberhardt, in: Arbeitsgemeinschaft Rechtsanwälte im Medizinrecht, Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen, S. 65, 66. 428 Insbesondere seitens der Verbraucherschutzverbände wird den Stellen häufig mangelnde Objektivität vorgeworfen, vgl. z.B. die Broschüre „Wer soll schlichten zwischen Arzt und Patient“ der Verbraucher-Zentrale Hamburg e.V.; vgl. auch den Beitrag der Sendung „Kontraste“ v. 5.10.2006, dessen Wortlaut wiedergegeben ist bei http://www.rbbonline.de/_/kontraste/ beitrag_jsp/key=rbb_beitrag_4860628. 429 Ratajczak, in: Arbeitsgemeinschaft Rechtsanwälte im Medizinrecht, Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen, S. 7, mit dem Hinweis, dass die für eine Unabhängigkeit erforderliche strikte Parteiferne bei den Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen bereits im Ansatz nicht gewährleistet ist; Henschel, Schlichtungs- und Gutachterstellen, S. 208. 430 Z.T. sehen die Landesgesetze die Errichtung der Gutachterstellen durch die Kammern vor, so z.B. § 6 Abs. 1 Nr. 9 i.V.m. § 8 HeilBerG NRW. 431 Vgl. Laum/Smentkowski, Statut der Gutachterkommission Nordrhein, S. 41. 432 Vgl. OLG Köln AHRS, 7410/3; Deutsch/Matthies, Arzthaftungsrecht, Gutachter- und Schlichtungsstellen, S. 116. 433 So einzelne Mitglieder der Stellen, vgl. Laum, in: Wenzel, Handbuch FA Medizinrecht, Kap. 6 Rn. 6; Scheppokrat/Neu, VersR 2002, 397, 400; vgl. auch bereits Eberhardt, NJW 1986, 747, 749. 434 Vgl. BT-Drucks. 13/11452, S. 13; Kohnle, DRiZ 1983, 140; so auch bereits Bodenburg/Matthies, VersR 1982, 729, 731. 427
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5. Kap.: Bewertung der Arbeit der Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen
2. Zweifel an der Objektivität aufgrund der Finanzierung durch die Ärztekammern Insbesondere die ausschließliche Finanzierung der Stellen durch die Kammern ist häufig Anlass für Zweifel an deren Unabhängigkeit.435 Zu Recht erfolgt der Hinweis, eine Schlichtungsinstanz müsse parteiunabhängig sein und weder die Parteien noch Dritte dürften die Möglichkeit haben, über finanzielle Zuwendungen die Tätigkeit der Einrichtung zu beeinflussen.436 Entscheidend für die Frage der Objektivität ist daher nicht die Finanzierung allein, sondern ob mit einer solchen eine Beeinflussung der Stellen einhergeht. Eine solche Einflussnahme ist in der Praxis gerade nicht ersichtlich.437 Allein die Tatsache, dass die finanziellen Aufwendungen zu einem großen Teil von den Ärztekammern getragen werden, mindert deren Unabhängigkeit und Objektivität nicht.438 Gleichwohl wird vereinzelt eine Finanzierung der Einrichtungen über alternative Modelle angedacht, um die Dominanz der Ärzteschaft zu durchbrechen. So wurde der Vorschlag geäußert, die Begutachtungsverfahren völlig neu zu konzipieren und Stellen zu errichten, deren unabhängige Trägerschaft von sämtlichen Beteiligten in Arzthaftungssachen gesichert werden sollte.439 Bislang wurden jedoch keine konkreten Vorschläge zur Konzeption solcher Stellen gemacht. 3. Ergebnis Weder die Ansiedelung der Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen bei den Ärztekammern noch ihre Finanzierung durch sie begründen den pauschalen Vorwurf mangelnder Objektivität. Vereinzelt wird eine Ansiedlung der Stellen im Bereich der Ärzteschaft sogar befürwortet: Es gehöre in den Verantwortungsbereich der Medizin, den Patienten angemessene Möglichkeiten zur Beschwerde, Begutachtung und Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen zu eröffnen.440 Zu berücksichtigen ist außerdem, dass eine externe Kontrolle der Gütestellen be-
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Ballast, KrV 1994, 73, 74. Stegers, ZMGR 2006, 49. 437 Scheppokrat/Neu, VersR 2002; Laum, in: Wenzel, Handbuch FA Medizinrecht, Kap. 6 Rn. 6. 438 BT-Drucks. 13/11452, S. 13; „[Den Stellen] vorzuwerfen, sie würden arztfreundlich entscheiden, da sie von den Ärztekammern finanziell unterhalten werden, wäre genauso töricht wie die Annahme, der Richter könne im Verfahren gegen den Staat nicht objektiv urteilen, da er von diesem besoldet wird.“; Weltrich, in: Arbeitsgemeinschaft Rechtsanwälte im Medizinrecht, Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen, S. 107; Prütting, in: Jung, Alternativen zur Strafjustiz, S. 245, 254. 439 Dazu ausführlich Kap. 7 B., S. 151 f. 440 Sachverständigenrat für die konzertierte Aktion im Gesundheitswesen, Gutachten 2003 I, in: BT-Drucks. 15/530, S. 157, wo angeführt wird, dass eine konstruktive Mitarbeit der Leistungserbringer, insbesondere der Ärzte, an der Etablierung transparenter, die Chancengleichheit der Parteien und Partizipationsmöglichkeiten für Patienten garantierender Fehlerund Schadensfeststellungsverfahren wünschenswert sei. 436
A. Objektivität und Neutralität der Verfahren
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steht: Sie unterliegen als Gremien der Ärztekammern der Aufsicht der jeweiligen obersten Landesgesundheitsbehörde.441
II. Objektivität der Gutachter – Kollegialitätsprinzip Neben der Problematik der Objektivität der Gütestellen steht die der Objektivität der einzelnen für diese Stellen tätig werdenden Mitglieder und Gutachter.442 Diese sind im Regelfall kammerangehörige Ärzte, die durch die Kammer entschädigt werden.443 Immer wieder wird deren mangelnde Neutralität als Schwäche des außergerichtlichen Gütestellenverfahrens angeführt.444 Der Vorwurf zielt dahin, dass sich die ärztlichen Gutachter häufig nicht von Standesregeln lösen könnten.445 Allein die Zugehörigkeit zur Berufsgruppe Arzt und das darin begründete Kollegialitätsprinzip ließen Zweifel an deren Unparteilichkeit aufkommen. Diese Problematik ist nicht allein dem Verfahren vor den ärztlichen Gütestellen immanent: Typischerweise bedarf es in Arzthaftungsstreitigkeiten zur Beurteilung des Sachverhalts eines Mediziners, nur dieser kann mit Hilfe seiner Fachkenntnis feststellen, ob ein ärztliches Fehlverhalten vorliegt.446 Damit handelt es sich um ein Problem, das beim Tätigwerden medizinischer Sachverständiger unabhängig von der jeweiligen Verfahrensart besteht. Dies soll die in den außergerichtlichen Verfahren bestehende Problematik nicht relativieren, sollte jedoch zur Einordnung der den Stellen entgegengebrachten Kritik berücksichtigt werden. 1. Objektivität medizinischer Sachverständiger Hinsichtlich ärztlicher Gutachtenerstattung zieht sich eine ausgeprägte Pflicht zur Standessolidarität wie ein roter Faden vom Eid des Hippokrates bis in die modernen Berufsordnungen.447 Ein Grund dieser Standessolidarität mag in § 29 Musterberufsordnung (MBO) begründet sein, dort ist in Abs. 1 S. 1 geregelt: „Ärzte ha441
Für Nordrhein-Westfalen vgl. § 28 Abs. 1 HeilBerG NRW i.V.m. § 20 Abs. 1 Landesorganisationsgesetz NRW. 442 Völlige Objektivität und Neutralität sind zentrale Anforderungen, die die Rechtsordnung an den Sachverständigen stellt. Für die gerichtlichen Sachverständigen gilt diesbezüglich die in § 410 Abs. 1 S. 2 ZPO gesetzlich festgelegte Eidesformel. 443 Vgl. § 8 Abs. 3 Statut Baden-Württemberg; § 5 Abs. 2 Statut Bayern; § 11 Abs. 4 Statut Nordrhein; § 10 Statut Rheinland-Pfalz; § 8 Abs. 4 Statut Saarland; § 6 Abs. 3 Statut Sachsen; § 9 Abs. 4 Statut Westfalen-Lippe. 444 Vgl. statt vieler Giesen, in: Arbeitsgemeinschaft Rechtsanwälte im Medizinrecht, Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen, S. 79; Pelz, in: Protokoll Arbeitskreis „Ärzte und Juristen“, S. 9; auch Schlund, in: Laufs/Uhlenbruck, Handbuch des Arztrechts, § 122 Rn. 14, äußert dahingehend Bedenken. 445 Vgl. zu dieser Problematik Taupitz, NJW 1986, 2851 ff. 446 Scheppokrat/Neu, VersR 2002, 397, 399; Weizel, Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen, S. 39; Circhetta de Marrón, Alternative Streitschlichtung, S. 132; Matthies, Schiedsinstanzen, S. 28. 447 So Franzki, in: Bayerlein, Sachverständigenrecht, § 52 Rn. 7.
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5. Kap.: Bewertung der Arbeit der Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen
ben sich untereinander kollegial zu verhalten.“ 448 Für viele Sachverständige ergibt sich aus diesem Kollegialitätsprinzip ein „Rollenzwiespalt“ zwischen Gutachterpflichten und Standesrecht.449 Dabei wird jedoch verkannt, dass es im Geltungsbereich des Gesetzes keine Standesregeln gibt, die die Pflicht zur unabhängigen Gutachtenerstattung einengen können. Wissenschaftliche Auseinandersetzungen können schon per definitionem nicht Gegenstand eines Kollegialitätsverstoßes sein.450 § 29 MBO umfasst daher keineswegs eine Begutachtung zugunsten eines Kollegen und zum Nachteil eines Dritten. Dass Ärzte dies verkannt haben und nach falsch verstandener Standessolidarität gehandelt haben, hat über einen langen Zeitraum das Misstrauen in die Objektivität medizinischer Sachverständiger begründet. Heute ist ausdrücklich in § 29 Abs. 1 S. 2 MBO festgelegt: „Die Verpflichtung des Arztes, in einem Gutachten, auch soweit es die Behandlungsweise eines anderen Arztes betrifft, nach bestem Wissen seine ärztliche Überzeugung auszusprechen, bleibt unberührt.“ Diese Klarstellung erfolgte durch eine vom 82. Deutschen Ärztetag im Jahr 1979 verabschiedete Neufassung des § 29 MBO und war eine Reaktion auf den der Ärzteschaft verstärkt in den siebziger Jahren entgegengebrachten Vorwurf mangelnder Objektivität bei der Begutachtung.451 Mit der Neufassung des § 29 MBO ist nunmehr eindeutig festgelegt, dass Objektivität auch bei Begutachtung anderer Ärzte stets vor Standessolidarität geht.452 Nach Auskunft er448
§ 29 MBO wurde in seiner früheren Fassung oft als „Mauschelparagraph“ bezeichnet oder der „Krähentheorie“ zugerechnet, vgl. Ratzel/Lippert, MBO, § 29 Rn. 1. 449 Katzenmeier, Arzthaftung, S. 405 f., als Faktoren für diesen Rollenzwiespalt führt Katzenmeier an, dass der Gutachter häufig denselben Ausbildungs- und Sozialisierungsprozess durchlebt hat wie der Arzt; hinzu komme ein Vergleich mit der eigenen, u.U. nicht immer ausreichenden Sorgfalt des Gutachters in vergleichbaren Situationen, der diesen zu einer Verteidigung des eigenen ärztlichen Sachverständnisses veranlassen kann. 450 Ratzel/Lippert, MBO, § 29 Rn. 2 f. 451 In den siebziger Jahren wurde eine verstärkte Diskussion über die Probleme der Objektivität medizinischer Gutachter geführt. Gestützt wurde der Vorwurf des Standesdünkels immer wieder – und wird dies teilweise noch heute – auf lange zurückliegende und vor Änderung der MBO ergangene Entscheidungen des Bundesgerichtshofs: Dieser hatte aufgezeigt, dass medizinische Gutachter im Arzthaftungsprozess aus einer unterschwelligen Standessolidarität Ermessensspielräume im Sinne einer vorfixierten Tendenz ausnutzen können, und damit allgemein die Objektivität ärztlicher Sachverständiger bezweifelt; vgl. BGH NJW 1971, 241, 243; BGH NJW 1975, 1463, 1464. Der Gang der dadurch angestoßenen Diskussion wird nachgezeichnet von Taupitz, NJW 1986, 2851, 2855. Dieser sieht die Problematik in der Musterberufsordnung begründet, die eine notwendige Klarheit vermissen lasse: Es sei zu berücksichtigen, dass der Gutachter in seiner Rolle als Arzt grundsätzlich seit Jahrhunderten dem zum Kernbereich des ärztlichen Standesrechts gehörenden Gebot der Kollegialität unterliegt. Abweichungen von dieser Rollenerwartung müssten dem einzelnen Arzt deutlich vor Augen geführt werden. Zudem müssten intern unbestrittene Verhaltenserwartungen auch in der Berufsordnung und damit für Außenstehende sichtbar werden. 452 Schlund, in: Laufs/Uhlenbruck, Handbuch des Arztrechts, § 122 Rn. 13; Ratzel/Lippert, MBO, § 29 Rn. 1; Bürger, MedR 1999, 100, 102.
A. Objektivität und Neutralität der Verfahren
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fahrener Beobachter hat sich in den letzten Jahrzehnten hinsichtlich der Neutralität medizinischer Gutachter einiges gebessert, der Gutachter pflegt im Allgemeinen ein zutreffendes Bild vom Stand der ärztlichen Wissenschaft zu zeichnen.453 Seitens der Ärzteschaft wurde erkannt, dass die standesrechtliche Kollegialitätspflicht nicht nur die Interessen des einzelnen Arztes, sondern auch die Wahrung des Ansehens des gesamten Berufsstandes zum Gegenstand hat,454 und dass eine falsch verstandene Kollegialität zwar dem im Einzellfall beklagten Arzt – zu Unrecht – helfen mag, dem Berufsstand insgesamt jedoch Schaden zufügt.455 Es kommen sogar erste Stimmen auf, nach denen medizinische Sachverständige inzwischen als Folge der öffentlichen Kritik und zum Beweis ihrer Unparteilichkeit eher zu strenge Maßstäbe bei ihrer Beurteilung anlegen.456 Trotzdem werden auch in jüngerer Zeit noch Bedenken hinsichtlich der Objektivität medizinischer Gutachter geäußert.457 Tatsächlich sind diese Bedenken aber nur noch in Einzelfällen berechtigt, ein pauschaler Vorwurf der Standessolidarität ist nicht mehr gerechtfertigt.458 Bedauerlich ist daher, dass trotz der vielfältigen Bemühungen und beachtlichen Verbesserungen das generelle Misstrauen gegenüber Sachverständigen weiter fortbesteht.459
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Vgl. Katzenmeier, Arzthaftung, S. 407, mit weiteren Nachweisen in Fn. 198; Ehlers, in: Ehlers, Medizinisches Gutachten im Prozess, Rn. 9, der anführt, dass die von einer falsch verstandenen Kollegialität getragenen Falschgutachten zu einer Rarität geworden sind; Franzki, MedR 1994, 171, 174; Deutsch, Medizinrecht, Rn. 410; ders., ZaeF 1995, 581, 582, der gleichzeitig anführt, dass es jenseits einer vorsichtigen Zurückhaltung, einen Kollegen nicht vorschnell eines Fehlverhaltens zu bezichtigen, nur selten zum Versuch eines „Reinwaschens“ komme; vgl. auch Bürger, MedR 1999, 100, 102, der anführt, dass die Volksweisheit, nach der „eine Krähe der anderen kein Auge aushacke“, damit der Vergangenheit angehören sollte. 454 Vgl. Katzenmeier, Arzthaftung, S. 407; Ratzel/Lippert, MBO, § 29 Rn. 1. 455 Vgl. Ratzel/Lippert, MBO, § 29 Rn. 2; Franzki, in: Bayerlein, Sachverständigenrecht, § 52 Rn. 90. 456 Vgl. dazu die Ausführungen bei Katzenmeier, Arzthaftung, S. 409 f.; vgl. auch Ratzel/Lippert, MBO, § 29 Rn. 1, wo angeführt wird, die „Krähentheorie“ habe sich in ihr Gegenteil verwandelt, so dass „eine Krähe der anderen nicht nur ein Auge, sondern beide Augen aushacke“. 457 Schlund, in: Laufs/Uhlenbruck, Handbuch des Arztrechts, § 122 Rn. 14; ders., in: Ehlers, Medizinisches Gutachten im Prozess, Rn. 61, wo er sich auf die lange zurückliegende Entscheidung des OLG Celle VersR 1976, 1178 aus dem Jahr 1976 beruft; Giesen, Arzthaftungsrecht, Rn. 395 ff. 458 So auch Katzenmeier, Arzthaftung, S. 408. 459 Katzenmeier, Arzthaftung, S. 409, mit dem Hinweis, dass dies auch durch die Medien geschürt werde, die von den Fortschritten keine Kenntnis nehmen (wollen) und unvermindert öffentliche Kritik üben.
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2. Objektivität medizinischer Gutachter im Verfahren vor den ärztlichen Gütestellen Der allgemein an die Ärzteschaft herangetragene Vorwurf mangelnder Objektivität und Neutralität ärztlicher Gutachter richtet sich in besonderem Maße an die außergerichtlichen Gütestellen.460 Dies mag darin begründet sein, dass aufgrund der Ansiedlung der Stellen bei den Ärztekammern und der Organisation des Verfahrens durch die Ärzteschaft eine verstärkt empfundene Standessolidarität vermutet wird – hier kann der Eindruck entstehen, ein Ärztegremium tage weitgehend „unter sich“. a) Maßnahmen zur Sicherung der Objektivität Mit dem Vorwurf mangelnder Objektivität der Gutachter hatten sich die Gütestellen in den vergangenen Jahrzehnten immer wieder auseinanderzusetzen. Die Mitglieder der Stellen haben die Problematik erkannt und versuchen durch unterschiedliche Maßnahmen die Neutralität bestmöglich zu gewährleisten. aa) Statuten der Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen Um bestehende Zweifel auszuräumen, wurden insbesondere in den jeweiligen Statuten Regelungen getroffen, die die Objektivität der Gutachter sicherstellen sollen: (1) Die Unabhängigkeit und Weisungsfreiheit der Mitglieder ist dort mit jeweils ähnlichem Wortlaut ausdrücklich geregelt.461 Es wird betont, dass die Mitglieder allein ihrem Gewissen und ihrer fachlichen Überzeugung verantwortlich sind. Auch die Tatsache, dass es sich bei den Mitgliedern um ehrenamtlich Tätige handelt und damit keine wirtschaftliche Abhängigkeit besteht, sichert die Weisungsfreiheit.462 (2) Auch die personelle Zusammensetzung der Gütestellen soll die Objektivität des Verfahrens wahren:463 Beteiligt sind nicht nur Ärzte, sondern auch Juristen. Bei vielen Gütestellen nimmt ein Jurist die Position des Vorsitzenden ein.464 Dies 460
Giesen, in: Arbeitsgemeinschaft Rechtsanwälte im Medizinrecht, Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen, S. 79; Pelz, in: Protokoll Arbeitskreis „Ärzte und Juristen“, S. 9, der anführt, dass viele Gutachter nicht jene strikt neutrale Haltung erkennen lassen, die für die gerichtlichen Gutachter unabdingbar ist und der sich dabei auf Formulierungen in den Gutachten wie „dem Hausarzt Herrn Kollegen Dr. med.“ oder „Chefarztkollegen Dr. med.“ beruft; R. Greiner/Henkel/Kranich, Wer soll schlichten, S. 25. 461 Vgl. § 1 Abs. 2 Statut Baden-Württemberg; § 3 Abs. 1 Statut Bayern; Präambel Statut Hessen; § 1 Abs. 2 Statut Nordrhein; § 3 Statut Rheinland-Pfalz; § 1 Abs. 2 Statut Saarland; § 2 Abs. 3 Statut Sachsen; § 1 Abs. 2 Statut Westfalen-Lippe. 462 Rumler-Detzel, in: Arbeitsgemeinschaft Rechtsanwälte im Medizinrecht, „WaffenGleichheit“, S. 102. 463 Scheppokrat/Neu, VersR 2002, 397. 464 Statuten, die einen Juristen als Vorsitzenden vorsehen: § 4 Abs. 1 Nr. 1 Statut BadenWürttemberg; § 4 Abs. 2 Nr. 1 Statut Nordrhein; § 2 Statut Rheinland-Pfalz; § 4 Abs. 2 Statut Saarland; § 6 Abs. 1 Statut Westfalen-Lippe. § 4 Abs. 1 Statut Hessen: entweder Arzt
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bezweckt eine Mitwirkung auf Grundlage des geltenden Arzthaftungsrechts und damit einhergehend die Wahrung der Unparteilichkeit.465 (3) Hinsichtlich der Auswahl der Gutachter legen die Stellen hohe Maßstäbe an: Unbefangenheit, Unabhängigkeit, Unvoreingenommenheit und Neutralität eines Arztes sind Voraussetzungen, um diesen als Gutachter zu bestellen.466 Die Sachverständigen werden aus demselben Kreis ausgewählt, aus dem auch die Gerichte auswählen. Da die Auswahlkriterien zum Teil strenger sind als die der Gerichte, wird sogar angeregt, diese Kriterien auf die Gerichtspraxis zu übertragen.467 Noch weiter geht der Vorschlag, dass der Richter bei der Auswahl eines geeigneten Gutachters den Rat einer Gütestelle einholen und sich geeignet erscheinende Gutachter benennen lassen solle,468 insbesondere in nicht auf Arzthaftungssachen spezialisierten Spruchkörpern wende sich der Richter bereits heute häufig an die Ärztekammern.469 (4) Die Möglichkeit des Ausschlusses eines Gutachters oder eines Kommissionsmitglieds wegen Befangenheit mittels entsprechender Anwendung der Vorschriften der Zivilprozessordnung schafft eine Kontrollinstanz, die der Wahrung der Neutralität dient.470 In der Praxis werden gegen die Auswahl der Gutachter nur selten Bedenken geltend gemacht.471 (5) Eine weitere wichtige Maßnahme zur Sicherung der Objektivität ist eine sachverständige Prüfung der externen und internen Gutachten durch die Gesamtgremien der Stellen. Mittels einer intradisziplinären Erörterung der Fälle durch erfahrene Mediziner unterschiedlicher Fachgebiete wird eine ausgewogene qualifizierte Meinungsbildung und eine sachgerechte Beurteilung gewährleistet.472 Die Vorteile einer solchen sachverständigen Prüfung der Gutachten zeigen sich bei einem Vergleich mit den gerichtlichen Verfahren: Die Gerichte sind in Arzthaftungsprozessen in besonderem Maße auf die Gutachten von Sachverständigen an-
oder Jurist als Vorsitzender. Statuten, die einen Mediziner als Vorsitzenden vorsehen: § 2 Abs. 1 Statut Bayern; § 4 Abs. 1 Nr. 1 Statut Norddt. SchlSt.; § 2 Abs. 1 Statut Sachsen. 465 Laum/Smentkowski, Statut der Gutachterkommission Nordrhein, S. 124; Fitting, in: Arbeitsgemeinschaft Rechtsanwälte im Medizinrecht, Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen, S. 48; Höffler, in: Ehlers, Medizinisches Gutachten im Prozess, Rn. 336. 466 Scheppokrat/Neu, VersR 2001, 23, 24. 467 So Stegers, in: Arbeitsgemeinschaft Rechtsanwälte im Medizinrecht, Arzthaftungsrecht, Rechtspraxis und Perspektiven, S. 139, 143, der als Beispiel anführt, dass die Gutachterkommission Westfalen-Lippe nur Gutachter mit Weiterbildungsbefugnis benennt. 468 Die Auswahl des Gutachters liegt im gerichtlichen Verfahren gem. § 404 Abs. 1 ZPO im Ermessen des Tatrichters, vgl. Zöller/Greger, § 404 Rn. 1. 469 Stegers, VersR 2000, 419. 470 Vgl. zur Möglichkeit des Ausschlusses eines Gutachters Kap. 5 B. II. 2., S. 112. 471 Laum/Smentkowski, Statut der Gutachterkommission Nordrhein, S. 141. 472 Weltrich, in: Arbeitsgemeinschaft Rechtsanwälte im Medizinrecht, Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen, S. 108; ders., DRiZ 1996, 473, 474; Laum/Smentkowski, Statut der Gutachterkommission Nordrhein, S. 135; Rumler-Detzel, in: Arbeitsgemeinschaft Rechtsanwälte im Medizinrecht, „Waffen-Gleichheit“, S. 106.
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5. Kap.: Bewertung der Arbeit der Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen
gewiesen.473 Es stellt sich jedoch das Problem, dass eine Überprüfung der Gutachten für den Richter selbst kaum möglich ist.474 Den Gutachten kommt daher häufig prozessentscheidende Bedeutung zu.475 Die Funktion des Sachverständigen als „Gehilfe des Richters“476 wird im Arzthaftpflichtprozess häufig weit überschritten.477 Während für den Richter die Objektivität des Gutachtens nicht immer überprüfbar ist, bilden die fachkundigen Gremien der Gütestellen diesbezüglich eine wichtige Kontrollinstanz. Hieraus ergibt sich zudem, dass der Sachverständige wegen der Fachkunde seiner Auftraggeber größere Hemmungen hat, Arztfehler zu vertuschen, als wenn er das Gutachten einem mit medizinischen Laien besetzten Gericht vorlegt.478 Die durch die Gremien der Gütestellen durchgeführte sachverständige Prüfung dient damit in hohem Maße der Objektivität der Gutachten. Die angeführten Regelungen, die sich aus den meisten Statuten für das Verfahren vor den Gütestellen ergeben, machen deutlich, wie sehr die Stellen um eine Unparteilichkeit der Verfahren bemüht sind. Bereits durch die Statuten ist damit eine gute Voraussetzung zur Sicherung der Objektivität und Neutralität geschaffen.
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Katzenmeier, Arzthaftung, S. 395; Franzki, in: Bayerlein, Sachverständigenrecht, § 52 Rn. 1. 474 Angesichts dieser Problematik werden seit langem Konzepte wie z.B. eine Eingliederung des Sachverständigen in die Richterbank und die Vorteile einer Konzentration von Medizinrechtssachen bei speziellen Spruchkörpern diskutiert. Gedanke ist jeweils, eine verbesserte Zusammenarbeit von Gericht und Sachverständigen zu gewährleisten und so die Abhängigkeit des Richters vom Sachverständigen zu reduzieren, vgl. dazu Katzenmeier, Arzthaftung, S. 399 ff. 475 Katzenmeier, Arzthaftung, S. 395; Weizel, Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen, S. 39; Eberhardt, NJW 1986, 747, 752. 476 So die dem Sachverständigen nach dem Prozessrecht zugewiesene Rolle, vgl. Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, Übers. § 402 Rn. 2; Musielak/Huber, § 402 Rn. 1; Rosenberg/Schab/Gottwald, Zivilprozessrecht, § 120 Rn. 1; Ulrich, Gerichtliche Sachverständige, Rn. 273, wählt eine Überschrift „Sachverständige als Helfer / Gehilfe / ‚Geh-Hilfe’ des Richters“. 477 Ausführlich dargestellt ist die Problematik des ständigen Machtzuwachses der medizinischen Gutachter bei Katzenmeier, Arzthaftung, S. 396 ff., der auf die Gefahr hinweist, dass der Richter zum „bloßen Sprachrohr des Sachverständigen“ wird und der Sachverständige im Gegenzug zum „heimlichen Herrn des Verfahrens“; vgl. auch Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, Übers. § 402 Rn. 2, der von einem „faktisch allein entscheidenden Richter“ spricht; ähnlich Ehlers, in: Ehlers, Medizinisches Gutachten im Prozess, Rn. 6. 478 Franzki, in: Arbeitsgemeinschaft Rechtsanwälte im Medizinrecht, Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen, S. 69, 73; ähnlich auch OLG Düsseldorf AHRS, 2420/1, wo aufgezeigt wird, dass gerade die von Gütestellen eingeschalteten Sachverständigen um Objektivität bemüht sind.
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bb) Berufsordnung Für die ärztlichen Mitglieder und Gutachter der Gütestellen gilt darüber hinaus die Berufsordnung der Ärzte: Aus § 29 MBO ergibt sich, dass bei der Gutachtenerstattung Objektivität stets vor Standessolidarität gehen muss.479 Die medizinischen Gutachter sind daher auch in den Verfahren vor den Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen bereits durch ihre eigene Berufsordnung zur Objektivität angehalten.480 b) Erfahrungen in der Praxis der Stellen Aufschluss über die Objektivität der Gutachter können nicht zuletzt die Erfahrungen in der Praxis der Gütestellen geben: Die geringe Zahl abweichender nachfolgender Gerichtsentscheidungen spricht dafür, dass Befürchtungen mangelnder Unabhängigkeit aufgrund von Standesrücksichten nicht berechtigt sind.481 Eine in größerer Zahl erfolgende fehlerhafte Begutachtung zulasten der Patienten müsste sich zudem in den Statistiken der Stellen niederschlagen. Die festgestellte haftungsbegründende Erfolgsquote liegt bei 23,4 %.482 Ein Vergleich dieser Quote mit der Behandlungsfehlerquote in gerichtlichen Verfahren ist mangels diesbezüglicher Gerichtsstatistiken nicht möglich und wäre zudem nicht sinnvoll.483 Ein Vergleich der bei den Stellen gegebenen medizinischen Fehlerquote von 29,5 % mit der beim Medizinischen Dienst der Krankenkassen ermittelten Quote von 24 %,484 spricht jedoch für eine Angemessenheit der im Verfahren der ärztlichen Gütestellen festgestellten Quoten.485 3. Ergebnis Der den Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen entgegengebrachte pauschale Vorwurf mangelnder Objektivität mit dem bloßen Verweis auf das den Standesregeln der Ärzteschaft entspringende Kollegialitätsprinzip ist nicht berechtigt. Die Statuten der Stellen schaffen die Grundlage für ein objektives Verfahren. 479
Vgl. dazu bereits Kap. 5 A. II. 1., S. 91 ff. Ratzel/Lippert, MBO, § 25 Rn. 1. 481 Zur Abweichungsquote vgl. Kapitel 3 A. III. 1., S. 65 ff. So auch Deutsch/Matthies, Arzthaftungsrecht, Gutachter- und Schlichtungsstellen, S. 118; Laum/Smentkowski, Statut der Gutachterkommission Nordrhein, S. 41. 482 So die ermittelte Quote für das Jahr 2006. Vgl. dazu ausführlich Kap. 3 A. I. 2., S. 54 f. 483 Vgl. dazu bereits Kap. 3 B. II., S. 72 f. 484 So die Angaben bei Hansis/Hart, Gesundheitsberichterstattung des Bundes 04/01, Medizinische Behandlungsfehler, S. 6, für das Jahr 1999; Sachverständigenrat für die konzertierte Aktion im Gesundheitswesen, Gutachten 2003 I, in: BT-Drucks. 15/530, S. 138. Vgl. zur Arbeit des Medizinischen Dienstes der Krankenkassen Kap. 7 A. I. 485 Vgl. OLG Köln AHRS 7410/3, mit dem Hinweis, die deutlich gestiegene Quote anerkannter Haftungsfälle und das Gesamtergebnis spreche gegen eine Einseitigkeit zugunsten der Ärzteschaft. Auch Deutsch/Matthies, Arzthaftungsrecht, Gutachter- und Schlichtungsstellen, S. 118; Eberhardt, NJW 1986, 747, 750, ziehen die Fehlerquoten als Beleg für die Objektivität heran. 480
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5. Kap.: Bewertung der Arbeit der Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen
Die Ärzteschaft hat die Bedeutung einer kritischen Beurteilung erkannt und ist zur Einsicht gelangt, dass jede Vertuschung von Behandlungsfehlern dem Ansehen des Berufsstandes insgesamt schadet.486 Auch die Statistik und die Erfahrungen in der Praxis der Stellen bieten keinen Anlass für grundsätzliche Bedenken. Zwar mag in Einzelfällen der Vorwurf mangelnder Objektivität berechtigt sein – dies gilt sowohl in außergerichtlichen Verfahren als auch in gerichtlichen Verfahren. Ein pauschaler Vorwurf mangelnder Objektivität nimmt jedoch zu Recht ab. Immer häufiger erfolgt stattdessen der Hinweis, dass sich die Stellen durch Unabhängigkeit, Neutralität und Integrität ihrer Mitglieder auszeichnen und dass diese unter Ausschluss beruflicher und kollegialer Bindungen und ohne Vertretung vermeintlicher Standesinteressen tätig werden.487
III. Qualität der Gutachten Die extern eingeholten oder intern erstellten Gutachten werden regelmäßig zur Grundlage für die Entscheidung der ärztlichen Gütestellen. Die Qualität dieser Gutachten ist daher von besonderer Bedeutung bei der Bewertung der außergerichtlichen Verfahren insgesamt.488 Häufig sind die Gutachten neben dem Vorwurf mangelnder Objektivität auch dem Vorwurf mangelnder Qualität ausgesetzt.489 Auch von den Mitgliedern der Stellen wird eingeräumt, dass manche Kritik an einzelnen Gutachten nicht unberechtigt ist. Betont wird, dass auch Expertenvoten Grenzen haben.490 Es gebe gute und schlechte Gutachten; solche, die im Verfahren guten Gewissens verwertbar sind, und solche, deren Mängel dies nicht zulassen. Eine letzte Kritik lasse sich daher nicht vermeiden.491
486
Franzki, in: Arbeitsgemeinschaft Rechtsanwälte im Medizinrecht, Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen, S. 75. 487 Sachverständigenrat für die konzertierte Aktion im Gesundheitswesen, Gutachten 2003 I, in: BT-Drucks. 15/530, S. 168; Ulsenheimer, in: Laufs/Uhlenbruck, Handbuch des Arztrechts, § 113 Rn. 14; Francke/Hart, Bürgerbeteiligung im Gesundheitswesen, S. 282; Höffler, in: Ehlers, Medizinisches Gutachten im Prozess, Rn. 336; Fitting, in: Arbeitsgemeinschaft Rechtsanwälte im Medizinrecht, Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen, S. 48; Eberhardt, NJW 1986, 747, 752; Laum, ZKM 2003, 163, 166; Rumler-Detzel, in: Arbeitsgemeinschaft Rechtsanwälte im Medizinrecht, „Waffen-Gleichheit“, S. 101, 108; Enders, in: FS Schneider, S. 421, 429; Circhetta de Marrón, Alternative Streitschlichtung, S. 112; Prütting, in: Jung, Alternativen zur Strafjustiz, S. 245, 254. 488 Stegers, ZMGR 2006, 49. 489 Vgl. z.B. Giesen, Arzthaftungsrecht, Rn. 40; Ratajczak/Stegers, Medizinhaftpflichtschäden, Rn. 98. 490 Scheppokrat/Neu, VersR 2001, 23, 27. 491 Scheppokrat/Neu, VersR 2001, 23, 27; so bereits Kleinwefers/Sparwasser, VersR 1988, 764, 765.
A. Objektivität und Neutralität der Verfahren
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1. Maßnahmen zur Qualitätssicherung Allgemein bestehen im Bereich medizinischer Gutachtenerstattung Regelungen, an denen sich Gutachter orientieren können. Um die Qualität der Gutachten bestmöglich zu sichern, ergreifen die Gütestellen darüber hinaus unterschiedliche Maßnahmen. a) Vorschriften zu Aufbau und Inhalt von Gutachten Aus § 25 MBO ergibt sich die Verpflichtung der Ärzte, bei der Ausstellung von Gutachten mit der notwendigen Sorgfalt zu verfahren und nach bestem Wissen die ärztliche Überzeugung auszusprechen.492 Konkrete Regelungen betreffend Aufbau und Inhalt der Gutachten werden jedoch nicht benannt. Auch ansonsten gibt es keine gesetzlichen Vorschriften zum Erstellen von Gutachten. Es bestehen daher erhebliche Uneinigkeiten in Gestaltung und Aufbau.493 Um hier Abhilfe zu schaffen, werden seitens der Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen bestimmte Anforderungen an die Gutachtenerstattung gestellt. Bei den meisten Stellen existieren in verschiedener Form diesbezügliche Richtlinien:494 Bei der Gutachterkommission Nordrhein werden Prüfungsumfang und Prüfungsauftrag in einem Merkblatt „Hinweise für das Gutachten“ näher erläutert,495 bei der Schlichtungsstelle der norddeutschen Ärztekammern wird der „Juristische Leitfaden für ärztliche Gutachter“ ausgehändigt, bei der Gutachterkommission Westfalen-Lippe ein richtungweisender Handzettel, bei der Landesärztekammer Rheinland-Pfalz verschiedene Richtlinien („Fragen der Haftung für ärztliches Fehlverhalten“ und „Juristischer Leitfaden für die Anfertigung medizinischer Gutachten für den Schlichtungsausschuss“).496 Zudem wurden von Arbeitsgruppen der Ständigen Konferenz der Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen Konsensuspapiere z.B. zum Thema Gynäkologie und Geburtshilfe erarbeitet, die den Gutachtern Prüfkriterien zur einheitlichen Beurteilung medizinischer Sachverhalte an die Hand geben.497 Die Möglichkeit, sich an den dort niedergelegten Informationen zu orientieren, dient der Qualität der Gutachten.498 Hier zeigt sich ein deutlicher Vorteil der außergerichtlichen Verfahren: Da dort die Verfahren viel konzentrierter anfallen, ist es leichter, einheitliche Beurteilungsmaßstäbe zu finden.499 Zudem sind die Stellen 492
§ 25 MBO findet auch im Rahmen außergerichtlicher Gutachtenerstattung Anwendung, vgl. dazu „Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen bei den Ärztekammern – Ein Wegweiser“, S. 9. 493 Vgl. dazu Franzki, in: Bayerlein, Sachverständigenrecht, § 52 Rn. 51. 494 Vgl. die Auflistung in BT-Drucks. 13/11452, S. 19; Scheppokrat/Neu, VersR 2001, 23, 25 ff. 495 Laum/Smentkowski, Statut der Gutachterkommission Nordrhein, S. 134, auf den S. 136 ff. ist der Wortlaut des Merkblatts wiedergegeben. 496 So die Angaben in BT-Drucks. 13/11452, S. 19. 497 Tätigkeitsbericht der BÄK 2004, S. 318 u. 369. 498 Tätigkeitsbericht der BÄK 2004, S. 318. 499 Franzki, in: Arbeitsgemeinschaft Rechtsanwälte im Medizinrecht, Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen, S. 69, 73.
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5. Kap.: Bewertung der Arbeit der Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen
bestrebt, die Gutachten allgemein verständlich zu verfassen, so dass der Patient den medizinischen Zusammenhang versteht.500 Neben den durch die ärztlichen Gütestellen erarbeiteten Richtlinien gelten auch allgemeine Bestimmungen: Verschiedene Gremien erarbeiteten in der Vergangenheit einheitliche Maßstäbe für die medizinische Gutachtenerstellung: So hat die Arbeitsgemeinschaft Medizinrecht in der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe Empfehlungen zur Abfassung von Gutachten in Arzthaftungsprozessen herausgegeben.501 Neben einem allgemeinen Vorschlag zum Aufbau eines Gutachtens und entsprechenden Erläuterungen zur Gutachtenabfassung finden sich dort auch spezielle Hinweise zur Erstellung von Gutachten vor den ärztlichen Gütestellen, die die Besonderheiten dieses Verfahrens berücksichtigen.502 b) Besondere Qualifikation der Gutachter Mit der Gutachtenerstattung wird seitens der Gütestellen eine Vielzahl von Ärzten betraut,503 die meist keine spezielle Ausbildung zur Gutachtenerstellung durchlaufen haben.504 Jedoch ist eine herausragende ärztliche und wissenschaftliche Qualifikation sowie jahrelange Erfahrung als unabhängiger Sachverständiger Voraussetzung für eine Bestellung als Gutachter.505 Auf die besondere Sachkunde der Gutachter wird Wert gelegt,506 insgesamt zeichnen sich die Stellen so bereits durch eine hohe Fachkompetenz aus.507 Häufig angeführtes Problem bleibt das Alter der Gutachter und Kommissionsmitglieder: Oftmals werden Pensionäre als Gutachter eingesetzt, die bereits Abstand vom aktuellen ärztlichen Tun haben.508 Aufgrund des Fortschreitens der Medizin muss aber stets der aktuelle medizinische Standard 500
Herbrand, in: Arbeitsgemeinschaft Rechtsanwälte im Medizinrecht, Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen, S. 89; Beck, in: Protokoll Arbeitskreis „Ärzte und Juristen“, S. 7. 501 Abgedruckt sind diese u.a. bei Franzki, in: Bayerlein, Sachverständigenrecht, § 52 Rn. 52 ff. 502 Abgedruckt bei Franzki, in: Bayerlein, Sachverständigenrecht, § 52 Rn. 75 ff. 503 Die Anzahl der zur Verfügung stehenden Gutachter differiert je nach Verfahrensstruktur bei den einzelnen Stellen erheblich, vgl. die Angaben in BT-Drucks. 13/11452, S. 19: Die norddt. Schlichtungsstelle verfügt nach eigenen Angaben über einen Fundus von 2.700 Gutachtern, die Gutachterkommission Nordrhein z.B. über 250 Gutachter, die Gutachterund Schlichtungsstelle Hessen über 20 Gutachter pro Fach; die Gutachterkommission Westfalen-Lippe über 450 ärztliche Mitglieder; die Gutachterkommission Sachsen über 260 Gutachter. 504 Scheppokrat/Neu, VersR 2001, 23. 505 BT-Drucks. 13/11452, S. 18 f.; Laum/Smentkowski, Statut der Gutachterkommission Nordrhein, S. 124. 506 Ulsenheimer, in: Laufs/Uhlenbruck, Handbuch des Arztrechts, § 113 Rn. 14; Nicklisch, in: FS Bülow, S. 159, 160; Laum, wiedergegeben von Smentkowski, in: Rh. ÄBl. 2007, 15. 507 So bereits Prütting, in: Jung, Alternativen zur Strafjustiz, S. 245, 253; Weiß, Referat zum aktuellen Forum Verfahrensrecht, DJT 1998, O 37, O 41. 508 Stegers, VersR 2000, 419, betont, dass dieses Problem ebenso bei Begutachtungsverfahren vor Gericht besteht.
A. Objektivität und Neutralität der Verfahren
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Bezugsgröße für die Begutachtung sein. Die Stellen kommen jedoch nach eigenen Angaben aufgrund der großen Zahl von Verfahren und der gewünschten zügigen Verfahrensdauer nicht ohne die Mitarbeit der pensionierten Ärzte aus.509 Zur weiteren Verbesserung des Verfahrens werden unterschiedliche Vorschläge gemacht:510 Stets sind die Stellen bemüht, Gutachter zu beauftragen, die aus dem entsprechenden Bereich des Behandlungsfehlervorwurfs stammen,511 teilweise wird befürwortet, dies verbindlich zu regeln.512 Auch wird empfohlen, eine weitergehende Differenzierung bei der Vergabe der Gutachtenaufträge danach vorzunehmen, ob die betroffenen Ärzte als niedergelassene Ärzte oder als Krankenhausärzte tätig sind. Angeregt wird des Weiteren, zur Bestimmung der Gutachter die Verbindung zu den Fachgesellschaften zu nutzten, die aus ihrer Mitte kompetente Ärzte vorschlagen könnten.513 Schließlich wird befürwortet, in den Statuten festzuschreiben, dass zum Gutachter nur solche Ärzte bestellt werden sollten, die auf dem entsprechenden Gebiet zur Weiterbildung befugt sind.514 All diese Vorschläge, die zum Teil bereits durch einige Stellen umgesetzt werden, dienen dazu, die Qualität der Entscheidungen zu sichern. Bereits im praktizierten System ist jedoch eine hohe Fachkompetenz der Gutachter gewährleistet. c) Formulierung des Gutachtenauftrags und fachkundige Prüfung des Gutachtens In jedem Begutachtungsverfahren ist die Formulierung des Gutachtenauftrags richtungweisend, den Sachverständigen sollten daher präzise Fragen gestellt werden.515 Bei den Gütestellen wird dies durch die Formulierung des Auftrags unter Beteiligung eines Arztes bestmöglich gewährleistet.516 Wesentliches Mittel zur Sicherung der Qualität der Sachverständigengutachten ist zudem deren fachkundige Überprüfung. Eine solche wird bei den Gütestellen durch die Mitglieder in den jeweiligen Gremien im Rahmen einer abschließenden Stellungnahme durchgeführt.517 Nicht selten weicht dieses abschließende Votum 509
Scheppokrat/Neu, VersR 2002, 397, 399. Vgl. insbesondere die sinnvollen Vorschläge bei Stegers, ZMGR 2006, 49, 52. 511 Beck, in: Protokoll Arbeitskreis „Ärzte und Juristen“ S. 7. 512 Stegers, ZMGR 2006, 49, 52. 513 Stegers, ZMGR 2006, 49, 55. 514 Stegers, ZMGR 2006, 49, 55. 515 Auch in einem gerichtlichen Verfahren bestehen Schwierigkeiten bei der sorgfältigen Formulierung des Gutachtenauftrags, vgl. Katzenmeier, Arzthaftung, S. 410; Schlund, in: Ehlers, Medizinisches Gutachten im Prozess, Rn. 53; Deutsch, ZaeF 1995, 581, 582; Bürger, MedR 1999, 100, 104. 516 Scheppokrat/Neu, VersR 2001, 23, 24. Bei einigen Stellen wird der Gutachtenauftrag den Parteien vor Erteilung mitgeteilt, vgl. § 4 Abs. 7 Statut Bayern, § 5 Abs. 2 Statut Norddt. SchlSt. 517 Weltrich, DRiZ 1996, 473, 474; Scheppokrat/Neu, VersR 2001, 23, 27, mit dem Hinweis auf eine dreifache Kontrolle der Gutachten bei der norddeutschen Schlichtungsstelle – erstens durch den Juristen, zweitens durch die wöchentliche Konferenz und drittens durch die Beteiligten, denen die abschließende Stellungnahme zugeleitet wird. 510
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5. Kap.: Bewertung der Arbeit der Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen
vom Ergebnis des externen Gutachters ab.518 Im Verfahren der Gutachterkommission Nordrhein werden Fälle grundsätzlicher und schwieriger Art darüber hinaus im monatlich tagenden Plenum vorgetragen, auch dies trägt wesentlich zur Qualität der Voten bei.519 Nach den meisten Statuten haben zudem die Beteiligten die Möglichkeit zur Stellungnahme und Kritik am Gutachten.520 In den Eckpunkten zur Verbesserung der Verfahrensabläufe wurde herausgearbeitet, dass „die Gutachten [...] den Verfahrensbeteiligten vor einem abschließenden Bescheid mit der Gelegenheit zur Stellungnahme zur Kenntnis gegeben werden [sollen].“521 Eine Überprüfung erfolgt dann gegebenenfalls durch die Mitglieder der Stellen.522 2. Ergebnis Eine pauschale Kritik an der Qualität der im Gütestellenverfahren erstellten Gutachten ist nicht berechtigt. Wenn in Einzelfällen Expertenvoten aufgrund der schwierigen Materie an ihre Grenzen stoßen, handelt es sich dabei um ein Problem, das ebenso im gerichtlichen Verfahren besteht.523 Im Verfahren der Gütestellen bestehen aufgrund der integrierten Möglichkeit zur Überprüfung und Korrektur der Gutachten sogar Vorteile im Vergleich zum Gerichtsverfahren.524 Auch der geringe Abweichungsgrad der Ergebnisse in gerichtlich weitergeführten Streitigkeiten ist Indiz für die Qualität der Gutachten.525
518
Nach Scheppokrat/Neu, VersR 2001, 23, 27, ist dies in 9 % der Fälle der norddeutschen Schlichtungsstelle der Fall. 519 Stegers, ZMGR 2006, 49, 56; Prütting, in: Jung, Alternativen zur Strafjustiz, S. 245, 251. 520 Hierbei handelt es sich um eine Möglichkeit zur Stellungnahme, die der eigentlichen Entscheidung der Stelle vorgeschaltet ist, vgl. § 6 Abs. 3 Statut Baden-Württemberg; § 4 Abs. 7 Statut Bayern; § 5 Abs. 2 Statut Norddt. SchlSt.; § 6 Abs. 2 Statut Nordrhein; § 6 Abs. 3 Statut Saarland; bei anderen Stellen erfolgt die Übersendung der Gutachten erst mit dem abschließenden Bescheid, vgl. § 4 Abs. 3 Statut Hessen, § 8 Abs. 2 Statut WestfalenLippe. 521 Zum genauen Wortlaut der Eckpunkte vgl. 5 B. II. 4., S. 114. 522 Scheppokrat/Neu, VersR 2002, 397. 523 Scheppokrat/Neu, VersR 2002, 397, 399; dies., VersR 2001, 23, 28, die mit dem Zitat: „Auf hoher See und vor Gericht sind wir alle in Gottes Hand“ anmerken, dass auch Gerichtsentscheidungen nicht unfehlbar sind. Nach Ansicht von Franzki, in: Arbeitsgemeinschaft Rechtsanwälte im Medizinrecht, Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen, S. 73, ist nicht feststellbar, dass die Gutachten der Gütestellen im Vergleich zu den gerichtlichen Gutachten von besserer oder schlechterer Qualität sind. 524 Weltrich, in: Arbeitsgemeinschaft Rechtsanwälte im Medizinrecht, Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen, S. 108; ders., DRiZ 1996, 473, 474; Rumler-Detzel, VersR 1988, 6, 7. 525 Vgl. zu diesem Abweichungsgrad Kap. 3 A. III. 1., S. 65 ff. Zu diesem Schluss kommen auch Rumler-Detzel, in: Arbeitsgemeinschaft Rechtsanwälte im Medizinrecht, Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen, S. 94; Weizel, Gutachterkommissionen und Schlich-tungsstellen, S. 126; Scheppokrat/Neu, VersR 2002, 397, 399.
A. Objektivität und Neutralität der Verfahren
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IV. Anonymisierung des Gutachters Lange Zeit wurden Zweifel an Qualität und Objektivität der Gutachten dadurch bestärkt, dass nach früherer Praxis bei den meisten Stellen die Gutachter anonym blieben. Ohne den Namen des Gutachters bekannt zu geben, verwerteten die Gremien dessen Ergebnisse in dem von ihnen selbst in Form eines Bescheids erstatteten Gutachten. Diese Anonymisierung der Gutachter wurde zu Recht immer wieder kritisiert:526 Für die Beteiligten war das Verfahren vor den Gütestellen so wenig nachvollziehbar.527 Schon früh haben einige Stellen erkannt, dass dies insgesamt nur Misstrauen erzeugt, dort erfolgte daher schon immer eine Offenlegung der Person des Gutachters.528 Diese Notwendigkeit wurde auch durch OVG Münster bekräftigt:529 Im konkreten Fall war zu entscheiden, ob der Arzt gegen die Ärztekammer einen Anspruch auf Bekanntgabe des Namens des Gutachters hat, um sich so in einem dem Schlichtungsverfahren anschließenden gerichtlichen Prozess ordnungsgemäß verteidigen zu können. Das Gericht entschied, die Ärztekammer sei verpflichtet, den Beteiligten Auskunft über den Namen des Vorsitzenden und des beauftragten ärztlichen Gutachters zu geben.530 Dies gebiete der aus dem Rechtsstaatsprinzip abzuleitende Grundsatz der Offenheit des Verwaltungshandelns.531 Außerdem könne auch gerade die Mitteilung des Namens für Objektivität bürgen.532 Heute ist die Bekanntgabe des Gutachters in den meisten Statuten vorgesehen:533 Bereits vor Vergabe eines Gutachtenauftrags informieren die Stellen die Verfahrensbeteiligten über die Person des Sachverständigen. Nach den meisten Statuten haben die Beteiligten auch das Recht, Bedenken gegen einen Gutachter vorzubringen.534 526
Weizel, Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen, S. 63; Ulsenheimer, in: Laufs/Uhlenbruck, Handbuch des Arztrechts, § 113 Rn. 16; Stegers, in: Arbeitsgemeinschaft Rechtsanwälte im Medizinrecht, Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen, S. 102; Giesen, Arzthaftungsrecht, Rn. 40; Bergmann, Arzthaftung, S. 161; Weltrich, DRiZ 1996, 473, 474. 527 Laum/Smentkowski, Statut der Gutachterkommission Nordrhein, S. 153; Weizel, Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen, S. 63; Bergmann, Arzthaftung, S. 161; Weltrich, DRiZ 1996, 473, 474. 528 So bei der Gutachterkommission Nordrhein, vgl. Weltrich, in: Arbeitsgemeinschaft Rechtsanwälte im Medizinrecht, Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen, S. 108; ders., DRiZ 1996, 473. 529 OVG Münster NJW 1999, 1802; vgl. auch die Vorinstanz VG Minden MedR 1996, 469. 530 Im konkreten Fall hatte der klagende Arzt allein einen Anspruch auf eine erneute Entscheidung unter Bekanntgabe der Namen der Gutachter, weil der Vertrauensschutz der Gutachter des bereits erstellten Gutachtens in diesem Fall überwog. 531 OVG Münster NJW 1999, 1802, wonach eine Ausnahme nur besteht, wenn schützenswerte Geheimhaltungsinteressen einer Bekanntgabe ausnahmsweise entgegenstehen. 532 OVG Münster NJW 1999, 1802. 533 Vgl. § 5 Abs. 2 Statut Hessen; § 5 Abs. 2 Statut Norddt. SchlSt.; § 8 Statut Nordrhein; § 8 Statut Rheinland-Pfalz; § 7 Abs. 1 Statut Westfalen-Lippe. 534 Vgl. dazu Kap. 5 B. II. 2., S. 111 f.
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5. Kap.: Bewertung der Arbeit der Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen
V. Ergebnis Zu Recht wird heute überwiegend erkannt, dass ein pauschaler Vorwurf mangelnder Objektivität und Neutralität der Stellen sowie ihrer Mitglieder und Gutachter nicht berechtigt ist. Zwar sind in Einzelfällen Zweifel und Kritik nach wie vor angezeigt. Dies resultiert jedoch nicht aus der Ansiedlung der Stellen bei den Ärztekammern oder der Dominanz der Mediziner im Verfahren. Der Vorwurf sollte sich vielmehr gegen die jeweiligen Gutachter richten. Keinesfalls sollte aufgrund einzelner Fehlhandlungen die Objektivität einer ganzen Institution in Frage gestellt werden. Mangelnde Neutralität bei der Begutachtung medizinischer Sachverhalte als Ausfluss einer bis heute falsch verstandenen Standessolidarität ist ein übergreifendes Problem, welches sowohl im gerichtlichen Verfahren als auch im außergerichtlichen Verfahren bestehen kann. Die ärztlichen Gütestellen legen daher bei der Gutachterauswahl sehr strenge Kriterien an. Außerdem haben sie einheitliche Beurteilungsmaßstäbe zur Erstellung von medizinischen Gutachten entwickelt. Wünschenswert ist eine allgemeine und verfahrensübergreifende Fortentwicklung und Verbesserung einheitlicher Qualitätskriterien unabhängig davon, für welches Verfahren die Gutachten erstellt werden.535
B. Rechtsstaatlichkeit des Verfahrens: Einhaltung wesentlicher Verfahrensgarantien Im Vergleich zum Gerichtsverfahren zeichnet sich das außergerichtliche Verfahren vor den Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen durch seine Formlosigkeit aus. Vorgaben, die sich für das gerichtliche Verfahren aus der Zivilprozessordnung ergeben, bestehen nach den Statuten der ärztlichen Gütestellen in ungleich geringerem Maße. Die Verfahrensabläufe können insgesamt wesentlich flexibler gestaltet werden.
I. Spannungsfeld zwischen Formlosigkeit und Rechtsstaatlichkeit Formelle Vorgaben und eine prozessrechtliche Ausgestaltung sind in Verfahren vor staatlichen Gerichten wichtige Voraussetzungen für die Legitimität der Verfahren und für die Akzeptanz der Entscheidungen:536 Die Reglementierung des Prozessablaufs in der Prozessordnung und ihre Umsetzung in der Rechtspraxis tragen wesentlich zur Verfahrensgerechtigkeit bei und stellen eine Durchsetzung
535
Sachverständigenrat für die konzertierte Aktion im Gesundheitswesen, Gutachten 2003 I, in: BT-Drucks. 15/530, S. 164. 536 Vgl. dazu ausführlich Katzenmeier, ZZP 115 (2002), 51, 80 ff.
B. Rechtsstaatlichkeit des Verfahrens
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des materiellen Rechts sicher.537 Die Förmlichkeit schützt vor Willkür, eine strikte Gesetzesbindung gewährleistet ein hohes Maß an Rechtssicherheit.538 Aufgrund der Formlosigkeit außergerichtlicher Verfahren können sich dort Bedenken hinsichtlich der Gewährleistung fundamentaler Verfahrensgarantien ergeben.539 Es besteht die Gefahr, dass der Individualrechtsschutz abgebaut wird und damit eine Entrechtung durch Entrechtlichung einhergeht.540 Auf der anderen Seite bietet ein von formellem Ballast befreiter und wesentlich vereinfachter Verfahrensablauf gerade auch Vorteile:541 Hieraus ergibt sich die notwendige Flexibilität im Verfahren – jeder Einzelfall kann entsprechend seinen Besonderheiten und nach den Grundsätzen der Zweckmäßigkeit behandelt werden.542 Somit besteht zwischen der Formlosigkeit und der Rechtsstaatlichkeit des Verfahrens ein Spannungsfeld, zwischen den divergierenden Interessen ist abzuwägen.543 Dabei ist zu berücksichtigen, dass die nichtstaatliche Schlichtung in erster 537 So Katzenmeier, ZZP 115 (2002), 51, 81, und auf S. 82: „Das offene, demokratische und rechtsstaatliche Entscheidungsverfahren erzeugt Einsicht in die Korrektheit und die Richtigkeit der gefundenen Lösung, erleichtert eine Konsensbildung und damit die Bereitschaft das Urteil zu akzeptieren.“ Zum Begriff der Verfahrensgerechtigkeit vgl. Raiser, Rechtssoziologie, S. 214 ff.; Luhmann, Legitimation durch Verfahren, S. 120, führt hinsichtlich der Bedeutung von Verfahrensregelungen an, dass zur Legitimation eines Verfahrens und zur Herbeiführung der Akzeptanz einer aus diesem Verfahren resultierenden Entscheidung alle Systemmerkmale des Verfahrens zusammenwirken müssen – „Das Verfahren muss durch spezifisch organisations- und verfahrensrechtliche Normen und durch eine gesellschaftlich institutionalisierte Rollentrennung als ein besonderes Handlungssystem ausdifferenziert werden.“ 538 Katzenmeier, ZZP 115 (2002), 51, 83. 539 Katzenmeier, MedR 1997, 498, 500; Ratajczak/Stegers, Medizinhaftpflichtschäden, Rn. 98; Prütting, in: FS 150 Jahre LG Saarbrücken, S. 264. 540 Zu dieser Problematik vgl. Blankenburg/Gottwald/Strempel, Alternativen in der Ziviljustiz, S. 11. 541 Raiser, Rechtssoziologie, S. 291; Ulsenheimer, in: Laufs/Uhlenbruck, Handbuch des Arztrechts, § 113 Rn. 14, der jedoch auch die Nachteile eines solch vereinfachten Prozessablaufs, insbesondere die reine Schriftlichkeit, aufzeigt, vgl. Rn 16; Wagner, JZ 1998, 836, 845; Blankenburg u.a, Entwicklungen im Zusammenspiel außer- und innergerichtlicher Konfliktregungen, S. 158; Bodenburg/Matthies, VersR 1982, 729, 730. 542 Matthies, Schiedsinstanzen, S. 191; Blankenburg u.a., Entwicklungen im Zusammenspiel außer- und innergerichtlicher Konfliktregungen, S. 158; Kohnle, DRiZ 1983, 140, 141; Bodenburg/Matthies, VersR 1982, 729; Falke/Gessener, in: Blankenburg/Gottwald/ Strempel, Alternativen in der Ziviljustiz, S. 292, führt an, dass Streitigkeiten am besten in der am wenigsten formalisierten Weise beizulegen sind; Weiß, in: FS Rolland, S. 395, 396, bemerkt, dass das Schlichtungsverfahren nicht durch einengende Verfahrensregeln erstickt werden dürfe. 543 Hager, Konflikt und Konsens, S. 39 f., merkt an, eine Oszillation zwischen Formalität und Informalität sei unaufhebbar; als Aufgabe bleibe die unablässige Suche nach einer geglückten Balance; Wagner, JZ 1998, 836, 845, führt aus, es gelte von der Vorstellung Abschied zu nehmen, dass ein Mehr an Verfahrensgarantien auch stets besser sei; Francke/Hart, Ärztliche Verantwortung und Patienteninformation, S. 114, betonen: „Je klarer die gerichtsvertretende Funktion des Schlichtungsstellenverfahrens, desto geringer ist der
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5. Kap.: Bewertung der Arbeit der Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen
Linie zweckmäßig sein muss und an ihrer Effektivität zu messen ist, Rechtsstaatlichkeit ist hier keine Primärforderung.544 Anders als in Gerichtsverfahren, die mit einem bindenden Urteil enden, besteht die Notwendigkeit von Verfahrensgarantien in ungleich geringerem Maße.545 Zu Recht wird im Zusammenhang mit den Verfahren vor den ärztlichen Gütestellen daher darauf hingewiesen, dass ein seit Jahren bewährtes und funktionierendes Verfahren nicht dadurch behindert werden sollte, dass man es gewaltsam justizförmig macht.546 Bei einer zu starken Annäherung werde einzig erreicht, dass ein unverbindliches vorgerichtliches Verfahren und ein verbindliches gerichtliches Verfahren aufeinander folgen. Dann stellt sich die Frage, welchen Sinn die Vorschaltung eines außergerichtlichen Verfahrens hat – die Formlosigkeit grenzt das Gütestellenverfahren gerade vom Gerichtsverfahren ab.547 Vor dem Hintergrund, dass es sich bei den außergerichtlichen Verfahren vor den ärztlichen Gütestellen um freiwillige und unverbindliche Verfahren handelt, die den Weg zu einem anschließenden Gerichtsverfahren nicht verschließen, kann daher ein weniger an Verfahrensgarantien hinzunehmen sein, auch wenn dadurch Bedenken an der Rechtsstaatlichkeit bestehen können.548 In der Praxis dürfte ein „Verfahren, das billig, formlos und schnell ist, zugleich aber mit allen rechtsstaatlichen Garantien ausgestaltet ist“, kaum zu erreichen sein.549 In der Literatur wurde hierfür veranschaulichend das Bild einer Wahl zwischen der „Scylla der Unfairness und der Charybdis der Formalisierung“ gewählt.550 Ziel sollte es daher Spielraum für die Verfahrensautonomie der Ärztekammern“; Prütting, BB 1999 Beilage 9, 7, 11; ders., JZ 1985, 261, 271, führt an: „Letztlich müssen wir uns also entscheiden: Wie viel Zeit und Geld wollen wir einsparen, wie viel Rechtstaatlichkeit wollen wir dabei aber behalten?“. 544 Katzenmeier, MedR 1997, 498, 500; Deutsch/Matthies, Arzthaftungsrecht, Gutachterund Schlichtungsstellen, S. 107; Raiser, Rechtssoziologie, S. 216, betont, es komme letztlich darauf an, dass eine gerechte Entscheidung gefunden wird. Preibisch, Außergerichtliche Vorverfahren, S. 117, betont, dass die Regelung des Verfahrens im Ermessen der jeweiligen Stelle stehen sollte und merkt auf S. 289 an, je höher die Sachkunde der Gremien sei, desto eher könne eine Formfreiheit hingenommen werden. 545 Hager, Konflikt und Konsens, S. 111 f., 115. 546 Rumler-Detzel, Podiumsdiskussion, in: Arbeitsgemeinschaft Rechtsanwälte im Medizinrecht, „Waffen-Gleichheit“, S. 151. 547 Taupitz, ZRP 1997, 161, 164; Gottwald, AnwBl. 2000, 265, 266, bezeichnet die Vorstellung einer Gleichheit aller Verfahren als „ideologischen Popanz“ und bringt die Frage an, warum man für Durchschnittsprozesse gewissermaßen das „Rolls-Royce-Modell des Verfahrens“ bemühen solle und warum sich die Parteien nicht dort, wo es ihre Privatautonomie im Verfahren zulässt, für andere Modelle entscheiden können sollten; Röhl, Rechtssoziologie, S. 479, führt an, dass von der Vermittlung über die Schlichtung bis hin zum Urteil die Kontrolle der Parteien über den Verlauf des Verfahrens abnimmt, während die Bedeutung von Normen steigt. 548 Stegers, ZMGR 2006, 49, 55; Taupitz, ZRP 1997, 161, 164. 549 So Taupitz, ZRP 1997, 161, 164. 550 Vgl. Wagner, JZ 1998, 836, 845, der sich dafür ausspricht, dass der Gesetzgeber Zurückhaltung üben solle bei der Regelung außergerichtlicher Verfahren und einen mittleren
B. Rechtsstaatlichkeit des Verfahrens
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sein, unter Beibehaltung der Flexibilität des Verfahrens vor den Gütestellen eine bestmögliche Stärkung der Verfahrensgarantien zu erreichen ohne eine „Parallelgerichtsbarkeit“ aufzubauen.551
II. Beteiligung der Parteien Unter dem Gesichtspunkt der Rechtsstaatlichkeit ist häufigster Kritikpunkt am Verfahren der Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen die mangelnde Beteiligung der Parteien.552 Beanstandet wird das nach den meisten Verfahrensordnungen schriftliche Verfahren, eine ungenügende Information der Parteien und das Fehlen einer Einspruchsmöglichkeit. Hierin wird eine Verletzung des Grundsatzes des rechtlichen Gehörs gesehen.553 Dieser Grundsatz umfasst das Recht auf Information über den Verfahrensstoff, ein Äußerungsrecht der Parteien in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht und das Recht auf Berücksichtigung des Vorgebrachten durch die Entscheidenden.554 Dieser Grundsatz ergibt sich für Verfahren vor staatlichen Gerichten aus Art. 103 Abs. 1 GG, anknüpfend an den Gerichtsbegriff des Art. 92 GG findet er daher keine unmittelbare Anwendung auf private Schlichtungsstellen.555 Aufgrund seiner zentralen Bedeutung soll der Grundsatz auf rechtliches Gehör jedoch als „verfassungsrechtliche Mindestausstattung“556 in jedem rechtlich geregelten Verfahren Geltung haben und wird insofern aus dem grundgesetzlichen Rechtsstaatsprinzip abgeleitet.557 Kurs finden solle zwischen der „Scylla der Unfairness“ und der „Charybdis der Formalisierung“; dieses Bild greift Katzenmeier, JZ 2001, 922, auf. 551 Sachverständigenrat für die konzertierte Aktion im Gesundheitswesen, Gutachten 2003 I, in: BT-Drucks. 15/530, S. 169; Ratajczak/Stegers, Medizinhaftpflichtschäden, Rn. 102; Deutsch/Matthies, Arzthaftungsrecht, Gutachter- und Schlichtungsstellen, S. 107, meinen, dass es stärkerer Verfahrensgarantien für die Beteiligten nur dort bedarf, wo sich bedeutende inhaltliche Mängel zeigen. 552 Unterschiedlich gelagert die Vorwürfe von Deutsch/Spickhoff, Medizinrecht, Rn. 423; Ulsenheimer, in: Laufs/Uhlenbruck, Handbuch des Arztrechts, § 113 Rn. 16; Giesen, Arzthaftungsrecht, Rn. 40; Giesen, in: Arbeitsgemeinschaft Rechtsanwälte im Medizinrecht, Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen, S. 79; Kranich/Henkel, in: Kranich/ Böcken, Patientenrechte, S. 160; Francke/Hart, in: Badura/Hart/Schellschmidt, Bürgerorientierung des Gesundheitswesens, S. 19 u. S. 208, bezeichnen Transparenz und Beteiligung als wichtigste Voraussetzungen von Akzeptanz; Ratajczak/Stegers, Medizinhaftpflichtschäden, Rn. 97, sprechen von einer „vordemokratischen Verfahrensgestaltung“, die dem Patienten die Position eines Bittstellers zuweise. 553 Weizel, Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen, S. 24; Ulsenheimer, in: Laufs/ Uhlenbruck, Handbuch des Arztrechts, § 113 Rn. 16; Ratajczak, in: Arbeitsgemeinschaft Rechtsanwälte im Medizinrecht, Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen, S. 6; Giesen, Arzthaftungsrecht, Rn. 40; Ratajczak/Stegers, Medizinhaftpflichtschäden, Rn. 98. 554 Sachs/Degenhart, Art. 103 Rn. 8 ff. 555 Dreier/Schulze-Fieliz, Art. 103 Rn. 17; Sachs/Degenhart, Art. 103 Rn. 8. 556 So BGH Z 85, 288, 291, zum Grundsatz des rechtlichen Gehörs in Schiedsverfahren. 557 Raiser, Rechtssoziologie, S. 216, führt an, dass die Gewähr rechtlichen Gehörs wesentliches Merkmal der Verfahrensgerechtigkeit ist; Dreier/Schulze-Fieliz, Art. 103 Rn. 17, der
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5. Kap.: Bewertung der Arbeit der Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen
Auch vor den außergerichtlichen ärztlichen Gütestellen ist den Beteiligten daher zur Sicherung eines fairen Verfahrens rechtliches Gehör zu gewähren.558 Dort können ob des unverbindlichen und nicht obligatorischen Verfahrens jedoch nicht die gleichen Anforderungen gestellt werden wie im gerichtlichen Verfahren – es gilt ein abgeschwächter Maßstab.559 Unter Berücksichtigung dessen ist zu bestimmen, in welchem Umfang in diesen Verfahren der Grundsatz des rechtlichen Gehörs zu gewährleisten ist und welche Forderungen dahingehend berechtigt sind.560 1. Mündliche Anhörung In der Literatur wird vielfach eine obligatorische mündliche Anhörung der Parteien in den Verfahren vor den Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen gefordert. Kritisiert wird, dass die meisten Statuten eine Anhörung lediglich als fakultative Möglichkeit vorsehen und eine solche damit zur Ausnahme erklärt wird.561 a) Vorteile einer mündlichen Anhörung Die Vorteile einer mündlichen Verhandlung sind leicht ersichtlich: Sie kann dazu dienen, den Sachverhalt optimal zu ermitteln. Durch eine genaue Befragung der Parteien und einen sich daraus entwickelnden Disput können wichtige Erkenntnisse gewonnen und Zweifelsfragen beseitigt werden.562 Die ausschließliche Schriftlichkeit des Verfahrens steht zudem einer Kommunikation der Beteiligten im Wege. Eine solche Kommunikation mittels einer souverän geführten mündlichen Verhandlung kann jedoch für die Bereinigung und Befriedung des Arzt-PatientKonfliktes von großer Bedeutung sein.563 Damit erscheint eine mündliche Verhandlung insgesamt sehr vorteilhaft. dies nicht nur aus dem Rechtsstaatsprinzip sondern auch aus § 242 BGB („Gebot der natürlichen Gerechtigkeit“) herleitet; vgl. auch Jarass/Pieroth/Pieroth, Art. 103 Rn. 1; Sachs/ Degenhart, Art. 103 Rn. 2; Weizel, Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen, S. 25. 558 Ulsenheimer, in: Laufs/Uhlenbruck, Handbuch des Arztrechts, § 113 Rn. 16. 559 Weizel, Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen, S. 25. 560 So zu Recht Weizel, Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen, S. 26. 561 Francke/Hart, Charta der Patientenrechte, S. 232; dies., in: Badura/Hart/Schellschmidt, Bürgerorientierung des Gesundheitswesens, S. 209; Deutsch/Spickhoff, Medizinrecht, Rn. 423; Francke/Hart, Ärztliche Verantwortung und Patienteninformation, S. 115; Ratajczak, in: Arbeitsgemeinschaft Rechtsanwälte im Medizinrecht, Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen, S. 7, 9; Eberhardt, Selbstverständnis, Anspruch und Verfahrenspraxis, S. 195 f.; Riedel, KrV 2000, 344, 348; Kranich/Henkel in: Kranich/Böcken, Patientenrechte, S. 160. 562 Kohnle, DRiZ 1983, 140, 141; Christ, in: Arbeitsgemeinschaft Rechtsanwälte im Medizinrecht, Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen, S. 39, mit dem Hinweis, dass so insgesamt die Objektivität der Stellen demonstriert werden könne; Stegers, ZMGR 2006, 49, 51, der eine obligatorische mündliche Verhandlung jedoch nicht befürwortet. 563 Vgl. dazu ausführlich Kap. 7 C. II. 2., S. 159 ff.; Ewig, in: Haft/Schlieffen, Handbuch Mediation, § 47 Rn. 72.
B. Rechtsstaatlichkeit des Verfahrens
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Hinsichtlich der Durchführbarkeit werden seitens der Stellen jedoch Praktikabilitätsbedenken angeführt: Eine obligatorische mündliche Verhandlung sei aufgrund der hohen Zahl eingehender Anträge nicht durchsetzbar,564 eine regelmäßige Durchführung führe zur Verlängerung der Verfahrensdauer oder gar zum Zusammenbruch des Systems.565 Eine mündliche Verhandlung bringe einen enormen Arbeitsaufwand mit sich, der nur mit deutlich höheren sachlichen und personellen Mitteln zu bewältigen sei.566 Auch sei eine mündliche Verhandlung nicht immer erforderlich, anhand von Krankenunterlagen und Tatsachenvortrag sei fast immer eine hinreichende Klärung des Sachverhalts möglich.567 Bei geeigneter Verfahrensgestaltung könne auch im schriftlichen Verfahren den Beteiligten in den einzelnen Verfahrensabschnitten Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben werden.568 Im Rahmen einer solchen Stellungnahme habe der Beteiligte die Möglichkeit, seinen Tatsachenvortrag nach gründlicher Vorbereitung zu ergänzen. Dies sei sogar hilfreicher als eine mündliche Verhandlung, in der sofort Stellung genommen werden muss.569 Der Anspruch auf rechtliches Gehör sei so auch im schriftlichen Verfahren für alle Beteiligten gewahrt.570 Zudem sei unklar, inwiefern eine Durchführung mündlicher Verhandlungen zur Sachverhaltsaufklärung tatsächlich zielführend ist: Für die Parteien besteht keine unter Sanktion stehende Wahrheitspflicht und keine Pflicht zum Erscheinen. Da die Aussagen der Parteien somit nicht sanktions- und nicht eidbewehrt sind, ist eine mündliche Verhandlung in vielen Fällen wenig erfolgreich.571 Es sei daher frag564
Scheppokrat/Neu, VersR 2002, 397, 399; Laum, in: Wenzel, Handbuch FA Medizinrecht, Kap. 6 Rn. 13; Deutsch/Matthies, Arzthaftungsrecht, Gutachter- und Schlichtungsstellen, S. 127; Laum/Beck, Rh. ÄBl. 1/2001, S. 9, 10 f. 565 Laum/Smentkowski, Statut der Gutachterkommission Nordrhein, S. 144; ders., ZKM 2003, 163, 167; Rumler-Detzel, in: Arbeitsgemeinschaft Rechtsanwälte im Medizinrecht, „Waffen-Gleichheit“, S. 109; vgl. auch die Nachweise bei Weizel, Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen, S. 30 f. und die Stellungnahme auf S. 32; Christ, in: Arbeitsgemeinschaft Rechtsanwälte im Medizinrecht, Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen, S. 39, argumentiert, die längere Verfahrensdauer werde von den Antragsstellern sicherlich akzeptiert. 566 Laum, ZKM 2003, 163, 164; so auch Stegers, ZMGR 2006, 49, 51. 567 Laum, ZKM 2003, 163, 167; Laum/Beck, Rh. ÄBl. 1/2001, 9, 10 f., unter Verweis auf eine Erprobung der Durchführung mündlicher Anhörungen, bei der die Kommission nur negative Erfahrungen gemacht habe. 568 Laum/Smentkowski, Statut der Gutachterkommission Nordrhein, S. 143 f. 569 Laum/Smentkowski, Statut der Gutachterkommission Nordrhein, S. 144; so auch BTDrucks. 13/11452, S. 17, unter Bezugnahme auf die Aussagen der Stellen. 570 Laum/Smentkowski, Statut der Gutachterkommission Nordrhein, S. 143; Scheppokrat/ Neu, VersR 2002, 397, 399; so auch Weizel, Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen, S. 33. 571 Laum/Smentkowski, Statut der Gutachterkommission Nordrhein, S. 143; Stegers, ZMGR 2006, 49, 51; Scheppokrat/Neu, VersR 2002, 397, 399; Weltrich, DRiZ 1996, 473, 475; Rumler-Detzel, in: Arbeitsgemeinschaft Rechtsanwälte im Medizinrecht, „WaffenGleichheit“, S. 108. Die Arbeitsgemeinschaft Medizinrecht in der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe erkennt dies und spricht sich in ihren Empfehlungen zur
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5. Kap.: Bewertung der Arbeit der Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen
lich, ob den durch eine Verpflichtung zur Durchführung einer mündlichen Verhandlung entstehenden Belastungen wesentliche Verbesserungen gegenüberstehen.572 b) Status quo Heute ist in den meisten Verfahrensordnungen eine mündliche Verhandlung nur fakultativ und nicht obligatorisch vorgesehen.573 In der Praxis werden mündliche Verhandlungen selten durchgeführt.574 Diese Konzeption wurde durch die Gütestellen in den Eckpunkten zur Verbesserung der Verfahrensabläufe nochmals bestätigt: „6. Die Beteiligten haben die Möglichkeit, zu jedem Zeitpunkt des Verfahrens vorzutragen. Das Verfahren wird grundsätzlich schriftlich durchgeführt. Die in einzelnen Verfahrensordnungen vorgesehene Möglichkeit, den Sachverhalt mündlich mit den Beteiligten zu erörtern, bleibt hiervon unberührt.“ Es gilt somit nach wie vor der Grundsatz des schriftlichen Verfahrens. Es wurde jedoch auch seitens der Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen erkannt, dass in Einzelfällen aufgrund der Befriedungsfunktion, die sich aus einer mündlichen Erörterung mit den Beteiligten ergeben kann, eine solche durchaus vorteilhaft und der
Abfassung von Gutachten (abgedruckt bei Franzki, in: Bayerlein, Sachverständigenrecht, § 52 Rn. 76) dafür aus, in Fällen, in denen sich der Sachverhalt nicht aus den Unterlagen klären lässt, nur alternativ nach Patienten- oder Arztdarstellung zu begutachteten. 572 Dies verneint Rumler-Detzel, in: Arbeitsgemeinschaft Rechtsanwälte im Medizinrecht, „Waffen-Gleichheit“, S. 109. 573 Hinsichtlich des Verhältnisses von schriftlichem Verfahren und mündlicher Anhörung finden sich in den Statuten folgende Bestimmungen: § 6 Abs. 2 Statut Baden-Württemberg: Die Gutachterkommissionen sollen den Sachverhalt, soweit erforderlich, mit den Beteiligten mündlich erörtern. § 4 Abs. 9 Statut Bayern: Das Verfahren vor der Gutachterstelle wird grundsätzlich schriftlich durchgeführt. § 5 Abs. 1 Statut Norddt. SchlSt.: Das Verfahren vor der Schlichtungsstelle ist grundsätzlich schriftlich. Die Schlichtungsstelle kann die Anberaumung einer mündlichen Erörterung und das persönliche Erscheinen der Beteiligten vorsehen. § 9 Abs. 1 Statut Nordrhein: Das Verfahren wird schriftlich durchgeführt. Die Gutachterkommission kann den Sachverhalt mit den Beteiligten mündlich erörtern, wenn sie dies für sachdienlich hält. § 6 Abs. 2 Statut Rheinland-Pfalz: Das Gutachterverfahren vor dem Schlichtungsausschuss ist schriftlich. Auf Antrag eines Beteiligten soll dieser durch Mitglieder des Schlichtungssausschusses persönlich angehört werden. § 4 Abs. 4 Statut Sachsen: Das Verfahren vor der Gutachterstelle wird grundsätzlich schriftlich geführt. § 6 Abs. 2 Statut Westfalen-Lippe: Das Verfahren vor den Gutachterkommissionen wird grundsätzlich schriftlich geführt. In besonderen Fällen kann sich der Vorsitzende auf Wunsch eines ärztlichen Mitglieds mit der persönlichen Untersuchung eines Patienten [..] einverstanden erklären; § 8 Abs. 2: [zu einem Schlichtungsversuch] kann der Vorsitzende die Beteiligten auch zu einer mündlichen Verhandlung laden. 574 So die Angaben bei Laum, in: Protokoll Arbeitskreis „Ärzte und Juristen“, S. 17; vgl. auch Weizel, Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen, S. 30 ff.; Stegers, ZMGR 2006, 49, 54; Francke/Hart, Charta der Patientenrechte, S. 214; dies., in: Badura/Hart/ Schellschmidt, Bürgerorientierung des Gesundheitswesens, S. 19.
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Streitbeilegung förderlich sein kann.575 In den Statuten der meisten Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen ist daher heute eine Möglichkeit zur Anhörung der Beteiligten für den Einzelfall vorgesehen.576 Diese darf aber keine allein auf dem Papier geschaffene theoretische Möglichkeit bleiben: Ist im konkreten Fall absehbar, dass eine mündliche Anhörung zur Sachverhaltsermittlung zielführend sein kann, sollte von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht werden. Dies gilt insbesondere in Fällen, in denen eine Kommunikation zwischen Arzt und Patient bereits zur Beilegung des Konflikts beitragen kann.577 Dass dies unter Umständen zu einer Verlängerung des Verfahrens führen kann, darf dem nicht entgegenstehen.578 2. Information und Beteiligung der Parteien Eine Möglichkeit der Parteien zur Beteiligung an einzelnen Verfahrensschritten und eine Information über den Verfahrensgang trägt wesentlich zur Verfahrensgerechtigkeit bei:579 Mitteilungen über den Gang des Verfahrens sind wichtig, damit Arzt und Patient den Erkenntnisprozess fragend begleiten können und bestehende Beteiligungsrechte ausüben können.580 Dadurch wird zugleich die Akzeptanz der Entscheidungen erhöht. Zwar kann die Beteiligung in einzelnen Verfahrensschritten zu einer Verzögerung führen, dies ist jedoch im Hinblick auf den Nutzen der Einbindung der Parteien hinzunehmen.581 a) Status quo Auch seitens der Ärzteschaft wird betont, dass Beteiligungsrechte wichtig sind, und dass sie dort, wo sie noch nicht bestehen, eingeführt werden sollten.582 Die besondere Bedeutung, die die Stellen selbst einer Information und Beteiligung der Parteien beimessen, kommt bereits in den Eckpunkten zur Verbesserung der Verfahrensabläufe zur Geltung: „1. Anträge und wechselseitige Schriftsätze der Ver575
Beschlussprotokoll des 103. Dt. Ärztetags, Drucks. I-3; Franzki, in: Arbeitsgemeinschaft Rechtsanwälte im Medizinrecht, Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen, S. 69, 74; Weizel, Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen, S. 31. 576 Vgl. die Nachweise in Fn. 574. 577 Vgl. dazu ausführlich Kap. 7 C. II. 2., S. 159 ff. 578 Sachverständigenrat für die konzertierte Aktion im Gesundheitswesen, Gutachten 2003 I, in: BT-Drucks. 15/530, S. 169. 579 Laum, ZKM 2003, 163, 166; Weizel, Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen, S. 28, 34; Raiser, Rechtssoziologie, S. 216, führt an, dass die Möglichkeit der Parteien zur Einflussnahme auf den Verfahrensablauf wesentliches Merkmal der Verfahrensgerechtigkeit ist. 580 Weizel, Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen, S. 26; Stegers, ZMGR 2006, 49 u. 51. 581 Weizel, Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen, S. 28 und S. 34; RumlerDetzel, in: Arbeitsgemeinschaft Rechtsanwälte im Medizinrecht, „Waffen-Gleichheit“, S. 105. 582 Beschlussprotokoll des 103. Dt. Ärztetags, Drucks. I-3.
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5. Kap.: Bewertung der Arbeit der Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen
fahrensbeteiligten in den Verfahren vor den Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen sind allen Beteiligten zur Wahrung rechtlichen Gehörs zur Kenntnis zu geben. 2. Die Bestellung der von der Gutachterkommission oder Schlichtungsstelle zu beauftragenden auswärtigen Fachgutachter erfolgt nach Anhörung der Beteiligten. Diese erhalten vor Vergabe des Gutachtenauftrags Gelegenheit zur Stellungnahme. 3. Die Beteiligten sollen Gelegenheit erhalten, bei der Formulierung des Auftrags an den Gutachter Anregungen mitzuteilen, insbesondere zu haftungsrelevanten Gesichtspunkten. Die Abfassung des endgültigen Gutachtenauftrags obliegt der Gutachterkommission oder Schlichtungsstelle.“ Tatsächlich hat in den letzten Jahren im Rahmen der Umsetzung dieser Eckpunkte eine Verbesserung der Patientenrechte stattgefunden. Heute ist in den Statuten eine Information und Beteiligung der Parteien an vielen Stellen vorgesehen. Diese beinhaltet meistens eine grundsätzliche Information über den Verfahrensgang und die Möglichkeit zur Stellungnahme. Insbesondere wurde auch die Notwendigkeit einer Beteiligung bei der Auswahl des Gutachters erkannt.583 Nach den meisten Statuten ist heute die Bekanntgabe der Person des Gutachters vorgesehen584 und die Beteiligten haben die Möglichkeit, diesen anzunehmen oder abzulehnen.585 In der Praxis werden jedoch nur selten Ablehnungsgründe geltend gemacht.586 Auch ein Recht auf Offenlegung der Schriftstücke und Dokumente ist in den Eckpunkten zur Verbesserung der Verfahrensabläufe vorgesehen: „5. Die Verfahrensbeteiligten haben das Recht, Einsicht in die Verfahrensakten und beigezogenen Krankenunterlagen zu nehmen [...].“ In den Verfahren vor den meisten Gütestellen besteht heute ein solches Recht auf Akteneinsicht.587
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In der Literatur war hierauf verstärkt hingewiesen worden, vgl. nur Deutsch/Spickhoff, Medizinrecht, Rn. 423; Francke/Hart, in: Badura/Hart/Schellschmidt, Bürgerorientierung des Gesundheitswesens, S. 198 u. 209; dies., Charta der Patientenrechte, S. 214 u. 232; Stegers, ZMGR 2006, 49, 51 u. 56. 584 Vgl. § 5 Abs. 2 Statut Hessen; § 5 Abs. 2 Statut Norddt. SchlSt.; § 8 Statut Nordrhein; § 8 Statut Rheinland-Pfalz; § 7 Abs. 1 Statut Westfalen-Lippe. 585 Vgl. entsprechend § 5 Abs. 2 Statut Hessen; § 5 Abs. 2 Statut Norddt. SchlSt.; § 8 Statut Nordrhein; § 8 Statut Rheinland-Pfalz; § 7 Abs. 1 Statut Westfalen-Lippe. 586 Laum/Smentkowski, Statut der Gutachterkommission Nordrhein, S. 134; Rumler-Detzel, in: Arbeitsgemeinschaft Rechtsanwälte im Medizinrecht, „Waffen-Gleichheit“, S. 105, weist darauf hin, dass dies deutlich öfter von Seiten der Ärzte als von Seiten der Patienten geschieht. Zur Frage, wie bei einem Wechsel des Gutachters aufgrund einer Ablehnung wegen Befangenheit mit den bisherigen Unterlagen zu verfahren ist, vgl. OLG Köln GesR 2006, 93 f., wonach es zulässig ist, dass der abgelehnte Gutachter diese Unterlagen der Gutachterstelle zuleitet, dies stelle keine Verletzung der ärztlichen Schweigepflicht dar. 587 Vgl. BT-Drucks. 13/11452, S. 17, unter Bezugnahme auf die Angaben der Stellen; „Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen bei den Ärztekammern – Ein Wegweiser“, S. 9; Laum/Smentkowski, Statut der Gutachterkommission Nordrhein, S. 144.
B. Rechtsstaatlichkeit des Verfahrens
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b) Stellungnahme In den Statuten einiger Stellen ist die Möglichkeit zur Information und Beteiligung der Parteien seit vielen Jahren hinreichend gesichert. Andere Verfahrensordnungen sind in den letzten Jahren im Rahmen einer Umsetzung der Eckpunkte zur Verbesserung der Verfahrensabläufe deutlich verbessert worden. Dennoch weisen einzelne Statuten trotz dieser Verbesserungen noch Lücken auf. Diesbezüglich sollten die Verfahrensordnungen weiter angepasst werden. Daneben bleibt der Appell, dass allein eine Niederlegung der Beteiligungsrechte in den Statuten nicht ausreichend ist, dass vielmehr in der Praxis auch nach diesen Grundsätzen verfahren werden muss. Nur dann sind die Rechte der Beteiligten ausreichend gewahrt. Insbesondere müssen sich die Stellen auch tatsächlich mit dem Vorgebrachten auseinandersetzen.588 Zudem ist von Bedeutung, dass die Parteien auf ihre Rechte hingewiesen werden und ihnen die Möglichkeit der Einflussnahme auf das Verfahren deutlich gemacht wird. Die Rechte sollten deutlich aus den Verfahrensordnungen hervorgehen und entsprechende Hinweise sollten in die Formblätter zur Information der Parteien aufgenommen werden.589 Diesbezüglich besteht noch Verbesserungsbedarf. 3. Widerspruchsmöglichkeit Die Möglichkeit einer internen Fehlerkorrektur ist in außergerichtlichen Verfahren von großer Bedeutung.590 Immer wieder wird daher bemängelt, dass bei den meisten Stellen keine Einspruchsmöglichkeit gegen die Bescheide besteht.591 Unklarheiten hinsichtlich der Ergebnisbegründung sind in vielen Fällen ausschlaggebend für ein sich anschließendes Gerichtsverfahren.592 Eine Widerspruchsmöglichkeit kann daher wesentlich dazu beitragen, den Streit zwischen dem Patienten und dem Arzt beizulegen, ein zweistufiges Begutachtungsverfahren fördert insgesamt die Akzeptanz der Bescheide.593 Vor diesem Hintergrund ist unverständlich, dass eine Möglichkeit zum Widerspruch heute noch nicht bei allen Gutachterkommissionen 588
So auch Weizel, Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen, S. 33. Deutsch/Spickhoff, Medizinrecht, Rn. 423; Francke/Hart, in: Badura/Hart/Schellschmidt, Bürgerorientierung des Gesundheitswesens, S. 209; dies., Charta der Patientenrechte, S. 232. 590 Stegers, ZMGR 2006, 49, 55. 591 Ulsenheimer, in: Laufs/Uhlenbruck, Handbuch des Arztrechts, § 113 Rn. 16; Weizel, Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen, S. 29; R. Greiner/Henkel/Kranich, Wer soll schlichten, S. 22; Deutsch/Matthies, Arzthaftungsrecht, Gutachter- und Schlichtungsstellen, S. 127, der eine zweifache Möglichkeit zur Stellungnahme fordert: einerseits nach Gutachtenerstellung, aber vor Erlass des Bescheids, andererseits nach Abschluss des Verfahrens in Form eines Widerspruchsverfahrens. 592 Weizel, Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen, S. 29. 593 Weizel, Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen, S. 29; Laum, ZKM 2003, 163, 166; ders., in: Wenzel, Handbuch FA Medizinrecht, Kap. 6 Rn. 58; Smentkowski, Rh. ÄBl. 2/2005, 18, 19. Rumler-Detzel, in: Arbeitsgemeinschaft Rechtsanwälte im Medizinrecht, „Waffen-Gleichheit“, S. 106. 589
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und Schlichtungsstellen vorgesehen ist. Nur die Verfahren einiger Gütestellen sind zweistufig aufgebaut: Hier wird in der Regel zunächst ein Vorbescheid erlassen. Diesbezüglich können die Parteien Widerspruch einlegen und die Beschlussfassung des Gesamtgremiums verlangen.594 Bei der Gutachterkommission Nordrhein ist die Inanspruchnahme der sog. „zweiten Instanz“ in den letzten Jahren stetig gestiegen.595 Die Verfahren einiger Stellen sind nach wie vor einstufig aufgebaut, hier besteht Anpassungsbedarf. 4. Eckpunkte zur Verbesserung der Verfahrensabläufe Folgende Eckpunkte zur Verbesserung der Verfahrensabläufe hat die Ständige Konferenz der Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen erarbeitet:596 „1. Anträge und wechselseitige Schriftsätze der Verfahrensbeteiligten in den Verfahren vor den Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen sind allen Beteiligten zur Wahrung rechtlichen Gehörs zur Kenntnis zu geben. 2. Die Bestellung der von der Gutachterkommission oder Schlichtungsstelle zu beauftragenden auswärtigen Fachgutachter erfolgt nach Anhörung der Beteiligten. Diese erhalten vor Vergabe des Gutachtenauftrags Gelegenheit zur Stellungnahme. 3. Die Beteiligten sollen Gelegenheit erhalten, bei der Formulierung des Auftrags an den Gutachter Anregungen mitzuteilen, insbesondere zu haftungsrelevanten Gesichtspunkten. Die Abfassung des endgültigen Gutachtenauftrags obliegt der Gutachterkommission oder Schlichtungsstelle. 4. Diese Gutachten sollen den Verfahrensbeteiligten vor einem abschließenden Bescheid mit der Gelegenheit zur Stellungnahme zur Kenntnis gegeben werden. 5. Die Verfahrensbeteiligten haben das Recht, Einsicht in die Verfahrensakten und beigezogenen Krankenunterlagen zu nehmen, dabei ist die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu den offenbarungspflichtigen, objektivierbaren naturwissenschaftlichen Befunden und Behandlungsakten zu berücksichtigen. 6. Die Beteiligten haben die Möglichkeit, zu jedem Zeitpunkt des Verfahrens vorzutragen. Das Verfahren wird grundsätzlich schriftlich durchgeführt. Die in einzelnen Verfahrensordnungen vorgesehene Möglichkeit, den Sachverhalt mündlich mit den Beteiligten zu erörtern, bleibt hiervon unberührt.“ 594 § 5 IV Statut Baden-Württemberg; § 6 I Statut Hessen: § 5 IV Statut Norddt. SchlSt: Möglichkeit zur Neuentscheidung bei Vorbringen neuer Tatsachen; § 5 IV Statut Nordrhein; § 5 IV Statut Saarland; § 6 IV des Statuts der Gutachterkommission bei der Ärztekammer Westfalen-Lippe in der Fassung vom 23.4.1977 sah ebenfalls ein solches zweistufiges Vorgehen vor, in dem nach einem Erstbescheid die Möglichkeit zum Widerspruch und zur Beantragung der Beschlussfassung durch die Gesamtkommission bestand; § 6 der derzeitigen Fassung vom 27.11.2004 räumt eine solche Widerspruchsmöglichkeit nicht mehr ein. Von dieser Widerspruchsmöglichkeit zu unterscheiden ist die Möglichkeit der Parteien zur Stellungnahme bzgl. der eingeholten Gutachten, die bei einigen Stellen der Entscheidung der Stelle vorgeschaltet wird, so § 6 Abs. 3 Statut Baden-Württemberg; § 4 Abs. 7 Statut Bayern; § 5 Abs. 2 Statut Norddt. SchlSt.; § 6 Abs. 2 Statut Nordrhein; § 6 Abs. 3 Statut Saarland. 595 Vgl. dazu Kap. 3 A. II. 1., S. 59. 596 Abgedruckt auch bei Laum/Smentkowski, Statut der Gutachterkommission, S. 177.
C. Beteiligung von Patientenvertretern
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C. Beteiligung von Patientenvertretern – Sicherung kollektiver Patientenrechte In den letzten Jahren hat die Diskussion um eine Sicherung kollektiver Patientenrechte verstärkt Aufmerksamkeit auf sich gezogen.597 Insbesondere wird die Aufnahme von Patientenvertretern in Verfahren der Beratung, Entscheidung und Gestaltung des Gesundheitswesens angeregt. Auch bezüglich der Verfahren der Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen bei den Ärztekammern wird eine Beteiligung von Patientenvertretern diskutiert.598 Auf der 69. Gesundheitsministerkonferenz (GMK) im Jahr 1996 wurden Schwierigkeiten für die Patienten bei der Durchsetzung von Ersatzansprüchen als Defizit des Patientenschutzes benannt. Eine Forderung zur Verbesserung der Rechtsstellung der Patienten war die Aufnahme von Patientenvertretern bei den ärztlichen Gütestellen.599 Die Befürworter einer solchen Patientenbeteiligung führen an, dass hierdurch die Sachnähe zur verfassten Ärzteschaft gemindert und die Neutralität der Verfahren gestärkt werde.600 Zweifel an der Unabhängigkeit der Stellen könnten beseitigt 597
Zu Patientenrechten allgemein: Francke/Hart, Bürgerbeteiligung im Gesundheitswesen; dies., Charta der Patientenrechte, und die Deklaration der deutschen Gesundheitsministerkonferenz „Patientenrechte in Deutschland heute“; Badura/Hart/Schellschmidt, Bürgerorientierung des Gesundheitswesens; Geiger, Die rechtliche Organisation kollektiver Patienteninteressen; Kranich/Böcken, Patientenrechte und Patientenunterstützung in Europa; Laufs, in: Laufs/Uhlenbruck, Handbuch des Arztrechts, § 97 Rn. 4; ders., NJW 2000, 846; Katzenmeier, MedR 1997, 498; ders., MedR 2000, 24, 25; Danner, MedR 2000, 468; Taupitz, MedR 2003, 7; Hart, KrV 2003, 279; Engelbrecht/Hoppe, KrV 2003, 270; Sonderkonferenz für das Gesundheitswesen (69.GMK), Ergebnisniederschrift, MedR 1997, 460; vgl. bereits Sachverständigenrat für die konzertierte Aktion im Gesundheitswesen, Gutachten 1992, S. 211 ff. 598 Francke/Hart, Bürgerbeteiligung im Gesundheitswesen, S. 29, 229, 282 ff.; dies., Charta der Patientenrechte, S. 232; dies., in: Badura/Hart/Schellschmidt, Bürgerorientierung des Gesundheitswesens, S. 186, 209; Sachverständigenrat für die konzertierte Aktion im Gesundheitswesen, Gutachten 2003 I, in: BT-Drucks. 15/530, S. 169 und 174; Katzenmeier, MedR 1997, 498, 499; Riedel, KrV 2000, 344, 348; Danner, MedR 2000, 468; Gottwald, in: FS Blankenburg, S. 635, 640; Ratajczak/Stegers, Medizinhaftpflichtschäden, Rn. 101; Giesen, in: Arbeitsgemeinschaft Rechtsanwälte im Medizinrecht, Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen, S. 79, 82, 130; Lindemann, in: Arbeitsgemeinschaft Rechtsanwälte im Medizinrecht, „Waffen-Gleichheit“, S. 141 f.; Kranich/Henkel, in: Kranich/Böcken, Patientenrechte, S. 156 u. 160; vgl. auch bereits Steffen, Referat zum 52. DJT 1978, Abteilung Arztrecht, S. I 28. 599 Auf dieser Konferenz befassten sich die für das Gesundheitswesen zuständigen Minister der Länder mit dem Thema Weiterentwicklung der Qualität im Gesundheitswesen, vgl. Sonderkonferenz für das Gesundheitswesen (69. GMK), Ergebnisniederschrift, MedR 1997, 460; eine Zusammenfassung und Kritik der Ergebnisse findet sich bei Katzenmeier, MedR 1997, 498. 600 Katzenmeier, MedR 1997, 498, 499; Stegers, in: Arbeitsgemeinschaft Rechtsanwälte im Medizinrecht, Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen, S. 106; Circhetta de Marrón, Alternative Streitschlichtung, S. 133.
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5. Kap.: Bewertung der Arbeit der Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen
und die Akzeptanz der Entscheidungen erhöht werden.601 Zudem werde dem zwischen den Parteien bestehenden Machtungleichgewicht entgegengewirkt.602 Insgesamt könne eine Legitimierung der Verfahren gefördert werden.603 Obwohl eine Aufnahme von Patientenvertretern vielfach befürwortet wird, sind konkrete Vorschläge hinsichtlich der Ausgestaltung einer solchen Beteiligung selten. Diskutiert werden verschiedene Modelle, die sich insbesondere hinsichtlich der Qualifikation der Vertreter, des Grades der Beteiligung und auch hinsichtlich der Anforderungen an eine Legitimation unterscheiden.
I. Qualifikation der Patientenvertreter Hinsichtlich der Qualifikation, die ein Patientenvertreter im Rahmen eines Verfahrens vor den Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen aufweisen sollte, werden unterschiedliche Ansichten vertreten. Entscheidend sollte sein, welche Personen die Interessen der Patienten am besten vertreten können. 1. Beteiligung von Laien als Patientenvertreter Die Befürworter einer Patientenbeteiligung gehen überwiegend von einer Aufnahme medizinischer Laien in die Gremien der Gütestellen aus.604 So soll ein Gegengewicht innerhalb der mit Ärzten und Juristen besetzten Stellen geschaffen werden.
601
Sachverständigenrat für die konzertierte Aktion im Gesundheitswesen, Gutachten 2003 I, in: BT-Drucks. 15/530, S. 169 und 174; Sonderkonferenz für das Gesundheitswesen (69. GMK), Ergebnisniederschrift, MedR 1997, 460; Francke/Hart, Bürgerbeteiligung im Gesundheitswesen, S. 282 f.; dies., in: Badura/Hart/Schellschmidt, Bürgerorientierung des Gesundheitswesens, S. 209 u. 408; dies., Charta der Patientenrechte, S. 232; Ratajczak/Stegers, Medizinhaftpflichtschäden, Rn. 101; Künnel, VersR 1980, 502, 503; Riedel, KrV 2000, 344, 347; Stegers, in: Arbeitsgemeinschaft Rechtsanwälte im Medizinrecht, Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen, S. 99; Röhl, in: Röhl, Lexikon des Rechts, Rechtssoziologie, 3/20 S. 3. 602 Falke/Gessener, in: Blankenburg/Gottwald/Strempel, Alternativen in der Ziviljustiz, S. 306; Gottwald, in: FS Blankenburg, S. 635, 640; Ratajczak, in: Arbeitsgemeinschaft Rechtsanwälte im Medizinrecht, Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen, S. 8. 603 Röhl, in: Röhl, Lexikon des Rechts, Rechtssoziologie, 3/20 S. 3. 604 Kranich/Henkel, in: Kranich/Böcken, Patientenrechte, S. 160; R. Greiner/Henkel/ Kranich, Wer soll schlichten, S. 26; Circhetta de Marrón, Alternative Streitschlichtung, S. 133; Lindemann, in: Arbeitsgemeinschaft Rechtsanwälte im Medizinrecht, „WaffenGleichheit“, S. 141, spricht von einer schöffenähnlichen Funktion der Patientenvertreter.
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a) Beteiligung von Laien als Patientenvertreter auf Entscheidungsebene Patientenbeteiligung ist grundsätzlich auf verschiedenen Stufen möglich:605 In Betracht kommt eine Verfahrensbeteiligung,606 eine Beratungsbeteiligung607 und eine Entscheidungsbeteiligung.608 Hinsichtlich der Diskussion um eine Aufnahme von Patientenvertretern im ärztlichen Güteverfahren gehen die Befürworter in der Regel von einer Beteiligung auf Entscheidungsebene aus:609 Die Vertreter sollen ein Recht auf Mitentscheidung haben, ihnen soll eine schöffenähnliche Funktion neben den juristischen und medizinischen Fachleuten zukommen.610 aa) Problem: Sachverstand der Laienvertreter Gegen eine solche Beteiligung von Laien auf Entscheidungsebene wird vorgebracht, dass sie sich nicht mit der Aufgabe einer ärztlichen Gütestelle vertrage: Bei diesen Stellen seien ausschließlich medizinische und juristische Sachverständige zur Beurteilung von Haftungsfällen berufen. Der Patient benötige ein medizinisch-wissenschaftliches Gutachten, das haftungsrechtlich überzeugt, dazu sei eine Laienbeteiligung nicht notwendig und nicht sinnvoll.611 Die Befriedungsfunktion des außergerichtlichen Verfahrens beruhe gerade darauf, dass es den Vorwurf eines Behandlungsfehlers allein sachverständig beurteile.612 Durch eine Beteiligung von Patienten würden mehr Emotionen als Sachverstand in die Gremien hineingetragen, Patienten könnten zur fachlichen Klärung nichts beitragen und würden den 605
Vgl. dazu ausführlich Geiger, Die rechtliche Organisation kollektiver Patienteninteressen, S. 177 f.; Francke/Hart, Bürgerbeteiligung im Gesundheitswesen, S. 59 ff.; Hart, KrV 2003, 280; ähnlich auch die Einteilung bei Danner, MedR 2000, 468, 469 f. 606 Verfahrensbeteiligung gewährleistet Chancen der Verbreiterung der Informationsbasis für Entscheidungsverfahren, vgl. Francke/Hart, Bürgerbeteiligung im Gesundheitswesen, S. 60. 607 Beratungsbeteiligung gewährleistet die kommunikative und argumentative Verstrickung in das Verfahren, sichert die Möglichkeit, Beratungsthemen zu formulieren und zwingt insgesamt, sich mit dem eingebrachten Material auseinanderzusetzen, vgl. Francke/Hart, Bürgerbeteiligung im Gesundheitswesen, S. 60. 608 Entscheidungsbeteiligung gewährleistet Informationsverbreiterung, Diskursverstrickung und Entscheidungsbeeinflussung durch Mitbestimmungsrechte, vgl. Francke/Hart, Bürgerbeteiligung im Gesundheitswesen, S. 61. 609 Lindemann, in: Arbeitsgemeinschaft Rechtsanwälte im Medizinrecht, „Waffen-Gleichheit“, S. 141; Riedel, KrV 2000, 344, 348; Kranich/Henkel, in: Kranich/Böcken, Patientenrechte, S. 160; R. Greiner/Henkel/Kranich, Wer soll schlichten, S. 26; Circhetta de Marrón, Alternative Streitschlichtung, S. 133. 610 Riedel, KrV 2000, 344, 348. 611 Beschlussprotokoll des 103. Dt. Ärztetags, Drucks. I-3; Rumler-Detzel, in: Arbeitsgemeinschaft Rechtsanwälte im Medizinrecht, „Waffen-Gleichheit“, S. 101, 108; Eberhardt, NJW 1986, 747, 750; diese Problematik wird auch durch die Mitglieder der Gütestellen aufgezeigt, vgl. Laum, ZKM 2003, 163, 167; Laum/Beck, Rh. ÄBl. 1/2001, 9, 11; Weltrich, DRiZ 1996, 473. 612 Laum/Smentkowski, Statut der Gutachterkommission Nordrhein, S. 12.
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5. Kap.: Bewertung der Arbeit der Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen
Ablauf des Verfahrens eher erschweren als fördern.613 Es bestehe die Gefahr, dass Verbandsvertreter als Patientenvertreter ihre Aufgabe in der einseitigen Wahrnehmung der Patienteninteressen sehen könnten.614 Teilweise wird sogar auf die Möglichkeit hingewiesen, dass durch Patientenvertreter parteilich beeinflusste Entscheidungen durch die Haftpflichtversicherer nicht akzeptiert werden könnten.615 bb) Ablehnung seitens der Gütestellen Aufgrund der angeführten Probleme lehnen die ärztlichen Gütestellen eine Beteiligung von Patientenvertretern in ihren Verfahren ab. Die Teilnehmer der Ständigen Konferenz der Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen haben auf ihrer jährlichen Tagung im Juni 2002 betont, dass keine Notwendigkeit einer solchen Vertretung besteht.616 Auch die Ärzteschaft insgesamt spricht sich gegen eine Einbeziehung von Laien in die Verfahren aus.617 Vorgetragen werden zudem praktische Gründe: Angesichts des Geschäftsanfalls, der Ausstattung und der zu erwartenden bürokratischen Belastung sei eine Patientenbeteiligung unrealistisch und sprenge – weil nicht systemimmanent – das Verfahren.618 cc) Modell Rheinland-Pfalz Der Schlichtungsausschuss zur Begutachtung ärztlicher Behandlungen bei der Landesärztekammer Rheinland-Pfalz hat entgegen der Ansicht der anderen acht Gütestellen und trotz der aufgezeigten Probleme als erste und bisher einzige Stelle Patientenvertreter aufgenommen. In Rheinland-Pfalz wurde eine entsprechende Änderung des Heilberufsgesetzes vorgenommen.619 Nach § 2 des Statuts des Schlichtungsausschusses gehören dem Gremium seit dem Jahr 2002 ein Jurist, zwei Ärzte und zwei Patientenvertreter an.620 Das Fünfergremium kann nur mit ei613
Franzki, in: Arbeitsgemeinschaft Rechtsanwälte im Medizinrecht, Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen, S. 74 u. 123. 614 Laum, ZKM 2003, 163, 167; Beck/Laum, DÄBl. 2001, A-966, 967. 615 Beck/Laum, DÄBl. 2001, A-966, 967; Smentkowski, Podiumsdiskussion, in: Arbeitsgemeinschaft Rechtsanwälte im Medizinrecht, „Waffen-Gleichheit“, S. 150; a.A. aber Stegers, ZMGR 2006, 49, 54, der bei Beteiligung von Patientenvertretern nicht zwingend die Akzeptanz untergraben sieht. 616 Tätigkeitsbericht der BÄK 2002/2003, Kap. 7. 617 Beschlussprotokoll des 103. Dt. Ärztetags, Drucks. I-3. 618 Deutsch/Matthies, Arzthaftungsrecht, Gutachter- und Schlichtungsstellen, S. 127, die allein aus diesem Grund eine Beteiligung von Patientenvertretern ablehnen; Scheppokrat/Neu, VersR 2002, 397, 400, führen an, dass ansonsten auch Vertreter der verfassten Ärzteschaft integriert werden müssten. 619 Vgl. § 5 b Abs. 2 HeilBerG RhPf. 620 Vgl. § 2 des Statuts: Der Schlichtungsausschuss besteht aus einem Juristen/einer Juristin mit Befähigung zum Richteramt als Vorsitzende(n), einem Arzt/einer Ärztin mit Gebiets- bzw. Teilgebiets-(Schwerpunkts-)Bezeichnung, in dessen Fachgebiet der geltend gemachte Vorwurf eines Behandlungsfehlers fällt, sowie einem/einer weiteren Arzt/Ärztin
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ner qualifizierten Mehrheit von 4:1 und damit weder gegen beide ärztlichen Mitglieder noch gegen die Patientenvertreter einen Bescheid erlassen. So ist gewährleistet, dass nicht drei medizinische Laien über eine medizinische Fachfrage gegen zwei ärztliche Voten entscheiden können.621 Rheinland-Pfalz ist durch die Beteiligung von Patientenvertretern auf Entscheidungsebene ein lohnenswerter Versuch gelungen. Ob dieses Modell auf die anderen Gütestellen übertragen werden sollte, bleibt abzuwarten.622 Patientenbeteiligung ist ein Prozess, der entwickelt, akzeptiert, erprobt und evaluiert werden muss.623 Es bleibt insbesondere abzuwarten, wie sich die Beteiligung von Patientenvertretern auf die Voten des Schlichtungsausschusses und deren Akzeptanz durch die Beteiligten auswirkt.624 Bislang sind jedenfalls keine Auswirkungen auf die haftungsbegründende Erfolgsquote ersichtlich.625 b) Beteiligung von Laien als Patientenvertreter auf Verfahrensoder Beratungsebene Als abgestufte Form der Beteiligung wird eine Mitwirkung von Patientenvertretern ausschließlich auf Verfahrens- oder Beratungsebene angedacht.626 Dies ist eine Möglichkeit der Patientenbeteiligung, aus der keine Einflussnahme auf die gutachterlichen Bewertungen erfolgt. Jedoch stellt sich die Frage, wie eine solche Beratung eines Expertengremiums aussehen könnte und wo eine Unterstützung durch Laien von Vorteil wäre. Eine Beteiligung ohne Einflussnahme hätte wohl allein symbolischen Charakter. Es ist zweifelhaft, ob damit den Interessen der Patienten gedient ist.
mit Gebietsbezeichnung. [...] Weiterhin gehören dem Ausschuss zwei Mitglieder als Vertreter der von der Berufsausübung der Kammermitglieder betroffenen Personen (Patientenvertreter) an. [...] Die Mitglieder werden vom Vorstand der Landesärztekammer berufen [...]. 621 Die Bedeutung dieser Kompetenzgewährleistung betonen auch Francke/Hart, Bürgerbeteiligung im Gesundheitswesen, S. 284; so auch Stegers, ZMGR 2006, 49, 54, mit dem Hinweis auf die Gefahr, dass aufgrund des Erfordernisses der qualifizierten Mehrheit künftig die Verfahrensbeteiligten zwar ein Gutachten, aber keine Entscheidung erhalten. 622 Zu berücksichtigen ist auch, dass der Schlichtungsausschuss Rheinland-Pfalz bezogen auf die Antragszahlen in Relation zur Einwohnerzahl eine Stelle mit einer im Vergleich zu den meisten anderen Stellen geringen Antragsquote ist, vgl. dazu Kap. 3 A. I. 2, Tabelle 3, S. 55. Bei Stellen mit höheren Antragsquoten bestünden wahrscheinlich größere Praktikabilitätsprobleme. 623 So allgemein Hart, KrV 2003, 279. 624 Laum, ZKM 2003, 163, 164. 625 Die haftungsbegründende Erfolgsquote betrug bei dem Schlichtungsausschuss Rheinland-Pfalz im Jahr 2000: 27,2 %; im Jahr 2001: 23,1 % im Jahr 2002: 27,0 %; im Jahr 2003: 18,2 %; im Jahr 2004: 24,8 %; im Jahr 2005: 21,9 %; im Jahr 2006: 24,4 %; Quelle: Eigene Berechnungen nach Daten der Tätigkeitsberichte der Bundesärztekammer. 626 Sachverständigenrat für die konzertierte Aktion im Gesundheitswesen, Gutachten 2003 I, in: BT-Drucks. 15/530, S. 169; Danner, MedR 2000, 468, 469.
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2. Beteiligung von Medizinern oder Juristen als Patientenvertreter Anders als in Verfahren, in denen sich medizinische Fragestellungen im Zusammenhang mit sozialen und gesellschaftlichen Debatten entwickeln und in denen sicherlich auch Laien einen Beitrag zu interessengerechten Entscheidungen leisten können,627 ist eine Beteiligung medizinischer und juristischer Laien an den Gütestellenverfahren, in denen es allein um medizinische und zum Teil juristische Fragen geht, nicht zielführend. Hinsichtlich einer Vertretung kollektiver Patienteninteressen ist jedoch zu bedenken, dass diese Interessen nicht nur von den Patienten sondern auch für die Patienten vertreten werden können. Außer Frage steht, dass auch die Gütestellen in ihrer jetzigen Besetzung die Interessen der Patienten unterstützen, wenn sie sich zur Aufgabe gemacht haben, diesen eine erleichterte Durchsetzung von berechtigten Ansprüchen zu ermöglichen. Wird darüber hinaus zusätzlich eine Beteiligung von Patientenvertretern gefordert, so kommt eine Fremdorganisation der Beteiligung in Betracht: Hierbei werden die Interessen einer Personengruppe stellvertretend für diese wahrgenommen.628 Wer diese Interessen bestmöglich vertreten kann, ist nach dem jeweiligen Verfahren zu bestimmen. Die Beteiligung der Patientenvertreter muss mit Struktur und Funktion dieses Verfahrens kompatibel sein.629 Abzustellen ist dabei auch auf eine persönliche Qualifikation, die fachliche Kongruenz von Entscheidern und Entscheidungen sollte berücksichtigt werden.630 Überträgt man dies auf die Frage, wer sich als Patientenvertreter in den Gremien der Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen eignet, so liegt nahe, dass bei der Bewertung medizinischer und juristischer Fachfragen am sinnvollsten auch Vertreter dieser Berufsgruppen oder jedenfalls fachkundige Personen als Patientenvertreter fungieren können.
II. Legitimation einer Beteiligung von Patientenvertretern Verfahrens-, Beteiligungs-, Beratungs-, und Mitentscheidungsrechte der Patientenvertreter bedürfen einer entsprechenden Legitimation.631 Diesbezüglich werden insbesondere zwei Modelle angedacht, zu deren Entwicklung Robert Francke und Dieter Hart entscheidend beigetragen haben.632
627
So zum Beispiel in Ethikkommissionen oder im Gemeinsamen Bundesausschuss (vgl. zur Patientenbeteiligung im GBA: Pitschas, MedR 2006, 451; Schimmelpfeng-Schütte, MedR 2006, 21; Köster, Patientenbeteiligung im Gemeinsamen Bundesausschuss, in: Heberlein u.a., Patientenbeteiligung im Gesundheitswesen, S. 78 ff. ). 628 Vgl. hiezu allgemein Francke/Hart, Bürgerbeteiligung im Gesundheitswesen, S. 55. 629 Taupitz, MedR 2003, 7, 13; Danner, MedR 2000, 468; Riedel, KrV 2000, 344, 347. 630 Francke/Hart, Bürgerbeteiligung im Gesundheitswesen, S. 66, 69 f. 631 Grundlegend Francke/Hart, Bürgerbeteiligung im Gesundheitswesen; vgl. auch Riedel, KrV 2000, 344, 347; Danner, MedR 2000, 468, der dies als komplexes demokratietheoretisches Problem ansieht. 632 Vgl. dazu insbesondere deren grundlegendes Werk „Bürgerbeteiligung im Gesundheitswesen“ aus dem Jahr 2001.
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1. Legitimation durch Entsendung Ein diskutiertes Legitimationsmodell besteht in einer Entsendung der Patientenvertreter durch die zu Vertretenden – dies impliziert eine organisationsinterne Legitimation durch eine Wahl des zu entsendenden Vertreters.633 Dieses Modell ist jedoch auf eine Entsendung von Patientenvertretern in die Gremien der Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen kaum anwendbar. Es fehlt bereits eine entsprechende Legitimationsbasis:634 Im deutschen Rechtsraum existieren keine hinreichend legitimierten Patientenorganisationen, die umfassend, ausgewogen und gerecht für alle Patienten sprechen könnten.635 Wahlen, die in anderen demokratischen Vertretungsregelungen Legitimationsbasis bilden, stoßen auf praktische Hindernisse.636 Auch Selbsthilfeverbände und Verbraucherverbände sind nicht allein dadurch als Patientenvertreter legitimiert, dass sie Interessen der Patienten vertreten.637 Das Entsendungsmodell wird daher aufgrund des gegenwärtig niedrigen Organisationsgrades abstrakter Patienteninteressen und aufgrund der Parallelität und Konkurrenz von Verbänden kaum in Betracht kommen.638 2. Legitimation durch Bestellung Ein weiteres Legitimationsmodell besteht in der Auswahl und Bestellung der zu Beteiligenden durch die Institutionen, bei denen die Beteiligung erfolgen soll.639 Dieses Modell beruht auf einem dreistufigen Vorgehen („Drei-Stufen-Modell“): Zunächst erfolgt eine Ausschreibung seitens der Gremien, in welche die Patientenvertreter aufgenommen werden sollen, und potenzielle Vertreter haben die Möglichkeit, sich zu bewerben. Auf einer zweiten Stufe erfolgt eine Eignungsbewertung durch die Gremien und schließlich auf einer dritten Stufe die Bestellung der ausgewählten Personen.640 Das Auswahlverfahren muss dabei an sachlichen Kriterien orientiert sein.641 Es sollten allgemein gültige Aspekte wie Neutralität 633
Francke/Hart, Bürgerbeteiligung im Gesundheitswesen, S. 63. Riedel, KrV 2000, 344; 347; Laum, wiedergegeben bei Smentkowski, Rh. ÄBl. 1/2001, 9; so auch bereits Nicklisch, in: FS Bülow, S. 159, 178; Eberhardt, NJW 1986, 747, 750. 635 Beschlussprotokoll des 103. Dt. Ärztetags, Drucks. I-3; Danner, MedR 2000, 468; Rumler-Detzel, in: Arbeitsgemeinschaft Rechtsanwälte im Medizinrecht, „Waffen-Gleichheit“, S. 108; Stegers, ZMGR 2006, 49, 50. 636 Vgl. Riedel, KrV 2000, 344, 347; Danner, MedR 2000, 468, 469. 637 Riedel, KrV 2000, 344, 347; Danner, MedR 2000, 468, 469, der anführt, dass auch die Summe aller Mitglieder einer Patientenschutzorganisation und sogar die Summe aller Patienten nicht die Legitimationsbasis für eine Beteiligung schaffen kann, eine Wahl von Betroffenen durch Betroffene als Ideal eines demokratisch legitimierten Patientenvertreters erweise sich daher als Utopie. 638 Francke/Hart, Bürgerbeteiligung im Gesundheitswesen, S. 64 u. 214. 639 Francke/Hart, Bürgerbeteiligung im Gesundheitswesen, S. 64, ausführlich zum Modell S. 214 ff. 640 Francke/Hart, Bürgerbeteiligung im Gesundheitswesen, S. 65, die diesem Modell im Rahmen der Selbstverwaltung den Vorzug geben. 641 Francke/Hart, Bürgerbeteiligung im Gesundheitswesen, S. 65. 634
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und Unabhängigkeit berücksichtigt werden, aber auch Kriterien, die sich an den konkreten Aufgaben orientieren, die die Vertreter auszuführen haben.642 Ein solches Auswahlverfahren bietet einen praktikablen Ansatz zur Legitimation.643 Zwar nimmt auch hier letztlich die jeweilige Stelle entscheidenden Einfluss auf die Bestimmung der Person des Patientenvertreters, mangels einer Organisation der Patientenschaft ist eine andere Legitimationsbasis jedoch derzeit nicht ersichtlich.644 Dieses theoretisch sowie praktisch überzeugende „Drei-Stufen-Modell“ lässt sich auch auf die ärztlichen Gütestellen übertragen.645 Eine praktische Umsetzung könnte folgendermaßen ausgestaltet werden: In einem ersten Schritt könnten die Schlichtungsstellen und Gutachterkommissionen die Stelle eines Patientenvertreters ausschreiben, auf diese Ausschreibung könnten sich potenzielle Patientenvertreter bewerben. So hätten verschiedenste Institutionen die Möglichkeit, entsprechende Kandidaten vorzuschlagen. In einem zweiten Schritt müssten die ärztlichen Gütestellen die Eignung der Bewerber anhand objektiver Kriterien bestimmen. Teilweise wird als problematisch angesehen, dass die Auswahlkriterien dabei letztlich den Stellen überlassen bleiben.646 Daher sollten diese Kriterien in den Statuten festgeschrieben werden, um so das Verfahren transparent zu gestalten.647 In einem dritten Schritt wären die Patientenvertreter schließlich zu benennen. In dieses Modell lassen sich die in jüngerer Zeit diskutierten Varianten eines Vorschlagsrechts der Patientenschaft bei der Besetzung der ärztlichen Gütestellen einordnen:648 Es wird angeregt, den medizinischen Fachgesellschaften, den Kran642
Riedel, KrV 2000, 344, 347; Francke/Hart, Bürgerbeteiligung im Gesundheitswesen, S. 66 ff. 643 Riedel, KrV 2000, 344, 347. 644 Francke/Hart, Bürgerbeteiligung im Gesundheitswesen, S. 64, tragen daher vor, dass dieses Legitimationsmodell bedingt durch die Organisationsdefizite abstrakter Patienteninteressen das dominierende Modell sei: „Je weniger entwickelt und diffuser die Organisationsstruktur der Interessen in der Praxis ist und damit ‚geborene’ Vertretungsorganisationen fehlen, desto mehr muss das Modell Bestellung die ‚Legitimationslücke’ schließen“. 645 Vgl. Francke/Hart, Bürgerbeteiligung im Gesundheitswesen, S. 282 f., die zwar zunächst grundsätzlich auch eine Patientenvertretung durch medizinische Laien in Betracht ziehen, jedoch auf die sich daraus ergebenden Probleme mangelnder Fachkompetenz hinweisen und im Ergebnis eine Bestellung von Experten als Patientenvertretern befürworten, um Kompetenzvorbehalte zu beseitigen und eine Beteiligung sachlich zu legitimieren (S. 286). 646 Vgl. Lindemann, in: Arbeitsgemeinschaft Rechtsanwälte im Medizinrecht, „WaffenGleichheit“, S. 141, – in Bezug auf das in Rheinland-Pfalz praktizierte Modell (vgl. dazu im Folgenden), der hierin einen „wunden Punkt“ der Regelung sieht und anregt, dass die Kammern das Auswahlverfahren transparent gestalten sollten, um eine Akzeptanz bei den Beteiligen aber auch bei den Haftpflichtversicherern zu erreichen; jedenfalls stehe die Benennung unter der Rechtsaufsicht der obersten Landesbehörde. 647 So der Vorschlag von Francke/Hart, Bürgerbeteiligung im Gesundheitswesen, S. 286. 648 Dieses Modell wurde auch in Rheinland-Pfalz gewählt. Doch bleibt auch dort das Problem, dass keine Verfahrensregelung für die Benennung der Patientenvertreter vorgesehen ist, vgl. Francke/Hart, Bürgerbeteiligung im Gesundheitswesen, S. 284, die trotz einer Befürwortung des Modells auf offen gebliebene und nicht geregelte praktische Fragen hinwei-
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kenkassen oder auch der Anwaltschaft bei der Besetzung der Stellen ein Vorschlagsrecht einzuräumen.649 Teilweise wird angedacht, ein solches Recht auch den Patientenorganisationen zuzusprechen.650 Ebenfalls in dieses Legitimationsmodell einordnen lässt sich der etwas anders geartete Vorschlag eines „gespaltenen Mandats“: Aus der Erkenntnis, dass Patientenvertreter möglichst eine Expertenqualifikation und insofern mindestens Erfahrungen in der medizinischen oder rechtlichen Beurteilung von Fehlersachverhalten haben, möglichst aber Ärzte oder Juristen sein sollten, wird vorgeschlagen zwei Vertreter – Patienten und Sachverständigen (evtl. mit einer Stimme) – in die Gremien aufzunehmen.651 Denn regelmäßig treffen die Elemente „Betroffenheit“ und „Expertise“ nicht in einer Person zusammen. Das Modell des „gespaltenen Mandats“ soll eine „Begleitung durch Sachverstand“ ermöglichen, indem dem Vertreter ein Sachverständiger aus dem jeweiligen Aufgabengebiet beigeordnet wird. Alle diese Modelle beruhen auf der Feststellung, dass eine Vertretung der Patienteninteressen im Verfahren vor den Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen allein bei einer irgendwie gearteten Beiordnung medizinischen Sachverstands sinnvoll erscheint.
III. Fazit Eine Anwendung des dreistufigen Legitimationsmodells bietet eine theoretisch und praktisch überzeugende Möglichkeit zur Einbeziehung von Patientenvertretern in die Verfahren vor den Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen. Ohne eine wenig sinnvoll erscheinende Entsendung von Laien könnte so auf die Besetzung der Stellen Einfluss genommen werden. Da dies keine einseitige Besetzung von selbst ernannten Patientenvertretern darstellt, dürfte eine Akzeptanz dieser Variante seitens der Ärzteschaft höher sein.652 Die Stellen sollten über dieses Modell nachdenken, das letztlich ein Vorschlagsrecht bei der Besetzung der Stellen begründet. Denn so könnte der Grundgedanke bestärkt werden, dass es sich bei sen; vgl. auch Stegers, ZMGR, 2006, 49, 54, mit dem Hinweis, dass daher der Begriff „Patientenvertreter“ nicht auf die „juristische Goldwaage“ gelegt werden sollte. 649 Stegers, ZMGR 2006, 49, 50, der auf S. 55 den Vorschlag macht, die Kommissionen jeweils mit zwei Ärzten und zwei Juristen zu besetzen, von denen jeweils einer von Arztseite und einer von Patientenseite vorgeschlagen wird und die dann von der Ärztekammer benannt werden. 650 So der Vorschlag von Lindemann, in: Arbeitsgemeinschaft Rechtsanwälte im Medizinrecht, „Waffen-Gleichheit“, S. 141 u. 154. 651 Francke/Hart, in: Badura/Hart/Schellschmidt, Bürgerorientierung des Gesundheitswesens, S. 188 u. 209; dies., Bürgerbeteiligung im Gesundheitswesen, S. 70; im Ergebnis sprechen sich jedoch auch Francke und Hart für eine Bestellung von Experten als Patientenvertretern aus (S. 286). Hier lässt sich auch der Vorschlag von Lindemann, in: Arbeitsgemeinschaft Rechtsanwälte im Medizinrecht, „Waffen-Gleichheit“, S. 141, sowie Riedel, KrV 2000, 344, 348, einordnen, wonach dem Patienten bei der Einflussnahme auf Gutachterwahl und Gutachterauftrag medizinischer Sachverstand zur Seite gestellt werden sollte. 652 Stegers, ZMGR 2006, 49, 55.
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5. Kap.: Bewertung der Arbeit der Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen
den Gütestellen um Einrichtungen handelt, die die Belange der Ärzte und Patienten gleichermaßen berücksichtigen. Dies könnte insgesamt die Akzeptanz der Stellen stärken.
D. Vereinheitlichung der Verfahrensordnungen – Angleichung der Fehlerquoten Häufig werden regionale Unterschiede in den Verfahrensordnungen der Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen bemängelt.653 Bestehende Differenzen, z.B. in der Verfahrensweise, in der personellen Besetzung, hinsichtlich der Mitbestimmungsrechte der Parteien oder des sachlichen Prüfungsumfangs bergen die Gefahr einer systemimmanenten interregionalen Ungerechtigkeit. Es wird kritisiert, dass unter Umständen derselbe Fall, vorgetragen bei unterschiedlichen Stellen, abweichend beurteilt werden kann.654 Durch diese Unterschiede wird auch eine korrekte Beratung durch überregionale Stellen oder durch nicht mit den regionalen Verfahren vertraute Anwälte erschwert.655 Hinzu kommt, dass bei vielen Stellen zusätzlich eine Diskrepanz zwischen Verfahrensordnung und tatsächlichem Verfahren besteht.656
653
Vgl. Weizel, Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen, S. 34; Sachverständigenrat für die konzertierte Aktion im Gesundheitswesen, Gutachten 2003 I, in: BT-Drucks. 15/530, S. 137, 168; Ulsenheimer, in: Laufs/Uhlenbruck, Handbuch des Arztrechts, § 113 Rn. 16; Eberhardt, in: Arbeitsgemeinschaft Rechtsanwälte im Medizinrecht, Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen, S. 65, 66; Schlund, in: Laufs, Entwicklung der Arzthaftung, S. 333, 334; Bodenburg/Matthies, VersR 1982, 729, 731. 654 Sachverständigenrat für die konzertierte Aktion im Gesundheitswesen, Gutachten 2003 I, in: BT-Drucks. 15/530, S. 137, mit dem Hinweis auf ein deutliches Nord-Süd-Gefälle hinsichtlich der Rate gutachterlich anerkannter Fehler; Weizel, Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen, S. 35; Ulsenheimer, in: Laufs/Uhlenbruck, Handbuch des Arztrechts, § 113 Rn. 16; Soergel/Spickhoff, § 823 Anh. I Rn. 266; Katzenmeier, MedR 1997, 498, 500, der in Fn. 26 auf nicht unbedenkliche regionale Unterschiede in der Erfolgsquote hinweist; Eberhardt, in: Arbeitsgemeinschaft Rechtsanwälte im Medizinrecht, Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen, S. 65, 66; Matthies, Schiedsinstanzen, S. 139; Circhetta de Marrón, Alternative Streitschlichtung, S. 112. 655 Sachverständigenrat für die konzertierte Aktion im Gesundheitswesen, Gutachten 2003 I, in: BT-Drucks. 15/530, S. 168. 656 Ratajczak, in: Arbeitsgemeinschaft Rechtsanwälte im Medizinrecht, Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen, S. 5; Eberhardt, NJW 1986, 747, 750; Henschel, Schlichtungs- und Gutachterstellen, S. 206.
D. Vereinheitlichung der Verfahrensordnungen
125
I. Vorteile und Probleme einer Vereinheitlichung Gefordert wird immer wieder eine Vereinheitlichung der Verfahrensordnungen657 oder die Schaffung einer Musterverfahrensordnung.658 Die Vorteile einer einheitlichen Verfahrensordnung sind ersichtlich: Sie könnte Grundlage sein für eine bundesweit einheitliche Bearbeitung ein und desselben Falles und eine Gleichbehandlung der Patienten vor den jeweiligen Stellen gewährleisten.659 Dies böte zudem die Möglichkeit, die Ergebnisse der einzelnen Stellen untereinander besser zu vergleichen.660 Vorgeschlagen wird, bei einer Gegenüberstellung der unterschiedlichen Statuten deren jeweilige Vor- und Nachteile herauszuarbeiten und so eine optimierte Verfahrensordnung zu erstellen.661 Teilweise wird sogar die Zusammenlegung kleinerer Gütestellen befürwortet, um so die Einheitlichkeit, Transparenz und Professionalität der Verfahren zu erhöhen und gleichzeitig die Möglichkeit regionaler Interessenverpflichtungen zu reduzieren.662 Vertreter der Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen sprechen sich jedoch aus unterschiedlichen Gründen überwiegend gegen die Schaffung einer Musterverfahrensordnung aus:663 Probleme einer Vereinheitlichung ergeben sich bereits aus rechtlichen Gründen: Die ärztlichen Gütestellen sind auf Länderebene organisiert, die außergerichtliche Regelung von Arzthaftungsstreitigkeiten ist eine landesgesetzlich normierte Aufgabe der Ärztekammern.664 Es gehört zu den Merkmalen berufsständischer Selbstverwaltungskörperschaften, die ihnen zugewiesenen Aufgaben durch Satzungen zu regeln. Die Verfahrensordnungen werden 657
Sachverständigenrat für die konzertierte Aktion im Gesundheitswesen, Gutachten 2003 I, in: BT-Drucks. 15/530, S. 168 f. und 174, der die Landesärztekammern zu einer zügigen Anpassung der Verfahrensordnungen aufruft: Das Beharren auf dem status quo und der Verweis auf die Autonomie der einzelnen Landesärztekammern behindere eine Verbesserung des Verfahrens; Ulsenheimer, in: Laufs/Uhlenbruck, Handbuch des Arztrechts, § 113 Rn. 5; so bereits Deutsch/Matthies, Arzthaftungsrecht, Gutachter- und Schlichtungsstellen, S. 126; Matthies, Schiedsinstanzen, S. 198. 658 Eberhardt, in: Arbeitsgemeinschaft Rechtsanwälte im Medizinrecht, Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen, S. 65, 66; Riedel, KrV 2000, 344, 348; Rieser, DÄBl. 2001, A-3424; R. Greiner/Henkel/Kranich, Wer soll schlichten, S. 25; Lindemann, in: Arbeitsgemeinschaft Rechtsanwälte im Medizinrecht, „Waffen-Gleichheit“, S. 140 f. 659 Sachverständigenrat für die konzertierte Aktion im Gesundheitswesen, Gutachten 2003 I, in: BT-Drucks. 15/530, S. 168; Weizel, Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen, S. 35; Eberhardt, in: Arbeitsgemeinschaft Rechtsanwälte im Medizinrecht, Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen, S. 65, 66. 660 Weizel, Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen, S. 34; Matthies, Schiedsinstanzen, S. 199. 661 Matthies, Schiedsinstanzen, S. 211; Weizel, Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen, S. 34. 662 Sachverständigenrat für die konzertierte Aktion im Gesundheitswesen, Gutachten 2003 I, in: BT-Drucks. 15/530, S. 169, unter dem Vorbehalt einer Überprüfung, ob eine solche Umstrukturierung die Abläufe verzögern würde. 663 Beck/Laum, DÄBl. 2001, A-966. 664 Vgl. z.B. § 6 Abs. 1 Nr. 9 i.V.m. § 8 HeilBerG NRW.
126
5. Kap.: Bewertung der Arbeit der Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen
damit von den Landesärztekammern im Rahmen ihrer Satzungsautonomie erlassen.665 Unterschiede in den Verfahren stellen sich somit als Ausfluss des bundesstaatlichen Aufbaus dar.666 Zwar steht die föderative Struktur der Landesärztekammern einer Vereinheitlichung nicht absolut entgegen.667 Ohne weiteres ist eine solche jedoch nicht zu verwirklichen, zumal die Ausgestaltung der Verfahren und die personelle und sachliche Ausstattung der Stellen auch finanzielle Auswirkungen haben.668 Neben diesen rechtlichen Problemen werden in der Praxis der einzelnen Stellen begründete Praktikabilitätsprobleme gegen eine Musterverfahrensordnung angeführt: Regionale Unterschiede hingen bereits mit der Zahl der Anträge zusammen, die von den jeweiligen Stellen bearbeitet werden müssen.669 Eine mündliche Anhörung könne zum Beispiel bei Stellen mit einer geringen Antragszahl durchgeführt werden, bei Stellen mit hohen Antragszahlen sei dies jedoch nicht praktikabel.670
II. Status quo Insgesamt halten die Stellen an den eigenen Verfahrensordnungen fest und sprechen sich gegen eine Musterverfahrensordnung aus. Trotzdem haben auch sie die aus den unterschiedlichen Verfahren resultierenden Probleme erkannt. Die auf divergierende haftungsrechtliche Bewertungen zurückzuführende unterschiedliche Erfolgsquote nahmen die Stellen zum Anlass, die Beurteilung des Einzelfalls vergleichbarer und objektivierbarer zu machen.671 Nach außen und innen soll eine größere Einheitlichkeit gewährleistet werden. Wenn auch nicht die Schaffung einer Musterverfahrensordnung befürwortet wurde, so sprach man sich doch für eine Vereinheitlichung der Verfahrensordnungen aus.672 In den letzten Jahren haben die Stellen diesbezüglich erste Schritte unternommen. Eine Untergruppe der Arbeitsgemeinschaft „Patientenrechte in Deutschland“ des Bundesministeriums für Gesundheit hat im Jahr 2000 die Bundesärztekammer gebeten, eine Rahmenverfahrensordnung zur Vereinheitlichung und Verbesserung der Verfahrensabläufe vor den Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen zu erarbeiten. Daraufhin 665
BT-Drucks. 13/11452, S. 15; Laum, in: Wenzel, Handbuch FA Medizinrecht, Kap. 6 Rn. 8. 666 BT-Drucks. 13/11452, S. 22. 667 Vgl. als Beispiel für eine bundesweite Regelung die auf Grundlage der Kammer- und Heilberufsgesetze beschlossene Berufsordnung der Ärzte. 668 Weltrich, in: Arbeitsgemeinschaft Rechtsanwälte im Medizinrecht, Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen, S. 109. 669 Laum, in: Wenzel, Handbuch FA Medizinrecht, Kap. 6 Rn. 10; Beck/Laum, DÄBl. 2001, A-966; Smentkowski, Podiumsdiskussion, in: Arbeitsgemeinschaft Rechtsanwälte im Medizinrecht, „Waffen-Gleichheit“, S. 149. Vgl. zu den Unterschieden bzgl. der Antragsquoten Kap. 3 A. I. 2., Tabelle 3, S. 55. 670 Laum, in: Protokoll Arbeitskreis „Ärzte und Juristen“ S. 17. 671 Beck, in: Protokoll Arbeitskreis „Ärzte und Juristen“ S. 7. 672 Neu, wiedergegeben von Schumacher, in: Rh. ÄBl. 2/2006, 25.
D. Vereinheitlichung der Verfahrensordnungen
127
wurden von der Ständigen Konferenz der Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen die oben angeführten Eckpunkte zur Verbesserung der Verfahrensabläufe erarbeitet,673 die der Vorstand der Bundesärztekammer zustimmend zur Kenntnis genommen hat. Dieses Eckpunktepapier ist geeignet, die Verfahren zu vereinheitlichen:674 Es werden insbesondere Vorgaben hinsichtlich der Beteiligung der Parteien am Verfahren gemacht. Tatsächlich haben in den vergangenen Jahren einige Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen neue Statuten erlassen.675 Viele Verbesserungsvorschläge wurden dabei umgesetzt. Auf dem Papier wurden damit die Verfahrensordnungen in vielen Teilen angeglichen und ein Rahmen von Vorschriften erreicht, den jede Gütestelle einhält.676 Neben einer Vereinheitlichung der Verfahren soll auch auf eine einheitliche Spruchpraxis der Stellen hingewirkt werden – dazu hat die Ständige Konferenz der Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen Konsensuskonferenzen zu bestimmten medizinischen Problemstellungen vereinbart und einen Arbeitskreis zur Vorbereitung von „Handreichungen für Gutachter“ eingerichtet.677
III. Stellungnahme Es stellt sich die Frage, ob darüber hinaus ein weitergehendes Bedürfnis nach einem durch eine Musterverfahrensordnung bestimmten bundeseinheitlichen Verfahren besteht. Wenn die Anpassung der Statuten erreicht hat, dass die Verfahrensgarantien in allen Verfahrensordnungen festgelegt sind und dass die Stellen nach einem ähnlichen Verfahren vorgehen, dann sind die nur noch in geringem Umfang bestehenden regionalen Unterschiede hinzunehmen.678 Stößt das Bemühen um eine Vereinheitlichung in einigen Punkten an praktische Grenzen, weil z.B. der unterschiedliche Geschäftsanfall derzeit eine regelmäßige Durchführung mündlicher Verhandlungen verhindert,679 so sollten sich die Stellen weiterhin unter Ausschöpfung ihrer Möglichkeiten bemühen. Auch sollten die noch bestehenden Lücken hinsichtlich der Gewähr der Beteiligungsrechte der Parteien weiter geschlossen werden. Entscheidend ist, ob durch die Angleichung der Verfahrens673
Diese sind aufgeführt in Kap. 5 B. II. 4., S. 114. Sachverständigenrat für die konzertierte Aktion im Gesundheitswesen, Gutachten 2003 I, in: BT-Drucks. 15/530, S. 168, mit der Anregung, die Vorschläge schnellstens umzusetzen. 675 Gutachterkommission bei der Landesärztekammer Baden-Württemberg: 9.7.2005; Gutachter- und Schlichtungsstelle bei der Landesärztekammer Hessen: 7.12.2004; Gutachterstelle bei der Sächsischen Landesärztekammer: 19.6.2002; Schlichtungssausschuss bei der Landesärztekammer Rheinland-Pfalz: 21.11.2001; Gutachterstelle bei der Bayrischen Landesärztekammer: 23.10.2000. 676 Laum, ZKM 2003, 163, 164; ders., in: Wenzel, Handbuch FA Medizinrecht, Kap. 6 Rn. 10. 677 Vgl. Laum, in: Wenzel, Handbuch FA Medizinrecht, Kap. 6 Rn. 20. Bei vielen Stellen existieren solche Handreichungen bereits, vgl. dazu Kap. 5 A. III. 1. a), S. 99. 678 So im Ergebnis auch Weizel, Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen, S. 35. 679 Laum, ZKM 2003, 163, 164. 674
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5. Kap.: Bewertung der Arbeit der Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen
ordnungen auch eine Angleichung der Erfolgsquoten erreicht wurde. Die bundeseinheitliche Statistik, die für das Jahr 2006 mittels des MERS erstmals anhand einheitlicher Parameter erstellt wurde, weist einen bundesweiten Durchschnitt der haftungsbegründenden Fehlerquote von 23,4 % aus. Von diesem Durchschnitt weichen die Quoten der meisten Stellen nur geringfügig ab.680 Eine Angleichung der Erfolgsquoten hat also größtenteils stattgefunden.681 Hier sind nach Erlass neuer Statuten bei vielen Stellen und Einführung des bundeseinheitlichen Erfassungssystems die Entwicklungen der nächsten Jahre abzuwarten. Eine über die Angleichung der Verfahrensordnungen hinausgehende Musterverfahrensordnung erscheint derzeit nicht unbedingt erforderlich.
E. Verfahrensdauer Die Parteien einer Arzthaftungsstreitigkeit haben ein starkes Interesse an einer raschen Klärung des Falls. Gerade diesem sollte nach dem eigenen Anspruch der Gütestellen das außergerichtliche Verfahren gerecht werden.682 Tatsächlich wird aber an der Dauer der Verfahren vor den Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen häufig Kritik geübt.683
I. Durchschnittsverfahrensdauer im Vergleich zu Gerichtsverfahren Allgemeingültige Aussagen zur Verfahrensdauer sind kaum möglich. Die Fälle unterscheiden sich hinsichtlich des fachlichen Schwierigkeitsgrads und des Ermittlungsaufwands. In den meisten Fällen dauert das Verfahren länger als ein Jahr. Die Durchschnittsverfahrensdauer schwankt aufgrund des unterschiedlichen Geschäftsanfalls und der unterschiedlichen Verfahrensabläufe von Stelle zu Stelle.684 680
Vgl. dazu Kap. 3 A. I. 2., Tabelle 2, S. 54. Der Hinweis auf ein deutliches Nord-Süd-Gefälle hinsichtlich der Rate gutachterlich anerkannter Fehler in Sachverständigenrat für die konzertierte Aktion im Gesundheitswesen, Gutachten 2003 I, in: BT-Drucks. 15/530, S. 137, ist damit größtenteils entkräftet. 682 Vgl. nur Laum, in: Wenzel, Handbuch FA Medizinrecht, Kap. 6 Rn. 4. 683 Ulsenheimer, in: Laufs/Uhlenbruck, Handbuch des Arztrechts, § 113 Rn. 16; Francke/Hart, in: Badura/Hart/Schellschmidt, Bürgerorientierung des Gesundheitswesens, S. 198; dies., Ärztliche Verantwortung und Patienteninformation, S. 113; Matthies, Schiedsinstanzen, S. 195; Eberhardt, Selbstverständnis, Anspruch und Verfahrenspraxis, S. 268; Giesen, in: Arbeitsgemeinschaft Rechtsanwälte im Medizinrecht, Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen, S. 80; ders., Arzthaftungsrecht, Rn. 40; Kranich/Henkel, in: Kranich/Böcken, Patientenrechte, S. 160. 684 So benennt Laum, in: Wenzel, Handbuch FA Medizinrecht, Kap. 6 Rn. 56, die Durchschnittsverfahrensdauer bei der Gutachterkommission Nordrhein mit 12 – 15 Monaten, vgl. dazu auch Kap. 3 A. II. 3., Tabelle 10, S. 62; Scheppokrat/Neu, VersR 2002, 397, 398, benennt die Durchschnittsverfahrensdauer bei der Norddeutschen Schlichtungsstelle mit 13,7 Monaten. 681
E. Verfahrensdauer
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Bei der Gutachterkommission Nordrhein lag die Durchschnittsverfahrensdauer im Jahr 2006 bei 13,8 Monaten.685 Zusätzlich ist zu berücksichtigen, dass der Patient mit Abschluss des Verfahrens vor der außergerichtlichen Stelle einen finanziellen Ausgleich noch nicht erlangt hat. Im Anschluss muss eine Regulierungsverhandlung mit dem Haftpflichtversicherer erfolgen, die unter Umständen nochmals mehrere Monate in Anspruch nehmen kann.686 Damit haben auch die Haftpflichtversicherer Einfluss darauf, wie schnell es zu einer Schadensabwicklung kommt.687 Aufgrund dieser insgesamt recht langen Verfahrensdauer bestehen tatsächlich Bedenken, ob die ärztlichen Gütestellen ihrem Anspruch einer raschen Streitbeilegung zwischen Arzt und Patient gerecht werden. Soll das außergerichtliche Verfahren Alternative zum Gerichtsverfahren sein, muss dessen Dauer Vergleichsgröße sein. Arzthaftungsprozesse vor Gericht sind in der Regel geprägt durch eine lange Verfahrensdauer, dies ist durch eine oftmals langwierige Klärung einer komplizierten Sachlage begründet, bei der häufig Fachgutachter zu Rate gezogen werden müssen.688 Die Verfahrensdauer in Arzthaftpflichtsachen liegt daher über dem Durchschnitt in anderen Zivilverfahren, Schätzungen gehen für die erste Instanz von ein bis zwei Jahren, für die Berufungsinstanz von mindestens einem weiteren Jahr aus.689 Im Vergleich dazu ist die Durchschnittsverfahrensdauer in den außergerichtlichen Verfahren kürzer. Da aber die Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen sich stets auf ihre geradezu ideale Besetzung mit Ärzten und Juristen, ihre vertiefte Sachkenntnis und die Flexibilität des Verfahrens berufen, sollten hier noch Verbesserungsmöglichkeiten bestehen.690
685
Vgl. dazu Kap. 3 A. II. 3., Tabelle 10, S. 62. Sachverständigenrat für die konzertierte Aktion im Gesundheitswesen, Gutachten 2003 I, in: BT-Drucks. 15/530, S. 168; Giesen, Arzthaftungsrecht, Rn. 41, mit dem Hinweis, dass es vor diesem Hintergrund unverständlich sei, von einer Entkrampfung des Arzt-PatientVerhältnisses durch die Schlichtungsstellen zu sprechen. 687 Teilweise wird der Vorwurf geäußert, dass diese zwischen der gutachterlichen Schadensfeststellung und der Schadensersatzzahlung bestehende zeitliche Lücke seitens der Haftpflichtversicherer ökonomisch motiviert sei, vgl. Sachverständigenrat für die konzertierte Aktion im Gesundheitswesen, Gutachten 2003 I, in: BT-Drucks. 15/530, S. 168; die psychische Zermürbung der Patienten zahle sich in vielen Fällen für die Haftpflichtversicherer aus, vgl. BT-Drucks. 13/11452, S. 2. 688 Scheppokrat/Neu, VersR 2002, 397; Laum, ZKM 2003, 163, 164; Bodenburg/Matthies, VersR 1982, 729; Nicklisch, in: FS Bülow, S. 159. 689 Sachverständigenrat für die konzertierte Aktion im Gesundheitswesen, Gutachten 2003 I, in: BT-Drucks. 15/530, S. 170, wo angeführt wird, dass die Verfahren vor den ärztlichen Gütestellen deutlich kürzer als Gerichtsverfahren seien; Krumpaszky/Sethe/Selbmann, VersR 1997, 420, 424, gehen davon aus, dass die Prozesse allein in erster Instanz etwa 16,4 Monate dauern. 690 So auch Eberhardt, in: Arbeitsgemeinschaft Rechtsanwälte im Medizinrecht, Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen, S. 65, 68. 686
130
5. Kap.: Bewertung der Arbeit der Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen
II. Gründe einer Verfahrensverzögerung Auch die Stellen selbst erkennen die lange Dauer der Verfahren als Problem. Als Ursache führen sie insbesondere praktische Gründe an: Die Kapazität der Stellen sei aufgrund der hohen Antragszahlen erschöpft.691 Trotz erhöhter Erledigungszahlen komme es daher zu einer Vermehrung der anhängigen Verfahren. Die vorhandenen Gutachter seien extrem belastet. Es bestünden Schwierigkeiten, ausreichend ehrenamtliche Mitglieder zu gewinnen, die vorhandenen Kommissionsmitglieder seien häufig als Chefärzte oder Richter bereits in ihrem Hauptberuf ausgelastet.692 Insbesondere bedinge auch die der Transparenz dienende Einschaltung der Parteien bei jedem Verfahrensabschnitt eine Verlängerung – die langen Wartezeiten auf die ärztlichen Stellungnahmen, Berichte oder Sachverständigengutachten hinderten eine rasche Verfahrenserledigung.693 Die Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen sind dennoch bestrebt, die Dauer der Verfahren zu verkürzen. An die Mitglieder und Gutachter wird appelliert, das Verfahren möglichst zügig durchzuführen.694 Dass die Stellen sich tatsächlich bemühen und dieses Bemühen auch erste Fortschritte zeigt, belegt die Statistik der Gutachterkommission Nordrhein: Dort ist es gelungen, die Durchschnittsverfahrensdauer deutlich zu kürzen, sie lag im Jahr 2001 noch bei 20,4 Monaten und konnte bis zum Jahr 2006 auf 13,8 Monate reduziert werden. Bei 64,1 % der im Jahr 2006 durch gutachterlichen Bescheid abgeschlossenen Verfahren lag die Verfahrensdauer unter 15 Monaten.695
691
Weltrich, DRiZ 1996, 473. Fitting, in: Arbeitsgemeinschaft Rechtsanwälte im Medizinrecht, Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen, S. 53; Weizel, Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen, S. 57; Weltrich, DRiZ 1996, 473, 475; ders., wiedergegeben von Smentkowski, Rh. ÄBl. 12/1999, 21; Rumler-Detzel, VersR 1988, 6, 8. 693 Scheppokrat/Neu, VersR 2002, 397, 398; Berner, DÄBl. 1999, A-2134, 2136; vgl. auch die Nachweise bei Weizel, Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen, S. 57. Im Rahmen eines berufsgerichtlichen Verfahrens wurde durch das OLG München entschieden, dass der Arzt die Anfragen der Gütestellen in angemessener Zeit beantworten muss, vgl. OLG München, Urt. v. 21.5.2003 – BG-Ä 19/02, wiedergegeben in DÄBl. 2004, A-598. 694 Vgl. Scheppokrat/Neu VersR 2001, 23, 24, der anführt, dass die Erledigung eines akzeptierten Gutachtenauftrags nunmehr innerhalb von 3 Monaten erwartet wird; vgl. auch die Vorschläge zur Verfahrensbeschleunigung bei Weizel, Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen, S. 57: Aufstockung des Kreises der Gutachter, kürzere Fristen bei den Möglichkeiten zur Beteiligung der Beteiligten, Aufklärungsarbeit bei den Ärzten zur bestmöglichen Unterstützung des Verfahrens. 695 Vgl. dazu ausführlich Kap. 3 A. II. 3., Tabelle 10, Abbildung 3, S. 62. 692
F. Begrenzter sachlicher Prüfungsumfang
131
III. Stellungnahme Hinsichtlich der Dauer der außergerichtlichen Verfahren besteht noch Verbesserungsbedarf. Zu bedenken ist jedoch, dass derzeit die hohe Belastung der Stellen der Forderung nach einer Beschleunigung natürliche Grenzen setzt.696 Tatsächlich scheinen die Verfahren tendenziell kürzer zu sein, wenn die zuständige Stelle vergleichsweise wenige Fälle zu bearbeiten hat.697 Um ihrem Anspruch einer möglichst zügigen Streiterledigung bestmöglich gerecht zu werden, ist eine Verkürzung der Verfahrensdauer weiter anzustreben.
F. Begrenzter sachlicher Prüfungsumfang Der sachliche Prüfungsumfang der Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen umfasst nach den Statuten das Vorliegen eines Behandlungsfehlers und dessen Kausalität für einen Gesundheitsschaden des Patienten.698
I. Aufklärungspflichtverletzung Ansprüche eines Patienten gegen den Arzt können sich nicht nur aus einem Behandlungsfehler, sondern auch aus einer Aufklärungspflichtverletzung ergeben.699 Umfassend lässt sich die Haftungsfrage nur dann klären, wenn im Einzelfall auch hierzu Stellung genommen wird. Ob eine dahingehende Prüfung in den Aufgabenbereich der Gütestellen fällt, wurde in den vergangenen Jahrzehnten viel diskutiert. Immer wieder wurde der Vorwurf geäußert, dass eine mögliche Verletzung der ärztlichen Aufklärungspflicht in der Praxis der Stellen nicht immer in zufriedenstellendem Umfang geprüft werde.700
696
Deutsch/Matthies, Arzthaftungsrecht, Gutachter- und Schlichtungsstellen, S. 116. Sachverständigenrat für die konzertierte Aktion im Gesundheitswesen, Gutachten 2003 I, in: BT-Drucks. 15/530, S. 166. 698 Vgl. § 2 Abs. 1 Statut Baden-Württemberg; § 1 Abs. 2 Statut Bayern; Präambel Statut Hessen; § 2 Abs. 1 Statut Norddt. SchlSt.; § 2 Abs. 1 Statut Nordrhein; § 1 Statut Rheinland-Pfalz; § 2 Abs. 1 Statut Saarland; § 1 Abs. 1 Statut Sachsen; § 3 Abs. 1 Statut Westfalen-Lippe. Teilweise wird bemängelt, dass der Kausalzusammenhang häufig nicht ausreichend gewürdigt wird, vgl. Ulsenheimer, in: Laufs/Uhlenbruck, Handbuch des Arztrechts, § 113 Rn. 16; Giesen, in: Arbeitsgemeinschaft Rechtsanwälte im Medizinrecht, Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen, S. 79; nach eigenen Angaben der Stellen gehört die Kausalitätsprüfung entsprechend dem Wortlaut der Statuten jedoch zum Prüfungsumfang, vgl. Scheppokrat/Neu, VersR 2001, 23, 26. 699 Ausführlich dazu Katzenmeier, Arzthaftung, S. 322 ff. 700 Francke/Hart, Ärztliche Verantwortung und Patienteninformation, S. 121 ff.; dies., in: Badura/Hart/Schellschmidt, Bürgerorientierung des Gesundheitswesens, S. 198 u. 209; Ratajczak, in: Arbeitsgemeinschaft Rechtsanwälte im Medizinrecht, Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen, S. 5; Ratajczak/Stegers, Medizinhaftpflichtschäden, Rn. 96; Gie697
132
5. Kap.: Bewertung der Arbeit der Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen
Aus dem Wortlaut der Statuten geht nicht hervor, ob sich die Stellen mit einer Verletzung der ärztlichen Aufklärungspflicht beschäftigen. Die Gütestellen haben jedoch erkannt, dass nur bei einer umfassenden Prüfung aller in Betracht kommenden Haftungsgründe der Streit zwischen Arzt und Patient möglichst endgültig beigelegt werden kann.701 Es besteht daher in den außergerichtlichen Verfahren die Möglichkeit, auch Aufklärungspflichtverletzungen überprüfen zu lassen.702 Nach eigenen Angaben machen die Stellen hiervon Gebrauch, wenn die mangelnde Aufklärung von dem Patienten ausdrücklich beanstandet wird, dieser also eine dahingehende Prüfung beantragt.703 Allein eine Rüge unzureichender Aufklärung führt in der Praxis jedoch nur selten zu einem haftungsbejahenden Votum der Stelle.704 In der Praxis gestaltet sich die Prüfung einer Aufklärungspflichtverletzung in vielen Fällen als problematisch, regelmäßig stehen sich Aussagen von Patient und Arzt gegenüber. Häufig ist daher eine Partei- oder Zeugenvernehmung erforderlich, eine solche ist aber im Rahmen des Güteverfahrens wenig Erfolg versprechend: Für Parteien und Zeugen besteht keine Pflicht zum Erscheinen und insbesondere keine Wahrheitspflicht. Mangels Zwangsmitteln sind die Möglichkeiten zur Sachverhaltsaufklärung begrenzt, einer Zeugenvernehmung und Parteianhörung ist wenig Bedeutung zuzumessen. Die Ausführungen zum Geschehen während des Aufklärungsgesprächs basieren folglich auf einer unsicheren Entscheidungsgrundlage.705 Hinzu kommt, dass die Prüfung einer Aufklärungsrüge in erssen, Arzthaftungsrecht, Rn. 40; Kranich/Henkel, in: Kranich/Böcken, Patientenrechte, S. 160. 701 Laum, ZKM 2003, 163, 165; ders., in: Wenzel, Handbuch FA Medizinrecht, Kap. 6 Rn. 9 u. 54. 702 Scheppokrat/Neu, VersR 2002, 397, 399; Matthies, Schiedsinstanzen, S. 180; Fitting, in: Arbeitsgemeinschaft Rechtsanwälte im Medizinrecht, Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen, S. 51; Kleinwefers/Sparwasser, VersR 1988, 764; Kleinwefers, VersR 1986, 1140; vgl. auch die Nachweise bei Weizel, Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen, S. 44. Eine Darstellung von Fällen, in denen eine Aufklärungspflichtverletzung durch die Gutachterkommission Nordrhein geprüft wurde, findet sich bei Laum/ Smentkowski, Statut der Gutachterkommission Nordrhein, S. 100 ff. 703 Laum, in: Wenzel, Handbuch des FA Medizinrecht, Kap. 6 Rn. 54; Weizel, Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen, S. 44; Francke/Hart, Ärztliche Verantwortung und Patienteninformation, S. 110 u. 121 ff., die auf das Problem hinweisen, dass Patienten, die nicht juristisch beraten werden, oftmals keine Kenntnis davon haben, dass auch eine Aufklärungspflichtverletzung Schadensersatzansprüche begründen kann. Gefordert wird daher, die Beteiligten deutlich auf die Möglichkeit der Überprüfung einer Aufklärungspflichtverletzung hinzuweisen. 704 Vgl. dazu Kap. 3 A. I., Tabelle 1, S. 52. Allgemeine Untersuchungen zu medizinischen Behandlungsfehlern belegen, dass in nur 7 % der geltend gemachten Ansprüche Aufklärungsmängel nachzuweisen sind, vgl. Hansis/Hart, Gesundheitsberichterstattung des Bundes 04/01, Medizinische Behandlungsfehler, S. 9, 12. 705 BT-Drucks. 13/11452, S. 16 f.; Weizel, Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen, S. 45; Matthies, Schiedsinstanzen, S. 182; Deutsch/Matthies, Arzthaftungsrecht, Gutachter- und Schlichtungsstellen, S. 112; Bergmann, Arzthaftung, S. 163. Zudem besteht die
F. Begrenzter sachlicher Prüfungsumfang
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ter Linie keine medizinischen Wertungen erfordert, sondern dass es sich vielmehr um ein durch Rechtsprechung entwickeltes juristisches Problem handelt. Es wird deutlich, dass ein Verfahren vor den Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen bei einem Vorwurf unterlassener Aufklärung nicht in jedem Fall sinnvoll ist.706 Dies haben die Stellen erkannt und gehen daher in der Praxis im Einzelfall unterschiedlich vor: Bei unstreitigen Sachverhalten wird zur Aufklärungspflichtverletzung Stellung genommen.707 Bei streitigen Sachverhalten, in denen beweisrechtliche Probleme bestehen, wird unterschieden:708 Entweder wird eine Entscheidung nach Aktenlage getroffen und es erfolgt ein Hinweis auf die Beweissituation. Oder es wird zu den unterschiedlichen Darstellungen der Beteiligten alternativ Stellung genommen.709 Schließlich besteht die Möglichkeit, die Frage der Aufklärungspflichtverletzung offen zu lassen. Diese von den Gütestellen praktizierte Differenzierung erscheint sinnvoll. Die Stellen sehen sich als Instanz zur umfassenden Streitbeilegung in Arzthaftungssachen. Anträge zur Überprüfung von Behandlungsfehler und Aufklärungspflichtverletzung werden aufgrund des engen Zusammenhangs häufig gekoppelt gestellt. Daher ist es zu befürworten, dass die Stellen in unstreitigen Fallkonstellationen auch zur Haftung aufgrund von Aufklärungspflichtverletzungen Stellung nehmen. Jedoch ist in Konstellationen, in denen die Sachlage nicht endgültig zu ermitteln ist, eine abschließende Aussage zur Aufklärungspflichtverletzung nicht möglich. In solchen Fällen muss der diesbezügliche Streit der Parteien vor Gericht ausgetragen werden. Jedoch bieten die Gütestellen den Parteien auch hier allein durch die Darlegung der Problematik im Vorfeld eines gerichtlichen Verfahrens eine wesentliche Hilfestellung.710 Mehr ist den Stellen aber nicht möglich. Hier gilt es
Gefahr, dass sich die Zeugen in einem späteren Gerichtsverfahren an die einmal gemachte Aussage gebunden fühlen. Dies ist nicht wünschenswert, da sich eine Strafbarkeit ergeben kann, vgl. dazu Franzki, in: Arbeitsgemeinschaft Rechtsanwälte im Medizinrecht, Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen, S. 74. 706 Bergmann, Arzthaftung, S. 161; Rumler-Detzel, in: Arbeitsgemeinschaft Rechtsanwälte im Medizinrecht, Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen, S. 96; dies., VersR 1988, 6, 8; Ratzel, Frauenarzt 2005/3, S. 178. 707 Franzki, in: Arbeitsgemeinschaft Rechtsanwälte im Medizinrecht, Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen, S. 74; Weizel, Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen, S. 44. 708 Franzki, in: Arbeitsgemeinschaft Rechtsanwälte im Medizinrecht, Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen, S. 69, 74; Weizel, Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen, S. 45. 709 Franzki, in: Arbeitsgemeinschaft Rechtsanwälte im Medizinrecht, Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen, S. 74; Kleinwefers/Sparwasser, VersR 1988, 764. 710 Deutsch/Matthies, Arzthaftungsrecht, Gutachter- und Schlichtungsstellen, S. 113, merken an, selbst der bloße Hinweis auf die Beweislastverteilung nach Prüfung des Bestehens einer Aufklärungspflicht sei ausreichend zur Sicherung der Patientenrechte, denn so werde auch dem juristischen Laien verdeutlicht, wie es um die Begründetheit seiner Ansprüche steht.
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5. Kap.: Bewertung der Arbeit der Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen
zu akzeptieren, dass eine endgültige Aufklärung nicht in ihren Aufgabenbereich fällt und die Entscheidung offen gelassen wird.711
II. Beweiserleichterungen und Beweislastumkehr Im Verfahren vor den Gutachterkommissionen und Schichtungsstellen gilt der Grundsatz der freien Beweiswürdigung.712 Die Mitglieder der Stellen sind somit nicht an bestimmte Beweisregeln gebunden, sondern können ihre Überzeugung unter Würdigung des gesamten Verfahrensstoffes aufgrund ihrer Lebens- und Berufserfahrung frei bilden.713 Kann ein Behandlungsfehler oder dessen Kausalität für den Gesundheitsschaden nicht bewiesen werden, trägt in der Regel der Patient den Nachteil der Beweislosigkeit. Dies gilt im Verfahren vor den Gütestellen genau wie im Gerichtsverfahren.714 Jedoch kann im gerichtlichen Verfahren unter bestimmten Umständen – insbesondere bei Vorliegen eines groben Behandlungsfehlers – eine Beweislastumkehr zugunsten des Patienten greifen.715 Häufig wird kritisiert, dass in den außergerichtlichen Verfahren Überlegungen zur Beweiserleichterung und Beweislastumkehr nicht immer angestellt werden.716 Die Stellen selbst hingegen erklären, diese Grundsätze bei ihren Verfahren zu berücksichtigen. Falls ein Fehler als schwerwiegend im Rechtssinne einzuordnen ist, werde dies deutlich angesprochen und es erfolge der Hinweis, dass sich daraus nach der Rechtsprechung eine Be-
711
So im Ergebnis auch Weizel, Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen, S. 46; Rumler-Detzel, VersR 1988, 6, 8. Auch die Arbeitsgemeinschaft Medizinrecht in der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe spricht sich in ihren Empfehlungen zur Abfassung von Gutachten in Arzthaftungsprozessen, abgedruckt bei Franzki, in: Bayerlein, Sachverständigenrecht, § 52 Rn. 76, dafür aus, dass in Fällen, in denen sich der Sachverhalt nicht aus den Unterlagen klären lässt, nur alternativ nach Patienten- oder Arztdarstellung begutachtet werden kann. 712 Vgl. § 6 Abs. 4 Statut Baden-Württemberg; § 6 Abs. 3, § 9 Abs. 2 Statut Nordrhein; § 6 Abs. 4 Statut Saarland; § 7 Abs. 2 Statut Westfalen-Lippe. 713 Laum/Smentkowski, Statut der Gutachterkommission Nordrhein, S. 145. 714 So die allgemeine Regel der Beweislastverteilung, wonach jede Partei grundsätzlich die Tatsachen der ihr günstigen Norm beweisen muss, der Patient also die anspruchsbegründenden Tatsachen, vgl. dazu Rosenberg/Schwab/Gottwald, Zivilprozessrecht, § 114 Rn. 10; Musielak/Foerste, § 286 Rn. 34 ff.; für das außergerichtliche Verfahren vgl. Laum/Smentkowski, Statut der Gutachterkommission Nordrhein, S. 147. 715 Vgl. zu dem Beweisrecht im Arzthaftungsprozess ausführlich Katzenmeier, Arzthaftung, § 8. 716 Ulsenheimer, in: Laufs/Uhlenbruck, Handbuch des Arztrechts, § 113 Rn. 16; Francke/Hart, in: Badura/Hart/Schellschmidt, Bürgerorientierung des Gesundheitswesens, S. 198; Eberhardt, Selbstverständnis, Anspruch und Verfahrenspraxis, S. 232 ff.; ders., in: Arbeitsgemeinschaft Rechtsanwälte im Medizinrecht, Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen, S. 65, 66; Giesen, Arzthaftungsrecht, Rn. 40; Deutsch/Matthies, Arzthaftungsrecht, Gutachter- und Schlichtungsstellen, S. 113 ff.; Eberhardt, NJW 1986, 747, 750; Kranich/Henkel, in: Kranich/Böcken, Patientenrechte, S. 160.
G. Öffentlichkeitsarbeit
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weislastumkehr ergeben könne.717 Eine Einbeziehung dieser vor Gericht entwickelten Besonderheiten in die außergerichtlichen Verfahren, insbesondere ein Hinweis hierauf, ist für die Parteien von besonderem Interesse.718 Nur bei einem entsprechenden Hinweis auf die Beweissituation in einem anschließenden Gerichtsverfahren können sie ihre Erfolgsaussichten einschätzen.719 Ein solcher kann damit auch einer Beilegung des Streits zwischen Patient und Arzt dienen. Dennoch gilt zu bedenken, dass es sich bei der Modifizierung der Beweisregeln um ein durch die Rechtsprechung entwickeltes Instrumentarium handelt und damit nicht um medizinische Tatsachen. Gerade das fein ausdifferenzierte Beweisrecht macht das Arzthaftungsrecht zu einer komplizierten, hochkomplexen Rechtsmaterie. Deshalb entscheidet in einem Arzthaftungsprozess beim Landgericht nicht ein Mitglied als Einzelrichter sondern gemäß § 348 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 e) ZPO die Kammer in ihrer vollen Besetzung. Teilweise wird es den Gütestellen angesichts der Besetzung mit erfahrenen Juristen, die meist eine Zulassung zum Richteramt haben, möglich sein, den Beteiligten auch hinsichtlich juristischer Fragestellungen Auskunft zu geben. Trotzdem gilt zu berücksichtigen, dass dies im außergerichtlichen Verfahren nicht die Regel sein kann.
G. Öffentlichkeitsarbeit Häufig sind Patienten und Ärzte über Verfahren zur Klärung eines vermeintlichen Behandlungsfehlers nicht ausreichend informiert.720 Ein außergerichtliches Verfahren vor den Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen können sie jedoch nur dann einleiten, wenn sie von einer solchen Möglichkeit Kenntnis haben. Zwar deuten die hohen Antragszahlen darauf hin, dass der Bekanntheitsgrad der Stellen zunimmt. Für eine eigenverantwortliche Entscheidung der Patienten zum Anrufen einer ärztlichen Gütestelle als Alternative zu einem gerichtlichen Verfahren sind jedoch leicht zugängliche und verständliche Informationen von Bedeutung, diese
717 Laum/Smentkowski, Statut der Gutachterkommission Nordrhein, S. 147 u. S. 151, Fälle, in denen die Grundsätze der Beweislastumkehr durch die Kommission berücksichtigt wurden, finden sich auf S. 113 f.; Laum, in: Wenzel, Handbuch des FA Medizinrecht, Kap. 6 Rn. 27, führt an, dass auch die sich aus Dokumentationsmängeln ergebenden beweisrechtlichen Konsequenzen berücksichtigt werden; vgl. auch Fitting, in: Arbeitsgemeinschaft Rechtsanwälte im Medizinrecht, Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen, S. 51. 718 Stegers, ZMGR 2006, 49, 55; Franzki, in: Arbeitsgemeinschaft Rechtsanwälte im Medizinrecht, Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen, S. 74. 719 Deutsch/Matthies, Arzthaftungsrecht, Gutachter- und Schlichtungsstellen, S. 112 f. 720 Sachverständigenrat für die konzertierte Aktion im Gesundheitswesen, Gutachten 2003 I, in: BT-Drucks. 15/530, S. 157, vgl. dort auch Tabelle 29, wonach nur in 3 % der Fälle die Schlichtungsstellen als mögliche Ansprechpartner benannt werden. Eine bessere Information der Ärzte wäre insbesondere wünschenswert, da der Arzt dem Patienten im Konfliktfall den Vorschlag zur Anrufung der zuständigen Schlichtungsstelle machen sollte, vgl. Franzki, MedR 2000, 464; Weizel, Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen, S. 58 f.
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5. Kap.: Bewertung der Arbeit der Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen
werden bislang nur unzulänglich gewährt.721 Sie sind auch für die Parteianwälte erforderlich, denn diese müssen sich z.B. anhand der im Internet dargebotenen Statuten über die Verfahren informieren. Erforderlich ist daher ein entsprechendes Auftreten der Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen in der Öffentlichkeit. Veröffentlichungen zur Arbeit der Stellen finden sich jedoch vornehmlich in der medizinischen und juristischen Fachpresse, die dem Patienten schwer zugänglich ist.722 Zu begrüßen ist daher die verstärkte Öffentlichkeitsarbeit der Gütestellen in jüngerer Zeit: Das allgemein zugängliche Informationsmaterial wird umfassender.723 Seit einigen Monaten findet sich auf der Internetseite der Bundesärztekammer eine Informationsbroschüre.724 Diese wurde von der Bundesärztekammer und der Ständigen Konferenz der Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen bei den Ärztekammern herausgegeben. Vorgestellt wird insbesondere das Verfahren der Stellen sowie die Ergebnisse der durch MERS erstellten bundeseinheitlichen Statistik, zudem ist eine Auflistung der Stellen mit Adressen enthalten. Damit bietet die Broschüre Interessierten eine erste Information über die außergerichtlichen Verfahren. Auch in den Medien wird vereinzelt über die Arbeit der Stellen berichtet.725 Insgesamt sollte den außergerichtlichen Güteverfahren mehr öffentliche Aufmerksamkeit geschenkt werden.726 721
Hilfreich ist daher, dass die allgemeinen Patientenberatungsstellen z.T. über die außergerichtlichen Güteverfahren informieren, vgl. dazu Kap. 7 A. II., S. 150 f. 722 Vgl. z.B. die regelmäßigen Berichterstattungen über die Arbeit der Stellen in den Ärzteblättern der einzelnen (Landes)-Ärztekammern und dem bundesweiten Ärzteblatt. 723 Objektive Informationen bietet z.B. eine vom Bundesministerium für Gesundheit und Bundesministerium für Justiz herausgegebene Broschüre „Patientenrechte in Deutschland“, 4. Aufl. (2006), an der Vertreter der Justiz, der Patienten- und Arztverbände sowie der gesetzlichen und privaten Krankenversicherer mitgewirkt haben. 724 „Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen bei den Ärztekammern – Ein Wegweiser“. 725 Z.B. Süddeutsche Zeitung vom 16. November 2007; Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 19. April 2007, S. 12; Rheinischer Merkur Nr. 47/2006, S. 34. Leider sind die Informationen dem Vertrauen in die Arbeit der Stellen manchmal wenig sachdienlich: So z.B. die am 5. Oktober 2006 ausgestrahlte Reportage des ARD-Politmagazins „Kontraste“. Der Wortlaut des Beitrags ist wiedergegeben bei: http://www.rbb-online.de/_/kontraste/ beitrag_jsp/key=rbb_beitrag_4860628. Die Verantwortlichen der Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen wenden sich gegen die Berichterstattung durch das Magazin, vgl. dazu Schüller/Windhorst/Schumacher, Rh. ÄBl. 2/2006, 13, die Mitteilung im DÄBl. 2006, A-2825 sowie die gemeinsamen Pressemitteilungen der Ärztekammern Nordrhein und Westfalen-Lippe, in denen zum Interview-Boykott gegen das Politmagazin aufgerufen wurde, abgedruckt in Rh. ÄBl. 2/2006, 14. Die Empörung der Stellen ist angesichts einer einseitigen und undifferenzierten Berichterstattung verständlich. Deutsch/Matthies, Arzthaftungsrecht, Gutachter- und Schlichtungsstellen, S. 118, weisen zu Recht darauf hin, dass Kritiker der Stellen vorwiegend auf die Darstellung von Einzelfällen rekurrieren, um ihre Kritik zu akzentuieren, ohne dabei die Gesamtstatistik zu würdigen. 726 Deutsch/Matthies, Arzthaftungsrecht, Gutachter- und Schlichtungsstellen, S. 100; Circhetta de Marrón, Alternative Streitschlichtung, S. 133; so auch bereits Eberhardt, Selbstverständnis, Anspruch und Verfahrenspraxis, S. 379.
H. Akzeptanz der Verfahren und der Voten
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Von wesentlicher Bedeutung bleibt nach wie vor eine Eigendarstellung der Stellen. Hinweise zu den Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen lassen sich aber zum Teil nur sehr versteckt auf den Internetseiten der jeweiligen (Landes-) ärztekammern finden. Eine gemeinsame Internetpräsenz sowie ein besser zugänglicher und übersichtlicher Internetauftritt wären wünschenswert. Bei vielen Stellen besteht hier Verbesserungsbedarf.
H. Akzeptanz der Verfahren und der Voten Ein wichtiges Kriterium für die Bewertung der Arbeit der Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen ist die Akzeptanz der Verfahren und insbesondere der Voten durch die Betroffenen. Nur wenn die Entscheidungen der Gütestellen durch alle an Arzthaftungssachen beteiligten Parteien akzeptiert werden, können die Streitigkeiten endgültig außergerichtlich beigelegt werden. Ist dies nicht der Fall, schließen sich Gerichtsverfahren häufig unvermeidlich an. Die zunehmenden Antragszahlen sprechen für die steigende Akzeptanz der Einrichtungen bei den Patienten.727 Auch die geringe Quote der nach dem außergerichtlichen Verfahren angestrebten Gerichtsprozesse ist ein Indiz für eine hohe Akzeptanz.728 Zwar wird teilweise angezweifelt, dass hieraus tatsächlich eine hohe Befriedungsquote abgeleitet werden kann oder ob die geringe Zahl gerichtlich weiterverfolgter Fälle nicht vielmehr darin begründet ist, dass der Antragssteller durch das Verfahren vor der außergerichtlichen Stelle mutlos geworden ist und nicht noch die Belastung eines langen Rechtsstreits auf sich nehmen will.729 Für Einzelfälle mag dies zutreffen, insgesamt ist aber die in zahlreichen Evaluationen festgestellte Befriedungsquote ein deutliches Indiz für die Akzeptanz der Voten seitens der Patienten. Die Ärzteschaft gab den Anstoß zur Einrichtung der außergerichtlichen Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen.730 Seit langem bekennt man sich allgemein zu diesen Einrichtungen.731 Nur äußerst selten lehnt ein Arzt eine Zustim727
Zu den Antragszahlen vgl. Kap. 3 A. I. 1., Tabelle 1, S. 52. Diesen Schluss ziehen auch Ulsenheimer, in: Laufs/Uhlenbruck, Handbuch des Arztrechts, § 113 Rn. 15; Schlund, in: Laufs, Entwicklung der Arzthaftung, S. 333, 339; Rumler-Detzel in: Arbeitsgemeinschaft Rechtsanwälte im Medizinrecht, Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen, S. 93, 94. 728 Vgl. dazu Kap. 3 A. III. 1., S. 65 ff. So auch Weizel, Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen, S. 115 u. 138. 729 Francke/Hart, in: Badura/Hart/Schellschmidt, Bürgerorientierung des Gesundheitswesens, S. 198; Ratajczak/Stegers, Medizinhaftpflichtschäden, Rn. 100; Neumann, MedR 1998, 309, 310. 730 Laum/Smentkowski, Statut der Gutachterkommission Nordrhein, S. 16; Weizel, Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen, S. 14. 731 Beschlussprotokoll des 103. Dt. Ärztetags, Drucks. I-3; Sachverständigenrat für die konzertierte Aktion im Gesundheitswesen, Gutachten 2003 I, in: BT-Drucks. 15/530, S. 168.
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5. Kap.: Bewertung der Arbeit der Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen
mung zum Verfahren ab.732 Nur sehr vereinzelt gibt es kritische Stimmen.733 Insgesamt sind die Verfahren und die Voten seitens der Ärzteschaft anerkannt. Neben einer Akzeptanz der Bescheide durch die unmittelbar am Verfahren Beteiligten ist insbesondere auch eine Anerkennung durch den Haftpflichtversicherer von entscheidender Bedeutung. Die Patienten, die nach Abschluss des Gütestellenverfahrens einen finanziellen Ausgleich anstreben, wenden sich in der Regel an den Haftpflichtversicherer des Arztes, der in der Praxis über eine Regulierung entscheidet.734 Er hat im Außenverhältnis zum Patienten eine Regulierungsvollmacht gemäß Nr. 5.2 der Allgemeinen Haftpflichtbedingungen (AHB 2007) und im Innenverhältnis zum Arzt als Versicherungsnehmer korrespondierend eine Geschäftsführungsbefugnis.735 Die Verfahren vor den Gütestellen sind bei den Haftpflichtversicherern allgemein akzeptiert.736 Die Bescheide der Stellen liefern von vorneherein eine verlässliche Entscheidungsgrundlage.737 Die Quote der Anerkennung der außergerichtlichen Voten durch die DBV-Winterthur-Versicherung liegt z.B. bei 87 %.738 In vielen Statuten ist auch eine unterschiedlich geartete Beteiligung der Haftpflichtversicherer am Verfahren im Gegenzug zur Übernahme eines bestimmten Kostenbeitrags vorgesehen.739 Es wurde erkannt, dass eine kontinuierliche Information der Versicherer über den Ablauf des jeweiligen Verfahrens einem schnelleren und effektiveren Interessenausgleich dient und die Wahrscheinlichkeit einer Akzeptanz der Entscheidung der Gütestelle bei einer Einbeziehung des Versicherers in das Verfahren höher ist.740 732
Weizel, Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen, S. 22; Bergmann, Arzthaftung, S. 161. 733 Priesack, DÄBl. 1999, A-2468, merkt an, Schlichtungsverfahren seien kostspielig und müssten von Ärzten durch jährlich steigende Kammerbeiträge finanziert werden. Die Schlichtungsstellen schlügen auch ohne konkrete Beweise für ein ärztliches Fehlverhalten oft einen Vergleich zugunsten des Patienten vor, durch dieses „appeasement“ sei der Weg zu „amerikanischen Verhältnissen“ geebnet. Sandvoß/Sandvoß, klinikarzt 1994, 555, 556, weisen auf die Gefahr hin, dass durch Gutachter neue Vorwürfe zugunsten der Kläger erhoben werden, die primär nicht zur Debatte gestanden hätten und dass Patienten sich durch ein günstiges Gutachten gerade zu einer Weiterverfolgung der Ansprüche motiviert fühlten. 734 Vgl. ausführlich zur Berufshaftpflichtversicherung des Arztes Katzenmeier/Brennecke, in: Wenzel, Handbuch FA Medizinrecht, Kap. 5; Katzenmeier, Arzthaftung, S. 194 ff. 735 Katzenmeier/Brennecke, in: Wenzel, Handbuch FA Medizinrecht, Kap. 5 Rn. 65 ff. 736 Sachverständigenrat für die konzertierte Aktion im Gesundheitswesen, Gutachten 2003 I, in: BT-Drucks. 15/530, S. 168; Weidinger, MedR 2004, 289; 2006, 571, 572, für die DBV-Winterthur-Versicherung; Vogel/Streck/Scholz, in: Arbeitsgemeinschaft Rechtsanwälte im Medizinrecht, Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen, S. 62, für die Allianz-Versicherung. 737 Weidinger VW 2003, 674, 675; ders., MedR 2006, 571, 572, für die DBV-WinterthurVersicherung. 738 Vgl. dazu ausführlich Kap. 3 A. III. 2., Tabelle 18, S. 69. Auch Weizel, Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen S. 138, kommt zu dem Ergebnis einer Berücksichtigung der Empfehlungen seitens der Haftpflichtversicherer in 70 – 80 % der Fälle. 739 Vgl. dazu ausführlich Kap. 2 F. IV., S. 35 f. 740 Weizel, Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen, S. 149.
J. Fazit
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Insgesamt ist also von einer hohen Akzeptanz der Bescheide der Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen durch alle am Verfahren Beteiligten auszugehen.
J. Fazit Die den Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen unter verschiedenen Gesichtspunkten entgegengebrachte Kritik war und ist Anlass für eine stetige Verbesserung der Verfahren. Dieser Aufgabe widmen sich unterschiedliche Gremien.741 Ausgearbeitete Verbesserungsvorschläge werden von den Stellen reflektiert und über ihre Umsetzung wird beraten.742 Insbesondere die Erarbeitung der Eckpunkte zur Verbesserung der Verfahrensabläufe durch die Ständige Konferenz der Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen zeugt von der Kritikfähigkeit der Stellen und ihrem Problembewusstsein. Die Gütestellen haben, wo erforderlich, neue Statuten erlassen, in die viele der Verbesserungsvorschläge eingebracht wurden. Zahlreiche den Stellen entgegengebrachte Vorwürfe sind spätestens hiermit in ihrer Vehemenz und Pauschalität nicht mehr berechtigt und zum Teil hinfällig geworden. Dennoch ist in einzelnen Punkten Kritik nach wie vor angezeigt: Besonders hinsichtlich einer Einbeziehung der Parteien in das Verfahren sind bei einigen Stellen weitere Verbesserungen denkbar: Von der Möglichkeit einer mündlichen Anhörung sollte, falls erforderlich, Gebrauch gemacht werden. Insbesondere sollte nach allen Verfahrensordnungen ein zweistufiges Verfahren mit der Möglichkeit einer internen Fehlerkorrektur eingeführt werden. Eine Beteiligung von Patientenvertretern im Sinne eines Vorschlagsrechts bei der Besetzung der Entscheidungsgremien ist zur Sicherung der Patientenrechte nicht unbedingt erforderlich, könnte jedoch insgesamt die Akzeptanz der Stellen erhöhen. Die derzeitige Verfahrensdauer wird dem Anspruch einer schnellen Streitbeilegung nicht immer gerecht, trotz der seitens der Stellen vorgebrachten Praktikabilitätseinwände ist diesbezüglich weiterhin eine Verbesserung anzustreben. Die verbleibenden Kritikpunkte sollen Anreiz zur weiteren Verfahrensoptimierung sein. Insgesamt bieten die Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen aber bereits heute ein faires Verfahren mit einer hohen Richtigkeitsgewähr der Bescheide, das in besonderem Maße zu einer Streitbeilegung zwischen Arzt und Patient beiträgt.
741
Treffend die Aussage von Neu, Geschäftsführer der Schlichtungsstelle für Arzthaftpflichtfragen der norddeutschen Ärztekammern: „Die Bilanz hervorragender Arbeit in der Vergangenheit darf kein Ruhepolster sein.“, wiedergegeben von Smentkowski, Rh. ÄBl. 2/2006, 24. 742 Tätigkeitsbericht der BÄK 2003/2004, S. 330.
6. Kapitel: Qualitätssicherung Das Bestreben nach einer bestmöglichen Qualitätssicherung in der Gesundheitsversorgung erlangt zunehmend an Bedeutung.743 In dem Bewusstsein, dass ärztliches Fehlverhalten nicht stets verhindert werden kann, im Sinne des Patientenschutzes aber bestmöglich vermieden werden sollte, werden seit einigen Jahren Strategien entwickelt, um die Qualität der Gesundheitsversorgung zu verbessern. Die Ärzteschaft hat erkannt, dass es sich dabei um eine Aufgabe des eigenen Standes handelt und wird in den letzen Jahren verstärkt auf diesem Gebiet tätig: Zahlreiche Gremien und Institutionen erarbeiten neue Konzepte zur Qualitätssicherung, zunehmend kooperieren die Verantwortungsträger des Gesundheitswesens.744 Unterschieden werden grundsätzlich drei Formen der Qualität: Die Strukturqualität – umfasst sind davon z.B. die Qualifikation des Arztes und die Ausstattung der Arbeitsstätte, die Prozessqualität – z.B. die Durchführung der Diagnostik und Therapie und schließlich die Ergebnisqualität – diese umfasst unter anderem den Erfolg der Behandlung sowie die Vermeidung behandlungsbedingter Komplikationen.745 Zur bestmöglichen Sicherung der Qualität und Minimierung der Risiken medizinischer Behandlung verfährt die Praxis in fünf Schritten: Zunächst findet eine gezielte Beobachtung der medizinischen Versorgung statt, daraus erfolgt die Erkennung von Mängeln und Missständen, die Analyse der Mängel und Erarbeitung von Lösungsmöglichkeiten, die Auswahl geeigneter Lösungsvorschläge
743
Vgl. ausführlich KassKomm/Hess, Vor §§ 135 – 139; Katzenmeier, Arzthaftung, S. 295 ff.; Deutsch/Spickhoff, Medizinrecht, Rn. 438 ff.; Genzel, in: Laufs/Uhlenbruck, Handbuch des Arztrechts, § 87 Rn. 71 ff.; bereits das Jahresgutachten 1989 des Sachverständigenrates für die konzertierte Aktion im Gesundheitswesen („Qualität, Wirtschaftlichkeit und Perspektiven der Gesundheitsversorgung“) beschäftigte sich mit Qualitätssicherung, vgl. S. 231. 744 Z.B.: Durch das Gesundheitsmodernisierungsgesetz 2004 wurde der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) errichtet, dem durch das SGB V eine Vielzahl von Aufgaben zur Qualitätssicherung übertragen wurde, der G-BA steht unter der Rechtsaufsicht des Bundesministeriums für Gesundheit. Am 1.6.2004 wurde das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) gegründet, das im Auftrag des G-BA und des Bundesministeriums für Gesundheit Qualität und Wirtschaftlichkeit medizinischer Leistungen untersucht, Rechtsgrundlage ist § 139 a SGB V. Ein Koordinationsgremium von Bundesärztekammer, Kassenärztlicher Bundesvereinigung, Deutscher Krankenhausgesellschaft, Spitzenverbänden der Krankenkassen, Verband der privaten Krankenversicherung und Berufsorganisationen der Krankenpflegeberufe ist die in § 137 b SGB V gesetzlich verankerte „Arbeitsgemeinschaft zur Förderung der Qualitätssicherung in der Medizin“, vgl. dazu KassKomm/Hess, § 137 b SGB V Rn. 2. Vgl. auch das 1995 von der Bundesärztekammer und der Kassenärztlichen Vereinigung gegründete „Ärztliche Zentrum für Qualität in der Medizin“. 745 So die Aufzählung bei KassKomm/Hess, Vor §§ 135 – 139 Rn. 2 ff.; Katzenmeier, Arzthaftung, S. 298 f.; Krauskopf, in: Laufs/Uhlenbruck, Handbuch des Arztrechts, § 26 Rn. 21
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6. Kap.: Qualitätssicherung
und ihre Umsetzung in die Praxis und schließlich die Überprüfung dieser Maßnahmen.746
A. Medizinschadensforschung: Auswertung registrierter Behandlungsfehler Eine systematische Analyse registrierter Fehler ist folglich ein wesentlicher Schritt zur Qualitätssicherung in der ärztlichen Behandlung. So können Behandlungsfehlerschwerpunkte und Fehlerquellen festgestellt werden.747 Behandlungsfehler werden dazu nach quantitativen Kriterien aber insbesondere auch nach qualitativen Kriterien erfasst und ausgewertet. Eine solche Untersuchung geschieht am wirksamsten durch eine detaillierte Auswertung einer großen Zahl vermuteter und festgestellter Behandlungsfehler zu einheitlichen Themenkomplexen.748 Dabei zeigt sich das große Potential der Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen: Gut ein Viertel aller vermuteten Arzthaftungsfälle wird durch diese Stellen bewertet.749 Das dort vorhandene Datenmaterial ist besonders gut geeignet zur Identifikation und Analyse von Fehlern.750 Um einen Beitrag zur Qualitätssicherung zu leisten, haben die Stellen in den vergangenen Jahren mit der ausführlichen Dokumentation und Auswertung ihrer Arbeit begonnen.751 Um den vorhandenen Datenbestand bestmöglich zu nutzen, hat die Ständige Konferenz der Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen die neue bundeseinheitliche Statistik entwickelt, in der seit dem Jahr 2006 die Daten der neun Gütestellen zusammengeführt werden. Eine einheitliche Auswertung dieser Daten erfolgt mittels eines Medical Error Reporting Systems (MERS):752 Hiermit werden die Daten der einzelnen Stellen nach bundeseinheitlichen Parametern (Fachgebiet, Versorgungs-
746
Auflistung nach Katzenmeier, Arzthaftung, S. 299; ähnlich KassKomm/Hess, § 137 b SGB V Rn. 2. 747 Sachverständigenrat für die konzertierte Aktion im Gesundheitswesen, Gutachten 2003 I, in: BT-Drucks. 15/530, S. 172. 748 Hansis/Hart, Gesundheitsberichterstattung des Bundes 04/01, Medizinische Behandlungsfehler, S. 12. 749 Vgl. Kap. 3 B. I., S. 70 f. 750 Sachverständigenrat für die konzertierte Aktion im Gesundheitswesen, Gutachten 2003 I, in: BT-Drucks. 15/530, S. 156. 751 Die Schlichtungsstelle für Arzthaftpflichtfragen der Norddeutschen Ärztekammern ist im Januar 2008 von der TÜV NORD CERT GmbH mit dem Zertifikat für das Managementsystem nach DIN EN ISO 9001:2000 ausgezeichnet worden – die DIN EN ISO 9001:2000 legt bestimmte Anforderungen für Qualitätsmanagementsysteme fest. 752 Vgl. dazu bereits Kap. 3 A. I. 2., S. 53 ff. Vor der Erfassung mit MERS fand eine regional übergreifende Auswertung der Verfahren nur vereinzelt statt; seit Anfang 2003 erfolgte eine gemeinschaftliche Datenerfassung und Auswertung der Gutachterkommission Nordrhein mit der Norddeutschen Schlichtungsstelle, vgl. Laum, in: Protokoll Arbeitskreis „Ärzte und Juristen“, S. 18.
B. Risk-Management: Entwicklung von Fehlervermeidungsstrategien
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ebene, Krankheit und verschlüsselte Diagnose nach ICD-10753, Alter, Geschlecht, Patientenvorwurf, durchgeführte Behandlungsmaßnahme, gutachterlich festgestellter Behandlungsfehler, aufgetretener Schaden nach Art und Schweregrad)754 mittels eines elektronischen Statistikbogens einheitlich erfasst. Dazu werden die Daten anonymisiert zur Norddeutschen Schlichtungsstelle nach Hannover geschickt, wo sie aufgearbeitet und zusammengeführt werden. Danach erhalten die Stellen ihre Daten zurück und können diese dann gezielt analysieren.755 Eine bundesweit einheitliche Dokumentation und eine daraus resultierende Kompatibilität der Daten ermöglichen detaillierte Aussagen über Ursachen und Art ärztlicher Behandlungsfehler. So können Fehlerhäufigkeiten und Fehlerursachen in einem speziellen Fachgebiet gezielter ausgewertet werden.756
B. Risk-Management: Entwicklung von Fehlervermeidungsstrategien Im Zusammenhang mit Qualitätssicherung im Gesundheitswesen erlangt das sog. Risk-Management immer größere Bedeutung.757 Aufgabe und Ziel ist, nach einer Analyse eingetretener Schadensfälle und dem Aufspüren vorhandener Schadensquellen präventiv der Entstehung neuer Schäden vorzubeugen.758 Entscheidend ist die Entwicklung von Maßnahmen zur Fehlervermeidung.759 Auch diesbezüglich wird das Potential der Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen deutlich: Mittels einer Auswertung der durchgeführten Verfahren können typische Fehlerkonstellationen herausgearbeitet werden. Die so gewonnenen Erkenntnisse ermöglichen eine systematische Ableitung von Fehler753
ICD 10 ist der Schlüssel zur internationalen Klassifikation der Krankheiten, in der deutschen Fassung wird er vom Deutschen Institut für medizinische Dokumentation und Information im Auftrag des BMG herausgegeben. 754 Aufzählung nach Neu, wiedergegeben bei Merten, DÄBl. 2006, A-2993. 755 Merten, DÄBl. 2006, A-2993, 2994; „Statistische Erhebung der Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen“ – Statistikjahr 2006, S. 1. Eine Ausnahme gilt für die Gutachterstelle für Arzthaftungsfragen bei der Bayrischen Ärztekammer, bei der die Daten selbstständig ausgewertet und dann an die Bundesärztekammer weitergeleitet werden. Bei der norddeutschen Schlichtungsstelle wird das MERS bereits seit 1999 angewandt, vgl. Neu, zitiert bei Merten, DÄBl. 2006, A-2993. 756 „Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen bei den Ärztekammern – Ein Wegweiser“, S. 12; Berner, zitiert bei Merten, DÄBl. 2006, A-2993; Laum, in: Wenzel, Handbuch FA Medizinrecht, Kap. 6 Rn. 19; Smentkowski, Rh. ÄBl. 1/2004, 19. 757 Vgl. dazu Hansis/Hart, Gesundheitsberichterstattung des Bundes 04/01, Medizinische Behandlungsfehler, S. 12; Katzenmeier, Arzthaftung, S. 303; Ulsenheimer, in: Berg/Ulsenheimer, Patientensicherheit, S. 1 ff.; Weidinger, in: Berg/Ulsenheimer, Patientensicherheit, S. 39. 758 So die Definition bei Ulsenheimer, MedR 1995, 438, 441; ähnlich Katzenmeier, Arzthaftung, S. 301; Laum/Smentkowski, Statut der Gutachterkommission Nordrhein, S. 20. 759 Vgl. dazu auch die im Februar 2008 erschienene, vom Aktionsbündnis Patientensicherheit e.V. herausgegebenen Broschüre „Aus Fehlern lernen“.
144
6. Kap.: Qualitätssicherung
vermeidungsstrategien: Hinweise auf mögliche Schwachstellen in der ärztlichen Behandlung können zur Verhinderung weiterer Schäden aus demselben Grund beitragen.760 Auch diesbezüglich sind sich die Stellen ihrer Möglichkeiten bewusst,761 die Behandlungsfehlervermeidung gilt mittlerweile als „zweite Säule“ ihrer Arbeit.762 Dies war ein maßgeblicher Grund für die Entwicklung der bundeseinheitlichen Statistik: Mithilfe der Erkenntnisse aus dieser Statistik kann die Ständige Konferenz der Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen über geeignete Projekte auf den Gebieten der ärztlichen Aus-, Weiter- und Fortbildung sowie im Berufsalltag in Klinik und Praxis beraten.763 Einzelne Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen unternehmen bereits seit vielen Jahren Maßnahmen zur Fehlervermeidung:
I. Fehlervermeidung durch Öffentlichkeitsarbeit und Fortbildung Viele Stellen leisten gezielt Aufklärungsarbeit zur Vermeidung zukünftiger Fehler und geben warnende Hinweise, wenn dies durch Fehlerhäufungen angezeigt ist.764 Die Gutachterkommission Nordrhein veröffentlicht unter der Rubrik „Aus der Arbeit der Gutachterkommission“ monatlich Fallberichterstattungen im Rheinischen Ärzteblatt,765 ähnliche Veröffentlichungsreihen gibt es auch bei anderen Stellen. Auch die gegenüber der Kammerversammlung abgegeben jährlichen Tätigkeitsberichte, in denen sich häufende Fehler aufgeführt werden, können auf die ärztliche
760
Sachverständigenrat für die konzertierte Aktion im Gesundheitswesen, Gutachten 2003 I, in: BT-Drucks. 15/530, S. 156; Francke/Hart, Charta der Patientenrechte, S. 246; Engelbrecht/Hoppe, KrV 2003, 270, 272; Hansis/Hansis, Ärztlicher Behandlungsfehler, S. 105, mit dem Hinweis, dass dies bei einer Durchsicht von gerichtlichen Instanzentscheidungen in einer solchen Genauigkeit nicht möglich ist. Vgl. auch bereits Laufs, Arztrecht, Rn. 545; Matthies, Schiedsinstanzen, S. 126; Eberhardt, Selbstverständnis, Anspruch und Verfahrenspraxis, S. 357 f. 761 Dabei wird jedoch auch erkannt, dass sich die Gütestellen vornehmlich mit der Frage ärztlicher Behandlungsfehler befassen und dass tiefere Ursachen von Behandlungsfehlern, z.B. unzureichende Ausstattung mit Personal und sachlichen Mitteln sich derzeit noch den Ermittlungsmöglichkeiten der Stellen entziehen, vgl. Laum/Smentkowski, Statut der Gutachterkommission Nordrhein, S. 21. 762 Laum, in: Wenzel, Handbuch FA Medizinrecht, Kap. 6 Rn. 19, und Weltrich, DRiZ 1996, 473, jeweils für die Gutachterkommission Nordrhein. 763 Merten, DÄBl. 2006, A-2993, 2994; Tätigkeitsbericht der BÄK 2003/2004, S. 331; Smentkowski, Rh. ÄBl. 1/2004, 19. 764 Zu einzelnen Hinweisen, vgl. Laum/Smentkowski, Statut der Gutachterkommission Nordrhein, S. 22 f. 765 Eine Auflistung der Beiträge findet sich bei Laum/Smentkowski, Statut der Gutachterkommission Nordrhein, S. 27 ff. Seit August 2007 werden ausgewählte Fallberichterstattungen auch in der juristischen Fachzeitschrift Medizinrecht veröffentlicht, vgl. Kienzle/Smentkowski, MedR 2007, 477.
B. Risk-Management: Entwicklung von Fehlervermeidungsstrategien
145
Praxis einen warnenden und korrigierenden Einfluss nehmen.766 Das Interesse der Ärzteschaft an den Erkenntnissen der Gütestellen zeigt sich nicht zuletzt auch an den medizinischen Dissertationen, in denen das Datenmaterial der Stellen zu bestimmten Fehlergruppen ausgewertet wird.767 Eine gezielte Fortbildung der Ärzte ist eine weitere geeignete Maßnahme zur Behandlungsfehlervermeidung. Auch hier leisten die Gütestellen einen Beitrag: Die durch Auswertung der gutachterlichen Bescheide zu besonders häufigen oder schwerwiegenden Schadensfällen gewonnenen Erkenntnisse werden seit Jahren zur Fortbildung der Ärzte verwendet.768 Dazu arbeitet z.B. die Gutachterkommission Nordrhein mit der Nordrheinischen Akademie für ärztliche Fort- und Weiterbildung zusammen.769 Seit einiger Zeit gibt es eine Kooperation einzelner Stellen bei Schwerpunktthemen, so veranstalten etwa die Norddeutsche Schlichtungsstelle und die Gutachterkommission Nordrhein kammerübergreifende Fortbildungen.770 Die Ergebnisse der neuen bundeseinheitlichen Statistik ermöglichen eine weitergehende Kooperation und geben Impulse für geeignete Fortbildungsveranstaltungen.771 Was bisher vornehmlich durch die einzelnen Stellen geleistet wurde, sollte nunmehr auch auf Bundesebene übertragen werden. Die Stellen sollten bei der Veröffentlichung von Fehler- und Risikoberichten und Fortbildungsveranstaltungen in Zukunft noch besser kooperieren.772
II. Kooperation mit den Institutionen der ärztlichen Qualitätssicherung Voraussetzung einer bestmöglichen Qualitätssicherung ist eine Kooperation aller Beteiligten im Gesundheitssektor. Entsprechend wird angeregt, die Schadensinformationen der Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen mit den Institutionen der ärztlichen Qualitätssicherung besser zu verzahnen.773 Dieser Aufgabe kommen die Stellen nach, bereitwillig übermitteln sie ihre Daten und die daraus 766
Franzki, in: Arbeitsgemeinschaft Rechtsanwälte im Medizinrecht, Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen, S. 71, mit dem Hinweis, dass hierin eine stärkere Einflussmöglichkeit liegt als in der Veröffentlichung einzelner Gerichtsentscheidungen; Vogel/Streck/Scholz, in: Arbeitsgemeinschaft Rechtsanwälte im Medizinrecht, Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen, S. 63; Weltrich, DRiZ 1996, 473. 767 Eine Auflistung der Arbeiten der letzten Jahre findet sich bei Laum/Smentkowski, Statut der Gutachterkommission Nordrhein, S. 40. 768 Laum, in: Wenzel, Handbuch FA Medizinrecht, Kap. 6 Rn. 19; auf dieses Potential wies bereits BT-Drucks. 13/11452, S. 6, hin. 769 Weltrich, DRiZ 1996, 473. 770 Neu, zitiert in: Ärzte Zeitung v. 12.12.2005 (www.aerztezeitung.de/docs/2005/12/12/ 224a1812). 771 Tätigkeitsbericht der BÄK 2006, S. 337. 772 Neu, zitiert in: Ärzte Zeitung v. 12.12.2005 (www.aerztezeitung.de/docs/2005/12/12/ 224a1812). 773 Francke/Hart, in: Badura/Hart/Schellschmidt, Bürgerorientierung des Gesundheitswesens, S. 209; dies., Charta der Patientenrechte, S. 246.
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6. Kap.: Qualitätssicherung
gewonnenen Erkenntnisse an Institutionen zur Qualitätssicherung.774 Bei der Gutachterkommission Nordrhein z.B. werden Erfahrungen gemeinsam mit dem Institut für Qualität im Gesundheitswesen Nordrhein (IQN) aufgearbeitet, jährlich werden mehrere gemeinsame Fortbildungen veranstaltet.775 Zudem werden bei einigen Stellen gezielt auch andere Maßnahmen unterstützt, so z.B. die interne Qualitätssicherung innerhalb der Krankenhäuser.776 Weitergehende Kooperationsmöglichkeiten werden angedacht, insbesondere wird zur Aus- und Fortbildung der Ärzte eine Zusammenarbeit mit Universitäten und wissenschaftlichen Fachgesellschaften angestrebt.777
C. Bundesweite Fehlermeldesysteme Fehlerquellen und fehlertypische Situationen lassen sich anhand der Analyse einer Vielzahl vermuteter oder festgestellter Behandlungsfehler zu einheitlichen Themenkomplexen erkennen.778 Um dem nationalen Gesundheitswesen eine koordinierte Schadensursachenforschung zu ermöglichen, besteht daher seit langem die Forderung nach einer systematischen Zusammenführung aller vorhandenen Daten zu Behandlungsfehlern mittels eines einheitlichen Berichtswesens: Befürwortet wird eine Erfassung der in Gerichtsverfahren, bei den Haftpflichtversicherern oder im Rahmen einer außergerichtlichen Begutachtung registrierten Fehler in einem bundesweiten Fehlermeldesystem.779 Diskutiert werden dabei auch Berichtssysteme, in denen nicht nur tatsächlich festgestellte sondern auch sog. „BeinaheFehler“ gemeldet werden, sog. Critical Incident Reporting Systems (CIRS).780 774
Laum, in: Wenzel, Handbuch FA Medizinrecht, Kap. 6 Rn. 19. Eine Auflistung einzelner Veranstaltungen sortiert nach Themenbereichen findet sich bei Laum/Smentkowski, Statut der Gutachterkommission Nordrhein, S. 22 f. 776 Laum/Smentkowski, Statut der Gutachterkommission Nordrhein, S. 19; Laum, ZKM 2003, 163, 167; Weber/Smentkowski, Rh. ÄBl. 4/1998, 13, 14, jeweils für die Gutachterkommission Nordrhein. 777 Neu, zitiert in Ärzte Zeitung v. 12.12.2005 (www.aerztezeitung.de/docs/2005/12/12/ 224a1812). 778 Hansis/Hart, Gesundheitsberichterstattung des Bundes 04/01, Medizinische Behandlungsfehler, S. 12. 779 Für die Einrichtung eines Fehlermeldesystems hat sich der 108. Deutsche Ärztetag 2005 ausgesprochen, vgl. Beschlussprotokoll, TOP VII; vgl. auch Sachverständigenrat für die konzertierte Aktion im Gesundheitswesen, Gutachten 2003 I, in: BT-Drucks. 15/530, S. 172; Sonderkonferenz für das Gesundheitswesen (69. GMK 1996), Ergebnisniederschrift, MedR 1997, 460; Katzenmeier, Arzthaftung, S. 302; ders., MedR 1997, 498, 501; Merten, DÄBl. 2006, A-2993; Hansis, die Ersatzkasse 2002, 370, 374. 780 Erste Versuche solcher Critical Incident Reporting Systems in Deutschland basieren auf computergesteuerten Systemen, in denen Ärzte anonym Fehler oder Beinahe-Fehler eingeben, die von anderen Nutzern eingesehen werden können. Vgl. z.B. CIRSmedical.de, ein Berichtssystem, das Teil der Qualitätssicherungsmaßnahmen der Bundesärztekammer und der Kassenärztlichen Bundesvereinigung ist. Eine Übersicht der vorhandenen Systeme findet sich bei www.forum-patientensicherheit.de. Diese ursprünglich aus einzelnen amerika775
C. Bundesweite Fehlermeldesysteme
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Bisher gibt es in Deutschland kein einheitliches Fehlermelderegister, es fehlt nach wie vor ein entsprechendes Beschwerdemanagement.781 Hierzu wäre ein einheitliches Erfassungs- und Analyseverfahren und der Aufbau von vernetzbaren Melderegistern erforderlich.782 Bei einem Aufbau eines solchen Schadensmeldesystems könnten insbesondere auch die Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen einen wesentlichen Beitrag leisten.783 Dies ergibt sich in quantitativer Hinsicht bereits daraus, dass ein Viertel der vermuteten Behandlungsfehler bei den ärztlichen Gütestellen geltend gemacht werden, und deren Daten damit einen wesentlichen Anteil in einem bundesweiten Fehlermeldesystem ausmachen würden. Darüber hinaus können die Gütestellen ihre jahrelange Erfahrung in der Erfassung und Auswertung von Behandlungsfehlern einbringen: Die Stellen sind die ersten Einrichtungen, die durch die mittels des MERS erstellte bundeseinheitliche Statistik für ihren Bereich ein vernetztes und bundesweit einheitliches Fehlermeldesystem aufgebaut haben. Bei der Entwicklung des MERS haben die Mitglieder der Ständigen Konferenz der Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen sinnvolle Parameter festgesetzt, die eine umfassende Auswertung ermöglichen. Das MERS kann damit eine wichtige Grundlage bei der Entwicklung eines umfassenden Fehlermeldesystems sein. Dies zeigt sich auch im Rahmen des „Aktionsbündnisses Patientensicherheit e.V.“, das im April 2005 gegründet wurde: In diesem Zusammenschluss von Verantwortungsträgern des Gesundheitswesens wurden verschiedene Arbeitsgruppen gebildet, von denen sich eine mit Behandlungsfehlerregistern beschäftigt. Geplant ist, einen gemeinsamen Kerndatensatz zu erarbeiten, um zu konkreten Schadensereignissen Daten aus verschiedenen Fehlerregistern liefern zu können. Bei der Erarbeitung dieses Kerndatensatzes wird die bundeseinheitliche Statistik der Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen einen wesentlichen Beitrag leisten.784 Teilweise wird weitergehend angedacht, den Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen bei der Organisation des Fehlermeldesystems eine wesentliche Rolle zukommen zu lassen: Der Aufbau eines Fehlermeldesystems in der Hand dieser Stellen sei zu befürworten und voranzutreiben, weil diese über das formalisierte außergerichtliche Begutachtungsverfahren einen optimalen Zugang zu gut
nischen Bundesstaaten sowie den Ländern Skandinaviens stammende Entwicklung wird nachgezeichnet bei Katzenmeier, Arzthaftung, S. 303. 781 Sachverständigenrat für die konzertierte Aktion im Gesundheitswesen, Gutachten 2003 I, in: BT-Drucks. 15/530, S. 159; Merten, DÄBl. 2006, A-2993. 782 Sachverständigenrat für die konzertierte Aktion im Gesundheitswesen, Gutachten 2003 I, in: BT-Drucks. 15/530, S. 172; Katzenmeier, Arzthaftung, S. 303; Krumpaszky/Sethe/ Selbmann, VersR 1997, 420, 427; Sonderkonferenz für das Gesundheitswesen (69. GMK 1996), Ergebnisniederschrift, MedR 1997, 460. 783 Merten, DÄBl. 2006, A-2993. 784 Tätigkeitsbericht der BÄK 2006, S. 337; Lauterberg, zitiert bei Merten, DÄBl. 2006, A-2993, 2994.
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6. Kap.: Qualitätssicherung
bearbeiteten Fehlervorwürfen und einschlägigen Gutachten haben.785 Tatsächlich würde dies wohl den Aufgabenbereich und die Kapazitäten der Stellen in ihrer derzeitigen Organisation überschreiten. Es zeigt sich jedoch, welch gewichtigen Beitrag die Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen im Rahmen eines Fehlermeldesystems leisten könnten.
D. Fazit Die Medizinschadensforschung trägt wesentlich zur Qualitätssicherung im Gesundheitswesen bei. Sie nimmt dabei nicht nur eine fachinterne sondern insbesondere auch eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe wahr und dient insgesamt der Patientensicherheit.786 Eine Zusammenführung der Daten zu Behandlungsfehlern in einem bundesweiten Fehlermeldesystem kann die Medizinschadensforschung wesentlich erleichtern und verbessern. Anhand der Auswertung der zusammengeführten Daten können Behandlungsfehlerschwerpunkte erkannt und Vermeidungsstrategien entwickelt werden. In diesem Prozess der Qualitätssicherung leisten die Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen einen erheblichen Beitrag: Die Erfassung und Auswertung der großen Anzahl der vor diesen Stellen durchgeführten Verfahren bietet eine bedeutende Möglichkeit zur Feststellung von Behandlungsfehlerschwerpunkten. Die Stellen leisten durch ihre Aufklärungsarbeit und Fortbildungsveranstaltungen einen wertvollen Beitrag zur Fehlervermeidung. Mit der Entwicklung der auf dem Medical Error Reporting System beruhenden bundeseinheitlichen Statistik setzen sie ein Beispiel für eine sinnvolle und gewinnbringende Fehlerauswertung.787
785
Hansis/Hansis, Der ärztliche Behandlungsfehler, S. 105; Kranich, in: Kranich/Böcken, Patientenrechte, S. 195, befürwortet demggü. ein von den Leistungsanbietern unabhängig organisiertes Beschwerdemanagement z.B. bei der Verbraucherzentrale. 786 Vgl. Hansis/Hart, Gesundheitsberichterstattung des Bundes 04/01, Medizinische Behandlungsfehler, S. 12: „Gelingt es, Themen eminenter Bedeutung aufzugreifen und sauber zu bearbeiten, dann könnten die so gewonnen Erkenntnisse auch in die Gesundheitsselbstverwaltung, in das Leistungs- Vertrags- und Versorgungsgeschehen Eingang finden. Auf diesem Wege würde aus einer ursprünglichen Privatsache ‚aus Fehlern lernen’ eine Aufgabe von hoher systemischer Bedeutung.“ 787 Über Möglichkeiten von MERS und die besondere Bedeutung für Medizinschadensforschung wurde auch in den Medien berichtet, vgl. Merten, DÄBl. 2007, A-1140; vgl. auch die Hinweise in Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 19. April 2007, S. 12.
7. Kapitel: Weitere Möglichkeiten außergerichtlicher Streitbeilegung Die Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen bei den Ärztekammern sind seit langem bewährt und die bedeutendsten Stellen außergerichtlicher Streitbeilegung in Arzthaftungssachen. Daneben werden gerade in jüngerer Zeit auch andere Formen alternativer Streitbeilegung diskutiert. Insbesondere wird über Mediation in Arzthaftungsstreitigkeiten und über Möglichkeiten einer Verankerung alternativer Streitbeilegungsformen im Gerichtsverfahren nachgedacht. Zudem wurden in den letzten Jahren verschiedene Stellen, wie der Medizinische Dienst der Krankenversicherung (MDK) oder unabhängige Patientenberatungsstellen geschaffen, die eine außergerichtliche Beilegung von Haftungsstreitigkeiten im Arzt-PatientVerhältnis unterstützen.
A. Sonstige Stellen zur Unterstützung der Beilegung von Arzthaftungsstreitigkeiten I. Medizinischer Dienst der Krankenversicherung Die Krankenkassen können gemäß § 66 SGB V die Versicherten bei der Verfolgung von Schadensersatzansprüchen unterstützen, die bei der Inanspruchnahme von Versicherungsleistungen entstanden sind und nicht gemäß § 116 SGB X auf die Krankenkassen übergehen.788 Diese Aufgabe geht über eine allgemeine Patientenberatung hinaus und wird vom MDK getragen, der im Auftrag der gesetzlichen Krankenkassen Behandlungsfehlervorwürfe prüft.789 Der MDK ist eine Arbeitsgemeinschaft, deren Mitglieder die Landesverbände der Krankenkassen sind.790 Über eine Einschaltung entscheidet die Krankenkasse, diesbezüglich ist ihr Ermessen eingeräumt.791 Der MDK nimmt in rasch zunehmendem Umfang an der außergerichtlichen Beurteilung vermuteter ärztlicher Behandlungsfehler teil. Pro Jahr werden ca. 10.000 Gutachten erstellt, die Rate der festgestellten Behand-
788
Umfasst sind daher vor allem Schmerzensgeldansprüche. Die Hilfestellung lässt sich begreifen als eine aus dem Sozialversicherungsrecht abzuleitende Nebenleistung, welche auf der Betreuungs- und Fürsorgepflicht der Kassen beruht, vgl. KassKomm/Höfler, § 66 SGB V Rn. 2, 6. 789 Vgl. dazu Fuchs/Preis, Sozialversicherungsrecht, § 17 V S. 228 ff.; KassKomm/Höfler, § 66 SGB V Rn. 2 ff.; Sikorski, MedR 2001, 188 ff.; Scheppokrat/Neu, VersR 2002, 397, 400. 790 Fuchs/Preis, Sozialversicherungsrecht, § 17 V S. 229. 791 KassKomm/Höfler, § 66 SGB V Rn. 7; Fuchs/Preis, Sozialversicherungsrecht, § 17 V S. 231.
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7. Kap.: Weitere Möglichkeiten außergerichtlicher Streitbeilegung
lungsfehler liegt bei ca. 24 %.792 Nicht selten wird derselbe Behandlungsfehlervorwurf gleichzeitig oder nacheinander bei einer ärztlichen Gutachterkommission oder Schlichtungsstelle und dem MDK vorgebracht.793 Eine abschließende Bewertung des MDK und der dort verfassten Gutachten sowie ein Vergleich mit den bei den ärztlichen Gütestellen erstellten Gutachten fällt schwer, hierfür mangelt es an systematischen Auswertungen.794 Das Begutachtungsverfahren weist jedenfalls Schwachstellen auf: Der Einsatz des MDK erfolgt nicht selbstlos, als Gutachter fungieren überwiegend angestellte Fachärzte. Diese ärztlichen Mitarbeiter können damit kaum als unabhängig eingestuft werden.795 In der Praxis bestehen bereits Probleme bei der Beschaffung der zur Begutachtung erforderlichen Krankenunterlagen. Die Krankenkassen können ihre Patienten hierbei nur unterstützen, diese Unterlagen aber nicht eigenständig anfordern. Oft stehen daher nicht alle erforderlichen Informationen zur Verfügung, worunter die Qualität der Gutachten leidet.796 Zudem erstreckt sich die Begutachtung allein auf medizinische Aspekte. Dementsprechend werden Rechtsfragen, wie zum Beispiel Aussagen zum haftungsbegründenden Kausalzusammenhang zwischen Fehler und eingetretenem Schaden, nicht berücksichtigt und auch Aufklärungspflichtverletzungen werden nicht geprüft.797 Welche Akzeptanz die Begutachtung durch den MDK langfristig bei den Verfahrensbeteiligten haben wird, kann noch nicht beurteilt werden.798
II. Patientenberatungsstellen Es gibt unterschiedliche Beratungsstellen, an die sich Patienten im Falle eines vermuteten Behandlungsfehlers wenden können: Die gesetzlichen Krankenkassen sind gemäß § 65b SGB V zur Förderung von Einrichtungen zur Verbraucher- und 792
Hansis/Hart, Gesundheitsberichterstattung des Bundes 04/01, Medizinische Behandlungsfehler, S. 6, für das Jahr 1999; Sachverständigenrat für die konzertierte Aktion im Gesundheitswesen, Gutachten 2003 I, in: BT-Drucks. 15/530, S. 138; Scheppokrat/Neu, VersR 2002, 397, 400. 793 Laum, in: Wenzel, Handbuch FA Medizinrecht, Kap. 6 Rn. 21, führt an, dass die Gutachterkommission Nordrhein und der MDK bemüht sind, solche die Arbeitskraft der Sachverständigen unnötig belastenden Doppelbegutachtungen zu vermeiden. 794 Sachverständigenrat für die konzertierte Aktion im Gesundheitswesen, Gutachten 2003 I, in: BT-Drucks. 15/530, S. 164. 795 Hansis/Hansis, Ärztlicher Behandlungsfehler, S. 93; Sachverständigenrat für die konzertierte Aktion im Gesundheitswesen, Gutachten 2003 I, in: BT-Drucks. 15/530, S. 165; a.A. BT-Drucks. 13/11452, S. 6, wo angemerkt wird, dass die Ärzte des MDK als unabhängige Gutachter die Voraussetzung für eine professionelle Patientenberatung bieten. 796 Sachverständigenrat für die konzertierte Aktion im Gesundheitswesen, Gutachten 2003 I, in: BT-Drucks. 15/530, S. 164. 797 Sikorski, MedR 2001, 188, 190; Sachverständigenrat für die konzertierte Aktion im Gesundheitswesen, Gutachten 2003 I, in: BT-Drucks. 15/530, S. 164; Scheppokrat/Neu, VersR 2002, 397, 400. 798 Hansis/Hansis, Der ärztliche Behandlungsfehler, S. 93.
B. Einrichtung anbieterunabhängiger Patientenvertretungen
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Patientenberatung verpflichtet. Gefördert werden Einrichtungen, die sich eine gesundheitliche Information, Beratung und Aufklärung von Versicherten zur Aufgabe gemacht haben.799 Viele der Beratungsstellen sind mittlerweile bundesweit vernetzt.800 Teilweise existieren auch von verschiedenen Akteuren des Gesundheitswesens gemeinsam getragene Stellen.801 Die Bearbeitung von Haftpflichtfällen ist grundsätzlich nicht Aufgabe der Patientenberatungsstellen, es werden aber allgemeine Hinweise zu möglichen Vorgehensweisen gegeben, insbesondere wird auch über die Verfahren vor den Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen bei den Ärztekammern informiert.802
B. Einrichtung anbieterunabhängiger Patientenvertretungen Oftmals wird die Einrichtung anbieterunabhängiger Patientenvertretungen angeregt. So wurde der Vorschlag geäußert, die Begutachtungsverfahren in Arzthaftungssachen völlig neu zu konzipieren und Dokumentations- und Gutachtenstellen zu errichten, deren Finanzierung und Trägerschaft von sämtlichen Beteiligten gesichert werden sollte und die so eine enge Kooperation zum Vorteil der Patienten gewährleisten könnten.803 Auf demselben Grundgedanken beruht die Anregung, die Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen sollten „neutralisiert und pluralisiert“ werden, indem man sie aus der berufspolitischen und berufsrechtlichen Verankerung löst und auf eine allgemeinere Basis stellt.804 Träger der Stellen soll799
KassKomm/Höfler, § 65b SGB V Rn. 4 ff. Vgl. z.B. die „Unabhängige Patientenberatung Deutschland“ (UPD), in der sich der Sozialverband VdK Deutschland e.V., der Verbraucherzentrale Bundesverband e.V. und der Verbund Unabhängige Patientenberatung e.V. zusammengeschlossen haben und in der bundesweit 20 regionale und überregionale Beratungsstellen vernetzt sind, vgl. dazu www.unabhaengige-patientenberatung.de. 801 Vgl. z.B. die „Unabhängige Patientenberatungsstelle Bremen e.V.“, in der u.a. die Ärztekammer Bremen, der Gesundheitssenator des Landes Bremen, die Krankenhausgesellschaft im Land Bremen und die Krankenkassen Bremen Mitglieder sind. 802 Sachverständigenrat für die konzertierte Aktion im Gesundheitswesen, Gutachten 2003 I, in: BT-Drucks. 15/530, S. 162: Bei der „Unabhängigen Beratungsstelle Bremen e.V.“ nehmen Haftpflichtprobleme ca. 10 % der Gesprächsthemen ein. Die Stelle informiert ausführlich über das Verfahren vor den ärztlichen Gütestellen, vgl. dazu www.patientenberatung-bremen.de. 803 Sachverständigenrat für die konzertierte Aktion im Gesundheitswesen, Gutachten 2003 I, in: BT-Drucks. 15/530, S. 173; Sonderkonferenz für das Gesundheitswesen (69. GMK, 1996), Ergebnisniederschrift, MedR 1997, 460; Ratajczak/Stegers, Medizinhaftpflichtschäden, Rn. 102; Katzenmeier, MedR 1997, 498, 500; Ballast, KrV 1994, 73, 74. 804 So der Vorschlag von Francke/Hart, in: Badura/Hart/Schellschmidt, Bürgerorientierung des Gesundheitswesens, S. 188, mit dem Hinweis, eine entsprechende Regelung könne im Rahmen der Landesheilberufsgesetze getroffen werden; ähnlich auch der Vorschlag von Kranich/Henkel, in: Kranich/Böcken, Patientenrechte, S. 160, die eine paritätische Besetzung der Stellen mit Vertretern der Patienten, der Ärzteschaft, der Krankenkassen sowie 800
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7. Kap.: Weitere Möglichkeiten außergerichtlicher Streitbeilegung
ten dann die Ärzteschaft, die Kassen, die Versicherer sowie Vertreter der Patienten sein. Konkrete Vorschläge zur praktischen Umsetzung dieser Vorschläge wurden jedoch nicht gemacht. Die Einrichtung solcher völlig neu konzipierter Stellen erscheint daher derzeit wenig realistisch. Sinnvoller erscheint der Vorschlag, die bestehenden Einrichtungen besser zu vernetzen.805 So kann eine optimale Betreuung der Patienten gewährleist werden. Ein erster hilfreicher Schritt ist zum Beispiel, dass die von den Krankenkassen unterstützten Patientenberatungsstellen, die selbst nicht für die Bearbeitung von Haftpflichtfällen zuständig sind, an die Gütestellen bei den Ärztekammern vermitteln.806 Zudem ermöglicht die Vernetzung eine bessere Abstimmung der Stellen untereinander: Einzelne Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen sprechen sich mit dem MDK ab, um zu verhindern, dass derselbe Vorwurf gleichzeitig oder nacheinander bei beiden Institutionen erhoben wird.807 Solche Zusammenarbeit gilt es weiter auszubauen. Die Einrichtung völlig neu konzipierter Patientenvertretungen erscheint hingegen wenig realistisch und angesichts des bestehenden Angebots an außergerichtlichen Stellen zur Unterstützung der Patienten auch nicht erforderlich.
C. Mediation in Arzthaftungssachen In Rechtswissenschaft und Praxis wird zunehmend über Mediationsverfahren als Alternative zu gerichtlichen Verfahren diskutiert.808 Mediation ist ein außergeder Aufsicht führenden Gesundheitsbehörde fordern. Francke/Hart, in: Badura/Hart/ Schellschmidt, Bürgerorientierung des Gesundheitswesens, S. 209, denken sogar an, im Rahmen einer Funktionserweiterung die Gütestellen in den Prozess der Schadensregulierung mit verbindlichen Funktionen sozusagen als erste Instanz im Vorfeld der Gerichte einzubeziehen, Verfahren und Trägerschaft wären dann grundlegend zu reformieren. So könnten die Stellen Teil eines teilweise privatisierten Verfahrens der Schadensregulierung werden, das durch eine gerichtliche Berufungs- und Revisionsinstanz abgeschlossen würde; dieses Modell wird jedoch selbst seitens Francke und Hart noch als grundsätzlich diskussionsbedürftig angesehen. 805 Sonderkonferenz für das Gesundheitswesen (69. GMK, 1996), Ergebnisniederschrift, MedR 1997, 460, wo dies zur Gewährleistung des Patientenschutzes als notwendig erachtet wird. 806 Sachverständigenrat für die konzertierte Aktion im Gesundheitswesen, Gutachten 2003 I, in: BT-Drucks. 15/530, S. 162, beispielhaft wird die Arbeit der „Unabhängigen Beratungsstelle Bremen e.V.“ genannt. 807 Die Gutachterkommission Nordrhein hat sich deshalb in Gesprächen mit dem MDK um eine Regelung bemüht, die solche Doppelbegutachtungen möglichst vermeidet, vgl. Laum, in: Wenzel, Handbuch FA Medizinrecht, Kap. 6 Rn. 21; Laum/Beck, Rh. ÄBl. 2/2002, 17, 20. 808 Vgl. ausführlich zur Mediation z.B.: Haft/Schlieffen, Handbuch Mediation; Breidenbach, Mediation; Henssler/Koch, Mediation; Hager, Konflikt und Konsens; Katzenmeier, ZZP 115 (2002), 51, 68 ff.; Wesche, ZRP 2004, 49; Eisele, Jura 2003, 656; Stickelbrock, JZ 2002, 633; Prütting, Referat zum aktuellen Forum Verfahrensrecht, DJT 1998, O 11, O 16; Gottwald, in: FS Blankenburg, S. 635 ff. Auf europäischer Ebene: Richtlinienvorschlag des
C. Mediation in Arzthaftungssachen
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richtliches Konfliktlösungsverfahren, in dem ein neutraler Dritter zwischen den Parteien vermittelt.809 Die Parteien sollen eine möglichst autonome und einverständliche Regelung ihres Konflikts ohne Einschaltung der Gerichte finden. Ein Mediator ist dabei für den Kommunikationsprozess und die Strukturierung der Gesprächsführung verantwortlich und bietet den Parteien ohne eigene Entscheidungsbefugnis Hilfestellung bei der Erarbeitung einer konsensuellen, kooperativen Lösung.810 Ziel der Mediation ist, das Verhältnis der Parteien durch eine von Einsicht und Vernunft getragene, selbst erarbeitete Regelung für die Zukunft zu sichern und eine weitere Zusammenarbeit zu ermöglichen.811 Auch im Arzthaftungsrecht wird vereinzelt über Mediation als Möglichkeit einer außergerichtlichen Streitbeilegung nachgedacht.812 Eine vertiefte wissenschaftliche Diskussion fand jedoch bislang noch nicht statt. Zur Beantwortung der Frage, ob auf diesem Rechtsgebiet Mediationsverfahren sinnvoll erscheinen, sind die allgemein für die Mediation vorgebrachten Argumente hinsichtlich ihrer Übertragbarkeit auf Streitigkeiten im Arzt-Patient-Verhältnis zu prüfen.
I. Besonderheiten der Arzt-Patient-Beziehung Mediation wird insbesondere für Streitigkeiten als sinnvoll erachtet, die sich aus einer zwischen den Parteien seit längerem bestehenden persönlichen oder rechtlichen Beziehung ergeben haben und damit in Konstellationen, in denen die rechtlichen Rahmenbedingungen von Vertrauens- und Abhängigkeitsverhältnissen geprägt sind. Mediation soll primär dazu dienen, die Beziehung zwischen den Parteien über den konkreten rechtlichen Konflikt hinaus fortzusetzen und langfristig
Europäischen Parlaments und des Rates über bestimmte Aspekte der Mediation: KOM(2004) 718, 2004/0251 (COD) vom 22.10.2004, am 9.11.2007 durch den Rat gebilligt, vgl. Pres/07/253. 809 Rüssel, in: Haft/Schlieffen, Handbuch Mediation, § 33 Rn. 42; Prütting, in: Prütting, Außergerichtliche Streitbeilegung, Rn. 4; Katzenmeier, ZZP 115 (2002), 51, 69. 810 Hager, Konflikt und Konsens, S. 76; Prütting, in: Prütting, Außergerichtliche Streitbeilegung, Rn. 4; Katzenmeier, ZZP 115 (2002), 51, 69; Rüssel, JuS 2003, 383. 811 Katzenmeier, ZZP 115 (2002), 51, 74; Meyer, ZKM 2000, 123. 812 Grundsätzlich befürwortend: Kilian, VersR 2000, 942 ff.; Ewig, in: Haft/Schlieffen, Handbuch Mediation, § 47; Panschke-Schade, KHuR 2005/2, 38 (vornehmlich zur Mediation innerhalb ärztlicher Kooperationsformen, auch generell für Arzthaftung bejahend). Differenzierend: Scheppokrat/Neu, VersR 2002, 397, 403, die zwar davon ausgehen, dass ein kleiner Teil der Arzt-Patient-Konflikte für Mediationsverfahren geeignet ist, insgesamt eine Mediation in Arzthaftungssachen aber ablehnen; Rehborn, MDR 2001, 1148, 1156: Ob Arzthaftungsfälle tatsächlich mediationstauglich sind, wird die Zukunft zeigen; Circhetta de Marrón, Alternative Streitschlichtung, S. 134; Kranich/Henkel, in: Kranich/Böcken, Patientenrechte, S. 160; R. Greiner/Henkel/Kranich, Wer soll schlichten, S. 39; Jung, BG 2002, 416, 422. Grundsätzlich ablehnend: Meyer, ZKM 2000, 123 ff.; Feix, Verankerung einvernehmlicher Streitbeilegung im Zivilprozessrecht, S. 202 f.
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7. Kap.: Weitere Möglichkeiten außergerichtlicher Streitbeilegung
zu erhalten.813 Der Blickwinkel richtet sich damit nicht wie bei der Streitentscheidung von der Gegenwart auf die Vergangenheit, sondern von der Gegenwart auf die Zukunft. Auch zwischen Arzt und Patient besteht eine besondere Nähebeziehung, auch hier steht eine durch Vertrauen geprägte enge persönliche Zusammenarbeit im Vordergrund.814 Jedoch geht es den beschwerdeführenden Patienten in den seltensten Fällen um eine weitere Zusammenarbeit mit dem jeweiligen Arzt. Das Vertrauensverhältnis ist durch den vermuteten oder tatsächlichen Behandlungsfehler verletzt, der Patient hat sich in den meisten Fällen bereits einen anderen Arzt gesucht. Anderes kann im Einzelfall gelten bei Behandlungsverhältnissen mit hoch spezialisierten Ärzten oder ganz allgemein in strukturschwachen Regionen, in denen der Patient keine echte Wahlmöglichkeit zwischen mehreren Ärzten hat.815 In diesen Fällen kann Mediation eine Chance zur Aufrechterhaltung der Beziehung bieten. In den meisten Arzthaftungsstreitigkeiten ist ein Bestreben nach einer Fortsetzung der Beziehungen jedoch nicht festzustellen, folglich ist ein wesentliches Ziel der Mediation gar nicht beabsichtigt.816 Überwiegend wird in derartigen Konstellationen, in denen es nicht um die Aufrechterhaltung langfristiger Beziehungen geht, an der Geeignetheit der Mediation zur Konfliktbeilegung gezweifelt.817 Zu berücksichtigen ist jedoch, dass Mediationsverfahren sich durchaus auch in Konstellationen bewähren können, in denen es allein um die Klärung eines abgeschlossenen Falls geht und keine weitere Zusammenarbeit der Parteien angestrebt ist. Bereits ein zukunftsgerichtetes Interesse einer der Parteien, zum Beispiel die Sorge um den guten Ruf, ist ausreichend, um Mediation sinnvoll erscheinen zu lassen.818 In Arzthaftungsstreitigkeiten, in denen ein Gerichtsverfahren für beide Parteien besonders belastend sei kann und sich ein solches insbesondere negativ
813 Rüssel, in: Haft/Schlieffen, Handbuch Mediation, § 33 Rn. 43; Ewig, in: Haft/Schlieffen, Handbuch Mediation, § 47 Rn. 66; Duve, in: Henssler/Koch, Mediation, § 5 Rn. 68 ff.; Röhl, in: Blankenburg/Gottwald/Strempel, S. 15; Feix, Verankerung einvernehmlicher Streitbeilegung im Zivilprozessrecht, S. 21; Stickelbrock, JZ 2002, 633, 641; Kilian, VersR 2000, 942. Mediation wird daher insbesondere auf folgenden Gebieten praktiziert: Arbeitsrecht, Familienstreitigkeiten, Streitigkeiten von Geschäftspartnern, Mietstreitigkeiten, Nachbarschaftsrecht, Erbangelegenheiten. 814 Ewig, in: Haft/Schlieffen, Handbuch Mediation, § 47 Rn. 39; zum besonderen Charakter der Arzt-Patient-Beziehung vgl. Katzenmeier, Arzthaftung, S. 5 ff. 815 Kilian, VersR 2000, 942, 946. 816 Meyer, ZKM 2000, 123, 124; Feix, Verankerung einvernehmlicher Streitbeilegung im Zivilprozessrecht, S. 203; a.A. aber: R. Greiner/Henkel/Kranich, Wer soll schlichten, S. 39: Patienten die seit Jahrzehnten bei demselben Arzt in Behandlung seien, möchten dies auch nach einem Behandlungsfehler weiter bleiben, hier könne Mediation emotionale Belastung vermeiden. 817 Vgl. z.B. Rüssel, in: Haft/Schlieffen, Handbuch Mediation, § 33 Rn. 43. 818 Hager, Konflikt und Konsens, S. 45; Duve, in: Henssler/Koch, Mediation, § 5 Rn. 71.
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auf das Ansehen des Arztes auswirken kann, bietet die Mediation als nichtöffentliches Verfahren für die Parteien Vorteile.819
II. Potential zur Konfliktbeseitigung Die Eignung der Mediation zur Streitbeilegung hängt wesentlich davon ab, ob sich die von den Parteien verfolgten Ziele in diesem außergerichtlichen Verfahren verwirklichen lassen. In Arzthaftungssachen können die Motive des Patienten für ein Vorgehen gegen den Arzt unterschiedlich sein. 1. Finanzieller Ausgleich als Ziel des Patienten Die Patienten streben in vielen Fällen primär einen finanziellen Ausgleich für den erlittenen Schaden an.820 Eine Einigung zwischen Arzt und Patient über einen solchen finanziellen Ausgleich in einem Mediationsverfahren erscheint jedoch aus verschiedenen Gründen problematisch. a) Mangelnde Verhandlungsautonomie des Arztes – Problem der Einbeziehung des Haftpflichtversicherers Wird seitens des Patienten ein finanzieller Ausgleich angestrebt, so entscheidet in der Praxis der Haftpflichtversicherer des Arztes über eine Regulierung.821 Der Versicherer hat im Außenverhältnis zum Patienten eine Regulierungsvollmacht gemäß Nr. 5.2 der Allgemeinen Versicherungsbedingungen für die Haftpflichtversicherung (AHB 2007) und im Innenverhältnis zum Arzt als Versicherungsnehmer korrespondierend eine Geschäftsführungsbefugnis.822 Nach Nr. 25.3 AHB 2004 war es dem Arzt zudem verboten, ohne vorherige Zustimmung des Versicherers einen Haftpflichtanspruch anzuerkennen.823 Ein solches Anerkenntnisverbot sollte verhindern, dass der Versicherungsnehmer dem Geschädigten zulasten des Versicherers eine Schadensersatzleistung zusagt, ohne dass dieser deren Berechtigung 819 Duve, in: Henssler/Koch, Mediation, § 5 Rn. 97; Kilian, VersR 2000, 942, 944; Hager, Konflikt und Konsens, S. 61 f. 820 Scheppokrat/Neu, VersR 2002, 397, 402 f.; Meyer, ZKM 2000, 123, 124; Grill, in: Häring, Chirurgie und Recht, S. 185, geht davon aus, dass in 50 % die Klagen aus finanziellen Gründen erhoben werden; Feix, Verankerung einvernehmlicher Streitbeilegung im Zivilprozessrecht, S. 203; Circhetta de Marrón, Alternative Streitschlichtung, S. 134; Kilian, VersR 2000, 942, hingegen führt eine Studie aus Großbritannien an, wonach nur 33 % der geschädigten Patienten ein Verfahren mit dem Ziel einer finanziellen Entschädigung durchführen. 821 Vgl. ausführlich zur Berufshaftpflichtversicherung des Arztes Katzenmeier/Brennecke, in: Wenzel, Handbuch FA Medizinrecht, Kap. 5; Katzenmeier, Arzthaftung, S. 194 ff. 822 Katzenmeier/Brennecke, in: Wenzel, Handbuch FA Medizinrecht, Kap. 5 Rn. 65 ff.; Prölss/Martin/Voigt/Kappmann, § 5 AHB a.F. (2002) Rn. 30. 823 Vgl. zu diesem Anerkenntnisverbot ausführlich Katzenmeier/Brennecke, in: Wenzel, Handbuch FA Medizinrecht, Kap. 5 Rn. 57 ff.; Johannsen, in: Beckmann/MatuscheBeckmann, Versicherungsrechtshandbuch, § 24 Rn. 90.
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7. Kap.: Weitere Möglichkeiten außergerichtlicher Streitbeilegung
dem Grunde oder auch der Höhe nach prüfen kann.824 Bei vorsätzlicher oder grob fahrlässiger Verletzung dieser Obliegenheit musste der Arzt gemäß Nr. 26.2 AHB 2004 mit einem Verlust seines Versicherungsschutzes rechnen. Konsequenz des Anerkenntnisverbotes war eine Einschränkung der Verhandlungsautonomie des Arztes durch seine Abhängigkeit von der Haftpflichtversicherung.825 In einer solchen Konstellation, in der der Gegenstand der Auseinandersetzung nicht in jeder Hinsicht der Dispositionsbefugnis der Parteien unterliegt, stellt sich ein Mediationsverfahren problematisch dar.826 Zwar war dem Arzt allein ein rechtliches Anerkenntnis untersagt, wahrheitsgemäße Sachverhaltsmitteilungen und eine Erörterung des Behandlungsgeschehens mit dem Patienten hingegen zulässig.827 Jedoch ist die Grenze zwischen rein tatsächlichen Erklärungen und einem rechtsgeschäftlichen Anerkenntnis im Sinne der versicherungsrechtlichen Definition oft schwer erkennbar.828 Unter diesen Umständen ist eine Zurückhaltung des Arztes in Mediationsgesprächen verständlich. 829 Seit einiger Zeit wurde daher kritisiert, dass Ärzte an sinnvoller Kommunikation und Beteiligung an informellen Mediationsverfahren durch „Quasi-Redeverbote“ der Haftpflichtversicherer gehindert werden. Es wurde angeregt, die Allgemeinen Versicherungsbedingungen für die Haftpflichtversicherer zu modifizieren.830 Auch der Gesetzgeber hat das Problem des Anerkenntnisverbotes erkannt, die am 1.1.2008 in Kraft getretene geänderte Fassung des Versicherungsvertragsgesetzes (VVG) sieht in § 105 vor: „Eine Vereinbarung, nach welcher der Versicherer nicht zur Leistung verpflichtet ist, wenn ohne seine Einwilligung der Versicherungsnehmer den Dritten befriedigt oder dessen Anspruch anerkennt, ist un-
824
Weidinger, MedR 2004, 289, 292. Scheppokrat/Neu, VersR 2002, 397, 403. 826 Duve, in: Henssler/Koch, Mediation, § 5 Rn. 27, 40; Meyer, ZKM 2000, 123, 124. 827 Sachverständigenrat für die konzertierte Aktion im Gesundheitswesen, Gutachten 2003 I, in: BT-Drucks. 15/530, S. 157; Uhlenbruck/Schlund, in: Laufs/Uhlenbruck, Handbuch des Arztrechts, § 22 Rn. 9; Katzenmeier/Brennecke, in: Wenzel, Handbuch FA Medizinrecht, Kap. 5 Rn. 59; Francke/Hart, in: Badura/Hart/Schellschmidt, Bürgerorientierung des Gesundheitswesens, S. 196; Weidinger, in: Wenzel, Handbuch FA Medizinrecht, Kap. 5 Rn. 150; ders., MedR 2004, 289, 292, für die DBV-Winterthur: In keinem einzigen Fall, in welchem der Arzt den Patient über einen möglicherweise haftungsbegründenden Sachverhalt informiert hat, habe DBV-Winterthur den Deckungsschutz abgelehnt. 828 Zu den Schwierigkeiten dieser Abgrenzung vgl. Katzenmeier/Brennecke, in: Wenzel, Handbuch FA Medizinrecht, Kap. 5 Rn. 59; Uhlenbruck/Schlund, in: Laufs/Uhlenbruck, Handbuch des Arztrechts, § 22 Rn. 10. 829 Hinweise, dass der Arzt im Zweifel vor Offenbarung von möglicherweise haftungsbegründenden Tatsachen mit dem Haftpflichtversicherer Rücksprache nehmen sollte, so Uhlenbruck/Schlund, in: Laufs/Uhlenbruck, Handbuch des Arztrechts, § 22 Rn. 10, zeugen von seiner eingeschränkten Verhandlungsbefugnis. 830 Sachverständigenrat für die konzertierte Aktion im Gesundheitswesen, Gutachten 2003 I, in: BT-Drucks. 15/530, S. 173, mit dem Hinweis, die Haftpflichtversicherer sollten ihre auf Abwehr legitimer Forderungen ausgerichtete Haltung ändern und sich an den Bemühungen um eine Schadensregulierung konstruktiv beteiligen. 825
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wirksam.“831 In den AHB 2007 ist ein Anerkenntnisverbot entsprechend nicht mehr vorgesehen. Ob sich die Ärzte durch diese Gesetzesneuerung zu offeneren Gesprächen ermutigt fühlen dürfen, oder ob sie nicht nach wie vor eher zurückhaltend in ihren Äußerungen sein werden, bleibt abzuwarten. Unabhängig von den Einschränkungen des Arztes in Gesprächen mit dem Patienten ergibt sich als weiteres Problem, dass die Entscheidung über die Ausgleichszahlung letztlich beim Haftpflichtversicherer liegt. Obwohl die eigentlichen Streitparteien Patient und Arzt sind, ist zur Schadensregulierung der Wille des Versicherers erforderlich und damit eine Anerkennung des Mediationsergebnisses durch diesen.832 Mediation ist in einer solchen Konstellation nur dann sinnvoll, wenn eine Chance besteht, dass die Versicherung an dem Verfahren teilnimmt oder dem Ergebnis zustimmt, nur dann kann das gefundene Einigungsergebnis umgesetzt werden.833 Grundsätzlich können Dritte an einer Mediation beteiligt werden.834 Ob der betroffene Haftpflichtversicherer einer solchen Beteiligung zustimmen oder jedenfalls nachher die erzielte Einigung anerkennen würde, ist äußerst fraglich. Eine Schadensregulierung durch den Versicherer wird jedenfalls auch in Zukunft wohl nur dann erfolgen, wenn die Haftungsfrage festgestellt ist oder jedenfalls eine sachverständige Begutachtung diesbezüglich eine realistische Einschätzung ermöglicht. Hier schließt sich ein weiteres wesentliches Problem einer Mediation in Arzthaftungssachen an: b) Einvernehmliche Streitregelung nicht hinsichtlich medizinischer Fachfrage Um eine Schadensregulierung durch den Haftpflichtversicherer des Arztes zu erreichen, ist folglich regelmäßig eine Aufklärung des Behandlungsgeschehens erforderlich. Insbesondere ist festzustellen, ob ein Behandlungsfehler des Arztes vorliegt.835 Hierzu ist medizinisches Fachwissen und in der Regel ein medizinisches Gutachten erforderlich. Eine solche fachliche Aufklärung ist kein Schwerpunkt eines Mediationsverfahrens und wird dort kaum möglich sein. Eine einvernehmliche Streitregelung im Stil einer Mediation ist bei der Antwort auf eine medizinische Fachfrage auch fehl am Platz, denn der ärztliche Behandlungsstandard, 831
Diese Regelung gilt für alle nach diesem Zeitpunkt geschlossenen Verträge. Auf laufende Verträge (Verträge, die bis zum 31. Dezember 2007 abgeschlossen wurden; Altverträge) findet bis zum 31. Dezember 2008 altes Recht Anwendung; danach gilt auch für diese Verträge das neue Recht. Zum entsprechenden Referentenentwurf vgl. Römer, VersR 2006, 865, 866; zum Regierungsentwurf vgl. Langheid, NJW 2006, 3317, 3320; vgl. auch Katzenmeier/Brennecke, in: Wenzel, Handbuch FA Medizinrecht, Kap. 5 Fn. 167. 832 Meyer, ZKM 2000, 123, 124: „Wer zahlt bestimmt.“; Duve, in: Henssler/Koch, Mediation, § 5 Rn. 40. 833 Duve, in: Henssler/Koch, Mediation, § 5 Rn. 40. 834 Duve, in: Henssler/Koch, Mediation, § 5 Rn. 89. 835 Zwar wird die Möglichkeit einer verschuldensunabhängigen Konfliktlösung als Stärke der Mediation angeführt, vgl. Stickelbrock, JZ 2002, 633, 642, eine solche kommt aber wohl kaum in Betracht, wenn der Gegenstand der Auseinandersetzung nicht der Dispositionsbefugnis der Parteien unterliegt.
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der als Maßstab zu dienen hat, ist nicht nach den subjektiven Gerechtigkeitsvorstellungen der jeweils Beteiligten festzustellen.836 Auch unter dem Aspekt der Schwierigkeit und Komplexität der Materie erscheint ein Mediationsverfahren in Arzthaftungssachen daher wenig geeignet.837 c) „Waffengleichheit“ im Arzt-Patient-Verhältnis Zur Sicherung einer gemeinverträglichen Lösung im Rahmen der Mediation bedarf es gleicher Verhandlungsmacht der Parteien, anderenfalls droht Verhandeln verzerrte Ergebnisse herbeizuführen.838 Die Verhandlungsmacht wird bestimmt von verschiedenen Faktoren: Sie kann abhängig sein von ökonomischen Ressourcen – eine bedürftige Partei ist im Schadensfall häufig auf einen schnellen und unter Umständen für sie nachteiligen Vergleich angewiesen. Auch der Informationsstand der Parteien kann in erheblicher Weise die Verhandlungspositionen beeinflussen. Zusätzlich beinhaltet die Persönlichkeitsstruktur der Verhandelnden einen Machtfaktor.839 Vor diesem Hintergrund erscheint es fraglich, ob eine gleichberechtigte Verhandlung zwischen Arzt und Patient möglich ist. Das Arzt-PatientVerhältnis ist gekennzeichnet durch ein Kompetenzgefälle in Bezug auf das medizinische Fachwissen, eine Rollenverteilung in der sich der Patient als Hilfesuchender und der Arzt als Autoritätsperson gegenüberstehen und nicht zuletzt auch hinsichtlich der häufig soziokulturellen Unterschiede.840 Typischerweise verfügt der Patient daher über weniger Verhandlungsmacht. Im gerichtlichen Verfahren wird diesem Machtungleichgewicht durch verfahrensrechtliche Besonderheiten Rechnung getragen, um so bestmöglich eine „Waffengleichheit“ herzustellen.841 Ob dies im Mediationsverfahren in dieser Form möglich ist, und ob sich hinsichtlich der besonderen Schwierigkeiten im Arzthaftungsrecht eine Mediation auf diesem Gebiet durchsetzen kann, erscheint fraglich.842
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Meyer, ZKM 2000, 123, 124. Scheppokrat/Neu, VersR 2002, 397, 403; Rehborn, MDR 2001, 1148, 1156; Feix, Verankerung einvernehmlicher Streitbeilegung im Zivilprozessrecht, S. 203; Circhetta de Marrón, Alternative Streitschlichtung, S. 134. 838 Breidenbach, Mediation, S. 101 ff., 248; Hager, Konflikt und Konsens, S. 72. 839 Hager, Konflikt und Konsens, S. 72 ff. 840 Vgl. dazu bereits Kap. 1 B. I. 2., S. 7 f., vgl. Francke/Hart, in: Badura/Hart/Schellschmidt, Bürgerorientierung des Gesundheitswesens, S. 195; Francke, Ärztliche Berufsfreiheit und Patientenrechte, S. 41; Katzenmeier, Arzthaftung, S. 9. 841 Zu nennen sind z.B. Besonderheiten des Beweisrechts und Aufweichungen des Verhandlungsgrundsatzes, vgl. dazu ausführlich Katzenmeier, Arzthaftung, S. 277 ff. 842 Rehborn, MDR 2001, 1148, 1156; Katzenmeier, ZKM 2005, 159, 160, führt an, wo ein unauflösliches Machtungleichgewicht zwischen den Parteien herrscht, seien gerichtliche Verfahren der Mediation vorzuziehen. 837
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d) Ergebnis In den überwiegenden Fällen, in denen es dem Patienten um einen finanziellen Ausgleich geht, ist Mediation nicht zielführend. Dies ergibt sich bereits daraus, dass typischerweise medizinische Fragen zu klären sind. Eine solche Klärung ist mit großem Aufwand verbunden und wird daher in einem Mediationsverfahren schwer möglich sein. Zudem bedingt die medizinische Fachmaterie ein schwer auszugleichendes Machtungleichgewicht der verhandelnden Parteien. Insbesondere die Tatsache, dass der Gegenstand der Auseinandersetzung nicht in jeder Hinsicht der Dispositionsbefugnis der Parteien unterliegt, sondern vielmehr der Haftpflichtversicherer über die Regulierung zu entscheiden hat, lässt eine Mediation in Arzthaftungsstreitigkeiten, die auf einen finanziellen Ausgleich gerichtet sind, als nicht geeignet erscheinen. 2. Kommunikation und Erklärung als Ziel des Patienten In vielen Fällen kommt es dem Patienten nicht auf einen finanziellen Ausgleich an. Motive für das Vorgehen gegen den Arzt sind vielmehr die Suche nach einer Erklärung für das Geschehene und das Bedürfnis nach einer angemessenen Entschuldigung.843 Hierauf wird bisher in der Praxis zu wenig eingegangen.844 Viele Patienten wären zu einer Streitbeilegung bereit, wenn der Arzt sein Vorgehen und die Ursachen des Behandlungsfehlers verständlich erklärte, Anteilnahme zeigte oder eine Entschuldigung ausspräche.845 Konfliktursache sind damit häufig allein die zwischen Arzt und Patient bestehenden Kommunikationsschwierigkeiten und die Unangemessenheit des ärztlichen Verhaltens.846 Die Gründe für solche Kommunikationsschwierigkeiten können unterschiedlich sein. Häufig trägt die Furcht des Arztes vor Autoritätsverlust dazu bei, dass Patienten eine Genugtuung in Form
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Franzki, MedR 2000, 464; Circhetta de Marrón, Alternative Streitschlichtung, S. 134; Kilian, VersR 2000, 942, 943, merkt an, auch der Gedanke an die Genugtuung im Falle der Feststellung eines ärztlichen Fehlers und die Vorstellung damit in gewisser Weise einen Sieg über „das medizinische Establishment“ zu erringen, könne Motiv des Patienten zur Klärung der Rechtslage sein; manchmal sei das Vorgehen gegen den Arzt auch lediglich ein Versuch, das erlittene Leid im Wege eines Schuldzuweisungsmechanismus in Verbindung mit einer bestimmten Person zu bringen. 844 Sachverständigenrat für die konzertierte Aktion im Gesundheitswesen, Gutachten 2003 I, in: BT-Drucks. 15/530, S. 157. 845 Ewig, in: Haft/Schlieffen, Handbuch Mediation, § 47 Rn. 71; Gottwald, Streitbeilegung ohne Urteil, S. 11; Kilian, VersR 2000, 942. 846 Laufs, in: Laufs/Uhlenbruck, Handbuch des Arztrechts, § 97 Rn. 7, führt an, dass Arzthaftpflichtprozesse nicht selten Ausdruck eines gestörten Vertrauensverhältnisses sind; Stegers, ZMGR 2006, 49, stellt heraus, dass Arzthaftungssachen häufig von Ohnmachtsgefühlen auf der einen, und dem Gefühl des unverstandenen Helfers auf der anderen Seite geprägt sind; vgl. auch Sachverständigenrat für die konzertierte Aktion im Gesundheitswesen, Gutachten 2003 I, in: BT-Drucks. 15/530, S. 157; Ewig, in: Haft/Schlieffen, Handbuch Mediation, § 47 Rn. 39; Franzki, MedR 2000, 464.
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einer bedauernden Anteilnahme und Aussprache verweigert wird.847 Insbesondere resultiert die Zurückhaltung des Arztes auch hier aus seiner vertraglichen Beziehung zum Haftpflichtversicherer: Es ist schwer absehbar, ob es dem Patienten tatsächlich nur um Kommunikation geht, oder ob dieser nicht letztlich doch finanziellen Ausgleich sucht.848 Letztlich bleibt damit die Sorge um einen Verlust des Versicherungsschutzes häufig ausschlaggebend für einen unbefriedigenden Verlauf von Gesprächen, wenn fälschlicherweise davon ausgegangen wird, dass eine Bekundung des Bedauerns oder eine Entschuldigung einem Schuldeingeständnis entspricht.849 Wichtig ist daher, dass den Ärzten durch die Haftpflichtversicherer ausreichend kommunikative Freiräume eingeräumt werden.850 In Konstellationen, in denen der Konflikt eher die Beziehungs- als die Sachebene betrifft und beide Parteien gesprächsbereit sind, kann allein das Ingangsetzen der Kommunikation ein entscheidender Schritt zur Streitbeilegung sein.851 Eine solche Wiederherstellung einer Kommunikation zwischen den Parteien im Sinne einer gemeinsamen Aufarbeitung des Problems kann unter Hinzuziehung neutraler Mediatoren ermöglicht werden.852 Hier kann dann auch die allgemein als 847
Sachverständigenrat für die konzertierte Aktion im Gesundheitswesen, Gutachten 2003 I, in: BT-Drucks. 15/530, S. 157. 848 Wie auf allen Gebieten auf denen Mediation durchgeführt wird, gilt es daher zu gewährleisten, dass der Arzt sich durch eine Informationspreisgabe nicht in einem sich anschließenden Prozess einem erhöhten Haftungsrisiko aussetzt; zwar gehört die Vertraulichkeit der Verhandlungen zu den grundlegenden Prinzipien der Mediation, vgl. Hartmann, in: Haft/Schlieffen, Handbuch Mediation, § 27; so auch geregelt im europäischen Verhaltenskodex für Mediatoren, vgl. European Code of Conduct for Mediators, abrufbar unter http://ec.europa.eu/civiljustice/adr/adr_ec_de.htm. Trotzdem wird auf Schutzlücken hingewiesen, vgl. Spindler, Gerichtsnahe Mediation, Rn. 123; Feix, Verankerung einvernehmlicher Streitbeilegung im Zivilprozessrecht, S. 203; mit diesem Problem beschäftigt sich auch der Richtlinienvorschlag des Europäischen Parlaments und des Rates über bestimmte Aspekte der Mediation: KOM(2004) 718, 2004/0251 (COD) vom 22.10.2004, am 9.11.2007 durch den Rat gebilligt, vgl. Pres/07/253. 849 Sachverständigenrat für die konzertierte Aktion im Gesundheitswesen, Gutachten 2003 I, in: BT-Drucks. 15/530, S. 157. 850 Vgl. dazu die obigen Ausführungen; vgl. auch Sachverständigenrat für die konzertierte Aktion im Gesundheitswesen, Gutachten 2003 I, in: BT-Drucks. 15/530, S. 157. 851 Röhl, Rechtssoziologie, S. 477; Francke/Hart, in: Badura/Hart/Schellschmidt, Bürgerorientierung des Gesundheitswesens, S. 196; Ewig, in: Haft/Schlieffen, Handbuch Mediation, § 47 Rn. 71; Sachverständigenrat für die konzertierte Aktion im Gesundheitswesen, Gutachten 2003 I, in: BT-Drucks. 15/530, S. 155; Bock, in: Berg/Ulsenheimer, Patientensicherheit, S. 239, bemängelt, dass in Krankenhäusern kein strukturiertes Zwischenfallmanagement unter juristischen Kriterien etabliert ist; Weizel, Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen, S. 6; Stegers, in: Arbeitsgemeinschaft Rechtsanwälte im Medizinrecht, Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen, S. 100, führt an, dass ein umsichtiges, auch den jenseits von materieller Kompensation liegenden Interessen der Beteiligten gerecht werdendes Schlichtungsverfahren das Verständnis von Arzt und Patient stärker fördern könnte als ein kontradiktorisches Verfahren. 852 Sachverständigenrat für die konzertierte Aktion im Gesundheitswesen, Gutachten 2003 I, in: BT-Drucks. 15/530, S. 155; Duve, in: Henssler/Koch, Mediation, § 5 Rn. 76; Ewig, in:
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Vorteil der Mediation angeführte Möglichkeit einer zügigen Konfliktbeilegung dieses Verfahren reizvoll erscheinen lassen.853 Geht es dem Patienten daher allein um Erklärung und Entschuldigung und nicht um einen finanziellen Ausgleich, erscheint sowohl aus Arzt- als auch aus Patientensicht die Mediation als Verfahren in Arzthaftungssachen grundsätzlich geeignet.854
III. Status Quo Mediation als routinemäßig angebotene Methode zur Streitbeilegung gibt es in keinem Ärztekammerbereich.855 Einzelne Kammergesetze sehen vor, dass Patienten bei Meinungsverschiedenheiten mit dem Arzt den Vorsitzenden des ärztlichen Kreisverbandes einschalten können. Dieses Angebot wird jedoch selten angenommen.856 Für die Bundesrepublik Deutschland gibt es daher keine aussagekräftigen Erfahrungswerte. In den USA und Großbritannien durchgeführte Studien zu Mediation in Arzthaftungssachen erbrachten enttäuschende Ergebnisse, hieraus lassen sich gewisse Rückschlüsse auch für Mediation in unserem Rechtssystem ziehen.857
Haft/Schlieffen, Handbuch Mediation, § 47 Rn. 72; Kilian, VersR 2000, 942, 947, der betont, dass der Effekt der Katharsis durch eine aktive Einbindung des Patienten als eigentlich Betroffenem in die Konfliktbeilegung erreicht werden kann. 853 Duve, in: Henssler/Koch, Mediation, § 5 Rn. 87; Kilian, VersR 2000, 942, 947. Allgemein zum Kosten-Nutzen-Effekt von Mediation: Eidenmüller, in: Breidenbach u.a, Konsensuale Streitbeilegung, S. 45, 49 ff., ein konkretes Rechenbeispiel findet sich auf S. 97 ff.: Mediation kann im Vergleich mit gerichtlichen Verfahren deutlich kostengünstiger sein. 854 Ewig, in: Haft/Schlieffen, Handbuch Mediation, § 47 Rn. 1; Kilian, VersR 2000, 942, 943; Circhetta de Marrón, Alternative Streitschlichtung, S. 134; R. Greiner/Henkel/Kranich, Wer soll schlichten, S. 39. 855 Scheppokrat/Neu, VersR 2002, 397, 402. 856 Scheppokrat/Neu, VersR 2002, 397, 402; Meyer, ZKM 2000, 123, 125, merkt an, das Verfahren werde selten und nur für Streitigkeiten von Ärzten untereinander in Anspruch genommen. 857 Scheppokrat/Neu, VersR 2002, 397, 402, und ausführlich Kilian, VersR 2000, 942, 944 f., die sich jeweils auf Studien zu Mediationsprojekten in Wisconsin (USA) und Großbritannien berufen: 1986 wurde im US Bundesstaat Wisconsin das „mandatory mediation panel system“ durchgeführt, wonach die Anspruchssteller zur Durchführung eines Mediationsverfahrens verpflichtet wurden. Die Erfahrungen mit diesem System waren enttäuschend, nur in 9 % der Fälle führte das Mediationsverfahren zu einer endgültigen Erledigung. Auch entsprechende in Großbritannien durchgeführte Pilotstudien aus dem Jahr 1995, bei denen von 40 durchgeführten Mediationsverfahren überhaupt nur 12 zu Ende geführt wurden, belegen, dass die Mediation in Arzthaftungssachen ein Akzeptanzproblem hat.
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7. Kap.: Weitere Möglichkeiten außergerichtlicher Streitbeilegung
IV. Ergebnis In der überwiegenden Zahl der Arzthaftungsstreitigkeiten, in denen der Patient einen finanziellen Ausgleich anstrebt, ist Mediation nicht zielführend. Hier gilt es die Haftungsfrage zu klären, um eine Regulierung durch den Haftpflichtversicherer zu erreichen. Genau dies haben sich die Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen bei den Ärztekammern zur Aufgabe gemacht, die in ihren Verfahren das Vorliegen eines Behandlungsfehlers prüfen. Einzig in Fällen, in denen es dem Patienten ausschließlich um Erklärung und Entschuldigung seitens des Arztes geht, erscheint Mediation geeignet und damit auch begrüßenswert, um den Konflikt der Parteien beizulegen. Es ist stets für den Einzelfall zu prüfen, welche Vorgehensweise zur Beseitigung des bestehenden Konfliktes am besten geeignet ist.858 Die tatsächlichen Motive der Parteien zu erkennen, gestaltet sich jedoch oftmals schwierig, erforderlich ist eine nähere Auseinandersetzung mit den Betroffenen. Erstrebenswert wäre daher ein Verfahren, das je nach Begehr der Parteien sowohl die Möglichkeit zur Kommunikation bietet als auch eine Begutachtung zur Klärung der Haftungsfrage ermöglicht. In diesem Zusammenhang wird angedacht, in die Verfahren vor den Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen mediative Elemente zu integrieren. Dies erscheint äußerst sinnvoll. Die ärztlichen Gütestellen haben sich als Einrichtungen zur außergerichtlichen Streitbeilegung in Arzthaftungssachen bewährt und werden von Arzt, Patient und insbesondere auch den Haftpflichtversicherern anerkannt. Im Wege einer individuellen Konfliktlösung sollen die Verfahren insgesamt zu einer Verbesserung des Arzt-Patient-Verhältnisses beitragen.859 Entsprechend dem in den Statuten definierten Ziel – der Erleichterung der Durchsetzung begründeter Ansprüche für den Patienten und der Zurückweisung unbegründeter Ansprüche für den Arzt –860 sind die Verfahren bestimmt durch eine bloße Prüfung des Vorliegens eines Behandlungsfehlers.861 Konflikte werden in der Praxis der Gütestel858
Ewig, in: Haft/Schlieffen, Handbuch Mediation, § 47 Rn. 66; Hager, Konflikt und Konsens, S. 51: Es ist anhand der Charakteristika des jeweiligen Verfahrens zu prüfen, wann und unter welchen Umständen das eine oder das andere Verfahren überlegen ist. 859 Vgl. Beschlussprotokoll des 103. Dt. Ärztetags, Drucks. I-3. 860 Vgl. § 1 Abs. 1 Statut Baden-Württemberg; § 1 Abs. 2 Statut Bayern; Präambel Statut Hessen; § 1 Abs. 1 Statut Norddt. SchlSt.; § 1 Abs. 2 Statut Nordrhein; § 1 Statut Rheinland Pfalz; § 1 Abs. 3 Statut Saarland; § 1 Abs. 2 Statut Sachsen; § 2 Statut WestfalenLippe. 861 Rehborn, MDR 2001, 1148, 1156, führt an, dass im Arzthaftungsrecht mit den ärztlichen Gütestellen „der Mediation ähnliche Instrumente zur Konfliktbeilegung“ bestehen, weist jedoch darauf hin, dass dort der Schwerpunkt auf einer medizinischen Begutachtung liegt; Ewig, in: Haft/Schlieffen, Handbuch Mediation, § 47 Rn. 54, 65, 70, kritisiert, von dem ursprünglichen Ziel einer Befriedung des Verhältnisses zwischen Arzt und Patient sei bei der Arbeit der Gütestellen nicht viel übrig geblieben, hier habe sich das Verfahren mehr und mehr auf eine bloße Prüfung des Behandlungsfehlers beschränkt; das Verfahren sei daher in gewisser Hinsicht degradiert auf die Feststellung objektiver Tatbestände und die Verfolgung von Schadensersatzforderungen.
C. Mediation in Arzthaftungssachen
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len daher nicht durch gegenseitiges Nachgeben beigelegt, zu einer Streitbeseitigung wird vielmehr durch Aufklärung und sachverständige Beurteilung des Sachverhalts beigetragen. Teilweise wird daher kritisiert, die Arbeit der Gütestellen ziele nicht auf eine Konfliktbeseitigung im größeren Kontext und auf ein wechselseitiges Verständnis zwischen Arzt und Patient ab.862 Berechtigt ist diese Kritik für die Fälle, in denen der Patient allein nach einer Kommunikation mit dem Arzt strebt. In den Fällen aber, in denen der Patient eine Aufklärung des Behandlungsgeschehens sucht und einen finanziellen Ausgleich anstrebt, ist eine Begutachtung die einzige Möglichkeit, um dessen Begehren gerecht zu werden und eine Regulierung durch den Haftpflichtversicherer zu erreichen. Als geeignete Möglichkeit, um für den jeweiligen Konfliktfall die beste Lösung zu finden, erscheint daher eine Aufnahme mediativer Elemente in das Schlichtungsverfahren. Den Verfahren grundsätzlich den Versuch einer Mediation vorzuschalten, erscheint ob der großen Zahl der Fälle, in denen ersichtlich allein ein finanzieller Ausgleich angestrebt wird, nicht sinnvoll.863 Wünschenswert wäre hingegen, in geeigneten Fällen mediative Elemente in das Gütestellenverfahren zu integrieren.864 Es bestünde die Möglichkeit, die regelmäßig ausschließliche Schriftlichkeit des Verfahrens aufzulösen und ein Gespräch zwischen Arzt und Patient einzugliedern, in dem fachkundige Mitglieder der Gütestellen vermitteln. Hierzu könnte die bereits in den Statuten vorgesehene Möglichkeit einer mündlichen Verhandlung dienen, die grundsätzlich zur Sachverhaltsaufklärung bestimmt ist, die aber auch in diesem Zusammenhang bislang in der Praxis der meisten Stellen kaum genutzt wird.865 Fälle, die für ein solches Vorgehen geeignet sind, sollten von den Mitgliedern der Gütestellen bestimmt werden.866 Ob ein solches Vorgehen in Anbetracht des großen organisatorischen Aufwandes praktikabel ist, gilt durch die Stellen zu entscheiden.867 Es wäre eine neue Herausforderung für die Gutach862
Ewig, in: Haft/Schlieffen, Handbuch Mediation, § 47 Rn. 65, 70; R. Greiner/Henkel/ Kranich, Wer soll schlichten, S. 39: In der Praxis ist das Schlichtungsverfahren durch Interessenkonkurrenz geprägt. 863 Dies betonen auch Scheppokrat/Neu, VersR 2002, 397, 403. 864 Ewig, in: Haft/Schlieffen, Handbuch Mediation, § 47 Rn. 72, der vorschlägt, ein Gespräch zwischen Arzt und Patient nach dem Austausch der ersten schriftlichen Stellungnahmen vorzusehen, das von einem Dritten geleitet wird. Auch Franzki, in: Arbeitsgemeinschaft Rechtsanwälte im Medizinrecht, Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen, S. 74, weist auf die starke Befriedungswirkung hin, die von einer mündlichen Verhandlung ausgehen kann. 865 Vgl. dazu bereits Kap. 5 B. II. 1., S. 108 ff. 866 Ewig, in: Haft/Schlieffen, Handbuch Mediation, § 47 Rn. 72. 867 Dem möglichen Gegenargument des Zeitaufwandes der Mediationsgespräche hält Ewig, in: Haft/Schlieffen, Handbuch Mediation, § 47 Rn. 72, entgegen, dass sich so die Stellen auf schwierige Fälle konzentrieren könnten und sich die Verfahrensdauer verkürzen würde, wenn nur in einem Fünftel der Fälle durch ein solches Gespräch ohne Befassung der gesamten Kommission die Angelegenheit erledigt würde. Wenn Laum/Beck, Rh. ÄBl. 1/2001, 9, 11, für die Gutachterkommission Nordrhein anführen, ein Vorteil einer mündlichen Erörterung mit den Parteien könne sich dann ergeben, wenn es gelänge, Patienten in Fällen in denen ein Behandlungsfehler nicht vorliegt, im Termin zur Rücknahme ihres An-
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7. Kap.: Weitere Möglichkeiten außergerichtlicher Streitbeilegung
terkommissionen und Schlichtungsstellen, deren Umsetzung den Interessen von Ärzten und Patienten gleichermaßen diente.
D. Gerichtsverbundene Streitbeilegung Auch der Gesetzgeber hat eine Stärkung des Schlichtungsgedankens angestrebt. Zur Verankerung gerichtsnaher Streitbeilegungsformen im Zivilprozess wurde im Rahmen des am 1. Januar 2000 in Kraft getretenen Gesetzes zur Förderung der außergerichtlichten Streitbeilegung § 278 ZPO neu gefasst. Gemäß § 278 Abs. 5 S. 2 ZPO hat der Richter die Möglichkeit, den Parteien während des Gerichtsverfahrens eine außergerichtliche Streitschlichtung vorzuschlagen.868 So sollen Fenster zur alternativen Streitbeilegung innerhalb des Gerichtsverfahrens geschaffen werden.869 Haben sich die Parteien zur Durchführung eines solchen Verfahrens entschieden, hat das Gericht das Ruhen des Gerichtsverfahrens anzuordnen.870 Das Bemühen um eine gütliche Einigung der Parteien wird zur wesentlichen Aufgabe des Gerichts erklärt, in der sich der Rechtsfriedenszweck des Zivilprozesses widerspiegelt.871 Schon vor Schaffung des § 278 Abs. 5 S. 2 ZPO wurde nach Möglichkeiten einer gerichtsverbundenen Streitbeilegung gesucht.872 Aus dem ameri-
trags zu bewegen, dann kann eine mündliche Erörterung vielleicht erst recht in Fällen vorteilhaft sein, in denen man die Patienten zur Streitbeilegung bringen kann, ohne überhaupt ein Gutachten einholen zu müssen. 868 Zu den Möglichkeit einer solchen gerichtsverbundenen Streitbeilegung vgl. MüKoZPO/Prütting, ZPO-Reform, § 278 Rn. 28; Hager, Konflikt und Konsens, S. 94 ff., für das deutsche Recht S. 99; Katzenmeier, ZZP 115 (2002), 89 ff.; ders., ZKM 2005, 159, 160; Wesche, ZRP 2004, 49, 51; Duve, AnwBl. 2004, 1, 4; Schneeweiß, DRiZ 2002, 107 ff.; Wagner, JZ 1998, 836, 843 f.; Prütting, AnwBl. 2000, 273, 276 ff.; Stadler, NJW 1998, 2479, 2487; Greger, ZRP 1998, 183. Die Bedeutung dieser Gesetzesneuerung zeigt sich im Richtlinienvorschlag des Europäischen Parlaments und des Rates über bestimmte Aspekte der Mediation: KOM(2004) 718, 2004/0251 (COD) vom 22.10.2004, am 9.11.2007 durch den Rat gebilligt, vgl. Pres/07/253: Ziel ist die Sicherstellung eines besseren Zugangs zum Recht. Insbesondere sollen Verbindungen zwischen Mediation und traditionellen Zivilverfahren geschaffen werden; vgl. dazu Art. 3 Nr. 1 der Richtlinie, wonach in den Rechtsordnungen gewährleistet sein soll, dass das Gericht die Parteien zur Durchführung der Mediation auffordern kann. 869 Ausführlich zur gerichtsnahen Mediation Spindler, Gerichtsnahe Mediation; Feix, Verankerung einvernehmlicher Streitbeilegung im Zivilprozessrecht, S. 231 ff.; W. Gottwald, in: Haft/Schlieffen, Handbuch Mediation, § 17; Tossen, in: Haft/Schlieffen, Handbuch Mediation, § 18; Ponschab/Kleinhenz, DRiZ 2002, 430, 431. 870 Dies ergibt sich aus der Verweisung in § 278 Abs. 5 S. 3 ZPO auf § 251 ZPO. Ist für den Richter erkennbar, dass der außergerichtliche Einigungsversuch erfolglos bleibt, wird die gerichtliche Verhandlung fortgesetzt, vgl. Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, § 278 Rn. 43. 871 MüKo-ZPO/Prütting, ZPO-Reform, § 278 Rn. 1. 872 Prütting, AnwBl. 2000, 273, 275 f; Gottwald, AnwBl. 2000, 265, 267 ff.
D. Gerichtsverbundene Streitbeilegung
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kanischen Recht stammt die Idee des „Multidoor-Courthouse“.873 Nach diesem Modell untersucht das Gericht Streitfälle anhand verschiedener Kriterien und stellt fest, ob sich ein Verfahren alternativer Streitbeilegung anbietet.874 Auch im deutschen Recht wird seit längerer Zeit nach Möglichkeiten gesucht, trotz eines laufenden Streitverfahrens eine außergerichtliche Beendigung des Konflikts zu fördern.875 Seit Einführung des § 278 Abs. 5 S. 2 ZPO ist diese Möglichkeit nun ausdrücklich gesetzlich vorgesehen. Bevorzugte Verfahrensart ist dabei die Mediation.876 Der Gesetzgeber hat jedoch auch an andere Streitschlichtungsverfahren gedacht, die Anrufung einer Gütestelle ist ebenfalls möglich.877 Es ist im Einzelfall zu entscheiden, welche Form der Konfliktbeilegung geeignet ist, der Richter hat bezüglich seines Vorschlags Ermessen.878 In der Praxis hat § 278 Abs. 5 S. 2 ZPO zunächst nur geringe Bedeutung erlangt,879 in jüngerer Zeit scheint das Verfahren nun nachhaltiger aktiviert zu werden.880 Dies ist wünschenswert, denn das Verfahren bietet die Möglichkeit, gezielt solche Streitigkeiten auf den Weg des Güteverfahrens zu bringen, die sich hierfür auch tatsächlich eignen.881 Besonders zweckmäßig ist es, die zur alternativen Streitbeilegung geeigneten Konflikte in einem möglichst frühen Prozessstadium den außergerichtlichen Verfahren zuzuführen.882 Damit die Norm verstärkt Anwendung findet, müssen die Richter über Verfahren
873 Zu dieser von Frank Sander vor über 20 Jahren vorgestellten Idee vgl. Tossen, in: Haft/Schlieffen, Handbuch Mediation, § 18 Rn. 70; Gottwald, AnwBl. 2000, 265, 271; Wesche, ZRP 2004, 49, 51; Hager, Konflikt und Konsens, S. 60. 874 Sander, in: Gottwald/Strempel, Streitschlichtung, S. 31, 37 ff. 875 Prütting, AnwBl. 2000, 273, 275 f; Schuster, in: Blankenburg/Gottwald/Strempel, Alternativen in der Ziviljustiz, S. 195. Auch vor Einführung des § 278 Abs. 5 ZPO wurde hierzu auf § 251 ZPO zurückgegriffen, wonach das Gericht bei einem Antrag beider Parteien ein Ruhen des Verfahrens anzuordnen hat, vgl. dazu Prütting, AnwBl. 2000, 273, 277; Gottwald, AnwBl. 2000, 265, 271. 876 Gesetzentwurf der Bundesregierung vom 24.11.2000, BT-Drucks. 14/4722, S. 84. 877 MüKo-ZPO/Prütting, ZPO-Reform, § 278 Rn. 28; Musielak/Foerste, § 278 Rn. 14; Gottwald, AnwBl. 2000, 265, 269 f.; Schneeweiß, DRiZ 2002, 107; Foerste, NJW 2001, 3103, 3104. 878 Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, § 278 Rn. 40; Schneeweiß, DRiZ 2002, 107. In der Praxis könnten geschulte Mitarbeiter des Gerichts (Rechtspfleger, Richter) eine Empfehlung zum bestgeeignetsten Weg aussprechen, vgl. Wesche, ZRP 2004, 49, 50. 879 Greger, NJW 2007, 3258, 3260; Greger, JZ 2004, 805, 807; Gottwald/Treuer, Verhandeln und Vergleichen, S. 70; Greger, DRiZ 2005, 28, 30; Eisele, Jura 2003, 656, 663; Tossen, in: Haft/Schlieffen, Handbuch Mediation, § 18 Rn. 69 ff.; Gottwald, AnwBl. 2000, 265, 271; Wesche, ZRP 2004, 49, 55. 880 Zu neuen Ansätzen der Aktivierung vgl. die Nachweise bei Greger, NJW 2007, 3258, 3260. 881 So auch Katzenmeier, ZZP 115 (2002), 51, 89; Stickelbrock, JZ 2002, 633, 643. 882 Greger, NJW 2007, 3258, 3261, regt an, den Parteien bereits bei der Klagezustellung eine Informationsbroschüre zukommen zu lassen; Spindler, AnwBl. 2007, 655, plädiert für eine Regelung der gerichtsnahen Mediation im DRiG.
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7. Kap.: Weitere Möglichkeiten außergerichtlicher Streitbeilegung
der außergerichtlichen Konfliktbeilegung und deren Vorteile besser informiert werden.883 Um die Potential des § 278 Abs. 5 Satz 2 ZPO bestmöglich nutzen zu können, wird sogar teilweise erwogen, den Richtern weiter reichende Kompetenzen einzuräumen. So wird eine Erweiterung des bloßen Vorschlagsrechts angedacht, nämlich eine Befugnis zur Anordnung eines außergerichtlichen Schlichtungsverfahrens.884 Als weniger weitgehende Maßnahme wird die Möglichkeit zur Anordnung der Teilnahme an einem Informationsgespräch über Mediation vorgeschlagen.885 Auch wird die Schaffung mittelbarer Anreize, etwa in Form von Kostennachteilen für die sich ohne stichhaltigen Grund weigernde Partei angedacht.886 Ein erster Schritt wäre bereits eine ausführliche, durch die Richter erfolgende Information der Parteien über die Möglichkeit einer Umleitung ins außergerichtlichen Verfahren.887 Von der durch § 278 Abs. 5 S. 2 ZPO geschaffenen Möglichkeit einer Umlenkung vom gerichtlichen zum außergerichtlichen Verfahren unterscheiden sich die seit einiger Zeit in mehreren Bundesländern erprobten Modelle einer gerichtsinternen alternativen Streitbeilegung.888 Hier erfolgt ein Umlenken des ursprünglichen Entscheidungsverfahrens in ein durch einen „ersuchten Richter“ durchgeführtes Vermittlungsverfahren. Das Bestreben, justizintern die Verfahrensabläufe so zu optimieren, dass alle sinnvollen Möglichkeiten einer konsensualen Konfliktlösung ausgeschöpft werden, verdient Zustimmung. Dieses Vorgehen wird daher von Experten durchaus als sinnvoll erachtet.889
883
Greger, JZ 2002, 1020, 1028. Vgl. Greger, NJW 2007, 3258, 3261. 885 Vgl. Greger, NJW 2007, 3258, 3262, mit Hinweis auf eine entsprechende Diskussion einer solchen Möglichkeit in Scheidungssachen nach § 135 Abs. 1 FamFG-E, BR-Dr. 309/07. 886 Greger, NJW 2007, 3258, 3262; Althammer, JZ 2006, 69, 73 f., mit Hinweis auf das im Jahr 1998 neu gefasste englische Zivilprozessrecht, Rule 44.3 CPR; Spindler, AnwBl. 2007, 655, 658 f. 887 Angedacht wird eine dahingehende Konkretisierung des § 278 V, vgl. Katzenmeier, ZKM 2005, 159, 160; Spindler, Gerichtsnahe Mediation, Rn. 50 f. 888 Übersicht über die Projekte auf der Homepage des Bundesministeriums der Justiz bmj.bund.de (Suchwort: Gerichtsnahe Mediation in den Bundesländern). Zu den insgesamt positiven Ergebnissen einzelner Modellversuche vgl. Greger, Abschlussbericht zur Evaluation des Modellversuchs Güterichter in Bayern, 2007; vgl. auch Spindler, Gerichtsnahe Mediation in Niedersachsen, Abschlussbericht, 2006. 889 Vgl. z.B. Greger, NJW 2007, 3258, 3262; zu den versch. Möglichkeiten einer Integration von Mediation in den Zivilprozess Löer, ZZP 119 (2006), 199, 202 ff. zurückhaltend aber Feix, Verankerung einvernehmlicher Streitbeilegung im Zivilprozessrecht, 2004, S. 231 ff. Zur Notwendigkeit einer Trennung von Vermittlungs- und Entscheidungsfunktion Prütting, AnwBl. 2000, 273, 276; Katzenmeier, ZZP 115 (2002), 51, 90 f.; eine gesetzliche Regelung strebt die Bundesratsinitiative der bayrischen Landesregierung (BR-Drucks. 747/04) durch Einführung eines separaten „Güterichters“ an. 884
D. Gerichtsverbundene Streitbeilegung
167
Auch bei Verfahren in Arzthaftungsstreitigkeiten könnten die aufgezeigten Wege einer gerichtsnahen oder sogar gerichtsinternen alternativen Streitbeilegung für alle Beteiligten Vorteile bieten. Das Potential der alternativen Verfahren kann so jeweils in Zusammenarbeit mit den Gerichten genutzt werden. Unter dem Gesichtspunkt einer außergerichtlichen Streitbelegung in Zusammenarbeit mit den ärztlichen Gütestellen kann insbesondere § 278 Abs. 5 S. 2 ZPO neue Möglichkeiten eröffnen:890 Das so geschaffene Fenster zur außergerichtlichen Streitbeilegung innerhalb des gerichtlichen Verfahrens bietet die Möglichkeit einer engen Zusammenarbeit zwischen den Gerichten und den Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen. Die Handhabe, dass die vom Richter als geeignet erachteten Arzthaftungsfälle mit Zustimmung von Arzt und Patient einer außergerichtlichen Streitbeilegung zugeführt werden, verspricht große Erfolgschancen für eine Beilegung des Konflikts. Der Vorschlag des Richters könnte das Vertrauen der Parteien in das außergerichtliche Verfahren stärken und so als attraktive Option erscheinen lassen. Problematisch an dem Konzept einer gerichtsverbundenen Streitbeilegung in Zusammenarbeit mit den Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen ist bislang jedoch, dass die Verfahrensordnungen der Gütestellen die Behandlung solcher Streitigkeiten ausschließen, bei denen der Rechtsstreit bereits anhängig ist.891 Im Hinblick auf § 278 Abs. 5 ZPO sollten die Gütestellen daher eine Änderung ihrer Statuten erwägen,892 um so eine enge Zusammenarbeit mit den Gerichten zu ermöglichen und damit den Gedanken außergerichtlicher Streitbeilegung zu stärken.
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Monßen, AnwBl. 2004, 7, 8, hält das Gebiet des Arzthaftungsrechts für geeignet für einen Vorschlag durch den Richter zur außergerichtlichen Streitschlichtung. 891 Vgl. § 3 Abs. 2b Statut Baden-Württemberg; § 4 Abs. 1 Statut Bayern; § 2 Abs. 2 Statut Hessen; § 2 Abs. 3a Statut Norddt. SchlSt.; § 3 Abs. 4c Statut Nordrhein; § 7 Statut Rheinland-Pfalz § 3 Abs. 5b Statut Saarland; § 1 Abs. 5 Statut Sachsen; § 4 Abs. 4a Statut Westfalen-Lippe. Teilweise wird diese Bestimmung durch die Stellen dahin ausgelegt, dass diese tätig werden können, wenn das Gerichtsverfahren ruht, vgl. Kohnle, DRiZ 1983, 140, 142, der dies vor dem Hintergrund der Verjährung diskutiert; Matthies, Anmerkung zu LG Aurich 6 O 58/84, NJW 1986, 792, 793. 892 U. Schmidt, in: Prütting, Außergerichtliche Streitbeilegung, Rn. 769.
8. Kapitel: Schlussbetrachtung A. Zusammenfassung der wesentlichen Ergebnisse I. Als wesentlicher Vorteil außergerichtlicher Streitbeilegungsverfahren ist aus rechtspolitischer Sicht unter ökonomischen Gesichtspunkten eine Entlastung der Gerichte anzuführen. Unter rechtssoziologischen Aspekten ist insbesondere auf einen leichteren Zugang zu diesen Verfahren sowie deren Potential zur endgültigen Konfliktbeilegung hinzuweisen. Diese Überlegungen gelten in besonderer Weise auch für Arzthaftungsstreitigkeiten: Die hohe Zahl der Klagen, häufig lang andauernde und undurchsichtige Gerichtsverfahren und die Komplexität des Streitstoffs lassen Formen alternativer außergerichtlicher Streitbeilegung zweckmäßig erscheinen. II. Die seit über 30 Jahren bestehenden Gutacherkommissionen und Schlichtungsstellen sind die bedeutendsten Stellen außergerichtlicher Streitbeilegung in Arzthaftungssachen. Es existieren neun Gütestellen, die jeweils bei den Ärztekammern angesiedelt, jedoch organisatorisch von diesen getrennt sind und deren Zuständigkeit flächendeckend für das Bundesgebiet besteht. Die Entscheidungsgremien sind mit Ärzten und Juristen besetzt. Das Verfahren ist bestimmt durch den Grundsatz der Freiwilligkeit, der Unverbindlichkeit und der Gebührenfreiheit. Diese Grundsätze sind unerlässlich. Insbesondere eine obligatorische Durchführung der Verfahren wäre nicht zielführend, sie ist nicht mit dem Zweck einer einvernehmlichen Konfliktbeseitigung vereinbar und liefe auf einen Verlust an Rechtsstaatlichkeit hinaus. III. Ein Verfahren vor einer Gütestelle wird durch Antrag eingeleitet. An diesen Antrag werden in formaler Hinsicht keine hohen Anforderungen gestellt. Die Verfahren sind kostenfrei. Für die Parteien sind die Stellen daher ohne hohe Zugangsbarrieren leicht zugänglich. Die Gütestellen bieten in einem im Vergleich zum Gerichtsverfahren kostengünstigeren und informelleren Verfahren mittels einer sachverständigen Begutachtung Unterstützung bei der Beilegung von Streitigkeiten. IV. Die Akzeptanz der Voten ist groß: Wiederholte Evaluationen einiger Stellen haben ergeben, dass die außergerichtliche Befriedungsquote, bei der ein Gerichtsverfahren vermieden werden konnte, bei nahezu 90 % liegt. Auch die Anerkennungsquote der Gutachten durch einzelne Haftpflichtversicherer liegt bei 87 %. Diese Zahlen sind ein Indiz für die Qualität sowie die hohe Akzeptanz der Entscheidungen der Gütestellen. V. Die Antragszahlen sind seit Gründung der Stellen stetig angestiegen. Seit dem Jahr 2000 hat sich die Zahl auf einem hohen Niveau bei 10.000 bis 11.000 Anträgen pro Jahr stabilisiert. Bundesweit ist für das Jahr 2006 eine haftungsbegründende Erfolgsquote von 23,4 % sowie eine medizinische Fehlerquote von 29,5 % gegeben. Die Durchschnittsverfahrensdauer konnte in den letzten Jahren verkürzt werden, bei den meisten Stellen liegt sie aber noch über einem Jahr.
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8. Kap.: Schlussbetrachtung
VI. Die Parteien können sich in den Verfahren anwaltlich vertreten lassen, dies geschieht auf Patientenseite in etwa 50 % der Fälle. Rechtsbeistand ist nicht erforderlich, kann aber in Einzelfällen hilfreich sein. Durch die Neuregelung der Gebührenvorschriften für anwaltliche Tätigkeit durch das RVG kann der Anwalt für eine Vertretung im Rahmen eines Gütestellenverfahrens bei entsprechendem Arbeitsaufwand insgesamt höhere Gebühren als nach der vormaligen BRAGO berechnen. VII. Die Verfahren der Gütestellen werden systematisch erfasst und ausgewertet. Die Daten werden in einer bundeseinheitlichen Statistik zusammengeführt. Seit dem Jahr 2006 erfolgt dies mittels eines neu entwickelten Systems, das die Daten anhand einheitlicher Parameter erfasst. Durch eine umfassende Auswertung der Verfahren reflektieren die Gütestellen ihre Arbeit, sie legen ihre Ergebnisse offen und sorgen für Transparenz der Verfahren. Gleichzeitig leisten sie durch die Auswertung und Zusammenführung der Daten einen wesentlichen Beitrag zur Medizinschadensforschung, zur Entwicklung von Fehlervermeidungsstrategien und damit zur Qualitätssicherung im Gesundheitswesen. VIII. Durch das Gütestellenverfahren wird der Rechtsweg zu den Gerichten nicht ausgeschlossen, es können sich jedoch unter verschiedenen Gesichtspunkten Auswirkungen auf ein sich anschließendes Gerichtsverfahren ergeben: 1. Das außergerichtliche Verfahren kann ausschlaggebend für den Beginn der Verjährung gemäß §§ 195, 199 BGB sein. Gleichzeitig ergibt sich eine Verjährungshemmung nach § 203 S. 1 BGB sowie § 204 Abs. 1 Nr. 4 BGB. 2. Die Gewähr von Prozesskostenhilfe in einem Gerichtsverfahren darf nicht von der vorangegangenen Durchführung eines Verfahrens vor einer ärztlichen Gütestelle abhängig gemacht werden. 3. Rechtlich hat die Entscheidung der außergerichtlichen Stellen für die Gerichte keine Bindungswirkung. Eine Einbringung des Gutachtens in den Prozess kann jedoch im Wege eines Urkundsbeweises erfolgen, hieraus kann sich eine faktische Bindungswirkung ergeben. 4. Vom Grundsatz der obligatorischen Güteverhandlung gemäß § 278 Abs. 2 ZPO kann durch ein vorheriges Anrufen einer ärztlichen Gütestelle eine Ausnahme bestehen, dies ergibt sich aus § 278 Abs. 2 S. 1 ZPO. IX. Die den Gütestellen unter verschiedenen Gesichtspunkten entgegengebrachte Kritik war und ist Anlass für eine stetige Verbesserung der Verfahren. Insbesondere die Erarbeitung der Eckpunkte zur Verbesserung der Verfahrensabläufe durch die Ständige Konferenz der Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen zeugt von Kritikfähigkeit und Problembewusstsein. Die Gütestellen haben, wo erforderlich, in den letzen Jahren neue Statuten erlassen, in denen viele der Verbesserungsvorschläge eingebracht sind. Zahlreiche den Stellen entgegengebrachte Vorwürfe sind in ihrer Pauschalität nicht mehr berechtigt. Insbesondere ist die Objektivität der Stellen und die Qualität der Gutachten grundsätzlich gewährleistet.
A. Zusammenfassung der wesentlichen Ergebnisse
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X. In einzelnen Punkten ist Kritik nach wie vor angezeigt, diese sollte Anreiz zur weiteren Verfahrensoptimierung sein: 1. Hinsichtlich einer Einbeziehung der Parteien in das Verfahren sind bei einigen Stellen weitere Verbesserungen denkbar. Von der Möglichkeit einer mündlichen Anhörung sollte, falls erforderlich, Gebrauch gemacht werden. 2. In allen Verfahrensordnungen sollte ein zweistufiges Verfahren mit der Möglichkeit zum Widerspruch durch die Parteien und zur internen Fehlerkorrektur eingeführt werden. 3. Eine Beteiligung von Patientenvertretern im Sinne eines Vorschlagsrechts bei der Besetzung der Entscheidungsgremien ist zur Sicherung der Patientenrechte nicht unbedingt erforderlich, könnte jedoch insgesamt die Akzeptanz der Stellen erhöhen. 4. Die derzeitige Verfahrensdauer wird trotz deutlicher Verbesserungen dem Anspruch einer schnellen Streitbeilegung nicht immer gerecht. Die seitens der Stellen vorgebrachten Praktikabilitätseinwände mögen berechtigt sein, dennoch ist weiterhin eine Verbesserung anzustreben. XI. Mediation als Verfahren alternativer Streitbeilegung in Arzthaftungssachen ist in Streitigkeiten, in denen der Patient einen finanziellen Ausgleich anstrebt, nicht zielführend. Geht es dem Patienten hingegen ausschließlich um Kommunikation und Erklärung, kann Mediation sinnvoll zur Konfliktbeilegung beitragen. Erstrebenswert ist daher ein Verfahren, das je nach Begehr der Parteien sowohl die Möglichkeit zur Kommunikation als auch zur Begutachtung und Klärung der Haftungsfrage bietet. Ein solches könnte durch Integration mediativer Elemente in die Verfahren vor den ärztlichen Gütestellen geschaffen werden, in geeigneten Fällen könnten dort Mediationsgespräche zwischen Arzt und Patient stattfinden. Dies wäre eine neue Herausforderung für die Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen, deren Umsetzung den Interessen von Ärzten und Patienten gleichermaßen diente. XII. Die durch Einführung des § 278 Abs. 5 S. 2 ZPO geschaffene Möglichkeit, den Parteien während des Gerichtsverfahrens eine außergerichtliche Streitschlichtung vorzuschlagen, könnte in Arzthaftungsverfahren Gelegenheit zur engen Zusammenarbeit zwischen Gerichten und Gütestellen bieten. Um dies zu ermöglichen, sollten die Stellen eine Änderung ihrer Statuten erwägen, die bislang die Behandlung solcher Streitigkeiten ausschließen, bei denen ein Rechtsstreit anhängig ist.
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8. Kap.: Schlussbetrachtung
B. Fazit Der Gang vor Gericht sollte für die Parteien in Arzthaftungsstreitigkeiten die Ausnahme sein.893 Das Bewusstsein dafür zu stärken, erst nach Fehlschlagen aller Einigungsversuche als letzte Möglichkeit ein gerichtliches Verfahren anzustreben, ist rechtspolitisch wie rechtssoziologisch wünschenswert.894 Hierzu dient ein ausdifferenziertes Angebot unterschiedlicher Konfliktbewältigungsverfahren.895 Vor diesem Hintergrund werden die Verdienste der Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen deutlich: Seit über drei Jahrzehnten haben sich diese Gütestellen als Einrichtungen zur außergerichtlichen Streitbeilegung in Arzthaftungssachen bewährt. Dem Ziel, durch objektive Begutachtung ärztlichen Handelns dem Patienten die Durchsetzung begründeter Ansprüche und dem Arzt die Zurückweisung unbegründeter Ansprüche zu erleichtern, werden die Stellen gerecht. Entwickelt wurde ein im Vergleich zum Gerichtsverfahren kostengünstigeres und informelleres Verfahren, das den Beteiligten in Arzthaftungsstreitigkeiten Unterstützung zur Beilegung des Konflikts bietet. Die „friedensstiftende Funktion“ und „entspannende Wirkung“ der ärztlichen Gütestellen wird heute ganz überwiegend erkannt. Trotz verbleibender Kritik in einzelnen Punkten verdienen die Leistungen der Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen Anerkennung.896 Die Gütestellen sind auf dem Gebiet der Arzthaftung im deutschen Rechtssystem verankert und bieten mit ihren Verfahren eine sinnvolle ergänzende Alternative zum Gerichtsverfahren. Ein solches Nebeneinander von außergerichtlicher und gerichtlicher Streitentscheidung sollte beibehalten werden. 897
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Sachverständigenrat für die konzertierte Aktion im Gesundheitswesen, Gutachten 2003 I, in: BT-Drucks. 15/530, S. 172. 894 Raiser, Das lebende Recht, S. 298; Stickelbrock, JZ 2002, 633. 895 Katzenmeier, ZZP 115 (2002), 51, 86; Hoffmann-Riem, in: FS Blankenburg, S. 649, 660. 896 Vgl. statt vieler Weizel, Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen, S. 220; Eberhardt, Selbstverständnis, Anspruch und Verfahrenspraxis, S. 383; Matthies, Schiedsinstanzen im Bereich der Arzthaftung, S. 211; Ulsenheimer, in: Laufs/Uhlenbruck, Handbuch des Arztrechts, § 113 Rn. 16; Laufs, Arztrecht, Rn. 545 ff.; Soergel/Spickhoff, § 823 Anh I Rn. 266; im Ergebnis auch Francke/Hart, Ärztliche Verantwortung und Patienteninformation, S. 125; vgl. auch bereits Prütting, in: Jung, Alternativen zur Strafjustiz, S. 245, 254. 897 So auch Taupitz, ZRP 1997, 161, 164; Stadler, NJW 1998, 2479, 2487. Allgemein zur außergerichtlichen Streitbeilegung: Hager, Konflikt und Konsens, S. 51; Hoffmann-Riem, in: FS Blankenburg, S. 649, 660; Katzenmeier, ZZP 115 (2002), 51, 86.
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Adressen der Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen Gutachterkommissionen im Bereich der Landesärztekammer Baden-Württemberg bei den Bezirksärztekammern Gutachterkommission bei der Bezirksärztekammer Nordwürttemberg Jahnstraße 32 70597 Stuttgart Tel.: 0711/76981-0 Gutachterkommission bei der Bezirksärztekammer Nordbaden Keßlerstraße 1 76185 Karlsruhe Tel.: 0721/5961-0 Gutachterkommission bei der Bezirksärztekammer Südbaden Sundgauallee 27 79114 Freiburg Tel.: 0761/884-0 Gutachterkommission bei der Bezirksärztekammer Südwürttemberg Haldenaustraße 11 72770 Reutlingen Tel.: 07121/917-0 Gutachterstelle für Arzthaftungsfragen bei der Bayerischen Landesärztekammer Mühlbaurstraße 16 81677 München Tel.: 089/4147-722/724 Gutachter- und Schlichtungsstelle bei der Landesärztekammer Hessen Im Vogelsgesang 3 60488 Frankfurt Tel.: 069/97672-161/162 Gutachterkommission für ärztliche Behandlungsfehler bei der Ärztekammer Nordrhein Tersteegenstraße 9 40474 Düsseldorf Tel.: 0211/4302-1214
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Schlichtungsausschuss zur Begutachtung ärztlicher Behandlungen bei der Landesärztekammer Rheinland-Pfalz Deutschhausplatz 3 55116 Mainz Tel.: 06131/28822-46/45 Gutachterkommission für Fragen ärztlicher Haftpflicht bei der Ärztekammer des Saarlandes Faktoreistraße 4 66111 Saarbrücken Tel.: 0681/4003-285 Gutachterstelle für Arzthaftungsfragen der Sächsischen Landesärztekammer Schützenhöhe 16 01099 Dresden Tel.: 0351/8267-426 Gutachterkommission für ärztliche Haftpflichtfragen bei der Ärztekammer Westfalen-Lippe Gartenstraße 210–214 48147 Münster Tel.: 0251/9292350 Schlichtungsstelle für Arzthaftpflichtfragen der norddeutschen Ärztekammern Hans-Böckler-Allee 3 30173 Hannover Tel.: 0511/38 02 416/420 in der die folgenden Ärztekammern zusammengeschlossen sind: • Ärztekammer Berlin • Landesärztekammer Brandenburg • Ärztekammer Bremen • Ärztekammer Hamburg • Ärztekammer Mecklenburg-Vorpommern • Ärztekammer Niedersachsen • Ärztekammer Sachsen-Anhalt • Ärztekammer Schleswig-Holstein • Landesärztekammer Thüringen
Statuten der Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen Stand März 2008 Die Statuten sind in ihrer jeweils aktuellen Fassung auf der Homepage der jeweiligen Ärztekammer abrufbar. (Für die Vollständigkeit und Richtigkeit der folgenden Darstellung wird keine Haftung übernommen.)
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Statut der Gutachterkommissionen für Fragen ärztlicher Haftpflicht im Bereich der Landesärztekammer Baden-Württemberg vom 10. August 2005 Aufgrund von § 4 Abs. 1 und § 9 Abs. 1 des Heilberufe-Kammergesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 16. März 1995 (GBl. S. 314), zuletzt geändert durch Artikel 1 des Gesetzes zur Änderung des Heilberufe-Kammergesetzes und zur Aufhebung heilberufsrechtlicher Vorschriften vom 09. Juni 2004 (GBl. S. 279), hat die Vertreterversammlung der Landesärztekammer Baden-Württemberg am 9. Juli 2005 folgende Satzung beschlossen: §1 Gutachterkommissionen (1) Bei der Landesärztekammer Baden-Württemberg werden Kommissionen zur Begutachtung behaupteter ärztlicher Behandlungsfehler errichtet, die bei den Bezirksärztekammern angesiedelt sind. Diese führen die Bezeichnung „Gutachterkommission für Fragen ärztlicher Haftpflicht bei der Landesärztekammer Baden-Württemberg“. Die Landesärztekammer verfolgt mit Errichtung dieser Gutachterkommissionen das Ziel, durch objektive Begutachtung ärztlichen Handelns der durch einen möglichen Behandlungsfehler in ihrer Gesundheit geschädigten Person die Durchsetzung begründeter Ansprüche und dem Arzt die Zurückweisung unbegründeter Vorwürfe zu erleichtern. (2) Die Mitglieder der Gutachterkommissionen sind bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben unabhängig und an Weisungen nicht gebunden. Sie sind allein ihrem Gewissen und ihrer fachlichen Überzeugung verantwortlich. §2 Aufgaben (1) Die Kommissionen erstatten auf Antrag ein schriftliches Gutachten darüber, ob der Patient infolge eines schuldhaften Behandlungsfehlers eines der Landesärztekammer BadenWürttemberg angehörenden Arztes einen Gesundheitsschaden erlitten hat.
(2) Beteiligte des Verfahrens sind der Patient, der das Vorliegen eines Behandlungsfehlers behauptet, und der betroffene Arzt. Die Beteiligten können sich vertreten lassen; § 157 ZPO gilt entsprechend. §3 Voraussetzungen für die Tätigkeit (1) Die Gutachterkommissionen werden auf schriftlichen Antrag des Patienten oder des Arztes, dem ein Behandlungsfehler vorgeworfen wird, tätig, sofern der Antragsgegner dem zustimmt. Der Arzt soll sich binnen eines Monats erklären. Ist der Patient verstorben, sind gemeinsam antragsberechtigt dessen Ehegatte und die Kinder. Hat der Patient weder einen Ehegatten noch Kinder, so sind die Eltern antragsberechtigt. (2) Die Gutachterkommissionen werden nicht tätig, a) wenn ein Gericht bereits rechtskräftig über das Vorliegen eines Behandlungsfehlers entschieden hat oder wenn der Streitgegenstand durch Vergleich erledigt wurde; b) wenn wegen desselben Behandlungsvorgangs ein Gerichtsverfahren oder ein staatsanwaltschaftliches Ermittlungsverfahren anhängig war oder ist. Besteht hinreichende Aussicht auf weitere Klärung so kann der Vorsitzende ein Verfahren einleiten;
Anhang c) wenn der behauptete Behandlungsfehler im Zeitpunkt der Antragstellung länger als fünf Jahre zurückliegt; d) wenn kein Behandlungsfehler geltend gemacht wird; e) wenn es sich um behauptete Schäden im Zusammenhang mit der Erstattung von ärztlichen Gutachten handelt; f) wenn wegen des Behandlungsfehlers Ansprüche aus Amtshaftung geltend gemacht werden können; g) wenn sich die im Rahmen einer als fehlerhaft bezeichneten Behandlung erhobenen Vorwürfe gegen Ärzte richten, die mehr als zwei verschiedenen Fachrichtungen angehören und das Gutachterverfahren nach diesem Statut aus diesem Grunde nach übereinstimmender Auffassung des Vorsitzenden und des ärztlichen Mitglieds nach § 4 Abs. 2 Nr. 2 nicht geeignet ist, das mit der Errichtung der Gutachterkommissionen verfolgte Ziel (§ 1) zu erreichen. Hiervon ist insbesondere auszugehen, wenn innerhalb einer angemessenen Zeit keine abschließende Entscheidung nach § 6 zu erwarten ist. Der Beschluss, nicht tätig zu werden, ist den Beteiligten mit einer kurzen Begründung schriftlich mitzuteilen. (3) Wird ein Verfahren im Sinne von Absatz 2b) wegen desselben Behandlungsvorgangs nach Anrufung der Gutachterkommission eröffnet, so wird das Verfahren vor der Gutachterkommission ausgesetzt. Besteht hinreichende Aussicht auf weitere Klärung, so kann der Vorsitzende das Verfahren fortführen. §4 Zusammensetzung (1) Den Gutachterkommissionen gehören drei Mitglieder an, die vom Vorstand der Landesärztekammer auf die Dauer von fünf Jahren bestellt werden. Für Mitglieder, die während dieser Zeit ausscheiden, sind für den Rest der Zeit neue Mitglieder zu berufen. Für jedes Mitglied ist ein Stellvertreter zu bestellen.
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(2) Die Gutachterkommissionen bestehen aus: 1. einem Mitglied, das die Befähigung zum Richteramt haben muss (Vorsitzender); 2. einem Arzt, der niedergelassen ist oder war und über langjährige breitgefächerte berufspraktische Erfahrungen verfügt; 3. einem ärztlichen Mitglied aus Klinik oder Praxis, das die gleiche Gebietsbezeichnung wie der betroffene Arzt führt. (3) Der Vorstand der Landesärztekammer bestellt auf Vorschlag jeder Bezirksärztekammer für deren Bereich die Mitglieder der Gutachterkommissionen. (4) Zum Mitglied oder Stellvertreter darf nicht berufen werden, wer einem Organ der Landesärztekammer (§ 17 Abs. 1 HeilberufeKammergesetz) oder dem Vorstand, der Vertreterversammlung oder dem Umlageausschuss einer ihrer Untergliederungen angehört oder Angestellter der Landesärztekammer oder ihrer Untergliederungen ist. (5) Die Mitglieder und ihre Stellvertreter sollen über langjährige Erfahrungen in ihrem Beruf verfügen. (6) Das Amt als Mitglied der Gutachterkommission ist ein Ehrenamt. §5 Leitung des Verfahrens (1) Die Leitung des Verfahrens obliegt dem vorsitzenden Mitglied der Gutachterkommission mit der Befähigung zum Richteramt, das für den Bereich der Bezirksärztekammer bestellt wurde, dem der betroffene Arzt angehört. (2) Dem Vorsitzenden sind alle Anträge, die in den Aufgabenbereich der Gutachterkommission fallen, vorzulegen. (3) Der Vorsitzende bereitet die Verfahren der Gutachterkommission vor; dazu gehört insbesondere die Einholung von Stellungnahmen der Beteiligten. Er kann sich der Dienste der Geschäftsstel-
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le der jeweiligen Bezirksärztekammer bedienen. (4) Der Vorsitzende kann, wenn er eine förmliche Beschlussfassung der Gutachterkommission nicht für notwendig hält, den Beteiligten einen Vorbescheid erteilen. Der Vorbescheid ist zu begründen. Verlangt einer der Beteiligten innerhalb eines Monats eine Beschlussfassung der Gutachterkommission, so ist ihr die Angelegenheit vorzulegen. §6 Aufklärung des Sachverhalts, Beweiswürdigung (1) Der Sachverhalt ist möglichst schnell aufzuklären. (2) Die Gutachterkommissionen sollen den Sachverhalt, soweit erforderlich, mit den Beteiligten mündlich erörtern. (3) Die Gutachterkommissionen können die Einholung von Sachverständigengutachten beschließen. Sie sollen den Beteiligten zur Kenntnis gebracht werden. (4) Die Gutachterkommissionen sind nicht an Beweisanträge gebunden; sie entscheiden in freier Beweiswürdigung. (5) Die Gutachterkommissionen beschließen mit Stimmenmehrheit. §7 Abschließende Entscheidung (1) Die abschließende Entscheidung der Kommission ist schriftlich abzufassen, zu begründen und von den mitwirkenden Mitgliedern zu unterzeichnen. Den Beteiligten ist je eine Ausfertigung der Entscheidung zu übersenden.
(2) Die Gutachterkommissionen können in geeigneten Fällen und mit Zustimmung der Beteiligten einen Schlichtungsversuch unternehmen. (3) Die Landesärztekammer und die Mitglieder der Gutachterkommissionen werden aus Gutachten und Schlichtungsvorschlägen der Gutachterkommissionen nicht verpflichtet. §8 Kostenregelung (1) Das Verfahren vor den Gutachterkommissionen ist für die Beteiligten kostenfrei. Wird von den Beteiligten die Einholung eines Sachverständigengutachtens (§ 6 Abs. 3) beantragt, so trägt die Kosten der Antragsteller. (2) Die Beteiligten tragen ihre Kosten einschließlich der Kosten ihrer Vertretung selbst. (3) Die Mitglieder der Gutachterkommissionen erhalten für ihre Tätigkeit eine Entschädigung nach dem Reisekostenstatut der Landesärztekammer in der jeweils geltenden Fassung. Der Vorsitzende sowie das ärztliche Mitglied (§ 4 Abs. 2 Nr. 3) erhalten eine Aufwandsentschädigung, deren Höhe vom Vorstand festgelegt wird. §9 Inkrafttreten/Außerkrafttreten Die Satzung tritt am ersten Tag des auf die Bekanntmachung im Ärzteblatt Baden-Württemberg folgenden Monats in Kraft. Gleichzeitig tritt das Statut einer Gutachterkommission für Fragen ärztlicher Haftpflicht vom 8. November 2000 (Ärzteblatt Baden-Württemberg, Seite 455) außer Kraft.
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Neufassung der Verfahrensordnung der Gutachterstelle für Arzthaftungsfragen bei der Bayerischen Landesärztekammer vom 23. Oktober 2000 §1 Einrichtung und Aufgaben (1) Bei der Bayerischen Landesärztekammer besteht eine unabhängige Gutachterstelle für ärztliche Behandlungsfehler. Sie kann bei Streitigkeiten wegen der Vermutung oder des Vorwurfs fehlerhafter ärztlicher Behandlung angerufen werden. (2) Aufgabe dieser Gutachterstelle ist es, durch objektive Prüfung oder Begutachtung ärztlichen Handelns Patienten die Durchsetzung begründeter Ansprüche und Ärzten die Zurückweisung unbegründeter Vorwürfe zu erleichtern. Bei Streitigkeiten zwischen Patient und Arzt ist durch fachliche Begutachtung festzustellen, ob eine fehlerhafte ärztliche Behandlung vorliegt, die einen gesundheitlichen Schaden des Patienten verursacht hat. Dazu gibt die Gutachterstelle auf schriftlichen Antrag eine Stellungnahme ab; sie trifft keine die gerichtliche Nachprüfung ausschließende Entscheidung. Das Verfahren ist kein Schiedsverfahren im Sinne der Zivilprozessordnung. Die Aufgaben des Vermittlers auf der Ebene eines ärztlichen Kreisverbandes (Art. 37 HeilberufeKammer-gesetz – HKaG) bei Streitigkeiten zwischen Arzt und Nichtarzt bleiben unberührt. §2 Zusammensetzung (1) Die Gutachterstelle ist besetzt mit Ärzten und Juristen mit der Befähigung zum Richteramt (entscheidungsbefugte Mitglieder). Die Gutachterstelle wird von einem Arzt als Vorsitzenden und einem Juristen geleitet; für beide sind Stellvertreter zu benennen. Weiterhin besteht ein Beirat, dem Ärzte der einschlägigen Fachrichtungen angehören.
(2) Die Gutachterstelle entscheidet in der Besetzung mit einem Arzt und einem Juristen mit der Befähigung zum Richteramt. (3) Der Vorstand der Bayerischen Landesärztekammer bestellt für die Dauer seiner Wahlperiode die Leitung und die entscheidungsbefugten Mitglieder der Gutachterstelle und ihre Stellvertreter. Mitglieder des Beirats werden vom Vorstand der Bayerischen Landesärztekammer auf unbestimmte Zeit berufen. (4) Vorstandsmitglieder der Bayerischen Landesärztekammer können nicht Mitglieder der Gutachterstelle sein. (5) Ein Mitglied kann seine Tätigkeit in der Gutachterstelle jederzeit durch schriftliche Erklärung gegenüber dem Vorstand der Bayerischen Landesärztekammer beenden. §3 Unabhängigkeit und Pflichten der Mitglieder (1) Die Mitglieder der Gutachterstelle sind bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben unabhängig und an Weisungen nicht gebunden. Sie sind nur ihrem Gewissen und ihrer ärztlichen oder rechtlichen Überzeugung verantwortlich. Sie sind zur Vertraulichkeit und Verschwiegenheit verpflichtet. (2) Ein Mitglied der Gutachterstelle oder ein Mitglied des Beirates, das bereits vor Einleitung des Verfahrens mit dem Fall befasst war, ist von der Mitwirkung ausgeschlossen. §4 Anträge, Verfahren und Beschlussfassung (1) Anträge, die auf Untersuchungen oder Behandlungen beruhen, die länger
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als 5 Jahre zurückliegen, kann die Gutachterstelle ohne sachliche Prüfung abweisen. Ist oder war der verfahrensgegenständliche Sachverhalt in irgendeiner Weise (z.B. Strafanzeige, Prozesskostenhilfeersuchen, Klage usw.) Gegenstand eines zivil- oder strafgerichtlichen oder eines staatsanwaltschaftlichen Verfahrens, wird die Gutachterstelle nicht mehr tätig. Sind nach Art, Dauer und Auswirkung nur geringfügige Beeinträchtigungen vorhanden oder zu erwarten, kann die Leitung den Antrag ohne weitere Begründung zurückweisen, wenn die Durchführung eines Verfahrens wegen des damit verbundenen Aufwandes zur Sachaufklärung nicht vertretbar ist. Nicht tätig wird die Gutachterstelle ebenfalls im Zusammenhang mit der Erstattung von ärztlichen Gutachten (z.B. Medizinischer Dienst der Krankenkassen, Versorgungsamt). (2) Das Verfahren wird mit einem formlosen schriftlichen Antrag eingeleitet, der eine Darstellung des Sachverhaltes aus der Sicht des Antragstellers enthalten muss. Die behaupteten haftungsbegründenden Tatsachen für eine Verletzung der Regeln ärztlicher Kunst sind möglichst schlüssig darzulegen; dabei sollen antragstellende Patienten das Formblatt der Gutachterstelle verwenden. (3) Antragsberechtigt und damit Beteiligte sind der Patient, der behandelnde Arzt und/oder das Krankenhaus oder die ärztlich geleitete Einrichtung sowie deren jeweilige Haftpflichtversicherung. (4) Ein Gutachterverfahren setzt das Einverständnis aller Beteiligten voraus. (5) Die Gutachterstelle hat, soweit möglich, den medizinischen Sachverhalt aufzuklären. (6) Zur Feststellung, ob eine schuldhafte fehlerhafte ärztliche Behandlung bei dem Patienten einen Gesundheitsschaden verursacht hat, ist in der Regel ein Gutachten von einem Sachverständigen des betroffenen Fachgebietes einzuholen, der auch Mitglied des Beirats sein kann.
(7) Über wesentliche Verfahrensschritte, insbesondere den Gutachtenauftrag und das Ergebnis des eingeholten Gutachtens, sind die Verfahrensbeteiligten mit der Möglichkeit zur Stellungnahme zu informieren. (8) Aufgrund der Ermittlungsergebnisse gibt die Gutachterstelle abschließend eine mit Gründen versehene Stellungnahme darüber ab, ob eine fehlerhafte ärztliche Behandlung festgestellt wird oder nicht. (9) Das Verfahren vor der Gutachterstelle wird grundsätzlich schriftlich durchgeführt. §5 Kosten (1) Für die Beteiligten ist das Verfahren bei der Gutachterstelle kostenlos; sie tragen jedoch ihre eigenen Kosten einschließlich der Kosten ihrer Rechtsvertretung selbst. (2) Von den Haftpflichtversicherungen der Ärzte und Krankenhäuser werden Pauschalgebühren nach näherer Vereinbarung erhoben. Mit Zustimmung zum Verfahren erklärt die Haftpflichtversicherung ihre Bereitschaft, die externen Kosten der Gutachterstelle zu tragen. Sind mehrere Ärzte bzw. Krankenhäuser am Verfahren beteiligt, werden die Kosten anteilig auf ihre Haftpflichtversicherer umgelegt. Die Entschädigung von Sachverständigen richtet sich nach dem Gesetz über die Entschädigung von Zeugen und Sachverständigen in der jeweils geltenden Fassung. (3) Die Bayerische Landesärztekammer stellt für die Tätigkeit der Gutachterstelle die notwendigen personellen und sächlichen Mittel zur Verfügung. (§ 6 Inkrafttreten)
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Satzung der Gutachter- und Schlichtungsstelle für ärztliche Behandlungen im Bereich der Landesärztekammer Hessen vom 2. Mai 1995 (HÄBl. 6/1995, S. 192), geändert am 26. November 1997 (HÄBl. 1/1998, S. 29), zuletzt geändert durch Satzung vom 7. Dezember 2004 (HÄBl. 1/2005, S. 67) Präambel Die Landesärztekammer Hessen sieht eine ihrer Aufgaben darin, zur Klärung von Streitigkeiten zwischen Patienten und Ärzten als Kammermitgliedern beizutragen, ob gesundheitliche Komplikationen eines Patienten auf einer haftungsbegründenden ärztlichen Behandlung beruhen oder nicht. Es soll damit eine außergerichtliche Schlichtung und, in geeigneten Fällen, ein alsbaldiger wirtschaftlicher Ausgleich für den Patienten erreicht werden. Zur Klärung solcher Streitfragen hat die Landesärztekammer eine von ihren Weisungen unabhängige Gutachter- und Schlichtungsstelle eingerichtet. §1 Beteiligte; Allgemeine Verfahrensgrundsätze (1) Das Verfahren der Gutachterstelle setzt einen Antrag eines Patienten oder Arztes voraus, der dabei die Schweigepflicht und den Datenschutz besonders zu beachten hat. Ist ein Patient verstorben, kann dieser Antrag auch von seinen Erben gestellt werden, die ihre Erbenstellung in geeigneter Weise nachweisen müssen. (2) Am Verfahren sind der Patient, der einen vermeidbaren Behandlungsfehler behauptet, und der für die beanstandete Behandlung verantwortliche Arzt beteiligt. Beim Tode eines Beteiligten können dessen Erben an seine Stelle treten. Absatz 1 Satz 2 gilt entsprechend. (3) Die Beteiligung ist freiwillig. Schließt der Arzt sich an, ist sein Haftpflichtversicherer stets zu unterrichten, um im Interesse aller Beteiligten in Haftungsfällen eine Schlichtung zu fördern.
Der Arzt ist verpflichtet, schriftlich nachzuweisen, daß er den Haftpflichtversicherer unterrichtet hat, soweit er dies nicht der Gutachterstelle überläßt. Wird der Haftpflichtversicherer nicht benannt, wird das Verfahren nicht durchgeführt. (4) Für das Verfahren gelten die Grundsätze des Zivilprozeßrechts entsprechend. Lassen sich Beteiligte durch Dritte vertreten, ist für sie eine schriftliche Vollmacht vorzulegen. §2 Antrag; Ausschluß der Tätigkeit (1) Der Antrag des Patienten soll erkennen lassen, worin der Patient Mängel der Behandlung und schädliche Folgen sieht. Der Antrag kann jederzeit zurückgenommen werden. (2) Die Gutachterstelle wird nicht tätig, soweit ein Gericht über die Frage eines haftungsbegründenden Behandlungsfehlers oder dessen Kausalität entschieden hat oder ein gerichtliches Verfahren dazu anhängig ist. Auch ein strafrechtliches oder berufsgerichtliches Verfahren zu diesen Fragen steht dem Verfahren bei der Gutachterstelle entgegen. (3) Werden solche Verfahren eingeleitet, nachdem die Gutachterstelle bereits angerufen wurde, kann die Gutachterstelle ihr Verfahren einstellen. (4) Die Gutachterstelle wird schließlich dort nicht tätig, wo Beteiligte sich bereits im Wege eines Vergleichs über die Streitpunkte geeinigt haben. (5) Liegt die beanstandete Behandlung länger als fünf Jahre vor Eingang des Antrags bei der Gutachterstelle zurück, wird die Gutachterstelle nicht tätig, es sei denn, die Beteiligten erklären
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übereinstimmend ihr Einverständnis mit dem Verfahren trotz des Fristablaufs. (6) Die Gutachterstelle kann die Bearbeitung ablehnen, wenn erkennbar ist, daß kein oder lediglich ein geringfügiger Schaden eingetreten oder zu erwarten ist. §3 Zusammensetzung der Stelle (1) Die Gutachterstelle besteht aus der erforderlichen Zahl von ärztlichen und juristischen Mitgliedern. Die ärztlichen Mitglieder müssen über langjährige Erfahrungen in dem jeweiligen Fachgebiet verfügen. Sie sollen auf dem Gebiet des Arzthaftungsrechts besonders erfahren sein. (2) Zum Mitglied der Gutachterstelle soll nur berufen werden, wer durch seine sonstige Tätigkeit nicht in seiner Unabhängigkeit beeinträchtigt ist. (3) Die juristischen Mitglieder Gutachterstelle werden vom Präsidium der Landesärztekammer berufen, die ärztlichen Mitglieder vom geschäftsführenden Vorstand der Gutachterstelle nach Bedarf hinzugezogen. §4 Vorstand und Vorsitz (1) Die Gutachterstelle hat einen geschäftsführenden Vorstand. Er wird von dem Präsidium der Landesärztekammer berufen. Dem Vorstand gehören einer der Juristen und zwei Ärzte sowie die gleiche Zahl an Vertretern an. Aus ihrer Mitte ist vom Präsidium ein Vorsitzender zu bestimmen, ebenso sein Vertreter. Vorstand und Vorsitzender werden auf die Dauer von vier Jahren bestellt. (2) Scheidet ein Vorstandsmitglied vorzeitig aus, beruft das Präsidium der Landesärztekammer einen Nachfolger für die restliche Zeit. (3) Der Vorsitzende hat die Aufgabe, durch geeignete allgemeine Anweisungen für die zügige und sorgfältige Erledigung der Geschäfte der Gutachterstelle zu sorgen und dies zu überwachen.
§5 Gutachtenverfahren (1) Die Gutachterstelle holt die erforderlichen Krankenunterlagen ein. (2) Sie benennt einen Gutachter und teilt dies den Beteiligten mit. Einwände gegen die Person des Gutachters können binnen 3 Wochen vorgebracht werden; sie sind zu begründen. Zwei der juristischen Mitglieder des Vorstandes entscheiden über die Berechtigung der Einwände. (3) Der Gutachter reicht sein Gutachten der Gutachterstelle ein, die notwendige Ergänzungen anzuregen hat. (4) Das Gutachten soll sich mit den Darstellungen der Beteiligten auseinandersetzen und aus sich heraus verständlich sein. Es soll so formuliert werden, daß auch die nicht medizinisch ausgebildeten Beteiligten es verstehen. (5) Das Gutachten wird den Beteiligten als Bescheid der Gutachterstelle zugestellt. Die Gutachterstelle weist die Beteiligten auf ihre Rechte in geeigneter Form hin. §6 Kommissionsverfahren (1) Die Beteiligten haben das Recht, binnen einer Frist von einem Monat ab Zustellung des Bescheids eine Entscheidung der Gutachterkommission zu beantragen. Verspätete Anträge können ohne mündliche Verhandlung durch die juristischen Kommissionsmitglieder mit Beschluß verworfen werden. (2) Die antragstellenden Beteiligten haben der Kommission mitzuteilen, durch welche Punkte des angefochtenen Bescheides sie sich beschwert fühlen und weshalb. (3) Die Kommission entscheidet in der Besetzung mit einem juristischen Mitglied, das den Vorsitz in dieser Sache übernimmt, und mindestens 2 ärztlichen Mitgliedern. (4) Die Kommission kann den Verfasser des Bescheides um Erläuterungen bitten; von der Entscheidung ist er jedoch ausgeschlossen. Die Kommission
Anhang hat alle zur weiteren Aufklärung eines Sachverhalts nötigen Maßnahmen zu treffen. (5) Wo es ihr geboten erscheint, soll die Kommission jederzeit einen Schlichtungsversuch unternehmen. (6) Die Kommissionsentscheidung ist schriftlich zu begründen und den Beteiligten mitzuteilen. Mit der Kommissionsentscheidung ist das Verfahren bei der Gutachterstelle beendet. Es bleibt den Beteiligten überlassen, über eine gütliche Regelung zu verhandeln; die Gutachterstelle übernimmt dies nicht. §7 Klinikträger als Beteiligte Soweit Ansprüche aus Arzthaftung den Träger einer Klinik betreffen, kann die Gutachterstelle auf Antrag der Beteiligten mit Zustimmung des Trägers die Berechtigung solcher Ansprüche prüfen. §8 Datenschutz Soweit im Rahmen der Tätigkeit der Gutachterstelle personenbezogene Daten mitgeteilt werden, sind sie entsprechend
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den geltenden Datenschutzvorschriften zu sichern. Der Vorsitzende der Gutachterstelle trifft die erforderlichen Anordnungen und überwacht deren Einhaltung. §9 Kosten Die Verfahrenskosten der Gutachterstelle trägt die Landesärztekammer Hessen; die Haftpflichtversicherer können dazu einen allgemein festgelegten Beitrag leisten. Das Verfahren bei der Gutachterstelle ist deshalb für die Beteiligten gebührenfrei. Dies gilt nicht für solche Kosten, die von Dritten für das Zurverfügungstellen von Krankenunterlagen, Röntgenbildern o. ä. verlangt werden und gefordert werden dürfen. § 10 Die Landesärztekammer wird aus der Tätigkeit der Gutachterstelle nicht verpflichtet. § 11 Das Verfahren bei der Gutachterstelle schließt den Rechtsweg nicht aus.
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Verfahrensordnung der Schlichtungsstelle für Arzthaftpflichtfragen der norddeutschen Ärztekammern §1 (1) Die Ärztekammern Berlin, Brandenburg, Bremen, Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Sachsen-Anhalt, Schleswig-Holstein und Thüringen haben sich zu einer Arbeitsgemeinschaft der norddeutschen Ärztekammern in der Rechtsform einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts zusammengeschlossen zum Zwecke der gemeinsamen Errichtung und des gemeinsamen Betriebes einer Schlichtungsstelle für Arzthaftpflichtfragen, um gemeinsam mit dem Verband der Haftpflicht-, Unfall- und Kraftverkehrsversicherer e.V. (HUK-Verband) dazu beizutragen, Streitigkeiten wegen Haftpflichtansprüchen zwischen Ärzten und Patienten, die sich aus der ärztlichen Tätigkeit ergeben, außergerichtlich beizulegen. (2) Die norddeutschen Ärztekammern errichten eine gemeinsame Schlichtungsstelle mit Sitz in Hannover. §2 (1) Die Schlichtungsstelle wird bei Streitigkeiten zwischen Ärzten und Patienten tätig, denen Schadensersatzansprüche aufgrund des Vorwurfs fehlerhafter ärztlicher Behandlung zugrunde liegen. (2) Beteiligte des Schlichtungsverfahrens sind a) der antragstellende Patient; b) der in Anspruch genommene Arzt; c) der in Anspruch genommene Krankenhausträger; d) der Haftpflichtversicherer des Arztes oder des Krankenhauses oder der Träger der Eigenversicherung des Krankenhauses. Alle Beteiligten können sich vertreten lassen. Jeder Beteiligte ist antragsberechtigt. Die Teilnahme an dem Schlichtungsverfahren ist freiwillig. Das
Schlichtungsverfahren findet nicht statt, wenn einer der Beteiligten widerspricht. (3) Die Schlichtungsstelle wird nicht tätig, a) solange ein Zivilgerichtsverfahren wegen derselben Tatsache anhängig ist und nicht gemäß §§ 251, 278 der Zivilprozeßordnung ruht; b) wenn ein Zivilgericht bereits rechtskräftig über einen Behandlungsfehler entschieden hat oder wenn der Streitgegenstand durch Vergleich erledigt wurde; c) solange auf Antrag des Patienten ein staatsanwaltschaftliches Ermittlungsverfahren wegen derselben Tatsache anhängig ist. Wird ein Verfahren gem. a) oder c) nach Anrufung der Schlichtungsstelle eröffnet oder bekannt, so wird das Schlichtungsverfahren eingestellt. §3 (1) Ziel der Schlichtungsstelle ist es, möglichst rasch und eingehend den Sachverhalt aufzuklären. Die Beteiligten sind verpflichtet, dabei mitzuwirken und insbesondere die für die Sachverhaltsaufklärung erforderlichen Informationen umgehend zu erteilen. (2) Auf Anforderung sind der Schlichtungsstelle die vollständigen Patientenunterlagen im Original zur Verfügung zu stellen. §4 (1) Der Schlichtungsstelle gehören als Mitglieder an 1. ein Arzt als Vorsitzender; 2. ein Jurist mit Befähigung zum Richteramt; 3. weitere Ärzte. (2) Sie werden von den norddeutschen Ärztekammern gemeinsam bestellt. Die norddeutschen Ärztekammern können weitere Juristen mit Befähigung
Anhang zum Richteramt zu Mitgliedern der Schlichtungsstelle bestellen. Im Bedarfsfall kann die Schlichtungsstelle Ärzte aus den betroffenen Gebieten beratend hinzuziehen. §5 (1) Das Verfahren vor der Schlichtungsstelle ist grundsätzlich schriftlich. Die Schlichtungsstelle kann die Anberaumung einer mündlichen Erörterung und das persönliche Erscheinen der Beteiligten vorsehen. (2) Entscheidet die Schlichtungsstelle in der Sache, so holt sie erforderlichenfalls ein Sachverständigengutachten ein, das den Beteiligten zur Kenntnis zu bringen ist. Vor Einholung des Gutachtens erhalten die Beteiligten Gelegenheit, sich zu der Person des vorgesehenen Gutachters und zu den vorgesehenen Beweisfragen an den Gutachter zu äußern. Für die eventuelle Ablehnung eines Gutachters gelten die Bestimmungen der Zivilprozeßordnung über die Ablehnung eines Sachverständigen entsprechend. Nach Eingang des Gutachtens sollen die Beteiligten dieses vor einem Schlichtungsvorschlag zur Kenntnis erhalten mit der Gelegenheit, binnen einer Frist von vier Wochen, die auf Antrag des Patienten verlängert werden kann, Stellung zu nehmen sowie eventuelle Ergänzungen anzuregen. (3) Im Schlichtungsverfahren werden mindestens ein Arzt und ein Jurist tätig. Die Geschäftsverteilung bestimmt der Vorsitzende. Die im jeweiligen Schlichtungsverfahren tätig gewordenen Mitglieder der Schlichtungsstelle schließen ihre Tätigkeit mit einem Schlichtungs-
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vorschlag ab, der eine Stellungnahme zur Haftpflicht dem Grunde nach enthält. Auf Wunsch der Beteiligten wird auch ein Vorschlag zur Streitbeseitigung unterbreitet. (4) Der Schlichtungsvorschlag ist schriftlich abzufassen, zu begründen und von einem Arzt und einem Juristen zu unterzeichnen. Den Beteiligten ist je eine Ausfertigung zuzuleiten. Soweit die Beteiligten nach Zuleitung des Schlichtungsvorschlages binnen einer Frist von einem Monat neue Tatsachen vortragen, entscheidet die Schlichtungsstelle darüber, ggf. unter Zuziehung ergänzender gutachterlicher Stellungnahmen. (5) Die verfahrensmäßige Abwicklung übernimmt der Jurist. §6 (1) Für die Inanspruchnahme der Schlichtungsstelle werden Kosten nicht erhoben. Die Kosten der Schlichtungsstelle tragen die norddeutschen Ärztekammern nach besonderer Vereinbarung vorbehaltlich der Regelung in Abs. 2 und 3. (2) Die Beteiligten tragen ihre Kosten einschließlich der Kosten ihrer Rechtsvertreter und eventuelle Reisekosten selbst. (3) Die Kosten eines von der Schlichtungsstelle beigezogenen Gutachters und die jeweils geltende Verfahrenspauschale trägt der Versicherer des Arztes bzw. der Krankenhausträger. §7 Durch den Schlichtungsvorschlag wird der Rechtsweg nicht ausgeschlossen.
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Statut der Gutachterkommission für ärztliche Behandlungsfehler bei der Ärztekammer Nordrhein vom 22. November 1975 (MBI. NW. 1975 S. 2472, Rheinisches Ärzteblatt Nr. 2/1976 Seite 60), geändert am 27. November 1976 (MBI. NW. 1977 S. 59, Rheinisches Ärzteblatt Nr. 1/1977 S. 37), am 17. Dezember 1977 (MBI. NW. 1978 Nr. 15 S. 225 – SMBI. NW. 21220; Rheinisches Ärzteblatt Nr. 7/ 1978 S. 270) und 2. Dezember 1978 (MBl. NW. 1979 S. 67. Rheinisches Ärzteblatt Nr. 4,1979 S. 126), zuletzt geändert am 17. Dezember 1980 (MBI. NW. 1981 S. 198, Rheinisches Ärzteblatt Nr. 4/1981 S. 94) in der ab 1. Februar 1981 geltenden Fassung. §1 Errichtung (1) Es wird eine Kommission zur Begutachtung von Vorwürfen wegen ärztlicher Behandlungsfehler errichtet. Diese führt die Bezeichnung Gutachterkommission für ärztliche Behandlungsfehler bei der Ärztekammer Nordrhein. Die Ärztekammer verfolgt mit Errichtung dieser Gutachterkommission das Ziel, durch objektive Begutachtung ärztlichen Handelns dem durch einen Behandlungsfehler in seiner Gesundheit Geschädigten die Durchsetzung begründeter Ansprüche und dem Arzt die Zurückweisung unbegründeter Vorwürfe zu erleichtern. (2) Die Gutachterkommission und ihre Mitglieder sind bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben unabhängig und an Weisungen nicht gebunden. Sie sind allein ihrem Gewissen verantwortlich. (3) Die Gutachterkommission erstattet der Kammerversammlung jährlich einen Tätigkeitsbericht. §2 Aufgaben (1) Bestehen Streit oder Meinungsverschiedenheiten darüber, ob ein der Kammer als Mitglied angehörender Arzt die in Diagnostik und Therapie erforderliche Sorgfalt gewahrt hat, so stellt die Kommission auf Antrag eines Beteiligten fest, ob dem Arzt ein Behandlungsfehler vorzuwerfen ist, durch den der Patient einen Gesundheitsschaden erlitten hat oder voraussichtlich erleiden wird.
(2) Beteiligte des Verfahrens sind der Patient, der das Vorliegen eines Behandlungsfehlers behauptet, und der des Behandlungsfehlers beschuldigte oder durch den Vorwurf belastete Arzt. Gegebenenfalls treten an ihre Stelle der gesetzliche Vertreter oder im Todesfall die hinterbliebenen nächsten Angehörigen. Die Beteiligten können sich vertreten lassen; §157 ZPO gilt entsprechend. Die Vollmacht ist vorzulegen. §3 Voraussetzungen für die Tätigkeit (1) Die Gutachterkommission wird auf schriftlichen Antrag von Patienten tätig. (2) Die Gutachterkommission wird auch auf schriftlichen Antrag von Ärzten tätig, denen der Vorwurf eines Behandlungsfehlers gemacht wird. (3) Der Antrag nach den Absätzen 1 und 2 kann jederzeit zurückgenommen werden. (4) Die Gutachterkommission wird nicht tätig, wenn a) ein gerichtliches Verfahren über das Vorliegen eines Behandlungsfehlers abgeschlossen ist; b) der Streit durch außergerichtlichen Vergleich beigelegt worden ist; c) bei Antragstellung ein gerichtliches Verfahren anhängig oder eine Strafanzeige bei der Staatsanwaltschaft wegen desselben Vorwurfs erstattet worden ist oder gleichzeitig erstattet wird. Wird das Gericht oder die Staatsanwaltschaft erst nach Antragstellung angerufen, so ist
Anhang das Verfahren vor der Gutachterkommission in der Regel einzustellen. (5) Soweit der behauptete Behandlungsfehler im Zeitpunkt der Antragsstellung länger als fünf Jahre zurückliegt, wird die Gutachterkommission in der Regel nicht tätig. §4 Zusammensetzung, Ehrenamt (1) Die Gutachterkommission besteht aus fünf Mitgliedern. Sie werden vom Vorstand der Ärztekammer auf die Dauer von vier Jahren berufen. Ersatzberufungen nach Ausscheiden eines Mitgliedes werden für den Rest der Amtszeit ausgesprochen. (2) Mitglieder der Gutachterkommission sind 1. ein Vorsitzender, der die Befähigung zum Richteramt haben muß; 2. ein Chirurg; 3. ein Internist; 4. ein Pathologe; 5. ein niedergelassener Allgemeinarzt. Für jedes Mitglied ist mindestens ein Vertreter zu bestellen. Er tritt im Verhinderungsfall an die Stelle des Mitglieds. (3) Der Vorstand der Ärztekammer kann weitere Ärzte als korrespondierende Mitglieder berufen. (4) Zum Mitglied oder Vertreter darf nicht berufen werden, wer als Angestellter oder freiberuflich für eine Ärztekammer oder Kassenärztliche Vereinigung tätig war oder ist. (5) Der Vorsitzende und sein Vertreter sollen über langjährige Erfahrung als Richter, die übrigen Mitglieder und ihre Vertreter über langjährige Erfahrungen in ihrem Beruf verfügen und mit dem Gutachterwesen vertraut sein. (6) Das Amt als Mitglied der Gutachterkommission ist ein Ehrenamt. § 4a Vorsitzender (1) Der Vorsitzende wahrt den ordnungsgemäßen Ablauf des Verfahrens der Gutachterkommission. Er ist befugt,
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der Geschäftsstelle fachliche Weisung zu erteilen. (2) In Verfahrensfragen und juristischen Fragen der Auslegung dieses Statuts kann der Vorsitzende entscheiden. § 5 Abs. 4 Satz 3 gilt entsprechend. §5 Geschäftsführendes Mitglied der Gutachterkommission (1) Zur Bearbeitung der ärztlichmedizinischen Fragen, die sich aus den Anträgen ergeben, überträgt der Vorstand der Ärztekammer einem Mitglied der Kommission die Geschäftsführung. Der Vorstand beruft ferner aus dem Kreise der Mitglieder und korrespondierenden Mitglieder mindestens einen Vertreter für das Geschäftsführende Mitglied der Gutachterkommission. (2) Dem Geschäftsführenden Kommissionsmitglied sind alle Anträge, die in seinen Aufgabenbereich fallen, vorzulegen. (3) Das Geschäftsführende Kommissionsmitglied bereitet das Verfahren der Gutachterkommisson vor; dazu gehört insbesondere die Einholung von Stellungnahmen der Beteiligten, gegebenenfalls auch von Gutachten (§ 6 Abs. 2 Satz 1) und die Erörterung des Sachverhalts mit Mitgliedern und korrespondierenden Mitgliedern der Kommission sowie deren Vertretern. (4) Das Geschäftsführende Kommissionsmitglied teilt, wenn es eine förmliche Beschlußfassung der Gutachterkommission nicht für notwendig hält, den Beteiligten die aus den Ermittlungen gewonnene Auffassung in einem Bescheid mit. Dieser ist zu begründen und allen Beteiligten zur Kenntnis zu bringen. Verlangt hiernach der durch den Bescheid Belastete die Entscheidung durch die Gutachterkommission, so ist die Angelegenheit ihr vorzulegen; der Antrag muß schriftlich innerhalb einer Frist von einem Monat nach Zustellung des Bescheides gestellt werden.
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§6 Aufklärung des Sachverhalts (1) Der Sachverhalt ist unter Mitwirkung der Beteiligten möglichst schnell und eingehend aufzuklären. (2) Die Gutachterkommission kann Sachverständigengutachten einholen. Ihr wesentlicher Inhalt soll den Beteiligten zur Kenntnis gebracht werden. (3) Die Gutachterkommission ist nicht an Beweisanträge gebunden. §7 Beschlußfähigkeit (1) Die Gutachterkommission ist beschlußfähig, wenn der Vorsitzende oder sein Vertreter und mindestens drei weitere Mitglieder oder deren Vertreter anwesend sind. (2) Die Gutachterkommission beschließt mit Stimmenmehrheit. §8 Ausschließung und Ablehnung wegen Befangenheit Die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Ausschließung und Ablehnung gelten für die Mitglieder der Gutachterkommission sowie für einzelne Gutachter (§ 6 Abs. 2) entsprechend. Über Ablehnungsanträge entscheidet die Gutachterkommission. §9 Anhörung der Beteiligten, Beweiswürdigung (1) Das Verfahren wird schriftlich durchgeführt. Die Gutachterkommission kann den Sachverhalt mit den Beteiligten mündlich erörtern, wenn sie dies für sachdienlich hält. Die Beteiligten sind hierzu mit einer Frist von mindestens 14 Tagen zu laden. (2) Die Gutachterkommission entscheidet aufgrund des Vorbringens der Beteiligten, beigezogener Unterlagen und Gutachten sowie ggf. des Ergebnisses der mündlichen Erörterung in freier Beweiswürdigung.
§ 10 Abschließendes Gutachten (1) Nach Abschluß der Ermittlungen und der Beratung erstattet die Gutachterkommission ihr Gutachten. Es enthält eine sachverständige Äußerung zu der Frage, ob ein dem Arzt vorwerfbarer Behandlungsfehler festgestellt werden kann, durch den der Patient einen Gesundheitsschaden erlitten hat oder voraussichtlich erleiden wird. (2) Das Gutachten ist schriftlich abzufassen, zu begründen und vom Vorsitzenden und mindestens einem weiteren Mitglied der Gutachterkommission zu unterzeichnen. Den Beteiligten ist je eine Ausfertigung des Gutachtens zu übersenden. (3) Kommt kein einstimmiger Beschluß der Gutachterkommission zustande, so kann die abweichende Meinung der Minderheit mit deren Begründung den Beteiligten bekanntgegeben werden. (4) Kommt ein Gutachten wegen Stimmengleichheit nicht zustande, so sind die unterschiedlichen Meinungen gegenüberzustellen. Absatz 2 gilt entsprechend. (5) Die Gutachterkommission kann in hierfür geeigneten Fällen und mit Zustimmung der Beteiligten einen Schlichtungsversuch unternehmen. (6) Die Ärztekammer und die Mitglieder der Gutachterkommission werden aus Gutachten und Schlichtungsvorschlägen der Gutachterkommission nicht verpflichtet. § 11 Kostenregelung (1) Die Kosten der Gutachterkommission trägt die Ärztekammer Nordrhein. (2) Das Verfahren vor der Gutachterkommission ist für die Beteiligten gebührenfrei. (3) Die Beteiligten tragen ihre Kosten einschließlich der Kosten ihrer Vertretung selbst. Bei Anhörung Dritter können Auslagen ersetzt werden.
Anhang (4) Die Mitglieder, stellvertretenden und korrespondierenden Mitglieder der Gutachterkommission erhalten bei ihrer Tätigkeit Reisekosten. Sitzungsgeld und Verdienstausfallentschädigung (Gutachtenausfallentschädigung) nach der Reisekostenordnung der Ärztekammer Nordrhein in der jeweils geltenden Fassung. (5) Die Entschädigung für Gutachten (§ 6 Abs. 2) richtet sich nach dem Gesetz über die Entschädigung von Zeugen und Sachverständigen in der jeweils geltenden Fassung.
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§ 12 Schlußbestimmung Dieses Statut tritt mit Wirkung vom 1. Dezember 1975 in Kraft. *) *) Diese Vorschrift betrifft das Inkrafttreten des Statuts vom 22. November 1975. Die Änderungen vom 27. November 1976 traten am 1. Februar 1977 in Kraft; § 3 Absatz 5 trat am 1. Mai 1977 in Kraft. Die Änderungen vom 17. Dezember 1977 traten am 1. März 1978 in Kraft. Die Änderungen vom 2. Dezember 1978 traten mit Wirkung vom 1. Dezember 1978 in Kraft. Die Änderungen vom 17. Dezember 1980 traten mit Wirkung vom 1. Februar 1981 in Kraft.
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Statut des Schlichtungsausschusses zur Begutachtung ärztlicher Behandlungen bei der Landesärztekammer Rheinland-Pfalz verabschiedet durch die 9. Vertreterversammlung der Landesärztekammer in ihrer 9. Sitzung am 6. Mai 1995, 2. Änderung in der 11. Sitzung der 9. Vertreterversammlung vom 22.05.1996 – in Kraft getreten am 02.07.1997 i.d.F. der 3. Änderung der 12. Sitzung der 10. Vertretervers. vom 17.11.2001 – in Kraft getreten am 01.01.2002 zuletzt genehmigt durch Schreiben des Ministeriums für Arbeit, Soziales, Familie und Gesundheit Rheinland-Pfalz vom 21. November 2001, Az. 624-2 - 01 723-2.4 Präambel Bei der Landesärztekammer Rheinland-Pfalz wird ein weisungsunabhängiger Schlichtungsausschuss zur Begutachtung ärztlicher Behandlungen eingerichtet. Der Schlichtungsausschuss unterbreitet den Beteiligten einen Entscheidungsvorschlag und unternimmt in geeigneten Fällen einen Schlichtungsversuch. Bei Bedarf können mehrere Schlichtungsausschüsse errichtet werden. §1 Aufgaben Der Schlichtungsausschuss soll bei Streit oder Meinungsverschiedenheit zwischen einem Patienten und einem/einer der Kammer als Mitglied angehörenden Arzt/Ärztin darüber, ob ein haftungsbegründender Behandlungsfehler des Arztes/der Ärztin zu einem gesundheitlichen Schaden geführt hat oder voraussichtlich führen wird, die notwendigen Feststellungen treffen. In den Fällen, in denen ein haftungsbegründendes Fehlverhalten des Arztes/ der Ärztin festgestellt wird, unterbreitet der Schlichtungsausschuss einen Entscheidungsvorschlag. Wenn die Beteiligten dies beantragen oder ihr Einverständnis erklären, unternimmt er einen Schlichtungsversuch. §2 Zusammensetzung Der Schlichtungsausschuss besteht aus einem Juristen/einer Juristin mit Befähigung zum Richteramt als Vorsitzen-
de(n), einem Arzt/ einer Ärztin mit Gebiets- bzw. Teilgebiets-(Schwerpunkts-) Bezeichnung, in dessen Fachgebiet der geltend gemachte Vorwurf eines Behandlungsfehlers fällt, sowie einem/einer weiteren Arzt/Ärztin mit Gebietsbezeichnung. Die beiden ärztlichen Mitglieder müssen Kammermitglieder sein. Weiterhin gehören dem Ausschuss zwei Mitglieder als Vertreter der von der Berufsausübung der Kammermitglieder betroffenen Personen (Patientenvertreter) an. Für jedes Mitglied ist mindestens ein/eine Stellvertreter/ Stellvertreterin zu benennen. Die Mitglieder werden vom Vorstand der Landesärztekammer berufen. Näheres regelt die Geschäftsordnung. Der Vorstand kann aus wichtigem Grund ein Mitglied abberufen. §3 Anforderungen an Sachkunde, Unabhängigkeit und Pflichten der Mitglieder des Schlichtungsausschusses Der/Die Vorsitzende soll über ausreichende Erfahrungen im Arzthaftpflichtrecht verfügen. Die ärztlichen Mitglieder des Schlichtungsausschusses sollen über langjährige Berufserfahrung, insbesondere auch in der Erstattung wissenschaftlicher und forensischer Gutachten, verfügen. Die Mitglieder sind in ihrer Tätigkeit frei und nur ihrem Gewissen unterworfen, sie sind weisungsunabhängig. Die Tätigkeit als Mitglied im Schlichtungsausschuss ist ein Ehrenamt. Die Mitglieder sind verpflichtet, die übernommenen Aufgaben unverzüglich zu erledigen.
Anhang §4 Aufgaben des/der Vorsitzenden Der/Die Vorsitzende wahrt den ordnungsgemäßen Ablauf des Verfahrens. Er/Sie ist berechtigt, die verfahrensleitenden Verfügungen allein zu erlassen. Er/Sie ist befugt, der Geschäftsstelle des Schlichtungsausschusses fachliche Weisungen zu erteilen. Der/Die Vorsitzende entscheidet in Verfahrensfragen, auch soweit der Durchführung des Verfahrens vor dem Schlichtungsausschuss ein Verfahrenshindernis entgegensteht, allein. Der/Die Vorsitzende beauftragt, soweit notwendig, den/die medizinische(n) Sachverständige(n) mit der Erstattung eines Gutachtens zur Beurteilung eines etwaigen Behandlungsfehlers. Er/Sie beruft im Bedarfsfall die Sitzungen des Schlichtungsausschusses ein. §5 Geschäftsführung Im Rahmen der Aufgabenbeschreibung des § 4 liegt die Geschäftsführung bei dem/der Vorsitzenden. Im übrigen ist die verwaltungsmäßige Bewältigung der Aufgaben des Schlichtungsausschusses Aufgabe der Landesärztekammer und deren Geschäftsführung. Bei ihr verbleibt die allgemeine Dienstaufsicht. §6 Verfahren Das Verfahren ist freiwillig. Es beachtet die Prinzipien des Zivilprozessrechts. Das Gutachterverfahren vor dem Schlichtungsausschuss ist schriftlich. Auf Antrag eines Beteiligten soll dieser durch Mitglieder des Schlichtungsausschusses persönlich angehört werden. Die Durchführung der Anhörung regelt die Geschäftsordnung des Schlichtungsausschusses. In geeigneten Fällen soll ein Einigungsversuch unternommen werden. Im übrigen ist der Entscheidungsvorschlag des Schlichtungsausschusses durch Schriftsätze der Beteiligten vorzubereiten. An dem Verfahren vor dem Schlichtungsausschuss sind der Patient/die Patientin, der/die einen Be-
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handlungsfehler behauptet, sowie dasjenige Kammermitglied beteiligt, das nach der Darstellung des Patienten/der Patientin für den Behandlungsfehler verantwortlich sein soll. Beim Tode eines Beteiligten können die Erben an dessen Stelle treten. Die Beteiligten können sich vertreten lassen. Das Verfahren vor dem Schlichtungsausschuss wird nur auf Antrag betrieben. Antragsberechtigt sind sowohl der Patient/die Patientin, der/die einen Behandlungsfehler behauptet, wie auch der Arzt/die Ärztin, gegen den/die sich der Vorwurf eines Behandlungsfehlers richtet. Der Antrag kann jederzeit zurückgenommen werden. §7 Ausschlussgründe Der Schlichtungsausschuss wird in folgenden Fällen nicht tätig: a) wenn ein Beteiligter dem Verfahren widerspricht bzw. sich an dem Verfahren nicht beteiligt; b) wenn ein Gericht bereits über die Frage des angezeigten Behandlungsfehlers oder dessen Kausalität zu einem behaupteten Gesundheitsschaden entschieden hat; c) wenn vor einem Gericht ein Verfahren anhängig ist, welches denselben behaupteten Behandlungsfehler zum Gegenstand hat; d) wenn ein strafrechtliches Verfahren (auch Ermittlungsverfahren) wegen des behaupteten Behandlungsfehlers anhängig ist; e) wenn zwischen den Parteien eine vergleichsweise Regelung über die Streitsache getroffen wurde; f) wenn der behauptete Behandlungsfehler länger als 4 Jahre vor dem Eingang des Antrages bei dem Schlichtungsausschuss zurückliegt; g) wenn der behauptete gesundheitliche Schaden geringfügig ist. Der Schlichtungsausschuss stellt ein bei ihm anhängig gewordenes Verfahren ein, wenn hinsichtlich desselben behaupteten Behandlungsfehlers von einem Beteiligten ein Gericht angerufen wird oder
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ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren eingeleitet wird. §8 Begutachtung Den Beteiligten wird die Person des/der Sachverständigen vor dessen/deren Beauftragung mitgeteilt. Einwände gegen die Person des/der Sachverständigen können nur innerhalb einer Frist von 3 Wochen vorgebracht werden. Werden Einwände nicht erhoben, werden die Akten unverzüglich dem/der Sachverständigen zur Erstattung eines Gutachtens zugeleitet. Das Gutachten soll in einer für die Beteiligten verständlichen Form erstattet werden. Das Gutachten muss sich mit dem Vorbringen der Beteiligten auseinandersetzen und auf alle wesentlichen Gesichtspunkte bei der Beurteilung eingehen. Hierbei dürfen nur Unterlagen, Feststellungen oder Tatsachen einbezogen werden, zu denen sich die Beteiligten vorher äußern konnten. Krankenunterlagen bedürfen dieser Äußerung nicht. Das Gutachten wird den Mitgliedern des Schlichtungsausschusses im Umlaufverfahren zur Unterzeichnung zugeleitet. Sofern alle Mitglieder des Schlichtungsausschusses durch Unterschriftsleistung ihr Einverständnis mit dem Gutachten erklärt haben, wird das Gutachten als Entscheidungsvorschlag den Beteiligten zugeleitet. Dieser Entscheidungsvorschlag kann in geeigneten Fällen mit einem Schlichtungsversuch in Form eines Vergleichsvorschlages verbunden werden, wenn die Beteiligten dies beantragt haben bzw. ihr Einverständnis erklärt haben. Im übrigen endet das Verfahren mit der Zuleitung des Entscheidungsvorschlages an die Beteiligten. Widerspricht ein Mitglied des Schlichtungsausschusses der Entscheidung im Umlaufverfahren, so wird der Fall in einer Sitzung des Schlichtungsausschusses verhandelt und sodann durch entsprechende Beschlussfassung ein Entscheidungsvorschlag festgestellt. Ein Beschluss kommt nur dann zustande, wenn ihm mindestens vier Aus-
schussmitglieder zustimmen. Durch das Verfahren vor dem Schlichtungsausschuss oder den Entscheidungsvorschlag wird der Rechtsweg nicht ausgeschlossen. §9 Veröffentlichung der Entscheidung Die Entscheidungen des Schlichtungsausschusses werden den Beteiligten schriftlich bekannt gegeben. § 10 Entschädigung der Mitglieder Die Tätigkeit der Mitglieder des Schlichtungsausschusses ist ehrenamtlich. Die juristischen und ärztlichen Mitglieder erhalten jedoch Ersatz ihrer Aufwendungen nach den Regeln der Kostenordnung der Landesärztekammer Rheinland-Pfalz. Die sonstigen Mitglieder erhalten Ersatz ihrer Aufwendungen nach dem Landesreisekostengesetz des Landes Rheinland-Pfalz. Die Höhe der Vergütung für den Vorsitzenden/die Vorsitzende und den stellvertretenden Vorsitzenden/die stellvertretende Vorsitzende des Schlichtungsausschusses wird durch den Vorstand der Landesärztekammer festgesetzt. Der Vorstand beschließt auch Richtsätze für die Vergütung der Sachverständigen. § 11 Kosten Das Verfahren vor dem Schlichtungsausschuss ist für die Beteiligten kostenfrei. Die Beteiligten tragen ihre Kosten einschließlich notwendiger Auslagen sowie die Kosten ihrer Vertretung selbst. Eine Kostenerstattung findet nicht statt. Entsprechend der Vereinbarung zwischen der Landesärztekammer Rheinland-Pfalz und dem HUK-Verband trägt der jeweilige Haftpflichtversicherer des/der beteiligten Arztes/Ärztin die durch die Gutachtenerstattung verursachten Kosten und ersetzt der Landesärztekammer die vereinbarte Kostenpauschale. Das Verfahren vor dem Schlichtungsausschuss wird in der Regel nur
Anhang durchgeführt, wenn die Erstattung der vorgenannten Kosten sichergestellt ist. § 12 Haftung Die Mitglieder des Schlichtungsausschusses haften den Beteiligten nur für vorsätzliche und grob fahrlässige Verletzung ihrer Pflichten.
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§ 13 Inkrafttreten Dieses Statut tritt am 1.1.2002 in Kraft. Verfahren, die bis zum Tage des Inkrafttretens dieses Statutes anhängig geworden sind, werden nach den bisherigen Vorschriften behandelt.
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Satzung der Gutachterkommission für Fragen ärztlicher Haftpflicht bei der Ärztekammer des Saarlandes
§2 1. Die Gutachterkommission erstattet auf Antrag ein schriftliches Gutachten darüber, ob der Patient infolge eines schuldhaften Behandlungsfehlers eines der Ärztekammer des Saarlandes angehörenden Arztes oder Zahnarztes einen Gesundheitsschaden erlitten hat. 2. Die Gutachterkommission kann in geeigneten Fällen und mit Zustimmung der Beteiligten einen Schlichtungsversuch unternehmen.
Satz 2 und der betroffene Arzt / Zahnarzt. Die Beteiligten können sich vertreten lassen, § 157 ZPO gilt entsprechend. 2. Das Verfahren ist freiwillig; es findet nicht statt, wenn einer der Beteiligten widerspricht. 3. Die Gutachterkommission wird auf schriftlichen Antrag tätig. Antragsberechtigt sind der Patient, der einen Behandlungsfehler behauptet bzw. im Falle seines Todes die hinterbliebenen nächsten erb- oder pflichtteilsberechtigten Angehörigen und der Arzt, dem ein Behandlungsfehler vorgeworfen wird. 4. Der Antrag nach Abs. 2 kann jederzeit zurückgenommen werden. 5. Die Gutachterkommission wird nicht tätig, a. wenn ein Gericht bereits rechtskräftig über das Vorliegen eines Behandlungsfehlers entschieden hat oder wenn der Streitgegenstand durch Vergleich erledigt wurde; b. solange ein Gerichtsverfahren oder ein staatsanwaltschaftliches Ermittlungsverfahren wegen derselben Tatsachen anhängig ist. Wird ein solches Verfahren wegen derselben Tatsachen nach Anrufen der Gutachterkommission eröffnet, so wird das Verfahren vor der Gutachterkommission eingestellt; c. wenn der behauptete Behandlungsfehler im Zeitpunkt der Antragstellung länger als 5 Jahre zurückliegt; d. wenn es sich um behauptete Schäden im Zusammenhang mit gutachterlicher ärztlicher / zahnärztlicher Beurteilung handelt; e. wenn der behauptete Gesundheitsschaden geringfügig ist.
§3 1. Beteiligte des Verfahrens sind der Patient, der das Vorliegen des Behandlungsfehlers behauptet bzw. im Falle seines Todes seine hinterbliebenen nächsten Angehörigen gemäß Abs. 3
§4 1. Die Mitglieder der Gutachterkommission werden vom Vorstand der Ärztekammer für die Dauer der Wahlperiode der Delegiertenversammlung berufen. Für Mitglieder, die während dieser Zeit
§1 1. Bei der Ärztekammer des Saarlandes wird eine Kommission zur Begutachtung behaupteter ärztlicher und zahnärztlicher Behandlungsfehler errichtet. Die Zuständigkeit für behauptete zahnärztliche Behandlungsfehler beschränkt sich auf Fälle, in denen in Folge fehlerhaften zahnärztlichen Handelns ein über das zahnärztliche Fachgebiet hinausgehender Gesundheitsschaden entstanden sein soll. 2. Die Mitglieder der Gutachterkommission sind bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben unabhängig und an Weisungen nicht gebunden. Sie sind alleine ihrem Gewissen und ihrer fachlichen Überzeugung verantwortlich. 3. Die Ärztekammer verfolgt mit dieser Einrichtung das Ziel, durch objektive Begutachtung ärztlichen bzw. zahnärztlichen Handelns dem durch einen möglichen Behandlungsfehler in seiner Gesundheit Geschädigten die Durchsetzung begründeter Ansprüche und dem Arzt die Zurückweisung unbegründeter Vorwürfe zu erleichtern.
Anhang ausscheiden, sind für den Rest der Zeit neue Mitglieder zu berufen. Für jedes Mitglied ist ein Stellvertreter zu bestellen. 2. Die Gutachterkommission entscheidet in der Besetzung mit einem Mitglied, das die Befähigung zum Richteramt haben muss (Vorsitzender) und zwei ärztlichen Mitgliedern, von denen eines in dem gleichen Gebiet tätig sein soll wie der betroffene Arzt. Ist ein Zahnarzt am Verfahren beteiligt, wird die Gutachterkommission um ein zahnärztliches Mitglied erweitert. 3. Die Mitglieder und ihre Stellvertreter sollen über langjährige Erfahrungen in ihrem Beruf verfügen. 4. Zum Mitglied oder Stellvertreter darf nicht berufen werden, wer einem Organ der Ärztekammer angehört oder Angestellter der Ärztekammer ist. 5. Das Amt als Mitglied der Gutachterkommission ist ein Ehrenamt. §5 1. Die Leitung des Verfahrens obliegt dem Vorsitzenden der Gutachterkommission. 2. Alle Anträge sind dem Vorsitzenden vorzulegen. 3. Der Vorsitzende bereitet das Verfahren der Gutachterkommission vor, dazu gehört insbesondere die Einholung von Stellungnahmen der Beteiligten. Er bedient sich hierbei der Dienste der Geschäftsstelle der Ärztekammer des Saarlandes. 4. Hält der Vorsitzende eine förmliche Beschlussfassung der Gutachterkommission nicht für notwendig, kann er den Beteiligten eine Vorentscheidung erteilen. Die Vorentscheidung ist zu begründen. Verlangt einer der Beteiligten innerhalb eines Monats eine Beschlussfassung, so ist der Gutachterkommission die Angelegenheit vorzulegen. §6 1. Der Sachverhalt ist möglichst schnell aufzuklären.
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2. Die Gutachterkommission soll den Sachverhalt, soweit erforderlich, mit den Beteiligten erörtern. 3. Die Gutachterkommission kann die Einholung von Sachverständigengutachten beschließen. Sie sollen den Beteiligten zur Kenntnis gebracht werden. 4. Die Gutachterkommission ist nicht an Beweisanträge gebunden, sie entscheidet in freier Beweiswürdigung. 5. Die Gutachterkommission beschließt mit Stimmenmehrheit. §7 1. Das abschließende Gutachten der Gutachterkommission ist schriftlich abzufassen, zu begründen und von den mitwirkenden Mitgliedern zu unterzeichnen. Den Beteiligten ist je eine Ausfertigung des Gutachtens zu übersenden. 2. Die Ärztekammer und die Mitglieder der Gutachterkommission werden aus Gutachten und Schlichtungsvorschlägen der Gutachterkommission nicht verpflichtet. 3. Durch das Verfahren bei der Gutachterkommission wird der Rechtsweg nicht ausgeschlossen. §8 1. Die Kosten der Gutachterkommission und der von ihr beauftragten Sachverständigen trägt die Ärztekammer. 2. Das Verfahren vor der Gutachterkommission ist für die Beteiligten gebührenfrei. Wird von einem Beteiligten die Einholung eines Sachverständigengutachtens beantragt, so trägt die Kosten der Antragsteller. 3. Die Beteiligten tragen ihre Kosten einschließlich der Kosten ihrer Vertretung selbst. 4. Die Mitglieder der Gutachterkommission erhalten für ihre Tätigkeit eine Entschädigung. 5. Die Entschädigung für Sachverständigengutachten, die von der Gutachterkommission eingeholt wurden, richtet sich nach dem Gesetz über die Entschä-
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digung von Zeugen und Sachverständigen in der jeweils geltenden Fassung. §9 Diese Satzung tritt am Tage der Veröffentlichung im Saarländischen Ärzteblatt in Kraft.
Die vorstehende Satzung wurde im Saarländischen Ärzteblatt, Ausgabe August 2007, veröffentlicht.
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Verfahrensordnung der Gutachterstelle für Arzthaftungsfragen der Sächsischen Landesärztekammer Vom 19. Juni 2002 (in der Fassung der Änderungssatzung vom 16. November 2004) Aufgrund von § 8 Abs. 3 Nr. 2 in Verbindung mit § 5 Abs. 1 Nr. 6 des Sächsischen Heilberufekammergesetzes vom 24. Mai 1994 (SächsGVBl. S. 935), zuletzt geändert mit Artikel 17 des Gesetzes vom 28. Juni 2001 (SächsGVBl. S. 426, 428) hat die Kammerversammlung am 15. Juni 2002 die folgende Verfahrensordnung der Gutachterstelle für Arzthaftungsfragen der Sächsischen Landesärztekammer beschlossen, geändert durch Beschluss der 31. Kammerversammlung am 13. November 2004: §1 Einrichtung, Aufgaben (1) Die Sächsische Landesärztekammer hat eine unabhängige Gutachterstelle für Arzthaftungsfragen errichtet. Die Gutachterstelle kann wegen des Vorwurfs fehlerhafter ärztlicher Behandlung angerufen werden. (2) Aufgabe dieser Gutachterstelle ist es, durch objektive Begutachtungen ärztlichen Handelns Patienten die Durchsetzung begründeter Ansprüche und Ärzten die Zurückweisung unbegründeter Vorwürfe zu erleichtern. (3) Die Gutachterstelle kann erst angerufen werden, wenn der Haftpflichtversicherer zu dem Arzthaftungsanspruch Stellung genommen hat. (4) Durch das Verfahren bei der Gutachterstelle wird der Rechtsweg nicht ausgeschlossen. Das Verfahren ist weder ein Schiedsverfahren im Sinne der Zivilprozessordnung noch eine andere außergerichtliche Streitbeilegung im Sinne des Gesetzes zur Förderung der außergerichtlichen Streitbeilegung. (5) Die Gutachterstelle wird nicht bei geltend gemachten Ansprüchen gegen den Staat tätig, es sei denn, für die in Anspruch zu nehmende Einrichtung besteht eine Haftpflichtversicherung. Die Anrufung ist unzulässig, wenn in gleicher Sache ein zivilrechtliches Verfahren beantragt wurde, anhängig ist oder bereits ein rechtskräftiges Urteil vorliegt. Die Gutachterstelle wird ebenfalls nicht tätig, wenn in gleicher Sache ein
strafrechtliches Ermittlungsverfahren oder ein Strafverfahren anhängig ist. Die Gutachterstelle setzt das Verfahren aus, solange ein solches Verfahren in gleicher Sache anhängig ist. §2 Besetzung der Gutachterstelle (1) Die Gutachterstelle ist mit einem Vorsitzenden, der Arzt sein soll, und einem Juristen besetzt. Es können jeweils auch Stellvertreter bestellt werden. (2) Die Bestellung des Vorsitzenden und der Mitglieder und ihrer Stellvertreter erfolgt durch den Vorstand der Sächsischen Landesärztekammer für die Dauer einer Wahlperiode. (3) Die Mitglieder der Gutachterstelle sind bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben unabhängig und an Weisungen nicht gebunden. Sie sind nur ihrem Gewissen und ihrer ärztlichen oder rechtlichen Überzeugung verantwortlich. Sie sind zur Vertraulichkeit und Verschwiegenheit verpflichtet. (4) Der Vorstand beruft für seine Wahlperiode erfahrene Ärzte verschiedener Fachrichtungen für den Beirat der Gutachterstelle (Sachverständigenrat). Dem Beirat können Vorgänge zur interdisziplinären Erörterung vorgelegt werden. §3 Antragsteller (1) Antragsberechtigt sind der Patient, der behandelnde Arzt oder die Haft-
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pflichtversicherung des Arztes. Sofern ein Krankenhausträger für die Tätigkeit eines Arztes in Anspruch genommen werden soll, ist dieser auch antragsberechtigt. (2) Ist ein Haftpflichtversicherer nicht beteiligt, so kann die Gutachterstelle bei Einverständnis aller Parteien angerufen werden, sofern diese verbindlich gegenüber der Gutachterstelle erklären, wer die Kosten für die Erstellung des Gutachtens übernimmt. Die Gutachterstelle kann einen Kostenvorschuss verlangen. §4 Verfahren (1) Das Verfahren wird mit einem formlosen schriftlichen Antrag eingeleitet, der eine Darstellung des Sachverhaltes aus der Sicht des Antragstellers enthalten muss. Die behaupteten haftungsbegründenden Tatsachen für eine Verletzung der Regeln der ärztlichen Sorgfalt sind möglichst schlüssig darzulegen. (2) Die Durchführung des Verfahrens setzt das Einverständnis aller Beteiligten voraus. Der Patient muss den behandelnden Arzt oder die behandelnden Ärzte von der ärztlichen Schweigepflicht entbinden. (3) Unter Einbeziehung des Gutachtens gibt die Gutachterstelle abschließend eine mit Gründen versehene Stellungnahme darüber ab, ob ein Anspruch dem Grunde nach aufgrund einer fehlerhaften ärztlichen Behandlung besteht oder nicht. Die Stellungnahme ergeht schriftlich und ist zu begründen. Das Gutachten wird ebenfalls übersandt. (4) Das Verfahren vor der Gutachterstelle wird grundsätzlich schriftlich durchgeführt. (5) Sind nach Art, Dauer und Auswertung nur geringfügige Beeinträchtigungen vorhanden oder zu erwarten, kann die Gutachterstelle den Antrag mit der Begründung zurückweisen, dass die Durchführung eines Verfahrens wegen des damit verbundenen Aufwandes zur Sachaufklärung nicht vertretbar ist.
§5 Begutachtung (1) Zur Feststellung, ob eine schuldhafte fehlerhafte ärztliche Behandlung bei dem Patienten einen Gesundheitsschaden verursacht hat, ist in der Regel von einem, erforderlichenfalls von einem weiteren Sachverständigen (Zweitgutachter) ein Gutachten einzuholen. Die Gutachterstelle bestimmt den Gutachter. (2) Kommt die Gutachterstelle zu dem Ergebnis, dass ein vorliegendes Gutachten zur Beurteilung nicht ausreicht, so ruft sie den Sachverständigenrat (§ 2 Abs. 4) an. In mündlicher Beratung wird der Sachverhalt interdisziplinär erörtert. Ein Anwesenheitsrecht besteht für die Verfahrensbeteiligten nicht. Das Ergebnis der mündlichen Erörterung wird den Beteiligten schriftlich bekannt gegeben. §6 Kosten (1) Für die Beteiligten ist das Verfahren bei der Gutachterstelle mit Ausnahme des Verfahrens nach § 3 Abs. 2 kostenlos. Sie tragen jedoch ihre eigenen Kosten einschließlich der Kosten ihrer Rechtsvertretung selbst. (2) Mit Zustimmung zum Verfahren erklären die Haftpflichtversicherer ihre Bereitschaft, im Verfahren vor der Gutachterstelle anfallenden Gutachterkosten zu tragen. Sind mehrere Ärzte oder Krankenhäuser beteiligt, werden die Kosten anteilig auf die Haftpflichtversicherer umgelegt. (3) Die Entschädigung der Sachverständigen richtet sich nach dem Gesetz über die Vergütung von Sachverständigen, Dolmetscherinnen, Dolmetschern, Übersetzerinnen und Übersetzern sowie die Entschädigung von ehrenamtlichen Richterinnen, ehrenamtlichen Richtern, Zeuginnen, Zeugen und Dritten (Justizvergütungsund -entschädigungsgesetz [JVEG]) in der jeweils gültigen Fassung. Die Angemessenheit der Entschädigung wird von der Gutachterstelle geprüft.
Anhang (4) Die Sächsische Landesärztekammer stellt für die Tätigkeit der Gutachterstelle die notwendigen personellen und sächlichen Mittel zur Verfügung. §7 Übergangsbestimmungen Das Gesetz über die Entschädigung von Zeugen und Sachverständigen in der Fassung der Bekanntmachung vom 1. Oktober 1969 (BGBl. I S. 1756), zuletzt geändert durch Artikel 1 Abs. 5 des Gesetzes vom 22. Februar 2002 (BGBl. I S. 981) sowie Verweisungen auf diese Gesetze sind weiter anzuwenden, wenn
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der Auftrag an den Sachverständigen, Dolmetscher oder Übersetzer vor dem 1. Juli 2004 erteilt oder der Berechtigte vor diesem Zeitpunkt herangezogen worden ist. Satz 1 gilt für Heranziehungen vor dem 1. Juli 2004 auch dann, wenn der Berechtigte in der selben Rechtssache auch nach dem 1. Juli 2004 herangezogen worden ist. §8 In-Kraft-Treten Diese geänderte Verfahrensordnung tritt am 1. Juli 2004 in Kraft.
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Statut der„Gutachterkommission für ärztliche Haftpflichtfragen“ bei der Ärztekammer Westfalen-Lippe vom 27. November 2004 Die Kammerversammlung der Ärztekammer Westfalen-Lippe hat in ihrer Sitzung am 27. November 2004 aufgrund § 8 Heilberufsgesetz (HeilBerG) vom 9. Mai 2000 (GV. NRW S. 403), zuletzt geändert durch Gesetz vom 17. Dezember 2002 (GV. NRW S. 641) folgende Neufassung des Statuts der Gutachterkommission für ärztliche Haftpflichtfragen bei der Ärztekammer Westfalen-Lippe beschlossen: §1 Gutachterkommission (1) Bei der Ärztekammer WestfalenLippe ist eine Kommission zur Begutachtung behaupteter ärztlicher Behandlungsfehler eingerichtet. Diese führt die Bezeichnung „Gutachterkommission für ärztliche Haftpflichtfragen bei der Ärztekammer Westfalen-Lippe.“ (2) Die Mitglieder der Gutachterkommission sind bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben unabhängig und an Weisungen nicht gebunden. Sie sind allein ihrem Gewissen und ihrer fachlichen Überzeugung verantwortlich. §2 Ziel Ziel der Gutachterkommission ist es, durch objektive Begutachtung ärztlichen Handelns dem durch einen möglichen Behandlungsfehler in seiner Gesundheit Geschädigten die Durchsetzung begründeter Ansprüche und dem Arzt die Zurückweisung unbegründeter Vorwürfe zu erleichtern und in geeigneten Fällen einen Schlichtungsversuch zu unternehmen. §3 Aufgaben (1) Die Kommission prüft auf Antrag, ob der Patient infolge eines schuldhaften Behandlungsfehlers eines kammerangehörigen Arztes einen Gesundheitsschaden erlitten hat.
(2) Beteiligte des Verfahrens sind der Patient, der das Vorliegen eines Behandlungsfehlers behauptet, und der betroffene Arzt. Die Beteiligten können sich vertreten lassen. Die Vollmacht ist vorzulegen. §4 Voraussetzungen für die Tätigkeit (1) Die Gutachterkommission wird auf schriftlichen Antrag des Patienten oder des Arztes, dem ein Behandlungsfehler vorgeworfen wird, tätig, sofern nicht der Antragsgegner widerspricht. Die den Antrag begründenden Tatsachen sind nachvollziehbar darzulegen. Ist ein Patient verstorben, sind seine Erben berechtigt, den Antrag zu stellen oder das Verfahren fortzusetzen. Sie sollen ihre Erbenstellung glaubhaft machen. (2) Der Antrag kann jederzeit zurückgenommen werden. (3) Der Widerspruch des Antragsgegners ist nicht mehr zulässig, wenn ein ärztliches Mitglied mit der Sache befasst ist. Eine bereits erteilte Zustimmung kann von diesem Zeitpunkt an nicht mehr widerrufen werden. (4) Die Gutachterkommission wird nicht tätig, a) wenn die ärztliche Behandlung in einem gerichtlichen oder staatsanwaltschaftlichen Verfahren bereits auf Fehler überprüft worden ist oder zur Überprüfung ansteht. Werden Gericht oder Staatsanwaltschaft nach Einleitung des Verfahrens angerufen, setzt die Gutachterkommission das Verfahren zunächst aus.
Anhang b) wenn der behauptete Behandlungsfehler im Zeitpunkt der Antragstellung länger als 5 Jahre zurückliegt; c) wenn kein Behandlungsfehler geltend gemacht wird; d) wenn es sich um behauptete Schäden im Zusammenhang mit der Erstattung von ärztlichen Gutachten handelt; e) wenn wegen des Behandlungsfehlers Ansprüche aus Amtshaftung geltend gemacht werden können. §5 Zusammensetzung (1) Mitglieder der Gutachterkommission sind Ärzte und Juristen mit der Befähigung zum Richteramt. (2) Die Mitglieder der Gutachterkommission sollen über langjährige Erfahrung verfügen und mit dem Gutachterwesen vertraut sein. Sie sind ehrenamtlich tätig. Sie werden vom Vorstand der Ärztekammer Westfalen-Lippe für die Dauer von 5 Jahren berufen. Der Vorstand kann aus wichtigem Grund ein Mitglied abberufen. (3) Die Mitglieder der Gutachterkommission beachten den Datenschutz und sind zur Verschwiegenheit verpflichtet. §6 Verfahren (1) Im Einzelfall entscheidet die Gutachterkommission durch einen Juristen, der das Verfahren leitet (Vorsitzender) und zwei Ärzte, die in dem gleichen Fachgebiet tätig sind wie der betroffene Arzt. Die beiden Ärzte werden von dem Vorsitzenden aus dem Kreis der ärztlichen Mitglieder ausgewählt. (2) Das Verfahren vor der Gutachterkommission wird grundsätzlich schriftlich geführt. In besonderen Fällen kann sich der Vorsitzende auf Wunsch eines ärztlichen Mitglieds mit der persönlichen Untersuchung eines Patienten durch das ärztliche Mitglied einverstanden erklären. (3) Der Vorsitzende ist für die ordnungsgemäße Durchführung des Verfah-
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rens verantwortlich. Er holt insbesondere die sachdienlichen Unterlagen (ärztliche Dokumentationen, medizinische Befunde u. a.) und die Stellungnahmen der Beteiligten ein. Er kann sich der Dienste der Geschäftsstelle der Ärztekammer Westfalen-Lippe bedienen. §7 Aufklärung des Sachverhaltes, Beweiswürdigung (1) Der Sachverhalt ist möglichst schnell und umfassend aufzuklären. Über wesentliche Verfahrensschritte sind die Beteiligten mit der Möglichkeit zur Stellungnahme zu informieren. Der Vorsitzende gibt den Beteiligten insbesondere die Namen der ärztlichen Mitglieder der Kommission bekannt, bevor diese mit der Sache befasst werden. Einwendungen sind binnen zwei Wochen zu erheben. Die Vorschriften der Zivilprozessordnung über die Ausschließung und Ablehnung gelten für die Mitglieder der Gutachterkommission entsprechend. Über Ablehnungsanträge entscheidet der Vorsitzende. (2) Die Gutachterkommission ist nicht an Beweisanträge gebunden. Sie entscheidet in freier Beweiswürdigung. §8 Abschließende Entscheidung (1) Die Gutachterkommission beschließt mit Stimmenmehrheit. (2) Die abschließende Entscheidung der Gutachterkommission ist schriftlich abzufassen, zu begründen und vom Vorsitzenden zu unterzeichnen. Die in den Verfahren erstellten Gutachten sind in Kopie beizufügen. Die Gutachten sollen sich mit dem Vorbringen der Beteiligten auseinandersetzen und aus sich heraus verständlich sein. (3) Die Gutachterkommission kann in geeigneten Fällen einen Schlichtungsversuch unternehmen. Dazu kann der Vorsitzende die Beteiligten auch zu einer mündlichen Verhandlung laden. Die Haftpflichtversicherung des betroffenen
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Arztes ist über den Termin zu informieren. (4) Die Ärztekammer WestfalenLippe und die Mitglieder der Gutachterkommission werden aus Gutachten, Schlichtungsvorschlägen und abschließenden Entscheidungen nicht verpflichtet. §9 Kostenregelung (1) Die Kosten der Gutachterkommission trägt die Ärztekammer Westfalen-Lippe. (2) Das Verfahren vor der Gutachterkommission ist für die Beteiligten gebührenfrei. (3) Den Beteiligten werden Auslagen oder Kosten ihrer Vertretung nicht erstattet. (4) Der Vorsitzende der Gutachterkommission erhält für seine Tätigkeit eine vom Vorstand der Ärztekammer Westfalen-Lippe festzusetzende Aufwandsentschädigung. Im Übrigen gilt
die Spesenordnung der Ärztekammer Westfalen-Lippe. (5) Sachauslagen der ärztlichen Mitglieder können erstattet werden. Von der Haftpflichtversicherung des betroffenen Arztes nach Abschluss des Verfahrens zur Verfügung gestellte Beträge werden anteilig an die an dem Verfahren beteiligten ärztlichen Mitglieder weitergeleitet. § 10 Jahresbericht Die Gutachterkommission erstattet dem Vorstand der Ärztekammer Westfalen-Lippe für dessen Geschäftsbericht jährlich einen Tätigkeitsbericht. § 11 Inkrafttreten Dieses Statut tritt am Tag nach der Veröffentlichung im „Westfälischen Ärzteblatt“ in Kraft. Gleichzeitig tritt das Statut der „Gutachterkommission für ärztliche Haftpflichtfragen“ vom 23.04.1977 außer Kraft.
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