Kerstin Emrich Konzentration im Sortimentsbuchhandel
GABLER RESEARCH
Kerstin Emrich
Konzentration im Sortimentsbuc...
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Kerstin Emrich Konzentration im Sortimentsbuchhandel
GABLER RESEARCH
Kerstin Emrich
Konzentration im Sortimentsbuchhandel Diagnose, Prognose und Handlungsempfehlungen Mit einem Geleitwort von Prof. Dr. Ursula Rautenberg
RESEARCH
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über abrufbar.
Dissertation Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg, 2009 (ursprgl. Titel: Branchenstruktur und Konzentrationsprozess im deutschen Sortimentsbuchhandel. Diagnose – Prognose – Handlungsempfehlungen.)
1. Auflage 2011 Alle Rechte vorbehalten © Gabler Verlag | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2011 Lektorat: Stefanie Brich | Viktoria Steiner Gabler Verlag st eine Marke von Springer Fachmedien. Springer Fachmedien ist Teil der Fachverlagsgruppe Springer Science+Business Media. www.gabler.de Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften. Umschlaggestaltung: KünkelLopka Medienentwicklung, Heidelberg Gedruckt auf säurefreiem und chlorfrei gebleichtem Papier Printed in Germany ISBN 978-3-8349-2458-2
Geleitwort
V
Geleitwort Die Digitalisierung von Büchern und buchnahen Inhalten im Verbund mit den schnell fortschreitenden technischen Innovationen, wie z. B. mobile Lesegeräte für E-Books, beeinflussen auch die Konzentrationsprozesse im deutschen Buchhandel. Verlage und Zwischenbuchhändler, besonders aber Einzelhandelsunternehmen müssen diese Entwicklungen bei ihren strategischen Entscheidungen berücksichtigen. Die hier vorgelegte Analyse widmet sich erstmals den Problemen umfassend vor dem Hintergrund einer detaillierten fachlichen Kenntnis der deutschen Buchbranche. Neben einer umfassenden Analyse der Branchensituation und des Konzentrationsprozesses sowie einem Ausblick in die Zukunft werden am Beispiel von drei Szenarien Lösungsansätze aufgezeigt. In ihrer Zielstellung geht sie damit über die vorliegende wirtschaftswissenschaftliche Forschungsliteratur hinaus, die sich entweder allgemein mit Konzentration in Industrie und Handel oder am Beispiel anderer Wirtschaftszweige beschäftigt. Die stringente Bezugnahme auf wirtschaftswissenschaftliche Theorieansätze ist charakteristisch für den theoretischen und methodischen Ansatz. Die Analyse der Branchensituation stützt sich auf die auf Michael E. Porter zurückgehenden Modelle, für die Untersuchung der Ursachen und Wirkungen von Konzentration und die Ableitung von Zukunftsvisionen zieht die Verfasserin Ergebnisse der Handelsforschung heran. Aus der differenzierten Bewertung der Konzentrationsursachen und -wirkungen werden schließlich Entscheidungshilfen abgeleitet, auf die sich Unternehmen des Bucheinzelhandels bei strategischen Entscheidungen stützten können. Beispielsweise wird eine neue Betriebsform skizziert, die den, vor allem als Vorteil von Online-Handelsformen geltenden Convenience-Aspekt konsequent in einen stationären Marktauftritt integriert und darüber hinaus die Anschlussfähigkeit an ein Mehrkanalkonzept betont. Kerstin Emrich hat Buchwissenschaft und Buchwirtschaft studiert und ist nach ihrer Promotion zur Juniorprofessorin für Buchwissenschaft / Buchwirtschaft am Lehrstuhl für Buchwissenschaft der Universität Erlangen-Nürnberg ernannt worden. Mit der hier vorliegenden Dissertation hat sie sich in einem Forschungsfeld ausgezeichnet, das von großer Relevanz für die gegenwärtigen und zukünftigen Prozesse im Buchhandel ist. Deshalb, und auch wegen der wissenschaftlichen Sorgfalt und Qualität ist ihr die angemessene Beachtung sowohl in der wirtschafts- und buchwissenschaftlichen Forschung, wie auch bei den Akteuren der Branche zu wünschen. Ursula Rautenberg
Vorwort
VII
Vorwort Diese Arbeit entstand in den Jahren 2007 bis 2009 als Dissertation mit dem Titel Branchenstruktur und Konzentrationsprozess im deutschen Sortimentsbuchhandel. Diagnose – Prognose – Handlungsempfehlungen an der Philosophischen Fakultät und Fachbereich Theologie an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg. Begutachtet wurde die Arbeit von Prof. Dr. Ursula Rautenberg (Lehrstuhl für Buchwissenschaft) und Prof. Dr. Jürgen Kähler (Institut für Wirtschaftswissenschaft). Das Promotionsverfahren schloss mit der Disputation am 6. Oktober 2009. Ausgangspunkt meiner Forschungen war das Phänomen der fortschreitenden Konzentration im deutschen Sortimentsbuchhandel. Offensichtlich wird dadurch die Marktstruktur zu Gunsten der Filialunternehmen und Großbuchhändler verändert. Die Diskussionen in der Branchenöffentlichkeit besagen u.a., dass das zum wirtschaftlichen Nachteil der kleinen und mittelständischen Unternehmen passiert. Hinzu kommen gerade in der jüngeren Vergangenheit veränderte technische Rahmenbedingungen in Form von digitalen bzw. digitalisierten Inhalten und entsprechenden Lesegeräten. Dies führt wiederum zu einer neuartigen Wettbewerbssituation, die die Herausforderungen aus der Konzentration zu potenzieren scheint. Intention meiner Promotion war es, sich dem Thema des Konzentrationsprozesses im aktuellen Buchmarkt aus der analytischen, buch- wie auch wirtschaftswissenschaftlichen Perspektive zu widmen, was bislang kaum erfolgte. Die hinter der ganzen Arbeit stehende Frage lautet: Wie wird sich die Struktur des Bucheinzelhandels aufgrund der Konzentrationsprozesse weiterentwickeln und warum? Ziel der Arbeit ist es, die strukturellen Gegebenheiten grundlegend aufzuarbeiten und zu erforschen. Damit kommt ihr auch eine unterstützende Funktion für die aktuellen und künftigen Marktteilnehmer zu. Die Studie richtet sich in erster Linie an ein wissenschaftliches und wissenschaftlich-interessiertes Publikum aus buchwissenschaftlichen und wirtschaftswissenschaftlichen Disziplinen. Darüber hinaus aber sind sowohl die Ergebnisse der einzelnen Analysen als auch das Gesamtresümee für Praktiker und Experten aus der Buchbranche relevant. Beispielsweise für Entscheidungsträger aus Bucheinzelhandelsunternehmen soll die Studie ein Fundament für strategische Analysen und letztlich Entscheidungen bieten. Darüber hinaus erscheint es mir wichtig zu betonen, dass meine Ergebnisse nicht nur für die im Fokus stehenden Filialunternehmen relevant sind, sondern für jegliche Bucheinzelhändler interessante Perspektiven und Ansätze eröffnen können.
VIII
Vorwort
Mein Dank gilt zunächst meinen beiden Gutachtern, die mich auch während der Entstehung der Dissertation betreut haben. Insbesondere meiner Erstgutachterin, Ursula Rautenberg, danke ich für die enge fachliche Betreuung und die wertschätzende persönliche Beziehung, die sich daraus entwickelt hat. Auch Jürgen Kähler bin ich zu Dank verpflichtet, da er mir gerade in der Konturierungsphase wertvolle Hinweise gegeben hat. Beiden danke ich nochmals für die zügige Begutachtung und die vielen wertvollen Hinweise, die in die Überarbeitung für die Drucklegung eingeflossen sind. Für die Veröffentlichung wurde der Text und v.a. die darin enthaltenen Daten und Fakten noch einmal aktualisiert. Sie sind nun auf dem Stand von Mitte September 2010. Neben kleineren Änderungen ist im Wesentlichen Kapitel V.2 hinzugekommen. Während der Bearbeitung und der Recherchen hat sich die Relevanz des Referenzmarkts Großbritannien immer deutlicher gezeigt, sodass eine gesonderte Berücksichtigung lohnend erschien. Weiterhin geht ein Dank an das Unternehmen Thalia Universitätsbuchhandlung GmbH, Hagen, das mich von März 2007 bis Juni 2008 mit dem Thalia-Promotionsstipendium maßgeblich finanziell unterstützt hat. Für ihre Dienst- und Hilfeleistungen bedanke ich mich außerdem bei Celestina Filbrandt und Nikolaus Weichselbaumer; auch sie beide haben einen wesentlichen Beitrag zu dieser Veröffentlichung geleistet. Abschließend möchte ich ganz besonders meiner Familie, allen voran meinen Eltern und meinem Partner, danken. Sie haben mich stets aufopferungsvoll unterstützt und tun dies immer noch. Der Erfolg in Studium und Beruf ist nicht zuletzt ihnen zu verdanken. Kerstin Emrich
Inhaltsübersicht Geleitwort V Vorwort VII Inhaltsübersicht IX Inhaltsverzeichnis XI Abbildungsverzeichnis XVII Tabellenverzeichnis XIX I Grundlegendes 1 1 Einführung 1 2 Vorgehensweise und Strukturierung 5 3 Einordnung des Themas in den Forschungskontext 9 4 Forschungsstand und Literaturlage 18 II Markt- und Wettbewerbsanalyse für den deutschen Bucheinzelhandel 23 1 Modelltheoretische Grundlagen der Marktanalyse 23 2 Abgrenzung des Untersuchungsraums 28 3 Branchenstrukturanalyse 45 4 Identifizierung strategischer Gruppen 78 5 Untersuchung der Branchenentwicklung 124 6 Diskussion der Branchensituation 141 III Unternehmenskonzentration im Sortimentsbuchhandel 185 1 Untersuchungsrahmen 186 2 Konzentrationsursachen im Sortimentsbuchhandel 195 3 Auswirkungen des Konzentrationsprozesses im Sortimentsbuchhandel 238 IV Die aktuelle und künftige Konzentrations- und Branchenentwicklung 259 1 Diagnose: Beurteilung des aktuellen Konzentrationsstands 259 2 Prognose: Szenarien zur längerfristigen Marktentwicklung 268 3 Handlungsempfehlungen: Reaktionsmöglichkeiten und Strategien für Filialunternehmen 291 4 Entwicklung einer innovativen Betriebsform: das Convenience-Konzept 319 V Ergebnisse der Konzentrationsanalysen 355 1 Virulente Faktoren der Konzentrationsentwicklung 355 2 Exkurs: Vergleich mit dem britischen Buchmarkt 360 VI Abschließende und zusammenfassende Thesen 379 Literaturverzeichnis 385 Anhang 417
Inhaltsverzeichnis
XI
Inhaltsverzeichnis Geleitwort Vorwort Inhaltsübersicht Inhaltsverzeichnis Abbildungsverzeichnis Tabellenverzeichnis
V VII IX XI XVII XIX
I 1 1.1 1.2 2 3 3.1 3.2 4
Grundlegendes Einführung Problemstellung Forschungsgegenstand und Erkenntnisinteresse Vorgehensweise und Strukturierung Einordnung des Themas in den Forschungskontext Buchwissenschaft Wirtschaftswissenschaft Forschungsstand und Literaturlage
1 1 1 2 5 9 9 11 18
II 1 1.1 1.1.1 1.1.2 1.2 1.3 2 2.1 2.2 2.2.1 2.2.2 2.2.3 2.3 3 3.1 3.2 3.3
Markt- und Wettbewerbsanalyse für den deutschen Bucheinzelhandel Modelltheoretische Grundlagen der Marktanalyse Die Analyse im Prozess des strategischen Managements Begriff und Forschungszweige der strategischen Unternehmensführung Abgrenzung und Aufgabe Die strategische Analyse des Marketings Die Wettbewerbsanalyse nach Porter Abgrenzung des Untersuchungsraums Branchenabgrenzung Marktabgrenzung Der relevante Markt für den Buchkauf und -verkauf Der relevante Markt für buchhandelstypische Leistungen Die fachspezifische Marktsegmentierung Zwischenfazit Branchenstrukturanalyse Methode Bedrohung durch Markteintritte neuer Konkurrenten Rivalität unter den bestehenden Händlern
23 23 23 23 24 25 26 28 28 31 36 36 39 43 45 45 48 56
XII
3.4 3.5 3.6 3.7 4 4.1 4.2 4.3 4.4 4.5 4.6 4.6.1 4.6.2 4.6.3 4.6.4 4.7 5 5.1 5.2 5.2.1 5.2.2 5.2.3 5.2.4 5.2.5 5.2.6 6 6.1 6.2 6.2.1 6.2.2 6.2.3 6.2.4 6.3 6.3.1 6.3.2 6.3.3 6.3.4
Inhaltsverzeichnis
Gefahr durch Ersatzangebote Einflussnahme durch die Endkunden Verhandlungsmacht der Verlage und der Barsortimente Die aktuelle Marktstruktur im Überblick Identifizierung strategischer Gruppen Methode Bezugsrahmen der Untersuchung Auswahl der Abgrenzungskriterien Bestimmung der strategischen Gruppen Kurzdarstellung der strategischen Gruppen Marktinterdependenzen und Prozesse unter den strategischen Gruppen Erfolgspotenziale der einzelnen Gruppen Relative Verhandlungsstärke der Gruppen Gruppenspezifische Positionen gegenüber Ersatzangeboten Marktinterdependenzen Zusammenfassung und Trends Untersuchung der Branchenentwicklung Porters Modell zur Analyse der Branchenentwicklung Evolutionsprozesse im deutschen Sortimentsbuchhandel Veränderungen des Wachstums und der Branchengröße Abnehmerseitige Veränderungen Entwicklung von Wissen, Erfahrung und Sicherheit Innovationen Externe strukturelle und politische Veränderungen Überblick zur bisherigen und künftigen Branchenentwicklung Diskussion der Branchensituation Lebenszyklustheoretische Ansätze Mögliche Lebenszyklussituationen des Bucheinzelhandels Internationalität im Bucheinzelhandel Der Bucheinzelhandel als zersplitterte Branche Schrumpfungstendenzen im Buchhandel Der Filialbuchhandel auf dem Weg zum Reife-Status Versuch einer buchhandelsspezifischen Phaseneinteilung Marktsegmentierung Marktexpansion Marktkonzentration Marktbereinigung
60 63 70 74 78 78 81 84 91 97 103 104 109 112 116 121 124 125 126 126 131 132 134 137 139 141 141 144 145 154 160 165 174 176 178 179 181
Inhaltsverzeichnis
III 1 1.1 1.1.1 1.1.2 1.2 1.2.1 1.2.2 2 2.1 2.1.1 2.1.1.1 2.1.1.2 2.1.2 2.1.2.1 2.1.2.2 2.1.2.3 2.1.3 2.1.3.1 2.1.3.2 2.1.4 2.1.4.1 2.1.4.2 2.1.4.3 2.1.5 2.1.5.1 2.1.5.2 2.1.5.3 2.1.6 2.1.6.1 2.1.6.2 2.1.6.3 2.2 2.2.1 2.2.1.1 2.2.1.2
Unternehmenskonzentration im Sortimentsbuchhandel Untersuchungsrahmen Vorbemerkungen Wareneigenschaften Wettbewerb im Handel Theoretischer Hintergrund Definition Untersuchungsansätze Konzentrationsursachen im Sortimentsbuchhandel Exogene Ursachen Gesellschaft Bevölkerungsentwicklung und –struktur Urbanisierung Verbraucherverhalten Kauffähigkeit Verbraucherpolitik Qualitatives Verbraucherverhalten Technischer Fortschritt im Vertrieb Kommunikationstechnologie Elektronische Datenverarbeitung Wirtschaft und Wirtschaftspolitik Globalisierung Mittelstandspolitik Konjunktur Gesetze Wettbewerbsrecht Ladenschlussgesetz Vertikale Preisbindung Vorgelagerte Wirtschaftsstufen Produktion Konzentrationsentwicklung Absatzpolitik Endogene Ursachen Wettbewerb im Einzelhandel Markteintritte Betriebsformendynamik
XIII
185 186 186 186 187 188 188 190 195 196 196 196 197 198 198 199 200 202 202 203 204 205 206 208 209 209 211 213 214 214 215 216 217 217 217 219
XIV
2.2.2 2.2.2.1 2.2.2.2 2.2.2.3 2.2.3 2.2.3.1 2.2.3.2 2.2.3.3 2.2.3.4 2.2.3.5 2.2.4 2.2.4.1 2.2.4.2 2.2.4.3 3 3.1 3.1.1 3.1.1.1 3.1.1.2 3.1.2 3.1.2.1 3.1.2.2 3.1.2.3 3.2 3.2.1 3.2.1.1 3.2.1.2 3.2.2 3.2.2.1 3.2.2.2 3.2.3 3.2.3.1 3.2.3.2 3.2.3.3 3.2.3.4
Inhaltsverzeichnis
Absatzformen Warencharakter Sortimentspolitik Servicepolitik Strukturelle Unterschiede Unternehmenswachstum Kapitalausstattung und Finanzierung Personalpolitik Standortpolitik Kaufmännische Verwaltung und Management Funktionelle Unterschiede Beschaffung Lagerhaltung und Logistik Absatzfunktion Auswirkungen des Konzentrationsprozesses im Sortimentsbuchhandel Auswirkungen auf die Einzelhandelsebene Wettbewerb Wettbewerbsintensität Anbieterstruktur Ausgewählte betriebswirtschaftliche Aspekte Funktionsverschiebung Produktivitätsentwicklung Beschäftigtenstruktur Auswirkungen auf die vor- und nachgelagerten Wirtschaftsstufen Verlage Absatzpolitik Funktionsveränderungen Zwischenbuchhandel Logistik Strategien Verbraucher Versorgungslage Kundenbeziehung Markttransparenz Preis
222 222 224 226 227 227 228 230 231 233 234 234 236 237 238 239 239 239 242 244 244 246 247 248 249 249 251 252 252 252 254 254 255 257 258
Inhaltsverzeichnis
IV 1 1.1 1.2 1.3 2 2.1 2.1.1 2.1.2 2.1.3 2.1.4 2.2 2.2.1 2.2.2 2.2.3 3 3.1 3.1.1 3.1.2 3.1.3 3.1.4 3.2 3.2.1 3.2.2 3.2.3 3.2.4 3.2.5 3.2.6 4 4.1 4.2 4.3 4.3.1 4.3.2 4.3.3
Die aktuelle und künftige Konzentrations- und Branchenentwicklung Diagnose: Beurteilung des aktuellen Konzentrationsstands Das Gewicht der Gründe und Effekte Differenzierungen zum Konzentrationsstand Strukturbasierte Polarisierung Prognose: Szenarien zur längerfristigen Marktentwicklung Gesellschafts- und Buchmarktszenarien ,Free is fair‘ – Marktgesetze dominieren die Buchbranche ,Shared destiny‘ – Der Buchhandel in der Funktion eines Kulturträgers ,Metamorphosis‘ – Medienkonvergenz in der Informationsgesellschaft Zwischenfazit Konzentrationsszenarien Beschleunigter Konzentrationsprozess Gleich bleibende Konzentration Multiplikatorwirkung der Digitalisierung Handlungsempfehlungen: Reaktionsmöglichkeiten und Strategien für Filialunternehmen Szenario-spezifische Strategien Visionen für das Liberalisierungsszenario Visionen für die Kulturorientierung Visionen für die Medien- und Informationsgesellschaft Fazit zu den strategischen Vorschlägen Erfolgsrelevante Strategieelemente Wirtschaftlichkeit Nachhaltigkeit der Angebotsform Innovativität Auflösung von Branchengrenzen Zielgruppenfokussierung Staatliche Förderung als exogene Rahmenbedingung Entwicklung einer innovativen Betriebsform: das Convenience-Konzept Voraussetzungen Der Begriff und das Konstrukt ‚Convenience‘ Convenience-Konzept im stationären Bucheinzelhandel Multioptionale und individuelle Produkt- und Händlerinformationen Bedarfsadäquate und eindeutige Informationen Zielgruppenspezifisches Komplett-Angebot
XV
259 259 259 261 266 268 270 270 273 274 277 278 278 283 285 291 291 291 295 299 302 304 305 306 307 308 315 316 319 319 322 325 328 329 331
XVI
Inhaltsverzeichnis
4.3.4 4.3.5 4.3.6 4.3.7 4.3.8 4.3.9 4.4 4.4.1 4.4.2 4.4.3
Kundennähe Funktionale Verkaufsraumgestaltung Zweckmäßiger Kassenbereich Müheloser ‚Checkout‘ Umfangreiche Standard-Kundendienstleistungen Zusammenfassung Diskussion zur Eignung und Zukunftsfähigkeit des Konzepts Convenience-Buchhandlungen als ungeeignete Betriebsform Convenience als zukunftsfähige Strategie Fazit
333 335 340 341 344 346 348 348 350 352
V 1 2 2.1 2.2 2.3 2.4 2.5
Ergebnisse der Konzentrationsanalysen Virulente Faktoren der Konzentrationsentwicklung Exkurs: Vergleich mit dem britischen Buchmarkt Strukturveränderungen im Vereinigten Königreich Ähnliche Konzentrationsursachen und -auswirkungen Verlagerung auf Nebenmärkte und Online-Buchhandel Deutsche Zukunftsstrategien – britische Realität Fazit
355 355 360 361 365 368 372 375
VI
Abschließende und zusammenfassende Thesen
379
Literaturverzeichnis
385
Anhang 1 Vorgehensweise nach Ehrlinger 1962 1.1 Die Ursachen der Konzentration im Einzelhandel 1.2 Die Auswirkungen der Konzentration im Einzelhandel 2 Vorgehensweise nach Schenk u. a. 1984 2.1 Ursachen der Konzentration im Handel 2.2 Auswirkungen der Konzentration im Handel 3 Ergänzende Abbildungen und Tabellen
417 417 417 419 420 420 421 423
Abbildungsverzeichnis
XVII
Abbildungsverzeichnis Abb. 1: Abb. 2: Abb. 3: Abb. 4: Abb. 5: Abb. 6: Abb. 7: Abb. 8: Abb. 9:
Abb. 10: Abb. 11: Abb. 12:
Abb. 13: Abb. 14: Abb. 15: Abb. 16: Abb. 17: Abb. 18:
Das SCP-Paradigma der Traditionellen Industrieökonomik Quelle: Eigene Darstellung nach Bester 2004, S. 3. Das SCP-Paradigma der Neueren Industrieökonomik Quelle: Eigene Darstellung nach Bühler / Jäger 2002, S. 8. Aufbau der Arbeit. Quelle: Eigene Darstellung. Wirtschaftswissenschaftlicher Kontext der Arbeit Quelle: Eigene Darstellung. Absatzkanäle des Bucheinzelhandels nach Bramann / Hoffmann Quelle: Eigene Darstellung nach Bramann u. a. 2008, S. 111–127. Kontext des relevanten Markts (s. Hervorhebung). Quelle: Eigene Darstellung. Die fünf Wettbewerbskräfte ( five forces). Quelle: Eigene Darstellung nach Porter 2008c, S. 36. Für den Buchhandel strategisch relevante Zielgruppensegmente. Quelle: Börsenverein des Deutschen Buchhandels e.V. 2005b, S. 36. Die Wettbewerbskräfte der Branche Sortimentsbuchhandel – Stärke und Richtung des Einflusses auf die Branchenattraktivität. Quelle: Eigene Darstellung Strategische Karte. Quelle: Eigene Darstellung. Umsetzungsbeispiel des Markenrelaunch (Anzeige). Quelle: Thalia Service GmbH / buch.de Internetstores AG 2008, o.S. Betriebsformenspezifische Verdrängungspotenziale als Ursachen von Konzentration. Quelle: Eigene Darstellung nach Olbrich 1998, S. 397. Die Konzentrationsszenarien für den stationären Bucheinzelhandel. Quelle: Eigene Darstellung. Kundenwege im Store Layout. Quelle: Eigene Darstellung nach Berekoven 1995, S. 288. Filialatlas 2010. Quelle: Wilking 2009, S. 19. DBH-Filialkarte. Quelle: Verlagsgruppe Weltbild GmbH, [06.03.2009]. Bezugswege des Sortimentsbuchhandels. Quelle: Eigene Darstellung nach Bellmann 2009, S. 180, 183. ifo-Geschäftsklimaindex (August 2010). Quelle: ifo Institut für Wirtschaftsforschung e.V. [01.09.2010].
12 13 15 17 41 45 47 66
77 124 152
221 290 337 423 424 425 426
XVIII
Abbildungsverzeichnis
Abb. 19: KfW-ifo-Mittelstandsbarometer (Mai 2009). Quelle: Denzer-Speck 2009, S. 1. Abb. 20: Buchhandlung Rupprecht in Erlangen (Nürnberger Str. 22). Quelle: Buchhandlung Rupprecht GmbH [26.06.2009a]; Buchhandlung Rupprecht GmbH [26.06.2009b]. Abb. 21: Thalia-Filialen in Coburg (Spitalgassse 21; links) und Erlangen (Hugenottenplatz 6; rechts). Quelle: Thalia Service GmbH / buch.de Internetstores AG 2008 [26.06.2009a]; Thalia Service GmbH / buch.de Internetstores AG 2008 [26.06.2009b]. Abb. 22: Lebenszyklusmodell der Betriebsformen. Quelle: Eigene Darstellung nach Liebmann / Zentes 2008, S. 374. Abb. 23: Zeitstrahl zu den Lebenszyklusphasen des Bucheinzelhandels. Quelle: Eigene Darstellung. Abb. 24: Mitarbeiterempfehlungen am Regal (Waterstone’s 421 Oxford Street, London). Quelle: Eigene Aufnahmen. Abb. 25: Virulente Konzentrationsfaktoren. Quelle: Eigene Darstellung. Abb. 26: Reale Arbeitsproduktivität stationärer Bucheinzelhändler im Vereinigten Königreich von 1990 bis 2005. Quelle: Eigene Darstellung nach Office of Fair Traiding 2008, S. 58
426
427
427 427 428 429f 431
431
Tabellenverzeichnis
XIX
Tabellenverzeichnis Tab. 1:
Tab. 2: Tab. 3: Tab. 4: Tab. 5:
Tab. 6: Tab. 7:
Tab. 8: Tab. 9: Tab. 10: Tab. 11:
Tab. 12: Tab. 13: Tab. 14: Tab. 15:
Klassifikation der Wirtschaftszweige mit der Wirtschaftsstufe als Ausgangspunkt. Quelle: Eigene Darstellung nach Statistisches Bundesamt 2008, S. 107–116. Klassifikation der Wirtschaftszweige mit dem ökonomischen Gut (verlagsneues Buch) als Ausgangspunkt. Quelle: Eigene Darstellung. Gegenüberstellung der Resultate der verschiedenen Marktabgrenzungsansätze. Quelle: Eigene Darstellung. Perspektivenspezifische Ergebnisse. Quelle: Eigene Darstellung. Umsatzentwicklung im Bucheinzelhandel und im Sortimentsbuchhandel 1997 bis 2009. Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Börsenverein des Deutschen Buchhandels e.V. 1998ff.; Börsenblatt 2009b, S. 7. Die Wettbewerbsintensität im Buchhandel – eine Einschätzung von Marktteilnehmern. Quelle: Emrich 2007, S. 126. Umsatzentwicklung des Versandbuchhandels einschließlich Internet. Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Börsenverein des Deutschen Buchhandels e.V. 2001ff. Ausgewählte Faktoren der Abnehmerstärke bezogen auf die Zielgruppen des Buchhandels. Quelle: Eigene Darstellung. Kriterien zur Beschreibung der Verhandlungsspielräume der vorgelagerten Wirtschaftsstufen. Quelle: Eigene Darstellung. Die Rahmenbedingungen zur Analyse der strategischen Gruppen. Quelle: Eigene Darstellung. Strategieaspekte zur Gruppenabgrenzung nach Unternehmensfunktionen.Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Meyer-Ramien 2007, S. 131. Relevante strategischen Determinanten und ihre Ausprägungen. Quelle: Eigene Darstellung. Abgrenzungskriterien der strategischen Gruppen. Quelle: Eigene Darstellung. Befriedigung der Kundenbedürfnisse durch die strategischen Gruppen. Quelle: Eigene Darstellung. Abgrenzung strategischer Gruppen nach Meffert / Heinemann. Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Meffert / Heinemann 1989, S. 124.
43 44 44 50
55 60
62 65f 71 84
87f 89 95 97
102
XX
Tabellenverzeichnis
Tab. 16: Einkaufsstättenpräferenz der Buchtypen in Prozent. Quelle: Eigene Darstellung nach Börsenverein des Deutschen Buchhandels e.V. 2005b, S. 139. Tab. 17: Werbemittel-Werbeträger-Matrix.Quelle: Eigene Darstellung nach Bramann / Hoffmann 2004, S. 329. Tab. 18: Zusammenfassung der evolutionären Prozesse im Sortimentsbuchhandel.Quelle: Eigene Darstellung. Tab. 19: Kennzeichen der Lebenszyklusphasen nach Little und Porter. Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Höft 1992, S. 104; Porter 2008c, S. 215–217. Tab. 20: Ausgewählte Kennzahlen aus dem segmentbezogenen Konzernabschluss der Douglas Holding AG. Quelle: Eigene Darstellung. Tab. 21: Bestimmung des Warencharakters von Büchern. Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Ehrlinger 1962, S. 114. Tab. 22: Umsatzgrößen-Schere anhand des Buchhandels-Rankings. Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Spielmann / Wilking 2009, S. 17; diess. 2010, S. 23. Tab. 23: Die größten zehn Sortimentsbuchhändler inklusive Filialunternehmen 2005 bis 2009.Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Liebmann / Zentes 2008, S. 347; Bruhn 2009, S. 21. Spielmann / Wilking 2009, S. 25–28. Tab. 24: Gewichtung der Konzentrationsursachen und -auswirkungen. Quelle: Eigene Darstellung. Tab. 25: Vier-Felder-Matrix der Wachstumsstrategien für Handelsbranchen. Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Liebmann / Zentes 2008, S. 347; Bruhn 2009, S. 21. Tab. 26: Erweiterte Produkt-Markt-Matrix für Handelsunternehmen. Quelle: Eigene Darstellung. Tab. 27: Convenience im Handel – das Gesamtmodell. Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Reith 2007, S. 54–83. Tab. 28: Synopse der konzentrationstreibenden Faktoren. Quelle: Eigene Darstellung. Tab. 29: Marktanteilsveränderungen der Vertriebswege im Vereinigten Königreich 2001 bis 2005. Quelle: Eigene Darstellung nach The Booksellers Association [April 2010 / 04.09.2010 b].
119 136 140
143
168 224
228
241 261
310 311 325 355f
362
Tabellenverzeichnis
Tab. 30: Wertmäßiger Marktanteil der Vertriebswege in Großbritannien 2004 bis 2009. Quelle: Eigene Darstellung nach The Booksellers Association [April 2010 / 04.09.2010 b]. Tab. 31: Gegenüberstellung von stationärem und Internet-Buchkauf bei britischen Vielkäufern von Büchern. Quelle: Eigene Darstellung nach The Booksellers Association [Mai 2010 / 04.09.2010]. Tab. 32: Set relevanter strategischer Determinanten. Quelle: Eigene Darstellung. Tab. 33: Filialen und Verkaufsfläche der Filialisten in ausgewählten Städten.Quelle: Eigene Darstellung nach Wilking 2009c, S. 25. Tab. 34: Buchhandelsfirmen in deutschen Großstädten 2009. Quelle: Eigene Darstellung nach Börsenverein des Deutschen Buchhandels e.V. 2010, S. 103.
XXI
369
369 432 435
436
1
I Grundlegendes 1 Einführung 1.1 Problemstellung „Measures of concentration [can be seen; d. Verf.] as the empirical counterpart to the degree of oligopoly.”1 – Demzufolge ist die Konzentration als Spiegelbild des Oligopols zu verstehen. Diese Marktform ist durch das Ungleichgewicht zwischen wenigen, großen Anbietern von Produkten oder Dienstleistungen und vielen Nachfragern gekennzeichnet. Häufig wird mit den Begriffen des Oligopols und der Unternehmenskonzentration auch Marktmacht zu Gunsten der Oligopolisten und Großunternehmen assoziiert. Marktmacht wiederum bedeutet, dass wenige Marktteilnehmer eine dominierende Stellung auf ihrem Beschaffungsmarkt (Nachfragemacht) – z. B. durch Konditionsdruck auf die Lieferanten – und/oder auf ihrem Absatzmarkt (Angebotsmacht) – z. B. durch höhere Preise – einnehmen. Diese Machtpositionen können missbräuchlich ausgenutzt werden, sofern die Machtdemonstration und -realisation übermäßig geschieht. Die skizzierten Assoziationen prägen seit einigen Jahren verstärkt die Branchenöffentlichkeit der Buchwirtschaft. Dabei stehen sich zwei wesentliche Entwicklungsstränge gegenüber: Als Erstes ist die Konzernbildung und Konzentration auf der ersten Wirtschaftsstufe, dem Verlagsbuchhandel, zu nennen. Durch Übernahmen und Fusionen bilden sich Verlagsgruppen. Als prominentes Beispiel sei an dieser Stelle die Random House Gruppe genannt – ein Verlagskonzern, der 43, hauptsächlich Publikumsverlage in seinem Unternehmensportfolio hält (Stand September 2010).2 Diese Buchkonzerne vereinen zudem einen beträchtlichen Umsatz und folglich auch Marktanteil auf sich. Zweitens erfährt der Endkundenhandel mit Büchern, der Bucheinzelhandel, eine exponentielle Polarisierung zwischen kleinen, wirtschaftlich und rechtlich eigenständigen Betrieben und großen Filialketten und Konglomeraten. Während die Konzentrationsgeschwindigkeit auf Seiten der Verlage augenscheinlich nachgelassen hat, ist dies auf der dritten Wirtschaftsstufe bislang nicht abzusehen. Nur ein flüchtiger Blick in die Branchenzeitschriften oder auf einschlägige Internetauftritte zeigt regelmäßig neue Firmenübernahmen und Neueröffnungen seitens der Filialisten sowie wirtschaftlich bedingte Geschäftsaufgaben unabhängiger Sortimentsbuchhändler. Hinzu kommt die Debatte um den Verdrängungswettbewerb im Bucheinzelhandel sowie die Verhandlungsmacht großer Buchhandelsunternehmen gegenüber den liefernden Verlagen. 1 2
Davies 1988, S. 78. Vgl. Verlagsgruppe Random House GmbH [12.09.2010].
K. Emrich, Konzentration im Sortimentsbuchhandel, DOI 10.1007/978-3-8349-6522-6_1, © Gabler Verlag | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2011
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I Grundlegendes
Die Allgegenwärtigkeit dieser Thematik gibt Anlass zu einer längst fälligen wissenschaftlichen Reflexion der Entwicklung. Deshalb ist die Untersuchung des Konzentrationsprozesses aus der buchökonomischen Perspektive das Anliegen dieser Dissertation. Ausgangspunkt ist das Phänomen der fortschreitenden Konzentration im deutschen Sortimentsbuchhandel, die offensichtlich die Marktstruktur zu Gunsten der Filialunternehmen und Großbuchhändler verändert, sich jedoch zum wirtschaftlichen Nachteil der kleinen und mittelständischen Unternehmen entwickelt. 1.2 Forschungsgegenstand und Erkenntnisinteresse Die Buchwirtschaft ist ein bislang durchschnittlich von Internationalisierung und Globalisierung geprägter Wirtschaftszweig; dies zeigt sich u. a. an den Besitzverhältnissen der Unternehmen: Insbesondere auf der herstellenden Stufe kommen internationale Verflechtungen von Großunternehmen vor, wie z. B. bei der Verlagsgruppe Random House oder der Fachinformationsgruppe Wolters Kluwer. Die Unternehmen des verbreitenden Buchhandels hingegen sind vorwiegend national tätig – ausgenommen Engagements in den anderen Staaten des deutschen Sprachraums, in Österreich und in der Schweiz. Als Beispiele seien hier die Thalia Holding mit Thalia.at (Österreich) und Thalia.ch (Schweiz) sowie die Hugendubel Holding mit einer 49 %-igen Beteiligung bei Orell Füssli (Schweiz) genannt. Aus diesem Grund ist der Untersuchungsraum räumlich auf das Staatsgebiet der Bundesrepublik Deutschland (BRD) beschränkt. Allerdings ist darauf hinzuweisen, dass nicht zwischen West- und Ostdeutschland, also den alten Bundesländern der BRD und dem Gebiet der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik (DDR), differenziert wird. Das ist aber nicht gleichbedeutend mit der Annahme, die wirtschaftlichen, gesellschaftlichen und kulturellen Rahmenbedingungen hätten sich vollständig angeglichen. Auch im zweiten Jahrzehnt des wiedervereinigten Deutschlands sind allein die quantifizierbaren Unterschiede in vielen Zahlenreihen sichtbar. Gerade qualitative Vergleiche aber werden in jüngster Vergangenheit zunehmend selten angestellt. Eine eingehende Berücksichtigung im Rahmen dieser Studie würde also einer detaillierten und fundierten Grundlage entbehren. Der Schwerpunkt der Betrachtung des stationären Sortimentsbuchhandels liegt auf den großen stationären, häufig filialisierten Buchhandelsbetrieben. Sie erreichen über hohe Umsätze einen hohen Marktanteil, der im Zeitverlauf anzuwachsen scheint. Ambulante Vertriebstypen sowie andere stationäre Betriebsformen werden ausgeklammert. Dieser Fokus ist mit der wirtschaftlichen Dominanz der Buchhandelsfilialisten in der Branche zu begründen. So sind die 15 größten Buchhandelsunternehmen des deutschen Sprachraums ausschließlich Filialunternehmen; erst auf Rang 16 folgt mit
1 Einführung
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dem Düsseldorfer Buchhaus Sternverlag ein Einzelunternehmen, das nur eine weitere Verkaufsstelle betreibt. Diese Gruppe von Unternehmen wird aus zwei Blickwinkeln untersucht: aus der Makroperspektive, d. h. von einem kumulierenden, die ganze Branche betrachtenden Standpunkt, und aus der Mikro-Sichtweise, die das einzelne Unternehmen im Fokus hat. Der zeitliche Rahmen ist begrenzt auf die Gegenwart und die unmittelbare Vergangenheit und nimmt Bezug auf die Entwicklungen bis ins Jahr 2008, da der überwiegende Teil an Statistiken zu Märkten und Unternehmen erst mit zeitlicher Verzögerung verfügbar ist. Außerdem beschäftigt sich die gesamte Studie ausschließlich mit dem Handel neuer Waren. Das Erkenntnisinteresse besteht erstens in den Ursachen des anhaltenden Konzentrationsprozesses im Buchfachhandel; zweitens in der Fortentwicklung aus der derzeitigen Branchensituation. Und drittens ist es ein Ziel, die künftigen Gestaltungsmöglichkeiten für die Unternehmen herauszuarbeiten. Folgende Leitfragen präzisieren das Anliegen der Arbeit: r Wie und durch welche Triebkräfte entwickelt sich die Branchenstruktur im deutschen Bucheinzelhandel? r Durch welche Ursachen ist der Konzentrationsprozess im deutschen Sortimentsbuchhandel bedingt und welche Auswirkungen zeigen sich? r Wie ist der aktuelle Konzentrationsstand in der Branche zu beurteilen? r Welche Szenarien für die Branche insgesamt und die Konzentration lassen sich aus der aktuellen Situation ableiten? r Wie müssen sich die Unternehmen auf die Zukunft der Branche einstellen und ausrichten? r Gibt es eine Erfolg versprechende und multioptionale Strategie für Filialunternehmen? Das impliziert die Notwendigkeit, den aktuellen Status des deutschen Buchhandels, die bisherigen Strukturveränderungen bzw. Strukturbrüche und deren Triebkräfte herauszuarbeiten. Außerdem steht die künftige Entwicklung für den deutschen Sortimentsbuchhandel zur Debatte. So sollen die denkbaren Einflussfaktoren der Brennpunktentwicklung Konzentration ausführlich erläutert werden. Ziel ist es, die kritischen Determinanten für die Zukunft des deutschen Sortimentsbuchhandels zu ermitteln. Wettbewerbspolitische oder kartellrechtliche Diskussionspunkte und Aspekte sollen jedoch weitgehend ausgeklammert werden. Stattdessen überwiegen markt- und wettbewerbstheoretische Fragen. Miteinbezogen werden aber die künftigen Wachstums- und Aktionsmöglichkeiten der filialisierten Unternehmen.
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I Grundlegendes
Obwohl Filialsysteme fokussiert werden, entbehrt die Arbeit dennoch nicht die Bezugnahme auf den gesamten stationären Bucheinzelhandel, d. h. auch auf die kleinen und mittleren Unternehmen (KMU). Sie sind ebenso von den Wirkungen des Strukturwandels betroffen. Ihre Rolle im Prozess der Veränderung sowie die betriebsformenspezifischen Probleme und Herausforderungen fließen an den entsprechenden Stellen in die Darstellung ein.3 Das wissenschaftliche Erkenntnisinteresse besteht, wie oben deutlich wurde, auch in den Zukunftsoptionen und künftigen Branchenszenarien für den Bucheinzelhandel Deutschlands. Der Fokus auf der Ist-Situation macht eine ausführliche Markt- und Wettbewerbsanalyse nötig. Außerdem will diese Studie in Form von Analysen und deren Ergebnissen eine Entscheidungsgrundlage für den Strategiefindungsprozess der einzelnen Buchhandelsunternehmen bieten; beispielsweise für die Formulierung oder Anpassung von Geschäftsfeld- bzw. Unternehmensstrategien der Buchhandlungen an aktuelle und künftige Marktstrukturen. Die Frage nach der künftigen Konzentrationsentwicklung und den ggf. damit verbundenen Marktstrukturveränderungen lässt an die Möglichkeit denken, Rückschlüsse aus der Entwicklung anderer Einzelhandelsbereiche zu ziehen. Der Lebensmitteleinzelhandel ist weithin als Vorreiter für mannigfaltige Entwicklungen im Einzelhandel anerkannt – so auch für die Unternehmenskonzentration.4 Dennoch wird er hier nicht als Vergleichsobjekt gewählt. Zu groß erscheinen die Differenzen in wesentlichen Branchenmerkmalen, z. B. im Hinblick auf die unterschiedlichen Wettbewerbsgrundlagen, Preis und Qualität. Im Lebensmittelhandel spielt der Preiswettbewerb eine bedeutende Rolle – man beachte die Discountierung bzw. ‚Aldisierung‘. Im Buchhandel hingegen sind durch das Buchpreisbindungsgesetz (BuchPrG) grundsätzlich nur Qualitäts- und Servicewettbewerb möglich. Überdies besteht eine Alternative im internationalen Vergleich mit Buchmärkten, die kulturelle und strukturelle Ähnlichkeiten zum deutschen Markt aufweisen. Beispielsweise ist der US-amerikanische Bucheinzelhandel bereits viel länger durch die Konzentration und Kettenbildung geprägt. Als zweite Referenzpunkte kommen das Vereinigte Königreich Großbritannien und Nordirland respektive der britische Buchmarkt in Frage. Mittlerweile unterscheiden sie sich ebenso wie die USA v. a. durch das Fehlen einer vertikalen Preisbindung für Bücher und Verlagserzeugnisse von Deutschland. Die Existenz einer Buchpreisbindung gepaart mit einem 3
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Eine ausführliche Erhebung und Analyse angebotspolitischer Strategien unabhängiger Buchhandelsunternehmen (in Abgrenzung zu Filialunternehmen) bietet Redeker 2010; darin werden im Hinblick auf die Herausforderungen in der Branche u.a. neue Konzepte und Standortprofile entwickelt. Vgl. Schulte 2008a, S. 9.
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vergleichsweise hohen Konzentrationsgrad zeichnet hingegen Frankreich aus. Obwohl diese Perspektive einen interessanten Zugang zur Konzentrationsproblematik darstellt, wird sie hier hintangestellt. Für eine differenzierte Beurteilung der jeweiligen Konzentrationstreiber wäre wie für den deutschen Bucheinzelhandel zunächst eine umfangreiche Strukturanalyse für jeden einzelnen Vergleichsmarkt zu erarbeiten. Erst danach könnte man beurteilen, welche der Konzentrationsursachen und -wirkungen auf gewachsene, strukturelle Unterschiede zwischen den Märkten zurückzuführen sind und welche Entwicklungen sich auf die deutsche Situation übertragen lassen. Gerade in dieser Aufgabe liegt zugleich eine weitere Herausforderung dieser Arbeit: Die Entflechtung der Ursache-Wirkungs-Ketten und die Identifizierung allgemeingültiger Konzentrationsfaktoren und -entwicklungen. Da bislang nicht einmal eine grundlegende Studie zum Konzentrationsprozess im deutschen Endbuchhandel vorliegt, ist es das Anliegen dieser Arbeit, das nachzuholen. 2 Vorgehensweise und Strukturierung Bei der Betrachtung der Ausgangsfrage nach der Entwicklungsrichtung des stationären, insbesondere des filialisierten Sortimentsbuchhandels in Deutschland bietet sich zunächst eine im Groben zweigeteilte Gliederung für diese Untersuchung an. In einem ersten Schritt würde die Gegenwart und jüngere Vergangenheit des deutschen Buchmarkts untersucht, im zweiten Teil die Zukunft des Markts, v. a. die Fortentwicklung der Konzentration prognostiziert. Grundsätzliche methodische Überlegungen aber lassen die Unsicherheiten und Unwägbarkeiten einer empirisch-rechnerischen Prognose als wenig sinnvoll und gewinnbringend erscheinen. Da die Wirtschaftswissenschaft zahlreiche theoretische Ansätze zur Unternehmenskonzentration anbietet, werden diese von einer allgemeinen und abstrahierten Ebene ausgehend auf den spezifischen Untersuchungsgegenstand Sortimentsbuchhandel angewendet. Ausgangspunkt ist die These, dass in der spezifischen Branchenstruktur, den Betriebsformen und der Strukturentwicklung bereits die gegenwärtigen Konzentrationsvorgänge angelegt sind.5 Deshalb beinhaltet Teil II die Marktanalyse für den deutschen Bucheinzelhandel. Dadurch sollen die grundsätzlichen Strukturen des zu untersuchenden Marktes herausgearbeitet werden. Teil III ist der Unternehmenskonzentration und dem Filialbuchhandel gewidmet. Davor steht der einführende Teil. An die Einführung (I.1) mit Darstellungen zu Ausgangsproblem (I.1.1) und Forschungsgegenstand bzw. Zielstellung (I.1.2) schließt sich 5
Die der Arbeit zugrunde liegenden Thesen, die aus den obigen Leitfragen abgeleitet wurden, sind in diesem Kapitel kursiv hervorgehoben.
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I Grundlegendes
die Einordnung der Studie in den Forschungskontext an (I.3); einerseits der Buchwissenschaft (I.3.1), andererseits der Wirtschaftswissenschaften (I.3.2). Darüber werden der Forschungsstand sowie die Literatur- und Quellenlage (I.4) beschrieben. Teil II erstreckt sich auf die statische Wettbewerbsanalyse und die Betrachtung der strukturellen Veränderungen. Im ersten Unterkapitel werden die modelltheoretischen Grundlagen zur Marktanalyse eingeführt. Die wirtschaftswissenschaftliche Disziplin der Betriebswirtschaft bzw. der Unternehmensführung bildet die Basis für das gewählte Untersuchungsschema des marktanalytischen Teils. Dabei ist zu erläutern, welche Berührungspunkte sich bei der Marktanalyse ergeben. In jedem Fall fällt die Marktanalyse in den Aufgabenbereich des strategischen Managements als Unternehmensabteilung und als Forschungsfeld. Das Grundkonzept dieses Betriebswirtschaftsbereichs wird skizzenhaft in Teil II.1.1 dargestellt. Darüber hinaus hat die Marktanalyse auch Bedeutung für Bereiche des Marketings, was Gegenstand des Kapitels II.1.2 ist. Der dritte Abschnitt des Kapitels II.1 stellt das Analyseschema für die nachfolgende Anwendung des wettbewerbsanalytischen Instrumentariums vor. Weitere methodische Erläuterungen werden im weiteren Verlauf der Arbeit an den entsprechenden Stellen eingeführt. Grundlegend ist es überdies, den Untersuchungsraum möglichst exakt einzugrenzen (II.2). Die Vorgehensweise verengt den Fokus von einem möglichst allgemeinen Wirtschaftsumfeld zu einem so eng wie nötig gefassten Forschungsfeld. Das bedeutet, dass zunächst der Kontext des Wirtschaftszweigs, d. h. der Branche, abgesteckt wird (II.2.1). Anschließend wird der Markt als eigentlicher Untersuchungsraum abgegrenzt (II.2.2). Dies muss analog zum wettbewerbsrechtlichen und -politischen Vorgehen aus räumlicher, zeitlicher und sachlicher Perspektive geschehen. Zunächst wird dabei die kartellrechtliche Vorgehensweise gewählt, die beim Verbraucher ansetzt. Es erscheint jedoch sinnvoll, das Entscheidungsproblem unter zwei verschiedenen Gesichtspunkten anzugehen. Zum einen ist der Markt für den Handel der Ware Buch im engeren Sinn – darunter ist hier lediglich der Akt des Kaufens und Verkaufens von Büchern zu verstehen – abzuleiten (II.2.2.1). Aus der Spezifik dieses Einzelhandelsbereichs aber ist zum anderen eine erweiterte Sichtweise nötig: Diese geht nicht nur vom Kaufen und Verkaufen einer Gütergruppe aus, sondern ergänzt die enge Perspektive um ein Leistungsbündel, das vom Bucheinzelhandel im institutionellen Sinn angeboten wird. Das geht über das reine Feilbieten der Ware hinaus. Es erscheint zudem sinnvoll, diese Ergebnisse mit der brancheninternen Sichtweise, dem Selbstverständnis der Marktteilnehmer, abzugleichen (II.2.2.3). Im anschließenden Zwischenfazit (II.2.3) findet die Abgrenzung des Untersuchungsraums ihren Abschluss.
2 Vorgehensweise und Strukturierung
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Es folgt die Analyse der Branchenstruktur aus einer aggregierten Perspektive (II.3). Sie fußt auf dem Modell der fünf Wettbewerbskräfte, das der Ökonom Michael E. Porter 1979 erstmals vorstellte, und dessen Gültigkeit erst kürzlich bekräftigt wurde.6 Dementsprechend werden folgende wettbewerbliche Triebkräfte bezogen auf den deutschen Bucheinzelhandel ausführlich erläutert: die Gefahr potenzieller Konkurrenten (II.3.2), die Rivalität unter den aktuellen, tatsächlichen Konkurrenten (II.3.3), die Gefahren ausgehend von Substituten (II.3.4) sowie die Verhandlungsmacht von Abnehmern (II.3.5) und Anbietern (II.3.6). Resümierend bietet Teil II.3.7 einen kurzen Überblick zur aktuellen Marktstruktur. Nachdem im zweiten Abschnitt des Kapitels II.2 die Betrachtung des gesamten Untersuchungsraums im Vordergrund steht, werden im darauffolgenden Teil II.4 die internen Strukturen analysiert werden. Zu Beginn stehen die Erläuterungen der Methode (II.4.1) und des Bezugsrahmens (II.4.2). Darauf folgen die Auswahl der Analysekriterien und -indikatoren (II.4.3) sowie die Aufteilung in so genannte strategische Gruppen (II.4.4). Sie werden anschließend detaillierter beschrieben – sowohl in ihren Charakteristika (II.4.5) als auch in ihren Wechselbeziehungen untereinander (II.4.6). Die brancheninterne Strukturanalyse findet ihren Abschluss in Abschnitt III.4.7. Die Analyse des Ist-Zustands wird nachfolgende um Betrachtungen zu Entwicklung und Wandlung der Branchenstrukturen ergänzt. Im ersten Abschnitt werden die evolutionären Prozesse im deutschen Filialbuchhandel analysiert, der als wesentliche Komponente des Strukturwandels identifiziert wurde. Im zweiten Abschnitt geht es um Lebenszykluskonzepte für Branchen (II.6.1), die auch Porter aufgreift. Er stellt typische Situationen dar, die im Zeitverlauf für Märkte relevant werden können. Davon ausgehend werden denkbare Stadien des Bucheinzelhandels diskutiert. Die Thesen beziehen sich auf die Lebensphasen der Reife (II.6.2.4) und der Degeneration (II.6.2.3); darüber hinaus auf die mögliche Internationalität (II.6.2.1) und Zersplitterung (II.6.2.2) der Branche. Da die Begrifflichkeiten der Lebenszykluskonzepte nicht passgenau sind, umfasst Kapitel II.6.3 abschließend den Versuch einer Phaseneinteilung anhand branchenspezifisch entwickelter Begriffe: Auf die Marktsegmentierung (II.6.3.1) folgt die Marktexpansion (II.6.3.2), an die sich wiederum die Marktkonzentration (II.6.3.3) anfügt, bevor die Marktbereinigung (II.6.3.4) ansteht. Der zweite Hauptteil dieser Dissertation zielt auf die Analyse der Unternehmenskonzentration im Sortimentsbuchhandel. Er besteht aus fünf Teilen. Im ersten wird der Untersuchungsrahmen für die branchenspezifische Analyse der Konzentrations6
Vgl. Porter 2008a; Porter 2008b.
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I Grundlegendes
ursachen (III.2) und der Auswirkungen des Konzentrationsprozesses (III.3) festgelegt. Neben einigen Vorbemerkungen (III.1.1) wird der theoretische Hintergrund aus den Wirtschaftswissenschaften zu Konzentrationsphänomenen in Märkten und Branchen und das verwendete Untersuchungsmodell kurz vorgestellt (III.1.2). Danach werden die gewählten ökonomischen Analyseansätze auf den deutschen Sortimentsbuchhandel übertragen. Aus der entsprechenden Leitfrage wird folgende These aufgestellt, die in Kapitel 2 und 3 des Teils III überprüft wird: Die eigentlichen Konzentrationsursachen sind nicht im internen oder externen Unternehmenswachstum zu suchen – dies sind lediglich deren Katalysatoren –, sondern in den Anreizen dazu und zur Ungleichverteilung des Wachstums. Folglich werden vielfältige Faktoren als Konzentrationsursachen für den Sortimentsbuchhandel diskutiert. Außerhalb des untersuchten Markts entstehende (2.1) sind von im Sortimentsbuchhandel bzw. bei dessen Marktteilnehmern angesiedelten (2.2) zu unterscheiden. Es wird verifiziert, ob die Konzentration in der Branche in der Gesamtperspektive vergleichsweise moderat ausfällt, während einzelne Segmente stärker betroffen sind. Deshalb werden die spürbaren Auswirkungen der Konzentration auf den Einzelhandel selbst (3.1) und auf die vor- und nachgelagerten Wirtschaftssubjekte (3.2) herausgearbeitet. Die Beurteilung des aktuellen Konzentrationsstands findet sich danach im Kapitel IV.1. Aus Interesse an Aussagen zur künftigen Marktentwicklung und zur künftigen Konzentrationslage wird in Kapitel IV.2.1 auf bereits erarbeitete Gesellschafts- und Buchmarktszenarien zurückgegriffen. Auf dieser Basis lassen sich Aussagen zur längerfristigen Konzentrationsentwicklung treffen (IV.2.2). Dieser Teil widmet sich der These, dass die künftige Fortentwicklung der Konzentration von den nachfrageseitigen Rahmenbedingungen abhängt. Zielsetzungen dieser Studie ist es auch, eine Unterstützung für die strategische Orientierung in einem sich wandelnden Markt zu bieten. Für die konzentrationsbegünstigten Filialisten ist eine frühzeitige Anpassung an in unterschiedlichem Maße zukunftsprägenden Faktoren erforderlich, um die herausragende Marktstellung langfristig zu sichern. Deshalb werden Reaktions- und Entwicklungsoptionen für diesen Markt bzw. seine Marktteilnehmer abgeleitet (Kapitel IV.3). Zunächst erfolgt dies an die Buchmarkt- und Konzentrationsszenarien gebunden (IV.3.1). Danach werden programmatische Strategie-Aspekte aufgezeigt (IV.3.2). Auf der Suche nach aussichtsreichen und zugleich flexiblen Zukunftsoptionen, wird in Abschnitt IV.4 eine innovative Betriebsform als Lösungsansatz für die künftigen Herausforderungen angeboten. Der Diskussion liegt folgende These zugrunde: Eine potenzialträchtige, neue Betriebsform für den Sortimentsbuchhandel, im Wesentlichen für Filialisten besteht im Convenience-Konzept.
3 Einordnung des Themas in den Forschungskontext
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Aus den Erkenntnissen aus der Untersuchung des Konzentrationsphänomens und der Wettbewerbsanalyse des Bucheinzelhandels in Deutschland sowie aus den längerfristigen Zukunftsaussichten lassen sich virulente Faktoren für die Konzentrationsentwicklung ableiten (V.1). Eine vergleichende Gegenüberstellung der einzelnen Ergebnisse bringt letztlich die Hauptdeterminanten der Konzentration hervor. Abschließend wird in einem Exkurs nach Analogien zu einem interessanten Referenzmarkt, dem britischen Bucheinzelhandel, gesucht (V.2). Im Schlusskapitel werden die eingangs erwähnten Fragestellungen und Forschungsziele erneut aufgegriffen und einer differenzierten Beantwortung zugeführt (VI). 3 Einordnung des Themas in den Forschungskontext 3.1 Buchwissenschaft Ausgehend vom Paradigma der Materialität der Kommunikation ist das Medium Buch als Sprach- und Bildzeichenträger in seinen herstellerischen […], buchwirtschaftl. […] und kulturellen Bezügen […] Gegenstand der B.[uchwissenschaft; d. Verf.]7
Aus dieser knappen Beschreibung des Forschungsgegenstands geht bereits klar hervor, dass die Buchwirtschaft wesentliches Element der buchwissenschaftliche Forschung und Lehre sein muss. Das meint, „alle betriebswirtschaftl.[ichen] Aktivitäten des Buchhandels“8 zu integrieren. Die Gegenstände der aktuellen universitären Buchwissenschaft in Deutschland sind vielfältig. Im Zentrum steht das Medium Buch. Man beschäftigt sich zudem mit seiner Bereitstellungsqualität, mit der Buchkommunikation und der Buchwirtschaft sowie mit der Funktionalität des Mediums. Dennoch mangelt es der aktuellen universitären Buchwissenschaft in Deutschland an einem kohärenten Formalobjekt.9 Nach der Konsultation jüngerer Publikationen zum Selbstverständnis der Buchwissenschaft10, zeigen sich unterschiedliche disziplinäre Richtungen. Das hat unterschiedliche Schwerpunkte bei den Forschungsgegenständen zur Folge. So hängt auch die Integration der Buchökonomie von der verfolgten ‚Variante‘ der Buchwissenschaft ab. Beispielsweise kann man die Buchwissenschaft einerseits der Kulturwissenschaft zuordnen, andererseits den kommunikations- und medienwissenschaftlichen Fächern.11 Für letztere ist die Buchökonomie neben der Buchgeschichte und der Buchtheorie eine 7 8 9 10
Rautenberg 2003, S. 126. Wetzel 2003c, S. 125. Vgl. Saxer 2010, S. 86. Neben den in diesem Kapitel zitierten Titeln sei auf Bonfadelli 2004, Hickethier 2004 und Kerlen 2004 verwiesen. Einen guten Überblick bietet auch Rautenberg 2010. 11 Vgl. Keiderling 2004, S. 21f.
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der tragenden Säulen.12 Die Disparität der Forschungsansätze bestätigt Ursula Rautenberg in ihrem einführenden Aufsatz zum Sammelband Buchwissenschaft in Deutschland. Sie bietet darin eine kompakte Aufarbeitung der buchwissenschaftlichen Theoriediskussion bzw. der theoretischen Fundierung dieser Wissenschaft.13 Eine einsichtige Begründung für die teils widerstreitenden Positionen verschiedener Buchwissenschaftler, nicht nur in der deutschen Wissenschaftslandschaft, scheint in der Fragmentierung des Formalobjekts zu liegen. Das Buch ist gleichzeitig Kommunikationsträger und ökonomisches Objekt. Daran lassen sich zwei Verbreitungskreise festmachen, die gänzlich verschiedenen Regelmäßigkeiten unterworfen sind. Der Kommunikationszirkel umfasst die buchmediale Kommunikation. Die Buchzirkulation als Handelsware macht den Warenzirkel aus. Der wiederum scheint deutlich mehr unter dem gleichzeitigen Einfluss der Buchwissenschaft als analytischer Instanz wie auch der Buchwirtschaft als anwendendem Moment zu stehen.14 Auf der Suche nach einer (Neu-)Konzeptionierung von Buchwissenschaft, die die Integration beider Verbreitungszirkel meistert, wird in jüngster Zeit über einen buchmedienwissenschaftlichen Entwurf nachgedacht.15 Was ist darunter zu verstehen? Als erstes ist nach dem Forschungsgegenstand dieser Wissenschaft zu fragen. Saxer beschäftigte sich eben damit für das Handbuch Medienwissenschaft (1999). Eine Anwendung auf die Buchwissenschaft liefert er für Buchwissenschaft in Deutschland (2010). In einer ausführlichen Begriffsexplikation stellt er die Charakteristika des Mediums vor:16 Demnach sind Medien im Allgemeinen zunächst Kommunikationskanäle, aber auch Organisationen, worunter zweckgerichtete und -erfüllende Sozialsysteme zu verstehen sind; den Systemen ist darüber hinaus eine hohe Komplexität zu eigen. Weiter werden Funktionalität und Dysfunktionalität von Medienkommunikation und die Institutionalisiertheit angeführt. Aus diesen Elementen des Mediumsgegenstands leitet Saxer eine so genannte Nominaldefinition her, die das Konzept zusammenfasst, das von einigen Buchwissenschaftlern als integrativ und systematisierend aufgefasst wird. Danach sind Medien „komplexe institutionalisierte Systeme um organisierte Kommunikationskanäle von spezifischem Leistungsvermögen“17. Darin finden die Unternehmen der Buchwirtschaft auf der Organisationsseite ihren Platz. Organisiertheit meint gemeinschaftliches Handeln zu rationalisieren. Damit 12 13 14 15 16 17
Vgl. Keiderling 2007, S. 252. Vgl. Rautenberg 2010. Vgl. Saxer 2010, S. 73, 79. Vgl. Rautenberg 2010, S. 54. Ein ähnlicher Ansatz findet sich bereits bei Kerlen 2004, S. 25–38. Vgl. Saxer 1999, S, 5f. Saxer 2010, S. 87.
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sollen die jeweiligen Organisationszwecke durch Arbeits- und Funktionsteilung sowie hierarchische Strukturen erreicht werden. Organisationszwecke können z. B. die Ziele eines Buchwirtschaftsunternehmens sein, d. h. vornehmlich der erfolgreiche Handel mit Büchern. Problematisch ist dabei im Allgemein die Instabilität des Handelssystems: Die Anbieter, in dieser Arbeit die Einzelhandelsunternehmen, müssen sich auf eine grundsätzlich unsichere Nachfrage nach ihren Waren einstellen und ihre Zielerreichungsstrategien möglichst flexibel daran anpassen. Eine Folge dieser Herausforderung wird in der Konzentrationsentwicklung in der Medienindustrie im Allgemeinen gesehen; das gilt insbesondere für den Bucheinzelhandel.18 Die einzelnen Unternehmen können diesem Konzept folgend als Bestandteile eines professionalisierten Systems wissenschaftlich beschrieben und beispielsweise hinsichtlich ihrer Zweckerreichung analysiert werden. Zur Lösung solcher Aufgaben wie auch der Fragestellungen dieser Arbeit ist es notwendig, Methoden und theoretische Ansätze konkurrierender Wissenschaftsdisziplinen heranzuziehen. So nutze ich im Folgenden vorwiegend wirtschaftswissenschaftliche Ansätze. Aus diesem Grund ist das Thema auch der (Buch-)Medienökonomie zuzuordnen, die synthetisierend auf zweierlei Zugänge zurückgreift: Den empirisch-quantitativen über Einbezug von Fakten und Zahlen sowie den hermeneutisch-qualitativen, der inhalts- und wirkungsbezogen ist.19 Es werden typisch geisteswissenschaftliche, heuristische Vorgehensweisen mit den eher logikbasierten Ansätzen der Wirtschafts- und Sozialwissenschaften kombiniert.20 3.2 Wirtschaftswissenschaft „Die herkömmlichen Medienwissenschaften haben den ökonomischen Aspekten der Medien bisher zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt und das Feld den ‚reinen‘ Ökonomen aus der Betriebs- und Volkswirtschaftslehre überlassen.“21 Für den gewählten Forschungsgegenstand ist es nötig, Ansätze aus wirtschaftswissenschaftlichen Disziplinen einzubeziehen, um zu einer sachadäquaten Problemlösung zu finden. Dieser Schritt folgt dem spieltheoretischen Obligat:22 Der „problemgerechte (…) Rückgriff auf Modelle“23 rechtfertigt den Methodenpluralismus dieser Studie. Dennoch wird kein 18 Vgl. Saxer 2010, S. 91. 19 Vgl. Kerlen 2004, S. 35. 20 Das spiegelt einmal mehr die Zuschreibungen vom Theorie- und Methodenpluralismus an die Buchwissenschaft: vgl. Saxer 2010, S. 76; Rautenberg 2010, S. 21. 21 Kerlen 2004, S. 36. 22 Vgl. Saxer 1999, S. 4. 23 Saxer 2004, S. 125.
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Anspruch auf vollständige wirtschaftswissenschaftlich-methodische Geschlossenheit erhoben; es sollen lediglich erklärungsrelevante Theorien, Methoden und Anwendungsbeispiele für die Erklärung der Marktstrukturentwicklungen im Endbuchhandel zu Hilfe genommen werden. Ausgehend vom Fokus der Gesamtstudie drängt sich nun die Frage auf, wie die Vorgehensweise in den Wirtschaftswissenschaften zu verorten ist und auf welche Forschungsgebiete sie sich bezieht. Die Arbeit analysiert den derzeitigen Konzentrationsprozess im Bucheinzelhandel mit seinen Auswirkungen und Implikationen für die Branchenzukunft. Damit ist sie an der Schnittstelle zwischen Volks- und Betriebswirtschaftslehre angesiedelt. Zentrale Anliegen sind die Strukturanalysen mit den Bezugspunkten der Branche als Ganzes und der brancheninternen Struktur, darüber hinaus der Strukturwandel sowie die Analyse des Konzentrationsphänomens und die Ableitung von Entwicklungs- und Strategieoptionen. Die ausführliche Betrachtung der Strukturdimension, der in Teil II Raum gewidmet wird, knüpft an das Struktur-Verhalten-Ergebnis-Paradigma, engl. Structure-Conduct-Performance (kurz: SCP), an, das der Industrieökonomik zugrunde liegt.24 Unter Industrieökonomik25 ist der Bereich der Wirtschaftswissenschaften zu verstehen, dessen Gegenstand Prozesse, Strukturen und Organisationen von Industrien im weitesten Sinn sind – das heißt inklusive des Dienstleistungssektors.26 Dabei steht die Interaktion zwischen Markt und Unternehmen im Vordergrund.27 Dogmengeschichtlich lässt sich die Industrieökonomik in zwei Ansätze unterteilen. Zwar greifen grundsätzlich beide auf das SCP-Paradigma zurück, zeichnen sich jedoch durch unterschiedliches Verständnis dessen aus.28 Die sich bereits in den 1950er Jahren etablierende ‚Traditionelle Industrieökonomik‘ geht von einem einseitig kausalen SCP-Paradigma aus: Die exogen gegebene Struktur eines Markts (im Wesentlichen Angebots- und Nachfragebedingungen) bestimmt das Verhalten der am Markt teilnehmenden Unternehmen, das wiederum richtungsweisend für die Marktergebnisse ist. Diese Argumentationskette lässt sich grafisch wie in Abbildung 1 darstellen. Marktstruktur
Marktverhalten
Marktergebnis
Abbildung 1: Das SCP-Paradigma der Traditionellen Industrieökonomik. 24 Vgl. Bester 2004, S. 2–6. 25 Alternative Bezeichnungen: Industrieökonomie, Economics of Industry, (Economics of) Industrial Organization (IO), Industrial economics (vgl. Oberender/Väth 1989, S. 10). 26 Vgl. Bühler/Jaeger 2002, S. 1. 27 Vgl. Bester 2004, S. 1. 28 Vgl. ebd., S. 2–5; Bühler/Jäger 2002, S. 5–8.
3 Einordnung des Themas in den Forschungskontext
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Aus dem Wunsch, die seit Mitte der 1970er Jahre kritisierte Theorielosigkeit des älteren Ansatzes zu beseitigen, entwickelt sich die so genannte Neuere Industrieökonomik. Hier wird auch die Kritik an der einseitigen Kausalität des traditionellen Paradigmas aufgegriffen, die v. a. an der Exogenität der Marktstruktur ansetzt. Diese sei vielmehr endogen und damit abhängig vom Verhalten und Ergebnis der Marktteilnehmer. Aus dynamischer Sicht ergeben sich wechselseitige Interdependenzen, was den Kern des modifizierten SCP-Paradigmas ausmacht (s. Abbildung 2).
Marktstruktur
Marktverhalten
Marktergebnis
Abbildung 2: Das SCP-Paradigma der Neueren Industrieökonomik.
Da sich die industrieökonomischen Ansätze mit der Beschreibung und Funktionsweise von Märkten und der Interaktion Markt–Unternehmen beschäftigen, stehen Sie im Kontext der Mikroökonomie, also dem Teil der volkswirtschaftlichen Theorie, der einzelwirtschaftliche Probleme fokussiert. Bühler/Jäger skizzieren Schnittpunkte der Industrieökonomik mit den folgenden Ansätzen, aber auch unter diesen selbst: Vertragstheorie, Wohlfahrtsökonomik, Informationsökonomik, Spieltheorie, Wettbewerbs- und schließlich Preistheorie.29 Auch Oberender und Väth ordnen die Industrieökonomik eindeutig dem Feld der Mikroökonomie zu, jedoch konstatieren sie Orientierungs- und Abgrenzungsprobleme.30 Ihr Artikel zielt auf Abhilfe und auf die Etablierung einer Weiterentwicklung, der Marktökonomie. Die Besonderheit der Industrieökonomik, nämlich die Betrachtung von „marktspezifischen Partialmodellen“31, scheint das zu rechtfertigen. Ganz gleich, ob man vom traditionellen oder modifizierten SCP-Paradigma ausgehen mag, auf der Marktstruktur liegt stets das Hauptaugenmerk. Auch das spiegelt sich in dieser Arbeit. „Die Anzahl und die Verteilung der Anbieter stellt eine Dimension bei der Strukturbetrachtung von Märkten dar.“32 Dabei ist die Anbieterkonzentration ein, aber nicht der allein dominierende Marktstrukturfaktor.33 Daneben stehen die Nachfra29 30 31 32 33
Vgl. Bühler/Jäger 2002, S. 3. Vgl. Oberender/Väth 1989, S. 1. Bühler/Jäger 2002, S. 2; vgl. Bester 2004, S. 2. Moeller 1995, S. 87. Vgl. Schmidt/Burger 1997, S. 631.
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gekonzentration, die Produktdifferenzierung und die Marktzutrittsbedingungen.34 Der Konzentrationsgrad kann als Indikator für die Wettbewerbsintensität bzw. für die Existenz von Marktmacht verwendet werden. Folglich ist ein niedriger Konzentrationsgrad zentral für den funktionsfähigen Wettbewerb.35 Dem wird aufgrund dessen in Teil III durch die ausführliche Analyse von Ursachen und Auswirkungen im Bucheinzelhandel Rechnung getragen. Damit ergibt sich auch eine der Schnittstellen – die zur Wettbewerbstheorie und -politik. Die Erweiterung der Analyseperspektive um das strategische Unternehmensverhalten bildet gleichzeitig einen Berührungspunkt mit der Betriebswirtschaftslehre.36 Das ist jedoch nicht der einzige Grund für die Grenzposition dieser Arbeit zwischen den volkswirtschaftlichen und betriebswirtschaftlichen Ansätzen. Auch die ausführlichen Analysen der Markt- und Branchenumwelt, die oben der Strukturdimension zugeordnet werden, müssen nicht nur aus der aggregierten, sondern auch aus der einzelwirtschaftlichen Sichtweise vorgenommen werden. Die explizite Forderung danach findet sich beispielsweise in der Marketing-Literatur. Grund für die Ausrichtung sämtlicher Unternehmensfunktionen am Markt, also am Abnehmer, ist u. a. die Dynamik und die Komplexität der Absatzmärkte. Diese spiegeln sich teilweise im zweiten Hauptteil dieser Arbeit in der Analyse des Konzentrationsphänomens.37 Grundlage für die angewandte Markt- bzw. Wettbewerbsorientierung bildet u. a. die Wettbewerberanalyse.38 Die explizite Bezugnahme auf eine strukturierte Marktanalyse erfolgt im Bereich der Marketingplanung.39 Roxin stellt die Wettbewerbsanalyse, darunter auch die Branchenstrukturanalyse, zudem in direkte Verbindung mit dem Strategischen Management: Der Marketing-Ansatz sei nur eine bzw. die absatzbezogene Sichtweise dessen, während der branchenbezogene Wettbewerbsansatz eine weitere darstelle.40 In jedem Fall öffnet die Perspektive des Unternehmens die Marktanalyse außerdem den Zwecken der strategischen Unternehmensführung.41 Die zielt auf den nachhaltigen Erfolg im Wettbewerb. Dazu gehört es auch, eine Unternehmensstrategie festzulegen. Zuvor erfolgt üblicherweise die strategische Analyse, die sowohl das Umfeld, also die Wettbewerber, als auch das Unternehmen selbst in den Fokus nimmt.42 Die so genannte 34 35 36 37 38 39 40 41 42
Vgl. Hofmann 1982, S. 18, 28–30. Vgl. Moeller 1995, S. 82; Schmidt/Burger 1997, S. 625. Vgl. Bester 2004, S. 2. Vgl. Diller 2007, S. 21–26. Vgl. ebd., S. 116. Vgl. ebd., S. 376–384. Vgl. Roxin 1992, S. 3–7. Vgl. Bühler/Jäger 2002, S. 3. Vgl. Hungenberg 2008, S. 87; Kreikebaum 1997, S. 96.
3 Einordnung des Themas in den Forschungskontext
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Ausgangspunkt Konzentrationsprozess im Bucheinzelhandel
Theorie Konzentration als Marktstrukturkomponente (SCP-Paradigma)
Marktstruktur
Anwendung Branchenstrukturanalyse
Konzentrationsprozess als wesentliche Marktstrukturdeterminante aus buchwissenschaftlicher & ökonomischer Perspektive
Folgen/Implikationen für die Zukunft Abbildung 3: Aufbau der Arbeit.
externe Analyse zielt auf die Erkennung von Chancen und Risiken im Unternehmensumfeld. Damit ergänzt sie die Betrachtung der unternehmensinternen Ressourcen und Fähigkeiten in einem ganzheitlichen Ansatz, die so genannte SWOT (strength, weaknesses, opportunities, threats)-Analyse.43 Diese interne Analyse kann durch einen Außenstehenden, der zudem mehrere Unternehmen in der Zusammenschau betrachtet, nicht geleistet werden. So konzentriert sich diese Arbeit auf die Makro- und Branchenumwelt, also auf die Analyse der wettbewerblichen Umwelt der buchhändlerischen Unternehmen auf dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland44. Ein weiterer Bereich der Betriebswirtschaftslehre wird besonders im Teil III dieser Arbeit berührt: Die Untersuchung des Marktstrukturfaktors Unternehmenskonzentration, dessen Entwicklung und Auswirkungen sowie daraus zu folgernde Optionen 43 Vgl. Hungenberg 2008, S. 88f; Bresser 1998, S. 181. 44 Synonym für die exakte Staatsbezeichnung werden im Folgenden auch Deutschland und BRD verwendet; die attributive Verwendung bezieht sich ebenfalls darauf.
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I Grundlegendes
greifen auf Teilbereiche des Handelsmanagements bzw. der Handelsforschung zurück. Beispielsweise müssen die handelsspezifische Wettbewerbssituation und die entsprechende Strategieausrichtungen berücksichtigt werden.45 Darüber hinaus sind die grundlegende Entscheidung über die Betriebsformenwahl eines Unternehmens, der Betriebsformenwettbewerb sowie die Dynamik von der Unternehmenskonzentration im Einzelhandel mit Büchern betroffen.46 Die angeführten Kontexte aus den Wirtschaftswissenschaften zeigen gleichzeitig die Verwendungsmöglichkeiten der zu erwartenden Erkenntnisse auf. Den Zusammenhang der Ansätze in und mit dieser Arbeit illustriert Abbildung 4. Der im vorherigen Kapitel dargestellte Gang der Untersuchung und deren Forschungsgegenstand lassen sich insbesondere mit dem marktökonomischen Ansatz logisch in Verbindung bringen (s. Abbildung 3). Ausgangspunkt ist der Konzentrationsprozess in einer Branche (Partialmodell). Damit steht die Marktstruktur, v. a. die Marktstrukturkomponente Konzentration, im Vordergrund. Die Theorie der Industrieökonomik basierend auf dem Struktur-Verhalten-Ergebnis-Paradigma wird branchenbezogen angewendet. Die anderen Teildisziplinen betten das Thema zusätzlich ein und ermöglichen so, weitere Erkenntnisse einfließen zu lassen.
45 Vgl. Liebmann u.a. 2008. 46 Vgl. Purper/Weinberg 2007, S. 129.
3 Einordnung des Themas in den Forschungskontext
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Perspektiven Unternehmen
Markt Makroökonomie Gesamtwirtschaftlich VWL Mikroökonomie Einzelwirtschaftlich
Industrieökonomie bzw. Marktökonomie
SCP-Paradigma
BWL
Allgmeine BWL Spezielle BWL
Institutionelle Funktionale Betriebswirtschaftslehren Betriebswirtschaftslehren
– Handelsbetriebslehre – Medienmanagement
Structure: – Branchenstrukturanalyse – Strategische-Gruppen-Analyse
Wettbewerb
Konzentration Abbildung 4: Wirtschaftswissenschaftlicher Kontext der Arbeit.
– Marketing Marktanalyse – Strategisches Management r6NXFMUBOBMZTF HMPCBM & branchenbezogen) r4USBUFHJF XBIM
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I Grundlegendes
4 Forschungsstand und Literaturlage Der Stand der Forschung zur Konzentration im Bucheinzelhandel spiegelt nicht die Bedeutung des Phänomens für die Buchhandelsunternehmen aller Größenklassen wider. Deshalb wird an dieser Stelle gleichzeitig auf die Literatur- und Quellenlage Bezug genommen. Im Rahmen der jeweiligen methodischen Erläuterungen wird nochmals auf die relevante und herangezogene Literatur hingewiesen. Im Allgemeinen mager ist die Literaturlage spezifisch für die Handelsbetriebslehre in der Medien- oder Buchbranche. Publikationen zu Medienökonomie und Medienmanagement fokussieren häufig die Märkte für neue Medien. Der Buchmarkt spielt nur eine untergeordnete Rolle. Überdies liegt der Fokus auf den Herstellern und den Endabnehmern in den Medienmärkten. Wenn also der Buchmarkt in diesen Titeln berücksichtigt ist, findet v. a. das Verlagswesen Beachtung. Außerdem sind die Ursachen der Konzentration im Bucheinzelhandel kaum erforscht. Es liegt keine Monographie mit einer Ursache-Wirkungs-Analyse vor. Franziska Wesener47 beschäftigt sich im Vorfeld der Untersuchung von Kooperationsformen für den Bucheinzelhandel mit dessen Konzentration. Allerdings beschäftigt sie sich nicht ausführlich mit Gründen oder Konsequenzen. Sie stellt hauptsächlich auf die Entwicklung der relativen Umsatzkonzentration im Bucheinzelhandel im Vergleich zum Einzelhandel insgesamt ab. Sie beschreibt damit nur eine Facette des Prozesses. Kern Weseners Arbeit ist jedoch die Analyse von Kooperationen und die Entwicklung einer Zukunftsvision für den unabhängigen, mittelständischen Buchhandel. Außerdem schreibt Barbara Blaha in ihrer Magisterarbeit zu diesem Thema.48 Der durch konzentrative Entwicklungen beeinflusste Strukturwandel bzw. die dafür grundlegende Branchenstruktur ist etwas ausführlicher behandelt. Allerdings ist das Feld nicht vollständig abgedeckt und die Ausführungen sind meist nicht von wissenschaftlichem Format. Lediglich im 2009 erschienen Sammelband Ökonomie der Buchindustrie streifen einige Aufsätze das Thema. Beispielsweise gehen Brunn/Blömeke schwerpunktmäßig auf die Rolle der Filialunternehmen im Endkundenhandel ein. Arnd Roszinsky-Terjung legt eine Wettbewerbsanalyse für die gesamte Branche vor. Sowohl in den Branchenzeitschriften – namentlich Börsenblatt des Deutschen Buchhandels, Buchreport (Magazin- und Express-Ausgabe) sowie BuchMarkt – als auch in der allgemeinen Presse sowie im Diskurs unter den Marktteilnehmern sind dies wichtige, diskussionswürdige Themen. Dazu findet man einzelne Fachbeiträge. Beispiels-
47 Vgl. Wesener 2009. 48 Vgl. Blaha 2009.
4 Forschungsstand und Literaturlage
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weise betrachtet Christian Uhlig (1997) Wirtschaftliche Strukturveränderungen in der deutschen Buchwirtschaft und so auch die Umwälzungen im Bucheinzelhandel. Zur Rolle der Filialunternehmen im Strukturwandel des deutschen Buchhandels sind zwei Monographien erschienen. Edgar Rodehack beschäftigt sich Jahr 1999 mit dem Groß- und Filialbuchhandel.49 Ziel dieser Publikation ist es, verschiedene Großund Filialbuchhandelskonzepte zu beschreiben und deren Entwicklung aufzuzeigen. Dabei geht der Autor auch knapp auf den Strukturwandel im Buchmarkt ein. Die zweite Publikation stammt von der Verfasserin der vorliegenden Arbeit. In einer Markt- und Strategieanalyse deutscher Filialunternehmen50 im Sortimentsbuchhandel aus dem Jahr 2007 geht es zunächst um die Branchenstruktur, die anhand des Instruments der Branchenstrukturanalyse beleuchtet wird. Die vorliegende Arbeit greift die Ergebnisse dieser Untersuchung auf und erweitert sie bzw. vervollständigt die Anwendung der Porter’schen Analyseinstrumente. Darüber hinaus werden in der Arbeit von 2007 strukturelle Entwicklungstrends aufgezeigt und es geht um die strategische Ausrichtung der Buchhandelsfilialisten. Sie können nach Marktabdeckung und Sortimentsausrichtung klassifiziert werden. Als Muster für eine Branchenstrukturanalyse für den Buchhandel kann zudem Christian Ruschs Anwendung in Buchhandel in der Schweiz angeführt werden. Rusch nimmt eine empirische Erhebung im schweizerischen Buchhandel vor und setzt sich mit strategischen Optionen der Unternehmen auseinander. Die theoretische Basis des ersten Hauptteils der vorliegenden Arbeit besteht in wirtschaftswissenschaftlichen Methoden der Marktanalyse. Ganz besonders berücksichtigt wurde Michael E. Porters Wettbewerbsstrategie.51 Diese Publikation, die mittlerweile in der elften Auflage erschienen ist, wendet sich sowohl an Praktiker als auch an Wissenschaftler. Einerseits wird das Analysemodell entwickelt, andererseits konkrete Umsetzungsanweisungen angeboten. Dieses Modell findet in Wissenschaft und Praxis sowohl im Bereich des Marketings als auch in der strategischen Unternehmensführung Anwendung. Aus der Suche nach Literatur für die brancheninterne Analyse resultiert ein Sonderfall. Selten sind Titel zur Herausarbeitung strategischer Gruppen in Einzelhandelsbranchen bzw. im Konsumgüterhandel. Dieses Instrument wird häufiger auf Industriebranchen angewendet. Allerdings findet sich mit Ingrid Effens Dissertation Erfolgsfaktoren strategischer Gruppen eine handelsbezogene Anwendung. Zudem wird der Bucheinzelhandel als Untersuchungsraum gewählt. Die Abgrenzung der strategischen Gruppen 49 Vgl. Rodehack 1999. 50 Vgl. Emrich 2007. 51 Vgl. Porter 2008c.
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I Grundlegendes
bildet dort wie hier nur einen Teilbereich der Arbeit. Das Ergebnis jedoch fließt vergleichend in die Kapitel II.5 und II.6 ein. Darüber hinaus hat sich die umfangreiche Erarbeitung strategischer Gruppen für die Mobiltelekommunikationsanbieter von Arne Meyer-Ramien als wertvoll herausgestellt. Für das zweite Hauptaugenmerk der vorliegenden Arbeit, die Konzentration als Strukturkomponente im Einzelhandel, ist die Literaturlage ebenso diffizil. Für den Buchhandel gibt es keine umfassende Publikation, die nicht nur rein-statistisch, sondern auch theoretisch an die Konzentrationsanalyse geht. Dies mag wiederum dem Umstand geschuldet sein, dass für die Konzentration im Handel nur wenig Literatur vorliegt. Im Gegensatz dazu ist die Konzentrationsentwicklung im Lebensmitteleinzelhandel ausreichend behandelt. Einen weiteren Gegensatz bildet die Literaturlage zum Konzentrationsphänomen in Industriebranchen, die ebenfalls als umfangreich zu bezeichnen ist. Obwohl nur wenige Publikationen die Konzentrationsentwicklung im Bucheinzelhandel aufgreifen – wenn überhaupt, dann nur in aller Kürze –, gibt es eine Fülle an wirtschaftswissenschaftlicher Literatur, speziell auch aus dem Bereich der Handelsforschung zur Konzentrationsthematik. Voraussetzung für eine offenbar fällige, ausführliche Analyse des Konzentrationsphänomens im deutschen Buchfacheinzelhandel ist eine grundlegend gute Literatur- und Quellenlage. Informationen zu Umsatz, Unternehmenszahlen, Übernahmen und Fusionen bilden verschiedene Statistiken ab. Allein vier monatliche Panels messen die Umsatzentwicklung im Bucheinzelhandel. Sie kommen zu ganz unterschiedlichen Ergebnissen, weil sich v. a. die Teilnehmerzahlen und deren Struktur stark unterscheiden.52 Eine der wichtigsten Publikationen gibt der Börsenverein des Deutschen Buchhandels heraus. Zu empirischen Aspekten und zum aktuellen Stand in der Branche bieten die jährlich erscheinenden Hefte Buch und Buchhandel in Zahlen Aufschluss. Darin enthalten sind auch Ausschnitte aus der Umsatzsteuer-Statistik (Erhebungszeitraum jeweils zwei Jahre vor Erscheinungsjahr) und aus dem Kölner Betriebsvergleich (gleicher Erhebungszeitraum). Die Branchenerhebungen und Marktforschungsbemühungen bilden die Entwicklungen nur kurzfristig ab. Sie werden nicht mit theoretischen Ansätzen in Verbindung gebracht. Daten einzelner Unternehmen sind nur schwer oder gar nicht zugänglich. Dies hängt mit den Veröffentlichungspflichten der unternehmerischen Rechtsformen zusammen; im Sortimentsbuchhandel gibt es v. a. Personengesellschaften und Einzelunternehmen. Selbstauskünfte auf Homepages und Schätzungen sind die hauptsächlichen Quellen. 52 Vgl. Schulte 2008k, S. 18f.
4 Forschungsstand und Literaturlage
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Darüber hinaus stellt die Branchenzeitschrift Buchreport jeweils jährlich die 50 größten Buchhandlungen im deutschsprachigen Raum sowie alle deutschen Filialunternehmen – im ‚Filialatlas‘ (s. Abbildung 15) – zusammen. Weiterhin stellt auch das Dienstleistungsunternehmen Langendorfs Dienst regelmäßig umfangreiches Zahlenmaterial und aktuelle Meldungen zusammen. Vor allem der so genannte Langendorfs Konzentrationsindex53 ist für die Zwecke dieser Arbeit relevant. Sowohl dessen aktuelle Werte als auch die wesentlichen Ergebnisse des ‚Transaktionsmonitors Verlagswesen‘ fließen jährlich in das Statistik-Kompendium des Branchenverbands ein. Zur Konzentrationsentwicklung im Bucheinzelhandel stehen zudem zahlreiche journalistische Beiträge und brancheninterne Meldungen und Diskussionsdokumentationen aus Branchenzeitschriften und Branchenforen zur Verfügung. Aber die Inhaltsanalyse derer bringt nicht ausreichend wissenschaftlichen Erkenntnisfortschritt. Die einschlägigen Magazine – besonders das Börsenblatt für den Deutschen Buchhandel und der Buchreport – greifen in ihren Print- und Online-Ausgaben die Veränderungen im Sortimentsbuchhandel kontinuierlich auf. Es werden Kommentare und Prognosen von Journalisten, Experten und Marktteilnehmern abgedruckt. Außerdem finden sich aktuelle Meldungen zu einzelnen Unternehmen. Der prognostische und normative Teil dieser Arbeit benötigt zusätzlich Informationen aus Markt- und Trendforschung. Die Verfasserin greift hauptsächlich auf eine aktuelle und branchenspezifische Studie zurück: Buchmarkt 2020 herausgegeben vom Dachverband der Branche und einem Marktforschungsinstitut. Daneben werden weitere Publikationen zur branchenübergreifenden Handelsentwicklung und zur künftigen Konsum- und Konsumentenstruktur herangezogen. Nicht zuletzt werden auch Veröffentlichungen berücksichtigt, die aktuelle demografische Trends analysieren. Die Literaturlage ist hier umfangreich. Das Spektrum reicht von wissenschaftlichen Autoren und öffentlichen Herausgebern bis hin zu institutionellen wie z. B. Unternehmensberatungen. Wiederum bleiben branchenspezifische Studien, wie z. B. von Christian Scholten oder Franziska Wesener, die Ausnahme.
53 Vgl. Langendorfs Dienst [30.06.2009].
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II Markt- und Wettbewerbsanalyse für den deutschen Bucheinzelhandel 1 Modelltheoretische Grundlagen der Marktanalyse Nachdem in der Einführung der grobe wirtschaftswissenschaftliche Rahmen der Markt- und Wettbewerbsanalyse vorgestellt wurde, erfolgt nun die Konkretisierung und Entwicklung des gewählten Analyseschemas. Im Vordergrund steht dabei die themenbezogene Einordnung in die genannten Ansätze der Wirtschaftswissenschaften, jedoch nicht die vollständige Definition und Darstellung dieser Theorien. 1.1 Die Analyse im Prozess des strategischen Managements 1.1.1 Begriff und Forschungszweige der strategischen Unternehmensführung Unter dem Strategischen Management bzw. der Strategischen Unternehmensführung versteht man die Ausrichtung und Lenkung eines Unternehmens aus einer übergeordneten Perspektive mit dem Ziel, Wettbewerbsvorteile zu erreichen und so den langfristigen Erfolg zu sichern.54 Der Zusatz ‚Strategie‘ bzw. ‚strategisch‘ leitet sich aus dem griechischen Wort ‚strategos‘ für die Kunst der Heerführung ab. Das impliziert die langfristige und ganzheitliche Perspektive und weist auf die Durchsetzung aller unternehmenspolitischen Bereiche hin.55 Die Fristigkeit des Konzepts bildet auch die Grundlage für die Abgrenzung gegenüber anderen Managementaufgaben, v. a. gegenüber der operativen; diese folgen auf die strategischen Entscheidungen und sorgen für die kurz- bis mittelfristige Umsetzung durch einzelne, funktionsbezogene Maßnahmen. Hingegen ist das so genannte normative Management dem strategischen übergeordnet, da es hier um die noch grundlegenderen Entscheidungen über Normen geht, z. B. Werte, Kultur und Visionen für ein Unternehmen. Der Begriff des Managements meint, Entscheidungen zu treffen und damit „den gesamten Leistungsprozess und den damit verbundenen Gütereinsatz so zu koordinieren, dass die Ziele des Unternehmens erreicht werden können“56. Dies besteht sowohl in einer personellen wie auch in einer sachlichen Dimension. Damit ist gemeint, dass einerseits Individuen geführt, andererseits Funktionen erfüllt und Prozesse initiiert und gesteuert werden müssen.57 Das Bewusstsein für die langfristige Planung und Ausrichtung eines Unternehmens hat sich erst allmählich nach dem Ende des zweiten Weltkriegs etabliert. Damit ist auch das theoretisch-wissenschaftliche Fundament ein vergleichsweise junges. Charakteris54 55 56 57
Vgl. Hungenberg 2008, S. 6 Vgl. ebd., S. 5; Diller 1998, S. 33. Hungenberg 2008, S. 20. Vgl. ebd.
K. Emrich, Konzentration im Sortimentsbuchhandel, DOI 10.1007/978-3-8349-6522-6_2, © Gabler Verlag | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2011
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II Markt- und Wettbewerbsanalyse für den deutschen Bucheinzelhandel
tikum ist dennoch die Vielschichtigkeit der Theorieansätze. Hungenberg konstatiert zwei wesentliche Forschungszweige.58 Zum einen ist die Strategieprozessforschung zu nennen, die den Prozess der Strategieentwicklung und -implementierung untersucht und ihn zu optimieren versucht. Zum anderen gibt es die so genannte Strategieinhaltsforschung, die nicht den Prozess der Entscheidung, sondern die Entscheidung und die Entscheidungsalternativen, also die Strategien, in den Vordergrund stellt. Weiter differenzieren Strategieforscher zwischen präskriptivem und deskriptivem Ansatz.59 Letzterer ist weiter zu untergliedern in die so genannte deskriptive Strategieanalyse, bei der es um die Beschreibung und Erklärung von Entscheidungs- und Planungsprozessen geht, und die so genannte empirische Planungsforschung, die auf einer empirischen Basis die Verbesserung und Begründung von Planungsprozessen anstrebt. Bei ersterem geht es v. a. darum, sinnvolle, wiederkehrende Strukturen zu erarbeiten, was eng mit dem normativen Vorgehen verbunden ist. In diesen Bereich fällt auch die strategische Analyse als fester Bestandteil des strategischen Planungsprozesses. 1.1.2 Abgrenzung und Aufgabe Jedoch kann die strategische Analyse unterschiedliche Bezugspunkte aufweisen, da im strategischen Management zwei Ebenen zu unterscheiden sind.60 Die oberste stellt die Unternehmensebene dar, d. h. hier geht es um die Unternehmensstrategie (corporate strategy) und die Entscheidung, in welchen Geschäftsfeldern (Märkte oder Teilmärkte) das Unternehmen agiert. Als branchenspezifisches Beispiel bietet sich der Marktführer Thalia Holding an. Hierbei handelt es sich um ein Geschäftsfeld des Konzerns Douglas Holding AG, der neben den Buchhandlungen mit Parfümerien (Douglas), Juweliergeschäften (Christ), Modehäusern (Appelrath-Cüpper) und Confiserien (Hussel) vier weitere Handelsbereiche im Portfolio hält.61 Die einzelnen Geschäftsfelder bilden die zweite Ebene der Unternehmensführung. Hier steht die Wettbewerbsstrategie (business strategy) im Vordergrund. Sie hat zum Endziel, Wettbewerbsvorteile zu generieren und langfristig zu erhalten. Abgesehen von den marktführenden Unternehmen weisen die Buchhandelsunternehmen in der Regel nicht beide Ebenen auf, sondern die Geschäftsfeld- und die Unternehmensebene fallen zusammen. Deshalb stellt das strategische Management auf Geschäftsfeldebene den Bezugsrahmen dieser Arbeit dar.
58 59 60 61
Vgl. ebd., S. 59–60. Vgl. Ruppert 2001; Schreyögg 1984. Vgl. Hungenberg 2008, S. 15–19. Vgl. Douglas Holding AG [03.03.2009].
1 Modelltheoretische Grundlagen der Marktanalyse
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Der Prozess der strategischen Unternehmensplanung gliedert sich in die Schritte Situationsanalyse, Strategieformulierung, -implementierung und -kontrolle.62 Ersterer ist zu untergliedern in die externe und interne Analyse. Die Unternehmensuntersuchung zielt im Wesentlichen auf die Herausarbeitung von Stärken und Schwächen eines Unternehmens. Das ist jedoch nur mit Zugang zu unternehmensspezifischen Daten und Fakten sowie jeweils nur für ein Untersuchungsobjekt sinnvoll und entfällt folglich in dieser Arbeit. Die Umweltanalyse weist wiederum zwei Dimensionen auf: die globale oder Makro-Umwelt und die spezifische Unternehmens-, Wettbewerbs-, Markt- oder Branchenumwelt. Die globale Umwelt besteht aus Faktoren ökonomischer, technologischer, staatlich-rechtlicher und sozialer (kultureller wie gesellschaftlicher) Art. Zur Wettbewerbsumwelt gehören Branche, Markt, strategische Gruppen und Konkurrenten. 63 Obwohl Kreikebaum zufolge strategische Unternehmensplanung mehr ist als ein Instrumentenkasten, ist die Kenntnis der verschiedenen Analyseinstrumente dennoch unerlässlich für die Erarbeitung fundierter Umweltkenntnisse.64 Es existiert eine Vielzahl an Modellen, das bekannteste, insbesondere für die Analyse der Branche in ihrer Gesamtheit ist jedoch das der Porter’schen Branchenstrukturanalyse.65 Es soll auch in dieser Arbeit angewendet werden; eine ausführliche Erläuterung folgt in Kapitel I.1.3. 1.2 Die strategische Analyse des Marketings Obwohl Porters Ansatz grundsätzlich der Industrieökonomik zugeordnet wird und bereits in der präskriptiven Strategielehre bei der Definition und der Einschätzung des Branchenumfelds eingesetzt wird,66 findet er sich darüber hinaus auch in den Marketing-Ansätzen. Marketing sei das Führen des Unternehmens vom Markt her.67 Basis ist die explizite Marktorientierung, was wiederum bedeutet, dass alle Unternehmensbereiche und -funktionen auf Kunden und Wettbewerb bzw. Wettbewerber ausgerichtet werden. Folglich ist ein wichtiger Schritt der Konzepterstellung die Analyse der Konkurrenten, die zudem möglichst früh zu erfolgen hat.68 Barth plädiert über die Prüfung der unternehmensexternen Chancen und Risiken hinaus auch für die Identifi-
62 63 64 65 66 67 68
Vgl. Hungenberg 2008, S. 10; Corsten 1998, S. 23. Vgl. Nitzsch 2004, S. 51, 58f., 75; Camphausen 2003, S. 36f. Vgl. Kreikebaum 1997, S. 97 Vgl. Hungenberg 2008, S. 101. Für weitere Instrumente s. ebd. Vgl. Bresser 1998, S. 181. Vgl. Schmalen/Pechtl 2009, S. 270. Vgl. ebd. 2009, S. 267, Diller 2007, S. 65, 116.
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II Markt- und Wettbewerbsanalyse für den deutschen Bucheinzelhandel
kation interner Stärken und Schwächen.69 Damit geht er konform mit den Forderungen des strategischen Managements auf Geschäftsfeldebene, dass die Situationsanalyse gleichermaßen der systemtheoretischen Untergliederung der Unternehmensumwelt folgt.70 Diese unterscheidet das Makroumweltsystem, bestehend aus ökonomischer, technologischer, rechtlicher und sozialer Sphäre, vom Marktsystem (Konkurrenten, Nachfrager, Absatzmittler und -helfer) und dem internen Umweltsystem (produkt-, finanz-, beschaffungs- und personalwirtschaftliche Restriktionen). Ebenfalls erfolgt in der Marketingplanung die zeitliche Untergliederung in kurz- bis mittelfristige Analysehorizonte, d. h. Marktanalyse in operativer Sicht, und die langfristige, strategische Analyse.71 Ergänzend folgt diesen beiden Betrachtungen eine Entwicklungsprognose, die Zukunftsaussagen oder Szenarien zur Marktentwicklung und zum Teil auch zu Marktreaktionen bietet. In weiteren Phasen und Arbeitsschritten folgen Zielplanung, Strategieplanung und -festlegung, Durchführung mittels Maßnahmen und Instrumenteneinsatz sowie Marketing-Kontrolle und -Steuerung.72 1.3 Die Wettbewerbsanalyse nach Porter Nachdem nun die Verortung und Verwendung der Wettbewerbsanalyse in den betriebwirtschaftlichen Forschungs- und Führungsansätzen dargelegt wurde, muss näher auf das von Michael E. Porter entwickelte umfassende Methodenbündel für den Bereich der strategischen Analyse eingegangen werden. Dessen wichtigstes Element ist das ‚Five Forces‘-Modell, auch Branchenstrukturanalyse genannt. Porter hat es 1979 zum ersten Mal präsentiert und seine Gültigkeit kürzlich erneut bekräftigt.73 Dem SCP-Paradigma folgend ist die Grundannahme des Modells, dass die mittel- und langfristige Profitabilität einer Produkt- oder Dienstleistungsbranche ausschließlich von der Marktstruktur abhängt. Diese wird durch fünf Wettbewerbskräfte abgebildet, deren Beschreibung und Wechselwirkungen Inhalt des Modells sind.74 Es dient der Untersuchung und dem Verständnis des wettbewerblichen Wirkungsgefüges sowie der Wettbewerbsintensität eines Wirtschaftszweigs. Aus Unternehmersicht lassen sich sowohl die Position, also die Stärken und Schwächen, des eigenen Unternehmens und der Wettbewerber als auch das Potenzial der Branche und wiederum des eigenen Unternehmens im Vergleich zur Konkurrenz abschätzen. Unter 69 70 71 72 73 74
Vgl. Barth 2007, S. 126. Vgl. Diller 1998, S. 10. Vgl. Diller 2007, S. 376; Diller 1998, S. 7. Vgl. Barth 2007, S. 126; Diller 1998, S. 11; Bruhn/Michalski 2009, S. 14. Vgl. Porter 2008a. Vgl. Porter 2008b; Hax/Majluf 1991, S. 283.
1 Modelltheoretische Grundlagen der Marktanalyse
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anderem auf dieser Basis sollen letztlich Strategieentscheidungen getroffen werden.75 Obwohl die Branchenstrukturanalyse aus dem Kontext produzierender Unternehmen entstanden ist, kann sie auch auf das Dienstleistungsgewerbe und den Handel angewendet werden, wie Porter selbst anführt.76 Darüber hinaus belegen weitere Studien die Übertragbarkeit des Modells auf den Einzelhandel. Beispielsweise prüft Andrea Gröppel-Klein die Porter’schen Thesen im Non-Food-Einzelhandel und kann die Übertragbarkeit bestätigen.77 Für den Bereich des Buchhandels wurde das Konzept z. B. durch Michman/Mazze78 sowie Rusch79 verwendet. Zum besseren Verständnis der Konkurrenten verweist Porter auf zweierlei Möglichkeiten: Erstens auf die so genannte Konkurrentenanalyse, die auf die Vorhersage des Reaktionsprofils der bisherigen und potenziellen Wettbewerber ausgelegt ist.80 Dies jedoch erscheint äußerst umfangreich und besonders aus der Perspektive eines Unternehmens, das seine schärfsten Konkurrenten detailliert einschätzen möchte, ein adäquates Instrument. Zweitens eine Erweiterung der Strukturanalyse, mit der sich die Leistungsdifferenzen von Unternehmen in der gleichen, damit genauso profitablen oder unprofitablen, Branche ermitteln lassen. So können aus Unternehmenssicht beispielsweise die besonders relevanten Konkurrenten, nämlich diejenigen mit einem ähnlichen strategischen Leistungsprofil, identifiziert werden. Mittels der so genannten brancheninternen Strukturanalyse werden nämlich ‚strategische Gruppen‘ herausgearbeitet. Jeder Gruppe gehören strategisch ähnliche Unternehmen an, während sich die Gruppen untereinander strategisch stark voneinander unterscheiden und sich diese Unterschiede auch nicht kurzfristig überwinden lassen. Ursächlich dafür können z. B. unterschiedliche Ressourcenausstattungen sein.81 Auch dieses Analyse-Instrument wurde zunächst für Herstellermärkte entwickelt und darauf angewendet; doch wurde es mittlerweile auch auf (Einzel-)Handelsmärkte übertragen.82 Die Dynamik in den Branchenstrukturen zu beachten, gehört auch zu den Methoden der Analyse von Branchen und Konkurrenten – so der Untertitel von Porters Wettbewerbsstrategie. Neben der Beschreibung und Untersuchung der Ist-Situation einer Branche ist auch deren Zukunft gewichtig für die Strategiefindung und für deren lau75 76 77 78 79 80 81 82
Vgl. Porter 2008c, S. 23. Vgl. Porter 2008b, S. 21; Porter 2008c, S. 37. Vgl. Gröppel-Klein 1998, S. 139. Vgl. Michman/Mazze 2001. Vgl. Rusch 2003, S. 163–178. Vgl. Porter 2008c, S. 86–117. Vgl. Hungenberg 2008, S. 128–132; Porter 2008c, S. 178–211. Vgl. Meffert/Heinemann 1989 für den Textileinzelhandel; Effen 1995 für den Bucheinzelhandel.
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II Markt- und Wettbewerbsanalyse für den deutschen Bucheinzelhandel
fende Überprüfung bzw. Anpassung. Ausgehend von der Abwägung der ‚evolutionären Prozesse‘ sind Vorhersagen von strukturellen und wettbewerblichen Veränderungen und die Identifikation von entsprechenden Schlüsselsignalen möglich.83 Zudem ist die derzeitige Branchensituation für die zukünftige Entwicklung einer Branche und ihrer Marktteilnehmer wichtig. Porter beschreibt typische Stadien und diskutiert jeweils strategische Alternativen sowie Gefahren, die daraus erwachsen können.84 Wie bereits erwähnt spielen die Porter’schen Analyseinstrumente für die Vorbereitung von Managemententscheidungen in allen Branchen eine große Rolle. Ihr Vorteil liegt in der Möglichkeit, eine „systematische und umfassende Betrachtung der im Wettbewerb relevanten Faktoren“85 vorzunehmen und dadurch komplexe Wechselbeziehungen zu strukturieren. Gleichwohl liegt das Hauptaugenmerk auf der Strukturdimension und dem Wettbewerb in der langen Frist; kurzfristige Einflussfaktoren bleiben außen vor.86 Gerade die längerfristige Perspektive erscheint aber für den Zweck dieser Studie gut geeignet, um aus einer fundierten Ist-Analyse und der anschließenden Betrachtung eines besonderen Strukturmerkmals Zukunftsoptionen abzuleiten. Folglich werden in Teil II folgende Methoden angewendet: Nachdem der Untersuchungsraum abgesteckt, also die Branchen- und Marktabgrenzung vorgenommen wurde, wird zunächst die Branchenstrukturanalyse durchgeführt, an die sich die Herausarbeitung strategischer Gruppen anschließt. In ein separates Kapitel fließen dann die dynamischen Komponenten ein: Die Analyse der Branchenentwicklung und der typischen Branchensituationen. Eine kurze Einführung in die jeweilige Methode erfolgt in den entsprechenden Kapiteln vor deren Anwendung. 2 Abgrenzung des Untersuchungsraums Zu Beginn der Marktanalyse muss der Untersuchungsgegenstand genau festgelegt werden. Von der Definition der zu untersuchenden Branche und des relevanten Markts hängt nämlich ab, welche Einflussgrößen und Wirtschaftssubjekte – Kunden, Lieferanten und Konkurrenten – berücksichtigt werden müssen. 2.1 Branchenabgrenzung Grundproblem ist der sehr weit gefasste Begriff ‚Branche‘. Grundsätzlich bilden alle Unternehmen, die ähnliche Produkte herstellen oder ähnliche Dienstleistungen er83 84 85 86
Vgl. Porter 2008c, S. 211–248. Vgl. ebd., S. 250. Hungenberg 2008, S. 107. Vgl. ebd., S. 108.
2 Abgrenzung des Untersuchungsraums
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bringen, eine Branche. Das zeigt auch die amtliche Klassifikation von Wirtschaftszweigen des Statistischen Bundesamts. In ihrer jüngsten Version von 2008 (WZ 2008) ist sie gleichzeitig konform mit internationalen Referenzklassifikationen der Europäischen Gemeinschaft und der Vereinten Nationen.87 Durch die Anpassungen haben sich im Vergleich zur vorherigen Version (WZ 2003)88 wesentliche Veränderungen ergeben. So wurden aus den ursprünglichen 17 Abschnitten 21. Einer umfasst z. B. den Handel, ein anderer das verarbeitende Gewerbe. Die weitere Gliederung der Abschnitte in Abteilungen, Gruppen, Klassen und Unterklassen zeigt aber auf, dass man außerdem auch Betriebe, die beispielsweise dieselben Herstellungsverfahren oder die gleichen Ausgangsstoffe anwenden, in einem Wirtschaftszweig – im ungleich engeren Sinne – zusammenfassen kann. Als Beispiel dient die Einordnung der Branche des Einzelhandels mit Büchern in das Klassifikationsschema. Der Abschnitt G, der 2003 noch einmal in Unterabschnitte (relevant: GA) unterteilt war, ist dem Handel im Allgemeinen sowie der Instandhaltung und Reparatur von Kraftfahrzeugen gewidmet. Der Einzelhandel exklusive des Handels mit Kraftfahrzeugen wird unter der Abteilung 47 (ehemals 52) aufgeführt. Statt einer Gruppe, die den sonstigen Facheinzelhandel in Verkaufsräumen umfasst, ist nun die Gruppe 47.6 für den stationären Einzelhandel mit Verlagsprodukten, Sportausrüstungen und Spielwaren relevant. Wesentlich verändert hat sich die Klassifikation dadurch, dass es nun eine eigene Klasse bzw. Unterklasse für den Einzelhandel mit Büchern allein gibt, während in der WZ 2003 der Einzelhandel mit Büchern, Zeitschriften, Zeitungen, Schreibwaren und Bürobedarf in einer Klasse zusammengefasst war.89 Welche Definitionen aber liegen der Abgrenzung dieses Abschnitts zum Handel zu Grunde? Die Erläuterungen zur Klassifikation der Wirtschaftszweige greifen den Gedanken des Wiederverkaufens, also des Verkaufens ohne Weiterverarbeitung, auf. Das schließt auch die handelsübliche Behandlung der Waren ein – z. B. Sortieren, Klassifizieren und Zusammenstellen sowie Mischen von Waren, Abpacken, Auspacken und Umpacken zur Verteilung in kleineren Mengen und auch die Lagerung. Der Begriff des Handels in der Amtlichen Statistik umfasst Groß- und Einzelhandelsformen mit jeglicher Art von Waren wie auch die erbrachten Dienstleistungen. Unter Großhandel wird der Verkauf von neuen oder gebrauchten Waren an „Einzelhändler, gewerbliche Nutzer, Körperschaften und berufliche Nutzer oder an andere Großhändler sowie die Handels-
87 Vgl. Statistisches Bundesamt 2008a, S. 3. 88 Vgl. Statistisches Bundesamt 2003. 89 Vgl. Statistisches Bundesamt 2008b.
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vermittlung bzw. den Kaufabschluss auf Rechnung solcher Auftraggeber“90 verstanden. Konstitutiv für den Einzelhandel sind private Haushalte als Hauptkäufergruppe. Der Wiederverkauf kann „in Verkaufsräumen, an Ständen, durch Versandhäuser, Straßenhändler und Haustürverkauf, Verbrauchergenossenschaften, Auktionshäuser usw.“91 erfolgen. Darüber hinaus werden auch telefonisch oder elektronisch zustande gekommene Handelsgeschäfte berücksichtigt. Allerdings zeigt die Gliederung eine Trennung von stationären und ambulanten Handelsformen sowie von Neu- und Gebrauchtwaren.92 Beim Vergleich der amtlichen Handelsdefinition mit den Aussagen der betriebswirtschaftlichen Literatur, fällt auf, dass diese im Wesentlichen deckungsgleich mit dem Verständnis von Handel im funktionellen Sinn ist.93 Diese wiederum entspricht auch der Begriffserklärung des Ausschusses für Definitionen zu Handel und Distribution.94 Demnach versteht man unter Handel den Austausch, d. h. die Beschaffung und den Absatz, bzw. die Mitwirkung am Austausch von (beweglichen) Sachgütern, die nicht wesentlich be- oder verarbeitet wurden. Als Wirtschaftssubjekte sind daran gemäß einer engen funktionellen Sichtweise nur Betriebe, in den weiteren Sichtweisen aber auch private Haushalte beteiligt.95 Im Unterschied zur funktionellen Sichtweise, die auf die Bedeutung von Handel als wirtschaftlich Tätigkeit abstellt, geht die institutionelle Perspektive auf die Bezeichnung ‚Handelsbetrieb‘ ein.96 Auch hier allerdings existieren vielfältige Varianten. Einem weiten Begriffsverständnis folgend sind Handelsbetriebe „jene Institutionen, deren wirtschaftliche Tätigkeit ausschließlich und überwiegend dem Handel im funktionellen Sinne [d. h. Absatz und Beschaffung (beweglicher) Sachgüter ohne wesentliche Be- und Verarbeitung; d.Verf.] zuzurechnen ist.“97 Die zunehmende Einschränkung der Begriffsdefinition folgt diesem Pfad: tEin- und Verkauf nur auf eigene Rechnung und eigenen Namen ¡wirtschaftliche Selbstständigkeit ïUnabhängigkeit in der Lieferantenwahl Nachdem nun der Begriff ‚Handel‘ erläutert sowie Groß- und Einzelhandel voneinander abgegrenzt wurden, ist ergänzend auf Teilgebiete hinzuweisen.98 Es wird der Au90 91 92 93 94 95 96 97 98
Ebd. Ebd. Vgl. Statistisches Bundesamt 2003, S. 333. Vgl. Müller-Hagedorn 1998, S. 18f. Vgl. Ausschuss für Definitionen zu Handels und Distribution 2006, S. 27. Vgl. Müller-Hagedorn 1998, S. 19. Vgl. ebd., S. 15. 19–25. Vgl. Ausschuss für Definitionen zu Handels und Distribution 2006, S. 27. Vgl. Müller-Hagedorn 1998, S. 14.
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ßenhandel, d. h. internationale aggregierte Handelsbeziehungen, vom Binnenhandel unterschieden. Außerdem werden nach den Güterarten Konsumgüter- und Produktionsgütermärkte differenziert. Gerade vor dem Hintergrund der amtlichen Brancheneinteilung erscheint es nötig, sich auch mit dem populären Begriff der ‚Buchbranche‘ zu beschäftigen. Dieser steht im Widerspruch zu obiger Einteilung, da das Statistische Bundesamt verarbeitendes Gewerbe, Groß- und Einzelhandelsformen strikt voneinander trennt. Dagegen werden unter dem Terminus ‚Buchbranche‘ alle Stufen der Wertschöpfungskette um das Wirtschaftsgut Buch zusammengefasst. Um gerade dieser Vielzahl und auch der Unterschiedlichkeit aller an der Herstellung und dem Vertrieb dieses ökonomischen Guts Beteiligten gerecht zu werden, ist die Verwendung des Begriffs der Buchwirtschaft vorzuziehen. Dieser bringt in seinem ersten Wortglied zum Ausdruck, auf welche Güter sich die Wirtschaftssubjekte spezialisiert haben. Der zweite Teil des Begriffs hingegen weist auf den gewerblichen Charakter, also auf die Absicht der Gewinnerzielung, der Geschäfte hin. Ein wenig enger gefasst als die Buchwirtschaft ist der Begriff des Buchhandels, sofern man ihn im weiteren Sinne gebraucht. Hier werden die drei Wirtschaftsstufen des Buchgewerbes zusammengefasst: Der herstellende oder Verlagsbuchhandel, und der verbreitende Buchhandel, der sich in Zwischenbuchhandel und Bucheinzelhandel gliedert. Folgt man der Definition des Branchenbegriffs, so bilden diese drei Bereiche wiederum einzeln jeweils einen eigenen Wirtschaftszweig. Der Einzelhandel mit Büchern und Zeitschriften, wie er in der amtlichen Klassifikation als Unterklasse ausgewiesen wird, ist ein Beispiel dafür. Er wird auch mit dem Fachterminus ‚Buchhandel im engeren Sinn‘ bezeichnet. Die später in diesem Kapitel folgende Wettbewerbsanalyse bezieht sich folglich auf die Branche des Bucheinzelhandels, die zusammen mit den beiden vorgelagerten Wirtschaftsstufen im Kontext der Buchwirtschaft angesiedelt ist. 2.2 Marktabgrenzung Eine Ebene unter der Branche ist der Marktbegriff anzusetzen. In der Ökonomie versteht man unter einem Markt den tatsächlichen oder virtuellen Ort des Zusammentreffens von Angebot und Nachfrage nach einem ökonomischen Gut, also nach einem Produkt oder einer Dienstleistung. Sein Grundprinzip ist der Tausch. Man unterschei-
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det in Abhängigkeit vom gewählten konstitutiven Merkmal, das können z. B. Nachfrager, Anbieter oder auch Produkte sein, unterschiedliche Märkte.99 Diese Begriffsbestimmung ist erneut eine sehr weit gefasste. Deshalb ist es für die Wettbewerbsanalyse nötig und sinnvoll, den Betrachtungsbereich enger einzugrenzen. Ziel dieses Verfahrens ist der so genannte relevante Markt. Dieses Konzept ist sowohl in der Betriebswirtschaftslehre wie auch im Kartellrecht als Zwischenschritt vor weiteren wettbewerblichen Analysen verbreitet. Die Bestimmung muss anhand der Faktoren relevantes Gut, relevanter Ort und relevante Zeit erfolgen. Die Verfahren können sich jedoch unterscheiden; beispielsweise können bei einem umfassenden Marktverständnis auch potenzielle Transaktionen berücksichtigt werden.100 Aus wirtschaftswissenschaftlicher Perspektive existieren verschiedene Operationalisierungsansätze.101 Die im Folgenden skizzierten zielen allesamt auf die sachliche Marktdimension ab. Darüber hinaus tendieren die ökonomischen Ansätze dazu, statt eines Gesamtmarkts einen Partialmarkt anzunehmen. Das bedeutet, man geht eben nicht davon aus, dass alle Anbieter einer Volkswirtschaft um die gesamtwirtschaftliche Kaufkraft konkurrieren. Dies hat zweierlei Gründe: Zum einen ist eine Totalanalyse praktisch nicht durchzuführen. Zum anderen ist anzuzweifeln, dass sich alle Marktteilnehmer, sowohl die der Konsum- als auch die der Investitionsgütermärkte, in einer Wettbewerbssituation befinden. Zimmerlich unterscheidet in einem ersten Gliederungsschritt drei Konzepte. Zuerst ist das Industriekonzept zu nennen, das die objektive Zusammenfassung von Unternehmen, deren Produkte sich physikalisch-technisch gleichen, ausmacht. Zum zweiten nennt die Autorin den totalanalytischen Ansatz der Interproduktkonkurrenz, der davon ausgeht, zwischen allen Angeboten bestünde eine – wenn auch nur mengenmäßige – Konkurrenzbeziehung. Zum dritten werden mehrere Substitutionskonzepte vorgestellt. Sie alle bestimmen den relevanten Markt ausgehend von der Austauschbarkeit der Produkte. Der ersten Theorie folgend trennen so genannte Substitutionslücken, die durch sachliche, räumliche, persönliche oder zeitliche Präferenzen entstehen, die relevanten Märkte. Ein zweiter Ansatz geht von Elementarmärkten aus, d. h. für je ein Gut existieren spezifisch relevante Märkte. Das Bedarfsmarktkonzept hingegen fokussiert die Nachfrageseite, indem all die Güter zu einem Markt gehören, die bestimmte Nachfragerbedürfnisse in ähnlicher Weise befriedigen. Dem gegenüber steht 99 Vgl. Baßeler u.a. 2006, S. 99; Bauer 2001, S. 1032. 100 Vgl. Zimmerlich 2007, S. 112–115. 101 Falls nicht anders gekennzeichnet, wurden die folgenden Informationen entnommen aus: Zimmerlich 2007, S. 121–132.
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die anbieterseitige Perspektive, die charakteristisch für das vierte Konzept der externen Interdependenz ist: Dieses ermittelt die Marktgrenzen über die Werte der Kreuzpreiselastizität102 des Angebots zweier Güter. Das Gegenstück dazu bildet der fünfte Ansatz. Er nutzt die Kreuzpreiselastizität der Nachfrage als Instrument. Die drei folgenden Konzepte wechseln wiederum zur Angebotsperspektive. Das Gegenstück zum angeführten Bedarfsmarktkonzept berücksichtigt die Entscheidungen der (subjektiv) vermuteten Konkurrenzunternehmen in den strategischen Plänen und im Verhalten. Hierbei handelt es sich um das Konzept der Wirtschaftspläne. Auf die funktionale und herstellungstechnische Produktverwandtschaft bezieht sich die Marktabgrenzung im Rahmen des Produktverwandtschaftskonzepts. Dem Supply-Space-Konzept liegt ein weiter Marktbegriff zugrunde, denn die Marktzugehörigkeit ergibt sich hier über die tatsächliche oder auch nur zukünftige Agitation eines Unternehmens. Der neunte Ansatz, das Substitutions- und Produktionsflexibilitätskonzept, integriert objektivierend die konstitutiven Elemente sowohl des Bedarfsmarktkonzepts als auch dessen anbieterorientierten Gegenpols. Den Abschluss der Substitutionsansätze bildet die Preiskorrelationsanalyse, die von ähnlichen Preisentwicklungen innerhalb eines relevanten Markts ausgeht. Insbesondere wegen seiner Anerkennung und Verbreitung in der Betriebswirtschaftslehre soll in dieser Arbeit zunächst das Bedarfsmarktkonzept Anwendung finden.103 Darüber hinaus ist es auch mit dem deutschen kartellrechtlichen Marktabgrenzungsverfahren konform.104 Kern dessen ist, dass all die Angebote von Produkten und Dienstleistungen, die sich aus der Sicht der Nachfrager gegenseitig ersetzen können, einer Branche zugerechnet werden. Die Austauschbarkeit kann z. B. von den Produkteigenschaften, den Verwendungszwecken, aber auch vom Preisniveau herrühren. Dieser Ansatz lässt aber weiterhin Spielräume für unterschiedliche Spezifikationsgrade. Beispielsweise kann man alle Unternehmen, die von Herstellern oder Großhändlern beschaffte Ver- oder Gebrauchsgüter an Privathaushalte verkaufen, im Bereich des Einzelhandels zusammenfassen. Gerade der Einzelhandel ist jedoch weiter nach den Arten der jeweils zum überwiegenden Teil gehandelten Güter zu untergliedern; so z. B. in die Bereiche Lebensmitteleinzelhandel, Elektroeinzelhandel, Textileinzelhandel etc. Um die bereits angerissene Diskussion um die Praxis der Partialmarktanalyse aufzugreifen, ist jedoch zu vermuten, dass die Verbraucher nicht primär entscheiden, ob sie 102 Mittels der Kreuzpreiselastizität des Angebots bzw. der Nachfrage wird die Abhängigkeit zweier Güter voneinander anhand der mengenmäßigen Veränderung des Angebots bzw. der Nachfrage des einen Gutes infolge von Preisänderungen beim anderen Gut gemessen. 103 Vgl. Hungenberg 2008, S. 98. 104 Vgl. Zimmerlich 2007, S. 136.
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Lebensmittel oder Bekleidung erwerben. Dagegen wählen sie für Einkäufe von Nahrungsmitteln ebenso zwischen verschiedenen ähnlichen Anbietern aus wie dies bei Bedarf an Textilien geschieht. Damit stehen in demselben Markt v. a. die Unternehmen in direktem Wettbewerb zueinander, die aus Nachfragersicht substitutive Angebote bieten. Die Vermutung einer Substitutionsbeziehung zwischen Anbietern bzw. Produkten wird in der betriebswirtschaftlichen Praxis durch die signifikante, gegenseitige Beeinflussung der Wettbewerber erhärtet. Messbar ist diese Signifikanz durch die Konstrukte von Kreuzpreiselastizität und Preiskorrelationen. Je höher der Betrag der Kreuzpreiselastizität ist, desto höher wird der Grad der Austauschbarkeit beider Angebote. Vollkommen gegeneinander austauschbare Güter gehören einem relevanten Markt an. Und je gleichläufiger die Preisentwicklungen verschiedener Güter, desto mehr erhärtet sich der Verdacht, sie gehörten einem Markt an.105 Die Übertragung dieser Abgrenzungsansätze auf die Branche des Bucheinzelhandels scheitert, weil die genannten Maßzahlen aufgrund der Buchpreisbindung nicht errechnet werden können. Es gibt in Deutschland de facto keine Preisunterschiede zwischen den Exemplaren einer Auflage. Obwohl unterschiedliche Auflagen und unterschiedliche Titel abweichende Preise aufweisen, erscheinen diese Produkte inhaltlich nur schwer vergleichbar. In jedem Fall können Bücher nicht mit anderen Gütern wie z. B. Elektrogeräten verglichen werden. Die Unterschiede solcher Produkte lassen sich durch klare Kriterien wie technische Ausstattung oder Funktionen ungleich deutlicher machen. Außerdem liegt es im Einzelhandelsbereich nahe, nun nicht mehr produktbezogen – wie im Bereich des produzierenden Gewerbes – zu denken. Vielmehr muss man auf die Dienstleistungen abstellen. Bei Anwendung der Kreuzpreiselastizität als Abgrenzungsinstrument beispielsweise ist im Falle von Preissteigerungen bei einem Bucheinzelhändler von Umsatzverschiebungen zu einem anderen Anbieter auszugehen. Dieser Ansatz jedoch würde für die Vielzahl an buchhändlerischen Unternehmen zu komplex. Vereinfachend können die verschiedenen Vertriebswege und die Marktanteilsverschiebungen herangezogen werden. Gleiches gilt auch für die Möglichkeit, aus Preiskorrelationen substitutive Beziehungen abzuleiten. Für diese beiden letztgenannten Varianten ist es wiederum notwendig, Preisindices für die einzelnen Vertriebswege zu berechnen. Solche Daten liegen für den deutschen Bucheinzelhandel nicht vor.
105 Vgl. Hungenberg 2008, S. 99–101.
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Dass die Datengrundlagen für die angeführten rechnerischen Verfahren der Marktabgrenzung fehlen, ist in der wettbewerbspolitischen Praxis die Regel. Ersatzweise greift man auf das Konzept der funktionalen Austauschbarkeit zurück, wobei Produkteigenschaften und Verwendungszwecke vergleichend untersucht werden.106 Jedoch ist diese Methode besonders für das produzierende Gewerbe geeignet. Hingegen bieten Handelsbetriebe Produkte an, die sie nicht selbst entwickeln und herstellen. Stattdessen zeichnet sich diese Wirtschaftsstufe durch ein Leistungspaket aus, das – um nur einige Punkte beispielhaft zu nennen – das Sortiment, aber auch die Lage und das Erscheinungsbild der Verkaufsräume sowie die zusätzlichen Leistungen rund um den Einkauf umfasst. Folglich ist auch kein Verwendungszweck auszumachen. In Analogie zum Angebot von Dienstleistungen – anstelle von Produkten – könnte man im Handel von Zielgruppen mit unterschiedlichen Bedürfnissen ausgehen. Doch ist es schwierig, dies für die einzelnen Handelsbetriebe zu bestimmen. Einerseits erscheint eine empirische Erhebung unter den Konsumenten enorm aufwändig, andererseits sind Informationen über die von den Anbietern abgegrenzten und fokussierten Kundenklassen wegen ihrer strategischen Bedeutung kaum zugänglich. Die Marktabgrenzung in der Branche des Bucheinzelhandels muss deshalb basierend auf dem Substitutionsgedanken argumentativ und näherungsweise erfolgen. Dabei ist von der Perspektive der Nachfrager auszugehen. Hierbei können zwei verschiedene Fragestellungen differenziert und diskutiert werden. Erstens könnten alle Unternehmen, die grundsätzlich den nachfragenden Endkunden Bücher zum Kauf anbieten, dem Bucheinzelhandel angehören. Die entsprechende Frage lautet folglich: Wo kann man Bücher kaufen? Zweitens ist es ebenso denkbar, dass der relevante Markt in den Anbietern der buchhandelstypischen Leistungen besteht: Wo also werden den Endabnehmern die Leistungen des Buchhandels angeboten? Diese Dienste gehen nämlich über den reinen Buchverkauf hinaus; so werden z. B. auch Beratung und Bestellservice angeboten. Im Folgenden soll deutlich werden, dass sich je nach Fragestellung das Konstrukt des relevanten Markts verändert. Der Ausschluss des Gebrauchtbuchmarkts ist gerade für die Abgrenzung des relevanten Markts damit zu begründen, dass die Kunden durchaus bewusst neue bzw. gebrauchte Bücher nachfragen. Sowohl das Segment der Antiquariate als auch die Gebrauchtbuchbörsen, die v. a. im Consumer-to-Consumer-Bereich des E-Commerce angesiedelt sind, bleiben außen vor.
106 Vgl. Baßeler u.a. 2006, S. 195f.
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2.2.1 Der relevante Markt für den Buchkauf und -verkauf Geht man von der ersten Fragestellung aus, so sind dem Bucheinzelhandel im engerem Sinn alle Unternehmen zuzurechnen, die überwiegend Bücher oder buchnahe Waren in ihrem Sortiment führen und an den Endkunden veräußern. Dies kann sowohl auf stationärem Wege, d. h. über Ladengeschäfte, als auch ambulant geschehen. Aus Kundensicht sind es in erster Linie die Buchfachgeschäfte, deren Sortiment sich durch ein normales bis gehobenes Preisniveau oder aber durch besonders preisgünstige Artikel auszeichnen kann. Buchhandlungen können sich als kleine, oft vom Inhaber geführte Ladengeschäfte, als mittelgroße Fachgeschäfte oder aber als kaufhausähnliche Warenwelten präsentieren. Hauptsächlich in großflächigen Buchhandlungen findet sich oft ein kombiniertes Sortiment aus normal- und niedrigpreisigen Artikeln. Man muss davon ausgehen, dass dem Verbraucher neben diesen vielfältigen Typen des Buchfachhandels weitere Buchverkaufsstellen bekannt sind; so auch die Buchabteilungen in den Warenhäusern und Warenhausketten. Deren so genanntes Boulevardsortiment besteht aus den gefragten Warengruppen Belletristik, Kinder- und Jugendbuch sowie Sachbuch/Ratgeber. Darüber hinaus bieten die Buch- und Zeitschriftenläden in Bahnhöfen und Flughäfen Bücher an, jedoch sind sowohl Service als auch Sortimentsbreite und -tiefe nicht mit den Leistungen der Fachgeschäfte vergleichbar. Für diesen Typ eines Ladengeschäfts sind die längeren Öffnungszeiten sowie das auf die Bedürfnisse der Reisenden ausgerichtete Angebot von Bestsellern und Presse charakteristisch. Neben den genannten stationären Handelsformen gibt es den Versandbuchhandel. Dieser ist nochmals unterteilt in die klassischen Formen, die z. B. postalische oder telefonische Bestellungen entgegen nehmen und per Post die Ware versenden, und den Online-Versandhandel, bei dem Auswahl und Bestellung auf elektronischem Wege im Internet erfolgen. Darüber hinaus gehören zum im weiteren Sinne buchhändlerisch relevanten Markt auch die Verkaufsstellen, die Bücher als Nebensortiment oder nur vorübergehend führen. Beispielsweise gibt es einschlägige Sachbücher in Apotheken. In dieser Studie liegt das Hauptaugenmerk auf dem Bucheinzelhandel im engeren Sinne, was aber – wo nötig – die Berücksichtigung relevanter Aspekte, die die Nebenmärkte betreffen, nicht ausschließt. 2.2.2 Der relevante Markt für buchhandelstypische Leistungen In einem zweiten Abgrenzungsversuch des Markts soll von substitutiven Angeboten buchhändlerischer Dienstleistungen ausgegangen werden. Dazu ist zunächst zu klären, welche Leistungen typisch für den deutschen Buchhandel sind. Die Fachliteratur
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konstatiert ein grundsätzlich und im Vergleich mit anderen Handelsbereichen hohes Serviceniveau.107 Dennoch differenziert auch der Buchhandel seine Kunden entsprechend ihres Umsatzbeitrags, sodass Groß- oder Rechnungskunden wie beispielsweise Bibliotheken oder Firmen erweiterte Serviceleistungen kostenlos angeboten werden.108 Die Segmentierung der Kundschaft entspricht dem Konzept des Key-Account-Managements. So genannten Schlüsselkunden (engl. key accounts) wird eine bevorzugte und individuelle Betreuung zuteil. Ziel dessen ist es, die Beziehung zu den wichtigen Kunden langfristig zu sichern. Sieht man von den Sonderleistungen ab, können schlagwortartig Kerndienstleistungen der deutschen Buchfachhändler festgehalten werden. Folgt man Bramann/ Hoffmann, so stellen Beratung und Besorgung die Grunddienstleistungen dar. Diese werden z. B. um Informationsdienste, Warengutscheine oder Zustellungsservices ergänzt.109 Heinold führt folgendes Schema an, in das sowohl elementare als auch zusätzliche Individualservices – in der folgenden Aufzählung beispielhaft – eingeordnet sind:110 r Beratung und Recherche, z. B. – Fachliche Beratung durch qualifizierte Mitarbeiter – Auskünfte über lieferbare Bücher aus dem In- und Ausland – Telefonische Bestellannahme – Literaturzusammenstellungen r Information, z. B. – Kostenlose Abgabe von Informationsmaterial (Werbung, Prospekte, Kataloge) – Neuerscheinungsservice – Internet-Zugang – Autorenveranstaltungen r Bestellung, z. B. – Buchbestellungen aus dem In- und Ausland – Abonnement-Service – Vormerkungen für noch nicht erschienene Titel – Besorgung antiquarischer Exemplare r Zustellung und Verpackung, z. B. – Ansichtslieferungen 107 108 109 110
Vgl. Heinold 2001, S. 144. Vgl. Bramann u.a. 2008, S. 129f. Vgl. ebd., S. 129–136. Vgl. Heinold 2001, S. 146f.
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– Geschenkverpackung – Auftragsversand ins In- und Ausland – Zustellung über Boten oder per Post r Abrechnung und risikoloser Umtausch, z. B. – Umtausch – BuchSchenkService (bundesweit in Mitgliedsfirmen des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels einzulösender Geschenkgutschein) und hauseigene Geschenkgutscheine – Zahlungsmöglichkeit per Kreditkarte Ausgehend von den genannten buchhandelstypischen Dienstleistungen schränkt sich das Feld der Anbieter im Vergleich zum ersten Abgrenzungsansatz ein. In erster Linie sind die „Buchfachgeschäfte“111 – ganz gleich welcher Unternehmensgröße – Teilnehmer an einem so definierten Markt. Darüber hinaus sind die Buchabteilungen der (Gemischt-)Warenhäuser in Betracht zu ziehen. Sie bieten teilweise die Besorgung von Titeln an.112 Kommuniziert wird dieses Serviceangebot nicht in großem Maße, weshalb nur wenige Verbraucher den Warenhausbuchhandel als typischen Anbieter buchhändlerischer Leistungen ansehen dürften. Die Kernzielgruppe dieser Betriebe ist Laufkundschaft. Weiterhin sind die Formen des Online-Handels auf die Zugehörigkeit zum relevanten Markt zu prüfen. Die Funktionen des Electronic Commerce lassen sich in einem Vier-Kanal-Modell fassen.113 Dies besteht in Information, Kommunikation, Transaktion und Distribution. Aufgrund umfassender Suchfunktionen, in Verbindung mit den bibliographischen Angaben, aufgeführten Rezensionen und Titelempfehlungen wird ein Großteil der Informationsleistungen auch unpersönlich erbracht. Besonderes für internationale Anbieter wie z. B. Amazon sind Auslandsbestellungen leichter durchzuführen als für einen Standorthändler. Mit Ausnahme der Ansichtslieferung werden auch die Zustellungs- und Verpackungsleistungen, einschließlich der Geschenkverpackungen und abweichender Lieferadressen, komplett erfüllt. Allerdings muss die Distribution weiter indirekt erfolgen. Aufgewogen werden dabei die Schwierigkeiten der Lieferung zur Ansicht jedoch durch das Umtauschrecht. Die Palette der Abrechnungsmöglichkeiten erreicht nahezu die Breite des stationären Handels. Hingegen kann der Online-Handel den Bereich der Kommunikation, d. h. Service und Geschäftsanbahnung, nur unvollständig bedienen. Besonders die Option auf Veranstaltungen entfällt wegen der räumlichen Distanz zwischen Händler und Käufer. Durchaus unpersönlich 111 Bramann u.a. 2008, S. 129. 112 Vgl. ebd., S. 117. 113 Vgl. Kuhn 2008, S. 6; Kuhn/Titel 2004, S. 145.
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können Informationsdienste wie thematische Titelzusammenstellungen, Präsentationen von Messenovitäten oder gar Fachgebietsinformationen dargeboten werden. Zusammenfassend bleibt festzuhalten, dass trotz der Vertriebsformenkonkurrenz lediglich die Fach- und Spezialgeschäfte im Bucheinzelhandel alle typisch buchhändlerischen Leistungen erbringen. Die beiden darüber hinaus in Frage kommenden Vertriebsformen bieten hingegen jeweils nur eine mehr oder weniger umfassende Auswahl aus den Kerndienstleistungen an. 2.2.3 Die fachspezifische Marktsegmentierung Um die Marktabgrenzung abzurunden, soll nun dem oben erwähnten Konzept der Wirtschaftspläne gefolgt werden. In Kombination mit dem Bedarfsmarktkonzept wird also der Vorteil des integrativen Substitutions- und Produktionsflexibilitätskonzepts genutzt: die objektive Wiedergabe der Marktverhältnisse durch Berücksichtigung der Angebots- und Nachfrageseite. So wird in einem dritten Schritt die branchenintern gebräuchliche Segmentierung des Anbieterfelds aufgezeigt. Diese weicht von der Kundensicht ab. Die Ansätze zur Abgrenzung und Untergliederung des Bucheinzelhandels variieren in der einschlägigen Fachliteratur leicht, wie im Folgenden ersichtlich ist. Dem ist allerdings vorauszuschicken, dass hier die Perspektive des Buchhandels und der Buchhändler im Vordergrund steht. Deren Branchenverständnis unterscheidet sich möglicherweise deutlich von dem anderer, wie z. B. reiner Online-Händler oder Mischkonzerne des Handels. Der Börsenverein des Deutschen Buchhandels geht von folgenden Absatzkanälen, exklusive des Direktvertriebs ab Verlag, aus: Sortimentsbuchhandel, Versandbuchhandel, sonstige Verkaufsstellen, Warenhäuser und Buchgemeinschaften.114 Folgt man Bramann/Hoffmann115, so sind auf dieser Handelsstufe Sortimentsbuchhandel (allgemeine und spezialisierte Sortimente), Warenhausbuchhandel, Bahnhofsbuchhandel, Nebenmärkte, Reise- und Versandbuchhandel sowie Buchgemeinschaften zu unterscheiden (s. Abbildung 5). Stöckle116 gliedert im abc des Buchhandels ähnlich, erwähnt aber zusätzlich noch den Handel mit nicht mehr preisgebundenen Büchern. Er ordnet folgendermaßen: Sortiment, Reise- und Versandbuchhandel, werbender Buch- und Zeitschriftenhandel, Exportbuchhandel, Buchverkaufsstellen und (Moderne) Antiquariate. Die Buchgemeinschaften nehmen hier eine Sonderstellung ein und werden nicht ausschließlich dem Endkundenhandel zugeordnet. 114 Vgl. Bode 2006, S. 17; BB 2006a, S. 20. 115 Vgl. Bramann u.a. 2008, S. 111–117. 116 Vgl. Stöckle 2001, S. 286.
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Kompilierend lassen sich die folgenden Absatzkanäle für verlagsneue Produkte im Bucheinzelhandel aufführen: Sortimentsbuchhandel mit den Formen allgemeines Sortiment und Fachbuchhandel, Versandbuchhandel, Reisebuchhandel, werbender Buchund Zeitschriftenhandel, Nebenmärkte, Modernes Antiquariat (MA), Warenhausbuchabteilungen, Bahnhofsbuchhandel. Wetzel unterscheidet in dieser Aufzählung den Sortimentsbuchhandel, d. h. die Fachgeschäfte für Bücher mit einem möglichst breiten Buchangebot,117 vom so genannten Auchbuchhandel118, d. h. vom Nichtfachhandel, dessen Vertriebsformen im Folgenden erklärt werden. Der Versandbuchhandel umfasst den ambulanten Vertrieb der Waren, die den Kunden über Anzeigen, Prospekte oder Kataloge angeboten und nach Bestellung per Post zugestellt werden.119 Unter Reisebuchhandel versteht man den Verkauf von oft hochpreisigen Bänden, Lexika oder Buchreihen durch Außendienstfachleute an ausgesuchte Kunden.120 Abonnements von Presseerzeugnissen oder Buchgemeinschaftsprodukten bietet der werbende Buch- und Zeitschriftenhandel (WBZ) über Vertreter im Außendienst oder Mailingaktionen an.121 Der Begriff der Buchverkaufstelle wird synonym zu ‚Nebenmärkte‘ verwendet; das bedeutet, der Buchverkauf bildet ein zum Teil auch nur temporäres Zusatzgeschäft neben dem Hauptsortiment.122 Ebenfalls ergänzt wird das auf die Reisenden als Kunden ausgerichtete Buchsortiment im Bahnhofsbuchhandel, also den Verkaufsstätten in Bahnhöfen, deren Umsatz zu einem großen Teil aus dem Verkauf von Zeitungen und Zeitschriften generiert wird.123 Unter Warenhausbuchhandel versteht man die Buchabteilungen der großen Warenhausbetriebe und Kaufhäuser, deren so genanntes Boulevardsortiment v. a. aus oft nachgefragten Warengruppen besteht.124 Im Modernen Antiquariat, das sowohl eigenständige Verkaufsstätte als auch Sortimentsabteilung sein kann, werden nicht mehr preisgebundene Artikel wie Restauflagen oder Mängelexemplare und oft auch ergänzend preisgünstige Sonderausgaben angeboten.125 Der Antiquariatsbuchhandel betreibt den An- und Verkauf von Buchhandelsartikeln aus zweiter, privater oder öffentlicher, Hand. Dabei treten sowohl ambulante wie auch stationäre Vertriebsformen auf und das Sortiment kann allgemein oder aber wissenschaftlich oder bibliophil spezialisiert sein.126 117 118 119 120 121 122 123 124 125 126
Vgl. Wetzel 2003h, S. 467; Stöckle 2001, S. 196. Vgl. Wetzel 2003a, S. 37. Vgl. Estermann 2003f, S. 526; Stöckle 2001, S. 224. Vgl. Estermann 2003e, S. 431; Stöckle 2001, S. 179f. Vgl. Stöckle 2001, S. 232. Vgl. Estermann 2003d, S. 372; Stöckle 2001, S. 142f. Vgl. Estermann 2003a, S. 48. Vgl. Stöckle 2001, S. 230f. Vgl. Wetzel 2003e, S. 358; Stöckle 2001, S. 141. Vgl. Biester 2003, S. 33; Stöckle 2001, S. 18.
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Bucheinzelhandel Warenhausbuchhandel
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Allgemeiner Sortimentsbuchhandel
Bahnhofsbuchhandel
Fachbuchhandel − Wissenschaftlicher Buchhandel − Spezialbuchhandel − Tendenzbuchhandel
Reise- und Versandbuchhandel
Reisebuchhandel
Nebenmärkte
Versandbuchhandel − Traditioneller Versandbuchhandel − Internetbuchhandel
Sortimentsbuchhandel
Buchgemeinschaften
Abbildung 5: Absatzkanäle des Bucheinzelhandels nach Bramann/Hoffmann.
Grundsätzlich ist zwischen dem Handel mit preisgebundenen und dem mit preisbindungsfreien Büchern wie z. B. dem Antiquariatshandel zu unterscheiden. Diese Arbeit konzentriert sich jedoch ausschließlich auf den Handel mit preisgebundenen Titeln, der den Großteil des Marktvolumens einnimmt. Darin ist ein häufig angewendetes Gliederungskriterium der Vertriebsweg: Einerseits existieren stationäre Buchhandlungen in Form von Ladenlokalen. Dazu zählen die Absatzkanäle Sortimentsbuchhandel, Warenhausbuchhandel, Bahnhofsbuchhandel sowie werbender Buch- und Zeitschriftenhandel bzw. Nebenmärkte. Andererseits gibt es den ambulanten Handel, der auf ein Ladengeschäft verzichtet. Darunter fallen die Betriebe des klassischen Reise- und Versandbuchhandels; darüber hinaus aber auch die Typen des Online-Buchhandels, die Riehm u. a. folgendermaßen untergliedert:127 1. Neutrales Branchenmodell wie z. B. www.buchhandel.de: Über die Recherchemöglichkeit im Verzeichnis lieferbarer Bücher (VlB) werden Bestellwünsche an Buchhandlungen vermittelt; die Buchhandlung wird vom Kunden selbst ausgewählt. Neutralität wird durch den Betreiber, den Branchenverband, der grundsätzlich für die Gesamtheit der Bucheinzelhändler steht, erreicht. 2. Zwischenbuchhändler, v. a. Barsortimente wie z. B. die Firmen Libri (www.libri.de) und Koch, Neff & Volckmar (www.buchkatalog.de): Kooperationen mit dem stationären Buchhandel. Der Recherchemöglichkeit ist der jeweilige Barsortimentskatalog hinterlegt. Auch hier wählt der Endkunde die gewünschte Partner- und Lieferbuchhandlung aus. 127 Vgl. Riehm u.a. 2001, S. 172–229.
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3. Online-Versandbuchhandel 3 1. Der reine Online- bzw. Internet-Buchhandel, ohne Hintergrund eines anderen buchhändlerischen Betriebs wie z. B. Amazon (für Deutschland www.amazon.de). 3 2. Online-Filialen des stationären Buchhandels, die als weiterer Vertriebskanal genutzt werden und in der Regel unter dem etablierten Namen zu erreichen sind, so z. B. www.thalia.de. 3 3. Geschäftsfeld der klassischen Versandbuchhändler z. B. Weltbild www.weltbild.de. 4. Reine Online-Vermittler, z. B. Portale wie zvab.de: Zusammenführung von Angebot und Nachfrage auf elektronischem Wege, sowohl zweier Privatpersonen (C2C) als auch einer nachfragenden Privatperson und eines anbietenden Antiquariats (B2C). Hervorzuheben ist für den Bereich des Online-Buchhandels eine oftmals enge Verzahnung mit den stationären Betriebsformen. Das wird nicht zuletzt auch anhand dieser Klassifikation deutlich. Lediglich die unter Ziffer 3.1 sowie 4 genannten Konzepte sind völlig losgelöst von stationären Händlern. Die anderen Online-Handelsformen greifen entweder auf eine beliebig geartete Einbindung des stationären Handels zurück oder stellen einen Vertriebskanal eines originär stationären Unternehmens dar. Letzteres stellt eine beliebte Praktik des Multi-Channel-Retailing, dar, das wesentlich zur Handelsdynamik beiträgt.128 Dies kann als Indiz für eine Tendenz zur Auflösung vertriebswegbezogen definierter Branchengrenzen verstanden werden. Da in diesem Abschnitt der Gedanke des Konzepts der Wirtschaftspläne aufgegriffen werden soll, gilt es nun zu überlegen, welche anderen Unternehmen ein Buch(fach)händler im Hinblick auf seine strategische Ausrichtung genauer beobachtet. Freilich sollten die Entwicklungen in der gesamten Branche des Bucheinzelhandels und auch in den vorgelagerten Wirtschaftsstufen verfolgt werden, um grundlegende Veränderungen der Rahmenbedingungen frühzeitig zu erkennen. Dennoch ist der Kreis der direkten Wettbewerber enger zu fassen. Geht man von der eben dargestellten brancheninternen Klassifikation aus, besteht das direkte Wettbewerbsumfeld des Buchhändlers als Einzelhändler, dessen Umsatz zum Großteil aus dem Handel mit Büchern und buchnahen Waren stammt, aus allen Erscheinungsformen des Sortimentsbuchhandels. Analog zur nachfrageorientierten Marktabgrenzung kann alternativ aber auch erneut vom Prinzip der ähnlichen Leistung ausgegangen werden. In diesem Fall ergibt 128 Vgl. Zentes 2006, S. 11. Synonym zu den Bezeichnungen ‚Multi-Channel‘-Retailing, -Marketing, -Strategie usw. werden in deser Arbeit die Formulierungen ‚Mehrkanal‘ bzw. ‚mehrgleisig‘ gebraucht; vgl. Hennig/Schneider [15.09.2010].
2 Abgrenzung des Untersuchungsraums
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sich dennoch ein vergleichbares Bild: Annähernd ähnliche Leistungen erbringt neben dem stationären Sortimentsbuchhandel nur der Warenhausbuchhandel. Den Internetbuchhandel begreift die Branche zwar als Konkurrenz zum stationären Handel, was zahlreiche Diskussionen in der Branchenöffentlichkeit belegen, jedoch werden die Entscheidungen und das Marktverhalten dieser Marktteilnehmer nicht primär in das Unternehmenskalkül einbezogen. Folglich kristallisiert sich auch unter Anwendung dieses Konzepts der Sortimentsbuchhandel als relevanter Markt für den Buchverkauf und das Angebot buchhändlerischer Leistungen heraus. 2.3 Zwischenfazit Im Rückblick auf die Ausführungen dieses Kapitels drängt sich eine Gegenüberstellung der verschiedenen Herangehensweisen an die Abgrenzung des Untersuchungsraums für die nachfolgende Analyse auf. Auf der Branchenebene kamen zweierlei Ausgangspunkte zur Eingrenzung des Untersuchungsobjekts in Frage. Der Amtlichen Statistik folgend ist zunächst nach Wirtschaftsstufen zu gliedern, während erst einige Schritte später die Spezialisierung auf ein ökonomisches Gut ausschlaggebend wird. Tabelle 1 verdeutlicht dies nochmals anhand der Einordnung des Facheinzelhandels mit Büchern. Grundlegend anders erfolgt die Gliederung mit dem Ausgangspunkt des ökonomischen Guts, also dem Buch (s. Tabelle 2). Erst im dritten Gliederungsschritt wird zwischen Herstellern und Distributeuren der Waren differenziert. Dessen ungeachtet aber kommen alle Vorgehensweisen am Ende auf ein ähnliches Ergebnis: Die relevante Branche besteht im Bucheinzelhandel, dem Facheinzelhandel für Bücher. Ebene
Konstituenten
Abschnitt
G Handel; Instandhaltung und Reparatur von Kraftfahrzeugen
Abteilung Gruppe Klasse Unterklasse
47 Einzelhandel (ohne Handel mit Kraftfahrzeugen) 47.6 Einzelhandel mit Verlagsprodukten, Sportausrüstungen und Spielwaren (in Verkaufsräumen) 47.61 Einzelhandel mit Büchern 47.61.0 Einzelhandel mit Büchern
Tabelle 1: Klassifikation der Wirtschaftszweige mit der Wirtschaftsstufe als Ausgangspunkt.
44
II Markt- und Wettbewerbsanalyse für den deutschen Bucheinzelhandel
Ebene
Konstituenten
Wirtschaftlicher Kontext
Buchwirtschaft Buchhandel i.w.S. Verbreitender Buchhandel
Branche
Buchhandel i.e.S./Bucheinzelhandel
Tabelle 2: Klassifikation der Wirtschaftszweige mit dem ökonomischen Gut (verlagsneues Buch) als Ausgangspunkt.
Der Vergleich der drei alternativen Vorgehensweisen, die auf der Marktebene Anwendung fanden, ist in Tabelle 3 dargestellt. Die verschiedenen Graustufen zeigen an, wie stark das jeweilige Segment der jeweiligen Ausgangsfrage bzw. den Anforderungen entspricht. In der Zusammenschau stimmen sowohl die beiden nachfrageorientierten Ansätze wie auch die Anbietersicht darin überein, dem stationären Sortimentsbuchhandel als Fach- und Spezialhandel für Bücher die Kernrelevanz zuzusprechen.129 Die Einbettung des hier als relevant herausgearbeiteten Markts, den der Fachterminus Sortimentsbuchhandel bezeichnet, in die fokussierte Branche sowie die sonstige Wirtschaftsumgebung gibt zusammenfassend Abbildung 6 wieder. Ansatzpunkt: Buchkauf und -verkauf (Nachfragersicht)
Ansatzpunkt: Ansatzpunkt: Buchhändlerisches Leistungspaket Brancheninterne Gliederung (Nachfragersicht) (Anbietersicht)
Buchfachgeschäfte/ Buchhandlungen
Buchfach-/Buchspezialgeschäfte
Sortimentsbuchhandel mit den Formen allgemeines Sortiment und Fachbuchhandel
Buchabteilungen der Warenhäuser Buchabteilungen der Warenhäuser Warenhausbuchabteilungen Online-Buchhandel Versandbuchhandel (klassisch) Buch- und Zeitschriftenläden in Bahnhöfen (und Flughäfen)
Online-Buchhandel
Versandbuchhandel
Online klassisch
Bahnhofsbuchhandel Reisebuchhandel Modernes Antiquariat
Nebenmärkte
Nebenmärkte Werbender Buch- und Zeitschriftenhandel
Tabelle 3: Gegenüberstellung der Resultate der verschiedenen Marktabgrenzungsansätze. 129 Die genannten Termini sollen deshalb im Folgenden synonym verwendet werden. Da der Sortimentsbuchhandel zudem den Großteil des Bucheinzelhandels ausmacht, was noch zu zeigen ist, gelten sämtliche Aussagen zum Bucheinzelhandel auch für den Sortimentsbuchhandel, sofern nicht anders erwähnt.
3 Branchenstrukturanalyse Ebene
45
Konstituenten
Wirtschaftlicher Buchwirtschaft Kontext Buchhandel im weiteren Sinn
Sonstige beteiligte Herstellender / Wirtschaftssubjekte z. B. VerlagsÜbersetzer, Buchhandel Literaturagenten
Sortimenterkommissionäre
Verlagsauslieferungen
Zwischenbuchhandel Barsortimente
Warenhausbuchhandel
Relevanter Markt / Vertriebsweg
Bahnhofsbuch-handel
Buchhandel im engeren Sinn / Bucheinzelhandel Nebenmärkte
Branche /Wirtschaftsstufen
Stationärer Sortimentsbuchhandel Reise- und Versandbuchhandel
Verbreitender Buchhandel
hier nicht spezifiziert
Abbildung 6: Kontext des relevanten Markte (s. Hervorhebung).
3 Branchenstrukturanalyse 3.1 Methode Bereits zu Anfang wurde die Branchenstrukturanalyse als Teil der Wettbewerbsanalyse vorgestellt; so auch Porters Modell, das auf fünf Determinanten beruht. Das sind die ‚Wettbewerbskräfte‘, mittels derer die strukturellen Merkmale und der Grad der Wettbewerbsintensität eines Wirtschaftszweigs beschrieben werden können (s. Abbildung 7). Zunächst ist dafür das Konkurrenzverhältnis bzw. die Rivalität der vorhandenen Wettbewerber untereinander ausschlaggebend. Doch erstreckt sich die Branche darüber hinaus auch auf die vor- und nachgelagerten Betriebe. Denn der wirtschaftliche Erfolg eines Unternehmens hängt nicht allein von der Leistungserstellung, sondern auch von den Beschaffungs- und den Absatzmärkten ab. Die Lieferanten einer Unternehmung besitzen eine gewisse Verhandlungsmacht, was ebenso für die Abnehmer gilt, die durch ihre Preisempfindlichkeit Einfluss auf den Absatz der Unternehmen nehmen können. Darüber hinaus sind aber auch potenzielle Konkurrenten zu nennen, die für die bisherigen Marktteilnehmer eine gewisse Bedrohung durch ihren Markteintritt darstellen, jedoch durch Barrieren daran gehindert werden können. Eine weitere Gefahr geht von Substituten, also funktionsähnlichen Ersatzprodukten oder -leistungen, aus. Ganzheitlichkeit ist demzufolge ein wesentliches Charakteristikum dieses Instruments. Zudem differiert die Ausprägung dieser Determinanten der Branchenstruktur
46
II Markt- und Wettbewerbsanalyse für den deutschen Bucheinzelhandel
einerseits von Branche zu Branche und andererseits im Zeitablauf. Demzufolge ist auch ein dynamisches Verständnis einzubeziehen. Grundsätzlich ist von einer längerfristigen Perspektive auszugehen. Angebracht ist ein Zeithorizont von drei bis fünf Jahren. Kurzfristige, z. B. konjunkturelle, Triebkräfte bleiben außen vor, da sie nicht ursächlich für die dauerhafte Profitabilität sind. Gleichzeitig stellt diese Differenzierung auch einen möglichen praktischen Nutzen des Modells dar, d. h. es ist eine klare Trennung vorzunehmen zwischen langfristigen strukturellen Veränderungen und konjunkturellen Schwankungen, um so die Aufmerksamkeit auf die Schaffung langfristiger Werte zu legen.130 Welche Charakteristika konkret die Stärke jeder einzelnen Wettbewerbskraft ausmachen, wird bei der Übertragung des Modells auf den deutschen Sortimentsbuchhandel in den nachfolgenden Kapiteln erläutert. Dabei finden aber nur die buchhandelsrelevanten Faktoren Eingang in diese Arbeit. Am Anfang eines jeden Abschnitts wird zudem kurz die theoretische Wirkungsweise der jeweiligen Triebkraft erklärt und um branchenspezifische Hinweise ergänzt. Grundsätzlich ist im Vorhinein zu bemerken, dass das Modell schwer auf hochdynamische Märkte anzuwenden ist, da sich hier die Strukturmerkmale als instabil erweisen. Das Modell wurde primär für langsam wachsende Oligopolmärkte geschaffen, die sachlich und räumlich eindeutig abgrenzbar sind.131 Obwohl der Bucheinzelhandel in den letzten Jahren zahlreiche Veränderungen erfahren hat, treffen dennoch langsames Wachstum, die Abgrenzbarkeit seitens der Produkte bzw. Produkt-DienstleistungsBündel und die räumliche Eingrenzung auf Deutschland bzw. den deutschsprachigen Raum zu. Allerdings kann man ebenso wenig von einer Oligopolsituation, also einer Marktform mit wenigen Anbietern gegenüber vielen Nachfragern, sprechen, wie man der Annahme folgen kann, dass alle Unternehmen „stets miteinander in Konkurrenz stehen und nur auf diesem Weg Vorteile erzielen können.“132 Besonders im traditionellen Sortimentsbuchhandel scheinen Kooperationen mit Wettbewerbern oder längerfristige Bindungen an Zwischenhändler zunehmend relevant.
130 Vgl. Porter 2008b; Porter 2008c, S. 35–70. 131 Vgl. Hungenberg 2008, S. 108. 132 Ebd., S. 109.
3 Branchenstrukturanalyse
47
Bedrohung durch potenzielle neue Konkurrenten
Verhandlungsstärke der Lieferanten
Rivalität unter den bestehenden Unternehmen
Verhandlungsmacht der Abnehmer
Bedrohung durch Substitute Abbildung 7: Die fünf Wettbewerbskräfte (five forces).
Einführend für die nachfolgende Analyse der fünf Triebkräfte kann man für die dritte Wirtschaftsstufe des Buchmarkts wie folgt skizzieren: Im Jahr 2000 waren im Adressbuch für den deutschsprachigen Buchhandel 7.625 Betriebe des verbreitenden Buchhandels gemeldet, 2010 noch rund 7.000.133 Dass die Anzahl dieser Unternehmen in den letzten Jahren rückläufig ist, lässt sich anhand der Mitgliederzahlen des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels nachvollziehen: Von 4.810 Bucheinzelhandelsunternehmen im Jahr 2000 waren zehn Jahre später nur mehr 3.814 notiert.134 Für das Geschäftsjahr 2009 kann der Umsatz des stationären Buchhandels mit 5,65 Milliarden Euro beziffert werden; er hat sich im Vergleich zum Vorjahr (5,060 Milliarden Euro) kaum gesteigert. Im Jahr 2000 betrug dieser noch 5,48 Milliarden Euro. Die meisten Buchhandlungen wurden damals in Berlin (305), München (193) und Hamburg (171) betrieben; 2009 ergab sich die gleiche Rangfolge: Berlin (243), München (150) und Hamburg (136). Grundsätzlich zeichnet sich das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland durch eine hohe Versorgungsdichte mit Buchhandlungen aus. Der deutsche Sortimentsbuch133 Diese und alle nachfolgend im Kapitel II gemachten Angaben wurden, soweit nicht anders gekennzeichnet, entnommen aus Buch und Buchhandel in Zahlen 2000 bis 2010. 134 Diese Zahlen differieren, weil im Adressbuch der Begriff Bucheinzelhandel weiter gefasst ist und alle Verkaufsstellen wie z. B. Filialen einzeln aufgeführt werden.
48
II Markt- und Wettbewerbsanalyse für den deutschen Bucheinzelhandel
handel hält den größten Umsatzanteil am stationären deutschen Endkundenhandel mit Büchern und anderen Verlagserzeugnissen: 2010 52,3 % und 2000 58,2 %. Auf die anderen Vertriebswege entfielen folgende Anteile: r Warenhäuser: 2009: 2,4 %; 2000: 4,6 %. r Sonstige Verkaufsstellen: 2009: 9,3 %; 2000: 8,9 %. r (Reise- und) Versandbuchhandel: 2009: 15,5 %; 2000: 8,1 %. r Direktverkauf der Verlage: 2009: 18,3 %; 2000: 16,6 %. r Buchgemeinschaften: 2009: 2,3 %; 2000: 3,7 %. Die Thesen zur Struktur dieses Wirtschaftszweigs werden erstens durch Daten aus Buch und Buchhandel in Zahlen belegt, worin auch die Resultate des Kölner Betriebsvergleichs einfließen. Zweitens werden Artikel und Meldungen aus den Branchenzeitschriften herangezogen. Abschließend muss darauf hingewiesen werden, dass die Marktanalyse vorwiegend aus der gesamtwirtschaftlichen Sichtweise durchgeführt wird. Diese Makroperspektive wird teilweise um Aspekte der Mikroebene, d. h. der Blickwinkel der einzelnen Wirtschaftssubjekte, erweitert, jedoch fast ausschließlich um betriebswirtschaftliche Informationen und weniger um Einschätzungen der Kunden. Eine selbständige Analyse der Makroumwelt der Branche soll der Branchenstrukturanalyse hier nicht vorangestellt werden, da sie keinen direkten Einfluss auf die Branchenstruktur ausübt.135 Die wichtigsten Rahmenbedingungen des Einzelhandels sind ausführlich aufgezeigt bei Liebmann/Zentes.136 Branchenspezifische Voraussetzungen werden, sofern nötig, an den entsprechenden Stellen eingeführt. 3.2 Bedrohung durch Markteintritte neuer Konkurrenten Einen ersten Einflussfaktor auf die Attraktivität und den Wettbewerb in einer Branche stellen die potenziellen Konkurrenten der bereits etablierten Unternehmen dar. Sie bringen in der Regel zusätzliche Arbeitskraft sowie Investitionen in den Markt ein. Außer diesen Faktoren trägt häufig auch ihr Gewinnstreben zu erhöhtem Druck auf die Preise oder zu Kostensteigerungen bei den bisherigen Marktteilnehmern bei. Besonders in langsam wachsenden Branchen entwickelt sich dann ein verstärkter Kampf um Marktanteile der Einzelunternehmen. Markteintritte neuer Anbieter bergen folglich die Gefahr von Rentabilitätsrückgängen aller Beteiligten.
135 Vgl. Porter 2008a, S. 86. 136 Vgl. Liebmann u.a. 2008, S. 20–57.
3 Branchenstrukturanalyse
49
Für den Bereich Einzelhandel, insbesondere für den Buchhandel, ist zu beachten, dass Konkurrenz auf mehreren Ebenen erwachsen kann.137 Dabei kommt es aber auch auf die für die Analyse gewählte Perspektive an. Da in dieser Studie der gewählte Markt möglichst ganzheitlich untersucht werden soll, ist es zwingend, an dieser Stelle auf alle Möglichkeiten einzugehen. Fokussiert man einen nationalen Markt, wie es in der Buchwirtschaft üblich ist, können konkurrierende Unternehmen aus demselben Land oder aus anderen Volkswirtschaften in die Branche eintreten. Diese Differenzierung erübrigt sich folglich bei einer international angelegten Untersuchung. Gegenteiliges findet sich bei einem geografisch enger abgegrenzten, beispielsweise lokalen oder regionalen Markt. Neben gänzlich neu in den Markt einsteigenden Unternehmern kann Konkurrenz auch durch bereits außerhalb des fokussierten Gebiets branchenerfahrene Marktteilnehmer erwachsen. Letzteren wiederum kann ein Markteintritt sowohl durch Übernahmen lokal bestehender Betriebe als auch durch internes Wachstum, also die Eröffnung einer neuen Dependance, gelingen. Wieder aus einer anderen Perspektive ist es möglich, dass Markteintritte anderer Betriebsformen eine Bedrohung für die bereits existierenden Firmen darstellen. Beispielsweise haben zahlreiche Einzelhandelsmärkte, in denen traditionell Fach- oder Spezialgeschäfte dominierten, zunehmend Markteintritte von wesentlich größeren Fachmärkten und Discountern hinnehmen müssen. Eine weitere Differenzierung muss zwischen Markteintritten branchenfremder Anbieter und neuen Dependancen brancheninterner Konkurrenten vorgenommen werden. Die Möglichkeiten internen oder externen Wachstums bestehender Unternehmen sollen zusätzlich unter dem Aspekt der Rivalität innerhalb der Branche im nachfolgenden Kapitel erfasst werden. Eine gänzliche Verschiebung in den zweiten Abschnitt dieses Kapitels erfährt auch der Aspekt ‚Konkurrenz anderer Betriebsformen‘. Im aktuellen Abschnitt geht es primär darum, ob der Sortimentsbuchhandel für branchenund marktfremde Handelsunternehmen attraktiv erscheint. Dennoch möchte ich im Folgenden stets auf mehrere der erwähnten Sichtweisen eingehen: auf Neueröffnungen bestehender Konkurrenten (a), auf branchenfremde in- wie ausländische Newcomer (b), auf eine einerseits national aggregierte (c), andererseits lokal beschränkte (d) Perspektive. Die differenzierten Ergebnisse werden zusätzlich in einer Übersicht (Tabelle 4) veranschaulicht. Durch die Umsetzung der Bewertungen in Ziffernwerte (von + 2 für ‚++‘ bis -2 für ‚--‘) wird die Wirkung der Faktoren auf die Attraktivität für Markteintritte quantifizierbar verdeutlicht.
137 Vgl. Gröppel-Klein 1998, S. 29–32.
50
II Markt- und Wettbewerbsanalyse für den deutschen Bucheinzelhandel
Porter schlägt vor, das Ausmaß der Bedrohung durch Markteintritte anhand der Eintrittsbarrieren und der voraussichtlichen Reaktionen der bisherigen Anbieter festzumachen. Denn die Wahrscheinlichkeit neuer Konkurrenten ist gering, falls viele Hindernisse vor der Neueröffnung zu überwinden sind oder mit Sanktionen der etablierten Unternehmen zu rechnen ist. Perspektive Neueröffnungen Branchenfremde Neue Determinante
Nationalaggregierte Perspektive
Lokaler Markt
--
++
Markteintrittsbarrieren Größenvorteile
++
--
Kundenbindung
+
0
--
-
Kapitalbedarf
0
--
+
-
Umstellungskosten für Abnehmer -
--
0
Zugang zu Vertriebskanälen
++
-
0
-
Standortbesitz
-
--
-
-
Lern- und Erfahrungseffekte
-
--
-
--
Politischer Rahmen
0
0
0
0
Frühere Vergeltungsversuche
0
0
-
-
Mittel zur Vergeltung
--
-
-
-
Wachstumsgeschwindigkeit
-
--
-
--
Spaltenergebnis
-1 : 11 = -0,0909
-14 : 11 = -1,2727 -8 : 11 = -0,7272
Wettbewerberreaktionen
-11 : 11 = -1,0000
Tabelle 4: Perspektivenspezifische Ergebnisse.
Als Ursachen für hohe Markteintrittsbarrieren kommen mehrere Faktoren in Betracht, wobei zunächst Größenvorteile, d. h. mit zunehmender Angebotsmenge sinkende Kosten pro Leistungseinheit, anzuführen sind. Neulinge müssten bei Existenz solcher ‚economies of scale‘ in jedem Fall relativ höhere Kosten in Kauf nehmen, ganz gleich, ob die Unternehmung mit kleinem Angebot und direkten Kostennachteilen oder mit einem größeren Angebot und hohen, noch nicht gedeckten Investitionen startet. Dass im stationären Buchhandel positive Skaleneffekte vorhanden sind, zeigt ein Blick auf die Statistiken der Publikation Buch und Buchhandel in Zahlen. Großbuchhandlungen erweisen sich im Vergleich zu kleineren Läden im Kölner Betriebsvergleich häufig als erfolgreicher. Dies ist bedingt durch positive Umsatzzuwächse und die vergleichs-
3 Branchenstrukturanalyse
51
weise höhere Handelsspanne. Grund dafür sind v. a. Bündelungseffekte, die durch eine kostenminimierende Wahl der Bezugswege und die Abnahme großer Mengen in Zusammenhang mit Verhandlungsstärke generiert werden. Auch die Arbeitsproduktivität – ausgedrückt im Umsatz pro Mitarbeiter – ist bei großen Betrieben am höchsten. Die Existenz dieses Einflussfaktors wirkt besonders in den Fällen b und c als Hemmnis für Markteintritte. Begrenzt auf einen lokalen Markt hingegen dürften Größenvorteile von geringerer Bedeutung sein, da die Standortbuchhandlungen verglichen mit Filialen von Buchketten als Einzelbetriebe, in ihrer jeweiligen Betriebsgröße – im Vergleich zur Gesamtmarktperspektive – wenig voneinander abweichen. Im Falle der Expansionstätigkeit bestehender Wettbewerber können sich Skaleneffekte sogar positiv auswirken, da sich die Größenvorteile selbst verstärken. Ebenso hemmend wie die Betriebsgrößenersparnisse wirkt ein hoher Kundenbindungsgrad. Für den Sortimentsbuchhandel sind im Bereich Kundenloyalität keine brauchbaren empirischen Erhebungen verfügbar. Es ist jedoch anzunehmen, dass die ökonomisch bedingte Kundenbindung, die man in anderen Einzelhandelsbranchen auf ein gutes Preis-Leistungs-Verhältnis des Anbieters zurückführen kann, im Buchhandel durch die Buchpreisbindung nicht gegeben ist. Anstelle dessen könnten emotionale Momente Kundenbindung hervorrufen. Diese Erscheinungsform ist aber schwierig zu erfassen und vermutlich individuell sowie lokal sehr unterschiedlich. Es erscheint möglich, dass gerade bei traditionellen Standortbuchhändlern (d) eine hohe emotionale Kundenbindung vorliegt, die Markteintritten vorbeugen kann. Dagegen sind häufig zumindest kurzfristige Wanderungsbewegungen beim Zuzug von weit verbreiteten Handelsunternehmen (a) zu beobachten. Das lässt auf einen geringen Kundenbindungsgrad schließen. In der langen Frist ist es denkbar, dass Großunternehmen besonders durch groß angelegte Kundenbindungsprogramme und flächendeckende Bekanntheit aufholen; dadurch wirkt auch hier eine gute Kundenbindung abschreckend auf potenzielle Wettbewerber (Fall a und c). Für branchenfremde Newcomer liegen bislang keine Erfahrungswerte vor; lediglich eine grundsätzliche Neugierde der Konsumenten könnte die gewachsene Kundenloyalität schwächen. Der Kapitalbedarf, der ab einer gewissen Höhe vom Markteintritt abhält, wird im gesamten Sortimentsbuchhandel, insbesondere im Vergleich zum produzierenden Gewerbe, grundsätzlich als niedrig eingeschätzt.138 Als größte Ausgabeposten gelten 138 Vgl. Rusch 2003, S. 165.
52
II Markt- und Wettbewerbsanalyse für den deutschen Bucheinzelhandel
gemeinhin die Ladeneinrichtung sowie die Einstiegswerbung. Daneben gewinnen jedoch die Mietkosten zunehmend an Gewicht, sodass in sehr guten Verkehrslagen mit hoher Kundenfrequenz nicht mehr von geringem Kapitaleinsatz gesprochen werden kann. Dass diese generelle Entwicklung aus dem Einzelhandel auch die Buchfachhändler stärker betrifft, beweisen Statistiken über die Beliebtheit eben solcher, teurer und großer Ladenlokale: Knapp ein Fünftel der Innenstadtflächen über 1.000 qm Verkaufsfläche werden vom Bucheinzelhandel angemietet; damit gleichauf liegt der Bereich Young Fashion. Mehr (31 %) wird nur vom Textilhandel belegt.139 Dagegen sind Investitionen in das Sortiment nur eingeschränkt nötig; für die Waren, insbesondere für Buchartikel, wird in der Buchwirtschaft üblicherweise z. B. vom Verlag ein Rückgabe- bzw. Remissionsrecht eingeräumt. Relativiert wird die These geringen Kapitalbedarfs einmal mehr, wenn es um die Neueröffnung großer Verkaufsstellen oder gar Filialunternehmen geht. Hier liegen die notwendigen Investitionen wesentlich höher als bei kleineren bzw. einzelnen Läden. Folglich hängt der Kapitalbedarf bei Markteintritten stark von der angestrebten Betriebsgröße ab. Bei branchenfremden Neulingen ist zusätzlich mit hohen Anfangsinvestitionen in den Faktor Arbeit (qualifiziertes, branchenerfahrenes Personal) zu rechnen, was prohibitiv gegen Markteintritte wirken kann. Einen geringeren oder gar keinen Nachteil aus dem Kapitalbedarf erfahren Wettbewerber mit ausreichendem Erfahrungs- und Kapitalhintergrund bei Neueröffnungen. Darüber hinaus hängt der Investitionsbedarf vom Ladenkonzept (einfache Ausstattung oder hochwertiges Erlebniskonzept) und der Geschwindigkeit der Expansion ab. Für die Gesamtmarktperspektive kann eine Neutralität dieses Faktors festgestellt werden, dagegen kann es lokal zu tendenziell negativen Anreizen kommen. In seiner Untersuchung des Schweizer Buchhandels beschreibt Rusch, dass keine Umstellungskosten auf neue Anbieter für die Abnehmer entstehen140 und so die Attraktivität für Markeintritte steigt. Diese These ist zwar für ökonomische, messbare Kosten anzunehmen, jedoch trifft dies nicht auf die emotionale Seite zu. Trotz nahezu unmöglicher Messbarkeit mögen durch Orientierungsbedarf in unbekannten Räumlichkeiten oder durch ein neues Handelskonzept Suchkosten entstehen. Je nach Perspektive kann dieser Faktor kaum ins Gewicht fallen (Fall c) oder aber aufgrund umfassender Veränderungen wie bei völlig neuen Wettbewerbern (Fall b) abschreckend auf Neulinge im Markt wirken. Ebenso differenziert muss man die Zugangsmöglichkeiten zu Vertriebskanälen betrachten. Obwohl der Schwerpunkt dieser Analyse auf stationären Handelsformen 139 Vgl. Schulte 2008g, S. 9. 140 Vgl. Rusch 2003, S. 166.
3 Branchenstrukturanalyse
53
liegt, soll an dieser Stelle kurz auf weitere Vertriebswege eingegangen werden. Grundsätzlich negativen Einfluss hat wohl die zusätzliche Kostenbelastung für das betreffende Unternehmen bei der Erweiterung des Vertriebsspektrums. Das Gleiche gilt für die Akzeptanz bei den Konsumenten. Weniger problematisch erscheint die technische Umsetzung. In der lokalen Sichtweise und in Bezug auf Branchenneulinge ist dies als Hemmnis auszuweisen, während der Einfluss in den Fällen a und c im neutralen bis positiven Bereich anzusiedeln ist. Markteintritte verhindern können Porter zufolge auch so genannte größenunabhängige Kostennachteile neuer Konkurrenten. Diese ergeben sich beispielsweise aus dem Besitz wichtiger, knapper oder teurer Standorte, d. h. sowohl aus Eigentums- als auch aus Miet- oder Pachtverhältnissen. Im deutschen Sortimentsbuchhandel finden sich Standortknappheit, besonders in Großstädten, gleichermaßen wie hohe Immobilienpreise oder Mieten.141 Einen tendenziell negativen Anreiz für Markteintritte gibt dieser Faktor in den Fällen c und d. Da in der Perspektive b zu den hohen Standortkosten und dem häufig schwierigen Zugriff darauf zum Teil mangelnde Kenntnisse über die buchhandelsspezifische Bedeutung der Geschäftslagen hinzukommen, ist dieser Faktor als abwehrend einzuschätzen. Anders stellt sich die Lage bei Neueröffnungen bestehender Unternehmen dar: Hier können sich auch Chancen zur Verbesserung der Verkehrslage im Vergleich zur längerfristig eingesessenen Konkurrenz bieten; ein Beispiel wären Ladenlokale in neuen Einkaufszentren. Dieser Aspekt berücksichtigt jedoch nicht die Kostensituation: Neue Ladenlokalitäten sind nicht zwingend günstiger. Ein weiterer Kostennachteil für jegliche Unternehmensgrößen kann von Lern- und Erfahrungseffekten herrühren, die etablierte Buchhandelsunternehmen z. B. im Bereich der Marktkenntnis bei erfolgreichem Vertrieb ihren potenziellen Konkurrenten voraushaben können. Dieser Faktor ist insbesondere für lokale Märkte als wichtig und auch abwehrend einzuschätzen. Nachteile durch Erfahrungsmangel können sich auch für branchenfremde Neukonkurrenten ergeben. Tendenziell weniger bedeutend ist dieser Faktor jedoch für die Sichtweisen a und c; hier überwiegen die grundsätzlich umfassenden Marktkenntnisse. Allerdings sind im Einzelhandel und so auch im stationären Buchhandel politisch oder gesetzlich bedingte Eintrittsschranken, wie z. B. der Patent- oder Gebrauchsmusterschutz, nicht existent.142 Durch die staatlichen Aktivitäten zur Förderung kleiner und mittlerer Unternehmen werden vielmehr grundsätzlich positive Rahmenbedingungen für Markteintritte geschaffen. Ungeachtet dessen sei an dieser Stelle aber auch auf die 141 Vgl. Voigt/Heckmann 2003, S. 10–18; München 2003, S. 55. 142 Vgl. Gröppel-Klein 1998, S. 29.
54
II Markt- und Wettbewerbsanalyse für den deutschen Bucheinzelhandel
Kritik des Mittelstands verwiesen, die bundesdeutsche Wirtschaftspolitik initiiere nur unzureichend Fördermaßnahmen für inhabergeführte Unternehmen und übervorteile dagegen Großunternehmen. Betreffend dieser Determinante erscheint ein eindeutiges Urteil schwierig, jedoch sind negative Effekte in jedem Fall abzulehnen. Ob und in welchem Ausmaß Gegenmaßnahmen der Etablierten bei Markteintritten zu erwarten sind, ist anhand von Erfahrungswerten festzustellen. Für den deutschen Sortimentsbuchhandel sind solche Aktionen nicht bekannt. Auf der nationalen Bucheinzelhandelsebene erscheinen die Reaktionen der direkten Konkurrenten jeweils als Gleichziehen mit dem jeweiligen Vorreiter, sodass hier keine eindeutig negative Wirkung abzuleiten ist. Zweitens haben bereits die verfügbaren Möglichkeiten zur Vergeltung eine Signalwirkung. Beispielsweise können hier finanzielle Kapazitäten, die einem Preiskampf dienen, angeführt werden. Dieser Fall ist jedoch aufgrund des gebundenen Ladenpreises für den deutschen Bucheinzelhandel auszuschließen. Viel mehr dürften in dieser Branche die (lokale) Marktführerschaft, eine starke Verhandlungsposition gegenüber den vorgelagerten Wirtschaftssubjekten, die Möglichkeiten der Intensivierung von Werbung und Kommunikation sowie die Erhöhung von Serviceleistungen, die in einen ausgeprägten Qualitätswettbewerb münden könnten, eine prohibitive Rolle spielen.143 Auch hierfür sind finanzielle Mittel erforderlich, die besonders bei Großunternehmen (Fall a) in ausreichendem Umfang vorhanden sind. Für branchenfremde Newcomer attraktiv wirken werden die eher unterdurchschnittlichen finanziellen Möglichkeiten des Großteils der deutschen Buchhandelsunternehmen. Auf nationaler Ebene versuchen kleine und mittelständische Betriebe Markteintritten von Großunternehmen zunehmend durch Zusammenschlüsse, kombiniert mit entsprechender Medienpräsenz, zu begegnen. Örtlich begrenzt spielen z. B. Umbau- und Erweiterungsmaßnahmen, die der Festigung der lokalen Position dienen sollen, eine annähernd abwehrende Rolle. Charakteristisch für die Stärke der alteingesessenen Branchenteilnehmer gegenüber Neulingen (Fälle b bis d) sind drittens geringe Wachstumsraten. So kann der Handelsplatz nicht verlustfrei neue Wirtschaftssubjekte aufnehmen und der Kampf um Marktanteile würde Opfer fordern. Dass das auf den betrachteten Wirtschaftszweig zutrifft, ist anhand der Umsatzentwicklung ersichtlich: Seit dem Jahr 2001 konnten keine positiven Umsatzveränderungen im Vergleich zum jeweiligen Vorjahr festgestellt werden (s. Tabelle 5). Aufgrund ausreichender finanzieller Mittel bei Großunternehmen
143 Vgl. Rusch 2003, S. 166.
3 Branchenstrukturanalyse
55
verhindert dies jedoch nicht Neueröffnungen bestehender Wettbewerber, die den Verdrängungswettbewerb forcieren. Abschließend bleibt festzuhalten, dass die Wettbewerbskraft ‚Markteintritte‘ im deutschen Sortimentsbuchhandel eine tendenziell geringe Bedrohung für die etablierten Händler darstellt. Obwohl nur relativ wenig Kapitaleinsatz nötig und die Kundenloyalität insgesamt offensichtlich nicht hoch ist, schrecken z. B. Größenvorteile, Erfahrungseffekte und geringe Wachstumsraten von Markteintritten ab. Die Vorteile der tatsächlichen Marktteilnehmer sowie deren Stärken übertreffen die Anreize der Neulinge. Besonders bedeutend erscheint dies für branchenfremde Unternehmen: Die abschreckende Wirkung und die Vorteile der bereits etablierten Unternehmen sind hier am größten. Den Gegenpol bildet die Betrachtung der eventuellen Expansion bestehender Buchhandelsunternehmen: Die angeführten Faktoren wirken nahezu neutral auf die Markteintrittsentscheidungen.
Jahr
Marktvolumen (Umsatz in Millionen Euro bzw. in Millionen DM s.*)
Marktwachstum (Umsatzveränderungen in % zum Vorjahr)
Buchhandel
Buchhandel
Sortiment
Sortiment
1997
17.497*
10.376*
+1,5
+1,0
1998
17.775*
10.501*
+1,6
+1,2
1999
18.042*
10.617*
+1,5
+1,1
2000
9.421
5.483
+2,1
+1,0
2001
9.412
5.444
-0,1
-0,7
2002
9.224
5.259
-2,0
-3,4
2003
9.067
5.127
-1,7
-2,5
2004
9.076
5.063
+0,1
-1,2
2005
9.159
5.017
+0,9
-0,9
2006
9.261
5.031
+1,1
+0,3
2007
9.576
5.137
+3,4
+2,1
2008
9.614
5.060
+0,4
-1,5
2009
9.691
5.065
+0,8
+0,1
Tabelle 5: Umsatzentwicklung im Bucheinzelhandel und im Sortimentsbuchhandel 1997 bis 2009.
3.3 Rivalität unter den bestehenden Händlern Die Intensität des Wettbewerbs unter den zum jetzigen Zeitpunkt bereits am Handel teilnehmenden Unternehmen stellt die zweite Determinante der Branchenstruktur dar. Der Rivalitätsgrad kommt in der Existenz und der Härte von Positionskämpfen
56
II Markt- und Wettbewerbsanalyse für den deutschen Bucheinzelhandel
zum Ausdruck. Intensive Preiskämpfe, wie sie häufig unter großen Handelsunternehmen ausgetragen werden, sind eine mögliche Erscheinungsform. Der Rivalitätsgrad wird auch von anderen Aspekten gefördert. So können z. B. Unternehmen auf der Ebene von Service oder Garantieleistungen miteinander konkurrieren. Darüber hinaus sind auch die Lancierung neuer Waren oder Konzepte sowie intensive, teils gezielt rivalisierende Werbemaßnahmen taktische Varianten, um die eigene Position im Markt zu verbessern. Eine Bedrohung kann aus den beschriebenen Verhaltensweisen – mit Ausnahme der Werbung, die zumindest für den Werbetreibenden in der Regel höhere Umsätze generiert – wiederum in Form von Rentabilitätsrückgängen für die gesamte Branche entstehen. Es dürfte klar geworden sein, dass sich dieser Aspekt vom vorangegangenen Kapitel, das sich ausschließlich mit Markterweiterungen ausgehend von bereits etablierten oder neu hinzukommenden Unternehmen beschäftigt hat, in der Intensität deutlich unterscheidet. Untersucht man nun diese Triebkraft des Wettbewerbs für Handelsbranchen, so kann man nochmals die Rivalität unter allen Unternehmen einer Betriebsform sowie unter verschiedenen Betriebsformen unterscheiden. Aus zweierlei Gründen erscheint es jedoch nicht notwendig, für den Sortimentsbuchhandel eine Unterscheidung vorzunehmen: Zum einen haben sich, wie schon Gröppel-Klein beobachtete,144 beide Formen in weiten Teilen des Einzelhandels verschärft; zum anderen wird die interformale Rivalität im Abschnitt II.4 dieser Arbeit erneut aufgenommen. Doch welche Umstände sprechen für einen hohen Rivalitätsgrad im stationären Buchhandel? Porter folgend ist eine hohe Anzahl an Marktteilnehmern und/oder eine ähnliche Ressourcenausstattung dieser Wettbewerber ein rivalitätsfördernder Faktor. Durch falsche Einschätzung der eigenen Stärken und Schwächen bei geringer Branchenkonzentration kann die brancheninterne Stabilität und Disziplin ebenso gestört werden wie durch Auseinandersetzungen unter ebenbürtigen Gegnern. Im deutschen Sortimentsbuchhandel ist diese Gefahr durchaus gegeben, nehmen doch zahlreiche Buchhandelsunternehmen am Endkundenhandel teil. Der Börsenverein des Deutschen Buchhandels zählt am 1. Mai 2010 in der Rubrik verbreitender Buchhandel 3.814 Mitglieder, von denen die meisten klassische Sortimentsbuchhandlungen betreiben.145 Im Vergleich zu den Vereinigten Staaten von Amerika mit durchschnittlich 39.700 Einwohnern pro Buchhandlung im Jahr 2000 scheint Deutschland mit 15.300 Einwohnern
144 Vgl. Gröppel-Klein 1998, S. 37–39. 145 Vgl. Börsenverein des Deutschen Buchhandels e.V. 2010, S. 29.
3 Branchenstrukturanalyse
57
pro Buchhandlung im Jahr 2001 deutlich besser versorgt.146 Bei dieser großen Anzahl an Konkurrenten scheint es grundsätzlich unrealistisch, dass diese ähnlich mit finanziellen Mitteln ausgestattet sind, um nachdrückliche Positionskämpfe durchhalten zu können. Auch im speziellen Fall eines Markts, an dem kleine bis mittelgroße Unternehmen ebenso partizipieren wie größere bis sehr große Personen- und Kapitalgesellschaften, findet sich ein weites Spektrum unterschiedlicher Ausstattungen. Die Möglichkeit des Preiswettbewerbs entfällt ohnehin aufgrund des Buchpreisbindungsgesetzes (BuchPrG).147 Allerdings generiert das einen Ausweicheffekt auf die Ebenen Qualität, Service und Dienstleistungen. Hinzu kommt, dass in dieser Hinsicht durchaus von einem ähnlichen Potenzial beim Großteil der Sortimente gesprochen werden kann. Durch ihre zahlreichen Dienstleistungen erreicht die Branche, ungeachtet der verschiedenen Betriebsformen, ein durchschnittlich hohes Serviceniveau. So kann z. B. mit Hilfe des Bücherwagendiensts nahezu jede Verkaufsstelle Bücher über Nacht beim Barsortiment besorgen. Außerdem können alle Mitglieder des Börsenvereins den BuchSchenkService anbieten; das sind unter den Verbandsmitgliedern firmenunabhängig einzulösende Geschenkgutscheine. Besonders für Geschäftskunden wie Firmen und Bibliotheken stehen darüber hinaus zahlreiche Dienstleistungsangebote wie Informationsdienste und Abonnementverwaltung zur Verfügung.148 Neben diesem Aspekt intensiviert auch ein langsames Wachstum den Wettbewerb in der Branche. Bei hohen Wachstumsraten ist für alle Unternehmen Gewinnpotenzial gegeben, während in der Stagnation ein Kampf um Marktanteile ausbricht und es zum Verdrängungswettbewerb kommt. Dieser Sachverhalt trifft auch auf den Sortimentsbuchhandel zu. Gleichsam als Multiplikator der Verdrängungsprozesse beurteile ich den Grad der Ungleichverteilung des Wachstums innerhalb des Analyserahmens. Der Bucheinzelhandel weist einerseits umsatzstarke Unternehmen auf, die ihre Ergebnisse zusätzlich steigern können, andererseits müssen Betriebe mit vergleichsweise geringen Marktanteilen Verluste hinnehmen. Letztere haben folglich weniger Substanzressourcen, um sich gegen Angriffe der Konkurrenz zu behaupten. Allerdings ist zumindest auf den ersten Blick für diese Branche der Faktor hoher Lagerkosten abzulehnen. Es gibt zum einen die Möglichkeit, diese bis zu einem gewissen 146 Deutschland ist vergleichbar mit der Schweiz, wo 1998 11.400 Einwohner auf eine Buchhandlung kamen; vgl. Rusch 2003, S. 85. 147 Das BuchPrG trat am 1. Oktober 2002 als Ersatz für den Sammelrevers in Kraft und schreibt die vertikale Preisbindung für Bücher, Musikalien, kartographische Produkte und gleichgestellte Erzeugnisse vor. Im Rahmen verbindlicher Obergrenzen sind jedoch geringe Spielräume zulässig; so z. B. Preisnachlässe in Form von Mengenrabatten oder Zugaben. Vgl. Wetzel/Lutz 2003, S. 407–409. 148 Vgl. Bramann u.a 2008, S. 129–137.
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II Markt- und Wettbewerbsanalyse für den deutschen Bucheinzelhandel
Grad durch Erhöhung des Barsortimentanteils und Rückführung des Lagervolumens zu senken. Zum anderen stellen Bücher und buchähnliche Waren einen Lagerposten mit vergleichsweise geringem Volumen und Platzbedarf dar. Diese beiden Argumente treffen insbesondere auf kleinere Fach- und Spezialgeschäfte zu, jedoch lassen sie sich nur bedingt auf größere Unternehmen wie Buchkaufhäuser oder Buchhandelsketten übertragen. Für große Häuser des Standortbuchhandels mit einem umfangreichen Sortiment erscheint eine überwiegende Belieferung über Barsortimente ineffizient, da bei Verlagsbestellungen höhere Rabatte erzielt werden können. Bessere Konditionen durch Verlagsbestellungen kommen auch für Buchhandelsketten in Betracht. Auf sie wiederum trifft das Argument geringer Lagerkosten ebenfalls nicht zu, da sie oftmals eigene Zentrallager unterhalten und Bedarf an einem entsprechenden Logistikapparat haben. Porters Ansatz folgend ist eine geringe Differenzierung der Marktteilnehmer voneinander ein Indikator für einen hohen Rivalitätsgrad. In der Branchenöffentlichkeit des deutschen Buchhandels wird das vielfach als Problem und Mangel im Verdrängungswettbewerb und im Konzentrationsprozess genannt. Eine jährliche Erhebung des Instituts Innofact ist als Beleg für eine sich ändernde Wahrnehmung durch die Konsumenten zu werten: Einerseits werden die vermeintlich gesichtslosen und unpersönlichen Buchhandelsketten zunehmend besser bewertet, während andererseits die Durchschnittswerte über alle Buchhandlungen zurückgegangen sind.149 Dennoch deutet dieses Ergebnis nicht auf eine signifikante Differenzierungstendenz im Buchhandel hin. Nahezu nicht existente, ökonomische Umstellungskosten für Kunden beim Wechsel des Händlers sprechen ebenfalls für ein angespanntes Konkurrenzverhältnis im Sortiment. Da die Umstellung auf einen anderen Anbieter durchaus emotionale Kosten verursachen kann, wird dieser Rivalitätsfaktor multipliziert. Ähnlich verhält es sich beim Konfliktpotenzial, das laut Porter besonders unter heterogenen Wettbewerbern zu finden ist. Gerade beim Nebeneinander unterschiedlicher Betriebsformen, die unterschiedliche Ziele und Strategien verfolgen, keimen beispielsweise Auseinandersetzungen zu Handelsusancen – so auch im Sortimentsbuchhandel, der einen Wandel weg von seiner typisch mittelständischen Struktur erlebt. Dennoch ist keine Uniformierung festzustellen, insbesondere auch nicht unter den marktführenden Unternehmen. Hinzu kommt, dass durch die Entstehung flächende-
149 Vgl. Wolters 2005, S. 40f.
3 Branchenstrukturanalyse
59
ckender Anbieter die räumliche Trennung durch unterschiedliche Verbreitungsgebiete aufgehoben wird.150 Eine extreme Verschärfung erfährt die Rivalität in einer Branche, sobald einzelne Unternehmen ihren Erfolg beschleunigen wollen und entsprechende strategische Maßnahmen ergreifen. Diese These ist für den Sortimentsbuchhandel zu bestätigen. Ein Beleg dafür ist das Verhalten der zur Douglas AG gehörenden Thalia Holding: Der Mutterkonzern forciert die Entwicklung zu einer bundesweiten Dachmarke und stellt die entsprechenden finanziellen Mittel für die dazu notwendigen Investitionen bereit. Ein weiterer Einflussfaktor auf die Wettbewerbsintensität einer Branche besteht in den Austrittsbarrieren. Darunter versteht man „ökonomische, strategische und emotionale Faktoren, die Unternehmen zum Verbleib in ihrer Branche veranlassen, selbst wenn sie niedrige oder sogar negative Ertragsraten erwirtschaften.“151 Ein solches Hindernis können z. B. verlorene Investitionen (englisch ‚sunk costs‘) sein; dabei handelt es sich um anfängliche Ausgaben, die so spezialisiert sind, dass sie bei der Liquidation keinen oder nur einen geringen Erlös einbringen. Im Bereich des Buchhandels stellt beispielsweise die Ladeneinrichtung einen solchen Kostenfaktor dar.152 Darüber hinaus können emotionale Bindungen, wie sie häufig im Sortimentsbuchhandel zu finden sind, eine weitere Marktaustrittsschranke konstituieren. Beispielsweise identifizieren sich viele Inhaber meist kleinerer Buchhandlungen stark mit ihrem Unternehmen sowie mit dessen kulturellem Auftrag der Literaturverbreitung. Des Weiteren kann auch die Loyalität zu den Angestellten von der Geschäftsaufgabe abhalten. Folglich ist zusammenzufassen, dass der Rivalitätsgrad innerhalb des stationären Buchhandels ein gehobenes Niveau erreicht und die Branchenattraktivität negativ beeinflussen kann. Diese Schlussfolgerung geht konform mit den Ansichten einer 2006 durchgeführten Befragung unter Filialunternehmen153: Sowohl der Wettbewerb unter den Filialisten als auch im Bucheinzelhandel wurde von den Teilnehmern mehrheitlich als intensiv bis sehr intensiv eingeschätzt (s. Tabelle 6).
150 151 152 153
Vgl. Rusch 2003, S. 168. Porter 2008c, S. 55. Vgl. Rusch 2003, S. 167. Vgl. Emrich 2007, S. 23.
60
II Markt- und Wettbewerbsanalyse für den deutschen Bucheinzelhandel
Wettbewerb im Bucheinzelhandel Nennungen Wettbewerb unter den Filialisten
Nennungen
sehr intensiv
4
sehr intensiv
4
intensiv
1
Intensiv
6
leicht erhöht
3
Leicht erhöht
0
normal
1
Normal
0
etwas
1
Etwas
0
kaum
0
Kaum
1
Tabelle 6: Die Wettbewerbsintensität im Buchhandel – eine Einschätzung vonMarktteilnehmern.
3.4 Gefahr durch Ersatzangebote Als dritte Triebkraft der Attraktivität und des Gewinnpotenzials einer Branche müssen Produkte oder Dienstleistungen, die sich in ihren Funktionen ähneln oder gleichen, analysiert werden. Von diesen Ersatzangeboten, oder auch so genannten Substituten, geht insofern eine Bedrohung für die Wettbewerber aus, als durch sie das Preisniveau begrenzt wird. Steigen die Preise über dieses Limit, können Ausweichreaktionen der Kunden zu Umsatz- und Gewinnausfällen führen. Messbar ist dies mittels der Preiselastizität der Nachfrage: Ist die Nachfrage unelastisch, so kommt es kaum zu Ausweichreaktionen, im Falle einer sehr preiselastischen Nachfrage dagegen zur sofortigen und extremen Abwanderung der Kunden. Bei der Analyse des stationären Buchhandels gilt es jedoch nicht nur, die Beziehungen zwischen verschiedenen funktionsgleichen Produkten zu untersuchen, vielmehr gibt es unterschiedliche Ebenen, auf denen Substitutionsverhältnisse denkbar sind.154 Erstens scheint es sinnvoll, nach Substituten zum einzelnen Titel, also zu einem Produkt, zu fragen. Im Geschäftsjahr 2009 sind 93.124 Neuerscheinungen auf den Markt gekommen,155 die grundsätzlich, rein formal aus inhaltlicher Betrachtung als singuläre Produkte (Unikate), anzusehen sind. Es ist jedoch möglich, dass ein Werk gleichzeitig oder in kurzem zeitlichen Abstand in mehreren Ausgaben, z. B. sowohl als Hardcover als auch als Taschenbuch, verfügbar ist. In diesem Fall tritt zusätzlich eine Konkurrenzsituation der inhaltlich nahezu identischen Produkte ein. Dennoch lässt sich ableiten, dass unterschiedliche Buchtitel grundsätzlich nicht gegeneinander austauschbar und sich gegenseitig nicht ersetzen können. Darüber hinaus generiert auch die Austauschbarkeit mehrerer Werke zu einem Thema oder eines Genres Substitutionsprodukte.
154 Vgl. Rusch 2003, S. 172f. 155 Vgl. Börsenverein des Deutschen Buchhandels e.V. 2010, S. 61.
3 Branchenstrukturanalyse
61
Dies trifft z. B. besonders auf den Fach- und S achbuchbereich, insbesondere auf Ratgeber, sowie teilweise auf die Belletristik zu.156 Neben dieser inhaltlichen Perspektive ist zweitens auf die mediale Sichtweise zu achten. Es gibt demnach auch zahlreiche Substitutionsprodukte im Sinne von alternativen Darreichungsformen der Inhalte. Am weitesten verbreitet sind das Hörbuch sowie die offline nutzbare CD-ROM, die Buchinhalte aufnehmen kann. Darüber hinaus sind jedoch das E-Book157 sowie Online-Angebote nicht zu vergessen. In welchem Ausmaß aber eine tatsächliche Substitution des gedruckten Buchs erfolgt, ist unklar. Obwohl die Konkurrenzprodukte zahlreich sind, bleibt dennoch bei den meisten die Möglichkeit der Integration in das Sortiment der Buchhandlungen. Durch diese Erweiterung bleibt zwar der Substitutionseffekt erhalten, die Umsätze fließen jedoch weiterhin zumindest teilweise dem Buchhandel zu. Verlässt man die Produktebene und wendet sich der Distribution zu, so kann erneut differenziert werden. Zunächst wären Alternativen im Bereich Dienstleistung und Service möglich. Jedoch stimme ich hier mit Rusch überein, der zu bedenken gibt, dass der Dienstleistungsstandard im Buchhandel bereits sehr hoch ist. Der Substitutionsdruck im Bereich der Zusatzleistungen sei kaum vorhanden.158 Überdies kann Konkurrenz zu den etablierten Handelsformen aus anderen Vertriebstypen erwachsen.159 Gerade im Buchhandel spielen zunehmend elektronische Handelsformen eine Rolle.160 So stieg die Zahl der Nutzer des Online-Buchhandels in der Zeit von 2002 bis 2004 um knapp 50 %, von 2,91 Millionen auf 4,34 Millionen.161 Der Online-Umsatz im Buchhandel betrug im Jahr 2008 1,02 Milliarden Euro, was eine Steigerung zum Vorjahr um 20 % bedeutet.162 Jedoch klingt die Phase des sprunghaften Wachstums bereits aus, hat man doch Anfang des 21. Jahrhunderts Steigerungen um 50 % verzeichnen können. Anhand einer Statistik zu den Umsatzanteilen der verschiedenen Vertriebsformen des Buchhandels, die der Börsenverein des Deutschen Buchhandels jährlich herausgibt, lässt sich die folgende Entwicklung des Online-Geschäfts erkennen (s. Tabelle 7): Der Versandhandel, dem der Online-Handel zugerechnet wird, setzte im Jahr 2000 noch 762 Millionen Euro um und erreichte damit einen Umsatzan156 Vgl. ebd., S. 170. 157 Zur Entschlüsselung und Lektüre bedarf es so genannter E-Reader. Das sind „spezielle portable Kleinstcomputer“, die der Textlektüre dienen (Wetzel 2003e, S. 189). 158 Vgl. Rusch 2003, S. 173. 159 Vgl. Gröppel-Klein 1998, S. 35f. 160 Vgl. Kuhn/Titel 2004. 161 Vgl. Media Line 2004, S. 14. 162 Vgl. Börsenverein des Deutschen Buchhandels e.V. 2008, S. 7; BB 2009b, S. 7.
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II Markt- und Wettbewerbsanalyse für den deutschen Bucheinzelhandel
teil von 8,1 %. Bis ins Jahr 2008 erfuhren die Versand-Umsätze eine Steigerung auf 1,5 Milliarden Euro (15,5 %).163 Das ist zum allergrößten Teil den Verkäufen via Internet zuzuschreiben. Daran beteiligen sich v. a. der reine Online-Buchhandel (z. B. Amazon), der Versandhandel sowie das stationäre Sortiment, die entweder einen eigenen WebAuftritt mit Bestellservice unterhalten (z. B. LOB.de oder Thalia.de) oder die Partnermodelle des Zwischenbuchhandels (z. B. Libri oder KNV) nutzen.164 Zwar haben sich alle genannten Formen in den letzten Jahren gut etabliert, jedoch scheint die Substitutionswirkung durch den E-Commerce im Buchhandel vom Grad der Versandhandelund Internetaffinität der Kunden begrenzt. Nur ein Teil der Buchhandelskunden ist bereit und fähig, online zu bestellen. Allerdings konnte der Anteil des Online-Handels bis ins Jahr 2008 auf insgesamt 10 % ansteigen. Jahr
Umsatz in Millionen Euro
Umsatzanteil in %
2000
762
8,1
2001
799
8,5
2002
839
9,1
2003
852
9,4
2004
902
9,9
2005
1.026
11,2
2006
1.076
11,6
2007
1.211
12,6
2008
1.350
14,0
2009
1.500
15,5
Tabelle 7: Umsatzentwicklung des Versandbuchhandels einschließlich Internet.
Neben dem Substitutionsangebot Internetbuchhandel erwächst in jüngerer Zeit ein reger Handel mit gebrauchten Büchern, der jedoch nicht über das per definitionem dafür zuständige Antiquariat abgewickelt wird. Vielmehr bieten branchenfremde Online-Händler wie Amazon oder Ebay dem Handel unter Privatpersonen Plattformen. Daneben hat sich das Filialunternehmen Hugendubel im An- und Verkauf von Gebrauchtbüchern versucht.165 Aus einer Panel-Studie der Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) geht hervor, dass auch das Interesse der Verbraucher an gebrauchten
163 Vgl. Börsenverein des Deutschen Buchhandels e.V. 2010, S. 6. 164 Vgl. Riehm u.a. 2001, S. 75f. 165 Vgl. Buchreport 2004, S. 7.
3 Branchenstrukturanalyse
63
Büchern zunimmt.166 Das Umsatzvolumen des Gebrauchtbuchbereichs bei Ebay hat sich von 2003 (40,3 Millionen Euro) bis 2005 (77,2 Millionen Euro) nahezu verdoppelt. Ebenso stark gewachsen ist der Absatz, nämlich von 7,4 Millionen auf 18,4 Millionen Bücher. Auch dieser Geschäftszweig ist für ausgewählte Käufergruppen, wie z. B. Studierende, die hochpreisige Fachbücher benötigen, als Ersatzangebot zum Handel mit verlagsneuer Ware zu sehen. Dennoch ist die Gefahr, die von Substituten ausgeht, weder eindeutig als groß noch als gering einzustufen. Auf verschiedenen Ebenen sind Ausweicheffekte vorstellbar, jedoch liegt die Nutzungsentscheidung in den meisten Fällen allein beim einzelnen Käufer. Und dazu ist wiederum keine eindeutige Tendenz bekannt. 3.5 Einflussnahme durch die Endkunden Neben den direkten Marktteilnehmern und den gehandelten Gütern bezieht Porter auch die vor- und nachgelagerten Wirtschaftssubjekte in sein Modell der Branchenstrukturanalyse mit ein. So beschreibt er als vierten Strukturfaktor die Verhandlungsstärke der Abnehmer, was, auf Handelsbranchen übertragen, Käufermacht bedeutet. Abnehmer eines Produkts oder einer Dienstleistung können einen negativen Einfluss auf die Branchenrentabilität ausüben, falls sie erfolgreich niedrigere Preise oder höhere Qualität und Leistungen fordern oder die Anbieter gegeneinander ausspielen. Vor dem Hintergrund des Wandels zahlreicher Märkte hin zu Käufermärkten, wo das Angebot die Nachfrage überwiegt und deshalb der Marktwiderstand hoch ist,167 erscheint es sinnvoll, den Einfluss der Kunden genauer zu untersuchen. Jedoch müssen hier, je nach Relevanz für den Buchhandel, verschiedene Kundengruppen unterschieden werden. In einer anerkannten Verbraucherstudie aus dem Jahr 2005168 werden sechs so genannte Sinus-Milieus unterschieden. Kernzielgruppen sind demnach Konservative und Postmaterielle, während weiteres Potenzial in Etablierten, Modernen Performer, der Bürgerlichen Mitte sowie Experimentalisten gesehen wird. Für den Buchhandel schwer oder kaum erreichbare Lebenswelten sind Hedonisten, DDR-Nostalgiker, Konsum-Materialisten und Traditionsverwurzelte. Abbildung 8 veranschaulicht diese Idee der Gesellschaftsbeschreibung, die anhand der Parameter der sozialen Lage – gemessen an Bildung, Einkommen und Beruf – und der Grund- oder Werteorientierung vorgenommen wird. In diesem Abschnitt der Branchenstrukturanalyse soll, wo es nötig erscheint, auf Besonderheiten in den einzelnen Zielgruppen hingewiesen 166 Vgl. Adlwarth 2006, S. 18. 167 Vgl. Baßeler 2006, S. 359. 168 Vgl. Börsenverein des Deutschen Buchhandels e.V. 2005b.
64
II Markt- und Wettbewerbsanalyse für den deutschen Bucheinzelhandel
werden. Tabelle 8 stellt diese Differenzierungen skizzenartig zusammen.169 An dieser Stelle muss ergänzend eingebracht werden, dass es sich bei dieser Marktsegmentierung um eine Vereinfachung der Wirtschaftsrealität handelt, die jedoch keine Pauschalierung darstellen soll und darf. Die Wahrscheinlichkeit großer Verhandlungsstärke der Abnehmer respektive der Endkunden ist dann besonders hoch, wenn beispielsweise die Konzentration unter den Käufern höher ist als unter den Verkäufern oder wenn das Abnahmevolumen einen großen Anteil am Gesamtumsatz des Verkäufers hat. Im Einzelhandel allgemein und im speziellen Fall des Buchhandels fällt die Konzentration der Abnehmer äußerst gering aus, da es sich um Einzelpersonen handelt. Dies ist auch der Grund für das am Gesamtumsatz gemessen geringe Umsatzvolumen pro Verkauf. Wie zersplittert die Abnehmergruppe des Buchhandels ist, zeigt sich daran, dass nur ungefähr 4 % der deutschen Bevölkerung mehr als 20 Bücher pro Jahr kaufen.170 Das durchschnittliche jährliche Kaufvolumen pro Person liegt bei elf Büchern.
169 Soweit nicht selbst erarbeitet basiert diese Analyse auf Börsenverein des Deutschen Buchhandels e.V. 2005b, S. 35–67. 170 Vgl. Börsenverein des Deutschen Buchhandels e.V. 2010, S. 22.
3 Branchenstrukturanalyse
Segment
Anteil an Gesamtkäufen
65 Angebotsstandardisierung (Verbrauchereindruck) Einkommen
Ansprüche
Postmaterielle* Primärmedium Buch, Mittel bis sehr deutlich überdurchhohe Einkomschnittlicher men Anteil, aber auch Stammbuchhandlung (sog. Bibliotheksnutzung & zweites Wohnzimmer) → Gebrauchtbuchkäufe deutliche Differenzierung & E-Commerce der Anbieter
Umfangreicher Service, Kompetenz/ Informationen, Veranstaltungen, Atmosphäre
Konservative*
Vermutlich vergleichsweise hoch
Kompetenz, persönliche/traditionelle Atmosphäre, emotionale Kundenbindung
Etablierte**
Geringere KauffreRenommee ist wichtig (z.T. Sehr kauf kräftig quenz, dafür z.T. auch zutreffend auf bekannhochpreisige Artikel te Buchhandelsketten) → Aufmerksamkeit, Kompetenz teilweise Standardisierung
Bürgerliche Mitte**
Eher durchschnittlicher Anteil
Mittel bis sehr hohe EinkomPersönliche Beratung, Indi- men vidualität → deutliche Differenzierung der Anbieter
relativ standardisierte Anbieter (v. a. Ketten), Differenzierung durch Preisimages Moderne Performer**
Experimentalisten**
Relativ hoher Anteil, jedoch Medienkonkurrenz und Weiterverkauf/-gabe
traditionell-konservative Mittlere bis Sortimentsbuchhandlung hohe Einkomvs. pragmatisch-innovatives men Lifestylehaus → Differenzierung der Anbieter
durchschnittlicher Präferenz von IntellektualiAnteil (Gelegentät bzw. Subkultur → Diffeheitsnutzer), renzierung der Anbieter Medienkonkurrenz, Gebrauchtbuchkäufe, E-Commerce Unterdurchschnittlicher Anteil (Gelegenheitsnutzer bis Buchrestistente)
Durchschnittli- Mainstream, che Kaufkraft pragmatischer, freundlich-moderner Verkaufsraum, Angebote (SmartShopping)
Hedonisten
Vermutliche Empfindung (mangels Buchaffinität & differenziertem Interesse): hoher Standardisierungsgrad
DDRNostalgiker
Durchschnittlicher traditionell-konservative Anteil (oft wird mehr Sortimentsbuchhandlung gekauft als gelesen) vs. moderne Konsumtempel → Differenzierung der Anbieter
Convenience, Mehrkanalvertrieb, technisch innovativ, mediales Zusatzsortiment
66
II Markt- und Wettbewerbsanalyse für den deutschen Bucheinzelhandel
Segment
Anteil an Gesamtkäufen
KonsumMaterialisten
Durchschnittlicher relativ standardisierte Anteil (buchkaufende Anbieter (v. a. Ketten), Nichtleser bis Buchre- Differenzierung durch sistente) Preisimages
Traditionsverwurzelte
Angebotsstandardisierung (Verbrauchereindruck) Einkommen
Ansprüche
Sehr geringer Anteil Vermutliche Empfindung (mangels Buchaffinität & (Wenignutzer bis Buchresistente) differenziertem Interesse): hoher Standardisierungsgrad
* Kernzielgruppen des Buchhandels; ** Zielgruppenpotenzial; andere: schwer/kaum erreichbare Milieus Tabelle 8: Ausgewählte Faktoren der Abnehmerstärke bezogen auf die Zielgruppen des Buchhandels.
Kernzielgruppen und Zielgruppenpotenzial
= Kernzielgruppe = Weiteres Zielgruppenpotenzial
Börsenverein des Deutschen Buchhandels e. V.
Abbildung 8: Für den Buchhandel strategisch relevante Zielgruppensegmente.
Eine weitere Determinante der Käufermacht ist der Anteil der Produkte an den Gesamtkäufen der Kunden; je größer dieser ist, desto einflussreicher sind auch die Kunden. Als Beweis für die Ablehnung dieser These für den Sortimentsbuchhandel dient eine Kaufkraftstudie der GfK. Aus ihr geht hervor, dass die durchschnittliche Kaufkraft
3 Branchenstrukturanalyse
67
eines deutschen Bundesbürgers im Jahr 2010 bei 18.904 Euro (-42 Euro im Vgl. zu 2008) liegt. Von der gesamten Kaufkraft (1.550 Milliarden Euro) steht jedoch nur knapp rund ein Drittel für Ausgaben im gesamten Einzelhandel zur Verfügung. Vier Milliarden Euro wurden 2009 für Bücher ausgegeben. Im individuellen Budget belief sich der Betrag, der für die Kategorie Bücher und Schreibwaren übrig blieb, laut GfK 2008 auf 209 Euro. Dies bedeutet, der Anteil der Käufe im Buchhandel nimmt weniger als 4 % der Einzelhandelskaufkraft und nur rund 1 % der Gesamtkaufkraft ein. Eine andere GfK-Erhebung, das Verbraucher-Panel, konstatiert ebenfalls, dass die Buchausgaben pro Person gering sind: Tatsächlich gibt jeder Verbraucher 57 Euro pro Jahr für Bücher aus.171 An dieser Stelle muss zusätzlich darauf hingewiesen werden, dass das nur Durchschnittswerte sind und die Kaufkraft einerseits von Ort zu Ort variiert, andererseits bundesweite Stadt-Land- und West-Ost-Gefälle zu berücksichtigen sind. Darüber hinaus entspricht die Kaufkraft auch nicht den tatsächlich getätigten Käufen, deren Werte über oder unter den Kaufkraftwerten liegen können, sondern sie wird auf Basis der Nettoeinkünfte errechnet. Zielgruppenspezifische Rückschlüsse auf diesen Einflussfaktor sind aufgrund der jeweiligen sozialen Lage möglich: Gerade in den beiden Kernzielgruppen des Buchhandels ist der Anteil an den Gesamtkäufen überdurchschnittlich hoch einzuschätzen. Jedoch konkurriert der Kauf von verlagsneuen Artikeln in stationären Ladengeschäften gerade bei postmateriellen Kunden mit den Optionen der Bibliotheksausleihe, des Kaufs von Gebrauchtbüchern oder des Online-Buchhandels. Ähnliches findet sich bei den Experimentalisten, die aber dem Buchkauf wohl ein geringeres – durchschnittliches – Budget einräumen. Das tut auch die Bürgerliche Mitte. Bei den Etablierten erscheint der wertmäßige Anteil des Buchkaufs am Konsum ebenfalls hoch, jedoch ist er von einer geringeren Kauffrequenz, dafür aber teils hochpreisiger Artikel gekennzeichnet. Moderne Performer geben entsprechend ihrer Grundorientierung ebenfalls vergleichsweise viel für Bücher aus, interessieren sich aber vermehrt auch für andere Medien. In den weniger relevanten Segmenten ist ein durchschnittlicher bis unterdurchschnittlicher Ausgabenanteil für Bücher zu erwarten, da es sich hier überwiegend um so genannte buchkaufende Nichtleser, Gelegenheits- oder Wenignutzer oder gar Buchresistente handelt.172 Als dritten machtstärkenden Punkt führt Porter standardisierte oder nicht differenzierte Angebote an. So böten sich dem Abnehmer Alternativen für den Warenbezug und er könne die Verkäufer gegeneinander ausspielen. Ob gerade der zuletzt genannte Aspekt des Gegeneinanderausspielens Intention der Buchkäufer ist, kann in Frage ge171 Vgl. Adlwarth 2006, S. 42. 172 Börsenverein des Deutschen Buchhandels e.V. 2005b, S. 23–29.
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II Markt- und Wettbewerbsanalyse für den deutschen Bucheinzelhandel
stellt werden. Vielmehr scheint die Abwanderungsmöglichkeit allein Einfluss auf den Unternehmenserfolg zu haben. Diese bietet sich dem Buchhandelskunden aufgrund der guten Versorgungsdichte mit Buchhandlungen. Außerdem wartet nahezu jede Sortimentsbuchhandlung mit einen Bestellservice auf, sodass theoretisch jedes Buch überall erhältlich ist. Gerade für anspruchsvolle bzw. beratungsbedürftige Kunden gilt letzterer Aspekt jedoch nur eingeschränkt: Für Fachbuchkäufer beispielsweise differenziert sich die Buchhandelslandschaft in Fach- und Spezialgeschäfte, wobei letztere weiter nach Fachbereichen zu unterscheiden sind. Ergänzend soll hier wiederum auf Unterschiede zwischen den einzelnen Segmenten hingewiesen werden, die aus dem zu vermutenden Verbrauchereindruck abgeleitet werden: Der Buchhandel zeichnet sich aus der Perspektive der weniger bedeutenden Zielgruppen durch einen hohen Standardisierungsgrad aus. Dies rührt von deren geringem Interesse für diesen Einzelhandelsbereich her; allenfalls verschiedene Preisimages der Anbieter können aufgrund der Preisorientierung der Kunden unterschieden werden. Ähnlichkeiten damit weist besonders die Bürgerliche Mitte auf, da es sich ebenfalls um ein so genanntes Mainstream-Milieu173 handelt, das u. a. zum Smart-Shopping174 tendiert. Einen durchschnittlichen Differenzierungsgrad empfinden offensichtlich die drei verbleibenden Zielgruppenpotenzialträger (Etablierte, Moderne Performer und Experimentalisten). Durch die jeweilige Grundorientierung heben sich Buchhandlungen ab, die sich durch ihr Renommee, ihr Lifestyle-Image oder ihre intellektuelle Ausrichtung auszeichnen. Für die Hauptkundengruppen des Buchhandels hingegen ist der Anbietermarkt deutlich differenziert, da hier besonders auf Individualität und eine emotionale Bindung an ein Stammgeschäft Wert gelegt wird. An vierter Stelle ist einmal mehr der Faktor der Umstellungskosten anzuführen. Wie bereits mehrfach erwähnt, spielen die monetär-messbaren Umstellungskosten für den Buchhandelskunden eine untergeordnete oder gar keine Rolle. Der Druck auf die Preise, der sich dann unter Umständen negativ auf die Rentabilität auswirkt, kann seinen Ursprung auch in den niedrigen Einkommen der Abnehmer haben. Der Buchhandel, der die Produktpreise aufgrund der Preisbindung von den Verlagen vorgegeben bekommt, erfährt die Auswirkungen einer solchen Situation in Form rückläufiger Umsätze. Es erscheint zutreffend, dass die Konsumenten in Zeiten einer schlechten allgemeinen Konjunkturlage, wie sie z. B. Anfang der 2000er Jahre in Deutschland vorzufinden war, ihre Ausgaben zurückfahren. Die rückläufige Entwick173 Vgl. ebd., S. 10. 174 Vgl. ebd., S. 59. Unter Smart-Shopping versteht man im wörtlichen Sinne den cleveren oder geschickten Einkauf, der von der Preisorientierung geprägt ist (s.u.); vgl. Vossen/Reinhardt 2002, S. 116.
3 Branchenstrukturanalyse
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lung der anteiligen Einzelhandelsumsätze am privaten Verbrauch illustriert dies.175 Jedoch ist auf lange Sicht – und auf diese ist das Modell der Branchenstrukturanalyse ja angelegt – für Deutschland ein relativ hohes Einkommensniveau festzustellen. Zudem haben besonders sozial mittel bis gut gestellte Bevölkerungsteile, zu denen die Zielgruppen des Buchhandels zu zählen sind, prinzipiell ein vergleichsweise gutes Einkommen. Die Kernzielgruppen sind im oberen Bereich der Kaufkraftskala anzusiedeln. Ebensoviel, gegebenenfalls gar mehr Mittel stehen den potenzialträchtigen Etablierten und Modernen Performern zur Verfügung. Auch die Bürgerliche Mitte und die Experimentalisten weisen eine tendenziell höhere, mindestens aber durchschnittliche Kaufkraft auf. Lediglich die Käufersegmente mit geringerer Relevanz sind zum Teil sozial schlechter gestellt; siehe zur Veranschaulichung der jeweiligen sozialen Lage nochmals Abbildung 8. Porter beschreibt als weitere Bedingung für Abnehmerstärke eine hohe Preisempfindlichkeit. Diese ist v. a. bei Konsumenten undifferenzierter, relativ teurer Produkte oder auch bei geringen Qualitätsansprüchen gegeben. Das gilt im Bucheinzelhandel nicht, denn Buchtitel sind geistige Produkte, an die ganz unterschiedliche individuelle Ansprüchen von Konsumentenseite gestellt werden und die jeweils inhaltliche Unikate sind. Ein weiteres Mittel, um seinen Forderungen Nachdruck zu verleihen, besteht in authentischen Drohungen mit Rückwärtsintegration, d. h. Übernahme des liefernden Unternehmens. Diese Option aber ist für den Endkundenhandel und auch für den stationären Buchhandel basierend auf den bisherigen Erfahrungen als sehr unwahrscheinlich abzulehnen. Dagegen steigt die Relevanz des Aspekts vollständiger Information. Ein Abnehmer kann umso mehr Einfluss auf den Anbieter geltend machen, je besser er über Nachfrage, Preise, Kosten usw. informiert ist. Die Transparenz des Sortimentsbuchhandels wird maßgeblich durch die Ladenpreisbindung beeinflusst. Sie ermöglicht, dass die Preise für einen Großteil der angebotenen Waren – außer Modernes Antiquariat und Zusatzsortimente – bekannt sind. Eingeschränkt wird der Überblick des Kunden aber zum einen durch das vielfältige Titelangebot, das zwar mit Hilfsmitteln wie dem Verzeichnis lieferbarer Bücher (VlB) transparenter, jedoch nicht vollständig bekannt wird. Zum anderen ist der Kunde kaum oder gar nicht über Aspekte wie Nachfrage, Kostenstruktur oder wirtschaftliche Lage der Handelsunternehmen informiert.
175 Vgl. Eggert 2006, S. 38.
70
II Markt- und Wettbewerbsanalyse für den deutschen Bucheinzelhandel
Obwohl die Kunden des Sortimentsbuchhandels relativ gut informiert sind und grundsätzlich über zahlreiche alternative Einkaufsmöglichkeiten verfügen, ist ihre Verhandlungsmacht gegenüber den Buchhandlungen dennoch begrenzt – insbesondere, weil sie in der Regel als Einzelpersonen mit niedrigem Umsatzvolumen auftreten. Das bedeutet jedoch nicht, dass das Verhalten und die Meinung der Kunden für die Händler unwichtig sind. Im Gegenteil: Die Kaufentscheidungen sind in ihrer Gesamtheit von großer Bedeutung. Diese wiederum ist in hohem Maße abhängig von den Ansprüchen der Verbraucher gegenüber den Anbietern. Gemäß den zehn Sinus-Milieus lassen sich vielfältige Ausprägungen festmachen. Beispielsweise findet sich in den sozialen Unterschichten häufiger eine dezidierte Preisorientierung. In Kombination mit geringer Buchaffinität ist außerdem eine hohe Schwellenangst denkbar, der sich z. B. durch einen einfachen und unpersönlichen Marktauftritt begegnen lässt. Im Gegensatz dazu stehen die Anforderungen der Kernzielgruppen, die z. B. in persönlicher Atmosphäre, umfangreichen Serviceangeboten und Kundenbindungsmaßnahmen bestehen; darüber hinaus wird auch umfassende Kompetenz der Mitarbeiter gefordert. Eine umfassendere Darstellung ist der Tabelle 9 zu entnehmen. Überdies ist nicht zu vergessen, dass die Kunden die Möglichkeit haben, ihrem Willen durch „kollektives Handeln“176 Nachdruck zu verleihen und ihre Machtposition zu stärken. 3.6 Verhandlungsmacht der Verlage und der Barsortimente Als fünfte und letzte Wettbewerbskraft muss der Einfluss der dem Sortimentsbuchhandel vorgelagerten Wirtschaftsstufe untersucht werden. Von Lieferanten geht im Allgemeinen eine Bedrohung aus, wenn sie durch Preissteigerungen oder Qualitätsverschlechterungen die Rentabilität ihrer Abnehmer nach unten drücken, falls diese keine Weitergabemöglichkeit an ihre Abnehmer haben. Im speziellen Fall des Buchhandels kann die Verhandlungsmacht der Lieferanten v. a. in den Konditionen zum Ausdruck kommen, d. h. unterschiedlichen Abnehmern werden unterschiedliche Rabatte gewährt. Allerdings bleibt den Empfängern schlechterer Konditionen nur eine geringere Handelsspanne, da die Endverbraucherpreise entsprechend des Buchpreisbindungsgesetzes bereits von den Verlagen festgelegt werden. So kann es sein, dass im für den Buchhändler schlechtesten Fall keinerlei Weitergabemöglichkeit bleibt und noch dazu Verhandlungen mit einem mächtigen Verlag, der niedrigpreisige Titel anbietet, zu geringen Handelsrabatten führen. 176 Rusch 2003, S. 172.
3 Branchenstrukturanalyse
71
Im Bucheinzelhandel muss zwischen Verlagen und dem Zwischenbuchhandel als Lieferanten unterschieden werden. Der Zwischenbuchhandel ist wiederum in mehrere Betriebsformen zu untergliedern. Aus der Perspektive der Verhandlungsmacht erscheint die Aufteilung in auf eigene Rechnung und Verantwortung handelnde Unternehmen (Barsortimente) sowie diejenigen Firmen wichtig, die im Auftrag und auf fremde Rechnung handeln (Verlagsauslieferungen). Verhandlungen mit den Sortimenten liegen demzufolge nicht in der Verantwortlichkeit von Verlagsauslieferungen, sondern von ihren Auftraggebern, den Verlagen. Deshalb werden in diesem Abschnitt nur Barsortimente und Verlage als Lieferanten verstanden. Differenzierungen der beiden Lieferantengruppen sind insbesondere an den Stellen, an denen sich Abweichungen ergeben, vorgesehen. Eine Zusammenfassung und Gegenüberstellung der Ergebnisse findet sich in Tabelle 9. Kriterium
Verlage
Barsortimente
Wenig Anbieter/ hohe Konzentration
Weniger Anbieter und weniger konzentriert als der Zwischenund Endbuchhandel
Oligopol
Ersatzprodukte (betr. Lieferungsleistung)
Titel sind Unikate; Zusammenarbeit Mehrere, wenn auch wenige mit einer Verlagsauslieferung Dienstleister zur Auswahl
Sortimentsbuchhandel als wichtigster Absatzkanal, aber grundsätzlich Konkurrenz anderer Möglichkeiten, Sortimentsbuchhandel als BeinaheRelativ unwichtige Abnehmer z. B. Direktvertrieb Alleinabnehmer
Vorwärtsintegration Produktdifferenzierung/ hohe Umstellungskosten der Abnehmer
Im allgemeinen Sortiment keine Möglichkeit; im Fachbuchbereich bereits geschehen
Aktuell Bemühungen (Beratung, Einblick in Zahlen, Rundum-Betreuung etc.) der Barsortimente deuten langfristig darauf hin
Produktdifferenzierung möglich, je nach Sachgebiet umgesetzt; keine hohen Umstellungskosten für Bucheinzelhandel
Kaum Produktdifferenzierung; hohe Umstellungskosten (längerfristig angelegte Zusammenarbeit mit Abnehmern z. B. WWS)
Tabelle 9: Kriterien zur Beschreibung der Verhandlungsspielräume der vorgelagerten Wirtschaftsstufen.
Die diese Wettbewerbskraft konstituierenden Merkmale entsprechen im Wesentlichen denen der Abnehmerstärke in umgekehrtem Wirkungsverhältnis. So üben Verlage und Barsortimente einen großen Einfluss auf die Sortimente aus, wenn ihre Branche vergleichsweise wenige Anbieter und/oder eine hohe Konzentration aufweist. Auf den Zwischenbuchhandel, insbesondere auf das Segment der Barsortimente, trifft ersterer Aspekt zu. Die oligopolähnliche Struktur ist eindeutig anhand der Mitgliederzahlen des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels ersichtlich: In der jüngsten Statistik vom
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II Markt- und Wettbewerbsanalyse für den deutschen Bucheinzelhandel
1. Mai 2010 stehen 78 Zwischenbuchhandelsunternehmen 3.814 Bucheinzelhändlern gegenüber.177 In der Praxis dominieren sogar nur wenige Unternehmen, allen voran Koch, Neff & Volckmar (KNV, Stuttgart) und Libri (Hamburg), gefolgt von Umbreit (Bietigheim-Bissingen) und Könemann (Hagen).178 Der herstellende Buchhandel, also die zweite Gruppe der Lieferanten, zählt zwar deutlich mehr Mitglieder als die zweite Wirtschaftsstufe, jedoch immer noch deutlich weniger als der verbreitende Buchhandel. 1.833 Unternehmen sind Mitglieder des herstellenden Buchhandels. Darüber hinaus ist zu beachten, dass der Verlagsbuchhandel eine relativ hohe Konzentration aufweist. Rusch errechnet, bezogen auf das Jahr 2001, für die fünf größten Verlage bzw. Verlagskonzerne einen Marktanteil von 30 %. Nach einer weiteren Berechnung beträgt die Konzentrationsrate für das Jahr 2008 gut 19 %, denn die größten fünf Verlagsunternehmen erwirtschaften 1,86 Milliarden Euro und der Verlagsumsatz wird auf 9,614 Milliarden Euro geschätzt.179 Weiteres Charakteristikum der Lieferantenmacht ist das Fehlen von Ersatzprodukten für die abnehmenden Händler. Diese Frage ist für die Bucheinzelhandelsbranche aber nicht pauschal zu beantworten. Einerseits gibt es einige Substitute oder Werke mit ähnlichem Inhalt, andererseits scheint z. B. besonders bei Bestsellern keine Ausweichmöglichkeit für die Einkäufer der Sortimente zu bestehen.180 Das Produkt Buch im allgemeinsten Sinne, d. h. abgesehen von seinen vielfältigen Erscheinungsformen und Inhalten, also den einzelnen Titeln, ist wiederum als Input des Bucheinzelhandels unersetzlich. Jedoch – und dies gilt als Einschränkung für beide genannten Aspekte – bleibt die Wahl des Lieferanten aus dem Großhandel freigestellt. Dadurch ist es für Buchhändler durchaus und gerade im Bereich der Barsortimente möglich, auf andere Anbieter des gleichen oder eines ähnlichen Dienstleistungsbündels auszuweichen. Im Bereich der Verlage bzw. der Verlagsauslieferungen dagegen ist diese Wahlmöglichkeit begrenzt: Erstens sind Verlage Produzenten von inhaltlichen Unikaten, die kein zweiter Hersteller anbietet – damit sind alle Exemplare einer Auflage eines Titels gemeint; zweitens arbeiten Verlage in der Regel nur mit einer Verlagsauslieferung als Zwischenbuchhandelspartner zusammen, wodurch auch hier eine Festlegung auf einen Lieferanten erfolgt. Ebenso eindeutig groß ist die Bedeutung des Sortimentsbuchhandels als Abnehmer der Verlagsprodukte. Die traditionellen Buchhandlungen stellen mit 52,3 % Um177 178 179 180
Vgl. Börsenverein des Deutschen Buchhandels [28.06.2009]. Vgl. Langendorfs Dienst [18.08.2003/13.07.2009]. Vgl. Wilking 2009a, S. 29f.; Boersenblatt.net [06.07.2009/06.07.2009]. Vgl. Rusch 2003, S. 170.
3 Branchenstrukturanalyse
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satzanteil (2009) den wichtigsten Vertriebsweg für Verlagsprodukte und die beinahe alleinigen Abnehmer, zumindest aber die Haupthandelspartner der Barsortimente dar. Ergänzend muss darauf hingewiesen werden, dass sich gerade für Verlage auch andere Absatzmöglichkeiten wie der Direktvertrieb eröffnen. Dieser Sachverhalt schmälert die Verhandlungsmacht der Verlage und des Zwischenbuchhandels. Die Determinante der potenziellen Integration der vorgelagerten Wirtschaftsstufe kann hingegen die Position der Lieferanten stärken. Allerdings gibt es bisher keine Anzeichen für einen direkten Einstieg der Zwischenbuchhändler in den Endkundenhandel, d. h. für die Übernahme bzw. Eröffnung eines stationären Endkundengeschäfts. Die Abhängigkeit der Sortimente von den Barsortimenten wird allerdings durch Angebote wie die Partnermodelle im Online-Handel sowie Warengruppen- oder Themen-Pakete181 vorangetrieben. Darüber hinaus kooperieren Barsortimente mit Sortimentsbuchhändlern über betriebswirtschaftliche Beratungs- und Betreuungsangebote. Sie erhalten so einen umfassenden Einblick in die Sortimentspraxis, die auf Erfahrungswissen aufbaut. Diese Aktivitäten können als Indikator für langfristige Vorbereitungen auf den Endbuchhandel verstanden werden. Anders gestaltet sich die Situation bei Verlagen: Im Fachbuchhandel dominieren drei Verlage den Endbuchhandel; der Deutsche Ärzteverlag betreibt die Kette Lehmanns, die Inhaber des Verlags C. H. Beck führen die Schweitzer Gruppe und der Dr. Otto Schmidt Verlag unterhält die Sortimente der Sack Mediengruppe. Demnach sind auch im allgemeinen Sortiment Übernahmen durch Verlage vorstellbar. Ein letzter, die Verkäufermacht steigernder Punkt besteht in der Produktdifferenzierung oder in hohen Umstellungskosten für die Abnehmer im Falle eines Lieferantenwechsels. Die Verlage haben sich zwar in der Regel spezialisiert (Sach- oder Fachbuch, Schulbuch, Publikumsverlage, Kinder- und Jugendbuch etc.), jedoch gelten auf der Ebene der Einzeltitel die bereits zum Thema Substitute erwähnten Einschränkungen. Ein weiterer gegen die Verhandlungsmacht sprechender Aspekt sind die niedrigen Umstellungskosten für die Sortimente. Besonders in den Geschäftsbeziehungen zu Verlagen trifft dies zu. Löst man hingegen die Zusammenarbeit mit einem Barsortiment auf, so können Umstellungskosten entstehen, wenn man z. B. über die Nutzung seines Warenwirtschaftssystems oder die Einrichtung eines virtuellen Zentrallagers kooperiert. Die Differenzierung des Angebots spielt allerdings unter den Barsortimenten eine lediglich untergeordnete Rolle, auch wenn es Spezialbarsortimente gibt.182
181 Vgl. Wengeler 2006, S. 30f. 182 Vgl. Börsenverein des Deutschen Buchhandels [27.06.2009].
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II Markt- und Wettbewerbsanalyse für den deutschen Bucheinzelhandel
Die Bedrohung aus der Verhandlungsmacht der vorgelagerten Wirtschaftssubjekte, insbesondere der Verlage, ist resümierend als abnehmend einzuschätzen. Die Konzentration im Verlagsbuchhandel und die Bedeutung des Buchs für das Sortiment werden von der Vormachtstellung des Vertriebswegs Sortimentsbuchhandel, der bislang nur in Ansätzen vorhandenen Vorwärtsintegration und den geringen Kosten beim Lieferantenwechsel aufgewogen. Ein weiteres Argument für den geringer werdenden Einfluss der vorgelagerten Wirtschaftssubjekte stellt die zunehmende „Einkaufsmacht“183 des Handels dar. Diese kommt durch Forderungen höherer Margen und besserer Konditionen seitens des Bucheinzelhandels sowie des Zwischenbuchhandels zum Ausdruck. Grund für diesen Wandel, den Gröppel-Klein für den gesamten Einzelhandel bestätigt, ist u. a. die Konzentrationsbewegung im Handel, die dort die Macht bündelt.184 Der direkte Vergleich der jeweils marktführenden Unternehmen des Verlags- und Sortimentsbuchhandels stützt dies: Der Umsatz des größten Publikumsverlags Random House (268,8 Millionen Euro) entspricht in etwa einem Drittel des Umsatzes der Thalia Holding, die der Marktführer des Sortimentsbuchhandels ist.185 Mit seinen kumulierten 910 Millionen Euro Umsatz 2009 liegt dieses Unternehmen außerdem vor dem größten deutschen Verlag, Springer Science+Business Media (519,7 Millionen Euro). Inwiefern die Herstellermacht von der Nachfragemacht zurückgedrängt wird, soll später in dieser Arbeit erläutert werden (s. Kapitel III.3.2.1.1). Dagegen ist der Einfluss der Barsortimente als Zwischenbuchhändler anders einzuschätzen: Förderlich für die Verhandlungsposition gegenüber dem Endbuchhandel sind die starke Konzentration und die relativ geringe Anbieterzahl, die aktuellen Indikatoren für eine mittel- oder langfristige Vorwärtsintegration sowie teilweise entstehende Umstellungskosten für die Abnehmer. Außen vor bleibt an dieser Stelle aber das Machtverhältnis zu Buchhandel und Verlagen, sodass nicht von einer grundsätzlichen Verhandlungsmacht des Barsortiments die Rede sein kann. 3.7 Die aktuelle Marktstruktur im Überblick Nachdem die fünf Wettbewerbskräfte und ihre konstituierenden Charakteristika ausführlich diskutiert wurden, folgen nun Aussagen über die Struktur des stationären Sortimentsbuchhandels. Bestimmendes Moment sind die am stärksten ausgeprägten
183 Uhlig 1997, S. 20. 184 Vgl. Gröppel-Klein 1998, S. 33. 185 Vgl. Spielmann/Wilking 2010, S. 24; Wilking 2009a, S. 29; Spielmann/Wilking 2009, S. 25; Harenberg 2006, S. 1.
3 Branchenstrukturanalyse
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Triebkräfte. Das bedeutet beispielsweise eine zunehmend unattraktive Branche, wenn die Verhandlungsmacht der Lieferanten besonders groß ist.186 Welche Kräfte sind ausschlaggebend für den Branchenwettbewerb im stationären Buchhandel? Aus der obigen Analyse geht erstens hervor, dass der Einfluss der Triebkraft ‚Gefahr durch Ersatzprodukte‘ aufgrund der vielfältigen Auslegungsmöglichkeiten und Einflussfaktoren weder als positiv noch als negativ zu werten ist. Es wurden verschiedene Ebenen untersucht: Produkt (inhaltliche Perspektive), Medium bzw. Darreichungsform der Inhalte, Dienstleistungsspektrum der Anbieter, Vertriebsform und alternative Beschaffungsmöglichkeiten für Konsumenten; es gibt jeweils Substitutionsmöglichkeiten, die jedoch nicht eindeutig oder nur eingeschränkt von der aggregierten Nachfragerseite genutzt werden. Diese Wettbewerbskraft übt darüber hinaus nur einen geringen direkten Einfluss auf den Branchenwettbewerb aus. Es ist jedoch denkbar, dass sich die Attraktivität des stationären Bucheinzelhandels für Neueinsteiger verringert, wenn signifikante Konkurrenzangebote beispielsweise seitens der Beschaffungsmöglichkeiten für Endkunden auftreten. Zweitens fallen einige Triebkräfte des Wettbewerbs zu Gunsten der Attraktivität des Sortimentsbuchhandels aus: die Untersuchungen der Verhandlungsmacht der vorund nachgelagerten Wirtschaftssubjekte sowie der Bedrohung durch Markteintritte. Obwohl die Endkunden einen nicht zu unterschätzenden Erfolgsfaktor darstellen, ist ihr Einfluss auf die Geschäftstätigkeit der Buchhandlungen v. a. als Einzelpersonen gering. Zudem konnte der Großteil der Bedingungen für Abnehmerstärke für den betrachteten Markt abgelehnt werden, wenn auch eine Differenzierung nach Zielgruppen unterschiedlicher strategischer Relevanz teils abweichende Ergebnisse hervorbrachte. Dies gibt Anlass zum Hinweis, dennoch die Macht der vermeintlich unorganisierten Verbraucher nicht zu unterschätzen. Die Verlage als vorgelagerte Wirtschaftsstufe verlieren im historischen Vergleich zunehmend an Verhandlungsmacht, die sich in Richtung deren Abnehmer, nämlich des Endkundenhandels und zum Teil auch des Zwischenbuchhandels verlagert. Letzterer wiederum – und damit sind besonders die Barsortimente gemeint – verfügt über eine theoretisch vergleichsweise große Verhandlungsmacht als Lieferant des stationären Bucheinzelhandels. Die Markteintrittsbarrieren und die erwarteten Reaktionen der etablierten Unternehmen beugen erfolgreich neuer, v. a. branchenfremder Konkurrenz vor. Dies gilt allerdings nur eingeschränkt für brancheninterne Expansionsbemühungen. Weder die Verhandlungsmacht der Endkunden noch die der ersten und zweiten Sparte des Buchhandels sind aber aus186 Sämtliche theoretischen Grundlagen dieses Kapitels wurden entnommen aus Porter 2008c, S. 35–70.
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II Markt- und Wettbewerbsanalyse für den deutschen Bucheinzelhandel
schlaggebend für den Erfolg oder Misserfolg der Marktteilnehmer; folglich stellen sie nicht die stärkste Wettbewerbskraft der Branche dar. Im Vergleich dazu ist die Stärke der Triebkraft ‚Markteintritte‘ höher einzuschätzen, denn die Möglichkeiten des aktiven Gegensteuerns sind bei dieser unternehmensexternen Erfolgsdeterminante eingeschränkt. Drittens ist die Triebkraft ‚brancheninterne Rivalität‘ in ihrer Wirkung auf die Branchenstruktur negativ konnotiert. Marktaustrittsschranken, eine Vielzahl an Marktteilnehmern und langsames Wachstum unterstützen die Wettbewerbsintensität. Diese These wird durch involvierte Unternehmen bestätigt. Da Positionskämpfe aufgrund der vielen möglichen Ausprägungen vielschichtig und langfristig ausfallen können, macht ihr Einfluss auf die Branchenattraktivität eine starke Triebkraft aus. Zusammen mit dem Gefahrenpotenzial für die Branchenrentabilität, das aus den oben angeführten internen Markteintritten herrührt, bildet die Rivalität unter den bereits im stationären Sortimentsbuchhandel tätigen Unternehmen die stärkste der Wettbewerbskräfte. Die Ergebnisse dieser Analyse sind nochmals überblicksartig in Abbildung 9 zusammengefasst. Die Struktur einer Branche lässt sich qualitativ anhand der Komponenten Wettbewerbsintensität und Gesamtmarktrentabilität beschreiben. Für den hier untersuchten Markt resultiert v. a. aus der Stärke der Rivalität unter den etablierten Sortimentsbuchhandlungen, aber auch in der Zusammenschau mit den anderen vier Triebkräften eine allgemein hohe Wettbewerbsintensität. Der Extremfall jedoch ist nicht anzunehmen, da zum einen unterschiedlich große und unterschiedlich ausgerichtete Unternehmen vorzufinden sind, diese zum anderen nicht einflusslos in ihren Beziehungen zu Abnehmern und Lieferanten sind. Die Rentabilität der Branche Sortimentsbuchhandel erreicht zwar durch die hohe Wettbewerbsintensität keine Spitzenwerte, doch gilt der Buchhandel nicht als unrentabler Markt. Umstände wie z. B. die wachsende Nachfragemacht des Handels tragen zu einer insgesamt durchschnittlichen Branchenrentabilität bei. Dies schließt jedoch beispielsweise eine Polarisierung in Abhängigkeit der Unternehmensgröße nicht aus, denn in diesem Kapitel liegt das Hauptaugenmerk auf der Betrachtung der Branche als Ganzes. Aus der Makroperspektive heraus erscheint der stationäre deutsche Buchhandel als tendenziell attraktive Einzelhandelsbranche, die trotz mittelfristig stagnierender bzw. rückläufiger Umsätze Potenzial für engagierte und große Unternehmen bietet.
3 Branchenstrukturanalyse
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Einflussfaktoren auf Markteintritte: » Größenvorteile » Standortbesitz » Erfahrungseffekte » langsames Wachstum ¹ geringer Kapitalbedarf ¹ keine gesetzlichen Reglementierungen ¹ kaum Vergeltungsmaßnahmen
Verhandlungsstärke der Lieferanten: » Buchhandel als Kunde wichtig » kaum Vorwärtsintegration ¹ relativ höhere Konzentration bei Verlagen und Zwischenbuchhandel
Determinanten der Rivalität: » moderate Lagerkosten ¹ viele Wettbewerber ¹ geringes Wachstum ¹ keine Wechselkosten für Kunden ¹ hohe strategische Einsätze ¹ hohe Marktaustrittsbarrieren
Verhandlungsmacht der Abnehmer: » Einzelpersonen » geringer Anteil der Buchkäufe an den Gesamtausgaben » geringer Umsatzanteil pro Kunde » keine Rückwärtsintegration ¹ zahlreiche alternative Anbieter ¹gute preisliche Transparenz
Existenz von potenziellen Substituten: » hoher Dienstleistungsstandard » Möglichkeit der Sortimentserweiterung » Unikatstandard der Einzeltitel ¹ Konkurrenz unter verschiedenen Ausgaben eines Werks ¹ Medienkonkurrenz ¹ Verlagerung zu anderen Vertriebswegen
Abbildung 9: Die Wettbewerbskräfte der Branche Sortimentsbuchhandel – Stärke des Einflusses auf die Branchenattraktivität: starker Einfluss mittlerer Einfluss geringer Einfluss
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II Markt- und Wettbewerbsanalyse für den deutschen Bucheinzelhandel
4 Identifizierung strategischer Gruppen 4.1 Methode Die größen- und verhaltensabhängige Differenzierung bei der Attraktivitätsbeurteilung weist auf die Notwendigkeit einer brancheninternen Analyse hin. Dabei werden die dem Sortimentsbuchhandel inhärenten Strukturen untersucht und die Unternehmen in Gruppen eingeteilt. Dabei geht es nicht um eine eindeutige Zuordnung eines jeden Unternehmens, sondern um eine sinnvolle Neuuntergliederung des stationären Sortimentsbuchhandels, die aktuelle Entwicklung und Strukturen berücksichtigt. Die etablierten Schemata der Betriebsformen klammern meist den Aspekt der Kettenzugehörigkeit, oft auch den der Betriebsgröße (Verkaufsfläche) aus und berücksichtigen die Kundenperspektive nicht ausreichend. Obgleich der Ansatz der brancheninternen Strukturanalyse nicht zuerst von Michael E. Porter erwähnt wurde, sondern v. a. begrifflich zunächst bei Michael Stephen Hunt 1972187 aufgeworfen wurde, gilt ersterer durch seine intensive theoretisch-konzeptionelle Arbeit – z. B. zusammen mit Robert E. Caves 1977 – als ein wesentlicher Vordenker.188 Porters Wettbewerbsstrategie bildet auch für dieses Kapitel eine wichtige Literaturgrundlage; darin wird die Analyse strategischer Gruppen als wichtiger Bestandteil einer umfassenden volkswirtschaftlichen Wettbewerbsanalyse gefasst und „zwischen die Analyse der Gesamtbranche und die Berücksichtigung jedes einzelnen Unternehmens geschaltet“189. Ergänzend wurde ein jüngeres Anwendungsbeispiel von Arne Meyer-Ramien, der für die Mobiltelekommunikationsindustrie eine umfassende und fundierte Strategische-Gruppen-Analyse bietet, herangezogen.190 Neben der empirischen Bestimmung der Cluster dieser Branche stellt Meyer-Ramien die Methode und deren theoretische Historie umfassend dar. Darauf wird im Folgenden verstärkt zurückgegriffen.191 Unter einer strategischen Gruppe ist ein Bündel von Unternehmen in einer Branche zu verstehen, die eine ähnliche oder die gleiche Strategie verfolgen.192 Damit sind jedoch keine Segmentstrategien gemeint, sondern es ist von einem weiteren Strategieverständnis auszugehen. Vielmehr sind Ähnlichkeiten in der Wettbewerbsstrategie 187 Hunt, Michael Stephen: Competition in the Mayor Home Appliance Industry 1960–1970. Chicago 1972, zitiert nach Meyer-Ramien 2007, S. 467. 188 Caves, Robert E./Porter, Michael E.: From Entry Barriers to Mobility Barriers: Conjectural Decisions and Contrived Deterrence to New Competition. In: Quarterly Journal of Economics 91(1977), S. 242–261, zitiert nach Meyer-Ramien 2007, S. 464. 189 Porter 2008c, S. 183. 190 Meyer-Ramien 2007. 191 Soweit nicht anders erwähnt, vgl. Meyer-Ramien 2007, S. 105–140. 192 Vgl. Porter 2008c, S. 181.
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gemeint. Darunter versteht Porter die Optionen Differenzierung, Kostenführerschaft und Konzentration auf einen Teilmarkt, oder in der unternehmerischen Organisationsstruktur (z. B. Holding oder Verbund). Durch diese Ähnlichkeit in der strategischen Ausrichtung befinden sich die Gruppenmitglieder in einer ähnlichen Wettbewerbsposition und konkurrieren direkt miteinander. Die Wettbewerbssituation mit Unternehmen anderer strategischer Gruppen ist hingegen als mittelbarer zu bezeichnen. Durch die ähnlichen strategischen Verhaltensweisen innerhalb einer Gruppe nähern sich die Marktanteile der einzelnen Unternehmen einander an; sie weisen einen ähnlichen Markterfolg auf. Der Ansatz impliziert gleichwohl die These, dass die unterschiedlichen Positionen verschiedener strategischer Gruppen im Wettbewerb unterschiedliche Ergebnisse zur Folge haben. So gibt es strategische Gruppen, deren strategische Ausrichtung eine besonders hohe Rentabilität einbringt, während ein anderes Cluster aufgrund einer anderen Strategie wenig Erfolg hat. Der Gedanke, ein vergleichsweise schlechtes Betriebsergebnis durch Wechsel der strategischen Ausrichtung und damit der strategischen Gruppe verbessern zu können, erscheint als logische Schlussfolgerung. Jedoch bestehen zwischen den verschiedenen Gruppen so genannte Mobilitätsbarrieren. Sie schützen die Gruppenmitglieder in ihrer strategischen Position, aber hindern sie auch am Wechsel in andere, z. B. erfolgreichere Gruppen. Folglich sind Mobilitätsbarrieren konstitutiv für die Bildung und Entwicklung strategischer Gruppen. Wie aber lassen sich diese Barrieren erklären? Dieses Konstrukt bildet den Aufwand ab, der wegen interner Umstellungsprozesse durch die Veränderung der Strategie nötig ist. Dieser kann sowohl monetär als auch zeitlich bedingt sein oder Unsicherheiten verursachen. Zudem umfassen diese Ein- bzw. Austrittsbarrieren auch die ‚Kosten‘, die auf Abnehmerseite durch den Strategiewechsel entstünden. In der Fortentwicklung des Konzepts nach Caves und Porter (1977) ist man zu der Erkenntnis gelangt, dass Mobilitätsbarrieren ebenso wie andere strukturelle Größen nicht als exogen gegeben aufgefasst werden dürfen. Die Marktteilnehmer haben durchaus Einflussmöglichkeiten. Dies bedeutet gleichzeitig die Widerlegung des traditionellen SCP-Paradigmas der Industrieökonomik. Daraus entsteht ein neues Denkmuster, das unternehmensinterne Determinanten, die Ressourcenausstattung, mit dem Verhalten und den Ergebnissen von Unternehmen in Verbindung bringt: das Resource-Conduct-Performance- (RCP-) Paradigma. Die Beeinflussbarkeit der Marktstruktur durch die Marktteilnehmer selbst macht den Ansatz auch aus der betriebswirtschaftlichen Perspektive interessant: Die interne Branchenstrukturanalyse durch Herausarbeitung strategischer Gruppen ist von großer Bedeutung für die externe wie interne Unternehmensanalyse im strategischen
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II Markt- und Wettbewerbsanalyse für den deutschen Bucheinzelhandel
Management. Dabei können unterschiedliche Zwecke berücksichtigt werden: z. B. die Skizzierung der unterschiedlichen Wettbewerbspositionen der Marktteilnehmer, die Bestimmung der Wettbewerbsintensität innerhalb der Gruppen und zwischen ihnen, die Potenzialanalyse der Gruppen, die daraus resultierenden strategischen Verhaltensoptionen oder mögliche Reaktionen von Unternehmen auf Strategieveränderungen ebenso wie die unterschiedliche strukturelle Bedeutung einzelner Cluster. Dieses Analyseinstrument wird folglich wichtigen Fragestellungen der beiden wirtschaftswissenschaftlichen Disziplinen Volks- und Betriebswirtschaftslehre gerecht und verbindet sie auf diese Weise. Aufgrund der Vielfalt an Schriften zur Segmentierung von Branchen entsprechend dieses Konzepts werden unterschiedliche Vorgehensweisen bei einer solchen Analyse empfohlen. Hinterhuber und Kirchebner 1983193 folgend kommt bei Meyer-Ramien dieser Weg zur Anwendung: Zunächst müssen Zweck und Fokus der Untersuchung festgelegt werden. In einem zweiten Schritt soll die Analyse der Branchenstruktur nach Porter erfolgen und danach die tiefer gehende Informationsbeschaffung. Viertens nennen diese Autoren die Notwendigkeit der Entscheidung über Untersuchungskriterien – ‚relevante Schlüsseldeterminanten‘ – und über Untersuchungsobjekte, d. h. zu betrachtende Unternehmen. Im Anschluss daran sollen die Erfolgsvariablen festgelegt werden, bevor in einem sechsten Schritt die Relevanz der Schlüsseldeterminanten bezüglich des Wettbewerbs bzw. Erfolgs und der Zeit zu ermitteln ist. Erst danach steht die Bestimmung der strategischen Gruppen an. Dabei können auch statistische Methoden wie z. B. eine Clusteranalyse zur Anwendung kommen. Die Einteilung oder Berechnung von Gruppen impliziert gleichzeitig die Herausarbeitung von Mobilitätsbarrieren zwischen ihnen. Achtens führen Hinterhuber und Kirchebner die Notwendigkeit einer erfolgsorientierten Untersuchung der Konstrukte an. Daran anschließen soll sich ein abrundender Ausblick, der mögliche Entwicklungsrichtungen der unterschiedlichen Gruppen und Unternehmen aufzeigt. Kritisch bemerkt werden muss zu diesem Schema allerdings, dass die sinnvolle Abfolge der Arbeitsschritte zwei bis vier strittig erscheint. So ist es denkbar, zunächst eine umfassende Informationsbeschaffung vorzunehmen und daran anknüpfend zuerst die Branchenstrukturanalyse und dann die interne Strukturanalyse durchzuführen. Alternativ hierzu kann nach Abschluss der ersten Analysestufe die Festlegung der Untersuchungskriterien erfolgen, woran sich dann die Beschaffung der entsprechenden Informationen anfügt. Darüber hinaus geht Meyer-Ramien nicht distinktiv auf die Zwecke der Schritte fünf und sechs ein. 193 Vgl. Hinterhuber/Kirchebner 1983, S. 856–859.
4 Identifizierung strategischer Gruppen
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Die weitere Vorgehensweise in dieser Arbeit ist zwar an die Beschreibungen Meyer-Ramiens bzw. Hinterhubers/Kirchebners angelehnt, jedoch erfahren die einzelnen Schritte eine andere Gewichtung, die von der Anpassung des Konzepts an die Ziele dieser Studie herrühren. Zunächst wird der Bezugsrahmen der folgenden Untersuchung skizziert; darunter fallen beispielsweise die Festlegung des zeitlichen Bezugs oder des Untersuchungszwecks. Dies stellt v. a. für die spätere Auswahl der Abgrenzungskriterien (s. Kapitel 4.3) eine wichtige Vorbereitungsmaßnahme dar. Die Bestimmung der strategischen Gruppen soll schließlich in Kapitel 4.4 vorgenommen und beschrieben werden. Viertens gilt es, die gebildeten Cluster näher zu beschreiben (s. Kapitel 4.5). Darüber hinaus soll fünftens auf die Beziehungen der strategischen Gruppen zueinander eingegangen werden; dies findet Eingang in Kapitel 4.6. Der abschließende Absatz wird eine Zusammenfassung und die Skizzierung von Entwicklungstrends der strategischen Gruppen bieten (s. Kapitel 4.7). Diese Abfolge der Arbeitsschritte impliziert auch die wesentlichen Aspekte des Porter’schen Konzepts.194 Nach der Einteilung in die verschiedenen strategischen Gruppen wird vorgeschlagen, zunächst die relevanten Mobilitätsbarrieren aufzuzeigen. Anschließend soll auf die Interdependenzen unter den Gruppen und Marktteilnehmern eingegangen werden, die relative Verhandlungsstärke, die Positionen gegenüber Substituten und die Beziehungen unter den Clustern. Den Abschluss bildet auch hier die Zusammenfassung, in der auch Trends in der internen Branchenstrukturentwicklung aufgezeigt werden. 4.2 Bezugsrahmen der Untersuchung Zur Vorbereitung der folgenden Untersuchungsschritte dient nun die Erläuterung des sachlichen und zeitlichen Bezugsrahmens der internen Branchenstrukturanalyse. Wie bereits in Kapitel I erläutert wurde, ist der Zweck dieser Forschungsarbeit im Allgemeinen und der Analyse der strategischen Gruppen im Besonderen die so genannte Umweltanalyse, also die Untersuchung der unternehmensexternen strategischen Situation einer Branche und ihrer Protagonisten. Damit ist primär die Skizzierung der unterschiedlichen Wettbewerbspositionen der Marktteilnehmer gemeint, außerdem die Bestimmung der Wettbewerbsintensität innerhalb der Gruppen und zwischen ihnen, eine ansatzweise Potenzialanalyse der Gruppen sowie normative oder prognostische Ableitungen.195
194 Vgl. Porter 2008c, S. 178–211. 195 Vgl. Meyer-Ramien 2007, S. 117f.
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Der zu betrachtende Raum wurde ebenfalls bereits definiert (s. Kapitel 2): Innerhalb der Branche des deutschen Bucheinzelhandels soll der Markt des stationären Sortimentsbuchhandels fokussiert werden. Sollten Unternehmen mit mehreren Geschäftsfeldern darin agieren, so werden hier lediglich die strategischen Geschäftseinheiten (SGE) einbezogen, die im gewählten Markt tätig sind. Außerdem stellt sich die Frage, welche Untersuchungsebene zu wählen ist, um für den traditionellen Sortimentsbuchhandel realitätsnah strategische Gruppen abgrenzen zu können. Es erscheint sinnvoll, dass sich die Untersuchung primär auf die einzelnen rechtlich selbstständigen Unternehmen bezieht. Dies hat zur Folge, dass im Extremfall nicht so genannte Einbetriebsunternehmen, d. h. Unternehmen mit nur einer Betriebsstätte, Konglomeraten oder so genannte Mehrbetriebsunternehmen gegenübergestellt werden, die noch dazu verschiedene Betriebstypen in ihrem Portfolio halten (Diversifikation).196 Unterschiede im Bereich der Horizontalisierung, d. h. der Betriebsstättenanzahl, lassen sich weder eliminieren noch wäre dies als strategisches Element sinnvoll. Jedoch kann auf der Geschäftsfeldebene weiter differenziert werden. Die unterschiedlichen, zum Teil selbständigen Handelsketten oder -marken einer Unternehmensgruppe können einzeln eingeordnet werden. Allerdings ist dies nur der grundsätzliche Untersuchungsansatz, der flexibel angewendet wird. Zum ersten reicht unter Umständen die separate Betrachtung der Ketten bzw. Marken, oft in Tochtergesellschaften organisiert, aus – so z. B. bei den sieben Marken unter dem Dach der DBH als Finanzholding. Zum zweiten müssen fallweise die Tochtergesellschaften zu einer Dachmarke zusammengefasst werden. Dies ist besonders im Fall der Thalia Holding von Bedeutung. Ein Blick auf die Struktur der Thalia-Gruppe macht das Engagement im Bucheinzelhandel mittels vier einhundertprozentiger Tochterunternehmen – Thalia Nord, Thalia West, Gondrom, Buch & Kunst/Baedeker – und zwei weiterer Mehrheitsbeteiligungen – Kober & Thalia mit 75 %, Grüttefien mit 50,1 % – deutlich. Die Kunden der Betriebe von Thalia Nord und West, zum Teil auch von Gondrom-Filialen werden jedoch bislang die Zugehörigkeit zu verschiedenen Gesellschaften äußerlich nicht erkennen können; d. h. diese Gesellschaften treten bereits unter der Dachmarke ‚Thalia.de‘ auf. Für die übrigen in den letzten Monaten und Jahren hinzugekommenen Marken ist dies der künftige Unternehmensname, so das Anfang 2008 neu entwickelte Markenkonzept der Gruppe.197 Da folglich der Name ‚Thalia.de‘ für alle Tochtergesellschaften etabliert wird und die Unternehmensteile darunter gegenüber den Endkunden auftreten, werden in dieser Untersuchung die ursprünglich selbstständigen Gesellschaften gemeinsam betrachtet. 196 Vgl. Heinritz u.a. 2003, S. 27; Tietz 1995, S. 432. 197 Vgl. Wetzel 2008.
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Zum dritten ist fallweise noch eine weitere Differenzierung angebracht, da auch unter einer Marke mehrere Betriebstypen vorzufinden sind. Als Beispiel dafür kann die Mayersche Buchhandlung genannt werden, die sowohl Großflächenbuchhandlungen als auch Center- und Stadtteilfilialen betreibt. Aufgrund der Datenlage muss der Untersuchungsraum aber ein weiteres Mal eingeschränkt werden. Es stehen umfangreiche Angaben zu den 50 umsatzstärksten Unternehmen des Bucheinzelhandels zur Verfügung. So wird die jährlich aktualisierte Übersicht der Branchenzeitschrift Buchreport herangezogen. Darin finden sich jedoch nicht ausschließlich stationäre Sortimentsbuchhandlungen, sondern gleichermaßen Unternehmen des Bahnhofs- oder Warenhausbuchhandels. Zudem sind es gerade diese Firmen, die überwiegend im Rahmen ihrer Internetseiten Material zur Unternehmensstruktur oder ausgewählte betriebliche Kennzahlen anbieten. Zu den kleineren und mittleren Unternehmen erhält man nur Durchschnittswerte aus einem Betriebsvergleich des Instituts für Handelsforschung (IfH) der Universität Köln. Als besonders wichtig hebt Meyer-Ramien die „Auswahl der Definitionsmerkmale“198 der später zu bildenden Cluster hervor. Es stehen drei verschiedene Ansätze zur Auswahl. Erstens ist eine Gruppenbildung unter der Voraussetzung möglichst ähnlicher Strukturen und Ressourcen denkbar. Hierbei würden die Mitglieder einer Gruppe ähnliche Verhaltensoptionen und -restriktionen aufweisen. Zweitens kann ebenso nach tatsächlichen strategischen Verhaltensweisen abgegrenzt werden. Die dritte Möglichkeit besteht in einer Kombination der beiden ersten Ansätze, sodass sich hieraus eine vergleichsweise feinere Untergliederung des Untersuchungsraums ergibt. Wie im folgenden Kapitel noch aufzuzeigen ist, wird sich diese Analyse auf die Mischform stützen. Nachdem zahlreiche inhaltliche und sachliche Rahmenbedingungen für die anstehende Analyse aufgezeigt wurden, ist die zeitliche Komponente zu ergänzen. Hierbei kommt es zu einem Zielkonflikt. Einerseits bedarf es einer möglichst umfassenden Zeitraumbetrachtung. Das ist dem Zweck geschuldet, nämlich der Umweltanalyse als Teil der strategischen Analyse, an die sich in der Regel die Ausrichtung des langfristigen Unternehmensverhaltens anschließt. Sie soll sowohl vergangenheits- und gegenwartsbezogene Gegebenheiten als auch zukünftig relevante Einflussfaktoren berücksichtigen. Andererseits erscheint eine gleichzeitige Betrachtung dieser drei zeitlichen Dimensionen äußerst zeitaufwändig. Hinzu kommt das Problem der Datenverfügbarkeit und -unsicherheit, da ja auf die zukünftige Entwicklung allenfalls 198 Meyer-Ramien 2007, S. 124.
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von gegenwarts- und vergangenheitsbezogenen Informationen geschlossen werden kann. Aufgrund der Ambivalenz dieser Frage und der Verhältnismäßigkeit der Untersuchungsschritte insgesamt wird in dieser Arbeit eine Zeitpunktanalyse vorgezogen. Diese soll jedoch durch die Berücksichtigung zukunftsbezogener strategischer Determinanten den oben genannten Forderungen Rechnung tragen. Die folgende Untersuchung ist als Vorstufe zu einer Konkurrentenanalyse zu sehen, die das strategische Management jedes einzelnen Unternehmens im Rahmen der Umweltanalyse durchführen sollte. Daraus leitet sich die Möglichkeit eines höheren Aggregationsgrads ab, als er für eine Vertiefung der Konkurrenzbetrachtung notwendig wäre. Eine Zusammenfassung der skizzierten Rahmenbedingungen für die Analyse der strategischen Gruppen im stationären Sortimentsbuchhandel findet sich in Tabelle 10. Kriterium
Ausprägung
Forschungszweck
Strategische Umweltanalyse
Untersuchungsraum – Branche
Deutscher Bucheinzelhandel
– Markt
Stationärer Sortimentsbuchhandel
– Untersuchungsobjekte
Buchhandelsmarken
Abgrenzung der strategischen Gruppen
Kombination von struktur- und ressourcenorientierten Merkmalen und strategischem Verhalten
Zeitlicher Bezugsrahmen
Differenzierte Momentaufnahme
Rolle in der Umweltanalyse
Vorstufe zur Konkurrenzanalyse
Tabelle 10: Die Rahmenbedingungen zur Analyse der strategischen Gruppen.
4.3 Auswahl der Abgrenzungskriterien Um letztlich verschiedene Untersuchungsobjekte in nach innen möglichst homogene, nach außen jedoch möglichst heterogene Gruppen einteilen zu können, muss zunächst ein Kriterienkatalog – unter Berücksichtigung der Operationalisierung z. B. mittels Kennzahlen – aufgestellt werden. Anhand dessen werden die Ähnlichkeiten bzw. Differenzen festgemacht. Die Wettbewerber werden davon ausgehend in ihrer strategischen Ausrichtung beschrieben. Für die auszuwählenden Faktoren spiegelt ihre Rolle als Differenzierungsgrundlage auch den Anspruch wider, der an sie gestellt wird.199 Porter führt folgende populäre Dimensionen der Wettbewerbsstrategie an:200
199 Vgl. Meyer-Ramien 2007, S. 132. 200 Vgl. Porter 2008c, S. 179–181.
4 Identifizierung strategischer Gruppen
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r Spezialisierungsgrad (bzgl. Produktangebot, Abnehmersegmente und regionaler Abdeckung) r Markenidentifikation r Absatzförderung durch Druck (auf die Distributionsbetriebe; Push-Marketing) oder Sog (auf der Nachfragerseite; Pull-Marketing) r Wahl des/der Vertriebsweg(e) r Produktqualität r Technologievorsprung r vertikale Integration r Kostenposition r Dienstleistungen (Service) r Preispolitik r Macht ( finanziell und operativ) r Beziehung zum Gesamtunternehmen (bei mehreren SGE) r Beziehungen zu einheimischen und ausländischen (Gast-)Regierungen In Anlehnung daran schlagen Bensoussan/Fleisher bis auf drei geringfügige Modifikationen ähnliche Determinanten vor.201 Lediglich der Faktor Dienstleistung wird nicht genannt. Eine Veränderung zeigt sich im Bereich der Marketingstrategie: Die jüngere Literaturangabe bezieht diese Dimension rein auf den technologischen Aspekt, während Porter sich auf den Produktabsatz im Allgemeinen stützt. Darüber hinaus begreifen Bensoussan/Fleisher die Marktmacht eines Unternehmens v. a. als finanziell begründet; Porter hingegen nannte auch den operativen Aspekt. Meyer-Ramien nennt über diese beiden Quellen strategischer Determinanten hinaus eine weitere: die Monographie Bartölkes zu strategischen Gruppen.202 Sie zeichnet sich durch eine Ausrichtung auf Unternehmensfunktionen aus; die Autorin unterscheidet dabei: r Struktur und Organisation r Forschung und Entwicklung (F&E)/Technologieposition r Produktion und Kosten r Marketing/Produktpalette r Finanzen/Investitionen r Internationalisierung und 201 Vgl. Bensoussan, Babette/Fleisher, Craig S.: Strategic and Competitive Analysis: Methods and Techniques for Analyzing Business Competition. Upper Saddle River, N.J. 2003, o.S., zitiert nach Meyer-Ramien 2007, S. 130. 202 Vgl. Bartölke 2000, S. 72.
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II Markt- und Wettbewerbsanalyse für den deutschen Bucheinzelhandel
r weitere branchenspezifische Funktionen Die genannten Funktionsbereiche können jeweils anhand weiterer Aspekte charakterisiert werden (s. Tabelle 11). So lassen sich Organisationsstrukturen beispielsweise durch die Variablen Konzernstruktur, Diversifikationsgrad, Besitzverhältnisse, Unternehmensgröße und Marktanteil beschreiben. Die Technologieposition lässt sich u. a. an den Ausgaben für und der Intensität sowie Ausrichtung von F&E, der Anzahl von Patenten und Forschungspersonal, aber auch an entsprechenden Netzwerken festmachen. Gerade für herstellende Betriebe spielen als Faktoren von Produktion und deren Kosten z. B. Informationen zu den Anlagen (Alter, Anzahl, Kapazität und Auslastung, Qualität) eine gewichtige Rolle. Alle Fragen zur Produkt-, Distributions-, Kommunikations- und Kontrahierungspolitik sind charakterisierend für den Bereich Marketing und Produktpalette heranzuziehen. Der finanzielle Aspekt ist beispielsweise gekennzeichnet durch Verbindlichkeiten, Liquidität, Kapitalquellen sowie Akquisitions- und Investitionsstrategie. Das strategische Element der Internationalisierung lässt sich z. B. anhand des Internationalisierungsgrads und des Engagements des Unternehmens im Ausland kennzeichnen. Branchenspezifische Faktoren sind für den Bucheinzelhandel Standorte, Flächenrentabilität, Kostensituation und Verhandlungsspielräume gegenüber den vorgelagerten Wirtschaftsstufen. Für die hier folgende Untersuchung wurden zunächst alle genannten Strategieelemente berücksichtigt, um nicht durch eine vorzeitige Auswahl eines umfassenden Ansatzes entbehren zu müssen. Dennoch ist es nötig, aus dieser Sammlung für den gewählten Untersuchungsraum die besonders relevanten Determinanten auszuwählen. Dies muss unter der Maßgabe geschehen, möglichst signifikante Unterschiede zwischen den noch zu bildenden Gruppen herauszuarbeiten. Bei der Auswahl müssen außerdem zwei weitere Aspekte berücksichtigt werden. Zum einen müssen die zu verwendenden Elemente formale Voraussetzungen erfüllen, d. h. es muss zunächst möglich sein, die Aspekte mit Informationen zu füllen. Demzufolge sind Strategieelemente aufgrund fehlender oder nicht bzw. schwer zu erhebenden Daten ebenso auszuschließen wie aufgrund von Messproblemen. Damit wird eine Vorauswahl überhaupt möglicher strategischer Determinanten getroffen. Zum anderen erweist sich die Relevanz für den Untersuchungsraum als ein bedeutender Aspekt bei der Kriterienwahl. Die dadurch reduzierte Anzahl der Strategieelemente trägt darüber hinaus zur Vereinfachung der Untersuchung bei, die im Gegenzug allerdings zu Ungenauigkeiten bei der Realitätsabbildung führen kann. Die Auswahl der relevanten strategischen Determinanten kann mittels einer Faktorenanalyse, einer multivariaten Methode der Datenanalyse, erfolgen. Ergebnis derer ist eine Reduktion des Determinanten-Sets auf besonders ein-
4 Identifizierung strategischer Gruppen
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flussreiche Faktoren. Alternativ kann dieser Auswahlschritt unter Rückgriff auf sachlogische Erwägungen erfolgen, sofern ein allzu großer Aufwand die rechnerische Lösung nicht rechtfertigt. Dies setzt allerdings umfassende Marktkenntnisse voraus, damit die brancheninternen Zusammenhänge möglichst lückenlos abgebildet werden. Struktur und Organisation
Konzernstruktur Diversifikation (horizontal, vertikal, diagonal) Bedeutung von Strategischen Geschäftseinheiten (SGE) Besitzverhältnisse Größe (Umsatz, Beschäftigte) Marktanteile Marktwachstum/Ziele
Forschung & Entwicklung (F&E)/Technologieposition
F&E-Intensität und -Ausrichtung Ausgaben für F&E In F&E gebundenes Kapital Zahl von Patenten Zahl von Ingenieuren und Personal Verknüpfung zu nationalen Innovationssystemen F&E-Kooperationen Produkt- und produktionsbezogene Technologieausrichtung Standardpolitik
Produktion & Kosten
Alter der Anlagen Kapitalintensität der Fertigung Durchschnittliche Kapazitätsauslastung Durchschnittliche Länge der Produktionszyklen Zahl der Produktionsanlagen Material-/Produktionskosten Produktqualitätskontrollen Neuinvestitionen in Anlagevermögen Mitarbeiterintensität der Produktion
Marketing/Produktpalette
Zahl der Produkte und Marken Distributionskanäle Preispolitik Produkt-Präsentation/Werbung Kundenorientierung (Kundenservice und -zufriedenheit) Höhe des Marketingbudgets Produkt-Differenzierung Kundenstrukturen Produktlinien Produktqualität Lebenszyklus der Produkte
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II Markt- und Wettbewerbsanalyse für den deutschen Bucheinzelhandel
Finanzen/Investitionen
Verbindlichkeiten Außenfinanzierungsgrad Liquidität und Liquiditätsveränderung Gebundenes Kapitel Zusammensetzung des Portfolios Investitionsstrategie Akquisitionsstrategie Börsenkursentwicklung Finanzielles Rating
Internationalisierung
Internationale Standorte Internationalisierungsgrad Geografische Reichweite Ausländische Tochtergesellschaften/Divisionen Internationale Kooperationen (Allianzen, Joint Ventures, Minderheitsbeteiligungen) und Akquisitionen Risikosituation in internationalen Märkten Entwicklungsstand/Kaufkraft der internationalen Kunden
Branchenspezifika
Flächenrentabilität Service-/Dienstleistungsgrad Kostensituation Verhandlungsposition gegenüber Lieferanten Standorte/Lagen
Tabelle 11: Strategieaspekte zur Gruppenabgrenzung nach Unternehmensfunktionen
Nach Abwägen aller genannten Aspekte verbleiben die Bereiche Struktur und Organisation mit den Merkmalen Größe, Besitzverhältnisse und Horizontalisierung sowie Wachstum. Sie werden charakterisiert durch ihre Akquisitionsaktivität und Beteiligungen/Kooperationen und ihre Wachstumsstrategie. Darüber hinaus sind die unternehmerische Effizienz (Arbeits- und Flächenproduktivität) und der Marktauftritt durch die Variablen Wettbewerbsverhalten und Distributionskanäle verwendbar. Als branchenspezifische Bereiche sind es die geografische Verbreitung (Marktabdeckung, Standorte), Merkmale der Ladengeschäfte (Verkaufsraum, Verkehrslage am Standort) und der Spezialisierungsgrad des Sortiments. Der Funktionsbereich Internationalisierung bzw. internationale Ausrichtung entfällt wegen Mess- und Datenproblemen gänzlich. Welche Ausprägungen die genannten Variablen annehmen können sowie einen Überblick über sie bietet Tabelle 12.
4 Identifizierung strategischer Gruppen Strategieelemente
89 Ausprägung
Unternehmensgröße Größe
Sehr klein (≤ 50.000 € Umsatz/Jahr)/Klein (50.000 < x ≤ 1 Mio. € Umsatz/Jahr)/Mittel (1 Mio. < x ≤ 10 Mio. € Umsatz/Jahr)/Groß (10 Mio. < x ≤ 50 Mio. € Umsatz/Jahr)/Sehr groß (> 50 Mio. € Umsatz/Jahr)
Besitzverhältnisse
Inhabergeführt/Familienunternehmen/Holding oder Konzern
Horizontalisierung
Horizontal/Vertikal/Diagonal
Effizienz Arbeits-/ Umsatzproduktivität
Unterdurchschnittlich (< 130.000 € Umsatz/Beschäftigtem)/ Durchschnittlich (Mittelwert: 148.000 € Umsatz/Beschäftigtem)/Überdurchschnittlich (> 160.000 € Umsatz/Beschäftigtem)
Flächenproduktivität
Unterdurchschnittlich (< 4.500 € Umsatz/qm)/ Durchschnittlich (5.100 € Umsatz/qm)/ Überdurchschnittlich (> 5.500 € Umsatz/qm)/
Marktauftritt Wettbewerbsverhalten
Aktiv, aggressiv oder offensiv/reaktiv oder defensiv
Distributionskanäle
Offensichtliche Multi-Channel-Strategie/Primäre Nutzung eines Kanals
Wachstum Akquisitionsaktivität und Beteiligungen/ Kooperationen
0 neu eröffnete o. hinzugekommene Filialen pro Jahr/ 1 bis 5 neu eröffnete hinzugekommene Filialen pro Jahr/ > 5 neu eröffnete hinzugekommene Filialen pro Jahr
Wachstumsstrategie
Schrumpfung/Stabilisierung oder Konsolidierung/Wachstum
Verbreitung Marktabdeckung
Lokal/regional/überregional/national
Standorte
Kleinstadt/Mittelstadt/Mittel- und Großstadt/Großstadt
Ladengeschäfte Verkaufsraum
Klein (≤ 100qm)/Mittel (100 qm < x ≤ 1.000 qm)/Groß und Mittel/Groß (> 1.000qm)
Verkehrslage am Standort
Innenstadt, Einkaufszentrum, Subzentrum (hochfrequentiert)/ Seitenstraße/abseits
Sortiment Spezialisierungsgrad
Allgemeines Sortiment/Fachbuch, Themengebiete/Preisorientierung
Tabelle 12: Relevante strategische Determinanten und ihre Ausprägungen.
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II Markt- und Wettbewerbsanalyse für den deutschen Bucheinzelhandel
Zahlreiche der hier erarbeiteten strategischen Determinanten finden sich in Literatur der Handelsforschung auch als Systematisierungs- oder Unterscheidungskriterien für Betriebs- und Vertriebstypenklassifikationen.203 Beispielsweise gehört zu den am häufigsten verwendeten Kriterien, die mit den obigen Determinanten übereinstimmen, auch die Betriebsgröße; als Maß scheint hier besonders die Verkaufsfläche geeignet. Die Determinanten Besitzverhältnisse und Horizontalisierung entsprechen den Kriterien der Integration und der rechtliche Anbindung: Der Integrationsgrad gibt an, ob es sich um Einzelunternehmen, filialisierte Betriebe oder agglomerierte Betriebe handelt. Darüber hinaus sind Selbständigkeit und horizontale (in Form von Konzernzugehörigkeit) bzw. vertikale (vertragliche) Abhängigkeit zu unterscheiden. Die Distanzüberwindung (Bring- oder Holkauf) spiegelt die Distributionskanäle (stationär und ambulant) wider. Sowohl die Standortwahl als auch die Verkehrslage ähneln dem Inhalt des Kriteriums Integration in Agglomerationen, denn hier stehen die Optionen 1A- bis 1B-Lage in der Innenstadt, Stadtteile oder Vororte mit niedrigerer Kundenfrequenz sowie Einkaufscenter zur Verfügung. Die Sortimentspolitik entspricht u. a. dem Einflussfaktor Spezialisierungsgrad, da sie Sortimentsbreite und -tiefe bestimmt; zudem Qualitätsanspruch und Warencharakter. Der Verkaufsraum bzw. dessen Größe kann ebenso als Klassifikationskriterium angeführt werden. Aufgrund dieser weitreichenden Übereinstimmungen kann die These aufgeworfen werden, dass strategische Gruppen im Einzelhandel den Betriebsformen entsprechen. Dies entspricht zudem dem Geschäftsfeldansatz, den Meffert/Heinemann aufgrund seiner hohen Trennschärfe auf den Textileinzelhandel anwendeten; unter der Geschäftsfeldwahl verstehen sie die grundsätzliche Festlegung der Betriebsform.204 Ein möglichst differenziertes Begriffsverständnis bzw. für eine entsprechende Abgrenzung der Termini Betriebsform und Betriebstyp wird hier befürwortet. Das heißt, eine Betriebsform soll eine Erscheinungsform einer Gruppe von (hier: Einzel-)Handelsunternehmen darstellen, die sich in ihren Konzepten ähneln und die einer Vertriebsform (hier: stationärer Handel) angehören.205 Der Begriff Betriebstyp sollte dazu nicht synonym verwendet werden, sondern eine Betriebsformenvariante bezeichnen.206 Beispiele für Betriebsformen, die für den Einzelhandel mit Büchern, insbesondere den stationären Sortimentsbuchhandel, in Frage kommen, wären folgende: Fachgeschäft, Spezial203 Vgl. Ausschuss für Definitionen zu Handels und Distribution 2006, S. 43; Liebmann u.a. 2008, S. 394f. 204 Vgl. Meffert/Heinemann 1989. 205 Vgl. Purper/Weinberg 2007. Zu beachten ist, dass Tietz den Betriebsformenbegriff nur für den stationären Handel anwendet, während ambulante Formen als Vertriebsformen bezeichnet werden (vgl. Purper 2007, S. 9). 206 Vgl. ebd., S. 8f.
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geschäft, Kaufhäuser oder (die flächenmäßig größeren) Warenhäuser, Discounter oder Fachmärkte. Wie Purper belegt, dominieren diese Einteilung und die zugrunde liegenden Kriterien die Anbieterperspektive.207 Damit macht er eine Forschungslücke in der Betriebsformenforschung aus, die ohnehin während der letzten Jahre in der deutschsprachigen Handelsforschung in den Hintergrund getreten sei – obwohl es sich dabei um eine strategische Grundsatzfrage handle.208 Es fehlt also an Nachfragerorientierung, gerade wenn die Konsumenten nur eine geringe Homogenität in den anbieterseitig definierten Betriebsformen sehen.209 Aufgrund dessen hat Purper konsumentenorientierte Klassifikationskriterien für Einzelhandelsbetriebsformen empirisch erarbeitet: In welchem Umfang wird jeweils das Erlebnis-, Preis-, Service- oder Auswahlmotiv der Konsumenten befriedigt?210 Aufgrund der Bedeutung der Einkaufsstättenpräferenzen und deren Auswahl erscheint der Bedarf von mehr Konsumentenorientierung auch in der Betriebsformenforschung gerechtfertigt. Deshalb sollte das auch für die diesem Konzept nahestehende brancheninterne Strukturanalyse berücksichtigt werden. Eine Synthese verschiedener Betriebsformenklassifikationen, die teilweise die oben erarbeiteten strategischen Determinanten auch abbilden, dient aus diesem Grund im nachfolgenden Kapitel als Basis für die Bestimmung der strategischen Gruppen; dieser Ansatz wird der Gruppenbildung allein anhand strategischer Determinanten vorgezogen. 4.4 Bestimmung der strategischen Gruppen Die Einteilung der Untersuchungsobjekte in strategische Gruppen kann grundsätzlich unabhängig von den Einteilungskriterien auf verschiedenen Wegen erfolgen. Dies ist im Wesentlichen an der Verfügbarkeit der nötigen Daten und an der Anzahl der Abgrenzungskriterien festzumachen. Für den Untersuchungsraum des stationären Sortimentsbuchhandels in Deutschland liegen nur teilweise umfassende Daten vor und für einen großen Teil der Marktteilnehmer stehen lediglich Durchschnittswerte zur Verfügung (s. Tabelle 32). Aus diesem Grund ist eine rechnerisch exakte Lösung nicht für alle Unternehmen des Sortimentsbuchhandels möglich. Lediglich für die 50 größten Buchhandlungen, die aus dem Ranking des Buchreport hervorgehen, scheint dies durchführbar. Eine Beschränkung darauf aber bringt kein befriedigendes Ergebnis, da 207 208 209 210
Vgl. ebd., S. 9. Vgl. Purper/Weinberg 2007, S. 129. Vgl. Purper 2007, S. 213. Vgl. ebd., S. 211.
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II Markt- und Wettbewerbsanalyse für den deutschen Bucheinzelhandel
nur ein sehr kleiner Ausschnitt der Anbieter erfasst wird. Zudem ist zu erwarten, dass so nicht alle Unternehmenstypen erfasst werden, d. h. das Bild der strategischen Gruppen nicht vollständig ist. Da man von ähnlichen Ergebnissen innerhalb der Gruppen ausgeht, würden z. B. lediglich Filialunternehmen und lokale Großbuchhandlungen erfasst, nicht jedoch die kleinen und mittleren Sortimente. Diese Einschränkungen legen eine händische Gruppenbildung nahe. Voraussetzung dafür ist eine sehr geringe Anzahl an relevanten Determinanten. Als Beispiel für die Funktionalität dieses Verfahrens sei die Studie der Verfasserin der vorliegenden Arbeit zu deutschen Filialunternehmen des Buchhandels aus dem Jahr 2007 genannt.211 Anhand der Kriterien Verbreitung und Sortiment konnten in einer zweidimensionalen Matrix fünf Unternehmenstypen der Buchhandelsfilialisten abgegrenzt werden: Big Player, überregionale Größen, gebietsweise Akteure, Discounter und Spezialisten. Damit standen zwei anbieterseitig bedeutende Merkmale im Vordergrund. Die Entscheidung über die Marktabdeckung ist wichtig, weil dadurch die räumliche Präsenz des Unternehmens bzw. der Marke und letztlich der Bekanntheitsgrad beeinflusst werden. Auch die Wahl der Sortimentsbreite und -tiefe hat Signalwirkung auf den Absatzmarkt, genauer auf die Zielgruppe und die Wahl der Einkaufsstätte entsprechend dem Kundenbedürfnis. Unberücksichtigt bleiben aber weitere Strategiekomponenten wie z. B. Service und Erlebnisorientierung. Jedoch steht zu vermuten, dass zumindest dem Servicebedarf bei allen Typen außer den Discountern Rechnung getragen wird. Purper hat ausgehend vom Beitrag zur Befriedigung der Konsummotive eine viergliedrige Betriebsformenklassifikation erarbeitet. Jede Klasse ist entsprechend dem oder der Motive benannt, zu deren Befriedigung sie am besten geeignet ist. So kann der ‚Preisspezialist‘, der ‚Erlebnis- und Servicespezialist‘, der ‚Auswahl- und Erlebnisspezialist‘ und die so genannte Notlösung unterschieden werden. Unter Letzterem versteht man die Konzepte, die alle Bedürfnisse nur mittelmäßig bis wenig befriedigen.212 In die empirische Untersuchung flossen zehn Betriebsformen mit jeweils zwei Vertretern ihrer Klasse ein. Bei Branchen übergreifend gültigen Betriebsformen wurden zwei Beispiele unterschiedlicher Branchen gewählt, so z. B. Media-Markt und Praktiker als Repräsentanten der Fachmärkte. Die Untersuchung hat jedoch weder reine Servicespezialisten noch auf Auswahl und Service gleichermaßen spezialisierte Unternehmen hervorgebracht. Weiterhin fällt auf, dass aus der reinen Konsumentenperspektive das
211 Vgl. Emrich 2007, S. 55. 212 Vgl. Purper 2007, S. 202f.
4 Identifizierung strategischer Gruppen
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strategische und im Konkurrenzverhältnis bedeutsame Kriterium der Betriebsstruktur unberücksichtigt bleiben muss. Die gängigen Betriebsformenklassifikationen aus Anbieterperspektive berücksichtigen dies zwar nicht in den Bezeichnungen, jedoch im Kriterium Integration und rechtliche Anbindung. Die Erscheinungsformen aller Einzelhandelsunternehmen lassen sich grob in traditionelle und neuere Betriebsformen systematisieren:213 r Traditionelle Betriebsformen – Fachgeschäft (Kennzeichen Sortimentstiefe und -breite) – Spezialgeschäft (Kennzeichen Sortimentstiefe) – Boutique (Kennzeichen Sortimentsenge und Modeorientierung) – Gemischtwarengeschäft (geringe Bedeutung in Deutschland) – Warenhaus (Schwerpunkt Konsumgüter) – Kaufhaus (Schwerpunkt Konsumgüter; schmäleres Sortiment als Warenhaus) – Supermarkt (Schwerpunkt Lebensmittel) – Verbrauchermarkt (Schwerpunkt Lebensmittel) – SB-Warenhaus (Schwerpunkt „Food- oder Near-Food-Produkte“214) – Drugstore (Schwerpunkt Drogerieartikel; v. a. in USA verbreitet) – Discounter (in der Regel Filialsysteme) – Mobile Verkaufsstellen (Schwerpunkt Lebensmittel) – Automatenhandel (in der Regel Genussmittel) – Kiosk (in der Regel Genussmittel und Presseerzeugnisse) r Neuere Betriebsformen – Convenience Store (Schwerpunkt Lebensmittel) – Off-Price Store (Kennzeichen deutliche Preisreduktion) – Fachmarkt (Kennzeichen Großfläche, Sortimentsbreite und -tiefe) – Factory Outlet (Fabrikläden der Hersteller) Für die Unternehmen des Sortimentsbuchhandels sind daraus die folgenden Formen relevant: Fachmarkt, Fachgeschäft, Spezialgeschäft, Discounter und Kauf- oder Warenhaus. Gänzlich entbehrt werden muss nur das Erlebnismoment; alle anderen Motive finden Eingang in die Klassifikationskriterien. Dennoch möchte ich die Trennung zwischen filialisierten Unternehmen und unabhängigen Einzelunternehmen stärker betonen. Ein weiterer für die Wettbewerbsstrategie ebenso wichtiger Faktor ist die Größe der Betriebe, d. h. der einzelnen Filialen gemessen anhand der Verkaufsfläche. Damit zusammenhängen dürfte auch die Ent213 Vgl. Liebmann u.a. 2008, S. 396. 214 Ebd., S. 403.
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II Markt- und Wettbewerbsanalyse für den deutschen Bucheinzelhandel
scheidung über die ausdrückliche Befriedigung der Motive Erlebnis und Auswahl; für beide scheint ein vergleichsweise großes Platzangebot notwendig. Versucht man nun die vorgestellten Ansätze unter der Prämisse zu synthetisieren, dass strategische Gruppen im Einzelhandel unter Umständen den Betriebsformen entsprechen, müssen im ersten Schritt die Wachstumsstrategien215 der Untersuchungsobjekte geprüft werden. Für den Sortimentsbuchhandel bietet sich eine Zweiteilung des Anbieterfelds an: Einerseits gibt es nicht filialisierte bzw. keinem Konzern zugehörige, unabhängige Unternehmen. Ausgenommen sind Mitgliedschaften in horizontalen Kooperationen (Verbundgruppen, Einkaufsgemeinschaften, Marketingverbünde etc.), um die Position im Wettbewerb zu verbessern. Andererseits sind Buchhandelskonzerne zu nennen, die filialisieren, also intern wachsen, akquirieren, d. h. Mehrheitsbeteiligungen halten oder anstreben sowie Mitbewerber übernehmen, oder Franchising-Systeme betreiben. Im zweiten Schritt werden die beiden Perspektiven miteinander verbunden. Der traditionellen Klassifikation aus Anbietersicht, genauer den davon für den Bucheinzelhandel relevanten Formen, können die aus Nachfragersicht identifizierten Typen zugeordnet werden. So liegt auf der Hand, dass die Discounter das Preismotiv am besten befriedigen. Die Auswahl- und Erlebnisspezialisten können mit den Fachmärkten in Verbindung gebracht werden; aufgrund der Sortimentsbreite und gleichzeitig -tiefe kommen sie dem Bedürfnis nach einer großen Auswahl gut nach. Dies wird durch die in der Regel großen Verkaufsflächen unterstützt. Genau dies bietet zudem Raum, über die reine Warenpräsentation hinaus ein Einkaufserlebnis zu gestalten. Darüber hinaus sind Fachmärkte aber prädestiniert, das Servicemotiv zu befriedigen und ihre Fachkompetenz im betreffenden Waren-, Bedarfs- oder Zielgruppenbereich zu unterstreichen.216 Fachmärkte können also als Spezialisten für Service, Auswahl und Erlebnis gelten. Dadurch dass sie in der Regel im mittleren Preissegment operieren – besonders wenn sie Filialsystemen angehören und folglich Größenvorteile in der Beschaffung erringen können –, befriedigen sie zusätzlich das Preismotiv in mittlerem Maße. Das bringt ihnen häufig ein Image als zuverlässiger Allround-Partner beim Konsumenten ein.217 Die ebenfalls großflächigen Warenhäuser sowie die etwas kleineren Kaufhäuser kommen aufgrund ihres breiten Warenangebots als Auswahlspezialisten in Frage, wobei das Serviceniveau ebenfalls vergleichsweise hoch ist, ihm jedoch nur eine er215 Vgl. ebd., S. 215–218. 216 Vgl. ebd., S. 408–410. 217 Vgl. Zentes, Joachim: Grundbegriffe des Marketing (Sammlung Poeschel 108). Stuttgart 1996, S. 118, zitiert nach Liebmann/Zentes 2001, S. 392.
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gänzende Funktion zukommt.218 Ganz anders bei den Spezialgeschäften: Sie bieten ein hochspezialisiertes Warenangebot, d. h. in einem Bedarfsbereich eine besonders große Auswahl. Hinzu kommt ein dezidierter Schwerpunkt auf dem Service, insbesondere der fachkompetenten Beratung, die aufgrund der häufig beratungs- und serviceintensiven Waren nötig ist.219 Versucht man nun davon die Fachgeschäfte, die ebenfalls ein tiefes Sortiment sowie Beratung und Bedienung anbieten, abzugrenzen, so sind die unterschiedlichen Eignungsgrade zur Bedürfnisbefriedigung hilfreich. Obwohl Fachhändler eine große Auswahl aus einem Warenbereich bieten, streben sie dennoch nach einem repräsentativen Querschnitt ihrer Branche, also einer ‚Vollständigkeit‘ des Warenangebots;220 man spricht hier auch von ‚Vollsortimenten‘. Die ergänzende Beratungskompetenz und das Bedienungsangebot rücken in den Vordergrund und sind konstitutiv für die Abgrenzung. Fachgeschäfte sind deshalb als Servicespezialisten zu werten. Nachdem nun die beiden Perspektiven der Betriebsformenklassifikation miteinander verbunden wurden, steht noch die Integration des Abhängigkeitsgrads aus. Im letzten Schritt impliziert dies die Bildung von Clustern, die möglichst alle branchenspezifisch bedeutsamen Merkmale wiederzugeben versuchen. Primäres Abgrenzungskriterium ist die aus Anbieter- und Nachfragerperspektive gleichermaßen synthetisierte Betriebsform. Der Integrationsgrad der Betriebe unterteilt in einem zweiten Schritt. Daraus ergibt sich eine Matrix, wie sie in Tabelle 13 dargestellt ist. In den Feldern der Tabelle ist vermerkt, ob sich die zehn theoretisch erarbeiteten Gruppen im stationären Sortimentsbuchhandel finden lassen. Betriebsform
Integrationsgrad Nicht filialisiert
Filialisiert
Discounter (Preisspezialist)
--
•
Waren-/Kaufhaus (Auswahlspezialist)
--
--
Fachmarkt (Service-, Auswahl-, Erlebnisspezialist)
•
•
Fachgeschäft (Servicespezialist)
•
•
Spezialgeschäft (Auswahl- und Servicespezialist)
•
•
Tabelle 13: Abgrenzungskriterien der strategischen Gruppen.
218 Vgl. Liebmann u.a. 2008, S. 398–400. 219 Vgl. ebd., S. 397. 220 Vgl. ebd. 2008, S. 396.
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II Markt- und Wettbewerbsanalyse für den deutschen Bucheinzelhandel
Es fällt auf, dass auf Basis der verfügbaren Daten drei strategische Gruppen in der Praxis nicht bestätigt werden können. Zunächst handelt es sich um nicht-filialisierte Preisspezialisten. Folglich existieren so genannte Schmalspurbuchhandlungen mit Akzent auf Modernem Antiquariat/Sonderausgaben lediglich als konzernabhängige Betriebe. Vertreter der reinen Auswahlspezialisten kommen ebenfalls nicht vor. Wenn Großflächen als Buchhandlungen betrieben werden, dann werden immer auch die Service- und Erlebnisbedürfnisse der Kunden im Konzept berücksichtigt. Deshalb spielen die Betriebsformen Warenhaus und Kaufhaus für reine Buchanbieter keine Rolle. Buchsortimente können jedoch Abteilungen von Waren- oder Kaufhäusern darstellen. Ein Beispiel stellen erstens die Buchabteilungen der Kaufhof-Warenhäuser dar, die mit 72 Millionen Euro Jahresumsatz (2009) umsatzstärkstes Unternehmen des Warenhausbuchhandels sind. Zweitens sind die Buchabteilungen in den Karstadt-Warenhäusern zu erwähnen, von denen seit Juli 2008 44 als Shop-in-Shop-Systeme von Hugendubel oder Weltbild aus der Deutschen Buch Handels GmbH & Co. KG (DBH)betrieben werden.221 So sind sie in zweifacher Hinsicht konzernabhängig: sowohl vom Warenhauskonzern Karstadt als auch von der DBH. Diejenigen Betriebe aber, die oben als Allrounder bezeichnet wurden, kommen als Teil von Filialunternehmen ebenso vor wie als einzelne Verkaufsstellen. Sie werden hier als Buchkaufhausfilialen bzw. Buchfachmärkte bezeichnet. Diese beiden Gruppen sollten jedoch nicht mit der von Purper belegten Betriebsform der Notlösung gleichgesetzt werden. Diese nämlich sind durch allenfalls durchschnittliches Potenzial zur Befriedigung aller Konsumentenbedürfnisse gekennzeichnet, während die Fachmärkte im Sortimentsbuchhandel Service-, Auswahl- und Erlebnisspezialisten sind. Zu den beiden verbleibenden Betriebsformen, den Fach- und Spezialgeschäften, lassen sich jeweils sowohl filialisierte als auch nicht-filialisierte Unternehmen nachweisen. Bei den Servicespezialisten unterscheidet man den traditionellen Standortbuchhandel von kleinen bis mittelgroßen (Vorort-/ Stadtteil-)Filialen. Bei den Auswahl- und Servicespezialisten können die beiden Varianten mit ‚lokalen Fach-, Tendenz- und Spezialbuchhandlungen‘ sowie ‚Filialen von Fach- und Spezialbuchhandelsketten‘ umschrieben werden. Die nachfolgende Aufstellung gewährt einen Überblick über die sieben stratregischen Gruppen. Eine detaillierte Charakterisierung sowie die Zuordnung von Fallbeispielen finden sich in den beiden folgenden Kapiteln.
221 Vgl. DBH [06.03.2009]; Schulte 2008c, S. 14. Siehe auch DBH-Filialkarte (Abb. 17).
4 Identifizierung strategischer Gruppen
1 2.1 2.2 3.1 3.2 4.1 4.2
97
Schmalspurbuchhandlungen mit Akzent auf MA/Sonderausgaben Buchfachmärkte Buchkaufhausfilialen Traditioneller Standortbuchhandel Kleinen bis mittelgroßen (Vorort-/Stadtteil-)Filialen Lokale Fach-, Tendenz- und Spezialbuchhandlungen Filialen von Fach- und Spezialbuchhandelsketten
4.5 Kurzdarstellung der strategischen Gruppen Die folgenden Ausführungen werden v. a. an Fallbeispielen222 die Gruppenzugehörigkeiten erläutern, da eine Vollerhebung aufgrund der oben erwähnten Datenprobleme nicht möglich ist. Das Konzept lässt außerdem durchaus Raum für Dynamik innerhalb und unter den Gruppen. Tabelle 14 zeigt, in welchem Ausmaß die strategischen Gruppen die Kundenbedürfnisse, die bei Purper verwendet wurden, berücksichtigt werden. Bedürfnis
Gruppe 1
2.1/2.2
3.1/3.2
4.1
4.2
Erlebnis
Niedrig
Hoch
Mittel/niedrig
Mittel
Niedrig
Preis
Hoch
Mittel/niedrig
Niedrig
Niedrig
Niedrig
Service
Mittel
Hoch
Hoch
Hoch
Hoch
Auswahl
Mittel/niedrig
Hoch
Mittel
Hoch
Hoch
Tabelle 14: Befriedigung der Kundenbedürfnisse durch die strategischen Gruppen.
Die erste strategische Gruppe greift sogleich einen wichtigen Trend im Sortimentsbuchhandel auf: die Entwicklung eines Niedrigpreissegments.223 Damit werden besonders preisorientierte Buchkäufer angesprochen. Die Entwicklung eines so genannten Smart-Shopper, dessen wichtigstes Kaufkriterium der Preis – im Falle des Bucheinzelhandels vermutlich das Preisniveau – und dessen Ziel der dem Wortsinn nach ‚gerissene‘, ‚geschickte‘ oder ‚clevere‘ Einkauf ist, zeigt sich jedoch nicht nur im Bucheinzelhandel, sondern im (erlebnisorientierten) Einzelhandel überhaupt.224 Die Buchhandlungen mit einem schmalen Sortiment und einer Konzentration auf niedrig222 Für die im Folgenden genannten Beispiele wurden, sofern nicht anders erwähnt, im Internet verfügbaren Unternehmensinformationen herangezogen; siehe hierzu die jeweilige Website, die boersenblatt. net-Serie Hintergrund Filialisten, Wilking 2008 und Spielmann/Wilking 2009. 223 Vgl. Emrich 2007, S. 42f. 224 Vgl. Vossen/Reinhardt 2002, S. 116. Der Gang in eine Buchhandlung wird von Vossen/Reinhardt dem Erlebniskauf zugeordnet; vgl. ebd., S. 99.
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II Markt- und Wettbewerbsanalyse für den deutschen Bucheinzelhandel
preisige oder nicht mehr preisgebundene Verlagserzeugnisse hatten zunächst einen Boom erfahren. Nun scheint die Wachstumsgrenze erreicht. Als Indiz dafür können die Insolvenzen mehrere Händler mit Sortimentsschwerpunkt Modernes Antiquariat angeführt werden.225 Zumindest ist das Segment unter den wenigen Anbietern aufgeteilt. Weltbild dominiert klar neben weiteren Marken der DBH, Wohlthat’sche und Jokers. Lediglich Zweitausendeins kann als Fallbeispiel ohne Holding-Hintergrund genannt werden. Die Marktabdeckung ist bei Weltbild national bzw. (durch die Filialen im deutschsprachigen Ausland) transnational. Einige Bundesländer, v. a. die ostdeutschen, sind nur mit einem sehr dünnen Filialnetz bedacht. Dagegen erscheint Nordrhein-Westfalen mit 75 Weltbild-Filialen sehr gut abgedeckt. Auch die Verkaufsstellen von Zweitausendeins und Jokers sind über das ganze Bundesgebiet verstreut; lediglich die Wohlthat’sche Buchhandlung hat Schwerpunkte in Ostdeutschland, v. a. im Raum Berlin. Darüber hinaus ist sie auch im Westen des Lands präsent. Die Größe der Schmalspurbuchhandlungen liegt bei wenigen hundert Quadratmetern, was sowohl zum mittelgroßen Präsenzbestand als auch zur Strategie der Kostenführerschaft passt.226 Letzterem entsprechend wird oft auch nur ein Mindestmaß an Service geboten, z. B. der im Sortimentsbuchhandel etablierte Bestellservice nicht vorhandener Titel über Nacht. Im Gegenteil dazu präsentieren sich die filialisierten und unabhängigen fachmarktähnlichen Buchhandlungen. Sie bieten eine Reihe von Serviceleistungen, angefangen bei Geschenkgutscheinen und -verpackungen bis hin zu Medienstationen und Kinderbetreuung während des Einkaufs, und profilieren sich u. a. darüber. In der Gruppe der Buchfachmärkte finden sich v. a. inhaber- oder familiengeführte Unternehmen, wie z. B. Betriebe der Unternehmen Wittwer (Stuttgart), Graff (Braunschweig), Wenner (Osnabrück) oder Rombach (Freiburg). Ebenso gehören auch die Buchhandlung Stern-Verlag in Düsseldorf oder das Kulturkaufhaus Dussmann in Berlin dazu. Es handelt sich hier also um Unternehmen mit üblicherweise lokalem oder regionalem Einzugsgebiet. Sie bzw. die Haupthäuser, falls Zweigstellen unterhalten werden, werden als Großfläche227 betrieben. Beispielsweise verfügt die Buchhandlung Graff über 2.055 qm Verkaufsfläche; das Haupthaus von Rombach erstreckt sich auf 2.000 qm und das Buchhaus Sternverlag ist mit 8.000 qm eine der größten Buchhandelsflächen in Deutschland überhaupt. Dieses Platzangebot ist Voraussetzung für zweierlei Kennzei225 Vgl. Buchreport online [26.02.2009a]; BB 2009, S. 7. 226 Vgl. Emrich 2007, S. 60f. 227 Unter Großflächen sollen hier und im Folgenden Verkaufsstätten ab ca. 800 qm Verkaufsfläche verstanden werden.
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chen dieser und der nachfolgende skizzierten Gruppen: Erstens für eine große Auswahl qua breitem und tiefem Sortiment sowie einem großen Titelangebot von 100.000 bis 150.000; zweitens für die in der Regel klar ersichtliche Erlebnisorientierung, die sich mittels Themen- oder Informationsinseln, Leseecken oder einem integrierten Café umsetzen lässt.228 All das lädt zum längeren Verweilen im Ladenlokal ein, wodurch der Einkauf Teil des Unterhaltungs- und Freizeitprogramms werden kann. Die genannten Unternehmen bewegen sich in einem Umsatzgrößenintervall zwischen knapp zehn und maximal 35 Millionen Euro jährlich.229 Großflächenbuchhandlungen werden aber insbesondere von Buchhandelsketten wie Thalia, Hugendubel, Buch Habel, Mayersche, Osiander, Pustet, Rupprecht oder Heymann betrieben. Insbesondere die Großflächen von Thalia und Hugendubel finden sich nicht nur in hochfrequentierten Innenstadtlagen, d. h. Fußgängerzonen, sondern auch in Einkaufszentren.230 Sie gehören zu den so genannten Ankermietern und darüber hinaus auch zu den Unternehmen, die die größeren Verkaufsflächen mieten. Beispielsweise eröffnete Hugendubel 2008 in Leipzig eine Centerfiliale mit knapp 1.400 qm; auch der umsatzmäßige Marktführer Thalia weist mit der Arcaden-Filiale in Düsseldorf (1.000 qm) oder der 900 qm-Verkaufsstelle in der Passauer Stadtgalerie ähnliche Größenverhältnisse auf. Auffallend ist, dass die mindestens auf regionaler Ebene verbreiteten Ketten durch ganz unterschiedliche Eigentumsverhältnisse gekennzeichnet sind. Während Thalia und DBH (Hugendubel und Buch Habel) Buchhandelskonzerne sind, gehören z. B. Osiander oder die Mayersche zu den familiengeführten Unternehmen. Der Jahresumsatz der Gruppenmitglieder reicht von 27 (Rupprecht) bis über 900 Millionen Euro (Thalia). Neben diesen Unterschieden ist allen Buchfachmärkten und Buchkaufhausfilialen gemeinsam, dass sie das Preismotiv der Konsumenten nur in geringem bis maximal mittlerem Maß befriedigen. Preisreduzierte Waren finden sich insbesondere im Eingangsbereich als Lockangebote, und mit Hinweisen auf preisgünstige oder -reduzierte Titel wird nur im Rahmen von saisonalen Aktionen geworben. Unter den Fachgeschäften mit allgemeinem Sortiment, die sich grundsätzlich durch eine hohe Serviceorientierung z. B. über fachliche Beratung auszeichnen, dominieren die traditionellen Standortbuchhandlungen zumindest zahlenmäßig. In diese Gruppe können die meisten der kleinen und mittleren Unternehmen eingeordnet werden. Oft betreiben sie nur eine Verkaufsstelle von geringer oder mittlerer Größe, sind also nur lokal präsent. Zu einigen Unternehmen gehören aber neben einem so genannten 228 Vgl. Bramann u.a. 2008, S. 116. 229 Vgl. Spielmann/Wilking 2009, S. 18; Wilking 2008b, S. 24. 230 Vgl. Buchreport 2008, S. 14.
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Haupthaus noch einige – maximal vier – weitere Buchhandlungen; Unternehmen die mindestens fünf (gleichgestellte) Verkaufsstellen unterhalten, sind zu den filialisierten Unternehmen zu rechnen.231 Die Kernkompetenzen sind in den Bereichen Service und Auswahl zu suchen, denn es handelt sich um allgemeine Sortimentsbuchhandlungen, die v. a. breit über alle Warengruppen sortiert sind und dazu persönlich beraten. Die traditionellen Standortbuchhändler führen oft ihr Unternehmen selbst, sind in jedem Fall unabhängig von Buchhandelsketten. Doch auch die Filialisten haben neben Großflächen Betriebstypen mit Fachgeschäft-Charakter in ihrem Portfolio. Darunter sind kleinere bis mittelgroße, also mehrere hundert Quadratmeter Verkaufsfläche umfassende, Vollbuchhandlungen zu verstehen, zudem auch Filialen in Einkaufszentren oder in Subzentren bzw. Stadtteilen. Besteht das Unternehmensportfolio sowohl aus Buchkaufhäusern als auch aus kleineren Filialen, lassen sich diese umsatzmäßig nicht trennen, weshalb auch keine Aussagen über die wirtschaftliche Bedeutung des einen oder anderen Geschäftsbereichs für die Unternehmen zu treffen sind. Als Fallbeispiel für die Stadtteil- und Centerfilialen ist die Mayersche Buchhandlung zu nennen; Stadtteil-Filialen gibt es z. B. in Köln-Sülz, in Essen-Rüttenscheid oder Dortmund-Hombruch. Dabei handelt es sich um mittelgroße Verkaufsstellen mit ca. 400 qm Verkaufsfläche. Mittelgroße Buchhandelsketten wie Weiland (DBH; 33 Filialen), Heymann (16 Filialen) oder Rupprecht (18 Filialen) betreiben überwiegend Einzelhäuser im Fachgeschäftsstil. Die Erlebnisorientierung fällt von Fall zu Fall unterschiedlich, jedoch selten sehr ausgeprägt aus, was u. a. am Platzangebot in den Verkaufsstellen liegen mag. Auch das Preismotiv wird wie bei Fachgeschäften im Einzelhandel üblich nicht explizit befriedigt. Für Buchhandelsketten ist dies eher assoziativ möglich, d. h. dass die Kunden bei Filialunternehmen von einer relativen Größe und dadurch Beschaffungsmacht ausgehen, wodurch sie bei Filialisten günstigere Preise erwarten. Dieser Fall setzt für den Buchhandel die Unkenntnis der Buchpreisbindung voraus, die auf immerhin 15 % der Befragten im Rahmen der Studie Buchkäufer und Leser 2005 zutrifft, während sich weitere 32 % über diese Frage unsicher waren.232 Die Betriebsform der Spezialgeschäfte wurde ebenfalls in filialisierte und nichtfilialisierte Unternehmen unterteilt. Letztere sind die lokalen Fach-, Tendenz- und Spezialbuchhandlungen, d. h. all die Unternehmen, die sich auf eine Warengruppe aus dem Fachbuchbereich spezialisiert haben oder mehr oder weniger stark auf ein Themengebiet ausgerichtet sind; so z. B. literarische oder Krimibuchhandlungen. Gera231 Vgl. Ausschuss für Definitionen zu Handels und Distribution 2006, S. 67. 232 Vgl. Börsenverein des Deutschen Buchhandels 2005b, S. 88.
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de bei einer Spezialisierung außerhalb des Fachbuchbereichs wird auch Potenzial für Erlebniskomponenten deutlich, beispielsweise in einer Kochbuchhandlung, die neben dem reinen Kochbuchbetrieb eine Showküche integriert, die die Möglichkeit für Kochworkshops oder Veranstaltungen mit Starköchen bietet. Im Fachbuchbereich aber dürfte unabhängig vom Integrationsgrad der Betriebe der Schwerpunkt auf dem fachlichen Sortiment und damit der fach- oder themenspezifisch großen Auswahl liegen. Die meisten unabhängigen Unternehmen beschränken ihre Geschäftstätigkeit meist auf einen Ort, maximal eine Region, z. B. im Fall von Fachbuchhandlungen. Die Universitätsbuchhandlung Krüper betreibt beispielsweise vier unterschiedlich ausgerichtete Filialen in Münster. In der Regel handelt es sich um inhabergeführte Unternehmen, deren Jahresumsatz maximal zehn Millionen Euro beträgt. Die letzte Gruppe bilden die Fach- und Spezialbuchhandelsketten, die über das gesamte Bundesgebiet verbreitet sind, unabhängig von der Dichte ihres Filialnetzes. Zu den Fachbuchhandelsketten zählen Schweitzer Fachinformationen, Lehmanns und die Buchhandlungen der Sack Gruppe. Ebenfalls zu dieser Gruppe gehören die auf das Theologiesegment spezialisierten Alpha Buchhandlungen sowie der Kunstbuchhändler König mit seinen Museumsbuchhandlungen. Es handelt sich mit Ausnahme der letztgenannten um nicht-inhabergeführte Ketten. Bei den Fachbuchhandlungen sind aber zwei andere Besonderheiten anzuführen. Zum einen die Verflechtung mit Fachbuchverlagen: Schweitzer ist im Besitz der C. H. Beck Verleger, Lehmanns gehört zum Deutschen Ärzteverlag und die Sack Mediengruppe zum Dr. Otto Schmidt Verlag. Zum anderen hat Lehmanns vor einigen Jahren auch Vollbuchhandlungen in ihr Unternehmensportfolio aufgenommen, die den Buchfachmärkten zuzuordnen sind. Wettbewerbsvorteil der filialisierten Spezialisten sind Größenvorteile bei der Befriedigung des anspruchsvollen Servicebedürfnisses der Konsumenten. Grundsätzlich wird von Spezialgeschäften eine umfassende Betreuung beim Kauf der beratungsintensiven Waren vorausgesetzt, die Fachkompetenz voraussetzt. Professionelle Fachinformationen werden zudem um fachspezifische Services, z. B. aktuelle Novitäteninformationen oder Fortsetzungslieferungen, ergänzt. In den stationären Verkaufsstellen zählt auch das Angebot von Fachbedarf, z. B. Berufsbekleidung, zum Service. Ausgeschlossen ist dagegen die Preisorientierung, da besonders Fachbuchpreise über dem durchschnittlichen Buchpreisniveau angesiedelt sind. Nach der kurzen Vorstellung der strategischen Gruppen steht eine Überprüfung der Gruppeneinteilung auf ihre Konsistenz hin aus. Diese soll mittels eines Vergleichs mit zwei älteren brancheninternen Strukturanalysen geschehen. Zum einen wird eine
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Untersuchung Ingrid Effens zu strategischen Gruppen im Bucheinzelhandel233 herangezogen, zum anderen eine von Heribert Meffert und Gerrit Heinemann, die den Geschäftsfeldansatz zum Ausgangspunkt hat.234 Meffert/Heinemann orientieren sich bei ihrer Einteilung von Lebensmitteleinzelhändlern in strategische Gruppen an einer Warengruppen-Kundengruppen-Matrix und unterscheiden je Parameter zwei Ausprägungen: die volle Abdeckung und die Spezialisierung auf Teilbereiche. Daraus ergeben sich nachfolgend dargestellte Kombinationen. Kundengruppen
Warengruppen Volle Abdeckung
Konzentration/Spezialisierung
Volle Abdeckung
Volle Waren- und KundengruppenAbdeckung (Fachmärkte)
Warengruppen-Spezialisierung (Fachgeschäfte)
Konzentration/ Spezialisierung
Kundengruppen-Spezialisierung (Schmalspursortimente)
Warengruppen-KundengruppenKonzentration (Spezialgeschäfte) oder selektive Spezialisierung
Tabelle 15: Abgrenzung strategischer Gruppen nach Meffert/Heinemann.
Die in Klammern hinzugefügten Bezeichnungen zeigen die in dieser Arbeit vorgenommene Gruppierung – exklusive der jeweiligen Unterscheidung nach dem Integrationsgrad. Die (filialisierten) Schmalspursortimente z. B. treffen zwar keine Warengruppenauswahl, wohl aber konzentrieren sie sich in ihrem Angebot auf preisorientierte Konsumenten, die ein niedriges Preisniveau wünschen. Spezialgeschäfte – ganz gleich, ob filialisiert oder nicht – haben sich sowohl auf eine oder wenige Warengruppen spezialisiert als auch auf die Ansprache einer bestimmten Zielgruppe, z. B. die beim Fachbuch professionell orientierten Kunden. Daraus ist ersichtlich, dass zumindest diese Klassifizierung dem Geschäftsfeldansatz entspricht, der die Orientierung an den Betriebsformen des Einzelhandels bei der brancheninternen Strukturanalyse rechtfertigt. Die zweite Referenzstudie wurde nicht für ein anderes Einzelhandelssegment, sondern für den Bucheinzelhandel durchgeführt, allerdings liegt das bereits über zehn Jahre zurück. Wenn man Strukturveränderungen seitdem unterstellt, scheint eine Neueinteilung wie hier geschehen gerechtfertigt. Dennoch lässt sich anhand von Effens Analyse belegen, dass es für dieses Segment von Bedeutung ist, zwischen unabhängigen und integrierten Betrieben zu unterscheiden. Effen grenzt drei strategische Gruppen ab: erlebnisorientierte Buchkaufhäuser, profilierte Innovatoren und konservative Strategen. Sie lassen sich u. a. durch die Sortimentsausrichtung charakterisieren. 233 Vgl. Effen 1995. 234 Vgl. Meffert/Heinemann 1989, S. 119–133.
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Bei allen Gruppen überwiegt das allgemeine Sortiment (Vollbuchhandlungen), bei der ersten ist der Anteil mit 83,2 % am höchsten. In der zweiten Gruppe sind es nur noch 58,4 % und vom Rest entfällt ein Drittel auf die Boulevardausrichtung. Auch in der dritten Gruppe ist über die Hälfte der Mitglieder allgemein ausgerichtet. Jedoch sind 21,7 % Fachbuchhandlungen und 13 % Universitätsbuchhandlungen. Allein aus diesem Grund lassen sich die Schmalspurbuchhandlungen und die Spezialgeschäfte nicht zu den erlebnisorientierten Buchkaufhäusern zählen. Die Bezeichnung Effens legt die Übereinstimmung mit den Fachmärkten nahe. Dass sich darunter laut Effen 70,6 % Filialisten finden, stimmt mit der Erkenntnis dieser Arbeit überein, dass Buchkaufhausfilialen dominieren. Den Gegensatz zu den erlebnisorientierten Großflächen bilden die konservativen Strategen, die dem traditionellen Sortimentsbuchhandel entsprechen. Dieser Gruppe sind mit Blick auf den hohen Anteil von Fach- und Universitätsbuchhandlungen (21,7 % bzw. 13 %) auch die lokalen Fach-, Tendenz- und Spezialbuchhandlungen zuzuordnen. Damit einher geht das vergleichsweise geringe Vorkommen von Filialunternehmen (27,3 %). Die noch nicht genannten hier erarbeiteten strategischen Gruppen – alles abhängige Betriebe – weisen Merkmale der profilierten Innovatoren auf, die von Effen übrigens nochmals in Nischenanbieter und so genannte Aktivisten untergliedert werden. Unter Nischenanbietern wären Spezialbuchhandlungen, also Experten, mit tiefem Sortiment zu verstehen oder Unternehmen in einer geografischen Nische. Ersteres Merkmal weist auf die Fach- und Spezialbuchketten hin, zumal sich unter den profilierten Innovatoren 40 % Filialisten befinden. Geografische Nischen werden oft durch Buchketten mit mittelgroßen Filialen und einer (über)regionalen Marktabdeckung besetzt. Sie weisen zudem teils Merkmale der Aktivisten auf, die mit einem populären Sortiment und nachdrücklicher Kundenorientierung, die hier als Ausrichtung auf preisorientierte Käufer zu verstehen sei, aufwarten. Dies tritt in besonderem Maße auch auf die Modernen Antiquariate und Niedrigpreisspezialisten zu. Anhand der Studie Effens ist ersichtlich, dass gerade im Sortimentsbuchhandel explizit zwischen filialisierten und nicht-filialisierten Unternehmen unterschieden werden sollte. Weitere wichtige Kriterien für die Abgrenzung strategischer Gruppen sind die Sortimentsausrichtung, die auch Meffert/Heinemann im Grad der Warengruppenabedeckung aufgreifen, die Verkaufsraumgestaltung und die Kundenorientierung (s. Kundengruppenabdeckung bei Meffert/Heinemann, Tabelle 15). 4.6 Marktinterdependenzen und Prozesse unter den strategischen Gruppen Die Funktion der brancheninternen Strukturanalyse besteht in der ergänzenden Erkenntnis, welche Faktoren die Rentabilität nicht der Branche, sondern der Unterneh-
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men oder eines Unternehmens bestimmen. Grundsätzlich kommen dafür die Merkmale der einzelnen strategischen Gruppen und die Position der einzelnen Unternehmen darin in Frage.235 Letzteres lässt sich aber nur exakt aus der Sichtweise eines Unternehmens auf den Markt durchführen. Deshalb wird in dieser Arbeit, die nur die Außensicht darstellen kann, darauf verzichtet. Vielmehr sollen die Merkmale der oben kurz vorgestellten strategischen Gruppen sowie die wechselseitigen Beziehungen untereinander erläutert werden. 4.6.1 Erfolgspotenziale der einzelnen Gruppen Erstes Ziel der Analyse der abgegrenzten Gruppen ist die Ermittlung ihrer Erfolgspotenziale und der distinktiven Mobilitätsbarrieren, die gleichzeitig eben diese Erfolgspotenziale schützen.236 Mobilitätsbarrieren bringen zum Ausdruck, welche Gründe die Unternehmen in einer Gruppe daran hindern, in eine andere zu wechseln bzw. was verhindern kann, dass gruppenexterne Unternehmen hinzutreten. Mögliche Quellen dieser Abgrenzungs- oder Schutzfaktoren sind folgende:237 r Marktbezogene Strategien: Produktpalette (Leistungsangebot), Anwendungstechnologien, Marktsegmentierung, Vertriebskanäle, Markennamen, geografische Markt– abdeckung r Branchenspezifische Charakteristika: Größenvorteile (in den Bereichen Produktion, Marketing, Verwaltung), Fertigungsverfahren, Forschungs- und Entwicklungspotenzial, Marketing- und Vertriebssysteme r Unternehmenscharakteristika: Eigentümerschaft, Organisationsstruktur, Management-Qualifikation, Grenzen von Diversifikation und vertikaler Integration, Unternehmensgröße, Beziehungen zu Interessensgruppen Einige dieser Faktoren flossen bereits in die Gruppenabgrenzung bzw. in die Kurzbeschreibungen jeder strategischen Gruppe ein. An dieser Stelle soll lediglich der wichtigste nochmals explizit aufgeführt werden. Das Erfolgspotenzial der einzelnen Cluster soll durch die Nennung der wichtigsten Chancen und Gefahren aus der Umwelt der Unternehmen sowie der Stärken und Schwächen der Unternehmen selbst – aus der Außensicht abgeleitet – operationalisiert werden. Damit wird einmal mehr auf den ganzheitlichen Ansatz Bezug genommen. Für das Niedrigpreissegment zeichnet sich eine ambivalente Situation externer Einflüsse ab, denn es besteht weiterhin ein Trend zu Preisorientierung. Der hängt mit 235 Vgl. Porter 2008c, S. 196. 236 Vgl. Meyer-Ramien 2007, S. 140; McGee/Thomas 1986, S. 150. 237 Vgl. ebd. 1986, S. 151.
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der Multioptionalität der Verbraucher zusammen, wonach individuell nach Wertschätzung des jeweiligen Produkts entschieden werden kann, ob qualitäts- oder preisorientiert die Einkaufsstätte mit entsprechendem Angebot ausgewählt wird. Darüber hinaus erwächst den stationären MA-Spezialisten zunehmend Konkurrenz anderer Vertriebskanäle, so z. B. im Online-Handel sowohl mit verlagsneuer Ware als auch mit gebrauchten Titeln. Die Unternehmen selbst halten oft Kostenvorteile im Bereich Personal und Ladenlokal, die sie gleichzeitig auf Zielgruppen festlegen, welche daran geringe Ansprüche stellen. Gegenüber anders orientierten Konsumenten kann dies als Nachteil ausgelegt werden: Einsparungen beim Fachpersonal mindern die Kompetenz ebenso, wie Verzicht auf hochwertige Ausstattungsmerkmale der Verkaufsräume keine hochwertige Atmosphäre erzeugt. Stärke vieler Schmalspurbuchanbieter ist aber der Medienmix, d. h. das Angebot (gedruckte Bücher, Hörbücher, Film-DVDs, Musik-CDs, Softwäre etc.) aber auch die Präsenz über mehrere Vertriebs- und Kommunikationskanäle (Kataloge, Online-Shops und Ladenlokale). Als wichtigste Mobilitätsbarriere kennzeichnet diese strategische Gruppe der first-mover-Vorteil der etablierten Unternehmen. Das bedeutet, diejenigen Unternehmen, die als erste in dieses Marktsegment, das neudeutsch auch ‚Buchhandel light‘ genannt wird, eintraten und sich etablierten, einen Wettbewerbsvorteil gegenüber Nachahmern aufweisen. Dieser kann z. B. im Bekanntheitsgrad begründet sein oder darin, dass sich die Handelsmarke, z. B. Weltbild, zum Synonym für dieses Segment entwickelt.238 Wie nachhaltig dieser Vorteil ist, lässt sich nur schwer beurteilen. Einerseits erscheint es sehr kostenintensiv, bei Neueintritt in das Segment den Wissen- und Bekanntheitsvorsprung nachzuahmen. Anderseits ist es denkbar, dass aufgrund von Veränderungen in der Verbraucherorientierung der Trend zum günstigen Preis-Leistungs-Verhältnis nicht fortwährt. Im Gegensatz dazu steht der Konsumtrend des Erlebniskaufs, der besonders den Großflächen des Sortimentsbuchhandels, also den Buchkaufhausfilialen und Buchfachmärkten, zu Gute kommt, da beide dieses Bedürfnis in hohem Maße aufgreifen. Ebenso als Chance, die durch Umweltgegebenheiten erwächst, ist der Trend zu Handelsagglomerationen zu sehen, der hochfrequentierte Standorte in eben solchen Ballungslagen begünstigt. Für Buchfachmärkte stellt sich als Gefahr zwar nicht per se die Existenz der filialisierten Großflächenbuchhandlungen dar, sondern der lokale Verdrängungswettbewerb beim Zuzug bzw. das externe Wachstumsbestreben, also Übernahmen, derselben. Doch auch die Filialisten sind nicht frei von externen Gefahren; 238 Dahinter steht das Phänomen, dass eine Produktnamen schließlich als Gattungsnamen verwendet werden, was besonders bei Markenprodukten zu beobachten ist, z. B. bei Papiertaschentüchern (Marke Tempo).
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sie stehen ihrerseits vor einem Verdrängungswettbewerb untereinander, durch andere Anbieter und besonders aus anderen Vertriebskanälen. Zusätzlich ist auch die zunehmende Digitalisierung eine beobachtenswerte Entwicklung. Gerade durch die oft sehr gute Kapitalausstattung der Buchkaufhausfilialen aufgrund der Integration in ein größeres Unternehmen können eben solche Entwicklungen und Trends früh geprüft und aufgegriffen werden, während für kleinere oder Einzelunternehmen die relativen Kosten dafür zu hoch ausfallen. Darüber hinaus stellen Kostenpositionen z. B. aus Miete und Personal für Großflächenunternehmen einen Nachteil dar. Gerade selbständige Buchfachmärkte können dies auch nicht durch Größenvorteile ausgleichen, wie sie Ketten durch Bündeleffekte bei Administration und Beschaffung beispielsweise erreichen. Als Schwäche der Filialisten wiederum können Selbstständigkeitseinbußen durch Zentralisierung angeführt werden; z. B. betrifft dies das Reaktionsvermögen auf lokale Gegebenheiten. Die Kundenbindung fällt grundsätzlich bei länger an einem Ort etablierten größer aus als bei kurzfristig angesiedelten Unternehmen, was in Zeiten einer schnellen Ausdehnung von Großunternehmen oft als Stärke der lokalen Größen angeführt wird. Dem stehen die Bemühungen von weit verbreiteten Ketten entgegen, sich als Handelsmarke zu etablieren, in deren Filialen der Kunde an jedem Standort ein ähnliches und bekanntes Angebot vorfindet. Im Vergleich zu anderen strategischen Gruppen zeichnen sich beide Typen durch ihre Großflächigkeit und ihr breites wie tiefes Angebot positiv aus. Gerade in der Abgrenzung untereinander weisen unabhängige Unternehmen keine hohen Mobilitätsbarrieren auf, da ihr Shopping-Konzept mit der Betonung von Auswahl, Erlebnis und Service leicht durch Konzerne nachzuahmen ist. Sie sind besonders durch finanzielle Vorteile der Abhängigkeit (Kapital und Größenvorteile) geschützt. Unter den beiden Gruppen der Betriebsform Fachgeschäft spielt erneut der Verdrängungswettbewerb eine gewichtige Rolle. Und dies sowohl untereinander als auch in Form von Konkurrenz seitens für Konsumenten attraktive Großflächen. Besonders für den traditionellen Standortbuchhandel erweisen sich die Trends im Konsumentenverhalten zu Erlebniskäufen und Preisorientierung ebenso als Gefahr wie der Reiz der Einzelhandelsagglomerationen. Standorte in solch hochfrequentierten Lagen sind zunehmend sehr kostenintensiv, weshalb mit Standortnachteilen für mittelständische Buchhandelsunternehmen, die traditionell nicht in 1A-Lagen ansässig sind, zu rechnen ist. Die hohen Standortkosten sind es auch, die filialisierten Unternehmen mit mittelgroßen Filialen eine hohe Kostenbelastung einbringen. Befinden sich deren Verkaufsstellen jedoch in Einkaufszentren, wird gerade der Trend zum Einkauf und der Befriedigung aller Bedürfnisse ‚unter einem Dach‘ zum positiven Einflussfaktor. Analog
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gilt dies für Standorte in Subzentren. Eine Chance für kleinere und mittlere Buchhandlungen ist der Fortbestand der Buchpreisbindung, der eine Schutzfunktion zugesprochen wird.239 Gleichzeitig wird so das in Deutschland sehr dichte Netz an Buchverkaufstellen aufrechterhalten. Das kann den Abfluss von Kaufkraft für Verlagsprodukte in andere Vertriebsformen bremsen, weil konventionelle Zugangsmöglichkeiten zu diesen Medien gut verfügbar bleiben. Eine Schwäche sowohl der filialisierten als auch nicht filialisierten Buchfachgeschäfte ist das im Vergleich zu großen Verkaufsflächen kleinere Titelangebot auf einer kleineren Fläche. Traditionellen Einzelunternehmen mangelt es darüber hinaus häufig an einer klaren Profilierung, an einem Alleinstellungsmerkmal gegenüber anderen Anbietern am selben Ort. Das trifft z.T. auch aus der Perspektive des Betriebsformenwettbewerbs zu. Das Differenzierungsproblem zeigt sich ebenfalls in lokalen Konkurrenzsituationen zwischen Buchkaufhausfilialen und kleineren Verkaufsstellen anderer Buchhandelsketten. Als Stärken lassen sich für den traditionellen Standortbuchhandel die Fachkompetenz sowie die hohe Kundenbindung anführen; im Vergleich zu integrierten Betrieben ist auch die Flexibilität einzelner und dezentraler Betriebe denkbar. Gerade die ausgeprägten Kundenbeziehungen vor Ort lassen sich als wichtigstes Abgrenzungskriterium zu anderen Gruppen anführen. Jedoch stellt dies keine nachhaltige Mobilitätsbarriere dar, da auch Konzernfilialen zunehmende Beliebtheits- und Imagewerte aufweisen.240 Stärke der mittelgroßen bis kleinen (Vorort-/Stadtteil-, auch Center-)Filialen ist wie für Buchkaufhausfilialen der Wiedererkennungswert der Marke, besonders wenn sowohl Großflächen als auch Satellitenfilialen betrieben und weitere Vertriebswege genutzt werden. Vorteilhaft können auch hier ab einer gewissen Größe des Unternehmens ‚economies of scale‘ durchgesetzt werden. Regionale und überregionale Buchhandelsketten verfügen zudem über einen vorteilhaften Bekanntheitsgrad im Verbreitungsgebiet. Eine eindeutig hervortretende Mobilitätsbarriere ist nur schwer auszumachen; besteht zwar gegenüber unabhängigen Buchhändlern eine Schutzfunktion, insbesondere im Größenvorteil, so ist es dennoch möglich, dass größere Buchhandelsketten kleinere, die v. a. regional gut etabliert und bekannt sind, akquirieren241 bzw. selbst in deren Verbreitungsgebiet vordringen.
239 Vgl. Rürup u.a. 1997, S. 23–25. 240 Vgl. Wolters 2008, S. 35; Wolters 2005, S. 40. 241 Vgl. Übernahme von Buch & Kunst (44 Filialen) durch Thalia zum 1. Januar 2007 (vgl. Boersenblatt.net [03.06.2009]).
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In einem gänzlich anderen Umfeld sind Spezialgeschäfte, insbesondere Fachbuchspezialisten angesiedelt.242 Besonders unabhängige Betriebe unterliegen dem Verdrängungswettbewerb in einem stagnierendem Markt: einerseits durch die Konzentration zu Gunsten der intern wie extern wachsenden Fachbuchketten, andererseits durch das breite und auch in Fachbereichen tiefe Sortiment der Großflächenbuchhandlungen. Für unabhängige wie für filialisierte Unternehmen spielen zwei weitere externe Entwicklungen eine große Rolle, auf die später noch ausführlich eingegangen wird (vgl. Kapitel IV): Erstens birgt die zunehmende Bedeutung von Information und Wissen in der Gesellschaft für den Buchmarkt, insbesondere für das Bildungs- und Fachsegment neue Entwicklungsperspektiven.243 Zweitens ist die Digitalisierung gerade im Fachinformationssegment eine wichtige Determinante des Marktgeschehens. Fachverlage bieten zunehmend (Zusatz-)Informationen online oder zumindest digital an. Auch für die Buchhändler stellt dies eine Herausforderung dar. Als Indiz für die Veränderung der Produkte kann weiter die Umbenennung einer Fachbuchkette gewertet werden: Anfang des Jahres 2008 verwies die Kette Schweitzer Sortiment auf eine neue Markenstrategie und der damit einhergehenden neuen Marke Schweitzer Fachinformationen.244 Offensichtlich tritt das Buchsortiment im Vergleich zu elektronischen Informationen in den Hintergrund, denn der neue Markenname mutet vergleichsweise medienneutral an. Im Vergleich zu allgemein sortierten Buchhandelsunternehmen ist als Stärke für beide Spezialistengruppen – egal ob auf Fach- oder Sachbücher konzentriert – die Fachkompetenz anzuführen. Gleichzeitig kann die übliche Festlegung auf bestimmte Themen durch die mangelnde Risikostreuung zur Schwäche v. a. für Einzelunternehmen werden, wenn die entsprechende Nachfrage einbricht. Dies gilt besonders für Themenspezialisten z. B. für Sachinformationen wie Religion oder General-Interest-Bereiche wie das Kochbuchsegment. Für Kettenbuchhandlungen spielen gerade im Fachinformationsbereich Größenvorteile und besonders die vertikalen Verflechtungen eine wichtige Rolle: Zusätzlich angebotene Dienstleistungen werden für den Großteil des Geschäfts, dem mit institutionellen Rechnungskunden, stark nachgefragt. Darunter sind z. B. Angebote aus dem Bereich der Elektronischen Datenverarbeitung sowie die Übernahme von Verwaltungsaufgaben und die Bewältigung der Kostenoptimierung zu verstehen.245
242 243 244 245
Vgl. Emrich 2007, S. 42. Vgl. Schippan 2006, S. 132; Kübler 2006, S. 299–335. Vgl. Schulte 2008d, S. 7. Vgl. Emrich 2007, S. 42.
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Obwohl gerade das Fachbuchsegment gänzlich andere Rahmenbedingungen aufweist, zeigt sich für die unabhängigen Betriebe ein in Teilen ähnliches Problem wie bei den Vollbuchhandlungen. Die Fachkompetenz erscheint als wichtigstes Alleinstellungsmerkmal der Gruppe, jedoch stellt dies keinen unnachahmbaren Vorteil dar – zumindest was den Handel mit privaten Endkunden betrifft. Für das Rechnungsgeschäft ist dies ein höher zu bewertender Vorteil, es sei denn Großunternehmen kaufen sich per Übernahme eines Fachanbieters in den Markt ein. So stieß im Jahr 2006 auch Thalia durch Übernahme des Fachversenders Dr. Claus Steiner (Idstein; jetzt Thalia Medienservice GmbH) in das Segment vor.246 Besonders wichtig für die Fach- und Spezialbuchhandelsketten sind die stabilen Besitzverhältnisse und die Besonderheit der vertikalen Anbindung, die gerade für die Zukunft in einem digital geprägten Markt z. B. technische Wissensvorteile bringen kann. In der Rückschau auf den ersten Schritt der Merkmalsanalyse über alle strategischen Gruppen des Sortimentsbuchhandels fällt eine Gemeinsamkeit aller ins Auge. Es wird ein enger Zusammenhang zwischen externen Trends und internen Stärken bzw. Schwächen deutlich. Es besteht eine große Abhängigkeit des Unternehmenserfolgs vom Verbraucherverhalten, also hauptsächlich von privaten Konsumenten, aber auch von institutionellen Abnehmern. 4.6.2 Relative Verhandlungsstärke der Gruppen Ein weiteres Charakteristikum einer jeden strategischen Gruppe besteht in ihrer jeweiligen relativen Verhandlungsstärke zueinander.247 Porter folgend sind zwei verschiedene Ursachen für unterschiedliche Marktpositionen der Cluster auszumachen, die beide auf den Sortimentsbuchhandel zutreffen. Erstens sind das verschiedene Abnehmer einerseits und verschiedene Lieferanten andererseits, was in unterschiedlichen Strategien begründet liegt. Wie homogen sind also die Abnehmer der strategischen Gruppen des Sortimentsbuchhandels? Zum einen wurde oben festgestellt, dass die Marktteilnehmer gruppiert werden können, weil sie unterschiedlich anspruchsvolle Verbraucher zufrieden stellen. Daraus lässt sich schließen, dass tatsächlich verschiedene Abnehmer angesprochen werden. Zum anderen überschneiden sich die Zielgruppen der einzelnen Betriebsformen, da zwischen den Leistungsprofilen der Gruppen wiederum Ähnlichkeiten bestehen. Beispielsweise wird der serviceorientierte Käufer theoretisch sowohl in Großflächenbuchhandlungen als auch im traditionellen Standortbuchhandel und den mittelgroßen Filialen zufrieden 246 Vgl. Boersenblatt.net [03.06.2009]. 247 Vgl. Porter 2008c, S. 189f.
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gestellt. Allein aufgrund der Zielgruppenüberschneidung ähnliche Marktpositionen nehmen auch die beiden großflächigen Gruppen ein; sie grenzen sich nur durch kleine Differenzen voneinander ab. Überdies unterscheiden sich die Lieferantenstrukturen der strategischen Gruppen (s. Abbildung 17). Ausschlaggebend für die Bezugswege ist die Unternehmensgröße gemessen am Jahresumsatz oder an der Geschäftsfläche des Unternehmens. Diese korreliert negativ mit dem Barsortimentsanteil bzw. positiv mit dem Verlagsanteil der Beschaffung.248 So kaufen (filialisierte) Buchfachmärkte und Preisspezialisten sowie Fach- und Spezialbuchhandelsketten aufgrund ihres hohen Bestellvolumens tendenziell direkt bei Verlagen bzw. deren Kommissionären (Verlagsauslieferungen) ein. Ihnen kommt außerdem zu Gute, dass sie häufig über Zentrallager und Zentraleinkauf bzw. Einkaufssteuerung verfügen.249 Nicht filialisierte Buchfachgeschäfte und Spezialbuchhandlungen beziehen ihr Angebot häufiger beim Zwischenbuchhandel, besonders beim Barsortiment, da sie kleinere Chargen ordern. Barsortimente gelten auch als ‚Hintergrundlager‘ des klassischen Sortimentsbuchhandels. Daher neigen Zwischenbuchhandelsunternehmen zunehmend dazu, speziell auf kleine bis mittlere Unternehmen zugeschnittene Zusatzdienstleistungen anzubieten. Als Ursache für differierende Gruppenpositionen können zweitens unterschiedlich hohe ‚Verwundbarkeiten‘ gegenüber gemeinsamen Abnehmern und Lieferanten angeführt werden. Dazu müssen zwei Fragen geklärt werden. Erstens: Haben die Gruppen gemeinsame Handelspartner? Zweitens: Bestehen unterschiedliche Abhängigkeitsgrade, aus denen die angesprochenen Verwundbarkeiten erwachsen können? Aufgrund der oben erwähnten Zielgruppenüberschneidungen der strategischen Gruppen im Zusammenhang mit der Mehrfachbesetzung von Standorten erscheint es plausibel, von gemeinsamen Abnehmern auszugehen – sowohl in der Gesamtmarktbetrachtung als auch für den jeweils lokalen Wettbewerb. Die Abnehmer des Sortimentsbuchhandels im Allgemeinen sind zu einem großen Teil private Endkunden, die als Einzelpersonen auftreten und einen sehr geringem Umsatzanteil pro Kauf und Kopf beitragen. Dies ist in der Gesamtperspektive auch für traditionelle Sortimentsbuchhändler mit einem traditionell hohen Stammkundenanteil anzunehmen, da sich zwar hier der Umsatz auf weniger Einzelkunden verteilen mag, die Einkäufe der Kunden dennoch einen unbedeutenden Anteil des Jahresgesamtumsatzes ausmachen. Die Verwundbarkeit der Buchhandelsbetriebe gegenüber den gleichen Kunden(-gruppen) erscheint gering. Die These, dies könne unterschiedliche Verhandlungsspielräume als Kennzeichen der jeweiligen strategischen Gruppe begründen, ist folglich abzulehnen. 248 Vgl. Börsenverein des Deutschen Buchhandels e.V. 2008, S. 44f., 108f., 112f. 249 Vgl. Brunn/Blömeke 2009, S. 199.
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Betrachtet man nun die Lieferantenseite, so kann die These nicht grundsätzlich abgelehnt werden. Da der deutsche Zwischenbuchhandel oligopolistische Strukturen aufweist, insbesondere unter den Barsortimenten, ist die Verwundbarkeit dieser Lieferanten gegenüber den Unternehmen mit einem hohen Barsortimentsanteil an der Beschaffung als vergleichsweise hoch einzuschätzen. Häufig findet sich die ausschließliche Zusammenarbeit mit einem dieser Zulieferer. Sie wird durch Zusatzangebote wie Unterstützung im Mehrkanalabsatz durch Partnermodelle des Zwischenhandels für den Online-Vertrieb250 gefestigt. Bei den Verlagsbestellungen stellt sich die Situation anders dar, da vielen Nachfragern mit jeweils kleinem Bestellvolumen pro Lieferant viele verschiedene Lieferanten gegenüberstehen. Selbst wenn Verlage mit der gleichen Auslieferung zusammenarbeiten, trifft dies zu, denn diese Zwischenbuchhandelsunternehmen handeln nicht auf eigene Rechnung, sondern im Auftrag des Verlags. Differenzierungen müssen jedoch für große Filialunternehmen vorgenommen werden, die gegenüber ihren Lieferanten in einer besseren Verhandlungsposition sind. Über die Barsortimente wird ohnedies ein geringer Anteil bezogen. Bei Verlagen als bevorzugtem Bestellweg ist die Situation trotzdem kaum anders, da große Mengen abgenommen werden. Besonders gegenüber kleinen Verlagen erscheinen Großbuchhändler oft übermächtig, da hohe Rabatte gefordert werden.251 Als Gegenbewegung zu dieser Dominanz sind so genannte Independent Days zu verstehen; z. B. laden die Mayersche Buchhandlung oder Thalia Vertreter kleinerer, unabhängiger Verlage zu Konferenzen oder Gesprächen ein, die die Zusammenarbeit mit diesen Unternehmen stärken sollen.252 Abschließend lässt sich konstatieren, dass die strategischen Gruppen zwar grundsätzlich mit den gleichen Lieferantengruppen, teils auch mit den gleichen Zulieferunternehmen zusammenarbeiten, sich aber unterschiedliche Beschaffungsstrukturen feststellen lassen. Gegenüber den vorgelagerten Stufen erweisen sich Großunternehmen des Buchhandels als relativ verhandlungsstark. Für das Verhältnis gegenüber Nachfragern trifft das aber für keine strategische Gruppe zu. Um Unterschiede zwischen den einzelnen Gruppen exakt benennen zu können, bedarf es aber weiterer Erhebungen. Aus dem vorliegenden Datenmaterial, v. a. dem Betriebsvergleich des IfH, lassen sich mangels Repräsentativität der Stichprobe keine validen Aussagen ableiten.
250 Vgl. Riehm u.a. 2001, S. 183–196. 251 Vgl. Baier u.a. 2008. 252 Vgl. Gab [10.09.2008].
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4.6.3 Gruppenspezifischen Positionen gegenüber Ersatzangeboten Ein drittes Merkmal der strategischen Gruppen stellt die Substituierbarkeit der Marktteilnehmer dar. Was Ersatzangebote sind, wurde bereits ausführlich im Rahmen der Branchenstrukturanalyse diskutiert; es konnten Produktsubstitute, substitutive Darreichungsformen, alternative Betriebs- und Vertriebsformen unterschieden werden. Aufgrund der Handelsperspektive ist es an dieser Stelle sinnvoll, den Fokus auf substitutive Betriebs- und Vertriebsformen zu legen. Dabei werden die Marktteilnehmer, die nicht primär dem stationären Sortimentsbuchhandel zuzurechnen sind, in den Mittelpunkt gerückt. Die internen Wechselbeziehungen stehen im folgenden Kapitel im Vordergrund. Ausgangspunkt der Betrachtung hier ist jeweils das Ersatzangebot im Sinne von Betriebs- und Vertriebsform, nicht wie unter 4.6.4 die strategischen Gruppen. Daraus folgt, dass nicht immer die exakte oder nur eine strategische Gruppe genannt werden muss, sondern es können mehrere (z. B. alle filialisierten Formen) zusammengefasst werden. Des Weiteren wird nicht grundsätzlich zwischen verschiedenen Vertriebsformen differenziert bzw. dies in der Darstellungschronologie berücksichtigt, vielmehr stellen Vertriebswege den Ausgangspunkt dar. Dazu fließen auch Aspekte anderer Vertriebsformen, z. B. dem ambulanten Buchhandel, ein, sofern diese von den Anbietern neben dem stationären Geschäft genutzt werden. Das trägt einmal mehr dem Trend zum Mehrkanalvertrieb Rechnung. Zu den buchhändlerischen Vertriebswegen sind neben dem Sortimentsbuchhandel der Warenhausbuchhandel, der Bahnhofsbuchhandel, der Versandbuchhandel sowie Buchgemeinschaften und der Antiquariatshandel zu zählen.253 Als erste Vertriebswegalternative ist der Warenhausbuchhandel heranzuziehen, der über die vergangenen Jahre hinweg konstant einen Rücklauf seiner Marktanteile erfuhr. 2002 waren es 4,5 %, 2009 noch 2,4 %.254 Weiteres Kennzeichen ist die Beteiligung marktführender Sortimentsbuchhandlungen an diesem Segment. Zum einen ist die Kooperation von Karstadt mit der DBH, genauer Weltbild und Hugendubel, zu nennen, zum anderen das Joint Venture der Mayerschen Buchhandlung zusammen mit Weltbild (B.O.B mit Weltbild best). Damit sichern sich marktführende Buchhändler eine gute Möglichkeit der Präsenzerweiterung sowie der Markterweiterung. Gegenüber dem Bahnhofsbuchhandel stellt sich die Position des Sortimentsbuchhandels etwas schlechter dar, denn der ebenfalls hochkonzentrierte Markt grenzt sich klar ab. Eine besondere Rolle spielen dabei Standortvorteile sowie eine klare Zielgruppe, nämlich Reisende an Bahnhöfen und mittlerweile auch Flughäfen, deren 253 Vgl. Börsenverein des Deutschen Buchhandels e.V. 2010, S. 6. 254 Vgl. ebd.
4 Identifizierung strategischer Gruppen
113
Bedarf auf alternativen Wegen kaum zu befriedigen ist. Hinzu kommt die Stärke der Marktteilnehmer. Vier Großunternehmen (Valora Retail, Schmitt & Co, HDS Retail, Dr. Eckert)255 generieren 70 % des Umsatzes in diesem Segment und sind auf Expansion der Flächen und des Sortiments ausgerichtet. Außerdem ist der Bahnhofsbuchhandel im Vergleich zum Sortimentsbuchhandel bereits stärker internationalisiert. Dies stellt eine mögliche Quelle von Wettbewerbsvorteilen dar, da innerhalb eines internationalen Konzerns Verbundvorteile für das Geschäft mit verstärkt internationalem, sprich mehrsprachigem Sortiment sowie der entsprechenden Kundschaft möglich sind.256 Der Versandbuchhandel differenziert sich in klassische und neuere Formen. Gerade letztere können mit dem Online-Versandhandel nahezu gleichgesetzt werden. Grund dafür ist die immer stärkere Geschäftsverlagerung auf den elektronischen Geschäftsverkehr. Dies zeigt sich auch in der Entwicklung der Umsatzanteile des Versandbuchhandels inklusive des Online-Handels, die allein in der Zeit von 2003 bis 2009 um 5,1 Prozentpunkte zugelegt haben. Folglich könnte man auf eine relativ negative Position für die stationären Buchanbieter schließen. Blickt man jedoch auf die absoluten Marktanteile, zeigt sich eine klare Überlegenheit des Sortimentsbuchhandels, der über die Hälfte des buchhändlerischen Umsatzes erzielt – wenn auch mit sinkender Tendenz. Hier wurden 3,2 Prozentpunkte im selben Zeitraum eingebüßt, was den Schluss nahe legt, dass beinahe der komplette Zuwachs in Prozentpunkten im Versandsegment vom stationären Handel abgezogen wurde. Dies signalisiert den Bedarf der langfristigen Beobachtung dieser Entwicklung. Es kann aber durchaus von einer in der Gesamtperspektive guten Position des Sortimentsbuchhandels gesprochen werden. Das soll jedoch nicht bedeuten, dass dies für alle strategischen Gruppen und Unternehmen gilt; es ist denkbar, dass gerade Marktteilnehmer, die eine geringe Attraktivität für den Konsumenten aufweisen, gegenüber dem (Internet-)Versandhandel eine vergleichsweise schlechte Wettbewerbsposition einnehmen. Wieder andere können durch ein breites oder einzigartiges Produkt-Dienstleistungs-Angebot den Bequemlichkeitsvorteil der Versender ausgleichen. Ganz anders stellt sich die Position aller strategischen Gruppen des Sortimentsbuchhandels gegenüber den Buchgemeinschaften dar. Mit Blick auf die stetigen Verluste an Umsatzanteilen – seit 2003 sank der Umsatzanteil pro Jahr um ca. 0,1 Prozentpunkte – kann man von einer rückläufigen Betriebsform sprechen. Die Geschäftsidee, Lizenzausgaben exklusiv an den Mitgliederstamm günstiger als die Originalausgabe abzusetzen, ist in ihrer Überlebensfähigkeit anzuzweifeln, da sich immer weniger Leser 255 Vgl. Spielmann/Wilking 2009. 256 Vgl. ebd., S. 50f.
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II Markt- und Wettbewerbsanalyse für den deutschen Bucheinzelhandel
für eine feste Mitgliedschaft entscheiden. In einer vergleichsweise besseren Position sind dagegen die Schmalspurbuchhandlungen mit Spezialisierung auf das Moderne Antiquariat, da sie ohne Mitgliedschaft ebenfalls preisgünstige oder -reduzierte Titel anbieten. Ein Zeitvorsprung besteht für die Buchgemeinschaftsmitglieder nicht, da auch hier, ebenso wie im Falle der Aufhebung des Ladenpreises, in den meisten Fällen ein Abstand zur Erstausgabe eingehalten werden muss. Der Antiquariatsbuchhandel, der mit nicht preisgebundenen Verlagserzeugnissen handelt, gehört wiederum zu den möglichen Ersatzanbietern des stationären Sortiments. Gerade die Dominanz des Internetabsatzes ist prägend – „der Online-Anteil bewegt sich damit rund um die 50-Prozent-Marke.“257 Allerdings muss bedacht werden, dass das entsprechende Panel des IfH erst seit wenigen Jahren geführt wird und sich nicht einmal 20 Firmen, übrigens freiwillig, beteiligen, während der Verband deutscher Antiquare rund 101 Mitglieder zählt. Wie viele Firmen jedoch Internethandel betreiben, signalisieren die 80 Mitglieder der Genossenschaft der Internet Antiquare (GIAQ).258 Der antiquarischen Konkurrenz auf der stationären Ebene begegnen v. a. Großflächen und andere filialisierte Unternehmen durch entsprechende ständige Sortimentsbereiche, wie eben das Moderne Antiquariat, oder Aktionen, im Rahmen derer die nicht preisgebundenen Titel explizit beworben werden. Die Gruppe der Preisniveauspezialisten ist als ständiger Konkurrent zu werten. Obwohl es auch Versuche seitens des stationären Handels gab, sich am Gebrauchtbuchmarkt, der besonders für Studenten bei Fachliteraturbesorgung beliebt ist, zu beteiligen, scheint das Potenzial deutlich im E-Commerce zu liegen, sei es im B2C- oder im C2C-Bereich.259 Betrachtet man lediglich den stationären Bereich, kann man auf eine gute Position besonders der Billigbuchanbieter schließen. Beim Blick auf den reinen Online-Handel aber zeichnen sich Vorteile für den Antiquariatshandel ab, v. a. über Plattformen wie abebooks.de oder das Zentrale Verzeichnis Antiquarischer Bücher (ZVAB). Dabei ist zu bedenken, dass dies nur für die Kernzielgruppe gelten kann, jedoch nicht für Online-Käufer, die nicht ausdrücklich auf der Suche nach antiquarischen Angeboten sind. Obwohl Nebenmärkte bzw. sonstige Verkaufsstellen nur eine untergeordnete umsatzmäßige Bedeutung (gut 9 %) haben, kann es dennoch lohnend sein, die verschiedenen Typen in diese Untersuchung einzubeziehen. Zunächst sind nicht-buchhändlerische Fachgeschäfte und Fachmärkte zu erwähnen. Hier stellen Bücher ein Zusatzsortiment bzw. eine Ergänzung des Kernsortiments dar. Das Buchsortiment 257 Ebd., S. 49. 258 Vgl. ebd., S. 49f. 259 Vgl. Schwietert 2006, S. 12–14.
4 Identifizierung strategischer Gruppen
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ist zudem auf die dazu passenden Warengruppen oder gar nur ausgewählte Titel beschränkt. Beispielsweise ist dies in Zoofachhandlungen ebenso der Fall wie in Computerfachgeschäften.260 Es handelt sich bei Büchern um Artikel, die in der Regel zufällig dort erworben werden – vielleicht zusammen mit einem Artikel aus dem Hauptsortiment. Man kann unterstellen, dass die Zielgruppen dieser klassischen Nebenmärkte sich stark von denen des Sortimentsbuchhandels unterscheiden und kein Konkurrenzverhältnis zu vermuten ist. Hinzu kommt – und das gilt übrigens häufig für alle Erscheinungsformen des Auch-Buchhandels – die Betreuung des Buchsortiments durch externe Dienstleister, durch Rack Jobber. Alle strategischen Gruppen sind also in einer relativ guten Marktposition. Eine etwas größere Bedeutung kann den Schreibwarenläden beigemessen werden. „Hier steht das Verkaufsobjekt Buch im Zusammenhang mit den primären Kulturtechniken oder mit der Erwartungshaltung der Kunden dieser Geschäfte.“261 Schwerpunktmäßig werden in PBS- (Papier-, Büro- und Schreibwaren-)Fachgeschäften Taschenbücher und Ratgeberliteratur angeboten.262 Es steht jedoch zu vermuten, dass v. a. in ländlichen Gebieten und dort in kleineren Gemeinden der Buchvertrieb über diese Betriebe vergleichsweise bedeutsam ist. Teils treten sie, gerade wenn die Buchbesorgung über Nacht angeboten wird, als Ersatz für Sortimentsbuchhandlungen ein, die sich oft erst in einiger Entfernung in den mittleren und großen Städten befinden. Dadurch geraten die Unternehmen des Sortimentsbuchhandels in eine relativ schlechte Position. Ebenfalls künftig beobachtenswert sind die Nebenmärkte in Form von Verbrauchermärkten oder Lebensmittelfilialisten. Durch das Angebot von Titeln der Bestsellerlisten, des Modernen Antiquariats sowie von Taschenbüchern und Ratgebern handelt es sich um ein Boulevard-Sortiment. Bemerkenswert erscheint die bereits erwähnte Beteiligung einiger Filialunternehmen an diesem Segment. Tochterfirmen betreuen die Buchabteilungen in Verbrauchermärkten; so z. B. ist B.O.B. (91 Buchabteilungen in Deutschland) v. a. in SB-Warenhäusern der Kette real,- präsent.263 Darüber hinaus arbeitet Weltbild mit verschiedenen Supermärkten, u. a. Edeka, zusammen.264 Über die Gründe für diese Verflechtungen lassen sich Vermutungen anstellen, die besonders die Entwicklung in Großbritannien aufgreifen (s. auch Kapitel V.2). Nach dem Fall des Net Book Agreement (NBA) hat der Bucheinzelhandel eine starke strukturelle Veränderung erfahren, im Zuge derer gerade Lebensmittelhändler in den Buchmarkt eintraten und 260 261 262 263 264
Vgl. Bramann u.a. 2008, S. 120. Ebd. Vgl. ebd. Vgl. Best of Books GmbH [12.03.09]. Vgl. Börsenverein des Deutschen Buchhandels e.V. 2008, S. 7.
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II Markt- und Wettbewerbsanalyse für den deutschen Bucheinzelhandel
mittlerweile einen beträchtlichen Teil des Buchumsatzes auf sich vereinen. Das Segment erscheint so lukrativ, dass die Expansion fortgeführt wird, wie die beiden führenden britischen Supermarktketten, Tesco und Sainsbury’s, bestätigen.265 Hinter dem Engagement steht das Kalkül, Größenvorteile für das enge Titelangebot zu erzielen. Damit können die Buchhandelsfilialisten übertroffen und im Preiswettbewerb Kunden angelockt werden, die neben Büchern weitere Artikel mitnehmen. Indem sie bereits jetzt in diesem Segment Tochterunternehmen etablieren, können sich auch deutsche Buchhandelsketten in eine gute Ausgangsposition für das künftige Marktgeschehen bringen. Ungeachtet der Preisbindung; neigen nämlich die Konsumenten zunehmend zum so genannten One-stop-Shopping, der Besorgung sämtlicher Bedarfe unter einem Dach. Abschließend muss noch ein Blick auf den Direktvertrieb, einen anderen als den stationären Vertriebskanal geworfen werden. Darunter ist der direkte Geschäftsverkehr zwischen dem Hersteller, also dem Verlag, und dem Endkunden zu verstehen, wobei alle zwischengelagerten Handelsstufen umgangen werden.266 Während für den allgemeinen Sortimentsbuchhandel diese Form bislang keine Rolle spielt, ist sie für Fachbuchverlage bzw. den gesamten Fachinformationsbereich relevant. Der Vertriebsweg insgesamt hielt 2009 einen Umsatzanteil von 18,3 %. Gerade für kleine Verlage werde es zunehmend interessant, mehr direkt abzusetzen, da der Zugang zum Einzelhandel durch den fortschreitenden Konzentrationsprozess und die Rationalisierung der Beschaffung bei den Großunternehmen erschwert ist.267 Letzteres weist auch auf den Grund für die höhere Bedeutung im Fachbuchsegment hin, das ein vergleichsweise enger Markt ist. Folglich sind die filialisierten und nicht-filialisierten Fachbuchanbieter gegenüber diesem Ersatzangebot weniger stark aufgestellt. 4.6.4 Marktinterdependenzen Die Existenz mehrerer strategischer Gruppen erhöht in der Regel die Rivalität in der Branche und erhöht die Anfälligkeit für Wettbewerbskriege. Begründet werden kann dies mit der damit einhergehenden größeren Ungleichheit und Asymmetrie unter den Marktteilnehmern. Die Einschätzung der Konkurrenz gestaltet sich folglich schwieriger.268 Nun stellt sich die Frage nach den Bestimmungsfaktoren der Konkurrenz unter
265 266 267 268
Vgl. Sieg 2008, S. 55; Baier 2008a, S. 10. Vgl. Wetzel 2003d, S. 162. Vgl. Börsenverein des Deutschen Buchhandels e.V. 2008, S. 7. Vgl. Porter 2008c, S. 192f.
4 Identifizierung strategischer Gruppen
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den sieben strategischen Gruppen des Sortimentsbuchhandels. Bei der Analyse dessen wird anhand einiger relevanter Thesen Porters vorgegangen. Die erste besagt: Je höher die Marktinterdependenz, d. h. Zielgruppenüberschneidung, desto mehr Rivalität kennzeichnet die Branche. Wie aber lässt sich für diese Studie feststellen, ob und wo es Zielgruppenüberschneidungen gibt? Im Wesentlichen kommen zwei Vorgehensweisen in Frage. Erster Ansatzpunkt ist die Motivation der Konsumenten. Die jeweiligen Bedürfnisbefriedigungsgrade der verschiedenen Betriebsformen wurden bereits ausführlich thematisiert. Daraus ergeben sich zahlreiche Ähnlichkeiten, die als Indikatoren für mögliche Zielgruppenüberschneidungen herangezogen werden können (siehe dazu Abbildung 10). So kann man ableiten, dass Anbieter mit einer großen Auswahl, aber geringen Befriedigung des Preismotivs die gleichen Käufer ansprechen, sofern die gewünschte Warengruppe bei beiden Anbietern geführt wird. Dies trifft auf großflächige Buchhandlungen (Gruppe 2.1 und 2.2) ebenso zu wie auf Spezialisten (insbesondere Gruppe 4.2). Überschneidungen kann es auch bei Schmalspuranbietern mit Fokus Modernes Antiquariat (Gruppe 1) und dem traditionellen Standortbuchhandel (Gruppe 3.1) geben, da für beide Anbieterformen eine mittelgroße Auswahl und wenige Erlebnismomente kennzeichnend sind. In letzterem Punkt und zusätzlich im Preis- und Servicebefriedigungsgrad sind sich auch Buchfachgeschäfte und Spezialbuchhandlungen ähnlich. Nach dieser Methode sind darüber hinaus Buchfachmärkten und Buchkaufhausfilialen Schnittmengen mit allen anderen strategischen Gruppen wegen der mindestens durchschnittlichen Befriedigung aller Bedürfnisse zu eigen; besonders mit den Gruppen 3.1 und 3.2, da die drei verbleibenden Gruppen zusätzlich ein Alleinstellungsmerkmal qua Preisorientierung oder Spezialwissen/Fachkompetenz aufweisen. Ein zweiter Ansatzpunkt für die Beantwortung der Frage nach Marktinterdependenzen stellt die Studie Buchkäufer und Leser (erstellt 2005 und 2008) dar. Hierin werden gesellschaftlichen Milieus, die in unterschiedlichem Maße als Zielgruppen des Buchmarkts relevant sind, und ausgewählten ‚Buchtypen‘, die das Kauf- und Leseverhalten von Büchern abbilden, Präferenzen für Einkaufsstätten zugeordnet. Dabei fällt die Dominanz der stationären Buchhandlung über alle Buchtypen auf, wie in Tabelle 16 dargestellt. Dem ist allerdings für die Analyse der strategischen Gruppen nur wenig Bedeutung beizumessen, da der Untersuchungsraum ausschließlich hier hinein fällt. Dennoch wird ein positiver Zusammenhang zwischen Kauffrequenz und der Präferenz für Fachanbieter deutlich.269 Mehr Anhaltspunkte gibt da die Übersicht zu den Ansprü269 Vgl. Börsenverein des Deutschen Buchhandels e.V. 2005b, S. 139.
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II Markt- und Wettbewerbsanalyse für den deutschen Bucheinzelhandel
chen der Buchtypen an eine Buchhandlung:270 Insgesamt sind Auswahl und Erlebnis die wichtigsten Aspekte. Ganz besonders gilt dies für die so genannten Durchschnittsnutzer, für kauffreudige wie für ausleihende Leseratten. Insofern überschneiden sich die Zielgruppen der beiden auf große Verkaufsflächen setzenden Cluster. Bei Gelegenheitslesern ist mit diesen beiden Motiven gleichgestellt der Wunsch nach Preisgünstigkeit Bei den übrigen Typen hingegen steht er nicht im Vordergrund. Service stellt für alle Gruppen einen wichtigen, meist an dritter Stelle genannten Aspekt dar. Das gilt besonders für Nichtleser und Wenignutzer, weil sie weniger Markt- und Angebotskenntnisse haben und mehr als andere auf die Kompetenz der Mitarbeiter angewiesen sind. Anhand dessen ist die Marktinterdependenz für das Auswahl-Kriterium zwischen Großflächen und Spezialanbietern zu bestätigen. Da alle Gruppen außer den Schmalspuranbietern stark serviceorientiert handeln, kommt es zu Abgrenzungsproblemen in Bezug auf das drittwichtigste Motiv, die Kompetenz und die zusätzlichen Dienstleistungen. Betrachtet man sich als letzten Beleg die Ansprüche der SinusMilieus an stationäre Sortimentsbuchhandlungen,271 so kann einmal mehr die These von der Existenz von Zielgruppenüberschneidungen bestätigt werden. Postmaterielle und Konservative schätzen z. B. gleichermaßen Auswahl und Service und finden in beinahe allen strategischen Gruppen (außer bei Cluster 1) Befriedigung dieser Motive. Bei den Postmateriellen und den Modernen Performern kommt außerdem die Serviceaffinität hinzu. Diese beiden Zielgruppen werden sowohl von den Buchfachmärkten als auch von Buchkaufhausfilialen in besonderem Maße angesprochen. Daneben wird der Wunsch nach Preisgünstigkeit bei mehreren Zielgruppen festgestellt; besonders von den beiden Milieus Bürgerliche Mitte und Experimentalisten wird das gefordert. Dementsprechend stellen sie die Zielgruppen der Schmalspursortimente, aber auch der Großflächen mit großem MA-Anteil dar. Basierend auf der ersten These muss zunächst von einer hohen Rivalität unter den strategischen Gruppen ausgegangen werden, die allerdings – laut zweiter These – umso geringer ausfällt, je höher der Grad der Produkt- bzw. (hier zutreffender) Angebotsdifferenzierung ist. Sich von den Mitbewerbern für den Kunden offensichtlich zu unterscheiden, erscheint in der gesamten Branche des stationären Buchhandels aus verschiedenen Gründen schwierig. Beispielsweise werden die Endverbraucherpreise vom Hersteller festgesetzt werden. So sind nur Preisniveauunterschiede möglich, wobei auf die Schmalspursortimente mit MA-Fokus zu verweisen ist. Diese nähern sich
270 Vgl. ebd., S. 152. 271 Vgl. ebd., S. 37–67, 153f.
49
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4
4
3
4
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Versand
11
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17
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Club
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Verbraucher-/Supermarkt/Discounter
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Sonstige Einkaufsstätten
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Hybrid
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Kauf- und Warenhaus
Internet
Regalsteller
Ausleihende Leseratten
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Buchhandlung
Wenignutzer
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Buchkaufende Nichtleser
Kauffreudige Leseratten
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Durchschnittsnutzer
4 Identifizierung strategischer Gruppen
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4 9
4 8
12
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Tabelle 16: Einkaufsstättenpräferenz der Buchtypen in Prozent.
aber strategisch-konzeptionell, durch Trading Up272, den Buchfachmärkten an. Das kann man am Beispiel des Unternehmens Weltbild erkennen, das sich seine ursprüngliche Trennung der Marken Weltbild plus und Weltbild! aufhob273 und mehr Service anbietet und bewirbt.274 Hinzu kommt als weitere Grund, dass das Serviceniveau der Anbieter und auch die Kundenansprüche relativ hoch einzuschätzen sind. Dies gegenüber dem Endkunden nochmals zu steigern, ist ebenfalls schwierig. Zwar gibt es Möglichkeiten, dies z. B. via Ausdehnung der Erlebnisorientierung und Verkaufsfläche zu tun, doch kommt dies nur für finanzkräftige und damit meist in Ketten und Konzerne integrierte Betriebe in Betracht. Folglich erscheint der Grad der Differenzierung der betrachteten Unternehmen gering und die Aussage über den Rivalitätsgrad kann zunächst nicht widerlegt werden. Steigerungen kann das Konkurrenzverhältnis der strategischen Gruppen erfahren, je mehr existieren und je geringer deren relative Größe bzw. Größenunterschiede in Marktanteilen sind. Grundsätzlich existieren zwar mehrere strategische Gruppen im stationären Sortimentsbuchhandel, jedoch sind den meisten vergleichsweise viele 272 Darunter versteht man die Verbesserung des Leistungsprogramms von Handelsbetrieben, wie sie durch Vergrößerung der Auswahl, Qualitäts- oder Preisanhebungen, das Angebot zusätzlicher Dienstleistungen oder eine höherwertige Ladenausstattung vorgenommen werden kann; vgl. Ausschuss für Definitionen zu Handel und Distribution 2006, S. 58f. 273 Vgl. Baier 2008b, S. 9. 274 Vgl. [Werbemittel Weltbild plus] 2007.
120
II Markt- und Wettbewerbsanalyse für den deutschen Bucheinzelhandel
Unternehmen zugeordnet. Die Zersplitterung geht also nicht bis zum Extremfall, dass eine Gruppe aus nur einem Unternehmen besteht. Hinzu kommt die relative Dominanz der filialisierten Buchfachmärkte und Preisniveauspezialisten, was anhand der Marktanteile der größten deutlich wird. Auf den ersten Plätzen der Rangliste der 50 größten Buchhandlungen finden sich stark überproportional umsatzstarke Unternehmen: Thalia und die Mayersche als Buchkaufhausfilialisten mit zusammen schon weit über einer Milliarde Euro Umsatz in 2008; auf Platz zwei steht die DBH, von deren 743 Millionen Euro Jahresumsatz ein großer, aber unbekannter Anteil auf die Ketten mit Schmalspursortiment (Weltbild, Wohlthat’sche, Jokers) entfällt.275 Aufgrund der durchaus existierenden Größenunterschiede und der relativen Größe einiger Gruppen, kann man auf eine tendenziell geringe Rivalität unter ihnen schließen. Vielmehr scheint diese innerhalb der Cluster zu bestehen, da v. a. die traditionellen Standortbuchhändler in vielen kleinen und mittelständischen Unternehmen bestehen, die wiederum relativ geringe Größenunterschiede aufweisen. Als vierter und letzter Faktor, der Einfluss auf die Konkurrenz der strategischen Gruppen nimmt, ist die strategische Distanz, also die Unterschiedlichkeit der Strategien, aufzuführen. Dieser korreliert positiv mit der Rivalität der Gruppen. Hier kann erneut auf die Matrix verwiesen werden, die die graduelle Bedürfnisbefriedigung der strategischen Gruppen abbildet. Eine deutliche strategische Distanz fällt für das Preismotiv auf: Eine Einzelstellung kommt den Preisniveauspezialisten zu, die dieses Motiv in hohem Maße befriedigen, während alle anderen eine niedrige Ausprägung aufweisen. Hinzu kommt, dass hier ausschließlich Filialunternehmen agieren. Also grenzen sie sich auch durch die gewählten Wachstumsstrategien zu den anderen Gruppen ab, die jeweils in filialisierte und nicht-filialisierte Unternehmen getrennt werden. Weiter gilt für die Gruppen der Buchfachmärkte und Buchkaufhäuser eine Alleinstellung aufgrund des Erlebniskonzepts, auf das die anderen Anbieter weniger deutlich setzen. Diesen beiden Befunden, die auf deutliche strategische Distanzen hinweisen, muss der Mangel eben daran gegenübergestellt werden. Der ist einerseits aus dem allgemein hohen Serviceniveau und andererseits aus der über alle Gruppen ähnlich großen Auswahl abzuleiten ist. Verstärkt wird gerade letzterer Aspekt zusätzlich durch die im internationalen Vergleich einzigartige Besorgungsleistung des deutschen Buchhandels. Mittels des Bücherwagendiensts der Barsortimente können Kundenbestellungen über Nacht ausgeführt werden, sodass eine Besorgung eines nicht vorrätigen Titels bis zum nächsten Werktag möglich ist. Der Kunde kann potenziell in jedem Buchhandelsbe275 Vgl. Spielmann/Wilking 2010, S. 24.
4 Identifizierung strategischer Gruppen
121
trieb jeden Titel erwerben und stets aus dem großen Titelangebot der Barsortimente (ca. 350.000 Titel) auswählen.276 Die Überprüfung der letzten These bringt also kein eindeutiges Ergebnis. Manche strategische Gruppen können sich deutlich von den übrigen differenzieren. Hingegen weist der überwiegende Teil der Gruppen und der zugehörigen Unternehmen strategische Ähnlichkeiten auf, die auf eine geringe Konkurrenz unter den Gruppen schließen lassen. In der Rückschau auf die Erörterung der vier Thesen Porters, anhand derer das Konkurrenzverhältnis der strategischen Gruppen zueinander beschrieben werden kann, ist nicht von einer eindeutig hohen oder niedrigen Rivalität zu sprechen. Es überwiegen aber die Aussagen für ein tendenziell gemäßigtes Konkurrenzverhältnis. 4.7 Zusammenfassung und Trends Als letzter Schritt der brancheninternen Strukturanalyse steht nun noch ein Blick in die Zukunft aus. Das wirft auch die Frage auf, wie sich die Wettbewerbsstruktur und die strategischen Gruppen in der Branche verändern. Hinzu kommt der Wunsch nach prognostischen Aussagen zu strategischen Wanderungsbewegungen der Unternehmen in der Branche.277 Dies ist wiederum aufgrund der Außenperspektive, aus der diese Untersuchung geführt wird, nicht in vollem Umfang möglich. Eine sinnvolle Möglichkeit einer ersten Zusammenfassung ist es, die erarbeiteten strategischen Gruppen mit ihren Charakteristika in einer so genannten strategischen Karte graphisch darzustellen.278 Dazu müssen zwei Variablen auf den beiden Achsen der Karte abgetragen werden, die auf die wichtigsten konstitutiven Mobilitätsbarrieren hinweisen. Folgt man den obigen Erkenntnissen zu den wichtigsten Mobilitätsbarrieren, so kann man für diese Matrix einerseits den Integrationsgrad der Betriebe und Unternehmen, andererseits die Fachkompetenz heranziehen. In Abbildung 10 fließt darüber hinaus auch die jeweilige Marktbedeutung der Gruppen ein; sie spiegelt sich in der Fläche der Blasen, welche die einzelnen Gruppen repräsentieren. Das Konstrukt ‚Marktbedeutung‘ besteht hier im Marktanteil der Gruppe und der Anzahl der Betriebe darin. Problematisch erscheint die Datengrundlage: Es sind nur Umsatz- und Marktanteilsangaben für Unternehmen und Unternehmensgruppen verfügbar, nicht jedoch für einzelne Betriebe oder die einzelnen Ketten eines Konzerns. Betrachtet man sich die Rangliste der Branchenzeitschrift Buchreport, so stehen eindeutig die filialisierten Unternehmen marktanteilsmäßig an der Spitze. Vermutet wird, dass darunter die 276 Vgl. Bramann u.a. 2008, S. 211f. 277 Vgl. Meyer-Ramien 2007, S. 140. 278 Vgl. Porter 2008, S. 208–211.
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II Markt- und Wettbewerbsanalyse für den deutschen Bucheinzelhandel
Großflächenkonzepte am bedeutendsten sind, gefolgt von den preisorientierten und den Fachbuch-Ketten. Ein Blick auf die Anzahl der Betriebe zeigt, dass Fachbuchketten die geringste Anzahl an Verkaufsstellen aufweisen. Die beiden anderen Formen betreiben sehr viele Filialen. Zudem machen die Buchkaufhäuser mehr Umsatz, jedoch überwiegen die Schmalspurbuchhandlungen zahlenmäßig. Das kann v. a. dem dichten Netz an Weltbild-Filialen zugeschrieben werden. Die Fachgeschäftsformen – egal ob filialisiert oder unabhängig – erlangen ihre Marktbedeutung v. a. über ihre große Anzahl. Ihr Marktanteil bleibt dagegen deutlich zurück. Am Ende der Skala rangieren unabhängig geführte Buchfachmärkte und einzelne Spezialbuchhandlungen, die aufgrund ihrer geringen Anzahl eine geringe Bedeutung haben. Aus dem letzten Aspekt kann auch die mehr oder weniger ausgeprägte Machtposition abgeleitet werden, die das Verhältnis der Gruppen zueinander impliziert. Weitere erkenntnisverdichtende Aspekte folgen; so z. B. die Identifikation von marginalen, vielleicht mittelfristig aus dem Markt austretenden Gruppen. Dies könnte beispielsweise auf unabhängige Fachbuchhandlungen zutreffen, da der Markt hier bereits sehr eng ist. Es findet also ein starker Verdrängungswettbewerb statt. Größenvorteile werden für die Ausweitung und Aktualität des Dienstleistungsprogramms immer wichtiger. Als marginale Gruppe kommen jedoch auch die Buchfachmärkte in Betracht; für sie lohnt es sich v. a. nicht eigenständig im Markt zu bleiben, wenn Filialisten Übernahmeangebote unterbreiten. So hat im Jahr 2008 Thalia die Unternehmen Center Bücherland Lutz Grobel (Hürth) und Buch Kaiser (Karslruhe) übernommen, um nur zwei Beispiele zu nennen.279 Unter den vermutlich im Markt verbleibenden Unternehmen lassen sich weiter strategische Trends aufzeigen, d. h. strategische Annäherungen oder Entfernungen der Cluster. So ist es denkbar, dass sich zunächst die Schmalspurbuchketten an die Konzerne mit allgemein und breit sortierten Filialen annähern. Als erstes Indiz wurde oben bereits die qualitative Anhebung des Geschäftskonzepts (Trading-Up) genannt. Eine Verringerung des strategischen Abstands ist auch zwischen den filialisierten und den nicht integrierten Buchfachgeschäften denkbar; dies könnte insbesondere über die Zunahme an Kooperationen unter den traditionellen Standortbuchhändlern geschehen, also über die Verbreitung von Einkaufsgemeinschaften und Verbundgruppen. Darüber hinaus kann ein Extremfall der Gruppenmobilität auftreten, der die Fachgeschäfte zu einer Gruppe verschmelzen lässt. Das würde bedeuten, dass keine unabhängigen Sortimentsbuchhandlungen mehr am Markt teilnehmen. In einer moderaten 279 Vgl. Boersenblatt.net [03.06.2009].
4 Identifizierung strategischer Gruppen
123
Variante bedeutete das eine sehr starke Ungleichverteilung nicht nur der Marktanteile, sondern auch der Betriebszahlen beider Gruppen zu Gunsten der Buchhandelsketten. Zunehmend in den Sortimentsbuchhandel integriert wird ohnehin schon der Warenhausbuchhandel über Shop-in-Shop-Systeme, die von Filialisten betrieben werden. Das kann ebenso als strategische Annäherung zweier Cluster gewertet werden, wobei der Warenhausbuchhandel aus dem hier eng abgesteckten Feld der brancheninternen Analyse ausgeschlossen wurde. Nachdem das Spektrum der strategischen Trends kurz skizziert wurde, muss angemerkt werden, dass diese Optionen allein aus der strategischen Karte und damit der bislang vorhandenen strategischen Nähe bzw. Entfernung der Gruppen abgeleitet wurden. Es ist nicht möglich, die realistische Eintrittswahrscheinlichkeiten anzugeben. Anhand der gesamten brancheninterne Strukturanalyse ist jedoch deutlich geworden, dass Filialisten bisher und wohl auch in Zukunft als besonders dynamische sowie einflussreiche Unternehmen auftreten. Die grundsätzliche Möglichkeit sich durch einen großen Marktanteil und/oder abgegrenzte Marktsegmente sowie ausgeprägte Differenzierung abzuschirmen, werden angestrebt. So ist bei den filialisierten Buchhandelsunternehmen, v. a. den Buchfachmärkten, zu beobachten, dass sie sich durch Erlebnisorientierung auf großen Flächen abzugrenzen suchen. Zudem erreichen sie einzeln und auch zusammen einen hohen Marktanteil. Klar abgegrenzte Segmente findet man zwar im allgemeinen Sortiment weniger, jedoch trifft dies auf spezialisierte Buchketten umso mehr zu. Es scheint lohnend, weiter auf diese Unternehmen einzugehen (vgl. Kapitel III), ohne den Fokus im unmittelbar folgenden Kapitel II.5 nur auf diese Unternehmen zu verengen. Zum einen beziehen sich die folgenden Teilanalysen, die sich auf Porter stützen, auf die gesamte Untersuchungsebene und nicht auf ausgewählte strategische Gruppen. Zum anderen müssen v. a. das Umfeld und die Entwicklung des scheinbar herausragenden Clusters detailliert abgesteckt werden. Es bleibt zunächst der gesamte stationäre Sortimentsbuchhandel Bezugspunkt der folgenden Untersuchungen.
II Markt- und Wettbewerbsanalyse für den deutschen Bucheinzelhandel
Fachkompetenz
124
4
3
2
1
0 0
0,5
1
1,5
2
2,5
Integrationsgrad
Schmalspurbuchhandlungen Fach-/Spezialbuchhandelsketten lokale Fach-/Spezialbuchhandlungen Buchfachmärkte
3
3,5
4
4,5
kleinere/mittlere Filialen traditioneller Standortbuchhandel Buchkaufhausfilialen
Abbildung 10: Strategische Karte.
5 Untersuchung der Branchenentwicklung Die Grundannahme dieses Kapitels besteht darin, dass Branchenstrukturen dynamisch sind. Damit wird eine Eigenschaft der beobachtenswerten strategischen Gruppen mit filialisierten Unternehmen aufgegriffen. Ein weiterer Grund, warum dies auch auf den Buchmarkt, insbesondere auf den Bucheinzelhandel zutrifft, ist der von den Marktteilnehmern viel zitierte Strukturwandel, dem die Branche unterliegt. Nachdem die Ist-Situation der Branchenumwelt und der Brancheninterna eingehend untersucht wurde, bedarf es nun einer Erweiterung des zeitlichen Horizonts. Methodisch wird dabei erneut auf Michael E. Porter zurückgegriffen, der ein analytisches Instrument entwickelt hat, um den Evolutionsprozess einer Branche und dessen Gewicht für die Strategieformulierung der Unternehmen abzuleiten.280 Darüber hinaus beschreibt Porter typische Branchensituationen. Zudem zeigt er auf, welche Gründe für die betreffende Situation anzuführen sind, welche Gefahren daraus erwachsen können und welche Lösungsansätze es gibt.281 Beide Analyseschritte eignen sich, um die Untersuchung auf die Entwicklung von Branchenstrukturen auszudehnen und kommen deshalb in diesem Kapitel zu Einsatz.
280 Vgl. Porter 2008c, S. 212. 281 Vgl. ebd., S. 250.
5 Untersuchung der Branchenentwicklung
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5.1 Porters Modell zur Analyse der Branchenentwicklung282 Für die Integration dynamischer Aspekte wird an den strukturellen Gegebenheiten angesetzt und damit direkt an die zuvor durchgeführten Analyseschritte angeknüpft. Grundgedanke dessen ist, dass am Beginn der Existenz jeder Branche eine so genannte Initialstruktur besteht, die über Veränderungen der Strukturelemente ebenfalls verändert wird und die potenzielle Struktur maßgeblich prägen. Diese strukturellen Veränderungen werden dementsprechend auch dynamische oder evolutionäre Prozesse genannt. Diese vollziehen sich in jeder Branche in irgendeiner Form, jedoch durchaus mit unterschiedlichen Geschwindigkeiten und Richtungen. Abgesehen davon lassen sich einige wichtige verallgemeinern und gehen in das Modell zur Branchenentwicklung ein: langfristige Wachstumsveränderungen und die entscheidenden Gründe dafür; Wechsel der Abnehmersegmente; Lernprozesse der Abnehmer; Sicherheitszugewinn nach der Etablierung der Branche; Verbreitung und Sammlung von Wissen und Erfahrung; Größenveränderungen der Branche; Veränderungen der Inputkosten und (bei internationalen Unternehmen) Wechselkurse; Produkt-, Verfahrens- und Marketinginnovationen; Strukturveränderungen in Nachbarbranchen; politische Kurswechsel; Marktein- oder ausstritte. Anhand dieses Katalogs lassen sich Branchenveränderungen prüfen. Finden irgendwelche Veränderungen in der Branche statt, die auf eines oder mehrere ihrer Strukturelemente einwirken werden – z. B. Mobilitätsbarrieren verstärken oder Machtpositionen verändern? Dies kann nämlich die grundsätzliche Branchenattraktivität beeinflussen. Sollten also derartige Veränderungen erkennbar sein, sind wiederum für jedes Unternehmen Schlussfolgerungen für die Strategieentscheidungen bzw. Strategieanpassungen zu ziehen. Denn je dringender strategische Veränderungen vorzunehmen sind, umso höher werden auch deren Kosten. Dies ist wiederum vorteilhaft für die Unternehmen, die sehr früh strategische Kurswechsel oder Anpassungen einleiten. Folglich erscheint es besonders wichtig, Verständnis für den Prozess der Branchenentwicklung auszubilden und Veränderungen absehen und antizipieren zu können. Obwohl Porter dieses analytische Instrument für die Prognose der Branchenentwicklung vorsieht, soll es hier auch vergangenheitsbezogen auf die Entwicklungen des stationären Sortimentsbuchhandels mit Schwerpunkt Filialunternehmen angewendet werden. Diese Modifikation kann damit gerechtfertigt werden, dass ein Zweck dieser Untersuchung ja das Verständnis des Entwicklungsprozesses ist. Dieser wiederum beruht nicht auf plötzlichen, revolutionären Veränderungen, sondern eben längerfristi282 Vgl. ebd., S. 212–248.
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gen. In diesem Kontext sollte die Prognose erst den zweiten Schritt darstellen. Porters Katalog der allgemein gültigen evolutionären Prozesse wird im Folgenden verwendet, um sowohl den Entstehungshintergrund als auch die künftigen Veränderungen in der Branchenstruktur anzuzeigen. 5.2 Evolutionsprozesse im deutschen Sortimentsbuchhandel283 5.2.1 Veränderungen des Wachstums und der Branchengröße Welche der oben aufgezählten evolutionären Prozesse sind bislang in der Branche zu beobachten gewesen und welche zeichnen sich für die Zukunft ab? Zuerst zu untersuchen sind langfristige Wachstumsveränderungen.284 Betrachtet man sich die Umsatzentwicklung des deutschen Buchhandels insgesamt, so lässt sich über den Zeitraum der letzten zwölf Jahre (1997 bis 2009)285 kein einheitlicher Trend ausmachen. Zwischen 2001 und 2003 hat die Branche im Vergleich zum jeweiligen Vorjahr an Umsatz verloren, während ab 2004 bis 2009 Steigerungen unterschiedlichen Ausmaßes, absolut wie relativ, zu verzeichnen waren. Die Umsatzentwicklung des Sortimentsbuchhandels fiel ebenfalls nicht einheitlich aus: 2007 wurde nach einigen Jahren des Rückgangs wieder ein Umsatzplus (2,1 %) erwirtschaftet; für 2008 berechnet das Panel Branchen-Monitor BUCH wiederum eine Zunahme von 1,0 % während der Börsenverein von einem Minus von 1,5 % ausging. Auch 2009 schließt die Branche nur ganz knapp im Plus ab. Über eine längere Frist hinweg schwankten also die Wachstumsraten der Branche, während der absolute Umsatz leicht, aber kontinuierlich anstieg. In diesem Kontext muss aber auch darauf hingewiesen werden, dass der Sortimentsbuchhandel im Vergleich zu anderen Vertriebswegen, insbesondere dem Versand- und Internetbuchhandel, an Marktanteilen verliert und nur noch knapp über der 50 %-Marke rangiert, während früher die Dominanz mit über 60 % deutlicher ausfiel. Veränderungen des Branchenwachstums sind grundsätzlich auf vier externe und eine interne Ursache zurückzuführen. Die erste, die es auch für den stationären Bucheinzelhandel zu prüfen gilt, ist die Bevölkerungsentwicklung, die bei Konsumgütermärkten auf die Größe des Käuferpotenzials und die Nachfrageentwicklung wirken kann. Die Effekte der demografischen Veränderungen werden zum Teil durch die Reaktionen der Nachfrage auf Einkommensveränderungen hervorgerufen. Bücher zählen als Medien der Unterhaltung und Bildung aber zu denjenigen Gütern, die mit 283 Das hier angewendete Modell ist ausführlich beschrieben bei Porter 2008c, S. 220–244. 284 Die Informationen zum Branchenwachstum wurden entnommen aus Börsenverein des Deutschen Buchhandels e.V. 1998–2008. 285 Vgl. Börsenverein des Deutschen Buchhandels e.V. 1998–2010; BB 2009b, S. 7.
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steigendem Einkommen stärker nachgefragt werden.286 Ob dabei auch das Käuferpotenzial wächst, zeigt ein Blick auf die Bevölkerungsentwicklung bzw. -prognosen. Bis zum Jahr 2002 nahm die deutsche Bevölkerung stets zu (auf 82,5 Millionen), ab 2003 aber sind rückläufige Bevölkerungszahlen zu verzeichnen.287 Dieser Trend wird auch für die Zukunft als beständig prognostiziert: Bis 2020 sollen laut Prognose des Statistischen Bundesamts nur noch 80,1 Millionen Menschen in Deutschland leben, 2030 noch 77,2 Millionen.288 Eurostat, die Statistikbehörde der Europäischen Union, sieht die deutsche Bevölkerung bis 2060 auf gut 70 Millionen Personen zurückgehen.289 Hinzu kommt die zunehmende Alterung, die sich anhand des steigenden Altenquotienten, dem Verhältnis der Bevölkerung im Erwerbsalter (20 bis 64 Jahre) zur Bevölkerung im Rentenalter (ab 65 Jahre), festmachen lässt; 2030 soll diese Verhältnis 2:1 sein, während es 2005 noch 3:1 stand.290 Ein weiterer demografischer Trend soll hier lediglich erwähnt werden, da er auch für den Handel von besonderer Bedeutung ist: Die durchschnittliche Haushaltsgröße sinkt zunehmend. 40 bis 50 % aller Haushalte werden so genannte Single-Haushalte sein, was in einigen Großstädten bereits der Fall ist.291 Gleichzeitig wird die Zahl an privaten Haushalten in ähnlichem Maße (ca. um 3 %) ansteigen wie die Bevölkerungszahlen zurückgehen.292 Dies alles hat Auswirkungen auf die Nachfrage nach dem Gut Buch, da sich der Umfang und die Zusammensetzung der Gesellschaft, also des Lesepublikums, verändert. Zum einen können Generationenunterschiede in der Lese- und Buchaffinität das Käuferpotenzial und/oder die Zielgruppen des stationären Sortimentsbuchhandels verändern. In engem Zusammenhang mit den Bevölkerungsveränderungen stehen Bedürfnistrends, die ebenfalls die Nachfrage beeinflussen. Darüber hinaus spielen z. B. Lebensstile eine prägende Rolle für Konsumtrends. In jüngerer Vergangenheit haben sich folgende Orientierungen der Konsumenten herausgebildet, die auch in mittelfristiger Zukunft noch von Bedeutung sein werden: Preis-, Marken-/Qualitäts-, Erlebnis- und Convenience-Orientierung.293 Hinzu kommt die abnehmende Konsistenz im Verbraucherverhalten, d. h. der Konsument wird zunehmend unberechenbar und folgt nicht einem einzigen Handlungsprinzip. Lange Zeit prägt der Begriff des hybriden Verbrau286 287 288 289 290 291 292 293
Vgl. Eggert 2006, S. 36. Vgl. Statistisches Bundesamt [22.03.2009]. Vgl. Statistische Ämtern des Bundes und der Länder 2007, S. 19. Vgl. EHI Retail Institut e.V. 2008, S. 31. Vgl. Statistische Ämtern des Bundes und der Länder 2007, S. 24. Vgl. Eggert 2006, S. 25f.; Statistische Ämtern des Bundes und der Länder 2007, S. 26–30. Vgl. Statistische Ämtern des Bundes und der Länder 2007, S. 30. Vgl. Liebmann u.a. 2008, S. 60f.; Eggert 2006, S. 30–32.
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chers die Handelsforschung, doch wird er immer häufiger durch den Terminus der Multioptionalität abgelöst. Dies bedeutet eine Steigerung durch weniger bi-polares, sondern mehrdimensionales, instabileres Verhalten. Es zählt vermehrt die individuelle Entscheidung basierend auf der persönlichen Wertschätzung des Produkts oder der Dienstleistung, der grundsätzlich auch eine klare Preis-Leistungs-Orientierung zugrunde liegen kann.294 Für die Buchbranche wird diese Entwicklung aufgegriffen, indem aus unterschiedlich orientierten Gesellschaftssegmenten (Sinus-Milieus) Kernzielgruppen für den Buchhandel abgeleitet werden. Dies belegt, dass Bedürfnistrends eine große Rolle für die hier betrachtete Branche spielen. Insbesondere die Orientierung an den Kriterien Preis und Erlebnis, die v. a. in den großflächigen Geschäftskonzepten der Filialunternehmen realisiert wird, polarisieren in der jüngeren Vergangenheit den stationären Sortimentsbuchhandel und wirken durch den Zuspruch der Konsumenten positiv auf die Branchenentwicklung.295 Veränderungen des Wachstums können aber ebenso in einer veränderten Position z. B. im Bereich der Kosten, der Qualität oder bei der Verfügbarkeit gegenüber Ersatz- oder komplementären Produkten begründet sein. Auch hier muss auf die Branchenstrukturanalyse verwiesen werden, in der bereits auf die Differenzierung von Produkt-Dienstleistungskombinationen als Handelsleistung und Produkten als Waren aufmerksam gemacht wurde. Die alternativen oder ergänzenden Anbieter sollen hier im Vordergrund stehen, da sie direkt Einfluss auf die Entwicklung ihrer Branche nehmen, während die Produktveränderungen Aufgabe der Hersteller sind. Für sie spielt die verbesserter Position der E-Commerce-Formen eine wesentliche Rolle. Das zeigt sich in steigenden Marktanteilen und wird mit der verbesserten Verfügbarkeit, sprich dem Zugriff, begründet. Kostenvorteile wären auch für auf Nebenmärkten agierende Handelsketten durch das große Abnahmevolumen denkbar, doch können diese aufgrund der Buchpreisbindung nicht über den Preis an den Konsumenten weitergegeben und daher nicht so realisiert werden wie ohne vertikale Preisbindung. In diesem Fall würde sich die Position dieser Konkurrenten verbessern. Weiter nennt Porter das verringerte, da ausgeschöpfte Kundenpotenzial als Grund für Wachstumsveränderungen, genauer Wachstumsrückgänge. Dies ist z. B. der Fall, wenn sich der Bedarf der Konsumenten auf die Ersatznachfrage beschränkt und betrifft Hersteller und Händler gleichermaßen. Für den Sortimentsbuchhandel entfällt dieser Aspekt jedoch, da er hauptsächlich auf Produkte zutrifft, deren Funktionsfähigkeit verschlissen werden kann, so z. B. Elektrogeräte. 294 Vgl. Liebmann u.a. 2008, S. 57–60. 295 Vgl. Emrich 2007, S. 42.
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Als letzter und interner Grund für Wachstumsveränderungen einer Branche können Produktveränderungen genannt werden, deren innovativer Charakter einen Nachfrageanstieg auszulösen im Stande ist. Hier muss erneut der Produktbegriff auf handelsspezifische Gegebenheiten übertragen werden. ‚Produktveränderungen‘ müssen als Veränderungen der Marktauftritte verstanden werden. Grundsätzlich implizieren diese Variationen sämtliche Aspekte eines Betriebs, angefangen bei der Sortimentspolitik über die Verkaufsflächen- und Standortentscheidung bis hin zu Marketingaktivitäten. In der bisherigen langfristig positiven Entwicklung dürften v. a. die Flächenexpansion sowie Angebots- und Serviceerweiterungen eine unterstützende Rolle gespielt haben. Künftig könnten Sortimentserweiterungen, z. B. durch buchnahe Medien wie DVDs oder E-Books, sowie Spezialisierungen, die eine differenzierende Wirkung und ein klares Profil mitprägen, ausschlaggebend sein. Spricht man über die Bedeutung von Wachstumsveränderungen für die zukünftige Branchenentwicklung, so sollte auch die Konjunkturentwicklung nicht aus dem Blickfeld geraten, da sie z. B. auf die Einkommenssituation der Konsumenten wirken kann. Vor dem Hintergrund der wirtschaftlichen Entwicklung in den Jahren 2008/09 scheint dies umso dringlicher. Aufgrund der weltweiten Finanzkrise sind Konjunkturindikatoren im Allgemeinen abgesunken. Dies spiegelt der ifo Geschäftsklimaindex wider, der seit Ende 2008 stark abgesunken ist (s. Abbildung 18). Allerdings liegen die Erwartungen des Mittelstands, der besonders den stationären Sortimentsbuchhandel prägt, deutlich über denen der Großunternehmen, wie das KfW-ifo-Mittelstandsbarometer zeigt (Abbildung 19). Insbesondere für den mittelständischen Einzelhandel zeigt die Kurve seit den ersten Monaten des Jahres 2009 wieder nach oben. Es steht jedoch außer Frage, dass die Auswirkungen der Finanz- und Wirtschaftskrise, besonders die der strukturellen Art, zum Zeitpunkt der Erstellung dieser Arbeit noch nicht prognostiziert werden, geschweige denn in diese Studie eingehen können. Ein zweiter, so genannter evolutionärer Prozess ist die Größenveränderung der Branche. Definitionsgemäß erweitert eine wachsende Branche ihre Gesamtgröße. Wesentlich dazu trägt das Wachstum der Unternehmen bei. Analog gilt das für die Ursachen und Folgen bei einem Rückgang der Branchengröße. Sowohl die Größenveränderungen der Branche als auch der Unternehmen wirken auf die Branchenstruktur; aufgrund des langfristigen Aufwärtstrends in der Vergangenheit sollen hier nur die Auswirkungen der Größenausdehnung berücksichtigt werden. Erstens stehen dadurch mehr Strategien zur Verfügung, da wachsende Unternehmen größere finanzielle Spielräume haben und daher strategische Innovationen und Investitionen durchsetzen können. Diese Auswirkung lässt sich für den Sortimentsbuchhandel bestätigen. Die
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Größe der marktführenden Unternehmen, also v. a. des Filialbuchhandels, nimmt zu. Die Nummer eins, Thalia, hat seit dem Geschäftsjahr 2004/2005 seinen Jahresumsatz insgesamt um 77 % bzw. den Jahresumsatz in Deutschland um 90 % steigern können. Im Geschäftsjahr 2008/2009 wurden 820 bzw. 629 Millionen Euro umgesetzt.296 Selbst die kleineren der großen Unternehmen – laut Betriebsvergleich des Sortimentsbuchhandels ab 5 Millionen Euro Jahresumsatz – können häufig moderates Wachstum verzeichnen, zumeist mindestens das Umsatzniveau halten.297 Zweitens ist durch eine gute finanzielle Basis die vertikale Integration leichter zu realisieren, falls diese Option in Frage kommt. Für den Sortimentsbuchhandel scheint eine Verschmelzung mit liefernden Unternehmen aus Zwischen- oder Verlagsbuchhandel jedoch bislang wenig interessant. Es gibt nur wenige vertikale Unternehmen überhaupt, die mit Ausnahme der zu 50 % an der DBH beteiligten Verlagsgruppe Weltbild v. a. im Fachbuchbereich zu finden sind. Von einer echten Vertikalisierung kann im Allgemeinen und auch in den besonderen Fällen nicht die Rede sein, da es sich oft nur um Beteiligungen handelt und die Unternehmen nicht vollständig zusammengeführt sind. Drittens wirkt sich das Branchen- und Unternehmenswachstum als Anreiz zum Markteintritt für neue Konkurrenten auf die Branchenstrukturentwicklung aus. Einerseits ist das Risiko einer Fehlinvestition in bereits eingeführten Branchen geringer, andererseits bieten v. a. hohe Wachstumsraten der Branche die Möglichkeit, selbst schnell an Umsatzanteilen hinzuzugewinnen. Da es sich beim Buchhandel im Allgemeinen um eine ältere, etablierte Branche handelt, dürfte dieser Aspekt eine untergeordnete Rolle spielen. Das ist jedoch zu relativieren, wenn man sich nicht auf den gesamtdeutschen Markt, sondern einzelne lokale Märkte bezieht. Gerade in den letzten Jahren waren verstärkt Markteintritte v. a. der filialisierten Unternehmen an Standorten mit ausreichend Käuferpotenzial zu beobachten. Dies hat dazu geführt, dass mittlerweile die meisten Groß- und Mittelstädte besetzt sind und nun die Expansion abflacht.298 Gerade diese Markteintritte haben die Struktur des Sortimentsbuchhandels in den letzten Jahren maßgeblich verändert. Sie stellen zusammen mit den Austritten den dritten evolutionären Prozess dar, der auf Branchengröße und -wachstum wirkt. Dabei ist auch deren Ursprung besonders zu beachten. Zunächst kann hier der Eintritt branchenfremder Unternehmen genannt werden, der jedoch in der hier fokussierten Branche geringere Bedeutung erreicht. Ein Beispiel für den Einstieg eines buchhandelsfremden Konzern in den Buchmarkt stellte die Beteiligung der Douglas Holding 296 Vgl. Douglas Holding 2010. 297 Vgl. Spielmann/Wilking 2009. 298 Vgl. Spielmann/Wilking 2009, S. 20; Wilking 2008, S. 26.
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an Montanus Aktuell (heute Thalia) 1979 dar.299 Des Weiteren können Unternehmen, gerade wenn es um lokale Markteintritte geht, diese aus eigener Kraft vorantreiben (internes Wachstum) und z. B. am jeweiligen Standort eine neue Filiale eröffnen. Eine unter den Buchhandelsfilialisten ebenso beliebte Form der Markteintritte sind Akquisitionen etablierter Standortbuchhändler bzw. mittlerweile auch kleinerer Filialunternehmen (externes Wachstum). Gerade diese beiden Möglichkeiten prägten das Branchenwachstum der vergangenen Jahre. Für die kurzfristige Zukunft aber wurden bislang deutlich weniger Neueröffnungen und Übernahmen bekannt gemacht.300 Parallel zu den zahlreichen Eintritten in lokale Buchhandelsmärkte sind Marktaustritte besonders kleiner und mittelgroßer Unternehmen zu beobachten. Sie werden mit wirtschaftlichen Schwierigkeiten, rückläufiger Rentabilität, aber auch Nachfolgeproblemen begründet.301 Unterstützender Beleg ist der Rückgang der Mitgliederzahl des Dachverbands.302 Es bleibt abzuwarten, welche Auswirkungen die derzeitige Finanzund Wirtschaftskrise auf die Anzahl der Betriebe des Sortimentsbuchhandels haben wird; es sind sowohl mehr Marktaustritte als auch Fusionen unter größeren Unternehmen denkbar. Beide Entwicklungen zusammen wirken verstärkend auf die Dominanz der großen und marktführenden Unternehmen. 5.2.2 Abnehmerseitige Veränderungen Zwei weitere evolutionäre Prozesse können zu einem Block, den Veränderungen auf der Abnehmerseite zusammengefasst werden. Sie üben einen wesentlichen Einfluss auf die Branchenentwicklung im Zeitablauf aus. Zum einen sind das die Wechsel der Abnehmersegmente bzw. das Hinzutreten neuer Segmente oder der Ausfall bisheriger. Dadurch verändern sich die Anforderungen an die Handelsunternehmen, was so auf die Branchenstruktur durchschlägt. Der Sortimentsbuchhandel insbesondere und der Buchhandel überhaupt sind in dieser Hinsicht sicherlich deutlich zu unterscheiden von Konsumgüterbranchen, deren innovative Güter qua Markterweiterung nach einer Einführungsphase an zusätzliche Kundengruppen abgesetzt werden. Wichtiger erscheint das Verbraucherverhalten; die oben skizzierten Trends, insbesondere die Multioptionalität, erfordern eine weitergehende Segmentierung der Zielgruppen. An den fokussierten Segmenten muss das künftige Profil eines jeden Unternehmens ausgerichtet werden. Darüber hinaus ist es empfehlenswert die längerfristige Entwicklung 299 300 301 302
Vgl. Thalia Service GmbH/buch.de Internetstores AG [23.03.2009]. Vgl. Spielmann/Wilking 2009, S. 20. Vgl. Emrich 2007, S. 61–63. Vgl. Börsenverein des Deutschen Buchhandels e.V. 2008, S. 25; Börsenverein des Deutschen Buchhandels e.V. 2000, S. 24.
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der Leser und Buchkäufer zu beobachten, um frühzeitig Verschiebungen, z. B. in der Einkaufsstättenpräferenz oder im Umfang der Gruppen, wahrzunehmen und darauf reagieren zu können. Grundlage dafür bieten für die Branche einschlägige Studien, wie z. B. Buchkäufer und Leser. Der Aufstieg des Vertriebskanals Internet verursacht darüber hinaus mit hoher Wahrscheinlichkeit, dass einige Abnehmergruppen wegbrechen. Die Präferenz des Online-Buchhandels ist bei modern orientierten Zielgruppen mit einem vergleichsweise niedrigen Durchschnittsalter besonders hoch, mit zunehmender Tendenz.303 Nicht nur Veränderungen der Abnehmersegmente, sondern auch deren Anforderungen sind für die Branchenentwicklung von Bedeutung. Dies ist von der Erfahrung mit dem Angebot, hier also den Waren und den buchhändlerischen Leistungen, abhängig. Porter stellt die These auf, dass Lernprozesse der Abnehmer diese umso kritischer werden lassen und damit die Anforderungen an die Anbieter steigen. Für die hier betrachtete Branche muss die Antwort differenziert ausfallen. Zum ersten kann man davon ausgehen, dass die Konsumenten in ihrer Gesamtheit den Sortimentsbuchhandel bereits gut kennen, der Lernprozess weit fortgeschritten ist. Die daraus abzuleitenden hohen Ansprüche an dessen Leistungen gehen konform mit den differenzierten Trends im Verbraucherverhalten, die ebenfalls veränderte Anforderungen implizieren. Beispielsweise war in den letzten Jahren eine deutliche Hinwendung zu Erlebnisstrategien mit vielerlei Optionen in den Verkaufsräumen zu beobachten. Besonders geprägt haben diese Entwicklung die im allgemeinen Sortimentsbereich tätigen Buchhandelsketten, die auch künftig mit höheren Anforderungen rechnen müssen; dies hängt zum Teil mit der zunehmenden Präferenz für den E-Commerce zusammen, was in den Wunsch der Verbraucher nach verschiedenen Zugriffsmöglichkeiten zur Kommunikation und zum Erwerb der Waren, also nach Multi-Channel-Ansätzen, mündet. Das hat in den vergangenen Jahren bereits stark auf die Entwicklung v. a. des Filialbuchhandels gewirkt; eine Fortsetzung wird für die mittel- bis langfristige Zukunft erwartet.304 5.2.3 Entwicklung von Wissen, Erfahrung und Sicherheit Hingegen ist für Einzelhandelsbranchen und auch den Sortimentsbuchhandel der mangelnde Schutz von Produktions- und Verfahrenstechnologien nicht von Bedeutung – weder ex post noch ex ante. Zutreffend erscheint dagegen, dass die Erfahrungskurve im Buchhandel grundsätzlich relevant ist, d. h. dass Unternehmen mit umfangreichen Erfahrungen, hier z. B. im Bereich der Warenbeschaffung, einen nachhaltigen, mög303 Vgl. Börsenverein des Deutschen Buchhandels e.V. 2008b, S. 3. 304 Vgl. [Hudetz] 2009, S. 7; Weise 2009a.
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lichst schwer oder nur langfristig nachahmbaren Vorteil gegenüber unerfahreneren erlangen. Für die Beschaffung wichtig sind z. B. Einkaufsentscheidungen basierend auf Erfahrungswissen über die Akzeptanz und die absetzbare Menge eines Titels oder die Wahl der Beschaffungswege (direkt oder über den Großhandel). Ein Bereich aus dem künftig Erfahrungsvorteile entstehen können, stellt der Vertriebskanalmix in einem Unternehmen dar, also die Umsetzung von Multi-Channel-Strategien, oder auch die Sortimentserweiterung durch buchnahe Medien wie Hörbücher, DVDs oder E-Books. Reifere Branchen werden zudem durch die abnehmende bzw. schwindende Unsicherheit gekennzeichnet, was gleichzeitig Implikationen für die Branchenentwicklung bereithält. Zunächst sind die Strukturen und Strategien der teilnehmenden Unternehmen relativ zur Einführungsphase stabil. Neben der Kenntnis der Attraktivität einer Branche stellt auch das Wissen um die Strategien der bereits tätigen Wettbewerber einen Reiz für Neueinsteiger dar. Trotzdem zählt der Sortimentsbuchhandel besonders unter den großen Unternehmen wenige Neueinsteiger; auf lokaler oder regionaler Ebene lässt sich das eher beobachten.305 Die Gründe dafür sind vielfältig und können von der Abschreckung durch den Konzentrationsprozess bis zu einer abwartenden Haltung aufgrund der Digitalisierungsentwicklung – sei es Richtung E-Book oder E-Commerce – reichen. Begleiterscheinung der mit der Zeit gesicherten Strukturen von Branchen ist weiterhin der Ausleseprozess unter den Strategien, d. h. Imitationen erfolgreicher Konzepte einerseits, Aufgabe nicht durchsetzungsfähiger andererseits. Zu den erfolgreichen Konzepten zählt offensichtlich die Erlebnisorientierung, die auf unterschiedliche Weise und mit unterschiedlicher Intensität Eingang in den Marktauftritt finden kann. Beleg dafür ist die (teilweise) Nachahmung erfolgreicher Ladenkonzepte von Buchkaufhausfilialisten durch ihre regionalen Konkurrenten306 oder auch in verringertem Maße durch kleinere Buchhandlungen, die z. B. Leseecken oder Café-Bars installieren. Weniger erfolgreich ist hingegen die Wachstumsstrategie Franchising. Dies zeigt sich an der im Vergleich zu anderen Handels- und Dienstleistungsbranchen geringen Verbreitung von Franchisemodellen im Bucheinzelhandel überhaupt und an den bislang oft gescheiterten bzw. wieder eingestellten Versuchen, ein solches System zu etablieren.307 Anfang des Jahres 2009 musste beispielsweise das Unternehmen CoBu Insolvenz
305 Vgl. Busse 2009, S. 18f. 306 Eine Adaptation des Ladenbaukonzepts ist z. B. in Erlangen zu vermuten, da die 2008 neu eröffnete Filiale der Buchhandlung Rupprecht (Nürnberger Str. 22) den Thalia-Häusern augenscheinlich sehr ähnelt (s. Abb. 20 und Abb. 21). 307 Vgl. Meyer-Arlt 2008, S. 18.
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anmelden.308 Weiter zurück liegt der Versuch des jetzigen Marktführers Weltbild (DBH) und eines in der Thalia Holding aufgegangenen Unternehmens (Gondrom).309 5.2.4 Innovationen Wesentliche strukturelle Umwälzungen können auch aus Innovationen entstehen, die z. B. Einsparungspotenzial bieten oder den Markt erweitern. Dabei kann sich Innovationspotenzial in verschiedenen Bereichen ergeben. Produktinnovation ist dabei eine der Möglichkeiten. Es kann im Extremfall zu Produktentwicklungen und zur Eröffnung neuer Märkte führen, was wiederum die Branche wachsen lässt. Mindestens aber wird mit ähnlichen Folgen durch neuartige Elemente ein Produkt modifiziert und damit differenziert. Gleichzeitig haben Produktinnovationen auch indirekte Effekte, die auf weitere Strukturelemente wirken, z. B. die Mobilitätsbarrieren erhöhen und die Nachahmung des Innovationsvorteils erschweren. Erster Ansatzpunkt für Produktinnovationen im Sortimentsbuchhandel ist der Betriebstyp, d. h. die Einführung und Etablierung neuer Formen kann Ursprung für eine Markterweiterung und Strukturveränderung sein. Prominentes branchenspezifisches Beispiel sind Buchkaufhäuser; die erste Großflächenbuchhandlung (2.000 qm, vier Etagen) wurde 1979 von Heinrich Hugendubel in München am Marienplatz eröffnet. „Mit Rolltreppen, Leseinseln und einem völlig ungehinderten Zugang zum Buch erfasste Hugendubel die Bedürfnisse der Kunden und veränderte die Branche damit nachhaltig.“310 Damit wurde die Grundlage für die heute erfolgreichen Erlebniskonzepte gelegt. Jünger sind die Beispiele, die sich aus dem Bereich der preisorientierten Konzepte anführen lassen. Zunächst ist die konsequente Ausrichtung auf ein Sortiment mit einem günstigen Preis-Leistungs-Verhältnis zu nennen, wie es besonders von Weltbild (ehemals Weltbild plus) durchgesetzt und verbreitet wurde. Darüber hinaus kann die Modifikation dessen mittels Spezialisierung auf Rest- und Sonderauflagen durch Jokers als Innovation gelten. Für die künftige Branchenentwicklung sind die Möglichkeiten der Sortimentserweiterung um Non-Books oder elektronische Medien beobachtenswerte Trends. Sie tragen zur Differenzierung des Angebots der Sortimentsbuchhandlungen bei, verändern oder erweitern die Zielgruppen und können die Marktstrukturen beeinflussen. Die genannten ‚Produkt‘-Innovationen stehen in enger Verbindung mit Marketinginnovationen, wobei die Angebotsentscheidungen langfristiger und grundlegender sind. 308 Vgl. BB 2009a, S. 7. 309 Vgl. Meyer-Arlt 2008, S. 16f. 310 H. Hugendubel GmbH & Co. KG [24.03.2009].
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Marketingveränderungen, wie Porter sie versteht, werden jedoch v. a. durch operative Instrumente vorgenommen. Neue Marketingansätze dienen der Nachfragestimulierung, akquirieren dadurch unter Umständen auch neue Konsumenten und wirken ebenfalls indirekt auf die Branchenstruktur. Die Möglichkeiten des Handelsmarketings sind vielfältig. Ein für die Profilierung eines Unternehmens besonders bedeutender Bereich ist die Kommunikationspolitik, weil sie die Leistung eines Unternehmens und ggf. deren Veränderungen nach außen kommuniziert. Die Werbung muss dabei als wichtige Maßnahmen angeführt werden; aktuelle und auch künftig bedeutende Veränderungen betreffen insbesondere die Werbeträger. Der klassische Transportweg der Werbebotschaft stellt im Sortimentsbuchhandel das Schaufenster dar. Dessen Vorteile liegen zunächst in der Verfügbarkeit und den geringen Zusatzkosten, da beinahe jedes Ladenlokal über Schaufenster verfügt.311 Die Werbemittel-Werbeträger-Matrix (Tabelle 17) gibt weitere Kombinationen an, impliziert aber gleichzeitig, dass der Kanal Fernsehen bislang offensichtlich keine Rolle spielt, während Hörfunk und Internet bereits genannt werden. Vor dem Hintergrund sich verdichtender Filialnetze und steigender Bekanntheitsgrade bieten TV-Werbespots zunehmend weniger Streuverluste und sind eine zukunftsfähige Alternative für Filialbuchhändler. Bislang kam diese Möglichkeit allerdings nur vereinzelt, z. B. bei Weltbild plus, zum Einsatz; auffällig daran war der starke Produktbezug, d. h. ein Titel, der als Weltbild-Reader erschien, wurde mit dem Hinweis auf die Erwerbsmöglichkeit in den Weltbild-plus-Filialen beworben. RadioWerbung hingegen gehört zwar auch zu den neueren Werbekanälen des Sortimentsbuchhandels, ist jedoch öfter zu finden; beispielsweise wirbt die Alpha Buchhandlung Nürnberg beim Regionalsender Charivari 98,6 für ihr auf Religion spezialisiertes Sortiment, während Thalia z. B. zum Schulanfang für ein umfangreiches Schulbuchsortiment und entsprechender Serviceleistungen geworben hat.312 Als ein weiterer innovativer Ansatzpunkt sind Maßnahmen des Kooperationsmarketings zu nennen. Auch hier fungiert Weltbild als Vorreiter. Das Unternehmen bot im Jahr 2008 zusammen mit der Dresdner Bank eine Aktion anlässlich des 60-Jährigen Firmenjubiläums von Weltbild ein ‚Geschenk‘ an: Im Rahmen der ‚Weltbild-Jubiläumsanlage‘ konnten Weltbild-Kunden gegen Vorlage eines Berechtigungs-Zertifikats, verteilt über den Weltbild-Katalog, in den Filialen und per Mailing, bei der Dresdner Bank ein Geldmarktkonto eröffnen. Sie erhielten eine Verzinsung von 6 % p.a. über einen Aktionszeitraum von maximal sieben Monaten.313 Mit solchen Aktionen soll die Erweiterung des Kundenkreises und die Nachfragestimulierung über einen Kaufanreiz bezweckt werden. Um aber dadurch die 311 Vgl. Bramann u.a. 2008, S. 332. 312 Vgl [Radio-Werbespot Alpha-Buchhandlung] 2008. 313 Vgl. Dresdner Bank AG 2008.
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‚richtigen‘ Kunden anzusprechen, muss zuvor eine individuelle Zielgruppensegmentierung erstellt werden. Von der Außenwirkung eines Unternehmens losgelöst ist der dritte Innovationsbereich. Hier geht es um unternehmensinterne Verfahrensveränderungen, die Einfluss auf die Arbeitsabläufe und die Kostensituation nehmen können. Dabei ist es grundsätzlich gleich, ob die Innovationen betriebsintern entwickelt oder von externen Faktoren an die Unternehmen herangetragen werden. Im Sortimentsbuchhandel zählen dazu die Warenwirtschaftssysteme, die erhebliche Rationalisierungspotenziale bieten. Sie befinden sich noch im Durchsetzungsprozess. Sie tragen bereits in vielen Betrieben zur Organisation bei, sind jedoch aufgrund hoher Anschaffungskosten nicht vollständig verbreitet.314 Auch mittel- bis langfristig entstehen aus zunehmender Elektronisierung und Digitalisierung des Bucheinzelhandels weitere Chancen. Die Verbesserungen in der Informationstechnologie könnten beispielsweise noch mehr Informationen über das individuelle Auswahl- und Kaufverhalten der Kunden generieren, nicht zuletzt auch über Kundenkarten und Online-Kundenkonten. Abschließend bleibt festzuhalten, dass Angebots-, Marketing- und Verfahrensinnovationen großes Potenzial für die Branchenentwicklung und strukturelle Branchenveränderung aufweisen.
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Gespräch Produkt Brief
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Schauwerbung
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Banner Tabelle 17: Werbemittel-Werbeträger-Matrix
314 Vgl. Bramann u.a. 2008, S. 265–267.
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Plakat x
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Telefon-Marketing
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Direct Mail
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Messen
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Spot
Verkaufsraum
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Prospekt/Katalog
Internet
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Hörfunk
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Kino
(Fach-)Zeitschrift
Anzeige
Direktwerbung
Werbemittel
Zeitung
Werbeträger
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5.2.5 Externe strukturelle und politische Veränderungen Denkt man wie oben bei den Verfahrens- oder besser Ablaufinnovationen weiter an Rationalisierungsmöglichkeiten, so gerät der Aspekt veränderter Inputkosten in das Blickfeld. Die Veränderung von Lohn-, Material-, Kapital-, Kommunikations- und Transportkosten kann zwar die Kostensituation verbessern, jedoch auch durch Steigerungen verschlechtern. Für beide Fälle spielen äußere Einflüsse auf die Branche eine gewichtige Rolle, z. B. Lohnkostensteigerungen durch höhere Tarifabschlüsse ebenso wie erhöhte Werbekosten durch höhere Preise der Werbeträger. Grundsätzlich können im (Sortiments-)Buchhandel Kostenveränderungen nicht auf (vom Hersteller) preisgebundene Bücher umgelegt werden, allenfalls auf Artikel des nicht preisgebundenen Zusatzsortiments. Das ist jedoch nicht Hauptumsatzträger, und es vom Kunden weniger preissensitiv wahrgenommen wird. Aber die Kostenpositionen beeinflussen die Rentabilität eines Unternehmens stark. Erhöhte Kosten können das Serviceniveau der Betriebe beeinflussen, z. B. indem aufgrund sehr hoher Personalkosten insgesamt weniger Personal oder weniger qualifiziertes Personal beschäftigt werden kann. Weiter wird die Investitionstätigkeit gedämpft, wenn die Material- und Kapitalkosten steigen. Diese Aspekte wiederum sind stark nachfragerelevant. Für die Zukunft des Sortimentsbuchhandels bleibt abzuwarten, wie sich die Kapitalkosten verändern – die Zinssätze sind aufgrund der Finanzkrise seit Beginn des Jahres 2009 auf historische Tiefstände gesunken. Darüber hinaus muss beobachtet werden, wie sich die Inflationsrate entwickelt, da man aufgrund der hohen Liquidität, die zur Marktstabilisierung weltweit bereitgestellt wurde, mittelfristig einen starken Anstieg des Preisniveaus erwartet. Ein weiterer externer Einflussfaktor auf die Branchenentwicklung ist der Strukturwandel in benachbarten, d. h. vor- und nachgelagerten Branchen wie z. B. unter den Herstellern und Lieferanten. Dies kann auch die Machtpositionen bzw. Verhandlungsspielräume in der nachgelagerten Branche verändern. Beispiele für solche Strukturveränderungen sind höhere Konzentrationsgrade, vertikale Integrationsbestrebungen oder aber subtilere Veränderung der Wettbewerbsmethoden. In der Rückschau auf die Entwicklungen im Sortimentsbuchhandel bzw. unter den Verlagen und Zwischenbuchhändlern muss besonders das erstgenannte Beispiel belegt werden: Der Konzentrationsprozess in der Verlagsbranche hat zunächst ein Kräfteungleichgewicht zwischen großen Anbietern (Verlagskonzernen) und einer zersplitterten, klein- und mittelständisch geprägten Abnehmerbranche entstehen lassen. Die Verlagskonzentration setzt sich auch aktuell weiter fort. Seit 2002 beispielsweise wies die Anzahl der Buchverlage in der höchsten Umsatzgrößenklasse (über 50 Millionen Euro Jahresum-
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II Markt- und Wettbewerbsanalyse für den deutschen Bucheinzelhandel
satz) eine Abwärtstendenz auf – 32 Verlage 2002 gegenüber 28 Unternehmen 2007315 –, während der Umsatzanteil leicht anstieg. Viel bemerkenswerter aber ist der Wert des Umsatzanteils: Er lag 2007 bei 61,9 %, was ca. 7,01 Milliarden Euro entspricht.316 Für das Jahr 2007 wird zudem durch den Transaktionsmonitor Verlagswesen eine um 46 % gegenüber dem Vorjahr gestiegene Aktivität an Übernahmen und Beteiligungen ausgewiesen, die besonders das Segment der Fachinformationsanbieter betrifft.317 Das erwähnte anfängliche Ungleichgewicht gegenüber der wenig konzentrierten Einzelhandelsbranche ist mittlerweile gewichen und auch für die Zukunft nicht zu erwarten. Der Strukturwandel findet nun eben im Bucheinzelhandel, verstärkt im Sortimentsbuchhandel und unter den filialisierten Unternehmen statt. Dies zeigt sich auch daran, dass entsprechend der Umsatzsteuerstatistik für den Bucheinzelhandel 20 Unternehmen 25 Millionen Euro und mehr pro Jahr umsetzten und damit 36,3 % Umsatzanteil erzielen.318 Kurz- bis mittelfristig sollte sich die Situation sogar derart verschärfen, dass bis 2010 die Konzentrationsrate der größten fünf Buchhandelsketten auf einen Marktanteil von knapp unter 30 % steigen sollte. Bereits Mitte des Jahres 2008 war der Marktanteil der beiden Marktführer Thalia und DBH auf gut 25 % des Sortimentsumsatzes gestiegen.319 Aus dem Bereich des Zwischenbuchhandels bzw. Barsortimente ist diesen beiden prägenden Entwicklungen kein virulenter Wandel entgegenzusetzen; die Branche weist bereits oligopolähnliche Strukturen auf, da die zwei größten Unternehmen mit jeweils ca. 40 % Marktanteil dominieren und die Mitgliederstatistik des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels 2009 nur 78 Zwischenbuchhandelsunternehmen zählte.320 Abgesehen von den Einflüssen der anderen Wirtschaftsstufen gilt es für die Abschätzung der Branchenentwicklung auch politische bzw. gesetzliche Veränderungen zu betrachten. Diese können zum einen direkter Art sein, wie z. B. die Regulierung von Markteintritten oder Wettbewerbspraktiken. Zum anderen gibt es indirekte Einflüsse z. B. durch Vorschriften oder Zölle. Derzeit sind für die Bundesrepublik Deutschland keine derlei Änderungen vorgesehen. Natürlich muss man für die Analyse der Branchenentwicklung auch potenzielle Entwicklungen einbeziehen. Für den Sortimentsbuchhandel verbindet man dies häufig mit der Frage nach der Beständigkeit des Buch315 2008 wurde diese Angabe zur Wahrung des Steuergeheimnisses nicht ausgewiesen. Jedoch ergeben sich rechnerisch 64 Unternehmen mit mehr als 25 Millionen Euro Jahresumsatz. 316 Vgl. Börsenverein des Deutschen Buchhandels e.V. 2008, S. 28, 34. 317 Vgl. ebd., S. 16. 318 Vgl. ebd., S. 29, 37. 319 Vgl. ebd., S. 16. 320 Vgl. Börsenverein des Deutschen Buchhandels e.V. 2010, S. 29.
5 Untersuchung der Branchenentwicklung
139
preisbindungsgesetzes. Für die Branchenteilnehmer erscheint es sinnvoll, sich auch mit Szenarien ohne dieses Gesetz auseinanderzusetzen. Doch es würde an dieser Stelle den Rahmen sprengen, die Wahrscheinlichkeit und die Folgen des Wegfalls der Buchpreisbindung zu erläutern.321 Sie ist seit 2002 in Gesetzesform festgelegt, was grundsätzlich eine kurzfristige Veränderung unwahrscheinlich werden lässt, jedoch nicht ausschließt. Die Möglichkeit, das Gesetz zu kippen, besteht. Sie erweist sich aber als stark abhängig von den Marktteilnehmern selbst und ihrer Selbstdisziplin, die Vorschriften zu wahren und nicht zu unterlaufen. Des Weiteren – und dies ist kurz- bis mittelfristig wahrscheinlicher – zeichnen sich Veränderungen in der Umsetzung kartellrechtlicher Vorschriften ab – genauer: eine Verschärfung. So wurde z. B. im Jahr 2008 die Kooperation zwischen DBH und dem Karstadt-Konzern, aus der Shop-in-Shop-Konzepte hervorgegangen sind, eingehend geprüft auf eine eventuell entstehende marktbeherrschende Stellung an den einzelnen Standorten. Ursprünglich sollten 52 Buchabteilungen in Karstadt-Warenhäusern von Hugendubel oder Weltbild bewirtschaftet werden, doch genehmigte das Bundeskartellamt nach dem zweistufigen Prüfverfahren nur die Übernahme von 44 Standorten, da in den Städten Frankfurt, Kiel, Wiesbaden, München und Leipzig eine marktbeherrschende Stellung entstehen würde.322 Aufgrund der immer höheren Marktanteile der dominierenden Buchhandelsketten steht zu vermuten, dass künftig ähnlich genaue Prüfungen und ähnliche Ergebnisse bei Übernahmen kleinerer, v. a. filialisierter Mitbewerber von der Kartellbehörde vorgenommen werden. Diese restriktive Vorgehensweise würde die Veränderung der Branchenstrukturen tendenziell behindern bzw. verlangsamen. Sie ist daher für die Branchenentwicklung von großer Bedeutung. 5.2.6 Überblick zur bisherigen und künftigen Branchenentwicklung Eine Zusammenfassung der im zurückliegenden Kapitel erarbeiteten Ergebnisse wird in Tabelle 18 vorgenommen. Daraus ist ersichtlich, dass bisher besonders das Branchenwachstum sowie Angebotsinnovationen Veränderungen hervorbrachten. Dagegen spielten Verfahrensinnovationen und Veränderungen in Qualität und Kosten des Inputs nur eine untergeordnete Rolle. Es lassen sich aber auch vergleichsweise konstante Faktoren ausmachen, deren Einfluss auf die Branchenentwicklung keineswegs zu unterschätzen ist. Aus ihnen können sich Effekte aus ‚versteckten‘ Prozessen ergeben. Als solche gelten die Abnehmerseite, das Erfahrungswissen und der Sicherheitsgrad 321 Eine ausführliche Analyse von Buchpreisbindungen überhaupt findet sich bei Knorr/Schulz 2004 und bei Rürup u.a. 1997. 322 Vgl. Schulte 2008c, S. 14–17.
140
II Markt- und Wettbewerbsanalyse für den deutschen Bucheinzelhandel
sowie externe Triebkräfte. Für letztere sind auch in Zukunft kaum virulente Veränderungen und Effekte zu erwarten. Hingegen wird der Einfluss der nachgelagerten Stufe ebenso zunehmen wie die Erfahrungseffekte aufgrund der zunehmenden Technisierung der Abläufe und Waren. Besonders stark ist das künftige Gewicht der Innovationen im strategischen und operativen Geschäft einzuschätzen. Hinzu kommt selbiges für die langfristige Wachstumsentwicklung, deren Ursachen starke Veränderungen unter den (potenziellen) Konsumenten und Angeboten der Marktteilnehmer sind. Evolutionärer Prozess
bisherige Entwicklung
Langfristige Wachstumsänderung o (Gesamtbuchhandel) Q(Sortimentsbuchhandel) o Bevölkerungsentwicklung
künftige Erwartungen o (Gesamtbuchhandel) Q(Sortimentsbuchhandel) Q
Konsumentenverhalten
o
Substitute/Komplementäre
o
Q
Kundenpotenzial
--
--
Produktveränderungen
Q
Q
Konjunktur
o
Q
Größenänderungen mit Branchenwachstum Markteintritt-/ Marktaustritte
Q (Branche und Unternehmen) P (Eintritte & Austritte)
o/Q (Unternehmen) P(Branche) o (Fortbestand der Trends)
Abnehmerseitige Veränderungen
o
o
Lernen und Anforderungen der Abnehmer Verbreitung von Wissen
o
P (Wunsch nach Erlebnis und
--
--
Sicherheitsentwicklung
o (hohe Sicherheit)
o (Imitationen)
Erfahrungseffekte
o (Logistik/Beschaffung)
Q (Technik)
Produkt-/Angebotsinnovationen
Q
Q
Marketinginnovationen
o (konservativ)
Q (TV & Radio)
Verfahrensinnovationen
P
o (Rationalisierung wichtiger)
Q
Mehrkanalzugriff)
o Veränderung der Inputkosten und P (nur für Preisniveaus des -qualität Zusatzsortiments relevant) Strukturwandel Nachbarn o (langfristige Konzentration der P (Konzentration im Sortimentsvorgelagerten Stufen) buchhandel) o Politikänderungen o eher Bestätigung (BuchPrG) P weniger Veränderungen, nachlassende(r) Einflussfaktor/Rahmenbedingungen
o keine/kaum Veränderungen, konstante(r) Einflussfaktor/Rahmenbedingungen Q stärkere bis starke Veränderungen, (zunehmend) bedeutende(r) Einflussfaktor/Rahmenbedingungen Tabelle 18: Zusammenfassung der evolutionären Prozesse im Sortimentsbuchhandel.
6 Diskussion der Branchensituation
141
Die beschriebenen evolutionären Prozesse sind in der Zusammenschau und im Verständnis der Analyse der Branchenentwicklung als ‚vernetzte Veränderungen‘ zu verstehen. Weiterhin muss bedacht werden, dass die Entwicklungsrichtungen der Branchen beliebig und stets unterschiedlich verlaufen. Trotz der Verschiedenartigkeit haben sich einige Relationen zwischen evolutionären Prozessen bzw. in der Branchenevolution so genannten Schlüsselbeziehungen herauskristallisiert. Sie sind für die künftige Branchenstruktur besonders bedeutend und deshalb separat zu betrachten. Porter nennt im Wesentlichen drei Aspekte: der Trend zur Branchenkonsolidierung, die Veränderung der Branchengrenzen und die Einflussmöglichkeiten der Unternehmen auf den Strukturwandel. Daran soll im zweiten Hauptteil der Studie angeknüpft werden; dort stehen die Konzentration der Branche ebenso im Fokus wie die daraus abzuleitenden künftigen Entwicklungen und Handlungsoptionen. 6 Diskussion der Branchensituation 6.1 Lebenszyklustheoretische Ansätze Der oben verwendete Ansatz zur Analyse der Branchenentwicklung wird mit seiner Orientierung an den strukturellen Veränderungen den evolutionären Theorien zugeordnet. Dagegen ist ein verbreiteter Ansatz der Prozessforschung der lebenszyklustheoretische.323 Kern dessen ist die Lebenszyklushypothese. Es wird unterstellt, dass sich analog zum Lebensverlauf von Organismen auch wirtschaftliche Systeme über den Zeitablauf entwickeln, d. h. entstehen, heranreifen und schließlich vergehen.324 Als Ausgangspunkt der wirtschaftswissenschaftlichen Phasenmodelle überhaupt kann der so genannte Produktlebenszyklus bezeichnet werden, anhand dessen hier kurz das Phasenmodell im Allgemeinen erklärt werden soll. Dabei muss angemerkt werden, dass in der Forschung Uneinigkeit über die Phasenanzahl – vier oder fünf – herrscht. Konsensfähig erscheint jedoch die Existenz einer Einführungs- oder Entwicklungsphase zu Beginn der Lebensdauer. Der Begriff der Lebensdauer meint die Zeit, in der sich das Produkt auf dem Markt befindet.325 Ebenfalls einheitlich spricht man von einer Degenerationsphase am Ende. Dazwischen liegen zwei bzw. drei Zeitabschnitte, die sich mit den Begriffen Wachstum, Ausreifung und Stagnation umschreiben lassen.326 Die Entwicklung wesentlicher quantitativer Größen dient als Beschreibungsgrundlage.327 Häufig wird als Kriterium für die Phasenabgrenzung das Produktions- oder Umsatzvo323 324 325 326 327
Vgl. Liebmann u.a. 2008, S. 372. Vgl. Ruppert 2001, S. 101f. Vgl. Corsten 1998, S. 57. Vgl. Ruppert 2001, S. 106f. Vgl. Hungenberg 2008, S. 120.
142
II Markt- und Wettbewerbsanalyse für den deutschen Bucheinzelhandel
lumen herangezogen. Über die Zeit beschreibt es einen degressiven, d. h. glocken- oder s-förmigen Verlauf – auch dazu lässt sich kein Konsens ausmachen. Das Lebenszykluskonzept lässt sich von einzelnen Produkten ausgehend auf höhere Ebenen übertragen. So ergeben sich aus der Addition einzelner Produktlebenszyklen der der Produktgeneration oder der Technologie.328 Diese wiederum bedingen die Lebensdauer von Organisationen, deren Summe den Lebenszyklus einer Industrie oder Branche ergibt.329 Nimmt man Höfts Vorschlag auf, auch die Zeit vor der Markteinführung einzubeziehen, charakterisieren im Groben drei Phasen – Marktbeobachtung, Vorbereitungsphase und Marktphase – deren Verlauf, während die Marktphase das grundlegende Vier- oder Fünf-Phasen-Modell umfasst.330 Die über beinahe alle Lebenszyklusmodelle überhaupt anerkannten Phasen lassen sich anhand von Kriterien beschreiben und bestimmen. Deren unterschiedliche Ausprägungen kennzeichnen die einzelnen Phasen. Beispielhaft soll an dieser Stelle auf das Modell des Industrie- respektive Branchenlebenszyklus von Arthur D. Little verwiesen werden. Tabelle 19 fasst die Kennzeichen der Phasen dementsprechend zusammen, wurde aber nach Porter um für das Einzelhandelssegment Sortimentsbuchhandel wichtig erscheinende Kriterien ergänzt. An den bisherigen Erläuterungen mag man kritisieren, dass zunächst von Produkten ausgegangen wurde, was den Industriebezug der Modelle widerspiegelt. Wie also muss die Übertragung auf Handelssegmente aussehen? Auch für den Handel, ganz gleich ob Groß- oder Einzelhandel, spielt der Produktlebenszyklus eine Rolle, da die Produkte die Objekte des Handels, des Geschäftsverkehrs, sind. Doch ist das Produkt der Handels- bzw. Einzelhandelsunternehmen nicht gleichzusetzen mit dem Produkt herstellender Betriebe. Der Output von Einzelhändlern besteht im Angebot eines Sortiments von Produkten und einer Reihe von Dienstleistungen zu diesen Waren. Es wäre also zu kurz gegriffen, den Branchenlebenszyklus von Einzelhandelsbranchen als Summe einer beliebigen Anzahl von Produktlebenszyklen zu definieren. Die Betriebe eines Einzelhandelssegments lassen sich verschiedenen Erscheinungsformen, so genannten Betriebs- und Vertriebstypen, zuordnen. Die sind u. a. durch Sortiments- und Dienstleistungsangebot der Anbieter gekennzeichnet sind. Im Zeitablauf sei eine Weiter- und Neuentwicklung der Betriebs-/Vertriebstypen zu beobachten.331 Erklärungsmöglichkeiten für die Veränderungen und die Lebensdauer der Erschei328 329 330 331
Vgl. Corsten 1998, S. 56; Höft 1992, S. 136. Vgl. ebd., S. 110, 135f. Vgl. ebd., S. 136. Vgl. Liebmann u.a. 2008, S. 370.
6 Diskussion der Branchensituation
143
Kriterium
Entstehung
Wachstum
Reife
Alter
Wachstumsrate
Unbestimmt
Hoch
Gering
Null
Marktpotenzial
Unklar
Klarer
Überschaubar
Bekannt
Sortiment
Klein
Rasche Erweiterung Langsame/keine Erweiterung
Bereinigung
Anzahl der Wettbewerber
Klein
Höchstwert
Konsolidierung, Ausscheiden von Grenzanbietern
Weitere Verringerung
Verteilung der Marktanteile
Nicht abschätzbar
Konzentration
Konzentration
Konzentration
Stabilität der Marktanteile
Gering
Höher
Hoch
Hoch
Höher
Kundentreue
Gering
Abnehmend
Höher
Eintrittsmöglichkeiten
Gut (noch kein Noch gut, v. a. bei starker Konkurrent) hohem Wachstum
Geringer
Meist uninteressant
Käufer/Käuferverhalten
Aufbau von Kunden Erweiterung
Massenmarkt, Anspruchsvoll Markenorientierung
Marketing
Hoher Aufwand
Niedriger Marktsegmentierung, Angebots- Umsatzanteil verbreiterung, der Kosten Service und Rabatte wichtiger
Vertrieb
Überkapazität, spe- Kapazitätsmangel, zialisierte Kanäle Massenkanäle, Kanalverteilung
Wettbewerb
Wenige Unternehmen
Eintritte, viele Wett- Abstoßen von bewerber, Fusionen Kapazitäten, mehr und Konkurse Händlermarken
Ertragsspannen und Gewinne
Hohe Spannen, niedrige Gewinne
Hohe Gewinne
Noch hohe Kosten
Geringe ÜberHohe Überkapazität, kapazität/optimale Massenproduktion, Größe, Massenkanä- Sonderkanäle le, Vertriebskanäle dünnen Sortimente aus wegen höherer Margen Austritte, weniger Wettbewerber
Niedrigere Spannen Niedrige Spannen
Tabelle 19: Kennzeichen der Lebenszyklusphasen nach Little und Porter.
nungsformen bieten u. a. so genannte Lebenszyklus(prozess)theorien, zu denen auch der Betriebstypenlebenszyklus zählt.332 Hier folgt man ebenfalls dem idealtypischen, degressiven Verlauf (s. Abbildung 22), der sich anhand der Marktanteilsentwicklung im Zeitablauf skizzieren lässt. Trotz betriebstypenspezifischer Modifikations- und Ver332 Vgl. ebd., S. 370–375. Neben diesen Lebenszyklustheorien sind drei weitere Klassen von Prozesstheorien zu nennen: Teleologische, dialektische und evolutionäre Prozesstheorien; weitere Informationen s. ebd.
144
II Markt- und Wettbewerbsanalyse für den deutschen Bucheinzelhandel
jüngungsmöglichkeiten beschreibt er einen Entwertungsprozess des Konzepts (Store Erosion). In engem Zusammenhang damit stehen das verdrängungstheoretische Konzept McNairs, das ebenso ‚Wheel of Retailing‘ genannt wird, sowie dessen Weiterentwicklung durch Nieschlag/Kuhn, genannt ‚Dynamik der Betriebsformen‘.333 Beiden gemeinsam ist ein Zyklus mit vier (Entstehung, Aufwertung, Annäherung und Integration/Rückzug bei McNair) bzw. zwei Stufen (Entstehung und Aufstieg sowie Reife und Assimiliation bei Nieschlag). Dieser wiederholt sich durch Markteintritte neuer Betriebstypen immer wieder. Die degressiven Lebenszyklusmodelle, generell und insbesondere von Betriebsformen, und die Verdrängungstheorien von Betriebsformen sind gleichermaßen umfassender Kritik ausgesetzt.334 Vieler Kritiker bezweifeln die Allgemeingültigkeit, denn der Verlauf der Zyklen weicht individuell ab und wird unter Umständen von Unternehmen, Branchen oder externen Faktoren beeinflusst. Dadurch kann der skizzierte Verlauf der Kurve nur als idealtypisch angenommen werden. Auch in den Verdrängungstheorien ist zu beachten, dass jeweils Reaktionen auf neue Betriebstypen zu erwarten sind, die z. B. die Lebensdauer der etablierten Formen verlängern können. Damit hängt ebenso das Problem der Prognostizierbarkeit der Phasenlänge zusammen. Es sind ferner Extremfälle denkbar, d. h. Phasen können ausgelassen werden. Besonders problematisch erscheint zudem die Verallgemeinerung der Phasenkennzeichen, die ebenfalls durch externe Einflüsse abweichen kann; so z. B. bei anfänglicher Regulierung, die die Konzentration fördert, während erst nach späterer Deregulierung die Fragmentierung einsetzt. Grundsätzlich ist es schwierig, Lebenszyklusmodelle als Prognoseinstrument einzusetzen, da sich der genaue Kurvenverlauf für ein Produkt, eine Branche oder eine Betriebsform erst ex post abzeichnet. Besser geeignet scheint es für eine Situationsbestimmung, von der ausgehend beispielsweise Maßnahmen zur Veränderung des Kurvenverlaufs, z. B. zum Hinauszögern der Degeneration, eingeleitet werden können. 6.2 Mögliche Lebenszyklussituationen des Bucheinzelhandels Dies greift auch Porter im zweiten Teil seiner Wettbewerbsstrategie trotz der Kritik an den lebenszyklusorientierten Theorien auf, indem er wichtige potenzielle Branchensituationen beschreibt.335 Diese Zusatzinformationen sind besonders im Rahmen der Strategiefindung eines Unternehmens eine wichtige Ergänzung zu den Aussagen der Branchenstrukturanalyse und der internen Analyse. Sie dienen der spezifischeren 333 Vgl. Liebmann u.a. 2008, S. 375–377. 334 Vgl. Liebmann u.a. 2008, S. 370–377; Porter 2008c, S. 214–218. 335 Vgl. Porter 2008c, S. 250–370.
6 Diskussion der Branchensituation
145
Strategieanalyse in wichtigen Branchensituationen. Der ‚Branchentyp‘ lässt sich anhand von Schlüsseldimensionen, den Graden der Branchenkonzentration, der Reife und der Internationalisierung, feststellen. Porter führt folgende typische Situationen einer Branche an: Zersplitterung, ‚Jugend‘, Reife, Schrumpfungsphase und weltweiter Wettbewerb. Neben wichtigen Strukturelementen werden strategische Hauptaufgaben beschrieben sowie strategische Alternativen und Gefahren aufgezeigt. Inwieweit einige dieser Stereotype, die jeweils ceteris paribus die Veränderung einer Schlüsseldimension annehmen, auf den Sortimentsbuchhandel zutreffen, soll in den folgenden Untersuchungen abgeleitet werden. Das bedeutet, Mischformen sind denkbar und besonders dann anzunehmen, wenn sich die zu untersuchende Branche nicht sofort und eindeutig einem Typus zuordnen lässt. Deshalb sind die in Frage kommenden Situationen für den Untersuchungsbereich zu prüfen. Kommt man dann zu keinem eindeutigen Ergebnis, so müssen im Rahmen der strategischen Unternehmensführung die verschiedenen strategischen Schlussfolgerungen aus den verschiedenen Schlüsseldimensionen vereinbart werden. Für den Bereich des stationären Sortimentsbuchhandels ist von einer solchen Mischform der Lebenszyklussituation auszugehen. Zunächst muss die Hypothese, dass es sich um eine zersplitterte Branche handelt, überprüft werden. Diese Vermutung stützt sich auf die Anzahl der buchhändlerisch tätigen Unternehmen, die laut Umsatzsteuerstatistik des Statistischen Bundesamts im Jahr 2008 insgesamt 4.861 betrug.336 Weiter ist zu untersuchen, ob es sich um eine im Übergang zur Reife befindliche oder bereits schrumpfende Branche handelt. Beide Thesen fußen auf der Umsatzentwicklung im Buchhandel; zwar konnten seit 2004 die Umsätze im Buchhandel insgesamt stets leicht wachsen, doch zeigte die Umsatzentwicklung des Vertriebswegs Sortimentsbuchhandel ebenso leicht nach unten. Außerdem kommt der Aspekt der Internationalität als Charakteristikum des buchhändlerischen Wettbewerbs in Frage. Dies ganz besonders, wenn man die positive Entwicklung dieser Unternehmen beachtet, die neben dem Deutschlandgeschäft ausländische Dependancen betreiben; so z. B. die Marktführer Thalia oder Weltbild aus der DBH. 6.2.1 Internationalität im Bucheinzelhandel337 Wenn man den Ausführungen Porters Folge leistet, so ist der Bucheinzelhandel insgesamt als weltweite Branche abzulehnen. Darunter versteht man nämlich einen Wirt336 Vgl. Börsenverein des Deutschen Buchhandels e.V. 2008, S. 27. 337 Als theoretische Basis für dieses Kapitel wurde soweit nicht anders erwähnt herangezogen Porter 2008c, S. 344–370.
146
II Markt- und Wettbewerbsanalyse für den deutschen Bucheinzelhandel
schaftszweig, der sich durch die umfassende weltweite Position eines Wettbewerbers auszeichnet. Diese wiederum übt Einfluss darauf aus, welche Stellung er auf wichtigen geografischen oder nationalen Märkten einnimmt. Die Ablehnung der These gilt auch für die filialisierten Unternehmen, weil sie nur als multinationale Unternehmen tätig sind. Das bedeutet, die Unternehmen konkurrieren nicht als ganze auf internationalen Märkten, sondern betreiben jeweils autonome Tochtergesellschaften, die in den nationalen Märkten aktiv sind. Bei Thalia sind dies Thalia.at für den österreichischen bzw. Thalia.ch für den schweizerischen Markt. Weiterhin ist das Unternehmen Weltbild zu nennen. Es stellt einen Sonderfall dar, da Weltbild Deutschland zu 50 % zur DBH gehört, jedoch die Weltbild-Gesellschaften für Österreich und die Schweiz unabhängig von dieser Finanzholding agieren und zu 100 % zur Verlagsgruppe Weltbild gehören. Zudem sind dies nahezu die einzigen grenzüberschreitenden Tätigkeiten deutscher Buchhandelsunternehmen. Es wird überdies deutlich, dass der Buchmarkt auf seiner Einzelhandelsseite noch in der Entwicklung vom regionalen zum nationalen Markt steckt, die viele Branchen bereits im 19. Jahrhundert erlebt haben. Beleg dafür ist, dass ein Großteil der Unternehmen im Sortimentsbuchhandel sich auf geografische, d. h. lokale oder regionale, Nischen konzentriert. Selbst unter den größten 50 Bucheinzelhandelsunternehmen in Deutschland, Österreich und der Schweiz finden sich zwölf überregional tätige Unternehmen für Deutschland, während es nur acht national verbreitete sind.338 Bemerkenswert erscheint überdies, dass die Produktion fast ausschließlich für den nationalen Markt erfolgt; d. h. es gibt sowohl regionale Anteile, so genannte Regionalia, als auch, aufgrund der Thematik oder der Abweichungen von landessprachlichen Inhalten, international verkäufliche Waren bzw. den internationalen Lizenzhandel339. Allerdings weisen die Globalisierungstendenz und die Nationalisierung Überschneidungen bei den fundamentalen Ursachen auf. Branchenspezifische Gründe für Wettbewerbsvorteile von Unternehmen mit Gesamtmarktabdeckung sind Betriebsgrößenersparnisse, weltweite bzw. nationale Erfahrung, die zur Kostendegression führt, sowie Produkt- bzw. Angebotsdifferenzierung. Oft treten mehrere Ursachen gleichzeitig auf. Die Bedeutung jeder einzelnen hängt ab von der Relevanz des Bereichs für die Gesamtkosten und von ihrer Bedeutung für den Wettbewerb. Wegen der Ähnlichkeit der Branchensituation bei einer Globalisierungstendenz mit der bei einer Nationalisierung der Branche, sollen die 338 Vgl. Spielmann/Wilking 2009, S. 25–33; Wilking 2008, S. 21. 339 An- oder Verkauf des Nutzungsrechts an einem Werk von einem oder an einen ausländischen Rechteinhaber, inder Regel Verlag, in Form einer Übersetzungslizenz; vgl. Estermann 2003c, S. 342f.; MetzelReuters 2003, S. 343f.
6 Diskussion der Branchensituation
147
von Porter genannten Impulse, Risiken, Alternativen und Trends nachfolgend auf den Sortimentsbuchhandel übertragen werden. Als eine Quelle von Wettbewerbsvorteilen, die einen Anreiz zur Ausdehnung der Marktabdeckung bieten, werden Betriebsgrößenersparnisse in diversen Bereichen genannt; darunter in der Produktion, der Logistik, im Marketing und im Einkauf. Produktion kann hier auch gleichgesetzt werden mit der Bereitstellung von Diensten. Größenvorteile können hierbei entstehen, wenn die Bereitstellungskosten mit wachsender Betriebsgröße, und zwar über die übliche lokale oder regionale Größe hinaus wachsend, relativ abnehmen. Für den Buchhandel ist eine breite Palette an Dienstleistungen, angefangen bei der Beratung über Informationsdienste bis hin zu Zustellung und Versand, charakteristisch.340 Doch daraus entstehen den Betrieben mitunter hohe Kosten, die nicht auf den Warenpreis umgelegt werden können, sondern aus der Handelsspanne finanziert werden müssen. Diese nimmt mit steigendem Jahresumsatz der Unternehmen zu (29,9 % des Umsatzes für die unterste Umsatzgrößenklasse, 34,8 % des Umsatzes für die zweitoberste Umsatzgrößenklasse im Betriebsvergleich 2008)341, sodass größere Unternehmen bei gleicher Rendite mehr Dienstleistungen anbieten können als kleinere. Dies lässt Größenvorteile aus dem Bereich Dienstbereitstellung vermuten, wenngleich der Betriebsvergleich diese Kosten nicht separat aufführt. Darüber hinaus gilt diese Vermutung auch für die Logistik, denn es werden abnehmende Fixkosten für Mehrbetriebsunternehmen unterstellt. Ein Indiz dafür ist die Kennzahl der prozentualen Kraftfahrzeugkosten der Sortimentsbuchhandlungen. Sie fällt für Unternehmen mit 100.001 bis 200.000 Euro Jahresumsatz am höchsten aus (2,1 %), während sie ab einem Jahresumsatz von fünf Millionen Euro nur noch 0,2 % ausmacht.342 Weitere erklärende Kennzahlen liegen nicht vor, es ist jedoch anzunehmen, dass weitere Logistikkosten z. B. durch Zentralisierung der entsprechenden Abteilung statt dezentraler Logistikarbeiten gemindert werden können. Die zentral gestellten Dienste für Mehrbetriebsunternehmen sind zudem Grund für die Annahme von Betriebsgrößenersparnissen im Marketing. Durch die einmalige Entwicklung unternehmenseigener Marketingmethoden oder -instrumente und die vielfache Nutzung entstehen Kostenvorteile, da die wiederholte Anwendung den jeweiligen Fixkostenanteil immer geringer werden lässt. Als einzig verfügbarer Beleg dafür sind die Werbekostenanteile aus dem aktuellen Betriebsvergleich denkbar, aber die Darstellungen lassen keine eindeutige Bestätigung zu. Die Betriebsvergleichsergeb340 Vgl. Bramann u.a. 2008, S. 130–137. 341 Vgl. Börsenverein des Deutschen Buchhandels e.V. 2010, S. 107. 342 Vgl. ebd.; Börsenverein des Deutschen Buchhandels e. V. 2008, S. 109.
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II Markt- und Wettbewerbsanalyse für den deutschen Bucheinzelhandel
nisse nach Umsatz-, Orts-, Beschäftigten- und Raumgrößenklassen z. B. lassen keinen Trend erkennen, während die Kosten für Werbung mit steigender Personalleistung (Umsatz je beschäftigte Person) eine leichte Abwärtstendenz anzeigen. Und der Umsatz pro Beschäftigtem steigt mit zunehmendem Jahresumsatz an.343 Als Beleg für Skaleneffekte aus dem Bereich Einkauf wurde bereits oben die Handelsspanne angeführt. Die Tendenz zu Gunsten der größeren Unternehmen lässt auf die Realisierung der Verhandlungsstärke der Großabnehmer schließen. Das erscheint vor dem Hintergrund der Dominanz des Direktbezugs bei Verlagen in den oberen Umsatzgrößenklassen umso realistischer. Besonders umsatzstarke Buchhandlungen, in der Regel mindestens überregional tätige Filialunternehmen wie z. B. Osiander oder Thalia, erzielen bei den Verlagen Rabatte von bis zu 50 % des Ladenpreises.344 Weiterer Vorteil für die Buchhandelsunternehmen mit einem großen Verbreitungsgebiet ist die daraus erworbene Erfahrung, die zu Kostendegressionen führen kann. Damit sind beispielsweise konzeptionelle Verbesserungsansätze gemeint, die ausgetauscht und in allen Betrieben umgesetzt werden. Das bedeutet, ein an einer Stelle lokal aufgetauchtes Problem verursacht nur einmalig Lösungskosten, die nicht wiederholt anfallen, obwohl es in mehreren geografischen Märkten auftritt. Für Sortimentsbuchhändler könnte ein solches Problem z. B. in der Standortentscheidung, d. h. in den Kriterien der Standortwahl, bestehen oder in der Anpassung an veränderte Verbraucheransprüche z. B. die Implementierung von digitalen Medien in das Ladenbaukonzept. Erfahrungskostenvorteile bieten also den zweiten Anreiz für die Ausweitung der Unternehmenstätigkeit auf die nationale Ebene. Als dritter, für den Sortimentsbuchhandel relevanter Grund zur Branchennationalisierung sind Auswirkungen der Differenzierung vorzubringen. Die breitere Präsenz kann den betreffenden Unternehmen eine im Vergleich zur lokalen Konkurrenz bessere Reputation und Glaubwürdigkeit einbringen. Doch auch für nicht nationale Anbieter ist es möglich, ein positives Unternehmensimage und eine hohe Überzeugungskraft im Bereich Kompetenz zu erreichen. Es wird sogar oft als Wettbewerbsvorteil des Standorthandels zitiert, er könne sogar noch mehr auf lokale Bedürfnisse eingehen als zentral geführte Unternehmen. Das stimmt mit den Ergebnissen des jährlichen ‚Buchhandelsranking‘ überein, einer Imagestudie zu Buchhandelsketten der Branchenzeitschrift BuchMarkt und des Instituts Innofact: „Die Buchkäufer beurteilen die Buchhandelsunternehmen weitgehend unabhängig von der Umsatzgröße“345, doch entwickelt 343 Vgl. ebd., S. 42f., 108–117; Börsenverein des Deutschen Buchhandels e.V. 2007, S. 38f., 104–113. 344 Vgl. Baier u.a. 2008, S. 14. 345 Wolters 2004, S. 35.
6 Diskussion der Branchensituation
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sich das Image der Marktführer immer positiver.346 Dies lässt darauf schließen, dass für den Sortimentsbuchhandel die These vom Nationalisierungsanreiz der Differenzierung (mittlerweile) zutrifft. Doch allein die drei erläuterten und bestätigten Ursachenkomplexe genügen nicht, um die Hauptthese dieses Kapitels zu bestätigen. Die Gegenprobe hat anhand der Prüfung von Hindernissen auf dem Weg zur Nationalisierung zu erfolgen. Diese können erstens ökonomischer Art sein, d. h. die weitere Marktabdeckung verursacht höhere Kosten als die geringere. Die Gründe für die höheren Kosten sind theoretisch vielfältig, für den Sortimentsbuchhandel entfallen jedoch einige davon. Beispielsweise sind die Transport- und Lagerkosten für große zentralisierte Unternehmen zwar absolut höher, jedoch wird dies durch Größenersparnisse kompensiert. Außerdem mangelt es nicht an der Nachfrage nach dem Angebot (Produkte und Dienstleistungen) der Sortimentsbuchhandlungen im nationalen bzw. deutschsprachigen Raum. Zwei Kostenfaktoren aber sind zu diskutieren. Der erste Faktor ist die hohe Empfindlichkeit gegenüber Lieferzeiten. Sie muss für Kunden des stationären Einzelhandels hoch eingeschätzt werden, da es sich hier grundsätzlich um einen Holkauf handelt.347 Durch die Möglichkeit der Lieferung nicht vorrätiger, aber lieferbarer Titel über Nacht, die durch den Büchersammelverkehr348 der Barsortimente etabliert wurde, stellt dieser Anspruch im Sortimentsbuchhandel dennoch kein Hindernis dar. Der zweite Hinderungsgrund besteht möglicherweise in der komplexen Segmentierung innerhalb geografischer, d. h. lokaler oder regionaler, Buchhandelsmärkte. Das ist gleichzusetzen mit dem Anspruch der Kunden, sehr differenzierte Preis-Leistungsverhältnisse unter den Wettbewerbern vorzufinden. Es muss davon ausgegangen werden, dass dementsprechende Käufersegmente von lokal sehr erfahrenen Untenehmen besser erkannt und antizipiert werden können. Dies mag zwar grundsätzlich auch für den Sortimentsbuchhandel gelten, räumen aber doch national agierende Filialisten mittlerweile verstärkt Raum für lokale Anpassungen und Marketingmaßnahmen ein. Die Dezentralisierung spiegelt sich offensichtlich in den zunehmend besseren Imagewerten der großen Buchketten.349 Der zweite Komplex möglicher Behinderungen der Nationalisierung betrifft den Bereich der Unternehmensorganisation. Hier können über mehr und mehr komplexe Führungsaufgaben indirekte Kostenfaktoren entstehen. Abgesehen von den mit zunehmender Unternehmensgröße grundsätzlich gestiegenen Anforderungen an die 346 347 348 349
Vgl. Wolters 2009, S. 35. Vgl. Liebmann u.a. 2008, S. 395. Vgl. Wetzel 2003b, S. 91. Vgl. Wolters 2008.
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Unternehmensführung können auch auf nationaler Ebene Schwierigkeiten von intensiven regionsspezifischen Diensten in Marketing und Vertrieb ausgehen. Wie bereits geschildert, sprechen aber langfristig keine Gründe für nachhaltige Vorteile des Standorthandels, die nicht durch örtliche Anpassungen national multiplizierter Konzepte350 aufgeholt werden könnten. Drittens und letztens gibt es institutionell begründete Argumente gegen die Nationalisierung; so z. B. die eingeschränkte Mittelausstattung, die für Erweiterungsinvestitionen mit dem Ziel einer erweiterten Marktpräsenz notwendig sind. Besonders betrifft das die finanzielle Situation, die seit 2005 auch für den Sortimentsbuchhandel in einer Studie erfasst wird.351 Daraus gehen im Allgemeinen Schwierigkeiten bei der Kreditaufnahme mittelständischer Unternehmen hervor, die abgesehen von höheren Zinsen, die im aktuellen wirtschaftlichen Kontext jedoch im Fallen begriffen sind, in Dokumentations- und Transparenzanforderungen sowie mangelnden Sicherheiten bestehen. In diesem Zusammenhang besonders auffällig ist die sehr geringe Eigenkapitalquote, die sich im Bilanzkennzahlenvergleich (im Rahmen des Betriebsvergleichs) abzeichnet: Im Branchendurchschnitt liegt sie bei 7,7 % der Bilanzsumme und damit weit unter dem Durchschnitt der gesamten deutschen Mittelstandsunternehmen (18 % lt. IfH, 14,4 %352); gerade die Kleinstunternehmen des Sortimentsbuchhandels schneiden mit teilweise negativen Quoten am schlechtesten ab.353 Für die Kreditvergabe und damit Mittelausstattung außerdem wichtig ist zum einen die Cashflowrate (4,8 % des Umsatzes im Sortimentsbuchhandel). Sie spiegelt das Refinanzierungspotenzial der Unternehmen. Zum anderen ist es die Umsatzrentabilität (Gewinnanteil am Umsatz). Auch sie bleibt mit 3,8 % für 2006 hinter dem durchschnittlichen Mittelstandswert (6,9 % 2006; 5,5 % 2007)354 zurück. Obwohl im Sortimentsbuchhandel der Nationalisierung kaum Hindernisse entgegenstehen, bedarf es doch neben den Gründen auch tatsächlicher Vorteile, die die Durchsetzung forcieren. Strategische Innovationen sind demnach notwendig. Sie können ganz unterschiedlicher Natur sein, doch ist vielen gemeinsam, dass sie allgemeintauglich und mit geringem Aufwand anpassbar sein sollten. Zum Beispiel kann das Angebot verändert bzw. völlig neu konzipiert werden, sodass es in zahlreichen Einzelmärkten auf Akzeptanz bei den Kunden stößt. Grundlegend dafür ist es, Marktsegmente auszumachen, die über das komplette künftig anvisierte Verbreitungsgebiet 350 351 352 353 354
Vgl. Emrich 2007, S. 92–120. Vgl. Börsenverein des Deutschen Buchhandels e.V. 2008, S. 46f. Vgl. Deutscher Sparkassen- und Giroverband o.J., S. 40. Vgl. Börsenverein des Deutschen Buchhandels e.V. 2008, S. 47f. Vgl. Deutscher Sparkassen- und Giroverband o.J., S. 47.
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gestreut sind. Jedoch dürfen sie nicht bereits zu eng sein, d. h. im Idealfall noch als Marktlücke gelten. Eine weitere, die genannten Maßnahmen ggf. auch stützende Innovation kann mit einer Design-Standardisierung, also der Ausbildung eines Corporate Design, errungen werden. Doch sollte das Ziel nicht eine Uniformität des Konzepts sein, sondern eine sinnvolle Anpassungsfähigkeit an lokale oder regionale Gegebenheiten. Dies setzt unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten eine Reduktion der Kosten dieser Modifikationen voraus. Nun stellt sich die Frage, ob es in der Praxis des Sortimentsbuchhandels diesen Kriterien entsprechende Beispiele gibt? Der Nachweis dessen gestaltet sich aufgrund mangelnden Daten- und Informationszugangs schwierig, weshalb hier nur aus der Außenperspektive Mutmaßungen über Maßnahmen als strategische Innovationen angestellt werden können. Beispielhaft soll an dieser Stelle auf den im Februar 2008 vorgestellten neu entwickelten Markenauftritt der Thalia-Buchhandlungen eingegangen werden.355 Damit wurde ein einheitlicher und länderübergreifender Auftritt entwickelt, der die durch Fusionen hinzugewonnenen Betriebe und die Tochtergesellschaften in Österreich und der Schweiz bedient. Hier wird auf die Akzeptanz in verschiedenen geografischen Märkten abgehoben. Doch das Konzept biete auch Raum für Anpassungen an örtliche Gegebenheiten und Segmente, die Vielfalt solle nicht vernachlässigt werden. Zudem enthält der Relaunch zahlreiche Designveränderungen und dessen Standardisierung. Ziel ist, eine Wort-Bild-Marke (s. Abbildung 12). Zum einen wird die namensgebende Muse Thalia mit repräsentativen Aufgaben für das Warenangebot und die Marke versehen. Zum anderen wird der Markenname Thalia – sowieso schon um das jeweilige Länderkürzel .de/.at/.ch ergänzt – mit dem Hinweis auf die Sortimentsvielfalt „Bücher, Medien und mehr“ versehen. Weiterhin wird der Claim „Entdecke neue Seiten“, aufgeladen mit Kernkompetenz und Erlebnisorientierung gleichermaßen, eingeführt. Er findet in der Darstellung eines aufgeschlagenen Buchs sein visuelles Pendant. Damit das neue Markenkonzept etabliert werden kann, wurden umfassende Werbemaßnahmen angekündigt. Der Auftritt sollte bei einer breiten Zielgruppe schnellstmöglich verankert werden. Dies erforderte nicht nur zusätzlich Aktionen und Maßnahmen, sondern auch eine Erweiterung des Werbeetats. Das verweist auf eine weitere strategische Innovation, die die geografische Ausdehnung der Branche ermöglicht, nämlich die Erweiterung der Mittel oder der Wahrnehmung. Ein hoher Bekanntheitsgrad ist ebenso wichtig wie die breite Akzeptanz; beides versuchte Thalia mit den
355 Vgl. Thalia Service GmbH/buch.de Internetstores AG 2008.
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flankierenden Kommunikationsmaßnahmen zu erreichen, um sich als nationale bzw. im ganzen deutschsprachigen Raum präsente Buchhandelskette zu positionieren.
Abbildung 11: Umsetzungsbeispiel des Markenrelaunch (Anzeige).
Weitere Auslöser der geografischen Branchenausweitung können Impulse aus dem Unternehmensumfeld sein, so z. B. veränderte Faktorpreise, d. h. Kosten für Arbeit, Energie und Rohstoffe. Gerade Vergünstigungen dieser Kostenpositionen können für Einzelhandelsunternehmen Anreize bieten, die Geschäftstätigkeit flächenmäßig auszuweiten, denn so würde eine einmal erfolgreiche Geschäftsidee vergleichsweise kostengünstig multipliziert. Zieht man für die Beurteilung der Kostenentwicklung den Betriebsvergleich des Sortimentsbuchhandels heran,356 muss man allerdings einen durchschnittlichen Gesamtkostenanstieg von 30,9 % des Umsatzes 1996 auf 32,1 % 2008 feststellen. 2006 lag der Gesamtkostenanteil noch um 0,5 Prozentpunkte höher. Offensichtlich liegt dies v. a. an der Entwicklung der Ausgaben für Personal exklusive des Unternehmerlohns; 1996 betrugen diese 13,8 % des Umsatzes, 2006 15,7 % und 356 Es standen bis zur Fertigstellung der Arbeit teilweise keine aktuelleren Daten zur Verfügung; die Betriebsvergleichergebnisse für das Jahr 2007 lagen nur für Beschäftigtengrößenklassen vor (s. Schulte 2008e); für die im folgenden angeführten Informationen vgl. Schulte 2008e, S. 23–25; Börsenverein des Deutschen Buchhandels e.V. 2008, S. 42f., 108–117; Börsenverein des Deutschen Buchhandels e.V. 1998, S. 44–55.
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2008 15,1 %. Da die gesamten Personalkosten inklusive der Unternehmerlöhne aber in geringerem Ausmaß (von 18,9 % auf 19,5 % bzw. 19,1 %) zugenommen haben, sind die Ursachen dafür hauptsächlich in den Kosten für das angestellte Personal zu suchen und nicht bei übermäßig angestiegenen Unternehmerlöhnen. Sie liegen bei kleinen Unternehmen deutlich niedriger als bei großen: 29.296 Euro im Vergleich zu 69.806 Euro (2006) bzw. 64.370 Euro (2007). Ein leichter Anstieg bei den Sachkosten für die Geschäftsäume von 0,3 Prozentpunkten sowie die Zunahme des Mietkostenanteils von 3,4 % (2006) auf 4,3 % (2008) bestätigen weiterhin gestiegene Faktorpreise. Damit sind Anreize zur Nationalisierung durch niedrigere Faktorpreise abzulehnen. Darüber hinaus kann eine Veränderung der Vertriebskanäle zu einer Erweiterung der Branchengrenzen beitragen. Dies ist mit dem Aufkommen und Erstarken des ECommerce für den Buchhandel zu unterstellen. Einer sehr großen, potenziellen Zielgruppe im Online-Handel steht bei Standorthändlern eine vergleichsweise kleine am Ort oder in der Region gegenüber. Eine Beteiligung an der mehrgleisigen Distribution kann den Bekanntheitsgrad eines Unternehmens über sein bisheriges Verbreitungsgebiet hinaus fördern, sodass letztlich eine Erweiterung seiner Geschäftstätigkeit mit einer größeren Marktabdeckung unterstützt wird. Doch dies allein reicht nicht aus, denn eine Expansion ist immer auch mit absolut höheren Kosten verbunden, sodass weitere Vorteile damit einhergehen müssen, um diese rentabel zu machen. Dies können grundsätzliche Größenvorteile, aber auch die Steigerung dieser im Zeitablauf sein. Es fällt auf, dass die Betriebshandelsspanne bei großen Betrieben zwischen 1996 und 2006 gestiegen ist. 1996 erreichten Unternehmen mit über fünf Millionen DM Jahresumsatz eine Handelsspanne von 31,6 % des Umsatzes, während 2008 die Unternehmen mit zwei bis fünf Millionen Euro Jahresumsatz 34,8 % erzielten, diejenigen mit über fünf Millionen Euro sogar 31,8 %. Aber der umsatzmäßige Gesamtkostenanteil ist über alle Größenklassen gestiegen, sodass man zwar von höheren Skaleneffekten in der Beschaffung ausgehen kann, die aber vom Anstieg anderer Kostenarten überragt werden. Im Bereich der Lagerung und des Transports zeichnen sich Rationalisierungsbestrebungen ab, da besonders kleine Unternehmen Steigerungen des Barsortimentsanteils um fünf bis zehn Prozentpunkte aufweisen. Auch insgesamt zeigt sich eine Verschiebung hin zu mehr Barsortimentsbezug (1996 27 % – 2008 37 %), wobei dies wohl von den kleinen und mittleren Unternehmen herrührt und das Bezugsverhältnis bei der größten Umsatzgrößenklasse nahezu gleichgeblieben ist: 75:25 Verlagszu Barsortimentsbezug 1996 bzw. 79:21 im Jahr 2008. Dies lässt jedoch nicht unmittelbar auf geringere Transport- und Lagerkosten schließen, was ein weiterer Anstoß für den Nationalisierungsprozess wäre. Darüber hinaus können Impulse aber auch von
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Rationalisierungen im bestehenden Vertriebskanal, also dem Sortimentsbuchhandel, ausgehen. Sie zeigen sich z. B. in einem erhöhten Lagerumschlag (von 4,5 auf 5,1 zwischen 1996 und 2008) oder einem geringeren Arbeitskräftebedarf auf größeren Flächen. Letzteres lässt sich mehrfach belegen. Erstens waren es 2008 gegenüber 1996 durchschnittlich 0,3 Beschäftigte weniger pro Betrieb. Zweitens sind die Beschäftigtenzahlen der beiden höchsten Raumgrößenklassen zurückgegangen: Betriebe mit 1.501 qm bis 3.000 qm Geschäftsraum beschäftigten 1998 durchschnittlich 57,3 Personen; mangels Teilnehmer an der Befragung konnte damals keine Angabe für Betriebe mit mehr als 3.000 qm Geschäftsraum gemacht werden. 2008 beschäftigten größere Verkaufsstellen, d. h. Betriebe mit mehr als 1.500 qm Geschäftsraum durchschnittlich 89,9 Personen. In Betrieben mit 601 qm bis 1.500 qm Geschäftsraum ist der Wert von 24,9 (1998) auf 16,3 (2008) gesunken. Die Marktteilnehmer eines im Umbruch befindlichen Wirtschaftszweigs können ungeachtet dessen dennoch frei über die Teilnahme an diesem Prozess entscheiden. Strategische Alternativen wären zum einen, an dem Prozess der Nationalisierung teilzunehmen, dabei entweder ein breites Angebot, d. h. im Sortimentsbuchhandel ein allgemeines Sortiment in Vollbuchhandlungen, zu führen, oder Schwerpunkte zu setzen, z. B. ein fachlich oder thematisch eingegrenztes, aber tiefes Sortiment. Zum anderen bleibt die Möglichkeit, auf der lokalen oder regionalen Ebene zu verbleiben und hier ebenfalls ein allgemeines Sortiment anzubieten oder weitere Nischen, sei es im Sortiments- oder Dienstleistungsbereich, zu besetzen. 6.2.2 Der Bucheinzelhandel als zersplitterte Branche357 Die These, es handle sich beim Sortimentsbuchhandel um eine weltweite Branche, musste oben abgelehnt werden. Deutet ihr Status einer im Nationalisierungsprozess befindlichen Branche folglich auf eine gleichzeitige Zersplitterung hin? Das Gesamtvolumen ist in einzelne kleine Marktanteile fragmentiert. Kein Wettbewerber kann wesentlichen Einfluss auf das Ergebnis nehmen. Es gibt in diesem Fall keine Branchenführer mit Marktmacht und Einfluss, sondern eine Vielzahl kleiner und mittlerer Unternehmen, die meist im Privatbesitz sind. Typisch ist diese Branchensituation u. a. für den Einzelhandel. Das wird zum Anlass genommen, Ursachen, mögliche Maßnahmen und Strategieoptionen sowie Gefahren auch für den Sortimentsbuchhandel als Facheinzelhandel mit Büchern zu untersuchen.
357 Als theoretische Basis für dieses Kapitel wurde, soweit nicht anders erwähnt, herangezogen Porter 2008c, S. 251–273.
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Gründe historischer oder ökonomischer Art für die Fragmentierung von Wirtschaftszweigen gibt es zahlreiche, doch treffen viele davon auf den hier gesetzten Fokus nicht zu. Beispielsweise gibt es, wie im vorherigen Kapitel bereits deutlich wurde, durchaus Größenvorteile. Darüber hinaus sind die Transportkosten der Waren im Vergleich zu anderen Gütern niedrig, da sie z. B. handlich und relativ leicht sowie auf verschiedenen Wegen zu transportieren sind. Weiter werden auch stark unterschiedliche Angebote, die wiederum im Zusammenhang mit differierenden Marktbedürfnissen zu sehen sind, als Ursachen für die Zersplitterung angenommen. Für den Bucheinzelhandel generell konnten bislang keine Unterschiede zwischen einzelnen lokalen oder regionalen Märkten festgestellt werden. Jedoch konnten unterschiedliche Zielgruppen mit unterschiedlichen Ansprüchen an den Buchkauf abgegrenzt werden. Besonders deutlich wurde dies in der Analyse von Sinus Milieus (s. Abbildung 12). Dies rechtfertigt zwar unterschiedliche Geschäftskonzepte, die auch mit einem gewissen Mindestmaß an Kreativität der Unternehmer bzw. der Mitarbeiter örtlich zu individualisieren sind, zwingt jedoch nicht zu einer extremen Zersplitterung in zahlreiche Einzelunternehmen. Die Multiplikation des jeweiligen Konzepts im Rahmen einer Filialisierung ist theoretisch und aufgrund der Rahmenbedingungen nicht ausgeschlossen, weshalb dieser Ursachenkomplex nur bedingt gelten kann. Als notwendige, aber nicht hinreichende Bedingung gelten allgemein niedrige Markteintrittsbarrieren, die aber gerade für branchenexterne Interessenten aufgrund zunehmend größerer Marktführer im Sortimentsbuchhandel nicht nachzuweisen sind. Branchenintern erscheinen die Barrieren für Eintritte in lokale Märkte im Sinne von Neueröffnungen durch Buchhandelsketten niedrig. Aber die Markteintritte führen eben nicht zu einer weiteren Zersplitterung, sondern vergrößern den betriebszahlenmäßigen Gesamtmarktanteil der Großunternehmen. Gleichzeitig aber bremsen hohe Austrittsbarrieren358, wie sie sich im Sortimentsbuchhandel abzeichnen, die Konsolidierung. Hindernisse, aus einem Markt auszutreten, können z. B. in staatlichen oder gesellschaftlichen Barrieren ebenso aber in tatsächlichen Kosten bestehen, die bei der Liquidation eines Unternehmens entstehen (spezialisiertes Anlage- oder Umlaufvermögen, fixe Kosten z. B. für sozialverträgliche Kündigungen). Für den Sortimentsbuchhandel von besonderer Bedeutung sind so genannte emotionale Marktaustrittsbarrieren. Darunter ist eine starke gefühlsmäßige Bindung an das Unternehmen zu verstehen, z. B. Stolz oder persönliche Identifikation mit der Firma. Dies steht außerdem in der Regel in positivem Zusammenhang mit der Dauer der Ge358 Vgl. ebd., S. 324–332.
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schäftstätigkeit, jedoch in negativem Zusammenhang mit der Führungserfahrung. Im Sortimentsbuchhandel spielen nicht nur emotionale Bindungen eine Rolle, sondern z. B. auch die mangelnde Gewinnorientierung der Unternehmensleitung. So sind sinkende oder negative Gewinne nicht unmittelbar Austrittskriterium, sondern aufgrund abweichender, nicht monetärer Unternehmensziele, wie z. B. Vermittlung oder Erhalt der Buch- und Lesekultur359, wird teilweise „Selbstausbeutung“360 betrieben. Ebenfalls zum Erhalt einer vorwiegend mittelständischen Struktur mit zahlreichen Einbetriebsunternehmen tragen Stammkundenbeziehungen bei. Das heißt, die große Bedeutung sowohl individueller Dienstleistungen als auch des lokalen Bezugs tragen zum Erhalt eingeführter Standorthändler bei. Da aber neben den individuellen Dienstleistungen eines Buchhändlers, teilweise sogar primär, eine umfangreiche Auswahl von den Konsumenten gefordert wird, tritt diese Ursache zunehmend in den Hintergrund. Hinzu kommt, dass es sich bei den angebotenen Waren zum Großteil eben nicht um ortsoder regionsspezifische Produkte handelt, sondern diese deutschlandweit vertrieben werden und zu kaufen sind, also seitens der Güter kein Anlass zur Zersplitterung und ortsbezogenen Tätigkeit besteht. Außerdem wurde bereits mehrfach angeführt, dass selbst im Rahmen von Filialkonzepten Dezentralisierungsmöglichkeiten offen stehen, durch die punktuell auf Standortdifferenzen reagiert werden kann. Es lässt sich schlussfolgern: Obgleich die Existenz nur eines dieser Merkmale bereits die fragmentierte Struktur aufrecht erhalten kann, sind im Sortimentsbuchhandel zwar Ursachen für die Zersplitterung aufzufinden, jedoch scheinen sie zunehmend überwunden zu werden. Dies geschieht insbesondere durch den Antrieb der filialisierten Buchhandelsunternehmen, indem sie z. B. mögliche zersplitternde Effekte zu neutralisieren versuchen. Beispielsweise können durch Übernahmeangebote an bestehende Unternehmen unter Umständen Austrittsbarrieren überwunden werden; z. B. hat die Mayersche Buchhandlung seit Juli 2006 zehn andere Buchhandelsunternehmen übernommen und die Buchhandlung Weiland (seit 1. Januar 2007 zu 100 % zur DBH gehörig) in 2008 vier, darunter auch die brandenburgische Kette Heron mit neun Filialen.361 Der Transaktionsmonitor Verlagswesen registriert für 2009 22 Übernahmen und Fusionen für den Buchhandel 2008: 37. Außerdem sind Markenbildungsbestrebungen als Ersatzstrategie für starke Kundenbindungen zu werten, denn ein kompetentes Image sowie ein hoher Bekanntheitsgrad lassen Konsumentenentscheidungen häufiger zu Gunsten dieser Fi359 Vgl. Bramann u.a. 2008, S. 305. 360 Börsenverein des Deutschen Buchhandels e.V. 2008, S. 48. 361 Vgl. Boersenblatt.net [04.06.2009]; Boersenblatt.net [05.06.2009].
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lialen ausfallen. Ein Ausweg aus der ursprünglichen Struktur der Branche bietet ein angemessenes Verhältnis von Standardisierung und Dezentralisierung im Geschäftskonzept von Filialisten. Die gleichzeitige Befriedigung unterschiedlicher Bedürfnisse ist dabei z. B. in Großflächenbuchhandlungen möglich, wobei dezentral ausgewählte Marketingmaßnahmen auf die lokalen oder zielgruppenspezifischen Bedürfnisse abgestimmt werden und auf sie eingehen können. Rein wirtschaftlich kann die Kleinteiligkeit einer Branche überdies durch Zugewinn, sei es durch internes oder externes Wachstum, von Marktanteilen überwunden werden. Dies belegt die Entwicklung der Marktanteile der Marktführer; im Jahr 2008 vereinigten die beiden größten Buchhandelsketten einen Marktanteil von knapp einem Drittel (32,6 %) auf sich.362 Allein die Indizien für eine allmähliche Überwindung sind als Beleg für die angeführten ökonomischen Ursachen der fragmentierten Branche Sortimentsbuchhandel hinreichend. Dennoch können zusätzlich nicht-ökonomische Gründe für den Erhalt dieser Situation verantwortlich sein. Einer ist, dass sich potenzielle, externe Investoren nicht für einen Markteintritt entscheiden, z. B. weil ihnen selbst die Mittel dafür und für den anschließenden Ausbau der Marktanteile fehlen oder weil sie das Potenzial der Branche nicht erkennen. Auch bereits in der Branche aktive Unternehmen können aus ähnlichen Gründen an alten Branchenstrukturen festhalten. Für den Sortimentsbuchhandel zeigt sich eine geringe Aktivität externer Großinteressenten, was am Vorsprung der führenden Unternehmen ausgedrückt in deren hohem Marktanteil liegen mag. Jedoch weist die Branche intern einige Unternehmen auf, die ebenfalls um Konsolidierung und Marktanteile bemüht sind und als ‚Verfolgerfeld‘ der Marktführer gelten; so z. B. die Mayersche, Osiander, Pustet und Wittwer.363 Den dritten Grund für die Unveränderlichkeit der Verhältnisse stellen fehlende finanzielle Mittel oder Ressourcen für die zur Konsolidierung notwendigen strategischen Veränderungen dar. Diese stehen offensichtlich besonders den mittelgroßen expandierenden Unternehmen zur Verfügung, während für viele kleinere und kleinste Betriebe der Mangel zutrifft. Dies zeigt sich u. a. in der geringen Eigenkapitalquote. Wie aber sollten sich gerade diese Betriebe in dieser Branchensituation verhalten? Es kann unter Umständen lohnend sein, in der aktuellen Situation eine sinnvolle Position einzunehmen. Das gilt ganz besonders, wenn die unternehmensinternen Ressourcen für den Überwindungskurs nicht ausreichen. Die strategischen Möglichkeiten sind vielfältig, nehmen aber erneut Bezug auf Porters generische Wettbewerbsstrategien. Die Optionen, die auf Kostenführerschaft abzielen, kommen lediglich für im gesamten 362 Vgl. Börsenverein des Deutschen Buchhandels e.V. 2008, S. 16. 363 Vgl. Spielmann/Wilking 2009, S. 18.
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Markt tätige Unternehmen in Frage, da sie auf effizienzsteigernde und kostengünstige Standardisierung sowie auf zentrale Führung dezentraler Einheiten setzen. Beide Strategien erfordern mehrere Betriebe und kommen folglich für Filialunternehmen des Sortimentsbuchhandels in Frage. Die Betonung dezentral geführter Häuser der Thalia Gruppe, deren Konzept gleichzeitig wesentliche Standardisierungselemente enthält, weist bereits auf die Realisation dieser Empfehlung hin. In diesem Zusammenhang erscheinen auch die Eingliederungsbestrebungen sinnvoll, übernommenen Betrieben baldmöglichst das Erscheinungsbild inklusive Organisationsstrukturen der Dachmarke zu geben. Neben den Möglichkeiten der Kostenreduktion sind es v. a. die zahlreichen Spezialisierungsoptionen, von denen im Anschluss einige, für den Sortimentsbuchhandel besonders geeignete diskutiert werden. Sie ermöglichen sowohl die Differenzierung bei Gesamtmarktabdeckung als auch die Konzentration auf spezielle Schwerpunkte. Dem muss hinzugefügt werden, dass insbesondere bei der Spezialisierung auf Teilmärkte auf die örtliche Konkurrenzsituation zu achten und eine möglichst weite strategische Entfernung zu Mitbewerbern einzunehmen ist, um die strategische Nische realisieren zu können. Eine Variante der Nischenstrategie besteht darin, sich auf Produktsegmente zu spezialisieren. Das tun im Sortimentsbuchhandel Fach-, Spezial- oder Tendenzbuchhandlungen. Für das Fachbuchsegment jedoch erscheint diese Strategie nur unter Umständen geeignet, da zum einen häufig Großbuchhandlungen, insbesondere (ehemals) unabhängige, einen hohen Fachbuchanteil im Sortiment haben. Zum anderen ist die längerfristige Entwicklung des Segments vor dem Hintergrund der Digitalisierung zu sehen, was das Potenzial des reinen Buchabsatzes schmälert. Die Konzentration auf andere Sortimentsschwerpunkte hängt vom jeweiligen, standortspezifischen Kundenpotenzial und von der Beliebtheit des Segments bei den Konsumenten im Allgemeinen ab; mit anderen Worten: Die Frage, ob sich mit diesem Themen- oder Interessengebiet allein eine Verkaufsstelle bespielen und dauerhaft aufrecht erhalten lässt, muss eindeutig positiv beantwortet werden können. Hinzu kommt ein Höchstmaß an Konsequenz in der Durchsetzung und Ausrichtung. Als positives Beispiel ist die Spezialbuchhandlung Berlin Story anzuführen, die das Thema Berlin in Sortiment, Ladenlokal und Service inszeniert.364 Während sich bei diesem Konzept die Spezialisierung an der Warengruppensystematik, also einem anbieterseitigen Sortimentskriterium, orientiert, stellt die Konzentration auf Kundentypen die Abnehmerseite in den Vordergrund. In Anwendung auf den Fachhandel mit Verlagserzeugnissen bedeutet das beispielsweise 364 Vgl. Rehbein 2008, S. 62–64; Berlin Story Wieland Giebel GmbH Buchhandlung und Verlag [03.04.2009].
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die Fokussierung erlebnisorientierter Käufergruppen oder im Gegensatz dazu preisorientierter Konsumenten. Letztere Ausprägung ähnelt zudem einer Umsetzung der ‚puristischen‘ Profilierung, was für den Sortimentsbuchhandel mit einer reinen Buchverkaufsstelle, in der im Extremfall keine weiteren Dienstleistungen und zusätzlichen Waren angeboten werden, assoziiert werden kann. Jedoch findet sich dafür kein praktisches Beispiel, zumal die Schmalspur- oder MA-Anbieter mediale Zusatzsortimente ebenso anbieten wie zum Teil Besorgungsdienstleistungen. Die Sinnhaftigkeit eines solchen Angebots lässt sich außerdem schwer einschätzen, obwohl einmal mehr auf den allgemein großen Umfang buchhändlerischer Dienstleistungen hingewiesen werden muss. Dessen Notwendigkeit ist nicht zuletzt auch mit der Entwicklung zum Käufermarkt und dem Umfang und der Vielfalt der lieferbaren Titel zu begründen. Im völligen Gegensatz zu den eingangs angeführten Wettbewerbsstrategien mit dem Ziel der Gesamtmarktabdeckung und Kostenreduktion steht die Konzentration auf abgegrenzte geografische Gebiete, z. B. Gemeinden, Städte oder eine Region. Hier geht es darum, einen eng abgesteckten Markt völlig zu durchdringen. Zum Beispiel sind über eine besonders intensive Kenntnis der Kundenbedürfnisse sowie Ausrichtung der Geschäftstätigkeit und des Marketings darauf Alleinstellungsmerkmale im intensiven Wettbewerb einer zersplitterten Branche zu erreichen. Voraussetzung gerade für die erfolgreiche Umsetzung dieser Strategie ist eine intensive Bearbeitung des eng abgesteckten Verbreitungsgebiets sowie die konsequente Präsenz beim Konsumenten, sodass eine hohe Kundenbindung entstehen kann. Folglich gibt es eine Reihe von Möglichkeiten, entweder die Zersplitterung der Branche in eine klein- und mittelständische Struktur zu überwinden oder, falls die v. a. unternehmensinternen Gegebenheiten anders gelagert sind, sich mit der Situation zu arrangieren und seine Position darin zu finden. Beide Wege stellen die Unternehmen vor die Herausforderung, in der Verfolgung der gewählten Option Maß zu halten. Das bedeutet, dass z. B. das Streben nach marktanteilsmäßiger Dominanz als Ausweg aus der Fragmentierung misslingen kann, wenn nicht die Marktstruktur grundsätzlich veränderbar ist. Beispielsweise trifft das zu, wenn die ökonomischen Strukturen keine Betriebsgrößenersparnisse zulassen, diese aber Voraussetzung für die Wachstumsstrategie sind. Aber der Sortimentsbuchhandel weist Betriebsgrößenvorteile auf. Hinzu kommt, dass bereits einige Unternehmen eine dominierende Marktstellung einnehmen. Sie haben die Abkehr von atomistischen Marktanteilen gewählt, wenngleich mäßig große und filialisierte Unternehmen vergleichsweise geringe Marktanteile erreichen. Nimmt man z. B. die drittgrößte allgemein sortierte Buchhandelskette Deutschlands, die im Jahr 2009 einen Umsatz von 170 Millionen Euro erwirtschaftet
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hat, ergibt sich nach eigenen Berechnungen ein Marktanteil von lediglich 3,36 % vom Gesamtumsatz des Sortimentsbuchhandels 2009. Das nächstkleinere Unternehmen Osiander weist einen Marktanteil von unter einem Prozent auf (47,2 Millionen Euro).365 Eine weitere Gefahr birgt die zunehmende Zentralisierung wachsender Filialunternehmen, da nicht alle Branchen für eine vorwiegend zentrale Bewirtschaftung geeignet sind. Gerade im Einzelhandel spielen oft persönliche Kontakte und Beratung sowie Flexibilität und Reaktionsvermögen gegenüber örtlichen Differenzen und Bedürfnissen eine wichtige Rolle. Sie beeinflussen dadurch die Einkaufsstättenwahl der Konsumenten. Für den Sortimentsbuchhandel zeigt sich aber, dass gerade regelmäßige Buchkäufer häufig und je nach Bedarf die Einkaufsstätten wechseln. Dabei werden ganz unterschiedliche Betriebstypen aufgesucht, neben verschiedenen Konzepten des Sortimentsbuchhandels auch Unternehmen anderer Vertriebswege wie z. B. Buchabteilungen in Warenhäusern.366 Gleichwohl zeichnen sich zahlreiche Unternehmen durch einen hohen Stammkundenanteil aus,367 vorwiegend die mit Standorten abseits der hochfrequentierten Lagen. Fasst man die Ergebnisse dieses Kapitels zusammen, so wird anhand der Ursachenanalyse deutlich, dass der Sortimentsbuchhandel zweifellos eine Vergangenheit als zersplitterte Branche hat. Sie ist aktuell noch stark sichtbar, in Form einer Vielzahl kleiner und mittelständischer Unternehmen mit geringen Marktanteilen und geringer, in der Regel nur lokaler Marktabdeckung. Dennoch zeigen sich zunehmend Bestrebungen großer Unternehmen, diese Situation zu überwinden, während die Unternehmen mit atomistischen Marktanteilen vor der Herausforderung stehen, sich unter diesen Rahmenbedingungen zu positionieren. 6.2.3 Schrumpfungstendenzen im Buchhandel368 Dass an dieser Stelle auch die Hypothese, es handle sich beim Sortimentsbuchhandel um eine schrumpfende Branche, diskutiert werden soll, trägt den in den vergangenen Jahren teilweise rückläufigen Umsatzzahlen und den noch ungewissen Implikationen der Wirtschaftskrise 2008/09 Rechnung. Der Umsatz des gesamten Buchhandels hat sich in den vergangenen 15 Jahren insgesamt positiv entwickelt. Beispielsweise wur-
365 366 367 368
Vgl. Börsenverein des Deutschen Buchhandels e.V. 2009, S. 6; Spielmann/Wilking 2010, S. 27f. Vgl. Wolters 2008, S. 34f. Vgl. Boersenblat.net [10.10.2007/27.06.2009]. Als theoretische Basis für dieses Kapitel wurde soweit nicht anders erwähnt herangezogen Porter 2008c, S. 318–343.
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den 1993 15,43 Milliarden DM (entsprechen ca. 7,89 Milliarden Euro369) erwirtschaftet, 2009 waren es 9,69 Milliarden Euro, was einer Steigerung von über 20 % entspricht.370 Obwohl in den Jahren 2001 bis 2003 negative Umsatzzuwächse hingenommen werden mussten, nehmen seit 2004 die Umsätze wieder zu. Der Umsatz des Vertriebswegs Sortimentsbuchhandel hat im gleichen Zeitraum nur leichte Steigerungen erfahren: Von 9,38 Milliarden DM (entsprechen ca. 4,79 Milliarden Euro) 1993 auf den Höchststand von 5,14 Milliarden Euro 2007. Betrachtet man sich jedoch die relative Umsatzentwicklung in Prozent im Vergleich zum jeweiligen Vorjahr, so zeigt sich bis zu den jüngsten Zunahmen ein deutlicher Abwärtstrend: Von +6,0 % zu Beginn der 1990er Jahre auf nur noch +1,0 % Ende der 1990er Jahre bis hin zu negativen Wachstumsraten bis 2003 (s. Tabelle 5).371 Trotz aktueller Erholung der Erlöse ist es dennoch interessant, zu prüfen, unter welchen Umständen tatsächlich von einer Schrumpfung gesprochen werden kann und welche strategische Ausrichtung dann empfehlenswert erscheint; zumal der Marktanteil des Sortimentsbuchhandels von 60,8 % 1993 bis 2008 um 8,5 Prozentpunkte zurückging, während dagegen andere Vertriebskanäle zulegten. Das hier zugrunde liegende Analysemodell geht von einem längeren absoluten Rückgang der verkauften Stückzahlen als Indikator für eine schrumpfende Branche aus. Für den Buchhandel stehen keine Angaben zu den tatsächlich verkauften Stückzahlen zur Verfügung, wohl aber wird die jährliche Titelproduktion erfasst, d. h. wie viele verschiedene Buchtitel jährlich zum ersten Mal oder in neuer Form erscheinen.372 Auch diese Kennzahl befindet sich in einem robusten langfristigen Aufwärtstrend, der allerdings zwischenzeitlich kurzfristig unterbrochen wurde, so in den Jahren 1990, 1996, 2002/03 und zuletzt 2008. Hervorzuheben ist besonders der starke Anstieg der Zahl der Erstauflagen; 2008 konnte ein Rekord von 83.381 Titeln verzeichnet werden, die 88 % der Titelproduktion stellen, was einer Steigerung von ca. zehn Prozentpunkten binnen fünf Jahren entspricht. 2009 ging die Zahl um 1,9 % zurück (81.793). Die Tendenz zunehmender statt rückläufiger Zahlen zeigt sich seit 2004 auch anhand der Verlagsumsätze, die 2007 bezogen auf den reinen Buchumsatz (ohne Zeitschriften, Online-Angebote usw.) gar um 5,7 % über denen des Vorjahres lagen. Ausgehend von diesen Angaben lässt sich nicht schließen, dass der (Sortiments-)Buchhandel eine schrumpfende Branche ist. 369 Zugrunde gelegt wird der offizielle Umrechnungskurs von 1,95583 (vgl. Europäische Zentralbank [05.04.2009]). 370 Die hier verwendeten Daten wurden, soweit nicht anders erwähnt, entnommen aus Börsenverein des Deutschen Buchhandels e.V. 1998–2008. 371 Vgl. Börsenverein des Deutschen Buchhandels e.V. 1993, S. 23. 372 Dabei werden die jeweiligen Auflagenhöhen aber nicht berücksichtigt, d.h. dies ist nicht als Maß der hergestellten Stückzahlen zu verstehen.
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Die Kennzeichen der Lebenszyklusphasen weisen auf weitere Indikatoren hin. Zum Beispiel ist die Bereinigung des Sortiments eine davon. Dafür lässt sich im Sortimentsbuchhandel allerdings kein Beleg finden, sondern im Gegenteil ein Trend, der auf eine Erweiterung des Angebots hindeutet. Sowohl Hörbücher als auch DVDs sind wichtige Wachstumsbereiche. Für die 4,3 % Umsatzanteil des Hörbuchs (2009) ist der Sortimentsbuchhandel weiterhin wichtigster Vertriebskanal. Der Online-Versandhandel sowie der Tonträgerhandel sind allerdings ernst zu nehmende Konkurrenten.373 Auch der DVD-Absatz steigert sich von Jahr zu Jahr: Beispielsweise von 2006 auf 2007 um knapp 25 % auf 44,4 Millionen Euro. Der Buchhandel fungiert hier aber nicht als Hauptabsatzkanal, sondern hält nur einen geringen Marktanteil von 3,4 %.374 Nimmt man ergänzend die Definition der Schrumpfungsphase aus den Lebenszyklusansätzen hinzu, so sind weitere Kennzeichen schrumpfende Erträge, beschnittene Produktlinien, also eine Verschlankung der Angebotsbreite, sowie sinkende Ausgaben für Werbung und weniger Marktteilnehmer. Aussagen zur Ertragssituation lassen sich für den Sortimentsbuchhandel anhand des im jährlichen Betriebsvergleich ausgewiesenen Betriebsergebnisses in Prozent des Umsatzes machen. Dabei lässt sich über den Zeitraum der vergangenen zehn Erhebungsjahre kein signifikanter Trend erkennen. Insgesamt liegen die Zahlen durchschnittlich im negativen Bereich, zwischen 0 % und -2 % schwankend. Die Erträge gehen folglich nicht zurück, jedoch werfen die an der Erhebung teilnehmenden Betriebe – hier muss nochmals betont werden, dass der Betriebsvergleich nicht repräsentativ ist – im Durchschnitt keine Gewinne ab. Weiter ist für die negative Entwicklung eines herstellenden Wirtschaftszweigs kennzeichnend, dass die Produktlinien beschnitten werden. Auf den Einzelhandel übertragen könnte dies mit einer geringeren Streuung der verschiedenen Angebote gleichgesetzt werden, also mit der geringer werdenden Vielfalt der Betriebsformen – über die gesamte Branche oder auch in einem Unternehmensportfolio. Für den Sortimentsbuchhandel lässt sich diese Frage nicht endgültig beantworten. Jedoch ist auf den ersten Blick kein Trend zu weniger Betriebsformen zu erkennen, wenngleich eine zahlenmäßige Umschichtung von den traditionellen Fachgeschäften hin zu den Fachmärkten beobachtet wurde/werden kann. Beleg dafür sind die zahlreichen Übernahmen unabhängiger Standortbuchhandlungen durch filialisierte Großbuchhandlungen. Innerbetriebliche Beschneidungen lassen sich zunächst nur am Beispiel der Kette Weltbild festmachen, die seit Anfang 2008 zwei verschiedene Betriebstypen zusam-
373 Vgl. Börsenverein des Deutschen Buchhandels e.V. 2008, S. 14f. 374 Vgl. Schulte 2008f, S. 8.
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menführte. Eine weitere Facette der Produktlinienverengung in Übertragung auf den Bucheinzelhandel ist zudem die Bereinigung des Sortiments. Ein weiteres Indiz für die Degenerationsphase stellt der Rückgang der Wettbewerberzahl dar, der in der Tat auch im Bucheinzelhandel zu beobachten ist. In den zugänglichen Statistiken werden die Sortimentsbuchhandelsunternehmen aber nicht getrennt von z. B. Nebenmärkten oder dem Bahnhofsbuchhandel aufgeführt. Die Mitgliederstatistik des Börsenvereins weist für die Jahre 1998 bis 2008 einen Rückgang um über 700 Unternehmen aus. Anhand der Umsatzsteuerstatistik, die grundsätzlich mehr Einzelhandelsunternehmen im Bereich Bücher und Fachzeitschriften zählt, lässt sich kein signifikanter Trend ausmachen: Beispielsweise wurden 1994 5.025 Unternehmen gezählt, 1997 lag die Zahl deutlich darüber (5.172), 14 Jahre später werden 4.861 Betriebe ausgegeben. Obwohl sich insbesondere aus den Angaben des Branchenverbands eine leicht rückläufige Tendenz ableiten lässt, bleibt anzumerken, dass ein Austritt aus dem Verband grundsätzlich nicht mit der Liquidation des Unternehmens gleichgesetzt werden kann. Die Zählung ist aber neben der Umsatzsteuerstatistik einziges Indiz für die Entwicklung der Wettbewerberzahl. Als letztes Kriterium für die Phasenzuordnung wurde die Entwicklung der Werbekosten angegeben, die für den Sortimentsbuchhandel wieder nur anhand des Betriebsvergleichs abzuschätzen sind. Daraus ergibt sich über den gewählten Betrachtungszeitraum kaum eine Veränderung des Anteils der Werbekosten am Gesamtumsatz. Prozentual lag dieser stets knapp über einem Prozent. Selbst der Werbeetat großer Buchhandelsunternehmen läge in der Regel bei maximal 3 % des Umsatzes.375 Es steht jedoch zu vermuten, dass sich sämtliche Ausgaben für Kommunikationsmaßnahmen, wie auch Verkaufsförderung oder Öffentlichkeitsarbeit, auf einen weitaus höheren Anteil belaufen. Die vollständige Aufgliederung dieser Kosten aber ist nur intern möglich und nicht öffentlich zugänglich. Vor dem Hintergrund eines zunehmenden Verdrängungswettbewerbs in der betrachteten Branche muss die These von einem Rückgang der Kommunikationsausgaben im Allgemeinen und der Werbekosten im Besonderen jedoch abgelehnt werden. Wichtiger Einflussfaktor auf den tatsächlichen Niedergang einer Branche ist zudem ein konsistenter Nachfragerückgang. Gerade vor dem Hintergrund steigender Gesamtbranchenumsätze scheint dies absurd und führt auf den ersten Blick dazu, die These von einer schrumpfenden Branche abzulehnen. Doch es kann lohnend sein, genauer auf die Daten zu sehen. Zunächst ist festzuhalten, dass die Kaufkraft insgesamt und für 375 Vgl. Bramann u.a. 2008, S. 331f.
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Bücher insbesondere kurzfristig weiter zugelegt hat – auch real, d. h. inflationsbereinigt. Mit 220 Euro beziffert die GfK die durchschnittlich für Bücher und Schreibwaren zur Verfügung stehende Summe. Doch eine andere GfK-Studie offenbart, dass 2007 nur 108,50 Euro durchschnittlich für Lektüre ausgegeben wurden. Bereits hier zeigt sich eine enorme Abweichung zwischen möglichen und tatsächlichen Ausgaben. Ein insgesamt positiver Eindruck entsteht auch aus einer differenzierten Betrachtung nach Regionen, denn die Gebiete im Osten Deutschlands legen an Kaufkraft zu und bieten daher weiteres Potenzial für den Bucheinzelhandel. Die Konstanz der Beliebtheit des Bücherlesens unterstreicht die mindestens stabile Buchnachfrage. Diese jedoch könnte theoretisch höher liegen, da ein Vergleich der Beliebtheit von Büchern und des Lesens mit dem entsprechenden Kaufverhalten eine enorme Lücke offenbart: 17 Prozentpunkte liegen zwischen denjenigen, die viel lesen, und denjenigen, die viel Lektüre kaufen. Ein noch geringerer Anteil (5 %) entfällt auf diejenigen, die sowohl viel lesen als auch viel erwerben. Über einen längeren Zeitraum (1997 bis 2007) musste des Weiteren ein Rückgang der Anzahl von Buchkäufern überhaupt, also eine Verschmälerung des Publikums, um knapp sechs Millionen Menschen festgestellt werden. Bei dennoch steigenden Buchhandelsumsätzen verweist dies auf eine scherenförmige Entwicklung, die weniger Buchkäufer mit höheren Ausgaben für Bücher impliziert.376 Die Buchnachfrage verringert sich nicht, wohl aber die Anzahl der Buchnachfrager. Diese Entwicklung sollte als Fingerzeig verstanden werden, die Entwicklung der monetären Nachfrage aufmerksam zu beobachten, um bereits vor Eintritt des Sortimentsbuchhandels in die Degenerationsphase Gegenmaßnahmen wie Innovationen oder Strategiewechsel, z. B. hin zur Kostenführerschaft, einleiten zu können. Falls sich der Verdacht einer schrumpfenden Branche jedoch erhärtet, gilt es auch hier strategische Entscheidungen zu treffen. Als allgemein anerkannte Strategien gelten zwei Alternativen: Entweder Abschöpfung, also die Mitnahme von Umsätzen mit den bestehenden Mitteln unter Verzicht auf jegliche Neuinvestitionen, oder frühzeitige Liquidation, wobei letzteres auch auf die Abschöpfung folgen kann. Es lohnt sich immer dann, vorerst in der Branche aktiv zu bleiben, wenn die Kosten beim Marktaustritt im Vergleich zum Verbleib im Markt unverhältnismäßig hoch wären. Man spricht dann von hohen Marktaustrittsbarrieren, die ganz unterschiedlicher Art und Herkunft sein können, wie bereits im voran gehenden Kapitel ebenso dargestellt wurde.
376 Vgl. Börsenverein des Deutschen Buchhandels e.V. 2008, S. 17–24.
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6.2.4 Der Filialbuchhandel auf dem Weg zum Reife-Status377 Wenn sich der Sortimentsbuchhandel zwar noch nicht als degenerierende Branche beschreiben lässt, so bleibt zu prüfen, inwieweit der Reife-Status zutrifft. Kennzeichen dieses ‚Lebensabschnitts‘ vor dem Niedergang ist z. B. das schwache Wachstum der Branche. Wie bereits geschildert, lässt sich dies für den gesamten Bucheinzelhandel nicht bestätigen. Jedoch ist es für den Sortimentsbuchhandel zu vermuten. Dieser Vertriebsweg wächst also unterproportional zum gesamten Einzelhandelszweig. Das hat in der Regel einen verstärkten Konkurrenzkampf um Marktanteile zur Folge, der sich gerade unter fast gänzlichem Ausschluss des Preiswettbewerbs in einer besonders starken Profilierung über Marketingmaßnahmen manifestiert.378 Es gilt sich von der Konkurrenz zu differenzieren, wobei es letztendlich auf die Kommunikation der Positionierung ankommt. Die Positionierung ist ein Bündel aus zahlreichen Einzelentscheidungen in den Aktionsfeldern des Marketing-Mix: Produkt-, Preis-, Distributionsund Kommunikationspolitik.379 Daraus abgeleitet bzw. differenziert werden können folgende Positionierungsvariablen380: Sortiment, Preis, Standort, Ladengestaltung und Warenpräsentation sowie Kommunikation, Service und Personal, die sich jedoch nicht immer eindeutig einem der Marketing-Instrumente zuordnen lassen; z. B. gehört das Mitarbeiterverhalten sowohl zum ‚Produkt‘ bzw. den Leistungen als auch zu deren Kommunikation. Aktuelle Studien belegen eine zunehmende Betonung des Marketings überhaupt. Beispielsweise nimmt erstens das Preismarketing trotz bestehender Buchpreisbindung eine große Rolle ein, denn Unternehmen wie Weltbild setzen bewusst auf die Ansprache einer preisbewussten Zielgruppe und erreichen über eine entsprechende Sortimentszusammenstellung ein entsprechendes Image.381 Zweitens wird die Frage nach Ort und Art des Vertriebs von buchhändlerischen Leistungen immer vordergründiger. Dies lässt sich z. B. an den Veränderungen in der Warenpräsentation im Verkaufsraum feststellen, allen voran an der zunehmenden Frontalpräsentation im Gegensatz zur traditionellen Rückenpräsentation.382 Darüber hinaus spiegeln weitere Formen diese Entwicklung: so genannte Wühl- oder Grabbeltische, die v. a. im MABereich zum Einsatz kommen, und Stapelpräsentationen einzelner Titel, insbesondere
377 Als theoretische Basis für dieses Kapitel wurde soweit nicht anders erwähnt herangezogen Porter 2008c, S. 298–317 378 Vgl. Heinold 2007, S. 104. 379 Vgl. Bramann u.a. 2008, S. 307. 380 Vgl. Zentes/Effen 1995, S. 18. 381 Vgl. Lohse 2009, S. 67. 382 Vgl. ebd., S. 69.
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Bestseller oder Neuerscheinungen.383 Die umfangreichen und vielfältigen Kommunikationsmöglichkeiten haben drittens die wichtige Funktion, dem Kunden die unternehmensspezifischen Leistungen verständlich zu machen und den Kunden letztlich vom Einkauf in diesem Unternehmen zu überzeugen. Die Spannweite ist außerordentlich und reicht von non-verbaler Kommunikation durch die Verkaufsraumgestaltung, die u. a. der Kundenführung dient, über den verbalen und direkten Kundenkontakt, z. B. im Verkaufs- oder Beratungsgespräch, bis hin zu Werbemaßnahmen. Besonders letztere haben nicht nur eine Betonung, sondern auch Veränderungen erfahren. Neben die traditionellen Formen der Schaufensterwerbung und der gedruckten Werbeträger treten zunehmend bislang kaum genutzte Formen wie Fernseh- oder Radiowerbung sowie das so genannte Direkt- oder, genauer: Internetmarketing384. Die direkte und personalisierte Ansprache der Kunden bietet z. B. der Newsletter-Versand an im Online-Shop registrierte Kunden. Weiter lässt sich eine reife Branche an der stagnierenden, teils rückläufigen Entwicklung ihrer Wettbewerberzahl erkennen. Diese wird beeinflusst durch Konsolidierungstendenzen und Marktaustritte sowie durch wenige Markteintritte. Zwar lassen sich immer wieder Neueröffnungen durch neue Konkurrenten beobachten, jedoch handelt es sich dabei um kleine Einzelunternehmen. Sie wirken nicht als Gegengewicht zu den ungleich größeren Marktführern. Zu deren Überlebensfähigkeit bzw. Dauer der Marktaktivität lässt sich keine Aussage machen. Wie schon die Statistiken zu Mitgliedszahlen des Dachverbands annehmen lassen, treten auf der anderen Seite Unternehmen aus dem Markt aus; durch Liquidationen oder durch Verkauf der Betriebe an andere Unternehmen. Gerade für letzteres gibt es zahlreiche Beispiele, allen voran die Übernahmen lokal starker Buchhandlungen (z. B. Buch Kaiser aus Karlsruhe durch Thalia zum 1. Januar 2008; Interbook in Trier durch die Mayersche im April 2008) oder kleinerer Filialisten durch die großen Marktführer (z. B. Heron-Buchhandelsgesellschaft Cottbus mit neun Filialen durch Weiland/DBH zum 1. Januar 2008). Liquidationen von Sortimentsbuchhandlungen sind häufig die Folge des Verdrängungswettbewerbs mit der zum Teil neu in die lokalen Märkte eingetretenen Konkurrenz.385 Darüber hinaus werden aber auch häufig Nachfolgeprobleme als Grund für die Geschäftsaufgabe angegeben.386 Die Entwicklung der Anbieterzahl387 wirkt zudem auf die Verteilung der Marktanteile, die sich zunehmend auf Mehrbetriebsunternehmen konzentrieren bzw. 383 384 385 386 387
Vgl. Schenk 2007, S. 194. Vgl. Heinold 2007, S. 109, 113f. Vgl. Emrich 2007, S. 61–63. Vgl. Heckmann 2006, S. 16f. Vgl. Emrich 2007, S. 133–135.
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bei mittelständischen Betrieben auf niedrigem Niveau keine Aufwärtstendenz erfahren. Dies wird allein schon daran deutlich, dass zehn Unternehmen über ein Drittel des Umsatzvolumens erwirtschaften, während der Großteil der Unternehmen (mehrere Tausend) die verbleibenden zwei Drittel Marktanteil halten.388 Charakteristisch für eine reife Branche sind außerdem Entwicklungen der finanziellen Situation der Unternehmen. Zum ersten ist dies eine Konzentration auf eine optimale Kostensituation einerseits und auf größtmöglichen Service andererseits. Dass der Service im Sortimentsbuchhandel ein einzigartig hohes Niveau erreicht hat, ist nicht anzuzweifeln389 – wohl aber die Kommunikation dessen. Aktuelle Bemühungen z. B. im Ladengeschäft auf Services hinzuweisen, sei es verbal oder durch entsprechende Beschilderung, können als Indiz für eine Verstärkung des Servicewettbewerbs verstanden werden. Auch die Homepage wird zunehmend zur Kommunikation und Darstellung im Servicewettbewerb genutzt. Beispielsweise findet sich auf den Seiten von Hugendubel stets rechts eine Spalte, die neben Online-Shop-Funktionen auf Vorteile, Services und Kundenmagazine hinweist.390 Obwohl sich im Betriebsvergleich des Sortimentsbuchhandels eine längerfristige Erhöhung der Gesamtkosten relativ zum Gesamtumsatz zeigt, wird vermutlich ein stärkeres Augenmerk auf möglichst niedrigen Kosten zum Zwecke der Rentabilitätssteigerung gelegt. Dies liegt an der Erhebung selbst, da z. B. im Jahr 2006 nur 186 Betriebe auf freiwilliger Basis daran teilgenommen haben. Zudem sind sie überwiegend den unteren und mittleren Umsatzgrößenklassen im Bereich zwischen über 200.000 bis maximal zwei Millionen Euro Jahresumsatz zuzuordnen.391 Als Gegenbeispiel zu diesen Daten erscheint zumindest nach qualitativen Aussagen das Unternehmen Thalia: Dessen Mutterkonzern Douglas führt in seinem Geschäftsbericht mehrfach die Optimierung von Kostenstrukturen als wesentliches strategisches Moment im Buchsegment anführt. So sei der positive Ergebniseffekt u. a. einem strikten Kostenmanagement geschuldet. Auch in den nächsten Jahren sollen die Kostenstrukturen weiter optimiert werden, wobei die Verschlankungen von Prozessen und Systemen als Teilziel genannt wird.392 Zweitens äußert sich ein gesteigertes Kostenbewusstsein in mäßigem Ausbau von Kapazitäten und Personal, um eine eventuell stagnierende Nachfrage zu antizipieren, deren Folge Überkapazitäten wären. Doch der Personalaufbau im Einzelhandel mit Büchern und Fachzeitschriften ist langfristig vorangeschritten. Im Jahr 1994 zählte 388 389 390 391 392
Vgl. Börsenverein des Deutschen Buchhandels e.V. 2008, S. 16. Vgl. Heinold 2007, S. 118. Vgl. H. Hugendubel GmbH & Co. KG o.J. Vgl. Börsenverein des Deutschen Buchhandels e.V. 2008, S. 108. Vgl. Douglas Holding AG 2009, S. 46, 59.
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das Statistische Bundesamt in diesem Wirtschaftszweig 29.900 Beschäftigte,393 während es 2006 35.300 (Spitzenwert) waren.394 Seit 2007 aber sind die Beschäftigtenzahlen rückläufig (2009: 33.700). Auch die Expansionsentwicklung der vergangenen Jahre lässt zunächst nicht auf einen vorsichtigen Ausbau von Kapazitäten schließen. Doch mit Beginn des Jahres 2008 setzte eine Verlangsamung ein, die sich an deutlich weniger Übernahmen und Neueröffnungen festmachen lässt. Für 2010/11 sind ebenfalls nur wenige neue Flächen abzusehen. Es zeigt sich bereits jetzt eine Neigung zu Überkapazitäten und Überbesetzung von einzelnen Standorten mit ähnlichen Konzepten. Ersichtlich ist das an der Anzahl von Verkaufsstellen der Filialisten und an der von Filialisten bespielten Verkaufsfläche in der jeweiligen Stadt (Tabelle 8). Drittens zählen zu den wesentlichen Kennzeichen der finanziellen Veränderungen in der Reifephase vorübergehend oder dauerhaft sinkende Branchengewinne. Doch werden die Unternehmens- und Branchengewinne aufgrund der dominierenden Rechtsformen – es gibt nur eine Aktiengesellschaft (Thalia), die entsprechende Veröffentlichungspflichten hat – in der Regel nicht bekannt gegeben. Anhand der einzigen verfügbaren Daten, die aus den Geschäftsberichten der Douglas Holding AG (darin Thalia Holding), ersichtlich sind, lässt sich aber eine kontinuierliche Steigerung des operativen Ergebnisses seit 2003 feststellen (s. Tabelle 20). Eine 2006 durchgeführte Erhebung unter den Filialunternehmen zeigt die damalige Zufriedenheit mit der individuellen Gewinnsituation an. Acht von elf Unternehmen, die diese Frage beantwortet hatten, zeigten sich mit der Gewinnsituation des letzten Geschäftsjahres zufrieden bzw. sehr zufrieden. Und auch für das nächste Geschäftsjahr erwarteten die meisten positive Gewinne.395 Geschäftsjahr (jew. 1.10.–30.9.)
EBITDA in Mio. Euro
EBITDA-Marge in Prozent Investitionen in Mio. Euro
2003/04
22,8
5,9
16,5
2004/05
28,3
6,2
24,7
2005/06
36,5
6,6
33,2
2006/07
44,4
6,4
36,2
2007/08
51,3
6,7
33,6
2008/09
57,9
7,1
24,2
Tabelle 20: Ausgewählte Kennzahlen aus dem segmentbezogenen Konzernabschluss der Douglas Holding AG.
393 Vgl. Börsenverein des Deutschen Buchhandels e.V. 1998, S. 108. 394 Vgl. Börsenverein des Deutschen Buchhandels e.V. 2010, S. 96. 395 Vgl. Emrich 2007, S. 51.
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Die aufgezeigten und auf den Sortimentsbuchhandel zutreffenden Charakteristika stützen die Vermutung, dass sich die Branche auf dem Weg in die Reife-Phase befindet. Ganz besonders scheint dies für die filialisierten Unternehmen zu gelten, anhand derer sich die Kennzeichen in erhöhtem Maße belegen lassen. Da aber nicht alle Merkmale der Reife auf die Untersuchungsobjekte zutreffen, ist von einer Übergangsphase auszugehen. Dies lässt sich daran festmachen, dass verschiedene Neuerungen mit hinauszögernder oder rückverjüngender Wirkung greifen; so z. B. Erweiterungen des Sortiments um audiovisuelle Medien. Außerdem sind die Marktteilnehmer bemüht, über neue Geschäftskonzepte neue Kundengruppen anzusprechen, sonst dominierte der Verkauf an erfahrene Wiederholungskäufer, die v. a. Vielleser und/oder Vielkäufer sind. Ein Beispiel dafür ist das Unternehmen Weltbild, das sich nicht die Kernzielgruppen des Buchhandels wenden möchte. Bezugnehmend auf die Sinus-Milieus heißt das, es sollen Angehörige der traditionellen und der Mainstream-Milieus angesprochen werden, die nur teilweise Überschneidungen mit dem Gros der Kunden und des Kundenpotenzials aufweisen. Es geht v. a. darum, das Potenzial unter den Selten- und Wenigkäufern zu heben.396 Gegen die Diagnostizierung der Branchenreife spricht weiterhin, dass die geografische Ausdehnung der Branche noch nicht abgeschlossen ist und die Zahl der nationalen Wettbewerber nur sehr langsam zunimmt. Es gibt nur wenige deutschlandweit agierende Sortimentsbuchhandlungen, die, ebenso wie die danach rangierenden regional starken Ketten, aktuell weniger in die Breite zu expandieren als viel mehr an der Verdichtung ihres Filialnetzes zu arbeiten scheinen. Ein weiterer Bereich, der die Ablehnung der Reife als aktuelle Situation unterstützt, sind die Modifikationen der bisherigen Erscheinungsformen der Produkt-Dienstleistungs-Kombinationen, die sich über die vergangenen Jahre gezeigt haben und auch aktuell noch zeigen. Beispielsweise kann die Etablierung der großflächigen Buchkaufhäuser angeführt werden. In der jüngeren Vergangenheit konnte zudem die Entwicklung von Boulevardsortimenten als eigenständige Erscheinungsform des stationären Bucheinzelhandels beobachtete werden. Sie sind schmal und auf schnellen Umschlag angelegt, teils enthalten sie sogar vermehrt Medien und Non-Books setzende Sortimente.397 Es erscheint also durchaus möglich, neue Angebote zu entwickeln und am Markt zu lancieren, was einmal mehr die bestehenden Rückverjüngungsmöglichkeiten belegen. Doch die Kehrtwende im Sortimentsbuchhandel ist keinesfalls bereits geschafft. Deshalb sind Kenntnisse zu möglichen ‚Fallen‘ bei strategischen Entscheidungen wichtig. Dabei soll gleichzeitig der Frage nachgegangen werden, ob sich im Sortiments396 Vgl. Lohse 2009, S. 66. 397 Vgl. ebd., S. 26.
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buchhandel Anzeichen dafür finden lassen. Eine solche Falle sind beispielsweise starke Abweichungen zwischen Fremd- und Selbstbild der Branche. Ob das Selbstbild der Sortimentsbuchhändler stark vom Fremdbild der Konsumenten abweicht, lässt sich nicht endgültig beurteilen. Außerdem kann man nicht von einem allgemein gültigen Selbstverständnis des Berufsstands sprechen – zu verschieden sind die Marktteilnehmer und Beschäftigten der Branche. Dennoch lässt sich der „traditionelle Bildungsanspruch“398 und die ebenso klassische „Rolle des Kulturvermittlers“399 nicht leugnen; häufig zeige sich ein idealisierendes Pathos über dem Berufsbild.400 Gerade letzteres hätte die Rolle des Händlers per se ausgeschlossen.401 Doch dies muss mittlerweile relativiert werden, da eine Veränderung bzw. Hinwendung zur Kommerzialisierung erfolgt ist. Heinold differenziert zwei Typen von Buchhändlern – den ‚Überzeugungs-‘ und den ‚Vermittlungs-Buchhändler‘; letzterer ohne das beschriebene Pathos, jedoch mit ökonomischem Kalkül. Gerade dieser Typus habe sich durchgesetzt. Daran habe die Flächenexpansion und Filialisierung einen großen Anteil.402 Dass gerade erfolgreiche und große Unternehmen vorwiegend rational-ökonomisch geführt werden, zeigt sich an der immer offensiveren Verkaufs- bzw. Handelsorientierung, die in den Anforderungsprofilen für Auszubildende oder Beschäftigte verankert ist.403 Nicht zuletzt deshalb zählt auch die Thematisierung des aktiven Verkaufs zu den Bestandteilen des ThaliaSchulungsangebots für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.404 Im Übergang zur Reife ist es außerdem wichtig, sich überhaupt und eindeutig für eine Wettbewerbsstrategie zu entscheiden und diese dann zu implementieren. Andernfalls sitzt man ‚zwischen den Stühlen‘; um mit Porter zu sprechen: ‚stuck in the middle‘.405 Dabei fällt die grundsätzliche strategische Entscheidung für eine der drei generischen Wettbewerbsstrategien in Abhängigkeit von den Fähigkeiten und Mitteln des Unternehmens. Zum einen sind selten die Anlagen für alle drei Varianten vorhanden, zum anderen erscheint es logischerweise schwierig, gleichzeitig möglichst die geringsten Kosten branchenweit und ein für die Differenzierungsstrategie typischerweise hohes individuelles Serviceniveau anzubieten. Analog dazu wirft der Versuch, gleichzeitig zwei gegensätzliche Kaufmotive zu befriedigen, Zweifel an den Erfolgsaussichten 398 399 400 401 402 403 404 405
Ebd., S. 22. Ebd. Vgl. ebd., S. 22. Vgl. Hueber 1998, S. 56. Vgl. Heinold 2007, S. 184. Vgl. Lohse 2009, S. 76–81; Boersenblatt.net [24.03.2009/10.04.2009]. Vgl. Douglas Holding AG 2009, S. 80. Vgl. Porter 2008c, S. 79–82.
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auf. Allgemein sortierte Großbuchhandlungen, die gleichzeitig Impuls- und Versorgungskäufer ansprechen möchten, stehen beispielsweise vor dieser Herausforderung. Hat sich ein Unternehmen für eine Wachstumsstrategie entschieden, die Investitionen zur Erhöhung des Marktanteils erfordert, besteht das Risiko, in die so genannte ‚Cash-Falle‘ zu geraten. Das bedeutet, die Investitionen schlagen fehl und münden letztendlich nicht in die anvisierte Rentabilität. Oft geht das damit einher, dass der kurzfristige Erlös aus einer Investition im Vordergrund stand. Möglich erscheint das für die großen Marktführer des Sortiments- bzw. Filialbuchhandels. Das zeigt ein Blick auf das flächenbereinigte Umsatzwachstum Thalias im abgelaufenen Geschäftsjahr (1. Oktober 2008 bis 30. September 2009). Zwar legte Thalia allein in Deutschland 6,6 % an Umsatz zu, doch ging diese Zunahme v. a. von den Akquisitionen und Neueröffnungen aus. Währenddessen schlug auf vorjahresgleicher Fläche nur ein leichtes Umsatzplus von 0,6 % zu Buche.406 Im vorherigen Geschäftsjahr 2007/08 nahm der Umsatz flächenbereinigt gar um 0,1 % ab.407 Lautet die Strategie des Marktführers tatsächlich „Wachsen um jeden Preis ohne allzu große Rücksichtnahme auf Profitabilität“408? Mit Blick auf das interne Wachstum muss diese Aussage relativiert werden: Das Unternehmen hat im Geschäftsjahr 2007/08 17 Geschäfte neu eröffnet, während es im Geschäftsjahr 2008/09 nur sieben waren. Seit Oktober 2009 kamen gar nur drei Läden neu hinzu. Das trägt wohl u. a. der 2006/07 rückläufigen EBITDA409-Marge (-0,2 Prozentpunkte) Rechnung; das bedeutet eine im Vergleich zum Vorjahr schlechtere Relation von EBITDA und Umsatz, d. h. eine geringere Umsatzrentabilität. Diese konnte sich zwar schon im darauffolgenden Geschäftsjahr wieder erholen, dennoch lässt sich verstärkt ein Konsolidierungskurs erkennen. Dagegen ist die Gefahr, zu Gunsten kurzfristiger Gewinne vorschnell auf Marktanteile zu verzichten, für die Buchhandelsunternehmen als gering einzuschätzen. Die klare Devise bei Thalia z. B. lautet, den Marktanteil auch künftig weiter auszubauen. Damit in engem Zusammenhang steht offensichtlich der Ausbau der Dachmarke, der durch Investitionen in Marketingaktivitäten gestützt wird.410 Weiterhin könnte es ein Fehler in der Reifephase sein, den Preiswettbewerb oder zumindest das Preismarketing abzulehnen, teils sogar irrational darauf zu reagieren. Dass Preismarketing, besonders Preiskommunikation, insbesondere von einigen do406 407 408 409
Vgl. Douglas Holding AG 2010, S. 32. Vgl. Douglas Holding AG 2009, S. 33. Schulte 2008b. Earnings before income, taxes, depreciation and amortization, zu Dt. Jahresüberschuss vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen; es handelt sich um eine sog. Gewinnkennzahl, die die operative Ertragskraft eines Unternehmens angibt. 410 Vgl. Douglas Holding AG 2009, S. 57f.
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minierenden Branchenunternehmen mittlerweile intensiv genutzt wird, lässt für die Buchbranche nach den Reaktionen der Mitbewerber fragen. Abgesehen von den Einschränkungen für Werbung mit Preisargumenten, die seitens des Gesetzes gegen unlauteren Wettbewerb (UWG) bestehen und durchgesetzt werden, reagiert die Mehrheit der Branchenteilnehmer mit Befürchtungen, die gesetzliche Buchpreisbindung werde von der Branche selbst unterlaufen und in Frage gestellt. Als irrational sind die Äußerungen jedoch nicht zu bezeichnen, besonders nicht angesichts der kurzfristigen Abschaffung der Buchpreisbindung in der Schweiz und der kritischen Haltung der Europäischen Union gegenüber Ausnahmen vom Preisbindungsverbot. Des Weiteren als problematisch gilt das Festhalten an vermeintlich höherer Qualität als Ausrede vor aggressivem Preiswettbewerb und intensivem Marketing. Dies ist in Zusammenhang mit dem Selbstbild der traditionalistischen Buchhändler zu sehen und durchaus denkbar, jedoch nicht praktisch nachzuweisen. Dazu müsste man zunächst das Verständnis von guter Qualität in Bezug auf den Sortimentsbuchhandel und dessen Leistungsvermögen schärfen. Dies erfordert weiterhin einen Bezugspunkt bzw. ein Maß; das könnten die Konsumenten wie Experten darstellen, wobei sich wiederum die Frage nach Objektivität und kritischer Distanz stellt. Eine Beurteilung dieses Punkts scheitert also an dieser Stelle schon an begrifflichen und Mess-Problemen. Dessen ungeachtet ist darauf hinzuweisen, dass die Betonung der traditionell buchhändlerischen Dienstleistungen und eine Profilschärfung durch Differenzierung häufig als Strategieempfehlung für unabhängige Buchhandelsunternehmen angeführt werden.411 Ähnlich problematisch können sich die Abneigung gegenüber Veränderungen der Branchengewohnheiten und irrationale Reaktionen darauf entwickeln. Ebenso charakteristisch wie kritisch erscheint die Überbetonung neuer, kreativer Produkte. Stattdessen wird sich um Verbesserungen des Existierenden bemüht oder das aggressiv verkauft. Gerade dieser Punkt ist schwierig zu beurteilen. Auf den ersten Blick scheint die Konzentration auf das Buchsortiment und buchhändlerische Dienstleistungen außer Frage zu stehen. Doch man kann auch Sortimentserweiterungen oder Neukonzeptionierungen beobachten. Sie versuchen z. B. der Digitalisierungsentwicklung Rechnung zu tragen, wie Vertriebskooperationen mit Herstellern von E-Book-Readern. Somit fällt es schwer, dies definitiv als tatsächlich nötige Innovationen einzuschätzen, ohne auch die Möglichkeit der Überbetonung einzubeziehen. Endgültig beantworten lässt sich diese Frage zum aktuellen Zeitpunkt nicht, zu unsicher ist die Entwicklung des Markts für digitale Inhalte und Darreichungsformen. 411 Vgl. Buchreport 2009a; Marx 2006, S. 2.
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Als zwingende Unterstützung auf organisatorischer Ebene gehen mit dem Übergang zur Reifephase einer Branche Konsequenzen einher, die durch die Verschiebungen der strategischen Schwerpunkte erforderlich werden. Beispielsweise sind dies straffere Budgetierung, leistungsorientierte Anreizsysteme, stärkere Formalisierung, schärfere (finanzielle) Kontrolle usw. Außer der Kostenorientierung bei Großunternehmen – hier im Fallbeispiel Thalia oder auch bei der DBH412 – finden sich im Sortimentsbuchhandel derzeit keine derartigen Veränderungen. Dies stützt die These, dass sich die Branche allenfalls am Beginn des Übergangs befindet. All diese Konsequenzen erweisen sich zudem oft als problematisch, da sie häufig begleitet werden von subtilen Veränderungen der Motivation. Darüber hinaus sollen weitere Folgen, die zu Schwierigkeiten in der Unternehmensführung gereichen können, kurz erwähnt werden. Erstens ist es oft notwendig, die Erwartungen gegenüber den finanziellen Ergebnissen zu dämpfen. Die bisherigen Ansprüche sind aufgrund der veränderten strukturellen Gegebenheiten gar nicht mehr zu erfüllen. Der Versuch würde übermäßige Kosten verursachen. Die derzeit gedämpften Annahmen für die Unternehmens- und Branchenentwicklung sind jedoch unabhängig von der Branchenstruktur, sie hängen stark von den konjunkturellen Erwartungen der Gesamt- und Weltwirtschaft ab.413 Zweitens verändern sich aufgrund des langsameren Branchen- und Unternehmenswachstums die Karrierewege bzw. die Möglichkeiten im Unternehmen oder in der Branche beruflich aufzusteigen. Auch das lässt sich in der untersuchten Branche nicht bestätigen. Hier verweise ich auf ansteigende Beschäftigtenzahlen und auf deutlich erkennbare Personalentwicklungsstrategien. Beispielsweise baut Thalia auf verschiedenen Wegen, vom dualen Studium an einer Berufsakademie über ein Trainee-Programm für Hochschulabsolventen bis hin zu Direkteinstiegsmöglichkeiten, Führungskräftenachwuchs auf.414 Wenn sich auch die Möglichkeiten des beruflichen Aufstiegs nicht verändert haben, so ist doch ansatzweise ein deutlicherer Fokus auf dem Faktor Mensch bzw. Mitarbeiter zu erkennen. Dies zeigt sich einmal in Form vermehrter Weiterbildungsmaßnahmen – z. B. forciert Osiander die interne Schulung.415 Darüber hinaus dürften aufgrund zahlreicher Akquisitionen der marktführenden Filialisten gerade in den annektierten Betrieben Integrationsmaßnahmen und die Förderung der Loyalität gegenüber der neuen Marke nötig sein. Eine weitere Konsequenz aus der Reifeentwicklung ist dem Bedarf strafferer Kostenstrukturen geschuldet und betrifft vorwiegend filialisierte Unternehmen. Sie besteht im 412 413 414 415
Vgl. Buchmarkt 2009, S. 26f. Vgl. Douglas Holding AG 2009, S. 56f. Vgl. Douglas Holding AG [11.04.09]. Vgl. Boersenblatt.net [24.03.2009/10.04.2009], Min. 21:18–22:39.
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Trend, organisatorische Elemente zentral zusammenzufassen, um Bündeleffekte und eine verbesserte Kostenkontrolle zu erzielen. Dies lässt sich im Sortiments- bzw. Filialbuchhandel an der Tendenz zur zentralen Beschaffung nachweisen, was aber bislang nur für wenige Unternehmen, genauer die beiden Buchhandelsmarken mit der größten Marktabdeckung (Thalia und Weltbild) gilt. Bei beiden Unternehmen liegt der Anteil der zentral eingekauften und verwalteten Titel vergleichsweise hoch, wobei Weltbild den höchsten Zentralisierungsgrad erreicht:416 Die Filialen werden hauptsächlich von der zentralen Einkaufsabteilung bestückt. Der filialspezifisch variable Sortimentsanteil wird von den Mitarbeitern vor Ort mit Titeln aus dem Zentrallager des HoldingPartners Hugendubel gepflegt. Alle genannten organisatorischen wie strategischen Veränderungen, die der Übergang zur Branchenreife bedingt, wirken zudem auf die Atmosphäre im Unternehmen und erfordern entsprechende Fähigkeiten der Führungskräfte. Im Allgemeinen stellt die Schwellenzeit zwischen Wachstum und Reife eine schwierige Phase dar. Häufiges Leugnen des Übergangs zur Reife oder der Rückzug aus dem aktivem Management sind Stereotype, die auch im Sortimentsbuchhandel, v. a. in den zahlreichen unabhängigen und inhabergeführten Unternehmen zu vermuten sind. Schlussfolgernd befindet sich der Sortimentsbuchhandel an der Schwelle zum Übergang, aber es scheint noch Möglichkeiten zur Umkehr bzw. für neue Impulse zu geben, die letztlich eine Abweichung vom klassischerweise s-förmigen Kurvenverlauf des Lebenszyklus bedeuten würden. 6.3 Versuch einer buchhandelsspezifischen Phaseneinteilung Die eingangs aufgestellte These, für den stationären Sortimentsbuchhandel sei von einer Mischform der typischen Branchensituationen auszugehen, ist in der Rückschau auf die obige Analyse als bestätigt anzusehen. Das bedeutet, die am Markt teilnehmenden Unternehmen müssen für ihre strategischen Entscheidungen die Schlussfolgerungen aus den zutreffendsten Schlüsselsituationen ziehen. Das Abwägen der Charakteristika und strategischen Konsequenzen lässt auf folgendes Bild schließen: Es handelt sich um eine ehemals fragmentierte Branche mit vorwiegend lokalen Märkten, die aktuell von der Nationalisierung erfasst ist und den Übergang zur Reife vor Augen hat. Der Trend zur Überwindung der Zersplitterung wird v. a. durch die expansiven Großunternehmen getrieben, während dagegen der Bereich der kleinen und mittleren Unternehmen in der Situation festgefahren erscheint. Demnach ist von einer größenabhängigen Polarisierung zwischen einer oligopolähnlichen Situation und atomisti416 Vgl. Lohse 2009, S. 65, 67.
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schen Marktanteilen auszugehen. Die von der geografischen Ausdehnung einer Branche theoretisch unabhängige Phasenabfolge lässt den Sortimentsbuchhandel vor dem Übergang zur Reife stehen. Infolgedessen werden strategisches Denken sowie ökonomisch sinnvolles Handel immer wichtiger, gerade für kleine und mittlere eigenständige Unternehmen. Außerdem müssen Kundenbindung und Markenbildung im Zuge der Uniformierungsgefahr aufgrund der Kettenbildung im Einzelhandel überhaupt und im Bucheinzelhandel im Besonderen in den Vordergrund gestellt werden. Das Verharren in althergebrachten Mustern und Strukturen, sei es in strategischen oder in Investitionsbelangen, stellt sich sodann als ‚strategische Falle‘ heraus, die in die Stagnation führt. Dies wiederum lässt die Vorteile für Vorreiterunternehmen überproportional groß werden. Der Sortimentsbuchhandel befindet sich also im Zwang, Erneuerungsmaßnahmen einzuleiten. Die Branchensituationsanalyse leistet außerdem einen wichtigen Beitrag zum logischen Aufbau dieser Studie: Sie bestätigt und erklärt die Einteilung der strategischen Gruppen. Expansions- bzw. Filialisierungsstrategien, die sich im Anfangs- bzw. Aufstiegsstadium befinden, spiegeln die Nationalisierung, also die Entwicklung heraus aus der Zersplitterung wider. Andere strategische Gruppen, nämlich der traditionelle Standorthandel und die Fachbuchhandlungen, repräsentieren dagegen noch stärker die ursprünglich fragmentierte und mittelständische Branche. Die engen Boulevardsortimente können in diesem Zusammenhang als Versuch der Rückverjüngung der Branche verstanden werden, der dem Erreichen der Reifephase bzw. der folgenden Schrumpfung entgegengestellt wird. Im Folgenden soll eine branchenspezifische Phaseneinteilung eine Übertragung des analysierten Lebenszykluskonzepts und dessen Stereotype auf den Sortimentsbuchhandel darstellen. Anregung dazu bietet ein Phasenschema, das 1997 von KämpfeBurghardt/Meyer veröffentlicht wurde. Auch Rodehack hat es zur Systematisierung der historischen Entwicklung des Strukturwandels eingesetzt.417 Hier soll es erneut Verwendung finden, jedoch ergänzt und fortgesetzt werden. Grundsätzlich sind zwei Entwicklungsstränge im vielschichtigen Wandel der Handelsstrukturen seit 1979, dem Jahr der Eröffnung der ersten Großfläche im Buchhandel, erkennbar: Erstens lassen sich Phasen des Strukturwandels auszumachen, zweitens eine Marktsegmentierung. Kämpfe-Burghardt/Meyer folgend äußert sich der strukturelle Veränderungsprozess in drei einander beeinflussenden Formen, die gleichzeitig seine Phasen sowie – abstrahiert – Voraussetzungen und Auswirkungen darstellen, nämlich Marktsegmentierung, 417 Vgl. Rodehack 2000, S. 52–54.
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Marktexpansion und Marktkonzentration. An diesem Konzept ist jedoch auf einen wesentlichen Kritikpunkt hinzuweisen, der auf die endogene Kausalität der Phasen abhebt.418 Die Entstehung des Großflächenbuchhandels stellt zwar auch einen wichtigen Abschnitt des Strukturwandels dar, aber zunächst besteht zwingender und direkter Zusammenhang mit der Filialisierung und der Konzentration. Unmittelbarer mit diesen Entwicklungen in Verbindung zu stehen, ist dem Trend der Expansion und des Strebens nach Umsatzerweiterung und Zugewinn von Marktanteilen zu unterstellen. Aufgrund der Analyse der Branchenentwicklung und der typischen Branchensituationen ist es nötig, das Phasenschema um einen vierten Zustand zu ergänzen. Nach den zwei noch nicht abgeschlossenen419 Strukturwandelsformen der Marktsegmentierung und Marktexpansion sowie deren Folge, der Marktkonzentration, folgt nun die Markbereinigung (s. Abbildung 23). Es manifestiert sich hingegen, dass der strukturelle Wandel alle Wirtschaftsstufen des Buchhandels, aktuell aber insbesondere den Bucheinzelhandel, später als andere Einzelhandelsbereiche, wie z. B. den Textilhandel, erfasst hat.420 Die Gründe dafür sollen jedoch an anderer Stelle angesprochen werden. 6.3.1 Marktsegmentierung Rodehack bietet leider keine Definition des Phasenbegriffs an, sodass seine Ausführungen nicht auf ersten Blick überzeugen. Das soll hier in Kurzform nachgeholt werden. Unter Marktsegmentierung versteht man im Marketing die Aufteilung eines heterogenen Gesamtmarkts in möglichst homogene Marktsegmente (Käufergruppen) zum Zwecke des Marketing bzw. zielgenauer Marketingmaßnahmen.421 Alternativ spricht man deshalb von Zielgruppensegmentierung. Die Gruppen können nach unterschiedlichen Gesichtspunkten gebildet und beschrieben werden. Diese Kriterien werden wiederum in der Absatzforschung verschiedentlich systematisiert. Heinold, der nach Freter422 vorgeht, unterscheidet sozioökonomische Kriterien (Zugehörigkeit zu sozialen Schichten, Familiensituation und Wohnort), psychografische Kriterien (allgemeine Persönlichkeitsmerkmale und produkt-/angebotsspezifische Einstellung) sowie Aspekte des beobachtbaren Kaufverhaltens (Preisverhalten, Einkaufsstätten- und Produktwahl sowie Mediennutzung).423 Liebmann u. a. führen als Segmentierungskriterien demografische, geografische, psychografische und verhaltensbezogene Basisvariablen 418 419 420 421 422 423
Vgl. Emrich 2007, S. 34. Vgl. Rodehack 2000, S. 52. Vgl. Börsenverein des Deutschen Buchhandels e.V. 2006, S. 13. Vgl. Ausschuss für Definitionen zu Handel und Distribution 2006, S. 97f. Vgl. Freter 1983. Vgl. Heinold 2007, S. 106.
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an, dazu Ansätze, die Lebensstile und -welten, Typologien über Werthaltungen und Persönlichkeitsmerkmale berücksichtigen.424 Welche Entwicklung aber hat für Sortimentsbuchhandlungen die Notwendigkeit hervorgebracht, die Geschäftskonzepte an Markt- und Zielsegmenten auszurichten? Grund ist das Entstehen eines zunächst hybriden Käufers, der je nach Bedeutung des Produkts entweder preis- oder qualitätsbewusst handelt. Später folgte der multioptionale Verbraucher, der je nach Kaufziel den Kaufort wechselt und im Gegensatz zum klassischen Konsumentenverhalten steht.425 Die Auswirkungen dessen auf den Sortimentsbuchhandel bestehen in den Schwierigkeiten für das allgemeine Sortiment, den Käufermarkt adäquat zu bedienen. Bei Vollbuchhandlungen ist davon auszugehen, dass alle potenziellen Buchkäufer angesprochen werden sollen, insbesondere jedoch der Publikumsmarkt und damit private Interessen.426 Insgesamt werden im Buch- und Medienhandel vier Grundmärkte unterschieden; neben dem Publikums- oder GeneralInterest-Markt (allgemeine oder Boulevard-Sortimente) der Special-Interest-Markt (Themenbuchhandlungen), der (Aus-)Bildungs- oder Educational-Interest-Markt (z. B. Universitätsbuchhandlungen) und der Fachmedien- oder Professional-Interest-Markt (Fachbuchhandlungen). Außerdem verändere sich laut Rodehack die Konkurrenzsituation durch das Aufkommen elektronischer Medien und neuer Angebotsformen des Einzelhandels in den 1970er Jahren. Die Segmentierung im Sortimentsbuchhandel äußerte sich zum einen in der Entstehung von Großflächen, deren Auslöser 1979 die Eröffnung des ersten Buchkaufhauses durch Heinrich Hugendubel am Münchener Marienplatz war. Hugendubel folgten z. B. die Mayersche, Gondrom oder Bouvier. Ziel dieser Wachstumsstrategien war es, auf diese Weise die jeweiligen Standorte abzusichern. Zum anderen äußerte sich die Marktsegmentierung im Wachstum spezialisierter Sortimentsbuchhandlungen, die nur einen der vier genannten Grundmärkte bedienen. In der Konsequenz erfolgreicher Lancierungen von Segmentstrategien ergaben sich erste Tendenzen zu Filialisierungen, also zur Multiplikation der aussichtsreichen Konzepte. Die Idee des Filialbuchhandels aber ist bereits älter.427 Im Jahr 1969 eröffnet Hermann Montanus, ein Bahnhofsbuchhändler aus Frankfurt a. M., die ersten sechs Verkaufsstellen des deutschlandweit angelegten Filialsystems Montanus aktuell. Auf dieses Unternehmen, das gleichzeitig als Beispiel für die Segmentierung und die konsequente Ansprache 424 425 426 427
Vgl. Liebmann u.a. 2008, S. 451. Vgl. Rodehack 2000, S. 54f. Vgl. Heinold 2007, S. 30f., 108f. Vgl. Emrich 2007, S. 35.
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nur des Publikumssegments angeführt werden kann, geht auch eine der großen Buchhandelsketten, Thalia, zurück. Damit verbunden ist das erstmalige Engagement eines branchenfremden Investors im Buchhandel: 1979 beteiligte sich der Handelskonzern Douglas mehrheitlich an Montanus aktuell.428 Damals aber führten die Verkaufsstellen kein allgemeines, sondern nur ein eingeschränktes Sortiment, das sich aus Büchern, Schallplatten, Zeitungen und Zeitschriften sowie Papeterie-Artikeln zusammensetzte. Darüber hinaus waren die Dienstleistungen minimal, d. h. Serviceleistungen und Besorgungen entfielen. Der Erfolg des Konzepts wird anhand des Wachstums – binnen neun Jahren Eröffnung von 45 Läden – deutlich.429 6.3.2 Marktexpansion Während der 1970er Jahre befand sich der Filialbuchhandel im Allgemeinen noch im Anfangsstadium. Nur wenige Buchhändler betrieben Filialen. Wenn überhaupt expandiert wurde, dann nur in benachbarte Orte. Bundesweite Ketten gab es mit der Ausnahme Montanus nicht. Als Vorreiter der Filialisierungsbewegung sind zu nennen: Die Osiandersche aus Tübingen mit einer Filiale in Böblingen ab 1974, Buch Kaiser aus Karlsruhe mit einer Filiale in Rastatt ab 1974, Weiland aus Lübeck mit Eröffnungen in Bad Schwartau und Kiel 1975 sowie in Hamburg 1977 und Bouvier aus Bonn mit einer Dependance in Koblenz ab 1977. Diese Beispiele der Filialisierung sind als Vorläufer der nachfolgenden Expansionsphase zu werten. Das Wachstum durch Kettenbildung erfasst den Buchhandel im Vergleich zu anderen Einzelhandelsbereichen erst spät, nimmt aber sodann einen umso schnelleren Verlauf. Beschleunigendes Moment ist zunächst die Wiedervereinigung Deutschlands 1990, sodass die tatsächliche Expansion als Parallelentwicklung zur Marktsegmentierung ab Anfang/Mitte der 1990er Jahre anzusetzen ist. Einen weiteren Schub erfuhr die Branche v. a. Ende der 1990er Jahre.430 Das Jahr 1998 z. B. markiert mit 36 neu eröffneten Verkaufsstellen und 30.656 qm zusätzlicher Verkaufsfläche einen Rekord.431 Die Eröffnung neuer Verkaufsstellen war als Gegenmaßnahme der einzelnen Unternehmen zum stagnierenden Wachstum auf der bisherigen Fläche entstanden. So entwickelte sich der Sortimentsbuchhandel während der 1980er Jahre durchweg positiv mit Wachstumsraten gegenüber dem jeweiligen Vorjahr zwischen maximalen 7,7 % 1980 und minimalen 2,2 % 1982.432 Auch zwischen 1993 und 1996, nach einem Anstieg 428 429 430 431 432
Vgl. Thalia Service GmbH/buch.de Internetstores AG [12.04.09]. Vgl. Langendorf 2000a, S. 101. Vgl. Heckmann 2001, S. 106; Heckmann 2002, S. 14. Vgl. Heckmann/Voigt 2004, S. 10. Vgl. Börsenverein des Deutschen Buchhandels e.V. 1988, S. 69.
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auf bis zu 8 % 1991, verharrten die Wachstumsraten des Facheinzelhandels mit Büchern um 3 %. Sie fielen gegen Ende der 1990er sogar noch weiter ab (1997 keine Veränderung zum Vorjahr).433 Obwohl laut Rodehack die Expansion ursprünglich nur in größeren Städten in Form des Flächenwachstums zu beobachten war, setzte später auch die Erschließung von Klein- und Mittelstädten (mit weniger als 100.000 Einwohnern) mittels kleinerer Flächen ein. Erste derartige Tendenzen zeigten sich aber schon vor dem Ende der DDR. Im Verlauf der 1990er Jahre folgte die Fortsetzung z. B. mit Weltbild als einem Joint Venture von Hugendubel und dem Weltbild Verlag und leselust, einem Geschäftsfeld der Mayerschen. Eine weitere Erscheinungsform der Marktexpansion zeigt sich in Gestalt der Internationalisierung. Bereits vor dem Großteil der angeführten Expansionsmaßnahmen, nämlich im Jahre 1986, kooperierte Weltbild mit dem Salzburger Unternehmen A&M und expandierte – damals noch als reiner Versandhandel – ins deutschsprachige Ausland nach Österreich. Zwei Jahre später kam die Schweiz hinzu mit dem Tochterunternehmen Weltbild Verlag Schweiz.434 Erst 1994 erweiterte Weltbild seine Vertriebswege um stationäre Ladengeschäfte.435 Am Beginn des 21. Jahrhunderts zog Thalia (damals Phönix) nach, erwarb die Schweizer Buchhandlungen Jäggi, Basel und Stauffacher und erlangte damit die Marktführerschaft in der Schweiz. Zwei Jahre später, nach dem Zusammenschluss von der Douglas-Tochter Phönix und der Thalia Buchhandlung zu Thalia, folgte selbiges für den österreichischen Markt; die Amadeus-Buchhandlungen stoßen zum Portfolio.436 6.3.3 Marktkonzentration Der zweite grundsätzliche Trend im Filialbuchhandel ist unter dem Begriff des strukturellen Wandels zu subsumieren. Der Verdrängungswettbewerb und das Erstarken der Filialisten sind die wesentlichen Erscheinungsformen im Bucheinzelhandel. In Folge dieser Entwicklung kam es zum Verdrängungswettbewerb, später zu Verdrängungseffekten. Jedoch sind diese Rodehack zufolge nur in lokalen Märkten sowie Teilmärkten zu finden – heute allerdings wohl auch im Gesamtmarkt. Dabei erfährt der Markt eine Konzentration, was als Bezeichnung der dritten Phase des Strukturwandels geführt wird. Unter dem Begriff Konzentration wird hier der Prozess der Verringerung der Marktteilnehmerzahl und ungleiche Verteilung der Marktanteile verstanden, d. h. 433 434 435 436
Vgl. Börsenverein des Deutschen Buchhandels e.V. 1999, S. 43. Vgl. Verlagsgruppe Weltbild GmbH [12.04.09a]. Vgl. Verlagsgruppe Weltbild GmbH [12.04.09b]. Vgl. Thalia Service GmbH/buch.de Internetstores AG [12.04.09]
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wenige Unternehmen mit hohen Marktanteilen gegenüber dem Großteil mit relativ geringem Marktanteil. Obwohl man den Konzentrationsprozess bereits Ende der 1990er Jahre nahezu abgeschlossen wähnte,437 nahm er einen neuerlichen Anlauf und dauert bis heute an. Aber er scheint sich verlangsamt zu haben, wie noch aufzuzeigen sein wird. 1999 waren erneut zahlreiche Umschichtungen zu beobachten, die tendenziell den Warenhausbuchhandel zu Gunsten der Filialisten wie Phönix, Weltbild plus oder Mayersche zurückdrängen. Ab dem Jahr 2000 erfasste die Konzentration auch die Filialisten. Bei der Verdrängung bzw. Expansion bevorzugen die expandierenden Unternehmen, zwei Strategien parallel anzuwenden: Neueröffnungen und Übernahmen etablierter Unternehmen. Ein bedeutender Aspekt der Marktkonzentration im Filialbuchhandel ist folglich die Konzernbildung. Zahlreiche Fusionen und Übernahmen haben zur Entstehung marktdominierender Unternehmenszusammenschlüsse beigetragen. Jedoch zielen die expansiven Anstrengungen der Marktführer nicht explizit auf die Zerstörung der meist kleineren Konkurrenten, sondern sie sind im Sinne von „Vereinnahmung“438, also Dominanz und Marktbeherrschung, zu verstehen. Dies äußert sich in der zunehmenden Spreizung der Umsätze unter den Sortimentern und insbesondere unter den Filialunternehmen. Während die regionalen oder überregionalen Ketten überwiegend moderat wachsen, sowohl umsatzmäßig als auch in ihrer Verkaufsstellenanzahl, können sich die national verbreiteten deutlich absetzten. Beispielsweise sei auf den immer größeren Abstand zwischen dem ersten und dem zehnten Rang des Buchreport-Rankings verwiesen. 1998 lag der noch bei 112 Millionen Euro. Nachdem sich die Differenz mehr als versiebenfacht hat, beträgt sie 2008 gut 807 Millionen Euro.439 Hinzu kommt die Prägung durch zwei parallel existierende Konzepte: Einerseits gibt es großflächige Buchhandlungen mit einem ebenso breiten wie tiefen Sortiment. Andererseits entstehen kleine Dependancen, die ein eingeschränktes, oft auf Niedrigpreisartikel ausgerichtetes Sortiment führen.440 Aufgrund der konträr angelegten Konzepte kann man neben der Konzentration von einer Polarisierung des Filialbuchhandels sprechen.
437 438 439 440
Vgl. Roszinsky-Terjung 1997, S. 28. Langendorf 2002, S. 7. Vgl. Spielmann/Wilking 2009, S. 17. Vgl. Voigt 2004, S. 9.
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6.3.4 Marktbereinigung Filialisten spielen außerdem in der vierten, aufgrund der bisherigen Analyse an dieser Stelle zu ergänzenden Phase, der Marktbereinigung, eine wichtige Rolle. Das bedeutet, dass sich die Zahl der Anbieter in einem Markt verringert. Hier muss der Begriff zudem gegenüber dem Konzentrationsbegriff abgegrenzt werden: Bereinigung bedeutet auch die Beseitigung eines Überangebots. Einige Anbieter offerieren – grundsätzlich gesprochen – Güter oder Dienstleistungen, die keine Nachfrager finden, z. B. weil sie den Nachfragergeschmack nicht treffen oder andere Anbieter vorgezogen werden. Diese Anbieter verschwinden dann vom Markt – und dies auf unterschiedlichen Wegen: durch Übernahme von anderen, durch Liquidation oder Insolvenz. Der erste Schritt der Prüfung dieser These ist es, zu klären, ob im Sortimentsbuchhandel ein Überangebot ent- oder besteht. Dazu muss zwischen der lokalen und der Gesamtmarktebene differenziert werden. Auf nationaler Ebene deutet sich eine Situation des Überangebots an, z. B. durch den Anstieg der Gesamtfläche. Sie nahm bei den expansionstreibenden Filialisten 2008 saldiert um 60.000 qm auf 538.000 qm zu und stagnierte 2009. Nur bei den Vollsortimenten nahm sie um 1,2 % zu (470.000 qm). Die Gesamtzahl der Filialen wuchs im Jahr 2008 um 9 % auf 974 Verkaufsstellen des Filialbuchhandels.441 2009 sind sie um 3 % auf 945 zurückgegangen. Untermauern, aber auch differenzieren lässt sich die Versorgungssituation anhand eines Index, der im Filialatlas des Magazins Buchreport angeboten wird: der Quotient aus der Verkaufsfläche aller Filialen einer Stadt und deren Einwohnerzahl.442 Hier zeigt sich, dass gerade kleinere Großstädte oftmals besonders gut versorgt oder tendenziell überversorgt sind; den höchsten Indexwert weisen Reutlingen (112.458 Einwohner, zwei Filialen, 5.119 qm Verkaufsfläche) und Erlangen (104.650 Einwohner, vier Filialen, 4.717 qm Verkaufsfläche) mit 45,5 bzw. 45,1 auf. Die zehn nach Einwohnerzahlen größten deutschen Städte liegen bei einem Indexwert von 7,6 (Berlin) bis 16,3 (Essen). Dies wird neben Erweiterungen bestehender Standorte durch die Erschließung neuer bestimmt. Einerseits ziehen Einkaufszentren Buchhandelsfilialisten an, andererseits filialisieren diese mehr und mehr in Mittel- und Kleinstädte. Es besteht die Vermutung, dass dieses Flächenwachstum zum Überangebot v. a. auf lokalen Märkten führt, zumal ein weiteres Indiz für diese Veränderungen in der zunehmenden Mehrfachbesetzung einiger Standorte durch Filialisten zu sehen ist. Das bedeutet, sie konkurrieren nicht nur um Anteile des
441 Vgl. Wilking 2009, S. 24; Wilking 2008, S. 26. 442 Vgl. Wilking 2009, S. 25. Siehe Tab. 33.
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II Markt- und Wettbewerbsanalyse für den deutschen Bucheinzelhandel
Gesamtmarkts, der sich durch den Trend zu immer weniger Verkaufsstellen auszeichnet, sondern auch um die eines lokalen Markts.443 Nachdem der Buchhandelsmarkt zu Überkapazitäten neigt, muss auf Anzeichen für die Bereinigung geachtet werden. Folge der Konzentration bzw. der gegenseitigen Verdrängung sind wirtschaftliche Probleme der Mitbewerber, die wiederum Anlass zum Ausscheiden aus dem Markt oder zu weiteren Übernahmen geben können. Diese Übernahmen, die wohl hauptsächlich die Standortsicherung gegenüber Konkurrenten oder die Standortbesetzung zum Ziel haben, sind von den Übernahmen mit expansivem Charakter zu unterscheiden. Im Sortimentsbuchhandel aber dominiert das Ausscheiden solch angeschlagener Unternehmen aus dem Markt. Dies schlägt sich letztlich in einer Verringerung der Anbieterzahl nieder. Ein Beispiel aus Großbritannien und den USA zeigt zudem, dass wirtschaftliche Schieflagen zunehmend auch bei größeren, filialisierten Unternehmen auftreten können. Die amerikanische Kette Borders befindet sich nach einer sehr expansiven Phase seit 2007 in einer Krise und musste Anfang 2009 eine Flagschiff-Filiale in Chicago mangels Kostendeckung schließen.444 Bereits 2007 musste sich Borders von seiner britischen Tochtergesellschaft und damit vom EuropaGeschäft trennen.445 Vieles spricht dafür, dass sich sogar die großen Filialisten in einer Konsolidierungsphase befinden.446 Dies zeigt sich zum einen in Form der Bereinigung des Betriebstypen- und Filial-Portfolios. Es werden beispielsweise an doppelt oder mehrfach bedienten Standorten Filialen geschlossen, ebenso wie in mit Sortimentsbuchhandlungen überversorgten Städten. Darüber hinaus wird nach der Ausdehnung des Filialnetzes das Unternehmen und dadurch jeder Betrieb auf seine Rentabilität hin überprüft und ggf. liquidiert. Zum Beispiel sind bei Weltbild im Jahr 2008 17 Standorte geschlossen worden, was gleichzeitig die Zahl der Neueröffnungen übertrifft. Auch im Schwesterunternehmen Hugendubel müssen sich alle Standorte einer Wirtschaftlichkeitsprüfung auf lange Sicht unterziehen.447 Ein weiterer Aspekt der Konsolidierungsphase, die eben auch die Bereinigung des Markts um ökonomisch nicht sinnvolle Betriebe beinhaltet, stellt das Zusammenführen und die Integration in die korporative Unternehmensführung dar, insbesondere nötig für die neu hinzu gekommenen Betriebe. Dies geschieht intern, z. B. über die Einführung eines einheitlichen Warenwirtschaftssystems, und nach außen hin, z. B. unter einer gemeinsamen, wohl geschärften Marke. Für 443 444 445 446 447
Vgl. ebd., S. 22f. Vgl. Boersenblatt.net [02.03.2009/29.06.2009]. Vgl. Baier 2007a, S. 9. Vgl. Spielmann/Wilking 2009, S. 18. Vgl. Spielmann/Wilking 2009, S. 20.
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diesen Aspekt soll hier einmal mehr Thalia mit der Konzeption und Umsetzung eines neuen Dachmarkenkonzepts als Beleg dienen. Gleichzeitig weisen gerade die unternehmensinternen Konsolidierungsmaßnahmen darauf hin, dass diese Phase auch mit Rationalisierungsbemühungen der marktführenden Unternehmen einhergeht.448
448 Vgl. Buchreport.express 2003, S. 8; Börsenverein des Deutschen Buchhandels e.V. 2006, S. 37.
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III Unternehmenskonzentration im Sortimentsbuchhandel Dass sowohl Konzentrationsstand als auch Konzentrationsprozess ein wichtiges Moment der Branchensituation sind, hat die Analyse am Ende des Teils II gezeigt. Die Entwicklung der Anbieterstruktur und ihr aktueller Status sind wichtige Indikatoren für die Umsatzaussichten und den Sättigungsgrad des Markts. Ein besonders spannender Aspekt im Sortimentsbuchhandel ist der Zwiespalt zwischen einer hohen Nachfrage, die nicht auf eine Stagnation der Umsätze schließen lässt, und der starken Präsenz der Konzentrationsthematik in der Konkurrenzsituation. Dabei würde allein die Verortung dieser Arbeit im wirtschaftswissenschaftlichen Forschungskontext die detaillierte Konzentrationsanalyse rechtfertigen. Sie ist dann als Fokussierung auf ein wesentliches Merkmal der Marktstruktur zu verstehen, die wiederum eine der drei Kategorien von Eigenschaften der Marktorganisation darstellt.449 Da die Marktstruktur ausführlich in Teil II dieser Arbeit berücksichtigt wurde, erscheint es logisch die Anbieterkonzentration, die sich als wesentliches Charakteristikum der Bucheinzelhandelsstruktur herausgestellt hat, in einem separaten Kapitel zu beleuchten. Gleichzeitig basiert dieses Vorgehen einmal mehr auf dem industrieökonomischen Theoriefundament des SCP-Paradigmas, das einführend erläutert wurde.450 Überdies regt die Forschungslage dazu an, sich detailliert mit der Konzentration im Sortimentsbuchhandel auseinander zu setzen. Es gibt bislang keine wissenschaftliche Abhandlung zum Konzentrationsprozess im Sortimentsbuchhandel. Doch die Konzentration zählt nach wie vor zu den wichtigen Herausforderungen des Handels im Allgemeinen.451 Und sie ist in der Praxis des Sortimentsbuchhandels von höchster Bedeutung für alle beteiligten Unternehmen. Dass die Marktanteile auseinander divergieren, beeinflusst das Verhalten und die Ergebnisse der ‚Nutznießer‘ und der ‚Opfer‘ gleichermaßen. Besonders für die deshalb notwendigen strategischen Entscheidungen sind Kenntnisse über beeinflussbare und unveränderliche Faktoren nötig. Deshalb werden im Folgenden die Ursachen und Auswirkungen der Konzentration im Sortimentsbuchhandel analysiert. Dabei wird immer wieder auf Ergebnisse der Marktanalyse zurückgegriffen. Die strukturellen Entwicklungen und Gegebenheiten und die verschiedenen Anbietertypen werden als Voraussetzungen für diesen Veränderungsprozess gesehen. Gleichsam ist darin teilweise die Entwicklung angelegt. Im Anschluss daran werden ausgehend von der Beurteilung des aktuellen Konzentrationsstatus’ Szenarien und 449 Vgl. Davies 1988, S. 3; Hofmann 1982, S. 18. Die beiden anderen Kategorien der Organisation von Märkten sind das Marktverhalten und die Marktergebnisse; vgl. ebd. 450 Vgl. Münter 1999, S. 6. 451 Vgl. Münzberg 1990, S. 17.
K. Emrich, Konzentration im Sortimentsbuchhandel, DOI 10.1007/978-3-8349-6522-6_3, © Gabler Verlag | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2011
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III Unternehmenskonzentration im Sortimentsbuchhandel
Optionen für die kommenden Jahre aufgezeigt. Zunächst ist es dazu notwendig, den entsprechenden Untersuchungsrahmen abzustecken. 1 Untersuchungsrahmen 1.1 Vorbemerkungen 1.1.1 Wareneigenschaften Betrachtet man ein Handelssegment oder einzelne Aspekte detaillierter, erscheint es sinnvoll, zu berücksichtigen, welche Güter gehandelt werden, da sich daraus bereits wichtige Besonderheiten ergeben können, die z. B. eine abweichende Entwicklung erklären. Hier sollen die wichtigsten Produkteigenschaften kurz skizziert werden.452 Bücher als Handelsware und damit als wirtschaftliche und nicht frei verfügbare Güter sind zunächst überwiegend Konsumgüter. Sie stehen im Gegensatz zu Investitionsgütern, die zur Güterherstellung beitragen, der Bedürfnisbefriedigung. Unter der wichtigsten Voraussetzung, grundsätzlich lesefähig zu sein, sind sie unmittelbar zum Gebrauch durch den Endabnehmer bestimmt. Deshalb zählen sie zu den Gebrauchsgütern, die nicht nur ein Mal (Verbrauchsgüter), sondern längerfristig Nutzen stiften. Je nach Bedarfssituation des einzelnen Konsumenten können der Handelsware Buch weitere Eigenschaften zugeschrieben werden. Beispielsweise kann ein Titel ein ‚shopping good‘453 sein, wenn der Käufer vor dem Erwerb intensiv prüfend aus mehreren Titeln ausgewählt hat. Darüber hinaus werden Bücher teilweise spontan und ungeplant, oftmals auch schnell gekauft. Es handelt sich dann um impulsive Kaufentscheidungen bzw. um den Kauf von Impulsartikeln (Impulse Goods).454 Außerdem werden Bücher häufig als meritorische Güter bezeichnet, deren wesentliches Kennzeichen Nachfrageverzerrungen i. S. einer zu geringen Nachfrage sind.455 Dies liegt daran, dass der Nutzen der Bedürfnisbefriedigung nicht richtig eingeschätzt wird.456 Ein höheres Verlangen wäre wünschenswert und wird häufig zur Rechtfertigung staatlichen Eingreifens herangezogen. Gleichsam damit verbunden, sogar eher nachvollziehbar wie Knorr und Schulze meinen,457 ist der meritorische Charakter der flächendeckenden Versorgung und Literaturförderung. Warum aber sind die Güterpräferenzen der Konsumenten zum Nega452 453 454 455
Vgl. Rürup u. a. 1997, S. 39–40. Vgl. o.V. 2008c, S. 688. Vgl. o.V. 2001, S. 631; Kurz 2001, S. 631. Vgl. Fischer 2008, S. 141; Rürup u. a. 1997, S. 45. Das Gegenteil sind demeritorische Güter, die zu stark nachgefragt werden. 456 Vgl. o.V. 2008b, S. 527. 457 Vgl. Knorr / Schulz 2004, S. 252.
1 Untersuchungsrahmen
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tiven hin verzerrt und warum sollte die politisch erwünschte Nachfrage und selbiges Angebot nach Büchern höher liegen? Als wesentlicher Grund wird in der Regel der kulturelle und bildende Beitrag von Büchern angeführt, was diese Eigenschaft gleichzeitig auf die Titel beschränkt, die entsprechende Inhalte aufweisen; so z. B. literarisch wertvolle Werke oder wissenschaftliche Fachbücher. Aus diesem Zusammenhang heraus ist es nachvollziehbar, dass der besondere Warencharakter nicht aus der Gegenüberstellung von Kultur und Ware entspringt, eben medialer Gegenstand und Organisation nicht miteinander verschmelzen.458 Dies aber macht unter den Marktteilnehmern traditionellerweise die Einzigartigkeit ihres Gegenstands aus. Gerade dies prägt die Einstellung und das Selbstverständnis der Buchhändler – ganz gleich ob Unternehmer oder Angestellte – offensichtlich noch heute, auch wenn sich das Berufsbild gewandelt hat und die Orientierung auf eine Verkaufstätigkeit zunimmt.459 Aus diesem Grund können in gewissem Maße dennoch mittelbare Auswirkungen des Gegenstands auf die Branchengeschehnisse, d. h. die subjektive Existenz des Doppelcharakters, unterstellt werden. Außer den indirekten Effekten und den theoretischen Argumenten sind zusätzlich besondere Waren- oder Brancheneigenschaften anzuführen. Jedoch sind die Besonderheiten der Branche, der Unternehmensformen und Usancen nicht den gehandelten Waren geschuldet. Sie sind zu begründen mit der Entwicklungsgeschichte des Buchhandels, den Schwierigkeiten aufgrund der wachsenden Verlagsproduktion und der wirtschaftlichen Verflechtung mit bzw. Abhängigkeit von den Interessen anderer gesellschaftlicher Institutionen.460 1.1.2 Wettbewerb im Handel Außer den Charakteristika der Ware Buch und des Buchhandels sind eingangs Spezifika des Wettbewerbs unter Handelsunternehmen461 anzuführen, von denen allerdings zwei bereits mehrfach genannt wurden: Zum einen basiert die Geschäftstätigkeit auf dem Angebot von heterogenen Ware-Dienstleistungs-Kombinaten, im Unterschied zum Angebot von herstellenden Betrieben mit homogenen Produkten oder von Dienstleistungsunternehmen, die entsprechende Leistungen am Markt offerieren. Zum anderen ist die Konkurrenz an mehreren ‚Fronten‘ gemeint. Die Handelsbetriebe stehen einerseits mit den Anbietern im Wettbewerb, die die gleiche Betriebsform gewählt haben 458 459 460 461
Vgl. Wetzel 2001a, S. 65. Vgl. Heinold 2007, S. 184f.; Wetzel 2001a, S. 66f. Vgl. Wetzel 2001a, S. 67. Vgl. Schenk u. a. 1984, S. 217.
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III Unternehmenskonzentration im Sortimentsbuchhandel
(intraformaler Wettbewerb); z. B. konkurriert unter den Lebensmitteldiscountern Aldi mit Lidl. Andererseits sehen sich die Betriebe auch gegenüber anderen Betriebs- und Vertriebsformen im Konkurrenzkampf (interformaler Wettbewerb); d. h. Lebensmitteldiscounter stehen auch im Wettbewerb mit Verbrauchermärkten wie real. Hinzu kommen, zwar weniger im Lebensmitteleinzelhandel, aber stärker z. B. im Elektrofachhandel, andere Vertriebswege, allen voran der klassische und der Online-Versandhandel. Dies trifft insbesondere für den Bucheinzelhandel zu, wie bereits gezeigt wurde. Als drittes Merkmal kann eine funktionale Abhängigkeit der Konkurrenten voneinander aufgeführt werden. Das bedeutet, je dominanter ein Betrieb ist, desto besser sind die Chancen der Konkurrenten. Dies mag auf den ersten Blick paradox erscheinen, ist aber nachvollziehbar, wenn man die Begründung kennt: nämlich die Differenzierungschancen. Das heißt, unter der Dominanz eines Marktführers lägen die Chancen der kleineren Mitbewerber in der möglichst deutlichen konzeptionellen Abhebung von ersterem, nicht aber in der Nachahmung. Obwohl das Argument logisch erscheint, bleibt es streitbar, insbesondere vor dem Hintergrund der Verdrängungswirkung von Marktmacht und Präsenz im Absatzmarkt. Dagegen ist es denkbar, dass die Differenzierung unter bestimmten Voraussetzungen, z. B. finanzielle Möglichkeiten und entsprechende Fach- und Marktkenntnisse, dennoch Erfolg bringt. Am Ende erweisen sich unter je anderen Voraussetzungen sowohl die Akzeptanz als auch die Ablehnung dieser These als möglich. 1.2 Theoretischer Hintergrund 1.2.1 Definition Der Begriff der Unternehmenskonzentration wird bei Schenk u. a. definiert als ein Zustand o. Prozeß, bei dem aufgrund von internem und/oder externem Wachstum und/oder Per-saldo-Ausscheiden von Unternehmen die größten Unternehmen bzw. die Unternehmen der oberen Größenklasse größere bzw. überproportional wachsende Anteile am Gesamtmerkmalsbetrag (Umsatz) im Vergleich zu den übrigen Unternehmen auf sich vereinen.462
Diese Begriffsbestimmung lässt bereits auf die Vielfalt der Arten und Erscheinungsformen der Konzentration und deren Bestimmungsfaktoren schließen. Unter Konzentration wird im Allgemeinen nämlich lediglich eine Anhäufung eines Merkmalsbetrags auf bestimmte Merkmalsträger, also eine Ungleichverteilung des Gesamtbetrags, verstanden.463 Zunächst ist es wichtig auf den Begriff der Unternehmenskonzentration hinzuweisen, da weitere Bereiche ebenfalls bedeutende Facetten des Konzentrations462 Ebd., S. 44. 463 Vgl. Schmidt / Burger 1997, S. 625; Barth / Möhlenbruch 1998, S. 461.
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begriffs darstellen, so z. B. die Einkommenskonzentration, die Vermögenskonzentration, die Betriebskonzentration oder die Konzentration von Verfügungsmacht.464 Damit wird deutlich, dass die ökonomischen Bezugsgrößen, also die Merkmale, vielfältig sein können. Neben dem Umsatz kommen dafür Gewinn, Beschäftigte, Kapital etc. in Frage.465 Wichtig ist es außerdem, an dieser Stelle auf eine Begriffsnuance hinzuweisen, die jedoch für die praktischen Entwicklungen bedeutsam sein kann. Das vorwiegend zur Darstellung der Unternehmenskonzentration verwendete Merkmal ist, wie oben angeführt, der Umsatz- oder Marktanteil einzelner Unternehmen als Merkmalsträger. Mit der so genannten Unternehmungskonzentration466 aber sind die Zusammenschlüsse vorher unabhängiger Unternehmen im Sinne von Fusionen oder Beteiligungen gemeint. Dadurch verringert sich die Anzahl der Unternehmen in einer Branche, aber nicht zwangsläufig auch die Anzahl der Betriebe, da unter Umständen Filialketten entstehen können. Ganz gleich ob es sich um die Ballung von Umsatzanteilen oder Betriebsstätten handelt, Konzentration ist immer mit mindestens einem der folgenden Ereignisse verbunden: internem und/oder externem Wachstum und/oder Marktaustritten. Dies nennen Schenk u. a. auch Segmente der Konzentration.467 Stumpp fügt diesen noch Markteintritte hinzu,468 denn wichtig ist nur der Saldo. Und in einer sich konzentrierenden Branche sind Markteintritte, z. B. in einzelne lokale Märkte, nicht ausgeschlossen. Es dominiert aber die Tendenz zu weniger Marktteilnehmern, denn Konzentration lässt sich vereinfacht auch als Phänomen beschreiben, bei dem in einer Branche die Anbieterzahl sinkt und Marktanteile pro Unternehmung anwachsen.469 Dies untermauert die Bedeutung zweier Entwicklungen als generische Ursachen für die Konzentration im Handel: überproportionales Umsatzwachstum der Großunternehmen und Marktaustritte der kleinen und mittleren Unternehmen;470 die Gründe für diese beiden Komponenten spiegeln sich in den nachfolgend analysierten Konzentrationsursachen. Bei der Untersuchung des Konzentrationsphänomens ist es gleichsam wichtig, auf die zeitliche Dimension zu achten. Konzentration kann als Zustand aus einer statischen Zeitpunktbetrachtung verstanden werden. Mit Olten vereinen dann wenige
464 465 466 467 468 469 470
Vgl. ebd., S. 461; Schenk u. a. 1984, S. 40. Vgl. [Stumpp] 2008, S. 36. Vgl. Barth / Möhlenbruch 1998, S. 461; Ehrlinger 1962, S. 20. Vgl. Schenk u. a. 1984, S. 35–40. Vgl. [Stumpp] 2008, S. 36 Vgl. Barth / Möhlenbruch 1988, S. 221f. Vgl. Matschuk / Vieth 1990, S. 39.
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Unternehmen hohe Marktanteile auf sich.471 Zum anderen kann Konzentration als Prozess aus einer dynamischen Zeitraumbetrachtung betrachtet werden. In diesem Fall erreichen immer weniger Unternehmen immer mehr Marktanteile. Bei der Analyse wird häufig aus pragmatischen Gründen ein Mittelweg gewählt. Von Hofmann gar als Mindestmaß gefordert wird472 eine statisch-komparative Betrachtung als Vergleich zweier Konzentrationszustände, aus denen der dazwischen stattfindende Prozess geschlussfolgert wird.473 Der Prozess lässt sich über Richtungsangaben weiter charakterisieren. Findet er auf derselben Wirtschaftsstufe statt, kann er als horizontal bezeichnet werden. Dies ist der Fall, wenn z. B. nur Unternehmen des Einzelhandels betroffen sind. Dagegen spricht man von vertikaler Konzentration, falls über internes oder externes Unternehmenswachstum auch die vor- oder nachgelagerten Stufen einbezogen werden. Die beiden genannten Formen können unter dem Oberbegriff der homogenen Konzentration zusammengefasst werden, dessen Bedeutung in Abgrenzung zur heterogenen Konzentration deutlich wird. Darunter ist der Konzentrationsprozess in Richtung Markt- oder Branchenüberschreitung zu verstehen. Es handelt sich dann um konglomerate, laterale oder diagonale Konzentration.474 Man unterscheidet weiterhin, ob es sich um absolute oder relative Konzentration handelt. Wichtig erscheint an dieser Stelle der Hinweis, dass beide Konstrukte auf Anteile am Gesamtmerkmalsbetrag Bezug nehmen. Allerdings bildet die relative Konzentration die Ungleichverteilung (Disparität) dessen auf alle Merkmalsträger (Unternehmen) ab. Die absolute Konzentration zielt auf die sich verringernde Unternehmensanzahl ab, sodass wenige Unternehmen hohe Merkmalsanteile aufweisen.475 1.2.2 Untersuchungsansätze Auf der Suche nach einem geeigneten theoretischen Fundament für die Untersuchung der Konzentrationsentwicklung eines bestimmten Markts stößt man auf zwei unterschiedliche Forschungsrichtungen. Deren Gemeinsamkeit ist die offensichtlich dauerhafte Aktualität sowie Komplexität des Konzentrationsthemas, da der Diskurs bereits über mehrere Jahrzehnte andauert. Zum einen gibt es zahlreiche grundlegende Auseinandersetzungen mit dem Konzentrationsphänomen. Hier geht es um die Erklärung 471 Vgl. Olten, Rainer. Wettbewerbstheorie und Wettbewerbspolitik. München 21998, S. 127, zitiert nach Wesener 2009, S. 6. 472 Vgl. Hofmann 1982, S. 25. 473 Vgl. Barth / Möhlenbruch 1998, S. 461; Schenk u. a. 1984, S. 30–35. 474 Vgl. Barth / Möhlenbruch 1998, S. 461; Schenk u. a. 1984, S. 40f. 475 Vgl. Barth / Möhlenbruch 1998, S. 461.
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und Begründung von Konzentrationsentwicklungen im Allgemeinen, d. h. losgelöst von beispielhaften Branchen. Einige sind in enger Verbindung zu Wettbewerbstheorien zu sehen; so z. B. ist nach Schumpeter die Triebkraft des sich ständig verändernden Wettbewerbs die Innovationstätigkeit, aufgrund derer Wettbewerbsvorsprünge zu oligopoloder monopolähnlichen Situationen führen können.476 Dagegen sieht Eucken die Konzentration als Hindernis für vollständige Konkurrenz, was für Hoppmann gleichsam eine Voraussetzung ist, überhaut gute Marktergebnisse erzielen zu können.477 Weitere Beispiele zeigen, dass es zahlreiche derlei Ansätze gibt und dass diese sowohl handelsunspezifisch als auch handelsbezogen sein können. So z. B. hat sich Rainer Olbrich mit Unternehmenswachstum, Verdrängung und Konzentration im Konsumgüterhandel beschäftigt.478 Ergebnis der zahlreichen Beschäftigungen mit dem Thema aber ist bislang keine konsistente Konzentrationstheorie, weder für die gesamtwirtschaftliche Perspektive noch für den Handel im Speziellen. Die Erkenntnisse werden deshalb in stilisierten Fakten zusammenzutragen. Zum anderen finden sich zahlreiche Arbeiten, die ausgehend von Partialmodellen Ursachen und Auswirkungen von Konzentrationsprozessen in ausgewählten Branchen (z. B. Einzelhandel479, Ernährungswirtschaft480) oder Märkten (z. B. Lebensmitteleinzelhandel481) analysieren und beschreiben. Hierbei muss wiederum zwischen Betrachtungen der Konzentration auf Herstellerebene und auf Handelsebene unterschieden werden. Letztere kennzeichnet darüber hinaus eine Schwerpunktsetzung auf dem Lebensmitteleinzelhandel, u. a. da hier die Konzentration vergleichsweise schnell ablief und die Angebotsstruktur maßgeblich verändert hat, was wiederum starke Auswirkungen für die Konsumenten folgen ließ.482 Das Grundinteresse der Teile III und IV dieser Arbeit liegt in der branchenspezifischen Erforschung der Ursachen, der Wirkungen und des künftigen Verlaufs der Konzentration sowie den Möglichkeiten der Reaktion. Dies besteht wiederum aus mehreren einzelnen Aspekten, die ein breites Spektrum an Hypothesen eröffnen. Beispielsweise zeichnet sich erstens der Konzentrationsverlauf in der Anzahl der beteiligten Unternehmen und deren Marktanteilen ab, insbesondere der der größten Unternehmen; dies fließt z. B. in Kapitel 3.1.1.2 ein. Zweitens sind der Grad der Wettbewerbsintensität und dessen Veränderungen ein Konzentrationseffekt von großem Interesse (s. 476 477 478 479 480 481 482
Vgl. Schenk u. a. 1984, S. 64. Vgl. ebd., S. 64–67. Vgl. Olbrich 1998. Vgl. Schenk u. a. 1984. Vgl. Lademann 1996. Vgl. Dobson u. a. 2003; Matschuk / Vieth 1989. Vgl. Barth / Möhlenbruch 1988, S. 222f.
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Kapitel 3.1.1.1). Drittens ist das Verhältnis zu den anderen Wirtschaftsstufen, v. a. zu den herstellenden Unternehmen als Auswirkung der Konzentration anzuführen, die gleichzeitig mit der Konzentrationsentwicklung in einem wechselseitigen Verhältnis steht (s. Kapitel 3.2). Auch bei den Ursachen spielen die vorgelagerten Betriebe für die Beschaffungsmärkte und das Macht(un)gleichgewicht eine wichtige Rolle (s. Kapitel 2.2.4.1). Die Rolle der Buchpreisbindung – als Konzentrationsursache oder -bremse (s. Kapitel 2.1.5.3) – fällt ebenso ins Gewicht wie die von Verlagen gewährten Konditionen. Sie hängen ihrerseits mit der Buchpreisbindung und mit den Machtverhältnissen zwischen den Sparten zusammen (s. Kapitel 2.1.6.3). Neben exogenen Determinanten, seien es Faktoren der Makro- oder der Mikroumwelt, sind es die brancheninternen Strukturen und Verhältnisse, die ursächlich für die Strukturveränderungen sein können; so z. B. Veränderungen der Betriebsformen als ein Aspekt des Wettbewerbs unter den Händlern (s. Kapitel 2.2.1.1). Die Herleitung eines geeigneten und möglichst umfassenden Untersuchungsmodells erfolgt ausgehend von zwei Schriften aus dem Fachbereich der Handelsforschung, die sich grundlegend mit der Konzentration auseinander setzen. Sowohl Erich Ehrlinger483 als auch Otto Schenk u. a.484 systematisieren jeweils sinnvoll und umfangreich Ursachen und Auswirkungen von Konzentrationsprozessen in Einzelhandelsbranchen;485 dies rechtfertigt neben anderen eingangs genannten Gründen die Verwendung dieser Publikationen als Grundlage für den zweiten Hauptteil dieser Arbeit. Obwohl beide Arbeiten vor längerer Zeit publiziert wurden, haben sie sich aufgrund ihrer grundlegenden Ergebnisse als wertvoll für diese Arbeit erwiesen. Ehrlinger unterscheidet bei seiner Ursachenanalyse zwischen Außen- und Innenperspektive. Aus Ersterer sind der Wandel der Gesellschaftsstrukturen, technische Fortschritte, die Wirtschaftsordnung, die von Industrie und Großhandel ausgehenden Einflüsse und das Verbraucherverhalten ursächlich für Konzentrationsentwicklungen im Einzelhandel. Branchenintern sind es dagegen der Wettbewerb, die unterschiedlichen Absatzformen sowie Unterschiede funktioneller und struktureller Art. Die Unterscheidung der betroffenen sowie der vor- und nachgelagerten Stufen findet sich auch unter den Auswirkungen wieder, jedoch differenziert Ehrlinger zusätzlich wettbewerbliche, betriebswirtschaftliche und soziologische Auswirkungen auf die Einzelhandelsunternehmen; letzteres verweist auf die Stellung und Betroffenheit des Mittelstands. Schenk u. a. wollen ihren Titel als Einführung in die Konzentration im Handel verstanden wissen und gleichzeitig dem 483 Vgl. Ehrlinger 1962. 484 Vgl. Schenk u. a. 1984. 485 Die jeweilige Vorgehensweise und Gliederung findet sich im Anhang, Teil 1 und Teil 2.
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Mangel an monographischen Werken zu diesem Thema Abhilfe schaffen.486 Die Beschäftigung mit Ursachen und Auswirkungen der Konzentration im Handel nimmt aus diesem Grund nur einen Teil der umfangreichen Ausführungen ein. Das Kapitel zu den Ursachen beginnt mit einem Unterkapitel zu wirtschaftstheoretischen Erklärungsversuchen der Konzentration, die den oben erwähnten allgemeinen Erklärungsversuchen der Konzentration zuzuordnen sind. Des Weiteren folgen die Autoren nicht einer Unterteilung in interne und externe Ursachen, sondern unterscheiden gesamt- von einzelwirtschaftlichen Einflüssen sowie soziologische, rechtliche und strukturpolitische Ursachen. Die Auswirkungen werden wieder anders gegliedert. Zunächst wird zwischen der Handelsebene und den umgebenden Wirtschaftsstufen differenziert, dann folgt die Beschreibung der städtebaulichen und gesamtwirtschaftlichen Effekte. Jedoch ist es weder möglich, die Konzentration als ein den gesamten Handel in ähnlicher Art und Weise erfassenden Phänomen darzustellen, noch die Konzentrationsursachen und die Auswirkungen für alle Handelszweige zu pauschalieren.487 Deshalb soll es eine Teilleistung dieser Arbeit sein, die spezifischen Ursachen und Auswirkungen der Unternehmenskonzentration für den Bereich des Sortimentsbuchhandels zu erarbeiten. Aus der Synthese beider oben vorgestellten Analysesystematiken wurde folgendes Vorgehen gewählt: Im folgenden Kapitel 2 werden die Konzentrationsursachen erörtert. Dabei wird eine Zweiteilung in exogene – von der Makro- oder Mikroumwelt der Branche ausgehende – und endogene, also branchenimmanente Ursachen vorgenommen. Die externen Ursachen werden nochmals untergliedert: Die einzelnen Aspekte werden unter den Bereichen Gesellschaft, Verbraucherverhalten, Technik (hinsichtlich der Einflüsse auf den Vertrieb), Wirtschaft(spolitik), Gesetze und Einflüsse vorgelagerter Stufen zusammengefasst. Die potenziellen internen Triebkräfte der Konzentration werden unter folgenden Gesichtspunkten erörtert: Wettbewerb und Absatzformen sowie strukturelle und funktionelle Unterschiede zwischen den unterschiedlichen Klassen von Branchenteilnehmern. Die Auswirkungen des Konzentrationsprozesses im Einzelhandel sind je nach Branche, Region oder Betriebsformen unterschiedlich. Es ist u. a. Ziel meiner Analyse, die im Sortimentsbuchhandel zu erkennenden Auswirkungen herauszuarbeiten. Sie werden jeweils für die betroffenen Bereiche separat erläutert, wobei die Gliederung an der Wirtschaftsstufensystematik angelehnt ist. Effekte auf die vorgelagerten Stufen Verlag (s. Kapitel 3.2.1) bzw. Großhandel (s. Kapitel 3.2.2) werden
486 Vgl. Schenk 1984, S. 17, 22. 487 Vgl. Matschuk / Vieth 1990, S. 31.
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von denen auf die dritte Wirtschaftsstufe (s. Kapitel 3.1) und die Verbraucher (s. Kapitel 3.2.3) unterschieden. Vor der Präsentation der Analyseergebnisse ist auf eine wichtige definitorische Frage einzugehen. Großunternehmen müssen von so genannten Kleinst-, Klein- und mittelgroßen Unternehmen abgegrenzt werden. Aufgrund der Relativierung von Aussagen gelten sie offensichtlich in der Betriebswirtschaftslehre als Sonderfall und die Aussagen beziehen sich grundsätzlich auf Großunternehmen. Dennoch: Mikro-, klein- und mittelgroße Unternehmen sind sozial und wirtschaftlich wichtig, da sie 99 % aller Unternehmen in der EU darstellen, etwa 65 Millionen Arbeitsplätze bieten und eine wichtige Quelle für unternehmerische Initiative und Innovation sind.488
Die so genannten kleinen und mittleren Unternehmen werden anhand der Merkmale Jahresumsatz und Beschäftigte von den großen Unternehmen abgegrenzt. In diese Klasse fallen laut Europäischer Kommission489 Unternehmen, die weniger als 250 Personen beschäftigen und die einen Jahresumsatz von höchstens 50 Millionen Euro erzielen. Allerdings weichen die Definitionen häufig voneinander ab. Entsprechend der Definition, die das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie verwendet, wird nämlich ein Grenzwert von 500 Mitarbeitern angegeben.490 Dabei sind Mikro- oder Kleinstunternehmen alle mit weniger als zehn Mitarbeitern und weniger als zwei Millionen Euro Umsatz im Jahr. Als klein gelten Firmen mit zehn bis 49 Beschäftigten und mindestens zwei, jedoch weniger als zehn Millionen Euro Umsatz. Die Abgrenzung zwischen groß und klein ist für die Konzentrationsanalyse von Bedeutung, da nicht nur auf Umsatzanteile einzelner Unternehmen, sondern auch auf Größenklassen eingegangen wird. Überwiegend werden bei der Erörterung von Ursachen und Auswirkungen Unternehmen verschiedener Größenklassen gegenübergestellt. Insbesondere in der Branchenöffentlichkeit des Sortimentsbuchhandels behilft man sich mit der Eigenschaft der Unabhängigkeit. Darunter versteht man die wirtschaftliche und rechtliche Eigenständigkeit eines Unternehmens, das nicht zu einem Handels- oder Mischkonzern gehört. Dies ist jedoch keine optimale Lösung, sondern ruft mit dem Hinweis, dass auch vergleichsweise große, aber unabhängige Unternehmen bzw. von Familien geführte Buchhandelsketten existieren, weitere Definitionsprobleme hervor. Dennoch wird an dieser Stelle bewusst auf eine klare Definition von großen und mittleren oder klein(st)en Unternehmen verzichtet. Die Verfasserin ist sich einer daraus folgenden Pauschalierung bewusst, jedoch erscheint es unvermeidlich, 488 Europäische Kommission [18.04.2009]. 489 Vgl. Europäische Kommission 2003. 490 Vgl. Freter 2001, S. 1132.
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die Polarisierung zwischen groß und klein zu verwenden, um die Spannweite von auslösenden Momenten und Wirkungsausmaßen aufzuzeigen. Unter großen Unternehmen soll im nachfolgend untersuchten Sortimentsbuchhandel die zahlenmäßige Minderheit der größten drei bis zehn Unternehmen der Branche verstanden werden. Als ungefähre Schwellenwerte zum Eintritt in diese ‚Klasse‘ lassen sich nach aktuellem Zahlenmaterial folgende Parameter angeben: Die großen Unternehmen erwirtschaften mehr als 40 Millionen Euro Jahresumsatz und beschäftigen mehr als ca. 200 Mitarbeiter. Die Gesamtverkaufsfläche umfasst mindestens 10.000 qm. Am ungenauesten erscheint die Abgrenzung über die Filialanzahl. Sie wirkt nur sekundär auf den Umsatz und hängt lediglich indirekt mit der Verkaufsfläche zusammen, da die Fläche einer Verkaufsstelle vom Geschäftskonzept abhängt. Dennoch kristallisiert sich ein Wert von zehn Filialen distinktiv heraus. Dagegen stellen die kleinsten, kleinen und mittleren Buchhandelsunternehmen die Masse dar, die im Falle von lokal meist mit nur einer Verkaufsstelle operierenden Firmen als Standorthandel bezeichnet werden. Gerade aufgrund der pauschalen, fast klischeehaften Gegenüberstellung von großen und kleinen Marktteilnehmern muss im Vorhinein betont werden, dass die Aussagen nicht auf jedes Unternehmen der jeweils angesprochenen Größenklasse zutreffen müssen, also keine Gesetzmäßigkeiten nachweisbar sind. 2 Konzentrationsursachen im Sortimentsbuchhandel Ausgehend von allgemeinen wirtschaftswissenschaftlichen Erkenntnissen zu den Ursachen von Konzentrationsprozessen im Einzelhandel ist es das Ziel dieses Kapitels, die auf den speziellen Fall des stationären Sortimentsbuchhandels zutreffenden Faktoren darzustellen. Solch eine Analyse geht jedoch mit Schwierigkeiten einher, die die Identifikation aller Ursachen gleichsam unmöglich macht. Dies kann auf die Komplexität des Wirkungsgefüges zurückgeführt werden. Zum Beispiel bestehen Wechselwirkungen zwischen den Ursachen einerseits und den Auswirkungen andererseits. Weiterhin steht man vor dem Problem, hochkomplexe reale Systeme vereinfachen zu müssen, um sie theoretisch-analytisch handhaben zu können. Beispielsweise müssen zusammenhängende Faktoren isoliert oder Ursachenketten jeweils reduziert auf das letzte Glied betrachtet werden. Zudem unterliegen die Erkenntnisse stets Unvollkommenheiten aufgrund der Schlussfolgerungen, die teilweise auf Wissensübernahmen und intuitiven Feststellungen beruhen. Darüber hinaus ist unklar, ob man überhaupt von einzelnen Ursachen sprechen kann oder nicht stets mehrere zusammen wirken. Deshalb muss die Suche nach Ur-
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sachen als Analyse von konzentrationsfördernden Faktoren verstanden werden.491 Außerdem ist eine allgemeingültige Hierarchisierung der Konzentrationsursachen im Einzelhandel nicht möglich. Dennoch wird hier jeweils eine branchenspezifische Einschätzung der Bedeutung als Ursache abgegeben, die in die Diagnose des aktuellen Konzentrationsstands einfließt. Die Annahme, dass die genannten Faktoren beeinflussbar sind492, liegt dieser Arbeit zudem zugrunde, v. a. dem fünften Kapitel, das sich der Reaktionsmöglichkeiten auf die strukturellen, insbesondere KonzentrationsEntwicklungen annimmt. 2.1 Exogene Ursachen 2.1.1 Gesellschaft 2.1.1.1 Bevölkerungsentwicklung und -struktur Die Bevölkerungsentwicklung und strukturelle Gegebenheiten stellen eine Ursache der Konzentration im Sortimentsbuchhandel dar, weil das Wachstum von Einzelhandelsunternehmen u. a. von der Kaufkraft der Nachfrager (hier produktspezifische Kaufkraft) abhängt.493 Die Entwicklung der Kaufkraft für Bücher wiederum hängt mit der Entwicklung des Publikums zusammen, also eines Teils der gesamten Bevölkerung. Im Allgemeinen wird eine Bevölkerungszunahme mit dem Wachstum der Einzelhandelsumsätze in Verbindung gebracht.494 Aktuell entwickelt sich die Bevölkerung rückläufig. Deshalb muss mit der Abnahme der Einzelhandelsumsätze insgesamt gerechnet werden.495 Das Ausmaß der Auswirkungen auf die einzelnen Handelssegmente muss allerdings differenziert betrachtet werden. Es ist jedoch nicht möglich, die Korrelation der quantitativen Bevölkerungsentwicklung und der Buchhandelsnachfrage exakt oder näher zu bestimmen. Es liegen keine entsprechenden Berechnungen vor. Gerade für die segmentspezifische Wirkung ist nicht nur die Bevölkerungszahl, sondern auch der soziodemographische Aufbau von Bedeutung. Eine relevante Strukturkomponente ist der Bildungsstand, der anhand der Schul- und Berufsausbildung operationalisiert wird.496 Für die Buchbranche und darin für den Sortimentsbuchhandel spielt das insofern eine Rolle, als empirische Ergebnisse zeigen, dass die Buchaffinität an die Ausbildung gekoppelt ist. Kurzum: Je höher der Bildungsstand, desto größer die Buchnachfrage. Das Bildungsniveau wiederum hängt mir der sozialen Herkunft 491 492 493 494 495 496
Vgl. Barth / Möhlenbruch 1988, S. 221. Vgl. Ehrlinger 1962, S. 132. Vgl. ebd., S. 77, 84f. Vgl. Schenk u. a. 1984, S. 113. Vgl. Eggert 2006, S. 27f. Vgl. Schenk u. a. 1984, S. 113.
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zusammen.497 Für die Bundesrepublik Deutschland ist von einem kontinuierlich steigenden Bildungsniveau auszugehen, das jedoch weiterer Verbesserungen bedarf. Vor allem betrifft das den negativen Zusammenhang des Bildungsstands und der Bildungschancen mit dem Migrationshintergrund von Teilen der Bevölkerung.498 Auch bei den Bildungsausgaben, die wiederum auf den Bildungsmarkt der Buchbranche Rückwirkungen haben, ergibt sich kein einheitliches Bild. In jedem Fall verläuft deren Entwicklung nicht proportional zum Wirtschaftswachstum.499 Da sowohl die quantitative Bevölkerungsentwicklung als auch deren Bildungsstruktur sich nur allmählich verändern, sind sie zwar als Konzentrationsursachen für den Sortimentsbuchhandel relevant, jedoch nur in langfristiger Perspektive. 2.1.1.2 Urbanisierung Da ein positiv gerichteter Zusammenhang zwischen Betriebsgröße und Größe des Standorts zu vermuten ist, müssen die Attraktivität der Städte und der Trend zur Verstädterung als (indirekte) Konzentrationsursache berücksichtigt werden. Zum ersten sei das Wachstum von Ballungsräumen genannt.500 Durch die Verdichtung von Großstädten bzw. der Großstadtregionen bei gleichzeitiger Entkernung der Innenstädte als Wohnorte, weil sich diese ins Umland verschieben, dehnen sich die Einzugsgebiete der großen Städte aus. Dadurch erhöht sich die Anzahl der Agglomerationsräume. Diese begünstigen sowohl die Ballung von Einzelhandelsbetrieben als auch großflächige Einzelhandelsunternehmen. Entgegen der Richtung der Wohnbevölkerung fließt die Kaufkraft aus den Streulagen, d. h. den Stadtteilen oder Wohngebieten, ab und hin zu den Innenstädten oder zu nicht-integrierten Standorten wie z. B. Einkaufscentern. Diese Entwicklung bewirkt, dass z. T. die angestammten Einzelhandelsgeschäfte vor Ort verdrängt werden; insbesondere wenn großflächige und/ oder preisaggressive Betriebsformen hinzukommen. Sie können die stark verteuerten, zentralen Standorte zum einen besser finanzieren, zum anderen rentabler bewirtschaften. Dass das ebenso für den Sortimentsbuchhandel in Deutschland gilt, zeigt sich an der starken Präsenz der Filialbuchhandlungen in den Innenstädten der größeren Städte.501 Zum zweiten ist die Verstädterung ursächlich für die Konzentration. Das bedeutet, städtische Verbrauchsgewohnheiten greifen auf ländliche Regionen über, z. B. durch ei497 498 499 500 501
Vgl. Börsenverein des Deutschen Buchhandels e.V. 2008, S. 19–22. Vgl. Autorengruppe Bildungsberichterstattung 2008, S. 7–11. Vgl. ebd., S. 12. Vgl. Schenk u. a. 1984, S. 126; Ehrlinger 1962, S. 80–82. Vgl. [Falter] [05.03.2009].
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nen hohen Anteil der Pendler an der Wohnbevölkerung, die städtische Gewohnheiten adaptieren.502 Dadurch entwickelt sich auch außerhalb der Ballungsgebiete eine dementsprechende Orientierung auf den Einkauf in Zentren und Centern. Dies verändert die Attraktivität der jeweiligen Standorte entsprechend. Die Urbanisierungstendenzen sind folglich ein wichtiger, aber indirekt wirkender Konzentrationsfaktor. Ein Grund ist die Korrelation von Standortgrößen mit der Betriebsgröße, die sich im Sortimentsbuchhandel zumindest insofern bestätigen lässt, als sich Buchkaufhäuser, d. h. Fachmärkte in der Regel als Teil von Buchhandelsketten, an größeren Standorten finden. Folglich sind Großunternehmen im Vorteil. Zum anderen scheint das Kundenpotenzial, z. B. in wachsenden, attraktiven Ballungsregionen, als wichtiger Faktor für Standortentscheidungen bestehender und expandierender Unternehmen. 2.1.2 Verbraucherverhalten Obwohl der Verbraucher als einzelner keinen Einfluss auf die Marktstrukturen und die Anbieterkonzentration hat, haben die Verbraucher in ihrer Gesamtheit teilweise Einfluss auf den Einzelhandel und dessen Konzentrationsprozess, z. B. durch die Präferenzen für einzelne Unternehmensgrößen, v. a. für Großunternehmen. Das Kaufverhalten aber ist wiederum von vielen verschiedenen Einflussfaktoren bestimmt. Man unterscheidet quantitative (Kauffähigkeit und Kaufbereitschaft) von qualitativen (Zielgruppenspezifika und individuelle Verhaltensmerkmale) Faktoren. Jedoch sind tatsächliche Messungen dieser Komponenten nicht möglich, sondern nur Aussagen anhand von Indikatoren. Das verfügbare Einkommen ist z. B. ein Indikator für die Fähigkeit, eine bestimmte Menge der Waren zu kaufen.503 Da das Verbraucherverhalten theoretisch in unzähligen Einzelentscheidungen der jeweiligen Verbraucher-Persönlichkeiten besteht, können hier nur Trends in Form einer aggregierten Sichtweise einfließen und auch dabei nur die augenscheinlich wichtigsten. 2.1.2.1 Kauffähigkeit Kauffähigkeit und Kaufbereitschaft stellen v. a. Voraussetzungen für den Wirtschaftsbetrieb im Einzelhandel dar, jedoch keine primären Konzentrationsursachen. Allerdings sind Veränderungen des verfügbaren Einkommens für die unterschiedlichen
502 Vgl. Ehrlinger 1962, S. 81f. 503 Vgl. Schenk u. a. 1984, S. 114.
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Einzelhandelssegmente in unterschiedlicher Weise relevant und wirken indirekt auf die Rahmenbedingungen der Markt- und Anbieterstruktur. Mit Veränderungen des verfügbaren Einkommens ändern sich die Ausgabenstrukturen. Das Engel’sche Gesetz besagt, dass mit wachsendem Ausgabevolumen aufgrund der höheren Kaufkraft der Anteil der Ausgaben für den lebensnotwendigen Bedarf unterproportional zunimmt.504 Das bedeutet, dass z. B. relativ weniger für Verbrauchsgüter wie Lebensmittel ausgegeben wird, während die Ausgaben für Gebrauchsgüter, insbesondere Luxusartikel ansteigen. Den Sortimentsbuchhandel trifft diese Gesetzmäßigkeit in positiver Art und Weise. Bücher und buchnahe Artikel gehören nicht zum lebensnotwendigen Bedarf. Allerdings ist das Niveau der Kaufkraft für Bücher mit seinen 4 % der Ausgaben im Einzel- und Versandhandel relativ gering, wenngleich sowohl ein Anstieg der gesamten Pro-Kopf-Kaufkraft als auch der Buchkaufkraft verzeichnet werden kann.505 Dennoch ist nicht davon auszugehen, dass die Ausgaben für Bücher aufgrund der Kaufkraftentwicklung abnehmen, was zweierlei Konzentrationswirkungen hätte. Zum einen würde das Marktvolumen abnehmen und den Kampf um Marktanteile verstärken, was konzentrationsfördernd wirkt. Zum anderen charakterisiert ein Trend zur Preisorientierung den Buchhandel, der ebenfalls Großbetriebsformen fördert. 2.1.2.2 Verbraucherpolitik Wenn auch das Verbraucherverhalten in quantitativer Hinsicht wenig konzentrationswirksam im Sortimentsbuchhandel ist, so kann dies nicht gleichermaßen für die qualitative Perspektive konstatiert werden. Gerade dies wird zudem beeinflusst von der Verbraucherpolitik, die folglich als mögliche Konzentrationsursache in Betracht kommt. Dabei sind es die Teilbereiche der Verbraucherinformation und der Verbraucherbildung, die für den Konzentrationsprozess im Sortimentsbuchhandel als relevant einzustufen sind, weniger der dritte Bereich des Verbraucherschutzes.506 Die Verbraucherinformation kann als Konzentrationsursache bezeichnet werden, wenn sie mangelhaft erfolgt, d. h. wenn die Existenz der Buchpreisbindung nicht allen Verbrauchern bekannt ist. Solange wie dies der Fall bleibt, tendieren die unwissenden Verbraucher zum Kauf in Groß- und Filialbetrieben in der Annahme, dort günstigere Preise vorzufinden. Die Verbraucher gehen davon aus, dass diese Unternehmen aufgrund ihrer Größe und großen Abnahmemengen gegenüber den Herstellern oder Großhändlern 504 Vgl. ebd., S. 115. 505 Vgl. Langendorfs-Dienst [02.05.2008 / 30.06.2009]. 506 Vgl. Schenk u. a. 1984, S. 118.
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Größenvorteile bei der Warenbeschaffung realisieren können und diese zumindest teilweise durch Preisreduktionen an die Kunden weitergeben. Deshalb können sie günstiger anbieten als die Einzelunternehmen. Eine weitere Konzentrationsursache stellt die Verbraucherbildung dar, indem sie zum preiskritischen Verhalten anregt.507 Dies wirkt zwar im Sortimentsbuchhandel ebenfalls nur indirekt, dennoch ergeben sich Vorteile für Filialunternehmen und damit Anreize zur gesteigerten Unternehmensgröße. Zum einen sind Sonderangebotsaktionen mit Artikeln des Modernen Antiquariats sowie dementsprechende und darüber hinausgehende Maßnahmen des Preismarketings zu nennen. Trotz Buchpreisbindung wurden allerdings bereits einige Buchhandelsfilialisten aufgefordert, entsprechende Werbekampagnen z. B. für Rabattaktionen (Hugendubel508) und Sonderausgaben (Weltbild509) zu unterlassen. Zum anderen überlagert das antrainierte preiskritische Verhalten auch das Leistungsbewusstsein der Verbraucher. Gerade dies erweist sich für kleinere und mittlere Sortimentsbuchhandlungen als nachteilig, weil ihre Wettbewerbskonzepte zwar in unterschiedlichem Maße, aber grundsätzlich service- und beratungsorientiert sind. Dem entgegen steht die Förderung des Preiswettbewerbs durch verbraucherpolitische Maßnahmen, die folglich mittelbare und langfristig wirkende Konzentrationsursachen sind. 2.1.2.3 Qualitatives Verbraucherverhalten Die u. a. durch die Verbraucherpolitik geformten Verbrauchsgewohnheiten, im weiteren Sinne die Lebensstile der Nachfrager sowie deren Veränderungen entscheiden über die Existenz der unterschiedlichen Betriebsformen des Einzelhandels und seiner einzelnen Segmente. Deshalb kommen auch sie als Konzentrationsursachen in Betracht. Die Dynamik der Betriebsformen kann über das jeweils spezifische Verdrängungspotenzial eines Typus den Fortschritt wie den Rückgang der Konzentration bewirken.510 Ein Charakteristikum des Verbraucherverhaltens ist dessen Polarisierung zwischen Preisorientierung einerseits und Individualisierung des Bedarfs andererseits. Es sind v. a. Massenartikel und der lebensnotwendige Bedarf, die vom Preisbewusstsein der Konsumenten betroffen sind und deren Branchen in Folge dessen zu Großbetriebsformen neigen. Andererseits aber besteht für den Facheinzelhandel, für den traditionellen Sortimentsbuchhandel, durch die Differenzierung und Spezialisierung der Nachfrage 507 508 509 510
Vgl. ebd., S. 119. Vgl. Boersenblatt.net [30.10.2007]. Vgl. Boersenblatt.net [18.09.2008]. Vgl. Olbrich 1998, S. 397.
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im Konsumgüterbereich eine Chance, diesen Bedürfnissen besser nachzukommen als es Großbetriebe können.511 Überdies nimmt die steigende Mobilität der Verbraucher, die die Überwindung der Distanz zwischen Wohn- und Einkaufsort erlaubt, Einfluss auf die Entwicklung der Einzelhandels- und Angebotsstruktur.512 Dies ist für zwei verschiedene Trends im Einkaufsverhalten maßgeblich: für den Erlebniseinkauf wie auch den Verbundeinkauf (One-stop-Shopping). Beide schließen sich nach Meinung der Verfasserin aber nicht gegenseitig aus, sondern sind komplementär bzw. können sogar, z. B. im Fall von Einkaufszentren, zusammenfallen. Darüber hinaus wurzeln beide in dem Verhältnis von Arbeitszeit zur Freizeit und der Entscheidung über die Freizeitgestaltung. Der Verbundeinkauf dient der möglichst (zeit-)unaufwändigen Befriedigung mehrerer, unterschiedlicher Bedürfnisse an einem Ort, sodass mehr freie Zeit für weitere Beschäftigungen verbleibt. Das zieht die Präferenz für Großbetriebsformen bzw. agglomerativen Angebotsformen und Ladenagglomerationen, die auch Buchhandelsfilialisten bevorzugen, nach sich. Erlebnis-Shopping hingegen wird als Freizeitbeschäftigung genutzt. Obwohl diese Konzepte grundverschieden angelegt sind, fördert der Erlebnistrend die Konzentration, da es gerade die großen Unternehmen sind, die große Flächen bewirtschaften können. Im Sortimentsbuchhandel dominieren so fast ausschließlich Handelsketten den so genannten Erlebnisbuchhandel auf Großflächen mit mehreren tausend Quadratmetern Verkaufsfläche. Diesen Trend belegt ein Panel der GfK, dessen Ergebnisse zeigen, dass allein von 2005 auf 2006 die Anzahl der Buchkäufer, die in den ‚Top-5-Buchhandlungen‘ kaufen um 2,4 Millionen Menschen angewachsen ist. Gleichzeitig hat der unabhängige Buchhandel 0,8 Millionen Käufer eingebüßt, und die Schnittmenge, d. h. diejenigen, die sowohl in unabhängigen als auch in Filialbuchhandlungen kaufen, hat zugenommen. Weitere Verlierer sind die sonstigen Einkaufsstätten. Der Internetbuchhandel hat dafür 2,6 Millionen hinzu gewonnen. Zudem zeigt sich hier ebenfalls eine Multioptionalität, da die reinen Internetkäufer nur einen Anteil der Abnehmer stellen, während zwei Drittel auch stationär einkaufen.513 Folglich stellt das Verbraucherverhalten einen aktuellen Einflussfaktor von großer Bedeutung dar, da der stationäre Sortimentsbuchhandel auf die Kundenströme angewiesen ist. Die jedoch bevorzugen zunehmend Großbetriebe.
511 Vgl. Schenk u. a. 1984, S. 115; Ehrlinger 1962, S. 108f. 512 Vgl. Wesener 2009, S. 8; Schenk u. a. 1984, S. 116f. 513 Vgl. Adlwarth / Schöberl 2007, S. 8.
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2.1.3 Technischer Fortschritt im Vertrieb Abgesehen von den Konzentrationsursachen, die seitens der Nachfrager für den Sortimentsbuchhandel gelten, sind es technische Fortschritte, die entweder den gesamten Konzentrationsprozess oder einzelne Anbietergruppen beeinflussen. Dabei können Technologien als konstitutiv für Markteintrittsbarrieren verstanden werden. Sie verhindern also den Marktzutritt neuer Konkurrenten bzw. schirmen einzelne strategische Gruppen von der Konkurrenz ab. Mit Davies können Technologien und Markteintrittsbarrieren Konzentrationsphänomene nicht allein und nur zum Teil erklären. So sind sie hauptsächlich Ursachen für die unter der Konzentration in der Regel geringe Unternehmensanzahl, d. h. für die absolute Konzentration, jedoch nicht für die Ungleichheiten unter den Marktteilnehmern, d. h. für die relative Konzentration. Weiter findet sich bei Davies die Ansicht, dass Anbieterkonzentration ökonomisch notwendig ist und die technologische Entwicklung widerspiegelt, wenn die Implementation technischer Fortschritte die Kostenstrukturen der Unternehmen prägt. Unternehmen mit einem hohen Implementationsgrad und deshalb günstigen Kostenstrukturen verfügen über Wettbewerbsvorteile gegenüber der tatsächlichen und auch der potenziellen Konkurrenz. Also sind die Markteintrittsbarrieren relativ hoch und die Anreize zum Markteintritt im Gegensatz dazu gering. Folglich sind nur wenige Unternehmen in dieser Branche aktiv, was auf hohe Konzentrationsraten schließen lässt. Allerdings wird in dieser Perspektive die Möglichkeit ausgeklammert, dass gerade Markteintritte branchenfremder, aber großer Unternehmen zusätzlich konzentrationsfördernd wirken können.514 Obwohl die zitierten Überlegungen für Industriebetriebe getroffen wurden, ist auch für den Sortimentsbuchhandel als Einzelhandelsbranche davon auszugehen, dass technische Fortschritte zum Konzentrationsprozess beitragen. Sie stellen Ansatzpunkte für Rationalisierungsmaßnahmen und günstigere Kostenstrukturen dar, insbesondere beim Einsatz in Vertriebsangelegenheiten. 2.1.3.1 Kommunikationstechnologie Technische Innovationen im Bereich der Kommunikation sind als Konzentrationsursachen für den Sortimentsbuchhandel relevant515 und dies aus zweierlei Gründen. Zum einen wirken sie auf Qualität und Umfang des Kontakts zwischen Sortimentsbuchhändler und Kunden. Dabei ist nicht die Verfügbarkeit oder die Existenz der Technologien entscheidend, sondern der Zugang dazu. Dies gilt aus Unternehmersicht wie 514 Vgl. Davies 1988, S. 92–94. 515 Vgl. Schenk u. a. 1984, S. 102.
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aus Verbraucherperspektive für den Kundenkontakt und den Erwerb. Letzteres weist bereits darauf hin, dass zum anderen moderne Kommunikationstechnologien insbesondere digitaler Art Möglichkeiten der alternativen Versorgung der Verbraucher eröffnen. Sie verändern folglich auch die Vertriebsstrukturen und -wege. Voraussetzung dafür ist wie erwähnt der Zugang der Verbraucher, d. h. die technische Ausstattung der Haushalte.516 Erst wenn Computer und Internetzugänge verfügbar sind, lassen sich Formen des E-Commerce breit etablieren, sei es für den Vertrieb gedruckter oder digitaler Verlagsprodukte. Entscheidend für Kommunikationstechnologien als Konzentrationsfaktoren aber ist der Zugang der Anbieter. Wenn Verbraucher neue oder ergänzende Vertriebs- und Kommunikationsstrukturen nutzen können und wollen, geraten die Unternehmen unter Druck, die diese Nachfrage nicht befriedigen können. Die Kaufkraft fließt folglich zu den präferierten Angeboten und lässt den Markt für traditionelle Angebotsmodelle mangels Technologieeinsatz unter Verdrängungsdruck und damit Konzentrationsneigung geraten. Konzentrationswirksam sind neue Kommunikationstechnologien zudem, weil ihr Einsatz in der Distribution von Büchern – damit sind sowohl der Vertrieb selbst als auch die Kommunikation (insbesondere Werbung) und technische Serviceangebote gemeint – teils mit erheblichem Kostenaufwand verbunden ist. Hier wiederum sind Filialbuchhändler und Kooperationsmodelle (Verbundgruppen oder Partnermodelle) gegenüber den unabhängigen Einzelunternehmen im Vorteil, weil sie die Fixkosten für Anschaffung und Unterhalt auf entsprechend viele Betriebe umlegen können. Diese Möglichkeit nimmt mit abnehmender Unternehmensgröße ebenfalls ab. In der Rückschau lässt sich die Bedeutung der Kommunikationstechnologien für den Sortimentsbuchhandel als mittelfristig einstufen. Wichtig ist zudem das Potenzial zwischen unterschiedlichen Anbietergruppen zu polarisieren und die Ungleichverteilung der Marktanteile zu fördern. 2.1.3.2 Elektronische Datenverarbeitung Ein zweiter Bereich, der im Kontext des technischen Fortschritts für Vertriebsstrukturen im Buchmarkt als Konzentrationsgrund genannt werden muss, ist die elektronische Datenverarbeitung (EDV). Dies kann mit den Möglichkeiten der Effizienzsteigerung bei innerbetrieblichen Abläufen und bei der Informationsbeschaffung, die
516 Vgl. Ehrlinger 1962, S. 87f.
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III Unternehmenskonzentration im Sortimentsbuchhandel
letztlich distinguierende nachhaltige Wettbewerbsvorteile hervorbringen können, begründet werden. Typische und in diesem Kontext relevante Einsatzbereiche sind für den Einzelhandel insgesamt517 die Buchhaltung, die Waren- und Lagerwirtschaft, das Controlling, das Bestellwesen und die Kundendatenverwaltung, das Rechnungsgeschäft sowie die Geschäftsabwicklung im Ladengeschäft, insbesondere Kassiervorgänge.518 Mit Schenk u. a. ist der Einsatz hochkomplexer Anlagen jedoch im Wesentlichen nur Großunternehmen, Kooperationsgruppen und Franchise-Systemen möglich.519 Im Sortimentsbuchhandel haben große Filialunternehmen individuelle Warenwirtschaftssysteme implementiert. Daneben nutzen zwar zahlreiche, aber keineswegs alle unabhängigen Buchhandelsunternehmen Warenwirtschaftssysteme und setzen sie zur Rationalisierung der betrieblichen Organisation ein. Alternativ greift man auf die Möglichkeit zurück, in der Lagerkontrolle mit so genannten Buchlaufkarten zu arbeiten.520 Gerade für den Zweck der Informationsbeschaffung wirken Fortschritte in der elektronischen Datenverarbeitung und -verwaltung besonders konzentrationsfördernd. Nicht nur der Kostenaspekt greift in Mehrbetriebsunternehmen, sondern auch die um ein Vielfaches breitere Datenbasis, wenn EDV-Systeme zur Verwaltung von Kundendaten und der Erstellung von Kundenprofilen daraus genutzt werden. Es steigert die Effektivität, wenn zielgruppengenaue Kommunikations- und Werbemaßnahmen – d. h. Zielgruppenorientierung des Inhalts der Botschaft, des Werbeträgers und des Werbemittels – eingesetzt werden können. Für selbstständige Sortimentsbuchhändler mit einem geringeren Kundenfeld ergeben sich folglich Schwierigkeiten, die allenfalls durch das Angebot von Kooperationen in Verbundgruppen auszugleichen sind. Abgesehen davon wirken technische Fortschritte in der Datenverarbeitung für die Buchdistribution indirekt als Konzentrationsursache, die aufgrund ihrer Relevanz für die Kosten- und Ertragssituation der Sortimentsbuchhändler in ihrer Bedeutung hoch eingeschätzt wird. 2.1.4 Wirtschaft und Wirtschaftspolitik Wichtige Rahmenbedingungen für die Branche des stationären Sortimentsbuchhandels und ihren Konzentrationsprozess stellen außerdem das nationale und internationale Wirtschaftsgeschehen und die Wirtschaftspolitik dar. Unter dem Begriff der 517 518 519 520
Vgl. Schenk u. a. 1984, S. 102–104. Vgl. Bramann u. a. 2008, S. 26f. Vgl. Schenk u. a. 1984, S. 103. Vgl. Bramann u. a. 2008, S. 265–267; Bramann / Hoffman 2004, S. 261–263.
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Wirtschaftspolitik sind staatliche Maßnahmen der Wirtschaftsgestaltung und Wirtschaftssteuerung zu verstehen, deren Ziel u. a. die wachsende Gesamtwirtschaft des Lands ist. Man teilt weiter auf in Ordnungspolitik, wie z. B. Wettbewerbspolitik, in Strukturpolitik, z. B. Verkehrspolitik oder Mittelstandspolitik, und in Prozess- oder Ablaufpolitik, u. a. Konjunkturpolitik.521 Ausgewählte Aspekte aus diesem Feld werden in den folgenden Unterkapiteln als Konzentrationsursachen aufgezeigt. Vorweg wird der erklärende Rahmen, der als langfristiger Einflussfaktor eine wesentliche kognitive Rahmenbedingung des Wirtschaftsgeschehens bildet, gesetzt: die Wirtschaftsordnung der Bundesrepublik Deutschland, die soziale Marktwirtschaft. Im Kern geht sie „von den Vorstellungen des Neoliberalismus aus, setzt aber u. a. mit größerem Pragmatismus, z. B. hinsichtlich prozesspolitischer Beeinflussung in der Konjunkturpolitik, und stärkerer Betonung der Sozialpolitik eigene Akzente.“522 Daraus lässt sich folgender Mechanismus ableiten:523 Folgen alle Wirtschaftssubjekte der Maxime der Gewinnmaximierung, werden sich langfristig nur die leistungsfähigen Unternehmen am Markt durchsetzen können. Eine wesentliche Rolle spielen dabei Unternehmenszusammenschlüsse, die die Leistungsfähigkeit steigern können. Voraussetzung dafür aber ist die Gewerbe- und Vertragsfreiheit, die durch die Wettbewerbswirtschaft garantiert werden. Jedoch bedingt die sozial geprägte Marktwirtschaft unter Umständen ordnende Eingriffe des Staats in das Wirtschaftsgeschehen, damit eben die Wettbewerbswirtschaft erhalten bleibt. Für den Konzentrationsprozess im Sortimentsbuchhandel heißt das, dass sowohl das freiheitliche Gedankengut als auch die ordnungspolitischen Notwendigkeiten impulsgebend für Ursachen sein können. 2.1.4.1 Globalisierung Die zunehmende internationale und globale Verflechtung von Volkswirtschaften ist im Spiegel der Wettbewerbswirtschaft zu erklären und zu sehen. Aber sie verändert die Anbieterstrukturen und die Wettbewerbspositionen der einzelnen Unternehmen unter Umständen derart, dass sie als Konzentrationsursache für Einzelhandelsbranchen in Frage kommt. Gleich wohl weisen erstens Handelsmärkte meistens eine vorwiegend nationale Struktur auf,524 was für den Sortimentsbuchhandel oben belegt wurde. Zweitens ist die direkte Wirkung der Globalisierung auf den oft standortgebundenen Ein521 522 523 524
Vgl. Blang 2008, S. 380; o.V. 2004h. Vgl. Blum 2008, S. 693f. Vgl. Ehrlinger 1962, S. 92. Vgl. Dobson u. a. 2003, S. 118.
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zelhandel gering. Gleichsam scheint in der für den Sortimentsbuchhandel besonders wichtigen Standortbindung ein wesentlicher Grund dafür zu liegen, dass diese Branche vergleichsweise wenig attraktiv für die grundsätzlich international freien Kapitalströme ist. Der aktuelle Sortimentsbuchhandel wird dadurch charakterisiert, dass deutschstämmige Buchhandelsfilialisten zwar international investieren, sich aber nur innerhalb des deutschen Sprachraums engagieren. Dies kann in zweierlei Hinsicht als Konzentrationsursache gewertet werden.525 Durch eine rentable Beteiligung an einer ausländischen Firma kann die Finanzkraft des Mutterunternehmens gestärkt werden, das dadurch wiederum überdurchschnittlich in internes oder externes Wachstum zur Konzentrationsbeschleunigung investieren kann. Außerdem lassen sich Wettbewerbsvorteile durch das Engagement im Ausland generieren, die wiederum die inländische Marktstellung festigen. Beispielsweise werden gerade für die Buchhandelsfilialisten wie Thalia oder Weltbild die Absatzmärkte über die Grenzen der Bundesrepublik Deutschland hinaus ausgeweitet, was betriebliches Wachstum fördert und die Position des Unternehmens im deutschen Markt stärkt. Das Urteil über die Globalisierung als Konzentrationsursache muss folglich differenziert ausfallen. Da der Sortimentsbuchhandel ein überwiegend nationaler Markt ist, stellt dieser Aspekt eine Konzentrationsursache geringerer Bedeutung dar. Die Internationalisierung innerhalb der Sprachraumgrenzen hingegen ist höher einzuschätzen, da die marktführenden Unternehmen dadurch ihre Stellung weiter ausbauen. Ob dies nur in Form von Wettbewerbsvorteilen oder auch in finanzieller Hinsicht geschieht, lässt sich aus der externen Perspektive jedoch nicht beurteilen. 2.1.4.2 Mittelstandspolitik Die Masse der Sortimentsbuchhandelsunternehmen ist dem so genannten Mittelstand zuzuordnen. Zu den unter Kapitel III.1.2.2 genannten quantitativen Kriterien zeichnen sich diese Firmen in der Regel durch die Einheit wirtschaftlicher Existenz und Leitung sowie deren Mitwirkung an allen unternehmerischen Entscheidungen aus.526 Jedoch sind es gerade die mittelgroßen (und auch kleinen) Unternehmen, die im Konzentrationsprozess der Branche in ihrer Existenz gefährdet sind, weil Großunternehmen dominieren. Im Rahmen der strukturpolitischen Maßnahmen beschäftigt sich der Staat im Rahmen der Mittelstandspolitik mit den Rahmenbedingungen, der Förderung und dem Erhalt dieser Unternehmen. Folglich ist nicht die Existenz der Mittelstandspoli525 Vgl. Schenk u. a. 1984, S. 98. 526 Vgl. Freter 2001, S. 1132.
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tik als Konzentrationsursache zu beleuchten, sondern deren Ausgestaltung und deren Umfang. Mängel darin führen zu einer Benachteiligung des Mittelstands gegenüber Großunternehmen und zu Konzentrationsanreizen. Die Bundesregierung Deutschlands hat im Jahr 2006 die so genannte Mittelstandsinitiative formuliert, die die geplanten wirtschaftspolitischen Maßnahmen wiedergibt. Die für den Handel, insbesondere den Sortimentsbuchhandel, relevanten sind z. B. der Bürokratieabbau, die Verbesserung von Finanzierungs- und Innovationsfähigkeit sowie eine Existenzgründungsoffensive.527 Die Umsetzung war im Jahr 2008 zu drei Vierteln erfolgt528, jedoch ist nicht davon auszugehen, dass alle Maßnahmen ebenso für den Sortimentsbuchhandel gelten und sinnvoll sind. Ein gewichtiger Teil der Handlungsfelder zielt beispielsweise fast ausschließlich auf Industriebetriebe: die Stärkung der Innovationsfähigkeit, die Mobilisierung von Wagniskapital für Innovationen und die Unterstützung des Engagements auf Auslandsmärkten. Dagegen lassen sich zahlreiche Maßnahmen finden, die besonders mittelständische Sortimentsbuchhandelsunternehmen fördern. Beispielsweise zählen dazu Verbesserungen der Abschreibungsbedingungen, des Umsatzsteuerrechts, der Lohnzusatzkostensituation oder des Erbschaftssteuerrechts.529 Besonders wichtig sind Maßnahmen zur Verbesserung der Finanzierungssituation.530 Als begrüßenswert, jedoch nicht mittelstands-, geschweige denn buchhandelsspezifisch zu werten sind die Modernisierung der beruflichen Bildung und die Anstrengungen zur Sicherung des Fachkräfte-Nachwuchses.531 Sämtlichen Bemühungen der Wirtschaftspolitik muss entgegengehalten werden, dass der Mittelstand durch die Dynamik der Absatzformen einem ständigen Wandel unterliegt und davor entsprechend der Wettbewerbsorientierung nicht absolut geschützt werden kann.532 Zwar sei es im Sinne staatlicher Bemühungen, möglichst viele unabhängige Unternehmer zu erhalten, was für den Sortimentsbuchhandel explizit in § 1 BuchPrG als Begründung dessen festgehalten ist. Jedoch könne es nicht Aufgabe des Staats sein, jegliche Existenz ungeachtet von Rentabilitätsmerkmalen zu erhalten. Besser sei es, die Entwicklung zu optimalen Unternehmensgrößenklassen zu fördern. Dabei muss die Zugehörigkeit eines Unternehmens zum Mittelstand als temporärer Status verstanden werden. Die Konzentration bringt folglich eine positiv zu bewer-
527 528 529 530 531 532
Vgl. Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie (BMWi) 2006, S. 7–11. Vgl. Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie (BMWi) 2008, S. 1. Vgl. ebd. Vgl. ebd., S. 4. Vgl. ebd., S. 3f. Vgl. Ehrlinger 1962, S. 132.
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tende Strukturbereinigung mit sich, da sie Rationalisierungsmaßnahmen und ökonomisch-rationales Handeln anregt. Diese Sichtweise stellt, abgesehen von der streitbaren und hier nicht weiter zu diskutierenden Wertung der Konzentrationsbewegung gleichzeitig einen Beleg für den Mangel an mittelstandserhaltenden Maßnahmen als Konzentrationsursache dar. Gerade für den Sortimentsbuchhandel wird diesem Aspekt eine große und beständige Bedeutung eingeräumt, da das Anbieterfeld überwiegend aus mittelständischen und kleinen Unternehmen besteht (quantitative Struktur, s. Kapitel 3.4.1.2). Sie sind allein unter dem Gesichtspunkt einer freiheitlichen Wettbewerbswirtschaft als Konkurrenten der gewichtigen Marktführer zu fördern. Sofern ihre Marktstellung ausreichend und dauerhaft gefestigt ist, wirkt ihre bloße Existenz konzentrationsmindernd. Dies verdeutlicht mehr die Bedeutung der Mittelstandspolitik. 2.1.4.3 Konjunktur Nicht nur die politisch geschaffenen Rahmenbedingungen, sondern auch konjunkturelle Einflüsse kommen als Konzentrationsursachen in Frage. Grund dafür ist die Vermutung, dass eine schlechte konjunkturelle Lage die Konzentration beschleunigt, weil dann stärker um die geringeren Marktanteilszuwächse konkurriert wird. Zudem kann ein Zusammenhang zwischen Konjunktur und Anbieterkonzentration unterstellt werden, falls in Rezessionszeiten die Anzahl kleinerer Unternehmen stärker zurückgeht. Darüber sind jedoch nur mit großem Vorbehalt Aussagen zu machen bzw. es lässt sich kein Zusammenhang gesichert feststellen.533 Die Vermutung erscheint logisch und zutreffend, weil gerade die kleinen und mittleren Sortimentsbuchhandelsunternehmen eine vielfach geringere Kapitaldeckung haben als große, filialisierte Unternehmen. Daraus ergeben sich folglich negative Multiplikatoreffekte ergeben. Ungeachtet dessen kann die konjunkturelle Entwicklung über das Verbraucherverhalten Konzentrationsentwicklungen hervorrufen, z. B. indem schlechtere ‚Stimmung‘ herrscht, sich daraus weniger Wachstumsmöglichkeiten ergeben, was wiederum den Kampf um Marktanteile verschärft und Konzentrationstendenzen fördert. Betrachtet man sich die gegenwärtigen Konsumerwartungen, die vor dem Hintergrund der weltweiten Finanz- und Wirtschaftskrise ab 2007/08 zu sehen sind, so lassen sich allerdings keine überproportionalen Einbußen verzeichnen. Laut GfK zeigte sich das Konsumklima 2009 stabil bzw. seit Mitte 2009 auch wieder mit höheren Werten. Eine ähnliche Entwicklung gilt für die Konjunkturerwartungen und für das ifo Geschäftsklima 533 Vgl. Schenk u. a. 1984, S. 95–97.
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Deutschland. Gerade der Einzelhandel erwartet eine Verbesserung der Lage.534 Hinzu kommt mit dem KfW-ifo-Mittelstandsbarometer ein weiterer Beleg für die vergleichsweise gute Stimmung im Einzelhandel; für kleine und mittlere Unternehmen nimmt dieser Index sogar bessere Werte an als für Großunternehmen des Einzelhandels.535 Dennoch haben die konjunkturellen Entwicklungen eine geringere und v. a. kurzfristige Bedeutung im Vergleich zu den genannten und noch anzuführenden strukturellen Ursachen, denn der Konzentrationsprozess ist ein langfristiges und die Marktstruktur veränderndes Phänomen. Die Wirkung der Konjunktur besteht folglich nur darin, die vorhandenen strukturellen Gegebenheiten zu stärken oder zu schwächen und mittelbar sowie temporär auf die Konzentrationsentwicklung zu wirken. Genauso sind die konjunkturpolitischen Maßnahmen einzuschätzen, deren Ziel der Ausgleich konjunktureller Folgen zum Wohl des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts ist. Diese werden hier aber nicht berücksichtigt, da konjunkturpolitische Maßnahmen nicht im Einzelnen in ihrer Wirkung auf den Sortimentsbuchhandel festgemacht werden können. Es ist anzunehmen, dass sie v. a. für den Einzelhandel im Allgemeinen kurzfristige Nachfrageschwankungen dämpfen sollen. 2.1.5 Gesetze Die Darstellung von Konzentrationsursachen, die aus der Gesetzgebung entspringen können, steht in engem Zusammenhang zum vorangehenden Kapitel 2.1.4, denn die Initiative für solche Regelungen besitzen häufig die Entscheidungsträger der Wirtschaftspolitik. Zu Gunsten der Übersichtlichkeit ist hier die Entscheidung für eine separate Darstellung ausgefallen. Sämtliche nachfolgenden Aspekte kommen als Konzentrationsursachen in Frage, wenn sie bestimmte Unternehmensgrößenklassen bevorzugen oder benachteiligen oder durch standortbezogene Vorschriften Einfluss auf die Struktur des Sortimentsbuchhandels nehmen. 2.1.5.1 Wettbewerbsrecht Der Schutz des Wettbewerbs sei die zentrale ordnungspolitische Aufgabe in einer Marktwirtschaft. Grundlage deren Erfüllung durch das Bundeskartellamt sei das Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB).536 Daraus lässt sich die Aufgabe ableiten, dass Unternehmenszusammenschlüsse und Übernahmen mit dem Ziel der Aufrechterhaltung des ungehinderten Wettbewerbs überprüft werden müssen. Grund534 Vgl. ifo Institut für Wirtschaftsforschung e.V. [01.09.2010]. 535 Vgl. Denzer-Speck 2010, S. 3; Denzer-Speck 2009, S. 3. 536 Vgl. Bundeskartellamt [02.09.2010].
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sätzlich nämlich wird allen Wirtschaftsunternehmen das Ziel der Gewinnmaximierung unterstellt. Eine natürliche Folge dessen ist, dass Unternehmen den Wettbewerb zu begrenzen versuchen und Fusionen eben zugleich Mittel und Zweck der Reduktion der Konkurrentenzahl sind. Doch soll hier nicht die These diskutiert werden, dass Fusionen eine Ursache für den Konzentrationsprozess im Sortimentsbuchhandel sind – sie erscheinen vielmehr förderlich als ursächlich. Indes liegt die Annahme zugrunde, dass die Wettbewerbspolitik Einfluss auf den Konzentrationsverlauf nimmt. Es wird kaum angezweifelt, dass internationale und intertemporäre Unterschiede in den Konzentrationsraten dem Einfluss der Politik, insbesondere dem Wettbewerbsrecht und der Fusionskontrolle, zugeschrieben werden können.537 In Deutschland ergeben sich bei der Anwendung der Maßnahmen der Fusionskontrolle auf den Handel aber Schwierigkeiten, denn die festgelegten Kriterien können nicht für Industrie- und Handelsbranchen gleichermaßen gelten.538 Der Sortimentsbuchhandel nimmt zudem eine Sonderstellung ein. Dies zeigt sich schon daran, dass lediglich Fusionen von Unternehmen, die weltweit mehr als 500 Millionen Euro Umsatz erzielen, genehmigungspflichtig sind. Diese Schwelle überschreiten lediglich die größten zwei Buchhandelsunternehmen, Thalia und die DBH. Allerdings sind auch die Fusionen solch großer Unternehmen z. B. unter Anwendung der so genannten deminimis-Klausel nicht anmeldepflichtig. Dieser Fall tritt ein, wenn einer der Fusionspartner weniger als zehn Millionen Euro Jahresumsatz aufweist.539 Diese Schwelle wurde z. B. im Jahr 2009 bereits auf Platz 43 der Rangliste der Buchhandelsunternehmen unterschritten; die Buchhandlung Wenner in Osnabrück erwirtschaftete 9,9 Millionen Euro Umsatz.540 Weiterhin hebt die so genannte Sanierungsfunktion die Genehmigungspflicht auf. Dies kommt dann in Frage, wenn das übernommene Unternehmen aufgrund wirtschaftlicher Schwierigkeiten auch ohne die Fusion aus dem Markt ausgeschieden wäre und sich in Folge dessen eine ähnliche marktbeherrschende Stellung des übernehmenden Marktteilnehmers ergeben hätte.541 Für den Sortimentsbuchhandel gilt dies für die Übernahmen kleinerer und mittlerer Standortbuchhandlungen. Außer den kartellrechtlichen Freiräumen für Sortimentsbuchhändler können die Möglichkeiten klein- und mittelbetrieblicher Kooperationen als Konzentrationsursachen angeführt werden. Häufig entstehen diese zwar zum Zwecke der Selbsthilfe aufgrund des wirtschaftlichen Drucks. Jedoch lässt sich eine Neigung ausmachen, sich von 537 538 539 540 541
Vgl. Davies 1988, S. 105f. Vgl. Schenk u. a. 1984, S. 122. Vgl. Bundeskartellamt 2009, S. 25. Vgl. Spielmann / Wilking 2010, S. 24. Vgl. Schenk u. a. 1984, S. 122.
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monofunktionalen zu polyfunktionalen Kooperationen zu entwickeln. Zu ersteren zählen z. B. Marketinggemeinschaften, zu letzteren gebündelter Einkauf bei den Herstellern. Im Lebensmitteleinzelhandel stellen beispielsweise Genossenschaften gewichtige Marktteilnehmer dar, die den Konzentrationsprozess aktiv beschleunigt haben.542 Für den Sortimentsbuchhandel ist dies zwar gegenwärtig noch nicht derart bedeutsam, aber es lässt sich dennoch ein Trend zu Verbundgruppen feststellen.543 Wesener hat diese strategische Möglichkeit für Sortimentsbuchhandelsunternehmen untersucht. Sie schlägt die Teilnahme an kooperativen Formen bzw. gar eine große Kooperation der Kooperationen als Zukunftsmodell für die kleinen und mittleren Unternehmen der Branche vor.544 Deshalb erscheint es gerechtfertigt, nicht nur Konzentrationsbewegungen unter den Buchhandelsketten zu beobachten, sondern auch die zunehmenden Verbund- und Kooperationsgruppen in den Fokus zu nehmen. Denn in einem erweiterten Konzentrationsverständnis beschleunigen die dort gebündelten Marktanteile die Entwicklung. Es besteht weithin Konsens darüber, dass horizontale Fusionen, durch welche Anreize auch immer sie zustande kommen, ein wichtiger Katalysator für hohe und zunehmende Konzentrationsraten sind. Durch sie lässt sich zumindest kurzfristig der Wettbewerb einschränken. Dies gilt sowohl für den Preis- als auch für den Qualitätswettbewerb, der ja im Sortimentsbuchhandel ausschließlich vorherrscht. Um aber langfristig Vorteile aus einer geringeren Wettbewerbsintensität zu schöpfen, müssen zusätzlich hohe Markteintrittsbarrieren neue Konkurrenten abhalten. Sie werden oft von höheren Renditen angezogen.545 Abschließend ist die Fusionskontrolle als wichtige Quelle von Konzentrationsursachen einzustufen, da dadurch Konzentrationsfortschritte durch externes Wachstum entweder gefördert oder eingedämmt werden können. Jedoch zeigt sich, dass auch dieser Faktor nicht allein ausschlaggebend ist. Zudem ist der konzentrationsfördernde bzw. für den Wettbewerb restriktive Effekt von kurzer bis mittlerer Dauer. 2.1.5.2 Ladenschlussgesetz Genauso wie die wettbewerbsrechtlichen Vorschriften im Zeitablauf Veränderungen unterliegen und intertemporär unterschiedlich auf die Konzentration wirken, gilt diese Dynamik auch für das Gesetz über den Ladenschluß (LadSchlG). Beschlossen wurde 542 543 544 545
Vgl. ebd. Vgl. Kahlefendt 2009. Vgl. Wesener 2009. Vgl. Davies 1988, S. 104f.
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es bereits 1956. Die letzte Fassung stammt von 2003. Die letzte Änderung wurde 2006 vorgenommen.546 Sinn des LadSchlG ist der Arbeitnehmerschutz im Einzelhandel, weshalb die Ladenöffnungszeiten begrenzt werden, wenngleich diese Beschränkungen über die Jahre immer wieder gelockert wurden. Zuletzt wurde festgelegt, dass Läden an allen Werktagen von Montag bis Samstag von sechs bis 20 Uhr geöffnet haben dürfen. Die Ladenöffnung und die Beschäftigung von Mitarbeitern an Sonn- und Feiertagen ist stärker reguliert (§ 14 LadSchlG): Im Grunde sind vier Verkaufssonntage pro Jahr zulässig, an denen die Läden maximal fünf aufeinander folgende Stunden geöffnet haben dürfen. Wichtiger als die Veränderungen des Gesetzestexts ist aber der Geltungsbereich des Gesetzes, der aktuell nur das Bundesland des Freistaats Bayern umfasst. Nach Übergang des Gesetzgebungsrechts für den Ladenschluss auf die Länderregierungen (durch die Föderalismusreform 2006) haben nämlich alle anderen Länder eigene Regelungen eingesetzt.547 Diese wiederum unterscheiden sich mitunter erheblich. Schon deshalb kann das Ladenschlussgesetz als Konzentrationsursache im deutschen Sortimentsbuchhandel nicht einheitlich beurteilt werden. Aus der theoretischen Perspektive stellen solche Regelungen Beschränkungen des Wettbewerbs über den Parameter der Betriebsbereitschaft dar.548 Diese hat große Bedeutung für die Konkurrenzfähigkeit des Einzelhandels, zumal die Online-Vertriebswege 24 Stunden am Tag zur Verfügung stehen. Geht man von engen Regulierungen der Öffnungszeiten aus, so ist die indirekte Konzentrationsursache in der Benachteiligung kleiner, flexibler Unternehmen im Vergleich zu Großunternehmen mit einer vermeintlich schwerfälligeren Personaleinsatzplanung zu sehen.549 Diese Sichtweise aber klammert den entsprechenden Mehrbedarf an Mitarbeitern bei längeren Ladenöffnungszeiten aus. Vielmehr haben Großbetriebe derzeit bessere Möglichkeiten über Teilzeitkräfte und Aushilfen v. a. für Tätigkeiten mit geringem Bedarf an Fachkenntnissen, z. B. Kassieren oder Verpacken, flexibel zu sein und den Personalbedarf bei langen Öffnungszeiten mit tageszeitlich unterschiedlichen Kundenströmen adäquat zu befriedigen. Resümierend zeigt sich, dass sich mit der Veränderung der Ladenschlussvorschriften hin zur Lockerung oder gar Freigabe der Effekt kaum verändert, sondern der Anreiz, große Unternehmen zu bilden, erhalten bleibt. Da es sich um eine indirekte Ungleichbehandlung der Anbietergruppen handelt, ist dieser Aspekt als durchschnittlich wichtig eingestuft. 546 547 548 549
Vgl. Bundesministerium der Justiz / juris GmbH [13.06.2009]. Vgl. Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) [13.06.2009]. Vgl. Schenk u. a. 1984, S. 124. Vgl. ebd., S. 125.
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2.1.5.3 Vertikale Preisbindung Der Buchpreisbindung wird eine strukturwahrende Wirkung für die Gesamtheit der Vertriebswege zugeschrieben.550 Deshalb muss sie bei der Analyse von möglichen Konzentrationsursachen für den Sortimentsbuchhandel berücksichtigt werden, denn die Anbieterkonzentration ist eine wesentliche Strukturkomponente. Interessant sind zudem die unterschiedlichen Argumentationen, die einerseits die Buchpreisbindung als eine Konzentrationsursache, andererseits als Schutzfaktor einschätzen. Der Zusammenhang zwischen Konzentrationsprozess und Buchpreisbindung ist in jedem Fall kein direkter. Es können nur mittelbare Beziehungen über die Effekte der Preisbindung auf andere Konzentrationsursachen ausgemacht werden. Davon am häufigsten diskutiert werden augenscheinlich die Größenvorteile, die auch hier zuerst angeführt werden. Obwohl zunächst kein Zusammenhang zwischen Preisbindung und Kostenvorteilen besteht, sind beide miteinander in Verbindung zu bringen. Betrachtet man ausschließlich die Personalkosten, so liegen die des Filialbuchhandels prozentual aufgrund des Geschäftsmodells v. a. von Großflächen, das auf einen großen Selbstbedienungsanteil baut, deutlich niedriger.551 Da die Kostenvorteile aufgrund der fixen Ladenpreise nicht über niedrigere Preise an die Endkunden weitergegeben werden können, können sie monetär in höheren Gewinnspannen realisiert werden. Außerdem besteht die Möglichkeit des kalkulatorischen Ausgleichs.552 In dieser Perspektive muss man von Betriebsspannen statt Artikelspannen ausgehen, sodass sich für Sortimentsbuchhandelsunternehmen mit einem umfangreicheren Sortiment im Vergleich zu denen mit einem kleinen Sortiment eine durchschnittlich höhere Gesamtspanne erwirtschaften lässt. Es gibt grundsätzlich mehr Ausgleichsmöglichkeiten niedriger Handelsspannen für Einzeltitel. Gerade die kleinen und mittleren Einzelhandelsunternehmen bedürfen wegen mangelnder Größenvorteile günstigere Spannen. Diese Nachteile für unabhängige Unternehmen mit einem oder wenigen Betrieben entstehen insbesondere bei der Beschaffung, wenn es um die Verhandlung der Bezugsbedingungen geht. Einen Schwerpunkt bilden die Rabatte, die aufgrund der stärkeren Verhandlungsposition der Filialbuchhändler die üblichen Rabatte (je nach Marktsegment 25 bis 30 % Grundrabatt)553 deutlich übersteigen; Thalia erhalte beispielsweise mit 50 % den höchsten Rabattsatz; Osiander, das viertgrößte allgemein sortierte Filialunternehmen, käme auf 45 %.554 Auch hierdurch können die Größenvorteile direkt 550 551 552 553 554
Vgl. Rürup u. a. 1997, S. 215. Vgl. Blömeke / Brunn 2009, S. 37. Vgl. Ehrlinger 1962, S. 102f. Vgl. Bramann u. a. 2008, S. 255. Vgl. Baier u. a. 2008, S. 14.
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kapitalisiert und reinvestiert werden. Aus diesem Sachverhalt wird die Haltung abgeleitet, dass Filialunternehmen sogar mehr von der Preisbindung profitieren als unabhängige Sortimenter, deren Erhalt ursprünglich Zweck des Gesetzes ist. Dennoch stellt die Buchpreisbindung nur eine von vielen Ursachen für die Konzentration im Sortimentsbuchhandel dar. Noch dazu zählt sie zu den indirekten, denn auch in Einzelhandelsbranchen ohne Preisbindungsvorschriften, was der Regelfall ist, finden erhebliche Konzentrationsprozesse statt, so z. B. im Textileinzelhandel.555 Wenn man diskutiert, ob die Existenz einer vertikalen Preisbindung konzentrationsursächlich sein kann, muss man auch deren Aufhebung und wiederum deren Wirkung berücksichtigen. Die Preisbindung erfüllt eine Schutzfunktion vor dem Preiswettbewerb. In Folge ihrer Aufhebung tritt als Wettbewerbsparameter der Preis neben das Qualitätskriterium. Man geht zunächst von sinkenden Buchpreisen für Publikumstitel aus – nicht jedoch für den Fachinformationsmarkt. Logische Konsequenz ist die Beurteilung dessen als einen für den Verbraucher positiven Preiskampf.556 Häufig ist das Einsetzen des Preiswettbewerbs in einem Markt auch mit einer Reduktion der Anbieterzahl verbunden. Diese Entwicklung wird nun unterschiedlich beurteilt: Entweder als Verschwinden ohnehin unrentabler Kleinbetriebe, also als eine Marktbereinigung, oder als Verdrängung kleiner, besonders Markenanbieter durch die in der Regel großen Preisführer. 557 Folglich wird durch die bloße Existenz oder auch die Aufhebung der vertikalen Preisbindung für Bücher keine direkte Konzentrationszunahme initiiert, wohl aber werden über Wirkmechanismen andere Ursachen angestoßen oder verhindert. Im Sortimentsbuchhandel spielt deshalb die Preisbindung eine wichtige Rolle für den Erhalt der bisherigen Strukturen im Markt; dies ist aber nicht gleichbedeutend mit einer konzentrationsbremsenden Wirkung. Dennoch wird bei Entfall dieser Regelung ein Konzentrationsschub erwartet, der durch den folgenden Preiswettbewerb zu Stande kommt. 2.1.6 Vorgelagerte Wirtschaftsstufen 2.1.6.1 Produktion Die Branche des Sortimentsbuchhandels als Hauptvertriebsweg für Bücher wird durch ein enges Verhältnis zum produzierenden Gewerbe, also den Verlagen als Herstellern, charakterisiert. Deshalb muss auch diese Sparte bei der Ursachenanalyse für den Konzentrationsprozesse berücksichtigt werden. 555 Vgl. Ehrlinger 1962, S. 103. 556 Vgl. ebd., S. 104. 557 Vgl. ebd.
2 Konzentrationsursachen im Sortimentsbuchhandel
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Als exogener Faktor auf der Verlagsseite erscheint zunächst die Produktionsmenge interessant. Massendistribution kann nämlich als Antwort auf Massenproduktion folgen, die sich im Buchmarkt in Form einer stetig steigenden Titelproduktion äußert. Argumentiert wird dazu mit dem Druck, die produzierten Waren, d. h. sowohl Titel als auch Exemplare einer Auflage, absetzen zu müssen.558 Das bedeutet, es sind Massenvertriebsstrukturen nötig. Diese gibt zwar im verbreitenden Buchhandel mit dem Zwischenbuchhandel und dem Hauptvertriebsweg Sortimentsbuchhandel, jedoch sind Verbesserungsmöglichkeiten denkbar. Beispielsweise bieten Filialunternehmen mit einer breiten und dichten Marktabdeckung und einem hoch standardisierten Sortimentskonzept, das zudem zentral betreut und beworben wird, Potenzial, hohe Auflagen möglichst ohne Streuverluste abzusetzen. Obwohl es logisch erscheint, Massenvertriebsstrukturen als Antwort auf massenhafte Produktion zu verstehen, spielt diese Konzentrationsursache im Sortimentsbuchhandel, der bereits einen hohen Professionalisierungsgrad der Distribution erreicht hat, eine untergeordnete Rolle und scheint wenig Anreize zur Konzentration zu geben. 2.1.6.2 Konzentrationsentwicklung Eine ähnliche Argumentationsstruktur liegt auch dem folgenden Aspekt zugrunde. Demnach kann ein fortgeschrittener Konzentrationsprozess in der Industrie, hier im herstellenden Buchhandel, Anreize zur Reaktion mit Unternehmenszusammenschlüssen im Einzelhandel, hier dem Sortimentsbuchhandel, darstellen. Ähnlich wie oben stellt also die Gegenkonzentration auf der dritten Wirtschaftsstufe die Antwort auf die Marktmacht der Hersteller und Zwischenhändler dar. Galbraith nennt dies das Konzept der gegengewichtigen Marktmacht oder des Marktausgleichs.559 Der Erklärungsbeitrag dieses Konzepts für die Handelskonzentration im Buchsektor ist schwierig einzuschätzen, wenngleich eine zeitliche Differenz zwischen der Konzentration auf der Verlagsseite und der Händlerseite dafür spricht. Betrachtet man sich aber die Umsatzgewichte der jeweils marktführenden Unternehmen, weist der Sortimentsbuchhandel derzeit zwei Auffälligkeiten auf: Die Marktführer erzielten einen höheren Umsatz als die führenden Verlage und die Ungleichheiten sind stärker ausgeprägt. Die mittelständische Struktur des Verlagsbuchhandels erfährt kaum Veränderungen und immerhin 15 Unternehmen erzielen dreistellige Millionenbeträge als Jahresumsätze. Der Sortimentsbuchhandel dagegen unterliegt ständigen strukturellen Veränderungen, nur vier Filialisten überschreiten die 100 Millionen-Schwelle beim Jah558 Vgl. Schenk u. a. 1984, S. 92f. 559 Vgl. ebd., S. 68f.
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III Unternehmenskonzentration im Sortimentsbuchhandel
resumsatz und die Umsätze der beiden Marktführer (Thalia 910 Millionen Euro, DBH 743 Millionen Euro, jew. 2009) übertreffen die der größten Verlagsgruppen deutlich (s.v.).560 Es ist ersichtlich, dass der Konzentrationsstand im Einzelhandel die Verlagskonzentration übertrifft. Des Weiteren gibt es keine Indizien oder gar Belege für eine missbräuchliche Ausnutzung der Verhandlungsmacht der Verlage, zumal damit auch die große Bedeutung des Sortimentsbuchhandels als Hauptvertriebsweg zusammenhängt. Ähnlich wie beim Verlagsbuchhandel ist der Konzentrationsstand auf der Ebene des Zwischenbuchhandels respektive der Barsortimente als Konzentrationsursache nur von geringer Bedeutung. Das Marktsegment wird konstant von vier Unternehmen dominiert. Doch stellt diese Struktur keinen Anreiz für Großbetriebsformen des Einzelhandels dar, weil Barsortimente nicht zu den Haupt-Handelspartner von Filialisten zählen. Vielmehr sind eigene Lager- und Logistikstrukturen mit zunehmender Größe aufzubauen, was unter Konditionsgesichtspunkten zudem lohnt. 2.1.6.3 Absatzpolitik Die eben erwähnten Konditionen bei der Beschaffung geben Anlass für die Diskussion der verlegerischen Absatzpolitik als Konzentrationsursache für den Sortimentsbuchhandel. Die Verhandlungsergebnisse können bestimmte Unternehmens- und Abnehmergruppen implizit bevorzugen. Die einseitige konditionelle Bevorzugung von Großabnehmern, meist großer Handelssysteme, durch die Hersteller begünstigt folglich die Konzentration auf der Handelsebene, da dies Anreize für die Bildung von Zusammenschlüssen schafft.561 Dies wiederum schwächt die Verhandlungsposition der Abnehmer kleiner Mengen, der unabhängigen und nicht-organisierten Einzelhandelsunternehmen weiter. Dies hat zwei unterschiedliche Konsequenzen: Die Einkaufsmacht des Einzelhandels gegenüber den Herstellern wächst an.562 Dies zeigt sich nicht zuletzt in den hohen Konditionsforderungen, die letztlich zu den hohen Rabatten für Filialunternehmen führen. Darüber hinaus sind in der jüngeren Vergangenheit zusätzliche Forderungen seitens der Filialisten gegenüber Verlagen gestellt worden; z. B. Wachstumsboni, Regalmieten oder Entgelte für die Listung im Zentrallager.563 Überdies stärkt diese Entwicklung auch die Etablierung von Verbundgruppen wie die Arbeitsgemeinschaft unab560 561 562 563
Vgl. Spielmann / Wilking 2010, S. 24; Wilking 2010, S. 40; Wilking 2009a, S. 29. Vgl. Olbrich 1998, S. 425. Vgl. Ehrlinger 1962, S. 105. Vgl. Baier u. a. 2008.
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hängiger Buchhandlungen (AUB), die Leistungsgemeinschaft Buch (LG Buch) oder die Informationsgemeinschaft eBuch, an denen sich unabhängige Sortimentsbuchhandlungen beteiligen. Auch wenn bisher die Organisationsrate (gut 730 Buchhandlungen) im Vergleich zu anderen Branchen gering und die Zahl der Kooperationsgemeinschaften mit 15 relativ hoch erscheint,564 ist dadurch wiederum von einer Verstärkung der Konzentration auszugehen.565 Allerdings betonen gerade Verlage mit zunehmender Konzentration und der sich verstärkenden Diskussionen um die Triebkräfte in der Branchenöffentlichkeit, dass sie kleineren Sortimenten auch sehr gute Konditionen bieten. Dies sei vom Engagement des Buchhändlers abhängig.566 Dies besteht neben guten Umsätzen mit den Titeln des betreffenden Verlags in verkaufsfördernden Maßnahmen und der Warenpräsentation gegenüber den Kunden. Für den Sortimentsbuchhandel ist dennoch der Absatzpolitik der Verlage eine erhöhte Bedeutung beizumessen, da der allgemein beschriebene und im Speziellen vorzufindende Sachverhalt die Wettbewerbsposition der Filialisten zusätzlich stärkt. Zudem kann die Reaktion unabhängiger Sortimentsbuchhandlungen mit der Organisation in Kooperationen u. a. mit dem Ziel des gebündelten Einkaufs und damit der Stärkung der Verhandlungsposition eine konzentrationsfördernde Wirkung abbilden. 2.2 Endogene Ursachen 2.2.1 Wettbewerb im Einzelhandel Auf der Suche nach branchenendogenen Konzentrationsursachen stößt man zunächst auf Aspekte des Wettbewerbs unter den Marktteilnehmern. Diese sind relevant, weil die Konkurrenz und die Position eines Unternehmens gegenüber den Konkurrenten die Marktstruktur und deren Veränderungen wie z. B. die zunehmende Konzentration beeinflussen. Beispielsweise stärken wachsende Unternehmen wie Filialisten, die immer mehr Filialen eröffnen oder Konkurrenten übernehmen bzw. sich mit ihnen zusammenschließen, ihre Wettbewerbsposition.567 2.2.1.1 Markteintritte Des Weiteren verändern Markteintritte die Marktstruktur respektive die Anbieterzahl. Üblicherweise versteht man darunter den Zutritt neuer Konkurrenten. Allerdings 564 565 566 567
Vgl. Kahlenfendt 2009, S. 29. Vgl. o.V. 2004f, S. 1754; o.V. 2004g, S. 1755. Vgl. BB 2009e, S. 9. Vgl. Ehrlinger 1962, S. 111.
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III Unternehmenskonzentration im Sortimentsbuchhandel
muss man in Einzelhandelsmärkten zwischen der Gesamtmarktperspektive und der Teilmarktperspektive (z. B. lokale Märkte) differenzieren. In letzterem Fall stellen auch Neueröffnungen Markteintritte dar. Ungeachtet des Bezugsrahmens steht die Wahrscheinlichkeit von Markteintritten in inverser Beziehung zur Höhe der Markeintrittsschranken. Das weist auf eine direkte Verbindung zwischen diesen Barrieren und dem Konzentrationsphänomen hin. Insbesondere hohe Markteintrittsbarrieren lassen einen hohen Konzentrationsgrad vermuten, weil die Anzahl der Unternehmen nicht durch Markteintritte erhöht werden kann, die zu einer Verteilung des Umsatzes auf mehr Teilnehmer führen würde. Barrieren funktionieren also als Mittel zur Abschreckung vom Markteintritt.568 Doch Markteintritte wirken nicht immer dekonzentrierend.569 Handelt es sich um große Unternehmen, die neu eintreten, dann kann dies durchaus die Konzentration vorantreiben. Und sind die Barrieren hoch, so können sie überhaupt nur von Großunternehmen überwunden werden, was die Größenunterschiede im Markt vergrößern kann. Gleichzeitig bilden große Unternehmen eine Marktzutrittsbarriere, da für den erfolgreichen Eintritt in einen solchen Markt nur ebenbürtige Unternehmen geeignet sind oder ein immenser Anstieg der Kapitalintensität erfolgen muss.570 Für den Sortimentsbuchhandel wurden allerdings keine derart hohen Markteintrittsbarrieren festgestellt, weswegen die Markteintritte aus der Gesamtmarktperspektive nicht zusätzlich konzentrierend wirken. Ganz anders aber sind die lokalen Markteintritte zu bewerten, da es sich dabei häufig um neueröffnete Filialen von großen Filialisten handelt oder um Übernahmen bzw. Beteiligungen derer an Standortbuchhandlungen. Ebenfalls zu differenzieren sind die Eintrittsmöglichkeiten in einzelne strategische Gruppen. Der Eintritt auf der Ebene der Facheinzelhandlungen, also der traditionellen Standortbuchhandlungen als Einzelunternehmen, erscheint vergleichsweise leicht. Zumindest ist er mit geringer Kapitalintensität möglich – im Gegensatz zum Eintritt als bzw. zur Expansion zu einem Filialunternehmen. Doch Eintrittsbarrieren können gleichsam einen sekundären Dekonzentrationseffekt auslösen, wenn sie nämlich die Existenz suboptimaler Unternehmen erlauben. Falls Hindernisse bestehen, die geringe Anreize für Markteintritte bewirken, so bieten sie den bereits im Markt tätigen Unternehmen Schutz. Arbeiten diese auch nicht rentabel, sind sie dennoch keiner Konkurrenz ausgesetzt, die sie aufgrund besserer Rentabilität verdrängen würden. Dieser Zusammenhang zwischen Markteintritten und 568 Vgl. Davies 1988, S. 104. 569 Vgl. ebd., S. 105. 570 Vgl. Schenk u. a. 1984, S. 106f., 216.
2 Konzentrationsursachen im Sortimentsbuchhandel
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Konzentration kann wiederum aufgrund der Höhe der Markteintrittsbarrieren für den Sortimentsbuchhandel nicht bestätigt werden. Markteintritte spielen im Sortimentsbuchhandel folglich eine untergeordnete Rolle als Konzentrationsursache. Als Neueintritte in den Gesamtmarkt wirken sie hauptsächlich dekonzentrierend; als Eintritte im Gesamtmarkt etablierter Unternehmen in lokale Buchhandelsmärkte jedoch ist die Konzentrationsförderung logisch. 2.2.1.2 Betriebsformendynamik Als weitere Konzentrationsursache, die aus dem Sortimentsbuchhandel selbst erwächst, ist zunächst die Dominanz von und schließlich die Verdrängung durch besonders erfolgreiche Betriebsformen zu nennen. Handelstheoretisch stehen dahinter ein umfassender Diskurs und ein ebenso weites Spektrum an Erklärungskonzepten. Eine wesentliche Einsicht ist, dass sich der Betriebsformenwandel auf der Makroebene beobachten lässt. Jedoch kann er auf der Mikroebene in individuelle Adoptionsprozesse zerlegt werden, die dann zusammen genommen die Diffusion der neuen Absatzform ermöglichen.571 Als einer der wesentlichen und sehr bekannten Erklärungsansätze erweist sich der von McNair und Nieschlag.572 Sie gehen von Wettbewerbsvorteilen neuer Betriebsformen in der Einführungsphase aus, die auf einem überlegenen absatzpolitischen Konzept basieren, dessen Kern eine aggressive Niedrigpreisstrategie ist. Erst nach der Durchsetzung erfolgt das so genannte Trading-up, da die Strategie niedriger Preise auf Dauer nicht zur Profilierung geeignet sei. Dadurch würden sich die ursprünglich neuen Formen an die im Markt vertretenen Konzepte anpassen, was wiederum Raum für neuartige und preisaggressive Betriebsformen eröffnet. Die Kritik an diesem Konzept setzt an der mangelnden Allgemeingültigkeit des Gesetzes des so genannten Wheel of Retailing (McNair) bzw. der Dynamik der Betriebsformen (Nieschlag) an. Die Beispiele für die Etablierung anspruchs- bzw. prestigebetonter Betriebsformen lassen sich damit nicht erklären.573 Noch durchschlagender ist, dass diese Erklärung für Branchen mit Preisbindung wie den Bucheinzelhandel überhaupt nicht in Frage kommt. Das entsprechende Gegenkonzept zieht Wettbewerbsvorteile durch Leistungsvorteile der neuen Formen heran.574 Diese sind z. B. durch eine bedarfsadäquate Sortimentszusammenstellung, wie bei Spezialbuchhandlungen in Szenevierteln, oder eine große Auswahl, d. h. für 571 572 573 574
Vgl. Olbrich 1998, S. 169. Vgl. ebd., S. 170. Vgl. ebd., S. 174. Vgl. ebd., S. 175.
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III Unternehmenskonzentration im Sortimentsbuchhandel
Sortimentsbuchhandlungen v. a. Sortimentsbreite und -tiefe gleichzeitig, zu erreichen. Außerdem sind die möglichst große Einkaufsbequemlichkeit, auf deren Bedeutung für den Sortimentsbuchhandel später noch eingegangen wird, besondere Standortfaktoren oder auch andersartige Werbe- und Verkaufsförderungsmaßnahmen zu nennen. Die Erklärung des Betriebsformenwandels durch Leistungsmerkmale fußt folglich auf der Annahme, dass sich verändernde Bedürfnisse ebenfalls veränderter und unterschiedlicher Angebotsformen bedürfen. Für den Sortimentsbuchhandel scheint dies der passende Erklärungsansatz, denn er enthält die für die Durchsetzung am Markt wichtige, hohe Verbraucherakzeptanz der neuen Betriebsformen. Die Betriebsformendynamik gilt aber nur unter der Prämisse als Konzentrationsursache, dass die neuen, erfolgreichen Absatzformen mit der Neigung zu bzw. Eignung als Filialunternehmen verbunden sind. Die dazu notwendigen Eigenschaften, nämlich durch organisatorische Verbesserungen die Wirtschaftlichkeit des Unternehmens zu verbessern, sind gleichzeitig Voraussetzungen für die Durchsetzung als neue, dominierende Absatzform.575 Für den Sortimentsbuchhandel kommen insbesondere freiwillige Zusammenschlüsse, z. B. in den Verbundgruppen, Fachmärkte, d. h. Buchkaufhäuser, und Kombinationen stationärer und ambulanter (v. a. elektronischer Handel) Betriebsformen in Frage. Diese erstarkenden Absatzformen üben wettbewerblichen Druck auf die traditionellen Betriebsformen, hier die traditionellen Standort- und Fachbuchhandlungen, aus und verdrängen diese aus der Gesamtmarktperspektive. Eine andersartige Erklärung des Zusammenhangs zwischen Konzentration und Betriebsformenwandel liefert Olbrich, in dem er auf die betriebsformenspezifischen Verdrängungspotenziale verweist.576 Allerdings sei dies kein stetig linearer Zusammenhang. Vielmehr folge auf Dekonzentration wiederum Konzentration und so fort (s. Abbildung 12). Bestehende Betriebsformen werden verändert oder es treten neue Wettbewerber hinzu, sodass innovative Betriebsformen entwickelt werden. Eine Alternativentwicklung stellt die Imitation innovativer oder etablierter Betriebsformen durch Neulinge im Markt dar. Beide Entstehungsvarianten entwickeln, sofern es sich um erfolgreiche Formen handelt, Potenzial, bestehende Betriebsformen zu verdrängen. Mit der Zeit und Dauer ihres Einsatzes aber folgt die Standardisierung des erfolgreichen Konzepts, um es schließlich zu multiplizieren. Folge dessen ist eine Dekonzentrationswirkung und eine Unternehmensmutation durch die Zunahme wettbewerblicher Einheiten. Die erfolgreiche, breite Etablierung der neuen Betriebsformen und deren Verdrängungspotenzial führen schließlich zur Degeneration traditioneller An575 Vgl. Ehrlinger 1962, S. 111. 576 Vgl. Olbrich 1998, S. 397.
Degenerierende Betriebsformen werden modifiziert
Größenbedingte Ökonomisierungseffekte verlängern die Lebensdauer degenerierender Betriebsformen
… oder scheiden aus dem Markt aus
Traditionelle Betriebsformen degenerieren
Multiplikation der standardisierten Betriebsformen
Standardisierung erfolgreicher Betriebsformen
… oder werden von Unternehmen mit erfolgreichen Betriebsformen übernommen
Unternehmen mit degenerierenden Betriebsformen scheiden aus dem Markt aus
Unternehmensselektion (Abnahme wettbewerblicher Einheiten)
Unternehmensmutation (Zunahme wettbewerblicher Einheiten)
Marktzutritt neuer Wettbewerber durch imitation etablierter Betriebsformen
Imitation innovativer Betriebsformen
Konzentrationsprozesse setzen ein
Marktzutritt neuer Wettbewerber mit innovativen Betriebsformen
Mutation innovativer Betriebsformen
Erfolgreiche Betriebsformen besitzen ein Verdrängungspotential
Unternehmensmutation und -selektion
Betriebsformenmutation -imitation und -selektion
2 Konzentrationsursachen im Sortimentsbuchhandel 221
Abbildung 12: Betriebsformenspezifische Verdrängungspotenziale als Ursachen von Konzentration.
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III Unternehmenskonzentration im Sortimentsbuchhandel
gebote. Dies kann zu zweierlei Folgeentwicklungen führen: Zum einen scheiden die älteren Formen aus dem Markt aus oder die Betriebe werden übernommen, sodass hier eine Konzentrationswirkung bzw. eine Unternehmensselektion durch die Abnahme wettbewerblicher Einheiten entsteht. Zum anderen aber können größenbedingte Ökonomisierungseffekte die Lebensdauer der älteren Konzepte verlängern. In Folge dessen werden die degenerierenden Formen erneut modifiziert und es entstehen ggf. wieder neue Betriebsformen mit Verdrängungspotenzial oder nun folgt das Ausscheiden aus dem Markt. Da es sich hierbei um einen längerfristigen Prozess der Durchsetzung und Verdrängung handelt, ist die Betriebsformendynamik als gewichtige, aber eben langfristig wirkende Konzentrationsursache zu beurteilen. 2.2.2 Absatzformen 2.2.2.1 Warencharakter Eine Konzentrationsursache ist die Tendenz der Betriebsformen zur Filialisierung. Genauso kann der Warencharakter Impulse zur Konzentration einer Branche geben, wenn daraus die Fähigkeit hervorgeht, die Waren im Massenvertrieb bzw. in Groß- oder Filialbetrieben anzubieten. Zur Bestimmung dessen bedarf es zunächst der Feststellung des Warencharakters. Sussmann verwendet einen umfangreichen Katalog an Wareneigenschaften, um die Heterogenität des Buchangebots aufzuzeigen.577 Dabei werden die Eigenschaften auf unterschiedliche Gruppen angewendet, die entweder nach Gattungszugehörigkeit (z. B. Kinder- und Jugendbuch, Sachbuch, Fachbuch), nach Stellung im Sortiment (z. B. Bestseller, Novitäten, Steadyseller) oder nach Preisaspekten (z. B. Taschenbuch, Originalausgabe) gebildet werden. Obwohl das Ergebnis dieser Analyse sehr differenziert ist, tragen die gewählten Wareneigenschaften nicht zum Erkenntnisgewinn für die Frage nach der Massenvertriebseignung bei. Da es hier nicht differenziert um einzelne Warengruppen oder Sortimentsausrichtungen gehen kann, sei an dieser Stelle nur auf die Analyse Sussmanns verwiesen. Stattdessen erscheinen der Katalog der Warenmerkmale und die Zuordnung der Waren zu zwei Gruppen, wie sie Ehrlinger nach Schäfer/ Mann beschreibt,578 zielführender (s. Tabelle 21). Schließlich soll die Ware ‚Buch‘ ungeachtet der spezifischen Marktsegmente beurteilt werden.
577 Vgl. Sussmann, W.: Der Wettbewerb im westdeutschen Buchhandel. Einflüsse, Bereiche und Tendenzen. Hamburg 1967, S. 14f., zitiert nach Rürup u. a. 1997, S. 43f. 578 Vgl. Ehrlinger 1962, S. 113f.
2 Konzentrationsursachen im Sortimentsbuchhandel
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Als Bestimmungsfaktoren der Differenzierung werden genannt: Produktionsweise, Bedarfscharakter, Zahl der Bedarfsträger, Elastizität des Bedarfs, Einkaufsgewohnheiten, zeitliches Auftreten des Bedarfs bzw. des Einkaufs, Wert der Waren und Erklärungsbedürftigkeit der Waren. Nun werden Bücher eindeutig in Massen gefertigt und nicht einzeln. Zudem ist von einem massenhaften Bedarf auszugehen. Sie sind deshalb anhand der Kriterien der Produktionsweise und der Anzahl der Bedarfsträger der ersten Gruppe zuzuordnen. Dagegen spricht, dass es sich um Zusatz- und nicht um Grundbedarf und damit um Shopping statt um Convenience Goods handelt. Darüber hinaus erscheint die Bedarfselastizität überwiegend groß, d. h. aufgrund von Mittelknappheit kann darauf verzichtet werden bzw. der Bedarf kann durch Substitute wie andere Medien gedeckt werden. Vier diskussionswürdige Faktoren sind das zeitliche Bedarfs- bzw. Erwerbsvorkommen, die Einkaufsgewohnheiten, der Wert und die Erklärungsbedürftigkeit. Nach Rürup u. a. ist die Erklärungsbedürftigkeit der Ware Buch stark inhaltsabhängig. Außerdem hängt sie vom Bestimmtheitsgrad der Kundenvorstellung ab; d. h. vage Vorstellungen über den gewünschten Titel, z. B. nur Genre ohne Wünsche zum Autor, Verlag, Stil etc., bedürfen intensiver Beratungsleistungen durch den Buchhändler. Allerdings muss die Beratung nicht zwingend persönlich geschehen, sondern kann z. B. durch Kundenleitsysteme, Leseproben oder Inhaltsangaben erfolgen. Gerade die para-, genauer: peritextuellen Elemente, wie Titel, Schutzumschlag, Vorwort oder Klappentext, die zwingend zum Haupttext eines jeden verlagspublizierten Buchs gehören,579 lassen die Erklärungsbedürftigkeit grundsätzlich gering erscheinen. Hinzu kommt, dass eine Unterscheidung von Erklärungs- und Beratungsbedürftigkeit vorgenommen werden sollte. Letztere besteht in der Abhängigkeit von den Kundenvorstellungen vor dem Bucherwerb und variiert von Kunde zu Kunde. Ebenfalls kundenabhängig sind die beiden noch offenen Bestimmungsgründe des Warencharakters: Eine pauschale Aussage zum zeitlichen Auftreten (täglich, periodisch oder – gerade für Bücher – unregelmäßig) sowie zum Wert (niedrig oder hoch) ist nicht möglich. Folglich lassen sich nur wenig eindeutige Zuordnungen finden. Deutlich für die Massenvertriebsfähigkeit und damit die aus dem Warencharakter entspringende Tendenz zum Vertrieb über Groß- und Filialunternehmen sind lediglich drei Aspekte; genauso viel allerdings lassen sich für den Individualvertrieb finden. Daraus folgt, dass sich der Warencharakter in seiner Bedeutung für den Konzentrationsprozess im Bucheinzelhandel nicht eindeutig bestimmen lässt und die Massen579 Vgl. Genette 1989, S. 12. Paratexte sind ‚Beiwerk‘ des Haupttextes, der sich in einem Buch findet. Genette differenziert weiter zwischen Peritexten – zusammen mit dem Haupttext in einem Band – und Epitexten, d. h. private oder öffentliche Kommunikation über den Text; vgl. Genette 2008, S. 10, 12f.
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III Unternehmenskonzentration im Sortimentsbuchhandel
vertriebsfähigkeit nicht Hauptursache für die Konzentration sein kann. Die Eignung für den Massenvertrieb differiert abhängig vom Bedarf und von der Zielgruppe der einzelnen Sortimentsbuchhandlungen ebenso wie in Abhängigkeit vom Marktsegment. Bestimmungsgründe des Warencharakters
Massenvertriebsfähigkeit
Individualvertrieb
Produktionsweise
Massenfertigung
Einzelfertigung
Bedarfscharakter
Grundbedarf
Zusatzbedarf
Bedarfsträgeranzahl
Viele
Wenige
Bedarfselastizität
Gering
Groß
Einkaufsgewohnheiten
Convenience Goods
Shopping Goods
Zeitliches Auftreten
Täglich
Periodisch
Wert
Niedrig
Hoch
Erklärungsbedürftigkeit
Gering
Groß
Beratungsbedarf
Gering
Hoch
fett: auf Bücher zutreffende Eigenschaften Tabelle 21: Bestimmung des Warencharakters von Büchern.
2.2.2.2 Sortimentspolitik Eines der maßgeblichen Charakteristika der Absatzform ist im Sortimentsbuchhandel die Gestaltung und Beeinflussung des Warenangebots, die Sortimentspolitik. Sie stellt die Kernkomponente des Absatzmarketings dar. Gleichzeitig kommt damit eine der wichtigsten Handelsfunktionen zum Tragen, die Sortiments-, also Selektionsfunktion.580 Die Auswahl und Beschaffung von Titeln aus dem vielfältigen und umfangreichen Angebot der lieferbaren Titel, v. a. der zunehmenden Anzahl an Neuerscheinungen (binnen fünf Jahren um beinahe 20.000 Titel)581, ist wohl die zentrale Leistung, die Kernkompetenz582, eines Buchhandelsunternehmens. Und sie hat zweierlei Bedeutung für die Unternehmen: Aus der Handelsperspektive determiniert sie die Kosten und nimmt damit Einfluss auf die Rentabilität. Zudem beeinflusst sie die Wahrnehmung durch die Kunden, folglich – aus der Kundenperspektive – die Profilierung.583 In diesen Punkten besteht auch der Zusammenhang mit der Konzentrationsentwicklung. 580 581 582 583
Vgl. Liebmann u. a. 2008, S. 457. Vgl. BB 2009c, S. 18. Vgl. Marx 2006, S. 2. Vgl. Liebmann u. a. 2008, S. 457.
2 Konzentrationsursachen im Sortimentsbuchhandel
225
Ein Trend in der Sortimentspolitik des Handels ist die Kundenorientierung. Über exakte Bedarfsgerechtigkeit sollen Wettbewerbsvorteile erreicht werden, die in einer deutlichen Abgrenzung und Einzigartigkeit bestehen. Polarisierend zwischen unterschiedlich großen Unternehmen kann dabei der Trend zu Sortimentserweiterungen wirken. Das bedeutet, die Angebotsbreite, d. h. die Anzahl der angebotenen Warengruppen, wird erhöht. Für den Buchhandel folgt daraus, dass buchnahe Produktgruppen wie DVDs, Hörbücher und weitere Non-Books das Warenangebot ergänzen sollten.584 Da auch hier Großunternehmen günstigere Einkaufsbedingungen über die große Abnahmemenge erzielen können, wirkt die Kostenintensität einer Sortimentserweiterung im Allgemeinen und artikelspezifisch im Besonderen konzentrationsfördernd, denn es sind Anreize gegeben, Aufträge so weit wie möglich zu bündeln.585 Ein weiterer Anreiz zur Bildung von Großunternehmen oder ebenfalls konzentrationsfördernden Verbundgruppen erwächst aus der Möglichkeit des kalkulatorischen Ausgleichs, wenn man durch ein breites Sortiment Rentabilitätsunterschiede der einzelnen Sortimentsbereiche oder Warengruppen ausgleichen kann.586 Gerade Buchkaufhäuser können es sich folglich erlauben, aus konzeptionellen Gründen Randbereiche anzubieten, um dem Anspruch der Universalität gerecht zu werden, auch wenn diese nicht rentabel sind. Da Buchkaufhäuser besonders häufig Geschäftskonzepte der Filialunternehmen sind, besteht eine indirekte Konzentrationsursache in der Sortimentserweiterung bzw. in der Gleichzeitigkeit von Sortimentsbreite und -tiefe. Doch es sind nicht nur Entscheidungen über Aufbau und Gestaltung des Warenangebots, die die Sortimentspolitik ausmachen. Längerfristig ist zudem die Variation von Sortimenten zu berücksichtigen, insbesondere die Sortimentskontrolle. Hier steht die Bewertung der Leistungsfähigkeit der getroffenen Sortimentsentscheidungen im Vordergrund. Datenquellen für die Überprüfung der Wirtschaftlichkeit sind z. B. moderne und wiederum kostenintensive informationstechnische Möglichkeiten und Marktforschung.587 Da Großunternehmen ein vereinfachter Zugang zu den Erhebungsund letztlich Kontrollmöglichkeiten zu unterstellen ist, erscheinen Kostenvorteile in diesem Bereich möglich und sind konzentrationsbegünstigend. Aufgrund der zweifachen und gleichzeitig schwerpunktmäßigen Bedeutung des Sortiments für die Buchhandlungen ist der Sortimentspolitik als Konzentrationsursache resümierend großes Gewicht beizumessen. 584 585 586 587
Vgl. Marx 2006, S. 4. Vgl. Schenk u. a. 1984, S. 79; Ehrlinger 1962, S. 115. Vgl. Röhm 1986, S. 2136. Vgl. Liebmann u. a. 2008, S. 459.
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2.2.2.3 Servicepolitik Über die Kernfunktion der Sortimentsbuchhandlungen hinaus sind weitere Wettbewerbsparameter auf ihren Zusammenhang mit der Konzentration zu prüfen, so auch die Servicepolitik. Zusätzliche Dienstleistungen sind konstitutiv für die Profilierung eines Handelsunternehmens. Ganz besonders gilt dies unter der Voraussetzung des ausschließlichen Qualitäts- und Servicewettbewerbs, wie sie im Bucheinzelhandel gegeben ist. Obwohl aus diesem Grund bereits ein vergleichsweise hohes Serviceniveau mit entsprechenden Standards im Sortimentsbuchhandel erreicht ist, steigen die Anforderungen weiter an. Auch in der Kundenwahrnehmung nehmen die angebotenen Dienstleistungen eine wichtige Position ein, und zwar derart, dass gerade die Lücken im Angebot wahrgenommen werden und eine negative Auslese erfolgt.588 Dieser Trend zu immer neuen und ausgedehnten Serviceleistungen erhöht die entsprechenden Kostenpositionen. Dadurch erscheint ein umfangreiches Serviceangebot, das einen hohen Anteil fixer Kosten für die Bereitstellung generiert, erst ab einer bestimmten Unternehmensgröße bzw. ab einer Mindestanzahl von Filialen lohnend. Außerdem erfolgt eine Größenselektion, weil Filialisten in der Regel höhere Handelsspannen zur Verfügung haben, aus denen das Dienstleistungsangebot finanziert werden kann. Dieser Tatsache steht paradoxerweise gegenüber, dass gerade die Differenzierungsstrategie durch Serviceleistungen für die unabhängigen Sortimentsbuchhandlungen im Wettbewerb mit den Filialisten als Chance gesehen wird. Deshalb muss v. a. auf die Möglichkeit der Kostenreduktion durch Kooperationen verwiesen werden, die aber wiederum konzentrationsfördernd wirken. Außerdem ist auf eine Polarisierung zwischen Filialisten mit ausgeprägten Dienstleistungen und denen mit niedrigem Serviceniveau, aber mit Betonung des Preismarketing (Schmalspursortimente mit MA-Spezialisierung) hinzuweisen. Kleine und mittelständische Unternehmen befinden sich deshalb in einem Dilemma, da sie weder der einen noch der anderen Strategie folgen können und benachteiligt sind, wenn der jeweils beste Mitbewerber zum Maßstab in der Wahrnehmung wird. Allerdings lässt sich in der empirischen Forschung zu Konzentrationsprozessen kein eindeutig funktionaler Zusammenhang mit dem Serviceniveau nachweisen. Dies ist ebenso wie das grundsätzlich hohe Serviceniveau ein Grund für die Beurteilung der Servicepolitik als Konzentrationsursache von mittlerer Bedeutung – gleichwohl die
588 Vgl. Marx 2006, S. 5.
2 Konzentrationsursachen im Sortimentsbuchhandel
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Bedeutung der profilbildenden Serviceleistungen weiter zunimmt und sie distinktives Potenzial für die Unternehmensgrößenklassen aufweisen. 2.2.3 Strukturelle Unterschiede 2.2.3.1 Unternehmenswachstum Der Größenaspekt bestimmt die Anbieterstruktur und damit auch die strukturbedingten Unterschiede zwischen den Marktteilnehmern maßgeblich.589 Gleichzeitig hängt die Unternehmensgröße von den unternehmerischen Wachstumsraten ab.590 Und das interne wie externe Wachstum von Unternehmen ist wiederum eng mit der Anbieterkonzentration verbunden, v. a. wenn Wachstumsasymmetrien unter den Anbietern nachweisbar sind.591 Dies kann für den Sortimentsbuchhandel bestätigt werden. Der Markt, d. h. der Anteil des Sortimentsbuchhandels am gesamten Buchhandelsumsatz, stagniert bzw. entwickelt sich rückläufig. Auch hierfür lässt sich ein Zusammenhang mit der Konzentrationsentwicklung nachweisen: Das Marktvolumen bzw. dessen Veränderungsrate korreliert stark negativ mit der Konzentrationsrate.592 Dennoch gewinnen die großen, genauer die allergrößten Unternehmen Umsatzanteile und absoluten Umsatz hinzu. Dies zeigt am deutlichsten der Vergleich der Umsatzgrößen für die Positionen eins und 50 des Buchreport-Rankings (s. Tabelle 22). Während Rang eins 1998 noch 152,9 Millionen Euro umsetzte, waren es 2009 910 Millionen Euro; der Jahresumsatz auf dem 50. Platz jedoch ist von 11,6 Millionen Euro auf 6,9 Millionen Euro zurückgegangen. Die Schere hat sich also erheblich geöffnet. Allerdings wird die Unternehmensgröße nicht als erklärende Variable, nicht als alleiniger Garant für die Überlebensfähigkeit im Konzentrationsprozess angesehen. Häufig werden bei der größenbasierten Konzentrationserklärung unbekannte Kostenpositionen bei den Großunternehmen vergessen und bei den kleinen und mittleren entsprechende Nischen nicht berücksichtigt.593 Im Übrigen kann der wachstumsbedingte Kostenanstieg die Obergrenze des Größenwachstums darstellen.594 Außerdem ist die Größe nicht allein erfolgswirksam, sondern Wettbewerbschancen sind v. a. auch von der Angebotsform abhängig.595 Für den Sortimentsbuchhandel bedeutet dies, dass der langfristige Markterfolg, der zumindest im Verdrängungswettbewerb, nicht aber 589 590 591 592 593 594 595
Vgl. Ehrlinger 1962, S. 116. Vgl. Davies 1988, S. 100. Vgl. [Stumpp] 2008, S. 36. Vgl. Davies 1988, S. 98. Vgl. Olbrich 1998, S. 198f., 423. Vgl. Ehrlinger 1962, S. 173. Vgl. Olbrich 1998, S. 423f.
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III Unternehmenskonzentration im Sortimentsbuchhandel
vor freiwilligen Anschlüssen an Konzerne oder Holdings schützt, u. a. von der Sortimentsgestaltung und der Profilierung über Services und Einkaufsatmosphäre abhängt. Jahr
Rang 1
Rang 50
2009
910,0
6,9
2008
855,0
7,0
2007
801,0
7,5
2006
647,6
8,5
2005
514,7
12,1
2004
448,6
12,9
2003
382,9
13,1
2002
324,6
12,8
2001
290,9
12,8
2000
195,6
12,7
1999
170,3
12,3
1998
152,9
11,6
Angaben in Millionen Euro Tabelle 22: Umsatzgrößen-Schere anhand des Buchhandels-Rankings.
Das Unternehmenswachstum klafft zweifelsfrei in der Branche auseinander und prägt damit die Strukturunterschiede. Aber als alleiniger Faktor erscheint es aufgrund anderer wichtiger Erfolgsfaktoren, die gleichzeitig als Bedingung erfüllt sein müssen, letztlich als Konzentrationsursache von mittlerer Bedeutung. 2.2.3.2 Kapitalausstattung und Finanzierung Die Kapital- und Finanzlage der Marktteilnehmer ist berücksichtigenswert bei der Analyse der Konzentrationsursachen, weil die Reagibilität und die Innovationsfähigkeit der Sortimentsbuchhandelsunternehmen davon abhängt. Aus der allgemeinen Wirtschaftsforschung sind Evidenzen bekannt, dass die Konzentration mit der Höhe des Kapitalbedarfs positiv korreliert bzw. dass die Markteintrittsrate damit im inversen Zusammenhang steht.596 Dabei kann hoher Kapitalbedarf nicht nur aus Kostenfaktoren wie z. B. dem Sortiment erwachsen, sondern auch aus einer geringen Kapitalausstattung. Diese wiederum ist für den Sortimentsbuchhandel charakteristisch. Laut der Untersuchung Banken und Mittelstandsfinanzierung (zweite Auflage 2006) liegt 596 Vgl. Davies 1988, S. 107.
2 Konzentrationsursachen im Sortimentsbuchhandel
229
die Eigenkapitalquote im Branchendurchschnitt bei 5,4 % der Bilanzsumme.597 Außerdem besteht für Einzelhandelsunternehmen ein belegter, inverser Zusammenhang zwischen Insolvenzquote und der Eigenkapitalausstattung, sodass Sortimentsbuchhändlern mit wenig Eigenkapital eine hohe Krisenanfälligkeit zugeschrieben werden kann.598 Unternehmen, die eine überdurchschnittliche Eigenkapitalquote aufweisen, sind folglich unter Konzentrationsgesichtspunkten im Vorteil gegenüber denjenigen, die Fremdkapital benötigen. Vor diesem Hintergrund stellt insbesondere die ständig wachsende Kapitalintensität in den Handelsbranchen ein weiteres Problem dar, das in der Forschungsmeinung auch als solches anerkannt ist.599 Für den Sortimentsbuchhandel zeigt sich dies z. B. in den oben beschriebenen Anforderungen an die Sortimentsgestaltung. Liegt also der Fremdfinanzierungsbedarf überdurchschnittlich hoch, so greift eine weitere Schwierigkeit, die nicht alle Unternehmen gleichermaßen betrifft. Seit der Umsetzung von Basel II, einer Richtlinie zur Eigenkapitalunterlegung von Banken, ist die Kreditvergabe an eine Bonitätsprüfung gebunden. Das zielt auf die Risikoeinschätzung (Rating) des Kreditnehmers. Die Kreditvergabe hängt nun von den damit verbundenen Risiken ab. Die Kreditgeber müssen nicht mehr pauschal, sondern risikoabhängig Eigenkapital für vergebene Kredite hinterlegen. Damit sind auch die Anforderungen an und Herausforderungen für Kreditnehmer gestiegen. Zum einen bedeutet dies, dass schlecht geprüfte Unternehmen deutlich schlechtere Finanzierungskonditionen erhalten. Das erschwert den Kapitalzugang durch die höhere Belastung der Kosten. Zum anderen belasten die Transparenzanforderungen: Die umfassende Erhebung, Kontrolle und Verbesserung der Geschäfts- und Betriebskennzahlen, die neben einem genauen Überblick über die geschäftliche und personelle Entwicklung des Unternehmens Bewertungskriterien sind.600 Dies wiegt für die Sortimentsbuchhändler, gerade für die Unternehmen mit weniger als 100.000 Euro Jahresumsatz, teils so schwer, dass sie dadurch ihre Möglichkeiten der Kreditaufnahme verschlechtert sehen.601 Allerdings spricht dafür auch die Unkenntnis der Ratingkriterien (80 % der Klein- und 76,9 % Kleinstunternehmen) und der eigenen Bewertung bzw. Ratingnote, die selbst gut die Hälfte der großen Unternehmen 2006 nicht kannte.602 Diese Befunde lassen vermuten, dass Wirtschaftlichkeitsprüfungen und Controlling bislang bei kleineren Unternehmen unterrepräsentiert waren. Für 597 598 599 600 601 602
Vgl. Börsenverein des Deutschen Buchhandels e.V. 2007, S. 43. Vgl. Schenk u. a. 1984, S. 109. Vgl. ebd., S. 106. Vgl. Börsenverein des Deutschen Buchhandels e.V. [17.06.09]. Vgl. Börsenverein des Deutschen Buchhandels e.V. 2007, S. 43. Vgl. Leidig u. a. [25.07.07], S. 4f.
230
III Unternehmenskonzentration im Sortimentsbuchhandel
den Großteil der größeren Unternehmen mit mehr als 2,5 Millionen Euro Jahresumsatz ist der Zugang zu Krediten unverändert. Daran ebenso wie an den Vorteilen größerer Unternehmen beim Umfang der Kreditlinie zeigen sich die Ungleichheiten der Handlungsmöglichkeiten. Dabei erleichtern die bei umsatzschwächeren Mitbewerbern fehlenden betriebswirtschaftlichen Instanzen nicht nur die Kreditaufnahme und damit Fremdfinanzierung. Sie spielen auch für die Eigenfinanzierung, genauer die Selbstfinanzierung, eine große Rolle. Eine gute Gewinnsituation ist dafür ausschlaggebend. Und dies kann wiederum hauptsächlich für große Unternehmen erwartet werden.603 Dennoch stellt die Innenfinanzierung durch Einbehaltung von Gewinnen die bedeutendste Finanzierungsart für den Buchhandel dar, gefolgt allerdings von den kurz- und langfristigen Bankkrediten.604 Für die Konzentration sind Kapitalausstattung und Finanzierungsmöglichkeiten bedeutende Determinanten, da sie die Überlebensfähigkeit im Verdrängungswettbewerb und die Wachstumsmöglichkeiten im Konzentrationsprozess unter den Mitbewerbern asymmetrisch zu verteilen vermögen. 2.2.3.3 Personalpolitik Die Personalpolitik, insbesondere der Personaleinsatz, ist für Sortimentsbuchhandelsunternehmen besonders wichtig, weil Personalkosten der größte Kostenfaktor laut Betriebsvergleich sind. Sie betragen 60 % der Betriebshandelsspanne (2006) und 19,1 % des Umsatzes (inklusive des Unternehmerlohns) bzw. 15,1 % des Umsatzes (für Fremdpersonal; 2008). Zudem zeigt sich dieser Kostenfaktor über die vergangenen zehn Jahre stabil. Er nimmt aber ca. 60 % der Gesamtkosten ein, die im Übrigen die Handelsspanne in etwa komplett aufzehren. Dadurch erscheint ein positives Betriebsergebnis nur in geringem Ausmaß möglich.605 Obwohl dies insbesondere für Unternehmen der unteren Umsatzgrößenklassen zu Schwierigkeiten führen kann, ist gerade der Personalkostenanteil diese Unternehmen am geringsten. Ihre dennoch über alle Sortimentsbuchhandelsunternehmen große Bedeutung stellt die Personalkosten in den Fokus von Rationalisierungsbestrebungen. Dadurch soll die Produktivität des jeweiligen Unternehmens gesteigert werden, um seine Wettbewerbsfähigkeit zu erhöhen. Folglich sind die Personalkosten indirekt als Konzentrationsursache relevant. Allerdings sind die Möglichkeiten der Rationalisierung im 603 Vgl. Schenk u. a. 1984, S. 108. 604 Vgl. Leidig u. a. [25.07.07], S. 5. 605 Vgl. Kleine 2009, S. 77f.
2 Konzentrationsursachen im Sortimentsbuchhandel
231
Handel oftmals restriktiv, denn im Vergleich zu herstellenden Betrieben gibt es einen großen Fixkostenblock. Hinzu kommt die beinahe Erschöpfung der Substitutionsmöglichkeiten von Arbeit durch Kapital.606 Die Senkung der Personalkosten ist v. a. durch entsprechende Konzeptveränderungen möglich. Dies geschieht z. B. in bemerkenswerter Weise durch Filialkonzepte. Durch einen hohen Selbstbedienungsanteil und eine arbeitsteilige sowie hochprofessionelle Organisation kann das Personalbudget deutlich verringert werden.607 Professionalität heißt, Fachkräfte dem Bedarf entsprechend einzusetzen: Buchhändler/-innen und beispielsweise Betriebs- oder Handelsfachleute werden ebenso beschäftig wie ungelernte Aushilfen für nicht-fachspezifische Tätigkeiten. Resümierend konnte die Vermutung widerlegt werden, dass Unternehmen hoher Beschäftigtengrößenklassen und Filialunternehmen aufgrund ihrer Größe Kostenvorteile beim Faktor Personal aufweisen. Vielmehr sind es die Geschäftsmodelle, die Kosteneffektivität ermöglichen. Doch fehlt der Beleg dafür, dass die Ersparnisse die Kostenvorteile kleinerer Unternehmen überwiegen. Deshalb muss davon ausgegangen werden, dass die Personalpolitik zwar ein langfristiger und wichtiger Einflussfaktor, jedoch nicht von oberster Priorität ist. 2.2.3.4 Standortpolitik Genauso wie die Personalpolitik gilt auch der Standort als wichtiger Erfolgsfaktor für Filialunternehmen. Brunn und Blömeke halten ihn sogar für den wichtigsten für den Sortimentsbuchhandel.608 Da eine Begünstigung der Großunternehmen unterstellt werden muss, ist die Standortpolitik als weitere strukturelle Konzentrationsursache zu berücksichtigen. Bei der Standortentscheidung spielen im Groben zwei Faktoren die Hauptrolle: Die Kosten und die zu erwartenden Erträge. Für Filialunternehmen, insbesondere für die Buchkaufhäuser gilt: „Nur in den frequenzstarken 1-A-Lagen in den Fußgängerzonen der Innenstädte und in Einkaufscentern können Umsätze in einer Größenordnung erzielt werden, die das Geschäftskonzept tragen.“609 Es werden also ein großes Kundenpotenzial, das nur Innenstädte von Großstädten oder mittleren Zentren bieten, sowie große und beständige Kundenströme benötigt.
606 607 608 609
Vgl. Schenk u. a. 1984, S. 100f. Vgl. Brunn / Blömeke 2009, S. 197. Vgl. ebd., S. 196. Ebd.
232
III Unternehmenskonzentration im Sortimentsbuchhandel
Mit dem beschriebenen Zwang, stets die besten Lagen besetzen zu müssen, verbunden sind die entsprechenden Standortkosten, die in ihrer Höhe von der Attraktivität des Objekts und der Nachfrage danach abhängen. Die Spitzenmieten in den Innenstadtlagen der größten deutschen Städte bewegen sich je nach Attraktivität der Stadt zwischen gut 100 Euro pro qm (Leipzig) und über 300 Euro pro qm (München).610 Die Besetzung der Stadtzentren ist fast nur von Filialunternehmen möglich,611 was sich in der Struktur der Innenstädte widerspiegelt. Die Buchhandelsfilialisten waren jahrelang eine wichtige Mietergruppe für Neuvermietungen in Spitzenlagen. Das unterstreicht die Bedeutung der Standortkosten für den Sortimentsbuchhandel. Zu Beginn des Jahres 2009 aber traten sie erstmals nicht mehr auf;612 die weitere Entwicklung bleibt abzuwarten. Die hohen Mietpreise treten folglich distinktiv für die unterschiedlichen Wettbewerber auf. Überdies stellen sie eine Kostenbelastung für die Mieter dar. Allerdings werden Einzelhandelsbranchen charakterisiert von einem positiven Zusammenhang zwischen Betriebsgröße und Raumökonomie, d. h. Raumleistung in Umsatz pro qm Geschäftsfläche. Dies lässt sich auch dem Sortimentsbuchhandel unterstellen, wenngleich der Barumsatz je qm Verkaufsraum in den Ergebnissen des Betriebsvergleichs keinen eindeutigen Trend aufzeigt.613 Jedoch ist nicht davon auszugehen, dass die marktführenden Unternehmen an dieser Erhebung beteiligt waren. Dies weist einmal mehr auf die Vorteile für Großunternehmen hin, was sich noch um einen weiteren Aspekt ergänzen lässt: den Zugang zu den knappen Top-Immobilien. Dies zeigt sich in der Professionalität der Verhandlungen, die zwischen Immobilienmanagern als Vermietern und entsprechenden Verantwortlichen aus der Unternehmenszentrale stattfindet.614 Überdies sind Filialunternehmen beim Zugang insbesondere zu Einkaufscentern im Vorteil. Einerseits weisen sie einen hohen Bekanntheitsgrad und eine entsprechende Reputation auf. Andererseits pflegen sie längerfristige Geschäftsbeziehungen mit den Betreibern der Center, für die Buchhandelsketten Ankermieter für ihre Shopping-Center sind. Standortpolitische Entscheidungen bieten also Anreize zur Unternehmensexpansion. Zahlreiche standortpolitische Aspekte begünstigen bzw. benachteiligen einzelne Größenklassen der Sortimentsbuchhandelsunternehmen. Zudem stellen die Standort- bzw. Mietkosten die zweitgrößte Kostenposition im Betriebsvergleich dar. Folglich wird ihnen große Bedeutung als Konzentrationsursache beigemessen. 610 611 612 613 614
Vgl. Kemper’s Jones Lang LaSalle Retail GmbH 2009, S. 22. Vgl. Schenk u. a. 1984, S. 85. Vgl. Weise 2009b, S. 17f. Vgl. Börsenverein des Deutschen Buchhandels e.V. 2007, S. 105. Vgl. Brunn / Blömeke 2009, S. 198.
2 Konzentrationsursachen im Sortimentsbuchhandel
233
2.2.3.5 Kaufmännische Verwaltung und Management Es hat sich bereits mehrfach gezeigt, dass kleine und mittlere Unternehmen im Sortimentsbuchhandel Schwächen bei der Anwendung betriebswirtschaftlicher Erkenntnisse aufweisen; z. B. ist das bei der Vorbereitung der Bonitätsprüfung ersichtlich. Dagegen haben hochprofessionalisierte Filialunternehmen dem besondere Stärken entgegenzusetzen. Beispielsweise zeigt sich dies bei der Organisation des Personals. Diese Diskrepanz impliziert die Notwendigkeit einer Prüfung im Rahmen der Konzentrationsanalyse für den Sortimentsbuchhandel. Als erster Aspekt, der Stärken und Schwächen in der Unternehmensführung offenbart, sind Unternehmensziele anzuführen. Empirische Studien zeigen, dass in Handelsbranchen oft kleine und mittlere Händler ihre Unternehmensziele nicht präzisieren.615 Dabei heißt das nicht, dass die Ziele ausschließlich ökonomischer Natur sein müssen wie z. B. Gewinnstreben oder Marktanteilserhöhung. Allerdings können Unternehmen, die stark nach wirtschaftlichen Funktionsbereichen organisiert sind und Zielsysteme formuliert haben, einen Wettbewerbsvorsprung erzielen, der wiederum ursächlich für Konzentrationstendenzen ist. Diese Ziele können marktanteils- und machtorientiert sein, um z. B. die Ertragslage zu verbessern. Sie können zudem auf Sicherheit gerichtet sein, z. B. zur Absicherung der Existenz durch Unternehmensgröße.616 Freilich kann man den unabhängigen und kleineren Sortimentsbuchhandelsunternehmen nicht mangelndes kaufmännisches Wissen unterstellen. Dennoch zeigt sich in mancherlei Hinsicht individueller Verbesserungsbedarf, beispielsweise im Berichtswesen. Das zeigt sich z. B. bei Schwierigkeiten bei der Fremdfinanzierung oder in der Klarheit der Profilierung und im Ausmaß der Marktorientierung.617 Darüber hinaus kann man erhebliche Unterschiede unter den Konkurrenten erkennen, beispielsweise in der Qualifikation des Personals, insbesondere des Führungspersonals. Typischerweise mangelt es daran in Handelsbranchen gerade bei kleinen und mittleren Unternehmen. Teils wird das sogar als Hauptursache für das Marktausscheiden dieser Betriebe gesehen.618 Damit lassen sich auch die Nachfolgeprobleme erklären, die u. a. die konzentrationsfördernden und zunehmend nachzuweisenden Geschäftsaufgaben oder Übernahmen von traditionellen Standortbuchhandlungen begründen.619 Darüber hinaus beeinflusst die zunehmende Professionalisierung der Filialunternehmen, die sowohl das Handelsmanagement und spezialisierte, zentrali615 616 617 618 619
Vgl. Schenk u. a. 1984, S. 99. Vgl. ebd., S. 99, 110. Vgl. Emrich 2007, S. 73f. Vgl. Schenk u. a. 1984, S. 106. Vgl. Lohse 2009, S. 13.
234
III Unternehmenskonzentration im Sortimentsbuchhandel
sierte Abteilungen als auch die Vertriebsstrukturen und Filialen betrifft, die Konzentrationsentwicklung. Allein die arbeitsteilige Organisation des Betriebsablaufs bringt Ökonomisierungsvorteile hervor, hinzu kommen die dezentrale Steuerung und die Leitungs- und Kontrollfunktionen.620 Folglich kann die Ausgangsthese dieses Abschnitts als belegt angesehen werden. Außerdem leistet die Unternehmensführung und Administration einen wesentlichen Beitrag zur gesamten Profitabilität eines Unternehmens und ist deshalb stark konzentrationsrelevant. 2.2.4 Funktionelle Unterschiede Nachdem im Kapitel 2.2.3 Strukturunterschiede zwischen den Marktteilnehmern als Konzentrationsursachen erläutert wurden, folgen im letzten Schritt der Analyse Differenzen in den funktionellen Bereichen der Handelsunternehmen. Dazu muss man die Funktionen eines Handelsbetriebs kennen. Hilfestellung bietet der Begriff des Handels im funktionellen Sinn, wonach Handelswaren von anderen Marktteilnehmern beschafft und an Dritte abgesetzt werden.621 Funktionelle Unternehmensbereiche sind also die Beschaffung, damit zusammenhängend die Lagerhaltung und ggf. die Logistik sowie der Vertrieb. Die mögliche Überlegenheit größerer Unternehmen bzw. Anreize zu Zusammenschlüssen rechtfertigen die Berücksichtigung in der Ursachenforschung für die Konzentration im Sortimentsbuchhandel. 2.2.4.1 Beschaffung Auf dem Beschaffungsmarkt bestimmen die Abnahmemengen und die Absatzleistung des Händlers die Höhe der Rabatte, die der Verlag gewährt. Beide hängen von der Größe der Sortimentsbuchhandlung ab. Insbesondere die Absatzleistung ist z. B. mit dem gewählten Standort und der dortigen Kundenfrequenz verknüpft. Obwohl laut § 6 BuchPrG die Rabatte nicht allein am Umsatz des Händlers festgemacht werden dürfen, bestehen zahlreiche Anreize, Einkäufe zu bündeln, sowie Größenvorteile, die Wachstumsmöglichkeiten der Unternehmen bedingen. In erster Linie betrifft dies die ohnehin verhandlungsstarken Großunternehmen. Sie erlangen durch die Direktbestellung bei Verlagen, die insgesamt ca. drei Viertel des Wareneingangs ausmachen,622 Verhandlungs- und Größenvorteile in Form von sehr hohen bzw. höchsten Rabatten, die ihnen eine größere Handelsspanne einbringen. Außerdem 620 Vgl. Brunn / Blömeke 2009, S. 197. 621 Vgl. Ausschuss für Definitionen zu Handel und Distribution 2006, S. 27. 622 Vgl. Bellmann 2009, S. 183.
2 Konzentrationsursachen im Sortimentsbuchhandel
235
ist eine erhebliche Verbesserung der Kalkulationsbasis zu unterstellen, was ebenfalls Wettbewerbsvorteile z. B. durch vergleichsweise gute Betriebsergebnisse ermöglicht, die Selbstfinanzierung fördert und beispielsweise die internen Wachstumsmöglichkeiten verbessert.623 Allerdings sind die Verbundeffekte einer zentralen Einkaufsorganisation, wie sie die Filialisten des Sortimentsbuchhandels durchweg haben, zwingend notwendig, um eine größtmögliche Effizienz bei der Beschaffung für sehr große Filialunternehmen zu erreichen.624 Außerdem werden über die positive Korrelation von Rabatt und Abnahmemenge Anreize geschaffen, dass sich unabhängige Sortimentsbuchhandlungen stärker in Verbundgruppen organisieren. Sie zielen darauf ab, durch Bestellbündelung Verhandlungsstärke gegenüber den Verlagen zu erreichen.625 Sie soll sich letztlich in größeren Handelsspannen niederschlagen. Zwar stellt das eine Option zur Selbsthilfe dar, doch erhöht die Zunahme des wirtschaftlichen Gewichts dieser Kooperationen den Konzentrationsgrad der Branche, wenn man darunter die Umsatzkonzentration auf Handelssysteme versteht. Hinzu kommt im Falle der zunehmenden Kooperation ebenso wie im Falle der grundsätzlichen Größenvorteile der Ketten, dass sich die Situation der unorganisierten Einzelunternehmen unterdurchschnittlich schlecht darstellt.626 Gerade die Betriebe, die in vielen Bereichen, insbesondere kostenmäßig benachteiligt sind, müssen von einer geringeren Handelsspanne relativ höhere Kosten bestreiten. Also sind die Chancen auf ein positives Betriebsergebnis schlechter. Scheiden diese kleinen und mittleren Unternehmen aufgrund langfristig negativer Ergebnisse aus dem Markt aus, ist dies als erneuter Konzentrationsimpuls zu werten. Die Handelsspannen üben in Verbindung mit der Buchpreisbindung und der Ausschaltung des Preiswettbewerbs für den Bucheinzelhandel eine Schutzfunktion aus, d. h. dass den Händlern eine existenzsichernde Marge mit dem Zweck der nachfragefördernden Überallerhältlichkeit von Büchern zugestanden wird.627 Gerade vor diesem Hintergrund und dieser Intention ist die Beschaffungspolitik geeignet Vorteile für bestimmte Unternehmensgruppen zu schaffen, die wiederum den Konzentrationsprozess anregen.
623 624 625 626 627
Vgl. Schenk u. a. 1984, S. 92. Vgl. Brunn / Blömeke 2009, S. 199. Vgl. ebd. Vgl. ebd. Vgl. Rürup u. a. 1997, S. 23.
236
III Unternehmenskonzentration im Sortimentsbuchhandel
2.2.4.2 Lagerhaltung und Logistik Eine Funktion, die v. a. bei großen Unternehmen und Filialsystemen rationalisierend greift, ist die Lagerhaltung der Waren. Hinzu kommt die Logistik, die die Versorgung der einzelnen Betriebe sicherstellt. Zentrallager sind Katalysatoren der Bündelfunktion. Durch sie können zusätzliche Größenvorteile bei der Beschaffung realisiert werden, da Verlage die Versorgungsleistung, d. h. die flächendeckende Präsenz und den professionellen Absatz ihrer Titel, mit Spitzenkonditionen aufwiegen.628 Daneben gewährleisten Zentrallager für Buchhandelsketten die Unabhängigkeit von Restriktionen der Beschaffung, die gerade beim zeitsensiblen Geschäft mit Bestsellern629 stark ins Gewicht fallen, insbesondere auf negative Weise, wenn die Nachfrage den Warenbestand übersteigt. Als Konzentrationsursache bedeutender ist die kostenwirksame Standardisierung und Optimierung der Beschaffung, der Einkaufskonditionen und der Lagerhaltung. Greift man die Entwicklung der Sortimentserweiterung auf, die verstärkt auch Non-Books und damit die Beschaffung bei branchenfremden Herstellern mit sich bringt, werden der Vorteil, teils sogar die Notwendigkeit des Zentraleinkaufs einmal mehr deutlich.630 Großen Filialunternehmen können für die Lagerfunktion erhebliche Wettbewerbsvorteile unterstellt werden. Diesen aber muss die Kostenintensität einer zentralen Einkaufsorganisation gegenüber gestellt werden. Deshalb ist es nicht verwunderlich, dass die physische Lagerhaltung und die dazu gehörige Logistik an Barsortimente oder branchenfremde Logistikunternehmen, also externe Dienstleistungsunternehmen, ausgelagert werden. Beispielsweise arbeitet Thalia mit Rhenus Logistics zusammen, die das Zentrallager betreiben und die Belieferung der Filialen übernehmen. Außerdem nutzen Großunternehmen, einen typisch mittelständischen Bezugsweg, das Barsortiment. Dies spielt wiederum in den Bereich der Bezugsoptimierung hinein, der für unabhängige Sortimentsbuchhändler wesentliches Rationalisierungspotenzial birgt. Der Anteil der über Barsortimente bezogenen Waren liegt bei kleinen Unternehmen teilweise um 15 bis 20 Prozentpunkte höher als bei den großen. Vorteilhaft hieran ist ebenfalls die Schnelligkeit der Beschaffung, v. a. für Titel, deren Lagerrisiko den Kostennachteil übersteigt, der von schlechteren Konditionen im Vergleich zur Verlagsdisposition herrührt. Eine eindeutige Bewertung der genannten potenziellen Konzentrationsursachen erscheint schwierig: aufgrund der teils erheblichen Differenzen in der Beschaffung, die 628 Vgl. Brunn / Blömeke 2009, S. 199. 629 Vgl. Blömeke / Brunn 2009, S. 37. 630 Vgl. Brunn / Blömeke 2009, S. 200.
2 Konzentrationsursachen im Sortimentsbuchhandel
237
folglich ebenso in der Lagerhaltung und Logistik auftreten, sowie der erheblichen Kosten, die im Zuge dessen gerade die Filialunternehmen belasten. Es zeichnen sich keine ausschlaggebenden Überlegenheiten ab. 2.2.4.3 Absatzfunktion Abschließend wird der Fokus auf ausgewählte Aspekte der vorrangigen Funktion von Einzelhandelsunternehmungen gelegt: auf den Absatz der Waren an die Endkunden, hier die privaten Endkunden. Bedeutender Teilbereich der Absatzpolitik ist die Marktoder Absatzforschung. Sie hat die Aufgabe, das Wettbewerbsumfeld abzustecken. Vorrangig betrifft dies den Endkundenmarkt. Grundsätzlich lässt sich keine Ungleichverteilung des Zugangs zu den entsprechenden Methoden oder den Untersuchungsobjekten unter den Sortimentsbuchhandelsunternehmen ausmachen. Allerdings erleichtert einmal mehr der finanzielle und organisatorische Aufwand die Anwendung für größere Unternehmen bzw. er stellt ein besseres Kosten-Nutzen-Verhältnis her. Außerdem kann eine breite Marktabdeckung, wie sie die überregionalen oder nationalen Filialunternehmen aufweisen, ein umfangreicheres Marktwissen fördern, wenngleich Standortbuchhandlungen über Kenntnisvorteile in den lokalen Einzelmärkten verfügen. Durch die gemeinsame Marktforschung im Rahmen von Verbundgruppen oder durch den Dachverband des Börsenvereins können kleine und mittlere Unternehmen dennoch umfassende Studien durchführen oder davon profitieren.631 Gerade die Marktforschungsaktivitäten von Verbundgruppen aber sind wiederum als Anstöße zur Zusammenarbeit und im weiteren Verständnis als Konzentrationsursachen zu werten. Einen weiteren Anreizfaktor bietet der Bereich der Werbung. Werbeaktivitäten würden aufgrund der ungleichen Ausgangssituationen unterschiedlicher Wettbewerbergruppen konzentrationsfördernd wirken.632 Schmidt/Burger nennen die Hypothese von der Abhängigkeit der Konzentration von der Werbung mit positiver Richtung.633 Es seien Größenvorteile bei Produktion und beim Einsatz von Werbemitteln und -trägern, die in unterschiedlicher Vielfalt und unterschiedlichem Umfang münden. Aufgrund der breiten Marktabdeckung der marktführenden Filialunternehmen kommen eine erhöhte Effizienz der Kampagnen und ein erweitertes Spektrum z. B. national verbreiteter Werbeträger wie Fernsehkanäle dazu. Außerdem verhalten sich Werbekosten in der Regel degressiv, wohingegen die Erträge progressiv sind. Deshalb generieren umfangreiche Werbeetats Wettbewerbsvorteile und begünstigen so finanzkräftige Unter631 Vgl. Schenk u. a. 1984, S. 91. 632 Vgl. Ehrlinger 1962, S. 125f. 633 Vgl. Schmidt / Burger 1997, S. 627f.
238
III Unternehmenskonzentration im Sortimentsbuchhandel
nehmen.634 Die Werbevorteile der Großunternehmen stellen Marktzutrittschranken dar.635 Nach Meinung der Verfasserin sind sie auch Mobilitätsbarrieren zwischen den strategischen Gruppen im Sortimentsbuchhandel. Deshalb fördern sie den Konzentrationsprozess. Die These, dass nur Großunternehmen wirksame Werbung machen könnten, ist hingegen nicht haltbar.636 Ebenfalls konzentrationsfördernd sind die daraus folgenden Anstöße, gemeinschaftliche Werbekampagnen zu lancieren. Insbesondere gilt das für kleinere Unternehmen, bei denen Werbung wegen des kleineren Kundenpotenzials relativ teuer zu Buche schlägt, während daraus nur vergleichsweise geringe Erträge zu erwarten sind. Gemeinschaftswerbung gewinnt deshalb erheblich an Bedeutung.637 Dennoch wird der Werbung im Sortimentsbuchhandel v. a. im Vergleich mit anderen Einzelhandelsbranchen ein geringer Stellenwert zugeschrieben.638 Dies ist mit der Preisbindung zu begründen, die den Preiswettbewerb ausschaltet. Der Werbung wird nicht die Funktion einer Preisinformation zuteil. Dennoch hat sie als Unternehmenswerbung, die auf Reputation und Bekanntheit abzielt, eine wichtige Funktion. Besonders zum Tragen kommt sie in lokalen Märkten und beim Eintritt in solche, genauso wie in überregionalen Märkten, wenn die Multi-Channel-Angebote der Filialunternehmen beworben werden. Dennoch sind beide hier vorgestellten Absatzfunktionen als Konzentrationsursachen im Sortimentsbuchhandel von nachrangiger Bedeutung, was mit dem Mangel an Ausschlussmöglichkeiten anderer Unternehmen von den Vorteilen begründet werden kann. Unabhängige und kleinere Unternehmen haben dennoch Möglichkeiten, die einseitigen Vorteile zu kompensieren, z. B. über Verbünde und Verbände. 3 Auswirkungen des Konzentrationsprozesses im Sortimentsbuchhandel Nachdem die für den Sortimentsbuchhandel in unterschiedlichem Ausmaß in Frage kommenden Konzentrationsursachen erläutert wurden, gilt es nun, die möglichen Auswirkungen des Konzentrationsprozesses aufzuzeigen. Diese Analyse dient außerdem der anschließenden Beurteilung des Konzentrationsphänomens dieser Branche. Die sich abzeichnenden Auswirkungen können ebenfalls als Indizien für den Fortschritt des Prozesses verstanden werden. 634 635 636 637 638
Vgl. [Stumpp] 2008, S. 38. Vgl. Schmidt / Burger 1997, S. 627. Vgl. Ehrlinger 1962, S. 127. Vgl. Schenk u. a. 1984, S. 90. Vgl. [Stumpp] 2008, S. 38f.
3 Auswirkungen des Konzentrationsprozesses im Sortimentsbuchhandel
239
Die Vorgehensweise ähnelt der der Ursachenanalyse. Die Aspekte werden formal aufgeteilt in endogene und exogene. Die exogenen fokussieren nur die direkte Branchenumgebung und die Handelspartner, d. h. die vorgelagerten Wirtschaftsstufen, Verlage und Großhandel, sowie die nachgelagerten Verbraucher. Die gesamtwirtschaftliche Sichtweise wird dagegen wegen des geringen Gewichts der Branche ausgeklammert. Eine weitere Parallele zur Ursachenanalyse stellen die Schwierigkeiten dar, die sich bei der Feststellung der Auswirkungen ergeben.639 Zum ersten liegt das wiederum an den komplexen Ursache-Wirkungs-Beziehungen, sodass keine eindeutigen Zusammenhänge messbar sind. Zweitens könnten selbst theoretisch abgeleitete Gesetzmäßigkeiten empirisch nicht unter realistischen Bedingungen überprüft werden, da in einer Felduntersuchung die notwendige Kontrollgruppe nicht von der Experimentgruppe abgegrenzt werden kann. Drittens liegt dies an den vielfältigen Abhängigkeiten der Handelskonzentration: Sie ist sowohl raum- als auch zeitabhängig, außerdem betriebsformen- und branchenabhängig sowie marktseiten-, marktstruktur- und marktverhaltensabhängig. Es ergibt sich zudem eine Ambivalenz positiver und negativer Auswirkungen. Das zu bewerten, ist ebenfalls abhängig von der Betrachtungsperspektive und verbietet sich hier. Viertens können mangels Messmöglichkeiten keine Aussagen über die jeweiligen Ursachen der Effekte getroffen werden. Zum Problem jeglicher Analysen der Konzentrationsursachen und -auswirkungen entwickelt es sich, dass sogar nur eingeschränkt wahrscheinlichkeitstheoretische Aussagen möglich sind. Wahrscheinlichkeitsgrade des Eintritts können ebenso wenig benannt werden. Folglich kann es nur Anspruch dieser Analyse sein, empirisch belegte, jedoch nicht bewiesene Hypothesen als Tendenzaussagen aufzugreifen; sie wurden allgemeinen Untersuchungen zu Konzentrationsauswirkungen entnommen. Es kann grundsätzlich nur die Wirkrichtung, nicht aber die Intensität oder Dauer der Wirkung angegeben und sodann auf das Einzelhandelssegment ‚Buch‘ übertragen werden. 3.1 Auswirkungen auf die Einzelhandelsebene 3.1.1 Wettbewerb 3.1.1.1 Wettbewerbsintensität Die Auswirkungen auf den unmittelbaren Wirkbereich der Konzentration, die gleiche Wirtschaftsstufe, lassen sich nochmals untergliedern in den Wettbewerb unter allen Marktteilnehmern und die Aspekte, die jedes einzelne Unternehmen betreffen. Betrachtet man zunächst die Effekte auf den Wettbewerb, so muss man nach dem 639 Vgl. Schenk u. a. 1984, S. 214f.
240
III Unternehmenskonzentration im Sortimentsbuchhandel
Zusammenhang von Konzentration und Wettbewerbsintensität fragen. Wettbewerbsintensität bezeichnet die Geschwindigkeit und Art, mit der die Aktionen und Reaktionen der Marktteilnehmer im Marktgeschehen aufeinander folgen. Die traditionelle Wettbewerbstheorie geht von einem inversen Verhältnis aus, d. h. ein hoher Konzentrationsgrad ist mit geringer Wettbewerbsintensität verbunden. Diese Aussage trifft jedoch auf Handelsmärkte im Allgemeinen nicht zu, denn es herrscht Uneinigkeit über den Zusammenhang der beiden Faktoren.640 Deshalb sind statistische Messungen der Konzentration bedeutungslos für die Feststellung der tatsächlichen Wettbewerbsintensität.641 Auch Olbrich kommt zu dem Schluss, dass Konzentration zwar zu abnehmendem Wettbewerb führen kann, enge Anbieterstrukturen aber nicht zwingend wettbewerbsschädliches Verhalten hervorrufen.642 Ebenso könnten große Handelssysteme darauf verzichten. Wie aber sieht der Wettbewerb in einer zunehmend konzentrierten Branche aus? Ein erheblicher Wandel des Wettbewerbs sowie Einschränkungen könnten v. a. dadurch entstehen, dass es immer weniger unabhängige Einzelhändler gibt, da sie sich in Folge hoher Marktanteile einzelner Großunternehmen zunehmend Einkaufs- und Marketinggemeinschaften anschließen. Für hoch entwickelte Wirtschaftsbereiche sei der Wettbewerb zwischen Gruppen und nicht allein der zwischen vielen einzelnen Betrieben typisch; man spricht von einer Doppelrolle der Marktteilnehmer, die dem Individualwettbewerb sowie dem Gruppenwettbewerb über den Anschluss an eine Kooperation ausgesetzt sind.643 Insofern erscheint es nicht gerechtfertigt vom Verschwinden des Wettbewerbs auszugehen, vielmehr verändert er sich und wird sogar vielfältiger. Für den Sortimentsbuchhandel bedeutet das, dass die Filialunternehmen untereinander im Wettbewerb stehen; insbesondere weil der umsatzmäßige Abstand zu den nicht filialisierten Unternehmen anwächst und wenige Großunternehmen auf dem gleichen wirtschaftlichen Niveau konkurrieren. Das gilt auch, wenn sich ihre Verbreitungsgebiete überschneiden. Auch das nennt Wesener Gruppenwettbewerb.644 Darüber hinaus konkurrieren große Unternehmen mit jeglichen Standortbuchhandlungen, die Mitglieder in Verbundgruppen sind. Allerdings ist dieser Trend im Sortimentsbuchhandel vergleichsweise unterdurchschnittlich repräsentiert, da nur knapp 18 % der ca. 3.800 Unternehmen sich unterschiedlichen Kooperationen angeschlossen haben.645 640 641 642 643 644 645
Vgl. ebd., S. 217. Vgl. Davies 1988, S. 111. Vgl. Olbrich 1998, S. 480, 482. Vgl. Schenk 1989, S. 104; Schenk u. a. 1984, S. 216f. Vgl. Wesener 2009, S. 28. Vgl. Kahlefendt 2009, S. 29.
3 Auswirkungen des Konzentrationsprozesses im Sortimentsbuchhandel
241
Folglich kann man für den Sortimentsbuchhandel nicht von einer Reduktion der Wettbewerbsintensität in Folge des fortschreitenden Konzentrationsprozesses sprechen. Dies lässt sich zusätzlich dadurch rechtfertigen, dass vor der Entstehung und dem Erstarken der Filialunternehmen sowie vor dem Trend zu Kooperationen der Wettbewerb weitestgehend auf lokale Märkte beschränkt war. Nun findet er wie beschrieben auf verschiedenen Ebenen und über den einzelnen Standort hinaus statt. Dadurch hat er deutlich an Komplexität zugenommen. Zudem intensiviert sich das Konkurrenzverhältnis an vielfach besetzten Standorten.646 Rang
2009
2008
2007
2006
2005
1
Thalia
Thalia
Thalia
DBH
Thalia
2
DBH
DBH
DBH
Thalia
Weltbild
3
Mayersche
Mayersche
Mayersche
Schweitzer
Hugendubel
4
Schweitzer
Schweitzer
Schweitzer
Mayersche
Schweitzer
5
Lehmanns
Lehmanns
Lehmanns
Lehmanns
Mayersche
6
Osiander
Osiander
Osiander
Osiander
Lehmanns
7
Pustet
Pustet
Pustet
Pustet
Pustet
8
Wittwer
Wittwer
Stern
Stern
Stern
9
Sack
Sack
Wittwer
Wittwer
Sack
10
Heymann
Stern
Sack
Sack
Wittwer
Rang
2004
2003
2002
2001
2000
1
Thalia
Thalia
Thalia
Thalia
Phönix
2
Weltbild
Hugendubel
Hugendubel
Hugendubel
Hugendubel
3
Hugendubel
Weltbild
Weltbild
Weltbild
Weltbild
4
Mayersche
Mayersche
Mayersche
Mayersche
Mayersche
5
Schweitzer
Schweitzer
Schweitzer
Gondrom
Thalia
6
Gondrom
Gondrom
Buch & Kunst
Bouvier
Bouvier
7
Buch & Kunst
Buch & Kunst
Gondrom
Weiland
Weiland
8
Weiland
Weiland
Bouvier
Habel
Buch & Kunst
9
Lehmanns
Habel
Weiland
Buch & Kunst
Gondrom
10
Habel
Bouvier
Habel
Kiepert
Kiepert
Tabelle 23: Die zehn größten deutschen Sortimentsbuchhändler inklusive Filialunternehmen der Jahre 2000 bis 2009. 646 Vgl. Spielmann / Wilking 2009, S. 22f.
242
III Unternehmenskonzentration im Sortimentsbuchhandel
Besteht also am Ende kein Zusammenhang zwischen Wettbewerb und Anbieterkonzentration? Für den Sortimentsbuchhandel ist festzustellen, dass sich durch die Konzentration der Wettbewerb unter ähnlich positionierten Konkurrenten verstärkt hat.647 Davies bringt ein, dass dieses Verhältnis zusätzlich von der Dynamik unter den Anbietern abhängt.648 Das bedeutet, dass nur dann eine hohe Konzentration mit einer geringeren Wettbewerbsintensität einhergeht, wenn es stets identische Unternehmen sind, die das Anbieterfeld noch dazu in immer gleicher Rangfolge anführen. Auch diese Annahme ist für den deutschen Endbuchhandel abzulehnen, da die Übernahme- und Beteiligungsaktivitäten der Marktführer allein die Identität der Unternehmen nicht gewährleisten. Zudem gibt es in längerer Frist immer wieder Verschiebungen in der Reihenfolge der Marktführer, obwohl diese gerade in der Spitzengruppe zunehmend seltener vorkommen (s. Tabelle 24). Folglich bestätigt sich für den Sortimentsbuchhandel, dass Effekte der zunehmenden Konzentration die Intensivierung des Wettbewerbs auf Einzelhandelsebene und die Zunahme der Wettbewerbsverhältnisse in ihrer Komplexität sind. 3.1.1.2 Anbieterstruktur Bereits im Rahmen der Analyse der Branchensituation im ersten Hauptteil dieser Arbeit wurde auf die Tendenzen der Bereinigung hingewiesen, die v. a. im Ausscheiden unrentabler Betriebe von großen und kleinen Betreibern besteht. Allerdings ist dies nicht in direkten Zusammenhang mit der Konzentrationsentwicklung zu bringen. Dazu müssen Verschiebungen unter den Anbietergruppen betrachtet werden. Strukturrelevante Fakten sind Anbieterzahlen und die entsprechenden Marktanteile. Der einfachste Nachweis kann für die Entwicklung der Großunternehmen geführt werden, da hier die Datenlage gut ist. Wie obige Tabelle zeigt, hat es im Feld der größten zehn Unternehmen, die mit Ausnahme der Buchhandlung Stern ausschließlich Filialunternehmen sind, mittelfristig kaum Veränderungen gegeben – zumindest nicht in dem Sinne, dass völlig neue Anbieter hinzugestoßen wären. Dafür aber sind diese Unternehmen weiter gewachsen – sowohl in Umsatzzahlen als auch in Filialzahlen. Allein von 2006 bis 2008 hat der kumulierte Jahresumsatz der größten zehn um knapp 400 Millionen Euro zugenommen. Ein ähnliches Bild zeigt eine Auswertung des Buchreport, die allerdings auch die Unternehmen der Nachbarländer Österreich und Schweiz sowie Unternehmen des Bahnhofs- und Warenhausbuchhandels beinhaltet. In einem stagnierenden Markt ist der Umsatz der 50 Größten Unternehmen stets angewachsen, 647 Vgl. Wesener 2009, S. 28. 648 Vgl. Davies 1988, S. 112.
3 Auswirkungen des Konzentrationsprozesses im Sortimentsbuchhandel
243
z. B. von 2002 bis 2009 von 2,25 Milliarden Euro auf 3,20 Milliarden Euro. Der Anteil der zehn Größten daran hat bis 2005 um die 60 % gelegen, während er 2009 bei 75 % lag.649 Die Raumakkumulation hat zudem zugenommen – dies v. a. aufgrund von zahlreichen Neueröffnungen. Allein beim Marktführer von 2000 und 2009 (Thalia, ehemals Phönix und Thalia als eigenständige Unternehmen) ist die Verkaufsfläche von 54.634 qm auf 219.000 qm gestiegen. Auch die Filialanzahl kletterte von 75 auf 245.650 Aufgrund der Entwicklungen unter den größten Unternehmen des Sortimentsbuchhandels kann man von einem partiellen Trend zur Oligopolisierung sprechen.651 Da jedoch nicht nur die Entwicklungen unter den wenigen großen Unternehmen entscheidend sind, hat sich Ehrlinger separat den Auswirkungen der Konzentration auf den Mittelstand angenommen.652 Das stellt für den Sortimentsbuchhandel ein wichtiges Thema dar, weil hier viele Unternehmen angesiedelt sind. Der Vertrieb von relativ wenig erklärungsbedürftigen und problemlosen Waren würde am stärksten von der Konzentrationswirkung getroffen, gleichzeitig aber wirke ein gegensätzlicher Trend zur Individualisierung und Differenzierung.653 Da es sich bei Büchern wie oben beschrieben um Waren handelt, die nicht eindeutig bzw. nicht grundsätzlich als erklärungsbedürftig einzustufen sind, spielen für den Sortimentsbuchhandel beide Entwicklungsrichtungen eine Rolle. Da sich die Fragen nach dem Erklärungsbedarf und der Problemlosigkeit nicht ex ante und im Allgemeinen bzw. für alle Warengruppen oder gar für alle Titel beantworten lassen, kann ein Ansatz von der Kundensicht aus hilfreich sein. Geht man davon aus, dass es für den Kunden problemlose Waren gibt oder solche, bei deren Kauf keine Erklärung oder Beratung gewünscht wird, dann tendiert in diesem Bereich die optimale Betriebsgröße hin zu Großbetrieben. Die Massenvertriebsfähigkeit lässt die Betriebsgrößen ansteigen, indem unter Kostenaspekten unteroptimale Betriebsgrößen ausgeschaltet werden oder zu größeren heranwachsen.654 Dies korrespondiert mit der Entwicklung der Großflächen(-Filialen) im Bucheinzelhandel, deren Geschäftsmodelle ja häufig einen hohen Selbstbedienungsanteil beinhalten. Das Wachstum dieser Anbieter, sei es insgesamt oder auf die Verkaufsfläche der einzelnen Betriebe bezogen, bestätigt diese Annahme. Für mittel-
649 Vgl. Spielmann / Wilking 2009, S. 17. 650 Die Zahlen beziehen sich jeweils auf den deutschen Sprachraum, d. h. inkl. der Filialen in Österreich und der Schweiz. Vgl. Spielmann / Wilking 2009, S. 25; Wilking 2010, S. 20; Langendorf 2001, S. 11. 651 Vgl. Schenk u. a. 1984, S. 219. 652 Vgl. Ehrlinger 1962, S. 181–195. 653 Vgl. ebd., S. 186. 654 Vgl. ebd., S. 188.
244
III Unternehmenskonzentration im Sortimentsbuchhandel
ständische Unternehmen bleiben hier nur Chancen auf einen Marktverbleib, falls sie sich Kooperationen anschließen oder ein lokales Alleinstellungsmerkmal aufweisen. Den Bedarf an Büchern, der aber aus Kundensicht mit notwendigen Beratungsleistungen verbunden ist, decken demzufolge Fach- oder Spezialgeschäfte ab. Hier wiederum sind Individualisierung und Differenzierung prägend. Für den Sortimentsbuchhandel zeigt sich dies an den zahlreichen Forderungen nach Profilbildung und klarer Zielgruppenausrichtung unter Zuhilfenahme aller Marketing-Instrumente.655 Hier ergeben sich die besten Chancen für kleine und mittelständische Unternehmen.656 Dennoch sind sie von den Konzentrationsentwicklungen am stärksten betroffen. Nimmt doch der Marktanteil der Großflächen und der Erlebnisbuchhandlungen, die z.T. im Stande sind die, differenzierten Leistungen der Fach- und Spezialgeschäfte zu imitieren, ständig zu. Der buchhändlerische Mittelstand steht in Konkurrenz zu Schmalspursortimenten, zu Filialunternehmen mit allgemeinen und spezialisierten Sortimenten und darüber hinaus im Gruppenwettbewerb zu Kooperationen. Die ca. 3.800 Buchhandlungen, die Mitglieder des Börsenvereins sind, stellen die maximale Anzahl der Sortimentsbuchhändler dar, da es keine genaueren Zählungen gibt. Davon müssen ca. 700 Mitglieder in Verbünden abgezogen werden, da diese ja unter Umständen für den Handel mit wenig erklärungsbedürftigen Waren vergleichsweise besser gerüstet sind. Weiter zu substrahieren sind sämtliche 24 Filialunternehmen (separate Zählung der einzeln sichtbaren Marken der DBH und von Thalia). Die übrigen ca. 3.060 Buchhandelsunternehmen bilden die große Masse des Mittelstands. Ihr Marktanteil jedoch spiegelt nicht diese Proportionen wider, sondern liegt unterhalb der 30 %-Schwelle, mit Tendenz zum weiteren Rückgang.657 3.1.2 Ausgewählte betriebswirtschaftliche Aspekte 3.1.2.1 Funktionsverschiebung In Folge von Konzentrationsprozessen kann es darüber hinaus zu innerbetrieblichen Veränderungen kommen, die z. B. die betrieblichen Funktionen der Einzelhandelsunternehmen betreffen können. Es lassen sich zwei unterschiedliche Grundtendenzen feststellen: Die unteren Unternehmensgrößenklassen tendieren zur Funktionseinengung durch Ausgliederungen, während die größeren Betriebe zur Ausweitung neigen, indem sie Funktionen anderer Wirtschaftsstufen eingliedern.658 655 656 657 658
Vgl. Buchreport 2009a, S. 10f. Vgl. Ehrlinger 1962, S. 186–188. Vgl. Börsenverein des Deutschen Buchhandels e.V. 2007, S. 14. Vgl. Dobson u. a. 2003, S. 121; Ehrlinger 1962, S. 175.
3 Auswirkungen des Konzentrationsprozesses im Sortimentsbuchhandel
245
Die Funktionsausweitung lässt sich mit den konzentrationsbedingten Anreizen für bereits stark konzentrierte Großunternehmen in Verbindung bringen: Sie können ihre Größenersparnisse und ihre Unabhängigkeit weiter sowie sinnvoll ausbauen. Das hat zur Folge, dass es zunehmend mehrstufige Unternehmen gibt; d. h. Unternehmen, die sowohl Einzelhandels- als auch Großhandelsfunktionen ausüben, allerdings in der Reinform unter organisatorischer und räumlicher Trennung.659 Für Sortimentsbuchhandelsunternehmen bedeutet dies die teilweise Eingliederung v. a. großhändlerischer Aufgabenbereiche in ihre Zentralbereiche. Produktionsfunktionen entfallen im Wesentlichen. Offensichtlich erscheint die Funktionsausweitung bei Filialunternehmen in den Einkaufsbereichen. Durch die zentralisierte Beschaffung, die Bündeleffekte hervorbringt, und die Einkaufspolitik, die auf eine Optimierung der Beschaffungswege unter Berücksichtigung der Verlagsbeschaffung soweit sinnvoll ausgerichtet ist, werden klassische Großhandelsfunktionen übernommen. Dass es sich dabei um eine Entwicklung hin zur echten Mehrstufigkeit handelt, davon zeugt die Organisationsstruktur des Marktführers Thalia, in die bis vor kurzem eine Service Gesellschaft (Thalia Service GmbH, Hagen) eingebettet war. Neben den Beschaffungsfunktionen können weitere Aufgaben in Großunternehmen integriert sein, so z. B. Marktforschung oder aber Versand- oder Zustelldienstleistungen beispielsweise über eigene Kuriere. Auf der anderen Seite des Anbieterfelds hingegen bedarf es des Abbaus des Funktionsspektrums. Das bedingt wiederum die zunehmende Anbieterkonzentration. Es kann unter Umständen zur Kostenoptimierung beitragen, die in einer intensiveren Konkurrenz für den Erhalt der Leistungs- und Wettbewerbsfähigkeit notwendig ist. Klassischerweise für die Ausgliederung geeignet sind bei Handelsunternehmen, insbesondere im Sortimentsbuchhandel, die Werbe- und Kommunikationsfunktionen. Das geschieht häufig durch den Anschluss an Kooperationsgruppen, die neben der Bestellbündelung gemeinsame Werbung anbieten.660 Außerdem bieten einige Verbünde, wie auch die Barsortimente, zusätzlich die Betreuung des Online-Geschäfts an, was weitere Ressourcen bei den unabhängigen Buchhändlern freistellt. Betrachtet man sich die Dienstleistungsangebote der Barsortimente wie Libri und KNV weiter, so bieten sich hier weitere Möglichkeiten der Auslagerung. Beispielhaft genannt sind hier die umfassenden Software-Lösungen für Recherche und Warenwirtschaft, wodurch auch Steuerungsaufgaben an die Barsortimente übertragen werden können. Noch darüber hinaus gehen die Möglichkeiten der Ausgliederung für Sortimente, wenn die Barsortimente teilweise Sortimentsbetreuung anbieten, z. B. so genannte Aktionswannen zur Sorti659 Vgl. ebd. 660 Vgl. Kahlefendt 2009, S. 30.
246
III Unternehmenskonzentration im Sortimentsbuchhandel
mentserweiterung oder Systemlösungen für einzelne Warengruppen. Beispielsweise bietet Libri das für fremdsprachige Taschenbücher und Hörbücher ebenso an wie KNV bereits seit 2004 als Warengruppen-Abonnements.661 Zudem böten einige Verlagsauslieferungen Rundum-Sorglos-Pakete für Dienstleistungen an.662 Gerade hier kommt ein weiterer möglicher Nutzen der Funktionseinengung zum Tragen: Die Sortimenter verfügen trotz der teilweisen Abgabe der Sortimentssteuerung und -bestückung über ein gepflegtes Sortiment. Zudem wird das Risiko reduziert, da Rücksendungen regelmäßig möglich sind. Um die Beratungsqualität trotz Fremdeinkauf zu erhalten, müssen Inhaltsinformationen, z. B. in übergreifenden Vorschauen, angeboten werden. Langfristig ist mit dieser Entwicklung eine Reduktion der Handelsfunktionen auf Marketing und Verkauf verbunden; der Bereich des Auswählens, des ‚Sortierens‘ entfiele. Bei den Finanzierungsfunktionen aber erscheint gerade der Forderungsverkauf (Factoring) im Bereich des Bargeschäfts mit privaten Endkunden nicht lohnend. Dies lässt darauf schließen, dass im Sortimentsbuchhandel einige Tendenzen zur asymmetrischen Funktionsverschiebung klar erkennbar sind. Jedoch wurde die Auslagerungen bzw. Eingliederungen nicht erschöpfend vollzogen. Es ist folglich von einer mittleren Bedeutung dieses Wirkungsbereichs auszugehen. 3.1.2.2 Produktivitätsentwicklung Zentral für den Sortimentsbuchhandel ist derzeit die Problematik der Raum- oder Verkaufsflächenproduktivität, als Umsatz je qm Verkaufsfläche.663 In Folge des intensiven Verdrängungswettbewerbs, der ebenso unter den Handelssystemen stattfand, konnte eine enorme Verkaufsflächenexpansion beobachtet werden. Sie wurde in den vergangenen Jahren durch die Filialunternehmen forciert. Beispielsweise zogen die angestammten Filialen auf größere Flächen um oder die Ladenlokale wurden dementsprechend ausgebaut, z. B. geschehen beim Thalia Buchhaus Campe in Nürnberg oder diversen Häusern der Mayerschen Buchhandlung. Die Flächenexpansion diente zur Standortsicherung v. a. in mittleren Großstädten oder Mittelstädten. Dies führte zu einer verstärkten Konzentration der Verkaufsflächen auf die Marktführer, außerdem zu Überkapazitäten – es ist gar von einer Flächenblase die Rede.664 Damit einhergehen könnte nämlich ein starker Rückgang der Flächenproduktivität, einer einzelhandelstypischen Entwicklung.665 Das deutet sich auch für den Sortimentsbuchhandel an. So 661 662 663 664 665
Vgl. Libri GmbH 2009; Baier 2007b, S. 9. Vgl. Baier 2007c, S. 20. Vgl. Schenk u. a. 1984, S. 222. Vgl. Buchreport 2009b, S. 1. Vgl. Schenk u. a. 1984, S. 222.
3 Auswirkungen des Konzentrationsprozesses im Sortimentsbuchhandel
247
wird z. B. bei Thalia die Umsatzentwicklung kritisch gesehen, da hohe Umsatzzuwächse (z. B. Geschäftsjahr 2006/07 im Vergleich zum Vorjahr +30,2 %) nur durch neue oder übernommene Betriebe (im selben Zeitraum +81) generiert werden, flächenbereinigt aber viel geringer ausfallen (1,6 % flächenbereinigtes Umsatzwachstum).666 Der Trend zum schwachen flächenbereinigten Wachstum setzt sich insbesondere bei geringem Flächenwachstum fort: Im Geschäftsjahr 2008/09 stehen 6,6 % Umsatzplus einem flächenbereinigten Ergebnis von +0,8 % gegenüber – und das bei einer um drei größere Filialanzahl mit insgesamt 5.700 qm mehr Verkaufsfläche. Allerdings mangelt es auch hier an umfangreichem Datenmaterial, anhand dessen die Entwicklung in einzelnen Umsatzgrößenklassen und v. a. in den obersten, da am meisten flächenmäßig gewachsenen nachgezeichnet werden könnte. Die Werte aus dem Betriebsvergleich des Sortimentsbuchhandels jedenfalls lassen keinen eindeutigen Zusammenhang zwischen Betriebsgröße und Barumsatz je qm Verkaufsfläche erkennen. Da sich überdies der Nachweis der Flächenproduktivitätsentwicklung als Konzentrationseffekt schwierig gestaltet, handelt es sich hier wohl um eine Auswirkung geringer Bedeutung. 3.1.2.3 Beschäftigtenstruktur Der Zusammenhang zwischen Konzentration und Beschäftigtenstruktur lässt sich für Einzelhandelsbranchen im Allgemeinen kaum nachweisen.667 Besonders schwierig ist das für qualitative Veränderungen. Allerdings sind die Überlegungen theoretisch begründet. Zunächst sind quantitative Veränderungen möglich: Gerade Großunternehmen mit vielen und mitunter großen Filialen benötigen mehr Arbeitskräfte als kleinere Sortimente, wenngleich der hohe Selbstbedienungsanteil bei Großflächen keine proportionale Entwicklung vermuten lässt. Der Personalausbau bestätigt sich anhand der Statistiken: In den Jahren 2005 bis 2009 wurden durchschnittlich 34.700 Beschäftigte im Einzelhandel mit Büchern und Fachzeitschriften gezählt;668 1997 waren es 31.100 und 1993 nur 29.300.669 Gleichzeitig ist bereits Ende der 1990er Jahre ein kräftiger Anstieg der Teilzeitbeschäftigung im Bucheinzelhandel zu verzeichnen gewesen. 1999 hatte der Anteil der Vollzeitbeschäftigten auf nur noch gut die Hälfte aller Beschäftigten abgenommen.670 666 667 668 669 670
Vgl. Schulte 2008h, S. 20f.; Schulte 2009, S. 8; Douglas Holding AG 2009. S. 32, 36. Vgl. Schenk u. a. 1984, S. 225. Vgl. Börsenverein des Deutschen Buchhandels e.V. 2010, S. 96. Vgl. Börsenverein des Deutschen Buchhandels e.V. 2000, S. 102. Vgl. ebd. Börsenverein des Deutschen Buchhandels e.V. 1999, S. 112.
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III Unternehmenskonzentration im Sortimentsbuchhandel
Qualitative Veränderungen in Folge einer zunehmenden Anbieterkonzentration lassen an eine Polarisierung der Qualifikationsstruktur denken. Das bedeutet einerseits, dass mehr hochqualifizierte Arbeitskräfte für Management-, Verwaltungs- und Führungsaufgaben in Großunternehmen benötigt werden. Indiz für entsprechende Anstrengungen der Buchhandelsunternehmen ist z. B. die Personalpolitik von Thalia mit einem internen Qualifikationsprogramm (Thalia Academy) und mit Bemühungen um (Führungskräfte-)Nachwuchs und dessen Ausbildung über gezieltes Hochschulmarketing und Trainee-Programme.671 Andererseits bringt die Zentralisierung in Filialunternehmen oder Kooperationen einen geringeren Bedarf an mittleren Kompetenzen in den einzelnen Betrieben mit sich. Dies lässt sich derzeit aber für den Sortimentsbuchhandel aufgrund vieler Fachkräfte und sogar Fachkräftemangels nicht bestätigen.672 Außerdem kann der Rationalisierungsdruck die ausführenden Arbeiten ergreifen, sodass vermehrt un- oder angelernte Beschäftigte, v. a. in Teilzeit, mit entsprechenden Aufgaben betraut werden. Allerdings fallen auch hier die Anforderungen der Buchhandelsunternehmen an ihre Mitarbeiter aus dem Rahmen. Selbst ein Blick auf Stellenanzeigen der Schmalspursortimente lässt ein Mindestmaß an Fach- und Marktkenntnissen erkennen: Das Bewerberprofil spricht Buchhändler/-innen oder Personen an, die etwas von Büchern und DVDs oder Musik und Filmen verstehen.673 Einer der Pole gilt für den Sortimentsbuchhandel also nur in abgeschwächter Form. Als zusätzlicher Einflussfaktor auf die spaltende Entwicklung kann künftig das Vordringen selbstbedienungsfähiger Waren wirken, der ja gleichermaßen Voraussetzung für den Vertrieb von Büchern in großen Einzelhandelsformen ist.674 Aufgrund der Nachweisunsicherheiten und der theoretischen Überlegungen zur Entwicklung der Beschäftigtenstruktur des Buchhandels ist dieser Aspekt zunächst nicht eindeutig als Auswirkung des Konzentrationsprozesses festzumachen. Zudem lassen sich nur tendenzielle Veränderungen erkennen, die eine geringgewichtige Einschätzung dieses Aspekts nahe legen. 3.2 Auswirkungen auf die vor- und nachgelagerten Wirtschaftsstufen Kennzeichnend für Einzelhandelsbranchen sind beschaffungs- wie absatzseitig viele Marktpartner, sodass vielfältige Liefer- und Kundenbeziehungen vielfältige Handelskettenvarianten generieren.675 Dies soll für diese Untersuchung vereinfacht werden: 671 672 673 674 675
Vgl. Douglas Holding AG 2009, S. 23, 81; Douglas Holding AG [26.06.2009], S. 12. Vgl. Börsenverein des Deutschen Buchhandels e.V. 2008, S. 98. Vgl. Verlagsgruppe Weltbild GmbH [26.06.2009]; Börsenblatt des Deutschen Buchhandels 2008, S. 241. Vgl. Schenk u. a. 1984, S. 226f. Vgl. ebd., S. 228.
3 Auswirkungen des Konzentrationsprozesses im Sortimentsbuchhandel
249
Für die dem Sortimentsbuchhandel nachgelagerte Stufe werden nur die privaten Verbraucher, nicht aber die institutionellen Abnehmer betrachtet. Zudem sind nur aggregierte Aussagen hierfür möglich. Die Betrachtung der vorgelagerten Stufen aber umfasst sowohl die Hersteller (Verlage) als auch die Zwischenhändler (Barsortimente) deren Vertriebsanteile aber je nach Betriebsform des Einzelhandels unterschiedlich ausfallen und sich in unterschiedliche Richtungen entwickeln. 3.2.1 Verlage Betrachtet man die Auswirkungen des Konzentrationsprozesses auf den herstellenden Buchhandel, so stehen dabei die Absatzbereiche im Vordergrund. Beschaffung und Produktion sind weniger bedeutsam, weil sie die Handelsbeziehung mit den Sortimenten nicht direkt betrifft. Allerdings können langfristig auch diese Bereiche von Konzentrationseffekten in der zweiten Runde erfahren. 3.2.1.1 Absatzpolitik Ursache möglicher Einflussnahmen auf absatzpolitische Aspekte sind veränderte Machtpositionen unter den Teilnehmern der ersten und dritten Wirtschaftsstufe. Die offensichtlich zunehmende Nachfragemacht ist neben der Angebotsmacht eine Form von ökonomischer Macht oder Marktmacht. Der Machtbegriff beschreibt die Möglichkeit zur Durchsetzung des eigenen Willens auch gegen Widerstände.676 Es ist jedoch nicht konsent, zunehmende Nachfragemacht als Auswirkung des fortschreitenden Konzentrationsprozesses zu sehen. Nachfragemacht beruhe nur bedingt auf Unternehmenskonzentration oder Monopol- bzw. Monopsonstellungen, sondern auf einem Beherrschungs-Abhängigkeits-Verhältnis zwischen nur zwei sich gegenüber stehenden Marktpartnern.677 Dies sei auch als Weisungsmacht zu verstehen, die wiederum eine Ursache fortschreitender Anbieterkonzentration ist. Diese Sichtweise kann für den Sortimentsbuchhandel angenommen werden, da nicht von Grund auf von einer missbräuchlichen Ausnutzung einer exponierten Wettbewerbsposition auszugehen ist. Es liegen keine Belege vor, die übermäßige Druckausübung auf den herstellenden Buchhandel seitens aller Buchhandelsunternehmen oder auch nur seitens aller Groß- und Filialunternehmen bestätigen. Eine Pauschalisierung des Machtbegriffs ist folglich nicht sinnvoll. Vielmehr muss man als „individuelle Übermacht des Anbieters
676 Vgl. ebd., S. 229. 677 Vgl. Arndt, Helmut: Die missverstandene Nachfragemacht. In: Wirtschaftsdienst 1978, S. 33, zitiert nach Schenk u. a. 1984, S. 230.
250
III Unternehmenskonzentration im Sortimentsbuchhandel
oder Nachfragers“678 bzw. „relative Marktüberlegenheit“679 verstehen. Entsprechende Ursachen dafür sind auch in der hier fokussierten Branche gegeben. So ist es die originäre Leistung der führenden Sortimentsbuchhändler, v. a. mit ihren überregionalen und nationalen Filialunternehmen eine flächendeckende Verbreitung durch ein jeweils einheitliches Geschäftsmodell anzubieten, das z.T. auch eine exponierte Präsentation der Waren ermöglicht.680 Eine Situation der Übermacht zwischen Verlagen und Endkundenhandel erfordert zusätzlich die Knappheit dieser Leistungen. Aus rein quantitativer Perspektive, d. h. wenn man sich die Anzahl der Sortimentsbuchhandlungen und deren Verbreitung ansieht, kann dies für den Bucheinzelhandel nicht bestätigt werden, es sei denn, man berücksichtigt auch qualitative Aspekte. Unterschiedliche Betriebsformen und Handelskonzepte differenzieren die Anbieter. Beispielsweise sind es v. a. Filialunternehmen, die große Flächen in 1A-Lagen mit starker Kundenfrequenz und deshalb hoher Absatzwahrscheinlichkeit bewirtschaften und noch dazu Erlebniskonzepte anbieten. Diese Anbieter befinden sich gegenüber der Masse der Fach- und Spezialgeschäfte, die häufig nur lokal und mit einem Ladengeschäft tätig sind, in einer hervorragenden Position. Diskussionswürdiger erscheint die von Schenk u. a. vorgeschlagene Beschränkung der Nachfrageübermacht auf einen unikalen Transaktionsakt.681 Meine Kritik setzt daran an, dass von einer Transaktion noch nicht auf ein dauerhaftes Verhältnis geschlossen werden kann, das aber dem Machtbegriff hier inhärent ist. Das bedeutet, erst die stete Durchsetzung der Handelsinteressen gegenüber mehreren Lieferanten oder Produzenten lässt auf die Existenz eines mächtigen abnehmenden Verhandlungspartners schließen. Das heißt jedoch nicht, dass der Handel grundsätzlich mächtig ist, wie im ersten Analyseschritt deutlich gemacht wurde. Zudem entspricht Verhandlungsstärke nicht der tatsächlich durchgesetzten Macht oder gar dem Machtmissbrauch, der zusätzlich den gesamtwirtschaftlichen Schaden in Folge der Willensdurchsetzung impliziert. Im Ergebnis der Analyse der Nachfragemacht ist wiederum Übereinstimmung mit Schenk u. a. festzustellen: Nachfrage(über)macht könne nicht allein auf Konzentration oder Unternehmensgröße oder eine monopolähnliche Stellung zurückgeführt werden, sondern ebenso Ausdruck überlegener Leistung im Wettbewerb sein. Übertragen auf den Bucheinzelhandel meint Letzteres z. B. der einzige Betreiber von MAspezialisierten und preisorientierten Ladengeschäften zu sein, wie es die DBH mit den 678 679 680 681
Schenk u. a. 1984, S. 230. Ebd. Vgl. ebd. Vgl. ebd., S. 230f.
3 Auswirkungen des Konzentrationsprozesses im Sortimentsbuchhandel
251
Ketten Weltbild, Wohlthat’sche und Jokers ist. Allerdings stellt die Anbieterkonzentration eine begünstigende Nebenbedingung des Nachfragemachtphänomens dar, indem sie z. B. einzigartige Marktpositionen fördert. Nach Definition und Diskussion der Nachfragemacht für den Sortimentsbuchhandel bleibt noch eine Frage offen: Hat die konzentrationsbedingt begünstigte Konstellation Auswirkungen, und wenn ja, welche? Erstens kann die Nachfragemacht dazu führen, dass die preispolitische Kontrolle den Herstellern entgleitet.682 Dies ist der Fall, wenn die Endkundenhändler aufgrund ihrer einzigartigen und knappen Leistungen, z. B. als alleiniger Abnehmer sehr großer Mengen oder als flächendeckender Versorger, sehr hohe Leistungsentgelte in Form von Rabatten einfordern und gewährt bekommen. Darüber hinaus sind dem Praktiken wie Forderungen von hohen Werbekostenzuschüssen, Regalmieten oder Beteiligungen der Hersteller an Investitionen wie z. B. Neueröffnungen und Umbauten zuzurechnen. Das Ausmaß der Wirkung solcher machtbedingter Forderungen hängt von der individuellen Verwundbarkeit der Hersteller ab. Mittelständische Verlagsunternehmen fällt es schwerer, dagegen zu halten. Sie sind stärker von den Einzelhändlern abhängig als große Verlage oder Verlagsgruppen. Letztere aber sind von einem weiteren Problem betroffen: der Markenkonkurrenz. Sofern eine Verlagsmarke etabliert werden konnte, kann es eine Herausforderung darstellen, als solche im Sortiment großer Filialunternehmen sichtbar zu bleiben. Es ist nämlich schwierig von Seiten der Verlage, Marketing-Instrumente, v. a. verkaufsfördernde und werbende Mittel, in diesen Handelsunternehmen zu platzieren. Die Filialisten wollen mit ihrer eigenen Händlermarke präsent sein und die Konkurrenz durch inhäusig zu starke Verlagspräsentationen vermeiden.683 Obwohl also die Nachfragemacht nicht ausschließlich von hohen Konzentrationsgraden auf der Handelsebene herrührt, sind die Veränderungen und Einflüsse auf die Absatzpolitik der Verlage doch vielfältig. Folglich wird die dennoch als starke Konzentrationskonsequenz gewertet. 3.2.1.2 Funktionsveränderungen Da Groß- und Filialbuchhändler als Großabnehmer der Verlage z.T. Funktionen der vorgelagerten Stufen eingliedern und eigene Marketing-Aktivitäten denen der Verlage vorziehen, ist es nötig auf funktionelle Veränderungen der Hersteller einzugehen. Verändert sich in Folge dessen die innerbetriebliche Organisation dieser Tätigkeiten, die
682 Vgl. Ehrlinger 1962, S. 149f. 683 Vgl. Flessenkemper 2009; Dobson u. a. 2003, S. 121.
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III Unternehmenskonzentration im Sortimentsbuchhandel
zur Erfüllung der Absatzaufgabe dienen?684 Obwohl die erstarkenden Handelsunternehmen die Vermutung nahe legen, kann dies derzeit nicht für Verlagsunternehmen bestätigt werden. Die Bereiche der Absatzvorbereitung bzw. Verkaufsförderung werden nicht reduziert. Man kann aber von einer Differenzierung je nach Gewicht des Handelspartners ausgehen. Damit ist gemeint, dass Verlage für die Betreuung von Großkunden, ob Filialunternehmen oder Zwischenhändler, so genannte Key Account Manager beschäftigen (s. Abbildung 17). Für die Unternehmen mit geringerem Abnahmevolumen sind hingegen die traditionellen Vertriebsmitarbeiter zuständig. Für eine Differenzierung der Absatzfunktionen anstelle deren Reduktion spricht auch der Erhalt des Außendiensts, d. h. der Verlagsvertreter. Die einzelnen Betriebe der Filialunternehmen aber empfangen diese häufig nicht mehr. Stattdessen finden Vertreterbörsen statt oder der Zentraleinkauf ist Ansprechpartner für den direkten Kontakt zu den Herstellern bzw. deren Schlüsselkundenbetreuern. Die Wirkung der Konzentration auf die Absatzfunktionen der Verlage ist zwar nachzuweisen, jedoch von unterdurchschnittlicher Bedeutung, die allenfalls eine erhöhte Komplexität der Absatzorganisation zur Folge hat. Gleiches gilt für die zu ergreifenden absatzpolitischen Maßnahmen. Auch hier ist von einer Differenzierung des Spektrums entsprechend der Abnehmer auszugehen. 3.2.2 Zwischenbuchhandel 3.2.2.1 Logistik Eine der wesentlichen Aufgaben der Zwischenbuchhändler ist die Distributionslogistik. Dies trifft auf Verlegerkommissionäre und Barsortimente gleichermaßen zu. Der logistische Bedarf bleibt trotz Anbieterkonzentration grundsätzlich erhalten. Ein Wandel ist aber denkbar, weil Großunternehmen oder Kooperationen von einzelnen Unternehmen eigene Logistikstrukturen aufbauen könnten.685 Nachweislich trifft das im Sortimentsbuchhandel zu, da diese Systeme des Endkundenhandels Zentraleinkaufsabteilungen einrichten bzw. Einkäufe bündeln und Zentrallager unterhalten. Doch lässt sich keine negative Wirkung auf die Zwischenbuchhändler feststellen, die ihnen die funktionelle Geschäftsgrundlage entzieht. Viel mehr erweitern sie ihre Leistungen, weil die Betreuung und die physische Umsetzung doch wieder in weiten Teilen den Großhandelsunternehmen überlassen werden.686 Die 684 Vgl. Ehrlinger 1962, S. 122. 685 Vgl. ebd., S. 143. 686 Vgl. Brunn / Blömeke 2009, S. 199.
3 Auswirkungen des Konzentrationsprozesses im Sortimentsbuchhandel
253
Kosten für den Aufbau eines eigenen Lagers und eigener Logistikstrukturen würden die Ersparnisse für die Einzelhändler deutlich übersteigen. Zusätzlich positiv auf die Zwischenhandelsstufe wirkt, dass die Großunternehmen des Einzelhandels Kunden der Barsortimente sind (s. Abbildung 17), wenn es um die kurzfristige und kleinteilige Beschaffung, v. a. im Durchlaufgeschäft geht. Wenngleich es sich um Funktionsausweitungen und ggf. Umsatzsteigerungen für die Zwischenhändler handelt, ist gerade die positive Auswirkung der fortschreitenden Konzentration als gewichtig einzustufen. 3.2.2.2 Strategien Die zunehmende Konzentration bringt aber für die Zwischenhändler nicht nur originär positive Entwicklungen mit sich. Eine Gefährdung geht von einem der drei Faktoren aus, die die Existenz von Barsortimenten rechtfertigen: der hohen, sich nun aber reduzierenden Anzahl an Endkundenhändlern.687 Deshalb sind gerade Barsortimente dazu gezwungen, neue Strategien zu entwickeln und sich als „Fullservice-Anbieter“688 zu positionieren. Dies soll der langfristigen Unterstützung der unabhängigen Einzelhandelskunden und damit der langfristigen Sicherung weiter Geschäftsteile dienen. Ein wesentlicher Bereich besteht im Ausbau des technischen Supports in Form von Softwarelösungen. Insbesondere Warenwirtschaftssysteme ermöglichen über konsequentes Controlling, dass die sortimenterischen Betriebsabläufe optimiert werden. Darüber hinaus stellen sie die Voraussetzung für zahlreiche weitere Dienstleistungen der Barsortimente dar. Diese können z. B. in Beratungsleistungen bestehen oder in Verkaufsförderungsmaßnahmen. Ebenso fallen die Partnermodelle des Online-Buchhandels darunter, durch die Sortimenter eine Plattform für ihren Internetauftritt inklusive Online-Shop bekommen ebenso wie dessen inhaltliche Füllung. Darüber hinaus bietet z. B. Libri mit Libri.campus Fortbildungen an, die für den optimalen Einsatz der zahlreichen Dienstleistungsangebote für Buchhändler schulen sollen.689 Besonders zu erwähnen ist das Angebot, das Sortiment bzw. einzelne Warengruppen komplett zu betreuen. Offeriert wird dies beispielsweise im Rahmen des so genannten Libri.Regalmanager.690 Dabei handelt es sich um ein computergesteuertes Bestückungs- und Nachbestellsystem. Es basiert auf einem Algorithmus, durch den jeder verkaufte Artikel entweder durch ein weiteres Exemplar oder einen neuen, pas687 688 689 690
Vgl. Baier 2007c, S. 16. [Bellmann] 2009, S. 19. Vgl. ebd. Vgl. Koeffler 2008, S. 45. Alle nachfolgenden Informationen zum ‚Libri.Regalmanager‘ wurden daraus entnommen. Auch KNV bietet komplette Warengruppenbetreuung an, vgl. Baier 2007b.
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III Unternehmenskonzentration im Sortimentsbuchhandel
senden Titel ersetzt wird. Der automatischen Steuerung hinterlegt sind die aktuellen Geschäftsdaten, die über das Warenwirtschaftssystem tagesaktuell abgefragt werden. Hinzu kommen nutzerdefinierte Parameter der Sortimentsgestaltung wie z. B. Preisniveau oder -intervall, Ausstattungsmerkmale usw. Der Sortimentsbuchhändler kann sich in Folge der Zeitersparnis und Optimierung beim Einkauf auf seine Kernkompetenzen des Beratens der Kunden und Verkaufens der Titel sowie auf Marketing-Aktivitäten konzentrieren. Währenddessen stellen die Marktkenntnisse der Barsortimente, die v. a. in der Kenntnis individueller und aggregierter betriebswirtschaftlicher Kennzahlen und Abverkaufszahlen eines breiten Kundenstamms bestehen, eine fachgerechte, sogar standortspezifische Warengruppenbetreuung sicher. Potenzial wird den Lösungsmodellen aktuell v. a. bescheinigt, wenn es um die häufig schwierige Betreuung von Warengruppen außerhalb des Kernkompetenzbereichs geht.691 Beispielsweise liegt der Schwerpunkt der Libri-Dienstleistungen auf ausländischen Titeln. Langfristig werden dem System Chancen eingeräumt, kleine Sortimente komplett zu bestücken, die ohne die Bündeleffekte unrentabel arbeiten würden – nicht nur aufgrund schlechterer Konditionen, sondern auch aufgrund der Zeitintensität der Beschaffung und Sortimentspflege. Das hieße für die Barsortimente, dass ebenso weite Teile der Abnehmer wegbrächen; andernfalls aber verspricht man sich eine Win-Win-Situation für beide Handelspartner. Da die Zielgruppe dieser Strategien, die zahlreichen unabhängigen Endkundenhändler, eine große Umsatzbedeutung für die Barsortimente hat, sind diese strategischen Veränderungen als wichtig einzustufen. Damit wirkt die fortschreitende Konzentrationsentwicklung im Endkundenhandel einmal mehr relativ stark auf die direkt vorgelagerte Wirtschaftsstufe. 3.2.3 Verbraucher 3.2.3.1 Versorgungslage Problematisch an den Zukunftsaussichten der Konzentrationsentwicklung erscheint das Negativszenario: Versorgungslücken in ländlichen Gebieten entstünden, da Expansionsbemühungen auf Ballungsgebiete beschränkt werden.692 Ein häufig vorgebrachtes Argument gegen die ungezügelte Konzentration ist im Sortimentsbuchhandel die Verschlechterung der Versorgungslage als Auswirkung auf die Verbraucher. Es wird die teilweise Unterversorgung der Gesellschaft mit Büchern diskutiert. Für den Lebensmitteleinzelhandel geht man jedenfalls davon aus, dass es schlecht versorgte Haushalte,
691 Vgl. Baier 2007, S. 9. 692 Vgl. Münzberg 1990, S. 17.
3 Auswirkungen des Konzentrationsprozesses im Sortimentsbuchhandel
255
aber keine schlecht versorgten Räume in Folge der Konzentration gibt.693 Allerdings ist für die Versorgung mit Büchern zunächst nicht von einem langfristigen Verkaufsstellenrückgang auszugehen. Dies stützen die Fakten der Umsatzsteuerstatistik, die über einen Zeitraum von zehn Jahren annähernd gleiche Unternehmenszahlen zeigt: 1996 zählte man 5.042 Verkaufsstellen, 2006 waren es 5.049. In der Zwischenzeit waren zudem noch höhere Zahlen zu verzeichnen, z. B. 2003 mit 5.127 Verkaufsstellen.694 Erst kurzfristig zeigen sich die Zahlen rückläufig: 4.861 Betriebe waren es 2008.695 Überdies kann der These zugestimmt werden, dass die Versorgungslage in hohem Maße von den Rahmenbedingungen der einzelnen Haushalte abhängt; insbesondere von der Mobilität, die für Einwohner der Peripherie und der ländlichen Gebiete Voraussetzung für den Zugang zu den Verkaufsstätten in Einzelhandelszentren ist. Außerdem hängt die Versorgung von der technischen Ausstattung in Form von Telefon für telefonische Bestellungen oder Internet für Online-Bestellungen beim ambulanten Handel ab. Sowohl die stark angestiegene und weiter steigende Nutzungsrate des Internet – 2006 lag diese bei knapp 60 % – als auch die weite Akzeptanz und die habituelle Nutzung in den Buchhandelszielgruppen,696 lassen auf gute Voraussetzungen für eine alternative Versorgung über E-Commerce-Formen schließen. Dennoch ist eine Verschlechterung der stationären Versorgung außerhalb der Stadtkerne nicht zu leugnen. Aufgrund der weiten Verbreitung der Filialisten wirkt die Konzentration auch räumlich, da die von der Entwicklung begünstigten Filialkonzepte in der Regel in hochfrequentierten innerstädtischen Lagen angesiedelt sind. Dadurch entstehen für die Verbraucher tendenziell längere Wege, was nur teilweise durch den Online-Buchhandel kompensiert wird. Das ist nur dann möglich, wenn das haptische Einkaufserlebnis nicht zwingend notwendig ist und die Zugangsmöglichkeiten sichergestellt sind. Demzufolge können die qualitativen Veränderungen der Versorgungslage als relativ starke Konzentrationswirkung deklariert werden. 3.2.3.2 Kundenbeziehung Ob die Entwicklungen der Kundenbeziehung negativ oder positiv einzuschätzen sind, hängt stark von der Kundensicht bzw. dem Befriedigungsgrad der Kundenbedürfnisse ab. Dazu aber gibt es keine buchmarktspezifischen Erhebungen. Hilfestellung, aber keinen gesamten Beurteilungsmaßstab kann lediglich das Konsumverhalten der ein693 Vgl. Schenk u. a. 1984, S. 234. 694 Vgl. Börsenverein des Deutschen Buchhandels e.V. 2008, S. 29; Börsenverein des Deutschen Buchhandels e.V. 1999, S. 31. 695 Vgl. Börsenverein des Deutschen Buchhandels e.V. 2010, S. 30f. 696 Vgl. Kuhn 2008, S. 7; Adlwarth 2006, S. 11.
256
III Unternehmenskonzentration im Sortimentsbuchhandel
zelnen buchhändlerischen Zielgruppen darstellen, die anhand ihrer Lebensstile differenziert wurden. Die beiden wesentlichen Vorwürfe, d. h. die negativen Konzentrationswirkungen, die in der Literatur zu finden sind, umfassen die Versachlichung der Kundenbeziehung und die zunehmende Anonymität beim Kauf.697 Dem entspricht ein Rückgang der Beratungsintensität. Der lässt sich v. a. für Filialisten als konzentrationsbegünstigte Gruppe bestätigen, wenn man als Indizien die zunehmende Selbstbedienung und die teilweise Funktionsüberwälzung an die Kunden heranzieht. Dies dient der Personalkostenminimierung, einem Kernstück der Geschäftsmodelle der Buchhandelsketten. Diese Annahme trifft insbesondere auf Discountkonzepte zu, da hier die Serviceleistungen zu Gunsten eines preisorientierten Image reduziert werden. Dem entgegenzuhalten sind zum einen die Erlebnisstrategien an sich, die in den Buchkaufhäusern der Filialunternehmen keineswegs zu einer unpersönlichen oder versachlichten Atmosphäre führen. Zum anderen sind es einzelne Marketingmaßnahmen, die Kundennähe suggerieren wie z. B. die persönlichen Buchhändler-Tipps, die im Webauftritt von Thalia eingefügt wurden. Es handelt sich dabei hauptsächlich um Rezensionen von Buchhändlern vor Ort, die außerdem in einem Kurzportrait mit Bild vorgestellt werden.698 Dennoch stellt die zunehmende Verkaufsorientierung, die den Warenumschlag beschleunigen und damit auf Effizienzsteigerungen hinwirken soll, eine Veränderung in der Händler-Hersteller-Beziehung dar. Die zunehmende Betonung der Abschlussorientierung anstelle der bloßen Beratung zeigt sich an unterschiedlichen Stellen. Beispielsweise spiegelt sich dies in Stellenanzeigen wider, wenn ‚ausgeprägtes verkäuferisches Können‘ und ‚aktives Verkaufen‘ gefragt sind.699 Ein weiteres Beispiel ist das Weiterbildungsangebot der Schulen des Deutschen Buchhandels (z. B. Aktiv und erfolgreich verkaufen).700 Die unterschiedlichen Argumente haben gezeigt, dass es derzeit – wohl auch aufgrund der bislang gut erhaltenen heterogenen Buchmarktstrukturen – keine meßbaren Verschlechterung der Beratungsleistung oder gar die vollständige Umstellung auf Selbstbedienungskonzepte gibt. Da sich aber Veränderungen der vielschichtigen Kundenbeziehungen abzeichnen, wird dieser Bereich als mittlere Auswirkungen der Konzentration eingestuft.
697 698 699 700
Vgl. Schenk u. a. 1984, S. 234–236; Ehrlinger 1962, S. 159–162. Vgl. Thalia Service GmbH / buch.de Internetstores AG [27.06.2009] Vgl. Douglas Holding AG 2009, S. 81; Boersenblatt.net [22.06.2009a]; Boersenblatt.net [22.06.2009b]. Vgl. Schulen des Deutschen Buchhandels [22.06.09].
3 Auswirkungen des Konzentrationsprozesses im Sortimentsbuchhandel
257
3.2.3.3 Markttransparenz Eine weitere Auswirkung der Konzentration, die direkt die Verbraucher betrifft, stellt die Veränderung der Marktübersicht dar. Die zentrale These lautet, dass die Konzentration der Anbieter mit einer Konzentration der Warenverteilung einhergeht und sich deshalb die Marktübersicht verbessert.701 Marktkenntnisse sind allerdings im Buchhandel zunächst warengruppenbezogen. So setzt die Marktübersicht voraus, dass diese Warengruppe in ihrer Tiefe erschlossen ist. Dies wiederum ist nicht zwingend die Leistung von konzentrierten Systemen, sondern kann ebenso in Einzelbetrieben mit spezialisiertem, also tiefem Sortiment, geleistet werden. Zudem wählt jedes Sortimentsbuchhandelsunternehmen aus dem Gesamtangebot der lieferbaren Titel sein Sortiment aus, sodass ein Großbetrieb oder auch eine Großfläche nicht eine vollständige Auswahl oder Marktübersicht bieten kann. Die Markttransparenz wird besser über Online-Recherchemöglichkeiten gefördert, wie beispielsweise Barsortimentskataloge (z. B. buchkatalog.de von KNV) oder das Verzeichnis lieferbarer Bücher (buchhandel. de). Zudem zeigt sich eine Ambivalenz dieser Konzentrationswirkung, wenn man die Schlussfolgerungen von Dobson u. a. berücksichtigt: In ihrer Untersuchung zur Konzentration im Lebensmittelhandel stellen sie fest, dass diese Entwicklung mit Kosten für den Konsumenten verbunden ist. Unter anderem führen sie die Homogenisierung des Markts, die Ähnlichkeiten der Angebote und die eingeschränkte Händlerauswahl auf.702 Alle drei rühren von der flächendeckenden Verbreitung weniger marktführender Filialunternehmen her, wie sie sich auch im Sortimentsbuchhandel für die attraktiven Standorte abzeichnet. Gleichwohl ist ein Mindestmaß an Marktübersicht denkbar – oder besser: Anbieterkenntnis und anbieterspezifische Angebotskenntnis durch die zunehmende Markenbildung im Sortimentsbuchhandel. Die Etablierung einer weithin bekannten Händlermarke nämlich setzt die entsprechende geographische Präsenz des Unternehmens mit zahlreichen Filialen voraus. Darüber wiederum ist ein Zusammenhang zur Konzentration herzustellen. Da die Verbesserung der Markttransparenz durch die Konzentration im Sortimentsbuchhandel weder eindeutig bestätigt noch positiv bewertet werden konnte, stellt dieser Aspekt eine minder bedeutsame Auswirkung dar.
701 Vgl. Schenk u. a. 1984, S. 233. 702 Vgl. Dobson u. a. 2003, S. 123.
258
III Unternehmenskonzentration im Sortimentsbuchhandel
3.2.3.4 Preis Auf den ersten Blick scheint es ungewöhnlich, in einem System mit gesetzlich vorgeschriebener, vertikaler Preisbindung auf die Preisentwicklung als Konzentrationsauswirkung auf Verbraucher einzugehen. Grundlegend ist der positive Zusammenhang zwischen Konzentration und Preisen, von dem man in der Marktformen- und Preisbildungstheorie ausgeht. Zudem wird dies empirisch gestützt durch eine Untersuchung für den Lebensmitteleinzelhandel, was aber nicht gleichbedeutend mit einem endgültigen Beweis des funktionalen Zusammenhangs ist.703 Kann man nun aber für den preisgebundenen Markt des Sortimentsbuchhandels jeglichen Zusammenhang verwerfen? Immerhin wird durch das Buchpreisbindungsgesetz (§ 8 Abs. 1) fixiert, dass selbst der Verlag in den ersten 18 Monaten nach Erscheinen des Titels keinen Einfluss auf dessen ursprünglich fixierten Preis hat. Doch kann die Konzentrationsentwicklung auf das Preisniveau einwirken. Über die Geschäftsbeziehung zu den Verlagen können Unternehmen mit hohen Marktanteilen im Endkundenhandel Verhandlungsmacht ausüben und günstigere Bezugskonditionen erwirken. Für die Verlage aber bedeutet das ständige Reduktion ihrer Margen. Wenn Verlage also durch die Gewährung hoher Rabatte einen geringeren Anteil des festgelegten Ladenpreises erlösen, bleibt abzüglich des Deckungsbeitrags weniger als Reinerlös. Um diesen Abwärtstrend zu stoppen, sind die Ladenpreise höher anzusetzen. Durch eine breite Durchsetzung dieser Praxis würde der Durchschnittsladenpreis ansteigen. Daraufhin wäre die preiserhöhende Wirkung aufgrund einer monopolähnlichen Stellung in Folge von Konzentration, als indirekte Konzentrationswirkung, zu beobachten. Ein Blick auf die Statistiken zur Preisentwicklung legt jedoch rückläufige Trends offen. Sowohl der Verbraucherpreisindex des Statistischen Bundesamts als auch die Erhebung der Buchpreisentwicklung durch die GfK bilden verhältnismäßig moderate Steigerungen ab. Ausnahme war seit längeren die jüngste Entwicklung in 2009: 1,9 % Buchpreisanstieg. Noch dazu kommt ein Durchschnittspreis für Bücher von unter zehn Euro (9,98 Euro im Jahr 2007).704 Die Durchschnittsladenpreise für Neuerscheinungen sind ebenfalls in weiten Teilen konstant bzw. rückläufig; insbesondere der durchschnittliche Novitätenpreis in der Belletristik als Warengruppe des Publikumsmarkts nahm von 2003 bis 2007 um 2,50 Euro ab, von 2007 bis 2009, jedoch um mehr als 1 Euro zu. So ist auch die letzte für den Sortimentsbuchhandel mögliche Auswirkung des Konzentrationsprozesses als geringfügig bzw. noch nicht nachweisbar einzustufen. 703 Vgl. Schmidt / Burger 1997, S. 626. 704 Vgl. Börsenverein des Deutschen Buchhandels e.V. 2010, S. 53–55; Börsenverein des Deutschen Buchhandels e.V. 2008, S. 52.
1 Diagnose: Beurteilung des aktuellen Konzentrationsstands
259
IV Die aktuelle und künftige Konzentrationsund Branchenentwicklung Aussagen zum aktuell erlangten Konzentrationsstadium schließen sich nun an, um dem Anspruch einer Diagnose gerecht zu werden (s. Kapitel IV.1). Basierend auf einer langfristigen Szenario-Analyse im Auftrag des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels werden schließlich Konzentrationsszenarien aufgezeigt (s. Kapitel IV.2). Diese wiederum bedürfen der Ableitung von Reaktionsmöglichkeiten für die Marktteilnehmer, wobei hier die Filialisten besonders berücksichtigt werden, da auch sie vor Herausforderungen, sei es seitens der Lebenserwartung der Branche oder seitens externer z. B. technischer Entwicklungen, stehen (s. Kapitel IV.3.2). 1 Diagnose: Beurteilung des aktuellen Konzentrationsstands 1.1 Das Gewicht der Gründe und Effekte Bevor Aussagen zum aktuellen Konzentrationsstand gemacht werden können, ist es nötig, in einem ersten Schritt auf die obige Analyse der Ursachen und Auswirkungen des Konzentrationsprozesses im deutschen Bucheinzelhandel Bezug zu nehmen. Die Ursachen und Auswirkungen werden nach ihrer Bedeutung und Fristigkeit zusammengetragen. Darin lassen sich zahlreiche mögliche Anstöße für den Konzentrationsprozess im deutschen Sortimentsbuchhandel finden. Überwiegend sind sie als wichtig bzw. sehr bedeutsam für den Antrieb des Konzentrationsprozesses einzustufen. Zu den besonders gewichtigen Determinanten zählen beispielsweise das Verbraucherverhalten, die Absatzpolitik der Hersteller, die gesetzliche Preisbindung sowie endogen die Kapitalausstattung und Finanzierung. Immer noch von hoher Bedeutung sind z. B. die EDV als technische Grundlage des Vertriebs und die staatliche Mittelstandsförderung. Auf der Ebene des Handels bzw. der betriebsinternen Bereiche sind es die Sortimentspolitik, der Standort, die Beschaffungspolitik sowie die kaufmännische Verwaltung und das Management. Weitere Faktoren erscheinen durchaus wichtig, nehmen aber langfristig und stetig Einfluss. Das bedeutet jedoch nicht, dass ihnen geringere Aufmerksamkeit im Strategiefindungsprozess geschenkt werden soll. Deshalb muss man z. B. die Dynamik der Betriebsformen oder die gesellschaftlichen Entwicklungen ebenfalls berücksichtigen. Als geringer einzuschätzen sind beispielsweise der Einfluss der Konzentration auf die vorgelagerten Stufen, die Bedeutung der Globalisierung sowie einiger funktioneller Unterschiede zwischen den Handelsunternehmen. Einen zusammenfassenden Überblick, auch über die Einschätzung der Auswirkungen, bietet Tabelle 25. Von Bedeutung für das Verhalten der Marktteilnehmer in einem sich konzentrierenden Markt ist die K. Emrich, Konzentration im Sortimentsbuchhandel, DOI 10.1007/978-3-8349-6522-6_4, © Gabler Verlag | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2011
260
IV Die aktuelle und künftige Konzentrations- und Branchenentwicklung
Erkenntnis, dass zahlreiche der bedeutsamen Ursachen nicht unveränderbar gegeben sind. Stattdessen lassen sich Handlungsmöglichkeiten ableiten, um gerade die endogenen, d. h. stufen- oder betriebsinternen, Auslöser zu verändern. Die Auswirkungen des Konzentrationsprozesses sind ebenfalls unterschiedlich gelagert. Auf den vor- und nachgelagerten Wirtschaftsstufen finden sich jeweils Wirkungsspitzen; z. B. im Bereich der Absatzpolitik der Verlage, im Bereich der Logistik und der strategischen Ausrichtung der Zwischenbuchhändler oder in der Versorgungslage der Verbraucher. Doch es gibt auch nicht oder kaum betroffene Bereiche wie die Preisentwicklung, die Markttransparenz und die Verlagsfunktionen. Der Schwerpunkt der Konzentrationseffekte liegt allerdings eindeutig auf der Handelsebene selbst. Dennoch lässt sich nicht für alle Wirkungsbereiche ihr Zusammenhang mit der Konzentration zweifelsfrei bestimmen. Ursachen
Auswirkungen
Exogene Ursachen
Handelsebene
Gesellschaft
Wettbewerb
Bevölkerungsentwicklung und -struktur Strukturpolitik Verbraucherverhalten
Wettbewerbsintensität Anbieterstruktur Ausgewählte betriebswirtschaftliche Aspekte
Kauffähigkeit
Funktionsverschiebung
Verbraucherpolitik
Produktivitätsentwicklung
Qualitatives Verbraucherverhalten
Beschäftigtenstruktur
Technischer Fortschritt im Vertrieb Kommunikationstechnologie
Vor- und nachgelagerte Subjekte
EDV
Verlage
Wirtschaft und Wirtschaftspolitik Marktwirtschaft Globalisierung
Absatzpolitik Funktionsveränderungen Großhandel
Mittelstandspolitik
Logistik
Konjunktur
Neue Strategien
Gesetze
Verbraucher
Wettbewerbsrecht
Versorgungslage
Ladenschlussgesetz
Kundenbeziehung
Vertikale Preisbindung
Markttransparenz Preis
1 Diagnose: Beurteilung des aktuellen Konzentrationsstands Ursachen
261
Auswirkungen
Vorgelagerte Stufen Produktion Konzentration auf den vorgelagerten Stufen Absatzpolitik Endogene Ursachen Wettbewerb im Einzelhandel Markteintritte Betriebsformendynamik Absatzformen Warencharakter Sortimentsstruktur/-politik Servicepolitik Strukturelle Unterschiede Unternehmenswachstum Kapitalausstattung und Finanzierung Personalpolitik Standortpolitik Kaufmännische Verwaltung und Management Funktionelle Unterschiede
Legende sehr gewichtig
Beschaffungspolitik
gewichtig
Lagerhaltung und Logistik
Mittleres Gewicht
Absatzfunktion
wenig Gewicht
Tabelle 24: Gewichtung der Konzentrationsursachen und -auswirkungen.
1.2 Differenzierungen zum Konzentrationsstand Um den aktuellen Konzentrationsstand zu beurteilen, gilt es eine Reihe von Fakten zu berücksichtigen. Auf der Suche nach den Hauptursachen für einen steigenden Konzentrationsgrad muss zunächst nach Art der Konzentration differenziert werden. Für das Wachstum des relativen Konzentrationsgrads ist das Unternehmenswachstum von Marktteilnehmern verantwortlich, was sowohl durch internes Wachstum (aus eigener Kraft) als auch durch externes Wachstum, d. h. Unternehmensakquisitionen, geschehen kann. Ein veränderter absoluter Konzentrationsgrad ist auf Veränderungen der Anzahl der Marktteilnehmer zurückzuführen: Markteintritte vergrößern das Anbieter-
262
IV Die aktuelle und künftige Konzentrations- und Branchenentwicklung
feld und bewirken die Verteilung des gleichen Marktvolumens auf eine größere Anzahl von Unternehmen (ceteris paribus), sodass der Konzentrationsgrad zurückgeht. Umgekehrt wirken Marktaustritte, d. h. Geschäftsaufgaben aus Rentabilitätsgründen oder wegen Nachfolgeproblemen. Für das Untersuchungsfeld, den Sortimentsbuchhandel, spielen alle drei Ursachenbereiche eine Rolle. Der Konzentrationsprozess im Sortimentsbuchhandel verläuft ausschließlich in horizontaler Richtung, d. h. nur auf der Handelsebene. Selbst Verflechtungen von Verlagen mit Buchketten im Fachinformationssegment zählen nicht dazu, weil die Fachbuchketten rechtlich und wirtschaftlich selbstständig agieren. Auf der Einzelhandelsebene entstehen Großunternehmen auf Kosten der kleinen und mittelständischen Unternehmen. Das bedeutet, es handelt sich nicht nur um einen Strukturwandel des Mittelstands. Problematisch ist dabei v. a. der zentrifugale Charakter des Konzentrationsprozesses, d. h. die tendenzielle Auflösung des Mittelstands. Das geschieht z. B. durch Übernahmen lokaler Größen durch Großbuchhandlungen. Im Gegensatz dazu wäre eine zentripetale und damit relative Konzentration zu Gunsten des Mittelstands weniger virulent.705 Belege für die Zentrifugalität finden sich erstens in Veränderungen der Unternehmensanzahl und der Umsatzanteile in den unterschiedlichen Umsatzgrößenklassen. Von 2000 bis 2005 ist der prozentuale Anteil der untersten und der drei oberen Größenklassen des Bucheinzelhandels angestiegen. Der Anteil der mittleren Umsatzgrößenklassen (eine Million bis 10 Millionen Euro Jahresumsatz) ist zurückgegangen.706 Zudem zeigen die Werte der relativen Umsatzkonzentration707 eine Polarisierung, da sich die Werte der relativen Umsatzkonzentration in den einzelnen Größenklassen immer weiter voneinander entfernen. Die relative Umsatzgrößenkonzentration nimmt also in der oberen Umsatzgrößenklasse immer weiter auf Kosten der untersten Klasse zu.708 Die Schere zwischen großen und kleinen Sortimentsbuchhandlungen, die die Umsatzsteuerstatistik 2008 zeigt, weist darüber hinaus auf eine Einseitigkeit der zentrifugalen Entwicklung hin: Neben der Existenzgefährdung des Mittelstands ist die Struktur zu Gunsten der oberen Größenklassen verschoben. 3.676 (von 4.801) Unternehmen des Buch- und Zeitschrifteneinzelhandels wirtschaften unterhalb des ‚gesunden‘ Bereichs, der bei einem Jahresumsatz von mindestens 500.000 Euro ansetzt.709 Sie entsprechen ungefähr 75 % der in dieser Statistik berücksichtigten Unternehmen. Die 48 Buchhandelsunternehmen, deren Umsatz (laut 705 706 707 708 709
Vgl. Vogel 1959, S. 7–9. Vgl. Wesener 2009, S. 22f; Börsenverein des Deutschen Buchhandels e.V. 2010, S. 39. Quotient aus prozentualen Unternehmens- und Umsatzanteilen; vgl. ebd., S. 12, 21. Vgl. ebd., S. 25. Vgl. Börsenverein des Deutschen Buchhandels e.V. 2010, S. 33; Bramann u. a. 2008, S. 113.
1 Diagnose: Beurteilung des aktuellen Konzentrationsstands
263
Umsatzsteuerstatistik) jenseits der Zehn-Millionen-Marke liegt, erreichten 2008 einen Marktanteil von 47,3 %, bezogen auf den Buch- und Fachzeitschriftenhandel. Folglich dominiert eine Minderheit großer Unternehmen die Masse des ursprünglich mittelständisch geprägten Sortimentsbuchhandels.710 Die Struktur der fokussierten Branche lässt sich außerdem anhand der quantitativen Klassenzugehörigkeit der Unternehmen illustrieren. Lediglich zwei Sortimentsbuchhandelsunternehmen zählen zu den sehr großen Unternehmen mit einem Jahresumsatz von über 500 Millionen Euro, deren Fusions- und Übernahmetätigkeit beim Bundeskartellamt anzeigepflichtig ist (Stand 2009). In den darunter liegenden Größenklassen liegen mit einem Jahresumsatz zwischen 40 bis 50 und 500 Millionen Euro wiederum nur ca. vier bis fünf Firmen. Das Feld reicht bis zum zehnten Rang des Buchreport-Buchhandels-Ranking. Die darunter liegenden Klassen umfassen sämtliche kleine und mittlere Unternehmen. Firmen mit zehn bis maximal 50 Millionen Euro Jahresumsatz und 50 bis 250 oder maximal 500 Mitarbeitern711 stellen die mittlere Größenklasse. In dieser Gruppe findet sich das Hauptfeld der Top-50-Liste des Buchreports (Platz elf bis 43). Die beiden untersten Größenklassen erwirtschaften weniger als zehn Millionen Euro Umsatz pro Jahr und haben bis zu 49 Personen beschäftigt. Unterschreiten sie die Schwelle von zwei Millionen Jahresumsatz oder zehn Beschäftigten, so sind sie als Mikro-Unternehmen zu bezeichnen. Da nur die 83 größten Buchhandelsunternehmen mehr als zwei Millionen Euro Jahresumsatz erwirtschaften, besteht die Masse der Sortimentsbuchhandlungen in solchen Kleinstunternehmen. Werden sie oder auch kleine Unternehmen von sehr großen übernommen, so ist diese Transaktion nicht durch das Bundeskartellamt genehmigungspflichtig (de-minimis-Klausel). Des Weiteren belegen die Konzentrationsraten für die Branche die erhebliche und zunehmende Ungleichverteilung des Umsatzes auf die marktführenden Unternehmen. Ende des Jahres 2009 wurde durch Langendorfs Dienst ein Marktanteil der größten zwei Unternehmen von 26,3 % des Sortimentsbuchhandelsumsatzes errechnet; die zehn größten erreichen 38,7 %.712 Zum Vergleich: Anfang 2006 lag die Konzentrationsrate der größten zehn noch bei 29,7 %, d. h. neun Prozentpunkte niedriger. Noch größer fällt die Differenz für die größten zwei Unternehmen aus, da Anfang 2006 nur 13,9 % errechnet wurden. Auf 40 % beläuft sich der Marktanteil, wenn man auf die 15 führenden Bucheinzelhändler blickt.713 Wählt man als Bezugsgröße statt des Sortimentsumsatzes 710 Vgl. Börsenverein des Deutschen Buchhandels 2010, S. 33, 39. 711 Vgl. die oben aufgezeigten Abweichungen der Definitionen der KMU. 712 Diese Angaben in diesem Abschnitts wurden, soweit nicht anders erwähnt, entnommen aus Langendorfs-Dienst [30.06.2009]. 713 Vgl. [Stumpp] 2008, S. 39.
264
IV Die aktuelle und künftige Konzentrations- und Branchenentwicklung
den gesamten Umsatz mit Büchern, so fällt der Konzentrationsindex freilich geringer aus: Die zehn Großen erreichten Ende 2009 20,4 % – ein Wert, der vier Jahre zuvor mit 16,2 % deutlich niedriger ausfiel. Die beiden Marktführer Thalia und DBH vereinten zusammen 13,8 % des Buchhandelsumsatzes (12/2009). Dem stehen aus dem Jahr 2006 7,6 % gegenüber. Folglich haben gerade die beiden größten Marktteilnehmer binnen weniger Jahre, die v. a. von einem geringen Branchenwachstum gekennzeichnet waren, disproportional an Umsatz zulegen können. Die zehn größten Unternehmen zusammen sind dagegen vergleichsweise moderat gewachsen. Insgesamt haben sich laut den Berechnungen Weseners zur relativen Umsatzkonzentration für die Jahre 2000 bis 2005 v. a. die Umsatzgrößenklassen ab zehn Millionen Euro als Gewinner erwiesen.714 Das sind maximal 35 bis 45 Unternehmen. Ein Vergleich mit den Konzentrationsständen anderer deutscher Einzelhandelsbranchen715 gibt weiteren Aufschluss. Einen ähnlichen Wert wie die Top zwei für den Bezugspunkt Sortimentsumsatz weist die Branche der Unterhaltungselektronik für ihre beiden Marktführer auf: Media Markt und Saturn sowie Euronics halten ungefähr 26 % Marktanteil. Nimmt man die nachfolgenden Ketten Electronic Partner, Expert und Telering hinzu, so ergibt sich bereits ein Anteil von 42 % für die Top fünf der Branche. Die Position der Verfolgergruppe fällt hier also stärker aus. Ein wieder anderes Bild ergibt sich für den Textileinzelhandel, denn hier erreichen die größten drei Unternehmen (Karstadt Quelle, Otto und die entsprechenden Betriebe der Metro-Gruppe) einen geringeren Marktanteil als die Top zwei des Buchhandels und des Elektronikhandels, ca. 20 %. Ähnlichkeit zum Buchhandel findet sich bei der Konzentrationsrate für die größten 15 Unternehmen; sie erreichen 45 % Marktanteil. Die Streuung unter den ersten 15 ist hier also größer. Als am höchsten konzentrierte Einzelhandelsbranche erweist sich erwartungsgemäß der Lebensmitteleinzelhandel, da allein der Wert für die Top zwei bei 33 % Marktanteil liegt. Damit positionieren sich Edeka und die Metro-Gruppe am eindeutigsten als Spitzenreiter. Noch deutlicher wird die Vorreiterstellung des Food-Handels im Bereich Anbieterkonzentration durch den Marktanteil der größten fünf Unternehmen. Knapp 40 weitere Prozentpunkte kommen hinzu, sodass inklusive Rewe, Schwarz und Aldi mehr als 70 % des Marktvolumens auf die Top fünf entfallen. Der Umsatz verteilt sich hier deutlich auf nur wenige Marktteilnehmer; man spricht von einer hohen absoluten Konzentration. Von einer derartigen Entwicklung ist der Bucheinzelhandel derzeit weit entfernt, geschweige denn von einer 714 Vgl. Wesener 2009, S. 22f. 715 Diese Angaben in diesem Abschnitts wurden, soweit nicht anders erwähnt, entnommen aus: [Stumpp] 2008, S. 39.
1 Diagnose: Beurteilung des aktuellen Konzentrationsstands
265
oligopol- oder gar monopolähnlichen Struktur. Allerdings zeigt ein Blick auf kumulierte Einzelhandelswerte, dass den Bucheinzelhandel eine geringere Ungleichverteilung und eine geringere, aber stets ansteigende Konzentrationsintensität kennzeichnen. Beispielsweise generieren im Einzelhandel 0,83 % der Unternehmen (die, mit mehr als zehn Millionen Euro Jahresumsatz) 64 % des Einzelhandelsumsatzes. Dagegen sind es im Bucheinzelhandel 0,88 %, die ‚nur‘ 42 % des Branchenumsatzes erwirtschaften.716 Schlussfolgernd ist die These abzulehnen, der Bucheinzelhandel sei im Vergleich zu anderen Branchen kaum konzentriert. Es wird deutlich, dass die Konzentration der Marktanteile auf die Spitzengruppe, insbesondere auf die zwei bis drei Marktführer, an die Werte anderer Branchen heran reichen. Abgesehen von der Bezugsgröße Umsatz sind bei der Betrachtung der Konzentrationswerte der Vollständigkeit halber zwei weitere Komponenten erwähnt: die Verteilung der Verkaufsstellen auf die am Markt teilnehmenden Unternehmen und die Flächenentwicklung. Die Verkaufsstellenanzahl hat sich in den zehn Jahren von 1999 bis 2008 deutlich rückläufig entwickelt: 1999 zählte das Adressbuch für den deutschsprachigen Buchhandel 7.795 Verkaufsstellen; 2008 waren es noch 7.388, was einem Rückgang um gut 5 % entspricht.717 Das bedeutet, es hat saldiert Marktaustritte gegeben. Deutlicher noch zeigt sich die Konzentrationswirkung im Vergleich mit der Entwicklung der Filialanzahl. Allein von 2000 bis 2005 hat die Anzahl der Verkaufsstellen von Buchketten um beinahe 200 zugenommen. Eine ähnliche Entwicklung zeigt sich für die Flächenentwicklung, die ebenfalls die Konzentrationsentwicklung zeigt. Im Jahr 2000 betrug die gesamte Filialfläche ca. 289.000 qm.718 Die Zahl für das Jahr 2009 beträgt mehr als das 1,8-fache (538.000 qm). Allerdings mangelt es hier an einer saldierten Buchhandelsflächenstatistik. Deshalb kann die vergleichende Gesamtperspektive hier nicht angeführt werden.719 Vom aggregierten Konzentrationsgrad, der sich auf den gesamten nationalen Markt bezieht, ist der lokale zu unterscheiden. Letzterer ist von Bedeutung, weil man von der lokal differierenden Wirkung und Betroffenheit ausgehen muss sowie von unterschiedlichen Machtpositionen der Marktteilnehmer. Diese Annahme liegt auch den Entscheidungen des Bundeskartellamts über Unternehmenszusammenschlüsse im Bucheinzelhandel zugrunde. Das zeigt sich in den Einzelfallentscheidungen sowohl im Falle der DBH-Gründung, konkret in Hannover, als auch deren Übernahme der Kar716 Vgl. Wesener 2009, S. 26. 717 Vgl. Börsenverein des Deutschen Buchhandels e.V. 2008, S. 28; Börsenverein des Deutschen Buchhandels e.V. 1999, S. 26 718 Vgl. Emrich 2007, S. 135. 719 Vgl. Wilking 2009b, S. 18.
266
IV Die aktuelle und künftige Konzentrations- und Branchenentwicklung
stadt-Buchabteilungen.720 Zudem stellt die Prüfung der Übernahme von Buch Kaiser durch Thalia ein Exempel dar.721. Beispielsweise wurde in den Jahren 2006/2007 eingehend untersucht, ob sich durch die Übernahme der Weiland Filiale durch die DBH, die in Hannover mit der Buchhandlung Schmorl (zu Hugendubel gehörend) vertreten ist, eine marktbeherrschende Stellung ergibt. Das Bundeskartellamt kam zu dem Schluss, dass die Beteiligten zusammen je nach Abgrenzung des sachlich relevanten Markts 45 bis 55 % Marktanteil (enger Markt) bzw. 33 bis 40 % Marktanteil (weiter Markt) hielten. Für die DBH allein wurde ein Marktanteil von 30 bis 35 % bzw. 20 bis 25 % errechnet. Das zeigt, dass die Marktanteile der einzelnen Unternehmen lokal deutlich über dem Durchschnitt liegen können.722 Aufgrund eingehender Untersuchungen von Ursachen und Auswirkungen des Konzentrationsprozesses und deren Beurteilung komme ich zu dem Schluss, dass die Konzentration im Sortimentsbuchhandel als mäßig stark einzustufen ist. Das Zahlenmaterial legt die großen Differenzen zwischen den verschiedenen Unternehmensgrößenklassen offen. Der Vergleich mit anderen Branchen stützt dies. Die Einschätzung gründet zudem darauf, dass zahlreiche Ursachen nachweisbar und die Auswirkungen endogen stark sind. Auf anderen Stufen aber sind sie bisher moderat. Außerdem differieren die Konzentrationsgrade lokal. 1.3 Strukturbasierte Polarisierung Abgesehen von lokalen Differenzen, die mit den jeweiligen Standorteigenschaften zusammenhängen, liegt die Annahme nahe, dass ein grundsätzliches Stadt-Land-Gefälle der Konzentrationsintensität besteht. Dies wird deutlich, wenn man sich die Polarisierung der Marktstruktur zwischen städtischen und ländlichen Standorten betrachtet. Als städtische Gebiete werden die mittelgroßen und großen Standorte verstanden, während ländliche Regionen Kleinstädte, Gemeinden und den ländlichen Raum umfassen. Ein wesentlicher Unterschied zwischen den beiden Polen ist die Zusammensetzung des Anbieterfelds. In kleineren und ländlichen Gemeinden finden sich kaum oder gar keine Filialen der führenden Buchhandelsketten, während sich diese an den städtischen Standorten drängen.723 Dies mag an der geringeren Rentabilität der Filialen an Standorten mit kleineren Einzugsgebieten oder mit einer schlechteren Wirtschaftsstruktur liegen. Darüber hinaus spielt die Wirkung von Agglomerationen eine Rolle. Als Erfolgsfaktoren gelten die Nähe zu anderen Einzelhandelsbetrieben, die gute 720 721 722 723
Vgl. Schulte 2008c, S. 14–17. Vgl. Boersenblatt.net [30.04.2008 / 06.07.2009]. Vgl. Bundeskartellamt [06.06.09], S. 31f. Vgl. Wilking 2008, S. 20f.; s. Tab. 33 und 34 sowie Abb. 15.
1 Diagnose: Beurteilung des aktuellen Konzentrationsstands
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Erreichbarkeit und die zentrale Lage. Dadurch wird die Kaufkraft bzw. deren Investition an diesen Orten gebündelt und wirkt positiv auf den Unternehmenserfolg. Solche Anhäufungen von Einzelhandelsbetrieben sind vorwiegend in größeren Städten bzw. Oberzentren zu finden. Genau umgekehrt ist das Gewicht der traditionellen Standortbuchhandlungen einzuschätzen: An den Standorten mit einer geringeren Filialdichte findet die Versorgung über unabhängige Buchhandlungen, oft Einzel-Unternehmen, statt. Nicht zuletzt aufgrund der starken direkten Konkurrenz und der oft hohen Kosten an größeren und attraktiveren Standorten, insbesondere für die Mieten724, steht der traditionelle Sortimentsbuchhandel unter Druck. Es droht die Verdrängung durch die Filialketten, sei es gänzlich oder in dezentralere, da billigere Lagen. Und es bedarf der Differenzierung, um die Kunden von der Leistungsfähigkeit des Angebots zu überzeugen sowie sie in das Ladengeschäft zu ziehen. Weil in größeren Städten die Einkaufsmeilen die Einzelhandelskonkurrenz dominieren, mangelt es in Nebenlagen an der Kundenfrequenz und der Laufkundschaft. Dies ist auch der Grund, warum in Standorten mit geringerem Kundenpotenzial die Bedeutung der Stammkundschaft und der Kundenbindung höher liegt als in den Zentren der attraktiven Standorte.725 Die suboptimalen Rahmenbedingungen in kleineren und ländlichen Orten bedingen strategische Anpassungen bei den Anbietern, den traditionellen Sortimentsbuchhändlern. Dies äußert sich häufig in einer anderen Sortimentspolitik, die Erweiterungen um buchhandelsfremde Zusatzsortimente bis hin zur Etablierung gleichwertiger Zweitsortimente meint. Es ist zu beobachten, dass gerade in kleineren und strukturschwachen Orten sowie zusätzlich in dezentralen Lagen Schreibwaren oder Geschenkartikel eine typische Ergänzung sind.726 Das kann zum einen am Bedarf dieser Waren, zum anderen an der betriebswirtschaftlichen Attraktivität liegen. Beide Faktoren leiten sich aus der Möglichkeit ab, höhere Margen zu erzielen, da diese Sortimente keiner Preisbindung unterliegen. Es ist darüber hinaus als strategische Anpassung zu verstehen, wenn sich Sortimentsbuchhändler außerhalb der größeren Städte und Stadtzentren der Sicherung der Grundversorgung widmen. Das trägt dem Verbraucherverhalten Rechnung, da sich eine Neigung feststellen lässt, ausgedehnte Einkäufe in der Freizeit, so genannte Erlebniseinkäufe, in den Großstädten und Zentren in der näheren Umgebung zu tätigen. In den Wohnorten außerhalb sowie im ländlichen Raum steht daher oft die Versorgung mittels kleiner Sortimente ergänzt um ausgeprägte Bestelldienstleistungen im Vordergrund. Zusätzlich muss man von einer relativ stärkeren und künftig zunehmen724 Vgl. Weise 2009b, S. 17f.; Schulte 2008i, S. 6. 725 Vgl. Kuhn 2008, S. 42. 726 Vgl. Hauck / Kahlefendt 2009, S. 21; Gab 2008, S. 6.
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IV Die aktuelle und künftige Konzentrations- und Branchenentwicklung
den Versorgung über und einer Konkurrenz durch den Online-Buchhandel ausgehen. Auch dadurch ist der Anspruch gegenüber der stationären Versorgung lediglich auf ein Mindestmaß beschränkt. Folglich stellen die Buchhandlungen an zentralen Standorten den Gegenpol dar. Erlebnishäuser sind dafür typisch. Wichtiger Impuls ist das größere Publikum, bedingt durch das große Einzugsgebiet von Oberzentren, Großstädten und Ballungsräumen als Einkaufs-, Ausbildungs- und Arbeitsstandorte. Das Gefälle der Konzentrationsintensität zwischen großen, mittelstädtischen und kleinstädtischen bzw. ländlichen Standorten besteht folglich im Mangel an Konkurrenz in der direkten Umgebung sowie an Standortattraktivität für Filialunternehmen, v. a. für deren Erlebniskonzepte. Folglich zeigen sich an diesen Orten keine direkten Auswirkungen der Konzentration im Bucheinzelhandel. Diese Standorte sind gerade für unabhängige Standortbuchhändler attraktiv, wenn man als Vergleichsobjekte die größeren Städte mit ihrer hohen Unternehmensdichte und hohen Raten der Umsatzund Flächenkonzentration heranzieht. Als wesentlicher Einflussfaktor auf diese Disparität gelten die unterschiedlichen strukturellen Gegebenheiten, die für die Standortwahl der Filialisten als Triebfedern der Konzentration wichtig sind. 2 Prognose: Szenarien zur längerfristigen Marktentwicklung Die Frage nach möglichen neuen Konkurrenten und den Möglichkeiten des Marktzutritts wurde bereits oben bei der allgemeinen Branchenstrukturanalyse thematisiert. Jedoch erinnert sie auch bei der Detailuntersuchung zum Konzentrationsphänomen an den Ausblick auf die Zukunft der Branche. Welche Möglichkeiten stehen den verschiedenen Unternehmenstypen zur Verfügung bzw. sind sinnvoll (s. Kapitel IV.3)? Immer wieder wird in der Branchenöffentlichkeit z. B. über Kooperationen der kleinen und mittleren Unternehmen diskutiert. Das Gegenstück dazu für die größeren Konkurrenten besteht in der Diskussion weiterer Wachstumsmöglichkeiten, z. B. intern oder extern oder in ganz neuen Formen. Ausgehend von der Feststellung des aktuellen Konzentrationsstands im stationären Sortimentsbuchhandel stellt sich also die Frage nach den Zukunftserwartungen für die Entwicklung der Marktstrukturen. Welchen Veränderungen, Herausforderungen und Aufgaben die Buchbranche künftig gegenübersteht, hat beispielsweise der Börsenverein des Deutschen Buchhandels in Zusammenarbeit mit dem Marktforschungs- und Beratungsunternehmen Sinus Sociovision analysiert. Die Ergebnisse liegen in der Studie Buchmarkt 2020: Szenarien für die Zukunft vor, die 2008 erschienen ist. Auf der Basis dieser Erkenntnisse727 sollen im Folgenden progno727 Vgl. Börsenverein des Deutschen Buchhandels / Sinus Sociovision 2008, S. 7–13, für die nachfolgende Kurzbeschreibung der Studie.
2 Prognose: Szenarien zur längerfristigen Marktentwicklung
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stische Aussagen erarbeitet werden, die die längerfristige Entwicklung der Branche, insbesondere ihres Konzentrationsprozesses, aufzeigen. Das dient im nachfolgenden Kapitel der Erarbeitung von zukunftsfähigen Handlungsoptionen für die beteiligten Unternehmen. Das Ziel der Buchmarkt-Studie war es, die bevorstehenden Veränderungen mit ihren jeweiligen Auswirkungen auf die gesamte Branche, d. h. sowohl auf den herstellenden als auch den verbreitenden Buchhandel und zusätzlich auf die Lobby- und Verbandsarbeit, in groben Zügen darzustellen. Grundlegende These und von Bedeutung für die Vorgehensweise der Untersuchung ist, die Branche müsse sich den gesellschaftlichen Veränderungen anpassen. In Folge der Rahmenbedingungen in Gesellschaft und Branche lassen sich Szenarien ableiten, die in Herausforderungen und Handlungsoptionen bestehen. Als Reaktion auf diese Zukunftserwartungen müssen die Marktteilnehmer Strategien, also Entscheidungen treffen, die wiederum das Geschäftsumfeld zum Adressaten haben. Die abgeleiteten Szenarien müssen implementiert werden. Obwohl für alle Branchenteilnehmer verallgemeinerte Empfehlungen abzuleiten sind, bleibt es letztlich Aufgabe der einzelnen Entscheidungsträger, eigene Strategien in Abhängigkeit der internen Gegebenheiten und Besonderheiten zu entwickeln. Deshalb können individuelle strategische Zukunftskonzepte nicht Anspruch dieser Arbeit sein. Vielmehr geht es um verallgemeinerungsfähige Aussagen, die Gültigkeit für den Großteil der fokussierten Unternehmen, die (filialisierten) Bucheinzelhandelsunternehmen, hat. Die Vorgehensweise der vom Börsenverein herausgegebenen Szenario-Analyse orientiert sich analog zur ihrer Hauptthese an der soziokulturellen Sichtweise, nicht an den üblicherweise in der Marktanalyse untersuchten Rahmenbedingungen, den technologischen, demographischen, ökonomischen und politischen Faktoren. Zu rechtfertigen ist dieser Zugang mit der starken Abhängigkeit des Branchenerfolgs vom Verbraucherverhalten, da die Verbraucher als Buchleser und -käufer die Endabnehmer der Produktion sind. Zunächst werden die allgemeinen Gesellschaftsszenarien, beschrieben von Sinus Sociovision, von einer Expertengruppe des vom Börsenverein getragenen Projekts für den Buchmarkt analysiert. Ergebnis dessen sind Buchmarktszenarien für den zeitlichen Horizont bis ungefähr zum Jahr 2020. Außerdem werden die Auswirkungen der jeweiligen Entwicklungen auf Buchverkauf und Leseverhalten sowie entsprechende strategische Handlungsoptionen für die Branchenteilnehmer erläutert. Danach folgt die Verdichtung der Thesen durch aktuelle Anzeichen für die jeweilige Entwicklungsrichtung. Darunter sind bereits beobachtbare Ereignisse und Trends zu verstehen. Gleichzeitig dienen diese Symptome als Grundlage für die Wahrscheinlichkeitsbewertung der Buchmarktszenarien. Anhand einer repräsentativen empirischen
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IV Die aktuelle und künftige Konzentrations- und Branchenentwicklung
Erhebung in der Bevölkerung, die 2007 durchgeführt wurde, und anhand der Expertenmeinungen wird deutlich, wie wünschenswert bzw. wie wahrscheinlich die Entwicklungsrichtungen eingeschätzt werden. Den Abschluss der Studie bilden strategische Empfehlungen, die jedoch explizit auf die Institution des Dachverbands ausgerichtet sind. Deshalb bleiben Übertragungen auf die Wirtschaftsunternehmen der Branche im Allgemeinen und die individuelle Umsetzung in grundlegende strategische Unternehmensentscheidungen am Ende Desiderate. Die Wahl gerade dieser Studie als Ausgangspunkt positioniert die folgenden Überlegungen im Umfeld der Marktforschungsansätze. Die eingeflossenen Einschätzungen der internen Experten werden nämlich mit dem marktsegmentierenden Ansatz der Sinus-Milieus (aus der Feder von Sinus Sociovision) in Verbindung gebracht. Die Verfasserin ist sich jedoch bewusst, dass die fokussierte Sichtweise andere Ansätze, z. B. (medien- und kommunikations)soziologische Überlegungen, ausklammert. Sicherlich ist die Zukunft des Buchhandels nicht allein aus Marktforschungsstudien erschöpfend einzuschätzen. Für eine umfassende, eigenständige Analyse wären Studien und Überlegungen zu Informations- und Unterhaltungsbedürfnissen und entsprechender Beschaffungsweisen künftiger Nutzer- und Käufergruppen oder gar -generationen zu berücksichtigen.728 Darauf soll jedoch an dieser Stelle verzichtet werden. Es wird ein marktnahes Vorgehen gewählt. Den o.g. Desiderata der Literaturgrundlage ist Kapitel IV.3 gewidmet. Zunächst aber werden die Szenarien für die gesellschaftliche und branchenspezifische Entwicklung kurz skizziert.729 Darauf folgt die Herleitung von Szenarien für die künftige Entwicklung der Marktstrukturkomponente der Anbieterkonzentration. 2.1 Gesellschafts- und Buchmarktszenarien 2.1.1 ,Free is fair‘ – Marktgesetze dominieren die Buchbranche Das erste der drei Gesellschaftsszenarien, die den Ausgangspunkt für die Szenarien des Buchmarkts bilden, trägt den Titel ,Free is fair‘. Dieser spiegelt die grundlegende Liberalisierung und Deregulierung des allgemeinen Wirtschafts- und Gesellschaftsgeschehens wider. Die Installation einer reinen Marktwirtschaft ist die Folge dessen. Das bedeutet gleichzeitig die Abkehr von der sozialen Marktwirtschaft, die die Bundesrepublik Deutschland seit der Nachkriegszeit kennzeichnet. Folge des freien Handelsver728 Beispielsweise wäre dies die Diskussion um die sog. Generation Internet, die Palfrey / Gasser angestoßen haben. 729 Die Informationen zu den Gesellschafts- und Buchmarktszenarien wurden, soweit nicht anders erwähnt, entnommen aus Börsenverein des Deutschen Buchhandels / Sinus Sociovision 2008, S. 14–34, 52–55.
2 Prognose: Szenarien zur längerfristigen Marktentwicklung
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kehrs ist die Öffnung für die Globalisierung und für technische Innovationen. In der Konsequenz verschärft sich auch der Wettbewerbsdruck auf alle Wirtschaftssubjekte. Außerdem sind die Unternehmen und die Beschäftigten gezwungen, die Produktivität zu steigern und effizienter zu handeln. Das Wirtschaftsleben und die Gesellschaft als dessen Trägerin erfahren deshalb eine Dynamisierung. Ein weiteres Kennzeichen ist die Orientierung auf messbare Ergebnisse hin, da das Nachweise der geforderten Produktivität und effizienten Leistung sind. Im Vergleich zur aktuellen Lebenswelt verändern sich also die gesellschaftlichen Werte stark: Die zunehmende Durchsetzung des Materialismus führt zu Machtorientierung und fördert das Statusstreben. Dieser Wertewandel ist mit Rückwirkungen auf andere Bereiche wie z. B. Kunst und Kultur, aber auch Bildung und Erziehung verbunden, denn die Liberalisierung bedeutet in der letzten Konsequenz den staatlichen Rückzug aus der Förderung dieser Bereiche. So werden auch keine besonderen Rahmenbedingungen für die entsprechenden Branchen angestrebt. Schutz oder gar Subventionen entfallen. Für den Buchmarkt ausschlaggebend ist beispielsweise, dass Literatur und Lesen kein besonderer Stellenwert zugesprochen werden. Des Weiteren erscheinen die Abschaffung des ermäßigten Mehrwertsteuersatzes sowie der Preisbindung für Bücher nur konsequent und in diesem Szenario denkbar. Indikator dafür ist die Abschaffung der Schweizer Buchpreisbindung mit dem Verweis auf ihre ökonomische Sinnlosigkeit. Wie wahrscheinlich aber ist der Eintritt der skizzierten Entwicklungen selbst? Augenscheinlich sind einige Komponenten bereits gegenwärtig, z. B. der zunehmende Konkurrenzdruck und der zwingende Bedarf an Produktivitätssteigerungen und Effizienz. Eine hohe Relevanz dieser Entwicklungsrichtung bestätigen die beiden Erhebungen. Die Bevölkerung allerdings hält diese Entwicklung für das kommende Jahrzehnt für wichtiger als die Expertengruppe. Beide Urteile aber stehen in krassem Gegensatz zum Grad der Erwünschtheit, der in der Branche der niedrigste und unter der Bevölkerung der zweitniedrigste ist. Umgelegt auf den Buchmarkt bedeutet dies die Prägung durch die Gesetzte des Markts, d. h. Angebot und Nachfrage beherrschen das Geschehen. Eine logische Folge dessen: „Die Kommerzialisierung der Branche wird äußerst schnell voranschreiten.“730 Die Datengrundlage der Studie wurde bereits im Jahr 2007 erhoben. Man unterstellt außerdem, dass der kommerzielle Erfolg eine blühende Wirtschaftslage mit einer sich ebenso positiv entwickelnden Kulturindustrie voraussetzt. Vor dem Hintergrund 730 Börsenverein des Deutschen Buchhandels / Sinus Sociovision 2008, S. 27.
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der weltweiten Wirtschaftskrise seit 2008 ist dies jedoch anzuzweifeln. Zutreffend erscheint eine Abhängigkeit der Buchökonomie von der allgemeinen konjunkturellen Lage im Sinne einer positiven Korrelation beider Faktoren. Hinzu kommt, dass dem Buchmarkt eine relativ starke Krisenfestigkeit zugeschrieben wird.731 An belastbaren empirischen Belegen aber mangelt es. Der Zusammenhang mit der gesamtwirtschaftlichen Lage gilt ungeachtet seiner Stärke sowohl auf der aggregierten Branchenebene als auch lokal differenziert, sodass in wirtschaftlich stärkeren Gemeinden, vorwiegend in Großstädten, das kulturelle Leben vielfältiger und kommerzieller ist. Außerdem bringt der Marktmechanismus eine Orientierung am allgemeinen Geschmack, also an der starken Nachfrage, mit sich. Für die Buchverlage und den Buchhandel bedeutet das die Dominanz von wenigen Top-Titeln und -Autoren, die eine hohe Umsatzbedeutung erlangen. Aus dem Hugendubel’schen Gesamtsortiment von ca. 300.000 Titeln erreichten bereits 2007 die 500 nachgefragtesten Titel, das sind 0,17 % des Sortiments, einen Umsatzanteil von 18,7 %.732 Neben den Topsellern sollen anspruchsvolle und/oder themenspezifische Titel in Marktnischen fortbestehen, während insgesamt das KostenNutzen-Verhältnis von Bedeutung ist. Gerade das begründet den dennoch hohen Stellenwert von Information und Bildung in Form von Sach- oder Fachbüchern. Jedoch weist eine Erhebung der GfK darauf hin, dass Bücher als Informationsmedien gegenüber ihrer Unterhaltungsfunktion verlieren.733 Dies belegt „strategische Nachteile“734 gedruckter Bücher in bestimmten Marktsegmenten, die zur Verdrängung durch andere Medien führen. Dies wird besonders auf Wissenschaftsliteratur zutreffen und spiegelt sich bereits gegenwärtig in den Entwicklungen im Fachinformationsbereich. Insgesamt ist in diesem Szenario die Buchbranche aufgrund der liberalen Grundhaltung und des Überangebots, das einer weitaus geringeren Nachfrage gegenüber stehen wird, von harten Konkurrenzverhältnissen geprägt. Das Medium Buch steht dabei im Kontext und in Konkurrenz zu anderen Informations- und Unterhaltungsmedien. Der Trend im Informationssegment weist aber zunehmend auf andere Kanäle hin. Insbesondere elektronische Inhalte konkurrieren mit gedruckten Büchern, da sie z. B. Vorteile im Bereich der Funktionalität aufweisen.
731 732 733 734
Vgl. [Heise] 2009, S. 19. Vgl. Blömeke / Brunn 2009, S. 37. Vgl. Adlwarth 2006, S. 10. Börsenverein des Deutschen Buchhandels / Sinus Sociovision 2008, S. 28.
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2.1.2 Shared destiny‘ – Der Buchhandel in der Funktion eines Kulturträgers Der zweite Aufriss ist völlig gegensätzlich zum ersten angelegt. Aus dem Titel, den das Gesellschaftsszenario trägt (,Shared destiny‘) und der zu Deutsch ‚geteiltes Schicksal’ bedeutet, lässt sich ableiten, dass hier der Gemeinschaft eine tragende Rolle zukommt. Die Abkehr von der völligen wirtschaftlichen Freiheit führt zur staatlichen Re-Regulierung sowie zur Rückbesinnung auf und Betonung des Wohlfahrtsstaats. Diese Entwicklung fußt auf der Unzufriedenheit der Bevölkerung mit dem Kapitalismus, dessen Funktionsweise und dessen Ergebnissen. Das hat zur Umkehr des Weltbilds geführt. Die Steuerung des Wirtschaftsgeschehens staatlicherseits wird wieder gefordert und akzeptiert. Außerdem wird der Solidaritätsgedanke bejaht. Dabei baut der Gemeinschaftssinn aber auf einer moderaten liberalen Basis auf. Das heißt als unentbehrliche Voraussetzungen für das notwendige Wirtschaftswachstum werden eine freiheitliche und marktwirtschaftliche Grundordnung sowie demokratische Werte anerkannt. Dennoch orientiert sich die Gesellschaft an sozialen Werten und versteht sich als solidarische Gemeinschaft. Als deren traditionelle Form ist die Familie präsent. Dementsprechend weisen Traditionen einen hohen Stellenwert auf, und Mainstream-Milieus prägen die Gesellschaft. Ein weiteres wichtiges Prinzip ist das der Nachhaltigkeit, denn der Erhalt des ökonomischen wie auch sozialen Wohlstands sowie des ökologischen Systems sind bedeutende Ziele. Zu einer Wohlstandsgesellschaft gehört ebenso die Kulturförderung. Sie stelllt eine wesentliche Komponente dieses Szenarios für die Buchindustrie dar. Allerdings ist hier auch eine Ambivalenz inhärent. Der pragmatische Verbraucher sucht nach dem günstigsten Verhältnis von Preis und Leistung und nach Lebensvereinfachung durch (neuartige) Produkte und Dienstleistungen. Das bedeutet, es handelt sich hier nicht um eine völlige Abkehr vom bisherigen Trend, offen für Innovationen, z. B. technischer oder ökonomischer Art, zu sein. Die zitierte Studie des Börsenvereins sieht die Gegenwart stark von diesem Gesellschaftsszenario beeinflusst, dicht gefolgt vom ersten. Die befragten Experten halten es für die Zeit bis 2020 für dominierend, während die Bevölkerung den zweithöchsten Wahrscheinlichkeitsgrad zuweist. Dennoch ist das Ergebnis beider Erhebungen, dass es sich hierbei um die wünschenswerteste Entwicklung für das nächste Jahrzehnt handelt. Diese Diskrepanz zwischen Wahrscheinlichkeit und Erwünschtheit aber ist vermutlich nach dem Eintritt der Weltwirtschaftskrise geringer geworden. Als Anzeichen dafür können die staatlichen Regulierungs- und Unterstützungsmaßnahmen angeführt werden, die z. B. im Bankensektor oder bei einzelnen illiquiden Industriebetrieben über die eingeleiteten wirtschaftspolitischen Maßnahmen hinausgehen.
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Die wertmäßige Umkehr der Gesellschaft spiegelt sich im Buchhandel wider. Dem Buch wird eine wichtige soziale Rolle zugewiesen. Ein Aspekt dessen ist die Betonung des Mediums als kulturelles und gesellschaftliches Gedächtnis, also als Wissensspeicher.735 Durch die Kommunikationsfunktionen, die das Buch erfüllt, besteht die soziale Rolle außerdem im Charakter eines Diskursmediums. Die Folge der gesellschaftlichen Aufgaben des Buchs ist eine Sonderstellung, die über den Status als Handelsware hinausgeht. Dies zeigt sich in Form von Sonderregelungen und Anreizstrukturen für Herstellung und Vertrieb. Damit wird an die aktuellen Rahmenbedingungen des Bucheinzelhandels angeknüpft. Sie räumen Verlagsprodukten über den erniedrigten Mehrwertsteuersatz und die Buchpreisbindung ebenso einen Sonderstatus ein, wie das Urheberrechtsgesetzt das geistige Eigentum schützt.736 Die Existenz einer ‚Buchgesellschaft‘, die sich klar an diesem einen Leitmedium orientiert, entsprechend institutionalisiert ist und die Lesekultur z. B. in Veranstaltungen und öffentlicher Wahrnehmung lebt, rechtfertigt das. Gerade die Institutionalisierung aber macht die Wirtschaftlichkeit unentbehrlich. Es handelt sich dennoch um einen Handelszweig, der sich in einem sehr positiven Geschäftsumfeld wieder findet. Die große Nachfrage birgt gleichzeitig Potenzial für eine weitergehende Kommerzialisierung der Angebote seitens der Verlage und des Buchhandels. Dies führt letztlich auch hier zur Tendenz hin zu einer Bestsellerkultur, deren Dominanz durch die internationale Öffnung des Buchmarkts unterstützt wird. Ausgehend von der gegenwärtigen Situation lässt sich eine weiterführende Durchdringung des Markts mit elektronischen Medien prognostizieren. Doch führt dies nicht zur Verdrängung des gedruckten Buchs, sondern fördert parallel den Buchabsatz über neue Vertriebswege. Zusammenfassend wird deutlich, dass in diesem Szenario an das traditionelle Selbst- und Weltbild der Branche angeknüpft wird. Es ist zudem als Bekenntnis zu den etablierten Branchenstrukturen zu werten und impliziert den Wunsch nach einer stärkeren gesellschaftlichen Wertschätzung des gedruckten Buchs. 2.1.3 ,Metamorphosis‘ – Medienkonvergenz in der Informationsgesellschaft „Das Szenario ,Metamorphosis‘ beinhaltet einen vollständigen Paradigmenwechsel,“737 der in einem Wandel der Gestalt der Branche besteht. Kern dieses Wandels ist augenscheinlich die Verbindung zweier jeweils für sich erfolgreicher Prinzipien, die den beiden zuvor genannten Szenarien zugrunde liegen: Liberalität und gemeinschaftliche 735 Vgl. Rautenberg 2001, S. 5. 736 Vgl. Wetzel 2001b, S. 89–91. 737 Börsenverein des Deutschen Buchhandels / Sinus Sociovision 2008, S. 20.
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Werte. Die Synthese der beiden Ansätze wird als Erfolgsfaktor für die Bewältigung der künftigen Realität empfunden. Diese Zukunftsoption charakterisiert ebenfalls die Öffnung für die Globalisierung, für die übergreifende Vernetzung und für fortschrittliches Gedankengut. Kennzeichnend ist außerdem, dies u. a. auf das Prinzip der Nachhaltigkeit abzustimmen. Weitere bedeutsame Prinzipien sind z. B. Toleranz, Transparenz oder Gleichgewichtigkeit. Hinter allem aber steht das Ziel, bisherige Konzepte innovativ miteinander zu verbinden. Höhere Anforderungen verlangen demnach auch, dass der Komplexitätsgrad der Lösungsansätze zunimmt. Überhaupt stellt eine hohe Problemlösungskompetenz neben Wissen und Information eine wichtige gesellschaftliche Ressource dar. Sowohl Begründung als auch Voraussetzung für dieses hohe Anspruchsniveau und die Überwindung überkommener Muster ist, dass grundlegende soziale Probleme bewältigt werden und eine breite materielle Basis bzw. Absicherung garantiert ist. Wichtige Trägerschichten sind dementsprechend experimentalistische und postmaterielle Milieus. Bei der Beurteilung der Wahrscheinlichkeit dieses gesellschaftlichen Szenarios geht man von einer aktuell geringen Relevanz aus. Gleichwohl wird der Eintritt langfristig denkbarer. Ebenso ist der Wunsch nach dem beschriebenen Wandel im Vergleich zur aktuellen Durchsetzung überproportional gewachsen. Dies trifft auf die Expertengruppe und die befragte Bevölkerungsstichprobe gleichermaßen zu. Dennoch sind die skizzierten Parameter als sehr langfristiges Szenario einzuschätzen; nicht zuletzt auch, weil ein derart grundsätzlicher Wertewandel in einer hochkomplexen Gesellschaft wohl eines längeren Zeitraums als zehn Jahre bis zum endgültigen Vollzug bedarf. Die gesellschaftlich große Bedeutung der Anhäufung von Wissen und Informationen spiegelt sich in den Begriffen Wissens- bzw. Informationsgesellschaft wider. Das wiederum ist richtungsweisend für das entsprechende Buchmarktszenario. Indikator für die außerordentliche Informationsorientierung ist z. B. die allmähliche Veränderung der Lesestrategien, mit dem Ziel immer schneller die benötigten Informationen aus Texten zu entnehmen. Lineares Lesen ist dazu nicht geeignet. Vielmehr müssen sich sprunghafte Wechsel und gleichzeitiges Konsultieren verschiedener Quellen und Medien etablieren.738 Dies hat auch zur Folge, dass immer mehr Bücher nicht bis zum Ende gelesen werden. Eine generelle Medienaktivität kennzeichnet das ohnehin multioptionale Nutzerverhalten. Dies setzt wiederum einen hochkompetenten Umgang mit den verschiedenen Medien voraus, was sowohl die technischen Fähigkeiten als auch die Informationssuche und -auswahl umfasst. Dass die Wahl des geeigneten Mediums 738 Vgl. Tullius, S. 75.
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ins zweite Glied tritt, ist logische Folge der hohen Medienkompetenz einerseits und der primären Inhaltsorientierung andererseits. „Der Content zählt, nicht das Medium.“739 Dadurch verschwimmen letztlich die Grenzen zwischen den Medien und den entsprechenden Wirtschaftszweigen. Hinzu kommt, dass sich die Prinzipien der Interaktion und der Kollaboration („Wikipedia-Prinzip“740) auch im Buchmarkt, insbesondere in der Buchproduktion, zunehmend durchsetzen. Dies ist dem hohen Anspruch an die Aktualität der Inhalte gezollt, den die Informationsgesellschaft stellt. Zielvorstellung dieses Szenario ist, dass verschiedenartige Medien konvergieren und ein und derselbe Inhalt in unterschiedlichen Formen zur Verfügung steht. Für die fortschreitende Durchsetzung anderer Medien neben dem gedruckten Buch gibt es vielfältige Indikatoren. Beispielsweise sprechen einige Daten für digitale Produkte: Auf der Frankfurter Buchmesse 2007 stellten sie einen Anteil von 30 % der präsentierten Waren. Mehr als die Hälfte der während jener Buchmesse befragten Experten bezeichnen die Digitalisierung als die größte Herausforderung für die Buchbranche. Das spiegelt sich darin, dass der E-Book-Sektor einer der wichtigsten Wachstumsbereiche ist und die Branche mit libreka ein eigenes Portal für die Online-Volltextsuche und den E-Book-Verkauf installiert hat. Das Feld der expansiven Segmente führen jedoch Hörbücher mit fünfprozentigem Wachstum an. In diesem Vertriebsbereich dominiert der Online-Vertriebsweg: Die Zahl der Downloads von Hörbuchtiteln wächst stark an (+32 %). Unter diesen Voraussetzungen werden Bücher, oder besser: verlegerisch aufbereitete Inhalte, eben entsprechend der hohen Bedeutung von (informativen) Inhalten, als hochbedeutsam eingeschätzt. Sie stellen die so genannte Königsdisziplin unter den Informations-, Kommunikations- und Unterhaltungsmedien dar, weil der institutionalisierten Produktion in Verlagen Verlässlichkeit und sorgfältige Zusammenstellung zugeschrieben werden. Abgesehen vom hohen Stellenwert des gedruckten Buchs stellt es nicht mehr das Leitmedium der Zeit dar. Es steht aber dennoch im Konzert der Medien für Sinnlichkeit und Unvergänglichkeit. Für den Buchmarkt ist insbesondere die ökonomische Konkurrenz der Darreichungsformen eine Herausforderung. Das gedruckte Buch hat nur dort einen zukunftsfähigen Markt, wo es nachhaltige Vorteile gegenüber anderen medialen Angeboten aufweist. Hinzu kommt die zunehmende Individualisierung, die eine detaillierte Zielgruppensegmentierung zwingend erfordert. Nur so kann genau die Zielgruppe ausgemacht werden, die ein hohes Abnehmerpotenzial für den jeweiligen, von Verlagen bereit gestellten Inhalt bzw. für Bücher birgt.
739 Börsenverein des Deutschen Buchhandels / Sinus Sociovision 2008, S. 32. 740 Ebd.
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2.1.4 Zwischenfazit Resümierend bleibt festzustellen, dass die skizzierten Perspektiven für die deutsche Gesellschaft im Allgemeinen und den deutschen Buchmarkt im Speziellen nicht als exakte Alternativen gelten können. Zunächst fällt auf, dass die drei Gesellschafts- und Buchmarktszenarien augenscheinlich unterschiedliche Prognosehorizonte ansprechen. Die Vorhersagen der beiden ersten Szenarien beziehen sich auf einen mittelfristigen Horizont, während das dritte weiter in die Zukunft der Branche weist. Entsprechend der Einschätzungen der heutigen Relevanz, die sowohl vom Expertenteam als auch von der Bevölkerung als geringste eingestuft wurde, wird hier wohl ein langfristiger Zeitraum angelegt. Darüber hinaus und gerade deswegen lassen sich die entworfenen Gesellschaftsszenarien eher als dialektisches Modell denn als austauschbare Ideen verstehen. Dabei bilden die Szenarien eins und zwei These und Antithese: ‚Free is fair‘ stellt ein freiheitliches Wirtschaftssystem in den Fokus. ‚Shared destiny‘ steht für die soziale Komponente. Dagegen stellt das dritte die Synthese dar, da hier eine Kombination der Leitgedanken aus den beiden ersten Szenarien und eine wertmäßige Erhöhung derer vorliegt. Ein weiterer Aspekt, der gegen die absolute Ersetzbarkeit der Szenarien spricht, ist eine grundlegende Veränderung für die Buchbranche, die das dritte Szenario von den beiden anderen abhebt. Die Beschreibungen der Hinwendung zur Inhaltsorientierung und Öffnung des Konsumentenverhaltens für alle Darreichungsformen weist auf einen Medienwechsel hin. Folglich stellen das erste und zweite Szenario zwei alternative Wege des Geschehens in der Buchwirtschaft unter den genannten gesellschaftlichen und ökonomischen Rahmenbedingungen dar. Die dritte Perspektive aber verändert die Geschäftsgrundlage. Sie ist jedoch mit den Entwicklungsrichtungen der ersten beiden Szenarien vereinbar und kann als zusätzliche Herausforderung in Erscheinung treten. Außerdem birgt die Medienkonvergenz Chancen für die Marktteilnehmer und die Branche trotz der sich unter dem Einfluss der Deregulierung verschärfenden Wettbewerbsbedingungen, denn die Angebotserweiterung (damit sind Offerten neuer Produkte und/oder neuer Dienstleistung im bisherigen Markt gemeint) gilt als eine der möglichen Wachstumsstrategien.741
741 Vgl. Liebmann u. a. 2008, S. 215.
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2.2 Konzentrationsszenarien Als Referenz für die künftige Konzentrationsentwicklung kann man die Branche des Lebensmitteleinzelhandels in der richtungsweisenden Funktion für alle Einzelhandelssegmente betrachten. Dobson u. a. stellen fest, dass über alle EU-Mitgliedsstaaten hinweg ein Trend zu unnachlässigem Wachstum der Konsolidierung offensichtlich ist. Dessen Resultat seien die Marginalisierung von kleinen unabhängigen Händlern und die Marktdominanz einer begrenzten Anzahl von großformatigen Händlern mit mehreren Geschäften.742 Trotz dieses allgemeinen Befunds können Unterschiede in Wettbewerb und Marktstruktur des Einzelhandels festgestellt werden, die v. a. von einer noch stark nationalen Struktur der Handelsmärkte herrühren. Dies zieht u. a. unterschiedliche Konzentrationsmuster nach sich. Es dominiert offensichtlich jedoch (noch) keine dominierende Marktkonfiguration über alle Länder. Trotz des generellen Trends zur Konzentration ist nicht ersichtlich, ob es einen Endpunkt für diese Entwicklung gibt. Es erscheint also fraglich, ob alle Märkte zu einem unbestimmten zukünftigen Zeitpunkt in einer mono- oder duopolistischen Situation gipfeln. Diese Unsicherheit stellt einen Grund dar, aus dem im Folgenden verschiedene Konzentrationsszenarien entwickelt werden. Weiter ist dies dadurch zu rechtfertigen, dass die national divergierenden Marktstrukturen in den jeweiligen Rahmenbedingungen, z. B. Konsumentenverhalten sowie Präferenzen für Produkte, Handelsformate und -strategien, begründet sind.743 Da es in der Studie des Börsenvereins an Szenarien mangelt, die eigens für die Marktstrukturkomponenten der Anbieterkonzentration im Buchmarkt entwickelt wurden, ganz gleich auf welcher Wirtschaftsstufe sie stattfindet, soll dies anhand eigener Thesen im Folgenden geschehen. 2.2.1 Beschleunigter Konzentrationsprozess Im ersten Szenario schreitet die Konzentration aufgrund der Liberalisierung schneller voran. Diese These soll anhand der für dieses Szenario genannten Indikatoren belegt werden. Sie fallen zum Großteil in die Schnittmenge mit den oben analysierten Ursachen oder Auswirkungen der Handelskonzentration. Dass die Autoren der Studie Buchkäufer und Leser 2005 von einer boomenden Wirtschaft ausgehen744, ist als Rechtfertigung für die Liberalisierung und Deregulierung, die die gesellschaftlichen und ökonomischen Rahmenbedingungen für dieses Szenario 742 Vgl. Dobson u. a. 2003, S. 112. 743 Vgl. ebd., S. 118–120. 744 Vgl. Börsenverein des Deutschen Buchhandels / Sinus Sociovision 2008, S. 27.
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prägen, zu verstehen. Da jedoch die Konjunkturprognosen in Folge der jüngsten globalen Rezessionsphase schlecht ausfallen, muss von einer Verringerung der Eintrittswahrscheinlichkeit ausgegangen werden. Ungeachtet dessen aber wirken sich sowohl seitens der Verbraucher als auch seitens der Legislative und Exekutive gebilligte freie Märkte konzentrationsfördernd für den Bucheinzelhandel aus. Gleichzeitig ebnete dies den Weg für die Kommerzialisierung der Kulturindustrie, insbesondere der Buchindustrie, was die Preisbindung aushöhlen kann, da diese damit begründet wurde, dass sie die Rolle von Verlagserzeugnissen als Kulturgut und Kulturmedium fördern soll.745 Die Kommerzialisierung suggeriert zudem eine Reduktion des Stellenwerts von LiteraturLektüre und ist Anstoß für den Abbau des staatlichen Schutzes für die Branche und von Subventionen. In letzter Konsequenz führt dies zur Abschaffung des Buchpreisbindungsgesetzes.746 Dies würde dem Endkundenhandel mit Büchern in Deutschland eine Wettbewerbsverschärfung durch Preiskämpfe und schlussendlich einen Konzentrationsschub mit der Folge starker Strukturveränderungen einbringen. Weitere Entwicklungen, die einen beschleunigten Konzentrationsverlauf wahrscheinlich werden lassen, sind mehrfache Konkurrenzverhältnisse, die den bisherigen Markt enger werden lassen bzw. den Anbietern die Geschäftsgrundlage entziehen. Abgesehen vom Wettbewerb unter den Unternehmen einer stationären Betriebsform (intraformale Konkurrenz) sind insbesondere die Entwicklungen auf interformaler Ebene zu beobachten, d. h. sowohl zwischen verschiedenen Betriebsformen als auch zwischen Vertriebsformen. Im stationären Bucheinzelhandel stellen unter der Prämisse, dass Marktgesetzte dominieren, grundlegende Veränderungen der Geschäftsmodelle eine Herausforderung dar, da so die traditionellen Bucheinzelhandelskonzepte in Frage gestellt werden747 und sich die Betriebsformen wandeln. Dass die hohe Anzahl an Neuerscheinungen im Gegensatz zum Nachfragevolumen steht,748 führt zu einer Situation des Überangebots, die zwar für Käufermärkte charakteristisch ist, doch in hohem Maße und gepaart mit einem hohen Sättigungsgrad der Abnehmer zur Verengung des Markts und nur geringen Wachstumsraten führt. Dies lässt einen intensiven Verdrängungswettbewerb entstehen. Für die Wirkungsweise ist es dabei unerheblich, ob es sich um einen Preis- oder Servicewettbewerb handelt. Die Unternehmen sind dazu gezwungen, einen möglichst niedrigen Kostenaufwand zu erreichen, um mittels der Margen entweder ein hohes Dienstleistungsniveau oder ein niedriges Preisniveau 745 746 747 748
Vgl. Deutscher Bundestag 2002, S. 1. Vgl. Börsenverein des Deutschen Buchhandels / Sinus Sociovision 2008, S. 28, 36f. Vgl. ebd., S. 27, 29. Vgl. ebd., S. 36f.
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anbieten zu können. Dies wiederum zwingt gerade unabhängige Unternehmen mit einem oder wenigen Ladengeschäften zur Integration in größere Unternehmen, um essentielle Größenvorteile realisieren zu können. Dieser Wirkmechanismus gilt im intraformalen wie im interformalen Wettbewerb auf stationärer Ebene. Aufgrund technischer Innovationen und der Verbreitung der technischen Ausstattung können auch nicht-stationäre Vertriebsformen als ernst zu nehmende Konkurrenz erwachsen. Dass nicht mehr ausschließlich professionelle Buchhändler in ihren Ladengeschäften Bücher verkaufen,749 sondern der Online-Vertrieb wesentliche Marktanteile aufweist, wird in diesem Szenario mit dem ähnlichen, wenn nicht gar besseren Leistungsniveau gegenüber den stationären Anbietern begründet. Die Verlagerungen der Nachfrage auf andere Vertriebskanäle bzw. auf den Online-Vertriebskanal führen wiederum zu einer Verkleinerung des Markts für Buchumsätze in stationären Fachgeschäften und wirken letztlich förderlich für den Fortschritt der Anbieterkonzentration im stationären Sortimentsbuchhandel. Eine weitere Facette der multiplen Konkurrenz ist die intermediale Ebene, d. h. dem Bucheinzelhandel erwachsen aus Konkurrenzangeboten zum Medium und zum Kommunikationskanal Buch entsprechende Vertriebsinstitutionen als Rivalen. Nachdem im Szenario ‚Free is fair‘ Bücher anderen Wegen zur Informationsverbreitung oder Unterhaltung nebengeordnet, teilweise sogar untergeordnet sind bzw. dies zunehmend werden, verengt sich der Markt für deren Absatzspezialisten, die Buchfachhändler, weiter. Es sind gerade E-Books, die den wirtschaftlichen Druck auf Hersteller und Distribuenten des herkömmlichen, gedruckten Buches durch spezifische Nutzenvorteile, erhöhen.750 Sie sind bei informativen und fachlichen Inhalten stärker vorhanden als bei unterhaltenden. Dadurch dass Märkte für gedruckte Titel an die für elektronische Inhalte abgegeben werden müssen, wird den Händlern solcher Waren die Geschäftsgrundlage zunehmend entzogen. Das erhöht den wirtschaftlichen Druck und führt zunächst zu einer Konsolidierung des Wettbewerberfelds, letztlich zu dessen Auflösung. Auch diese Entwicklung stellt einen konzentrationsfördernden Faktor dar. Die gleiche Wirkung hat die wachsende Bedeutung der betrieblichen Kostenstrukturen für den wirtschaftlichen Erfolg.751 Dabei sind Absatz- und Beschaffungsseite gleichermaßen zu berücksichtigen. Ein Kostentreiber, der aus der Absatzfunktion entsteht, sind die Ausgaben für grundlegende und ständige Marktanalysen. Insbesondere die Marktforschung und die Trendbeobachtung werden in einem hart umkämpften 749 Vgl. ebd., S. 29. 750 Vgl. ebd., S. 28. 751 Vgl. ebd., S. 36f.
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Markt zum Erfolgsfaktor. Auch wenn viele und detaillierte Informationen über die Zielgruppe(n) und deren Ansprüche bekannt sind, müssen weitere Investitionen in die Kommunikation des eigenen Produkt- und Dienstleistungsangebot folgen.752 Um in sämtlichen Wettbewerbsverhältnissen reüssieren zu können, müssen stationäre Sortimentsbuchhandelsunternehmen jeweils nachhaltige und nicht imitierbare Alleinstellungsmerkmale anstreben. Wichtiges Kriterium dabei ist die Schaffung eines echten Kundennutzens, der von den Kunden als solcher und als vorteilhaft empfunden wird. Diese Faktoren können auf den Preiswettbewerb ebenso ausgerichtet sein wie auf den Leistungsaspekt, der sowohl Services als auch Sortimentsfunktionen einschließt. „Dazu gehören ergänzende Angebote ‚rund ums Buch‘, wie z. B. Cafés, Themen- und Erlebniswelten, der Verkauf von Sammler- und Liebhaber-Items und allgemein die Erweiterung des Produktspektrums.“753 Die anwachsenden Ausgaben für diese Maßnahmen verschärfen die Kostensituation für jedes am Markt beteiligte Unternehmen. Für Filialunternehmen sind Größenvorteile dabei bedeutend, da sie einen wesentlichen Vorteil gegenüber anderen Unternehmensformen darstellen. Dies gilt nicht nur absatzseitig, sondern auch für beschaffungspolitische Maßnahmen. Bereits heute sind Großabnehmer im Vorteil, weil sie bessere Konditionen und höhere Rabatte aufgrund der großen Abnahmemengen verhandeln können. Wenn nun aber, wie im ersten Szenario angenommen, die Nachfrage stark auf Bestseller gerichtet ist, und die Umsätze, die mit wenigen, sehr erfolgreichen Autoren erzielt werden, eine Konzentration auf die Autoren- oder Verlagsmarken erfahren, kann man von einer Bestsellerkultur sprechen.754 Die hat eine Abnahme der programmatischen und inhaltlichen Vielfalt zur Folge, die von der entsprechenden Nachfrage getragen wird. Die Verringerung des Spektrums der den hauptsächlichen Umsatz generierenden Titel erweist sich wiederum als Vorteil für Filialunternehmen, die dadurch den Anteil des zentral bewirtschafteten Sortiments steigern können. Dies lässt einen gewichtigen Teil der Synergieeffekte der Buchhandelsketten heben. Gleichzeitig multipliziert dies die Durchsetzung der Forderungen die Nachfragemacht z. B. für Konditionsverhandlungen und -durchsetzung. Das führt letztlich erneut zu Größenvorteilen, die wiederum die Konzentration beschleunigen. Obwohl die meisten Entwicklungen, die für das erste Szenario prognostiziert werden, den konzentrationsfördernden Faktoren zugerechnet werden können, weise ich abschließend auf einen gegensätzlichen Trend hin. Die Zahlungsbereitschaft der Kon752 Vgl. ebd., S. 27. 753 Ebd., S. 29. 754 Vgl. ebd., S. 36f.
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sumenten steigt wieder an, wenn es um als wertvoll empfundene Dienstleistungen wie z. B. Beratung oder passgenaue Services geht.755 Erste Anzeichen dafür sind die ansteigenden Durchschnittspreise für Bücher und der Rückgang des Niedrigpreissegments. Vermutlich wirkt die Tendenz gerade im Fall der Aufhebung der Buchpreisbindung, die einen Wettbewerbswandel hin zur Preisorientierung zur Folge hätte, bremsend auf den Konzentrationsprozess. So bleibt ein Publikum für Anbieter erhalten, die zusätzlich zum Warenangebot umfassende Services anbieten. Diese sind Kostentreiber. Die höheren Kosten müssen in Form höherer Preise an die Endabnehmer weitergeben werden, um kostendeckend zu wirtschaften. Zusammenfassend kann man festhalten, dass die im ersten Szenario aufgezeigten Entwicklungen der Rahmenbedingungen und ihre Rückwirkungen auf den Buchmarkt für den stationären Sortimentsbuchhandel eine deutliche Beschleunigung des Konzentrationsprozesses erwarten lassen. Die Konzentrationssituation wird sich an die gegenwärtig im Lebensmitteleinzelhandel vorzufindenden Werte annähern (vgl. Kapitel IV.1.2). Zunächst aber wird die Versorgung v. a. in großen Städten und Ballungsräumen hauptsächlich durch Buchhandelsketten übernommen. In kleineren Orten aber bietet sich Überlebensraum für unabhängige Betriebe, da die Standorte mit den bisherigen Großflächen-Konzepten der Filialisten nicht rentabel zu bewirtschaften sind. Beispiel dafür sind Ladengeschäfte mit kleinem Buchsortiment und ausgedehnten Bestelldienstleistungen. Der Mittelstand wird jedoch langfristig komplett verschwinden. Außerdem wird sich der Wegfall der stationären Versorgung, egal durch welche Art von Unternehmen, in Randlagen und -gebieten sowie in kleineren und ländlichen Gemeinden verstärken. Der Markt erscheint nur für Großunternehmen rentabel und damit attraktiv. Ersatzformen zum stationären Endkundenhandel mit Büchern werden sich zunehmend durchsetzen. 2.2.2 Gleich bleibende Konzentration Unter den Voraussetzungen des Gesellschaftsszenarios ‚shared destiny‘, das dem Buchhandel die Funktion eines Kulturträgers zuschreibt, wird die Konzentration auf dem aktuellen Niveau stagnieren bzw. nur langsam voran schreiten. Für diese bremsende Wirkung spricht die wirtschaftliche wie kulturelle Rückbesinnung der Gesellschaft und damit der potenziellen Nachfrager buchhändlerischer Angebote und Leistungen. Das heißt, kulturelles Interesse und ein hohes Bildungsniveau in breiten Bevölkerungskreisen sind Voraussetzung dafür. Die Prognose einer großen Nachfrage „auch seitens des 755 Vgl. ebd., S. 29.
2 Prognose: Szenarien zur längerfristigen Marktentwicklung
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Mainstreams und sogar der Unterschicht-Milieus“756 wird zwar für dieses Szenario prognostiziert, jedoch erscheint dies vor dem Hintergrund aktueller Verbraucherstudien unsicher. Betrachtet man nur die Ergebnisse der beiden Studien Buchkäufer und Leser des Börsenverein und Sinus Sociovision, so findet man Hinweise auf eine scherenförmige Entwicklung des Kaufverhaltens. Obwohl sich 2008 immerhin ein Viertel der deutschen Bevölkerung als Vielleser charakterisieren lies, zeigt sich im Kaufverhalten ein gegensätzliches Bild: Nur ein knappes Fünftel kaufte durchschnittlich bis viele Bücher, während 43 % Nichtkäufer und 38 % Wenigkäufer verzeichnet wurden. Weiter nehmen die Marktforscher in der zitierten Studie an, dass im Kontext des bedeutenden sozialen Gefüges auch der Buchhändler einen wesentlichen funktionellen Beitrag leistet, d. h. als Leseförderer, ja als Kulturförderer im Allgemeinen. Die Funktion des Mediums Buch als Repräsentant der Gesellschaft der Zeit bleibt langfristig erhalten. Gerade das kulturelle Profil vieler Marktteilnehmer führt zu einem positiv besetzten Image der Branche.757 Auch hier muss jedoch die aktuelle Lebenswelt der Gesellschaft gegenübergestellt werden, die nur in wenigen Milieus ein starkes kulturelles Interesse beinhaltet; so z. B. bei der aktuellen Kernzielgruppe des Buchhandels, den so genannten Postmateriellen und Konservativen. Beide lassen aufgrund eines höheren Durchschnittsalters (insbesondere die Konservativen) auf weniger langfristiges Potenzial schließen.758 Darüber hinaus muss auf die unterschiedliche Akzeptanz der einzelnen Vertriebs- und Betriebsformen verwiesen werden. Auch das stützt Zweifel an einem breiten Publikum für stationäre Bucheinzelhandelsgeschäfte stützt. Die potenziellen sowie die hauptsächlichen Zielgruppen des Buchhandels akzeptieren Mehrkanal-Absatzstrategien oder gar den Online-Vertriebsweg, wenn auch in unterschiedlichem Maße. Damit konform geht die positive Prognose für elektronische Medien, die neben den gedruckten Publikationen ebenfalls ihren Markt entwickeln können; von einer Verdrängung aber sei nicht auszugehen.759 Demnach bestehen Chancen für das Überleben zahlreicher stationärer Bucheinzelhändler, deren Markt sich nicht verengt oder wegbricht. So ist von einer im Vergleich zum ersten Szenario gemäßigteren Konzentrationsentwicklung auszugehen. Grundlegend angenommen wird für dieses Szenario das gesteigerte Kulturbewusstsein der Gesellschaft und als Konsequenz eine weiterhin vielfältige, kulturorientierte und
756 757 758 759
Ebd., S. 31. Vgl. ebd., S. 30. Vgl. Börsenverein des Deutschen Buchhandels / Sinus Sociovision 2005, S. 38f., 44. Vgl. Börsenverein des Deutschen Buchhandels / Sinus Sociovision 2008, S. 31.
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-interessierte Szene. Deshalb werden auch kleine und mittlere Buchhandlungen in größeren Städten, dem Ort des Szenelebens, neben Filialen der Ketten im Markt bleiben. Ein weiterer verlangsamender Effekt auf die Konzentrationsentwicklung im stationären Sortimentsbuchhandel leitet sich vom Erhalt der Preisbindung als staatlichem Stützungsbeitrag ab. Dies ist gleichzeitig Voraussetzung für die Koexistenz kleinerer Anbieter trotz zunehmender Umsatz- und Verkaufsflächenkonzentration auf Großanbieter. Das heißt, auch unter der Voraussetzung eines sehr positiven Geschäftsumfelds wird die Konzentration voranschreiten. Jedoch ist aufgrund der Buchpreisbindung der wirtschaftliche Druck nicht so hoch, als dass nicht kleinste und weniger rentable Anbieter in Marktnischen weiter existieren könnten. Daraus resultiert ein weiterhin dichtes Versorgungsnetz. Es bietet den Verbrauchern zahlreiche Verkaufsstellen für Buchhandelswaren. Dabei bedeutet es nicht ein Festhalten an traditionellen stationären Buchhandlungen, sondern schließt die ambulante, v. a. Online-Versorgung, ein.760 Trotz der hohen Wertschätzung der Buchbranche als Kulturträger und deren Sonderstatus handelt es sich um einen Wirtschaftszweig, dessen Grundlage kommerzielle Geschäfte sind. Die Experten gehen sogar von einem Kommerzialisierungsfortschritt aus,761 in dessen Folge sich der wirtschaftliche Druck auf die Marktteilnehmer erhöht. Logische Konsequenz erhöhter Anforderungen an die Rentabilität eines Buchhandelsunternehmens ist der Wandel im Umgang mit den Produkten, die erfolgreich abgesetzt werden müssen und folglich als Handelswaren aufzufassen sind. Deshalb müssen notwendigerweise kaufmännische Fachkräfte und fähige Verkäufer beschäftigt werden. Das zeigen entsprechende Forderungen, z. B. eines Berufsbilds des Buchverkäufers statt des Buchhändlers.762 Die Ausbildung zum Buchhändler muss den veränderten Anforderungen genügen.763 Es muss v. a. Handlungskompetenz für die Bereiche kaufmännische Steuerung, aktives Verkaufen auch digitaler Produkte bzw. Inhalte und E-Business ausgebildet werden.764 Außerdem zeigt sich die Kommerzialisierung der Branche in diesem Szenario in den Einkaufsstättenpräferenzen der Verbraucher, die zudem von deren alltäglichen und wirtschaftlichen Zwängen geprägt ist. Dabei lässt sich ein klarer Trend zu Großbetriebsformen feststellen, der häufig verbunden erscheint mit einem hohen Serviceanspruch. Dies bedeutet im Gegenzug den Rückgang des Discountsegments. Gleichzeitig werden neben den stationären Buchhandlungen 760 761 762 763 764
Vgl. ebd., S. 30f. Vgl. ebd., S. 30. Vgl. Baier 2007c, S. 19. Vgl. ebd. Das veränderte Anforderungsprofil wurde in Lohse 2009 (Kapitel 6) klar herausgearbeitet. Vgl. Kolb-Klausch 2009.
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andere Vertriebsformen genutzt, was einen intensiven interformalen Wettbewerb zur Folge hat.765 Beides sind Impulse für einen grundlegenden Wandel der Betriebsformen des Endkundenhandels mit Büchern. Unter diesen Voraussetzungen muss die Notwendigkeit von Profilierung und dadurch Markenbildung bei den Anbietern hervorgehoben werden.766 Im Sortimentsbuchhandel kann dies z. B. durch sortimentskonforme Veranstaltungen, aber auch durch intensive Kundenbetreuung und Beratung, beispielsweise durch Empfehlungen oder Testimonial-Werbung geschehen. Die beliebigen Möglichkeiten, das Unternehmen stark zu profilieren, sind gleichzeitig als Chance auf das Verbleiben im Markt und auf das Bestehen neben den zahlreichen Konkurrenzverhältnissen medialer und vertriebsmäßiger Art zu verstehen. Die Rahmenbedingungen, die das zweite Szenario vorgibt, indem der Buchmarkt den Stellenwert eines Kulturträgers einnimmt, bewirken eine Stagnation des Konzentrationsstands bzw. den im Vergleich zum Szenario freier Märkte deutlich verlangsamten Fortschritt des Konzentrationsprozesses. Auf die Drosselung deuten die aktuell im Sortimentsbuchhandel festzustellenden Konsolidierungserscheinungen hin. Darüber hinaus spricht für eine Stagnation der Konzentrationsentwicklung der Erhalt der Buchpreisbindung, der nicht allein unter den Voraussetzungen des unterstellten Wertewandels wahrscheinlich ist. Dadurch ist rentables Wirtschaften aufgrund gut kalkulierbarer Margen auch für kleinere Unternehmen mit minimalen Konditionen möglich. Hinzu kommen positive Aspekte für große Bucheinzelhändler, die gute Bezugsbedingungen verhandeln können und so hohe Margen erzielen, die nicht durch Preiskonkurrenz geschmälert, sondern in Service oder Wachstum investiert werden können. Der gleichzeitige Erhalt des Servicewettbewerbs im Bucheinzelhandel macht die ausgeprägte Profilierung der Marktteilnehmer nötig. Effekt dessen ist wiederum, dass die Angebote vielfältig und möglichst einzigartig bleiben, sodass sich hieraus ebenfalls eine konzentrationsbremsende Wirkung ableiten lässt. 2.2.3 Multiplikatorwirkung der Digitalisierung Für die beiden ersten Gesellschafts- und Buchmarktszenarien wurden zwei unterschiedliche Entwicklungsrichtungen des Konzentrationsprozesses – zum einen die Beschleunigung, zum anderen die Entschleunigung – aufgezeigt. Nun muss man für die Vision des Paradigmenwechsels nach den Konzentrationseffekten fragen. Bereits die obige Einschätzung der Gesellschafts- und Buchmarktszenarien räumt dieser Variante eine Sonderstellung gegenüber den anderen beiden ein, die mit einem abweichen765 Vgl. Börsenverein des Deutschen Buchhandels / Sinus Sociovision 2008, S. 31. 766 Vgl. ebd., S. 30.
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den Prognosehorizont und mit der stärkeren Akzentuierung des medialen Wandels begründet wird. Dies schlägt sich auch in der entsprechenden These zum Konzentrationsverlauf nieder. Für das Metamorphosis-Szenario ist zu erwarten, dass neben die Anbieterkonzentration im stationären Bucheinzelhandel die sich entfaltende Digitalisierung als weitere Herausforderung tritt. Der Paradigmenwechsel vom gedruckten Buch zum verlagsgenerierten Inhalt als marktkonstituierendes Produkt verändert die Anforderungen an die Marktteilnehmer und die Konzentrationsvoraussetzungen. Es entsteht ein Wettbewerb auf einer, im Vergleich zur Branchengegenwart, völlig anderen Basis. Daraus lassen sich zwei weitere Hypothesen ableiten, die als alternative Entwicklungsstränge zu sehen sind. Erstens ist davon auszugehen, dass sich in Folge der Etablierung einer medienneutralen Informationsgesellschaft die stationäre Anbieterstruktur verändert. Das setzt die Annahme voraus, das gedruckte Buch sei weiterhin im Portfolio der Medien akzeptiert. Der Kern des Wandels in diesem Szenario besteht dann in einer Veränderung der Kaufstätten. Der Erwerb von Informationen und gedruckten Medien im Allgemeinen ist nicht mehr allein an den Facheinzelhandel gebunden, dessen Marktanteil zurückgeht. Zwar gehen die Autoren der Studie Buchmarkt 2020 davon aus, dass Buchkäufer neben zahlreichen anderen Vertriebswegen und Betriebsformen des Einzelhandels ganz selbstverständlich auch weiterhin den stationären Bucheinzelhandel zum Buchkauf besuchen, doch fehlt die Erklärung dafür. Deshalb erscheint diese Überzeugung nicht einsichtig. Die Frage nach dem Alleinstellungsmerkmal bzw. der Vorteilhaftigkeit des stationären Buchfachhandels gegenüber anderen Angebotsformen und in Abhängigkeit von Marktnischen ist deshalb berechtigt; zumal davon ausgegangen wird, dass die gewünschten Waren bzw. Informationen in zahlreichen anderen Verkaufsstellen erhältlich sind, sei es in Supermärkten, in Medienkaufhäusern, in Tankstellen-Shops, in Gastronomiebetrieben oder Bildungseinrichtungen z. B. über Bestellungen oder gar Downloads. Durch die gestiegene Akzeptanz von digitalen Verlagsprodukten und der sich entsprechend entwickelten Nachfrage danach erweitert sich der Markt. Die Markteintrittsschranken für neue, branchenfremde Anbieter mit innovativen Konzepten sinken, was wiederum die Wettbewerbsintensität steigert. Gerade diese Vielfalt an großen und kleinen sowie unterschiedlich konturierten Anbietern767, ganz gleich ob es sich um unabhängige oder integrierte Betriebe handelt, bringt eine Zersplitterungstendenz für das Angebot mit sich. Konzentrationsfördernd kann diese Entwicklung dennoch sein, falls es wiederum die Filialunternehmen sind, die die 767 Vgl. ebd., S. 33f.
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jeweiligen Vertriebs- und Betriebsformen dominieren. Dasselbe gilt, falls unabhängige Einzelhandelsbetriebe zahlen- und marktanteilsmäßig zurückgedrängt werden. Eine Möglichkeit für den traditionellen stationären Buchhandel, in diesem Szenario fortzubestehen, sind Sortimentsveränderungen, die weitere mediale Formen wie Digitalisate oder Hörbücher einschließen.768 Gerade in der Informationsgesellschaft wird die Profilierung von traditionellen Buchhandlungen in Richtung Medien- und Informationshändlern, die zudem klar auf eine Zielgruppe ausgerichtet sind, zur Chance. Dabei ist auch an die Integration von Print-on-Demand-Angeboten und Download- sowie Druckstationen in die stationären Verkaufsstellen zu denken.769 Dass dies keine Hypothese bleiben muss, belegt die von den Unternehmen Books on Demand (BoD) und On Demand Books angestrebte Einführung von Print-on-Demand-Geräten in Deutschland.770 Die Espresso Book Machine (EBM) ermöglicht es stationären Buchhändlern auf Kundenwunsch und binnen kurzer Zeit, d. h. in wenigen Minuten, digital vorgehaltene Inhalte zu drucken und zu binden. Dies gewährleistet die jederzeitige Verfügbarkeit eines potenziell beliebig umfangreichen Sortiments.771 Allerdings weisen die Anschaffungskosten sowie die Amortisationsdauer in Abhängigkeit von potenzieller und tatsächlicher Nachfrage darauf hin, dass sich dieses Geschäft v. a. für große Unternehmen mit (mehreren) großen Verkaufsstätten lohnt. Sie haben ein großes Kundenpotenzial. So sind dadurch erneut filialisierte Großunternehmen im Vorteil, was die Konzentration fördern kann. Effekt solcher Innovationen, aber ebenso der Etablierung digitaler Produkte ist z. B. die veränderte respektive abnehmende Lagerhaltung dezentraler Art für die stationären Buchhandlungen bzw. auch zentraler Art für Teile des Sortiments von Filialbuchhandlungen. Dies wiederum bewirkt Veränderungen in der Logistik der Branche,772 d. h. nicht nur des Bucheinzelhandels und dessen großen und kleinen Handelsformen, sondern auch des Zwischenbuchhandels. Man kann dabei von einer Reduktion der Größen- und Zentralisierungsvorteile für filialisierte Großunternehmen ausgehen, da durch die Verlagerung auf digitale Produkte der Transport- und Lageraufwand zurückgeht und sich das Ausmaß der Größen- und Verbundeffekte verringert. Darüber hinaus bedarf es grundsätzlich einer Anpassung der Wettbewerbsstrategien, aus denen sich jedoch keine konzentrationsrelevanten Effekte ableiten lassen. Geht man also davon aus, dass sich in diesem dritten, langfristigen Szenario die weiter bestehenden stationären Angebote verändern, so lassen sich aus diesen Umstruktu768 769 770 771 772
Vgl. ebd., S. 34, 39. Vgl. ebd., S. 34. Vgl. Baier / Weise 2008, S. 7. Vgl. [Hagenmüller] [18.07.2008 / 28.05.2009]. Vgl. Börsenverein des Deutschen Buchhandels / Sinus Sociovision 2008, S. 34.
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rierungen nur bedingt konzentrationsfördernde Effekte erkennen. Nämlich wenn ein hoher Investitionsbedarf für einige Veränderungen besteht. Das bringt Vorteile für dominierende Großunternehmen. Eher gegenteilig angelegt sind die Trends zu Differenzierung und Vielfalt der Anbieter. Zweitens ist grundlegend nach der weiteren Existenz stationärer Anbieter zu fragen – eine logische Konsequenz aus der Veränderung im Vertriebs- und Betriebsformenwettbewerb. Darüber hinaus geht man in diesem Szenario von der Medienkonvergenz773 aus. Die zieht einen vollständigen Produktwandel und die Verschmelzung mehrerer Märkte, vorwiegend von Medienmärkten, aber z. B. auch Überschneidungen mit der Telekommunikationsbranche, nach sich. Das bedeutet letztlich einen Wandel in den Anbieterstrukturen im Endkundenhandel mit diesen Medien. Für den stationären Bucheinzelhandel oder auch Medienhandel ist das bedeutend, weil insbesondere elektronische Produkte am einfachsten über den Online-Vertriebsweg verkauft werden können, da hier der Datentransfer direkt erfolgt. Zwischenspeicherschritte und Ausgabegeräte, wie z. B. Downloadstationen, die beim Vertrieb über den stationären Einzelhandel nötig wären, entfallen. Außerdem ist es fraglich, ob die Käufer dieser Produkte nicht eine größere Affinität zum E-Commerce aufweisen als zum Kauf im Ladengeschäft. Um das Verhalten und den Bedarf der tatsächlichen wie potenziellen Kundschaft herauszufinden, bedarf es der Markt- und Konsumforschung.774 Das ist insbesondere für weniger finanzkräftige Unternehmen kaum erschwinglich, wodurch kapitalkräftige Großunternehmen im Vorteil sind. Sie haben dadurch indirekt die Möglichkeit, die anderen Unternehmen zu übertrumpfen. Die Anbieter stehen nämlich extrem diversifizierten und fragmentierten Märkten gegenüber, die sich durch den Wunsch nach Individualisierung bei gleichzeitig zunehmenden Unterschieden zwischen den Zielgruppen und Milieus kennzeichnen.775 Die Polarisierung der gesellschaftlichen Milieus ist an unterschiedlichen Faktoren festzumachen: Am Umfang des Buchbesitzes, am Leseverhalten, aber auch an der Bedeutung und der Verwendung von gedruckten Büchern einerseits und verlagsgenerierten Inhalten andererseits.776 Basierend auf der Erkenntnis einer gegenwärtig positiven Korrelation von Mediennutzung und Buchnutzung777 kann man auf ein künftig ebenso medien- wie buchaffines Publikum schließen. Dennoch ist sowohl für gedruckte Bücher als auch für den stationären Einzelhandel mit diesen Waren mit Abnehmer773 774 775 776 777
Vgl. ebd., S. 32. Vgl. ebd., S. 34. Vgl. ebd. Vgl. ebd. Vgl. PricewaterhouseCoopers AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft 2007, S. 6.
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schwierigkeiten zu rechnen. Zum einen werden die Nachfrager zusehends unberechenbarer aufgrund der Disparitäten im allgemeinen Konsumentenverhalten. Zum anderen beleben elektronische Publikationsformen die Vielfalt der Darreichungsformen. Sie erlauben zudem das Ausweichen auf Alternativen zu den Print-Produkten und zu den stationären Anbietern. Dies schmälert die Handelsbasis für die Anbieter mit Ladengeschäft. Folge des Nachfragerückgangs sind geringe Wachstumsmöglichkeiten, die die Konkurrenz um Marktanteile verschärfen und zur Verdrängung der Anbieter führen, die z. B. wegen technischer oder finanzieller Barrieren nicht auf Multi-Channel-Strategien oder den reinen elektronischen Handel umstellen können. Darüber hinaus aber ermöglichen elektronische Produkte den verstärkten Direktvertrieb durch die Verlage, sodass dadurch der Markt für stationäre Anbieter verengt wird. Das fördert wiederum die Verdrängung weniger rentabler Betriebe und damit die Anbieterkonzentration. Genau das bestätigt eine Studie zu den Auswirkungen des E-Commerce auf den Bucheinzelhandel. Elektronische Handelsformen werden als wesentliche Triebkraft für die beschleunigten Veränderungen der Branchenstruktur gesehen. Dies trifft v. a. auf den Konzentrationsprozess und den Direktvertrieb zu.778 Die Prognose für die Konzentrationsentwicklung in diesem Szenario lässt sich anhand folgender Reaktionskette zusammenfassen: Die Etablierung und Akzeptanz elektronischer Produkte, in jedem Fall aber die Koexistenz unterschiedlicher Darreichungsformen und die Konvergenz mehrerer Informations- und Kommunikationsmedien setzen zunächst entsprechende Empfangs- und Entschlüsselungskompetenzen bei den Abnehmern voraus. Die veränderten Waren bewirken wiederum Veränderungen der Vertriebsformen, woraus letztlich Umstrukturierungen unter den Anbietern sowie veränderte Betriebsformen entstehen. Die trendmäßige Auflösung der bisherigen Branchengrenzen, die das Szenario ‚Metamorphosis‘ für den Buchmarkt mit sich bringt, erschwert eine eindeutige Aussage zur Entwicklung der Konzentration im stationären Bucheinzelhandel. Dies liegt v. a. an der Unsicherheit über Bezugspunkte und klar abgegrenzte Märkte. Die Prognose lässt sich jedoch auf eine Multiplikatorwirkung der Digitalisierung und deren Akzeptanz bei den Endkunden zuspitzen. Zum einen wird der Markt im stationären Fachhandel zunehmend enger. Zum anderen aber tritt neben das Phänomen und die Probleme der Konzentration die Herausforderung, die Entwicklungen der Medienkonvergenz als Unternehmen zu überleben. Dies gilt auch für die großen Unternehmen des stationären Bucheinzelhandels, also vorrangig für die Filialisten, da die Konkurrenz aus anderen Vertriebskanälen für Bücher bzw. verlagsge778 Vgl. Kuhn 2008, S. 36.
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nerierte Inhalte zunimmt und mit innovativen Formen des Handels und der Bereitstellung von Informationen zu rechnen ist. Eine Zusammenfassung und gleichzeitige Visualisierung der skizzierten Konzentrationsentwicklungen für die einzelnen Buchmarkt-Szenarien bietet Abbildung 13. Beschleunigter Fortschritt der Beschleunigte Durchsetzung Fortbestand der aktuellen KonzenKonzentration der Digitalisierung tration Rahmenbedingungen: freie Marktwirtschaft → Multiplikatorwirkung des Preisbindungsentfalls
Rahmenbedingungen: Erhalt der Preisbindung und Erhalt/Verbesserung des Ansehens von Buch und Lektüre
Multiplikatorwirkung auf kon- – Unabhängige bestehen fort im – Verdrängung der unabhängigen v. a. KMUs zentrationstreibende Faktoren Schatten der Filialisten – Homogenes Feld von Filialisten – Polarisierung (Oligopolisierung)
→ Angebotsuniformierung
→ große Bedeutung von Profilbildung/ Differenzierung für Unabhängige und Filialisten Veränderungen der Produkte/ → Notwendigkeit der Integration des Sortiments digitaler Produkte und Online-Shops in Konzepte – Eigenlösungen für Großunternehmen und – Branchenlösungen für Unabhängige
← – Stationärer Buchhandel und zunehmend bedeutende Nebenmärkte (Supermärkte) mit breitem und schnelldrehendem Sortiment – Online-Buchhandel mit spezifischem/Nischen- und tiefem Sortiment und Discountfähigkeit
Veränderungen der Vertriebsund Kommunikationswege
Abbildung 13: Die Konzentrationsszenarien für den stationären Bucheinzelhandel.
3 Handlungsempfehlungen: Reaktionsmöglichkeiten und Strategien für Filialunternehmen
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3 Handlungsempfehlungen: Reaktionsmöglichkeiten und Strategien für Filialunternehmen 3.1 Szenario-spezifische Strategien Nachdem im vorangegangen Kapitel der Fokus auf der Ableitung wahrscheinlicher Entwicklungsrichtungen des stationären Bucheinzelhandels, insbesondere der Strukturkomponente der Anbieterkonzentration lag, gilt es nun, Reaktions- und Entwicklungsmöglichkeiten für die Unternehmen aufzuzeigen. Dabei sollen die Filialunternehmen im Fokus stehen. Sie sind aktuell von der Konzentrationsentwicklung begünstigt und treiben sie zudem voran. Jedoch erwächst vor dem Hintergrund der Digitalisierung selbst ihnen interformale Konkurrenz. Gerade dadurch eröffnet sich eine Forschungslücke, denn die Erarbeitung von Handlungsempfehlungen konzentriert sich auf die kleinen und mittleren Handelsunternehmen. Zunächst beziehen sich die Ergebnisse erneut auf die oben dargestellten Buchmarkt- und Konzentrationsszenarien. Die entwickelten Ansätze sind als Strategieoptionen auf dem Weg in die Realität des jeweiligen Szenarios, das den Extrempunkt der entsprechenden Entwicklung darstellt, zu verstehen. Das bedeutet, der Anspruch dieses Kapitels ist es nicht, einzelne Maßnahmen zu entwickeln, sondern Ideen und Visionen aufzuzeigen, die in unternehmensspezifischen Konzepten realisiert werden müssen. Ausgangspunkt der Ausführungen ist erneut die Studie Buchmarkt 2020. Die darin für die einzelnen Szenarien vorgeschlagenen Ideen, Maßnahmen und Strategien779 werden jedoch weiterentwickelt und ergänzt. Hervorzuheben ist, dass die Kernzielgruppen für die jeweilige Entwicklungsalternative den Ausgangspunkt der Überlegungen bilden. Diese weichen in allen drei Szenarien von den aktuell auszumachenden Kernzielgruppen des Buchmarkts780, den Postmateriellen und den Konservativen, ab. Dies hängt mit dem Prognosehorizont der Studie zusammen, der zehn bis 15 Jahre beträgt. Ersichtlich wird das mit Blick auf die Altersstruktur der Kernzielgruppen und der für die Zukunft favorisierten Milieus. So liegt der Median für die zudem kleine Konservativen-Gruppe bei einem Alter von 63 Jahren, während die stärkste Gruppe die 65- bis 74-Jährigen stellen. Auch die Postmateriellen sind mit einem Median-Alter von 44 Jahren eine vergleichsweise ‚alte‘ Gruppe, die am Ende des Prognosezeitraums ein Durchschnittsalter von 60 Jahren erreichen wird.
779 Vgl. Börsenverein des Deutschen Buchhandels / Sinus Sociovision 2008, S. 40–45. 780 Vgl. Börsenverein des Deutschen Buchhandels 2005b, S. 36–47.
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3.1.1 Visionen für das Liberalisierungsszenario Für das Buchmarkt- und Konzentrationsszenario, das auf dem Paradigma der freien Marktwirtschaft und vollständigen Konkurrenz aufbaut, wird das Milieu der so genannten Modernen Performer als Kernzielgruppe angegeben.781 Für dieses Milieu wurde ein Median-Alter von 30 Jahren berechnet, wobei die 14- bis 24-Jährigen den Hauptanteil stellen. Vergleicht man die Grundorientierung und den Lebensstil dieser Gruppe mit den im ersten Szenario angenommenen Veränderungen, so lassen sich schnell Übereinstimmungen ausmachen. Darüber hinaus spiegeln sich die Perspektiven für die Buchmarkt und Bucheinzelhandelsentwicklung im Kauf- und Informationsverhalten wider. Beliebte Themen, die Anhaltspunkte für die Sortimentszusammenstellung geben, sind Abenteuer, Unterhaltung, Freizeit und Ratgeber, aber auch Studium und Bildung. Aufgrund des fortgeschrittenen Konzentrationsstands und des weiterhin zügigen Konzentrationsprozesses lässt sich der stationäre Sortimentsbuchhandel in diesem Szenario auch als reife Branche begreifen. Weil die Branche nur langsam wächst, müssen sogar große Unternehmen in marktdominierenden Stellungen mit einem starken wirtschaftlichen Druck rechnen. Deshalb ist wirtschaftliche Effizienz eine wesentliche Voraussetzung für die Überlebensfähigkeit dieser Unternehmen. Dazu ist es notwendig, eine genaue Analyse und Kontrolle der individuellen Kostensituation durchzuführen und gegebenenfalls zu rationalisieren und die Konsolidierung einzuleiten.782 Aufgrund des großen wirtschaftlichen Drucks sind außerdem Best-Practice-Analysen zu empfehlen. Dabei geht es darum, von anderen musterhaft erfolgreichen Unternehmen, die oft anderen Branchen angehören, zu lernen und erfolgreiche Verhaltensmuster und Strategien zu adaptieren. Für die Buchindustrie insgesamt kann es überdies vorteilhaft sein, die anderen Medienmärkte wie die Musik- oder Filmbranche zu beobachten, um aus Organisationsveränderungen und den Reaktionen darauf zu lernen. Zudem sind sowohl innerhalb der gleichen Branche als auch mit branchenfremden Unternehmen Vermarktungspartnerschaften und Kombinationsangebote erfolgversprechende Handlungsoptionen. Dadurch würde der Sortimentsbuchhandel neben den Endkunden- und damit B2C (Business to Consumer)-Märkten so genannte B2B (Business to Business)-Märkte erschließen. Dies stellt eine zusätzliche Absicherung des Geschäfts durch längerfristige Vertragsbindungen dar, die im Endkundenhandel, insbesondere gegenüber privaten Kunden, nicht möglich sind. Die beiden Markt-
781 Vgl. ebd., S. 53–57. 782 Vgl. Porter 2008c, S. 303.
3 Handlungsempfehlungen: Reaktionsmöglichkeiten und Strategien für Filialunternehmen
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führer, die Filialisten Thalia und die DBH-Gruppe, sind durch ihre Partnerschaften mit Sony bzw. Apple bereits aktiv geworden.783 Diese Möglichkeit gilt jedoch nicht nur für Mehrbetriebsunternehmen, sondern kann ebenso von unabhängigen Einzelunternehmen ortsgebunden angewendet werden. Dabei sind v. a. Kooperationen mit anderen ortsansässigen Händlern oder Produzenten denkbar. Während für Großunternehmen künftig auch die Globalisierungstendenz als Herausforderung und Möglichkeit des Wachstums anzunehmen ist, kommt für kleinere Unternehmen mit einer oder wenigen Verkaufsstellen vor dem Hintergrund des Kostendrucks Outsourcing in Frage; d. h. die Auslagerung von Aufgaben und Leistungen. Dies ermöglicht eine Konzentration auf die Kernkompetenzen, z. B. die Sortimentszusammenstellung und Beratung einer spezifischen Zielgruppe. Überdies kann rationalisiert bzw. die Kostenkalkulation für die bisher intern erbrachte Leistung wie z. B. administrative Aufgaben aufgrund vertraglicher Fixierung verbessert werden. Entsprechend den Lobby- und Verbandsforderungen wäre zudem für die Sortimentsbuchhändler aller Größenklassen hilfreich, die Buchpreisbindung zu erhalten bzw. wenigstens eine Mindestpreisregelung stattdessen durchzusetzen. Damit würde der Preiswettbewerb verhindert, der insbesondere für Anbieter mit geringem Abnahmevolumen bei den Verlagen ruinös ausfiele. So wäre auch in diesem Szenario die Buchbranche vor den Auswirkungen einer liberalen Wirtschaftsordnung geschützt. Die Überlebenschancen der einzelnen Unternehmen, selbst der Filialisten, hängen zudem davon ab, ob die technologische Fortentwicklung und deren Effekte akzeptiert und absorbiert werden. In einer innovationsfreudigen und wirtschaftlich liberalen Gesellschaft müssen sich auch die Bucheinzelhändler diesen Werten gegenüber offen zeigen und kein gegensätzliches Image beanspruchen. Dazu gehört auch die Nutzung neuer Medien, insbesondere des Internets, für die Kommunikation und für den Vertrieb. Mit letzterem sind reine E-Commerce- sowie Mehrkanalkonzepte gemeint, die dem Wunsch nach Multioptionalität entspringen784. Dennoch sind nicht nur Veränderungen der Vertriebswege charakteristisch und nötig. Der traditionell-stationäre Absatz muss sich gleichermaßen verändern. Das betrifft beispielsweise Vermarktungsaktivitäten. Für Kampagnen sind neben den klassischen Printmedien auditive und audio-visuelle Medien einzubeziehen, da die Verbraucher verschiedene Informationskanäle unter pragmatischen Gesichtspunkten nutzen. Nicht nur für die absatzfördernde Kommunikation, auch für Marketingaktivitäten im Allgemeinen ist Marktsegmentierung wichtig. So lassen sich Maßnahmen zielgruppen783 Vgl. [Zimmer u. a.] 2008, S. 21; Boersenblatt.net [12.10.2005 / 24.06.2009]. 784 Vgl. Börsenverein des Deutschen Buchhandels 2005b, S. 54.
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gerecht planen und durchführen. Wesentliches Element dessen ist die Sortimentszusammenstellung. Sie muss unbedingt auf die anvisierten Käufergruppen ausgerichtet sein. Obwohl Bücher in diesem Szenario häufig als Statussymbole gelten und repräsentative Funktionen haben, ist es notwendig, zu jedem angebotenen Titel deutlich den Verwendungszweck nicht nur hersteller-, sondern auch händlerseitig zu kommunizieren. Dies entspricht dem rationalen Auswahl- und Kaufverhalten in dieser gesellschaftlichen Umgebung. Absatzschwierigkeiten für gedruckte Bücher kann man überdies unter Berücksichtigung der fokussierten Zielgruppe durch Sortimentserweiterungen begegnen; sei es in Form einer Vertiefung oder Verbreiterung des Buchsortiments oder sei es um zusätzliche Medienangebote, begegnet werden. Dies entspricht auch der von Porter für Branchen im Übergang zur Reife vorgeschlagenen Strategie. Durch Produktrespektive Sortimentserweiterungen würden sich im Gegensatz zu Bemühungen um Markterweiterungen neue Branchen eröffnen und integrieren lassen. Das spielt für den Buchmarkt auch im ‚free is fair‘-Szenario eine Rolle, da Kunden an technischen und medialen Innovationen interessiert sind. Aufgrund der Affinität zu visuellen Reizen785 ist zudem die Anpassung der Warenpräsentation und des Ladenlayouts zu empfehlen. Zusammenfassen lassen sich die strategischen Empfehlungen für das erste Szenario für die Buchmarkt- und Konzentrationsentwicklung in der Notwendigkeit der Profilschärfung. Sie flankiert die grundsätzlich notwendige Rationalisierung unter Rentabilitätsaspekten. Dabei müssen sich die Anbieter an den Bedürfnissen der Bucheinzelhandelskunden, insbesondere der Leitzielgruppe der Modernen Performer, orientieren. Das sind sowohl Erlebniswelten als auch Verbraucherfreundlichkeit und Komfortangebote.786 Gleichzeitig kommt die klare Positionierung der Forderung Porters nach, in einer reifen Branche strategische Entscheidungen zwischen den generischen Strategien treffen zu müssen.787 3.1.2 Visionen für die Kulturorientierung Wenn man davon ausgeht, dass das erste Szenario den Übergang zur Reife-Situation einleitet bzw. forciert, so lässt sich für die zweite Zukunftsperspektive der Verbleib in einer in weiten Teilen zersplitterten Situation annehmen. Jedoch ist auch hier aufgrund der zunehmenden Kommerzialisierung der Kultur- und Medienbranchen mit der Nationalisierung zu rechnen.
785 Vgl. ebd., S. 57. 786 Vgl. ebd., S. 57. 787 Vgl. Porter 2008c, S. 302.
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Das Leitmilieu soll im Mainstream bestehen, der hauptsächlich von der so genannten Bürgerlichen Mitte abgedeckt wird. Diese Zielgruppe ist seitens der sozialen Lage in der Mittelschicht anzusiedeln und nimmt eine Mittelstellung zwischen Traditionalismus und völliger Neuorientierung bei den Grundwerten ein. Das Medianalter liegt bei 45 Jahren, den Hauptanteil stellen aber die 35- bis 39-Jährigen. In dieser Gruppe ist eine hohe Streuung über alle Altersklassen zu erkennen.788 An der Zuordnung dieses Milieus als Kernzielgruppe für den Buchhandel lässt sich kritisieren, dass der Lebensstil, die Interessen und das Kaufverhalten nicht die Kulturorientierung und die Buchhandelsaffinität widerspiegeln, die den Kulturträger Bucheinzelhandel als erwartetes Leitmilieu stützen könnten. Es ist aber einsichtig, dass diese Zielgruppe als Träger und Treiber der sozialen Marktwirtschaft und sinnvoller staatlicher Unterstützungen für ausgewählte Branchen gelten kann. Nach Meinung der Verfasserin sind weitere Milieus als Kernzielgruppen zur Erklärung heranzuziehen. Dafür kommen besonders zwei Gruppen in Frage: die Postmateriellen und die Etablierten. Die Postmateriellen werden hinsichtlich ihrer Grundorientierung fast gänzlich dem mittleren Bereich der modern orientierten Konsumenten zugeordnet. Hinsichtlich der sozialen Lage finden sie sich beinahe paritätisch, teils in der oberen (Mittel-)Schicht bzw. Oberschicht, teils in der Mittelschicht. Als gegenwärtige Kernzielgruppe tragen sie den kulturellen Faktor als Merkmal und erweisen sich in ihrer Gesamtheit als Kenner der Literatur- und Verlagsszene. Zudem schätzen sie die buchhändlerische Vielfalt, die im zweiten Szenario tendenziell erhalten bleibt und weiterhin Raum für individuelle Angebote bieten wird. Die entsprechende Nachfrage ist natürlich Prämisse für den Fortbestand dieser Strukturen. Zudem überschneiden sich die Postmateriellen im Hinblick auf die Altersdimension mit dem mittleren Bürgertum; die Streuung fällt ähnlich aus und der Hauptanteil ist zwischen 35 und 44 Jahren alt.789 Eine weitere Ergänzung des Buchhandelspublikums erfolgt mit der Gruppe der Etablierten. Sie bringen dem gedruckten Buch traditionell eine große Wertschätzung entgegen und lassen zum Teil ein gesteigertes kulturelles Interesse erkennen. Sie stellen einen wesentlichen Anteil der Oberschicht dar. Doch lassen sie sich als Zielgruppe für das zweite Szenario anführen: aufgrund ihres exklusiven, kultur- und gesellschaftsaffinen Lebensstils und aufgrund ihres buchhandelsspezifischen Kaufverhaltens, das den Gang in stationäre Buchfachgeschäfte oder -märkte einschließt. Die Passgenauigkeit zu den beiden anderen Kernzielgruppen unterstreicht die Altersstruk-
788 Vgl. Börsenverein des Deutschen Buchhandels 2005b, S. 60. 789 Vgl. ebd., S. 42–47.
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tur: Das Medianalter beträgt 46 Jahre, und die meisten Etablierten finden sich beinah gleich verteilt in den Altersklassen zwischen 35 und 64 Jahren.790 Weiter ist kritisch auf das durchschnittliche Alter aller genannten Zielgruppensegmente hinzuweisen. Das Median-Alter der Leitmilieus, also die symmetrische Mitte der Altersverteilung, für dieses Szenario liegt bei Mitte 40. Die Gegenüberstellung mit dem Prognosehorizont von ca. 15 Jahren lässt auf ein hohes Durchschnittsalter der Buchkäufer schließen. Die Altersstruktur liegt unter sonst gleichen Umständen dann sogar höher als in der momentanen Situation mit nur einer Kernzielgruppe mit einem Medianalter von über 60 Jahren. Ungeachtet des zutreffenden Szenarios gilt dieser Kritikpunkt auch für die aktuelle Situation. Die potenziellen Zielgruppen sind ebenso fortgeschrittenen Alters wie die Kernzielgruppen, sodass Zweifel an der künftigen Leistungsfähigkeit der Branche, die am Marktpotenzial ansetzt, gerechtfertigt sind. Aus den Interessen der Leitsegmente leiten sich dreierlei Themenschwerpunkte ab, die als Kernsortimentsbereiche zur Spezialisierung oder Kombination denkbar sind. Zum ersten werden Titel aus dem Bildungs- und Fachinformationsbereich stark nachgefragt. Zum zweiten floriert aufgrund einer grundsätzlich pragmatischen Orientierung der Bürgerlichen Mitte das Ratgebersegment. Zum dritten legen insbesondere Postmaterielle Wert auf Unterhaltung durch Bücher. Versteht man die Kernzielgruppen als Ausgangspunkt der Überlegungen zu Wettbewerbsstrategien und entsprechenden Maßnahmen für dieses Szenario, so ist weiterhin der branchen- und produktspezifisch enge Zusammenhang von kulturellem Anspruch und Selbstbild prägend. Das heißt, dass Bücher von den Konsumenten als ein besonderes Gut angesehen werden. Dies lässt sich einerseits auf den Anspruch an die Hersteller und Verkäufer dieser Waren, andererseits auch auf das Selbstbild insbesondere der traditionellen Buchhändler übertragen, die sich durch Konsumentennähe auszeichnen. Gleichzeitig wird dieser Zusammenhang als Legitimation für die Buchpreisbindung und weitere öffentliche Unterstützung herangezogen. Dazu zählen beispielsweise Leseförderungsinitiativen. Weiter begründet die entsprechende Lobby die Forderung damit, dass Literatur, Bücher und Buchmessen Standortvorteile für Deutschland sind. Zudem wird der soziale Aspekt des Lesens betont, der eng mit dem Medium Buch in Verbindung gebracht wird. Obwohl oder gerade weil die Bucheinzelhändler, ganz besonders die Filialisten, Wirtschaftsunternehmen sind, können Sie sich diese Haltung zu Nutze machen und sie in ihre Marketingaktivitäten implementieren. Beispielsweise kann das in Form von exklusiver Individualberatung, wechselnden thematischen 790 Vgl. ebd., S. 48–52.
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Schwerpunkten oder Personalisierungen geschehen, die den sozialen Aspekt und die Einzigartigkeit der Autoren, Verleger, Buchhändler usw., eben der ‚Buchmenschen‘, in den Vordergrund rücken. Allein an dieser Instrumentalisierung der gesellschaftlichen Werte zeigt sich die Notwendigkeit von Innovativität und wirtschaftlicher Effizienz, obschon für dieses Szenario die breite Akzeptanz eines – wie auch immer zu begründenden – Doppelcharakters von Büchern angenommen wird. Daher bedarf es Maßnahmen, die den Ruf des Facheinzelhandels mit Büchern entsprechend der Grundorientierung der Zielgruppen modern, statt traditionell oder konservativ, erscheinen lassen. Neu eingesetzte Informations- und Kommunikationstechnologien für absatzpolitische Zwecke unterstützen dies. Unternehmensintern hat die Forderung nach Innovation und Effizienz zur Folge, dass kaufmännische Aufgaben in einem durchwegs positiv eingeschätzten Umfeld in den Vordergrund rücken, insbesondere die Absatzorientierung. Ein Schlüsselfaktor ist dabei die Abschlussorientierung in Beratungs- und Verkaufsgesprächen bzw. bei jeglicher, nicht zwangsläufig persönlicher Art des Kundenkontakts. Es muss also aktiv verkauft werden. Der stationäre Bucheinzelhandel wird in diesem Szenario tendenziell eine fragmentierte Branche. Den darin aktiven Mehrbetriebsunternehmen ist zu einer straff geleiteten Dezentralisierung zu raten, wenn sie mit der Markstruktur mangels Überwindungsmöglichkeiten zurecht kommen wollen oder müssen.791 Das bedeutet die Kombination dreier Prinzipien, die in der Marktsituation besonders erfolgversprechend ist: Neben einem hohen Niveau der Professionalität kann durch eine zentrale Koordination der Aktivitäten auch ein hoher Standardisierungsgrad erreicht werden, der wiederum Abläufe vereinfacht und Kosten einspart. Jedoch werden an anderer Stelle gerade am Point of Sale (PoS), im Umgang mit dem Kunden und für die Befriedigung seiner Ansprüche, nötige Spielräume für die Individualisierung der Leistungen eröffnet. Für den Buchmarkt im Allgemeinen und die Konzentrationsentwicklung auf der Einzelhandelsebene im Speziellen wird von zwei Konstanten ausgegangen: von der Preisbindung bzw. von irgendeiner Form staatlicher Unterstützung im Sinne einer Regulierungsmaßnahme aufgrund von Marktversagen792 sowie von einem Minimum an kleineren Einzelunternehmen. Deshalb ist der Service- und Qualitätswettbewerb dominierend. So muss er auch von den erfolgsorientierten Unternehmen angenommen werden; d. h. der Wert der Leistung, die zusätzlich zum reinen Warenangebot erbracht 791 Vgl. Porter 2008c, S. 264f. 792 Vgl. Kapitel III.1.1.1: Bücher sind sog. meritorische Güter, deren Allokation durch den freien Markt nicht in der gewünschten Weise erfolgt, der Markt also versagt; vgl. Fischer 2008, S. 141.
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wird, muss für den Kunden sichtbar und akzeptabel gesteigert werden.793 Dies geht außerdem konform mit den hohen Ansprüchen der wichtigen Zielgruppe der Postmateriellen, die eine hohe Angebots- und Servicequalität sowie wertvolle Leistungen wünschen.794 Auch das Leitmilieu des Mainstream, die Bürgerliche Mitte, strebt nach einer Leistungskombination, die Bequemlichkeit, ausführliche Information und Beratung in den Vordergrund stellt und in unterschiedlichsten Marketingbereichen aufgreift (Mitarbeiter, Warenpräsentation, Werbung etc.).795 In engem Zusammenhang mit der relativen Fragmentierung und mit dem Qualitätswettbewerb steht die Spezialisierung, die die Unterscheidbarkeit von den zahlreichen anderen Anbietern als notwendig erachtet. Die Spezialisierung kann sich wahlweise auf Produkte oder Kunden beziehen.796 Sinnvoller als die angebotsorientierte Spezialisierung erscheint unter den Rahmenbedingungen dieses Szenarios aber die Ausrichtung auf ausgewählte Kundengruppen. Gerade die Kernzielgruppen bieten Ansatzpunkte in ihren Lebensstilen und Einkaufsstättenpräferenzen. So z. B. sind für die Postmateriellen und die Bürgerlichen familienorientierte Ladengeschäfte relevant.797 Außerdem können die Anbieter aufgrund des hohen Anteils des modernen Mainstreams an den Kunden auf so genannte Lifestyle-Konzepte zurückgreifen, die die Konsumentenansprüche an Service, Komfort und Genuss sowie Modernität und Repräsentativität befriedigen.798 Als eine weitere Form der Spezialisierung kann die Konzentration geographischer Art799, also auf einen Ort oder eine Region, verstanden werden. Hierdurch allerdings kann man sich weniger von anderen Unternehmen differenzieren, als eine Marktnische abdecken. Die strategischen Optionen für dieses Szenario, in dem der Bucheinzelhandel als Kulturträger gilt und in seiner Vielfalt und Leistungsfähigkeit gestärkt wird, sind im Vergleich zu den für das erste Szenario aufgezeigten zunächst als flexibler und multioptionaler zu bewerten. Während die Visionen für die zunehmende Liberalisierung von Gesellschaft und Märkten stringent an Effizienzgesichtspunkten und den Erfordernissen des Kostenwettbewerbs auszurichten sind, bleiben im Rahmen des Qualitätswettbewerbs mehr individuelle Gestaltungsmöglichkeiten. Letztlich aber entbindet dies die Unternehmen nicht von der Pflicht, möglichst effizient zu wirtschaften. 793 794 795 796 797 798 799
Vgl. Porter 2008c, S. 265f. Vgl. Börsenverein des Deutschen Buchhandels 2005b, S. 47. Vgl. ebd., S. 62. Vgl. Porter 2008c, S. 266f. Vgl. Börsenverein des Deutschen Buchhandels 2005b, S. 47, 59. Vgl. ebd.,, S. 59. Vgl. Porter 2008c, S. 268.
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3.1.3 Visionen für die Medien- und Informationsgesellschaft Obwohl die gesamte Gesellschaft den medialen Wandel und Paradigmenwechsel zur medienneutralen Informations- und Kommunikationsgesellschaft trägt, erweist sich das Milieu der Experimentalisten als Vorreiter. Die momentane Altersstruktur dieser Gruppe ähnelt mit einem Medianalter von 34 Jahren und einem großen Anteil 14- bis 19-Jähriger der der Modernen Performer, der Kernzielgruppe für das erste Szenario. Es sind also Aspekte zu definieren, durch die sich diese voneinander abgrenzen. Die Mediengesellschaft prägt beide Konsumentengruppen stark. Sie sind in deren Kontext aufgewachsen, erzogen und ausgebildet worden. Folglich zeichnen sich beide durch die Offenheit gegenüber sämtlichen medialen Formen aus. Doch teilen sie nicht die Einstellung zu Büchern und deren Verwendungszwecke. Während Moderne Performer pragmatischer mit Büchern umgehen und sie sowohl als Unterhaltungs- als auch als Arbeitsmittel verwenden, liegt das Hauptinteresse der Experimentalisten auf intellektueller Bildung. Erklärungshilfe dabei ist die soziale Verortung der beiden Milieus. Moderne Performer sind überwiegend der oberen Gesellschaftsschicht zuzuordnen, was zur Erfolgsorientierung des ersten Szenarios passt. Experimentalisten sind der Mittelschicht angehörig. Das stimmt mit ‚shared destiny‘-Szenario überein, weil das materielle Aufstreben zweitrangig ist. Mit Blick auf die Sinus-Milieu-Matrix und die Abdeckung deren Felder stellt sich die Frage, ob die Gruppe der Hedonisten, ebenfalls durch grundlegende Neuorientierung gekennzeichnet, aber der Unterschicht angehörig, zusätzlich für das dritte Szenario relevant ist. Obwohl Hedonisten in der Studie Buchkäufer und Leser 2005 zu den vom Buchhandel kaum erreichbaren Milieus gezählt werden,800 ändert sich diese Einschätzung doch, wenn man die Nutzung digitaler Medien mit berücksichtigt. Bei den digitalen sowie Online-Recherche- und Informationsmöglichkeiten als auch bei den Hörbüchern und E-Books zeigen hedonistische Milieus (Experimentalisten und Hedonisten) eine positive Einstellung bzw. auffallend hohe Nutzungsraten. Gerade Hedonisten, die unterdurchschnittlich wenig lesen, zeigen eine überdurchschnittlich hohe Affinität zu E-Books, wenngleich die Interessensbekundungen gegenwärtig das Nutzungsverhalten um Längen übertreffen.801 Künftig und gerade für das Metamorphosis-Szenario, das ja als ein langfristiges eingeschätzt wird, muss neben den Experimentalisten die Gruppe der Hedonisten als mögliche Zielgruppe beachtet werden. Dadurch dass sich weite Teile der Kernzielgruppe vom Mainstream abwenden und sich die Nachfrage dadurch stark individualisiert, müssen die Unternehmen mit Flexi800 Vgl. Börsenverein des Deutschen Buchhandels 2005b, S. 36. 801 Vgl. Kochhan / Bannert 2009, S. 65–68.
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bilität und individuellen Angeboten aufwarten. Für die Konzeptionierung stationärer Buchhandlungen ist es besonders wichtig, neben der Individualität eine intellektuelle Atmosphäre zu schaffen, denn Lektüre nimmt eine wichtige Funktion für die Persönlichkeitsentwicklung ein. Obwohl damit auch die kulturelle Funktion aufrechterhalten wird, erweisen sich gerade die hedonistischen Gruppen, vermutlich ob ihrer sozialen Lage, als preissensibles Publikum. Für den Bucheinzelhandel ist es daher wichtig, die Möglichkeiten des Preismarketings entsprechend der gesetzlichen Rahmenbedingungen auszuschöpfen, um so zwei wesentliche Konsumentenbedürfnisse – Intellektualität und Preisgünstigkeit – zusätzlich abzudecken.802 Die Kernzielgruppe des Sortimentsbuchhandels kennzeichnet in diesem Szenario die Offenheit gegenüber sämtlichen medialen Formen der Information, Kommunikation und Unterhaltung. Unter diesen Voraussetzungen ist es nötig, den Buchbegriff in einem weiteren Sinne zu fassen, d. h. die Waren des Buchhandels sind nicht mehr nur gedruckte Bücher. Dadurch, dass seitens der Nutzer die Trennlinien zwischen den medialen Formen aufgehoben werden, muss auch der Begriff des ‚Markts‘, als Ort, an dem Angebot und Nachfrage nach ‚Büchern‘ zusammentreffen, neu definiert werden. Daraus resultiert einerseits eine Aufhebung von Marktgrenzen, also eine Verschmelzung von Sektoren und einzelnen Medien-Märkten. Andererseits werden neue, vielleicht Misch-Formen bei der Generierung von Inhalten entstehen, z. B. mit Veränderungsmöglichkeiten durch den Rezipienten oder Nutzer. Dabei ist dem Internet und seinen Publikations-, Kommunikations- und Handelsmöglichkeiten eine steigende Bedeutung beizumessen, was sich in den Geschäftskonzepten niederschlagen muss. Für die Buchbranche bedeutet dies, z. B. Print-ondemand-Angebote einzubeziehen, ebenso Downloads sowie digitale und audiovisuelle Trägermedien. Folge dessen ist schlussendlich die Aufgabe der Unterscheidung zwischen stationärem und Online-Buchhandel. Das bedeutet zunächst Handlungsbedarf für die bislang nur stationär agierenden Sortimentsbuchhandlungen. Multi-ChannelStrategien müssen entwickelt und implementiert werden. Darüber hinaus ist es gerade für traditionelle Sortimentsbuchhandlungen wichtig, Stammkundenkontakte ins Internet zu übertragen und dort ihre Kundenbeziehungen zu pflegen. Darauf hoffen auch viele Betreiber allgemeiner Sortimente, v. a. in Nebenlagen, die in Internetauftritte stationärer Buchhandlungen setzen.803 Auf die Möglichkeit, dass sich das SecondHand-Geschäft als eigenständiges und ernst zu nehmendes Segment im Buchmarkt entwickeln kann, soll an dieser Stelle nur verwiesen werden. Charakteristisch für das 802 Vgl. Börsenverein des Deutschen Buchhandels 2005b, S. 63–67. 803 Vgl. Kuhn 2008, S. 17.
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Konsumverhalten und folglich auch für die Wettbewerbsstrategien der Marktteilnehmer ist die systematische Nutzung aller Informations- und Kommunikationstechnologien. Unter anderem ist es in diesem Kontext genauso wie im zweiten Szenario mit seinem Qualitätswettbewerb von Bedeutung, dass sich die Anbieter als Marke positionieren und als solche wahrgenommen werden, um letztlich signifikante Marktanteile auf sich zu vereinen. Gerade aufgrund der weitreichenden Veränderungen, die Gesellschaft, Medienmärkte und Buchbranche, insbesondere der Bucheinzelhandel, erfahren, empfiehlt es sich für die Unternehmen, wissenschaftliche und empirische Erkenntnisse zur Medienkonvergenz, zum Verbraucherverhalten und aus der Handelsforschung aufzugreifen. Geht man davon aus, dass der Buchmarkt mit anderen Medienmärkten verschmilzt, so sind daraus zwei Schlussfolgerungen möglich: Entweder betrachtet man nun den gesamten Buchfachhandel als eine schrumpfende Branche oder man fasst den neuen, aus der Konvergenz entstehenden Markt als eine so genannte junge Branche auf. Für erstere Auffassung muss ebenfalls über die strategische Ausrichtung der Unternehmen entschieden werden.804 Die augenfälligste Variante ist die Abschöpfung, die in der Aufgabe des Unternehmens gipfelt. Dabei unterscheidet man zwischen der kontrollierten Desinvestition, die im Vergleich zur zweiten Variante langsamer erfolgt, und der frühzeitigen Liquidation eines Unternehmens. Letzteres kommt v. a. in Frage, wenn das Geschäftsklima negativ ist und seitens des Unternehmens keine einzusetzenden Ressourcen bzw. Stärken vorhanden sind. Weitere Strategien sind zusätzlich an mindestens eine positive Rahmenbedingung geknüpft, die entweder in unternehmensinternen Stärken oder – bestenfalls auch: und – einer weiterhin günstigen bzw. zu Gunsten des betreffenden Unternehmens ausfallenden Branchenstruktur bestehen können. Davon ist für den Fall der Medien- und Marktkonvergenz auszugehen, denn schon die Ergebnisse der Milieu-Analyse lassen Interesse für verlagsgenerierte, medienneutral bzw. multioptional dargebotene Inhalte als Folgeprodukt zum gedruckten Buch erkennen. In besagtem günstigsten Fall mit internem wie externem Restpotenzial kann das Streben nach Marktbeherrschung sinnvoll sein. Dies bietet sich v. a. für bisher dominierende Unternehmen an. Vierte und letzte strategische Verhaltensoption in der Niedergangsphase einer Branche ist die Nischenstrategie, die v. a. für Unternehmen mit geringeren, aber guten Ressourcen in Frage kommt, die sich aber in einer geographischen oder Sortimentsnische weiter im Markt behaupten können.
804 Vgl. Porter 2008c, S. 334–341.
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Die zweite vorgeschlagene Perspektive bedeutet, die neu entstehende Branche als junge Branchen anzusehen und die strategischen Entscheidungen daran anzupassen. Unter diesen Branchen versteht man „neu oder wieder formatierte Branchen, die aus technologischen Innovationen, Verschiebungen der relativen Kosten oder neuen Konsumbedürfnissen resultieren […].“805 Auf den weiter gefassten Buchmedienmarkt treffen zwei der Begründungen zu – die technologischen und konsumentenbezogenen Veränderungen. Aufgrund der sich erst noch ausbildenden Strukturen innerhalb der Branche und in Relation zu den umgebenden Wirtschaftssubjekten werden den Marktteilnehmern große strategische Freiheiten zuteil.806 Deshalb lassen sich grundsätzlich und in diesem speziellen Fall für junge Branchen kaum oder gar keine Empfehlungen aussprechen. Aufgrund der prognostischen Unsicherheit, die v. a. in der Gewichtung der Einflüsse aus den ursprünglich einzelnen Segmenten besteht, sollen solche Ansprüche außen vor bleiben. 3.1.4 Fazit zu den strategischen Vorschlägen Resümierend lässt sich festhalten, dass die Strategien für die am Markt teilnehmenden Unternehmen je nach Wettbewerbscharakter und -umfeld in den einzelnen Szenarien verschieden sind. Potenzielle Wettbewerber, deren Strategien für den Markteintritt bzw. die Anfangsphase sich von den genannten unterscheiden müssten, wurden aus der Betrachtung ausgenommen. Im ersten Szenario prägen der Kostenwettbewerb und die kostenfokussierten Strategien den stationären Sortimentsbuchhandel, der der rasch fortschreitenden Konzentration ausgesetzt ist. Im zweiten Szenario charakterisiert der Faktor Qualität den Wettbewerb. Der stationäre Sortimentsbuchhandel profitiert von einem positiven Geschäftsumfeld sowohl im Hinblick auf die wirtschaftlichen und staatlichen als auch auf die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen. Damit müssen die Branchenteilnehmer v. a. auf Profilierung und Markenbildung verwiesen werden. Die Branchenauflösung bzw. die Überführung in eine neue konvergente Branche sind Kennzeichen der letzten und langfristigeren Perspektive. Das bedeutet für die stationären Sortimentsbuchhandelsunternehmen aller Größenklassen, dass sie sich strategisch um das Überleben ihres Unternehmens bemühen oder den Marktaustritt einleiten müssen. Maxime eines jeden strategischen Konzepts sollte unter beliebigen Rahmenbedingungen allerdings die Zielgruppenorientierung sein. In den obigen Kapiteln wurde jeweils auf die szenariospezifischen Kernzielgruppen verwiesen. Kochhan und Bannert 805 Ebd., S. 274. 806 Vgl. ebd., S. 290.
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schlagen eine Zweiteilung der aktuellen buchhandelsrelevanten Zielgruppen vor, die nochmals die bereits erwähnte Diskrepanz zwischen den Szenarien betont.807 Es wird konstatiert, dass es einerseits so genannte inhalt-fokussierte Zielgruppen gibt. Sie sind darüber zu definieren, dass sie Bücher für die geistige Auseinandersetzung mit deren Inhalten nutzen. Diese Zielgruppen umfassen die gesellschaftlichen Leitmilieus, die den beiden ersten Szenarien als Kernzielgruppen zugeordnet wurden. Die Modernen Performer stehen für das Szenario eins. Die Etablierten ergänzen die Kernzielgruppe für Szenario zwei, ebenso wie die Postmateriellen, die auch gegenwärtig eines der beiden Leitmilieus für die Buchbranche darstellen. Andererseits bilden die so genannten medium-fokussierten Zielgruppen den Gegenpol. Deren Merkmal ist die Annäherung an Bücher über das Ausprobieren verschiedener, v. a. digitaler Medien. Offen gelassen wird von den Autoren, ob sie von einem engen (nur gedruckte Bücher) oder einem erweiterten Buchbegriff ausgehen. Beide Varianten sind denkbar, da digitale Medien nicht gleichzusetzen sind mit verlagsgenerierten digitalen Inhalten wie E-Books. Diese Kundengruppen bestehen in den hedonistischen Milieus, d. h. in Hedonisten und Experimentalisten. Beide Milieus wurden oben dem dritten Szenario zugeordnet. Diese Unterscheidung leuchtet zwar auf dem ersten Blick ein, muss jedoch kritisch betrachtet werden. Obwohl die Zuordnung der Zielgruppen zu den Ausprägungen des nutzungsbezogenen Kriteriums korrekt und einleuchtend ist, stößt man sich an der Benennung. Diese müsste invers erfolgen bzw. modifiziert werden. Die hedonistischen Zielgruppen sind eben nicht nur auf ein Medium fokussiert, sondern auf sämtliche moderne Medien und auf die medial dargebotenen Inhalte, egal welches Medium diese vermittelt. Hierfür erscheinen die Bezeichnungen inhalt- oder medien-fokussierte oder gar medienoffene oder indifferente Zielgruppen treffender. Dagegen sind die gesellschaftlichen Leitmilieus auf ein Medium, nämlich das Buch, als leitendes bzw. bevorzugtes Medium ausgerichtet, mit dessen Inhalten sie sich geistig auseinandersetzen bzw. mit denen sie arbeiten, lernen, sich unterhalten etc. Der entsprechende Vorschlag der Bezeichnung lautet buch- oder medium-fokussierte Zielgruppen. Über die Benennung und die Zuordnung der Zielgruppen zu den Entwicklungsrichtungen hinaus fällt auf, dass alle künftigen Kernzielgruppen, wie sie die Autorengruppe der Szenario-Analyse zugeordnet hat, ein hohes Altersniveau aufweisen. Das gilt v. a. für die buch-fokussierten Zielgruppen und die entsprechenden Szenarien. Lediglich die medien-indifferenten Anbietersegmente haben einen hohen Anteil junger Nach807 Vgl. Kochhan / Bannert 2009, S. 69.
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frager. Die Kopplung von Inhaltsorientierung und Jugend kristallisiert sich folglich als richtungsweisend für die Branchenzukunft heraus. Ebenso gilt das für die allmähliche Verlagerung der Schwerpunktmilieus auf die soziale Mittelschicht. 3.2 Erfolgsrelevante Strategieelemente Obwohl sich der Markt und v. a. die Konsumenten wie gezeigt segmentieren lassen und zahlreiche Indizien die unterschiedlichen Entwicklungsrichtungen in der gegenwärtigen Situation andeuten, besteht über die zukünftige Entwicklung der Buchbranche, des Bucheinzelhandels und dessen Marktstruktur Unsicherheit. Dennoch müssen die Unternehmen sich bereits jetzt auf die möglichen Zukunftsszenarien einstellen, indem sie damit planen, sich dementsprechend reagibel aufstellen und Maßnahmen einleiten. Die Schwierigkeit dabei ist besagte Vielfalt der Entwicklungsrichtungen. Deshalb werden in diesem Kapitel Handlungsempfehlungen für Sortimentsbuchhandelsunternehmen in Form strategischer Optionen abgeleitet, die in allen Zukünften relevant sind. Dazu werden die ursprünglich auf den Dachverband der Branche, den Börsenverein, bezogenen strategischen Empfehlungen aus der Studie Buchmarkt 2020808 auf den Bucheinzelhandel, vordergründig auf den Filialbuchhandel umgewidmet und ergänzt. Für die einzelnen strategischen Gruppen bzw. einzelnen Unternehmen müssen basierend auf diesem Spektrum an Optionen das individuelle Geschäftsumfeld und die eigene Identität bestimmt werden, bevor konkrete Maßnahmen ergriffen werden. Ausgangspunkt der Betrachtung des Börsenvereins und Sinus Sociovision ist die Mutmaßung, dass die Marktteilnehmer der gesamten Buchbranche sowohl kaufmännische Ziele als auch kulturell-intellektuelle Interessen verfolgen.809 Die Gleichzeitigkeit und die Gleichwertigkeit dieser beiden Maximen in Funktion von Unternehmenszielen kann angezweifelt werden. Das Gleiche gilt für die Annahme, dass beide Prinzipien immer und in jedem Fall, d. h. auf jedes Unternehmen zutreffen. Hingegen erscheint logisch, dass sie künftig in unterschiedlichem Maße zutreffen werden, und dies von den gesamtwirtschaftlichen und gesellschaftlichen Rahmenbedingungen abhängt. Dabei wird das traditionelle Selbstverständnis des Sortimentsbuchhändlers, d. h. vieler inhabergeführter Buchhandlungen sowie den z.T auch filialisierten Familienunternehmen, dann künftig wieder aufgegriffen, wenn die Entwicklung der Branche die in Szenario zwei beschriebenen Merkmale widerspiegelt. Dieser Ansatz repräsentiert tendenziell die Wünsche des Mittelstands der Branche, während dem an Marktgesetzen orien-
808 Vgl. Börsenverein des Deutschen Buchhandels / Sinus Sociovision 2008, S. 56–62. 809 Vgl. ebd., S. 57.
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tierten Szenario kritisch und teils ängstlich entgegen geblickt wird.810 Das entspricht der Haltung der ökonomisch-rational-handelnden und gewinnorientierten Großunternehmen, v. a. derer, die mit Verbindungen zu branchenfremden Konzernen und Investoren vorhanden sind. Dabei muss die Buchaffinität nicht völlig ausgeschaltet sein, da eine Neigung zum zu vertreibenden Produkt in jeder Branche nötig ist. Auf einer anderen Ebene als der der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen betreffen alle Marktteilnehmer gleichermaßen die veränderten Nutzungsgewohnheiten von Büchern im Konzert sämtlicher Medien. Aus diesem grundsätzlichen medialen Wandel ergeben sich für die Bucheinzelhändler, deren Großteil nach Marktanteilen derzeit stationär tätig ist, von der Gegenwart des Markts gänzlich verschiedene Gegebenheiten und mögliche Tätigkeitsbereiche. Man kann beide Faktoren, sowohl den wirtschaftlichen als auch den medialen, als gleichwertige Dimensionen der Branchenzukunft verstehen. Somit müssen beide beim Versuch berücksichtigt werden, ein universelles Spektrum von Aspekten zusammenzustellen, die nach unternehmens- bzw. betriebsspezifischer Gewichtung und Entscheidungsfindung in die künftige Strategie des jeweiligen Marktteilnehmers einfließen sollten. 3.2.1 Wirtschaftlichkeit Der künftige Erfolg eines Wirtschaftsunternehmens ist zunächst in einem weiten Begriffsverständnis als langfristiges Überleben am Markt zu verstehen. Grundvoraussetzung dafür ist die Maxime der Wirtschaftlichkeit über alle betrieblichen Abläufe. Das bedeutet, die eingesetzten Mittel müssen im Verhältnis zum anvisierten Zweck bzw. zum Ergebnis der Leistungserstellung effizient, d. h. wirksam und leistungsfähig, sein, sodass der Erlös das Investitionsvolumen in die Mittel übersteigt. Geht man davon aus, dass langfristig der Wettbewerb im Allgemeinen und im Bucheinzelhandel im Besonderen zunimmt, was in allen drei Szenarien vermutetet wird, so ist es nötig, die Leistungsfähigkeit zu steigern, also das Verhältnis von eingesetzten Mitteln (Input) zu erbrachten Leistungen (Output) zu verbessern. Die entsprechende strategische Option bietet sich in Form von Rationalisierungsmaßnahmen. Sie unterscheiden sich in die technische Rationalisierung durch technologische Innovationen und die organisatorische Verbesserung.811 Jedoch kann und sollte die Forderung von Rationalisierung umfassend verstanden werden, sodass sich das gesamte System eines Unternehmens effizienter gestaltet. Gerade die Etablierung neuer Medien und neuer 810 Vgl. ebd. 811 Vgl. Schenk 1989, S. 111.
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Technologien unterstützt dies, verstärkt aber in Ambivalenz dazu gerade für die hier fokussierte Branche die Notwendigkeit der Beobachtung, Anpassung und eben Rationalisierung. Auch wenn größere Unternehmen bereits Größenvorteile aufweisen, so ist es gerade für sie, d. h. im Sortimentsbuchhandel besonders für die Gruppe der Filialisten, notwendig, diese zu erhalten und durch Effizienzsteigerungen zu forcieren. Zum einen bedarf es des Ausgleichs von z. B. Leistungsvorteilen anderer Betriebs- und Unternehmensformen durch größenbedingte Effizienzvorteile. Zum anderen rüstet ein hoher Effizienzgrad des gesamten Unternehmens- und letztlich auch des Branchen-Systems für den Fall der Preisbindungsaufhebung, die dem Faktor Preis im Wettbewerb eine größere Bedeutung zuteil werden lassen wird. Die Forderung nach Erhalt bzw. Verbesserung der Wirtschaftlichkeit gilt in besonderem Maße für stark extern wachsende Unternehmen. Ein Grund ist der Ausgleich negativ wirkender Kostenfaktoren durch Übernahmen und Fusionen, z. B. für die Integration von Betrieben oder für die Durchsetzung anderer Hierarchieformen. Außerdem gehen mit der Realisation von Synergiepotenzialen in der Regel mit Einsparungen von Überkapazitäten einher. Zukunftsorientiert ist es überdies, wenn in größer werdenden Handelssystemen Schrumpfungsreserven vorhanden sind. So bleiben in der mit Unsicherheit behafteten Zukunft Flexibilität und Innovationsfähigkeit erhalten. Das bedeutet z. B., das Unternehmensportfolio könnte verschlankt werden, indem weniger rentable Filialen abgestoßen werden. Straffere Abläufe sind beispielsweise durch Reduktion des Arbeitseinsatzes zu erzielen. Allerdings bedeutet die oben geforderte Dezentralität in Teilen der Organisationsstrukturen der Ketten auch einen teilweisen Verzicht auf Ökonomisierungseffekte. Nicht alle theoretisch gebündelt zu erbringenden Leistungen können nämlich aufgrund der Markterfordernisse in der Unternehmenszentrale zusammengeführt werden.812 Folglich ist eine Herausforderung für die Filialunternehmen des Sortimentsbuchhandels der Erhalt bzw. die Verbesserung der Wirtschaftlichkeit als Basis für die zunehmende Kommerzialisierung und für die Wettbewerbintensivierung, die in der Zukunft bevorstehen. Eine Optimierung des Mitteleinsatzes gewährleistet Reagibilität, sei es im Qualitäts- und Service- oder im Preiswettbewerb. 3.2.2 Nachhaltigkeit der Angebotsform Die Kostenstrukturen und die grundsätzliche Effizienz eines Unternehmens bilden wesentliche Elemente der Wettbewerbsfähigkeit, doch werden die aktuelle Positi812 Vgl. Olbrich 1998, S. 424.
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on und das künftige Potenzial eines Unternehmens auch von qualitativen Faktoren mitbestimmt. Besonders wichtig für die Nachhaltigkeit in der Behauptung der (Ausgangs-)Position erscheint das Potenzial zur Verdrängung anderer Angebotsformen.813 Obwohl ein hoher Marktanteil für die zeitpunktbezogene Dominanz und den entsprechenden Umsatzerfolg eines Unternehmens steht, sichert dies allein nicht die Unternehmenszukunft. Vielmehr geht es darum, den Marktanteil zu behaupten. Doch ist dies nicht nur von gegenwärtig erfolgreichen Geschäftskonzepten abhängig, sondern bedarf der Berücksichtigung zahlreicher Veränderungen in den Rahmenbedingungen. Das wiederum kann zur Folge haben, dass sich neue Vertriebs- und v. a. Betriebsformen etablieren, weil sie z. B. den Ansprüchen der Konsumenten besser gerecht werden. Dadurch sind diese Angebote gegenüber den tradierten im Vorteil, die sie letztlich marktanteilsmäßig verdrängen können. Um dieser Entwicklung entgegen zu wirken, ist es sinnvoll, neben der Verteidigung und Vergrößerung des Geschäftsvolumens auf das künftige Verdrängungspotenzial gegenüber den Konkurrenten zu achten. Erstrebenswert sind Wachstums- und Angebotsformen, die für die Zukunft des Unternehmens und der Branche dauerhaft wertvoll sind. Analog gilt die Forderung nach Nachhaltigkeit für die auf dem Weg in die Zukunft eingesetzten absatzpolitischen Instrumente. Bei der Auswahl sollten wiederum die zu erwirtschaftenden Verdrängungspotenziale ein gewichtiges Kriterium darstellen. 3.2.3 Innovativität In engem Zusammenhang mit der auch für das Verdrängungspotenzial nötigen Passung von Angebot und Konsumentenbedürfnis steht der Aspekt der Innovationen. Es gibt eine Vielzahl an Aspekten, die aktuell Herausforderungen für die Buchbranche bilden. Besonders wichtig sind die technologischen Entwicklungen für die Sortimentsbuchhandelsunternehmen, da deren traditionelles und hauptsächliches Geschäft der stationäre Handel mit körperlichen Verlagsprodukten ist. Weiter sind zu nennen die zunehmende Globalisierung, Fragen des Urheberrechts, aber auch der Trend zu Netzwerk-Communities, der sich als Mode und als grundlegende Veränderung im Kommunikationsverhalten erweisen kann. In Vorbereitung einer Durchsetzung neuer Maßstäbe und Werte, wie im dritten Gesellschafts- und Buchmarkt-Szenario beschrieben, ist es für Filialisten und buchhändlerische Großbetriebe ratsam, sich mit den entsprechenden Leitmilieus auseinanderzusetzen und mit Experten für neue mediale Produkte und deren Absatzwege zusammenzuarbeiten.814 Durch Entwicklung, Analy813 Vgl. ebd. 814 Vgl. Börsenverein des Deutschen Buchhandels / Sinus Sociovision 2008, S. 59.
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IV Die aktuelle und künftige Konzentrations- und Branchenentwicklung
se und schließlich Angebot neuartiger Dienstleistungen sowie Marketingmaßnahmen und v. a. Kommunikationsformen lassen sich First-mover-Vorteile erzielen; z. B. wird dadurch die Markenbekanntheit gesteigert und das betreffende Unternehmen stets mit der Innovation in Verbindung gebracht. Ein weiteres Beispiel ist die Exklusivität bzw. die zunächst schwierige Nachahmung des Angebots. Besonders beachtenswert sind die modernen Informations- und Kommunikationstechnologien, die u. a. den Vertrieb und Verkauf von Büchern grundlegend verändern werden.815 So hat es insbesondere für die führenden Buchhandelsunternehmen oberste Priorität, die Distributionsverschiebungen zu beobachten und zu untersuchen, darüber hinaus die Möglichkeiten und die Tauglichkeit ausschließlich virtueller Publikations- und Verbreitungsformen. Sie sind nämlich maßgeblich für den Fortbestand des stationären wie auch des elektronischen Einzelhandels. Auf dieser Basis muss entschieden werden, inwiefern und in welcher Form diese Technologien für den Sortimentsbuchhandel nutzbar und integrierbar sind oder im Gegensatz dazu gefährdend. Schenk versteht unter Innovationen als wettbewerbsstrategischen Aspekt im Handel auch systematische Betriebstypendiversifikation, d. h. die Entwicklung neuartiger Betriebstypen.816 Dies ist insofern nachvollziehbar, als dass aus den eben beschriebenen Herausforderungen, wenn sie in die Geschäftskonzepte des Bucheinzelhandels integriert werden, neue Betriebstypen entstehen. Folge dessen ist zunächst die Auffächerung des Wettbewerbs in verschiedene Angebotsformen, nicht zwangsweise die Verdrängung bestehender. Jedoch wird dies langfristig die Folge sein. Gleichzeitig fördert die Entwicklung neuer Betriebstypen die Dynamik des Wettbewerbs, da andere Marktteilnehmer ihrerseits um Imitationen oder weitere Innovationen als Reaktion darauf bemüht sein werden. Ein Vorschlag für eine Betriebsformeninnovation wird im Kapitel 4 dieses Teils beispielhaft vorgestellt. 3.2.4 Auflösung von Branchengrenzen Unter Hinweis auf die zunehmende Digitalisierung und Konvergenz der Medienbranchen wurde die Zwangsläufigkeit einer Neudefinition der Branche konstatiert. Für diejenigen Unternehmen, die Bücher an Endkunden absetzen, ist es außerdem notwendig, nach einer Neudefinition bzw. einer Erweiterung des Buchbegriffs zu fragen, wenn es um das Angebot von Büchern bzw. um die langfristige Entwicklung der Sortimentspolitik geht. Dabei lässt sich feststellen, dass gerade die (filialisierten) Buchkaufhäuser bereits von einem weiten Buchbegriff ausgehen. Das Sortiment besteht 815 Vgl. ebd., S. 58. 816 Vgl. Schenk 1989, S. 108f.
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neben gedruckten Büchern, die den Hauptteil ausmachen, in so genannten Non-Books wie DVDs oder Hörbücher. Darüber hinaus werden fallweise Download-Stationen, z. B. in der Mayerschen Buchhandlung in Düsseldorf seit 2008 oder bei Hugendubel ab Herbst 2009817 angeboten. Ähnlich gelagert sind die Kooperationen mit Herstellern von E-Book-Readern; z. B. bieten Libri – und damit viele mit Libri zusammenarbeitende Buchhandlungen – und Thalia seit Frühjahr 2009 das Produkt Sony Reader PRS 505 von Sony an; auch die Mayersche offeriert als ein weiterer großer Filialist neben weiteren Buchhandlungen, die mit Sony-Vertriebspartner Libri kooperieren, den Sony Reader.818 Die Sortimentserweiterung um digitale Produkte ist also ein Indiz für die Erweiterung der Produktpalette der Branche und gleichzeitig erforderlich, um im Übergang zur Medien- und Branchenkonvergenz wettbewerbsfähig zu bleiben. Ein weiterer Aspekt der Auflösung und Neudefinition ist die zunehmende Internationalisierung, die im Zusammenhang mit der wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Globalisierung steht. Dabei muss man davon ausgehen, dass dies auch die Buchhandelskunden erfasst. Daraus resultiert das Angebot ausländischer Produkte und Publikationen im deutschen Markt.819 Obgleich die Internationalisierung der Buchbranche erwartet wird, ist dieser Trend nach Meinung der Verfasserin weder kurz- bis mittelfristig noch für den Endkunden als hoch wahrscheinlich einzuschätzen. Der Einzelhandelstrend zur multinationalen Expansion der Unternehmen820 lässt sich bislang im Bucheinzelhandel nicht feststellen. In jedem Fall nicht über einen Sprachraum hinausgehend. Deshalb gilt dieser Aspekt eher langfristig und betrifft zunächst v. a. die Verlage. Dies liegt daran, dass die entsprechenden technischen Entwicklungen nicht auf Nationen beschränkt voranschreiten, sondern grenzüberschreitend wirken.821 Deshalb kann eine europäische Buchpolitik, also eine konzertierte Aktion, unter Umständen sinnvoll sein. Auch dies ist als Auflösung der Branchengrenzen zu verstehen. Unabhängig von äußeren Einflüssen auf Branche und Unternehmen stellt die Strategie der Diversifikation eine weitere Entwicklungsoption für Filialisten dar. Sie wird jedoch auch dem Aspekt der Auflösung der Branchengrenzen zugeordnet. Aus Einbranchenunternehmen bzw. aus reinen Handelskonzernen entwickeln sich allmählich differenzierte Mischkonzerne. Sie sind gekennzeichnet durch verschiedene Betriebsformen und durch die Tätigkeit in mehreren unterschiedlichen Branchen, Produktions817 818 819 820 821
Vgl. Schulte 2009b, S. 6; Roesler-Graichen 2008, S. 7. Vgl. Schulte 2009c, S. 9. Vgl. Börsenverein des Deutschen Buchhandels / Sinus Sociovision 2008, S. 60. Vgl. Dobson u. a. 2003, S. 124. Vgl. Fischer 2008, S. 136.
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und/oder Dienstleistungssektoren.822 Die Diversifikation ist eine der Wachstumsstrategien nach der Produkt-Markt-Matrix von Ansoff. Man kann sie ebenso als strategische Stoßrichtung der Basis-Wachstumsstrategie der Filialisierung verstehen. Es gibt vier solcher Strategien bzw. Richtungen, die über die Dimensionen Produkt (Angebot der bisherigen oder neuartiger Produkte) und Markt (Bearbeitung der bisherigen oder neuer Märkte) entwickelt werden. Die Produktdimension aber ist für die Anwendung auf Handelsmärkte differenziert zu betrachtet: Das Sortiment der Einzelhändler besteht zum einen im Warenangebot und zum anderen in Dienstleistungen, die in Ergänzung oder zusätzlich angeboten werden.823 Beispielsweise diversifiziert eine Sortimentsbuchhandlung über Produkte, wenn das Sortiment um mediale Produkte wie DVDs oder Musik-CDs erweitert wird. Gleiches gilt, wenn Spiele und Spielwaren oder Elektroartikel wie E-Book-Reader oder mobile Endgeräte angeboten werden. Beispiele für Diversifikation über Dienstleistungen finden sich im Sortimentsbuchhandel in Form von Cafés oder Bistros in den Häusern, Druck- oder Kopierdienstleistungen sowie Lieferservices, d. h. via Versand oder Kurierdienst. Unter neuen Märkten sind neue Marktsegmente oder neue bzw. weitere geographische Regionen regionaler, nationaler oder internationaler Art zu verstehen. Tabelle 25 zeigt die entsprechend modifizierte Matrix. Bisherige Waren/Leistungen
Neue Waren/Leistungen
Bestehende Märkte
Markt-Durchdringung
Angebots-Entwicklung/ Sortiments-Erweiterung
Neue Märkte
Markt-Erweiterung
Diversifikation
Tabelle 25: Vier-Felder-Matrix der Wachstumsstrategien für Handelsbranchen.
Zu obiger Vier-Felder-Matrix der Wachstumsstrategien wurde eine detailliertere, da erweiterte Version entwickelt.824 Anhand der Parameter geographischer Markt und Zielgruppe wird die Dimension des Markts zusätzlich differenziert; die Dimension des Angebots, d. h. Leistungen und Waren, wird dreistufig untergliedert in bisheriges, modifiziertes und völlig neues Angebot. Diese Differenzierung erscheint besonders für Filialunternehmen des Sortimentsbuchhandels geeignet, denn damit kann die oben geforderte Modifikation der bestehenden Betriebsformen sowie die Weiterführung in innovative Betriebsformen abgebildet werden. Die so entstandene Sechs-Felder-Matrix ist in Tabelle 26 dargestellt. Abweichend von Tabelle 25 meint die Bezugnahme 822 Vgl. Schenk 1989, S. 110. 823 Vgl. Liebmann u. a. 2008, S. 218–229, 346f., 456f. 824 Vgl. Kotler 1999, S. 47.
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auf ‚Markt‘ hier geographische Märkte; die oben implizierte weitere Dimension der Kundengruppen wird separat bezeichnet (s. Zielgruppenerweiterung). In der Anwendung auf den Sortimentsbuchhandel muss allerdings kritisch gefragt werden, welche der strategischen Stoßrichtungen für Filialunternehmen sinnvoll sind. Eingängig erscheinen auf den ersten Blick die Marktpenetration, die Angebotsmodifikation ebenso wie die Angebotsentwicklung. Darüber hinaus können die Markterweiterung sowie die Kombination von Angebotsmodifikation und Zielgruppenerweiterung zutreffen, letztlich auch die Diversifikation. Die Zielgruppenerweiterung allein hingegen ist insofern schwierig im Bucheinzelhandel umsetzbar, als dass neue Zielgruppen in der Regel nur durch auf ihre Bedürfnisse abgestimmte, d. h. modifizierte Angebote erreicht und als Neukunden gewonnen werden können. Im Gegensatz dazu erscheinen Angebotsmodifikationen oder -entwicklungen in Verbindung mit einer Ausdehnung der geographischen Marktabdeckung sinnvoll. Insbesondere gilt dies, wenn man einige, v. a. die bezeichneten und die Angebotsmodifikationen, als Zwischenschritte zu einer grundlegenden Erneuerung der Konzepte betrachtet. Folglich bauen einige strategische Stoßrichtungen als Entwicklungsstufen aufeinander auf. Beispielsweise kann die Angebotsmodifikation den Ausgangspunkt für die Angebotsentwicklung oder die zusätzliche geographische Ausdehnung darstellen. Auf letztere, aber auch auf die Angebotsmodifikation kann in einem weiteren Schritt z. B. die Angebotsentwicklung und Marktausdehnung oder die Angebotsentwicklung und Zielgruppenerweiterung folgen. bisheriges Angebot
modifiziertes Angebot
neuartiges Angebot
Absatzsteigerung in bisherigem Markt (Marktpenetration)
Angebot modifizieren zur Absatzsteigerung in bisherigem Markt (Angebotsmodifikation)
Neues Angebot für bisherige Zielgruppe (Angebotsentwicklung)
Neue geographische Markteintritt in anderen Märkte Regionen (geographische Ausdehnung/Markterweiterung)
Markteintritt mit modifiziertem Angebot in neue Regionen (Angebotsmodifikation für geographische Ausdehnung)
Entwicklung neuer Angebote für neue Märkte (Angebotsentwicklung und Marktausdehnung)
Neue Zielgruppe(n) Durchdringung neuer Kundengruppen mit bestehendem Angebot (Zielgruppenerweiterung)
Ansprache neuer Kundentypen mit modifiziertem Angebot (Angebotsmodifikation und Zielgruppenerweiterung)
Angebotsentwicklung für neue Kundentypen (Diversifikation)
Bisheriger Markt
Betriebstypenmodifikation Betriebsformenentwicklung /-innovation Tabelle 26: Erweiterte Produkt-Markt-Matrix für Handelsunternehmen.
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IV Die aktuelle und künftige Konzentrations- und Branchenentwicklung
Die Option der Diversifikation lässt sich zudem in drei verschiedene Formen unterteilen. Sie hängen von den gleichzeitig bearbeiteten Wirtschaftsstufen ab. Horizontal diversifiziert ist ein Unternehmen, wenn es zwar neue Märkte und neue Leistungsaspekte anbietet, dies jedoch auf ein und derselben Wirtschaftsstufe, z. B. dem Einzelhandel mit Büchern. Beispielsweise trifft das zu, wenn das Waren- und/oder Dienstleistungsangebot erweitert wird. Auch die Entwicklung bzw. Implementierung neuer Betriebstypen fällt darunter; z. B. der gleichzeitige Betrieb von Bahnhofsbuchhandlungen und Buchkaufhäusern. Eine Form der horizontalen Diversifikation ist zudem, wenn ein Buchhandelsunternehmen in einer anderen Einzelhandelsbranche agiert. Weiterhin werden Kombinationen der drei skizzierten Varianten den horizontalen Diversifikationsformen zugeordnet. Dies impliziert, dass die Abgrenzung zur Angebotsentwicklung in bestehenden Märkten schwer fällt. Die Integration von Unternehmen vor- oder nachgelagerter Stufen, z. B. eines Verlags, entspricht der zweiten Form, der horizontalen Diversifikation. Als lateral bezeichnet man die Diversifikation, wenn Unternehmen als externe Anbieter in für sie neue Branchen einsteigen bzw. wenn Konzerne in ganz unterschiedlichen Branchen tätig sind. Der Branchenbegriff muss in diesem Kontext jedoch auch in seiner Breite definiert werden. Es gibt nämlich Handelskonzerne, die in verschiedenen Einzelhandelsbereichen agieren, z. B. Textilhandel und Buchhandel. Es gibt zudem Mischkonzerne, z. B. mit Einzelhandelsbetrieben und einem davon unabhängigen produzierenden Gewerbe (Lebensmitteleinzelhandel und Stahlindustrie). Nachdem sich Varianten horizontaler Diversifikation für Sortimentsbuchhandelsunternehmen nachweisen und konzipieren lassen, sind darüber hinaus weitere Formen zu prüfen. Naheliegend ist dabei die vertikale Diversifikation, also die Ausdehnung der Geschäftstätigkeit auf vor- und nachgelagerte Stufen. Für Unternehmen des Bucheinzelhandels als Initiatoren kommt nur die Rückwärtsintegration vorgelagerter Stufen in Frage. Das gilt allerdings für den Einzelhandel allgemein als unwahrscheinlich gelten. Erstens ist dabei an die Diversifikation in Richtung erster Wirtschaftsstufe zu denken. Doch zum Verlagssektor bestehen hohe Marktzutrittsschranken z. B. aufgrund des nötigen technischen Know-Hows, aufgrund der erforderlichen Kompetenzen, das Verlagsprogramm zusammenzustellen sowie Autoren und Werke auszuwählen. Außerdem kann der Zugang zu den Vertriebswegen der Verlagsprodukte ein Problem darstellen, weil gerade dem direkten Konkurrenzumfeld angehörige Buchhandelsunternehmen aus wettbewerbsstrategischen Gründen die Titel nicht ins Sortiment aufnehmen und führen werden. Weil also der Erfolg von verlegerischen Kompetenzen
3 Handlungsempfehlungen: Reaktionsmöglichkeiten und Strategien für Filialunternehmen
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sowie von potenzialträchtigen Inhalten abhängt, erscheint diese Form der vertikalen Diversifikation aufwändig. Näher liegend sind allerdings zwei weitere Möglichkeiten, die die Etablierung einer Handelsmarke ermöglichen würden. Unter einer Handelsmarke ist eine Eigenmarke eines Einzelhandelsunternehmens zu verstehen; d. h. Waren werden mit Waren- oder Firmenkennzeichen versehen, durch die sie den Handelsunternehmen als Markeneigner oder -dispositionsträger zugeordnet werden können. Klassischerweise wird das für exklusiv bei einer Handelskette erhältliche Waren angewendet, die in der Regel einen Preisvorteil gegenüber Herstellermarken aufweisen.825 Für Sortimentsbuchhandelsunternehmen bestehen entsprechende Möglichkeiten zum einen in der Publikation einer Reihe, die den Unternehmensnamen aufgreift. Dieses Konzept ist an die Zeitungs- und Zeitschriftenbibliotheken angelehnt. Der geringe Investitionsaufwand bringt Vorteile, da auf urheberrechtsfreie Titel zurückgegriffen werden kann, wodurch keine Lizenzgebühren anfallen. Zum anderen besteht die Möglichkeit, mit einem Verlag dauerhaft zu kooperieren und die Handelsmarke als Imprint umzusetzen. Dadurch kann auf die im Einzelhandel mangelnden verlegerischen Kompetenzen und vorhandenen Vertriebsstrukturen und -kontakte des Vertragspartners zurückgegriffen werden, was den Absatz sicherstellt. Entgegen der Schwierigkeiten, im Zusammenhang mit vertikalen Diversifikationsbemühungen Handelsmarken zu etablieren, scheint die Etablierung so genannter Händlermarken eine sinnvollere Option. Diese werden auch als Retail Brand/Branding, als Store Brand oder Einzelhandelsmarken bezeichnet. Es handelt sich um die Markenbildung eines Handelsunternehmens auf der Ebene der Verkaufsstellen. Die Marke bzw. das Markenzeichen kann nicht nur auf einzelne Verkaufsstellen oder Betriebsformen, sondern auch auf ein gesamtes Mehrkanalsystem angewendet werden.826 Hinter der nach außen sichtbaren Unternehmensmarke steht die Implementierung der Marke als Leitbild in die gesamte marktorientierte Unternehmensführung.827 Zweck der Markenbildung sind Vorteile, die z. B. auf Bekanntheit und Unterscheidbarkeit beruhen oder auf Kundenbindung und Treue zur Marke. Außerdem können starke Marken auf neuartige Angebote, z. B. neue Betriebsformen oder Vertriebswege, übertragen werden. Sie fördern die Akzeptanz durch die Konsumenten, die die positiven Assoziationen auf das neue Angebot übertragen. In Märkten ohne Preisbindung lässt sich durch Marken, die als einzigartige Angebote wahrgenommen werden, die Preissensibilität der Konsu825 Vgl. Liebmann u. a. 2008, S. 509f. 826 Vgl. ebd., S. 184; Morschett 2001, S. 13–15. 827 Vgl. Liebmann u. a. 2008, S. 184.
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menten verringern; dies ist vor dem Hintergrund des Liberalisierungsszenarios für den Sortimentsbuchhandel bedeutend.828 Zweitens besteht die Möglichkeit, in Richtung zweiter Wirtschaftsstufe des Buchhandels, d. h. Zwischenbuchhandel, zu diversifizieren. Das heißt, Unternehmen des Einzelhandels integrieren Großhandelsunternehmen, die als Zulieferer für den Einzelhandel tätig sind. Denkbar wäre diese Wachstums- und Entgrenzungsform für Buchhandelsfilialisten v. a. aufgrund des Trends zur Funktionserweiterung, die die Lagerhaltung und Logistik betrifft. Außerdem stärkt das zusätzlich die Verhandlungsposition der Filialisten bei Konditionsverhandlungen mit den Herstellern. Es stellt sich darüber hinaus die Frage, ob die integrierten Zulieferbetriebe als Exklusiv-Lieferanten für ein Einzelhandelsunternehmen tätig sind. Die Belieferung auch anderer Sortimentsbuchhändler schmälert die Abhängigkeit vom Schwesterunternehmen, ist aber kritisch in der Durchsetzungsfähigkeit gegenüber der Konkurrenz sowohl im Zwischenbuchhandel als auch im Einzelhandel zu sehen. Ein mögliches Konzept könnte in Kooperationen mit unabhängigen Einzelunternehmen im Sortimentsbuchhandel bestehen, die wirtschaftlich und rechtlich selbständig bleiben. Dadurch werden langfristige Möglichkeiten zur Integration der Kooperationsbetriebe im Falle der Geschäftsaufgabe oder bei Nachfolgeproblemen erhalten. Umgekehrt muss man nach der Akzeptanz eines solchen Angebots bei den eigenständigen Sortimentsbuchhändlern fragen. Einerseits eröffnet sich die Möglichkeit mit einem weiteren oder alternativen Großbuchhändler für die Beschaffung zusammenzuarbeiten. Andererseits könnte eine Markteintrittsschranke insbesondere für eine Neugründung in Vorbehalten der unabhängigen Sortimenter bestehen, dass sie sich durch eine Zusammenarbeit mit jedem Unternehmen in eine beschaffungsseitige Abhängigkeitssituation von Konkurrenten, vielleicht sogar vom Marktführer ihrer Wirtschaftsstufe begeben. Auch diese Diversifikation ist mit Restriktionen behaftet. Außerdem erscheint es interessant, kurz auf die Frage einzugehen, inwiefern vertikale Diversifikationsbemühungen in Richtung Bucheinzelhandel respektive Filialbuchhandel von den bisherigen Barsortimenten ausgehen können. Diese Entwicklung erscheint aufgrund der vorhandenen Logistikstrukturen und der in Lager- und Großhandelsfunktion angelegten Größenvorteile als eine mögliche Entwicklung. Immerhin verfügen die Barsortimente durch die eingehenden Bestellungen und die Bereitstellung von Warenwirtschaftssystemen über umfangreiche Kenntnisse zum Absatzmarkt und
828 Vgl. Morschett 2001, S. 5–7.
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den Marktteilnehmern. Außerdem werden Beratungsleistungen und Zusatzservices für unabhängige Buchhandlungen angeboten, die die Marktkenntnisse zusätzlich stärken. Resümierend haben sich die Notwendigkeit und die Möglichkeiten zur Auflösung der traditionellen Branchengrenzen als Chancen herausgestellt. Die Marktteilnehmer haben zahlreiche, ganz unterschiedliche Gelegenheiten, ihre Geschäftsbasis zu erweitern. Andere geografische Schwerpunkte zu setzen bzw. die Erweiterung des Tätigkeitsfelds in dieser Hinsicht, ermöglichen, der lokalen Konzentrationsentwicklung auszukommen. Weitere Chancen eröffnen neue Produkt- oder Dienstleistungsangebote genauso wie die Ansprache anderer Kundengruppen oder vertikale Diversifikationsformen. Bei allen aufgezeigten Möglichkeiten, wird der ursprüngliche Markt verlassen oder erweitert, sodass nicht mehr von der ursprünglichen Markstruktur und v. a. Konzentrationssituation auszugehen ist. Insbesondere wenn sich zusätzliche oder neue (Nachfrager-, Anbieter- oder Produkt-)Märkte eröffnen, wird das Kontinuum der zunehmenden Anbieterkonzentration unterbrochen. 3.2.5 Zielgruppenfokussierung Viele Einzelhandelsunternehmen, darunter auch Buchhändler, suchen bewusst die Konkurrenz im räumlichen Standortverbund des Handels, da der Agglomerationseffekt auf die Partizipation aller an der zusätzlichen Standortattraktivität durch die Nähe zu anderen Einzelhändlern bzw. durch eine neu eröffnete Verkaufsstätte hoffen lässt. Dennoch stellt die Strategie der Wettbewerbsmeidung oder zumindest Wettbewerbsdämpfung durch Differenzierung eine beliebte Option des Einzelhandels dar. Welche Möglichkeiten gibt es, sich möglichst deutlich von den Mitbewerbern abzuheben? Dies kann v. a. durch ein klares und einzigartiges Sortiments- und Dienstleistungsprofil geschehen. Weitere Wege bieten sich in Form der Imageabgrenzung oder auch durch Kommunikationsmaßnahmen wie Medien- oder Schaufensterwerbung.829 Die Einzigartigkeit eines Einzelhandelsunternehmens aber ist nicht allein durch Maßnahmen des Unternehmens selbst zu erzielen, sondern hängt wie auch der Geschäftserfolg, der damit angestrebt wird, vom Verbraucherverhalten ab. Da man für die Zukunft von zunehmender Fragmentierung und Individualisierung der Märkte ausgeht, sind differenzierte Kenntnisse der produktbezogenen Verbraucherbedürfnisse zwingend notwendig.830 Hilfreich dabei sind Zielgruppen-Segmentationen, insbesondere wenn sie neben sozio-demographischen Merkmalen für die einzelnen Kundengruppen Informationen zum Lebensstil, zur Werteorientierung und Einkaufsstättenpräferenz 829 Vgl. Schenk 1989, S. 112. 830 Vgl. Börsenverein des Deutschen Buchhandels e.V. / Sinus Sociovision 2008, S. 60.
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aufgreifen (s. Sinus-Milieus®). Die Gesellschafts- bzw. Käufer-Cluster müssen mit dem jeweiligen Unternehmensprofil und den gewählten Absatzformen zusammengebracht werden, sodass das Geschäftskonzept an die gewählten Zielgruppen angepasst und ggf. verändert werden kann. Die strategische Gruppe der filialisierten Buchkaufhäuser zeichnet sich durch eine vorteilhafte Positionierung aus, da mit der Sortimentsbreite und -tiefe von allgemein sortierten Buchkaufhäusern und den sich auf großer Fläche bietenden Präsentations- und Dienstleistungsmöglichkeiten viele Zielgruppen gleichzeitig angesprochen werden können. Allerdings besteht damit auch die Gefahr des ‚stuck in the middle‘; d. h. es mangelt an einer strategischen Entscheidung, was keine klare Profilierung zulässt. So findet keine Kundengruppe befriedigende Lösungen für ihre Bedürfnisse, sodass sie zu klar positionierten Konkurrenten ausweichen. Dem entgegen zu halten ist die Auffassung, dass am Markt zunehmend die Kombination von kosten- und serviceorientierten Konzepten in so genannten Outpacing-Strategien nachgefragt wird.831 Jedoch unterscheiden sie sich von der strategischen Unentschlossenheit des ‚stuck in the middle‘ durch die bewusste Entscheidung dafür und die konsequente Anwendung von Elementen zweier ursprünglich als Gegensatzpaare angeordneten generischen Wettbewerbsstrategien. Filialisten müssen deshalb in Marktforschung und -segmentierung investieren und empirisch gesicherte Ergebnisse als Entscheidungsbasis heranziehen.832 Damit verbunden ist die Notwendigkeit gezielter Kundengruppenbearbeitung, um einerseits in einem hochkonzentrierten Markt der Angebotsuniformität entgegenzuwirken und andererseits in einem fragmentierten Markt differenziert wahrgenommen zu werden. Gerade hier liegt ein Vorteil gegenüber kleineren und mittleren Unternehmen, die eigene Marktforschungsprojekte nicht realisieren können und auf die entsprechende Bemühungen z. B. des Dachverbands angewiesen sind. Unter der gezielten Bearbeitung ausgewählter Käufersegmente ist aber nicht nur zu verstehen, den Wünschen und Ansprüchen der gewählten Zielgruppe exakt zu entsprechen. Vielmehr können auch neue Maßstäbe gesetzt werden, indem ein Bedarf bei der zum Leitbild erkorenen Zielgruppe angeregt wird. 3.2.6 Staatliche Förderung als exogene Rahmenbedingung Nachdem in den voran gegangenen Abschnitten wesentliche strategische Optionen für Filialunternehmen des Bucheinzelhandels aufgezeigt wurden, soll in der letzten Instanz auf einen wesentlichen Bereich exogener Gegebenheiten eingegangen werden: 831 Vgl. Morschett 2001, S. 28f. 832 Vgl. Börsenverein des Deutschen Buchhandels e.V. / Sinus Sociovision 2008, S. 61.
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die staatlichen Rahmenbedingung. Im Wesentlichen gibt es drei Maßnahmen zur positiven Gestaltung der Branchenumgebung seitens der Politik: reduzierte Mehrwertsteuer-Sätze, die Buchpreisbindung und die direkte Subventionierung des Buchsektors.833 Da die ersten beiden Optionen in Deutschland bereits eingesetzt werden, ist es besonders interessant, ob staatliche Subventionsmaßnahmen für die Buchwirtschaft und für die nationale Buchförderung als künftige Verbesserungsmaßnahme der Rahmenbedingungen in Frage kommen. Zum einen konstatiert Fischer, die Grenzen der Selbstregulierungskräfte seien erreicht und es gebe „systemische Defizite des Markts.“834 Dies impliziert erstens die Forderung staatlichen Eingreifens und zweitens den Verweis auf Subventionsmaßnahmen, da das defizitäre Marktbild die bisherigen buchpolitischen Maßnahmen absorbiert. Zum anderen muss erneut die Wirtschaftskrise als aktueller Einflussfaktor herangezogen werden. Sie vermag den Einzelhandel mit Konsumgütern, der stark konjunkturabhängig und damit zyklisch ist, noch negativ zu treffen. Allerdings gelten Bücher als vergleichsweise krisenfester Markt.835 Außerdem kann die Wirtschaftskrise in der wirtschaftlichen Grundorientierung einen tendenziellen Rückgang der Deregulierung bewirken, da sie als Beweis des Marktversagens gesehen wird. Demnach sprechen einige Argumente für staatliche Fördermaßnahmen für die Buchindustrie und den Buchhandel. Legt man als Ziel der Förderung den Maßstab an, dass die Existenz vieler Verkaufsstellen gefördert und erhalten bleiben sollen, wie auch in § 1 BuchPrG formuliert, so stellt das Buchpreisbindungsgesetz in Deutschland paradoxerweise die einzige dahingehende Maßnahme dar. Bisher stießen direkte Subventionen auf Ablehnung, was mit den historischen politischen Erfahrungen begründbar ist, die eine Aversion gegen Regulierungsmaßnahmen jeglicher Art entstehen ließen. Doch zur Durchsetzung des genannten Motivs einer vielfältigen Versorgungssituation bedarf es weiterer Maßnahmen. Dabei sind direkte Subventionsmaßnahmen ins Spiel zu bringen, insbesondere auf der dritten Wirtschaftsstufe, im Bucheinzelhandel. Hier erscheinen sie am sinnvollsten eingesetzt, da der Endkundenhandel sehr nah an der Binnennachfrage positioniert ist, die letztlich die Konsumgüterproduktion und deren Absatz maßgeblich bestimmt. Appelman und Canoy befürworten ebenfalls direkte Beihilfen, da sie zielgerichtet eingesetzt werden können und keine weiteren Marktverzerrungen auslösen.836 Im Gegensatz dazu wird der Sinn der reduzierten Mehrwertsteuersätze für Bücher bzw. Ver833 834 835 836
Vgl. Fischer 2008, S. 101. Ebd., S. 135. Vgl. [Heise] 2009, S. 19. Vgl. Appelman, Marja / Canoy, Marcel: Hourses for Courses: Why Europe should not harmonise its book policies. In: De Economist 150(2002), S. 583–600, hier S. 587, zitiert nach Fischer 2008, S. 135f.
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lagsprodukte kritisch gesehen. Die Förderung hierdurch erfolge willkürlich und nicht zielgerichtet, eben nach dem ‚Gießkannenprinzip‘, obwohl Absatzhindernisse durch niedrigere Endverkaufspreise reduziert bzw. Verkaufsvolumina erhöht werden sollen.837 Auch von der Buchpreisbindung als alleinigem Mittel zum o.g. Zweck ist Fischer nicht überzeugt, denn es gibt keinen Beweis für den eindeutigen Zusammenhang von Preisbindung und Erhalt von Vielfalt und Angebotsdichte, sondern eher widersprüchliche Fallbeispiele; z. B. hat Frankreich seit 1981 eine gesetzliche Buchpreisbindung (Loi Lang), doch zeichnet sich der Bucheinzelhandel durch einen weit fortgeschrittenen Konzentrationsgrad aus.838 Sollte unter der Voraussetzung einer öffentlichen Akzeptanz staatliches Eingreifen in Märkte und die Förderung von Kulturindustrien in Fragen kommen, so muss über direkte Subventionsmaßnahmen für mittelständische Bucheinzelhändler diskutiert und beschieden werden. Gerade so könnte unter Wohlfahrtsaspekten sinnvoll gefördert werden, ohne natürliche Ausleseprozesse z. B. aus exogenen Gründen unrentabler Betriebe zu unterbinden. In der Rückschau auf alle skizzierten strategischen Optionen für Filialunternehmen des Sortimentsbuchhandels werden die Voraussetzungen für im Wesentlichen zwei sich gegenüberstehende Kurse angelegt. Einerseits weisen die marktorientierten und verbrauchergerichteten Strategieaspekte auf eine zunehmende Ausdifferenzierung hin. Dies erinnert an die Buchmarkt- und Konzentrationsszenarien ohne den mittelfristig verstärkten Einfluss der Digitalisierung. So wurde zwar der unterschiedlich starke Konzentrationsfortschritt prognostiziert, doch ist für beide Entwicklungsrichtungen die Differenzierung gegenüber Mitbewerbern nötig. Unter dem Einfluss zunehmender Deregulierung erscheint die Nischenbearbeitung gar die einzige tragfähige Überlebensstrategie für mittelständische Unternehmen. Außerdem stellen Spezialisierungskonzepte eine wesentliche Strategie für den Eintritt in die Niedergangsphase dar, die für den Handel mit gedruckten Büchern wahrscheinlich wird, falls ein Paradigmenwechsel in der Mediennutzung stattfindet. Andererseits tragen die mediengerichteten Visionen für die strategischen Ausrichtungen der langfristig möglichen Verschmelzungstendenz Rechnung. In Folge der zunehmenden Digitalisierung und der grundlegenden Veränderung der Publikations-, Distributions- und Rezeptionsformen könnte also eine neue Branche entstehen, die ihre Wurzeln u. a. in der gegenwärtigen Bucheinzelhandelsbranche hat. Frühzeitige innovative Maßnahmen zu ergreifen, bringt die Marktteilneh837 Vgl. Fischer 2008, S. 104, 106. Dennoch EU-Konsens: 5% als Minimum (6. Mehrwertsteuerdirective = Directive 77/388 von 2003) (Vgl. ebd., S. 103). 838 Vgl. ebd., S. 114, 123.
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mer in eine gute Ausgangsposition, auch im konvergierten Medienmarkt bestehen zu können. 4 Entwicklung einer innovativen Betriebsform: das Convenience-Konzept 4.1 Voraussetzungen Dobson u. a. kommen zu der Schlussfolgerung, dass sich die zunehmende Konzentration im europäischen Lebensmitteleinzelhandel in einer Polarisierung zwischen großen Hypermärkten und kleinen ‚Convenience Stores‘ oder Discounter ausdrückt. Dadurch befinden sich mittelgroße Supermarktketten und unabhängige Händler in der Defensive.839 Eggert prognostiziert ebenfalls eine Polarisierung des Handels.840 Er geht von den Grundtypen der Konsumbevölkerung aus, die entweder qualitative und teure Waren oder billige nachfragen. Die produktmäßige ‚Mitte‘ entfällt demnach. Langfristig wirkt sich das auf die Geschäftsmodelle des Handels aus. Auf der einen Seite stehen die Billiganbieter. Auf der anderen sind die Qualitätsangebote angesiedelt, die entweder dem Erlebniskonzept folgen oder den Convenience- und Dienstleistungsmärkten angehören. Eine Folge des Konzentrationsprozesses und der Expansion der Großunternehmen ist die Ballung von Groß- und Erlebnisbuchhandlungen sowie der Filialen der Buchketten in größeren Städten und Ballungsgebieten. Das wiederum setzt ein Mindestmaß an Mobilität(sbereitschaft) der Konsumenten voraus und impliziert einen Rückgang an Bequemlichkeit im Sinne von wohnnaher Versorgung. Problematisch erscheint zudem eine mögliche Vernachlässigung der Provinzgebiete und kleiner Städte. Das geht auf Kosten der Bekanntheitsgrade der jeweiligen Anbieter beim Konsumenten. Eine hohe, möglichst ungestützte Bekanntheit aber ist wichtig, weil sie die Voraussetzung für die Realisation eines hohen Marktanteils darstellt, der idealerweise dem Bekanntheitsgrad entspricht. Wie aber lassen sich gleichsam die breite Präsenz und der Vertriebserfolg ausbauen? Die Expansion muss also forciert werden. Und eine Perspektive der bereits sehr erfolgreichen Wachstumsstrategie Filialisierung sind Schübe auf der Grundlage von neuen Betriebstypenkonzepten.841 Derzeit genießen Buchkauf häuser und die Erlebniskonzepte der Filialisten einen großen Erfolg. Der wird aber endlich sein, denn entsprechend der Konzepte von Betriebsformendynamik und -lebenszyklus ist ja ein Rhythmus von Innovation, Imitation und Niedergang eines Typus anzunehmen. Des839 Vgl. Dobson u. a. 2003, S. 124. 840 Vgl. Eggert 2006, S. 31f. 841 Vgl. Liebmann u. a. 2008, S. 221.
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halb sind immer neue Geschäftskonzepte nötig (Innovationen), um das Unternehmen wieder zu verjüngen bzw. zu erhalten. Für viele Handelsunternehmen besteht also die Notwendigkeit, sich mittels neuer Differenzierungsmöglichkeiten zu behaupten, um langfristig im kompetitiven Umfeld überleben zu können.842 Es hat sich bereits gezeigt, dass die Lebenszyklushypothese auch im Bucheinzelhandel wieder zu finden ist. Im Produktmarketing von Industrieunternehmen hat man mit dem Lebenszyklusmanagement eine Steuerungsmethode von dieser Theorie abgeleitet, die bei der Planung von Produkten und Marketingaktivitäten zum Einsatz kommt. Einzelhandelsformate, die im Wesentlichen mit den Betriebstypen eines Unternehmens gleichzusetzen sind, unterliegen genauso dem Lebenszyklus wie Produkte und Branchen. Deshalb ist diese Methode auch für Handelsunternehmen anzuwenden. Sie dient hier u. a. der ständigen Formatinnovation. Außerdem unterstützt sie die unternehmerische Innovationsfähigkeit, die für den Sortiments- und Filialbuchhandel als wichtig erachtet wird. Wesentliche Erkenntnisse aus den Erfahrungen mit dem Format-Lebenszyklusmanagement treffen offenbar auf den Untersuchungsgegenstand dieser Arbeit zu. Die Wachstumsphase eines Betriebstyps kennzeichnen Profilierung und Markenbildung, die sich v. a. bei Buchhandelsketten zeigt. Gleichzeitig ist Wachstum fast ausschließlich durch Standortneueröffnungen möglich, und die Flächenproduktivität nimmt ab. Beides sind gegenwärtig Charakteristika des Filialbuchhandels. Daneben machen sich Sättigungstendenzen bemerkbar, die Indizien für das baldige Erreichen des Akzeptanzhöhepunkts und des maximalen Markterfolgs des Typus sind. Der Überalterung des Formats muss frühzeitig mit Anpassungen vorgebeugt werden. Im Idealfall wird sogar permanent optimiert. Der Mutterkonzern des Marktführers Thalia wird hier als Best-Practice-Beispiel angeführt.843 Der Forderung nach ständiger Formatoptierung bzw. mindestens rechtzeitiger Formaterneuerung muss nachgekommen werden. Deshalb ist Zweck dieses Kapitels, ein potenzielles neues Geschäftskonzept für Buchhandelsfilialisten beispielhaft zu entwikkeln: das Convenience-Konzept. Es ist als Zukunftsoption zu berücksichtigen, weil es erfolgreich v. a im Food-Bereich, z. B. in den Unternehmen Texco, Sainsbury + Shell sowie Lidl, aber auch in Non-Food-Bereich vordringen konnte. „Durch das Angebot von Convenience-Leistungen können Handelsunternehmen ihren Kunden einen Zusatznutzen verschaffen, Wettbewerbsvorteile erzielen und sich von ihren Konkurrenten abheben.“844 Besonders wichtig erscheint eine möglichst unnachahmbare Wettbe842 Vgl. Reith 2007, S. 19. 843 Vgl. OC&C Strategy o.J., S. 1–5. 844 Reith 2007, S. 19.
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werbsposition vor dem Hintergrund der im deutschen Einzelhandel seit Jahren fortwährenden strukturellen, nicht primär konjunkturellen Krise. In diesem Kontext für den Buchhandel ein Problem ist das relativ zur Umsatzentwicklung überproportionale Flächenwachstum. Hinsichtlich des Differenzierungspostulats noch drängender erscheint die Ähnlichkeit, wenn nicht gar Gleichartigkeit der Geschäftskonzepte – allen voran durch Service- und Sortimentspolitik – und folglich auch der Einkaufsstätten.845 Bei der Diskussion der Differenzierungsmöglichkeiten sollte man davon ausgehen, dass die Anbieter nicht nur die Funktion innehaben sollen, den vorhandenen Bedarf der Konsumenten zu decken. Dann bliebe man konzeptionell beim Status quo. Vielmehr erscheint es sinnvoll, an die Bedarfsweckung in der gewählten Leitzielgruppe zu denken. So decken die meist erlebnisorientierten Buchkaufshausfilialen das Bedürfnis, Einkaufen als Freizeitaktivität zu betreiben, die Unterhaltung und Erlebnisse verspricht. Als Gegenpol dazu ist die schlichte Versorgung zu sehen, ganz gleich ob mit dem Unterhaltungsmedium Buch oder mit Informationen und Wissen aus Büchern – man denke an die Informationsaffinität der Sinus-Gruppe der Modernen Performer. Vielleicht kommt der Anspruch hinzu, den Bedarf schnell und unkompliziert zu decken. Dies ist im Kontext des Trends zur Polarisierung im Konsumverhalten zu sehen.846 Es entstehen zwei Einkaufswelten im Sinne von Erlebnis- vs. Beschaffungskonsum. Zum einen weisen die Verbraucheranforderungen eine Gleichzeitigkeit der Aspekte Preis, Service bzw. Convenience und Erlebnis auf und der Einzelhandel erfährt eine Polarisierung zwischen Erlebnis und Convenience, insbesondere unter den Facheinzelhändlern. Voraussetzung dafür ist eine längerfristige Veränderung des Verbraucherverhaltens und die damit einhergehende, zunehmende knappheitsbedingte Wertesteigerung der beiden nichtmonetären Ressourcen Zeit und Mühe.847 Die Convenience-Orienterung unterstützt eine möglichst effiziente Nutzung der knappen Freizeit und der Kraftressourcen, da Entlastung von zeitraubenden und/oder lästig empfundenen Aufgaben geschaffen wird. Ihren Ursprung haben die zitierten Veränderungen im Verbraucherverhalten in sozio-demografischen Einflussfaktoren wie dem Anstieg des durchschnittlichen Haushaltseinkommens, der zunehmenden Anzahl an Einpersonenhaushalten, der Emanzipationsentwicklung und der Alterung der Bevölkerung.848 Darüber hinaus können folgende Wertetrends eine übermäßige Beanspruchung der Zeit- und Müheressourcen von Konsumenten bewirken und somit deren zunehmende Convenience-Orientierung beeinflussen (…): 845 846 847 848
Vgl. ebd., S. 21, 157. Vgl. Eggert 2006, S. 29–33; Vossen 2003, S. 207. Vgl. Reith 2007, S. 19–21. Vgl. ebd., S. 19.
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die Verlagerung wichtiger Bezugspunkte vom Arbeitsleben auf die Privatsphäre (z. B. Anspruch auf Freizeit und Selbstverwirklichung) der Anstieg des Sensibilitätsbedürfnisses (z. B. die Suche nach Lebensgenuss) das Streben nach Vereinfachung des Lebens (z. B. die Suche nach Entlastung beim Einkauf)849
4.2 Der Begriff und das Konstrukt ‚Convenience‘ Nachdem die Voraussetzungen dieser Entwicklung im Allgemeinen und im Sortimentsbuchhandel im Besonderen geklärt wurden, ist das daraus abzuleitende Lösungsmodell zu diskutieren. Convenience-Buchshops sind in der Lage, den skizzierten Bedürfnissen des Versorgungskaufs von Büchern oder buchnahen bzw. buchähnlichen Produkten zu entsprechen. Im Englischen meint das „the state of being able to proceed with something with little effort or difficulty.“850 Es ist von einer möglichst geringen Anstrengung und wenig Schwierigkeiten die Rede. Bei Liebmann u. a. hingegen werden in der Anwendung auf Betriebsformen des Einzelhandels die Facetten des Angenehmen bzw. Bequemen erwähnt.851 Die Zweckmäßigkeit wird nicht erwähnt, obwohl sie eine wichtige Rolle spielt. Der Ursprung des Begriffs im Kontext der Handelsforschung liegt in der Produktgütertypologie der Marketing-Literatur. Hier werden drei Güterarten unterschieden: Shopping, Convenience und Speciality goods. Conveniente Güter zeichnen sich durch den mühelosen Erwerb aus, der häufig, unverzüglich und mit minimalem Vergleichsund Einkaufsaufwand vollzogen wird. Sie werden deshalb auch alternativ als ‚low effort‘, ‚low-risk products‘, oder besser ‚low-involvement goods‘ bezeichnet.852 Das heutige Begriffsverständnis aber weicht von der absoluten Perspektive ab. Es handelt sich um die Eigenschaft einer Leistung, die die vergleichsweise Reduktion von Zeit und Mühe zum Ausdruck bringt; und um eine relative Größe, d. h. eine Alternative erfordert mehr Zeit und Mühe.853 Das impliziert, dass hier nicht-monetäre Kostenfaktoren betroffen sind. Statt geldwerter Vorteile werden durch Convenience-Aspekte negative Empfindungen vermieden. Das ist jedoch für den Konsumenten nicht gleichbedeutend mit besonders positiven Erlebnissen.854 Wie aber äußert sich die Convenience-Orientierung des Konsumenten? Er nutzt z. B. Gebrauchsgüter, die eine Zeitersparnis – beispielsweise im Haushalt – generieren; er konsumiert Lebensmittel, deren Zubereitung und Verbrauch vergleichsweise wenig 849 850 851 852 853 854
Ebd., S. 20. Pearsall 1998, S. 401. Vgl. Liebmann u. a. 2008, S. 406. Vgl. Reith 2007, S. 27f. Vgl. ebd., S. 28. Vgl. ebd., S. 22.
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Zeit in Anspruch nehmen; er bevorzugt außerdem Dienstleistungen, auf die ebenfalls das Kriterium der Zeitersparnis zutrifft – z. B. Schnell-Restaurants oder Verkaufsstellen. Somit sind Bezugspunkte der Convenience-Orientierung Güter, Produkte und Dienstleistungen.855 Die Reihe der Faktoren, an denen sich dieser Trend festmachen lässt, muss außerdem um den Konsumenten selbst ergänzt werden, da die Polarisierung des Verbraucherverhaltens und der Werteauffassung maßgeblich dazu beitragen. Der Ursprung der Entwicklung liegt im Lebensmittelbereich, was Liebmann und Zentes bestätigen. Sie gehen von einem Sortiment aus, das hauptsächlich Nahrungsund Genussmittel – teils zum sofortigen Konsum – umfasst und sich in jedem Fall schnell umschlägt.856 Im Übrigen ordnen sie diese Form den neueren Betriebstypen zu und führen als alternative Bezeichnung bzw. als deutsches Äquivalent den Begriff ‚Nachbarschaftsläden‘ ein. Der geographische Ursprung der Betriebsform liegt in den USA. Sie ergänzt die großflächigen Einzelhandelsbetriebe, insbesondere als Mehrbetriebsunternehmen z. B. in Filial- oder Franchise-Systemen. Besonderes Merkmal sei die räumliche Nähe zum Konsumenten, z. B. am Arbeitsplatz oder Wohnort. Hinzu kommt eine relativ kleine Verkaufsfläche von maximal 400 qm. Den Autoren erscheint es zudem wichtig, zwischen Verkaufsstellen, deren Schwerpunkt das Kraftstoffgeschäft ist (G-Stores), und vorwiegenden Konsumgüterläden (C-Stores) zu unterscheiden. Zudem lassen sich anhand der Kriterien Verkaufsfläche und Sortiment fünf Größenklassen bilden: mini, limited, traditional, expanded, hyper (jeweils aufsteigende Merkmalsausprägung). Eine andere Definition von Christina Reith fasst den Begriff weiter, so dass er über die Ebene einer Betriebsform hinausgeht. Convenience im Handel sei demnach das vom Kunden wahrgenommene Ausmaß der Vermeidung von Einkaufskosten in Form von Zeit sowie physischer, kognitiver und emotionaler Mühe.857 Allerdings liegt ihre Definition wiederum nah an der Abgrenzung von Liebmann und Zentes, denn es sei das Ziel von Convenience Stores, das Bedürfnis nach Stressreduktion zu befriedigen.858 Die kurz aufgezeigten Unterschiede im Begriffsverständnis deuten an, dass es keine einheitliche, allgemeingültige Konzeptualisierung von Convenience gibt und dieser Bereich eine Forschungslücke darstellt. Einheit in der Forschungsmeinung herrscht lediglich darüber, dass es sich um ein mehrdimensionales Konstrukt handelt.859 Die von einer Abhandlung zur nächsten abweichenden Facetten zeigen erneut die Uneinigkeit. 855 856 857 858 859
Vgl. ebd. Vgl. Liebmann u. a. 2008, S. 406f.; Liebmann / Zentes 2001, S. 387–390. Vgl. Reith 2007, S. 30. Vgl. Liebmann / Zentes 2001, S. 387. Vgl. Reith 2007, S. 52.
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Sie verweisen darüber hinaus auf das breite Spektrum des Konstrukts. Reith hat wesentliche Bestandteile bzw. Anknüpfungspunkte des Konstrukts Convenience aus der bisherigen Forschungsliteratur zusammengetragen:860 r Entscheidung r Suche r Darstellung r Zugang/Erreichbarkeit/Ort r Transaktion/Erwerb/Abwicklung r Nutzen/Eignung r Gebrauch/Besitz r Konsum r Entsorgung r Transportfähigkeit/Versand r Mühe/Vermeidung von Unannehmlichkeit r Gesamterscheinungsbild All diese Facetten finden Eingang in die Konzeptualisierung von Convenience im Handel.861 Deren Grundlage ist zum einen der theoretische Bezugspunkt des Transaktionskostenansatzes; d. h. nicht-monetäre Kosten werden vermieden. Zum anderen sind es die Transaktionskostenarten und die Mehrdimensionalität des Konstrukts Convenience. Daraus lassen sich in der Hauptsache vier Dimensionen bzw. Arten ableiten. Dazu gehören neun Teildimensionen bzw. Maßnahmenbereiche, die jedoch alle einen unterschiedlichen Erklärungsbeitrag zur Gesamt-Convenience leisten. Damit die Entscheidung vor dem Erwerb eines Produkts oder einer Dienstleistung und die Entscheidung für einen bestimmten Anbieter oder eine Verkaufsstelle möglichst ohne Unannehmlichkeiten getroffen wird, sind die Faktoren Kundenfreundlichkeit der Informierungsmöglichkeiten, Reibungslosigkeit des Informierungsprozesses und bedarfsgerechtes Leistungsangebot wichtig. Der Zugang zum Handelsanbieter und zur Handelsware wird insbesondere durch die Erreichbarkeit und die Kundenfreundlichkeit der Verkaufsräume gewährleistet. Für eine möglichst zeit- und mühelose Abwicklung der Transaktion muss der Kassenbereich kundenfreundlich gestaltet sein, und es sollte die Reibungslosigkeit des Abwicklungsprozesses gegeben sein. Auch nach dem Erwerb tragen ausgewählte Faktoren besonders zu Annehmlichkeiten für den Konsumenten, zur Nachkauf-Convenience bei, nämlich das bedarfsgerechte Angebot und die Reibungslosigkeit von so genannten After Sales Services. Die genannten 860 Vgl. ebd., S. 51. 861 Vgl. ebd., S. 54–83.
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vier Dimensionen des Convenience-Konstrukts bewirken zudem Kundenzufriedenheit und Kundenloyalität; beide hängen positiv mit den Maßnahmen zusammen. Eine ebenfalls positive, wenn auch nur geringe Korrelation lässt sich mit dem Budgetanteil nachweisen, d. h. je bequemer das Angebot, desto höher die Ausgaben dafür. Im Umkehrschluss korreliert die Preissensitivität negativ mit der Convenience. Das bedeutet, dass die Konsumenten bereit sind, für besonders mühelose Transaktionen einen relativ höheren Preis zu bezahlen. Eine graphische Zusammenfassung des hier skizzierten Gesamtmodells von Convenience im Handel findet sich in Tabelle 27. Maßnahmen/ Teildimensionen
Arten/Dimensionen
Auswirkungen
Kundenfreundlichkeit der Informierungsmöglichkeiten
Entscheidungs-Convenience
Kundenzufriedenheit
Zugangs-Convenience
Kundenloyalität
Abwicklungs-Convenience
Preissensitivität
Nachkauf-Convenience
Budgetanteil
Reibungslosigkeit des Informierungsprozesses Bedarfsgerechtes Leistungsangebot Erreichbarkeit Kundenfreundlichkeit der Verkaufsräume Kundenfreundlichkeit des Kassenbereichs Reibungslosigkeit des Abwicklungsprozesses Bedarfsgerechtes Angebot an After Sales Services Reibungslosigkeit der After Sales Services Tabelle 27: Convenience im Handel – das Gesamtmodell.
4.3 Convenience-Konzept im stationären Bucheinzelhandel Im Folgenden wird gezeigt und zur Diskussion gestellt, dass und in welcher Weise Reiths Modell auf den Bucheinzelhandel übertragen werden kann. Da dementsprechend Konsumgüter ein grundsätzlicher Bezugspunkt von Convenience sind, trifft dies auch auf Non-Food-Convenience-Artikel zu. Wie erwähnt sind Gewohnheits- oder Convenience-Güter eine Klasse der Konsumgüter, die sowohl Ver- als auch Gebrauchsgüter zusammenfassen. Demnach wird der Begriff ‚Convenience-Güter‘ nicht nur für
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Verbrauchsgüter des vorwiegend täglichen Bedarfs wie eben Lebensmittel verwendet, sondern auch für Gebrauchsgüter, unter die auch Bücher oder andere Verlagsprodukte fallen. Weiterhin stellt sich folgende Frage: Sind Convenience-Geschäfte und -Produkte im Non-Food-, genauer im Buch-Bereich denkbar und wäre die nötige Nachfrage vorhanden? Wenn Bücher als Non-Food-Artikel Convenience-Güter sind, dann wohl in Form von Impulsgütern. Dies ist zum einen von den produktspezifischen Bedürfnissen der Kunden abhängig. Das Sortiment der Convenience-Geschäfte zeichnet sich im Allgemeinen durch eine hohe Lagerumschlagsgeschwindigkeit aus. Also kommen entsprechende Warengruppen für Buchhandelskonzepte in Betracht: z. B. Titel der Bestenlisten, darüber hinaus zunehmend Romane, Kriminal- und Unterhaltungsliteratur sowie Kinderbücher und weiterhin Ratgeber und Sachbücher.862 Zum anderen besteht ein weiterer Zusammenhang mit dem Kundenverhalten, insbesondere mit der Einkaufsstättenwahl. Ungeplante Buchkäufe werden da getätigt, wo die Kundenfrequenz besonders hoch ist. Dies trifft auf 1A-Lagen in Fußgängerzonen oder Shopping-Centern zu, da hier breite Kundenströme zu erwarten sind. Außerdem hängt das neben anderen Faktoren mit der generellen Standortwahl zusammen, die auf ein möglichst großes Kundenpotenzial abzielt, z. B. aus einem großen Einzugsgebiet und/oder kaufkräftigen Konsumenten. Das bedeutet, die Lage ist u. a. deshalb ein wichtiger Erfolgsfaktor für Sortimentsbuchhandlungen. Abgesehen von Einkaufsstätten, die in größeren Zeitabständen, aber täglich von immer neuen Kunden aufgesucht werden, werden Impulskäufe von Büchern wohl auch dort getätigt, wo der einzelne Konsument häufig und wiederholt zur Deckung des täglichen Bedarfs hingeht, z. B. in Verbrauchermärkte. Das heißt, im Rahmen der alltäglichen Besorgungen erscheint es besonders mühelos, den Bedarf an Unterhaltung und/oder Information z. B. durch Buchkäufe zu decken. Convenience wird gerade im Bucheinzelhandel häufig als Vorteil für den Konsumenten mit der stark zunehmenden Nutzung des Online-Vertriebswegs verbunden.863 Dadurch eröffnen sich Möglichkeiten, jederzeit und bequem, z. B. vom internetfähigen PC zu Hause oder am Arbeitsplatz, Lektüre zu beschaffen. Zwar bieten OnlineShops ebenfalls umfangreiche Suchmöglichkeiten an, bzw. die ausgedehnte Suche in den Katalogen und Datenbanken mehrerer Online-Anbieter ermöglicht dies. Allerdings entfallen bei dieser Form des Einkaufs das haptische Erlebnis der Waren und das Einkaufserlebnis an sich. Deshalb können Online-Vertriebsformen nicht ausschließlich und eindeutig dem Erlebniskonsum zugeordnet werden. Versteht man den Online862 Vgl. Blömeke / Brunn 2009, S. 37f. 863 Vgl. Bramann / Hofmann 2004, S. 114.
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Buchhandel demzufolge als Variante des Beschaffungskonsums, sollten ConvenienceKonzepte nicht als Ersatz des Online-Beschaffungswegs konzipiert werden. Vielmehr ist von Vorneherein eine Kombination mit bzw. eine Integration von E-CommerceOptionen einzubeziehen. Doch um anbieterseitig das Convenience-Konzept zu etablieren, bedarf es abgesehen von der Nachfrage weiterer Attraktivitätstreiber. Sie könnten z. B. darin bestehen, dass in einer anderen als der Food-Branche als ‚Mutterbranche‘ der ConvenienceAngebote mindestens gleich hohe Margen erzielt werden. Die Betriebshandelsspanne liegt im Lebensmitteleinzelhandel durchschnittlich bei 20,5 % des Umsatzes und stellt damit die niedrigste unter den Einzelhandelssegmenten dar.864 Beim Sortimentsbuchhandel beträgt sie 31,3 % und ist die drittniedrigste Angabe. Es zeigt sich also ein relativ höheres Potenzial, wenn auch die höchste Spanne mit 44,7 % im Uhren- und Schmuckeinzelhandel zu finden ist. Nachdem wesentliche Voraussetzungen, nämlich das entsprechende Konsumentenverhalten sowie branchen- und unternehmensinterne Umstände, angeführt und belegt wurden, stellt sich die Frage, was Convenience im Bucheinzelhandel überhaupt bedeuten könnte. Das soll im Folgenden systematisch entwickelt werden. Ein Modell aus der allgemeinen Handelsforschung865 dient als Muster, um dem stationären Sortimentsbuchhandel eine neue Perspektive in Form einer neuen Betriebsform aufzuzeigen. Den Ausgangspunkt und den Kernbereich bildet der stationäre Sortimentsbuchhandel als Fokus dieser Arbeit. Für seine Filialunternehmen sollen strategische Optionen entwickelt werden. Gleichwohl muss man sich der möglichen oder gar notwendigen weiteren Vertriebswege bewusst sein. Sie werden als notwendige Anpassung an die Erweiterung des Buchbegriffs genannt. Außerdem nimmt die Vertriebswegeverschiebung weiter zu. Picot/Janello prognostizieren in ihrer Delphi-Studie, dass bereits 2017 über zehn Prozentpunkte Marktanteilsverlust beim Sortiment einem ähnlichen Betrag an Zuwächsen für den Versandbuchhandel (insbesondere Online) gegenüberstehen.866 Folglich gilt es, für die Filialisten ein Konzept zu skizzieren, das für die Vertriebswegeverschiebung geeignet ist. Die Vorgehensweise dabei folgt der Chronologie der Händler-Abnehmer-Beziehung.
864 Vgl. EHI Retail Institut e.V. 2008, S. 314. 865 Vgl. Reith 2007, S. 54–75. 866 Vgl. Picot / Janello 2007, S. 27; Lenz 2009, S. 44.
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4.3.1 Multioptionale und individuelle Produkt- und Händlerinformationen Die Entscheidungs-Convenience besteht zunächst in der Teildimension kundenfreundlicher Informierungsmöglichkeiten. Dabei sind interne und externe Möglichkeiten zu unterscheiden. Externer Art, d. h. nicht im Ladengeschäft befindlich, sind im Handel allgemein v. a. die Preisinformationen. Bereitgestellt werden sie z. B. über verschiedene Werbeträger wie Zeitungen, Fernsehwerbesendungen, Rundfunk oder Internet, denen eine hohe Bedeutung zukommt. Für den Buchhandel mit dem Buchpreisbindungsgesetz aber ist das zweitrangig. Eine denkbar höhere Bedeutung kommt dem bei Sonderaktionen zu. Der Fokus muss also auf Unternehmens- oder Image-Werbung und Öffentlichkeitsarbeit sowie Sortiments- und Serviceinformationen mit Hinweisen auf nahe gelegene Standorte liegen. Im stationären Ladengeschäft sind deshalb weitere Informationen umso wichtiger. An erster Stelle ist das Beratungspersonal zu nennen, denn 70 % der Kaufentscheidungen fallen erst im Ladengeschäft.867 Jedoch soll nur auf ausdrücklichen Wunsch des Kunden informiert und beraten werden, da 60 % der Kunden keine Beratung wünschen.868 In jedem Fall ist eine freundliche, aufmerksame Ausstrahlung des Vertriebspersonals unabdingbar. Entsprechend sind auch Informationstheken Lösungsansätze; z. B. für Selbstinformation an Terminals so genannten PoS (Point of Sale)- oder PoI (Point of Interest)-Systemen869 oder Beratung durch dort bereit stehendes Personal. Hinzu kommen die klassischen Beschilderungen im Ladenlokal, wobei oberste Priorität die Auffindbarkeit des gewünschten Themengebiets oder gar Titels hat. Bei der Beschilderung stehen sich zwei Ansätze gegenüber: Erstens ist im Bucheinzelhandel Orientierung an warenkundlichen Aspekten verbreitet, z. B. Reiseliteratur, Biographien oder Kinder- und Jugendbuch. Zweitens gibt es das Prinzip der Handlungs- oder Kundenorientierung, wie z. B. (analog zum ersten Prinzip) als Beschilderung ‚Urlaub machen‘, ‚Bewegtes Leben‘ oder ‚Hits für Kids‘ zu wählen.870 Vor dem Hintergrund von Sortimentserweiterungen auf elektronische Medien bieten Testmöglichkeiten Gelegenheiten, sich über die Waren zu informieren; beispielsweise fallen darunter im analogen Bereich die bereits etablierten Möglichkeiten, einen Titel anzulesen. Hinzu kommen Teststationen für elektronische Geräte wie E-Book-Reader. Eventuell können Testmöglichkeiten zum Einsatz kommen; z. B. Probehör- oder Teststationen für elektronische Medien, wie es bereits für Spielkonsolen in Elektrofachmärkten der Fall ist. 867 868 869 870
Vgl. Reinke 2009, S. 26. Vgl. Börsenblatt.net 2008 [03.12.2008 / 30.06.2009]; [Nikolay] 2008 [09.12.2008 / 30.06.2009]. Vgl. Liebmann u. a. 2008, S. 612. Vgl. Bramann u. a. 2008, S. 322.
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Eine Entscheidung lässt sich aber besonders bequem treffen, wenn beide Informationskanäle komplementär genutzt werden können, so dass auch hier auf MultiChannel-Strategien verwiesen wird. Online-Kataloge beispielsweise erhöhen die Markttransparenz über die preisliche Perspektive hinaus und tragen dem Trend zu einer totalen Informiertheit Rechnung.871 Dem hinzuzufügen ist eine extern wie intern verwendbare Option: die Informationsmöglichkeiten so kundenfreundlich wie möglich zu gestalten. Dadurch lassen sich die Informationssuche und deren Ergebnisse individualisieren. Auf Seiten der externen Informationen könnte das z. B. durch individualisierte Internetauftritte geschehen. Die Bequemlichkeit entsteht dadurch, dass der Kunde weniger aufwändig und mit konkreten Vorstellungen (z. B. Autor, Titelstichwort) selbst suchen muss, sondern Vorschläge bekommt, die möglichst aktuell daran anknüpfen, was z. B. im Nutzerprofil als Interessengebiete hinterlegt oder beim letzten Kauf bzw. bei der letzten Suche gewählt wurde. Individuelle Kaufempfehlungen lassen sich stationär über ein Kundenkartensystem umsetzen. Bei Bekanntheit der Kundendaten, deren Kaufverhalten und Vorlieben bzw. Interessen zu hinterlegen wären, kann so auf den einzelnen Kunden eingegangen werden.872 Allerdings kann die Speicherung von Kunden- und Einkaufsdaten mit Datenschutzbestimmungen kollidieren. Eine Möglichkeit, unabhängig von Kundendaten Individualisierung zu suggerieren, sind Testimonials. Darunter sind Empfehlungen und Aussagen ‚beispielhafter Verbraucher‘ zu verstehen, die z. B. von Mitarbeitern der einzelnen Filialen (Kundenbeziehung) oder von autoritären oder bekannten Persönlichkeiten stammen können.873 Gerade die Empfehlungen von Mitarbeitern, angebracht am Regal (s. Abbildung 25) oder auf Buttons, fördern zudem die Kundenbeziehungen. 4.3.2 Bedarfsadäquate und eindeutige Informationen In engem Zusammenhang mit der Kundenfreundlichkeit der Informationsmöglichkeiten steht die Reibungslosigkeit des Informierungsprozesses. Gibt es in diesem Prozess möglichst keine Quellen für Zeitverluste oder z. B. wegmäßigen Aufwand, verläuft die Informationsaufnahme am bequemsten. Den Mittelpunkt innerhalb der Verkaufsstellen die Mitarbeiter mit ihrem Verhalten und ihrer Fachkompetenz. Das bedeutet zum einen, dass in der Buchhandlung Beratungspersonal jederzeit bereitwillig für den informationssuchenden Konsumenten zur Verfügung stehen muss. Zum anderen muss sich das Personal sowohl kompetent verhalten als auch Kompetenzen aufweisen. 871 Vgl. Blömeke / Brunn 2009, S. 36; Vossen 2003, S. 204. 872 Vgl. Liebmann / Zentes 2001, S. 468f. 873 Vgl. Zweigle 2001, S. 1664.
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Damit ist gemeint, dass das Mitarbeiterverhalten den Kunden zunächst die Zuständigkeit für seinen Bedarf suggerieren muss. Gleichzeitig sind Problemlösungsfähigkeit, z. B. die Einordnung des Kundenbedarfs in den Sach- oder Fachinformationsbereich, und Fachwissen im Sinn von Sortiments- und Marktkenntnis gefragt. Zudem ist die verkäuferische Kompetenz relevant. Neben den Mitarbeitern, die Informationen übermitteln, gehören zu einer bequemen Entscheidungsfindung vor einem Kauf die nicht persönlich kommunizierten Informationen und deren Eigenschaften. Es ist wichtig, dass sie ein Mindestmaß an Güte erreichen. Indikatoren dafür sind Verständlichkeit, Nützlichkeit und Fehlerlosigkeit der Informationen. Besonders wichtig erscheint es, verständliche Informationen bereitzustellen. Dabei muss eine Überlastung des Empfängers mit zu vielen Informationen gleichzeitig vermieden werden. Deshalb ist das Hol-Prinzip zu bevorzugen. Nützlichkeit kommt z. B. zum Ausdruck, wenn nicht zu viel und unnötig im Laden beschildert ist. Gerade externe Informationen müssen tatsächlich Neues vermitteln, z. B. häufig wechselnde Dekorationen, Werbung oder Spots im ‚Instore-TV‘.874 Es gilt der Grundsatz, dass maximal sieben Informationseinheiten zur gleichen Zeit verarbeitet werden können. Geht man von einem stationären Ladengeschäft aus, so spielt die Informationsgüte insbesondere für die Wegweisung im Verkaufsraum eine große Rolle. An die Gefahr eines Overloads ist v. a. dann zu denken, wenn dies eben nicht nur über rein schriftliche Beschilderungen erfolgen soll, sondern auch über akustische Signale oder gestalterische Elemente sowie Farben. Im Gegensatz dazu steht der Trend zu Erlebnisflächen mit Themenwelten. Hier setzt man bewusst auf visuelle Informationsaufnahme. Jedoch geht es beim Versorgungskauf nicht darum, in Themenwelten ‚einzutauchen‘ und zu verweilen, sondern um mühelosen und zum Teil raschen Sucherfolg. Von größerer Bedeutung für die Entscheidungsfindung der Konsumenten aber sind zum einen die Informationen über ein Unternehmen, sodass letztlich die Wahl auf deren Verkaufsstelle als Einkaufsstätte fällt. Zum anderen sind es die Produktinformationen, die sowohl außerhalb als auch innerhalb eines stationären Geschäfts dargeboten werden. Ersteres betrifft besonders die Gestaltung der Außenflächen bzw. Schaufenster sowie die extern vermittelten Informationen über Unternehmen und Verkaufsstätten. Im Vordergrund muss die Kommunikation der Möglichkeiten stehen, rasch und mühelos den Informations- oder Unterhaltungsbedarf decken zu können. Beispielsweise sind bei Online-Informationen z. B. auf der eigenen Homepage eine klare Strukturierung 874 Vgl. Reinke 2009, S. 26f.
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nach Warengruppen und Adressaten sowie nur wenige Effekte sinnvoll. Auch andere Werbeträger wie z. B. Rundfunkwerbesendungen sind gut geeignet, um besonders eingängig (im Beispielsfall nur über den Hörsinn) die Werbebotschaft zu kommunizieren. Dies übrigens gerade an Zielgruppen, die über die klassischen gedruckten Werbeträger schwer zu erreichen sind. Das trifft zunehmend auf jüngere Zielgruppen zu. Die an zweiter Stelle genannten Informationen über die feilgebotenen Waren müssen diese Aussage erneut aufgreifen und darüber hinaus die o.g. Kriterien erfüllen. Dennoch hält sich der Erklärungsbedarf – allerdings bedarfsabhängig – beim gedruckten Buch durch Paratexte in Grenzen und lässt sich daraus weitgehend bedienen. Bei nicht gedruckten Produkten sind in der Regel ausführlichere Informationen nötig, aber dennoch sollten es maximal sieben gleichzeitig sein. Die genannten Testmöglichkeiten sind zwar kundenfreundlich, aber sie gewähren nicht eine völlig eigenständige Informationsentnahme in Selbstbedienung, besonders nicht für Erstnutzer. 4.3.3 Zielgruppenspezifisches Komplett-Angebot Die dritte und letzte Teildimension der Entscheidungs-Convenience nennt Reith das bedarfsgerechte Leistungsangebot eines Handelsunternehmens, das drei Kernkomponenten aufweist: das Sortiment, die Warenverfügbarkeit und das Dienstleistungsangebot. Welche Titel und welche zusätzlichen Dienstleistungen eine Buchhandlung möglichst unmittelbar verfügbar hat, spielt also für die Einkaufsstättenwahl eine wichtige Rolle. In der Sortimentspolitik stehen sich zwei Varianten gegenüber: einerseits ein breites, teils zusätzlich tiefes und andererseits ein spezialisiertes, enges Sortiment. Ersteres trägt dem Trend zum so genannten One-stop-Shopping Rechnung, also der Befriedigung sämtlicher Bedarfe in einer Einkaufsstätte. Diesem Ansatz entgegenzuhalten ist die Gefahr der Verwirrung des Konsumenten in der Entscheidungsphase, eben durch das große Angebot. Dies wiederum würde mehr Zeit sowie kognitive Mühe kosten; deshalb kann es beim Convenience-Ansatz nicht um die Vorhaltung eines breiten und tiefen Sortiments gehen wie in den Buchkauf häusern. Stattdessen sollte das Angebot anhand der Zielgruppe klar umrissen sein. Es ist nötig, Differenzierungsmerkmale herauszuarbeiten, sich z. B. auf ein Fach-, Themen- oder Boulevard-Sortiment zu spezialisieren. Nichtsdestotrotz können themenspezifische Sortimentserweiterungen um Nicht-Print-Produkte sinnvoll sein und zur Gesamt-Convenience beitragen. Vor dem Hintergrund der fortschreitenden Digitalisierung, die insbesondere Verlagsprodukte betrifft, entsteht die Idee einer ‚Informationshandlung‘ anstelle einer Buchhandlung. Alles aus einer, für verlagsgenerierte Inhalte kompetenten Hand beschaffen zu können,
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ist besonders geringen Transaktionskosten für den Kunden sowie letztendlich der Bequemlichkeit bei der Entscheidungsfindung vor der Bedürfnisbefriedigung zuträglich. Doch nicht nur das zu erwartende Sortimentsprofil, auch die Verfügbarkeit der Waren ist konstitutiv für ein dem Konsumentenbedarf entsprechendes Angebot. Werden Waren als nicht verfügbar bezeichnet, so sind sie entweder nicht sofort verfügbar oder die vom Kunden erwartete Zeitspanne bis zur Verfügbarkeit wird überschritten. Diese jedoch variiert in mehrerlei Hinsicht, z. B. je nach Branche bzw. Produkt und je nach individuellem Kunden. Bei Gütern des täglichen Bedarfs lässt sich in der Regel eine hohe Sensibilität finden, während bei hochpreisigen Konsumgütern längere Wartezeiten billigend in Kauf genommen werden. Die Ware Buch ist dazwischen anzusiedeln. Dennoch geht man von einer hohen Erwartungshaltung aus, d. h. es werden nur kurze bis keine Wartezeiten akzeptiert. Dies hängt mit der im Buchhandel üblichen Bezugsmöglichkeit über den Bücherwagendienst zusammen, die eine Übernachtlieferung ermöglicht. Demnach beträgt die maximale Wartedauer bei dringendem Bedarf einen Tag. Eine noch schnellere Beschaffung nicht vorrätiger Titel in das Ladenlokal oder eine Direktlieferung nach Hause würden für mehr Bequemlichkeit sorgen. Dennoch ergibt sich daraus ein gewichtiger Kostenfaktor für die Anbieter, zumal bereits hohe Serviceerwartungen an den Sortimentsbuchhandel gestellt werden. Dies wird gefördert durch den Service- und Profilierungswettbewerb in Folge der Preisbindung, sei sie dem Kunden bewusst oder nicht. Allerdings lässt sich auch eine höhere Zahlungsbereitschaft bei Convenience-Konsumenten feststellen.875 Das Dienstleistungsangebot selbst ist darüber hinaus eine Komponente des bedarfsgerechten Leistungsangebots, das zur Entscheidungs-Convenience beiträgt. Während produktmodifizierende Dienstleistungen im Bucheinzelhandel nicht relevant sind, fallen umso mehr angegliederte Dienstleistungen ins Gewicht und bieten zahlreiche Ansatzpunkte, Annehmlichkeiten für die Kunden zu generieren. Erneut muss der Gedanke aufgegriffen werden, alles an einem Ort erledigen und erwerben zu können. So werden effiziente Einkäufe, die eben Zeit und Mühe sparen, möglich. Für den Sortimentsbuchhandel wäre da eine wesentliche Dienstleistung, Druckstationen für den (teilweisen) Ausdruck von E-Books bereit zu stellen. Dies ist gerade im Marktbereich des educational oder professional interest von Bedeutung und passt zum Vorschlag einer ‚Informationshandlung‘. Eine weitere Möglichkeit, konveniente Dienstleistungen anzubieten, sodass die Einkaufsstättenwahl des Konsumenten für das eigene Unternehmen ausfällt, sind Produkt-Dienstleistungs-Bündel.876 Das meint umfassende Problemlösungen aus einer Hand. Für Buchhandelsunternehmen sind An875 Vgl. Reith 2007, S. 80f. 876 Vgl. Liebmann u. a. 2008, S. 537.
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knüpfungspunkte die Sortimentsschwerpunkte. Ein Beispiel stellen Kochkurse dar, die von Kochbuchhandlungen ausgerichtet werden; ein anderes z. B. für Buchhandlungen mit Fach- und Schulbuchschwerpunkt oder Universitätsbuchhandlungen sind Lerncommunities, ganz gleich ob vor Ort im Ladengeschäft oder virtuell. Dies zeigt einmal mehr sehr deutlich, dass Convenience keinesfalls gleichzusetzen ist mit einem schmalen Angebot, sei es hinsichtlich des Sortiments oder der Services, sondern vielmehr mit einem stark auf eine Zielgruppe zugeschnittenem Komplett-Angebot. 4.3.4 Kundennähe Nach der Entscheidung für einen Kaufort oder für ein Produkt muss dem Kunden Zugang zu beidem gewährt werden. Im Sinne eines integrativen Convenience-Konzepts muss an diesem Punkt angesetzt werden. Für die Bequemlichkeit und Mühelosigkeit des Zugangs zur Einkaufsstätte gibt die Erreichbarkeit den Ausschlag. Für den Produktzugang stehen die Verkaufsräume und deren Kundenfreundlichkeit im Mittelpunkt; die entsprechenden Möglichkeiten sollen an zweiter Stelle erläutert werden. Inwiefern ist ein Handelsunternehmen gut erreichbar? Primär wird hier von stationären Sortimenten ausgegangen. Erreichbarkeit lässt sich grundsätzlich zeitlich und örtlich festmachen, wobei der Standort primär entscheidend ist. Gleichzeitig ist der Standort eines Handelsunternehmens oder einer Filiale konstitutiv für Convenience Stores. Diese sollten an häufig frequentierten Orten oder Einkaufsstätten liegen sowie eine gute (Nah-)Verkehrsanbindung aufweisen. Dazu zählen häufig Lagen in Subzentren; in Großstädten Stadtteilzentren sowie Einzelhandelsagglomerationen in Nebenlagen oder in Kleinstädten der Innenstadtbereich. Häufig frequentiert aber wird auch die wohnnahe Versorgung im Sinne von Einkaufszentren in der Peripherie, in Stadtteilen oder kleineren Städten. Für den Kunden bringt das den Vorteil, mehrere Bedürfnisse vergleichsweise mühelos und zusammenhängend zu befriedigen. Für die Handelsunternehmen wiederum ergeben sich positive Effekte einer Ansammlung von branchenfremden oder auch branchengleichen Handelsunternehmen, die insbesondere in der Steigerung der Stand- und Einkaufsortattraktivität bestehen (Agglomerationsvorteil). Die Existenz von Buchhandlungen nicht nur in Innenstädten von Mittel- oder Großstädten sowie Ballungszentren, sondern auch im ländlichen Raum bzw. in kleineren Städten bietet Bequemlichkeit. Die Präsenz sollte sich nach den Einkaufsgewohnheiten der Zielgruppe richten, um eine möglichst hohe Kundenfrequenz zu erreichen. Die Bewohner des ländlichen Raums beispielsweise kaufen täglich vor Ort bzw. in Wohnnähe ein, jedoch seltener, vielleicht auch unregelmäßiger in den weiter entfernten Großstädten. Um den Buchumsatz steigern zu können, dürfen sich die Anbieter also
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nicht aus der Versorgung dieser Bereiche zurückziehen. Inwiefern dies allerdings langfristig singulär stationär rentabel bzw. sinnvoll ist, lässt sich nicht abschätzen. Über einen längeren Zeitraum Kunden zu binden und gegebenenfalls auf andere Vertriebskanäle des Unternehmens umzulenken, erfordert zunächst eine hohe Bekanntheit und Akzeptanz. Sie kann zu einem großen Teil stationär angelegt werden. Neben dem Standort selbst trägt die Infrastruktur zur mühelosen Erreichbarkeit bei. Besonders wenn es keine Anbindung an den Öffentlichen Personennahverkehr gibt, was v. a. in kleineren Orten häufig der Fall ist, ist die Erreichbarkeit mit dem Auto essentiell: Das heißt, es müssen ausreichend und kostenlose Parkplätze in unmittelbarer Umgebung der Einkaufsstätte zur Verfügung stehen. Doch ist dies für Buchhandelsunternehmen nicht primäres Kriterium der Convenience, da die Waren vergleichsweise leicht zu transportieren sind. Wichtiger ist es für die jeweilige Einzelhandelsagglomeration insgesamt, sodass die Erreichbarkeit mit dem PKW für Convenience-Buchhandlungen nur eine sekundäre Teildimension darstellt. Primärer Bestandteil des Gesamtkonzepts aber sind die Ladenöffnungszeiten. Das Gesetz über den Ladenschluß (LadSchlG) in der Fassung von 2003 regelt dies insofern, als dass die gesetzlichen Ladenöffnungszeiten werktags von Montag bis Samstag auf die Zeit von sechs bis 20 Uhr beschränkt sind. Dies gilt jedoch nur noch im Bundesland Bayern, da aufgrund der Föderalismusreform aus dem Jahr 2006 die Gesetzgebungshoheit für den Ladenschluss vom Bund auf die Länder übergegangen ist und dies außer in Bayern ausgeschöpft wird. Die gesetzlichen Vorschriften und maximalen Öffnungszeiten unterscheiden sich je nach Bundesland. Häufig aber findet sich eine so genannte 6 x 24-Regel, d. h. die Einzelhandelsgeschäfte dürfen an Werktagen 24 Stunden am Tag öffnen. Modifikationen stellen die Beschränkung auf fünf Tage mit 24-Stunden-Betrieb und eine samstägliche Beschränkung oder eine leichte Erweiterung der im LadSchlG vorgegebenen Zeiten z. B. auf sechs bis 22 Uhr dar. Außerdem variieren die Regelungen zu Sonderöffnungen an Sonn- und Feiertagen.877 Abgesehen von den in den letzten Jahren durch die ländereigenen Gesetze stark erweiterten Öffnungszeiten, tragen möglichst lange geöffnete Läden zu einem bequemen Zugang zu Verkaufsstelle und Ware bei. Entscheidend ist dabei, dass dies flexible Einkaufszeiten ermöglicht und den ganz unterschiedlichen Alltagsmustern der Zielgruppe Rechnung trägt. Gerade die Flexibilität stellt ein Argument für die Vertriebswegeverschiebung zugunsten von Online-Käufen dar. Sie können zu jeder beliebigen Tageszeit getätigt werden, wenn man die Wartezeit bis zum Eintreffen der Ware (mind. ein Werktag) in Kauf nimmt. Deshalb 877 Vgl. Vogel / Seidelmann 2007.
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ist es für stationäre Buchhandlungen, die dem Convenience-Konzept folgen möchten, wichtig, die Öffnungszeiten an die Zielgruppe anzupassen. Bei wohnnaher Versorgung heißt das, geöffnet zu haben, wenn die potenziellen Kunden am Wohnort sind. Das impliziert, unter Umständen am Abend länger als die Buchkaufhäuser in ShoppingLagen zu öffnen. Beleg für den Erfolg ist z. B. die hohe Akzeptanz von Aktionen wie sie beispielsweise die Buchhandlung Riemann in Coburg durchführt. Dort werden Sonderöffnungen an Samstagen bis in den späten Abend hinein angeboten. Nur durch zeitlich und örtlich bedarfsorientierte Erreichbarkeit kann man den Ansprüchen des alltäglichen, teils impulsiven, da an akuten Bedürfnissen orientierten, Beschaffungskonsums – im Gegensatz zum planbaren und selteneren Erlebniskonsum – gerecht werden. Dies gilt gleichermaßen für den Unterhaltungs- und Freizeitbedarf und für den Bedarf an Fachinformationen, sei es für private oder institutionelle Kunden. 4.3.5 Funktionale Verkaufsraumgestaltung Ist der mühelose Zugang zur Einkaufsstätte qua guter Erreichbarkeit gewährleistet, muss zudem der Zugang zu den Waren innerhalb der Verkaufsräume kundenfreundlich gestaltet sein. Dazu trägt das Ladenlayout insgesamt ebenso bei, wie quantitative und qualitative Aspekte, Funktionalität und Atmosphäre.878 Beim Laden- und StoreLayout, geht es um die funktionsbezogene Aufteilung und Anordnung von Räumen sowie deren Strukturierung. Dabei unterscheidet man drei bis vier Funktionszonen: Warenfläche, Kundenfläche, oft auch Beratungsfläche und übrige Verkaufsfläche wie Kassen und Ruhezonen. Auf den Kassenbereich wird verstärkt bei der Diskussion der Abwicklungsgestaltung eingegangen. Ruhezonen hingegen sind fester Bestandteil von Erlebniskonzepten, da sie die Verweildauer der Kunden im Ladengeschäft erhöhen und den Wunsch nach (Lese-)Erlebnissen und Freizeitbeschäftigung befriedigen können. Bei der Strukturierung der Gesamtfläche sind die beiden Pole Zwang und Individualität als Anordnungsprinzipien abzuwägen. Obwohl Zwanglosigkeit charakteristisch für Erlebniskonzepte ist, scheint es gerade für eine höchstmögliche Kundenzufriedenheit und Mühelosigkeit sinnvoll, Raum für individuelle Zugangsmöglichkeiten und damit Wege in der Einkaufsstätte zu gewähren. Hinzu kommt die Notwendigkeit, größtmöglicher Übersichtlichkeit. Beispiele bietet das ‚Arenaprinzip‘ in Kombination mit terrassenartig höher werdenden Warenträgern.879 Einen völlig individuellen Laufweg des einzelnen Kunden gewährleisten Regale an den Außenwänden kombiniert mit karo-artig 878 Vgl. Liebmann u. a. 2008, S. 597f. 879 Vgl. ebd., S. 600.
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angeordneten Büchertischen im Raum (s. Abbildung 14). Eine dritte Alternative stellt eine fächerförmige Anlage dar, die aus der Winkelanlage in Abbildung 14 abgeleitet ist. Darunter ist eben die fächerförmige Anordnung der Warenträger vom Eingang und Hauptgang aus zu verstehen, wobei die Titel frontal in Laufrichtung präsentiert werden, die Regale also vollständig einsehbar sind. Hinzu kommen weitere Regalflächen an den Außenwänden wie auch beim Individualablauf dargestellt, die jedoch die mittelhohen, d. h. noch zu überblickenden, Regale oder Tische im Raum deutlich überragen. So entsteht ein Rundkurs ohne Umwege und zusätzliche Runden, der die Konsumenten gleichsam auf schnellem Wege zum Hauptgang und Kassenbereich zurückführt. Die Raumanordnung steht in enger Verbindung sowohl zu den Kundenflächen, die als Katalysatoren des Zugangs funktionieren, als auch zu den Warenflächen, die das Ziel der Kunden darstellen. Um das Potenzial für Unannehmlichkeiten während des Einkaufs möglichst gering zu halten, ist es wichtig, Gänge, Treppen und weitere Kundenförderanlagen, z. B. Lift und Rolltreppe soweit vorhanden, möglichst komfortabel auszugestalten. Das heißt, dass Gänge und Treppen so breit sein müssen, dass mehrere Kunden auch mit Einkaufstaschen bequem aneinander vorbei kommen und grundsätzlich kein Gefühl von Enge entsteht. Die Gänge zwischen den Warenträgern sollten mindestens 1,2 Meter (Nebenwege) bzw. 1,4 Meter (Hauptwege), jedoch maximal zwei Meter breit sein.880 Bei mehrgeschossigen Läden ist auf gute Erreichbarkeit und Auffindbarkeit von Aufzügen und Rolltreppen zu achten. Allerdings suggeriert ein Stockwerkwechsel einen Mehraufwand an Zeit und Weg und erscheint für Convenience-Geschäfte ungünstig. Das Verhältnis der Kunden- zur Warenfläche sollte trotz des Bequemlichkeitsanspruchs an den Zugang so gestaltet sein, dass die Waren, also Bücher und buchnahe Medien, im Vordergrund stehen. Eine Herausforderung für den Buchfachhandel stellt zudem die zunehmende Titelzahl dar. Das Angebot wird immer komplexer und damit einhergehend die quantitative Raumzuteilung. Zu lösen ist das Problem durch Spezialisierung, die in einem eng abgesteckten Segment wiederum Tiefe erlaubt. Zielgruppengenaue Bedarfsbefriedigung wird möglich. Alternativ wird das Angebot basierend auf Substituten häufig gewechselt. Vorteil für den Buchhandel insgesamt ist der vergleichsweise geringe Platzbedarf des Einzelartikels, den es jedoch überlegt zu platzieren gilt. Zum einen fallen die Anordnung der Warengruppen und die Auffindbarkeit der Titel im Laden ins Gewicht. Eine den bisher verbreiteten Konzepten zum größten Teil entgegenstehende Möglichkeit besteht darin, die Waren nach Kaufhäufigkeit von vorne nach hinten anzuordnen, 880 Vgl. BBE Retail Experts [05.05.2009].
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Zwangsablauf
Individualablauf
Winkelanlage
schaufelartiges Layout
kreuzartiges Layout
kojenartiges Layout Höhe der Warenträger (cm)
200 140 80
Halbkreissystem Abbildung 14: Kundenwege im Store-Layout.
Arena-Prinzip
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sodass weniger nachgefragte Warengruppen weiter entfernt vom Eingang stehen. In einer Convenience-Buchhandlung geht es ja nicht um die lange Verweildauer der Kunden und ausgedehntes Shopping, sondern eben um die reine Beschaffung von z. B. Unterhaltungslektüre oder Fachinformationen. Die Platzierung von Magnetgruppen in entlegenen Ecken des Ladens kann schnell als Einkaufsmühe empfunden werden.881 Eine sowohl komplementär, als Verbundpräsentation, als auch substitutiv anzuwendende Variante ist die Bildung von Themenclustern dem jeweiligen Kundenbedarf entsprechend. Dieser wiederum muss durch Marktforschungstätigkeiten, z. B. Befragungen oder Beobachtungen des Kaufverhaltens, erhoben werden. Diese ‚Hinkunftsorientierung‘ der Warengruppierung verdrängt im Einzelhandel die traditionelle ‚Herkunftsorientierung‘; d. h. die Gruppierung nach Materialien, Verarbeitung oder Hersteller, die im Bucheinzelhandel zum Großteil praktiziert wird. Unter Convenience-Aspekten ist also die Anordnung nach Bedarfsarten oder besser noch nach Bedarfsträgern, v. a. Zielgruppen, zu empfehlen.882 Zum anderen geht es um die horizontale und vertikale Artikelplatzierung im Regal. Damit die Titel leicht zu finden sind, sollten sie frontal präsentiert werden. So z. B. kann der Wiedererkennungseffekt ausgenutzt werden, falls das Cover aus einem Werbeprospekt oder einem Inserat bekannt ist. Außerdem lassen sich in der Regel der Titel und der Autorenname schneller erfassen, während bei der Rückenpräsentation zunächst der Kopf geneigt und oft kleinere Schriftgrade gelesen werden müssen. Zusätzlich verbessert werden kann die Informationsaufnahme durch die Anordnung der Artikel in bequemer Blickhöhe (ca. 1,2 bis 1,6 Meter) und Griff höhe. Letztere wird genauer unterteilt in die Reckzone (über 1,6 Meter) und die Greifzone (ca. 0,8 bis 1,2 Meter). Dadurch wird letztlich die Regalentnahme erleichtert. Schließlich kommt es beim Versorgungskauf v. a. auf die Entlastung der Kunden an.883 Neben der Mikroperspektive auf die Warenplatzierung, kann die Makroperspektive, nämlich die Regalgestaltung, maßgeblich zur Zugangserleichterung beitragen. Gleichzeitig bildet sie eine Komponente der Kundenleitung, die wie oben beschrieben möglichst individuelle Wege im Ladengeschäft ermöglichen sollte. Das Kundenleitsystem und die gute Orientierung der Konsumenten komplettieren Hinweisschilder zusätzlich zur überschaubaren Regal- und Warenplatzierung. Sie gewährleisten, dass die gewünschten Titel, Warengruppen oder Themenbereiche mühelos, schnell und problemlos zu finden sind. 881 Vgl. Liebmann u. a. 2008, S. 602. 882 Vgl. Liebmann u. a. 2008, S. 602f. 883 Vgl. ebd., S. 603f.
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Eine neue Entwicklung stellen ‚Personal-Shopping-Assistenten‘ dar. Diese portablen Computer kommen bislang v. a. im Erlebnisbereich und auf Großflächen als Scout sowie Hilfe bei Suche und Orientierung zum Einsatz.884 Sie sind unter Umständen aber auch für den Einsatz in Convenience-Buchhandlungen geeignet. Neben den genannten funktionalen Raumelementen können atmosphärische Stress reduzieren bzw. Stressfreiheit suggerieren und eine angenehme Einkaufsatmosphäre generieren. Grundsätzlich orientiert man sich dabei an den fünf wichtigsten menschlichen Sinneswahrnehmungen (visuelle, auditive, olfaktorische, gustatorische, haptische Wahrnehmung). Darunter scheint der Sehsinn beim Buchkauf besonders wichtig. Dazu trägt die Beleuchtungssituation maßgeblich bei, indem sie sowohl der Orientierung im Ladengeschäft und als auch der Lesbarkeit bei der Auswahl der gewünschten Titel, also insgesamt der visuellen Informationsaufnahme dient. Eine gute Beleuchtung der Verkaufsräume und der Waren ist jedoch mehr Voraussetzung als Baustein eines Convenience-Konzepts. Ebenfalls unbewusst wirken Farben auf die Ladenatmosphäre. Interessant für Convenience-Buchhandlungen dürfte die psychische Wirkung der Töne gelb und rot sein. Gelb suggeriere Frohsinn und Glück, während rot für Unterhaltungsbedarfe geeignet, aktivierend wirkt.885 Stärkere Profilierungs- und Gestaltungsmöglichkeiten ergeben sich bei den verschiedenen Komponenten des Kundenleitsystems, das wie oben beschrieben unter Convenience-Aspekten modifiziert werden muss. Die Ansprache des Hörsinns in einer Buchhandlung wird oft abgelehnt. Denkbar sind Überlagerungen von schriftlichen und akustischen Informationen, nicht zuletzt zusammenhängend damit, dass PrintProdukte andere Sinneswahrnehmungen ansprechen als auditive oder audio-visuelle Medien. Die Zugangs-Convenience zu Hörbüchern oder DVDs kann durch akustische oder audio-visuelle Reize auch in Buchhandlungen gefördert werden; z. B. können sie der Auffindbarkeit der entsprechenden Abteilung dienen. Nicht explizit eingesetzt, jedoch üblicherweise miteinbezogen wird beim Buchkauf der Tastsinn, die Haptik, die gerade für den stationären Sortimentsbuchhandel als einer der Erfolgsfaktoren gilt. Die geforderte, überwiegende Frontalpräsentation impliziert das haptische Erlebnis des Buchobjekts vor dem möglichen Erwerb. Dennoch ist anzumerken, dass dies keine wesentliche Komponente eines konvenienten Zugangs zum gewünschten Titel darstellt.
884 Vgl. ebd., S. 612. 885 Vgl. ebd., S. 606.
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Die beiden verbleibenden Sinne des Riechens und Schmeckens spielen unter Convenience-Aspekten eine untergeordnete Rolle. Allerdings kann es lohnend sein, langfristig Trends der olfaktorischen Stimulierung zu beobachten. Nimmt der Anteil von Non-Book-Artikeln oder elektronischen Medien stark zu, können Duftstoffe sinnvoll zum Einsatz kommen, wenn sie ‚Buchgeruch‘ suggerieren.886 4.3.6 Zweckmäßiger Kassenbereich In der Chronologie der Händler-Kunden-Beziehung folgt auf die Entscheidung für ein Geschäft und einen Artikel und den Zugang zu beidem die eigentliche Kaufphase, die ebenfalls Convenience-Aspekte bieten muss. Dies fasst Reith unter die Dimension der Abwicklungs-Convenience. Dabei wird Bezug genommen auf die Transaktion der Beteiligten, womit sowohl der Tausch von Eigentumsrechten, z. B. bei elektronischen Inhalten, als auch von physischen Produkten – sei es ein gedrucktes Buch, ein Hörbuch als Audio-CD, Software als Daten-CD oder ein Film als DVD – gegen Geld gemeint ist. Die beiden hauptsächlichen Maßnahmen lassen sich wiederum unterscheiden in die Gestaltung des Kassenbereichs und in den Ablauf des Transaktionsprozesses. Ersteres hängt stark mit den Zugangsmöglichkeiten zusammen, die von der Raumzuteilung und -anordnung geprägt werden. Nachdem der Kunde möglichst mühelos in das Ladengeschäft und darin zu den gewünschten Warenträgern bzw. Waren gefunden hat, muss der Einkauf stressfrei abgeschlossen werden können. Das ist gegeben, wenn der Kassenbereich sowohl leicht auffindbar als auch kundenfreundlich gestaltet ist, zumal dies in der Regel den letzten Eindruck vor Verlassen des Ladens beeinflusst. Der wiederum prägt üblicherweise den Gesamteindruck und ist entscheidend für Wiederholungskäufe. Im Store-Layout erscheint es deshalb sinnvoll, den Kassenbereich so zu platzieren, dass er in der Nähe des Ausgangs sowie zentral liegt. So ist er von jeder Abteilung gut und auf kurzem Wege (auf einer vergleichsweise kleinen Verkaufsfläche) erreichbar. In der Verkaufszonenwertigkeit887 liegt der ‚Checkout‘-Bereich im Idealfall beim Betreten des Ladens linker Hand in der minderwertigen Verkaufszone. Da er aber beim Verlassen der Geschäftsräume sehr bedeutend ist, liegt er dann rechter Hand in der hochwertigen Zone. Außerdem muss die Auffindbarkeit gegeben sein, unterstützt durch eine klare und gut lesbare Beschilderung. Unter diesen Voraussetzungen bildet der Tauschprozess den Abschluss des Aufenthalts im Laden und ermöglicht den Konsumenten ein problemloses und direktes Verlassen des Ladens.
886 Vgl. Langendorfs Dienst [26.06.2009 / 30.06.2009]. 887 Vgl. Liebmann u. a. 2008, S. 601.
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Bei der Raumzuteilung ist außerdem zu berücksichtigen, dass bei der Abwicklung des Kaufakts ein gewisser Platzbedarf, z. B. für mitgeführte Taschen oder eine Warteschlange, besteht; d. h. der Kassenbereich sollte nicht zu eng angelegt sein. Um eine schnelle Abwicklung gewährleisten zu können, ist entsprechend des Kundenumfangs abzuwägen, ob mehrere Kassen zur Verfügung stehen, die nach Bedarf besetzt werden. Dies impliziert die Forderung nach einer möglichst kurzen Wartezeit an der Kasse. Dafür stehen unterschiedliche Maßnahmen zur Verfügung. Erstens ist es möglich, die Wartezeit zu verkürzen und suggestiv zu reduzieren. Dabei können visuelle Raumelemente zum Einsatz kommen. Für Buchhandlungen bieten sich z. B. Veranstaltungsankündigungen bzw. Veranstaltungskalender an, die während des Anstehens gelesen werden können. Oder es liegen Kundenmagazine und Verlagsprospekte aus, die entweder mitzunehmen oder ein Blickfang vor Ort sind. Für Anbieter, die eine Mehrkanalstrategie bei Vertrieb und Kommunikation verfolgen, stellen Hinweise auf die z. B. online verfügbaren Angebote eine Option dar. Darüber hinaus können Waren in der Kassenzone platziert werden. Das verspricht zudem Impulskäufe. Eine zweite Maßnahme ist der Einsatz von Selbstbedienungskassen (Self Scanner) neben den traditionellen Kassen mit Bedienpersonal, die den Kunden selbst die Transaktion durchführen lassen. Die Funktionsverschiebung des Checkout hin zum Kunden lässt bei diesem den Eindruck entstehen, die Abwicklung des Zahlens würde beschleunigt, obwohl dies nicht zwingend der Fall sein muss. Ein ähnlicher Effekt wird von Schnellkassen generiert, die für Kunden mit nur wenigen Artikeln eingerichtet werden. Jedoch ist deren Stellenwert im Bucheinzelhandel weniger hoch anzusiedeln als beispielsweise im Lebensmitteleinzelhandel. Der durchschnittliche Barumsatz je Barkauf nämlich liegt in Sortimentsbuchhandlungen laut Betriebsvergleich bei 15,50 Euro; verglichen mit den Angaben zum durchschnittlichen Buchpreis deutet dies auf nur ein bis zwei Artikel pro Kauf hin, denn die GfK ermittelte für 2007 einen Durchschnittspreis von 9,98 Euro.888 4.3.7 Müheloser ‚Checkout‘ Bei der Bezahlsituation kommt eine zweite Teildimension des Abwicklungsprozesses zum Tragen: dessen reibungsloser Ablauf. Dies gilt insbesondere für den Einsatz 888 Grund für die starke Abweichung beider Zahlen sind die differierenden Datenbasen; die zweite Statistik bezieht sich auf die Durchschnittsladenpreise der Neuerscheinungen und nicht auf die Preisentwicklung tatsächlich erworbener Titel und die proportionale Nachfrage. Währenddessen kommt die Statistik der Deutschen Nationalbibliografie und des Verzeichnisses lieferbarer Bücher auf 25,97 Euro. Vgl. Börsenverein des Deutschen Buchhandels e.V. 2010, S. 118; Börsenverein des Deutschen Buchhandels e.V. 2008, S. 52–54.
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von SB-Kassen. In der Einführungsphase, die der deutsche Einzelhandel derzeit v. a. in Bereichen des Lebensmittel- oder Elektrohandels erlebt, müssen Restriktionen sowohl seitens der Technik (z. B. Lesbarkeit der Barcodes, Entsicherung des Diebstahlschutzes) als auch seitens der Kunden (z. B. Akzeptanz, habitueller Umgang) überwunden werden. Deshalb ist hier zunächst mit einem erhöhten Personalaufwand zur Überwachung und Anleitung zu rechnen. Dennoch liegt der organisatorische Vorteil von SB-Kassen darin, dass Bezahlvorgang und Warenausgabe zusammenfallen. Die Aufhebung der räumlichen Trennung beider Checkout-Bestandteile erhöht die Convenience des Prozesses. Die Organisation des Abwicklungsprozesses schließt zudem den kundenfrequenzabhängigen Personalzahleinsatz ein, der jedoch als Voraussetzung und Konsequenz, denn als Convenience fördernder Faktor zu verstehen ist. Das Gleiche gilt für die Kompetenz und Freundlichkeit des Kassenpersonals. Einen entscheidenderen Beitrag zur Gesamt-Convenience leisten umfassende Bezahlungsdienstleistungen. Augenfällig sind das verschiedene Bezahlmöglichkeiten. Ein erster Beitrag zur reibungslosen Geschäftsabwicklung ist es, diese gut sichtbar anzuschlagen. Weiter sollten für den Kunden möglichst bequeme Bezahlwege zur Verfügung gestellt werden, worunter insbesondere der bargeldlose Zahlungsverkehr mit EC- und v. a. Kreditkarten zu verstehen ist. Eine Kundenkarte mit Bezahlfunktion, d. h. entweder aufladbar oder mit Kreditfunktion, bietet mit der gebündelten Abrechnung aller Käufe über einen bestimmten Zeitraum, z. B. monatsweise, gerade für Stammkunden Bequemlichkeit. Gleichzeitig steigert das die Kundenbindung. Darüber hinaus zählen Gutscheine zu den Bezahlungsdienstleistungen. Sie dienen als Geschenke der Neukundengewinnung und Bindung von Kunden. Umso wichtiger sind die Kommunikation und das Angebot vielfältiger Einsatzmöglichkeiten der Gutscheine. Gemeint ist, dass sie zunächst auf allen vom Buchhandelsunternehmen genutzten Vertriebswegen und in allen stationären Filialen einlösbar sind. Des Weiteren tragen diverse Möglichkeiten des Erwerbs von Gutscheinen zu einer angenehmen Einkaufs- und Abwicklungssituation bei; in jedem Fall sollte es möglich sein, Geschenkgutscheine im Online-Shop zu bestellen. Sowohl stationär als auch ambulant ist die Ergänzung um einen Versandservice als Geschenk direkt an den Empfänger denkbar. Doch letztlich erschöpft sich der Abwicklungsprozess nicht allein im Checkout, sondern besteht zudem gerade im Bucheinzelhandel in Bestellungsdienstleistungen, zumal Besorgungen wesentliches Element im Vertriebskonzept des Buchfachhandels sind. Mit einem Aspekt lässt sich direkt an Anforderungen an Gutscheine anknüpfen: Es müssen verschiedene Bestellwege (telefonisch, online, persönlich) bereitgestellt
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werden; dies vereinfacht gleichzeitig Bestellungen. PoS-Systeme in den stationären Geschäftsräumen können beispielsweise die belastende Suche nach oder Wartezeit auf einen Mitarbeiter vermeiden. Eine weitere Vereinfachung ist sowohl bei Bestellungen an SB-Terminals als auch im Online-Shop zu erreichen, wenn ohne komplexen, zeitraubenden Log-in-Vorgang bestellt werden kann. Häufig scheuen sich Kunden vor einer Registrierung, die vorher nötig wäre. Allerdings ist diese Restriktion längerfristig niedrig einzuschätzen, je mehr die aktuell jungen Konsumenten Buchhandelskunden werden. Eine andere Möglichkeit des vereinfachten Zugangs besteht durch den Einsatz von Kundenkarten mit Magnetstreifen oder Barcode, die nach der einmaligen Anmeldung sofort die Kundendaten wie auch bevorzugte Bezahlung und Lieferadresse hinterlegen. Eine weitere Maßnahme, Abwicklungs-Convenience zu erreichen, ist ein kurzfristiger Lieferservice für nicht vorrätige Titel. Großbuchhandelsunternehmen mit einem dichten Filialnetz sind dabei im strategischen Vorteil, da sie zum einen häufig über eigene Zentrallager, ggf. regionale Auslieferungslager und eigene Logistikstrukturen verfügen oder einen flexiblen Logistikpartner haben. Der gewünschte Titel muss nicht erst vom Zwischenbuchhandel bezogen werden, was zwar mittels Bücherwagendienst über Nacht, jedoch nicht schneller möglich ist. Zum anderen ermöglichen Filialen vor Ort die schnelle Direktbelieferung von privaten oder institutionellen Kunden, die telefonisch oder online bestellt haben. Diese Dienstleistung kann beispielsweise über Fahrradkuriere oder eigene Boten abgewickelt werden und muss nicht zwingend kostenlos angeboten werden, da in der Regel bei dringendem Bedarf sowie bei Convenience-Kunden überhaupt eine höhere Zahlungsbereitschaft vorausgesetzt werden kann. Ganz gleich, ob es sich um eine Bestellung mit normaler Lieferzeit oder eine Eilbestellung handelt, leistet ein Informationsservice für das Eintreffen der Bestellung in der Filiale, sofern die Filialabholung gewählt wurde, oder den Status der Bestellung bei Lieferung einen zusätzlichen Beitrag zur Gesamt-Convenience. Analog gilt dies für Abholungserinnerungen, z. B. via SMS auf mobile Endgeräte oder E-Mail. Überdies kommt die Möglichkeit, die Liefer- bzw. Versandart nachträglich zu ändern, dem Trend zu einem erhöhten Flexibilitätsbedarf beim Kunden entgegen. Ob allerdings die Einbeziehung von E-Commerce-Angeboten in stationäre Läden889 im Buchhandel zielführend im Sinne des Convenience-Ansatzes ist, bleibt fraglich. Freilich mag die Bereitstellung von SB-Terminals, anhand derer die Kunden selbst nicht vorrätige Titel über den Online-Shop ordern können, ein obligatorisches Ladenelement sein. Es sei 889 Vgl. Vossen 2003, S. 208.
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jedoch dahin gestellt, dass dies für die Konsumenten ein Alleinstellungsmerkmal ist, wenn man den gewünschten Titel entweder persönlich bei den Mitarbeitern oder über den eigenen PC bestellen kann. 4.3.8 Umfangreiche Standard-Kundendienstleistungen Die vierte Dimension des gesamten Convenience-Modells stellt gleichzeitig die letzte Phase in der Chronologie der Geschäftsbeziehung dar. Auch nach Abschluss des eigentlichen Transaktionsprozesses, dem Tausch von Ware und Geld, gibt es zahlreiche Ansatzpunkte, die ‚Kosten‘ des Einkaufs besonders gering zu halten. Nicht zuletzt dient dies der Steigerung der Kundenzufriedenheit und der langfristigen Kundenbindung. Die Kundendienstleistungen (After Sales Services) umfassen zusätzlich Dienstleistungen wie z. B. Transport- und Zustelldienstleistungen sowie Rechte für den Kunden, d. h. Umtausch- und Garantierecht. Die Nachkaufservices müssen sowohl bedarfsgerecht von den einzelnen Unternehmen zusammengestellt werden als auch reibungslos für die Kunden vollzogen werden, um den Vorteil physisch, kognitiv und monetär geringer Einkaufskosten zu heben. Dabei zeigen sich Berührungspunkte mit den oben aufgezeigten Möglichkeiten, die Abwicklung möglichst reibungslos zu gestalten. Insbesondere wurden bei den Bestelldienstleistungen bereits die Bedeutung und die Möglichkeiten der Zustellung der Waren angesprochen; es sei an dieser Stelle darauf verwiesen. Aus dem Charakter der Ware Buch leitet sich außerdem ein vergleichsweise geringer Bedarf an After Sales Services ab. Es entfallen insbesondere technische Kundendienste wie beispielsweise Reparatur- und Wartungsarbeiten sowie die Besorgung von Ersatzteilen und Zubehör. Die Unterstützung des Benutzungsvorgangs erscheint für gedruckte Medien nicht notwendig. Jedoch werden einige der bisher ausgeklammerten Nachkauf-Services für Buchhandelsunternehmen künftig eine gewichtigere Rolle spielen, falls zunehmend technische Geräte und digitale Produkte zum Sortiment gehören. Für den Kunden stressfreie Umtauschmöglichkeiten implizieren zunächst eine lange Umtauschfrist von mindestens zwei bis vier Wochen und außerdem die Möglichkeit, die Artikel unabhängig vom Kaufort in allen Filialen eines Unternehmens zurückgeben zu können. Dem Bedarf nach einem möglichst geringen Aufwand wird zudem eine so genannte Geldrückgabegarantie beim Umtausch gerecht; so muss nicht erst ein Ersatzartikel ausgewählt werden, was in Abhängigkeit vom Umtauschgrund und der zur Verfügung stehenden Zeit für diese Transaktion in kognitiver Mühe und zeitlichem Aufwand variieren kann. Wenngleich die Geldrückgabe für den Kunden einen Vorteil darstellt, ist sie doch für das Unternehmen ein Risiko, denn gerade für den Buchkauf
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kann aufgrund der Buchpreisbindung, der hohen Markttransparenz und der Versorgungsdichte (stationär und ambulant, v. a. online) der Ersatzkauf bei jedem beliebigen, andern Unternehmen vollzogen werden. Dabei geht dem Unternehmen des Erstkaufs Umsatz verloren. Ein Rückgaberecht, bei dem lediglich der Betrag einem Einkaufsgutschein gutgeschrieben wird, würde den Kunden an die Buchhandlung bzw. deren Filialen binden; außerdem stünde das Geld dem Unternehmen weiter als Einnahme zur Verfügung. Ähnlich ambivalent, d. h. für das Unternehmen risikobehaftet, für den Kunden jedoch angenehm, ist das Umtauschrecht ohne Vorlage des Kassenbons zu beurteilen. Grundsätzlich entbehrt dies jeglichen Nachweises, wo und wann der Titel erworben wurde, da ja grundsätzlich jeder Titel bei jeder Buchhandlung erhältlich ist. Dagegen nimmt der Buchhändler im für ihn ungünstigsten Fall einen Artikel gegen Bargeld zurück, der nicht bei ihm oder einer anderen Filiale über den Ladentisch ging. Eine ganz neue Dimension, jedoch mit einer ähnlichen Problemlagerung entsteht durch die Sortimentserweiterung um elektronische Geräte wie E-Book-Reader; es kommt die Frage nach Garantierechten auf und bedeutet wiederum Mehraufwand für die Händler bzw. die Mitarbeiter. Gleichzeitig ist die Erhältlichkeit der Ausgabegeräte beim Buchhändler, über den auch die Inhalte zu beziehen sind, eine ConvenienceLeistung. Sie wird jedoch der Entscheidungs- und Zugangsdimension zugerechnet. Vergleichsweise unproblematisch erscheint eine noch hinzuzufügende Komponente bedarfsgerechter After-Sales-Services: die eigentlichen Serviceleistungen, die für den Sortimentsbuchhandel aufgrund der Ausschaltung des Preiswettbewerbs eine bedeutende Rolle spielen. Unter Convenience-Aspekten sollten allen Kunden – ohne Hervorhebung der A- oder Stammkunden890 – elementare Dienstleistungen, die typischerweise in einer Sortimentsbuchhandlung erwartet werden, angeboten werden. Dazu zählen neben Beratung und Besorgung vor einem Kauf Nachkaufservices wie Geschenkverpackungen und -versand sowie Informationen über Neuerscheinungen (im allgemeinen oder von einem Autor, Verlag, Themen- oder Fachbereich) und Fortsetzungen z. B. von Reihen. Weitere Services wie Geschenkgutscheine wurden bereits angeführt. Dabei ist einmal mehr der Hinweis anzubringen, dass die Zusatzdienstleistungen in Convenience-Buchhandlungen nicht zwingend gratis angeboten werden müssen, kein Discountanspruch besteht, sondern eine höhere Zahlungsbereitschaft angemessene Entgelte rechtfertigt. Gleichzeitig zeigt sich anhand des Verweises auf typische Services des Sortimentsbuchhandels, dass ein hohes durchschnittliches Serviceniveau in dieser Branche erreicht ist, sodass die Dienstleistungen sowohl vor als 890 Vgl. Bramann u. a. 2008, S. 129.
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auch nach dem Transaktionsprozess bereits ein hohes Maß an Convenience erfüllen. Eine stärkere Vernetzung von Vertriebs- und Kommunikationskanälen im Rahmen von Multi-Channel-Strategien eröffnet jedoch weiteres Potenzial. Zusätzlich zur Bedarfsgerechtigkeit der Kundendienstleistungen nach dem Kauf stellt der Convenience-Kunde den Anspruch der Reibungslosigkeit. Das bedeutet v. a. bei der Zustellung von bestellten Titeln sowie beim Umtausch Information über die Existenz und das Angebot an Services sowie Schnelligkeit in der Umsetzung. In der Organisation der Nachkaufprozesse ist es maßgebend, möglichst wenig Aufwand für den Kunden zu schaffen und für eine kompetente und umfassende Service-Stelle zu sorgen. Das bedeutet, dass z. B. beim Umtausch keine Formalitäten wie auszufüllende Formulare vom Kunden zu bewältigen sind. Oder jeder Mitarbeiter kann mit diesem Anliegen betraut werden und dies durchführen. Komplexitäten wie das Aufsuchen eines Service-Schalters zusätzlich zur Fachabteilung werden vermieden. 4.3.9 Zusammenfassung Zusammenfassen lassen sich die einzelnen Teildimensionen und Maßnahmen sowie Vorschläge in einem Grobkonzept, das den Rahmen für die individuelle Entwicklung und Positionierung von Convenience-Buchhandlungen bildet. Diese Betriebsform stellt einen Lösungsansatz für den impulsiven Bedarf und für das Versorgungsmotiv dar. Sie ist abzugrenzen von den traditionellen Fach- und Spezialgeschäften, die sich im Sortimentsbuchhandel in allgemein sortierten Standort- oder Filialbuchhandlungen sowie den Spezialsortimenten zeigen. Dennoch bietet die Convenience-Buchhandlung eine hohe Fachkompetenz, befriedigt sie doch den reinen Wunsch nach einem Versorgungskauf im Gegensatz zum Einkaufserlebnis, also der gleichzeitigen Befriedigung des Erlebnis- und Unterhaltungswunschs. Das Sortiment des jeweiligen Betriebs sollte anhand der Kern- und Leitzielgruppe sowie an den Standortgegebenheiten orientiert klar umrissen sein, so dass in der Entscheidungsphase (der Einkaufsstätten- und der Produktauswahl) Enttäuschungen von Kundenerwartungen vermieden werden. So besteht das Sortiment je nach Schwerpunktsetzung aus den dementsprechenden, gängigen Titeln. Die lokale Marktkenntnis ist deshalb eine wichtige Erfolgsvoraussetzung. Zielgruppen-Convenience sollte jedoch nicht nur beim Sortiment allein ansetzen, sondern darüber hinausgehen und Zusatzdienstleistungen sowie Produkt-Dienstleistungs-Bündel ebenso berücksichtigen. Als konstitutiv für Convenience Läden im Allgemeinen hat sich zudem ein Faktor erwiesen, der im Sortiments- und insbesondere Filialbuchhandel als wesentlicher Erfolgsfaktor gilt, nämlich die Lage.891 Die Ladengeschäfte dieser Betriebsform zeich891 Vgl. Brunn / Blömeke 2009, S. 37.
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nen sich durch entweder wohnnahe oder gut frequentierte sowie mit öffentlichen und privaten Verkehrsmitteln gut erreichbare Standorte aus. Hinzu kommt – und dies ist gleichzeitig als Konsequenz aus der Etablierung dieses Modells zu sehen – eine hohe Versorgungsdichte, die den Bucheinzelhandel in Deutschland traditionell kennzeichnet. Dies ist von großer Bedeutung für die zunehmende Vertriebswegekonkurrenz. Außerdem leistet eine alltäglich gut zu erreichende Verkaufsstelle für den Kunden einen wichtigen Beitrag zum Bequemlichkeitsempfinden. Gepaart mit zielgruppenadäquaten Öffnungszeiten bietet diese Betriebsform ein hohes Maß an Flexibilität im Einkaufsverhalten. Die Ladengeschäfte umfassen kleine bis mittelgroße Verkaufsflächen mit wenigen hundert Quadratmetern. Das Ladenlayout ist gekennzeichnet durch eine totale Kunden- oder besser Zielgruppenorientierung. Dieses Prinzip liegt den Kundenwegen, der Raumaufteilung und der Regalanordnung zugrunde. Für den Produktzugang ist außerdem die Frontalpräsentation in Griff- und Augenhöhe sowie die Orientierung qua Beschilderung und/oder selbst erschließender Struktur sehr wichtig. Insgesamt steht die Ladengestaltung unter der Prämisse der Funktionalität. Doch gehören zum Convenience-Konzept nicht nur Standort und Verkaufsraum, sondern wichtige Unterstützungsmaßnahmen vor, während und nach dem Erwerb der Produkte. Für den Bucheinzelhandel bedeutet dies zunächst, dass externe Informationen über Leistungs- und Produktangebot bereitgestellt werden müssen, die besonders bequem für den Kunden auch online zur Verfügung stehen müssen. Daneben sind die klassischen Kommunikationskanäle zu berücksichtigen, sodass man von einem Multi-Channel-Ansatz in der Entscheidungsvorbereitung und der Informationsphase sprechen kann. Besonders kundenfreundlich und kundenbindend ist die Individualisierung der extern oder auch im Ladengeschäft angebotenen Informationen sowie der Beratung durch kompetentes Personal. Diese sollte jedoch nur auf Wunsch erfolgen, während die Selbstbedienung im Vordergrund steht. Das wiederum setzt klare Informationen von hoher Güte voraus; dies spiegelt sich im oben dargestellten Store Layout. Nachdem schließlich die Auswahl erfolgt ist, geht es in einer Convenience-Buchhandlung primär um die Abwicklung der Transaktion an der Kasse und den Abschluss des Ladenaufenthalts. Beide Prozesse muss der Kunde als schnell und unkompliziert empfinden. Eine rasche und unaufwändige Durchführung ist maßgeblich für die Güte der zielgruppenspezifisch angebotenen Nachkauf-Services. Da aufgrund der Verkaufsfläche und der Sortimentsspezialisierung nur eine eingeschränkte Titelzahl vorrätig ist, erscheinen umfassende Bestelldienstleistungen zwingend notwendig. Damit auch
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IV Die aktuelle und künftige Konzentrations- und Branchenentwicklung
sie den Convenience-Ansprüchen genügen, sind Einfachheit, Schnelligkeit und Multioptionalität für den Kunden Grundvoraussetzungen dafür. 4.4 Diskussion zur Eignung und Zukunftsfähigkeit des Konzepts 4.4.1 Convenience-Buchhandlungen als ungeeignete Betriebsform Das eben erarbeitete Convenience-Konzept ist nun aber daraufhin zu überprüfen, ob es eine geeignete Strategieoption für Filialisten im Bucheinzelhandel darstellt. Gegen den Convenience-Trend sind Konsummuster des One-stop- und des Erlebnis-Shoppings anzuführen. Das sind Bedürfnisse, die insbesondere durch Einzelhandelsagglomerationen in Einkaufszentren und durch Strategien des Erlebniskonsums befriedigt werden. Der Wunsch, möglichst alle notwendigen Güter an einem Ort bzw. in einem Gang erwerben zu können, kann mit der dezentralen Versorgung kollidieren. Für die Händler ist es nur bedingt möglich, die Attraktivität der Agglomeration zu übertreffen. Zum Beispiel ist es schwierig, in einem Ladengeschäft derart umfassende Zusatzdienstleistungen, die eben das reine Warenangebot abrunden, anzubieten, um jeglicher Nachfrage entsprechen zu können. Dies leuchtet zunächst mit Blick auf die Gesamtverkaufsfläche der Shopping Center ein, die durchschnittlich im fünfstelligen Bereich liegt; umso mehr noch durch die Vielfalt der Einzelhandelsgeschäfte, die von Schuhen und Bekleidung über Haushaltswaren und Elektrogeräte bis hin zu Medien und Spielwaren reicht. Darüber hinaus kann z. B. in einem Buchkaufhaus mit mehreren tausend Quadratmetern Fläche mehr Sortimentsbreite und -tiefe gleichzeitig ergänzt um Nebensortimente geboten werden. Dies erhöht wiederum die Wahrscheinlichkeit, mehreren Bedürfnissen parallel gerecht zu werden. Zudem ist die Welt des Erlebniskonsums klar von der des Beschaffungskonsums, zu der Convenience-Formate gehören, zu unterscheiden. Die Maßnahmen, mit denen der Erlebniseffekt generiert wird, grenzen sich in weiten Teilen deutlich von den auf Vereinfachung zielenden ab. Dies zeigen insbesondere der Event-Bereich und die Simulation von Marktsituationen z. B. mit Cafés oder Shop-in-Shop-Systemen.892 Erwähnt werden muss an dieser Stelle auch folgende These: Gerade die Ware Buch benötige ein erlebnisorientiertes Angebotsumfeld, um grundsätzliche Interesse und Kaufverhalten auszulösen.893 Es werden also die Notwendigkeit des Erlebniskonsums und die Ablehnung des reinen Beschaffungskonsums für den Sortimentsbuchhandel konstatiert. Das stützt das hier vorgebrachte Argument. Trotz eines integrativen Produkt-Dienstleistungs-Konzepts, das die stressfreie Versorgung der Konsumenten in 892 Vgl. Vossen / Reinhardt 2002, S. 102. 893 Vgl. Heinold 2007, S. 79.
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den Mittelpunkt stellt, erscheint es also schwierig, die Vorteile von Agglomerationen und Erlebnishäusern zumindest auszugleichen. Des Weiteren sprechen gegen die Durchsetzungsfähigkeit einer buchhändlerischen Betriebsform, die dem Convenience-Ansatz folgt, die Lebensumstände der Verbraucher. Sie lassen keinen drängenden Bedarf erkennen. Voraussetzung für den Erfolg des Convenience-Konzepts ist nämlich die Existenz des entsprechenden Verbraucherverhaltens und der daraus resultierenden Nachfrage. Eine Expertenbefragung, die Vossen 2003 veröffentlichte, unterstützt den Trend zur Wiederbelebung der wohnnahen Versorgung mit Konsumgütern im Allgemeinen nicht. In der kurzfristigen Perspektive werden den Nachbarschaftsläden keine Chancen auf Rückverjüngung eingeräumt. Das Ergebnis einer zum Vergleich heran gezogenen Verbraucherbefragung ist entsprechend. Den Fachgeschäften und Einzelunternehmen werden nur eingeschränkt Chancen am Markt eingeräumt, während die Dominanz der großen Filialisten bestätigt wird.894 Wenngleich sich Convenience Stores vorwiegend im Lebensmitteleinzelhandel teilweise schon etablieren konnten, verweisen diese Befunde doch auf die eingeschränkte, vermutlich branchenabhängige Kompatibilität dieser Betriebsform mit der aktuellen Nachfragesituation. Die Nachfrage nach Büchern wird überhaupt stark von den technischen Entwicklungen und Rahmenbedingungen geprägt. Die zunehmende Digitalisierung bringt v. a. für den Bucheinzelhandel sowohl neuartige, digitale Produkte als auch veränderte Vertriebsstrukturen mit sich. Letztere zeigen sich bereits in einer Verschiebung vom stationären zum (Online-)Versandbuchhandel. Da sich das oben vorgestellte Konzept für Convenience im Sortimentsbuchhandel vorwiegend auf stationäre Ladengeschäfte bezieht, ist bei der Erörterung der Praxistauglichkeit auch nach dem künftigen Bedarf an stationärer Versorgung zu fragen. Die fortschreitende Ausdehnung des E-Commerce jedenfalls lässt die Vermutungen, die stationäre Versorgung würde nicht mehr nachgefragt, durchaus realistisch erscheinen. Gerade im Bereich des Non-Food-Handels ist die Wahrscheinlichkeit gegeben, dass die flächendeckende stationäre Versorgung durch den Online-Handel ersetzt wird. Bücher gehören bereits heute zu den dafür bestens geeigneten Waren. Dies hängt zum einen mit den Wareneigenschaften zusammen, insbesondere mit der guten Beschreibbarkeit, die bis zu einem gewissen Grad das physische Zusammentreffen von Kunde und Ware sowie das haptische Moment der Auswahl ersetzen kann. Zum anderen ist auf das theoretisch unbeschränkt breite und tiefe Sortiment zu verweisen. Überdies kann eine Online-Buchhandlung aufgrund der 894 Vgl. Vossen 2003, S. 210–213.
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IV Die aktuelle und künftige Konzentrations- und Branchenentwicklung
(Daten-)Kapazitäten weiterführende Informationen in beliebigem Umfang bieten.895 Zusammen mit der relativ guten Zeit- und Ortsungebundenheit des Einkaufs lassen sich auch hier Convenience-Elemente generieren.896 Stellt man demgegenüber nun den Erfolg der Convenience Stores im Lebensmittelhandel, so ist die unterschiedliche Entwicklung wiederum mit dem Warencharakter von Lebensmitteln, allen voran mit der Verderblichkeit zu erklären. Hier ist kein Gegensatz vorhanden. Vielmehr lassen sich die abweichenden Entwicklungen dadurch erklären. Das Convenience-Konzept kann deshalb für den Sortimentsbuchhandel über den stationären Vertrieb hinausgehen und auf den Online-Vertriebsweg verweisen. 4.4.2 Convenience als zukunftsfähige Strategieoption Gibt es weitere Argumente, die eine Convenience-Betriebsform im Sortimentsbuchhandel als zukunftsfähige Option erscheinen lassen? Zunächst gehört das Modell zu den Erscheinungsformen des Servicewettbewerbs. Hauptansatzpunkte sind die Bequemlichkeit, die Mühelosigkeit und die Stressfreiheit für den Kunden. Der will schlicht einen Artikel besorgen, der sein konkretes Problem löst oder seinen Bedarf deckt. Damit entspricht es dem grundsätzlichen Wettbewerbscharakter des Buchhandels, denn durch das Preisbindungsgesetz ist kein direkter Preiswettbewerb möglich, abgesehen von Maßnahmen des Preismarketings. Deshalb zeichnet sich der Bucheinzelhandel durch ein bereits sehr hohes Serviceniveau, eben eine gewichtige Rolle der buchhändlerischen Dienstleistungen, aus. Convenience-Konzepte bieten die Möglichkeit, sich in diesem wettbewerblichen Umfeld noch stärker zu spezialisieren und zielgruppenspezifische Dienstleistungen anzubieten. Außerdem stellen ergänzende Service-Leistungen eine Gelegenheit dar, den Betrieb in Abhängigkeit von einem attraktiven Standort in Wohn- oder Verkehrsnähe und benachbart zu weiteren Einkaufsstätten des Beschaffungskonsums zu einem Bestandteil eines One-stop-Shopping-Angebots zu machen. Dies wiederum würde dem Wunsch der Konsumenten entsprechen und zu Annehmlichkeiten für Konsumenten beitragen. Für die Sinnhaftigkeit von Convenience-Konzepten im Sortimentsbuchhandel spricht überdies der Erhalt des hohen Versorgungsniveaus. Dies wurde traditionell durch eine Vielzahl an kleinen und mittelständischen Unternehmen mit relativ hoher Dichte gewährleistet. Die fortschreitende Konzentration gereicht gerade an großen Standorten zu einer Verdichtung des Angebots in 1A-Lagen, das zudem hauptsächlich und weiter zunehmend durch die Filialen der Großunternehmen bedient wird. Randlagen oder entferntere und kleinere Standorte hingegen stehen immer mehr der Proble895 Vgl. Heinold 2007, S. 38. 896 Vgl. ebd.
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matik einer sich verschlechternden Versorgung mit Buchhandlungen gegenüber. Eine Ergänzung dieser Angebotssituation durch versorgungsorientierte Buchverkaufsstellen erscheint deshalb sinnvoll. Convenience-Buchhandlungen entsprechen dem u. a. durch die Erleichterungen des Zugangs zum Laden (Wohnnähe, verkehrsgünstige Lage) und zu den Waren (Ladengestaltung, Warenpräsentation); außerdem durch die Abwicklungs-Convenience, die Schnelligkeit und Unkompliziertheit sicherstellt. So blieben Dichte und Unmittelbarkeit der Versorgung durch Convenience-Buchshops erhalten. Neben dem Erhalt der guten stationären Verfügbarkeit von Buchhandlungen kann ein weiterer positiver Aspekt des Convenience-Konzepts darin bestehen, dass es die Vertriebsmöglichkeiten erweitert. Das bedeutet, buchhändlerische Nachbarschaftsläden stellen einen weiteren Absatzkanal für Bücher dar, der im Rahmen von Mehrkanalstrategien genutzt werden kann. Sowohl Multi-Channel-Marketing, das verstärkt auf die Kommunikation zwischen Unternehmen und Konsumenten über verschiedene Kommunikationskanäle abhebt, als auch Multi-Channel-Retailing, der Einzelhandel über verschiedene Vertriebskanäle, setzt den Zugang zu mehreren Kanälen voraus. Die Konsumenten können diese beliebig nutzen und kombinieren. Dem Bucheinzelhandel stehen derzeit zum Großteil die stationären Ladengeschäfte – den Filialunternehmen im Besonderen die Erlebnishäuser – sowie die Internetauftritte als Kommunikationsund Absatzwege zur Verfügung. Zum Teil wird dies z. B. bei den DBH-Firmen Weltbild und Jokers noch ergänzt durch den klassischen Versandhandel mittels gedruckter Kataloge. Neben den zwei bzw. drei genannten Hauptkanälen bietet die Betriebsform der Convenience-Buchhandlung die Gelegenheit, einen weiteren (hauptsächlich stationären) Kanal zu installieren, der die Mehrkanalsysteme stützt. Bedeutend ist dabei, dass ein noch dichteres Netz der national agierenden Unternehmen sowohl die Markenbekanntheit fördert als auch eine wesentliche Maßnahme zur Realisierung von mehr Umsatz darstellt. Durch die Verfügbarkeit qua erleichterter Erreichbarkeit der Filialen wird der Bedarf bei diesem und nicht bei einem anderen Unternehmen gedeckt. Es ist also denkbar, dass dadurch eine neue Konsumentengruppe erschlossen wird; nämlich diejenigen, die aufgrund mangelnder Verfügbarkeit stationärer Buchhandlungen in der näheren Umgebung, z. B. in Außenbezirken, Kleinstädten und im ländlichen Raum, ihren Bedarf bei reinen Online- und/oder Versandbuchhandlungen gedeckt haben. Für den komplementären Charakter dieser Betriebsform sprechen sich Liebmann und Zentes aus, indem sie dem Konzept eine ergänzende Funktion zu großflächigen Einzelhandelsbetrieben zuschreiben.897 Der Vorteil für Buchhandelsketten liegt also in der Diversifikation bzw. Portfolioerweiterung um Convenience-Buchhandlungen (Ver897 Vgl. Liebmann u. a. 2008, S. 406.
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sorgungshandel) neben Buchkaufhäusern (Erlebnishandel). Dies ermöglicht, dass Unternehmen möglichst viele Kommunikations- und Vertriebskanäle aktiv nutzen. Den Konsumenten eröffnen sich dadurch viele Zugriffs- und Nutzungsmöglichkeiten. Den Convenience-Gedanken in eine Betriebsform im Sortimentsbuchhandel umzusetzen, ist noch aus einem weiteren Grund eine zukunftsfähige Option für die Branche: Es dient der zukünftigen Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen im Kommunikations- und Informationszeitalter, d. h. in einem sowohl auf Produkt- als auch auf Vertriebs- und Rezeptionsebene stark digital geprägten Konsumszenario. Durch eine breite und vernetzte Präsenz bleibt den Handelsunternehmen der Kundenkontakt erhalten. Durch zielgruppenspezifisches Engagement gilt das zusätzlich für die Kundenbindung. Die Nähe zu den Konsumenten bringt die Gelegenheit, sehr frühzeitig den künftigen Bedarf an schnell verfügbarer Information und Unterhaltung zu erkennen und zu absorbieren. Somit kann ein jeweils zielgruppenspezifisches Produkt-Dienstleistungs-Bündel angeboten werden. Das macht einerseits das Unternehmen gegenüber den etablierten Wettbewerbern unterscheidbar. Andererseits stützt es die Absicherung des stationären Handels bzw. des Geschäftsbereichs gegenüber branchenfremden Anbietern. Potenzielle und ernstzunehmende Konkurrenten des stationären Bucheinzelhandels können aber auch aus Nebenmärkten erwachsen. Als Beispiel können Supermarktketten mit Buchabteilungen angeführt werden, wie sie derzeit in Großbritannien reüssieren und einen immer größeren Anteil des Gesamtumsatzes des Buchhandels auf sich vereinen. Neben anderen stationären Handelsformen gilt es, ambulante und allen voran Innovationen im E-Commerce als potenzielle Konkurrenten zu beobachten und sich ggf. dagegen abzusichern. Der Beitrag convenience-orientierter Betriebsformen dazu ist vielschichtig. Zum einen stärkt eine breitere Präsenz und ein komfortables Angebot die Marke des Handelsunternehmens. Das fördert wiederum eine höhere Kundenbindung und verhindert letztlich die Abwanderung der Konsumenten zu neuartigen Konkurrenzangeboten. Zum anderen kann die dichte und multiple Verfügbarkeit eines originären Buchhandelsunternehmens auch gegen die Verschiebung des Umsatzes hin zu anderen Vertriebswegen, hauptsächlich hin zum Online-Versandhandel, wirken. Dieser Trend wird also gebrochen oder wenigstens verlangsamt. Außerdem sichert das Konzept in seiner schwerpunktmäßig stationären Umsetzung den Sortimentsbuchhandel in seiner Wettbewerbsfähigkeit ab: Es werden wesentliche Vorteile des Online-Buchhandels wie eben der ständige Zugang und die schnelle Abwicklung, die Heinold eben
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mit Convenience bezeichnet,898 in den stationären Bereich übertragen. Damit stellt diese Option ein wichtiges Element der Zukunftsfähigkeit in einer digitalen, multimedialen und multioptionalen Konsumumgebung dar. 4.4.3 Fazit Fasst man die für und gegen das Convenience-Konzept sprechenden Argumente zusammen, so spricht eine Reihe von Argumenten für die Eignung als komplementäre Betriebsform im Bucheinzelhandel. Dies gilt v. a. für die Filialunternehmen, die ihr Portfolio der Erlebniskaufhäuser um Formate des Beschaffungs- und Versorgungskonsums ergänzen können. Allerdings lassen sich bereits jetzt einige wesentliche Merkmale der ConvenienceStrategie in den etablierten Betriebstypen wiederfinden. Betrachtet man die Marketing-Konzepte der Buchketten, stellt sich die Frage, ob bereits Convenience-Konzepte im Sortimentsbuchhandel angelegt sind. Als Beispiel kann die Centerfiliale der Buchhandlung Thalia in den Erlangen Arcaden herangezogen werden, die auf einer vergleichsweise kleinen Fläche ein zielgruppenspezifisches Sortiment (so genannte Familienbuchhandlung) anbietet. Besonders auffällig ist die vom Corporate Design abweichende farbliche Gestaltung in Rot- und Gelb-Tönen. Allerdings sind diese Betriebsformen nicht als Convenience-Geschäfte bekannt oder durchgesetzt. Dies kann einerseits als positiver Indikator für die Etablierung des Konzepts gewertet werden. Das heißt, es bestehen schon einschlägige Bemühungen, und durch diese Innovationen kann sich ein entsprechender Betriebstyp bzw. in Folge der Etablierung eine Betriebsform entwickeln. Dies entspräche der These des Betriebsformenlebenszyklus’, dass Innovationen durch Imitationen anderer Unternehmen zur Betriebsform entwickelt werden. Andererseits könnten die aufgezeigten aktuellen Tendenzen nur Verbesserungen an den bestehenden Betriebstypen, insbesondere im Bereich Service und Kommunikation, darstellen. Es entwickelt sich dann keine neue, eigenständige Form. Dennoch kann diesem Szenario ein Vorteil abgewonnen werden: Die Modifikationen dienen der Profilierung der einzelnen Unternehmen und stärken deren Wettbewerbsfähigkeit. Ob sich das Convenience-Konzept im Sortimentsbuchhandel und gerade unter den Filialunternehmen durchsetzt und eine eigenständige Betriebsform ausbildet, bleibt folglich abzuwarten. Potenzial hätte dieses Konzept allemal!
898 Vgl. Heinold 2007, S. 38.
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V Ergebnisse der Konzentrationsanalysen 1 Virulente Faktoren der Konzentrationsentwicklung Zum Abschluss der Untersuchungen werden nun die Ergebnisse der einzelnen Analyseschritte, die für den bedeutenden Marktstrukturfaktor Konzentration relevant sind, vergleichend gegenübergestellt (s. Tabelle 28). Ziel ist es, aus der Untersuchung des Konzentrationsphänomens und der Wettbewerbsanalyse des Bucheinzelhandels in Deutschland sowie der längerfristigen Zukunftsaussichten Erkenntnisse zu gewinnen, welche Faktoren entscheidend für die Konzentrationsentwicklung im Sortimentsbuchhandel sind. Marktanalyse Nationalisierung
Betriebsgrößenersparnisse (Dienstbereitstellung, Logistik, Marketing, Einkauf); Erfahrungskostenvorteile; Differenzierung; strategische Innovationen; externe Impulse
Reife-Phase
Eindeutige Wettbewerbsstrategien; werthaltige Investitionen; Preiswettbewerb/-marketing; Kostenorientierung; Bündeleffekte
Zusammenfassung der Lebenszyklusphasen
strategisches Denken; Kundenbindung; ökonomisch sinnvolles Handeln; Markenbildung
Konzentrationsanalyse Konzentrationsursachen
Verbraucherverhalten; vertikale Preisbindung; Absatzpolitik der Hersteller; Kapitalausstattung/Finanzierung
Auswirkungen
Wettbewerbsintensität; Absatzpolitik der Hersteller; Versorgungslage der Verbraucher
Prognosen Konzentrationsszenarien
Preisbindungsfrage; Verbraucherverhalten; Markterweiterung/-erneuerung
Szenariospezifische Handlungsempfehlungen
Kostenorientierung; Profilierung/Markenbildung; Zielgruppenorientierung
K. Emrich, Konzentration im Sortimentsbuchhandel, DOI 10.1007/978-3-8349-6522-6_5, © Gabler Verlag | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2011
356 Handlungsempfehlungen für Filialisten
V Ergebnisse der Konzentrationsanalysen Wirtschaftlichkeit/Leistungsfähigkeit; Verdrängungspotenzial der Angebotsformen; Wettbewerbsfähigkeit; Kundengruppenbearbeitung; Differenzierung/Spezialisierung; Innovationen (z. B. Technik, Marketing, Betriebstypendiversifikation); Auflösung von Branchengrenzen; Angebotsentwicklung; Diversifikation
Tabelle 28: Synopse der konzentrationstreibenden Faktoren.
Aus der Marktanalyse sind v. a. die Resultate der dynamischen Analyse relevant: zutreffende Situationen, deren Ursachen sowie die resultierenden Chancen und Gefahren. Die Diskussion verschiedener Lebenszyklusphasen für die Branche hat ergeben, dass es starke Anreize zur Nationalisierung gibt. Diese wird wiederum von eben national tätigen Handelsunternehmen getragen und birgt Potenzial zur Konzentration. Gleichzeitig aber beginnt die Reifephase. Den Übergang von einer in lokale Teilmärkte zersplitterten zur nationalen Branche forcieren z. B. besonders Betriebsgrößenersparnisse aus den Bereichen der Dienstbereitstellung, der Logistik, des Marketings und des Einkaufs. Damit übereinstimmend ist die große Bedeutung von Kostenfaktoren als Konzentrationsursachen, die sich aus der Konzentrationsanalyse ableiten lässt. Eine wesentliche Determinante dessen ist die Absatzpolitik der Hersteller. Sie erweist sich nicht nur bei den Konzentrationsursachen, sondern auch bei den Auswirkungen der Konzentration als treibender Faktor, indem durch Mengenrabatte Anreize für die Bezugsbündelung in Großunternehmen oder Verbünden geschaffen werden. Der Übertritt in die Reifephase geht mit einer Reduktion der Wettbewerberzahl, einem Symptom für Konzentration, einher. Dabei können sich einige Situationen als gefährlich erweisen. Handlungsbedarf besteht beispielsweise insofern, als dass eindeutige Wettbewerbsstrategien verfolgt werden müssen, um in einem schwierigen Marktumfeld Alleinstellungsmerkmale verkaufsfördernd kommunizieren zu können. Darin ist die Option der Differenzierung als Triebkraft für die Nationalisierung eingeschlossen. Die Veränderungen des Wettbewerbs – genauer: die Intensivierung des Servicewettbewerbs – stellen weiter Herausforderungen des sich konzentrierenden Sortimentsbuchhandels dar. Damit herrscht Übereinstimmung mit den abgeleiteten Handlungsempfehlungen im Allgemeinen und für Filialisten im Besonderen. Aus der Konzentrationsanalyse hat sich als besonders bedeutende Ursache das Verbraucherverhalten ergeben. Das ist mit der Bedeutung der Kundenbindung für das erfolgreiche Bestehen in einzelnen Lebenszyklusphasen in Zusammenhang zu bringen. Gleichzeitig übt das Verbraucherverhalten großen Einfluss auf die Entwicklungsrichtung des Buchmarkts und des Konzentrationsverlaufs aus. Folglich spiegelt
1 Virulente Faktoren der Konzentrationsentwicklung
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es sich als Zielgruppenorientierung und -bearbeitung in den skizzierten Handlungsempfehlungen wider. Ein letztes Beispiel ist das Gewicht der vertikalen Preisbindung als Konzentrationsursache. Sie findet ein Pendant in der strategischen Falle, sich in einer reifen Branche dem Preiswettbewerb oder gar dem Preismarketing zu verschließen. Preispolitische Entscheidungen gelten folglich als eine der Hauptdeterminanten der Konzentrationsentwicklung. Die herausragende Besonderheit der Buchbranche, die Buchpreisbindung, kommt hier als externer virulenter Konzentrationsfaktor zum Tragen. In beinahe allen anderen Branchen, die unter das Preisbindungsverbot fallen, wird folgender Prämisse meist in Form von Preisnachlässen entsprochen: Der Weg in Erlebnis-Fachmärkte, die häufig begünstigt von der Konzentrationsentwicklung sind, müsse sich lohnen. Das aber geht im Bucheinzelhandel (noch) nicht auf. Sind Preisnachlässe für vergleichsweise günstige Waren wie Bücher aber derart wichtig, dass genau diese Tatsache bei einer Aufhebung der Preisbindung entscheidend würde? Immerhin scheint das denkbar. Einerseits ist die Preisorientierung verstärkt bei Waren mit hohem Preisniveau festzustellen; zum Beispiel bei Elektrogeräten, die langlebige Gebrauchsgüter sind. Andererseits findet sich selbiges auch bei sehr günstigen Waren wie Lebensmitteln, die aber für den täglichen Verbrauch bestimmt sind. Im Vergleich zu beiden Extremen des Kontinuums sind Bücher zwar ebenfalls langlebig, jedoch fällt die Inhaltskomponente stärker ins Gewicht. Die Inhalte eines Titels werden in der Regel nur einfach konsumiert, während sich langlebige Güter wie TV-Geräte über immer neue Inhalte, abgesehen von technischen Restriktionen, beliebig oft nutzen lassen. Es ist also kaum ein Vergleich möglich. Entscheidend muss also das ökonomische Moment im Verbraucherverhalten sein: Bei gleicher Leistung oder gar gleichem Produkt fällt häufig die Wahl auf das Angebot mit dem niedrigsten Preis. Folglich wären beim Entfall der Preisbindung die Großbuchhandelsformen des Internet- und Erlebnishandels im Vorteil. Mit ihrem umfangreichen, breiten und tiefen Sortiment haben sie die Möglichkeit, aufgrund von Größenvorteilen beim Einkauf zahlreiche Rabattaktionen zu lancieren. Auf diese Situation bereiten sich die Filialisten bereits vor. Zahlreiche Fälle des Verdachts unlauteren Wettbewerbs deuten eine Verschärfung des Preismarketings an. Dadurch soll das preisorientierte Verhalten beim Buchkäufer geprägt werden. Im Fall des Erhalts der Ladenpreisbindung sind allerdings für die Anbieter allein der Beschaffungspreis bzw. die Beschaffungskonditionen bedeutend; dies dafür umso mehr. Großanbieter erzielen essenzielle Größen- und Kostenvorteile, die andere Kostenpositionen kompensieren. Beispielsweise liegen die Ausgaben für Mieten, Perso-
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V Ergebnisse der Konzentrationsanalysen
nal, Kommunikation oder auch Investitionen für Groß- respektive Filialunternehmen viel höher als für die anderen Marktteilnehmer. Bei unabhängigen kleinen und mittleren Unternehmen sind Versuche, die mit der Einkaufsmacht verbundenen Vorteile durch die Mitgliedschaft bei Einkaufsverbünden zu adaptieren, richtungsweisend und überlebenswichtig. Allerdings geht auch von funktionsfähigen, im Sinne von einkaufsmächtigen, großen Kooperationen ein weiterer Konzentrationsschub aus. Aus der Sicht der Hersteller jedenfalls ist dies einleuchtend. Für die Geschäftsbeziehungen mit Barsortimenten gilt dies nur zum Teil. Allerdings erscheint der Trend zu Kooperationen bzw. zu der einer großen Kooperation, um Weseners Zukunftsvision aufzugreifen,899 für die Zwischenhändler günstiger als die vollständige Verdrängung des Mittelstands und Kleinunternehmertums. Da weiter unabhängige Betriebe existieren, wird ein Teil der Beschaffung, v. a. der kurzfristige Bedarf des Bestell- und Durchlaufgeschäfts, weiter über Barsortimente abgewickelt werden. Gleichzeitig haben sich unternehmensinterne Umstände als maßgebend für die Konzentrationsentwicklung im Sortimentsbuchhandel erwiesen. Ganz besonders trifft das auf die Optimierung der Kostensituation zu – unabhängig von der Unternehmensgröße. In der aktuellen Situation der Konsolidierungsphase ist dies essenziell, um Rentabilität zu gewährleisten und entsprechende Schwachstellen frühzeitig beseitigen zu können, bevor sie den Betriebserfolg nachhaltig negativ beeinflussen. Die stete Überprüfung der Ausgaben und bei Filialisten des Betriebsportfolios steht im Vordergrund. Aus der Kombination möglichst niedriger Kosten und möglichst großer Handelsspannen lassen sich finanzielle Spielräume generieren. Einerseits können diese auf die Sicherung der Wettbewerbsposition im Verdrängungswettbewerb verwandt werden, andererseits auf neuerliches Wachstum, was wiederum die Konzentration vorantreibt. Sollte die Preisbindung für Bücher aufgehoben werden, ist die Kostenoptimierung von mindestens ebenso großer Bedeutung. So kann der größtmögliche Anteil der Rabatte an die Verbraucher weitergegeben werden, soweit in der Preiskonkurrenz erforderlich. Andernfalls müssen die beim Einkauf ggf. realisierten Größenvorteile zur Kostendeckung, z. B. bei hohen Bereitstellungs- und Servicekosten, herangezogen werden. Ganz besonders für kleine und mittlere Unternehmen sind überdies der Kapitalzugang und die Finanzlage als interner Konzentrationstreiber zu nennen. Hieran bemisst sich der Umfang von möglichen Investitionen; z. B. welche Innovationen technischer oder konzeptioneller Art finanziert werden können. Und die Finanzlage ist entschei899 Vgl. Wesener 2009, S. 88–93, 97.
1 Virulente Faktoren der Konzentrationsentwicklung
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dend für die Krisenfähigkeit, d. h. die Möglichkeiten, wirtschaftliche Engpässe überbrücken zu können. Eine für die längerfristige Zukunft bedeutsame strategische Herausforderung stellt die Digitalisierung dar. Für das Ausmaß der Wirkung dieses externen Faktors der Branchenstruktur ist es entscheidend, wie sich die Technikaffinität der Verbraucher entwickelt, aber auch ob und wie schnell sich die vollständige Digitalisierung der Kommunikation und Information durchsetzt. Es ist eine Multiplikatorwirkung auf den Konzentrationsverlauf zu erwarten, da sich dadurch der traditionelle Buchhandelsmarkt verengt und der Verdrängungswettbewerb verschärft wird. Dies geschieht zum einen über die Veränderungen der angebotenen Produkte und folglich der Handelssortimente. Zum anderen unterliegen die Vertriebswege der Waren Veränderungen. Das wirkt zudem auf das Leistungsprofil der Buchhandelsunternehmen. Als letzter virulenter Faktor für die Konzentrationsentwicklung im Sortimentsbuchhandel sind Betriebsformen als wesentliche Bestandteile der strategischen Konzepte herauszuheben. Zunächst ist deren Akzeptanz beim Verbraucher entscheidend für den Markterfolg des betreibenden Unternehmens. Deshalb haben Betriebsformen die Fähigkeit, Marktanteile auf sich zu konzentrieren. Der Markterfolg wiederum ist zusammen mit unternehmensinternen Voraussetzungen, allen voran die Investitionsfähigkeit, entscheidend für den Umfang des Filialsystems. Außerdem hängt davon die Standortqualität, z. B. Lage und Größe, ab. Ist das Verdrängungspotenzial eines innovativen Betriebstyps hoch, so wird er standardisiert und multipliziert. Daraus folgt zunächst eine Dekonzentrationswirkung. Allerdings regt die zunehmende Verbreitung auch Konzentrationsprozesse an, wenn die Betriebform im Vergleich zu anderen besonders erfolgreich ist und immer mehr Marktanteile auf sich vereinen kann. Währenddessen werden traditionelle Betriebsformen verdrängt und die Unternehmen scheiden aus dem Markt aus bzw. werden übernommen. In der Zusammenschau hat die Analyse der Branchenstruktur und des Konzentrationsprozesses im Sortimentsbuchhandel sechs Faktoren hervorgebracht, die virulent für die weitere Konzentrationsentwicklung sind (s. Abbildung 25). Dies sind zunächst Preis-Aspekte, d. h. Preismarketing, die Buchpreisbindung und die Beschaffungskonditionen. Außerdem spielen die relativen Kostentreiber eine große Rolle, für mittelständische Buchhandelsunternehmen überdies der Kapitalzugang. Eine unwägbare, aber bedeutende Determinante ist aus dem Bereich der exogenen technischen Rahmenbedingungen die Digitalisierung. Sie wirkt indirekt auch auf die Betriebsformen. Die unterliegen ohnehin einem Wandel, der selbst Konzentrationsprozesse anstoßen
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V Ergebnisse der Konzentrationsanalysen
kann. Die Synopse zeigt also deutlich, dass sowohl unternehmensinterne als auch externe Faktoren die Konzentrationsentwicklung maßgeblich beeinflussen. 2 Exkurs: Vergleich mit dem britischen Buchmarkt Abschließend verspricht ein Exkurs in den Buchmarkt des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland und dessen Endkundenhandel die Analyse abzurunden.900 Als Referenzmarkt eignet er sich grundsätzlich, weil zunächst von im Groben ähnlichen Rahmenbedingungen, z. B. soziokulturellen oder technischen, ausgegangen werden kann. Zudem stimmen die grundlegenden Branchenstrukturen beider Länder in vielen Punkten überein.901 Der Vergleich ist aber besonders interessant, weil der Konzentrationsgrad dieses Markts in den letzten Jahren stark zugenommen und nun ein sehr hohes Niveau erreicht hat. Lassen sich in den beiden größten Buchmärkten Europas902 Analogien feststellen? Es wird vermutet, dass sich wesentliche Befunde, Prognosen und Empfehlungen für den deutschen Markt auch im britischen nachweisen lassen. Für die folgenden Ausführungen ist zu berücksichtigen, dass sich einige Daten insbesondere auf den englischen Teilmarkt beziehen. Außerdem verspricht der Exkurs Anhaltspunkte für die mittelfristige Entwicklungsperspektive des deutschen Markts.903 Das wichtigste Unterscheidungsmerkmal zwischen britischem und deutschem Buchmarkt besteht nämlich in den rechtlichen Gegebenheiten. Die Buchpreisbindung, das so genannte Net Book Agreement (NBA), wurde im Vereinigten Königreich bereits faktisch 1995 außer Kraft gesetzt. Die darauf folgenden Jahre waren von der Anpassung der Marktstruktur an die veränderten Voraussetzungen gekennzeichnet. Die bisherigen und künftigen Entwicklungen bergen Indizien für die Folgen, die die Aufhebung der Buchpreisbindung in Deutschland mit sich bringen würde. In diesem Abschnitt soll jedoch nicht herausgefunden werden, welche der Konzentrationsursachen und -wirkungen auf gewachsene, strukturelle Unterschiede zwischen den Märkten zurückzuführen sind. Außerdem soll und kann nicht quantifiziert werden, in welchem Umfang die Entwicklungen auf Deutschland übertragen werden können. Die Vorgehensweise ist aus den bisherigen Arbeitsschritten entlehnt. Sie baut zudem auf die Ergebnisse des vorangehenden Kapitels auf. Der Vergleich setzt an den 900 Dabei liegt der Fokus hauptsächlich auf dem Bereich Großbritanniens. 901 Einen rudimentären, aber aktuellen Überblick zur britischen Marktstruktur bietet Gibson 2007, S. 14–22. 902 Gemessen an der jährlichen Titelproduktion; vgl. Office of Fair Trading 2008, S. 76. 903 Die nachfolgenden Ausführungen basieren, sofern nicht anders angegeben, auf einer Zusammenschau aus Datamonitor 2007; Heanage 2007; Kidd 2007; Kidd 2006.
2 Exkurs: Vergleich mit dem britischen Buchmarkt
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Erkenntnissen zur allgemeinen wie internen Branchenstruktur und deren Entwicklung an (2.1). In einem zweiten Schritt (2.2) werden die Ursachen und Auswirkungen des Konzentrationsprozesses, die für den deutschen Bucheinzelhandel in Kapitel III analysiert wurden, mit dem britischen Markt abgeglichen. In welchen Punkten lassen sich Ähnlichkeiten ausmachen? Nachdem diese Frage beantwortet wurde, möchte ich auf Konzentrationsstand und -entwicklung im britischen Buchhandel eingehen (2.3). Abschließend werden die daraufhin erforderlichen Strategien für Buchhandelsunternehmen berücksichtigt (2.4). Wie aber kam es zur Abschaffung der langjährigen, seit dem Jahr 1900 existierenden Buchpreisbindung? Bereits zu Beginn der 1960er Jahre stand das NBA in der Diskussion. Allerdings wurde die Klage der NBA-Gegner letztlich vom Restrictive Practices Court abgewiesen. 1994 jedoch beschloss der Direktor des Office of Fair Trading, der britischen Wettbewerbsbehörde, die freiwillige Branchenvereinbarung erneut zu prüfen. Kurze Zeit später wurde die Regelung auch von Branchenmitgliedern in Frage gestellt bzw. unterlaufen, da sich einige bedeutende Verlagsunternehmen, darunter Harper Collins und Random House, davon distanzierten. Zunächst hielten sich die (großen) Bucheinzelhändler zurück, den Endkunden Preisnachlässe auf die Titel dieser Verlage zu gewähren, also vom empfohlenen Endkundenpreis abzuweichen. Nach dem endgültigen Austritt einiger Verlage aus dem NBA im Oktober 1995 aber nahm man auch davon Abstand. Folglich war es für die Verleger- und Buchhändlerverbände (Publishers Association und Booksellers Association) nicht mehr gerechtfertigt, die sich von innen heraus auflösende Branchenübereinkunft im anhängigen Kartellrechtsverfahren zu verteidigen. Im März 1997 fiel das endgültige Urteil des Restrictive Practices Court, das das NBA für illegal erklärte.904 2.1 Strukturveränderungen im Vereinigten Königreich Seit Ende der 1990er Jahre hat sich die Struktur des britischen Buchmarkts insgesamt, sowohl auf Händler- wie auch Verlegerseite, stark verändert. Allerdings zeichneten sich einige Entwicklungen noch unter der Buchpreisbindung bzw. bereits kurz nach deren Aufhebung ab. So wird es im Allgemeinen als schwierig empfunden, Ursachen und Wirkungen klar zu differenzieren. Viele Veränderungen im Markt lassen sich eben nicht eindeutig auf die Abschaffung der Preisbindung zurückführen. Dennoch ist ein Blick auf Struktur und Charakteristika dieses Markts vor dem Hintergrund obiger Ausgangsthesen lohnend. 904 Vgl. The Booksellers Association [Februar 2009 / 25.03.2010]; Rettinger 2008, S. 23f.
362
V Ergebnisse der Konzentrationsanalysen
Im Vereinigten Königreich gibt es über 6.000 Buchverkaufsstellen. Davon sind über 4.000 Mitglied der Booksellers Association (BA). Davon werden gut 1.200 als Independents oder Indies bezeichnet und sind damit unabhängige Buchhandlungen.905 Wesentlich für den britischen Buchhandel ist seit Ende der 1990er Jahre der fundamentale Wandel von der Zersplitterung hin zur Konsolidierung und Diversifikation. Dabei verschieben sich die Marktanteile der einzelnen Vertriebswege in bemerkenswertem Ausmaß; besonders auch innerhalb des Buchfachhandels (Ketten und Einzelunternehmen bzw. Standorthandel). Beispielsweise ist der Marktanteil der Buchhandelsketten angestiegen. Allein in den Jahren 2001 bis 2005 konnten sie um 18 % Marktanteil zulegen (s. Tabelle 29) und überschritten damit die 40 %-Marke. Ab 2006 rangiert jedoch der Marktanteil darunter mit leicht fallender Tendenz. 2008 vereinten die Filialisten einen Marktanteil gemessen am Umsatzwert von gut 36 % auf sich. Der volumenmäßige Marktanteil lag leicht darunter, bei 34 %. Die unabhängigen Buchhandlungen hingegen stellen nur gut 10 % des wertmäßigen Buchhandelsumsatzes bzw. 8,9 % des Volumens. Über den gleichen Zeitraum wie o.g. haben sie 16 % Marktanteil verloren. Vertriebsweg
Veränderung 2001 bis 2005 in %
Buchhandelsketten
+18
Gebrauchtbuchhandel
-14
Unabhängige Buchhandlungen
-16
Supermärkte
+90
Sonstiger Einzelhandel
-12
Direct Mail Internetbuchhandel
-25 +183
Tabelle 29: Marktanteilsveränderungen der Vertriebswege im Vereinigten Königreich 2001 bis 2005.
Den aktuellen Markt dominieren folglich die stark angewachsenen Buchketten. Der Erlebnisbuchhandel hat sich mit großen und attraktiven Ladengeschäften etabliert: Es werden sowohl ein sehr breites und tiefes Sortiment als auch Erlebniselemente wie Kaffeebars oder Leseecken angeboten. Außerdem haben die Filialisten ihre Präsenz in die Lagen außerhalb der Innenstädte ausgedehnt. Sie sind beispielsweise verstärkt in Shopping-Centern angesiedelt. Darüber hinaus zeigt sich das Gewicht dieser Marktteilnehmer in Form gestiegener Verhandlungsmacht gegenüber den vorgelagerten Stufen. Potenziert wird das insbesondere, wenn es einen Zentraleinkauf gibt.906 905 Vgl. The Booksellers Association [14.09.2010]; Richardson 2007, S. 16. 906 Vgl. Richardson 2007, S. 136.
2 Exkurs: Vergleich mit dem britischen Buchmarkt
363
Der umsatzmäßige Marktführer unter den Buchketten ist Waterstone’s. Das Unternehmen gehört seit 1998 zur HMV Gruppe, einem britischen Medienkonzern. In den 314 Filialen werden insgesamt etwa 170.000 qm Verkaufsfläche bespielt. Der Umsatz lag zuletzt, d. h. im Geschäftsjahr 2009/10 (Mai bis April), bei 513 Millionen Pfund (625 Millionen Euro). Der Marktanteil von Waterstone’s am Bucheinzelhandel wurde 2007 (letzte zugänglich Angabe) mit etwa einem Fünftel angegeben. Erst 2006 übernahm Waterstone‘s den bis dahin drittgrößten Buchhändler Ottakar‘s. Die zweite Größe stellt der Medienhändler WH Smith dar. Seine Wurzeln liegen im Bahnhofsbuchhandel. Die insgesamt 1.045 Filialen (2009) verteilen sich auf 565 in Innenstadtlagen (so genannte High Street Stores) und 490 in Bahnhöfen, Flughäfen, Raststätten usw. (WHS Travel). Der Jahresumsatz lag über alle Medien und Warengruppen zuletzt bei 1,637 Milliarden Euro. Betrachtet man nur den Buchumsatz, so ist WH Smith der zweite Marktführer. Der Marktanteil der gleichzeitig ältesten britischen Kette beläuft sich auf 13 % (2007). Daneben ist das familiengeführte Unternehmen Blackwell zu nennen. Das ist ein bedeutender Universitätsbuchhändler mit über 50 Filialen. Im Jahr 2006 (letzte Angabe) beliefen sich der Umsatz auf 83,3 Millionen Pfund und der Marktanteil auf 2,3 %. Nachfolgen ist noch die regionale Kette British Bookshops & Stationers erwähnenswert. Sie ist mit 42 Filialen v. a. in Südengland verbreitet. 2009 wurden 25 Millionen Pfund (38 Millionen Euro) Jahresumsatz erzielt. Mit 1,2 % Marktanteil (2006) liegt sie auf Platz vier.907 Der Mittelstand besteht aus den kleinen, unabhängigen Buchhandlungen und den regionalen Buchhandelsketten mit wenigen Filialen. Er ist durch den fundamentalen Wandel von der zersplitterten Branche zu einer konsolidierten in den letzten Jahren stark eingeschmolzen. Der Niedergang der kleinen, unabhängigen Buchhandlungen im Vereinigten Königreich ist weiter fortgeschritten als in Deutschland. Sie ziehen sich in der geographischen Perspektive immer mehr in kleine Städte und Gemeinden oder in Vororte zurück. Ein Teil findet seinen Platz auch in der qualitativen Lücke: durch Spezialisierung z. B. auf den Gebrauchtbuchhandel (so genannte Bargain Bookshops). Als Nachteile der Unabhängigen werden häufig die mangelnde preisliche Wettbewerbsfähigkeit, die kleinere Auswahl und Standorte in weniger frequentierten Lagen genannt.908 Im Vergleich zu den konkurrierenden Vertriebskanälen sind sie bei der Beschaffung und im Preiswettbewerb in einer schlechteren Position: „(…) some indepen-
907 Vgl. Sieg 2010b, S. 72; The Booksellers Association [April 2010 / 04.09.2010 b]; Websites der genannten Unternehmen; Buchreport online [31.03.2010/06.09.2010] 908 Vgl. Richardson 2007, S. 138.
364
V Ergebnisse der Konzentrationsanalysen
dents have claimed it ist more profitable for them to buy stock from the supermarkets and resell at a higher price than to buy from the publishers or book wholesalers.“909 Der Marktanteil der spezialisierten Einzelhändler insgesamt wird darüber hinaus weiter zurückgehen. Dagegen werden Nebenmärkte und das Internet als Vertriebsweg hinzugewinnen. Das schließt auch die Buchhandelsketten mit ein, die derzeit noch sehr erfolgreich sind. Es wird prognostiziert und zeigt sich ansatzweise schon, dass die Buchfachhändler unter Druck geraten. Allein von 2005 auf 2006 büßte der Buchfachhandel 2,6 % an Marktanteil ein. Noch deutlicher wird das anhand des gut 15 %-igen Rückgangs seit 1996. Für die Jahre 2006 bis 2011 werden Rückgänge um insgesamt 8,7 % prognostiziert.910 Künftig muss gar mit dem Niedergang der Großflächen und Kettenbuchhandlungen gerechnet werden. Darauf deuten die Ergebnisse einer Untersuchung des Office of Fair Trading hin. Demnach haben die stationären Buchhändler in den letzten Jahren, genauer seit 1997, signifikante Produktivitätseinbußen hinnehmen müssen.911 Es sei darauf hingewiesen, dass hier sowohl die nominale als auch die Arbeitsproduktivität gemessen wurde. Begonnen hat das jedoch schon Jahre vor der Abschaffung der Preisbindung. Das sieht man an einer Phase stagnierender bis sinkender Produktivitätszahlen in den Jahren 1990 bis 1993. Mitte der 1990er Jahre folgte dann ein kurzer Anstieg, jedoch zeigt sich für die Zeit ab 1997 ein signifikanter Produktivitätsrückgang der stationären Buchhandelsunternehmen. Begründet wird er sowohl mit mangelnder Konsolidierung beim Eintritt in den Preiswettbewerb als auch mit den rückläufigen Absatzzahlen. Letztere sind seit 2000 nominal konstant geblieben, jedoch real gesunken. Beeinflusst wird die Entwicklung von Markteintritten branchenfremder Unternehmen. Darauf soll unten (Teil 2.3) näher eingegangen werden. Im zitierten Bericht wird auch ein Vergleich zu Deutschland vorgenommen:912 Im Ergebnis steht das Vereinigte Königreich schlechter da. Die berechneten Werte der (realen) Arbeitsproduktivität für den deutschen Bucheinzelhandel liegen über den britischen Werten. Außerdem sind sie über lange Zeit hinweg nahezu konstant geblieben, in den letzten Jahren seit 2004 wohl gar angestiegen.913 Dass der britische Markt schwierig ist, zeigt auch der Rückzug der US-amerikanischen Borders-Kette. Sie hatte in England 2007 noch 8 % Marktanteil und bildete zusammen mit Blackwell das Verfolgerfeld der Marktführer. Das Unternehmen hatte 909 910 911 912 913
Ebd. Vgl. Datamonitor 2007, S. 5f. Vgl. Office of Fair Trading 2008, S. 56–63. Siehe Abb. 26. Vgl. ebd., S. 77–82. Vgl. Office of Fair Trading 2008.
2 Exkurs: Vergleich mit dem britischen Buchmarkt
365
sich nach dem Fall des NBA 1998 für ein Engagement im Vereinigten Königreich entschieden und die Kette Books etc. aufgekauft. Bis 2005 war das sehr erfolgreich. Nach nicht einmal einer Dekade zeigten sich deutliche wirtschaftliche Schwierigkeiten, die den amerikanischen Mutterkonzern zum Rückzug veranlassten. Die Dependancen im Vereinigten Königreich wurden im Juli 2009 zunächst an einen Investor verkauft, da sich das Mutterunternehmen auf sein Kerngeschäft in den USA konzentrieren wollte. Im September meldete Borders UK dann die Trennung von den kleineren Filialen, die noch unter Books etc. firmierten. Zwei Monate später aber musste das gesamte Unternehmen (zuletzt 65 Filialen) Insolvenz anmelden und wurde zum Ende des Jahres 2009 abgewickelt. Als Gründe wurden sowohl der harte Preiswettbewerb, v. a. auch mit anderen Vertriebskanälen, als auch die in England im Vergleich zu den USA viel höheren Personal- und Immobilienkosten genannt. 914 Die aktuelle Struktur des britischen Markts und deren Entwicklung in den letzten Jahren weist folglich auf einen ebenso reifen Markt hin, wie wir ihn in Deutschland finden. Allerdings ist die Branche in der Lebenszyklusphase der Marktbereinigung weiter fortgeschritten. Belege dafür sind der deutlichere Niedergang des traditionellen Standorthandels und die Vormachtstellung der national agierenden Ketten. In der Zusammenschau mit den anderen populären Vertriebskanälen (s. u.) scheint der Markt darüber hinaus unter wenigen Unternehmen mit hohen Marktanteilen aufgeteilt. 2.2 Ähnliche Konzentrationsursachen und -auswirkungen Ähnlichkeiten zur Entwicklung und Situation in Deutschland bestehen auch bei den Ursachen und Auswirkungen der Konzentration. Als exogene Ursachen treten insbesondere die freie Preisbildung und das Verbraucherverhalten auf. Die Möglichkeit, Nachlässe auf den empfohlenen Ladenpreis zu geben, führt zu einem intensiven Preiswettbewerb. Dabei sind Unternehmen im Vorteil, die große Mengen bei den Herstellern und Großhändlern abnehmen und ein großes Sortiment anbieten. Hohe Nachlässe und somit geringe Margen bei wenigen, stark nachgefragten Titeln, werden ausgeglichen, indem bei größeren Sortimentsteilen keine Rabatte gewährt und die Margen vergrößert werden. Verstärkt wird dies durch das Verhalten der Buchkäufer, die im Vereinigten Königreich zunehmend als ‚Schnäppchenjäger‘ gelten. Das zeigen verschiedene Erhebungen unter Lesern und Käufern. Rabatte sind wichtige Kaufauslöser.915 Insbesondere
914 Vgl. Börsenblatt.net [29.09.2009 / 27.03.2010]; Ehling 2009; MacLeod 2007. 915 Vgl. The Booksellers Association [Mai 2010 / 04.09.2010].
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V Ergebnisse der Konzentrationsanalysen
absolute Preisnachlässe werden prozentualen vorgezogen.916 Dies wird v.a. daran deutlich, dass nicht-rabattierte Titel teils als überteuert wahrgenommen werden.917 Als endogene Konzentrationsursachen für den deutschen Markt haben sich strukturelle und profilmäßige Unterschiede herausgestellt. Ebenso ist die Kapital- und Finanzsituation sowie die Absatzpolitik der Hersteller zu nennen. Durch hohe Händlerrabatte für Großunternehmen entstehen Anreize zum weiteren Wachstum auf Kosten der kleinen und mittleren Unternehmen. Für den Vergleichsmarkt scheint insbesondere der zuletzt genannte Aspekt zuzutreffen, waren es doch die herstellenden Buchhändler, die zuerst aus dem NBA ausgeschert sind. Die Angaben der durchschnittlichen Handelsrabatte stützen die Vermutung. Die Nachlässe für Independents liegen im Vergleich am niedrigsten, bei 35 bis 40 % auf den empfohlenen Ladenpreis.918 Ketten erzielen 42 bis 49 % Rabatt. Die nicht-spezialisierten Großhändler liegen bei 50 bis 55 %. Bieten sie noch zusätzliche Dienstleistungen an, z. B. Rackjobbing, dann erhalten sie 60 bis 65 % Nachlass. Es ist aber anhand dieser absoluten Angaben nicht möglich, zu differenzieren, ob und in welchem Umfang die Unterschiede mit dem Fall des NBA zusammenhängen.919 Außerdem ist die Kapitalsituation eine Triebfeder der Konzentrationsentwicklung. Zum einen handeln die Independents häufig wenig oder nicht ökonomisch-rational bzw. ineffizient. Unter der Preisbindung wurde ihnen die Schutzfunktion zuteil. Zum anderen stellen die Kosten für Personal und Räumlichkeiten einen Engpassfaktor dar. In Großbritannien sind die Mieten für Ladenlokale v. a. in guten, d. h. hochfrequentierten, innerstädtischen Lagen sehr hoch bzw. in den letzten Jahren stark angestiegen.920 Vergleicht man die für Deutschland bedeutendsten Auswirkungen der Konzentration mit denen im Vereinigten Königreich, so treten auch dort die Rivalität unter den Wettbewerbern und die Versorgungslage der Verbraucher in den Vordergrund. „The new book superstores; the arrival of the Internet and next day delivery from wholesalers; widespread use of EPoS/e-commerce and print on demand (POD) have all extended stock range enormously.“921 Die große Anzahl konkurrierender Wettbewerber hat die Rivalität über verschiedene Wettbewerbskanäle stark erhöht. Zudem besteht innerhalb der einzelnen Kanäle und innerhalb der strategischen Gruppen eine starke 916 Vgl. The Booksellers Association [Mai 2005 / 27.03.2010]. 917 Vgl. BML 2005, S. 6. 918 Nebenbei sei bemerkt, dass im Vereinigten Königreich auf Bücher keine Mehrwertsteuer zu entrichten ist; folglich ist Brutto- gleich Nettoladenpreis. 919 Vgl. Richardson 2007, S. 140f. 920 Vgl. ebd., S. 16; MacLeod 2007. 921 The Booksellers Association [Februar 2009 / 25.03.2010]. ‚EPoS‘ steht für ‚Electronic Point of Sale‘.
2 Exkurs: Vergleich mit dem britischen Buchmarkt
367
Konkurrenzsituation. Sie ist besonders ausgeprägt unter den Buchketten, die in den letzten Jahren stark expandiert haben. Dabei sind sowohl mehr Filialen als auch mehr Buchhandelsfläche, d. h. Verkaufsfläche, entstanden.922 Obwohl die Verkaufsfläche im stationären Bucheinzelhandel angewachsen ist und die Verkaufsstätten attraktiver geworden sind, wirken die strukturellen Veränderungen teils negativ auf die Versorgungslage der Verbraucher. Auch das stimmt mit den Entwicklungen überein, die sich in Deutschland abzeichnen. Trotz der geringen Größe des Lands und der guten Erreichbarkeit der größeren Städte, zeigen sich im Vereinigten Königreich Unterschiede zwischen städtischen und ländlichen Lagen. In den Großstädten und deren Vororten sind die Buchhandelsketten mit ihren Superstores und Centerfilialen präsent. Währenddessen wird die Bevölkerung in der Provinz von kleineren Standorthändlern versorgt. Durch das kleinere Sortiment und die höheren Preise ist die Landbevölkerung stationär schlechter versorgt. Außerdem differiert die Versorgungsgüte zwischen nördlich und südlich gelegenen Orten. Dies ist in Deutschland wohl grundsätzlich mit den rückläufigen, aber noch anhaltenden Unterschieden zwischen alten und neuen Bundesländern zu vergleichen. Beide Situationen lassen sich mangels Daten hier nicht quantitativ darstellen und abwägen. Im britischen Süden ist die Dichte der stationären Buchhandlungen höher. Auch kleinere Städte sind gut versorgt. Ihre Bewohner haben Zugang zu verschiedenen Buchhandlungen, zumindest in nahe gelegenen Städten. Allein aufgrund der Verfügbarkeit wird im Süden eher im traditionellen, stationären Buchhandel gekauft. Im Norden hingegen sind insbesondere kleinere Städte schlechter versorgt und es zeichnen sich Ausweichbewegungen auf andere, nicht-traditionelle Vertriebskanäle ab – beispielsweise Supermärkte. Es ist eine Abhängigkeit zwischen Verfügbarkeit von Verkaufsstellenarten und Präferenz für einzelne Betriebsformen zu konstatieren. Die entsprechende Nord-Süd-Differenz bei den Kauforten steht wiederum in engem Kausalzusammenhang mit den Anforderungen an eine Verkaufsstätte. In einer empirischen Studie zum Buchkaufverhalten ließ sich erwartungsgemäß eine Wechselwirkung mit den Einflussfaktoren bei der Verkaufsstättenwahl bestätigen. Abschließend sei noch folgendes erwähnt: Der süd-britische Buchkäufer wählt die Verkaufsstätte in Abhängigkeit von der Planung des Kaufs. Kurzum: In Supermärkten werden Impulskäufe getätigt, in Fachgeschäften oder Fachmärkten hingegen geplante Anschaffungen.923
922 Vgl. ebd. 923 Vgl. The Booksellers Association [Mai 2005 / 27.03.2010].
368
V Ergebnisse der Konzentrationsanalysen
2.3 Verlagerung auf Nebenmärkte und Online-Buchhandel Die weitere Konzentrationsentwicklung im stationären Bucheinzelhandel ist auch auf den britischen Inseln v. a. von der qualitativen Nachfrageentwicklung abhängig, d. h. von der Konsumentenentscheidung für einen Vertriebskanal. Wird die Nachfrage nach dem einen Vertriebsweg immer geringer, sinkt dessen Marktanteil, d. h. die Konsumentenentscheidungen fallen immer öfter zu Gunsten eines anderen Vertriebswegs aus. Dadurch verschärft sich bei ohnehin geringen Wachstumsraten der Konkurrenzkampf und wirkt konzentrationsfördernd, wie oben für Deutschland gezeigt wurde. Doch der auch für das Vereinigte Königreich bereits angeführte Konzentrationsfortschritt im Endkundenhandel repräsentiert nur einen Teil des Strukturwandels. Auch im Verlagsbuchhandel hat die Konzernbildung ihren Niederschlag in hohen Marktanteilen der führenden Verlagsgruppen gefunden. Die drei größten Konzerne hielten 2009 zusammen mehr als 40 % Marktanteil am Einzelhandelsumsatz.924 Dagegen entfielen auf den Großteil der ca. 2.510 umsatzsteuerpflichtigen Verlage925 nur knapp 40 % der Umsätze im Endkundenhandel. Die bemerkenswerteste Entwicklung besteht jedoch darin, dass sich Verbrauchermarktketten und der Online-Buchhandel als bedeutende Vertriebskanäle etabliert haben. Ihr Marktanteil hat binnen der letzten 10 Jahre enorm zugelegt: allein von 2001 bis 2005 bei den Supermärkten um 90 % und beim Onlinehandel gar um 183 %. Der Druck auf den klassischen Bucheinzelhandel entsteht somit auf zwei Seiten durch konkurrierende Wettbewerbskanäle. Der Internetbuchhandel stellt sich dabei als Hauptkonkurrent des stationären Handels heraus. Bei britischen Lesern liegen stationäre Buchhandlungen und der Internethandel als Bezugsquellen für (gekaufte) Bücher gleichauf.926 Davon sind sowohl die unabhängigen Buchhandlungen als auch die Buchhandelsketten betroffen (s. Tabelle 30). In den Jahren 2004 bis 2009 hat der Online-Vertrieb um über acht Prozentpunkte beim Marktanteil zugelegt. Im gleichen Zeitraum stagnierte der Marktanteil der Independents bei knapp 11 %. Die Verbreitung der Filialisten ist sogar leicht zurückgegangen – um 3,5 Prozentpunkte. Die zunehmende Beliebtheit des Internethandels wird noch deutlicher, wenn man berücksichtigt, wo die britischen Buchkäufer nach den Büchern suchen, die sie kaufen möchten. 2008 präferierten noch 34 % der Befragten die Filialen von Buchhandelsketten. 2010 meinten das nur noch 25 %. Auch die Beliebtheit von Sortimentsbuchhandlungen ist in ähnlichem Maße zurückgegangen: 2008 waren es 924 Vgl. The Booksellers Association [Januar 2010 / 04.09.2010]. 925 Vgl. The Publishers Association [10.05.2010/13.09.2010], S. 4. 926 Vgl. The Booksellers Association [April 2010 / 05.09.2010].
2 Exkurs: Vergleich mit dem britischen Buchmarkt
369
26 %, 2010 nur noch 17 %. Im Gegensatz dazu hat sich der Wert für die Internetanbieter mehr als verdoppelt, indem er von 17 % auf 38 % angewachsen ist.927 Welche Gründe für den jeweiligen Bezugsweg sprechen, wurde 2007 in einer Befragung von 1.500 Vielkäufern unter den britischen Buchhandelskunden erhoben (s. Tabelle 31). Dabei zeigte sich u. a., dass beim Kauf in stationären Buchhandlungen das Einkaufserlebnis bzw. der Besuch im Ladengeschäft vordergründiges Motiv ist. Außerdem werden die unmittelbare Verfügbarkeit des Sortiments und die Anregungen in der Auslage und in den Schaufenstern besonders wertgeschätzt. Für den Internetkauf hingegen spricht die Bequemlichkeit, die beinahe den gleichen Wert annimmt wie die Unmittelbarkeit beim stationären Kauf. Außerdem schätzen viele die Suchmöglichkeiten in den OnlineShops als besser ein. Vor allem aber spricht die Erwartung günstigerer Preise für den Internetbuchhandel. Vertriebsweg
2004
2005
2006
2007
2008
2009
Buchhandelsketten
43,4 %
41,9 %
39,6 %
39,7 %
36,1 %
39,9 %
Unabhängige Buchhandlungen
10,6 %
10,1 %
10,2 %
9,7 %
10,3 %
10,8 %
2,8 %
2,9 %
3,5 %
3,7 %
3,4 %
3,7 % 10,0 %
Gebrauchtbuchhandel Supermärkte
5,3 %
7,5 %
8,0 %
9,6 %
9,6 %
Sonstige Verkaufsstellen
11,1 %
9,7 %
9,8 %
9,3 %
9,1 %
7,4 %
Direct Mail
18,2 %
16,3 %
15,6 %
15,0 %
12,6 %
11,1 %
8,8 %
11,5 %
13,2 %
16,0 %
16,0 %
17,1 %
Internetbuchhandel
Tabelle 30: Wertmäßiger Marktanteil der Vertriebswege im Vereinigten Königreich 2004 bis 2009.
Gründe für den Buchkauf
Stationärer Buchhandel
Internetbuchhandel
87 %
37 %
Genuss des Aufenthalts Unmittelbarkeit vs. Convenience
52 %
50 %
Schaufenster vs. E-Mail
40 %
20 %
Einfaches Auffinden von Büchern
19 %
39 %
Bessere Informationen / Beratung
18 %
12 %
Günstiger
7 %
77 %
Beliebter
9 %
51 %
Tabelle 31: Gegenüberstellung von stationärem und Internet-Buchkauf bei britischen Vielkäufern von Büchern.
927 Vgl. The Booksellers Association [Mai 2010 / 04.09.2010].
370
V Ergebnisse der Konzentrationsanalysen
Besonders bemerkenswert erscheinen die Marktanteile der Online-Buchshops.928 Amazon UK dominiert mit deutlichem Vorsprung und insgesamt einem Marktanteil (nur Online-Vertriebsweg) von 76,06 %. Übrigens stellt Amazon UK den bedeutendsten britischen Einzelhändler insgesamt dar. Direkt dahinter rangiert aber mit 9,23 % das amerikanische Schwesterunternehmen, Amazon US (amazon.com). Hier zeigt sich beispielhaft die enge Verbindung zum US-amerikanischen Buchmarkt, die den sprachräumlichen Abhängigkeiten zugeschrieben wird. Erst auf Platz fünf des HitwiseRankings folgt mit Waterstone’s ein Online-Shop eines originär stationären Anbieters. Der Marktanteil liegt hier schon bei weniger als einem Prozent. Betrachtet man sich aber die Marktanteile für den Bereich Online-Shop exklusive Amazon, dann gehen die ersten beiden Plätze an die Marktführer im stationären Buchfachhandel, an WH Smith (7,78 %) und Waterstone’s (6,18 %). Mittlerweile fast gleichauf mit den Independents zeigen sich in der Marktanteilsstatistik (s. o.) die Supermärkte, genauer: die Supermarktketten. Beide Vertriebswege kommen auf rund ein Zehntel des wertmäßigen Marktvolumens. Die jüngsten Angaben gehen sogar von einem noch größeren Gewicht aus: Im ersten Halbjahr 2009, so Nielsen BookScan, kommen die drei größten Anbieter auf 19,5 %, berechnet auf den Verkauf von allgemeiner Literatur nach Stückzahlen. 2004 betrug der entsprechende Wert nur gut ein Drittel davon. Doch wer und was steht hinter dieser Entwicklung? Das Segment dominieren drei führende Supermarktketten: Tesco, Asda und Sainsbury’s. Mit einer preisorientierten Sortimentspolitik konnten Marktanteile von beinahe einem Zehntel erreicht werden. Auf Tesco entfallen knapp die Hälfte des Segments, nämlich 9,2 %. Dicht dahinter folgt Asda mit 7,6 %. Etwas Abstand dazu hält mit 2,7 % Sainsbury’s. Das Konzept für die Warengruppe Buch orientiert sich bei allen dreien an wenigen Parametern. Es wird meist nur ein enges Sortiment mit mehreren hundert Titeln angeboten, das sich aus gut verkäuflichen Publikationen zusammensetzt. Die entstammen meist den Bereichen Bestseller, Taschenbuch, Frauenromane, Biografien, Kriminalromane, Kinder- und Jungendliteratur sowie Koch- und Küchenbüchern. Damit lässt sich ein hoher Warenumschlag erzielen. Wie bereits erwähnt spielt daneben die Preispolitik eine große Rolle. Der britische Leser lässt sich bei seinen Kaufentscheidungen nämlich überwiegend von preisgünstigen Angeboten leiten, so die Studie Reading in the Future: Mit großem Abstand präferiert man nominale Preisreduktionen (55 % Zustimmung) oder Produktbündel (z. B. drei Bände zum Preis von zwei; 43 % Zustimmung). Eine breite Auswahl von qualitativ 928 Vgl. The Booksellers Association [September 2010 / 04.09.2010].
2 Exkurs: Vergleich mit dem britischen Buchmarkt
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hochwertigen Titeln findet nur bei 22 % der Befragten Leser Zustimmung.929 Da das Buchangebot in Supermärkten für 50 bis 60 % des empfohlenen Ladenpreises zu haben ist, ist dieser Vertriebsweg in einer günstigen Wettbewerbsposition. Für die hohen Preisnachlässe dürfte das Zusammenspiel verschiedener Faktoren verantwortlich sein: die hohen Margen bei der Beschaffung, bedingt z. B. durch die große Abnahmemenge und die breite Marktpräsenz, sowie die Mischkalkulation aufgrund vielfältiger Warengruppen neben Büchern.930 Auslöser dieser Verschiebung unter den Vertriebskanälen jenseits des stationären Buchfachhandels ist vermutlich die Aufhebung der Buchpreisbindung Ende der 1990er Jahre. Es steht zu vermuten, dass beide genannten Vertriebswege von dem daraus folgenden Preiswettbewerb profitiert haben. Sie erzielen sehr gute Konditionen auf dem Beschaffungsmarkt, die an die Endkunden weitergegeben werden. Dadurch sind sie zu hochattraktiven Einkaufsstätten für Bücher avanciert. Außerdem verstärkt das die Rivalität im Bucheinzelhandel zusätzlich zu dem intensiveren Wettbewerb unter den klassischen Anbietern und deren einzelnen Gruppen. Dadurch avanciert der Bucheinzelhandel im Vereinigten Königreich zu einem immer weniger attraktiven Sektor. Dazu trägt auch das geringe Branchenwachstum bei. In den Jahren 2007 bis 2009 sind beispielsweise die Buchhandelsumsätze (Inlands- und Exportumsätze zusammengenommen) kaum angestiegen und lagen bei ca. 3,05 Milliarden Pfund Sterling.931 Auch der gesamte Buchmarkt wuchs im Zeitraum von 2004 bis 2008 nur um durchschnittlich 3,5 % pro Jahr.932 Hinzu kommt ein ähnliches Bild bei den Konsumausgaben für Bücher. 2009 wurde mit 2,208 Milliarden Pfund Sterling sogar der Stand von 2004 (2,219 Milliarden Pfund Sterling) unterschritten.933 Zusammen mit der stärkeren Konkurrenz wird der britische Endkundenhandel mit Büchern zu einem risikoreichen Geschäftsbereich. Insbesondere sei hier auch auf das o. g. Nord-Süd-Gefälle verwiesen; im Norden des Lands werden häufiger Buchkäufe in Nebenmärkten getätigt. Dies ist in einem Mangel an Fachgeschäften und Fachmärkten begründet. Inwiefern diese beiden Konkurrenzkanäle weiter zulegen können, hängt sowohl in Deutschland als auch im Vereinigten Königreich stark vom Nachfragerverhalten ab. Die Präferenzen der Buchkäufer bei der Einkaufsstättenwahl werden ausschlaggebend sein. Werden Faktoren wie Einkaufserlebnis, Unmittelbarkeit und Beratung auch 929 930 931 932 933
Vgl. The Booksellers Association [Mai 2010 / 04.09.2010]. Vgl. Buchreport online [06.09.2010]; Buchreport online [13.05.2010/06.09.2010] Vgl. The Booksellers Association [April 2010 / 04.09.2010 a]. Vgl. Datamonitor 2009, S. 9. Vgl. The Booksellers Association [April 2010 / 04.09.2010 a].
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langfristig Vorzüge anderer Vertriebskanäle überwiegen: z. B. Preisgünstigkeit, Convenience und die erleichterte Suche beim Internetbuchhandel? Ähnliche Punkte sind auch als Leistungen der Supermärkte mit Buchangebot anzuführen: Preisgünstigkeit gepaart mit unmittelbarer Verfügbarkeit und Convenience. Dafür muss man das enge Boulevard-Sortiment in Kauf nehmen. Außerdem bleibt zu klären, in welchem Maße und in welchem Zeitraum der Vertrieb digitaler Inhalte und Produkte zunehmen wird. Nach dem markanten Aufschwung von E-Books und E-Readern im US-amerikanischen Markt seit 2008/2009934 ist zu vermuten, dass der britische Markt bald ähnliche Entwicklungen aufweisen wird. Traditionellerweise folgt er dem amerikanischen in seinen Entwicklungen häufig nach, vermutlich bedingt durch den zusammenhängenden Sprachraum. Darauf soll an dieser Stelle ebenso wenig eingegangen werden, wie auf die Übertragung dieses Trends auf den deutschen Markt, die sich wahrscheinlich anschließt. 2.4 Deutsche Zukunftsstrategien – britische Realität? Weitere Entsprechungen und Hinweise im britischen Bucheinzelhandel finden sich zu den Erkenntnissen in strategische Optionen. Das lässt sich anhand der Trends bei den Marktauftritten und der Verbraucheraussagen belegen. Zunächst müssen sich die deutlichen Unterschiede zwischen den Unternehmen und den Handelsformaten in den strategischen Ausrichtungen wiederfinden. Das impliziert die Notwendigkeit für unabhängige Sortimente, sich deutlich von den Filialisten abzugrenzen und sich konsumentenorientiert zu profilieren. Zudem wird den kleineren Anbietern unter den Verlagen und den Einzelhändlern zum kollaborativen Marketing geraten. Dadurch kann eine Win-Win-Situation angestrebt werden. Die Titel unabhängiger Verlage können tatsächlich im Endkundenhandel platziert werden. Das ist in der Geschäftsbeziehung mit großen Einzelhändlern ungleich schwieriger. Die unabhängigen Standorthändler wiederum können sich durch ein Sortiment abseits des Mainstreams klar und unter Umständen kulturorientiert differenzieren. In Deutschland steht aufgrund der Buchpreisbindung der Qualitätswettbewerb im Vordergrund. Dagegen ist für das Vereinigte Königreich die stärkere Betonung des Preiswettbewerbs charakteristisch. Aber auch dort wird bei stationären Buchkäufen Service und Ambiente erwartet. Heanage führt darüber hinaus einen Aspekt an, der sich auch in dieser Arbeit als bedeutend erwiesen hat. Er plädiert für eine unbedingte Kostenorientierung bei den 934 Vgl. International Digital Publishing Forum [04.09.2010].
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Buchhandelsunternehmen.935 Dies hat zur Folge, dass auch geringer werdende Margen insbesondere im Qualitätswettbewerb für Innovationen, Profilierung und Dienst am Kunden genutzt werden können. Möglichst niedrige Kosten sind im preisbindungsfreien Markt von noch größerer Bedeutung als in Märkten mit Preisbindung. Sie sind gar Voraussetzung, um möglichst hohe Rabatte für den Endkunden zu gewähren. Zudem scheint die Preissetzung bei Büchern ein Erfolgsfaktor bzw. eine Kundenbindungsfaktor im britischen Markt zu sein. Aus einer Studie zu Konsumentenreaktionen auf Buchpreise936 geht beispielsweise hervor, dass der Preis eines Titels insbesondere bei Buchkäufen für den Eigengebrauch stark kaufentscheidend ist. Bei Buchkäufen zu Geschenkzwecken oder für Kinder und Jugendliche hingegen fallen weitere Faktoren ins Gewicht. Insgesamt wurde die Rabattierung von Büchern als für den Konsumenten uneingeschränkt von Vorteil empfunden. Auch eine Studie zum künftigen Leseverhalten der Briten937 besagt, dass gerade Preisnachlässe auf Titel und Mengenrabatte (z. B. drei Titel zum Preis von zwei) als besonders konsumanregend empfunden werden. Erst danach rangiert ein umfangreiches Sortiment als Stimulus. In einem sich konsolidierenden Markt ist es darüber hinaus bedeutend, neue Geschäftsmodelle zu entwickeln. Auch das zeigt das britische Fallbeispiel. In diesen Kontext passt das oben entwickelte Convenience-Konzept ebenso wie die erwartete Auflösung der traditionellen Branchengrenzen. Der Trend zu immer mehr ‚out of town bookshops‘ in außerhalb, aber verkehrsgünstig gelegenen Handelszentren ist nur ein Indiz dafür. Außerdem nimmt die Beliebtheit von Buchangeboten in Supermärkten zu (s. o.). Der Buchkauf wird somit zum Nebenbei-Kauf. Dadurch kann dem Verbraucherwunsch nach Unmittelbarkeit und Bequemlichkeit gleichermaßen entsprochen werden. Hinzu kommt, dass die Buchpreise in Supermärkten ähnlich günstig sind wie im Online-Handel. Eben die günstigen Preise werden von den britischen Vielkäufern von Büchern als Vorteil des E-Commerce gesehen. Vorteilhaft kann weiter das eingeschränkte Buchsortiment der Supermärkte wirken, wenn es um die Vereinfachung der Kaufentscheidung geht. Eine klare Strukturierung und Vorauswahl durch den Anbieter erleichtern die Auswahl eines Titels, falls der Kaufinteressent keine konkreten Produktvorstellungen vorgefasst hatte. Andererseits kann sich das nachteilig auswirken: Zwar sind aktuelle Bestseller in den schnell drehenden Sortimenten der Supermärkte zu günstigen Preisen zu bekommen, jedoch fehlt das oft gewünschte breite Angebot. Auch hier ist zu erwarten, dass der Verbraucher je nach Bedarf, ob Shopping und Ein935 Vgl. Heanage 2007, S. 32. 936 Vgl. BML 2005, S. 6. 937 Vgl. The Booksellers Association [Mai 2010 / 04.09.2010].
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kaufserlebnis oder Versorgung, zwischen den Verkaufsstätten wählt. Dies wiederum wirkt negativ auf die Kundenbindung und spricht für einen hybriden Verbraucher bei der Einkaufsstättenwahl. Auch die in jüngerer Vergangenheit entstandenen Mehrkanalsysteme weisen sowohl Convenience- als auch Entgrenzungsaspekte auf. Bietet ein Handelsunternehmen dem Verbraucher auf verschiedenen Kommunikations- und Vertriebskanälen Kontaktmöglichkeiten an, werden Reibungsverluste durch Anbieterwechsel minimiert. Dafür muss sichergestellt werden, dass sich die Angebote in den verschiedenen Kanälen, i.d.R. stationäres Ladengeschäft und online-Shop, entsprechen und ähneln. Häufig jedoch findet man hybrides Käuferverhalten, auch im Vereinigten Königreich. Damit ist gemeint: Stationär kauft man Bücher beispielsweise im Superstore oder Bookshop, online jedoch bei Amazon oder Abebooks; bei letzterem unter Umständen nicht bei den Niederlassungen im Vereinigten Königreich, sondern bei der US-amerikanischen Gesellschaft wie aktuelle Marktanteile belegen (s. o.). Darüber hinaus zeigt sich zur Differenzierung notwendiges Profil z. B. durch Innovatität. Es sei an dieser Stelle nochmals auf die Möglichkeiten der Integration digitaler Publikationsformen in stationäre Konzepte hingewiesen; z. B. auf die Espresso Book Machine bei Blackwell oder den Verkauf der E-Book-Lesegeräte und das dazu passende Angebot an Downloadstationen. Dass Profilierung nicht nur den großen Unternehmen, also den Buchhandelsketten, vorbehalten sein muss, zeigen die jüngsten Entwicklungen bei den unabhängigen Buchhandlungen. Die Verlagerung des Verdrängungsdrucks auf die großen Ketten eröffnet scheinbar wieder Raum für individuelle Wettbewerbskonzepte engagierter Standorthändler. Independents selbst und auch die vorgelagerten Stufen zeigen u.a. bei der ‚Independent Booksellers Week‘ ehrgeizige Bemühungen.938 Strategiebausteine, die für den deutschen Markt erst künftig Relevanz erlangen, werden aktuell im britischen Markt schon vom Verbraucher verlangt. Beispielsweise spiegelt sich die deutliche Preisorientierung der Konsumenten in der Beliebtheit von Rabatten wieder. Diese Entwicklung konnte sich v. a. nach dem Fall des NBA auf die Buchhandelskunden niederschlagen. Zahlreiche Ergebnisse von Konsumentenbefragungen weisen darauf hin, dass tatsächliche und erwartete Preisnachlässe die Kaufentscheidung nachhaltig beeinflussen. Das gilt sowohl für die Entscheidung für einen bestimmten Titel als auch für einen Vertriebsweg bzw. eine Verkaufsstelle. Außerdem fließen Convenience-Aspekte in erfolgreiche Wettbewerbsstrategien britischer Buch938 Vgl. Sieg 2010a.
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händler ein. Die Buchkäufer beanspruchen beispielsweise für stationäre Anbieter, dass sie gut erreichbar sind und das Sortiment unmittelbar verfügbar ist. Ebenso wie sie diese Eigenschaften am Standorthandel schätzen, werden den Online-Shops die zeitliche und räumliche Unabhängigkeit, d.h. die ständige Zugriffsmöglichkeit, und das quasi unbegrenzte Sortiment zugeschrieben. Darüber hinaus sind mehrgleisiger Vertrieb und mehrgleisige Kommunikation wichtige Elemente von Wettbewerbsstrategien. Zum einen ermöglichen die Präsenz und die Erreichbarkeit auf verschiedenen Wegen die vielfältige und zeitgemäße Kommunikation mit den Kunden, die ein beträchtlicher Teil der Verbraucher nachfragt. Zum anderen stellt insbesondere Multi-Channel-Retailing ein Kern-Instrument des interformalen Wettbewerbs im Bucheinzelhandel dar. Die immense Bedeutung, die der Online-Buchhandel im Vereinigten Königreich erlangt hat (s. o.), rechtfertigt, dass insbesondere die stationären Marktführer der Verlagerung entgegenwirken möchten. Außerdem ist die Profilierung eines Buchhandelsunternehmens maßgeblich für die Akzeptanz bei den Buchkäufern. 2.5 Fazit Am Ende des Exkurses möchte ich die skizzierten Strukturen und Entwicklungen im britischen Bucheinzelhandel thesenartig zusammenfassen. Aus der Analyse lassen sich im Wesentlichen zwei Phasen pointieren. In der ersten Phase haben sich die Marktanteile der unabhängigen Buchhandlungen zu den Buchhandelsketten hin verlagert. Sie bieten den Verbrauchern nach wie vor eine große Sortimentsauswahl, deutlich höhere Rabatte als der Standorthandel sowie ein Einkaufserlebnis. Mit diesem ShoppingKonzept sind die britischen Ketten sehr erfolgreich gewesen, was ihnen nicht zuletzt Verhandlungsmacht im gesamten Branchengefüge eingebracht hat. In der sich nun anschließenden zweiten Phase aber findet eine neuerliche Verschiebung statt. Nun gehen die Marktanteile der Ketten an andere, dem Buchfachhandel ferne Vertriebswege verloren. Supermarktketten und reine Online-Händler ziehen die preissensiblen Buchkäufer durch noch höhere Rabatte an. Weiterhin bedienen sie die Bequemlichkeitswünsche der Verbraucher. Anhand der ausgewählten Beispiele konnte kurz skizziert werden, dass die Entwicklungen im Vereinigten Königreich in Grundzügen den in dieser Arbeit für Deutschland aufgezeigten ähneln bzw. vorangehen. Damit sind auch die Ergebnisse der Branchenstruktur- und Konzentrationsanalyse im Groben zu bestätigen (s. Tabelle 28). Ähnlichkeiten zeigen sich beispielsweise bei den Triebkräften der jeweiligen Branchenstruktur, da in beiden Märkten relativ wenige Markteintritte erfolgen. Gleichzeitig ist die brancheninterne Rivalität, die auch als Konzentrationswirkung sowohl für den deutschen
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als auch den britischen Markt angenommen wird, durchaus hoch. Für eine Analyse strategischer Gruppen im britischen Bucheinzelhandel ist ebenfalls mit einer dominierenden Gruppe von Buchkaufhäusern zu rechnen. Übereinstimmungen finden sich zudem bei den wichtigen Konzentrationsursachen. Das drängt sich z. B. mit Blick auf die Absatz- und Konditionspolitik des herstellenden Buchhandels auf. In beiden Ländern trägt die Begünstigung großer und verhandlungsmächtiger Abnehmer zum Konzentrationsfortschritt bei. Neben der eben genannten internen Rivalität als Auswirkung des fortgeschrittenen Konzentrationsstands stimmt die britische Situation mit der deutschen insofern überein, als auch auf der Insel die Versorgungslage der Verbraucher zunehmend standortmäßige Unterschiede aufweist. Neben Stadt-Land-Unterschieden zeigt sich ein deutliches Nord-Süd-Gefälle. Als letzte wesentliche Ähnlichkeit lässt sich die strategische Bedeutung von unikalen Wettbewerbsprofilen nennen. Gerade für unabhängige Standorthändler, also für kleine und mittelgroße Unternehmen, liegen Erfolgschancen im Qualitäts- und Profilierungswettbewerb. Allerdings zeichnen sich einige Aspekte im Vereinigten Königreichbereits stärker ab bzw. sind eingetreten, während man sie für den deutschen Markt erst erwartet. Das trifft beispielsweise auf den Status der Branchenentwicklung zu. Der britische Buchmarkt hat sich insgesamt bereits deutlich weiter aus der Fragmentierung heraus entwickelt. Der Anteil der Einzelunternehmen ist schon weiter zurückgegangen. Unter den Konzentrationsursachen lässt sich aus der Preisbindungsfreiheit und dem preissensiblen Verbraucherverhalten die Vorreiterrolle des britischen Buchmarkts ableiten. Daraus resultiert auch ein verstärkter, intra- wie interformaler Preiswettbewerb im Markt. Infolgedessen hat sich die Wettbewerbsfähigkeit bisheriger Buchhandelsformen verschlechtert. Neuere Anbietergruppen, die genannten, v.a. reinen Online-Händler sowie Nebenmarktakteuere, spielen derzeit ihr Verdrängungspotenzial aus. So zeigt sich im Vereinigten Königreich die Tendenz zur Auflösung bisheriger Branchengrenzen schon deutlich. Britische Fachhändler müssen also bereits preis- und kostenorientierte Strategien umsetzen. Daneben sind innovative Ansätze wie Convenience-Konzepte stark nachgefragt. Als hauptsächliche Erkenntnis dieses Exkurses bleibt festzuhalten: Der Buchpreisbindung kommt eine virulente Rolle für die Strukturen im Endkundenhandel zu. Sollte sie entfallen, würden viele Aspekte in verstärktem Maße auftreten. Ob diese Effekte allerdings quantitativ wie qualitativ im deutschen Markt genau so eintreten, wie das im britischen teilweise bereits der Fall ist, hängt vom Verbraucherverhalten ab.939 939 Auf die betreffenden Unterschiede zwischen Deutschland und Großbritannien einzugehen, bleibt am Ende dieser Arbeit Desiderat.
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Es lohnt sich offenbar, die Geschehnisse und Trends in einem Referenzmarkt wie dem britischen aufzuarbeiten und zu beobachten. Daraus können Rückschlüsse und Anregungen für die Entwicklungen hierzulande gezogen werden. Das gilt nicht nur für die Gesamtmarktbetrachtung des Buchhandels und des Bucheinzelhandels, sondern auch für die Mikroebene, d. h. für die Reaktionen und strategischen Anpassung der einzelnen Marktteilnehmer. Es bleibt schließlich auch ein Desiderat für Forschung und Praxis des Bucheinzelhandels, neben den theoretischen sowie branchenspezifischen Erkenntnissen (z. B. der Marktstruktur und Marktstrukturentwicklung sowie des Konzentrationsprozesses und dessen Implikationen) die interessante internationale Perspektive zu eröffnen.
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VI Abschließende und zusammenfassende Thesen In dieser Arbeit wurden Entwicklung und Stand der Branchenstrukturen sowie der Konzentrationsprozess erstmals eingehend für den deutschen Sortimentsbuchhandel analysiert. Ausgangspunkt und theoretische Basis waren verschiedene Analyse- und Erklärungsansätze der Wirtschaftswissenschaften. Diese allgemeinen Erkenntnisse wurden jeweils auf den Sortimentsbuchhandel als Untersuchungsgegenstand dieser Arbeit angewendet. Darüber hinaus war es das Ziel, die künftige Konzentrationsentwicklung und die Reaktions- und Einflussmöglichkeiten der Anbieter abzuleiten. Dabei standen stets die Filialunternehmen im Vordergrund. Die Studie hat gezeigt, dass auch die im Konzentrationsprozess unter den stationären Bucheinzelhändlern begünstigten Betriebsformen und Unternehmen künftig Herausforderungen gegenüberstehen, die starke Veränderungen mit sich bringen. Die Ergebnisse der einzelnen Untersuchungsschritte lassen sich anhand der eingangs formulierten Fragen und Thesen zusammenfassen. Antworten auf die Leitfragen und differenzierende Ausführungen zu den Thesen bilden das Resümee zu dieser Arbeit. 1. Wie und durch welche Triebkräfte entwickelt sich die Branchenstruktur im deutschen Bucheinzelhandel? – In der spezifischen Branchenstruktur, den Betriebsformen und der Strukturentwicklung sind die gegenwärtigen Konzentrationsvorgänge bereits angelegt.
Wichtige Triebkräfte für die Branchenattraktivität, die für engagierte und große Unternehmen durchaus hoch einzuschätzen ist, sind Markteintritte und die Rivalität innerhalb der Branche. Der Mangel an gewichtigen Markteintritten fördert die Anbieterkonzentration. Aus der Analyse der brancheninternen Struktur resultiert eine überarbeitete Klassifikation der stationären Buchhandelsformate. Unter Berücksichtigung von Kettenzugehörigkeit, Betriebsgröße und Kundenperspektive sind sieben strategische Gruppen zu unterscheiden: filialisierte Schmalspursortimente, Buchkaufhausfilialen, einzelne Buchfachmärkte, traditionelle Standortbuchhandlungen, kleine bis mittlere Filialen, lokale Spezialgeschäfte und Filialen von Fach- und Spezialbuchketten. Anhand der Eigenschaften dieser strategischen Gruppen und den Beziehungen unter ihnen sind Veränderungen der Angebotsformen zu vermuten. Das heißt, einige strategische Gruppen haben kaum Zukunft (lokale Spezialgeschäfte oder einzelne Buchfachmärkte), wieder andere tendieren zur Verschmelzung (z. B. traditionelle Standortbuchhandlungen mit kleinen bis mittleren Filialen). Vor allem aber stechen die Vorteile der filialisierten Buchhandelsunternehmen unterschiedlicher Spezialisierung deutlich hervor.
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Die dynamische Analyse der Buchhandelsstrukturen verweist auf eine reife Branche, deren Kennzeichen die Konzentration der Wettbewerber ist. In Folge der starken Expansionsbewegung durch die Filialunternehmen erfolgt nun gleichzeitig eine Marktbereinigung, die besonders diese Gruppe trifft. Für die Fortentwicklung der Branchenstruktur insgesamt sind, wie auch schon in der Vergangenheit, Wachstumsveränderungen und innovative Entwicklungen besonders ausschlaggebend. 2. Durch welche Ursachen ist der Konzentrationsprozess im deutschen Sortimentsbuchhandel bedingt und welche Auswirkungen zeigen sich? – Die eigentlichen Konzentrationsursachen sind nicht im internen oder externen Unternehmenswachstum zu suchen, sondern in den Anreizen dazu und zur Ungleichverteilung des Wachstums.
Die Gründe für die zunehmende Anbieterkonzentration liegen besonders außerhalb der Branche; in gesetzlichen Rahmenbedingungen, insbesondere im Buchpreisbindungsgesetz, und in den sozio-kulturellen Faktoren, beim Verbraucherverhalten. Endogene Ursachen sind hauptsächlich strukturelle und profilabhängige Differenzen. Diese Anreize begründen das ungleichmäßige Wachstum der Marktteilnehmer. Die folgende Konzentrationsentwicklung betrifft auch die vor- und nachgelagerten Marktteilnehmer, aber besonders den Sortimentsbuchhandel selbst. Der Wettbewerb nimmt in seiner Intensität aber nicht ab, sondern er intensiviert sich. Als Antrieb dessen erweist sich v. a. der Konkurrenzkampf unter den Großunternehmen. Im Rückgriff auf das Eingangszitat kann Konzentration für den Sortimentsbuchhandel nicht als Spiegelbild eines oligopolähnlichen Markts bestätigt werden. Damit wird das Ergebnis der Branchenstrukturanalyse von der hohen Bedeutung der Rivalität unter den Wettbewerbern bestätigt. 3. Wie ist der aktuelle Konzentrationsstand in der Branche zu beurteilen? – Die Konzentration in der Branche fällt in der Gesamtperspektive vergleichsweise moderat aus, während einzelne Segmente stärker betroffen sind.
Der im Sortimentsbuchhandel erreichte Konzentrationsstand ist vergleichbar mit anderen Einzelhandelsbranchen. Allerdings trifft das nur auf die Spitzengruppe der Unternehmen zu, während gerade die fortwährende Existenz mehrerer tausend unabhängiger Unternehmen charakteristisch für die Branche ist. Dennoch kann von einer gebremsten Konzentration folglich nicht mehr die Rede sein; eher von einem Aufholprozess. Als Gründe für die verspätete Konzentration dieser Handelsbranche konnten in der Marktanalyse die späte Nationalisierung und die damit einzelhandelstypisch verbundene Kettenbildung ausgemacht werden. In der Partialmarktbetrachtung ist auf Differenzen zwischen städtischen und Provinz-Standorten hinzuweisen. Letztere sind bedeutend weniger von den direkten Konzentrationswirkungen betroffen. Auch die
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Überlebensfähigkeit unabhängiger Sortimentsbuchhandlungen ist standortabhängig. In städtischen Lagen, v. a. in Großstädten und deren Innenstädten, treffen die Konzentration und der folgende Verdrängungsprozess den Mittelstand zu seinen Ungunsten. Dagegen bringt die Polarisierung eine vergleichsweise günstige Ausgangssituation für den Standorthandel außerhalb der Ballungsräume mit einer hohen Filialdichte. 4. Welche (Konzentrations-)Szenarien lassen sich aus der aktuellen Situation ableiten? – Die künftige Fortentwicklung der Konzentration hängt von den nachfrageseitigen Rahmenbedingungen ab.
Liberalisierung und Kulturorientierung stellen die Extrempunkte des Kontinuums der Branchenentwicklung dar. Parallel dazu ist die Durchsetzungskraft der Digitalisierung als weiterer Einflussfaktor zu sehen. Davon geht eine multiplizierende Wirkung aus. Die Konzentration nimmt in Folge einer kontinuierlichen Kommerzialisierung in jedem Fall weiter zu, aber mit unterschiedlicher Intensität. Gegebenenfalls steht die Konzentrationsentwicklung überdies weiteren Herausforderungen gegenüber, die sich aus der zunehmenden Digitalisierung der Informations- und Unterhaltungsbranchen entwickeln. Prägender Faktor ist bei alledem der Verbraucher, der mit seinem Nachfrage- und Kaufverhalten die anbieterseitigen Entwicklungen indirekt mitbestimmt. 5. Wie müssen sich die Unternehmen auf die Zukunft der Branche einstellen und ausrichten? – Für die konzentrationsbegünstigten Filialisten ist eine frühzeitige Anpassung an in unterschiedlichem Maße zukunftsprägenden Faktoren erforderlich, um die herausragende Marktstellung langfristig zu sichern.
Die Handlungsoptionen der Sortimentsbuchhandelsunternehmen sind aus zweierlei Perspektiven festzulegen: Zum einen ist die jeweilige Betriebsform entscheidend, zum anderen die gesamte Branchenzukunft, die zunehmend die Implementation buchnaher Medien mit sich bringt. Es ist festzuhalten, dass die Kosten- und die Preisorientierung für deregulierte Märkte prägend sind, während Qualitäts- und Profilierungswettbewerb aktuell und in einer Zukunft mit ähnlichen Rahmenbedingungen das Leitbild darstellen. Für Filialunternehmen können folgende Faktoren als entscheidende abgeleitet werden: Die Wirtschaftlichkeit ist eine Grundvoraussetzung, während die Forderungen nach überlebensfähigen Angebotsformen ebenso Handlungsspielräume lassen wie die nach Innovativität. Damit einhergehend müssen Vorkehrungen getroffen werden, die die Auflösung der bisherigen Tätigkeits- und Branchengrenzen situations- und positionsangepasst tragen. Besonders hervorzuheben ist die Notwendigkeit, sich an der bzw. den vorhandenen und ausgewählten Zielgruppe(n) auszurichten, um der Verbraucherbedeutung gerecht zu werden.
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6. Gibt es eine Erfolg versprechende und multioptionale Strategie für Filialunternehmen? – Eine potentialträchtige, neue Betriebsform für den Sortimentsbuchhandel, insbes. für Filialisten besteht im Convenience-Konzept.
Da davon auszugehen ist, dass die erlebnisorientierten Betriebsformen ebenso wie die Discountgeschäfte in ihrer Ausdehnung und Marktdurchdringung an ihre Grenzen stoßen, müssen der Annahme der Betriebsformendynamik folgend Betriebstypeninnovationen erarbeitet werden. Aufgrund der Entwicklung zur Medien- und Kommunikationsgesellschaft und der Beschleunigung des Alltags wird auf den Versorgungs- oder Beschaffungskauf abgehoben. Das findet im Convenience-Konzept seine branchenspezifische Umsetzung. Positiver Aspekt dessen ist außerdem die Anschlussfähigkeit an Multi-Channel-Strategien, die der Digitalisierungstendenz Rechnung tragen. Die kurze statistische Annäherung an die Konzentration im Sortimentsbuchhandel hat gezeigt, dass es wenige große Anbieter gibt. Dabei handelt es sich um Filialketten. Die beiden Marktführer haben beide mehr als 200 Betriebe und Jahresumsätze von jeweils weit mehr als 700 Millionen Euro. Zusammen erreichen sie mehr als 30 % Marktanteil. Neben den wenigen regional bis national filialisierten Unternehmen existiert eine Vielzahl von mehreren tausend eigenständigen, oft inhabergeführten Verkaufsstellen und Fachgeschäften für Bücher. Um das Eingangszitat nochmals aufzugreifen, ist folglich nur eine Bedingung der oligopolistischen Marktform erfüllt. Dies macht gleichzeitig das Charakteristikum für die Konzentrationssituation im Sortimentsbuchhandel aus. Es liegt eine starke relative und zentrifugale Konzentration vor. Aufgrund der Buchpreisbindung, einem wesentlichen Merkmal der deutschen Buchwirtschaft, lässt sich aus Konzentrationsart und -stand zudem auf eine zunehmende Nachfragemacht des Bucheinzelhandels schließen. Die Marktführer verkörpern auch dominierende Abnehmer auf dem Beschaffungsmarkt. Die Hypothese der Angebotsmacht gegenüber den Konsumenten konnte jedoch mehrfach abgelehnt werden. In der Gesamtschau lässt sich aus der Branchenentwicklung und der Konzentrationsanalyse schließen, dass die Konzentrationsentwicklung dem s-förmigen Verlauf des Branchenlebenszyklus’ entspricht und ihn für die Phasen der Reife und der Degeneration bestätigt. Ausschlaggebend dafür ist der Einflussfaktor Digitalisierung. Daraus lassen sich zwei Entwicklungsrichtungen ableiten. Erstens ist das die vollständige Durchsetzung der Digitalisierung in den Informations-, Bildungs- und Unterhaltungssegmenten. In Folge dessen stellt sich die Frage, wozu es überhaupt eine Zukunft für den stationären Buch- oder Informationshandel geben soll. Zweitens ist von der Überlebensfähigkeit der Ware Buch und buchnaher Verlagsprodukte auszugehen, weshalb sich auch Chancen für den stationären Handel ausmachen lassen. Die Zukunft der
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Branche liegt deshalb entweder in der Modifikation der bestehenden Angebote und in neuen Impulsen für sie oder im Marktaustritt bzw. im Verschwinden des ganzen Markts. Deshalb erscheint in der längerfristigen Zukunft weniger die Konzentration auf der Ebene des stationäreren Einzelhandels vordergründiges Problem der Filialunternehmen, sondern zunehmend die Vertriebswegekonkurrenz und die Verschiebung der Vertriebswege bedingt durch die Digitalisierungsentwicklung. Dennoch wird die Konzentrationsproblematik mittelfristig virulent bleiben, weshalb diese Analyse gerechtfertigt ist. Ihre Ergebnisse weisen überdies darauf hin, dass eine Verzahnung der stationären Aktivitäten mit den ambulanten und v. a. elektronischen unabdingbar ist. Deshalb ist es notwendig, neue und künftig tragfähige Strategien und Geschäftsmodelle zu entwickeln.
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1 Vorgehensweise nach Ehrlinger 1962
Anhang 1 Vorgehensweise nach Ehrlinger 1962 1.1 Die Ursachen der Konzentration im Einzelhandel Die exogenen Ursachen der Konzentration Wandel der gesellschaftlichen Struktur Bevölkerungszunahme und die soziale Umschichtung Verstädterung r Steigende Betriebsgrößen bei steigenden Ortsgrößen r Übergreifen städtischer Verbrauchergewohnheiten aufs Land r Auflockerung der Städte Veränderung im Familienhaushalt r Anwachsen der Kaufkraft r Technik im Haushalt Neue Gesellschaftsstruktur und die Konzentration Technischer Fortschritt Verbesserung der Produktionstechnik technischen Neuerungen im Vertriebswesen r Innerbetriebliche Aufgabenerfüllung r Technische Neuerungen im Rechnungswesen Gestaltung der Wirtschaftsordnung Bedeutung der Marktwirtschaft für die Konzentration r Mechanismus der Marktwirtschaft r Garantie der Gewerbe- und Vertragsfreiheit Wirtschaftspolitische Entscheidungen r Verflechtung nationaler Wirtschaften r Freizügigkeit internationalen Kapitals Einwirkungen des Gesetzgebers auf den Wettbewerb r Gesellschaftsrecht r Steuerrecht r Wettbewerbsrecht – Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen – Ladenschlussgesetz Die Einflüsse der vorgelagerten Stufen Von der Industrie ausgehende Ursachen r Einkaufs- und Auftragskonzentration r Rabattgewährung K. Emrich, Konzentration im Sortimentsbuchhandel, DOI 10.1007/978-3-8349-6522-6, © Gabler Verlag | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2011
417
418
r Vertikale Preisbindung r Absatzpolitische Entscheidungen besonderer Art Vom Großhandel ausgehende Ursachen r Aktivität des Großhandels bei der Bildung von Zusammenschlüssen r Kundenselektion des Großhandels r Aufnahmebedingungen der freiwilligen Zusammenschlüsse Verhalten des Verbrauchers Wandel der Einkaufsgewohnheiten Bevorzugung neuer Absatzformen Die endogenen Ursachen der Konzentration Wettbewerb auf der Einzelhandelsstufe Vordringen neuer Absatzformen Annäherung von Großunternehmen Zwang zur Zusammenarbeit der kleinen und mittleren Einzelhändler Unterschiede im Warenbereich der Absatzformen Wirkung des Warencharakters Wirkung der Sortimentsstruktur Strukturelle Unterschiede im Einzelhandel Kapitalausstattung Personaleinsatz r Arbeitszeitverkürzung r betrieblichen Sozialleistungen Standortkosten und Standortwahl r Anstieg der Mietkosten r Raumökonomie und Betriebsgröße r Vorteile der Großunternehmen bei Standortwahl Die Vorteile bestimmter Rechtsformen Funktionelle Unterschiede im Einzelhandel Funktionen der Beschaffung und der Lagerhaltung r Beschaffung r Lagerhaltung Absatzfunktion r Marktforschung r Werbung Funktion der kaufmännischen Verwaltung Funktion der Unternehmensleitung
Anhang
1 Vorgehensweise nach Ehrlinger 1962
1.2 Die Auswirkungen der Konzentration im Einzelhandel Auswirkungen auf den Wettbewerb im Einzelhandel Bereinigung der Einzelhandelsstruktur Wandlung des Wettbewerbs zwischen den Einzelhandelsunternehmen r Intensivierung des Wettbewerbs r Beschränkung des Wettbewerbs r Problem der „Nachfragemacht“ Die Zunahme der Krisenempfindlichkeit Auswirkungen der Konzentration auf die vorgelagerten Stufen Auswirkungen für den Großhandel r Verdrängung der selbständigen Großhändler r Tendenzen zu Zusammenschluss und Fusion r Zwang zum Beschreiten neuer Wege im Großhandel Auswirkungen der Konzentration im Einzelhandel auf die Industrie r Auswirkungen auf den industriellen Absatz r Auswirkungen auf Beschaffung und Produktion Auswirkungen der Konzentration auf den Verbraucher Differenzierung der Begriffe und Schwierigkeiten haltbarer Aussagen Einige feststellbare Wirkungen r Auswirkungen der Betriebskonzentration r Auswirkungen der Unternehmenskonzentration Grundsätzliche Betroffenheit der Verbraucher Auswirkungen der Konzentration auf den Einzelhandel selbst Betriebswirtschaftliche Auswirkungen der Konzentration r Unterschiedliche Betroffenheit von Branchen und Absatzformen r Tendenz zu optimalen Größenklassen r Verschiebung betrieblicher Funktionen – Grundtendenzen – Zunahme mehrstufiger Unternehmen – Funktionseinengung ▷ Ausgliederung wichtiger Funktionen ▷ Veränderungen der Werbefunktion – Die Auswirkungen auf die unternehmerische Dispositionsfreiheit Soziologische Auswirkungen der Konzentration (Mittelstandsproblem) r Problematik des Mittelstandsbegriffs
419
420
Anhang
r Beurteilung der Auswirkungen und Entwicklungstendenzen der Konzentration im Einzelhandel r Ziele und Maßnahmen der Mittelstandspolitik 2 Vorgehensweise nach Schenk u. a. 1984 2.1 Ursachen der Konzentration im Handel Gesamtwirtschaftliche Ursachen Wettbewerbstheoretische und -politische Aspekte r Wettbewerbstheoretische Ansätze – Das neoklassische Wettbewerbskonzept der Wettbewerbsfreiheit (Hoppmann) – Das Konzept der optimalen Wettbewerbsintensität (Kantzenbach) – Das Konzept dr gegengewichtigen Marktmacht (Galbraith) r Besonderheiten des Wettbewerbs im Handel r Wettbewerbsinstrumente des Handels – Sortimentspolitik – Investitionspolitik – Servicepolitik – Standortpolitik – Preispolitik – Werbepolitik – Einkaufspolitik Large Scale Distribution als Antwort auf Large Scale Production Konjunkturelle Entwicklung und Konzentrationstendenzen Internationale Einflüsse Einzelwirtschaftliche Ursachen Durchsetzung der Unternehmensziele Kostenstrukturen des Handels Rationalisierungspolitische Aspekte r Vordringen neuer Technologien – Einsatz neuer Kommunikationstechniken – Einsatz der elektronischen Datenverarbeitung r Veränderungen in der Organisation Beschaffung von qualifiziertem Führungspersonal Finanzierungsaspekte
2 Vorgehensweise nach Schenk u. a. 1984
Soziologische Ursachen Handels-Management r Machtstreben und Geltungsbedürfnis r Sicherheitsstreben Verbraucher r Veränderungen der Bevölkerungsstruktur r Veränderungen der Verbrauchs- und Einkaufsgewohnheiten – Höhe des persönlich verfügbaren Einkommens ▷ Wandel in der Struktur des privaten Verbrauchs ▷ Steigende Mobilität r Wunsch nach bestimmten Betriebstypen r Einfluss der Verbraucherpolitik Rechtliche Ursachen Wettbewerbsrecht Bau- und Planungsrecht Ladenschlussgesetz Strukturpolitische Ursachen Wachstum von Ballungsräumen Ausbau der Infrastruktur 2.2 Auswirkungen der Konzentration im Handel Auswirkungen auf die Handelsebene Wettbewerbsintensität r Großunternehmen – Tendenz zur optimalen Betriebsgröße – Oligopolbildung r Kleine und mittlere Unternehmen Produktivitätsentwicklung Beschäftigungsstruktur Imageveränderungen Auswirkungen auf vor- und nachgelagerte Wirtschaftsstufen Industrie r Probleme der Nachfragemacht r Gegenkonzentration der Industrie Verbraucher r Versorgungslage
421
422
r Anonymität beim Kauf r Einkaufspreise Absatzmittler r Handeslvertretungen r Distributions-Logistik Auswirkungen auf den Städtebau Verödung der Innenstädte Neubildungen von Fußgängerzonen Gesamtwirtschaftliche Auswirkungen Wachstum Preisniveau Beschäftigung Umweltbelastung
Anhang
3 Ergänzende Abbildungen und Tabellen
3 Ergänzende Abbildungen und Tabellen
Abbildung 15: Filialatlas 2010.
423
424
Anhang
Unsere Filialen
✹
1 1 1 Flensburg ■▼
1 Schleswig ■
1 1 Husum ■▼
6 1◆ 1▼ Kiel ■
Heide ▼ 1
2 Stralsund ▼
Neumünster ■▼ 1 1
Bad Schwartau ▼ 1
✹
1 2 1 Lübeck ■▼
1 Cuxhaven ■
1 1 Wismar ■▼
✹
1 1 Norderstedt ■
1 Emden ■
1 Pinneberg ▼
1 Leer ■ 1 2 1✹ Bremen ■▲
1 Bocholt ■
1 Borken ■
1 Dinslaken ■
✦
1 1 Krefeld ■
1 1 Dormagen ■ Viersen ■
✹
◆
✹
Dortmund ■ 1 1 ■ 2 Essen ■ 1 1 1 Menden ■ 1 Soest ■ Bochum ■ 1 1 1 Duisburg ■ 1 Mülheim ■ 2 1 Ratingen ■ 1 1 Velbert ■ Moers ■
◆✦
◆
2 1✹ 1 Solingen Düsseldorf ■▲
1 Köln ■ Troisdorf ■ 4 ▲ 1 1
1 1 Aachen ■
1 Laatzen ■
1 ■
✹
2 Wuppertal ■
■
1 Nordhausen ■
Brühl ■ 1
✹
Gummersbach ■ 1 1
1 Hürth ■
Düren ■ 1
◆✹
2 1 1 Gießen ■ Wetzlar ■ 1 1
1 Neuwied ■
✦
✹
1 1 Limburg ■
Hofheim ■ 1
✦
✦
1 Saarlouis ■
1 ■ 1 Neunkirchen ■
✦
1 1 Neustadt ■
✹
2 1 Karlsruhe ■
✹
✹
1 Singen ■
1 Solothurn ■
1 Olten ■
1 Dornbirn ■ St. Gallen ■ 1
1 Oftringen ■
1 Langenthal ■ 1 Kriens ■
1 Thun ■
1 Interlaken ■
■ Weltbild
1 Wangen ■
1 Lindau ■
2 Winterthur ■
1 Affoltern ■ 1 Aarau ■
1 1 Luzern ■ Emmen ■
3 Bern ■
1 Ravensburg ■
✦
Konstanz ■ 1 1
1 Frauenfeld ■
1 Zürich ■ 3 Würenlingen ■
1 Egerkingen ■ 1 Biel ■
1 Schaffhausen ■
● Hugendubel Schmorl & von Seefeld Ganghofer
Stadt ■●▲ Landeshauptstadt
Abbildung 16: DBH-Filialkarte.
1 Buchs ■
Regensburg ■●▲ 1 1 1
1 Neuburg ■
✹
1 Passau ■
1 1 1 Landshut ■● 3 1 1 Augsburg ■●▲
Fürstenfeldbruck ■ 1
✹
Deggendorf ■ 1
1 Straubing ■
1 1 Ingolstadt ■●
✹
Memmingen ■ 1 1
1 1 Amberg ■●
1 Weißenburg ■
Aalen ■ 1
Biberach ■ 1
1 Villingen ■
1 Bachenbülach ■
Ellwangen ■ 1
1 1 Ulm ■●
1 Balingen ■
Freiburg ■▲ 2 1 2
✹
Neumarkt ■ 1
1 Esslingen 1 Nördlingen ■ 1 Heidenheim ■ Göppingen ■ 1 Dillingen ■ 1
1 1 Reutlingen ■ Rottenburg ■
1 Offenburg ■
1 1 Lörrach ■
2 Ludwigsburg ■
Sindelfingen ■ 1
1 Kehl ■
Bamberg ■ 1
1 Schwabach ■
Ansbach ■ 1
2 1✹ 1 Stuttgart ■●
✹
Baden-Baden ■ 1
Bayreuth ■● 1 1
1 Erlangen ■
1 1 Leonberg ■
✦
Zittau 1
Wir sind für Sie da: Mehr als 500-mal in Deutschland, Österreich und der Schweiz.
1 Kulmbach ■
Forchheim ■ 1
Heilbronn ■ 1
1 Winnenden ■
1 Pforzheim ■
1 1 ✦ 1 Dresden ■●
1 Zwickau ■
2 2 1 2 Fürth ■ 1 Nürnberg ■●▲
◆
1 1 1 Heidelberg ■▲
1 Schwetzingen ■ 1 Wiesloch ■ Landau ■ 1
1 Pirmasens ■
3 Basel ■
1 1 Würzburg ■●
✦
1 Kaiserslautern ■
1 Homburg Saarbrücken ✹
Bautzen ■ 1
Chemnitz ■● 2 1
Gera ■ 1
Coburg ■ 1
Frankfurt 1 2 1
Weiterstadt ■ 1 Darmstadt ■▲ 1 1 1 1 Bad Kreuznach ■ 1 Bensheim ■ 1 Worms ■ 1 1 Viernheim ■ 1 Frankenthal ■ Ludwigshafen ■ 1
1 Weißwasser ▼
Hoyerswerda ■ 1
1 Riesa ■
1 Plauen ■
Bad Homburg ● 1
Idar-Oberstein ■ 1
1 Weimar ■ 1 Jena ■
1 Suhl ■
■●◆ 1 Bad Kissingen ■ 1 1✦ 1 Sulzbach ■ Wiesbaden ■ 1 Neu-Isenburg ■ 1 ✦ 1 Hanau ■ 2 1 Schweinfurt ■● 2 Offenbach 1 Aschaffenburg 1 1 3✦ Bingen ■ Mainz ◆ ■ ■ 1 1 Trier ■▲
1 Spremberg ▼
◆
Leipzig ■●▲ 3 2 1 1
✦
1 1✦ 2 ✹ 1 Erfurt ■●
Arnstadt 1
Fulda ■ 1
1 Friedberg ■
1 Koblenz ■
1 Weißenfels ■
5 Cottbus ▼
Apolda 1
1 Gotha ■
Bad Hersfeld ■ 1
1 1 Siegen ■●
◆✹
Bonn ■ 1 1 1
1 Euskirchen ■
1 Günthersdorf ■
1 Mühlhausen ■
1 Remscheid ■ 1 Olpe ■ 1 Leverkusen ■
1 Frechen ■
◆
1 2 Halle ■
1 Sondershausen ■
1 Guben ▼
1 Lübben ▼
Dessau ■ 1
✹
✦
1 Fürstenwalde ■
1✹ 1 Magdeburg ■
Halberstadt ■ 1
1 Wernigerode ■
2 1 Göttingen ■▲ 1 1▼
1 1 1 Kassel ■●
1 1 Hagen ■ 1 Lüdenscheid ■ Hilden ■
✹
1 Einbeck ■
Paderborn 1
1◆ 2 Potsdam ●
Braunschweig ■ 2 1
✹
Goslar 1
Höxter ■ 1
Recklinghausen 1
Bücher und mehr 12 6 2 ◆ 17 ✹ 5 Berlin ■●▲
1 Brandenburg ■
1 Hildesheim ■ 1 Peine ■
Hameln ■ 2
1 Detmold ■
1 Hamm ■ 1 Kamen ■ 1 Unna ■ 1 Lippstadt ■
1 Dorsten ■
1 Gelsenkirchen ■ 1 Mönchengladbach ■
◆
1 Stendal ■
◆
1 1 Wolfsburg ■
2 2✹ 1 Hannover ■●
Bad Oeynhausen ■ 1 Bielefeld 1
BUCH HABEL
✹
Celle 1
1 Wunstdorf ■
1 Herford ■ 1 Bünde ■
1 Warendorf ■
1 Ahlen ■ 1 Gütersloh ■ 1 Lünen ■
1 Marl ■
1 Wesel ■
1 Lengerich ■
✹
Münster 1
1 Coesfeld ■
1 Minden ■
Osnabrück 1
1 Gronau ■ 1 Ahaus ■
◆
Neuruppin 1
1 Nienburg ■
1 Lingen ■
◆
1 Schwedt ■
Verden ■ 1
1 Cloppenburg ■
1 Nordhorn ■
1 2 Neubrandenburg ■▼
1▲ 1✹ 1 ■
Lüneburg
◆
Oldenburg ■▲ 1 1 1
1 Rheine ■
2 Schwerin ▼
1 7 4 2✹ Hamburg ■◆▼
1 Wilhelmshaven ■
1 Greifswald ▼
◆
1 Rostock ■ 1 1▼
1 Landsberg ■
1 1 Kempten ■●
2 Wels ■
1 Erding ■
Freising ■ 1
4 9 1 München ■●▲
1 Weilheim ■
✹
1 Völs ■
1 Vöcklabruck ■
1 Mühldorf ■
Rosenheim 1
Garmisch-Partenkirchen ■ 1 1 Imst ■
1 Leonding ■
1 Linz ■
1 Haid ■
1 Steyr ■
6 Wien ■
1 Vösendorf ■
2 Wiener Neustadt ■
1 Wörgl ■
1 Kapfenberg ■ 1 Leoben ■
1 Mels ■
2 1 Graz ■ Seiersberg ■
1 Spittal ■ 1 Villach ■
1 Chur ■
◆ Wohlthat
1 Krems ■
2 St. Pölten ■
1 1 Salzburg ■▲
1 Feldkirch ■
▲ Jokers
1 Mauthausen ■
1 Amstetten ■
▼ Weiland C. Delff Fritz Reuter Heron Buchhandlung Sund Deuerlich
✦ Buch Habel
2 Klagenfurt ■
1 Wolfsberg ■
✹ Weltbild/Hugendubel bei Karstadt
© DBH (Stand der Karte: enthält alle Eröffnungen bis Sommer 2009)
DBH
WIR LIEBEN BÜCHER
Abbildung 17: Bezugswege des Sortimentsbuchhandels. 30%
Endverbraucher
Endverbraucher
Zentrallager des Handels
Key Account Manager
45%
Filialen
Großhändler
25%
Buchhandlungen
Großhändler
Verlagsvertreter
65%
Verlage über die Verlagsauslieferung
Verlage über die Verlagsauslieferung
35%
Vertrieb an filialisierten Buchhandel
Vertrieb an nicht-filialisierten Buchhandel
69%
stationär
Einzelhandel
62%
Endverbraucher
13%
(Internet-) Versand
Großhändler
20%
Verlagsauslieferungen als Logistikdienstleister der Verlage
Verlage
75%
Druckereien
18%
Verlagsdirektvertrieb
18%
Selbstausliefernde Verlage
25%
3 Ergänzende Abbildungen und Tabellen 425
426
Anhang
Abbildung 18 ifo-Geschäftsklimaindex (August 2010).
KfW-ifo-Geschäftsklima Deutschland
Mittelstand: Lageurteile vs. Erwartungen 40
30
Großunternehmen
20
Mittelstand
10 0 -10 -20 -30
Lage
30 Saldo [Prozentpunkte]
Saldo [Prozentpunkte]
40
Erwartungen
20 10 0 -10 -20 -30
-40
-40
-50 2007
2008
2009
Abbildung 19: KfW-ifo-Mittelstandsbarometer (Mai 2009).
2007
2008
2009
3 Ergänzende Abbildungen und Tabellen
427
Abbildung 20: Buchhandlung Rupprecht in Erlangen (Nürnberger Str. 22).
Abbildung 21: Thalia-Filialen in Coburg (Spitalgassse 21; links) und Erlangen (Hugenottenplatz 6; rechts).
Einführung
Wachstum
Sättigung
Reife
Degeneration
Umsatz Deckungsbeitrag 0
t1
t2
t3
t4
Abbildung 22: Lebenszyklusmodell der Betriebsformen.
Lebensjahre
Abbildung 23: Zeitstrahl zu den Lebenszyklusphasen des Bucheinzelhandels.
1970er
1970 1971 1972 1973 1974 1975 1976 1977
Vorläufer der Expansion & Filialisierung Start der Expansion
1987
1980er
1980 1981 1982 1983 1984 1985
1990er
1989 1990 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997
Segmentierung: Großflächen & Spezialisierung
erste Internationalisierung
Konzentration unter den Filialisten
Bereinigung
1999 2001
2000er
2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010
Expansion zweite Internationalisierung
Konzentration
428 Anhang
3 Ergänzende Abbildungen und Tabellen
Abbildung 24: Mitarbeiterempfehlungen am Regal (Waterstone’s 421 Oxford Street, London).
429
430
Anhang
3 Ergänzende Abbildungen und Tabellen
431
Beschaffungspreis Kapital Preismarketing Ladenpreis/ BuchPrG
Preis
Finanzen
Kosten
(Fortschreitende) Konzentration
Betriebsform
Geographische Märkte
Auflösung traditioneller Muster & Grenzen
Verbraucher
Digitalisierung
Real Labour Productivity (1997=100)
Abbildung 25: Virulente Kontentrationsfaktoren.
140 120 100 80 60 40 20 0 1989
1992
1995
1998
2001
2004
Abbildung 26: Reale Arbeitsproduktivität stationärer Bucheinzelhändler im Vereinigten Königreich von 1990 bis 2005.
432
Anhang
Verwendete Determinanten Ausprägungen
Kommentare / Probleme
Größe
Für Marken möglich
Für Marken möglich Für Marken möglich Nur sinnvoll für Konzern Für Marken möglich
Für Marken möglich
Nur durchschn., nicht auf Einzelbetrieb bez.
Besitzverhältnisse Horizontalisierung Diversifikationsgrad
Umsatzgrößenklassen (wegen Aussagekraft hinsichtlich Marktmacht): kleinst 50.000 €/Jahr, klein 50.000 < x ≤ 1 Mio. €/J., mittel 1 Mio. < x ≤ 10 Mio. €/J., groß 10 Mio. < x ≤ 50 Mio. €/J., sehr groß ≤ 50 Mio. €/J. Holding / Konzern – Familienunternehmen – inhabergeführt Eine - wenige (bis zu 5 inkl. Haupthaus) viele (ab 5, gleichgestellte) Betriebsstätten Horizontal – vertikal – diagonal
Arbeits-/ Umsatz-produktivität
(< 130.000) unterdurchschn. – durchschnittlich (insges. Durchschnitt 148.000)– (> 160.000) überdurchschn.
Flächenproduktivität
Unterdurchschn. (<4500) – durchschn. (insges. Durchschnitt ca. 5.100) – überdurchschn. (>5500) Hinter BIP-Entw. zurück – gleichauf – besser (Pro)aktiv/aggressiv/offensiv – reaktiv/defensiv Multi-Channel (dezidiert) – ein/Mono-Kanal (primär) Stationär / ambulant /online
Langfristiger Erfolg
Nur durchschn., nicht auf Einzelbetrieb bez.
Für Marken möglich Wettbewerbsverhalten Nur sinnvoll für Konzern Distributionskanäle Für Marken möglich Marketingkanäle Schwierig festzumachen Akquisitionsaktivität u. Beteiligun- Anteil an neu eröffneten o. neu hinzuge- Für Marken gen / Kooperationen kommenen Filialen/Standorten pro Jahr: möglich ≤ 0 – 1 bis 5 – > 5
Beurteilungsschwierigkeiten!
Wachstumsstrategie
Wachstum – Schrumpfung – Stabilisierung/Konsolidierung; bez. auf Umsatz
Marktabdeckung
Lokal – regional – überregional – national Für Marken möglich Kleinstadt – Mittelstadt – Großstadt Für Marken möglich
Verkaufsraum
Groß (>1000qm)– mittel – klein (≤100qm) Für Marken möglich
Schwierig auszusagen, nur überwiegender o. durchschn. Sachverhalt
Verkehrslage am Standort
Innenstadt / Subzentrum / hochfrequen- Für Marken tiert – Center – Seitenstraße / abseits möglich
Spezialisierungsgrad
Allg. Sort. – Fachbuch – Themengebiete
Schwierig auszusagen, nur überwiegender o. durchschn. Sachverhalt
Kundenservice / -zufriedenheit
Standorte
Tabelle 32: Set relevanter strategischer Determinanten.
Evtl. obsolet wg. Größe u. langfr. Erfolg; aber eher praktikabel als langfr. Erfolg
Für Marken möglich WZichtig, aber nicht meßbar
Schwierig auszusagen, nur überwiegender o. durchschn. Sachverhalt
3 Ergänzende Abbildungen und Tabellen
433
Ausprägungen
Strategische Hauptdeterminante
Kleinst/klein – mittel – groß/sehr groß
Unternehmensgröße
Klass. Buchhandelsfilialist – familiengeführtes Filialunternehmen – inhabergeführter Filialist – mittelständischer Bucheinzelhändler - inhabergeführtes Einzelunternehmen
Unternehmensstruktur
Sehr erfolgreich – stabil – Erfolgsmangel
unternehmerischer Erfolg / Effizienz
Offensiv – aktiv – reaktiv – passiv
Marktauftritt
Wachstum – Schrumpfung – Stabilisierung/Konsolidierung Wachstumsausrichtung
Gesamtmarkt – überregional – regionale Nische – lokale Nische
Verbreitung
Buchkaufhaus (groß & frequentiert) – Buchshop (mittel u. ggf. Center) – klass. Buchhandlung
Ladengeschäft
Allgemein – fach-/themenspezifisch – niedrigpreisig / preisorientiert
Sortiment Kundenzufriedenheit
434 Stadt Berlin Hamburg München Köln Frankfurt a.M. Stuttgart Dortmund Essen Düsseldorf Bremen Hannover Dresden Leipzig Nürnberg Duisburg Bochum Wuppertal Bielefeld Bonn Mannheim Karlsruhe Wiesbaden Münster Gelsenkirchen Augsburg Mönchengladbach Aachen Chemnitz Braunschweig Krefeld Halle Kiel Magdeburg Oberhausen Freiburg Lübeck Erfurt Rostock Hagen Mainz Kassel Hamm Saarbrücken
Anhang Einwohner 3.416.255 1.770.629 1.311.573 995.397 659.021 597.176 586.909 582.140 581.122 547.769 518.069 507.513 510.512 503.110 496.665 381.542 356.420 324.912 316.416 309.795 288.917 275.849 272.951 264.765 262.992 260.018 259.030 244.951 245.810 236.516 234.295 236.903 230.140 217.018 219.430 211.541 202.929 200.413 193.748 198.118 193.803 183.065 176.452
Filialen 24 22 11 7 3 5 3 7 3 10 4 11 6 4 2 3 4 2 4 3 2 2 2 2 5 1 2 3 2 2 2 8 3 2 1 2 2 3 1 2 4 2 1
Verkaufsfläche (qm) Index Filialdichte 26.047 7,6 19.224 10,9 13.967 10,6 13.156 14,4 6.580 10,0 7.500 12,6 6.000 10,2 9.473 16,3 5.823 10,0 6.414 11,7 9.400 18,1 10.306 20,3 7.192 14,1 7.580 15,1 5.030 10,1 4.250 11,8 4.273 12,0 3.353 10,3 3.705 11,7 4.160 13,4 3.707 12,8 3.863 14,0 4.475 16.4 2.550 9,6 5.205 19,8 1.800 6,9 7.450 28,8 2.420 9,9 3.976 16,2 4.144 17,5 3.900 16,6 5.821 24,6 2.164 9,4 991 4,6 1.000 4,6 2.400 11,3 3.300 16,3 3.358 16,8 1.371 7,1 3.000 15,1 5.700 29,4 935 5,1 1.355 7,7
3 Ergänzende Abbildungen und Tabellen
435
Stadt Einwohner Filialen Verkaufsfläche (qm) Index Filialdichte Herne 168.454 1 1.150 6,8 Mülheim/Ruhr 168.925 2 1.948 11,5 Ludwigshafen 163.777 1 1.146 7,0 Osnabrück 162.870 1 1.221 7,5 Solingen 162.575 1 760 4,7 Leverkusen 161.345 ---Oldenburg 159.563 1 1.240 7,8 Neuss 151.449 1 1.563 10,3 Potsdam 150.833 1 1.250 8,3 Heidelberg 145.311 2 1.300 8,9 Paderborn 144.181 1 1.840 12,8 Darmstadt 142.191 2 4.358 30,6 Würzburg 135.212 2 2.740 20,3 Regensburg 132.495 5 5.320 40,2 Ingolstadt 123.055 3 4.340 35,3 Göttingen 121.513 3 2.900 23,9 Recklinghausen 120.536 1 913 7,6 Heilbronn 121.627 2 2.440 20,1 Ulm 121.434 4 5.423 44,7 Wolfsburg 120.009 1 997 8,3 Pforzheim 119.423 1 2.036 17,1 Bottrop 118.597 1 405 3,4 Offenbach 118.245 1 905 7,7 Bremerhaven 115.313 1 998 8,7 Remscheid 113.935 1 1.300 11,4’ Fürth 114.130 ---Reutlingen 112.458 2 5.119 45,5 Moers 107.111 2 1.322 12,3 Koblenz 106.087 4 3.730 35,2 Siegen 105.049 2 1.720 16,4 Bergisch-Gladbach 105.840 2 1.450 13,7 Cottbus 102.811 3 3.429 33,4 Erlangen 104.650 4 4.717 45,1 Trier 103.888 3 3.448 33,2 Hildesheim 103.593 2 1.200 11,6 Gera 101.618 2 1.350 13,3 Jena 102.752 2 1.594 15,5 Ausgenommen Filialketten mit Schmalspur- oder Spezialsortiment (Weltbild, Wohlthat’sche, Jokers, Lehmanns, Alpha, Schweitzer, Sack) Tabelle 33: Filialen und Verkaufsfläche der Filialisten in ausgewählten Städten.
436
Ort Buchhandlungen Ort Aachen 25 Koblenz am Rhein Augsburg, Bayern 24 Krefeld Berg. Gladbach 9 Köln Berlin 243 Leipzig Bielefeld 25 Leverkusen Bochum 21 Ludwigshafen a. Rh. Bonn 46 Lübeck Bottrop 7 Magdeburg Braunschweig 13 Mainz a. Rhein Bremen 46 Mannheim Bremerhaven 11 Moers Chemnitz 13 Mönchengladbach Cottbus 9 Mülheim an der Ruhr Darmstadt 23 München Dortmund 28 Münster, Westf. Dresden 41 Neuss Duisburg 23 Nürnberg, Mittelfr. Düsseldorf 47 Oberhausen, Rheinl. Erfurt 9 Offenbach am Main Erlangen 12 Oldenburg (Oldb) Essen, Ruhr 43 Osnabrück Frankfurt a.M. 92 Paderborn Freiburg i.Br. 31 Pforzheim Fürth, Bayern 6 Potsdam Gelsenkirchen 9 Recklinghausen, Westf. Gera 4 Regensburg Göttingen 20 Remscheid Hagen, Westf. 12 Reutlingen Halle (Saale) 14 Rostock Hamburg 136 Saarbrücken Hamm/Westf. 9 Salzgitter Hannover 43 Siegen Heidelberg 22 Solingen Heilbronn 7 Stuttgart Herne/Westf. 6 Trier Hildesheim 11 Ulm, Donau Ingolstadt, D. 7 Wiesbaden Jena 4 Wolfsburg Karlsruhe, Bad. 22 Wuppertal Kassel, Hess. 26 Würzburg Kiel 27 Tabelle 34: Buchhandelsfirmen in deutschen Großstädten 2009.
Anhang
Buchhandlungen 9 11 115 49 7 6 14 15 28 29 4 14 8 150 37 10 45 13 6 16 9 13 5 9 9 15 7 9 10 17 4 12 8 72 15 16 28 5 26 18