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Michael Gnant, Peter M. Schlag (Hrsg.) Chirurgische Onkologie Strategien und Standards für die Praxis
Univ.-Prof. Dr. Michael Gnant stv. Vorstand der Universitätsklinik für Chirurgie Wien, Medizinische Universität Wien, Universitätsklinik für Chirurgie Wien, Österreich
Prof. Dr. Dr. h.c. Peter Michael Schlag Direktor des Charité Comprehensive Cancer Center, Universitätsmedizin Berlin Berlin, Deutschland
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ISBN 978-3-211-48612-2 SpringerWienNewYork
Danksagung
Den zahlreichen Beteiligten, die uns bei der Erstellung dieses Buches so tatkräftig unterstützt haben, möchten wir herzlich danken. Allen voran gilt unsere Anerkennung den vielen kompetenten Experten und deren Mitarbeitern für die Texterstellung. Auch bedanken wir uns für die Zurverfügungstellung anschaulichen Bildmaterials und speziell bei Herrn Nikolaus Lechenbauer für seine instruktiven Zeichnungen. Ohne den großen Einsatz unserer Sekretariatsmitarbeiter Cornelia Große, Astrid Könnyü, Heike Lange und Heidemarie Schön wäre dieses Buch nicht zustande gekommen. Für die Koordinationsarbeit und die editoriale Unterstützung seitens des Springer-Verlags gebührt unser Dank Renate Eichhorn, Karim Karman, Katharina Kolarik, Franz Schaffer und insbesondere Katrin Stakemeier, welche hoch engagiert und kompetent alle Kapitel des Buches redigierte und „letzten Schliff“ anlegte. Peter M. Schlag
Michael Gnant
In Würdigung der Leistungen der Robert-Rössle-Klinik, Berlin-Buch, eines international renommierten, traditionsreichen Zentrums für interdisziplinäre multimodale Tumortherapie, deren Existenz als eigenständige Tumorklinik im Rahmen der Neustrukturierung und Fusion Berliner Krankenhäuser im Juni 2007 endgültig aufgegeben wurde. Peter M. Schlag
Michael Gnant
Inhalt
Allgemeiner Teil Kapitel 1 Die Rolle der Chirurgie in der Krebsbehandlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3 1. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Tumorchirurgische Prinzipien . . . . . . . . . 3. Zusammenspiel von Operateur und Pathologe . 4. Onkologische Chirurgie . . . . . . . . . . . . . 5. Chirurgisch-onkologische Zielsetzung . . . . . 6. Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Kapitel 2 Chirurgisches Tumorstaging . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7 1. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Staging-Laparoskopie . . . . . . . . . . . . 2.1. Technik der Staging-Laparoskopie. . . 2.2. Ergebnisse der Staging-Laparoskopie . 3. Mediastinoskopie . . . . . . . . . . . . . . 4. Thorakoskopie . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Kapitel 3 Metastasen bei unbekanntem Primärtumor . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13 1. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Epidemiologie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Pathophysiologie und Krankheitsausmaß . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Histologie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Prognose. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6. Diagnose- und Therapiepfade . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.1. Basisdiagnostik 6.2. Serum-Tumormarker . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.3. Diagnostik bei fortgeschrittener Erkrankung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7. CUP mit regional begrenzter Erkrankung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.1. Therapie von lokal beschränkten Metastasen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.1.1. Regional begrenzte Lymphknotenmetastasierung . . . . . . . . . . . . . . . 7.1.1.1. Isolierte axilläre Lymphknotenmetastasen . . . . . . . . . . . . . . . . 7.1.1.2. Lymphknotenmetastasen in hohen und mittleren zervikalen Regionen . 7.1.1.3. Tiefe zervikale und supraklavikuläre Lymphknotenmetastasen . . . . . 7.1.1.4. Isolierte inguinale Lymphknotenmetastasen . . . . . . . . . . . . . . . 7.1.2. Singuläre viszerale Metastasen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.1.2.1. Hirnmetastasen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.1.2.2. Knochenmetastasen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.1.2.3. Lungenmetastasen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.1.2.4. Lebermetastasen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.1.2.5. Sonstige Metastasen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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X
Inhalt 8. CUP-Syndrom mit disseminierter Erkrankung . . . . . . . . . . . . . . . 8.1. Disseminierte Erkrankung und Kriterien für einen extragonadalen Keimzelltumor . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8.2. Multiple osteoplastische Metastasen und erhöhtes PSA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8.3. Neuroendokrine Karzinome bei unbekanntem Primärtumor (NECUP) 8.4. Adenokarzinome und undifferenzierte Karzinome . . . . . . . . . . 9. Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Kapitel 4 Kommunikation mit Tumorpatienten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23 1. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Kommunikation mit onkologischen Patienten . 2.1. Das Gespräch zwischen Arzt und Patient . 2.2. Interdisziplinäres Verständnis . . . . . . . 3. Kommunikationsszenarien und Fallstudien . . . 3.1. Kommunikationsszenarien . . . . . . . . . 3.2. Kommunikation im Klinikalltag . . . . . . 4. Handlungs- und Kommunikationsstrategien . . 4.1. Das Aufklärungsgespräch . . . . . . . . . 4.1.1. Aufklärung in klinischen Studien . . 4.1.2. Vermittlung schlechter Nachrichten . 4.1.3. Die ärztliche Visite . . . . . . . . . . 4.2. Kommunikation als Prozess . . . . . . . . 5. Konsequenzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6. Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Kapitel 5.1 Tumorschmerz und Stufenkonzept der Therapie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31 1. Einleitung 2. Physiologie und Pathophysiologie von Tumorschmerzen . . . . . 3. Epidemiologie von Tumorschmerzen . . . . . . . . . . . . . . . 4. Schmerzevaluation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Therapie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.1. Therapiehierarchie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.2. Schmerztherapeutische Grundsätze . . . . . . . . . . . . . 5.3. Therapieempfehlungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.3.1. Medikamentös-systemische Analgetikatherapie . . . 5.3.1.1. Nichtsteroidale Antiphlogistika und Antipyretika 5.3.1.2. Opioide . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.3.1.3. Koanalgetika . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.3.2. Nichtmedikamentöse Therapie . . . . . . . . . . . . . 6. Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Kapitel 5.2 Invasive Verfahren der Tumorschmerztherapie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39 1. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Regionalblockaden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Neurolysen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.1. Neurolyse am Ganglion coeliacum . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.2. Neurolysen am Plexus hypogastricus superior und Ganglion impar 3.3. Intrathekale Neurolyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Rückenmarksnahe Katheter mit Implantation von Port oder Pumpe . . 5. Rückenmarksnah applizierbare Medikamente . . . . . . . . . . . . . . 6. Intraventrikuläre Opioidtherapie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7. Perioperative Schmerztherapie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8. Invasive Verfahren und medikamentöse Antikoagulation . . . . . . . . 9. Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Inhalt
XI
Kapitel 6 Nichtchirurgische, komplementäre Behandlungskonzepte . . . . . . . . . . . . . 47 1. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Komplementäre Medizin bei onkologischen Patienten . . . 2.1. Konzepte komplementärer Medizin . . . . . . . . . . 2.2. Komplementäre und Evidenz-basierte Medizin (EBM) 3. Komplementäre Behandlungsoptionen . . . . . . . . . . . 3.1. Immunmodulative Therapien . . . . . . . . . . . . . 3.1.1. Misteltherapie . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.1.2. Enzymtherapie . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.2. Hyperthermie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.3. Antioxidative Therapien . . . . . . . . . . . . . . . . 3.4. Traditionelle Chinesische Medizin (TCM) . . . . . . . 3.5. Ernährungsberatung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.6. Phytohormone . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.7. Komplette Zahnsanierung . . . . . . . . . . . . . . . 3.8. Bewegungstherapien . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.9. Psychologische Begleitung . . . . . . . . . . . . . . 4. Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Kapitel 7.1 Perioperative Ernährung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55 1. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Präoperativer Ernährungszustand. . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Präoperative Ernährung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Postoperative Ernährung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.1. Pathophysiologische Folgen bei chirurgischen Eingriffen . . 4.1.1. Kausale Faktoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.1.2. Sympathoadrenale Reaktionen. . . . . . . . . . . . . 4.1.3. Hypothalamohypophysäre Reaktionen . . . . . . . . . 4.2. Postaggressionsstoffwechsel . . . . . . . . . . . . . . . . 4.2.1. Therapiemaßnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.3. Parenterale Ernährung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.3.1. Kalorienbedarf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.3.2. Glukose . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.3.3. Eiweiß . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.3.4. Fette . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.3.5. Vitamine, Spurenelemente . . . . . . . . . . . . . . . 4.3.6. Praktische Durchführung der parenteralen Ernährung 4.4. Enterale Ernährung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.4.1. Hochmolekulare Diät . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.4.2. Niedermolekulare Diät . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.4.3. Praktische Durchführung der enteralen Ernährung . . 5. Überwachung der Ernährungstherapie . . . . . . . . . . . . . . 6. Immunonutrition . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7. Chirurgisch-onkologische Patienten . . . . . . . . . . . . . . . 7.1. Bedeutung der Ernährungstherapie . . . . . . . . . . . . . 7.2. Tumorbedingte Stoffwechselstörungen . . . . . . . . . . . 7.3. Tumorkachexie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.4. Ernährungsformen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.5. Ernährungsberatung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8. Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Kapitel 7.2 „Fast-track“-Rehabilitation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69 1. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.1. Definitionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.1.1. „Fast-track“-Rehabilitation als beweisbasierte Behandlungsanweisungen . 2. Prinzipien der „Fast-track“-Rehabilitation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.1. Patienteninformation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2. Reduktion und Modifikation der posttraumatischen Stressreduktion . . . . . . 2.3. Aufrechterhaltung der Homöostase . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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XII
Inhalt 2.4. Effektive Schmerztherapie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.5. Erhalt oder Wiedererlangung der Patientenautonomie . . . . . . . 3. Klinische Ergebnisse der „Fast-track“-Rehabilitation . . . . . . . . . . 3.1. „Fast-track“-Rehabilitation bei elektiven Kolonresektionen . . . . 3.2. „Fast-track“-Rehabilitation bei anderen onkologischen Eingriffen . 4. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6. Links . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Spezieller Teil Kapitel 8 Schilddrüsen- und Nebenschilddrüsenkarzinom . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 83 1. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Diagnostik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.1. Klinische und laborchemische Diagnostik . . . . . . . . . . . . . . . 2.2. Bildgebende und invasive Diagnostik . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.3. TNM-Klassifikation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Präoperative Vorbereitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Operative Strategie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.1. Chirurgische Therapie der differenzierten Schilddrüsenkarzinome . . 4.2. Chirurgische Therapie der anaplastischen Schilddrüsenkarzinome . . 4.3. Chirurgische Therapie der medullären Schilddrüsenkarzinome . . . . 4.4. Operative Therapie bei Nebenschilddrüsenkarzinom . . . . . . . . . 5. Komplikationsmanagement . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.1. Recurrensparese und Neuromonitoring . . . . . . . . . . . . . . . . 5.2. Hypoparathyreoidismus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6. Nachbehandlung und Nachsorgeempfehlung . . . . . . . . . . . . . . . 6.1. Nachbehandlung nach Schilddrüsen-Karzinomen: Radiojodtherapie 6.2. Nachsorge nach SD-Karzinom . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.2. Nachsorge und Prognose beim Nebenschilddrüsenkarzinom . . . . . 7. Weitere Therapiemodalitäten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.1 Strahlentherapie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.2 Chemotherapie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8. Palliativmaßnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9. Qualitäts- und Prognosekriterien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10. Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11. Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12. Links . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Kapitel 9 Brustdrüsenkarzinom . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 95 1. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Diagnostik . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.1. Klinische Diagnostik . . . . . . . . . . 2.2. Radiologische Diagnostik . . . . . . . 2.3. Interventionelle Diagnostik . . . . . . 3. Vorbehandlung (neoadjuvante Therapie) . . 4. Präoperative Vorbereitung . . . . . . . . . 4.1 Dignität . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.2 Die Lokalisation . . . . . . . . . . . . 4.3 Operationsart . . . . . . . . . . . . . . 5. Operative Strategie . . . . . . . . . . . . . 5.1. Brusterhaltende Therapie (BET) . . . . 5.1.1. Definition Lumpektomie . . . . . 5.1.2. Definition Quadrantektomie . . . 5.1.3. Geschichtliche Entwicklung . . . 5.1.4. Indikation und Kontraindikation .
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Inhalt
XIII 5.1.4.1. Resektionsrand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.1.4.2. Inflammatorisches Karzinom . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.1.4.3. Neoadjuvante Therapie und BET . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.1.4.4. Radiatio . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.1.4.5. Multizentrizität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.1.4.6. Extensive intraduktale Komponente (EIC) . . . . . . . . . . . . . 5.1.4.7. Lymphknotenstatus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.1.4.8. Alter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.1.4.9. Grading . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.1.4.10. Tumorgröße . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.1.4.11. Duktales Carcinoma in situ (DCIS). . . . . . . . . . . . . . . . . 5.1.5. Chirurgische Therapie peripherer Tumoren . . . . . . . . . . . . . . . 5.1.6. Chirurgische Therapie zentraler Tumoren . . . . . . . . . . . . . . . . 5.1.6.1. Einfache zentrale Resektion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.1.6.2. Erweiterte zentrale Resektion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.1.6.3. Modifizierte zentrale Resektion mit Reduktionsplastik . . . . . . 5.1.6.4. Zentrale Resektion und Rekonstruktion mittels Batwing-Technik . 5.2. Mastektomie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.3. Intraoperative Gefrierschnittanalyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.4. Chirurgie der regionalen Lymphknotenstationen . . . . . . . . . . . . . . . 5.4.1. Sentinel-Node-Biopsie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.4.1.1. Radionuklidmethode . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.4.1.2. Farbstoffmethode . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.4.2. Parasternale Exploration . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.4.3. Axilladissektion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.5. Chirurgie des primär metastasierten Mammakarzinoms . . . . . . . . . . . 5.5.1. Ossäre Metastasen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.5.2. Viszerale Metastasen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.5.3. Thoraxwandmetastasierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.5.4. Zerebrale Metastasen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6. Komplikationsmanagement . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.1. Blutung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.2. Infektion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.3. Serom . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.4. Lymphödem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Stadium 0 (Latenz-/Intervallstadium) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Stadium I (spontan reversibles Stadium) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Stadium II (spontan irreversibles Stadium) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Stadium III (Elefantiasis) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7. Nachbehandlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.1. Chemotherapie/Hormontherapie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.2. Strahlentherapie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.3. Immuntherapie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8. Sonderformen des Mammakarzinoms . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8.1. Das inflammatorische Mammakarzinom . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8.2. Das männliche Mammakarzinom . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9. Rehabilitation und Nachsorge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10. Weitere Therapiemodalitäten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11. Palliativmaßnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12. Qualitäts- und Prognosekriterien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13. Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14. Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15. Links . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Kapitel 10 Bronchialkarzinom . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 123 1. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Diagnostik . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.1. Diagnostische Maßnahmen . . . . . 2.2. Staging . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Vorbehandlung (Neoadjuvante Therapie) . 4. Präoperative Vorbereitung . . . . . . . .
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XIV
Inhalt 5. Operative Strategie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.1. Konventionelles operatives Vorgehen . . . . . . . 5.2. Minimal invasives operatives Vorgehen . . . . . . 5.3. Besonderheiten bei der Indikationsstellung . . . 5.3.1. Alter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.3.2. Lungenfunktion. . . . . . . . . . . . . . . . 6. Komplikationsmanagement . . . . . . . . . . . . . . 6.1. Intraoperativ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.2. Postoperativ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7. Nachbehandlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8. Rehabilitation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9. Nachsorge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10. Weitere Therapiemodalitäten . . . . . . . . . . . . . 11. Palliativmaßnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11.1. Palliativoperationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11.2. Palliativinterventionen . . . . . . . . . . . . . . 12. Qualitäts- und Prognosekriterien . . . . . . . . . . . 13. Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14. Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15. Links . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Kapitel 11 Lungenmetastasen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 133 1. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . 2. Diagnostik . . . . . . . . . . . . . . 2.1. Schnittbildgebung . . . . . . . 2.2. Histologische Befundsicherung 2.3. Funktionelle Diagnostik . . . . 3. Vorbehandlung . . . . . . . . . . . 3.1. Allgemeine Aspekte . . . . . . 3.2. Präoperative Chemotherapie . 3.3. Radiotherapie . . . . . . . . . 4. Präoperative Vorbereitung . . . . . 5. Operative Strategie . . . . . . . . . 5.1. Indikationsstellung . . . . . . 5.2. Zugangswege . . . . . . . . . 5.3. Resektionstechnik . . . . . . . 5.4. Lymphknotendissektion . . . . 6. Komplikationsmanagement . . . . . 7. Nachbehandlung . . . . . . . . . . 8. Rehabilitation . . . . . . . . . . . . 9. Nachsorge . . . . . . . . . . . . . . 10. Weitere Therapiemodalitäten . . . 11. Palliativmaßnahmen . . . . . . . . 12. Qualitäts- und Prognosekriterien . 13. Ausblick . . . . . . . . . . . . . . 14. Literatur . . . . . . . . . . . . . . 15. Links . . . . . . . . . . . . . . . .
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Kapitel 12 Andere thorakale Karzinome . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 145 1. Thymome . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.1. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . 1.1.1. Klinik . . . . . . . . . . . . . . 1.1.2. Einteilung. . . . . . . . . . . . 1.2. Diagnostik . . . . . . . . . . . . . . 1.2.1. Bildgebende Verfahren . . . . . 1.2.2. Chirurgische Verfahren . . . . . 1.2.3. Laborchemie . . . . . . . . . . 1.3. Operative Strategie . . . . . . . . . 1.4. Nichtchirurgische Therapieoptionen 1.5. Komplikationsmanagement . . . . .
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Inhalt
XV 1.6. Nachbehandlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.7. Nachsorge und Prognose . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.8. Qualitäts- und Prognosekriterien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.9. Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Keimzelltumoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.1. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.1.1. Klinik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2. Diagnostik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2.1. Laborchemie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.3. Therapie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.3.1. Seminome . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.3.2. Nicht-seminomatöse Keimzelltumoren . . . . . . . . . . . . . . . . 2.4. Komplikationsmanagement . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.5. Nachbehandlung und Nachsorge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.6. Qualitäts- und Prognosekriterien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Malignes Pleuramesotheliom . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.1. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.1.1. Klinik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.1.2. Stadieneinteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.2. Diagnostik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.2.1. Bildgebende Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.2.2. Chirurgische Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.2.2.1. Videoassistierte Thorakoskopie (VATS) . . . . . . . . . . . . . . 3.2.2.2. Mediastinoskopie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.3. Therapie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.3.1. Multimodales Konzept mit kurativem Ansatz . . . . . . . . . . . . . 3.3.1.1. Neoadjuvante Chemotherapie . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.3.1.2. Pleuro-Pneumo-Perikardio-Diaphragmektomie (P3D-Resektion) 3.3.2. Palliative Therapie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.3.2.1. VATS mit Talkumpleurodese . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.3.2.2. VATS mit Pleurektomie (Debulking) . . . . . . . . . . . . . . . 3.3.2.3. Kombinierte Radio-Chemotherapie . . . . . . . . . . . . . . . . 3.4. Komplikationsmanagement . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.5. Nachbehandlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.6. Nachsorge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.7. Qualitäts- und Prognosekriterien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Links . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Kapitel 13 Speiseröhrenkarzinom . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 157 1. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Diagnostik . . . . . . . . . . . . . . . . 2.1. Primärdiagnostik . . . . . . . . . . 2.2. Staging . . . . . . . . . . . . . . . 2.3. Risikoevaluation . . . . . . . . . . 3. Vorbehandlung (neoadjuvante Therapie) 4. Präoperative Vorbereitung . . . . . . . 5. Operative Strategie . . . . . . . . . . . 6. Komplikationsmanagement . . . . . . . 7. Nachbehandlung . . . . . . . . . . . . 8. Rehabilitation . . . . . . . . . . . . . . 9. Nachsorge . . . . . . . . . . . . . . . . 10. Weitere Therapiemodalitäten . . . . . 10.1. Endoluminale Verfahren . . . . . 10.2. Strahlentherapie . . . . . . . . . 11. Palliativmaßnahmen . . . . . . . . . . 11.1. Stents . . . . . . . . . . . . . . . 11.2. Strahlentherapie . . . . . . . . . 11.3. Laser . . . . . . . . . . . . . . . 11.4. Chemotherapie . . . . . . . . . . 11.5. Andere palliative Modalitäten . .
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XVI
Inhalt 12. Qualitäts- und Prognosekriterien 13. Ausblick . . . . . . . . . . . . . 14. Literatur . . . . . . . . . . . . . 14. Links . . . . . . . . . . . . . . .
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Kapitel 14 Magenkarzinom . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 173 1. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.1. Risikofaktoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.2. Makroskopische Klassifikation . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.3. Histologie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Diagnostik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.1. Endoskopische Diagnostik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2. Staging . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Vorbehandlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Präoperative Vorbereitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Operative Strategie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.1. Intraluminäres Resektionsausmaß . . . . . . . . . . . . . . . 5.2. Extraluminäres Resektionsausmaß . . . . . . . . . . . . . . . 5.3. Rekonstruktionsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6. Komplikationsmanagement . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.1. Allgemeine postoperative Komplikationen . . . . . . . . . . . 6.2. Spezifische Komplikationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7. Nachbehandlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8. Rehabilitation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9. Nachsorge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10. Weitere Therapiemodalitäten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10.1. Endoskopische Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10.2. Kombiniertes laparoskopisches und endoskopisches Vorgehen 11. Palliativmaßnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12. Qualitäts- und Prognosekriterien . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13. Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14. Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15. Links . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Kapitel 15 Primäre Malignome der Leber . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 185 1. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Diagnostik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.1. Primärdiagnostik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2. Staging . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.3. Risikoevaluation/Beurteilung der Leberfunktion . . . . . . . . . 2.4. Beurteilung der technischen Resektabilität/Indikationsstellung . 2.4.1. HCC ohne Zirrhose, CCC . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.4.2. HCC in Zirrhose . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Vorbehandlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.1. Neoadjuvante Therapie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.2. Pfortaderembolisation oder -ligatur. . . . . . . . . . . . . . . . 4. Präoperative Vorbereitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Operative Strategie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.1. Resektion der Hepatikusgabel und Gallenwegsrekonstruktionen . 5.2. Gefäßrekonstruktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.3. Anterior Approach . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.4. Zweitresektionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.5. Laparoskopische Leberresektion . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6. Komplikationsmanagement . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.1. Postoperative Leberinsuffizienz . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7. Nachbehandlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8. Rehabilitation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9. Nachsorge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10. Weitere Therapieverfahren. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Inhalt
XVII 10.1. Abladierende Verfahren . . . . . . . . . . 10.2. Transarterielle Chemoembolisation (TACE) . 11. Palliativmaßnahmen . . . . . . . . . . . . . . . 11.1. Strahlentherapie . . . . . . . . . . . . . . 11.2. Systemische Therapie . . . . . . . . . . . . 12. Qualitäts- und Prognosekriterien . . . . . . . . 13. Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14. Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15. Links . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Kapitel 16.1 Kolorektale Lebermetastasen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 201 1. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Diagnostik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Vorbehandlung (neoadjuvante Therapie) . . . . . . . . . . . . . . 3.1. Resektable Patienten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.2. Nicht optimal resektable Patienten . . . . . . . . . . . . . . 3.3. Nicht resektable Patienten . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Präoperative Vorbereitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Operative Strategie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.1. Primär resektable Tumoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.2. Sekundäre Resektabilität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.2.1. Portalvenöse Embolisation . . . . . . . . . . . . . . . . 5.2.2. Zweizeitige Leberresektion . . . . . . . . . . . . . . . . 5.2.3. Kombination von Leberresektion und Tumordestruktion 5.2.4. Re-Resektion von Lebermetastasen . . . . . . . . . . . 6. Komplikationsmanagement . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7. Nachbehandlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8. Rehabilitation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9. Nachsorge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10. Weitere Therapiemodalitäten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11. Palliativmaßnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12. Prognose- und Qualitätskriterien . . . . . . . . . . . . . . . . . 13. Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14. Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15. Links . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Kapitel 16.2 Nonkolorektale Lebermetastasen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 215 1. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.1. Nonkolorektale, nonneuroendokrine Lebermetastasen 1.2. Neuroendokrine Lebermetastasen . . . . . . . . . . . 2. Diagnostik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.1. Primärdiagnostik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2. Staging . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.3. Risikoevaluation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Vorbehandlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Präoperative Vorbereitung . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Operative Strategie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6. Nachbehandlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7. Rehabilitation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8. Nachsorge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9. Weitere Therapiemodalitäten . . . . . . . . . . . . . . . . 10. Palliativmaßnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11. Prognose- und Qualitätskriterien . . . . . . . . . . . . . 12. Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13. Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14. Links . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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XVIII
Inhalt
Kapitel 17.1 Gallenblasenkarzinom . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 221 1. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Diagnostik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Vorbehandlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Präoperative Vorbereitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Operative Strategie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.1. Gallenblasenkarzinom als peri- oder postoperativer Zufallsbefund im Rahmen einer Cholezystekomie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.2. Präoperativ gesichertes Gallenblasenkarzinom . . . . . . . . . . . . . . . . . 6. Komplikationsmanagement . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7. Nachbehandlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8. Rehabilitation und Nachsorge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9. Weitere Therapiemöglichkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9.1. Strahlentherapie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9.2. Chemotherapie. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10. Palliativmaßnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11. Qualitäts- und Prognosekriterien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12. Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13. Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Kapitel 17.2 Gallengangskarzinom . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 229 1. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Diagnostik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.1. Biochemische Untersuchungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2. Bildgebende Diagnostik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2.1. Sonographie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2.2. CT . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2.3. MRT . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2.4. Endoskopische retrograde Cholangiographie (ERC) und perkutane transhepatische Cholangiographie (PTC) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2.5. Angiographie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2.6. Positronenemissionstomographie (PET) . . . . . . . . . . . . . . . 2.3. Staging . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Vorbehandlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Präoperative Vorbereitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Operative Strategie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.1. Intrahepatische cholangiozelluläre Karzinome (CCC) . . . . . . . . . . . 5.2. Karzinome im Bereich der Hepatikusgabel (Klatskin-Tumore) . . . . . . 5.3. Karzinome des distalen Gallengangs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6. Komplikationsmanagement . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7. Nachbehandlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8. Rehabilitation und Nachsorge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9. Weitere Therapiemodalität: Lebertransplantation . . . . . . . . . . . . . . . 10. Palliativmaßnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10.1. Photodynamische Therapie (PDT). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10.2. Chemotherapie und Bestrahlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10.3. Galleableitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11. Qualitäts- und Prognosekriterien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12. Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14. Links . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Kapitel 18 Pankreaskarzinom . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 241 1. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Diagnostik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.1. Abdominelle Computertomographie (CT) . . . . . . . . . . . . 2.2. Magnetresonanztomographie/MR-Cholangiopankreatographie 2.3. Endoskopische Ultrasonographie (EUS) . . . . . . . . . . . . . 2.4. Endoskopische retrograde Cholangiopankreatographie (ERCP) . 2.5. Positronenemissionstomographie (PET) . . . . . . . . . . . . .
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Inhalt
XIX 2.6. Diagnostische Laparoskopie . . . . . . . . . 2.7. Serum-Tumormarker . . . . . . . . . . . . . 3. Vorbehandlung (neoadjuvante Therapie) . . . . . 4. Präoperative Vorbereitung . . . . . . . . . . . . 4.1. Allgemeine Vorbereitung . . . . . . . . . . 4.2. Perioperative Somatostatin-Applikation . . 4.3. Präoperative Gallengang-Drainage . . . . . 4.4. Epidurale Schmerztherapie . . . . . . . . . 5. Operative Strategie . . . . . . . . . . . . . . . . 5.1. Partielle Pankreatikoduodenektomie (PPD) . 5.2. Distale Pankreatektomie (Linksresektion) . . 5.3. Segmentale Pankreatektomie . . . . . . . . 5.4. Totale Pankreatektomie . . . . . . . . . . . 5.5. Transduodenale Resektion der Papilla Vateri 5.6. Postoperatives Management . . . . . . . . 6. Komplikationsmanagement . . . . . . . . . . . . 6.1. Pankreasfistel . . . . . . . . . . . . . . . . 6.2. Intraabdomineller Abszess . . . . . . . . . . 6.3. (Nach-)Blutung . . . . . . . . . . . . . . . 6.4. Magenentleerungsstörungen . . . . . . . . 7. Nachbehandlung . . . . . . . . . . . . . . . . . 8. Rehabilitation und Nachsorge . . . . . . . . . . 9. Weitere Therapiemodalitäten . . . . . . . . . . 10. Palliativmaßnahmen . . . . . . . . . . . . . . . 11. Qualitäts- und Prognosekriterien . . . . . . . . 12. Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13. Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14. Links . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Kapitel 19 Tumoren des Dünndarms . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 259 1. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.1. Risikofaktoren und prämaligne Läsionen . . . . . . . . . . . . . . . 1.1.1. Dünndarmadenome . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.1.2. Peutz-Jeghers-Syndrom . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.1.3. Hereditäres nichtpolypöses kolorektales Karzinom (HNPCC) . . 1.1.4. Morbus Crohn . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.2. Pathohistologie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Diagnostik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.1. Klinische Symptomatik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2. Apparative Diagnostik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Vorbehandlung/präoperative Vorbereitung . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Operative Strategie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.1. Duodenum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.1.1. Adenokarzinom des Duodenums . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.1.2. Papillenadenom, Papillenkarzinom . . . . . . . . . . . . . . . . 4.1.2.1. Partielle Duodenopankreatektomie . . . . . . . . . . . . . 4.1.2.2. Transduodenale Papillektomie . . . . . . . . . . . . . . . 4.1.3. Duodenaladenome bei familiärer adenomatöser Polypose (FAP) 4.1.4. Neuroendokrine Tumoren des Duodenums. . . . . . . . . . . . 4.1.5. Gastrinome . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.1.5.1. Sporadisches Gastrinom . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.1.5.2. MEN-1-Gastrinome . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.2. Jejunum/Ileum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Komplikationsmanagement . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.1. Allgemeine Komplikationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.2. Perioperative Karzinoidkrise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6. Nachbehandlung und Palliativmaßnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . 7. Rehabilitation und Nachsorge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8. Qualitäts- und Prognosekriterien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9. Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10. Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11. Links . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Inhalt
Kapitel 20 Endokrine Tumoren des Pankreas . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 271 1. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.1. Häufigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.2. Ätiologie, Pathogenese . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.3. Entitäten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Insulinome. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.1. Epidemiologie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2. Klinik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.3. Diagnostik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.4. Bildgebung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.5. Operative Therapie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.6. Operationsvorbereitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.7. Operatives Vorgehen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.7.1. Konventionelles, offen chirurgisches Vorgehen . . . . . . . 2.7.2. Laparoskopisches Vorgehen . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.8. Komplikationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.9. Nachsorge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Gastrinome . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.1. Epidemiologie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.2. Klinik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.3. Diagnostik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.4. Konservative Therapie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.5. Operative Therapie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.6. Praktisches Vorgehen im OP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.6.1. Sporadische Gastrinome . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.7. Komplikationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.8. Nachsorge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Nicht-funktionelle endokrine Pankreastumoren (NF-NEPT) . . . . . . 4.1. Epidemiologie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.2. Klinik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.3. Diagnostik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.3.1. Bildgebung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.4. Therapie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.5. Chirurgische Therapie bei sporadischen NF-NEPT . . . . . . . . 4.6. Therapiealternativen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.7. Komplikationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.8. Nachsorge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Therapie endokriner Pankreastumore bei MEN 1 . . . . . . . . . . . . 5.1. MEN-1-assoziiertes Zollinger-Ellison-Syndrom (ZES) . . . . . . 5.2. MEN-1-Insulinom . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.3. Nicht-funktionelle Tumoren (NF-NEPT) beim MEN 1 . . . . . . . 5.4. Laparoskopische Chirurgie MEN-1-assoziierter Pankreastumore . 6. Qualitäts- und Prognosekriterien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7. Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8. Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9. Links . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Kapitel 21 Gastrointestinale Stromatumoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 287 1. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.1. Epidemiologische Daten . . . . . . . . . . 1.2. Pathologie . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.3. Klinische Symptomatik . . . . . . . . . . 2. Diagnostik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.1. Bildgebende Verfahren. . . . . . . . . . . 2.2. Pathologische und molekulare Diagnostik 3. Vorbehandlung (neoadjuvante Therapie) . . . . 4. Präoperative Vorbereitung . . . . . . . . . . . 5. Operative Strategie . . . . . . . . . . . . . . . 6. Komplikationsmanagement . . . . . . . . . . . 7. Nachbehandlung . . . . . . . . . . . . . . . .
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Inhalt
XXI 8. Rehabilitation . . . . . . . . . . . 9. Nachsorge . . . . . . . . . . . . . 10. Weitere Therapiemodalitäten . . 11. Palliativmaßnahmen . . . . . . . 12. Qualitäts- und Prognosekriterien 13. Ausblick . . . . . . . . . . . . . 14. Literatur . . . . . . . . . . . . . 15. Links . . . . . . . . . . . . . . .
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Kapitel 22 Primäre und sekundäre peritoneale Tumoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 297 1. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Pathogenese und Ausbreitungsmuster der Peritonealkarzinose . . . . . . . . . . . . . 3. Die systemische Chemotherapie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Selektionskriterien für eine multimodale chirurgische Therapie . . . . . . . . . . . . . 4.1. Allgemeinzustand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.2. Extraabdominelle Tumormanifestationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.3. Lebermetastasen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.4. Gallengangs- und/oder Ureterstenosen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.5. Dünndarmbeteiligung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.6. Ausmaß der Peritonealkarzinose . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Chirurgische Strategie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.1. Verfahren der Peritonektomie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.2. Hypertherme intraperitoneale Chemotherapie (HIPEC) . . . . . . . . . . . . . . . 5.2.1. Technik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.2.2. Zytostatika . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.2.3. Temperatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.2.4. Volumen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.2.5. Trägerlösung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.2.6. Behandlungsdauer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.2.7. Flow . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6. Morbidität und Mortalität zytoreduktiver Chirurgie bei peritonealer Tumorerkrankung 7. Spezielles therapeutisches Vorgehen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.1. Pseudomyxoma peritonei . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.2. Peritonealkarzinose bei kolorektalem Karzinom. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.3. Peritonealkarzinose bei Magenkarzinom . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.4. Peritonealkarzinose bei Ovarialkarzinom . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.5. Peritoneale maligne Mesotheliome . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8. Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9. Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10. Links . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Kapitel 23 Kolonkarzinom . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 315 1. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.1. Epidemiologie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.2. Karzinogenese . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Diagnostik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.1. Primärdiagnostik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2. Staging . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.3. Risikoevaluation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Vorbehandlung (Neoadjuvante Therapie) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Präoperative Vorbereitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.1. Allgemeine Vorbereitung vor Kolonkarzinomoperationen. . . . . . . 4.2. Darmvorbereitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.3. Perioperative Antibiotikaprophylaxe . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.4. Patientenlagerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Operative Strategie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.1. Karzinome des Zökums und des Colon ascendens . . . . . . . . . . 5.2. Karzinom der rechten Flexur und des proximalen Colon transversum 5.3. Transversumkarzinom . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.4. Tumoren der linken Kolonflexur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Inhalt 5.5. Karzinom des Colon descendens und proximalen Sigma . . 5.6. Tumoren des mittleren und distalen Sigmas . . . . . . . . 5.7. Laparoskopische Kolonresektion beim Karzinom . . . . . . 5.8. Therapeutische Sondersituationen . . . . . . . . . . . . . 5.8.1. Multiviszerale Resektionen. . . . . . . . . . . . . . . 5.8.2. Fernmetastasen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.8.3. Mehrfachkarzinom des Kolorektums . . . . . . . . . . 5.8.4. Begleitende Kolonadenome . . . . . . . . . . . . . . 5.8.5. Karzinom bei Colitis ulcerosa . . . . . . . . . . . . . 5.8.6. Hereditärer Dickdarmkrebs (FAP, HNPCC) . . . . . . . 5.8.7. Karzinomdiagnose am endoskopisch entfernten Polyp 5.8.8. Eingeschränkte Radikalität . . . . . . . . . . . . . . . 6. Komplikationsmanagement . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7. Nachbehandlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8. Rehabilitation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9. Nachsorge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10. Weitere Therapiemodalitäten . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11. Palliativmaßnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12. Qualitäts- und Prognosekriterien . . . . . . . . . . . . . . . . 13. Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14. Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14. Links . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Kapitel 24.1 Rektumkarzinom . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 331 1. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Diagnostik . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.1. Primärdiagnostik . . . . . . . . . . . . 2.2. Staging . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.3. Risikoevaluation . . . . . . . . . . . . 3. Vorbehandlung (neoadjuvante Therapie) . . 4. Präoperative Vorbereitung . . . . . . . . . 5. Operative Strategie . . . . . . . . . . . . . 5.1. Prinzipielle Überlegungen . . . . . . . 5.2. Konventionelles operatives Verfahren . 5.3. Laparoskopische Rektumresektion. . . 5.4. Anastomosentechnik . . . . . . . . . 5.5. Pouchanlage . . . . . . . . . . . . . . 5.6. Stomaanlage . . . . . . . . . . . . . . 6. Komplikationsmanagement . . . . . . . . . 7. Nachbehandlung . . . . . . . . . . . . . . 8. Rehabilitation . . . . . . . . . . . . . . . . 9. Nachsorge . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10. Weitere Therapiemodalitäten . . . . . . . 10.1. Lokale Tumorexzision . . . . . . . . . 10.2. Endoluminale Stents . . . . . . . . . 11. Palliativmaßnahmen . . . . . . . . . . . . 12. Qualitäts- und Prognosekriterien . . . . . 13. Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14. Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15. Links . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Kapitel 24.2 Analkarzinom . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 343 1. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . 1.1. Histologie . . . . . . . . . . . . 1.2. Risikofaktoren . . . . . . . . . . 2. Diagnostik . . . . . . . . . . . . . . . 3. Therapie . . . . . . . . . . . . . . . . 3.1. Radio- und Radiochemotherapie 3.2. Operative Strategie . . . . . . .
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Inhalt
XXIII 3.3. Therapieoptionen beim lokalen Rezidiv und/oder disseminierten Rezidiv nach optimaler Radiochemotherapie und „Salvage“-Chirurgie . . . . . . . . 3.4. Chirurgie bei Komplikationen der Radiochemotherapie . . . . . . . . . 3.5. Palliative Chirurgie, plastische Chirurgie . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Nachsorge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Qualitätskriterien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6. Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7. Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8. Links . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Kapitel 25 Tumoren der Nebenniere. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 351 1. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.1. Embryologie und Anatomie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.2. Hormonsynthese der Nebennierenrinde (NNR) . . . . . . . . . . . . . . . 1.2.1. Kortisol und Aldosteron . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.2.2. Geschlechtshormone . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.2.3. Katecholamine . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Diagnostik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.1 Funktionsdiagnostik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2. Bildgebende Diagnostik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Vorbehandlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Präoperative Vorbereitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Operative Strategie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.1. Interdisziplinäre Zusammenarbeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.2. Operationsausmaß . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.3. Operationszugänge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.3.1. Laparoskopische Technik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.3.2. Der transperitoneale offene Zugang . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.3.3. Der dorsale (retroperitoneale) offene Zugang . . . . . . . . . . . . . 5.4. Besonderheiten in der Therapie der NN-Tumoren . . . . . . . . . . . . . 5.4.1. Tumoren der Nebennieren-Rinde . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.4.1.1. Gutartige Tumoren der Nebennieren-Rinde . . . . . . . . . . . 5.4.1.2. Bösartige Nebennierenrindentumoren . . . . . . . . . . . . . . 5.4.2. Tumoren des Nebennierenmarks . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.4.2.1. Benignes Phäochromozytom . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.4.2.2. Malignes Phäochromozytom und Neuroblastom der Nebeniere . 6. Komplikationsmanagement . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7. Nachbehandlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8. Rehabilitation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9. Nachsorge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10. Weitere Therapiemodalitäten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10.1. Chemotherapie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10.2. Strahlentherapie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11. Palliativmaßnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12. Prognose- und Qualitätskriterien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13. Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14. Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13. Links . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Kapitel 26.1 Prostatakarzinom . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 365 1. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Diagnostik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.1. Früherkennung . . . . . . . . . . . . . . 2.1.1. Digital-rektale Untersuchung . . . 2.1.2. Transrektaler Ultraschall (TRUS) . . 2.1.3. Stanzbiopsie der Prostata . . . . . 2.1.4. Prostataspezifisches Antigen (PSA) 2.1.5. Bildgebung . . . . . . . . . . . . . 2.2. Staging . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.3. Patientenselektion . . . . . . . . . . . .
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Inhalt 3. Vorbehandlung (neoadjuvante Therapie) 4. Präoperative Vorbereitung . . . . . . . 5. Operative Strategie . . . . . . . . . . . 6. Komplikationsmanagement . . . . . . . 6.1. Perioperative Komplikationen . . . 6.2. Spätkomplikationen . . . . . . . . 7. Nachbehandlung . . . . . . . . . . . . 8. Rehabilitation und Nachsorge . . . . . 9. Weitere Therapiemodalitäten . . . . . . 10. Palliativmaßnahmen . . . . . . . . . . 11. Qualitäts- und Prognosekriterien . . . 12. Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . 13. Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . 14. Links . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Kapitel 26.2 Harnblasenkarzinom . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 375 1. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.1. Ätiologie und Risikofaktoren . . . . . . . . . . . . . . . . 1.2. Chemische Karzinogene . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.3. Klassifikation des Harnblasenkarzinoms . . . . . . . . . . 1.4. Histopathologisches Grading . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Diagnostik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Vorbehandlung (neoadjuvante Therapie) . . . . . . . . . . . . . 4. Präoperative Vorbereitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Operative Strategie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.1. Nichtinvasives Blasenkarzinom . . . . . . . . . . . . . . . 5.2. Muskelinvasives Urothelkarzinom . . . . . . . . . . . . . . 5.3. Radikale Zystektomie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.4. Möglichkeiten der Harnableitung . . . . . . . . . . . . . . 5.4.1. Kontinente Harnableitungen . . . . . . . . . . . . . . 5.4.2. Inkontinente Harnableitung . . . . . . . . . . . . . . 6. Komplikationsmanagement . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7. Nachbehandlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8. Rehabilitation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9. Nachsorge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10. Weitere Therapiemodalitäten . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10.1. Instillationstherapie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10.2. Primäre Radiotherapie und Radiochemotherapie . . . . . 11. Palliativmaßnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12. Qualitäts- und Prognosekriterien . . . . . . . . . . . . . . . . 12.1. Rezidiv- und Progressionsrisiko oberflächlicher Tumoren . 12.2. Muskelinvasives Harnblasenkarzinom . . . . . . . . . . . 13. Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14. Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15. Links . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Kapitel 26.3 Nierenzellkarzinom . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 385 1. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Diagnostik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Vorbehandlung (neoadjuvante Therapie) . . . . . . . . . . . 4. Präoperative Vorbereitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Operative Strategie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6. Komplikationsmanagement . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7. Nachbehandlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8. Rehabilitation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9. Nachsorge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10. Weitere Therapiemodalitäten: Minimal invasive Techniken . 11. Palliativmaßnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12. Qualitäts- und Prognosekriterien . . . . . . . . . . . . . .
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Inhalt
XXV 13. Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 388 14. Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 388 15. Links . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 388
Kapitel 26.4 Peniskarzinom . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 389 1. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Diagnostik . . . . . . . . . . . . . . . 3. Vorbehandlung (neoadjuvante Therapie) 4. Präoperative Vorbereitung . . . . . . . 5. Operative Strategie . . . . . . . . . . . 5.1. Nicht-palpable Lymphknoten . . . 5.2. Palpable Lymphknoten . . . . . . . 6. Komplikationsmanagement . . . . . . . 7. Nachbehandlung . . . . . . . . . . . . 8. Rehabilitation . . . . . . . . . . . . . 9. Nachsorge . . . . . . . . . . . . . . . . 10. Weitere Therapiemodalitäten . . . . . 10.1. Strahlentherapie . . . . . . . . . 10.2. Chemotherapie . . . . . . . . . . 11. Palliativmaßnahmen . . . . . . . . . . 12. Qualitäts- und Prognosekriterien . . . 13. Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . 14. Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . 15. Links . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Kapitel 26.5 Hodentumoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 399 1. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Diagnostik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Vorbehandlung (neoadjuvante Therapie) . . . 4. Präoperative Vorbereitung . . . . . . . . . . 5. Operative Strategie . . . . . . . . . . . . . . 5.1. Orchiektomie. . . . . . . . . . . . . . . 5.2. Organerhaltendes operatives Vorgehen . 5.3. Kontralaterale Hodenbiopsie . . . . . . 5.4. Retroperitoneale Lymphadenektomie . . 5.5. Minimal invasive Verfahren . . . . . . . 5.6. Metastasenchirurgie . . . . . . . . . . . 6. Komplikationsmanagement . . . . . . . . . . 7. Nachbehandlung . . . . . . . . . . . . . . . 8. Rehabilitation . . . . . . . . . . . . . . . . . 9. Nachsorge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10. Weitere Behandlungsmodalitäten . . . . . 10.1. Strahlentherapie . . . . . . . . . . . . 10.2. Hochdosis-Chemotherapie . . . . . . . 11. Palliative Maßnahmen . . . . . . . . . . . 12. Qualitäts- und Prognosekriterien . . . . . . 13. Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14. Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15. Links . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Kapitel 27.1 Zervixkarzinom . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 409 1. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Diagnostik . . . . . . . . . . . . . . . . 2.1. Klinische Diagnostik . . . . . . . . 2.2. Tumormarker . . . . . . . . . . . . 2.3. Bildgebende Diagnostik . . . . . . 2.4. Chirurgisches Staging . . . . . . . 3. Vorbehandlung (neoadjuvante Therapie) 4. Operative Strategie . . . . . . . . . . .
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Inhalt 4.1. Operatives Staging, einschließlich des Debulkings tumorbefallener Lymphknoten 4.2. Die radikale Hysterektomie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.3. Radikale Parametrektomie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.4. Fertilitätserhaltende Operation beim frühen Zervixkarzinom . . . . . . . . . . . . 4.5. Primäre Exenteration beim lokal fortgeschrittenen Zervixkarzinom . . . . . . . . 4.6. Operationen beim Rezidiv . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Nachbehandlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6. Rehabilitation und Nachsorge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7. Weitere Therapiemodalitäten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8. Palliativmaßnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9. Qualitäts- und Prognosekriterien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10. Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11. Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12. Links . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Kapitel 27.2 Ovarialkarzinom . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 421 1. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Diagnostik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.1. Bildgebende Diagnostik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2. Tumormarker . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Operative Strategie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.1. Operative Therapie des Frühstadiums (Staging-Operationen) . . 3.1.2. Fertilitätserhaltende Operationen . . . . . . . . . . . . . . 3.2. Operative Therapie des fortgeschrittenen Ovarialkarzinoms . . . 3.2.1. Intervention-Debulking und neoadjuvante Chemotherapie . 3.3. Besonderheiten in der Indikationsstellung . . . . . . . . . . . . 3.4. Antibiotikaprophylaxe und Komplikationsmanagement . . . . . 4. Weitere Therapiemodalitäten: Adjuvante Chemotherapie . . . . . . . 4.1. Indikationen zur zytostatischen Therapie . . . . . . . . . . . . . 4.2. Intraperitoneale Chemotherapie . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Rehabilitation und Nachsorge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6. Qualitäts- und Prognosekriterien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7. Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8. Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9. Links . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Kapitel 27.3 Endometriumkarzinom . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 431 1. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 431 2. Diagnostik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 431 2.1. Klinische Diagnostik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 431 2.2. Pathologisch-anatomische Diagnostik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 432 3. Operative Strategie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 433 3.1. Konventionelle operative Therapie im Stadium I und II . . . . . . . . . . . . . . . 433 3.2. Operative Alternativen zur abdominalen Hysterektomie im Stadium I und II . . . 433 3.3. Minimal invasive operative Techniken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 434 3.4. Operative Therapie im Stadium III und IV . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 436 3.4.1. Operative Therapie bei positiver Peritonealzytologie und Ovarmetastasen (Stadium IIIa) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 436 3.4.2. Lymphknotenmetastasen beim Endometriumkarzinom (Stadium IIIc) . . . . 437 3.5. Indikatorische und therapeutische Besonderheiten . . . . . . . . . . . . . . . . . 437 3.5.1. Sentinelprinzip beim Endometriumkarzinom . . . . . . . . . . . . . . . . . 437 3.5.2. Fertilitätserhaltende Therapie der jüngeren Patientin im Frühstadium . . . . 437 3.5.3. Therapie der älteren Patientin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 437 3.6. Rezidivtherapie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 438 4. Weitere Therapiemodalitäten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 438 5. Nachsorge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 438 6. Qualitäts- und Prognosekriterien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 438 7. Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 438 8. Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 439 9. Links . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 440
Inhalt
XXVII
Kapitel 27.4 Vulvakarzinom . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 441 1. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Diagnostik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.1. Diagnosesicherung . . . . . . . . . . . . 2.2. Bildgebende Diagnostik . . . . . . . . . 2.3. Tumorausbreitung . . . . . . . . . . . . 2.4. Staging . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.5. Sentinel-Node-Biopsie . . . . . . . . . 3. Operative Strategie . . . . . . . . . . . . . . 3.1. Operative Therapie des lokalen Tumors . 3.2. Therapie der fortgeschrittenen Stadien . 3.3. Rezidivbehandlung. . . . . . . . . . . . 4. Komplikationsmanagement . . . . . . . . . . 5. Rehabilitation und Nachsorge . . . . . . . . 6. Qualitäts- und Prognosekriterien . . . . . . . 7. Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8. Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9. Links . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Kapitel 28 Malignes Melanom . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 449 1. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Diagnostik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.1. Allgemeine Diagnosesicherung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2. Klinisch-histologische Subklassifizierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.3. Metastasendiagnostik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Vorbehandlung (neoadjuvante Therapieverfahren) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Präoperative Vorbereitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Operative Strategie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.1. Historische Entwicklung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.2. Aktuelle Sicherheitsabstände . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.3. Lymphknotendissektion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.3.1. Konzeption . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.3.2. Technik der Sentinel-Node-Biopsie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.3.3. Klinische und prognostische Konsequenz der Sentinel-Node-Biopsie . . . . 5.3.4. Lymphknotendissektion bei positivem Sentinel Node . . . . . . . . . . . . . 5.3.5. Lymphknotendissektion bei klinisch manifester Lymphknotenmetastasierung 6. Komplikationsmanagement . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7. Nachbehandlung (Adjuvante Therapieverfahren) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8. Rehabilitation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9. Nachsorge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10. Weitere Therapiemodalitäten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10.1. Isolierte Extremitätenperfusion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10.1.1. Chirurgische Technik bei der ILP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10.1.2. Komplikationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10.2. Intraarterielle Leberinfusionschemotherapie bei hepatischen Metastasen . . . . 10.2.1. Rationale und Erfolgsaussichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10.2.2. Technische Aspekte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10.2.3. Komplikationen und Nebenwirkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11. Palliativmaßnahmen (Metastasentherapie) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11.1. Chirurgische Optionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11.1.1. Hautmetastasen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11.1.2. Fernmetastasen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11.2. Medikamentöse Therapie (Stadium IV) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12. Prognosekriterien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13. Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14. Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15. Links . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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XXVIII
Inhalt
Kapitel 29 Weichgewebssarkome . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 467 1. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Diagnostik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.1. Bildgebende Diagnostik . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2. Bioptische Sicherung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.3. Klassifikation, Graduierung und Stadieneinteilung . . . 3. Vorbehandlung (neoadjuvante Therapie) . . . . . . . . . . . 3.1. Präoperative Strahlentherapie . . . . . . . . . . . . . . 3.2. Präoperative (Thermo-)Chemotherapie . . . . . . . . . 4. Präoperative Vorbereitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Operative Strategie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.1. Sarkome der Extremitäten . . . . . . . . . . . . . . . . 5.2. Sarkome am Übergang zum Körperstamm . . . . . . . 5.3. Sarkome der Thorax- und Bauchwand . . . . . . . . . 5.4. Sarkome des Retroperitoneums . . . . . . . . . . . . . 5.5. Metastasenchirurgie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.5.1. Lymphknotenmetastasen . . . . . . . . . . . . . . 6. Komplikationsmanagement . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7. Nachbehandlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.1. Chemotherapie. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.2. Strahlentherapie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.2.1. Intraoperative Strahlentherapie . . . . . . . . . . 7.2.2. Postoperative Strahlentherapie . . . . . . . . . . 8. Rehabilitation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9. Nachsorge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10. Weitere Therapiemodalität: Isolierte Extremitätenperfusion 11. Palliativmaßnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12. Qualitätskriterien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14. Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15. Links . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Kapitel 30 Primäre und sekundäre Knochentumoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 481 1. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Diagnostik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.1. Primärdiagnostik . . . . . . . . . . . . . . 2.1.1. Anamnese . . . . . . . . . . . . . . 2.1.2. Klinische Untersuchung . . . . . . . 2.1.3. Bildgebende Untersuchung . . . . . 2.1.4. Labordiagnostik . . . . . . . . . . . 2.2. Spezielle Diagnostik . . . . . . . . . . . . 2.2.1. Magnetresonanztomographie (MRT) . 2.2.2. Computertomographie (CT) . . . . . 2.2.3. Szintigraphie . . . . . . . . . . . . . 2.2.4. Angiographie . . . . . . . . . . . . 2.3 Biopsie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.3.1. Geschlossene Verfahren . . . . . . . 2.3.2. Offene Verfahren . . . . . . . . . . . 2.3.2.1. Inzisionsbiopsie . . . . . . . 2.3.2.2. Exzisionsbiopsie . . . . . . . 2.4 Staging . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Vorbehandlung (neoadjuvante Therapie) . . . . 4. Präoperative Vorbereitung . . . . . . . . . . . 4.1. Embolisation . . . . . . . . . . . . . . . . 4.2. Phlebographie . . . . . . . . . . . . . . . 4.3. Ureterschiene . . . . . . . . . . . . . . . 5. Operative Strategie . . . . . . . . . . . . . . . 5.1. Resektion . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.1.1. Intraläsionale Resektion – Kürettage 5.1.2. Marginale Resektion . . . . . . . . . 5.1.3. Weite Resektion . . . . . . . . . . .
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XXIX 5.1.4. Radikale Resektion . . . . . . . . 5.1.5. Amputationen . . . . . . . . . . 5.1.6. Modifizierte Amputationen . . . 5.2. Lokale Adjuvantien . . . . . . . . . . 5.2.1. Phenol . . . . . . . . . . . . . . 5.2.2. Polymethylmetacrylat (PMMA). . 5.2.3. Flüssiger Stickstoff . . . . . . . . 5.3. Rekonstruktion der Knochendefekte . 5.3.1. Autologe Knochentransplantate . 5.3.2. Homologes Knochentransplantat 5.3.3. Artikulierendes Allograft . . . . . 5.3.4. Biologische Rekonstruktion . . . 5.3.5. Composit-Allograft . . . . . . . . 5.3.6. Knochenersatzstoffe . . . . . . . 5.3.7. Verbundosteosynthese . . . . . . 5.3.8. Revisionsendoprothese . . . . . . 5.3.9. Tumorendoprothese . . . . . . . 6. Komplikationsmanagement . . . . . . . . . 7. Nachbehandlung (adjuvante Therapie) . . . 8. Rehabilitation . . . . . . . . . . . . . . . . 9. Nachsorge . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10. Weitere Therapiemodalitäten . . . . . . . 10.1. Radiofrequenzablation . . . . . . . . 10.2. Radiatio . . . . . . . . . . . . . . . 10.3. Embolisation . . . . . . . . . . . . . 10.4. Injektionsbehandlung . . . . . . . . 10.5. Zysten-Dekompression . . . . . . . . 11. Palliativmaßnahmen . . . . . . . . . . . . 12. Qualitäts- und Prognosekriterien . . . . . 13. Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14. Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15. Links . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Autorenverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 495 Index . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 499 Bildnachweis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 515
Kapitel 1
Die Rolle der Chirurgie in der Krebsbehandlung M. Gnant und P. M. Schlag
1. Einleitung
2. Tumorchirurgische Prinzipien
Die chirurgische Tumortherapie ist im interdisziplinären Behandlungskonzept maligner Tumoren ein wichtiger und nach wie vor zentraler Bestandteil. Ihre Rolle ist jedoch einem stetigen Wandel und neuen Anforderungen unterworfen. Abgesehen von den spezifisch fachlichen Fragen in der Behandlung der einzelnen Tumorentitäten treten zunehmend auch strukturelle und ökonomische Überlegungen in den Vordergrund. Diese beinhalten u. a. Fragen der Abgrenzung zwischen versorgungsrelevanter Allgemeinchirurgie und hoch spezialisierter Tumorchirurgie und, damit eng verbunden, welche Eingriffe und Behandlungen dem spezialisierten Krebszentrum vorbehalten bleiben sollten. Einer Klärung bedürfen auch die optimale Sequenz chirurgischer und medikamentöser bzw. radiotherapeutischer Maßnahmen sowie die Kriterien eines verbindlichen risikoadaptierten Benchmarking. Die Beantwortung dieser Fragen erfordert über die chirurgische Technik weit hinausgehende Lösungsansätze und Anstrengungen. Es ist für einige Tumorentitäten zwar gut belegt, dass der chirurgisch-technische Übungsgrad, welcher auch von der Fallzahl behandelter Patienten mit abhängig ist, eine wichtige prognostische Bedeutung besitzt. Allein Präzision und Technik eines chirurgischen Eingriffs bestimmen noch kein umfassend optimales Behandlungsergebnis. Weitere Faktoren, wie eine Reduktion der behandlungsbedingten Morbidität ohne Gefährdung der Heilungsraten sowie die psychosozialen Auswirkungen chirurgisch-onkologischer Eingriffe, müssen ebenso reflektiert wie die notwendige interdisziplinäre Abstimmung bei der Diagnose- und Behandlungsplanung eingehalten werden.
Voraussetzung für die kurative Zielsetzung eines chirurgischen Eingriffs ist in der Regel ein lokal begrenztes Tumorwachstum. Allerdings kann v. a. auch durch die Fortschritte multimodaler Therapie bei einer limitierten Generalisation einer Tumorerkrankung (u. a. singuläre Leber- oder Lungenmetastasen bzw. zirkumskripte Peritonealkarzinose) ein kuratives Behandlungskonzept durchaus noch möglich sein. Die Grenzen zwischen kurativer und palliativer Zielsetzung sind bei einigen tumorchirurgischen Indikationen fließend geworden. Ein radikaler tumorchirurgischer Eingriff setzt die Tumorentfernung im Gesunden (R0-Resektion) voraus. Auch unter multimodaler Therapie ist an diesem Radikalitätsprinzip prinzipiell festzuhalten. Die gute Abstimmung und Eingriffsplanung mittels moderner diagnostischer Techniken sollte dazu beitragen, die Chancen auf eine R0-Resektion zu maximieren. In der Festlegung des Radikalitätsausmaßes müssen aber auch Aspekte der Lebensqualität und der Patientenpräferenz mit einfließen, gerade wenn es z. B. um Gliedmaßenamputation oder kompletten Organverlust geht. Multimodale Behandlungskonzepte sind zwar in der Regel kein Ersatz für die vollständige Entfernung des Primärtumors (R0-Resektion), können aber in speziellen Fällen einer operationstechnisch nicht mehr korrigierbaren R1-Resektion das Risiko einer lokalen Tumorprogression minimieren. Eine korrekte onkologische Resektion beinhaltet die Entfernung des Primärtumors mit ausreichendem Sicherheitsabstand gesunden Gewebes und die anatomisch präferentiell en bloc orientierte Dissektion der regionären Lymphabflusswege. Sowohl bei der Entfernung des Primärtumors als auch der regionären lymphatischen Strukturen ist eine dreidimensionale Sicherheitszone entlang der spezifischen anatomischen Gegebenheiten zu fordern. Das mehrdimensionale Radikalitätsverständnis hat in der modernen Tumorchirurgie die rein numerischen Resektionsabstandskriterien ergänzt.
M. Gnant und P. M. Schlag
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Tumorchirurgische Prinzipien können in Abhängigkeit von Tumorgröße und -lokalisation sowie der technischen Ausrüstung und Expertise prinzipiell auch mit Minimal Invasiver (laparoskopischer oder thorakoskopischer) Chirurgie (MIC) eingehalten werden. Bisher konnte aber nicht belegt werden, dass hierdurch die Prognose der Patienten tatsächlich verbessert wird. Vielmehr besteht die Gefahr, dass bei MIC-spezifischen intraoperativen Schwierigkeiten mit der Notwendigkeit einer Konversion zum offenen Vorgehen sich die Prognose gegenüber einer primär konventionellen Operationstechnik für den Patienten deutlich verschlechtern kann. Dies ist bei der Evaluierung minimal invasiver Operationstechniken gegenüber einer möglichen perioperativen Morbiditätsminderung und einem potenziell gesteigerten perioperativen Patientenkomfort gewissenhaft abzuwägen.
3. Zusammenspiel von Operateur und Pathologe In der Bewertung des chirurgischen Resektionsrandes kommt der intraoperativen Gefrierschnittuntersuchung und damit der Zusammenarbeit zwischen Tumorchirurgen und Pathologen besondere Bedeutung zu. Wenngleich die Gefrierschnittsbeurteilung bei manchen Tumortypen schwierig sein kann und eine spezialisierte Ausbildung und Kenntnisse der Pathologen erfordert, ist das strukturelle Vorhandensein dieser Möglichkeit für eine qualifizierte Tumorchirurgie eine conditio sine qua non. Auch unmittelbar postoperativ ist ein enges Zusammenspiel von Operateur und Pathologe bezüglich einer angemessenen und aussagekräftigen pathologisch-makroskopischen und histologischen Untersuchung des Operationspräparates entscheidend. Eine ausreichende klinische Information, ein Aufspannen des nativen Operationspräparates sowie eine (farbliche) Markierung der Resektionsränder sollte die Arbeit des Pathologen erleichtern. Optimalerweise sollte das Operationspräparat unmittelbar im Frischzustand vom Chirurgen mit dem Pathologen besprochen und gemeinsam zur weiteren pathohistologischen Analyse vorbereitet werden. Dies gilt insbesondere für die dreidimensionale Zuordnung des entfernten Lymphabflussgebietes, wie es z. B. von japanischen Chirurgen routinemäßig praktiziert wird. Dieses Vorgehen trägt wesentlich zu einem exakteren Staging, inklusive R-Klassifikation und damit auch zur Festsetzung der korrekten weiteren (adjuvanten) Therapie bei. Das lymphonodale Staging wird zukünftig durch die intraoperative Sentinel-Node-Detektion weiter optimiert werden. Hierdurch wird v. a.
eine gezielte und ökonomisch vertretbare, subtile histologische Lymphknotendiagnostik (Superstaging) ermöglicht. Inwieweit die hierdurch auch häufiger in den Lymphknoten detektierten isolierten Tumorzellen, ebenso wie der Nachweis von Tumorzellen im Knochenmark oder peripherem Blut, prognostisch relevant und damit von therapeutischer Konsequenz sind, wird derzeit (v. a. auch abhängig von den Tumorentitäten) noch kontrovers eingestuft. Weitere gut geplante, prospektive Studien sind zur Klärung dieser Fragen eine wichtige Aufgabe klinischer Forschung.
4. Onkologische Chirurgie Unbestritten ist, dass eine intraoperative Tumorzellverschleppung vermieden werden muss. Eine Reihe von Maßnahmen sind daher, wenngleich nicht alle evident bewiesen, zu empfehlen. Hierzu zählen die frühe Ligatur abführender Venen und Lymphgefäße (sog. No-touch-isolation-technique), die prinzipielle En-bloc-Resektion des Tumors unter Mitentfernung tumoradhärenter Strukturen, die preliminäre Ligatur von Hohlorganen oral und aboral des Tumors, ggf. in Kombination mit einer intraluminalen oder auch intraperitonealen zytotoxischen Spülung, sowie die strikte Vermeidung einer transläsionalen Resektion oder Eröffnung des Tumors. Diese Maßnahmen können nicht durch eine adjuvante, medikamentöse Therapie, welche sich auf die Bekämpfung okkulter Mikrometastasen bezieht, kompensiert werden. Für die Onkologische Chirurgie ist auch die operative Entfernung von (singulären/solitären) Fernmetastasen ein wichtiges Aufgabenfeld, da hiermit bei selektierten Patienten die Prognose deutlich verbessert werden kann und einige Patienten sogar geheilt werden können. Für die chirurgische Metastasentherapie stehen neben der klassischen Resektion die Laser- oder RF-Ablation sowie verschiedene Techniken der Isolierten Organ- und Extremitätenperfusion, welche meist gleichzeitig in Hyperthermie durchgeführt wird, zur Verfügung. Bei diesen komplexen Verfahren sind selbstverständlich in besonderem Maße das Abwägen von Nutzen und Risiko solcher Eingriffe sowie die zur Verfügung stehenden Alternativen bedeutsam. Unabhängig vom wünschenswerten kurativen Behandlungsansatz muss sich die Tumorchirurgie auch der palliativen Tumortherapie stellen. Hierbei handelt es sich bezüglich Indikationsstellung und -ausmaß um besonders anspruchs- und verantwortungsvolle Eingriffe. Sie haben entweder zum Ziel, durch eine gezielte Zytoreduktion die Effizienz der medikamentösen oder
Kapitel 1
Die Rolle der Chirurgie in der Krebsbehandlung
radioonkologischen Behandlungen zu steigern oder nach deren Ausschöpfung noch eine weitere Behandlungsoption zur Symptomkontrolle zu eröffnen. Hieraus ergibt sich generell, dass Morbidität und Mortalität des in Frage kommenden chirurgischen Eingriffs sorgfältig gegenüber dem zu erwartenden Gewinn abgewogen werden müssen. Es bedeutet aber auch, dass solche Eingriffe eine besondere operationstechnische Erfahrung voraussetzen, um bei den in der Regel stark vorbehandelten und moribunden Patienten mit oft auch eingeschränkter (immunologischer) Abwehrlage deren Situation durch u. U. vermeidbare chirurgische Komplikationen nicht noch zusätzlich zu verschlechtern. Sowohl für kurative als auch für palliative chirurgische Eingriffe ist daher eine kontinuierliche Qualitätskontrolle zu fordern. Die Implementierung von Ergebnisparametern, sei es kurzfristigen, wie perioperative Mortalität und Morbidität, aber auch langfristigen, wie der lokoregionären Rezidiv- und Gesamtüberlebensrate, muss institutionell risikoadjustiert offengelegt werden. Darüber hinaus sind auch Parameter zur Erfassung der Lebensqualität von Patienten während und nach einer Tumortherapie mit zu berücksichtigen. Wenngleich manchmal als bürokratische Last empfunden, ist eine entsprechende Dokumentationskultur von chirurgisch-onkologischen Eingriffen unverzichtbarer Bestandteil modernen Qualitätsmanagements. Eine solche Analyse ist Voraussetzung und Ausgangspunkt für generelle oder individuelle zukünftige Verbesserungen in der operativen und multimodalen Tumortherapie.
5. Chirurgisch-onkologische Zielsetzung Über die allgemeinen und tumorchirurgischen, d. h. onkologisch-chirurgischen Aspekte hinausgehend erwächst dem Chirurgischen Onkologen eine besondere Aufgabe und Verantwortung in der Tumortherapie. Der Chirurgische Onkologe ist ein Onkologe, welcher den chirurgischen Eingriff als eine zwar sehr wichtige, aber eben nur eine unter verschiedenen Behandlungsmethoden sieht, deren Einsatzzeitpunkt und Ausmaß sorgfältig abgewogen werden müssen. Vom onkologischen Gesamtverständnis des Chirurgischen Onkologen ist abhängig, inwieweit über die selbstverständlich einzufordernde chirurgisch-technische Perfektion hinaus er auch zum Mediator des multidisziplinären Teams und damit zum umfassenden Begleiter des Patienten werden kann. Dies setzt voraus, dass der Chirurgische Onkologe auch profundes Wissen über die Möglichkeiten und Limitationen der nicht-chirur-
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gischen, onkologischen Partnerfächer erworben hat. Der Chirurgische Onkologe besitzt auch Professionalität in der Kommunikation mit Tumorerkrankten und deren Angehörigen und bezieht die psychoonkologischen Dimensionen der Erkrankung und der unterschiedlichen Behandlungen bei seinen Entscheidungen und Vorgehensweisen mit ein. Zum Aufgabenspektrum und den speziellen Anforderungen an die Chirurgische Onkologie zählen auch die Beherrschung regionaler interventioneller Therapieverfahren, wie die Isolierte Organ- oder Extremitätenperfusion oder die (Hypertherme) Intra-Peritoneale Chemotherapie (HIPEC) bzw. die Implantation von intravaskulären oder intrakavitären Kathetersystemen. Von einem Chirurgischen Onkologen müssen auch besondere Erfahrungen in der Durchführung spezieller tumorchirurgischer Eingriffe in seinem organspezifischen Tätigkeitsfeld (z. B. Hemipelvektomie, Beckeneviszeration, Pleuropneumektomie) erwartet werden. Auch der Umgang mit hereditären Tumorerkrankungen, welche ein besonderes Verständnis moderner Tumorgenetik und Tumorbiologie mit voraussetzt, erfordert besondere chirurgisch-onkologische Expertise. Die Indikation zu einer prophylaktischen Organentfernung, z. B. bei familiärer Polyposis coli, hereditärem Non-Polyposis-Colorectal-Cancer-(HNPCC)-Syndrom, genetisch bedingtem Mammakarzinom oder medullärem Schilddrüsenkarzinom erfordert nicht nur eine spezielle chirurgisch-technische Schulung, sondern einen multidisziplinären Ansatz unter Einbeziehung einer umfassenden genetischen Beratung und psychologischen Betreuung und Begleitung der Risikoträger und ihrer Familien. Eine solche Expertise erfordert eine strukturierte Ausbildung und ein dediziertes onkologisches Commitment. Wissenschaftliche Herangehensweise und weitsichtig geplante klinische Studien sind wichtige Säulen der Chirurgischen Onkologie. Es gehört hierbei auch zu ihren Aufgaben, dieses Wissen allen Chirurgen, auch denen, welche an nicht spezialisierten Zentren tätig sind, zu vermitteln und zugänglich zu machen. Nur hierdurch kann die verantwortungsbewusste Entscheidung geschärft werden, welche Therapie von wem und wo im Interesse des Patienten am Erfolg versprechendsten durchgeführt werden sollte. Der Chirurgische Onkologe hat somit andere Zielsetzungen und Aufgaben als der Allgemein- oder organspezialisierte Chirurg. Seine Kompetenz ist für ein erfolgreiches Zusammenspiel mit den verschiedenen anderen onkologischen Fachgebieten (u. a. Medizinische Onkologie, Radioonkologie) von großer Bedeutung. Nur hierdurch wird es möglich sein, neue thera-
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M. Gnant und P. M. Schlag
peutische Entwicklungen, wie z. B. molekulare, zielgerichtete Behandlungen („targeted therapies“) frühzeitig in chirurgische Behandlungskonzeptionen einfließen zu lassen (z. B. neoadjuvante Anti-VEGF-Therapie von Lebermetastasen) oder rechtzeitig auf Komplikationen, welche mit solchen Therapien assoziiert sein können (z. B. Tumorblutung unter Imatinib), zu reagieren. Diese neuartigen medikamentösen Behandlungen mit bereits jetzt schon spektakulären Erfolgen werden die Chirurgische Onkologie bereichern, aber auch gleichzeitig vor neue Herausforderungen und Operationsindikationen, v. a. auch bei metastasierter Erkrankung, stellen. Der onkologisch ausgebildete, geprägte und engagierte Chirurg ist auch ein wichtiger Garant für eine adäquate Positionierung und Integration des operativen Fachgebietes in die onkologische translationale Forschung. Vor allem hieraus sind zukünftig die wichtigsten Impulse zur Optimierung der Tumorthe-
rapie zu erwarten. Sie müssen daher gleichberechtigt mit operationstechnischen Innovationen verfolgt und weiterentwickelt werden. Es gibt geglückte und missglückte Beispiele für die Integration von Chirurgen in das geschilderte Netzwerk. Dieses Buch soll dazu beitragen, an möglichst vielen Stellen eine erfolgreiche Umsetzung moderner chirurgisch-onkologischer Konzeptionen in Gang zu setzen und hierbei eine praktische Hilfestellung zu geben.
6. Literatur Eberlein TJ (2006) Assessing the state of surgical oncology: the future is now. Ann Surg Oncol 13: 1345–1353 Pollock RE (2007) Surgical oncology at the crossroads: which way forward oncology. Lancet 8: 182–183 Schlag PM (2005) Brauchen wir Chirurgische Onkologen? Mitteilungen Deutsche Geselllschaft für Chirurgie 3: 258–259
Kapitel 2
Chirurgisches Tumorstaging M. Hünerbein und P. M. Schlag
1. Einleitung Während früher die chirurgische Resektion für die meisten gastrointestinalen Karzinome die einzige sinnvolle Therapieoption darstellte, ist die Notwendigkeit multimodaler Therapiekonzepte für die Behandlung fortgeschrittener Tumoren inzwischen allgemein akzeptiert (Meyer et al., 1996; Siewert et al., 1995). Andererseits werden in den letzten Jahren verstärkt minimal invasive chirurgische Techniken wie die interventionelle Endoskopie oder die laparoskopische Chirurgie für die Therapie von frühen gastrointestinalen Tumoren eingesetzt (Goh et al., 1999; Hiki et al., 2000; Ono et al., 2001). Durch diese Diversifizierung der chirurgischen Therapie gastrointestinaler Tumoren sind die Anforderungen an die präoperative Diagnostik erheblich gestiegen. Ein stadiengerechtes Vorgehen bei der Therapie gastrointestinaler Tumoren erfordert eine akkurate präoperative Diagnostik einschließlich eines umfassenden Stagings. Die Festlegung von Resektabilität und Kurabilität im Rahmen des präoperativen Stagings bildet neben verschiedenen patientenabhängigen Faktoren die rationale Grundlage für die chirurgische Therapieplanung. Das präoperative Staging beinhaltet die systematische Abklärung der Tumorinfiltrationstiefe (T), des Lymphknotenstatus (N) und einer Fernmetastasierung (M) im Rahmen der TNM-Klassifikation der UICC (Adolphs et al., 1997). Fortschritte auf dem Gebiet der radiologischen Diagnoseverfahren mit der Entwicklung der MultidetektorComputertomographie (CT), der kontrastverstärkten Magnetresonanztomographie (MRT) und insbesondere der Positronenemissionstomographie (PET) haben die Erwartungen an eine verbesserte präoperative Diagnostik von Tumoren bisher nur teilweise erfüllt. Einerseits geht die gesteigerte Sensitivität der bildgebenden Verfahren zumeist mit einer deutlichen Abnahme der Spezifität, d. h. einem Anstieg von falsch positiven Befunden, einher. Daher bleibt auf Grund der hohen klinischen Relevanz einer Fernmetastasierung, die zu
einem rein palliativen Therapiekonzept führen kann, vor einer definitiven Therapieentscheidung eine histologische Sicherung der Metastasierung obligat. Auf der anderen Seite entgehen trotz der verbesserten Sensitivität moderner bildgebender Verfahren kleinvolumige Tumormanifestationen, insbesondere die Peritonealkarzinose, häufig der präoperativen Diagnostik. Wegen dieser Problematik wird bei 20-30 % der Patienten mit einem gastrointestinalen Tumor die Operation auf Grund der fehlenden kurativen Therapieoption als explorative Laparotomie beendet. Diese Eingriffe gehen bekanntermaßen mit einer erheblichen Morbidität und Mortalität einher. Insbesondere im Hinblick auf die Verfügbarkeit effektiver multimodaler (neoadjuvanter) Therapieformen ist diese Situation unbefriedigend und hat die Suche nach diagnostischen Alternativen befruchtet. Im Rahmen des chirurgischen Tumorstagings werden inzwischen vorwiegend minimal invasive Techniken wie die Laparoskopie, Thorakoskopie und Mediastinoskopie eingesetzt. Diese Verfahren haben die offene chirurgische Exploration nahezu vollständig abgelöst. Moderne Videoendoskopie-Systeme und laparoskopische Instrumente ermöglichen eine erhebliche Traumareduktion des operativen Eingriffes nicht alleine durch die Verkleinerung des Zugangsweges zur Abdominalhöhle, sondern auch durch exzellente Exposition der Anatomie mit der Möglichkeit einer subtileren Präparation.
2. Staging-Laparoskopie Die Minimal Invasive Chirurgie hat sich in verschiedenen chirurgischen Fachgebieten als wertvolle Alternative zur konventionellen Chirurgie etabliert. Ein entscheidender Faktor hierfür ist die Reduktion des chirurgischen Traumas durch Verkleinerung des Zugangsweges zum Abdomen. Inzwischen konnte vielfach gezeigt werden, dass die technischen Errungenschaften der Minimal Invasiven Chirurgie sich insbesondere durch Reduktion der perioperativen Morbidität
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positiv auf die klinischen Ergebnisse verschiedener Operationen auswirken. Nach der Einführung moderner bildgebender Verfahren war die diagnostische Laparoskopie zwischenzeitlich nahezu komplett verlassen worden. Die Popularität laparoskopischer Operationsverfahren hat in den letzten Jahren ein zunehmendes Interesse an den diagnostischen Fähigkeiten der Laparoskopie, insbesondere im Hinblick auf das Tumor-Staging, induziert.
2.1. Technik der Staging-Laparoskopie Nach Anlage eines Pneumoperitoneums mit der Verress-Nadel erfolgt die Platzierung von 2–3 Trokaren im Verlauf der für die spätere Resektion geplanten Schnittführung (Abb. 2.1). Zunächst wird der Optiktrokar supraumbilikal gesetzt. Weitere Trokare werden nach Bedarf unter Sicht in den rechten bzw. linken oberen Quadranten sowie in den epigastrischen Winkel eingebracht. Der weitere Ablauf der StagingLaparoskopie erfolgt schrittweise (Abb. 2.2). Man beginnt mit der systematischen Inspektion des parietalen und viszeralen Peritoneums. Zunächst werden das Diaphragma und die Leber beurteilt, wobei beide Leberlappen sowohl visuell als auch palpatorisch mit dem Taststab untersucht werden. Die Unterfläche des linken Leberlappens wird nach Anheben mit dem Taststab exploriert. Bei diesem Manöver wird auch das Ligamentum hepatoduodenale im Hinblick auf suspekte Lymphknoten inspiziert. Im Uhrzeigersinn wird die Optik in den Unterbauch geschwenkt, wobei der Dünndarm und das linke Hemikolon beurteilt werden. In Trendelenburglagerung wird der Dünndarm nach kranial verlagert, um das kleine Becken einschließlich Rektum, Iliakalgefäßen sowie Uterus und Adnexen zu beurteilen. In diesem Rahmen wird eine Spülzytologie aus dem Douglas’schen Raum entnommen. Oberflächliche suspekte Herde der Leber oder des Peritoneums werden exzidiert oder biopsiert (Abb. 2.3). Nach Abschluss von Inspektion und Biopsieentnahme wird die apparative Diagnostik, d. h. insbesondere die laparoskopische Sonographie, durchgeführt. Hierfür wird im Allgemeinen eine hochfrequente (7,5-10 MHz) lineare Ultraschallsonde mit einem Durchmesser von 10 mm eingesetzt. Im Rahmen der laparoskopischen Ultraschalluntersuchung erfolgt eine systematische Untersuchung der Leber zum Nachweis bzw. Ausschluss einer Lebermetastasierung (Abb. 2.4). Es werden Größe, Anzahl und Lokalisation der Metastasen sowie die Beziehung zu V. cava, Lebervenen und Pfortader dokumentiert. Die intraabdominellen Lymphkno-
Abb. 2.1. Die Platzierung der Trokare bei der Staging-Laparoskopie erfolgt im Verlauf der potenziellen Schnittführung für die Resektion.
tenstationen werden in Abhängigkeit von ihrer Therapierelevanz für den vorliegenden Primärtumor gezielt sonographisch untersucht. Beim Ösophaguskarzinom
1. Inspektion des Situs
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2. Apparative Diagnostik mit • laparoskopischer Sonographie • ggf. Fluoreszenzdiagnostik
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3. Erweiterte präparatorische Exploration • Eröffnung der Bursa omentalis • Lymphknoten-Darstellung
-
4. Bioptische Diagnostik • Stanzbiopsie • exzisionale Tumorbiopsie • Sentinel-Node-Biopsie Abb. 2.2. Diagnostische Schritte der Staging-Laparoskopie
Kapitel 2
Chirurgisches Tumorstaging
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S
P a
L M
O b
Abb. 2.3. Laparoskopischer Aspekt eines kleinen Peritonealkarzinoseherdes (Pfeil) beim Magenkarzinom. L) Leber, O) Omentum majus, M) Magenwand, P) Peritoneum
handelt es sich um die Lymphknoten an der A. hepatica, deren Befall nach der UICC-Klassifikation bei den meisten Tumorentitäten als Fernmetastasierung gewertet wird. Ebenfalls wird bei potenziell resektablen Lebermetastasen gezielt das hepato-duodenale Ligament aufgesucht, um Lymphknotenmetastasen und damit eine extrahepatische Tumormanifestation auszuschließen. Beim Magen- und Pankreaskarzinom wird eine orientierende Untersuchung der perigastrischen, peripankreatischen und paraaortalen Lymphknoten durchgeführt. Neben der Metastasensuche erfolgt sonographisch die Beurteilung der lokalen Tumorausdehnung. Dabei wird die Beziehung des Primärtumors zu anderen Organen oder Gefäßen im B-Bild und unter Verwendung des Farbdopplers dokumentiert. Unter dieser Fragestellung wird die Sonographie hauptsächlich beim Pankreaskarzinom eingesetzt, um eine Infiltration bzw. Ummauerung von Pfortader, A. und V. mesenterica oder Truncus coeliacus auszuschließen. Die sonographisch geführte laparoskopische Stanzbiopsie ist sehr hilfreich für die Biopsie von nichtoberflächlichen Lebermetastasen sowie Lymphknotenmetastasen und kann wesentlich dazu beitragen, aufwändige Präparationen in Gefäßnähe zu vermeiden. Neben der laparoskopischen Sonographie werden verschiedene innovative Techniken für die intraoperative Diagnostik, wie z. B. die photodynamische Diagnostik (PDD) nach Applikation von Photosensibilisatoren (5-ALA), derzeit wissenschaftlich untersucht. Wenn nach dieser zweiten Phase der Laparoskopie noch keine abschließende Klärung von Resektabilität und Kurabilität er-
Abb. 2.4. Staging-Laparoskopie unter Anwendung des laparoskopischen Ultraschalls (LAPUS) zur LebermetastasenDiagnostik: a) Monitorbild zur visuellen Lagekontrolle der Ultraschallsonde (S) b) Sonographische Darstellung einer suspekten Leberläsion (Pfeil)
zielt worden ist, kann eine minimal invasive chirurgische Exploration angeschlossen werden. Beim Magenkarzinom kann zum Ausschluss einer Infiltration in das Pankreas z. B. die Bursa omentalis über eine Inzision des Ligamentum gastrocolicum exploriert werden (Abb. 2.5). Bei Tumoren des gastroösophagealen Überganges können die Zwerchfellschenkel laparoskopisch inspiziert und ggf. präparatorisch dargestellt werden.
Abb. 2.5. Detektion einer limitierten Peritonealkarzinose (Pfeil) im Rahmen der laparoskopischen Bursaexploration bei Magenkarzinom. P) Pankreaskapsel, DM) Dorsale Magenwand
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2.2. Ergebnisse der Staging-Laparoskopie Inzwischen wird in verschiedenen chirurgischen Zentren die diagnostische Laparoskopie routinemäßig zum Staging gastrointestinaler Tumoren eingesetzt. Bereits 1989 wurde eine prospektive Untersuchung an 90 Patienten mit Ösophagus- bzw. Kardiakarzinomen publiziert, in welcher die Staging-Laparoskopie eine signifikant höhere Sensitivität für die Detektion einer intraabdominellen Tumordissemination, d. h. einer Peritonealkarzinose oder Lebermetastasierung, als die transkutane Sonographie (p < 0,01) oder Computertomographie (p < 0,02) zeigte (Watt et al., 1989). Trotz der technischen Weiterentwicklung der bildgebenden Verfahren wurde auch in aktuellen Untersuchungen die Überlegenheit der Laparoskopie in der Diagnostik intraabdomineller Metastasen von gastrointestinalen Tumoren festgestellt (D’Ugo et al., 1996). Hauptindikation sind lokal fortgeschrittene Tumoren der Kardia, des Magens und des Pankreas. Obwohl teilweise eine ausgedehnte präoperative Diagnostik durchgeführt wurde, konnte in mehreren Studien durch die StagingLaparoskopie eine intraabdominelle Metastasierung bei etwa 20–30 % der Patienten neu diagnostiziert werden (Feussner et al., 1997; Kriplani et al., 1991; Lightdale et al., 1992; Rau et al., 1995; Warhaw et al., 1986). Die Staging-Laparoskopie kombiniert mit laparoskopischem Ultraschall ist bei sorgfältiger Indikationsstellung zur Zeit die effektivste Methode für das präoperative Staging gastrointestinaler Tumoren und kann entscheidend zur Reduktion der Rate an explorativen Laparotomien beitragen. Obwohl schwere Komplikationen der Staging-Laparoskopie selten sind, muss angemerkt werden, dass die Staging-Laparoskopie mit einer geringen Morbidität (3–5 %) und Letalität (0,1 %) assoziiert ist (Hünerbein et al., 2001). Dieses wird jedoch durch die Reduktion der Rate von explorativen Laparotomien, die bekanntermaßen mit einer wesentlich höheren Komplikationsrate einhergehen, durchaus aufgewogen. Ein weiteres Problem der Staging-Laparoskopie sind die in Einzelfällen beschriebenen Portmetastasen, deren Inzidenz jedoch offensichtlich geringer ist als bisher angenommen (Paolucci et al., 1999). In unserem Krankengut wurde bisher bei keinem der später kurativ resezierten Patienten eine Port-Metastase beobachtet. Insbesondere im Hinblick auf die zunehmende Verbreitung der Staging-Laparoskopie und die teilweise erhebliche Morbidität und Mortalität konventioneller Palliativoperationen sind laparoskopische Palliativeingriffe auf zunehmendes Interesse gestoßen. Die Anlage einer Gastro-Entero-Anastomose als häufigster Palliativein-
griff beim irresektablen distalen Magenkarzinom oder Pankreaskarzinom stellt derzeit technisch in der laparoskopischen Chirurgie keine allzu große Herausforderung mehr dar (Cuschieri et al., 1998; Park et al., 1999; Rau et al., 1996; Saeger et al., 1997). Definitive Zahlen darüber, inwieweit durch minimal invasive Chirurgie ein ausreichender und anhaltender Palliativeffekt erreicht werden kann, sind bisher nicht verfügbar.
3. Mediastinoskopie Zur Festlegung des Therapiekonzeptes beim nichtkleinzelligen Bronchialkarzinom ist das Staging der mediastinalen Lymphknotenstationen essentiell. Bei Befall der N2 Lymphknoten (UICC Stadium IIIA) wird eine präoperative Radiochemotherapie empfohlen. Bildgebende Verfahren wie CT und MRT besitzen nur eine limitierte Genauigkeit (70–80 %) in der Klassifikation der zervikalen Lymphknoten (Kramer et al., 2003). Neben dieser Methode kommen neuerdings interventionelle endoskopische Verfahren wie die transbronchiale Feinnadelaspirationsbiopsie und die transösophageale endosonographiegestützte Biopsie zum Einsatz. Beide Methoden erlauben jedoch lediglich den Zugang zu einer begrenzen Anzahl von Lymphknotenstationen und beinhalten die Problematik der zytologischen Probenbeurteilung. Seit kurzem wird die Positronenemissionstomographie (PET) erfolgreich für das mediastinale Lymphknotenstaging beim Bronchialkarzinom angewandt und gewinnt zunehmend an Akzeptanz. Mittels PET wurde in prospektiven Studien eine Genauigkeit von deutlich über 80 % für die Beurteilung des mediastinalen Lymphknotenstatus erzielt (Kelemen et al., 2000; Kramer et al., 2003). Die Mediastinoskopie gilt jedoch weiterhin als Standardmethode zur histologischen Abklärung des mediastinalen Lymphknotenstatus beim Bronchialkarzinom (s. Kapitel 10). Die Mediastinoskopie wird in den technischen Variationen der zervikalen Mediastinoskopie, erweiterten zervikalen Mediastinoskopie und anterioren Mediastinoskopie durchgeführt. Die Mediastinoskopie erfolgt in Allgemeinnarkose unter Verwendung einer Videooptik. Für die zervikale Mediastinoskopie wird über einen kleinen Schnitt ca. 2 cm oberhalb des Jugulums ein Zugang zum Mediastinum geschaffen. Unter Sicht wird durch stumpfe Dissektion des peritrachealen Gewebes ein Tunnel bis auf Höhe der Trachealbifurkation geschaffen. Es können Biopsien aus den Lymphknotenstationen 2, 4 und 7 entnommen werden. Die erweiterte Mediastinoskopie wird insbesondere bei Tumoren des linken Oberlappens durchgeführt. Zu-
Kapitel 2
Chirurgisches Tumorstaging
sätzlich zur zervikalen Mediastinoskopie wird hier der prävaskuläre substernale Raum mit den präaortalen Lymphknoten (Station 6) und dem aortopulmonalen Fenster (Station 5) dargestellt. Bei der anterioren Mediastinoskopie wird ein parasternaler Zugang linksseitig im dritten Interkostalraum gewählt. Dabei muss die A. mammaria interna sorgfältig geschont werden. Es können die Lymphknotenstationen 5 und 6 evaluiert werden. Durch die mediastinoskopische Biopsie kann der Lymphknotenstatus des Bronchialkarzinoms in mehr als 90 % der Fälle korrekt bestimmt werden. Die Morbidität und Mortalität der Mediastinoskopie sind mit ca. 1,5 % bzw. weniger als 0,5 % durchaus akzeptabel (Semik et al., 2004; Toloza et al., 2003). Als Hauptkomplikationen sind Pneumothorax, Blutung und die Verletzung mediastinaler Strukturen einschließlich des N. laryngeus recurrens zu nennen.
4. Thorakoskopie Die videoassistierte Thorakoskopie (VATS) erlaubt die chirurgische Exploration des betroffenen Hemithorax über einen minimal invasiven Zugangsweg. Die Thorakoskopie erfolgt in Seitenlage und unter Doppellumenintubation mit einem Carlens-Tubus zur seitengetrennten Beatmung. Sollte es trotz korrekter Lage des Tubus nicht zu einem ausreichenden Kollaps des Lungenflügels kommen, ist eine Insufflation von CO²Gas bis zu einem Druck von 5 mmHg oft hilfreich. Bei der VATS erfolgt der Zugang über eine interkostale Minithorakotomie ohne Rippenspreizung, wodurch das Weichteiltrauma reduziert und eine Rippenfraktur vermieden wird. Zunächst wird der 10 mm Optik-Port im 8. ICR in der mittleren Axillarlinie eingebracht. Weitere Ports können unter optischer Kontrolle nach Bedarf z. B. im 5. ICR eingeführt werden. Neben der Inspektion der viszeralen und parietalen Pleura können Lunge, Mediastinum und Ösophagus untersucht werden. Die Hauptindikationen für die Staging-Thorakoskopie bestehen in der Abklärung einer pulmonalen Metastasierung bei Patienten mit einem gastrointestinalen Tumor, einem Sarkom oder seltener einem Bronchialkarzinom (Rau et al., 1998). In der Computertomographie dargestellte periphere Rundherde, die Kontakt zur Pleura haben, können ab einer Größe von etwa 2–3 mm nahezu immer thorakoskopisch identifiziert (Abb. 2.6) und durch eine Wedge-Resektion mit dem Endo-GIA entfernt werden. Problematischer ist die Detektion von subpleuralen Herden. Ab einer Größe von 1 cm können solche Rundherde mit einem Taststab oft taktil nachgewiesen werden, wenn die
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Abb. 2.6. Thorakoskopischer Aspekt des hinteren Mediastinum mit Ösophagus (oes) und V. azygos (hohler Pfeil) sowie einer Lungenmetastase (weißer Pfeil)
Distanz zur Pleura nicht mehr als 1–2 cm beträgt. Die thorakoskopische Sonographie ist wegen des luftgefüllten Lungengewebes nur eingeschränkt weiterführend. Eine präoperative CT-gestützte Markierung mit einem Hakendraht erhöht jedoch deutlich die Chance, einen okkulten Rundherd aufzufinden und vermindert damit die Notwendigkeit einer Thorakotomie. Eine thorakoskopische Resektion von peripheren Lungenrundherden bis zu einer Größe von 3 cm ist meistens technisch ohne Probleme realisierbar. Die Bergung des Präparates sollte prinzipiell mit einem Bergebeutel erfolgen, um eine Kontamination der Trokarstellen zu vermeiden. Bei solitären Herden ist eine intraoperative Schnellschnittuntersuchung nicht zwingend erforderlich, wenn sich im Resektat palpatorisch eindeutig ein Korrelat nachweisen lässt. Bei Entfernung eines von mehreren Rundherden sollte jedoch eine Schnellschnittuntersuchung durchgeführt werden, damit eine Entnahme von nicht-repräsentativem Material ausgeschlossen werden kann. Bei etwa 80 % der Patienten kann die Diagnosesicherung primär thorakoskopisch erfolgen, während bei 20 % der Fälle eine Konversion zur Thorakotomie notwendig wird (Forse et al., 1993; Rieger et al., 1997). Ebenso ist die Staging-Thorakoskopie zum Ausschluss bzw. Nachweis einer Pleurakarzinose bei Patienten mit Verdacht auf einen malignen Pleuraerguss sowie zur Ausbreitungsdiagnostik des Pleuramesothelioms sinnvoll. Auch die verschiedenen Kompartimente des Mediastinums sind einer thorakoskopischen Exploration zugänglich. Dementsprechend ist ein Staging der ipsilateralen mediastinalen Lymphknotenstationen möglich. Neben allen anderen Stationen können die mediastinoskopisch nicht erreich-
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M. Hünerbein und P. M. Schlag
baren paraösophagealen Lymphknoten (Station 8) und das Ligamentum pulmonale (Station 9) abgeklärt werden. Obwohl der Einsatz der Videothorakoskopie für das lokoregionäre Staging des Ösophaguskarzinoms in der Literatur beschrieben wird, ist der generelle Nutzen fraglich, da die endoskopische Resektabilität sicher nicht ausreichend beurteilt werden kann und die periösophagealen Lymphknoten keine therapeutische Relevanz haben. Die Komplikationsrate der Staging-Thorakoskopie ist mit < 3 % vertretbar, wobei schwere Komplikationen, wie z. B. Parenchymfisteln der Lunge, selten sind (Forse et al., 1993; Rieger et al., 1993).
5. Literatur Adolphs HD, Amberger H, Arnal MLBRP, Berger H, Biedermann CBK, Bokelmannn D, Brandeis WE (1997) TNMAtlas 4: 1–275 Cuschieri SA, Jakimowicz JJ (1998) Laparoscopic pancreatic resections. Semin Laparosc Surg 5: 168–179 D’Ugo DM, Coppola R, Persiani R, Ronconi P, Caracciolo F, Picciocchi A (1996) Immediately preoperative laparoscopic staging for gastric cancer. Surg Endosc 10: 996–999 Feussner H, Kraemer SJ, Siewert JR (1997) Staging Laparoskopie. Chirurg 68: 201–209 Forse RA, Babineau T, Bleday R, Steele GJ (1993) Laparoscopy/thoracoscopy for staging: I. Staging endoscopy in surgical oncology. Semin Surg Oncol 9: 51–55 Goh PM, So JB (1999) Role of laparoscopy in the management of stomach cancer. Semin Surg Oncol 16: 321– 326 Hiki Y, Sakuramoto S, Katada N, Shimao H (2000) Kombiniertes laparoskopisch-endoskopisches Vorgehen beim Magenkarzinom. Chirurg 71: 1193–1201 Hünerbein M, Rau B, Hohenberger P, Schlag PM (2001) Zum Stellenwert der laparoskopischen Sonographie für das Staging gastrointestinaler Tumoren. Chirurg 72: 914–919 Kelemen JJ, Naunheim KS (2000) Minimally invasive approaches to mediastinal neoplasms. Semin Thorac Cardiovasc Surg 12: 301–306 Kramer H, Groen HJ (2003) Current concepts in the mediastinal lymph node staging of nonsmall cell lung cancer. Ann Surg 238: 180–188 Kriplani AK, Kapur BM (1991) Laparoscopy for pre-operative staging and assessment of operability in gastric carcinoma. Gastrointest Endosc 37: 441–443
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Kapitel 3
Metastasen bei unbekanntem Primärtumor: CUP-Syndrom A. Kretzschmar und P. M. Schlag
1. Einleitung Wird bei einem Patienten mit nachgewiesener metastasierter Tumorerkrankung durch ein diagnostisches Basisprogramm kein Primärtumor gefunden, so handelt es sich um eine Metastasierung bei unbekanntem Primärtumor. Dieses Krankheitsbild wird als CUP-Syndrom (Cancer of Unknown Primary oder Carcinom bei Unbekanntem Primärtumor) bezeichnet. Anliegen dieses Kapitels ist es zu vermitteln, dass nicht die endlose Suche nach einem Primärtumor, sondern die Anerkennung der Diagnose CUP nach einem angemessenen diagnostischen Programm für die Patienten (mit einer häufig sehr ernsten Prognose) entscheidend ist. Das Ziel der diagnostischen Bemühungen sind Resultate mit therapeutischen Konsequenzen. Im Verlauf der Untersuchungen kann ein individueller Patient zwischen den Bereichen vermutetes CUP-Syndrom, definiertes CUP-Syndrom, CUP-Syndrom mit einer spezifischen Arbeitsdiagnose oder aber – eher selten – dann doch metastasierte Erkrankung bei einem entdeckten Primärtumor wechseln. Es ist die zentrale Aufgabe des betreuenden Ärzteteams, dass zügig und gezielt angemessene und schonende Untersuchungen eingesetzt werden, um eine befund- und prognosegerechte Therapie einzuleiten. Sowohl eine langwierige Überdiagnostik als auch die Verkennung von gut und spezifisch behandelbaren Krankheitssituationen kann sich nachteilig für den Patienten auswirken.
2. Epidemiologie Das CUP-Syndrom macht etwa 3–5 % aller bösartigen Neubildungen aus, die Inzidenz wird mit etwa 6– 9/100 000 angegeben (van de Wouw et al., 2002). Angaben für Deutschland sind vermutlich weniger valide als für Staaten mit Krebsregister und liegen dort bei etwa 7 % (Neumann, 1988; Pavlidis et al., 2003). Der Erkrankungsgipfel liegt im 5. bis 6. Lebensjahrzehnt,
wobei Männer etwas häufiger als Frauen betroffen sind (Pavlidis et al., 2005).
3. Pathophysiologie und Krankheitsausmaß Beim CUP-Syndrom handelt es sich um ein heterogenes Krankheitsbild. Als wesentliches biologisches Charakteristikum geht man von einer atypischen Wachstumskinetik aus, das heißt, die Metastasen wachsen schneller als der Primärtumor. Beim überwiegenden Teil der Patienten (etwa 80 %) mit CUPSyndrom liegt zum Zeitpunkt der Diagnosestellung bereits eine weit disseminierte Erkrankung vor, es gibt jedoch auch Fälle mit „solitären“ Metastasen in einem Organsystem oder aber ausschließlich regionären Lymphknotenmetastasen. Gemäß einer retrospektiven Zusammenfassung von älteren Serien von Patienten mit CUP konnte prämortal etwa jeder fünfte CUP-Fall hinsichtlich seines Ausgangspunktes geklärt werden und auch eine Obduktion deckte dann nur bei einem Drittel der Verstorbenen den Primärtumor auf (Pavlidis et al., 2003). Hierbei ergab sich, dass der post mortem entdeckte Primärtumor im Falle eines CUP-Syndroms einen anderen bevorzugten Metastasierungsweg hatte im Vergleich zu entsprechenden Fällen bei bekanntem Primärtumor. Während bei Patienten mit fortgeschrittenem Pankreaskarzinom nur in etwa 5–10 % der Fälle Skelettmetastasen diagnostiziert werden, hatten die Pankreaskarzinome, die post mortem als Primärtumor eines CUP-Syndroms aufgedeckt wurden, in etwa 30–40 % der Fälle Skelettmetastasen. Die Häufigkeitsverteilung der post mortem entdeckten Primärtumoren, die für ein CUP-Syndrom verantwortlich sind, unterscheidet sich erheblich von den allgemeinen Inzidenzen der entsprechenden Erkrankungen (Pankreaskarzinome häufiger, Mamma- und Kolorektalkarzinome seltener, Tabelle 3.1).
14
A. Kretzschmar und P. M. Schlag Tabelle 3.1. Verteilung von identifizierten Primärtumoren beim CUP-Syndrom Ort
Häufigkeit in %
Lunge
20–30
Pankreas
15–25
Leber/Gallenwege
5–13
Kolon/Rektum
3–10
Undifferenzierte Karzinome
Adenokarzinome
30 % 50 % 15 % 5%
Sonstige Histologien
4. Histologie Adenokarzinome machen etwa 45–60 % und undifferenzierte Karzinome 20–30 % der Fälle aus. Das Plattenepithelkarzinom wird in 15–20 % der CUP-Fälle diagnostiziert (Abb. 3.1). Werden die Fälle mit zervikalen Lymphknotenmetastasen – eine Subgruppe mit spezifischer Therapieoption und günstiger Prognose – ausgeschlossen, sinkt der Anteil der Plattenepithelkarzinome auf unter 5 %. Bei etwa 3–5 % der Tumoren kann eine neuroendokrine Differenzierung diagnostiziert werden (Pavlidis et al., 2005). Während durch Einsatz der Immunhistologie relativ sicher maligne Lymphome identifiziert werden und die eher seltenen Fälle von Metastasen eines Sarkoms, Mesothelioms und Melanoms von denen der epithelialen Tumoren abgegrenzt werden können, ist eine definitive Zuordnung zu einem bestimmten Primärtumor innerhalb der Gruppe der Karzinome durch die Immunhistologie wesentlich schwieriger, selbst wenn die Marker-
Tabelle 3.2. Tumortyp und typische Marker der Immunhistologie Karzinom
Cytokeratin, EMA
Lymphom
CLA, EMA (±)
Neuroendokriner Tumor
Chromogranin, Synaptophysin, Cytokeratin, EMA, NSE
Melanom
S-100, HMB-45, Vimentin, NSE
Keimzelltumor
Cytokeratin, EMA, HCG, AFP
Sarkom
Vimentin, Desmin, Factor VIII
Prostatakarzinom
PSA, Cytokeratin, EMA
Mammakarzinom
Cytokeratin, EMA, ER, PR
Schilddrüsenkarzinom
Thyroglobulin, Cytokeratin, EMA, Calcitonin
Plattenepithelkarzinome
Abb. 3.1. Prozentuale Verteilung der histologischen Befunde bei CUP-Syndrom
profile (Tabelle 3.2) eine entsprechende Entität favorisieren (Pomjanski et al., 2005). Therapeutisch kann der Vorschlag des Pathologen für die Festlegung einer Arbeitsdiagnose hilfreich sein. Um Karzinome weiter einzugrenzen haben sich neben den Steroidrezeptoren folgende immunhistochemische Marker bewährt: CK7, CK20, CDX2, CK5/6, und TTF-1.
5. Prognose Die Prognose der Patienten mit CUP-Syndrom, für das gesamte heterogene Krankheitsbild zusammengefasst, ist mit einer medianen Lebenserwartung von unter 1 Jahr als ernst einzustufen. Sie wird durch den großen Anteil der Patienten mit disseminierter Erkrankung und Adenokarzinom oder undifferenziertem Karzinom bestimmt. Werden alle Patienten mit CUP in einer Population erfasst, ist die mediane Lebenserwartung mit etwa 3 Monaten deutlich geringer (van de Wouw et al., 2002) als die Ergebnisse aus den diversen Phase-II-Studien, da hier bereits der Einschluss in die Studie zu einem Selektions-Bias geführt hat. Aus derartigen Studien lassen sich mediane Überlebenszeiten von 7 bis 11 Monaten ermitteln (van de Wouw et al., 2002; Greco et al., 2002; Hübner et al., 2005). Das entspricht in etwa den Behandlungsergebnissen bei den metastasierten Karzinomerkrankungen Magenkarzinom, Pankreaskarzinom oder Bronchialkarzinom. Hingegen kann heute bei metastasierten kolorektalen Karzinomen oder Mammakarzinomen ein medianes Überleben von etwa zwei Jahren erreicht werden. Diagnostisch und vor allem therapeutisch entscheidend ist jedoch eine kleine Subgruppe von Patienten mit deut-
Kapitel 3
Metastasen bei unbekanntem Primärtumor
15
Tabelle 3.3. Prognostische Gruppen bei CUP-Syndrom (nach Hübner et al., 2006 u. 1990)
1
Gruppe I: Primär lokalisierte Erkrankung
Gruppe II: Primär disseminierte Manifestation
Gruppe III: Primär infauste Prognose
Definition
Eine solitäre nichtlymphatische Metastase oder Lymphknotenmetastasierung in nur einer Lymphknotenregion
Primär disseminierter Organbefall +/– Lymphknotenbefall. Keine Kriterien der Gruppe III
Primär disseminierter Organbefall +/– Lymphknotenbefall und biologisches Alter über 70 Jahre und reduzierter Allgemeinzustand mit Karnofsky-Index < 50 % (siehe Tabelle 3.4).
MÜZ1
20 Monate
7 Monate
3 Monate
5-JÜR2
30–35 %
5%
kein Patient lebt länger als 2 Jahre nach Diagnosestellung.
Mittlere Überlebenszeit, 2 5-Jahres-Überlebensrate
lich günstigerer Prognose und sogar kurativer Chance. Für diese ergibt sich bei angemessener Diagnostik und Therapie eine 5-Jahres-Überlebensrate von 5 bis 15 % (Hübner et al., 2006) (Abb. 3.2 und Tabelle 3.3). Verschiedene Arbeitsgruppen haben prognostische Scores für Patienten mit CUP-Syndrom erarbeitet, in die auch Allgemeinzustand und Alter mit eingehen. Die prämortale Sicherung eines epithelialen Primärtumors hat keinen Einfluss auf die Überlebenszeit.
6. Diagnose- und Therapiepfade Hat sich bildgebend der Verdacht auf eine oder mehrere Metastasen ergeben, denen nicht eindeutig ein Primärtumor zuzuordnen ist, so sollte eine konzentÜberlebende 100 %
Gruppe I (n = 49) Gruppe II (n = 186) Gruppe III (n = 28)
75 %
50 % MÜZ: 20 Monate
25 %
MÜZ: 7 Monate 0%
MÜZ: 3 Monate 0
12
24
36
48
72 60 Monate
84
96
108
Abb. 3.2. Überlebenszeitkurven und mittlere Überlebenszeit (MÜZ) von Patienten mit CUP-Syndrom (nach Hübner et al., 2006)
120
rierte Diagnostik durchgeführt werden. Die Wahl der Untersuchungen sollte immer nach potenziellen therapeutischen Konsequenzen erfolgen und nicht von dem Anspruch geleitet sein, in jedem Falle den Primärtumor zu finden, da dies in der Realität häufig nicht gelingt. Der histologischen und immunhistologischen Aufarbeitung von Material einer Metastasenbiopsie (typischerweise einer sonographisch oder computertomographisch gestützten Stanzbiopsie) kommt eine zentrale Bedeutung zu. Je nach individueller Situation des Patienten (Lokalisation der Metastasen, Allgemeinzustand des Patienten, stationärer Aufenthalt) wird die Gewinnung von histologischem Material entweder bereits initial erfolgen oder aber erst nach Abschluss einer Basisdiagnostik, die ja bereits einen Primärtumor aufdecken kann. Für die sinnvolle Gestaltung der Primärtumorsuche ist speziell von Seiten des Operateurs die Kenntnis und Einhaltung eines standardisierten Algorithmus der Gewebeentnahme und -prozessierung enorm wichtig (Abb. 3.3). Dazu gehört insbesondere auch die interdisziplinäre Kommunikation zwischen Pathologen und den Klinikern, die einen gewissenhaft ausgefüllten Anforderungsschein inkludiert. Das Muster der Ergebnisse von immunhistochemischen Untersuchungen bei Metastasen von Adenokarzinomen oder undifferenzierten Karzinomen kann als Hinweis für einen Primärtumor dienen. Hierdurch wird ein Primärtumor jedoch niemals ausgeschlossen oder aber bewiesen. Bei der Interpretation der Befunde der Immunhistochemie ist zu berücksichtigen, dass als charakteristisch geltende Marker oder Markerprofile für bestimmte epitheliale Tumore lediglich eine Spezifität von z. B. 50–80 % haben und diese Daten ohnehin aus Fällen von bekannten Primärtumoren stammen. Es gibt keine Arbeiten, die die Verlässlichkeit der Vorhersage von Primärtumoren aufgrund der Markerprofile
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A. Kretzschmar und P. M. Schlag
Tumorbiopsie/Exzision
Klinische Angaben Lokalisation Klinische Verdachtsdiagnose Makroskopische Beurteilung Gewebezuschnitt
Gewebeprobe Paraffin-Einbettung Routine Histologie (HE) Immunhistologie mit paraffingängigen Antikörpern
Gewebeprobe Schockfrieren in flüssigem Stickstoff und Lagerung – 70 °C Immunhistologie mit nicht paraffingängigen Antikörpern
Ev. Zytogenetik
Ev. zukünftig Gen-Array-Analyse DNA-/RNASignaturen
Abb. 3.3. Algorithmus der Gewebeentnahme und -prozessierung bei CUP
z. B. anhand von Sektionsergebnissen bestätigt hätten. Nur die Identifizierung des Primärtumors durch dann gezielt eingeleitete zusätzliche bildgebende oder aber endoskopische Untersuchungen führt zur Diagnosestellung. Eine große Bedeutung haben die Steroid-
Hormon-Rezeptoren, da sie zu Arbeitsdiagnosen wie Mammakarzinom, Ovarial- und Endometriumkarzinom oder Prostatakarzinom mit relevanten therapeutischen Konsequenzen führen können.
6.1. Basisdiagnostik Tabelle 3.4. Karnofsky Index: Klassifikation zur Festlegung des Leistungsindex eines Patienten
100 %
Normalzustand, keine Beschwerden, keine manifeste Erkrankung
90 %
minimale Krankheitssymptome
80 %
normale Leistungsfähigkeit mit Anstrengung
70 %
eingeschränkte Leistungsfähigkeit, arbeitsunfähig, kann sich alleine versorgen
60 %
gelegentliche fremde Hilfe
50 %
krankenpflegerische und ärztliche Hilfe, nicht dauernd bettlägrig
40 %
bettlägrig, spezielle Pflege erforderlich
30 %
schwerkrank, Krankenhauspflege notwendig
20 %
Krankenhauspflege und supportive Maßnahmen erforderlich
10 %
moribund, Krankheit schreitet schnell fort
Die einzelnen Punkte der zügig realisierbaren und wenig invasiven Basisdiagnostik sollten bereits parallel zur Erarbeitung der histologischen Diagnose erfolgen. Zur Basisdiagnostik gehören: • eine gründliche aktuelle Anamnese (Stuhlunregelmäßigkeiten, Schmerzen, Gewichtsverlust, Abneigung gegen Fleisch usw.) sowie Erfassung möglicher Vorerkrankungen, v. a. vorausgegangene Operationen ohne bekannte bzw. gesicherte Histologie, • gründliche körperliche Untersuchung einschließlich rektale Untersuchung und Hodenpalpation, • Röntgen-Thorax, • Sonographie bzw. Computertomographie des Abdomens, • Mammasonographie und Mammographie bei Frauen,
Kapitel 3
• •
Metastasen bei unbekanntem Primärtumor
Blutbild einschließlich MCV (z. B. gastrointestinaler Blutverlust), Tumormarker AFP, B-HCG, LDH und bei Männern PSA
Ebenfalls zur Basisdiagnostik gehört die Gewinnung von Material für die Histologie (nur im Ausnahmefalle Zytologie).
6.2. Serum-Tumormarker Klassische Serumtumormarker wie CA 125, CA 15.3, CEA, CA 19.9, CA 72.4 sind als sehr unspezifisch anzusehen und bei der Primärtumorsuche nicht hilfreich, sondern bergen eher die Gefahr von unnötigen weiteren Untersuchungen. PSA, B-HCG, AFP können, insbesondere wenn die Werte stark erhöht sind und das Metastasierungsmuster passt, als Hinweis in eine bestimmte Richtung dienen (s.u.).
17
teren Untersuchungen auch den Stellenwert des Stagings. Ergeben sich kein Primärtumor und keine weiteren Metastasen, so sollte eine lokal radikale Therapie erfolgen. Neben der Computertomographie (CT) von Thorax und Abdomen sind eine Ganzkörperskelettszintigraphie und eine Kernspintomographie des Schädels indiziert. Wenn verfügbar, so ist eine Positronenemissionstomographie (PET) oder noch besser PET-CT als Kombination aus Computertomographie und PET durchzuführen, da sie sowohl einen Primärtumor als auch bisher okkulte weitere Metastasen aufdecken kann. Für den Fall isolierter zervikaler Lymphknotenmetastasen sind die Daten zur PET so überzeugend, dass sie als Standardverfahren angesehen wird. Zu welcher Behandlung einer lokal umschriebenen Metastasierung in potenziell kurativer Intention man sich entschließt, ist von der Histologie und von der Metastasenlokalisation abhängig. Die Entscheidung sollte im interdisziplinären Konsil gefällt werden. Bei knappen Resektionsrändern kann auch nach chirurgischer Resektion eine Nachbestrahlung indiziert sein.
6.3. Diagnostik bei fortgeschrittener Erkrankung Ergab die Basisdiagnostik bereits eine als infaust anzusehende Prognose (multiple Metastasen und stark eingeschränkter Allgemeinzustand und/oder hohes Lebensalter, eingeschränkte Organfunktionen), so sollten keine weiteren diagnostischen oder therapeutischen Maßnahmen erfolgen, da ohnehin nur eine symptomatische Therapie möglich sein wird. Ist jedoch der eingeschränkte Allgemeinzustand ausschließlich tumorbedingt und kommt auf Grund des Musters der „Metastasierung“ oder der Gesamtsituation ein hochmalignes Lymphom oder aber ein Keimzelltumor in Frage, so ist auch für diese Patienten eine rasche Sicherung und dann spezifische Therapie indiziert und erfolgversprechend. Dies gilt besonders für Männer unter 50 Jahren mit weit fortgeschrittener Erkrankung (Hirn-, Lungenmetastasen) mit retroperitonealem und/oder mediastinalem Tumor, bei denen ein Keimzelltumor mit kurativem Therapieansatz vorliegen könnte.
7. CUP mit regional begrenzter Erkrankung Ergibt die weiterführende Diagnostik, dass es sich um eine regional begrenzte Metastasierung handelt, so ist durch lokale Maßnahmen (Chirurgie, Strahlentherapie) bei einem Teil der Patienten ein Langzeitüberleben zu erreichen. Bei dieser Patientengruppe haben die wei-
7.1. Therapie von lokal beschränkten Metastasen 7.1.1. Regional begrenzte Lymphknotenmetastasierung Beschränken sich die Manifestationen eines CUP-Syndroms auf Lymphknotenmetastasen in nur einer oder aber wenigen benachbarten Regionen, so handelt es sich um eine bedeutsame Untergruppe des CUP-Syndroms mit günstiger Prognose und sehr spezifischen Therapieoptionen. Die Therapiestrategie ist wiederum von der Lokalisation der Lymphknotenmetastasen abhängig.
7.1.1.1. Isolierte axilläre Lymphknotenmetastasen Bei den bildgebenden Untersuchungen sowie der Histologie und Immunhistologie sollte ein besonderes Augenmerk auf ein okkultes Mammakarzinom gelegt werden (Steroidhormonrezeptoren, Mammographie, Mammasonographie, Kernspintomographie der Mamma). Aufgrund der günstigen Prognose dieser Patientinnen, die wie Patienten mit nodal positivem Mammakarzinom behandelt werden (5-Jahres-Überleben über 50 %), sollte die Therapie entsprechend erfolgen. Sie besteht aus axillärer Dissektion (Level 1 und 2), anschließend erfolgen adjuvante Therapiemaßnahmen wie beim nodal positiven Mammakarzinom. Dies bedeutet bei Steroidhormonrezeptor-negativen Tumoren intensivierte anthrazyklin- und taxanhaltige adjuvante Chemotherapie, ggf. adjuvante Antikörpertherapie mit
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A. Kretzschmar und P. M. Schlag
Trastuzumab (bei HER2-Positivität). Bei positivem Steroidhormonrezeptornachweis erfolgt eine adjuvante Hormontherapie. Bei stark positivem Hormonrezeptornachweis kann wie beim Mammakarzinom erwogen werden, auf eine adjuvante Chemotherapie zu verzichten. Eine Strahlentherapie der ipsilateralen Brust wie nach brusterhaltender Therapie ist indiziert und gehört zum Gesamtkonzept mit kurativem Ansatz. Erfolgt die Strahlentherapie nicht, so manifestiert sich im weiteren Verlauf häufiger ein ipsilaterales Mammakarzinom als nach Radiatio, wobei randomisierte Untersuchungen verständlicherweise fehlen. Aus retrospektiven Analysen lässt sich kein klarer Stellenwert der Mastektomie oder auch nur Entfernung des oberen äußeren Quadranten bei Verdacht auf okkultes Mammakarzinom, wie es zeitweilig praktiziert wurde, ableiten. So schwankte die Rate der im Präparat entdeckten Karzinome extrem und lag zwischen 0 % und 100 %. Das Überleben der Patientinnen mit oder ohne chirurgischen Eingriff an der Brust unterschied sich nicht (Vlastos et al., 2001). Fallserien von axillären Lymphknotenfiliae für Männer sind seltener. Trotzdem sollten diese Therapieentscheidungen unabhängig vom Geschlecht erfolgen. Ergibt sich histologisch ein Plattenepithelkarzinom, so wird eine Bestrahlung der Axilla einschließlich der infra- und supraklavikulären ipsilateralen Lymphknotenstationen empfohlen. Eine Bestrahlung der Brust sowie die adjuvante Hormon- und Chemotherapie sind nicht indiziert.
7.1.1.2. Lymphknotenmetastasen in hohen und mittleren zervikalen Regionen Histologisch gesicherte Lymphknotenmetastasen in der hohen und mittleren zervikalen Region machen etwa 3–9 % aller Tumoren des Kopf-/Halsbereiches aus. Zum überwiegenden Teil sind Männer befallen. Histologisch handelt es sich etwa bei der Hälfte der Patienten um Plattenepithelkarzinome, etwa 35 % sind undifferenzierte Karzinome, die immunhistologisch jedoch Verwandtschaft zum Plattenepithelkarzinom aufweisen. Lymphknotenmetastasen von Adenokarzinomen werden in dieser Region selten gefunden. Die Prognose der Patienten ist bei adäquater Behandlung relativ günstig. Das Stadium des CUP-Syndroms wird häufig mit N1 (solitärer LK < 3 cm), N2 (Metastasen in einem oder mehreren LK bis max. 6 cm Größe) oder N3 (LK mit mehr als 6 cm Größe) in Anlehnung an Tumoren des Kopf-/Halsbereiches eingeteilt. Im Rahmen der Primärtumorsuche erfolgt eine Panendoskopie des HNO-Bereichs sowie ein CT-Thorax und bei den eher seltenen Adenokarzinomen eine Schilddrüsen- und Speichel-
drüsendiagnostik. Einen besonderen Stellenwert hat die Positronenemissionstomographie (PET) oder noch besser die fusionierten Daten aus PET und Computertomographie (PET-CT). Die zervikalen Lymphknotenmetastasen sind jene Subgruppe des CUP-Syndroms, bei dem die PET als Standardverfahren angesehen werden kann. In etwa 25–40 % der Fälle kann durch PET ein Primärtumor identifiziert werden. Darüber hinaus können weitere befallene Lymphknoten-Regionen (z. B. mediastinal oder weitere Stationen der Kopf-/Halsregion) identifiziert werden. Somit hat das Ergebnis der PET in etwa der Hälfte der Fälle therapeutische Relevanz (Sheikholeslam-zadeh et al., 2002). Handelt es sich um Plattenepithelkarzinome oder undifferenzierte Karzinome, so orientiert sich die Therapie an den Behandlungskonzepten des Larynx- oder Hypopharynxkarzinoms. Für N1 sind eine funktionelle Neckdissektion und anschließende adjuvante Strahlentherapie in kurativer Intension indiziert. Bei N2- oder N3-Ausdehnung wird eine simultane RadioChemotherapie (cisplatinhaltig) in kurativer Dosierung empfohlen (Argiris et al., 2003). Die selteneren Adenokarzinommetastasen werden ebenso behandelt, die Aussichten auf eine Heilung sind jedoch geringer.
7.1.1.3. Tiefe zervikale und supraklavikuläre Lymphknotenmetastasen Für diese Lymphknotenlokalisation spielen okkulte Kopf-/Halstumoren eine untergeordnete Rolle. Bronchialkarzinome (mit etwa 50 %), ein Magenkarzinom – bei Befall der so genannten „Virchowdrüse“ – aber auch Keimzelltumoren und Mammakarzinome sowie andere Primärtumoren kommen in Frage. Neben dem Basisprogramm sind ein CT-Thorax, eine Schilddrüsendiagnostik und bei Frauen eine Mammadiagnostik obligatorisch. Für undifferenzierte Karzinome, Plattenepithelkarzinome und Adenokarzinome ohne klare Arbeitsdiagnose sind die Exstirpation und anschließende Nachbestrahlung der Lymphknotenregion die Therapie der Wahl. Wird nach Histologie und Immunhistologie die Arbeitsdiagnose eines okkulten Mammakarzinoms gewählt, so sollte sich das therapeutische Vorgehen an den Empfehlungen für axilläre Lymphknotenmetastasen bei Frauen orientieren. Ergibt sich ein kleinzelliges neuroendokrines Karzinom, so wird eine Therapie wie bei kleinzelligem Bronchialkarzinom im Stadium Limited disease in kurativer Intention (simultane Radiochemotherapie) eingeleitet. Ergeben sich aufgrund der Histologie und Immunhistologie Hinweise für ein okkultes Schilddrüsenkarzinom, so sollte vor Exstir-
Kapitel 3
Metastasen bei unbekanntem Primärtumor
19
pation und Bestrahlung eine Radiojoddiagnostik veranlasst werden, um jodspeichernde Tumoren zu identifizieren.
7.1.1.4. Isolierte inguinale Lymphknotenmetastasen Es handelt sich um eine seltene Untergruppe des CUPSyndroms. Wegen der kurativen Aussicht darf insbesondere ein Analkarzinom nicht übersehen werden. Histologisch und immunhistologisch sollte gegen ein Melanom (auch anales Melanom) oder ein Weichteilsarkom als Primärtumor differenziert werden. Therapeutisch wird eine adjuvante Strahlentherapie einschließlich Bestrahlung der iliakalen Lymphknotenstationen in kurativer Dosierung empfohlen.
7.1.2. Singuläre viszerale Metastasen 7.1.2.1. Hirnmetastasen Bei malignomsuspekten Herden im Gehirn wird die Kernspintomographie häufig bereits Hinweise zur Differenzierung zwischen Metastasen, einem primären Hirntumor oder aber einem Lymphom geben (Abb. 3.4). Aufgrund der Wahrscheinlichkeit für die entsprechenden Primärtumoren (Bronchialkarzinom) ist ein CT-Thorax obligat. Ergibt die so erweiterte Basisdiagnostik keinen Primärtumor und ist eine vermeintliche Metastase operabel, so sollte bei einem Herd (evtl. bei bis zu drei Filiae) eine Resektion erfolgen. Bei Inoperabilität ist eine stereotaktische Biopsie und stereotaktische Bestrahlung indiziert. In jedem Falle muss eine Histologie gewonnen werden. Kommt bildgebend ein primäres ZNS-Lymphom differentialdiagnostisch in Frage, so ist die Biopsie das Verfahren der Wahl, da die kurative Therapie in Form systemischer Chemotherapie erfolgt und eine Resektion nicht erforderlich ist. Bei erfolgreicher Resektion einer Metastase ist der Stellenwert einer anschließenden Ganzhirnbestrahlung für die spezifische Situation des CUP-Syndroms nicht klar belegt. Aufgrund des klaren Nutzens einer Nachbestrahlung des Ganzhirns bei resezierten metachronen isolierten Hirnmetastasen von bekannten Primärtumoren sollte die Indikation im Einzelfalle durchaus gestellt werden (Polyzoidis et al., 2005).
7.1.2.2. Knochenmetastasen Knochenmetastasen bei CUP werden seltener angetroffen als Hirnmetastasen. Als Primärtumoren kommen vor allem das Bronchialkarzinom und seltener das Nierenzellkarzinom in Betracht. Daneben muss besonders bei osteoplastischen Metastasen an ein Mamma- bzw.
Abb. 3.4. Computertomographie einer singulären Hirnmetastase bei einer Patientin mit Malignem Melanom
Prostatakarzinom gedacht werden. Labordiagnostische Untersuchungen bezüglich des Vorliegens eines Plasmozytoms (Immunelektrophorese im Serum und Urin und Immunglobuline quantitativ im Serum) und des Prostatakarzinoms (PSA) sind obligat. Eine histologische Sicherung vor Einleitung einer radikalen Therapie ist indiziert, da eine Abgrenzung von benignen Knochenerkrankungen wie Morbus Paget oder auch von primären Knochentumoren bildgebend nicht ausreichend präzise möglich ist. Bei Bestätigung einer Metastase ist eine Resektion in kurativer Intention mit anschließender Nachbestrahlung das Verfahren der Wahl. Falls dies die Tumorlokalisation nicht zulässt, so sollte eine primäre Radiatio mit potenziell kurativer Dosierung eingeleitet werden. Auf Knochenmetastasen eines Adenokarzinoms bei Männern mit erhöhtem PSA wird unten nochmals gesondert eingegangen.
7.1.2.3. Lungenmetastasen Rein bildgebend ist eine Abgrenzung zwischen einem primären Bronchialkarzinom und einer Metastase bei solitären Lungenrundherden schwierig. Eine Computertomographie mit Kontrastmittel und eine Bronchoskopie sollten initial erfolgen. Aufgrund des unterschiedlichen therapeutischen Vorgehens ist bei negativer Bronchoskopie eine prätherapeutische Histologie durch sonographisch bzw. computertomographisch gestützte Punktion anzustreben. Gelingt die Gewinnung von Tumormaterial nicht, so kann die operative
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A. Kretzschmar und P. M. Schlag
diagnostische und therapeutische Resektion erfolgen. Ergibt sich hierbei doch ein primäres kleinzelliges oder nichtkleinzelliges Bronchialkarzinom, so wird stadiengerecht entitätsbezogen weiter therapiert. Bleibt es bei der Diagnose CUP, sind zusätzliche therapeutische Maßnahmen in der Regel nicht indiziert, wenn v. a. ein Schilddrüsenkarzinom oder anderer hormonabhängiger Tumor sicher ausgeschlossen wurden.
7.1.2.4. Lebermetastasen Während Patienten mit multiplen Metastasen ausschließlich in der Leber häufig angetroffen werden, so sind solitäre hepatische Herde im Rahmen vom CUPSyndrom wiederum eine seltene Konstellation, die ein differenziertes Vorgehen erfordert. Nach der Basisdiagnostik erfolgt eine bildgebend gestützte primäre Materialgewinnung für Histologie und Immunhistochemie. Abhängig vom Ergebnis schließen sich die differenziertere Primärtumorsuche (nach Hinweisen vom Pathologen) und Staginguntersuchungen bezüglich weiterer Metastasen an. Differenzierte neuroendokrine Karzinome haben, wie weiter unten aufgeführt, insgesamt eine günstigere Prognose und dürfen insbesondere bei der isolierten Lebermetastase nicht übersehen werden. Lässt sich durch die Histologie nicht klären, ob ein Primärtumor der Leber (Leberzellkarzinom oder Cholangiozelluläres Karzinom) oder aber die Metastase eines okkulten Tumors (Adeno-CUP) vorliegt, so sollte operiert werden. Für umschriebene Herde, die aufgrund des Allgemeinzustandes des Patienten oder ihrer Lage eine chirurgische Resektion nicht zulassen, stehen heutzutage neben der Operation auch andere lokale ablative Therapieverfahren zur Verfügung (laserinduzierte Thermotherapie = LITT, Radiofrequenzablation = RFA).
7.1.2.5. Sonstige Metastasen Hautmetastasen oder isolierte Weichteilmetastasen als CUP kommen selten vor und sind zumeist bereits reseziert, ehe über einen Primärtumor nachgedacht wurde. Ergeben die entsprechenden Untersuchungen weder einen solchen noch weitere Metastasen, so sollte bei R1-Resektion eine Nachbestrahlung erwogen werden.
8. CUP-Syndrom mit disseminierter Erkrankung Für Patienten mit CUP-Syndrom und multiplen Metastasen in einem oder mehreren Organsystemen ist die Prognose im Allgemeinen besonders ernst. Aufgrund
der Ausbreitung der Erkrankung spielt nur eine systemische Therapie als kausale Behandlung eine Rolle. Patienten, für die wegen des Allgemeinzustandes und der weit fortgeschrittenen Metastasierung eine sehr ernste oder infauste Prognose gestellt wird, sollten nicht kausal behandelt werden. Hier sind die Aussichten, dass eine Chemotherapie zu einer relevanten Rückbildung der Metastasen führt, gering und gleichzeitig das Risiko für eine nachhaltige subjektive Beeinträchtigung durch eine Chemotherapie recht hoch.
8.1. Disseminierte Erkrankung und Kriterien für einen extragonadalen Keimzelltumor Bei Männern jünger als 50 Jahre mit wenig differenzierten Karzinomen und retroperitonealem bzw. mediastinalem Befall und rascher Progression der Erkrankung muss immer, auch bei weit disseminierter Erkrankung, an einen extragonadalen Keimzelltumor gedacht werden. In diesem Falle sollte immer eine potenziell kurative Chemotherapie mit Cisplatin, Etoposid und Ifosfamid (PEI) eingeleitet werden. Dies gilt auch für Patienten in stark eingeschränktem Zustand. Selbst eine intensivmedizinische Betreuung kann, wenn der Anhalt für einen Keimzelltumor ausreichend ist, gerechtfertigt sein.
8.2. Multiple osteoplastische Metastasen und erhöhtes PSA Liegt bei männlichen Patienten eine osteoplastische Metastasierung und ein deutlich erhöhtes PSA vor, so sollte auch bei fehlender Sicherung eines Prostatakarzinoms eine entsprechende Therapie eingeleitet werden: Hormontherapie, Bisphosphonate und bei Bedarf symptomorientierte palliative Bestrahlung.
8.3. Neuroendokrine Karzinome bei unbekanntem Primärtumor (NECUP) Ergibt sich aufgrund der Histologie und Immunhistologie der Befund eines neuroendokrinen Karzinoms, so hat dies therapeutische Konsequenzen. Die Prognose der Patienten ist günstiger als diejenige bei Adenokarzinomen oder undifferenzierten Karzinomen. Gut differenzierte neuroendokrine Karzinome haben auch unbehandelt eine relativ langsame Progredienz. Neben abwartendem Verhalten kommen als Therapieoptionen wie bei gut differenzierten neuroendokrinen Tumo-
Kapitel 3
Metastasen bei unbekanntem Primärtumor
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Patienten, für eine Kombinationstherapie geeignet Arbeitsdiagnose
kolorektal
Capecitabin + Oxaliplatin
Oberer GI-Trakt (Magen, Gallenwege, Pankreas, Leber)
Bronchialkarzinom
-
?
Gemcitabin + Cisplatin
keine Arbeitsdiagnose
Ovarialkarzinom
-
:
Mammakarzinom
Hormontherapie oder Chemotherapie
Paclitaxel + Carboplatin
Patienten in reduziertem Zustand und Ältere Arbeitsdiagnose
kolorektal
Capecitabin
Oberer GI-Trakt (Magen, Gallenwege, Pankreas, Leber)
Bronchialkarzinom
Ovarialkarzinom
keine Arbeitsdiagnose
Mammakarzinom
-
-
-
-
-
Gemcitabin
Vinorelbin
Carboplatin
Gemcitabin
Hormontherapie oder Chemotherapie
Abb. 3.5. Palliative systemische Therapie bei CUP (Adenokarzinom und undifferenziertes Karzinom) in Abhängigkeit von Arbeitshypothese, Allgemeinzustand und Alter (modifiziert nach Vorschlag von Hübner et al., 2006)
ren allgemein Octreotid und/oder Interferon in Frage. Isolierte resezierbare Metastasen sollten chirurgisch behandelt werden. Für schlecht differenzierte neuroendokrine Karzinome bietet eine systemische Polychemotherapie mit Cis- oder Carboplatin und Etoposid, ggf. ergänzt durch Paclitaxel, gute Erfolgsaussichten (Hainsworth et al., 1988). Die Identifizierung eines Primärtumors ist ohne jede therapeutische Konsequenz. Kleinzellige neuroendokrine Karzinome werden wie das kleinzellige Bronchialkarzinom im Stadium Extensive disease behandelt, die Ansprechraten sind hoch.
8.4. Adenokarzinome und undifferenzierte Karzinome Aufgrund der Histologie und Immunhistologie sowie des Metastasierungsmusters wird häufig eine Arbeitsdiagnose erstellt werden, von der die Wahl
der systemischen Therapie abhängig ist. Empfehlungen für eine adaptierte systemische Chemotherapie je nach Arbeitsdiagnose und Allgemeinzustand des Patienten findet man bei Hübner et al. 2006. Patienten in reduziertem Zustand und höherem Alter sollten eher mit einer Monotherapie behandelt werden (Abb. 3.5). Für Patienten mit CUP-Syndrom im allgemeinen und insbesondere diejenigen, für die keine Arbeitsdiagnose gestellt werden kann, kommen einige Polychemotherapieregime in Frage, die in den letzten Jahrzehnten im Rahmen von Phase-II-Studien untersucht wurden. Carboplatin in Kombination mit Paclitaxel ist das in jüngster Vergangenheit am häufigsten eingesetzte Schema. Bisher liegen kaum Vergleichsuntersuchungen zu verschiedenen Chemotherapiekombinationen vor. Eine deutsche randomisierte Phase 2-Studie setzte Carboplatin in Kombination mit Paclitaxel oder aber Gemcitabin in Kombination
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A. Kretzschmar und P. M. Schlag
mit Vinorelbin ein (Hübner et al., 2005). Die TaxanPlatin-Kombination war im Trend wirksamer.
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Kapitel 4
Kommunikation mit Tumorpatienten U. Goerling und Ch. Lammer
1. Einleitung In unserem Beitrag über Kommunikation mit Tumorpatienten verbinden wir einen psychoonkologischen mit einem kommunikationswissenschaftlichen Ansatz. Grundlage für unsere Überlegungen bilden in der klinischen Praxis gesammelte Kommunikationsszenarien. Es geht darum, den chirurgischen Kollegen wesentliche Ansatzpunkte für eine patientenorientierte Kommunikation zu geben. Gerade die Tumorchirurgie ist ein Bereich, in dem die Kommunikation zwischen mehreren involvierten klinischen Fächern eine zentrale Rolle spielt. Wie ist das Management von Informationen, die krebskranke Menschen brauchen, um Entscheidungen zu treffen und ihre Lebensplanung weiterhin zu bewältigen? Wie ist die Erstellung von Therapieplänen und entsprechenden Behandlungskonzepten innerhalb der beteiligten Klinikbereiche auszuverhandeln und den betroffenen Personen möglichst verständlich und einfühlsam mitzuteilen? Welche psychologischen und emotionalen Implikationen sind zu berücksichtigen? Was brauchen Patienten, um ihre Ärzte zu verstehen und was benötigt das Klinikpersonal, um auf krebskranke Menschen individuell eingehen zu können? Wo sind die Grenzen der Einfühlung zu verorten?
2. Kommunikation mit onkologischen Patienten 2.1. Das Gespräch zwischen Arzt und Patient Krebs – kein anderer Begriff aus der Medizin ist Auslöser für mehr Vorurteile im Denken. Mit diesem Wort werden immer wieder Tod, Sterben, lang anhaltendes Leiden und Schmerzen assoziiert. Jeder Mensch hat seine eigenen Vorstellungen, mehr oder weniger bildlich geprägt und von eventuellen persönlichen Erfahrungen beeinflusst. Nicht selten tragen Presse und Fernsehen mit beeindruckenden Berichten über das qualvolle Sterben eines an Krebs leidenden Menschen dazu bei. Um so mehr erschüttert die Nachricht
schon allein vom Verdacht einer bösartigen Erkrankung. In der Informationstheorie bedeutet der Begriff Kommunikation die Übermittlung einer Information von einem Sender zu einem Empfänger. Im weiteren Sinne ist damit der Aufbau von sozialen Kontakten durch Empfangen und Geben von Informationen gemeint. Eine ganz wesentliche Rolle in diesem Gefüge spielt die personale Situation. In ‚normalen‘ Situationen ist man in der Lage, Wahrnehmungs- und Interpretationsgewohnheiten zu folgen. Ausnahme- bzw. Grenzsituationen haben oft das Versagen dieser Fähigkeiten zur Folge. Der onkologische Patient befindet sich immer in einer Ausnahmesituation. Die Mitteilung der Diagnose setzt unmittelbar Existenzängste frei. Patienten reagieren auf ihre subjektive Abbildung der Wirklichkeit und nicht auf ihre äußere Realität. „Nicht die Dinge beunruhigen uns, sondern die Meinungen, die wir von den Dingen haben.“ (Epiktet, 1992) Ärzte und Patienten befinden sich in einem Aufklärungsgespräch in unterschiedlichen Ausgangssituationen. Der Diagnosemitteilung folgen das Ziel der Behandlung, der Ablauf, die akuten Nebenwirkungen, langfristige Spätfolgen, Verhaltensregeln etc. Bisweilen steht der gesamte Behandlungsplan während des stationären Aufenthaltes in der Chirurgie noch nicht fest und das weitere Vorgehen kann vom Tumorstadium abhängig sein. Ärzte führen das Gespräch vor dem Hintergrund ihres fachlichen Wissens. Patienten befinden sich auf neuem Terrain. Schon allein aus diesen Gegebenheiten sind Kommunikationsprobleme oftmals vorhersehbar. In Tabelle 4.1 sind diese verschiedenen Situationen dargestellt. Probleme und Konfliktfelder können auf beiden Seiten entstehen. Erste Quellen auf ärztlicher Seite können mangelnde kommunikative Begabung, mangelnde Bereitschaft zum Gespräch aber auch Unsicherheit sein. Ausweichstrategien werden eingesetzt: Flucht, Themenwechsel, Redeschwall oder Floskeln. Unsicherheit wird durch die Verwendung von Fachsprache oder das Vorschieben von NichtWissen kaschiert. Zeitmangel wird ebenso häufig von
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U. Goerling und Ch. Lammer Tabelle 4.1. Aufklärungsgespräch: unterschiedliche Situationen (nach Schlömer-Doll, 2000)
Arzt
Patient
Lebenssicht
Arbeitssituation
Existentielles Lebensgefühl
Wissen
Expertenwissen
Laienwissen
Rolle
aktiv
eher passiv
Bewusstsein
wach
absorbiert oder „gefesselt“
kontrolliert
Gefühlschaos
Spielraum
eng
weit
Weltsicht
mitten drin
„am Rande“ oder isoliert
Zeiterleben
Normalzeit
„innere“ Zeit
Gefühle
Ärzten als Ursache ungenügender Gespräche angegeben. Auf Patienten-Seite kann ebenso eine mangelnde Kommunikationsfähigkeit ein Hindernis darstellen. Angst, Distanz, Abwehr und Misstrauen können zeitweilig auch durch negative Erfahrungen ausgelöst sein. Oftmals sehen Patienten den „Behandler in Weiß“ als allwissend und Wegweiser an, der keinen Widerspruch duldet. Nach der Diagnostik beginnt die erste Behandlungsphase. Hier sind Ärzte und Patienten oft optimistisch. Durch die Erläuterung von Behandlungsmöglichkeiten und Zielen wird der von den Patienten zu Beginn erlebten Ohnmacht entgegengewirkt. Schwieriger wird die Situation bei Rezidiven und Progredienz der Erkrankung. Patienten werden hoffnungsloser, Ärzte scheuen sich vor dem Überbringen schlechter Nachrichten. Ursache hierfür ist die häufig falsche Annahme der erhöhten Suizidgefahr bei Tumorpatienten. „Warum können Ärzte nicht erkennen, dass gerade der Augenblick, in dem sie sonst nichts mehr zu bieten haben, der Augenblick ist, in dem man sie am nötigsten hat?“ (Irvin D. Yalom, 2000) Auch wenn noch vor einigen Jahren die Auffassung bestand, Patienten nicht allumfassend über ihre Krankheit und Prognose aufzuklären, so ist man heute bemüht, Patienten in Entscheidungsprozesse einzubeziehen. Aber wie viel kann man einem Menschen in einem Gespräch überhaupt zumuten? Wie viel möchten Patienten wissen? Um diese Fragen zu beantwor-
ten, muss jede Gesprächsituation individuell betrachtet werden. Hier besteht die Kommunikation nicht nur in der Übermittlung von Informationen. Beobachten des nonverbalen Verhaltens stellt hier eine unabdingbare Voraussetzung für die Einschätzung der psychischen Situation von Patienten dar. Oftmals erweist es sich als hilfreich, das Gesagte von Patienten rekapitulieren zu lassen. Jonasch et al. (1989) sind der Frage nachgegangen, wie häufig und in welcher Form Patienten eine allumfassende Aufklärung wünschen. 59 % möchten die Wahrheit erfahren, auch wenn sie eine unheilbare oder tödlich verlaufende Krankheit haben. Immerhin 30 % stimmen der Aufklärung nur unter der Voraussetzung der Heilbarkeit zu und 10 % lehnen die Aufklärung strikt ab. Ärzte werden auch mit dem Wunsch von Angehörigen konfrontiert: „Sagen Sie meiner Mutter nicht, dass es Krebs ist!“ Immer wieder besteht die Annahme von Familienangehörigen, dass der Betreffende nicht mit der Diagnose umgehen kann. Häufig sind damit Ängste und das eigene Unvermögen verbunden, in dieser Situation das Richtige zu sagen und das Richtige zu tun. Durch eine gelungene Kommunikation wird die Zufriedenheit bei Patienten gestärkt. Ängstlichkeit und Unsicherheit wird entgegengewirkt.
2.2. Interdisziplinäres Verständnis Gerade in der interdisziplinären Kommunikation wird deutlich, dass in den jeweiligen medizinischen Fachbereichen unterschiedliche Bedeutungen von Kranksein und Gesundsein kursieren und entsprechend auch Patienten verschieden wahrgenommen werden. Radiologen haben beispielsweise ein anderes Bild von den Behandelten als Onkologen oder etwa Chirurgen. Ein plastischer Chirurg spricht eine andere Sprache als eine Pathologin oder ein Internist. Die vielfältigen medizinischen Kulturen in einer Klinik und die Rollen, in die Ärzte entsprechend ihrer Arbeitsbereiche schlüpfen, wirken sich auf die Beziehungen und den Kontakt mit Kranken (und Gesunden) aus. Patienten befinden sich während ihrer Behandlung in zwischenmenschlich emotionalen Spannungsfeldern, die je nach Erkrankung und existentieller Bedrohung, die dieselbe für die betroffene Person mit sich bringt, ohne eine Ansprechperson, die meine Sprache spricht, in der fremden Umgebung eines Krankenhauses – in einem solchen Ausnahmezustand – schwerer oder leichter zu bewältigen sind. Welche Arten der Kommunikation mit Krebspatienten und über die Krankheit und ihre Ausformungen sind im Spiel?
Kapitel 4
Kommunikation mit Tumorpatienten
Die heutige Tumorchirurgie ist ohne (tele-)mediale Aufbereitung der individuellen Krankengeschichte undenkbar geworden. Darauf weisen auch die Ärzte in ihren Ausführungen vor der Videokamera hin. Der persönliche Umgang miteinander und der Kontakt mit den Patienten haben sich durch diese Medien und technologischen Anwendungen massiv verändert. Entsprechend gehen wir in unserem Beitrag von einem intermedialen Diskurs aus, den wir anhand von Kommunikationsszenarien entfalten, die wir in der Praxis unserer Forschungs- und Kliniktätigkeit beobachtet haben. Denn auch in der Krankenhausroutine und in der Arbeit mit und an Patienten trifft zu, was der Kommunikations- und Medienwissenschaftler Marshall McLuhan (2003) feststellt: „All media work us over completely.“
3. Kommunikationsszenarien und Fallstudien 3.1. Kommunikationsszenarien Im täglichen Stationsalltag fällt so mancher Patient durch Besonderheiten auf. Befragt man Ärzte nach ihrem Eindruck, ist oft eine angenommene Unsicherheit der Patienten Grund für die Reaktionen. Auch andere Berufsgruppen, wie Schwestern und Physiotherapeuten, sind eng mit der Patientenbetreuung vertraut. Heute gehört neben der medizinischen Versorgung auch eine psychosoziale Begleitung zum geforderten Standard onkologischer Therapie. Zum einen soll diese Betreuung Patienten direkt helfen, mit der Erkrankung, der Behandlung mit ihren Nebenwirkungen und den daraus entstehenden Folgen besser umzugehen. Psychische Folgen einer Tumorerkrankung können von beiden Seiten vernachlässigt werden. Das Verständnis dafür ist wiederum Voraussetzung für eine einfühlsame Akzeptanz. Zum anderen ist für eine ganzheitliche Behandlung auch der Kommunikationsaustausch zwischen den einzelnen Berufsgruppen notwendig. Er dient der Übermittlung augenscheinlich für die Behandlung unwichtiger Informationen. Ein 39-jähriger Patient kam zur Abklärung einer Neubildung der proximalen Tibiadiaphyse links unklarer Dignität in die Klinik. In einer Operation wurde das Gewebe entnommen und zur histologischen Untersuchung gebracht. Der Patient konnte mithilfe der Physiotherapie schnell mobilisiert werden. Das Warten auf das histologische Ergebnis gestaltete sich für den Patienten endlos. Der Patient wurde von den Schwestern als „komisch“ beschrieben. Sein ständiges Nachfragen nach dem Ergebnis wurde als nervig empfunden. Warum hat sich dieser Patient so verhalten? In einem
25
ausführlichen Gespräch öffnete sich der Patient. Er ist seit zehn Jahren verheiratet. Seine Frau brachte ein behindertes Kind mit in die Ehe. Der erste Mann der Ehefrau ist nach langem Leidensweg an einer Tumorerkrankung gestorben. Die Konfrontation mit einer möglicherweise bösartigen Diagnose löste nun bei der Frau des Patienten eine akute Krise aus. Sie sagte, dass sie diese Situation psychisch nicht noch einmal durchstehen könnte (sie hatte sich für ihren ersten Mann sehr eingesetzt und ihn bis zu seinem Tode gepflegt). Deshalb wollte sie, im Falle einer bösartigen Diagnose, gemeinsam mit ihrem Sohn aus dem Leben gehen. An dieser Situation wird deutlich, dass ein komplexes Zusammenwirken verschiedener Faktoren Patienten beeinflusst. Nicht allein die mögliche Diagnose einer bösartigen Krankheit steht bei diesem Patienten im Vordergrund. Therapieoptionen sind zu diesem Zeitpunkt von untergeordnetem Interesse. Das gesamte Gefüge von Patienten muss betrachtet werden. Hilfreich kann das an vielen Zentren praktizierte Treffen in Anlehnung an Balint-Gruppen sein. Dabei handelt es sich um eine organisierte Zusammenkunft von Teilnehmern, die ihre Erfahrungen mit Patienten unter Anleitung besprechen. Anliegen des ungarischen Psychotherapeuten Michael Balint (1896–1970) waren regelmäßige Treffen, die der Erhellung der Subjektivität der Teilnehmer dienen und den Mitarbeitern die Angst vor dem Patienten nehmen sollen.
3.2. Kommunikation im Klinikalltag Gerade neue Formen der Fächer übergreifenden Zusammenarbeit, die erst erprobt werden, sind für Patienten häufig mit problematischen Situationen verbunden, die sie verunsichern. Verloren fühlen Patienten sich, wenn sie im Krankenhaus widersprüchliche Informationen von ihren behandelnden Chirurgen erhalten. Funktioniert das interdisziplinäre Teamwork, werden in den unterschiedlichen Arbeitsgruppen nicht ausschließlich medizinische Details erörtert, sondern auch der soziale Kontext in der Zusammenarbeit mit Patienten. Das bringt nicht nur „positive Vibrationen“ oder eine „gute Gestimmtheit“ für die betreffenden Ärzte, sondern auch für die behandelten Menschen das Gefühl, gut aufgehoben zu sein. Im Klinikteam ist auszuverhandeln, wer die Kommunikation mit der Patientin oder dem Patienten übernimmt. Eine Klärung, wer für die betroffene Person Ansprechperson ist, kann für alle am Behandlungsprozess Beteiligten Zeitersparnis
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U. Goerling und Ch. Lammer
im Kontakt und in der individuellen Betreuung von Patienten mit sich bringen. Wie und von wem werden die Betroffenen von den Entscheidungen der Experten in Kenntnis gesetzt, wenn unterschiedliche medizinische Fachbereiche involviert sind? Das kommt auf die Persönlichkeiten an, denen die Patientin oder der Patient vorgestellt wird. Hier gibt es keine generelle Regel. Wenn Ärzte von „meiner“ Patientin oder „meinem“ Patienten sprechen, bezeichnen sie damit zwar die eigene Verantwortlichkeit dieser Person gegenüber, aber in der Praxis deckt sich die fachliche Kompetenz nicht notwendigerweise mit den Fragen, mit denen Patienten diese Bezugsperson konfrontieren. Eine Person und ihre gesundheitlichen Probleme sind nicht eins zu eins in die hoch spezialisierten medizinischen Fachgebiete einzulassen, sondern im Sinne einer am Menschen orientierten Medizin sind die Klinikbereiche entsprechend mit sozialer und zwischenmenschlicher Kompetenz auszustatten, um allen Behandelten gleichermaßen die nötige Beratung und die Informationen zuteil werden zu lassen, die in der jeweiligen Situation gebraucht werden. Die klinischen Spezialgebiete sind den Menschen anzupassen, die dort arbeiten und behandelt werden, nicht umgekehrt. Fragen der Erfahrung? Nicht nur, sondern auch vom institutionell geformten Selbstverständnis der Medizin geprägt und in den teilweise starren Krankenhausstrukturen verankert, mit denen Patienten, aber auch dem Klinikpersonal, der Umgang manchmal schwer fällt.
4. Handlungs- und Kommunikationsstrategien 4.1. Das Aufklärungsgespräch Dem Aufklärungsgespräch kommt innerhalb der ArztPatienten-Beziehung eine ganz besondere Bedeutung zu. Schon zum Zeitpunkt der Untersuchungen sollte dem Umgang mit der möglichen Diagnose Raum gegeben werden. Das wiederum stellt einen notwendigen Baustein für die Entwicklung einer guten PatientenCompliance dar. Das Aufklärungsgespräch sollte verständlicherweise in ungestörter Atmosphäre stattfinden. Patienten müssen die Möglichkeit haben, Fragen zu stellen. Wiederholte Fragen lassen bei Ärzten den Grund zu der Annahme zu, dass Patienten in der Phase der Verdrängung sind (Kübler-Ross, 1973; Tabelle 4.2). Wünschenswert wäre eine Begleitperson, die im Anschluss an das Gespräch in der Lage ist, das Gesagte gemeinsam mit dem Patienten aufzuarbeiten. Die Aufklärung der Familienangehörigen findet im Beisein
Tabelle 4.2. Die 5 Phasen der Krankheitsverarbeitung von Patienten nach Kübler-Ross (1973)
1.
Das Nicht-wahrhaben-Wollen – Aktive Verweigerung
2.
Phase der Auflehnung – Aggressive Verweigerung
3.
Verhandeln um das Überleben – Partielle Verweigerung
4.
Depression – Depressive Annahme
5.
Zustimmung – Bewusste und verklärte Annahme
des Patienten bzw. mit dessen Genehmigung statt. Eine alleinige Aufklärung dritter Personen ist nicht nur aus juristischer Sicht unangebracht. Durch emotionale Beteiligung kommt es häufig zu Übertragungsfehlern. Den Betroffenen stehen über das Internet und einschlägige Literatur zahlreiche zusätzliche Möglichkeiten der Informationsgewinnung zur Verfügung. Dahinter verbergen sich jedoch auch gewisse Schwierigkeiten. Ärzte müssen akzeptieren lernen, dass diese Möglichkeit der Krankheitsbewältigung dient. Hier ist es erforderlich, das erworbene Wissen gemeinsam mit Patienten zu strukturieren und einen Leitfaden zu finden. Auch mit dem Wunsch nach der Zweiten Meinung werden Ärzte oft konfrontiert. Dieser stellt ein Entgegenwirken der Patienten zu einem erlebten Kontrollverlust dar. Die Hauptursache dafür liegt in kritischen Entscheidungssituationen. In diesem Zusammenhang tritt häufig die Frage nach alternativen Heilmethoden auf. Diese bedeutet nicht unmittelbar die Absage an die Medizin, wird doch in den meisten Fällen eine zusätzliche Möglichkeit des Mitwirkens der Patienten am Heilungsprozess gewünscht. Gespräche über mögliche Therapieoptionen richten sich nach den bestehenden Heilungschancen. Befinden sich Patienten im Endstadium der Krankheit, erhält die Aufklärung eine neue Dimension. Keinesfalls sollten Angaben über noch zu verbleibende Lebenszeit gemacht werden. Hier ist es wichtig, Patienten mitzuteilen, dass durch bestehende Möglichkeiten der Palliativmedizin Symptome wie Schmerzen, Luftnot und andere körperliche Beschwerden beherrscht werden. Auch in dieser Situation ist die Hoffnung für Patienten Grundlage, die getroffenen Therapieentscheidungen mitzutragen und zu überstehen. Die Aufklärung muss
Kapitel 4
27
Kommunikation mit Tumorpatienten
als ein Prozess betrachtet werden, der – von Anfang an gut geführt – die Krankheitsverarbeitung von Patienten unterstützt und letztendlich auch einen Teil zur Verbesserung der Lebensqualität beiträgt.
4.1.1. Aufklärung in klinischen Studien Ein besonderes Interesse an universitären Einrichtungen gilt der Teilnahme an klinischen Studien. Patienten kommen mit einer Fragestellung bzw. einer schon vorhandenen Diagnose in die Klinik und erwarten von Ärzten ein Behandlungskonzept. Existiert eine Studie zu dieser Tumorentität und der Patient erfüllt die Einschlusskriterien, ist man interessiert, ihn innerhalb dieser zu behandeln. Werden Patienten nun über die Möglichkeit zur Teilnahme an der Studie informiert und aufgeklärt, wächst die Verunsicherung auf Patienten-Seite. „Warum können mir Ärzte nicht sagen, welcher Behandlungsarm besser ist? Kann der Computer über meinen Weg entscheiden?“ Diese Fragen setzen ärztlicherseits Einfühlungsvermögen voraus. Der schon allein durch die Erkrankung erlebte Kontrollverlust wird in dieser Situation verstärkt. Erfolgte eine intensive, zeitgerechte Aufklärung, kommt es nur in seltenen Fällen zum Abbruch der Teilnahme.
4.1.2. Vermittlung schlechter Nachrichten Mangelnde Möglichkeiten zum Erlernen von Kommunikation in der medizinischen Ausbildung sind Hauptursache für Defizite auf diesem Gebiet. Während seiner beruflichen Tätigkeit muss ein Onkologe etwa 20 000-mal schlechte Nachrichten überbringen. Dabei kann ein Gesprächsleitfaden hilfreich sein (Behrens, 2004). Hier werden wesentliche Gesichtspunkte und der optimale Ablauf eines solchen Gespräches berücksichtigt. Das SPIKES-Modell (Tabelle 4.3) baut auf verschiedenen Stufen auf. Ausgehend von einer angemessenen Gestaltung der Gesprächssituation kann der Dialog stattfinden. Eine Übermittlung am Krankenbett im Beisein anderer Patienten und Besucher stellt keine Basis dar. Auch für Ärzte ist es wichtig, herauszufinden, was der Patient bereits weiß, ihn dort abzuholen wo er sich befindet. Dabei ist auch darauf zu achten, dass im Team eine einheitliche Linie gefahren wird. Unterschiedliche Aussagen verschiedener Ärzte, aber auch vom Pflegepersonal, führen zur Verunsicherung der Patienten und in der Folge zum Vertrauensverlust. Im Gespräch bemerkt der geübte Zuhörer schnell, inwieweit Patienten informiert werden möchten. Sich
Tabelle 4.3. SPIKES – eine Strategie für die Vermittlung schlechter Nachrichten (nach Baile et al., 2000)
Setting
Angemessene Gestaltung der Gesprächssituation
Patient Perception
Herausfinden, was der Patient bereits weiß
Invitation
Herausfinden, wie der Patient informiert werden möchte, „Einladung“ erhalten
Knowledge
Informationsvermittlung
Emotions
Ansprechen und Anerkennen von Emotionen
Strategy/ Summary
Zusammenfassung, Empfehlung und Verabredung des weiteren Vorgehens
darauf einzustellen, erfordert Sensibilität. Auch das Ansprechen und Anerkennen von Emotionen trägt zu einer guten Arzt-Patienten-Beziehung bei. Zum Ende eines jeden Gespräches sollte eine Zusammenfassung ebenso wie die Verabredung über das weitere Vorgehen erörtert werden. Die Fähigkeit zu einer guten Kommunikation ist erlernbar. Mittlerweile gibt es auch in Deutschland Pilotprojekte zur Schulung der ärztlichen Kommunikationsfähigkeit. In Österreich ist die „Gesprächsführung für Ärzte“ Teil des neuen Curriculums für die medizinische Universitätsausbildung. Ziele sind, neben den Grundlagen der Kommunikation, offene Fragen zu stellen, Empathie zu zeigen sowie die Übermittlung schlechter Nachrichten. Aber auch das Führen von Gesprächen mit Angehörigen oder der Wechsel der Therapieoptionen von einem kurativen zu einem palliativen Ansatz sind Bestandteile. Die Aufklärung von Patienten und die einfühlsame Begleitung stellen eine große Herausforderung für Ärzte dar.
4.1.3. Die ärztliche Visite Die ärztliche Visite ist in der Chirurgie oft die einzige Möglichkeit für den Patienten, den Arzt zu kontaktieren. Ist diese mit bestimmten Wünschen auf Patientenseite verbunden, sehen die primären Ziele des Personals anders aus. Bliesener (1982) stellt die Anliegen beider Seiten in einer Tabelle gegenüber (Tabelle 4.4) und kommt zu dem Ergebnis: „Was dem Patienten am wichtigsten ist, ist dem Arzt am unwichtigsten.“
U. Goerling und Ch. Lammer
28 Tabelle 4.4. Prioritäten von Patienten und Ärzten in Visiten nach Bliesener (1982)
Patientenanliegen
Prioritäten des Personals
Zuwendung durch den Arzt
Körperliche Untersuchung des Patienten
Aufklärung
Einleitung und Überwachung diagnostischer Maßnahmen
Beratung und Unterstützung
Festlegung und Kontrolle des Therapieplans
Wunsch, sich mitzuteilen und Einfluss zu nehmen
Organisationsabsprachen und administrative Aufgaben
Wie bereits oben erläutert, wünscht der überwiegende Teil der Patienten eine umfassende Aufklärung. Die Inhalte dieser Aufklärung betreffen neben der Diagnose und der Prognose auch die möglichen Therapieformen mit ihren Risiken und Nebenwirkungen. Auch die Folgen bei Therapieverzicht müssen angesprochen werden. Durch offene Gespräche wird die Autonomie der Patienten gewahrt. Gegen eine Offenheit am Krankenbett sprechen Verwirrtheit der Patienten, offenkundiges Nicht-wissenwollen, Leugnen, aber auch klinische Bedingungen wie kurze verbleibende Zeit und eine akute Schmerzsymptomatik. Der Aspekt des Aushaltens durch Hoffnung gewinnt zu diesem Zeitpunkt eine beachtenswerte Dimension. Ist die Therapie mit hohen Heilungschancen verbunden, fällt vieles leichter. Handelt es sich um ein Rezidiv oder einen Progress ist die emotionale Ausgangslage aller Beteiligten anders. In diesem Stadium wird auch die ständige Belastung der onkologisch tätigen Ärzte deutlich. Besonders junge Ärzte sind durch Unsicherheiten befangen und sind durch die Konfrontation mit dem Tod stark beeinträchtigt. Mögliche Alternativen für die verbleibende Lebenszeit müssen unter Berücksichtigung der medizinischen Notwendigkeiten, wie eine angemessene Schmerztherapie, besprochen werden. Gerade in dieser Situation ist es für Patienten außerordentlich wichtig, verständnisvolle Ärzte an der Seite zu haben.
4.2. Kommunikation als Prozess Was ist Einfühlung? Wie kann in einem Bereich wie der Tumorchirurgie Empathie gestärkt werden und das Einfühlungsvermögen in der Arbeit mit Patienten optimal eingesetzt werden? Wie sollen Ärzte mit Patienten
kommunizieren? Einfühlung hat ihre Grenzen. Sie ist wesentlicher Bestandteil der Kommunikation und Interaktion in der Medizin generell – in der Tumorchirurgie und in ihren angrenzenden Fächern. Allerdings kann das Klinikpersonal für Patienten nicht das soziale Umfeld und die Angehörigen ersetzen! Einfühlung entfaltet sich im Handeln und Kommunizieren miteinander, im gegenseitig aufeinander Einlassen und im Spüren, was der Andere in dieser Lebenssituation gerade braucht. Das gilt nicht nur für die Kommunikation mit Patienten, wenngleich diese in unserer Argumentation bewusst in den Vordergrund gerückt wird, sondern auch für die Krankenhausarbeit allgemein und besonders für den Kontakt mit Kollegen. Von den Erfahrungen aller am Behandlungsprozess Beteiligten lernen ist im Krankenhausleben wesentlich. Erfahrung ist Wissen. Patienten spüren am eigenen Leib, was die jeweilige Krankheit mit ihnen macht. Dieses Wissen ist nicht leicht zu vermitteln, schon gar nicht jemandem, der über das medizinische Know-how verfügt und entsprechende Technologien einsetzt, mit deren Hilfe beurteilt wird, was in meinem Körper vorgeht. Die Kommunikation in diesem medizinischen Bereich vollzieht sich an Schnittstellen von unterschiedlichen, um nicht zu sagen diametral entgegengesetzten Wissensformen. Wir wählen einen Ansatz der Übersetzung und Moderation, nicht einen der weiteren Spezialisierung. Die Parzellierung von Wissen, Erfahrung und sozialer Kompetenz macht nur dann Sinn, wenn auch eine anschließende Synthese erfolgt, die den Menschen in seiner Gesamtheit in den Mittelpunkt stellt. Der Austausch mit Kollegen in Arbeitsgruppen betrifft nicht ausschließlich medizinische Fragestellungen. Ärzte sind immer wieder in der traurigen Situation, Patienten darüber in Kenntnis setzen zu müssen, dass sie an der Krankheit sterben werden. Wer tut das? Diese Problematik und ihre Handhabung ist integraler Bestandteil des Behandlungsprozesses – des zu den kranken Personen aufgebauten Vertrauensverhältnisses – und bei den interdisziplinären Sitzungen auf keinen Fall auszusparen.
5. Konsequenzen Das Fachgebiet der Chirurgie, insbesondere der Tumorchirurgie, erfordert neben der handwerklichen Kunst des Operierens auch eine seelische Betreuung von Patienten. Der tägliche Umgang und die Kommunikation setzen Einfühlungsvermögen voraus. Aus Interviews mit Ärzten und Patienten ist bekannt, dass beide Seiten genaue Vorstellungen und Wünsche über den Ablauf
Kapitel 4
Kommunikation mit Tumorpatienten
eines Gespräches haben. Ein Aufklärungsgespräch bedeutet nicht die alleinige Übermittlung von Informationen, sondern auch das Beobachten und Einordnen von Reaktionen. Mit dem Wissen, dass ein gewisser Teil der vermittelten Informationen verloren geht, fällt es leichter zu verstehen, warum Patienten eine schon gestellte Frage beim nächsten Treffen wiederholen. Trotzdem sollte man sich durch Schweigen von Patienten nicht täuschen lassen. Nachfragen und das Anbieten von weiteren Gesprächsmöglichkeiten sind sinnvoll. Nur durch Gespräche können wir herausfinden, was der andere braucht und möchte. Tausende von Krankengeschichten schreiben Tumorchirurgen im Laufe ihres beruflichen Werdegangs mit. Sie teilen diese Erzählungen mit Kollegen, mit jenen, die ihnen nah sind. Kranksein, Sterben und der Tod gehören untrennbar zum Leben dazu – zu unserer Geschichte, den Erinnerungen und dem eigenen Dasein. Kommunikation ist Berührung. Begegnungen mit Menschen hinterlassen Spuren in uns. Gegenseitiges Verständnis macht die Qualität des Umgangs miteinander aus, der im Krankenhausalltag unterschiedlich gehandhabt wird. Die Effektivität der interdisziplinären Sitzungen und die Qualität der Kommunikation sind vorrangig vom jeweiligen Koordinator der einzelnen Foren abhängig. Diese Personen verfügen einerseits über eine breite wissenschaftliche Exzellenz und andererseits über hohe soziale Kompetenz. Eigeninitiative, Offenheit, die Fähigkeit, Gespräche zu moderieren, sowie Fingerspitzengefühl im Umgang miteinander zählen zu wesentlichen Charaktereigenschaften, die
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zur effektiven Kommunikation von Wissen und Erfahrung beitragen. Wenn Menschen, die in verschiedenen Arbeits- und wissenschaftlichen Bereichen tätig sind, sich am „runden Tisch“ treffen, spielt die Gruppendynamik eine zentrale Rolle. Eine Vielfalt von Meinungen wird ausgetauscht, um gemeinsam Entscheidungen auszuverhandeln. Meinungsunterschieden ist mit Respekt und Bescheidenheit zu begegnen, um richtig zu entscheiden und für die betroffene Person das Beste – im Sinne einer am Menschen orientierten Medizin – zu tun.
6. Literatur Baile WF, Buckman R, Lenzi R, Glober G, Beale EA, Kudelka AP (2000) SPIKES – A six-step protocol for delivering bad news: Application to the patient with cancer. The Oncologist 4 (5): 302–311 Behrens R (2004) Psychoonkologie und Kommunikation. Onkologe (Suppl) 2: 123–124 Bliesener T (1982) Die Visite – ein verhinderter Dialog. Initiativen von Patienten und Abweisungen durch das Personal. Narr, Tübingen Epiktet (1992) Handbüchlein der Moral. Reclam, Stuttgart Jonasch K, Schwarz R, Buhr HJ (1989) Zum Prozess der Aufklärung bei Carcinompatienten in einer chirurgischen Klinik. Chirurg 60: 464–469 Kübler-Ross E (1973) Interviews mit Sterbenden. Kreuz, Berlin McLuhan M (2003) The medium is the message: an inventory of effects. Penguin, Toronto Schlömer-Doll U, Doll D (2000) Information und emotionale Unterstützung. Dt Ärzteblatt 97: A 3076–3081 Yalom ID (2000) Die Reise mit Paula. btb-Goldmann, München
Kapitel 5.1
Tumorschmerz und Stufenkonzept der Therapie A. Kopf
1. Einleitung Neoplasien gehen häufig mit behandlungsbedürftigen Schmerzen einher. Der Schmerz wird vom Patienten als Zeichen destruktiver und fataler Progression seiner Tumorerkrankung erlebt. Nicht zuletzt deswegen spielt der Schmerz im subjektiven Empfinden des Tumorkranken eine bestimmende Rolle: Die Beeinflussung von Aktivität, Schlafverhalten, psychosozialer Kompetenz und allgemeiner Lebensqualität wird als Kontrollverlust erlebt. Ziel der Therapie muss daher die Schmerzprävention bzw. die Schmerzreduktion auf ein individuell akzeptables Analgesieniveau sein. In über 90 % kann dieses Ziel mit „konservativer“ nicht-invasiver systemischer Pharmakotherapie erreicht werden, für die kein „Schmerzspezialist“ notwendig ist. Die zur Verfügung stehenden schmerztherapeutischen Optionen ermöglichen eine effektive Schmerzkontrolle. In der Regel helfen einfach strukturierte und gut validierte Therapiealgorithmen. Orale Opioide sind die Grundlage der Tumorschmerztherapie. Bei korrekter Anwendung und Kombination mit Koanalgetika, Adjuvantien und nichtmedikamentösen Verfahren können unerwünschte Wirkungen minimiert werden. Nur bei einer Minderheit von Patienten mit therapierefraktären Schmerzen sind invasive – rückenmarknahe und neurodestruktive – schmerztherapeutische Interventionen indiziert, für die Spezielle Schmerztherapeuten konsultiert werden sollten.
2. Physiologie und Pathophysiologie von Tumorschmerzen Schmerz ist die individuelle sensorische und emotionale Wahrnehmung einer drohenden oder bereits eingetretenen Gewebeschädigung. Ein schmerzhafter Reiz führt in der Körperperipherie zu einer Aktivierung von Nozizeptoren, die den Reiz in einen elektrischen Impuls kodieren (Transduktion). Dieser Impuls wird zum Hinterhorn des Rückenmarks und nach synaptischer
Übertragung zu subkortikalen Schmerzzentren und weiter zum Neokortex fortgeleitet (Konduktion). Erst hier wird der Reiz im Kontext früherer Erfahrungen als Schmerzereignis wahrgenommen und auch affektiv bewertet (Modulation). Schmerz dient in seiner physiologischen Funktion der Prävention einer Gewebeschädigung. Ist eine solche Schädigung eingetreten, so kommt es zu persistierenden Schmerzreizen, die sowohl in der Peripherie, im Rückenmark als auch im Gehirn zu zahlreichen Veränderungen führen (Neuroplastizität). Daraus resultiert auf allen genannten Ebenen eine gesteigerte Sensitivierung des Nervensystems gegenüber schädlichen, wie auch – zumindest zeitweise – nichtschädlichen Reizen (zentrale Sensibilisierung/longterm potentiation). Gleichzeitig versuchen körpereigene Kontrollmechanismen, bei denen u. a. das Opioidsystem (z. B. Endorphine) eine wichtige Rolle spielt, in Peripherie, Rückenmark und Gehirn diesen exzitatorischen Veränderungen entgegenzuwirken (deszendierende Hemmung, longterm depression). Die Entstehung chronischer Schmerzen wird möglicherweise durch frühzeitige und ausreichende Schmerztherapie verhindert (Präemption). Schmerz und Schmerzzunahme sind meist Ausdruck der Tumorprogression oder Folge diagnostischer bzw. therapeutischer Interventionen. Aber auch Infektionen, Toleranzentwicklungen der eingesetzten Analgetika, inaktivitätsbedingte muskuloskelettale Atrophien oder psychische Dekompensation mit Depression, Schlafstörungen und Hoffnungslosigkeit können schmerzverstärkend wirken. Die Schmerzen werden in nozizeptive und neuropathische Schmerzen unterteilt, wobei bei letzteren definitionsgemäß eine strukturelle Nervenläsion vorliegt. Bei Tumorerkrankten bestehen oft verschiedene Schmerzursachen, sodass anamnestisch verschiedene Schmerzqualitäten erfragt werden können. Brennende, einschießende oder elektrisierende Schmerzen weisen auf eine neuropathische, drückende, dumpfe und bohrende Schmerzen auf eine nozizeptive Schmerzgenese hin (Twycross, 1997).
32
A. Kopf
Typische somatische Schmerzen sind gut lokalisierbar, hell, ziehend oder/und bohrend (bsp. Knochen- oder Muskelschmerz). Der viszerale Schmerz wird als diffus, tief und drückend beschrieben und geht oft mit Übelkeit und „übertragenem Schmerz“ einher (z. B. bei Lungen- oder Lebermetastasen). Als neuropathisch wird eine Schmerzqualität beschrieben, die kontinuierlich oder paroxysmal mit elektrisch einschießenden oder brennenden Dysästhesien auftritt (z. B. Plexopathie bei Pancoast-Tumor). Besonders schmerzhafte periphere Neuropathien können auch Folge der Tumortherapie sein (z. B. toxische Polyneuropathie nach Cisplatin oder bei Strahlenfibrose).
3. Epidemiologie von Tumorschmerzen Die Inzidenz von Schmerzen bei Tumorerkrankungen steigt von ca. 30 % nach Diagnosestellung bis auf ca. 75 % im Spätterminal- bzw. Finalstadium (Stadieneinteilung nach Johnen-Tiedemann), insbesondere bei ossären, oropharyngealen und urogenitalen Tumoren. Dagegen sind Schmerzen bei Leukämie oder Lymphomen eher seltener. Die Hälfte der Patienten gibt dabei mittelstarke und ein Viertel sehr starke Schmerzen an. Von besonders hoher Schmerzintensität betroffen sind Patienten mit Neoplasien des Pankreas, des Ösophagus und des Magens. Mehr als ein Drittel der Patienten haben neben einem typischen Dauerschmerz noch regelmäßige, durchschnittlich viermal täglich auftretende „Schmerzdurchbrüche“. Schmerzen werden häufiger berichtet, wenn gleichzeitig depressive oder psychotische Symptome bestehen. Ca. 25 % aller Tumorpatienten haben Symptome einer höhergradigen depressiven Störung, in fortgeschrittenen Krankheitsstadien bis zu 75 %. Organische Psychosen treten bei 25 bis 85 % der Patienten – allerdings meist erst im Finalstadium – auf. Bei unkontrollierten Schmerzen besteht eine gegenüber der Normalbevölkerung fast zehnfach erhöhte Suizidrate.
4. Schmerzevaluation Analog zur Dokumentation von biochemischen oder Vitalparametern muss eine regelmäßige Erfassung von Schmerzqualität und -intensität im Rahmen einer Schmerzanamnese erfolgen. Die Angaben sollten vorbehaltlos entsprechend den Angaben des Patienten registriert werden („It’s the patient who has the pain“). Da objektive Methoden zur Schmerzmessung fehlen, muss die Schmerzintensität mithilfe numerischer oder visu-
eller Analogskalen vom Patienten subjektiv angegeben werden. Eine Fremdeinschätzung ist zu vermeiden, da diese im Allgemeinen die Schmerzintensität unterschätzt. Die wiederholte Frage nach der durchschnittlichen, maximalen und minimalen Schmerzintensität anhand von 11-Punkt-Likert-Skalen (0 = kein Schmerz und 10 = stärkster vorstellbarer Schmerz) ermöglicht eine gute Einschätzung. In der klinischen Praxis ist das Erreichen einer Schmerzintensität von 2–4 das Therapieziel. Eine Schmerzintensität von 4–6 erfordert eine Anpassung der Schmerztherapie durch einfache Dosiserhöhung, eine Intensität ab 7 eine sofortige Reaktion, ggf. durch intravenöse Analgetikatitration. Wichtige Angaben, die zusätzlich bei der Schmerzanamnese erfragt werden müssen, sind Schmerzbeginn, zeitliche Zusammenhänge, Maxima und Minima, schmerzverstärkende und schmerzlindernde Aktivitäten, Lokalisation, Analgetikaanamnese, neurologische Defizitsymptomatik sowie psychosoziale Belastungsfaktoren wie Angst, Affekt, Beruf, Familie, Schlaf und depressive Verstimmung. Für eine ausführliche Schmerzanamnese können auch standardisierte und validierte Fragebögen verwendet werden, etwa der Schmerzfragebogen der Deutschen Gesellschaft zum Studium des Schmerzes (DGSS, www.deutscherSchmerzfragebogen.de) und das (ausführliche) „McGill Pain Questionnaire“. Die Schmerzzentrierung von Anamnese und Untersuchung darf jedoch nicht dazu führen, dass kausal behandelbare Schmerzursachen übersehen werden, insbesondere bei Charakter- und/ oder Lokalisationswechsel der Schmerzen.
5. Therapie 5.1. Therapiehierarchie In der Praxis bestimmt noch immer eine aus Unkenntnis, Unverständnis oder mangelndem Interesse resultierende Fehl-, Unter-, aber auch Überbehandlung die Wirklichkeit des Patienten. Die WHO geht davon aus, dass die Hälfte aller Tumorpatienten inadäquat therapiert wird. Demgegenüber zeigt sich, dass bei Anwendung der anerkannten Therapiealgorithmen in über 90 % ein befriedigendes Analgesieniveau erreicht werden kann. Das bekannte sog. WHO-Schema wurde 1986 aus didaktischen Überlegungen zur Behandlung des Tumorschmerzes eingeführt und hat zu dem wünschenswerten deutlichen Anstieg des Opioidverbrauches geführt. Für die klinische Praxis sollte das WHO-Schema in einen Kontext mit den kausalen, parenteral-systemischen, rückenmarknahen, neurodestruktiven und supportiven Therapieoptionen gebracht werden (Abb. 5.1.1).
Kapitel 5.1
Tumorschmerz und Stufenkonzept der Therapie
33
Stufe 5 Stufe 4 alternative Applikationswege:
Stufe 3 Stufe 2
NSAID/Antipyretika
schwache Opioidanalgetika + NSAID/Antipyretika
Koanalgetika
Koanalgetika
Stufe 1
starke Opioidanalgetika + NSAID/Antipyretika Koanalgetika
subkutane oder intravenöse Analgesie, peridurale oder intrathekale Katheter
neurolytische bzw. neurodestruktive Verfahren: Chordotomie, Plexus coeliacus-Neurolyse
kausale Therapie: Operation, Chemotherapie, Radiatio, Stenting pflegerische und ärztliche Home Care supportive Maßnahmen: beispielsweise Physiotherapie, Verhaltenstherapie, Entspannungsverfahren, Komplementärmedizin, Gegenirritationsverfahren Abb. 5.1.1. Angepasstes und erweitertes WHO-Stufenschema zur Tumorschmerztherapie
5.2. Schmerztherapeutische Grundsätze
•
Einer erfolgreichen schmerztherapeutischen Behandlung liegen folgende Prinzipien zugrunde:
•
• • • • • • • •
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„You do not treat pain in a patient, but a patient who is in pain.“ (Aronoff et al., 1985), ausführliche Patientenaufklärung/-schulung, immer das einfachste Verfahren zuerst, möglichst arztunabhängige ambulante Versorgung, individuelle Dosistitration initial und bei Schmerzverstärkung, zur Dosiserhöhung eher die Einzeldosierung als das Intervall verändern, Basismedikamente retardiert und zeitkontingentiert, Schmerzdurchbruchsmedikation nicht-retardiert nach Bedarf (5–10 % der retardierten Tagesdosis) mit festgelegtem Mindesteinnahmeabstand (30–45 min) vor erneuter Bedarfsmedkation, ausreichende Prophylaxe für typische Opioidnebenwirkungen (s. u.),
bei intolerablen Nebenwirkungen und ausreichender adjuvanter Medikation Medikamentenbzw. Verfahrenswechsel, bei therapierefraktären Schmerzen interdisziplinäre Kooperation unter Einbeziehung von Speziellen Schmerztherapeuten.
5.3. Therapieempfehlungen 5.3.1. Medikamentös-systemische Analgetikatherapie Bei den Analgetika unterscheidet man die nichtsteroidalen Antiphlogistika (NSAIDs) und Antipyretika, die Opioide, sowie die sog. Koanalgetika (Dosierungsempfehlungen in Tabelle 5.1.3).
5.3.1.1. Nichtsteroidale Antiphlogistika und Antipyretika NSAIDs bewirken über die Hemmung der Cyclooxygenase (COX)-Isoenzyme eine Hemmung der Prostaglandinsynthese und verringern somit die Nozizeptorsensibilisierung durch algetische Mediatoren. Mithin kann man NSAIDs als antihyperalgetisch wirksame
34
A. Kopf
Schmerzmittel bezeichnen. Sie werden als COX-1selektive, -1-unselektive, -2-präferentielle und -2selektive Inhibitoren klassifiziert. Leider musste das initiale Konzept einer ausschließlich entzündungsinduzierenden COX-2 aufgegeben werden, sodass auch bei selektiven COX-2-Inhibitoren – wenn auch reduziert – gastrointestinale unerwünschte Wirkungen auftreten können. Die renale Perfusionsminderung ist bei allen NSAIDs vergleichbar. Das Blutungsrisiko ist bei COX-2selektiven NSAIDs durch fehlende thrombozytenaggregationshemmende Wirkung reduziert. Hingegen konnte gezeigt werden, dass selektive COX-2-Inhibitoren die Inzidenz kardiovaskulärer Komplikationen erhöhen, bei Risikopatienten auch nach kurzfristiger Gabe. Die European Agency for the Evaluation of Medicinal Products (EMEA, www.emea.eu.int) hat daher eine Anwendungsbeschränkung für alle COX-2-Inhibitoren bei Patienten mit klinisch nachgewiesener koronarer Herzerkrankung und/oder zerebrovaskulärer Erkrankung herausgegeben. Bis Ende 2007 müssen entsprechende Warnhinweise auch für die nichtselektiven COX-Inhibitoren verwendet werden. Die nichtselektiven NSAIDs sollten immer mit einem Protonenpumpenhemmer oder Misoprostol kombiniert werden. Von den Antipyretika wird zur Tumorschmerztherapie hauptsächlich Metamizol verwendet. Im Gegensatz zu Paracetamol scheint Metamizol bei oraler Anwendung im ZNS ausreichend analgetisch wirksame Konzentrationen zur Inhibition der vermuteten Isoform COX-3 zu erreichen. Inwieweit ein spezifischer Effekt der für Metamizol postulierten glattmuskelrelaxierenden Wirkung genutzt werden kann, ist unbekannt. Das Agranulozytoserisiko von Metamizol, das seit der 1986 publizierten International Agranulocytosis and Aplastic Anemia Study (sog. Boston-Studie) nicht mehr als klinisch relevant angesehen wurde, ist seit einer retrospektiven schwedischen Studie (Hedenmalm et al., 2002), die nach der Wiederzulassung von Metamizol in Schweden durchgeführt wurde, erneut in der Diskussion. Die pharmakoepidemiologischen Untersuchungen aus Spanien (Ibánez et al., 2005) sprechen jedoch dafür, dass die Verwendung von Metamizol in der klinischen Routine als Kurzzeitanalgetikum weiterhin empfohlen werden kann. Alle NSAIDs und Antipyretika sollten in der empfohlenen Tageshöchstdosierung verabreicht werden. Die Kombination von NSAIDs bzw. Antipyretika mit Opioiden hat einen opioidsparenden Effekt, die Kombination verschiedener NSAIDs hat keinen zusätzlichen Analgesieeffekt und die Kombination von NSAIDs und Antipyretika zeigte widersprüchliche Ergebnisse (Romsing et al., 2005).
5.3.1.2. Opioide Der Opioidmythos beeinträchtigt bis heute den Umgang mit Opioiden. Vorurteile bei Patienten, Angehörigen und Behandlern verhindern eine adäquate Nutzung der Opioidanalgesie. Die bekannten und potenziell bedrohlichen Nebenwirkungen haben vielfach zu irrationalen Schlussfolgerungen geführt. In der Praxis der Tumorschmerztherapie haben sich die unerwünschten Opioidwirkungen dagegen meist als tolerabel und beherrschbar gezeigt, vorausgesetzt, bestimmte Regeln werden eingehalten (Tabelle 5.1.1). Die analgetische Wirkung von Opioiden wird über spezifische Rezeptoren, insbesondere die μ-Rezeptoren vermittelt. Die Rezeptoren sind supraspinal, spinal und im peripheren Gewebe lokalisiert. Während die Wirksamkeit von Opioiden zur Schmerztherapie von Nichttumorschmerzen kontrovers diskutiert wird (Kopf et al., 2003), ist deren analgetische Wirkung bei Tumorschmerzen unumstritten, wenn auch schlecht dokumentiert. Die Opioide werden gemäß den WHO-Therapieempfehlungen für die Tumorschmerztherapie (AHCPR, 1986) und der deutschen Betäubungsmittelverschreibungsverordnung (BtmVV) in schwache und starke Opioide unterteilt, eine Unterscheidung, die aus pharmakologischen Gründen jedoch unbegründet ist. Die gebräuchlichsten schwachen Opioide Tramadol und Tilidin/Naloxon unterliegen einem Ceiling-Effekt, d. h., ab einer Tagesdosierung oberhalb ca. 600 mg kommt es bei weiterer Dosissteigerung zu keiner verbesserten Analgesie. Bei Tilidin/Naloxon kann es durch den Opioidantagonisten sogar zu einer Wirkungsabnahme kommen. In Kombination mit Naloxon ist Tilidin nicht der Betäubungsmittelverordnung unterstellt. In normaler Dosis oral eingenommen, wird der Naloxonanteil durch ausgeprägten First-Pass-Effekt inaktiviert (Karow et al., 2007). Schwache Opioide sind dadurch in ihrer analgetischen Potenz limitiert und im weiteren Krankheitsverlauf bei Tumorkranken häufig nicht ausreichend wirksam. Zur Vermeidung unnötiger Opioidwechsel könnte daher in der Praxis der Tumorschmerztherapie die WHO-Stufe 2 übersprungen und sofort auf ein „starkes“ Opioid eingestellt werden. Eine Differentialindikation für die verschiedenen Opioide ist nicht bekannt, sodass die Opioidauswahl aufgrund von ökonomischen Erwägungen, der gewünschten Pharmakokinetik und Applikationsform, sowie der persönlichen Erfahrungen des Behandlers vorgenommen werden kann. Bei ca. zwei Drittel der behandelten Patienten ist die Verträglichkeit und Wirksamkeit des ersten verwendeten Opioids ausreichend. Bei intolerablen unerwünschten Wirkungen ist eine sog. Opioid-
Kapitel 5.1
Tumorschmerz und Stufenkonzept der Therapie
rotation in äquianalgetischen Dosierungen sinnvoll (Pereira et al., 2001). Die äquianalgetische Dosis wird mit Umrechnungstabellen über das intravenöse Morphinäquivalent ermittelt. Bei trotzdem anhaltender Unverträglichkeit ist ein Wechsel des Applikationsweges indiziert. Zunächst sollte ein intravenöser bzw. subkutaner Zugangsweg versucht werden. Nur sehr selten wird eine rückenmarknahe Gabe notwendig werden. Neue Applikationsformen verschiedener Opioide (z. B. transmukosal, intranasal, patientenkontrolliert transdermal) konnten die Verträglichkeit der Opioidtherapie weiter verbessern. Auch bei sehr langer Behandlungsdauer kommt es unter Opioidtherapie zu keiner Organtoxizität. Die typischen Opioidnebenwirkungen sind Übelkeit und Erbrechen, Sedierung und Obstipation (Tabelle 5.1.2). Übelkeit und Sedierung sind meist passager für drei bis sechs Tage anhaltend. Während die Toleranzentwicklung gegenüber der Sedierung nur abgewartet werden kann, sind Antiemetika (z. B. dreimal täglich Metoclopramid 20 mg oder Haloperidol 0,5–1 mg) meist gut wirksam und sollten daher routinemäßig als Kurzzeitprophylaxe von Übelkeit und Erbrechen mit Beginn der Opioidmedikation und bei Dosiserhöhungen bzw. Opioidwechseln verordnet werden. Selten kann es zu delirartigen Symptomen und Myoklonien kommen, bei Überdosierung ist Atemdepression möglich. Obstipation tritt bei über 60 % der Patienten mit Opioidtherapie auf und ist eine anhaltende Nebenwirkung. Daher sollte immer eine Obstipationsprophylaxe erfolgen. Basismaßnahmen umfassen neben Mobilisation sowie flüssigkeits- und ballaststoffreicher Kost auch die Gabe von Laxantien. In den meisten veröffentlichten Stufenplänen wird primär Lactulose und sekundär Macrogel 3350 empfohlen. Rezidivierende Subileuszustände können eine Indikation für die neuroaxiale Applikation der Opioide sein. Übelkeit und Erbrechen können in den ersten Tagen nach Therapiebeginn oder Dosiserhöhungen passager auftreten und sollten kurzfristig prophylaktisch behandelt werden. Bei länger als eine Woche anhaltender Übelkeit sollte eine Opioidrotation versucht werden. Sedierung tritt ebenfalls häufig in der initialen Therapiephase auf. Bei Persistenz trotz Dosisanpassung und Opioidrotation und gleichzeitig guter Analgesie können – allerdings nur mit teilweisem Erfolg – Psychostimulantien wie Koffein oder Methylphenidat eingesetzt werden. Die opioidinduzierte Sedierung muss dabei von der „Tumorfatigue“ abgegrenzt werden. Atemdepression tritt meist bei opioidnaiven Patienten auf und ist bei Tumorpatienten fast ausschließlich eine Folge von falsch berechneten Dosisäquivalenten oder
35 Tabelle 5.1.1. Regeln der Opioidtherapie bei Tumorschmerzen, ergänzt nach den Empfehlungen der European Association for Palliative Care (EACP) (Radbruch, 2002)
Morphin ist das Opioid der ersten Wahl.
Der optimale Applikationsweg ist oral.
Die bevorzugte Applikationsform für Patienten ohne PortKatheter, die kontinuierlich parenterales Morphin benötigen, ist die subkutane Applikation.
Opioide sollten frühzeitig therapeutisch eingesetzt werden.
Opioide sollten mit NSAIDs/Antipyretika, ggf. zusätzlich mit Koanalgetika kombiniert werden. Die Opioidmedikation sollte immer aus einem retardierten Basisopioid und einer nichtretardierten Bedarfsmedikation bestehen. Die Bedarfsmedikation sollte ca. 5–10 % der Tagesdosis betragen und kann halbstündlich bis stündlich wiederholt verabreicht werden. Die Bedarfsmedikation kann zur Dosistitration verwendet werden, indem die kumulative Bedarfsdosis eines Tages zur Basisdosis hinzuaddiert wird. Bei anhaltender Unverträglichkeit sollten Opioide gewechselt werden. Nur nach mehrfachen Opioidwechseln und bei anhaltender Unverträglichkeit sollte der Applikationsweg gewechselt werden. Opioide sollten nur durch einen Behandler und nach dokumentierter Patientenaufklärung verschrieben werden, um inadäquaten Gebrauch frühzeitig zu erkennen. Wirksame Opioiddosen werden bei starken Schmerzen durch intravenöse Titration ermittelt, bei mittelstarken Schmerzen durch 25–50%ige Dosissteigerungen. Opioidnaive Patienten müssen in der Einstellungsphase intensiver als opioidgewöhnte überwacht werden. Die Anwendung transdermaler Pflastersysteme sollte aufgrund der trägen Kinetik und damit schlechten Steuerbarkeit nur bei Patienten mit einer stabilen Opioidtagesdosierung erwogen werden
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A. Kopf Tabelle 5.1.2. Unerwünschte Opioidwirkungen, deren Häufigkeiten und Therapiemöglichkeiten Häufigkeit (%)
Dosisabhängigkeit
Toleranz
Obstipation
60–100
ja
nein
Übelkeit
20–40
nein
ja
Antiemetikaprophylaxe während der ersten Woche
Sedierung
20–40
ja
ja
keine, wenn Sedierung über eine Woche anhält: Opioidwechsel
Atemdepression
<5
ja
ja
schrittweise orale Dosistitration
delirartige Symptome
<2
ja
nein
Neuroleptika und Opioidwechsel
Abhängigkeit
100
ja *
nein
5–10%ige Dosisreduktionen täglich
Sucht
1–5
nein
nein
Suchtanamnese, regelmäßige Kontrolltermine, Opioidrezepte „aus einer Hand“
Unerwünschte Wirkung
Therapie/Vorgehen Laxantien (dauerhaft)
* > ca. 35 mg intravenöses Morphinäquivalent über mehr als ca. drei Wochen
relativer Überdosierung bei plötzlicher Reduktion des Schmerzniveaus. Die Dosisfindung sollte daher immer titrierend mit kleinen Dosis-Aliquots erfolgen. Bei kontinuierlicher Opioidtherapie tritt dann eine schnelle Toleranz gegenüber der atemdepressorischen Wirkung ein. Eine sedierende Zusatzmedikation wie beispielsweise Benzodiazepine sollte trotzdem weiter nur mit Vorsicht eingesetzt werden. Delir ist eine seltene, aber gravierende unerwünschte Wirkung hochdosierter Opioide, die mit Hyperalgesie einhergehen kann und teilweise im Zusammenhang mit schneller Dosiseskalation von Opioiden auftritt. Nach differentialdiagnostischem Ausschluss anderer typischer Delirursachen wie beginnender systemischer Infektion, Elektrolytimbalancen, zerebraler Metastasen, Hypoxie, Hypovolämie oder renaler Funktionsstörungen und Absetzen anderer häufig delirinduzierender Pharmaka sollte eine Opioidrotation erfolgen. Kognitive Störungen und psychomotorische Funktionsstörungen können komplexe Verrichtungen wie das Autofahren beeinträchtigen. Meist kommt es innerhalb einiger Tage zu einer Toleranzentwicklung, sodass nur für die ersten 10 Tage nach Opioideinstellung und -dosiserhöhung ein absolutes Fahrverbot auszusprechen ist. Die Ängste vor psychischer Abhängigkeit (Sucht) und Toleranzentwicklung (kontinuierlicher Wirkverlust) bei Opioidtherapie sind unbegründet. Bei korrekter Opioidtherapie mit einfachem Screening hinsichtlich psychiatrischer Komorbidität, Verwendung retardierter Opioide und Berücksichtigung bestimmter
Verschreibungsrichtlinien ist von einer Suchtrate unter 5 % auszugehen. Auch Toleranzphänomene sind selten.Physische Abhängigkeit tritt jedoch immer auf und kann ab einer intravenösen Tagesäquivalenzdosis von ca. 35 mg Morphin klinisch relevant werden. Durch schrittweise, 10%ige tägliche Dosisreduktionen lassen sich Entzugssymptome jedoch fast immer vermeiden.
5.3.1.3. Koanalgetika Die Opioidsensibilität ist insbesondere bei neuropathischen Schmerzen, bsp. bei beginnender Tumorinfiltration eines Nervenplexus, unzureichend. Dann sind Koanalgetika indiziert. Die am häufigsten verwendeten Koanalgetika sind trizyklische Antidepressiva und Antikonvulsiva. Zur Koanalgetikaauswahl kann man sich nur teilweise an Studienergebnissen und Meta-Analysen orientieren (Finnerup et al., 2007), oft ist eine „symptomatische“ Koanalgetikaauswahl entsprechend der Schmerzqualität notwendig. Weitere koanalgetisch wirksame Pharmakoklassen sind Lokalanästhetika (Mexiletin p. o., Procain i. v.), NMDA-Antagonisten (Ketamin i. v., Amantadin p. o.), Gaba-B-Agonisten (Clonazepam), Tetrahydrocannabinol (THC, Cannabis) und Capsaicin (Vanniloidrezeptor-Antagonist). Neuere Koanalgetika mit höherer Selektivität zeigen vielversprechende Ergebnisse, bislang jedoch ohne klinische Relevanz. Trizyklische Antidepressiva – wie auch die Kalziumkanalblocker Gabapentin und Pregabalin – werden
Kapitel 5.1
Tumorschmerz und Stufenkonzept der Therapie
37
Tabelle 5.1.3. Dosierungsempfehlungen für Opioide, Nicht-Opioid-Analgetika, Koanalgetika und Adjuvantien Substanzklasse
Substanzbeispiele
Initialdosis (mg)
Effektive Dosis (mg/d)
NSAIDs
Kommentar
Ibuprofen
400
800–1600
cave: Magenschutz (mit PPI kombinieren)
Antipyretika
Metamizol
1000
2500–5000
Nachtschweiß
Opioide - „schwach“ - „stark“
Tilidin, Tramadol z. B. Morphin z. B. Oxycodon z. B. Fentanyl
50–100 10–20 10 0,025/Std. TTS
300–600 60–120 30–60 0,075/Std. TTS
für alle Opioide: nur retardiert, individuelle Titration, immer Laxantien, initial Antiemetika, Verschreibung „aus einer Hand“
TCA - tertiäre Amine - sekundäre Amine – SSRI – Sonstige
z. B. Amitriptylin z. B. Nortriptylin z. B. Paroxetin z. B. Duloxetin
10–25 10–25 20 60
50–100 (abends) 50–100 20–40 90
bei Einschlafstörungen Alternative zu Amitriptylin fraglich analgetisch gute Verträglichkeit
Antikonvulsiva
Carbamazepin Phenytoin Gabapentin Lamotrigin
2 × 100 3 × 100 3 × 100 1 × 25
3 × 100–400 3 × 100 3 × 800-1200 2 × 100
Laborkontrollen akut: bis 15 mg/kg i. v. keine Organtoxizität langsame Titration
orale Lokalanästhetika
Mexiletin
100
3 × 150–300
akut: 5 mg/kg in 30 min (als Lidocain)
NMDA-Antagonist
S-Ketamin
0,02/kg*Std.
individuelle Titration
Laxantien
Na-Picosulfat Macrogol 3350 Naloxon (oral)
5 3 × 1 Btl. 3×3
2×5 1 × 1Btl. 4×5
Antiemetika
Haloperidol Odansetron
3 × 0,5 3×4
3×1 3×8
orale Applikation Stufe 1 Stufe 2 Therapieresistente opioidinduzierte Opstipation Stufe 1 Stufe 2
TTS transdermales Applikationssystem, SSRI selektiver Serotonin-Wiederaufnahmehemmer, TCA trizyklisches Antidepressivum, PPI Protonenpumpenhemmer, NSAID nichtsteroidale Antirheumatika, NMDA N-Methyl-D-Aspartat
meist primär zur Behandlung kontinuierlich-brennender Dysästhesien, Antikonvulsiva mit natriumka-
nalblockierenden Eigenschaften (z. B. Carbamazepin) dagegen primär zur Behandlung attackenförmig-einschießender Schmerzen eingesetzt. Trizyklische Antidepressiva wirken durch Wiederaufnahmehemmung der inhibitorischen Transmitter Serotonin und Noradrenalin im Rahmen der deszendierenden Inhibition. Die analgetische Wirkung ist von dem Vorhandensein einer depressiven Komorbidität unabhängig. Wie bei den Antikonvulsiva orientiert sich die Dosierung nicht an den für neurologische oder psychiatrische Krankheitsbilder üblichen Empfehlungen, sondern es wird symptomorientiert titriert. Antikonvulsiva reduzieren die Hyperexzitabilität und paroxysmale Depolarisation traumatisierter Neurone durch unterschiedliche
Mechanismen. Trizyklische Antidepressiva und Antikonvulsiva werden über Tage bis Wochen eintitriert, bei den Patienten müssen regelmäßige Laborkontrollen durchgeführt werden. Cannabis findet als neues Koanalgetikum derzeit viel mediale und wissenschaftliche Beachtung. Das in Deutschland erhältliche Delta-9-Tetrahydrocannabinol (THC) wird jedoch hinsichtlich seiner analgetischen Wirksamkeit überschätzt. Patienten mit gastrointestinalen Tumoren, die unter ausgeprägter Übelkeit leiden, könnten jedoch durch den Einsatz von THC profitieren, auch die antianorektische Wirksamkeit kann therapeutisch genutzt werden. Aufgrund von zunehmender Sedierung, Dysphorie und Schwindel können Tagesdosen von ca. 15–20 mg meist nicht überschritten werden.
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A. Kopf
5.3.2. Nichtmedikamentöse Therapie Im Vergleich mit dem chronischen Nichttumorschmerz, bei dem die bio-psycho-sozialen Dimensionen des Schmerzes berücksichtigt werden müssen, ist die individuelle Krankheitsbewältigung von Tumorpatienten oft ausreichend, obwohl der durch Tumorprogression bedingte fortschreitende Selbstkontrollverlust mit zunehmender Funktionseinbuße häufig zu Angst und Depression führen kann. Die Einbeziehung von psychoonkologisch und ggf. seelsorgerisch Tätigen sollte daher immer individuell erwogen werden. Physiotherapeutische und physikalische Therapiemethoden können helfen, die zunehmende körperliche Beeinträchtigung zu lindern und positive Körperwahrnehmungen zu verstärken. Für den Einsatz phytotherapeutischer Behandlungen in der Tumorschmerztherapie gibt es keine ausreichenden Hinweise in der wissenschaftlichen Literatur.
6. Literatur AHCPR Cancer Pain Guideline (1986) Management of cancer pain. WHO-Press Aronoff GW, Evans WD, Enders PL (1985) A review of follow-up-studies of multidisciplinary pain units. In: Aronoff GW (ed.) Evaluation and treatment of chronic pain. Urban & Schwarzenberg, Baltimore, p 511 ff.
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Kapitel 5.2
Invasive Verfahren der Tumorschmerztherapie E. Knolle
1. Einleitung Invasive Behandlungsmethoden sind hauptsächlich als adjuvante Verfahren der Tumorschmerztherapie und nicht als alternatives Behandlungskonzept zur medikamentösen Schmerztherapie anzusehen. Sie sind Teil eines multimodalen Schmerztherapieansatzes, der der Verringerung der Schmerzen bei nicht ausreichender Schmerzmittelwirkung oder der Reduktion des Schmerzmittelbedarfes bei nicht tolerierbaren Nebenwirkungen dient. Viele der ursprünglich entwickelten Blockaden und Neurolysen werden aufgrund unbefriedigender Wirkung oder Wirkungsdauer, aufgrund zu großer Nebenwirkungen oder Risiken, und schließlich aufgrund der Verbesserung der medikamentösen Therapiemöglichkeiten kaum noch angewendet. Andererseits stehen mit den Implantationsverfahren für Medikamentenpumpen und Ports neuere invasive Techniken zur Verfügung, die das Behandlungsspektrum der Tumorschmerztherapie entscheidend erweitert haben.
2. Regionalblockaden Regionalblockaden haben in der Tumorschmerztherapie hauptsächlich einen diagnostischen Stellenwert, in dem sie der Lokalisation der Schmerzursache dienen. Prognostisch erlauben sie eine gewisse Abschätzung der Erfolgsaussicht von Neurolysen oder aber die Austestung von Nebenwirkungen bei vorgesehenen neurolytischen Verfahren. Dies kann die Einwilligung zu neurolytischen Verfahren sehr erleichtern. Regionalblockaden werden mit Lokalanästhetika (LA) durchgeführt, die über eine Veränderung der Ionenaustauschvorgänge an einer Nervenmembran die Nervenleitung reversibel zu unterbrechen vermögen und sich hauptsächlich in ihrer Wirkungsdauer unterscheiden. Ihre chemische Grundstruktur besteht bei den zuerst entwickelten Aminoestern aus einem tertiären Amin und einem Benzoesäurerest mit para-ständiger
Aminogruppe, welcher durch die Serumcholinesterase im Blut vergleichsweise schnell abgespalten wird und dann bei prädisponierten Patienten allergische Reaktionen auslösen kann. Im Unterschied dazu werden die heute üblichen Aminoamide sehr viel langsamer in der Leber zu Metaboliten abgebaut, die keine Allergien auslösen. Generell ist die Wirksamkeit und Wirkdauer der Lokalanästhetika bei starker Proteinbindung und niedrigem pKa-Wert erhöht, die Toxizität erniedrigt. In entzündlichen Geweben ist mit einer verringerten und verkürzten Wirkung sowie einer erhöhten Toxizität der Lokalanästhetika zu rechnen, erklärbar mit der Abhängigkeit ihrer physikochemischen Eigenschaften vom pH-Wert des zu anästhesierenden Gewebes. Für die meisten schmerztherapeutischen Regionalblockaden werden langwirkende Lokalanästhetika wie Bupivacain und dessen linksdrehendes Enantiomer Levo-Bupivacain, sowie das ebenfalls linksdrehende Ropivacain verwendet. Für die beiden genannten Enantiomere wird eine verringerte Toxizität angenommen. Aus dem Produkt von LA-Konzentration und LAMenge lässt sich die zugeführte LA-Dosis errechnen. Diese soll die für jedes LA vorgegebene Grenzdosis nicht überschreiten, um eine LA-Intoxikation zu vermeiden, welche mit lebensbedrohlichen zentralnervösen (Krampfanfälle, Atemstillstand) und kardialen Symptomen (Rhythmusstörungen, Herzstillstand) einhergehen kann. Bei den Aminoestern ist die Grenzdosis vergleichsweise hoch, d. h. die Intoxikationsgefahr ist gering, da sie – wie oben beschrieben – rasch durch die Serumcholinesterase hydrolisiert werden. Allerdings geht die größte Gefahr für eine Intoxikation weniger von einer Gewebsinfiltration als vielmehr von einer intravasalen Injektion auch schon bei geringen Mengen aus. Die Verwendung ausreichend dünner Injektionskanülen minimiert das Punktionstrauma (Blutung) und den Punktionsschmerz, sodass nur wenig Lokalanästhesieinfiltration und Sedierung erforderlich ist. Wir verwenden 22G-Spinalkanülen von mindestens 15 cm
40
E. Knolle
Länge. Darüber hinaus muss eine sorgfältige Blutaspirationskontrolle in allen Ebenen eine intravasale Lage der Kanülen ausschließen. Bei einer zusätzlichen Kontrastmittelinjektion unter Röntgendurchleuchtung darf es nicht unmittelbar nach Injektion verschwinden, andernfalls muss erneut von einer intravasalen Lage der Kanülenspitze ausgegangen werden. In den dem Eingriff folgenden 30 Minuten wird der klinische Effekt auf Schmerzstärke, Blutdruck und mögliche Intoxikationszeichen auf Lokalanästhetika (Geschmacksstörungen, Sehstörungen, Zuckungen der Gesichtsmuskulatur, Unruhe, Zittern, Brechreiz, Arrhythmie, AV-Block) engmaschig beobachtet. Eine stationäre Kontrollvisite dient dem Ausschluss eines Hämatokritabfalls, der auf eine postpunktionelle Blutung hindeuten und eine weitergehende bildgebende Diagnostik erfordern würde. Kontinuierliche Regionalblockaden über periphere Katheter sind zur Beherrschung exazerbierender Schmerzen im Terminalstadium indiziert.
3. Neurolysen In der Tumorschmerztherapie dienen Neurolysen der langwirkenden Ausschaltung von schmerzfortleitenden nervalen Strukturen. Anders als bei chirurgischer Unterbrechung (Neurodestruktion) bleibt bei neurolytischer Einwirkung die basale Lamina der Nervenscheide erhalten, sodass eine Axon-Regeneration einsetzt ohne Ausbildung von Neuromen. Dennoch können die Regenerationsvorgänge am Axon der sensiblen Nerven chronische Neuritiden mit kaum therapierbarem Deafferenzierungsschmerz verursachen. Neurolytische Wirkungen an autonomen Nervenstrukturen können wesentliche Störungen der Blasen- und Sphinkter- sowie Sexualfunktion auslösen. Schließlich führt die Exposition des Neurolytikums an motorisch innervierenden Nerven expositionsabhängig zur Einschränkung motorischer Funktionen. Daher werden neurolytische Verfahren nur noch bei wenigen Indikationen angewendet. Sie erfordern ein hohes Maß an Erfahrung bei ihrer Durchführung und sollten in ihrer Wirkung durch vorherige Nervenblockaden mit Lokalanästhetika ausgetestet werden. Zur Anwendung kommen Äthanol und Phenol, die an Nerven, Spinalnervenwurzeln und am Rückenmark eine Reizleitungsunterbrechung aufgrund einer Wallerschen Degeneration herbeiführen. Äthanol löst einen erheblichen Injektionsschmerz aus, der eine vorherige Lokalanästhetika-Injektion erfordert. Er breitet sich aufgrund seiner hypobaren Eigenschaft im Liquor
nach oben aus. Er wird in hoher Konzentration von 50–100 % angewendet, da er sich durch schnelle Diffusion von der Injektionsstelle auszeichnet. Phenol wird in Konzentrationen von 6–8 %, gelöst in Glyzerin oder Wasser, angewendet und löst aufgrund seiner teilweise lokalanästhetischen Eigenschaften keinen Injektionsschmerz aus. Verglichen mit Alkohol bewirkt Phenol eine kürzer anhaltende und weniger starke Nervenschädigung. Er breitet sich aufgrund seiner hyperbaren Eigenschaft im Liquor nach unten aus.
3.1. Neurolyse am Ganglion coeliacum Die häufigste neurolytische Blockade betrifft die nervalen Strukturen am Ganglion coeliacum, das retroperitoneal in Höhe L1 teilweise auf der Aorta, ventrolateral der V. cava liegt. Es ist von dem Plexus coeliacus umgeben, der sich lateral bis zu den Nebennieren, kranial bis zum Hiatus aorticus und kaudal bis zur A. renalis erstreckt. Während in das Ganglion coeliacum postganglionäre Fasern aus den thorakalen Ganglien über die Nn. splanchnici eintreten, erhält der Plexus coeliacus Fasern aus dem Ganglion coeliacum, lumbalen sympathischen Ganglien und den abdominalen Ästen der Nn. vagi. Er ist mit dem Plexus aorticus thoracalis sowie den abdominellen Plexus verbunden, über die die abdominellen Organe efferent und afferent innerviert werden. Eine Neurolyse von Ganglion und Plexus coeliacus führt lediglich zu einer partiellen Destruktion der nervalen Strukturen (Vranken et al.,
Abb. 5.2.1. Posteriorer Zugang bei Plexus-coeliacus-Blockade. Die Einstichstellen liegen ca. 7 cm beidseits lateral der Dornfortsatzmitte von L2, kaudal der 12. Rippen. Die Kanülen werden nach kranial, medial und ventral vorgeschoben
Kapitel 5.2
Invasive Verfahren der Tumorschmerztherapie
2002), die insbesondere zur Linderung von gürtelförmigen Oberbauchschmerzen bei Pankreas- und Magenkarzinom indiziert ist. Durch die begleitende Sympathikolyse können Diarrhö, sexuelle Dysfunktion und Verlust der Sphinkterfunktion von Rektum und Blase ausgelöst werden. Vor der Neurolyse wird eine LABlockade am Ganglion coeliacum zur prognostischen Abschätzung der Wirksamkeit und Nebenwirkungen empfohlen. Die LA-Blockade kann auch zur Schmerzlinderung bei Leberarterien-Embolisation im Rahmen einer invasiven Tumorschmerztherapie angewendet werden. Der Eingriff wird sowohl unter Durchleuchtung als auch CT-gezielt und US-gezielt durchgeführt. Die durchleuchtungsgezielte Durchführung mit dorsalem Zugang ist technisch am wenigsten aufwändig und mit dem geringsten intraperitonealen Verletzungs- und Infektionsrisiko verbunden. Die erforderliche Bauchlage wird allerdings von einigen Patienten insbesondere bei Unterpolsterung mit einem Kissen in Bauchmitte zur Aufhebung der Lumbal-Lordose aufgrund starker Oberbauchschmerzen selbst unter Sedoanalgesie nicht toleriert. Bei dorsalem Zugang liegt das Punktionsareal bei L1, die Einstichstellen 4 Querfinger (ca. 7 cm) beidseits lateral der Dornfortsatzmitte von L2, also knapp kaudal der 12. Rippen (Abb. 5.2.1). Bei Punktion in RechtsSeitenlage wird nur von links punktiert. Eine Seit-zu-Seit-Durchleuchtungskontrolle projiziert die Kanülenspitzen idealerweise auf Höhe der vorderen Wirbelkörperkante. Die unmittelbare Nähe der Kanülenspitze an der Aorta zeigt sich mitunter an Pulsationen der Kanüle. Das injizierte Kontrastmittel sollte sich vor dem Wirbelkörper verteilen ohne streifige Kontrastbildung in der Psoasmuskulatur (Abb. 5.2.2). Bei diesem klassischen retrokruralen Zugang ist zu erwarten, dass sich ein gewisser Anteil des Neurolytikums hinter dem Diaphragma um den Wirbelkörper von L1 verteilt und an den Nn. splanchnici rostral des Plexus coeliacus wirkt. Bei Injektion des Neurolytikums ventral und kaudal des Diaphragmas kann eine höhere Konzentration am Plexus und stärkere Wirkung erwartet werden. Die Gefahr, Spinalwurzeln zu blockieren, wird verringert. Diese transkrurale Kanülenlage wird durch weiteres Vorschieben der Injektionskanülen erreicht. Bei transaortaler Injektionstechnik wird die Aorta gezielt punktiert und die Injektionskanüle so weit vorgeschoben, bis eine sichere Lage der Spitze vor der Aorta erreicht ist. Hinsichtlich des therapeutischen Effektes zeigen die angesprochenen Techniken keine signifikanten Unterschiede. Allerdings ist ein lang an-
41
Abb. 5.2.2. AP-Röntgenkontrolle der Kanülenlage zur Plexuscoeliacus-Blockade nach Kontrastmittelgabe. Das injizierte Kontrastmittel sollte sich vor dem Wirbelkörper verteilen, ohne streifige Kontrastbildung in der lateral gelegenen Psoasmuskulatur.
haltender Effekt nur bei vollständiger Ausbreitung des Neurolytikums im Plexus coeliacus zu erwarten. CT-gezielte Neurolysen erlauben eine kontrollierte Platzierung der Punktionskanülen in tumorfreiem Gewebe. Sie werden meistens von ventral durchgeführt. Zur Vermeidung einer Darmverletzung ist ein möglichst kranialer Zugang im epigastrischen Winkel empfehlenswert, allerdings sollte auch eine Verletzung von Pankreasgewebe mit schmerzhafter Nekrosenbildung durch das Neurolytikum vermieden werden. Bei notwendiger Punktion durch den Magen kann eine einmalige antibiotische Abschirmung erwogen werden. Eine ultraschall-gezielte Neurolyse wird mit Hilfe einer Biopsie-Nadel durchgeführt, die unter endosonographischer Kontrolle transgastral vor die laterale Aortenwand auf der Höhe des Truncus coeliacus platziert wird. Die Vorgehensweise wird v. a. in Kombination mit Tumorbiopsien bei Neoplasien im Oberbauch empfohlen. Zur diagnostischen Blockade werden insgesamt 40 ml Lokalanästhetikum, z. B. 0,25% Bupivacain, injiziert. Vor der Neurolyse werden zunächst insgesamt mindestens 30 ml Lokalanästhetikum, z. B. 0,25 % Bupivacain, injiziert, um den Injektionsschmerz bei der Neurolyse auszuschalten. Danach werden insgesamt
42
E. Knolle
40 ml eines 1 : 1-Gemisches aus Äthanol 96 % und Kontrastmittel injiziert. Während der Injektion wird unter kontinuierlicher Durchleuchtung eine intravasale Injektion des Neurolytikums ausgeschlossen, um eine akute Intoxikation oder Gefäßwandnekrosenbildung durch das Neurolytikum auszuschließen. Nach der Injektion wird jeweils Luft oder NaCl 0,9 % (Waldman et al., 1996) durch jede Kanüle injiziert, bis ein nachlassender Injektionswiderstand anzeigt, dass das Neurolytikum aus den Kanülen entfernt ist. Danach können die Kanülen selbst entfernt werden, ohne dass dabei Reste des gewebstoxischen Neurolytikums im Stichkanal zurückbleiben.
3.2. Neurolysen am Plexus hypogastricus superior und Ganglion impar Neurolysen am sakralen Plexus hypogastricus superior und an dem die beiden Sympathikusstränge verbindenden sakrokokzygeal gelegenen Ganglion impar dienen der Schmerzlinderung bei Tumoren im Becken. Sie gehen allerdings mit der Gefahr der Verletzung von Beckenorganen einher, weshalb für diese Indikation alternativ die intrathekale Neurolyse bevorzugt indiziert wird.
3.3. Intrathekale Neurolyse Bei perinealen Schmerzen und schmerzhaftem Priapismus (Wilson, 1981), z. B. durch einen infiltrierenden Rektum- oder Analtumor, die nicht durch Opioide beherrschbar sind, ist die intrathekale Neurolyse ein adäquates Verfahren, die quälenden Schmerzen deutlich zu verringern. Allerdings kommt das Verfahren nur bei ohnehin nicht mehr funktionstüchtiger Sphinkterfunktion von Blase und Mastdarm in Betracht, da dies in 3–5 % als Komplikation des Eingriffs eintreten kann und bei Phenol-Konzentrationen ab 10 % noch zunimmt. In jedem Fall muss die Phenollösung ausreichend hyperbar sein, um ein Absinken in den sakralen Epiduralraum nach Injektion zu gewährleisten, sodass die lumbalen Motorneuronen nicht neurolysiert werden. Daher ist das Verfahren bei relevanten intraspinalen Obstruktionen und Veränderungen des Proteingehaltes im Liquor, die sein spezifisches Gewicht erhöhen, nicht anzuwenden (Slatkin et al., 2003). Die Wirkungsdauer wird mit bis zu 6 Monaten angegeben. Der Eingriff wird in sitzender Position durchgeführt, bei schmerzbedingter Untolerierbarkeit ev. mit Gummi-
ring-Entlastung. Voraus geht eine Testblockade mit hyperbarem Lokalanästhetikum, z. B. 4 % Mepivacain, um die notwendige Menge an Neurolytikum abzuschätzen. Zur Neurolyse wird eine sehr langsame Injektion (0,2 ml/Min.) einer hyperbaren Lösung von Phenol 6–8 % in Glyzerin bei L5/S1 durch eine fest aufsitzende 1-ml-Spritze und eine nicht zu dünne Spinalnadel von 20 Gauge (Öffnung nach kaudal) vorgenommen, die eine rasche Besserung des Schmerzes schon nach 0,1–0,2 ml des Neurolytikums erwarten läßt. Nach Freispülen von Phenolresten erfolgt die Entfernung der Spinalkanüle unter Beibehaltung der Sitzposition für mindestens 1 Stunde, um die vollständige Ausbreitung des Phenols im Sattelblock zu ermöglichen. Bei nicht ausreichender Wirksamkeit kann die Blockade wiederholt werden, ebenso bei Nachlassen ihrer Wirkung.
4. Rückenmarksnahe Katheter mit Implantation von Port oder Pumpe Rückenmarksnahe Katheter dienen der zentralen Pharmakotherapie mit bis zu 300-fach verringerten Medikamentendosierungen (Smith et al., 2003) sowie geringeren Nebenwirkungsraten als bei systemischer Pharmakotherapie (Smith et al., 2002). Unter Umgehung der Blut-Hirn-Schranke werden dabei unmittelbar Opioid-, A2-, NMDA- und andere Rezeptoren im Rückenmark erreicht (Stearns et al., 2005). Dabei lässt sich prinzipiell die intrathekale von der periduralen Katheterimplantation unterscheiden. Während bei intrathekaler Katheteranlage die Dura penetriert wird und die applizierten Pharmaka unmittelbar in den Liquor gelangen, bleibt bei periduraler Katheterimplantation die Dura unverletzt, sodass Liquorleck und intrathekale Kontaminationen vermieden werden. Abgegebene Pharmaka diffundieren zunächst durch die Dura, bevor sie in den Liquor gelangen, was ihre Anschlagzeit verlängert. Ein Teil wird zuvor bereits im Epiduralraum resorbiert, sodass größere Infusionsvolumina erforderlich sind und somit größere Katheterkaliber und/oder häufigere Wechsel der Infusionsreservoire. Die verfügbaren implantierbaren Reservoire sind für peridural platzierte Katheter zu klein und daher nicht verwendbar. Bei der Anlage von rückenmarksnahen Kathetern besteht prinzipiell die Gefahr einer Infektion mit nachfolgender Meningitis. Darüber hinaus sind Rückenmarksschädigungen durch Punktion oder Hämatom möglich, wenn dieses nicht rechtzeitig ausgeräumt wird. Während bei intrathekalen Kathetern bei länge-
Kapitel 5.2
Invasive Verfahren der Tumorschmerztherapie
rer höherkonzentrierter Morphinapplikation die Gefahr der intrathekalen Granulombildung mit Okklusion an der Katheterspitze besteht, können Periduralkatheter eine peridurale Fibrose verursachen. Bei den implantierbaren Pumpen kommen einerseits gasdruckbetriebene Systeme zum Einsatz, bei denen mit der Medikamentenbefüllung ein Edelgas zusammengedrückt wird, das sich konstant wieder ausdehnt und dadurch das Medikament in den Katheter appliziert. Die Medikamentendosis kann nur durch Änderung der Medikamentenkonzentration vor Befüllung der Pumpe verändert werden. Bei elektronischen Systemen erfolgt die Medikamentenabgabe durch eine batteriebetriebene Pumpe, deren Laufrate telemetrisch verändert werden kann. Hier kann die Medikamentendosis einerseits durch Änderung der Medikamentenkonzentration vor Befüllung der Pumpe verändert werden, andererseits auch durch Veränderung der Laufrate jederzeit nach der Befüllung. Allerdings sind elektronische Pumpen wesentlich kostspieliger. Alle Pumpen verfügen über einen Befüllport zum Befüllen (und Entleeren) der Pumpe sowie über einen Bolusport, der die direkte Applikation von Medikamenten in das der Pumpe angeschlossene Kathetersystem erlaubt (Abb. 5.2.3). Neben der Implantation eines Kathetersystems kann die Anlage von extern ausgeleiteten Kathetern in terminalen Fällen oder zur Testung der Wirksamkeit eines Katheterverfahrens indiziert sein. Die Verweildauer sollte jedoch bei weniger als 3 Monaten liegen, da das Risiko einer Katheterinfektion hoch ist. Geeigneter ist die Implantation eines Ports, an den ein intrathekales oder epidurales Kathetersystem angeschlossen wird.
5. Rückenmarksnah applizierbare Medikamente Zur rückenmarksnahen chronischen Schmerztherapie werden, anders als bei der akuten perioperativen Schmerztherapie, bevorzugt Opioide statt Lokalanästhetika verwendet, da sie keine sensible, motorische oder sympathische Blockade hervorrufen. Die analgetischen Dosen entsprechen 1–5 % der analgetischen Dosen bei intravenöser Therapie, was mit geringeren Nebenwirkungsraten einhergeht. Die am meisten gefürchtete Nebenwirkung bei rückenmarksnaher Opioidtherapie ist die Atemdepression, weshalb während der Erstdosierung und bei späteren Dosiserhöhungen eine intensive Überwachung von Sauerstoffsättigung und Bewusstseinszustand erforderlich ist. Durch Atemfrequenzkontrolle lassen sich Atemdepressionsphasen kaum vorhersehen. Weitere dosisabhängig auftretende
43
Abb. 5.2.3. Subkutane Implantation einer Gasdruck-betriebenen Medikamentenpumpe. In der Mitte der Pumpe befindet sich der Befüllport, seitlich davon der Bolusport.
Nebenwirkungen sind Harnretention, Schwindel, Übelkeit, Müdigkeit, Beinödeme, Hypogonadismus, Obstipation und Pruritus, deren Behandlung jener bei systemischer Opioidtherapie entspricht (Kap. 5.1). Evtl. erzwingen die Nebenwirkungen auch eine Dosisreduktion der intrathekalen Morphintherapie. In USA und Deutschland ist nur Morphin uneingeschränkt zur rückenmarksnahen Anwendung zugelassen. Hydrophile Opioide wie Morphin und Hydromorphon erreichen höhere Liquorkonzentrationen als lipophile Opioide wie Fentanyl und Sufentanil, die sich bevorzugt in Fett- und Nervengewebe verteilen. Letztere haben eine wesentlich kürzere Anschlagzeit (5–10 Min gegenüber 45–75 Min bei Morphin) und Wirkdauer (1–6 Std. gegenüber 18–24 Std. bei Morphin nach Bolus) und geringere systemische Nebenwirkungen. Dies ist auf ihre schnellere Durapenetration sowie geringere (rostrale) Ausdehnung zurückzuführen. So treten Übelkeit und Erbrechen sowie eine Harnretention, die durch Interaktion mit sakralen Opioidrezeptoren zustande kommt, bei Verwendung von lipophilen Opioiden weniger häufig auf. Dennoch ist auch bei Applikation von intrathekalem Fentanyl und Sufentanil eine respiratorische Depression – wenn auch nur innerhalb der ersten Stunde nach Injektion – nicht ganz auszuschließen. Die wenigen bisher vorliegenden Studien zu intrathekaler Schmerztherapie mit Methadon zeigen eine gute schmerzlindernde Wirkung, bei der dem NMDA-Antagonismus dieses Opioids allerdings nur eine untergeordnete Bedeutung beigemessen wird. Auch wenn nicht primär zur chronischen Schmerzthe-
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E. Knolle
rapie eingesetzt (s. o.), können langwirkende Lokalanästhetika wie Bupivacain und Ropivacain zur Verstärkung der analgetischen Wirkung und Einsparung von Nebenwirkungen mit Opioiden kombiniert werden. Als Nebenwirkungen werden motorische Schwäche der Extremitäten, Hypotension und Harnretention beobachtet. Der A2-Adrenozeptoragonist Clonidin kommt aufgrund seiner analgetischen Wirkung durch Modifikation der nozizeptiven Signalübertragung vom ersten auf das zweite Neuron als Adjuvans einer rückenmarksnahen Opioidtherapie zur Anwendung, v. a. bei neuropathischen Schmerzen. Clonidin ist allerdings in Deutschland nicht zur rückenmarksnahen Anwendung zugelassen. Die Nebenwirkungen sind dosisabhängig Hypotonie und Sedierung. Sie treten innerhalb von 1– 2 Std. nach intrathekaler Applikation auf und halten etwa 6–8 Std. an. Intrathekales Ketamin konnte in Einzelfällen bei nicht ausreichender intrathekaler Opioidanalgesie eine wesentliche Linderung der Schmerzsymptomatik herbeiführen. Eine wesentliche Rolle spielt dabei die NMDARezeptor-Blockade durch Ketamin, die im Tierversuch eine Toleranzentwicklung bei intrathekaler Morphingabe verhindert. Seine Anwendbarkeit ist allerdings aufgrund psychotroper Nebenwirkungen und Neurotoxizität unklar. Ziconotide (SNX-111) ist ein Nichtopioid, das durch Blockade neuronaler spannungsabhängiger KalziumKanäle vom N-Typ eine starke analgetische Wirkung
ohne Entwicklung von Toleranz entfaltet. Es ist daher bei therapierefraktären Schmerzzuständen indiziert. Die Nebenwirkungen wie Gangunsicherheit, Übelkeit, Erbrechen, Harnretention, Schwindel, Nystagmus, Seh- und Gedächtnisstörungen sind dosisabhängig und erlauben nur eine langsame Dosissteigerung. Für die klinische Auswahl der Medikamente hat eine internationale Expertenrunde in einer „Polyanalgesic Consensus Conference 2000“ Leitlinien aufgestellt, die 2003 aktualisiert wurden (Abb. 5.2.4) (Deer et al., 2007). Danach gelten Morphin (empfohlene Maximal-Konzentration, -Dosis: 20 mg/ml, 15 mg/Tag) und Hydromorphon (empfohlene Maximal-Konzentration, -Dosis: 10 mg/ml, 4 mg/Tag) als Standardmedikamente, die bei nicht ausreichender Wirksamkeit mit Bupivacain (empfohlene Maximal-Konzentration, -Dosis: 40 mg/ml, 30 mg/Tag) und/oder Clonidin (empfohlene Maximal-Konzentration, -Dosis: 2 mg/ ml, 1 mg/Tag) kombiniert werden können. Ob Kombinationen tatsächlich einen opioideinsparenden Effekt haben, eine bessere Wirksamkeit bei neuropathischen Schmerzen hervorrufen oder eine Granulombildung verhindern, gilt als nicht erwiesen. Auch für den Einsatz von Fentanyl oder Sufentanil, sowie dem GABAAgonist Midazolam und anderen Substanzen fehlen bislang ausreichende klinische Daten bei intrathekaler Langzeitanwendung. Ebenso ist die analgetische Potenz von Baclofen als nicht geklärt anzusehen.
6. Intraventrikuläre Opioidtherapie
1.
Morphin, Hydromorphon oder Ziconotide
2.
Morphin, Hydromorphon oder Fentanyl + Bupivacain, Clonidin oder Ziconotide
3.
Clonidin, Morphin, Hydromorphon oder Fentanyl + Bupivacain und/oder Clonidin und Ziconotide
-
andere Abb. 5.2.4. Entscheidungsbaum für die intrathekale Anwendung von Analgetika und Adjuvantien (modifiziert nach Deer et al., 2007)
Bei nicht beherrschbarem Tumorschmerz im KopfNackenbereich kann die Katheterimplantation in das Seitenventrikel-Vorderhorn der nicht dominanten Hemisphäre erwogen werden. Neben einer guten Analgesie ist allerdings auch eine hohe Rate systemischer Nebenwirkungen zu erwarten (Ballantyne et al., 2005).
7. Perioperative Schmerztherapie Die perioperative Schmerztherapie bei tumorchirurgischen Eingriffen unterscheidet sich nicht von der bei anderen operativen Maßnahmen, die eine (systemische) Akutschmerztherapie erfordern. Im Gegensatz zur chronischen Tumorschmerztherapie, die von steigendem Analgesiebedarf gekennzeichnet ist, erfordert die perioperative Akutschmerztherapie in der Regel die stärkste Analgesie während und unmittelbar nach dem Eingriff, bei sich allmählich verringerndem Bedarf
Kapitel 5.2
Invasive Verfahren der Tumorschmerztherapie
während der postoperativen Wundheilung. Je nach Heilungsaussicht der tumorchirurgischen Maßnahme oder ihrer palliativen Wirkung kann die perioperative Akutschmerztherapie schließlich ganz eingestellt werden oder sie wird von einer (bereits vorbestehenden) chronischen Schmerztherapie abgelöst. Eine präoperativ verordnete chronische Schmerztherapie wird in der Regel perioperativ beibehalten und durch die zusätzlich erforderliche Akutschmerztherapie ergänzt. Eine orale medikamentöse Einstellung kann dazu vorübergehend auf eine systemische Therapie umgestellt werden. Zur perioperativen Akutschmerztherapie kommen hauptsächlich die intravenöse patientenkontrollierte Analgesie (patient controlled analgesia – PCA), kontinuierliche Regionalanalgesieverfahren und intravenöse Infusionstherapien zur Anwendung. Die PCA erlaubt dem Patienten über ein spezielles Infusionsgerät (PCA-Pumpe) die Auslösung einer Opioid-Selbstapplikation (Bolus), wobei Bolusmenge und maximal erlaubte Applikationsfrequenz pro Zeiteinheit in der PCA-Pumpe eingestellt werden. Die Einstellung hat eine optimale Schmerzlinderung bei Verhinderung einer Überdosierung zum Ziel. Bei Unfähigkeit des Patienten zur Durchführung der Bolusanforderung kann in Einzelfällen auch eine Bedienung durch Angehörige oder Pflegepersonal indiziert sein, wobei die bedarfsgerechte Anwendung des Systems weniger gesichert ist. Für kontinuierliche Regionalanalgesieverfahren werden vorübergehend Katheter zur Periduralanalgesie oder Plexusanalgesie eingeführt und an kontinuierliche Infusionen von Regionalanästhetika evtl. mit Opioidzusatz angeschlossen. Eine enge chirurgisch-anästhesiologische Zusammenarbeit bezüglich postoperativer Analgesie ist für den Patienten von großem Vorteil. Idealerweise wird präoperativ ein genaues Analgesieregime festgelegt und zusammen mit dem Patienten und Anästhesisten geplant.
8. Invasive Verfahren und medikamentöse Antikoagulation Sofern durch das invasive Vorgehen eine Verletzung rückenmarksnaher oder großer Gefäße möglich ist, besteht bei pathologischer oder therapeutisch gehemmter Gerinnung ein erhöhtes Eingriffsrisiko aufgrund von Blutung oder Rückenmarkskompression durch Hämatombildung. Daraus ergibt sich die Notwendigkeit zur entsprechenden Aufklärung und Überprüfung der
45 Tabelle 5.2.1. Empfohlene Therapiepausen für gerinnungshemmende Therapeutika bei Punktionen in der Nähe von rückenmarksnahen oder großen Gefäßen. Das Schema lehnt sich an Empfehlungen der Österreichischen Gesellschaft für Anästhesiologie und Intensivmedizin (ÖGARI) und der Deutschen Gesellschaft für Anästhesiologie und Intensivmedizin (DGAI) an Erforderliche Therapiepause Vor Punktion Nach Punktion Kumarine 24–48 h sofort INR < 1,4
Generikum Handelsname Phenprocoumon Marcoumar®
Heparine Unfraktionierte Heparine Liquemin®, Thrombophob®
4h
Niedermolekulare Heparine Lovenox®, Fraxiparin®
10–24 h (dosisabhängig) Heparinoide 24–48 h Anti-Xa normal 20–36 h Anti-Xa normal
Danaparoid Orgaran® Fondaparinux Arixtra® (Xi-)Melagatran Exanta®
8–10 h
1h
2–4 h
4h 2–4 h 2–4 h
Hirudine Desirudin, Lepirudin Revasc®, Refludan®
8-10 h
2-4 h
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sofort
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Gerinnungsparameter vor dem Eingriff. Bei gerinnungshemmender Medikation sind Therapiepausen entsprechend den Empfehlungen der Österreichischen Gesellschaft für Anästhesiologie und Intensivmedizin (ÖGARI) (Kozek-Langenecker et al., 2005) oder der Deutschen Gesellschaft für Anästhesiologie und Intensivmedizin (DGAI) (Gogarten et al., 2003) einzuhalten (Tabelle 5.2.1).
9. Literatur Ballantyne JC, Carwood CM (2005) Comparative efficacy of epidural, subarachnoid, and intracerebroventricular opioids in patients with pain due to cancer. Cochrane Database Syst Rev 25 (1): CD005178 Deer T, Krames ES, Hassenbusch SJ, Burton A, Caraway D Dupen S, Eisenach J, Erdek M, Grigsby E, Kim P, Levy R, McDowell G, Mekhail N, Panchal S, Prager J, Rauck R, Saulino M, Sitzman T, Staats P, Stanton-Hicks M, Stearns L, Willis KD, Witt W, Follett K, Huntoon M, Liem L, Rathmell J, Wallace M, Buchser E, Cousins M, Ver Donck A (2007) Polyanalgesic Consensus Conference 2007: Recommendations for the Management of Pain by Intrathecal (Intraspinal) Drug Delivery: Report of an Interdisciplinary Expert Panel. Neuromodulation: Technology at the neural interface 10; 4: 300–328 Gogarten W, Van Aken H, Büttner J, Riess H, Wulf H, Buerkle H (2003) Rückenmarknahe Regionalanästhesien und Thromboembolieprophylaxe/Antithrombotische Medi-
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Kapitel 6
Nichtchirurgische, komplementäre Behandlungskonzepte L. Auerbach
1. Einleitung Die Behandlung von Erkrankungen mit komplementären Methoden ist keine Entdeckung des 20. Jahrhunderts. Grundsätzliche Erkenntnisse zu den menschlichen Körperfunktionen waren schon der Antike bekannt, wenn auch meist böse Dämonen oder Ahnen, strafende Götter, der Einfluss der Gestirne oder einfach der fehlende rechte Glaube als Ursachen für Epidemien oder Krankheiten angesehen wurden. Zur Vertreibung des Leidens und Wiederherstellung der Gesundheit wurden Heiler, Schamanen, Priester herangezogen, die mit verschiedensten Ritualen zu therapieren versuchten. Meist wurden zusätzlich Pflanzen der Umgebung als Heilmittel eingesetzt. Mit der Etablierung von Zentren für eine standardisierte medizinische Ausbildung wurde dieses Wissen von empirischen gesammelten Heilwirkungen verschiedenster pflanzlicher, tierischer und mineralischer Arzneimittel gesammelt und gelehrt. Viele medizinische Erkenntnisse der Antike gingen im christlichen Mittelalter verloren. In Europa war noch bis ins 19. Jahrhundert Galens Viersäftelehre (Abb. 6.1) Basis der meisten Krankheitstheorien. Demnach sollte das Ungleichgewicht zwischen den 4 Grundprinzipien des Körpers (Blut, Schleim, gelbe Galle und schwarze Galle) für die Entstehung einer Krankheit verantwortlich sein. Ziel einer Behandlung war es, das innere Gleichgewicht der 4 Säfte wiederherzustellen, z. B. durch Aderlass, oder durch Schwitzen, Erbrechen oder Abführen. Der Beginn der modernen europäischen Naturwissenschaft im ausgehenden Mittelalter ebnete den Weg zu wissenschaftlich überprüfbaren Erklärungen zur Entstehung und Kausalität von Krankheiten. Kontrollierte nachvollziehbare Experimente, der Einsatz neuer diagnostischer Techniken und standardisierter überprüfter Medikamente waren Grundlage der medizinischen Revolution des 20. Jahrhunderts. Die Bekämpfung von Infektionserkrankungen und entsprechende Hygienemaßnahmen verdoppelten die Lebenserwartung in der
westlichen Welt. Die letzten 100 Jahre waren durch die herausragenden Erfolge der modernen Medizin gekennzeichnet. Sie drängten das traditionelle Wissen und den Einsatz von überlieferten Rezepten und Behandlungsstrategien zurück. Gleichzeitig sind durch die Globalisierung der Information und die Möglichkeiten der Reisen in ferne Länder auch andere medizinische Heilmethoden in Europa besser bekannt geworden, die jedoch meist nicht den Anforderungen der wissenschaftlichen Überprüfbarkeit im Sinne der Schulmedizin gerecht werden. Davon unabhängig erfreuen sich jedoch Heilverfahren aus dem Fernen Osten (Traditionelle Chinesische Medizin, Ayurveda usw.) derzeit in Europa und den USA größter Beliebtheit.
2. Komplementäre Medizin bei onkologischen Patienten Die Zahl der Krebserkrankungen nimmt in den westlichen Ländern zu. Neue effiziente medizinische Therapien verringern die Mortalität und verlängern das krankheitsfreie Intervall. Darüber hinaus können moderne schulmedizinische Begleittherapien die Nebenwirkungen der systemischen onkologischen Therapien mindern. Medizinische Behandlungen und deren Heilmittel sind heute jedoch nicht mehr exklusiver Wissensgehalt einzelner Personen oder Institutionen, sondern durch den weltweiten Internetzugang für alle leicht und umfassend erhältlich. Beinahe täglich werden in Fernsehen und Printmedien „neue“ „erfolgreiche“ Maßnahmen diskutiert und beworben. So ist es fast schon üblich, dass Patienten oder ihre Angehörigen mit Internetausdrucken, Beipackzetteln und Wunschzetteln ihren Therapeuten aufsuchen, um kompetente Information zu erhalten. Als Schulmediziner sind wir mit der Tatsache konfrontiert, dass die Mehrzahl der onkologischen Patienten komplementäre medizinische Methoden anwendet (Evans et al., 2007; Vapiwala et al., 2006; Velanovich
L. Auerbach 48
s
seren“ Therapie setzen sich manche leider auch unüberprüften und teuren Verfahren aus und brechen mitunter sogar die klinischen Therapien ab.
fe u
Blut Sanguiniker
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Herz
2.1. Konzepte komplementärer Medizin FEUER
Schleim Phlegmatiker
WASSER
Leber
gelbe Galle Choleriker
LUFT Gehirn
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schwarze Galle Melancholiker
ka
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ERDE
tro
c
Milz
Abb. 6.1. Viersäftelehre nach Galen (19. Jahrhundert)
et al., 2006). Dies ist im ärztlichen Gespräch und in der Arzt-Patient-Beziehung zu berücksichtigen. Krebspatienten wollen von ihrem Chirurgen und Onkologen auch zu diesen Fragen verlässliche Antworten. Viele Krebskranke haben den Wunsch, selbst etwas zur Heilung beitragen zu können. Sie suchen Heilmethoden, die ihre Gesundheit und ihre Lebensqualität sichern oder verbessern können. Stand bis Ende der 2. Hälfte des 20. Jahrhunderts verständlicherweise die Frage des Überlebens im Mittelpunkt des Interesses, so sind mit der Verbesserung der Diagnose und Entwicklung von Therapieoptionen heute Fragen zur Erhaltung der Lebensqualität (Fasching et al., 2007; Hlubocky et al., 2007; Wells et al., 2007) zentrale Teile eines onkologischen Informationsgespräches geworden. Der Schock der Diagnose Krebs, insbesondere die Angst vor den Nebenwirkungen der Chemotherapie, stärken den Wunsch nach einer anderen, vielleicht ähnlich effizienten oder sogar besseren Therapie/Behandlungsform, die auf „natürliche, sanfte, pflanzliche, nebenwirkungsfreie Weise“ eingesetzt werden kann. Es ist nur zu verständlich, dass vor allem Patienten mit fortgeschrittenen onkologischen Erkrankungen beinahe jede Möglichkeit zur potenziellen Verbesserung der Situation nützen wollen. Meist nehmen Krebskranke mit alternativen „Heilern“ erst dann Kontakt auf, wenn sie auf ihre Fragen vom betreuenden Arzt keine ausreichende Antwort bekommen haben. Auf ihrer Suche nach einer anderen „bes-
Der Begriff „Komplementäre Medizin“ ist in der medizinischen Nomenklatur noch relativ jung. „Komplementär“ – also zu den etablierten Krebstherapien (Schulmedizin) „ergänzend, begleitend, additiv“ – soll der Krankheitsverlauf beeinflusst, die Nebenwirkungen der klinischen Therapie verringert und die Rehabilitation nach Operation, Chemotherapie oder Strahlentherapie unterstützt werden. Die komplementäre Medizin grenzt sich eindeutig von den „alternativen“ Therapien ab, die eine schulmedizinische Therapiemaßnahme entweder als sinnlos ablehnen oder sie gar als gefährlich bezeichnen. Viele der komplementären Methoden sind Therapieverfahren, die die Behandlung des Krebskranken ganzheitlich sehen. Die potenzielle Beeinflussung richtet sich oft gar nicht primär gegen den Tumor oder seine Metastasen. Im Mittelpunkt steht eine Stärkung der körpereigenen physischen und psychischen Abwehr mit dem Ziel eines Ausgleichs des in Disharmonie geratenen Körperregelkreises, z. B. Yin-Yang. Die meisten asiatischen Therapieformen basieren auf dem hypothetischen Modell des Ausgleiches von Dysbalancen im „Energiekreislauf“ des Körpers. Auch die aus der westlichen Tradition entstammende Homöopathie basiert letztlich auf diesem Denkmodell. Diese Stärkung und Harmonisierung der Körperenergien unterstützen die Selbstheilungskräfte und sollen somit die Aussicht auf eine erfolgreiche Tumorbekämpfung erhöhen.
2.2. Komplementäre und Evidenz-basierte Medizin (EBM) Die Fortschritte und Sicherheit moderner Krebstherapien wären ohne Etablierung der Evidence Based Medicine (EBM) nicht möglich gewesen. Doppelblind randomisierte prospektive klinische Studien und Metaanalysen mit standardisierten statistischen Verfahren sichern die Aussagen über die Wirkung auf den Tumor, die Nebenwirkungen und Kontraindikationen von Medikamenten. Diese publizierten wissenschaftlichen Studien sind die Basis der anerkannten schulmedizinischen Therapieentscheidungen. Nach wie vor müssen demgegenüber die meisten Methoden komplementärer Krebsbehandlungen als
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Komplementäre Behandlungskonzepte
„wissenschaftlich nicht ausreichend begründete“ und in der Regel daher als schulmedizinisch nicht anerkannte Heilverfahren angesehen werden. Insbesondere die Verlängerung des rezidivfreien lntervalls oder der Überlebenszeit konnte in den von Schulmedizinern geforderten prospektiv randomisierten Doppelblindstudien meist nicht ausreichend wissenschaftlich bewiesen werden, beziehungsweise sind solche Studien bisher nicht durchgeführt worden. Einzelergebnisse, retrospektive und einzelne prospektive klinische Studien belegen jedoch, dass viele dieser unterstützenden Therapieformen die körpereigene Abwehr tatsächlich beeinflussen können. Darüber hinaus kann immer wieder beobachtet werden, dass eine Verbesserung der Befindlichkeit und Lebensqualität des onkologischen Patienten während und außerhalb einer klinischen Therapie bewirkt wird, was theoretisch auch einem „Placebo“-Effekt entsprechen mag. Es soll nicht unerwähnt bleiben, dass durchaus auch Studienergebnisse vorliegen, welche auf ein Gefahrenpotenzial komplementärer Therapiemodalitäten hindeuten. Die Evaluation von ganzheitlichen, individuell verschiedenen Heilverfahren nach diesen oben genannten EBM-Kriterien ist schwierig (z. B. Homöopathie, Stichwort individuelle Therapien), manchmal auch ohne Aufgabe der Verblindung kaum möglich (z. B. Misteltherapie). Die Verträglichkeit konventioneller onkologischer Strategien (Chemo- oder Strahlentherapie) kann in Einzelfällen erhöht werden, die Begleittherapeutika können manchmal einzeln reduziert werden. Eine Steigerung der Lebensqualität wird immer wieder beobachtet. Einige Patienten beschreiben ein Nachlassen tumorbedingter Schmerzen (Bardia et al., 2006) mit Verminderung des Schmerzmittelverbrauchs, Appetitsteigerung und Gewichtszunahme, Steigerung der Leistungsfähigkeit, Verbesserung der Stimmungslage und eine Verminderung der Infektanfälligkeit. In den letzten 10 Jahren hat die Zahl der komplementären Publikationen in internationalen medizinischen Journalen deutlich zugenommen. Diese neuen wissenschaftlichen Erkenntnisse erlauben uns zunehmend, die Sicherheit komplementärer Therapien neben oder nach klinisch-onkologischen Therapien zu festigen. Somit sind wir mit einem Paradoxon konfrontiert: Während von schulmedizinischer Seite zunehmende Bemühungen bestehen, diese Therapieverfahren im Sinne der EBM in Studien zu evaluieren, überschwemmen auf der anderen Seite Präparate legal den Markt, die mit ihrer Eigenwerbung durchaus auf die Wünsche der Krebskranken zentriert sind, deren Wirkungsnach-
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weis aber nicht oder noch nicht erbracht ist, was als problematisch eingestuft werden muss. Patienten sollten aber über den medizinischen Wissensstand, die Wirksamkeit, eventuelle Nebenwirkungen und Kontraindikationen der eingesetzten Begleitmethoden informiert werden. Weiters ist die Kommunikation und Zusammenarbeit der Komplementärmedizin mit den betreuenden Onkologischen Chirurgen beziehungsweise Internisten oder Strahlentherapeuten unerlässlich. Interdisziplinäre Zusammenarbeit ist prinzipiell, und eben auch mit Komplementärmedizinern, der beste Weg zur optimalen integrativen Behandlung von Krebskranken. Viele onkologische Abteilungen und Kliniken, die den Patienten entsprechende Beratungsmöglichkeiten anbieten, berichten neben der besseren Compliance und Zufriedenheit der Kranken auch, dass als Nebeneffekt die so genannte Drop-out-Rate, das vorzeitige Beenden der schulmedizinischen Krebstherapie und hier meist der Chemotherapie, gesunken ist. Es gibt weltweit mehrere tausend verschiedene komplementäre Behandlungsmethoden, die oft regional, entsprechend der medizinischen Tradition, beeinflusst sind. In Westeuropa und den USA sind besonders die immunmodulatorischen und antioxidativen Therapien untersucht und publiziert worden, die heute Basis jeder komplementären Begleittherapie sind.
3. Komplementäre Behandlungsoptionen Aus der Vielzahl der verschiedenen komplementären Behandlungsoptionen können hier nur die wesentlichsten und in Mitteleuropa häufigsten angeführt werden. Die angebotenen Verfahren und Optionen können in folgende Gruppen eingeteilt werden: • Immunmodulation: Misteltherapie, Enzymtherapie • Hyperthermie • Antioxidantive Therapie: Vitamine A, C, E, Spurenelemente, Cu, Zi, Mg, Selen • Traditionelle chinesische Medizin (TCM) • Ernährungsberatung • Phytohormone • Zahnsanierung • Bewegungstherapie • Psychologische Begleitung
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3.1. Immunmodulative Therapien
3.1.2. Enzymtherapie
In diese Gruppe werden meist die Misteltherapie und die Enzymtherapie eingeordnet.
Der Einsatz proteolytischer Enzyme in fortgeschrittenen Stadien maligner Erkrankungen wird seit etwa einem Jahrhundert praktiziert. Während früher hiefür Presssaft aus Kälberpankreas verwendet wurde, finden heute vor allem Enzympräparate Anwendung, welche neben Papain, Trypsin und Chymotrypsin zusätzlich Wirkstoffe aus dem Thymus und Lektine aus Erbse und Linse enthalten. Die Anwendung der Enzymtherapie in der Klinik erfolgt in oraler Applikation. Als möglicher Wirkmechanismus dieser Therapie wird vor allem ein Einfluss auf das Zytokin „Transforming Growth Factor Beta“ (TGF-B) postuliert. TGF-B unterstützt physiologisch die Wundheilung, die Zellproliferation und -differenzierung und die embryonale Entwicklung. Die Überexpression von TGF-B durch Tumorzellen fördert hingegen Angiogenese und Tumorwachstum. Tumorassoziierte Makrophagen werden gehemmt und die Gefäßneubildung nimmt zu, sodass der Tumor insgesamt mehr Nährstoffe erhält. Außerdem kommt es zu einer verstärkten Expression von Adhäsionsmolekülen durch Endothelzellen. Dieser Vorgang erleichtert das Anhaften und Auswandern der im Blut zirkulierenden Tumorzellen und somit die Metastasierung. TGF-B fördert weiters die Kollagensynthese. Das spielt für die Fibrose-Entstehung unter Bestrahlung und unter Bleomycin-Behandlung eine Rolle. Die Enzymtherapie soll − in Kombination mit Alpha-2-Makroglobulin − zu einer irreversiblen Bindung von TGF-B führen und so den Einfluss dieses Wachstumsfaktors auf Neoangiogenese, Tumorwachstum und Metastasierung reduzieren. Klinische Studien konnten bisher eine Verbesserung der Lebensqualität durch Enzymtherapie während und nach Chemo- und Radiotherapie beschreiben. Auch bei postoperativem Lymphödem gibt es therapeutische Erfolgsberichte und Hinweise für eine günstige Beeinflussung des Krankheitsverlaufes beim multiplen Myelom im Stadium III. Nicht eingesetzt werden sollte die Enzymtherapie bei einer Thrombozytenzahl < 80 000/mm³ und bei bekannten Eiweißallergien. Wegen einer möglichen Beeinflussung der Blutgerinnung sollte die Therapie fünf Tage vor größeren operativen Eingriffen abgesetzt werden. Nicht indiziert ist die Enzymtherapie bei Störungen der Blutgerinnung, besonders angeborenen Gerinnungsstörungen.
3.1.1. Misteltherapie Die Behandlung von Tumorpatienten mit Extrakten aus Viscum album L., der weißbeerigen Mistel, ist in Europa eine der am weitesten verbreiteten Form der komplementären Tumortherapie (Hutt et al., 2001; Kienle et al., 2007; Mansky et al., 2006; Piao et al., 2004). Zur Behandlung von Krebspatienten werden Misteltherapeutika (Viscum album L.-Extrakte) seit 1920 eingesetzt. Ihre Einführung in die Tumortherapie durch Rudolf Steiner beruhte nicht auf empirischer Erkenntnisbildung durch Experimente, sondern auf geisteswissenschaftlichen Erkenntnissen (Anthroposophisch orientierte Medizin). Auf seine Anregung hin wurden Mistel-Injektionspräparate je nach Wirtsbaum zur Behandlung von Tumorpatienten entwickelt. Für die Herstellung werden die frischen Blätter, die Kurztriebe und die Mistelbeeren, z. T. auch der Senker, verwendet. Die Präparate enthalten verschiedene Mistelextrakte sowie Silber-, Kupfer oder Quecksilbersalze, wobei die Zusammensetzung den Kürzeln im Präparatenamen entnommen werden kann: • M = Apfelbaummistel (M für Malus = Apfel), • Q(u) = Eichenmistel (Qu für Quercus = Eiche), • P = Kiefernmistel (P für Pinus = Kiefer), • U = Ulmenmistel (U für Ulmus = Ulme). Immunmodulatorische Reaktionen durch Steigerung der Phagozytose-Aktivität, der NK-Aktivität, die Aktivierung von Makrophagen und die Vermehrung vor allem der T-Helfer-Zellen, verbunden mit der Freisetzung von verschiedenen Zytokinen (TNF-A, IL-1, IL-6, G-Interferon), B-Endorphin und Entzündungsmediatoren (CRP) sind in In-vitro-Studien und einzelnen Invivo-Studien publiziert. In der klinischen Anwendung jedoch steht einer Vielzahl von Therapieerfolgen im Einzelfall eine große Zahl von Studien gegenüber, die überwiegend methodologisch mangelhaft und deren tumorwirksame Ergebnisse im schulmedizinischen Kontext nicht ausreichend sind.
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Komplementäre Behandlungskonzepte
Tabelle 6.1. Die 4 verschiedenen Formen der Hyperthermie
Ganzkörperhyperthermie
Regionale Tiefenhyperthermie
Hypertherme Perfusionstherapie
Technik
Erwärmung des ganzen Gezielte Überwärmung des Körpers in einem Wärmebett Tumorbereiches
Region
Ganzkörper [Indikation hat sich nicht bewährt]
Durchspülung der Bauchhöhle (HIPEC) oder der Extremität (ILP)
Lokalisierte Metastasen oder Metastasen in Körperhöhlen (z. B. Bauchraum oder Blase Rezidivtumore bei Eierstock-, Magen- und Darmkrebs) Extremitäten: Malignes Melanom, Sarkome
3.2. Hyperthermie Bei den Verfahren der Hyperthermie (Tabelle 6.1) wird durch eine externe Zuführung mittels physikalischer Methoden Wärme erzeugt. Tumorgewebe ist prinzipiell hitzeempfindlich. Experimentell werden Krebszellen bei Temperaturen über 41 °C geschädigt. Der Vorteil einer Kombination der Hyperthermie mit einer Chemotherapie oder Strahlentherapie wird derzeit in klinischen Studien erforscht. Die bisherige Datenlage publizierter Ergebnisse größerer Studien ist noch sehr unübersichtlich (Elaraj et al., 2004; Wust et al., 2002; Bergs et al., 2007). Möglicherweise spielt die Kombination von Hyperthermie und Chemotherapie in der Behandlung fortgeschrittener Sarkome ein zukünftige Rolle (Issels, 2006).
Oberflächenhyperthermie Infrarotstrahlen – Bestrahlung der Haut Tumoren in der Haut oder direkt darunter (befallene Lymphknoten, Hautmetastasen, Melanome, Rezidive im Operationsbereich)
(Pak et al., 2002; Bjelakovic et al., 2007), Zink, Magnesium und Jod. Bei Tumorpatienten wurden niedrigere Selenspiegel nachgewiesen als bei Gesunden, was für Verfechter der antioxidativen Therapie die Begründung für eine Substitution des Spurenelements darstellt. Die Tagesdosis sollte im Allgemeinen 200 μg nicht überschreiten; während Chemo- oder Strahlentherapie gilt eine maximale Tagesdosis von 1000 μg. Die Dosierung ist auch bei Vitaminen und anderen Antioxidantien zu beachten: Eine Hochdosistherapie mit Vitamin C ist wissenschaftlich nicht belegt und die Verabreichung von mehr als 400 IE Vitamin E kann sogar das Tumorwachstum beschleunigen. Vitamine sollten während der Strahlentherapie nicht verabreicht werden.
3.4. Traditionelle Chinesische Medizin (TCM) 3.3. Antioxidative Therapien Die antioxidativen Eigenschaften von Vitamin A, C und E sollen vor allem freie Radikale abfangen. Freie Radikale sind chemische Verbindungen, die etwa bei Stress, zu viel Sonne und bei verschiedenen Stoffwechselprozessen im Körper gebildet werden. Sie gelangen aber auch durch Umweltverschmutzung, Medikamente, Nikotin etc. in unseren Organismus. Freie Radikale könnten bei der Tumorentstehung eine wichtige Rolle spielen. Das Abfangen freier Radikale schützt nun vor allem die Lipidstrukturen der Zellmembranen. Dabei ist Beta-Karotin ein besonders effizienter Radikalfänger. Ein einziges Molekül genügt, um bis zu 1000 Singulett-Sauerstoff-Moleküle zu neutralisieren. Das allerdings gelingt nur im Zusammenspiel mit weiteren Substanzen, die notwendig sind, damit sich BetaKarotin wieder regenerieren kann. Auch für verschiedene Spurenelemente wird eine protektive Wirkung hinsichtlich Tumorgenese angenommen, z. B. für Selen
TCM betrachtet den Menschen grundlegend anders als die westliche Medizin. Krankheiten werden – sehr vereinfacht ausgedrückt – als Störungen des Flusses der Lebensenergie (des so genannten „Chi“ oder „Qi“) aufgefasst. Neben der Akupunktur verfügt die TCM über ein breites Repertoire an weiteren Heilmethoden. Vor allem die Gabe von Kräuter-, Pflanzen- und Mineralextrakten ist weit verbreitet. In China werden tausende verschiedene Kräuterarten, 300 Mineralund Tierextrakte und über 400 Präparate verwendet. Diese werden als Tees, Pulver, Pillen, Tinkturen oder Sirup verabreicht. Die sachgerechte Einschätzung dieser Therapien ist aufgrund der prinzipiell unterschiedlichen Behandlungsansätze und soziokultureller Unterschiede aus Sicht der westlichen Medizin kaum möglich, in jedem Fall sollte eine solche Behandlung in unserem Kulturkreis nur von einem qualifizierten ärztlichen Kollegen mit TCM-Ausbildung durchgeführt werden.
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3.5. Ernährungsberatung Für viele Krebsarten gilt, dass der Lebensstil Einfluss auf Tumorinitiation und -promotion hat (Ahmed et al., 2004; Kavanaugh et al., 2007). Es gibt jedoch keine gesicherte „Krebsdiät“, ganz im Gegenteil, Hunger und extreme Mangeldiäten sind für Patienten schädlich und sind abzulehnen (Goodwin et al., 2003; Nagle et al., 2003). Vielen Pflanzenstoffen (wie z. B. Brennnessel, Cimicifuga, Echinacea, Gingko, Ginseng, Hopfen, Kava Kava, Knoblauch, Mönchspfeffer, Nachtkerzen, Olivenblätter, Teufelskralle oder Weißdorn) wird eine krebshemmende und lebensqualitätsverbessernde Wirkung nachgesagt; hier sind die wissenschaftlichen Erkenntnisse teilweise noch ausständig.
3.6. Phytohormone Phytoöstrogene sind in Pflanzen vorkommende Substanzen mit einer östrogenähnlichen Struktur (Isoflavone, Lignane, Coumestane). Zu den wichtigsten Isoflavonen werden Genistein und Daidzein gezählt. Sie kommen in Soja und Yamswurzel, in geringerem Maße auch in Tofu sowie in unseren Breiten z. B. auch in Rotklee, Hopfen und Kichererbsen vor. Die Tatsache, dass in Asien die Rate an Brust-, Prostata- und Gebärmutterkrebs deutlich niedriger ist als im Westen, wird unter anderem auf das Vorkommen von Phytoöstrogenen in der pflanzenreichen asiatischen Kost zurückgeführt (Ha et al., 2006). In den letzten Jahren erschienen nun mehrere epidemiologische Studien mit nichtasiatischen Frauen und Männern in Europa und den USA, in denen der Einfluss einer phytoöstrogenreichen Kost auf das Auftreten von Brustoder Prostatakrebs untersucht wurde. Dabei konnte eine signifikante Reduktion des Brustkrebsrisikos statistisch nicht abgesichert werden. Frauen, die schon an einem hormonrezeptorpositiven Mammakarzinom erkrankt sind und Tamoxifen als Therapie erhalten, sollten keine Phytoöstrogene zu sich nehmen (Mantle et al., 2000). Experimentelle Untersuchungen zeigen, dass auch Genistein die Wirkung des Tamoxifens am Rezeptor reduzieren kann und daher als komplementäre Therapie vermieden werden sollte.
3.7. Komplette Zahnsanierung Bei Beherdung von Zähnen ist dringend angeraten, eine komplette Zahnsanierung durchführen zu lassen,
da sonst eine permanente Sepsisquelle vor allem während der Chemo- und Strahlentherapie besteht. Eine prinzipielle zahnärztliche Begutachtung von Krebspatienten – insbesondere vor Beginn einer Bisphosphonattherapie - ist sinnvoll.
3.8. Bewegungstherapien Zielgerichtete Gymnastik, körperliche Aktivierung und regelmäßige Bewegung können hilfreiche Maßnahmen im Rahmen der Tumortherapie und Rehabilitation sein. Allgemein gilt, dass schon 3-mal die Woche (auch während der Chemo- und Strahlentherapie) etwa 40 Minuten forcierte körperliche Aktivität ausreichen, um ein spürbares Ergebnis zu erzielen. Durch die Freisetzung von B-Endorphinen, die Aufrechterhaltung der sozialen Kontakte und die Erhaltung der körperlichen Funktionsfähigkeit ist eine Steigerung der Lebensqualität möglich.
3.9. Psychologische Begleitung Eine Krebserkrankung bedeutet für den Erkrankten, aber auch für sein gesamtes Umfeld sowohl in der Bewältigung des Alltags als auch in Bezug auf die damit verbundenen und neu auftretenden Gedanken und Gefühle meist eine große Veränderung und Belastung (vgl. Kapitel 4). Eine psychologische Begleitung, auch zur Reduktion von Ängsten nicht nur für die betroffene Person, sondern auch für seine familiäre Umgebung, hat sich als sehr hilfreich erwiesen. Jeder Krebskranke sollte auf die Möglichkeit einer psychoonkologischen Unterstützung hingewiesen werden. Der Einsatz von Entspannungstechniken, Autogenem Training, Yoga oder etwa Qi Gong können hilfreich sein.
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Kapitel 6
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Kapitel 7.1
Perioperative Ernährung H. Bartels, F. Längle und I. Kührer
1. Einleitung Die Ernährungstherapie des Tumorpatienten ist heute integrierter Bestandteil jedes perioperativen Managements, speziell bei großen viszeralchirurgischen Eingriffen. Das gilt nicht nur für den unmittelbar postoperativen Zeitraum mit der Notwendigkeit, den Organismus ausreichend mit Nährstoffen zu versorgen, sondern auch für die gesamte Rehabilitationsphase, um bestmögliche Lebensqualität wiederzuerlangen. Darüber hinaus muss der präoperative Ernährungszustand bei der Therapieplanung Berücksichtigung finden. Gerade schwer mangelernährte Patienten haben ein hohes Komplikationsrisiko und sind die eigentliche Zielgruppe für bereits präoperativ eingeleitete Ernährungsregimes. Insofern gilt es, die Patienten mit schwerer Mangelernährung, z. B. auf dem Boden einer Tumorkachexie, frühzeitig zu identifizieren, d. h. bereits zum Zeitpunkt der Indikationsstellung für die Operation. Somit ist eine Ernährungstherapie beim Tumorpatienten abhängig vom präoperativen Ernährungszustand, dem Ausmaß des durchgeführten Eingriffes mit den zu erwartenden Reaktionen des Organismus und seinen stoffwechselspezifischen Veränderungen und der jeweiligen Dauer einer postoperativen Nahrungskarenz.
gischer und physikalischer Methoden zur Verfügung. Auf deren Einzeldarstellung wird an dieser Stelle verzichtet und auf spezielle Lehrbücher der Ernährungstherapie verwiesen. Vielmehr sollen nur die im klinischen Alltag heute etablierten Verfahren kurz aufgezeigt werden. Die Basis jeder Bewertung ist eine genaue Ernährungs- und Gewichtsanamnese in Kombination mit einer gründlichen körperlichen Untersuchung. Eine Gewichtsabnahme von > 10 % innerhalb von 3 Monaten gilt als sicherer Hinweis für schwere Mangelernährung. Darüber hinaus sind Veränderungen der Nahrungszufuhr, gastrointestinale Beschwerden und auch körperliche Aktivität zu erfragen. Bei der körperlichen Untersuchung gilt es, den Verlust von Muskelmasse und subkutanem Fett aufzudecken und Knöchel- oder Flankenödeme bzw. Aszites zu erkennen. Aus den einfachen Angaben Körpergröße und Gewicht lässt sich der Körpermassenindex („Body Mass Index“, BMI) nach folgender Formel errechnen: BMI =
Körpergewicht in kg (Körpergröße in m)²
Tabelle 7.1.1. Klassifizierung der Mangel- bzw. Fehlernährung anhand des Body Mass Index (kg/m²) in den unterschiedlichen Altersklassen
2. Präoperativer Ernährungszustand Die zuverlässige Einschätzung des Ernährungszustandes ist heute eine Grundvoraussetzung für jede effiziente perioperative Ernährungstherapie. Es gilt als gesichert, dass schwere Mangelernährung mit einer Zunahme von postoperativen Wundheilungsstörungen, Infektionen, Dekubitalulzera usw. einhergeht. Ausgeprägte Formen von Mangelernährung sind in der Regel zu erkennen. Diese Patienten profitieren von präoperativen Ernährungsregimes. Zur Beurteilung des Ernährungszustandes stehen eine Reihe anthropometrischer, biochemischer, immunolo-
Alter (Jahre)
BMI unter
BMI zwischen
BMI über
19–24
19
19–24
24
25–34
20
20–25
25
35–44
21
21–26
26
45–54
22
22–27
27
55–64
23
23–28
28
65 +
24
24–29
29
Bewertung
Untergewicht
Normal
Übergewicht
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H. Bartels, F. Längle und I. Kührer
Der Normbereich des BMI liegt zwischen 18,5 und 25 kg/m². Der BMI ist vor allem zur Klassifikation der Überernährung (mäßig > 25, deutlich > 30, extrem > 40) etabliert. Für die Beurteilung der Mangelernährung eignet er sich bei chronisch schweren Formen, weniger bei kurzfristigen Mangel-/Fehlernährungen im Rahmen akuter Erkrankungen. Eine Abnahme des BMI um 3 Einheiten innerhalb von 3 Monaten gilt als prognostisch ungünstiges Zeichen. Bei einem BMI < 18,5 kg/m² liegt eine schwere Mangelernährung vor (Tabelle 7.1.1). Der Oberarmmuskelumfang kann aus dem Oberarmumfang und der Trizepshautfaltendicke errechnet werden. Er ermöglicht eine grobe Abschätzung der Muskelmasse und damit der Eiweißreserven. Die Messung der Trizepshautfaltendicke dient ebenso wie die Bioimpedanzanalyse der Beurteilung des Körperfettanteiles. Andere physikalische Methoden zur quantitativen und teilweise auch qualitativen Analyse der Körperzusammensetzung haben sich bisher in der Praxis nicht durchgesetzt (Hackl, 2003). Unter den biochemischen Untersuchungen kommt der Bestimmung des Serumalbumins klinisch die größte Bedeutung zu. Als Grenzbereich gelten heute Konzentrationen von 30 bis 35 g/dl, bei Werten < 30 g/dl liegt eine klinisch relevante Mangelernährung vor. Im Gegensatz dazu bleibt die Bestimmung kurzlebiger Funktionsproteine (z. B. Präalbumin, Transferrin, retinolbindendes Protein) eher wissenschaftlichen Fragestellungen vorbehalten. Als Parameter spezifischer Immunfunktionen bei Mangelernährung bietet sich die Bestimmung der Lymphozytenzahl an. In der Vergangenheit wurde immer wieder versucht, Einzelparameter, die Rückschlüsse auf den präoperativen Ernährungszustand erlauben, in Scores oder Indizes zusammenzufassen. Ein Beispiel dafür ist das SGA („Subjective Global Assessment“), in das Variablen aus Anamnese, Veränderungen in der Nahrungszufuhr bezogen auf den Normalzustand, gastrointestinalen Beschwerden, körperlicher Aktivität und Untersuchungsbefund mit einfließen. Es erfolgt dann eine Einstufung auf der Basis einer subjektiven Gewichtung (gut ernährt, mäßig mangelernährt und schwer mangelernährt). Diese Einteilung gilt jedoch nur für die präoperative Beurteilung, für die postoperative Verlaufsbeobachtung stehen bis heute keine präzisen Methoden zur Verfügung.
Tabelle 7.1.2. Indikationen zur präoperativen Ernährung Gewichtsverlust > 10 % in den vergangenen 3 Monaten oder Abnahme um > 3 BMI-Einheiten in den vergangenen 3 Monaten oder BMI < 18,5 kg/m² oder Serumalbumin < 3,0 g/dl
3. Präoperative Ernährung Das Ziel präoperativer Ernährungsregimes ist die Konditionierung des Patienten für den Eingriff und Senkung der perioperativen Morbidität. Es gilt heute als gesichert, dass eine vorbestehende schwere Mangelernährung zur Flüssigkeitsverschiebung in den 3. Raum führt, mit Muskelschwäche verbunden ist, die Wundheilung negativ beeinflusst und ausgeprägte Immundefizite zur Folge hat. Mit einer 7–10-tägigen Ernährungstherapie ist es möglich, die postoperative Komplikationsrate um ca. 20 % zu senken (Tüller et al., 2002). Dies gilt aber ausschließlich für Patienten mit schwerer Mangelernährung, d. h. für Patienten mit einem Gewichtsverlust > 10 % oder > 3 BMI-Einheiten in den letzten 3 Monaten oder einem BMI < 18,5 kg/ m² oder Serumalbumin < 3,0 g/dl (Tabelle 7.1.2). Bei Patienten, die keines der genannten Kriterien aufweisen, die also bestenfalls mäßig mangelernährt sind und bei normal ernährten Patienten, auch wenn ihnen eine große viszeralchirurgische Tumor-Operation bevorsteht (z. B. Ösophagektomie, Multiviszeralresektion), ist die klinische Wirksamkeit präoperativer Ernährungsregimes aber keineswegs belegt. Bei diesen Patienten bedeutet präoperative Ernährung lediglich Ressourcenverschwendung, erhöhtes Risiko für infektiöse Komplikationen und Zeitverlust bis zum geplanten Eingriff. Die präoperative Ernährung kann parenteral oder auch enteral für 7–10 Tage bis zum Abend vor der Operation durchgeführt werden. Sie muss den individuellen Erfordernissen angepasst sein und im Idealfall in interdisziplinärer Zusammenarbeit zwischen Chirurgen und Ernährungstherapeuten erfolgen. Ist eine präoperative parenterale Ernährung erforderlich, sollten normokalorische Regime mit 30 kcal/kg Sollgewicht/Tag
Kapitel 7.1
Perioperative Ernährung
eingesetzt und Vitamine und Spurenelemente substituiert werden. Ist eine orale Nahrungsaufnahme noch möglich, werden hochkalorische Trinklösungen gegeben. Alternativ stehen bei intakter Darmpassage präoperative Sondennahrungen mit nährstoffdefinierten Standardlösungen zur Verfügung. Im Gegensatz zu den parenteralen Regimes ist der Nutzen der präoperativen enteralen Ernährung weniger gut belegt, bei gleicher Indikationsstellung (schwere Mangelernährung!) aber wahrscheinlich (Heyland et al., 2001). Der präoperative Einsatz immunmodulierender Substanzen ist weiterhin umstritten (Galban et al., 2000). Die Kohlenhydrataufsättigung mit oraler Glukosegabe unmittelbar vor dem Eingriff stellt keine eigentliche Ernährungstherapie dar, sondern soll die postoperative Insulinresistenz günstig beeinflussen (Nygren et al., 2001).
57
werk sich gegenseitig regulierender Feedback-Mechanismen über die Aktivierung zahlreicher zellulärer Komponenten zu Mikrozirkulationsstörungen auch in initial nicht betroffenen Organsystemen führen oder in einer progredienten Eiweiß-Katabolie enden (Abb. 7.1.1).
4.1.1. Kausale Faktoren Als auslösende Ursachen für die ausgeprägte Homöostase-Störung nach großen Operationen werden heute diskutiert (Kalff et al., 2003): • • •
4. Postoperative Ernährung Ziel der postoperativen Ernährungstherapie ist die Sicherstellung einer ausreichenden Nährstoffversorgung. Aus Kostengründen und wegen potenzieller Nebenwirkungen muss aber auf eine richtige Indikationsstellung und korrekte Durchführung geachtet werden. Grundvoraussetzung dafür ist das Verständnis der postoperativen Reaktion des Organismus mit seinen stoffwechselspezifischen Veränderungen (Bartels, 2006).
4.1. Pathophysiologische Folgen bei chirurgischen Eingriffen Der chirurgische Patient reagiert auf den operativen Eingriff mit ganz spezifischen endokrinen, metabolischen und immunologischen Reaktionsmustern (Stressantwort). Ist das operative Trauma nur gering ausgeprägt, erfolgt in der Regel in kurzer Zeit die Wiederherstellung der metabolischen und immunologischen Homöostase. Ist der Insult aber massiv und länger anhaltend, kann dies zu ausgeprägten Veränderungen der endogenen Regulationsprozesse führen, mit lebensbedrohlicher Rückwirkung auf den Gesamtorganismus (Carallo, 2006). Immunologisch zeigt sich dann eine systemische Hyperinflammation (Systemic Inflammatory Response Syndrome, SIRS) und metabolisch typische Veränderungen, die als Postaggressionssyndrom (Postaggressionsstoffwechsel) bezeichnet werden (Rangel-Frausto et al., 1995). Beide Phänomene können in einem Netz-
initiale Gewebeschädigung/Verletzung Ischämie-Reperfusionsschaden nach Hypoxämie- und Schockphasen intestinale Translokation
Bei der Translokation können als Folge einer passageren intestinalen Minderdurchblutung (z. B. Blutdruckabfall) Mikroorganismen und deren Toxine die intestinale Mukosabarriere überwinden, aus dem Darmlumen austreten und dann systemisch oder auch in der Darmwand selbst immunologische Vorgänge auslösen (Bartels, 2003). Durch die genannten Mechanismen werden Immunmediatoren (z. B. Zytokine) freigesetzt, neuronale (z. B. Schmerz) und systemische Reaktionen (z. B. Tachykardie) getriggert und Barorezeptoren, z. B. durch intravasale Flüssigkeitsverschiebungen, stimuliert. Die Folge ist eine reaktive Ausschüttung von Hormonen, die der sympathoadrenalen Achse (autonomes Nervensystem, Nebenniere) und hypothalamohypophysären Achse zuzuordnen sind.
4.1.2. Sympathoadrenale Reaktionen Bereits sehr früh, d. h. noch während der Operation, werden Katecholamine, Glukokortikoide und Glukagon freigesetzt. Neben den direkten kardiopulmonalen Effekten der Katecholamine (z. B. Steigerung von HerzZeit-Volumen und Energieumsatz) führt die synergistische Wirkung der Stresshormone zu charakteristischen katabolen Veränderungen im Kohlenhydrat-, Eiweißund Fettstoffwechsel. Dabei wird die Konzentration aller Substrate des Intermediärstoffwechsels im Serum erhöht und Glukose, Aminosäuren und freie Fettsäuren frei verfügbar. Diese Reaktion des Organismus ist im Sinne einer Akutreaktion auf Aggression durchaus sinnvoll.
58
H. Bartels, F. Längle und I. Kührer
Operatives Trauma
Endokrine Metabolische Immunologische
*
Reaktionen
Systemisches inflammatorisches Response-Syndrom (SIRS)
Postaggressionsstoffwechsel
Mikrozirkulationsstörung
Eiweißkatabolie
Organversagen
Abb. 7.1.1. Potenzielle pathophysiologische Folgen des chirurgischen Traumas
Die beschriebenen Regulationsprozesse sind zur afferenten Signalübermittlung auf ein intaktes peripheres Nervensystem angewiesen (Park et al., 2001). Deshalb sind z. B. bei Patienten mit Querschnittläsion oder periduralen Anästhesieverfahren Stresshormone in deutlich geringerer Konzentration nachweisbar (Ballantyne et al., 2005; Block et al., 2003).
allerdings auf Kosten der intestinalen Minderperfusion (Translokation!). Gleichzeitig sind erhöhte Vasopressin- und Aldosteronspiegel für eine Natrium- und Wasserretention verantwortlich, jeweils im Austausch gegen Kalium- und Wasserstoffionen (Transmineralisation). Hierdurch wird ein effektiv zirkulierendes Plasmavolumen wieder hergestellt.
4.1.3. Hypothalamohypophysäre Reaktionen
4.2. Postaggressionsstoffwechsel Ebenfalls innerhalb von Minuten nach chirurgischem Trauma kommt es auch zur Aktivierung der hypothalamohypophysären Achse. Dabei setzt der Hypothalamus stimulierende Substanzen (z. B. CRH, ACTH, TRH) frei, die ihrerseits die Hypophyse zur Ausschüttung von trophischen Hormonen für bestimmte Zielorgane anregen. Bei dieser endokrinen Akutreaktion, die eine enge Korrelation zum jeweiligen Ausmaß der Homöostasestörung aufweist, sind u. a. Glukokortikoide, Schilddrüsenhormone, Wachstumshormone, Prolaktin, Testosteron und Vasopressin (antidiuretisches Hormon, ADH) in einer um ein Vielfaches erhöhten Konzentration im Serum nachweisbar. Dabei bewirkt Vasopressin als potenter Vasokonstriktor eine Blutdrucksteigerung,
Der Postaggressionsstoffwechsel ist gekennzeichnet durch Katabolie aller im Organismus vorhandenen Substrat-Depots. Besondere Bedeutung kommt dabei dem Eiweißabbau zu. Die Reaktionsmuster im Postaggressionsstoffwechsel sind durch das Zusammenspiel der aufgezeigten hormonellen Veränderungen geprägt und stellen eine zunächst sinnvolle physiologische Reaktion dar, um den Organismus mit Bausteinen zur Energiegewinnung und zum Aufbau wichtiger Funktionsproteine zu versorgen. So kommt es im Fettgewebe zu einer gesteigerten Lipolyse mit vermehrter Freisetzung von freien Fettsäuren, die einerseits als alternative Substrate in den nicht
Kapitel 7.1
Perioperative Ernährung
obligat kohlenhydratabhängigen Geweben (Skelettmuskulatur) dienen können und die andererseits in der Leber Energieträger für die dort ebenfalls beschleunigt ablaufenden Stoffwechselprozesse darstellen. Parallel zur eingeschränkten Kohlenhydratverwertung im Skelettmuskel findet ein ausgeprägter Eiweißabbau statt. Die so freigesetzten Aminosäuren können einmal als glukoneogenetische Aminosäuren in der Leber zur beschleunigten Neuproduktion von Glukose herangezogen werden und sind auch essentiell für Wundheilungsvorgänge. Zentraler Ort des veränderten Stoffwechselgeschehens ist die Leber. Hier werden aus Glykogenolyse und Glukoneogenese vermehrt Kohlenhydrate ins Blut abgegeben. Die beschleunigte hepatische Glukoseproduktion erzeugt zusammen mit der peripheren Insulinresistenz eine Hyperglykämie, die dazu dient, in den obligat glukoseabhängigen Geweben (Fibroblasten, immunkompetente Zellen) das Glukoseangebot und damit die Glukoseaufnahme und den Energiestoffwechsel aufrecht zu erhalten (Mc Cowen et al., 2001). Die Verwendung von endogen freigesetzten Aminosäuren zur Glukoneogenese führt zum Verlust von Stickstoff in Form von Harnstoff. Dieser Stickstoffverlust entspricht einem irreversiblen Verlust von körpereigener Eiweißsubstanz und ist das biochemische Korrelat für die Abnahme der Muskelmasse. Das Postaggressionssyndrom weist einen charakteristischen Zeitverlauf auf. In der Akutphase sind die Stresshormone Adrenalin und Noradrenalin maximal stimuliert und die Insulin-Sekretion gehemmt. Die Zytokinfreisetzung zeigt sich u. a. in Fieber und Tachykardie (SIRS). In der zweiten Phase (1.–3. postoperativer Tag) steht eine ausgeprägte Insulinresistenz im Vordergrund (Bakalar et al., 2006). Die erhöhte Zytokin-Expression unterhält eine Akute-Phase-Reaktion mit Steigerung des Energieverbrauchs und negativer Stickstoffbilanz. Die Insulinresistenz klingt ab dem 4. postoperativen Tag langsam ab, allerdings bleiben Energieverbrauch und Stickstoffausscheidung für weitere Tage erhöht (Greisen et al., 2001). Im Postaggressionszustand kommt es zu einer erheblichen intestinalen Minderdurchblutung und damit auch zu einer Schädigung der Darmmukosa (Translokation), die durch Nahrungskarenz noch verstärkt wird. Schweregrad und zeitliche Dauer des Postaggressionsstoffwechsels korrelieren mit dem Ausmaß des chirurgischen Eingriffes. Die Abnahme des Körpereiweißbestandes hat erst nach 2 Wochen ihr Maximum erreicht. Erst nach 3–6 Monaten kann mit einer Wiederauffüllung des Körpereiweißbestandes gerechnet werden.
59
Auch das Körpergewicht erreicht erst dann wieder den präoperativen Ausgangswert (Hauner, 2006).
4.2.1. Therapiemaßnahmen Für die Prognose des Patienten ist in der Akutphase die aggressive Behandlung der systemischen Hyperinflammation (SIRS) von Bedeutung. Damit steht eine effektive Schocktherapie durch Volumensubstitution und ausreichende Oxygenierung im Vordergrund. Ziel dabei ist es, eine ausreichende nutritive Perfusion aller Organe wiederherzustellen und Hypotonie- und Hypoxämiephasen auch im weiteren Verlauf zu verhindern. Die Wirksamkeit einer effektiven Schocktherapie ist heute gut belegt (Rivers et al., 2001). Wenn irgend möglich, sollte dabei aber auf die zusätzliche Anwendung von Vasopressoren ganz verzichtet werden, wegen der damit verbundenen Gefahr einer verstärkten intestinalen Minderdurchblutung und Translokation. Neben dieser eigentlichen Kausaltherapie hat der Versuch, die negative Stickstoffbilanz zu beeinflussen zunächst eher nachgeordnete Bedeutung. Infolge der katabolen Stoffwechsellage sind unmittelbar postoperativ die Aminosäuren-, Glukose- und Fettsäurespiegel ohnehin stark erhöht, sodass in dieser Phase eine Infusionstherapie lediglich den Basisbedarf an Wasser und Elektrolyten und – bei zusätzlichen Verlusten – den Korrekturbedarf mit adaptierten Elektrolyt-Lösungen berücksichtigen muss (Müller et al., 1997). Bei präoperativ normalem Ernährungszustand des Patienten und einer erwarteten Nahrungskarenz bis zu 7 Tagen ist diese Infusionstherapie ausreichend. Bei bereits präoperativ gesicherter Mangelernährung, nach großen viszeralchirurgischen Eingriffen (z. B. Ösophagektomie, Multiviszeralresektion), einer erwarteten Nahrungskarenz > 7 Tage und/oder beim Auftreten von postoperativen Komplikationen werden darüber hinaus parenterale und enterale Ernährungsregime erforderlich.
4.3. Parenterale Ernährung Eine parenterale Ernährung ist immer dann indiziert, wenn die gastrointestinale Funktion eine enterale Ernährung (noch) nicht zulässt. Die Planung der parenteralen Ernährung muss den Basisbedarf an Wasser und Elektrolyten, den Energieumsatz, das Ausmaß der erwarteten Katabolie (negative Stickstoffbilanz) und die Höhe der jeweiligen Kohlenhydrat-, Fett- und Eiweißzufuhr berücksichtigen (Tabelle 7.1.3 und 7.1.4).
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H. Bartels, F. Längle und I. Kührer Tabelle 7.1.3. Dosierungsempfehlungen für postoperative Infusionstherapie und parenterale Ernährung (70 kg schwerer Patient) Nährstoff
Dosis
Wasser
30–40 ml/kg KG/Tag
Natrium
2–3 mval/kg KG/Tag
Kalium
1–1,5 mval/kg KG/Tag
Glukose
2 g/kg KG/Tag
Aminosäuren
1,5 g/kg KG/Tag
Fette
1–2 g/kg KG/Tag
Kalorien
25–30 kcal/kg KG/Tag
Tabelle 7.1.4. Brennwerte verschiedener Energieträger als Grundlage eines kalkulierten Ausgleichs einer katabolen Stoffwechselsituation Energieträger
Brennwert pro Gramm
Aminosäuren
4,1 kcal
Glukose
4,1 kcal
Fette
9,1 kcal
Alkohol
7,1 kcal
4.3.1. Kalorienbedarf Aus dem Fettgewebe als größtem Energiespeicher des Organismus werden postoperativ Fettsäuren freigesetzt, die in der Peripherie zur Energieabdeckung dienen. Die geringen hepatischen Glykogenreserven spielen als Energiequelle nur in kurzfristigen Akutsituationen eine Rolle. Neuere Untersuchungen haben gezeigt, dass die Steigerung des Energieumsatzes postoperativ nur das 1- bis 2-Fache des Ruheumsatzes beträgt. Der Kalorienbedarf nach großen Operationen liegt damit zwischen 25 und 35 kcal/kg KG und entspricht bei einem 70 kg schweren Patienten etwa 1750 bis 2450 kcal/Tag.
4.3.2. Glukose Glukose muss als lebenswichtiges Substrat für das zentrale Nervensystem, immunkompetente Zellen und Fibroblasten in der Leber immer neu synthetisiert werden. Vorläufer dieser Glukoneogenese sind Aminosäuren, die aus dem Proteinspeicher der Muskulatur stammen. Glukose ist das Infusionskohlenhydrat der Wahl. Der Mindestbedarf, um die Versorgung glukoseabhängiger Zellen sicherzustellen und Aminosäuren bzw. Körperprotein einzusparen, liegt bei 100 bis 150 g Glukose pro Tag. Eine höhere Zufuhr induziert gesteigerte Fettneubildung in der Leber. Als Alternative bietet sich der Einsatz der Nicht-Glukose-Kohlenhydrate Sorbit und Xylit an. Der wesentliche Nachteil dieser Zuckeraustauschstoffe liegt aber darin, dass bei vollständiger parenteraler Ernährung eine ausreichende Kalorienzufuhr damit nicht mehr gewährleistet ist. Fruktose darf in der Ernährungstherapie wegen der Gefahr einer induzierten FruktoseIntoleranz bei Patienten mit hereditären Fruktose-1Phosphataldolasemangel nicht mehr zur Anwendung kommen.
4.3.3. Eiweiß Das Ausmaß der Katabolie, definiert als Differenz zwischen dem gleichzeitig stattfindenden Eiweißabbau und der Eiweißneosynthese, ist abhängig vom präoperativen Ernährungszustand und dem Ausmaß der Operation. Dabei hat sich gezeigt, dass der Eiweißabbau (Proteolyse) postoperativ nicht beeinflusst werden kann. Durch Aminosäurezufuhr gelingt es lediglich, die Eiweißneosynthese zu steigern. Einen maximalen Effekt weisen dabei 1,5 g Aminosäurelösungen/kg KG/Tag auf. Eine höhere Aminosäurezufuhr bewirkt vermehrte Stoffwechselbelastung und Anstieg der harnpflichtigen Substanzen. Nach großen Eingriffen mit einer mehrtägigen postoperativen Nahrungskarenz ist eine Aminosäuresubstitution in den ersten postoperativen Tagen bereits sinnvoll, auch wenn eine vollständige Deckung des kalorischen Bedarfs nicht möglich ist. Dabei sollten die Aminosäuren zur optimalen Verwertung immer zusammen mit den Energielieferanten Kohlenhydrat und Fett infundiert werden.
Kapitel 7.1
Perioperative Ernährung
4.3.4. Fette Die Lipolyse, d. h. der Abbau von Triglyzeriden in freie Fettsäuren und Glycerol, ist in der Stressantwort beschleunigt. Fettsäuren sind neben Glukose die wichtigsten Energielieferanten. 1 g Fett liefert 9,1 kcal. Fettemulsionen sind als integrierter Bestandteil der parenteralen Ernährung bisher überwiegend unter dem Aspekt „Energieträger“ gesehen worden. Sie sollen bei Ernährungsregimes 30 bis 60 % des täglichen Ernährungsbedarfs abdecken. Die empfohlene Dosierung für Erwachsene liegt damit bei 1–2 g Fettemulsionen/kg KG/Tag. Handelsübliche Fettlösungen beinhalten in der Regel 20 % Fett in 250 ml. Wichtig dabei ist der Anteil der Linolsäure als Vorgängersubstanz zur Arachidonsäure, aus der zahlreiche Entzündungsmediatoren (Prostaglandine, Leukotriene) mit immunsuppressiver Wirkung synthetisiert werden können. Um derartige Effekte zu verringern, enthalten heute Lösungen deutlich weniger Linolsäure (höherer Anteil an mittelkettigen Triglyzeriden oder Olivenöl). Darüber hinaus sollen Infusionslösungen mit einem hohen Anteil an Omega-3Fettsäuren über die verringerte Synthese von immunsuppressiven Prostanoiden immunologisch günstige Effekte besitzen. Die nicht energetische Bedeutung von Fettlösungen besteht darin, dass essentielle Fettsäuren für den Aufbau von Zellmembranen erforderlich sind. Bei primärer Fettstoffwechselstörung mit Hypertriglyzeridämien < 300 mg % sollte die Fettzufuhr auf die essentiellen Fettsäuren beschränkt bleiben.
4.3.5. Vitamine, Spurenelemente Vitamine sind bei der parenteralen Ernährung ebenso unverzichtbar wie bei der normalen Nahrungsaufnahme. Bei Patienten, die bereits präoperativ mangelernährt sind, kann nicht mit ausreichenden Vitaminreserven im Organismus gerechnet werden. Bei diesen Patienten sollte eine Vitamin-Substitution mit im Handel verfügbaren Präparaten von Anfang an erfolgen – sonst erst ab der zweiten postoperativen Woche. Der Bedarf an Spurenelementen bei der intravenösen Ernährung ist nicht vollständig geklärt. Eine Substitution erscheint aber zumindest im Rahmen langfristiger Ernährungstherapie erforderlich. Der Bedarf wird ebenfalls mit industriell hergestellten Komplettlösungen abgedeckt.
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4.3.6. Praktische Durchführung der parenteralen Ernährung Folgendes Vorgehen hat sich bewährt (Hartl et al., 2002a): • Bei normalem Ernährungszustand des Patienten und einer erwarteten Nahrungskarenz < 7 Tage kann auf die parenterale Ernährung ganz verzichtet werden. Es wird lediglich der Wasserund Elektrolytbedarf abgedeckt. • Ist die orale Nahrungsaufnahme nach 7 Tagen noch nicht möglich, wird eine hypokalorische Ernährung mit handelsüblichen Präparaten durchgeführt. Derartige Lösungen enthalten Aminosäuren (1 g/AS/kg KG/Tag), Kohlenhydrate (2 g KH/kg KG/Tag) und Elektrolyte in einer Mischung, die z. B. als 3-I-Konzept eine nahezu ausgeglichene Stickstoffbilanz garantiert. Der nicht exogen abgedeckte Energiebedarf wird dabei aus der endogenen Lipolyse sichergestellt. Eine Fettsubstitution ist nicht erforderlich. Der Vorteil der hypokalorischen Ernährung liegt in seiner einfachen Handhabung. Ernsthafte metabolische Nebenwirkungen sind nicht zu erwarten. Der niedrige Kohlenhydratanteil bedingt eine Gesamtosmolarität < 800 mosm/I, die eine peripher-venöse Applikation zulässt. • Ist von einer Nahrungskarenz > 7 Tage auszugehen (z. B. Ösophagusresektion, Multiviszeralresektion) oder befindet sich der Patient präoperativ in mangelernährtem Zustand, wird eine normokalorische Ernährung über zentralvenöse Zugänge (z. B. einen Hickman-Katheter, Abb. 7.1.2) erforderlich. Auch hierfür stehen vorgefertigte Komplettlösungen zur Verfügung. Als additive Energiezufuhr dienen dabei 20%ige Fettemulsionen. Darüber hinaus ist eine Substitution von Vitaminen und Spurenelementen in Erwägung zu ziehen. • Der Aufbau der normokalorischen Ernährung erfolgt schrittweise, wobei in den ersten 2 Tagen ein hypokalorisches Konzept zur Anwendung kommen sollte. Für die praktische Durchführung sind Infusionspumpen und engmaschige Kontrollen von Laborparametern (z. B. Glukose, Harnstoff, Triglyzeride) unverzichtbar. • Für Patienten mit Nierenfunktionsstörungen stehen heute so genannte Nierenlösungen zur Verfügung, die ausschließlich essentielle und wenige semiessentielle Aminosäuren enthalten. Damit wird bei erhöhten Harnstoff konzentrationen eine Reduktion der täglichen
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Eiweißzufuhr bis auf 1⁄3 des errechneten Tagesbedarfs erreicht. Unter diesem Ernährungsregime ist die Harnstoffproduktion geringer als unter alleiniger Kohlenhydratzufuhr. Für Patienten mit hepatischer Enzephalopathie und erhöhten Ammoniakkonzentrationen stehen spezielle Leberlösungen zur Verfügung mit einem erhöhten Anteil an verzweigtkettigen Aminosäuren (s. u.).
Grundsätzlich gilt, dass die parenterale Ernährung unphysiologisch ist. Die Reduktion der Proteinsyntheserate als verantwortlicher Mechanismus für den Eiweißverlust kann nicht vollständig kompensiert werden.
Die Gefahr metabolischer Komplikationen wie Überernährung und Fettleber lässt sich durch stufenweise Steigerung der Energiezufuhr zwar eingrenzen, aber nicht ganz verhindern. Darüber hinaus belasten Katheter-assoziierte Komplikationen (z. B. Thrombose, Infektion, Sepsisgefahr) dieses Ernährungsregime. Die parenterale Langzeiternährung führt zur morphologischen und funktionellen Atrophie der Darmschleimhaut mit der damit erhöhten Gefahr einer intestinalen Translokation (Alverdy et al., 2003).
4.4. Enterale Ernährung Die enterale Ernährung erhält die Integrität und Funktionsfähigkeit der Intestinalmukosa. Aus diesem Grunde sollte postoperativ der enteralen Nährstoffzufuhr – wenn immer möglich – der Vorzug gegeben werden. Weitere Argumente für eine enterale Ernährung sind (Kemen, 2003): •
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•
Im Vergleich zur normokalorischen parenteralen Ernährung kann der Eiweißverlust über einen Zeitraum von 10 Tagen nahezu halbiert werden. Enterale Ernährung ist in Abhängigkeit von der jeweiligen Kostform preisgünstiger (25–30 % der Kosten einer parenteralen Ernährung). Die Zugangswege bergen im Vergleich zu zentralvenösen Kathetern ein deutlich geringeres Risiko.
a
Bei der enteralen Ernährung sollte die kalorische Zusammensetzung den Empfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Ernährung entsprechen (Kohlenhydrate : Fette : Eiweiß = 50 : 30 : 20). Die Kalorienmenge der handelsüblichen Präparate ist auf 1 kcal/ml begrenzt. Damit wird ein tägliches Angebot von 2000 kcal entsprechend 2000 ml Volumenbelastung möglich. Grundsätzlich sind hochmolekulare nährstoffdefinierte Diäten und niedermolekulare chemisch definierte Diäten zu unterscheiden, die jeweils spezielle Zugangswege und Anwendungstechniken erfordern (Kreymann et al., 2003). b Abb. 7.1.2. Kathetersystem für einen zentralvenösen Zugang: a) Titanportsystem mit Punktionsnadell, Seldingerdraht, Führungstunnel, Katheteradapter und Applikationsnadel. b) Doppellumiger Hickman-Katheter mit Punktionsnadel, Seldinger-Draht, Führungstunnel, Katheter, doppellumiger Ansatz, subkutaner Tunnelungsstab
4.4.1. Hochmolekulare Diät Hochmolekulare oder nährstoffdefinierte Diäten (NDD) werden aus natürlichen Nährstoffen hergestellt, erfordern die Verdauungskapazität des gesamten Intestinaltraktes und sind deshalb das geeignete Substrat für eine gastrale Sondenernährung. Neben der standardisierten
Kapitel 7.1
Perioperative Ernährung
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Sondenkost werden von der Industrie auch proteinreiche und hyperkalorische Varianten angeboten.
4.4.2. Niedermolekulare Diät Niedermolekulare oder chemisch definierte Diäten (CDD) enthalten Hydrolysate natürlicher Eiweiße als Proteinkomponente sowie Oligo- bis Polysaccharide und Fette als Energiekomponenten. Es handelt sich dabei um „vorverdaute“ natürliche Nährstoffe, die das geeignete Substrat für Jejunalsonden darstellen. Die Standardpräparate sind ballaststoffreich. Für Patienten mit spezifischen Organerkrankungen stehen heute eine Reihe so genannter stoffwechseladaptierter Diäten zur Verfügung (Weimann et al., 2003): Diabetesdiäten enthalten ein reduziertes Kohlenhydratangebot und einen erhöhten Anteil an einfach ungesättigten Fettsäuren und führen damit zu einer besseren Kontrolle der Hyperglykämie und zu einem verminderten Insulinbedarf. Leberadaptierte Sondendiäten beinhalten spezielle Aminosäurenmuster. Ziel dieser Modifikation ist es, bei Patienten mit hepatogenen Störungen die Leber in ihrer Funktion zu unterstützen und ein normales Plasmaaminogramm wiederherzustellen. Besonders bei hepatischer Enzephalopathie sind in der Regel die aromatischen Aminosäuren und Methionin im Plasma erhöht, die verzweigtkettigen Aminosäuren dagegen vermindert. Diäten, die mit verzweigtkettigen Aminosäuren angereichert sind, sollen diese Aminosäureimbalance verbessern. Bei Patienten mit grenzwertig eingeschränkter Nierenfunktion können nierenadaptierte Diäten mit reduziertem Stickstoffanteil und einer speziell angepassten Elektrolyt-Zusammensetzung zur Anwendung kommen.
4.4.3. Praktische Durchführung der enteralen Ernährung Folgendes Vorgehen hat sich bewährt: • Für die gastrale Ernährung stehen Magen- bzw. Duodenalsonden zur Verfügung. Diese Sonden werden transnasal „blind“ eingeführt oder endoskopisch platziert. Die Ernährung erfolgt mit hochmolekularen Diäten, entweder als Bolus (z. B. 500-ml-Portionen) oder kontinuierlich. • Die gastrale Ernährung nutzt den fermentativen und resorptiven Apparat des gesamten Intestinaltraktes. Voraussetzung dafür ist eine unge-
Abb. 7.1.3. Schematische Darstellung der Technik zur Anlage einer perkutanen endoskopischen Gastrostomie (PEG) für die parenterale Ernährung. a) Endoskopische Lokalisation der Punktionsstelle und Punktion des Magens. b) Anbringen des Führungsfadens an der Endoskopschlinge. c) Fadendurchzug und Befestigung der Sonde am oralen Fadenende. d) Sondendurchzug durch Speiseröhre, Magen und Bauchdecke. e) Befestigung der Sonde und endoskopische Kontrolle der korrekten Lage
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störte gastrointestinale Funktion, die nach großen viszeralchirurgischen Eingriffen wegen der postoperativen Atonie aber in der Regel erst ab dem 3. postoperativen Tag gegeben ist. Wird eine Sondenernährung über die 2. Woche hinaus erforderlich, bietet sich als Alternative die perkutane endoskopische Gastrostomie (PEG) an. Dabei wird in speziellen Techniken nach perkutaner Punktion des Magens eine Ernährungssonde transgastral eingeführt und fixiert (Abb. 7.1.3). Für eine enterale Langzeit-Ernährung (z. B. Ösophagektomie ohne primäre Rekonstruktion der Speisepassage) wird intraoperativ eine Ernährungsfistel in das Jejunum eingenäht (Katheter-Jejunostomie) und perkutan ausgeleitet (Stein et al., 2001). Die Ernährung wird mit niedermolekularen Diäten kontinuierlich und pumpengesteuert durchgeführt. Im Hinblick auf Patientenkomfort, Resorptionsbedingungen und Komplikationsrate (z. B. Dislokation, Druckulzera) ist dieser Zugangsweg anderen enteralen Ernährungsformen überlegen. Der Aufbau der enteralen Ernährung muss schrittweise erfolgen (Adaptationsphase). Innerhalb von 3–4 Tagen kann die tägliche Zufuhr auf das angestrebte Gesamtvolumen von 2000 ml gesteigert werden. Zwischenzeitlich bietet sich eine Kombination mit hypokalorischer parenteraler Ernährung an. Eine initiale Verdünnung der Sondennahrung ist heute nicht mehr erforderlich.
Die Dauer der Adaptationsphase ist abhängig von der individuellen Toleranz des Patienten. Bei spärlicher Peristaltik, abdomineller Distension oder auch Diarrhoe kann durch passagere Reduktion der Substratzufuhr eine Toleranzverbesserung erreicht werden. In dieser Phase ist aber die klinische und sonographische Überwachung des Abdomens anspruchsvoll und die Diagnostik postoperativer Komplikationen häufig erschwert. Als Kontraindikationen für die Fortführung einer enteralen Ernährung müssen heute gelten: Darmobstruktion mit relevanter Passagestörung, persistierende intestinale Fistel, paralytischer Ileus, schwerer Schockzustand mit Kreislaufinstabilität und gastrointestinale Blutung.
5. Überwachung der Ernährungstherapie Um bei der Durchführung postoperativer Ernährungsregimes Komplikationen und unerwünschte Nebenwirkungen zu vermeiden, ist die sorgfältige Überwachung dieser Therapiemaßnahme unverzichtbar. Die Verlaufskontrolle von kritischen Stoffwechselparametern richtet sich nach dem Krankheitszustand des Patienten und der Art der Ernährungstherapie. Grundsätzlich gilt dabei, dass das metabolische Monitoring umso engmaschiger sein sollte, je schlechter der Allgemeinund Ernährungszustand des Patienten ist (Hartl et al., 2002b). Der Elektrolytbedarf wird üblicherweise durch Bestimmung entsprechender Serumkonzentrationen abgeschätzt. Zum Monitoring der Fettutilisation ist es notwendig, in regelmäßigen Abständen die Plasmatriglyzeridkonzentrationen zu bestimmen. Aufgrund der bekannt schädlichen Nebenwirkung einer Hyperglykämie auf das Immunsystem ist heute eine rigide Einstellung des Blutzuckerspiegels erforderlich, mit einer dem Bedarf angepassten Insulingabe, unabhängig davon, ob anamnestisch ein Diabetes mellitus vorliegt oder nicht (v. Berghe et al., 2001). Eine individuelle Einschätzung des Eiweißbedarfes bei chirurgischen Patienten ist bis heute nicht möglich. Die tägliche Bestimmung der Kreatinin- bzw. Harnstoffkonzentration kann nur sehr eingeschränkt als Hinweis für eine zunehmende Eiweißkatabolie herangezogen werden. Die Bestimmung dieser Serumkonzentrationen ist jedoch notwendig, um in Verbindung mit einem akuten Nierenversagen den Anstieg dieser harnpflichtigen Substanzen in den toxischen Bereich frühzeitig zu erkennen und ggf. therapeutische Maßnahmen einleiten zu können. Bei der enteralen Ernährung gilt es, frühe Symptome einer Verdauungsintoleranz zu erkennen. Darmparalyse, Übelkeit, Erbrechen und Durchfall können Ausdruck einer inadäquaten Ernährungsform sein und erfordern die rasche Überprüfung des laufenden Therapiekonzeptes. Häufig ist dabei eine Reduktion des zugeführten Stundenvolumens erforderlich. Als gefürchtete Komplikation muss die Aspiration gelten bei Ileussymptomatik, Dislokation der Ernährungssonde und generell bei bewusstseinsgetrübten Patienten.
6. Immunonutrition Das Konzept der Immunonutrition basiert auf der Vorstellung, dass sich eine fehlende oder verminderte Immunkompetenz perioperativ durch Zusatz bestimmter
Kapitel 7.1
Perioperative Ernährung
Nährstoffe verhindern oder beseitigen und damit das Komplikationsrisiko nach viszeralchirurgischen Eingriffen reduzieren lässt. Ein solcher immunmodulatorischer Effekt wird u. a. für die Aminosäuren Glutamin und Arginin, für Omega-3-Fettsäuren, kurzkettige Fettsäuren, Nukleinsäuren und Mineralstoffe wie Selen und Zink angenommen (Beale et al., 1999). Glutamin hat eine mukosaprotektive Wirkung im Gastrointestinaltrakt (Wilmore et al., 1998). Insbesondere Intensivpatienten weisen sowohl im Plasma- als auch im Muskelgewebe eine ausgeprägte Glutaminverarmung auf (Roth et al., 2002). Bisher verfügbare Aminosäurelösungen erhielten kein Glutamin aufgrund einer spezifischen Lösungsinstabilität. Durch die Kopplung von Glutamin an Alanin oder Glyzin ist heute aber auch eine parenterale Zufuhr möglich (Griffiths et al., 2002). Inwieweit eine Glutaminsubstitution oder die Kombination verschiedener immunmodulatorischer Substanzen klinische Vorteile bringt, ist derzeit Gegenstand wissenschaftlicher Diskussionen. Bisher ungeklärt ist dabei der Zeitpunkt des Beginns einer Immunonutrition und ihre spezielle Auswirkung auf pro- und antiinflammatorische Reaktionsmuster perioperativ (Heyland et al., 2001).
7. Chirurgisch-onkologische Patienten 7.1. Bedeutung der Ernährungstherapie Durch die Intensivierung der neoadjuvanten Therapieprinzipien erhält die Ernährungstherapie des onkologischen Patienten im chirurgischen Umfeld einen neuen Stellenwert. Ernährungsrichtlinien und Ernährungsempfehlungen sind für onkologische Patienten von größter Bedeutung, da die Anpassung der Ernährung bei Essstörungen eine Mangelernährung verhindern beziehungsweise vorbeugen kann und so nicht nur das perioperative Infektionsrisiko beeinflusst, sondern auch onkologische Weiterbehandlungen ohne Verzögerung erlaubt. Andererseits gibt eine umfassende Ernährungsempfehlung dem Patienten auch die Selbstverantwortung zurück, aktiv etwas zu seiner Gesundung beizutragen (Vos et al., 2004). Die therapeutischen Ziele der Ernährungstherapie müssen an ihrer Wirksamkeit, Effektivität und an der Effizienz gemessen werden. Dazu gehören Überlebenszeit, Lebensqualität, Krankenhausverweildauer und Therapieunterbrechung (Ottery, 2000; Müller et al., 1997).
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7.2. Tumorbedingte Stoffwechselstörungen Die Ernährungsstörungen beim onkologischen Patienten sind durch Zytokine induziert, es kommt zu einer Störung der Kohlenhydratoxidation sowie der Fettoxidation. Bei Tumorpatienten kann man drei Stadien der Störung des Glukosestoffwechsels unterscheiden. Im ersten Stadium ist die periphere Glukoseutilisation beeinträchtigt, im zweiten Stadium kommt es zu einer Intensivierung der hepatischen Glukoneogenese und im dritten Stadium wird dann erst bei mangelernährten Patienten eine ausgeprägte Glukoneogenese mit einem deutlich erhöhten hepatischen GlukoseOutput festgestellt. Maligne Tumoren, bereits im frühen Stadium, produzieren TNF und Interleukin 6, sodass es zu einem Auftreten einer Insulinresistenz, besonders im peripheren Gewebe, und zu einer Glukoseaufnahme-Störung kommt (Argiles et al., 1999). Messungen des Glykogengehalts des Muskels zeigen deutlich herabgesetzte Werte. Im Gegensatz zu den peripheren Geweben kann der Tumor Glukose exzessiv verwerten. Diese Besonderheit bedeutet, dass Ernährungsregimes fettbetont, jedoch kohlenhydratreduziert sein sollen, das heißt, dass man den Fettanteil auf 50 % erhöhen kann. Dies ist auch hilfreich, da es durch den erhöhten Fettkonsum leichter zu einer ausreichenden energetischen Versorgung kommt. Industriell gefertigte Nahrungsergänzungen und Trinknahrung sind auf die Bedürfnisse des onkologischen Patienten abgestimmt erhältlich und sind zum Beispiel mit Eikosapentaensäure angereichert. Gesättigte Fettsäuren können das Tumorwachstum metabolisch hemmen. Einen besonderen Stellenwert haben die Omega-3-Fettsäuren, die sowohl die Proliferation der malignen Zellen reduzieren als auch den Ernährungszustand positiv beeinflussen (Barber et al., 2001; Bruera et al., 2003).
7.3. Tumorkachexie Die Tumorkachexie ist zumeist stadienabhängig und wird vor allem bei Patienten mit fortgeschrittener Erkrankung diagnostiziert. Bei progressivem Tumorwachstum können bis 80 % der Muskelmasse verloren gehen. Die Muskelatrophie ist einerseits durch einen erhöhten Proteinabbau, andererseits durch eine gestörte Proteinsynthese gesteuert. Es konnte eine Substanz isoliert werden, Proteolysis Inducing Factor (PIF), die für den Untergang der Skelettmuskulatur verantwortlich gemacht werden kann (Lorite et al., 1997). Zusätzlich zu den vom Tumor gebildeten muskelabbauenden
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Prozessen kommt es durch die meist eingeschränkte Beweglichkeit der Patienten mit fortgeschrittener Erkrankung zur Inaktivität und Ruhigstellung der Muskulatur, welches ebenfalls die Katabolie weiter fördert. Daher ist es postoperativ sehr wichtig, frühzeitig neben der Ernährungstherapie die physikalische Aktivierung anzustreben (Simons et al., 1999).
7.4. Ernährungsformen Die enterale Ernährung ist der goldene Standard in der Therapie onkologischer Patienten. Die Erhaltung eines funktionstüchtigen Darmes mit der entsprechenden immunologischen Bedeutung des Darmes hat dazu geführt, dass der größte Teil der Patienten oral ernährt wird. Durch eine entsprechend abgeänderte Ernährung oder durch Zusatzernährung können die meisten Patienten ausreichend kalorisch versorgt werden. Die Sondenernährung mittels nasogastraler Sonde, PEG-Sonde oder Jejunalsonde bleibt den entsprechenden spezifischen Indikationen vorbehalten. Vor allem Patienten mit Tumoren im Hals-Nasen-Ohrenbereich bzw. mit Ösophaguskarzinom oder Magenkarzinom bedürfen öfters einer Sondennahrung. Chemotherapieassoziierte Mangelernährung bedarf keiner Sondennahrung, da sie zeitlich limitiert ist und der Nährstoffbedarf begrenzt durch entsprechende Zusatznahrung ausgeglichen werden kann. Die parenterale Langzeiternährung ist hauptsächlich für jene Patienten ein Aspekt, die unter einer chronischen Subileussymptomatik bzw. Fistelbildungen bei Peritonealkarzinose leiden (Nitenberg et al., 2000).
7.5. Ernährungsberatung Die weiterführende Ernährungsberatung der Patienten nach abgeschlossener Krebsbehandlung ist von besonderer Bedeutung (Brown et al., 2001). Eine besondere Herausforderung ist die Stabilisierung des Körpergewichts bei Brustkrebspatientinnen, da Übergewicht ein deutlicher Risikofaktor für das Rezidiv darstellt (Rock et al., 2002). Die Ernährungstherapie sollte integrierter Bestandteil des Behandlungsplanes onkologischer Patienten darstellen und ist durch die multidisziplinären Interaktionen eine Herausforderung an alle.
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Kapitel 7.1
Perioperative Ernährung
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Kapitel 7.2
„Fast-track“-Rehabilitation W. Schwenk
1. Einleitung In den vergangenen Jahrzehnten hat die Häufigkeit lokal-chirurgischer postoperativer Komplikationen wie Wundheilungsstörung, Blutung oder Anastomoseninsuffizienz bei onkologischen Operationen deutlich abgenommen. Zeitgleich hat sich die anästhesiologische Technik weiterentwickelt, sodass heute auch ausgedehnte und lang dauernde Operationen zur Behandlung von Tumorerkrankungen nur mit einem geringen Narkoserisiko behaftet sind. Trotz dieser Fortschritte ist die Quote allgemeiner postoperativer Komplikationen, wie kardiopulmonaler oder renaler Zwischenfälle, nosokomialer Infektionen oder Thromboembolien, nach mittleren und großen onkologischen Eingriffen mit 20–60 % auch heute noch überraschend hoch. Verschiedene Arbeitsgruppen haben sich daher im vergangenen Jahrzehnt darum bemüht, durch die Zusammenfassung zahlreicher perioperativer Maßnahmen den Verlauf nach operativen Eingriffen günstig zu beeinflussen um die Inzidenz und den Schweregrad allgemeiner postoperativer Komplikationen entscheidend zu senken (Basse et al., 2000; Cerfolio et al., 2004; Fearon, 2005; Kehlet, 1991; Kehlet et al., 2003; Kehlet et al., 1997; Kehlet et al., 2002; Maessen et al., 2007; Nygren et al., 2005; Schwenk et al., 2004).
1.1. Definitionen Die Zusammenfassung evidenzbasierter perioperativer Behandlungsmaßnahmen zu einem umfassenden perioperativen Behandlungsplan wird mit dem Begriff „Fast-track“-Chirurgie oder „Fast-track“-Rehabilitation bezeichnet. Dabei ist „Fast-track“ kein rechtlich geschützter Begriff und hat daher in den letzten Jahren eine inflationäre Verbreitung erfahren. Im englischen Sprachraum beschreibt häufig das Akronym „ERAS“ (Enhanced Recovery After Surgery – beschleunigte Erholung nach Chirurgie) (Fearon et al., 2005) die gleichen Inhalte wie „Fast-track“. Dagegen sind Bezeich-
nungen wie „ESTREP“ (Enhanced Surgical Treatment and Recovery Program – beschleunigtes chirurgisches Behandlungs- und Rekonvaleszenzprogramm), „MMC“ (multimodale Chirurgie) oder „Optimal-track surgery“ weniger verbreitete Synonyme. Der Begriff „Fast-track“-Rehabilitation wird im Jahr 2008 am besten definiert als perioperativer Behandlungspfad, der • für einen bestimmten operativen Eingriff schriftlich formuliert wird, • multimodal und interdisziplinär orientiert ist und • auf der besten verfügbaren wissenschaftlichen Information („best available evidence“) beruht. „Fast-track“-Rehabilitation ist also eine prozedurenspezifische, multimodale, interdisziplinäre und evidenzbasierte Handlungsanweisung zur perioperativen Behandlung von Patienten bei elektiven operativen Eingriffen. Die Ursachen der verzögerten Rekonvaleszenz nach operativen Eingriffen sind vielfältig, sodass perioperative Rehabilitationskonzepte multimodal intervenieren müssen. Einzelmaßnahmen wie zum Beispiel die minimal-invasive Chirurgie wirken, wenn sie nicht in ein umfassendes perioperatives Behandlungskonzept eingebettet werden, nur auf einzelne Ursachen und zeigen daher nur begrenzte Verbesserungen des postoperativen Verlaufs. In der „Fast-track“-Rehabilitation werden dagegen zahlreiche Maßnahmen kombiniert und erzeugen über synergistische Effekte eine erhebliche Verbesserung des postoperativen Verlaufs.
1.1.1. „Fast-track“-Rehabilitation als beweisbasierte Behandlungsanweisungen Zahlreiche Maßnahmen in der operativen Medizin sind aus Traditionen erwachsen und beruhen nicht auf den Ergebnissen aktueller, methodologisch hochwertiger wissenschaftlicher Studien. Da verschiedene
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W. Schwenk
chirurgisch-operative Handlungsweisen im Sinne der „chirurgischen Schule“ vom Lehrer auf seine Schüler weitergeben werden, können diese über Jahrzehnte in der Klinik des Schülers unverändert weiter bestehen. Pharmakologische Behandlungsmaßnahmen, wie die Antibiotika- oder Thromboseprophylaxe, werden unter dem Eindruck aktueller Studien (und dem damit verbundenen Marketingaufwand der pharmakologischen Industrie) relativ rasch den neuesten Erkenntnissen angepasst. Dagegen sind vorwiegend chirurgisch-technisch motivierte Therapieprinzipien, wie die präoperative orthograde Darmspülung, die Verwendung von Drainagen oder einer Magensonde, sehr wandlungsresistent. Auch hochwertige randomisierte, kontrollierte Studien, die die Unwirksamkeit oder sogar Schädlichkeit traditioneller Maßnahmen bewiesen haben, führen nicht zur Elimination derartiger fehlerhafter Behandlungskonzepte. Ähnliche Mechanismen können auch in der Anästhesiologie nachgewiesen werden, wo neue Medikamente die Narkosetechnik rasch verändern können, während tradierte Maßnahmen, wie die verlängerte präoperative Nüchternheit, trotz der Empfehlungen wissenschaftlicher Fachgesellschaften nur langsam verlassen werden. Als wesentliche, intellektuelle Grundeinstellung der „Fast-Track“-Rehabilitation muss daher die Bereitschaft angesehen werden, bei der Festlegung des perioperativen Behandlungspfades vorhandene „traditionelle“ Behandlungsmaßnahmen kritisch zu hinterfragen. Gemäß den Prinzipien der „Evidence-based Medicine“ (beweisgesicherte Medizin) werden die vorhandenen wissenschaftlichen Informationen dabei nach der methodologischen Qualität der jeweiligen Studien in verschiedene Klassen eingeteilt. Mit zunehmender methodologischer Qualität nimmt die Irrtumswahrscheinlichkeit der jeweiligen Studie ab, das so genannte „Evidenzlevel“ („Level of evidence“, Niveau der Beweiskraft) steigt dagegen an. Somit wird der Grad der Empfehlung („Grade of recommendation“) mit wachsender Beweiskraft höher, da die Irrtumswahrscheinlichkeit der jeweiligen Studien sinkt. Konzepte zur „Fast-track“-Rehabilitation sind daher bemüht, die beste externe wissenschaftliche Evidenz für Entscheidungen in der medizinischen Versorgung individueller Patienten zu verwenden. Dies bedeutet de facto die Integration individueller klinischer Expertise und bestmöglicher externer Evidenz aus systematischer Forschung zu einem schriftlich niedergelegten perioperativen Behandlungspfad. In der chirurgischen Onkologie sind derartige Entscheidungswege in enger Zusammenarbeit mit Gastroenterologen, Onkologen
und Strahlentherapeuten bereits seit längerer Zeit beschritten worden. Chirurgische Onkologen akzeptieren heute auch komplexe multimodale Therapiekonzepte (z. B. neoadjuvante Therapie beim Rektumkarzinom), wenn ihre Effektivität und Effizienz in randomisierten, kontrollierten Studien nachgewiesen worden ist. In der unmittelbar perioperativen Phase wurde jedoch auch in der chirurgischen Onkologie oftmals die bestehende wissenschaftliche Evidenz zugunsten tradierter Behandlungskonzepte ignoriert. Das Konzept der „Fast-track“-Rehabilitation gleicht also die Entscheidungsprinzipien der Auswahl der unmittelbar perioperativen Behandlung an die bereits seit längerer Zeit üblichen evidenzbasierten Indikationsstellungen zur neoadjuvanten oder adjuvanten Therapie onkologischer Erkrankungen an.
2. Prinzipien der „Fast-track“-Rehabilitation Der Stellenwert einzelner Maßnahmen der „Fast-track“Rehabilitation muss im Sinne der oben dargestellten Philosophie einer ständigen Überprüfung unterzogen werden. Dennoch sind heute folgende Prinzipien anerkannt, die das Fundament jedes erfolgreichen „Fasttrack“-Rehabilitationskonzeptes bilden (Abb. 7.2.1): • Patienteninformation, -schulung und -motivation • Reduktion und Modifikation der posttraumatischen Stressreaktion • Aufrechterhaltung der Homöostase • Effektive Schmerztherapie • Erhaltung oder Wiederherstellung der Patientenautonomie
2.1. Patienteninformation Die präoperative Aufklärung muss im Rahmen der „Fast-track“-Rehabilitation weit über die „traditionelle“, vor allem forensisch orientierte Aufklärung hinausgehen. Nach der unumgänglichen Aufklärung über Art und Ausmaß der geplanten Operation und die damit verbundenen Risiken und Komplikationsmöglichkeiten („worst case“ – „schlimmster Fall“), muss das Arzt-Patienten-Gespräch in positiv-motivierender Diktion fortgesetzt werden. Nun muss der bestmögliche postoperative Verlauf geschildert und auf die Notwendigkeit der aktiven Mitarbeit des Patienten auf dem Weg zum optimalen postoperativen Verlauf hingewiesen werden. Durch das präoperative Arzt-Patienten-Gespräch wird
Kapitel 7.2
„Fast-track“-Rehabilitation
71
der Patient aus der vermeintlich passiv-erduldenden Rolle des Kranken in die aktive Position des gleichberechtigten Partners im Rehabilitationsteam, bestehend aus Pflegekräften, Ärzten und Patient, befördert. Gleichzeitig wird das perioperative Angstniveau gesenkt und die postoperative Kooperation des Patienten verbessert. „Traditionelle“ Vorstellungen der perioperativen Behandlung, wie Nahrungskarenz, Immobilisationsregeln oder „Wundschläuche“, sind in der Vorstellung vieler Patienten und ihrer Angehörigen selbstverständlich und werden daher für den postoperativen Verlauf erwartet. Dabei sind einzelne Maßnahmen bei den Patienten durchaus mit unterschiedlichen Emotionen verbunden. So wird der Verzicht auf Sonden, Katheter und Drainagen oft begrüßt, da diese mit etwaigen Schmerzen assoziiert werden. Die frühzeitige Mobilisation wenige Stunden nach der Operation erscheint den meisten Patienten zwar sinnvoll, allerdings fürchten viele Patienten, dass dabei starke Schmerzen oder eine zu hohe „Wundbelastung“ auftreten könnten. Dagegen wird die „traditionell“ übliche längerdauernde postope-
rative Nahrungskarenz von Patienten zwar akzeptiert, aber mit negativen Begriffen wie „Nahrungsentzug“ und „Essverbot“ belegt. Im präoperativen Gespräch hat es sich daher bewährt, negativ und positiv belegte Behandlungsmaßnahmen miteinander zu verknüpfen und Patienten so zur Durchführung des gesamten Konzeptes zu motivieren. Ebenso wichtig wie die Aktivierung der Patienten selbst ist auch die positive Motivation der Angehörigen, möglichst bereits in prästationären oder stationär präoperativen Gesprächen. Dabei sollten die Angehörigen aufgefordert werden, den Patienten im postoperativen Verlauf zu motivieren und auch selber aktiv an den Mobilisationsmaßnahmen teilzunehmen Im übrigen müssen nicht kooperationsfähige Patienten nicht zwangsläufig von der „Fast-track“-Rehabilitation ausgeschlossen werden. Psychiatrisch erkrankte oder geistig behinderte Patienten, die nicht in der Lage sind, die komplexen perioperativen Abläufe kognitiv zu verarbeiten, können ebenfalls erfolgreich „Fasttrack“-rehabilitiert werden. Patienten, welche die aktive Mitarbeit an der postoperativen Rekonvaleszenz vollständig verweigern, sind
Kontrolle der perioperativen Pathophysiologie
Patienteninformation, -schulung, -motivation
Reduktion der posttraumatischen Stressreaktion
Aufrechterhaltung der Homöostase
Effektive Analgesie
Erhalt / Wiederherstellen der Patientenautonomie
z.B. Festlegen von Rehabilitationszielen, Aufklärung über Schmerztherapie, „Arzt-Patienten-Pakt“
z.B. Regional- oder Periduralanalgesie, minimalinvasive Chirurgie, anitinflammatorische Medikation
z.B. keine orthograde Darmspülung, kurze Nüchternheit, präoperatives Kohlenhydratgetränk, Normothermieerhalt, limitierte Infusionstherapie, rasche enterale/orale Ernährung
z.B. Regional- oder Periduralanalgesie, minimalinvasive Chirurgie, systemische Basisanalgesie
z.B. Verzicht auf Sonden, Katheter, Drainagen, rasche enterale/orale Ernährung, forcierte postoperative Mobilisation, Beachtung der nächtliche Ruhephase
Reduzierte Morbidität und beschleunigte Rekonvaleszenz Abb. 7.2.1. Prinzipien der „Fast-track“-Rehabilitation
72
W. Schwenk
äußerst selten (< 2 % aller Patienten). Manche Patienten lehnen zwar einzelne Bestandteile des „Fasttrack“-Konzeptes ab (z. B. Periduralkatheter bei abdominellen oder thorakalen Eingriffen), stimmen aber den anderen Behandlungsmaßnahmen zu, sodass der Behandlungspfad modifiziert werden kann, ohne dass die Ziele der „Fast-track“-Rehabilitation prinzipiell in Frage gestellt werden müssen.
2.2. Reduktion und Modifikation der posttraumatischen Stressreduktion Der Säugetierorganismus und damit auch der menschliche Körper reagiert auf den Stress eines operativen Eingriffs auf neuronaler, hormoneller, metabolischer und molekularbiologischer Ebene weitgehend uniform (Kehlet, 1991; Kehlet, 1996; Kehlet et al.,1997; Wilmore et al., 2001). Viele der Faktoren, welche die Stressreaktion erhalten oder verstärken, sind gut bekannt und können therapeutisch beeinflusst werden. Bislang ist allerdings ungeklärt, welches Mindestmaß der posttraumatischen neuroendokrinen Stressreaktion für eine optimale Rekonvaleszenz ideal ist. Die vollständige Ausschaltung dieser physiologischen Stressreaktion kann vor allem bei mittelgroßen und großen Eingriffen nicht sinnvoll sein. Vielmehr sollten durch multimodale Therapiekonzepte verschiedene Aspekte der posttraumatischen physiologischen Reaktionen des Organismus modifiziert werden. So ist zum Beispiel die physiologische Bedeutung der gastrointestinalen Atonie nach einer Operation bis heute nicht erklärbar, da eine postoperative gastrointestinale Atonie nur Nachteile für den betroffenen Organismus mit sich bringt. Obwohl sich auch diese enterale Reaktion auf den operativen Stress evolutionär durchgesetzt hat, scheint eine vollständige Unterdrückung der gastrointestinalen Atonie keine Nachteile für den postoperativen Patienten zu haben. Dagegen sind andere Reaktionen auf ein Trauma physiologisch überaus „sinnvoll“, sodass Gegenregulationen in diesen Bereichen schaden könnten und daher unterbleiben sollten. Als Beispiel kann hier die physiologische postoperative Diuresereduktion durch Ausschüttung von antidiuretischem Hormon (ADH) mit dem Ziel der Flüssigkeitskonservierung im Organismus angesehen werden. Eine relative postoperative Oligurie (ohne Anstieg der Retentionswerte) sollte daher nicht reflexartig mit höheren Infusionsgaben, Administration von Diuretika oder sogar der Gabe von Katecholaminen beantwortet werden.
2.3. Aufrechterhaltung der Homöostase In den meisten Fällen befinden sich Patienten mit onkologischen Erkrankungen, die zur elektiven Operation stationär aufgenommen werden, im funktionellen Gleichgewicht. In Homöostase ist der menschliche Organismus in der Lage, sich durch Rückkopplung selbst in einem stabilen Zustand zu halten, sodass die wesentlichen Organfunktionen ohne ärztliche Maßnahmen mit gewissen Einschränkungen (z. B. Begleiterkrankungen oder hohes Lebensalter) aufrechterhalten werden. Erst wenn die präoperative invasive Diagnostik, die perioperative Behandlung, die Narkose und das chirurgisch-operative Trauma diese Homöostase stören, erfolgt eine klinisch relevante Beeinträchtigung des Patienten. Kleinere Eingriffe beeinträchtigen die Homöostase praktisch überhaupt nicht, während mittelgroße Eingriffe unter „traditioneller“ perioperativer Therapie bereits zu relevanten Funktionsstörungen führen können. Große onkologische Operationen mit nachfolgender intensiver Stressreaktion und invasiver „traditioneller“ Behandlung beeinträchtigen die Homöostase bis zur klinisch manifesten Regulationsstörung. In dieser Situation werden die Selbstregulationsmechanismen des Organismus überfordert und eine Aufrechterhaltung adäquater Organfunktionen ist nur noch unter engmaschiger oder sogar intensivmedizinischer ärztlicher und pflegerischer Behandlung möglich. Die Beeinträchtigung der Homöostase ist dabei kein unvermeidlicher, schicksalhafter Prozess, sondern diese negative Auswirkung des operativen Eingriffs wird vielfach durch „traditionelle“ Behandlungsmaßnahmen verstärkt. Die Verschlechterung des Allgemeinzustandes der Patienten nach einer technisch optimalen und komplikationslosen Operation ist damit zum Teil durch die perioperative anästhesiologisch/chirurgische Behandlung bedingt und wird nicht zu Unrecht auch als „Surgical disease“, die chirurgische Erkrankung, bezeichnet.
2.4. Effektive Schmerztherapie Die Reduktion postoperativer Akutschmerzen verbessert nicht nur das subjektive Wohlbefinden des Patienten, sondern kann eingebettet in das multimodale „Fast-track“-Rehabilitationskonzept auch die Rekonvaleszenz beschleunigen, die Quote allgemeiner postoperativer Komplikationen reduzieren und den postoperativen Krankenhausaufenthalt deutlich verkürzen.
Kapitel 7.2
73
„Fast-track“-Rehabilitation
Ohne effektive Schmerztherapie ist eine Mitarbeit des Patienten bei den Rekonvaleszenzmaßnahmen nicht möglich. Für den onkologisch tätigen Chirurgen besteht aufgrund des „Verursacherprinzips“ eine besondere Verpflichtung zur Organisation der bestmöglichen Schmerztherapie.
2.5. Erhalt oder Wiedererlangung der Patientenautonomie Bei intakter Homöostase sind die meisten Patienten vor elektiven onkologischen Operationen weitestgehend oder sogar vollständig autonom und unabhängig von der Hilfe anderer Personen in der Lage, ihr Leben und ihre Handlungen selber zu bestimmen. Die „traditionelle“ perioperative Behandlung schränkt die Patientenautonomie durch zahlreiche Maßnahmen, wie Mobilisationsregeln, Drainagen, Sonden, Katheter, Nahrungsrestriktionen und andere Vorschriften erheblich ein und erhöht die physische und psychische Abhängigkeit des Patienten von Pflegepersonal und Ärzten. Der Verzicht auf Sonden, Drainagen und Katheter, die rasche eigenständige Versorgung der Patienten durch orale Flüssigkeits- und Kostaufnahme und die postoperative forcierte Frühmobilisation sind wesentliche Bestandteile der „Fast-track“-Rehabilitation, weil sie die Autonomie des Patienten rasch wiederherstellen.
3. Klinische Ergebnisse der „Fast-track“Rehabilitation Angesichts der großen Zahl weltweit erscheinender wissenschaftlicher Journale ist es schwierig, alle Publikationen klinischer Erfahrungen mit der „Fasttrack“-Rehabilitation aufzulisten. Im folgenden sollen die Ergebnisse der „Fast-track“-Rehabilitation aus folgenden Gründen an den Erfahrungen mit elektiven Kolonresektionen dargestellt werden, weil • das Kolonkarzinom die onkologische Erkrankung ist, für die die meisten Ergebnisse zur „Fast-track“-Rehabilitation vorliegen, • die perioperative Therapie bei elektiven Kolonresektionen auch zu Beginn des 21. Jahrhunderts in den entwickelten Nationen der Welt durchweg traditionsgeprägt und nicht evidenzbasiert erfolgt (Kehlet et al., 2006) und • am Modell der elektiven Kolonresektion die Umsetzung der Prinzipien der „Fast-track“-Rehabilitation sehr gut verdeutlicht werden können.
Tabelle 7.2.1. Präoperative Maßnahmen der „Fast-track“Rehabilitation bei elektiven Resektionen von Kolonkarzinomen Tag vor der Operation Darmvorbereitung
12:00 Natriumpicosulfat, 18:00 Klistier abends bei intraoperativer Endoskopie 8:00 und 14:00 Natriumphosphatlösung
Ernährung
Flüssige Kost, abends 800ml kohlenhydratreiche Trinklösung klare Flüssigkeiten bis 2 Stunden vor geplantem OP-Beginn erlauben
Mobilisation/ Kleidung
vollständig mobil, Alltagskleidung
Prämedikation 22:00 Uhr 1-2mg Flunitrazepam Patientengespräch
Motivierendes Aufnahmegespräch: Beschreibung des perioperativen Verlaufs
Operationstag Ernährung
2h präoperativ: 400 ml kohlenhydratreiche Trinklösung
Medikation
1 Stunde präoperativ: Midazolam (0,1 mg/ kg KG) als Saft
3.1. „Fast-track“-Rehabilitation bei elektiven Kolonresektionen Bereits im Jahr 1995 hat die Arbeitsgruppe um Henrik Kehlet aus dem Hvidovre-Hospital der Universität Kopenhagen ein multimodales, beweisbasiertes Behandlungskonzept für Patienten mit elektiven Kolonresektionen vorgelegt (Bardram et al., 1995; Moiniche et al., 1995). Die meisten seither publizierten Untersuchungen beruhen mit geringen Modifikationen auf diesem Behandlungspfad. Die Details der prä-, intraund postoperativen Therapie von Patienten, die sich einer elektiven Kolonresektion unterziehen müssen, sind in den Tabellen 7.2.1 bis 7.2.3 dargestellt. Erste Ergebnisse der „Fast-track“-Rehabilitation bei elektiven Kolonresektionen wurden im Jahre 1995 publiziert. Im darauffolgenden Jahrzehnt wurden ausschließlich die Ergebnisse einzelner „Fast-track“-Rehabilitationszentren publiziert. Erst seit 2007 liegen Daten aus multizentrischen Untersuchungen zu den Erfahrungen mit der „Fast-track“-Rehabilitation vor. Tabelle 7.2.4 fasst die klinischen relevanten Daten aus 12 unizentrischen Studien und 2 multizentrischen Registern zusammen. Eine gastrointestinale Atonie, welche die Einlage einer Magensonde oder die Ver-
W. Schwenk
74 Tabelle 7.2.2. Intraoperative Maßnahmen der „Fast-track“Rehabilitation bei elektiven Resektionen von Kolonkarzinomen
Tabelle 7.2.3. Postoperative Maßnahmen der „Fast-track“-Rehabilitation bei elektiven Resektionen von Kolonkarzinomen OP-Tag
Chirurgie Temperaturhomöostase
OP-Saal-Temperatur 25 °C
Thromboseprophylaxe
Intermittierende sequentielle Kompression der unteren Extremitäten
Zugangsweg
minimal-invasiv: 5–12 mm Inzisionen konventionell: quere oder bogenförmige Inzision, wenn möglich
Drainage
keine
Anästhesie Diagnostik
Atemfrequenz, SpO², petCO²; Kreislauf: EKG, NIBP-Messung, invasive Blutdruckmessung
Zugänge
peripher-venös 2-mal 16G, fakultativ 1 zentralvenöser Zugang (2-Lumen) via V. jugularis interna (z. B. bei schlechten peripheren Venenverhältnissen)
Temperaturhomöostase
OP-Saal-Temperatur 25 °C; Abdeckung des Patienten mit Decken bis zum Beginn chirurgischer Maßnahmen konvektive Wärmezufuhr (WarmTouch®)
Periduralanalgesie
Punktion Th 8/9, Testdosis Bupivacain 0,5 % 3 ml Initial: Ropivacain 0,75 % (10 ml) und Sufentanil epidural 10 μg (2 ml) in 2 Fraktionen vor und nach Narkoseeinleitung, kontinuierlich: Ropivacain 0,2 % mit Sufentanil 0,5 μg/ml 6–10 ml/h
Einleitung
Fentanyl 0,1–0,2 mg, Thiopental 3–5 mg/ kg KG oder Propofol 2–3 mg/kg KG, Cisatracurium 0,15 mg/kg KG
Aufrechterhaltung
entweder balancierte Anästhesie: Desfluran oder Sevofluran; Fentanyl nach Bedarf (0,1 mg) ohne PDA: Remifentanil kontinuierlich 0,2–0,3 μg/kg KG·min, Metamizol 2 g 20 min vor Ausleitung; Nachrelaxation nach Bedarf mit Cisatracurium oder TIVA: Propofol 6–8 mg/kg KG h; Fentanyl 0,1 mg bei Bedarf; ohne PDA: Remifentanil kontinuierlich 0,2–0,3 μg/kg KG·min; Nachrelaxation nach Bedarf mit Cisatracium
Beatmung
PEEP 5 cm H²O; FiO² 0,8; Pet CO² 35– 45 mmHg
Infusionstherapie
Vollelektrolytlösung 250–500 ml/h; kolloidale Lösung 500–1000 ml
Postoperative Analgesie
20 min vor Ausleitung ASA I–II: Parecoxib 40 mg i. v.; ASA III–IV: Metamizol 2 g i. v.
Ärztliche Visite
klinische Untersuchung, Schmerzen (NRS)
Analgesie
Kontrolle der Periduralanalgesie durch Akutschmerzdienst; Laufrate (Ropivacain 0,2 % und Sufentanil 0,5 μg/ml) 6–8 ml/h, bei nicht ausreichender Analgesie Steigerung bis auf maximal 12 ml/h möglich ASA I–II: Cox-2-Inhibitor alle 12 h oder Metamizol 4-mal 1 g ASA III–IV: Metamizol 4-mal 1 g oral und/oder Paracetamol 3-mal 1 g oral
Infusionen
Restinfusion aus OP
Kost
ab 2 h postoperativ: klare Flüssigkeiten (mindestens 1000 ml), Joghurt, proteinreiche Trinklösung
Mobilisation
5 h postoperativ: einige Schritte aus dem Zimmer laufen und 2 h im Stuhl sitzen bei orthostatischer Dysregulation: erneuter Versuch nach Infusion von 250 ml kolloidaler Lösung
Patientengespräch
Patientenmotivation Rehabilitationsziele festlegen
1. postoperativer Tag Ärztliche Visite
klinische Untersuchung, Schmerzen (NRS)
Analgesie
s. o.
Patientengespräch
Erläuterung Operationsbefund; Rehabilitationsziele festlegen und Patientenmotivation
Infusionen
keine
Kost
Normale Kost, Trinkmenge > 1500 ml
Mobilisation/ Kleidung
4-mal 2 h im Stuhl sitzen; zweimal über den Flur laufen
2. postoperativer Tag bis Entlassungstag Ärztliche Visite
klinische Untersuchung, Schmerzen (NRS)
Analgesie
s. o.; am 2. oder 3. p. o. Tag entfernen
Patientengespräch
Ziele erneut festlegen, Motivation, Planung der Entlassung
Infusionen
keine
Kost
Normale Kost, Trinkmenge > 1500 ml
Kapitel 7.2
„Fast-track“-Rehabilitation
75
Tabelle 7.2.4. Patientenzahlen und Ergebnisse hinsichtlich Entlassung, Komplikations- und Wiederaufnahmerate nach elektiven Kolonresektionen mit „Fast-track“-Rehabilitation in uni- und multizentrischen Studien (Karzinome und benigne Erkrankungen)
Autor, Jahr Patienten
Gastrointesti- 1. Stuhlgang Entlassung lokale Kom- Anastomosen- allgemeine Wiederaufnale Atonie* (postop. Tag) (postop. Tag) plikationen insuffizienz Komplikationen nahmerate
Moiniche 1995
17
0%
2 (0–6)
5 (4–10)
5,8 %
0%
5,8 %
0%
Bardram 1995
8
0%
1 (1–2)
2 (2–3)
0%
0%
0%
0%
Basse 2000
60
k. A.
1 (1–5)
2 (2–62)
10,0 %
3,3 %
1,7 %
15,0 %
Bardram 2000
50
k. A.
1 (1–3)
2 (2–90)
17,9 %
5,1 %
2,6 %
k. A.
Basse 2001
12
k. A.
1 (1–2)
2 (2–5)
16,6 %
0%
0%
k. A.
Basse 2002
14
0%
1 (0–2)
2 (2–4)
14,2 %
0%
7,1 %
14,2 %
Basse 2002
27
14,8 %
2 (1–4)
3 (2–7)
18,5 %
3,7 %
0%
7,4 %
Anderson 2003
14
k. A.
2
3
14,3 %
0%
7,1 %
0%
Stephen 2003
86
8,1 %
k. A.
3,7 + 1,5
7,1 %
0%
14,3 %
0%
Henriksen 2004
20
5,0 %
4,5
k. A.
20,0 %
0%
10,0 %
k. A.
Schwenk 2004
64
5,8 %
2 (1–7)
4 (3–77)
12,3 %
3,2 %
8,2 %
10,7 %
Andersen 2007
408
k. A.
k. A.
2 (1–68)
k. A.
3,4 %
k. A.
20,1 %
133
k. A.
k. A.
3 (2–21)
k. A.
3,0 %
k. A.
11,8 %
Maessen 2007
425
k. A.
k. A.
5 (2–k. A.)
k. A.
4,2 %
k. A.
14 %
Schwenk 2008
1047
5.0 %
2 (0–11)
8 (1–83)
13,7 %
2,8 %
9,1 %
3,9 %
* Reinsertion der Magensonde oder Verlängerung des stationären Aufenthaltes, k. A..: keine Angaben, lap.: laparoskopisch; konvers.: Konversion
längerung des stationären Aufenthaltes erforderlich machte, trat bei 0–15 % der Patienten auf. Der erste Stuhlgang wurde in fast allen Untersuchungen am 1. oder 2. postoperativen Tag beobachtet. Lokal-chirurgische Komplikationen traten bei 0–20 % der Patienten nach „Fast-track“-Rehabilitation auf, die Quote der Anastomoseninsuffizienzen war mit 0–5 % nicht auffällig erhöht. Die Patienten wurden in den meisten Studien durchschnittlich 2 bis 5 Tage nach der Kolonresektion aus der Krankenhausbehandlung entlassen. Allein in der deutschlandweiten multizentrischen
Qualitätssicherungsmaßnahme „Fast-track-Kolon II“ lag der postoperative Tag der Entlassung mit 8 (1–83) Tagen deutlich höher, obwohl prospektiv definierte Entlassungkriterien (Stuhlgang, orale Ernährung ohne Infusionen, unter oraler Analgesie geringe oder keine Schmerzen, Patient würde Entlassung zustimmen) auch von diesen Patienten nach durchschnittlich 5 (1–83) Tagen erreicht worden war. Die Differenz zwischen Entlassungsfähigkeit und dem tatsächlichen Entlassungszeitpunkt basierte unter anderem auch auf den Sanktionsmaßnahmen des deutschen DRG-
76
W. Schwenk Tabelle 7.2.5. Studiendesign vergleichender Studien zur „Fast-track“- oder „traditionellen“ perioperativen Behandlung bei elektiven Kolonresektionen (maligne und benigne Erkrankungen)
Autor, Jahr
Studiendesign
Patienten „Fast-track“
„traditionell“
konsekutive Serien
Follow-up
Anderson 2003
RCT
14
11
Ja
30 Tage
Delaney 2003*
RCT
31
33
unklar
30 Tage
Gatt 2005
RCT
19
20
Ja
30 Tage
Khoo 2005
RCT
35
35
unklar
unklar
Susa 2005
RCT
20
20
unklar
unklar
Basse 2004
NRCT
130
130
Ja
30 Tage
Raue 2004
NRCT
23
29
Ja
unklar
Bradshaw 1998**
NRCT
36
36
Ja
unklar
Charité, 2001–2004°
NRCT
104
108
Ja
30 Tage
RCT: randomisierte, kontrollierte Studie, NRCT: nicht randomisierte Kohortenstudie, * keine PDA, ** keine forcierte Mobilisation, kein früher Kostaufbau, ° bislang nicht publizierte Daten
Systems bei Unterschreitung der unteren Grenzverweildauer. Die Wiederaufnahmerate nach Entlassung aus dem Krankenhaus betrug in den zitierten Studien zwischen 0–20 %. Dabei zeigte sich ein deutlicher Zusammenhang zwischen der postoperativen Krankenhausverweildauer und der Wiederaufnahmerate. Bei Kliniken, in denen die Entlassung durchschnittlich bis zum 3. postoperativen Tag erfolgte, erreichte die Wiederaufnahmerate bis zu 20 %. Andersen et al. stellten 2007 fest, dass die Verlängerung des postoperativen Krankenhausaufenthaltes von 2 auf 3 Tage bei sonst unverändertem Behandlungskonzept die Wiederaufnahmerate von 20 % auf 12 % reduzierte (Andersen et al., 2007). Weiterhin betrug die Häufigkeit der Wiederaufnahmen in Publikationen mit mittlerem postoperativen Entlassungszeitpunkt am 4. oder 5. postoperativen Tag höchstens 10 % . Bei Entlassung nach dem 5. postoperativen Tag sank die Wiederaufnahmerate sogar auf unter 5 %. In Tabelle 7.2.5 sind Studiendesign, Fallzahl und Follow-up der klinischen Studien dargestellt, welche die „Fast-track“-Rehabilitation bei elektiven Kolonresektionen mit der „traditionellen“ Therapie verglichen. Die eigene, bislang nicht publizierte Metaanalyse dieser Daten zeigte in den randomisierten, kontrollierten Studien (RCT) keine Veränderung des relativen Risikos, unter „Fast-track“-Rehabilitation im Vergleich zur „traditionellen“ Therapie eine lokale Komplikation zu erleiden [RR: 0,75 (95 % Konfidenzintervall: 0,37;
1,51); p = 0,42]. Allerdings war das Risiko einer lokalen Komplikation unter „Fast-track“-Rehabilitation in den nicht-randomisierten Kohortenstudien (NRCT) und in der Zusammenfassung aller Studien mit 0,55 (0,37; 0,83) bzw. 0,59 (0,42; 0,84) signifikant geringer als unter traditioneller Behandlung. Dabei ist jedoch wichtig zu beachten, dass in den beiden größten NRCT die Chirurgen der „Fast-track“- und der „traditionellen“ Gruppe nicht identisch waren. Das verminderte Risiko einer lokalen Komplikation unter „Fast-track“-Rehabilitation könnte also auch Ausdruck der lokalen Komplikationsquoten verschiedener Chirurgen sein. Der wesentliche Effekt der „Fast-track“-Rehabilitation, nämlich die Reduktion allgemeiner postoperativer Komplikationen, konnte sowohl in der Analyse der RCT [RR: 0,28 (0,11; 0,77), p = 0,01] als auch in der Zusammenfassung der NRCT [RR: 0,25 (0,16; 0,39), p < 0,001] und in der Gesamtanalyse aller Studien [RR: 0,26 (0,17; 0,38), p < 0,001] nachgewiesen werden. Die Quote allgemeiner Komplikationen wurde in den RCT von 16,5 % auf 4,7 % vermindert und in den NRCT sogar von 29,4 % auf 7,5 % gesenkt. Die absolute Risikoreduktion betrug also zwischen 11,8 und 21,9 %, sodass nur 5–9 Patienten „Fast-track“-rehabilitiert werden mussten, um im Vergleich zur traditionellen Behandlung eine allgemeine Komplikation zu vermeiden („Number needed to treat“, NNT: 4,6–8,5). Im Gegensatz zu den Befürchtungen „traditioneller“ Chirurgen führte die postoperative Krankenhausver-
Kapitel 7.2
„Fast-track“-Rehabilitation
77
Tabelle 7.2.6. Klinische Ergebnisse der „Fast-track“-Rehabilitation bei Rektumresektionen bei Karzinom Morbidität lokal
allgemein
Postoperativer Krankenhausaufenthalt
konventionell
9,7 %
0%
3 (2–11)
Hartmann-Rekon.
konventionell
7,4 %
0%
3 (2–7)
58
komplexe, kolorektale OP
konventionell
6,9 %
14,0 %
4
16
Rektumresektion
laparoskopisch
6%
13 %
9,1 ± 4,4
Autor, Jahr
n
Indikation
OP-Technik
Basse 2002
31
Rektumprolaps
Basse 2002
27
Delaney 2001 Spatz 2006 Schwenk 2006
Rektumresektion 27
+ PME
lap./konv.
18 %
19 %
5 (3–47)
29
+ TME
lap./konv.
34 %
24 %
10 (5–42)
14
APR
lap./konv.
29 %
0%
9 (5–50)
70
Gesamt
lap./konv.
13 %
17 %
8 (3–50)
Hartmann-Rekon.: Kontinuitätswiederherstellung nach Hartmann-Diskontinuitätsresektion, PME: partielle mesorektale Exzision, TME: totale mesorektale Exzision, APR: abdominoperineale Rektumexstirpation
weildauer in der „Fast-track“-Population nicht zu einer Veränderung der Wiederaufnahmequote. Das relative Risiko einer stationären Wiederaufnahme nach Entlassung war in RCT und NRCT unabhängig von der Art der perioperativen Behandlung [RR: 0,42 (0,14; 1,27); p = 0,12 bzw. RR: 1,19 (0,75; 1,88); p = 0,45]. Zusammenfassend zeigen die Daten, dass die „Fasttrack“-Rehabilitation bei elektiven Kolonresektionen gut und sicher eingesetzt werden kann. Zudem wird durch die „Fast-track“-Rehabilitation die Quote allgemeiner postoperativer Komplikationen um 50 % gesenkt und die postoperative Krankenhausverweildauer bei identischer Wiederaufnahmequote um mindestens 40 % vermindert.
3.2. „Fast-track“-Rehabilitation bei anderen onkologischen Eingriffen Die „Fast-track“-Rehabilitation wurde bei anderen onkologischen Operationen bislang wesentlich seltener untersucht als bei elektiven Resektionen von Kolonkarzinomen. Prinzipiell kann der perioperative Behandlungspfad der elektiven „Fast-track“-Kolonresektion mit geringen Modifikationen auch bei Rektumresektionen angewendet werden. Publikationen zu „Fasttrack“-Rektumresektionen (Tabelle 7.2.6) zeigen, dass die „Fast-track“-Rehabilitation bei Rektumresektionen möglich ist und dass die lokale Komplikationsquote
im Vergleich zur Literatur nicht wesentlich erhöht zu sein scheint. Die deutlich größere Inzidenz allgemeiner Komplikationen nach „Fast-track“-Rektumresektionen (18 %) im Vergleich zu „Fast-track“-Kolonresektionen (< 10 %) ist ein Hinweis auf die größere Invasivität dieses Eingriffs und die daraus resultierende Homöostasestörung. Darüber hinaus gestalten spezifische Faktoren, wie das Vorhandensein eines protektiven Stomas bei tiefer anteriorer Rektumresektion mit totaler mesorektaler Exzision oder die perineale Wunde bei Rektumexstirpation, den postoperativen Verlauf nach Rektumresektionen deutlich komplexer als nach Kolonresektionen. Für große onkologische Operationen, wie die abdominothorakale oder transhiatale Ösophagusresektion, liegen zur „Fast-track“-Rehabilitation bislang nur Fallserien mit weniger als 100 Patienten vor. Dies ist besonders bedauerlich, da die allgemeine Komplikationsquote nach diesen Operationen mit einer Inzidenz von 40–50 % sehr hoch ist, allein pulmonale Komlikationen bei 20–40% der Patienten beobachtet werden und auch heute noch etwa 5–10 % der Patienten aufgrund einer postoperativen respiratorischen Insuffizienz reintubiert und prolongiert beatmet werden müssen. Tabelle 7.2.7 zeigt die wesentlichen Daten von 3 Serien mit 29 bis 90 konsekutiven Ösophagusresektionen unter „Fast-track“-Rehabilitation. Gemeinsam ist allen drei Serien die auffallend geringe Inzidenz allgemeiner Komplikationen und die
78
W. Schwenk Tabelle 7.2.7. Klinische Ergebnisse der „Fast-track“-Rehabilitation bei der Resektion von Ösophaguskarzinomen
Autor, Jahr
n
ITS-Aufenthalt
Morbidität
Mortalität
Postoperativer Krankenhausaufenthalt
Neal 2003
56
1 (1–10) Tag
18 %
0%
10 (7–30) Tage
Jensen 2004
29
1 Tag
59 %
6,9 %
7 (6–53) Tage
Cerfolio 2004
90
1 Tag*
26,6 %
4,4 %
7 Tage
ITS: Intensivstation, k.A.: keine Angaben, * 47% keine postoperative Intensivtherapie erforderlich
erstaunlich niedrige postoperative Krankenhausverweildauer. Noch geringer als in der Ösophaguschirurgie sind die Erfahrungen mit der „Fast-track“-Rehabilitation bei der Resektion von Bronchialkarzinomen. Unter dem Titel „Eintägiger Krankenhausaufenthalt bei pulmonalen Lobektomien“ als zufälliges Ergebnis eines klinischen Behandlungspfades berichteten Tovar et al. bereits 1998 detailliert über 10 konsekutive Lobektomien oder Bilobektomien (weitere 19 Fälle werden im Anhang der Arbeit erwähnt). Sie kombinierten bei diesen Patienten eine muskelschonende Minithorakotomie mit intraoperativer Kryoanalgesie der Interkostalnerven, forcierter Mobilisation am Operationstag und der Vermeidung systemischer Opioidanalgetika. In 23 der 29 Fälle war die Entlassung aus der stationären Behandlung bereits am 1. postoperativen Tag möglich gewesen, 4 Patienten wurden am 2. und jeweils ein Patient am 3. und 4. postoperativen Tag entlassen (Tovar et al., 1998). Gregor, Rückert und Mitarbeiter „fast-track“-rehabilitierten von März bis Oktober 2005 50 konsekutive Patienten mit Lungenresektionen im Alter von 64 (22–78) Jahren. Wesentliche Bestandteile dieses „Fast-track“-Rehabilitationspfades waren die thorakale Periduralanalgesie mit Lokalanästhestika/Opiat-Gemisch oder intraoperative Kryoanalgesie, schonende Zugangswege, forcierte Mobilisation noch am Operationstag und frühzeitige Entfernung der Pleuradrainagen. Lokale Komplikationen traten bei 18% der Patienten auf, dabei handelte es sich um persistierende Lungenparenchymfisteln (n = 4), Pleuraerguss (n = 1) oder ipsilaterale Pneumonie (n = 1). Allgemeine Komplikationen wurden nicht beobachtet und die Entlassung der Patienten konnte im Mittel am 4. postoperativen Tag erfolgen. Ein spät auftretendes Hautemphysem, ein Pleuraempyem und eine pulmonale Panikstörung führten zur stationären Wiederaufnahme von 3 Patienten (6 %) (Gregor 2007 zur Publikation eingereicht).
4. Zusammenfassung Die „Fast-track“-Rehabilitation vereint die aktuellen Erkenntnisse klinischer Studien mit hoher Beweiskraft zu einem patientenzentrierten, prozedurenspezifischen, multimodalen und interdisziplinären perioperativen klinischen Behandlungspfad. Eckpfeiler der „Fast-track“-Rehabilitation sind die Reduktion der posttraumatischen Stressreaktion, möglichst geringe Beeinträchtigung der Homöostase und rasche Wiederherstellung der Patientenautonomie unter optimaler Analgesie, forcierter Mobilisation und rascher oraler Ernährung. Die „Fast-track“-Rehabilitation erhöht bei kleineren Eingriffen den Komfort der Patienten durch optimale Schmerztherapie und Erhalt der Autonomie. Bei mittelgroßen Operationen, wie zum Beispiel der onkologisch adäquat durchgeführten Resektion eines Kolon- oder Rektumkarzinoms erhält die „Fast-track“Rehabilitation perioperativ die Homöostase aufrecht, reduziert die posttraumatische Stressreaktion und vermeidet somit Organdysfunktionen und allgemeine postoperative Komplikationen. Bei den großen Eingriffen der onkologischen Chirurgie, wie Ösophagus-, Magen oder Pankreasresektionen, wurden „Fast-track“Behandlungspfade bislang nur in kleinen, nicht-kontrollierten Fallserien eingesetzt, wobei insbesondere die vorliegenden Ergebnisse der Ösophagusresektionen mit erstaunlich guten und daher dringend überprüfungsbedürftigen Ergebnissen einhergingen. Generell wird die „Fast-track“-Rehabilitation in der onkologischen Chirurgie heute nur bei elektiven Resektionen von Kolonkarzinomen in interessierten Kliniken als sinnvolle perioperative Standardtherapie durchgeführt. Bei allen großen onkologischen Eingriffen sollten zunächst sinnvolle und evidenzbasierte Handlungsanweisungen für „Fast-track“-Behandlungspfade schriftlich formuliert werden, um diese dann in klinischen Studien mit hoher methodologischer Qualität kritisch zu überprüfen. Die optimale chirurgische Technik erzielt bei zahl-
Kapitel 7.2
„Fast-track“-Rehabilitation
reichen Tumorerkrankungen nur im Kontext interdisziplinärer, multimodaler Behandlungskonzepte optimale Langzeitergebnisse. Ebenso wird eine perfektionierte Operationstechnik nur dann die bestmöglichen kurzfristigen postoperativen Ergebnissen erzielen, wenn sie in einen interdisziplinären, multimodalen und evidenzbasierten Behandlungspfad eingebunden ist.
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6. Links www.charite.de/ch/chir/chir/ch_fast.htm Informationen für Patienten zum Thema „Fast-track“Rehabilitation
ALLGEMEINER TEIL
Kapitel 8
Schilddrüsen- und Nebenschilddrüsenkarzinom H. G. Hotz, P. Sungler und H. J. Buhr
1. Einleitung Bei den epithelialen, d. h. von den Follikelzellen abgeleiteten Schilddrüsenkarzinomen unterscheidet man die drei Kategorien der papillären (PTC), follikulären (FTC) und anaplastischen (ATC) Karzinome (Abb. 8.1). Die papillären sowie die follikulären Karzinome, einschließlich des oxyphilen (Hürthle-Zell-)Typs, werden als differenzierte Schilddrüsenkarzinome (DTC) zusammengefasst. Obwohl die UICC/AJCC in ihrer TNMKlassifikation (Sobin und Wittekind, 2002) und die Mehrzahl der Studien PTC und FTC als eine Entität mit identischer chirurgischer Therapie betrachten, gibt es Unterschiede zwischen diesen Karzinomen in endemischen Strumaregionen: PTC-Patienten haben dort eine signifikant bessere Prognose als solche mit einem FTC (Passler et al., 2004). Das maligne Potenzial der Schilddrüsenkarzinome zeigt eine große Variabilität und reicht vom meist „benignen“ Verhalten papillärer Mikrokarzinome bis hin zum nahezu immer letalen Verlauf bei undifferenzierten oder anaplastischen Karzinomen. Das medulläre Schilddrüsenkarzinom (MTC) (Abb. 8.2) geht als weitere maligne Erkrankung der Schilddrüse von den parafollikulären C-Zellen aus; es tritt entweder sporadisch (75 %) oder hereditär (25 %) auf. Der autosomal-dominant vererbte hereditäre Typ (HMTC) kann sich klinisch als alleiniges familiäres MTC manifestieren, oder aber als Teil der multiplen endokrinen Neoplasie-Syndrome (MEN: 2A = MTC, Hyperparathyreoidismus, Phäochromozytom; 2B = MTC, Phäochromozytome, intestinale Ganglioneuromatose, mukosale Neurome, marfanoider Aspekt). Karzinome der Nebenschilddrüse (NSD) sind selten und für weniger als 3 % aller HyperparathyreoidismusFälle verantwortlich. Die Mehrzahl der Fälle tritt im 5. und 6. Lebensjahrzehnt auf, einzelne Fälle wurden aber auch bei Kindern beschrieben. Auch wenn Einzelfälle von normokalzämischen Patienten beschrieben wurden, so besteht typischerweise ein deutlich erhöhter Serumkalziumspiegel (> 3,88 mmol/l in 70 % der Pa-
a
b
c Abb. 8.1. Histologie der epithelialen Schilddrüsenkarzinome: a) Papilläres Schilddrüsenkarzinom, b) follikuläres Schilddrüsenkarzinom, c) anaplastisches Schilddrüsenkarzinom
84
H. G. Hotz, P. Sungler und H. J. Buhr
2.1. Klinische und laborchemische Diagnostik
a
b Abb. 8.2. Medulläres Schilddrüsenkarzinom
tienten), der bis zur hyperkalzämischen Krise führen kann (Thompson et al., 2004). Darüberhinaus ist der Parathormonspiegel oft auf das zwei- bis mehrfache der Norm erhöht. Für das Vorliegen eines NSD-Karzinoms sprechen weiterhin ausgeprägte metabolische Manifestationen wie Knochenveränderungen, Nephrolithiasis und Depressionen, tastbare Raumforderungen sowie Schwierigkeiten bei der chirurgischen Resektion einer NSD. Metastasen in Halslymphknoten, Mediastinum, Lunge, Leber und Knochen treten relativ spät in etwa einem Drittel der Fälle auf. Todesursache bei NSD-Karzinom-Patienten ist weniger der Tumorprogress, als vielmehr metabolische Komplikationen.
2. Diagnostik Die Problematik einer rationalen Diagnostik von Schilddrüsenkarzinomen besteht darin, aus der großen Menge der häufigen Schilddrüsenknoten (20–30 % der Erwachsenen) die seltenen bösartigen Manifestationen (> 0,1–5 % aller Knoten) zu identifizieren.
Am Anfang der Diagnostik von knotigen Schilddrüsenveränderungen stehen Anamneseerhebung und klinische Untersuchung, um Hinweise auf ein möglicherweise malignes Wachstum zu erfassen (vorausgegangene Bestrahlung der Kopf-/Halsregion, schnelle Progression, positive Familienanamnese, männliches Geschlecht, Alter < 20 und > 60 Jahre, fehlende Schluckverschieblichkeit, plötzliche Heiserkeit, tastbare Halslymphknoten oder Fernmetastasen). Zum Screening der Funktionslage ist der Serum-TSHSpiegel ausreichend. Nur bei TSH-Werten außerhalb des Referenzbereiches ist die Bestimmung der freien Schilddrüsenhormone fT4 und fT3 erforderlich. Die Bestimmung des Thyreoglobulins ist nicht geeignet, zwischen gut- und bösartigen Knotenbefunden zu unterscheiden, und daher in der Primärdiagnostik nicht sinnvoll. Erhöhte basale und pentagastrinstimulierte KalzitoninSpiegel können ein erster Hinweis auf ein sporadisches MTC darstellen, das klinisch noch inapparent sein kann. Die Mehrzahl dieser durch ein biochemisches Screening entdeckten Tumoren ist noch in einem frühen und damit potenziell kurablen Stadium. Daher sollten alle Patienten vor geplanter Strumaoperation ein Kalzitonin-Screening erhalten (Karges et al., 2004). Jeder MTC-Patient muss durch einen Bluttest für Mutationen im RET-Protoonkogen (Chromosom 10) auf das Vorliegen der hereditären Variante gescreent werden, da jeder „sporadische“ Fall der Index-Patient einer betroffenen Familie sein könnte. Alle MTC-Patienten müssen darüber hinaus vor einem operativen Eingriff an der Schilddrüse bezüglich eines Phäochromozytoms sowie eines primären Hyperparathyreoidismus abgeklärt werden.
2.2. Bildgebende und invasive Diagnostik Die routinemäßige Ultraschalluntersuchung von knotigen Schilddrüsenveränderungen ist zumindest im anglo-amerikanischen Sprachraum in ihrer Wertigkeit umstritten. Echoarmut und unscharfe Knotenbegrenzung können zwar auf ein Malignom hinweisen, sind aber wenig spezifisch: Die große Mehrzahl der echoarmen Knoten ist benigne. Dennoch bietet die Sonographie eine einfache und ubiquitär verfügbare Möglichkeit zur Bestimmung von Knotengröße, -zahl sowie -morphologie und erlaubt darüber hinaus die Beurteilung der thyreoidalen Nachbarschaft (Lymphknoten). Einen zusätzlichen Anhalt kann die Szintigraphie
Kapitel 8
Schilddrüsen- und Nebenschilddrüsenkarzinom
Tabelle 8.1.a. TNM-Klassifikation von Schilddrüsenkarzinomen (nach UICC/AJCC 2002)
T1
Tumor 2 cm in größter Ausdehnung, auf SD begrenzt
T2
Tumor > 2 cm 4 cm in größter Ausdehnung, auf SD begrenzt
T3
Tumor > 4 cm in größter Ausdehnung, auf SD begrenzt, oder Tumor mit minimaler extrathyreoidaler Ausbreitung (d. h. Ausbreitung in M. sternohyoideus oder perithyreoidales Weichgewebe)
T4
N1
M1
T4a: Tumor mit Ausbreitung jenseits der SD-Kapsel und Invasion einer oder mehrerer der folgenden Strukturen: subkutanes Weichgewebe, Larynx, Trachea, Ösophagus, N. recurrens T4b: Tumor infiltriert prävertebrale Faszie, mediastinale Gefäße oder umschließt die A. carotis T4a1 (nur undifferenziertes Karzinom): Tumor (unabhängig von der Größe) auf SD beschränkt2 T4b1 (nur undifferenziertes Karzinom): Tumor (unabhängig von der Größe) mit Ausbreitung jenseits der Schilddrüsenkapsel3 Regionäre Lymphknotenmetastasen N1a: Metastasen in Lymphknoten des Level VI (präund paratracheal, eingeschlossen prälaryngeale und Delphi-Lymphknoten) N1b: Metastasen in anderen uni- oder bilateralen oder kontralateralen zervikalen oder oberen mediastinalen Lymphknoten
85 Tabelle 8.1.b. Stadiengruppierung von Schilddrüsenkarzinomen (nach UICC/AJCC 2002) Papillär oder follikulär < 45 Jahre Stadium I
Jedes T
Jedes N
M0
Stadium II
Jedes T
Jedes N
M1
Stadium III
–
–
–
Stadium IV
–
–
–
Papillär oder follikulär > 45 Jahre und medullär Stadium I
T1
N0
M0
Stadium II
T2
N0
M0
Stadium III
T3 T1, T2, T3
N0 N1a
M0 M0
T1, T2, T3 T4a T4b Jedes T
N1b N0, N1 Jedes N Jedes N
M0 M0 M0 M1
Stadium IVa Stadium IVb Stadium IVc
Undifferenziert (alle Fälle Stadium IV) Stadium IVa Stadium IVb Stadium IVc
T4a T4b Jedes T
Jedes N Jedes N Jedes N
M0 M0 M1
tologie bei multinodösen Strumen sowie beim Vorliegen einer follikulären Neoplasie eingeschränkt.
Fernmetastasen
SD: Schilddrüse Anmerkungen: Multifokale Tumoren, unabhängig von der Histologie, sollten mit (m) gekennzeichnet werden; die höchste T-Kategorie bestimmt die Klassifikation. 1 Alle undifferenzierten/anaplastischen Karzinome werden als T4 klassifiziert. 2 Intrathyreoidale undifferenzierte Karzinome: chirurgisch als resektabel beurteilte Karzinome 3 Extrathyreoidale undifferenzierte Karzinome: chirurgisch als nicht resektabel beurteilte Karzinome
erbringen, doch liegt der prädiktive Wert des kalten Knotens als ihr „malignomtypischer“ Befund unter 10 %. Prinzipiell bietet die Feinnadelpunktionszytologie die bei weitem höchste Spezifität zur präoperativen Dignitätsbeurteilung von Schilddrüsenknoten, doch ist ihre Aussagekraft stark von der Erfahrung des Punkteurs, der Aufarbeitung der Proben sowie der Qualität der zytopathologischen Beurteilung abhängig. Von vornherein ist die Aussagekraft der Feinnadelpunktionszy-
2.3. TNM-Klassifikation Da es keine prospektiv-randomisierten oder kontrollierten Studien über das Ausmaß der Chirurgie, die postoperative Radiojod-Therapie und TSH-Suppression gibt, wird die optimale Therapie für Patienten mit DTC weiter kontrovers beurteilt. Die Diskussion erhielt durch die 6. Auflage der TNM-Klassifikation maligner Tumoren (Sobin und Wittekind, 2002) neue Nahrung, da die eingeführten Veränderungen einen Vergleich mit der 5. Auflage nicht zulassen. Insbesondere sind die Subklassifizierungen T1/pT1 und T3/pT3 zweideutig, da T1 a/b bzw. pT1a/b mit der Definition von Uni- und Multizentrizität der 5. Auflage kollidieren. Daher wurde auf einem Treffen von führenden Pathologen, Endokrinologen und Chirurgen mit dem Editor der neuen Klassifikation 2002 in Leipzig beschlossen, trotz der damit verbundenen zusätzlichen Arbeitsbelastung beide Auflagen parallel zu benutzen. Tabelle 8.1 zeigt die aktuelle TNM-Klassifikation und Stadieneinteilung.
86
H. G. Hotz, P. Sungler und H. J. Buhr
3. Präoperative Vorbereitung Wird aufgrund des Verdachtes oder bei gesichertem Schilddrüsenkarzinom die Operationsindikation gestellt, so muss aus forensischen Gründen präoperativ eine HNO-ärztliche Kontrolle der Stimmlippenfunktion sowie eine Kalziumbestimmung erfolgen. Eine Röntgenthoraxaufnahme in zwei Ebenen ist aufgrund der potenziellen Fernmetastasierung zu empfehlen.
4. Operative Strategie In einem Strumaendemiegebiet wie Deutschland und Österreich muss aufgrund der großen Zahl von Patienten mit multinodösen Schilddrüsenveränderungen damit gerechnet werden, dass sich insbesondere differenzierte Schilddrüsenknoten nicht als „klassische“ verdächtige Knoten darstellen, sondern neben anderen knotigen Veränderungen verborgen sind und von diesen durch keine diagnostische Modalität differenziert werden können. Daraus resultiert, dass eine großzügige Operationsindikation als sicherste Prävention und Frühbehandlung von Schilddrüsenkarzinomen zu betrachten ist.
4.1. Chirurgische Therapie der differenzierten Schilddrüsenkarzinome Für die Wahl der richtigen chirurgischen Strategie sind folgende Punkte zu berücksichtigen: • Der chirurgische Eingriff ist die tragende Säule in der multidisziplinären Therapie der DTC. • Etwa 50 % der DTC werden erst postoperativ in einer vermeintlich benignen Struma diagnostiziert. • Die Morbidität des chirurgischen Eingriffs im Hinblick auf eine Recurrensläsion und einen Hypoparathyreoidismus steigt bei Re-Operationen, insbesondere bei Komplettierungseingriffen in voroperierten Bereichen. Das „adäquate“ Ausmaß der Resektion bei kalten Schilddrüsenknoten sowie bei prä- und intraoperativ gesicherten DTC wird nach wie vor diskutiert (Udelsman et al., 2005). Unseres Erachtens sollte immer dann eine Hemithyreoidektomie mit ipsilateraler Lymphadenektomie der betroffenen Seite erfolgen, wenn die Zytologie der Feinnadelpunktion den Verdacht auf ein DTC ergibt oder eine follikuläre Neoplasie [einschließlich oxyphiler (Hürthle-) Zellen] beschreibt. Die Hemithyreoidektomie mit ipsilateraler zentraler Lymphkno-
tendissektion vermeidet schwierige und gefährliche ipsilaterale Komplettierungs-Lobektomien/-Lymphadenektomien, falls sich Malignität im definitiven histologischen Befund bestätigt. In diesem Fall sollte eine Komplettierungsoperation (kontralaterale Restthyreoidektomie mit zentraler Lymphadenektomie) innerhalb von 3 Tagen nach der Primäroperation erfolgen, da dann noch keine stärkeren Verklebungen/Verwachsungen des Situs vorliegen. Voraussetzung für dieses Vorgehen ist die schnelle Verfügbarkeit einer definitiven histologischen Befundung als sog. „Eilschnitt“. Eine intraoperative (Gefrier-) Schnellschnittdiagnose kann bereits bei der Primäroperation die Diagnose sichern, ist allerdings mit zwei Problemen behaftet: Zum einen ist sie bei FTC und Hürthle-Zell-Neoplasien bei fehlender Gefäß- und Kapselinvasion nicht aussagekräftig, zum anderen sind Gefrierschnellschnitte nicht überall verfügbar. Ist die definitive Histologie nicht in diesem Zeitraum zu erhalten, so sollte die Komplettierungsoperation erst nach 2 bis 3 Monaten erfolgen. Eine einzeitige komplette Thyreoidektomie mit bilateraler zentraler Lymphknotendissektion wird dann durchgeführt, wenn die Diagnose DTC bereits prä- oder intraoperativ gestellt werden kann. Die einzige Ausnahme vom Konzept der kompletten Thyreoidektomie und zentralen Lymphknotendissektion beim DTC bildet unseres Erachtens das unifokale papilläre Mikrokarzinom (< 10 mm Durchmesser), dessen exzellente Prognose keine Komplettierungsoperation erforderlich macht. Insbesondere im anglo-amerikanischen Sprachraum wird von einigen Autoren ein weniger radikales Vorgehen propagiert, da einige retrospektive Studien keinen signifikanten Überlebensvorteil nach kompletter Thyreoidektomie im Vergleich zur Near-total-Resektion zeigen konnten (Cady, 1998). Möglicherweise sind die Patientenkollektive in Europa einerseits und den USA/Australien andererseits jedoch bezüglich Risikoprofil und Prognose unterschiedlich: Passler et al. (2003) konnten zeigen, dass in Europa der Prozentsatz von Patienten in den Hochrisiko-Gruppen höher und die Prognose innerhalb der Risikogruppen schlechter ist als in vergleichbaren amerikanischen und australischen Kollektiven. Dementsprechend bleiben wir bei der Empfehlung einer kompletten Thyreoidektomie für DTC, die außerdem eine postoperative Anwendung von Radiojod zur Ablation von residuellem Karzinomgewebe oder zur Identifizierung und Behandlung von Fernmetastasen erlaubt. Darüberhinaus stellt das Thyreoglobulin nach radikaler Chirurgie einen sensitiveren Marker für verbliebenes Tumorgewebe bzw. ein Rezidiv dar.
Kapitel 8
Schilddrüsen- und Nebenschilddrüsenkarzinom
Unter einer adäquaten Lymphknotendissektion wird prinzipiell eine systematische Lymphadenektomie des jeweiligen Kompartments mit Entfernung des gesamten Lymph- und Bindegewebes verstanden, kein selektives „Berry-Picking“. Einigkeit besteht im deutschen Sprachraum über die bilaterale Ausräumung des zentralen Kompartments beim DTC. Kontrovers wird die Notwendigkeit einer lateralen Lymphknotendissektion beim DTC beurteilt: Die deutschen Leitlinien sehen eine laterale Ausräumung auf der tumorsuspekten Halsseite nur dann vor, wenn vergrößerte und damit verdächtige Lymphknoten vorliegen; von einigen Autoren wird eine prophylaktische laterale Ausräumung für pT3- und pT4-Karzinome auf der Seite des Tumors empfohlen. Die österreichische Gesellschaft für chirurgische Onkologie (Sungler et al., 2006) hat eine Empfehlung herausgegeben, bei prä- oder intraoperativ gesicherten DTC eine sog. diagnostische laterale Lymphknotendissektion durchzuführen, bei der ohne Schnitterweiterung Lymphknoten lateral der Jugularvene sowie kranial und kaudal des M. omohyoideus exstirpiert werden.
4.2. Chirurgische Therapie der anaplastischen Schilddrüsenkarzinome Aufgrund der Jodsubstitution ist das ATC in Österreich eine seltene Erkrankung geworden. Auch in Deutschland ist die Inzidenz rückläufig (4 % aller Schilddrüsenkarzinome), was ebenfalls mit einer verbesserten Jodversorgung in Zusammenhang gebracht wird. Eine chirurgische Resektion sollte schon zur Vermeidung einer Verlegung der Atemwege immer versucht werden, ist bei den schnell und infiltrativ wachsenden Tumoren jedoch nur selten möglich. Eine definitive histologische Sicherung sollte hingegen angestrebt werden, um seltene und anders zu therapierende Differentialdiagnosen wie Lymphome auszuschließen.
4.3. Chirurgische Therapie der medullären Schilddrüsenkarzinome Für das MTC ist multizentrisches Wachstum sowie eine frühe lymphogene Metastasierung charakteristisch (Abb. 8.3). Patienten mit gesicherten sporadischen oder hereditären MTC sollten daher einer kompletten Thyreoidektomie mit systematischer Ausräumung des zentralen Kompartments beidseits unterzogen werden. Umstritten ist hingegen die Durchführung einer lateralen Halsausräumung beidseits im Rahmen des Pri-
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Abb. 8.3. Medulläres Schilddrüsenkarzinom, Operationspräparat, pT2a
märeingriffs: Während einige Autoren diese als obligat propagieren, lymphadenektomieren andere lateral nur bei klinisch suspekten Lymphknoten, warten das postoperative Kalzitonin-Screening ab und räumen die lateralen Kompartimente sequentiell nur dann aus, wenn bei persistierend erhöhten Kalzitoninspiegeln Anhalt für im Organismus verbliebene Tumormasse besteht. Besteht der Verdacht auf eine Metastasierung im oberen Mediastinum bzw. nach kompletter Halsausräumung ein persistierend erhöhter Calcitoninspiegel, so sollte eine Sternotomie mit systematischer mediastinaler Lymphknotendissektion in Betracht gezogen werden. In diesem Stadium der Erkrankung kann allerdings in der Regel keine (biochemische) Heilung mehr erreicht werden. Bei der Mehrzahl der Patienten mit sporadischen MTC liegt bereits eine Tumorgröße von mehr als 10 mm vor, was eine Mitbeteiligung von ipsi- oder bilateralen Lymphknoten wahrscheinlicher macht. Dies unterstreicht die Bedeutung eines „Kalzitonin-Screenings“ bei allen nodulären Veränderungen in der Schilddrüse, um MTCs möglichst früh in einem noch kurablen Stadium zu diagnostizieren. Die genetische Diagnostik hat für Betroffene der hereditären MTCs die Möglichkeit der prophylaktischen Thyreoidektomie eröffnet. Diese sollte definitionsgemäß vor dem Auftreten der malignen Progression und der Entwicklung von Lymphknotenmetastasen erfolgen, um eine definitive Heilung zu ermöglichen. Prophylaktische chirurgische Interventionen bei hereditären MTCs sollten in Zentren mit Erfahrung in der Schilddrüsenchirurgie durchgeführt werden, um das Risiko für Recurrensparesen und postoperativen Hypoparathyreoidismus – insbesondere bei Patienten im Kindesalter – zu minimieren. Zeitpunkt und Ausmaß
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der prophylaktischen Chirurgie beim hereditären MTC unterliegen einem fortlaufenden Diskussionsprozess, nachdem sich gezeigt hat, dass die verschiedenen Mutationen im RET-Protoonkogen zur Ausbildung unterschiedlich aggressiver Phänotypen führen. Ein Konsensus-Papier (Machens et al., 2003) empfiehlt für Patienten mit RET-Mutationen in den Codons 609, 611, 618, 620, 630 und 634 eine prophylaktische Operation vor dem 5. Lebensjahr. Es gibt keinen Konsens für Patienten mit „Low-Risk“-Mutationen (Codons 768, 790, 791, 804, 891) bezüglich des Operationszeitpunktes: radikaler Eingriff bis zum 5. Lebensjahr, oder, abhängig vom Pentagastrintest, ein abwartendes Vorgehen bis zum 20. Lebensjahr. In diesem Zusammenhang muss allerdings wiederholt werden, dass es in Einzelfällen bei der pentagastrinstimulierten Kalzitonin-Bestimmung zu falsch-negativen Werten kommen kann. Bei allen prophylaktischen Operationen sollte eine komplette Thyreoidektomie mit zentraler Lymphknotendissektion durchgeführt werden, da bereits zentrale Lymphknotenmetastasen im Kindesalter beschrieben worden sind. Kinder mit der besonders aggressiven Form bei MEN 2B sollten sofort nach Diagnosestellung zusätzlich eine bilaterale Halsausräumung erhalten. Wird bei MEN-Patienten präoperativ ein uni- oder bilaterales Phäochromozytom gefunden, müssen vor der Schilddrüsenoperation die adrenalen Tumoren entfernt werden. Patienten mit hereditärem MTC haben aufgrund einer in der Regel früheren Diagnosestellung eine bessere Prognose als Betroffene mit sporadischen Karzinomen. Die schlechteste Prognose findet sich im Kollektiv der MEN-2B Kranken mit einer 5-JahresÜberlebensrate von etwa 35 %.
4.4. Operative Therapie bei Nebenschilddrüsenkarzinom Die genannten klinischen Symptome, Laborparameter und die übliche apparative Nebenschilddrüsendiagnostik (Ultraschall, Technetium-Sestamibi-Szintigraphie) können zwar Hinweise auf das Vorliegen eines Karzinoms geben, bieten jedoch keine klare Abgrenzung zu benignen Befunden. Dementsprechend wird die Mehrzahl der Karzinom-Patienten unter der Annahme einer benignen Erkrankung operiert werden. Umso wichtiger ist es, intraoperativ auf Malignitätszeichen achten: In diesem Fall sollte eine En-bloc-Resektion mit ipsilateraler (zentraler) Lymphadenektomie und Hemithyreoidektomie durchgeführt werden. Weiterhin sollten alle vier Nebenschilddrüsen exploriert werden, da weitere Adenome oder eine Hyperplasie mit dem Karzinom
einhergehen können. Eine intraoperative Biopsie wird wegen der Gefahr der Tumorzellverschleppung nicht empfohlen (Thompson et al., 2004). Aufgrund der schwierigen Abgrenzung zu benignen NSD-Befunden wird bei einem Viertel der Patienten das Karzinom im Rahmen der Erstoperation nicht erkannt (Rawat et al., 2005). Das weitere Vorgehen in diesem Fall ist umstritten: Manche Autoren schlagen aufgrund des niedrigen malignen Potenzials ein abwartendes Vorgehen mit engmaschigen Nachkontrollen vor, während bei ausgeprägter vaskulärer und Kapselinvasion oder persistierender Hyperkalzämie eine Re-Exploration empfohlen wird.
5. Komplikationsmanagement 5.1. Recurrensparese und Neuromonitoring Die Rate an permanenten Recurrensparesen nach Thyreoidektomie mit Nervendarstellung beträgt bei erfahrenen Chirurgen auch ohne zusätzliches intraoperatives Neuromonitoring (IONM) 0,3 % (Steurer et al., 2003) und ist kaum weiter zu senken. Generell sollte die Recurrensparese-Rate bei obligater Nervendarstellung heute weniger als 1 % betragen. Es gibt keine prospektiv randomisierten Studien, die einen Vorteil des zusätzlichen IONM im Vergleich zur alleinigen Nervendarstellung belegen. Die Verlässlichkeit des IONM-Signals, definiert als die Korrelation zwischen intraoperativer Signalinterpretation und postoperativer Stimmlippenfunktion, hat zwar eine Spezifität von bis zu 98 %, andererseits jedoch eine geringe Sensitivität von unter 50 % (Timmermann et al., 2004). Die Diskussion über die Notwendigkeit des IONM für Primäreingriffe an der Schilddrüse ist noch in vollem Gange; potenziell könnte das IONM bei Rezidivoperationen mit entsprechenden Vernarbungen oder für weniger erfahrene Chirurgen von Nutzen sein. Aus forensischer Sicht gibt es derzeit keine Verpflichtung, das IONM als Standard einzuführen. Zur Vermeidung einer thermischen Läsion des N. recurrens sollte bei allen Eingriffen an der Schilddrüse die Elektrokoagulation mittels bipolarer Pinzette erfolgen. Die subtile Präparation mit Lupenbrille kann insbesondere bei Zweiteingriffen die Darstellung des Nerven (Abb. 8.4) erleichtern. Beim Auftreten einer einseitigen Recurrensparese ist eine frühzeitige logopädische Behandlung durchzuführen. Eine beidseitige Recurrensparese kann die Anlage einer Tracheostomie, im weiteren Verlauf eine Laterofixation der Stimmbänder erfordern.
Kapitel 8
Schilddrüsen- und Nebenschilddrüsenkarzinom
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5.2. Hypoparathyreoidismus In erfahrenen Händen beträgt die Rate eines permanenten postoperativen Hypoparathyreoidismus weniger als 2 %. Die Darstellung aller Nebenschilddrüsen auf der operierten Seite bzw. beidseits sollte dokumentiert werden. Zur Erhaltung der zarten Blutversorgung der Nebenschilddrüsen ist eine sorgfältige Präparation erforderlich. Bei zweifelhafter Durchblutung sollte die betroffene Nebenschilddrüse zerkleinert auf 1 mm Kantenlänge in den M. sternocleidomastoideus autotransplantiert werden. Bei Beachtung dieser Grundsätze läßt sich die Rate einer permanent gestörten Nebenschilddrüsenfunktion auf unter 1 % reduzieren. Die Verwendung der bipolaren Elektrokoagulation sowie ggf. einer Lupenbrille können auch hier die Morbidität senken. Ein postoperativer Hypoparathyreoidismus wird mit Kalzium und ggf. Vitamin-D-Metaboliten behandelt; Ziel ist ein Kalzium-Serumspiegel von über 2 mmol/l, um einer späteren Kataraktbildung des Auges vorzubeugen.
a
6. Nachbehandlung und Nachsorgeempfehlung 6.1. Nachbehandlung nach SchilddrüsenKarzinomen: Radiojodtherapie In der Behandlung der DTC folgt der Operation in der Regel eine Radiojodtherapie. Keine Indikation zur Radiojodtherapie stellen das papilläre Mikrokarzinom nach eingeschränkter radikaler Operation sowie das MTC und ATC dar. Bei Gravidität und während der Stillperiode ist eine Radiojodtherapie kontraindiziert. Ziel der Radiojotherapie nach Thyreoidektomie ist neben der Ablation von eventuell noch vorhandenem Restschilddrüsengewebe der Nachweis bzw. Ausschluss sowie die Behandlung von speichernden Lymphknoten und/oder Fernmetastasen. Die vorbereitende Diagnostik (Labor, Radiojodtest) erfolgt 3 bis 4 Wochen postoperativ. Für eine effektive Radiojodbehandlung muss der basale TSH-Spiegel über 30 mU/l liegen, sodass postoperativ eine Hormonsubstitution bzw. die Applikation jodhaltiger Medikamente und Kontrastmittel zu vermeiden ist. Die kurzreichende Betastrahlung von Jod-131 erlaubt es, lokale Dosen von über 500 Gy zu applizieren. Ein Ganzkörperszintigramm, welches frühestens 3, besser 5 bis 7 Tage nach der therapeutischen Jod-131-Gabe durchgeführt werden soll, stellt die spezifischste Methode zum Tumorstaging dar. Zur Beurteilung des Therapieerfolgs einer Radiojodtherapie ist 3 bis 6 Mo-
b Abb. 8.4. Nervus laryngeus recurrens: a) Typischer Operationssitus, pT2a; b) „non recurrent“ nerve
nate nach der Behandlung ein weiteres Szintigramm erforderlich. Die Rezidivprophylaxe besteht bei DTC in der lebenslangen Gabe von Levothyroxin in TSHsuppressiver Dosierung (basale TSH-Spiegel 0,1 bis 0,2 mU/l).
6.2. Nachsorge nach SD-Karzinom Die Nachsorge bei DTC sollte lebenslang und risikoorientiert durchgeführt werden; ein mögliches Schema zeigt Tabelle 8.2. Thyreoglobulin (TG) ist ein hochspezifischer Tumormarker für DTC, dessen Aussagekraft allerdings einigen Limitierungen unterliegt (eingeschränkte Vergleichbarkeit verschiedener TG-Assays, TG-Antikörper in bis zu 25 % der Patienten, ggf. Notwendigkeit der TG-Messung unter TSH-Stimulation – entweder endogen in Hypothyreose oder durch Gabe von humanem rekombinanten TSH).
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Bei MTC (und ATC) ist die Levothyroxin-Dosis richtig gewählt, wenn das basale TSH im Normbereich liegt. Die Tumornachsorge ist auch hier lebenslang; beim MTC besteht sie in der Bestimmung des Kalzitoninspiegels (ggf. auch stimuliert bei basal grenzwertig erhöhtem Wert). Die erste Bestimmung sollte 8 Wochen postoperativ als Test auf eine möglicherweise verbliebene Tumormanifestation erfolgen. Ist dieser Wert normal, so genügt die weitere jährliche Kontrolle des Kalzitoninspiegels (Nix et al., 2006). Bei einem Anstieg des Tumormarkers sollte Diagnostik zur Lokalisation des Rezidivs und/oder einer Fernmetastasierung durchgeführt werden.
6.2. Nachsorge und Prognose beim Nebenschilddrüsenkarzinom Die Kontrolle des Serumkalziumspiegels unmittelbar postoperativ dient der adäquaten Substitution des Patienten mit Kalzium und Vitamin D. Im weiteren Verlauf stellt der Kalziumspiegel den besten Parameter dar, um ein Rezidiv oder eine Metastasierung anzuzeigen. Zur Lokalisationsdiagnostik eines Lokalrezidivs oder einer Fernmetastasierung kann neben der Sonographie die Technetium-Sestamibi-Szintigraphie herangezogen werden. Auch nach potenziell kurativer Resektion werden Rezidivraten von mehr als 50 % beschrieben, wobei die meisten Rezidive 2 bis 5 Jahre nach der Primäroperation auftreten. Wenn
möglich, sollte eine chirurgische Resektion angestrebt werden; Ziel sind eine weitestmögliche Reduktion der Tumorlast und die Normalisierung des Kalziums, da der Patient vor allem durch die Folgen einer schweren Hyperkalzämie, weniger durch den in der Regel langsam wachsenden Tumor bedroht wird. Einzelne neuere Studien berichten über einen positiven Effekt einer adjuvanten Strahlentherapie auf die Lokalrezidivrate und das krankheitsfreie Überleben (Rawat et al., 2005). Trotz der hohen Rezidivraten ist die Prognose der NSD-Karzinome relativ günstig: In größeren Patientenkollektiven wurden 5-Jahres-Überlebensraten von 85 % sowie ein 10-Jahres-Überleben von 50 bis 75 % beschrieben.
7. Weitere Therapiemodalitäten Zur multimodalen Standardtherapie beim Schilddrüsenkarzinom zählen neben Operation, Radiojodtherapie und anschließender lebenslanger Hormonsubstitution bzw. Suppressionstherapie auch Strahlentherapie und Chemotherapie.
7.1 Strahlentherapie Zur externen Radiotherapie des Schilddrüsenkarzinoms gibt es keine Daten aus prospektiven randomisierten Studien. Retrospektive Auswertungen deuten
Tabelle 8.2. Risikoorientierte Nachsorge des differenzierten Schilddrüsenkarzinoms (aus AWMF-Leitlinie 2003) Niedriges Risiko (75 % der Patienten) pT1-T3 pN0 M0 pT1-T3 pN1 M0
Hohes Risiko (25 % der Patienten) pT4 jedes pN jedes M jedes pT jedes pN M1
Nach Beweis der vollständigen Ablation durch zweimaligen Jod-131-Scan
Basisprogramm alle 6 Monate, ab 5. Jahr jährlich: Klinik, Sonographie, Tg unter T4
Basisprogramm alle 6 Monate, ab 5. Jahr jährlich: Klinik, Sonographie, Tg unter T4
Röntgen Thorax alle 2 Jahre
Röntgen Thorax alle 2 Jahre
Jod-131-Ganzkörperszintigraphie einschließlich Tg nach 3-4 Monaten und 1 Jahr nach der Radiojodtherapie bzw. dem letzten Jod-131-Scan
Jod-131-Ganzkörperszintigraphie einschließlich Tg regelmäßig alle 1-2 Jahre
Kapitel 8
Schilddrüsen- und Nebenschilddrüsenkarzinom
jedoch auf einen Profit für Patienten mit erhöhtem Lokalrezidiv-Risiko. Bei differenziertem SD-Ca kann eine postoperative Bestrahlung zum Einsatz kommen, wenn (nach primärer oder Rezidiv-Operation) mikroskopische oder makroskopische Tumorreste, die nicht operativ entfernt werden können, zurückgeblieben sind oder bei Tumorresten, die nicht oder nur geringfügig Jod speichern und daher von einer Radiojodtherapie nicht erreicht werden können. In diesen Fällen kann eine adjuvante Bestrahlung vor allem die lokale Rezidivrate senken. Im Stadium pT4, d. h. bei organüberschreitendem, die Umgebung infiltrierendem Tumor, wurden in retrospektiven Studien positive Auswirkungen sowohl auf lokoregionäre Tumorkontrolle als auch die tumorspezifische Überlebenszeit dokumentiert. Beim medullären Schilddrüsen-Ca ist der Stellenwert einer postoperativen Radiatio ebenfalls nicht eindeutig belegt. Als indiziert gewertet wird eine solche ebenfalls nach R1- oder R2-Resektionen. Bei bestehendem LK-Befall ist der Wert einer Strahlentherapie umstritten und wird vor allem bei Mikrometastasierung gesehen, da bei Tumoren < 1 mm nur ein Bruchteil der B-Strahlung des Radiojods vom Tumorgewebe absorbiert wird.
7.2 Chemotherapie Als alleinige Therapieform konnte für die Chemotherapie keine kurative Wirkung belegt werden, weshalb Sie prinzipiell als palliative Behandlung gewertet werden muss. Als Teil eines multimodalen Therapiemodells in Kombination mit Operation und/oder Bestrahlung gibt es jedoch Hinweise, dass sie zum Erreichen eines insgesamt kurativen Ziels dieser Behandlungskombination beitragen kann. Bei hochdifferenzierten Karzinomen kann bei Nachweis nicht-jodsensibler Metastasen eine Chemotherapie, bestehend aus der Kombination von Anthracyclinen und Bleomycin oder Vincaalkaloiden, in Frage kommen, die allerdings erst beim Einsetzen metastasenbedingter Symptome begonnen werden sollte. Beim fortgeschrittenen medullären Schilddrüsenkarzinom mit symptomatischen Metastasen gilt eine Chemotherapie als empfehlenswert, hierbei konnten für verschiedene Kombinationen Tumorremissionen beschrieben werden (BAP, Cisplatin+Doxorubicin oder Mitoxantron, Dacarbazin+5-FU). Zur Diskussion steht die Chemotherapie bei dieser Tumorart als adjuvante Therapie nach radikaler OP und bei ausgedehnter Lymphknotenmetastasierung.
91
Das undifferenzierte Schilddrüsen-Ca sollte immer multimodal behandelt werden, die in verschiedenen Kombinationen am häufigsten verwendeten Substanzen sind derzeit Cisplatin, Bleomycin, Anthracycline und Vincristin.
8. Palliativmaßnahmen Bei Inoperabilität eines differenzierten oder medullären SD-Ca kommt eine Bestrahlung nur mit palliativer Intention in Frage. Bei Metastasierung kann eine palliative Bestrahlung indiziert sein, z. B. bei frakturgefährdeten oder schmerzhaften Knochenmetastasen, die auf eine Radiojodtherapie nur geringfügig ansprechen, oder bei symptomatischen Hirnmetastasen. Bei anaplastischen Karzinomen, deren bereits bei Diagnosestellung oft fortgeschrittenes Stadium meist eine Operation in kurativer Absicht nicht mehr erlaubt, stellt die Strahlentherapie die einzige postoperative Möglichkeit der lokalen Tumorkontrolle dar. Eine alleinige konventionell fraktionierte Bestrahlung verlängert jedoch nicht die Überlebenszeit. Eine solche zusätzliche Verlängerung der Überlebenszeit konnte durch Kombination einer hyperfraktionierten Bestrahlung und simultaner niedrigdosierter Chemotherapie mit Doxorubicin beobachtet werden.
9. Qualitäts- und Prognosekriterien Wie bei allen bösartigen Tumoren stellen Überleben und Rezidivrate die zentralen Ergebnisgrößen bei den Schilddrüsenkarzinomen dar. Aufgrund der relativen Seltenheit und guten Prognose der Mehrzahl der Schilddrüsenkarzinome (DTC und MTC) sowie der Notwendigkeit einer langen Verlaufsbeobachtung zur Feststellung therapiebedingter Unterschiede im Outcome ist es jedoch schwierig, anhand dieser zentralen Parameter die Qualität der chirurgischen Therapie zu beurteilen. Neben dem onkologischen Ergebnis spielt die Morbidität in Gestalt der Recurrensparese und des Hypoparathyreoidismus eine herausragende Rolle und ist ein leichter zu erfassender Parameter für die Qualitätsbeurteilung der onkologischen Schilddrüsenchirurgie. Zur Frage einer zu empfehlenden Mindestmenge gibt es nur wenige Daten; eine prospektive deutsche Multicenterstudie mit Daten aus 16 500 Schilddrüsenoperationen (Dralle et al., 2005) kalkulierte für das Erreichen einer Komplikationsrate unter 1 % (Primäroperationen) bzw. unter 3 % (Rezidivope-
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H. G. Hotz, P. Sungler und H. J. Buhr
rationen) für je Recurrensparesen und Hypokalzämien eine jährliche Anzahl von 30 „leichteren“ Eingriffen (unkomplizierte benigne Strumen) sowie additiv von 3–12 „schwierigen“ Operationen (große Strumen, Karzinome, Zweiteingriffe) pro Operateur. Bei aller gebotenen Vorsicht in der Interpretation dieser Daten wird deutlich, dass zur Senkung der Komplikationsrate in der Schilddrüsenchirurgie eine größere Anzahl speziell trainierter Chirurgen erforderlich wäre. Der „Generalist“ wird angesichts der Zahl von 110 000 Schilddrüsenoperationen pro Jahr in Deutschland weiter seine Bedeutung behalten; Ziel sollte die Entwicklung von Strukturen sein, welche die Behandlung der komplizierten Fälle in abgestufter Weise dem „Spezialisten“ zuführen.
lektiv praktisch keine Rolle. Schließlich war die Rate von permanenten Recurrensparesen mit 4,9 % deutlich höher als der propagierte Standard von 1 %. Andererseits zeigten sich trotz der erheblichen Unterschiede in der operativen Therapie über einen mittleren Nachbeobachtungszeitraum von immerhin 43 Monaten nach Durchführung einer Radiojodtherapie keine Unterschiede im onkologischen Ergebnis. Dies zeigt einmal mehr, dass die Diskussion über verschiedene Aspekte der chirurgischen Radikalität beim Schilddrüsenkarzinom (Ausmaß der Organresektion, Ausmaß der Lymphknotendissektion) noch nicht abgeschlossen ist. Eine große Aufgabe bleibt, zukünftige Leitlinien zu entwickeln, die auf der Versorgungsebene akzeptiert und umgesetzt werden können.
10. Ausblick
11. Literatur
Zur definitiven Klärung der ungelösten Fragen in der Chirurgie maligner Schilddrüsentumoren wären prospektiv randomisierte Studien erforderlich, deren Durchführung jedoch auch in Zukunft unwahrscheinlich bleibt: Hierfür sind zum einen die Erkrankungen zu selten, zum anderen wären lange Nachbeobachtungszeiträume erforderlich. Es wurde beispielsweise postuliert, dass zur Feststellung einer 10%igen Reduktion der Schilddrüsenkrebs-Mortalität 25 Jahre nach Thyreoidektomie und Radiojodtherapie eine Studie mit 4000 Patienten pro Arm erforderlich wäre; es würde 10 Jahre dauern, die Patienten einzuschließen und schließlich 35 Jahre bis zu den endgültigen Ergebnissen (Nix et al., 2005). Somit bleiben große Kohortenstudien die Basis für das Management (differenzierter) Schilddrüsenkarzinome (Evidenzgrad III). Eine deutsche Arbeit (Thomusch et al., 2000) untersuchte für verschiedene Fragestellungen in der endokrinen Chirurgie, ob sie einer evidenzbasierten Medizin entsprechen: In der Schilddrüsenchirurgie ließ sich nur die intraoperative Darstellung des N. recurrens als ausreichend evaluiert einstufen. Wie weit Leitlinien und klinische Wirklichkeit auseinanderliegen, zeigte 2005 eine Studie von Schwab et al.: Die Lymphknotendissektion genügte bei 55 % der Patienten nicht den Empfehlungen; die Auswertung der OP-Berichte zeigte bei nur 7 % der Patienten eine leitlinienkonforme operative Therapie an. Auch das diagnostische Dilemma des Schilddrüsenkarzinoms wurde hier deutlich: Fast 50 % der Karzinome fielen als Zufallsbefund im Rahmen einer Strumaoperation auf; die als Goldstandard betrachtete präoperative Feinnadelpunktion spielte im beschriebenen Kol-
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Kapitel 8
Schilddrüsen- und Nebenschilddrüsenkarzinom
Steurer M, Passler C, Denk DM, Schneider B, Mancusi G, Schickinger B, Niederle B, Bigenzahn W (2003) Functional laryngeal results after thyroidectomy and extensive recurrent laryngeal nerve dissection without neuromonitoring – an analysis of more than 1000 nerves at risk. Eur Surg 35: 262–267 Sungler P, Niederle B (2006) Surgical treatment of thyroid carcinoma. Eur Surg 38/1: 1–4 Thompson SD, Prichard AJ (2004) The management of parathyroid carcinoma. Curr Opin Otolaryngol Head Neck Surg 12, 93–97 Thomusch O, Dralle H (2000) Endokrine Chirurgie und Evidenz-basierte Medizin. Chirurg 71: 635–645 Timmermann W, Hamelmann WH, Thomusch O, Sekulla C, Grond S, Neumann HJ, Kruse E, Muhlig HP, Richter C, Voss J, Dralle H (2004) Effectiveness and results of intraoperative neuromonitoring in thyroid surgery. Statement of the Interdisciplinary Study Group on Intraoperative Neuromonitoring of Thyroid Surgery. Chirurg 75: 916–922 Udelsman R, Shaha AR (2005) Is total thyroidectomy the best possible surgical management for well-differentiated thyroid cancer? Lancet Oncol 6: 529–531
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12. Links www.awmf-online.de/ Leitlinien AWMF www.krebsgesellschaft.de/ Deutsche Krebsgesellschaft www.aco-asso.at/ ag/schilddr/main.html Österreichische Gesellschaft für Chirurgische Onkologie – AG Schilddrüse www.british-thyroid-association.org/guidelines.htm British Thyroid Association www.nccn.org/professionals/physician_gls/PDF/thyroid.pdf National Comprehensive Cancer Network www.thyroid.org/ The American Thyroid Association
Kapitel 9
Brustdrüsenkarzinom U. Liebeskind, F. Fitzal, R. Jakesz, W. Döller und C. Ure
1. Einleitung Das Mammakarzinom ist das häufigste Karzinom der Frau. Während im Jahr 2000 in Österreich nicht weniger als 4577 Frauen an einem Mammakarzinom erkrankten, war die zweithäufigste Neoplasie das Dickdarmkarzinom, mit einer deutlich geringeren Inzidenz von 1507 neu erkrankten Frauen. 2002 identifizierten die Daten der Statistik Austria das Mammakarzinom als zweithäufigste Todesursache der Frau jeglichen Alters, wobei es bei Frauen unter 50 die häufigste Todesursache darstellt und erst ab einem Alter von 55 als solche von den Herz-Kreislauferkrankungen abgelöst wird. In Deutschland beobachten wir etwa 110 Neuerkrankungen pro 100 000 Frauen und Jahr; das ergibt eine absolute Zahl von 47 000. Ebenso ist das Mammakarzinom in Deutschland mit 4 % der weiblichen Todesfälle in der Todesursachenstatistik nach den HerzKreislauf-Erkrankungen an zweiter Stelle. Eine Analyse des National Cancer Institute Surveillance, Epidemiology, and End Results (SEER) – Programms an 77 368 Mammakarzinom-Patientinnen zeigte, dass weniger als 1 % (562 Patientinnen) im Alter zwischen 20 und 29 waren, 6,5 % (5062 Patientinnen) im Alter zwischen 30 und 39 und 15,2 % (11 789 Patientinnen) im Alter zwischen 40 und 49 Jahren waren. In den letzten Jahren konnte eine stete Zunahme der Inzidenz beobachtet werden. Betrug für Frauen das lebenslange Risiko für die Entstehung eines Mammakarzinoms im Jahr 1983 7,8 %, im Jahr 1996 10,6 %, so beträgt es derzeit fast 13 %. Die Ursache der weltweit steigenden Inzidenz ist nicht eindeutig geklärt. Es wird allgemein angenommen, dass dies in erster Linie auf das verbesserte Mammographie-Screening zurückzuführen ist. Die weite Verbreitung der Hormonersatztherapie wird ebenfalls immer wieder als Grund genannt. Gleichzeitig erfreut die Tatsache, dass seit wenigen Jahren in zahlreichen Ländern, wie den Vereinigten Staaten, Großbritannien und auch Öster-
reich, ein deutlicher Rückgang der Mammakarzinommortalität der Frauen zwischen 20 und 69 Jahren zu verzeichnen ist. In Österreich beträgt dieser Rückgang für das vergangene Dezennium etwa 25 %. Dies wird vor allem auf die in den letzten Jahren ständig verbesserte Diagnostik, frühere Erkennung und moderne Therapiemöglichkeiten zurückgeführt.
2. Diagnostik Zur Diagnostik des Mammakarzinoms gehören drei Eckpfeiler: • die klinische • die radiologische • die interventionelle Abklärung
2.1. Klinische Diagnostik Eine ausführliche Anamnese- und Statuserhebung ist wie bei allen Patientinnen unumgänglich. Hierbei sind folgende Fragen von krankheitsspezifischer Bedeutung: • Menopausenstatus • Menstruation (Beginn und Ende, falls postmenopausal) • Mutterschaft (Kinder, deren Anzahl sowie Geburtsjahr) • Mamma (vorangegangene Brustoperation/Brustkrebs) • Mutter (familiäre Vorbelastung und Alter der Verwandten bei Vorbelastung) • Medikamente (Hormoneinnahme oder andere) Bei der Untersuchung der Brust ist besonders auf Einziehungen der Haut oder der Mamille, auf Hautbzw. Mamillenkoloritunterschiede, auffällige erhabene derbe ekzematöse Hautveränderungen und Asymmetrien sowie auf ein Lymphödem und „Peau d’orange“ der Brust zu achten. Sollte die Patientin selber kei-
96
U. Liebeskind, F. Fitzal, R. Jakesz, W. Döller und C. Ure Tabelle 9.1.a. TNM-Klassifikation des Mammakarzinoms (nach UICC/AJCC 2002)
Tabelle 9.1.b. Stadiengruppierung des Mammakarzinoms (nach UICC/AJCC 2002)
Tis
in situ
Stadium 0
Tis
N0
M0
T1
2 cm
Stadium I
T1*
N0
M0
T1 mic
0,1 cm
Stadium IIA
T0, T1*
N1
M0
T1a
> 0,1–0,5 cm
T2
N0
M0
T1b
> 0,5–1 cm
T2
N1
M0
T1c
> 1–2 cm
T3
N0
M0
T2
> 2–5 cm
T0, T1*
N2
M0
T3
> 5 cm
T2
N2
M0
T4
Brustwand/Haut
T3
N1, N2
M0
T4a
Brustwand
Stadium IIIB
T4
N0, N1, N2
M0
T4b
Hautödem/Ulzeration, Satellitenknötchen der Haut
Stadium IIIC
Jedes T
N3
M0
T4c
4a und b
Stadium IV
Jedes T
Jedes N
M1
T4d
Entzündliches Karzinom
N1
Beweglich axillär
Stadium IIB
Stadium IIIA
* T1 schließt T1 mic ein.
pN1 mi
Mikrometastasen, 0,2–2 mm
pN1a
1–3 axilläre
pN1b
A. mammaria interna, klinisch nicht erkennbar!
pN1c
pN1 und pN1b
N2a
Fixiert axillär
pN2a
4–9 axilläre
N2b
A. mammaria interna, klinisch erkennbar
pN2b
A. mammaria interna, klinisch erkennbar*, keine axillären
N3a
Infraklavikulär
pN3a
> 10 axilläre oder infraklavikulär
N3b
Axillär und A. mammaria interna, klinisch erkennbar
pN3b
a) Axillär und A. mammaria interna, klinisch erkennbar oder b) > 3 axilläre und A. mammaria interna, klinisch nicht erkennbar*
N2c
Supraklavikulär
pN3c
Supraklavikulär
M1
Fernmetastasen
* Nachgewiesen durch Schildwächterlymphknotenuntersuchung
nen Tumor getastet haben, jedoch das Röntgen eine suspekte Struktur erkennen lassen, beginnt man die palpatorische Untersuchung auf der nicht erkrankten Brust. Zur Beschreibung eines palpablen Tumors gehören Konsistenz, Größe, Oberflächenbeschaffenheit und Infiltration der Umgebung.
2.2. Radiologische Diagnostik Die radiologische Diagnostik beinhaltet Mammographie und eine Ultraschalluntersuchung als Basisuntersuchung. Die Mammographie muss in mindestens zwei Ebenen durchgeführt werden, wovon eine dem kranio-kaudalen (CC) Strahlengang entsprechen muss. Die MRT der Brust ist in bestimmten Situationen von zusätzlichem Wert: • suspekte Läsion in der Mammographie in nur einer Ebene • Verdacht auf Multizentrizität (Tumorstaging) • zur radiologischen Unterscheidung zwischen Narbe und Karzinomrezidiv • bei dichtem Brustparenchym • eventuell bei bekannter hereditärer Vorbelastung und zur Vorsorgeuntersuchung bei Genträgerinnen • Brustimplantate
Kapitel 9
Brustdrüsenkarzinom
2.3. Interventionelle Diagnostik Ist der Tumor palpabel, ist eine Sure-Cut-Biopsie in der Hand des Geübten der nächste Schritt, um zu einer sicheren Diagnose zu kommen und die weiteren Schritte besser planen zu können. Des Weiteren ist eine gesicherte histologische Diagnose für eine etwaige neoadjuvante Therapie unumgänglich. Bei kleineren Tumoren, welche nur schlecht oder gar nicht ertastet werden können, bzw. bei suspektem Mikrokalk, sollten die radiologischen interventionellen Möglichkeiten genutzt werden. Hierbei kann der Radiologe entweder mit Hilfe des Ultraschalls oder eines stereotaktischen Mammographiegeräts den Tumor biopsieren. Studien unserer eigenen Gruppe konnten zeigen, dass durch eine präoperative Nadelbiopsie die Anzahl der Lokalrezidive nach brusterhaltender Operationstechnik nicht erhöht ist (Fitzal et al., 2006). Sollte eine suspekte Läsion nur in der Magnetresonanz-Mammographie dargestellt werden können, ist in speziellen Zentren auch eine magnetresonanzgesteuerte Biopsie möglich. Die Stadieneinteilung des Mammakarzinoms erfolgt anhand der TNM-Klassifikation (Tabelle 9.1).
97
anstatt einer Mastektomie einer brusterhaltenden Therapie zugänglich sind, schwankt innerhalb der einzelnen Studien und liegt zwischen 30 und 50 %. Im Allgemeinen sind die Einschlusskriterien für eine neoadjuvante Therapie derzeit eine Tumorgröße von mindestens 3 cm oder eine ungünstige Tumorlokalisation ohne Möglichkeit einer brusterhaltenden Therapie. Lobuläre Hormonrezeptor-abhängige Karzinome sprechen selten auf eine Chemotherapie an und gelten daher als relative Kontraindikation (Rekommandierungsgrad B). Die neoadjuvante Antihormontherapie wird derzeit nur im Rahmen von Studien durchgeführt. Die komplette pathologische Remissionsrate ist verglichen mit neoadjuvanter Chemotherapie deutlich seltener und schwankt zwischen 1 und 5 %.
4. Präoperative Vorbereitung Neben den üblichen präoperativen Vorbereitungen wie interne Freigabe sowie allgemeinmedizinische Untersuchungen für die Narkosetauglichkeit sind speziell vor einer Brustoperation die Dignität und die Lokalisation des Tumors sowie die Operationsart zu beachten.
3. Vorbehandlung (neoadjuvante Therapie)
4.1 Dignität
Es gibt Patientinnen, die von einer neoadjuvanten Therapie profitieren können. Durch das Downstaging von Primärtumor und Lymphknotenmetastasen kann die Brusterhaltungsrate signifikant erhöht werden, ein Überlebensvorteil konnte für präoperativ behandelte Patientinnen verglichen mit derselben Therapie postoperativ nicht nachgewiesen werden (van der Hage et al., 2001). In einer Reihe von prospektiv randomisierten Studien konnte die pathologische Remission als wichtigster prognostischer Faktor für eine Überlebensverbesserung nach neoadjuvanter Therapie identifiziert werden. Nur bei pathologisch kompletter Remission (keine Karzinomzellen in der histologischen Aufarbeitung nach neoadjuvanter und operativer Therapie) konnte ein Überlebensvorteil gesichert werden (van der Hage et al., 2001). Die herkömmliche neoadjuvante Chemotherapie (anthrazyklin- und taxanhaltig) kann eine pathologisch komplette Remission in bis zu 25 % induzieren. Bei weiteren 60 bis 70 % der Fälle ist die neoadjuvante Chemotherapie imstande, zu einer pathologisch partiellen Remission zu führen. Diese Patientinnen haben eine deutlich erhöhte Chance für eine brusterhaltende Operation. Die Anzahl der Patientinnen, welche durch ein „Downsizing“ des Karzinoms
Um eine gute Operationsplanung durchzuführen, ist es unabdingbar, die zu operierende Läsion so genau wie möglich bezüglich ihrer Dignität einzustufen. Neben dem herkömmlichen BIRADS-System der Radiologie (Sickles, 1989) ist natürlich die genaueste Methode eine Stanz- oder Nadelbiopsie. Diese kann entweder unter palpatorischer oder radiologischer Kontrolle mittels Sonographie oder Stereotaxie durchgeführt werden. Die Gefahr der Zellverschleppung dürfte klinisch nur geringe Relevanz besitzen (Fitzal et al., 2006). Sollte eine präoperative Biopsie nicht möglich sein, muss die Entscheidung über die weiteren operativen Schritte nach einer Lumpektomie durch den intraoperativen Gefrierschnitt getroffen werden, wobei es hier zu einer Re-Operationsrate von 9 % kommen kann (eigene noch unveröffentlichte Daten). Ohne Verwendeung eines Gefrierschnittes steigt die Re-Operationsrate auf bis zu 50 % an.
4.2 Die Lokalisation Die Lokalisation der Läsion bzw. eine eventuelle Multifokal- oder Multizentrizität ist für die Operationspla-
98
U. Liebeskind, F. Fitzal, R. Jakesz, W. Döller und C. Ure
nen onkoplastisch ausgebildeten Chirurgen zu haben. Denn je nach Brust-Tumor-Relation, Aggressivität und Lokalisation können die Eingriffe von einer einfachen Lumpektomie bis zur Sofortrekonstruktion variieren.
5. Operative Strategie
a
Die operative Therapie hat sich im letzten Jahrhundert vom lokal ablativen Verfahren hin zur brusterhaltenden Therapie (BET) entwickelt. Die prospektiven Studien (Tabelle 9.2), welche zwischen Mastektomie und BET verglichen haben, konnten keinen signifikanten Überlebensvorteil für die mastektomierten Patientinnen erkennen lassen (Fisher et al., 2002; Poggi et al., 2003; van Dongen et al., 2000; Veronesi et al., 2002; Blichert-Toft et al., 1992). Dadurch steht fest, dass neben der lokalen Therapie die systemische eine entscheidende Bedeutung im Behandlungskonzept des Mammakarzinoms besitzt. Durch Einsatz moderner Verfahren wie der neoadjuvanten Therapie und der adjuvanten Radiatio konnte die Brusterhaltungsrate in chirurgischen Zentren bei kleinen Tumoren auf bis zu 78 % angehoben werden (Jakesz et al., 2003).
5.1. Brusterhaltende Therapie (BET) b Abb. 9.1. Brusterhaltende Therapieverfahren: a) semizirkulärer Hautschnitt im Rahmen einer Lumpektomie b) Narbe nach Quadrantektomie, hierbei kann man den deutlichen Narbenzug an der Areola erkennen
In der Literatur findet man verschiedene Ausdrücke für die Technik der BET. Tylektomie, weite Exzision, Lumpektomie, Quadrantektomie und Tumorektomie sind gängige Ausdrücke, welche sich auf zwei Begriffsbestimmungen reduzieren lassen.
5.1.1. Definition Lumpektomie nung von entscheidender Bedeutung. Insbesondere seit der Einführung von onkoplastischen Methoden (Fitzal et al., 2007) ist es wichtig, das richtige Verfahren bei der richtigen Patientin anzuwenden. Sollte der Verdacht einer Multizentrizität im Raum stehen, kann die MRT eine entscheidende Hilfestellung in der Operationsplanung sein. Insbesondere soll hier auf strahlige Ausläufer, weit verteilte Mikroverkalkungen mit Verkalkungsstraßenbildungen und auf Patientinnen mit lobulären Neoplasien hingewiesen werden.
4.3 Operationsart Hierfür ist es notwendig, ein interdisziplinäres Team aus onkologischen und plastischen Chirurgen bzw. ei-
Der Ausdruck „Tylektomie“ (tylos griech.: Klumpen, Knoten) wurde vor allem in den frühen Publikationen verwendet, ist mit der heutigen Lumpektomie (Fisher et al., 2002) vergleichbar und beschreibt die Exzision eines Tumors mit Resektionsrändern, die makroskopisch bei cirka 1 cm im Gesunden liegen (der histologische Resektionsrand kann deutlich geringer ausfallen, muss aber im Gesunden sein, also R0), wodurch das kosmetische Ergebnis verbessert werden kann. Eine ausgiebige Hautexzision wird hier nicht durchgeführt. Der Schnitt wird präferenziell semizirkulär angelegt (Abb. 9.1a). Eine En-bloc-Resektion mit Lymphknoten wird bei dieser Operation selten vorgenommen.
Kapitel 9
Brustdrüsenkarzinom
99
5.1.2. Definition Quadrantektomie Dieser Begriff wurde von Veronesi eingeführt (Veronesi et al., 2002). Er beschreibt die Entfernung eines gesamten Quadranten mit darüberliegender Hautspindel im Sinne einer spitzovalären Exzision (Abb. 9.1b). Bei laterokranialer Quadrantektomie ist es möglich, die Axilladissektion oder Sentinellymphknotendissektion en bloc durchzuführen.
5.1.3. Geschichtliche Entwicklung Primäre Intention war es immer, die psychologischen und kosmetischen Ergebnisse durch eine BET zu verbessern, ohne dabei die onkologischen zu beeinträchtigen. Die BET wurde Anfang des 20. Jahrhunderts zunächst in Wien erstmals durchgeführt und beschrieben, parallel dazu auch von Sir Geoffrey Keynes vom
St. Bartholomew’s Hospital in London mit anschließender Radiatio vorgenommen. Seitdem wurde eine Reihe von retrospektiven und prospektiven Studien durchgeführt. Nach Sir Atkins (1966) publizierte Veronesi die erste große prospektiv randomisierte Studie, welche zuletzt mit einer 20-jährigen Nachbeobachtungszeit zum vierten Mal veröffentlicht wurde (Veronesi et al., 2002) und keinen signifikanten Unterschied zwischen Quadrantektomie und Mastektomie bezüglich Gesamtüberleben zeigen konnte. Die Anzahl der Lokalrezidivrate nach 5-jähriger Beobachtungszeit war allerdings in der Gruppe der brusterhaltend operierten Patientinnen signifikant erhöht. Ähnliche Ergebnisse wurden auch von anderen Studiengruppen berichtet (Tabelle 9.2) (Poggi et al., 2003; van Dongen, 2000). Der Grund für die erhöhte Lokalrezidivrate bei den brusterhaltenden Patientinnen dürften die bis zu 30%igen R1-Resektionen in diesen Studien gewesen sein. Prospektiv ran-
Tabelle 9.2. Prospektiv randomisierte Studien, welche zwischen brusterhaltender Therapie (BET) und Mastektomie verglichen haben
Studie
Follow-Up
Kriterien (Tumorgröße)
NSABP B-06
20 Jahre
< 4cm
N
DFS %
OS %
LRFS %
Statistik
Mastektomie
589
36
47
92
ns/ns/ns
BET+RT
628
36
46
86
349
65
57
98
352
66
56
91
Mastektomie
429
66
82
94
BET+RT
430
70
79
95
420
66
66
88
448
60
65
80
116
67
58
100
121
60
53
78
Milan I
20 Jahre
< 2cm R1 möglich
Mastektomie BET+RT DBCCG
EORTC
6 Jahre
18 Jahre
Stadium I und II
BET+RT NCI Mastektomie BET+RT
20 Jahre
ns/ns/ns
< 5cm R1 möglich
Mastektomie
ns/ns/s
ns/ns/s
Stadium I und II R1 möglich
ns/ns/s
RT radiatio; ns nicht signifikant; s signifikant; DFS rezidivfreies Überleben; OS Gesamtüberleben; LRFS lokal rezidiv freies Überleben. In der letzten Spalte wird die Signifikanz der drei letzten Spalten dargestellt: DFS/OS/LRFS. Bei allen Studien, welche eine R1-Resektion erlaubt haben, zeigen sich signifikante Unterschiede im lokal-rezidivfreiem Überleben (rot), die übrigen onkologischen Parameter sind nicht signifikant unterschiedlich.
100
U. Liebeskind, F. Fitzal, R. Jakesz, W. Döller und C. Ure
domisierte Studien ohne R1-Resektionen zeigten im lokalrezidivfreien Überleben keinen Unterschied mehr (Fisher et al., 2002; Blichert-Toft et al., 1992). Vergleiche zwischen Lumpektomie mit und ohne Radiatio konnten nachweisen, dass die Patientinnen ohne Radiatio eine signifikant höhere Lokalrezidivrate zeigten. Bei Vergleichen zwischen Quadrantektomie und Lumpektomie konnte gezeigt werden, dass das Ausmaß der Resektion keinen Einfluss auf das onkologische Ergebnis hatte, vorausgesetzt es handelte sich um eine R0-Resektion mit anschließender Radiatio. Mit diesen Studien hielt die BET als Standardverfahren ihren Einzug in die chirurgische Therapie.
5.1.4. Indikation und Kontraindikation Eigentliches Hauptproblem der BET ist das ipsilaterale Lokalrezidiv. Ob das Lokalrezidiv das Gesamtüberleben beeinflusst, wird diskutiert. Eine Analyse der Early Breast Cancer Trialist Collaborative Group (EBCTCG) konnte einen eindeutigen Zusammenhang zwischen Lokalrezidiv und Überleben nachweisen (EBCTCG, 2002). Nicht nur aus diesem Grund gilt es, das Rezidivrisiko so gering wie möglich zu halten. Die psychische und physische Belastung einer weiteren Operation und adjuvanten Therapie bei einem Rezidiv sind beträchtlich. Risikofaktoren für das Auftreten eines Lokalrezidivs werden in Tabelle 9.3 dargestellt. Diese
Risikofaktoren bestimmen zum Teil auch die Kontraindikationen für BET.
5.1.4.1. Resektionsrand Der Resektionsrand ist mit Abstand der wichtigste prognostische Faktor für das Auftreten eines Lokalrezidivs. Hierbei zeigt sich, dass ein mikroskopisch nicht im Gesunden resezierter Tumor (R1) oder ein Resektionsrand von 1 mm mit einem signifikant erhöhten Risiko verbunden ist, verglichen mit einem Resektionsrand von 2 mm. 5.1.4.2. Inflammatorisches Karzinom Eine klare Kontraindikation für eine BET ist das inflammatorische Karzinom. Hierbei spielt die neoadjuvante Therapie eine übergeordnete Rolle, wobei auch nach „Downsizing“ eine BET nicht indiziert ist.
5.1.4.3. Neoadjuvante Therapie und BET Die BET nach neoadjuvanter Therapie ist auf jeden Fall indiziert, insbesondere nach „Downsizing“ bzw. pathologisch kompletter Remission (pCR). Allerdings deuten Studien darauf hin, dass solche Patientinnen durch eine BET ein signifikant schlechteres Gesamtüberleben aufweisen könnten (van der Hage et al., 2001). Diesbezüglich gibt es noch zu wenig Daten. Derzeit gilt eine
Tabelle 9.3. Kontraindikationen für eine BET in Abhängigkeit von den Risikofaktoren für das Auftreten eines Lokalrezidivs nach brusterhaltender Therapie (BET ) Lokalrezidivrisiko
Kontraindikation für BET
Resektionsrand positiv
ja
ja
Inflammatorisches Karzinom
ja
ja
Progression unter präoperativer Therapie
ja
ja
Keine adjuvante Bestrahlung
ja
ja
Multizentrizität
ja
ja
EIC
ja
nein
Lymphknotenpositivität
ja
nein
Junges Lebensalter
ja
nein
Grading 3
ja
nein
Lymph- und Gefäßinvasion
ja
nein
Tumorgröße unter 3 cm
nein
nein
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Brustdrüsenkarzinom
klinische „no change“- (cNC) oder progressive Entwicklung (cPD) nach neoadjuvanter Therapie als Kontraindikation für eine BET. Manche Autoren konnten auch eine Erhöhung des Lokalrezidivs nach neoadjuvanter Therapie und BET verglichen mit Mastektomie beobachten. Als Ursache wird eine durch die Chemotherapie verursachte Fragmentierung des Karzinoms angesehen, welche ein „Downsizing“ vortäuscht. Bei solchen Patientinnen könnte eine BET dazu führen, dass Karzinomzellnester in der Brust verbleiben. Aus diesem Grund propagieren einige Autoren die Resektion des gesamten primär betroffenen Brustquadranten. Der Vorteil der Erhöhung der BET nach neoadjuvanter Behandlung muss daher neu diskutiert werden.
5.1.4.4. Radiatio Prospektive Studien konnten eindeutig nachweisen, dass eine adjuvante Bestrahlung nach BET das Rezidivrisiko signifikant senkt (Veronesi et al., 1993). Retrospektive Daten deuten darauf hin, dass es eine Patientinnengruppe gibt, welche aufgrund der niedrigen Tumoraggressivität von einer Radiatio nicht profitiert. Dies konnte in einer prospektiven Studie nicht nachgewiesen werden, dennoch liegt das 5-Jahres-lokalrezidivfreie Überleben postmenopausaler Patientinnen mit einem Hormonrezeptor-positiven unter 3 cm großen sowie Lymphknoten-negativen Mammakarzinom bei 95,5 % (Gnant et al., 2005). Dies lässt Spekulationen darüber zu, ob es bei älteren Patientinnen mit geringer Tumoraggressivität möglich wäre, eine Radiatio ausfallen zu lassen. Derzeit gelten Kontraindikationen für die Durchführung einer Radiatio, wie z. B. Schwangerschaft, schlechter körperlicher Allgemeinzustand oder ortsspezifische Faktoren, auch als Kontraindikation für eine BET. Im Einzelnen könnte eine BET trotz fehlender Radiatio bei ausgewählten Patientinnen (z. B. pT1a oder b, pN0, keine EIC, G1 oder 2, keine Lymphgefäßinvasion, höheres Alter) nach genauer Aufklärung der Patientin über eine erhöhte Lokalrezidivrate durchaus möglich sein (Gnant et al., 2005; Horst et al., 2005).
5.1.4.5. Multizentrizität Sind 2 oder mehrere voneinander unabhängige Herde über einen Quadranten hinaus verteilt, spricht man von Multizentrizität. Hierbei ist aus kosmetischen aber auch onkologischen Gründen eine BET nicht möglich.
101
5.1.4.6. Extensive intraduktale Komponente (EIC) Vorhandensein einer EIC ist ein weiterer wichtiger Risikofaktor für das Entstehen eines Lokalrezidivs. Die Definition einer EIC ist nicht einheitlich. Manche Autoren definieren eine EIC, wenn 25 % des gesamten Tumorgebietes aus intraduktalen Komponenten bestehen. Andere sprechen davon, wenn 10 oder mehr duktale Gänge involviert sind oder zumindest das doppelte Flächenausmaß der invasiven Komponente von intraduktalen Karzinomzellen ausgefüllt ist oder die intraduktale Komponente 4-mal so groß ist wie der invasive Anteil. Mammakarzinome mit EIC haben ein mit dem Durchmesser proportional ansteigendes Risiko, multizentrisch zu sein, und sollten daher ab einer Größe der intraduktalen Komponente von 4 cm bzw. bei quadrantenübergreifender EIC ablationiert werden. Bei einer geringeren Ausdehnung ist besonders auf die segmentale Ausbreitung der EIC in Richtung Mamille zu achten. Patientinnen mit EIC profitieren von einem größeren Resektionsrand von 1 bis 2 cm, insbesondere da im Gefrierschnitt intraduktale Komponenten manchmal nur schwer zu erkennen sind und diese in 58 % Grund für die Nachresektion bei Patientinnen mit einer Zweitoperation wegen falscher intraoperativer Gefrierschnittanalyse sind. Daher gilt keine absolute Kontraindikation bei Patientinnen mit EIC für eine BET, jedoch ist bei jeder Patientin die Notwendigkeit einer Ablatio zu bedenken.
5.1.4.7. Lymphknotenstatus Eigene Untersuchungen an prä- und postmenopausalen Patientinnen konnten zeigen, dass der Lymphknotenstatus bei einer R0-Resektion der wichtigste Prognosefaktor für das Auftreten eines Lokalrezidivs ist (Jakesz et al., 2002). Dies stimmt mit anderen publizierten Daten überein. Patientinnen im Stadium II haben nach BET auch ein erhöhtes Risiko, ein Lokalrezidiv zu erleben. Eine adjuvante Therapie kann das lymphknotenabhängige Rezidivrisiko jedoch signifikant vermindern, sodass die Lymphknotenpositivität bei Patientinnen mit adjuvanter Therapie keine Kontraindikation für eine BET ist.
5.1.4.8. Alter Das Alter scheint ein unabhängiger Risikofaktor für das lokalrezidivfreie und das Gesamtüberleben zu sein (Jakesz, 2002), wobei beide Parameter bei jungen Patientinnen durch das Ausmaß der operativen Technik nicht zu beeinflussen sind (Kroman et al., 2004). Dies konnte durch eine Subgruppenanalyse prospektiver
102
U. Liebeskind, F. Fitzal, R. Jakesz, W. Döller und C. Ure
Studien (Fisher et al., 2002; van Dongen et al., 2000; Veronesi et al., 2002) ebenfalls gezeigt werden (Morrow, 2005). Die Datenlage rechtfertigt derzeit keine Kontraindikation für eine BET wegen jungen Alters.
5.1.4.9. Grading Ein hohes Grading (G3) gilt ebenfalls als wichtiger prognostischer Faktor für das Auftreten eines Lokalrezidivs, ist aber in multivariaten Analysen nicht so stark wie der Resektionsrand und der Lymphknotenstatus und gilt nicht als Kontraindikation für eine BET. Ähnliches gilt auch bei einer positiven Lymph- und/ oder Gefäßinvasion.
5.1.4.10. Tumorgröße Die Tumorgröße ist zwar ein wichtiger Prognosefaktor für das Auftreten von Fernmetastasen, vergleicht man aber Mammakarzinome mit einem Durchmesser von 2 und 2–5 cm, haben beide ein gleiches Lokalrezidivrisiko. Die Radikalität der Operationstechnik hat ebenfalls keinen Einfluss auf das Lokalrezidiv (Fisher et al., 2002; Poggi et al., 2003; van Dongen et al., 2000; Veronesi et al., 2002; Blichert-Toft et al., 1992), aus diesem Grund gibt es keine absolute Kontraindikation bei großen Karzinomen. Da jedoch bei Karzinomen über 3 cm derzeit eine neoadjuvante Therapie das Mittel der ersten Wahl darstellt, werden nur mehr wenige Karzinome über 3 cm primär operiert. Bezüglich der Tumorgröße kommt es besonders auf die Brust-TumorRelation, das resultierende kosmetische Ergebnis und die notwendige R0-Resektion kombiniert mit einer adjuvanten Radiatio an. Es gibt nur vereinzelt Daten über eine BET bei T3 und T4 Karzinomen, diese lassen jedoch bei Beachtung obiger Faktoren den Schluss zu, dass eine BET in diesen Fällen durchaus vertretbar erscheint. Auch hier wird der einzelne Fall individuell behandelt werden müssen (Fitzal et al., 2007).
5.1.4.11. Duktales Carcinoma in situ (DCIS) Das intraduktale Karzinom hat aufgrund seines biologischen Ausdehnungsmusters eher die Tendenz, multifokal bzw. multizentrisch aufzutreten, da es innerhalb des weitverzweigten Gangsystems wächst. Multizentrizität gilt hier wie bei den invasiven Karzinomen als Kontraindikation einer BET. Bei einer möglichen R0Resektion mit adäquatem kosmetischen Ergebnis und postoperativer Bestrahlung ist eine BET jederzeit möglich. Jedoch sollte man ab einer Größe von 4 bis 6 cm an eine Mastektomie denken.
5.1.5. Chirurgische Therapie peripherer Tumoren Folgende Punkte sollten bei der Operation beachtet werden: • Die Drahtmarkierung nicht palpabler Tumore reduziert das Gewebstrauma und erhöht die sichere Entfernung mit einer R0-Resektion. • Die semizirkuläre Inzision konzentrisch entlang des Bogens der Areola verbessert die Narbenqualität und Heilung. • Auf die Verwendung eines intraoperativen Gefrierschnittes wird unter Punkt 1.3 eingegangen. • Um die Haut vor Mikrotraumen zu schützen, ist die Verwendung von kleinen Einzinker-Wundhäkchen ratsam. • Thermische Schäden sollten an den Resektionsrändern vermieden werden, um das Präparat dem Pathologen im bestmöglichen Zustand zu übergeben. • Es sollte eine Adaptation des Brustdrüsengewebes nach Mobilisierung des Parenchyms von der Pektoralisfaszie mittels 4/0 resorbierbaren Fäden erfolgen, um den durch Lumpektomie entstandenen Defekt zu minimieren. Mobilisierungen im subkutanen Bereich können ebenfalls das kosmetische Ergebnis deutlich verbessern. • Das Markieren der Resektionsstellen mittels Titanklips erleichtert die postoperative Bestrahlung.
5.1.6. Chirurgische Therapie zentraler Tumoren Retromamilläre Karzinome können durch onkoplastische Verfahren kosmetisch adäquat brusterhaltend reseziert werden. Eine Mastektomie ist in diesen Fällen nicht mehr notwendig.
5.1.6.1. Einfache zentrale Resektion Die einfache Exzision der Areola mit en bloc Lumpektomie und Verschluss des runden Hautdefekts mittels Tabakbeutelnaht ist die einfachste Methode, kleinere Karzinome zu resezieren (Abb. 9.2a).
5.1.6.2. Erweiterte zentrale Resektion Mittels lateraler spitzovalärer Umschneidung der Areola inklusive darunterliegendem Karzinom können größere Karzinome brusterhaltend operiert werden. Eine Mamillenrekonstruktion kann im Anschluss er-
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Brustdrüsenkarzinom
103
folgen, jedoch ist diese durch die quer über die Brust laufende Narbe etwas erschwert (Abb. 9.2b).
5.1.6.3. Modifiziertezentrale Resektion mit Reduktionsplastik Die Verwendung von zusätzlichen Techniken wie Reduktionsplastiken ermöglichen die sofortige Rekonstruktion des Nippel-Areola Komplexes und scheinen kosmetisch die besten Narben und Brustformen nach sich zu ziehen. Eine Vielzahl an Techniken können angewandt werden, wobei sich die nach Hall Findlay besonders gut eignet, da die Narbe periareolar sowie vertikal ohne inverses T zu liegen kommt (Abb. 9.2c).
5.1.6.4. ZentraleResektion und Rekonstruktion mittels Batwing-Technik Es ist auch möglich, bei mittelgroßer bis großer Brust einen dermoglandulär gestielten Lappen von kaudal nach kranial zu ziehen und somit nach erfolgter zentraler Resektion den Defekt zu decken. Diese Methode ist für alle zentralen Karzinome geeignet und führt zu einem sehr gutem kosmetischen Ergebnis. Die Mamillenrekonstruktion kann sofort oder im Anschluss erfolgen (Abb. 9.2d).
a
b
5.2. Mastektomie Die Indikationen der Mastektomie ergeben sich aus den oben genannten Kontraindikationen einer BET. Nochmals zusammenfassend erwähnt gelten hierfür: • das inflammatorische Mammakarzinom • sichtbare Progredienz unter neoadjuvanter Therapie • eine Kontraindikation für eine postoperative Bestrahlung • positiver Resektionsrand Nachresektionen sind durchaus möglich, solange diese entweder intraoperativ durchgeführt werden (intraoperativer Gefrierschnitt) bzw. der Operateur aufgrund der Angabe der Pathologie (Markierung des Präparates bei der Operation wichtig!) den Resektionsrand identifizieren und in einem zweiten Schritt die Nachresektion mit einem für die Patientin adäquaten kosmetischen Ergebnis durchführen kann.
c
d Abb. 9.2. Chirurgische Therapie zentraler Tumoren: a) Patientin nach einfacher zentraler Resektion rechts direkt nach adjuvanter Radiatio b) erweiterte zentrale Resektion links mit horizontaler Narbe c) Patientin nach modifizierter zentraler Resektion nach Hall Findlay links. Man sieht den günstigen Narbenverlauf und die gute Symmetrie. d) Patientin nach zentraler Resektion rechts und BatwingVerschiebelappen-Technik
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5.3. Intraoperative Gefrierschnittanalyse Die Möglichkeit einer intraoperativen sofortigen Diagnose bzw. Überprüfung der Resektionsränder und des Sentinel-Lymphknotens ermöglicht es dem Chirurgen, in einem Operationsschritt alle notwendigen chirurgischen Maßnahmen zu setzen. Dies betrifft besonders die Analyse der Resektionsränder bei BET. In einer retrospektiven Analyse konnten wir demonstrieren, dass sich Patientinnen, welche zwischen 1995 und 2001 an der Abteilung für Allgemeinchirurgie, Medizinische Universität Wien, an einem Mammakarzinom operiert worden sind, in lediglich 6 % aller Fälle (n = 1865) einer zweiten Operation aufgrund einer falschen Gefrierschnittanalyse unterziehen mussten (unpublizierte Daten unter Review). Zentren, welche diese Methode nicht anbieten, müssen in bis zu 50 % der Fälle eine Zweitoperation (Nachresektion, axilläre Dissektion, Ablatio) durchführen. Dieses Ergebnis benötigt jedoch ein ausgesprochen erfahrenes pathologisches Zentrum und eine gute interdisziplinäre Zusammenarbeit. Faktoren, welche die Diagnostik des intraoperativen Gefrierschnittes erschweren bzw. nicht zulassen, müssen rechtzeitig vom Pathologen erkannt werden (z. B. intraduktales Karzinom, Fettgewebe, Mikrokalk).
5.4. Chirurgie der regionalen Lymphknotenstationen Die Bedeutung des regionalen Lymphknotenstatus für die lokale Tumorkontrolle einerseits sowie für die Prognose der Tumorerkrankung andererseits ist unumstritten. Historisch bewegte sich die Chirurgie der regionalen Lymphknoten Ende des 19. Jahrhunderts von der Entfernung ausschließlich klinisch suspekter Befunde bis zur Ausräumung der axillären, supraklavikulären und parasternalen Lymphknotenstationen bei allen Patientinnen mit einem Mammakarzinom. Heute spielt die Differentialtherapie des regionalen Lymphabflusses eine zentrale Rolle der chirurgischen Onkologie des Mammakarzinoms, wobei die diagnostischen Aspekte durchaus im Vordergrund stehen.
die Entwicklung der Biopsie des Sentinel-Lymphknotens oder Wächterlymphknotens gelegt. Es handelt sich dabei um denjenigen Lymphknoten, der die Hauptverantwortung für die Drainage des Tumorgebietes trägt. Sie dient als eine der innovativsten und interessantesten Entwicklungen in der chirurgischen Onkologie einem exakten Tumorstaging und hat Einfluss auf das gesamte onkologische Therapiekonzept. Die wissenschaftlichen Arbeiten auf diesem Gebiet haben nicht nur eine standardisierte Technik der Detektion und histologischen Aufarbeitung des Sentinel-Lymphknotens entwickelt, sondern die Rolle der lymphonodalen Metastasierung überhaupt neu betrachtet. Bei negativem Nodalstatus ist eine axilläre Dissektion ohne Vorteil für die Patientin. Vielmehr ist die postoperative Morbidität unnötig und führt zu einer deutlichen Erhöhung der gesamten therapiebedingten Morbidität in der Behandlung des primären Mammakarzinoms. Das Ziel der Sentinel-Lymphknoten-Biopsie besteht somit darin, solchen Patientinnen, die nicht von einer axillären Dissektion profitieren, diesen Eingriff auch zu ersparen. Dabei ist die Vorhersagegenauigkeit der histologischen Untersuchung des Sentinel-Lymphknotens für den gesamten Nodalstatus von Bedeutung. Diese ist einerseits durch die Sicherheit der Detektionsmethode bedingt. Weiterhin ist es dabei auch möglich, diesen einen Lymphknoten einer wesentlich subtileren und aufwändigeren histologischen Untersuchung zu unterziehen als im Falle eines Axillapräparates mit etwa 20 Lymphknoten. Zur Durchführung einer alleinigen Sentinel-NodeBiopsie müssen folgende Voraussetzungen gegeben sein: • Tumorgröße bis einschließlich 2 cm • Ausschluss von Multifokalität bzw. Multizentrizität • keine klinisch oder bildgebend auffälligen axillären Lymphknoten • Möglichkeit der pathohistologischen Schnellschnittdiagnostik • nuklearmedizinischer Arbeitsplatz bei Durchführung der Radionuklidmethode • Aufklärung und Einwilligung der Patientin • Nachweis der technischen Qualitätskontrolle im eigenen Bereich
5.4.1. Sentinel-Node-Biopsie Obwohl die axilläre Lymphknotendissektion nach wie vor zum Standard in der Therapie des Mammakarzinoms zählt, besteht seit Jahren großes wissenschaftliches Interesse darin, die Wertigkeit dieser mutilierenden Operation einzugrenzen. Hauptaugenmerk wurde dabei auf
Technisch bestehen prinzipiell zwei Möglichkeiten der Darstellung des Wächterlymphknotens, die auch miteinander kombiniert werden können.
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Brustdrüsenkarzinom
5.4.1.1. Radionuklidmethode Für die Aufnahme von Partikeln in die Lymphbahnen und deren Abtransport in den ersten drainierenden Lymphknoten ist eine Partikelgröße von weniger als 80 nm optimal. Das für die Sentinel-LymphknotenDetektion verwendete Eiweißkolloid 99mTc-Nanocoll mit einer Partikelgröße von etwa 40 nm hat sich in der Praxis bestens bewährt. Zur Darstellung des Sentinel-Lymphknotens wird am Vortag der geplanten Operation die Injektion des Radionuklids (1 ml = 100 MBq 99mTc) entweder peritumoral bei gut tastbarem Tumor oder periareolär bei nicht tastbarem Tumor in 4–6 Depots injiziert. Dabei sollte im Falle einer peritumoralen Injektion die spätere Schnittführung der definitiven Operation Berücksichtigung finden, um die potenziell tumorzellkontaminierten Injektionskanäle mit entfernen zu können. Die intratumorale Injektion ist unbedingt zu vermeiden. Eine fünfminütige Massage des Applikationsortes wird empfohlen, hat aber keine Verbesserung der Detektionsrate gezeigt. Am Operationstag, etwa 17–18 Stunden nach Applikation des Radionuklids, erfolgt dann eine Szintigraphie des Lymphabflussgebietes in zwei Ebenen zur Darstellung des Sentinel-Lymphknotens (Abb. 9.3). Aus logistischen Gründen empfiehlt es sich, die Operation vor allem dann, wenn ein brusterhaltendes Operationsverfahren geplant ist, mit der Sentinel-Lymph-
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Abb. 9.3. Lymphszintigraphie, Sentinel Node im Bereich der A. mammaria interna (Pfeil)
knoten-Biopsie zu beginnen, um die Zeitverzögerung durch die histologische Schnellschnittuntersuchung zu kompensieren. Über einen 1 bis 2 cm großen Hautschnitt zwischen vorderer und hinterer Axillarlinie in der Nähe des durch den Nuklearmediziner auf der Haut der Patientin markierten Aktivitätsmaximums erfolgt je nach Lokalisa-
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Abb. 9.4. Sentinel-Node-Biopsie: a) Zugang zum Sentinel Node, b) Darstellung des Sentinel Node mittels Gammasonde
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Abb. 9.5. Axilläre Detektion eines Sentinel Nodes (Pfeil) mittels Farbstoffmethode
tion des Sentinel-Lymphknotens in der Lymphszintigraphie zunächst die Darstellung des lateralen Randes des M. pectoralis major oder des ventralen Randes des M. latissimus dorsi. Mit Hilfe einer chirurgischen Gammasonde kann dann der Sentinel-Lymphknoten eindeutig detektiert werden. Zu beachten ist hier vor allem bei einem axillanahen Tumorsitz ein potenzieller Überstrahlungseffekt des Radionukliddepots im Bereich des Tumors (Abb. 9.4). Nach Exstirpation des Sentinel-Lymphknotens wird dessen Strahlungsintensität ex vivo und überlagerungsfrei gemessen. Eine zusätzliche Kontrolle der Axilla entweder als Negativkontrolle oder zum Auffinden eines eventuellen zweiten Sentinel-Lymphknotens ist zu empfehlen. Im Falle eines Nachweises einer Metastase in der intraoperativen Schnellschnittdiagnostik wird dann in gleicher Sitzung die axilläre Lymphknotendissektion in Zusammenhang mit der Operation des Primärtumors durchgeführt. Bei negativem Schnellschnittergebnis wird entsprechend auf die Axilladissektion verzichtet, wenn die Befundkonstellation des Primärtumors dies zulässt. Sollte dann allerdings bei der definitiven histologischen Untersuchung der Parafinschnitte konventionell eine metastatische Infiltration nachgewiesen werden, ist die axilläre Dissektion sekundär durchzuführen.
5.4.1.2. Farbstoffmethode Der Vorteil der Farbstoffmethode besteht darin, dass die dafür notwendige Injektion unmittelbar präoperativ bei bereits eingeleiteter Narkose und ohne großen technischen Aufwand durchgeführt werden kann. Dadurch wird der gesamte Ablauf für den Patienten komfortabler. Die Grundlage dafür besteht in dem wesentlich schnelleren Transport des Farbstoffes gegenüber dem Radionuklid. Allerdings dient sie nicht dem
Nachweis alternativer Lymphabflüsse, insbesondere den parasternalen Lymphknoten. Die Injektion erfolgt streng subdermal periareolär. Nach Massage des Injektionsgebietes über 5 Minuten wird der Hautschnitt wiederum zwischen vorderer und hinterer Axillarlinie durchgeführt und eine gefärbte Lymphbahn aufgesucht. Bei der Verfolgung derselben gelingt es, den Sentinel-Lymphknoten zu detektieren und anschließend zu entfernen (Abb. 9.5). Die histologische Aufarbeitung setzt sich dann analog zur Radionuklidmethode fort. Eine Kombination beider Methoden ist möglich. Primär erhöht sie aber die Detektionsrate bei erfahrenen Operateuren nur unwesentlich. Allerdings kann die Farbstoffmethode bei fehlendem Nachweis eines radionuklidspeichernden Lymphknotens die Detektionsrate verbessern.
5.4.2. Parasternale Exploration Die Konsequenz der parasternalen Exploration hinsichtlich der Bestimmung des Nodalstatus zur Festlegung adjuvanter Therapien in Form einer adjuvanten Chemotherapie und/oder einer Bestrahlung des parasternalen Lymphabflussgebietes wird weiterhin kontrovers diskutiert. Ein parasternales Lymphknotenrezidiv ist in den wenigsten Fällen als eigenständiges lokoregionäres Geschehen zu betrachten, sondern vielmehr die erste Manifestation der systemischen Erkrankung (Cranenbroek et al., 2005). Bei negativem axillären Nodalstatus und Metastasennachweis im parasternalen Sentinel-Lymphknoten wird jedoch ein „Upstaging“ erreicht, was in dieser Subgruppe einen Einfluss auf die adjuvante Therapie hat (Leidenius et al., 2006). Zur Anwendung kann hier nur die Radionuklidmethode kommen. Mit Hilfe der chirurgischen Gammasonde wird das parasternale Lymphabflussgebiet wiederum in der Nähe der durch den Nuklearmediziner auf der Haut markierten Region untersucht und der Ort der maximalen Aktivitätsanreicherung aufgesucht. Anschließend erfolgt entweder durch das Operationsgebiet bei der Mastektomie oder durch eine Zusatzinzision bei brusterhaltenden Operationsverfahren die Spaltung der Pektoralismuskulatur in Faserrichtung und die Darstellung von zwei aufeinanderfolgenden Rippen an ihrer Knorpel-Knochengrenze. Der Rippenknorpel wird dann subperiostal durchtrennt und auf einer Länge von etwa 1 cm reseziert. Danach erfolgt die Darstellung der A. mammaria interna mit dem umgebenen Fett- und Lymphgewebe. Hier kann nun
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mit Hilfe der Gammasonde der Sentinel-Lymphknoten detektiert und exstirpiert werden. Dabei ist darauf zu achten, dass die unmittelbar darunter befindliche Pleura parietalis nicht verletzt wird. Nach Adaptation des Periostes und Drainage des Operationsgebietes kann die gespaltene Pektoralismuskulatur locker adaptiert werden. Postoperativ ist eine Röntgenaufnahme zum Ausschluss eines Pneumothorax unbedingt zu empfehlen.
5.4.3. Axilladissektion Um das Ziel der axillären Lymphknotendissektion in Form eines Stagings im Falle der fehlenden Indikation zur Sentinel-Lymphknoten-Biopsie sowie der lokalen Tumorkontrolle zu erreichen, ist die Entfernung und histologische Präparation von mindestens 10 Lymphknoten der Level 1 und 2 erforderlich. Sollten durch das präoperative Staging suspekte Lymphknoten im Bereich des Level 3 auffallen, ist der Eingriff dahingehend auszuweiten. Retrospektive Analysen haben gezeigt, dass eine geringere Anzahl von untersuchten Lymphknoten zu einem Understaging mit nachfolgendem Undertreatment führt, was sich in einer höheren Lokalrezidivrate und in einer schlechteren Prognose ausdrückt (Salama et al., 2005; Weir et al., 2002). Andererseits konnte gezeigt werden, dass bei Patientinnen im Alter von 60 Jahren und älter bei klinisch negativem axillären Lymphknotenstatus und der Indikation zur adjuvanten Hormontherapie der Verzicht auf eine Axilladissektion gleiche Ergebnisse bei besserer Lebensqualität erreicht (International Breast Cancer Study Group, 2006). Im Rahmen einer Mastektomie oder eines brusterhaltenden Operationsverfahrens im Sinne einer sektororientierten Resektion im oberen äußeren Quadranten sollte die Axilladissektion monobloc über den vorbestehenden Zugang erfolgen. In allen anderen Fällen erfolgt der Zugang optimal über eine separate Hautinzision, die bogenförmig parallel zum lateralen Rand des M. pectoralis major beginnt und quer zur hinteren Axillarlinie verläuft. In jedem Falle beginnt man mit der Darstellung der muskulären Begrenzung der Axilla: Dies sind die lateralen Ränder der Pektoralismuskulatur und der ventrale Rand des M. latissimus dorsi. Im Weiteren wird die V. axillaris dargestellt. Dabei ist darauf zu achten, dass die Lymphbahnen oberhalb der Vene geschont werden. Dadurch kann das Risiko eines postoperativen Lymphödems des Armes gesenkt werden. Weitere Strukturen,
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die unbedingt Beachtung finden müssen, sind das thorakodorsale Gefäß-Nerven-Bündel, der N. thoracicus longus, das interpektorale Gefäß-Nerven-Bündel sowie die Nn. intercostobrachiales. Eine Verletzung dieser Strukturen führt zu einer deutlichen Erhöhung der therapiebedingten Morbidität. Nach Abschluss der Operation ist das Operationsgebiet mit einer Redondrainage zu versorgen. Die Hautnaht sollte unbedingt in einer subkutanen oder subdermalen Nahttechnik erfolgen, da überstehende Fadenenden zu Hautirritationen führen können. Eine nicht seltene früh postoperative Komplikation der Axilladissektion ist das Serom. Langzeitdrainagen oder häufige Punktionen erhöhen das Infektionsrisiko und verlängern die Krankenhausverweildauer. Manifeste Infektionen verzögern wiederum den Beginn adjuvanter Therapien bzw. rufen dabei erneute Komplikationen hervor. Zur Vermeidung solcher Serome ist in erster Linie eine subtile Präparationstechnik erforderlich, wobei im Verlauf von Lymphbahnen das Gewebe nur zwischen Ligaturen durchtrennt werden sollte.
5.5. Chirurgie des primär metastasierten Mammakarzinoms Die chirurgische Behandlung des primär metastasierten Mammakarzinoms hat keine kurative Zielstellung. Die Indikation ist daher streng zu stellen und richtet sich vordergründig auf eine Verbesserung der Lebensqualität. Da diese durch den Primärtumor in der Regel nicht beeinträchtig ist, sollten sich alle chirurgischen Aktivitäten, wie beim sekundär metastasierten Mammakarzinom, auf solche Metastasen konzentrieren, deren Symptomatik chirurgisch günstig beeinflusst werden kann. Der Primärtumor erlangt dann eine chirurgische Relevanz, wenn er zu Symptomen führt. Das ist in der Regel bei weit fortgeschrittenen Karzinomen der Fall, wenn eine Exulzeration oder Brustwandinfiltration vorliegt. Hier können chirurgische Maßnahmen durchaus eine Verbesserung der Lebensqualität erreichen. Die Indikationsstellung ist jedoch immer individuell zu überlegen.
5.5.1. Ossäre Metastasen Die alleinige ossäre Manifestation der systemischen Mammakarzinomerkrankung geht insgesamt mit einer besseren Prognose als die viszerale Metastasierung
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Abb. 9.6. Solitäre osteolytische Metastase eines Mammakarzinoms: a) Röntgenbefund, b) OP-Präparat nach proximaler Femurresektion, c) Versorgung mittels Tumorendoprothese
einher und lässt sich vor allem bei hormonrezeptorpositiven Tumoren über Jahre bei angemessener Lebensqualität chronifizieren. Chirurgisch relevant werden die Knochenmetastasen vor allem dann, wenn pathologische Frakturen drohen oder bereits eingetreten sind. Hier ist unter Berücksichtung der günstigeren Gesamtprognose und der teilweise erheblichen klinischen Beschwerden eine definitive Therapie anzustreben. Das bedeutet auch, im Falle von solitären ossären Läsionen eine R0-Situation zu erreichen, um einem lokalen Metastasenrezidiv vorzubeugen. Im Bereich der langen Röhrenknochen erfolgt nach Metastasenresektion ein Ersatz durch eine Tumorendoprothese (Abb. 9.6). Damit kann bei vollständiger Tumorentfernung ein gutes funktionelles Ergebnis erreicht werden. Bei pathologischen Frakturen bleibt die Anwendung von Osteosynthesen ohne Resektion der Metastase ausschließlich solchen Fällen vorbehalten, in denen die Prognose durch Organmetastasen erheblich schlechter ist. Zusätzlich kann eine lokale Strahlentherapie zur Schmerzlinderung beitragen. Dabei können durch komplikationsärmere Eingriffe gute palliative Ergebnisse erzielt werden. Bei osteolytischen Metastasen im Bereich der Wirbelsäule dienen die chirurgischen Maßnahmen der Stabilisierung und der Entlastung des Spinalkanals. Eine
R0-Situation ist hier kaum zu erreichen. Die Strahlentherapie kann dabei konsolidierend eingesetzt werden. Bei fehlenden chirurgischen Optionen ist die alleinige Strahlentherapie sinnvoll, um eine angemessene Palliation zu erreichen.
5.5.2. Viszerale Metastasen Viszerale Metastasen entstehen auf hämatogenem Wege und finden sich hauptsächlich in Lunge und Leber. Eine Mitbeteiligung der serösen Häute ist möglich, kann aber auch eigenständig auftreten. Insgesamt sind viszerale Metastasen immer mit einer schlechten Prognose vergesellschaftet. Die pulmonale Metastasierung ist in der Regel diffus. Eine klinische Symptomatik ist erst bei einem weit fortgeschrittenen Metastasenwachstum zu erwarten. Eine chirurgische Behandlung ist nicht sinnvoll. Anders ist die Situation beim Auftreten eines malignen Pleuraergusses, dessen Ursache immer eine Pleurakarzinose ist. Diese entsteht durch eine lymphogene Metastasierung und tritt oft ohne Metastasen des Lungenparenchyms auf. Der Erguss kann sich einseitig oder beidseitig manifestieren. Die klinische Symptomatik ist oft eindrucksvoll und für die Patientinnen oft mit einer erheblichen Beeinträchtigung der Lebensqualität
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verbunden. Regelmäßiges Wiederauftreten der Ergüsse nach Punktionen geben dieser Maßnahme lediglich eine diagnostische Berechtigung. Zur symptomatischen Behandlung der Pleurakarzinose stehen zwei effektive Maßnahmen zur Verfügung. Zum Einen kann mit einer chemischen Pleurodese mit Mitoxantron eine effektive lokale Kontrolle des Pleuraergusses erreicht werden, ohne dabei wesentliche systemische Nebenwirkungen in Kauf zu nehmen (Barbetakis et al., 2004). Eine weitere chirurgische Option besteht in einer videoassistierten thorakoskopischen Talkumpleurodese (Gasparri et al., 2006). Der Vorteil dieser Methode besteht in der Möglichkeit, nochmals Tumormaterial zur Bestimmung von therapierelevanten immunhistologischen Parametern, wie z. B. des HER2-Status, zu gewinnen. Bei einem malignen Pleuraerguss als einzige metastatische Manifestation eines hormonrezeptorpositiven Mammakarzinoms können somit durchaus gute Langzeitergebnisse erzielt werden. Die chirurgische Behandlung von Lebermetastasen stellt beim Mammakarzinom ebenfalls keine absolute Indikation dar, da hier gleichsam wie bei der pulmonalen Metastasierung eine multiple bis diffuse Manifestation anzutreffen ist. Liegen allerdings solitäre oder singuläre Läsionen vor, so kann eine Resektion mit dem Ziel, eine R0-Situation zu erreichen, durchaus einen therapeutischen Gewinn für die Patientinnen erbringen. Grundvoraussetzung dafür ist jedoch der sichere Ausschluss einer extrahepatischen Tumormanifestation. So können durch Lebermetastasenresektionen durchaus Patientenkollektive ein Gesamtüberleben von über 20 % und ein 5-Jahres-krankheitsfreies Überleben von 16 % erreichen (Sakamoto et al., 2005). Weitere lokale Behandlungsmöglichkeiten sind die laparoskopische Radiofrequenzablation oder eine Chemoembolisation (Li et al., 2005; Berber et al., 2005).
5.5.3. Thoraxwandmetastasierung Eine intrakutane oder subdermale Metastasierung im Bereich der Thoraxwand ist häufig einer chirurgischen Therapie nicht mehr zugänglich, da ausgedehnte Resektionen mit zum Teil sehr aufwändigen plastischen Deckungen keine lokale R0-Situation erreichen lassen. Oftmals ist bei diesen Patientinnen wegen immer wieder auftretenden lokalen Rezidiven eine mehrfache chirurgische und/oder strahlentherapeutische Behandlung vorausgegangen, sodass dahingehend keine weiteren Behandlungsoptionen bestehen. Allerdings stellt
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die photodynamische Therapie eine sinnvolle Methode dar, die gute klinische Ergebnisse bei geringer Morbidität erwarten lässt (Cuenca et al., 2004). Das Prinzip dieser Therapie besteht in der selektiven Anreicherung von Photosensibilisatoren im Tumorgewebe. Durch eine Laserlichtexposition kommt es zur Ausbildung zytotoxischer Radikale, die über vaskuläre Reaktionen zur Tumorhypoxie und damit zum Zelltod führen. Hinsichtlich der Nebenwirkungen ist zu beachten, dass die mit Photosensibilisatoren behandelten Patientinnen bei Sonnenlichtexposition Hautschädigungen erleiden können. Daher sind unter der Therapie besondere Schutzmaßnahmen zu beachten. Das lokale Thoraxwandrezidiv stellt für die chirurgischen Optionen eine besondere Herausforderung dar. Infiltration von Thoraxmuskulatur und Rippen machen oft einen ausgedehnten Eingriff erforderlich, der unter Umständen bei Infiltration von Pleura und Lungen auch viszerale Resektionen mit einschließen kann. Zur Deckung des dabei entstandenen Defektes sind plastische Rekonstruktionen mit freien oder gestielten myokutanen Lappen notwendig. In der Planung solcher Eingriffe sollte jedoch mit hinreichender Sicherheit eine Fernmetastasierung ausgeschlossen werden. Auch muss die funktionelle Operabilität der Patientin sorgfältig überprüft werden, sodass die Voraussetzungen bestehen, postoperative Ventilationsstörungen durch einen Verlust von Atemhilfsmuskulatur und unter Umständen auch von Lungenparenchym zu kompensieren.
5.5.4. Zerebrale Metastasen Hirnmetastasen treten in etwa 10 bis 15 % der metastasierten Mammakarzinome auf und stellen eine ernsthafte Spätkomplikation der systemischen Erkrankung dar. Dabei zeigen Patientinnen mit Karzinomen, die eine HER2-Überexpression aufweisen und mit Trastuzumab behandelt werden, eine höhere Rate an ZNSMetastasen (Yau et al., 2006). Im Vordergrund der klinischen Symptomatik steht die Entwicklung eines Hirndrucks. Dieser kann sich durch ein plötzliches Krampfleiden oder durch entsprechende neurologische Defizite bemerkbar machen. Oft ist aber auch eine psychiatrische Symptomatik auffällig, die ohne fachärztliches Konsil häufig zu Fehldiagnosen führt. Die Prognose ist insgesamt sehr schlecht. Die mittlere Überlebenszeit bei rein symptomatischer Therapie beträgt fünf Wochen. Da die Vielfalt der möglichen ZNS-Manifestationen von solitären Metastasen bis zu diffuser zerebraler und
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meningealer Metastasierung in Zusammenhang mit einer ausgedehnten viszeralen Metastasierung reicht, ist eine generelle Therapieempfehlung nicht möglich. Bei multiplen und zentralen Lokalisationen stehen antiödematöse und allenfalls strahlentherapeutische Maßnahmen mit palliativer Zielstellung im Vordergrund der Therapie. Handelt es sich aber um solitäre Hirnmetastasen als Erstmanifestation der systemischen Erkrankung, so ist eine neurochirurgische Therapie mit nachfolgender Strahlentherapie angezeigt (Saisho et al., 2005; Kirsch et al., 2005).
6. Komplikationsmanagement Die Morbidität von Brustoperationen ist sehr gering und beinhaltet vor allem Blutungen, Infektionen und R1-Resektionen sowie Hautnekrosen, vor allem bei Verwendung von lokalen Lappenplastiken bzw. Sofortrekonstruktionen. Auch das Serom und das Lymphödem gehören zu späten Komplikationen nach Brustoperationen. Die neoadjuvante Therapie ist hierbei neben Adipositas und wiederholten Eingriffen einer der größten Risikofaktoren für das Auftreten von Komplikationen.
einer lokalen Infektion kontraindiziert. Nur in seltenen Fällen ist eine chirurgische Revision vonnöten. Diese ist besonders bei Fettgewebsnekrosen und bei über Wochen nicht heilenden Wunden angeraten. Eine inflammatorische Komponente eines Mammakarzinoms sollte bei unkontrollierbaren Infektionen nie außer Acht gelassen werden. Die frühzeitige histologische Abklärung ist hierbei entscheidend. Systemische Antibiose mit Clindamycin ist die Therapie der ersten Wahl.
6.3. Serom In bis zu 10 % aller Patientinnen kann es zu einer beträchtlichen Serombildung kommen. Die neoadjuvante Therapie, eine ausgedehnte Lymphadenektomie sowie postoperative Infektionen sind die Risikofaktoren dieser zum Teil unangenehmen Komplikation. Regelmäßige Punktionen im Abstand von 3–5 Tagen sind unter sterilen Kautelen zu empfehlen, um die lokale Belastung zu lindern und dem Gewebe die Reabsorbtion zu erleichtern. Proteasenpräparate wie Phlogenzym oder Wobenzym können durch eine lokale entzündungshemmende Wirkung über A-Makroglobulin unterstützend wirken. Die Seromproduktion kann bis zu einem Monat postoperativ vorhanden sein. Bei Mengen unter 50 ml sollte auf eine Punktion verzichtet werden, da hier die Infektionsgefahr den Nutzen überwiegt.
6.1. Blutung Eine postoperative Blutung kann jederzeit auftreten und ist am häufigsten entweder eine diffuse Blutung aus dem Restparenchym oder eine lokalisierte Blutung aus einem Perforansgefäß im Bereich des M. pectoralis major. Sollten die Patientin hämodynamisch stabil und die Blutung durch Kompression zu stoppen sein, ist eine Re-Operation nicht zwingend indiziert. Eine größere Hämatomansammlung ist aber aufgrund der lokalen Schmerzbelastung und der erhöhten Infektionsgefahr zu vermeiden. Ein frühzeitig ausgeräumtes Hämatom kann das Entstehen von postoperativen Seromen verhindern.
6.2. Infektion Infektionen sind zumeist mit Wunddehiszenzen und Abszessen bzw. phlegmonösen Veränderungen an der Haut vergesellschaftet und können außer bei Abszessen mit lokalen kühlenden Maßnahmen und Topfenumschlägen behandelt werden. Eine adjuvante Therapie, ausgenommen die Antihormontherapie, ist unter
6.4. Lymphödem Sekundäre Lymphödeme der Arme, des oberen Rumpfquadranten und der Brust gehören zu den häufigsten Früh- und Spätkomplikationen nach operativer und strahlentherapeutischer Behandlung des Mammakarzinoms. Das Lymphödem ist eine eigenständige chronische, zur Progression neigende Erkrankung, welche auf einer reduzierten Transportkapazität des Lymphgefäßsystems beruht und durch protrahierte Ansammlung eiweißreicher Flüssigkeit (Lymphe) im Interstitium zu den für das Lymphödem typischen fibrosklerotischen Umbauprozessen führt (Werner et al., 1998). Dies führt neben den Funktionsstörungen der betroffenen Organe auch zu beträchtlichen physischen und psychischen Beeinträchtigungen und Verminderung der Lebensqualität im Alltag (Albert et al., 2005; Box et al., 2002). Die Inzidenz des Lymphödems nach Brustdrüsenkarzinom wird mit 26 bis 30 % (Petrek et al., 2001; Petrek et al., 1998) angegeben und hat sich durch moderne Behandlungsstrategien deutlich geändert. Während
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Abb. 9.7. Lymphödemtherapie (KPE): Anwendung von speziellen Lymphpads besonders bei Therapie des Mammalymphödemes
ein Rückgang der Armlymphödeme festgestellt werden kann, ist durch die (bis zu 80 %) steigende Rate der brusterhaltenden Operationen das Brustlymphödem mittlerweile in den Vordergrund gerückt. Tumorunabhängige Faktoren für die Entstehung eines Lymphödems sind Gewichtszunahme und Entzündungen, insbesondere nach (Bagatell-)Verletzungen am Arm (Ernst et al., 2002). Lymphödeme können akut postoperativ, aber auch nach einer Latenzzeit von vielen Jahren auftreten. Unbehandelt neigt das Lymphödem zur Progression und Komplikationen (Casley-Smith, 1995; Földi, 2005), wie Erysipelinfekten (bis zu 30 %) und in seltenen Fällen entsteht ein Angiosarkom (Stewart-Treves-Syndrom) des lymphgestauten Armes oder der Brust. Klinisch wird das Lymphödem je nach Ausprägung in vier Stadien eingeteilt:
Stadium 0 (Latenz-/Intervallstadium) Klinisch keine sicht- oder tastbare Schwellung nachweisbar, Transportkapazität ist jedoch deutlich herabgesetzt (in der Funktionslymphszintigraphie nachweisbar). Stadium I (spontan reversibles Stadium) Sicht- und tastbare weiche Schwellung, die sich in Ruhe spontan zurückbildet. Stadium II (spontan irreversibles Stadium) Anhaltende Schwellung mit Bindegewebsveränderung im Sinne einer Fibrosklerose, aber auch Anteile von weichen, Dellen hinterlassenden Ödemen, die sich nicht mehr spontan zurückbilden.
Stadium III (Elefantiasis) Zunehmende Schwellung mit Fortschreiten der Bindegewebsproliferation und gehäuftes Auftreten von Komplikationen (Erysipel, Pilzinfektionen, Lymphfisteln, Lymphzysten, Angiosarkom). Ausmaß, Lokalisation sowie Funktionsbeeinträchtigung und die damit verbundenen Beeinträchtigungen der Lebensqualität bestimmen die daraus folgenden therapeutischen Maßnahmen. Wegen der therapeutischen Konsequenz ist die Unterscheidung von sekundären benignen und sekundären malignen Lymphödemen unabdingbar. Primäre und sekundäre Präventivmaßnahmen können die Entstehung oder Progression eines Lymphödems verhindern. Primäre Präventivmaßnahmen sind besonders jene, die perioperativ einen Beitrag zur Verhinderung von Lymphödemen leisten (z. B. fachgerechte onkologische Therapie, Einsatz der Sentinel-Node-Operation, Vermeidung von postoperativen Infektionen und Serombildungen). Sekundäre Präventivmaßnahmen sind im Rahmen eines postoperativen Managementes konsequent durchzuführen. Physiotherapeutische Behandlungen zur Erhaltung oder Wiedererlangung der Schulter-Arm-Mobilität führen nicht nur zur Verbesserung der Beweglichkeit, sondern auch zur Verminderung von Folgestörungen, wie einer Lymphödementstehung. Wichtig sind Aufklärung und Information der Patientinnen über die mögliche Problematik der Lymphödementstehung. Besonders Hinweise auf Verhaltensweisen, die auf die Vermeidung von Entzündungen und Verletzungen (Erhöhung der lymphpflichtigen Last) ausgerichtet sind, aber auch Maßnahmen zur Vermeidung einer weiteren Verschlechterung der schon reduzierten Transportkapazität (enge Bekleidung, einschnürende
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BH- und Prothesenhalterung) müssen der Patientin nahegelegt werden. Die heute wirksamste und anerkannteste Methode der Therapie des Lymphödems ist eine nebenwirkungslose konservative Therapie (Anderson et al., 2000; Földi, 2005), die komplexe physikalische Zwei-Phasen-Entstauungstherapie (KPE) nach Földi (Abb. 9.7): • Phase I der KPE (Entstauungsphase) Schwerpunkt ist die Beseitigung des mobilen Ödems mittels manueller Lymphdrainage, Kompressionsbandagierung und Anwendung von Lymphpads, Entstauungsgymnastik sowie Hautpflege und Hauthygiene. • Phase II der KPE (Erhaltungs- und Optimierungsphase) Nach völliger Beseitigung der mobilen Schwellung erfolgt der Ersatz der Kompressionsbandagen durch nach Maß angefertigte Kompressionsstrümpfe mit ergänzendem Selbstbehandlungsmanagement (manuelle Lymphdrainage, Hautpflege und -hygiene sowie Selbstbandagierung). Die Einbeziehung der Patientinnen durch eingehende Schulung in Phase I und gegebenenfalls auch zusätzliche krankengymnastische Maßnahmen in Phase II sowie Behandlung bestehender Begleiterkrankungen, die das Lymphödem verschlimmern können, sind für einen Therapieerfolg unabdingbar. Während Lymphödeme der Stadien I und II durchaus ambulant therapiert werden können, ist eine Therapie der Lymphödeme des Stadiums II mit für das Lymphödem relevanten Begleiterkrankungen sowie der Lymphödeme im Stadium III nur im Rahmen einer stationären Rehabilitationsbehandlung sinnvoll und zielführend (Boris et al., 1997). Sekundäre maligne Lymphödeme, welche also durch den Primärtumor oder eine lokoregionäre Progression bedingt sind, bedürfen primär einer onkologischen Behandlung. Zur Verbesserung der Lebensqualität und Reduktion evtl. auftretender massiver Lymphödeme ist eine symptomadaptierte (palliative) Entstauungstherapie der Phase I und II durchaus geeignet, die Lebensqualität dieser Patientengruppe zu verbessern. Die chirurgische Therapie des Lymphödems ist nur nach Ausschöpfung der konservativen Behandlungsmethoden (KPE) angezeigt. Als operative Methoden empfehlen sich die mikrochirurgischen Methoden zur Erhöhung der Transportkapazität; zu diesen zählen die autologe Lymphgefäßtransplantation und lymphovenöse Anastomosen.
Resezierende Verfahren, wie die Liposuktion, sind ungenügend bezüglich Langzeitergebnissen untersucht und in der Regel auch nicht notwendig.
7. Nachbehandlung Das Mammakarzinom hat hinsichtlich seiner Prognose in den letzten Jahrzehnten durch die Einführung und Entwicklung adjuvanter Therapiekonzepte eine enorme Verbesserung erfahren. Durch die Nutzung der molekularbiologischen Forschung und Biotechnologie und das Bestreben nach einer raschen Einführung neuer Therapieansätze ist eine weitere Verbesserung der Situation zu erhoffen. Als adjuvante Therapien bezeichnet man solche Behandlungen, die nach einer durch die Operation erreichten vollständigen Tumorentfernung einschließlich der vorhandenen lokoregionären Lymphknotenmetastasen im Sinne einer R0-Situation zusätzlich zum Einsatz kommen. Im Falle eines lokal zurückgebliebenen mikro- (R1) oder makroskopischen (R2) Tumorrestes sowie beim Vorliegen von Fernmetastasen ist jegliche zusätzliche Therapie nicht im adjuvanten Sinne. Analog zur adjuvanten Therapie besteht die Möglichkeit des Einsatzes zusätzlicher Behandlungen vor einer geplanten Operation. Somit handelt es sich um ein neoadjuvantes Konzept. Im Folgenden soll auf die Möglichkeiten und Konzepte eingegangen werden, ohne diese bis ins Detail zu erläutern. Für die Erarbeitung der einzelnen und individuellen Therapiekonzepte ist für den chirurgischen Onkologen ein interdisziplinäres Tumorkonsil mit Vertretern der medizinischen Onkologie, Radioonkologie Radiodiagnostik und Psychoonkologie erforderlich.
7.1. Chemotherapie/Hormontherapie Grundlage für die Indikationsstellung zur adjuvanten Chemotherapie ist die Einschätzung des Risikos für das Auftreten eines Rezidivs oder Metastasen. Diese Risikoabschätzung erfolgt auf der Grundlage prognostisch relevanter histomorphologischer Tumorparameter sowie biologischer Charakteristika der betroffenen Patientin. Die internationale Konsensus-Konferenz in St. Gallen hat grundsätzliche Empfehlungen zur adjuvanten Therapie erarbeitet. Diese wurden in regelmäßigen Abständen, zuletzt im März 2007 aktualisiert (Goldhirsch, 2007). Bereits 2005 wurde die Hormonempfindlichkeit
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des Tumors als wichtigster Faktor für die Entscheidung über das adjuvante therapeutische Vorgehen definiert und damit eine wesentliche Veränderung im Algorithmus der Indikationsstellung für die adjuvante Therapie erarbeitet. Für die Kriterien der Hormonempfindlichkeit bestehen entsprechend dem aktuellen Konsensus drei unterschiedliche Gruppen: • Stark hormonempfindlich: Nachweis einer Expression sowohl des Östrogen- als auch des Progesteronrezeptors in der überwiegenden Anzahl der Zellen • Partiell hormonempfindlich: Nachweis einer Expression beider oder auch nur eines der Hormonrezeptoren nur in einer Minderheit der Zellen • hormonunempfindlich: kein Nachweis von Steroidhormonrezeptoren in den Tumorzellen Des Weiteren wurden pathohistologische Parameter wie HER2-Status, Gefäß- und Lymphbahneinbrüche berücksichtigt. Einen Überblick gibt die Tabelle 9.4. Als Standardkombination für die adjuvante Chemotherapie wird eine anthrazyklinhaltige Therapie mit 5Fluorouracil, Epirubicin (oder Doxorubicin) und Zyklophosphamid (FEC, FAC) empfohlen. Im St. Gallen Konsensus 2007 wurde – als wesentliche aktuelle Modifikation – außerdem die Behandlung mit dem anti-HER2-Antikörper Trastuzumab als wichtiger Bestandteil der adjuvanten Therapie in die Behandlungsempfehlungen aufgenommen. Für die individuelle Therapieplanung spielt der Rezeptorstatus für Östrogen/Progesteron und HER2 eine wesentliche Rolle. Patientinnen mit HER2-positiven Karzinomen sollten – unter der Voraussetzung fehlender Kontraindikationen – in der Regel vorab oder simultan zur Chemotherapie auch mit Trastuzumab behandelt werden (Tabelle 9.5). Eine adjuvante Hormontherapie sollte nicht während einer Chemotherapie angewandt werden, da sich beide Wirkungsmechanismen negativ beeinflussen können. Die adjuvante Behandlung ist auch abhängig vom Menopausenstatus der Patientin: Bei prämenopausalen Frauen ist neben der antiöstrogenen Therapie mit Tamoxifen die Ovarialfunktion zu beachten. Ist diese anamnestisch nicht zu eruieren, z. B. bei einem Zustand nach Hysterektomie, müssen die Serumhormonspiegel bestimmt werden. Die Hemmung der Ovarialfunktion durch GnRH-Analoga sollte für 3 Jahre durchgeführt werden. Bei postmenopausalen Frauen sind in der AdjuvansTherapie Aromatasehemmer mittlerweile Stand der
113 Tabelle 9.4. Festlegung der Risikogruppen für Patientinnen mit primärer Brustkrebserkrankung (nach St. Gallen Konsensus 2007) Risikokategorie
Kriterien
Niedriges Risiko1
Nodal negativ und alle folgenden Kriterien: pT 2 cm und Grad 1,2 und keine starke peritumorale vaskuläre Invasion,3 und ER und/ oder PgR6 exprimiert und HER2/neu weder überexprimiert noch amplifiziert,4 und Alter 35 Jahre
Nodal negativ und mindestens eins der folgenden Kriterien: pT > 2 cm, oder Grade 2 bis 3,2 oder starke peritumorale vaskuläre Invasion,3 oder ER und PgR6 abwesend, oder HER2/neu überexprimiert Intermediäres oder amplifiziert,4 oder Alter < 35 Jahre Risiko5 Nodal positiv (1 bis 3 betroffene Lymphknoten) und ER und/oder PgR exprimiert, und HER2/neu weder überexprimiert noch amplifiziert4
Hohes Risiko
Nodal positiv (1 bis 3 betroffene Lymphknoten) und ER und PgR abwesend, oder HER2/ neu überexprimiert oder amplifiziert4 Nodal positiv (4 oder mehr betroffene Lymphknoten)
(pT = Tumorgröße am Operationspräparat bestimmt) 1 Einige Mitglieder der Expertengruppe erachten pT1a- und pT1b-Tumoren (d.h. pT < 1 cm) mit nodal negativer Erkrankung als Niedrigrisiko-Konstellation, selbst bei höherem Grading und/oder jüngeren Patientinnen. 2 Histologisches und/oder nukleäres Grading. 3 Starke peritumorale vaskuläre Invasion wurde als diskriminatorischer Faktor für ein erhöhtes Risiko kontrovers beurteilt; der Nachweis einer peritumoralen vaskulären Invasion definiert ein intermediäres Risiko für noda lnegative Erkrankung, hat aber keinen Einfluss auf die Risikokategorie bei nodal positiver Erkrankung. 4 HER2/neu-Überexpression oder Amplifikation muss mit qualitätskontrollierten Assays untersucht werden (immunohistochemisch oder Fluoreszenz-in-situ-Hybridisation [FISH]). 5 Zu beachten, dass die Intermediärrisiko-Kategorie sowohl nodalnegative als auch nodalpositive (= 1 bis 3 befallene Lymphknoten) Erkrankungen umfasst. 6 Einige Fälle, wie das medulläre und das apokrine Karzinom, können auch bei fehlender Hormonrezeptorexpression als niedriges Risiko eingestuft werden.
Kunst, ev. nach einer Initialtherapie mit Tamoxifen. Die optimale Abfolge der Therapie wird derzeit in zahlreichen Studien untersucht.
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U. Liebeskind, F. Fitzal, R. Jakesz, W. Döller und C. Ure Tabelle 9.5. Auswahl der adjuvanten Therapiemodalitäten bei Mamma-Ca anhand des Rezeptorstatus (nach St. Gallen Konsensus 2007)
Östrogenrezeptor +++ (Stark hormonempfindlich)
Östrogenrezeptor + (Partiell hormonempfindlich)
Östrogenrezeptor (endokrin unempfindlich)
HER2 positiv
Endokrine Therapie + Trastuzumab1 + Chemotherapie
Endokrine Therapie + Trastuzumab1 + Chemotherapie
Trastuzumab1 + Chemotherapie
HER2 negativ
Endokrine Therapie + Chemotherapie
Endokrine Therapie + Chemotherapie
Chemotherapie
1 Bei Patientinnen mit Tumoren < 1 cm und ohne nodulären Befall sollte Trastuzumab nicht als Standard angesehen werden, besonders bei starker oder partieller Hormonempfindlichkeit
7.2. Strahlentherapie Die adjuvante Strahlentherapie ist ein fester Bestandteil im multimodalen Behandlungskonzept mit primär kurativer Zielstellung vor allem beim frühen Mammakarzinom. Aber auch beim lokal fortgeschrittenen und inflammatorischen Karzinom dient sie der lokalen Tumorkontrolle. Die Indikation und der Bestrahlungsumfang sowie die zeitliche Abfolge müssen im Rahmen der interdisziplinären Therapieplanung festgelegt werden. Eine absolute Indikation zur adjuvanten Strahlentherapie der Restbrustdrüse ist nach brusterhaltenden Operationen wegen eines invasiven Mammakarzinoms gegeben. Dadurch kann das Risiko für das Auftreten eines lokalen Rezidivs deutlich gesenkt werden, was letztendlich einen positiven Einfluss auf das Gesamtüberleben hat (Early Breast Cancer Trialist Collaborative Group, 2000). Als Voraussetzung gilt jedoch das Vorliegen einer R0-Situation. Nach einer fraktionierten Bestrahlung der Restbrust-
Tabelle 9.6. Van Nuys-Index beim DCIS 1
2
3
Tumorgröße (mm)
< 16
16–40
> 41
Resektionsrand (mm)
>9
1–9
<1
non high grade ohne Nekrosen
non high grade mit Nekrosen
high grade
Pathohistologisches Grading
drüse kann eine lokale Dosisaufsättigung im Sinne eines Boostes auf das Tumorbett die lokale Rezidivrate weiter senken. Dazu ist es wichtig, dass der Operateur dieses Tumorbett intraoperativ mittels Metallklips markiert. Bei einem Zustand nach Mastektomie ist in der Regel keine adjuvante Strahlentherapie erforderlich. Unter einer bestimmten Befundkonstellation kann sie aber der lokalen Tumorkontrolle dienen und damit auch die Heilungsaussichten verbessern. Die Indikation ist gegeben bei großen Tumoren pT3/4, 4 oder mehr befallenen axillären Lymphknoten. Die Wertigkeit der Strahlentherapie der regionären Lymphabflussgebiete ist noch nicht hinreichend belegt. Bei einem ausgedehnten Lymphknotenbefall der Axilla bis ins Level 3 mit kapselüberscheitendem Wachstum und einer Lymphangiosis carcinomatosa erscheint sie durchaus vernünftig. Allerdings ist bei der Indikationsstellung zu berücksichtigen, dass die Morbidität der Axilladissektion durch die Strahlentherapie weiter erhöht wird. Hinsichtlich der zeitlichen Abfolge kann eine postoperative Strahlentherapie nach 4 bis 6 Wochen beginnen und parallel zur Hormontherapie durchgeführt werden. Wenn allerdings eine adjuvante Chemotherapie durchgeführt wird, ist die Strahlentherapie erst nach Abschluss derselben einzuleiten. Beim Vorliegen eines DCIS ist die Indikation zur postoperativen Strahlentherapie nach einer BET in Abhängigkeit von histomorphologischen Malignitätskriterien zu stellen. Hilfreich ist hier der Van Nuys-Index. Die dort eingehenden Befunde mit deren Wertigkeit sind in Tabelle 9.6 zusammengefasst. Dementsprechend ist nach BET und einem Van NuysIndex von 5 bis 7 die Indikation zur postoperativen Strahlentherapie gegeben.
Kapitel 9
Brustdrüsenkarzinom
7.3. Immuntherapie Für die Immuntherapie des Mammakarzinoms steht der monoklonale Antikörper Trastuzumab in solchen Fällen zur Verfügung, in denen die Tumorzellen eine HER2-neu-Überexpression zeigen. Im Falle des metastasierten Mammakarzinoms hat sich diese Behandlung bereits bewährt, sodass nun auch die Zulassung für adjuvante Therapien vorliegt. Die Kombination mit unterschiedlichen adjuvanten Chemotherapien wird in zahlreichen Studien untersucht.
8. Sonderformen des Mammakarzinoms 8.1. Das inflammatorische Mammakarzinom Das inflammatorische Mammakarzinom stellt eine besondere klinische Verlaufsform dar, die durch eine sehr schlechte Prognose gekennzeichnet ist und etwa in einer Häufigkeit von 2 % auftritt. Durch eine Infiltration der Haut durch den Tumor kommt es zur einer Lymphangiosis carcinomatosa. Dies drückt sich in einer erysipeloiden Hautrötung aus und ist in erster Linie eine klinische Diagnose. Bei fehlendem Nachweis eines invasiven Tumors ist allerdings eine histologische Sicherung zu erzielen. In der Regel genügt dazu eine kleine Hautexzision. In der TNM-Klassifikation wird dies als T4d bzw. bei histologischer Sicherung als pT4d klassifiziert. Eine primäre Operation ist nicht sinnvoll, da aufgrund der flächenhaften Tumorausdehnung in der Regel keine sichere R0-Situation erreicht werden kann und damit ein lokales Rezidiv vorprogrammiert ist. Daher ist die Durchführung einer neoadjuvanten Chemotherapie mit nachfolgender Mastektomie und anschließender Strahlentherapie ein sinnvolles multimodales Therapiekonzept mit kurativer Zielstellung (Ueno, 1997).
8.2. Das männliche Mammakarzinom Die diagnostischen und therapeutischen Probleme des männlichen Mammakarzinoms bestehen in der Seltenheit dieser Tumorerkrankung. Es macht etwa 1,5 % aller bösartigen Erkrankungen des Mannes und etwa 1 % aller Mammakarzinome aus. Außerhalb von Zentren bestehen daher keine Erfahrungen im Management dieser Erkrankung beim Mann. Ätiologische Faktoren des männlichen Mammakarzinoms sind noch weitgehend unbekannt. Auffällig ist ein gehäuftes Auftreten in Kombination mit einem
115
erhöhten Östrogenspiegel. Die Mehrzahl der Tumoren exprimieren Hormonrezeptoren, was auch therapeutische Relevanz besitzt. Des Weiteren besteht in der genetischen Epidemiologie eine wesentliche Bedeutung. So ist mit einer Mutation im BRCA2-Gen ein deutlich erhöhtes Risiko verbunden. Daraus ergibt sich die Notwendigkeit für eine genetische Beratung und gegebenenfalls Diagnostik in solchen Familien, in denen männliche Mammakarzinome auftreten. Ebenfalls genetisch bedingt ist das Mammakarzinom beim Klinefelter-Syndrom. Hier ist das Risiko gegenüber der gesunden männlichen Bevölkerung um das 50-Fache erhöht. Die Patienten zeigen bei einem Karyotyp 47 XXY einen eunuchoiden Habitus mit hypotrophen Testes und einer Gynäkomastie. Klinisch besteht zunächst eine schmerzlose retromamilläre Schwellung, die oftmals keine Beachtung findet. Erst bei lokaler Ausbreitung des Tumors im Sinne einer Infiltration der Haut mit Inflammation oder der Brustwandmuskulatur kommt es zu einer klinischen Symptomatik, die den Patienten zum Arzt treibt. Die allgemeine Auffassung einer schlechteren Prognose liegt darin begründet und hat keine tumorbiologische Grundlage. Hinsichtlich der Diagnostik kommen alle Verfahren entsprechend der Indikation zur Anwendung, die sich beim weiblichen Mammakarzinom bewährt haben. Dabei ist allerdings zu beachten, dass sich brustwandnahe Läsionen aufgrund der sehr kleinen männlichen Brustdrüse der radiologischen Diagnostik entziehen. Somit sind Sonographie und andere bildgebende Verfahren wie das CT oder MRT durchaus hilfreich. In der Regel liegen auch keinerlei Voraufnahmen zum Vergleich vor, da keine regelmäßigen Mammographieverlaufskontrollen durchgeführt werden. Die chirurgische Therapie des männlichen Mammakarzinoms unterscheidet sich prinzipiell nicht von der des weiblichen Mammakarzinoms. Allerdings ist die Durchführung einer brusterhaltenden Therapie einerseits von geringerer Bedeutung und andererseits auch nur sehr eingeschränkt möglich, da das Größenverhältnis zwischen Tumor und Brustdrüse dies nicht zulässt. Die Anwendung der Sentinel-Lymphknoten-Technik ist auch hier unbedingt zu empfehlen, um ebenfalls unnötige axilläre Dissektionen zu vermeiden. Die adjuvanten Therapieoptionen bestehen ebenfalls analog zur Frau. Allerdings ist die Einschätzung des Hormonstatus und die Wertigkeit einer antihormonellen Therapie bei positivem Rezeptorstatus noch unklar.
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U. Liebeskind, F. Fitzal, R. Jakesz, W. Döller und C. Ure Tabelle 9.7. Nicht-apparative, klinische Tumornachsorge Inhalt
Intervalle
Bemerkungen
Ärztliches, onkologisches NachsorgeAlle 3 Monate in den ersten 2 Jahren, im gespräch* (Patienten- und symptomorien- 3.–5. Jahr alle 6 Monate, ab dem 6. Jahr tierte, tumorspezifische Anamnese**) 1 × jährlich lebenslang
Hohe Relevanz (mindestens 80 % der Rezidive/Metastasen führen zu klinischer Symptomatik) (Winchester et al., 1979). Große Bedeutung für Patientin
Systematische Erfassung von Nebenwirkungen der Tumortherapie***
Lebenslang
Im Bereich der Strahlentherapie gesetzlich verpflichtend. Individualisierte Abklärung bzw. Therapie
Klinische Inspektion und Palpation beider Brüste inkl. der Lymphabflusswege bzw. der Thoraxwand****
Bei jeder ärztlichen Nachsorge-Kontrolle
Erfassung eines lokoregionären Rezidivs und kontralateralen Karzinoms
Problem der Gewichtszunahme
–
Ernährungsberatung, Lebensstilberatung
Spezielle Probleme wie Angststörungen, psychische Irritationen
–
Psychologische Betreuung, medikamentöse Psychopharmaka-Therapie
* sollte von den Krankenkassen im Austausch gegen wegfallende apparative Untersuchungen honoriert werden. ** insbesondere Beachtung von Arm- und Knochenschmerzen, Armschwellung; lokale Narbenverhältnisse, Rötungen/Knotenbildung; Oberbauchbeschwerden, Atemnot, Husten, Gewichtsabnahme, Müdigkeit, Reduktion der Leistungsfähigkeit, anhaltende Kopfschmerzen, Schwindel, anhaltende Übelkeit/Erbrechen *** v. a. Abduktionshemmung des Arms, Strahlentherapie-bedingte Hautveränderungen und -fibrose, Osteoporose, klimakterische Beschwerden, kardiale Beschwerden, Gedächtnisstörungen **** Eine Selbstuntersuchung der Brüste durch die Patientin sollte monatlich erfolgen. Des Weiteren sollten allgemeine Vorsorgeuntersuchungen wie Blutdruckkontrollen, Bestimmungen der Blutfette u. ä. wahrgenommen werden. Ein Test zur Detektion von okkultem Blut im Stuhl (Hämoccult) sollte jährlich ab dem 40. Lebensjahr erfolgen, eine Kolonoskopie alle 5 Jahre ab dem 50. Lebensjahr.
9. Rehabilitation und Nachsorge Die Nachsorge der Patientinnen mit einem Mammakarzinom sollte nach interdisziplinärer Abstimmung organisiert werden, um Doppeluntersuchungen zu vermeiden. Sie sollte in der Regel vom Operateur durchgeführt werden und dient der Erkennung und Behandlung der therapiebedingten Morbidität, der Früherkennung eines intramammären Rezidivs nach BET oder eines Zweitkarzinoms der kontralateralen Brust und soll die psychosoziale Rehabilitation unterstützen. Daher müssen onkologisch versierte Ärzte, Psychoonkologen und auch Selbsthilfegruppen mit einbezogen werden. Hinsichtlich der therapiebedingten Morbidität sollten die Früh- und Spätfolgen der Strahlentherapie ebenso Beachtung finden wie die Nebenwirkungen einer antihormonellen Therapie. Die Folgen der chirurgischen Therapie bestehen im Auftreten eines Lymphödems im Bereich der Brustwand und des ipsilateralen Armes nach Axilladissektion. Durch verbesserte Operationstechniken und die
Einführung der Sentinel-Lymphknoten-Biopsie ist die Häufigkeit jedoch deutlich zurückgegangen. Beim späten Auftreten eines Lymphödems ist zunächst immer ein axilläres oder Brustwandrezidiv auszuschließen. Bei fehlendem Rezidivnachweis kann eine fachgerechte Lymphdrainage zur Besserung der Beschwerden beitragen. Bei plastischen Rekonstruktionen im Rahmen einer Mastektomie besteht neben der Morbidität des ablativen Eingriffs noch die Hebedefektmorbidität der zur Rekonstruktion verwendeten Lappen. Hier kommen in der Regel auch physiotherapeutische Maßnahmen zur Anwendung. Ähnlich wie bei einem Zustand nach Gliedmaßenamputation kann es auch nach einer Mastektomie zu Phantomsensationen kommen, welche die Patientinnen sehr belasten können und auch die Akzeptanz von plastischen Rekonstruktionen mindern. Eine sinnvolle Therapie gibt es nicht. Die Nachsorge ist ein wesentlicher Punkt der Patientinnenbetreuung. Level-I-basierende wissenschaftliche Studienergebnisse gibt es allerdings nicht. Aus diesem
Kapitel 9
Brustdrüsenkarzinom
117
Tabelle 9.8. Spezielle und apparative Tumornachsorge bei Tumorpatientinnen mit geringem und intermediärem Rezidivrisiko Inhalt
Intervalle
Bemerkungen
Mammographie + Mammasonographie
1 × jährlich
Hohe Relevanz, da Überleben verbessert, wenn Lokalrezidiv bzw. kontralaterales Karzinom durch „Nachsorge-Screening“ und nicht erst durch klinische Manifestation entdeckt wird (De Bock et al., 2004)
MRT der Brust
–
Bei Verdacht auf Lokalrezidiv bzw. bei Mammaprothese 1 × jährlich
Gynäkologische Untersuchung 1 × jährlich
Anamnestisch insbesondere Beachtung von etwaigen Blutungsanomalien und/oder Unterbauchschmerzen, vaginaler Ultraschall bei klinischer Auffälligkeit. Beratung zu Partnerschaft, Sexualität, Fertilitätserhaltung und Empfängnisverhütung. Information zu und Behandlung von klimakterischen Beschwerden
CT Abdomen/Leber CT Thorax
–
Nur bei klinischem Verdacht auf Rezidiv/Metastase indiziert
Knochenszintigraphie
–
Nur bei klinischem Verdacht auf Rezidiv/Metastase indiziert
Tumormarker CA 15/3 und CEA
–
Nur bei klinischem Verdacht auf Tumorrezidiv/Progression indiziert
Grund ist die Art der Nachsorge immer noch ein strittiger Diskussionspunkt (Tabelle 9.7–9.9).
10. Weitere Therapiemodalitäten Die Chirurgie des Mammakarzinoms wird richtigerweise integriert in ein interdisziplinäres gesamttherapeutisches Konzept. Strahlentherapie zur ergänzenden
Lokaltherapie und Chemotherapie, endokrine Therapie und/oder Antikörpertherapie zur systemischen Therapie sind fast immer wichtige Ergänzungen. Gerade in allerletzter Zeit kommt der zielgerichteten Therapie bei Vorhandensein entsprechender molekularer Targets zunehmend auch klinische Bedeutung zu – neoadjuvant, adjuvant und auch palliativ.
Tabelle 9.9. Spezielle und apparative Tumornachsorge bei Tumorpatientinnen mit hohem Rezidivrisiko Inhalt
Intervalle
Bemerkungen
Mammographie + Mammasonographie
1 × jährlich
Hohe Relevanz, da Überleben verbessert, wenn Lokalrezidiv bzw. kontralaterales Karzinom durch „Nachsorge-Screening“ und nicht erst durch klinische Manifestation entdeckt wird (De Bock et al., 2004)
MRT der Brust
–
Bei Verdacht auf Lokalrezidiv bzw. bei Mammaprothese 1 × jährlich
Gynäkologische Untersuchung 1 × jährlich
Anamnestisch insbesondere Beachtung von etwaigen Blutungsanomalien und/oder Unterbauchschmerzen, vaginaler Ultraschall nur bei klinischer Auffälligkeit. Beratung zu Partnerschaft, Sexualität, Fertilitätserhaltung und Empfängnisverhütung. Information zu und Behandlung von klimakterischen Beschwerden
CT Abdomen/Leber* CT Thorax 1 × jährlich bis zum 5. Jahr
NUR in dieser Hochrisikogruppe!
* Die Computertomographie-Untersuchung des Thorax hat sich als deutlich sensitiver als das Thoraxröntgen im Aufdecken von Metastasen erwiesen (Nemanic et al., 2006; Tillich et al., 1997). Ebenso wurde gezeigt, dass die Computertomographie-Untersuchung des Abdomens bzw. der Leber eine deutlich höhere Sensitivität im Aufdecken von Metastasen aufweist als die Oberbauchsonographie (Khatcheressian et al., 2006; Kinkel et al., 2002; Schima et al., 2005).
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U. Liebeskind, F. Fitzal, R. Jakesz, W. Döller und C. Ure
11. Palliativmaßnahmen Medikamentös besteht das Spektrum der Palliativtherapie aus Chemotherapie, endokriner Therapie und/ oder Immuntherapie, wobei im Unterschied zur Adjuvanssituation häufig monotherapeutischen Ansätzen der Vorzug gegenüber Kombinationsschemata gegeben wird. Bei ossärer Metastasierung ist Bisphosphonattherapie Standard. Supportive Maßnahmen richten sich nach der Art der medikamentösen Therapie. Im Falle einer Chemotherapie ist die Gabe von Antiemetika sowie Wachstumsfaktoren für das rote und weiße Blutbild zu empfehlen. Im Falle einer Antihormontherapie können Wechselbeschwerden z. B. mit Venlafaxin oder Gabapentin reduziert werden. Bei Gabe von Aromataseinhibitoren ist darauf zu achten, einer Osteopenie bzw. Osteoporose vorzubeugen; in diesem Falle sind Kalzium und Vitamin-D-Präparate indiziert. Bei manifester Osteoporose oder sekundärem Knochenbefall werden Bisphosphonate gegeben.
Kurz zusammengefasst soll ein Zentrum mindestens 150 primäre Mammakarzinomfälle pro Jahr aufweisen können. Des Weiteren wird auf die spezielle Ausbildung und Weiterbildung der einzelnen Fachärzte eingegangen, wobei der Brustchirurg mindestens 50 primäre Fälle pro Jahr selbst operieren sollte und ein Basiswissen der rekonstruktiven Chirurgie aufweisen soll. Der Radiologe sollte 1000 Mammographien pro Jahr sehen. Hinsichtlich des Pathologen und Onkologen werden keine Zahlen genannt, in beiden Fällen sollte jeder aber zumindest die Hälfte aller Fälle eines Zentrums pro Jahr diagnostizieren bzw. therapieren. Regelmäßige Fortbildungen an internationalen Mammakarzinomsymposien bzw. Kongressen sind ebenfalls Voraussetzung. Des Weiteren wird auf spezielle Einrichtungen, Geräte und auf eine interdisziplinäre Zusammenarbeit mit regelmäßigen Sitzungen hingewiesen (multidisciplinary meetings = MDMs). Zentren sollten Patientinnen die Möglichkeit bieten, an klinischen Studien teilzunehmen.
13. Ausblick 12. Qualitäts- und Prognosekriterien Die ausgezeichneten Forschungsergebnisse der letzten Jahrzehnte haben die Mortalität des Mammakarzinoms bei steigender Entdeckungsrate von immer kleineren, prognostisch günstigeren Karzinomen stark reduzieren können. Das 5-Jahres-Gesamtüberleben sollte bei pT1-Karzinomen bei 90 %, bei pT2-Karzinomen bei 80 % und bei pT3-Karzinomen bei 70 % liegen. Die 5-Jahres-Lokalrezidivrate sollte 10 % nicht übersteigen und liegt bei ausgewiesenen Zentren bei 3 %. Die Anzahl der synchron metastasierten Patientinnen sollte bei etwa 10 % liegen, das 5-Jahres-rezidivfreie Überleben sollte zwischen 60 % und 80 % liegen. Die Brusterhaltungsrate liegt derzeit bei 75 % bis 90 % und die Anzahl der Patientinnen mit einer neoadjuvanten Therapie sollte etwa 20 % betragen. Diese Leistung ist durch eine interdisziplinäre Zusammenarbeit verschiedener medizinischer Fachgebiete erzielt worden, welche allerdings noch verbessert werden kann. Hier ist besonders die Politik gefragt, da die Zentralisation der Therapie in Mammazentren und die externe Qualitätskontrolle zur Verbesserung der Therapie eine große Rolle spielen. Mit der Zertifizierungsinitiative in Europa wurde der erste Schritt hin zu einer Zentralisation und einer besseren Kontrolle gelegt. Die Guidelines der Europäischen Gesellschaft für Senologie (EUSOMA) gelten hierfür als Grundlage und sind über das Internet frei erhältlich (s. Abschnitt 15, „Links“).
Bezüglich des Screenings sind noch nicht alle Fragen restlos geklärt. Insbesondere die Verwendung von MRI und der digitalen Mammographie könnte eine Gesamtüberlebensverbesserung herbeiführen, welche für das Screening noch nicht bewiesen werden konnte. Die Verwendung der neoadjuvanten Therapie konnte einen Überlebensvorteil nur für Patientinnen mit pathologisch kompletter Remission (pCR) zeigen. Das Vorhersagen bzw. die Erhöhung der Zahl der pCR gilt als wichtiges Ziel der Wissenschaft. Surrogate Marker, prädiktive Faktoren und neue medikamentöse Behandlungskonzepte, welche in die Apoptose der Krebszelle eingreifen, werden hier in den nächsten 10 Jahren in der klinischen Praxis einzusetzen sein, um das neoadjuvante Konzept auf eine größere Zahl von Patientinnen anwenden zu können. Inwieweit die Erhöhung der brusterhaltenden Therapie durch die neoadjuvante Therapie eine Rolle spielt, muss in weiteren Studien untersucht werden, da es Hinweise gibt, dass sowohl das lokalrezidivfreie Überleben als auch das Gesamtüberleben bei diesen Patientinnen verglichen mit mastektomierten Patientinnen verschlechtert sein könnte. Bezüglich der Sentinel-Node-Biopsie müssen Indikationen wie Multizentrizität, neoadjuvante Therapie und Tumorgröße noch weiter definiert werden. Im adjuvanten Bereich gilt es, die Dauer der Antihormontherapie bzw. die sequentielle Therapie verschiedener Östrogeninhibitoren zu erforschen. Insbe-
Kapitel 9
Brustdrüsenkarzinom
sondere im prämenopausalen Patientinnengut gilt es, Richtlinien der Antihormontherapiedauer in Bezug auf den Menopausenstatus zu erheben. Der Einsatz besserer Bisphosphonate muss den Weg in die klinische Praxis finden. Die Chemotherapien müssen besser verträglich und gezielter anwendbar werden. Der Einsatz der so genannten „Targeted therapy“ muss um weitere Medikamente erweitert werden. Solche Medikamente dürften die vielversprechendsten Ergebnisse bringen, wie die erfreulichen Daten über die adjuvante Verwendung des HER2-neu-Antagonisten Herceptin bereits zeigen.
14. Literatur Albert U-S, Seifart U, Heim M-E, Hübner J, Jungkunz W, Prokein R, Rick O, Hoffmann M, Engenhart-Cabillic R, Kopp I, Wagner U, Kalder M (2005) Lymphödem bei Mammakarzinom: Regionale Konsensus-Empfehlungen zum postoperativen Management, Prävention, Therapie und Nachsorgen, Geburtsh. Frauenheilkunde 65: 955–965 Anderson L, Hojris I, Erlandsen J (2000) Treatment of breast cancer-related lymphedema with or without manual lymphatic drainage – a randomized study. Acta Oncol 39: 399–405 Atkins (1966) Carcinoma of the breast. Ann R Coll Surg Engl 38 (3): 133–153 Barbetakis N, Antoniadis T et al. (2004) Results of chemical pleurodesis with mitoxantrone in malignant pleural effusion from breast cancer. World J Surg Oncol 2 (1): 16 Beckmann M et al. (2005) Nachsorge beim Mammakarzinom und gynäkologischen Malignomen. Senologie 2: 20 Berber E, Ari E et al. (2005) Laparoscopic radiofrequency thermal ablation for anusual hepatic tumors: operative indications and outcomes. Surg Endos 12: 1613–1617 Blichert-Toft M, Rose C, Andersen JA, Overgaard M, Axelsson CK, Andersen KW, Mouridsen HT (1992) Danish randomized trial comparing breast conservation therapy with mastectomy: six years of life-table analysis. Danish Breast Cancer Cooperative Group. J Natl Cancer Inst Monogr 11: 19–25 Boris M, Weindorf S, Lasinski B (1997) Persistence of lymphedema reduction after noninvasive complex lymphedema therapy. Oncology 11: 99–109 Box R, Reul-Hirche H, Bullock Saxton J, Furnival C (2002) Shoulder movement after breast cancer surgery: results of a randomised controlled study of postoperative physiotherapy. Breast Cancer Res and treat 75: 35–50 Casley-Smith J (1995) Alteration of untreated lymphedema and its grades over time. Lymphology 28: 174–185 Cranenbroek S, van der Sangen MJ et al. (2005) Diagnosis, treatment and prognosis of internal mammary lymph node recurrence in breast cancer patients. Breast Cancer Res Treat 89 (3): 271–275 Cuenca RE, Allison RR et al. (2004) Breast cancer with chest wall progression: treatment with photodynamic therapy. Ann Surg Oncol 11: 322–327
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Kapitel 9
Brustdrüsenkarzinom
15. Links www.abcsg.at Austrian Breast and Colorectal Study Group www.aco-asso.at Österreichische Gesellschaft für chirurgische Onkologie www.brustambulanz.info Brustambulanz der Abteilung für Chirurgie, Medizinische Universität Wien
121 www.eusoma.org/doc/ EusomaBUguidelinesrevisedversion06.pdf Guidelines der Europäischen Gesellschaft für Senologie zur Zertifizierung als Brustkrebszentrum www.senologie.org/ Deutsche Gesellschaft für Senologie www.u.arizona.edu/~witte/ISL.htm International Society of Lymphology
Kapitel 10
Bronchialkarzinom A. End und D. Branscheid
1. Einleitung Das Bronchialkarzinom ist die häufigste Todesursache bei Patienten mit Krebserkrankungen in Europa. Von 1,7 Millionen Menschen, die jährlich an Krebs sterben, haben 20 % ein Bronchialkarzinom, wobei bei Frauen die Inzidenz steigt. Tabakrauch ist der wichtigste ätiologische Faktor in 80 % der Fälle. Die 5-Jahres-Überlebensrate aller Patienten beträgt 15 % (Spira et al., 2004). Im Folgenden wird das Hauptaugenmerk auf den häufigsten Typ, das nicht-kleinzellige Bronchialkarzinom (NSCLC, nonsmall cell lung cancer), gelegt. Dazu gehören (WHO, 2004): • Plattenepithelkarzinom • Adenokarzinom • Großzelliges Karzinom • Adenosquamöses Karzinom • Sarkomatoides Karzinom • Speicheldrüsenkarzinom
Abb. 10.1. Atelektase des rechten Unterlappens bei Plattenepithelkarzinom (pT3 N2)
Auf die neuroendokrinen Tumoren, unter denen das kleinzellige Bronchuskarzinom (SCLC, small cell lung cancer) eine Domäne der Chemotherapie ist, wird nicht eingegangen.
2. Diagnostik 2.1. Diagnostische Maßnahmen Die Früherkennung erfolgt mittels Lungenröntgen (Abb. 10.1) und in weiterer Folge mit Thorax-CT (Multislice, mit Kontrastmittel, Abb. 10.2) und Bronchoskopie. Eine präoperative histologische Abklärung – per Bronchoskopie, durchleuchtungs- oder CT-gezielter Punktion – ist anzustreben, um eine Entscheidung zur primären Operation oder Chemotherapie treffen zu können (DD: NSCLC vs. SCLC). Neben der onkologischen ist die funktionelle Operabilität von entscheidender Bedeutung. Eine Spirometrie und Ganzkörperplethysmographie müssen
Abb. 10.2. Plattenepithelkarzinom des rechten Unterlappenbronchus (korrespondierender CT-Befund zu Abb. 10.1)
124
A. End und D. Branscheid
a
b
Abb. 10.3. a) Zervikale Mediastinoskopie (in diesem Fall videoassistiert): das Mediastinoskop wird suprajugulär eingeführt und prätracheal vorgeschoben; der Patient ist in Rückenlage, der Operateur steht am Kopfende. b) Die bei einer Staging-Mediastinoskopie entnommenen Lymphknoten: 2R/2L (rechts-/linksparatracheal), 3 prätracheal, 4R/4L (rechts-/linkstracheobronchial), 7 (subkarinal); T Trachea; HB Hauptbronchus; OL rechter Oberlappenbronchus
durchgeführt werden; der wichtigste Parameter ist der Ein-Sekunden-Wert bei forcierter Exspiration (FEV1). Bei Risikopatienten ist eine kardiale Abklärung (Echokardiographie, Ergometrie, Herz-Katheter, Karotis-Sonographie) durchzuführen. Zur Abschätzung der Resektabilität bei grenzwertiger Lungenfunktion ist eine Lungenperfusionsszintigraphie erforderlich (Thomas et al., 2000).
2.2. Staging
Abb. 10.4. CT mit peripherem Tumor im linken Oberlappen und vergrößerten – auf Malignität verdächtigen – Lymphknoten im aortopulmonalen Fenster (Pfeil) (cT2N2); unverdächtige prä- und rechts paratracheale Lymphknoten (grün umrandet); AP Arteria pulmonalis – Hauptstamm; AA Aorta ascendens; AD Aorta descendens; VCS Vena cava superior; AZ Vena azygos; T Trachea; Ö Ösophagus
Für eine stadienbezogene Therapie wird präoperativ zunächst ein nicht-invasives Staging durchgeführt: Thorax-CT mit Einschluss des Oberbauches (Nebennieren), ev. ergänzend Oberbauchsonographie, bei klinischer Symptomatik Schädel-MRT und Knochenszintigraphie, bzw. ein MRT bei Verdacht auf Infiltration von Wirbelkörpern, Foramina intervertebralia, Nerven und großer Gefäße. Falls verfügbar, kann eine FDG-PET-Untersuchung zum mediastinalen Staging bzw. zum Ausschluss von Fernmetastasen durchgeführt werden. Ist das Mediastinum
Kapitel 10
Bronchialkarzinom
Tabelle 10.1. TNM-Klassifikation des Bronchialkarzinoms (nach UICC/AJCC 2002) Primärtumor (T)
125 Tabelle 10.2. TNM-Stadieneinteilung und 5-Jahres-Überlebensraten des Bronchialkarzinoms (nach UICC/AJCC 2002)
Stadium
T
N
M
5-a-ÜL (%)
TX
Nicht beurteilbar; maligne Zellen in Sputum oder Bronchiallavage
Okkultes Karzinom
TX
N0
M0
T0
Kein Primärtumor
0
Tis
N0
M0
Tis
Carcinoma in situ 3 cm, von Parenchym umgeben und distal des Lappenbronchus
IA
T1
N0
M0
67
T1
IB
T2
N0
M0
57
T2
> 3 cm oder
IIA
T1
N1
M0
55
– Befall des Hauptbronchus > 2 cm distal der Hauptcarina oder
IIB
T2
N1
M0
39
T3
N0
M0
38
T3
N1
M0
25
T1–3
N2
M0
23
T4
N0–2
M0
7
Jedes T
N3
M0
3
Jedes T
Jedes N
M1
<1
– Infiltration der Pleura visceralis T3
– Infiltration der Thoraxwand, Zwerchfell, mediastinale Pleura, Perikard oder – Befall des Hauptbronchus < 2 cm distal der Hauptcarina (ohne Befall derselben) oder – Atelektase oder obstruktive Pneumonie der gesamten Lunge
T4
IIIA
IIIB
IV
– Infiltration von Mediastinum, Herz, große Gefäße, Hauptcarina, Trachea, Ösophagus, Wirbelkörper oder – Maligner Pleura- oder Perikarderguss, Pleurakarzinose oder – Satellitenknoten im gleichen Lungenlappen
Regionäre Lymphknoten (N) NX
Nicht beurteilbar
N0
Keine Lymphknotenmetastasen
N1
– Ipsilateral peribronchial, hilär – Direkte Tumorinfiltration intrapulmonaler Lymphknoten
N2
Ipsilateral mediastinal und/oder subkarinal
N3
Kontralateral mediastinal und/oder hilär; Ipsi-/kontralateral supraklavikulär
Abb. 10.3b abgebildet (Lymphknoten-Schema nach Mountain und Dresler, 1997). Die nicht erreichbaren mediastinalen Lymphknoten können videothorakoskopisch biopsiert werden (z. B. aortopulmonale Lymphknoten = Station 5, Abb. 10.4) (Thomas et al., 2000). Die TNM-Klassifikation und Stadieneinteilung mit Überlebensraten können den Tabellen 10.1 und 10.2 entnommen werden (Mountain 1997; AJCC/UICC 2002). Zu Mediastinoskopie und Thorakoskopie s. auch Kapitel 2, „Chirurgisches Tumorstaging“.
3. Vorbehandlung (Neoadjuvante Therapie)
Fernmetastasen (M) MX
Nicht beurteilbar
M0
Keine Fernmetastasen
M1
Fernmetastasen; Metastasen in einem ipsilateralen nicht-tumortragenden Lappen
PET-negativ, dann kann mit hoher Wahrscheinlichkeit eine Lymphknotenmetastasierung ausgeschlossen werden. Suspekte mediastinale N2/3-Lymphknoten (im CT > 1 cm) werden mediastinoskopisch abgeklärt (Abb. 10.3a). Die mit der konventionellen Mediastinoskopie erreichbaren Stationen sind in
Patienten im Stadium IIIA mit ipsilateralem mediastinalen Lymphknotenbefall (N2) werden in der Regel neoadjuvant chemotherapiert; bei Befall der kontralateralen mediastinalen Lymphknoten (N3) kann ein Downstaging mittels Chemotherapie bei selektionierten Patienten angestrebt werden. An manchen Zentren wird die Strahlentherapie in das neoadjuvante Konzept miteingeschlossen. Im Rahmen von Studien werden auch neoadjuvante Konzepte in früheren Stadien durchgeführt. Pancoast-Tumoren (T3/4, N0-2) sollten präoperativ einer Chemo(radio)therapie unterzogen werden (Detterbeck, 2003).
126
A. End und D. Branscheid
gezeigt. Eine präoperativ begonnene Physiotherapie und Atemgymnastik sind zu empfehlen.
5. Operative Strategie Eine kurative Resektion mit tumorfreien Resektionsrändern (R0) ist anzustreben. Die Resektabilität ist abhängig von der Lokalisation, der Lungenfunktion, der onkologischen Sinnhaftigkeit und allgemeinen Faktoren. Multimodale Konzepte sollten zunehmend beachtet werden.
5.1. Konventionelles operatives Vorgehen Abb. 10.5. Situs des rechten Lungenhilus bei einer Oberlappenlobektomie (Thorakotomie): Die obere Lungenvene (VP) und Äste der rechten Pulmonalarterie (AP) zum Oberlappen sind ligiert (>, Truncus anterior und Ast zum posterioren Segment), Aufteilung in Unterlappen- und Mittellappenarterie; T Trachea; HB rechter Hauptbronchus; INT Bronchus intermedius; OL Oberlappen(bronchus), mit vergrößerten hilären Lymphknoten (N); ML Mittellappen; UL Unterlappen; VCS Vena cava superior; AZ Vena azygos; * N. phrenicus
4. Präoperative Vorbereitung Es wird empfohlen, Thrombozytenaggregationshemmer zumindest eine Woche präoperativ abzusetzen. Bei Emphysematikern sind eine bronchospasmolytische Therapie und generell eine Nikotinkarenz an-
Abb. 10.6. Operationspräparat mit peripherem Adenokarzinom des rechten Oberlappens (anthrakotisches Lungenparenchym bei einem Raucher)
Die Standardoperation beim Bronchialkarzinom ist die Lobektomie als häufigster Eingriff mit systematischer mediastinaler Lymphadenektomie (Abb. 10.5 und 10.6). Sie kann auf der rechten Seite – bei Überschreitung von Lappengrenzen – als obere oder untere Bilobektomie durchgeführt werden. Eine Pneumonektomie wird bei zentralen Tumoren durchgeführt, meist extraperikardial oder, falls ein Absetzen der Gefäße aufgrund der zentralen Tumorlage extraperikardial nicht möglich ist, intraperikardial (Abb. 10.7). Bei einem zentralen Sitz des Tumors am Lappenbronchus kann eine parenchymsparende (bronchoplastische) Operation durchgeführt werden: Nach Resektion des tumortragenden Bronchusanteils („Bronchusmanschette“ = sleeve) mit dazugehörendem Lungenlappen werden die verbleibenden Bronchusstümpfe reanastomosiert (Abb. 10.8). Bei einer Manschettenpneumonektomie wird die Hauptkarina mitreseziert und der Hauptbronchus der Gegenseite an die Trachea anastomosiert. Bei den „erweiterten Resektionen“ werden umgebende Strukturen – wie Perikard, Vorhof, mediastinales Fettgewebe, V. cava superior, Aorta oder Thoraxwand – mitreseziert. Größere Thoraxwanddefekte werden mit resorbierbaren oder nicht resorbierbaren Kunststoffnetzen gedeckt. Der Standardzugang ist eine anterolaterale (muskelsparende) oder – seltener – eine posterolaterale Thorakotomie (Abb. 10.9). Pancoasttumoren (Sulcus-superior-Tumoren) erfordern spezielle Zugänge wie posteriore Thorakotomie oder HemiclamshellInzisionen (partielle Sternotomie mit Thorakotomie) (Pearson et al., 2002).
Kapitel 10
Bronchialkarzinom
127
Abb. 10.7. Lungenröntgen eine Woche nach linksseitiger Pneumonektomie: Die Thoraxhöhle füllt sich mit Erguss (Pfeil) und es entsteht ein Zwerchfellhochstand (>)
Abb. 10.8. Bronchusanastomose bei einer bronchoplastischen Resektion des linken Unterlappens bei Adenokarzinom
5.2. Minimal invasives operatives Vorgehen
5.3.2. Lungenfunktion
Die videoassistierte Thoraxchirurgie (VATS, Videoassisted Thoracoscopic Surgery) wird zur Abklärung unklarer peripherer Rundherde, pleuraler Veränderungen, vergrößerter mediastinaler (parakavaler, aortopulmonaler) Lymphknoten eingesetzt (Abb. 10.10). Je nach Schnellschnittdiagnose kann in einer Sitzung auf eine Thorakotomie umgestiegen werden (Pearson et al., 2002). An manchen Zentren wird die videoassistierte thorakoskopische Lobektomie im Stadium I durchgeführt (Abb. 10.11). Bei malignen Pleuraergüssen ist die videoassistierte Talkumpleurodese eine gängige palliative Maßnahme.
Bei eingeschränkter Lungenfunktion, die eine Lobektomie verbietet, kann eine Keil-(Wedge-) bzw. Segmentresektion durchgeführt werden. Gegebenfalls wird anstelle einer Pneumonektomie eine Manschettenlobektomie durchgeführt. Ein mediastinales Lymphknoten-Staging wird durchgeführt, wenn postoperativ Konsequenzen für eine Nachbehandlung gezogen werden.
5.3. Besonderheiten bei der Indikationsstellung 5.3.1. Alter Das Alter per se ist – bei gutem Allgemeinzustand und entsprechender Lungenfunktion – keine Kontraindikation zur Operation. Allerdings wird meist bei Durchführung einer (neo)adjuvanten Chemotherapie ein Alterslimit von 70 bis 75 Jahren festgelegt.
6. Komplikationsmanagement 6.1. Intraoperativ Schwere intraoperative Komplikationen sind das Einreißen der zentralen Pulmonararterie bzw. deren proximal abgehender Äste, die eine sofortige Behebung – mit ev. intraperikardialer Versorgung der Pulmonalarterie – erfordern.
6.2. Postoperativ Postoperative Komplikationen umfassen – je nach Operationsart – Bronchusstumpfinsuffizienzen, Parenchymfisteln, Pleuraempyeme, Nachblutungen (bei Aufgehen zentraler Gefäßstümpfe ist eine perakute
128
A. End und D. Branscheid
Abb. 10.9. Anterolaterale Thorakotomie rechts (Standardzugang) mit 2 Pleuradrainagen (1 vorderer; 2 dorsaler Drain); * Mamille; > untere Schulterblattspitze a
Rethorakotomie erforderlich), Lymphfisteln etc. (Pearson et al., 2002). Bei länger dauernden Parenchymfisteln, die mit einer Bülaudrainage nicht zu managen sind, ist – wie bei Bronchusstumpffisteln – eine Revision angezeigt. Empyeme werden drainiert, gegebenenfalls revidiert. Die seltenen Herzluxationen bei vor allem rechtsseitiger Pneumonektomie müssen sofort operativ behoben werden. Eine Recurrensparese – vor allem bei linksseitigen Eingriffen – sollte durch eine schonende Präparationstechnik vermieden werden (cave: Aspirationspneumonie). Eine linksseitige Recurrensparese durch Tumorinfiltration stellt keine absolute Kontraindikation zur Resektion dar. b
7. Nachbehandlung Eine physiotherapeutische und atemgymnastische Therapie ist nach größeren thoraxchirurgischen Eingriffen zur Vermeidung von Komplikationen wie Sekretretention, Atelektasenbildung und Pneumonie obligatorisch. Thromboseprophylaxe ist Standard; eine frühe Mobilisation ist anzustreben. Bei den meisten thoraxchirurgischen Eingriffen wird eine antibiotische Prophylaxe durchgeführt.
8. Rehabilitation Die Notwendigkeit anschließender Rehabilitationsmaßnahmen nach operativer Resektion eines Bronchialkarzinoms muss individuell für jeden Patienten ent-
Abb. 10.10. Videoassistierte Thoraxchirurgie (VATS): a) Patient in Linksseitenlage, Kopfende rechts b) Videoassistierte Thorakoskopie: Karzinose der Pleura parietalis
schieden werden. Sie richtet sich einerseits nach dem Allgemeinzustand des Patienten, wobei Rehabilitationsmaßnahmen – wie bei allen Tumorerkrankungen – auf die postoperative körperliche, psychische und soziale Reintegration unter Berücksichtigung der veränderten Lebenssituation abzielen. Die Indikation für spezifische Behandlungsmaßnahmen andererseits ist in erster Linie abhängig vom Resektionsausmaß: Bei kleineren Resektionen ist in der Regel keine spezifische Rehabilitation erforderlich. Nach größeren Eingriffen, wie zum Beispiel einer Pneu-
Kapitel 10
Bronchialkarzinom
129
10. Weitere Therapiemodalitäten Die adjuvante Therapie richtet sich nach dem pTNMStatus und kann in kontrollierten Studien von den allgemeinen Empfehlungen abweichen. Generell sind zur Entscheidung über die Nachbehandlung neben dem Stadium auch das Alter, der Allgemeinzustand, die Compliance und die individuelle Präferenz des Patienten entscheidend. Eine adjuvante platinhaltige Chemotherapie ist in den Stadien IB– IIIA indiziert (Booth et al., 2006). Keine Indikation für eine postoperative Radiotherapie (PORT) besteht in den Stadien I–II, kann jedoch bei N2 (Stadium IIIA) – bei allerdings noch unklarer Datenlage – in Erwägung gezogen werden (PORT Meta-analysis Trialists Group, 2005). Eine Übersicht über die stadienbezogene Therapie gibt Tabelle 10.3 (Leitlinien s. Abschnitt 15, Links; End, 2006; Huber, 2006; Spira et al., 2004). Abb. 10.11. Zugang bei rechtsseitiger videothorakoskopischer Lobektomie mit kleiner Hilfsthorakotomie im 4. Interkostalraum und kaudaler Drainstelle
monektomie, sind – neben der Verbesserung der allgemeinen körperlichen Leistungsfähigkeit – vor allem Maßnahmen indiziert, die die Atmung im Sinne einer Anpassung der Atemmechanik an die veränderten Verhältnisse trainieren (Lungenfunktionstraining). In diesem Rahmen kann zum Beispiel eine Behandlung in Höhenlage in auf Atemwegserkrankungen spezialisierten Rehabilitationszentren in Frage kommen.
9. Nachsorge Die Nachsorgeschemata können variieren und sollen an den individuellen Patienten angepasst werden. Für kurativ operierte Patienten wird folgende Empfehlung gegeben: Im 1. und 2. postoperativen Jahr sollten Nachuntersuchungen alle 3 Monate, im 3. bis 5. Jahr alle 6 Monate und dann jährlich stattfinden, jeweils mit Anamnese und klinischem Status und Lungenröntgen. Die Indikation zum CT wird auf individueller Basis gestellt; Bronchoskopie, Labor, Schädel-MRT und Knochenszintigraphie, PET erfolgen bei Bedarf. Tumormarker spielen in der Verlaufskontrolle des NSCLC keine Rolle. An manchen Zentren werden bildgebende Verfahren nur bei Auftreten einer klinischen Symptomatik durchgeführt.
11. Palliativmaßnahmen 11.1. Palliativoperationen Eine palliative Resektion ist bei Komplikationen wie Blutung, abszedierender Pneumonie, unbeherrschbaren Schmerzen bei Tumorinfiltration etc. angezeigt (Pearson et al., 2002). Die videothorakoskopische Talkumpleurodese kann bei malignen Pleuraergüssen, die Perikardfensterung bei malig-
Tabelle 10.3. Stadienbezogene Therapie des nicht-kleinzelligen Bronchuskarzinoms Stadium
Therapie
I/II
Chirurgie (mit adjuvanter Chemotherapie im Stad. IB/II)
IIIA
Neoadjuvante Chemo-(Radio-)Therapie (alternativ: adjuvant)
IIIB T1–4 N3
Chemo-(Radio-)Therapie; Neoadjuvante Chemo-(Radio-)Therapie in resektablen Einzelfällen
Resektion zentraler Tumoren in selektionierten T4 N0–1 Fällen (potenziell resektabel: V. cava sup., (keine Carina, Trachea, linker Vorhof, Wirbelkörper, Karzinose) ev. Ösophagus) IV
Chemo-(Radio-)Therapie; bei isolierten Hirn-, Nebennieren- Metastasen auch sequentielles Vorgehen (Operation der Metastase und Lungenresektion im Intervall)
130
A. End und D. Branscheid
nen Perikardergüssen indiziert sein. In Einzelfällen wird auch eine palliative parietale Pleurektomie durchgeführt.
11.2. Palliativinterventionen Palliative bronchoskopische Interventionen umfassen das Abtragen von stenosierenden Tumoren mit dem starren Bronchoskop, durch Argonplasmakoagulation, Laser oder Kryotherapie, und die Einlage von Stents. Bei inoperablen Patienten kommt auch die photodynamische Therapie bei Frühläsionen oder fortgeschrittenen Tumoren infrage. Eine palliative Strahlentherapie ist bei inoperablen Tumoren, bei R1/R2-Resektion und bei Schmerzzuständen eine Option, bei stenosierenden Tumoren ev. auch eine Brachytherapie. Periphere kleine Tumoren können bei Inoperabilität einer Radiofrequenzablation zugeführt werden. Weitere Maßnahmen können ein Stenting der V. cava superior bei oberer Einflussstauung oder Pleuradrainagen bei malignen Ergüssen (Talkum-Sludge) sein.
12. Qualitäts- und Prognosekriterien Qualitätsparameter sind Krankenhausletalität, 30Tages-Mortalität und Komplikationsraten bezogen auf die Art des Eingriffs, des Stadiums und der patientenbezogenen Risikofaktoren. Die Mortalität für Lobektomie sollte 3–4 %, die für Pneumonektomie 7–8 % nicht überschreiten. Die Abschätzung des Resektionsausmaßes zur Erhaltung einer ausreichenden postoperativen Lungenfunktion – unter Vermeidung atemunterstützender Maßnahmen – spielt für die Lebensqualität eine große Rolle. Wenn möglich, sollte parenchymsparenden Resektionen gegenüber einer Pneumonektomie der Vorzug gegeben werden. Interdisziplinäre Zusammenarbeit – Thoraxchirurgie, Pneumologie, Onkologie, Strahlentherapie – mit gemeinsamen Fallbesprechungen ist erforderlich (Spira et al., 2004). Eine thoraxchirurgische Abteilung muss Zugang zu entsprechender Diagnostik (flexible und starre Bronchoskopie, Interventionen), operativer (einschließlich VATS) und anästhesiologischer Ausstattung (Doppellumenintubation, Jet-Ventilation), Intensivstation mit Langzeitbeatmung und Physiotherapie haben.
13. Ausblick Aktuelle Themen betreffen die Prävention, die Früherkennung, die Diagnostik, Verbesserung multimodaler Konzepte und zielgerichtete Therapien (Lynch et al., 2005), genetische Marker (Potti et al., 2006) und das TNM-System (Sienel et al., 2006) sowie die Indikationen und Techniken des minimal invasiven Vorgehens. Dies beinhaltet im Einzelnen folgende Maßnahmen: • Förderung der Primärprävention (Stop Smoking) zur Prognoseverbesserung • Karzinomfrüherkennung mittels Sputum- oder Atemlufttests • Screening-Untersuchungen mittels Low-dose Spiral-CT bei Risikogruppen (Raucher) • Weiterentwicklung nuklearmedizinischer Methoden (PET) in der Diagnostik pulmonaler Rundherde, mediastinaler Lymphknotenmetastasen und zur Verlaufskontrolle • Protokolle zur adjuvanten vs. neoadjuvanten Chemotherapie in den Stadien I bis III, Etablierung multimodaler Konzepte und Einbeziehung von Multi-target-Therapien • Stellenwert der Radiotherapie im multimodalen Konzept im Stadium IIIA; Möglichkeiten der Dosiseskalation, konkomitante Gabe von Radiosensitizern/Biomodulatoren • Untersuchung prädiktiver genetischer Marker, die ein Ansprechen auf Chemotherapie vorhersagen (individuelle Therapie) • laufende Revision des klassischen TNM-Systems, auch unter Einbeziehung molekularer Marker • Weiterentwicklung der minimal invasiven Chirurgie (inkl. Roboter-Chirurgie); Standortbestimmung der VATS-Lobektomie bei NSCLC Stadium I
14. Literatur Booth CM, Shepherd FA (2006) Adjuvant chemotherapy for resected non-small cell lung cancer. J Thorac Oncol 1: 180–187 Detterbeck FC (2003) Changes in the treatment of Pancoast tumors. Ann Thorac Surg 75: 1990–1997 End A (2006) Diagnosis and treatment of lung cancer. Nonsmall cell lung cancer, small cell lung cancer and carcinoids. Eur Surg 38: 45–53 Huber RM (2006) Tumore der Lunge und des Mediastinums, 7. Aufl. Zuckschwerdt, München Lynch T Jr, Kim E (2005) Optimizing chemotherapy and targeted agent combinations in NSCLC. Lung Cancer 50: S25–S32
Kapitel 10
Bronchialkarzinom
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131
15. Links www.asco.org American Society of Clinical Oncology (ASCO) – Guidelines www.cancer.gov/cancertopics/types/lung National Cancer Institute (NCI) – umfassende Information; laufende Studien www.ctsnet.org/sections/clinicalresources/thoracic/ index.html The Cardiothoracic Surgery Network (CTSNET) – thoracic expert techniques (videos) www.chestjournal.org/content/vol123/1_suppl/ Evidence-based guidelines (CHEST 2003) www.ersnet.org European Respiratory Society (ERS) – diverse Monographien www.ests.org European Society of Thoracic Surgeons (ESTS) – Guidelines for pre-/intraoperative mediastinal staging www.guidelines.gov/ National Guideline Clearinghouse – evidence-based clinical practice guidelines www.krebsgesellschaft.de/arzt_bronchialkarzinom,12603. html Deutsche Krebsgesellschaft (DKG) – neue Medikamente, Leitlinien
Kapitel 11
Lungenmetastasen B. Rau, D. Kandioler und G. Stamatis
1. Einleitung
2. Diagnostik
Sekundäre Neoplasien der Lunge finden sich im Obduktionsgut von Tumorpatienten in 20 % bis 55 % (Lee, 1983). Hämatogene Lungenmetastasen werden häufig beim Melanom, Osteochondrosarkom, Hypernephrom, Tumoren im Kopf-/Halsbereich als auch beim Rektumkarzinom gefunden. Bei gastrointestinalen Tumoren ist die Lunge meistens das sekundäre Metastasierungsorgan nach der Leber. Allerdings besteht auch bei gastrointestinalen Karzinomen häufig eine lymphogene Tumorzellverschleppung in die Lunge, insbesondere dann, wenn es sich um einen lokal fortgeschrittenen Primärtumor handelt. So findet man eine diffuse Tumorausbreitung im Lymphsystem der Lunge, die Lymphangiosis carcinomatosa, am häufigsten bei primären Karzinomen von Magen, Pankreas, Mamma, Prostata und Ovarien. Die Blutversorgung von Lungenmetastasen ist unterschiedlich. Perihilär gelegene Metastasen werden eher von Bronchialarterien, peripher gelegene Lungenmetastasen eher von Pulmonalarterienästen versorgt (Milne, 1976). Begonnen vor über 100 Jahren, hat sich die Metastasenchirurgie der Lunge als Standard durchgesetzt (Rau et al., 1998). Als wichtige prognostische Kriterien gelten das metastasenfreie Intervall, die Anzahl der Fernmetastasen und die zu erwartende komplette Entfernung der Lungenmetastasen (Tabelle 11.1). Pastorino et al. (1997) konnte mit der von ihm initiierten internationalen Registrierung von 5206 Patienten mit Lungenmetastasen ein vom Tumortyp unabhängiges Risikoprofil erstellen. Es basiert vor allem auf dem tumorfreien Intervall, der Anzahl der Metastasen und deren kompletter Entfernung (Tabelle 11.1, Tabelle 11.2).
In der Lungenmetastasenchirurgie sind Faktoren wie die Anzahl der Lungenmetastasen, deren Lokalisation und Größe sowie das tumorfreie Intervall für die Indikationsstellung wichtig. Des Weiteren ist von Interesse, ob andere bevorzugte Metastasierungsorte wie Lymphknoten, Leber oder Skelettsystem frei von Tumor sind und ein Lokalrezidiv des Primärtumors ausgeschlossen ist. Erst nach Klärung dieser Fakten und Abschätzung der Operabilität kann ein sinnvolles Therapiekonzept für den Patienten festgelegt werden.
2.1. Schnittbildgebung Insbesondere durch die Thorax-Computertomographie können Rundherde bis zu 4 mm Durchmesser festgestellt werden (Abb. 11.1). Dann sind die Grenzen der Auflösung einer Computertomographie in Spiraltechnik in der Regel erreicht. Verbesserung bietet das HELIX-Spiral-CT, welches atemabhängige Artefakte
Abb. 11.1. Typische Lungenmetastase (Pfeil) im CT
134
B. Rau, D. Kandioler und G. Stamatis Tabelle 11.1. Wesentliche prognostische Parameter beim Vorliegen von Lungenmetastasen Autor
Jahr
N
PT
5-JÜR
TFI
Anzahl
McCormack
1992
144
CRC
40 %
12 Mo vs > 12 Mo NS
Solitär vs 2 LM NS
Girard
1996
86
CRC
24 %
24 Mo vs > 24 Mo NS
Solitär vs 2 LM p < 0,01
Zanella
1997
22
CRC
62 %
24 Mo vs > 24 Mo NS
Robinson
1999
25
CRC
Friedel
2002
467
Breast
Schirren
1994
729
Mixed
Pastorino
1997
5206
Mixed
Kandioler
1998
35
Rezidiv LM
48 %
12 Mo vs > 12 Mo p<0,01
Kolodziejski
1999
93
Mixed
58 %
24 Mo vs > 24 Mo NS
Loehe
2001
63
Mixed
3-JÜR 57 %
Schirren
1995
98
WTSA
22 %
36 Mo vs >36 Mo
Billingsley
1999
719
WTSA
3-JÜR 25 %
12 Mo vs > 12 Mo p<0,01
Bacci
2000
19
OSA
2-JÜR 53 %
Synchron vs Metachron P < 0,01
Solitär vs 2 LM NS
35 %
> 36 Mo vs < 36 Mo p < 0,001
Solitär vs > 2 LM NS
38 %
36 Mo vs >36 Mo 36 Mo vs > 36 Mo p<0,01
Solitär vs 2 LM p < 0,05
Solitär vs 2 LM NS
> 4 LM vs 4 LM NS 2 LM vs 3 LM p=0,04
LM: Lungenmetastasen, NS: nicht signifikant, PT: Primärtumor, JÜR: Jahres-Überlebensrate, TFI: tumorfreies Intervall, CRC: kolorektales Karzinom, OSA: Osteosarkom, SA: Sarkom, WTSA: Weichteilsarkom
weiter reduzieren kann. Die Low-dose-Spiral-CT wird immer häufiger dem Thoraxröntgen vorgezogen und wird beim Bronchialkarzinom bereits als ScreeningMethode diskutiert. Die hohe Sensitivität der Methode führt leider auch zur erhöhten Rate an falsch positiven Befunden (Pinsky et al., 2007), denn differentialdiagnostisch kann keine sichere Abgrenzung zwischen einem subpleural gelegenen Lymphknoten, einem Gefäßanschnitt oder einer kleinen Lungenmetastase erfolgen, wenn der Rundherd < 4 mm groß ist (RemyJardin et al., 1993). Selbst die intraoperative Palpation beider Lungen im ventilierten und nichtventilierten Zustand kann keine 100%ige Detektion aller Lungenrundherde erreichen, wenn auch in 38 % mehr Lungenrundherde als im Computertomogramm diagnostiziert vom Operateur intraoperativ zusätzlich detektiert wurden (Schirren et al., 1995; Parsons et al., 2004). Die Magnetresonanztomographie stand bislang nicht im Vordergrund der Diagnostik pulmonaler Lungenrundherde, wenngleich zur Abgrenzung von Infiltrationen in die Wirbelsäule oder von den zentralen Gefäßen die MRT-Untersuchung anderen bildgebenden Verfahren überlegen ist (Couraud et al., 1990).
Der Stellenwert der Positronenemissionstomographie (PET) mit Fluor-Deoxyglukose (FDG-PET) ist in der Diagnostik von Fernmetastasen gut belegt. Die Detektionsrate von Lungenmetastasen mit einem Durchmesser > 1 cm liegt mit dieser Methode um 90 %. Sind die Lungenmetastasen allerdings < 1 cm, sinkt die Genauigkeit der Methode unter 50 % (Lucas et al., 1998).
2.2. Histologische Befundsicherung Die histologische Sicherung eines pulmonalen Rundherdes ist in der Regel unverzichtbar. Verschiedene Methoden eignen sich zur histologischen Sicherung. Die transbronchiale Biopsie im Rahmen der diagnostischen Bronchoskopie ist eine Methode, mit der eine Genauigkeit von ca. 10 % bis 60 % erzielt werden kann (Baaklini et al., 2000). Die große Spannbreite der Genauigkeit erklärt sich aus der Lokalisation und Größe des Rundherdes. Zentrale Tumoren können mit der Bronchoskopie gut erreicht werden. Die Genauigkeit der transthorakalen CT-gestützten Feinnadelpunktion beträgt ca. 70 % bis 90 %, allerdings muss mit einer
Kapitel 11
Lungenmetastasen
10%igen Rate an punktionsbedingten Komplikationen (z. B. Pneumothorax, Blutung) gerechnet werden. Die Feinnadelpunktion ist insbesondere bei größeren, peripher gelegenen Rundherden eine probate Methode zur histologischen Sicherung (Laurent et al., 2000). Je kleiner der Rundherd ist und je zentraler er im Lungenparenchym liegt, desto schwieriger wird es, mit dieser Methode eine histologische Befundsicherung zu erhalten, auf der Therapieentscheidungen aufgebaut werden können. Daher sollten insbesondere peripher sitzende kleinere Lungenrundherde im Rahmen einer thorakoskopischen Resektion zur histologischen Sicherung entfernt werden.
2.3. Funktionelle Diagnostik Bei lungenresezierenden Eingriffen sollte vorab geklärt werden, ob ein solcher Eingriff auf der Basis seiner funktionellen Ressourcen dem Patienten überhaupt zumutbar ist. Als Risikofaktoren für einen thoraxchirurgischen Eingriff zählen produktiver Husten, Adipositas, Nikotinabusus sowie ungünstige Lungenfunktionswerte. Die FEV1-/FVC sollte > 70 % und der PA CO2 < 40 mmHg sein. Für besondere Fragestellungen oder eine stark beeinträchtigte Lungenfunktion kann eine zusätzliche Lungenperfusions- und -ventilationsszintigraphie zur Messung der zu erwartenden Lungenfunktion nach Parenchymresektion erfolgen. Diese Untersuchungen bieten dem Chirurgen wertvolle Hinweise über das Resektionsausmaß während der Operation.
3. Vorbehandlung 3.1. Allgemeine Aspekte In aller Regel wird die Metastasenchirurgie von einer interdisziplinären Entscheidung abhängig gemacht, da häufig multimodale Therapiekonzepte durch die Entität des Primärtumors mitbestimmt werden (Tabelle 11.3). Unter diesem Aspekt finden verschiedenste ‚neoadjuvante‘ Protokolle Anwendung, die bei gutem Ansprechen in einer durchaus kurativen Resektion der Lungenmetastase(n) münden können. Zu den häufigsten Tumorentitäten, bei denen auch die Chirurgie der Lungenmetastasen eine kurative Rolle spielt, zählen das kolorektale Karzinom, das Hypernephrom, das Osteosarkom und das Weichteilsarkom. In einzelnen Fällen wird auch beim Mammakarzinom über Langzeiterfolge nach Lungenmetastasenchirurgie berichtet. Bei allen anderen Tumoren ist ein operatives Verfahren unter kurativer Zielsetzung selten indiziert.
135 Tabelle 11.2. Prognostische Gruppierung bei Behandlung von Patienten mit Lungenmetastasen nach der Internationalen Registrierung von Lungenmetastasen (IRLM) (nach Pastorino, 2002) Risikogruppe
Resektabi- Risikolität faktor
Anzahl LM
TFI (Monate)
I
R0
Keine
Solitär
> 36
II
R0
1 Faktor
multiple
< 36
III
R0
2 Faktoren multiple
< 36
IV
Nicht resektabel
LM: Lungenmetastasen, TFI: Tumorfreies Intervall
Inwieweit und ggf. bei welcher Risikokonstellation eine Vorbehandlung die Langzeitprognose nach Lungenmetastasenresektion verbessert, wird derzeit noch kontrovers eingeschätzt.
3.2. Präoperative Chemotherapie Verschiedene Beobachtungsstudien legen einen Vorteil für die präoperative Chemotherapie insbesondere beim Osteosarkom und kolorektalen Karzinom nahe. Beim Osteosarkom wird nach präoperativer Chemotherapie beim synchron metastasierten Osteosarkom eine Remissionsrate von 60 % angegeben. Das Zweijahreskrankheitsfreie-Überleben liegt nach Resektion der Lungenmetastasen bei 21 %, das Zweijahres-Gesamtüberleben bei 55 % (Bacci et al., 2003). In Einzelfällen erscheint auch eine Chemoembolisation von Lungenmetastasen gerechtfertigt. Hierzu werden nach Punktion der Vena femoralis die tumorversorgenden pulmonalen Arterien selektiv aufgesucht und anschließend das Chemoembolisat appliziert. Erste Untersuchungen zeigen, dass bei einem Drittel der Patienten eine Tumorregression nach morphologischen Kriterien zu beobachten ist (Vogl et al., 2005). Es wird angenommen, dass durch diese Vorbehandlung die RO-Resektabilität gesteigert wird und gleichzeitig Mikrometastasen abgetötet werden.
3.3. Radiotherapie Eine präoperative Strahlentherapie spielt in der Behandlung der Lungenmetastasen derzeit keine wesent-
136
B. Rau, D. Kandioler und G. Stamatis Tabelle 11.3. Literaturüberblick über 5-JÜR, medianes tumorfreies Intervall (TFI) bei verschiedenen Tumorentitäten Autor
Jahr
N
PT
Med. Follow-up (Mon)
Med. TFI (Mon)
5-JÜR
McCormack
1992
144
CRC
Girard
1996
86
CRC
96
25
24 %
Zanella
1997
22
CRC
24 (2–115)
15
62 %
Watanabe
1998
15
CRC
(1–60)
23
56 %
De Giacomo
1999
24
CRC
29 (3–67)
Nagakura
2001
25
CRC
94 (2–239)
Iizasa
2006
75
CRC
Schirren
1994
729
Mixed
Pastorino
1997
5206
Mixed
Kolodziejski
1999
93
Mixed
58 %
Rosso
1998
178
Mixed
20 %
Lin
1999
99
Mixed
37
Loehe
2001
63
Mixed
23 (3–48)
57 %#
Mutsaerts
2001
28
Mixed
43 (2–27)
59 %
Mineo
2001
85
Mixed
30
40 %
Rolle
2006
328
Mixed
31 (1–198)
81 %
Khan
1998
25
Endokrin
MW 80
61 %
Antunes
1999
31
OSA
MW 28 (6–72)
61 %#
Briccoli
1999
206
OSA
Bacci
2000
19
OSA
44 %
50 % 29
46 % 41 %
46
34
38 %
35
36 % R0
6 (1–33)
54 %
34 %** 32 (19–43)
53 %§
N: Anzahl der Rundherde, PT: Primärtumor, TFI: Tumorfreies Intervall zwischen Auftreten des Primärtumor bis zur Diagnose der Lungenmetastase, med.: median, Mon: Monate, 5-JÜR: % 5-Jahres Überlebensrate, CRC: kolorektales Karzinom, LM: Lungenmetastase, OSA: Osteosarkom, WTSA: Weichteilsarkom, **: actuarial Überleben, §: 2-JÜR, #: 3-JÜR
liche Rolle, da aufgrund der flächenhaften Bestrahlung auch gesunder Lungenareale ein erheblicher Fibroseschaden zu erwarten ist und es damit zu einer deutlichen Einschränkung der Lebensqualität des Patienten kommen würde.
4. Präoperative Vorbereitung Sofern es die Indikation ermöglicht, kann durch Nikotinentzug, optimierte medikamentöse Behandlung ob-
struktiver Lungenwegserkrankungen sowie eine antibiotische Therapie und eine präoperative Atemtherapie die Morbidität und Letalität insbesondere vor einem thoraxchirurgischen Eingriff gesenkt werden (Zollinger et al., 2001). Ansonsten ergeben sich keine speziellen präoperativen Vorbereitungen.
Kapitel 11
Lungenmetastasen
137 100
5. Operative Strategie 5.1. Indikationsstellung
5.2. Zugangswege Prinzipiell stehen verschiedene operative Zugangswege zur Verfügung, die in Abhängigkeit von Anzahl, Lokalisation und Größe der Lungenmetastasen ausgewählt werden können (Tabelle 11.4). Die mediane Sternotomie oder transversale Thorakotomie ermöglicht die bilaterale Untersuchung und Resektion von Lungenmetastasen und wird in der Literatur in bis zu 20 % der Patienten zur Lungenmetastasenresektion eingesetzt (McCormack et al., 1992; Zanella et al., 1997). Es gibt für die e principe Sternotomie auch bei unilateraler Metastasierung mehrere Fürsprecher, da durch die Palpation der Gegenseite zusätzlich Lungenmetastasen entdeckt werden können und somit ein höherer Anteil der Patienten R0-reseziert werden kann. Dies trifft insbesondere für Sarkommetastasen zu. Nachteil der medianen Sternotomie ist die ungünstige Beurteilung der dorsalen Lungenanteile, insbesondere des linken Unterlappens, da bei Manipulation des linken Unterlappens die Auswurffraktion des linken Ventrikels behindert werden kann. Ein Vorteil dieses Zugangs ist aber, dass bei guter Refixation des Sternums die mediane Sternotomie im Vergleich zu anderen Zugängen als weniger schmerzhaft eingestuft wird. Die transversale Thorakotomie hat insbesondere bei Frauen einen kosmetischen Vorteil, da die Narbe sub-
80 70 60 % Überleben
Bei Verdacht auf einen neu aufgetretenen solitären oder singulären (2–3) Lungenrundherd ist die operative Entfernung indiziert. Neben der funktionalen Operabilität des Patienten sind für die Indikationsstellung die verbleibende Parenchymreserve nach Resektion der Lungenmetastasen und das durch den Eingriff statistisch zu erwartende verbesserte Langzeitüberleben wichtig. Selbst bei multiplen Lungenmetastasen kann die chirurgische Entfernung der Rundherde eine gute Operationsindikation darstellen. Entscheidend ist, dass die Lungenmetastasen komplett entfernt werden können. Die Entfernung von Rezidivlungenmetastasen wird lediglich für Tumoren empfohlen, bei denen durch die Resektion ein kuratives Ziel verfolgt werden kann (Kandioler et al., 1998, Abb. 11.2; Nagakura et al., 2001). Beim Osteosarkom zeigen verschiedene Untersuchungen, dass die Resttumorentfernung nach Chemotherapie sinnvoll sein kann, da chemoresistente Lungenmetastasen auf diese Weise sowohl entdeckt als auch entfernt werden können.
< 10 Mon (n = 11, 3 lebend) 10–40 Mon (n = 15, 6 lebend) > 40 Mon (n = 9, 6 lebend)
90
50 40 30 20 10 0 0
20
40
60
80 100 120 Monate (Mo)
140
160
180
200
Abb. 11.2. Resektion rezidivierender Lungenmetastasen: Relation von krankheitsfreien Intervall (RFI) zwischen erster und zweiter Metastasektomie und Überleben. Ein RFI von > 40 Monaten war mit einem signifikant längeren Überleben assoziiert (p = 0,0012) (nach Kandioler et al., 1998).
mammär gelegt werden kann. Präparatorisch ist dieser Weg aber wesentlich aufwändiger und wird daher nur in Einzelfällen eingesetzt. Die anteriore Thorakotomie ist ein weiterer Zugang, der ebenfalls bei Frauen, ähnlich wie bei der tranversalen Thorakotomie, günstige
Abb. 11.3. Zugänge bei der Video-Thorakoskopischen Resektion von Lungenrundherden. Die Port-Positionen sind prinzipiell abhängig von der Lage des Rundherdes. Rechts oben: Klipsinstrument. Links unten: Fassinstrument. Rechts unten: Kamera
B. Rau, D. Kandioler und G. Stamatis
138
Tabelle 11.4. Literaturüberblick großer Patientenserien und operativer Zugangswege sowie Resektionsverfahren
PT
Anzahl der Metastasen Solitär
Lokalisation unilateral
Zugangsweg
McCormack 1992 144
CRC
80 (55 %)
120 (83 %)
Thorakotomie n = 128 (89 %) Sternotomie n = 16 (11 %)
97 34 (20 %) (57 %)
Girard
CRC
52 (60%)
65 (76 %)
Thorakotomie
58 25 (25%) (57 %)
Thorakotomie n = 18 (82 %) 18 (82 %) Sternotomie n = 2 (10 %) THSK n = 6
Autor
Jahr
1996
N
86
Zanella
1997
22
CRC
10 (45 %)
Watanabe
1998
27
CRC
22 (81%)
Robinson
1999
25
CRC
10 (40 %)
17 (68 %)
De Giacomo 1999
24
CRC
24 (100 %)
Nagakura
2001
27
CRC
9 (33 %)
Iizasa
2006
75
CRC
53 (71 %)
Friedel
2002 467 Mamma 308 (66 %)
Schirren
1994 729
Mixed
Pastorino
1997 5206
Mixed
46 %
OP-Verfahren Wedge Lobektomie PNE
THSK
27 (100 %)
24 (100 %)
THSK
24 (100 %)
18 (67 %)
Thorakotomie
339 (73 %)
60 %
Bemerkung
170 OP 8 (8 %)
102 OP
Konversion n = 5 (19 %)
34 18 (35 %) (65 %)
Thorakotomie
29
40
1
Thorakotomie n = 352 (75 %) Sternotomie n = 95 (20 %) THSK n = 17 (0,04 %)
286 (61 %)
114 (24 %)
6 (,01 %)
Sternot. n = 417 (49 %) Transv.Tho. n = 20 (2 %) Thorakot. n = 406 (48 %)
70 %
27 %
3%
76 %
21 %
3%
Segment 5, LNSampling n = 44;
CRC: kolorektales Karzinom, OSA: Osteoosarkom, PNE: Pneumonektomie, THSK: Thorakoskopie, WTSA: Weichteilsarkom
kosmetische Ergebnisse zeigt. Für dorsal sitzende Tumoren, insbesondere linksseitige Rundherde, ist dieser Zugang für das operative Management ungünstig. Die beidseitige laterale Thorakotomie ist bei bilateralen Rundherden zwar für den Patienten eine zusätzliche Belastung, ermöglicht aber insbesondere bei dorsal und/ oder hilusnahen Metastasen eine bessere Übersicht. Der minimal invasive Zugangsweg hat sich in der Behandlung von solitären Lungenrundherden etabliert (Tabelle 11.5). Bei dem Einsatz in der Behandlung von Lungenmetastasen mit kurativer Intention wird
derzeit jedoch kontrovers diskutiert, ob dieser Zugangsweg nicht dem konventionell offenen unterlegen ist. Angeführt wird, dass beim offenen Verfahren durch die bimanuelle Palpation der Lunge zusätzliche Lungenmetastasen, trotz guter Bildgebung, detektiert werden. Andererseits ist derzeitig völlig unklar, inwiefern kleinste Lungenmetastasen, die in der Bildgebung nicht diagnostiziert, jedoch palpatorisch in der Lungenperipherie getastet werden konnten, überhaupt eine prognostische Relevanz haben, wenn sie denn entfernt werden konnten. Technisch ist man problem-
Kapitel 11
Lungenmetastasen
139
Tabelle 11.4. (Forts.)
Jahr
N
PT
Anzahl der Metastasen Solitär
Kolodziejski 1999
93
Mixed
80 (86 %)
Thorakotomie
43 18 26 (28 %) (46 %) (19 %)
Expl. Th. n = 6
129 (72 %)
Thorakotomie n = 176 (91 %) Sternotomie n = 7 (0,04 %) THSK n = 10 (0,05 %)
73
193 OP Bilobektomie n = 3
Autor
Lokalisation unilateral
Rosso
1999 178
Mixed
Lin
1999
99
Mixed
Mutsaerts
2001
28
Mixed
Rolle
2006 328
Mixed
Khan
1998
25
Endokrin
13 (52 %)
21 (84 %)
Schirren
1995
98
WTSA
44 (36 %)
62 (63 %)
Antunes
1999
31
OSA
Briccoli
1999 206
OSA
Bacci
2000
OSA
19
92 (93 %)
19 (68 %)
Zugangsweg
THSK
100 %
THSK
100 %
177 (54 %)
85 (41 %)
OP-Verfahren Wedge Lobektomie PNE
93 %
Thorakotomie n = 21 (84 %) Sternotomie n=4 (16%)
4
Bemerkung
Konversion n = 0 Durchmesser 13,2 mm) Konversion n = 10 (35 %), Medianer Durchmesser 17 (5–30 mm) Unilateral: 93 % R0; mean 3 LM (1–9) Bilateral: Mean 13 LM; (1–124)
7%
15 10 (40 %) (60 %) 74 (61 %)
31 %
40 (89 %)
5 (11 %)
145 (70 %)
Thorakotomie
185 21 (10 %) (90 %)
14 (74 %)
Thorakotomie
17 (89 %)
2 (11 %)
7%
Staging correct 37 %
Anzahl der LM: 2–5 n = 87 (43 %) > 5 n = 34 (16 %) R0 n = 18
CRC: kolorektales Karzinom, OSA: Osteoosarkom, PNE: Pneumonektomie, THSK: Thorakoskopie, WTSA: Weichteilsarkom
los in der Lage, über drei Trokare einen peripher gelegenen Rundherd sicher zu entfernen (Abb. 11.3). Die thorakoskopische Wedge-Resektion ist komplikationsarm und führt zu einem kosmetisch guten Ergebnis (Landreneau et al., 1995).
5.3. Resektionstechnik Die Resektion ist prinzipiell mit einem Stapler-Gerät, aber auch als Metastasektomie durch einen Nd:YAG-
Laser möglich. Mit der Nd:YAG-Laser-Methode wird keine Metastasenresektion, sondern eine Metastasektomie mit einem ca. 3 mm breiten Rand ohne weiteres Lungenparenchym ermöglicht. Dieses Verfahren wird zunehmend eingesetzt und ist eine parenchymsparende Methode, Lungenmetastasen zu entfernen (Rolle et al., 2006). Gegner dieser Methode führen die höhere Rate an Parenchymfisteln und Nachblutungen ins Feld. Um eine onkologischen Prinzipien gerechte Resektion in der Lungenmetastasenchirurgie zu erreichen, ist es nicht notwendig, eine anatomisch orientierte, den
140
B. Rau, D. Kandioler und G. Stamatis Tabelle 11.5. Thorakoskopische Lungenmetastasenresektion in kurativer Intention
Autor
Jahr
N
Tumorentität epithelial n.epithel.
Watanabe 1998
27
23 (85 %)
4 (15 %)
Lin
1999
99
88 (89 %)
11 (11 %)
De Giacomo
1999
24
CRC
Mutsaerts 2001
28
17 (61 %)
Anzahl der LM Solitär 1–2 22 (81 %)
Follow RezidivR0DM (mm) Konversion Resektion 5-JÜR UP rate
5 (19 %) MW 1,4 (1–7)
5 (19 %) 13
24 (100 %) 11 (39 %)
19 (68 %)
0 9 (32 %)
17 (5–30)
10 (36 %)
12 (71 %)
3 Jh 56 %
1–60
3 (11 %) 2PS
54 %
37
58 %
50 %
29 (3–67)
23 %
59 %
43 10 (36 %) (2–71) 1PS
CRC: kolorektales Karzinom, DM: Durchmesser, PS: Portsiterezidiv
Tumor tragende Segmentresektion oder Lobektomie durchzuführen, wenngleich eine Lobektomie oder gar eine Pneumonektomie bei zentraler Lage der Metastase aus operationstechnischen Bedingungen notwendig sein kann. Grundsätzlich gilt die Wedgeresektion als onkologisch ausreichendes parenchymresezierendes Verfahren. Die Metastasektomie mit dem Nd:YAGLaser ist derzeit noch auf dem Prüfstand. Hier liegen noch zu wenige Berichte über Langzeitbeobachtungen und Rezidivhäufigkeit vor.
5.4. Lymphknotendissektion Der Wert der systematischen Lymphadenektomie gemeinsam mit der pulmonalen Metastasenchirurgie wurde bislang noch nicht eindeutig belegt und wird kontrovers diskutiert. Im Rahmen der routinemäßigen mediastinalen Lymphadenektomie wurden in bis zu 20 % Lymphknotenmetastasen entdeckt und mit einer schlechten Prognose assoziiert (Welter et al., 2007). Welchen Stellenwert die mediastinale Lymphknotendissektion auf das Langzeitüberleben hat, ist derzeit noch unklar.
6. Komplikationsmanagement Die Komplikationsrate nach operativer Behandlung von Lungenmetastasen ist gering. Die Mortalität der verschiedenen Eingriffe liegt zwischen 0 und 1 %, die Komplikationsraten werden in der Literatur mit bis zu 10 % angegeben. Hierzu zählen verschiedene Komplikationen, mit denen in der Thoraxchirurgie nach parenchymresezierenden Eingriffen gerechnet werden
muss. Hauptsächlich handelt es sich um Parenchymfisteln, broncho-pleurale Fisteln, Nachblutungen aus dem oder in das Lungenparenchym bzw. der Thoraxwand, Lungenabszesse, Atelektasen, Pneumothorax und das Pleuraempyem. Nur in wenigen Ausnahmen wird eine Rethorakotomie zur Behandlung der Komplikationen nach Lungenmetastasenresektion notwendig sein. In den meisten Fällen reicht es aus, Atelektasen durch bronchoskopisches Absaugen zu sanieren oder eine Parenchymfistel durch Verlängerung der Drainageliegezeit auszuheilen. Sollte die Parenchymfistel über mehrere Tage bestehen bleiben, so ist allerdings die Rethorakotomie in Erwägung zu ziehen. Meist führt die Übernähung oder Staplernaht zum Verschluss der Fistel. Der Einsatz des Nd:YAG-Laser in der Metastasenchirurgie führt nach bisherigen Berichten zu keiner wesentlichen Veränderung der Komplikationsrate (Rolle et al., 2006).
7. Nachbehandlung Es gibt keine Hinweise, dass eine adjuvante Chemotherapie in der Lungenmetastasenchirurgie das tumorfreie Überleben verlängert. Daher wird eine adjuvante Chemotherapie in diesem Kontext auch nicht angeboten.
8. Rehabilitation Rehabilitativ stehen nach operativer Entfernung von Lungenmetastasen Maßnahmen im Vordergrund, die zur Regeneration der pulmonalen Leistungseinschränkung führen sollen. Zur Verbesserung der Lungen-
Kapitel 11
Lungenmetastasen
funktion führen im Wesentlichen zwei Faktoren zum Erfolg: zum einen der medikamentöse Einsatz von Bronchodilatatoren in Kombination mit einer Inhalationstherapie, insbesondere bei Patienten mit einer chronischen Bronchitis; zum anderen die gezielte Kräftigung der Atemhilfsmuskulatur mit Hilfe der Physiotherapie. Auch sollten alle Anstrengungen unternommen werden, Patienten zur strikten Nikotinkarenz zu bewegen.
9. Nachsorge Für die Behandlung der Lungenmetastasen ist eine spezielle Nachsorge in den Leitlinien nicht vorgesehen, auch wenn die Rezidivhäufigkeit mit 70 % sehr hoch ist. Die Nachsorge orientiert sich an den für den Primärtumor festgelegten Kriterien. Bezogen auf das Gesamtwohl ist nach wie vor nicht geklärt – ähnlich wie beim Brustkrebs und beim Kolonkarzinom –, ob bei einem flächendeckenden Screening die Vor- oder die Nachteile überwiegen. Da es keine evidenzbasierten Guidelines gibt und es unwahrscheinlich ist, dass die derzeitigen Empfehlungen in randomisierten kontrollierten Studien untersucht werden können, wird auch in Zukunft nicht mit einem strukturierten, auf Lungenmetastasen ausgerichteten Nachsorgeprogramm zu rechnen sein (Virgo et al., 2006). Dennoch werden immer häufiger Daten publiziert, die bei chirurgischer Behandlung von Rezidivmetastasen günstige Ergebnisse für die Patienten erreichen (Kandioler et al., 1998).
141
ganz besonders, da die Luft, die den Lungenrundherd umgibt, isolierend wirkt und somit die durch Radiofrequenz erzeugte Hitze im Tumorgewebe gut isoliert. In Pilotstudien konnte gezeigt werden, dass die Radiofrequenzablation insbesondere bei kleinen Rundherden eine hohe Rate an Totalnekrosen erreicht. Es konnte auch gezeigt werden, dass sich Lungenmetastasen für diese Art der lokalen Therapie besser eignen als das primäre Bronchialkarzinom. Der Effekt der Radiofrequenzablation mit Ausbildung einer Totalnekrose im Lungenrundherd sinkt deutlich, wenn die Lungenherde > 3 cm groß sind, sodass in diesen Fällen eine wiederholte Radiofrequenzablation notwendig werden kann (Suh et al., 2005).
11. Palliativmaßnahmen Die palliative Metastasenresektion sollte einer Nutzen/Risikoanalyse unterzogen werden. Für eine Resektion kann sprechen, wenn eine Verbesserung der Symptomatik (Schmerzen, Parenchymfisteln, Brustwandinfiltration, Exulzerationen, Hämoptysen, rezidivierende Retentionspneumonien, Pleuraempyem) erwartet werden kann. Dies ist aber nur in wenigen, selektierten Einzelfällen zu erreichen. Ein palliatives Chemotherapieregime wird sich in der Wahl der Medikamente am Primärtumor orientieren. Sinnvoll kann eine Metastasenresektion bei Patienten mit multiplen Lungenrundherden sein, die chemoresistent erscheinen, da eine Pilzpneumonie durchaus Lungenmetastasen und einen massiven Progress der Erkrankung vortäuschen kann.
10. Weitere Therapiemodalitäten 12. Qualitäts- und Prognosekriterien Derzeit werden auch verschiedene interventionelle Verfahren in ihrer lokalen Effektivität bei Lungenmetastasen evaluiert. Die laserinduzierte interstitielle Thermotherapie kann Lungenmetastasen, insbesondere wenn sie peripher gelegen sind, zerstören. Die therapiebedingte Komplikationsrate betrifft überwiegend die Ausbildung eines Pneumothorax. Dies wird mit 28 % angegeben (Steinke et al., 2004). Es wurden aber auch Patientenschicksale publiziert: Bei einem Patienten wurde über einen ausgedehnten Hämatothorax (Vaughn et al., 2002), bei anderen Patienten über akute zerebrale Infarkte (Jin et al., 2004) berichtet. Langzeitergebnisse liegen bislang jedoch noch nicht vor (Vogl et al., 2005). Die perkutane Radiofrequenzablation ermöglicht großvolumige Koagulationsnekrosen. Lungentumore eignen sich für diese Methode
Zielgröße für eine sinnvolle Therapie von Lungenmetastasen ist die tumorfreie Überlebenszeit. Diese ist aber nicht nur von einer R0-Resektion abhängig (R0- vs. R1/2-Resektion: 5-JÜR 36 %/MÜZ 35 Monate vs. 13 % und 15 Monate) (Pastorino, 2002). Es spielen auch andere prognostische Parameter eine Rolle (Tabelle 11.1). Die 5-JÜR nach radikaler pulmonaler Metastasenchirurgie für alle Histologien zusammen liegt bei 33 %, für kolorektale Metastasen bei 41 %. Für inkomplette chirurgische Resektionen wird eine 5-JÜR von lediglich 7 % angegeben. Für wiederholte Lungenmetastasektomien ohne Rücksicht auf die Histologie liegt die 5-JÜR sogar bei über 44 % und das krankheitsfreie Intervall ist der stärkste prognostische Parameter.
142
B. Rau, D. Kandioler und G. Stamatis
13. Ausblick Nachdem sich für verschiedene Tumorentitäten die Lungenmetastasenresektion zu einem festen Bestandteil in der onkologischen Behandlung etablieren konnte, sind zukünftig zur weiteren Behandlungs- und Prognoseoptimierung folgende Fragen und Aspekte weiter zu verfolgen: • Unter welchen Voraussetzungen muss der Einsatz der präoperativen Chemotherapie vor oder nach Resektion von Lungenmetastasen gefordert werden ± welche Strategie bei kompletter Remission nach erfolgreicher Therapie? • Kann durch eine systematische mediastinale Lymphknotendissektion das tumorfreie Überleben der Patienten verlängert werden? • Zu klären gilt es auch, ob durch den Einsatz effektiverer präoperativer Therapien (z. B. tumoradaptierte oder Targeted Therapy), die Resektabilität gesteigert und die krankheitsfreien Intervalle beziehungsweise die Langzeitergebnisse zu verbessern sind und damit die Rate an Rezidiven und Re-Eingriffen reduziert werden kann. • Nachdem die Morbidität und Mortalität der chirurgischen Resektion sehr gering ist und die Ergebnisse relativ gut sind, wird abzuwarten sein, ob sich interventionelle Methoden in diesem Kollektiv in randomisierten Studien als Alternative oder Ergänzung zur klassischen Resektion durchsetzen werden können.
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Kapitel 11
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15. Links www.dg-thoraxchirurgie.de Deutsche Gesellschaft für Thoraxchirurgie
Kapitel 12
Andere thorakale Karzinome M. Lindner, O. Thetter und A. End
Andere Karzinome des Thorax gehen vom Mediastinum aus, vor allem aus dem vorderen Kompartment, wo Thymome bzw. Thymuskarzinome von malignen Keimzelltumoren unterschieden werden. Eine weitere maligne Tumorentität ist das Pleuramesotheliom, das auf die mediastinale Pleura übergreifen kann. Diese Karzinome des Thorax sind die Domäne multimodaler Therapiekonzepte. Ein differentialdiagnostisch hilfreiches Kriterium ist die Entwicklung der Geschwülste in typischer Lokalisation. Während sich die Thymuskarzinome und die malignen Keimzelltumoren im vorderen Kompartment des Mediastinums entwickeln, ist das Pleuramesotheliom eine Erkrankung der Pleurablätter.
1. Thymome 1.1. Einleitung Im vorderen oberen Mediastinum stellen sie mit 20– 30 % die häufigste Tumorgruppe dar, wovon aber nur 10 % maligne entarten. Thymuskarzinome treten meist zwischen dem 40. und 60. Lebensjahr auf. Die zwei Klassifikationsprinzipien, die sich in den verschiedenen Einteilungen der Thymome herauskristallisiert haben, sind darauf ausgerichtet, am operierten Thymustumor die Wahrscheinlichkeit von Tumorrezidiven und Patientenüberleben einschätzen zu können.
1.1.1. Klinik Mögliche Symptome eines Thymustumors können – als Ausdruck einer mediastinalen Raumforderung – folgende Beschwerden sein: • retrosternales Druckgefühl • obere Einflussstauung • Schluck- und Atembeschwerden • Horner-Syndrom • Heiserkeit • Rekurrens- oder Phrenikusparese (Anzeichen eines fortgeschrittenen Tumorstadiums)
Außerdem können myasthenieartige Symptome vorliegen, diese stellen beim Thymuskarzinom das häufigste paraneoplastische Syndrom dar.
1.1.2. Einteilung Die Klassifikation von Thymomen nach Levine et al. (Tabelle 12.1) kombiniert das Prinzip der zytohistomorphologischen Kriterien mit der An- und Abwesenheit einer Tumorinvasion sowie von Tumorimplantaten in Lymphknoten und Fernmetastasen (Moore et al., 2001). Die Gruppe 1 der benignen Thymome mit einer zytologisch benignen Form, in der keine Invasion der Kapsel vorliegt, macht 90 % der Thymustumoren aus. Die niedrig malignen Thymome der Kategorie 1 werden
Tabelle 12.1. Klassifikation der Thymome (nach Levine et al., 1978) 1. Benigne Thymome
zytologisch benigne, keine Invasion der Kapsel
2. Maligne Thymome Kategorie 1 (typische organoide Thymome)
minimale Zellatypien, lokale Invasion der Kapsel
3. Maligne Thymome Kategorie 2 (Thymuskarzinome)
eindeutige zytologische Malignitätskriterien infiltrativ-destruierendes Wachstum, lymphogene und/oder hämatogene Metastasen
3.1 Thymuskarzinome mit niedrigem Malignitätsgrad
Plattenepithelkarzinome Muko-epidermoide Karzinome Basaloide Karzinome
3.2 Thymuskarzinome mit hohem Malignitätsgrad
Lymphoepitheliom-ähnliche Karzinome Undifferenzierte/anaplastische Karzinome
M. Lindner, O. Thetter und A. End
146
den prognostisch deutlich ungünstigeren lymphogen und hämatogen sowohl thorakal als auch extrathorakal metastasierenden Thymomen der Kategorie 2 gegenübergestellt, wobei ein niedriger und ein hoher Malignitätsgrad unterschieden werden können. Das Ausmaß der Tumorinvasion als einziges prognostischtherapeutisches chirurgisches Kriterium wurde bisher am besten erfasst durch die Stadieneinteilung nach Masaoka (Tabelle 12.2). Die Klassifikation von MüllerHermelink et al. beurteilt ausschließlich zytomorphologische und ätiopathologische Gesichtspunkte und geht von der histogenetischen Hypothese aus, dass sich die Thymome medullär kortikal zuordnen lassen. Die neue WHO-Klassifikation aus dem Jahre 1999 basiert vor allem auf der Prognosebeurteilung eines Thymustumors (Tabelle 12.3).
1.2. Diagnostik Die CT ist der Goldstandard zur Beurteilung von Veränderungen und Erkrankungen des Mediastinums. Invasive Punktionsverfahren dienen der histologischen Beurteilung. Als chirurgisch diagnostische Verfahren stehen einerseits die anteriore Mediastinotomie nach Chamberlain und die videoassistierte Thorakoskopie zur Verfügung.
1.2.1. Bildgebende Verfahren Die CT wird eingesetzt, wenn im Thoraxübersichtsröntgen eine Verbreiterung des Mediastinums vorliegt. Dies wird in zwei Aufnahmetechniken in einem pulmonalen Fenster und einem mediastinalen Fenster durchgeführt. Eine intravenöse Gabe von Kontrastmittel ist zur Demarkation der pathologischen Veränderung erforderlich. Durch die CT kann in vielen Fällen bereits eine Artdiagnose erstellt und in Kombination
Tabelle 12.2. Stadieneinteilung der Thymome (modifiziert nach Masaoka, 1981)
Stadium I
Tumorkapsel vollständig erhalten
Stadium IIa
Mikroskopische Invasion der Tumorkapsel
Stadium IIb
Tumor durchbricht die Kapsel mit Invasion von Thymus oder Fettgewebe bis zur mediastinalen Pleura
Stadium III
Tumor durchbricht die mediastinale Pleura oder das Perikard oder infiltriert benachbarte Organe (große Gefäße, Lunge)
Stadium IVa
Tumor wächst ausgedehnt in Pleura oder Perikard
Stadium IVb
Lymphogene oder hämatogene Metastasen
Tabelle 12.3. Übersicht der Thymomklassifikationen
Levine und Rosai (1978)
Marino, Müller-Hermelink, Marx, Kirchner (1997)
WHO (1999)
Benigne Thymome
Medulläre Thymome (spindelzellig)
Typ A-Thymome (medullär; spindelzellig)
Kortiko-medulläre Mischthymome
Typ AB-Thymome (gemischt)
Prädominant kortikale Thymome
Typ B1-Thymome (prädominant kortikal, thymus-organoid; lymphozytenreich)
Kortikale Thymome
Typ B2-Thymome (kortikal)
Gut differenzierte Thymuskarzinome
Typ B3-Thymome (gut differenziertes Thymuskarzinom)
Thymuskarzinome verschiedener histologischer Differenzierung
Thymuskarzinome Typ C-Thymom
Maligne Thymome Kategorie 1
Maligne Thymome Kategorie 2 Niedrig maligne Thymuskarzinome Hoch maligne Thymuskarzinome
Kapitel 12
Andere thorakale Karzinome
147
1. Rippe Manubrium Sterni
2. Rippe
Abb. 12.1. CT-Aufnahme des mediastinalen Fensters bei malignem Thymom
mit einer CT-gesteuerten Punktion eine histologische Sicherung des mediastinalen Prozesses erreicht werden, sodass eine weiterführende Therapie erfolgen kann (Abb. 12.1). Bei Unklarheiten bezüglich der Invasion größerer Gefäße im mittleren Mediastinum erfolgt die Durchführung einer MRT. Die Durchführung einer Angio-MRT kann eine Kompression oder Infiltration der Vena cava superior gut darstellen. Thymuskarzinome fallen in CT und MRT als große, unscharf berandete, invasiv wachsende Raumforderungen mit heterogenem Binnenmuster (Nekrose, Einblutungen) auf.
Abb. 12.2. Anteriore Mediastinotomie (Chamberlain Procedure)
Thymom
Pericard
1.2.2. Chirurgische Verfahren Die anteriore Mediastinotomie stellt durch Zugang zum vorderen Mediastinum über den 2. ICR ein sicheres Verfahren zur Klärung der histologischen Entität dar (Abb. 12.2). Unter direkter Sicht oder unter Zuhilfenahme einer videoassistierten Übertragungseinheit gelingt es, unter Schonung der A. thoracica interna und der Pleurablätter eine Tumorprobe zur histologischen Sicherung zu gewinnen. Ist die Abklärung des Infiltrationsstatus durch die vorab genannten bildgebenden Verfahren nicht möglich, kommt die videoassistierte Thorakoskopie zum Einsatz (Abb. 12.3). Dadurch gelingt es, eine Übersicht über die Invasion des Thymuskarzinoms sowohl in große Gefäße als auch in das Perikard und die angrenzende Pleura zu gewinnen. Die aufwändige invasive Diagnostik ist Voraussetzung für die anschließende neoadjuvante Therapie (Lucchi et al., 2005).
Abb. 12.3. Intraoperatives Bild eines Thymoms in der videoassistierten Thorakoskopie
1.2.3. Laborchemie Zur Abklärung bei Thymomen sollten im Serum Antikörper gegen Azetylcholinrezeptoren bestimmt werden, da bis zu 40 % der Patienten mit einem Thymom myasthenieähnliche Symptome entwickeln können.
1.3. Operative Strategie Die stadienabhängige Therapie beim Thymom ist in Tabelle 12.4 dargestellt. Die primäre transsternale oder
148
M. Lindner, O. Thetter und A. End
Tabelle 12.4. Stadienabhängige Therapie bei Thymomen
Stadium
Chirurgie
Strahlentherapie
Chemotherapie
I
Komplette Resektion
nein
nein
II
Komplette Resektion
35-50 Gy
nein
III
Komplette Resektion Inkomplette Resektion Sekundäre Op?
35-50 Gy nein 35-50 Gy Cisplatin-Kombinationen? primäre Chemo- und Strahlentherapie
IVa
Debulking? Sekundäre Op?
35-50 Gy Cisplatin-Kombinationen primäre Chemotherapie +/– Strahlentherapie
IVb
Einzelfall sek. Op
primäre Chemotherapie +/– Strahlentherapie
transpleurale Resektion ist die Therapie bei allen resektabel erscheinenden Thymustumoren, wobei die komplette Tumorentfernung auch bei einem Thymuskarzinom der entscheidende prognostische Faktor ist (Abb. 12.4). Im Stadium I nach Masaoka ist die videothorakoskopische Resektion in Kombination mit Robotersystemen anzustreben. Ein wichtiges Kriterium, das bei den verschiedenen Stadieneinteilungen entsprechend berücksichtigt wird, ist der Nachweis einer Invasion oder Penetration der bindegewebigen Tumorkapsel. Ein Befund, der vom Operateur exakt zu beurteilen ist, und eine zwingende R0-Resektion sind für den weiteren Verlauf von entscheidender Bedeutung. Um ein exaktes Staging zu erzielen, sollte nach Möglichkeit eine Ausräumung des kompletten vorderen Mediastinums unter Mitnahme des Fett- und Bindegewebes, des Restthymus und der erreichbaren mediastinalen Lymphknoten durchgeführt werden. Bei
Tabelle 12.5. BAPP-Chemotherapieprotokoll für fortgeschrittene Thymome
Infiltration des Perikards muss eine komplette Resektion erfolgen und ein Ersatz mit einer Perikardmembran durchgeführt werden (Abb. 12.5).
1.4. Nichtchirurgische Therapieoptionen Der Tumor zeigt eine gute Strahlensensibilität und durch Applikation bis zu 50 Gy kann die Lokalrezidivrate auf bis zu 10 % deutlich reduziert werden. Bei primär inoperablen Tumoren kann eine Strahlendosis von mehr als 50 Gy appliziert werden. Mit dieser alleinigen Radiotherapie gelingt eine dauerhafte Tumorkontrolle, die jedoch meist unter 50 % liegt. Ist eine primäre Operation auf Grund der lokalen Ausdehnung oder der Fernmetastasierung nicht möglich, empfiehlt sich eine Chemotherapie nach dem BAPPChemotherapieprotokoll für fortgeschrittene Thymome (Tabelle 12.5). Mit dieser Kombination lässt sich eine Remission von 55–90 % erzielen, wonach in Einzelfällen eine sekundäre Tumorausräumung über Sternotomie zu erwägen ist. Verbietet sich diese Möglichkeit, kann eine konsolidierende Radiotherapie angeschlossen werden (Venuta et al., 2003).
Bleomycin
12 mg/m²
i. v.
Tag 1
Adriamycin
50 mg/m²
Kurzinfusion
Tag 1
1.5. Komplikationsmanagement
Cisplatin
50 mg/m²
Kurzinfusion
Tag 1
Prednison
40 mg/m²
p. o.
Tag 1–5
Perioperative Komplikationen sind zumeist durch kardiale Rhythmusstörungen bedingt, die einer medikamentösen Behandlung zugänglich sind. Lokale Wundheilungsstörungen sind bei neoadjuvanter Vorbehandlung im Bereich der Sternotomie möglich und werden durch Debridement und/oder offene Wundbehandlung versorgt.
Wiederholung alle 4 Wochen und nach Regeneration des Blutbildes, Besonderheiten der einzelnen Zytostatika sind zwingend zu beachten.
Kapitel 12
Andere thorakale Karzinome
149
Abb. 12.4. Intraoperativer Situs eines malignen Thymoms
Abb. 12.5. Perikardersatz nach kompletter Resektion
1.6. Nachbehandlung
Bei bis zu 30 % der Patienten treten Lokalrezidive auf. Die 5-Jahres-Überlebensrate beträgt im Stadium I 85 %, im Stadium II–III 70 % und im Stadium IV median 35 %.
Im Stadium I kann nach einer kurativen Operation auf eine Nachbestrahlung verzichtet werden. Nur wenn in einem vorhergehenden diagnostischen Eingriff die Kapsel verletzt worden ist, empfiehlt sich eine postoperative Radiotherapie. In allen Fällen eines lokal fortgeschrittenen Tumorstadiums ab Stadium II nach Masaoka ist unabhängig vom Erfolg der Operation eine postoperative Radiotherapie indiziert (Kim et al., 2004).
1.7. Nachsorge und Prognose Nach R0-Resektion oder kompletter Remission nach Chemo- und Strahlentherapie ist eine Nachsorge alle 3 Monate für die ersten 2 Jahre sowie alle 6 Monate für das 3.–5. Jahr wichtig, da im Falle von Rezidiven erneute chirurgische Interventionen oder Chemo- und Strahlentherapie kurative Chancen bieten. Die PET-CT wird zur wichtigsten diagnostischen Nachsorgeuntersuchung und sollte großzügig angewendet werden.
1.8. Qualitäts- und Prognosekriterien Die Seltenheit der Tumorentität, die Schwierigkeit der histomorphologischen Diagnostik und die individuell zu entscheidenden multimodalen Konzepte in Zusammenarbeit mit Onkologen und Strahlentherapeuten setzen eine Zusammenarbeit im Rahmen eines thoraxchirurgischen Zentrums voraus. Als Mindestmengen sind für eine Institution 20 Thymusresektionen pro Jahr zu empfehlen. Die chirurgische Expertise sollte über die herz-thoraxchirurgischen Techniken hinausgehen und auch Erfahrung in plastisch-chirurgischen Thoraxwandrekonstruktionen umfassen.
150
M. Lindner, O. Thetter und A. End
1.9. Ausblick Die aus epithelialen Thymusneoplasien extrahierten Lymphozyten und der Nachweis von CD4+, CD8+ oder CD20+ scheinen für Thymuskarzinome charakteristisch zu sein. Die nachgewiesene Expression von Epidermal Growth Factor Receptor (EGFR) und Vascular Endothelial Growth Factor (VEGF) beim Thymuskarzinom ermöglicht neue zielgerichtete Therapien.
2. Keimzelltumoren 2.1. Einleitung Mediastinale Keimzelltumoren sind ausschließlich im vorderen Mediastinum lokalisiert und treten bevorzugt bei jungen männlichen Erwachsenen auf. Alle Subtypen, die in den Gonaden auftreten, können auch primär im Mediastinum entstehen. Bei den malignen Tumoren unterscheidet man das Seminom (20–30 %), das unreife Teratom, das embryonale Karzinom, den endodermalen Sinustumor und das Chorionkarzinom (insgesamt ca. 10–20 %). Bei allen diesen genannten Tumorentitäten ist es wichtig, eine mediastinale Metastasierung eines oft sehr kleinen primären und genitalen Tumors auszuschließen (Fizazi et al., 2001).
2.1.1. Klinik Neben den im Kapitel Thymuskarzinome genannten klinischen Symptomen kann bei einem Keimzelltumor durch eine gesteigerte Produktion von B-HCG (betahumanes Choriongonadotropin) eine Gynäkomastie ausgelöst werden.
2.2. Diagnostik 2.2.1. Laborchemie Bei dem geringsten Verdacht auf das Vorliegen eines Keimzelltumors müssen A-Fetoprotein (AFP) und B-humanes Choriongonadotropin (B-HCG) im Serum bestimmt werden, die im weiteren Verlauf des multimodalen Konzeptes auch als Verlaufsparameter genutzt werden.
2.2.2. Histologische Abklärung Neben den minimal invasiven Verfahren wie der CTund der Ultraschall-gesteuerten Punktion stehen die
Mediastinotomie und die videothorakoskopische Biopsie zur Verfügung. Bei den Keimzelltumoren sollte primär lediglich eine histologische Sicherung durch Probenentnahme vorgenommen werden.
2.3. Therapie 2.3.1. Seminome Der therapeutische Ansatz unterscheidet die Seminome von den nicht seminomatösen Keimzelltumoren. Seminome sind typischerweise im vorderen oberen Mediastinum lokalisiert. Diese Tumoren wachsen relativ langsam, wobei 30–40 % zum Zeitpunkt der Diagnose noch keine Metastasen gesetzt haben. 10 % dieser Tumoren fallen durch eine Erhöhung von B-HCG auf, während AFP normal ist. Das Tumorgewebe ist strahlensensibel. Nach exaktem Ausschluss von Lungen- und Skelettmetastasen ist bei lokalisierten Tumoren die Operation angezeigt, wobei eine R0-Resektion anzustreben ist. Gelingt diese nicht, ist eine postoperative Bestrahlung mit 35–45 Gy erforderlich, wobei eine 5-JahresÜberlebensrate von bis zu 100 % zu erreichen ist. Mit zunehmender Größe steigt auch das Risiko von Fernmetastasen. Bei großen Tumoren wird man mit einer primären Chemotherapie versuchen, eine Remission zu erreichen, selbst wenn noch keine Fernmetastasen nachzuweisen sind. Die Gabe von platinhaltigen Salzen in Kombination mit Ifosfamid und Vinblastin ermöglicht selbst im Metastasierungsstadium ein rezidivfreies Überleben von bis zu 80 %. Die Bedeutung der sekundären Resektion von Tumorresten nach erfolgter Chemotherapie ist noch nicht geklärt, dies wird daher vorerst nur in Studien durchgeführt.
2.3.2. Nicht-seminomatöse Keimzelltumoren Bei den extragonadalen Keimzelltumoren des Mediastinums überwiegen die Dottersacktumoren. Die Prognose dieser Tumorerkrankung des Mediastinums ist im Vergleich zu den primär gonadalen seminomatösen Keimzelltumoren mit einem Langzeitüberleben von lediglich 35 % deutlich schlechter. Laborchemisch auffallend ist eine AFP-Erhöhung, wobei erhöhte B-HCGSpiegel nur in knapp der Hälfte der Patienten gefunden werden. In 20 % der Fälle ist eine Kombination mit dem Klinefelter-Syndrom gegeben. Der Behandlungsplan der nicht seminomatösen Keimzelltumoren ist in Abb. 12.6 dargestellt: Nach einer initialen Chemotherapie von drei bis vier Zyklen und Normalisierung von
Kapitel 12
Andere thorakale Karzinome
151
B-HCG und AFP wird eine Operation angestrebt. Wenn in der CT eine Tumorpersistenz vorliegt und man in der histologischen Aufarbeitung des Präparates ein reifes Teratom und/oder eine Nekrose findet, so wird eine Beobachtung mit laborchemischen Kontrollen von B-HCG und AFP durchgeführt. Findet man aber einen vitalen Tumor oder eine inkomplette Resektion, so wird eine Chemotherapie angestrebt. Sind B-HCG und AFP normal und ist in der CT eine Vollremission zu finden, so werden engmaschige Kontrollen angeschlossen. Sind B-HCG und AFP weiter erhöht, so wird eine „Salvage“-Chemotherapie versucht. Kommt es nun zu einer Normalisierung der Laborparameter, ist eine Operation zu empfehlen (Kesler et al., 2005). Bleiben B-HCG und AFP aber weiter erhöht, so wird eine palliative Therapie, evtl. in Kombination mit einer lokalen Radiotherapie, durchgeführt. Bei konsequenter Therapie erreicht man somit ein rezidivfreies Langzeitüberleben von immerhin 50–70 % (Albers et al., 2000).
2.4. Komplikationsmanagement Bei den Keimzelltumoren ist vor allem eine Kontrolle der Chemotherapie-assoziierten Toxizitäten durchzu-
führen. Neben Einschränkungen der Nierenfunktion und des Hörvermögens gilt es auch, die pulmonalen und kardiovaskulären Schädigungen zu erkennen.
2.5. Nachbehandlung und Nachsorge Evidenzbasierte Empfehlungen existieren nicht. In Abständen von 3 Monaten müssen die Tumormarker AFP, B-HCG und LDH bestimmt werden. Bildgebende Verfahren werden im halbjährlichen Abstand empfohlen, neben einem Thoraxröntgen in 2 Ebenen sollte eine CT des Beckens, des Abdomens und des Thorax in Erwägung gezogen werden. Auch bei primär negativem urologischen Befund ist in den Verlaufskontrollen ein Kontroll-Konsiliarbefund zu veranlassen.
2.6. Qualitäts- und Prognosekriterien Die Komplexität des Krankheitsbildes der seminomatösen und nichtseminomatösen Mediastinaltumoren lässt eine Korrelation zwischen Überleben und behandelndem Zentrum herstellen. Im Rahmen der EORTC Studie wurde nachgewiesen, dass diejenigen
Initiale Chemotherapie 3-4 Zyklen PEB (Cisplatin, Etoposid, Bleomycin)
HCG + AFP normal CT: Tumorpersistenz
HCG + AFP normal CT: Vollremission
HCG u./od. AFP weiter erhöht
Operation
keine weitere Therapie
„Salvage“ Chemotherapie
reifes Teratom u./od. Nekrose
vitaler Tumor u./od. inkomplette Resektion
HCG + AFP normal CT-Vollremission
HCG u./od. AFP weiter erhöht
keine weitere Therapie
Chemotherapie
Operation
palliative Therapie experimentelle Therapie
Abb. 12.6. Behandlungsplan bei nicht-seminomatösen Keimzelltumoren
152
M. Lindner, O. Thetter und A. End
Patienten eine signifikant schlechtere Prognose hatten, die an Zentren mit weniger als 5 Studienpatienten behandelt wurden.
3. Malignes Pleuramesotheliom 3.1. Einleitung Das maligne Pleuramesotheliom gehört zu den aggressivsten soliden Tumoren. Vor allem die Verwendung von Asbest hat nach 1945 zu einem Anstieg der Inzidenz maligner Pleuramesotheliome geführt. Nach einer 20-jährigen Latenzzeit wurde nach Asbestexposition bei 5 % der asbestexponierten Personen ein malignes Pleuramesotheliom nachgewiesen. Die Krankheitsmanifestation liegt zwischen der 5. und 7. Lebensdekade (Pass et al., 2004).
3.1.1. Klinik Das Leitsymptom des malignen Pleuramesothelioms ist der persistierende unklare Pleuraerguss. In späteren Stadien tritt neben thorakalen Schmerzen durch die Schrumpfung des Hemithorax auch noch Dyspnoe auf. Pleuraergüsse des malignen Pleuramesothelioms sind oft trotz serologischer und zytologischer Analysen des Punktats in ihrer Dignität nicht zuzuordnen.
3.1.2. Stadieneinteilung Die histologische Differenzierung erfolgt in epitheloide, überwiegend sarkomatoide und biphasische Mesotheliome. Die Stadieneinteilung (Tabelle 12.7) erfolgt nach der TNM Klassifikation der WHO (Tabelle 12.6) (Van Schil, 2005).
3.2. Diagnostik 3.2.1. Bildgebende Verfahren Die meisten malignen Pleuramesotheliome werden immer noch erst im fortgeschrittenen Stadium entdeckt. Die konventionellen Thoraxübersichtsröntgenaufnahmen in 2 Ebenen zeigen zumeist nur einen ausgeprägten Pleuraerguss, wodurch pleurale Auflagerungen verborgen bleiben. Liegen im CT pleurale Auflagerungen vor, so ist schon von einem fortgeschrittenen Krankheitsstadium auszugehen (Abb. 12.7). Liegt bei dem Patienten eine Asbestexposition vor und sind bildgebende
Verfahren bei Vorliegen eines Pleuraergusses nicht ausreichend, ist die videoassistierte thorakoskopische Untersuchung zu favorisieren. Pleurale Auflagerungen, die oberflächlich biopsiert werden, maskieren häufig das darunter liegende Pleuramesotheliom, das vor allem im Sinus phrenicocostalis und über dem Zwerchfell seinen Ausgang nimmt. Somit ist bei chronischen pleuritischen Veränderungen eine Stufenbiopsie der Pleura parietalis durchzuführen. Fortschritte in der PET-CT-Diagnostik erhöhen beim mediastinalen Pleuramesotheliom die Sensitivität auf 97 % und die Spezifität auf 80 %. Mediastinale und Fernmetastasen reichern im PET-CT stark an. Sektionsergebnisse zeigen aber, dass das Ausmaß einer primär schon vorhandenen Metastasierung unterschätzt wird (Benamore et al., 2005).
3.2.2. Chirurgische Verfahren 3.2.2.1. Videoassistierte Thorakoskopie (VATS) Im Rahmen einer videoassistierten Thorakoskopie wird über einen Einkanalzugang der Erguss abgeleitet, dann werden die Biopsien genommen und bei histologischer Sicherung durch eine Schnellschnittuntersuchung eine Talkumpleurodese durchgeführt. Nach Sistieren des Ergusses kann die Thoraxdrainage gezogen werden.
3.2.2.2. Mediastinoskopie Sollte im Rahmen der Thorakoskopie eine operative Resektion möglich erscheinen, werden mittels Mediastinoskopie mediastinale Lymphknotenmetastasen ausgeschlossen und zumindest drei Zyklen Cisplatin und Pemetrexed in neoadjuvantem Ansatz angeschlossen. Sollte eine partielle Remission vorliegen, wird die radikale operative Sanierung angeschlossen.
3.3. Therapie Retrospektive Studien haben gezeigt, dass das mittlere Überleben von Patienten ohne spezifische Therapie zwischen 10 und 18 Monaten liegt. Alle diese Studien zeigen aber eine massive Streubreite, wobei auch ohne Operation, Strahlen- oder Chemotherapie eine mehrjährige Überlebenszeit erzielt werden konnte. Der Nutzen verschiedener Therapieverfahren wird noch kontrovers beurteilt (Neragi-Miandoab, 2006).
Kapitel 12
Andere thorakale Karzinome
Tabelle 12.6. TNM – Klassifikation maligner Pleuramesotheliome WHO 1999
153 Tabelle 12.7. Stadiengruppierung maligner Pleuramesotheliome (nach UICC/AJCC 2002)
T
Primärtumor
IA
T1A
N0
M0
Tumor auf ipsilaterale Pleura begrenzt, einschließlich meist größerem Pleuraerguss, Pleuraraum nicht verklebt bzw. nicht tumorobturiert, kein Befall der viszeralen Pleura
IB
T1B
N0
M0
T1A
II
T2
N0
M0
Befall aller Pleurabereiche einschließlich der Pleura visceralis, viszerale Pleura nur minimal befallen: verstreute Tumorherde
III
T1B
T3 T1-2 T1-2
N0-2 N1 N2
M0 M0 M0
IV
T2
Tumorbefall aller Pleuraanteile (parietal, viszeral, mediastinal, diaphragmal) mit einem der folgenden Merkmale: Befall des Zwerchfellmuskels, konfluierender Tumor der viszeralen Pleura (einschließlich der Septen) oder Ausdehnung des Tumors in das Lungenparenchym
T4 jedes T jedes T
jedes N N3 jedes N
M0 M0 M1
T3
Lokoregionär ausgedehnter, jedoch potenziell noch operabler Tumor Befall aller ipsilateralen Pleuraanteile mit wenigstens einem der folgenden Merkmale: Befall der endothorakalen Faszie, Befall des mediastinalen Fetts, solitärer, völlig resektabler Tumorbefall der Thoraxweichteile, nicht-transmuraler Befall des Perikards
T4
Lokal sehr ausgedehnte, technisch inoperable Tumoren Befall aller Pleuraanteile mit wenigstens einem der folgenden Merkmale: diffuser oder multifokaler Thoraxwandbefall mit oder ohne Rippendestruktion, direkte Ausbreitung durch das Zwerchfell ins Peritoneum, direkte Ausdehnung in die kontralaterale Pleura, direkter Befall eines oder mehrerer Mediastinalorgane, direkter Befall der Wirbelsäule, Tumorausdehnung bis zur Perikardinnenseite mit oder ohne Perikarderguss oder mit Myokardbefall
N
Lymphknoten (LK)
Nx
Keine Beurteilung regionaler LK möglich
N0
keine regionalen LK-Metastasen
N1
Ipsilaterale bronchopulmonale und hiläre LK-Metastasen
N2
Metastasen der subcarinalen oder ipsilateralen mediastinalen einschließlich der ipsilateralen internen Mammaria-LK
N3
Metastasen der kontralateralen mediastinalen LK, der kontralateralen internen Mammaria-LK oder der ipsioder kontralateralen supraklavikulären LK
M
Fernmetastasen
Mx
Keine Beurteilung bezüglich Fernmetastasen möglich
M0
Keine Fernmetastasen
M1
Fernmetastasen vorhanden
3.3.1. Multimodales Konzept mit kurativem Ansatz 3.3.1.1. Neoadjuvante Chemotherapie Drei Zyklen Cisplatin und Pemetrexed kombiniert mit der Stichkanalbestrahlung sind die Voraussetzungen, um im Stadium I und II und ggf. im Stadium III (N0–1) bei epithelialem Tumortyp eine radikale Operation anzuschließen.
3.3.1.2. Pleuro-Pneumo-Perikardio-Diaphragmektomie (P3D-Resektion) Weniger als 30 % der Patienten kommen für eine Operation in Betracht. In Studienprotokollen wird nach dem o. g. Vorgehen eine extrapleurale Pneumonektomie mit Perikard- und Zwerchfellresektion (P3DResektion, Synonyme EPP, PPP, PPPP) durchgeführt. Bei 25 % der Patienten kommt es zu erheblichen postoperativen Komplikationen, wobei vor allem Rhythmusstörungen, Rekurrensparesen, Chylothorax oder auch die respiratorische Insuffizienz zu nennen sind. Nach der kompletten Auslösung des Lungenflügels extrapleural wird das Perikard umschnitten und nach intraperikardialer Pneumonektomie die Diaphragmaresektion fortgesetzt. Das Perikard wird mit einer Perikardmembran ersetzt. Der Abschluss zum Abdomen kann mit einem Kunststoffnetz durchgeführt werden, wobei das Netz in Einzelknopfnahttechnik an der Interkostalmuskulatur und unter Umführung der Rippe aufgehängt wird. Die postoperative Überlebenszeit ist abhängig vom histologischen Typ (median 26 Monate, epithelialer Subtyp), von der R0-Resektion (median 23 Monate) und vom extrapleuralen Lymphknotenstatus (N0–1: median 21 Monate); somit lässt sich eine 2-Jahres-Überlebensrate von 68 % erzielen (Sugarbaker et al., 1999).
154
M. Lindner, O. Thetter und A. End
der Symptome kann in 30–70 % erzielt werden (Rusch et al., 1999). Bedeutsam ist, dass bei den Patienten ein KarnofskyIndex von zumindest 60 % vorliegen sollte. Remissionsraten wurden bei Kombinationschemotherapien von bis zu 33 % beschrieben und in 60 % konnte eine Stabilisierung der Erkrankung erzielt werden. Die Zeit bis zur Krankheitsprogression betrug im Schnitt 6,6 Monate und das mediane Überleben 11,2 Monate (Baldini et al., 1997).
3.4. Komplikationsmanagement
Abb. 12.7. CT eines Pleuramesothelioms
3.3.2. Palliative Therapie 3.3.2.1. VATS mit Talkumpleurodese Die ausgeprägte Ergussentwicklung kann bei fortgeschrittenem Pleurabefall mit einer Instillation von Talkumpuder vermindert werden. Bei grobknotigen Tumormassen und gefesselter Lunge wird dem Patienten eine dauerhafte Ergussableitung nicht erspart bleiben.
3.3.2.2. VATS mit Pleurektomie (Debulking) Liegen funktionelle Bedenken gegen die P3D-Resektion vor und ist die Grenzschicht der Pleura parietalis zur Thoraxwand noch nicht durchbrochen, so kann im Sinne eines Tumordebulkings eine parietale Pleurektomie durchgeführt werden.
3.3.2.3. Kombinierte Radio-Chemotherapie Da im Bereich der Punktions- oder Drainagenstellen eine Tumorinfiltration der Thoraxwand in 20–50 % der Fälle vorliegt, wird der Portkanal in drei Fraktionen mit bis zu 21 Gy bestrahlt. Die Applikation von kumulativen Dosen zwischen 50 und 54 Gy in konventioneller Fraktionierung wird in Kombination mit cisplatinhaltigen Chemotherapieprotokollen durchgeführt. Zum Einsatz kommen Therapieprotokolle, die aus Cisplatin/Gemcitabin oder Cisplatin/Pemetrexed zusammengesetzt sind. Die Indikation für die kombinierte Radiochemotherapie bleibt aber eine rein palliative. Eine Linderung
Perioperativ treten kardiale Rhythmusstörungen in den Vordergrund, die medikamentös beherrschbar sind. Das Operationstrauma ist enorm, kombiniert auch noch mit Rekonstruktionen aus Fremdmaterial bei stattgehabter Chemotherapie. Somit sind die präoperativ funktionell erhobenen Lungenfunktionswerte nicht unbedingt aussagekräftig bezüglich einer postoperativen respiratorischen Insuffizienz.
3.5. Nachbehandlung Selbst bei R0-Resektionen treten Rezidive zumeist unterhalb der Zwerchfellrekonstruktion auf. Somit sollte nach Durchführung einer Anschlussheilbehandlung eine lokale Thoraxwandbestrahlung unter Ausklammerung der Leber, des Ösophagus und des Herzens erfolgen.
3.6. Nachsorge Aufgrund der schlechten Prognose und der 2-JahresÜberlebensrate von 20–30 % ist zumeist eine Hospitalisierung in onkologischen Tageskliniken angezeigt. Eine zumindest 3-monatige Kontrolle ist anzustreben, vor allem mit Einschluss eines PET-CT. Durch den Zwerchfellersatz ist eine Beurteilung eines möglichen Rezidivs in Abgrenzung von normalen postoperativen Veränderungen nur durch die 18-FDGPET-Aufnahme möglich. Die Zunahme des StandardUptake-Value (SUV) macht ein Rezidiv im Gegensatz zu schrumpfenden postoperativen Veränderungen wahrscheinlich.
Kapitel 12
Andere thorakale Karzinome
3.7. Qualitäts- und Prognosekriterien In den publizierten Studien beträgt die Mortalitätsrate 3–15 % und die Morbidität liegt bei 60 %. Technisch bedingte Komplikationen wie Perikardpatchausriss und Herzluxation oder Zwerchfellhernie nach Ausriss des Zwerchfellersatzes oder Thoraxhöhlenempyem mit und ohne Bronchusstumpfinsuffizienz machen eine sofortige operative Revision erforderlich. Kardiorespiratorische Probleme werden von einer effizient geführten pneumologischen, thoraxchirurgischen und anästhesiologischen Intensivstation beherrscht. Die perioperativen Komplikationen korrelieren mit der Exzellenz des Zentrums und der Häufigkeit der dort durchgeführten P3D-Operation. Diese Zentren sind in der International Mesothelioma Interest Group (IMIG) zusammengefasst. Von dieser Gruppe wird eine Mortalitätsrate von unter 5 % und ein medianes Überleben von 20,1 Monaten für Patienten mit Operation und multimodaler Radiochemotherapie angegeben.
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Kapitel 13
Speiseröhrenkarzinom J. Zacherl und H. J. Stein
1. Einleitung Die mit Abstand häufigsten Malignome der Speiseröhre sind Adenokarzinome und Plattenepithelkarzinome (PEC, Abb. 13.1). In der vergangenen Dekade ist es insofern zu einem epidemiologischen Phänomen gekommen, als die Inzidenz des Adenokarzinoms (AC, Abb. 13.2), im Speziellen des so genannten Barrettkarzinoms, so dramatisch angestiegen ist, dass sie mittlerweile in der westlichen Welt höher ist als die sinkende Inzidenz des Plattenepithelkarzinoms (Brown et al., 2002). Die Geschlechtsverteilung zeigt weiterhin eine deutliche Prädominanz des männlichen Geschlechts in einem Verhältnis von etwa 1 : 6 bis 1 : 9 (Stein et al., 2001). Zu den seltenen Malignomen der Speiseröhre
zählen neuroendokrine Karzinome, kleinzellige Karzinome, Sarkome, Melanome oder Lymphome.
2. Diagnostik Bei der Diagnostik des Speiseröhrenkarzinoms (Stein et al., 2001) unterscheidet man das primäre Staging und die Risikoevaluation. Staging und Risikoevaluation sind in ihrem Umfang von tumor- (histologischer Typ, Lokalisation, Metastasierung etc.) und patientenspezifischen Faktoren (Alter, Begleiterkrankungen, Compliance etc.) abhängig.
2.1. Primärdiagnostik
Abb. 13.1. Endoskopisches Bild eines Plattenepithelkarzinoms in der Speiseröhre. Die orale Tumorgrenze befindet sich endoskopisch bei 25 cm ab Zahnreihe, der Tumor hat in etwa das mittlere thorakale Drittel der Speiseröhre befallen.
Die Anamnese hat in der Primärdiagnostik wesentliche Bedeutung (u. a. Symptomatik, Risikogruppe, andere Malignome). Bei klinischem Verdacht auf einen Speiseröhrentumor muss eine flexible Endoskopie erfolgen, idealerweise eine Ösophagogastroduodenoskopie mit Bild- (Video-)Dokumentation und Entnahme von mehrfachen Biopsien aus verschiedenen Tumorarealen. Dabei sind zu dokumentieren: Höhe des oberen Ösophagussphinkters (cm ab Zahnreihe), Höhe des oralen und aboralen Tumorrandes, zirkumferentielle Ausdehnung, Zylinderepithelausdehnung im Ösophagus, Passierbarkeit, Evolution von Magen und Duodenum, sonstige Besonderheiten. Häufig erfolgt an erster Stelle eine röntgenologische Kontrastmitteldarstellung der Speiseröhre. Hierdurch kann zwar der klinische Verdacht verstärkt, nicht jedoch ein Malignom sicher nachgewiesen oder ausgeschlossen werden. Auch bei unauffälligem Röntgenbefund muss eine Ösophagoskopie erfolgen! Wir empfehlen auch, im Rahmen der präoperativen Abklärung bei Resektabilität eine Koloskopie durchzuführen, um das Reserve-Rekonstruktionsorgan Kolon zu evaluieren.
158
J. Zacherl und H. J. Stein
a Abb. 13.2. Präparat eines Adenokarzinoms umgeben von Barrett-Schleimhaut
2.2. Staging Die sorgfältige körperliche Untersuchung hat sowohl beim Staging als auch bei der Risikoeinschätzung Bedeutung. Als obligate apparative Staging-Methoden gelten die Computertomographie vom Hals bis zum Becken (Spiral-CT-Technik, wenn möglich auf Multidetektorbasis, mit i. v. Kontrastmittel, Abb. 13.3). In den meisten Zentren wird auch nach wie vor ein Kontrastmittel-Breischluck durchgeführt, um die exakte Lokalisation erfassen und bei Unpassierbarkeit die Tumorlänge messen zu können. Die für das T-Staging genaueste Methode ist die Endosonographie. Die nichtinvasive Abschätzung des Nodalstatus erfolgt zumeist durch CT und Endosonographie (Abb. 13.4). Eine Reihe fakultativer Untersuchungen sind bei bestimmten Konstellationen indiziert: Jeder Patient mit Plattenepithelkarzinom, vor allem bei enger Lagebeziehung zum Tracheobronchialsystem oder entsprechender Risikoanamnese, sollte bronchoskopiert werden. Dabei sind eine Tumorinvasion sowie Zweitmalignome auszuschließen. Zum Ausschluss eines Zweittumors bzw. einer Multizentrizität (Feldkanzerisierung!) im oberen Verdauungs- und im Respirationstrakt ist auch die HNO-ärztliche Untersuchung obligat. Zur weiteren funktionellen metabolischen Evaluation suspekter Läsionen bzw. zum Response Monitoring (Untersuchung vor und während neoadjuvanter Therapie) bei präoperativer Chemo- und/oder Strahlentherapie dient die Fluor-Desoxyglukose-Positronenemissionstomographie (FDG-PET, Abb. 13.5) (von Rahden et al., 2005). Suspekte Leberläsionen sind mit KM-verstärkter Magnetresonanztomographie am besten beurteilbar. Eine definitive Diagnose solcher Läsionen bietet die gezielte perkutane Nadelbiopsie.
b Abb. 13.3. Multidetektor-CT eines infrabifurkalen Plattenepithelkarzinoms (arterielle Phase) des Ösophagus a) axiale Ebene b) Rekonstruktion der koronaren Ebene
Bei Verdacht auf Carcinosis peritonei bzw. bei einem lokal fortgeschrittenen Karzinom (uT2–4) v. a. des distalen Ösophagus (intraabdominal) ist eine diagnostische Laparoskopie indiziert. Neurologische Symptome sollten bei bestehendem Ösophaguskarzinom zur Abklärung mittels kranieller Computertomographie führen. Eine Parese des N. recurrens ist meist Zeichen einer fortgeschrittenen Erkrankung. Neu aufgetretene Schmerzen des Bewegungs- und Stützapparates können auf eine ossäre Metastasierung zurückzuführen sein, was durch Labordiagnostik (Kalzium, alkalische Phosphatase), GanzkörperknochenSzintigraphie und gezielte Knochenaufnahmen (gegebenenfalls auch MRT) geklärt werden sollte. Aus der Zusammenfassung der Staging-Untersuchungen ergibt sich die Stadienzuordnung nach dem TNMSystem (Tabelle 13.1 und 13.2).
Kapitel 13
Speiseröhrenkarzinom
159
a
Abb. 13.4. Endoluminale Sonographie: suspekter periösophagealer Lymphknoten (axiale Ebene, 11 MHz, max. ; 17,4 mm) mit Pfeilen markiert
b
c
Abb. 13.5. FDG-PET bei Plattenepithelkarzinom des Ösophagus in Höhe der Karina: Primärtumor und Lymphknotenmetastase kaudal des Primums (s. Markierung), physiologische Aktivität der ableitenden Harnwege a) axiale Ebene b) sagittale Ebene c) koronare Ebene
2.3. Risikoevaluation Da die Ösophagusresektion ein belastender, komplikationsträchtiger Eingriff ist, erscheint eine genaue Evaluation von Komorbiditäten und gegebenenfalls Optimierung von Begleiterkrankungen unabdingbar. Generell ist neben üblichen präoperativen Untersu-
Tabelle 13.1. Klinische TNM-Klassifikation maligner Ösophagustumore (nach AJCC/UICC 2002)
chungen (Thoraxröntgen, EKG, Labor) die Durchführung einer Lungenfunktionsprüfung, einer kardiologischen Untersuchung (Belastungs-EKG, Echokardiographie) und Karotis-Dopplersonographie sowie Kreatinin-Clearance-Berechnung zu empfehlen. Bei entsprechender Anamnese können zur genaueren Evaluation eine Myokard-Szintigraphie, Koronarangiographie oder Ergometrie bzw. eine Leberfunktionsmessung (z. B. Indozyanin-Clearance) oder Leberbiopsie (v. a. bei Zirrhose) weiterführen. Das funktionelle Risiko
Tis
Carcinoma in situ
T1
Infiltriert Mucosa oder Submucosa
T2
Tumor infiltriert Muscularis propria
T3
Tumor infiltriert Adventitia
T4
Tumor infiltriert Nachbarstrukturen
Stadium 0
Tis
N0
M0
N0
Keine regionären Lymphknotenmetastasen
Stadium I
T1
N0
M0
N1
Regionäre Lymphknotenmetastasen
Stadium II A
T2, T3
N0
M0
M0
Keine Fernmetastasen
Stadium II B
T1, T2
N1
M0
Stadium III
T3 T4
N1 jedes N
M0 M0
Stadium IV A
jedes T
jedes N
M1a*
M1
Fernmetastasen • Tumoren des oberen thorakalen Ösophagus: M1a: Metastase(m) in zervikalen Lymphknoten M1b: Andere Fernmetastasen • Tumoren des unteren thorakalen Ösophagus: M1a: Metastase(m) in zöliakalen Lymphknoten M1b: Andere Fernmetastasen • Tumoren des mittleren thorakalen Ösophagus: M1a: Nicht anwendbar M1b: Nichtregionäre Lymphknoten oder andere Fernmetastasen
Stadium IV B
jedes T
jedes N
M1b**
Tabelle 13.2. Stadiengruppierung maligner Ösophagustumore (nach AJCC/UICC, 2002)
* M1a: zervikale Lymphknotenmetastasen bei Tumoren im oberen thorakalen Bereich, zöliakale Lymphknotenmetastasen bei Tumoren im unteren thorakalen Bereich ** M1b: andere nicht lokoregionäre Lymphknoten- oder Fernmetastasen
160
J. Zacherl und H. J. Stein
muss schließlich in Abhängigkeit der Kombination und der Schweregrade der Begleiterkrankungen, der geplanten Operation (Art, Zugang, Resektionsausmaß, Rekonstruktion, Dauer, Begleiteingriffe) und gegebenenfalls der Art der Vorbehandlung abgeschätzt werden. Die möglichst präzise Kenntnis des individuellen OP-Risikos ist bei der Therapie-Entscheidungsfindung von unverzichtbarer Bedeutung.
3. Vorbehandlung (neoadjuvante Therapie) Mit dem Ziel, die R0-Resektionsrate zu steigern und die Überlebensrate zu verbessern, wurden Konzepte der neoadjuvanten Therapie entwickelt (Mooney, 2005). Allerdings sind diesbezügliche randomisierte Studien inkonklusiv. Die größte Studie wurde an 802 Patienten vom Medical Research Council (2002) durchgeführt und zeigte, dass beim potenziell resektablen
Ösophaguskarzinom (PEC und AC) eine präoperative Cisplatin-basierte zweizyklische Chemotherapie einen Überlebensvorteil gegenüber der alleinigen Operation ohne Steigerung der postoperativen Morbidität bietet (2-Jahres-Überlebensrate 43 % versus 34 %). Sämtliche Studien über neoadjuvante Radiochemotherapie konnten mit einer Ausnahme keinen signifikanten Überlebensvorteil nachweisen (Zacherl et al., 2000). Allerdings waren nach radiochemotherapeutischer Vorbehandlung eine höhere Komplikationsrate und Letalität zu beobachten. So genannte Responder (mit kompletter oder subtotaler pathologischer Remission) profitieren deutlich, während aber Non-Responder eine sehr schlechte Prognose aufweisen und dadurch den Benefit der Responder im Kollektiv aufheben. Auch eine randomisierte Studie von Burmeister et al. (2005) konnte keinen Überlebensvorteil nach neoadjuvanter Radiochemotherapie und Resektion versus Resektion ohne neoadjuvante Therapie aufzeigen. In Tabelle 13.3
Tabelle 13.3. Randomisierte Studien zur neoadjuvanten Radiochemotherapie beim Plattenepithelkarzinom (PEC) bzw. Adenokarzinom (AC) der Speiseröhre
Autor
Jahr
Bosset
1997
Nygaard Urba LePrise
1992 2001 1994
PEC
AC
Therapie
139
0 OP
143
0 CDDP+RT+OP
38
0 OP
34
0 CDDP/BLM+RT+OP
12
38 OP
13
37 CDDP/FU/VIN+RT+OP
45
0 OP
41
0 CDDP/FU+RT+OP
32
0 OP
Walsh
1996a
Walsh
1996b
0
55 OP
0
58 CDDP/FU+RT+OP
Stahl
2005
86
0 FLEP+RT+OP
86
0 FLEP+RT
30
Burmeister
2005
0 CDDP/FU+RT+OP
48
80 OP
50
78 CDDP/FU+RT+OP
RTpCR R0 Morbidität Dosis (%) (%) (%) Gy
37
26
35
Letalität (%)
3-JÜR (%)
n. a.
26
3,6
n. a.
33
12,3
37
34
13,2
3
55
47
23,5
17
pWert
medianes Überleben (M.) 18,6
0,78
18,6
0,3
88
n. a.
4
17
45
28
84
n. a.
2,1
32
91
44
8,5
14
11
20
10
100
42
7
19 > 0,05
11
n. a.
n. a.
n. a.
27
13
37 > 0,05
17
40
34
n. a.
n. a.
n. a.
n. a.
n. a.
3,4
6
40
25
n. a.
n. a.
7,3
32
40 54 – 64
35
82
70
12,8
31
n. a.
3,5
24
59
55
5,8
n. a.
80
49
4,9
n. a.
35
16
17,5 0,15
16,9
11 0,01
16 16,4
0,02
14,9 19,3
0,57
22,2
3-JÜR Drei-Jahres-Überlebensrate; BLM Bleomycin; CDDP Cis-Diaminedichloroplatinum (= Cisplatin); FLEP Fluorouracil Leucovorin Etoposiol Cisplatin; FU 5-Fluorouracil; n. a. nicht angegeben; OP Resektion; pCR pathologisch komplette Remission; R0 R0-Resektion; RT Strahlentherapie; TU Tumor; VIN Vinblastin
Kapitel 13
Speiseröhrenkarzinom
161
a
b
c
d
Abb. 13.6. Response-Evaluierung durch Multislice-CT und FDG-PET: Plattenepithelkarzinom des zervikalen Ösophagus, Responder. a) prätherapeutische CT, b) CT nach neoadjuvanter Chemoradiatio, c) prätherapeutische FDG-PET (Pfeil zeigt auf Tumor), d) FDG-PET nach neoadjuvanter Chemoradiatio (erhöhte Aktivität des Herzmuskels nicht neoplastisch bedingt)
sind die Ergebnisse der wichtigsten randomisierten Studien aufgelistet. Anders ist die Situation bei lokal fortgeschrittenen Tumoren mit hohem Risiko der lokal inkompletten Resektion, z. B. bei engem Kontakt zum Tracheobronchialsystem. Bei kurativem Ansatz ist hier eine formal komplette Resektion nur nach Tumorverkleinerung durch intensive multimodale Therapie möglich. Im Falle substantiellen Ansprechens (Evaluation durch CT, Endosonographie und Endoskopie bezüglich Pri-
märtumor/Lymphknoten nicht verlässlich, FDG-PET bietet effiziente Response-Evaluation bzw. -Monitoring unter Therapie) kann dadurch bei Respondern die Chance einer R0-Resektion erhöht werden (Abb. 13.6). Im Falle einer ausbleibenden Tumorverkleinerung oder gar Progression bleiben allerdings nur palliative Maßnahmen (s. Abschnitt 11 „Palliativmaßnahmen“).
J. Zacherl und H. J. Stein
postoperative Morbidität limitiert (Sato et al., 2002). Eine präoperative prophylaktische Verabreichung von Antibiotika mit intraoperativer Wiederholung nach 4 Stunden OP-Zeit gilt heute als Standard. In vielen Zentren wird eine perioperative Regionalanästhesie (vorzugsweise Epiduralkatheter) zur kontinuierlichen intra- und postoperativen (3–5 Tage postoperativ) Schmerztherapie und Sympathikolyse angeboten, um eine raschere Mobilisation und geringere Atmungsbeeinträchtigung zu erreichen (Von Dossow et al., 2001; Logas et al., 1987).
5. Operative Strategie
thorakal abdominal
suprabifurkal
infrabifurkal
zervikal
162
Abb. 13.7. Chirurgisch relevante Einteilung der einzelnen Speiseröhrenabschnitte
4. Präoperative Vorbereitung Die Optimierung vorbestehender Erkrankungen, v. a. pulmonaler Natur, wurde schon im vorangegangenen Kapitel erwähnt. Bei Dysphagie und/oder Gewichtsverlust ist besonders bei neoadjuvanter Strategie auf ausreichende Nahrungs- und Flüssigkeitszufuhr zu achten (passagere Stentimplantation, PEG-Sonde, Ernährungssonde, hochkalorische Zusatzernährung). Um für den Fall der Notwendigkeit einer Koloninterposition gerüstet zu sein, wird das Kolon präoperativ durch mechanische Darmlavage vorbereitet. Grundsätzlich sollte schon am Tag vor der Operation mit der medikamentösen antithrombotischen Therapie (z. B. NMH-Heparin) begonnen werden und diese innerhalb von 8–12 Stunden postoperativ fortgesetzt und mit physikalischen Antithrombosemaßnahmen kombiniert werden. Eine rezente randomisierte Studie legt nahe, dass eine präoperative intravenöse Steroid-Applikation die
Das primäre Ziel der Operation ist die mikroskopisch komplette Tumorresektion inklusive eventuell befallener Lymphknotenstationen (so genannte R0-Resektion). In Abb. 13.7 sind die einzelnen Speiseröhrenabschnitte graphisch dargestellt. Der Standardeingriff ist die transthorakale En-bloc-Ösophagektomie (TTE) mit 2-Feld-Lymphadenektomie (paraösophageale mediastinale Lymphknoten, Bifurkationslymphknoten, D. thoracicus, eventuell V. azygos; parakardiale Lymphknoten, Lymphknoten im kleinen Netz/A. gastrica sinistra, Lymphknoten kranial der Truncus coeliacus-Gefäße). Tiefsitzende Barrettkarzinome sind mit geringerer Belastung, aber vergleichbarem onkologischem Ergebnis auch durch die so genannte radikale transmediastinale Ösophagusresektion mit Oberbauchlymphadenektomie (wie bei TTE) und Lymphadenektomie im hinteren unteren Mediastinum behandelbar. Einige Zentren führen bei distalem Tumorsitz eine abdominothorakale Ösophagusresektion (Ivor-Lewis) mit 2-Feld-Lymphadenektomie und intrathorakaler Anastomose durch. Der abdominelle Teil der Operation besteht bei geplantem Magenhochzug im Wesentlichen in der Mobilisation des Magens und Duodenums, wobei die Vv. gastricae breves, die A. gastrica sinistra (mit V. coronaria ventriculi) und die A. gastroepiploica sinistra durchtrennt werden müssen. Die A. gastroepiploica dextra wird erhalten und gegebenenfalls auch die A. gastrica dextra. Die Magenschlauchbildung erfolgt nach Durchtrennung des kleinen Netzes im Bereich der Angulusfalte, wobei die A. gastrica dextra mit umgebendem Lymphfettgewebe präparatseitig liegt. Danach erfolgt die Magenschlauchbildung mit Hilfe linearer Klammernahtgeräte entlang der großen Kurvatur (Abb. 13.8). Eine Erweiterung des Pylorus kann durch extramukosale Pyloromyotomie oder durch Pyloroplastie (digital oder mit Hilfe einer über eine kleinkurvaturnahe
Kapitel 13
Speiseröhrenkarzinom
163
a
b
c
d
Abb. 13.8. Magenschlauch vor und nach Hochzug. a) Foto Magenschlauch (mit Markierungen für Perfusionsmessung) b) ICGVideofluoreszenzangiographie (20 sec nach i.v. Gabe von Indozyaningrün 0,12 mg/kg Körpergewicht) c) zervikaler Situs vor Anastomosenanlage (blau: Magenschlauch; rot: zervikaler Ösophagusstumpf) d) ICG-Videofluoreszenzangiographie, zervikaler Situs
Gastrotomie eingebrachte Kornzange) erfolgen, um die Magenentleerungsstörung infolge der kompletten Vagotomie zu reduzieren. Eine Ausnahmesituation stellen Ösophaguskarzinome in zervikaler Lokalisation dar. In potenziell kurativen Stadien gibt es folgende chirurgische Alternativen: Die Maximalvariante besteht in einer radikalen Ösophagopharyngolaryngektomie mit Neck-Dissection und Magenhochzug (Kelley et al., 1995). Die Operation ist aber von einer deutlichen Einschränkung der
Lebensqualität, hoher Komplikationsrate und Letalität gefolgt. Dennoch ist die Prognose sehr eingeschränkt, es gibt kaum Langzeitüberlebende. Die limitierte transzervikale Ösophagusresektion mit Larynxerhalt bietet, bei fortgeschrittenem Stadium nach radiochemotherapeutischer Vorbehandlung, eine zumindest vergleichbare Überlebensrate bei relevant geringerer Morbidität, Letalität und weitgehend erhaltener Lebensqualität (Fujita et al., 1999). Beim zervikalen Zugang kann gegebenenfalls durch Zugangserweiterung mittels
J. Zacherl und H. J. Stein 164
Abb. 13.9. Intraoperativer zervikaler Situs nach Interposition eines autotransplantierten Jejunumsegmentes, Separation eines Monitorsegmentes zur Durchblutungsüberwachung
partieller Sternotomie der Ösophagus bis in Höhe des Oberrandes des Aortenbogens reseziert werden. Die Rekonstruktion erfolgt bei der limitierten zervikalen Ösophagusresektion durch Jejunum-Autotransplantation (Abb. 13.9). Bezüglich der chirurgischen Strategie bei Adenokarzinomen des ösophagogastralen Übergangs ist eine therapierelevante Klassifikation notwendig. In der topographisch orientierten mittlerweile weltweit etablierten Klassifikation nach Siewert et al. (2005; Abb. 13.10) entspricht Typ I einem distalen Ösophaguskarzinom und ist im Falle potenziell kurativer Resektabilität durch Ösophagusresektion zu behandeln. Beim Barrett-Frühkarzinom mit einem Barrettsegment von weniger als 4 cm bieten die limitierte distale Ösophagusresektion und Kardiaresektion ein gleichwertig kuratives Ergebnis bei deutlicher Reduktion des Operationstraumas und der Morbidität sowie deutlich verbesserter Lebensqualität durch weitgehende Erhaltung der Speiseröhre (Stein et al., 2000). Dabei erfolgt die Rekonstruktion durch isoperistaltische und damit antirefluxive Jejunuminterposition. Alternativ dazu wurde die vaguserhaltende Ösophagektomie mit Koloninterposition zur Behandlung des Barrett-Frühkarzinoms (Mucosa-Karzinom, T1a) oder des langstreckigen Barrett-Ösophagus mit hochgradigen Dysplasien von der Gruppe um DeMeester vorgestellt (Banki et al., 2002). Typ II (so genanntes echtes Kardiakarzinom) und III (subkardiales Magenkarzinom) entsprechen generell sowohl morphologisch wie auch tumorbiologisch
Abb. 13.10. Topographische Klassifikation der Adenokarzinome des ösophagogastralen Übergangs (AEG) (nach Siewert et al., 2005): Zone 0 entspricht der endoskopischen Grenze zwischen Ösophagus und Magen.
und bezüglich der lymphatischen Ausbreitung eher dem Magenkarzinom und sind im Allgemeinen durch transhiatal erweiterte Gastrektomie (Mitresektion einer Ösophagusmanschette, mediastinale Y-Roux-Anastomose) zu behandeln. Bei langstreckiger Infiltration des Ösophagus wird zur Erreichung einer kurativen Resektion eine Ösophagogastrektomie mit Koloninterposition notwendig. Die Fortschritte der minimal-invasiven endoskopischen Chirurgie ermöglichen heute auch eine endoskopische Ösophagektomie und Rekonstruktion (Nguyen et al., 2004). In der großen Serie von Luketich ist die onkologische Qualität der thorakoskopisch-laparoskopischen En-bloc-Ösophagusresektion sowie deren geringere Morbidität im spezialisierten Zentrum nachvollziehbar (Luketich et al., 2003), wenngleich der randomisierte Vergleich bislang aussteht. Bisher wurden diverse Kombinationen bzw. Variationen endoskopischer und konventioneller Resektion bzw. Rekonstruktion beschrieben.
6. Komplikationsmanagement Die meisten Zentren weisen eine 30–70%ige Komplikationsrate und eine Krankenhausletalität von 5–10 %
Kapitel 13
Speiseröhrenkarzinom
Abb. 13.11. Teilnekrose des Magenschlauches als Beispiel für eine postoperative Komplikation: Endoskopischer Aspekt in Inversion
nach Ösophagektomie auf. Die starken Schwankungen der Morbiditätsangaben sind wohl auf unterschiedliche Definition und Evaluation von Komplikationen zurückzuführen. Hierbei werden konzise Richtlinien vermisst, die notwendig sind, um vergleichbare Ergebnisse zu erhalten. Typische „chirurgische“ Komplikationen sind: Anastomoseninsuffizienz, frühe Anastomosenstenose, Interponatnekrose oder Nekrose des Magenschlauchs (Abb. 13.11), intestinale Passagestörungen, Rekurrensparese, Chylusfistel, Pankreatitis, Pneumothorax, Nachblutung, Wundinfektionen. Den größten Anteil an der postoperativen Morbidität machen pulmonale Komplikationen wie (Aspirations-) Pneumonie, Dys- und Atelektase, respiratorische Insuffizienz, COPD-Exazerbation aus. Weitere postoperative Komplikationen sind Herzrhythmusstörungen, kardiale Ischämie, Pulmonalaterienembolie, Entzugssyndrome, Harnwegsinfektion. Das Risiko für die Entwicklung einer Pneumonie wird durch protrahierte Respiratorentwöhnung, Rekurrensparese, Vorerkrankungen der Lunge und präoperativen Gewichtsverlust sowie durch eine Entleerungsstörung des Interponats erhöht. Aufgrund des Fehlens des für einen suffizienten Hustenstoß nötigen Glottisschlusses kommt es bei der Rekurrensparese zu ineffizientem Aushusten und damit zu Minderventilation und gestörter Bronchialreinigung. Verschiedene Maßnahmen dienen der pulmonalen Komplikationsprävention: Hochlagerung des Oberkörpers, zügige Entwöhnung, kurze Verweildauer der Ma-
165
gensonde (2–3 Tage), Epiduralanästhesie, i. v.-Gabe von Metoclopramid, Atemgymnastik, Inhalation, CPAP-Therapie, bronchoskopische Sekretabsaugung. Bei protrahierter Beatmungspflichtigkeit kann die Tracheostoma-Anlage sinnvoll sein und die Entwöhnung erleichtern. Um eine Beeinträchtigung der Mikrozirkulation zu vermeiden, ist die Verabreichung vasoaktiver Substanzen wie Katecholamine möglichst restriktiv handzuhaben. Bedeutung wird auch der frühpostoperativen enteralen Nutrition beigemessen. In allmählich steigender Menge werden spezielle Ernährungslösungen (z. B. Immunonutrition wie Arginin, ungesättigte V3-Fettsäuren etc.) über eine intraoperativ positionierte transnasale Enteralsonde (z. B. als Doppellumensonde: 1. Lumen zur Entlastung des Interponates, 2. Lumen mit längerem Verlauf zur enteralen Ernährung) oder über eine Feinkatheterjejunostomie-Sonde zugeführt. Bei einer Chylusfistel auf Grund einer Leckage des D. thoracicus oder eines akzessorischen Lymphgefäßes kommt es zum ein- oder beidseitigen chylösen Pleuraerguss. Aufgrund des negativen intrapleuralen Druckes kann es zu keiner Tamponade kommen, sodass die Lunge komprimiert wird. Somit muss der Chylothorax drainiert werden oder drainiert bleiben. Die weitere Therapie richtet sich zumeist nach der täglichen Fördermenge. Werden mehr als 1000 ml/Tag gefördert, sollte rasch eine Reoperation mit Umstechung oder Ligatur erfolgen, da es sonst zu einem beträchtlichen Eiweißverlust mit Infektneigung, Substanzverlust, Ödembildung, Wundheilungsstörung etc. kommt. Es gibt zwei Zugangswege, rechtsthorakal oder abdominell (Umstechung der Cisterna Chyli) im Bereich des rechten Zwerchfellschenkels zwischen Aorta und V. cava inf. Zur leichteren Auffindung der Fistel kann präoperativ mittels Magensonde eine Fettemulsion verabreicht werden. Liegt die tägliche Fördermenge zwischen 500 ml und 1000 ml, wird fettfreie enterale Kost mit parenteraler Ernährung empfohlen, bzw. enterale Gabe mittelkettiger Fettsäuren, die über das Pfortadersystem abtransportiert werden. Nimmt die Fördermenge ab, ist ein Erfolg der konservativen Therapie zu erwarten, ebenso wie bei initialen Fördermengen von unter 500 ml. Bleibt die Fördermenge konstant oder nimmt sie zu, sollte die operative Therapie in Erwägung gezogen werden. Fallweise kommt es sowohl nach konservativer als auch nach operativer Therapie zu einem rezidivierenden oder persistierenden Chylothorax. Hier kann als Ultima ratio eine chemische oder chirurgische Pleurodese ein Ausweg sein.
166
J. Zacherl und H. J. Stein
Während die zervikale Anastomoseninsuffizienz nur im Ausnahmefall lebensbedrohlich ist, besteht bei intrathorakaler Insuffizienz aufgrund der Mediastinitis beträchtliche Gefahr. Im Allgemeinen heilt die zervikale Insuffizienz bei suffizienter Drainage unter oraler Nahrungskarenz spontan ab. Eine antibiotische Therapie ist zumeist nicht indiziert. Mittels Stentimplantation kann das Leck in einem hohen Prozentsatz (etwa 80 %) abgedichtet werden und dadurch der orale Kostaufbau rasch erfolgen (Langer et al., 2005). Außerdem antizipiert der Stent die regelhaft nach Anastomoseninsuffizienz auftretende Anastomosenstriktur, die ansonsten durch repetitive Dilatationen oder Bougierungen behandelt werden muss. Auch bei der intrathorakalen Anastomoseninsuffizienz, soweit diese circumscript und nicht Ausdruck einer Interponatnekrose ist, ist die Frühendoskopie bei allen Verdachtsfällen und Stentimplantationen unter gleichzeitiger extraluminaler Abszessdrainage empfehlenswert. Große Dehiszenzen, v. a. bei Minderdurchblutung des Interponats, müssen operativ revidiert und versorgt werden. Bei ausgedehnter intrathorakaler Insuffizienz bzw. septischem Zustandsbild kann man auch zu einer Auflassung der Rekonstruktion mit Anlage einer zervikalen Speichelfistel, mediastinalen Drainage und Witzelfistel oder Jejunostomie gezwungen werden. Zumeist handelt es sich bei der postoperativen Rekurrensparese um eine linksseitige Läsion, die meist erst nach Wochen bis Monaten oder selten auch gar nicht reversibel ist. Zur Rehabilitation ist eine phoniatrisch logopädische Betreuung (Schlucktraining zur Vermeidung von Aspirationen, Sprechtraining) dringend anzuraten.
7. Nachbehandlung Wird eine onkologische Nachbehandlung (in der Regel Strahlentherapie, Chemotherapie) nach potenziell kurativer Resektion (R0) durchgeführt, spricht man von adjuvanter Therapie. War die Resektion makroskopisch oder mikroskopisch nicht im Gesunden, kann eine so genannte additive Nachbehandlung erfolgen. Derzeit besteht kein wissenschaftlicher Nachweis dafür, dass eine adjuvante Therapie beim Ösophaguskarzinom prognoseverbessernd ist. Lediglich kann eine adjuvante Strahlentherapie (Gesamtreferenzdosis im ehemaligen Tumorbereich von 54 bis max. 60 Gy bei Einzeldosen von 1,8 Gy täglich) die Lokalrezidivrate reduzieren, ist aber für den Betroffenen postoperativ in der Regel sehr belastend. Ist eine postoperative Strahlentherapie vorgesehen, sollte die Rekonstruktion der
Nahrungspassage retrosternal erfolgen und die Region des Primums mit Clips markiert werden. Zur kombinierten adjuvanten Radiochemotherapie liegen keine Daten vor, die ihren Einsatz außerhalb von Studien rechtfertigen. Liegt aufgrund der histologischen Beurteilung eine R0-Resektion vor, ist nach derzeitigem Wissensstand eine weitere spezifische onkologische Therapie nicht prognoseverbessernd.
8. Rehabilitation Die Rehabilitation nach Ösophagusresektionen wird zumeist sehr vernachlässigt. Rehabilitationswürdig sind vor allem Schluckstörungen und Aspirationsneigung. Auch die stimmliche Rehabilitation darf nicht unterschätzt werden. Zunächst ist eine sorgfältige postoperative Bestandsaufnahme durch Laryngoskopie, fiberoptischen Schluckversuch und ggf. Videokinematographie erforderlich. Durch Identifikation der Funktionsstörung kann ein gezieltes logopädisches Training erfolgen. Bei permanenter einseitiger Rekurrensparese kann in ausgewählten Fällen die externe Stimmbandmedialisation mit Hilfe einer Titanspange zur Stimmverbesserung aber auch Aspirationsverminderung angeboten werden (Schneider et al., 2003). Generell muss jeder Patient bereits präoperativ über die eventuell zu erwartende Schluckproblematik bzw. -umstellung informiert werden. Postoperativ sollte bei jedem Patienten eine Anleitung zur richtigen Nahrungsaufnahme erfolgen (ausreichendes Kauen und Einspeicheln, Schlucken nur in aufrechter Körperposition und ohne Hast, bei Aspirationsneigung sollte der Kopf beim Schlucken nach vorne geneigt und Flüssigkeiten durch Spezialzusätze eingedickt werden). Um stille Aspirationen zu verhindern bzw. zu minimieren, wird empfohlen, mit etwas hochgelagertem Oberkörper (20–30 °) zu schlafen, woran sich die Patienten in der Regel rasch gewöhnen. Stationäre Rehabilitationsmaßnahmen sollten, so weit notwendig, ausschließlich in besonders erfahrenen Institutionen durchgeführt werden, die mit der speziellen somatischen, psychischen, sozialen oder beruflichen Rehabilitationsbedürftigkeit von Patienten mit Abdominaltumoren vertraut sind.
9. Nachsorge Da weder für das lokoregionale noch für das metastatische Rezidiv des Ösophaguskarzinoms Heilungsansätze bestehen, ist eine onkologische Nachsorge zur
Kapitel 13
Speiseröhrenkarzinom
167
Tabelle 13.4. Beispielhafter onkologischer Nachsorge-Plan nach malignem Ösophagustumor (Medizinische Universität Wien) Untersuchungsmonat
3
6
9
12
15
18
21
24
30
36
42
48
54
60
Anamnese, Klin. Unters.
x
x
x
x
x
x
x
x
x
x
x
x
x
x
Labor, ev. TU-Marker*
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x
CT Hals bis Becken
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x
Endoskopie (nach Barrett Ca)
x
x
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HNO (nach PEC)
x
x
x
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x
Bronchoskopie (nach PEC)
x
x
x
x
x
Tumormarker: Adenokarzinom: CEA, CA 19-9; Plattenepithelkarzinom: CYFRA, SCC; x Untersuchung vorgesehen
frühzeitigen Rezidiverkennung nur im Rahmen von prospektiven klinischen Studien sinnvoll. Gegenwärtig spielen in der onkologischen Rezidivbehandlung nur palliative Maßnahmen eine Rolle, d. h. erst nach Entwicklung beeinträchtigender Symptome. Die präsymptomatische Feststellung des Rezidivs ist von untergeordneter Bedeutung (seltene Ausnahme stellt das isolierte Anastomosenrezidiv dar: Resektion, regelmäßige Endoskopie bei knappem Resektionsrand), das heißt, dass die Nachsorge des Ösophaguskarzinoms in erster Linie symptomorientiert ist. In vielen Zentren wird eine onkologische Nachsorge aus zwei Gründen dennoch durchgeführt: Erstens hat die Nachsorge (Tabelle 13.4) institutionelle Bedeutung im Sinne der Qualitätskontrolle. Zweitens darf nicht vergessen werden, dass nach Auftreten eines Plattenepithelkarzinoms des Ösophagus ein beträchtlich erhöhtes Risiko zur Entwicklung eines metachronen Zweitkarzinoms im oberen Verdauungstrakt (Lippe bis ösophagogastraler Übergang) und Respirationstrakt besteht. Die so genannte „funktionelle“ Nachsorge wird mit dem Ziel durchgeführt, Folgen der Ösophagusresektion, wie Schluckstörungen, Aspirationsneigung, Verdauungsprobleme und Fehl- oder Mangelernährung, zu erkennen und zu behandeln.
10. Weitere Therapiemodalitäten 10.1. Endoluminale Verfahren Diese Methoden werden an Zentren bei Frühbefunden angewendet, sofern die chirurgische Resektion nicht möglich erscheint. Während Plattenepithelfrühkarzinome selten diagnostiziert werden, ist der Anteil der Barrett-Frühbefunde (hochgradige Dysplasie, T1) deutlich angestiegen. Einige Zentren wenden bei die-
ser Indikation neben der endoskopischen Mucosaresektion (EMR) (Ell et al., 2000) auch photodynamische Verfahren (PDT) zur Eradikation an. Während die geringe Invasivität dieser endoskopischen Methoden von großem Vorteil ist, sind es vor allem onkologische Überlegungen, die diese Methoden einschränken und eine interdisziplinäre Therapieentscheidung wichtig erscheinen lassen: Trotz moderner Methoden beinhaltet das T-Staging - vor allem die Unterscheidung zwischen T1a, T1b und T2 - Unsicherheiten. Andererseits ist die Lymphadenektomie nicht möglich, die Inzidenz des Lymphknotenbefalls ist bei T1a etwa 3%, bei T1b etwa 20% und steigt bei T2 sprunghaft auf bis 65% an. Weiters ist die komplette Resektion des Barrettepithels nicht garantiert, die hochgradige Dysplasie bzw. der frühinvasive Befund jedoch häufig multizentrisch. Es wurde beschrieben, dass das Barrettepithel von regenerierenden Plattenepithelzellen überwachsen wird, was die postinterventionelle endoskopische Überwachung beeinträchtigt. Außerdem wird mit diesen Verfahren die ursächliche Noxe – der pathologische duodenogastro-ösophageale Reflux und/oder die verminderte Ösophagusclearance – nicht behandelt. Derartige Verfahren stellen in speziellen Fällen, beispielsweise bei grenzwertigem oder zu hohem OP-Risiko, eine mögliche Alternative zur Resektion dar und sollten nur bei gegebener Bereitschaft des Patienten zu engmaschiger endoskopischer Überwachung erfolgen. Als mögliche Indikationen für die EMR gelten die Wachstumstypen I, IIa, IIb (< 2 cm), IIc (< 1 cm) bei einem Grading von G1 oder G2, wenn weniger als 50% der Ösophagus-Zirkumferenz befallen sind. Die Tumorektomie kann als ausreichend angesehen werden, wenn die Tumorinfiltration in der histologischen Evaluation die Lamina muscularis mucosae noch nicht erreicht hat.
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J. Zacherl und H. J. Stein
Ein Nachteil der PDT gegenüber der EMR ist die Unmöglichkeit des histologischen Stagings, da bei dieser Methode das Gewebe nicht reseziert wird. Des Weiteren muss systemisch eine photosensibilisierende Substanz verabreicht werden, die eine entsprechende Hautempfindlichkeit gegenüber UV-Strahlen z. T. über mehrere Monate verursacht. Es ist auch eine Art Ösophagitis zu beobachten, die von einer narbigen Strukturveränderung gefolgt sein kann. Ein Vorteil ist die technisch einfache Anwendung. Die Endobrachytherapie kann alleine oder in Kombination mit einer Teletherapie erfolgen und wird generell nur beim Plattenepithelkarzinom durchgeführt, entweder in palliativer Hinsicht oder als Alternative zur Resektion bei ungünstiger Risikokonstellation. Fallweise kann es auch nach Endobrachytherapie wie auch nach PDT zu narbigen Stenosen kommen, die ihrerseits ein Dysphagierezidiv verursachen. Zusammenfassend gelten diese endoluminalen Verfahren beim onkologisch resektablen Ösophaguskarzinom lediglich als Alternativen zur Operation in speziellen Situationen (z. B. zu hohes Risiko, Ablehnung der OP durch Patienten).
abhängig zur Anwendung kommen und durch eine systemische Chemotherapie zusätzlich unterstützt werden können.
11.1. Stents
Auf die Möglichkeiten der Strahlentherapie – präferentiell in Kombination mit der Chemotherapie – wurde bereits zuvor eingegangen. Die kombinierte Radiochemotherapie (RCT) kann typischerweise beim Plattenepithelkarzinom (ohne Fernmetastasen) auch in definitiver Absicht zur Anwendung kommen, wenn eine Resektion nicht in Frage kommt. Bei der definitiven RCT werden höhere Gesamtdosen (bis etwa 65 Gy) als bei präoperativer Anwendung (bis 40 Gy) eingestrahlt. Eine aktuell publizierte randomisierte Studie (Stahl et al., 2005) mit dem Vergleich zwischen Radiochemotherapie (40 Gy) und Resektion versus Radiochemotherapie (54–64 Gy) hat gezeigt, dass die Resektion eine bessere lokale Tumorkontrolle erlaubt, die 3-Jahresüberlebensrate war mit 31,3 % durch RCT plus Resektion (versus 24,4 % nach definitiver RCT) signifikant besser (p = 0,02). Die Endobrachytherapie ist unter 11.2 erwähnt.
Am raschesten wird die Dysphagie mittels ÖsophagusStentimplantation beseitigt. Durch die Möglichkeit der endoskopischen Platzierung und Selbstexpansion moderner beschichteter Stents hat dieses Verfahren an Sicherheit und Bedeutung gewonnen. Auch bei Fistelbildungen in das Mediastinum und in das Tracheobronchialsystem kann eine Abdichtung durch die Endoprothese häufig erreicht werden, gegebenenfalls durch Kombination eines ösophagealen mit einem endotrachealen Stent. In den letzten Jahren wurde eine Reihe von hochwertigen, selbstexpandierenden Stents entwickelt und erprobt, die aus Metall und/oder Kunststoff in verschiedenen Gitter- oder Spiralformen bestehen. Um eine Tumor-Durchwachsung zu vermeiden, sind moderne Stents mit Kunststoffen beschichtet (z. B. Nitinol). Sie können endoskopisch oder unter alleiniger Röntgenkontrolle appliziert werden, am sichersten in einer Kombination der Techniken. ServiceReinterventionen sind bei erneuter Dysphagie fallweise notwendig, wenn der Stent verstopft, disloziert oder an zumindest einer Öffnung von Tumor überwachsen ist. Die meisten Stents sind mit Hilfe einer Kordel auch wieder entfernbar. Zur Limitierung des gastroösophagealen Refluxes stehen heute für magennahe Ösopahguskarzinome Stents mit Antirefluxklappen zur Verfügung. Problematisch ist die Stentimplantation beim hochsitzenden zervikalen Ösophaguskarzinom, da der Stent wegen Unverträglichkeit und hoher oralwärts gerichteter Dislokationstendenz nicht in den Hypopharynx reichen sollte. In solchen Situationen stehen die PEG Sondenimplantation (nach Bougierung der Tumorstenose), die Anlage einer Witzelfistel, eine transnasale Ernährungssonde, die Strahlentherapie oder etwa die palliative zervikale Ösophagussegmentresektion mit Dünndarmautotransplantation in selektionierten Fällen zur Verfügung.
11. Palliativmaßnahmen
11.2. Strahlentherapie
Zur Beseitigung der Dysphagie bei Patienten mit nicht resektablem Ösophaguskarzinom stehen endoskopische, interventionelle, chirurgische und radiotherapeutische Maßnahmen zur Verfügung, die situations-
Die intraluminale Bestrahlung in Afterloadingtechnik (Brachytherapie) ist eine wenig belastende Therapie mit meist rascher Besserung bestehender Schluckbeschwerden. Bei starken Schmerzen und/oder nicht
10.2. Strahlentherapie
Kapitel 13
Speiseröhrenkarzinom
stentbarer Tumorstenose (z. B. hochzervikaler Sitz) kann die kleinvolumige perkutane Radiotherapie mit 36–45 Gy als Palliativmaßnahme eingesetzt werden. Beim lokal fortgeschrittenen, nicht metastasierten Plattenepithelkarzinom hat sich in der Palliativsituation die kombinierte Radiochemotherapie im Vergleich zur alleinigen Radiotherapie als effektiver erwiesen.
11.3. Laser Eine Möglichkeit der Palliation stellt die Anwendung des Lasers (in der Regel Nd:YAG-Laser) dar. Ihre Indikation findet sie bei nicht sondierbarer Stenose zur Lumeneröffnung, bei starker diffuser Blutung aus dem Tumor oder bei Unmöglichkeit der Prothesenimplantation.
169
11.5. Andere palliative Modalitäten Andere, meist palliative Techniken wie die photodynamische Therapie (Nachteil: geringe Eindringtiefe, kutane Phototoxizität), die endoskopische Elektroresektion des Tumors (Perforationsgefahr, Blutungsgefahr, rasches Rezidiv), die Argon-Plasma-Koagulation (rasches Stenoserezidiv) und die alleinige Bougierung (rasches Stenoserezidiv) der Tumorstenose sind wenig gebräuchlich. Der Witzelfistel kommt wegen des Fehlens der Wiederherstellung einer Nahrungspassage nur insofern Palliativfunktion zu, als sie die enterale Ernährung ermöglicht. Ihre Indikation besteht bei anderweitig nicht behandelbarer Ösophagotrachealfistel oder bei Unmöglichkeit der Wiederherstellung der Schluckfunktion. Die Ösophagusbypassoperation ist ein sehr belastendes, invasives Verfahren, das heute keinen Stellenwert mehr hat.
11.4. Chemotherapie Durch den Einsatz einer Kombinationschemotherapie bei Patienten mit metastasiertem Ösophaguskarzinom lassen sich höhere Remissionsraten als mit einer Monochemotherapie erzielen, wobei sich aber kein wesentlicher Einfluss auf das Gesamtüberleben ableiten lässt und diese Therapieform nur für jüngere Patienten in gutem Allgemeinzustand empfohlen werden kann. Derzeit wird international die Kombination von Cisplatin und 5-Fluorouracil am häufigsten als palliative Standardtherapie empfohlen. Paclitaxel-haltige Kombinationsregimes sowie die Kombinationen mit Irinotecan und Cisplatin sollten aufgrund der vorliegenden ermutigenden präliminären Resultate weiterhin in klinischen Studien evaluiert werden, wobei ambulante Therapiekonzepte im Gegensatz zu stationären Therapiekonzepten favorisiert werden müssen. Bei Patienten mit Fernmetastasen eines Plattenepithelkarzinoms kann, bei gutem Allgemeinzustand, durch eine Cisplatin-/5-FluorouracilKombinationstherapie ein palliativer Effekt erzielt werden (Remissionsraten 30–40 %). Bei Patienten mit Fernmetastasen eines Adenokarzinoms ist die Meinung über die geeignete medikamentöse Tumortherapie noch kontrovers und wird in Studien evaluiert. Vermutlich ist die Wirksamkeit der Chemotherapie für beide Tumorentitäten vergleichbar.
12. Qualitäts- und Prognosekriterien Die zentralen Ergebnisgrößen beim Ösophaguskarzinom sind wie bei den übrigen gastrointestinalen Tumoren die Krankenhausletalität, das Gesamtüberleben und das rezidivfreie Überleben. Die Lebensqualität spielt als Spiegel der chirurgischen Qualität in Hinblick auf die Wiederherstellung/Erhaltung der Schluckfähigkeit eine weitere große Rolle. Die Morbidität der chirurgischen Therapie ist eine generell schlecht definierte Größe und daher ohne entsprechende Richtlinien kaum vergleichbar. Da die Ösophaguschirurgie eine sehr komplexe Sparte der onkologischen Viszeralchirurgie darstellt und viele diagnostische und therapeutische Fachdisziplinen miteinschließt, ist eine Zentrumsbildung mit regelmäßigen interdisziplinären Treffen und fallbezogenen Therapieentscheidungen einzufordern. Dies wird durch den Nachweis des Einflusses der Erfahrung der Institution auf die Operationssicherheit bekräftigt. Als Mindestmengen-Empfehlung sind für eine Institution zwischen 10 und 20 Ösophagusresektionen pro Jahr nachvollziehbar. Die Institution sollte neben gewissen Grundvoraussetzungen (Intensivstation mit Langzeitbeatmung und Möglichkeit der Nierenersatztherapie, Endoskopie, Regionalanästhesie etc.) Erfahrung mit diversen Resektions- und Rekonstruktionsmöglichkeiten (Magenhochzug, Koloninterposition, Jejunuminterposition, Composit-Rekonstruktion, evtl. Jejunum-Autotransplantation), neoadjuvanter Therapie, modernen diagnostischen Methoden (Multislice-CT, Endosonographie, ev. FDG-PET) und
170
J. Zacherl und H. J. Stein
Alternativverfahren wie Stentimplantation, EMR und ähnlichem aufweisen sowie thoraxchirurgische Kompetenz bieten können.
vierten Immunzellen könnten zusätzlich das therapeutische Armamentarium in den nächsten Jahren erweitern.
13. Ausblick
14. Literatur
Die Erfahrung mit der neoadjuvanten Radiochemotherapie beim Plattenepithelkarzinom des Ösophagus hat gezeigt, dass mit dieser Therapie eine pathologisch komplette Remission bei bis 25 % der Patienten erreichbar ist und nach konsekutiver Resektion eine relativ günstige Prognose erreicht werden kann. Allerdings steigt mit dieser komplexen Therapie auch das OP-Risiko, dem mehr als zwei Drittel der Patienten ohne lebensverlängernde Wirkung ausgesetzt werden. Mit der FDG-PET gelingt zwar mit relativ hoher Treffsicherheit eine frühzeitige Einschätzung des Ansprechens auf die Therapie, günstiger wäre jedoch eine prätherapeutische Identifikation so genannter Responder („Response prediction“). Aber selbst nach Identifikation der Non-Responder, die ja bislang die Mehrheit ausmachen, bleibt die Frage offen, wie diese am effektivsten zu behandeln sind. Gegenstand aktueller Forschung ist die Etablierung eines Profils an Tumoreigenschaften, welches die Voraussage erlaubt, auf welche Therapie der Tumor anspricht. Die Identifikation und Charakterisierung von Genen mit Einfluss auf das Tumorverhalten unter Therapie („Gene profiling“) soll eine gezielte individualisierte Therapie ermöglichen. Zur besseren Interpretierbarkeit und Einschätzung der Tumorausbreitung ist eine Verbesserung der diagnostischen Methoden notwendig, besonders das Nodalstaging betreffend. Die Identifikation von Patienten – z. B. solchen mit Barrett-Metaplasie – mit erhöhtem Risiko, ein Adenokarzinom zu entwickeln, wird ebenfalls durch Identifikation genetischer Marker angestrebt, um ein individuelles endoskopisches Überwachungsprogramm zur Früherkennung der Entartung gestalten zu können. Ein weiteres Problem stellen disseminierte Tumoreinzelzellen oder Mikrometastasen (z. B. Lymphknoten, Knochenmark) dar, die den lokoregionalen Therapiemodalitäten wie Strahlentherapie oder Resektion entgehen. Dies macht klar, dass effektive systemische Therapien von essentieller Bedeutung sind. Hier werden neue zytotoxisch oder zumindest zytostatisch aktive Substanzen gesucht. Es ist zu hoffen, dass auch beim Ösophaguskarzinom neuere Therapieansätze (molecular targeted agents) eine Rolle spielen werden. Immuntherapeutische Ansätze wie Tumorvakzination oder Therapie mit akti-
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Kapitel 13
Speiseröhrenkarzinom
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Kapitel 14
Magenkarzinom H.-J. Meyer und D. Öfner
1. Einleitung Trotz einer deutlichen Abnahme der Inzidenz des distalen Adenokarzinoms des Magens in den westlichen Industriestaaten stellt dieses weltweit ein großes gesundheitspolitisches Problem dar und steht an 2. Stelle der tumorbedingten Todesursachen. Diese Abnahme des distalen Magenkarzinoms ist mit einer Zunahme des proximalen Magenkarzinoms seit den 70er Jahren des vorigen Jahrhunderts vergesellschaftet. Allerdings ist es bedauerlicherweise während dieser Zeit nicht zu einer Verbesserung der Prognose des Magenkarzinoms gekommen, die Mortalitätsrate liegt immer noch bei zirka 50 %. Männer sind etwas häufiger (1,5- bis 2,5mal) betroffen als Frauen. Das Magenkarzinom tritt selten vor dem 40. Lebensjahr auf, der Altersgipfel liegt im 7. Lebensjahrzehnt mit Zunahme von Patienten im höheren und hohen Lebensalter. Diese epidemiologischen Veränderungen zeigen sich auch in Deutschland und Österreich. Die chirurgisch radikale Entfernung des Magenkarzinoms nimmt nach wie vor, trotz Fortschritten in der Diagnose und Therapie, die zentrale Rolle in der Tumorbehandlung ein.
1.1. Risikofaktoren Es ist allgemein akzeptiert, dass die Gastritis-Formen A (autoimmune Gastritis, atrophe Gastritis) und B (H. pylori-assoziierte) als Risiko für die Entstehung eines Magenkarzinoms gelten und daher einer regelmäßigen Verlaufskontrolle bedürfen. Dabei wird postuliert, dass die Karzinogenese über die intestinale Metaplasie durch Umwelteinflüsse moduliert wird. Nitrate und Nitrosamine, die in hoher Konzentration in gepökelten und geräucherten Lebensmitteln vorkommen, sind die am besten untersuchten Karzinogene. Zahlreiche weltweit an unterschiedlichen Populationen durchgeführte epidemiologische Studien zeigten weiter eine starke und konsistente Assoziation zwischen H. pylori-Infektion und intestinalem Magenkarzinom (6-fach erhöhtes
Risiko gegenüber seronegativen Patienten). Unbestritten ist dabei, dass die H. pylori-Infektion zu einer chronisch aktiven Entzündung über Jahrzehnte führt, die aber sowohl durch genetische als auch Umweltfaktoren moduliert wird, wodurch erklärbar ist, dass nur ein geringer Prozentsatz H. pylori-infizierter Patienten auch ein Magenkarzinom entwickelt. Tatsächlich haben Verwandte 1. Grades ein 2–3-fach erhöhtes Risiko, an Magenkrebs zu erkranken. Andererseits ist der diffuse Typ nach Laurén, der auch bei jungen Patienten vorkommt, nicht H. pylori-assoziiert ist und keine Vorläuferläsionen aufweist, in 5–10 % hereditär (autosomal dominant mit 70 % Penetration) bedingt.
1.2. Makroskopische Klassifikation Magenkarzinome werden nach der Klassifikation der makroskopischen Wachstumsfaktoren nach Borrmann eingeteilt: I. vorwiegend exophytisch wachsende, meist breitbasige polypöse Karzinome mit knolliger, blumenkohlartiger, papillärer oder zottiger Oberfläche II. Karzinome mit zentraler schüsselförmiger Exulzeration mit steilen, wallartig aufgewölbten Rändern und rel. scharfer Abgrenzung zur Umgebung III. Karzinome mit zentraler Exulzeration ohne wallartig aufgeworfene Ränder und mit unscharfer Abgrenzung zur Umgebung IV. Diffuse Infiltration der Magenwand durch den Tumor, oft ohne Ulzeration Das Wissen über diese Klassifikation ist für eine gezielte Gewebsentnahme wichtig und erlaubt eine grobe Einschätzung der Ausdehnung des Tumors.
174
H.-J. Meyer und D. Öfner
•
•
• • •
Abb. 14.1. Gastroskopie: atypisch lokalisiertes bizarres Ulkus; in der Biopsie Magenkarzinom vom intestinalen Typ nach Laurén
1.3. Histologie Das Ausmaß des operativen Eingriffs im Sinne der Resektionsabstände und damit die Auswahl des geeigneten operativen Therapieverfahrens hängen entscheidend von der Primärlokalisation des Tumors und der präoperativen Laurén-Klassifikation ab. Letztere unterscheidet einen intestinalen von einem diffusen Typ. Der intestinale Typ wird in ca. 50 % der Fälle gefunden und ist häufiger mit einem Borrmann-Typ I assoziiert. Aufgrund des relativ gut gegen die Umgebung abgegrenzten neoplastischen Prozesses sind beim interstinalen Typ i. d. R. geringere Sicherheitsabstände erforderlich als beim diffusen Typ, bei dem die mikroskopische Tumorinvasion oft deutlich über die makroskopisch sichtbaren Grenzen des Tumors hinausreicht. Beim intestinalen Typ, in dessen Umgebung häufig eine chronisch-atrophische Gastritis mit intestinaler Metaplasie gefunden wird, sind die 5-Jahres-Überlebensraten insgesamt signifikant höher als bei Karzinomen vom diffusen Typ. Diese liegen in ca. 40 % der Fälle vor und sind makroskopisch eher mit dem Typ Borrmann IV vergesellschaftet. In den restlichen Fällen (ca. 5–10 %) ist keine eindeutige Zuordnung möglich oder es liegt ein Mischtyp vor. Gemeinsam mit der Laurén-Klassifikation soll darüber hinaus für eine exaktere histomorphologische Subtypisierung die histologische Klassifikation der WHO Anwendung finden:
Adenomkarzinom: ca. 65 % aller Magen-Ca: tubulärer, papillärer, muzinöser Subtyp mit extrazellulärer Verschleimung verschiedener Reifestufen Siegelringzell-Ca: ca. 20 % aller Magen-Ca: intrazelluläre verschleimung mit siegelringartigen Tumorzellen, entspricht diffusem Typ nach Laurén Adenosquamöses Ca: sehr selten Plattenepithel-Ca: sehr selten Undifferenziertes Ca: kein organoider Aufbau und völliger Differenzierungsverlust der Tumorzellen, zusätzliche immunhistochemische Untersuchungen zum Ausschluss anderer maligner Differentialdiagnosen erforderlich
2. Diagnostik Die Anamnese spielt in der Diagnostik des Magenkarzinoms eine untergeordnete Rolle, da sie nur unspezifische Symptome liefert, zudem meist erst im fortgeschrittenen Stadium der Erkrankung. Daher spielen in Hochrisiko-Ländern wie Japan Screening-Programme eine wichtige Rolle. Dadurch konnte der Prozentsatz an entdeckten Frühkarzinomen auf bis zu 50 % gesteigert werden.
2.1. Endoskopische Diagnostik Die Endoskopie des oberen Gastrointestinaltrakts spielt in der Diagnostik der Magenkarzinome die führende Rolle. Mit der Forderung, mindestens 4 Biopsien aus allen auffälligen Läsionen (Abb. 14.1) zu entnehmen, kann eine diagnostische Treffgenauigkeit von 95 % erreicht werden. Die Doppelkontrastdarstellung des Magens spielt eine weit untergeordnetere Rolle, da vor allem bei kleinen Läsionen bis zu 25 % falsch negative Resultate berichtet wurden. Allerdings ist sie beim Vorliegen einer Linitis plastica (den ganzen Magen betreffende Sonderform des diffusen Magenkarzinoms), die der endoskopischen Diagnostik durch überwiegend submuköses Wachstum entgehen kann, als funktionelle Untersuchung hilfreich.
2.2. Staging In Europa und den Vereinigten Saaten wird das Magenkarzinom hinsichtlich der Penetrationstiefe des Tumors durch die Magenwand, der Lymphknotenbeteili-
Kapitel 14
Magenkarzinom
175
Tabelle 14.1.a. TNM-Klassifikation des Magenkarzinoms (nach UICC/AJCC 2002)
Tabelle 14.1.b. Stadieneinteilung des Magenkarzinoms (nach UICC/AJCC 2002)
T1
Tumor infiltriert Lamina propria oder Submukosa
Stadium 0
pTis
pN0
M0
Stadium IA
pT1
pN0
M0
T2
infiltriert Muscularis propria oder Subserosa T2a Tumor infiltriert Muscularis propria T2b Tumor infiltriert Subserosa
Stadium IB
pT1
pN1
M0
pT2a/b
pN0
M0
pT1
pN2
M0
pT2a/b
pN1
M0
pT3
pN0
M0
pT2a/b
pN2
M0
pT3
pN1
M0
pT4
pN0
M0
Stadium IIIB
pT3
pN2
M0
Stadium IV
pT1-3
pN3
M0
pT4
pN1-3
M0
Jedes pT
Jedes pN
M1
T3
Tumor penetriert Serosa (viszerales Peritoneum), infiltriert aber nicht benachbarte Strukturen1, 2, 3
T4
Tumor infiltriert benachbarte Strukturen2, 3
N1
1–6 regionäre Lymphknoten befallen
N2
7–15 regionäre Lymphknoten befallen
N3
Mehr als 15 regionäre Lymphknoten befallen
M1
Fernmetastasen
Stadium II
Stadium IIIA
1 Ein Tumor kann sich über die Muscularis propria in das Ligamentum gastrocolicum oder hepatogastricum oder in das große oder kleine Netz ausbreiten, ohne das diese Strukturen bedeckende viszerale Peritoneum zu penetrieren. In diesem Fall wird der Tumor als T2b klassifiziert. Findet sich eine Perforation des viszeralen Peritoneums über den gastrischen Ligamenten oder dem großen oder kleinen Netz, ist der Tumor als T3 zu klassifizieren. 2 Benachbarte Strukturen des Magens sind Milz, Colon transversum, Leber, Zwerchfell, Pankreas, Bauchwand, Nebennieren, Niere, Dünndarm und Retroperitoneum. 3 Intramurale Ausbreitung in Duodenum oder Ösophagus wird nach der tiefsten Infiltration in diesen Organen oder im Magen klassifiziert.
gung und des möglichen Vorliegens einer Fernmetastasierung (TNM System mit Tumorstadiengruppierung; UICC, 2002) beurteilt (Tabelle 14.1). Alternativ gibt es ein kompliziertes Staging-System, das vor allem in Japan gebräuchlich ist (Japanese Research Society for Gastric Cancer (JRSGC)).
a
b
pN1: 1–6, pN2: 7–15, pN3 16 befallene Lymphknoten
Zur Beurteilung des lokalen Tumorwachstums ist die endoskopische Ultraschalluntersuchung (EUS) am besten geeignet (Abb. 14.2). Mit ihr ist eine Treffsicherheit von 67 % bis 92 % in Bezug auf das T-Stadium erreichbar. Unterschiedlicher sind die Ergebnisse hinsichtlich der Lymphknotenbeteiligung. Akzeptable,
c
Abb. 14.2. Staging eines Magenkarzinoms: a) Endoskopisches Bild eines erhabenen präpylorischen Tumors (in der Biopsie diffuser Typ nach Laurén); b) Endosonographie: alle Wandschichten durchbrechender, bis knapp an die Serosa reichender Tumor (uT2b); c) der Magentumor ist im Spiral-CT bei Magendistension mittels Flüssigkeit als präpylorische Verdickung erkennbar, keine auffällig vergrößerten Lymphknoten
176
H.-J. Meyer und D. Öfner
a
b
Abb.14.3. Staging-Laparoskopie: a) Nachweis von Krukenbergtumoren und Peritonealkarzinose bei Magenkarzinom; b) Nachweis diskreter diaphragmaler peritonealer Metastasierung und geringer Menge von Aszites
noch nicht bestätigte Vorhersagewerte wurden zwar in einer Studie berichtet, allgemein kann jedoch die EUS derzeit nicht als erprobtes Mittel zur sicheren präoperativen Feststellung des Lymphknotenstatus herangezogen werden. Die CT-Untersuchung von Thorax und Abdomen ist unverzichtbar für die Entdeckung von Fernmetastasen, Aszites und ausgedehnten Lymphknotenvergrößerungen. Trotz Spiral-CT und weiteren Verbesserungen (zum Beispiel Magendistension durch 600 bis 800 ml Wasser) erreicht diese Untersuchung ihre Grenzen in der Bestimmung des T- als auch N-Stadiums (24 % bis 43 % Sensitivität) und in der Feststellung einer vor allem peritoneal lokalisierten Beteiligung (Abb. 14.3). Daher wird heute vielfach zum exakten präoperativen Staging eine Laparoskopie gefordert. Sicher ist, dass Patienten auch mit kleinen Fernmetastasen oder mit gering ausgeprägter Peritonealkarzinose eine äußerst schlechte Prognose haben (6 bis 9 Monate mediane Überlebenserwartung), wo nur selten palliativ chirurgische Eingriffe gerechtfertig erscheinen (Meyer, 2006). Diese Tatsache und der deutlich reduzierte stationäre Aufenthalt gegenüber einer explorativen Laparotomie sprechen für den Einsatz der Laparoskopie.
3. Vorbehandlung Die chirurgische R0-Resektion mit entsprechender Lymphadenektomie stellt die einzige potenziell kurative Therapieform dar. Trotzdem kommt es im weiteren Verlauf auf lymphogenem und hämatogenem Weg häufig
zu lokoregionären Rezidiven und zu Fernmetastasen. Neben dem adjuvanten Ansatz einer Zusatztherapie kann man sich von einer präoperativen Vorbehandlung des Tumors einerseits eine verbesserte Situation hinsichtlich einer R0-Resektion („Down-sizing“, unter Umständen begleitet von einem „Down-staging“) und andererseits eine Elimination von Mikrometastasen erwarten und so die Überlebenschance der Patienten verbessern. Stand noch vor ein paar Jahren die Steigerung der Resektabilitätsraten lokal fortgeschrittener Magenkarzinome im Vordergrund von Studien, bei denen zudem vor allem 5-FU-basierte Chemotherapieschemata angewandt wurden, hat sich in rezenteren Studien nicht zuletzt aufgrund neu verfügbarer Chemotherapeutika (Capecitabin, Texane, TopoisomeraseI-Hemmer wie Irinotecan, sowie das DrittgenerationPlatinumderivat Oxaliplatin) das Gewicht in Richtung Verbesserung des Gesamtüberlebens verschoben. Trotz besserer Tolerabilität der rezenten Chemotherapieregimes stellen die Progression des Tumorleidens unter Therapie und die postoperative Morbidität ein schwerwiegendes, oft limitierendes Problem dar. Obwohl die bislang vielversprechendste Studie (MRC MAGIC trial; Cunningham et al., 2006) eine deutlich erhöhte Resektabilitätsrate verbunden mit einer statistisch signifikanten Verbesserung des Gesamtüberlebens zeigt, gilt, so wie für die neoadjuvante Radiochemotherapie (Fiorica et al., 2005), dass derzeit eine Vorbehandlung des Magenkarzinoms nur an erfahrenen Zentren und vornehmlich im Rahmen von Studien erfolgen sollte.
Kapitel 14
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4. Präoperative Vorbereitung Generell müssen bestehende Begleiterkrankungen verschiedener Organsysteme, vor allem bei älteren oder alten Patienten, zeitnah verbessert oder stabilisiert werden. Nicht nur bei notwendigen abdomino-thorakalen Eingriffen ist eine atemgymnastische Vorbereitung sinnvoll. Eine präoperativ notwendige Infusions- bzw. Transfusionstherapie stellt die Ausnahme dar; nur bei ausgeprägtem Gewichtsverlust (> 10 % innerhal von 3 Monaten) und/oder Anämie ist sie notwendig, vor allem auch bei angestrebter präoperativer Chemotherapie. In den seltenen Fällen einer klinisch relevanten Magenausgangsstenose kann u. U. die präoperative Entlastung des Magens durch eine naso-gastrale Sondeneinlage notwendig werden; dabei ist auch eine Kontrolle des Elektrolythaushaltes angezeigt. Eine perioperativ eingeleitete antithrombotische Therapie wird postoperativ, verbunden mit anderen Antithrombosemaßnahmen, fortgesetzt. Standardmäßig erfolgt die perioperative Antibiotikaprophylaxe, wobei die Applikation vor Operationsbeginn erfolgen muss. Nach Antibiotika-Gabe in Form eines „Single shot“ kann bei einer Operationsdauer über drei bis vier Stunden ggf. eine weitere Applikation erfolgen. In den letzten Jahren kommt vermehrt neben der Allgemeinanästhesie die thorakale Epiduralanästhesie zur Anwendung, die dann bis zum 5. postoperativen Tag weitergeführt werden kann. Neben Reduktion der operativen Stressantwort wird durch Sympathikolyse die intestinale Durchblutung verbessert; zudem werden die Lungenfunktion und Motilität des Gastrointestinaltraktes positiv beeinflusst, wodurch ein frühzeitiger oraler Kostaufbau bzw. Mobilisation des Patienten ermöglicht werden (Zügel et al., 2002).
5. Operative Strategie Ziel jeder operativen Behandlung beim Magenkarzinom und somit kurativer Ansatz dieser monomodalen Therapie ist die komplette Resektion des Tumors in allen Wachstumsdimensionen als sog. R0-Resektion. Dieses Grundprinzip wird hinsichtlich des chirurgischen Vorgehens ganz entscheidend von der Lokalisation und histomorphologischen Zuordnung des Primärtumors (intestinaler bzw. diffuser Karzinomtyp nach Laurén) sowie der Infiltrationstiefe mit daraus resultierender lymphogener Metastasierung bestimmt. Entsprechend relevante Risikofaktoren des Patienten sind zudem zu berücksichtigen.
Abb. 14.4. Resektat nach totaler Gastrektomie mit großem und kleinem Netz und Monoblc-D2-Lymphadenektomie
5.1. Intraluminäres Resektionsausmaß Die früher geführte Diskussion über die Bedeutung einer Gastrektomie „de principe“ oder als Regeloperation im Vergleich zum histologie- bzw. stadiengerechten Vorgehen konnte aufzeigen, dass bei Beachtung der intraluminären, oralen Sicherheitsabstände (5 cm beim intestinalen und 8 cm beim diffusen Karzinom) die Gastrektomie und die subtotale, distale Magenresektion sich als ergänzende, nicht konkurrierende Therapieverfahren darstellen. Beim intestinalen und diffusen Magenfrühkarzinom sowie beim intestinalen Karzinom der Kategorie uT2/3 im distalen, u. U. auch mittleren Magendrittel ist die subtotale distale Magenresektion indiziert; die Resektionsebenen sollten dabei kleinkurvaturseitig etwa 2 cm subkardial, großkurvaturseitig oral der Konfluenz der rechten und linken gastroepiploischen Gefäße und am Duodenum etwa 2 bis 3 cm subpylorisch liegen. Bei allen anderen Tumorkonstellationen sollte eine Gastrektomie erfolgen (Abb. 14.4); beim Kardia- oder subkardialen Karzinom (Typ II/III nach Siewert) als erweiterte Gastrektomie unter Resektion des distalen Ösophagus, wobei die ösophagoenterale Anastomose transhiatal oder -thorakal angelegt werden kann. In diesen Fällen sollte in aller Regel eine pathohistologische Schnellschnittuntersuchung der proximalen Resektionsebene angestrebt werden. Prinzipiell können die onkologischen Forderungen zum oralen Sicherheitsabstand auch bei Tumoren des oberen Magendrittels durch eine proximale Resektion erfüllt werden, wobei allerdings u. U. mit einer erhöhten Morbidität bei Auftreten einer relevanten Re-
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Abb. 14.5. Situs nach systematischer D2-Lymphadenektomie
fluxsymptomatik gerechnet werden muss. Individuell kann besonders beim Magenfrühkarzinom auch das Verfahren nach Merendino mit Interposition eines Jejunalsegmentes zur Anwendung kommen. Bei Verdacht auf oder Vorliegen einer Infiltration in Nachbarorgane (z. B. Kolon transversum oder Pankreas) ist eine multiviszerale Resektion gerechtfertigt, wenn daraus eine R0-Situation resultiert. Bei primärer Diagnostik eines organüberschreitenden Wachstums bei fehlender Peritonealkarzinose sollte in allen Fällen die Möglichkeit einer präoperativen Chemotherapie geprüft werden. Eine palliative Resektion erscheint heute nur noch in Ausnahmesituationen, bei den selten drohenden oder vorliegenden Tumorkomplikationen – Perforation, Blutung oder Passagestörung – gerechtfertigt zu sein (Meyer, 2006).
5.2. Extraluminäres Resektionsausmaß Das extraluminäre Resektionsausmaß betrifft in erster Linie die komplette Entfernung des lokoregionären Lymphabflussgebietes des Magens. Neben den Lymphknoten im Kompartment I, also perigastrisch, werden auch die Lymphknoten des Kompartments II, d. h. entlang der A. hepatica und lienalis einschließlich der des Leberhilus, reseziert. Eine solche systematische D2Lymphadenektomie (Abb. 14.5) sollte, abhängig von der Tumorlokalisation, auch in das III. Kompartment erweitert werden. Bei distaler Tumorlokalisation werden dann die retropankreatischen wie auch interaortokavalen Lymphknoten exstirpiert, während bei Karzinomen des ösophago-gastralen Übergangs aufgrund des direkten Lymphabstroms nach retroperitoneal
auch die Lymphknoten der Station 16 links-paraaortal bis zum Nierenhilus ausgeräumt werden. Eine obligate Splenektomie oder Pankreasschwanzresektion erfolgt bei der systematischen Lymphadenektomie heute nicht mehr. Nur bei direkter Tumorinfiltration oder befallenen Lymphknoten im Milzhilus erfolgt die Splenektomie, bevorzugt als pankreaserhaltendes Vorgehen oder ggf. mit Pankreaslinksresektion als multiviszerale Resektion (Meyer, 2006). Die systematische D2-Lymphadenektomie sollte bei entsprechender Erfahrung weiterhin einen wesentlichen Bestandteil der angestrebten R0-Resektion ausmachen, auch wenn die bisher vorliegenden Ergebnisse randomisierter Studien lediglich im Langzeitverlauf für gewisse Tumorkonstellationen (z. B. Kategorie pN2) eine Prognoseverbesserung gegenüber der limitierten D1-Lymphknotendissektion aufweisen konnten. Demgegenüber stehen die Ergebnisse japanischer Untersuchungen und der prospektiv durchgeführten Deutschen Magenkarzinomstudie, die nachweisen konnten, dass zumindest Subgruppen von Patienten mit geringer Lymphknotenmetastasierung (Stadium II, IIIA) von diesem Vorgehen profitieren (McCulloch et al., 2005). Gerade aber diese Subpopulationen exakt präoder intraoperativ zu identifizieren, ist derzeit nicht möglich. Ein Weg zur Individualisierung der Lymphadenektomie könnte sich, besonders bei lokalisierten und frühen Karzinomen, aus dem Sentinel-Node-Mapping-Prinzip (Untersuchung des oder der sog. Wächterlymphknotens) ableiten. Bei fortgeschrittenen Tumoren und nach präresektioneller Chemotherapie ist die Aussagekraft dieser Methode jedoch eingeschränkt, sodass sich dieses Verfahren in der klinischen Routine noch nicht durchsetzen konnte. Weitere, auch die Methodik – Farbstoffinjektion vs. Applikation radioaktiver Substanzen – untersuchende Studien müssen vorerst abgewartet werden (Burian et al., 2004; Gretschel et al., 2005). Insgesamt steht also die Bedeutung einer erweiterten Lymphadenektomie weiterhin in der Diskussion. Bei kurativen lokalen Therapiemaßnahmen kann bei geringem Risiko einer möglichen Lymphknotenmetastasierung auf eine Lymphadenektomie verzichtet werden; bei palliativen Eingriffen erscheint die limitierte D1-Lymphadenektomie angezeigt. Bei fortgeschrittener lymphogener Metastasierung kann durch eine systematische Lymphadenektomie lediglich die Rate der lokoregionären Rezidive gesenkt werden, die Gesamtüberlebensrate wird dabei nicht verbessert. Nach bisherigen Studienergebnissen erscheint die systematische Lymphadenektomie zumindest in verschiedenen Subpopulationen eine Prognoseverbesserung erbrin-
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gen zu können. Mit einer Erweiterung der Lymphknotendissektion als D3-Lymphadenektomie konnte nach bisherigen Ergebnissen einer japanischen Untersuchung insgesamt keine Verbesserung der Überlebensrate erreicht werden. Ob ein Sentinel-Node-Mapping den Weg zu einer Individualisierung des Ausmaßes der Lymphadenektomie darstellen kann, müssen die Ergebnisse noch laufender Studien aufzeigen.
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titutionen, auch in der westlichen Welt, deutlich gesenkt werden. Unabhängig von der exakten Definition oder dem Schweregrad etwaiger postoperativer Komplikationen werden generell Morbiditätsraten zwischen 25 und 30 % angegeben, wobei die Letalität unter 5 % gelegen ist (Meyer, 2005).
6.1. Allgemeine postoperative Komplikationen 5.3. Rekonstruktionsverfahren Bei der Wahl der Rekonstruktionsverfahren des oberen Verdauungstraktes konkurrieren verschiedene Techniken mit dem Ziel, eine bestmögliche Lebensqualität des Patienten bei Minimierung der postoperativen Syndrome zu erreichen. Nach subtotaler, distaler Magenresektion wie auch nach Gastrektomie ist die Rekonstruktion mit einer nach Roux ausgeschalteten Jejunalschlinge weltweit die häufigste Methode. Die jejuno-jejunale Fußpunktanastomose sollte dabei etwa 40 cm aboral der Ösophagojejunostomie angelegt werden. Nach Gastrektomie kann auch die Interposition einer langen isoperistaltischen Jejunalschlinge unter Erhalt der Duodenalpassage erfolgen, wobei beide Rekonstruktionsverfahren bei intraabdomineller Lage der ösophagoenteralen Anastomose durch eine Pouchbildung ergänzt werden können. Die bisher vorliegenden Studien weisen, zumindest in der frühen postoperativen Phase, einen möglichen funktionellen Vorteil nach Bildung eines Pouches auf (Meyer, 2006). Auch in der chirurgischen Therapie des Magenkarzinoms wurden in den letzten Jahren, vor allem auch in Japan, minimal invasive Operationstechniken eingesetzt. Bisher liegen aber nur die Ergebnisse einer prospektiv randomisierten Studie zur distalen Magenresektion mit D2-Lymphadenektomie vor. Unterschiede der 5-Jahres-Überlebensraten konnten nicht nachgewiesen werden; als mögliche Vorteile des laparoskopischen Vorgehens werden ein geringerer intraoperativer Blutverlust, frühzeitiger oraler Kostaufbau sowie kürzere Hospitalverweildauer angeführt (Huscher et al., 2005). Um diese Ergebnisse zu bestätigen, sind weitere Studien im randomisierten Vergleich zu fordern.
6. Komplikationsmanagement Das Auftreten postoperativer Komplikationen mit nachfolgendem letalen Ausgang nach Magenresektion oder (erweiterter) Gastrektomie konnte in den letzten Jahren, besonders in Zentren und „High volume“-Ins-
Unter den sog. allgemeinen postoperativen Störungen sind vor allem pulmonale oder kardiale Komplikationen anzuführen. Pulmonalen Störungen, z. B. Atelektase oder Pneumonie, kann vor allem durch direkt postoperativ oder frühzeitig durchgeführte Extubation, intensive Atemgymnastik bei möglicher Epiduralanästhesie und ggf. bronchoskopische Sekretabsaugung vorgebeugt werden. Ob zudem durch eine frühzeitige enterale Ernährung, v. a. durch Immunonutrition o. ä., die postoperative Komplikationsrate nach resezierenden Eingriffen am Magen entscheidend reduziert werden kann, lässt sich derzeit nicht eindeutig feststellen.
6.2. Spezifische Komplikationen Unter den eingriffsspezifischen Komplikationen kann zwischen intra- und extraluminären Störungen unterschieden werden. Bei ersteren handelt es sich in der überwiegenden Mehrzahl um Anastomoseninsuffizienzen, ferner um intraluminäre Blutungen, Durchblutungsstörungen des Magenersatzes oder um eine verzögerte Entleerung des Restmagens. Extraluminäre Komplikationen treten am häufigsten als Nachblutungen, subphrenische Hämatome oder Abszesse sowie Pankreatitis oder Pankreasfistel, vor allem nach Splenektomie mit oder ohne Pankreasschwanz-Resektion, auf. Eine relevante extraluminäre Nachblutung bedarf nach den generellen Regeln der Viszeralchirurgie der umgehenden operativen Revision und exakten Blutstillung. Abhängig von der klinischen Situation (Peritonitis, Sepsis) lassen sich extraluminäre Flüssigkeitsverhalte oder Abszesse in aller Regel interventionell mit sono- oder CT-gesteuerter Drainagenanlage beherrschen und können so zur Ausheilung gebracht werden (Jähne, 2004; Meyer, 2006). Anastomoseninsuffizienzen stellen unter den intraluminären Komplikationen die gravierendsten postoperativen Störungen dar und imponieren dabei durch unterschiedlichste Symptomenkomplexe, abhängig von ihrer Lokalisation, Zeitpunkt des Auftretens mit etwaig bereits ge-
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Abb. 14.6. Intraabdominelle Raumforderung bei Insuffizienz einer Ösophagojejunostomie. Zustand vor computergesteuerter Drainageeinlage
bildeter Kompartimentierung bzw. Art und Menge des austretenden Sekrets. Am häufigsten tritt die Insuffizienz der Ösophagojejunostomie in etwa 5 %, variierend zwischen 0,8 und 13 % – auch abhängig vom Einsatz zirkulärer Nahtgeräte – auf (Abb. 14.6), gefolgt von einer Insuffizienz des Duodenalstumpfes oder der enteroduodenalen Anastomosen mit etwa 2 %, sowie der seltenen Insuffizienzen im Bereich der Jejunojejunostomie, die unter 1 % gelegen sind. Unter den verschiedensten patientenunabhängigen oder -abhängigen Risikofaktoren für das Auftreten einer Nahtinsuffizienz kann von chirurgischer Seite einer solchen Komplikation speziell nur durch Sicherstellung einer ausreichenden Durchblutung und Mobilisation zur Anlage einer spannungsfreien Anastomose vorgebeugt werden. Unabhängig von der weiter bestehenden Diskussion um das zu bevorzugende diagnostische Vorgehen – radiologisch oder endoskopisch – zum Nachweis einer „Leckage“ im Bereich der Ösophagojejunostomie erscheint eine operative Revision mit Übernähung oder Neuanlage nur innerhalb der ersten 24 Stunden postoperativ indiziert und erfolgversprechend. Bei im späteren Verlauf nachgewiesenen Insuffizienzen sollte bei fehlenden septischen Krankheitszeichen ein differenziertes, meist interventionell konservatives Vorgehen mit Einlage von intra- und extraluminären Drainagen angestrebt werden; zudem können endoskopische Therapieverfahren mit Spülung oder Fistelklebung zum Einsatz kommen. Im Einzelfall kann auch die Indikation zur endoskopischen Einlage
von Stents diskutiert werden. Dabei ist allerdings zu berücksichtigen, dass ein solches Vorgehen technische Probleme bezüglich der stabilen Verankerung des Stents bzw. die mögliche Gefahr einer Stentperforation beinhalten kann. Bei Versagen dieser Verfahren, vor allem bei Vorliegen einer Sepsis, ist eine operative Re-Intervention, ggf. mehrfach durchgeführt, zur Fokussanierung notwendig. Bei transhiatal oder thorakal angelegten Anastomosen sind dabei u. U. auch eine Diskonnektionsoperation mit Anlage einer zervikalen Speichelfistel und das Einbringen eines Ernährungskatheters notwendig. Die Letalität dieser Komplikation kann somit abhängig von ihrem Schweregrad und den notwendigen Therapiemaßnahmen auch heute noch bis zu 50 % ausmachen (Siewert et al., 2004; Hünerbein et al., 2004). Die seltenen Duodenalstumpfinsuffizienzen werden im frühen postoperativen Verlauf in aller Regel operativ durch direkte Übernähung oder durch Anlage einer Duodenojejunostomie versorgt. Später aufgetretene Insuffizienzen lassen sich in den meisten Fällen auch durch interventionelle Maßnahmen mit interner und externer Drainage beherrschen. Das Auftreten einer Nahtinsuffizienz stellt weiterhin eine der schwerwiegendsten Komplikationen nach Gastrektomie dar. Durch eine konsequent eingeleitete Diagnostik bei der klinischen Verdachtsdiagnose und etwaiger multidisziplinärer Therapie kann die Ausbildung eines septischen Krankheitsbildes heute in den meisten Fällen vermieden werden.
7. Nachbehandlung Die Bedeutung einer adjuvanten Chemo- oder Radiotherapie wird in Europa, besonders auch in Deutschland, weiterhin sehr kontrovers beurteilt, obwohl der hohe Anteil an lokoregionären Rezidiven bzw. Fernmetastasen auch nach R0-Resektion, einschließlich einer systematischen Lymphadenektomie, eine effektive Nachbehandlung sinnvoll erscheinen lässt. Die bisher vorliegenden Studienergebnisse bzw. Metaanalysen zur adjuvanten Chemotherapie mit dem Ziel der Elimination okkult disseminierter Tumorzellen zeigen zwar einen möglichen Vorteil zugunsten der adjuvanten Therapie, besonders beim nodal positiven Karzinom, eine endgültige Beantwortung zum Stellenwert dieser Zusatztherapie ist aber z. T. aus verschiedensten Gründen nicht möglich. Dies begründet sich zum einen in den statistischen Mängeln bzw. der Inhomogenität der Patientenpopulationen und dem Ausmaß der Resektionsverfahren, zum anderen in der geringen
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Effektivität der eingesetzten Chemotherapieregimes im Vergleich zu neueren Substanzgruppen. Der Einsatz der Strahlentherapie zur Senkung der lokoregionären Rezidivrate konnte bei alleiniger Strahlentherapie selbige zwar vermindern, das Gesamtüberleben wurde dadurch aber nicht beeinflusst. Demgegenüber konnte in der Intergroup-Studie (Macdonald et al., 2001) ein signifikanter Überlebensgewinn nach adjuvanter Radio-Chemotherapie bei Senkung der lokalen oder regionären Rezidive erreicht werden. Auch wenn in den USA, teilweise auch in Frankreich, dieses Vorgehen als etabliertes Therapiekonzept angesehen wird, muss die nicht unerhebliche Toxizität einschließlich therapiebedingter Todesfälle berücksichtigt werden. Besonders kritisch ist aber das suboptimale chirurgische Vorgehen in dieser Studie zu beurteilen; lediglich in 10 % der Fälle erfolgte eine adäquate Lymphadenektomie im Sinne einer D2-Resektion. Insgesamt müssen also die Ergebnisse von laufenden und aktuell geplanten Studien, besonders bei Vorliegen eines Stadiums III, also bei stattgehabter Lymphknotenmetastasierung, ebenso abgewartet werden wie der Einsatz neuerer biologischer Modalitäten (Targeted therapies). Dies vor allem dann auch im Vergleich zu einer vorgeschalteten Chemo-/Radiochemotherapie bei lokal fortgeschrittenen Tumoren. Eine adjuvante Nachbehandlung kann derzeit lediglich individuell diskutiert, aber nicht generell empfohlen werden (Kollmannsberger et al., 2005).
8. Rehabilitation Die Rehabilitation bei entsprechender Bedürftigkeit und Fähigkeit in speziellen Kliniken beschränkt sich vornehmlich auf die intensive diätetische Beratung und die Behandlung der Postgastrektomiebeschwerden. Die Gastrektomie führt besonders bei Patienten mit manuellen Berufen oder Tätigkeiten in häufig wechselnder stehender oder gebückter Position zu Leistungseinschränkungen. Ein Umstand, der für das weitere Leben der Patienten Berücksichtigung (zum Beispiel durch berufliche Um- oder Neuorientierung) finden sollte (Hermanek et al., 1999).
9. Nachsorge Grundsätzlich konnte bislang bei symptomlosen Patienten durch eine strukturierte Nachsorge keine Verbesserung der Prognose nachgewiesen werden. Daher sollte diese vornehmlich symptomorientiert sein, außer
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es handelt sich um Patienten, die im Rahmen von Studien behandelt wurden. Wurden so genannte limitierte Verfahren, wie zum Beispiel die endoskopische Mukosaresektion, angewandt, sind aufgrund des potenziell erhöhten lokoregionären Rezidivrisikos Kontrollen mittels Endoskopie halbjährlich während 3 Jahren zu empfehlen. Eine Langzeit-Vitamin-B12-Supplementation ist obligat.
10. Weitere Therapiemodalitäten Kurative lokale Therapieverfahren haben beim Magenfrühkarzinom – besonders in Japan, mit einer Inzidenz von mehr als 50 % im Rahmen von ScreeningMethoden nachgewiesen – zunehmend an Bedeutung gewinnen können. In der westlichen Welt liegt dieser Anteil nur zwischen 5 und 24 %, wobei zudem zu berücksichtigen ist, dass in bis zu 10 % der Fälle mit syn- oder metachronen Zweittumoren zu rechnen ist. Zudem wird der Einsatz lokaler Therapieverfahren durch eine etwaige Lymphknotenmetastasierung limitiert: Beim Mukosakarzinom ist mit einem Risiko des Lymphknotenbefalls zwischen 0 und 4 % zu rechnen, welches bei Infiltration der Submukosa bereits bis auf 20 % ansteigt. Die etwaige Morbidität und Letalität nach konventioneller Resektion, besonders auch beim jüngeren Patienten, gilt es also gegenüber dem Lymphknotenmetastasierungsrisiko bei einem kurativ zu behandelnden Tumorstadium abzuwägen. Endoskopische bzw. kombinierte laparo- und endoskopische Verfahren sollten aufgrund der begrenzten Erfahrung in den westlichen Ländern nur in entsprechenden Zentren und in interdisziplinärer Abstimmung, möglichst unter Studienbedingungen, durchgeführt werden.
10.1. Endoskopische Verfahren Eine exakte prätherapeutische Diagnostik mit Einsatz der Chromoendoskopie und Endosonographie zur Darstellung der Tumorinfiltrationstiefe ist Grundvoraussetzung. Bei Vorliegen sog. Low-risk-Kriterien eines Mukosakarzinoms besteht die Indikation zur endoskopischen Mukosaresektion (EMR) bzw. endoskopischen Submukosadissektion. Erfüllt werden diese Kriterien bei einer Tumorgröße bis 20 mm, intestinalem Karzinomtyp, histologischem Differenzierungsgrad G1/2, makroskopischem Wachstumstyp I und II a bis c, also fehlender Ulzeration sowie keiner Invasion von Lymphgefäßen oder Venen. Das Risiko einer Lymphknotenmetastasierung liegt dabei unter 3 %.
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Bei Durchführung der endoskopischen Mukosaresektion sind verschiedene technische Variationen, auch als mehrzeitige Piece-meal-Resektion, möglich. Bei kurativem Ansatz sollten in aller Regel photodynamische oder thermische Verfahren der Ablation vermieden werden, da keine histopathologische Aufarbeitung des destruierten Gewebes erfolgen kann. Die Komplikationsrate der endoskopischen Mukosaresektion, meist als Perforation oder Blutung, beträgt 1,5 bis 3 %. In japanischen Studien wird dabei eine 5-Jahres-Überlebensrate von mehr als 90 % angegeben (Adler et al., 2005).
zeigt. Daher sollte eine palliative Chemotherapie diesen Patienten auch angeboten werden. Obwohl es derzeit kein Standard-Therapiekonzept gibt, erwiesen sich die Kombinationen von Docetaxel mit Cisplatin und 5-FU (DCF-Schema) oder von Epirubicin, Oxaliplatin und Cabecitabin (EOX-Schema) als am effektivsten. Derzeit laufen weitere Studien diesbezüglich, wobei auch zunehmend Augenmerk auf die gezielte Therapie (Antikörper sowohl gegen den epidermal growth factor receptor (EGFR) oder vascular endothelial growth factor (VEGF) als auch Tyrosin-Kinase-Inhibitoren) gerichtet wird.
10.2. Kombiniertes laparoskopisches und endoskopisches Vorgehen
12. Qualitäts- und Prognosekriterien
Die Indikationskriterien zu diesem insgesamt sehr selten durchgeführten Vorgehen entsprechen denen der endoskopischen Mukosaresektion und lassen sich als laparoskopisch assistierte endoskopische Resektion oder endoskopisch assistierte laparoskopische Magenwand- (Lesion-lifting-Methode) bzw. transgastrale Resektion durchführen. Durch diese kombinierten Verfahren können die den alleinigen endoskopischen Resektionen nur schwer zugänglichen Tumorpositionen besser exponiert werden. Zudem werden durch laparoskopische Tangential- oder transgastrale Resektionen lokale Therapieverfahren zur Tumorentfernung möglich. Durch die laparoskopische Unterstützung können auch mögliche Magenwandläsionen nach endoskopischer Resektion direkt übernäht und ggf. auch selektiv Lymphknoten als Sentinel-Lymphknoten-Biopsie entnommen werden (Feussner, 2004).
11. Palliativmaßnahmen Nach wie vor wird ca. die Hälfte der Patienten mit Magenkarzinom in einem Tumorstadium IV diagnostiziert. Dies unterstreicht den Wert palliativer Maßnahmen. Grundsätzlich gilt außerhalb von Studien eine Inoperabilität vor allem beim Vorliegen einer ausgedehnten peritonealen Beteiligung, Fernmetastasen und bei Tumorumscheidung großer abdomineller Gefäße. Die chirurgische Palliation – eine Resektion ist einer gastroenteralen Bypassoperation vorzuziehen – ist beim Vorliegen einer funktionell wirksamen Stenose und bei Blutungen indiziert. Zudem haben letzte Studien, die eine Chemotherapie mit „Best supportive care“ (BSC) mit BSC alleine verglichen haben, einen Überlebensvorteil für Patienten mit Chemotherapie ge-
Wie bei allen Malignomen des Gastrointestinaltrakts stellen die 30-Tage-Krankenhausletalität (< 5 %), das tumorfreie und das Gesamtüberleben die wichtigsten Ergebnisgrößen dar. Der Vorteil dieser Messgrößen besteht in ihrer objektiven Bestimmbarkeit, der Nachteil darin, dass die Überlebensdaten erst nach 3 respektive 5 Jahren zur Verfügung stehen. Daher ist man auf Surrogatmarker in Bezug auf die chirurgische Qualität angewiesen. Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass bei einer D2-Lymphadenektomie und adäquater pathologischer Aufarbeitung das Resektionspräparat mindestens 25 Lymphknoten zur Beurteilung hergibt. Daher könnte in den allermeisten Fällen, außer bei Patienten mit einer Vorbehandlung des Magenkarzinoms, diese Lymphknotenanzahl als Marker für die Qualität der Lymphadenektomie Verwendung finden. In vielen Zentren wird diese sogar zur Entscheidungsfindung hinsichtlich einer adjuvanten Therapie benützt. Zudem haben Untersuchungen gezeigt, dass der Effekt des „Hospital volumes“ bei Magenoperationen zwar nicht so ausgeprägt ist wie bei der Ösophagusresektion (Birkmeyer, 2002), trotzdem dienen diese Erkenntnisse in allen Fachgesellschaften als Grundlage für die Diskussion um Mindestmengen (Meyer, 2005). Die zunehmend interdisziplinäre Behandlung des Magenkarzinoms, bei der regelmäßige, institutionalisierte Besprechungen (Tumorboards) einzufordern sind, fördert zudem die Zentrumsbildung.
13. Ausblick Auch bei generell abnehmender Inzidenz des Magenkarzinoms mit relativer Zunahme der Tumoren des ösophago-gastralen Übergangs steht in der klinischen Forschung bei zunehmend angestrebter Individualisie-
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rung der Therapiemaßnahmen eine mögliche Prognoseverbesserung im Vordergrund. Zur Durchführung eines individuellen, stadienadaptierten Vorgehens ist eine exakte präoperative Erhebung des Tumorstadiums mit Endosonographie und laparoskopischer Exploration unerlässlich. Auch in der westlichen Welt, dann vor allem unter prospektiven Studienbedingungen, können durch die endoskopische Mukosaresektion unter Beachtung der entsprechenden Indikationskriterien gute bis exzellente Ergebnisse erzielt werden. Die systematische D2-Lymphadenektomie stellt vorerst weiter den Standard dar, da in gewissen Subpopulationen mit geringer Lymphknotenmetastasierung ohne gesteigerte Morbidität und Letalität Verbesserungen der Überlebensraten zu erreichen sind. Eine Selektionierung der Lymphknotendissektion kann nach Vorliegen weiterer Ergebnisse des Sentinel-Node-Mappings in den nächsten Jahren erwartet werden, um dann gezielt eine Reduktion der Lymphknotenausräumung, vor allem in niedrigen Tumorstadien, rechtfertigen zu können. Die präoperative Chemotherapie bei fraglich komplett resezierbaren Tumoren kann zweifelsohne zu einer Remission im Sinne eines Down staging führen. Von einem solchen Vorgehen profitieren dann vor allem die sog. Responder. Gerade diese Subpopulationen müssen zukünftig durch weitere Parameter, auch molekulare Marker, bereits aus endoskopischen Biopsien definiert werden, um somit eine Prädiktion des Ansprechens ermöglichen zu können. Gleichzeitig müssen Methoden zur Evaluierung der Response auf verschiedene Chemotherapieregimes verfeinert bzw. entwickelt werden. Die Positronenemissionstomographie hat beim Magenkarzinom bisher keine überzeugenden Ergebnisse liefern können. Sowohl bei präoperativen wie auch adjuvanten Behandlungsansätzen müssen neue Substanzen, wie monoklonale Antikörper oder Tyrosin-Kinase-Inhibitoren, hinsichtlich ihrer Effektivität überprüft werden, wobei dann vor allem bei adjuvantem Ansatz die individuellen Risikogruppen exakter definiert werden müssen.
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Kapitel 15
Primäre Malignome der Leber H. Lang und H. J. Mischinger
1. Einleitung Die beiden häufigsten primären malignen Lebertumoren sind das von den Leberparenchymzellen ausgehende hepatozelluläre Karzinom (HCC) sowie das vom Gallengangsepithel abgeleitete intrahepatische Gallengangskarzinom (cholangiozelluläres Karzinom, CCC). Das HCC ist weltweit der fünfthäufigste Tumor, jährlich werden bis zu 1 Million Erkrankungsfälle neu diagnostiziert. Die Inzidenz des HCC ist in den westlichen Ländern aufgrund der Zunahme der Hepatitis-C-VirusInfektion deutlich steigend. In ca. 80–90 % liegt dem HCC eine Leberzirrhose zugrunde. Neben der Hepatitis-B- und -C-Infektion ist die äthyltoxische Leberzirrhose der wichtigste Risikofaktor für die Entwicklung eines HCC. Das fibrolamelläre Karzinom (FLC) ist eine seltene Sonderform des HCC. Es findet sich nahezu ausnahmslos in nicht-zirrhotischen Lebern. CCC umfassen definitionsgemäß Adenokarzinome der intrahepatischen Gallenwege und müssen von den Karzinomen der extrahepatischen Gallengänge einschließlich der Hepatikusgabel (Klatskin-Tumore) unterschieden werden. CCC sind mit einer Inzidenz zwischen 0,6 (Frauen) und 0,8 (Männer) pro 100 000 Einwohner weitaus seltener als HCC. Unter den malignen Lebertumoren entfallen weniger als 10 % auf diesen Tumortyp. Die Assoziation eines CCC mit einer Leberzirrhose ist selten. Wie beim HCC ist in den westlichen Ländern auch eine zunehmende Inzidenz des CCC zu verzeichnen. Gemischtzellige CCC/HCC sind eine Rarität. Zu den seltenen primären Malignomen der Leber zählen zudem das bei Kindern auftretende Hepatoblastom sowie biliäre Zystadenokarzinome und Sarkome, in erster Linie Hämangiosarkome.
2. Diagnostik Die Diagnostik bei Verdacht auf ein primäres Leberkarzinom umfasst neben der Diagnosesicherung (Pri-
märdiagnostik) und dem Tumorstaging auch eine Risikoevaluation hinsichtlich der zugrunde liegenden Lebererkrankung sowie die Beurteilung der Resektabilität unter technischen, funktionellen und onkologischen Aspekten.
2.1. Primärdiagnostik HCC und CCC führen in der Regel zu keinen spezifischen Symptomen. Während HCC auf dem Boden einer Leberzirrhose im Rahmen von Screening- bzw. Verlaufsuntersuchungen häufig früh diagnostiziert werden, bleiben HCC in nicht-zirrhotischer Leber ebenso wie CCC meist lange asymptomatisch. Zum Zeitpunkt der Diagnosestellung weisen sie oftmals eine erhebliche Größe auf. Bei Vorliegen einer Leberzirrhose stellen Regeneratknoten die wichtigste Differentialdiagnose des HCC dar. Demgegenüber müssen bei jedem neu aufgetretenen Tumor in nicht-zirrhotischer Leber neben einem HCC oder CCC und den seltenen primären Lebermalignomen auch benigne Lebertumore sowie die zahlenmäßig wichtige Gruppe der Lebermetastasen in die differentialdiagnostischen Überlegungen einbezogen werden. Daher kommt der Anamnese entscheidende Bedeutung bei der Primärdiagnostik zu (Tumorerkrankung in der Vorgeschichte, Vorliegen eines extrahepatischen Primärtumors, Leberzirrhose, Hepatitisserologie etc.). Für das HCC ist das A-Fetoprotein (AFP) der wichtigste Tumormarker. Er wird von der Mehrzahl der HCC gebildet. Eine Erhöhung des AFP kann allerdings auch bei Hodentumoren und bei hoher Nekroseaktivität einer Hepatitis vorliegen. Eine deutliche Erhöhung des AFP (> 400 ng/ml) ist bei Ausschluss eines Hodentumors nahezu beweisend für ein HCC. Eine Tumorbiopsie ist dann nicht erforderlich und sollte wegen des, wenngleich geringen, Risikos der Tumorzelldissemination unterbleiben. Bei einem CCC liegt das AFP in der Regel im Normbereich. In mehr als 50 % findet sich eine Erhöhung des
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H. Lang und H. J. Mischinger Tabelle 15.1. TNM-Klassifikation primärer epithelialer Lebertumore (nach AJCC/UICC 2002) T1
Solitärer Tumor ohne Gefäßinvasion
T2
Solitärer Tumor mit Gefäßinvasion oder Multiple Tumore < 5 cm
T3
Multiple Tumore > 5 cm oder Tumor mit Infiltration eines Pfortaderhauptastes oder einer großen Lebervene
T4
Tumor mit Infiltration von Nachbarorganen außer Gallenblase oder Tumor mit Perforation des viszeralen Peritoneums
N1
Regionäre Lymphknotenmetastasen
M1
Fernmetastasen
Tabelle 15.2. Stadiengruppierung primärer epithelialer Lebertumore (nach AJCC/UICC 2002)
Stadium
Primärtumor
Regionale Lymphknoten
Fernmetastasen
I
T1
N0
M0
II
T2
N0
M0
IIIA
T3
N0
M0
IIIB
T4
N0
M0
IIIC
jedes T
N1*
M0
IV
jedes T
jedes N
M1
* Die regionären Lymphknoten sind die Lymphknoten des Leberhilus, die hepatischen (entlang der A. hepatica propria), die periportalen (entlang der Vena portae) und diejenigen entlang der abdominalen V. cava inferior oberhalb der Vv. renales (ausgenommen die Lymphknoten unterhalb des Zwerchfells).
karzinoembryonalen Antigens (CEA) und des CA 19-9. Dies hilft bei der Differentialdiagnose zwischen HCC und CCC. Eine Erhöhung dieser Tumormarker kann jedoch auch bei Lebermetastasen anderer Adenokarzinome und auch bei benignen cholestatischen Lebererkrankungen auftreten. Da CCC histologisch nicht sicher von Adenokarzinommetastasen unterschieden werden können, ist zur Diagnosesicherung eines CCC neben dem Nachweis eines intrahepatischen Adenokarzinoms auch eine
umfassende Diagnostik zum Ausschluss eines extrahepatischen Primärtumors erforderlich. Diese umfasst Schnittbildverfahren des Abdomens und des Thorax (CT oder MRT), eine Ösophago-Gastro-Duodenoskopie und Koloskopie sowie gegebenenfalls auch eine gynäkologische Untersuchung.
2.2. Staging Die sorgfältige Anamneseerhebung und körperliche Untersuchung hat für die Risikoeinschätzung und Beurteilung der generellen Operationsfähigkeit richtungsweisende Bedeutung. Obligate bildgebende Verfahren sind neben der Abdomensonographie auch eine Computertomographie des Abdomens (alternativ Kernspintomographie) und bei begründetem Verdacht auf eine Metastasierung auch des Thorax. Wichtige Informationen sind dabei die Größe, Anzahl und exakte Lokalisation des/der Lebertumore, die Detektion extrahepatischer Tumormanifestationen oder einer Invasion in Nachbarstrukturen sowie Angaben über eventuelle Parenchymveränderungen (Zirrhose, Fibrose, Steatose) und die individuelle Anatomie der Leber. Neben den genannten Untersuchungen können, abhängig von der Tumorentität, bei bestimmten Befundkonstellationen weitere fakultative Untersuchungen indiziert sein. So sollte bei Patienten mit HCC und neu aufgetretenen Knochenschmerzen mittels Knochenszintigraphie eine ossäre Metastasierung abgeklärt werden. Der Nutzen der Laparoskopie einschließlich der laparoskopischen Sonographie zum Erkennen von zusätzlichen, meist oberflächlichen Lebertumoren oder einer Peritonealkarzinose ist für das CCC gut belegt (D’Angelica et al., 2003). Die Rate an explorativen Laparotomien kann hierdurch um bis 25 % gesenkt werden. Obwohl therapierelevante Zusatzbefunde beim HCC seltener sind, ist eine Staging-Laparoskopie auch bei diesem Tumor aufgrund ihrer geringen Morbidität sinnvoll. Möglicherweise können zukünftig PET und PET-CT als Ganzkörperuntersuchung das Staging auf Fernmetastasen verbessern. Aus der Zusammenfassung der Staging-Untersuchungen ergibt sich das Tumorstadium anhand der aktuellen TNM-Klassifikation (Tabellen 15.1 und 15.2).
2.3. Risikoevaluation/Beurteilung der Leberfunktion Da das Leberversagen die häufigste und wichtigste Ursache für die perioperative Mortalität nach Leberresektion darstellt, bezieht sich die Risikoevaluation vor
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Abb. 15.1. Segmentierung und dreidimensionale Darstellung der individuellen Gefäßterritorien, basierend auf einer Analyse von Multi-Slice-Dünnschicht-Computertomographien a/a’, b/b’) Analyse von zwei verschiedenen Pfortaderstromgebieten (a, b) sowie Visualisation der entsprechenden Gefäßterritorien (a’, b’). Die Größenausdehnung der jeweiligen Segmente auf der Leberoberfläche variiert bei den beiden dargestellten Lebern erheblich. Die Hauptpfortaderäste sind in Anlehnung an die Couinaudsche Klassifikation nummeriert. Couinaud: P I (magenta), P II (rot), P III (gelb), P IVa (hellblau), P IVb (hellgrün), P V (rosa), P VI (blau), Seg VII (grün), P VIII (oliv). Beispielhaft ist das anteilige Volumen des Segmentes V (rosa) und VI (blau) für die beiden Lebern angegeben. c/c’, d/d’) Analyse zweier lebervenöser Systeme (c, d) sowie Darstellung der entsprechenden venösen Territorien (c’, d’); linke Lebervene (rot), mittlere Lebervene (oliv), rechte Lebervene (grün) sowie eine intermediäre Vene (hellblau) in d und d’. Beispielhaft ist in beiden Lebern das anteilige Gefäßterritorium für die mittlere Lebervene angegeben.
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einer Leberresektion in erster Linie auf die Beurteilung der Leberfunktion. Ganz entscheidend ist, ob normales oder vorgeschädigtes Lebergewebe, insbesondere eine Leberzirrhose, vorliegt (Bruix et al., 2005). Das Risiko für eine postoperative Leberinsuffizienz ist von vielen Faktoren abhängig und daher im Einzelfall nur schwer vorhersehbar. Wichtige Faktoren sind das Ausmaß der Leberresektion, die Größe und Qualität des verbleibenden Lebergewebes (Verfettungsgrad der Leber, Fibrose, Zirrhose), das Vorliegen einer Cholestase (ggf. eitrigen Cholangitis), das Ausmaß des operativen Traumas (Blutverlust, Größe der Resektionsfläche, Dauer der Hilusokklusion, Operationserweiterungen wie Gefäß- oder Gallengangsresektionen bzw. -rekonstruktionen etc.) oder aber auch postoperative Komplikationen (z. B. Galleleckagen) sowie Infektionen (Pneumonie etc.). Für eine nicht vorgeschädigte Leber (normales Parenchym, normale Synthese- und Exkretionsfunktion) sind etwa 25–30 % des funktionellen Lebervolumens (entsprechend etwa 0,5 % des Körpergewichtes) als Anhaltspunkt für die Größe des mindestens zu belassenden Lebergewebes anzusehen. Dies setzt eine einwandfreie arterielle und portalvenöse Blutversorgung sowie eine ungehinderte lebervenöse und biliäre Drainage des Restparenchyms voraus (Blumgart et al., 2006). Zum Abschätzen der funktionellen Kapazität kann das postoperativ verbleibende Lebervolumen präoperativ mittels 2-dimensionaler Computer- (2D-CT) oder auch Magnetresonanztomographie (2D-MRT) berechnet werden. Eine genaue Aussage allerdings, inwieweit dieses Gewebe auch eine intakte Vaskularisation besitzt, ist mit den genannten Methoden nicht möglich. Insbesondere dann, wenn bei der Resektion zum Einhalten eines Sicherheitsabstandes auch große, zentral gelegene Lebergefäße durchtrennt werden müssen, kann das Risiko für minderdurchblutete oder schlecht drainierte Gewebebezirke im Einzelfall sehr groß sein. Mit Hilfe neuer Software-Systeme ist es möglich, sämtliche intrahepatischen vaskulären und kanalikulären Strukturen dreidimensional zu rekonstruieren sowie das ihnen zugehörige Territorium zu visualisieren und zu quantifizieren (Abb. 15.1 und 15.2). Dies erlaubt es, virtuell Leberoperationen unter Berücksichtigung der patientenindividuellen Leberanatomie durchzuführen und den Anteil des dabei potenziell devaskularisierten Lebergewebes zu berechnen (Lang, 2005b). Weitere Verfahren zur Abschätzung der postresektionellen Leberfunktionskapazität stellen die ICG-Clearance, der MEGX-Test oder die Galaktose-Eliminationskapazität dar. Obwohl für sämtliche Verfahren eine Korrelation mit der Leberfunktion besteht, hat sich bisher keiner dieser Tests als Standardverfahren vor
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Abb. 15.2. a–d: 3D-Darstellung einer Leber (arterielles und portalvenöses System in a und c, Lebervenen in b und d) mit drei kolorektalen Lebermetastasen. OP-Planung einer erweiterten Hemihepatektomie rechts.
Leberresektion durchsetzen können. Die Bestimmung von Routinelaborparametern (Gerinnung, Bilirubin, Albumin, Cholinesterase) gibt eine grobe Orientierung über die Synthese- und Exkretionsfunktion der Leber. Für die Beurteilung der Leberfunktionsreserve nach ausgedehnten Leberteilresektionen besitzen sie jedoch nur geringe Bedeutung. Die Beurteilung der Funktionsreserve einer Zirrhoseleber ist schwierig. Hierbei ist neben dem körperlichen Allgemeinzustand und dem Child-Pugh-Score die Schwere der portalen Hypertension entscheidend. Ein normwertiges Bilirubin und ein Lebervenendruckgradient < 10 mmHg stellen gute Prädiktoren für eine ausreichende Leberfunktionsreserve dar. Allerdings sind selbst unter günstigen Voraussetzungen meist nur limitierte Resektionen möglich, wie Keilexzisionen bzw. Mono- oder Bisegmentektomien, im Einzelfall bei Zirrhosen im Child-Stadium A und ohne portale Hypertension ggf. auch eine Hemihepatektomie. Bei einer Child-C-Zirrhose ist eine Leberresektion nicht mehr indiziert, zumal hier meistens die Zirrhose und weniger das HCC für die Prognose des Patienten verantwortlich ist (Bruix et al., 2005).
2.4. Beurteilung der technischen Resektabilität/ Indikationsstellung 2.4.1. HCC ohne Zirrhose, CCC Bei der Indikationsstellung und Planung einer Leberresektion muss die Resektabilität sowohl unter funk-
tionellen als auch unter operationstechnischen und onkologischen Aspekten beurteilt werden. Für HCC in nicht-zirrhotischer Leber stellt ebenso wie für das CCC die Leberresektion die Therapie der Wahl dar. Einigkeit herrscht, dass im Stadium IV (metastasiertes HCC oder CCC) eine Resektion nicht mehr indiziert ist. Darüber hinaus ist eine alleinige Orientierung an den präoperativ abgeleiteten UICC-Stadien allerdings nur eingeschränkt hilfreich. So kann das UICC-Stadium II (multifokales HCC, Tumore jeweils < 5 cm) einerseits HCC enthalten, deren Resektion unter funktionellen und technischen Aspekten unmöglich (bei bilateralem multilokulären Befall) und zudem prognostisch unsinnig ist, andererseits aber auch HCC umfassen, die sehr einfach, ohne wesentliches Risiko sowie auch mit guter Prognose entfernt werden können (z. B. zwei HCC < 5 cm in einem Segment, keine Gefäßinfiltration). Auch das UICC-Stadium III ist sehr heterogen. Die Indikation zur Leberresektion muss daher immer individuell und abhängig von der Größe, der Anzahl sowie insbesondere auch der Lokalisation und dem Verteilungsmuster der Tumore getroffen werden. Eine Stratifizierung anhand der UICC-Klassifikation ist nicht weiterführend. Die Resektion eines HCC oder CCC sollte immer dann in Erwägung gezogen werden, wenn mindestens zwei Lebersegmente mit einer ausreichenden Größe (s. Abschnitt 2.3) und adäquater vaskulärer und biliärer Versorgung/Drainage belassen werden können. Auch ein kontinuierliches Tumorwachstum in das Zwerchfell stellt ebenso wenig eine Kontraindikation dar wie in individuellen Fällen die Infiltration von ein oder gar mehreren Gefäßen (Blumgart et al., 2006). Die Indikation zur Lebertransplantation wird wegen hoher Rezidiv- und schlechter Überlebensraten gegenwärtig weder für das HCC in nicht-zirrhotischer Leber noch für das CCC gesehen.
2.4.2. HCC in Zirrhose Unter onkologischen und funktionellen Gesichtspunkten stellt die Lebertransplantation die beste Therapieform des HCC in Zirrhose dar, da neben dem malignen Tumor und eventuellen Zweit-/Satellitentumoren auch die zugrunde liegende und oftmals die Prognose bestimmende Leberzirrhose therapiert wird. Unstrittig ist derzeit die Indikation zur Lebertransplantation beim funktionell nicht oder nur fraglich resektablen solitären HCC < 5 cm oder bei maximal drei HCC bis jeweils 3 cm (sog. Milano-Kriterien) (Mazzaferro et al., 1996). Bei strenger Anwendung dieser Kriterien finden
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sich in der Literatur 5-Jahres-Überlebensraten bis zu 75 % (Malagó, 2005). Der größte Nachteil der Lebertransplantation gegenüber der Leberresektion besteht in der lebenslang notwendigen Immunsuppression. Eine Limitierung erfährt die Lebertransplantation beim HCC durch den Mangel an Spenderorganen mit momentanen Wartezeiten von über einem Jahr im Eurotransplant-Bereich. Durch Tumorprogress während der Wartezeit verschlechtern sich oftmals die Voraussetzungen für eine Transplantation ganz erheblich. Bei ca. 15–25 % der Patienten (Drop-out-Rate) ist dann sogar eine Transplantation nicht mehr möglich. Obwohl in den meisten retrospektiven Studien bessere Ergebnisse nach Lebertransplantation erzielt werden, stellt die Leberresektion bei Patienten mit noch guter Leberfunktion (Child A, ggf. auch Child B) und geringer portaler Hypertension eine akzeptierte Therapie dar. Prospektive, kontrollierte Studien, die die Leberresektion mit der Lebertransplantation als Therapieoption des HCC in Leberzirrhose vergleichen, liegen bislang nicht vor. Die Literatur-Ergebnisse der Leberresektion für das HCC in Zirrhose sind nur schwer miteinander vergleichbar. Hinzu kommt sicherlich eine geographisch unterschiedliche Tumorbiologie. So finden sich im asiatischen Bereich nach Leberresektionen bei HCC in Zirrhose oftmals 5-JÜR > 50 %. In westlichen Ländern liegen selbst die 3-JÜR selten über 50 %, nach 5 Jahren betragen sie meist nur 20–40 % (Poon et al., 2006). Der größte Nachteil der Resektion gegenüber der Transplantation liegt in dem nach Leberteilentfernung nach wie vor bestehenden Entartungsrisiko der Zirrhoseleber. Auch nach potenziell kurativer Resektion eines HCC tritt in 50–80 % erneut ein Karzinom in der Leber auf (Portolani et al., 2006). Ganz generell gilt, dass die Resektion eines HCC in Leberzirrhose nur dann indiziert ist, wenn das HCC und nicht die Leberzirrhose prognosebestimmend erscheint. Aufgrund der guten Ergebnisse bei zudem deutlich niedrigeren Komplikationsraten nach ablativen Behandlungsverfahren, wie etwa interstitieller Lasertherapie (LITT), radiofrequenzinduzierter Thermoablation (RFA), perkutaner Ethanolinjektion (PEI) oder transarterieller Chemoembolisation (TACE), muss die Leberresektion zunehmend auch in Konkurrenz zu diesen Therapieformen gesehen werden.
3. Vorbehandlung 3.1. Neoadjuvante Therapie Etablierte neoadjuvante Therapiekonzepte mit dem Ziel, die R0-Resektionsrate zu steigern und die Über-
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lebensraten zu verbessern, liegen bisher weder für das HCC noch das CCC vor. Die Erwartungen, bei Patienten mit HCC auf dem Boden einer Leberzirrhose durch eine Vorbehandlung mittels transarterieller Chemoembolisation (TACE) die Überlebensraten nach Resektion zu steigern, erfüllten sich bisher nicht. In prospektiven Untersuchungen fanden sich teilweise sogar schlechtere Überlebensraten, bedingt durch eine höhere Rate an postoperativem Leberversagen und extrahepatischen Tumorrezidiven. Möglicherweise kann bei noch nicht fortgeschrittenem Parenchymumbau durch eine kombinierte, sequentielle arterielle und portalvenöse Embolisation ein synergistischer Effekt mit verbesserten Ansprechraten erreicht werden (Ogata et al., 2006). Größere Studien hierzu stehen jedoch noch aus. Im Gegensatz zur Leberresektion kommt der Vorbehandlung des HCC aufgrund der oftmals langen Wartezeit vor einer Lebertransplantation eine besondere Bedeutung zu. TACE und Radiofrequenz-Therapie sind die gängigsten, so genannten „Bridging-Verfahren“. Die größte Erfahrung liegt für die TACE vor. Allerdings konnte in prospektiven Untersuchungen bisher kein Überlebensvorteil durch diese Therapie nachgewiesen werden. In einer französischen Multicenterstudie lag das 5-Jahres-Überleben nach Lebertransplantation ohne bzw. nach einmaliger TACE jeweils bei 59 %, unabhängig vom Grad der Tumornekrose (Decaens et al., 2005). Möglicherweise stellt jedoch weniger die nach einmaliger Applikation erzielte Tumornekrose als vielmehr die über einen längeren Zeitraum mittels TACE erreichte Tumorkontrolle ein signifikantes Selektionskriterium vor Lebertransplantation dar (sog. „test of time“). Darauf deuten zumindest Ergebnisse von Otto et al. (2006) mit einer 5-JÜR von 80 % nach Lebertransplantation nach im median 5 × TACE über einen Zeitraum von knapp 7 Monaten hin.
3.2. Pfortaderembolisation oder -ligatur Zeigt die Planung vor einer erweiterten Leberresektion ein nur geringes funktionelles Restlebervolumen, so kann durch eine präoperative Pfortaderembolisation (perkutan oder über eine ileokolische Vene nach Minilaparotomie) der zu resezierenden Leberhälfte eine Parenchymhypertrophie auf der kontralateralen Seite induziert werden. Der zu erwartende Parenchymzuwachs beträgt etwa 20–40 %. Die Leberresektion sollte etwa 3–4 Wochen nach der Pfortaderembolisation erfolgen. Eine ebenfalls mögliche operative Ligatur der Pfortaderäste führt im Vergleich zur Embolisation unter Umständen zu einem geringeren Parenchymzu-
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wachs, da hierbei nur der portalvenöse Blutzustrom im Hilus unterbunden, aber nicht das gesamte intrahepatische Pfortaderstromgebiet im zu resezierenden Lappen verlegt wird. Über intrahepatische Kollateralen kann es zu einer Restdurchblutung dieser Leberabschnitte kommen. Nachteilig bei der operativen Pfortaderligatur ist die hierdurch hervorgerufene Narbenbildung im Leberhilus, welche zu operationstechnischen Schwierigkeiten bei der nachfolgenden Leberresektion führen kann. Die Möglichkeit einer Hypertrophieinduktion durch Pfortaderembolisation ist bei der zirrhotischen Leber kaum gegeben (Hemming et al., 2003). Durch Pfortaderembolisation/-ligatur kann das Risiko für ein postoperatives Leberversagen deutlich verringert werden. Unklar ist bislang aber noch, inwieweit der Proliferationsstimulus nach Pfortaderembolisation/ -ligatur auch das Wachstum der vorwiegend arteriell vaskularisierten hepatozellulären Karzinome steigert.
4. Präoperative Vorbereitung Eine spezifische Vorbereitung vor einer Leberresektion ist nicht notwendig. Da ausgedehnte Leberresektionen belastende Eingriffe darstellen, sollte insbesondere bei älteren Patienten neben den üblichen Operationsvorbereitungen (EKG, Röntgen-Thorax, Lungenfunktionsuntersuchung) auch eine kardiologische Abklärung erfolgen. Eine Optimierung der Lungenfunktion bei vorbestehenden pulmonalen Einschränkungen ist wichtig. Die Einlage einer präoperativen Gallengangsdrainage im Fall eines tumorbedingten Verschlussíkterus wird kontrovers diskutiert. Da die Regenerationsfähigkeit der cholestatischen Leber eingeschränkt ist, wird vor ausgedehnten Leberresektionen eine endoluminale/ perkutane Drainage zumindest des zukünftigen Restlebergewebes empfohlen. Allerdings führt jede Intervention mit Kontrastmittelapplikation am Gallenwegssystem zu einer Baktericholie mit dem Risiko einer Cholangitis und konsekutiv auch einer erhöhten perioperativen Infektionsgefahr. Daher ist die Indikation zur präoperativen Drainage bislang nur bei eitriger Cholangitis oder schwerer Cholestase mit Leberfunktionsstörung generell akzeptiert.
5. Operative Strategie Das Ziel der operativen Therapie von hepato- und cholangiozellulären Karzinomen ist die makro- und mikroskopisch komplette Tumorresektion (R0-Resekti-
on). Über die Größe des dabei zu erzielenden tumorfreien Sicherheitsabstandes liegen keine gesicherten Daten vor. Im Gegensatz zur operativen Behandlung der meisten gastrointestinalen Karzinome ist auch die Bedeutung der Lymphadenektomie im Rahmen einer Leberresektion bislang für keines der beiden Karzinome abschließend geklärt. Die Inzidenz von Lymphknotenmetastasen im Leberhilus wird für das HCC in nicht-zirrhotischer Leber mit etwa 5 % bis maximal 10 % beziffert, beim CCC ist in etwa einem Viertel der Fälle mit lokalen Lymphknotenmetastasen zu rechnen. Der Nutzen einer systematischen Lymphadenektomie entlang des Ligamentum hepatoduodenale ist nicht bewiesen. Dennoch sprechen ihre geringe Morbidität und die zumindest theoretische Chance auf komplette Tumorentfernung auch in der N1-Situation für eine Lymphknotendissektion. Anders ist die Situation beim HCC in Leberzirrhose. Dieses weist zum Zeitpunkt der Resektion nur sehr selten eine lymphatische Metastasierung (< 5 %) auf, möglicherweise bedingt durch den bei Leberzirrhose blockierten Lymphabfluss im Leberhilus. Wegen des zudem deutlich erhöhten Komplikationsrisikos bei portaler Hypertension und Leberzirrhose wird in den meisten Zentren auf eine Lymphadenektomie im Leberhilus verzichtet. Für Eingriffe an der Leber ist ein rechtsseitiger (ggf. über die Medianlinie hinausgehender) Rippenbogenrandschnitt mit Verlängerung median zum Xyphoid geeignet. Eine Erweiterung in den Thorax über eine interkostale Inzision ist nahezu nie erforderlich. Die intraoperative Sonographie (IOUS) gehört zum Standard bei jeder Leberresektion. Neben möglichen zusätzlichen Tumorbefunden erlaubt die intraoperative Sonographie auch eine zuverlässige Beurteilung der intrahepatischen Gefäßverläufe. Es ist umstritten, ob aus onkologischen Gesichtspunkten die Resektion eines HCC oder CCC mittels anatomischer Teilentfernung – unter der Vorstellung, dass primäre Lebertumore anatomische Grenzen respektieren und somit intrasegmentale Satellitentumore mit entfernt werden – Vorteile gegenüber atypischen Resektionsverfahren besitzt (Bismuth, 1982; Blumgart et al., 2006). Die meisten Arbeiten deuten darauf hin, dass beide Verfahren unter onkologischen Aspekten gleichwertig sind. Ein Vorteil der nicht-anatomischen Resektionen ist der geringere Parenchymverlust. Dennoch bevorzugen die meisten Zentren anatomische Resektionsverfahren, da diese den funktionellen segmentalen Aufbau der Leber respektieren und somit sowohl die arterielle und portalvenöse Versorgung als auch der lebervenöse Abstrom des verbleibenden Le-
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Abb. 15.3. a) Demarkierung des linken Leberlappens durch selektives Abklemmen der linken Arteria hepatica und der linken Pfortader. b) Operationssitus nach Hemihepatektomie links inklusive Resektion des Lobus caudatus. Die suprahepatische Vena cava ist angezügelt
berparenchyms erhalten bleiben. Eine Devitalisierung von Lebergewebe wird weitgehend vermieden, was sich günstig auf die Restleberfunktion und das Risiko für infektiöse Komplikationen auswirkt. Atypische, nicht-anatomische Resektionen sollten möglichst nur dann vorgenommen werden, wenn hierdurch das Resektionsausmaß und die Gewebetraumatisierung deutlich reduziert werden (z. B. bei peripher gelegenen HCC in Zirrhose). Der intraoperative Blutverlust und die Notwendigkeit zur Bluttransfusion stellen entscheidende Kriterien einer Leberresektion dar. Es ist wahrscheinlich, wenngleich nicht abschließend geklärt, dass aufgrund der durch Fremdbluttransfusionen bedingten Immunmodulation das Risiko für Tumorrezidive steigt. Unbestritten ist der Einfluss eines hohen Blutverlustes auf das Risiko eines postoperativen Leberversagens. Blutsparendes und gewebeschonendes Operieren besitzt daher höchste Priorität bei der Resektion von Lebertumoren. Bei anatomischen Rechts- oder Linkshemihepatektomien ist es für eine exakte anatomische Dissektion und zur Reduktion des Blutverlustes günstig, vor der eigentlichen Parenchymdurchtrennung die entsprechenden Hilusgefäße und Lebervenen zu versorgen (Abb. 15.3). Die Abklemmung des Leberhilus (PringleManöver) kann ganz wesentlich zur Reduktion des Blutverlustes beitragen. Sie wird bis zu 30–60 min ohne schwere Folgen für die Leberfunktion toleriert und kann intermittierend eingesetzt werden, falls eine längere Gesamtokklusionszeit erforderlich ist. Mittels ischämischer Präkonditionierung (10-minütige arterielle und portalvenöse Okklusion, gefolgt von einer 10-minütigen Reperfusion) vor der eigentlichen Hilusokklusion kann die Ischämietoleranz der Leber ver-
mutlich gesteigert werden. Durch eine totale vaskuläre Okklusion (TVO) der Leber werden auch venöse Blutungen während der Parenchymphase vermieden. Im Vergleich zum alleinigen Pringle-Manöver sind bei der TVO der ischämische Schaden für die Leber (fehlender lebervenöser Rückstrom) und die hämodynamische Belastung des Patienten deutlich größer, daher ist eine enge Absprache mit der Anästhesie erforderlich. Bei erweiterten Rechts- oder Linksresektionen kann nach komplettem Ablösen der V. cava eine TVO auch durch Hilusokklusion und Abklemmen der einzig noch verbliebenen Lebervene erfolgen. Der Blutfluss in der V. cava wird hierbei nicht beeinträchtigt, wodurch die hämodynamische Belastung deutlich geringer ist (Belghiti et al., 2006). Die Parenchymdissektion kann mittels verschiedener technischer Hilfsmittel (Ultraschalldissektor, Wasserjet, Ultracision etc.) oder aber stumpf mit den Branchen einer Schere erfolgen. Bei sorgfältiger Vorgehensweise sind der Blutverlust und die Gewebetraumatisierung bei allen genannten Verfahren vergleichbar. Blutungen aus der Resektionsfläche sind gezielt zu durchstechen. Tief durchgreifende Nähte (Matratzennähte) sollten wegen des hohen Risikos, wichtige Gefäß- oder Gallengangsstrukturen intrahepatisch mitzuerfassen, vermieden werden. Die Versiegelung der Resektionsfläche mit Fibrinkleber oder Kollagenvlies (Abb. 15.4) bietet einen gewissen Schutz vor kleineren Nachblutungen und geringen Galleleckagen. Massive Nachblutungen oder ausgeprägte Galleleckagen können hierdurch aber nicht verhindert werden. Venöse Blutungen stellen die Hauptgefahr bei einer Leberresektion dar. Ein niedriger zentralvenöser Druck (möglichst unter 5 mmHg) trägt wesentlich zur Reduktion des Blutverlustes bei.
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Bei den wesentlich seltener erforderlichen Resektionen der Arteria hepatica ist eine direkte Anastomose meistens nicht möglich. Als Ersatz eignet sich autologes Veneninterponat, z. B. V. saphena magna (oder V. jugularis). Eine Rekonstruktion der V. cava ist sowohl mit autologem Venenmaterial (z. B. mehrfach gedoppelte V. saphena) als auch mit allogenen Venen (Gefäßbank) möglich. Für den langstreckigen Vena-cavaErsatz stehen Gore-Tex-Prothesen zur Verfügung (Antikoagulation!, ggf. auch Anlage einer AV-Fistel am Oberschenkel) (Abb. 15.5).
5.3. Anterior Approach Abb. 15.4. Versorgung der Resektionsfläche mit Kollagenvlies nach Hemihepatektomie links
5.1. Resektion der Hepatikusgabel und Gallenwegsrekonstruktionen Eine direkte Tumorinfiltration in die Hepatikusgabel ist beim HCC, aber auch beim CCC sehr selten. Allerdings kann aufgrund des oftmals entlang der Gallenwege hiluswärts gerichteten Tumorwachstums, insbesondere beim CCC, eine Resektion der Hepatikusgabel (möglichst en bloc mit dem Hepatektomie-Präparat) aus operationstechnischen Gründen erforderlich sein, z. B. bei Devaskularisation oder Denudierung des rechten oder linken Ductus hepaticus (Lang et al., 2005c). Die Gallenwege werden dabei meist mittels biliodigestiver Anastomose rekonstruiert. Bei schwierigen lokalen Operationverhältnissen bietet die transanastomotische Schienung einen gewissen Schutz vor Anastomoseninsuffizienzen bzw. begünstigt deren Ausheilung.
5.2. Gefäßrekonstruktionen Die Tumorinfiltration eines oder mehrerer größerer Gefäße mit der Notwendigkeit der Gefäßresektion und -rekonstruktion stellt keine Kontraindikation für eine Leberresektion dar, sofern insgesamt eine R0-Resektion erreicht werden kann (Lang et al., 2005c). Nach partieller Resektion der Pfortader, meist der Pfortadergabel, ist selbst bei langstreckigen Defekten (bis etwa 3–4 cm) in aller Regel eine direkte Reanastomosierung, z. B. zwischen Pfortaderhauptstamm und rechts- oder linksseitigem Pfortaderast, ohne Interponat möglich. Falls ein Gefäßersatz erforderlich ist, wird im eigenen Vorgehen ein allogenes Veneninterponat bevorzugt.
Bei extrem großen Lebertumoren im rechten Leberlappen, besonders bei zusätzlicher Infiltration des Zwerchfells und/oder der V. cava, kann die Mobilisation des rechten Leberlappens schwierig sein. Hier bietet sich als alternatives operationstaktisches Vorgehen die frontale Leberresektion an, bei der ohne vorherige Mobilisation des rechten Leberlappens zunächst das Leberparenchym von ventral nach dorsal durchtrennt wird. Der letzte Schritt stellt hierbei die Isolation und das Absetzen der rechten Lebervene dar. Erst danach wird der rechte Leberlappen aus dem Retroperitoneum ausgelöst. Neben operationstechnischen Vorteilen (Vermeidung größerer Blutungen oder einer Tumorruptur) scheint dieses Verfahren auch mit einer geringeren Tumorzellverschleppung während der Mobilisations- und Resektionsphase verbunden. Erste prospektive Studien lassen auch eine geringere Rezidivrate nach Resektion von HCC erwarten (Blumgart et al., 2006).
5.4. Zweitresektionen Erneute Leberresektionen zur Therapie eines intrahepatisches Rezidivs eines HCC oder CCC sind nur selten möglich (Portolani et al., 2006). Meist handelt es sich dabei dann um kleinere Resektionen oder Segmentektomien nach in der Regel ausgedehnter Erstleberresektion. Größere tumorfreie Sicherheitsabstände sind bei der Zweitleberresektion allein aufgrund der anatomischen Gegebenheiten meistens nicht möglich – und aus onkologischen Aspekten vermutlich auch nicht erforderlich. Entscheidend ist auch bei der Rezidivresektion das Erreichen einer R0-Situation. Leberrezidivresektionen unterscheiden sich unter operationstechnischen Gesichtspunkten in vielerlei Hinsicht vom Ersteingriff an der Leber. Bereits die Mobilisation der Leber aus dem Retroperitoneum
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kann, speziell nach ausgedehnten Voroperationen, mühsam und schwierig sein. Häufig besitzt das Lebergewebe aufgrund der Voroperation oder als Folge einer Chemotherapie eine gewisse Brüchigkeit, was bei der Parenchymdurchtrennung mit einer erhöhten Blutungsneigung einhergehen kann. Durch eine subtile Präparations- und Dissektionstechnik kann der Blutverbrauch jedoch meistens sehr gering gehalten werden. Auch das Risiko für postoperative Komplikationen, besonders Gallefisteln, ist beim Zweiteingriff nicht wesentlich erhöht, wenn dieser als anatomische Resektion durchgeführt wird.
5.5. Laparoskopische Leberresektion Die Entwicklung geeigneter Instrumente für eine schonende und blutungsarme Parenchymdissektion hat wesentlich zum Fortschritt auf dem Gebiet der laparoskopischen Leberchirurgie beigetragen (D’Angelica, 2006). Wenngleich vereinzelt schon über laparoskopische Lappenresektionen oder gar erweiterte Resektionen berichtet wurde, so beschränken sich laparoskopische Lebereingriffe heutzutage in der Regel noch auf die Entfernung umschriebener Leberareale. Kleinere, peripher gelegene Karzinome in Leberzirrhose (insbesondere im links-lateralen Leberlappen oder in den inferioren Segmenten IVb/V/VI) können u. E. eine gute Indikation zur laparoskopischen Leberresektion darstellen. Die zukünftigen Möglichkeiten und die Umsetzung der laparoskopischen Techniken werden von der weiteren Entwicklung navigierter leberchirurgischer Eingriffe abhängen, die auf virtuellen 3D-Modellen der individuellen Krankheitssituation basieren (Beller et al., 2007).
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6. Komplikationsmanagement Trotz großer Fortschritte in der Operationstechnik und im perioperativen Management in den letzten beiden Jahrzehnten gehen komplexe Leberresektionen nach wie vor mit einer nicht zu vernachlässigenden Komplikationsrate einher. Die operationsbedingte Letalität liegt dabei, abhängig von der Ausdehnung der Resektion, zwischen 2 % und 8 % und übersteigt bei möglichen Operationserweiterungen nicht selten 10 %. Das Leberversagen stellt die häufigste Ursache für die perioperative Mortalität dar. Die operationsbedingte Morbidität wird von den meisten Zentren zwischen 10 % und über 50 % angegeben. Die großen Schwankungen beruhen dabei in erster Linie darauf, dass es
b Abb. 15.5. a) Erweiterte Hemihepatektomie rechts (sog. Trisegmentektomie rechts = right trisectionectomy) mit Resektion der V. cava und Ersatz durch ringverstärkte Prothese b) Postoperative Farbdopplersonographie mit Flusskontrolle in der Gefäßprothese
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für hepatobiliäre Eingriffe keine einheitliche Definition der Morbidität gibt. Typische Komplikationen nach Leberresektion sind Nachblutungen, Galleleckagen, vaskuläre Komplikationen, Wundinfektionen und pulmonale Komplikationen (Pleuraerguss, Atelektase, Empyem oder Pneumonie). Hämodynamisch relevante Nachblutungen sind nach Leberresektionen sehr selten. Ihnen liegen oft Gerinnungsstörungen nach ausgedehnten Leberteilentfernungen zugrunde, seltener finden sich „chirurgisch“ bedingte Blutungen. Bei letzteren ist eine sofortige Relaparotomie angezeigt. Bei schlechter Gerinnungssituation kann gegebenenfalls eine Tamponade in Kombination mit einer adäquaten Gerinnungssubstitution erforderlich werden. Bei gleichzeitiger Galleleckage sollten größere Hämatome wegen der erhöhten Infektionsgefahr (Keimbesiedlung der Galle) möglichst ausgeräumt werden. Galleleckagen sind die häufigsten „chirurgischen“ Komplikationen nach Leberresektion und erfordern ein subtiles Management. Selbst größere Galleleckagen können bei guter Drainage ausgesprochen blande verlaufen und spontan sistieren, jedoch auch zu einer schweren galligen Peritonitis mit Sepsis bis hin zum letalen Ausgang führen. Bei geringen Mengen galliger Sekretion, fehlenden klinischen Symptomen und guter Drainage ist eine abwartende Haltung gerechtfertigt. In der Regel verschließen sich Galleleckagen aus kleinen, auf der Resektionsfläche gelegenen Gallengängen spontan. Bei persistierender Leckage kann bei asymptomatischen Verläufen auch mittels endoskopischer Stenteinlage in den Ductus choledochus oder Ductus hepaticus ein Verschluss der Gallefistel begünstigt werden. Bei ausgedehnten Gallefisteln oder bei entsprechender klinischer Symptomatik ist die Indikation zur Revisionsoperation großzügig zu stellen. In der frühpostoperativen Phase ist ein Übernähen eines Gallelecks meistens möglich. Länger bestehende Galleleckagen mit entsprechender entzündlicher Reaktion können meist nicht sicher vernäht werden und bedürfen dann oftmals einer langfristigen Drainagebehandlung (Lang et al., 2005a). Vaskuläre Komplikationen, in erster Linie Thrombosen, treten fast ausschließlich dann auf, wenn bei der Leberresektion Gefäßrekonstruktionen vorgenommen worden waren. Gelegentlich besteht jedoch auch nach erweiterter rechtsseitiger Leberresektion infolge einer Überlänge der V. portae die Gefahr des Abknickens und der Thrombosierung. Eine engmaschige farbdopplersonographische Untersuchung ist daher im Anschluss an erweiterte Leberresektionen und nach Operationen mit Gefäßrekonstruktionen erforderlich.
Die Symptomatik einer arteriellen oder portalvenösen Thrombose ist abhängig vom Zeitpunkt ihres Auftretens. Im frühpostoperativen Verlauf stehen eine Verschlechterung der Leberfunktion (schlechte Gerinnungswerte, Anstieg von Bilirubin), eine Erhöhung der Transaminasen (meist bei arterieller Thrombose) oder hämodynamische Instabilität (eher bei Pfortaderverschluss) im Vordergrund. Im späteren Verlauf kann die klinische Symptomatik weniger ausgeprägt sein, u. U. finden sich lediglich eine vermehrte Aszitesbildung bei Pfortaderthrombose oder eine Bilirubinerhöhung als Zeichen der arteriellen Minderperfusion der Gallenwege. Arterielle oder portalvenöse Thrombosen stellen im frühpostoperativen Verlauf immer eine Operationsindikation dar. Im Langzeitverlauf sind die Möglichkeiten einer chirurgischen Therapie limitiert, hier steht die Behandlung der Symptome (Therapie des Aszites und von Varizen, Gallengangs- oder Leberabszessdrainage) im Vordergrund.
6.1. Postoperative Leberinsuffizienz Ursächlich kommen für eine schwere Leberinsuffizienz mehrere Faktoren, häufig kombiniert, in Betracht: Vorschaden der Leber, Resektion von großen Anteilen funktionierenden Leberparenchyms, großer intraoperativer Blutverlust, ggf. intraoperativ hypotensive Phasen, Nachblutungen, septische Komplikationen u. a. sind die wichtigsten Faktoren. Diagnostisch bedeutsam sind vor allem eine schlechte Syntheseleistung der Leber und ein kontinuierlicher Anstieg von Bilirubin und Ammoniak. Die Bewusstseinslage kann anfangs noch relativ gut sein, im Verlauf tritt meistens eine zunehmende Enzephalopathie auf. Die Leberenzyme können sich, je nach akuter Schädigung und Größe der Restleber, unterschiedlich verhalten. Therapeutisch sind enge Grenzen gesetzt. Am wichtigsten ist die Vermeidung zusätzlicher Noxen. So müssen Nachblutungen sofort behandelt werden. Hepatotoxische Medikamente sind möglichst zu vermeiden. Meist erfordert ein hepatorenales Syndrom mit konsekutivem Nierenversagen schon frühzeitig eine Dialysebehandlung oder Hämofiltration. Gerinnungsstörungen können vorübergehend durch die Gabe von FFPs und Gerinnungsfaktoren therapiert werden. Dank der guten Regenerationsfähigkeit nicht vorgeschädigter Lebern kann eine postoperative Leberinsuffizienz oft überlebt werden. Bei eingeschränkter Regenerationsfähigkeit, insbesondere bei Leberzirrhose, muss auch mit einem letalen Ausgang noch nach Wochen unter dem Bild eines Multiorganversagens gerechnet werden. Der Einsatz so genannter
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Leberunterstützungsverfahren hat bislang noch keine wesentlichen Verbesserungen bei der Behandlung einer Leberinsuffizienz nach Leberresektion erbringen können. Eine Indikation zur Lebertransplanation ist wegen der meist septischen Komplikationen infolge des Multiorganversagens sowie des malignen Grundleidens der Patienten nicht gegeben (Lang et al., 2005a).
7. Nachbehandlung Weder für das HCC noch für das CCC bestehen gegenwärtig etablierte adjuvante Therapiekonzepte. Wurde bei der Resektion eine R0-Situation erreicht, so ist nach derzeitiger Datenlage eine spezifische onkologische Nachbehandlung nicht erforderlich. Im Falle einer R1- oder R2-Resektion ist in der Regel eine additive Therapie, meist Chemotherapie, indiziert.
8. Rehabilitation Da die Leber postoperativ meist sehr schnell regeneriert und innerhalb weniger Tage eine ausreichende Funktion besitzt, ist eine spezifische Rehabilitation selbst nach ausgedehnten Leberresektionen nicht erforderlich. Eine Ausnahme hiervon besteht bei Patienten mit protrahiertem postoperativen Verlauf. Hier sind Rehabilitationsmaßnahmen zur allgemeinen körperlichen Erholung indiziert. Bei Patienten mit biliodigestiver Anastomose besteht auch im Langzeitverlauf ein erhöhtes Risiko für aszendierende Cholangitiden mit entsprechender klinischer Symptomatik. Im Gegensatz zur Leberresektion sind Rehabilitationsmaßnahmen nach Lebertransplantation unbedingt empfehlenswert, um den Patienten den Umgang mit den immunsuppressiven Medikamenten zu erleichtern und sie an geänderte Lebensbedingungen und neue Situationen (erhöhte Infektanfälligkeit durch die Immunsuppression, regelmäßige Medikamenteneinnahme, engmaschige Nachuntersuchungen) heranzuführen.
9. Nachsorge Tumorrezidive sind selbst nach potenziell kurativer Leberresektion eines HCC in 30–60 % aller Fälle zu erwarten. Meist handelt es sich um intrahepatische Rezidive. Dabei spricht ein kurzes rezidivfreies Intervall nach der Primäroperation eher für eine Metastasierung, ein langes tumorfreies Intervall dagegen mehr für eine
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De-novo-Karzinogenese als Ursache eines Rezidivs. Solitäre intra- oder auch extrahepatische Rezidive, die einer erneuten operativen Therapie zugeführt werden können, sind selten. Erscheint eine erneute Resektion machbar, so ist diese auch indiziert, da im Falle einer Rezidivresektion mit kurativem Ansatz die Prognose vergleichbar mit der nach Erstoperation ist (Portolani et al., 2006). Aufgrund dieser, wenngleich seltenen Chance für einen erneuten kurativen Therapieansatz beim Rezidiv ist eine regelmäßige Tumornachsorge mit CT-Kontrollen des Abdomens und des Thorax sowie Bestimmung des AFP in sechsmonatigen Abständen (innerhalb des ersten Jahres in dreimonatigen Abständen) gerechtfertigt. In Ausnahmefällen kann bei einem nicht mehr resektablen Rezidiv eines HCC in einer nicht-zirrhotischen Leber die Indikation zur Lebertransplantation gegeben sein, insbesondere dann, wenn es sich hierbei um ein Spätrezidiv und daher vermutlich um ein de novoKarzinom handelt. Möglicherweise können zukünftig molekularpathologische Marker zur besseren Differenzierung zwischen De-novo-Karzinom und Metastasen und somit zu einer Verbesserung bei dieser Indikationsstellung beitragen. Nach Leberresektion eines HCC in Zirrhose ist in 50– 80 % der Fälle ein Tumorrezidiv zu erwarten. Das Rezidivrisiko ist insbesondere bei Zirrhosen auf dem Boden viraler Hepatitiden hoch. Auch hier sind frühe, während der ersten beiden postoperativen Jahre auftretende Rezidive meistens durch Metastasierung bedingt und mit einer deutlich schlechteren Prognose verbunden als „Spätrezidive“. Obwohl die meisten Rezidive zunächst auf die Leber beschränkt bleiben, sind erneute Leberresektionen nur selten möglich. Eine Lebertransplantation erscheint, ebenso wie beim HCC ohne Zirrhose, nur dann indiziert, wenn es sich um Spätrezidive infolge De-novo-Karzinogenese handelt. Auch bei cholangiozellulären Karzinomen tritt nach potenziell kurativer Resektion in der Mehrzahl der Fälle ein Tumorrezidiv auf. Diese sind allerdings selten auf die Leber beschränkt. Erneute Leberresektionen unter kurativen Aspekten sind daher die Ausnahme. Inwiefern durch eine erneute Resektion eine Prognoseverbesserung erzielt werden kann, ist anhand der wenigen Literaturdaten nicht beurteilbar.
10. Weitere Therapieverfahren 10.1. Abladierende Verfahren Abladierende Verfahren wie die Injektion von Alkohol (PEI = perkutane Ethanolinjektion) oder die Destruk-
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Abb. 15.6. Kryochirurgische Versorgung einer Lebermetastase
tion von Tumorgewebe mittels Radiofrequenzablation (RFA), Laser (LITT = laserinduzierte Thermotherapie), Mikrowellen oder Kälte (Kryotherapie, Abb. 15.6) haben in den letzten Jahren bei der Behandlung des HCC, weniger auch des CCC, zunehmend an Bedeutung gewonnen (Greten et al., 2006; Lu et al., 2005). Diese Verfahren können in der Regel sonographie- oder CTgesteuert perkutan, aber auch im Rahmen einer Laparoskopie oder Laparotomie durchgeführt werden. Die beiden letzteren Zugangswege haben den Vorteil, dass hierbei ggf. zusätzliche Tumore intraoperativ erkannt und zudem eine Hilusokklusion während der Ablation durchgeführt werden kann. Dies führt insbesondere bei der RFA durch Reduktion des konvexionsbedingten Hitzeverlustes zur Steigerung der Wirkung dieser tumordestruktiven Maßnahme. Abladierende Verfahren sind derzeit die besten und am weitesten verbreiteten Therapieverfahren für nicht-resektable HCC. In zahlreichen Studien konnte die Wirksamkeit insbesondere der perkutanen Alkoholinjektion, aber auch der Radiofrequenzablation nachgewiesen werden. Beide Verfahren eignen sich für eine Destruktion von Tumoren mit einer Größe von
3 cm bis maximal 5 cm. In prospektiven, jedoch nicht randomisierten Studien konnten mit beiden Verfahren 5-JÜR erreicht werden, die mit denen der Leberresektion vergleichbar sind. Die Wirksamkeit der Alkoholinjektion kann durch die Kombination mit einer transarteriellen Chemoembolisation noch gesteigert werden. Neuere Untersuchungen deuten jedoch an, dass die RFA gegenüber der PEI Vorteile hinsichtlich der Tumordestruktion besitzt, was sich in niedrigen Tumorrezidiv- und verbesserten Gesamtüberlebensraten äußert. Allerdings treten nach RFA häufiger Komplikationen und häufiger Stichkanalmetastasen auf.
10.2. Transarterielle Chemoembolisation (TACE) Bei der transarteriellen Chemoembolisation wird ein Chemotherapeutikum (meist Anthrazykline oder Cisplatin) direkt in die tumorversorgende Arterie injiziert. Durch simultane oder sequentielle arterielle Embolisation wird der lokal tumordestruierende Effekt verstärkt. Die Langzeitergebnisse der TACE sind allerdings schlechter als nach Resektion oder RFA/PEI. Die TACE
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Primäre Malignome der Leber
wird daher nicht als Alternative zu diesen Verfahren angesehen, sondern überwiegend zur Behandlung nicht-resektabler und aufgrund ihrer Größe oder Lokalisation auch nicht mittels PEI oder RFA behandelbarer HCC eingesetzt. Die Ansprechraten liegen dabei im Bereich von etwa 50 %. Besonders Patienten mit kleineren HCC und noch guter Leberfunktion (Child A oder beginnend Child B) scheinen von einer TACE zu profitieren. Bei schlechter Leberfunktion oder ausgeprägter Pfortaderthrombose besteht die Gefahr der Dekompensation. Eine komplette Pfortaderthrombose, extrahepatische Metastasen oder eine fortgeschrittene Zirrhose im Stadium Child C stellen eine Kontraindikation für eine TACE dar.
11. Palliativmaßnahmen 11.1. Strahlentherapie Obwohl HCC und CCC strahlensensible Tumore sind, liegen nahezu keine Daten zum Stellenwert der Strahlentherapie bei der Behandlung dieser Tumore vor. Dies ist in erster Linie darin begründet, dass auch das umgebende Lebergewebe strahlensensibel ist und bei einer effektiven Tumorbestrahlung mit erheblichen Nebenwirkungen wie Leberfunktionsverschlechterung oder gastroduodenalen Ulzerationen zu rechnen ist. Grundsätzlich besteht allerdings in Einzelfällen, in denen eine lokale oder systemische Therapie nicht indiziert ist, die Möglichkeit der lokalen Tumorbestrahlung. Möglicherweise kann durch neue Therapieansätze, wie etwa das selektive Einbringen von Yttrium-90markierten Glas-Mikrosphären (B-Strahler!) über die A. hepatica, die Behandlung lokal fortgeschrittener Tumore verbessert werden. Wegen dessen guter arterieller Vaskularisation ist dabei in erster Linie beim HCC eine Verbesserung der Therapie zu erwarten.
11.2. Systemische Therapie Für das HCC sind zahlreiche systemische Therapieverfahren im Rahmen von Studien evaluiert worden (Greten et al., 2006). Allerdings konnte durch keine der getesteten Substanzen ein signifikanter Überlebensvorteil erreicht werden. Bei Ansprechraten von meist deutlich unter 50 % sollte gegenwärtig eine systemische palliative Chemotherapie des HCC nur in Studien durchgeführt werden. Trotz vielversprechender initialer Ergebnisse konnte auch für andere Therapieoptionen (z. B. Tamoxifen oder Octreotid) keine effektive Überlebensverlängerung gezeigt werden. Für die
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Zukunft könnten neue Targettherapien wie etwa antiangiogenetische Therapieansätze mit dem monoklonalen anti-VEGF-Antikörper Bevacizumab oder dem Raf-Kinase-Inhibitor Sorafenib vielversprechende Optionen darstellen. Für Sorafenib konnte jetzt eine signifikante Verlängerung des medianen Überlebens in der palliativen Situation beim HCC gezeigt werden (ASCO, 2007).
12. Qualitäts- und Prognosekriterien Die zentralen Parameter bei der chirurgischen Behandlung des HCC und des CCC stellen die perioperative Morbidität und Letalität, die R0-Resektionsrate sowie das Gesamt- und das rezidivfreie Überleben dar. Im Falle der Lebertransplantation kommt als weiterer Parameter das Transplantatüberleben hinzu. Da für die operationsbedingte Morbidität bei leberchirurgischen Eingriffen keine einheitliche Definition vorliegt, ist eine Vergleichbarkeit der Literaturdaten vielfach nicht gegeben. Auch bei der Beurteilung der operationsbedingten Letalität ist aufgrund der im Vergleich zu anderen gastrointestinalen Tumoroperationen extremen Bandbreite hepatobiliärer Eingriffe die Vergleichbarkeit schwierig. Die Leberchirurgie erfordert eine enge Zusammenarbeit vieler Fachdisziplinen. Unbedingt wünschenswert ist in diesem Zusammenhang auch die Integration der Transplantationschirurgie, da die Lebertransplantation nicht nur vielfach die Therapie der Wahl bei der Behandlung von Lebertumoren darstellt, sondern zudem auch der resezierenden Leberchirurgie wichtige Impulse verleiht. Es ist selbstverständlich, dass gerade auf dem Gebiet der komplexen hepatobiliären Chirurgie und der Lebertransplantation die Erfahrung des gesamten Behandlungsteams entscheidenden Einfluss auf die Ergebnisse hat. Forderungen nach Zentrumsbildung und Mindestmengen sind daher nachhaltig zu unterstützen.
13. Ausblick Die Leberchirurgie hat in den letzten Jahren wichtige Fortschritte gemacht. Dabei hat sich gezeigt, dass Verbesserungen der onkologischen Ergebnisse nur noch zu einem geringen Anteil allein durch chirurgische Maßnahmen im Sinne einer Steigerung der operativen Radikalität erreicht werden können. Weitere Fortschritte in der operativen Therapie von Lebertumoren sind daher in erster Linie durch eine Reduktion der
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operationsbedingten Morbidität und Letalität sowie durch eine verbesserte Patientenselektion und Nachbehandlung zu erwarten. Neben neuen Techniken der Parenchymdissektion ist eine Senkung der operationsbedingten Komplikationsraten hauptsächlich durch eine optimierte Operationsplanung, wie etwa mittels computer-assistierter 3-D-Rekonstruktion, denkbar. Darüber hinaus stellen Weiterentwicklungen von Leberersatzverfahren zur Behandlung der postoperativen Leberinsuffizienz einen Forschungsschwerpunkt dar. Unklarheit herrscht sowohl beim HCC als auch beim CCC nach wie vor über die Häufigkeit und die onkologische Bedeutung von Lymphknotenmetastasen und entsprechend auch über die Wertigkeit einer Lymphadenektomie. Nicht abschließend geklärt ist bislang zudem die prognostische Bedeutung von freien Tumorzellen oder der Nachweis von AFP-mRNA im Blut oder Knochenmark. Es ist zu hoffen, dass auch beim HCC und CCC durch den Einsatz neuer Targettherapien eine Verbesserung sowohl in der palliativen als auch insbesondere in der adjuvanten Therapiesituation erreicht werden kann. Tumorgröße und -anzahl sind die Hauptindikationskriterien für die Lebertransplantation beim HCC in Zirrhose (Milan-Kriterien). Allerdings stellen neuere Arbeiten die prognostische Bedeutung der Tumorgröße in Frage. So konnten nach Transplantation bei solitären HCC bis zu 6,5 cm oder maximal drei HCC und einem Gesamtdurchmesser < 8 cm (sog. UCSF-Kriterien, University of California at San Francisco) nahezu vergleichbare Überlebensraten erreicht werden. Die Erweiterung der gegenwärtigen Indikationsstellung zur Lebertransplantation beim HCC ist daher aus onkologischen Gründen wünschenswert, in Anbetracht des Mangels an Organen von hirntoten Spendern und der exzellenten Ergebnisse der Transplantation bei benignen Erkrankungen momentan aber nicht umsetzbar. Eine Erweiterung der Indikationsstellung sowie eine quantitativ effektive Steigerung der Transplantationszahlen beim HCC insgesamt sind derzeit daher nur mittels Leberlebendspende zu realisieren. Die Befürchtung, dass der Regenerationsstimulus nach Teillebertransplantation auch das Wachstum von Karzinomzellen steigert und es häufiger und früher zu Tumorrezidiven kommt, kann anhand der bislang vorliegenden Literaturdaten nicht bestätigt werden. Ganz im Gegenteil unterstützen die bisherigen Erfahrungen eine Erweiterung der Indikationskriterien beim HCC im Rahmen der Leberlebendspende. Die hiermit verbundenen ethischen Fragestellungen können nur im Einzelfall durch Gegenüberstellung und Abwägung von Spenderrisiko und potenzieller Prognose des Empfängers erfolgen.
Ein Problem nach Lebertransplantation wegen HCC stellt das Tumorrezidiv dar. Es ist zu hoffen, dass zukünftig molekularpathologische Marker eine genauere Klassifizierung der HCC und damit eine günstigere Patientenselektion erlauben. Ebenso wie nach Leberresektion ist auch nach -transplantation eine Verbesserung der adjuvanten Therapiesituation durch neue Targettherapien zu erwarten. Zudem könnte durch den Einsatz neuer Immunsuppressiva mit antiproliferativer Wirkung wie Rapamycin die Rate der HCC-Rezidive günstig beeinflusst werden.
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Kapitel 15
Primäre Malignome der Leber
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15. Links www.ahpba.org American Hepato-pancreato-biliary Association www.ihpba.org International Hepato-pancreato-biliary Association
Kapitel 16.1
Kolorektale Lebermetastasen Th. Grünberger, B. Grünberger, M. Hünerbein und P. M. Schlag
1. Einleitung Fernmetastasen treten bei 40–60 % aller Patienten mit kolorektalem Karzinom auf. In 80 % der Fälle handelt es sich hierbei primär um Lebermetastasen. Bei 30 % der Patienten ist die Leber auf lange Zeit einziger Metastasierungsort. Bei 15–25 % der Patienten sind Lebermetastasen bereits synchron mit dem Primärtumor manifest. Der Verlauf bei Patienten mit Lebermetastasen kann hinsichtlich ihrer Überlebenszeit stark variieren. Die Langzeitprognose wird neben dem Ausmaß des Leberbefalls und eventuell weiterer Metastasierungslokalisationen wesentlich von den therapeutischen Möglichkeiten beeinflusst. Unter Zuhilfenahme multimodaler Therapieoptionen ist die chirurgische Therapie von Lebermetastasen zu einem wichtigen Bestandteil der Behandlung geworden (Sperti et al., 2006).
2. Diagnostik Für den Erfolg eines chirurgischen Eingriffes ist die richtige Selektion der hierfür geeigneten Patienten und damit das adäquate präoperative Staging entscheidend. Dieses muss klären, inwieweit die Metastasierung prinzipiell auf die Leber beschränkt ist (potenzielle Kurabilität) und inwieweit die Entfernung der Metastasen technisch komplett (R0-Resektion) möglich ist. Die Bestimmung der Resektabilität setzt die exakte Kenntnis der lokalen Tumorausdehnung und Verteilung der Metastasen in der Leber voraus. Hierbei muss insbesondere berücksichtigt werden, dass etwa 10–25 % der Patienten mit Lebermetastasen eine zusätzliche extrahepatische Ausbreitung aufgrund von Lymphknotenmetastasen, z. B. im hepatoduodenalen Ligament, oder einer Peritonealkarzinose aufweisen. Es muss daher eine hohe Verlässlichkeit an den diagnostischen Ausschluss solcher extrahepatischer Tumorabsiedlungen gestellt werden. Als primäre Standarddiagnostik ist
eine dreiphasische Leber-CT (nativ, arteriell, portalvenös) und/oder eine Leber-MRT mit leberspezifischem Kontrastmittel anzusehen. Der Befund muss folgende Informationen beinhalten: Anzahl der Metastasen, Größe der Metastasen, Lokalisation der Metastasen (segmentorientiert) sowie Hinweise auf Gefäßbeteiligung (Leberarterien, Portalvenen, Lebervenen), Hinweise auf Lymphknotenbefall im Ligamentum hepatoduodenale oder Aszites bzw. peritoneale Raumforderungen als Ausdruck einer Peritonealkarzinose. Da aufgrund der besseren Aussagekraft CT-Untersuchungen kontrastmittelverstärkt durchgeführt werden, sind neben einer allgemeinen Kontrastmittelunverträglichkeit (cave Anaphylaxie) die Venenverhältnisse bei Patienten unter/nach Chemotherapie zu berücksichtigen. Beim Staging von Lebermetastasen werden beispielsweise 140 ml Kontrastmittel mit einem relativ hohen Fluss von 4 ml/Sekunde infundiert. Dies erfordert einen großlumigen Venenkatheter und stellt für die periphere Vene eine hohe Belastung dar. In Verdachtsfällen oder unklaren Situationen hat sich die Kombination aus diagnostischer Laparoskopie und laparoskopischer Sonographie als sensitivste Methode erwiesen, deren Treffsicherheit auch durch die modernen bildgebenden Verfahren (inkl. PET/CT) bisher noch nicht eingeholt werden konnte (Goletti et al., 1998; Helmberger et al., 1999; Gretschel et al., 2004). Durch die ultraschallunterstützte Staging-Laparoskopie können bei bis zu 30 % der Patienten mit Lebermetastasen eines kolorektalen Karzinoms relevante Zusatzbefunde, wie z. B. weitere Lebermetastasen oder extrahepatische Tumormanifestationen, erhoben werden, die in der Regel einen primär kurativen chirurgischen Eingriff ausschließen (Hünerbein et al., 2001). Zusätzlich zur präoperativen abdominalen Diagnostik ist auch ein extrahepatisches Staging nachdrücklich zu empfehlen. Dieses beinhaltet eine Thorax-CT zum Ausschluss von Lungenmetastasen bzw. mediastinalem
202
Th. Grünberger, B. Grünberger, M. Hünerbein und P. M. Schlag 0,6
auch zur Beurteilung des Therapieansprechens mit herangezogen werden.
0,5
3. Vorbehandlung (neoadjuvante Therapie) Resektionsrate
0,4
0,3
0,2
0,1
0,0 0,3
0,4
0,5
0,6
0,7
0,8
0,9
Ansprechrate Abb. 16.1.1. Leberesektionsrate in Abhängigkeit vom Ansprechen auf eine präoperative Chemotherapie. Die blauen Quadrate repräsentieren Patienten in Studien bzw. retrospektiven Analysen mit nicht-resektablen Metastasen, die auf die Leber beschränkt sind (selektionierte Patienten; r = 0,96, p = 0,002). Studien mit nichtselektionierten Patienten mit kolorektalem Karzinom sind als Dreiecke dargestellt. Durch die Heterogenität dieser Studien ist die Korrelation weniger stark (r = 0,74, p < 0,01; durchgezogene Linie). Eine ähnliche Korrelation war nachweisbar, wenn man nur die Phase-IIIStudien separat analysiert (ausgefüllte Dreiecke; r = 0,67, p = 0,024, gestrichelte Linie) (nach Folprecht et al., 2005)
Lymphknotenbefall. Auf Knochenszintigraphie oder Schädel-CT kann nach heutigem Wissen bei fehlender Symptomatik verzichtet werden. Hinweise auf einen asymptomatischen Knochenbefall können sich im Rahmen der Thorax-/Abdomen-CT ergeben. Die Durchführung einer Positronenemissionstomographie (PET) bzw. PET/CT zum Ausschluss des extrahepatischen Tumorbefalls wird aufgrund der Erfahrung in größeren Zentren vor einer geplanten Lebermetastasenresektion zunehmend empfohlen (Selzner et al., 2004). Allerdings fehlen hierzu bisher Ergebnisse aus randomisierten Studien. Das Ergebnis der Bestimmung von CEA und CA 19-9 im Serum hat auf die Operationsindikation keinen unmittelbaren Einfluss, besitzt aber prognostische Bedeutung, insbesondere wenn es nach Metastasenresektion nicht zur Normalisierung eines präoperativ erhöhten Wertes kommt. Das Serum-CEA kann
Etwa 20–30 % der Patienten mit kolorektalen Lebermetastasen sind primär resektabel, wobei die R1Resektionsrate dabei immerhin bis zu 20 % betragen kann und etwa 80 % der Patienten nach Resektion ein Rezidiv in der Leber entwickeln. Ziel ist, diese Ergebnisse zu verbessern, die sich zunächst nach einer Einteilung der Patienten in drei Gruppen richtet: die primär resektablen, die zunächst nicht optimal resektablen und die mit großer Wahrscheinlichkeit nie resektablen Patienten. Bisherige Erfahrungen zeigen, dass Patienten, welche auf eine Chemotherapie ansprechen, auch hinsichtlich der Resektabilität der Lebermetastasen profitieren (Abb. 16.1.1).
3.1. Resektable Patienten Für initial resektable Patienten ist nach wie vor die Leberresektion der Goldstandard. Verschiedene Phase-II-Studien konnten aber zeigen, dass auch diese Patienten von einer Kombination aus präoperativer und postoperativer Chemotherapie hinsichtlich der Verlängerung ihres rezidivfreien Überlebens profitieren (Grünberger et al., 2004; Abb. 16.1.2). Die bisher größte Studie hierzu hat in einem PhaseIII-Design an 364 Patienten eine perioperative Kombinationschemotherapie, bestehend aus Oxaliplatin und 5-Fluorouracil/Leucovorin (FOLFOX 4), mit der alleinigen Operation verglichen (EORTC 40983). Die Effektivität einer Vorbehandlung bezüglich einer Reduktion der Tumorvolumina konnte hierbei bestätigt werden. Die Nebenwirkungen der Behandlung waren angemessen steuerbar. Die postoperative Letalität wurde durch die Vorbehandlung nicht gesteigert (Grünberger et al., 2006). Die aktuelle Auswertung des progressionsfreien 3-Jahres-Überlebens ergibt einen signifikanten Vorteil für die neoadjuvant behandelten Patienten (Nordlinger et al., 2008). Aktuelle, derzeit laufenden Protokolle beinhalten neben der prä-/postoperativen Chemotherapie die Kombination mit einer zielgerichteten Behandlung mit Antikörpern gegen Vascular Endothelial Growth Factor (VEGF) oder Endothelial Growth Factor Receptor (EGFR).
Kapitel 16.1
Kolorektale Lebermetastasen
203 e
a
2,37618 cm
f
b
1,02265 cm
c
6,36122 cm
d
Abb. 16.1.2. 65-jähriger Patient mit 2 synchronen bilobären Lebermetastasen; die Metastasen waren initial resektabel, jedoch bestand ein hohes Risiko des Rezidivs: synchrones Auftreten, bilobäre Verteilung, eine Metastase größer als 5 Zentimeter, positiver Tumormarker. Nach 3 Monaten FOLFOX-4 kam es zu einer partial response, es konnte die portale Trias für Segment VIII erhalten werden, der Patient wurde nach einer Woche Spitalsaufenthalt komplikationslos entlassen; er ist nach weiteren 3 Monaten adjuvanter FOLFOX-4 Chemotherapie derzeit 4 Jahre nach Diagnosestellung rezidivfrei. Lebermetastase Segment II a) vor und b) nach Chemotherapie, Lebermetastase Segment VIII c) vor und d) nach Chemotherapie, e) intraoperatives Bild nach nicht-anatomischer Resektion Segment VIII mit Erhalt der portalen Trias, f) Bild der entfernten Metastasen
3.2. Nicht optimal resektable Patienten
3,21489 cm
Diese Gruppe von metastasierten Patienten ist dadurch definiert, dass sie initial technisch nicht resektabel sind, bei Ansprechen auf eine neoadjuvante Therapie aber resektabel werden können (Adam et al., 2004) (Abb. 16.1.3 und 16.1.6). Eine Multicenter-Studie versucht gerade, bei initial nicht resektablen lebermetastasierten Patienten die Effektivität der Kombination von Cetuximab (anti-EGFR) mit FOLFOX/FOLFIRI zu evaluieren
204
Th. Grünberger, B. Grünberger, M. Hünerbein und P. M. Schlag a
b
6,81 cm
12,07 cm
c
d
Abb. 16.1.3. 55-jährige Frau mit synchron lebermetastasiertem Kolonkarzinom; die große, zentral den Lebervenenstern komprimierende Lebermetastase war initial nicht resektabel, weshalb die Patientin eine Kombination von XELOX und Bevacizumab erhielt; darunter kam es zu einer partial response, wodurch eine kurative Resektion möglich wurde. Die Patientin konnte ohne perioperative Probleme nach einer Woche das Krankenhaus verlassen. Nach einer zweiten Leberresektion ist die Patientin derzeit 2 Jahre nach Erstdiagnostik ohne Hinweis auf ein Rezidiv. a) CT-Befund vor neoadjuvanter Chemotherapie, b) CT-Befund nach neoadjuvanter Chemotherapie, c) blande Narbe nach Therapie mit Bevacizumab, d) Resektat der verkalkten Metastase
(Celim-Study). Wichtig ist dabei, auf die Notwendigkeit der Demonstration des Ansprechens auf die neoadjuvante Therapie hinzuweisen. Es ist bekannt, dass Patienten von einer Resektion nach Progression unter Chemotherapie hinsichtlich der Prognose nicht profitieren (Adam et al., 2004; Tamandl et al., 2006).
3.3. Nicht resektable Patienten In dieser Gruppe von Patienten ist die Chance, im Verlauf der Erkrankung eine kurative Therapieoption
zu erreichen, bei Diagnosestellung sehr gering. Hierzu zählen Patienten mit mehreren von Metastasen befallenen Organen, die selbst bei Ansprechen nur schwierig oder unmöglich zu resezieren sind, wie zum Beispiel bei Karzinose, hepatoduodenalen oder paraaortalen Lymphknoten oder Knochenmetastasen. Bei diesen Patienten steht, anders als bei den beiden erstgenannten Gruppen, nicht das Erzielen einer möglichst hohen Ansprechrate im Vordergrund, sondern die Stabilisierung der Erkrankung über einen möglichst langen Zeitraum bei gleichzeitiger Erhaltung der Lebensqualität (Grothey et al., 2004).
Kapitel 16.1
Kolorektale Lebermetastasen
4. Präoperative Vorbereitung Das Alter stellt heute keine Limitierung der OP-Tauglichkeit mehr dar, weshalb vor allem der präoperativen kardio-pulmonalen Belastbarkeit Bedeutung zuzumessen ist. Bei Verdacht auf kardiale Vorschädigung ist neben der Interpretation des EKG eine Echokardiographie obligat, bei Vorhandensein einer koronaren Herzkrankheit ebenso eine Duplexsonographie der Karotiden. Bei eingeschränkter kardialer Belastbarkeit sollte eine Sanierung der Ursache vor dem leberchirurgischen Eingriff durchgeführt werden (z. B. Koronarstent). Die pulmonale Risikoeinschätzung wird durch eine Spirometrie evaluiert. Patienten mit erhöhtem pulmonalen Risiko sollten physiotherapeutisch konditioniert und ggf. medikamentös supportiert werden.
205
bilobärem Befall nicht primär indiziert ist, sondern erst nach neoadjuvanter Therapie durchgeführt werden sollte. In diesem Zusammenhang sind die aktuellen Ergebnisse der bereits erwähnten randomisierten Studie, welche eine Vortherapie und OP mit der alleinigen Operation bei resektiven kolorektalen Lebermetastasen verglichen hat (EORTC 40983), interessant. Es wurde ein signifikanter Vorteil im progressionsfreien 3-Jahres-Überleben zu Gunsten der vortherapierten Patienten festgestellt (Nordlinger et al., 2008). Neben dem Ausmaß der Lebermetastasierung spielt die anatomische Lage und Größe der Metastasen und damit die Funktionalität des verbleibenden Leberparenchyms eine wichtige Rolle.
5.1. Primär resektable Tumoren 5. Operative Strategie Prinzipiell stellt die operative Sanierung von kolorektalen Lebermetastasen die einzige kurative Therapieoption dar (Simmonds et al., 2006). In einem unausgewählten Krankengut beträgt die primäre Resektabilität jedoch auch in spezialisierten Zentren nicht mehr als 30 %. Zur Erzielung einer sekundären Resektabilität stehen mittlerweile eine Reihe von technischen und therapeutischen Möglichkeiten zur Verfügung, welche im Abschnitt 5.2. erläutert werden. Als typische Kriterien der Irresektabilität gelten aber nach wie vor: • nicht resektable, extrahepatische Tumormanifestation • extensiver Befall der Leber (Befall > 6 Lebersegmenten, Befall > 70 % des Leberparenchyms oder Einbeziehung aller drei Lebervenen) • Leberinsuffizienz oder Leberzirrhose (Child B und C) • Patienten mit schwerwiegenden Begleiterkankungen (allgemeine Inoperabilität) • Patienten, die einen chirurgischen Eingriff ablehnen Diese Kriterien wurden kürzlich von einem internationalen Expertenpanel, welches aus auf hepatobiliäre Eingriffe spezialisierten Chirurgen, internistischen Onkologen und Radioonkologen zusammengesetzt war, definiert (Poston et al., 2005). Die Expertenrunde sprach sich ebenfalls dafür aus, dass eine Resektion bei mehr als vier Metastasen oder
Die Anforderungen an eine potenziell kurative Lebermetastasenresektion sind vielfältig; ausreichende Exposition der Leber verschafft Übersicht bei unvorhersehbarer intraoperativer Blutung, wobei die in die Mediane verlängerte rechtsseitige Rippenbogenrand-Inzision hinsichtlich der postoperativen Morbidität (Auftreten einer Narbenhernie) gegenüber der Mercedesstern-Inzision zu bevorzugen ist. Nach dem visuellen und palpatorischen Ausschluss von extrahepatischer Tumormasse ist ein intraoperativer Ultraschall obligat, einerseits um die operative Strategie noch einmal mit der zweidimensionalen präoperativen Diagnostik abzustimmen, andererseits um die Echogenität der Metastasen zu charakterisieren (hypoechogen prognostisch schlechter als hyperechogen gegenüber dem umgebenden Lebernormalgewebe, Grünberger et al., 2000) und um eventuell vorhandene zusätzliche Läsionen zu detektieren. Die Mobilisierung der Leber von ihren Aufhängebändern ist abhängig vom Resektionsausmaß und der Dissektionsnotwendigkeit in der Nähe von großen vaskulären Strukturen (V. cava, Lebervenen, Pfortaderbifurkation), um vaskuläre Kontrolle zu gewinnen; hierfür ist bei ausgedehnten Resektionen auch das Anschlingen von infra- und suprahepatischer V. cava, der Lebervenen bzw. der Strukturen im hepatoduodenalen Ligament anzuraten. Grundvoraussetzung für einen reibungslosen Ablauf der Resektion ist zunächst eine Abstimmung mit der Anästhesie hinsichtlich des Flüssigkeitsmanagements während der Resektionsphase. Unter hypovolämischen Kreislaufverhältnissen ist eine signifikante Reduzierung des Blutverlustes wäh-
206
Th. Grünberger, B. Grünberger, M. Hünerbein und P. M. Schlag
Abb. 16.1.4. Dissektion mit dem CUSA im Rahmen einer Hemihepatektomie; auf eine Einflussokklusion (Pringle-Manöver) kann bei der geschulten Anwendung des CUSA in der Regel verzichtet werden.
Abb. 16.1.5. Lebersegmentresektion einer Metastase mit Satellitenmetastasen mittels CUSA-Technik
rend der Parenchymdissektion zu erzielen, ohne dass die Patienten eine postoperative Nierenfunktionseinschränkung zeigen (Melendez et al., 1998). Der positive Einfluss der Leberresektion ohne Blutsubstitutionsbedarf auf den postoperativen Verlauf und insbesondere auch das rezidivfreie Überleben konnte vielfach gezeigt werden (Kooby et al., 2003). Hinsichtlich der Wahl des Dissektionsinstruments sind moderne Instrumente zu bevorzugen (z. B. Ultraschall-Gewebe-Dissektion – Cavitron Ultrasonic Aspirator (CUSA), Abb. 16.1.4) Bezüglich des Resektionsabstandes ist mit der CUSA-Resektion, bei der rund ein halber Zentimeter Lebergewebe vaporisiert und abgesaugt wird, der 1-cm-Resektionsabstand verlassen worden (Bodingbauer et al., 2006). Die anatomische segmentorientierte Resektion ist anzustreben, wobei allerdings v. a. auch bei
multiplen Metastasen parenchymsparende Resektionen vertretbar sind, solange eine R0-Resektion erreicht wird (Abb. 16.1.5). Eine größere Sicherheit in der Resektion von Lebermetastasen an problematischer Lokalisation (z. B. Einmündung der Lebervenen, Porta hepatis, zentrale Lage) ergibt sich durch virtuelle OP-Planungssysteme und Module, die eine intraoperative Navigation ermöglichen (individuelles Patientenmodell). Eine interaktive Planung der Operationsschritte, z. B. mit Festlegung der Resektionsebene, wird durch spezielle Softwaretools möglich, wobei systematisch Szenarien am Computer simuliert werden können (Lamadé et al., 2000). Unter Verwendung von intraoperativen Navigationssystemen kann eine präoperative Planung auf den intraoperativen Situs übertragen werden, wodurch eine Resektion von Metastasen in anato-
Kapitel 16.1
Kolorektale Lebermetastasen
207
Le b er m et as t as en
-
-
-
NICHT OPTIMAL RESEKTABEL
RESEKTABEL
> 4 Metastasen synchrone CRCLM Primärtumor LN-positiv bilobäre CRCLM technisch problematisch: Nähe zu den 3 Lebervenen Nähe zur portalen Bifurkation
PRIMÄR NICHT RESEKTABEL
-
-
-
Leberresektion + perioperative Chemotherapie
Neoadjuvante Chemotherapie Operation
Palliative Chemotherapie
Bei Ansprechen Abb. 16.1.6. Behandlungsoptionen bei kolorektalen Lebermetastasen in Abhängigkeit von ihrer Resektabilität CRCLM kolorektale Lebermetastasen LN Lymphknoten
mischen Problemzonen wesentlich sicherer möglich wird (Beller et al., 2007). Die Argon-BeamBehandlung oder das Versehen der Resektionsfläche mit einem Hämostyptikum sowie die Drainage des Operationsgebietes haben keinen gesicherten Vorteil hinsichtlich einer Verhinderung perioperativer Komplikationen.
5.2. Sekundäre Resektabilität Prinzipiell käme bei primär grenzwertigen oder irresektablen Lebermetastasen die orthotope Lebertransplantation als Alternative in Frage. Eine Übersicht über die Daten von 7 europäischen Zentren zeigt, dass die 1- und 2-JÜR bei 28 % bzw. bei 14 % liegt (Penn, 1991). Bei der nach Transplantation notwendigen Immunsuppression kommt es bei den meisten transplantierten Patienten nach einem sehr kurzen, krankheitsfreien Intervall zu einem Tumorrezidiv. Derzeit ist unter Berücksichtigung des Mangels von Spendern die Lebertransplantation zur Behandlung von kolorektalen Lebermetastasen weder allgemein akzeptiert noch indiziert. Die Selektion von Patienten anhand aussagekräftiger prognostischer Kriterien stellt daher einen weiteren Ansatz zur Optimierung der Indikationsstellung dar. Da die R0-Resektion von Lebermetastasen den Erfolg einer chirurgischen Entfernung bestimmt, sind eine Reihe
von Maßnahmen erarbeitet worden, die das Erreichen dieses Ziels unterstützen (Khatri et al., 2005). Resektionen der Klasse I ( 4 Segmente, Standardhepatektomie) weisen ein deutlich geringeres Risiko der postoperativen Letalität auf (meist unter 3 %) als solche der Klasse II (> 4 Segmente, komplexe Leberresektionen, bilobäre Resektion), bei denen ein Letalitätsrisiko von 8–25 % besteht (Bechstein et al., 2005). Chirurgischen Strategien zur Volumenzunahme des verbleibenden Restparenchyms („future liver remnant“), wie der präoperativen portalvenösen Embolisation, der zweizeitigen Leberresektion bzw. der Kombination von Leberresektion und Tumordestruktion, kommt daher zunehmende Bedeutung zu.
5.2.1. Portalvenöse Embolisation Durch den perkutanen interventionellen Verschluss eines portalvenösen Hauptstammes kommt es zu einer Hypertrophie des weiterhin perfundierten Leberlappens bzw. der Lebersegmente (so genannte „future remnant liver“), wodurch eine Vergrößerung des verbleibenden Leberanteils nach erweiterter Resektion induziert wird. Durch diese Maßnahme kann ein zu kleiner verbleibender Leberanteil (< 20 % in Normalleber, < 30 % in vorgeschädigter Leber) das geforderte Mindestausmaß erreichen und die Leber-
208
Th. Grünberger, B. Grünberger, M. Hünerbein und P. M. Schlag
die alleinige Destruktion durch perkutane RFA oder LITT (Laser Induced Thermal Therapy) wird versucht, hat aber hinsichtlich des lokalrezidivfreien Intervalls schlechtere Ergebnisse als die offene oder laparoskopische interventionelle Behandlung.
5.2.4. Re-Resektion von Lebermetastasen
Abb. 16.1.7. Chemotherapieassoziierte Leberveränderungen (CASH und Chemo-Blue-Liver) und Metastasenregression bei Status nach neoadjuvanter Chemotherapie bei Lebermetastasen eines kolorektalen Karzinoms. Pfeile: Metastasenregression
resektion mit vertretbarem perioperativen Risiko durchgeführt werden.
5.2.2. Zweizeitige Leberresektion Diese Art der Resektion ermöglicht die Entfernung von Metastasen in einer Großzahl der Lebersegmente. Es wird zunächst der den Hauptanteil der Metastasen tragende Teil der Leber entfernt. Nach einer physiologischen Hypertrophie der verbleibenden Leber werden in einem zweiten Eingriff (meist nach einer systemischen Chemotherapie, welche die Progredienz der Erkrankung verhindern soll) die verbliebenen Metastasen reseziert. Mit diesem Verfahren kann bei etwa noch 5 % der Patienten mit nicht resektablen kolorektalen Lebermetastasen eine potenziell kurative Situation erreicht werden (Adam et al., 2000). Das mediane Überleben dieser Patienten liegt hierbei bei 44 Monaten nach der ersten und 31 Monaten nach der zweiten Resektion.
5.2.3. Kombination von Leberresektion und Tumordestruktion Bei diesem Vorgehen wird der den Haupttumor tragende Teil der Leber reseziert und verbliebene kleine Metastasen in der Restleber durch eine intraoperative Radiofrequenzablation (RFA) destruiert. Auch
30–50 % der Patienten nach potenziell kurativer Resektion von Lebermetastasen kolorektaler Karzinome entwickeln erneut Metastasen in der Leber. Ursachen hierfür können nicht adäquate Resektionsgrenzen und nicht erkannte oder residuale Mikrometastasen in der Restleber sein. Daher sind besonders Patienten mit mehreren Metastasen, mit bilobärer Metastasenlokalisation und knappen Resektionsgrenzen gefährdet. Nachdem lange Zeit Rezidivmetastasen als Kontraindikation für eine erneute Operation angesehen wurden, hat sich durch neuere Studien gezeigt, dass zwischen 20 % und 30 % der Patienten mit Rezidiv-Lebermetastasen mit einem angemessenen Risiko erneut operiert werden können (Muratore et al., 2001). Mittlerweile liegen mehrere Studien vor, die diese Ergebnisse bestätigen und 5-Jahresgesamt- bzw. krankheitsfreie Überlebensraten zwischen 26 % und 41 % berichten (Pinson et al., 1996; Schlag et al., 1999; Suzuki et al., 2001). Resultate zeigen, dass die Re-Resektion von Lebermetastasen somit in selektionierten Fällen offensichtlich zu einer Verbesserung der Gesamtüberlebenszeit und bei einigen Patienten sogar zur definitiven Heilung führen kann.
6. Komplikationsmanagement In erfahrenen chirurgisch-onkologischen und hepatobiliären Zentren ist die Komplikationsrate einer konventionellen Tumorresektion bei kolorektalen Lebermetastasen gering. Die Mortalität liegt bei 1 % und die Morbidität unter 20 %. Dies beschränkt sich im Wesentlichen auf Gallefisteln bzw. Biliome, Pleuraergüsse, Wund- und Harnwegsinfektionen. Bei ca. 5 % der Patienten kommt es zum Auftreten von schwerwiegenderen Komplikationen. Hierzu zählen sowohl kardiorespiratorische Komplikationen (Herzinfarkt, Pulmonalarterienembolie) als auch operationstechnisch bedingte Situationen, wie Nachblutung oder Gallenwegskomplikationen mit Revisionsbedarf. Nach neoadjuvanter Therapie ist allerdings die Morbidität (nicht jedoch die Morta-
Kapitel 16.1
Kolorektale Lebermetastasen
lität!) erhöht. Besonders intraabdominelle Infektionen, Fistelbildungen, pulmonale Komplikationen und eine relative Verschlechterung der Leberfunktionen sind häufiger. Inwieweit dies auch auf die ungünstigere Patientenselektion mit komplexen leberchirurgischen Eingriffen zumindest zum Teil mit zurückzuführen ist, bleibt derzeit offen. Bekannt ist allerdings, dass mehr als 80 % der Patienten, die mit Oxaliplatin vorbehandelt wurden, histologisch nachweisbare Veränderungen in der Leber aufweisen, v. a. eine sinusoidale Obstruktion (Rubbia-Brandt et al., 2004). Intraoperativ imponiert diese als subkapsuläre Zirkulationsstörung und wird daher als chemo-blue liver“ bezeichnet (Abb. 16.1.7). Typisch für eine medikamentös vorbehandelte Leber kann eine Chemotherapie-assoziierte Steato-Hepatitis (CASH) sein (Fernandez et al., 2005). Für diese Patientengruppe wurde auch eine erhöhte postoperative Letalität (14,7 % vs. 1,6 %) beschrieben (Vauthey et al., 2006). Vermeidungsstrategien perioperativer Komplikationen orientieren sich präoperativ an einer ausreichenden internistischen präoperativen kardio-pulmonalen Risikoevaluierung, an einem geeigneten anästhesiologischen Management (low-volume anaesthesia, Periduralanästhesie) und einer frühzeitigen postoperativen enteralen Ernährung und Mobilisierung. Jedoch haben adäquate chirurgische Techniken, wie Ultraschalldissektion oder Argonstrahl-Koagulation, und die Vermeidung minderperfundierter Leberareale einen wichtigen objektiven Einfluss bezüglich perioperativer Komplikationen. Ungeklärt ist derzeit noch, welche Faktoren neben einer längeren präoperativen Chemotherapie in Kombination mit molekular zielgerichteten Substanzen zu einer Risikominimierung führen können.
7. Nachbehandlung Die Durchführung einer adjuvanten Chemotherapie nach kurativer Leberresektion von kolorektalen Lebermetastasen hat in den bisher durchgeführten Studien keinen Überlebensvorteil, sondern teilweise sogar eine gesteigerte Morbidität erbracht, weshalb sie nicht als Standard gelten kann. Die aktuelle Auswirkung der EORTC-40983-Studie mit einer perioperativen Chemotherapie (3 Monate vor der Operation gefolgt von 3 Monaten nach der Leberresektion) ergab jedoch einen rezidivfreien Überlebensvorteil.
209
8. Rehabilitation Eine spezifische Rehabilitation ist nach Lebermetastasenresektion in der Regel nicht erforderlich. Die Patienten verlassen üblicherweise nach 8 bis 14 Tagen postoperativer Betreuung das Krankenhaus und sollten nach 4 Wochen ihren präoperativen physischen Status wieder erreicht haben. Eine Mitbeurteilung durch einen Hepatologen in den ersten postoperativen Monaten ist jedoch v. a. nach komplexen Leberresektionen empfehlenswert. Die Kontrollen schließen neben Serum-Bilirubin, Gerinnungswerten das Gesamt-Eiweiß ein, erfordern aber meist keine Substitution.
9. Nachsorge Der strukturierten Nachsorge nach Leberresektion von kolorektalen Metastasen kommt eine wesentliche Bedeutung zu, da bei der frühzeitigen Diagnose eines Lebermetastasen-Rezidivs in vielen Fällen ein neuerlicher kurativer Therapieansatz möglich ist. Es sollte daher in den ersten beiden Jahren nach der Resektion alle 3 Monate eine Nachsorgeuntersuchung stattfinden. Diese besteht in einer Tumormarker-Kontrolle (v. a. CEA, CA 19-9) und einer Abdomen- und Thorax-CT. Der Ausschluss eines Anastomosenrezidivs bzw. eines Zweitkarzinoms erfolgt durch Koloskopie in jährlichen Abständen (bei Verdacht entsprechend früher).
10. Weitere Therapiemodalitäten Aufgrund der Tatsache, dass ein beträchtlicher Anteil von Patienten mit Lebermetastasen primär nicht kurativ resezierbar ist, wurde bereits frühzeitig von Bismuth et al. (1996) das Konzept des „Downsizing“ durch präoperative Chemotherapie entwickelt. Hierzu wurde über 434 Patienten mit kolorektalen Lebermetastasen berichtet, von welchen nur 24 % (N = 104) primär resektabel waren. Durch neoadjuvante systemische Chronopoly-Chemotherapie (FOLFOX) konnten 53 Patienten (dies entspricht 11 % der Gesamtgruppe) in ein resektables Stadium geführt werden. Die vorbehandelten und resezierten Patienten erreichten eine 5-JÜR von 40 % (Bismuth et al., 1996). Mittlerweile liegen verschiedene weitere retrospektive Analysen von fast 400 Patienten mit resektablen kolorektalen Lebermetastasen vor, die im Rahmen von 6 klinischen Therapiestudien
210
Th. Grünberger, B. Gruenberger, M. Hünerbein und P. M. Schlag
zusätzlicher Gabe von VEGF-Inhibitoren (Bevacizumab) ist eine Pause von fünf Wochen einzuhalten (Grünberger et al., 2008).
11. Palliativmaßnahmen
Abb. 16.1.8. Intraoperative Radiofrequenzablation von Lebermetastasen unter Ultraschallkontrolle
behandelt wurden (Giacchetti et al., 1999). Es wurde festgestellt, dass 38 % der chemotherapierten Patienten kurativ reseziert werden konnten und im Durchschnitt 48 Monate überlebten. Im Vergleich dazu betrug die mediane Überlebensrate der nicht operierten Patienten 15,5 Monate. In den Studien variierten allerdings die Resektionsraten erheblich und lagen zwischen 1 % und 60 %, wobei eine Korrelation zwischen Resektionsrate und Ansprechen auf die Systemtherapie bestand (Folprecht et al., 2005). Der Operationszeitpunkt im Rahmen eines neoadjuvanten Chemotherapiekonzeptes sollte nach dem derzeitigen Wissen gewählt werden, sobald der Patient R0-resektabel erscheint. Ein Weitertherapieren über diesen Zeitpunkt hinaus ist nach derzeitigem Wissensstand nicht sinnvoll (Benoist et al., 2006). Der optimale Zeitpunkt zur Operation nach neoadjuvanter Therapie ist zwei bis vier Wochen nach dem letzten Chemotherapiezyklus. Nach
Bei multiplen Metastasen, welche vor allem auch beide Leberlappen involvieren, ist eine Resektion in der Regel nicht indiziert. Für diese Patienten können andere chirurgische oder interventionelle Verfahren in Betracht gezogen werden. Die Kryotherapie mit flüssigem Stickstoff konnte sich aufgrund des hohen technischen Aufwandes der Methode und der interventionellen Undurchführbarkeit nicht durchsetzen. Im Gegensatz hierzu hat die Ablation von Lebermetastasen mittels Hyperthermie durch Laser- und Radiofrequenzapplikation (Abb. 16.1.8) zunehmende Bedeutung erlangt (Vogl et al., 1999). Der Vorteil dieses Verfahrens besteht darin, dass nicht involviertes Leberparenchym bei Patienten mit eingeschränkter Leberreserve geschont wird. Die gute Durchführbarkeit auch bei chirurgisch schwer zugänglichen Metastasen hat zu einer breiten Akzeptanz vor allem bei interventionell tätigen Radiologen geführt. Die Methode ist aber auch intraoperativ entweder im Rahmen einer Laparoskopie oder einer Laparotomie gezielt anwendbar. Verschiedene nicht-randomisierte Studien haben beachtliche Überlebensraten der so behandelten Patienten gezeigt (Kormann et al., 2001; Schumacher et al., 2006). Allerdings gibt es nach wie vor keine randomisierte Studie, welche die Laser- oder Radiofrequenzablation mit der konventionellen chirurgischen Resektion vergleicht. Im Zusammenspiel mit den Fortschritten, welche auch auf dem Gebiet der medikamentösen, aber auch der Strahlentherapie von Lebermetastasen in den letzten Jahren erreicht worden sind, zeichnet sich ein differenziertes und komplexes Management für die Behandlung von kolorektalen Lebermetastasen ab, welches dazu führen soll, dass eine früher fatal verlaufende metastasierte Erkrankung in einen besser beherrschbaren chronischen Krankheitszustand überführt werden kann. Die Wunschvorstellung der Kuration von immer mehr Patienten mit kolorektalen Lebermetastasen ist damit auf dem besten Weg zur Realität.
Kapitel 16.1
Kolorektale Lebermetastasen
211
Tabelle 16.1.1. Voraussage-Score zur Einschätzung der Prognose bei Lebermetastasen (nach Nordlinger et al., 1996): Vergabe von 1 Punkt pro zutreffendem Kriterium, die Summe ergibt die Zugehörigkeit zur entsprechenden Risikogruppe (Tabelle 16.1.2)
Alter
Durchmesser der größten Metastase
Lymphknotenstatus des Primums
PrimärTumorstadium
Tumorfreies Intervall
Anzahl Metastasen
Resektionsabstand
> 60 Jahre
> 5 cm
positiv
pT3
< 2 Jahre
4
< 1 cm
1 Punkt
1 Punkt
1 Punkt
1 Punkt
1 Punkt
1 Punkt
1 Punkt
12. Prognose- und Qualitätskriterien Die Ergebnisse der bisherigen Analysen zu den prognostischen Faktoren, welche das Überleben von Patienten nach Lebermetastasenresektion beeinflussen, sind teilweise nach wie vor widersprüchlich. Zwei Analysen waren jedoch imstande, an großen Patientenzahlen Prognosescores zu erstellen. Fong et al. (1999) haben anhand von fünf Parametern einen Voraussage-Score („Clinical Score Predicting Recurrence“) entwickelt: Lymphknotenstatus des Primums, krankheitsfreies Intervall kleiner 12 Monate, Anzahl der Metastasen, Metastasendurchmesser, CEA > 200 ng/ml. Ein weiteres Scoring-System wurde von Nordlinger et al. (1996) entwickelt. Als prognostische Faktoren wurden hier das Alter des Patienten, Durchmesser der größten Metastase, der Lymphknotenstatus des Primums, das Stadium des Primärtumors, das tumorfreie Intervall, die Anzahl der Lebermetastasen und der Resektionsabstand identifiziert. Für jeden Faktor wird im NordlingerScore ein Punkt vergeben (Tabelle 16.1.1), sodass die Patienten in drei Risikogruppen eingeteilt werden können. Die 2-JÜR variiert für Patienten mit den Punktzahlen 0–2, 3–4, und 5–7 beträchtlich und beträgt 79 %, 60 % bzw. 43 % (Tabelle 16.1.2). Einheitlich messbare Ergebnisgrößen in der Beurteilung der Qualität der Leberresektion in der Behandlung von kolorektalen Lebermetastasen sind die perioperative Mortalität und Morbidität. Eine Information über die Anzahl der behandelten Patienten, Anzahl der R0-Resektionen, Anzahl großer, erweiterter Leberresektionen (Resektion > 3 Segmente) und Krankenhausaufenthaltsdauer sind weitere Parameter, anhand derer man eine Eignung einer Institution als Referenzabteilung beurteilen kann. Die Qualität der durchgeführten Behandlung ist im Langzeitverlauf wohl am besten mit dem rezidivfreien Überleben zu beurteilen, da es über die Sinnhaftigkeit der Resektionsindikation Auskunft
Tabelle 16.1.2. Prognostische Risikogruppen bei Lebermetastasen, die sich aus dem Nordlinger-Score ergeben (nach Nordlinger et al., 1996) Risiko
Punkte
2-JÜR
gering
0–2
79 %
mittel
3–4
60 %
hoch
5–7
43 %
gibt. Gerade in der Indikationsstellung zur Leberresektion ist ein interdisziplinäres Konzept (SOPs) mit etabliertem Tumorboard für hepatobiliäre Malignome zu fordern. Eine kontinuierliche Beteiligung an klinischen Studien und die aktive Mitwirkung von Teammitarbeitern an der Erstellung neuer Studienkonzepte gelten neben der Anzahl durchgeführter Leberresektionen pro Jahr als weitere wichtige Messgrößen eines Zentrums.
13. Ausblick Durch die bemerkenswerte Steigerung der Ansprechraten durch die moderne Poly-Chemotherapie (in Kombination mit „targeted agents“) bei kolorektalen Karzinomen ist die Erzielung einer potenztiell kurativen Operation auch bei zunächst nicht resektablen Lebermetastasen ins Zentrum des onkologischen Interesses gerückt. Die bisher unbeantwortete Frage bleibt die Rate der Langzeitheilungen bei Umsetzung interdisziplinärer Konzepte, in denen die mögliche Leberresektion zentraler Bestandteil ist. Durch ein ständig verbessertes Verständnis der molekularen Hintergründe von Tumorprogression und TherapieAnsprechen (Response Prediction) rückt das „maßgeschneiderte“ Therapiekonzept für jeden einzelnen Patienten in den Vordergrund zukünftiger Entwick-
212
Th. Grünberger, B. Grünberger, M. Hünerbein und P. M. Schlag
lungen. Inwieweit „zielgerichtete Substanzen“ auch nach erfolgter makroskopisch kurativer Resektion weitergegeben werden sollen, ist Endpunkt laufender Studien. Für einen Patienten mit kolorektalen Lebermetastasen hat sich die Chance auf Heilung in den letzten 10 Jahren erheblich verbessert und weitere Fortschritte zeichnen sich realistisch ab. Zusammenfassend gibt es somit die verschiedensten operativen bzw. interventionellen Techniken und Strategien, Lebermetastasen kolorektaler Karzinome erfolgreich zu behandeln. Es besteht zukünftig weniger die Frage, ob Lebermetastasen überhaupt lokaltherapeutisch angegangen werden als vielmehr, in welcher Sequenz die verschiedenen Verfahren zeitlich gestaffelt und kombiniert werden sollen.
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Kapitel 16.1
Kolorektale Lebermetastasen
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Kapitel 16.2
Nonkolorektale Lebermetastasen J. Klempnauer und F. Lehner
1. Einleitung Lebermetastasen können im natürlichen Verlauf einer Vielzahl von malignen Erkrankungen entstehen. Nach Diagnosestellung beträgt die mediane Lebenserwartung in der Regel weniger als 8 Monate, ein Langzeitüberleben wird im Spontanverlauf nur selten beobachtet (Lorenz et al., 1997; Schlag et al., 1999). Die einzige Chance auf Heilung besteht bislang in der Resektion der Metastasen im Gesunden. Dies wurde durch vielfache Studien vor allem für Metastasen kolorektaler Karzinome bestätigt (Liu et al., 2003; Junginger et al., 2003; Seifert et al., 2000; Sarmiento et al., 2003; Nave et al., 2001). Bislang galt aber der prognostische Gewinn der Leberresektion bei nichtkolorektalen, nichtneuroendokrinen Lebermetastasen als unzureichend belegt, wurde hier doch prinzipiell von einer Systemerkrankung ausgegangen, die eine alleinige Metastasenresektion nur selten sinnvoll erscheinen ließ. Viele der bisher veröffentlichten Ergebnisse lassen aufgrund der Inhomogenität des Patienenkollektives und der unterschiedlichen Tumorentitäten eine allgemeingültige Aussage über die Wertigkeit der Leberresektion nur schwer zu.
1.1. Nonkolorektale, nonneuroendokrine Lebermetastasen Die Morbiditäts- und Letalitätsraten bei Leberresektionen sind in den vergangenen Jahren kontinuierlich gesunken (Schlag et al., 1999). Diese Tatsache legt nahe, diese therapeutische Option auch auf nichtkolorektale, nichtneuroendokrine Lebermetastasen auszudehnen. Es konnte gezeigt werden, dass unter bestimmten Voraussetzungen dies auch für den einzelnen Patienten durchaus profitabel ist. Voraussetzung ist jedoch auch hier der kurative Aspekt, da nur eine R0-Resektion und der Ausschluss von extrahepatischem Tumorbefall einen Überlebensbenefit darstellen. Bei Patienten mit Lebermetastasen eines Magenkar-
zinoms wird der Anteil an solitären, theoretisch resektablen Metastasen mit ca. 10 % angegeben (Ochiai et al., 1994; Taniguchi et al., 1997). Für extragastrointestinale Malignome ist dieser Anteil weitaus niedriger. Solitäre Lebermetastasen bei Nierenzellkarzinomen sind selten und treten in ca. 0,4 % der Nierenzellkarzinome auf (Saitoh et al., 1991), beim Mammakarzinom liegt dieser Anteil bei ca. 3 % (Wyld et al., 2003; Schneebaum et al., 1994). Von den Sarkomen metastasieren ca. 1,4 % in die Leber (Hafner et al., 1995). Zu bedenken ist auch der spontane Verlauf der Erkrankung, liegt das mediane Überleben z. B. beim Mammakarzinom unter 6 Monaten, bei Lebermetastasen eines Leiomyosarkoms bei ca. 14 Monaten (Hoe et al., 1991; Ng et al., 1992). Hier gilt es jedoch zu beachten, dass die Überlebenszeiten im Spontanverlauf aus älteren Publikationen stammen und zwischenzeitlich fast jeder Patient einer Therapie zugeführt wird. Dieser Tatsache steht das operative Risiko gegenüber. Sowohl die eigenen als auch die in der Literatur veröffentlichen Daten zeigen unterschiedliche Überlebenszeiten in Abhängigkeit vom Primum. So erscheinen Patienten von einer Leberresektion aufgrund von Metastasen eines Nierenzellkarzinoms oder eines Sarkoms durchaus zu profitieren (Hafner et al., 1995; Jaques et al., 1995), bei Metastasen von Magen- oder Pankreaskarzinomen ist dies generell schwieriger einzuordnen. Zusammenfassend kann man feststellen, dass die Indikation zur Leberresektion bei Metastasen nichtkolorektaler und nichtneuroendokriner Karzinome nur individuell gestellt werden kann. Hier sind vor allem das Ausmaß des hepatischen Befalls, das Fehlen einer extrahepatischen Tumormanifestation, das zeitliche Intervall zum Primärtumor, der Zustand des Patienten und die Möglichkeit multimodaler Therapiekonzepte in Betracht zu ziehen. Bei Vorliegen mehrerer kleiner Metastasen, auch wenn auf einen Leberlappen begrenzt, sollte die Indikation sehr eng gestellt werden, da in diesen Fällen häufig weitere kleine, in der präoperativen Diagnostik nicht detektierte Herde nachweisbar sind. Sollte unter Einbeziehung all dieser Faktoren eine R0-
216
J. Klempnauer und F. Lehner
die Wertigkeit der Leberresektion in diesen Fällen untersuchen, wären wünschenswert, sind aber leider nur schwer durchführbar. Dennoch sollte die resezierende Leberchirurgie auch bei Metastasen nichtkolorektaler, nichtneuroendokriner Karzinome einen Stellenwert im multimodalen Therapiekonzept erreichen.
1.2. Neuroendokrine Lebermetastasen
Abb. 16.2.1. Leberresektat mit multiplen neuroendokrinen Lebermetastasen
Resektion möglich sein, so stellt dies die beste Therapieoption für den Patienten dar. Dennoch können die bisherigen Behandlungsergebnisse nicht über die im Allgemeinen schlechte Prognose hinwegtäuschen. Die Indikation zur Operation sollte in Abhängigkeit von biologischer und funktioneller Operabilität gestellt werden. Dies setzt jedoch eine zunehmende Spezialisierung voraus, sodass solche Eingriffe nur in Zentren mit besonderer Erfahrung durchgeführt werden sollten. Ferner sollten interventionelle, multimodale Therapiekonzepte erarbeitet werden, da die chirurgische Maßnahme alleine bei der Mehrheit der Patienten sicher nur einen Teil im Gesamtkonzept der Behandlung darstellen kann. Unter Beachtung dieser Punkte kann auch die Resektion nichtkolorektaler, nichtneuroendokriner Lebermetastasen für Patienten mit fortgeschrittenen Erkrankungen eine wichtige Therapieoption darstellen. Abschließend bleibt erwähnenswert, dass auch ein großes Leberzentrum nur über eine relativ geringe Fallzahl von Leberresektionen aufgrund nichtkolorektaler, nichtneuroendokriner Lebermetastasen berichten kann. Eine höhere Evidenzstufe ist hieraus sicher nicht abzuleiten und auch nicht zu erwarten. Studien, die
Das Vorliegen von Lebermetastasen stellt bei den neuroendokrinen Tumoren den wesentlichen prognosebestimmenden Faktor dar. Die 5-JÜR mit bzw. ohne Lebermetastasierung beträgt 0–40 % vs. 75–99 %. Die einzige Therapiemaßnahme mit kurativer Intention ist die chirurgische Resektion (Abb. 16.2.1). Wegen des häufigen multizentrischen Auftretens ist die Zahl der Patienten mit resektablen Metastasen jedoch klein. Befürworter und Gegner der Metastasenresektion begründen ihre Ansichten gleichermaßen mit dem oft sehr langsamen Tumorwachstum. Im Hinblick auf die geringe Komplikationsrate und die geringe perioperative Letalität nach Resektion neuroendokriner Lebermetastasen sollte es keinen Zweifel daran geben, dass potenziell kurativ resezierbare Lebermetastasen entfernt werden müssen, da nur die vollständige chirurgische Tumorentfernung dem Patienten eine Heilungschance eröffnet. Im Einzelfall kann nach strenger Selektion und Ausschluss extrahepatischer Metastasen eine Lebertransplantation erwogen werden. Die Indikation zur palliativen Resektion sollte sehr eng gestellt werden und ist nur dann sinnvoll, wenn hierdurch eine hormonassoziierte Symptomatik oder aber lokale Probleme (z. B. Tumorkompression) beseitigt werden können.
2. Diagnostik 2.1. Primärdiagnostik Die prätherapeutische Diagnostik betrifft den Primärtumorbereich, das Ausmaß der hepatischen Metastasierung und extrahepatische Tumorabsiedlungen. Bei gastrointestialen Primärtumoren sollte – je nach Lokalisation – ein obere Intestinoskopie oder eine Koloskopie erfolgen.
2.2. Staging Notwendige Untersuchungen in Hinblick auf eine Leberresektion sind:
Kapitel 16.2
• • • • •
Nonkolorektale Lebermetastasen
Anamnese klinische Untersuchung Sonographie des Abdomens Spiral-CT des Abdomens MRT bei diskrepantem Befund der vorhergehenden Untersuchungen
2.3. Risikoevaluation Der Abschätzung des operativen Risikos kommt eine besondere Rolle zu, da die meisten Patienten mit Lebermetastasen eines nonkolorektalen Karzinoms in einem multimodalen Therapiekonzept stehen. Hier sind in erster Linie Chemotherapeutika zu nennen, die nicht nur kardiale Funktionseinschränkungen verursachen, sondern häufig auch, bedingt durch ihr hepatotoxisches Potenzial, zu einer erheblichen Verminderung der hepatischen Reserve führen. Dies kann zu einer abnehmenden Fähigkeit der postoperativen Leberregeneration und Erholung der Leberfunktion führen. Zur Beurteilung der hepatischen Reserve wurden verschiedene Testmethoden beschrieben (z. B. Indocyanin-ICGRetentionstest („ICG-Clearance“), Aminopyrin-Atemtest). Dabei wird die hepatische Extraktionsleistung einer infundierten Substanz durch zeitabhängige Messung abgeschätzt. Allen gemeinsam ist, dass eine sichere Vorhersage der hepatischen Reserve nicht möglich ist. Einzig die Klassifikation nach Child-Pugh hat sich zur Einschätzung im klinischen Alltag bewährt.
217
4. Präoperative Vorbereitung Die präoperative Vorbereitung umfasst die üblichen Untersuchungen zur Abschätzung des kardiovaskulären Risikoprofils sowie die notwendigen Untersuchungen zur Einschätzung der hepatischen Reserve (s. o.). Aufgrund der Hepatotoxizität und der damit verbundenen Einschränkung der postoperativen Leberregeneration durch Chemotherapeutika sollte eine Leberresektion erst 4 bis 6 Wochen nach Abschluss eines Chemotherapieintervalles durchgeführt werden (sog. Wash-out-Phase für Hepatotoxine).
5. Operative Strategie Ziel der operativen Therapie stellt die Entfernung des Tumors im Gesunden (R0-Resektion) dar. Da es sich um eine generalisierte Systemerkrankung handelt und Rezidive in der Leber häufig sind, sollte das Resektionsausmaß so sparsam wie möglich gewählt werden. Mehrere Studien konnten zeigen, dass selbst ein Sicherheitsabstand unter 1 cm keine schlechtere Prognose aufwies, solange die Resektion im Gesunden erfolgte. In Frage kommen somit alle Formen der Leberresektion, d. h. anatomische, segmentorientierte oder aber atypische Leberresektionen. Die Mindestreserve an funktionalem Lebergewebe sollte bei der gesunden Leber ca. 25 % betragen, im Falle einer präoperativen Leberschädigung (Steatose, Fibrose, Zirrhose oder auch Chemotherapie) ca. 40 %.
3. Vorbehandlung 6. Nachbehandlung Bei ausgedehntem Leberbefall und hierdurch zu erwartender postoperativer Leberfunktionsstörung („small for size syndrome“) besteht durch eine präoperative Pfortaderembolisation (PVE) die Möglichkeit einer Induktion einer Hypertrophie des voraussichtlichen Restleberanteils zur Verbesserung der hepatischen Reserve. Indikationen stellen Leberresektionen mit zu erwartendem Restvolumen unter 25 % bei gesunder oder 40 % bei vorgeschädigter Leber dar. Hierbei ist jedoch zu beachten, dass bei einer Leberzirrhose die Regenerationsfähigkeit der Leber deutlich eingeschränkt und keine signifikante Hypertrophie zu erwarten ist. Bei bereits deutlich eingeschränkter Leberfunktion ist durch die PVE die Induktion eines Leberversagens möglich.
Derzeit besteht kein wissenschaftlicher Nachweis darüber, dass eine adjuvante Therapie nach R0-Resektion von nonkolorektalen, nichtneuroendokrinen Tumoren prognoseverbessernd ist. Liegt nach histologischer Beurteilung eine R0-Situation vor, so ist nach derzeitigem Wissenstand eine weitere spezielle onkologische Therapie nicht erforderlich. Sollte eine R0-Resektion nicht möglich sein, so kann individuell, angepasst an den Primarius, eine palliative Chemotherapie in Erwägung gezogen werden.
7. Rehabilitation Neben den somatischen Auswirkungen stehen bei Patienten mit Lebermetastasen häufig die psychischen und sozialen Störungen im Vordergrund. Hierzu zählt
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J. Klempnauer und F. Lehner
vor allem die Angst vor einem Tumorrezidiv oder Progress der Erkrankung. Hilfen bei der Krankheitsverarbeitung (Coping), Verminderung von Angst, Depressionen, Hilflosigkeit und Hoffnungslosigkeit sowie die Stärkung der Compliance und Motivation sind daher wichtig. Eine intensive psychische Betreuung soll die resignative Haltung der Betroffenen beeinflussen und die berufliche und soziale Leistungsbereitschaft fördern.
8. Nachsorge Der Wert einer strukturierten Tumornachsorge zur Rezidivfrüherkennung und Prognoseverbeserung ist bisher nicht belegt. Dennoch kann trotz vorausgegangener Leberresektion im Falle eines Tumorrezidivs in der Leber eine nochmalige R0-Resektion möglich und sinnvoll sein. Dies ist einer der wesentlichen Gründe für eine regelmäßige Nachsorge bei diesen Patienten (alle sechs Monate klinische Untersuchung, Sonographie Abdomen, Röntgenuntersuchung Thorax, ggf. Tumormarker). Die Nachsorge sollte integrierter Bestandteil des multimodalen Therapiekonzeptes sein, stellt doch die Lebermetastase nur einen Teilaspekt der metastasierenden Grunderkrankung dar.
lich sind eine adäquate Schmerztherapie, Behandlung von Übelkeit, hochkalorische Zusatznahrung gegen tumorbedingten Gewichtsverlust und andere supportive Maßnahmen. Im Vordergrund des therapeutischen Bemühens steht neben einem möglichen Gewinn an Lebenszeit ganz besonders die erreichbare Lebensqualität. Dennoch können resezierende Verfahren an der Leber bei Symptomen, z. B. Kompression des Magens mit nachfolgender Passagestörung durch große Metastasen im linken Leberlappen oder Leberkapselschmerzen im Einzelfall hilfreich sein. Der Wert einer regionalen Chemotherapie konnte bislang nicht ausreichend belegt werden.
11. Prognose- und Qualitätskriterien Die zentrale Ergebnisgröße nach Resektion nonkolorektaler, nichtneuroendokriner Lebermetastasen stellt das Gesamtüberleben und das rezidivfreie Überleben dar. Durch die Optimierung von Operationstechnik und Verbesserung der perioperativen Überwachung konnte die Morbidität und Mortalität nach Leberresektionen deutlich gesenkt werden. Dies darf aber nicht darüber hinweg täuschen, dass die Prognose im Rahmen der Grunderkrankung als schlecht einzustufen ist.
9. Weitere Therapiemodalitäten
12. Ausblick
Eine weitere Therapieoption stellen die lokal ablativen Verfahren dar. Im klinischen Alltag haben sich hierbei die Radiofrequenzablation (RFA) und die laserinduzierte Thermoablation (LITT) durchgesetzt. Die Vorteile dieser Methoden liegen in der geringeren Invasivität und geringeren Morbidität nach dem Eingriff und stellen somit eine Therapiealternative für Patienten dar, bei denen eine Resektion kontraindiziert ist (z. B. Leberzirrhose Child B und C, hohe Komorbidität etc.). Im Falle einer bilobären Lebermetastasierung kann auch eine Kombination aus Resektion und lokal abladierenden Verfahren in Erwägung gezogen werden. Dies kann dann sowohl intraoperativ simultan oder metachron durchgeführt werden. Eine sichere Aussage über tumorfreie Ablationsgrenzen ist methodenbedingt hier nicht möglich.
Eine neuartige und vielversprechende Idee zur Verminderung des Wachstums von bösartigen Lebertumoren stellt die molekulare Blockade verschiedener Stressmoleküle (z. B. Hitzeschockproteine), Adhäsionsfaktoren, Apoptosemarker oder Transkriptionsfaktoren dar, die für das Wachstum und die Metastasierung von Tumoren eine besondere Rolle zu spielen scheinen. Diese Verfahren sind bislang experimentell, erste Ergebnisse deuten jedoch auf neue Therapieansätze hin. Zusammenfassend bleibt im Einzelfall jedoch nur die Erstellung eines individuellen patientenorientierten, interdiziplinären Behandlungsplans.
10. Palliativmaßnahmen Die chirurgische Therapie hat in Bezug auf Palliativmaßnahmen nur eine untergeordnete Rolle. Vordring-
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Kapitel 17.1
Gallenblasenkarzinom G. Schumacher und R. Steininger
1. Einleitung Das Gallenblasenkarzinom steht bei Frauen an siebenter, bei Männern an zehnter Stelle in der Karzinomhäufigkeit und wird wegen seines langen, asymptomatischen Verlaufes meist spät erkannt. Es handelt sich um eine Erkrankung des höheren Alters mit einem Erkrankungsgipfel zwischen dem 60. und 80. Lebensjahr. Das Geschlechterverhältnis männlich : weiblich beträgt 1 : 3, die Inzidenz liegt bei ca. 2,5–4,4 Neuerkrankungen pro 100 000 Personen mit einer höheren Inzidenz in Chile, Japan und Nordindien. Regionale und soziale Unterschiede weisen auf genetische und Umwelteinflüsse in der Karzinogenese hin. Eine begleitende Cholezystolithiasis liegt in 70–90 % der Fälle vor. Allerdings haben 10–30 % der Patienten mit Gallenblasenkarzinom keine Gallensteine und nur 1 % der Gallensteinträger entwickelt ein Karzinom. Obwohl mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit ein pathogenetischer Zusammenhang zwischen Gallensteinen und dem Gallenblasenkarzinom besteht, ist der kausale Beweis bisher ausgeblieben. Als Risikofaktoren gelten asymptomatische Gallensteine > 3 cm (Karzinomrisiko 10-mal höher), eine Porzellangallenblase (Karzinom in bis zu 60 %), Gallenblasenpolypen und pankreatikobiliäre Ganganomalien. Morphologisch handelt es sich in fast 90 % der Fälle um diffus infiltrierende Karzinome, die sich histologisch als mäßig differenzierte Adenokarzinome mit szirrhösem Wachstum präsentieren. Selten sind papilläre Adenokarzinome, muzinöse Adenokarzinome, kleinzellige Karzinome und undifferenzierte Karzinome. Dysplasien werden häufig in der Umgebung eines Karzinoms gefunden.
der Patienten wird das Gallenblasenkarzinom zufällig bei einer Cholezystektomie oder postoperativ am Präparat durch den Pathologen entdeckt. Wichtig ist die genaue Inspektion der eröffneten Gallenblase durch den Chirurgen, vor allem bei schwieriger Cholezystektomie. Verdächtig sind eine umschriebene Verdickung der Gallenblasenwand, ausgedehnte Vernarbung oder sklerosierende Entzündung (Abb. 17.1.1). Eine intraoperative Gefrierschnittuntersuchung ist dann obligat. 80 % der Gallenblasenkarzinome sind im Fundus/Korpusbereich lokalisiert. Die Ausbreitung erfolgt durch direkte Invasion der Nachbarorgane vor allem
2. Diagnostik Das Gallenblasenkarzinom wird meist erst in einem späten Stadium diagnostiziert und zum Zeitpunkt der Diagnosestellung sind nur noch 10–30 % der Patienten chirurgisch sinnvoll behandelbar. Bei 15–20 %
Abb. 17.1.1. Präparat eines Adenokarzinoms der Gallenblase
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G. Schumacher und R. Steininger Tabelle 17.1.1.a TNM-Klassifikation des Gallenblasenkarzinoms (nach UICC/AJCC 2002) T – Primärtumor Tx
Primärtumor kann nicht beurteilt werden
T0
Kein Anhalt für Primärtumor
Tis
Carcinoma in situ
T1
Tumor infiltriert Schleimhaut oder Muskulatur
T1a
Tumor infiltriert Schleimhaut
T1b
Tumor infiltriert Muskulatur
T2
Tumor infiltriert perimuskuläres Bindegewebe, aber keine Ausbreitung jenseits der Serosa oder in die Leber
T3
Tumor perforiert Serosa (viszerales Peritoneum) und/ oder infiltriert direkt die Leber und/oder ein(e) Nachbarorgan/-struktur, z. B. Magen, Duodenum, Kolon, Pankreas, Netz, extrahepatische Gallengänge
T4
Tumor infiltriert Stamm der Vena portae oder A. hepatica oder infiltriert 2 oder mehr Nachbarorgane/strukturen
N – Regionäre Lymphknoten Nx
Regionäre Lymphknoten können nicht beurteilt werden
N0
keine regionären Lymphknotenmetastasen
N1
regionäre Lymphknotenmetastasen
M – Fernmetastasen Mx
Fernmetastasen können nicht beurteilt werden
M0
keine Fernmetastasen
M1
Fernmetastasen
Tabelle 17.1.1.b Stadiengruppierung des Gallenblasenkarzinoms (nach UICC/AJCC 2002) Stadium 0
Tis
N0
M0
Stadium I A
T1
N0
M0
Stadium I B
T2
N0
M0
Stadium II A
T3
N0
M0
Stadium II B
T1, T2, T3
N1
M0
Stadium III
T4
jedes N
M0
Stadium IV
jedes T
jedes N
M1
in die Leber, peritoneal, lymphogen und hämatogen. Die regionären Lymphknoten sind die am Ductus cysticus, die pericholedochalen, hilären, peripankreatischen (Kopf), periduodenalen, periportalen, zöliakalen Lymphknoten sowie jene an der A. mesenterica superior. Die hämatogene Metastasierung erfolgt über die Gallenblasenvenen zur intrahepatischen Pfortader, weiters in Lunge, Knochen, Nebenniere, Haut, Ovarien und Milz. Die klinischen Symptome eines Gallenblasenkarzinoms sind uncharakteristisch und in frühen Stadien meist durch das begleitende Steinleiden bestimmt. Eine Änderung der Symptomatik bei Cholezystolithiasis muss an ein Karzinom denken lassen. Rechtsseitige Oberbauchschmerzen (70–90 %), tastbarer Tumor am rechten Rippenbogen (65 %), Übelkeit und Erbrechen (30 %), Gewichtsabnahme (30 %) sind häufig. Ein Ikterus liegt in ca. 40 % der Fälle vor und wird meist durch einen fortgeschrittenen Tumor verursacht. Laborchemisch kann ein erhöhtes CA 19-9 oder CEA als Tumormarker hinweisend sein. Bildgebend sollte jedes Gallenblasen- oder Gallengangsleiden mittels Sonographie abgeklärt werden. Frühe Karzinome präsentieren sich als komplexe Raumforderungen, die das Lumen ausfüllen, ohne Steinkriterien zu zeigen, oder umschriebene Wandverdickungen (DD: akute/chronische Cholezystitis). Bei fortgeschrittenen Karzinomen verschwindet die Grenze zwischen Gallenblasenwand und Lebergewebe (Abb. 17.1.2). Die Sonographie kann auch Polypen und begleitende Gallensteine aufzeigen. Die diagnostische Treffsicherheit der Sonographie liegt bei über 80 %, hat aber ihre Limitation in der Beurteilung der befallenen Lymphknoten. Durch die Endosonographie kann die Tiefenausdehnung des Tumors (T-Staging) gut bestimmt werden. CT und MRT können kontrastmittelverstärkt sowohl das T-Stadium, vergrößerte regionale Lymphknoten sowie die Infiltration von Leber oder anderen Nachbarorganen gut darstellen (Abb. 17.1.3). Eine MRT ist bei Verdacht auf Infiltration der Gefäße des Lig. hepatoduodenale sehr hilfreich. Bei Ikterus muss der Befall des ableitenden Gallengangssystems durch eine endoskopische retrograde Cholangiopankreatikographie (ERCP), eine perkutane transhepatische Cholangiographie (PTC) oder besser mittels Magnetresonanz-Cholangiopankreatikographie (MRCP) dargestellt werden, um den chirurgischen Eingriff besser planen zu können. Bei Verdacht auf eine Peritonealkarzinose sollte diese durch Laparoskopie ausgeschlossen werden. Eine Ultraschall- oder CT-gezielte Feinnadel-Aspirations-Zytologie dient der Diagnosesicherung in fortgeschrittenen Fällen, bei
Kapitel 17.1
Gallenblasenkarzinom
223
denen ein nichtchirurgisches, palliatives Management geplant ist. Aus den vorgenannten Untersuchungen und ev. intraoperativen Befunden ergibt sich die Stadienzuordnung nach dem TNM-System der UICC/AJCC 2002 (Tabelle 17.1.1.a und b).
B 3. Vorbehandlung Für eine sinnvolle Vorbehandlung gibt es keine Daten, die zeigen konnten, dass durch eine präoperative Therapiemodalität (Chemotherapie, Bestrahlung) die Resektabilität gesteigert und dadurch das Überleben verbessert werden kann. Soll der rechte Leberlappen reseziert werden und der linke Leberlappen ist klein – es würde also zu wenig Restparenchym nach der Resektion übrig bleiben –, kann eine Vergrößerung desselben durch Pfortaderembolisation des rechten Leberlappens erreicht werden. Besteht ein Verschlussikterus mit Zeichen einer Infektion (Cholangitis), soll das gestaute Gallengangssystem vor einer Operation perkutan transhepatisch drainiert und eine gezielte Antibiotikatherapie eingeleitet werden.
4. Präoperative Vorbereitung
A
Abb. 17.1.2. Sonographie eines Gallenblasenkarzinoms; A Tumor, B Infiltration ins Leberbett
Die Vorbereitung auf eine geplante radikale Resektion entspricht der einer Leberoperation (s. Kapitel 15).
5. Operative Strategie Die Behandlung individueller Patienten hängt von ihren Symptomen bei Vorstellung, von ihrem Allgemeinzustand und dem Tumorstadium ab. Alter, Ernährungszustand, Begleiterkrankungen etc. müssen bei der Therapieentscheidung berücksichtigt werden. Die einzige potenziell kurative Therapie beim Gallenblasenkarzinom ist die radikale Resektion (R0) und diese muss bei allen chirurgischen Eingriffen angestrebt werden (Dixon et al., 2005). Es gibt bis heute keine Rolle für die zytoreduktive Chirurgie bei dieser Erkrankung, da wirksame adjuvante Therapieoptionen fehlen (Misra et al., 2003). Meist präsentiert sich das Gallenblasenkarzinom in einem fortgeschrittenen Stadium, und nur 10–30 % der Patienten kommen für einen chirurgischen Eingriff in Frage. Um praktische Richtlinien für die chirurgische Therapie des Gallenblasenkarzinoms zu erarbeiten, kann man die Patienten in 2 Gruppen einteilen:
Abb. 17.1.3. CT: Gallenblasenkarzinom im Fundus (T2, N0, M0)
•
•
Patienten, bei denen das Gallenblasenkarzinom während oder nach einer laparoskopischen/ offenen Cholezystektomie zufällig entdeckt wird. Patienten, bei denen die Diagnose vor einer Operation gestellt und komplett abgeklärt wurde.
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G. Schumacher und R. Steininger
T is oder T 1a
Schnittränder negativ
T 1b
T 1b
peritoneale Oberfläche
nichtperitoneale Oberfläche
Schnittränder positiv
T 2–4
resektabel
M1
nicht resektabel
Nachresektion incl. D. cysticus, Lebersegment V (evtl. IVb) keine operative Therapie
LK-Dissektion Lig. hepatoduodenale
palliative Therapie
Abb. 17.1.4. Operative Strategie nach intra- oder postoperativem Zufallsbefund eines Gallenblasenkarzinoms
5.1. Gallenblasenkarzinom als peri- oder postoperativer Zufallsbefund im Rahmen einer Cholezystekomie Ein Gallenblasenkarzinom wird bei < 1 % der wegen eines gutartigen Gallenblasenleidens durchgeführten Cholezystektomien gefunden. Wird das Karzinom während der Operation entdeckt, muss der Chirurg das Ausmaß der Erkrankung feststellen und entscheiden, ob eine radikale Resektion möglich und diese dem Patienten zumutbar ist. Wird ein Gallenblasenkarzinom während einer laparoskopischen Cholezystektomie diagnostiziert, soll auf eine offene Operation konvertiert werden. Bei jeder schwierigen Cholezystektomie muss an ein Gallenblasenkarzinom gedacht werden. Alle entfernten Gallenblasen müssen eröffnet und auf verdächtige Läsionen untersucht werden. Von
verdächtigen Stellen wird ein intraoperativer Gefrierschnitt gemacht und die Tiefenausdehnung durch den Pathologen festgestellt. Bei einer Tumorausbreitung in der Schleimhaut (Tis, T1a) und negativen Schnitträndern ist keine weitere Therapie als die einfache Cholezystektomie erforderlich. Bei einem Befall der Muskulatur (T1b), insbesondere bei Tumorsitz am Gallenblasenbett der Leber, oder Befall der subserösen Schicht (T2) oder bei Durchbrechen der Serosa (T3) muss eine radikale Cholezystektomie durchgeführt werden, da die Gallenblase bei einer Routinecholezystektomie in der subserösen Schicht aus dem Leberbett ausgeschält wird und dabei Tumorgewebe zurückbleiben kann. Auch besteht ein erhöhtes Risiko, dass die angrenzende Leber (venöser Abfluss!) befallen ist. Bei T1b bestehen schon in 15 % Lymphknotenmetastasen (Ogura et al., 1991). Tumoren im Stadium T2 oder weiter
Kapitel 17.1
Gallenblasenkarzinom
fortgeschrittene Tumoren haben in 40–80 % bereits regionäre Lymphknotenmetastasen. Die radikale (erweiterte) Cholezystektomie umfasst die Entfernung der Gallenblase mit einem 2–3 cm breiten Lebersaum, bei Patienten mit geringem operativem Risiko besser die anatomische Resektion der Segmente IVb und V. Des Weiteren sind eine Lymphadenektomie des Lig. hepatoduodenale bis zum Tripus coeliacus und eine Entfernung der Lymphknoten hinter dem Duodenum und dem Pankreaskopf bis hin zur A. mesenterica superior erforderlich. Kann diese Operation vom Chirurgen nicht adäquat ausgeführt werden, soll der Patient an ein spezialisiertes Zentrum zugewiesen und dort die Re-Operation geplant durchgeführt werden. Wird das Gallenblasenkarzinom erst durch den Pathologen in der postoperativen Histologie festgestellt, so hängt die weitere Therapie von der festgestellten Tumorinfiltration (pT) und der Beschaffenheit der Schnittränder (R-Klassifikation) ab (Abb. 17.1.4). Wurde die Cholezystektomie laparoskopisch durchgeführt, so muss die Gefahr von Impfmetastasen in den Trokareinstichstellen bedacht werden und diese sollten bei der Re-Operation exzidiert werden. Ein positiver Schnittrand am Ductus cysticus erfordert zusätzlich die Entfernung des extrahepatischen Gallengangssystems mit einer Hepatiko-Jejunostomie. Bei direkter Invasion der Leber (T3, T4) kann eine Resektion der Segmente IVa und V oder eine auf IV erweiterte Hemihepatektomie rechts notwendig sein. Bei einer Re-Operation wird in 40–76 % zurückgebliebenes Tumorgewebe gefunden (Shirai et al., 1992). Die radikale Re-Resektion hat in vielen retrospektiven Untersuchungen für T2- und T3-Tumore gegenüber der einfachen Cholezystektomie einen deutlichen Überlebensvorteil gezeigt. So lebten bei T2-/T3-Tumoren mit einfacher Cholezystektomie nach 5 Jahren noch 19–40 % der Patienten, nach radikaler Cholezystektomie betrug das 5-Jahres-Überleben 61–90 % (Fong et al., 2000).
5.2. Präoperativ gesichertes Gallenblasenkarzinom Das chirurgische Management eines präoperativ diagnostizierten Gallenblasenkarzinoms hängt von den Befunden der klinischen und radiologischen Untersuchungen ab. Ist der Tumor auf die Gallenblase beschränkt, soll eine radikale Cholezystektomie angestrebt werden. Häufig handelt es sich aber um fortgeschrittene Tumorstadien, die chirurgisch nicht sinnvoll behandelbar sind. Ziel des chirurgischen Managements ist die radikale Entfernung des Tumors. Kann anhand der präoperativen Befunde abgeschätzt werden, dass
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dieses Ziel auch mit einer radikalen Cholezystektomie, Entfernung der extrahepatischen Gallengänge, erweiterten Leberresektion bis hin zur partiellen Duodenopankreatektomie (Nimura et al., 1991) bei dafür hinsichtlich des Allgemeinzustands geeigneten Patienten nicht erreicht wird, so ist eine Operation nicht sinnvoll, da ein Tumordebulking beim Gallenblasenkarzinom keinen Stellenwert hat. Limitierend sind hier meist der Allgemeinzustand des Patienten und der Befall der paraaortalen Lymphknoten. Eine Lymphadenektomie der paraaortalen Lymphknoten bringt keinen Überlebensvorteil bei radikaler Cholezystektomie. Des Weiteren ist eine chirurgische Resektion kontraindiziert, wenn multiple Lebermetastasen, maligner Aszites, peritoneale Metastasen, Fernmetastasen oder ein ausgedehnter Befall des Lig. hepatoduodenale mit Infiltration der großen Gefäße vorliegen. Ein direkter Befall des Kolons, Duodenums oder der Leber stellt primär keine Kontraindikation zur radikalen Operation dar. Bei Verdacht auf peritoneale Aussaat kann eine diagnostische Laparoskopie dem Patienten eine unnötige Laparotomie ersparen. Die geplante Operation eines Gallenblasenkarzinoms sollte immer offen und nicht laparoskopisch durchgeführt werden. T3- und T4-Karzinome haben eine geringere Überlebenswahrscheinlichkeit verglichen mit früheren Stadien, aber es wurde gerade in den letzten Jahren gezeigt, dass bei chirurgisch-radikaler Entfernung des Tumors auch ein Langzeitüberleben möglich ist. Ermutigende 5-JÜR von 15–63 % für T3 und 7–25 % für T4 wurden nach radikaler Cholezystektomie berichtet, während kein Patient mit einfacher Cholezystektomie mit einem T3/T4-Karzinom 5 Jahre überlebte. Vor allem japanische Gruppen favorisieren einen noch radikaleren chirurgischen Ansatz bis hin zur Duodenopankreatektomie, rechten Hemikolektomie und Nephrektomie mit 54 % 1-Jahres-, 23 % 2- Jahres- und 15 % 5-Jahres-Überleben, allerdings mit hoher Morbidität und operativer Mortalität. Diese erweiterten Eingriffe sollten nur bei selektionierten Patienten ausgeführt werden. Insgesamt ist das Gallenblasenkarzinom eine hochmaligne Erkrankung mit schlechter Prognose. Es wird für das Gallenblasenkarzinom eine 5-JÜR von 0–10 % angegeben, für Patienten nach potenziell kurativer Resektion 10–60 %, abhängig vom Tumorstadium.
6. Komplikationsmanagement Siehe Kapitel 17.2, „Gallengangskarzinom“, sowie Kapitel 15, 16.1 und 16.2.
226
G. Schumacher und R. Steininger
7. Nachbehandlung Es gibt derzeit keinen gesicherten wissenschaftlichen Nachweis an größeren Patientenkollektiven, dass eine adjuvante Therapie beim Gallenblasenkarzinom das Überleben der Patienten verbessert. Der einzige bedeutende Prognosefaktor ist derzeit die R0-Resektion. Da die Ergebnisse auch mit sehr radikaler Chirurgie alleine nicht überzeugend sind, muss die Hoffnung auf zukünftigen adjuvanten Therapiestrategien beruhen.
8. Rehabilitation und Nachsorge Die Nachsorge generell konzentriert sich beim Großteil der Patienten auf die Überwachung des Allgemeinzustandes, des klinischen Verlaufes und der Leberfunktion. Eine onkologische Nachsorge ist nur nach radikaler Resektion im Rahmen von Studien und zur Qualitätssicherung der durchgeführten Therapie sinnvoll. In den ersten 2 Jahren nach der R0-Resektion sollen alle 3 Monate eine klinische und laborchemische Kontrolle (Leberwerte, CA 19-9, CEA) sowie alle 6 Monate eine Sonographie (ev. CT) des Oberbauches durchgeführt werden. Auch bei onkologischer Nachsorge entdeckt man selten ein resezierbares Rezidiv. In den meisten Fällen besteht ein zentraler Lebereinbruch, eine Hilusmetastasierung oder Fernmetastasen und der Patient wird davon symptomatisch. Es sind dann zur Palliation dieselben Maßnahmen indiziert wie beim inoperablen Primärtumor. Bei Auftreten eines Verschlussikterus ist eine palliative Galleableitung mittels Stent notwendig, bei Auftreten einer Cholangitis eine antibiotische Therapie; ebenso eine Überwachung der Funktion der palliativen Ableitung durch Bestimmung der Leberwerte im Blut sowie ein frühzeitiger Stentwechsel, noch bevor ein Verschlussikterus durch Inkrustation oder Tumorüberwucherung und in der Folge eine Cholangitis auftreten.
9. Weitere Therapiemöglichkeiten 9.1. Strahlentherapie Das Gallenblasenkarzinom erweist sich als relativ strahlenresistent, daher ist eine kurative Strahlentherapie nicht möglich. Als adjuvante Therapie zur chirurgisch radikalen Resektion konnte jedoch für eine intraoperative Bestrahlung oder postoperative externe Bestrahlung (gemeinsam mit 5-FU) in kleinen Serien ein Vorteil gefunden werden (Kresl et al., 2002). Diese Ergebnisse ermutigen, jedoch muss die adjuvante
Strahlentherapie erst in weiteren Studien untersucht werden, ehe sie als Standard empfohlen werden kann.
9.2. Chemotherapie Es gibt beim Gallenblasenkarzinom vergleichsweise wenige Studien über die Behandlung mit Chemotherapie. 5-Fluorouracil (5-FU) allein und in verschiedenen Kombinationen mit Adriamycin, Mitomycin C, systemisch und auch als Leberarterieninfusion zeigte keinen nennenswerten Erfolg. Die besten Ansprechraten wurden mit einer Kombination aus Gemcitabin und Cisplatin erzielt. Hier konnte bei fortgeschrittenen Gallenblasenkarzinomen eine Response Rate von 61 % erreicht werden (Misra et al., 2003). Diese vielversprechenden Ergebnisse müssen aber erst in weiteren klinischen Studien geprüft werden. Eine alleinige oder auch adjuvante Chemotherapie kann derzeit außerhalb von klinischen Studien nicht empfohlen werden.
10. Palliativmaßnahmen Patienten mit nicht resektablem fortgeschrittenen Gallenblasenkarzinom zeigen häufig eine Infiltration der großen Gallenwege und der Leberpforte und dadurch bedingt einen Verschlussikterus. Eine palliative Gallengangsdrainage (Stent) wird heute vorwiegend endoskopisch oder perkutan transhepatisch eingebracht und ist in über 90 % erfolgreich. Die chirurgische Drainage mit bilio-digestiver Anastomose ist beim Gallenblasenkarzinom nahezu obsolet. In einzelnen Fällen kann bei Versagen der interventionellen Therapie eine biliodigestive Anastomose zum linken Gallengangssystem hilfreich sein. Bei einer Magenausgangsstenose oder Obstruktion des Dickdarmes kann eine Gastroenteroanastomose oder Umgehungsanastomose notwendig sein. Eine Schmerzpalliation durch Blockade des Plexus coeliacus mit hochprozentigem Alkohol kann dem Patienten helfen. Ein Palliativeffekt durch perkutane Strahlenapplikation ist in etwa 20 % der Fälle zu erwarten. Intraluminale Brachytherapie mit Ir-192 durch einen perkutan transhepatischen Zugang kann bei einer Gallengangsobstruktion den Verschlussikterus palliieren.
11. Qualitäts- und Prognosekriterien Standardisierte und vergleichbare Parameter im chirurgischen Management des Gallenblasenkarzinoms sind
Kapitel 17.1
Gallenblasenkarzinom
die 30-Tage- oder Krankenhausletalität, das Gesamtüberleben und das rezidivfreie Überleben. Zunächst muss aber die chirurgische Technik wie die radikale Cholezystektomie und die dazugehörige Lymphadenektomie (Entfernung aller regionären Lymphknoten) mit vergleichbarem Standard durchgeführt werden. Dies setzt Erfahrung in der Leber- und Pankreaschirurgie voraus. Sehr bedeutend wird die Krankenhausletalität vor allem bei den erweiterten Eingriffen beim T3und T4-Karzinom, die natürlich nie den onkologischen Gewinn im Langzeitüberleben übersteigen darf. Bei einem Langzeitüberleben von 7–25 % (5-Jahres-Überleben, T4-Karzinom), wie es von erfahrenen Zentren angegeben wird, ist der Grat ziemlich schmal und es ist die Zuweisung an ein Zentrum einzufordern.
12. Ausblick Da es beim Gallenblasenkarzinom derzeit keine gesichert wirksame additive oder adjuvante Therapieform zur chirurgisch radikalen Resektion gibt, muss ein Schwerpunkt der aktuellen und zukünftigen Forschung natürlich in der Entwicklung wirksamer Substanzen liegen. Da bei 80 % der Patienten mit einem Gallenblasenkarzinom Gallensteine vorliegen, muss natürlich auch die prophylaktische Cholezystektomie der asymptomatischen Gallensteinträger diskutiert werden. Da die operative Letalität aber der Inzidenz des Gallenblasenkarzinoms bei einer Cholezystolithiasis entspricht, kann dies nicht sinnvoll vorgeschlagen werden. Auf-
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gabe künftiger Forschung wäre es daher, den pathogenetischen Zusammenhang zwischen Steinleiden und Karzinom aufzuklären und Risikofaktoren zu definieren, um bei Patienten mit erhöhtem Risiko das Gallenblasenkarzinom in einem früheren Stadium zu diagnostizieren (ev. mittels Vorsorge durch regelmäßige Oberbauchsonographie) oder bei diesen Patienten eine prophylaktische Cholezystektomie vorzunehmen.
13. Literatur Dixon E, Vollmer CM, Jr., Sahajpal A et al. (2005) An aggressive surgical approach leads to improved survival in patients with gallbladder cancer: a 12-year study at a North American Center. Ann Surg 241: 385–394 Fong Y, Jarnagin W, Blumgart LH (2000) Gallbladder cancer: comparison of patients presenting initially for definitive operation with those presenting after prior noncurative intervention. Ann Surg 232: 557–569 Kresl JJ, Schild SE, Henning GT et al. (2002) Adjuvant external beam radiation therapy with concurrent chemotherapy in the management of gallbladder carcinoma. Int J Radiat Oncol Biol Phys 52: 167–175 Misra S, Chaturvedi A, Misra NC, Sharma ID (2003) Carcinoma of the gallbladder. Lancet Oncol 4: 167–176 Nimura Y, Hayakawa N, Kamiya J et al. (1991) Hepatopancreatoduodenectomy for advanced carcinoma of the biliary tract. Hepatogastroenterology 38: 170–175 Ogura Y, Mizumoto R, Isaji S, Kusuda T, Matsuda S, Tabata M (1991) Radical operations for carcinoma of the gallbladder: present status in Japan. World J Surg 15: 337–343 Shirai Y, Yoshida K, Tsukada K, Muto T (1992) Inapparent carcinoma of the gallbladder. An appraisal of a radical second operation after simple cholecystectomy. Ann Surg 215: 326–331
Kapitel 17.2
Gallengangskarzinom G. Schumacher und R. Steininger
1. Einleitung Das Gallengangskarzinom ist mit 3 % aller Tumoren eine seltene Erkrankung. Es kann an jeder Stelle des Gallengangssystems, von den kleinsten peripheren intrahepatischen Gallengängen bis zur Papilla vateri entstehen und wird auf Grund der Lokalisation in drei Subtypen unterteilt: Das intrahepatische cholangiozelluläre Karzinom (CCC, s. auch Kapitel 15), das hiläre oder zentrale Gallengangskarzinom (KlatskinTumor) und das distale Gallengangskarzinom. Das Papillenkarzinom stellt eine Sonderform dar und wird hier nicht weiter berücksichtigt. Histologisch handelt es sich bei den Gallengangskarzinomen in 90 % um Adenokarzinome. Andere Formen sind adenosquamöse Karzinome, Plattenepithelkarzinome, kleinzellige Karzinome und undifferenzierte Karzinome. Die Inzidenz variiert stark, je nach geographischer Region und Geschlecht. Sie stieg beim intrahepatischen und extrahepatischen Gallengangskarzinom in den letzten Jahren an. So liegt die Häufigkeit des intrahepatischen Gallengangskarzinoms in Nordost-Thailand bei Männern doppelt so hoch wie bei Frauen. Auf 100 000 Einwohner erkranken dort 96 Männer und 38 Frauen. Dagegen werden in Australien auf 1 000 000 Einwohner nur 1 bis 2 cholangiozelluläre Karzinome diagnostiziert. Bei den extrahepatischen Gallengangskarzinomen wird je nach Region weltweit eine Inzidenz von 0,5 bis 1 Erkrankung auf 100 000 Einwohner angegeben.
Gallengangsgabel und der distal davon gelegenen Tumoren zum schmerzlosen Verschlussikterus. Eine besondere Situation besteht bei der primär-sklerosierenden Cholangitis (PSC), die als Präkanzerose des Gallengangskarzinoms gilt. Somit sind bei gesicherter PSC das Auftreten höhergradiger Gallengangsstenosen, ein Anstieg von CA 19-9 und segmentale periduktale Verdickungen sowie Dysplasien im Feinnadelaspirat verdächtig auf das Vorliegen eines Gallengangskarzinoms.
2.1. Biochemische Untersuchungen Ein Gangverschluss beim zentralen oder peripheren Gallengangskarzinom führt zum Anstieg der Cholestaseparameter mit Auftreten eines Ikterus. Zur Einschätzung eines eventuell vorliegenden Leberparenchymschadens werden Syntheseparameter wie Thromboplastinzeit („Quick-Wert“), Serumalbumin sowie die Cholinesterase untersucht. Aber auch indirekte Hinweise für das Vorliegen einer Zirrhose wie die Thrombozytenzahl bei Splenomegalie und sekundärem Hypersplenismus sind wegweisend. Verlässliche Tumormarker sind nicht vorhanden. Am häufigsten sind CA 19-9 und CEA erhöht. Das CA 19-9 zeigte eine Sensitivität von 53 % für das cholangioläre Karzinom, wenn es 100 U/ml überstieg (Patel et al., 2000).
2.2. Bildgebende Diagnostik 2.2.1. Sonographie 2. Diagnostik Bei der Diagnostik des Gallengangskarzinoms ist die korrekte Einteilung der Tumoren nach Lokalisation und Ausdehnung für das folgende Therapiemanagement von entscheidender Bedeutung. Der diagnostische Ablauf wird durch die Symptomatik bestimmt. Während das intrahepatische CCC keine wegweisenden Symptome verursacht, kommt es bei den Tumoren der
Die Sonographie gibt bereits im ambulanten Bereich Informationen über eine Gallenwegserweiterung, die sich bei den Klatskin-Tumoren nur intrahepatisch und bei den distalen Gallengangskarzinomen intra- und extrahepatisch darstellt. Diese Tumoren sind aufgrund des intramuralen Wachstums oft nicht direkt sichtbar. Ein intrahepatischer Tumor lässt sich hingegen zumeist als Raumforderung darstellen. Die Befunde der
230
G. Schumacher und R. Steininger a
b
Abb. 17.2.1. Beispiele für CT-Befunde von Gallengangskarzinomen: a) intrahepatisches CCC im rechten Leberlappen, b) zentraler Gallengangtumor (Klatskin) mit deutlich erweiterten Gallengängen ohne direkten Tumornachweis
Sonographie geben dann Anlass zur fortführenden Diagnostik.
2.2.2. CT Eine kontrastmittelverstärkte 3-Phasen-Spiral-CT kann Tumoren ab 1 cm Durchmesser darstellen. Beim intrahepatischen CCC gibt die CT ausreichend Information über die Größe des Tumors und über die Beziehung zu den großen Gefäßen wie Lebervenen und Pfortader, sodass hiermit meist über die Operabilität entschieden werden kann. Da Klatskin-Tumoren bei Auftreten der ersten Symptome in der Regel kein Massenwachstum zeigen, können sie mit dieser Untersuchung häufig nicht direkt dargestellt werden. Die intrahepatische Gallenwegserweiterung gibt jedoch einen zuverläs-
Abb. 17.2.2. Angio-CT mit Darstellung einer Stenose des rechten Pfortaderastes (Pfeil) bei Klatskin-Tumor
sigen Hinweis. Abbildung 17.2.1 zeigt CT-Bilder eines intrahepatischen CCC und eines Klatskin-Tumors. Die Bedeutung der CT liegt auch in der präoperativen Volumetrie des linkslateralen Leberlappens (Segmente II und III), da häufig nur dieser Anteil als Restleber nach einer Trisektorektomie rechts verbleibt. Daher ist die Volumetrie für die Evaluierung der Operabilität im Zweifel über eine ausreichende Parenchymreserve unerlässlich. Gallengangskarzinome sind nur selten mit einer Leberzirrhose assoziiert. In einigen Serien liegt der Anteil bei etwa 10 %. Zeichen einer Leberzirrhose können mit klinischem Befund, CT und dem präoperativen Labor ausreichend gut beurteilt werden. Hierzu gehören in der CT eine veränderte Dichte der Leber, eine unregelmäßige Oberfläche, eine Splenomegalie sowie die Erkennung von Kollateralvenen.
Abb. 17.2.3. MRCP bei Klatskin-Tumor. Die intrahepatischen Gallengänge sind deutlich erweitert. Die extrahepatischen Gallengänge zeigen ein normales Kaliber.
Kapitel 17.2 a
Gallengangskarzinom
231 b
Abb. 17.2.4. ERC-Befunde: a) primär-sklerosierende Cholangitis mit unregelmäßiger Struktur des gesamten Gallengangssystems, b) Klatskin-Tumor Typ I nach Bismuth mit definierter Stenose unmittelbar unterhalb der Gallengangsgabel
Die CT-Angiographie ist eine Darstellung mit Rekonstruktion der leberversorgenden Gefäße. Sie gibt Hinweise über Gefäßinfiltrationen und kann häufig eine konventionelle Angiographie ablösen (Abb. 17.2.2).
2.2.3. MRT Diese Untersuchungstechnik hat einige Vorteile gegenüber der CT. Durch die Möglichkeit der kombinierten MRT und der Magnetresonanz-Cholangio-Pankreatographie (MRCP) können sowohl Läsionen direkt dargestellt, als auch eine dreidimensionale Rekonstruktion der Gallenwege angefertigt werden. Wiederum lassen sich die Klatskin-Tumoren nicht direkt darstellen, jedoch geben, wie bei der CT oder Sonographie, dilatierte intrahepatische Gallenwege bei normalkalibrigen extrahepatischen Gallenwegen Aufschluss über den Sitz der Gallengangsstenose (Abb. 17.2.3). Auch komplett verschlossene Gallenwege, die sich proximal der Tumorstenose befinden, sind im Gegensatz zur ERC gut erkennbar. Die Kenntnis der Gallenwegssituation undrainierter Gallenwege proximal des Tumors ist besonders wichtig für die Operationsplanung.
lengänge durch Einbringen eines Stents entlasten. Da im eigenen Vorgehen Klatskin-Tumoren meist durch eine Trisektorektomie rechts behandelt werden, wird der Stent in das linke Gallengangssystem platziert. So kann die Galle aus dem später verbleibenden Leberanteil abfließen, wodurch eine präoperative Parenchymschädigung durch Gallestau verhindert wird. Ferner kann Galle gewonnen oder ein Bürstenabstrich zur zytologischen Untersuchung entnommen werden. Dies ist besonders bei der PSC von Bedeutung, die als Präkanzerose für ein Gallengangskarzinom gilt und sich in der Diagnostik wie ein Gallengangskarzinom darstellen kann (Abb. 17.2.4). Die präoperative Drainage mit Stenteinlage wird aber von anderen Gruppen kontrovers beurteilt. Im Vordergrund steht dabei das Risiko einer interventionsbedingten Cholangitis. Auf-
2.2.4. Endoskopische retrograde Cholangiographie (ERC) und perkutane transhepatische Cholangiographie (PTC) Die ERC bietet im Vergleich zur MRCP die Möglichkeit einer Intervention und durch die Möglichkeit eines selektiven, d. h. segmentalen oder unilateralen Druckaufbaus von distal mittels Ballonsonde mitunter auch die exaktere Visualisierung (Ikeda et al., 1981). Bei distalen Gallengangskarzinomen und KlatskinTumoren lassen sich in der Regel die gestauten Gal-
Abb. 17.2.5. Angiographie: tumorbedingte Stenose der A. hepatica dextra (Pfeil)
232
G. Schumacher und R. Steininger
Typ I
Typ II
Typ IIIa
Typ IIIb
Typ IV
Typ IV
Abb. 17.2.6. Klassifikation der Klatskin-Tumoren nach Bismuth
grund des selektiven Vorgehens bei der ERC, das nach vorangegangener MRCP möglich ist, halten wir dieses Risiko im eigenen Vorgehen für nicht relevant.
2.2.5. Angiographie Mit der Angiographie können tumorbedingte Stenosen diagnostiziert werden (Abb. 17.2.5). Wir haben auch nach Embolisation der rechten Arterie eine Hypertrophie des linken Leberlappens beobachtet und so die Sicherheit der Resektion erhöhen können (s. u.).
Tab. 17.2.1a Klinische TNM-Klassifikation der extrahepatischen Gallengangskarzinome (nach UICC 2002)
2.2.6. Positronenemissionstomographie (PET) Tis
Carcinoma in situ
T1
Tumor auf Gallengang beschränkt
T2
Tumor infiltriert jenseits des Gallengangs
T3
Tumor infiltriert die Leber, Gallenblase, Pankreas, und/ oder unilaterale Äste der V. portae (rechts oder links) oder der A. hepatica propria (rechts oder links)
T4
Tumor infiltriert eine oder mehrere Nachbarstruktur(en): Hauptstamm der V. portae oder ihrer Äste bilateral, A. hepatica communis oder Nachbarorgane/-strukturen wie Kolon, Magen, Duodenum, Abdominalwand
N1
Regionäre Lymphknotenmetastasen
M1
Fernmetastasen
Tab. 17.2.1b Stadiengruppierung der extrahepatischen Gallengangskarzinome (nach UICC 2002) Stadium 0
Tis
N0
M0
Stadium IA
T1
N0
M0
Stadium IB
T2
N0
M0
Stadium IIA
T3
N0
M0
Stadium IIB
T1, T2, T3
N1
M0
Stadium III
T4
jedes N
M0
Stadium IV
jedes T
jedes N
M1
Die PET mit dem Tracer 18-Fluoro-Deoxyglucose (FDG) erlaubt in Kombination mit anderen bildgebenden Verfahren wie CT oder MRT in einem Fusionsverfahren eine Detektion nicht bekannter Fernmetastasen, sodass die Therapieentscheidung in bis zu 30 % verändert wird.
2.3. Staging Die TNM-Klassifikation der intrahepatischen und extrahepatischen Gallenwegskarzinome (Tabelle 17.2.1) hat klinisch eine eher nachrangige Bedeutung, da das Stadium präoperativ häufig nicht eindeutig festgelegt werden kann. Es erfolgt daher bei technischer Resektabilität stets der Versuch der R0-Resektion. Anders stellt sich die Einteilung der Klatskin-Tumoren nach Bismuth-Corlette dar, mit Unterteilung in die Typen I–IV je nach Bezug zur Hepatikusgabel (Abb. 17.2.6).
3. Vorbehandlung Im Falle einer nicht ausreichenden Größe des linkslateralen Leberlappens kann versucht werden, durch eine vaskuläre Embolisation des rechten Leberlappens eine Regeneration und damit Vergrößerung des linkslateralen Lappens zu erreichen. Es kommen die Pfortader-
Kapitel 17.2
Gallengangskarzinom
a
233 b
c
Abb. 17.2.7. Embolisierung der rechten Lebergefäße zum Erreichen einer Leberregeneration des linken Leberlappens (Angiographien) a) nach arterieller Embolisation b) Pfortader vor portalvenöser Embolisation c) Pfortader nach portalvenöser Embolisation
embolisation und die arterielle Embolisation in Betracht. Die Pfortaderembolisation führt zu einem stärkeren Regenerationsreiz als die arterielle Embolisation (Madoff et al., 2005), sodass sie regelhaft angestrebt werden sollte. Hierbei wird über einen perkutanen Zugang die rechte Pfortader embolisiert. Falls dies durch das Vorliegen eines zu großen Tumors nicht möglich ist, oder falls stark gestaute Gallengänge mit dem Risiko einer Hämobilie oder einer Bilhämie vorliegen, kann alternativ die A. hepatica dextra interventionell, d. h. via Angiographie, embolisiert werden. Abbildung 17.2.7 stellt sowohl die arterielle als auch die portalvenöse Embolisation dar. Gleichzeitig wird im Rahmen dieses Konzepts die selektive Dekompression des verbleibenden linksseitigen Gallengangssystems via endoskopisch eingelegtem Stent oder via perkutane Cholangiodrainage (PTCD) vorgenommen. Nach einem Zeitraum von 3–6 Wochen wird eine Re-Evaluation mit CT-gestützer Volumetrie vorgenommen. Wenn der Volumenzuwachs des linkslateralen Leberlappens ausreichend ist, wird schließlich die geplante Trisektorektomie rechts durchgeführt. Gelegentlich ist es auch möglich, parenchymsparend den kranialen Anteil von Segment IV zu erhalten und nur eine Hemihepatektomie rechts mit zusätzlicher Resektion des Leberhilus, des Lobus caudatus und des extrahepatischen Gallengangs durchzuführen.
4. Präoperative Vorbereitung Vorbereitende Maßnahmen umfassen die allgemeinen Maßnahmen wie Prämedikation, Nüchternheit und die Rasur des Abdomens von den Mamillen bis zur Symphyse. Zur Reinigung des oberen Gastrointestinaltraktes werden 2 Liter einer nicht resorbierbaren Endoskopielösung verabreicht. Ein Periduralkatheter wird zur kontinuierlichen Regionalanästhesie appliziert, um
neben der Schmerztherapie eine rasche Mobilisierung und eine geringe Beeinträchtigung der Atmung zu erzielen. Unmittelbar vor der Leberresektion werden 250 mg Steroide zur Zytoprotektion der verbleibenden Leber für den Fall einer eventuellen Hilusokklusion appliziert.
5. Operative Strategie Die einzige Therapieoption mit kurativem Ansatz ist die komplette chirurgische Entfernung des Tumors. Wie bei jeder Tumoroperation ist das oberste Gebot das Erreichen einer R0-Situation, da selbst eine R1Situation mit mikroskopischem Tumorrest zu einer deutlichen Verschlechterung der Prognose führt. Diese Voraussetzungen können mit einer chirurgischen Resektion oder mit einer Lebertransplantation erfüllt werden. Allerdings ist das Langzeitüberleben nach R1-Resektion günstiger als nach R2-Resektion und rechtfertigt zumindest ein chirurgisches Vorgehen in einer Situation, in der noch nicht absehbar ist, ob in der Tat eine R0-Resektion erreicht werden kann. Auf Grund periduktaler entzündlicher Veränderungen, die als Induration nicht immer eindeutig von malignem Gewebe unterschieden werden können, ergibt sich der Status der Radikalität häufig erst intraoperativ. Zur Resektion gehört neben der En-bloc-Resektion in der No-touch-Technik die komplette Lymphadenektomie im Bereich des Ligamentum hepatoduodenale sowie des Pankreasoberrandes. Die intrahepatischen cholangiozellulären Karzinome (CCC) und die Karzinome im Bereich der Hepatikusgabel sollten aufgrund der Lage bzw. des meist fortgeschrittenen Stadiums immer in einem spezialisierten Zentrum behandelt werden. Je nach Lokalisation der Tumoren innerhalb der Leber, im Leberhilus oder im distalen Gallengang unterscheiden sich die Operationen:
234
G. Schumacher und R. Steininger a
b
c
Abb. 17.2.8. Intrahepatisches cholangiozelluläres Karzinom des linken Leberlappens a) Resektat des linken Leberlappens nach einer anatomischen Hemihepatektomie links. Man erkennt deutlich den aufgeschnittenen Tumor, der seinen Ursprung im Gallengang hat (Pfeile). b) Situs nach Entfernung des Resektats. Der Pfeil zeigt das Gallengangsostium. c) Situs nach Anlage der Hepatikojejunostomie. Zur Sicherung der Anastomose wurde Fibrinkleber appliziert
a
b
Abb. 17.2.9. Klatskin-Tumor mit Infiltration der Pfortadergabel a) Situation mit Tumor im Bereich der Pfortadergabel (Pfeil). Der Pfortaderhauptstamm und der linke Pfortaderast sind mit blauen Zügeln angeschlungen. b) Situation nach Resektion der Pfortadergabel und Reanastomosierung der linken Pfortader an den Pfortaderhauptstamm im Rahmen einer Trisektorektomie rechts (Pfeil)
5.1. Intrahepatische cholangiozelluläre Karzinome (CCC)
Abb. 17.2.10. Resektat eines aufgeschnittenen KlatskinTumors. Es zeigt sich ein endoluminales polypöses Wachstumsverhalten in den Gallengang (Pfeil).
Die Parameter der Tumorzahl, -größe und Gefäßinvasion ergeben das T-Stadium (Yamasaki, 2003). Die chirurgische Verfahrenswahl folgt daher ähnlichen Regeln wie bei der Resektion von Lebermetastasen kolorektaler Karzinome, sodass alle Verfahren von Leberresektionen in Abhängigkeit von Tumorausmaß und -lokalisation zur Anwendung kommen können. Im Unterschied zu kolorektalen Lebermetastasen handelt es sich beim CCC nahezu immer um fortgeschrittene Tumoren, da sie nicht innerhalb einer formalen Nachsorge, sondern aufgrund einer Entwicklung von Symptomen diagnostiziert werden. Falls erforderlich, wird die Gallengangsgabel mitreseziert. In diesen Fällen erfolgt die Rekonstruktion mit einer nach Roux-Y ausgeschalteten Jejunumschlinge als Hepatikojejunostomie (Abb. 17.2.8). Eine komplette Lymphadenektomie im Bereich des Leberhilus sollte Teil der Operation sein, obschon der Stellenwert der Lymphadenektomie nicht endgültig geklärt ist.
Kapitel 17.2 a
Gallengangskarzinom
235 b
Abb. 17.2.11. Distales Gallengangskarzinom. a) ERC mit distaler Stenose des Ductus choledochus (Pfeil) und prästenotischer Dilatation b) Operationspräparat mit einem im Pankreaskopf liegenden distalen Gallengangskarzinom (Pfeile)
5.2. Karzinome im Bereich der Hepatikusgabel (Klatskin-Tumore) Eine besondere Bedeutung für die Operation besitzen die anatomischen Gegebenheiten im Bereich der Gallengangsgabel und der unmittelbaren Umgebung. Die rechte Leberarterie liegt in der Regel direkt an der Gallengangsgabel, während die linke Leberarterie fast immer extratumoral am linken Rand des Ligamentum hepatoduodenale verläuft. Die Pfortadergabel liegt hinter der Gallengangsgabel und hat häufig ebenfalls direkten Kontakt zum Tumor. Diese anatomischen Beziehungen zwischen Gallengängen und Gefäßen lassen eine radikale No-touch-Resektion mit tumorfreien Resektionsrändern zu, wenn man eine Trisektorektomie rechts unter Mitresektion des Lobus caudatus und der Pfortadergabel durchführt. Der linke Pfortaderstamm wird durch eine fortlaufende Naht mit dem Hauptstamm in End-zu-End-Technik rekonstruiert (Abb. 17.2.9). Die Gabel der A. hepatica ist in der Regel weit nach links versetzt, sodass hier die Resektion der rechten Leberarterie ausreicht. Erst die Resektion der Pfortadergabel erlaubt es, von jeglicher chirurgischer Präparation in Tumornähe abzusehen. In einer früheren multivariaten Analyse unseres Patientenguts war die Pfortaderresektion ein günstiger prognostischer Parameter mit 5-JÜR von 60 % (Neuhaus et al., 1999). Abbildung 17.2.10 zeigt ein Resektat eines Klatskin-Tumors. Zur Rekonstruktion des Galleabflusses wird eine nach Roux-Y ausgeschaltete Jejunumschlinge retrokolisch rechts in den Oberbauch gebracht und mit dem Gallengang anastomosiert. Falls mehrere Gallengangsostien vorhanden sind, werden sie entweder einzeln in die Schlinge anastomosiert oder – wenn möglich – zuvor zu einer Mündung mit
einer Naht vereinigt. Zur Entlastung der Anastomose werden Drainagen eingelegt, die entweder transhepatisch als Endlosdrainage oder als „verlorene“ Drainage in den Anastomosenbereich eingebracht werden.
5.3. Karzinome des distalen Gallengangs Diese Tumoren befinden sich unterhalb der Mündung des Ductus cysticus und werden durch eine Pankreaskopfresektion behandelt (Abb. 17.2.11). Meist ist analog zur Chirurgie von Pankreaskopfkarzinomen eine pyloruserhaltende partielle Duodenopankreatektomie möglich, bei der zusätzlich der extrahepatische Gallengang reseziert wird. Die Rekonstruktion erfolgt mit einer nach Roux-Y ausgeschalteten Jejunumschlinge,
Tabelle 17.2.2. Literaturübersicht der Überlebensraten beim distalen Gallengangskarzinom
Autor
Jahr
Medianes 5-JÜR Patienten Überleben [%] [n] [Monate]
Nagomey et al.
1993
22
24
50
Fong et al.
1996
45
33
27
Wade et al.
1997
34
22
14*
Yeo et al.
1997
65
20
16
Yoshida et al.
2002
26
20,5
37
* 3-Jahres-Überleben
236
G. Schumacher und R. Steininger a
b
c
Abb. 17.2.12. Galleleckage nach Trisektorektomie rechts bei Klatskin-Tumor. a) Flüssigkeitsverhalt an der Resektionsfläche (*) mit Lufteinschlüssen als Zeichen eines Gallelecks mit beginnender Abszedierung. Ferner besteht ein Pleuraerguss (#). b) Dieselbe Situation nach Einlage eines Spülkatheters. c) Die Applikation von Kontrastmittel über den Spülkatheter führt zu einer Darstellung des Gallenwege (Pfeil) und der ableitenden Jejunumschlinge (*), was das Vorliegen einer Anastomoseninsuffizienz der Hepatikojejunostomie beweist
die retrokolisch rechts in den Oberbauch gebracht und anschließend an das Pankreaskorpus und den Ductus hepatocholedochus (DHC) anastomosiert wird. Der Magen mit noch anhängender Duodenalmanschette wird retrokolisch links ca. 40 cm distal der Hepatikojejunostomie mit dem Jejunum anastomosiert. Auch hier wird eine komplette Lymphadenektomie im Bereich des Lig. hepatoduodenale, der A. mesenterica superior und am Pankreasoberrand durchgeführt. Die Prognose der distalen Gallengangskarzinome wird in der Literatur unterschiedlich angegeben. Die 5-JÜR schwankt zwischen 16 und 50 % (Tabelle 17.2.2) (Bahra et al., 2006). Bei den extrem seltenen frühen Tumoren im mittleren Drittel des extrahepatischen Gallengangs kann ausnahmsweise die alleinige Resektion des Ductus choledochus ohne Pankreaskopfresektion ausreichend sein.
6. Komplikationsmanagement Die möglichen Komplikationen variieren je nach Eingriff. Ein zunehmend ansteigender Standard von Leberresektionen hat zu einer sehr niedrigen Rate von Komplikationen wie Leberinsuffizienz und Galleleckagen geführt. Ebenso müssen Komplikationen nach der Pankreaskopfresektion, insbesondere die PankreasAnastomoseninsuffizienz, heutzutage als sehr seltene Ereignisse angesehen werden. Galleleckagen entstehen durch eine Insuffizienz einer Hepatikojejunostomie, die bei ausgedehnten Eingriffen mit Resektion der Gallengangsgabel angelegt wurde, oder aus der Resektionsfläche. Es kann sich hierbei um ein abgehängtes Gallengangssystem handeln, welches keinen spontanen Abfluss über die Gallengänge findet. Im Falle von relevanten frühen Galleleckagen wer-
den die Patienten meistens re-laparotomiert, um die Leckage zu umstechen, wenn sie sich an der Resektionsfläche befindet. Bei erhaltenem Gallengang kann auch ein Therapieversuch mit einer internen Entlastung via Stent per ERC erfolgen. Im Falle einer Insuffizienz der Hepatikojejunostomie wird diese entweder umstochen, oder die Anastomose neu angelegt. Falls nicht bereits primär geschehen, werden transhepatische oder „verlorene“ Drainagen eingelegt. Wegen der drohenden erneuten Insuffizienz wird perkutan ein Spülkatheter eingelegt und an der Anastomose platziert. Bei rezidivierenden Insuffizienzen führt die lokale gallige Peritonitis zu einer Nekrotisierung des Anastomosenbereichs, sodass hier weitere Umstechungsversuche unterlassen werden. Ein Spülkatheter wird in den Anastomosenbereich gelegt, der mit 100 ml NaCl 0,9 % pro Stunde gespült wird (Abb. 17.2.12). Eine intraduktale Drainage, die ebenfalls in den Bereich der Anastomose gelegt wird, leitet die Galle möglichst nach außen ab, sodass schließlich das Galleleck verklebt und sistiert. Als „Yamakawa-Drainage“ kann eine intraduktale Drainage perkutan ausgeleitet werden und die Möglichkeit weiterer Interventionen bieten.
7. Nachbehandlung Nach Entlassung aus der Klinik werden die Patienten durch den Hausarzt weiterbetreut. Eine gesicherte adjuvante Chemotherapie steht bislang nicht zur Verfügung. In einer Palliativsituation bei Irresektabilität oder inkompletter R1- oder R2- Resektion wird derzeit eine Chemotherapie mit Gemcitabin angeboten. Erste Publikationen zeigen einen Trend zur Wirksamkeit. Daten größerer Studien sind jedoch derzeit noch nicht erhältlich.
Kapitel 17.2
Gallengangskarzinom
8. Rehabilitation und Nachsorge Die regelmäßige Nachsorge wird nur bei kurativ behandelten Patienten durchgeführt. In den ersten 2 Jahren nach Therapie werden im eigenen Vorgehen alle 3 Monate eine klinische und laborchemische Untersuchung der Leberwerte und eine Bestimmung der Tumormarker CA 19-9 und CEA vorgenommen, sofern diese präoperativ erhöht waren. Alle 6 Monate erfolgt eine Sonographie und ggf. eine CT. Allerdings liegt keine gesicherte Evidenz für den prognostischen Wert einer strukturierten Nachsorge vor. Bei den palliativ behandelten Patienten wird symptomorientiert vorgegangen mit dem Ziel, den Galleabfluss sicherzustellen. Dies betrifft vor allem die Klatskin-Tumore und die distalen Karzinome. Klatskin-Tumore werden mit einem Stent versorgt, der alle 3 Monate gewechselt wird, da er sich mit Sludge füllt und verschließt. Wichtig ist hierbei, dass eine ausreichende Größe von 10 F verwendet wird. Auch das Einbringen von 2 oder 3 Stents kann individuell einen guten Abfluss schaffen. Die distalen Karzinome können bei Irresektabilität durch eine biliodigestive Anastomose versorgt werden, die bei Duodenalstenose mit einer Gastroenterostomie kombiniert werden kann. Die photodynamische Therapie hat sich bei der palliativen Behandlung von Gallengangstumoren etabliert, bleibt aber in ihrer Wirksamkeit gegenüber dem Multi-Stenting umstritten.
9. Weitere Therapiemodalität: Lebertransplantation Nach der derzeitigen Studienlage ist die Lebertransplantation beim cholangiozellulären Karzinom auf Grund der hohen Rezidivrate mit einer 5-JÜR von 23 % (Meyer et al., 2000) bzw. 3-JÜR von 35 % (Shimoda et al., 2001) nur in Einzelfällen indiziert. Durch Erweiterung der Lebertransplantation um die Resektion des Pankreaskopfes lässt sich das Gallengangssystem komplett entfernen. Hierdurch konnte im eigenen Krankengut eine aktuarische 3-JÜR von 56 % erreicht werden (Neuhaus, 1996). Eine neoadjuvante Radiochemotherapie mit nachfolgender Lebertransplantation führte in einer Einzelstudie zu einer 5-JÜR von 71 % (Rea et al., 2005).
10. Palliativmaßnahmen Wenn eine R0-Resektion oder eine Lebertransplantation nicht in Betracht kommen, werden Palliativmaß-
237
nahmen angewendet. Eine palliative Leberresektion wird nur in Einzelfällen durchgeführt, da sie bei erhöhter Morbidität und Mortalität zu keiner verlängerten Überlebenszeit führt. Somit kommen dann nicht resezierende Verfahren zum Einsatz.
10.1. Photodynamische Therapie (PDT) Die PDT ist eine relativ neue, vielversprechende lokoregionäre minimalinvasive Therapieform. Das Ziel dabei ist, selektiv Tumorzellen zu zerstören. Die physikalischen Eigenschaften von lichtabsorbierenden Molekülen, so genannten Photosensitizern, die in proliferierenden Zellen akkumulieren, werden hier eingesetzt. Die Aktivierung der Photosensitizer durch einen nicht thermalen Laser führt zu einer selektiven photochemischen Zerstörung der Tumorzellen. Eine Reduktion des Serumbilirubins, eine verbesserte Lebensqualität und ein leicht verlängertes Leben konnten beobachtet werden. Bei nicht resektablen Gallengangskarzinomen ist die PDT derzeit die empfohlene Therapie (Ortner et al., 2006).
10.2. Chemotherapie und Bestrahlung Während die Bestrahlung keinerlei Benefit in der Behandlung der Gallengangstumoren gezeigt hat, wurden unterschiedliche Zytostatika auf ihre Wirksamkeit untersucht. Anfängliche Untersuchungen mit 5-FU ergaben eine Responserate von maximal 10 %. 5-FUbasierte Kombinationstherapien zeigten mit Doxorubicin, Mitomycin C, Methyl-CCNU, Streptozotocin, und Cisplatin/Epirubicin keinen zusätzlichen Effekt. Der Einsatz von Gemcitabin führte zu einer Ansprechrate von 16 bis 36 %. Dennoch lag das mittlere Überleben bei nur 6,5 Monaten.
10.3. Galleableitung Die tumorbedingte Obstruktion der Gallenwege sollte mechanisch beseitigt werden, um den Ikterus mit den Folgen der Cholangitis, Pruritus und Schmerzen zu beseitigen. Bei distaler Stenose kann eine biliodigestive Anastomose angelegt werden. Bei höher gelegenen Stenosen wird ein Stent entweder endoskopisch über ERC oder perkutan als PTCD eingebracht. Bei der perkutan gelegten Drainage wird, wenn möglich, die Stenose passiert, sodass das distale Ende im Duodenum liegt und die Galle intern ableitet („Yamakawa-
238
G. Schumacher und R. Steininger
Drainage“). Somit kann das äußere Ende der Drainage verschlossen werden, was die Lebensqualität deutlich verbessert.
11. Qualitäts- und Prognosekriterien Neben der korrekten Indikationsstellung zur Behandlung von Gallengangkarzinomen sind die Therapie und das Komplikationsmanagement zentrale Größen. Nur durch enges Zusammenspiel aller Teilbereiche kann dieser schwer zu therapierende Tumor mit akzeptablen Komplikationsraten und guten Langzeitergebnissen behandelt werden. Durch die relative Seltenheit des Gallengangkarzinoms und die Komplexität der möglichen Behandlungen ist unbedingt zu fordern, Patienten mit dieser Erkrankung in einem Zentrum mit großer Erfahrung im Bereich der hepatobiliopankreatischen Chirurgie einschließlich der Lebertransplantation behandeln zu lassen. Insbesondere die zentralen Gallengangskarzinome (Klatskin-Tumore) werden häufig mit einem multimodalen Therapiekonzept mit Embolisation, Einlage von Stents und schließlich operativer Resektion behandelt, sodass jeder dieser Patienten engmaschig interdisziplinär besprochen werden muss. Aus der ausgedehnten Behandlung, der sich diese Patienten unterziehen müssen, ergibt sich die notwendige Grundvoraussetzung einer hochleistungsfähigen Intensivstation mit Beatmungsmöglichkeiten und Nierenersatzverfahren. Essentiell ist eine erfahrene interventionelle Radiologie und eine Endoskopie zur Diagnostik und Behandlung von Komplikationen; diese Abteilungen müssen auch außerhalb der üblichen Arbeitszeiten zur Verfügung stehen.
12. Ausblick Aufgrund der begrenzten Effektivität von Bestrahlung und Chemotherapie sind prospektive randomisierte Studien mit neuen Substanzen von großem Interesse. Kombinationstherapien mit Gemcitabin und Cisplatin oder anderen Substanzen werden derzeit in Studien untersucht. Bei häufig überexprimiertem EGF-Rezeptor könnte eine spezifische Therapie mit rezeptorblockierenden Antikörpern, wie Cetuximab, eine interessante Neuerung werden. Eine Chemoprävention mit COX-2-Antagonisten verhindert das Wachstum von cholangiozellulären Karzinomen in vitro und im Tiermodell, sodass auch hier eine mögliche Tumorprävention, z. B. bei Patienten mit PSC, entwickelt werden könnte. Eine neue spezifische Substanzgruppe stellt
die Gruppe der Rezeptortyrosinkinasen wie ErbB-1, ErbB-2, c-Met, c-Kit und PDGF dar, die weiter untersucht werden. Auch Bestrahlungstechniken wie Brachytherapie zeigen in anderen Bereichen eine gute Wirksamkeit, sodass auch hier ein tumorhemmender Effekt erhofft werden kann.
13. Literatur Bahra M, Langrehr JM, Neuhaus P (2006) Carcinomas of the distal bile duct. Chirurg 77: 335–340 Ikeda S, Tanaka M, Yoshimoto H, Itoh H, Nakayama F (1981) Improved visualization of intrahepatic bile ducts by endoscopic retrograde balloon catheter cholangiography. Ann Surg 194: 171–175 Madoff DC, Abdalla EK, Gupta S et al. (2005) Transhepatic ipsilateral right portal vein embolization extended to segment IV: improving hypertrophy and resection outcomes with spherical particles and coils. J Vasc Interv Radiol 16: 215–225 Meyer CG, Penn I, James L (2000) Liver transplantation for cholangiocarcinoma: results in 207 patients. Transplantation 69: 1633–1637 Neuhaus P (1996) Combined liver transplantation and pancreatoduodenectomy for irresectable hilar bile duct carcinoma. Br J Surg 83: 422 Neuhaus P, Jonas S, Bechstein WO et al. (1999) Extended resections for hilar cholangiocarcinoma. Ann Surg 230: 808–818; discussion 819 Ortner MA, Dorta G (2006) Technology insight: Photodynamic therapy for cholangiocarcinoma. Nat Clin Pract Gastroenterol Hepatol 3: 459–467 Patel AH, Harnois DM, Klee GG, LaRusso NF, Gores GJ (2000) The utility of CA 19-9 in the diagnoses of cholangiocarcinoma in patients without primary sclerosing cholangitis. Am J Gastroenterol 95: 204–207 Rea DJ, Heimbach JK, Rosen CB et al. (2005) Liver transplantation with neoadjuvant chemoradiation is more effective than resection for hilar cholangiocarcinoma. Ann Surg 242: 451–458; discussion 458–461 Shimoda M, Farmer DG, Colquhoun SD et al. (2001) Liver transplantation for cholangiocellular carcinoma: analysis of a single-center experience and review of the literature. Liver Transpl 7: 1023–1033 Yamasaki S (2003) Intrahepatic cholangiocarcinoma: macroscopic type and stage classification. J Hepatobiliary Pancreat Surg 10: 288–291
14. Links http://www.aco-asso.at Arbeitsgemeinschaft Chirurgische Onkologie – Austrian Society of Surgical Oncology http://www.krebsgesellschaft.de Deutsche Krebsgesellschaft, u. a. mit Auflistung aktueller Studien http://www.nih.gov National Institutes of Health
Kapitel 17.2
Gallengangskarzinom
239
http://www.uni-duesseldorf.de/awmf/ Leitlinien der Arbeitsgemeinschaften der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften
http://gicancers.asco.org Vorträge und Abstracts über gastrointestinale Malignome vergangener Kongresse
http://www.uni-duesseldorf.de/AWMF/ll-na/032-017.htm Interdisziplinäre Leitlinien der Deutschen Krebsgesellschaft und der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie
http://www.charite.de/avt/ Homepage der Klinik für Allgemein-, Viszeral- und Transplantationschirurgie der Charité Campus Virchow Klinikum Berlin
http://www.asco.org/portal/site/ASCO American Society of Clinical Oncology
Kapitel 18
Pankreaskarzinom C. Reiser, J. Kleeff, H. Friess, M. Gnant und M. W. Büchler
1. Einleitung Das duktale Pankreasadenokarzinom, ausgehend wahrscheinlich vom Pankreasgangepithel, ist das häufigste Malignom des Pankreas und erreicht mit einer Inzidenz von 10–11/100 000 annähernd seine Mortalität (Jemal et al., 2005). Im Laufe der Zeit ist die 5-JÜR für alle Patienten zusammen von 1 % (1950) auf heute ca. 4 % gestiegen (Ries et al., 1975–2001). Jedoch werden diese Prognosedaten kontrovers (Gudjonsson, 1987; Gudjonsson, 1995), auch im Sinne einer falschen Klassifikation der Histologie der Pankreastumore der Langzeit-Überlebenden, diskutiert (Carpelan-Holmstrom et al., 2005). Das duktale Adenokarzinom mit seinem aggressiven, u. a. auch perineuralen Wachstum, häufiger Gefäßinfiltration, frühen Metastasierung, sowie der hohen Resistenz gegenüber fast allen Therapiemöglichkeiten erfordert ein multidisziplinäres Behandlungskonzept. Dabei spielt die Pankreaschirurgie eine besondere Rolle, da die Resektion nach wie vor die einzige potenziell kurative Therapieoption darstellt (Conlon et al., 1996; Trede et al., 2001).
der intraoperativen manuellen Untersuchung zur Festlegung der Resektabilität wesentlich überlegen. Dabei stellen die CT und die MRT zurzeit die effizientesten Methoden zum initialen Staging dar, von deren Ergebnis das weitere Vorgehen sowie die weiterführende Diagnostik abhängig gemacht werden. Die Beurteilung
Tabelle 18.1.a. TNM-Klassifikation des exokrinen Pankreaskarzinoms (nach UICC/AJCC 2002)
T1
Tumor begrenzt auf Pankreas, 2 cm in größter Ausdehnung
T2
Tumor begrenzt auf Pankreas, 2 cm in größter Ausdehnung
T3
Tumor breitet sich jenseits des Pankreas aus, jedoch ohne Infiltration der A. mesenterica superior oder des Truncus coeliacus
T4
Tumor infiltriert A. mesenterica superior oder Truncus coeliacus
N1
Regionäre Lymphknotenmetastasen
M1
Fernmetastasen
2. Diagnostik Diagnostik und Staging sollten zuverlässig das Ausmaß der Erkrankung definieren (Spanknebel et al., 2001). Hierzu wird in klinischen Studien vorwiegend die TNM-Klassifikation verwendet, von praktisch-klinischer Bedeutung vor allem eine Einteilung bezüglich der Resektabilität (Haller, 2002). Potenziell resektabel ist der Tumor v. a., wenn kein Nachweis einer relevanten Tumorinfiltration der A. mesenterica superior oder des Truncus coeliacus vorliegt (d. h. T1-T3 Tumore) (Li et al., 2004) und potenziell kurabel, so lange kein Anhalt für Fernmetastasen besteht (d. h. M0-Stadium) (Tabelle 18.1). Die Bildgebung ist mittlerweile die Hauptsäule des diagnostischen Stagings. Diese ist in ihrer Aussagekraft
Tabelle 18.1.b. Stadiengruppierung des duktalen Pankreasadenokarzinoms (nach UICC/AJCC 2002) Stadien nach UICC
T
N
M
Stadium IA
T1
N0
M0
Stadium IB
T2
N0
M0
Stadium IIA
T3
N0
M0
Stadium IIB
T1-3
N1
M0
Stadium III
T4
Jedes N
M0
Stadium IV
Jedes T
Jedes N
M1
242
C. Reiser, J. Kleeff, H. Friess, M. Gnant und M. W. Büchler
Abb. 18.1. 3D-Rekonstruktion eines CTs: Die grünen Pfeile markieren die durch den Tumor verdrängte A. gastroduodenalis.
kann intraoperativ durch eine farbkodierte DopplerSonographie ergänzt werden.
2.1. Abdominelle Computertomographie (CT) Erfahrung, Kosten und gute Interpretierbarkeit der Spiral-CT haben dazu geführt, dass diese Untersuchung in vielen Kliniken der Goldstandard zur Erstdiagnose und zum primären Staging geworden ist (Cooperman, 2001). Damit haben alle übrigen Untersuchungen einen untergeordneten Stellenwert und kommen nur bei ungeklärter Resektabilität zum Einsatz. Die aktuelle CT-Technologie arbeitet mit einer Schichtdicke von 0,5 mm und bietet mit ihrer multiplanaren 3DRekonstruktion umfassende Informationen/Aufschluss über die Beziehung zu Gefäßen und deren möglicher Beteiligung sowie über Ausmaß von Pankreas- und
a
Gallengangsveränderungen. Die 3D-CT-Darstellung der Gefäß-Anatomie ist der konventionellen Angiographie gleichwertig (Abb. 18.1) (Horton, 2002). Die Beurteilung der duodenalen und paraduodenalen Tumorinvasion kann durch die orale Gabe von „Kontrastmittel“ (z. B. Wasser) noch weiter verbessert werden, sog. Hydro-CT (Abb. 18.2) (Winter, 1996). Die dünne Schichtdicke (0,5 mm), die verbesserte Auflösung und das exakte Bolustiming haben dazu beigetragen, dass die Präzision, Tumore zu entdecken bei ca. 90 % liegt, wenn das Adenokarzinom größer als 3 cm ist (White, 2003). Sind die Tumoren kleiner als 3 cm, liegt die Sensitivität bei immerhin noch 67 % (Clarke, 2003). Die CT-gestützte Beurteilung zur Resektabilität eines Adenokarzinoms des Pankreas hat einen positiv prädiktiven Wert von annähernd 100 %, einen negativ prädiktiven Wert von 57 % und eine Gesamtpräzision von 70 % (Kalra et al., 2003). Dies liegt zum Teil u. a. auch daran, dass die Detektion kleiner Leber- und Peritonealmetastasen (< 0,5–1 cm) nur begrenzt möglich ist. Neben der Fernmetastasierung ist der zweithäufigste Grund, weshalb ein Karzinom nicht reseziert werden kann, eine Gefäßbeteiligung, wie z. B. TumorUmmauerung der A. mesenterica superior/Truncus coeliacus (Lu et al., 1997; O’Malley et al., 1999). Ist im CT mehr als die halbe Zirkumferenz des Gefäßes umschlossen, ist der Tumor nicht resektabel.
2.2. Magnetresonanztomographie/ MR-Cholangiopankreatographie Die Magnetresonanztomographie ist oftmals mit der Computertomographie in Bezug auf die Beurteilbarkeit
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Abb. 18.2. Hydro-CT: Auf diesen Aufnahmen sind eine Tumorinfiltration der Konfluenz von V. mesenterica superior in die V. portae (breiter Pfeil, a, b) sowie ein aufgestauter Pankreasgang (schmale Pfeile, b) zu sehen.
Kapitel 18
Pankreaskarzinom
der Gefäßinfiltration und Fernmetastasen verglichen worden und in den meisten Studien zeigte sich eine äquivalente Genauigkeit (Clarke et al., 2003). Sie kombiniert wie die CT die Pankreatographie und die Angiographie mit der Evaluierung des Tumorgewebes (Abb. 18.3). Ein gewebespezifisches MR-Kontrastmittel (Mangafodipir trisodium) wird selektiv von PankreaskarzinomZellen nicht aufgenommen, sodass normales Pankreasgewebe und pseudotumoröse Läsionen z. B. in der chronischen Pankreatitis abgegrenzt werden können (Romijn, 2000). Es gibt keinen Vorteil gegenüber der CT, ausgenommen bei Patienten mit Kontrastmittel-Unverträglichkeiten (White et al., 2003). Die MRCP (MR-Cholangiopankreatographie) dagegen bietet die Möglichkeit einer nicht-invasiven Darstellung des Pankreasganges und der Gallenwege. Das klassische, aus der ERCP-Ära (s. u.) bekannte „Doubleduct“-Zeichen (Abb. 18.4) ist auch hier ein Hinweis auf raumfordernde Läsionen im Bereich der Gänge, aber lediglich in 80–85 % spezifisch für ein Malignom (Menges et al., 2000). Durch die Sekretin-angereicherte MRCP kann die Darstellung des Pankreasganges und seiner Seitenäste verbessert werden. Außerdem können durch diese pharmakologische Stimulation der Pankreassaftsekretion die Flussdynamik und die exokrine Funktion evaluiert werden (Kalra et al., 2003).
2.3. Endoskopische Ultrasonographie (EUS) Die endoskopische Ultrasonographie (EUS) erlaubt es, den Schallkopf in nächster Nähe des Pankreas zu platzieren, wodurch die Bildauflösung erheblich verbessert wird. Folglich können Läsionen bis zu 20 mm mit einer Sensitivität von 93–100 % entdeckt werden (Tamm et al., 2003). Laut einer Meta-Analyse ist es mit der EUS möglich, präzisere Angaben über Tumorinfiltration (uT), Lymphknotenstatus (uN) und Pfortaderbeteiligung zu machen als mit der CT. Zusätzlich lässt sich eine EUS-gesteuerte Feinnadel-Aspirationsbiopsie (FNA) des Primärtumors und der regionären Lymphknoten (Gress et al., 2001) mit einer Sensitivität von 93 % und einer Spezifität von 100 % (Wiersema, 2002) durchführen. Allerdings besitzt nur eine positive Histologie diagnostischen Wert. Die limitierenden Faktoren der EUS sind zum einen die untersucherabhängige Qualität und Befundinterpretation, zum anderen das fehlende Erkennen von Fernmetastasen. Die EUS hat vor allem ihren Stellenwert zur Gewinnung einer Gewebeprobe vor neoadjuvanter Therapie. Auch
243
Abb. 18.3. MRT eines Pankreaskarzinoms (Pfeile)
können Hochrisikopatienten mit z. B. hereditärer chronischer Pankreatitis oder familiärem Pankreaskarzinom mit EUS kontrolliert werden.
2.4. Endoskopische retrograde Cholangiopankreatographie (ERCP) Mit der Einführung der MRCP, EUS und der Multidetektor-Computertomographie mit 3D-Rekonstruktion hat die Rolle der ERCP als reines Diagnostikum stark abgenommen, da es ein invasives Untersuchungsverfahren mit einer vergleichsweise hohen Komplikationsrate ist, wie z. B. der Induktion einer Pankreatitis oder Cholangitis (Ciocirlan et al., 2004). Parenchymabnormalitäten werden nur indirekt durch die Obstruktion der Gänge dargestellt (Abb. 18.4), sodass ein normales Pankreatogramm einen Tumor nicht ausschließt (Vitellas et al., 2000). Nicht bzw. schlecht beurteilt werden können die so genannten „Blind spots“, der Processus uncinatus, akzessorische Gänge und der Pankreasschwanz. Aus diesen Gründen wird heutzutage vor allem empfohlen, die ERCP als therapeutische Maßnahme bei Gallengangsobstruktionen einzusetzen (Cohen et al., 2002), wenn eine Operation nicht indiziert oder eine dringende Dekompression erforderlich ist (wie zum Beispiel zur Vorbereitung einer neoadjuvanten multimodalen Therapie), wie vor einer präoperativen Radiochemotherapie bei fortgeschrittenem Karzinom oder bei obstruktivem Ikterus bei Cholangitis oder Nierenversagen.
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Abb. 18.5. 18F-FDG-PET mit verstärkter Aufnahme des Markers in der Leber (Metastase), peripankreatisch (Lymphknotenmetastase) und im Pankreas (Primärtumor)
Abb. 18.4. Typisches „double–duct sign“ in der ERCP, durch Obstruktion im Bereich des Pankreaskopfes verursacht; schwarze Pfeile: Gallengang; weiße Pfeile: Pankreasgang
2.5. Positronenemissionstomographie (PET) Die PET erlaubt mittels positronenemittierender Isotope, die in-vivo-metabolische Aktivität eines Gewebes zu evaluieren (Kalra et al., 2003). Am häufigsten für die onkologische Bildgebung wird bisher Fluoro-Deoxyglucose (FDG) aufgrund der Tatsache verwendet,
dass der Glucose-Verbrauch in malignem Gewebe erhöht ist und damit zu einer vermehrten Aufnahme und Retention des Radiotracers führt. Außer zur Detektion primärer maligner Tumore wird das PET auch zur Suche von regionalen oder Fernmetastasen, zur Differenzierung von benignen und malignen Prozessen oder von Rezidiv- und Narbengewebe, aber auch zur Responseprädiktion eingesetzt (Abb. 18.5). Die Sensitivität der PET beim Pankreaskarzinom liegt bei 84 %, die Spezifität bei 86 % (Gambhir et al., 2001; Annovazzi et al., 2003). Aufgrund der limitierten räumlichen Auflösung und der fehlenden anatomischen Orientierungspunkte ist die PET der CT in der Beurteilung der Resektabilität, z. B. in Bezug auf eine Gefäßummauerung unterlegen. Da die PET alleine nur eine limitierte Rolle spielt, sollten die Ergebnisse in jedem Fall mit CT-Bildern korreliert werden (Kalra et al., 2003). Vielversprechend ist daher die Hybrid-PET-CT, welche physiologische und anatomische Diagnostik kombiniert.
2.6. Diagnostische Laparoskopie
Abb. 18.6. Diagnostische Laparoskopie mit Anwendung des laparoskopischen Ultraschalls (LAPUS) inkl. Gefäßdoppleruntersuchung zur Beurteilung einer tumorösen Ummauerung der A. und V. mesenterica superior.
Trotz großer Bemühungen gibt es immer noch Fälle, in denen der intraoperative Befund nicht den vorbeschriebenen Befunden entspricht, besonders bei zirkumskripter Peritonealkarzinose oder kleinen Lebermetastasen. Um zu vermeiden, dass diese Patienten einer unnötigen Laparotomie unterzogen werden, kann die diagnostische Laparoskopie hilfreich sein. Die laparoskopische Sonographie ergänzt Staging und Detektion von Lebermetastasen oder einer Gefäßinfiltration oder -ummauerung (Abb. 18.6) (Conlon et al., 1997; Minnard et al., 1998; Hünerbein et al., 2001). Bei inkurablen Patienten kann die diagnostische Laparoskopie ggf. unmittelbar mit einem laparoskopischen
Kapitel 18
Pankreaskarzinom
Palliativeingriff (Cholezysto-, Choledocho-Jejunostomie bzw. Gastrojejunostomie) kombiniert werden (Schlag et al., 2001). Es muss allerdings festgestellt werden, dass ein exaktes laparoskopisches Staging durchaus aufwändigere laparoskopische Präparationen erfordert, die eine entsprechende Erfahrung voraussetzen. In weniger geübten Händen wird die Laparoskopie realistischerweise nur zum Ausschluss einer Peritonealkarzinose dienen können.
2.7. Serum-Tumormarker Außerdem kann präoperativ der Tumormarker CA 19-9 bestimmt werden (Sawabu et al., 2004). Werte über 37 U/ml haben eine Sensitivität von 81–85 % und eine Spezifität von 85–90 % (Tamm et al., 2003). Werte über 120 U/ml weisen auf Metastasen hin (Cooperman, 2001). Leider liegt die falsch-positive Rate bei 20–30 %. Auch kann CA 19-9 unter gutartigen Bedingungen erhöht sein, z. B. bei benigner Gallenwegsobstruktion (Sawabu et al., 2004). Daher liegt die Wertigkeit einer Bestimmung des CA-19-9 vor allem in der Nachsorge nach kurativer Resektion und der Marker kann ggf. zur Überprüfung des Ansprechens auf eine Chemotherapie genutzt werden.
3. Vorbehandlung (neoadjuvante Therapie) Die chirurgische Resektion des Pankreaskarzinoms stellt noch immer die einzige Heilungsmöglichkeit dar. Allerdings sind nur höchstens 20 % aller neu diagnostizierten Pankreaskarzinome resektabel. Durch die Verbesserung der bildgebenden Verfahren, wie der Einführung der dreidimensionalen CT-Rekonstruktion, konnte die Genauigkeit der Voraussage einer Gefäßinvasion und damit der Resektabilität der Tumoren erheblich gesteigert werden. Das große Potenzial der neoadjuvanten Therapie liegt in der lokalen Tumorverkleinerung bei nicht-metastasierter, aber nicht-resektabler Erkrankung. Zahlreiche Phase-II-Studien zeigen ermutigende Ergebnisse von neoadjuvanten (Radio-)Chemotherapie-Schemata zum Downstaging nicht oder nur fraglich resektabler Karzinome ohne Generalisation zum Diagnosezeitpunkt. Der Wert dieses Therapieansatzes, der geeignet sein könnte, das potenziell heilbare Patientenkollektiv zu vergrößern, muss allerdings in randomisierten PhaseIII-Studien erst endgültig belegt werden.
245
4. Präoperative Vorbereitung 4.1. Allgemeine Vorbereitung Eine große Operation wie eine Pankreasresektion bedeutet physiologischen Stress für den Patienten. Meistens handelt es sich um 65–75-jährige Patienten, die eine erhöhte Inzidenz an Ko-Morbiditäten aufweisen (Lankisch et al., 2002). Durch ein adäquates präoperatives Management kann auch für betagte Patienten der Eingriff relativ sicher gestaltet werden. Besonders Komplikationen kardiopulmonalen Ursprungs sind einer der häufigsten Gründe für eine gesteigerte operative Mortalität (Büchler et al., 2003). Aus diesem Grund sind Patienten v. a. einer gründlichen Abklärung der kardialen, pulmonalen und renalen Funktion (kardiopulmonale Belastungstests und Lungenfunktionstests) zu unterziehen, um HochrisikoPatienten zur Anpassung des perioperativen Managements herauszufiltern. Eine Metaanalyse zur Thromboseprophylaxe hat gezeigt, dass niedermolekulares Heparin das Risiko einer asymptomatischen tiefen Beinvenenthrombose, einer venösen Thromboembolie und einer Lungenembolie signifikant reduziert und auch eine Tendenz zeigt, die Mortalitätsrate zu senken (Mismetti et al., 2001). Empfehlenswert ist, niedermolekulares Heparin vom Vorabend der Operation bis zur Entlassung sowie Kompressionstrümpfe für den gesamten Klinikaufenthalt vorzusehen (Morris et al., 2004). Zur Reduktion von Infektionen ist bei Pankreas-CaEingriffen eine Antibiotika-Prophylaxe zu empfehlen (de Lalla et al., 2002; Sganga, 2002). Die Medikation (z. B. routinemäßig 4 g Mezlocillin und 500 mg Metronidazol) sollte bei Anästhesieeinleitung gegeben werden, damit zum Zeitpunkt des Hautschnittes bereits eine hohe Gewebekonzentration erreicht ist und bis zur Hautnaht erhalten bleibt (Polk et al., 2000). Eine weitere postoperative antibiotische Therapie bleibt Sonderfällen, wie z. B. einer ausgeprägten Cholangitis, vorbehalten. In jedem Fall wird bei Eröffnung des biliären Systems die Galle mikrobiologisch untersucht, um die Therapie ggf. entsprechend anpassen zu können. Das Pankreaskarzinom bewirkt häufig signifikante metabolische und nutritive Störungen (Cooperman et al., 2000). Mehr als 10 % Gewichtsverlust innerhalb von 10 Monaten ist verbunden mit einer erhöhten Anfälligkeit für postoperative Komplikationen. Trotzdem profitieren nur schwer unterernährte Patienten von einer peri- und postoperativen Ernährungsergänzung, die, falls erforderlich, möglichst enteral gegeben werden sollte (vgl. Kapitel 7.1, „Perioperative Ernährung“).
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4.2. Perioperative Somatostatin-Applikation Die Pankreas-Jejunum-Anastomose ist die sog. „Achilles-Ferse“ der Pankreatikoduodenektomie. Eine Insuffizienz kann eine lebensbedrohliche intraabdominelle Sepsis oder Blutung zur Folge haben (Stojadinovic et al., 2003). Man geht davon aus, dass eine kontinuierliche Sekretion der Pankreasrestdrüse die Entwicklung einer Leckage begünstigt und die Heilung der Anastomose verhindert (Suc et al., 2004). Daher wird angenommen, dass eine verminderte exokrine Sekretion die Inzidenz von Pankreas-Fisteln reduzieren könnte. Octreotid, ein Somatostatin-Analogon, ist ein potenter Inhibitor dieser exokrinen Sekretion. In einer Metaanalyse wurde gezeigt, dass die Gabe von Somatostatin und dessen Analoga zwar nicht die Mortalität senkt, aber die Inzidenz von chirurgischen Komplikationen nach Pankreasresektion reduziert (Connor et al., 2005). Einige Autoren empfehlen daher die Gabe von Octreotid nur bei Patienten mit hohem Risiko, wie einer weichen Konsistenz des Pankreasgewebes oder mit einem Gangdurchmesser kleiner als 3 mm (Stojadinovic et al., 2003). Eine weitere Möglichkeit ist die individuell angepasste Dosierung des Medikamentes (Büchler et al., 1992; Friess et al., 1995) nach folgendem Algorithmus: Alle Patienten erhalten bei der Einleitung prophylaktisch 200 μg Octreotid subkutan. Schätzt der Chirurg das Pankreasgewebe als hochrisikoreich ein, erhält der Patient postoperativ für fünf Tage 3 × täglich 200 μg Octreotid. Andernfalls, bei festem Gewebe und weitem Gang, werden 100 μg 3 × täglich für 5 Tage verabreicht. Die Wertigkeit dieses Vorgehens ist allerdings bisher nicht allgemein abgesichert.
4.3. Präoperative Gallengang-Drainage Patienten mit Ikterus haben ein zusätzliches Risiko für Koagulopathie, Malabsorption, Mangelernährung und eine Immunschwäche (Mulvihill, 2001). Ein Bilirubinspiegel > 5,8 mg/dl kann ein Risikofaktor für eine postoperative Blutung sein (Martignoni et al., 2001). Das führt zu der Frage, ob eine präoperative biliäre Drainage das postoperative Morbiditätsrisiko durch Normalisierung der Galleableitung reduzieren kann. Angesicht der bisherigen Studienergebnisse bleibt der Stellenwert der präoperativen biliären Drainage aber kontrovers (Saleh et al., 2002; Sewnath et al., 2002). Sicher ist, dass die endoskopische Drainage effektiver ist als die perkutane Methode. Empfehlenswert ist aber die präoperative Gallenwegsdrainage bei schwerer
Cholangitis oder anderen Umständen, welche eine schnelle Operation bei ikterischen Patienten nicht erlauben.
4.4. Epidurale Schmerztherapie Die epidurale Schmerztherapie kann zusammen mit einem standardisierten Regime des frühen Kostaufbaues und Mobilisation im Sinne der „Fast-track“Chirurgie die Krankenhausverweildauer verkürzen (vgl. Kapitel 7.2, „Fast-track-Rehabilitation“). Sie reduziert die Häufigkeit eines postoperativen Ileus, schwächt die Stress-Reaktion ab, führt zu weniger pulmonalen Komplikationen, verbessert den postoperativen Schmerz, ermöglicht frühere Mobilität und führt so insgesamt zur schnelleren Erholung des Patienten (Basse et al., 2002). Von der thorakalen epiduralen Analgesie profitieren v. a. auch Patienten mit erhöhtem kardiopulmonalen Risiko. Zum Einsatz kommt z. B. eine Kombination aus einem Lokalanästhetikum (Ropivacain) und einem Opioid (Sufentanil). Das Lokalanästhetikum blockiert die sympathische Erregungsleitung und damit den kardialen Stress und unterstützt dabei das Ingangkommen der Darmtätigkeit. Das Opioid ermöglicht eine ausreichende Analgesie, senkt den Bedarf an Lokalanästhetikum und vermindert dadurch unerwünschte Wirkungen wie Hypotension und motorische Defizite.
5. Operative Strategie Das primäre Ziel der Operation ist die R0-Resektion inklusive evtl. befallener Lymphknotenstationen. Die Operationsstrategie ist abhängig von Lokalisation und Dignität des Pankreastumors (Abb. 18.7).
5.1. Partielle Pankreatikoduodenektomie (PPD) Die Indikation zur Pankreatikoduodenektomie ist klassischerweise das Pankreaskopfkarzinom. Angestrebt wird eine R0-Resektion. Jedoch zeigt sich, dass, je genauer die histopathologische Analyse erfolgt, in der Mehrzahl der Fälle nur eine R1-Resektion erreicht werden kann. Als Zugang kommen hier die mediane Laparotomie oder (v. a. bei Patienten mit kurzem Oberkörper oder breitem Bauchumfang) eine quere Oberbauch-Laparotomie infrage. Initial erfolgt die gründliche Inspektion und Palpa-
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Pankreaskarzinom
Papille/Duodenum gutartig
pankreaserhaltende Duodenektomie
bösartig
Ampullektomie
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Pankreaskopf gutartig
bösartig
duodenumerhaltende Pankreaskopfresektion
Pankreaskörper gutartig
Kausch-Whipple (klassisch oder pyloruserhaltend)
Pankreasschwanz
bösartig
gutartig
Segment-Resektion
bösartig
Linksresektion
Abb. 18.7. Operationsstrategie in Abhängigkeit von der Lokalisation und Dignität der Pankreaserkrankung
tion zum Ausschluss von Metastasen der Leber, des Peritoneums, des Beckens (aufgrund von Abtropfmetastasen), der Mesenterialwurzel (Tumorausmaß und Lymphknotenbefall). Bei fehlendem Nachweis von Metastasen wird die Operation dann fortgesetzt und eine Mono-bloc-R0-Resektion angestrebt. Gegebenenfalls kann dieser Exploration eine Staging-Laparoskopie vorausgehen. Bei der pyloruserhaltenden partiellen Pankreatikoduodenektomie wird 2 cm hinter dem Pylorus das Duodenum abgesetzt (Abb. 18.8), bei der klassischen Kausch-Whipple-Operation wird eine distale Gastrektomie durchgeführt (Abb. 18.9). Aufgrund der möglichen Langzeit-Morbidität einer distalen Gastrektomie („Gastric dumping“ – rasche Magenentleerung, Ulzerationen, Galle-Reflux-Gastritis) scheint der Erhalt des Magens inklusive des Pylorus sinnvoll. Auf der anderen Seite stellt sich die Frage, ob dieses Verfahren onkologischen Ansprüchen genügt (Friess et al., 1999). Des Weiteren kann es zu Magenentleerungsstörungen kommen. In Studien ergibt sich ein vergleichbares Langzeitüberleben, Lebensqualität und postoperative Gewichtszunahme. Da also kein Vorteil für die radikalere Operation mit Entfer-
nung von Magenanteilen und proximalem Duodenum gezeigt werden konnte (Diener et al., 2007), sollte die schonendere PPPD (Pylorus-preserving Pancreatoduodenectomy) die Standard-Operation darstellen, wenn der Magen und das proximale Duodenum nicht infiltriert sind und die peripylorischen Lymphknoten nicht tumorbefallen sind. Eine entscheidende Phase bei der PPD/PPPD ist die Durchtrennung des Pankreas. Hierzu werden 2 Haltenähte am oberen und unteren Pankreasrand vorgelegt, ein Tunnel zwischen SMV-PV-Stamm und dem Pankreashals geschaffen und ein Silikonschlauch durchgezogen, auf dem nun der Pankreashals durchtrennt wird. Kleinere blutende Gefäße werden ligiert, nicht kauterisiert, da man das ohnehin fragile Gewebe nicht zusätzlich schädigen möchte. Eine SMV-PV-Stamm-Infiltration oder Adhärenz des Tumors stellt allerdings kein Ausschlusskriterium für eine potenziell kurative Resektion dar. Anzustreben ist in diesen Fällen die Pfortaderteilresektion mit Gefäßersatz (Abb. 18.10). Wenngleich nicht endgültig geklärt ist, ob solche erweiterten Resektionen systematisch zu einer Verbesserung der Heilungsraten führen, können auch solche erweiterten Eingriffe – allerdings in be-
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Abb. 18.8. Pyloruserhaltende Pankreatikoduodenumektomie. Unter Erhalt des Magens werden Pylorus, Pankreaskopf und Duodenum entfernt.
Abb. 18.9. Partielle Pankreatikoduodenumektomie (OP nach Kausch-Whipple): Entfernung von Pankreaskopf, Duodenum und eines Teils des Magens
sonders erfahrenen Zentren – bei geringer Morbidität für manche PatientInnen zu Langzeitüberleben führen und bietet damit prinzipielle Vorteile gegenüber einer palliativen Bypass-Operation. Die Schnittränder des proximalen Pankreasstumpfes und des abgesetzten Gallenganges werden in der Schnellschnittuntersuchung beurteilt. Der Dünndarm wird zur Rekonstruktion bis zum Treitz’schen Band mobilisiert. Daher ist es durchaus sinnvoll, die Pfort-
ader bei isolierter Beteiligung zu resezieren und zu rekonstruieren. Eine radikale Lymphadenektomie (paraaortal, Truncus coeliacus, Ursprung der A. mesenterica superior) bringt gegenüber einer Standard-Lymphknotenresektion keinen Vorteil, sodass auf diese Ausweitung des Eingriffes verzichtet werden sollte (Pedrazzoli et al., 1998; Yeo et al., 1999; Nimura et al., 2004; Farnell et al., 2005). Bei der Rekonstruktion ist die sichere Drainage des Pankreasrestes in den Dünndarm der kritische Schritt der Pankreatikoduodenektomie (Abb. 18.11). Hierzu sind verschiedene Techniken beschrieben, wie die End-zu-Seit-, Gang-zu-Mukosa-Technik oder die Invagination des Pankreasrestes in das Jejunum durch End-zu–End-Anastomose. Bei der Pankreatikojejunostomie sind vor allem vorsichtiges Behandeln des Gewebes, spannungsfreie Adaptation, gute Perfusion und Verhindern einer distalen Obstruktion entscheidend (Trede et al., 2001; Z’Graggen et al., 2002). Eine weitere Möglichkeit ist die Pankreatikogastrostomie, von der man sich erhofft, dass durch die anatomische Nähe eine bessere Durchblutung besteht und die exokrinen Enzyme in ein saures Milieu gelangen, dort nicht aktiviert werden und damit nicht die Anastomose angreifen können. Bei der Anlage der biliodigestiven Anastomose gibt es weit weniger Variationen. Hierzu wird eine einreihige End-zu-Seit-Anastomose 20–30 cm aboral der Pankreatikojejunostomie angelegt.
Arteria hepatica
Gallengang
Pfortader Anastomose
Abb. 18.10. Intraoperativer Situs: Nach einer kurzstreckigen Pfortaderresektion bei Tumorinfiltration erfolgte die Pfortaderrekonstruktion durch eine direkte End-zu-End-Anastomose.
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Pankreaskarzinom
Abhängig davon ob eine klassische PPD oder eine PPPD durchgeführt wird, wird die gastrointestinale Kontinuität durch eine Gastrojejunostomie oder Duodenojejunostomie wiederhergestellt. Hier gibt es die Möglichkeit einer ante- oder einer retrokolischen Rekonstruktion. Bei der retrokolischen Rekonstruktion wird vermutet, dass der Jejunum-Schenkel venös gestaut werde, es zu Darmwandödemen kommen könne und die Erholung der Darmtätigkeit dadurch verlangsamt sei, was konsekutiv zu einer Magenentleerungsstörung führe (Park et al., 2003; Hartel et al., 2005). Zusätzlich scheint die Nähe der Duodenojejunostomie zu der Pankreatikojejunostomie eine Magenentleerungsstörung durch lokale Entzündungsreaktionen zu begünstigen. Daher ist eine antekolische End-zu-SeitDuodenojejunostomie 50 cm aboral der Hepatojejunostomie zu favorisieren. Dabei kann das Kolon transversum zur räumlichen Trennung der Duodeno- von der Pankreatikojejunostomie genutzt werden. (Intraperitoneale) Drainagen werden in der Nähe der biliären und der Pankreas-Anastomose platziert, mit der Intention, eine Blutung oder biliäre, lymphatische oder Pankreassekret-Leckage kontrollieren zu können. Allerdings gibt es Studien, die eher das Gegenteil zeigen (Conlon et al., 2001; Büchler et al., 2006). Da die Datenlage nicht ausreichend ist, empfehlen wir die Routineeinlage von 2 Oberbauch-Drainagen, die allerdings nach kurzer Zeit (im Regelfall 2–3 Tage postoperativ) entfernt werden. Die präoperativ gelegte Magensonde kann im Regelfall bei Extubation entfernt werden. Eine Metaanalyse hat gezeigt, dass Patienten ohne längere Versorgung mit einer Magensonde weniger häufig Fieber, Atelektasen und Pneumonien entwickeln (Cheatham et al., 1995). Obwohl die Patienten ohne Magensonde erbrechen können, steigt die Anzahl an Komplikationen nicht.
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5.2. Distale Pankreatektomie (Linksresektion) Die distale Pankreatektomie ist indiziert bei Tumoren, die vom Pankreaskörper oder –schwanz ausgehen (Pedrazzoli et al., 2002). Bei dieser Operation wird die linke Pankreashälfte inkl. Milz entfernt (Shoup et al., 2002). Das Pankreas wird links vom V. mesenterica superior/Pfortader-Stamm getrennt; das genaue Ausmaß der Resektion ist von der Lokalisation des Tumors abhängig. Der Pankreasrest mit dem durchtrennten Gang muss so versorgt werden, dass kein Leck entsteht, wie z. B. mit direkter Ligatur des Ganges, Drainage, ProlaminInjektion, Versiegelung mit Fibrinkleber, oder Durch-
d Abb. 18.11. Pankreatikojejunostomie: a) Skizze der vorgelegten Gangnähte (dorsale Nahtreihe bereits komplettiert), b) Vorbereitung der Pankreas-Jejunum-Anastomose mit vorgelegten Nähten am Pankreasgang (Pfeile), hintere Nahtreihe vollständig, c) vorgelegte Nähte der äußeren, vorderen Nahtreihe, d) fertige Pankreatikojejunostomie
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Abb. 18.12. Verschluss des Pankreasganges und -stumpfes (Pfeile) nach distaler Pankreatektomie; Vena portae (VP), Vena mesenterica superior (VMS) und die abgesetzte Vena lienalis (VL)
trennung mit Hilfe des linearen Staplers. Keine dieser Techniken erweist sich aber als einzig überzeugende mit konstanter Reduktion der Pankreas-Leckage. Wir empfehlen, den Gang separat zu durchstechen und dann den Pankreasstumpf nochmals mit Einzelknopfnähten zu verschließen (Abb. 18.12).
5.3. Segmentale Pankreatektomie Die ersten segmentalen Pankreatektomien wurden bei Patienten nach traumatischer Durchtrennung des Pankreas-Isthmus durchgeführt (Letton et al., 1959). Schnell wurde die Vielseitigkeit dieser Methode erkannt. Die Methode stellt eine organerhaltende Operation bei kleinen (< 5 cm), benignen oder niedrigmalignen zentralen Tumoren dar. Die Erhaltung der endokrinen Funktion hat eine bedeutende Konsequenz in Bezug auf den Ausprägungsgrad des Diabetes mellitus (Warshaw et al., 1998; Sperti et al., 2000). Beim duktalen Adenokarzinom spielt die Technik aber praktisch keine Rolle (Abb. 18.13).
5.4. Totale Pankreatektomie Die totale Pankreatektomie wurde zeitweise (1960/ 1970) als eine Alternative zur Pankreatikoduodenek-
Abb. 18.13. Rekonstruktion nach Pankreassegmentresektion
tomie dargestellt, aufgrund der fehlenden Komplikationen durch die Pankreasanastomose. Allerdings waren die metabolischen Konsequenzen aufgrund des kompletten Verlustes der exo- und endokrinen Funktion schwerwiegend, sodass man die Indikation zur totalen Pankreatektomie heute nur in seltenen Fällen stellt. Ist der Pankreas-Schnittrand intraoperativ nicht tumorfrei, ist die vollständige Entfernung des Pankreas indiziert (Wagner et al., 2004), ebenso manchmal bei intraduktalen papillären muzinösen Neoplasien (IPMN) aufgrund der longitudinalen Beteiligung des Ganges (Gigot et al., 2001) (Abb. 18.14). Außerdem wird eine totale Pankreatektomie durchgeführt, wenn der Pankreasrest atroph oder die Gewebetextur sehr brüchig und damit eine Anastomose technisch nicht möglich ist.
5.5. Transduodenale Resektion der Papilla Vateri Alle ampullären Tumoren sollten komplett exzidiert werden. Diese Aussage basiert auf der Tatsache, dass die meisten benignen Tumoren der Ampulla Vateri echte Neoplasien sind. In 35–60 % dieser Adenome befinden sich okkulte Karzinome (Martin et al., 2003). Auch die präoperative Endoskopie ist nicht zuverlässig mit 25–60 % an falsch-negativen Biopsie-Ergebnissen (Posner et al., 2000). Die Resektabilität dieser
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Pankreaskarzinom
ampullären Tumoren beträgt 92 %. Die transduodenale Resektion der Papilla Vateri ist eine sehr effektive Therapie. Aufgrund der hohen Rezidivrate von 32 % nach 5 Jahren und 43 % nach 10 Jahren sollte bei ampullären Adenokarzinomen (auch T1) eine Pankreatikoduodenektomie durchgeführt werden (Farnell et al., 2001). Benigne Tumoren können bei deutlich geringerer Morbidität und Mortalität dagegen endoskopisch oder transduodenal entfernt werden. Die Anwendung der Methode bei Low-grade-Malignomen bleibt kontrovers.
251
Abb. 18.14. Operationspräparat einer totalen Pankreatektomie bei intraduktal papillärer muzinöser Neoplasie (IPMN) mit längs eröffnetem Pankreasgang
5.6. Postoperatives Management 6. Komplikationsmanagement Postoperativ werden Patienten nach Pankreasresektion für die ersten 24 Stunden auf der Intensivstation überwacht. Die Magensonde wird meist während oder kurz nach Extubation entfernt. Antiemetika werden prophylaktisch intravenös verabreicht. Die Drainagen werden im Normalfall innerhalb der ersten 2–3 postoperativen Tage entfernt. Ist die Drainageflüssigkeit auffällig, wird daraus die Amylase-/Lipase-Konzentration bestimmt. Ist die Konzentration in der Drainageflüssigkeit deutlich erhöht, wird die Drainage belassen. Weitere Komplikationen, welche durch die Pankreasleckage ggf. auftreten, müssen gezielt behandelt werden. Die Blutzuckerwerte werden postoperativ engmaschig überwacht und ggf. mit intravenöser Insulin-Gabe reguliert. Nachdem der Patient wieder Nahrung zu sich nimmt, wird der Blutzucker mit Intermediärinsulin oder einer Kombination aus Verzögerungsinsulin (Retard-Insulin) als Basis und der präprandialen Gabe von kurzwirksamem Insulin eingestellt. Epidurale Analgesie oder Patienten-kontrollierte Analgesie wird für mindestens 72 Stunden postoperativ fortgesetzt. Die orale Analgesie (nach dem WHO-Stufenschema) wird überlappend mit der oralen Nahrungsaufnahme begonnen. Atemtherapie sollte am ersten postoperativen Tag beginnen, ebenso wie die Mobilisierung, um einer Pneumonie, Thrombose und Lungenembolie vorzubeugen. Der Urinkatheter (im Regelfall suprapubisch) kann bei Entfernen der epiduralen Analgesie gezogen werden. Nach Splenektomie werden die Patienten vor Entlassung gegen Pneumokokken, Haemophilus influenzae B und Meningokokken geimpft. Die mediane Krankenhausaufenthaltsdauer beträgt zurzeit nach Pankreatikoduodenektomie ca. 11 Tage, nach Pankreaslinksresektion ca. 10 Tage.
Obwohl die chirurgische Mortalität (besonders in spezialisierten Zentren) deutlich abgenommen hat, bleibt die Morbidität mit 30–60 % immer noch hoch (Stojadinovic et al., 2003). Patienten mit mindestens einer Komplikation oder mehr haben eine Mortalität von 18 % gegenüber den Patienten ohne Komplikationen mit 5,2 % (Dimick et al., 2003). Das Vorkommen medizinischer Komplikationen (4– 19 %) ist meist eine Folge der Ko-Morbidität der Patienten, der Mangelernährung, des Ikterus und des Ausmaßes der chirurgischen Resektion (Halloran et al., 2002). Diese Faktoren können (bis auf den letzten) durch präoperative Optimierung, gute Anästhesie und sorgfältiges postoperatives Monitoring beeinflusst werden. Komplikationen, die nicht mit medikamentöser Therapie oder radiologischer/endoskopischer Intervention behoben werden können, sondern eine erneute Operation erfordern, besitzen ein Mortalitätsrisiko von 23–67 % (Alexakis et al., 2004).
6.1. Pankreasfistel Die Inzidenz von Pankreasfisteln oder Leckagen variiert von 2–24 % (Alexakis et al., 2004). Diese Variationsbreite beruht u. a. auf unterschiedlichen Definitionen. Eine gängige Definition (Bassi et al., 2005) für eine Pankreasfistel ist die persistierende Sekretion der Drainageflüssigkeit von mehr als 30 ml/Tag mit einer Amylase-Konzentration von mehr als 5000 U/ml (für mehr als 10 Tage). Die Notwendigkeit einer interventionellen Drainage mit Gewinnung von amylosereichem Sekret, evtl. einhergehend mit Fieber, Leukozytose und Sepsis, wird ebenfalls als Pankreasfistel klassifiziert. Nach distaler Pankreatektomie ist die Rate von Pankreasfisteln höher als nach PPD (ca. 12 %). Meist heilen
252
C. Reiser, J. Kleeff, H. Friess, M. Gnant und M. W. Büchler
sigkeitsansammlungen rechts subhepatisch oder links subdiaphragmal (Berberat et al., 1999). Die Methode der Wahl ist die perkutane radiologisch gesteuerte Drainage-Einlage, solange die Ursache (Fistel-Leckage) kontrollierbar ist. Eine chirurgische Exploration erfolgt nur bei Versagen der interventionellen Drainage.
6.3. (Nach-)Blutung
Abb. 18.15. Bei postoperativer Nachblutung an der Pankreatiko-Jejunostomie wird eine Enterotomie an der Jejunumschlinge durchgeführt, um die Blutungsquelle an der Pankreasanastomose zu identifizieren und chirurgisch zu versorgen.
Pankreasfisteln durch externe Drainage ab und bereiten weniger Probleme im weiteren Verlauf, wenn das Pankreas-Sekret nicht durch intestinale Enzyme aktiviert wird. Generell hat aber eine Pankreasfistel immer das Potenzial, eine intraabdominelle Sepsis und/oder Blutungen zu verursachen, was nicht selten tödlich enden kann. Um eine Fistelbildung zu verhindern, ist es wichtig, standardisiert und sorgfältig zu operieren, aber auch die Pankreastextur und der Anastomosentyp spielen eine Rolle. Wir versuchen eine Leckage konservativ zu behandeln, solange keine Peritonitis, Sepsis, Blutung oder ein Organversagen vorliegt (Buchler et al., 2003). Das bedeutet eine effektive Kontrolle der Leckage durch externe Drainage, intravenöse Antibiotikagabe, parenterale Ernährung und engmaschige Überwachung. Dies ist in ca. 70–90 % der Fälle erfolgreich. Auf der anderen Seite muss bei den oben beschriebenen Komplikationen eine frühe chirurgische Intervention diskutiert werden. Die Revision der Anastomose, eine suffiziente Drainage oder die Rest-Pankreatektomie sind mögliche Behandlungsalternativen.
6.2. Intraabdomineller Abszess Die Häufigkeit intraabdomineller Abszesse nach Pankreasresektionen liegt zwischen 1–12 % (Halloran et al., 2002) und ist oftmals die Folge einer Anastomosenleckage (Pankreatikojejunostomie oder biliodigestive Anastomose). Meist bilden sie sich aus Flüs-
Eine postoperative Nachblutung (Inzidenz von 1– 10 %) liegt vor, wenn mehr als 2 Erythrozytenkonzentrate pro 24 h nach der Operation transfundiert werden müssen oder eine zusätzliche Maßnahme erforderlich wird (Schafer et al., 2002). Der Grund einer frühen Nachblutung (innerhalb der ersten 24 Stunden) ist oft eine unzureichende Blutstillung oder eine gelöste Ligatur und erfordert eine sofortige Re-Operation. Späte Blutungen der Duodenojejunostomie oder durch Stressulzera können mit der Einnahme von Protonenpumpeninhibitoren reduziert werden, diese werden daher routinemäßig postoperativ verabreicht. Bei dem Verdacht auf eine intraluminale Blutung muss dringend eine Gastroskopie stattfinden. Entdeckt man die Blutungsquelle nicht im Magen, könnte die Ursache am Pankreasstumpf liegen und es sollte schnellstmöglich eine chirurgische Blutstillung (mittels Enterotomie und Übernähung) erfolgen (Wente et al., 2006). Je mehr Zeit vergeht, desto größer wird der Druck auf die Anastomose und gefährdet diese damit (Abb. 18.15). Späte postoperative Nachblutungen (1–3 Wochen postoperativ) werden gewöhnlich durch eine Anastomosenleckage mit septischen Gefäßarrosionen verursacht. Auch hier sollten endoskopisch eine intraluminale Ursache ausgeschlossen und eine Angio-CT zur Verifizierung und Lokalisation der Leckage angeschlossen werden. Wird das blutende Gefäß identifiziert, kann es durch selektive Angiographie embolisiert werden.
6.4. Magenentleerungsstörungen Eine der häufigsten chirurgischen Komplikationen nach Pankreatikoduodenektomie ist die Magenentleerungsstörung („Delayed gastric emptying“). Unsere Definition ist das Belassen der Magensonde länger als 10 Tage nach der Operation oder ein erneutes Legen nach mehr als 10 Tagen. Neuere Studien haben die Pylorus-Erhaltung als Grund dafür entlasten können. Risikofaktoren für ein verzögertes Ingangkommen der Darmtätigkeit sind vor allem intraabdominelle Komplikationen sowie die Technik der Duodenoje-
Pankreaskarzinom
junostomie (Halloran et al., 2002). Das antekolische Platzieren der Anastomose senkt diese Komplikation von 24–50 % auf ca. 5 % (Hartel et al., 2005; Tani et al., 2006). Die Gabe von Erythromycin reduziert das Auftreten von Magenentleerungsstörungen um 37 % (Yeo et al., 1993). Bei den meisten Patienten kommt die Darmtätigkeit nach Entlastung des Magens wieder spontan in Gang. Bis dahin muss häufig parenteral ernährt werden.
253
Überleben (%)
Kapitel 18
keine Chemoradiotherapie
Chemoradiotherapie
7. Nachbehandlung
8. Rehabilitation und Nachsorge Bisher ist der Wert einer strukturierten Tumornachsorge zur Rezidivfrüherkennung und Prognoseverbesserung nicht belegt und sollte daher symptomorientiert erfolgen. Die „Standard-Nachsorge“ der Patienten nach Pankreasresektion beinhaltet die Erhebung der Zwischenanalyse und klinische Untersuchung, ggf. Spiral-Computertomographie des Abdomens und Beckens (mit Kontrastmittel), sowie Bestimmung des CA 19-9 im Serum. Die erste Vorstellung findet im 3. Monat nach der Operation statt, dann halbjährlich für 2 Jahre und anschließend jährlich. Abhängig von den Untersuchungsergebnissen wird das Standardschema verfolgt oder weitere Diagnostik und eine schnellere
Überleben (%)
Während die adjuvante Chemotherapie (mit 5-FU/Folinsäure oder Gemcitabin) das Überleben nach Pankreasresektion signifikant verbessert, ist die Radiochemotherapie als adjuvante Therapieoption umstritten und sollte nur in Studien durchgeführt werden. ESPAC-1 ist die größte Studie, die den Effekt adjuvanter Therapie auf das Überleben bei Pankreaskarzinom-Patienten untersucht hat. Es wurde von Neoptolemos et al. (2004) gezeigt, dass 5-FU/Folinsäure einen signifikanten Überlebensvorteil gegenüber keiner Chemotherapie bietet (Abb. 18.16). Ähnliche Erfolge wurden in einer prospektiven randomisierten Studie mit einer adjuvanten Therapie mit Gemcitabin belegt (Abb. 18.17) (Oettle et al., 2007). Die ESPAC-3-Studie vergleicht zur Zeit das Schema 5FU/Folinsäure mit Gemcitabin; der Beobachtungsarm wurde aufgrund der Ergebnisse aus ESPAC-1 abgeleitet. In der CapRI-Studie, welche auf den Daten von Picozzi et al. basiert, wird eine Therapie mit Interferon-A, Cisplatin, Radiatio und 5-FU im Vergleich mit Leucovorin und 5-FU untersucht (Picozzi et al., 2003; Knaebel et al., 2005).
Monate
Chemotherapie keine Chemotherapie
Monate
Abb. 18.16. Überlebenskurven der ESPAC-1 Studie (Neoptolemos et al., 2004)
Wiedervorstellung notwendig. Bei steigenden Tumormarkern oder klinischer Verschlechterung werden zusätzliche Untersuchungen, wie ggf. PET/CT, durchgeführt. In > 95 % der Patienten bleiben die Maßnahmen nach Entdeckung des Rezidives palliativ. Dennoch gibt es eine kleine Subgruppe von Patienten, die von einer Rezidivresektion (Abb. 18.18) profitieren kann. Bei 30 von 586 Patienten, welche wegen eines Rezidives chirurgisch reexploriert wurden, konnte dieses reseziert werden. Die Patienten lebten nach Rezidiv-Resektion im Durchschnitt 17 Monate, nach reiner Exploration oder Bypass-Operation dagegen nur 9,4 Monate (Kleeff et al., 2006).
9. Weitere Therapiemodalitäten An weiteren Therapiemodalitäten stehen Chemotherapie, Bestrahlung, Immuntherapie und neuere Substanzen, welche zielgerichtet auf Wachstumsfaktoren des Pankreaskarzinoms gerichtet sind, zur Verfügung.
254
C. Reiser, J. Kleeff, H. Friess, M. Gnant und M. W. Büchler
Überleben (%)
Gemcytabin Kontrollgruppe
a
Monate
Abb. 18.17. Überlebenskurve der CONKO-001 Studie (Oettle et al., 2007)
10. Palliativmaßnahmen Zur Palliativtherapie des lokal fortgeschrittenen oder metastasierten Pankreaskarzinoms stehen medikamentöse, endoskopische, interventionell radiologische, strahlentherapeutische und operative Maßnahmen zur Verfügung, die individuell abhängig von den im Vordergrund stehenden Beschwerden und dem Allgemeinzustand des Patienten angewendet werden. Absolute Priorität hat dabei die adäquate Schmerztherapie. Lokale Maßnahmen, wie die intraoperative oder perkutane Plexus-coeliacus-Blockade und systemische Maßnahmen nach dem WHO-Stufenschema kommen zum Einsatz. Ergibt sich bei der explorativen Laparotomie die Inoperabilität des Tumors, sollte bei Ikterus eine biliodigestive Anastomose (und prophylaktische Gastroenterostomie) erfolgen. Des Weiteren sind endoskopische und interventionell radiologische Verfahren möglich. Bei einer Magenausgangsstenose ist eine Gastroenterostomie indiziert.
b
c
Abb. 18.18. Lokales Pankreaskarzinom-Rezidiv nach WhippleResektion: a) CT-Bild des Lokalrezidivs (Pfeilköpfe) zwischen Aorta (A), A. mesenterica superior (SMA) und V. cava (C); b) Intraoperativer Situs des Lokalrezidivs (Pfeilköpfe) des Pankreaskarzinoms im interaortokavalen Fenster (A) Aorta, V) V. cava); c) interaortokavales Fenster nach der Tumorrezidiventfernung (VR) linke V. renalis, A) Aorta, C) V. cava)
handlung in hochspezialisierten Zentren. Die Versorgung von Pankreaskarzinom-Patienten bleibt weiterhin multidisziplinär, mit dem Chirurgen an zentraler und koordinierender Stelle. Postoperative Komplikationen und Outcome sind vom Hospital volume und der Spezialisierung und Erfahrung des Behandlungsteams abhängig, was für Pankreasoperationen mit hohem Evidenzgrad belegt ist. (Tabelle 18.2).
11. Qualitäts- und Prognosekriterien
12. Ausblick
In den letzten Jahrzehnten haben sich in der Pankreaschirurgie standardisierte Verfahren mit deutlich verbesserter Sicherheit entwickelt. Die moderne Pankreasresektion wird an den Patienten und an das Krankheitsstadium individuell angepasst. Dies ist der Verdienst von Erfahrung und Wissenschaft, wie z. B. der Verbesserung der chirurgischen Techniken, der perioperativen Versorgung und der präoperativen Diagnostik sowie entscheidend der Konzentration der Be-
Ziel der aktuellen Forschung ist es, Therapeutika zu entwickeln, die zielgerichtet gegen für das Wachstum und die Invasion des Pankreaskarzinoms wichtige Faktoren gerichtet sind. Die gewonnenen Erkenntnisse über das molekularbiologische Verhalten der Erkrankung sollen sinnvoll in klinischen Studien umgesetzt werden (Kleeff et al., 2006). In den letzten Jahren sind eine Reihe von Wachstumsfaktoren und deren Rezeptoren erforscht worden, die das Tumorwachstum
Kapitel 18
Pankreaskarzinom
255
Tabelle 18.2. Zusammenhang zwischen Fallzahl und Krankenhaus-Sterblichkeit in ausgewählten Studien
Autor
Krankenhaussterblichkeit (in %) Hohe Fallzahl Niedrige Fallzahl
Jahr
Patienten
Liebermann et al. (New York, USA)
1984–1991
375/1597*
2,2
19
Gouma et al. (Niederlande)
1994–1998
223/903*
1
13
Neoptolemos et al. (England)
1990–1996
565/461*
4
7
Gordon et al. (Maryland, USA)
1989–1997
946/146*
4
18
Birkmeyer et al. (USA)
1994–1999
2159/1563*
3,8
17,6
Trede et al. (Mannheim)
1985–1990
118
0
Fernandez-del Castillo et al. (Harvard Univ., Boston, USA)
1990–1994
231
0,4
Yeo et al. (Johns Hopkins Univ., Baltimore, USA)
1990–1996
650
1,4
Büchler et al. (Heidelberg)
2001–2006
1200
2,6
* Anzahl der Patienten behandelt in Krankenhäusern mit hoher/niedriger Fallzahl.
stimulieren sowie die Invasion der Karzinomzellen in umliegendes Gewebe, deren Metastasierung und Neoangiogenese begünstigen. Vielversprechend sind daher Inhibitoren oder Antikörper gegen diese Signalwege, wie z. B. Avastatin (Bevacizumab), ein Inhibitor des VEGF-Rezeptors (Kindler et al., 2005) und zukünftig sicher noch viele andere. Besonders wichtig bleibt dabei die multidisziplinäre Zusammenarbeit von Gastroenterologen, Chirurgen, Onkologen, Strahlentherapeuten, Radiologen, Anästhesisten und Schmerztherapeuten. Die in den letzten Jahren erfolgreich entwickelten multimodalen Therapiekonzepte gerade in grenzwertigen Behandlungssituationen müssen in laufenden randomisierten Studien einen höheren Evidenzgrad erreichen. Dies erfordert – ebenso wie die rein chirurgischen Fragen der durchaus möglichen Resektion von Lokalrezidiven oder erweiterter Resektionen – in besonderer Weise die Zusammenarbeit hochspezialisierter Behandlungszentren.
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Kapitel 18
Pankreaskarzinom
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Kapitel 19
Tumoren des Dünndarms M. Heiss und J. Tschmelitsch
1. Einleitung
1.1.1. Dünndarmadenome
Obwohl der Dünndarm ca. drei Viertel der Länge und mehr als 90 % der Mukosaoberfläche des Gastrointestinaltrakts repräsentiert, sind maligne Tumoren des Dünndarms mit einem Anteil von 2–3 % aller Darmtumoren sehr selten (Jemal et al., 2006). Malignome des Dünndarms sind 50-mal seltener als maligne Tumoren des Dickdarms, ohne dass bisher eine eindeutige Erklärung für dieses Phänomen gefunden wurde. Die Inzidenz der malignen Dünndarmtumoren ist dennoch signifikant zunehmend (Severson et al., 1996). Die Resistenz der Mukosa gegen Tumorgenese wird auf die schnelle Nahrungspassage und damit auf die kurze Exposition gegenüber Noxen, auf relativ sterile Verhältnisse im Vergleich zum Kolon, auf das alkalische Milieu, hohe Konzentrationen von IgA und hohe Konzentrationen der Benzpyrenhydrolase, eines Enzyms zur Kanzerogenentgiftung, zurückgeführt (Kariv et al., 2003). Entsprechend nehmen Tumoren oder Tumorrezidive nach Gastrojejunostomie oder Ileokolostomie deutlich häufiger ihren Ausgangspunkt vom Restmagen oder Kolon als vom Dünndarm. In den westlichen Ländern überwiegt das Adenokarzinom vor den neuroendokrinen Tumoren und Lymphomen. Männer sind häufiger betroffen und der Altersgipfel liegt im 6. Lebensjahrzehnt. 50–75 % der Dünndarmmalignome sind im Duodenum lokalisiert.
Die häufigste Form der Dünndarmadenome zeigt sich im Zusammenhang mit einer familiären adenomatösen Polypose (FAP), einer autosomal-dominanten Erbkrankheit, die durch Hunderte von Polypen im Kolon und Rektum charakterisiert ist. 90 % der FAPPatienten entwickeln auch Adenome im oberen Gastrointestinaltrakt, die ebenfalls maligne entarten können. Das periampulläre Karzinom ist das häufigste Malignom außerhalb des Kolorektums bei FAP-Patienten. Das Lebenszeitrisiko für ein Duodenalkarzinom beträgt für FAP-Patienten zwischen 3 und 4 % und ist somit bis zu 300-fach höher als in der Normalbevölkerung. Sporadische Adenome sind weit seltener, können aber in bis zu 30 % ein invasives Karzinom enthalten.
1.1. Risikofaktoren und prämaligne Läsionen
Zu den in 30–40 % der HNPCC-Familien auch isoliert auftretenden extrakolischen Manifestationen gehören u. a. Karzinome des Dünndarms. Das Risiko eines Dünndarmkarzinoms bei HNPCC-Patienten liegt zwischen 1 und 4 %
Als Risikofaktoren wurden die hereditären Darmtumoren (FAP, HNPCC, Peutz-Jegher) charakterisiert. Weitere Risikofaktoren sind Morbus Crohn (bis zu 100fach erhöhtes Risiko!), Zöliakie, Galleflüssigkeit (v. a. für periampulläre Karzinome) sowie Zweitkarzinome.
1.1.2. Peutz-Jeghers-Syndrom Das Peutz-Jeghers-Syndrom ist eine autosomal dominante Erbkrankheit, die durch polypöse Hamartome im gesamten Dünndarm sowie Lippenpigmentierung gekennzeichnet ist. Das Risiko für eine maligne Entartung dieser Polypen liegt bei 3–6 %.
1.1.3. Hereditäres nichtpolypöses kolorektales Karzinom (HNPCC)
1.1.4. Morbus Crohn Die Entstehung eines Dünndarmkarzinoms auf dem Boden eines Morbus Crohn ist dokumentiert. Die meis-
M. Heiss und J. Tschmelitsch 260 Tabelle 19.1. Verteilung maligner Dünndarmtumoren nach Histologie und Lokalisation in 27 Studien (DeVita, 2001) Tumor
Duodenum Jejunum
Ileum
Gesamt
Adenokarzinom
634
454
301
1389 (44 %)
Karzinoid
60
92
781
933 (29 %)
Lymphom
34
183
276
493 (15 %)
Sarkom
61
159
148
368 (12 %)
Gesamt
789 (25 %) 888 (28 %)
1506 (47 %)
3183 (100 %)
Tabelle 19.2.a. TNM-Klassifikation von Dünndarmkarzinomen (nach UICC/AJCC 2002) TX
Primärtumor kann nicht beurteilt werden
T0
Kein Anhalt für Primärtumor
Tis
Carcinoma in situ
T1
Tumor infiltriert Lamina propria oder Submukosa
T2
Tumor infiltriert Muscularis propria
T3
Tumor infiltriert durch die Muscularis propria in die Subserosa oder in das nicht peritonealisierte perimuskuläre Gewebe in einer Ausdehnung von 2 cm oder weniger
T4
Tumor perforiert das viszerale Peritoneum oder infiltriert direkt in andere Organe oder Strukturen
NX
Regionäre Lymphknoten können nicht beurteilt werden
N0
Keine regionären Lymphknotenmetastasen
N1
Regionäre Lymphknotenmetastasen
Mx
Fernmetastasen können nicht beurteilt werden
M0
Keine Fernmetastasen
M1
Fernmetastasen
Tab. 19.2.b. Stadiengruppierung von Dünndarmkarzinomen (nach UICC/AJCC 2002) Stadium I
T1, T2
N0
M0
Stadium II
T3, T4
N0
M0
Stadium III
Jedes T
N1
M0
Stadium IV
Jedes T
Jedes N
M1
ten dieser Karzinome sind im Ileum lokalisiert. Finden sich in Biopsien dysplastische Veränderungen, so ist dies Zeichen einer malignen Entartung oder eines erhöhten Malignomrisikos.
1.2. Pathohistologie Adenokarzinome kommen am häufigsten vor (30– 40 %), gefolgt von neuroendokrinen Tumoren (25– 30 %), Lymphomen (20 %) und malignen mesenchymalen Tumoren. Die häufigste Lokalisation der Karzinome ist im Duodenum, gefolgt von Jejunum und Ileum, wohingegen die meisten neuroendokrinen Tumoren im Ileum auftreten (Tabelle 19.1). Die Karzinome des Dünndarms gleichen jenen des Dickdarms, aber der Anteil schlecht differenzierter und im Spätstadium diagnostizierter Tumoren ist höher. Karzinome bevorzugen das Duodenum (40–55 %), vorwiegend in der Papillenregion. Im Jejunum sind sie etwas häufiger als im Ileum. Für Karzinome des Dünndarms ist die TNM-Klassifikation akzeptiert (Tabelle 19.2). Im Vergleich zum Kolonkarzinom ist auf einen bedeutsamen Unterschied hinzuweisen: Im Dünndarm liegt bereits bei Infiltrationen der Lamina propria mucosae ein Karzinom vor, da die Dünndarmmukosa reich an Lymphgefäßen ist und somit bereits bei Infiltration der Lamina propria eine Metastasierungsgefahr besteht. Neuroendokrine Tumoren können funktionell aktiv oder inaktiv sein und gute oder schlechte Differenzierung aufweisen. Die häufigsten Lokalisationen finden sich im Duodenum und Ileum (v. a. terminales Ileum). Maßgebend ist die WHO-Klassifikation endokriner Tumoren. Eine Auflistung der Einteilung findet sich in Tabelle 19.3. Lymphome sind im Ileum häufiger als im Jejunum und selten im Duodenum. Lymphome werden nach Isaacson immunhistochemisch in B- und T-Zell-Lymphome und in Low- und High-Grade-Lymphome eingeteilt. Die Stadieneinteilung erfolgt nach der modifizierten Ann-Arbor-Klassifikation. Die Entität der mesenchymalen Dünndarmtumoren wurde in den letzten Jahren mit der Charakterisierung der gastrointestinalen Stromatumoren (GIST), die immunhistochemisch über die Expression von c-KIT (CD117) und CD34 bei fehlender oder geringer Expression von Desmin und S-100 diagnostiziert werden können, neu definiert. Unter den malignen mesenchymalen Tumoren ist der maligne gastrointestinale Stromatumor (GIST) der häufigste Typ. GIST manifestieren sich mit einer Häu-
Tumoren des Dünndarms
2. Diagnostik 2.1. Klinische Symptomatik Patienten mit Dünndarmtumoren haben oft über längere Zeit unspezifische Symptome. Das Beschwerdebild besteht aus rezidivierenden krampfartigen Bauchschmerzen, Gewichtsverlust, Anämie, Übelkeit und Subileus/Ileus. Die Symptome treten häufig nach dem Essen auf. Viele Patienten werden über Monate unter der Diagnose Colon irritabile behandelt. Entsprechend sollte bei jeder unklaren Blutungsanämie, rezidivierenden Durchfällen/Koliken und abdominellen Beschwerden an einen Dünndarmtumor gedacht werden. Fast die Hälfte der Patienten mit einem Adenokarzinom des Dünndarms entwickelt einen Ileus. Perforationen kommen vor allem bei Patienten mit Lymphomen oder Sarkomen vor. Tumore der periampullären Region führen zu Verschlussikterus oder Pankreatitis. Zeichen eines Karzinoidsyndroms wie Diarrhö, Flushsymptomatik und Bronchospasmus sind in der Regel Ausdruck eines metastasierten Tumorleidens.
Tabelle 19.3. WHO-Klassifikation der neuroendokrinen Tumoren und Lokalisation Jejunum
Ileum
figkeit bis zu 30 % im Dünndarm. Malignes Potenzial ist bei gastrointestinalen Stromatumoren bei Tumorgröße von mehr als 5 cm und Mitosenreichtum (> 5/50 HPF (High power fields = Gesichtsfelder bei 400-facher Vergrößerung)) anzunehmen. Sarkome des Dünndarms sind ausgesprochene Seltenheiten. Die Klassifikation der Sarkome ergibt sich nach UICC aus Differenzierungsgrad, Tumorgröße, Lymphknotenstatus und Metastasierung. Sarkome < 5 cm gelten als T1-Tumoren, entsprechend > 5 cm als T2.
261
Duodenum
Kapitel 19
Benignes Verhalten: funktionell inaktiv, beschränkt auf Mukosa/Submukosa, nicht angio-invasiv, + Größe 1 cm
+
+
Typ
1. Hochdifferenzierter neuroendokriner Tumor (Karzinoid)
•
Gastrin-positiver Tumor (prox. Duodenum)
+
+
•
Serotonin-positiver Tumor
+
+
•
Gangliozytisches Paragangliom (beliebige Größe und Ausdehnung; periampullär)
+
+
+
+
Funktionell aktiver Gastrin-positiver Tumor (Gastrinom), sporadisch oder MEN-1-assoziiert
+
+
Funktionell inaktiv: • Gastrin-positiver Tumor (Gastrinom), sporadiisch oder MEN-1-assoziiert
+
+
Benignes oder niedrigmalignes Verhalten (fragliche Dignität); beschränkt auf Mukosa/Submukosa, ohne oder mit Angioinvasion, oder Größe > 1 cm •
•
•
Somatostatin-positiver Tumor (Ampulla Vateri) mit/ohne Neurofibromatose Typ 1
+
+
•
Serotonin-positiver Tumor
+
+
Benignes oder niedrigmalignes Verhalten (fragliche Dignität); funktionell inaktiv, beschränkt auf Mukose/Submukosa, angioinvasiv, oder Größe < 1 cm (Dünndarm)
+
•
Serotonin-positiver Tumor
+
•
Enteroglukagon-positiver Tumor
+
2.2. Apparative Diagnostik
2. Hochdifferenzierendes neuroendokrines Karzinom (malignes Karzinoid)
In vielen Fällen kann ein maligner Dünndarmtumor wegen der häufigen Lokalisation im Duodenum und terminalen Ileum endoskopisch durch eine Gastroduodenoskopie bzw. Koloskopie mit Inspektion des terminalen Ileums diagnostiziert werden. Durch die Einführung neuer endoskopischer Techniken, wie die Push-Enteroskopie und die Kapsel-Endoskopie, stehen weitere Techniken zur Verfügung, die eine frühere Erkennung und bessere Lokalisierung maligner Dünndarmtumoren erheblich verbessern können (Abb. 19.1–19.3). Grundsätzlich sollte bei allen Patienten mit Dünndarmtumor ein gastrointestinaler Zweittumor durch eine Ösophago-Gastro-Duodenoskopie und Kolo-/Rektoskopie ausgeschlossen werden.
Niedrigmalignes Verhalten: Invasion der Lamina muscularis propria und darüber hinaus, oder Metastasen •
+
Funktionell inaktives Somatostatin-positives Karzinom (Ampulla Vateri) mit/ohne Neurofib- + romatose Typ 1
+
•
Funktionell inaktives od. aktives (mit Karzinoid+ syndrom) Karzinom
+
•
Funktionell inaktives od. aktives (mit Karzinoidsyndrom) Serotonin-positives Karzinom
•
Funktionell inaktives Enteroglukon-positives Karzinom
3. Niedrigdifferenziertes neuroendokrines Karzinom – Hochmalignes Verhalten
+
+
+
+
262
M. Heiss und J. Tschmelitsch
Abb. 19.1. Gastroduodenoskopie: Malignes Non-HodgkinLymphom im Duodenum
Abb. 19.2. Push-Enteroskopie: Blutendes Dünndarmkarzinom im Jejunum
Eine Dünndarm-Passage-Untersuchung nach Sellink kann zur Lokalisationsdiagnostik eingesetzt werden. Abdomen und ggf. Thorax-CT als apparative Stagingund Lokalisations-Diagnostik sind empfehlenswert. Die Diagnostik neuroendokriner Karzinome wird durch eine Kombination von CT/MRT und biochemischen Untersuchungen ermöglicht. Auch kleine neuroendokrine Tumoren können durch die Indium-111-OctreotidSzintigraphie bei vorhandenen Octreotid-Rezeptoren bzw. durch die 131-Iod-Meta-IodobenzylguanidinSzintigraphie (MIBG) lokalisiert werden (Sensitivität/
Spezifität 50–60 %). Beide Verfahren können zudem als therapeutische Option im Sinne einer „Targeted therapy“ eingesetzt werden (Sywak et al., 2004).
a
3. Vorbehandlung/präoperative Vorbereitung Eine spezifische Vorbehandlung bei Dünndarmtumoren existiert derzeit nicht, auch neoadjuvante Therapieverfahren sind nicht verfügbar. Ein Großteil der Tumoren wird akut symptomatisch und daher meist notfallmäßig behandelt.
b
Abb. 19.3. Kapsel-Endoskopie: a) Dünndarmpolyp im oberen Jejunum, b) Topographie der Kapselendoskopie
Kapitel 19
Tumoren des Dünndarms
Abb. 19.4. Whipple’sches Operationspräparat eines T2-Papillenkarzinoms. Histologie der präoperativen endoskopischen Biopsie: Adenom mit hochgradiger Dysplasie
4. Operative Strategie 4.1. Duodenum 4.1.1. Adenokarzinom des Duodenums Adenokarzinome des Duodenums werden wie ein Pankreaskopfkarzinom durch eine partielle Duodenopankreatektomie mit regionaler Lymphknotendissektion reseziert (Technik siehe Kapitel 18, „Pankreaschirurgie“). Bei Tumoren der Pars ascendens kann in manchen Fällen nach entsprechender Mobilisation eine segmentale Duodenektomie mit primärer Anastomose durchgeführt werden. Wenn eine radikale Resektion nicht möglich ist, sollte bei Bedarf eine Herstellung der Nahrungspassage mittels Stent oder einer Umgehungsanastomose erfolgen.
4.1.2. Papillenadenom, Papillenkarzinom Benigne Tumore der Vater’schen Papille sind selten. Am häufigsten handelt es sich um Adenome, daneben kommen Lipome, Lymphangiome und Leiomyome vor. Bei den Adenomen handelt es sich in ca. 40 % um tubulovillöse Adenome, in 30 % um villöse Adenome und in 10 % um tubuläre Adenome. Eine AdenomKarzinom-Sequenz ist nachgewiesen. Maligne Zellen werden in bis zu 40 % der Adenome gefunden (Heidecke et al., 2002), umgekehrt zeigen histologische Untersuchungen von Papillenkarzinomen Adenomreste in bis zu 80 % der Fälle. Die Therapie dieser Läsionen ist nach wie vor umstritten. Das Problem bei der Wahl des Verfahrens ist die Schwierigkeit, eine maligne Ent-
263
artung eines Adenoms präoperativ richtig zu diagnostizieren (Abb. 19.4). 30 % der villösen Adenome beherbergen bereits maligne Tumoren, Adenome mit hochgradigen Dysplasien in präoperativen Biopsien enthalten in bis zu 40 % Karzinome (Heidecke et al., 2002). Bildgebende Verfahren wie CT oder MRT eignen sich für diese Differentialdiagnose nicht. Bessere Ergebnisse werden für die endoskopische Sonographie berichtet, die die Ausdehnung eines periampullären Tumors mit einer Genauigkeit von 75-83 % feststellen kann. Allerdings kann auch die endoskopische Sonographie nicht sicher zwischen Adenom und T1-Karzinom unterscheiden und hat nur limitierten Wert in der Beurteilung der Lymphknoten. Auch multiple Biopsien von Papillenadenomen zeigen in 40–60 % falsch negative Ergebnisse (Stolte et al., 1996). Bei der Verfahrenswahl ist des Weiteren zu berücksichtigen, dass bis zu 10 % der T1-Karzinome bereits Lymphknoten-Metastasen haben. Während für benigne Adenome die endoskopische Papillektomie (EP) oder die transduodenale Papillektomie (TDP) zur Verfügung stehen, wird als Standardeingriff für Karzinome die partielle Duodenopankreatektomie angesehen. Allerdings wird von manchen Chirurgen auch bei maligne entarteten Adenomen oder T1-Karzinomen, vor allem bei Patienten mit erhöhtem operativen Risiko, eine TDP statt einer Duodenopankreatektomie durchgeführt. Bezüglich postoperativer Mortalität und Morbidität gibt es nur wenige vergleichende Studien. Befürworter der TDP für Adenome und T1-Papillenkarzinome argumentieren mit ähnlichen Langzeitergebnissen wie nach einer Duodenopankreatektomie, bei geringerer Morbidität und Mortalität. Rattner et al. (1996) berichteten über kein Rezidiv nach TDP für Papillentumore mit intraoperativem Gefrierschnitt der Abtragungsränder. Andere Autoren fanden allerdings hohe Rezidivraten nach TDP (Meneghetti et al., 2005). Eine Alternative zur TDP oder Duodenopankreatektomie bei benignen Adenomen stellt die endoskopische Papillektomie (EP) dar (Desilets et al., 2001). Kriterien für eine EP sind eine Tumorgröße unter 4 cm, keine Tumorausbreitung in den Ductus pancreaticus oder choledochus und eine benigne Histologie in mindestens 6 Zangenbiopsien. In rezenten Studien fanden sich vertretbare Komplikationsraten und keine Mortalität (Desilets et al., 2001). Der Vorteil der EP liegt unter anderem darin, dass ein ausreichendes Präparat zur histologischen Untersuchung gewonnen wird, was einen Versuch einer EP bei endoskopisch abtragbaren Adenomen rechtfertigt. Bei Malignität kann eine Duodenopankreatektomie angeschlossen werden.
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M. Heiss und J. Tschmelitsch
a
b
Abb. 19.5. Transduodenale Papillektomie: a) Haltefäden, b) Abschluss-Situs
Eine wissenschaftlich fundierte Empfehlung zur Wahl des Verfahrens kann bei der derzeitigen Datenlage nicht gegeben werden. Berichte über onkologische Langzeitergebnisse der einzelnen Techniken leiden unter einem Selektions-Bias. Die Duodenopankreatektomie ist bei niedriger Mortalität und Morbidität in erfahrenen Händen als Standardverfahren für maligne Tumoren der Papille anzusehen. Für benigne Tumoren oder bei Patienten, die für eine Duodenopankreatektomie nicht geeignet sind, stehen mit der EP und TDP Alternativverfahren zur Verfügung (Paramythiotis et al., 2004).
4.1.2.1. Partielle Duodenopankreatektomie Partielle Duodenopankreatektomie mit regionaler Lymphknoten-Dissektion: siehe Kapitel 18, „Pankreaschirugie“.
4.1.2.2. Transduodenale Papillektomie Die Operation umfasst die komplette Entfernung der Vater’schen Papille mit den distalen Anteilen des Ductus pancreaticus und choledochus sowie dem umliegenden Pankreasgewebe. Als Zugang empfiehlt sich ein Rippenbogenrandschnitt rechts mit Möglichkeit der Erweiterung nach links. Zuerst werden eine Cho-
lezystektomie durchgeführt, der Ductus choledochus dargestellt und bei Bedarf eine intraoperative Cholangiographie angeschlossen. Das Duodenum wird nach Kocher mobilisiert und danach eine Längsduodenotomie gegenüber der Ampulle durchgeführt. Zur besseren Palpation der Papillenregion kann vor der Duodenotomie über eine Choledochotomie eine Treppensonde in den Gallengang eingeführt und bis zur Papille vorgeschoben werden. Als Alternative kann ein Fogartykatheter verwendet werden, der über den Choledochus in das Duodenum vorgeschoben und nach Blocken des Ballons in die Papillenregion zurückgezogen wird. Nach erfolgter Duodenotomie werden 2 Haltenähte oberhalb der Papille in die posteriore Duodenalwand gesetzt. Zwischen den Haltenähten erfolgt eine quere ca. 5 mm lange Inzision mit der Diathermienadel, dadurch werden die Duodenalwand und der dahinterliegende D. choledochus eröffnet. Dann wird die erste Naht, welche Duodenalwand und Gallengangswand fasst, gelegt. Eine Lupenbrille ist zur besseren Übersicht empfehlenswert. Schrittweise wird nun die Inzision zuerst nach lateral verlängert und Nähte werden vorgelegt, allerdings vorerst nicht geknüpft (Abb. 19.5a). Diese Inzision wird zirkulär geführt, immer unter Vorlegen von Nähten. Nach vollständiger Entfernung des Tumors erfolgt bei malignen Tumoren eine Gefrierschnitt-Untersuchung der Resek-
Kapitel 19
Tumoren des Dünndarms
265
Tabelle 19.4. Punkte-Score nach Spigelman zur Beurteilung des Karzinomrisikos bei FAP
Stadium
Karzinomrisiko
Therapieempfehlung
0
0%
Endoskopie 5 (3) Jahre
I
0%
Endoskopie 5 (3) Jahre
II
2,3 %
Endoskopie 3 (2) Jahre
tubulo-villös villös
III
2,4 %
Endoskopie 1–2 Jahre
II
IV
36,4 %
Pankreatikoduodenektomie
Punkte pro Kategorie 1
Tabelle 19.5. Kontroll- bzw. Therapieempfehlungen nach Spigelman-Klassifikation für FAP-Patienten
2
3
Kriterien: Anzahl Polypen Größe Polypen
1–4 1–4 mm
Histologischer Typ tubulär Dysplasie-Grad
I
5–20 5–10 mm
> 20 > 10 mm
III
Stadium 0: 0 Punkte, Stadium I: 1–4 Punkte, Stadium II: 5–6 Punkte, Stadium III: 7–8 Punkte, Stadium IV: 9–12 Punkte
tionsränder. Zur Rekonstruktion wird der Ductus pancreaticus mit einem feinen Gummikatheter intubiert. Wenn ein nicht dilatiertes Gangsystem vorliegt, kann das Septum zwischen Gallengang und Pankreasgang längs inzidiert werden und danach mit feinen Nähten quer vernäht werden. Anschließend werden die vorgelegten Nähte zwischen Duodenalwand und Choledochus/Pankreaticus geknüpft (Abb. 19.5b). Die Duodenotomie wird verschlossen und nach Bedarf ein TRohr in den Gallengang eingelegt. Die Duodenotomie wird über eine weiche Silikondrainage für einige Tage drainiert. Bei Karzinomen wird eine LK-Dissektion der anterioren und posterioren Pankreaskopf-Lymphknoten und der supraduodenalen Lymphknoten von manchen Chirurgen empfohlen (Beger et al., 1998).
4.1.3. Duodenaladenome bei familiärer adenomatöser Polypose (FAP) Bei FAP-Patienten beträgt das Lebenszeitrisiko, Duodenalpolypen zu entwickeln, zwischen 80 und 90 %. 3–4 % der FAP-Patienten entwickeln ein Duodenalkarzinom. Das Risiko, ein Karzinom aus einer Duodenalpolyposis zu entwickeln, richtet sich nach der Ausprägung der Polypose. Zur Beurteilung sollte die Spigelman-Klassifikation (Tabelle 19.4) herangezogen werden (Spigelman et al., 1989). Für die Mehrzahl der Patienten scheint bei niedrigem Karzinomrisiko eine
regelmäßige endoskopische Kontrolle ausreichend (Tabelle 19.5). Aufgrund des hohen Karzinomrisikos im Spigelman-Stadium IV muss hier ein chirurgisches Vorgehen empfohlen werden. Als Standardeingriff ist die partielle Duodenopankreatektomie anzusehen. Lokale Verfahren wie die TDP können wegen des hohen Rezidivrisikos nicht empfohlen werden.
4.1.4. Neuroendokrine Tumoren des Duodenums Duodenale NET bilden zu 60 % Gastrin und zu 30 % Somatostatin. Die Metastasierungsrate korreliert mit der Größe. Tumoren über 2 cm zeigen in 80 % Metastasen. Prinzipiell wird eine aggressive chirurgische Therapie mit dem Ziel der Resektion des Primärtumors und ggf. auch seiner Metastasen (Therapie der Lebermetastasen, siehe Kapitel 16) unbedingt angestrebt. Dies entspricht bei NET des Duodenums in den meisten Fällen einer partiellen Duodenopankreatektomie mit Dissektion der Lymphknoten. In seltenen Fällen (Tumoren der Pars ascendens) ist eine segmentale Duodenektomie mit Lymphknotendissektion möglich. Intraoperativ muss der gesamte Gastrointestinaltrakt untersucht werden, da in 20–40 % mehr als ein NET vorhanden ist. Auch palliative Eingriffe mit der Zielsetzung eines Debulking können sinnvoll sein, wenn dadurch die endokrine Symptomatik und die Lebensqualität verbessert wird.
266
M. Heiss und J. Tschmelitsch
4.1.5. Gastrinome Gastrinome können sporadisch oder im Rahmen einer MEN 1 auftreten und sind in bis zu 70 % im Duodenum lokalisiert. Gastrinome der Duodenalwand sind meist klein (< 10 mm) und daher oft nur äußerst schwierig lokalisierbar. Beide Formen haben eine gleich hohe Malignitätsrate. Sporadische Gastrinome sind solitär, während MEN-1-Gastrinome oft multipel auftreten. Die Diagnose erfolgt durch Anamnese und biochemische Untersuchungen. Zur Lokalistionsdiagnostik und Staging eignen sich CT, MRT oder die Somatostatinrezeptor-Szintigraphie. Manche Autoren empfehlen eine Endosonographie. Die meisten Gastrinome finden sich im sog. Gastrinomdreieck (Verbindungslinie von Pankreaskopf, Pars descendens duodeni und Ligamentum hepatoduodenale). Eine chirurgische Therapie ist beim sporadischen Gastrinom angezeigt, auch wenn die bildgebenden Verfahren negativ sind. Bei begrenzter Lebermetastasierung sollte eine Metastasenresektion entweder simultan oder im Rahmen eines Zweiteingriffs erfolgen.
4.1.5.1. Sporadisches Gastrinom Nach entsprechender Diagnostik erfolgt die chirurgische Exploration. Als Zugang empfiehlt sich eine quere Oberbauchlaparotomie. Die Leber wird sorgfältig palpiert und eine intraoperative Sonographie durchgeführt. Danach wird die rechte Flexur mobilisiert und ein ausgedehntes Kocher-Manöver angeschlossen. Duodenum und Pankreaskopf werden bis zur Aorta abgehoben. Das Ligamentum gastrocolicum wird durchtrennt und die linke Flexur mobilisiert. Pankreaskorpus und Pankreasschwanz werden dann durch Inzision des Retroperitoneums am Pankreasunterrand von kaudal nach kranial zwischen V. mesenterica superior und Milzhilus mobilisiert. Bei Bedarf wird die Milz ebenfalls mobilisiert und kann mit dem Pankreas nach ventral weggehalten werden. Danach erfolgt eine sorgfältige bidigitale Palpation des Duodenums und der gesamten Drüse. Anschließend wird eine intraoperative Sonographie des Pankreas durchgeführt. Ein 7,5-MHzSchallkopf ist dafür mindestens zu empfehlen. Gastrinome des Pankreaskopfs werden enukleiert. Dazu wird das exokrine Gewebe über dem Tumor mit der Diathermie inzidiert und dann der endokrine Tumor mit bipolarer Thermokoagulation in der Grenzschicht zum exokrinen Gewebe mobilisiert. Die Exzisionstelle wird üblicherweise drainiert. Eine Y-Roux-Pankreatikojejunostomie ist lediglich bei Verdacht auf Eröffnung des Hauptganges oder eines größeren Nebenganges not-
wendig. Perioperativ kann eine Octreotidgabe zur Reduktion der exokrinen Pankreassekretion erfolgen. Im Pankreaskorpus oder -schwanz gelegene Gastrinome werden durch eine Pankreaslinksresektion entfernt, wobei die Milz erhalten werden kann. Die Drüse wird dazu vom Schwanz her nach rechts mobilisiert, wobei Äste zwischen Pankreas und A. lienalis und V. lienalis schrittweise durchtrennt werden. Das Pankreas wird auf Höhe der Pfortader durchtrennt. Der D. pankreaticus wird mit einer Durchstechungsligatur versorgt und die Resektionsfläche übernäht. Wenn im Rahmen der Exploration bei sporadischem Gastrinom im Pankreas kein Tumor gefunden wird, so ist dieser wahrscheinlich im Duodenum gelegen. Palpable Gastrinome des Duodenums werden durch Duodenotomie und Vollwandexzision entfernt. Liegt das Gastrinom in der Nähe der Papille, empfiehlt sich eine Choledochotomie und Einbringen einer Sonde, um die Papille exakt zu lokalisieren und zu schonen. Wenn bei der primären Exploration des Pankreas und des Duodenums kein Tumor gefunden werden kann, kommen noch kleine nicht palpable Tumore der Duodenalwand in Frage. Diese sind unter einer Größe von 0,5 cm bei intaktem Duodenum nur schwer zu tasten. Deshalb sollte dann eine Längsduodenotomie vom Bulbus duodeni bis zum unteren Duodenalknie durchgeführt werden, um eine getrennte Palpation der Duodenalvorderwand und -hinterwand vom Pylorus bis zur V. mesenterica superior zu ermöglichen. Dadurch lassen sich auch kleinere Gastrinome lokalisieren. Die Entfernung erfolgt mittels Vollwandexzision der Duodenalwand. Nach Entfernung des Primärtumors ist eine Lymphknotendissektion im Ligamentum hepatoduodenale, um den Pankreaskopf und entlang der A. hepatica anzuschließen. In den seltenen Fällen mit negativem Explorationsbefund ist eine blinde Resektion kontraindiziert. Symptome einer Hypergastrinämie lassen sich heutzutage medikamentös gut beherrschen und es kann in Verlaufskontrollen eine Tumorlokalisation gelingen. Dann ist eine Re-Operation möglich.
4.1.5.2. MEN-1-Gastrinome Der Standardeingriff bei Gastrinomen beim MEN-1Syndrom ist die Duodenotomie mit Resektion von oft multipel vorhandenen Duodenalwandtumoren, Enukleation vorhandener Tumoren aus dem Pankreaskopf und Pankreaslinksresektion bis zur Pfortader. Das technische Vorgehen bei den einzelnen Schritten entspricht dem oben beschriebenen.
Kapitel 19
Tumoren des Dünndarms
Umstritten ist die Operation von MEN-1-Gastrinomen allerdings, da der Verlauf meist sehr langsam ist, die Symptome eines Zollinger-Ellison-Syndroms medikamentös gut beherrschbar sind und eine Eugastrinämie auch durch Operation längerfristig in nur 50 % der Patienten erzielt werden kann.
4.2. Jejunum/Ileum Bei Patienten mit Karzinomen im Jejunum und Ileum ist eine Resektion des tumortragenden Darmabschnitts ggf. unter radikaler Mitnahme infiltrierter Nachbarstrukturen mit keilförmiger, bis an die Mesenterialwurzel reichender Resektion des Lymphabflussgebiets anzustreben. Tumoren im terminalen Ileum werden durch eine Hemikolektomie rechts behandelt (Delaunoit et al., 2004). Oberstes therapeutisches Prinzip ist in jedem Fall die radikale operative Resektion des Tumors unter Berücksichtigung aller onkologischer Kriterien, da nur die erfolgreiche R0-Resektion eine kurative Therapie ermöglicht. Adjuvante Therapien sind nur für das Lymphom gesichert. Die Indikation zur palliativen Resektion kann zur Verkleinerung der Tumormasse, zur Vorbeugung von Komplikationen oder zur Verminderung der neuroendokrinen Symptomatik bei Karzinoiden indiziert sein. Für neuroendokrine Tumoren gelten prinzipiell die gleichen Therapieempfehlungen wie für das Dünndarmkarzinom, da die endgültige histologische Diagnose erst im Operationspräparat gestellt werden kann. Besonderes Augenmerk ist auf die vollständige Resektion des gesamten Lymphabflussgebiets und auf die genaue Inspektion des OP-Situs zu legen, da Patienten mit Karzinoiden bereits bei einer Größe von 1 cm mit einer Wahrscheinlichkeit von 40 % Lymphknoten- oder Lebermetastasen aufweisen (Sutton et al., 2003). Bei primären Lymphomen wird das operative Vorgehen von der Tumorausdehnung bestimmt. Singuläre Stenosen werden entsprechend dem Vorgehen beim Adenokarzinom reseziert. Bei fortgeschrittenen Lymphomen muss in Kooperation mit Onkologen und Strahlentherapeuten die individuelle Indikation zur operativen Resektion diskutiert werden.
5. Komplikationsmanagement 5.1. Allgemeine Komplikationen Mögliche intraoperative Komplikationen der transduodenalen Exzision sind unzureichend kontrollierbare
267
Blutungen aus dem Parenchym des Pankreaskopfes oder eine R1-Resektion im Gefrierschnitt bei malignem Tumor. Hier bietet sich eine partielle Duodenopankreatektomie als Ausweichverfahren an. Im postoperativen Verlauf kann es zu einer Cholangitis oder Pankreatitis kommen. Weitere Komplikationsmöglichkeiten sind die Insuffizienz der Choledochoduodenostomie. Bei guter Drainage kann bei stabilen Patienten zugewartet werden. Retroperitoneale Retentionen oder Abszesse können interventionell radiologisch drainiert werden. Bei septischen Patienten oder Peritonitis ist eine Re-Laparotomie notwendig. Eine Naht der Insuffizienz, eventuell mit Schienung der Gänge, kann versucht werden, daneben ist eine Lavage und ausreichende Drainage mit Einlage eines T-Rohrs in den Choledochus durchzuführen. Falls eine sekundäre Duodenopankreatektomie notwendig wird, ist bei septischen Patienten mit einer deutlich erhöhten Mortalitätsrate zu rechnen. Im späteren Verlauf kann sich eine Mündungsstenose der implantierten Gänge mit rezidivierenden Cholangitiden und Pankreatitiden entwickeln. Hier können endoskopische oder transkutane Dilatationen oder Stenteinlagen versucht werden. Operativ besteht die Möglichkeit einer Choledochoduodeno- oder -jejunostomie. Falls diese Methoden keinen Erfolg versprechen, ist als Ausweg eine Duodenopankreatektomie zu erwägen. Duodenalnahtinsuffizienzen können bei guter Drainage ebenfalls konservativ behandelt werden. Auch hier kann eine radiologische Drainage oder Re-Laparotomie notwendig werden. Das Komplikationsmanagement nach Pankreasresektionen oder Enukleation von Pankreastumoren kann dem Kapitel Pankreaschirurgie entnommen werden.
5.2. Perioperative Karzinoidkrise Karzinoidkrisen treten typischerweise bei Karzinoidtumoren auf, die in die Leber metastasiert haben oder außerhalb des enterohepatischen Kreislaufs liegen. Allerdings kann es bei Operationen jedes NET zum Auftreten einer Karzinoidkrise kommen. Diese Krise ist gekennzeichnet durch eine z. T. lebensbedrohliche Hypotension oder Hypertension und Bronchospasmus als Reaktion auf Freisetzung verschiedener Mediatoren. Daher sind eine perioperative Somatostatin- oder Octreotid-Prophylaxe sowie eine intensivierte intraund postoperative Kreislaufüberwachung notwendig. Elektrolytverschiebungen müssen, wenn präoperativ vorhanden, ausgeglichen werden. Eine mögliche kardiale Fibrose mit Pulmonalklappenstenose und/oder
268
M. Heiss und J. Tschmelitsch
Trikuspidalinsuffizienz sollte ausgeschlossen werden. Die Prämedikation dient bei diesen Patienten einer besonders guten Anxiolyse und erfolgt zusammen mit einer H1- und H2-Rezeptorblockade vor der Operationseinleitung. Die Gabe von Octreotid sollte bereits 24 Stunden vor der Operation begonnen und dann intraoperativ fortgesetzt werden. Bei der Narkoseeinleitung dürfen keine Medikamente verwendet werden, die Serotonin oder Histamin freisetzen. Zur Behandlung von hypotensiven Krisen steht neben Flüssigkeitszufuhr und i. v.-Gaben von Octreotid noch Vasopressin (oder Angiotensin) zur Verfügung. Katecholamine sind kontraindiziert, da sie die Symptome durch Peptidfreisetzung über A-Rezeptoren noch steigern können.
6. Nachbehandlung und Palliativmaßnahmen Für das Adenokarzinom des Duodenums gibt es keine neoadjuvante oder adjuvante Therapie, die nachgewiesenermaßen eine Überlebensverlängerung bringt. Fortgeschrittene Karzinome werden mittels Chemotherapie behandelt. Verwendet wurden bisher meist Regimes mit 5-FU, zukünftig werden wahrscheinlich Oxaliplatin oder Irinotecan zur Anwendung kommen. Bei NET gibt es nach radikaler Chirurgie keine adjuvante Standardchemotherapie. Bei fortgeschrittenen Tumoren mit inoperablen Leberfiliae können Chemoembolisationen oder Radiofrequenzablationen der Metastasen versucht werden. Zur systemischen Symptomkontrolle kommen Interferon und Octreotid zur Anwendung. Als chemotherapeutische Optionen stehen 5-FU, Doxorubicin, Streptomycin und DTIC zur Verfügung. Eine Kombinationstherapie aus Carboplatin, Taxan und Etoposid wird bei niedrigdifferenzierten malignen NET durchgeführt. NET können auch im Sinne einer „Targeted therapy“ mit Octreotid bzw. mit dem Radionukleotid MIBG behandelt werden, wobei hier die Symptomkontrolle im Vordergrund steht (Sywak et al., 2004). Lymphome werden entsprechend ihrer histologischen Einordnung chemotherapiert. Die Strahlentherapie ist nur beim malignen Lymphom etabliert. Für alle anderen Tumorentitäten existieren keine Standards oder Richtlinien. Indikationen können sich in multimodalen Therapiekonzepten ergeben, die individuelle Faktoren betroffener Patienten berücksichtigen.
7. Rehabilitation und Nachsorge Beim Adenokarzinom des Duodenums muss eine strukturierte Nachsorge nicht durchgeführt werden, da es keine Hinweise gibt, dass die Früherkennung eines Rezidivs mit einer Überlebensverlängerung einhergeht. Dennoch wird an vielen Zentren eine onkologische Nachsorge durchgeführt. Sie dient der Qualitätskontrolle und ist auch von vielen Patienten erwünscht. Die Entscheidung zur Art der Nachsorge kann bei diesen Tumoren gemeinsam mit den Patienten individuell getroffen werden. Bei Papillenadenomen sollte nach endoskopischen Resektionen oder TDE nach 3 Monaten eine endoskopische Verlaufskontrolle durchgeführt werden. Danach sind jährliche Kontrollen ausreichend. Die Nachsorge bei Duodenaladenomen im Rahmen einer FAP ist Tabelle 19.5 zu entnehmen. Nach radikaler Operation eines Gastrinoms besteht die Nachsorge bei asymptomatischen Patienten in einer jährlichen Gastrinkontrolle. Die Therapie eines Rezidivs erfolgt in der Regel medikamentös. Nach kurativer Operation eines malignen Dünndarmtumors sollten in den ersten 2 Jahren halbjährliche und dann jährliche Kontrollen, bestehend aus klinischer Untersuchung, Sonographie und Laboruntersuchung, durchgeführt werden.
8. Qualitäts- und Prognosekriterien Die Prognose bei Patienten mit Adenokarzinomen des Dünndarms wird neben der o. g. R0-Resektion wesentlich vom Lymphknotenbefall bestimmt. Bei fehlendem Lymphknotenbefall werden 5-JÜR von 45–70 % berichtet, die bei Patienten mit befallenen Lymphknoten auf unter 20 % sinkt (Delaunoit et al., 2004). Patienten mit NET haben bei kompletter Resektion lokaler Tumoren eine gute Prognose mit 5-JÜR von 70–90 %, wodurch die zentrale Stellung der chirurgischen R0Resektion unterstrichen wird (Kerstrom et al., 2005).
9. Ausblick Maligne Tumoren des Dünndarms sind seltene Erkrankungen, die allerdings eine zunehmende Inzidenz aufweisen. Für alle malignen Tumorentitäten gilt, dass eine Kuration nur durch eine radikale R0-Resektion erzielt werden kann. Demgegenüber steht bei malignen Dünndarmtumoren die aggressive Tumorbiologie mit dem klinischen Problem frühzeitiger systemischer Ausbreitung. Ein besseres Verständnis der molekularen Veränderungen von Dünndarmtumoren könnte
Kapitel 19
Tumoren des Dünndarms
weitere Aufschlüsse über ein Risikokollektiv geben, wobei erste Studien beim Adenokarzinom des Dünndarms analoge molekulare Abläufe wie beim kolorektalen Karzinom zeigen. Eine deutliche Verbesserung der Früherkennung und somit der klinischen Behandlung von Dünndarmtumoren kann durch die routinemäßige Einführung der Kapselendoskopie und der Push-Enteroskopie erwartet werden, die bei unspezifischen Symptomen und bei Risikopatienten eine bessere und spezifische Diagnostik maligner Prozesse im Dünndarm erlauben.
10. Literatur Beger HG, Staib L, Schoenberg MH (1998) Ampullectomy for adenoma of the papilla and ampulla of Vater. Langenbecks Arch 383: 190–193 Delaunoit T, Neczyporenko F, Limburg PJ, Erlichman C (2004) Small bowel adenocarcinoma: a rare but aggressive disease. Clin Colorectal Cancer 4: 241–248 Desilets DJ, Dy RM, Ku PM, Hanson BL, Elton E, Mattia A, Howell DA (2001) Endoscopic management of tumors of the major duodenal papilla: refined techniques to improve outcome and avoid complications. Gastrointest Endosc 54: 202–208 DeVita VT, Hellman S, Rosenberg SA (2001) Cancer: principles and practice in Oncology. Williams and Wilkins, Lippincott, pp 1204–1216 Heidecke CD, Rosenberg R, Bauer M, Werner M, Weigert N, Ulm K, Roder JD, Siewert JR (2002) Impact of grade of dysplasia in villous adenomas of Vater’s papilla. World J Surg 26: 709–714 Jemal A, Siegel R, Ward E, Murray T, Xu J, Smigal C, Thun MJ (2006) Cancer statistics, 2006. CA Cancer J Clin 56: 106–130 Kariv R, Arber N (2003) Malignant tumors of the small intestine – new insights into a rare disease. Isr Med Assoc J 5: 188–192 Kerstrom G, Hellman P, Hessman O (2005) Midgut carcinoid tumours: surgical treatment and prognosis. Best Pract Res Clin Gastroenterol 19: 717–728
269 Meneghetti AT, Safadi B, Stewart L, Way LW (2005) Local resection of ampullary tumors. J Gastrointest Surg 9: 1300–1306 Paramythiotis D, Kleeff J, Wirtz M, Friess H, Büchler MW (2004) Still any role for transduodenal local excision in tumors of the papilla of Vater? J Hepatobiliary Pancreat Surg 11: 239–244 Rattner DW, Fernandez-del Castillo C, Brugge WR, Warshaw AL (1996) Defining the criteria for local resection of ampullary neoplasms. Arch Surg 131: 366–371 Severson RK, Schenk M, Gurney JG, Weiss LK, Demers RY (1996) Increasing incidence of adenocarcinomas and carcinoid tumors of the small intestine in adults. Cancer Epidemiol Biomarkers Prev 5: 81–84 Spigelman AD, Williams CB, Talbot IC et al. (1989) Upper gastrointestinal cancer in patients with familial adenomatous polyposis. Lancet 2: 783–785 Stolte M, Pscherer C (1996) Adenoma – carcinoma sequence in the papilla of Vater. Scand J Gastroenterol 31: 376–382 Sutton R, Doran HE, Williams EM, Vora J, Vinjamuri S, Evans J, Campbell F, Raraty MG, Ghaneh P, Hartley M, Poston GJ, Neoptolemos JP (2003) Surgery for midgut carcinoid. Endocr Relat Cancer 10: 469–481 Sywak MS, Pasieka JL, McEwan A, Kline G, Rorstad O (2004) 131I-meta-iodobenzylguanidine in the management of metastatic midgut carcinoid tumors. World J Surg 28: 1157–1162
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Kapitel 20
Endokrine Tumoren des Pankreas P. Langer und P. Sungler
1. Einleitung
1.2. Ätiologie, Pathogenese
Die Tumoren des endokrinen Pankreas wurden und werden auch heute teilweise noch als APUDome bezeichnet (Pearse et al., 1974), da sie zum System der Amine-precursor-uptake-and-decarboxylation (APUD)-Zellen gehören. Häufig werden sie jedoch auch als Inselzelltumoren bezeichnet. Sie entstehen aus neuroendokrinen Zellen, die fast immer Inselzellen des Pankreas, gelegentlich aber auch extrapankreatischen neuroendokrinen Zellen entsprechen. Heutzutage setzt sich jedoch mehr und mehr der Begriff des „neuroendokrinen Pankreastumors“ (NEPT) durch. In einer neuen WHO-Klassifikation werden die Tumoren nach morphologischen, klinischen und funktionellen Gesichtspunkten klassifiziert (Capella et al., 1995). Kriterien dieser Klassifikation sind die histologische Differenzierung, Tumorgröße sowie mögliche Gefäßinvasion, klinisch-funktionelle Kriterien und das Vorhandensein eines hormonellen Syndroms, welches durch die übermäßige Sekretion eines bestimmten Hormons verursacht wird (Insulinom, Gastrinom usw., Klöppel et al., 2003). Dies führt zu einer Klassifikation, welche Aussagen über Morphologie, Funktion und Prognose zulässt.
Genetische Veränderungen im Zusammenhang mit der Entwicklung der NEPT wurden bei der Multiplen Endokrinen Neoplasie Typ 1 (MEN 1) entdeckt. Dieses autosomal-dominant vererbte Syndrom wird mit einer Penetranz von ca. 80 % für NEPT vererbt. Das verantwortliche Gen liegt auf dem Chromosom 11q13 und kodiert das Protein Menin, dem eine Reihe von Funktionen zugeschrieben werden, dessen genauer pathogenetischer Stellenwert allerdings noch unbekannt ist (Marx, 2005). Es wurde jedoch gezeigt, dass dieses Gen auch bei einem Teil der sporadischen endokrinen Pankreastumoren eine Rolle spielen könnte (Shan et al., 1998; Zhuang et al., 1997). Beim exokrinen duktalen Pankreaskarzinom wurden Punktmutationen an verschiedenen Hotspots des k-ras-Gens beschrieben. Diese spielen bei endokrinen Pankreastumoren offensichtlich keine Rolle.
1.1. Häufigkeit Kleine, asymptomatische NEPT (< 1 cm) werden in ca. 0,4–1,5 % aller Autopsiefälle gefunden (Klöppel et al., 2003). Die Prävalenz funktionell aktiver oder inaktiver NEPT wird auf 1/100 000 geschätzt (Buchanan et al., 1986). Die Inzidenz des Insulinoms wird mit 4/1 000 000 und die des Gastrinoms mit 1,5/1 000 000 angegeben.
1.3. Entitäten Aufgrund der Tatsache, dass die meisten NEPT zur autonomen Überproduktion eines bestimmten Hormons führen, welches dann ein klinisches Syndrom hervorruft, werden die NEPT nach dem von ihnen produzierten Hormon benannt. Demzufolge werden Insulinome (ca. 70 % aller NEPT), Gastrinome (ca. 20 %, Zollinger-Ellison-Syndrom) und die sehr seltenen VIPome (ca. 3 %, VIP = vaso-intestinales Polypeptid; Vermer-Morrison-Syndrom) und Glukagonome (ca. 1 %) unterschieden. Davon sind die so genannten nicht-funktionellen NEPT (NF-NEPT) abzugrenzen, welche zwar auch von Inselzellen ausgehen, aber nicht zur Überproduktion eines Hormons führen und damit funktionell „stumm“ bleiben. Sie fallen meist durch ihre Größe und verdrängendes Wachstum auf. Ihr Anteil an der Gesamtzahl der endokrinen Pankreastumoren beträgt ca. 20–40 % (Tabelle 20.1). Im folgenden Beitrag soll auf die häufigsten NEPT,
272
P. Langer und P. Sungler Tabelle 20.1. Neuroendokrine Pankreastumoren – Übersicht
Tumorentität
Hormon
Syndrom
Insulinome
Insulin
Hyperinsulinismus
Gastrinome
Gastrin
VIPome
VIP
Glukagonome
Glucagon
nicht-funktionelle PP Tumoren
Anteil an NEPT ca. 60–70 % ca. 20–30 %
Zollinger-EllisonSyndrom Vermer-Morrisonca. 3 % Syndrom Glukagonom-Synca. 1 % drom ca. –– 20–30 %
psychologischer Diagnostik und Therapie überwiesen. Bis zur Diagnosestellung können so Jahre vergehen. Sehr typisch ist, dass hypoglykämische Episoden bei Patienten mit Insulinom v. a. nach längerem Fasten auftreten (Nüchternhypoglykämie). Oft kann in der sorgfältigen Anamnese erfragt werden, dass Symptome oft nachts oder kurz vor dem Frühstück auftreten und dass die Betroffenen ihre Essgewohnheiten geändert haben und gelegentlich Zwischenmahlzeiten einlegen. Die Patienten haben oft Süßigkeiten bei sich, um „den Anfällen“ vorzubeugen. Typisch ist in diesem Zusammenhang auch eine deutliche Gewichtszunahme. Schlanke Patienten mit Insulinom stellen eine Ausnahme dar.
VIP vaso-intestinales pankreatisches Polypeptid, PP pankreatisches Polypeptid, NEPT neuroendokrine Pankreastumoren
2.3. Diagnostik d. h. auf Insulinome, Gastrinome und nicht-funktionelle NEPT, im Einzelnen eingegangen werden.
2. Insulinome 2.1. Epidemiologie Das Insulinom ist der häufigste funktionelle NEPT. Die Inzidenz beträgt ca. 4 Erkrankungen/1 000 000 Personen pro Jahr. Am häufigsten sind Erwachsene betroffen, wobei Frauen etwas häufiger betroffen sind (ca. 60 %) als Männer. Es handelt sich meist um benigne, solitäre Tumoren. Weniger als 10 % treten multipel auf (oft im Rahmen der MEN 1), weniger als 10 % sind maligne. Das Insulinom ist nahezu ausschließlich im Pankreas lokalisiert (Service et al., 1991).
2.2. Klinik Die Leitsymptome des Insulinoms werden durch die Hypoglykämie verursacht. Sie sind gekennzeichnet durch die so genannte Whipple’sche Trias: GlukoseKonzentrationen < 40 mg/dl, neuro-glukopenische Symptome der Hypoglykämie und Reversibilität der Symptome durch Glukosegabe. Die Symptome können autonomer Natur (z. B. Tachykardie, Schwitzen, Tremor) oder neurologisch geprägt sein (auffälliges Verhalten, Somnolenz, fokale neurologische Defizite, Krampfanfälle). Verdächtig für das Vorliegen eines Insulinoms ist insbesondere eine rezidivierende neuroglukopenische Symptomatik. In einigen Fällen wird diese Symptomatik fehlinterpretiert. Die Patienten werden dann oft zunächst zu psychiatrischer oder
Das alles Entscheidende ist die Diagnose. Die endokrinologische Funktionsuntersuchung ist deshalb das wegweisende diagnostische Kriterium. Es gilt daher: Erst die Diagnose des Insulinoms, dann der Versuch der Lokalisation (Kann et al., 2005). Der Standardtest für die Diagnostik des Insulinoms ist der Fastentest oder Hungerversuch über 72 Stunden, der eine Sensitivität und Spezifität von nahezu 100 % besitzt. Unter stationären Bedingungen wird die Plasma-Glukose-Konzentration engmaschig überwacht. Initial mindestens alle 2 Stunden, bei abnehmenden Messwerten dann entsprechend häufiger. Durch regelmäßige Blutentnahmen (alle 2–4 Stunden, ab Glukosekonzentration < 60 mg/dl kürzere Abstände wählen) werden die Plasma-Spiegel von Insulin, C-Peptid und Proinsulin bestimmt. Fasten führt bei Gesunden fast nie zu Glukose-Konzentrationen unter 40 mg/dl und fast nie zu neuroglukopenischer Symptomatik. Bei Patienten mit Insulinom kommt es aber durch die autonome Insulinsekretion des Tumors beim Fastentest zu einer neuroglukopenischen Symptomatik. Hier wird der Test abgebrochen. Bei Abbruch werden die Konzentrationen von Glukose, Insulin und C-Peptid bestimmt. Zum Ausschluss einer Hypoglycaemia factitia muss gleichzeitig der Nachweis von Sulfonylharnstoffen und Gliniden im Serum und/oder 24 h-Urin versucht werden. Für das Vorliegen eines Insulinoms sprechen bei Abbruch des Tests Insulinkonzentrationen 6 μU/ml (36 pmol/l) und C-Peptid-Konzentrationen 0,2 nmol/l bei Glukosekonzentrationen 45 mg/ dl. Auch ein erhöhter Insulin-Glukose-Quotient (so genannter insulinogener Index) weist auf ein Insulinom hin. Ein insulinogener Index > 0,5 gilt als beweisend für das Vorliegen eines Insulinoms.
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Endokrine Tumoren des Pankreas
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2.4. Bildgebung In den letzten Jahrzehnten galt der Grundsatz, dass nach Stellen der Diagnose Insulinom keine Lokalisationsdiagnostik erfolgen sollte, da alle bildgebenden Verfahren (CT, MRT, Angiographie etc.) schlechte Sensitivität und Spezifität aufweisen und der erfahrene Operateur das Insulinom durch intraoperative Palpation des Pankreas und intraoperative Sonographie findet. Dieser Grundsatz wird in letzter Zeit durch die Möglichkeit minimal-invasiver Operationsverfahren in Frage gestellt, da dann eine präoperative Lokalisation wünschenswert ist. Das einzige verlässliche Verfahren stellt allerdings, und das nur in der Hand eines erfahrenen Untersuchers, die Endosonographie dar.
2.5. Operative Therapie Unbedingte Voraussetzung für die Indikationsstellung zur Operation und für eine erfolgreiche Operation ist der eindeutige Nachweis eines organischen Hyperinsulinismus. Benigne Insulinome werden fast immer durch eine Enukleation oder eine parenchymsparende Pankreasresektion dauerhaft geheilt (Abb. 20.1). Präoperative Lokalisationsdiagnostik ist nur erforderlich, wenn ein laparoskopisches Vorgehen geplant ist. In letzter Zeit konnte gezeigt werden, dass laparoskopische Verfahren prinzipiell möglich sind. In prospektiven Studien muss allerdings noch geklärt werden, ob hierdurch ebenso gute Ergebnisse wie bei der offenen Operationstechnik erreicht werden können. Heilung kann im Falle eines Insulinoms nur durch komplette operative Entfernung erreicht werden. Erfahrenen Operateuren gelingt dies in über 95 % durch den Ersteingriff (Rothmund et al., 1990). Entscheidend für die Indikationsstellung zur Operation ist ein akkurat durchgeführter und dokumentierter Hungerversuch mit biochemischem Nachweis des organischen Hyperinsulinismus und sicherem Ausschluss einer Hypoglycaemia factitia, induziert durch Insulingabe oder Einnahme von oralen Antidiabetika. Nach biochemischer Sicherung des Insulinoms ist die Operationsindikation immer gegeben, vorausgesetzt der Patient ist operabel. Eine medikamentöse Behandlung z. B. mit Diazoxid zur Besserung der Hypoglykämiesymptomatik ist zwar möglich, sollte jedoch nur inoperablen Patienten vorbehalten sein. Neben der biochemischen Sicherung ist auch wichtig, möglichst präoperativ zu ermitteln, ob ein sporadisches oder MEN-1-assoziiertes Insulinom vorliegt, da sich hiervon unterschiedliche operative Strategien ableiten.
Abb. 20.1.a. Schematische Darstellung der Enukleation eines Insulinoms aus dem Pankreasschwanz
Abb. 20.1.b. Insulinom nach Enukleation aus dem Pankreaskopf (am Unterrand des Präparates noch erkennbares normales Pankreasgewebe)
Daher sollte insbesondere bei jungen Patienten (< 40 Jahre) die Familienanamnese hinterfragt und das Vorliegen eines pHPT durch Bestimmung des Serumkalziums und des intakten Parathormons, sowie das Vorliegen eines Prolaktinoms durch Prolaktinbestimmung geprüft werden. Da bis zu 30 % der MEN-1-Patienten eine negative Familienanamnese aufweisen (Langer
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et al., 2001), wird von den meisten Experten bei jungen Patienten (< 40 Jahre) die Durchführung einer MEN-1-Mutationsanalyse (Langer et al., 2003) empfohlen, wodurch bei 85–90 % der Patienten die Diagnose MEN-1-Syndrom definitiv geklärt werden kann. Zur präoperativen Abklärung gehört ein Schnittbildverfahren (Sonographie oder Abdomen-CT) zum Ausschluss von Lebermetastasen im Falle eines malignen Insulinoms (van Heerden et al., 1992).
2.6. Operationsvorbereitung Zur Operationsvorbereitung gehört eine sorgfältige Aufklärung des Patienten über den bevorstehenden Eingriff. Der Patient muss über alle möglichen Resektionsverfahren am Pankreas aufgeklärt werden, da prinzipiell evtl. auch erst intraoperativ entschieden werden kann, welches Verfahren angewendet wird. Ziel ist die lokale parenchymsparende Enukleation des Tumors, insbesondere bei Lokalisation im Pankreaskopf. Bei Tumoren im Pankreasschwanz kann eine milzerhaltende Pankreaslinksresektion vorgenommen werden. In seltenen Fällen liegt das Insulinom tief im Pankreaskopf nahe dem Ductus Wirsungianus, sodass dann eine pyloruserhaltende Pankreaskopfresektion erforderlich ist. Eine postoperative diabetische Stoffwechsellage resultiert sehr selten und ist allenfalls bei ausgedehnter subtotaler Linksresektion zu erwarten. Wichtig ist, dass es in ca. 1–5 % auch erfahrenen Operateuren nicht gelingt, das Insulinom zu finden. Auch darüber muss der Patient aufgeklärt werden.
2.7. Operatives Vorgehen Grundsätzlich können solitäre Insulinome konventionell chirurgisch oder minimal-invasiv laparoskopisch entfernt werden. Voraussetzung für ein laparoskopisches Vorgehen sind eine präoperative Lokalisation des Tumors, die Möglichkeit der intraoperativen laparoskopischen Sonographie und Erfahrung in der endokrinen Pankreaschirurgie sowie laparoskopische Expertise. Die meisten Experten halten das laparoskopische Vorgehen nur für Tumoren im Pankreasschwanz bzw. ventral gelegene Tumoren im Pankreaskorpus oder -kopf geeignet. Bisher wurden nur kleine Fallserien publiziert, die zeigen, dass die laparoskopische Entfernung eines solitären Insulinoms prinzipiell möglich ist.
2.7.1. Konventionelles, offen chirurgisches Vorgehen Eine präoperative Lokalisationsdiagnostik ist beim konventionellen chirurgischen Vorgehen nicht erforderlich, da erfahrene Operateure durch bidigitale Pankreaspalpation und intraoperative Sonographie eine intraoperative Lokalisation in mindestens 95 % der Fälle erzielen (Fendrich et al., 2004; Mansour et al., 2004). Typischer Zugang ist die quere Oberbauchlaparotomie. Nach Eröffnung des Abdomens werden Leber und das übrige Abdomen in Hinblick auf Metastasen oder Peritonealkarzinose exploriert. Anschließend erfolgt ein Kocher-Manöver bis über die Aorta hinaus, sodass der Pankreaskopf und der Processus uncinatus komplett unterfahren werden können. Dann wird das Ligamentum gastrocolicum durchtrennt, um einen breiten Zugang zur Bursa omentalis zu schaffen. Anschließend werden Pankreaskorpus und -schwanz aus dem Retroperitoneum mobilisiert, indem die Milz nach Durchtrennung der Gefäße zum Magen aus ihrem Lager gelöst und mitsamt Pankreasschwanz aus dem linken Oberbauch nach medial ventral luxiert wird. Durch bidigitale Palpation des gesamten Pankreas kann dann bei solitärem Befund in über 95 % der Fälle der Tumor identifiziert werden (Finlayson et al., 2004). Danach erfolgt die intraoperative Sonographie. Ihre Bedeutung liegt im Nachweis multipler Insulinome (Norton, 1999), sowie der Darstellung des Verhältnisses des Tumors zum umliegenden Gewebe, zum Ductus Wirsungianus und zu den großen Gefäßen. Erst jetzt ist eine genaue Verfahrenswahl möglich. Nun kann ggf. eine tumornahe Enukleation aus dem Pankreasparenchym (Proye und Lokey, 2004) unter Verwendung einer bipolaren Pinzette und/oder des harmonischen Skalpells (Ultrazision) erfolgen. Bei oberflächlicher Lage gelingt dies meist gut, da die Tumoren meist eine Pseudokapsel haben, wodurch sich eine gut geeignete Schicht zwischen Tumor und normalem Pankreas auffinden lässt. Liegt der Tumor tief im Parenchym oder in Nähe zum Pankreasgang, ist in den meisten Fällen eine milzerhaltende Pankreaslinksresektion vorzuziehen. In sehr seltenen Fällen kann bei großen Tumoren oder tiefer Lokalisation im Pankreaskopf auch eine pyloruserhaltende partielle Duodenopankreatektomie erforderlich sein (Abb. 20.2). In manchen Fällen besteht prä- oder intraoperativ der Verdacht (großer Tumor, extrem hohe Insulinsekretion, „verschwommene Tumorgrenzen“ und heterogenes Bild des Tumors in der Sonographie) auf einen malignen Tumor. Dieser kann nicht durch Schnellschnitt bestätigt oder entkräftet werden. In diesen Fällen sollte aus Radikalitätsgründen immer eine onkologische Pankreasresektion mit Lymphaden-
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ektomie vorgenommen werden. Demgegenüber ist eine „blinde“ Pankreaslinksresektion bei Nichtauffinden des Insulinoms nicht indiziert und gilt als obsolet (Hirshberg et al., 2002). In einem solch seltenen Fall kann intraoperativ ein selektiver Kalziumstimulationstest mit Sampling von Blut aus der Pfortader mit nachfolgender Insulinbestimmung vorgenommen werden, um den Tumor zu regionalisieren. In jedem Fall sollte der Patient bei erfolgloser Exploration in ein Zentrum mit entsprechender Erfahrung überwiesen werden. Im eigenen Patientengut konnten durch die Kombination von intraoperativer Sonographie und Palpation alle Primärtumore intraoperativ korrekt lokalisiert und entfernt werden (Fendrich et al., 2004).
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Abb. 20.2. Operationssitus bei partieller Duodenopankreatektomie nach erfolgter Resektion. Der Pankreasrest ist mit Haltefäden hochgezogen.
2.7.2. Laparoskopisches Vorgehen Bei der laparoskopischen operativen Therapie des Insulinoms müssen die gleichen Grundsätze wie bei der konventionellen Operation gelten. Die akkurate intraoperative Lokalisation des Insulinoms und seine topographische Zuordnung sind weiterhin von herausragender Bedeutung. Deshalb kann bei der laparoskopischen Technik keinesfalls auf die intraoperative, hier dann laparoskopische Sonographie verzichtet werden. Frühzeitig wurde darauf hingewiesen, dass nur durch eine exakte Sonographie der Verlust der Palpation bei der laparoskopischen Operation kompensiert werden kann (Furihata et al., 2001). Auch hinsichtlich der Festlegung des individuellen Operationsverfahrens ist die Sonographie bei der laparoskopischen Operation unerlässlich. Wie bei der offenen Pankreaschirurgie auch, wird das operative Vorgehen insbesondere durch die Lagebeziehung des Tumors zum Ductus Wirsungianus bestimmt. Ist die Lagebeziehung zwischen Tumor und Hauptgang langstreckig und eng, so ist die Resektion des Pankreas unumgänglich. Wenn aber eine periphere Lokalisation des Tumors vorliegt, kann sehr wohl eine Enukleation vorgenommen werden. Es spielt prinzipiell für die Indikationsstellung zur Operation nach wie vor keine Rolle, ob der Tumor präoperativ lokalisiert wurde. Gleichwohl halten wir in diesen Fällen die präoperative endosonographische Untersuchung des Pankreas im Hinblick auf die Planung des laparoskopischen Eingriffs für gerechtfertigt. Interdisziplinär durchgeführt und beurteilt hilft die Endosonographie, die Möglichkeiten für ein laparoskopisches Vorgehen abzuschätzen. Sollte sich intraoperativ ergeben, dass eine laparoskopische Operation nicht durchgeführt werden kann, ergibt sich dennoch die Möglichkeit, das gesamte Pankreas minimal-invasiv freizulegen und
durch laparoskopische Sonographie zu untersuchen. Dies erlaubt dann, wie in Einzelfällen bereits publiziert, ein fokussiertes offenes chirurgisches Vorgehen mit kleineren Operationswunden. Für linksseitige Läsionen werden zunächst die Kolonflexur mobilisiert, die Adhäsionen zur Milz durchtrennt und anschließend das Lig. gastrocolicum weit eröffnet, sodass Pankreaskorpus und -schwanz sichtbar werden. Die Vorderfläche des Pankreas wird nun freigelegt. Anschließend wird der Unterrand des Pankreas unter Schonung der Milzgefäße aus dem Retroperitoneum mobilisiert. Nun erfolgt die laparoskopische intraoperative Sonographie, um die präoperative Lokalisation des Tumors zu bestätigen und die Präsenz weiterer Tumoren zu prüfen. Analog zum konventionellen Vorgehen schließt sich eine möglichst parenchymsparende Enukleation des Insulinoms an, welche sich gut mit dem harmonischen Skalpell durchführen lässt. Sollte eine milzerhaltende Pankreaslinksresektion erforderlich sein, müsste das linksseitige Pankreas bis zur gedachten Resektionslinie komplett von den Milzgefäßen, insbesondere der Milzvene, abpräpariert werden. Hat man die Resektionslinie erreicht, die etwa 1 cm proximal des Tumors liegen sollte, wird das Pankreas mit einem endoskopischen Linearstapler durchtrennt. Dies gewährleistet einen sicheren Verschluss des Pankreasganges sowie einen Verschluss der pankreatischen arteriellen Gefäßarkaden. Das Präparat wird dann mittels Bergebeutel geborgen. Bei Insulinomen im Pankreaskopf kommen nach Auffassung der meisten Experten nur ventrale, oberflächlich gelegene Tumoren für eine laparoskopische Entfernung in Frage, da der laparoskopische Zugang zum Pankreaskopf technisch eine Herausforderung ist.
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Sollte sich der Tumor in der laparoskopischen Sonographie ventral gelegen und ohne unmittelbare Beziehung zum Ductus Wirsungianus zeigen, kann er enukleiert werden. Prospektiv randomisierte Multicenterstudien, welche die Wertigkeit des laparoskopischen Vorgehens bei benignen endokrinen Pankreastumoren mit dem konventionellen Vorgehen vergleichen und definitiv beurteilen, fehlen derzeit. Es bleibt auch fraglich, ob diese anhand der relativ seltenen Tumoren zustande kommen werden. Die prinzipielle Machbarkeit des Verfahrens wurde im Rahmen mehrerer uni- und multizentrischer Beobachtungsstudien der letzten 3 Jahre gezeigt (Assalia et al., 2004; Fernandez-Cruz, 2001; Langer et al., 2005). Eine Metaanalyse aller bis 2004 veröffentlichten Arbeiten mit insgesamt 81 Insulinomen ergab eine Konversionsrate von 16 % (Assalia et al., 2004). Fehlendes Auffinden des Tumors in der laparoskopischen Sonographie oder die Nähe des Tumors zum Pankreasgang bzw. zur Pfortader waren die Hauptgründe für die Konversion. Die Rate der postoperativen Pankreasfisteln lag bei 18 %. Für beide, das konventionelle wie auch das laparoskopische Vorgehen, gilt, dass eine intraoperative Schnellschnittuntersuchung des Präparats mit Bestätigung eines neuroendokrinen Tumors erfolgen sollte. Zum anderen ist das Blutzuckermonitoring mit entsprechendem Anstieg des Blutzuckers noch intraoperativ (so genannte reaktive Hyperglykämie) ein Indikator für den Erfolg der Operation.
2.8. Komplikationen Die Häufigkeit von Pankreasfisteln und Pankreaspseudozysten liegt sowohl nach Enukleation wie auch nach Linksresektion bei ca. 15–40 %. Ob das Absetzen des Pankreas mit einem Linearstapler bzw. die seromuskuläre Deckung der Resektionskante durch eine nach Roux-Y ausgeschaltete Dünndarmschlinge das Auftreten von Fisteln verhindert, ist Gegenstand laufender Studien. Wichtig ist eine gezielte Drainage des Operationsgebietes, da dadurch eine erneute operative Revision meist vermieden werden kann. Abszesse können oft interventionell-radiologisch durch CT-gesteuerte Drainageneinlage ausbehandelt werden.
2.9. Nachsorge Unmittelbar postoperativ ist die so genannte reaktive Hyperglykämie erwünscht. In der Klinik der Autoren
wird erst ab einem Blutzucker von > 300 mg/dl mit Insulin gegengesteuert, um eine osmotische Diurese zu vermeiden. Die Hypoglykämie bleibt dauerhaft beseitigt (Röher et al., 1997). Nach Resektion eines benignen Insulinoms sind die Patienten geheilt und bedürfen keiner onkologischen Nachsorge. Die Langzeitergebnisse sind in der Regel sehr gut und eine dauerhafte diabetische Stoffwechsellage ist sehr selten und nur bei ausgedehnten Pankreasresektionen zu erwarten. Sollte es zu einer Persistenz der Erkrankung kommen, so liegt fast immer eine unzureichende Resektion des Tumors zugrunde oder es handelt sich um eine maligne Erkrankung. Sollten auch Re-Eingriffe erfolglos bleiben, kommen zur Vermeidung erneuter Hypoglykämien in erster Linie Diazoxid und Phenytoin in Betracht. Sandostatin als langwirksames Somatostatin-Analog kann gleichfalls zur Minderung der Insulinsekretion führen.
3. Gastrinome 3.1. Epidemiologie Unter den NEPT sind 10–20 % Gastrinome, welche das Zollinger-Ellison-Syndrom (ZES) verursachen (Zollinger et al., 1955). Das ZES wird bei ca. 70–80 % der Patienten durch sporadische Gastrinome, in 20–30 % durch Gastrinome im Rahmen des MEN-1-Syndroms verursacht. MEN-1-Gastrinome liegen drei- bis zehnmal häufiger im Duodenum als im Pankreas. Dabei ist außerdem immer mit multiplen Tumoren im Duodenum zu rechnen. Während die Heilungsrate von sporadischen Tumoren bei etwa 40 % nach 5 Jahren liegt, werden nur bis zu 10 % aller Patienten mit MEN1-ZES geheilt.
3.2. Klinik Das ZES ist gekennzeichnet durch exzessive Magensäuresekretion, rezidivierende Ulzera im Magen, Duodenum und proximalen Jejunum in Gegenwart eines nicht-insulinproduzierenden Pankreastumors (Zollinger et al., 1955). Bei den Laborbefunden fällt eine Hypergastrinämie in Anwesenheit von Säure im Magen auf. Die Symptomatologie ist unabhängig von der Tumorlokalisation. Die führenden Symptome und Befunde sind: • Oberbauchschmerzen • (multiple) Ulcera duodeni et ventriculi • Diarrhö • Ulzera resistent gegenüber Standardtherapie
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Endokrine Tumoren des Pankreas
Ulkuskomplikationen: Blutung, Perforation ausgeprägte Refluxkrankheit Hypergastrinämie (bei saurem (< 2,5) MagenpH)
3.3. Diagnostik Bei mehr als 98 % der Patienten ist das Serumgastrin um das 3–10-Fache der Norm erhöht (Creutzfeldt et al., 1975, Jensen et al., 1993). Demzufolge besteht eine Säurehypersekretion. Zunächst sollte man das Nüchtern-Serumgastrin untersuchen und den pH-Wert des Magensafts bestimmen. Ist der pH im Magensaft > 2,5, so ist es unwahrscheinlich, dass eine zuvor festgestellte Hypergastrinämie Ausdruck eines ZES ist (Jensen, 1996). Im Falle eines erhöhten Nüchterngastrins in Anwesenheit von Säure im Magen wird dann die Diagnose durch den so genannten Sekretin-Test bestätigt. Nach i. v.-Applikation von Sekretin ist im Falle des Tumors die Gastrinsekretion stimulierbar und es kommt zu einem signifikanten Anstieg (> 200 ng/dl) des SerumGastrins. Im Rahmen der bildgebenden Diagnostik muss zunächst eine diffuse Lebermetastasierung ausgeschlossen werden. Wichtigste Untersuchungen sind die abdominelle Spiral-CT und die Somatostatin-Rezeptor-Szintigraphie (SMS) zur Darstellung der Primärtumoren, Lymphknotenmetastasen und evtl. vorhandener Lebermetastasen sowie zur Aufdeckung von Fernmetastasen (Gibril et al., 1996). Die Sensitivität der Endosonographie liegt auch bei erfahrenen Untersuchern nur bei 85 % für Gastrinome im Pankreas und bei ca. 40 % für Duodenalwandgastrinome. Deshalb ist diese Untersuchung bei ZES eher zweitrangig und nur zu empfehlen, falls ein sehr erfahrener Untersucher zur Verfügung steht. Die sensitivste Methode zur Entdeckung von duodenalen Gastrinomen ist die Duodenotomie und Exploration von Vorder- und Hinterwand des Duodenums, da sie die Heilungsrate signifikant verbessert (Sugg et al., 1993). Der Versuch, duodenale Gastrinome präoperativ zu lokalisieren, ist deshalb unnötig (Norton et al., 2004). Vor Re-Operationen und bei MEN-1-Gastrinomen kann eine Regionalisierung der Gastrinquelle oft hilfreich sein. Dies geschieht durch die so genannte Imamura-Angiographie (Imamura et al., 1989). Dabei wird superselektiv in peripankreatische Arterien Sekretin injiziert und damit die Gastrinausschüttung stimuliert. Daran schließt sich eine Blutentnahme aus Oberbauch- und Lebervenen an, die eine Regionalisie-
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rung der Gastrinquelle im Duodenum/Pankreaskopf, Pankreaskorpus oder Pankreasschwanz erlaubt. Da die meisten Gastrinome jedoch im so genannten „Gastrinomdreieck“ liegen, das Pankreaskopf, Duodenum und seine Umgebung einschließt, ist die Bedeutung der sehr aufwändigen Untersuchung umstritten (Sugg et al., 1993).
3.4. Konservative Therapie Die Diagnose ZES stellt immer eine OP-Indikation dar, es sei denn, es liegt eine diffuse Lebermetastasierung vor oder der Patient ist inoperabel. Eine medikamentöse Therapie des ZES ist demzufolge in der Phase der OP-Vorbereitung und bei Patienten, die aus og. Gründen nicht operiert werden können, notwendig. Dabei sind heutzutage durch die seit den 80er Jahren des vergangenen Jahrhunderts zur Verfügung stehenden Protonenpumpen-Inhibitoren (PPI, z. B. Omeprazol, Pantoprazol etc.) die Folgen der Hypersekretion von Magensäure (Ulzera, Refluxkrankheit, Durchfälle) gut kontrollierbar (Metz et al., 1995). H2-Rezeptorantagonisten kommen nur noch in Ausnahmefällen bei z. B. Unverträglichkeit gegen PPI zum Einsatz. PPI müssen außerdem nur 1–2-mal pro Tag eingenommen werden und in ca. 70 % der Patienten sind Dosierungen von 40–80 mg Omeprazol/d ausreichend, um das Ziel einer basalen Säuresekretion unter 10 mmol/h zu erreichen. Früher gebräuchliche operative Verfahren zur Säurereduktion wie Vagotomie, Antrektomie oder Gastrektomie sind obsolet. Das gilt auch für Medikamente wie Anticholinergika, die früher mit H2-Rezeptorantagonisten kombiniert worden sind.
3.5. Operative Therapie Bereits zum Zeitpunkt der Diagnosestellung haben 50– 70 % der Patienten mit ZES bereits Lymphknotenmetastasen und bis zu 10 % Lebermetastasen. Trotzdem ist eine chirurgische Therapie gerechtfertigt, solange keine diffuse Lebermetastasierung vorliegt. Dabei muss eine R0-Resektion angestrebt werden. Norton et al. (2004) berichten über biochemische Heilungsraten (normales Nüchtern-Serum-Gastrin und normaler Sekretin-Test) von 40–60 %. Bei sporadischen wie auch bei Gastrinomen im Rahmen des MEN-1-Syndroms ist das Vorhandensein von Lebermetastasen der wichtigste prognostische Faktor. Deshalb sollte in beiden Fällen eine chirurgische Exploration mit dem Ziel
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erfolgen, Primärtumor und Lymphknotenmetastasen zu entfernen. Dadurch kann das Entstehen von Lebermetastasen verhindert werden (Fraker et al., 1994). Bei singulären oder gut resektablen Lebermetastasen kann in Einzelfällen auch eine Resektion erfolgen, solange dies mit vertretbarer Morbidität einhergeht. Trotz dieser Fakten ist die Operationsindikation vor allem beim MEN-1-ZES, teilweise jedoch auch bei sporadischen Gastrinomen noch Gegenstand von Diskussionen. Norton et al. empfehlen eine operative Behandlung von sporadischen Gastrinomen des Pankreas, wenn der Tumor mindestens eine Größe von 2–3 cm hat (Norton et al., 2004). Andere Gruppen, wie auch die Autoren dieses Beitrags, halten die operative Therapie schon bei biochemischer Sicherung der Diagnose für indiziert (Skogseid et al., 1998).
Pankreasgewebe eröffnet (Elektroschere oder Ultrazision). Zwischen Tumor und normalem Pankreasgewebe findet man dann meist eine Schicht, in der enukleiert werden kann. Wie beim Insulinom auch, wird der Tumor zum Schnellschnitt eingesandt, um die Diagnose eines endokrinen Tumors zu bestätigen. Reicht der Defekt im Pankreas nahe an den Ductus Wirsungianus, sollte eine nach Roux-Y ausgeschaltete Dünndarmschlinge auf den Defekt anastomosiert werden. Nur extrem selten findet man Gastrinome im Pankreaskorpus oder -schwanz (Weber et al., 1995). Dann ist eine Pankreaslinksresektion bis auf Höhe des Tumors Methode der Wahl. Unbedingt muss eine peripankreatische Lymphadenektomie erfolgen. Lymphknoten im Lig. hepatoduodenale und interaortocaval sollten ebenfalls entfernt werden. Blinde Resektionen sind, wie auch beim Insulinom bereits erwähnt, obsolet.
3.6. Praktisches Vorgehen im OP 3.6.1. Sporadische Gastrinome 3.7. Komplikationen Laparoskopische Verfahren sind in Einzelfällen publiziert worden, müssen allerdings sehr kritisch hinterfragt werden. Problematisch ist vor allem, dass zu jeder OP eine Duodenotomie mit bidigitaler Palpation gehört, was laparoskopisch kaum möglich ist. Außerdem können vorhandene Lymphknotenmetastasen nicht mit entfernt werden (Norton et al., 2004). Zurzeit ist das konventionell chirurgische Vorgehen als Standard zu empfehlen. Das Abdomen wird dabei durch eine quere Oberbauchlaparotomie ca. 2 Querfinger unterhalb der Rippenbögen eröffnet. Erster OPSchritt ist eine orientierende Inspektion und Palpation inklusive der Leber, welche von der Sonographie der Leber (intraoperativer Ultraschall = IOUS) gefolgt wird. Anschließend erfolgt ein ausgiebiges KocherManöver und die Längsduodenotomie vom Bulbus bis zum unteren Duodenalknie. Danach werden Vorderund Hinterwand zwischen Daumen und Zeigefinger palpiert, um Mikrogastrinome zu tasten, welche dann exzidiert werden. Danach wird das Duodenum verschlossen (Einzelknopfnähte Vicryl oder PDS 4-0) und es erfolgt die Freilegung und Exploration des Pankreas. Auch hier ist eine komplette Mobilisierung des Organs essentiell (s. auch Insulinom). Anschließend folgen Palpation und IOUS des Pankreas, wobei nach echoarmen, meist runden Tumoren im echoreichen Pankreas gesucht wird. Nahezu in allen Fällen sind NEPT hypoechogen. Palpation und IOUS können auch kleine Tumoren (< 1 cm) darstellen. Gastrinome im Pankreaskopf werden enukleiert. Dabei wird zunächst das den Tumor bedeckende normale
Die Komplikationen der Operation der Gastrinome entsprechen im Wesentlichen denen der Operationen der Insulinome. Auch hier beträgt das Risiko postoperativer Pankreasfisteln etwa 30 %. Die Längsduodenotomie und Exzision von Duodenalwandgastrinomen, hat eine niedrige Komplikationsrate. Auch hier ist die gezielte Drainage des Operationsgebietes zur Vermeidung erneuter operativer Revisionen etabliert.
3.8. Nachsorge Patienten mit Gastrinomen sollten grundsätzlich jährlich nachbeobachtet werden, wobei die Bestimmung des Gastrins als wichtigster Verlaufsparameter gilt. Beim Vorliegen maligner Gastrinome mit lokalem Lymphknotenbefall bzw. diffuser linsenkornartiger Metastasierung ist die Prognose schlecht und die 5-JÜR um 20 %. Mittels Spiral-Computertomographie und der Somatostatin-Rezeptor-Szintigraphie kann eine Metastasensuche bei postoperativ neuerlichem Gastrinspiegelanstieg erfolgen. Die Magensäureüberproduktion wird durch Protonenpumpenhemmer behandelt. Chemotherapie, chirurgische Tumorzellreduktion, Therapie mit Somastotatin-Analoga, Interferonbehandlung, Leberembolisation mit oder ohne Chemotherapie, Lebertransplantation sowie Radiotherapie mit radioaktiven Somatostatin-Analoga sind in einzelnen
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Endokrine Tumoren des Pankreas
Studien empfohlen worden, wobei es derzeit keine generelle Übereinstimmung gibt, wann und mit welcher Modalität die Patienten mit einem metastasierenden Gastrinom behandelt werden sollten.
4. Nicht-funktionelle endokrine Pankreastumoren (NF-NEPT) NF-NEPT sind nicht mit einem durch Hormonüberproduktion bedingten klinischen Syndrom verbunden und sind dadurch „funktionell stumm“. 70 % der NFNEPT sind maligne.
4.1. Epidemiologie Unter allen endokrinen Pankreastumoren machen die NF-NEPT ca. 25–40 % aus. Meist sind die Tumore größer als 3 cm. Aufgrund des fehlenden hormonellen Syndroms und des langsamen indolenten Wachstums wird die Diagnosestellung oft über Jahre verzögert (Jensen, 1999). Deshalb liegen bei Diagnosestellung oft bereits Lebermetastasen vor (Solorzano et al., 2001). Malignitätskriterien sind Lymphknoten- und Fernmetastasen oder infiltratives Wachstum (Klöppel, 2003). Der Erkrankungsgipfel liegt im 5. und 6. Lebensjahrzehnt. Die Geschlechterverteilung ist ungefähr gleich (Jensen, 1999). Wie auch Insulinome und Gastrinome kommen NFNEPT sporadisch und familiär gehäuft im Rahmen des von Hippel-Lindau-Syndroms (VHL) und der MEN 1 vor. Diese Tumoren sind meist klein, benigne und multipel. NF-NEPT sind der häufigste endokrine Pankreastumor bei MEN 1 und werden bei Mutationsträgern im Rahmen von Screeningprogrammen durch Endosonographie häufig schon in der 3. Lebensdekade nachgewiesen. Beim Vorliegen von multiplen endokrinen Pankreastumoren sollte daher auch beim Fehlen einer familiären Vorbelastung immer an ein MEN-1Syndrom gedacht werden. Eine molekular-genetische Untersuchung kann hier in 90 % Klarheit schaffen.
4.2. Klinik Entscheidend für das Auftreten und die Art der Symptome ist die Lokalisation der NF-NEPT im Pankreas. Die häufigsten Symptome sind unspezifische abdominelle Beschwerden (Übelkeit, Erbrechen und Diarrhö), Ikterus, und Gewichtsverlust. Wie auch beim Adenokarzinom des Pankreas kann ein neu aufgetretener Dia-
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betes mellitus Hinweis für einen NF-NEPT sein (Gullo et al., 2003). Während Tumoren im Pankreaskopf durch Verursachung von Ikterus häufiger auffallen, können Tumoren in Pankreaskorpus und -schwanz lange asymptomatisch bleiben und sich erst als „palpabler Tumor“ bemerkbar machen (Kouvaraki et al., 2005). Als „Zufallsbefund“ im Rahmen einer Bauchoperation oder bei bildgebender Diagnostik aus anderen Gründen werden NF-NEPT in 10–15 % der Fälle gefunden (Lo et al., 1996). Eine Ausnahme stellen die häufigen NF-NEPT im Rahmen der MEN 1 dar. Durch regelmäßige Screeningprogramme bei asymptomatischen Mutationsträgern werden diese Tumoren sehr frühzeitig und bereits bei einer Größe ab 3–5 mm nachgewiesen (Akerstrom et al., 2002). Sensitivstes diagnostisches Verfahren ist die Endosonographie (Gauger et al., 2003; Langer et al., 2004).
4.3. Diagnostik Bei der Anamneseerhebung müssen typische Symptome der funktionellen Pankreastumoren (Ulzera, Zeichen der Hypoglykämie usw.) abgefragt werden. Außerdem müssen Hinweise für das Vorliegen einer MEN 1 genau eruiert werden. Die Anamnese zielt hier insbesondere auf andere endokrine Erkrankungen (Hypophysenadenom, Hyperparathyreoidismus) beim Patienten aber auch bei Familienangehörigen ab. Bei Verdacht auf MEN 1 sollte eine Mutationsanalyse des MEN-1-Gens eingeleitet werden (Langer et al., 2004). Die Palpation des Abdomens dient der Entdeckung einer Raumforderung. Wird ein funktionell aktiver endokriner Pankreastumor vermutet, sind Insulin, Gastrin, Glukagon, Somatostatin, VIP, pankreatisches Polypeptid (PP) und Chromogranin A (CgA) im Serum zu bestimmen. Da der Serumspiegel von CgA bei 60– 100 % der Patienten mit NF-PET erhöht ist, ist CgA momentan der sensitivste Tumormarker. Sensitivität und Spezifität des CgA liegen bei ca. 70–100 % für den Nachweis eines endokrinen Pankreastumors (Kouvaraki et al., 2005). Ein normaler postoperativer CgA-Wert weist eine Spezifität von mindestens 85 % für Tumorfreiheit auf (Bajetta et al., 1999). Deshalb ist CgA vor allem als postoperativer Verlaufsmarker gut geeignet. Bei bis zu 75 % der NF-PET sind auch erhöhte PPSpiegel im Blut nachweisbar. Die Serum-PP-Spiegel korrelieren jedoch nicht mit der Tumorlast, bleiben nach erfolgter Resektion des Tumors oft erhöht und sind manchmal sogar in Patienten ohne neuroendokrine Pankreastumoren erhöht (Kouvaraki et al., 2005).
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Dies liegt unter anderem daran, dass PP postprandial ebenso ansteigt wie bei älteren Menschen, Diabetikern, nach Alkoholabusus, nach Darmresektion, bei chronischer Niereninsuffizienz und bei peptischen Ulzera (Kouvaraki et al., 2005).
4.3.1. Bildgebung Die multiphasische Dünnschicht-Spiral-CT des Abdomens ist heutzutage die Methode der Wahl, um NFNEPT und ggf. auch Metastasen darzustellen (Noone et al., 2005). NF-NEPT sind in der CT meist hyperdens und unterscheiden sich damit von normalem Pankreasgewebe und vom duktalen Pankreaskarzinom. Die Phase nach der Applikation des i. v.-Kontrastmittels ist wichtig, da die hypervaskulären Tumoren 20–30 Sekunden nach Gabe des Kontrastmittels stark anreichern und dadurch darstellbar werden (Kouvaraki et al., 2005). Aufgrund ihrer Größe werden bis zu 100 % der NF-PET auch in der transabdominellen Sonographie gefunden. Die Endosonographie spielt bei den sporadischen NFNEPT keine Rolle, ist aber wichtigste Untersuchung bei Patienten mit MEN 1 im Rahmen der regelmäßigen Screeningprogramme (Doherty, 2005). Wichtigste Untersuchung in der Differentialdiagnose zum duktalen Adenokarzinom ist die SMS. Da die meisten NF-NEPT Somatostatinrezeptoren exprimieren, können sie durch eine SMS mit einer Sensitivität von bis zu 90 % dargestellt werden (Virgolini et al., 2005). Die Feinnadelpunktion ist unzuverlässig und wird von den meisten Experten nicht mehr empfohlen. In den Kliniken der Autoren wird folgendes Vorgehen favorisiert: Wird per Sonographie des Abdomens ein hormoninaktiver Pankreastumor diagnostiziert, sind zur Differentialdiagnose zunächst eine Spiral–CT oder eine „One-Stop-Shop“-MRT (MRCP, MR-Angio und MR-Schnittbild) indiziert. Handelt es sich um einen Pankreastumor, der nicht die typischen bildmorphologischen Kriterien eines exokrinen Tumors aufweist, sollte immer eine SMS angefertigt werden. Ist diese positiv, ist die Diagnose NF-PET hochwahrscheinlich. Ist die SMS negativ, erfolgt eine Probelaparotomie mit Biopsie und Resektion des Tumors.
4.4. Therapie Im Gegensatz zu Patienten mit duktalem Adenokarzinom des Pankreas haben Patienten mit NF-NEPT weitaus bessere Langzeit-Überlebensraten. Deshalb ist bei
operablen Patienten nach Ausschluss einer diffusen Fernmetastasierung immer die Indikation zur OP gegeben. Ziel ist die R0-Resektion des Primärtumors und seiner Metastasen in kurativer Intention. Dies stellt die einzige Heilungschance für die Patienten dar (Dralle et al., 2004). Viele Patienten überleben dadurch 5 Jahre und teilweise weitaus länger, selbst wenn Metastasen vorliegen (Dralle et al., 2004). Auch kleine, potenziell noch benigne NF-NEPT sollten operiert werden, da sie ein signifikantes Potenzial zur malignen Entartung haben. Eine aggressive chirurgische Strategie ist bei NF-PET nahezu immer gerechtfertigt, da selbst große Tumormassen mit limitierter Metastasierung in 40–80 % resektabel sind.
4.5. Chirurgische Therapie bei sporadischen NF-NEPT Nach querer Oberbauchlaparotomie wird zunächst eine diffuse Lebermetastasierung durch Inspektion, Palpation und IOUS ausgeschlossen. Das Pankreas wird dann inklusive Duodenum, wie oben bereits mehrfach beschrieben, mobilisiert und ebenfalls palpatorisch und per IOUS untersucht. Kleine NF-NEPT (< 2cm) ohne Hinweise auf Metastasierung sollten parenchymsparend enukleiert werden, sofern dies ohne Verletzung des Pankreasganges erfolgen kann. Bei Patienten mit größeren NF-PET im Bereich des Pankreaskopfes sollte dagegen immer eine partielle Pankreatikoduodenektomie durchgeführt werden. Diese kann pyloruserhaltend sein. Bei großen sporadischen NF-PETs im linksseitigen Pankreas ist eine Pankreaslinksresektion mit Splenektomie indiziert. Eine milzerhaltende Pankreaslinksresektion sollte aufgrund der hohen Rate peripankreatischer Lymphknotenmetastasen aus onkologischen Gründen nicht vorgenommen werden. Das gleiche gilt für eine technisch mögliche laparoskopische Pankreaslinksresektion, so lange nicht durch prospektive Studien belegt ist, dass Rezidiv- und Überlebensraten mit der konventionellen Operation vergleichbar sind. Eine Ausräumung des peripankreatischen Lymphabflussgebietes ist mit der En-bloc-Resektion des Primärtumors immer anzustreben (Dralle et al., 2004). Sollte eine R0-Resektion z. B. nur durch Gefäßresektionen (V. portae) oder durch Resektion von singulären Lebermetastasen erreicht werden können, so ist dies aufgrund des langsamen Wachstums immer anzustreben (Dralle et al., 2004). Auch eine R1- oder R2Resektion im Sinne eines Tumordebulkings ist offensichtlich von Vorteil für die Patienten, wie kürzlich gezeigt werden konnte. Solorzano et al. beschrieben
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Endokrine Tumoren des Pankreas
eine mediane Überlebenszeit von Patienten mit einem lokal fortgeschrittenen Tumorleiden, welche nicht operativ therapiert wurden, von 5,2 Jahren, während sie bei Patienten, bei denen eine Resektion (R0, R1 oder R2) durchgeführt wurde, bei 7,1 Jahren lag (Solorzano et al., 2001). Operationen bei NF-PET haben je nach Ausmaß der Resektion Mortalitätsraten von 0–8 % und Komplikationsraten von bis zu 40 % (Matthews et al., 2000; Dralle et al., 2004). Befindet sich der Patient in einem guten Allgemeinzustand und ist eine Resektion mit vertretbarer Morbidität erreichbar, sollte nach Auffassung der Autoren dieses Beitrags auch bei Patienten mit diffuser Metastasierung eine Resektion des Primums erfolgen. Dies dient der Verhinderung von Komplikationen durch den Primärtumor wie obere gastrointestinale Blutung, gastrointestinale Obstruktion und Schmerzen. Immer häufiger wird diskutiert, ob jungen Patienten mit diffuser Lebermetastasierung eine Tumorresektion mit anschließender Lebertransplantation empfohlen werden kann. Dies bleibt in Anbetracht der noch wenigen Daten hierzu, welche eine hohe Morbidität und eine relativ geringe rezidivfreie 5-JÜR widerspiegeln, sehr fraglich (Fernandez et al., 2001).
4.6. Therapiealternativen Bei nicht resektablen Lebermetastasen maligner NFNEPT kann eine Embolisation der A. hepatica oder eine Chemoembolisation Symptome lindern und Tumormasse kontrollieren sowie die Überlebenszeit verlängern. Dies ist unter Umständen allerdings mit einer Mortalität von bis zu 5–7 % verbunden (Kress et al., 2003). Durch Chemoembolisation wird eine 10–15-fach höhere Konzentration des Chemotherapeutikums (meist Streptozotocin oder Doxorubicin) am Tumor erreicht, gleichzeitig wird die systemische Toxizität um bis zu 85 % gesenkt. Trotz des weitverbreiteten Einsatzes der Chemoembolisation liegen keine randomisierten Daten vor, die einen Überlebensvorteil gegenüber dem Spontanverlauf belegen können (Kouvaraki et al., 2005). Allerdings haben 3 retrospektive Studien nach Chemoembolisation mediane Überlebensraten zwischen 40 und 50 % gezeigt, was zwar deutlich schlechter war als median 70–75 % nach chirurgischer Resektion der Lebermetastasen, aber besser als nach alleiniger Chemotherapie (Touzios et al., 2005). Neuere Methoden sind ultraschallgesteuerte kryochirurgische Ablation und transkutane oder offen chirurgische Radiofrequenzablation von nicht-resektablen Lebermetastasen.
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Hierzu liegen zumindest 2 Studien vor, die zeigen, dass auch Lebermetastasen von NF-NEPT hierdurch erfolgreich behandelt werden können (Hellmann et al., 2002; Berber et al., 2002). Als medikamentöse Therapieoptionen steht die Behandlung mit dem Somatostatinanalogon Sandostatin mit Induktion eines Wachstumsstillstands durch den antiproliferativen Effekt bei mindestens 20 % der Tumoren (Arnold et al., 1993) zur Verfügung. Dieser Effekt kann durch eine Kombination von Sandostatin und Alpha-Interferon wahrscheinlich noch gesteigert werden. In einer Studie von Frank et al. (1999) resultierte die Gabe dieser beiden Substanzen in einer vorübergehenden Hemmung des Tumorwachstums bei 67 % der Patienten. Eine Chemotherapie (Streptozotocin in Kombination mit Dacarbazin, Etoposid oder Cisplatin) ist eine weitere Alternative und führt oft zu einer mittelfristigen Tumorkontrolle (Moertel et al.,1992).
4.7. Komplikationen Da bei den nicht funktionellen endokrinen Pankreastumoren (NF-NEPT) ausschließlich Resektionsverfahren am Pankreas zur Anwendung kommen, liegt die Mortalität in Zentren um 0–3 % mit Morbiditätsraten um 40 %, insbesondere Pankreasfisteln um 10–30 %. Vor allem die palliative Chirurgie sowie die Tumorreduktion im Bereich der Leber hat naturgemäß eine höhere Komplikationsquote.
4.8. Nachsorge Im Gegensatz zu den Überlebensraten bei den Adenokarzinomen des Pankreas sind die Überlebensraten von Patienten nach chirurgischer Resektion von NFNEPT des Pankreas deutlich besser. Die Tumoren der NF-NEPT tendieren zu einem langsamen Wachstum, weshalb auch eine R0-Resektion der Metastasen angestrebt werden muss. Postoperativ kann im Plasma Chromogranin A stark abfallen und ist dann als Tumormarker verwendbar. Beim Auftreten von tumorbedingten Komplikationen wie Cholestase, Blutungen in den Gastrointestinaltrakt durch Tumoreinbruch oder Passagebehinderung und Obstruktion sind palliative chirurgische Maßnahmen wie Hepatikojejunostomie – mit oder ohne Gastrojejunostomie – angezeigt.
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5. Therapie endokriner Pankreastumore bei MEN 1 5.1. MEN-1-assoziiertes Zollinger-Ellison-Syndrom (ZES) Das MEN-1-assoziierte ZES beruht am häufigsten auf 1–10 mm großen duodenalen Gastrinomen, welche spät in die Leber metastasieren (Mignon et al., 1993; Thompson et al., 1998). Seltener sind pankreatische Gastrinome. Der natürliche Verlauf der MEN-1-Gastrinome ist, verglichen mit den sporadischen Gastrinomen, weniger aggressiv. Jedoch wird auch beim MEN-1-Gastrinom das Überleben durch die Entwicklung von Lebermetastasen determiniert, wobei das 10Jahres-Überleben bei 96 % ohne Lebermetastasen und 30 % mit Lebermetastasen liegt (Weber et al., 1995). Die Entwicklung der Lebermetastasen ist abhängig von der Tumorgröße. Bei einer Tumorgröße > 1 cm beträgt die Prävalenz von Lebermetastasen 4 %, bei einer Tumorgröße von 1–2 cm 28 % und bei einer Tumorgröße von > 3 cm 62 % (Weber et al., 1995). In einer Studie von Cadiot et al. konnte ebenfalls bei einer Gastrinomgröße von > 3 cm eine signifikant höhere Prävalenz von Lebermetastasen von 40 % gegenüber 4,8 % bei einer Tumorgröße < 3 cm gezeigt werden. Des Weiteren erwies sich, dass die chirurgische Resektion von Gastrinomen verglichen mit medikamentöser Behandlung signifikant die Inzidenz von Lebermetastasen reduziert (3 % vs. 23 %, p < 0,003) und einen tendenziellen Überlebensvorteil bringt (Cadiot et al., 1999). Das 10-Jahres-Überleben bei den operierten Patienten betrug 98 % vs. 86 % bei den medikamentös behandelten Patienten (p = 0,085). Trotz dieser Daten gibt es eine Kontroverse bezüglich der Operationsindikation. Das Spektrum der Meinungen reicht von der Empfehlung, nur Gastrinome ab einer Größe von 3 cm zu operieren, bis hin zur Empfehlung der Operation bei biochemisch nachgewiesenem ZES ohne Lokalisationsnachweis durch bildgebende Verfahren. Die Gastrinome haben allerdings auch eine bedeutende maligne Potenz und die Prognose wird schlechter, sobald Lebermetastasen entstehen. Daher empfehlen wir und andere Autoren bei nachgewiesenem MEN-1-ZES nach Ausschluss einer diffusen Lebermetastasierung eine abdominelle Exploration mit der Absicht, Primärtumoren und Lymphknotenmetastasen zu entfernen, um eine Lebermetastasierung zu verhindern. Dies sollte auch dann geschehen, wenn kein bildgebendes Verfahren einen Lokalisationsnachweis erbracht hat, da mit hoher Wahrscheinlichkeit kleine Duodenalwandgastrinome und regionäre Lymphknotenmetastasen vorliegen. Zur Frage, welche Operation durchgeführt werden sollte, sind insbesondere die Operationsziele
potenzielle Heilung, Erhalt der exokrinen und endokrinen Pankreasfunktion und niedrige Komplikationsrate von entscheidender Bedeutung. In der letzten Dekade des 20. Jahrhunderts hat die von Thompson 1989 proklamierte komplette Pankreasfreilegung mit bidigitaler Palpation und intraoperativer Sonographie, subtotaler Pankreaslinksresektion unter Erhalt der Milz bis auf Höhe der Pfortader, Enukleation von neuroendokrinen Tumoren aus dem Pankreaskopf sowie Duodenotomie mit Exzision von neuroendokrinen Tumoren aus der Duodenalwand und regionaler Lymphadenektomie als Standardoperation beim MEN-1-ZES breitere Akzeptanz gefunden (Thompson et al., 1989). Die Ergebnisse nach der von Thompson proklamierten Operation bezüglich der biochemischen Heilung sind allerdings ernüchternd. In mehreren Studien konnten maximale biochemische Heilungsraten, d. h. ein negativer Sekretin-Test, von 33 % erzielt werden. Inzwischen halten deshalb einige Autoren beim MEN-1-ZES eine pyloruserhaltende partielle Pankreatikoduodenektomie (PPPD) für indiziert. Gründe hierfür sind, dass sich 70–90 % der Gastrinome beim MEN 1 im Duodenum befinden und dass ZES-Rezidive bei genetischer Prädisposition häufig sind, solange das Erfolgsorgan Duodenum vorhanden ist (Pipeleers-Marichal et al., 1990; Thompson et al., 1998). Das Operationsrisiko der PPPD ist akzeptabel, die Morbidität liegt unter 30 % und die Letalität bei den meist jungen und gesunden Patienten deutlich unter 3 %. Voraussetzung für die PPPD ist jedoch eine Regionalisierung der Gastrinquelle auf den Pankreaskopf bzw. das Duodenum mittels selektiver arterieller Sekretin-Injektionsangiographie (SASI oder Imamura-Angiographie). Die bisher vorliegenden Ergebnisse der PPPD bei MEN1-ZES sind vielversprechend (Bartsch et al. 2005). Ob die PPPD sich als Therapieoption beim MEN-1-assoziierten ZES durchsetzen kann, bleibt abzuwarten, bis größere Patientenserien mit Langzeitnachbeobachtung vorliegen.
5.2. MEN-1-Insulinom Im Gegensatz zum MEN-1-ZES gibt es beim Insulinom keine medikamentöse Therapieoption. Daher ist die OP-Indikation bei biochemischem Nachweis eines organischen Hyperinsulinismus gegeben, sofern keine diffuse Lebermetastasierung vorliegt (Bartsch et al., 2000). Die komplette Pankreasfreilegung mit bidigitaler Palpation und intraoperativer Sonographie, gefolgt von der subtotalen Pankreaslinksresektion bis zur V. portae und der Enukleation von Tumoren aus dem
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Endokrine Tumoren des Pankreas
Pankreaskopf, gilt als Standardverfahren. Eine Lymphadenektomie ist nur bei Malignitätsverdacht notwendig. Die meisten Autoren halten eine Enukleation von einzelnen Tumoren aufgrund einer hohen Rezidivrate für nicht indiziert. Im Gegensatz zum MEN-1-ZES sind die Heilungsraten beim MEN-1-Insulinom nach oben genannter Therapie als durchaus gut zu bezeichnen. In den vorliegenden kleinen Serien von 6–18 Patienten beträgt die biochemische Heilungsrate zwischen 66 % und 100 % bei einem Follow-up von 1 bis zu 18 Jahren. Bei 80–100 % der Patienten fanden sich multiple Tumoren im resezierten Pankreasgewebe, was gegen die selektive Enukleation von einzelnen Tumoren im Pankreaskörper und -schwanz spricht.
5.3. Nicht-funktionelle Tumoren (NF-NEPT) beim MEN 1 Die Prävalenz von NF-NEPT wird in der älteren Literatur mit etwa 15–20 % angegeben, liegt jedoch nach neueren Screeningdaten weit über 50 % (Bartsch et al., 2005). Retrospektive Studien an relativ kleinen Patientenzahlen haben gezeigt, dass ca. 30 % der Tumoren > 1 cm Lymphknotenmetastasen und bis zu 20 % der NEPT > 2 cm bereits Lebermetastasen aufweisen bzw. entwickeln. Daher wird von vielen Autoren die OP-Indikation gesehen, wenn ein oder mehrere Tumoren die Größe von 1 cm im Durchmesser überschritten haben (Lairmore et al., 2000; Bartsch et al., 2005). Die Standardoperation ist dieselbe wie beim MEN-1-Insulinom, wobei einige Autoren auch die selektive Enukleation erwägen.
5.4. Laparoskopische Chirurgie MEN-1-assoziierter Pankreastumore Prinzipiell besteht auch beim MEN 1 die Möglichkeit, Tumorenukleationen aus dem Pankreaskopf oder -korpus sowie eine erweiterte Pankreaslinksresektion laparoskopisch durchzuführen. Die laparoskopische endokrine Pankreaschirurgie wurde allerdings bisher in Form von Enukleationen oder Pankreaslinksresektionen fast ausschließlich bei sporadischen Insulinomen oder nicht-funktionellen Tumoren angewandt (Langer et al., 2005). Auch wenn durch die laparoskopische Sonographie die Möglichkeit gegeben ist, das Pankreas zu untersuchen, so fehlt doch die Möglichkeit der bidigitalen Palpation. Dies ist, insbesondere in Anbetracht der häufig multilokulären Pankreastumoren, ein deutlicher Nachteil. Nach Meinung der Autoren werden
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insbesondere deshalb die laparoskopischen Verfahren bei diesen Tumoren sicherlich auch in Expertenzentren zunächst die Ausnahme sein.
6. Qualitäts- und Prognosekriterien Wie für alle chirurgischen Eingriffe bei Malignomen zählen Krankenhausletalität, Gesamtüberleben und rezidivfreies Überleben zu den Kenngrößen. Für alle enukleativen Eingriffe am Pankreas, meist bei hormonaktiven, neuroendokrinen Pankreastumoren, gilt eine Morbidität von 10–40 % für das Auftreten von Pankreasfisteln und Pseudozysten. Bei den resektiven Eingriffen am Pankreas, insbesondere bei den nicht-funktionellen neuroendokrinen Pankreastumoren, liegt in Zentren die Mortalität um 0–3 %, die Morbiditätsrate um 40 %, insbesondere für Pankreasfisteln um 30 %. Bei den Insulinomen sind etwa 90 % benigne und somit nach suffizienter Resektion geheilt. Die malignen Insulinome rezidivieren zu über 60 % innerhalb von 5 Jahren. Die NF-NEPT haben gegenüber den Adenokarzinomen des Pankreas eine relativ längere Überlebenszeit, aber ohne potenziell kurative Resektion sterben die Patienten in weniger als 5 Jahren nach der Diagnosestellung. Da die NEPT mit hoher Differenzierung kaum auf Chemotherapeutika ansprechen, spielen hier Debulkingeingriffe zur Reduktion der Tumorlast und Reduktion der Hormonproduktion trotz hoher Morbidität eine größere Rolle. Insgesamt sind die NEPT und NF-NEPT sehr seltene Tumorentitäten und deren Behandlung sollte daher nur in Zentren mit entsprechender Erfahrung in der Pankreaschirurgie erfolgen. Vor allem die präoperative Abklärung und die Lokalisationsdiagnostik der meist sehr kleinen, gelegentlich multizentrischen Tumoren erfordert die interdisziplinäre Zusammenarbeit von kompetenten Abteilungen für Endokrinologie und Nuklearmedizin mit Octreoscan, möglichst einem PET (5-HTP und DOPA-PET) oder einem PET-CT, von Radiologie mit CT und MRT, Endoskopie und Endosonographie sowie Onkologie.
7. Ausblick Die Erforschung der Molekularbiologie endokriner Pankreastumoren und der Fokus auf den genetischen Syndromen und spezifischen chromosomalen Abnor-
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malitäten, um Gene zu identifizieren, welche in der Tumorgenese von neuroendokrinen Pankreastumoren eine Rolle spielen, wird sowohl zu einer verbesserten Diagnostik und Charakteristik als auch zu einer eventuell verbesserten Therapie führen. Die systemischen Chemotherapien für neuroendokrine Pankreastumoren sind sehr limitiert. Insbesondere die hormonell aktiven, hoch differenzierten Tumoren sprechen auf eine Chemotherapie nicht oder nur sehr selten und kurzfristig an. Die Chemoembolisation bei Lebermetastasen, die Kryotherapie wie auch chirurgische „Debulking-Operationen“ führen aufgrund der Verminderung der hormonellen Hypersekretion eventuell zu einer Verbesserung der Lebensqualität. Somatostatinanaloga und – in geringerem Ausmaß – Interferon-A werden zur symptomatischen Therapie der hormonellen Hypersekretion eingesetzt, haben aber keinen Einfluss auf die Tumorprogression. Sowohl die Immunotherapie mit IL-2 und Melatonin wie auch mit dendritischen Zellen sowie das gezielte Ausschalten von Genen durch homologe Rekombination („Gene targeting“) sind Forschungsschwerpunkte bei den chirurgisch nur mehr palliativ zu resezierenden Pankreastumoren. Zusammenfassend lässt sich hoffen, dass durch die weitere Erforschung der Heterogenität all dieser neuroendokrinen Tumoren einerseits die Vielfalt an Behandlungsmodalitäten weiter zunimmt, andererseits bereits bei der Erstoperation durch ein aggressives und falladaptiertes Vorgehen die Chancen für die Patienten verbessert werden.
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Kapitel 21
Gastrointestinale Stromatumoren E. Wenzl und P. M. Schlag
1. Einleitung Gastrointestinale Stromatumoren (GIST) sind erst 1998 als eine eigenständig definierte, von den interstitiellen Cajal’schen Zellen („Schrittmacher-Zellen des Gastrointestinaltraktes“) ausgehende Tumorentität identifiziert worden (Kindblom et al., 1998). Bis dahin wurden diese Tumoren meist Leiomyomen bzw. (Leiomyo-)Sarkomen zugeordnet. GIST weisen eine typische Aktivierung der KIT-(CD 117)- bzw. seltener PDGFRA-Rezeptor-Tyrosinkinase (Heinrich et al., 2003; Hirota et al., 1998) auf (PDGFRA: platelet-derived growth factor receptor alpha). Diese Veränderungen werden durch genetische Mutationen bedingt. Die juxtamembrane Region des Rezeptors dürfte für die Kinaseinhibition verantwortlich sein, eine Mutation führt zum Verlust dieser Funktion und damit zu ungehemmter Aktivität der Tyrosinkinase (Corless et al., 2004) und konsekutiv zu Zellproliferation, Chemotaxis und Inhibition der Apoptose. Diese Erkenntnisse waren die Basis für eine rasche Evolution neuartiger therapeutischer Ansätze.
aus, unter diesen aber prädominieren die GIST. Epidemiologische Studien, deren Zuverlässigkeit durch eine mögliche Dunkelziffer maskiert sein können, sprechen derzeit von einer Inzidenz von etwa 1–2/100 000 (Nilsson et al., 2005) mit einer leichten Präferenz des männlichen Geschlechts (etwa 6 : 4) und einem Altersgipfel des Erkrankungsbeginnes um 60 Jahre (Tran et al., 2005). Die primäre Lokalisation der Tumoren ist in über 50 % der Magen, gefolgt vom Dünndarm (20– 30 %), der Rest verteilt sich auf die anderen Bereiche des Gastrointestinaltraktes.
1.2. Pathologie Die pathologisch-histologische Diagnose sollte von einem Pathologen mit Expertise in Sarkompathologie gestellt werden (Blay et al., 2005). Vom histologischen Erscheinungsbild können die GIST in 3 wesentliche Kategorien unterteilt werden: • spindelzelliger GIST (Abb. 21.1) (70 %) • epitheloider GIST (20 %) • Mischtypen (Abb. 21.2)
1.1. Epidemiologische Daten Unter den Tumoren des Gastrointestinaltraktes machen die nicht-epithelialen Tumoren nur die Minderheit
Etwa 95 % der Tumoren weisen eine positive immunhistologische Färbung für CD117 auf (Abb. 21.3), die verbleibenden CD117-negativen Tumoren sollten mo-
Abb. 21.1. Spindelzelliger GIST
Abb. 21.2. Gemischt epitheloider und spindelzelliger GIST
288
E. Wenzl und P. M. Schlag
lekulargenetischen Analysen für KIT- bzw. PDGFRAMutationen unterzogen werden, um die Diagnose zu etablieren. Die Einschätzung der malignen Potenz der GIST ist schwierig und erfolgt nach der Klassifikation von Fletcher (Blay et al., 2005; Fletcher et al., 2002). Der Ausdruck „benigner GIST“ sollte nicht mehr verwendet werden und ist durch eine biologische Risikoeinschätzung zu ersetzen. In Aufarbeitung eigener Daten (Bundesland Vorarlberg, 10 Jahre, 61 Fälle, Inzidenz y 1,5/100 000) fallen in die Hochrisikogruppe etwa 50 %. Darüber hinaus scheint auch die Lokalisation des Primums von prognostischer Bedeutung zu sein: GIST des Magens weisen einen etwas günstigeren Verlauf als Tumoren in den übrigen Lokalisationen auf (Miettinen et al., 2002). Immunhistochemisch erfolgt die Diagnosestellung über den Nachweis von CD117, CD34-Positivität ist seltener und Actin nur gelegentlich nachweisbar (Miettinen et al., 2001). Auch die gastrointestinalen autonomen Nerventumoren (GANT) können aufgrund ihrer Eigenschaften den GIST zugeordnet werden (Lee et al., 2001).
1.3. Klinische Symptomatik Bedingt durch die vielfältigen Lokalisationen ist auch die klinische Symptomatik der GIST mannigfaltig. Diese entspricht in der Regel allgemeinen organtypischen Symptomen. Häufige unspezifische Beschwerden sind:
Abb. 21.3. Immunhistochemische Färbung von KIT-Rezeptoren
• • • • •
Obstruktion (Dysphagie, (Sub-)Ileus) Blutung Palpable abdominelle Tumoren Uncharakteristische abdominelle Schmerzen Gastrointestinale Allgemeinsymptome (Inappetenz, Übelkeit, Erbrechen)
Kleine Tumoren bleiben oft symptomfrei und sind oft eine Zufallsdiagnose im Rahmen anders indizierter Untersuchungen bzw. Eingriffe (DeMatteo et al., 2000).
2. Diagnostik 2.1. Bildgebende Verfahren Die bildgebenden Verfahren spielen eine wesentliche Rolle im Rahmen der primären Diagnostik, der Therapieplanung und Überwachung sowie in der Nachsorge. Die abdominelle Sonographie erlaubt unproblematisch und rasch eine Überblicksdiagnostik. Vor allem Herde in der Leber können ab einer Größe von knapp 1 cm gut zur Darstellung gebracht werden, wobei es keine spezifischen sonographischen Kriterien gibt, welche typisch für einen GIST wären. Klarheit kann erst die histologische Befundung bringen. In den Organen, die endoskopisch zugänglich sind, kann die endoluminale Sonographie zusätzlich wichtige Informationen bringen. Im Gegensatz zu den epithelialen Malignomen, die zu einer Destruktion der Wandschichtung führen, bleiben bei den GIST die typischen Wandschichtungen eher länger erhalten und es kommt zu einer Verdickung der Lamina muscularis (Okai et al., 2003). Gut abgrenzbare Tumoren mit einem allfälligen polyzyklischen Bild, echogenen oder zystischen Arealen im Tumor sollen an einen GIST denken lassen (Brand et al., 2002) (Abb. 21.4). Überdies kann endosonographisch gestützt gezielt Gewebsmaterial zur histologischen Untersuchung gewonnen werden. Durch die klassische (Video-)Endoskopie können in den zugängigen Organen (Ösophagus-Duodenum, angrenzendes Jejunum; Rektum, Kolon, terminales Ileum) Befunde erhoben werden, die mit hohen Verdachtsmomenten an GIST denken lassen. Eine kugelige Raumforderung mit intakter Schleimhaut, oft mit Ulzerationen, die durch Blutungen symptomatisch wird, gibt ein für GIST typisches Bild (Abb. 21.5). Die Rolle der Kapsel-Endoskopie muss unter dem Aspekt oft obstruierender Veränderungen und auch noch fehlender ausreichender Erfahrungen kritisch gesehen werden (Cobrin et al., 2006).
Kapitel 21
Gastrointestinale Stromatumoren
289
Abb. 21.4. Endosonographische Darstellung eines GIST im oberen Magendrittel, gut abgrenzbar mit zystischem Areal
Die Standardmethode zur Darstellung und zum Staging von GIST ist die kontrastmittelverstärkte Computertomographie, möglichst optimiert durch intravenöse und orale Verabreichung von Kontrastmittel bzw. Wasser (Hydro-CT). In der Regel präsentieren sich die Veränderungen als hyperdense Areale, deren Homogenität bei größeren Durchmessern bedingt durch Einblutungen und Nekrosen fehlen kann (Abb. 21.6). Insbesondere die Randbereiche der Tumore weisen eine Hypervaskularisation auf (Lau et al., 2004; Sandrasegaran et al., 2005). Metastatische Absiedlungen, vorwiegend in Leber und Abdominalhöhle, präsentieren sich morphologisch dem Primärtumor ähnlich. Die Bildgebung mittels Magnetresonanztomographie wird bevorzugt eingesetzt besonders bei Lokalisation im kleinen Becken bzw. wenn sich die Anwendung von Kontrastmittel verbietet (Allergie, renale Insuffizienz). Der konventionellen oralen Kontrastmittel-Diagnostik im Magen-Darm-Trakt wird ebenso wie der Angiographie nur untergeordnete Bedeutung zugemessen, letztere kann interventionell für arterielle Embolisation bei Blutungen bzw. bei hepatischen Metastasen als Rescue-Verfahren zum Einsatz kommen. Die Entwicklung der Positronenemissionstomographie (PET), basierend auf dem gesteigerten Glukose-Stoffwechsel (FDG-PET) von Tumoren, hat die Möglichkeit geschaffen, metabolische Veränderungen aufzuzeichnen, welche im Rahmen von medikamentösen Therapien lange vor morphologischen Veränderungen auftreten. Die FDG-PET schafft somit eine Möglichkeit der Therapieüberwachung. Die Effekte können durch den Standard Uptake Value (SUV) quantifiziert werden
Abb. 21.5. Endoskopischer Befund eines GIST des oberen Magenanteils (gleicher Pat. wie in Abb. 21.4): eine rundliche nach innen protrudierende Raumforderung mit einer zentralen Ulceration, im Bild nicht aktiv blutend, die aber durch eine Blutung symptomatisch wurde.
und erlauben somit, den Therapieeffekt (Progression, Stabilität, Regression) zu kategorisieren (Young et al., 1999; Van den Abbeele et al., 2002). Dieser Effekt wird vor allem zur Beurteilung des therapeutischen Ansprechens von Tyrosinkinase-Inhibitoren ausgenützt (Van
Abb. 21.6. Computertomographische Darstellung desselben GIST im oberen Anteil des Magens (vgl. Abb. 21.4 und 21.5)
290
E. Wenzl und P. M. Schlag Tabelle 21.1. Risikobewertung von gastrointestinalen Stromatumoren (nach Fletcher, 2002)
Sehr geringes Risiko Geringes Risiko Mäßiges Risiko
Hohes Risiko
Größe, mm
Mitotic Index, per 50 HPF
< 20
<5
20–50
5
50
6–10
50–100
5
> 50
>5
> 100
jede mitotische Anzahl
jede Größe
> 10
3. Vorbehandlung (neoadjuvante Therapie) Histologisch bzw. molekulargenetisch nachgewiesene, lokal fortgeschrittene oder metastasierte GIST sollten einer Vortherapie mit Imatinib zur Tumormassenreduktion unterzogen werden. Wenngleich hierzu keine randomisierten Studien vorliegen, ist die Effizienz dieses Konzeptes in verschiedenen Fallstudien gezeigt worden (Bumming et al., 2003). Unklar ist, ob und wie lange die Imatinib-Therapie in diesem Behandlungskonzept bei erfolgter kompletter Tumorresektion (R0Resektion) fortgeführt werden sollte. Nach nicht kompletter Tumorresektion und Ansprechen des Tumors auf die Vorbehandlung ist es empfehlenswert, in der Regel nach Möglichkeit bis zum Tumorprogress diese Behandlung fortzuführen.
HPF High power field (~ 0,2 mm²). Die Auszählung der mitotischen Aktivität erfolgt in 50 Gesichtsfeldern.
4. Präoperative Vorbereitung den Abbeele et al., 2002) und erlaubt eine gute Beurteilung des Therapieerfolges schon kurz nach Therapiebeginn, bevor noch morphologische Veränderungen mit anderen Verfahren nachweisbar sind.
2.2. Pathologische und molekulare Diagnostik Augrund des pathogenetischen Verständnisses der Entwicklung von GIST sollte davon ausgegangen werden, dass alle GIST ein Metastasierungspotenzial aufweisen, sodass die Begriffe benigne/maligne eher durch eine biologische Prognoseeinschätzung ersetzt werden sollten. Als einer der wesentlichsten Parameter hat sich die Einteilung nach Fletcher et al. (2002) etabliert (Tabelle 21.1). Der Mutationsstatus für KIT zeigte für Patienten ohne Mutationen einen signifikant schlechteren Verlauf (Taniguchi et al., 1999), wobei sich eine EXON11-c-kit-missense Mutation als prognostisch günstiger gegenüber anderen Mutationen erwies (Tabelle 21.2). Ebenso zeigte eine spindelzellige Histologie längeres rezidivfreies Überleben (Singer et al., 2002). Die Metastasierung der GIST erfolgt bevorzugt in die Leber bzw. das Peritoneum, es kommt selten zur lymphogenen Aussaat (DeMatteo et al., 2000), wie bei epithelialen Tumoren typisch. Vor allem Metastasierung und Lokalrezidiv beeinflussen die Prognose.
Die präoperative Vorbereitung von Patienten mit GIST ist unter chirurgischen Gesichtspunkten identisch mit denen von anderen gastrointestinalen oder abdominalen Tumoren. Lokalisationsabhängig können diese den entsprechenden organbezogenen Kapiteln der Tumorentitäten in diesem Buch entnommen werden. Herauszustellen ist allerdings, dass nach einer Vortherapie mit Tyrosinkinaseinhibitoren, besonders mit Sunitinib, die Medikation möglichst vier bis sechs Wochen vor Operation abgesetzt werden sollte. Sunitinib inhibiert neben KIT auch andere Rezeptor-Tyrosinkinasen, sodass hierdurch Störungen der Wundheilung und Blutgerinnung nicht ausgeschlossen werden können.
5. Operative Strategie Bis zur Einführung der Tyrosinkinase-Inhibitoren war die Chirurgie die einzige kurative Behandlungsoption, da die Tumoren weder einer Strahlen- noch Chemotherapie zugängig sind (Joensuu et al., 2002). Die Chirurgie ist auch weiterhin ein Hauptpfeiler in der Behandlung der GIST. Ziel des operativen Eingriffes sollte die komplette Resektion des Tumors mit tumorfreien Rändern (R0-Resektion) sein. Die chirurgische Therapie ist dabei abhängig von der Lokalisation und der Größe des Primärtumors. Die primäre Resektion ist somit indiziert bei solitären, gut resektablen Tumoren (Abb. 21.7). Eine typische Lymphadenektomie ist in der Regel nicht erforderlich und lediglich bei suspekten Lymphknoten angezeigt, da die Tumoren selten lymphogen metastasieren (Lymphknotenbefall 6 %).
Kapitel 21
Gastrointestinale Stromatumoren
291
Tabelle 21.2. Klinische und pathohistologische Besonderheiten gastrointestinaler Stromatumoren in Abhängigkeit vom Mutationsstatus
Mutationstyp
Häufigkeit
Histologischer Typ
KIT-Mutation
80–85 %
Hauptsächlich Spindelzelltyp
Lokalisation
in vitro Ansprechen auf Imatinib
Klinisches Ansprechen auf Imatinib
Dünndarm
Ja
Mäßiges Ansprechen
Exon 9
10 %
Exon 11
60–70 %
Ja
Exzellentes Ansprechen
Exon 13
1%
Ja
Geringes Ansprechen
Exon 17
1%
Ja
Geringes Ansprechen
PDGFRA-Mutation
5–10 %
Epithelioidtyp, gemischter Spindelzell- und Epithelioidtyp
Magen
Exon 12
1%
Ja
Geringes Ansprechen
Exon 14
<1%
Ja
Unbekannt
Exon18
6%
Wild-Typ (keine KIT, keine PDGFR-Mutation)
10 %
gemischt unbeD842V kein kannt/kein Anspre- Ansprechen; andere Mutationen chen
Spindelzelltyp
Zu vermeiden ist eine intraoperative Tumorruptur, um eine zelluläre Aussaat zu verhindern. Das Ausmaß der Organresektion richtet sich nach den anatomischen Verhältnissen und kann von einer lokalen Exzision, die auch laparoskopisch mit guten Langzeitergebnissen (Matthews et al., 2002; Novitsky et al., 2006; Granger et al., 2006) durchgeführt werden kann, bis zu erweiterten segmentären Resektionen reichen. Multiviszerale Resektionen oder chirurgische Eingriffe, bei welchen nicht mit hoher Wahrscheinlichkeit von einer primär kompletten Tumorresektion ausgegangen werden kann, sollten, solange keine klinische notfallmäßige Situation dazu zwingt, zugunsten einer Vortherapie (s. Abschnitt 3) eher zurückgestellt werden. Gleiches gilt für Tumoren im metastasierten Stadium. Wichtig für die Entscheidung zur chirurgischen Therapie und das Ausmaß des chirurgischen Eingriffes ist die Tatsache, dass eine inkomplette makroskopische
Nein
schlechtes Ansprechen
Resektion sowohl das progressionsfreie, als auch das Gesamtüberleben negativ beeinflusst. Allerdings sind makroskopisch befallene Resektionsränder kein Prädiktor für einen lokalen Tumorrückfall (Heinrich et al., 2005). Radikal-chirurgische Eingriffe (z. B. abdominoperineale Exstirpationen für einen rektalen GIST), um histologisch negative Resektionsränder zu erreichen, sind bei den derzeitigen günstigen konservativen Behandlungsmöglichkeiten („zielgerichtete molekulare Therapie“) nicht mehr vertretbar. Eine Nachresektion bei histologisch positiven Schnitträndern sollte nur dann in Erwägung gezogen werden, wenn die Resektion für den Patienten ohne gesteigerte Morbidität oder erhöhtes Operationsrisiko möglich ist. Bei Patienten mit initial makroskopisch nicht komplett entfernbaren lokal fortgeschrittenen GIST, welche unter einer Behandlung mit Tyrosinkinase-Inhibitoren in Remission kommen, sollte zum Zeitpunkt der op-
292
E. Wenzl und P. M. Schlag
6. Komplikationsmanagement Eine besondere chirurgische Aufgabe ergibt sich durch intratumorale Blutungen oder Tumorrupturen, die unter Imatinib-Behandlung auftreten können (Benjamin et al., 2003). Die chirurgische Therapie derartiger Blutungssituationen ist häufig erschwert durch die Tatsache, dass gleichzeitig eine Hyperfibrinolyse und Anämie vorliegen. Die chirurgische Blutungskontrolle kann schwierig sein und macht häufig mehrmalige Revisionen unter Bauchtuchtamponaden notwendig. Die Prognose der Patientengruppe ist bisher noch unzureichend geklärt. Zur Kontrolle einer potenziellen peritonealen Tumorkontamination sollte eine möglichst frühe Fortsetzung der medikamentösen Behandlung angestrebt werden.
7. Nachbehandlung
Abb. 21.7. Intraoperativer Befund eines malignen GIST des Magens
timalen Tumorrückbildung die Operationsmöglichkeit zur Entfernung des Residualtumors geprüft werden (Raut et al., 2006). Bei der Indikationsstellung können PET-CT und kontrastmittelgestützte Magnetresonanztomographie hilfreich sein. Insbesondere sollte die Resektion eines nicht proliferationsaktiven Residualtumors („stummes“ PET) in Erwägung gezogen werden (Von Mehren et al., 2002; Benjamin et al., 2003). Eine Besonderheit für die chirurgische Therapie von gastrointestinalen Stromatumoren ergibt sich auch bei primär nicht resektablen oder multiplen Tumormetastasen (v. a. in der Leber), welche sehr gut auf eine Behandlung mit Tyrosinkinase-Inhibitoren ansprechen. Da die Möglichkeit besteht, dass durch die Entwicklung von Neumutationen Therapieversagen und Progredienz der GIST-Läsionen auftreten (Heinrich et al., 2003), kann auch unter diesem Gesichtspunkt eine Resektion sinnvoll sein. Eine Exstirpation ist auch bei rezidivierenden GIST prinzipiell sinnvoll. Das mediane Überleben nach GIST-Rezidiv liegt zwischen 11 und 15 Monaten (Mudan et al., 2000) und ist erwartungsgemäß nach kompletter Resektion am günstigsten (Clary et al., 2001).
Eine hochaktuelle Entwicklung stellt die adjuvante Imatinib-Behandlung von komplett resezierten GIST dar. In einer Phase-II-Studie der ACOSOG wurden Patienten mit KIT-exprimierendem primärem GIST und hohem Rezidivrisiko (Tumorengröße > 10 cm, Tumorruptur oder > 5 peritoneale Metastasen) 400 mg/d Imatinib für ein Jahr verabreicht (DeMatteo et al., 2005). Die bisherigen Ergebnisse veranlassten die ACOSOG, zusätzlich eine randomisierte placebokontrollierte Phase-III-Studie mit adjuvantem Imatinib (ebenfalls 400 mg/d) für ein Jahr vs. Beobachtung durchzuführen. In die Studie wurden nur Patienten mit mittelgradigen oder Hochrisikotumoren (= 3 cm) nach makroskopisch kompletter Tumorresektion eingeschlossen. Eine Zwischenanalyse der Studie nach Rekrutierung von mehr als 600 Patienten ergab, dass Imatinib (Glivec®) auch in dieser adjuvanten Situation das Risiko eines Tumorrückfalls bei KIT-positiven GIST nachdrücklich reduziert. Als Konsequenz wurde nun Patienten, welche bisher nur eine Plazebotherapie (ausschließlicher Chirurgiearm der Studie) erhielten, Imatinib auch als definitive Behandlung angeboten und die Studie aufgrund der eindeutig positiven Aussage bezüglich einer adjuvanten Imatinib-Behandlung geschlossen. Das Antragsverfahren für eine offizielle Zulassung von Imatinib in der adjuvanten Therapie von GIST-Patienten nach kompletter Primärtumorresektion wurde eingeleitet. Unklar bleibt derzeit die angemessene Dauer einer postoperativen Imatinib-Therapie, insbesondere nach deren neoadjuvanter Anwendung und nachfolgender kompletter Tumorresektion.
Kapitel 21
Gastrointestinale Stromatumoren
8. Rehabilitation Die Anforderungen und Möglichkeiten einer Rehabilitation nach multimodaler Behandlung eines GIST sind sehr stark von der Tumorlokalisation und dem zugrunde liegenden operativen Vorgehen abhängig. Vom Prinzip her unterscheiden sie sich nicht von den Situationen nach Therapie anderer Tumorentitäten im Gastrointestinal-Trakt bzw. Abdominalraum. Besondere Rechnung ist allerdings hierbei den Folgen notwendig gewordener multiviszeraler Tumorresektionen bis hin zu einer Kurzdarmsymptomatik zu tragen.
9. Nachsorge Allgemein gültige Nachsorgeschemata existieren für GIST noch nicht. Aufgrund der verschiedenen Lokalisationen müssen daran angepasste Untersuchungsmethoden zur Anwendung kommen: • CT/MRT • Endoskopie/Endosonographie • fakultativ PET/CT Entsprechend den Nachsorgeschemata aus anderen onkologischen Bereichen wird man den Patienten in der Regel • in den ersten zwei Jahren alle 3 Monate (bei niedrigem Risiko alle 6 Monate) • vom 3. bis zum 5. Jahr halbjährlich • ab dem 6. Jahr jährlich zu Nachsorgeuntersuchungen einladen. Die häufigsten Rezidive sind in den ersten beiden Jahren zu erwarten, Spätredizive sind aber keineswegs ausgeschlossen (Nowain et al., 2005).
10. Weitere Therapiemodalitäten Neben Imatinib besitzt der multiple Rezeptor-Tyrosinkinase-Inhibitor Sunitinib (Sutent®) Bedeutung bei Imatinib-resistenten GIST. Dies gilt insbesondere für c-kit EXON9-Mutationen oder bei zusätzlichen Mutationen im c-kit oder PDGFRA. Sunitinib kann auch eine Behandlungsalternative darstellen für Patienten, welche auf Imatinib ansprechen, aber in seltenen Fällen das Präparat nicht vertragen. Andere Tyrosinkinase-Inhibitoren, welche derzeit bei GIST alleine oder in Kombination mit Imatinib untersucht werden, sind PKC412 (Reichardt et al., 2005), RAD001 (Everolimus) ein m-TOR-Inhibitor (Van Oosterom et al., 2004) so-
293
wie AMN107 (Inhibition von KIT, PDGFRA und BCRABL) (US National Institutes of Health Clinical Trials, 2006).
11. Palliativmaßnahmen Bei lokal inoperablen und peritoneal metastasierten GIST waren bisher eine operative Therapie ebenso wie eine intraperitoneale oder systemische Chemotherapie von geringer Wirksamkeit. Durch die hohe Ansprechrate der Tumoren auf eine Behandlung mit Tyrosinkinase-Inhibitoren (v. a. Imatinib) ist bei dokumentiertem Ansprechen eine explorative Laparoskopie bzw. Laparotomie mit dem Ziel der Residualtumorresektion sinnvoll. Insbesondere sollten solitäre, progrediente Metastasen, die auf eine Therapie mit Imatinib oder anderen Tyrosinkinase-Inhibitoren nicht mehr ansprechen, trotz weiterer, noch responsiver Metastasen chirurgisch angegangen werden. Als weiteres Verfahren der lokalen Tumordestruktion in diesen Situationen kann die Ablation der Metastasen mittels Radiofrequenz- oder Laserinduzierter Thermoablation (RAF vs. LITT) in Frage kommen. Es wird derzeit angenommen, dass durch dieses multimodale Vorgehen zumindest eine längerfristige Stabilisierung der Erkrankung zu erreichen ist. Eine palliative Situation ergibt sich in der Regel prinzipiell für Patienten, deren Tumoren unter einer Imatinib-Therapie progredient sind. Der Mutationsstatus der Tumoren kann hierbei ein Prädiktor für das Ansprechen auf Tyrosinkinase-Inhibitoren sein (Tabelle 21.2). Es sprechen über 85 % der Patienten mit EXON11 c-kit-Mutationen, jedoch weniger als 50 % mit EXON9-Mutationen an. Tumoren ohne nachweisbare Situation von c-kit oder PDGFRA sind nach bisherigem Kenntnisstand gegen die derzeit zur Verfügung stehenden Tyrosinkinase-Inhibitoren resistent (Blanke et al., 2005). FDG-PET-Untersuchungen können ebenfalls hilfreich sein, um anhand der Standard Uptake Values (SUVs) zwischen therapiesensiblen und -resistenten GIST zu differenzieren (Van den Abbeele et al., 2005). Eine Radiotherapie oder die derzeitig zur Verfügung stehenden klassischen zytostatischen Substanzen haben selbst in der Palliativsituation mit Ansprechraten von unter 10 % keinen Stellenwert. In Einzelfällen kann v. a. bei unbeeinflussbar progredienten Lebermetastasen eine Chemoembolisation in Erwägung gezogen werden. Ein ersatzloses Absetzen einer bestehenden ImatinibTherapie muß selbst bei nachgewiesener Tumorprogression wegen des „Flare up“-Phänomens als kritisch
294
E. Wenzl und P. M. Schlag
betrachtet werden: Imatinib-sensible Tumorklone, die noch unter Kontrolle sind, werden durch das Absetzen aktiviert.
12. Qualitäts- und Prognosekriterien Aus chirurgisch-onkologischer Sicht muss vordringliches Ziel sein, primäre R1- oder R2-Resektionen bei GIST zu vermeiden. Ebenfalls sind in der Regel primär multiviszerale und mutilierende Resektionen nicht indiziert. Bei jedem intraabdominellen, nicht eindeutig epithelialen Tumor ist durch immunhistochemische, ggf. auch molekulargenetische Untersuchungen ein GIST auszuschließen. Diagnostik und Therapie von GIST setzen Interdisziplinarität voraus. Seit Einführung von Imatinib hat sich die Prognose der Patienten mit GIST drastisch verbessert. Sie liegt bei über 30 Monaten mit einem medianen progressionsfreien Überleben zwischen 20 und 24 Monaten. Bei fortgeschrittenen oder Imatinib-resistenten GIST sollte die Behandlung der Patienten in prospektiven klinischen Studien obligatorisch sein. Unter prognostischen und therapeutischen Gesichtspunkten wird zunehmend eine Klassifikation der GIST nach ihrem Mutationsstatus empfohlen (Heinrich et al., 2003; Benjamin et al., 2003). In vitro waren Tumoren mit allen c-kit-Mutationen sensitiv auf Imatinib sowie auch Tumoren mit EXON12-Mutationen des PDGFRA. GIST-Zelllinien mit Mutationen in EXON18 des PDGFRA waren dagegen Imatinib gegenüber resistent. Klinisch ist bekannt, dass GIST-Patienten mit EXON11 c-kit-Mutationen häufiger auf eine Imatinib-Therapie ansprechen, als Patienten mit EXON9-Mutationen. Kaum ein Ansprechen kann bei Patienten mit bisher nicht detektierbarer c-kit- oder PDGFRA-Mutation erwartet werden. Patienten mit EXON11 c-kit-Mutationen haben ein längeres progressionsfreies Überleben als andere GIST-Patienten. Eine klare prognostische und prädiktive Aussage bezüglich c-kit-, EXON13oder 17-Mutationen oder unterschiedlicher PDGFRAMutation kann bisher noch nicht getroffen werden.
13. Ausblick Die Behandlung von GIST ist ein Paradigma, wie durch molekulargenetische und molekularpathologische Analysen ein vertieftes tumorbiologisches Verständnis zu neuen und neuartigen Behandlungskonzeptionen geführt hat. Die hierauf aufbauenden Behandlungskonzeptionen, das Tumorwachstum durch
Tyrosinkinase-Inhibitoren zu unterdrücken, bedürfen weiterer Anstrengungen, die Mechanismen der Resistenz und Progression der Tumoren unter den bisherigen multifunktionalen Tyrosinkinase-Inhibitoren aufzuklären. Hierbei ist die Identifikation der inkludierten Signaltransduktionsketten und der hierbei involvierten Moleküle ebenso wichtig, wie die Analyse ihres Zusammenspiels (Systembiologie). Sobald diese Netzwerkinteraktionen besser verstanden sind, werden sich hierauf noch besser abgestimmte inhibierende Substanzklassen von Medikamenten entwickeln lassen. Unabhängig davon werden die ideale Behandlungsdauer, die adäquate Dosis und die geeignete Kombination bisher zur Verfügung stehender TyrosinkinaseInhibitoren ebenso definiert werden, wie der geeignete Zeitpunkt und das notwendige Ausmaß chirurgischer Tumorresektionen bei GIST.
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Kapitel 21
Gastrointestinale Stromatumoren
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Kapitel 22
Primäre und sekundäre peritoneale Tumoren P. Piso, A. Heiss und P. M. Schlag
1. Einleitung Die peritoneale Dissemination maligner Tumoren stellt eine besondere therapeutische Herausforderung dar. In einigen Zentren wird neben einer medikamentösen Therapie bereits seit zwei Dekaden ein multimodales chirurgisches Behandlungskonzept durchgeführt. Im Vordergrund steht die komplette makroskopische Zytoreduktion. Durch verschiedene Verfahren der parietalen und viszeralen Peritonektomie werden die befallenen Anteile des Peritoneums reseziert. Unter der Vorstellung, mikroskopische Tumorreste zu zerstören, wird eine intraoperative Chemotherapie im Anschluss durchgeführt. Die Wirksamkeit der Zytostatika wird durch die Hyperthermie verstärkt. Die einzelnen Schritte der Behandlung konnten in den letzten Jahren optimiert werden. Die Operationsdauer, der Blutverlust, die Letalität wurden erheblich gesenkt. Die Selektionskriterien konnten besser definiert werden. Insgesamt haben die Daten der letzten Jahre gezeigt, dass z. B. bei Patienten mit kolorektalen Karzinomen und Peritonealkarzinose durchaus eine 5Jahres-Überlebensrate von 30 bis 40 % nach multimodaler Therapie erreicht werden kann. Insbesondere Patienten mit einem Appendixkarzinom profitieren von der Therapie. Auch bei anderen Tumorentitäten wurde dieses multimodale Therapiekonzept zum Einsatz gebracht wie Magenkarzinom, Ovarialkarzinom oder peritoneales Mesotheliom. Die Indikationsstellung muss interdisziplinär und die Behandlung nur in spezialisierten Zentren im Rahmen von Studien durchgeführt werden. Ziel dieses Beitrages ist es, das aktuelle Therapiekonzept der multimodalen Behandlung der Peritonealkarzinose zu beschreiben, die vorhandenen Literaturdaten zu den einzelnen Tumorentitäten darzustellen und die Selektionskriterien für eine erfolgreiche Therapie zu formulieren.
2. Pathogenese und Ausbreitungsmuster der Peritonealkarzinose Das Auftreten einer Peritonealkarzinose ist meist auf intraperitoneal freigesetzte Tumorzellen zurückzuführen. Freie intraperitoneale Tumorzellen, u. U. auch durch intraoperative Manipulation begünstigt, können zu Implantationsmetastasen am Peritoneum parietale und viscerale führen. Dies erklärt sich durch eine rasche Adhäsion der Tumorzellen an das Mesothel sowie durch den Schutz der Zellen unter den Fibrinmassen, die vom denudierten Gewebe nach der Resektion sezerniert werden. Das Verteilungsmuster der Tumorknoten im Bereich des Peritoneums ist auch vom Typ und dem Malignitätsgrad des Tumors abhängig. Die hochmalignen Tumoren weisen multiple Knoten hauptsächlich in der Nähe des Primärtumors auf. Makroskopisch liegen im Bereich des Dünndarmes multiple Knoten vor. Niedrig maligne Tumoren dagegen verteilen sich, entsprechend der Zirkulation peritonealer Flüssigkeit, vor allem am Omentum majus und den beiden Zwerchfellkuppen. Das Verteilungsmuster der Tumorknoten in dem gesamten Peritonealraum ist für das Pseudomyxoma peritonei besonders typisch (Abb. 22.1). Tumorplaques bilden sich dabei auch präferentiell im Bereich des präpylorischen Antrums, des Ileozökums, der Flexura duodenojejunalis und des Rektosigmoids aus. Auch die Tiefstpunkte des Abdomens, d. h. das kleine Becken, retrohepatische und parakolische Areale sind häufiger befallen.
3. Die systemische Chemotherapie Der natürliche Verlauf bei Patienten mit einer Peritonealkarzinose v. a. gastrointestinaler Malignome ist infaust. Die Patienten leben im Schnitt weniger als 6 Monate (Sadeghi et al., 2000). Prinzipiell konnte durch Fortschritte in der medikamentösen zytotoxischen Therapie metastasierter gastrointestinaler Karzinome teil-
298
P. Piso, A. Heiss und P. M. Schlag
Abb. 22.1. Tumorös transformiertes Omentum („Omental cake“), der darunter liegende Dünndarm ist kaum befallen.
weise mehr als eine Verdoppelung der Überlebensraten, v. a. beim Dickdarmkrebs, erreicht werden (Meyerhart et al., 2005). Ein weiterer Fortschritt konnte durch die Kombination von Zytostatika mit Antikörpern, welche gegen den EGF- bzw. VEGF-Rezeptor gerichtet sind, erzielt werden (Cunningham et al., 2004). Bei genauer Betrachtung der Ergebnisse fällt auf, dass die meisten behandelten Patienten hämatogene Metastasen, insbesondere Lebermetastasen, hatten. Nur ein geringer, nicht zu bestimmender Anteil hatte eine isolierte Peritonealkarzinose. Daher müssen die positiven Berichte der verbesserten Überlebenszeiten durch die alleinige medikamentöse Therapie vorsichtig interpretiert werden. Letzten Endes gibt es keine einzige Studie über die Prognose der Patienten mit einer alleinigen Peritonealkarzinose, die nur systemisch behandelt wurden.
4. Selektionskriterien für eine multimodale chirurgische Therapie Wesentlich für die Behandlungsauswahl ist die Auswahl der für die multimodale chirurgische Therapie geeigneten Patienten. Eine gute Patientenselektion setzt eine umfangreiche diagnostische Abklärung voraus. Trotz des Versuches, die Auswahlkriterien möglichst objektiv zu gestalten, basiert ein Teil der Selektionen nach wie vor auf der persönlichen Einschätzung des Operateurs.
4.1. Allgemeinzustand Wichtige Voraussetzung für ein optimales Behandlungsergebnis ist der gute Allgemeinzustand des Patienten. Es sollten ein Performance-Status nach WHO von 0,1 oder höchstens 2 sowie möglichst keine gravierenden kardiopulmonalen Erkrankungen vorliegen.
4.2. Extraabdominelle Tumormanifestationen Ein weiteres Kriterium ist die Abwesenheit extraabdomineller Tumormanifestationen (z. B. Lungenmetastasen, maligner Pleuraerguss).
4.3. Lebermetastasen Idealerweise sollten keine Lebermetastasen vorhanden sein. Wenige kleine, peripher gelegene und ohne besonderen Aufwand resektable Lebermetastasen sind keine absolute Kontraindikation. Größere Metastasen, die unter Umständen eine Hemihepatektomie oder erweiterte Leberresektion notwendig machen, sind prognostisch infaust und rechtfertigen eine ausgedehnte peritoneale Resektion nicht.
Kapitel 22
Primäre und sekundäre peritoneale Tumoren
4.4. Gallengangs- und/oder Ureterstenosen Das Vorhandensein einer Gallenwegsobstruktion und insbesondere einer Hydronephrose ist Ausdruck für ein aggressives Tumorwachstumsmuster, welches oft bei Siegelringzellkarzinomen zu beobachten ist. In diesem Fall ist die Wahrscheinlichkeit einer kompletten makroskopischen Zytoreduktion extrem gering und insofern die Operation nicht gerechtfertigt.
4.5. Dünndarmbeteiligung Ein entscheidendes Kriterium ist auch das Ausmaß der Dünndarmbeteiligung. Dieses ist zunächst aufgrund der präoperativen Bilder in der Computertomographie einzuschätzen. Voraussetzung ist eine technisch qualitativ hochwertige kontrastmittelverstärkte Computertomographie. Drei Klassen der Dünndarmbeteiligung sind zu differenzieren (Tabelle 22.1): Klasse I bezieht sich auf Patienten mit in der Computertomographie nachgewiesenem Aszites. Die Klasse II bezieht sich auf Patienten, bei denen im Mesenterium eine Betonung der Gefäße oder noduläre Veränderungen nachgewiesen werden können. Bei Klasse III sind die Darmschlingen durch Tumormassen separiert und an mehreren Stellen stenosiert (Abb. 22.2). Geeignet für eine Peritonektomie sind Patienten der Klasse I und einige Patienten der Klasse II.
299 Tabelle 22.1. Peritonealkarzinose: 3 Klassen der Dünndarmbeteiligung anhand einer kontrastmittelverstärkten Computertomographie
Klasse
Morphologie
Eignung für eine Peritonektomie
I
Aszites
ja
II
Betonung d. Gefäße od. noduläre Veränderungen eventuell im Mesenterium
III
Darmschlingen durch Tumormassen separiert nein und mehrfach sklerosiert
vorgesehen werden. Die Einschätzung des PCI erfolgt bisher auf Grundlage des intraoperativen Befundes. Allerdings können auch bereits präoperativ anhand der CT-Bilder einzelne Regionen bezüglich des PCI und der Resektabilität eingeschätzt werden (Yan et al., 2005) (Abb. 22.4). Der radiologischen Beurteilung des Ausmaßes einer Peritonealkarzinose und damit einer Klassifizierung nach dem PCI sind aufgrund des geringen Auflösungsvermögens der CT für peritoneale Absiedelungen allerdings noch erhebliche Grenzen gesetzt (Abb. 22.5). Möglicherweise kann die Aussagekraft durch PET-CT verbessert werden (Königsrainer et al., 2008).
5. Chirurgische Strategie 5.1. Verfahren der Peritonektomie 4.6. Ausmaß der Peritonealkarzinose Zur Quantifizierung der Peritonealkarzinose wurden verschiedene Klassifikationssysteme beschrieben (Gilly et al., 1994; Sugarbaker et al., 2003; van der Vage et al., 2002; Fujimoto et al., 1997). Die weiteste Verbreitung hat bisher der Peritoneal Cancer Index (PCI) gefunden (Abb. 22.3). Bei der Anwendung des PCI werden sowohl die Verteilung der Karzinose-Herde im gesamten Abdomen sowie deren Größe („Lesion site score“) berücksichtigt. Der Score bezieht sich auf 13 definierte Abschnitte („Regions“) des Abdomens und ergibt in der Summe minimal 1, maximal 3 Score-Punkte. In verschiedenen Publikationen konnte die prognostische Relevanz des Peritoneal Cancer Index bestätigt werden. Ausgedehnte Tumormassen mit einem Peritoneal Cancer Index von > 20 sind mit einer infausten Prognose verbunden. Es sollten daher prinzipiell nur Patienten mit einem PCI < 20 für eine Peritonektomie
Das Konzept der chirurgischen Zytoreduktion verfolgt eine möglichst komplette Entfernung aller peritonealen Metastasen. Dabei werden zunächst sämtliche befallenen Areale des Peritoneum parietale und viscerale reseziert. Falls notwendig, wird auch die Resektion befallener Organe durchgeführt wie z. B. Kolektomie, distale Magenresektion usw. Danach erfolgt die Entfernung des betroffenen Peritoneum parietale (d. h. die „eigentliche“ Peritonektomie), im Extremfall aller vier Quadranten und im kleinen Becken. Je nach intraoperativer Tumorausdehnung kann eine komplette makroskopische Zytoreduktion auch durch weniger ausgedehnte Eingriffe erreicht werden. Die Resektionsschritte können folgendermaßen unterteilt und systematisiert werden: • Omentektomie und Splenektomie • Peritonektomie des linken oberen Quadranten • Peritonektomie des rechten oberen Quadranten
300
P. Piso, A. Heiss und P. M. Schlag
Abb. 22.2. Demonstration einer Dünndarmbeteiligung Klasse III: Die Dünndarmschlingen vermischen sich im Unterbauch mit Tumormassen. Hier ist eine komplette Zytoreduktion sehr unwahrscheinlich.
•
Cholezystektomie und Resektion des kleinen Netzes, ggf. mit Magen(teil)resektion Peritonektomie im kleinen Becken und Resektion des Colon sigmoideum (mit oder ohne Rektumresektion und/oder Hysterektomie)
•
Region
a Bezeichnung
Zentral
1
Rechts oben
2
Epigastrium
3
Links oben
4
Linke Flanke
5
Links unten
6
Becken
7
Rechts unten
8
Rechte Flanke
Lage
9
Oberes
Oberbauch
10
Unteres
Unterbauch
11
Oberes
Oberbauch
12
Unteres
Jejunum
Ileum
b
Definition
0
Anatomische Definition
Für eine optimale Exposition haben sich die Positionierung des Patienten in Steinschnittlage und die mediane Laparotomie (vom Xiphoid bis zur Symphyse) bewährt. Insbesondere bei einer Re-Laparotomie ist es sinnvoll, zunächst möglichst extraperitoneal zu präparieren. Die Narbe wird mit Faszienanteilen reseziert (Abb. 22.6). So können alle Quadranten erreicht werden, ohne dass Tumor- und Schleimmassen eine gute Sicht verhindern. Erst im Anschluss wird mittig der peritoneale Sack eröffnet, um die Quadranten separat anzugehen. Nach Eröffnung wird zunächst eine Exploration sämtlicher vier Quadranten vorgenommen. Die Quantifizierung der Tumormassen erfolgt mittels des bereits beschriebenen Peritoneal Cancer Index (Jaquet et al., 1996). Die technische Durchführbarkeit und die definitive Indikation zur Resektion wird erst hiernach gestellt, soweit keine Ausschlussgründe (z. B. ausgedehnte Dünndarmbeteiligung) gefunden wurden. Die Resektion beginnt zunächst mit der Omentektomie. Die Resektion wird vorzugsweise mit dem elektrischen Skalpell (bis 250 W, gute Absaugung notwendig) oder mit der bipolaren Schere vorgenommen. Ziel ist es nicht nur, eine sofortige Blutstillung zu erreichen, sondern auch Tumorzellen am Resektionsrand zu zerstören. Das befallene Omentum wird in der gefäßfreien Schicht des Colon transversum abpräpariert und die Bursa omentalis eröffnet. Die Vasae gastroepiploicae
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Links
Rechts Unterbauch
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Abb. 22.3. Peritoneal Cancer Index (PCI) (nach Sugarbaker et al., 2003): a) Einteilung des Abdomens in Regionen, b) Einteilung des Dünndarms in Regionen, c) Erfassung der Größe der peritonealen Tumorknoten
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Primäre und sekundäre peritoneale Tumoren
a Abb. 22.4. Präoperative Einschätzung des Resektionsausmaßes anhand der CT-Diagnostik: a) Demonstration der Region II (Epigastrium): Die A. gastrica sinistra zieht durch den Tumor, die Milz ist befallen, hier ist die Wahrscheinlichkeit der Gastrektomie im Rahmen einer zytoreduktiven Operation sehr wahrscheinlich. b) komplette Peritonektomie im rechten Oberbauch mit Resektion der Glisson-Kapsel, Tumorresektion im Leberhilus mit Cholezystektomie, subtotaler Magenresektion, Splenektomie c) Peritonektomie im Unterbauch und kleinen Becken mit tiefer anteriorer Rektumresektion
dextrae werden zwischen Ligaturen durchtrennt. Die gesamte große Magenkurvatur wird skelettiert, einschließlich der Durchtrennung der Vasae gastricae breves. Manchmal muss eine En bloc-Resektion des Omentums mit dem Colon transversum erfolgen. Da meist auch die Milz befallen ist, erfolgt dies zusammen mit einer Splenektomie. Dabei werden insbesondere auch die ligamentären Verbindungen zur linken Kolonflexur und zum Zwerchfell sowie die peritoneale Umschlagsfalte durchtrennt. Parallel wird vom linken Rand der Laparotomiewunde schrittweise das Peritoneum parietale im linken Oberbauch abpräpariert. Um die Präparation zu erleichtern, wird das Peritoneum mit Ellis-Klemmen oder mit der Hand angefasst und angespannt. Die Peritonektomie wird entlang der linken Zwerchfellkuppe bis zum Zwerchfellschenkel fortgesetzt (Abb. 22.7). Falls die Tumorknoten infiltrierend in das Zwerchfell gewachsen sind, wird eine Zwerchfellteilresektion durchgeführt, wobei diese selten notwendig ist. Die dorsale Dissektionsstelle bildet die Faszia Gerota nach Mobilisation der linken Kolonflexur und Darstellung der linken Nebenniere bzw. der Nierenfettkapsel. Die Peritonektomie im rechten Oberbauch wird ähnlich wie auf der Gegenseite angegangen. Das Peritoneum parietale wird von der posterioren Rektusscheide
301
b
c
abpräpariert. Um die Dissektion im Bereich der rechten Zwerchfellkuppe zu ermöglichen, wird der rechte Leberlappen komplett mobilisiert und nach ventromedial verlagert. Auch hier kann es zum Teil notwendig sein, eine Zwerchfellteilresektion durchzuführen. Nach der Resektion kann in der Regel eine direkte Naht erfolgen.
Abb. 22.5. Grenzen der Beurteilung in der Computertomographie: Multiple, millimetergroße Tumorknoten am Dünndarm, die in der präop. Computertomographie nicht sichtbar waren.
302
P. Piso, A. Heiss und P. M. Schlag
a
b
Abb. 22.6. Erste entscheidende Schritte bei der Peritonektomie: a) Das Hochnähen der Wundränder an einen Retraktor erleichtert das präparatorische Vorgehen. b) Eine primär extraperitoneale Präparation ist anzustreben.
Tumormassen an der Leberoberfläche müssen mit dem elektrischen Skalpell sorgfältig abgetragen werden, wobei große Anteile der Glisson’schen Kapsel dadurch reseziert werden. Für die Blutstillung an der Leberoberfläche ist der Argon-Beamer hilfreich (Abb. 22.8). Bei der dekapsulierten Leber muss auf die Verhinderung einer sog. „Liver-fracture“, einer tiefen Leberruptur während der Mobilisation, geachtet werden. Als nächstes werden das Peritoneum im Bereich des Ligamentum hepatoduodenale und die Gallenblase reseziert. Zunächst wird die Cholezystektomie retrograd durchgeführt. Im Ligamentum hepatoduodenale wird dann das befallene Peritoneum unter Schonung
Abb. 22.7. Sicht im linken Oberbauch nach Peritonektomie: Links kranial denudierter Zwerchfellmuskel, rechts kaudal Pankreasschwanz und abgesetzte Milzgefäße.
der Strukturen im Leberhilus reseziert. Das Ligamentum falciforme sowie das kleine Netz werden in toto entfernt. Falls große Tumormassen vorliegen, ist dieser Teil der technisch schwierigste Teil der Operation. Wichtig ist hier auch, den Bereich zwischen der V. cava inferior und des Lobus caudatus von Tumorknoten zu befreien. Das sog. „Stripping“ der Bursa omentalis, also die Entfernung aller Knoten einschließlich der vorderen Pankreaskapsel, beginnt am rechten Zwerchfellschenkel. Hier erfolgt die Dissektion bis in den Bereich der kleinen Magenkurvatur, wobei die A. gastrica sinistra geschont wird. Wegen der Vagotomie bei der Resektion des kleinen Netzes wird nicht zwingend eine Pyloroplastik durchgeführt. Da das Magenantrum oft befallen ist, kann es u. U. notwendig sein, eine Antrektomie durchzuführen. Hierfür wird die aborale Durchtrennung mit einem GIA Gerät durchgeführt und der Duodenalstumpf serosiert. Für die Rekonstruktion wird ein Billroth II Verfahren, meist mittels einer nach Roux-Y ausgeschalteten Jejunumschlinge ausgewählt. Im Anschluss wird die Peritonektomie in kleinen Becken durchgeführt. Wie im Oberbauch, beginnt die Peritonektomie am Rand der Laparotomie und wird nach lateral und distal bis auf das Harnblasendach bzw. die Leistenringregion fortgesetzt. Dabei wird beim männlichen Patienten nach Möglichkeit der Ductus deferens geschont. Die Arbeitsrichtung wird dann geändert und das Sigmoid im mittleren Bereich skelettiert und zwischen Klammerreihen mit einem Stapler durchtrennt. Die A. mesenterica inferior wird zwischen Ligaturen abgesetzt und die Präparation bis in den Bereich der Beckeneingangsebene komplettiert. Wie bei einer to-
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Primäre und sekundäre peritoneale Tumoren
303
Abb. 22.8. Oberfläche des rechten Leberlappens nach Entfernung einer Tumorschwarte samt Glisson-Kapsel, die Blutstillung erfolgte durch bipolare Koagulation und Argonbeamer.
Abb. 22.9. Situs nach Peritonektomie im kleinen Becken, die Harnblase ist denudiert, das Rektum tief abgesetzt und der Stumpf mit doppelten Klammernahtreihen verschlossen.
talen mesorektalen Exzision wird zwischen der Fascia parietalis bzw. visceralis pelvis scharf präpariert. Die Ureteren werden dabei geschont. Das befallene Peritoneum im Douglas’schen Raum wird zusammen mit dem Peritoneum am Blasendach dann definitiv reseziert (Abb. 22.9). Falls bei der Frau eine Infiltration des Uterus vorliegt, wird dieser „en bloc“ mitentfernt. Hierfür wird die Vagina durchtrennt und nach Ligatur der beiden Aa. uterinae und des Lig. teres uteri die Hysterektomie vorgenommen. Das Rektum wird tief, unterhalb des Douglas Pouches, zwischen Klammerreihen mit dem Roticulator durchtrennt. Nach Mobilisation des Colon descendens wird im Anschluss eine maschinelle Anastomose (Descendorektostomie) durchgeführt. Nach ausgiebiger Blutstillung werden die Drainagen und die Peritonealdialyse-Katheter intraabdominal platziert, um die Durchführung der hyperthermen intraperitonealen Chemotherapie zu ermöglichen. Diese kann aber auch vor Re-Anastomosierung durchgeführt werden.
mie eine tiefere Gewebepenetration von 3 bis 4 mm zu erreichen. Auch wirkt die Hyperthermie direkt zytotoxisch und erhöht insbesondere die Wirkungsstärke der Chemotherapeutika. Die intraoperative Durchführung der hyperthermen intraperitonealen Chemotherapie hat außerdem den großen Vorteil, eine homogene Verteilung der Zytostatika-Lösung intraperitoneal bei fehlenden Adhäsionen zu gewährleisten.
5.2. Hypertherme intraperitoneale Chemotherapie (HIPEC) Die hypertherme intraperitoneale Chemotherapie hat eine ganze Reihe von Vorteilen gegenüber der normothermen postoperativen i.p.-Chemotherapie oder der systemischen Chemotherapie. Zum einen werden deutlich höhere intraperitoneale Konzentrationen des Zytostatikums mit einer geringeren systemischen Toxizität erreicht, zum anderen ist durch die Hyperther-
5.2.1. Technik Prinzipiell kann die hypertherme intraperitoneale Chemotherapie (HIPEC) bei offenem oder geschlossenem Abdomen durchgeführt werden. Die Methode, die sich unter dem offenen Verfahren am meisten durchgesetzt hat, ist die so genannte Kolliseum-Technik (Abb. 22.10). Diese wurde von Paul Sugarbaker im Washington Cancer Institute in den 80er Jahren etabliert. Hierbei wird nach Durchführung der zytoreduktiven Chirurgie der operative Situs mit einer eingenähten Plastikfolie abgedeckt. Die Wundränder werden an den Wundhaltern hochgenäht und die Folie in der Mitte eröffnet, sodass die Hand des Operateurs zur Verteilung der Zytostatika in das Abdomen eingeführt werden kann. Über einen im linken Oberbauch platzierten Katheter wird die Zytostatika-Lösung nach intraabdominell eingeführt, über drei weitere Drainagen wird die Lösung dann abgesaugt. Eine weitere offene Technik ist die Anwendung eines Peritoneal Cavity Expanders. Bei dieser Technik wird an den Faszienrändern ein Zylinder aus Kunststoff angenäht und die gesamte Bauchhöhle mit mehreren
304
P. Piso, A. Heiss und P. M. Schlag
Abb. 22.10. Kolliseum-Technik (nach Sugarbaker, 1999) zur Durchführung der offenen hyperthermen, intraperitonealen Chemotherapie
Litern Flüssigkeit aufgefüllt, sodass die Darmschlingen in dem peritoneal cavity Expander zu liegen kommen. Der Vorteil dieser Methode ist eine gute Erreichbarkeit des Dünndarmes, sie ist allerdings technisch aufwändiger. Zur Vermeidung gesundheitsschädlicher Risiken ist bei beiden Verfahren das sorgfältige Einhalten von Sicherheitsstandards im Operationsraum besonders zu beachten (Jähne et al., 1997). Bei der geschlossenen Methode, von Fujimoto erstmals in Japan angewandt, wird entweder die Haut oder Faszie und Haut genäht. Nach zytoreduktiver Chirurgie werden am Ende der Operation ein Y-förmiger InflowKatheter in das Epigastrium und ein Outflow-Katheter in den Douglaschen Raum für die Therapie gelegt. Zumindest 3 Temperatursonden, 2 davon an besonders „kalten Regionen“ des Abdomens (subphrenisch rechts und parakolisch links), die 3. paraumbilikal, wo die höchste intraperitoneale Temperatur zu erwarten ist, platziert. Zur Perfusion wird dann die Bauchdecke provisorisch verschlossen und danach der Peritonealraum mit 3500 bis 5000 ml einer Trägerlösung gefüllt (Abb. 22.11). Dieses Volumen wird mit Hilfe einer Rollerpumpe über die liegenden Katheter zum Zirkulieren gebracht. Gleichzeitig wird die zirkulierende Lösung über einen speziellen Wärmetauscher erwärmt. Nach Erreichen von 42 °C paraumbilikal wird das Zytostatikum der zirkulierenden Perfusionslösung zugesetzt. Von diesem Zeitpunkt an wird die Perfusion für eine weitere Stunde aufrechterhalten. Während der Therapie wird der Tisch in allen möglichen Positionen platziert und somit die Lagerung kontinuierlich verändert, die
Drainagen werden alternativ abgeklemmt, um Spülstraßen zu vermeiden sowie die Bauchdecken regelmäßig manuell geschüttelt. Aufgrund des einfachen Umganges mit der Zytostatika-Lösung und der praktisch fehlenden Kontamination des Operateurs sowie des Operationsraumes wird diese Methode zunehmend bevorzugt. Theoretisch besteht hier der Nachteil, dass u. U. Areale des Bauchraumes nicht erreicht werden. Eine Überlegenheit der einen oder anderen Methode ist bisher nie prospektiv in Studien untersucht worden.
5.2.2. Zytostatika Für die Durchführung der hyperthermen intraperitonealen Chemotherapie haben sich mehrere Zytostatika bewährt (Sugarbaker et al., 2005). Es handelt sich hierbei hauptsächlich um Substanzen mit hohem Molekulargewicht, bei denen insbesondere eine Persistenz im Peritonealraum mit günstiger Pharmakokinetik nachgewiesen werden konnte. Die meisten von ihnen sind auch in Kombination mit der Hyperthermie anwendbar. Am häufigsten werden Mitomycin C, Cisplatin, Doxorubicin, Oxaliplatin und Irinotecan angewendet. Selten kommen zum Einsatz Mitoxantron, Gemcitabin, Carboplatin, Docetaxel oder Etoposid. Für die normotherme intraperitoneale Chemotherapie kommen 5-FU und Paclitaxel in Frage. Am häufigsten wird Mitomycin C bei der hyperthermen peritonealen Spülung eingesetzt. Die Dosierungen liegen zwischen 20 und 35 mg/m² Körperoberfläche. Insbesondere die Anwendung beim kolorektalen Kar-
Kapitel 22
Primäre und sekundäre peritoneale Tumoren
zinom und Pseudomyxom ist vorteilhaft. Mitomycin C beeinträchtigt die Wundheilung, daher besteht zumindest das theoretische Risiko einer erhöhten Anastomoseninsuffizienzrate. In erfahrenen Zentren zeigte sich allerdings keine höhere Rate der Leckagen im Vergleich zur üblichen Multiviszeralresektion ohne hypertherme intraperitoneale Chemotherapie. Für Ovarialkarzinome, Magenkarzinome und maligne Mesotheliome kommt Cisplatin in Frage. Die Dosierungen liegen zwischen 50 bis 250 mg/m² Körperoberfläche. Während der Therapie muss auf eine ausreichende Diurese von mindestens 100 ml/Viertelstunde geachtet werden. Doxorubicin C wird in einer Dosierung von 15 mg/m² Körperoberfläche angewendet und mit Cisplatin oder Mitomycin kombiniert. Dieses Zytostatikum hat eine sehr gute Gewebepenetration und akkumuliert während der Therapie in den Karzinoseknoten. Die relativ niedrige Dosierung im Vergleich zur i. v.-Gabe verhindert das Entstehen einer peritonealen Sklerose. Sollte dieses Medikament v. a. zur Palliation eines rezidivierenden Aszites eingesetzt werden, kann die Dosierung auch erhöht werden. Insbesondere vom Institute Gustave Roussy in Paris wird die intraperitoneale Gabe von Oxaliplatin und Irinotecan propagiert (Elias et al., 2004). Ergänzt wird die intraperitoneale Oxaliplatin- (460 mg/m² Körperoberfläche) und Irinotecan-Gabe (400 mg/m² Körperoberfläche zusätzlich durch die intravenöse Gabe von 5-FU (400 mg/m² Körperoberfläche). Diese Therapie war mit einer hämatologischen Toxizität Grad III bis IV von 58 % und einer Letalität von 2,5 % verbunden.
305
a
b Abb. 22.11. Geschlossene Methode der hyperthermen intraperitonealen Chemotherapie: a) schematische Darstellung (nach Jähne et al., 1997) b) intraoperative Therapieanordnung
5.2.3. Temperatur
5.2.4. Volumen
Als optimale intraperitoneale Temperatur sind 42 °C anzustreben. Mit jedem Grad weniger kommt es zu einem Verlust der Wirksamkeit der Hyperthermie. Die Grenze von 45 ° sollte jedoch nicht überschritten werden, da hier Koagulationsnekrosen mit Dünndarmleckagen entstehen können. Durch wenigstens zwei intraperitoneal platzierte Temperatursonden im kleinen Becken und im Bereich des Zuflusskatheters muss die Temperatur über die ganze Dauer der Therapie monitorisiert werden. Im Vorfeld sollte die Trägerlösung aufgewärmt und das gewählte Zytostatikum kleinvolumig zugegeben werden.
Das ideale Perfusatvolumen liegt abhängig von der Größe des Bauchraums und der entfernten Tumormasse in der Regel zwischen 1,5 und 3 l/m² Körperoberfläche. Das Perfusatvolumen hat, wie von verschiedenen Autoren gezeigt wurde, einen Einfluss auf die systemische Resorption.
5.2.5. Trägerlösung Als Trägerlösung wurden insbesondere isotonische Lösungen, wie eine Peritonealdialyse-Lösung, Kochsalz-Lösung oder Dextrose 5 % Lösung angewandt. Der Nachteil dieser Lösungen ist die relativ schnelle Resorption, etwas weniger bei der PeritonealdialyseLösung, jedoch in pharmakokinetischen Studien ohne größere Vorteile z. B. gegenüber der Kochsalzlösung.
306
P. Piso, A. Heiss und P. M. Schlag
Der Einsatz hypertoner Lösungen führte zu diffusen Blutungen, sodass hiervon Abstand genommen wurde. Zunehmend werden insbesondere in den USA Hydroxyethylstärke-Lösungen angewendet. Hierzu zählt die 6%ige HAES-Lösung.
5.2.6. Behandlungsdauer Die Dauer der Chemotherapie variiert zwischen 30 bis 120 Minuten. Diese Zeiten basieren auf pharmakokinetischen Studien. Der Großteil des Zytostatikums ist bereits nach 90 Minuten resorbiert. Intensivere chemotherapeutische Regime wie z. B. das beschriebene Konzept aus dem Gustave Roussy Institute kürzen die Applikationszeit auf 30 Minuten. Die meisten Zentren perfundieren das Abdomen über 60 oder 90 Minuten.
5.2.7. Flow Ein weiterer wichtiger technischer Parameter ist die Flussrate. Diese variiert in der Literatur zwischen 500 bis 3000 ml/Minute. Ein optimaler Flow muss sowohl die Bildung von Spülstraßen vermeiden als auch eine Austauschzeit der Wärme ermöglichen. Flussraten um 1500 ml/Minute sind zu favorisieren. Viele der beschriebenen technischen Parameter basieren vor allem auf klinischer Empirie. Da auch zwischen den einzelnen Behandlungszentren sehr unterschiedliche Regimes zur Anwendung kommen, ist es Ziel der International Peritoneal Surface Oncology Group, hier eine Vereinheitlichung zu erreichen.
6. Morbidität und Mortalität zytoreduktiver Chirurgie bei peritonealer Tumorerkrankung Der chirurgische Eingriff ist sehr komplex und bedingt eine langjährige Lernkurve. Mittlerweile gibt es einige Zentren, bei denen bereits über 200 Behandlungen durchgeführt wurden. Die Daten bezüglich der Morbidität und Mortalität, die in den letzten 5 Jahren publiziert wurden, sind in der Tabelle 22.2 zusammengefasst. Die postoperative Morbidität ist in erster Linie durch das Ausmaß der Resektion bedingt. Die Größe des Eingriffes richtet sich andererseits auf das vorhandene Tumorstadium. Patienten mit ausgedehnten Tumormassen, bei denen eine Operation über viele Stunden durchgeführt werden muss, haben in aller Regel auch eine höhere Komplikationsrate. Insbesondere wenn diese Patienten im Vorfeld operiert worden sind, er-
höht die durchzuführende Adhäsiolyse das Risiko der Darmleckagen erheblich. Durch den Einsatz der elektrovaporativen Chirurgie konnte der Blutverlust erheblich reduziert werden. Zum Einsatz kommen während der Operation die monopolare Koagulation, die bipolare Koagulation in Form von bipolarer Pinzette und bipolarer Schere sowie der Argon-Beamer. Auch die Dauer der Operation wirkt sich erheblich auf die Morbidität aus (Schmidt et al., 2005). Zu den häufigsten chirurgischen Komplikationen zählen Darmfisteln in Form von Dünndarmfisteln, Anastomoseninsuffizienzen und Stumpfleckagen. Diese sind möglicherweise auf das chirurgische Trauma zurückzuführen. Insbesondere die Adhäsiolyse und die lange Operationszeit sind hier als Risikofaktoren zu betrachten. Experimentell konnte nachgewiesen werden, dass die intraperitoneale Chemotherapie in Form von Mitomycin C oder Cisplatin die Wundheilung störend beeinflussen kann. Die Hyperthermie als solche scheint die Heilung der Anastomose nicht zu beeinflussen. Über die Rate der Leckagen wird in der Literatur unterschiedlich berichtet. Im Allgemeinen werden Zahlen von 7 bis 17 % beschrieben. Eine mögliche Strategie, die Leckagerate zu senken, besteht in der Anlage eines doppelläufigen Ileostomas zum Schutz von DickdarmAnastomosen. Eine weitere Komplikationsmöglichkeit ist die Nachblutung. Diese ist auf die große Wundfläche zurückzuführen. Durch die beschriebenen Blutstillungsmethoden kann dies weitgehend vermieden werden. Bei Patienten, bei denen ein Stripping der Bursa omentalis erfolgen oder der Pankreasschwanz reseziert werden muss, kann es zu einer Peripankreatitis kommen. Alle genannten Komplikationen können von intraabdomineller Infektion bis hin zu schwerster Sepsis führen. Intraabdominelle Infektionen sind in aller Regel mit Leckagen verbunden. Von den nicht-operativen Komplikationen müssen in erster Linie pulmonale Komplikationen beachtet werden. Zum einen sind diese durch den großen abdominellen Eingriff bedingt, zum anderen aber auch auf die Peritonektomie der beiden Zwerchfellkuppen zurückzuführen. Die Peritonektomie führt durch thermische Schäden an den Muskeln zu einer verminderten Motilität des Zwerchfells. Entzündliche Reaktionen, die sekundär auftreten, können dies verstärken. Dazu kommen Pleuraergüsse, die zu Atelektasen und Pneumonie führen können. Nach Mitomycin C kann auch die direkte pulmonale Toxizität zu einer respiratorischen Insuffizienz in Kombination mit einer Infektsituation führen. Insbesondere nach Chemotherapie mit Cisplatin kann es zu einer passageren und selten auch zu einer per-
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Primäre und sekundäre peritoneale Tumoren
manenten renalen Toxizität kommen. Eine hämatologische Toxizität Grad III und IV nach HIPEC ist bei 5 bis 10 % aller Patienten zu erwarten. Die Kombination mit einer intraoperativen intravenösen Chemotherapie erhöht die Toxizität erheblich (Elias et al., 2004). Als allgemeine Risikofaktoren für perioperative Komplikationen sind multiple Voroperationen, ein hoher Peritoneal Cancer Index und eine lange Operationszeit zu benennen. Der Eingriff kann mit einer Letalität von unter 4 % durchgeführt werden. Die Rate der Anastomoseninsuffizienzen liegt bei unter 10 %, die Rate der Knochenmarksdepression Grad III und IV bei unter 5 %. Entscheidend für die postoperative Morbidität und beste Voraussetzungen für eine risikoarme Operation sind nicht nur die operative Technik und das perioperative Management, sondern auch die adäquate Patientenselektion.
7. Spezielles therapeutisches Vorgehen 7.1. Pseudomyxoma peritonei Das Pseudomyxoma peritonei ist charakterisiert durch das Vorhandensein von gallertartigen Massen im Peritonealraum. Man kann mit ungefähr einem Fall pro 1 Million Einwohner und Jahr rechnen. Ursächlich ist oftmals eine rupturierte Appendixmukozele. Auch gut differenzierte Adenokarzinome der Appendix können zu einem Pseudomyxoma peritonei führen. Als Ursprungstumoren kommen ebenso muzinöse Tumoren der Ovarien in Frage. Entlang der typischen intraperitonealen Spülstraßen (parakolisch, im kleinen Becken, subhepatisch, subphrenisch bds.) werden freie Tumorzellen im Bauchraum zirkuliert und führen zu Implantationsmetastasen. Die geringe Adhäsion der Tumorzellen und die Dünndarmperistaltik verhindern meist einen Befall des Dünndarms. Die Tumormassen befinden sich insbesondere im Bereich des Omentum majus („Omental cake“). Nach längerem Krankheitsverlauf kann jedoch die gesamte Bauchhöhle befallen sein (Abb. 22.12). Nach Ronnett et al. (1995) wird das Pseudomyxoma peritonei in drei histologische Subtypen eingeteilt: • Disseminierte peritoneale Adenomuzinose (DPAM) • Peritoneale muzinöse Karzinose (PMCA) • Mischtyp Die Histologie bzw. der histologische Typ sind für die Prognose des Patienten entscheidend. Die beste Prognose haben disseminierte Adenomuzinosen, die
307 Tabelle 22.2. Publizierte Daten bezüglich postoperativer Morbidität und Letalität nach multimodaler Therapie der Peritonealkarzinose PatientenMorbidität Anzahl
Autor
Jahr
Letalität
Stephens, Sugarbaker
1999
183
27
1,5
Elias
2001
64
54,6
9,3
Culliford, Levine
2001
64
46
0
Pilati
2003
46
35
0
Glehen, Gilly
2003
56
28,5
1,7
8
Verwaal, Zoetmulder
2003
48
45 % bzw. 65 % (Grad-3bzw. Grad4-Toxizität
Shen
2003
109
36
8
Schmidt, Piso
2003
64
34
4,5
Glehen
2005
207
24,5
3,2
Kusamura, Deraco
2006
205
12
0,9
schlechtere muzinöse Peritonealkarzinosen. Die berichteten 5-Jahres-Überlebensraten schwanken zwischen 50 und 96 % und sind von der Patientenselektion, dem Ausmaß der Zytoreduktion und ggf. deren Wiederholung sowie der Durchführung additiver Therapie (HIPEC, systemische Chemotherapie) abhängig (Güner et al., 2005). In wieweit allerdings eine generelle Heilung der Erkrankung möglich ist, bleibt derzeit kontrovers (Miner et al., 2005; Sugarbaker et al., 1999). Die Indikationsstellung beim Pseudomyxoma peritonei unterscheidet sich von den anderen Tumorentitäten, die eine tumoröse Erkrankung des Peritoneums verursachen können. Die üblichen Kriterien, wie z. B. die Ausdehnung der Tumormassen, spielt hier eine geringere Rolle. Selbst gigantische intraabdominelle Tumorknoten können oft mit relativ geringem chirurgisch-technischen Aufwand entfernt werden, wie z. B. bei einer Omentektomie (Abb. 22.13). Bei der Indikationsstellung muss auch berücksichtigt werden, dass die Erkrankung einen längeren natürlichen Verlauf hat als eine „echte Peritonealkarzinose“.
308
P. Piso, A. Heiss und P. M. Schlag
a
Gerade bei älteren Patienten ist dies daher bei der chirurgischen Indikationsstellung mit zu berücksichtigen. Andererseits muss auch bedacht werden, dass in spezialisierten Zentren dieser Eingriff heute mit einer relativ niedrigen Letalität und Morbidität erfolgen kann. Gerade für jüngere Patienten besteht hier durch die parietale und viszerale Peritonektomie in Kombination mit einer hyperthermen intraperitonealen Chemotherapie eine realistische Heilungsoption. Dem gegenüber müssen mögliche Verluste der Lebensqualität gestellt werden. Besonders problematisch ist diesbezüglich die Kombination totale Gastrektomie mit Kolektomie und Rektumresektion. Davon unabhängig kann die beschriebene Behandlung des Pseudomyxoma peritonei als ein Paradebeispiel für die Effizienz einer multimodalen chirurgischen Therapie (Zytoreduktion und intraperitoneale Chemotherapie) angesehen werden.
7.2. Peritonealkarzinose bei kolorektalem Karzinom Aufgrund der relativ günstigen Prognose zytoreduktiver Chirurgie und HIPEC bei peritonealer Absiedelung von Neoplasien der Appendix wurde dieses Konzept auf kolorektale Karzinome anderer Lokalisation erweitert. Es liegen mittlerweile mehrere Ergebnisse von Phase-II-Studien mit kleineren Patientenkollektiven vor. Von Glehen et al. wurden die Daten von 506 Patienten aus 28 Institutionen weltweit analysiert (Glehen et al., b
c Abb. 22.12. Pseudomyxoma peritonei: a) Erheblich verändertes Abdomen (seitliche Ansicht), b) intraoperativer Befund: Die Tumormasse im Unterbauch verlagert den gesamten abdominellen Inhalt nach links kranial, c) korrespondierende CT-Bilder
Kapitel 22
Primäre und sekundäre peritoneale Tumoren
2004). Die Patienten wurden im Zeitraum von 1987 bis 2002 behandelt. Das therapeutische Konzept bestand aus einer zytoreduktiven Chirurgie und einer perioperativen intraperitonealen Chemotherapie (hypertherme intraperitoneale Chemotherapie und/oder frühe postoperative intraperitoneale Chemotherapie). Von der Analyse wurden Appendixkarzinome ausgeschlossen. Zunächst konnte für die Größe des Eingriffes eine relativ niedrige Morbidität und Mortalität festgestellt werden (23 versus 4 %). Bei den Patienten, bei denen eine makroskopisch komplette Tumorresektion erreicht werden konnte, betrug die mediane Überlebenszeit 32,4 Monate. Dem gegenüber überlebten Patienten mit einer inkompletten Zytoreduktion im Schnitt 8,4 Monate. Die wichtigsten Prognosefaktoren in der multivariaten Analyse waren eine komplette makroskopische Zytoreduktion und das limitierte Ausmaß der Peritonealkarzinose. Prognostisch ungünstig waren positive Lymphknotenmetastasen, die Anwesenheit von Lebermetastasen und histologisch schlecht differenzierte Karzinome. Diese Studie konnte somit zeigen, dass bei Patienten mit Peritonealkarzinose eine komplette makroskopische Tumorresektion in Kombination mit einer intraperitonealen Chemotherapie mit einer 5-Jahres-Überlebensrate der Patienten von 31 % verbunden ist. Ohne Zweifel sind in dieser Studie mehrere kritische Punkte zu berücksichtigen: Sie ist retrospektiv, es wurden heterogene Therapieformen bezüglich der intraperitonealen Chemotherapie und unterschiedliche Regimes bezüglich der systemischen Chemotherapie eingesetzt und Patienten mit Organmetastasen und ausgedehnten Lymphknotenmetastasen eingeschlossen. Trotzdem zeigte sich aber auch, dass bei gut ausgewählten Patienten günstige Behandlungsergebnisse erzielt werden können. Dies wird durch eine randomisierte Studie aus den Niederlanden gestützt, die die Wertigkeit der zytoreduktiven Chirurgie mit hyperthermer intraperitonealer Chemotherapie bei Patienten mit kolorektalem Karzinom untersuchte (Verwaal et al., 2003). In die Studie wurden 105 Patienten eingeschlossen. Im HIPEC-Arm wurden die Patienten mittels einer aggressiven zytoreduktiven Chirurgie behandelt und einer hyperthermen intraperitonealen Chemotherapie unterzogen. Anschließend wurden sie systemisch mit 5-Fluorouracil und Leucovorin additiv behandelt. Im Kontrollarm wurde eine palliative Resektion durchgeführt und die Patienten erhielten die gleiche systemische Chemotherapie. Die Letalität im experimentellen Arm war zwar mit 8 % relativ hoch, die Studie wurde aber nach 3 Jahren abgebrochen, da die Patienten im Kontrollarm eine erheblich schlechtere Prognose aufwiesen
309
Abb. 22.13. Pseudomyxoma peritonei: Situs nach kompletter makroskopischer Zytoreduktion mit Gastrektomie, Splenektomie, subtotaler Kolektomie und parietaler Peritonektomie
(12,6 Monate medianes Überleben versus 22,3 Monate, p = 0,03). Auch hier waren die wichtigsten Prognosefaktoren das Erreichen der makroskopisch kompletten Tumorresektion und der limitierte Befall der Peritonealhöhle. Auch war ein Befall von mehr als 5 Regionen mit einer schlechten Prognose verbunden. Eine Aktualisierung der Ergebnisse (Verwaal et al., 2005) für Patienten in der HIPEC-Gruppe ergab ein medianes Überleben von 42,9 Monaten und eine 5-Jahres-Überlebensrate von 43 %. Diese günstigen Erfahrungen konnten allerdings in einer prospektiv randomisierten Studie von Elias et al., in welcher die komplette zytoreduktive Chirurgie mit und ohne hypertherme intraperitoneale Chemotherapie verglichen werden sollte, nicht ohne weiteres bestätigt werden. Aufgrund von erheblichen Schwierigkeiten bei der Rekrutierung der Patienten musste diese Studie nach lediglich 35 Patienten abgebrochen werden (Elias et al., 2004). Nach 2 Jahren betrug die Überlebensrate 60 % bei allen 35 Patienten nach kompletter makroskopischer Tumorresektion. In dieser kleinen Serie erbrachte die perioperative und intraoperative peritoneale Chemotherapie keinen zusätzlichen Überlebensvorteil. Gerade in der modernen Ära der systemischen Polychemotherapie mit EGFR- oder TumorangiogeneseBlockade ist es notwendig, die Rolle der hyperthermen intraperitonealen Chemotherapie beim Kolonkarzinom kritisch zu hinterfragen, d. h. am besten prospektiv randomisiert zu untersuchen. Eine entsprechende Stu-
310
P. Piso, A. Heiss und P. M. Schlag Tabelle 22.3. Peritonealkarzinose-Klassifikation der Japanese Research Society of Gastric Cancer (JRSGC)
Stadium Kriterien
nealen Chemotherapie, verglichen mit der alleinigen Gastrektomie (Sugarbaker et al., 2003). Daher sollte auch dieser Ansatz im Rahmen von prospektiv randomisierten Studien weiterverfolgt werden. Hierzu wurde die GASTRIPEC-Studie in Deutschland initiiert.
P0
Kein Anhalt für Peritonealkarzinose
P1
Einzelne Manifestationen nur im Bereich der Magenserosa oder des großen Netzes
7.4. Peritonealkarzinose bei Ovarialkarzinom
P2
Einzelne Manifestationen im gesamten Peritoneum oder alleinige Manifestation in den Ovarien
P3
Diffuse Manifestation im gesamten parietalen und viszeralen Peritoneum
Die optimale Therapie des primären oder rezidivierten Ovarialkarzinoms mit Peritonealkarzinose ist nach wie vor kontrovers. Nachdem Bristow im Jahre 2002 zeigte, dass beim primären Ovarialkarzinom die komplette makroskopische Zytoreduktion der wichtigste Prognosefaktor ist (multivariate Analyse von 6885 Patientinnen), wurde auch die Indikation zum sekundären Tumordebulking reevaluiert. Es wurde klar, dass dies in ausgewählten Fällen sinnvoll sein kann. Eine Studie der Arbeitsgemeinschaft für gynäkologische Onkologie (Organkommission Ovar der AGO) untersuchte retrospektiv bei 267 Patientinnen, operiert in 25 Zentren, die Rolle des makroskopischen Tumorrestes. Die Patientinnen ohne makroskopischen Residualtumor hatten eine mediane Überlebenszeit von 45,2 Monaten. Demgegenüber hatten Patientinnen mit Residualknoten von über 1 cm bzw. 1 bis 10 mm ähnliche mediane Überlebenszeiten mit 19,7 bzw. 19,6 Monaten. Hierdurch wurde erneut demonstriert, dass Patientinnen von einer kompletten makroskopischen Zytoreduktion profitieren. Eine weitere Frage, die beantwortet werden muss, ist, ob beim Ovarialkarzinom-Rezidiv nach der chirurgischen Zytoreduktion eine regionale Therapie in Form einer hyperthermen peritonealen Chemotherapie sinnvoll ist. Insgesamt sechs Publikationen untersuchten in den letzten 2 Jahren die Durchführbarkeit der Therapie, die assoziierte Morbidität und Letalität und letzten Endes die Prognose der behandelten Patientinnen (Tabelle 22.4). Da es sich um retrospektive Studien handelt, sind die Patientenkollektive sehr inhomogen und wurden unterschiedlich behandelt und ausgewertet. Unabhängig davon lassen sich 5-JahresÜberlebensraten von bis zu 53 % nachweisen. Die mit der Therapie verbundene Morbidität und Mortalität ist relativ niedrig. Die besten Ergebnisse ließen sich auch in diesen Berichten bei Patientinnen mit einer kompletten makroskopischen Zytoreduktion feststellen. Auch Patientinnen mit einem kurzen freien Intervall (< 6 Monate) profitierten nicht von der multimodalen chirurgischen Behandlung, welche in der Regel mit einer additiven systemischen Chemotherapie kombiniert wurde.
die (COLORIPEC-Studie) ist derzeit in Deutschland in Planung.
7.3. Peritonealkarzinose bei Magenkarzinom Der natürliche Verlauf einer Peritonealkarzinose beim Magenkarzinom limitiert sich in der Regel an einem medianen Überleben von maximal 6 Monaten. Aufgrund der niedrigen Ansprechrate sind die Ergebnisse der palliativen systemischen Chemotherapie bei Peritonealkarzinose bisher relativ enttäuschend. Ähnlich wie bei kolorektalen Karzinomen mit Peritonealkarzinose ergab sich die Überlegung, im Falle einer limitierten Peritonealkarzinose (P1 oder P2 nach japanischer Klassifikation, Tabelle 22.3) chirurgisch eine komplette makroskopische Zytoreduktion zu erreichen und diese mit einer hyperthermen intraperitonealen Chemotherapie zu kombinieren. Es liegen nur wenige Ergebnisse zu diesem Behandlungskonzept vor und diese sind durchaus widersprüchlich. Eine Serie von 49 Patienten wurde aus Frankreich publiziert (Brigand et al., 2004). Nach kompletter makroskopischer Zytoreduktion und hyperthermer intraperitonealer Chemotherapie betrug die 5-Jahres-Überlebensrate 16 %. Günstige Ergebnisse wurden aus dem asiatischen Raum berichtet. Bei 42 Patienten mit einer Peritonealkarzinose beim Magenkarzinom, bei denen nach makroskopisch komplettem Tumordebulking eine HIPEC durchgeführt wurde, betrug das 5-Jahres-Überleben immerhin 27 % (Yonemura et al., 2005). In einer Metaanalyse von insgesamt 8 publizierten Studien zeigte sich, dass die Wahrscheinlichkeit eines Patienten mit einem resektablen fortgeschrittenen Magenkarzinom 5 Jahre zu überleben, 1,3-fach höher ist in Kombination mit einer perioperativen intraperito-
Kapitel 22
Primäre und sekundäre peritoneale Tumoren
Wichtig in diesem Zusammenhang ist eine kürzlich publizierte prospektiv randomisierte Studie, die einen Überlebensvorteil für Patientinnen mit intraperitonealer Behandlung (Cisplatin und Paclitaxel) gegenüber Patientinnen mit alleiniger intravenöser Therapie nachweisen konnte (Armstrong et al., 2006). Diese Studie unterstreicht den potenziellen Vorteil der intraperitonealen Route bei der Durchführung der Chemotherapie für intraperitoneal metastasierte Ovarialkarzinome. Inwiefern die normotherme, auch langfristig durchgeführte intraperitoneale Chemotherapie mit der hyperthermen und intraoperativen Chemotherapie kombiniert werden kann oder soll, ist zur Zeit nicht zu beantworten. Denkbar wäre durchaus, dass zumindest für das Rezidiv die Kombination der hyperthermen intraperitonealen Chemotherapie mit einer wiederholten intraperitonealen Chemotherapie sinnvoll sein könnte. Da die hypertherme intraperitoneale Chemotherapie aufgrund des logistischen Aufwandes spezialisierten Zentren vorbehalten bleibt, ist diese Frage auch nur dort im Rahmen von prospektiv randomisierten Studien zu beantworten. Hierzu soll in Deutschland ein interdisziplinäres Protokoll (OVARIPEC-Studie) in der Arbeitsgruppe peritoneale Malignome der CAO-V, zusammen mit der AGO, erstellt werden.
7.5. Peritoneale maligne Mesotheliome Die malignen Mesotheliome des Peritoneums machen 5 bis 17 % der Mesotheliome aller Primärlokalisationen aus. Die Inzidenz variiert von 1 bis 40 Fälle pro 1 Million Einwohner mit höherer Inzidenz in den Industrienationen. Die Erkrankung wird in Verbindung mit Asbestexposition gebracht, wobei hier die Latenzzeit im Schnitt bei 30 Jahren liegt. Betroffen sind häufiger Männer als Frauen, der klinische Verlauf ist meist rasch progredient und die mittlere Überlebenszeit beträgt 9 bis 12 Monate. Aus pathologischer Sicht können zwei Haupttypen beschrieben werden. Der erste Typ ist der multinoduläre Typ mit kleineren Knoten im Bereich von Omentum und Unterbauch. Diese Form ist für eine zytoreduktive Chirurgie am besten geeignet. Der diffuse Typ mit flächenhafter Verdickung des Peritoneums und Ummauerung von intraabdominellen Organen ist chirurgischen Maßnahmen kaum zugänglich. Histologisch differenziert man epitheloide, sarkomatoide und biphasische Tumortypen. Am häufigsten tritt der epitheloide Typ auf. Es gibt mehrere Gründe, warum maligne peritoneale Mesotheliome an Wichtigkeit gewinnen: Forensische Aspekte, steigende Inzidenz erwartungsgemäß
311 Tabelle 22.4. Aktuelle Ergebnisse von Publikationen zur zytoreduktiven Chirurgie und intraperitonealen hyperthermen Chemotherapie beim Ovarialkarzinom Autor
Jahr
n
Tu
Überleben
Look et al.
2004
28
R
5-JÜR
Zanon et al.
2004
30
R
38 Mo
Ryu et al.
2004
35
R
5-JÜR
53 %
Reichman et al.
2004
13
P/R
3-JÜR
55 %
Piso et al.
2004
19
P/R
5-JÜR
43 %
Gori et al.
2005
29
P
5-JÜR
44 %
38 %
Tu: Tumor, R: Rezidivtumor, P: Primärtumor, JÜR: Jahres-Überlebensrate
bis 2010/2015 sowie Berichte über mediane Überlebenszeiten von 67 Monaten nach kompletter makroskopischer Zytoreduktion und hyperthermer intraperitonealer Chemotherapie (Sugarbaker et al., 2003). Bisher wurden mehrere Phase-II-Studien publiziert. Die Patientenkollektive sind relativ klein. Prospektiv randomisierte Studien wurden bisher nicht durchgeführt. Die größte Behandlungsgruppe mit 68 Patienten wurde von Sugarbaker publiziert. In 41 Fällen konnte eine komplette makroskopische Zytoreduktion durchgeführt werden. Die mediane Überlebenszeit betrug für diese Patienten 67 Monate. Dem gegenüber lebten Patienten nach inkompletter Tumorresektion im Schnitt 26 Monate. Alle Patienten erhielten eine hypertherme intraperitoneale Chemotherapie mit Cisplatin und Doxorubicin. Postoperativ wurde eine normotherme intraperitoneale Chemotherapie mit Taxane durchgeführt. Die Morbidität lag bei 23 %, die Letalität bei 7 %. Außer der kompletten Zytoreduktion zeigte sich als günstiger Prognosefaktor der limitierte Befall des Peritoneums (Peritoneal Cancer Index 0 bis 28). Eine weitere Studie wurde vom Instituto Nazionale de Tumori in Mailand publiziert (Deraco et al., 2006). Die publizierte Gruppe umfasste 49 Patienten. Das Behandlungskonzept bestand aus einer zytoreduktiven Chirurgie gefolgt von einer hyperthermen intraperitonealen Chemotherapie mit Platinderivaten. Die meisten Patienten hatten einen epitheloiden Tumor. Die 5-Jahres-Überlebensrate betrug im Falle einer kompletten makroskopischen Zytoreduktion 70 %. Interessant ist
312
P. Piso, A. Heiss und P. M. Schlag
die Studie aufgrund der histopathologischen Marker, die untersucht worden sind. Die Mitoserate, die Nekrosen sowie der so genannte „Nuclear grade“ hatten einen entscheidenden Einfluss auf die Prognose. Patienten mit einer geringen Mitoserate und einem kleinen „Nuclear grade“ überlebten deutlich länger. Zukünftige Studien, welche international multizentrisch durchgeführt werden sollten, müssen die Selektionskriterien im Falle von Patienten mit malignen Mesotheliomen des Peritoneums besser definieren.
8. Ausblick Nach einer Pionierphase der Erarbeitung aufwändiger multimodaler chirurgischer Konzepte zur Behandlung peritonealer Absiedlungen epithelialer Tumoren muss nun eine Konsolidierungsphase standardisierter Evaluation folgen. Dabei sind grundlegende Fragen, wie die adäquate Patientenselektion, das notwendige präoperative und intraoperative Staging, die geeigneten Zytostatika und ihre Dosierung, Perfusionsdauer und Technik (offenes vs. geschlossenes System, syn- vs. metachroner Eingriff zur Resektion) und die effektiven Temperaturen einer intraperitonealen Hyperthermie zu klären. Ein konzertiertes Vorgehen, beschränkt auf Zentren, die sich auch einem interdisziplinär abgestimmten Behandlungsprotokoll bzw. der Abklärung offener Fragen im Rahmen randomisierter prospektiver klinischer Studien verpflichtet fühlen, ist notwendig, um ein für eine bestimmte Patientengruppe u. U. therapeutisch nützliches Verfahren nicht in Misskredit zu bringen und damit seine Zukunftsfähigkeit zu verbauen. Dies erfordert an den Behandlungszentren feste Behandlungsteams (Operateure, Anästhesie, Medizinische Onkologie, Pathologie) mit festgelegter Operationskapazität und ausreichenden Rahmenbedingungen für klinische und grundlagenorientierte Begleitforschung. Nur durch ein solches konzertiertes Vorgehen wird es möglich werden, die zytoreduktive Chirurgie als sinnvolles Palliativkonzept einer modernen interdisziplinären Onkologie zu definieren. Der Einwurf, es sei unmöglich, aufgrund eines individuell in Ausmaß und Symptomatik sehr unterschiedlichen Krankheitsbildes für Patienten mit Peritonealkarzinose einen einheitlichen therapeutischen Algorithmus zu definieren, ist kurzsichtig. Gerade durch moderne molekulare Analysen und Imaging-Verfahren wird es möglich sein, die Tumorbiologie und die Wahrscheinlichkeit des Ansprechens eines Tumors auf unterschiedliche Behandlungsoptionen besser abschätzen zu können. Nicht der unüberschaubare technische Aktivismus,
sondern nur die Integration unterschiedlicher Behandlungsmöglichkeiten in einer tumorbiologisch orientierten Sequenz der Therapieschritte kann zur Kuration eines Tumorstadiums führen, welches derzeit noch als inkurabel gilt.
9. Literatur Armstrong DK, Bundy B, Wenzel L, Huang HQ, Baergen R, Lele S, Copeland LJ, Walker JL, Burger RA; Gynecologic Oncology Group (2006) Intraperitoneal cisplatin and paclitaxel in ovarian cancer. N Engl J Med 354 (1): 34-43 Brigand C, Arvieux C, Gilly FN, Glehen O (2004) Treatment of peritoneal carcinomatosis in gastric cancers. Dig Dis 22: 366-373 Chu DZD, Lang NP, Thompson C, Osteen PK, Westbrook KC (1989) Peritoneal carcinomatosis in nongynecologic malignancy. Cancer 63: 364-367 Culliford AT 4th, Brooks AD, Sharma S, Saltz LB, Schwartz GK, O’Reilly EM, Ilson DH, Kemeny NE, Kelsen DP, Guillem JG, Wong WD, Cohen AM, Paty PB (2001) Surgical debulking and intraperitoneal chemotherapy for established peritoneal metastases from colon and appendix cancer. Ann Surg Oncol 8 (10): 787–795 Cunningham D, Humblet Y, Siena S, Khayat D, Bleiberg H, Santoro A, Bets D, Mueser M, Harstrick A, Verslype C, Chau I, Van Cutsem E (2004) Cetuximab monotherapy and cetuximab plus irinotecan in irinotecan-refractory metastatic colorectal cancer. N Engl J Med 351: 337–345 Deraco M, Nonaka D, Baratti D, Casali P, Rosai J, Younan R, Salvatore A, Cabras AD, Kusamura S (2006) Prognostic analysis of clinicopathologic factors in 49 patients with diffuse malignant peritoneal mesothelioma treated with cytoreductive surgery and intraperitoneal hyperthermic perfusion. 13 (2): 229-237 Elias D, Matsuhisa T, Sideris L, Liberale G, Drouard-Troalen L, Raynard B, Pocard M, Puizillou JM, Billard V, Bourget P, Ducreux M (2004) Heated intra-operative intraperitoneal oxaliplatin plus irinotecan after complete resection of peritoneal carcinomatosis: pharmacokinetics, tissue distribution and tolerance. Ann Oncol 15: 1558-1565 Elias D, Delperro JR, Sideris L, Benhamou E, Pocard M, Baton O, Giovannini M, Lasser P (2004) Treatment of peritoneal carcinomatosis from colorectal cancer: impact of complete cytoreductive surgery and difficulties in conducting randomized trials. Ann Surg Oncol 11 (5): 518-521 Fujimoto S, Takahashi M, Kobayashi K, Kure M, Mutou T, Masaoka H, Ohkubo H (1993) Relation between clinical and histologic outcome of intraperitoneal hyperthermic perfusion for patients with gastric cancer and peitoneal metastasis. Oncol 50 (5): 338–343 Glehen O, Kwiatkowski F, Sugarbaker PH, Elias D, Levine E.A, De Simone M, Barone R, Yonemura Y, Cavaliere F, Quenet F, Gutman M, Tentes AAK, Lorimier G, Bernard JL, Bereder JM, Porcheron J, Gomez-Portilla A, Shen P, Deraco M, Rat P (2004) Cytoreductive surgery combined with perioperative intraperitoneal chemotherapy for the management of peritoneal carcinomatosis from colorectal cancer: a multi-institutional study. J Clin Oncol 22: 3284-3292
Kapitel 22
Primäre und sekundäre peritoneale Tumoren
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314
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10. Links www.hipec.eu Hyperthermic intraperitoneal Chemotherapy www.peritonealworkshop2006.com Peritoneal Surface Oncology Group
Kapitel 23
Kolonkarzinom K. H. Link, H. Hauser, M. Mann und P. M. Schlag
1. Einleitung Das Karzinom des Dick- und Mastdarms (kolorektales Karzinom) ist in Deutschland und Österreich die zweithäufigste Manifestation einer malignen Erkrankung. Es erkrankt derzeit etwa jeder 20. Mitbürger mit steigender Inzidenz und zunehmendem Alter. Die Behandlungsstrategie und Prognose ist beim Kolonkarzinom different zu der des Rektumkarzinoms. Bei standardisierter Behandlung ist die stadienabhängige Heilungsmöglichkeit beim Kolonkarzinom günstiger als beim Rektumkarzinom.
1.1. Epidemiologie Nach der aktuellen Statistik des Robert-Koch-Instituts (2006) ist Darmkrebs mittlerweile für beide Geschlechter die zweithäufigste Krebserkrankung in Deutschland. Die Zahl der jährlichen Neuerkrankungen wird für Männer und Frauen jeweils auf etwas über 35 000 geschätzt. Deutschland steht in Europa an der Spitze der jährlichen altersstandardisierten Neuerkrankungsraten. Männer erkranken im Mittel mit 69 und Frauen mit 75 Jahren – also vergleichsweise spät. Darmkrebs ist darüber hinaus sowohl für Frauen als auch Männer die zweithäufigste Krebstodesursache. Allerdings nehmen im Kontrast zur Inzidenz die Sterberaten für beide Geschlechter seit Mitte der 1970er Jahre stetig ab. Die relative 5-JÜR liegt für Männer und Frauen um 55 %. In Österreich lag die Inzidenz des Kolonkarzinoms im Jahre 2002 altersstandardisiert für Männer bei 25,6 pro 100 000 und für Frauen bei 16,4 pro 100 000. 2004 verstarben 1622 Österreicher an einem Kolonkarzinom. Dabei betrug die altersstandardisierte Todesrate pro 100 000 bei Männern 21,1 und bei Frauen 18,6 (Statistik Austria, Statistisches Jahrbuch 2006). Epidemiologischen Studien zufolge beeinflussen regional unterschiedliche Ernährungsgewohnheiten (präventiv: Obst, Gemüse, faserreich, keine Überernährung, wenig
tierisches Fett, wenig rotes Fleisch, „mediterrane Kost“) (American Cancer Society 1996) und Unterschiede in der körperlichen Aktivität (präventiv: viel sportliche Aktivität) die Krebsentstehung. Im Gegensatz zu diesen epidemiologischen Beobachtungen sind groß angelegte ernährungsorientierte Präventionsstudien zur Polypen- und damit potenziellen Karzinomprävention leider negativ verlaufen (Alberts et al., 2000). Auch der aus Kohortenstudien angenommene Präventiveffekt von Aspirin konnte in der Physicians’ Health Study bei randomisiertem Design (Aspirin vs. Placebo) nicht nachgewiesen werden. Immerhin konnte aber bei Risikogruppen die Polypenentstehung, Phase-III-Präventionsstudien und Interventionsstudien zufolge, medikamentös mit nichtsteroidalen Antiphlogistika wie Aspirin bei kurativ operierten Patienten mit Kolon- oder Rektumkarzinomen bzw. Patienten mit entfernten Adenomen reduziert werden. Auch bei FAP-Patienten konnte die Polypenentstehung mit Sulindac bzw. COX-2-Inhibitoren signifikant vermindert werden (Benamouzig et al., 2003; Steinbach et al., 2000). Während gegenwärtig also keine breit wirksamen Möglichkeiten zur Primärprävention bestehen, wird von einer konsequent durchgeführten Sekundärprävention wie z. B. dem Koloskopiescreening eine deutliche Reduktion der Krebsinzidenz innerhalb der nächsten 10 Jahre (bis zu 60 %) erwartet (Brenner et al., 2003). Derzeit ist dies mit einem jährlichen Hämocculttest laut der Minnesota Colon Cancer Control Study (Church et al., 1997) nur zu 20 % möglich.
1.2. Karzinogenese Die formale pathogenetische Grundlage für die Entwicklung von Kolonkarzinomen stellt die sog. „intraepitheliale Neoplasie“ (früherer Begriff: Dysplasie) der Dickdarmschleimhaut dar (Klimpfinger et al., 1992). Diese ist als eindeutige Neoplasie ohne Vorliegen eines invasiven Wachstums definiert. Die intraepitheliale Neoplasie ist histologisch durch zelluläre Atypie, ab-
316
K. H. Link, H. Hauser, M. Mann und P. M. Schlag Tab. 23.1.a. TNM-Klassifikation von Kolon- und Rektumkarzinomen (nach UICC/AJCC 2002)
Tab. 23.1.b. Stadiengruppierung von Kolon- und Rektumkarzinomen (nach UICC/AJCC 2002)
T1
Tumor infiltriert Submukosa
Stadium I
T1, T2
N0
M0
T2
Tumor infiltriert Muscularis propria
T3 T4
N0
M0
T3
Tumor infiltriert durch die Muscularis propria in die Subserosa oder in nicht peritonealisierts perikolisches oder perirektales Gewebe
Stadium IIA Stadium IIB
T1, T2 T3, T4 Jedes T
N1 N1 N2
M0 M0 M0
T4
Tumor infiltriert direkt in andere Organe oder Strukturen1, 2 und/oder perforiert das viszerale Peritoneum
Stadium IIIA Stadium IIIB Stadium IIIC Stadium IV
Jedes T
Jedes N
M1
N1
Metastasen in 1–3 regionären Lymphknoten
N2
Metastasen in 4 oder mehr regionären Lymphknoten
M1
Fernmetastasen
1 Direkte Ausbreitung in T4 schließt auch die Infiltration anderer Segmente des Kolorektums auf dem Weg über die Serosa ein, z. B. die Infiltration des Sigma durch ein Zäkalkarzinom 2 Ein Tumor, der makroskopisch an anderen Organen oder Strukturen adhärent ist, wird als T4 klassifiziert. Ist bei der histologischen Untersuchung in den Adhäsionen kein Tumorgewebe nachweisbar, soll der Tumor als pT3 klassifiziert werden.
weichende Differenzierung und gestörte epitheliale Architektur gekennzeichnet. In der Mehrzahl der Fälle entwickelt sich das Kolonkarzinom in der so genannten „Adenom-Karzinom-Sequenz“ in einem kontinuierlichen Übergang von intraepithelialer Neoplasie (Dysplasie) in einem Adenom über zunehmenden Neoplasieschweregrad bis hin zum infiltrativen Karzinom (Jass, 1989). Hauptsächlich sind intraepitheliale Neoplasien in Adenomen, und zwar vorwiegend in polypoiden Adenomen, vorhanden. Dementsprechend entstehen die meisten bösartigen Darmtumoren im Laufe von 8–15 Jahren aus zunächst kleinen, gutartigen adenomatösen Polypen. Werden diese Polypen frühzeitig erkannt und entfernt, liegt hierin ein wichtiger karzinompräventiver Ansatz. Es bestehen bereits sehr detaillierte Vorstellungen zu den molekulargenetischen und -biologischen Veränderungen und kaskadenförmigen Abläufen, die auf zellulärer Ebene den Weg vom Adenom zum infiltrierenden und metastasierenden Karzinom bestimmen. Hierzu zählen chromosomale Deletionen (z. B. DCC), Mutationen (z. B. p53) und CPG-Island-Hypermethylationen durch Abschalten von Promotern von Tumorsuppressorgenen (z. B. Mismatch-Repair-Genen) (Young et al., 2002). Diese Modelle repräsentieren jedoch noch keine Gesetzmäßigkeiten, die eine wirksame Primärprävention oder gezielte molekularbiologisch basierte Therapie
erlauben könnten. Zudem sind die wesentlichen Ursachen der kausalen Karzinogenese nicht systembiologisch geklärt.
2. Diagnostik 2.1. Primärdiagnostik Derzeit werden diese Tumore meist noch aufgrund von Symptomen und daher in fortgeschrittenen Stadien diagnostiziert, sodass der Anteil früh detektierter Karzinome meist noch unter 20 % liegt. Für die Therapieplanung ist diagnostisch die topographische Lokalisation des Primärtumors im Kolon mit Ausschluss eines kolorektalen Zweitmalignoms oder von Adenomen im Kolon bzw. Rektum sowie der Ausschluss bzw. Nachweis von Fernmetastasen bedeutsam. Eine mögliche familiäre Belastung muss anamnestisch eruiert werden. Als Untersuchungsmethoden sind die Koloskopie, die abdominale Sonographie und Röntgenaufnahmen des Thorax in 2 Ebenen standardmäßig durchzuführen. Der generelle Einsatz von Schnittbildverfahren (CT, MRT), v. a. aber nuklearmedizinischer Methoden (PET) tragen derzeit (auch ökonomisch betrachtet) noch nicht zur Verbesserung des präoperativen Stagings bei. Die Endosonographie bei Kolonkarzinomen kann die Entscheidung zur minimal invasiven/laparoskopischen vs. offenen Chirurgie beeinflussen.
2.2. Staging Die klinische bzw. histopathologische Tumorklassifikation beim Kolonkarzinom erfolgt nach dem TNMSystem und ermöglicht die Studiengruppierung (Tabelle 23.1). Obligatorische apparative Untersuchungen sind die Koloskopie mit Biopsie. Bei hochgradig stenosierenden,
Kapitel 23
Kolonkarzinom
a
317
b
Abb. 23.1.a. Technik der subserösen Patentblau-Injektion (4-Quadranten-Technik) zur Sentinel (Wächter-)Lymphknoten Identifikation beim Kolonkarzinom
Abb. 23.1.b. Identifikation des Wächterlymphknotens und sofortige intraoperative Markierung (mittels Durchstechungsligatur) vor Beginn der mesenterialen Präparation und Dissektion.
nicht passierbaren Tumoren muss in jedem Fall der gesamte Darm intraoperativ palpatorisch und innerhalb von 3 Monaten postoperativ definitiv koloskopisch abgeklärt werden. Die Möglichkeit, beim Kolonkarzinom die Tumorinfiltrationstiefe und den lymphnodalen Status präoperativ zu bestimmen, ist mit bildgebenden Verfahren bisher nur beschränkt möglich. Hierzu am besten geeignet ist derzeit die Endosonographie. Die Untersuchungstechnik ist jedoch aufwändig, nicht generell verfügbar, untersucherabhängig und damit in ihrer Aussage limitiert. Zum Ausschluss von Fernmetastasen sind die abdominale Sonographie und ein Thoraxröntgen in 2 Ebenen stets indiziert. Eine Spiral-CT-Untersuchung des Abdomen (alternativ MRT) sollte bei unklarem sonographischen Befund bzw. eine Spiral-CT-Untersuchung des Thorax bei Verdacht auf Lungenmetastasen durchgeführt werden. Die präoperative Diagnostik indiziert ggf. auch die Zystoskopie bei Verdacht auf Harnblaseninfiltration oder eine gynäkologische Untersuchung bei Verdacht auf Infiltration von Uterus und/oder Adnexen. Die präoperative Bestimmung von CEA, CA 19-9 im Serum ist als Ausgangswert und damit Verlaufsparameter zur Radikalität der Tumorresektion für die weitere Nachsorge sinnvoll. Zum klinischen Staging gehört auch die exakte chirurgische Beschreibung des Abdominalsitus mit Ausschluss von Fernmetastasen in den parenchymatösen Organen, v. a. in der Leber (ggf. intraoperative Sonographie). Die Wertigkeit der WächterlymphknotenBiopsie (Sentinel-Node-Biopsy (SLNB)) wird beim Kolonkarzinom derzeit evaluiert und kann in Zukunft
möglicherweise zur Verbesserung des Stagings und der Prognoseeinschätzung beitragen (Abb. 23.1).
2.3. Risikoevaluation Adenome stellen etwa 90 % der präkanzerösen Läsionen des Kolonkarzinoms (wie auch des Rektumkarzinoms) dar. Werden sie nicht rechtzeitig entfernt, können Adenome direkt in Kolonkarzinome übergehen („Adenom-Karzinom-Sequenz“) (Jass, 1989). Adenome können sowohl solitär als auch multipel vorkommen. Vom makroskopischen Erscheinungsbild treten sie gestielt, tailliert oder sessil auf. Mikroskopisch werden tubuläre, tubulovillöse und villöse Adenome unterschieden. Das Entartungsrisiko kolorektaler Adenome steigt direkt mit der Adenomgröße und ist abhängig vom histologischen Typ (am niedrigsten beim tubulären, am höchsten beim villösen Adenom) sowie dem Schweregrad der intraepithelialen Neoplasie. Tubuläre Adenome mit Durchmessern unter 1 cm weisen z. B. eine Karzinomhäufigkeit von unter 1% auf. Gleich große villöse Adenome zeigen bereits eine Entartungsfrequenz von 10 %. Über 2 cm große tubuläre Adenome entarten etwa in 35 % der Fälle, villöse Adenome von gleicher Größe bereits in über 50 %. Darum sollten alle polypoiden Adenome des Kolorektums entfernt werden, wobei die endoskopische Polypenabtragung die Methode der Wahl darstellt (Abb. 23.2). Im Hinblick auf die Risikoevaluation sind die hereditären kolorektalen Karzinome von besonderer Wichtigkeit. Bei der Familiären Adenomatösen Polypose (FAP) liegt eine autosomal-dominant vererbte Erkran-
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Abb. 23.2. Kolonadenom: a) Befund vor endoskopischer Abtragung, b) Befund nach kompletter Abtragung
kung vor, für deren Entstehung die Mutation eines Suppressorgens (APC-Gen) verantwortlich ist (Herrera L. et al., 1986). Menschen mit einer Keimbahnmutation in einem der APC-Allele auf dem Chromosom 5q21 entwickeln multiple kolorektale Adenome (Fearon et al., 1990). Bei der FAP treten meist mehr als 100 Adenome im Bereich des Kolorektums auf. Des Weiteren können bei dieser Erkrankung Adenome auch im Duodenum, periampullär und im Ileum auftreten. Nicht mit den Schleimhautadenomen verwechselt werden dürfen die ebenfalls FAP-pathognomonischen Drüsenkörperzysten des Magens. Je höher die Polypendichte, umso früher manifestieren sich die Karzinome. Durchschnittlich treten Adenome im Rahmen der FAP meist nach der Pubertät, besonders um das dreißigste Lebensjahr auf. Die Entwicklung zum invasiven Karzinom erfolgt meist um das vierzigste Lebensjahr. Neben den kolorektalen Veränderungen kann die FAP auch mit außerhalb des Kolons lokalisierten Manifestationen kombiniert sein. Das zusätzliche Auftreten von multiplen Osteomen im Schädel- bzw. Mandibulabereich, das Auftreten multipler Epidermiszysten sowie von Hautlipomen und -fibromen wird als Gardner-Syndrom beschrieben. Das gleichzeitige Auftreten von Tumoren des Zentralnervensystems wird als Turcot-Syndrom bezeichnet. Nach derzeitiger Kenntnis entfallen ca. 5–8 % der kolorektalen Karzinome auf das sog. Hereditary non polyposis colorectal cancer (HNPCC)-Syndrom. Hierbei findet sich molekulargenetisch eine sog. Mikrosatelliteninstabilität, die als Folge mutierter Mismatch-Repair-(MMR)-Gene (MSH2, MLH1, PMS1, PMS2, MSH6) erklärt wird. Die durch Mutation inaktivierten MMRGene sind nicht mehr in der Lage, fehlerhaft replizierte DNA zu reparieren, und bedingen die Akkumulation von Genmutationen, die u. a. die Zellproliferation direkt beeinflussen können (Cruz-Correa et al., 2002; Wright et al., 2003). Bei Patienten mit MMR-Gen-Defekten treten neben dem Kolonkarzinom auch häufig extrakolische Tumo-
ren wie z. B. Endometrium-, Ovarial- oder auch UreterKarzinome, auf. Die Diagnose des HNPCC erfolgt durch Familienanamnese (Amsterdam-Kriterien, Bethesda-Kriterien) sowie eine molekulargenetische Absicherung. Ursache für die Karzinomentwicklung bei Patienten mit Colitis ulcerosa ist der mit dem chronisch-rezidivierenden Verlauf verbundene ständige Wechsel zwischen Schädigung, Untergang und Regeneration des Epithels. Auf diesem Boden entwickelt sich nach entsprechender Zeit wahrscheinlich auch über den Weg der intraepithelialen Neoplasie (Dysplasie) das Karzinom. Nach älteren Literaturangaben liegt die Karzinomhäufgkeit bei Colitis ulcerosa bei ca. 3 %. Heute wird das Entartungsrisiko unter Berücksichtigung der Ausdehnung und Dauer der Erkrankung, des Manifestationsalters sowie der im Rahmen der endoskopischen Verlaufskontrolle verifizierten Dysplasie differenzierter beurteilt. Bei Befall des gesamten Kolorektums mit schwerer Colitis ulcerosa ist nach ca. 7 bis 10 Jahren mit einem ca. 15%ig erhöhten Karzinomrisiko zu rechnen. Jährliche kolonoskopische Kontrollen mit multiplen Biopsien möglichst in der Remissionsphase sind empfehlenswert, um rechtzeitig vor der Entstehung eines Karzinoms reagieren zu können. Die Biopsien sollen dabei aus allen makroskopisch auffälligen Läsionen, wie z. B. Plaques, knotig verdickten oder zottigen Arealen, ungewöhnlichen Polypen und Stenosen, sowie auch aus flachen Schleimhautarealen in Form von Stufenbiopsien mit Abständen von jeweils ca. 10 cm entnommen werden. Andere entzündliche Erkrankungen des Kolons, wie z. B. der Morbus Crohn, zeigen im allgemeinen eine geringe Tendenz zur Ausbildung von intraepithelialen Neoplasien (Dysplasien) und damit auch ein sehr viel geringeres Entartungsrisiko.
3. Vorbehandlung (Neoadjuvante Therapie) Es gibt bisher keine Studien, welche die Wirksamkeit einer präoperativen (neoadjuvanten) Chemo- oder Strahlentherapie beim Kolonkarzinom nachgewiesen haben. Eine tumorspezifische Vorbehandlung bei resektablen Kolonkarzinomen ist somit weder indiziert noch notwendig. Das Überleben nach kurativer Operation sinkt mit zunehmendem UICC-Stadium. Der Chirurg ist weitgehend unabhängig vom Stadium ein wichtiger prognostischer Faktor. Die Behandlungsresultate variieren allerdings interindividuell, interinstitutionell und international teilweise sehr stark.
Kapitel 23
Kolonkarzinom
319
4. Präoperative Vorbereitung 4.1. Allgemeine Vorbereitung vor Kolonkarzinomoperationen Zur allgemeinen präoperativen Vorbereitung gehört die Verabreichung von Blutkonserven zum Ausgleich von tumorbedingten Blutungsanämien (v. a. Tumoren des rechtsseitigen Hemikolons). Unbedingt sollte ein Ausgleich einer Mangelernährung bei Patienten mit reduziertem Ernährungszustand (Hypoproteinämie, Hypalbuminämie), ggf. durch präoperative parenterale Ernährung für wenigstens 10 Tage, erfolgen. Dadurch lässt sich das operative Risiko dieser Patienten wahrscheinlich vermindern.
4.2. Darmvorbereitung Trotz Fehlens evidenzbasierter Daten wird in der Elektivchiurgie des Kolonkarzinoms die mechanische Reinigung des Darmes mittels peroraler Lavage am Vortag der Operation immer noch an den meisten Abteilungen durchgeführt. Dabei kann zur Säuberung des Darmes z. B. eine saline Lavage verwendet werden. Ab Mittag werden am Vortag der Operation nur mehr flüssige Mahlzeiten, wie z. B. klare Suppe und reichlich Flüssigkeit, verabreicht. Dieses Vorgehen steht in Widerspruch zu randomisierten Studien, welche ein solches Vorgehen in der kolorektalen Chirurgie nicht stützen (Fingerhut et al., 2000). Es bleibt bei diesen Studien allerdings offen, inwieweit die auch unter Einschluss nicht-onkologischer Erkrankungen erzielten Ergebnisse ohne weiteres auf onkologisch-chirurgische Eingriffe übertragbar sind. Das Vorgehen der orthograden Darmspülung verbietet sich aber ohnehin bei Patienten mit subtotal oder völlig stenosierenden Tumoren. Primär muss somit ein Ileus bzw. eine Ileussituation ausgeschlossen werden. Bei manifestem Ileus aufgrund eines lumenverschließenden Tumors kann u. U. eine Notoperation vermieden werden. Ist ein Notfalleingriff nicht zu umgehen, so können mittels „On-table-Lavage“ intraoperativ eine Reinigung des Kolons und damit die Konditionen zur Durchführung einer primären Anastomose optimiert werden.
4.3. Perioperative Antibiotikaprophylaxe Die prophylaktische Antibiose hat in der Therapie des Kolonkarzinoms ihren unbestrittenen Stellenwert. In der Regel wird ein Cephalosporin der 2. Generation,
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T
L
Abb. 23.3. Operationspräparat nach Hemikolektomie links in „No touch“-Technik und systematischer Lymphonodektomie bei Sigmakarzinom, T) mit Kompresse abgedeckter Tumor, L) Ligatur vor und hinter dem Tumor; gelbe Pfeile: zentrale Ligatur von A. u. V. mesenterica inf., weiße Pfeile: zentrale Lymphknoten-Gruppe
ggf. in Kombination mit einem Nitroimidazolpräparat, im Rahmen der Narkoseeinleitung verabreicht.
4.4. Patientenlagerung Bei Eingriffen am Kolon wird der Patient im allgemeinen in leicht überstreckter Rückenlage gelagert. Bei im Sigma bzw. im linkseitigen Kolon lokalisierten Karzinomen, deren Operation evtl. eine kolorektale Anastomose nötig macht, erfolgt die sog. Lloyd-DavisLagerung. Diese ermöglicht einen Wechsel zwischen Steinschnitt und gestreckter Rückenlage.
5. Operative Strategie Die chirurgische Therapie zielt auf die Entfernung des Primärtumors mit dreidimensionalem Sicherheitsabstand sowie auf die Entfernung potenziell befallener regionärer Lymphknoten im Lymphabflussgebiet (und bei makroskopischem Befall darüber hinaus, sofern eine R0-Situation erzielt werden kann) (Link et al., 2005) . Als Minimum sollten mindestens 12 Lymphknoten entfernt sein. Da dem apikalen Lymphknoten keine unabhängige prognostische Bedeutung zukommt, wird dessen Befall in der neuen UICC-Klassifikation nicht mehr gesondert ausgewiesen (Tabelle 23.1). Ein ausreichender longitudinaler Sicherheitsabstand kann beim Kolon in der Regel problemlos mittels Hemikolektomie eingehalten werden (Abb. 23.3). Landmar-
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a
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d
e
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Abb. 23.4. Resektionsgrenzen bei Kolonresektionen in Abhängigkeit von der Tumorlokalisation: a) Sitz des Tumors im Colon ascendens: Hemikolektomie rechts, b) Sitz des Tumors im Bereich der rechten Kolonflexur: erweiterte Hemikolektomie rechts, c) Sitz des Tumors im Bereich des Colon transversum: Transversumresektion, d) Sitz des Tumors im Bereich der linken Kolonflexur: erweiterte Hemikolektomie links, e) Sitz des Tumors im Colon descendens: Hemikolektomie links, f) Sitz des Tumors im Bereich des Colon sigmoideum: Sigmaresektion
ken für die operative Strategie sind die Kolonflexuren und der rektosigmoidale Übergang (Abb. 23.4). Bei organüberschreitendem Wachstum muss die En-blocResektion/Teilresektion infiltrierter Strukturen (Nierenfettkapsel, Ureter, Gallenblase/Leber, Pankreas, Magen, Blasendach, Dünndarm, Rektum, Adnexe, etc.) erfolgen. Nur in Ausnahmefällen, wie z. B. bei nicht kurativ behandelbarer synchroner Metastasierung mit einer Lebenserwartung < 12 Monate oder bei höchst kritischen Notfalloperationen, ist unter Verzicht auf das Standardverfahren eine limitierte Resektion (Segmentresektion) vertretbar. Ergibt die histologische
Untersuchung eines endoskopisch entfernten Polypen ein Adenom mit pT1-Karzinom, kann auf eine onkologische Nachresektion verzichtet werden, wenn es sich um eine Low-risk-Situation (G1-2-Karzinom ohne Lymphangiosis) bei histologisch karzinomfreier Polypenbasis (R0) handelt (Schmiegel et al., 2004).
5.1. Karzinome des Zökums und des Colon ascendens Regeloperation ist die Hemikolektomie rechts (Abb. 23.4.a) mit radikulärer Entfernung des Lymphabfluss-
Kapitel 23
Kolonkarzinom
gebietes der A. colica dextra (nur in etwa 10 % vorhanden) und der A. ileocolica. Der Stamm der A. colica media wird erhalten, die nach rechts ziehenden Äste der A. colica media werden durchtrennt. Das große Netz wird im Bereich des zu resezierenden QuerKolons mono-bloc mitentfernt.
5.2. Karzinom der rechten Flexur und des proximalen Colon transversum Regeleingriff ist die erweiterte Hemikolektomie rechts. Hierbei wird zusätzlich die A. colica media am Ursprung der A. mesenterica superior zentral ligiert. Die distale Resektionsgrenze liegt nahe der linken Flexur, die bei schlechter Durchblutung mitreseziert wird. Das große Netz wird mit dem Lig. gastroepiploicum und der A. und V. gastroepiploica dextra nach abgangsnaher Durchtrennung (zur Mitentfernung möglicher Lymphknotenmetastasen über dem Pankreaskopf) reseziert (Abb. 23.4.b).
5.3. Transversumkarzinom Bei Tumoren in der Mitte des Colon transversum erfolgt die Transversumresektion mit der zentralen Ligatur der A. colica media, situationsabhängig unter Mitresektion der Flexuren (Abb. 23.4.c). Das große Netz wird mit dem Lig. gastroepiploicum und der gastroepiploischen Arkade reseziert. Bei flexurnahem Tumor ist die erweiterte Hemikolektomie rechts bzw. links mit Entfernung des benachbarten Lymphabflussgebietes erforderlich.
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5.5. Karzinom des Colon descendens und proximalen Sigma Regeleingriff ist die Hemikolektomie links mit radikulärer Unterbindung der A. mesenterica inferior (Abb. 23.4.e). Die distale Resektionsgrenze am Darm liegt im oberen Rektumdrittel. Die linke Flexur wird in der Regel mitreseziert (Transversorektostomie). Aus technischen Gründen kann es erforderlich sein, die A. colica media zu durchtrennen, um eine spannungsfreie Anastomose sicherzustellen.
5.6. Tumoren des mittleren und distalen Sigmas Regeloperation ist die (radikuläre) erweiterte Sigmaresektion (Abb. 23.4.f). Die A. mesenterica inferior wird zentral oder distal des Abganges der A. colica sinistra unterbunden. Ein onkologischer Vorteil der stammnahen Unterbindung der A. mesenterica inferior ist nicht erwiesen. Die V. mesenterica inferior sollte kranial am Pankreasunterrand durchtrennt werden. Die Resektionsebenen am Darm finden sich im Bereich des Colon descendens und im oberen Rektumdrittel. In einer französischen prospektiven Studie wurde beim Sigmakarzinom die Hemikolektomie links mit der radikulären Sigmaresektion verglichen. Die onkologischen Langzeitergebnisse mit 12-JÜR von 47 % (Hemikolektomie links) vs. 54 % (Sigmaresektion) unterschieden sich nicht signifikant und unterstützen damit die Forderung einer Hemikolektomie links per principe bei Sigmakolonkarzinom nicht (Rouffet et al., 1994).
5.7. Laparoskopische Kolonresektion beim Karzinom 5.4. Tumoren der linken Kolonflexur Regeleingriff ist die erweiterte Hemikolektomie links mit Entfernung der Lymphabflussgebiete von A. colica media und A. colica sinistra unter Erhalt des Stammes der A. mesenterica inferior (Abb. 23.4.d). Hierdurch bleibt die A. rectalis superior erhalten, wodurch das distale Sigma belassen werden kann. Abhängig von der Tumorlokalisation und der Durchblutung kann die rechte Kolonflexur erhalten werden. Die Lymphknoten am Stamm der A. mesenterica superior sollten aus diagnostischen Gründen bis zur Aorta disseziert werden (Cave: Plexus hypogastricus superior und inferior).
Der definitive Stellenwert der laparoskopischen Kolonresektion beim Karzinom ist derzeit nicht abschließend geklärt. Verschiedene randomisierte Studien, welche dieses Verfahren mit dem konventionellen offenen Vorgehen verglichen haben, kamen zu durchaus widersprüchlichen Ergebnissen. Prinzipiell ist in erfahrenen Händen bei frühen (kleinen) Karzinomen – soweit diese im Colon sigmoideum oder ascendens lokalisiert sind – eine laparoskopische Karzinom-Operation mit dem gleichen onkologischchirurgischen Standard (u. a. Resektionsgrenzen, Anzahl entfernter Lymphknoten) wie bei der offenen, klassischen Technik möglich. Ein Vorteil für den Patienten ergibt sich beim laparoskopischen Vorgehen aus einer etwas kürzeren Hospitalisierung, einem geringe-
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K. H. Link, H. Hauser, M. Mann und P. M. Schlag Tabelle 23.2. Ergebnisse randomisierter Studien zum Kurzzeitoutcome: Laparoskopische vs. offene Kolon-Resektion
n
Analgetika-Verbrauch Einsetzen der Darmgeringer (p) tätigkeit schneller (p)
Kost-Aufbau rascher (p)
KH-Aufenthalt kürzer (p)
Milson (1998)
109
n.s.
0,006
0,16
Schwenk (1998)
60
0,002
0,01
Curet (2000)
43
Delgado (2000)
255
0,0005
0,002
0,0001
Braga (2002)
269
0,0001
0,0001
0,001
Lacy (2002)
219
0,001
0,001
0,005
Hasegawa (2003)
59
0,0005
0,0006
Leung (2004)
403
0,0007
0,001
COST (2004)
872
0,03
COLOR (2005)
1248
0,0003
CLASSIC (2005)
794
0,01 0,05
0,002
0,001 0,001
0,0001
0,0001
0,0001
n.s. (int.to treat)
n.s.(i.t.t)
n.s. (i.t.t.)
Tabelle 23.3. Prospektiv randomisierte Langzeitdaten: Laparoskopische vs. offene Kolon-Resektion
Lap. vs. offen
Ausschlusskriterien
Morbidität (%) (int. to treat)/Konversion
R1-Rate (%)
5-JÜR (3-JÜR)* in %
Lacy AM (2002)
111 vs. 108
Lok. < 15 cm und im Querkolon, Vor-OP,
10,8 vs. 28,7 11 % Konversion
Keine eindeutigen Angaben
82 vs. 74
Leung KL (2004)
203 vs. 200
Unt.+mitt. Rektumdrittel TU>Sigma/6 cm
19,7 vs. 22,5
Keine eindeutigen Angaben
76 vs. 73
COST (2004)
435 vs. 428
Lokalisation im Transversum
21 vs. 22 21 % Konversion
Keine Angaben zum CRM
86* vs. 85*
COLOR (2005)
627 vs. 621
Lok. im Querkolon T4, BMI > 30
21 vs. 20 17 % Konversion
2 vs. 2
Noch keine Daten
CLASSIC (2005)
273 vs. 140
Lok. im Querkolon
26 vs. 27 25 % Konversion
7 vs. 5
Noch keine Daten
ren Analgetikabedarf in den ersten 3 postoperativen Tagen sowie einer schnelleren Mobilisation und Aktivierung der Darmperistaltik sowie damit verbundenem früheren oralen Kostaufbau (Basse et al., 2002; Delaney et al., 2003) (Tabelle 23.2). Bei konsequenter Verfolgung eines „Fast-Track-Konzeptes“ können aber auch in der „offenen Chirurgie“ mit der „laparoskopischen Chirurgie“ vergleichbare Kurzzeitergebnisse erreicht werden (Junghans et al., 2006; Schwenk et al., 2006). Offen bleiben vor allem derzeit noch die onkologischen Langzeitergebnisse laparoskopischer Kolonkarzinom-
Chirurgie bezüglich Lokalrezidivraten sowie rezidivfreier und Gesamtüberlebenszeit der Patienten (Tabelle 23.3). In diesem Zusammenhang herauszustellen sind die aktuell publizierten 3-Jahres-Ergebnisse der CLASSICStudie. Im randomisierten 2 : 1-Vergleich von laparoskopischer und konventioneller kolorektaler Karzinomchirurgie konnte bisher kein Vorteil des laparoskopischen Verfahrens bezüglich der Kurz- und Langzeitergebnisse im Vergleich zum konventionellen Vorgehen gefunden werden (Jayne et al., 2007). Bei der Bewertung der Resultate muss dabei auch die jeweils getroffene Selektion der Patienten mit bedacht werden.
Kapitel 23
Kolonkarzinom
Bei der Abwägung laparoskopischer und offener Verfahren in der chirurgischen Therapie des Kolonkarzinoms bleibt aber auch zu berücksichtigen, dass bei Notwendigkeit einer Konversion zur offenen Chirurgie (2–33 % der laparoskopischen Eingriffe) die Komplikationsraten höher und die onkologischen Langzeitergebnisse ungünstiger sind (Hong et al., 2001; Guillou et al., 2005) Derzeit werden in Deutschland etwa 2 % aller Kolonkarzinompatienten laparoskopisch operiert. In Österreich wurden im Jahre 2005 an 36 von 126 im Rahmen einer ACO/ASSO-Erhebung befragten Krankenhäusern laparoskopische Operationen bei Patienten mit Dickdarmkarzinom durchgeführt. Da der onkologische Stellenwert und der Einfluss der Lernkurve auf die laparoskopischen Techniken in der derzeit bestehenden breiten Versorgung des Kolonkarzinoms noch nicht gesichert sind, sollten laparoskopische Kolonresektionen nach den aktuellen Empfehlungen der Fachgesellschaften nur an Zentren mit entsprechender Erfahrung (mehr als 20 laparoskopische Kolonkarzinom-Operationen pro Jahr) in dieser Technik, am günstigsten unter Studienbedingungen, vorgenommen werden. Als Ausschlusskriterien für das laparoskopische Vorgehen beim Kolonkarzinom sind der klinische Verdacht auf Vorliegen eines T4-Tumors bzw. eines Tumordurchmessers > 8 cm, ausgedehnte intraabdominelle Verwachsungen sowie schwere kardiopulmonale Erkrankungen anzusehen.
5.8. Therapeutische Sondersituationen 5.8.1. Multiviszerale Resektionen Bei Adhärenz benachbarter Strukturen ist neben der radikulären Lymphknotendissektion nach Möglichkeit die En-bloc-Resektion der befallenen Organe (multiviszerale Resektion) anzustreben. Biopsien aus der Gegend der vermuteten Tumorinfiltration sind zu vermeiden, da diese zu einer Tumorzelldissemination mit dem Risiko eines lokoregionären Rezidivs führen können.
5.8.2. Fernmetastasen Die Resektion von synchronen Fernmetastasen (v. a. Leber, Peritoneum) ist indiziert, sofern eine Resektion, die den onkologischen Radikalitätsprinzipien entspricht (R0-Resektion), möglich und das Risiko des Eingriffes vertretbar ist (vgl. auch Kapitel 16.1, Kolorektale Lebermetastasen).
323
5.8.3. Mehrfachkarzinom des Kolorektums Beim Mehrfachkarzinom des Kolons orientiert sich das Resektionsausmaß an den Lymphabflussgebieten der tumorbefallenen Kolonabschnitte. Daraus kann sich ggf. eine Kolektomie mit Ileorektostomie ergeben. Bei gleichzeitigem Rektumkarzinom ist der Eingriff entsprechend dem Standardvorgehen bei Rektumkarzinomen zu erweitern (vgl. Kapitel 24, Rektumkarzinom)
5.8.4. Begleitende Kolonadenome Gleichzeitig vorhandene Adenome, die endoskopisch nicht abtragbar sind, können eine Erweiterung der Darmresektion notwendig machen. Da hierbei ein infiltratives Tumorwachstum vor der definitiven histopathologischen Untersuchung des Operationspräparates intraoperativ nicht ausgeschlossen werden kann, sollte die Dissektion der Lymphabflusswege im Allgemeinen nach den Regeln der Karzinomchirurgie erfolgen.
5.8.5. Karzinom bei Colitis ulcerosa Bei einem auf dem Boden einer Colitis ulcerosa entstandenen Karzinom ist die Proktokolektomie, soweit möglich, unter Erhaltung des Kontinenzorgans indiziert (Koloproktomukosektomie). Die Karzinomerkrankung, zumal im begrenzten Stadium, ist keine grundsätzliche Kontraindikation für die Anlage eines ileoanalen Pouch.
5.8.6. Hereditärer Dickdarmkrebs (FAP, HNPCC) Beim hereditären Nicht-Polyposis-Kolonkarzinom wird von manchen Autoren, vor allem bei High-MSI und frühem Erkrankungsrisiko in der Familie (< 45 Jahre), die subtotale Kolektomie empfohlen. Vor allem beim Vollbild einer FAP wird die Proktokolektomie mit kolo-pouchanaler Anastomose empfohlen. Bei attenuierter Form (fehlender oder moderater Rektumpolyposis) und sichergestellter Patienten-Compliance für eine engmaschige Nachsorge kann die subtotale Kolektomie mit Ileorektostomie in Frage kommen.
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5.8.7. Karzinomdiagnose am endoskopisch entfernten Polyp Ergibt die histologische Untersuchung eines endoskopisch entfernten Polypen ein Karzinom, kann auf eine chirurgische Nachresektion mit radikalem Vorgehen nur dann verzichtet werden, wenn es sich um ein auf die Submukosa beschränktes „Low-risk“-Karzinom (pT1, G1–G2, keine Lymphgefäßinfiltration) bei histologisch tumorfreier Polypenbasis handelt. Zur exakten pathologischen Beurteilung muss die Abtragungsfläche am Polypen mit Tusche markiert werden.
5.8.8. Eingeschränkte Radikalität Eine Einschränkung der Radikalität im Sinne einer Segmentresektion des Kolons ohne systematische Entfernung regionaler Lymphknoten ist als palliative Maßnahme bei diffuser Fernmetastasierung und selten bei Patienten in reduziertem Allgemeinzustand oder in sehr hohem Alter vertretbar. Die stadien- und lokalisationsbedingten chirurgischen Verfahren sind in Leitlinien wie denen der AWMF oder der ACO-ASSO festgehalten und basieren auf unterschiedlichen Evidenzleveln. Viele der hierüber aus onkologisch chirurgischer Sicht zur chirurgischen Technik immer wieder empfohlenen Maßnahmen sind in ihrem Benefit nicht hinreichend abgesichert: Die Überlegenheit der „No touch-isolation-technique“ ließ sich in einer Phase-III-Studie nicht bestätigen; die Instillation zytotoxischer Lösung auf den aboralen Resektionsrand, in das aborale Darmlumen oder in die Peritonealhöhle oder auch die Wertigkeit der Eigenblutspende sind ebenfalls nicht durch prospektiv randomisierte Studien belegt. Auch ist die Forderung, bei Sigmakarzinomen prinzipiell eine Hemikolektomie links vorzunehmen, ist aufgrund der einzigen hierzu durchgeführten Phase-IIIStudie in Frage gestellt worden (Link et al., 2005).
6. Komplikationsmanagement In der Chirurgie von Kolonkarzinompatienten hängen die Raten intra- und postoperativer Komplikationen von der Akuität des Eingriffs und dem Risikoprofil des Patienten ab. Die Frequenz der Morbidität und Mortalität wird auch geprägt durch die Erfahrung des Chirurgen und die Infrastruktur der Klinik. Fallzahlen können dabei eine Rolle spielen, wobei deren Bedeutung und Höhe, auch hinsichtlich der Qualität der
onkologischen Langzeitergebnisse, noch als unabhängiger Einflussfaktor abgesichert werden müssen. In einer monozentrischen prospektiven Dokumentation an 1098 Kolonkarzinompatienten lag die Gesamtkomplikationsrate bei 14 %, die Hospital-Mortalität bei 1 %. Lokale/chirurgische Komplikationen traten bei 3,4 %, allgemeine/systemische bei 10 % der Patienten auf (Staib et al., 2002). In der Deutschen Multizentrischen Qualitätssicherungsstudie mit 2264 prospektiv dokumentierten Kolonkarzinomoperationen (Marusch et al., 2002) lagen die Gesamtmorbidität bei 39 %, die Mortalität bei 6,2 %, die spezifisch/chirurgische postoperative Komplikationsrate bei 22 %, und allgemeine postoperative Komplikationen traten bei 27 % auf. Dokumentiert wurden auch die intraoperativen Komplikationen, die bei 6 % der Eingriffe verzeichnet wurden. Zu den intraoperativen chirurgisch induzierten Problemen zählten die iatrogene Tumorperforation, die Transfusionsnotwendigkeit von > 2 Erythrozytenkonzentraten, Läsionen von Harnblase, Ureter, Urethra oder Milz, Verletzung von Nachbarorganen oder der inneren Genitale und die Komplikationen, die durch den laparoskopischen Zugang entstehen können. Die chirurgischen postoperativen Komplikationsraten variierten mit der Art des Eingriffs zwischen 13,6 % (Sigmaresektion) und 32,1 % (anteriore Rektumresektion bei Sigmakarzinomen). Darunter fanden sich in abnehmender Häufigkeit die Atonie (8,1 %), Wundinfektion (5,7 %), Anastomoseninsuffizienz (4,4 %), Platzbauch (1,3 %), operationspflichtige Nachblutung (1,2 %), Wundabszess (1,2 %) u. a. Zu den allgemeinen postoperativen Komplikationen zählten Fieber > 2 Tage (9–10 %), Pneumonie (4,7–6,3 %), kardiale Probleme (4,7–7,5 %), Harnwegsinfekte (3,9–5,5 %) sowie Thrombose (0,7–0,8 %) und Lungenembolie (0,3–1,6 %). Die Komplikationsraten in der Notfallchirurgie liegen nach zahlreichen Untersuchungen eindeutig höher als bei elektiv operierten Patienten. Die intraoperativen und chirurgisch-postoperativen Komplikationsraten sind nicht eindeutig mit der Fallzahl des Krankenhauses korreliert (Marusch et al., 2002). Dies war jedoch bei den allgemeinen postoperativen Komplikationen der Fall: Krankenhäuser mit > 60 Eingriffen/Jahr berichteten von 24 % allgemeinen postoperativen Komplikationen gegenüber 29,9 % bei Häusern mit weniger als 30 dokumentierten Kolonkarzinom-Operationen. Auch andere retrospektive/prospektive Analysen bewerten den Einfluss der Fallzahl auf die chirurgische und chirurgisch-onkologische Ergebnisqualität noch kontrovers, da die beeinflussenden Co-Variablen nicht notwendiger Weise homogen in den Gruppen verteilt sind. Wichtig zur Reduktion
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Kolonkarzinom
der Komplikationsraten und zur Optimierung der onkologischen Langzeit-Ergebnisqualität sind einerseits die Spezialisierung und, damit verbunden, das kontinuierliche Training der Chirurgen in chirurgischen Techniken und den Möglichkeiten der multimodalen Therapie und interdisziplinären Kooperation. Zur Reduktion der Mortalität und schwerer Folgen postoperativer Komplikationen ist die qualitativ gute Struktur des behandelnden Krankenhauses mit Voraussetzungen zur Intensivtherapie und sofortigen interventionellen Maßnahmen, und damit die interdisziplinäre Zusammenarbeit, unabdingbare Voraussetzung. Chirurgische/onkologische Komplikationen lassen sich einerseits durch sicheres, schonendes, bluttrockenes Operieren in (embryonalen) Schichten mit Bereitschaft zur radikalen, ggf. Multiorganresektion bei T4-Tumoren reduzieren. Dazu gehört auch die Fertigung der Anastomose unter gut durchbluteten spannungsfreien Verhältnissen, möglichst lumenkongruent. Hinsichtlich der Strikturrate scheint die Handanastomose der Klammernaht überlegen zu sein. Bei Notfällen sollte die onkologisch ausgerichtete Resektion des Primärtumors, nicht jedoch unbedingt die Kontinuitätswiederherstellung angestrebt werden. Die perioperative Antibiotikaprophylaxe (z. B. Cephalosporin + Metronidazol als Einmal-Gabe) reduziert die postoperative Wundinfektionsrate signifikant. Netzaugmentationsplastiken oder sogar Drainagen, vor allem starre Drainagen, senken die Anastomoseninsuffizienzraten nicht. Die laparoskopische Chirurgie ist mit geringeren allgemeinen Komplikationsraten verbunden; seltener Zugangsprobleme, aber häufiger die zu späte Konversion können jedoch nachteilig für das Kurz- und Langzeitergebnis sein. Demgegenüber ist weder der onkologisch-chirurgische, noch der gesundheitsökonomische Benefit der laparoskopischen Kolonkarzinomchirurgie eindeutig belegt. Die laparoskopische Technik soll nur von sehr erfahrenen Chirurgen und möglichst in Studien eingesetzt werden. Die gute interdisziplinäre Kooperation, vor allem mit den anästhesiologischen Kollegen perioperativ und im postoperativen Schmerzmanagment, ist zur Vermeidung postoperativer Komplikationen essentiell. „Fast-track-Prinzipien“ reduzieren nicht nur spezifische, sondern vor allem auch allgemeine perioperative Komplikationen. Durch konsequentes perioperatives anästhesiologischchirurgisches Management mit Minimierung von Patienten mit präoperativer Darmlavage (v. a. bei rechter Hemikolektomie selten notwendig), Einsatz von Periduralkathetern mit konsequenter postoperativer Analgesie, sparsamer und genau kontrollierter Flüssigkeitssubstitution, früher möglichst direkt postoperativer
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Extubation, Frühmobilisation und früher Ernährung der Patienten, Darmstimulation etc. verringern sich die kardiopulmonalen Probleme. Empfehlenswert ist die kurzzeitige (1–2 Tage) postoperative Überwachung auf einer Intermediate Care-Einheit. Dort können die nicht seltenen Rhythmusstörungen oder pulmonale Beeinträchtigungen rechtzeitig erkannt und behandelt oder mit intensiver Atemgymnastik vermieden werden. Selbstverständlich sollten Hochrisikopatienten postoperativ auf die Intensivstation verlegt werden. In der Elektivchirurgie bei Koloneingriffen wurde gezeigt, dass die perioperative Antibiotikaprophylaxe die Komplikationsraten senkt, dass die Handnaht hinsichtlich des Auftretens von Anastomosestrikturen der Klammernaht überlegen ist und dass weder die Netzaugmentationsplastik oder die abdominale Drainageneinlage (Fingerhut et al., 2000) gesichert zur Senkung operativer Komplikationsraten beitragen.
7. Nachbehandlung Signifikante Steigerungen der 5-JÜR durch eine tumorspezifische Nachbehandlung sind insbesondere für das UICC-Stadium III erreicht worden. Grundlage für die Indikation zur adjuvanten Therapie nach Tumorresektion ist die pathohistologische Stadienklassifizierung, insbesondere die Bestimmung des pN-Status. pN0 soll nur diagnostiziert werden, wenn mindestens 12 regionäre Lymphknoten untersucht wurden und metastasenfrei waren. Für Patienten mit einem Kolonkarzinom im Stadium I oder nach R0-Resektion von Fernmetastasen ist eine adjuvante Therapie außerhalb von Studien nicht indiziert. Die Wertigkeit einer adjuvanten Therapie im Stadium II wird derzeit noch kontrovers diskutiert. Im Stadium UICC II B (T4N0M0) wird die adjuvante Therapie empfohlen, bei Tumoren im Stadium UICC II A (T3N0M0) scheint nur die Subgruppe von Patienten von einer adjuvanten Chemotherapie zu profitieren, welche notfallmäßig bei Obstruktion/Ileus operiert wurden. Bei Patienten im Stadium III führt eine adjuvante Chemotherapie zu einem statistisch signifikanten Überlebensvorteil. Die Indikation zur adjuvanten Therapie muss unter Berücksichtigung von Begleiterkrankungen und Alter gewissenhaft abgewogen werden. Das Alter der Patienten ist kein prinzipielles Ausschlusskriterium für die adjuvante Chemotherapie, da alte Patienten ebenso von der Nachbehandlung profitieren. Als Behandlungsregime wird derzeit v. a. das FOLFOXRegime favorisiert. Alternativ, z. B. bei Kontraindikationen oder auf Wunsch des Patienten, kommen die 5-
326
K. H. Link, H. Hauser, M. Mann und P. M. Schlag Tabelle 23.4. Nachsorgeempfehlung für Patienten mit Kolonkarzinom
9. Nachsorge
Monate Untersuchung Anamnese,Untersuchung, Tumormarker (CEA, CA 19–9)
3
6 12 18 24 36 48 60
+
+
Thoraxröntgen
+
+
Abdomen-Sonographie Koloskopie/Rektoskopie
+
+ +1
+ +
+
+
+
+
+
+
+
+
+
+
+
+
+
+
+
+
+
FU+Folinsäure-i. v.-Infusionstherapie (z. B. AIO-Schema) oder die orale Therapie mit Capecitabin in Frage. Die früher meist durchgeführte Bolusinfusion mit 5FU + Folinsäure (z. B. Mayo-Schema) wird wegen der höheren Toxizität nicht mehr empfohlen. Die Empfehlungen zur Therapieindikation und zu den Therapieschemata sind im Detail den aktuellen S3Leitlinien der AWMF zu entnehmen. Die adjuvante Therapie in Kombination mit einer VEGF-/EFGR-Inhibition wird aktuell im Rahmen von randomisierten Studien geprüft.
8. Rehabilitation Ziel der Rehabilitation nach operativer Therapie eines Kolonkarzinoms ist die Sicherung bzw. Verbesserung der Lebensqualität der betroffenen Patienten. Der Rehabilitationsbedarf von Patienten mit Kolonkarzinomen ist individuell sehr unterschiedlich. Er hängt stark vom jeweiligen Tumorstadium und Ausmaß des operativen Vorgehens sowie eventuell durchgeführter adjuvanter Therapiemaßnahmen und dem Allgemeinzustand des Patienten ab. Prinzipiell sollten die Rehabilitationsmaßnahmen möglichst frühzeitig, d. h. im Anschluss an die Primärtherapie, erfolgen. Besonderen Stellenwert hat die Rehabilitation für berufstätige Patienten. Mittels arbeits- bzw. sozialmedizinischer Gutachten im Rahmen eines stationären Rehabilitationsaufenthaltes sollten die Leistungsfähigkeit dieser Patienten evaluiert und bei Bedarf berufserleichternde bzw. -fördernde Maßnahmen erarbeitet werden. Darüber hinaus ist eine psychosoziale Betreuung in enger Zusammenarbeit zwischen Hausarzt und nachsorgendem Arzt unter Einbeziehung der Angehörigen anzustreben.
Die Wertigkeit der Nachsorge bei Patienten nach R0-Resektion eines Kolonkarzinoms wird nach wie vor kontrovers diskutiert. Zielsetzungen der Nachsorge sind die Erkennung und Behandlung von Operationsund Therapiefolgen, die Erkennung von Zweitkarzinomen oder Karzinomvorläufern (Polypen) sowie die psychosoziale Betreuung der Patienten. Ein mögliches Nachsorgeschema beinhaltet Tabelle 23.4. Bei palliativer Resektion wegen Fernmetastasen ist das Nachsorgeprogramm auf die Erhebung der Anamnese und des nutritiven Status zu reduzieren, wenn der Patient keine weitere Therapie erhält. Bei Auftreten von Fernmetastasen bzw. eines Lokalrezidivs besteht die Möglichkeit der operativen Behandlung.
10. Weitere Therapiemodalitäten Die R0-Resektion von Kolonkarzinomen ist die beste und einzige kurative Therapieoption. Es gibt keinen Anhalt dafür, dass eine neoadjuvante Chemotherapie die Langzeitresultate beim Kolonkarzinom UICC I-III verbessern könnte. Bei den < 5 % der Patienten mit synchronen inoperablen Fernmetastasen ohne drohende Komplikationen des Primärtumors (Stenose, Ileus, Blutung) ist nach interdisziplinärer Beschlussfassung eine primäre Chemotherapie ohne Resektion des Primärtumors entsprechend der S3-Leitlinien 2007 möglich. Diese Patienten müssen im Verlauf engmaschig interdisziplinär kontrolliert werden. Der Einsatz von Stents bei stenosierenden Kolonkarzinomen wird kontrovers diskutiert. Alternative nicht chirurgisch-onkologische Behandlungen mit kurativem Ansatz sind derzeit nicht bekannt. Selbst die Strahlentherapie besitzt beim primären Kolonkarzinom in der Regel keinen Stellenwert. Bei potenziell nach Downstaging resektablen synchronen Leber- oder Lungenmetastasen sollte vor allem der stenosierende Primärtumor primär onkologisch adäquat reseziert werden. Die nachfolgende systemische Chemotherapie zielt auf die Verkleinerung und sekundäre Resektion der Metastasen mit kurativer Option.
11. Palliativmaßnahmen Auch bei nachgewiesener Fernmetastasierung empfiehlt es sich, abhängig vom Ausmaß der Metastasierung, dem operativen Risiko und dem Grad der Steno-
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Kolonkarzinom
sierung die Entfernung des resektablen Primärtumors gegenüber einer primären Induktionschemotherapie, gefolgt von einer sekundären Resektion, als Therapieziel abzuwägen. Eine primäre Umgehungsanastomose und vor allem die Anlage eines Anus praeter sollten stets auch unter dem Blickwinkel betrachtet werden, inwieweit die Symptomatik des Patienten bei Ansprechen auf eine Systemtherapie ohne Operation beseitigt werden kann. Die palliative Therapie erfolgt in der Regel mit oral appliziertem Capecitabin an Stelle der 5-FU-Infusion (XELOX) oder als systemische Kombinationschemotherapie intravenös (z. B. FOLFOX, FOLFIRI). Kontrovers beurteilt wird derzeit, welchem Schema der Vorzug einzuräumen und insbesondere wie die Sequenz der Behandlungsschemata für den individuellen Patienten am optimalsten zu gestalten ist. Eine vielversprechende neue weitere Behandlungsoption ergibt sich durch die Inhibition molekularer Zielstrukturen der Kolonkarzinomzellen („Targeted Therapies“). Cetuximab ist ein monoklonaler Antikörper, der gegen den epidermalen Wachstumsfaktor-Rezeptor (EGFR) auf Tumorzellen gerichtet ist. Beim Kolonkarzinom besteht v. a. ein Synergismus der Wirksamkeit von Cetuximab mit dem Zytostatikum Irinotecan. Ein zweiter bei metastasiertem Dickdarmkrebs verwendeter monoklonaler Antikörper ist Bevacizumab. Er ist gegen den Vascular Endothelial Growth Factor (VEGF) gerichtet. Durch Bevacizumab wurde vor allem eine Wirksamkeitssteigerung bei Fluoropyrimidin-Regimes zur Behandlung von metastasierten Kolonkarzinomen gezeigt. Bei der Vielzahl von aktiven Substanzen und Behandlungsplänen – die erfreulicherweise nunmehr in der Systemtherapie des metastasierten Kolonkarzinoms zur Verfügung stehen – stellt sich auch die Frage, inwieweit von vornherein die aktivste Kombination (unter auch verbunden mit dem höchsten Risiko von Nebenwirkungen) gewählt oder die Therapie sequentiell eskaliert werden soll. Aus chirurgischem Blickwinkel ist dabei vor allem wichtig, zu betrachten, inwieweit eine Remission für den Patienten die Chance einer sekundären (kurativen) Resektion eröffnet. Bei Einsatz einer maximal aktiven Kombinationstherapie sollten bei Therapieansprechen stets die chirurgischen Optionen neu geprüft oder die Re-Eskalation in Betracht gezogen werden. Auch Optionen der Chemoembolisation, Ablation (RFA, LITT) oder regionalen zytostatischen Therapie v. a. bei dominanter Lebermetastasierung sind zu prüfen (vgl. auch Kap. 16.1, Grünberger et al.).
327
12. Qualitäts- und Prognosekriterien Die Qualität der Kolonkarzinomchirurgie, gemessen an der Morbidität/Mortalität (Kurzzeitergebnisqualität) und der Lokalrezidivrate, der krankheitsfreien Überlebensrate sowie der Gesamtüberlebensrate (Langzeitergebnisqualität), kann selbst innerhalb derselben Stadien erheblich variieren. Der Effekt des Hospitalvolumens verdeutlicht sich besonders an der postoperativen Letalität. Für die Kolon- inklusive der Kolonkarzinomchirurgie ist gezeigt worden, dass die 30-Tage-Mortalität von der Fallzahl pro Jahr (Mortalität von 7,4 % bei „niedrigem Volumen“ (< 33 Operationen pro Jahr) vs. 5,4 % bei „hohem Volumen“ (> 124 Operationen pro Jahr) abhängt (Birkmeyer et al., 2002). Verantwortlich für die Unterschiede im Kurz- und Langzeitergebnis bei Vergleich unterschiedlicher Institutionen kann aber zum Teil auch die Patientenselektion sein (Schrag et al., 2000). Die Ergebnisqualität wird beeinflusst durch den Ausbildungsstand bzw. Spezialisierungsgrad des Chirurgen, die Krankenhausstruktur sowie möglicherweise die Fallzahl des Chirurgen bzw. der Institution. Um einerseits den Patienten eine optimale Versorgungsqualität und andererseits den Chirurgen/Institutionen eine objektive Vergleichsmöglichkeit ihrer Ergebnisqualität zu bieten, hat die Deutsche Krebsgesellschaft einen Vorschriftskatalog zur Struktur- und Prozessqualität erstellt und führt in diesem Rahmen auf Antrag Zertifizierungsprozesse für Darmzentren (künftig „Darmkrebszentren“) durch.
13. Ausblick Hinsichtlich der variablen Ergebnisqualität sollten die onkologischen Chirurgen Folgendes beitragen: Die Kolonkarzinomchirurgie muss besser standardisiert und Standards sollten kontrolliert eingehalten werden. Eine Intensivierung der Versorgungsforschung im Rahmen von Qualitätssicherungsstudien ist wünschenswert. Studien zur individualisierten Lymphdissektion unter Einsatz der Sentinel-Node-Biopsie oder anderer Detektionstechniken sind notwendig, da offenbar die Anzahl entfernter Lymphknoten mit der Langzeitergebnisqualität korreliert. Um die Prognose eines kurativ operierten Patienten exakter vorhersagen zu können, müssen in Zukunft molekularbiologische Untersuchungen zu individuellen Prognosefaktoren in das auf lichtmikroskopischen Untersuchungen basierte UICC-Staging integriert werden. Molekularbiologische Untersuchungen werden in Zukunft auch Aufschluss darüber geben, ob ein Tumor gegenüber einem Chemotherapieprotokoll sensibel ist (Link et al., 2005). Durch
328
K. H. Link, H. Hauser, M. Mann und P. M. Schlag
alle erwähnten Verfahren könnte, vor allem in den Stadien UICC II und III, einerseits die adjuvante Therapie individualisiert und optimiert werden. Andererseits könnte diese Behandlung bei Patienten, die auch ohne adjuvante Therapie ohnehin eine sehr günstige Prognose besitzen (weit über 60 %), vermieden werden. Das gleiche gilt für die Nachbehandlung von Patienten mit Mikrometastasen, deren prognostische Bedeutung noch kontrovers eingestuft wird. Zur Beantwortung dieser Fragen können Chirurgen in Kooperation mit Pathologen und Onkologen im Rahmen interdisziplinärer Studien wesentliche Beiträge liefern.
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Kapitel 23
Kolonkarzinom
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Kapitel 24.1
Rektumkarzinom A. Stift, B. Teleky, H.-R. Raab und I. Kührer
1. Einleitung In Europa, im Speziellen in Deutschland und Österreich, ist es zu einer deutlichen Zunahme der kolorektalen Krebserkrankungen gekommen. Man kann davon ausgehen, dass jährlich in Deutschland ca. 60 000 Neuerkrankungen auftreten, in Österreich wurden laut Krebsregister 2004 5786 Erkrankungsfälle erfasst. Insgesamt zählt der Dickdarmkrebs sowohl beim Mann als auch bei der Frau zur zweithäufigsten Malignomerkrankung. Rektumkarzinome stellen dabei etwa die Hälfte aller neu diagnostizierten kolorektalen Karzinome dar. In der überwiegenden Mehrzahl der Fälle handelt es sich dabei um Adenokarzinome. Signifikante Fortschritte im chirurgischen Bereich sowie neue chemotherapeutische Ansätze und auch strahlentherapeutische Maßnahmen haben in den vergangenen Jahren das Gesamtüberleben beim Rektumkarzinom von ehemals 45 % auf nunmehr 75 % ansteigen lassen. Neben dem Adenokarzinom findet man selten auch Plattenepithelkarzinome, neuroendokrine Tumoren, Melanome, Sarkome, Lymphome und gastrointestinale Stromatumoren (GIST).
2. Diagnostik 2.1. Primärdiagnostik Gerade beim Rektumkarzinom kommt der genauen Anamnese sowie der klinischen Untersuchung eine zentrale Bedeutung zu. Die ausführliche Befragung des Patienten nach relevanten Symptomen, Risikofaktoren sowie der Familienanamnese lassen oftmals bereits beim Erstgespräch konkrete Vermutungen auf das Vorliegen eines Rektumkarzinoms zu. Symptome, die diesen Verdacht erwecken, sind zum Beispiel: • veränderte Stuhlgewohnheiten, Blut im/auf dem Stuhl • Schwäche und Müdigkeit (chron. Blutverlust), Gewichtsabnahme • perianale oder Bauchschmerzen, Tenesmen
Die klinische Untersuchung beinhaltet neben der abdominellen Palpation (Resistenz, palpabler Tumor) auch die rektale digitale Untersuchung. Dabei können wichtige Informationen über die Tumorlokalisation, die Ausdehnung (Länge des Tumors, Erfassung der zirkumferenten Ausbreitung und Stenosen), den Abstand zum Analkanal bzw. zum Sphinkterapparat und die Infiltrationstiefe (Verschieblichkeit) eingeholt werden. Zusätzlich ermöglicht die rektale Untersuchung gleichzeitig eine relativ genaue Überprüfung der Sphinkterfunktion. Der erfahrene Untersucher kann somit bereits Schlüsse über ein eventuell rekonstruktives operatives Verfahren mit Erhalt der Sphinkterfunktion bzw. eine gegebenenfalls notwendige Exstirpation ziehen. Bei klinischem Verdacht auf das Vorliegen eines Rektumkarzinoms ist nach Vorbereitung des Rektums eine Rektoskopie anzuschließen, wobei mehrere Biopsien zu entnehmen sind. Durch die direkte Visualisierung des Tumors sollte die genaue Lokalisationsdiagnostik ermöglicht und auch dokumentiert werden. Zum Ausschluss von weiter proximal liegenden Zweitkarzinomen bzw. Polypen ist bei nicht stenosierenden Karzinomen eine Koloskopie obligatorisch (Abb. 24.1.1). Sollte dies aufgrund einer nicht passierbaren Stenose unmöglich sein, empfiehlt sich eine Gastrografin-Irrigoskopie. Die Instillation von bariumhaltigen Kontrastmitteln sollte bei stenosierenden Prozessen prinzipiell vermieden werden, da Barium häufig zur Verklumpung führt und dementsprechende Ileusbeschwerden mit potenzieller Perforationsgefahr nach sich ziehen kann. In jüngster Zeit hat auch die virtuelle Koloskopie hinsichtlich eines oberhalb des Tumors liegenden pathologischen Befundes an Bedeutung gewonnen.
2.2. Staging Als Minimalanforderung des präoperativen Stagings beim Rektumkarzinom gilt heute die Abdomen-CT. Diese dient vor allem der Erfassung eventuell bereits vorhandener Metastasen.
332
A. Stift, B. Teleky, H.-R. Raab und I. Kührer
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a
Abb. 24.1.1. Endoskopische Erscheinungsform eines T2-Rektumkarzinoms
Zur Einschätzung der lokalen Tumorsituation haben sich sowohl die endoluminale Sonographie (EUS) als auch die MRT des Beckens bewährt. Nach wie vor ist die Endosonographie stark vom Untersucher abhängig. In erfahrenen Händen gibt diese Untersuchung jedoch exakte Auskunft über die Eindringtiefe des Tumors, die Beziehung zum Sphinkterapparat sowie über morphologisch suspekte Lymphknoten im perirektalen Fettgewebe (Abb. 24.1.2). Die MRT, in der Mercury-Technik, einem speziellen, extrem leistungsstarken Bildverarbeitungssystem, durchgeführt, liefert ähnlich exakte Ergebnisse und ermöglicht zudem eine multiplanare Bildgebung des gesamten Beckens. Bei weit fortgeschrittenen Tumoren hat die MRT deshalb auch gegenüber der EUS eine höhere Genauigkeit (Abb. 24.1.3). Die Sphinktermanometrie zählt zu den obligaten Untersuchungen und ist sowohl vom Untersucher als auch in hohem Maße von der Compliance des Patienten abhängig. Die rektale Untersuchung gibt dem erfahrenen Chirurgen ebenso Aufschluss über die Sphinkterfunktion. Bei älteren Patienten sollte bei bereits präoperativ bestehender gestörter Sphinkterfunktion auf die Möglichkeit sowie auch die Vorteile eines permanenten Stomas gegenüber einer Sphinkterinsuffizienz hingewiesen werden. Auch die PET hat in der Primärdiagnostik des Rektumkarzinoms bisher nur einen nachgeordneten Stellen-
b Abb. 24.1.2. Endorektaler Ultraschall eines T3-Tumors (Pfeile): a) 1 Mukosa, 2 Musculans propria, 3 Serosa, b) Pfeile markieren den Tumor, der die Serosa durchbricht
wert erreicht. Allerdings konnte gezeigt werden, dass sich diese Methode zum Therapiemonitoring bei neoadjuvanter Radiochemotherapie eignen kann. Nach Vorliegen sämtlicher Befunde wird eine vorläufige Stadienzuteilung nach der TNM-Klassifikation getroffen (Tabelle 24.1.1).
2.3. Risikoevaluation Operationen im Bereich des Beckens stellen belastende und auch komplikationsträchtige Eingriffe für die Patienten dar. Eine genaue präoperative internistische Abklärung hinsichtlich diverser Begleiterkrankungen ist zur Risikoevaluierung von großer Bedeutung. Dazu zählen neben dem EKG, Thoraxröntgen und Labor auch die Durchführung einer Lungenfunktionsprüfung
Kapitel 24.1
Rektumkarzinom
333
Tab. 24.1.1.a. TNM-Klassifikation von Kolon- und Rektumkarzinomen (nach UICC/AJCC 2002) T1
Tumor infiltriert Submukosa
T2
Tumor infiltriert Muscularis propria
T3
Tumor infiltriert durch die Muscularis propria in die Subserosa oder in nicht peritonealisierts perikolisches oder perirektales Gewebe
T4
Tumor infiltriert direkt in andere Organe oder Strukturen1, 2 und/oder perforiert das viszerale Peritoneum
N1
Metastasen in 1–3 regionären Lymphknoten
N2
Metastasen in 4 oder mehr regionären Lymphknoten
M1
Fernmetastasen
1 Direkte Ausbreitung in T4 schließt auch die Infiltration anderer Segmente des Kolorektums auf dem Weg über die Serosa ein, z. B. die Infiltration des Sigma durch ein Zäkalkarzinom. 2 Ein Tumor, der makroskopisch an anderen Organen oder Strukturen adhärent ist, wird als T4 klassifiziert. Ist bei der histologischen Untersuchung in den Adhäsionen kein Tumorgewebe nachweisbar, soll der Tumor als pT3 klassifiziert werden.
a
Tab. 24.1.1.b. Stadiengruppierung von Kolon- und Rektumkarzinomen (nach UICC/AJCC 2002) Stadium I
T1, T2
N0
M0
Stadium IIA Stadium IIB
T3 T4
N0
M0
Stadium IIIA Stadium IIIB Stadium IIIC
T1, T2 T3, T4 Jedes T
N1 N1 N2
M0 M0 M0
Stadium IV
Jedes T
Jedes N
M1
b
sowie eine kardiologische Untersuchung. Letztere Untersuchungen gewinnen in Anbetracht der immer älter werdenden Bevölkerung zusehends an Bedeutung. In Abhängigkeit von den Begleiterkrankungen können auch weiterführende Untersuchungen wie Myokardszintigraphie, Koronarangiographie, Karotis-Dopplersonographie und Kreatininclearance-Bestimmungen notwendig sein. Alle diese Untersuchungen dienen neben einer exakten individuellen Risikoevaluierung auch der zumeist möglichen präoperativen Konditionierung und damit einem verbesserten Operationserfolg.
Abb. 24.1.3. MRI-Darstellung eines tief sitzenden Rektumkarzinoms: a) Sagittale Ansicht des Tumors (Pfeil), b) axiale Darstellung des Tumors (Pfeil)
3. Vorbehandlung (neoadjuvante Therapie) Die präoperative Strahlentherapie hat sich in den vergangenen Jahren zu einer Standardtherapie entwickelt. Bei T2/T3-Tumoren ist die Kurzzeitbestrahlung mit einer Dosisbelastung von 5 × 5 Gy der Standard. Die Swedish und Dutch Trial Group konnte bei einem großen Patientenkollektiv zeigen, dass durch die präoperative Strahlentherapie die Lokalrezidivrate deut-
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A. Stift, B. Teleky, H.-R. Raab und I. Kührer
zenzrate aufweisen und die Darmfunktion bei nicht präpariertem Kolon deutlich früher einsetzt. Zum jetzigen Zeitpunkt eine generelle Empfehlung abzugeben, scheint den Autoren verfrüht und sollte daher den individuellen Umständen und Überlegungen sowie auch der persönlichen Erfahrung des Operateurs überlassen bleiben.
5. Operative Strategie 5.1. Prinzipielle Überlegungen Abb. 24.1.4. Rektumresektat mit kompletter Entfernung des Mesorektums
lich gesenkt werden konnte. Bei fortgeschrittenen T4-Tumoren wird durch die präoperative Strahlentherapie eine Tumorverkleinerung angestrebt und mit Chemotherapie kombiniert, um die Strahlensensibilität des Tumors zu erhöhen. Diese Form der Bestrahlung erreicht 54 Gy. Die deutsche Studie konnte in einer Phase-3-Studie eindeutig zeigen, dass der präoperativen Strahlentherapie in Vergleich zur postoperativen Strahlentherapie der Vorzug gegeben werden muss, da sowohl die Kurz- als auch die Langzeittoxizität postoperativ signifikant höher waren. Bei T3/T4-Tumoren gilt deshalb zur Zeit die präoperative Chemoradiatio als die effektivste Maßnahme, um eine Tumorverkleinerung und damit eine radikale Operation zu ermöglichen, aber auch um eine Wachstumshemmung bzw. eine Eliminierung von disseminierten Tumorzellen zu erreichen. Nach Beendigung der Chemoradiatio wird ein Intervall von 4–6 Wochen bis zur Operation angegeben. Dies ermöglicht eine maximale Tumorresponse und eine ausreichende Erholungsphase der Patienten nach der Chemotherapie. Ziel all dieser Strategien ist, die R0-Resektionsrate zu steigern, das Auftreten von Lokalrezidiven zu verhindern und damit einen Überlebensvorteil für den Patienten zu erzielen.
4. Präoperative Vorbereitung Neben der bereits erwähnten adäquaten Therapie der bestehenden Begleiterkrankungen ist speziell bei älteren Patienten auf ausreichende Nahrungs- und Flüssigkeitszufuhr zu achten. Die bis vor kurzem obligatorische mechanische Darmvorbereitung wird mittlerweile kontrovers diskutiert und kann daher nicht generell empfohlen werden. Neueste Daten zeigen, dass Patienten mit unvorbereitetem Kolon keine höhere Dehis-
Als operativer Standard gilt heute beim Rektumkarzinom sowie auch bei allen anderen Darmabschnitten die Entfernung des gesamten versorgenden und lymphabführenden Mesenteriums (Mesorektums). Dies bedeutet, dass bei hochsitzenden Rektumkarzinomen auf die komplette Entfernung des unterhalb des Tumors liegenden Mesorektums mit ausreichendem Sicherheitsabstand von etwa 5 cm verzichtet werden kann. In den vergangenen Jahren wurde dieses Prozedere – die Entfernung des Mesorektums – durch den Begriff der totalen mesorektalen Exzision (TME) nach Bill Heald et al. (1998) populär gemacht, obgleich die Mobilisierung des Rektums seit Miles (1908) im Wesentlichen unverändert geblieben ist (Abb. 24.1.4). Wertvolle Beiträge hinsichtlich der anatomischen Verhältnisse im kleinen Becken sowie der embryologischen Entwicklung und der daraus resultierenden anatomiegerechten Rektumoperation kamen von F. Stelzner. Nicht unerwähnt in diesem Zusammenhang sollen die als Schrittmacher fungierenden Arbeiten von Westhues Erwähnung finden. In seiner 1934 publizierten Arbeit weist er auf wichtige pathologisch-anatomische Strukturen hin. Ziel jeder Operation am Rektum ist neben der radikalen Tumorentfernung auch der Erhalt der Blasenund Sexualfunktion sowie, wenn möglich, der Erhalt des Kontinenzorgans. Die anatomische Nähe der viszeralen Mesorektumfaszie zu den autonomen Nerven im kleinen Becken setzt genaue anatomische Kenntnisse sowie hohe technische Fertigkeiten des ausführenden Chirurgen voraus. Je nach Lokalisation und Ausdehnung des Tumors werden die verschiedenen Resektionsverfahren nach steigender Radikalität eingeteilt: • Vordere Rektumresektion: Dabei befindet sich die kolorektale Anastomose intraperitoneal, sodass diese nur bei hochsitzenden Tumoren Anwendung findet. • Tiefe vordere Resektion: Dabei befindet sich die kolorektale Anastomose im retroperitonealen Raum, wobei allerdings ein kleiner Rektumstumpf erhalten bleibt.
Kapitel 24.1
•
•
Rektumkarzinom
Komplette Rektumresektion: Hierbei wird das komplette Rektum bis zum Analkanal hin reseziert. Der Schließmuskelapparat inklusive der Levatoren bleibt jedoch erhalten. Die Anastomose wird als koloanale Anastomose ausgeführt. Eine Sonderform stellt die intersphinktere Resektion dar. Dabei wird das Plattenepithel des Analkanals mit dem M. sphinkter ani internus reseziert und das Kolon durch den Analkanal an die Resektionsgrenzen herangeführt und auf den M. sphinkter ani externus bzw. im Übergangsbereich des verhornenden/nicht verhornenden Plattenepithels durch eine zirkumferente Naht fixiert. Abdomino-perineale Resektion oder Rektumexstirpation: Diese Operation bezeichnet neben der kompletten Rektumresektion von abdominell her auch die Entfernung des Analkanals mit dem Sphinkterapparat von einem perinealen Zugang aus.
Ein Sphinkterersatz nach Rektumexstirpation wurde durch die von Pickrell 1952 beschriebene Technik weiterentwickelt und führte zur dynamischen GracilisPlastik zur Sphinkterrekonstruktion nach abdominoperinealer Rektumexstirpation. Bedingungen für die Anlage eines Sphinkterersatzes mittels Musculus gracilis sind – nach klinischer Prüfung – ein funktionierender Gracilis-Muskel sowie ein guter Allgemeinzustand des Patienten. Es dürfen keine Kompromisse hinsichtlich der onkologischen Radikalität gemacht werden, eine Fernmetastasierung muss ausgeschlossen werden. Die Auswahl der Operation hängt dabei in erster Linie von der Höhe und Ausdehnung des Tumors inklusive des geforderten Sicherheitsabstands nach distal von zumindest 2 cm ab. (Abb. 24.1.5).
5.2. Konventionelles operatives Verfahren Der Patient wird entsprechend der erforderlichen Zugänge entweder in Steinschnittlage oder in LloydDavis-Lagerung positioniert. Die offene Operation beginnt mit einer medianen Laparotomie von der Symphyse bis einige Zentimeter oberhalb des Nabels. Die proximale Länge der Inzision richtet sich hauptsächlich nach der Höhe der linken Kolonflexur. Prinzipiell gilt aber auch hier das Motto „make operations as easy as possible“, sodass bei abschätzbaren technischen Problemen die Inzision erweitert werden sollte, um unangenehme Milzläsionen zu verhindern. Nach Eröffnung
335
Abb. 24.1.5. Rektumkarzinom mit einem adäquaten Sicherheitsabstand vom distalen Tumorrand
des Abdomens folgen die Inspektion und Palpation des gesamten Intestinums unter besonderer Berücksichtigung der Leber zum Ausschluss einer vorliegenden, radiomorphologisch okkulten Metastasierung. Nun beginnt die eigentliche Präparation im Bereich des Sigmas und linken Kolons. Es werden zunächst die in unterschiedlicher Ausprägung vorhandenen Adhäsionen zur Beckenwand unter Eröffnung des Peritoneums gelöst. Die Präparation erfolgt dann bis hin zur linken Kolonflexur. Nun wird von medial zunächst das Omentum majus vom Kolon transversum abgelöst und schließlich die Bursa omentalis eröffnet. Nach Durchtrennung des Ligamentum lienocolicum sowie des Ligamentum gastrocolicum lässt sich die linke Flexur aus ihrer anatomischen Fixierung herauslösen. Unter strenger Orientierung am Kolonmesenterium wird nun das Kolon von der Gerota’schen Faszie abpräpariert, bis man schließlich den Pankreasunterrand erreicht. Ebendort wird nun die V. mesenterica inferior aufgesucht und durchtrennt. Es folgt die Darstellung der A. mesenterica inferior, wobei das Sigmamesenterium von den retroperitonealen Strukturen abgelöst wird. Besonderes Augenmerk gilt hier der peniblen Schonung der vegetativen Nerven (Plexus hypogastricus, Abb. 24.1.6). Anschließend wird die A. mes. inf. etwa 1–2 cm distal ihres Abganges aus der Aorta abgeklemmt und durchtrennt. Die Anschlingung des linken Ureters kann bei unübersichtlichen Verhältnissen vorteilhaft sein, muss aber nicht zwingend erfolgen. Nun erfolgt die Präparation des Rektums im Bereich der Beckeneingangsebene, wobei zuerst das Peritoneum medial der Ureteren inzidiert wird. Zur Orientierung dient dabei der dorsale Anteil der A. rectalis superior, wel-
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A. Stift, B. Teleky, H.-R. Raab und I. Kührer
Abb. 24.1.6. Darstellung der lateralen linksseitigen Beckenwand mit vollständigem Erhalt der vegetativen Nervenfasern (Plexus hypogastricus)
che den präparatorischen Einstieg hinter der hinteren Grenzlamelle (Spatium retrorectale) erleichtert. Von hier aus gelingt es, leicht dorsal bis an den Beckenboden zu präparieren. Nun erfolgt die laterale und ventrale Präparation, wobei das Peritoneum oberhalb der Blase inzidiert wird und man auf diese Weise dorsal auf die Denonvilliersche Faszie und ventral auf die Samenbläschen und die Prostata trifft. Bei der Frau trifft man in diesem Bereich auf die Vaginalhinterwand. Besonderer Aufmerksamkeit bedarf die weitere laterale Präparation, weil im Bereich der lateralen Ligamente des Urogenitaltraktes der Plexus hypogastricus inferior in das neurovaskuläre Bündel nach Walsh zusammenläuft. Dieses zieht nach mediokaudal entlang der Prostata und enthält die erektilen Nerven, die es zu schonen gilt. Einige feine Äste ins Rektum müssen hier allerdings zwangsläufig durchtrennt werden. Je nach Höhe des Tumors kann nun die Durchtrennung des Rektums mit einem Klammernahtgerät von abdominell her erfolgen (Abb. 24.1.7). Befindet sich der Tumor in Höhe des Sphinkters, so muss eine intersphinktere Resektion von anal her durchgeführt werden. Dabei wird der Analkanal mit einem Retraktor so weit eingestellt, dass man die Linea dentata erkennen kann. Nun werden die Analschleimhaut sowie der M. sphinkter ani internus in ihrer gesamten Zirkumferenz inzidiert, nach kranial präpariert und aus der Puborektalis-Schlinge herausgelöst, bis das Rektum von abdominal her geborgen werden kann. Nicht nur ein Sicherheitsabstand von 2 cm vom distalen Tumorrand, sondern auch ein zirkumferenzieller Abstand von zumindest 2 mm minimieren das Risiko eines Lokalrezidivs (Abb. 24.1.8). Bei einer Infiltration des Sphinkterapparates muss eine abdominoperineale Rektumexstirpation ausgeführt werden. Dabei wird zunächst eine Tabaksbeutelnaht
Abb. 24.1.7. Resektionspräparat nach tiefer vorderer Rektumresektion (TME). Die A. rectalis superior dient als Leitstruktur. Deutlich sichtbar auch die anatomisch glatt glänzende avaskuläre Faszienschicht, die das Mesorektum bedeckt und von B. Heald als „Holy Plane“ bezeichnet wurde.
um den Anus angelegt und dann die perianale Haut elliptisch außerhalb des Sphinkters inzidiert. Nach Eintritt in die Fossa ischiorectalis gelangt man ventral auf den M. transversus perinei, welcher durchtrennt wird. Dorsal wird zunächst das Ligamentum anococcygeum durchtrennt, sodass man auf die Steißbeinspitze sowie den Ansatz des M. levator ani trifft, welcher ebenfalls schrittweise lateralwärts durchtrennt wird. Ventral gilt es nun die Nerven des Plexus pelvicus zu schonen, was nur gelingt, wenn man scharf an der Rektumwand präpariert und somit den M. rectourethralis sowie die Denonvilliersche Faszie durchtrennt, um schließlich ins Becken zu gelangen.
5.3. Laparoskopische Rektumresektion Grundsätzlich gelten bei der laparoskopischen Rektumresektion die gleichen Regeln wie bei der konventionellen Chirurgie. Die Lagerung des Patienten am Operationstisch ist identisch mit jener der offenen Chirurgie. Insgesamt benötigt man 4–5 Trokare. Davon befinden sich ein Trokar periumbilikal, zwei Trokare im Bereich des rechten Mittel- und Unterbauches, sowie ein Trokar im linken Unterbauch und wahlweise ein Trokar suprapubisch. Der Operateur steht rechts vom Patienten und betrachtet den Bildschirm, der links unten angebracht ist. Bei Frauen können, zwecks besserer Einsehbarkeit, der Uterus sowie die Adnexen mittels Haltefäden durch das Lig. latum uteri und durch die Bauchdecke fixiert werden. Zur Darstellung der inferioren Mesenterialgefäße haben sich 2 Methoden etabliert: Einerseits der Zugang
Kapitel 24.1
337
Rektumkarzinom
von medial sowie der laterale Zugangsweg. Als Präparationsinstrumente dienen Endoschere, harmonisches Skalpell oder Ligasure-Geräte. Wesentlich jedoch sind eine ausreichende Exposition des zu präparierenden Darmabschnittes mittels Zug und Gegenzug sowie die Verlagerung des Dünndarms in den Oberbauch, was unter Achsendrehung des OP-Tisches in Trendelenburg-Lagerung erleichtert wird. Wird die Mobilisation von medial her ausgeführt, werden zuerst die Mesenterialgefäße aufgesucht und durchtrennt. Anschließend gelangt man von medial her auf die Gerota’sche Faszie sowie den Pankreasunterrand. Bei der lateralen Technik geht man prinzipiell so vor wie bei der konventionellen Technik. Die Mobilisierung im kleinen Becken ist ebenfalls ähnlich der offenen Technik, wobei allerdings die taktile Komponente wegfällt. Zur Bergung des Präparates haben sich Pfannenstielinzision bzw. auch Appendektomienarben bewährt (Abb. 24.1.7). Noch stärker als beim Kolonkarzinom ist der Stellenwert der laparoskopischen Resektion beim Rektumkarzinom umstritten. Weitere Studienergebnisse sollten abgewartet werden, bevor die laparoskopische Rektumresektion als Standardverfahren etabliert wird.
a
5.4. Anastomosentechnik Seit einigen Jahren kommen nahezu ausschließlich Klammernahtgeräte zum Einsatz. Dabei wird in das proximale Darmende mittels Tabaksbeutelnaht zunächst ein Staplerkopf eingenäht. Anschließend wird von transanal der Staplergriff in den Rektumstumpf eingebracht und mittels Drehverschluss ein Dorn durch das blinde Rektumende vorgetrieben. Nun werden der Staplerkopf konnektiert und mittels Drehverschluss die Darmenden adaptiert. Anschließend erfolgt durch Zusammendrücken des Staplergriffes eine Klammernahtanastomosierung mit Wiederherstellung der Kontinuität. Die dabei entstehenden Darmringe werden zwecks histologischer Aufarbeitung aufbewahrt. Bei der ultratiefen sowie der intersphinktären Resektion ist nach wie vor eine händische Anastomsierung auszuführen.
5.5. Pouchanlage Bei tiefen Rektumresektionen kommt es durch den Wegfall der Reservoirfunktion des Rektums häufig zur gesteigerten Stuhlfrequenz mit partieller Inkontinenz. Deshalb haben sich in den vergangenen Jahren verschiedene Techniken entwickelt, um diesem Problem vorzubeugen.
b Abb. 24.1.8. Transversale Koloplastik: a) Längsinzision im Bereich der Taenia libera, b) Quere Naht 4 cm vor der Klammernahtreihe
J-Pouch Dabei wird das zu anastomosierende proximale Darmende zu einer Schlinge gefaltet und mittels linearem Klammernahtgerät anstomosiert, sodass gleichsam ein Neorektum entsteht. Die besten funktionellen Ergebnisse wurden dabei mit Pouchlängen von 5 cm erzielt. In randomisierten Studien konnten Vorteile des J-Pouches gegenüber allen anderen Pouches gezeigt werden.
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A. Stift, B. Teleky, H.-R. Raab und I. Kührer
Transversale Koloplastik Bei dieser Technik wird das proximale Darmende (Sigma oder Colon descendens) 3–4 cm oberhalb der Klammernahtreihe auf einer Länge von 8–10 cm antimesenteriell der Länge nach inzidiert und anschließend quer vernäht (Abb. 24.1.8). Dabei entsteht ein Reservoir. In einer Metaanalyse von Heriot et al. (2005) konnte durch die Pouchanlage ein funktionell besseres Ergebnis gegenüber der End-End-Anastomose bei gleichem postoperativen Komplikationsrisiko nachgewiesen werden.
5.6. Stomaanlage Eines der Hauptprobleme der Rektumchirurgie stellt die Anastomoseninsuffizienz dar. Dabei schwanken die Angaben in der Literatur zwischen 3–30 %. Tatsächlich liegt die radiologische Leakagerate weit über der klinisch manifesten Insuffizienzrate. Klinisch manifeste Dehiszenzen haben leider nach wie vor Letalitätsraten von 6–22 %. Wesentliche Faktoren dabei sind die Höhe der Anastomose, das Geschlecht (bei Frauen deutlich seltener als bei Männern), sowie eventuell vorangegangene neoadjuvante Therapieschemata. Generelle Empfehlungen hinsichtlich der Anlage einer protektiven Ileostomie oder Kolostomie liegen bis dato nicht vor, wobei nahezu alle Autoren bei der koloanalen Anastomose ein protektives Stoma als obligatorisch ansehen. In der Literatur werden Anastomosen in einer Höhe unter 5 cm vom Analkanal als besonders komplikationsträchtig erachtet, weswegen die Autoren bei derart tiefen Anastomosen die Anlage eines protektiven Stomas empfehlen. Nach wie vor wird auch die Frage Loop-Ileostomie versus Kolostomie kontrovers beurteilt. Deshalb kann auch diesbezüglich keine eindeutige Empfehlung abgegeben werden.
6. Komplikationsmanagement Ziel jeder radikalen Rektumresektion ist einerseits die kurative Entfernung des Tumors sowie andererseits der Funktionserhalt. Die Funktion kann jedoch nur durch eine tiefe Anastomosierung sowie den Erhalt des Schließmuskels gewährleistet werden. Die am meisten gefürchtete Komplikation dabei ist die Anastomoseninsuffizienz, die in etwa 10–15 % der Fälle auftritt. Durch eine proximale temporäre Stuhlableitung mit-
tels Ileo- oder Transversostomie konnte bislang keine Verminderung des Nahtbruchs per se erzielt werden. Allerdings können durch ein proximales Stoma die mitunter lebensbedrohlichen Folgen deutlich reduziert werden. Bei Kontamination der Bauchhöhle mit konsekutiver Peritonitis muss kurzfristig eine Relaparotomie mit Lavage und Anlage eines protektiven Stomas, zumeist eines terminalen Deszendostoma, erfolgen. Eine komplette Nahtinsuffizienz kann zur Auflassung der Anastomose zwingen, wobei, wenn möglich, versucht werden sollte, den Rektumstumpf zu verschließen. In seltenen Fällen, vorwiegend bei raschem Erkennen des Anastomosenbruches, kann eine Übernähung sowie ein proximales Schutzstoma ausreichend sein. Liegt die Dehiszenz streng extraperitoneal, sollte eine transanale Spülbehandlung in der Regel rasch zum Abklingen der Leakagesymptome führen. Fehlerhafte Anastomosentechniken führen auch immer wieder zu rekto-vaginalen Fistelbildungen. Die Behandlung geschieht meist mehrseitig, da zunächst saubere Verhältnisse der lokalen Wundsituation angestrebt werden, wobei als erster Schritt ein proximales Stoma angelegt wird. Nach mehreren Wochen wird in einem zweiten Schritt die Fistel saniert. Wiederum nach mehreren Wochen wird, nachdem zuvor die Dichtigkeit mittels Gastrographin-Irrigoskopie bzw. endoskopisch geprüft wurde, das proximale Stoma verschlossen. Immer wieder kommt es nach Rektumresektionen auch zu Anastomosenstenosen (3–5 %), die von proximal nach distal an Häufigkeit zunehmen. In der Regel reicht eine mehrwöchige Bougierung aus. Bereits präoperativ bekannte bzw. erhobene partielle Sphinkterinsuffizienzen stellen vor allem bei sehr tiefen Anastomosen postoperativ ein erhebliches Problem dar. Um so mehr sollte daher präoperativ auf die gute Versorgbarkeit eines permanenten Stomas hingewiesen werden. Die Sphinkterinsuffizienz stellt neben der psychischen Belastung des Patienten auch ein nicht zu vernachlässigendes soziales Problem dar, da die Patienten oft ans Haus gebunden sind, was letztlich vor allem bei älteren Menschen zur totalen Vereinsamung führen kann. Auch Störungen der Blasen- sowie Sexualfunktion kommen nach Operationen am Rektum gehäuft vor. Wie bereits oben ausgeführt, kommt dabei dem Erhalt der autonomen Nerven eine maßgebliche Bedeutung zu. Eine technisch einwandfreie Präparationstechnik sowie die unbedingte Kenntnis der Beckenanatomie ermöglichen diesbezüglich geringe Komplikationsraten. Trotzdem sollten die Patienten vor einem derartigen Eingriff über mögliche Störungen bereits präoperativ aufgeklärt werden.
Kapitel 24.1
Rektumkarzinom
7. Nachbehandlung Die Nachbehandlung bei Patienten mit Rektumkarzinom richtet sich nach dem Tumorstadium. Eine adjuvante Therapie im Stadium I ist nach derzeitigem Studienstand nicht etabliert. Bei Patienten im Stadium II und III hingegen sollte eine kombinierte Strahlenund Chemotherapie durchgeführt werden. Nach den Empfehlungen der ABCSG gemeinsam mit ACO/ASSO, ÖGC, ÖGHO, ÖGP, ÖGRO und ORG sollten Patienten im Stadium T3/N0, T4/N0 und T 1–4/N1–2 ohne präoperative Therapie eine postoperative Chemotherapie (Radiochemotherapie) erhalten. Dies entspricht den aktuellen Richtlinien des NCCN (Rectal Cancer Network), die in diesen Stadien eine adjuvante Therapie mit 5-FU/LV (Kategorie 1) oder FOLFOX (Kategorie 2b) empfehlen. Der Stellenwert der adjuvanten postoperativen Chemotherapie ist nicht eindeutig geklärt und bleibt Hochrisikopatienten im Stadium III vorbehalten, wo ein Risiko zur Fernmetastasierung von über 40 % besteht. In diesem Tumorstadium haben sich moderne Kombinationstherapien etabliert, die 5 FU-basierten Therapieschemata haben eine hohe Effektivität sowohl mit Oxaliplatin als auch mit Irinotecan gezeigt. Sicherheitsdaten zur Durchführung einer postoperativen 5-FU-basierten Chemotherapie nach präoperativer Strahlentherapie wurden 2006 publiziert. Die spezielle palliative Situation von Patienten mit Organbefall (Leber und Lunge) stellt eine besondere Therapieherausforderung dar. Die operative Entfernung von Leber- bzw. isolierten Lungenmetastasen stellt für viele Patienten eine kurative Therapieoption dar. Die Einschätzung der Operabilität, der optimale Operationszeitpunkt sowie Vor- und Nachbehandlung erfordern ein multidisziplinäres Therapiekonzept, das durch die enge Kooperation von Chirurgen, Onkologen, Strahlentherapeuten, Radiologen und Pathologen gekennzeichnet ist. Die chirurgische Behandlung dieser Läsionen wird in einem eigenen Kapitel dieses Buches ausführlich diskutiert.
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Therapeuten zur Verfügung, wobei sich neben einem gezielten Training der Beckenbodenmuskulatur sowie des Sphinkterapparates auch Biofeedbackinstrumente bewährt haben. Des Weiteren ist auf eine normale Darmfunktion zu achten, wobei zahlreiche stuhlregulierende Präparate erfolgreich Anwendung finden.
9. Nachsorge Primäres Ziel der Nachsorge ist das frühzeitige Erkennen von Lokalrezidiven bzw. die Diagnostik von Fernmetastasen. Zur Verlaufskontrolle gehören dabei die genaue Anamnese unter besonderer Bedachtnahme auf Veränderungen der Stuhlgewohnheiten und das Auftreten von sakralen Schmerzen. Dies könnte bereits der erste Hinweis auf ein Rezidivgeschehen sein. Des Weiteren gehören Lebersonographie, Thoraxröntgen sowie die Bestimmung von Tumormarkern (CEA, CA 19-9) zur Routinenachsorge (Tabelle 24.2). Die Rektosigmoidoskopie erlaubt die direkte Visualisierung suspekter Veränderungen und bietet gleichzeitig die Möglichkeit einer Biopsie. Zusätzlich eignet sie sich bestens zur Beurteilung der Anastomose. Viele Lokalrezidive wachsen extramural und sind daher im Frühstadium mittels Rektoskopie nicht fassbar. Weit bessere Ergebnisse in der Diagnostik bietet hierbei sowohl der EUS als auch die MRT. Zur Diagnostik von Fernmetastasen (Leber/Lunge) hat sich die CT durchgesetzt. Besteht trotz negativer radiomorphologischer Ergebnisse weiterhin der Verdacht auf das Vorliegen eines Rezidivs bzw. einer Fernmetastasierung, so eignet sich die PET als Mittel der Wahl mit zum Teil hervorragenden Ergebnissen. Frühzeitig erkannte Lokalrezidive können einer neuerlichen Operation zugeführt werden. Auch Metastasen in Leber und Lunge eignen sich in Abhängigkeit von ihrer Größe, Anzahl und Lage sehr oft für ein chirurgisches Resektionsverfahren auch mit kurativer Absicht.
8. Rehabilitation
10. Weitere Therapiemodalitäten 10.1. Lokale Tumorexzision
Wie bereits oben ausgeführt, handelt es sich bei Patienten mit Rektumkarzinomen häufig um ältere Patienten, deren Schließmuskelfunktion bereits präoperativ beeinträchtigt war. Umso mehr gilt es, speziell diese Patienten postoperativ einer physikalischen Therapie zuzuführen. Mitunter kann mit dem Schließmuskeltraining bereits präoperativ begonnen werden. An spezialisierten Abteilungen stehen dafür speziell ausgebildete
Die transanale lokale Tumorexzision bietet neben einer sehr geringen Morbidität auch beste funktionelle Ergebnisse. Voraussetzung ist ein optimales präoperatives Staging zum Ausschluss von Lymphknotenmetastasen bzw. zur exakten Bestimmung des Tumorstadiums. Untersuchungen der Wahl sind hierfür das MRT nach der oben beschriebenen Technik sowie eine endoluminale Sonographie. Wenn nach den vorliegenden Untersu-
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A. Stift, B. Teleky, H.-R. Raab und I. Kührer Tabelle 24.1.2. Nachsorgeplan nach Rektumkarzinom (am Beispiel der Medizinischen Universität Wien) Monate 3
Anamnese, körperliche Untersuchung, CEA
6
+
9 12 15 18 21 24 36 48 60
+
+
Koloskopie Abdomensonographie Sigmoidoskopie (Rektoskopie) Spiralcomputertomographie (Thorax, Abdomen)
+
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+ +
+
+ +
+ + + + + +
+
chungen ein rein auf die Mukosa beschränkter Tumor vorzuliegen scheint, ist die lokale Tumorexzision indiziert. Es sei jedoch darauf hingewiesen, dass letztlich der definitive histologische Befund mit der Bestimmung der submukösen Eindringtiefe nach Kudo für den weiteren Verlauf entscheidend ist. Sollte sich eine Eindringtiefe größer als sm2 ergeben, ist eine nachfolgende Rektumresektion angezeigt. Mehrere Studien haben jedoch eine deutlich erhöhte Lokalrezidivrate aufgezeigt, sodass dieses Verfahren, wenn überhaupt, derzeit außerhalb klinischer Studien nur für ausgewählte Patienten mit T1-Tumoren empfohlen werden kann. Anders verhält es sich in der Palliativsituation. Unter streng palliativen Bedingungen kann eine lokale Tumorexzision durchaus hilfreich sein und die Lebensqualität der Betroffenen zum Teil deutlich verbessern.
10.2. Endoluminale Stents Auch die Applikation von endoluminalen Stents hat in dem rein palliativen Behandlungskonzept in den letzten Jahren wesentlich an Bedeutung gewonnen. Durch den eingebrachten Stent gelingt es häufig bei stenosierenden Prozessen, drohende Ileussituationen zu vermeiden und die Anlage eines permanenten Stomas zu verhindern, was die Lebensqualität ungleich verbessert. Auch multimorbide Patienten, die aufgrund ihrer Begleiterkrankungen als inoperabel eingestuft werden, profitieren häufig von einer Stentimplantation.
11. Palliativmaßnahmen Zur Behandlung lokal palliativer Therapiesituationen kommen Strahlentherapie und Chemotherapie in Betracht. Häufig ist zur Behandlung von intraktablen Situa-
tionen letztlich auch die Stomaanlage zur Ileusvermeidung unvermeidlich. Tumorblutungen oder Stenosen können durch interventionelle Stents, manchmal auch durch die Anwendung von Laser, gebessert werden.
12. Qualitäts- und Prognosekriterien Das grundsätzliche Ziel weiterer Programme zum Rektumkarzinom sollte auf landesweiter, aber auch grenzüberschreitender Ebene erfolgen. Nur durch diese gezielten Projekte können strukturelle Schwächen in einzelnen Ländern erkannt und durch gezielte Gegenmaßnahmen verbessert werden. Gerade das Rektumkarzinom ist ein Modelltumor dafür, wie Qualitätssicherung erfolgen kann. Die komplexen Leistungen aus einer Vielzahl fachspezifischer Standards können das Gesamtergebnis – nämlich Heilungsrate und Überlebenszeiten der Patienten – verbessern. Die entscheidende Kenngröße im Qualitätsmanagement stellt die 5-Jahres-Lokalrezidivrate dar: Dieser Wert sollte in spezialisierten Zentren unter 5 % liegen. Auch Staging-Techniken wie MRT und endoluminale Sonographie sind noch weiter verbesserungsfähig. Gerade die Sonographie zeigt eine hohe Schwankungsbreite in der Sensitivität, welche von der Fertigkeit des Untersuchers abhängig ist. Weitere großangelegte Studien zur Einbindung neuer Techniken, wie z. B. computerassistierte PET, sind wünschenswert. Das Training der Chirurgen mit entsprechenden Sicherheitsstandards ist eine Voraussetzung, die genaue Erfassung der Lokalrezidive zur Qualitätskontrolle des Einzelnen muss zum Standard erklärt werden. Dasselbe gilt für die Kapazität bzw. die Frequenz von Rektumoperationen, da eine hohe Korrelation zwischen Häufigkeit, Komplikation und Rezidivrate erwiesen ist.
13. Ausblick Durch optimierte interdisziplinäre Zusammenarbeit wird es gelingen, weitere offene Fragen beim Rektumkarzinom zu klären und mit einem hohen Evidenzlevel zu belegen. Dazu gehören vor allem die Definition der optimalen prä- und postoperativen Zusatztherapie sowie die Einführung neuer Techniken, Strategien und Substanzen in die Behandlung von Patienten mit Rektumkarzinom. Trotz allen diagnostischen und therapeutischen Fortschrittes sterben 50 % aller Patienten an ihrem kolorektalem Karzinom. Eine Zahl, die bei der Häufigkeit dieser Erkrankung eine Herausforderung für uns alle darstellen muss.
Kapitel 24.1
Rektumkarzinom
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Kapitel 24.2
Analkarzinom W. Heitland, V. Budach
1. Einleitung
1.2. Risikofaktoren
1–4 % der anorektalen Karzinome sind Analkarzinome. Die Inzidenz liegt in Deutschland bei ca. 4–15 Neuerkrankungen/1 Million Einwohner und Jahr. Frauen sind beim Karzinom des Analkanals 1,5–3mal häufiger betroffen, das Analrandkarzinom tritt dagegen bei Männern etwa 4-mal häufiger auf. Für das Analkanalkarzinom liegt der Altersgipfel zwischen 60 und 70 Jahren, Analrandkarzinome finden sich im Durchschnitt 10 Jahre früher. Der chirurgische Analkanal reicht vom Beckenboden bzw. dem Oberrand des M. sphincter ani internus bis zum anokutanen Übergang. Dort geht das Anoderm in die äußere perianale Haut – den Analrand – mit verhorntem Plattenepithel, Talg- und Schweißdrüsen über (Abb. 24.2.1). Der Analkanal misst bei Frauen durchschnittlich 4,0 cm, bei Männern 4,4 cm.
In über 80 % der Analkarzinome sind HochrisikoHPV-Typen (humane Papillomviren) nachzuweisen – am häufigsten HPV 16, seltener HPV 18, 33 und 45. Eine Infektion mit humanen Papillomviren gehört zu den am häufigsten sexuell übertragenen Krankheiten weltweit – rezeptiver Analverkehr steht dabei an erster Stelle der Infektionsquelle. Risikopatienten mit nachgewiesener HPV-Infektion sollten halbjährlich auf dysplastische Veränderungen im analen Bereich untersucht werden.
2. Diagnostik Die klinische Symptomatologie der Karzinome im perianalen Bereich ist mannigfaltig und unspezifisch – von analen Blutungen, Pruritus, Schmerzen bei der Defäka-
1.1. Histologie Ca. 80 % der Analkanalkarzinome sind Plattenepithelkarzinome, ca. 20 % Adenokarzinome, die meist in den oberen Abschnitten liegen und von der kolorektalen Übergangszone, den Analdrüsen und anorektalen Fisteln ausgehen. Sehr selten finden sich Melanomabsiedelungen. Beim Analrandkarzinom liegt zu 90 % ein Plattenepithelkarzinom vor, selten sind Basalzellkarzinome, sehr selten verruköse Karzinome und apokrine Adenokarzinome. M. Paget und Basaliome sind mit entsprechender histologischer Sicherung gut abgrenzbar (Hermanek et al., 2007). Hochgradige intraepitheliale Neoplasien (AIN) können im Analkanal isoliert auftreten, in aller Regel aber am Rand invasiver Karzinome – sie entsprechen im TNM-System (Tabelle 24.2.1) einem Carcinoma in situ. Intraepitheliale Neoplasien am Analrand werden als M. Bowen klassifiziert. Abb. 24.2.1. Abgrenzung zwischen Rektum, Analkarzinom und Analrand
344
W. Heitland, V. Budach Tabelle 24.2.1. TNM-Klassifikation der Analkarzinome (nach Hermanek) T/pT – Klassifikation
Abb. 24.2.2. Analkanalkarzinom
(p)To
Kein Anhalt für Primärtumor
(p)Tis
Carcinoma in situ
(p)T1
2 cm oder weniger – größte Ausdehnung
(p)T2
2–5 cm größte Ausdehnung
(p)T3
mehr als 5 cm größte Ausdehnung
(p)T4
Analkanal: Infiltration benachbarter Organe (vagina, vulva, urethra, Harnblase, Prostata) Analrand: Infiltration von Knorpel, Skelettmuskulatur, Knochen
N/pN – Klassifikation (p)No
Keine regionären Lymphknotenmetastasen Analkanal: perirektal, a. iliaca interna bds, inguinal bds Analrand: inguinal bds
(p)N1
Analkanal: Metastasen in perirektalen LKs Analrand: Metastasen in regionären LKs
(p)N2
nur beim Analkanal Ca Metastasen in inguinalen LKs einer Seite und/ oder an der a. iliaca einer Seite
(p)N3
Metastasen in perirektalen und inguinalen LKs und/oder in LKs In LKs an der a. iliaca interna bds und/oder bilateralen Leisten LKs
Abb. 24.2.3. Analrandkarzinom
tion bis zu Obstipations- oder Fremdkörpergefühl. Jeder auffällige Befund im Bereich des Analrandes oder im Analkanal (Abb. 24.2.2 und 24.2.3) muss zwingend einer histologischen Sicherung zugeführt werden. Mit der Probeexzision – bei kleinen Befunden am Analrand bis 1–2 cm auch kompletter Exzision – wird die korrekte histologische Befundung zu erreichen sein. Dem schließt sich neben der Palpation eine Proktorektoskopie an. Die klinische Untersuchung beinhaltet die Palpation der inguinalen Lymphknoten. Ist die Diagnose sicher, muss ein prätherapeutisches Staging mit Bestimmung der Tumormarker (CEA, SCC), einer Sonographie der Leber und einem Röntgen des Thorax in zwei Ebenen durchgeführt werden. Die Endosonographie wird in aller Regel die Tiefenausdeh-
M/pM – Klassifikation (p)Mo
Keine Fernmetastasen
(p)M1
Fernmetastasen
nung erfassen. Bei ausgedehnteren Befunden (ab T2) wird ein Computertomogramm (oder Kernspintomogramm) des Beckens, eine Koloskopie und eine gynäkologische Untersuchung empfohlen. Die Stadieneinteilung der Analkarzinome folgt dem TNM-System (Tabelle 24.2.1). Leider wird dabei vor allem auf die oberflächliche Ausdehnung, nicht auf die Tiefeninfiltration ein gegangen.
Kapitel 24.2
Analkarzinom
345 Zyklus 1
3. Therapie Noch vor knapp 30 Jahren hat Goligher in seinem Klassiker „Surgery of the anus, rectum and colon“ festgehalten, dass die große Mehrheit der Chirurgen – ihn selbst eingeschlossen – zum damaligen Zeitpunkt in der chirurgischen Therapie des Analkarzinoms die Methode der ersten Wahl sieht (Goligher, 1980). Eine Generation später hat sich die Therapie grundlegend geändert. Was zunächst – durch Nigro et al. (1974) initiiert – mit der Radiochemotherapie als neoadjuvante Therapie angedacht war, ist heute in aller Regel zum Standard geworden. Eine Übersicht über das therapeutische Vorgehen beim Analkarzinom kann der Abb. 24.2.5 entnommen werden.
Radiotherapie
1,8 Gy
Tag 1–26
Mitomycin C
10 mg/qm Kurzinfusion
Tag 1
5-Fluorouracil
200 mg/qm kont. Infusion
Tag 1–26
oder 1000 mg/qm kont. Infusion Tag 1–4 Nach 2-wöchiger Pause Zyklus 2 Radiotherapie
1,8 Gy
Tag 1–17
Mitomycin C
10 mg/qm Kurzinfusion
Tag 1–17
5-Fluorouracil
200 mg/qm kont. Infusion
Tag 1–17
oder 1000mg/qm
Tag 1–4
Abb 24.2.4. Empfohlene Radiochemotherapie beim lokal fortgeschrittenen Analkarzinom
3.1. Radio- und Radiochemotherapie Die perkutane Radiotherapie erfolgt in der Regel auf der Basis einer dreidimensionalen Bestrahlungsplanung mit ultraharten Röntgenstrahlen eines Linearbeschleunigers. Mit dieser Technik können die gefürch-
teten Nebenwirkungen auf Blase und Dünndarm deutlich vermindert werden – wenngleich auch heute noch eine gewisse Funktionseinbuße des analen Sphinkters nicht vollkommen auszuschließen ist.
Diagnostik
Kleines Analrandkarzinom
Analkanal- oder lokal fortgeschrittenes Analrandkarzinom
Exzision
Simultane Radiochemotherapie Evtl. alleinige Radiotherapie
6–12 Wochen danach lokale Kontrolle und PE
Komplette Resektion
Inkomplette Resektion
Komplette Remission
Tumorpersistenz
Nachsorge
Radiochemotherapie
Nachsorge
Erneute Radiochemotherapie oder abdominoperineale Rektumexstirpation
Abb. 24.2.5 Behandlungsalgorithmus Analkarzinom
346
W. Heitland, V. Budach
Neben dem Primärtumor liegen die beidseitigen iliakal externen und kommunen Lymphknoten im Zielvolumen. Bei Tumoren des Analrandes, lokal fortgeschrittenen oder entdifferenzierten Tumoren des Analkanals (G3) werden in der Regel auch die inguinalen Lymphknoten bestrahlt, selbst wenn diese palpatorisch tumorfrei erscheinen. Möglich ist eine Kombination mit einer interstitiellen Radiotherapie. In den frühen Stadien (T1, N0) ist eine alleinige Tumorresektion bzw. definitive lokalisierte Strahlentherapie erlaubt, unabhängig von der Lokalisation im Analkanal oder am Analrand, und führt mit Gesamtdosen von 56–66 Gy (T1–T2) zu exzellenten lokalen Kontrollraten (Zimmermann, 2007). Bei Patienten mit lokal fortgeschrittenen Tumoren, die keiner systemischen Therapie zugeführt werden können, kann mit der definitiven Strahlentherapie von 66 Gy eine lokale Tumorkontrolle bei > 50 % aller Patienten erzielt werden. Bei lokal fortgeschrittenen Tumoren T2–T4, N0-2 ist grundsätzlich die primäre Radiochemotherapie indiziert, die auch nach R2-Resektionen bzw. bei pN-positiven Situationen angezeigt ist. Nach einer R1-Resektion kann auch eine alleinige adjuvante Strahlentherapie mit 56–60 Gy durchgeführt werden, sofern es sich initial um einen T1- bzw. T2-Tumor handelt. Die kombinierte simultane Radiochemotherapie wird in Anlehnung an die EORTC-Studie 22953 mit einer Gesamtdosis von 59,4 Gy, mit je zwei Zyklen 5-FU als kontinuierliche Infusion von 200 mg/m²KÖ über 6-6,5 Wochen und Mitomycin C (10 mg/m² KÖ am Tag 1 und Tag 42) durchgeführt (Bosset et al., 2003; Abb. 24.2.4). Sie führt bei lokal fortgeschrittenen Tumoren in ca. 85 % – bei einer Lokalrezidivrate von knapp 20 % – zum therapeutischen Erfolg. Die kolostomiefreie 4Jahresüberlebenrate wird mit 75 % angegeben – in der Regel mit Erhalt eines funktionsfähigen Sphinkters (Bartelink et al., 1997). Die 5-Jahresüberlebensrate liegt ebenfalls bei 75 % (56–92 %). Zwischen erstem und zweitem Zyklus wurde in der Anfangsphase der multimodalen Therapie nach einer Dosis von 36–40 Gy eine Therapiepause von 4–6 Wochen eingelegt, um eine Abheilung der Akuttoxizitäten (konfluierende Mukositis im Analkanal bzw. feuchte Epitheliolysen der perianalen Dermis) zu gewährleisten. Retrospektive Studien haben gezeigt, dass eine Verlängerung der Therapie einen ungünstigen Einfluss auf die lokale Tumorkontrolle und das rezidivfreie Überleben hatte (Graf et al., 2003). Eine randomisierte Phase-II-Studie (EORTC Protocol 22011-40014) konnte zeigen, dass eine Reduktion des Therapieintervalls von
4 auf 2 Wochen von der Akuttoxizität her möglich und für das Gesamtergebnis günstiger ist (Bosset et al., 2003). Die Rate schwerer akuter Toxizitäten (CTC > Grad III) liegt bei ca. 20 %. Die rektale und anale Mukositis steht mit der perianalen Dermatitis an erster Stelle. Die für Mitomycin C typische Thrombozytopenie muss frühzeitig erkannt werden, um im zweiten Zyklus mit reduzierter Dosis reagieren zu können. Schwerwiegende Spätkomplikationen (WHO > Grad III) werden mit 5–12 % angegeben. Dabei kann es insbesondere bei lokal fortgeschrittenen T3/4-Tumoren durch eine im Gefolge der Tumorremission/-Nekrose entstehende Narbenbildung zu Inkontinenzen bis hin zum Komplettverlust der analen Sphinkterfunktion kommen. Derzeit laufen weitere Studien in Europa und den USA, die verschiedene Sequenzen simultaner Radiochemotherapie unter Einsatz von Cisplatin in Kombination mit 5-FU und Mitomycin C untersuchen – erste Ergebnisse werden für 2009 erwartet. Neue Substanzen wie Capecitabin, Oxaliplatin und Cetuximab werden in Phase-I- und -II-Studien untersucht. Bei der Kombinationstherapie der perkutanen Bestrahlung mit der interstitiellen Brachytherapie werden sonographisch kontrolliert 192Ir-Nadeln platziert, die einen lokalen Dosisboost von 15-25 Gy einstrahlen lassen, verknüpft mit einer perkutanen Dosis von 30– 36 Gy. Die Brachytherapie erfordert eingehende Erfahrung, da lokale Nekrosen in höherem Maße eintreten als bei der alleinigen perkutanen Bestrahlung. Daher sollte sie spezialisierten Zentren vorbehalten bleiben. Eine erste klinische Nachkontrolle zur Überprüfung des onkologischen Ergebnisses ist frühestens 6 Wochen nach Abschluss der Therapie sinnvoll. Zu diesem Zeitpunkt bestehende Veränderungen können sich in weiteren 6 Wochen zurückbilden oder als Narbe verbleiben. Persistierende verdächtige Bezirke müssen dann unbedingt histologisch abgeklärt werden (Papaconstantinou et al.,). Bei nachgewiesener Tumorpersistenz müssen anlässlich der interdisziplinären Vorstellung im Tumorboard weitere Therapiemaßnahmen überprüft werden. Dazu gehören in erster Linie eine nach onkologischen Kriterien lokale sphinktererhaltende Tumorexzision bzw. als „Ultima ratio“ auch die abdominoperineale Resektion (APR). Von einer Weiterführung der Radiochemotherapie ist unmittelbar nach Abschluss der initialen Therapie dringend abzuraten, da das Risiko von schweren Spätfolgen – insbesondere einer Stuhlinkontinenz Grad 3–4 – erheblich ist. Eine Radiochemotherapie sollte nicht vor Ablauf eines Intervalls von 6 Monaten erneut durchgeführt wer-
Kapitel 24.2
Analkarzinom
347
den, zumal die Radioresistenz des Tumors durch die Tumorpersistenz belegt ist. Eine erneute Radiochemotherapie nach einem längeren therapiefreien Intervall kann jedoch in Einzelfällen erfolgreich sein (Bussen, 2007; Longo et al., 1994).
(Grabenbauer et al., 2005). Davon abzugrenzen sind die noch selteneren Tis-Tumore. Eine französische retrospektive Studie für sehr kleine Analkarzinome (< 1c oder Tis) bei 69 Patienten zwischen 1990 und 2000 (12 Tis, 57 T1) gibt wichtige Informationen. 3 von 12 Patienten mit Tis wurden „nur“ exzidiert, 1 Patient entwickelte ein Lokalrezidiv (Ortholan et al., 2005). Die T1-Tumoren hatten durch die alleinige Radiotherapie ein 5 Jahre-krankheitsfreies Überleben von 89 %. Bei 26 Patienten wurde vor der Bestrahlung eine lokale Exzision vorgenommen – 12-mal mit negativem, 14-mal mit positivem Schnittrand – ohne Beeinflussung der Enddaten. Wenn bei Tumorpersistenz oder lokalem Rezidiv nach Radiochemotherapie eine erneute Radiochemotherapie nicht sinnvoll erscheint oder nicht zur definitiven Heilung führt, kommt eine „Salvage“-abdomino-perineale Rektumexstirpation zum Einsatz. Vor dieser Operation muss durch erneutes Staging geprüft werden, ob eine R0-Resektion überhaupt machbar ist. In einer Sammelstatistik bei 670 Patienten (Roelofsen, 2001) wird die Häufigkeit der Exstirpation bei Tumorpersistenz mit 6,7 % und beim Rezidiv mit 9,4 % angegeben. Eine weitere Sammelstatistik (XXXX et al., XXXX) belegt die Ergebnisse bei 194 Patienten mit einem lokalen Rezidiv. Bei 144 Patienten wurde eine ap-Exstirpation durchgeführt – 83 Patienten (57,6 %) waren im weiteren Verlauf tumorfrei. Ghouti et al. (2005) unterscheiden zwischen den Operationen wegen Tumorpersistenz (Gruppe 1) und Lokalrezidiv (Gruppe 2). Die 5-Jahresergebnisse zeigen ein Überleben in Gruppe 1 von 60,7 %, in Gruppe 2 von 71,5 % – das krankheitsfreie Überleben liegt allerdings nur bei 31,1 % bzw. 48,2 %. Diese Beobachtung
3.2. Operative Strategie „Kleine“ abklärungsbedürftige, oberflächliche Strukturen im Bereich des Analkanals können zunächst im Sinne einer Exzisionsbiopsie entfernt werden, wenn die präoperative klinische und endosonographische Untersuchung eine komplette Exzision erlaubt, ohne dass tiefer gelegene muskuläre Strukturen des Kontinenzorgans gefährdet werden. Dies wird allerdings gerade im Analkanal nur bei sehr wenigen Tumoren machbar sein. Bei gut selektioniertem Krankengut werden 5-Jahresüberleben mit ca. 75 % berichtet. Die Rate der Lokalrezidive liegt allerdings bei 20–78 %. Vor dem Hintergrund der sehr guten Ergebnisse der Radiochemotherapie muss jeder einzelne Fall im Zweifel interdisziplinär abgestimmt werden. Sehr viel großzügiger kann die lokale Exzision bei Tumoren des Analrandes durchgeführt werden – auch hier ohne Beschädigung des Sphinkterapparates. Beahrs et al. (1976) berichten über 27 Patienten, die nach lokaler Exzision eines Analrandkarzinoms alle 5 Jahre überlebten. Greenall et al. (1985) legen für ein vergleichbares Vorgehen ein karzinomspezifisches Überleben für 88 % vor. Die Grenze ist bei maximal 5 cm zu ziehen (T1/T2). Kleine lokale Verschiebelappenplastiken verschließen den Defekt mühelos. In allen Studien kommt zum Ausdruck, dass T1-Karzinome lediglich 3–15 % aller Tumoren ausmachen
Tabelle 24.2.2. Nachsorge bei Patienten mit Analkanalkarzinom Wochen*
Monate*
Untersuchung Anamnese, körperliche Untersuchung
6
3
6
9
12
18
24
36
48
60
+
+
+
+
+
+
+
+
+
+
+
+
+
+
+
+
+
Abdomensonographie
+
Röntgen-Thorax in 2 Ebenen Rektoskopie, evtl. Endosonographie MRT oder Spiral-CT des Beckens * nach Abschluss der Radiochemotherapie.
+
+
+ +
+
+
+
+
+
+
+
+
+
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W. Heitland, V. Budach
Der Stellenwert der gezielten inguinalen LK-Entfernung ist heute bei den Patienten zu sehen, bei denen nach Radiochemotherapie klinisch ein Befall vorliegt - eine systematische Ausräumung ist aber nicht angezeigt (Roelofsen et al., 2001). Zukünftig wird wahrscheinlich die Sentinel-Lymphknoten-Biopsie zu einer Optimierung des chirurgischen bzw. radioonkologischen Vorgehens führen (Gretschel et al., 2008).
3.3. Therapieoptionen beim lokalen Rezidiv und/oder disseminierten Rezidiv nach optimaler Radiochemotherapie und „Salvage“-Chirurgie Abb. 24.2.6. Z. n. Rezidiv-OP eines Analkarzinoms unter Zuhilfenahme plastischer Chirurgie
findet bei Papaconstantinou et al. (2006) Bestätigung – wenn auch mit deutlich schlechterem Ergebnis – mit 5-Jahresüberleben bei 25 % bzw. 0 % bei Rezidiv und Tumorpersistenz. Mullen et al. (2007) finden für beide Gruppen keinen Unterschied im 5-Jahresüberleben bei 64 %. Risikofaktor Nummer 1 für das Überleben ist die primäre Strahlendosis. Bei Dosen über/unter 55 Gy finden sich deutlich unterschiedliche Ergebnisse mit 75 % bzw. 37,5 %. Positive Lymphknoten im Operationspräparat, eine Tumorgröße > 5 cm, R1-Resektion und der Befall benachbarter Organe sind unabhängige ungünstige Faktoren – nicht der T-Status und die Lokalisation (Akbari et al., 2004). Die Technik der abdomino-perinealen Rektumexstirpation als „Salvage“ beim Analkarzinom entspricht exakt der Technik wie beim tiefsitzenden Adenokarzinom des Rektums mit totaler mesorektaler Excision (TME), erweitert um die Mitnahme des gesamten Kontinenzorgans. In der Ära vor der Radiochemotherapie wurde immer wieder auf die häufige synchrone Lymphknotenmetastasierung inguinal und perirektal zwischen 15–36 % beim Karzinom des Analkanals und 30–43 % beim Analrandkarzinom hingewiesen (Boman et al., 1984). Damals wurde durch Frost et al. (1984) bei Patienten mit positiven Leistenlymphknoten nach Dissektion eine Verbesserung der Prognose beschrieben, aber keine Verbesserung durch prophylaktische Entfernung. Die ersten Berichte zur prophylaktischen Bestrahlung bei Cummings et al. (1984) konnten zeigen, dass in der Folge nur 1/38 Patienten eine metachrone Metastasierung in die Leiste zeigte im Vergleich zu 15–25 % ohne Leistenbestrahlung.
Die systemische Generalisierung des Analkarzinoms ist sehr selten und wird bei maximal 7 % beobachtet (Greenall et al., 1985). Die Datenlage für den dann einzuschlagenden Weg ist dünn. Am ehesten scheint ein Ansatz mit Cisplatin und 5-FU begründet. Ein lokaler Therapieansatz mit intraarterieller Cytostatikaperfusion ist fast noch ein klinisches Experiment – aber durchaus im Einzelfall beschrieben. Erlaubt ist in dieser Situation, was mit der psychischen und physischen Toleranz der Patienten zu vereinbaren ist.
3.4. Chirurgie bei Komplikationen der Radiochemotherapie Im Rahmen der Radio- und/oder Radiochemotherapie kann es selten zu schmerzhaften Ulzerationen, Stenosen oder rektovaginalen Fisteln kommen. Bei fünf Publikationen (Roelofsen, 2001) findet sich zusammengenommen bei 338 Patienten eine komplikationsbedingte Operationsnotwendigkeit bei 9 %. Bei 7 % war die Anlage eines permanenten Stomas notwendig.
3.5. Palliative Chirurgie, plastische Chirurgie Bei der Ausbildung von Stenosen, Fisteln, Tumorperforation und/oder Inkontinenz muss im Einzelfall entschieden werden, ob mit einer Kolostomie allein geholfen ist. Bei ausgedehnten lokalen Infiltrationen, Befall von Blase und Kloakenbildung kann bei gutem Allgemeinbefinden durch eine Beckenexenteration Lebensqualität für die verbleibende Lebenszeit erreicht werden. Bei dann in der Regel auch lokal perineal sehr ausgedehnten Eingriffen und Zustand nach hohen Dosen von lokaler Radiatio sind erhebliche Wundheilungs-
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Analkarzinom
störungen zu befürchten (Tei et al., 2003; Van der Wal et al., 2001). Hier kann in Zusammenarbeit mit plastischer Chirurgie und dem Einsatz von Lappenplastiken – z. B. mit dem M. rectus abdominis – eine primäre Wundheilung erreicht werden (Abb. 24.2.6).
4. Nachsorge Ein lokoregionales Rezidiv nach primär erfolgreicher Behandlung des Analkarzinoms stellt sich überwiegend in den ersten 2 Jahren ein. Eine konsequente Nachsorge kann diese Rezidive frühzeitig aufdecken und einer erneuten Therapie mit guter Chance zuführen. Die posttherapeutische Beratung und psychologische Betreuung ist neben dem Erkennen und Behandeln von Komplikationen – Stenose, Blutung, Inkontinenz, Schmerz und perianalem Ekzem – wichtigstes Ziel der Nachsorge. Zunächst sollten im ersten posttherapeutischen Jahr eine vierteljährliche lokale Kontrolle und proktologische Untersuchung erfolgen. Diese können dann im 2. Jahr halbjährlich, danach im jährlichen Abstand durchgeführt werden. Ein CT des Beckens – alternativ ein MRT – sollte nach 6, 12, 18 und 24 Monaten empfohlen werden (Bussen, 2007).
5. Qualitätskriterien Die erfolgreiche Therapie des Analkarzinoms setzt vom ersten Augenblick ein interdisziplinäres Konzept voraus. Die Biopsie der kleinsten Unregelmäßigkeit perianal oder im Analkanal, die differenzierte pathologisch-histologische Aufarbeitung des Präparates, die primäre Radiochemotherapie, sorgfältige Nachsorge und eventuelle „Salvage“-Operation sind unabdingbare Forderungen für Diagnostik und Therapie dieser seltenen Karzinome.
6. Ausblick Eine Verbesserung der heute erzielten Ergebnisse scheint neben einem frühen Erkennen der Erkrankung in propektiv-randomisierten Studien zur Optimierung der Chemotherapeutika, Erprobung neuer Antikörper und deren sequentiellem Einsatz neben der Radiotherapie zu liegen. Hier laufen mehrere Studien in den Phasen I-III, deren Ergebnisse 2009 vorliegen werden.
349
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350
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8. Links www.tumorzentrum-muenchen.de Fachinformation zur Therapie des Analkarzinoms www.awmf-online.de
Kapitel 25
Tumoren der Nebenniere E. Bareck, P. P. Pohl und P. E. Goretzki
1. Einleitung Tumoren der Nebennierenrinde und des Nebennierenmarks fallen entweder durch hormonelle Aktivität oder tumorbedingte Symptome auf. Die Patienten werden bei malignen Tumoren somit durch Probleme wie Hypertonus, Hypernatriämie oder Hypokaliämie, aber auch durch lokale Infiltration und Fernmetastasenbildung der Nebenniere gefährdet. Die Einschätzung der diagnostischen und therapeutischen Vorgehensweise muss, von der Symptomatik geprägt, die primär biochemisch-hormonelle Analyse und verschiedene bildgebende Verfahren hinsichtlich ihrer Sensitivität und Spezifität berücksichtigen. So hat die chirurgische Therapie von Nebennierentumoren in spezialisierten Zentren verlässliche Sicherheit mit einer Morbidität unter 10 % und einer fast zu vernachlässigenden Mortalität erreicht. Dies ist unter anderem auf die Risikoverminderung durch eine spezifische präoperative Vorbehandlung (A-adrenerge Blockade beim Phäochromozytom) und die Einführung minimal invasiver Vorgehensweisen zurückzuführen. Besondere Bedeutung haben zufällig entdeckte Tumoren der Nebenniere (Inzidentalome), die durch Verwendung verfeinerter bildgebender Diagnostik (MultisliceCT) mit zunehmendem Alter häufiger (z. B. bei über 60-Jährigen in etwa 5 % der Untersuchten) auffallen und ein besonderes Problem bei der Abklärung einer notwendigen Therapie darstellen. Des Weiteren muss in eine differenzierte Therapie von Nebennierentumoren auch die Abklärung möglicher Familiarität im Rahmen einer MEN 1, MEN 2, eines Von-Hippel-Lindau-Syndroms (VHL) oder multipler Paragangliomerkrankungen (SDHB-, SDHD-Mutation) einfließen.
1.1. Embryologie und Anatomie Die Nebenniere ist ein Organ, das sich aus zwei Komponenten entwickelt: Die Nebennierenrinde aus einem mesodermalen Anteil und das Nebennierenmark aus
neuroektodermalem Ursprung. Ab der zweiten Woche nach der Geburt bildet sich die Nebennierenrinde bis auf Rudimente der Zona glomerulosa zurück, wobei sich aus dieser bis zum 12. Lebensjahr die Zona fasciculata und die marknahe Zona reticularis differenziert. Die Embryogenese des Nebennierenmarks beginnt im zweiten Gestationsmonat. Die Migration der Zellen erfolgt dorsal der Aorta, wobei der Ursprung aus dem sympathischen Nervensystem stammt. Aufgrund ihres immunhistochemischen Färbeverhaltens werden die Zellen als chromaffine Zellen bezeichnet. Postnatal degenerieren extra-adrenal befindliche Zellen. Die paarigen Nebennieren kommen, von Fett eingehüllt, endgültig im oberen Polbereich beider Nieren zu liegen. Die rechte Nebenniere hat eine dreieckige, die linke eine halbmondförmige Form. Die Angaben des Durchschnittsgewichtes variieren beim Erwachsenen zwischen 5 und 10 Gramm. Die beiden Funktionseinheiten der Nebenniere sind Nebennierenrinde (NNR) und Nebennierenmark (NNM).
1.2. Hormonsynthese der Nebennierenrinde (NNR) Ausgangssubstanz für die Steroidsynthese der NNR (Tabelle 25.1) ist das Plasmacholesterin. Nach Hydroxylierung und partieller Abspaltung einer Seitenkette im Mitochondrium entsteht die Grundsubstanz aller Steroide, das Pregnenolon. Aus dem daraus hervorgehendem Progesteron entsteht in der Zona fasciculata das 17-A-Hydroxyprogesteron, die Grundsubstanz der Kortisolsynthese, und in der Zona glomerulosa das Aldosteron. Die Glukokortikoide sind zu 90–95 % an das Trägerprotein CBG (Cortisol binding globulin), das Aldosteron ist zu 60 % an Albumin gebunden.
352
E. Bareck, P. P. Pohl und P. E. Goretzki Tabelle 25.1. Sekretionsraten und Plasmakonzentrationen von NNR-Steroiden (nach Labhart)
Hormon
Kortisol
24-StundenSekretionsmenge
Plasmakonzentration
15–40 mg
6–25 μg/dl, zirkadiane Tagesrhythmik: obere Grenzwerte: 8.00 (25 μg/ dl)–19.00 (10 μg/dl)
Kortikosteron 1–4 mg
0,4–2 μg/dl
Desoxykortikosteron
200–800 μg
< 5–10 ng/dl
Aldosteron
50-250 μg
5–15 ng/dl
Dehydroepiandrosteron DHEA-Sulfat
6–9 mg
0,1–1,4 μg/dl
Androstendion
1,4 mg/Tag
0,005-0,3 μg/dl
Testosteron
# 4–12 mg/Tag # 0,4–1,2 μg/dl 0,2–0,3 mg/Tag 0,01–0,08 μg/dl
auch in der Nebenniere. Im Falle eines angeborenen Adrenogenitalen Syndroms, aufgrund eines 21-Hydroxylase-Mangels (95 %) oder 11-Hydroxylase-Mangels (3–5 %) fehlt eine adäquate Aldosteron- und/oder Geschlechtshormon-Produktion. Durch ACTH-Stimulation wird die Zona fasciculata zur vermehrten Hormonproduktion angeregt, und es entwickelt sich langfristig eine diffuse, später eine knotige Hyperplasie der Nebennierenrinden. Die Nebennieren können hierbei gutartige Tumoren bilden, die aufgrund ihrer Größe eine Operationsindikation darstellen (Verdrängungszeichen). Die Östrogenproduktion ist jedoch weiterhin erniedrigt und die Patienten sind substitutionspflichtig. Einige Tumoren der Nebennierenrinde führen dagegen zu einer erhöhten Produktion von Östrogenen und Progesteron, welches im Kindesalter eine Pubertas präcox, im Erwachsenenalter eine Virilisierung oder Feminisierung betroffener Patienten bewirkt. Die Anzahl maligner Befunde ist dabei größer als bei Patienten, deren Tumoren Aldosteron oder Kortisol produzieren. Die hormonanalytische Diagnose der Erkrankungen erfolgt primär über Messung einer erhöhten 17-Ketosteroid-Ausschüttung im Urin.
1.2.1. Kortisol und Aldosteron Der Plasma-Kortisol-Spiegel wird über den Corticotropin releasing factor (CRF) bzw. das ACTH, eine vorgegebene Tagesrhythmik (morgens ist die Plasmakortisolkonzentration am höchsten, abends am niedrigsten) und über Stressbeeinflussung geregelt. Hormonaktive Nebennierentumoren fallen durch erhöhte Plasmakortisolspiegel und aufgehobene Tagesrhythmik bzw. fehlende Unterdrückbarkeit der Cortisolproduktion durch Dexamethason auf. Bei einem Absinken des Plasmakortisolspiegels, z. B. infolge insuffizienter Produktion postoperativ, erfolgt solange eine CRF-Abgabe, bis durch erhöhte ACTH- und Kortisolproduktion der Sollwert des Plasma-Kortisols wieder erreicht ist. Dies setzt jedoch eine normale Funktionsfähigkeit des erhaltenen Nebennieren-Gewebes voraus. Die Aldosteronsekretion wird über das Renin-Angiotensin-System bzw. die Natrium-Kalium-Bilanz, das intravaskuläre Volumen und den Mitteldruck in den Vasa afferentia der Niere geregelt.
1.2.2. Geschlechtshormone Die Produktion von Östrogenen, Progesteron und Androstendion erfolgt nicht nur in den primären Geschlechtsorganen, den Ovarien oder Testes, sondern
1.2.3. Katecholamine Das NNM produziert die Katecholamine Noradrenalin (25 %), Adrenalin (75 %) und Dopamin (5 %), die aus Tyrosin über Dihydroxyphenylalanin (DOPA) und Dopamin gebildet werden. Der Großteil der Katecholamine wird durch Abbau als Vanillinmandelsäure (ca. 75 %), ein geringererer Teil als Metanephrin bzw. Normetanephrin (10–15 %) ausgeschieden. Diese Abbauprodukte stellen die entscheidenden Messgrößen zur Bestimmung von endokrin aktiven Tumoren des Nebennierenmarks dar (Tabelle 25.2). Extraadrenale Tumoren sympathischer Ganglien, die Paragangliome, produzieren meist ausschließlich Dopamin und können über dieses Hormon detektiert werden. In Stress-Situationen kommt es im Nebennierenmark zur vermehrten Ausschüttung von Katecholaminen, mit nachfolgender Verengung der Koronar-, Mesenterial-, Skelettmuskel- und Nierenarterien. Dazu führen sie zu einer Erweiterung der Bronchien, einer Steigerung der Leberglykogenolyse und der Insulinsekretion. Die Wirkung von Adrenalin und Noradrenalin ist an den A¹-und B¹-Rezeptoren nahezu gleich stark, an den B²-Rezeptoren hingegen ist die Adrenalinwirkung deutlich höher als die des Noradrenalins.
Kapitel 25
Tumoren der Nebenniere
2. Diagnostik 2.1 Funktionsdiagnostik Um von einer pathologischen Hormonsekretion (freies Cortisol, ACTH, Plasma-Aldosteron, Plasma-Renin, DHEA-S, Östradiol, Metanephrine) auf einen Nebennierentumor rückschließen zu können, bedarf es einer exakten und ausführlichen Anamnese sowie einer eingehenden klinischen Untersuchung des Patienten. Erst in weiterer Folge werden zur Sicherung der Verdachtsdiagnose spezifische Funktionstests durchgeführt. In Abhängigkeit der Ergebnisse erfolgt die entsprechende bildgebende Diagnostik, an erster Stelle mittels CT. Das klinische und histologische Erscheinungsbild von NN-Tumoren ist vielfältig. Während unter NN-Veränderungen beim M. Cushing (diffuse bis knotige bilaterale Hyperplasie) nahezu keine Malignität beobachtet wird, zeigen Patienten mit sporadischen und erblichen Tumoren in bis zu 40 % maligne Verlausformen (Tabelle 25.4). In die Entscheidung für oder gegen die Operation eines Nebennierentumors sollte die Kombination aus klinischer Symptomatik, Hormonanalyse, Bildgebung und einer eventuellen genetischen Analyse (MEN 1, MEN 2, VHL, SDHB, SDHD) einfließen! Hierbei ist eine genaue Kenntnis der statistischen Verteilung maligner Befunde unter den hereditären und sporadischen NN-Tumoren für den endokrinen Chirurgen von großem Wert (Tabelle 25.3). Zum Nachweis eines Cushing-Syndroms werden neben der Bestimmung des freien Cortisols (freies Cortisol 2– 20 μg/24 h) im Plasma die 24-Stunden-Kortisol-Ausscheidung im Urin sowie der Dexamethason-Hemmtest durchgeführt. Zusätzlich zur Sorgfalt bei der Blutentnahme und spezifischen Lagerung der Seren zur Hormonbestimmung ist auch auf das frühzeitige Absetzen von Medikamenten zu achten, die eine Veränderung der Hormon-Serumspiegel bewirken können: Spironolacton – 6 Wochen; Schleifendiuretika – 4 Wochen; Thiaziddiuretika – 4 Wochen; ACE Hemmer – 2 Wochen; zentrale ABlocker – 1 Woche; B-Blocker – 1 Woche; Kalziumantagonisten – 1 Woche. Bei der Diagnosesicherung eines primären Hyperaldosteronismus aufgrund eines NNR-Tumors (Conn-Syndrom) ist der Plasma-Aldosteron-Spiegel (> 150 pg/ ml) in Verbindung mit dem Aldosteron-Renin-Quotienten (> 300 pg/ml/h) entscheidend. So kann das Vorhandensein eines normokaliämischen Hyperaldosteronismus als Ursache für die arterielle Hypertonie laborchemisch erkannt und der Patient somit durch eine Operation geheilt werden.
353 Tabelle 25.2. Konzentration der Katecholamine und ihrer Metaboliten in Blut und Harn
Blut
Harn Katecholamine gesamt
< 110 μg/ 24 Stunden
Noradrenalin
126–255 ng/l
Noradrenalin
< 85 μg/ 24 Stunden
Adrenalin
48–124 ng/l
Adrenalin
< 25 μg/ 24 Stunden
Dopamin
18–128 ng/l
Metanephrin gesamt
0,3–0,9 mg/ 24 Stunden
Vanillinmandelsäure
< 8 mg/ 24 Stunden
Homovanillin- < 8 mg/ mandelsäure 24 Stunden
Tabelle 25.3. Inzidenz benigner und maligner Nebennierentumoren in Abhängigkeit von Größe und hormoneller Aktivität (HHU-Düsseldorf 1986–2001; LKH-Neuss 2001–2005)
Tumor und Hormonproduktion
Malignität
Malignität bei Tu < 5cm
n
%
n
%
n
%
Conn (Aldosteron)
85
19
3/85
3
0/3
0
Cushing (Cortisol)
76
17
8/76
10
0/8
0
Phäochromozytom (Katecholamine)
111
25
13/111
11
0/13
0
Virilisierende/ Feminin. Hormonbildung
13
3
4/13
31
1/4
25
Hormoninaktive TU 112
25 25/112
22
2/25
8
Gesamt
100 53/447
12
3/53
5,5
447
Tabelle 25.4. Verteilung und Dignität katecholaminbildender Tumoren (HHU-Düsseldorf 1986–2001)
Phäochromozytom
n
CT-Diagnose %
Malignität
%
Sporadisch intraadrenal
33
26/27
96
4/33
12
Sporadisch extraadrenal
11
6/8
75
2/11
18
MEN 2, VHL, SDHB/D
17
12/14
86
2/17
12
E. Bareck, P. P. Pohl und P. E. Goretzki
354
Tabelle 25.5. Häufigkeit der Operationen von inzidentell gefundenen NN-Tumoren sowie Anteil der Operationen wegen fraglicher Malignität Zahl der NN-Operationen
1986–1995 1996–2001 2001–2005 N (%) N (%) N (%)
Inzidentalome/ Gesamt
23/203 (11 %)
28/127 (22 %)
21/107 (20 %)
Indikation Malignität
13/23 (56 %)
8/28 (29 %)
4/21 (19 %)
Tabelle 25.6. Inzidenz maligner Nebennierentumoren in Abhängigkeit von Tumorgröße (HHU-Düsseldorf 1986–2001)
Abb. 25.1. CT einer Patientin mit lokal infiltrativ wachsendem Nebennierenrindenkarzinom (ACC)
Weiterführende invasive Vorgehensweisen, wie die seitengetrennte Nebennierenvenenblutabnahme sind heute aufgrund sicherer Hormonbestimmungen und verbesserter Bildgebung selten indiziert.
Tumor-Größe
Malignität N gesamt
%
5 cm
3/94
3
5–8 cm
3/15
20
8 cm
10/11
91
gesamt
16/120
13
2.2. Bildgebende Diagnostik Ist mittels Funktionsdiagnostik eine Verdachtsdiagnose gestellt, erfolgt die weitere Charakterisierung bzw. Klassifizierung und Lokalisation des NN-Tumors anhand der Bildgebung. Oft wird jedoch heute ein Ne-
a
bennierentumor auch ohne funktionelle (hormonelle) Wirkungen zufällig entdeckt (Inzidentalom). Das Inzidentalom stellt nur dann eine Operationsindikation dar, wenn mögliche Malignität aufgrund eines Tumorwachstums, einer Tumorgröße über 3 cm oder einer
b
Abb. 25.2. NN-Metastase links eines hepatoiden Adenokarzinoms (DM 11,8 cm): a) axial, b) koronar
Kapitel 25
Tumoren der Nebenniere
Tumorinfiltration der Umgebung nicht ausgeschlossen werden kann (Tabelle 25.5, 25.6). Ein einfaches und häufig rasch zur Verfügung stehendes Schnittbildverfahren ist die Sonographie, wobei aber einerseits die Sensitivität bei Tumoren kleiner als 1,5 cm deutlich abnimmt und andererseits eine nähere Tumordifferenzierung nicht getroffen werden kann. Deshalb stellt die CT den Goldstandard in der Lokalisationsdiagnostik von NN-Tumoren dar. Mit ihr gelingt es, in Abhängigkeit vom gewählten Verfahren (Schichtdicke) eine morphologische und örtliche Differenzierung zu erzielen (Abb. 25.1, 25.2). Die MRT ist nicht die Untersuchungsmethode der ersten Wahl. In der Beurteilung der Lagebeziehung bzw. Beschaffenheit und Dignität des NN-Tumors ist die MRT jedoch der CT überlegen. Dies auch vor dem Hintergrund, dass eine exakte Größenangabe der Tumoren für die Einschätzung des operativen Vorgehens (mögliches malignes Wachstum) von größter Bedeutung ist und die CT-Untersuchungen eine Varianz in der Größenangabe von weiterhin 15–30 % zeigen. Ergänzend findet die ¹³¹J-Meta-Jod-Benzyl-Guanidin-(¹³¹J-MIBG)-Szintigraphie in der Lokalisationsdiagnostik des Phäochromozytoms und Neuroblastoms Anwendung. In Ausnahmefällen, wie z. B. beim Auffinden seltener extraadrenaler Phäochromozytome bzw. Paragangliome, hat die DOPA-PET die höchste Sensitivität und Spezifität gezeigt. Diese Untersuchung ist jedoch vergleichsweise teuer und wird nur in wenigen Kliniken durchgeführt.
3. Vorbehandlung Bei der Operation eines Phäochromozytoms werden bei Manipulation am Zielorgan oder durch Insufflation von CO² bei minimal invasivem Vorgehen Katecholamine freigesetzt, die eine hypertensive Krise auslösen können. Um letzteres zu verhindern, erhalten alle Patienten mit Verdacht auf das Vorliegen eines Phäochromozytoms eine präoperative A-Rezeptorenblockade (Phenoxybenzamin) oder eine Therapie mit einem Kalziumantagonisten. Die klassische Phenoxybenzamin-Dosierung beginnt mit 20–30 mg/Tag und wird sukzessive bis zum 3-Fachen des Körpergewichts in mg/Tag gesteigert. Nebenwirkungen der Therapie, wie Schwellung der Nasenschleimhaut und orthostatische Probleme, werden symptomatisch (3 l Flüssigkeitssubstitution/Tag) behandelt. Treten zusätzlich Tachykardien und Arrhythmien auf, ist die B-Rezeptorenblockade (z. B. 50 mg Atenolol) indiziert, niemals jedoch ohne vorhergehende A-Rezeptoren-
355
blockade oder Therapie mit einem Kalziumantagonisten.
4. Präoperative Vorbereitung In den meisten Fällen eines primären Hyperaldosteronismus ist eine antihypertensive Therapie mit dem Aldosteronantagonisten Spironolacton, in einer Dosierung von 200–400 mg/Tag, schon präoperativ vorhanden, falls nicht, muss sie nicht initiiert werden. Präoperativ ist nur die Hypokaliämie auszugleichen. Für Patienten mit M. Cushing aufgrund eines Hypophysentumors, eines Cushing-Syndroms oder aufgrund einer Paraneoplasie (tertiärer Cushing z. B. bei Brochial-NPL) wird die Operationsindikation zur Nebennieren-Entfernung beidseits erst nach erfolgloser Hypophysenoperation bzw. Operation des Primärtumors sowie ineffektiver medikamentöser Therapie gestellt. Bei allen Patienten mit Morbus Cushing und Cushing-Syndrom muss präoperativ eine Normalisierung des Elektrolythaushalts erfolgen. Die oft begleitende diabetische Stoffwechsellage und die Katabolie mit Eiweißverlust-Syndrom sind dagegen oft erst nach Entfernung des Tumors oder beider Nebennieren effektiv therapierbar (keine Empfehlung zur präoperativen Therapie mit Ketokonazol).
5. Operative Strategie 5.1. Interdisziplinäre Zusammenarbeit Die chirurgische Therapie der Nebenniere setzt in vielen Fällen ein konsequentes prä-, peri- und postoperatives Monitoring voraus. Hierfür ist eine enge Zusammenarbeit von Internisten, Anästhesisten und Chirurgen für den Patienten elementar. Die wohl größte Herausforderung stellt dabei aufgrund seiner erhöhten Katecholaminausschüttung das Phäochromozytom dar. Nach ausreichender präoperativer B-Rezeptorenblockade gilt es, trotzdem entstehende intraoperative Bluthochdruckkrisen so weit wie möglich zu verhindern (keine unnötige Manipulation am Tumor) und gegebenenfalls, bei Anstieg des Blutdruckes über 200 mmHG, die Operation kurz zu unterbrechen und den peripheren Widerstand mittels Nitroprussid-Natrium akut zu senken. Für ein ausreichendes intraoperatives Monitoring sind neben einem zentralen Venenzugang eine arterielle Blutdruckmessung, bei kardial vorbelasteten Patienten die Möglichkeit der Pulmonalisdruckmessung, mehrere großvolumige Braunülen, ein optionaler transurethraler Harnbla-
356
E. Bareck, P. P. Pohl und P. E. Goretzki Tabelle 25.7. Operative Verfahrenswahl in verschiedenen Zeiträumen (HHU-Düsseldorf 1986–1995 und 1996–2001; Lukas Krh. Neuss 2001–2005)
Zeitraum
Patienten transabdominell (n)
dorsal offen
MIC
1986–95
203
71
39
0
1996–2001
127
30
16
54
2001–05
108
19
2
79
MIC: minimal invasive Chirurgie
senkatheter zur Bilanzierung und insbesondere eine lückenlose intraoperative Information zwischen Chirurgen und Anästhesist über jegliche außergewöhnliche Vorkommnisse zwingend notwendig. Bei ein- oder beidseitigen totalen oder subtotalen NNEntfernungen muss bedacht werden, dass der Patient postoperativ über keine oder eine eingeschränkte Glukokortikoidproduktion verfügt; einseitige NNR-Tumore führen durch eine gesteigerte Hormonsynthese zu einer Suppression der Hormonproduktion der kontralateralen Seite. Bereits intraoperativ sollte eine intravenöse Gabe von 100 mg Hydrokortison erfolgen, wobei danach mit 100 mg über 24 Stunden intravenös weiter substituiert wird. Ab dem 3. postoperativen Tag wird die Kortisolmedikation reduziert und peroral weitergeführt. Bei einseitigen Adrenalektomien kann die Restfunktion der verbliebenen NN mittels ACTH-Stimulationstest überprüft werden. Das Auftreten einer postoperativen Addison-Krise, als Ausdruck einer akuten Nebenniereninsuffizienz, ist zu jedem Zeitpunkt nach Adrenalektomie möglich. Kommt es nach einer Adrenalektomie zum Auftreten von Erbrechen in Kombination mit Unwohlsein und Hypotonie in Stresssituationen, muss daher an die Addison-Krise gedacht und umgehend Cortisol appliziert werden! Dies stellt sonst eine lebensbedrohliche endokrine Notfallsituation dar. Der Ersatz der Mineralokortikoide ist bei Verwendung von Hydrokortison intraoperativ nicht notwendig, eine später notwendige Substitution nach z. B. bilateraler Adrenalektomie kann peroral parallel zur Einnahme der Glukokortikoide erfolgen (0,05–0,2 mg Fludrokortison).
Teiladrenalektomie für isolierte kleinere Tumoren mit Conn-Syndrom der Adrenalektomie überlegen ist, werden erst langfristige Beobachtungen über Rezidivtumor-Entstehung versus chronische Nebennieren-Insuffizienz entscheiden können. Teiladrenalektomien sind jedoch schon für die Therapie von beidseitig zu erwartender PhäochromozytomErkrankung bei Patienten mit MEN-2-Syndrom und bei Patienten mit Von-Hippel-Lindau-Syndrom etabliert. Selbst kleinere Reste der NNR können diese oft noch jungen Patienten vor einer dauerhaften Kortisolbedürftigkeit und einer möglichen Addison-Krise schützen. Konsequente Kompartmentdissektion mit Entfernung der Nebenniere, entsprechender lokoregionärer Lymphknotendissektion und gegebenenfalls Mitresektion angrenzender Organstrukturen (Niere, Zwerchfell, Leber, Milz) ist in der chirurgischen Therapie maligner Nebennierentumoren zwingend notwendig. Dies kann eine ausgedehnte Zugangspräparation zum Tumor erfordern, da besonders die Karzinome der Nebenniere (NNR und NNM) oft sehr weich sind (zentrale Nekrosen), und dabei die Gefahr einer lokoregionären Tumor-Aussaat durch Kapselverletzung besteht. Besonders die peritoneale und lokoregionäre Tumorverschleppung führt zu einer nachweisbaren Verschlechterung der schon eingeschränkten Prognose des Patienten.
5.3. Operationszugänge Die minimal invasiven transperitonealen oder retroperitoneoskopischen Vorgehensweisen zur Adrenalektomie sind bei bis zu 90 % aller Tumoren möglich und gelten heute als der Goldstandard der Nebenierenchirurgie (Tabelle 25.7). Gegenüber offenen, klassischen Verfahren zeigen sie eine geringere Belastung des Patienten, weniger Sekundärheilungen sowie weniger postoperative Narbenhernien und weisen entgegen anfänglicher Erfahrung keine längeren Operationszeiten auf. Bei Verdacht auf bösartiges Wachstum (Tumoren über 6 cm, Fernmetastasen-Nachweis, Infiltration der Nachbarorgane, Rezidiv eines bekannten malignen Nebennierentumors) sollte dagegen weiterhin immer ein offenes Vorgehen gewählt werden (Kompartmentdissektion).
5.2. Operationsausmaß
5.3.1. Laparoskopische Technik
Die vollständige einseitige Adrenalektomie stellt das Verfahren der Wahl bei allen sporadischen gutartigen Tumoren der NNR und des NNMs dar. In wieweit eine
Bei der laparoskopischen Adrenalektomie werden zwei Zugangswege beschrieben: der transabdominelle und der retroperitoneoskopische Zugang.
Kapitel 25
Tumoren der Nebenniere
357
Abb. 25.3. Lagerung zur laparoskopischen Exstirpation eines Nebennierentumors links Abb. 25.4. Platzierung der Trokare bei der laparoskopischen Exstirpation eines Nebennierentumors
Zur transabdominellen laparoskopischen Vorgehensweise wird der Patient idealerweise auf einer Vakuummatratze auf der dem Tumor gegenüberliegenden Seite in 45 ° Seitenlage gelagert (Abb. 25.3). Anschließend werden 1 Optik- und 2–3 Arbeitstrokare (5–10 mm) im Halbkreis entlang des rechten bzw. linken Rippen-
a
bogens platziert (Abb. 25.4). Auf der rechten Seite wird der rechte Leberlappen von retroperitonealen Verwachsungen bis kurz vor die V. cava gelöst, und gibt bei weiterer Körperdrehung die Vorderseite der Gerota’schen Faszie frei. Durch die Gerota’sche Faszie lässt sich die Raumforderung der Nebenniere oft schon
b
Abb. 25.5. a) Abpräparation der linken Kolonflexur, b) Präparation der Nieren/Nebennierenkapseln
358
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tasten. Die Faszie wird laterokaudal mit dem Ultraschallskalpell eröffnet und anschließend die arterielle und venöse Versorgung der Nebenniere präpariert. Um ein Anschwellen des Organs zu vermeiden, wird zunächst die arterielle Versorgung mittels Clips versorgt. Abschließend werden die Venenverbindungen zu Zwerchfell, V. cava inferior und ggf. der Nierenvene geklippt. Danach wird die Nebenniere über einen Bergebeutel extrahiert. Zur Präparation auf der linken Seite wird der Patient in 45 ° Seitenlage rechts gelagert und mit Einführen der Optik sowie zweier Arbeitstrokare wird die Milz von ihrer lateralen und kraniolateralen Verwachsung gelöst. Sie folgt der Schwerkraft und fällt, den Pankreasschwanz mitnehmend, nach medial. In der nun meist sichtbaren Furche zwischen Aorta, Nebenniere und Niere können die Aa. suprarenalis und renalis dargestellt werden. Kaudal wird nach Inzision der Gerota’schen Faszie von lateral der venöse Abfluss zur Nierenvene hin geklippt. Die dorsalen Zugänge zur rechten und linken Nebenniere setzten eine Bauchlagerung mit Abkippung des Oberkörpers und der Beine voraus. Dies zeigt auch die Begrenzung der Methode, denn Patienten mit einem BMI über 30 kg/m² sind so nicht zu beatmen. Die Exposition ist jedoch zwingend notwendig, um ausreichenden Platz im Retroperitoneum schaffen zu können. Nach Stichinzision 3 cm lateral der Spitze der 12. Rippe wird das Retroperitoneum digital eröffnet und erweitert und danach eine Optik mit 20 mmHg CO²-Insufflation eingeführt. Nach Setzen der 2 Arbeitstrokare und Erweitern des Operationsfeldes nach kranial wird die Nebenniere unter dem Zwerchfell sichtbar und kann relativ einfach präpariert werden. Kleinere Blutungen sind bei dem erhöhten Insufflationsdruck (20 gegenüber 14 mmHg) und dem begrenzten Operationsraum im Retroperitoneum von geringerer Problematik als beim transabdominellen Vorgehen. Die Vorgehensweise ist dagegen für Viszeralchirurgen etwas ungewohnt (Begrenzungen im Retroperitoneum!) und die Ausdehnung des Operationsraums limitiert (Abb. 25.5).
5.3.2. Der transperitoneale offene Zugang Im Falle eines rechtsseitigen NN-Tumors kann der ventrale Zugang mittels eines Medianschnittes oder, oft vorteilhafter, eines Subkostalschnitts rechts erfolgen. Nach Einsetzen eines Leberretraktors und eventuell notwendiger Mobilisierung der rechten Kolonflexur bzw. des Duodenums wird die V. cava inferior freiprä-
pariert. Zwischen V. cava inferior und rechter NN wird die kurze, zum Großteil direkt einmündende NN-Vene ersichtlich. An dieser Stelle wird die NN-Vene abgesetzt, wobei ein vorsichtiger seitlich gerichteter Zug auf die NN seitens des Operateurs oft hilfreich ist. Zusätzlich einmündende kleinere Venen sind nicht selten und werden identisch versorgt. Nach anschließender Mobilisierung der rechten NN werden die NN-Arterie bzw. versorgende Äste der A. phrenica inferior versorgt. Bei linksseitigen NN-Tumoren erfolgt der Zugang durch einen linksseitigen Subkostalschnitt. Gewöhnlich erfolgt die NN-Exploration links durch Mobilisierung der linken Kolonflexur. Nach Durchtrennung des Ligamentum gastrolienale wird der Blick auf die NN frei. Die arterielle und venöse Versorgung besteht beidseits aus 3 Gefäßen in Beziehung mit Zwerchfell, Aorta bzw. V. cava und A./V. renalis. Die offenen Zugangswege werden heute für große Tumoren über 6 cm bevorzugt und können entsprechend den Anforderungen bis hin zu einem abdominothorakalen Zugangsweg erweitert werden. Die thorakale Erweiterung erfolgt über eine Durchtrennung der Rippen in der Medioklavikularlinie und die Durchtrennung des ventralen Zwerchfellansatzes. Für große Tumoren mit Verdacht auf einen Tumorzapfen in der V. cava hat sich das frühzeitige Freilegen der Vene unterhalb des Nierenvenenzuflusses und oberhalb der Leber bewährt. Individuelle Variationen der Zugangswege sind entsprechend der jeweiligen Anforderung (z. B. Infiltration des Tumors in den Unterlappen etc.) zu wählen.
5.3.3. Der dorsale (retroperitoneale) offene Zugang Vor Einführung der minimal invasiven Vorgehenweise galt diese OP-Technik nach Mayo als die schonendste Form der Nebennierenfreilegung. Sie hat heute keine klinische Bedeutung mehr, da wegen des relativ eingeschränkten Operationsgebietes die entfernbare Tumorgröße bei diesem Verfahren limitiert ist. Der Patient liegt in Bauchlage, mit abgeknicktem Oberkörper und abgewinkelten Oberschenkeln. Die Schnittführung erfolgt vom Ansatz der 10. Rippe beginnend bogenförmig entlang dem Verlauf der 12. Rippe.
5.4. Besonderheiten in der Therapie der NN-Tumoren 5.4.1. Tumoren der Nebennieren-Rinde Die Tumoren der Nebennierenrinde können aufgrund ihrer Hormonaktivität in aldosteron-, cortisol- und ge-
Kapitel 25
Tumoren der Nebenniere
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schlechtshormonproduzierende gut- und bösartige Tumoren eingeteilt werden. Während die meisten aldosteronproduzierenden Tumoren eine geringere Größe als 5 cm und eine unter 2 % liegende Malignitätsrate aufweisen, ist dies bei etwa 15–20 % der cortisolproduzierenden Tumoren (Cushing-Syndrom) und in 40– 50 % der feminisierend und virilisierend wirkenden Nebennieren-Tumoren der Fall. Auch hier besteht eine enge Beziehung zwischen Tumorgröße und malignem Wachstum (Tabelle 25.5).
5.4.1.1. Gutartige Tumoren der Nebennieren-Rinde Bei Tumoren der Nebennieren-Rinde unter 5–6 cm im Durchmesser kann die operative Entfernung meist ohne weitere Vorbehandlung nach Ausschluss einer familiären Grundkrankheit (MEN 1: Familienanamnese, Serum-Ca, ggf. Menin-Gen-Untersuchung) minimal invasiv vorgenommen werden. Die Wahrscheinlichkeit, eine adrenal bedingte Hypertonie (Conn-Syndrom Abb. 25.6, Cushing-Syndrom) durch die Operation zu heilen, nimmt jedoch mit dem Alter der Patienten und mit der Dauer der vorbestehenden Hypertonie ab. Daher sollten die Patienten präoperativ darüber informiert werden, dass eine vorbestehende antihypertensive Medikation nach der Operation möglicherweise nicht vollständig abgesetzt, sondern oft nur reduziert werden kann. Im Falle einer MEN-1-Erkrankung wird eine Teiladrenalektomie erwogen und sollte mit dem Patienten ebenfalls bereits präoperativ besprochen werden (Gefahr postoperativer Addison’scher Krisen gegenüber Rezidivgefahr abwägen). Von besonderer Brisanz ist das Zahlenverhältnis gutartiger zu bösartigen Tumoren für die Operationsindikation aller zufällig entdeckten Inzidentalome bei Patienten ohne anamnestische maligne Grunderkrankung. In diesen Fällen kann bis zu einer Tumorgröße von 3 cm keine eindeutige Operationsindikation gestellt werden (malignes Wachstum unter 1 %), und es wird generell ein konservatives Vorgehen mit erst halbjährlicher und danach jährlicher Größenkontrolle empfohlen. Die Wahrscheinlichkeit, solch einen zufälligen Tumorbefund in der Nebenniere zu entdecken, liegt vor dem 40. Lebensjahr unter 1 % und steigt bei über 70-Jährigen auf über 6 % an, ohne dass die Zahl der Malignome in gleicher Weise zunehmen würde. Somit ist mit zunehmendem Alter eher die operative Zurückhaltung geboten. Im Falle von Nebennierentumoren bei Patienten mit anderen bekannten Malignomen ist, nach Ausschluss eines Phäochromozytoms, die Feinnadelpunktion mit
Abb. 25.6. Conn-Adenom (safrangelb) von 2 cm im Durchmesser mit klinischer Hypertonie und Hypokaliämie bei Hyperaldosteronismus
Abb. 25.7. Isolierte Lebermetastase bei kortisolproduzierendem Nebennierenrindenkarzinom (ACC)
Abb. 25.8. Nebennierenmark-Hyperplasie mit Knoten bei MEN-2
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nachfolgender Zytologie sinnvoll, die bei allen anderen unklaren Nebennierentumoren sonst abgelehnt und von einigen sogar als obsolet angesehen wird. In diesen speziellen Fällen fraglicher Metastasen anderer Tumoren kann jedoch mittels Feinnadelbiopsie zwischen Fernmetastasen und gutartigen Nebennieren-Tumoren (Häufigkeit etwa 1 : 1) unterschieden werden. Patienten mit Myelolipomen der Nebenniere, welche Ausmaße von 5–6 cm annehmen, stellen eine Ausnahme dar. Diese können beträchtliche Dimensionen annehmen (oft über 10cm im Durchmesser) und zeigen dennoch ein gutartiges Wachstum. Da sie im CT gegenüber anderen Tumoren der Nebenniere klar zu differenzieren sind, ist hier eine Operationsindikation nur im Falle von Verdrängungserscheinungen (Völlegefühl, Druckbeschwerden, Rückenschmerzen) gegeben.
5.4.1.2. Bösartige Nebennierenrindentumoren Die seltenen Nebennierenrindenkarzinome (2–4 Fälle/ 1 Mio. Einwohner/Jahr) gehören zu den endokrinen Tumoren mit einer äußerst schlechten Prognose und Therapierbarkeit. Nur die radikale operative Tumorentfernung ohne Kapselverletzung kann in geringem Umfang Heilung und längerfristige Tumorfreiheit über Jahre erreichen. Dies führt oft zu einer Erweiterung der chirurgischen Vorgehensweise über die Nebenniere hinaus, mit Entfernung umgebender Strukturen bis hin zu thorako-abdominellen Kombinationseingriffen. Nicht-radikale Tumorentfernung und TumorkapselVerletzung bei der Operation führen innerhalb von Monaten zur lokoregionären Rezidiventwicklung mit äußerst schlechter Prognose. Bei radikaler Tumorentfernung ist dagegen mit der Entwicklung von Fernmetastasen zu rechnen (Lunge, Leber, ZNS, Knochen), die bei möglicher chirurgischer Entfernbarkeit wiederum operativ angegangen werden sollten (Abb. 25.7). In wieweit die hochdosierte Mitotan-Therapie (Lysodren, Hemmung der Cortisolproduktion und der NNR-Zellproliferation) eine wirkliche Lebensverlängerung mit Zunahme der rezidivfreien Zeit bewirken kann, ist nicht eindeutig geklärt. Die Therapie zeigt in 20–25 % eine objektive Remission, muss jedoch oft bis zur Brechreizschwelle angehoben werden, um die notwendigen Serumspiegel zu erreichen (primär 1 g/Tag, gesteigert auf 5 g/Tag). Alle anderen Therapieoptionen, wie perkutane Radiatio (Reduktion lokoregionärer Tumorrezidive bei nicht optimalem chirurgischen Vorgehen?) und HochdosisChemotherapie (Doxorubicin und Cisplatin) zeigen in
10–25 % partielle Ansprechraten, haben aber in Bezug auf eine Überlebenszeit-Verlängerung versagt.
5.4.2. Tumoren des Nebennierenmarks Die Tumoren des Nebennierenmarks werden als Phäochromozytome bezeichnet, die Tumoren des extraadrenalen Grenzstranges und anderer katecholaminproduzierender Zellen im Körper als Paragangliome. Die NNM-Tumore werden nach ihrer Wachstumsform und Histologie in gutartige und bösartige Phäochromozytome und unreife Neuroblastome unterteilt.
5.4.2.1. Benignes Phäochromozytom Hierbei handelt es sich um einen benignen Tumor der chromaffinen Zellen des NNM, in 85–90 % einseitig lokalisiert, welcher in allen Altersklassen, bevorzugt jedoch in der 4. und 5. Lebensdekade auftritt. Mit zunehmendem Alter nehmen hereditäre Formen gegenüber sporadisch auftretenden ab. Im Neugeborenenalter sind dagegen nahezu alle Phäochromozytome hereditär, nicht jedoch die Neuroblastome. Die durchschnittliche Größe der Tumoren liegt zwischen 3 und 6 cm, das Gewicht zwischen 100 und 150 g. Unter den Phäochromozytomen sind ca. 11 % maligne, bei Tumoren kleiner 5 cm liegt die Malignitätsrate bei 3 %, bei Tumoren zwischen 5 und 8 cm bereits bei ca. 17 %. Bei Tumoren größer 8 cm sind ca. 91 % maligne! Das klassische Leitsymptom ist die Hypertonie. Weitere mögliche Symptome sind: • paroxysmales Herzrasen • Schweißausbrüche • Kopfschmerzen, • seltener: Wärmeintoleranz, • Abdominalbeschwerden • Glucoseintoleranz, als Folge der gesteigerten Katecholaminausschüttung Die Phäochromozytome exprimieren in ca. 80–85 % der Fälle Noradrenalin, in geringerem Ausmaß Adrenalin und Dopamin. Für die Labordiagnostik eignet sich die Bestimmung des Plasma-Normetanephrins (Noradrenalin) und Metanephrins (Adrenalin). Diese Bestimmungen haben eine Sensitivität von 96 % und eine Spezifität von 80 %. Plasma-Normetanephrin im Serum allein hat eine etwas geringere Sensitivität von 92 %, aber eine erhöhte Spezifität von 96 %. Daher gilt es heute als allgemeiner Konsens, Adrenalin und Noradrenalin im Serum mittels RIA zu bestimmen. Bei der bildgebenden Diagnostik stehen CT und MRT
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Tumoren der Nebenniere
im Vordergrund, gefolgt vom MIBG-Scan. Zum Nachweis extraadrenaler Phäochromozytom-Lokalisationen hat das DOPA-PET die höchste Sensitivität und Spezifität. 5–20 % aller Phäochromozytome werden heute zufällig, bei US- oder CT-Untersuchungen wegen anderer Fragestellungen, entdeckt. Ca. 10 % aller Tumore sind mit einem familiären Syndrom assoziiert, wie der MEN 2, der Neurofibromatose Typ 1, dem Sturge-Weber-Krabbe-Syndrom und dem hereditären Paraganglioma-Syndrom (SDHB/SDHD). Nicht selten ist das Phäochromozytom dabei die erste Manifestation eines familiären Syndroms, manchmal sogar die einzige, wie z. B. beim Von-Hippel–LindauSyndrom Typ 2c. Während benigne sporadische NN-Tumoren in ca. 5 % der Fälle ein Rezidiv bilden, zeigen Patienten im Rahmen einer erblichen Erkrankung (MEN, VHL) in bis zu 20 % Rezidivtumoren (Abb. 25.8).
5.4.2.2. Malignes Phäochromozytom und Neuroblastom der Nebeniere Ungefähr 6–10 % aller Phäochromozytome zeigen ein malignes Wachstum mit lokaler Invasion und Bildung von Lymphknoten- oder Fernmetastasen. Die Diagnostik zeigt oft bereits das expansive Tumorwachstum und einen deutlich über dem Durchschnitt liegenden Tumordurchmesser (6–19 cm). Die häufigsten Metastasierungsorgane sind Knochen, Lunge, Leber und retroperitoneale bzw. mediastinale Lymphknoten. Zur Lokalisationsdiagnostik einer Knochenmetastasierung sind die Durchführung einer ¹²³Jod-Szintigraphie, zum Nachweis eines Rezidivgeschehens ein MIBG-Scan, bzw. laborchemisch eine Bestimmung des Chromogranin A von Nutzen. Als Indikatoren für das Vorliegen eines malignen Phäochromozytoms gelten ein organüberschreitendes Wachstum, Gefäßinvasion bei der histologischen Beurteilung und eine erhöhte Zellproliferationsrate (Ki 67 über 3–5 %). Neben dem Vorliegen oder Fehlen von Lymphknoten- und Fernmetastasen gibt es jedoch kein eindeutiges Kriterium für die Differenzierung zwischen benignen und malignen Phäochromozytomen. Die operative Entfernung des Tumors bzw. der Lymphknoten und eventuell vorhandener Fernmetastasen gilt weiterhin als einziger kurativer Therapieansatz. Dies schließt auch die J¹³¹MIBG-Therapie mit ein. J¹³¹MIBG zeigt in 45 % der Fälle einen Effekt auf die Hormonsekretion und in etwa 30 % eine partielle Tumorremission. In einigen Fällen wurde sogar eine komplette Remission (Lebermetastasen) beschrieben, die aber nur von geringer Dauer war. Eine dauerhafte
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Abb. 25.9. Neuroblastom mit Befall beider Nebennieren
Heilung konnte bisher durch J¹³¹MIBG nicht erreicht werden. Bei chirurgisch entfernbaren Fernmetastasen in Leber und Lunge ist die vermehrte Tumorperfusion mit ausgedehnter Bildung pathologischer Gefäße zu berücksichtigen. Die 5-JÜR beträgt nur 20–45 %, sodass nach weiteren effektiven Therapieansätzen neben der Chirurgie gesucht werden muss. Für Patienten mit Somatostatinrezeptor-positiven Tumoren ist eine zusätzliche biologische Behandlung mit Somatostatin-Analoga (LAR) möglich, die eine Hormonsekretion unterdrücken. Ob die zusätzlich antiproliferativen Eigenschaften von LAR eine Verminderung des Tumorwachstums bei Phäochromozytomen in vivo bewirken, ist nicht eindeutig belegt. Bisherige chemotherapeutische Ansätze haben die Hochdosis-Kombinationstherapie für kleinzellige Bronchialkarzinome (SCLC) als Grundlage (Cyclophosphamid, Vincristin und Dacarbazin) verwendet (Ansprechrate von etwa 50 %). Neuroblastome sind maligne Tumoren, die in 40 % bis zum 2. Lebensjahr, in 90 % bis zum 10. und nur selten nach dem 15. Lebensjahr auftreten (Abb. 25.9). Sie können bei Erwachsenen somit als Rarität angesehen werden. Die Prognose dieser Tumoren wird besonders von der Ausdehnung des Tumors und einer möglichen Metastasierung in das Knochenmark sowie dem Nachweis von N-myc-Mutationen und N-mycÜberexpression der Tumorzellen beeinflusst. Eine operative Therapie ist beim Neuroblastom im Gegensatz zu allen anderen Tumoren der Nebenniere nur selten indiziert und die meisten Patienten werden heute mit einer Chemotherapie behandelt.
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E. Bareck, P. P. Pohl und P. E. Goretzki
6. Komplikationsmanagement Intraoperative Komplikationen wie Blutung oder Organverletzungen bei benignen Tumoren sollten bei geringerer laparoskopischer Erfahrung zur Konversion und zur offenen Vorgehensweise führen. Auf mögliche Probleme bei malignen Tumoren (Cava-Thrombus, Infiltration des Zwerchfelles, der Leber, der Nieren und der Milz, pathologische Durchblutungsverhältnisse bei Metastasen der Phäochromozytome) ist bereits eingangs hingewiesen worden. Als postoperative Komplikationen werden vor allem Wundinfekte, Nachblutungen und Trokarhernien angegeben. Für die offene Vorgehensweise bei größeren Tumoren gilt weiterhin die Wundheilungsstörung, besonders bei Cushing-Patienten, als besondere Gefährdung und sollte daher durch eine perioperative Antibiose vermieden werden. Elektrolyt- und Glukosestoffwechselentgleisungen sowie postoperativ weiterbestehende Katabolie sind besonders bei Patienten mit tertiärem Cushing (Paraneoplasie) zu erwarten (Cortison-Effekt). Phäochromozytom-Patienten sind hingegen durch perioperative Hypertonie und postoperative Hypovolämie und Hypotonie (erhöhtes Thromboseund Embolierisiko) gefährdet. Darüber hinaus ist nach Phäochromozytom-Operationen mit einer ausgeprägten postoperativen Darmatonie zu rechnen, die vorsorglich durch Periduralanästhesie oder frühzeitige Darm-Stimulantien verhindert bzw. therapiert werden sollte. Postoperativ stellt die Addison-Krise aufgrund fehlender Cortisolproduktion (bei z. B. unterdrückter kontralateraler Nebenniere nach Entfernung eines Nebennierentumors) eine lebensbedrohliche Notfallsituation dar, bei der die Leitsymptome arterielle Hypotonie bis hin zum Schock, Übelkeit, Erbrechen, u. U. sogar peritonitische Symptome mit Fieber sind! In der Akutphase wird die Addison-Krise mit einer hohen Kortisondosis (250 mg Hydrokortison i. v.), auch ohne vorherige Funktionsdiagnostik, behandelt.
7. Nachbehandlung Die Nachbehandlung ein- oder beidseitig adrenalektomierter Patienten richtet sich entscheidend nach der Dignität des Nebennierentumors. Während die Gruppe der adrenalektomierten Patienten mit benignem Befund lediglich eine temporäre Cortisolsubstitution und/oder eine weiterführende antihypertensive Therapie benötigen, wird bei malignem Befund eine perorale Dotatoc-Therapie empfohlen.
Die Behandlungsnotwendigkeit paroxysmaler Hypertonien nach Resektion eines benignen Phäochromozytoms tritt nur in ca. 5 % der Fälle auf. Langfristig bestehende arterielle Hypertonien, die durch ein Phäochromozytom bedingt waren, persistieren in bis zu 35 % der Fälle. Nur bei Patienten mit kurzer Anamnese (< 1 Jahr) kann mit einer vollständigen Ausheilung der Hypertonie gerechnet werden (Simon et al., 1993). Eine regelmäßige postoperative Blutdruckkontrolle ist daher unumgänglich. Bei malignen Phäochromozytomen wird oft erst nach Jahren durch Wiederauftreten der klinischen Symptomatik und Nachweis von Lokalrezidiven oder Metastasen in Lymphknoten, Lunge, Leber, Skelettsystem und Herz die Malignität bewiesen. Bei Patienten mit familiären Erkrankungen (MEN 2, SDHB/D) kann der neuerliche Hypertonus als Ausdruck einer multiplen Tumorbildung auch ohne Malignität gewertet werden. Die Nachbehandlung wird dann durch erneute chirurgische Resektion erfolgen, da eine Strahlen- oder Chemotherapie bisher wenig vielversprechend ist. Als einzige Alternative gilt die nuklearmedizinische Behandlung mit Y-90-Dotatoc oral oder 131-J-MIBG. Bei primär nicht cortisolproduzierenden Nebennierentumoren wird postoperativ die Cortisolsubstitution von uns innerhalb von ein bis zwei Wochen ausgeschlichen. Nur im Falle des normalen ACTH und ACTH-Releasinghormon-Regelkreises kann eventuell auf eine postoperative Cortisolsubstitution verzichtet werden. Nach Operation eines Cushing-Syndroms bzw. Morbus Cushing (beidseitige subotale/totale Adrenalektomie) darf die Cortisolsubstitution nur unter strenger ärztlicher Kontrolle langsam, d. h. oft über mehrere Wochen, z. T. Monate reduziert werden. Das Auftreten einer Addison-Krise als lebensbedrohlicher medizinischer Notfall bedarf der sofortigen Therapie mit Hydrocortison mit und ohne Mineralokortikoide unter stationären Bedingungen. Die Addison-Krise kann zu jedem Zeitpunkt nach Adrenalektomie auftreten. Für geplante Stress-Situationen (z. B. anstehende OP) muss daher eine Cortisolstoßtherapie mitbedacht werden. Die Gruppe der Nebennierenrindenkarzinome weist eine sehr schlechte Langzeitüberlebensrate auf. Kurative Ansätze gibt es in der Nachbehandlung bisher nicht. Daher ist die absolut exakte chirurgische Therapie unter Vermeidung einer intraoperativen Kapseleröffnung die wichtigste Voraussetzung für ein möglichst langes rezidivfreies Überleben. Aufgrund der schlechten Prognose nach radikaler Operation eines Nebennierenkarzinoms mit einer 5-JÜR von ca. 40–45 % wurde stets nach einer lebensverlängernden adjuvanten Therapie gesucht. Aktuell erfolgt
Kapitel 25
Tumoren der Nebenniere
die adjuvante Therapie mit der täglichen peroralen Einnahme von Mitotan (O,p-DDD) in einer Dosierung von 1 bis max. 5 g pro Tag. Die Toxizitätsgrenze von 6 g/Tag darf dabei nicht überschritten werden. Die aktuelle Studienlage (Terzolo et al., 2007) zeigt unter Therapie mit Mitotan ein deutlich verlängertes rezidivfreies Überleben (42 Monate mit Mitotan versus 10 bzw. 25 Monate ohne Mitotan). Die durchschnittliche Behandlungsdauer beträgt hierbei ca. 3 Jahre. In Abhängigkeit vom Auftreten gastrointestinaler Symptome (Anorexie, Übelkeit und Erbrechen, Diarrhöe oder hepatisches Syndrom) oder neurologischer (Bewusstseinstrübung, Ataxie, Schwindel) Nebenwirkungen kann zunächst nur symptomatisch, aber auch durch Dosisreduktion von Mitotan eine Linderung dieser Nebenwirkungen erreicht werden. Bei Patienten mit beidseitiger totaler Adrenalektomie (z. B. im Rahmen eines MEN 2 mit beidseitigen Phäochromozytomen) muss eine Dauertherapie mit Glukokortikosteroiden peroral durchgeführt werden. Die Bestimmung von Chromogranin A, Synaptophysin und Metanephrin im Serum und Urin sollte während der onkologischen Nachbetreuung regelmäßig durchgeführt werden. Ein Anstieg deutet auf ein mögliches Rezidivgeschehen hin.
8. Rehabilitation Etwa 85 % aller Patienten mit Nebennierenkarzinomen (entsprechend einem Tumorstadium I bzw. II nach McFarlane-Sullivan, 1958) können unmittelbar nach radikaler chirurgischer Resektion von einer Rehabilitation profitieren. Hierbei geht es hauptsächlich um die Wiederherstellung der körperlichen und sozialen Integrität, sowie um die psychosoziale und berufliche Rehabilitationsbedürftigkeit der Patienten. Patienten, die ein lokal fortgeschrittenes oder metastasiertes Tumorleiden aufweisen, bedürfen zunächst eines Versuchs der neoadjuvanten bzw. palliativen Chemo-, ggf. Radiotherapie in Verbindung mit der Gabe von Mitotan.
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zidiverkennung im Rahmen von klinischen Studien sinnvoll. Derzeit werden die Daten dieser Patienten im deutschen Nebennierenrindenkarzinom-Register gespeichert. Eine standardisierte onkologische Nachbetreuung sollte initial ein halbjährliches Thoraxröntgen sowie eine Abdominalsonographie und ein Abdomen-CT einschließen. Fakultativ können auch ein MRT oder ein PET-Scan durchgeführt werden. Als Tumormarker werden Chromogranin A und Synaptophysin bestimmt. Für das maligne Phäochromozytom und die Neuroblastome werden als spezifische Marker die Metanephrine im Serum und Katecholaminmetaboliten im Urin bestimmt.
10. Weitere Therapiemodalitäten 10.1. Chemotherapie Bei Vorliegen eines lokal fortgeschrittenen oder metastasierten Nebennierenrindenkarzinoms wird üblicherweise mit der adrenotoxischen Substanz Dotatoc behandelt. Eine adjuvante Polychemotherapie mit Etoposid, Doxorubicin, Cisplatin und Mitotan gegenüber Streptozotocin und Mitotan als „First line“-Therapie wird derzeit bei lokal fortgeschrittenen oder metastasierten NNR-Karzinomen getestet. Eine allgemeingültige Empfehlung zur chemotherapeutischen Behandlung von malignen Phäochromozytomen liegt nicht vor und kann ggf. den Empfehlungen zur Therapie von Neuroblastomen folgen.
10.2. Strahlentherapie Die Strahlentherapie kommt überwiegend zur Schmerzbehandlung bei lokoregionärer Knocheninfiltration zum Einsatz und hat hier einen guten temporären Effekt. Ein verlängertes rezidivfreies Intervall (79 % vs. 12 % bei Karzinomen) konnte in einigen Fällen nach Tumorbettbestrahlung beobachtet werden, ohne dass die Überlebenszeit der Patienten verlängert wurde.
9. Nachsorge
11. Palliativmaßnahmen
Bei insgesamt schlechter Prognose besteht weder für das lokoregionäre noch für das metastatische Rezidiv eines Nebennierenkarzinoms die Möglichkeit der Lebensverlängerung durch neuerliche radikale Operation. Daher ist eine Nachsorge zur frühzeitigen Re-
Schmerzen bedingt durch infiltrierend wachsende Lokalrezidive (Rippen, Knochen) können mittels Radiatio gelindert werden. Das Überleben wird dadurch nicht verlängert. Zur weiteren Beseitigung von Schmerzen stehen me-
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E. Bareck, P. P. Pohl und P. E. Goretzki
dikamentöse orale und peridurale analgetische Therapieregime zur Verfügung.
12. Prognose- und Qualitätskriterien Eine entsprechende Expertise auf endokrin-, thoraxund gefäßchirurgischem Sektor bzw. die Kooperation entsprechender speziell ausgebildeter Chirurgen ist für diese Eingriffe prinzipiell zu fordern.
13. Ausblick Aufgrund der schlechten Prognose maligner Nebennierentumore werden z. Zt. Tierversuche zur Immuntherapie (DNA-Vakzination) getestet. Bisher liegen keine Möglichkeiten einer Gentherapie zur Behandlung der Nebennierenrindenkarzinome vor.
14. Literatur Allolio B, Fassnacht M (2006) Adrenocortical carcinoma. Clinical update. J Clin Endocrinol Metab Astuti D, Latif F, Dallol A et al. (2002) Gene mutatons in the succinate dehydrogenase subunit SDHB cause suseptibility to familial pheochromocytoma and to familial paraganglioma. Am J Hum Genet 69: 49–54 AWMF (2000) Chirurgische Therapie von Nebennierenerkrankungen – Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie. Mitt Dt Ges Chirurgie 29: 1–16 Bender BU, Gutsche M, Glasker S et al. (2000) Differential genetic alterations in von Hippel-Lindau syndrome – associated and sporadic pheochromocytoma. J Clin Endocrinol Metab 85: 4568–4574 Bulow B, Jansson S, Juhlin C et al. (2006) Adrenal incidentaloma – follow-up results from a Swedish prospective study. Eur J Endocrinol 154: 419–423 Clarke MR, Weyant RJ, Watson CG and Carty SE (1998) Prognostic markers in pheochromocytoma. Hum Pathol 29: 522–526 Elder EE (2002) Pheochromocytoma and abdominal paraganglioma – clinical and genetic aspects. Retro print AB, Stockholm Fassnacht et al. (2006) Efficiacy of adjuvant radiotherapy of the tumor bed on local recurrence of adrenocortical carcinoma. J Clin Endocrinol Metab Nov 91 (11): 4250–4252
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13. Links www.eneassoc.org European Neuroendocrine Association www.euro-endo.org European Society of Endocrinology www.nebennierenkarzinom.de Deutsches Nebennierenkarzinom-Register
Kapitel 26.1
Prostatakarzinom C. Börgermann, G. Schatzl, H. Rübben und H. Steiner
1. Einleitung
2.1. Früherkennung
Das Prostatakarzinom ist eine Erkrankung des höheren Lebensalters und tritt selten vor dem 50. Lebensjahr auf. In den USA ist das Prostatakarzinom mit 33 % die häufigste neu diagnostizierte Tumorentität und die zweithäufigste krebsbedingte Todesursache (10 %) bei Männern. Pro Jahr werden etwa 230 000 neue Fälle diagnostiziert und 30 000 Patienten sterben an ihrem Prostatakarzinom. In Europa finden sich vergleichbare Zahlen. In Zukunft wird die Problematik der Diagnostik und Therapie des Prostatakarzinoms dramatisch zunehmen. Bis zum Jahr 2050 wird der Anteil der über 60-Jährigen in der Bevölkerung auf knapp 40 % der Gesamtbevölkerung anwachsen und somit doppelt so hoch sein wie heute.
Somit gehen alle Bemühungen in der Karzinomdiagnostik dahin, lokal begrenzte Tumoren bei asymptomatischen Männern mit einer Mindestlebenserwartung von 10–15 Jahren zu erkennen. Dabei sollen die latenten Karzinome nicht diagnostiziert werden. Aktuell wird nach interdisziplinärem Konsens (AWMF, 2002) eine jährliche Früherkennungsuntersuchung mittels digital-rektaler Untersuchung und Bestimmung des Prostataspezifischen Antigens (PSA) ab dem 50. Lebensjahr empfohlen, bei positiver Familienanamnese ab dem 45. Lebensjahr. Dabei sollen Serum-PSA-Werte ab einem Schwellenwert größer 4 ng/ml bzw. suspekte rektale Tastbefunde weiter durch eine sonographisch gesteuerte Prostatabiopsie abgeklärt werden (Abb. 26.1.1).
2. Diagnostik 2.1.1. Digital-rektale Untersuchung Eine kurative Behandlung des Prostatakarzinoms ist ausschließlich im organbegrenzten Stadium möglich. Da das Prostatakarzinom erst in fortgeschrittenen, zumeist metastasierten Stadien durch eine klinische Symptomatik evident wird, muss dieses zuvor in lokal begrenzten Stadien detektiert werden. Andernfalls würden die Patienten trotz aggressiver Therapie in kurativer Intention einen Progress erleiden. Eine Besonderheit dieser Tumorentität ist seine Erscheinungsform als latenter bzw. insignifikanter Tumor, der den Patienten zu Lebzeiten nicht beeinträchtigt. Ein heilender Therapieansatz würde für diese Patienten eine Übertherapie bedeuten. Das Prostatakarzinom hat unbehandelt einen langsamen natürlichen Verlauf, so dass nur Männer mit einer Lebenserwartung von 10–15 Jahren von einer kurativen Therapie profitieren würden (Aus et al., 2005).
Die digital-rektale Untersuchung (DRU) der Prostata ist ein grundlegendes und kostengünstiges Untersuchungsverfahren in der Früherkennung des Prostatakarzinoms. Allerdings muss die Leistungsfähigkeit der DRU kritisch hinterfragt werden. Es werden max. 10–15 % der Prostatakarzinome mit einem PSA-Wert kleiner als 4 ng/ml durch die DRU entdeckt (Luboldt et al., 2000a). Ein weiteres Manko ist, dass bei suspekten Tastbefunden, unabhängig vom PSA-Wert, bereits rund 40 % der Karzinome die Organgrenze überschreiten (Luboldt et al., 2000b) und somit potenziell nicht mehr kurativ therapierbar sind. In einer kürzlich erschienenen Arbeit wurde gezeigt, dass die DRU für viele Männer eine ernsthafte Barriere für die Teilnahme an einer Früherkennungsuntersuchung zum Prostatakarzinom darstellt. Während die Bereitschaft für ein ausschließlich PSA-basiertes Screening bei 100 % lag, entschieden sich nur noch 78 % der Patienten für das Screening, wenn dieses eine DRU beinhaltete (Nagler et al., 2005).
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C. Börgermann, G. Schatzl, H. Rübben und H. Steiner
2.1.2. Transrektaler Ultraschall (TRUS) Die Untersuchung der Prostata mit Hilfe des TRUS ist aufwändiger und kostenintensiver im Vergleich zur DRU. Des Weiteren ist diese Methode nicht flächendeckend verfügbar. Der Enthusiasmus, dass der TRUS durch Darstellung echoarmer Areale in der Prostata die Früherkennung des Prostatakarzinoms verbessern kann, hat sich nicht bestätigt. Der limitierende Faktor des TRUS ist einerseits, dass die meisten echoarmen Areale keinen Tumor repräsentieren und andererseits, dass 50 % der nicht tastbaren Karzinome von mehr als 1 cm Durchmesser nicht sichtbar sind (Carter et al., 1989). Mit der Weiterentwicklung der Sonographie werden in jüngerer Vergangenheit Versuche unternommen, die Sensitivität und Spezifität des TRUS zu verbessern. Die wichtigste Rolle kommt dem TRUS bei der Stanzbiopsie der Prostata zu. Er ermöglicht sowohl eine systematische Entnahme der Stanzzylinder als auch die Punktion suspekter Areale.
2.1.3. Stanzbiopsie der Prostata
Abb. 26.1.1. Algorithmus zur Früherkennung des Prostatakarzinoms nach der bestehenden Leitlinie (aus S3-Leitlinie)
Eine endgültige Bewertung des Stellenwertes der digital-rektalen Untersuchung im Rahmen der Früherkennung beim Prostatakarzinom kann zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht gegeben werden. Dennoch weiß jeder Kliniker aus eigener Erfahrung, dass die DRU ab und an eine Pathologie zu Tage fördert.
Eine stanzbioptische Abklärung der Prostata ist nach den bestehenden Leitlinien bei auffälliger DRU und/ oder einer unklaren PSA-Erhöhung über 4 ng/ml indiziert, insofern die mögliche Diagnosestellung hinsichtlich Lebenserwartung und Lebensqualität zu therapeutischen Konsequenzen führt. Allgemeiner, international etablierter Standard ist die Durchführung einer transrektalen, ultraschallgesteuerten Stanzbiopsie der Prostata. Dabei werden in Abhängigkeit des Organvolumens mindestens je 3 Biopsien aus verschiedenen Stellen beider Prostataseitenlappen entnommen (Brawer et al., 1997). Die Entnahme muss unter Antibiotikaschutz erfolgen, bevorzugt mit einem Gyrasehemmer. Beschriebene Komplikationen stellen die Hämaturie (bis zu 58 %), die Hämospermie (in ca. 28 % der Fälle) und uroseptische Zustände (4 % der Fälle) dar (Collins et al. 1993). Die teilweise praktizierte Technik der perinealen Biopsie der Prostata ist in ihrer diagnostischen Sicherheit in etwa gleichwertig (Vis et al., 2002). Für die Durchführung der Prostatabiopsie wird die Anzahl der zu entnehmenden Proben kontrovers diskutiert. Auf der einen Seite will man alle klinisch signifikanten Tumoren diagnostizieren, auf der anderen Seite sollen latente Karzinome nicht aufgedeckt werden. Es existieren verschiedene Normogramme, aus denen mit Hilfe des Patientenalters, des Prostatavo-
Kapitel 26.1
367
Prostatakarzinom
lumens und des PSA-Wertes bzw. dessen Dynamik die Anzahl der erforderlichen Stanzzylinder entnommen werden kann.
2.1.4. Prostataspezifisches Antigen (PSA) Das Prostataspezifische Antigen hat mit seiner routinemäßigen Einführung Ende der 80er Jahre in der Prostatakarzinomdiagnostik die Früherkennung revolutioniert. Die PSA-Bestimmung in der Früherkennung führt zu einer Stadienverschiebung der entdeckten Karzinome (Hoedemaeker et al., 2000). Vor Einführung des PSA wurden zwei Drittel aller Karzinome im organüberschreitenden Stadium ohne kurative Therapieoption entdeckt. Aktuell werden zwei Drittel der Tumoren organbeschränkt mit gutem bis mittelgradigem Grading diagnostiziert (Catalona et al., 1995; Luboldt et al., 1999). In den USA, dem ersten Land, welches PSA-Tests in der Früherkennung einsetzte, wurde eine Abnahme der prostatakarzinombedingten Mortalität seit 1991 beobachtet. Ob diese Mortalitätssenkung nur auf eine verbesserte Therapie oder tatsächlich auf eine frühere Diagnose in organbegrenzten Stadien zurückzuführen ist, ist bis zur Auswertung der großen Screeningstudien 2008 nicht zu entscheiden (De Koning et al., 2002). Da der PSA-Wert ein organspezifischer und kein tumorspezifischer Wert ist, können erhöhte Werte auch auf benigne Erkrankungen (Prostatitis, Prostatainfarkt, benigne Prostatahyperplasie) zurückzuführen sein. 80–85 % der Patienten weisen in großen untersuchten Kollektiven einen PSA-Wert unter 4 ng/ml auf, 10– 15 % zwischen 4–10 ng/ml und 2–5 % über 10 ng/ml (Abb. 26.1.2). Bei Werten zwischen 4 und 10 ng/ml können in der Biopsie etwa 20–25 % Prostatakarzinome gefunden werden (Tabelle 26.1.1). Etwa zwei Drittel aller Biopsien in diesem PSA-Bereich sind unauffällig bzw. weisen Charakteristika einer benignen Prostatavergrößerung auf. Bei ca. 11 % kann die Erhöhung des PSA-Wertes über eine Prostatitis erklärt werden (Abb. 26.1.2). Obwohl die PSA-basierte Früherkennung mit großem Erfolg eingesetzt wird, wird ihr Sinn kontrovers diskutiert. Stamey kritisiert die in den letzten 20 Jahren immer weiter abnehmende Korrelation zwischen PSA und dem Vorliegen eines Prostatakarzinoms. Vor dem Hintergrund, dass in den USA jährlich von 100 000 Männern der über 65-Jährigen etwa 226 an einem Prostatakarzinom sterben, aus Obduktionsserien aber bekannt ist, dass bis zu 80 % der 70-Jährigen ein latentes Prostatakarzinom aufweisen, befürchtet er eine
Abb. 26.1.2. Ergebnisse beim PSA-Test zur Früherkennung von Prostatakarzinomen
zunehmende Diagnose klinisch insignifikanter Karzinome (Stamey et al., 1997). Andere Autoren hingegen erwarten die Abnahme der Korrelation zum Prostatakarzinom zugunsten des Prostatavolumens, da heutzutage typischerweise kleine organbegrenzte Tumoren gefunden werden. Die Forderung an die Früherkennung ist aber, dass gerade diese kleinen Tumoren gefunden
Tabelle 26.1.1. Karzinomfindungsrate in Abhängigkeit des PSA-Wertes (nach Schröder, 2000) PSA [ng/ml]
Karzinomfindungsrate [%]
0,0–0,9
0,2
1,0–1,9
1,3
2,0–2,9
2,2
3,0–3,9
6,3
4,0–9,9
21,7
> 10,0
52,1
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C. Börgermann, G. Schatzl, H. Rübben und H. Steiner Tabelle 26.1.2.a TNM-Klassifikation des Prostatakarzinoms (nach UICC/AJCC 2002)
T1
Klinisch nicht erkennbarer Tumor, der weder tastbar noch in bildgebenden Verfahren sichtbar ist T1a Tumor zufälliger histologischer Befund in 5 % oder weniger des resezierten Gewebes T1b Tumor zufälliger histologischer Befund in mehr als 5 % des resezierten Gewebes T1c Tumor durch Nadelbiopsie diagnostiziert
T2
Tumor begrenzt auf Prostata1 T2a Tumor befällt die Hälfte eines Lappens oder weniger T2b Tumor befällt mehr als die Hälfte eines Lappens T2c Tumor befällt beide Lappen
T3
Tumor durchbricht die Prostatakapsel2 T3a Extrakapsuläre Ausbreitung (ein- oder beidseitig) T3b Tumor infiltriert Samenblase(n)
T4
Tumor ist fixiert oder infiltriert andere benachbarte Strukturen als Samenblasen, z. B. Blasenhals, Sphincter externus, Rektum und/oder Levatormuskel und/oder ist an Beckenwand fixiert
N1
Regionäre Lymphknotenmetastasen
M1
Fernmetastasen M1a Nichtregionäre(r) Lymphknoten M1b Knochen M1c Andere Lokalisationen (Bei Metastasen in mehr als einer Lokalisation soll die höchste Kategorie benutzt werden.)
1 Ein Tumor, der durch Nadelbiobsie in einem oder beiden Lappen gefunden wird, aber weder tastbar noch in bildgebenden Verfahren sichtbar ist, wird als T1c klassifiziert. 2 Invasion in den Apex der Prostata oder in die Prostatakapsel (aber nicht darüber hinaus) wird als T2 (nicht T3) klassifiziert.
Tabelle 26.1.2.c Stadiengruppierung des Prostatakarzinoms (nach UICC/AJCC 2002) Stadium I
T1a
N0
M0
G1
Stadium II
T1a T1b, T1c T1, T2
N0 N0 N0
M0 M0 M0
G2, 3–4 Jedes G Jedes G
Stadium III
T3
N0
M0
Jedes G
Stadium IV
T4 Jedes T Jedes T
N0 N1 Jedes N
M0 M0 M1
Jedes G Jedes G Jedes G
deutet, dass fast 75 % der ausschließlich beobachteten Patienten nach 8 Jahren noch keinen Schaden durch ihr Prostatakarzinom erlitten haben und der Vorteil für die radikale Prostatektomie nur 10 % beträgt. Dies untermauert auf der einen Seite die Befürchtung, dass viele insignifikante Karzinome gefunden und auch therapiert werden, auf der anderen Seite profitieren 10 % der Patienten von der Therapie.
2.1.5. Bildgebung Bildgebende Diagnostik durch CT, MRT, Szintigraphie oder PET-Scan kann bis heute nicht mit ausreichender Sicherheit die Diagnose eines Karzinoms vorhersagen. Daher ist eine Anwendung in der Früherkennung nicht gerechtfertigt.
2.2. Staging Tabelle 26.1.2.b Histopathologisches Grading des Prostatakarzinoms (nach UICC/AJCC 2002) GX
Differenzierungsgrad kann nicht bestimmt werden
G1
Gut differenziert (leichte Anaplasie; Gleason 2–4)
G2
Mäßig differenziert (mäßige Anaplasie; Gleason 5–6)
G3–4
Schlecht bzw. undifferenziert (ausgeprägte Anaplasie; Gleason 7–10)
werden, um den Patienten einer kurativen Therapie zuführen zu können (Catalona et al., 2005). Andererseits zeigt eine skandinavische Studie, dass nach 8 Jahren etwa 15 % aller radikal prostatektomierten und etwa 25 % aller untherapierten Patienten eine Fernmetastasierung aufweisen (Bill-Axelson et al., 2005). Das be-
Da eine kurative Therapie nur beim lokal begrenzten Prostatakarzinom sinnvoll ist, muss vor der operativen Therapie der Ausschluss eines organüberschreitenden Wachstums bzw. von Metastasen erfolgen. Das lokale Tumorstadium wird durch die Befunde der rektalen Untersuchung sowie der Befunde aus PSA-Bestimmung und Stanzbiopsie abgeschätzt. Die transrektale Sonographie kann diese Informationen nur bedingt ergänzen. Schnittbildgebende Verfahren werden in den aktuellen Leitlinien als Option zur Beurteilung des lokalen Tumorstadiums genannt. Ihr Stellenwert ist aber sehr begrenzt. Sie sollten in nur ausgewählten Fällen angewandt werden. Die Stadiengruppierung des Prostatakarzinoms erfolgt nach der aktuellen TNMKlassifikation (Tabelle 26.1.2). Das Prostatakarzinom führt typischerweise zu Lymphknoten- und Knochenfiliae. Patienten mit geringem
Kapitel 26.1
Prostatakarzinom
369
Risiko (PSA < 20 ng/ml, max. cT2) sollten keiner weiteren Diagnostik zugeführt werden. Bei Patienten mit erhöhtem Risiko muss eine Skelettszintigraphie ggf. ergänzt durch eine CT erfolgen. Zum Ausschluss einer lymphatischen Metastasierung muss letztendlich eine pelvine Lymphadenektomie durchgeführt werden (Abb. 26.1.3). Der Einsatz der PET sollte auf Spezialfragestellungen beschränkt bleiben, von einem Routineeinsatz ist derzeit abzuraten.
2.3. Patientenselektion Das lokal begrenzte Prostatakarzinom nimmt unbehandelt in vielen Fällen einen relativ gutartigen Verlauf. Auch ohne Therapie stirbt der überwiegende Anteil der Patienten an konkurrierenden Ursachen. Voraussetzung für eine sinnvolle kurativ-operative Therapie ist daher eine mindestens 10-jährige Lebenserwartung der Patienten. Hilfestellung bei der Abschätzung der Lebenserwartung bieten die ASA-Klassifikation, die Klassifikation der Herzinsuffizienz (NYHA I–IV) und der Charlson-Score. Außerdem stehen verschiedene Algorithmen zur Beurteilung des Therapieerfolges zur Verfügung. Besonders die von Partin et al. entwickelten Nomogramme finden breite Anwendung. Bei der Wahl der geeigneten Behandlungsoption muss der Patient in den Entscheidungsprozess eingebunden werden.
3. Vorbehandlung (neoadjuvante Therapie) Seit den 40er Jahren ist der erfolgreiche Einsatz der hormonablativen Therapie bekannt. Bereits 1944 berichtete Vallett et al. über die Orchiektomie zur Hormonablation vor der radikalen Prostatektomie. Während die hormonelle Systemtherapie des Prostatakarzinoms sowohl neoadjuvant als auch adjuvant Gegenstand zahlreicher Untersuchungen ist und war, finden sich für chemotherapeutische Therapiekonzepte fast nur Arbeiten zum fortgeschrittenen, hormonrefraktären Prostatakarzinom. Eine neoadjuvante Hormontherapie vor radikaler Prostatektomie führt zu einer Reduktion positiver Resektionsränder und einem scheinbaren „Downstaging“. Obwohl dieses Konzept schon seit mehr als 40 Jahren verfolgt wird und zahlreiche randomisierte Studien durchgeführt wurden, sind die langfristigen klinischen Effekte insgesamt enttäuschend. Von einer Routineanwendung ist daher abzuraten.
Abb. 26.1.3. Situs bei laparoskopischer pelviner Lymphadenektomie. Unterhalb des Gefäßbandes ist der Nervus obturatorius zu erkennen.
4. Präoperative Vorbereitung Eine spezielle präoperative Vorbereitung ist nicht erforderlich. Die Therapie von Nebenerkrankungen sollte zur Verminderung des operativen Risikos optimiert werden. Eine genaue Medikamentenanamnese sollte selbstverständlich sein und Medikamente zur Antikoagulation oder bestimmte Antidiabetika sollten rechtzeitig abgesetzt werden. Eine ausgiebige Darmvorbereitung ist nicht notwendig. Zur besseren operativen Orientierung ist die Einlage eines Darmrohres hilfreich. Anästhesiologisch sollte eine Periduralanästhesie erfolgen. Eine Trendelenburglagerung von ca. 20 ° kann helfen, den Blutverlust deutlich zu minimieren.
5. Operative Strategie Ziel der radikalen Prostatektomie des lokal begrenzten Prostatakarzinoms ist die Vermeidung tumorbedingter Todesfälle und progressionsbedingter Komplikationen. Diese Ziele müssen gegenüber den zu erwartenden Komplikationen abgewogen werden. Dabei ist nur in den Frühstadien eine mikroskopisch komplette Tumorresektion möglich (Abb. 26.1.4). Dabei ist die Durchführung und ggf. Ausdehnung der pelvinen Lymphadenektomie umstritten. Da bei solitärem Lymphknotenbefall durchaus eine langfristige Heilung zu erreichen ist und bei entsprechender Operationstechnik keine erhöhte Komplikationsrate beschrieben wird, ist es vorstellbar, dass Patienten von einer ausgedehnten pelvinen Lymphadenektomie profitieren. Ein endgültiger Beweis steht jedoch aus.
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C. Börgermann, G. Schatzl, H. Rübben und H. Steiner
Abb. 26.1.4. Makroskopischer und mikroskopischer Schnitt eines Prostatakarzinoms
Das Prinzip der radikalen Prostatektomie besteht in der vollständigen Entfernung der Prostata mitsamt den anhängenden Samenblasen. Anschließend erfolgt die Rekonstruktion des Blasenhalses und Anastomosierung desselben mit dem Harnröhrenstumpf. Standard ist heute die gefäß- und nervenschonende Operationstechnik, soweit dies von onkologischer Seite zu vertreten ist. Die Lymphadenektomie beginnt in der Fossa obturatoria, die durch Os pubis, N.obturatorius und V. iliaca externa begrenzt wird. Bei der ausgedehnten Lymphadenektomie erstreckt sich die Resektion auch auf die A. iliaca externa und wird bis zum Stromgebiet der internen Iliakalgefäße fortgesetzt. Nach kranial ist die Begrenzung in der kaudalen V. cava bzw. Aorta zu sehen. Die radikale Prostatektomie kann über einen retropubischen, perinealen oder einen laparoskopischen Zugang durchgeführt werden. Am häufigsten wird der retropubische Zugang verwendet, wobei in den vergangenen Jahren die Laparoskopie zunehmend Verbreitung erfährt. Diese wird in den USA inzwischen in mehr als der Hälfte der Fälle unter Zuhilfenahme des Da-Vinci-Robotersystems operiert, welches zu Lasten hoher Kosten das Operationsergebnis der radikalen Prostatektomie verbessert. Postoperativ wird der über die Anastomose eingelegte Blasenkatheter um den 7. Tag entfernt. Zuvor sollte eine Dichtigkeitsprüfung entweder sonographisch oder radiologisch erfolgen. Bezüglich des operativen Vorgehens existieren keine randomisierten Untersuchungen, die die o. g. Methoden vergleichen. In erfahrenen Händen sind die Ergebnisse bezogen auf die Komplikationsraten und das onkologische Outcome vergleichbar.
6. Komplikationsmanagement Noch Anfang der 80er Jahre war die radikale Prostatektomie ein gefährlicher Eingriff. Schwere Komplikationen sind heutzutage bei hoch standardisierter Operationstechnik selten geworden. Erfahrene Zentren haben selbst bei mehreren Tausend Behandlungsfällen keine Todesfälle zu beklagen. Bei der operativen Therapie des Prostatakarzinoms muss man zwischen perioperativen Komplikationen, die eine symptomorientierte Intervention erfordern, und Spätkomplikationen, die vor allem die Lebensqualität des Patienten beeinträchtigen, unterscheiden.
6.1. Perioperative Komplikationen Die aktuellen Leitlinien beschreiben als typische Komplikationen transfusionspflichtige Blutungen in bis zu 11,5 % aller radikalen Prostatektomien sowie in bis zu 5,4 % Rektumverletzungen. Diese sind zum großen Teil durch einen primären Verschluss zu beherrschen, zum Teil erfordern sie auch eine Anlage eines Anus praeters. Thrombembolische Ereignisse wie eine tiefe Beinvenenthrombose oder eine Lungenembolie werden in jeweils rund 8 % der Fälle beschrieben und erfordern entsprechende Maßnahmen.
6.2. Spätkomplikationen Spätkomplikationen gefährden den Patienten zwar nicht, beeinträchtigen ihn aber erheblich in seiner Lebensqualität. Dies gilt im besonderen Maß für die In-
Kapitel 26.1
Prostatakarzinom
371
Tabelle 26.1.3. Inkontinenzraten und Definition
Autor
Definition der Kontinenz
Inkontinenz
Zincke 1994
< 3 Einlagen
3%
Geary 1995
Keine Einlagen
20 %
Catalona 1999
Keine Einlagen
8%
Walsh 2000
Keine Einlagen
7%
Stolzenburg 2005
Keine Einlagen
16 %
Bianco 2005
1 Einlage
5%
kontinenz und die Impotenz. Dabei liegt die Rate der Harninkontinenz selbst in erfahrenen Zentren bei etwa 8 %. Problematisch ist hier die Definition der Inkontinenz: Manche Autoren fordern, dass der Patient keine Einlagen benötigt, andere erlauben bis zu 3 Einlagen, um den Patienten als kontinent zu bezeichnen (Tabelle 26.1.3). Noch höhere Raten werden bei Patientenbefragungen erhoben. Die Implantation eines artefiziellen Sphinktersystems ist in etwa 1 % erforderlich. Die Rate der Impotenz ist deutlich höher und wird bis zu 50 % angegeben. Dabei spielen das Alter der Patienten und der Nerverhalt die entschiedene Rolle, bei jungen Patienten mit beidseitigem Nerverhalt erholt sich die sexuelle Potenz deutlich besser als bei alten Patienten mit nur einseitigem oder gar keinem Nerverhalt. Therapeutisch sollte heutzutage bei allen Patienten die regelmäßige Gabe von PDE5-Inhibitoren erfolgen. Als weitere Therapieoptionen stehen Prostaglandininjektionen in die Schwellkörper sowie Erektionshilfe-Systeme, wie Vakuumpumpen, zur Verfügung. Als Ultima ratio dient auch hier die urologische Prothetik mit der Implantation einer Schwellkörperprothese. Deutlich seltenere Spätkomplikationen sind Lymphozelenbildung, die unter Umständen operativ versorgt werden muss, Anastomosenstrikturen, die eine transurethrale Resektion des Blasenhalses erfordern, sowie Strikturen bzw. Obstruktion von Harnröhre und Harnleitern. Extrem selten können Urinfisteln, z. B. zum Rektum nach intraoperativer Rektumläsion, persistieren.
7. Nachbehandlung Die Leitlinien der EAU geben keine generelle Empfehlung für oder gegen eine adjuvante hormonablative Therapie nach radikaler Prostatektomie (Aus et al., 2005). Die Datenlage belegt einen Vorteil für die ad-
juvante Therapie nur bei fortgeschrittenen Tumorstadien. Beim lokal fortgeschrittenen Prostatakarzinom konnte eine adjuvante Therapie mit Biclutamid die Tumorprogression verzögern. Zu ähnlichen Ergebnissen kamen die Arbeitsgruppe um Messing bei einer kleinen randomisierten Serie für lymphknotenpositive Prostatakarzinome und eine retrospektive Studie zur Samenblaseninfiltration (Aus et al., 2005; Zincke et al., 2001). Dabei konnte nur die Arbeit von Messing et al. einen Überlebensvorteil nachweisen. Dieses Ergebnis konnte bis heute nicht reproduziert werden. Für lymphknotennegative, lokal fortgeschrittene Tumoren kann kein Überlebensvorteil gezeigt werden. Die dargestellten Arbeiten erlauben zwar, bei Patienten mit Samenblaseninfiltration oder Lymphknotenbefall eine adjuvante Hormontherapie zu erwägen, eine strikte Empfehlung kann auf dieser Basis jedoch nicht abgegeben werden, da es keine Beweise für die Unterlegenheit einer verzögerten Hormontherapie bei neuerlichem PSA-Anstieg gibt. Für fortgeschrittene Stadien finden Systemtherapien Anwendung. Primär erfolgt die durch Huggins beschriebene Androgendeprivation. Diese findet auch Anwendung bei primär fortgeschrittenen Erkrankungen, in denen sich ein kuratives, lokales Therapiekonzept verbietet. Erreicht wird der Hormonentzug medikamentös durch LHRH-Agonisten bzw. -Antagonisten sowie durch Antiandrogene. Eine preiswerte, aber nicht mehr ganz aktuelle Möglichkeit ist die beidseitige subkapsuläre Orchiektomie. Diese hat aber den Nachteil, dass sie keine intermittierende Hormonmanipulation zulässt. Nach durchschnittlich 18 bis 24 Monaten wird das sog. hormonrefraktäre Stadium erreicht. Hier finden vor allem docetaxelbasierte Chemotherapien Anwendung.
8. Rehabilitation und Nachsorge Nachsorge ist ein wesentlicher Bestandteil der Tumortherapie. Ziele sind die Verbesserung der Lebensqualität durch Deckung des Informationsbedarfs des Patienten sowie die frühestmögliche Entdeckung eines Rezidivs. Dadurch sollen eine Verlängerung des tumorspezifischen Überlebens sowie eine Senkung der krankheitsspezifischen Morbidität erreicht werden. Von zentraler Bedeutung ist auch hier der PSA-Wert, der in Abhängigkeit der gewählten Therapie interpretiert werden muss. Nach Strahlentherapie wird ein PSA-Nadir erreicht, bei etwa 30 % kommt es nach etwa 18 Monaten zu einem vorübergehenden PSA-Anstieg, der ein Rezidiv vortäuschen kann. Im Gegensatz dazu
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muss nach radikaler Prostatektomie der PSA-Wert unter die Nachweisgrenze (< 0,2 ng/ml) fallen. Sinkt der Wert nicht in den nicht-messbaren Bereich, ist dies ein ungünstiger prognostischer Parameter. Steigt der PSA-Wert wieder an, geht man von einem biochemischen Rezidiv aus. Entscheidend sind die Anstiegsgeschwindigkeit und der Zeitpunkt des PSA-Rezidivs in Zusammenschau mit dem Gleason-Score (Bewertung des Entdifferenzierungsgrads der häufigsten und der zweithäufigsten Zellpopulation des Tumors durch den Pathologen) und dem pathologischen Stadium des Primärtumors. Ein später, langsamer PSA-Anstieg spricht eher für ein lokales Rezidiv, welches einer Salvage Strahlentherapie zugänglich ist. Ein früher, schneller Anstieg spricht für eine Metastasierung und erfordert eine Systemtherapie. Um eine entsprechende Risikoabschätzung vornehmen zu können, sollte der PSA-Wert in den ersten beiden Jahren alle 3 Monate und danach halbjährlich bestimmt werden.
9. Weitere Therapiemodalitäten Neben den operativen Verfahren hat auch die Strahlentherapie einen kurativen Therapieansatz. Insbesondere durch die Einführung der konformalen dreidimensionalen Bestrahlungstechniken und der HighDose-Brachytherapie werden vergleichbare Ergebnisse zur Operation erzielt. Dies gilt sowohl für die onkologische Tumorkontrolle als auch für die beobachteten Komplikationen (Inkontinenz, erektile Dysfunktion), wobei diese erst verzögert eintreten. Aufgrund unterschiedlicher Zielkriterien und der bei Bestrahlungskonzepten fehlenden Histologie sind beide Konzepte nicht abschließend vergleichbar.
10. Palliativmaßnahmen Von diesem beschriebenen kurativen Konzept müssen palliative Operationsverfahren abgegrenzt werden. Diese dienen der Symptomkontrolle prostatakarzinomspezifischer Komplikationen, wie der lokalen Infiltration oder Kompression mit subvesikaler Obstruktion, Harnleiterobstruktion und Rektumkompression. Die Wahl des operativen Verfahrens richtet sich nach der klinischen Symptomatik. Bei der subvesikalen Obstruktion kommen gewebeablative Verfahren wie die transurethrale Elektroresektion oder Laservaporisation der Prostata in Betracht. Bei Obstruktion des Harnleiters sind eine Schienung oder Stentung desselben möglich.
Bei Rektumkompression muss eine palliative Exenteration oder Anus praeter-Anlage erwogen werden. Als weitere operative Verfahren sind die „SalvageProzeduren“ nach stattgehabter Strahlentherapie anzusehen. Dabei kommen die Salvage-Prostatektomie, mit deutlich erhöhter Komplikationsrate, sowie minimal invasive Verfahren wie die Salvage-Kryotherapie in Frage.
11. Qualitäts- und Prognosekriterien Ergebnisgrößen bei der Therapie des Prostatakarzinoms sind wie bei allen Tumorerkrankungen auf der einen Seite das onkologische Ergebnis und auf der anderen Seite die Lebensqualität. Dies gilt insbesondere für die Kontinenzsituation und die Fähigkeit, Geschlechtsverkehr auszuüben. Zur Verbesserung und Sicherung der Qualität werden z. Zt. Prostatakarzinomzentren, vergleichbar der Entwicklung bei den Brustzentren, gegründet. Hier erhalten Kliniken ein Zertifikat, die bestimmten Qualitätsstandards z. B. im Bereich der Fallzahlen und Fortbildung genügen.
12. Ausblick Da es in der Bevölkerung einen großen Tumorpool gibt, von denen aber die meisten Karzinome nicht behandlungspflichtig sind, da sie ihren Träger nie beeinträchtigen werden, müssen Wege gesucht werden, um vor der Therapie möglichst exakt diejenigen Patienten zu identifizieren, die auch an ihrem Karzinom sterben werden. Dies verdeutlicht eine skandinavische Studie, die randomisiert in einer radikalen Prostatektomie-Gruppe und einer Watchful-Waiting-Gruppe das Gesamtüberleben untersucht hat. Nach 10 Jahren zeigt sich zwar ein Trend zugunsten der Operation, der Unterschied ist jedoch nicht signifikant. Hier ist eine Weiterentwicklung der Früherkennung und Diagnostik gefordert.
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14. Links www.asco.org American Society of Clinical Oncology www.auanet.org American Urological Association www.erspc.org European Study of Screening for Prostate Cancer www.krebsgesellschaft.de Deutsche Krebsgesellschaft www.nih.gov National Institute of Health www.uni-duesseldorf.de/awmf AWMF Leitlinien www.urologenportal.de Deutsche Gesellschaft für Urologie www.uroweb.org European Association of Urology
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Harnblasenkarzinom F. vom Dorp, G. Schatzl, H. Rübben und H. Steiner
1. Einleitung Das Harnblasenkarzinom repräsentiert eine der häufigsten onkologischen Entitäten weltweit. Es erkranken 260 000 Menschen pro Jahr an einem Harnblasenkarzinom, die Prävalenz beträgt 1 000 000 in einem 5-Jahres-Zeitraum, wobei Männer doppelt so häufig betroffen sind wie Frauen (Parkin et al., 2001). Das mittlere Diagnosealter liegt bei 69 Jahren für Männer und 73,4 Jahren für Frauen; dies ist unter anderem durch eine verspätete Diagnose begründet, so dass Frauen ebenso eine schlechtere Prognose im Vergleich zu Männern aufweisen (Micheli et al., 1998; Coleman et al., 1999; Ries et al., 1999). Laut WHO verstarben im Jahre 2000 weltweit 132 432 Personen an einem Harnblasenkarzinom (Parkin et al., 2001). Die Inzidenz für Männer beträgt im Alter von 45–50 Jahren 3 Fälle pro 100 000 und steigt bei der Gruppe der über 80Jährigen auf etwa 200 Fälle pro 100 000 Einwohner (Ries et al., 2000; Pashos et al., 2002).
• • • • • • • • • • • •
2-Naphthylamin, Benzidin, Dichlorbenzidin, Orthodianisidin, 4-Aminobiphenyl Chlornaphazin, Cyclophosphamid, Phenacetin, 4,4-Methylen-2-chloranilin, Magenta, Auramin, polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe
Die Karzinogenese des Harnblasenkarzinoms ist gut untersucht, so dass durch Vermeidung tumorauslösender Substanzen die Möglichkeit zur Prävention besteht (Zeegers et al., 2004). Rehn berichtete 1895 als erster über Risikofaktoren, die die Entstehung des Harnblasenkarzinoms induzieren. Gut untersucht ist die chemische Karzinogenese im Tiermodell an Ratten und Mäusen (Linn et al., 1995). Karzinogene wirken prinzipiell auf das gesamte Urothel.
2-Naphthylamin ist ein wesentlicher Bestandteil des Zigarettenrauches. Es konnte eine enge Korrelation zwischen dem Zigarettenkonsum und dem Risiko eines Blasentumors nachgewiesen werden. Im Vergleich zu einem Nichtraucher erhöht sich das relative Risiko um bis zu 500 %. Ungefähr 60 % aller Blasentumoren des Mannes und 25 % bei der Frau werden auf das Zigarettenrauchen zurückgeführt (Brennan et al., 2000; Marcus et al., 2000). Frühes Einstiegsalter und die Dauer des Zigarettenkonsums scheinen den größten Einfluss auf das individuelle Blasentumorrisiko zu haben. In weiten Teilen Afrikas und in arabischen Ländern ist die Bilharziose endemisch. In der Akutphase der Infektion bilden sich in der Blase potenziell reversible granulomatöse Polypen aus. Ohne Therapie entstehen über Hyperplasien und Dysplasien Plattenepithelkarzinome (Morrison et al., 1982). Ätiologisch wird eine infektbedingte Nitrosaminbildung postuliert (Mostafa et al., 1994). In Ägypten sind schätzungsweise 16 % aller Blasenkarzinome durch Bilharziose induziert (Bedwani et al., 1998).
1.2. Chemische Karzinogene
1.3. Klassifikation des Harnblasenkarzinoms
Nach Vineis gelten für den Menschen als gesicherte Blasenkarzinogene aus der Gruppe der aromatischen Amine (Vineis et al. 1997):
Den weitaus größten Anteil am Kollektiv der Harnblasenkarzinome machen mit etwa 95 % die Urothelkarzinome aus. Es wird zwischen einem papillären und
1.1. Ätiologie und Risikofaktoren
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F. vom Dorp, G. Schatzl, H. Rübben und H. Steiner Tabelle 26.2.1.a. TNM-Klassifikation des Harnblasenkarzinoms (nach AJCC/UICC 2002) Tx
Tumor kann nicht beurteilt werden
T0
Kein Anhalt für Primärtumor
Ta
Nicht invasiver papillärer Tumor
TIS
Carcinoma in situ
T1
Tumor infiltiert subepitheliales Bindegwebe
T2
Tumor infiltriert die Muskulatur T2a
Tumor infiltriert oberflächliche Muskulatur (innere Hälfte)
T2b
Tumor infiltriert äußere Muskulatur (äußere Hälfte) Tumor infiltriert perivesikales Fettgewebe
T3 T3a
Mikroskopisch
T3b
Makroskopisch (extravesikaler Tumor) Tumor infiltriert Prostata oder Uterus oder Vagina oder Becken-/Bauchwand
T4 T4a
Tumor infiltriert Prostata oder Uterus oder Vagina
T4b
Tumor infiltriert Becken- oder Bauchwand
N – Regionäre Lymphknoten NX
Regionäre Lymphknoten können nicht beurteilt werden
N0
Kein Anhalt für regionäre Lymphknoten
N1
Metastase in solitärem Lymphknoten 2 cm in größter Ausdehnung
N2
Metastase in solitärem Lymphknoten > 2 cm, aber 5 cm in größter Ausdehnung oder multiple Lymphknoten < 5 cm.
N3
Metastasen in Lymphknoten > 5 cm in größter Ausdehnung.
Fernmetastasen finden sich vor allem in Lunge, Leber und Knochen MX
Fernmetastasen können nicht beurteilt werden.
M0
Keine Fernmetastasen
M1
Fernmetastasen
einem soliden Tumorwachstum unterschieden (Raghavan et al., 1995; Riede et al., 1995). Die verbleibenden 5 % entfallen auf die selteneren Formen des Plattenepithel- und des Adenokarzinoms, wobei letzteres mit einem Anteil von 0,2–2 % sehr selten
Tabelle 26.2.1.b. Stadiengruppierung des Harnblasenkarzinoms (nach AJCC/UICC 2002) Stadium 0A Stadium0is
Ta Tis
N0 N0
M0 M0
Stadium I
T1
N0
M0
Stadium II
T2a, T2b
N0
M0
Stadium III
T3a, T3b, T4a N0
M0
Stadium IV
T4b Jedes T Jedes T
M0 M0 M1
N0 N1, N2, N3 Jedes N
vorkommt (Anderström et al., 1983). Das Adenokarzinom der Harnblase entsteht vor allem aus Resten des Urachus im Bereich des Blasendaches als so genanntes Urachuskarzinom, aber ebenso aus periurethralen und periprostatischen Drüsen (Riede et al., 1985). Im Gegensatz zum panurothelialen Tumorcharakter des Urothelkarzinoms ist das Adenokarzinom ein meist solitärer Befund in der Harnblase, dessen Prognose jedoch im wesentlichen ebenso durch die Infiltrationstiefe und den Differenzierunsgrad bestimmt wird. Die 5-JÜR ist mit 18–33 % niedrig. Ursache der schlechten Prognose ist ein meist weit fortgeschrittenes Stadium durch invasives Wachstum. Die Häufigkeit des Plattenepithelkarzinoms beträgt 3–6 % (Sen et al., 1985). Risikofaktoren sind chronisch-entzündliche Veränderungen der Harnblase, Harnröhrenstrikturen, Blasensteine sowie langjährige Einlage von Fremdkörpern (Dauerkatheter). Wie bereits oben angesprochen, ist ein Zusammenhang zwischen der chronischen Form der Blasenbilharziose und der Entstehung des Plattenepithelkarzinoms gesichert (Gonheim et al., 1985). Der Anteil der Plattenepithelkarzinome macht hier bis zu 70 % aus (Silverman et al., 1992). Mehr als 80 % der Plattenepithelkarzinome wachsen zum Zeitpunkt der Erstdiagnose muskelinvasiv und sind mittelgradig bis schlecht differenziert. Die 5-JÜR ist mit 5–26 % niedrig (Aghaji et al., 1989). Das Urothelkarzinom der Harnblase tritt hinsichtlich seines klinischen Verlaufes in zwei unterschiedlichen Formen auf. Etwa 80 % aller Urothelkarzinome zeigen zum Zeitpunkt der Erstmanifestation ein nichtinvasives und papilläres Wachstumsmuster. 10–15 % dieser Tumoren entwickeln im weiteren Verlauf eine Muskelinvasion. Eine weitaus schlechtere Prognose weist die zweite Gruppe von Urothelkarzinomen auf, welche bei der Erstmanifestation bereits muskelinvasiv wachsen. In Anlehnung an die UICC werden die Ausbreitung
Kapitel 26.2
Harnblasenkarzinom
(TNM) und der Differenzierungsgrad klassifiziert (Tabelle 26.2.1) und die Stadiengruppierung vorgenommen.
1.4. Histopathologisches Grading Nach der neuen WHO-Klassifikation wird die Tumorbiologie des Harnblasenkarzinoms durch die Einteilung in Low- und High-grade-Karzinome gekennzeichnet. Low-grade-Tumoren gelten als genetisch stabile, High-grade-Tumoren dagegen als genetisch instabile Tumoren. Papilläre Tumoren werden nach der neuen Klassifikation wie folgt unterteilt: Papilläre hochdifferenzierte Tumoren werden nicht mehr als maligne bezeichnet, sondern erhalten die Bezeichnung der „papillären urothelialen Neoplasie mit niedrig malignem Potenzial“ (PUNLMP). Tritt eine Textur- oder Schichtungsstörung hinzu und ist aber dennoch eine deutliche zytologische Übereinstimmung zu normalem Urothel erkennbar, so werden diese Tumoren als „nicht invasive Low-grade-Karzinome“ definiert. Sowohl PUNLMP als auch nicht invasive Low-grade-Karzinome sind genetisch stabile Tumoren. Tritt eine weitere Schichtungsstörung hinzu, so wird aus dem nicht invasiven Low-grade- ein nicht invasiver High-grade-Tumor. Findet sich in einem noch nicht komplett schichtungsgestörten Tumor bereits ein einziges Areal, welches eine deutliche Kernpolymorphie zeigt, so ist dieser Tumor per definitionem ein Carcinoma in situ. Das Carcinoma in situ repräsentiert eine flache, intraepitheliale Läsion und gilt als eine maligne „Vorläuferläsion“ des Urothelkarzinoms. Tyrkus et al. konnten bereits 1992 zeigen, dass das genetische Setting von Carcinomata in situ und invasiven Karzinomen deutliche Übereinstimmungen zeigt. In der neuen WHO-Klassifikation wird somit das Carcinoma in situ als genetisch instabiler High-grade-Tumor eingestuft (Tyrkus et al., 1992). Der muskelinvasive Tumor ist per se ein High-gradeKarzinom.
2. Diagnostik Das Leitsymptom urothelialer Malignome ist die schmerzlose Makrohämaturie, worauf eine endoskopische und bildgebende Abklärung eingeleitet wird. Die Blasenspiegelung bzw. die Harnleiter- und Nierenbeckenspiegelung mit entsprechender Zytologie- oder
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Histologiegewinnung sichert die Diagnose. Herkömmliche bildgebende Verfahren zur Abklärung der Harnblase sind das Ausscheidungsurogramm und die Sonographie, diagnostisch von deutlich höherem Wert sind jedoch die CT- und die MR-Urographie. Leider ist bildgebend auch mittels neuester Untersuchungsmethoden (FDG-PET, Cholin-PET, Acetat-PET) ein exaktes lokales Staging nicht möglich, sodass die Zystoskopie und transurethrale Blasentumorresektion weiterhin unersetzbar sind. Aufgrund neuer Nachweismethoden sind zunehmend auf Urinproben basierende Tumormarker auf den Markt gekommen (NMP22®, BladderChek®, UroVysion™, BTA – bladder tumor antigen, ImmunoCyt, usw.), die entweder Genomveränderungen in abgeschilferten Zellen oder Zellzerfallsprodukte detektieren. Eine Zystoskopie kann nach derzeitiger Datenlage dadurch aber noch nicht ersetzt werden.
3. Vorbehandlung (neoadjuvante Therapie) In den letzten 8 Jahren wurden mehrere Studien und 2 Metaanalysen publiziert, die einen Vorteil für die neoadjuvante Chemotherapie vor Zystektomie darlegen. Kritikpunkt in den meisten Studien war jedoch, dass es keine Standardisierung der Zystektomie bzw Lymphadenektomie gab. Es wird dennoch propagiert, Patienten in fortgeschrittenen Stadien in ein neoadjuvantes Schema einzubringen. Das standardgemäß durchgeführte Therapieschema mit Gemcitabin und Cisplatin ist meist sehr gut tolerabel. Drei Zyklen vor der Therapie verzögern allerdings die Operation geringfügig. Insbesondere bei Plattenepithelkarzinomen der Harnblase spielt die neoadjuvante Chemo-Radiotherapie eine zunehmend wichtige Rolle, erste Ergebnisse sind äußerst vielversprechend.
4. Präoperative Vorbereitung Vor transurethraler Resektion sind keine besonderen Vorkehrungen zu treffen, ein steriler Harn und normale Blutgerinnung sind allerdings Grundvoraussetzung. Zur präoperativen Vorbereitung einer Zystektomie gehört eine Lungenfunktionsprüfung und die Optimierung der pulmonalen Funktion durch Atemgymnastik und Nikotinkarenz. Die Nierenfunktion muss eruiert werden, da kontinente Ableitungen nur bei guter Nierenfunktion durchführbar sind. Die Patienten sollten darmvorbereitet in den Eingriff gehen. Die Stelle eines
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eventuell notwenigen Stomas sollte gekennzeichnet sein.
5. Operative Strategie 5.1. Nichtinvasives Blasenkarzinom Patienten mit nicht invasiven Blasentumoren stellen kein einheitliches Kollektiv dar: Die korrigierten Überlebensraten der Patienten mit nicht invasiven Tumoren (Ta G1-3, T1 G1-2) liegen 5 Jahre nach transurethraler Resektion (TUR) zwischen 81 und 96 %. Eine ungünstigere Prognose zeigen Patienten mit T1G3-Karzinomen. Nicht invasive Tumoren (pTa), führen in weniger als 1 % der Fälle zur Metastasierung: 99,3 % dieser Patienten überlebten metastasenfrei 5 Jahre. Die Therapie des nicht invasiven Harnblasenkarzinoms stellt die fraktionierte transurethrale Resektion dar. Diese sichert die Diagnose und zusätzlich wird durch die getrennte Resektion des exophytischen Tumoranteils und einer tieferen Muskelschicht zwischen einem nicht invasiven und einem invasiven Karzinom unterschieden. Zur optimierten Resektion kann eine photodynamische Diagnostik eingesetzt werden. Hierzu wird präoperativ Hexaminolevulinat (HEXVIX) oder 5-Aminolaevulininsäure (5-ALA, nicht zugelassen) intravesikal appliziert und intraoperativ unter UV-Licht (Wellenlänge ca. 400 nm) werden maligne sowie dysplastische Areale durch intensive Rotfluoreszenz sichtbar. Dies erweist sich besonders bei kleinen, flachen und multilokulären Tumoren als hilfreich, um für eine vollständige Resektion zu sorgen; Langzeitdaten stehen jedoch aus. Nach der durchgeführten transurethralen Resektion des Blasentumors bekommt der Patient für etwa zwei Tage einen Dauerkatheter mit kontinuierlicher Harnableitung. Falls Notwendigkeit besteht, kann die Blase über diesen Dauerkatheter auch per Hand gespült werden. Wenn intraoperativ bereits der Verdacht auf einen oberflächlichen Tumor vorliegt, erfolgt direkt postoperativ über den liegenden Dauerkatheter die Instillation eines topischen Chemotherapeutikums. Die hier am häufigsten verwendeten Medikamente sind Epirubicin oder Mitomycin C. Diese entfalten fast ausschließlich eine lokale Wirkung, wobei man annimmt, dass sie vor allem die bei der Operation freiwerdenden Tumorzellen eliminieren und dadurch die Bildung von intraoperativen Implantationsmetastasen verhindern. Indikation zur Re-TUR besteht bei pT1-Tumoren sowie bei pTa-Tumoren, bei denen eine komplette Tumorresektion in der Erstresektion nicht möglich war (Miladi et al., 2003). Ferner sollte eine Nachresekti-
on erfolgen, wenn im pathologischen Präparat keine Muskulatur nachgewiesen wurde. Wurde im Rahmen der Erstresektion ein Ta/T1-High risk-Karzinom detektiert, sollte auch dieser Befund nachreseziert werden. Die Wahrscheinlichkeit, dass ein Ta/T1-G3-Urothelkarzinom mit einer Muskelinvasion einhergeht, liegt bei 10 % (Miladi et al., 2003). Aus diesem Grunde ist auch hier eine Nachresektion angezeigt. Eine hohe Tumorprogressionsrate zeigen Patienten mit einem pT1G3-Tumor; 36 % der Patienten sterben innerhalb von 5 Jahren an ihrem Tumor. Die Häufigkeit der Metastasierung beträgt 22 % (RUTT, 1985). Stöckle et al. und Herr et al. korrelierten Überlebensraten nach Zystektomie und Erstnachweis eines Harnblasenkarzinoms pT1 mit den Resultaten einer verzögerten Zystektomie, die nach Auftreten eines Rezidives eines pT1-Tumors durchgeführt wurde. Die korrigierte 5-JÜR betrug 89 % bzw. 92 % bei früher jedoch nur 60 bzw. 56 % nach verzögerter Zystektomie bei Auftreten eines Rezidivs (Stöckle et al., 1986; Herr et al., 2001). Allerdings stellt auch die BCG-Therapie eine sinnvolle Option beim T1G3-Blasenkarzinom dar, mit 5-JÜR von bis zu 88 %, so dass derzeit nicht klar festgelegt werden kann, welcher Patient mit einem T1G3-Tumor früh zystektomiert werden muss.
5.2. Muskelinvasives Urothelkarzinom Etwa 12 % aller Harnblasenkarzinome sind bei Erstdiagnose bereits muskelinvasiv (T2-4, Nx, Mx). Solche Tumoren werden in kurativer Zielsetzung behandelt und die Therapie sollte die Entfernung des Tumors, Verhinderung des Rezidivs und die Erhaltung der Lebensqualität für den Patienten beinhalten.
5.3. Radikale Zystektomie Bei muskelinvasiven Karzinomen der Harnblase (Stadium T2-T4) ist die radikale Zystektomie indiziert. Die operative Technik der Zystektomie beinhaltet neben der Blasenentfernung auch die Exzision der benachbarten Organe. Beim Mann sind es die Prostata und Samenblasen (einige Autoren propagieren eine prostataerhaltende Operationstechnik), bei der Frau der Uterus, die Adnexen und ein Teil der vorderen Vaginalwand. Bei jüngeren Patientinnen kann in der Regel ein Ovar belassen werden und bei klinisch lokalem Tumorwachstum an der Blasenvorderwand ebenso auf die Resektion des Vaginaldaches verzichtet werden, um postoperativ die Möglichkeit des Geschlechtsver-
Kapitel 26.2
Harnblasenkarzinom
kehrs zu erhalten. Die Exzision der Harnröhre ist nur selten erforderlich und lediglich bei blasenhalsnahen Tumoren oder Tumorausdehnung in die prostatische Harnröhre indiziert, wobei die Entscheidung in diesen Fällen zumeist nach einem intraoperativen Schnellschnitt getroffen wird. Nach der Entfernung der Blase muss eine Harnableitung angelegt werden, hierzu haben sich mehrere Verfahren innerhalb der letzten Jahre etabliert, die den Patienten Tumorkontrolle, Kontinenz und eine zufriedenstellende Lebensqualität gewährleisten. Zur Operation wird der Patient in Rücken- oder Steinschnittlage gelagert. Es erfolgt die mediane Laparotomie mit Linksumschneidung des Bauchnabels, Inzision des Peritoneums entlang der obliterierten A. umbilicalis, Anzügeln und Absetzen der Harnleiter sowie Entnahme eines Harnleiterabsetzungsrandes für die Schnellschnittuntersuchung. Danach wird die pelvine Lymphknotendissektion beidseits durchgeführt. Einige Autoren propagieren eine Ausdehnung der Lymphknotendissektion hin zur retroperitonealen Lymphknotendissektion bis auf die distale V. cava und Aorta paracaval, paraaortal und interaortocaval. Es folgt die Inzision der endopelvinen Faszie paraprostatisch und Durchtrennen der puboprostatischen Bänder. Zur Potenzerhaltung wird nach Absetzen der Harnröhre das Gefäß-Nervenbündel lateral abpräpariert. Anschließend erfolgt die Inzision des Peritoneums im Douglas-Raum und die deszendierende Zystektomie unter Durchtrennung der oberen, mittleren und unteren Harnblasenpfeiler.
5.4. Möglichkeiten der Harnableitung 5.4.1. Kontinente Harnableitungen Bei den kontinenten Harnableitungen wird ein Darmsegment „detubularisiert“ und als Niederdruckreservoir verwendet. Es werden meist Ileum-, Ileozoekaloder Sigmaabschnitte verwendet. Man differenziert einen orthotopen Pouch (Anschluss an die Harnröhre und Blasenentleerung über die Urethra mittels Beckenbodenentspannung und Bauchpresse – Valsalva-Manöver), die sog. „Neoblase“, und einen heterotopen Pouch (Anschluss des Pouches über einen Kontinenzmechanismus zumeist am Nabel, Entleerung durch Einmalkatheterismus). Es gibt vielerlei verschiedene Techniken und Modifikationen. Voraussetzung für die Anlage einer Neoblase ist neben einer guten Nierenfunktion die Tumorfreiheit der prostatischen Harnröhre. Dies wird im Rahmen einer vorherigen transurethralen Resektionsbiopsie oder durch
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Abb. 26.2.1. Bildung einer Ileum-Neoblase: Aneinanderlegen eines 60–80 cm langen W-förmigen Ileumanteils in W- oder M-Form, Eröffnung des Ileums entlang der antimesenterialen Grenze, fortlaufende Adaption der frei aneinanderliegenden Enden und dadurch Bildung einer breiten Platte, die nachfolgend zu einer Kugel geformt werden kann
intraoperative Schnellschnittuntersuchung sichergestellt. Es erfolgt ein Ausschalten eines 50–70 cm langen Ileumteilstücks 15 cm vor der Bauhin’schen Klappe mit anschließender Re-Anastomose zur Wiederherstellung der Darmkontinuität (maschinell oder mit 2 fortlaufenden 4-0-Nähten semizirkulär seromuskulär). Der Mesoschlitz wird verschlossen und anschließend das ausgeschaltete Darmsegment detubularisiert und die Neoblase gebildet (Abb. 26.2.1). Distal wird die Neoblase punktförmig eröffnet und es werden 4–6 Anastomosennähte vorgelegt. Nach Einführen eines neuen Spülkatheters in die Neoblase wird der Ballon geblockt und die Anastomose geknüpft. Nach Verlagerung des linken Ureters nach rechts unterhalb des Mesos erfolgt die Spatulierung der distalen Harnleiter, das Legen von Ureterschienen, die über die Neoblase ausgeleitet, in der Neoblase perforiert und mit ultraschnell resorbierbarer Naht fixiert werden. Dann folgt eine End-zu-Seit-Anastomose der Ureter mit 5-0-VicrylEinzelknopfnähten entweder in das Studerrohr oder einen antirefluxiven Nippel, welcher am Ende zwei-
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schichtig verschlossen wird. In die Neoblase kann ein suprapubischer 18 Cha. Katheter zur Drainage eingelegt werden, dies ist meist aber nicht notwendig. Nach vollständigem Verschluss der Neoblase erfolgt die Prüfung auf Dichtigkeit durch retrograde Füllung über den Dauerkatheter. Ein Stück vom Omentum majus wird links gestielt und reicht als Netzplastik bis über die Neoblase. Abschließend werden Drainagen in das kleine Becken und eventuell eine Easy-flow-Drainage intraperitoneal eingelegt.
5.4.2. Inkontinente Harnableitung Bei der inkontinenten Harnableitung („Conduit“) wird aus einem Ileum- oder Kolonsegment ein so genanntes „nasses Stoma“ angelegt (Abb. 26.2.2). Dabei wird ein etwa 15 cm langes präterminales Dünndarmsegment mit seiner mesenterialen Blutversorgung aus der Kontinuität ausgeschaltet. Nach Rekonstruktion der intestinalen Kontinuität folgt der Durchzug des linken Harnleiters unter dem Mesosigma, nach Einlage von Harnleiterschienen wird die Bildung einer Anastomose der beiden Harnleiter zum Ileum-Conduit, z. B. nach Wallace I, vorgenommen. Die Anastomose wird retroperitonealisiert und der aborale Segmentteil im Unterbauch als evertiertes Bauchwandstoma eingenäht. Es folgen Ausspülen der OP-Wunde, Einlage von Drainagen in die Zystektomiehöhle, eventuell Einlage einer Easyflow-Drainage in den Oberbauch und schichtweiser Wundverschluss. Bei dieser Form der Harnableitung ist die kontinuierliche Verwendung eines Stomabeutels zum Auffangen des Harns erforderlich. Diese Art der Ableitung konnte sich aufgrund der geringsten Komplikationsraten gut etablieren.
6. Komplikationsmanagement Die transurethrale Resektion von oberflächlichen Blasentumoren ist eine meist relativ problemlose Operation, die entweder in Spinalanästhesie oder in Allgemeinnarkose durchgeführt wird. Es kann aber zu mehr oder weniger schwerwiegenden Komplikationen wie einer Perforation der Harnblasenwand kommen. Eine Perforation im Bereich des Peritoneums macht eine sofortige Laparotomie und Übernähung der Harnblase erforderlich, wohingegen eine extraperitoneale Perforation mit einer konservativen Therapie (Dauerkatheteranlage für ca. sieben Tage) beherrschbar ist. Weitere Komplikationen können eine Nachblutung oder eine Harnstauungsniere sein. Letztere tritt z. B. auf, wenn
bei der Resektion des Blasentumors das Harnleiterostium koaguliert wurde. Die Zystektomie ist aufgrund der meist polymorbiden Patienten in Kombination mit dem komplexen rekonstruktiven Eingriff eine komplikationsträchtige Operation. Darmatonie für einige Tage wird häufig beobachtet. Im Falle eines Urinlecks der Ableitung unmittelbar nach der Operation oder nach Entfernung des Katheters empfiehlt es sich, eine längere Harnableitung mittels Katheter zu belassen. Falls die Lücke sich nicht spontan verschließt, muss offen übernäht werden. Postoperativ können Stenosen im Bereich aller Anastomosen auftreten. Diese können je nach Lokalisation und Schweregrad entweder konservativ mittels Katheter, Harnleitersplint oder durch Dilatation versorgt oder letztendlich gegebenenfalls auch offen revidiert werden. Stomaprobleme (Reizung, Hautmazeration) werden am besten in Zusammenarbeit mit einem Stomatherapeuten behandelt. Gelegentlich ist eine Revision notwendig, wie zum Beispiel bei parastomaler Darmherniation. Durch Rückresorption über das verwendete Darmstück kann es zur metabolischen Entgleisung des Patienten kommen. Typische Zeichen sind Übelkeit, Inappetenz, Adynamie, hier muss unter Kontrolle der Blutgase gegengesteuert werden.
7. Nachbehandlung Insbesondere bei Patienten nach Zystektomie mit pT3–pT4a und/oder pN+ M0 wird die adjuvante Chemotherapie häufig eingesetzt, um ein Rezidiv zu verzögern/zu verhindern und das Überleben zu verlängern. Leider bedeutet eine Indikationsstellung aufgrund herkömmlicher pathologischer Befunde nicht automatisch, dass diese Patienten auch von einer Chemotherapie profitieren. Alle bisher publizierten Studien konnten nur ungenügend nachweisen, dass in der täglichen klinischen Praxis der Einsatz einer adjuvanten Chemotherapie immer sinnvoll ist, obwohl einige Forschergruppen einen geringen Vorteil durch eine adjuvante Chemotherapie, zumindest in noch genauer zu definierenden Patientensubgruppen, vermuten. Verschiedene Chemotherapieschemata (CISCA, CAP, M-VAC, MVEC, DDP, CM, CMV) wurden bisher untersucht, alle prospektiv randomisierten Studien hatten jedoch letztlich ihre methodischen Probleme. Daher ist die Aussagekraft nur begrenzt. In einem Review aller Studien mit Cisplatin-haltiger adjuvanter Chemotherapie konnte ein Unterschied zugunsten der adjuvanten Chemotherapie abgeleitet werden, wegen methodischer Probleme innerhalb der einzelnen Stu-
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Harnblasenkarzinom
dien ist die Datenlage aber leider nicht ausreichend abgesichert. Aus diesem Grund wurde eine prospektive EORTC-Studie gestartet, die vier Zyklen adjuvanter Chemotherapie sofort nach Operation mit Chemotherapie erst im Fall eines Rezidivs vergleicht. Aus den – leider noch nicht vorliegenden – Ergebnissen erhofft man sich eine definitive Aussage über die Wertigkeit der adjuvanten Chemotherapie beim Blasenkrebs. Insgesamt muss man jedoch klar festhalten, dass vor Einlagen neuer Daten die Wertigkeit der adjuvanten Chemotherapie beim Blasenkarzinom nicht eindeutig geklärt ist und kontrovers diskutiert wird. Wenn möglich, sollten Patienten daher nur im Rahmen klinischer Studien adjuvant behandelt werden.
8. Rehabilitation Patienten nach Zystektomie sollten täglich 2–3 Liter trinken, insbesondere auch salzhaltige Flüssigkeiten. Die Neoblasenentleerung erfolgt tagsüber alle 2 und nachts alle 3 Stunden. In den ersten Tagen nach Katheterentfernung sollte der Restharn gemessen werden, um eine eventuelle Überkontinenz nicht zu übersehen. Sobald der Patient den Urin im 2-Stunden-Intervall halten kann, wird auf ein 3-Stunden-Intervall umgestiegen, auch wenn es wieder zu einer – vorübergehenden – Inkontinenz kommt. Das Reservoir wird sich jedoch dadurch ausdehnen und der Druck in der Blase abnehmen, was die Kontinenz wieder verbessert. Anfänglich ist eine regelmäßige Blutgasanalyse wichtig, um metabolische Entgleisungen nicht zu übersehen. Nach Harnableitung finden sich häufig Bakteriurien. Solange diese asymptomatisch sind, ist keine antibiotische Therapie erforderlich. Bei Auftreten von fieberhaften Infekten ist aber nicht nur eine Antibiose, sondern auch eine urologische Kontrolle zum Ausschluss möglicher Abflussbehinderungen notwendig.
9. Nachsorge Bei oberflächlichen Harnblasentumoren werden aufgrund der Rezidivhäufigkeit von etwa 50 % regelmäßige Kontrolluntersuchungen mittels Anamnese, Harnstix, Zystoskopie und Spontan- sowie Spül-Zytologie durchgeführt. Nach Zystektomie sind Nachkontrollen unbedingt erforderlich und erfolgen nach einem festgelegten Zeitplan. Es wird nicht nur eine Tumor-, sondern auch eine Funktionsnachsorge durchgeführt. Bestimmt werden Restharn, Blutgasanalyse, Routinelabor, Urinzyto-
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Abb. 26.2.2. Ileum-Conduit
logie, ab dem 4. postoperativen Jahr auch der Vitamin B12-Spiegel. Ebenfalls wird eine Bildgebung durchgeführt (CT, Sonographie, MRI). Eventuell ist zusätzlich eine Urethra-Spülzytologie (Urethralavage) oder Endoskopie der Harnröhre ab einem halben Jahr nach Operation sinnvoll.
10. Weitere Therapiemodalitäten 10.1. Instillationstherapie Zur Rezidiv- und Progressionsprophylaxe des oberflächlichen Blasenkarzinoms kommt die Instillationstherapie zum Einsatz. Die Indikation zu einer Instillation erfolgt risikoadaptiert. Bei oberflächlichen Tumoren erfolgt direkt postoperativ eine Single-shotChemotherapie mit Mitomycin C oder Epirubicin. In weiterer Folge sind zunächst dreimonatliche, danach halbjährliche und nach fünf Jahren nur mehr jährliche Kontrollen notwendig. Falls es in dieser Zeit zu einem Tumorrezidiv kommen sollte, wird der Patient erneut transurethral reseziert. Bei Blasentumoren mit hohem Progressionsrisiko besteht die Indikation zu einer Therapie mit Bacille Calmette-Guerin (BCG). Diese aus Mycobacterium bovis gezüchteten und aus der Tuberkuloseimpfung bekannten Bakterien führen bei lokaler Einbringung in die Blase über einen nach wie vor noch nicht vollständig geklärten Mechanismus zu einer Immunstimulation. Es handelt sich hier um eine Immuntherapie und nicht um eine Chemotherapie. Eine Therapie mit BCG kann frühestens zwei Wochen nach erfolgter Operation begonnen werden, da es sonst zu einer systemischen Keimeinschwemmung mit möglicher generalisierter Tuberkulose kommen könnte. Die Instillationen erfolgen zunächst einmal wöchentlich
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über sechs Wochen. Danach einmal wöchentlich für drei Wochen im Abstand von drei, sechs, zwölf, 18, 24, 30 und 36 Monaten. Die Nebenwirkungen dieser Instillationstherapie können dysurische Beschwerden, grippale Symptome und eventuell Fieber sein. Diese Symptome klingen meist innerhalb von 24 Stunden wieder ab. Falls die Beschwerden länger andauern, ist der Verdacht auf eine systemische Keimeinschwemmung gegeben und bedarf einer tuberkulostatischen Therapie. Die BCG-Erhaltungstherapie kann die Rezidivrate des oberflächlichen Blasenkarzinoms um mehr als die Hälfte und die Progressionsrate um mehr als ein Drittel senken. In dieser Zeit sind regelmäßige Zystoskopiekontrollen notwendig. Bei Tumorrezidiv wird die Instillationstherapie sofort unterbrochen und der Patient erneut operiert. Besteht der Effekt der topischen Chemotherapie in der Reduktion der Frührezidive durch Verhinderung der Reimplantation von freigesetzten Karzinomzellen, so stellt die BCG-Therapie eine Langzeit- Rezidiv- und Progressionsprophylaxe dar. Beide Therapieformen sind daher synergistisch einsetzbar: Topische Chemotherapie am OP-Tag bei jedem oberflächlichen Tumor, anschließend BCG-Therapie bei Tumoren mit hohem Progressionsrisiko. Bei Kontraindikation gegen BCG oder fehlendem Ansprechen auf BCG kann eventuell eine Therapie mit einem topischen Chemotherapeutikum (Mitomycin C) für vier bis acht Wochen weitergeführt werden. Allerdings haben diese weiteren Instillationen nur noch einen geringen zusätzlichen Effekt. Weitere Substanzen zur topischen Immuntherapie sind Interferone und Keyhole-limpet hemocyanin (KLH), insbesondere bei Vorliegen von Kontraindikationen zur BCG-Therapie. Diese Therapien stellen derzeit kein Standardverfahren dar und sind nur ergänzend erwähnt. Kommt es unter BCG-Therapie zu einem pT1-High-grade-Rezidiv oder zur Progression zu einem muskelinvasiven Karzinom, ist die radikale Zystektomie angezeigt.
10.2. Primäre Radiotherapie und Radiochemotherapie Urothelkarzinome zählen zu den prinzipiell radiosensiblen Tumoren. Eine Bestrahlungsindikation besteht prinzipiell in allen Situationen, bei denen durch konservative Maßnahmen (transurethrale Resektion, TUR) eine längerfristige Tumorkontrolle mit Blasenerhalt nicht wahrscheinlich ist. Wichtigste Voraussetzung ist jedoch eine makroskopisch komplette transurethrale Resektion. Zahlreiche große Serien publizierten
initiale klinisch komplette Remissionsraten um 50 Prozent, eine dauerhafte lokale Tumorkontrolle ist nur in etwa 40 % der Fälle zu erzielen. Im randomisierten Vergleich ist die definitive Strahlentherapie der kombinierten Radiochemotherapie mit kompletten initialen Remissionsraten um rund 70 % unterlegen. Grundsätzlich repräsentiert die Radiochemotherapie ein multimodales, auf Organ- und Funktionserhalt zielendes Konzept, das allerdings im nicht randomisierten Vergleich mit der Zystektomie bezüglich der Überlebensdaten um 10–15 % schlechter bewertet wird und zusätzlich mit der Langzeitnebenwirkung einer Strahlenblase (Schrumpfung, Drangsymptomatik, Pollakisurie …) behaftet ist.
11. Palliativmaßnahmen Mehr als 50 % aller Patienten mit muskelinvasivem Harnblasenkarzinom entwickeln in Abhängigkeit von der Ausdehnung des Tumors nach radikaler Zystektomie Metastasen. Zahlreiche Zytostatika wurden in der Vergangenheit als Mono- bzw. Polychemotherapie getestet. Die Kombinationstherapien waren den Monotherapien überlegen. Mit der systemischen Kombinationschemotherapie werden Remissionen bis zu 70 % erzielt, wobei das mediane Überleben bei nur 14 Monaten liegt. Hinsichtlich der Kombinationschemotherapie werden derzeit cisplatinhaltige Protokolle eingesetzt, hier allen voran die Kombination aus Gemcitabin und Cisplatin bzw. das MVAC-Schema (Methotrexat, Vinblastin, Adriamycin und Cisplatin). Der Einsatz des MVAC-Schemas geht auf die von Sternberg im Jahre 1989 publizierten Daten zurück: Hier wurde bei 112 Patienten eine Tumorrückbildung in 72 % aller Fälle erreicht. Von der Maase und Kollegen verglichen im Jahre 2005 das klassische MVAC-Protokoll mit einer Kombination aus Cisplatin und Gemcitabin (GC). Im Rahmen einer medianen Nachbeobachtung von 19 Monaten betrugen die Remissionsraten 46 % für MVAC und 49 % für GC. Das mediane Überleben betrug 15 Monate für MVAC und 14 Monate für GC. Das Nebenwirkungsspektrum jedoch war für GC milder als das bei der klassischen MVAC-Konstellation. In der Studie von von der Maase konnten 63 % aller GC-Zyklen ohne Dosisreduktion appliziert werden im Vergleich zu 37 % aller MVAC-Zyklen.
Kapitel 26.2
Harnblasenkarzinom
12. Qualitäts- und Prognosekriterien 12.1. Rezidiv- und Progressionsrisiko oberflächlicher Tumoren Auch nach vollständiger transurethraler Resektion kommt es bei jedem zweiten Patienten zu einem Rezidiv. Die Rezidivhäufigkeit, aber auch die Progressionsund Überlebensraten zeigen eine enge Abhängigkeit von der Infiltrationstiefe und dem Differenzierungsgrad. pTaG1-Tumore führen in weniger als einem Prozent zur Metastasierung, wohingegen es bei einer Infiltration der Lamina propria bereits bei 14 % bis 22 % zu einer Metastasierung kommt. In Hinblick auf die Rezidivwahrscheinlichkeit ist eine Reihe von Risikofaktoren bekannt und aufgrund großer Fallzahlen konnte die EORTC ein Scoring-System und Risikotabellen entwickeln (Sylvester et al., 2006). Aufgrund von Tumoranzahl, Tumorgröße, Rezidivzahl, T-Stadium, Anwesenheit von CIS und Differenzierungsgrad kann das Rezidiv- und Progressionrisiko abgeschätzt werden (online unter http://www.eortc.be/tools/ bladdercalculator/). Neben dem Rezidivrisiko ist aber vor allem das Progressionsrisiko von Bedeutung. 50 % der ursprünglich oberflächlichen High-grade-Tumoren (insbesondere das Carcinoma in situ) zeigen ohne weitere Therapie eine Progression zu invasiven Stadien.
12.2. Muskelinvasives Harnblasenkarzinom Beim muskelinvasiven Harnblasenkarzinom (Stadium pT2) beträgt die korrigierte 5-JÜR in sehr optimistischen Daten bis 89 %, bei pT3-Tumoren 79 % (Kulkarni et al., 2003).
13. Ausblick Neben der Weiterentwicklung der ablativen Techniken (Chirurgie, Chemotherapie, Strahlentherapie) liegt der Schwerpunkt der klinischen Forschung in der Früherkennung (Screening) sowie Entwicklung von „Predictive assays“ zur frühzeitigen Identifikation von Therapieversagern, um maßgeschneiderte Therapiekonzepte entwickeln zu können.
383
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Kapitel 26.3
Nierenzellkarzinom T. Jäger, F. vom Dorp, G. Schatzl, H. Rübben und H. Steiner
1. Einleitung Das Nierenzellkarzinom repräsentiert 2–3 % aller Malignome und verzeichnet einen jährlichen Zuwachs der Inzidenz von 2 %. Im Jahr 1998 wurden in der Europäischen Union 30 000 Nierenzellkarzinome diagnostiziert, wobei 15 000 Patienten daran starben. Die Geschlechtsverteilung zeigt eine gewisse Prädominanz des männlichen Geschlechts mit einem Verhältnis von 1,5 : 1. Neben zahlreichen ätiologischen Faktoren wie Fettleibigkeit und antihypertensive Therapie gilt Nikotinabusus als sicherer Risikofaktor für ein Nierenzellkarzinom. Durch die zunehmende Anwendung von bildgebender Diagnostik werden Nierenzellkarzinome immer häufiger inzidentiell erkannt, die Mortalität hingegen ist dadurch unbeeinflusst parallel zur Inzidenz gestiegen.
2. Diagnostik Das Nierenzellkarzinom bleibt in seinem natürlichen Verlauf bis zuletzt meist asymptomatisch, so dass mehr als 50 % der Nierenzellkarzinome Zufallsbefunde bei Sonographien sind, welche als Früherkennungsuntersuchungen oder aufgrund anderer Fragestellungen durchgeführt wurden,. Die früher häufige klassische Trias mit • Makrohämaturie, • Flankenschmerzen und • einer tastbaren Raumforderung wird heute nur in seltenen Fällen (6–10 %) gefunden. Paraneoplastische Symptome wie Hypertonie, Kachexie, Fieber, Amyloidose, Anämie, Leberfunktionsstörungen, Hyperkalzämie, Polyzythämie usw. werden in ca. 30 % der symptomatischen Nierezellkarzinome beobachtet. Nur eine Minderheit der Patienten (25–30 %) wird aufgrund von Metastasen auffällig. Die meisten Nierenzellkarzinome werden sonographisch diagnostiziert. Zur weiterführenden Diagnostik
ist eine Kontrastmittel-CT notwendig, um die Ausdehnung der Raumforderung (extrarenale Ausbreitung, lokoregionäre Lymphknotenbeteiligung, Befall der Venen, Tumorzapfen in der V. cava), die Morphologie und Funktion der kontralateralen Niere sowie die Nebenniere und Leber zu beurteilen. Eine Thorax-CT zur Abklärung von Lungenmetastasen wird ebenfalls empfohlen und im Idealfall in gleicher Sitzung durchgeführt, als Minimalvariante wird ein Lungenröntgen gefordert. Eine MRT ist nur bei Kontrastmittelallergie oder eingeschränkter Nierenfunktion bzw. bei spezieller Abklärung einer unklaren Raumforderung oder eines Thrombus der V. cava notwendig. Eine Abklärung von Knochen- oder Schädelmetastasen wird nur bei symptomatischen Patienten empfohlen. Vor Beginn einer systemischen Therapie im Rahmen einer metastatischen Erkrankung sollte jedoch ein Schädel-MRT durchgeführt werden. Eine Feinnadelbiopsie des Primums ist nur bei speziellen Fragestellungen indiziert und wird derzeit in Studien evaluiert (Griffin et al., 2007). Die Stadieneinteilung erfolgt entsprechend der TNM-Klassifikation (Tabelle 26.3.1).
3. Vorbehandlung (neoadjuvante Therapie) Der Nutzen neoadjuvanter Therapien wird gegenwärtig klinisch geprüft. Eine Empfehlung für die adjuvante/neoadjuvante Therapie außerhalb von Studien kann daher zur Zeit nicht gegeben werden.
4. Präoperative Vorbereitung Die Patienten sollten darmvorbereitet in den Eingriff gehen, Blutkonserven sollten ausgekreuzt sein. Ein transurethraler Blasenkatheter wird nach Narkoseeinleitung gelegt. Bei Nierenteilresektion mit eventueller Eröffnung des Nierenbeckens erweist sich eine äußere Ureterschiene gelegentlich als sinnvoll, um mittels steriler Farblösung beim Verschluss des Nierenbeckens
386
T. Jäger, F. vom Dorp, G. Schatzl, H. Rübben und H. Steiner Tabelle 26.3.1.a. TNM-Klassifikation des Nierenzellkarzinoms (nach AJCC/UICC 2002) T
N
M
Primärtumor
Tabelle 26.3.1.b. Stadiengruppierung des Nierenzellkarzinoms (nach AJCC/UICC 2002) Stadium I
T1
N0
M0
Tx
Tumor kann nicht bestimmt werden
Stadium II
T2
N0
M0
T0
Kein Hinweis eines Tumors
Stadium III
N0 N1
M0 M0
T1
Tumor 7 cm im größtem Durchmesser, auf Niere begrenzt
T3 T1, T2, T3
Stadium IV
T4 Jedes T Jedes T
N0, N1 N2 Jedes N
M0 M0 M1
T1a
Tumor 4 cm im größtem Durchmesser, auf die Niere begrenzt
T1b
Tumor > 4 cm aber 7 cm im größtem Durchmesser, auf Niere begrenzt
T2
Tumor > 7 cm im größtem Durchmesser, auf die Niere begrenzt
T3
Tumor infiltriert die Venen oder die Nebenniere, oder das perirenale Gewebe aber innerhalb der Gerotaschen Faszie
T3 a
Tumor infiltriert Nebenniere, oder perirenales Gewebe innerhalb der Gerotaschen Faszie
T3 b
Tumor infiltriert Nierenvene oder Segmentäste, oder die Vena cava unterhalb des Zwerchfells
T3 c
Tumor infiltriert die Vena cava oberhalb des Zwerchfells
T4
Tumor infiltriert außerhalb der Gerotaschen Fazie
Lymphknoten Nx
Regionalen Lymphknoten nicht beurteilbar
N0
Keine regionalen Lymphknoten
N1
Einzelner regionaler Lymphkonten befallen
N2
Mehrere regionale Lymphknoten befallen
Metastasen Mx
Metastasen nicht beurteilbar
M0
Keine Metastasen vorhanden
M1
Metastasen vorhanden
bessere Übersicht zu erhalten. Sollte eine Nierenteilresektion in Ischämie geplant sein (insbesondere bei größeren Tumoren), muss zerstoßenes Eis bereitgestellt werden, um die Niere nach Ausklemmen aus der Zirkulation zu kühlen und damit einen potenziellen ischämischen Schaden zu minimieren. Bei Patienten mit Cavathrombus bis zum Zwerchfell oder darüber
reichend muss mittels Bildgebung (MRT, transösophageale Sonograhpie) die genaue Ausdehnung des Thrombus bekannt sein und gegebenenfalls ein interdisziplinäres Vorgehen (Herzchirugie) geplant werden.
5. Operative Strategie Die radikale Tumornephrektomie ohne Eröffnung der Gerotaschen Faszie gilt als Goldstandard zur kurativen Therapie eines lokal begrenzten Nierenzellkarzinoms (Wotkowicz et al., 2007). Bei Tumoren des oberen Nierenpols oder Tumoren > 7 cm sollte eine Adrenalektomie durchgeführt werden, insbesondere wenn die präoperative Diagnostik (CT, MRT) Verdacht auf Tumorbefall zeigt. Die Frage nach der Lymphadenektomie ist noch nicht eindeutig beantwortet, sollte aber nur die perihilären Lymphknoten betreffen. Für eine Nierenteilresektion gibt es absolute (anatomische oder funktionelle Einzelniere) und relative Indikationen: Erkrankungen, die mit einer Niereninsuffizienz vergesellschaftet sind, hereditäre Formen des Nierenzellkarzinoms, multilokuläre Nierenzellkarzinome. Auch bei kleinen, lokalisierten Tumoren kann elektiv eine Nierenteilresektion trotz Anwesenheit einer gesunden kontralateralen Niere durchgeführt werden. Ob die Operation offen chirurgisch, laparoskopisch oder retroperitoneoskopisch durchgeführt wird, hängt maßgeblich von der Erfahrung des Chirurgen ab. Die onkologischen Ergebnisse sind ähnlich, die Morbidität der laparoskopischen Tumornephrektomie ist jedoch signifikant niedriger als bei der offenen Operationsmethode, weshalb man die Laparoskopie zunehmend als Goldstandard bei Nierenzellkarzinomen im Stadium T1-2 ansehen kann. Die laparoskopische Nierenteilresektion zentraler Tumoren sollte nur in speziellen Zentren durchgeführt werden, hierbei wird oftmals auch roboterunterstützt (da Vinci® Surgical System, Intuitive Surgical) vorgegangen. Bei sämtlichen Ope-
Kapitel 26.3
Nierenzellkarzinom
rationsmethoden (unabhängig vom Zugangsweg) wird primär die Sicherung des Gefäßstiels angestrebt und dann die (partielle) Nephrektomie durchgeführt. Bei sehr großen Tumoren oder Tumoren mit Cavathrombus auf Höhe der Lebervenen ohne Fernmetastasierung sollte ein thorakoabdomineller Zugang zur optimalen Sicherung der V. cava gewählt werden.
6. Komplikationsmanagement Die häufigste Komplikation nach (partieller) Nephrektomie stellt die Nachblutung – oft aus den suprarenalen Gefäßen – dar. Beim kreislaufstabilen Patienten kann ein Versuch einer selektiven angiographischen Embolisation durchgeführt werden. Bei Erfolglosigkeit oder bei instabilen Patienten erfolgt die offene Revision. Beim Auftreten einer Urinfistel nach Nierenteilresektion sollte ein großlumiger Pigtail-Katheter endoskopisch in das Nierenbecken eingelegt werden, gegebenenfalls muss ebenfalls an eine offene Revision gedacht werden.
7. Nachbehandlung Rezente Studien ergaben Hinweise, dass adjuvant verabreichte Tumorvakzine bei Hochrisikogruppen eventuell das progressionsfreie Überleben verlängern können. Ein Einfluss auf das Gesamtüberleben konnte allerdings noch nicht beobachtet werden.
8. Rehabilitation Postoperativ sollte frühzeitig mit Atemtraining und Mobilisation des Patienten begonnen werden, da besonders beim interkostalen Zugang aufgrund von Schonverhalten eine erhöhte Gefahr für die Entwicklung einer Pneumonie und auch Thrombose besteht. Bei Patienten mit Nierenteilresektion muss die Ausscheidung überwacht werden, um einen postoperativ entstandenen Gefäßschaden (z. B. Intimaläsion der A. renalis durch Anlegen der Blutsperre und konsekutive Thrombose) rechtzeitig zu bemerken und gefäßchirurgisch versorgen zu können. Alternativ kann hier auch dopplersonographisch kontrolliert werden.
9. Nachsorge Eine kurzfristige postoperative Kontrolle bezweckt in erster Linie einen Ausschluss von postoperativen
387
Komplikationen, die Bestimmung der Nierenfunktion sowie die Beurteilung der kontralateralen Niere. Weitere Kontrollen dienen dem Ausschluss eines Lokalrezidivs oder Metastasen. In Fällen mit ausgezeichneter Prognose (gut differenzierte, kleinen Tumoren) sind zumeist Lungenröntgen und abdomineller Ultraschall ausreichend. Ansonsten sollte auch eine CT des Körperstamms durchgeführt werden. Die Nachsorge macht Sinn, da kontralaterale Zweittumoren, Metastasen oder auch ein Lokalrezidiv nur dann kurativ angegangen werden können, solange sie noch gut resektabel sind. Verschiedene Nachsorgeschemata wurden evaluiert, es gibt jedoch keine generelle Empfehlung bezüglich der Intervalle zwischen den einzelnen Untersuchungen bzw. des Nachsorgezeitraums.
10. Weitere Therapiemodalitäten: Minimal invasive Techniken Als Alternativen zu primär chirurgischen Maßnahmen stehen minimal invasive Techniken zur Verfügung. Dies sind die perkutane Radiofrequenzablation, die Kryoablation, die Mikrowellenablation oder der HIFU („High intensity focused ultrasound“). Indikationen für solche minimal invasiven Therapiemaßnahmen sind kleine inzidentielle Nierentumoren, multiple Tumoren, bilaterale Tumoren oder Tumoren in Einzelnieren. Als Kontraindikation gelten Metastasen, zentrale Tumoren > 5 cm, Blutgerinnungsstörungen oder andere schwerwiegende Komorbiditäten. Ebenfalls sollten Tumoren nahe am Ureter oder Nierenhohlraumsystem aufgrund erhöhter Komplikationsraten nicht mit minimal invasiven ablativen Therapiemaßnahmen behandelt werden. Für sämtliche alternative Verfahren stehen Langzeitergebnisse aus, so dass die chirurgische Tumorentfernung die Therapieoption der ersten Wahl darstellt. Bei symptomatischen Tumoren und nicht operablen Patienten wird gelegentlich auch die interventionellradiologische Okklusion der A. renalis durchgeführt.
11. Palliativmaßnahmen Die Tumornephrektomie beim metastasierten Nierenzellkarzinom ist eine palliative Maßnahme, welche lokale Beschwerden und Komplikationen mindern soll und gleichzeitig die Tumormasse als Vorbereitung für eine weitere Therapie reduziert. In den meisten Fällen werden weitere systemische Therapieoptionen angewendet. Eine Metaanalyse zwischen Immuntherapie ohne Tumornephrektomie versus Immuntherapie mit
388
T. Jäger, F. vom Dorp, G. Schatzl, H. Rübben und H. Steiner
Tumornephrektomie konnte einen Überlebensvorteil für die Operation (zytoreduktive Therapie) bei Patienten mit gutem Allgemeinzustand zeigen. Die Entfernung von einzelnen Metastasen konnte bei Patienten mit gutem Allgemeinzustand ebenfalls eine Verbesserung der Prognose zeigen. Die Radiotherapie lokalisierter Metastasen kommt in Einzelfällen in ebenfalls palliativer Intention zur Verbesserung klinischer Symptome zum Einsatz. Bei Hirnmetastasen kann eine radioonkologische Therapie bzw. neurochirurgische Intervention von Vorteil sein, insbesondere wenn eine systemische Therapie geplant ist, welche mit einem erhöhten Blutungsrisiko einhergeht. Eine zytostatische Chemotherapie ist aufgrund der hohen Medikamentenresistenz (Expression von MDR, PGlykoprotein) ineffektiv. Derzeit werden laufend Studien durchgeführt, die den Krankheitsverlauf unter Einsatz einer „Targeted therapy“ untersuchen. Vielversprechende Ergebnisse mit deutlich verlängertem progressionsfreien Überleben wurden zuletzt vor allem für Sorafenib und Sunitinib berichtet, aber auch Temsirolimus und Bevacizumab in Kombination mit Interferon-A werden als Therapieoption aufgelistet (NCCN guidelines v.1.2008). Hochdosis-Interleukin-2 kann in selektierten Patienten weiterhin angewandt werden, während hingegen die Immuntherapie mit Interferon-A alleine (lange Zeit Standardtherapie) nicht mehr eingesetzt wird. Eine fast unüberschaubare Menge an neuen Substanzen befindet sich derzeit in Phase I/II Studien.
12. Qualitäts- und Prognosekriterien Ziel einer Nierenzellkarzinomtherapie ist in erster Linie eine komplette chirurgische Tumorentfernung in kurativer Intention, um hohe Raten an tumorfreiem Überleben zu erhalten. Bei tumortragenden Einzelnieren ist der Organerhalt von imminenter Wichtigkeit, um eine Dialysepflichtigkeit zu vermeiden. Im palliativen Setting steht neben der antitumorösen Therapie besonders auch das Erhalten einer größtmöglichen Lebensqualität im Vordergrund. Als prognostische Faktoren gelten anatomische, histologische, klinische sowie molekulare Faktoren (Galsky et al., 2007). Anatomische Faktoren sind in der TNMKlassifikation (2002) zusammengefasst (Tabelle 26.3.1). Die histologischen Faktoren beinhalten das FuhrmannGrading, den histologischen Subtyp, die Anwesenheit von sarkomatoiden Bestandteilen, Tumornekrose sowie vaskuläre Invasion und Nierenhohlrauminfiltration.
Histologisch werden 3 Hauptgruppen unterschieden: klarzellig (80–90 %), papillär (10–15 %) und chromophob (4–5 %). Die klinischen Faktoren umfassen den Allgemeinstatus, Allgemeinsymptome, Kachexie, Anämie und Thrombopenie. Molekulare und genetische Faktoren wie Carbonic anhydrase IX (CaIX), Vascular endothelial growth factor (VEGF), Hypoxia inducible factor (HIF) oder Ki67 wurden zuletzt mehrmals beschrieben, werden aber in der klinischen Routine noch nicht eingesetzt.
13. Ausblick Neben Optimierung des operativen Armamentariums (wie zum Beispiel durch den Operationsroboter da Vinci® Surgical System) wird sich insbesondere die zukünftige Therapie des metastasierten Nierenzellkarzinoms grundlegend verändern. Viele moderne Medikamente (meist monoklonale Antikörper) drängen auf diesen Markt, und haben die Prognose für diese Patienten bereits verbessert, leider zu Lasten von Nebenwirkungen und sehr hoher Kosten für das Gesundheitssystem. Künftige Studien werden aus diesem „Überangebot“ eine sinnvolle Therapie (-kombination) herausfiltern müssen.
14. Literatur Galsky MD, Vogelzang NJ (2007) Outcomes and porgnosis in advanced renal cell carcinoma. Expert Rev Anticancer Ther 7 (6): 839–845 Griffin N, Gore ME, Sohaib SA (2007) Imaging in metastatic renal cell carcinoma. Am J Roentgenol 189 (2): 360–370 National Comprehensive Cancer Network; Practice Guidelines in Oncology – v.1.2008 Wotkowicz C, Libertino JA (2007) Renal cell cancer: radical nephrectomy. Br J Urol 99 (5 Pt B): 1231–1238
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Kapitel 26.4.
Peniskarzinom M. Schenck, G. Schatzl, H. Rübben und H. Steiner
1. Einleitung Die Inzidenz des Peniskarzinoms liegt bei 1,5 Erkrankungen auf 100 000 Männer pro Jahr. Das entspricht einer Rate von 0,5 % aller malignen Tumoren beim Mann, in Europa bedeutet es etwa 4000 Neuerkrankungen pro Jahr (ECNR, 2001). In Entwicklungsländern Afrikas und Lateinamerikas liegt die Inzidenz wesentlich höher (bis zu 9/100 000 in Brasilien). Die Ursache liegt in niedrigen Sexualhygienestandards und der Ignoranz von angeborenen und erworbenen Phimosen. In der jüdischen und moslemischen Bevölkerung sowie bei im Kindesalter zirkumzidierten Männern kommt das Peniskarzinom praktisch nicht vor. Mit zunehmendem Alter steigt die Inzidenz, 60 % der Betroffenen sind älter als 60 Jahre. In Europa ist in den letzten 20 Jahren keine Steigerung der Inzidenz aufgetreten, obwohl die männliche Bevölkerung im Durchschnitt deutlich älter geworden ist. Etwa die Hälfte der Tumoren entsteht an der Glans, ca. 20 % isoliert am Präputium. Die nicht reponierbare Phimose mit der resultierenden gesteigerten Smegmaretention ist einer der Hauptgründe aus ätiologischer Sicht. Die Phimose ist bei bis zu 80 % der Männer mit Peniskarzinom vorhanden. Dem Smegma wird eine karzinogene Wirkung zugeschrieben, allerdings konnte der eindeutige Beweis dafür nicht erbracht werden (Reddy et al., 1963). Ungefähr 20 % der Peniskarzinome kommen auch bei beschnittenen Männern vor (Cold et al., 1997). Allerdings reduziert die frühe Zirkumzision im Kindesalter das Karzinomrisiko um den Faktor 10 (Moses et al., 1998). Die chronische Balanoposthitis und insbesondere die mangelnde Sexualhygiene sind prädisponierende Faktoren. Die Infektion mit HPV-Viren der Subtypen 16 und 18 sind beim Peniskarzinom in bis zu 80 % nachweisbar und werden als mögliche kokarzinogene Faktoren angesehen (Dillner et al., 2000; Cubilla et al., 2004). Das Peniskarzinom metastasiert grundsätzlich lymphogen in inguinale und iliakale Lymphknoten, Fernmetastasen sind die Ausnahme.
Die 5-Jahresgesamtüberlebensrate liegt bei ca. 52 % (von 66 % bei Lymphknoten-negativen Patienten bis 27 % bei Lymphknoten-positiven Patienten). Die häufigsten Todesursachen sind lokale Komplikationen wie Infektionen oder Blutungen aufgrund von Gefäßarrosionen durch den Tumor. Wegen der Seltenheit des Tumors in Staaten mit guten sozioökonomischen Bedingungen fehlt es an größeren randomisierten Studien, weshalb die Datenlage beim Peniskarzinom sehr dünn ist.
2. Diagnostik Die klinische Untersuchung mit Einschätzung des TStadiums (Durchmesser, genaue Lokalisierung, Wachtumsform, Anzahl der Läsionen, Beziehung zur Unterlage, Begrenzung, Farbe) und Palpation der inguinalen Lymphknoten (N-Stadium) sind grundlegend. Palpable Lymphknoten finden sich in ca. der Hälfte der Patienten, von diesen sind aber nur bis 45 % metastasenbedingt vergrößert, die übrigen Patienten zeigen eine inflammatorische Begleitrekation aufgrund von Infektionen des Primärtumors. Andererseits haben etwa 20 % der Patienten mit nicht-palpablen Lymphknoten bereits Mikrometastasen. Eine Histologiegewinnung mittels Nadelbiopsie, Aspirationszytologie oder Exzsionsbiopsie ist der nächste diagnostische Schritt. Sie kann in regionaler (Peniswurzelblock) oder Allgemeinnarkose durchgeführt werden. Ultraschall oder insbesondere MRI können einen Hinweis auf die Invasionstiefe oder eine eventuelle Invasion der Corpora cavernosa geben. Die Klassifikation wird nach dem TNM-Schema der UICC, 6. Ausgabe, 2002 vorgenommen (Tabelle 26.4.1). Histologisch sind Peniskarzinome meistens Plattenepithelkarzinome. Der Malignitätsgrad wird nach den EAU-Guidelines (Maiche et al., 1991) eingeteilt. Schwierigkeiten bei der Einteilung liegen bei den unterschiedlichen morphologischen Erscheinungsformen des Plattenepithelkarzinoms (Abb. 26.4.1) vor. Im klinischen Alltag wird meist die einfachere Unterteilung
390
M. Schenck, G. Schatzl, H. Rübben und H. Steiner Tabelle 26.4.1. TNM-Klassifikation des Peniskarzinoms (Solsona et al., 2004) T – Primärtumor TX
Primärtumor kann nicht beurteilt werden
T0
Keine Evidenz für einen Primärtumor
Tis
Carcinoma in situ
Ta
Nicht-invasives verruköses Karzinom
T1
Tumor infiltriert subepitheliales Bindegewebe
T2
Tumor infiltriert Corpus spongiosum oder cavernosum
T3
Tumor infiltriert Urethra oder Prostata
T4
Tumor infiltriert andere Nachbarstrukturen
N – Regionäre Lympknoten NX
Regionäre Lymphknoten können nicht beurteilt werden
N0
Keine Evidenz für regionöre Lymphknotenmetastasen
N1
Metastase in einem solitären inguinalen Lymphknoten
N2
Metastasen in multiplen oder bilateralen oberflächlichen Lymphknoten
N3
Metastase (n) in tiefen inguinalen oder Beckenlymphknoten, uni- oder bilateral
M – Fernmetastasen
in Grad 1–4 nach Broders angewendet (Broders, 1921; Tabelle 26.4.2). Bildgebende Verfahren wie CT, MRT oder PET-CT des Beckens haben zur Darstellung der Lymphknoten eine unzureichende Aussagekraft (hohe Sensitivität, niedrige Spezifität) (Abb. 26.4.2). Die Prognose der Erkrankung hängt aber entscheidend vom N-Stadium ab, deshalb hat die inguinale und pelvine Lymphadenektomie einen hohen Stellenwert. Nur im Frühstadium mit niedrigem Progressionsrisiko kann auf die inguinale und pelvine Lymphadenektomie verzichtet werden (Solsona et al., 2004).
3. Vorbehandlung (neoadjuvante Therapie) Neoadjuvante Chemotherapie wird nur bei fixierten inguinalen Lymphknoten angewandt (hauptsächlich Cisplatin mit 5-FU) mit Ansprechraten von etwa 68,5 % und einer Langzeit-Überlebensrate von etwa 20 %. Präoperative Radiotherapie scheint hier schlechtere Ergebnisse zu liefern und wird daher immer seltener eingesetzt. Die prophylaktische Bestrahlung von nicht tastbaren Lymphknoten bringt keinen Vorteil, da die Bestrahlung die Bildung von Lymphknotenmetastasen nicht verhindern kann (Ravi et al., 1994). Die Patienten sind zusätzlich den Bestrahlungskomplikationen ausgesetzt und fibrotische Veränderungen erschweren die Nachsorgeuntersuchungen erheblich (Theodorescu et al., 1996). Ob eine kombinierte Radiochemotherapie von Vorteil sein könnte, muss erst in Studien geklärt werden.
MX
Fernmetastasen können nicht beurteilt werden
M0
Keine Evidenz für Fernmetastasen
4. Präoperative Vorbereitung
M1
Fernmetastasen vorhanden
Anfangs zu tastende Lymphknoten sollten vor der Operation antibiotisch (Flurochinolon-Präparat, z. B. Ciprofloxacin 2 × 500 mg p. o.) behandelt werden. Viele Peniskarzinome sind bakteriell superinfiziert. Zusätzlich kann das Risiko für einen eventuellen Wundinfekt in der Leistenregion durch die präoperative antibiotische Prophylaxe / Therapie bei der bevorstehenden inguinalen Lymphadenektomie reduziert werden.
Tabelle 26.4.2. Histopathologisches Grading (nach Broders et al., 1921)
Grad nach Broders
Merkmale
Anteil undifferenzierter Tumorzellen
G1
Gut differenziert
< 25 %
G2
Mäßig differenziert
< 50 %
G3
Schlecht differenziert
75 %
G4
Undifferenziert
> 75 %
5. Operative Strategie Wichtigstes Therapieziel sollte die sichere und dauerhafte Entfernung des Tumors sein. Gleichzeitig sollte auf ein möglichst gutes funktionelles und kosmetisches Ergebnis geachtet werden. Die Behandlung des
Kapitel 26.4.
Peniskarzinom
391
Abb. 26.4.1. Typisches histologisches Bild eines Peniskarzinoms mit Infiltration in den Schwellkörper (HE Färbung, links 100-fach, rechts 400-fach).
Primärtumors tendiert daher in frühen Stadien zur Organerhaltung, um die sexuelle Funktion zu erhalten und die Lebensqualität zu verbessern. Gerade bei größeren Tumoren werden folglich chirurgisch rekonstruktive Verfahren eingesetzt. Das klinische Stadium bestimmt die lokale Therapie. Bei der penilen intraepithelialen Neoplasie wird eine peniserhaltende Strategie (Laserablation, Kryotherapie, topische Imiquimod, 5-Fluorouracil (5-FU) Creme, lokale Exzision) allseits empfohlen. Bei Patienten mit Ta-1G1-2-Tumoren und sichergestellter Nachsorge (gute Compliance!) kann ebenfalls eine Organerhaltung angestrebt werden, wie zum Beispiel eine lokale Exzision und darauf folgende Rekonstruktion. Intraoperativ sollte eine Schnellschnittuntersuchung der Resektionsränder erfolgen. Die Resektion sollte mit einem Sicherheitsabstand von 10–15 mm vom Tumor erfolgen (Minhas et al., 2005). Bei lokaler Exzision am Penisschaft kann die plastische Deckung mit einem Hauttransplantat erforderlich werden, bei Defekten an der Glans hat sich die Mundschleimhaut bewährt (Singh et al., 2005). Gelegentlich ist die komplette Resektion der Glans mit Rekonstruktion des Orificium urethrae erforderlich (Hadway et al., 2005). Mit Strahlentherapie oder Laserablation beläuft sich die Organerhaltungsrate auf 55–84 %. Bei G3 oder T 2 Tumoren wird eine partielle oder totale Penektomie empfohlen: Bei der Teilamputation wird der Tumor mit einem Gummihandschuh oder medizinischem Kondom gesichert, die Inzision zur Amputation erfolgt mit einem Sicherheitsabstand von 2 cm. Gefäße werden ligiert oder koaguliert. Dann erfolgt der Verschluss der Cor-
pora mit 2-0-Monophilem Nahtmaterial, das Septum sollte mitgefasst werden. Der Hautverschluss wird ventral begonnen. Im Anschluss wird die Adaption der spatulierten Harnröhre an die Haut durchgeführt, sodass ein schräger Meatus mit der Öffnung nach oben gebildet wird und es erfolgt die dorsale Adaption der übrigen Haut (Abb. 26.4.3). Bei der totalen Penektomie sind folgende operative Schritte durchzuführen: Komplettes Abdecken des Penis mit einem Kondom oder Gummihandschuh. Ellipsenförmige Inzision an der Penisbasis und Fortführen entlang der Raphe und der dorsalen Mittellinie über 2– 3 cm. Präparation der Harnröhre nach proximal; diese wird vollständig von den Crura befreit. Abklemmen und Durchtrennung der Crura an den Rami ossis pubis und Verschluss mit 3-0-Monophilen-Matrazennähten. Dorsales Spatulieren der Urethra, Einführen eines 20Ch.-Ballonkatheters in die Harnblase und Adaption der Harnröhre mit 3-0-Monophilen- Einzelknopfnähten an die Haut. Einlage von 2 Laschen in die primäre Inzision und transurethraler Verschluss des Skrotums (Abb. 26.4.4). Sowohl die Indikation als auch das Ausmaß der inguinalen Lymphknotendissektion sind abhängig von An-/Abwesenheit palpabler Lymphknoten und von der Prognosegruppe.
5.1. Nicht-palpable Lymphknoten In der Low-risk-Gruppe (pTis, pTaG1-2 or pT1G1) beträgt die Wahrscheinlichkeit für Mikrometastasen weniger als 16 % und es wird eine engmaschige Nach-
392
M. Schenck, G. Schatzl, H. Rübben und H. Steiner
Abb. 26.4.2. 35-jähriger Patient mit einem schon initial inguinal und pelvin lymphonodulär metastasieren Peniskarzinom: In diesem Fall konnten mittels FDG-PET-CT vitale Malignommanifestationen beiderseits inguinal und iliakal nachgewiesen werden.
sorge empfohlen. Sollte dies nicht gewährleistbar sein, wäre eine modifizierte Lymphadenektomie eine Alternative. In der Intermediate-risk-Gruppe (T1G2) wird bei Lymphgefäßinvasion oder Anwesenheit anderer aggressiver histologischer Parameter eine modifizierte Lymphadenektomie nahegelegt, andernfalls kann auch engmaschig nachgesorgt werden. Eine moderne und in den ersten Studien sehr erfolgversprechende Strategie der dynamischen Sentinel node-Biopsie mittels Isosulphanblau und/oder 99mTc-markiertem Nanokolloid wäre ebenfalls eine Alternative. Bei Patienten der High-risk-Gruppe (T 2 oder G3) ist eine modifizierte oder radikale inguinale Lymphadenektomie indiziert (okkulte Metastasen in ca. 70 %)
5.2. Palpable Lymphknoten Etwa 50 % der palpablen inguinalen Lymphknoten zum Zeitpunkt der Primärdiagnose sind reaktiv, aus diesem Grund propagieren einige Autoren die Reevaluation nach einigen Wochen antibiotischer Therapie. In der Low-risk Gruppe (pTis, pTaG1-2 or pT1G1) sollte eine histologische Sicherung durch Nadelaspiration, Biospie oder Exzisionsbiopsie erfolgen, in allen anderen Fällen wird zumindest eine bilaterale modifizierte inguinale Lymphadenektomie, im Falle von Tumorbefall jedoch unbedingt eine radikale inguinale Lymphadenektomie auf der entsprechenden Seite durchgeführt. Eine simultane oder verzögerte iliakale Lymphadenektomie wird in Fällen mit 2 oder mehr befallen Lymphknoten oder bei bildgebend suspekten iliakalen Lymphknoten durchgeführt. Die modifizierte inguinale Lymphknotendissektion wird entsprechend der Häufigkeit des Befalls medi-
Kapitel 26.4.
Peniskarzinom
393
Abb. 26.4.3. Vorgehensweise bei partieller Penektomie
al der V. femoralis nach kaudal bis zur Einmündung der V. saphena und nach kranial bis zum Leistenband durchgeführt Die Lagerung des Oberschenkels erfolgt dabei in Abduktion und Außenrotation und es wird eine Markierung der Inzision und des zu präparierenden Gebiets mit einem Stift auf der Haut vorgenommen, mit Linien 1 cm oberhalb und parallel zum Leistenband, beginnend am Tuberculum pubicum und 12 cm nach lateral reichend. Rechtwinklig dazu werden 2 parallele Linien über etwa 17–18 cm nach kaudal gesetzt, die durch eine 4. Linie zu einem Rechteck vervollständigt werden. Bei der radikalen Lymphadenektomie wird zur Protektion der großen Gefäße ein Musculus sartorius-Schwenklappen empfohlen. 30 % der Patienten mit mehr als zwei inguinal positiven Lymphknoten weisen einen pelvinen Lymphknotenbefall auf. Bei ausgedehnter inguinaler Metastasierung oder im Rezidivfall ist meist ein myokutaner Lappen, wie z. B. der Musculus-tensor-fasciae-latae-Lappen (TFL), erforderlich (Abb. 26.4.5). Zur iliakalen (pelvinen) Lymphadenektomie wird die Aponeurose des M. obliquus externus abdominis inzidiert, anschließend der M. obliquus internus und transversus duchtrennt.
Abb. 26.4.4. Vorgehensweise bei totaler Penektomie
Nach Eröffnung der Fascia transversalis wird das Peritoneum abpräpariert und es werden die iliakalen Gefäße dargestellt. Die Lymphknoten entlang der Iliaca-externa-Gefäße (vom N. obturatorius bis zum N. ilioinguinalis) werden entfernt. Im Falle einer zweizeitigen Operation können die pelvinen Lymphknoten auch laparoskopisch entfernt werden.
6. Komplikationsmanagement Die operative Morbidität der Lymphadenektomie kann bis zu 50 % betragen und zeigt Infektionen, Hautnekrosen und Lymphödeme der Beine. Zur Minimierung der
394
M. Schenck, G. Schatzl, H. Rübben und H. Steiner
Komplikationen sollte die V. saphena magna erhalten werden sowie der modifizierten Technik der Vorzug gegeben werden, sofern onkologisch möglich. Im Zuge einer radikalen Lymphadenektomie sollten die großen Leistengefäße gedeckt werden (z. B. mittels SartoriusLappen), das Unterhautbindegewebe sollte geschont werden. Eine Heparinisierung zur Vermeidung von tiefen Venenthromosen ist sinnvoll, die prä- und perioperative antibiotische Therapie muss konsequent durchgeführt werden. Die eingelegten Drainagen sollten bis zum Versiegen des Lymphflusses belassen werden. Im Falle von ausgedehnten Hautnekrosen ist eine plastische Deckung indiziert.
7. Nachbehandlung Eine adjuvante Chemotherapie (2 Zyklen Cisplatin/5FU oder Vincristin, Methotrexat und Bleomycin einmal wöchentlich über 12 Wochen) nach radikaler inguinaler Lymphadenektomie zeigte in nicht-randomisierten Studien eine Effektivität in pN2-Patienten, während in pN1-Patienten eine adjuvante Therapie nicht sinnvoll erscheint. Eine adjuvante Bestrahlungstherapie nach der radikalen inguinalen Lymphadenektomie kann laut Literaturangaben von Vorteil sein, um das Risiko für ein Lokalrezidiv (Abb. 26.4.6) zu senken, ist jedoch mit einer erhöhten Komplikationsrate verbunden (Banon et al., 2000; Mahlmann et al., 2001).
a
b
8. Rehabilitation
c
Abb. 26.4.5. Befund nach initialer Penektomie und erweiterter inguinaler Lymphknotenexstirpation: a) Exulzerierende Lymphknotenrezidive beiderseits inguinal, b) Zur Defektdeckung wird ein 6 cm breiter und 30 cm langer Hautlappen exakt über dem Muskel (TFL) umschnitten und mit der Faszie und Muskel mobilisiert. Der Hauptast der A. circumflexa femoris lateralis (A), der den TFL ernährt muss unbedingt geschont werden.
Obwohl das Peniskarzinom meist kuriert werden kann, besteht eine hohe posttherapeutische Morbidität. Nach totaler Penektomie sind Geschlechtsverkehr nicht mehr und die Miktion nur im Sitzen möglich. Dies wird in unterschiedlichen Kulturkreisen völlig different bewertet. In Europa wurden neben der offensichtlichen Störung des Sexuallebens auch klare Zusammenhänge mit dem Allgemeinbefinden und dem Sozialgefüge aufgezeigt. Eine psychoonkologische Begleitung ist daher bei vielen Patienten sinnvoll.
9. Nachsorge Charakteristisch für das Wachstum und das Metastasierungsverhalten des Peniskarzinoms ist der schrittweise Progress der Erkrankung. Bei engmaschigen Nachsorgekontrollen weist diese Tumorerkrankung eine gute Überlebensrate auf (Gotsadze et al., 2000), besonders
Kapitel 26.4.
Peniskarzinom
395
Tabelle 26.4.3. Peniskarzinom - EAU - Nachsorgeschema (Solsona et al. 2004) Therapie
Primärtumor
Inguinalregion
Intervall Jahr 1–2
Untersuchungen obligatorisch Empfehlenswert
Jahr 3
Jahr 4–5
Konservative Therapie
2 Monate
3 Monate
6 Monate
Klinik/Selbstuntersuchung/ QoL*
Teil- oder totale Penektomie
4 Monate
6 Monate
12 Monate
Klinik/Selbstuntersuchung/ QoL
Surveillance
2 Monate
3 Monate
6 Monate
Klinik/Selbstuntersuchung/ QoL
pN0
4 Monate
6 Monate
Nicht notwendig
Klinik/Selbstuntersuchung/ QoL
pN+
Institutspezifisch
Institutspezifisch
Institutspezifisch
Klinik/Selbstuntersuchung/ QoL/CT/Rö.Thorax
Biospie, falls unklarer Status
Knochenszintigraphie
* QoL = Quality of Life
nach organerhaltender Therapie muss eine akkurate Nachsorge betrieben werden. Häufig sehen wir das Problem der anfänglichen eingeschränkten Radikalität und der daraus resultierenden Unterschätzung des Fortschreitens der Tumorerkrankung. Die meisten Rezidive treten innerhalb der ersten 2 Jahre auf, so dass diese Zeit besonders zu berücksichtigen ist. Die Nachsorgeempfehlung der EAU (European Association of Urology) sind in Tabelle 26.4.3 zusammengefasst (Solsona et al., 2004).
10.2. Chemotherapie Chemotherapeutika mit den höchsten Ansprechraten (zwischen 15 % und 60 %) beim Peniskarzinom sind Bleomycin (Kombinationstherapie), Methotrexat (Mono- oder Kombinationstherapie), Cisplatinhaltige Kombinationen und Taxane. Da nur wenige, kleine prospektive oder retrospektive Phase-II-Studi-
10. Weitere Therapiemodalitäten 10.1. Strahlentherapie Zur Therapie von Primärtumoren kleiner als 4 cm werden auch externe Strahlentherapie oder Brachytherapie mit vollständigen Ansprechraten bis zu 70 % eingesetzt, allerdings treten danach Lokalrezidive in 16–40 % auf, welche wiederum chirurgisch angegangen werden müssen. Eine randomisierte Vergleichsstudie fehlt jedoch. Eine alleinige Bestrahlung von pathologischen Lymphknoten wird aufgrund deutlich erniedrigter 5-Jahresüberlebensraten im Vergleich zur Lymphadenektomie nicht eingesetzt. Abb. 26.4.6. CT-Befund eines eines Lokalrezidivs eines Peniskarzinoms
396
M. Schenck, G. Schatzl, H. Rübben und H. Steiner
en, Abstracts oder Fallbeispiele zur chemotherapeutischen Behandlung des Peniskarzinoms vorliegen, ist eine Chemotherapie im neoadjuvanten, primären oder palliativen Konzept im Rahmen klinischer Studien zu fordern. Bei Patienten, die nach Ansprechen auf Chemotherapie radikal operabel sind oder werden, bestehen ein Überlebensvorteil und die Chance auf ein längeres krankheitsfreies Überleben (Roth et al., 2000; Sheen et al. 2003).
11. Palliativmaßnahmen Standardtherapie im metastatischen Stadium ist „Best supportive care“. Chemotherapie kann im palliativen Setting versucht werden, immer in Zusammenschau mit dem Patientenalter, Allgemeinzustand und Patientenwunsch. Aufgrund der geringen Effizienz einer Chemotherapie im metastatischen Stadium wird diese meist nur bei jüngeren oder symptomatischen Patienten eingesetzt. Weitere Optionen stellen die Radiotherapie oder chirurgische Interventionen wie zum Beispiel Gefäßprothetik oder Harnableitungen dar.
12. Qualitäts- und Prognosekriterien Die Prognose der Erkrankung hängt entscheidend vom N-Stadium ab, deshalb hat die inguinale und pelvine Lymphadenektomie einen hohen Stellenwert. Die Überlebensrate wird entscheidend beeinflusst von An-/Abwesenheit positiver Lymphknoten, aber auch Anzahl/Lokalisation dieser Lymphknoten sowie ein eventuelles extranodales Tumorwachstum haben prognostischen Einfluss.
13. Ausblick Derzeit werden molekulare Marker zur besseren Risikoeinschätzung und folglich optimierter individualisierter Therapie untersucht, diese spielen aber derzeit noch eine Rolle in der klinischen Anwendung. Viel versprechend sind auch die oben erwähnten ersten Ergebnisse mittels dynamischer Sentinel node-Biopsie. Insgesamt stellen sich jedoch Studien beim Peniskarzinom aufgrund der Seltenheit dieses Malignoms äußerst schwierig dar, weshalb in absehbarer Zeit kein wesentlicher Fortschritt bei der antitumorösen Therapie erwartet wird.
14. Literatur Banon P, V, Nicolas Torralba JA, Valdelvira NP, Server PG, Garcia Hernandez JA, Guardiola MA, Gomez GG, Prieto GA, Martinez BE, Perez AM (2000) Squamous carcinoma of the penis. Arch Esp Urol 53: 693 Broders AC (1921) Squamous cell epithelioma of the skin. Ann Surg 73: 656 Catalona WJ (1988) Modified inguinal lymphadenectomy for carcinoma of the penis with preservation of saphenous veins: technique and preliminary results J Urol 140: 306 Cold CJ, Storms MR, Van Howe RS (1997) Carcinoma in situ of the penis in a 76-year-old circumcised man. J Fam Pract 44: 407 Cubilla AL, Velazquez EF, Young RH (2004) Epithelial lesions associated with invasive penile squamous cell carcinoma: a pathologic study of 288 cases. Int J Surg Pathol 12: 351 Dillner J, von Krogh G, Horenblas S, Meijer CJ (2000) Etiology of squamous cell carcinoma of the penis. Scand J Urol Nephrol Suppl: 189 ECNR (2001) ENCR (European Network of Cancer Registries) Eurocim version 4.0, European incidence database, V 2.2 (1999) Lyon, ENCR Gotsadze D, Matveev B, Zak B, Mamaladze V (2000) Is conservative organ-sparing treatment of penile carcinoma justified? Eur Urol 38: 306 Hadway P, Pietrzak P, Kommu S, Corbishley C, Watkin N (2005) Penile preserving surgery for invasive penile cancer. The first 100 cases from a UK centre. J Urol 173: 198, Abstr 728 Hinman (2007) Atlas urologischer Operationen im Kindesund Erwachsenenalter. Springer Medizin Verlag Heidelberg. Mahlmann B, Doehn C, Feyerabend T (2001) Radiotherapy of penis carcinoma Urologe A 40: 308 Maiche AG, Pyrhonen S, Karkinen M (1991) Histological grading of squamous cell carcinoma of the penis: a new scoring system. Br J Urol 67: 522 Minhas S, Kayes O, Hegarty P, Kumar P, Freeman A, Ralph D (2005) What surgical resection margins are required to achieve oncological control in men with primary penile cancer? BJU Int 96: 1040 Moses S, Bailey RC, Ronald AR (1998) Male circumcision: assessment of health benefits and risks. Sex Transm Infect 74: 368 Ravi R, Chaturvedi HK, Sastry DV (1994) Role of radiation therapy in the treatment of carcinoma of the penis. Br J Urol 74: 646 Reddy DG, Baruah IK (1963) Carcinogenic action of human smegma. Arch Pathol 75: 414 Roth AD, Berney CR, Rohner S, Allal AS, Morel P, Marti MC, Aapro MS, Alberto P (2000) Intra-arterial chemotherapy in locally advanced or recurrent carcinomas of the penis and anal canal: an active treatment modality with curative potential. Br J Cancer 83: 1637 Sheen MC, Sheu HM, Huang CH, Wang YW, Chai CY, Wu CF (2003) Penile verrucous carcinoma successfully treated by intra-aortic infusion with methotrexate. Urology 61: 1216 Singh R, Hadway P, Corbishley C, Watkin N (2005) Total glans resurfacing for pre-invasive carcinoma of the penis: a new approach. J Urol 173: 120, Abstr 440 Solsona E, Algaba F, Horenblas S, Pizzocaro G, Windahl T (2004) EAU Guidelines on Penile Cancer. Eur Urol 46: 1
Kapitel 26.4.
Peniskarzinom
Theodorescu D, Russo P, Zhang ZF, Morash C, Fair WR (1996) Outcomes of initial surveillance of invasive squamous cell carcinoma of the penis and negative nodes. J Urol 155: 1626
397
15. Links www.cancerhelp.org.uk Cancerresearch UK www.uroweb.org European Association of Urology
Kapitel 26.5
Hodentumoren A. Eisenhardt, H. Sperling, T. Jaeger, G. Schatzl, H. Rübben und H. Steiner
1. Einleitung Hodentumoren sind die häufigsten Tumoren junger Männer im Alter zwischen 15 und 35 Jahren. Sie umfassen ca. 5 % aller urologischen Tumoren. In westlichen Ländern beträgt die Inzidenz 3–6 Neuerkrankungen pro 100 000 Männer pro Jahr, wobei in den Industrienationen in den letzten 30 Jahren eine Zunahme der Inzidenz zu beobachten ist (Richie, 2002). In ca. 2–5 % tritt der Hodentumor simultan oder zeitverzögert beidseitig auf. Man unterscheidet zwischen Keimzelltumoren (Seminome, Abb. 26.5.1, und Nicht-Seminome) und Nicht-Keimzelltumoren (Tabelle 26.5.1). Zu den etablierten Risikofaktoren zählen neben einem kontralateralen Keimzelltumor in der Anamnese besonders der Kryptorchismus, hypotrophe oder atrophe Hoden, das Klinefelter-Syndrom, eine positive Familienanamnese mit Erkrankung eines Bruders oder des Vaters, das Vorhandensein einer kontralateralen intraepithelialen Neoplasie (TIN) und die Infertilität (Richie, 2002). Die exzellente Heilungsrate von bis zu 95 % auch im metastasierten Stadium lässt
sich durch ein leitliniengerechtes, diagnostisches und therapeutisches Vorgehen erreichen, was eine Behandlung in Kooperation mit spezialisierten Zentren mit hohen Patientenzahlen erforderlich macht.
2. Diagnostik Die häufigsten Symptome umfassen die schmerzlose Vergrößerung des Hodens, ein Schweregefühl im Hoden und im fortgeschrittenen lokalen Stadium die Begleitepididymitis und Hydrocele. In weniger als 10 % der Fälle erfolgt die Vorstellung aufgrund metastasenbedingter Beschwerden, wobei Rückenschmerzen durch fortschreitendes Wachstum retroperitonealer Lymphknoten sowie Harnstauungsnieren, aber auch Allgemeinsymptome, wie Übelkeit und Erbrechen, Knochenschmerzen, Hämoptysen bis hin zur Schwellung der unteren Extremitäten durch die Lymphabflussstörung, beobachtet werden. Eine Gynäkomastie tritt in ca. 5 % der Fälle als systemische endokrine Manifestation auf. Am Anfang steht die Erfassung der Risikofaktoren durch die gezielte Anamnese, gefolgt von der klinischen Untersuchung des äußeren Genitales mit dem typischen Tastbefund einer Verhärtung mit höckriger Oberfläche und Vergrößerung. Große retroperitoneale
Tabelle 26.5.1. Einteilung der häufigsten Hodentumoren nach WHO 2004
Keimzelltumoren ( 90 %) • •
Abb. 26.5.1. Querschnitt durch ein Orchiektomiepräparat bei Seminom
•
Seminom Nicht-Seminom – Teratom – Embryonales Karzinom – Chorionkarzinom – Dottersacktumor Mischformen
Nicht-Keimzelltumoren ( 10 %) • • • •
Leydigzelltumor Sertolizelltumor Orchidoblastom Metastische Hodentumoren (Lymphom, Karzinom, Melanom)
400
A. Eisenhardt, H. Sperling, T. Jaeger, G. Schatzl, H. Rübben und H. Steiner
Abb. 26.5.2. Hodensonographie (7,5-MHz-Schallkopf): Hodentumor mit homogener intraparenchymatöser Raumforderung
Patienten mit reinem Seminom ausschließlich ein Anstieg von B-HCG oder LDH auftreten kann, niemals jedoch eine AFP-Erhöhung. Zur Ausbreitungsdiagnostik beim Hodentumor gehören die CT des Thorax sowie des Abdomens (Abb. 26.5.3), hierbei können auch Sekundärerscheinungen, wie z. B. eine kompressionsbedingte Hydronephrose, aufgezeigt werden. Die einzige Ausnahme, in der ein einfaches Thorax-Röntgen ausreicht, ist das Seminom Stadium I, ohne retroperitoneale Filialisierung in der AbdomenCT (Albers et al., 2005). Falls sich eine diffuse Metastasierung mit viszeralen Metastasen darstellt, sich der Verdacht auf eine ossäre Filialisierung ergibt oder eine neurologische Symptomatik besteht, sind eine Schädel-CT oder Schädel-MRT und eine Knochenszintigraphie anzuschließen. Eine Kernspintomographie liefert ähnliche Ergebnisse bzgl. des Lymphknotenbefalls, stellt aber aufgrund der hohen Kosten und des limitierten Zugangs keine Standarduntersuchung dar. Die FDG-PET ist nach aktueller Datenlage nicht für den Einsatz in der Primärdiagnostik des Hodentumors zu empfehlen und wird nur für die Kontrolluntersuchungen bei Patienten mit metastatischem Seminom und retroperitonealem Residuum nach Chemotherapie als Entscheidungshilfe eingesetzt, ob eine retroperitoneale Resttumorentfernung notwendig ist. Das Staging erfolgt nach TNM-Klassifikation sowie nach der IGCCG-Klassifikation (International Germ Cell Consensus Group, 1997) (Tabellen 26.5.2 und 26.5.3).
3. Vorbehandlung (neoadjuvante Therapie) Abb. 26.5.3. Abdomen-CT eines Patienten mit einem nichtseminomatösen Hodentumor und retroperitonealer Filialisierung
Raumforderungen können im fortgeschrittenen Stadium durch die Bauchdecke zu tasten sein. Die Sonographie des Hodens mit dem 7,5-MHz-Schallkopf hat eine Sensitivität von bis zu 100 % (Abb. 26.5.2). Jede suspekte echogene oder echoarme Läsion im Hoden gilt als Indikation zur operativen Freilegung. Zwingend erforderlich ist die Sonographie des kontralateralen Hodens zum Erfassen von bilateralen Läsionen. Die Bestimmung der Serumtumormarker AFP (Halbwertszeit 5–7 Tage), B-HCG (Halbwertszeit 24–36 Stunden) sowie LDH ist vor jeder Form der Therapie obligat, wobei ein Anstieg der Tumormarker in ca. der Hälfte der Patienten zu beobachten ist. Bei 90 % der Patienten mit einem nicht-seminomatösen Keimzelltumor ist ein Anstieg der Tumormarker zu beobachten, während bei
Die Therapie des Hodentumors ist nach erfolgtem Staging stadienabhängig (Tabelle 26.5.4) gemäß dem Europäischen Konsensus durchzuführen (Schmoll et al., 2004). Conditio sine qua non vor einer Polychemotherapie ist es, mit dem Patienten über die Fertilität und die eventuelle Einschränkung derselben durch die Toxizität der Therapie zu diskutieren. Wichtig ist die Erfassung des derzeitigen Status inklusive Hormondiagnostik sowie, falls durch den Patienten gewünscht, die Spermien-Kryokonservierung. In seltenen Fällen von drastisch fortgeschrittenem Tumor mit vitaler Bedrohung (z. B. durch Atemwegskompression) wird vor Orchiektomie eine systemische Chemotherapie durchgeführt. Ansonsten spielt die neoadjuvante Therapie beim Hodentumor keine Rolle.
Kapitel 26.5
Hodentumoren
401
Tabelle 26.5.2.a TNM-Klassifikation der Hodentumoren pT Primärtumor pTx
Primärumor kann nicht erfasst werden
pT0
Kein Hinweis auf Primärtumor
pTis
Intraepitheliale Neoplasie (Carcinoma in situ)
pT1
Tumor auf den Hoden und den Nebenhoden beschränkt ohne vaskuläre/lymphatische Invasion; Tumor infilitriert möglicherweise die Tunica albuginea aber nicht die Tunica vaginalis
pT2
Tumor auf den Hoden und den Nebenhoden beschränkt mit vaskulärer Invasion/lymphatischer Invasion oder Tumor infiltriert über die Tunica albuginea mit Invasion der Tunica vaginalis
pT3
Tumor infiltriert den Samenstrang mit oder ohne vasukuläre oder lymphatische Invasion
pT4
Tumor infiltriert das Skrotum mit oder ohne vaskuläre oder lymphatische Invasion
pN Pathologisch Nx
Regionale Lymphknoten können nicht bestimmt werden
N0
Keine regionalen Lymphknotenmetastasen
N1
Eine Metastase mit einer Lymphknotengröße von < 2 cm oder 5 oder weniger Lymphknotenmetastasen mit einer Lymphknotengröße von < 2 cm
N2
Eine Metastase mit einer Lymphknotengröße von 2–5 cm oder 5 oder weniger Lymphknotenmetastasen mit einer Lymphknotengröße von 2–5 cm
N3
Metastasen mit einer Lymphknotengröße von > 5 cm
M Fernmetastasen MX
Fernmetastasen können nicht bestimmt werden
M0
Keine Fernmetastasen
M1
Fernmetastasen
M1a
Nicht-regionale Lymphknoten oder Lunge
M1b
Andere
S Serumtumormarker Sx
Tumormarker nicht bestimmbar oder nicht bestimmt
S0
Tumormarker im Normbereich LDH (U/l)
B-hCG (mIU/ml)
AFP (ng/ml)
S1
< 1,5 × N* und
< 5000 und
< 1000
S2
1,5–10 × N* oder
5000–50000 oder
1000–10000
S3
> 10 × N* oder
> 50000 oder
> 10000
N* oberer Grenzwert des Normalwertes der LDH-Bestimmung (Sobin et al.)
4. Präoperative Vorbereitung Vor Orchiektomie ist keine spezielle präoperative Vorbereitung notwenig. Mit dem Patienten sollte jedoch die Möglichkeit einer Hodenprothesenimplantation in sel-
ber Sitzung besprochen werden, da sich dies problemlos über denselben Zugangsweg durchführen lässt. Vor der retroperitonealen Lymphadenektomie sollte der Patient am Vortag einer entleerenden Darmvorbereitung zugeführt werden. Im Stadium I sollten die
402
A. Eisenhardt, H. Sperling, T. Jaeger, G. Schatzl, H. Rübben und H. Steiner Tabelle 26.5.2.b Stadiengruppierung der Hodentumoren (nach UICC/AJCC 2002) Stadium 0
pTis
N0
M0
S0, SX
Stadium I Stadium IA Stadium IB
pT1-4 pT1 pT2 pT3 pT4 jedes pT/TX
N0 N0 N0 N0 N0 N0
M0 M0 M0 M0 M0 M0
SX S0 S0 S0 S0 S1, S2, S3
jedes pT/TX jedes pT/TX jedes pT/TX jedes pT/TX jedes pT/TX jedes pT/TX jedes pT/TX
N1, N2, N3 N1 N1 N2 N2 N3 N3
M0 M0 M0 M0 M0 M0 M0
SX S0 S1 S0 S1 S0 S1
jedes pT/TX jedes pT/TX jedes pT/TX jedes pT/TX jedes pT/TX jedes pT/TX jedes pT/TX jedes pT/TX
Jedes N Jedes N Jedes N N1, N2, N3 Jedes N N1, N2, N3 Jedes N Jedes N
M1, M1a M1, M1a M1, M1a M0 M1, M1a M0 M1, M1a M1b
SX S0 S1 S2 S2 S3 S3 Jedes S
Stadium IS Stadium II Stadium IIA Stadium IIB Stadium IIC Stadium III Stadium IIIA Stadium IIIB Stadium IIIC
Tumormarker direkt präoperativ negativ sein oder im Fall von initial sehr hohen AFP-Werten kinetikgerecht über mehr als drei Halbwertszeiten abfallen. Bei Patienten nach Chemotherapie sollten die Tumormarker direkt präoperativ negativ oder eventuell auch im Plateau sein. Bei großen Resiualtumoren mit Invasion in die umgebenden Strukturen ist die Resektion je nach Ausmaß interdisziplinär mit Gefäßchirurgen oder Abdominalchirurgen zu planen. Nach bleomycinhaltiger Chemotherapie sollte periund intraoperativ die Atemluft unter 25 % Sauerstoff enthalten, da sonst das Risiko einer interstitiellen Lungenschädigung steigt.
5. Operative Strategie 5.1. Orchiektomie Bei klinischem und sonographischem Verdacht auf einen Hodentumor ist die inguinale Hodenfreilegung zu fordern. Wenn sich intraoperativ der Verdacht auf einen malignen Keimzelltumor bestätigt, erfolgt die inguinale Semikastration. Hierzu werden in Höhe des inneren Leistenrings der Ductus deferens und die Samenstranggefäße dargestellt, einzeln ligiert und abgesetzt. Nachfolgend werden die Stümpfe reponiert, der
Leistenkanal rekonstruiert und das Präparat zur pathohistologischen Untersuchung gesandt.
5.2. Organerhaltendes operatives Vorgehen Ein organerhaltendes Verfahren wird nur bei folgenden Situationen angestrebt: • synchrones oder metachrones Vorliegen einer bilateralen Erkrankung • Vorliegen eines Hodentumors in einem Einzelhoden • gutartiger Hodentumor Dabei muss gewährleistet sein, dass bei Einzelhoden der präoperative Serumtestosteronspiegel normal ist und das Volumen des Tumors 2 ccm und/oder weniger als 30 % des betroffenen Organs beträgt. Hierbei wird nach inguinaler Hodenfreilegung die Tunica albuginea über dem Tumor eröffnet und dieser exzidiert. Anschließend werden Biopsien vom Tumorbett entnommen. Eine bei Malignomen meistens bestehende testikuläre intraepitheliale Neoplasie (TIN) im Resthoden kann mit einer Radiatio sicher behandelt werden (Strahlendosis 20 Gy), der Patient muss über die konsekutive Infertilität aufgeklärt werden.
Kapitel 26.5
Hodentumoren
403
Tabelle 26.5.3. Prognosegruppen nach der IGCCG-Klassifikation Gute Prognose
Nicht-Seminom (56 % der Fälle) 5-JPFÜ 89 % 5-JÜR 92 %
Alle der folgenden Kriterien – Primärtumor im Hoden/Retroperitoneum – keine nicht-pulmonalen viszeralen Metastasen – AFP < 1000 ng/ml – B-HCG < 5000 IU/l (1000 ng/ml) – LDH < 1,5 × ONG
Seminom (90 % der Fälle) 5-JPFÜ 82 % 5-JÜR 86 %
Alle der folgenden Kriterien – jede Lokalisation eines Primum – keine nicht-pulmonalen viszeralen Metastasen – normales AFP – jedes B-HCG – jedes LDH
Intermediäre Prognose
Nicht-Seminome (28 % der Fälle) 5-JPFÜ 75 % 5-JÜR 80 %
Alle der folgenden Kriterien – Primärtumor im Hoden/Retroperitoneum – keine nicht-pulmonalen viszeralen Metastasen – AFP 1000–10000 ng/ml oder – B-HCG 5000–50000 IU/l oder – LDH 1,5–10 × ONG
Seminome (10 % der Fälle) 5-JPFÜ 67 % 5-JÜR 72 %
Jegliches der folgenden Kriterien – Primum in jeglicher Lokalisation – nicht-pulmonale viszerale Metastasen – normales AFP – jegliches B-HCG – jegliches LDH
Schlechte Prognose Nicht-Seminome (16 % der Fälle) 5-JPFÜ 41 % 5-JÜR 48 %
Jegliches der folgenden Kriterien – mediastinaler Primärtumor – nicht-pulmonale viszerale Metastasen – AFP > 10000 ng/ml – B-HCG > 50000 IU/l (10000 ng/ml) oder – LDH > 10 × ONG
Seminome
keine Patienten als schlechte Prognose klassifiziert
5-JPFÜ: 5-Jahres-Progressionsfreies Überleben; AFP: Alpha Fetoprotein; B-HCG: Humanes Choriongonadotropin; LDH: Lactatdehydrogenase; ONG: Obere Normgrenze [IGCCG, 1997]
5.3. Kontralaterale Hodenbiopsie Die gleichzeitige kontralaterale Hodenbiopsie im Rahmen der Ablatio testis wird kontrovers diskutiert (Albers et al., 2005). Hierzu wird eine winzige skrotale Hautinzision durchgeführt, die Tunica vaginalis eröffnet und nach Stichinzision der Tunica albuginea das in etwa reiskorngroße hervorquellende Hodenparenchym entnommen. Anschließend erfolgt ein schichtweiser Wundverschluss. Falls eine TIN im kontralateralen Hoden oder Resthoden nach Tumorenukleation nachgewiesen wurde, stehen die drei Therapieoptionen Ab-
latio testis, Radiatio und Surveillance zur Wahl, wobei die skrotale Radiatio mit 20 Gy das Standardvorgehen darstellt (Kliesch, 2004).
5.4. Retroperitoneale Lymphadenektomie Die retroperitoneale Lymphadenektomie (RLA) erfolgt in standardisierter Technik, wobei das Ausmaß der Dissektion in der Literatur kontrovers diskutiert wird. Einer kompletten bilateralen retroperitonealen Dissektion stehen einseitige und auch modifizierte Felder
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Abb. 26.5.4. Felder der modifizierten retroperitonealen Lymphadenektomie (nach Weißbach et al., 1987)
Abb. 26.5.5. Retroperitonealen Lymphadenektomie: V. cava und Aorta mit weißen Zügeln angeschlungen.
(Weissbach et al., 1987; Colleselli et al.,1990; Donohue et al.,1993) gegenüber (Abb. 26.5.4). Der Patient liegt in überstreckter Rückenlage. Es erfolgt die Schnittführung als mediane Laparotomie
vom Xiphoid bis zur Hälfte der Strecke zwischen Nabel und Symphyse. Nach Eröffnung der Bauchwand wird der Darm mit Bauchtüchern oder im Darmsack unter die rechte Bauchwand luxiert und abgestopft, da
Tabelle 26.5.4. Stadiengerechte Therapie nach den Leitlinien der Europäischen Gesellschaft für Urologie Stadium
Therapie
Seminom Stadium I
– prophylaktische Radiatio des Retroperitoneums mit einer Dosis von 20 Gy – Surveillance (bei guter Patientencompliance) – Carboplatin-Mono-Chemotherapie (AUC 7)
Nichtseminom Stadium I Klinisches Stadium Ia (pT1, keine Gefäßinvasion)
Klinisches Stadium Ib (pT2-pT4), Gefäßinvasion)
– Surveillance (bei guter Patientencompliance) – Chemotherapie mit 2 Kursen PEB – primäre RLA (bei positiven Lymphknoten } 2 Kurse adjuvante Chemotherapie PEB) – primär adjuvante Chemotherapie mit 2 Kursen PEB – primäre RLA bei fehlender Patientencompliance mit einer Rezidivwahrscheinlichkeit von 50 %
Metastatische Hodentumoren Seminom Stadium IIa Seminom Stadium IIb Seminom Stadium IIc Nichtseminom Stadium II mit erhöhten Tumormarkern Nichtseminom Stadium II mit niedriger Tumorlast und normalen Tumormarkern Nichtseminom intermediäre und schlechte Prognosegruppe
– Retroperitoneale Radiatio mit 30 Gy – Retroperitoneale Radiatio mit 36 Gy oder Chemotherapie mit 3 Kursen PEB – Chemotherapie mit 3 Kursen PEB – Adjuvante Chemotherapie mit 3 Kursen PEB, } bei Residualtumormasse von > 1 cm RLA mit Residualtumorresektion – primäre RLA oder adjuvante Chemotherapie mit 3 Kursen PEB } bei Residualtumormasse von > 1 cm RLA mit Residualtumorresektion – Adjuvante Chemotherapie mit 4 Kursen PEB } bei Residualtumormasse von >1cm RLA mit Residualtumorresektion
Legende zu Tabelle 4: PEB = Polychemotherapie nach dem Schema Cisplatin, Etoposid und Bleomycin, Stadien angelehnt an die Lugano-Klassifikation der Hodentumoren: Stadium I – organbeschränkt, Stadium II a – Vorliegen von retroperitonealen Lymphknotenmetastasen unter 2 cm Durchmesser, Stadium II b – Vorliegen von retroperitonealen Lymphknotenmetastasen von 2–5 cm Durchmesser, Stadium II c – Vorliegen von retroperitonealen Lymphknotenmetastasen > 5 cm Durchmesser
Kapitel 26.5
Hodentumoren
eine komplette Auslagerung des Dünndarms mit einer erhöhten postoperativen Darmatonie assoziiert ist. Das Duodenum wird vom Treitz’schen Band durch Peritonealdissektion gelöst und es erfolgt die Lymphadenektomie des Retroperitonealraums. Bei rechtsseitiger Lymphadenektomie erfolgt nach Dissektion des hinteren Blattes des Peritoneums vom Treitz’schen Band bis zur Ileozoekalregion das Abschieben des Peritoneums nach rechts und das Aufsuchen des Harnleiters. Daraufhin wird das Gewebe entlang der Psoasfaszie zur V. cava hin freigelegt und in dieser Fläche auch hinter der Vene das lymphatische Gewebe reseziert. In der medialen Ebene wird die Fläche bis zum Sulkus zwischen Psoas und vorderem Längsband freipräpariert. Die Resektion erfolgt entsprechend der in Abb. 26.5.4 dargestellten Felder (Weißbach et al., 1987). Bei linksseitiger Lymphadenektomie erfolgt die Spaltung des hinteren Peritonealblattes vom Duodenum über die Aorta bis zur linken A. communis. Nach Lateralisierung des Peritoneums und Identifikation des Harnleiters sowie des Nierenstiels, der als Obergrenze der zu resezierenden Fläche angesehen wird, erfolgt die Präparation bis auf den Psoas mit nachfolgender Entfernung des Lymphgewebes bis zum Grenzstrang, wo die einzelnen Nervenfasern aufgesucht und durch Anzügeln identifiziert werden. Auf beiden Seiten markieren jeweils die Harnleiter die lateralen Grenzen des Dissektionsfeldes. Die Präparation der dorsal der großen Gefäße liegenden Lymphknotenanteile (Abb. 26.5.5) erfolgt in der „Split and roll“Technik. Auf eine komplette Lymphknotendissektion ist Wert zu legen, da eine Salvage-RLA aufgrund einer imkompletten RLA und einem vorliegenden GrowingTeratoma-Syndrom mit einem hohen technischen Aufwand und einer deutlich erhöhten Ko-Morbidität assoziiert ist. Bei der kompletten beidseitigen Lymphknotenentfernung wird von Harnleiter zu Harnleiter bzw. von Harnleiter-Iliakalkreuzung als kaudale Begrenzung bis zu den Nierengefäßen das gesamte lymphatische Gewebe mittels „Split and roll“-Technik entfernt. Das suprahiläre Lymphknotengewebe wird meist nur in fortgeschrittenen Fällen nach Chemotherapie reseziert. Im Stadium I oder bei nur geringer Metastasenmasse ist es hierbei möglich, die postganglionären sympathischen Nervenfasern prospektiv zu identifizieren und zu erhalten. Bei einer sekundären RLA bei retroperitonealem Residuum eines nicht-seminomatösen Hodentumors nach Chemotherapie werden in der pathohistologischen Untersuchung folgende Restbefunde detektiert: 40 %
405
Abb. 26.5.6. Laparoskopische retroperitonealen Lymphadenektomie mit Schonung der postganglionären Nervenfasern: Die V. cava wird mittels Instrumenten zur Seite gedrängt, man sieht darunter den linken Grenzstrang und davon ausgehend 3 postganglionäre Fasern die über die Aorta laufen.
Nekrose, 40 % reifes Teratom und in 20 % vitales Karzinom. Daher sollte im Falle der postchemotherapeutischen Lymphadenektomie/Resiudaltumorresektion zumindest eine modifizierte, wahrscheinlich besser noch eine bilaterale komplette RLA durchgeführt werden (Carver et al., 2007). Bei sehr ausgedehnten Tumoren kann die Mitentfernung einer Niere im Sinne einer „En bloc“-Resektion des Tumors im Einzelfall unumgänglich sein, um kein Tumorgewebe zurückzulassen. Im Regelfall wird dabei keine Drainage eingelegt, um eine Lymphfistel zu vermeiden. Bei Befall der retrokruralen Lymphknoten werden diese über einen thorakoabdominalen Zugangsweg mitreseziert.
5.5. Minimal invasive Verfahren Die laparoskopische retroperitoneale Lymphadenektomie gewinnt zunehmend an Befürwortern, sollte jedoch Zentren mit ausgezeichneter Expertise in der laparoskopischen urologischen Chirurgie des Retroperitoneums vorbehalten bleiben. Es ist heute bereits möglich, eine komplette beidseitige retroperitoneale Lymphknotendissektion mit Identifikation und Erhaltung der sympathischen Nervenfasern laparoskopisch durchzuführen (Abb. 26.5.6). Auch bei präoperativ chemotherapierten Patienten ist die Komplikations- und Konversionsrate in speziellen Zentren mit entsprechend hohen Patientenzahlen extrem gering. Aufgrund der äußerst an-
406
A. Eisenhardt, H. Sperling, T. Jaeger, G. Schatzl, H. Rübben und H. Steiner
spruchsvollen Technik sollte dieser Eingriff ausschließlich an jenen Zentren durchgeführt werden. Es wird hierzu in modifizierter Seitenlage ein Pneumoperitoneum gesetzt, das parakolische Mesokolon inzidiert und der Dickdarm samt Duodenum abpräpariert. Anschließend wird in Analogie zur offenen Technik vorgegangen.
wiesen wird, kann auf eine weitere Chemotherapie verzichtet werden (Richie, 2002). Bei Patienten im Stadium I mit histologischem Tumornachweis im Retroperitoneum im Zuge einer RLA (pathologisches Stadium IIa) kann eine adjuvante Chemotherapie das Rezidivrisiko von ca. 10–25 % (je nach Ausmaß der RLA) auf unter 5 % senken.
5.6. Metastasenchirurgie
8. Rehabilitation
Einzelne Residuen nach Chemotherapie (z. B. in Lunge, Leber), sollten eventuell interdisziplinär reseziert werden, insbesondere im Fall von histologisch nachgewiesenem Teratom im Retroperitoneum.
Im Fall von größeren Lymphozelen oder Lymphaszites wird die fettarme Ernährung unter ausschließlicher Verwendung mittelkettiger Fettsäuren (MCT-Diät) und Diuretika empfohlen, im Falle von Erfolglosigkeit wird eine parenterale Ernährung über einige Tage eingeleitet, bis im äußersten Fall eine operative Sanierung (Punktion, Fensterung, Sklerosierung) als Ultima ratio durchgeführt werden kann.
6. Komplikationsmanagement Bei adäquat durchgeführter Orchiektomie ist eine Komplikation sehr selten, gelegentlich werden Nachblutungen beobachtet. Bei der retroperitonealen Lymphadenektomie betreffen intraoperative Komplikationen hauptsächlich Blutungen (insbesondere aus Lumbalgefäßen), welche zumeist problemlos kontrolliert werden können. Im postchemotherapeutischen Fall bei großen Residualtumoren mit Invasion in große Gefäße werden jedoch immer wieder Massenblutungen und Todesfälle beschrieben. In derartigen Fällen ist eine tumorferne Isolation der großen Gefäße proximal und distal des Tumorbulks zur Sicherung absolut notwendig und gegebenenfalls ein gefäßprothetischer Ersatz durchzuführen. Die Rate der postoperativen Komplikationen ist bei präoperativ chemotherapierten Patienten mit 20,7 % höher als bei nicht chemotherapierten Patienten. Diese umfassen Ejakulationsstörungen, Lymphocelen, Lymphaszites, pulmonale Komplikationen wie Pneumonie oder Atelektasen, Infektionen, neurologische Schäden und die postoperative Darmatonie sowie den Bridenileus (Richie, 2002). Auf konservativ-diätetische Maßnahmen resistente symptomatische Lymphozelen können einer laparoskopischen Lymphozelenwandfensterung zugeführt werden.
7. Nachbehandlung Bei Patienten nach Chemotherapie ist im Regelfall eine Nachbehandlung mittels weiterer Chemotherapie indiziert, falls im RLA-Präparat noch aktiver Tumor nachgewiesen wird. Falls ausschließlich Teratom nachge-
9. Nachsorge Die Nachsorge nach Hodentumordiagnose und Therapie ist engmaschig zu führen und es ist von enormer Bedeutung, die Patienten insbesondere in den ersten Jahren einer regelmäßigen Kontrolle zu unterziehen, da früh erkannte Therapieversager bei rechtzeitiger Therapie eine exzellente Prognose aufweisen. Die stadienspezifischen Nachsorgeschemata sind den Leitlinien zu entnehmen (Albers et al., 2005).
10. Weitere Behandlungsmodalitäten 10.1. Strahlentherapie Verglichen mit den Eckpfeilern Chirurgie und Chemotherapie spielt die Strahlentherapie beim Hodentumor nur in ausgesuchten Fällen eine Rolle: als fester Bestandteil in der Behandlung von isoliertem kontralateralen TIN sowie nach erfolgter organerhaltender Tumorresektion in Form von Radiatio des Resthodens (Strahlendosis 20 Gy). Eine weitere Einsatzmöglichkeit besteht in der adjuvanten retroperitonealen Radiato beim Seminom im klinischen Stadium I sowie der kurativen Radiatio beim Seminom im klinischen Stadium IIA/B (Tabelle 26.5.4).
Kapitel 26.5
Hodentumoren
407
10.2. Hochdosis-Chemotherapie
13. Ausblick
Für Hodentumorpatienten mit schlechter Prognose bzw. Therapieversager nach konventioneller Chemotherapie wird von einigen Zentren eine Hochdosis-Chemotherapie mit angeschlossener Blutstammzelltransplantation in Studien evaluiert. Derzeit kann hierzu noch keine Therapieempfehlung abgegeben werden.
Derzeit zeigen sich zunehmend zwei Entwicklungsrichtungen: Bei niedrigen Tumorstadien steht die Verbesserung der Lebensqualität unter Erhaltung der onkologischen Effizienz im Vordergrund. Hier spielen sowohl Studien zur Senkung der Chemotherapiedosis als auch die Weiterentwicklung neuer schonender Operationstechniken wie der Laparoskopie wichtige Rollen. Zunehmend wird Wert auf Erhaltung der Fertilität durch nervschonende Operationstechniken oder risikoadaptierte Strategien gelegt. Zusätzlich könnten dadurch Langzeitnebenwirkungen wie Gefäßerkrankungen und Sekundärmalignome reduziert werden. Andererseits stellen fortgeschrittene cisplatinresistente Tumoren und in letzter Zeit zunehmend entdifferenzierte Spätrezidive neue Herausforderungen an die Medizin. Neue innovative Chemotherapiekombinationen oder Hochdosischemotherapie in Kombination mit ausgedehnter Chirurgie können derzeit nur maximal 50 % dieser Patienten zu einer Langzeitremission verhelfen. Hier besteht Bedarf an neuartigen Therapiekonzepten.
11. Palliative Maßnahmen Essentiell ist eine konsequente analgetische Therapie. Bei Schmerzen durch Knochenmetastasen bringt zudem eine Strahlentherapie Besserung. Nur sehr selten muss bei Metastasen im Rückenmarksbereich eine Operation zur Stabilisierung und Dekompression durchgeführt werden. Vereinzelte zerebrale Metastasen können operativ oder mittels Radiochirurgie (Gamma knife) entfernt werden. Physiotherapie und Psychoonkologie sind weitere Säulen im Sinne der „Best supportive care“.
12. Qualitäts- und Prognosekriterien Erfreulicherweise kann die bei weitem überwiegende Anzahl der Patienten mit metastasiertem Hodentumor heute geheilt werden, was zu einer stadienunabhängigen Heilungsrate von deutlich über 90 % führt. Aufgrund sehr vorhersagbarer Metastasierungswege und zahlreicher Studien konnten Subgruppen identifiziert werden, die für den einzelnen Patienten das Risiko genauer definiert (Tabelle 26.5.3). In der Gruppe mit schlechter Prognose finden sich ausschließlich Nichtseminome mit entweder sehr hohen Tumormarkern, primär extragonadalem Ursprung oder nicht pulmonalen Organmetastasen. Zahlreiche Studien betreffend der Qualität der Hodentumortherapie konnten nachweisen, dass die Therapie an einem Zentrum mit hoher Patientenfrequenz oder zumindest die Kooperation mit einem derartigen Zentrum essentiell für gute Therapieergebnisse ist. Dies schlägt sich in besseren Überlebenszahlen und höherer Lebensqualität dieser meist jungen Patienten nieder.
14. Literatur Albers P, Albrecht W, ALgaba F, Bokemeyer C, Cohn-Cedermark G, Horwich A, Klepp O, Laguna MP, Pizzocaro G (2005) Guidelines on testicular cancer. Eur Urol 48: 885–894 Carver BS, Shayegan B, Eggener S, Stasi J, Motzer RJ, Bosl GJ et al. (2007) Incidence of metastatic nonseminomatous germ cell tumor outside the boundaries of a modified postchemotherapy retroperitoneal lymph node dissection. J Clin Oncol 25 (28): 4365-4369 Colleselli K, Poisel S, Schachtner W, Bartsch G (1990) Nervepreserving bilateral retroperitoneal lymphadenectomy: anatomical study and operative approach. J Urol 144 (2 Pt 1): 293–297; discussion 297–298 Donohue JP, Thornhill JA, Foster RS, Rowland RG, Bihrle R (1993) Retroperitoneal lymphadenectomy for clinical stage A testis cancer (1965 to 1989): modifications of technique and impact on ejaculation. J Urol 149 (2): 237–243 International Germ Cell Cancer Collaborative Group (1997) International Germ Cell Consensus Classification: a prognostic factor-based staging system for metastatic germ cell cancers. J Clin Oncol 15: 594–603 Kliesch S (2004) Diagnostik und Primärtherapie des Hodentumors. Urologe A 43: 1494–1499 Richie JP (2002) Neoplasms of the testis. In: Walsh PC et al. (eds.) Campbells urology. 8th ed. Philadelphia: WB Saunders, 2002: pp. 2876–2919 Schmoll HJ, Souchon R, Krege S (2004) European Consensus on diagnosis and treatment of germ cell cancer: a report of the European Germ Cell Cancer Consensus Group (EGCCG). Ann Oncol 15: 1377–1399
408
A. Eisenhardt, H. Sperling, T. Jaeger, G. Schatzl, H. Rübben und H. Steiner Sobin LH, Wittekind Ch (eds) (2002) UICC: TNM classification of malignant tumours. 6th ed. Wiley-Liss Weißbach L, Boedefeld EA (1987) Localisation of solitary and multiple metastases in stage II non seminomatous tumors as a basis for a modified staging lymph node dissection in stage I. J Urol 138: 77–82
15. Links www.uroweb.org European Association of Urology
Kapitel 27.1
Zervixkarzinom A. Schneider und Ch. Köhler
1. Einleitung Das Zervixkarzinom ist in Westeuropa das siebthäufigste Malignom der Frau mit 3,5 % aller karzinombedingten Neuerkrankungen und ca. 3 % aller tumorbedingten Todesfälle. Die Inzidenzraten variieren weltweit zwischen 3/100 000 Frauen (Syrien) und 94/ 100 000 Frauen (Haiti) (Ferlay et al., 2001). Sie liegt in Deutschland bei 12/100 000 Frauen. Die Anzahl der Neuerkrankungen für das Zervixkarzinom hat zwischen den Jahren 1980 und 2002 von 9200 auf 6400 kontinuierlich abgenommen (Robert-Koch-Institut 2006). Im gleichen Zeitraum nahmen auch die Sterbefälle in Deutschland von 2200 auf 1800 ab. Weltweit erkranken ca. 500 000 Frauen jährlich an einem Zervixkarzinom, etwa 350 000 sterben jährlich an dieser Erkrankung, vor allem in Ländern der Dritten Welt. Das mittlere Alter bei Diagnosestellung beträgt 52 Jahre mit einem Gipfel zwischen dem 35. und 39. Lebensjahr und dem 60. bis 64. Lebensjahr. Histologisch handelt es sich in der Mehrheit (80 %) um Plattenepithelkarzinome, 20 % sind Adenokarzinome. Die pathogenetische Rolle der (High-risk-)Papillomaviren (HPV) bei der Entstehung des Zervixkarzinoms gilt heute als bewiesen und ist Grundlage der gerade beginnenden präventiven Vakzinierung. Sexuelle und reproduktive Faktoren, wie eine frühe Kohabitarche und eine hohe Anzahl von Sexualpartnern, bedingen eine erhöhte Wahrscheinlichkeit einer HPV-Infektion. Multiparae, Frauen mit einem niedrigen sozialökonomischen Status und Raucherinnen haben ein erhöhtes Risiko, an einem Zervixkarzinom zu erkranken.
schätzte lokale Tumorausdehnung als Grundlage der FIGO-Klassifikation (Tabelle 27.1.1) kann nicht eine intraabdominale Tumoraussaat, tumorbefallene pelvine und/oder paraaortale Lymphknoten oder eine mögliche Ausbreitung in die Nachbarorgane (Blase, Rektum) beweisen oder ausschließen.
2.1. Klinische Diagnostik Die klinische Untersuchung der Portio uteri mit Spiegeleinstellung und Kolposkopie, Palpation (vaginal und rektovaginal), ggf. in Narkose, sowie eine Biopsieentnahme sichern die Diagnose eines sichtbaren Karzinoms und bestimmen das Tumorstadium. Bei zytologisch suspektem Befund, aber fehlendem Hinweis auf einen makroskopisch erkennbaren Tumor ist eine endozervikale Kürettage und, falls ohne Ergebnis, eine Konisation mit Aufarbeitung des Konus in Stufenschnitten zur weiteren Abklärung indiziert. Im Rahmen der FIGO-Klassifikation sind eine Zystoskopie und Rektoskopie sowie ein Röntgen des Thorax und der ableitenden Harnwege (i. v.-Urogramm) gestattet. Anstelle der Ausscheidungsurographie erfolgt zumeist eine Sonographie der Nieren zum Nachweis einer Stauung.
2.2. Tumormarker Die Tumormarker SCC (beim Plattenepithelkarzinom) und CA 125 (beim Adenokarzinom) sind zur Verlaufskontrolle geeignet, nicht jedoch zur Primärdiagnostik.
2. Diagnostik Das Zervixkarzinom ist bis heute der einzige gynäkologische Tumor, der klinisch eingeteilt wird, was bekanntermaßen zu einer hohen Rate (30–50 %) an Über- und Unterschätzungen des Tumorstadiums führt. Die von einem erfahrenen Untersucher einge-
2.3. Bildgebende Diagnostik Für die Beurteilung der pelvinen und paraaortalen Lymphknoten ebenso wie der Größenausdehnung des Primärtumors stehen MRT, CT, PET und Sonogra-
A. Schneider und Ch. Köhler
410 Tabelle 27.1.1. TNM- und FIGO-Stadieneinteilung des Zervixkarzinoms (nach UICC/AJCC 2002) TNM-Klassifikation
FIGOStadien
Tumorausdehnung
Tx
Primärtumor kann nicht beurteilt werden
T0
kein Anhalt für Primärtumor
Tis
0
Carcinoma in situ (präinvasives Karzinom)
T1
I
Zervixkarzinom begrenzt auf den Uterus (die Ausdehnung auf das Corpus uteri sollte dabei unbeachtet bleiben)
T1a
Ia
Invasives Karzinom, ausschließlich durch Mikroskopie diagnostiziert Alle makroskopischen Läsionen – sogar mit oberflächlicher Invasion – werden als T1b/Stadium IB klassifiziert
T1a1
Ia1
Tumor mit einer Stromainvasion von 3 mm oder weniger und 7 mm oder weniger in größter horizontaler Ausdehnung
T1a2
Ia2
Tumor mit Stromainvasion von mehr als 3 mm, aber nicht mehr als 5 mm und 7 mm oder weniger in größter horizontaler Ausdehnung
T1b
Ib
Klinisch (makroskopisch) sichtbare Läsion, auf die Zervix begrenzt, oder mikroskopische Läsion > Stadium T IA2/1A2
T1b1
Ib1
Klinisch (makroskopische) sichtbare Läsion 4 cm oder weniger in größter Ausdehnung
T1b2
Ib2
Klinisch (makroskopische) sichtbare Läsionen > 4 cm in größter Ausdehnung
T2
II
Zervixkarzinom infiltriert jenseits des Uterus, aber nicht bis zur Beckenwand und nicht bis zum unteren Drittel der Vagina
T2a
IIa
ohne Infiltration des Parametriums
T2b
IIb
mit Infiltration des Parametriums
T3
III
Zervixkarzinom breitet sich bis zur Beckenwand aus und/oder befällt das untere Drittel der Vagina und/oder verursacht Hydronephrose oder stumme Niere
T3a
IIIa
Tumor befällt unteres Drittel der Vagina, keine Ausbreitung zur Beckenwand
T3b
IIIb
Tumor breitet sich bis zur Beckenwand aus und/oder verursacht Hydronephrose oder stumme Niere
T4
IVa
Tumor infiltriert Schleimhaut von Blase oder Rektum und/oder überschreitet die Grenzen des kleinen Beckens
M1
IVb
Fernmetastasen
phie zur Verfügung. Die früher häufig angewendete Lymphszintigraphie ist heute aufgrund ihrer geringen Sensitivität obsolet (Beckmann, 2004). Das CT ist hilfreich zur gesteuerten Punktion von retroperitonealen Strukturen. Mikroskopisch befallene Lymphknoten sowie eine Unterscheidung zwischen reaktiv oder tumorös vergrößerten Lymphknoten sind nicht sicher möglich, weshalb in der Literatur nur eine Sensitivität des CT zum Nachweis von Lymphknotenmetastasen von 12–72 % angegeben wird. Die Sensiti-
vität des CT für den Nachweis einer Invasion in Nachbarorgane ist ebenfalls gering (Hertel et al., 2002). Im MRT kann der Primärtumor gut in seiner Größe dargestellt werden, wobei eine signifikante Korrelation mit der Größe des Tumors im Operationspräparat besteht. Eine beginnende Infiltration der Nachbarorgane ist nur bedingt mit dem MRT festzustellen. Für den Nachweis einer parametranen Infiltration weist das MRT eine Sensitivität von 38–97 % und für eine Scheideninfiltration von 82–90 % auf. Problematisch
Kapitel 27.1
Zervixkarzinom
ist die niedrige Sensitivität des MRT zur Detektion von Lymphknotenmetastasen, insbesondere Mikrometastasen, die zwischen 31–86 % angegeben wird (Hertel et al., 2002). Die transvaginale Sonographie erlaubt bei auf die Zervix begrenzten Tumoren eine gute Größeneinstufung, ist aber für die Einschätzung einer parametranen Infiltration, eines Befalls der Nachbarorgane oder von Lymphknotenmetastasen nicht geeignet. Im PET können tumorbefallene Lymphknoten besser als im MRT dargestellt werden (Sensitivität 38–91 %), wobei auch hier die Detektion von Mikrometastasen problematisch ist. Auch für den Nachweis eines Tumorrezidivs ist das PET sensibler als das MRT. Insgesamt muss betont werden, dass die Daten zum PET zum Teil an sehr kleinen Patientenkollektiven erhoben wurden und deshalb einer weiteren Evaluierung bedürfen.
2.4. Chirurgisches Staging Nur durch das chirurgische Staging (s. u.) kann die Tumorausbreitung exakt erfasst und histologisch gesichert werden, insbesondere der Nachweis bzw. Ausschluss einer intraabdominalen Tumoraussaat, eines pelvinen und/oder paraaortalen Lymphknotenbefalls und des Befalls der Nachbarorgane erfolgt auf diese Weise. In den vergangenen 30 Jahren sind mehr als 40 Publikationen zum chirurgischen Staging beim Zervixkarzinom veröffentlicht worden, von denen die überwiegende Mehrheit ein positives oder indifferentes Votum abgeben. Lediglich in 3 Arbeiten wird kein Benefit des operativen Stagings gezeigt, worunter sich auch die einzige prospektiv randomisierte Studie befindet (Lai et al., 2003). Obwohl diese Studie erhebliche methodische Probleme bei einer kleinen Patientinnenzahl aufweist, unterstreicht ihr Ergebnis jedoch die Tatsache, dass bisher keine prospektive Studie einen Überlebensvorteil des operativen Stagings nachweisen konnte.
3. Vorbehandlung (neoadjuvante Therapie) Die Daten zur neoadjuvanten Chemotherapie vor Strahlentherapie bzw. vor einer radikalen Hysterektomie ergeben bis heute keine signifikante Verbesserung des Gesamtüberlebens, des krankheitsfreien Überlebens und des rezidivfreien Überlebens. Zudem sind die Ergebnisse aufgrund der Heterogenität der Therapieschemata und Applikationsformen nur bedingt miteinander zu vergleichen.
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4. Operative Strategie Für die Behandlung des invasiven Zervixkarzinoms stehen Operation, Radiotherapie oder Chemotherapie oder eine Kombination dieser Verfahren zur Verfügung. Frühe Tumorstadien (IA2 bis IIa/b) werden eher operativ therapiert, fortgeschrittene Tumoren zumeist strahlentherapeutisch angegangen. In den operativen Stadien IB und II führen Operation und Bestrahlung zu prinzipiell gleichen Langzeitergebnissen bei unterschiedlichem Rezidivmuster und Nebenwirkungsprofil, was in randomisierten Studien nachgewiesen werden konnte (Beckmann, 2004). Die Kombination beider Therapiemodalitäten (Operation gefolgt von adjuvanter Strahlentherapie bzw. neoadjuvante Tele/Brachytherapie gefolgt von radikaler Hysterektomie) verbessert die onkologische Prognose nicht, erhöht aber signifikant die Komplikationsrate (Landoni et al., 1997). Die Therapieplanung sollte interdisziplinär zwischen Pathologen, internistischen Onkologen, Radiotherapeuten, Radiologen und Gynäkologen erfolgen. Anhand der vorliegenden histomorphologischen, klinischen und bildgebenden Befunde (Abb. 27.1.1) wird die Krankheitsausdehnung incl. Prognosefaktoren evaluiert und entschieden, welches Vorgehen für die jeweilige Patientin am besten geeignet erscheint. Neoadjuvante und adjuvante Therapiekonzepte sollten mit in die Überlegungen einbezogen werden.
4.1. Operatives Staging, einschließlich des Debulkings tumorbefallener Lymphknoten Das operative Staging umfasst die komplette Exploration der Abdominalhöhle auf eine peritoneale Tumoraussaat einschließlich der Entnahme einer Douglaslavage zur zytologischen Untersuchung, die paraaortale und pelvine Lymphonodektomie sowie die Inspektion und Präparation des Septum vesicocervicale und rectovaginale, ggf. mit Biopsieentnahme (Abb. 27.1.2 und 27.1.3). Prinzipiell kann das Staging (einschließlich der Lymphonodektomie) laparotomisch trans- oder extraperitoneal oder laparoskopisch (trans- oder extraperitoneal) durchgeführt werden. Die onkologische Gleichwertigkeit der laparoskopischen mit der offenen Lymphonodektomie konnte in mehreren großen retrospektiven Studien nachgewiesen werden (Köhler et al., 2004; Schlaerth et al., 2002; Catron et al., 2005). In Abhängigkeit von den Schnellschnittergebnissen der entnommen Lymphknoten bzw. von Biopsien kann einzeitig intraoperativ oder zweizeitig das weitere Therapiekonzept festgelegt bzw. modifiziert werden.
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A. Schneider und Ch. Köhler
Abb. 27.1.1. Axialer Schnitt des Planungs-CTs einer Patientin mit Zervixkarzinom. Lagerung im Belly Board, Bauchlage zur optimalen Darmschonung. Konformale Dosisverteilung im Planning Target Volume (rot)
Mit der Entfernung tumorbefallener Lymphknoten (Abb. 27.1.4) im Sinne eines Debulkings und einer anschließenden Radiochemotherapie konnte retrospektiv ein signifikanter Überlebensvorteil für diese Patien-
tinnen nachgewiesen werden (Marnitz et al., 2005). Bei minimaler Morbidität wurde der Beginn der primären Radiochemotherapie nicht verzögert.
2 4 5 3 2
1
6 Abb. 27.1.2. Situs nach laparoskopischer transperitonealer infrarenaler Lymphonodektomie. Gut sichtbar sind 1) Aorta abdominalis, 2) V. cava inf., 3) A. mesenterica inf., 4) V. renalis sinistra, 5) V. ovarica sinistra, 6) rechter Ureter.
3
1
Abb. 27.1.3. Präparation des vesikozervikalen und vesikovaginalen Septums im Rahmen des laparoskopischen Stagings. Dargestellt sind 1) die Zervixvorderwand, 2) die Harnblasenhinterwand und 3) die beiden Blasenpfeiler.
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Zervixkarzinom
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4.2. Die radikale Hysterektomie Die radikale Hysterektomie beim Zervixkarzinom wurde vor 100 Jahren in Wien eingeführt, wobei Friedrich Schauta die vaginale radikale Hysterektomie inaugurierte, während Ernst Wertheim den abdominalen Zugang wählte (Schauta, 1908, Wertheim, 1911). Durch die Unmöglichkeit, von vaginal eine Lymphonodektomie durchzuführen, wurde die vaginale radikale Hysterektomie durch die Wertheim’sche Operation (mit ihren Modifikationen und Weiterentwicklungen) deutlich in den Hintergrund gerückt. Erst mit der Möglichkeit der sicheren laparoskopischen Lymphonodektomie erlebte die Schauta’sche OP einer Renaissance. Für das frühinvasive Zervixkarzinom stellt die radikale Hysterektomie mit pelviner Lymphonodektomie die Standardtherapie dar. Entsprechend der Größe des Primärtumors muss die Radikalität in der Resektion der Parametrien angepasst werden. Zu den Parametrien zählen Anteile des Lig. cardinale, des Lig. sacrouterinum (Rektumpfeiler) und des vesikozervikalen Ligamentes (Blasenpfeiler). Das Ausmaß der Radikalität der parametranen Resektion wird nach der PiverKlassifikation eingestuft (Piver et al., 1974). In der operativen Therapie des Zervixkarzinoms werden v. a. die radikale Hysterektomie Typ II, die der Originalmethode nach Wertheim beim abdominalem Zugang oder Schauta beim vaginalen Zugang entspricht, oder die Typ-III-Technik (nach Latzko, Meigs und Mackenrodt) angewandt (Abb. 27.1.5, 27.1.6). Obligater Bestandteil
Abb. 27.1.4. Tumordurchsetzter pelviner Lymphknoten (links)
Abb. 27.1.5. Resektat nach radikaler Hysterektomie Typ II (mit Adnexen) mit Resektion der Hälfte des Parametriums
Harnblase
Rektum
a
b
Abb. 27.1.6. Unterschiedliche Ausdehnung der Radikalität zur Behandlung des Zervixkarzinoms. a) transversal, b) vertikal. A Radikale Trachelektomie. B Radikale Hysterektomie Typ II. C Radikale Hysterektomie Typ III. 1 Blasenpfeiler, 2 Lig. cardinale, 3 Rektumpfeiler
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funktion werden im Wesentlichen von der Radikalität der Parametrienresektion bestimmt: Je ausgedehnter die Resektion entsprechend des Tumorvolumens ist, desto gravierender sind die chronische Darmobstipation sowie die Veränderungen der Blasensensibilität, Detrusorinstabilität, Blasenkapazität und Blasencompliance. Die anatomischen Strukturen im Blasenpfeiler, Ligamentum cardinale und Rektumpfeiler bestehen vorwiegend aus autonomen Nerven des sympathischen (Plexus hypogastricus inferior) und parasympathischen (Nervi splanchnici pelvini) Nervensystems.
Abb. 27.1.7. Laparoskopische Darstellung und Erhaltung der Nn. splanchnici pelvini rechts (durchgezogener Pfeil) nach Durchtrennung des vaskulären Anteils des Lig. cardinale (unterbrochene Pfeile)
der Operation ist die Lymphonodektomie im Becken. Die Indikation und Ausdehnung der paraaortalen Lymphonodektomie (inframesenterisch/infrarenal) ist nicht exakt definiert und muss individuell festgelegt werden, insbesondere in Kenntnis des Schnellschnittbefundes der pelvinen Lymphknoten. Mit der Standardisierung der laparoskopischen Lymphonodektomie in der gynäkologischen Onkologie hat sich neben der abdominalen radikalen Hysterektomie die laparoskopisch assistierte radikale vaginale Hysterektomie in den letzten Jahren etabliert (z. B. Hertel et al., 2003). Für das frühinvasive Zervixkarzinom ist auch eine total laparoskopisch radikale Hysterektomie mit pelviner Lymphonodektomie möglich (z. B. GilMoreno et al., 2005). Erste Arbeiten über die roboterassistierte radikale Hysterektomie sind veröffentlicht. All diesen Verfahren ist gemeinsam, dass sie mit einem geringeren Blutverlust (Transfusionsrate laparoskopisch vs. offen: 19 vs. 92 %), einer schnelleren Mobilisierung, einem kürzeren Krankenhausaufenthalt und einem besseren kosmetischen Resultat bei vergleichbarer onkologischer Sicherheit einhergehen. Unabhängig vom Zugangsweg treten bei der radikalen Hysterektomie als intraoperative Komplikationen Blasenverletzungen in 0,5–7 %, Ureterverletzungen in 3– 4 %, Darmverletzungen in 1–2 %, Verletzung größerer Blutgefäße in 2–3 % und Harnfisteln in 1–3 % auf. Die perioperative Mortalität wird mit 0,7–1 % angegeben. Als wichtigste Spätkomplikation sind Lymphozelen sowie anhaltende Blasen- und Darmentleerungsstörungen anzugeben. Die Morbidität von Blasen- und Rektum-
Grundsätzlich kann die der radikalen Hysterektomie immanente Morbidität nur auf zwei Wegen reduziert werden: 1. Die radikale Hysterektomie Typ III wird als nervensparende Form ausgeführt, indem Anteile der parasympathischen und sympathischen Nervenversorgung von Blase und Darm, vor allem im unteren Anteil von Rektumpfeiler und Ligamentum cardinale, erhalten werden, was zu einer signifikanten Minderung der postoperativen Morbidität von Seiten der Beckenhohlorgane führt (Höckel et al., 2000; Yabuki et al., 2000; Possover et al., 2000) (Abb. 27.1.7). 2. Bei kleineren Tumoren (< 2 cm) wird nur eine Typ II-Operation durchgeführt und damit der laterale Anteil des Parametriums erhalten. Gegen eine Reduktion der Radikalität sprechen histologische Großflächenschnitte an Operationspräparaten, die auch ein diskontinuierliches Tumorwachstum in den parametranen Strukturen, ebenso wie tumorinvolvierte Lymphknoten im Parametrium bei tumorfreien pelvinen Lymphknoten, zeigten (Winter et al., 2002). Eine radikale Hysterektomie kann in beliebigem zeitlichen Abstand nach einer vorausgegangenen Konisation erfolgen, wenn eine adäquate perioperative Thrombose- und Antibiotikaprophylaxe durchgeführt wird.
4.3. Radikale Parametrektomie Der unerwartete Befund eines invasiven Zervixkarzinoms im Rahmen einer einfachen Hysterektomie ist selten und macht ca. 1 % aller Tumoren aus. Es ist nun individuell die Entscheidung zwischen einer primären Radiochemotherapie und einer radikalen Parametrektomie (Abb. 27.1.8) in Kombination mit einer Lymphonodektomie zu treffen, da onkologisch wichtige
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Zervixkarzinom
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Risikofaktoren wie ein parametraner oder Lymphknotenbefall nicht bekannt sind. Demgegenüber handelt es sich zumeist um frühe Tumorstadien, die nach adjuvanter Radiochemotherapie eine exzellente Prognose haben, wenn kein Resttumor mehr in situ verblieben ist. Ist dies nicht sicher der Fall, so sollten im Rahmen der radikalen Parametrektomie die verbliebenen Anteile der Parametrien in Kombination mit den pelvinen und/oder paraaortalen Lymphknoten exstirpiert werden. Dieser Eingriff kann prinzipiell offen chirurgisch („Wertheim sine utero“) bzw. laparoskopisch assistiert vaginal durchgeführt werden („Schauta sine utero“) (Köhler et al., 2003).
4.4. Fertilitätserhaltende Operation beim frühen Zervixkarzinom Aufgrund der exzellenten Prognose des nodal negativen, frühinvasiven Zervixkarzinoms hat Daniel Dar-
gent (2000) die fertilitätserhaltende Operation Ende des letzten Jahrhunderts inauguriert. Bei der so genannten radikalen Trachelektomie (Abb. 27.1.6) werden zunächst laparoskopisch die pelvinen Lymphknoten entfernt und mittels Schnellschnitt untersucht. Beim Nachweis tumorfreier Lymphknoten erfolgt die Resektion der unteren zwei Drittel der Zervix uteri mit einer adäquaten Scheidenmanschette sowie des medialen Anteils der Sacrouterinligamente und der Parametrien. Nur wenn tumorfreie Resektionsränder erreicht werden und eine Restzervixlänge von 7–8 mm verbleibt, wird eine permanente Zerklage gelegt und die Scheide an die Restzervix adaptiert. Eine nachfolgende Entbindung kann daher immer nur mittels Kaiserschnitt erfolgen. Für die radikale Trachelektomie gelten strenge Indikationsstellungen, um eine vergleichbare bzw. höhere onkologische Sicherheit gegenüber der radikalen Hysterektomie zu erreichen: • Geplante Schwangerschaft • pT1a1 L1
Harnblase
durchtrennter Blasenpfeiler durchtrennte A. uterina
Rektum
Abb. 27.1.8. Schematische Darstellung der Resektionsfigur (grün) im Rahmen der radikalen Parametrektomie
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• • • • • •
pT1a2 pT1b1 < 2 cm Keine Blutgefäßinvasion Tumorfreie Lymphknoten Endozervikale Resektion 0,5 cm im Gesunden Restzervixlänge 1 cm
Mittlerweile liegen die Ergebnisse von mehr als 500 Operationen vor, die eine Rezidivrate von 2,7–4 % bei niedriger Komplikationsrate beschreiben (Hertel et al., 2006; Plante et al., 2003). Die kumulative Schwangerschaftsrate nach radikaler Trachelektomie beträgt 53 %, wobei die Rate von Frühaborten gegenüber der Normalbevölkerung erhöht ist (Shepherd et al., 2006). Mit der radikalen Trachelektomie mit pelviner Lymphonodektomie besteht für junge Patientinnen mit einem frühinvasiven Zervixkarzinom eine valide und onkologisch sichere Möglichkeit der Fertilitätserhaltung.
saat muss als Kontraindikation zur Durchführung einer Exenteration angesehen werden. Dies kann vor einer geplanten Exenteration mit hoher Sensitivität und Spezifität laparoskopisch gesichert werden. Bei Patientinnen mit operativ (laparoskopisch) gesichertem Stadium IVa des Zervixkarzinoms stellt damit die primäre Exenteration eine valide Alternative zur primären Radiochemotherapie dar.
4.6. Operationen beim Rezidiv Die Indikationen zur Operation beim nachgewiesenen Rezidiv richten sich immer nach der vorangegangenen Primärtherapie und der Lokalisation des Befundes. Alle Therapieentscheidungen in einer rezidivierten Situation sind individuell nach Erörterung im interdisziplinären Tumorkonsil mit der Patientin zu besprechen. Dabei steht neben dem Versuch der kurativen Therapie immer die Lebensqualität der Patientin mit im Vordergrund.
4.5. Primäre Exenteration beim lokal fortgeschrittenen Zervixkarzinom 5. Nachbehandlung Patientinnen mit einem klinisch oder operativ gesicherten Stadium IVa eines Zervixkarzinoms werden zumeist primär radiochemotherapiert, obwohl bei einem lokal fortgeschrittenen Zervixkarzinom auch eine primäre (vordere/hintere/totale) Exenteration in Frage käme. Einzig bei tumorbedingten urogenitalen oder intestinogenitalen Fisteln wird diese radikale Chirurgie international akzeptiert, da exenterative Operationen Eingriffe mit einer hohen Morbidität (30– 70 %), einer perioperativen Mortalität von bis zu 7 %, einem hohen Blutverlust (2000–4000 ml) und einem langen Krankenhausaufenthalt (25–30 Tage) sind. Die guten Daten der primären Radiochemotherapie (s. Abschnitt 7 „Weitere Therapiemodalitäten“) lassen sich aber nicht auf das Stadium IVa übertragen, da der Anteil dieser Patientinnen in randomisierten Studien minimal (3–20 % der Patientinnen der jeweiligen randomisierten Studien) ist und deren Überlebensrate nicht getrennt analysiert wurde. Aber auch die Ergebnisse der exenterativen Chirurgie stammen zumeist aus inhomogenen Patientinnenkollektiven. Anhand der Daten von Marnitz et al. (2006) bei Patientinnen mit primärem Zervixkarzinom im Stadium IVa mit einem 5-Jahres-Überleben von 52,5 % ist die Präferenz der Radiochemotherapie in diesem Stadium nicht gerechtfertigt. Nur der Nachweis paraaortal positiver Lymphknoten und einer intraabdominalen bzw. peritonealen Aus-
Entsprechend den Empfehlungen der S2-Leitlinie der AGO stellen neben positiven Resektionsrändern zusätzliche Risikofaktoren für ein lokoregionäres Rezidiv (tumorbefallene Lymphknoten, Parametrienbefall, schlecht differenzierte Tumoren bzw. der Befall des lymphovaskulären Raumes) eine Indikation zur adjuvanten Radiochemotherapie dar, sofern es der Zustand der Patientin zulässt. In das Bestrahlungsvolumen müssen die ehemalige Tumorregion, die iliakal internen, iliakal externen und iliakal kommunen sowie präsakralen Lymphknoten bis S2/3 inkludiert werden.
6. Rehabilitation und Nachsorge Ziel der Nachsorge bei Tumorerkrankungen ist die physische, psychische und soziale Rehabilitation. Während die psychische und soziale Rehabilitation bei allen Tumorleiden nach ähnlichen Konzepten ablaufen, gelten für die physische Betreuung organspezifische Besonderheiten. Die Nachsorge von Patientinnen mit Zervixkarzinom sollte individuell gestaltet werden, wobei eine ausführliche strukturierte Anamnese und eine symptomorientierte Untersuchung obligat sind. Wichtig sind die bekannten Tatsachen, dass nach Strahlentherapie zum einen die Tumorregression bis zu 3 Monate
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Zervixkarzinom
dauern kann und dass andererseits die Mehrzahl der Rezidive innerhalb der ersten 2 Jahre nach Primärtherapie auftritt. Zu den Hauptaufgaben der Nachsorge gehören neben der Früherkennung von Rezidiven und Metastasen die Fortsetzung einer hormonellen oder zytostatischen Therapie, die Behandlung von therapiebedingten Nebenwirkungen und die Tumordokumentation. Nach radikaler Hysterektomie ist die Vagina oft verkürzt, postoperative Harnblasenentleerungsstörungen müssen gezielt erfragt werden. Bei der gynäkologischen Untersuchung nach Bestrahlung findet sich zumeist eine zunehmende Verkleinerung der Zervix und auch eine Stenose des oberen Scheidendrittels. Bei der rektovaginalen Untersuchung kann man die Rektumpfeiler und Parametrien explorieren. Jeder tastbare pelvine Knoten ist verdächtig auf ein Rezidiv und sollte histologisch abgeklärt werden, entweder durch Feinnadelbiopsie oder durch eine Hochgeschwindigkeitsstanze. Nach Bestrahlung ist die Wertigkeit des zytologischen Abstriches eingeschränkt. Eine endozervikale Kürettage kann bei Zustand nach Bestrahlung für den Nachweis von vitalem Tumorgewebe genutzt werden. Ein Sonogramm beider Nieren sollte immer durchgeführt werden. Eine neu aufgetretene Harnstauung ist ebenso rezidivverdächtig wie eine Thrombose eines Beines, eine Anämie, Blutabgang aus Blase oder Rektum sowie neu aufgetretene Fistelbildungen. Die Verlaufskontrolle mittels der Tumormarker SCC und CA 125 ist nur indiziert, wenn diese primär erhöht waren. Die supraklavikulären oder inguinalen Lymphknoten müssen immer mit untersucht werden. Zusätzliche apparative Untersuchungen wie CT oder MRT, Knochen-Szintigraphie, iv-Urogramm, CT-Thorax, Zysto- und Rektoskopie oder Laparoskopie sollten nur bei begründetem Verdacht (Symptome, auffälliger Befund) erfolgen.
7. Weitere Therapiemodalitäten Mit der kombinierten perkutanen und intrakavitären Strahlentherapie steht für die Primärbehandlung des invasiven Zervixkarzinoms eine effektive Behandlungsmodalität zur Verfügung. Die Wahl der Behandlungsmethode hängt neben patientenbezogenen Kriterien wie dem Tumorstadium, dem Alter und Allgemeinzustand auch von der persönlichen Expertise und Erfahrung der an der Therapieentscheidung beteiligten Ärzte ab. Wie in der Metaanalyse von Green et al. (2005) zusammengefasst, konnte anhand prospektiver randomisierter Studien belegt werden, dass sowohl in
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der Primärtherapie als auch in der adjuvanten Therapie bei Vorliegen von Risikofaktoren die Kombination von Strahlen- und Chemotherapie (Radiochemotherapie) der alleinigen Radiotherapie überlegen ist. Durch die simultane Gabe platinhaltiger Substanzen konnten sowohl das lokalrezidivfreie als auch das krankheitsfreie Überleben als auch das Gesamtüberleben statistisch signifikant verbessert werden. Der potenzielle absolute Überlebensvorteil bei einer platinhaltigen Radiochemotherapie, verglichen mit alleiniger Radiotherapie, liegt bei 12 %. Bei den potenziell operablen Tumorstadien (bis zum Stadium Ib2 bzw. IIb) sollte eine Operation nur dann durchgeführt werden, wenn das Tumorgewebe mit ausreichendem Sicherheitsabstand entfernt werden kann und abzusehen ist, dass aufgrund von Risikofaktoren keine adjuvante Therapie notwendig sein wird. Ist das nicht möglich, so sollte nicht operiert oder der Eingriff als Stagingoperation mit systematischer paraaortaler und pelviner Lymphonodektomie beendet und eine primäre kombinierte Radiochemotherapie durchgeführt werden. In einer randomisierten Studie an Patientinnen im Stadium Ib und IIA konnten durch eine primäre Radiatio versus eine radikale Hysterektomie (Piver III) identische krankheitsspezifische und Gesamt-Überlebensraten erzielt werden (Landoni et al., 1997). Das 5-Jahres-Gesamtüberleben betrug in beiden Gruppen 83 %, wobei die Kombination von radikaler Operation und adjuvanter Bestrahlung eine doppelt so hohe Inzidenz an Spätnebenwirkungen hatte verglichen mit den Patientinnen, die entweder operiert oder bestrahlt worden waren. Höhere Tumorstadien (ab Ib2) werden international ausschließlich primär radiochemotherapiert. Die primäre Strahlentherapie des Zervixkarzinoms umfasst die perkutane Radiatio des Beckens, die simultane Chemotherapie mit Cisplatin, die intrakavitäre Brachytherapie und, beim Nachweis positiver paraaortaler Lymphknoten, die Extended-field-Bestrahlung der Paraaortalregion. Als Chemotherapeutikum im Rahmen der Radiochemotherapie des Zervixkarzinoms wird Cisplatin als wöchentliche intravenöse Infusion von 40 mg/qm Körperoberfläche mit insgesamt 5–6 Applikationen eingesetzt. Bei Kontraindikationen gegen Cisplatin kann Carboplatin eingesetzt werden. Kombinationen mit anderen Chemotherapeutika erhöhen die Toxizität, insbesondere durch die simultane Applikation, ohne nachgewiesene Verbesserung der Ansprechraten. Die gesamte Therapiedauer sollte 60 Tage nicht überschreiten. Die routinemäßige sekundäre Hysterektomie nach primärer Radiochemotherapie ergab eine verbesserte
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A. Schneider und Ch. Köhler
lokale Kontrollrate, aber das Gesamtüberleben konnte durch die Hysterektomie nicht verbessert werden. Anders stellt sich die Situation für sehr große Primärtumoren oder ein schlechtes Ansprechen auf die Therapie mit residuellem Tumor dar. Hier ist eine individuelle Therapieentscheidung unter Beachtung des klinischen Zustandes der Patientin und der zu erwartenden Toxizität zu treffen.
8. Palliativmaßnahmen Die alleinige Chemotherapie ist für die Behandlung sowohl des fernmetastasierten als auch des nach stattgehabter Operation und/oder Radio(chemo)therapie aufgetretenen rezidivierten Karzinoms indiziert. Das mediane Überleben der Patientin in dieser Therapiesituation beträgt ca. 6–9 Monate. Verschiedene Substanzen (Cisplatin, Carboplatin, Ifosfamid, Taxol, Taxotere, Irinotecan, Topotecan, Gemcitabin, Vinorelbin) sind in der metastasierten bzw. rezidivierten Situation in der Therapie von Frauen mit Zervixkarzinom wirksam. Die Auswahl der Substanz(en) richtet sich nach den bereits stattgehabten Vortherapien und den verabreichten Medikamenten. Grundsätzlich gilt, dass Zweier- und Dreierkombinationen wirksamer, aber auch toxischer sind als Monopräparate.
9. Qualitäts- und Prognosekriterien Die wichtigsten Ergebnisparameter bei Frauen mit Zervixkarzinom sind wie bei den meisten anderen gynäkologischen Tumoren das krankheitsfreie und das Gesamtüberleben. Von entscheidender Bedeutung ist die Wahl der primären Therapieart, wenn vom Tumorstadium Operation und Radiochemotherapie prinzipiell in Frage kommen. Aufgrund der signifikant erhöhten Morbidität ist die Kombination von radikaler Hysterektomie und adjuvanter Radiochemotherapie möglichst zu vermeiden (Landoni et al., 1997). Das operative (laparoskopische) Staging erlaubt diese Differenzierung anhand histopathologischer Befunde. Danach ist die rein operative Therapie für Patientinnen mit einem kleinen Tumor, tumorfreien Lymphknoten und ohne lymph- und hämangische Karzinose ideal, da deren Heilungsrate ohne nachfolgende Bestrahlung über 90 % liegt (Hertel et al., 2003). Wichtiger als der operative Zugangsweg erscheint eine Zentralisierung der operativen Behandlung des Zervixkarzinoms: Die onkologischen Chirurgen müssen eine entsprechende Ausstattung (operativ, diagnostisch, strahlentherapeu-
tisch) haben und eine hohe Anzahl an Eingriffen pro Jahr durchführen, um die notwendigen Qualitätsstandards zu erfüllen (Trimbos et al., 2000). Sowohl die Primär- als auch noch viel mehr aber die Rezidivtherapie bei Patientinnen mit invasivem Zervixkarzinom sind komplex und sollten individuell nach Konsultation aller an der Therapie beteiligten Fachdisziplinen erfolgen (Gynäko-Onkologie, medizinische Onkologie, Strahlentherapie, Gynäko-Pathologie sowie Psycho-Onkologie). Die Lebensqualität der Patientin sollte bei allen Therapieentscheidungen wesentlich berücksichtigt werden.
10. Ausblick Revolutionierend für die primäre Prävention des Zervixkarzinoms wird die Einführung von Impfstoffen gegen onkogene HPV-Typen sein. Dadurch wird es in 20–30 Jahren zu einer deutlichen Senkung der Inzidenz des Zervixkarzinoms kommen. Mit der Impfung werden aber derzeit nicht alle HPV-Typen erfasst. Somit bleibt der Stellenwert der Vorsorge unangetastet. In der operativen Therapie wird sich das Sentinelverfahren, insbesondere beim frühinvasiven Zervixkarzinom, klinisch durchsetzen. Auch der Stellenwert des operativen Stagings und Debulkings vergrößerter Lymphknoten wird zunehmend an Bedeutung gewinnen. Die verschiedenen operativen Verfahren der radikalen Hysterektomie (offen-chirurgisch, laparoskopisch assistiert vaginal, total laparoskopisch, roboter-assistiert, totale mesometriale Resektion – TMMR) werden hinsichtlich ihrer onkologischen und morbiditätsbedingten Ergebnisse miteinander verglichen werden, um eine tumorangepasste, individualisierte Therapie zu gewährleisten. Moderne strahlentherapeutische Konzepte wie die intraoperative Radiotherapie (IORT) oder die interstitelle Brachytherapie sind in ihrer Wertigkeit zu untersuchen. Für das rezidivierte und/oder metastasierte Zervixkarzinom müssen therapeutische Impfstoffe, neue Chemotherapiekonzepte und der Einsatz von Tyrosinkinase- und Angioneogenesehemmer („Targeted therapies“) klinisch evaluiert werden.
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Zervixkarzinom
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Kapitel 27.2
Ovarialkarzinom A. Reinthaller und S. Leodolter
1. Einleitung Das Ovarialkarzinom ist ein Malignom der älteren Frau, der Altersgipfel liegt zwischen dem 65. und 70. Lebensjahr. Es ist nach dem Endometriumkarzinom mit einer Inzidenz von etwa 19,0 Fällen auf 100 000 Frauen das zweithäufigste gynäkologische Malignom. Die Mortalität wird mit 13,0/100 000 Frauen angegeben. Aus diesen Zahlen ist abzuleiten, dass die 5Jahres-Überlebensrate nur etwa 30–40 % beträgt, alle Stadien und Altersgruppen berücksichtigt; das Ovarialkarzinom weist demnach unter allen gynäkologischen Malignomen die höchste Mortalitätsrate auf (Tabelle 27.2.1). Grund dafür ist, dass es bislang keine geeigneten Screening-Verfahren zur Erfassung von Vor- bzw. Frühstadien dieser Tumorentität gibt.
2. Diagnostik Vielfach ist versucht worden, die Bestimmung von Tumormarkern im Blutserum und/oder die Vaginalsonographie (bzw. andere bildgebende Verfahren) zur Früherkennung von Fällen mit Ovarialkarzinom bei asymptomatischen Frauen einzusetzen. Nach heutigem Wissensstand gibt es allerdings keine Untersuchungsmethode mit ausreichender Sensitivität und Spezifität, die als Screening-Verfahren geeignet wäre. Das frühe Ovarialkarzinom ist außerdem selten symptomatisch und wird daher zumeist eher zufällig entdeckt. In der überwiegenden Mehrzahl der Fälle wird die Diagnose Ovarialkarzinom nach wie vor erst bei Auftreten einer klinischen Symptomatik gestellt; Gewichtsabnahme, Zunahme des Bauchumfangs, Appetitlosigkeit, das Auftreten von Verdauungsbeschwerden und Aszites sind allerdings zumeist Spätsymptome, d. h. es liegt bereits eine fortgeschrittene Tumorerkrankung vor. Die Diagnose Ovarialkarzinom erfolgt demnach nur in 30–40 % im FIGO-Stadium I (der Tumor ist auf die Ovarien beschränkt), bei 60–70 % der Patientinnen
liegt bei Erstdiagnose bereits eine fortgeschrittene Tumorerkrankung vor (Abb. 27.2.1). In der Prämenopause sind, gereiht nach ihrer Häufigkeit, die meisten Adnexprozesse funktioneller Natur, gefolgt von entzündlichen Veränderungen. Erst an 3. Stelle finden sich – zumeist benigne – neoplastische Erkrankungen; epitheliale Ovarialkarzinome sind in der Prämenopause eher selten. In der Postmenopause ist hingegen jeder Adnexprozess prinzipiell als suspekt zu bewerten. Sowohl in der Prä- als auch in der Postmenopause stellen im Rahmen der Abklärung von Adnexprozessen die gynäkologische Palpation und die Vaginalsonographie die wichtigsten Untersuchungsmethoden dar; MRI und eventuell auch CT können ergänzend eingesetzt werden. Während in der Prämenopause die Bestimmung des Tumormarkers CA 125 aufgrund von niedriger Sensitivität und Spezifität für den Routineeinsatz nicht zu empfehlen ist, kann die Bestimmung von CA 125 in der Postmenopause durchaus zu einer Verbesserung der Risikoabschätzung bei Adnexprozessen beitragen.
2.1. Bildgebende Diagnostik Die Vaginalsonographie (TVS) ist zwar als Screeningmethode nicht geeignet, jedoch kommt ihr im Rahmen der Differentialdiagnostik von Adnexprozessen ein
Stadium II 12 % Stadium I 29 %
Stadium III 49 %
10 % Stadium IV
Abb. 27.2.1. FIGO-Stadien bei Erstdiagnose des Ovarialkarzinoms (Daten der UFK Wien)
A. Reinthaller und S. Leodolter
422
Tabelle 27.2.1. TNM- und FIGO-Stadieneinteilung des Ovarialkarzinoms (nach UICC/AJCC 2002), stadienabhängige Häufigkeitsverteilung und Überlebensraten (nach Petru et al., 2005)
TNMFIGO-Stadien Tumorausdehnung Klassifikation
Häufigkeit (ungefähr) [%]
Entsprechend 5-JahresÜberlebensrate (ungefähr) [%]
T1
I
Tumor auf die Ovarien begrenzt
24
80–85
T1a
Ia
Tumor auf ein Ovar begrenzt, Kapsel intakt, kein Tumor auf der Ovaroberfläche; keine malignen Zellen in Aszites oder bei Peritonealspülung
12
90
T1b
Ib
Tumor auf beide Ovarien begrenzt, Kapsel intakt, kein Tumor auf der Ovaroberfläche; keine malignen Zelen in Aszites oder bei Peritonealspülung
2
85
T1c
Ic
Tumor auf ein Ovar oder beide Ovarien begrenzt, mit Kapselruptur, Tumor an der Ovaroberfläche oder Nachweis von malignen Zellen in Aszites oder Peritonealspülung
12
75
T2
II
Ein Ovar oder beide Ovarien befallen, Ausbreitung im kleinen Becken
10
60
T2a
IIa
Übergreifen auf und/oder Metastasierung in den Uterus und/oder die Tuben; keine malignen Zellen in Aszites oder bei Peritonealspülung
2
65
T2b
IIb
Übergreifen auf das übrige Beckengewebe; keine malignen Zellen in Aszites oder bei Peritonealspülung
3
60
T2c
IIc
Tumor wie IIa und IIb, aber mit Nachweis von malignen Zellen in Aszites oder bei Peritonealspülung
5
60
T3 und/oder N1
III
Tumor befällt ein Ovar oder beide Ovarien, mit Peritonealmetastasen außerhalb des kleinen Beckens und/oder regionalen Lymphknotenmetastasen (inklusive inguinalen Lymphknoten)
50–60
25–30
T3a
IIIa
Mikroskopische Peritonealmetastasen jenseits des Beckens
5
40
T3b
IIIb
Makroskopische Peritonealmetastasen jenseits des Beckens, größte Einzelausdehnung 2 cm
5
25
T3c und/oder N1
IIIc
Peritonealmetastasen jenseits des Beckens, größte Einzelausdehnung > 2 cm, und/oder regionale (pelvine, paraaortale oder inguinale) Lymphknotenmetastasen
45–50
20
M1
IV
Fernmetastasen (ausgeschlossen Peritonealmetastasen) wie maligner Pleuraerguss (zytologisch verifiziert) oder parenchymatöse (!) Lebermetastasen
10
5–10
NX
Regionale Lymphknoten nicht beurteilbar
–
–
N0
Keine regionalen Lymphknotenmetastasen
–
–
N1
IIIc
Regionale Lymphknotenmetastasen
–
–
M0
I-III
Keine Fernmetastasen
–
–
hoher Stellenwert zu. Sonomorphologische Kriterien zur Beurteilung der Dignität von Adnexprozessen sind Größe, Dicke der Zystenwand, Homogenität des Binnenechos, Vorhandensein und Dicke von Septen, Aszites, Auflagerungen, solide Anteile, papilläre Struktu-
ren und Infiltrationszeichen. In der Prämenopause ist die sonomorphologische Verlaufskontrolle für die Differentialdiagnose von funktionellen Zysten der wahrscheinlich wichtigste Parameter: Funktionelle Zysten in der Prämenopause sind in typischer Weise echoleer,
Kapitel 27.2
Ovarialkarzinom
a
423
b
Abb. 27.2.2. Sonographiebefunde: a) unauffällige Ovarialzyste, b) suspekter, teils multizystischer, teils solider Ovarialtumor mit peripheren und zentralen Neovaskularisationsarealen
zumeist unter 8 cm, sie weisen eine scharfe Begrenzung und eine dünne Zystenwand mit max. einem dünnen Septum auf, papilläre oder solide Strukturen fehlen (Abb. 27.2.2). Eine Ausnahme stellen allerdings Corpus-luteum-Zysten mit intrazystischen Hämatomen dar, sie sind durch Verlaufskontrolle abzuklären. Zahlreiche Autoren haben in den letzten Jahren versucht, durch den Einsatz von US-Spezialuntersuchungen, wie z. B. Doppler-, Farb-Doppler- und PowerDoppler-Sonographie, die Sensitivität und Spezifität der sonomorphologischen Diagnostik im Hinblick auf die Möglichkeit einer Dignitätseinschätzung von Adnexprozessen zu verbessern (Guerriero et al., 2001). So konnten Schelling et al. (2000) zeigen, dass sich durch die Kombination von Sonographie und DopplerSonographie die Testspezifität und die diagnostische Genauigkeit erhöhen lassen, allerdings nimmt, wie zu erwarten, die Testsensitivität ab. Bemerkenswert ist die Tatsache, dass sich in einer multivariaten Analyse von allen untersuchten sonomorphologischen Parametern nur das Vorhandensein von soliden Arealen und in der Doppler-Sonographie nur der Nachweis einer zentralen Vaskularisation in solchen soliden Arealen als unabhängige Diagnoseparameter für das Vorliegen eines Malignoms erwiesen haben. Andere bildgebende Verfahren wie Positronenemissionstomographie (PET), Computertomographie (CT) und Magnetresonanztomographie (MRT) können differentialdiagnostisch zur Dignitätsbeurteilung kaum etwas beitragen. Fenchel et al. (2002) zeigten, dass diese Untersuchungsmethoden und auch deren Kombination hinsichtlich Sensitivität und Spezifität der Vaginalsonographie unterlegen sind. Andererseits sind CT und MRT bei Verdacht auf Vorliegen eines fortgeschrittenen Ovarialkarzinoms
zur Beurteilung der Tumorausbreitung und einer eventuellen Metastasierung wesentliche prätherapeutische Informationsquellen für die weitere Therapieplanung. Es empfiehlt sich deshalb, bei Verdacht auf ein fortgeschrittenes Ovarialkarzinom standardmäßig zumindest ein CT von Thorax und Abdomen mit Abschlussurogramm durchzuführen. Dies erleichtert zumeist die Erstellung eines interdisziplinären Therapieplans.
2.2. Tumormarker Prinzipiell ist der Wert von Tumormarkerbestimmungen in der Prämenopause zur Beurteilung der Dignität von Adnexprozessen gering, in der Postmenopause kann allerdings insbesondere die Bestimmung der Serumspiegel von CA 125 hilfreich sein; bei erhöhten CA-125-Werten beträgt die Wahrscheinlichkeit, dass ein Malignom vorliegt, etwa 70–80 %. Allerdings kann bei negativen CA-125-Werten nicht unbedingt auf einen benignen Adnexprozess geschlossen werden; persistierenden Adnexprozessen kommt in diesem Lebensabschnitt auch bei negativem CA-125-Wert ein Malignitätsrisiko von etwa 4 % zu. Unabhängig von Überlegungen zur Sensitivität und Spezifität von CA 125 in Bezug auf die Beurteilung der Dignität von Adnexprozessen sollte prätherapeutisch und unmittelbar postoperativ eine Bestimmung dieses Tumormarkers bei allen Patientinnen mit malignen Adnexprozessen zur Verlaufskontrolle im Anschluss an die Therapie vorgenommen werden.
424
A. Reinthaller und S. Leodolter Tabelle 27.2.2. Chirurgische Maßnahmen beim Ovarialkarzinom Frühstadium
fortgeschr. Stadium
Peritonealzytologie
+
Hysterektomie
Tabelle 27.2.3. Prädilektionsstellen subklinischer Metastasen bei klinischem FIGO-Stadium I und prozentuale Häufigkeit positiver Befunde in diesen Lokalisationen Positive Zytologie
26,4 %
+
Positive paraaortale Lymphknoten
18,1 %
+
+
Positive pelvine Lymphknoten
5,9 %
Adnexexstirpation beidseits
+
+
Omentum
8,6 %
Bei Kinderwunsch: Entfernung der betroffenen Adnexe, Biopsie des kontrolateralen Ovars, Kürretage
Diaphragma
7,3 %
+
Multiple Peritonealbiopsien
+
+
+
+
Omentektomie Infrakolisch Suprakolisch Pelvine und paraortale Lymphadenektomie
+ +
+
Entfernung von peritonealen Metastasen
+
Einfache Segmentresektion Darm
+
Partielles Peritonealstripping
+
Sigma-Rektumresektion
+
Leber-, Diaphragmateilresektion
+
Entfernung des viszeralen Peritoneums
+
Diaphragmastripping
+
Resektion multipler Darmsegmente
+
Radikale Lymphadenektomie
+
3. Operative Strategie Die chirurgische Therapie des Ovarialkarzinoms steht meistens am Beginn der Behandlung. Der Umfang des operativen Vorgehens richtet sich prinzipiell nach dem Tumorstadium (Tabelle 27.2.2). Während bei Frühstadien, bei denen der Tumor auf die Ovarien beschränkt ist (FIGO-Stadium I) eine sog. Staging-Operation vorgenommen wird, ist bei den FIGO-Stadien II bis IV mit intraperitonealer, retroperitonealer oder auch extraperitonealer Ausdehnung zumeist ein sehr ausgedehnter chirurgischer Eingriff, also eine sog. Debulking-Operation, indiziert.
3.1. Operative Therapie des Frühstadiums (Staging-Operationen) Im präoperativen Aufklärungsgespräch mit der Patientin muss bei Vorliegen eines Adnextumors in jedem Fall auf die Möglichkeit eingegangen werden, dass es sich um ein Malignom handeln könnte, woraus sich entsprechende weiterführende operative Maßnahmen ergeben würden. Bei noch nicht abgeschlossener Familienplanung ist des Weiteren auf die Option der Vornahme einer fertilitätserhaltenden Operation hinzuweisen. Da im FIGO-Stadium I das Ovarialkarzinom auf ein Ovar (IA) oder auf beide Ovarien (IB) beschränkt ist, wird die Diagnose „Malignom“ zumeist erst intraoperativ, nach Entfernung eines primär in seiner Dignität nicht bekannten Adnextumors und Schnellschnittuntersuchung gestellt werden können; es handelt sich also zumeist um einen Zufallsbefund. Das Ziel des operativen Eingriffs im Frühstadium besteht deshalb einerseits in der vollständigen Entfernung des intakten Tumors (Vermeidung eines „cell spilling“) und andererseits bei Vorliegen eines Frühstadiums in der Absicherung der Stadieneinteilung. Diese erfolgt durch histologische und zytologische Untersuchung der Peritonealflüssigkeit und durch Gewinnung von Gewebsproben von Prädilektionsstellen der mikroskopischen Metastasierung des Ovarialkarzinoms mit ausgedehnter histologischer Befundung. Diese Prädilektionsstellen sind die Peritonealflüssigkeit, das große Netz, die retroperitonealen, pelvinen und paraaortalen Lymphknoten sowie das Peritoneum (Tabelle 27.2.3). Zur Staging-Operation im Einzelnen: Im Anschluss an die Gewinnung von Peritonealflüssigkeit wird der Primärtumor ohne Ruptur entfernt und einer intraoperativen Schnellschnittuntersuchung zugeführt. Bei Detektion eines invasiven, epithelialen Ovarialkarzinoms sind in weiterer Folge das innere Genitale, d. h. Uterus und beide Adnexe, das große Netz (infrakolisch) und
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Ovarialkarzinom
die pelvinen/periaortalen Lymphknoten zu entfernen. Zusätzlich sollten Peritonealbiopsien aus dem linken und rechten Subdiaphragma, aus beiden parakolischen Gruben und aus dem Bereich des Beckenperitoneums sowie ggf. auch von Adhäsionen durchgeführt werden. Eine genaue Exploration der gesamten Bauchhöhle auf Tumorzellaussaat ist obligatorisch. Durch eine exakt durchgeführte Staging-Operation lassen sich einerseits die genaue Tumorausbreitung und damit die Notwendigkeit einer adjuvanten Chemotherapie bestimmen, andererseits erlaubt sie eine exakte Prognoseabschätzung.
3.1.1. Stellenwert der Laparoskopie Im Rahmen der Abklärung von Adnexprozessen wird sich in den meisten Fällen zunächst die Vornahme einer diagnostischen Laparoskopie empfehlen. Diese ermöglicht die Beurteilung des Adnexprozesses (durch histologische Befundung des Operationspräparates) und die exakte Planung des weiteren operativen Vorgehens. Wesentlich ist, dass auch bei Einsatz von minimal-invasiven Zugangswegen sämtliche der bereits angeführten onkologischen Kriterien streng eingehalten werden, d. h., es ist für den laparoskopischen Zugang der gleiche Sicherheits- und Qualitätsanspruch zu stellen wie für die derzeitige Standardoperation, die mediane Laparotomie; dies betrifft insbesondere auch die intakte Entfernung des Primärtumors sowie die Bergung des Tumors mittels Endobag. Eine Metaanalyse von 5 Studien, die etwa 1500 Patientinnen mit FIGO-Stadium I umfasst, zeigte einen signifikanten Nachteil für jene Patientinnen, bei denen intraoperativ der Tumor rupturiert war (Vergote et al., 2001). Ein intraoperativer Schnellschnitt sollte in jedem Fall durchgeführt werden, auch wenn sich die Patientin für ein zweizeitiges Vorgehen entschieden hat.
3.1.2. Fertilitätserhaltende Operationen Bei jungen Patientinnen mit noch bestehendem Kinderwunsch ist in Einzelfällen ein fertilitätserhaltendes operatives Vorgehen möglich. Grundsätzlich kommen dafür Frauen mit epithelialem Ovarialkarzinom nur eines Ovars, also mit FIGO-Stadium IA in Frage. Eine komplette Staging-Operation ist auch in diesen Fällen obligat, allerdings unter Erhalt der nicht betroffenen Adnexe und der Gebärmutter. Das „gesunde“ kontralaterale Ovar soll nur biopsiert werden, wenn es Veränderungen aufweist. Zusätzlich zu den bereits genannten Staging-Operationsschritten sollte auch noch
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eine Kürettage vorgenommen werden, da ein gewisses Risiko für das gleichzeitige Vorliegen eines Endometriumkarzinoms besteht.
3.2. Operative Therapie des fortgeschrittenen Ovarialkarzinoms Ziel der Operation bei fortgeschrittenem Tumorstadium ist die möglichst vollständige Entfernung aller makroskopisch sichtbaren Tumorzellabsiedelungen. Standard ist zunächst die Entfernung des inneren Genitales, also von Uterus und Adnexen, bei Peritonealkarzinose im kleinen Becken ist überdies die zusätzliche Entfernung des gesamten Beckenperitoneums notwendig; des Weiteren ist eine infra- und suprakolische Netzresektion durchzuführen. Zusätzliche operative Schritte haben sich nach Tumorausbreitung und Metastasierungsmuster zu richten. Nicht selten ergibt sich die Notwendigkeit der Resektion von Dünndarmsegmenten, einer partiellen Sigma-Rektum-Resektion, manchmal auch einer Hemikolektomie, Splenektomie, Cholezystektomie und eines peritonealen Strippings im Diaphragmabereich. Nach wie vor wird über die Sinnhaftigkeit der Vornahme einer routinemäßigen systematischen pelvinen und periaortalen Lymphadenektomie in dieser Situation diskutiert. Die kürzlich publizierte, einzige prospektive randomisierte Studie zu diesem Thema erbrachte letztlich auch keine eindeutige Beantwortung dieser Frage (Bernadetti-Panici et al., 2005). In dieser Studie führte die systematische Lymphadenektomie bei optimaler Zytoreduktion (Tumorrest < 1 cm) zwar zu einer signifikanten Besserung des krankheitsfreien Überlebens, nicht hingegen des Gesamtüberlebens. Die Morbidität war in der Gruppe mit systematischer Lymphadenektomie, verglichen mit der Morbidität bei Patientinnen, bei denen nur vergrößerte Lymphknoten entfernt wurden, allerdings signifikant höher. Eine genaue Exploration des Retroperitoneums ggf. mit Resektion von vergrößerten Lymphknoten im Sinne eines Tumor-Debulkings sollte aber in jedem Fall durchgeführt werden (Abb. 27.2.3). Ist aufgrund der Tumorausdehnung eine optimale Tumorreduktion nicht möglich, sollte auf Maßnahmen, die eine massive Beeinträchtigung der Lebensqualität zur Folge haben, wie z. B. das Anlegen einer endständigen Kolostomie, im Rahmen der Primäroperation verzichtet werden. Für diese Situation, die in etwa 20–40 % aller fortgeschrittenen Ovarialkarzinome gegeben ist, hat sich als rezente Entwicklung im operativen Behandlungskonzept des fortgeschrittenen Ovarialkarzinoms das sog. Intervention-Debulking etabliert.
A. Reinthaller und S. Leodolter 426 Nierenvene
Aorta
tionsversuch vorgenommen, sondern zuerst eine Chemotherapie eingeleitet und erst nach Ansprechen des Malignoms ein optimales Tumor-Debulking versucht werden. Dieses Konzept wird derzeit von der EORTC in einer prospektiv randomisierten Studie allerdings noch überprüft und ist als Standardverfahren vorerst nicht etabliert.
3.3. Besonderheiten in der Indikationsstellung
a Lymphknotenmetastase
b Vena cava
Abb. 27.2.3. Interaortokavales Lymphknotendebulking a) vor Lymphknotendissektion, b) danach
3.2.1. Intervention-Debulking und neoadjuvante Chemotherapie Bei etwa 20–40 % aller Patientinnen mit fortgeschrittenem Ovarialkarzinom gelingt es im Rahmen der Primäroperation nicht, makroskopische Tumorfreiheit bzw. ein optimales Tumor-Debulking zu erzielen. In einer prospektiv randomisierten Studie wurde gezeigt, dass bei Patientinnen, bei denen die Erstoperation nicht durch ein erfahrenes gynäko-onkologisches Team durchgeführt worden war, eine sog. sekundäre Interventions-Debulking-Operation nach Durchführung von 3 Chemotherapie-Zyklen zu einem Überlebensvorteil für die Patientinnen führte (Van der Burg et al., 1995). Bei dieser Operation wird die möglichst vollständige Entfernung verbliebener Tumorreste angestrebt. Kommt es allerdings während der Chemotherapie zu einer Tumorprogression, ist von weiteren operativen Maßnahmen abzusehen, in diesen Fällen ist die Durchführung einer Second-lineChemotherapie indiziert. Wie in einer weiteren Studie zu diesem Thema gezeigt wurde, bringt allerdings ein Intervention-Debulking bei Patientinnen, bei denen trotz Vornahme der Erstoperation durch ein gynäkoonkologisch versiertes Operationsteam keine optimale Tumorreduktion erzielt werden konnte, keinerlei Vorteile und sollte daher unterlassen werden (Rose et al., 2002). Ein weiteres aktuelles Konzept liegt in der Vornahme einer neoadjuvanten Chemotherapie bei primär inoperablen Ovarialkarzinomen. Bei diesen Fällen sollte nach Diagnosesicherung kein zytoreduktiver Opera-
Bei Behandlung des fortgeschrittenen Ovarialkarzinoms besteht aufgrund des typischen intraperitonealen Ausbreitungsmusters nicht selten die Notwendigkeit für einen ausgedehnten chirurgischen Eingriff, um eine ausreichende Zytoreduktion zu erreichen. Bei diesen Fällen ist jedoch zu berücksichtigen, dass eine chirurgische Intervention alleine nicht ausreichend ist, um einen adäquaten Behandlungserfolg zu erzielen. Die Operation muss praktisch in jedem Fall mit einer nachfolgenden zytotoxischen Chemotherapie kombiniert werden, da bei fortgeschrittenen Tumorstadien durch die Operation alleine keine mikroskopische Tumorfreiheit zu erzielen ist. Daher ist bei der Planung von solchen Operationen eingehend auf die Gesamtsituation, den Allgemeinzustand der betroffenen Patientin, eventuelle Komorbiditäten und auch auf den Patientinnenwunsch Rücksicht zu nehmen. Außerdem sollten Operationsverfahren, die mit einer hohen postoperativen Morbidität verbunden sind, unbedingt vermieden werden, da durch Langzeitmorbidität der Beginn der unbedingt notwendigen Chemotherapie verzögert und damit der gesamte Behandlungserfolg in Frage gestellt wird.
3.4. Antibiotikaprophylaxe und Komplikationsmanagement Während die unmittelbar präoperativ verabreichte Single-Shot-Prophylaxe mit Wiederholung alle 2 Stunden nach Beginn der Operation Standard sein sollte, ist eine postoperative Weiterverabreichung von Antibiotika allein zur Prophylaxe nicht indiziert. Wie bei allen größeren und insbesondere auch darmchirurgische Schritte beinhaltenden Operationen sind allerdings postoperative Infektionen, fieberhafte Verläufe und manchmal auch Abszedierungen möglich. Diese Komplikationen sind naturgemäß durch eine adäquate Antibiotikaverabreichung zu behandeln. In selteneren Fällen werden gefäßrekonstruktive Maßnahmen nach größeren Gefäßverletzungen oder auch
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Ovarialkarzinom
rekonstruktive Maßnahmen im Bereich der ableitenden Harnwege durchzuführen sein.
4. Weitere Therapiemodalitäten: Adjuvante Chemotherapie Das Ovarialkarzinom zählt zu den chemosensiblen Tumoren mit Ansprechraten von etwa 80 %. Als Standard gilt heute die Durchführung einer kombinierten zytostatischen Chemotherapie mit Carboplatin und Paclitaxel. Allerdings zeigte eine große prospektive randomisierte Phase-III-Studie, dass die Kombination von Carboplatin und Docetaxel gleich effektiv ist, wie Carboplatin/Paclitaxel (Vasey et al., 2004). Beide Schemata haben allerdings wesentliche Unterschiede in Bezug auf ihr Nebenwirkungsprofil. So ist unter Carboplatin/Docetaxel eine deutlich höhere Hämatotoxizität zu beobachten, bei Carboplatin/Paclitaxel hingegen eine höhere Neurotoxizität, also eine oft irreversible und kaum behandelbare Nebenwirkung, die die Lebensqualität der Patientinnen nicht selten dauerhaft beeinträchtigt. Daher erscheint es sinnvoll, bei Patientinnen mit ausreichender Knochenmarksreserve eher Docetaxel und bei Patientinnen mit eingeschränkter Knochenmarksreserve eher Paclitaxel einzusetzen. Entsprechende supportive Therapiemaßnahmen sind heute Standard; ihr Einsatz erfolgt individuell.
4.1. Indikationen zur zytostatischen Therapie Die FIGO-Stadien IA und IB gelten bei hochdifferenziertem Tumor und exaktem Staging heute als einzige Tumorstadien, die keiner adjuvanten, zytostatischen Therapie bedürfen, da die Überlebensprognose bei 90– 95 % liegt. Unterschiedliche Meinung herrscht bzgl. der Sinnhaftigkeit einer adjuvanten Chemotherapie bei Patientinnen mit Ovarialkarzinom FIGO-Stadium IC, also eines Malignoms, das ursprünglich als Stadium IA oder IB einzustufen war, jedoch aufgrund einer intraoperativen Ruptur nunmehr als IC gewertet werden muss. Hier wird vor allem im anglo-amerikanischen Raum eine adjuvante Chemotherapie gefordert, da sich die Prognose durch die Ruptur verschlechtert hat. Im europäischen Raum gilt die alleinige Ruptur nicht obligat als Indikation zur adjuvanten Therapie. Bei allen anderen Tumorstadien ist eine adjuvante zytostatische Therapie indiziert (Vergote et al., 2001).
427
4.2. Intraperitoneale Chemotherapie In einer 2006 erschienenen prospektiv randomisierten Studie konnte gezeigt werden, dass die Vornahme einer intraperitonealen Chemotherapie – im Anschluss an die optimale Zytoreduktion bei Fällen mit fortgeschrittenem Ovarialkarzinom des Stadiums FIGO III – im Vergleich zu einer intravenösen Chemotherapie einen signifikanten Vorteil sowohl in Bezug auf das krankheitsfreie als auch das Gesamtüberleben bringt (Armstrong et al., 2006). Insbesondere der Vorteil beim Gesamtüberleben war so groß, dass das National Cancer Institute (NCI) einen „Clinical alert“ publizierte, der empfiehlt, die intraperitoneale Chemotherapie als Therapieoption in Erwägung zu ziehen. Diese Therapieform ist wegen der Nebenwirkungen sicherlich nur für ein ausgesuchtes Patientenkollektiv geeignet, aufgrund der rezenten Datenlage sollte sie jedoch allen für diese Therapie in Frage kommenden Patientinnen angeboten werden (Armstrong et al., 2006; Jaaback et al., 2006; Markman et al., 2001; s. auch Kap. 22, „Perintonealkarzinose“). Ein entsprechendes Aufklärungsgespräch über Nutzen und Risiken der intraperitonealen Chemotherapie ist mit der Patientin in jedem Fall zu führen.
5. Rehabilitation und Nachsorge Da von den 80 % jener Patientinnen, die nach Abschluss der Primärtherapie eine klinische Remission erfahren, etwa 50–60 % wieder rezidivieren und der Zeitpunkt der Erfassung des Rezidivs für die weitere Behandlung wesentlich ist, sollte die Nachsorgekontrolle in 3-monatigen Intervallen mit Vornahme einer regelmäßigen Tumormarkerkontrolle, gynäkologisch-klinischer Untersuchung und alternierend halbjährlicher Vaginal- und Oberbauchsonographie bzw. Computertomographie des Abdomens vorgenommen werden (Tabelle 27.2.4). Cor-Pulmo-Röntgen bzw. Computertomographie des Thorax sind, wenn klinisch indiziert, durchzuführen. Das Intervall vom Ende der Primärtherapie bis zum Nachweis eines Rezidivgeschehens hat entscheidenden Einfluss auf das weitere therapeutische Management. Prinzipiell ist in diesem Kontext zwischen platinrefraktären Tumoren einerseits und platinsensitiven Tumoren andererseits zu unterscheiden: Wird bereits innerhalb von 6 Monaten ab Beendigung der Primärtherapie ein Rezidiv oder eine Tumorprogression diagnostiziert, so spricht man von einem platinrefraktären Tumor; tritt das Rezidivgeschehen erst 6 Monate nach Primärbehandlung
428
A. Reinthaller und S. Leodolter Tabelle 27.2.4. Nachsorgeempfehlung für Patientinnen mit Ovarialkarzinom
Untersuchung
1.–3. Jahr
4.–5. Jahr
6.–10. Jahr
Anamnese
3-monatlich
6-monatlich
jährlich
Klinische Untersuchung
3-monatlich
6-monatlich
jährlich
Tumormarker
3-monatlich
6-monatlich
jährlich
Zytologie
6-monatlich
6-monatlich
jährlich
Vaginalultraschall*
jährlich
jährlich
jährlich
CT Thorax/Abdomen*
jährlich
jährlich
jährlich
Mammadiagnostik
jährlich
jährlich
jährlich
bei klin. Verdacht
bei klin. Verdacht
bei klin. Verdacht
Sonstige Bildgebung
Anamnese: allgemeine und tumorspezifische Anamnese, v. a. Schmerzen, Völlegefühl, Obstipation, Zunahme des Bauchumfanges, Gewichtsverlust Klinische Untersuchung: Bimanuelle rekto-vaginale Untersuchung, Untersuchung der Lymphknoten im Inguinal- und Skalenusbereich beidseits Mammadiagnostik: Mammographie, Mammasonographie Tumormarker: CA 125, CA 19-9 im Serum Sonstige bildgebende Untersuchungen: Thorax-CT, MRT * Vaginalultraschall und CT Thorax/Abdomen sollten alternierend in 6-monatigen Abständen durchgeführt werden.
oder später auf, handelt es sich um einen platinsensitiven Tumor. Platinrefraktäre Tumoren sollten im weiteren Verlauf mit einer nicht-platinhaltigen Secondline-Chemotherapie behandelt werden. Im Fall eines platinsensitiven Rezidivs ist zwischen einer Patientinnengruppe, bei der das Rezidiv innerhalb von 6 bis 12 Monaten nach Beendigung der Primärtherapie und einer Patientinnengruppe, bei der das Rezidiv erst 12 Monate oder später auftritt, zu unterscheiden. Bei der ersten Gruppe ist eine Re-Induktion mittels platin- und taxanhaltiger Chemotherapie indiziert, bei der zweiten Gruppe ist eine sekundäre Zytoreduktion, ähnlich wie bei der Erstbehandlung, anzudenken: Zeigen sich bei diesen Patientinnen in der Bildgebung Tumorherde, die isoliert aufgetreten sind und resektabel erscheinen, so ist eine sekundäre Zytoreduktion mit anschließender Re-Induktions-Chemotherapie unter Einsatz von platin- und taxanhaltiger Chemotherapie indiziert. Erscheint eine sekundäre Zytoreduktion nicht zielführend, so ist eine sofortige Reinduktion mit platin- und taxanhaltiger Chemotherapie zu empfehlen.
6. Qualitäts- und Prognosekriterien Die wichtigsten Ergebnisparameter beim Ovarialkarzinom sind, wie bei den meisten anderen Tumorentitäten, das krankheitsfreie und das Gesamtüberleben. Allerdings kommt auch der Evaluierung der Lebensqualität, vor allem im Lichte eines prognostisch eher ungünstig zu bewertenden Tumors, ein hoher Stellenwert zu. Fest steht, dass die möglichst radikale Tumorentfernung bei einem fortgeschrittenen Malignom (optimale Zytoreduktion) ein signifikanter Prognoseparameter ist. Da die Behandlung von Patientinnen mit Ovarialkarzinom insgesamt sehr komplex ist und die Prognose wie bei kaum einem anderen Malignom von der nicht selten sehr aufwändigen Primäroperation abhängt, sollte eine Zentralisierung der Patientinnen in Kliniken, die eine umfassende Infrastruktur bieten, obligat sein. Dazu gehört neben der entsprechenden technischen und logistischen Ausstattung (OP-Ausstattung, Gefrierschnittmöglichkeit, intensivmedizinische Behandlungsmöglichkeit etc.) auch die Möglichkeit einer strukturierten, interdisziplinären
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Ovarialkarzinom
Patientenbetreuung (Gynäko-Onkologie, medizinische Onkologie, Strahlentherapie, Gynäko-Pathologie sowie Psycho-Onkologie). Zusätzlich hat sich gezeigt, dass Patientinnen, die an Abteilungen therapiert werden, an denen die Thematik auch wissenschaftlich bearbeitet wird und an denen klinische Prüfungen durchgeführt werden, eine bessere Prognose haben, als Patientinnen, die an Abteilungen behandelt werden, an denen diese Voraussetzungen nicht gegeben sind. Durch Zentralisierung von Patientinnen mit Ovarialkarzinom ist somit eine signifikante Verbesserung des Behandlungserfolges zu erwarten.
7. Ausblick Eine der wesentlichen Fragen im Rahmen der Behandlung des fortgeschrittenen Ovarialkarzinoms stellt sich bezüglich des Stellenwerts einer neoadjuvanten Chemotherapie. Das Ziel der neoadjuvanten Chemotherapie ist es, die Operationsmorbidität zu verbessern, ohne Einbußen beim Behandlungserfolg hinnehmen zu müssen. Eine gegenwärtig laufende EORTC-Studie zu diesem Thema sollte wesentlich zur Klärung dieser Fragestellung beitragen. Weiters dürfte feststehen, dass die intraperitoneale Chemotherapie den größten therapeutischen Fortschritt seit Einbeziehung der Taxane in das Therapiekonzept bei Patientinnen mit epithelialem Ovarialkarzinom verspricht. Die intraperitoneale Therapie ist allerdings nur für ein ausgesuchtes Patientenkollektiv und nur nach optimaler Tumorreduktion (Resttumor < 1 cm) geeignet. Wesentlich erscheint es des Weiteren, mit allen für diese Behandlung in Frage kommenden Patientinnen genau über die Möglichkeit der intraperitonealen Chemotherapie zu sprechen, sie hinsichtlich der zu erwartenden Belastungen und Nebenwirkungen, aber auch über die potenziellen Vorteile umfassend aufzuklären. Die intraperitoneale Chemotherapie bei Fällen mit fortgeschrittenem Ovarialkarzinom stellt zwar zur Zeit noch keine Standardtherapie dar, aufgrund der vorliegenden Daten sollte allerdings jede für diese Therapieform in Frage kommende Patientin die Möglichkeit erhalten, nach entsprechender Aufklärung selbst zu entscheiden. Wesentlich wird in diesem Kontext auch die Klärung der Fragen nach der bestgeeigneten zytostatischen Medikation sein, nach deren Dosierung und Verabreichung sowie nach dem besten intraperitonealen Kathetersystem. Nicht zuletzt wird in Zukunft auch beim Ovarialkarzinom einerseits der Einsatz von gezielten Therapieformen mit Tyrosinkinase- und Angioneogenesehem-
429
mern („Targeted therapies“) eine wichtige Rolle spielen, und andererseits die Tumorvakzination als immuntherapeutischer Ansatz an Bedeutung gewinnen; beide Therapieformen werden derzeit in klinischen Studien überprüft.
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9. Links www.asco.org American Society of Clinical Oncology (ASCO)
www.oeggg.at Österreichische Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe
Kapitel 27.3
Endometriumkarzinom A. Schneider und S. Marnitz
1. Einleitung Das Endometriumkarzinom ist mit einer Inzidenz von 24,7/100 000 Frauen pro Jahr die häufigste maligne Erkrankung des inneren Genitale. Das mittlere Erkrankungsalter liegt bei 68 Jahren, der Altersgipfel zwischen 65 und 70 Jahren. Seit 1988 wird das Endometriumkarzinom entsprechend dem intraoperativen Befund eingeteilt (Tabelle 27.3.1). Es werden östrogenabhängige (Typ-I-Karzinom) und östrogenunabhängige Karzinome (Typ-II-Karzinom)
Tabelle 27.3.1. TNM- und FIGO-Stadieneinteilung des Endometriumkarzinoms (nach UICC/AJCC 2002) TNMFIGOTumorausdehnung Klassifikation Stadien T1
I
Tumor begrenzt auf das Corpus uteri
T1a
IA
Tumor begrenzt auf Endometrium
T1b
IB
< 50 % Myometriuminfiltration
T1c
IC
50 % Myometriuminfiltration
T2
II
Zervixinfiltration (nicht jenseits Uterus)
T2a
IIA
Endozervikaler Drüsenbefall
T2b
IIB
Stromainvasion der Zervix
T3
III
Ausbreitung außerhalb des Uterus, aber auf das Becken beschränkt.
T3a
IIIA
Serosa- oder Adnexbefall/Tumorzellen in Aszites oder Peritoneallavage
T3b
IIIB
Vaginalbefall (direkt oder Metastasen)
N1
IIIC
Befall von pelvinen oder paraaortalen Lymphknoten
T4
IVA
Blasen- oder Darminfiltration
M1
IVB
Fernmetastasen
unterschieden (Amant et al., 2005; Emons et al., 2000). Risikofaktoren sind die Langzeiteinnahme von Östrogenen ohne Gestagenschutz, eine Hormontherapie mit einer kürzer als 12 Tage/Monat dauernden GestagenGabe, metabolisches Syndrom mit Adipositas, Diabetes mellitus, Syndrom der polyzystischen Ovarien, eine lange Lebensphase mit Menstruationsblutungen, Nulliparität, Mammakarzinom in der Eigenanamnese, eine Tamoxifen-Therapie und das HNPCC-Syndrom als autosomal-dominant vererbte Erkrankung (Amant et al., 2005; Emons et al., 2000; ACOG Practice Bulletin, 2005). Allgemein gilt das Endometriumkarzinom operativ als gut zu therapieren mit einer hohen Heilungsrate. Die Zahlen des Annual Reports 2001 ergeben jedoch für das Stadium Ia–c (chirurgisch) nur eine 5-Jahres-Überlebensrate von 81–90 % an. Bezieht man alle Stadien ein, so liegt das 5-Jahres-Überleben nur bei 76,5 % und damit im Bereich des Mammakarzinoms. Erschwerend kommt hinzu, dass die prognoserelevanten positiven Lymphknoten beim Endometriumkarzinom oft nicht vergrößert sind (Creasman, 1987). Auch in Stadium I können schon in 10 % pelvine Lymphknotenmetastasen (sogar in 5 % der G1-T1a-Tumoren) und Skip-Metastasen in paraaortale Lymphknoten in 2 % gefunden werden (Yokoyama et al., 1997). Die Überlebens- und Heilungsraten hängen im wesentlichen vom Tumortyp, dem Grading, der Lymph- und Blutgefäßinvasion, der Invasionstiefe in das Myometrium, einer Zervixinfiltration sowie vom Lymphknotenbefall ab (Prat, 2004).
2. Diagnostik 2.1. Klinische Diagnostik Wichtiges klinisches Symptom für ein Endometriumkarzinom ist die postmenopausale uterine Blutung. Eine Variation der Intensität und Frequenz der Blutungen bei perimenopausalen Frauen ist ebenfalls verdächtig (ACOG Practice Bulletin, 2005; Hanf et al., 2003).
432
A. Schneider und S. Marnitz
Ein generelles Screening durch endovaginale Ultraschalluntersuchungen und Zytologie ist bei asymptomatischen Frauen ohne Risikofaktoren ineffektiv, eine Endometrium-Biopsie im Screening bei Niedrig-RisikoPatientinnen zu aufwändig (Langer et al., 1997). Gezielte Früherkennungsuntersuchungen mit endovaginaler Sonographie und anschließender Endometrium-Biopsie sind möglicherweise sinnvoll für Hochrisikogruppen. Bei einer hereditären Belastung durch ein HNPCC-Syndrom besteht ein Lebenszeitrisiko, an einem Endometriumkarzinom zu erkranken, von 40–60 %. Jedoch steht auch bei diesen Frauen der Beweis der Effektivität entsprechender systematischer Untersuchungen durch Studien aus. Beim HNPCCSyndrom ist die prophylaktische Hysterektomie unter Mitnahme der Adnexe zur sekundären Prävention des Endometriumkarzinoms möglicherweise sinnvoll (Schröcksnadel et al., 1988). Zur Abklärung jeder postmenopausalen Blutung und jeder Blutungsanomalie bei prämenopausalen Patientinnen mit Risikofaktoren sind folgende Untersuchungen zu fordern: • Gynäkologische Untersuchung zur Abklärung, ob die Blutung aus dem Uterus kommt und ob das Karzinom über den Uterus hinaus ausgedehnt ist, • transvaginale Sonographie zur Beurteilung des Endometriums und zum Ausschluss anderer pathologischer Prozesse. Bei postmenopausalen Patientinnen mit uteriner Blutung gilt eine einfache Endometriumdicke > 5 mm als suspekt (Gupta et al., 2002). Bei postmenopausalen Patientinnen mit einer Hormontherapie und bei prämenopausalen Patientinnen ist die alleinige Messung der Endometriumdicke diagnostisch nicht verwertbar (Van den Bosch, 2003; Neven et al., 1998). • Hysteroskopie und fraktionierte Abrasio Bei gesichertem Endometriumkarzinom werden folgende Untersuchungen empfohlen: • Röntgen-Aufnahme des Thorax in 2 Ebenen (National Comprehensive Cancer Network, 2006) • Abdominalsonographie zum Ausschluss einer Harnstauung und einer (seltenen) Metastasierung in die parenchymatösen Oberbauchorgane (ACOG Practice Bulletin, 2005) • Zystoskopie und Rektoskopie fakultativ zum Ausschluss eines Stadiums IVA Der Nutzen einer Computertomographie oder Kernspintomographie des Abdomens sowie einer Positro-
nenemissionstomographie (PET) im Staging ist nicht bewiesen. Seit 1988 gilt nach der FIGO-Klassifikation (Tabelle 27.3.1) ein operatives Staging als verbindlich. Die operative Stadieneinteilung setzt eine Exploration des Abdomens mit Hysterektomie und beidseitiger Adnexexstirpation sowie die pelvine und paraaortale Lymphonodektomie in den FIGO-Stadien I, II und III voraus.
2.2. Pathologisch-anatomische Diagnostik Die Mehrzahl der Endometriumkarzinome sind endometrioide Adenokarzinome, die überwiegend östrogenabhängig sind (Typ I). Prototypen des nicht-hormonabhängigen Typ-II-Karzinoms sind das seröse und das klarzellige Karzinom. Weitere Tumortypen sind das muzinöse Adenokarzinom, das primäre Plattenepithelkarzinom sowie das undifferenzierte Karzinom (Amant et al., 2005). Die Präkanzerose der Typ-I-Karzinome ist die atypische Hyperplasie. Nach der WHO-Klassifikation wird zwischen der einfachen Hyperplasie mit einem Karzinomrisiko von < 1 %, der komplexen Hyperplasie (Karzinomrisiko zwischen 5 % und 10 %) und der atypischen Hyperplasie (Karzinomrisiko etwa 30 %) unterschieden. Als Vorstufe der serösen Tumore gilt das endometriale intraepitheliale Karzinom [EIC] (Horn et al., 2004; Marsden et al., 2001). Im Befund muss nach der WHO-Klassifikation zur Art der endometrialen Hyperplasie bzw. beim Nachweis eines Karzinoms zum Tumortyp und Tumorgrading (dreistufig) Stellung genommen werden. Da das seröse und das klarzellige Adenokarzinom auch in niedrigem Tumorstadium eine schlechte Prognose haben, ist auf diese Entität dezidiert hinzuweisen, selbst bei lediglich fokalem Nachweis in einem Typ-I-Karzinom oder in einem Korpuspolypen (Faratian et al., 2006). Fehlt eine eindeutige, morphologisch nachweisbare Beziehung zwischen dem Karzinom und zervikalen Strukturen, so handelt es sich in der Mehrzahl der Fälle um disloziertes Tumorgewebe. Lediglich bei zweifelsfreiem Nachweis einer Infiltration des Karzinoms in endozervikale Drüsen bzw. in das endozervikale Stroma lässt sich durch die Abrasio ein Stadium T2a bzw. T2b diagnostizieren (Horn et al., 1999; Silverberg et al., 2003). Der Befunderstellung ist die WHO-Klassifikation zur Tumortypisierung und die pTNM-Klassifikation zur Stadieneinteilung zugrunde zu legen. Der Wert der intraoperativen makroskopischen Beurteilung und der
Kapitel 27.3
Endometriumkarzinom
Schnellschnittuntersuchung ist zweifelhaft (Altintas et al., 1999; Kir et al., 2004; Kayikcioglu et al., 2002). Anforderungen an den histologischen Befundbericht bei Hysterektomiepräparaten sind: • Tumortyp (WHO) • Grading (WHO) • Stadium (pT) • Infiltrationstiefe mit Dicke des Restmyometriums • Nachweis einer endometrialen Hyperplasie oder eines EIC • R-Klassifikation (UICC) • Lymph- und Blutgefäßinvasion Anforderungen an den histologischen Befund bei erfolgter Lymphonodektomie sind: • Zahl histologisch untersuchter Lymphknoten • Zahl befallener Lymphknoten • Lokalisation der befallenen Lymphknoten • größter Durchmesser der größten Lymphknotenmetastase • Angabe, ob ein Kapseldurchbruch vorliegt
3. Operative Strategie 3.1. Konventionelle operative Therapie im Stadium I und II Gemäß den Leitlinien der AGO stellt die Standardtherapie des Endometriumkarzinoms im Stadium I die Hysterektomie mit beiden Adnexen, ggf. mit pelviner Lymphonodektomie, dar. Im Stadium II sollte die erweiterte radikale Hysterektomie mit Adnexektomie beidseits und pelviner, ggf. paraaortaler Lymphonodektomie erfolgen. Entsprechend dem histologischen Befund wird die Indikation zur adjuvanten Radiatio gestellt (www. awmf-leitlinien.de). Konventionell erfolgt die operative Therapie über eine Längsschnitt-Laparotomie. Was die Indikation zur Operation im Stadium II angeht, so existiert international kein genereller Konsens für die radikale Hysterektomie. Leminen et al. (1995) führten bei 50 %, Blake et al. (2000) nur bei 10 % der Patientinnen die Wertheim-Meigs-OP durch. Auch die onkologischen Ergebnisse der radikalen Hysterektomie im Stadium II sind nicht einheitlich (Leminen et al., 1995; Blake et al., 2000; Sartori et al., 2001; Ayhan et al., 2004). Ein systematisches operatives Staging, bestehend aus Hysterektomie mit Adnexexstirpation sowie pelviner und paraaortaler Lymphonodektomie, ist für die meisten Frauen mit Endometriumkarzinom die entscheidende Basistherapie und ermöglicht den stadiengerechten Einsatz zusätzlicher adjuvanter Maßnahmen
433
(National Comprehensive Cancer Network, 2006). Ist durch die präoperative fraktionierte Abrasio ein seröses oder klarzelliges Karzinom gesichert worden, sollten zusätzlich eine Omentektomie sowie die Entnahme multipler Peritonealbiopsien (inklusive Zwerchfellkuppeln) erfolgen (National Comprehensive Cancer Network, 2006). Da mit der operativen Entfernung von Lymphknotenmetastasen auch eine Prognoseverbesserung verbunden ist, sollte bei allen Patientinnen, bei denen eine vollständige Entfernung der Tumormanifestationen möglich erscheint, eine pelvine und paraaortale Lymphonodektomie durchgeführt werden. In den Stadien pT1a bzw. pT1b, G1 oder G2 ist dies fakultativ (ACOG Practice Bulletin, 2005; Hanf et al., 2003; National Comprehensive Cancer Network, 2006). Die Lymphonodektomie muss als systematische Lymphonodektomie erfolgen und die pelvinen sowie die paraaortalen Lymphknoten bis zum Nierenstiel einbeziehen (ACOG Practice Bulletin, 2005; Hanf et al., 2003; National Comprehensive Cancer Network, 2006). Es sollten mindestens 15 pelvine und 10 paraaortale Lymphknoten entfernt werden (S2-Leitlinie, der AGO).
3.2. Operative Alternativen zur abdominalen Hysterektomie im Stadium I und II Die vaginale Hysterektomie mit beidseitiger Adnexektomie soll bei Patientinnen mit relevanten internistischen Begleiterkrankungen das Morbiditäts- und Mortalitätsrisiko vermindern. Lelle et al. (1994) haben 60 Patientinnen im Stadium I mit hohem operativem Risiko (Adipositas, Hypertonie, Diabetes mellitus, KHK) für die abdominale Hysterektomie vaginal operiert. Die Komplikationsrate lag bei 14 %, die intraoperative Mortalität bei 0 %. Das 5- und 10-JahresÜberleben betrug 91,1 % und 87,1 %. Die jüngste und größte Untersuchung zur Wertigkeit der vaginalen Hysterektomie beim Endometriumkarzinom stammt von Susini et al. (2005). Hierbei wurden 171 Patientinnen, die älter als 70 Jahre waren, im Tumorstadium I–III randomisiert: 128 Patientinnen erhielten eine vaginale Hysterektomie mit beidseitiger Adnexektomie, wohingegen 43 Patientinnen nach dem standardisierten abdominalen Verfahren operiert wurden. Bei identischen 10-Jahres-Überlebensraten (80 % versus 78 %) erlitten 5,4 % der vaginal und 7,0 % der abdominal operierten Patientinnen schwere Komplikationen. Bei den vaginalen Eingriffen war die perioperative Mortalität 0 %, wohingegen sie beim abdominalen Vorgehen 2,3 % betrug. Die OP-Zeit beim vaginalen Vorgehen
434
A. Schneider und S. Marnitz
war signifikant kürzer und der Blutverlust geringer im Vergleich zur abdominalen Hysterektomie. Der größte Nachteil der vaginalen gegenüber der abdominalen Hysterektomie besteht in der Unmöglichkeit, eine Lymphonodektomie durchzuführen. Ebenfalls unklar ist die Situation bei einer Nachblutung, die dann laparotomisch beherrscht werden muss. Andere Alternativen zur abdominalen Hysterektomie beim Endometriumkarzinom stellen die Minilaparotomie, die Pfannenstiel-Inzision oder die extraperitoneale Lymphonodektomie in Kombination mit der vaginalen Hysterektomie dar. Fagotti et al. (2002) berichten über 26 Patientinnen, bei denen die abdominale Hysterektomie mit beidseitiger Salpingoovarektomie, pelviner Lymphonodektomie, Omentumbiopsie und die Entnahme von einer Douglaslavage zur zytologischen Untersuchung über eine Minilaparotomie durchgeführt wurden. Der BMI der Patientinnen lag in dieser Studie aber nur bei 24,1. Zudem werden keine Follow-up-Daten mitgeteilt.
3.3. Minimal invasive operative Techniken Die S2-Leitlinien erlauben ausdrücklich auch die laparoskopische und ggf. rein vaginale Operation. Um den Stellenwert der laparoskopisch assistierten vaginalen Hysterektomie (LAVH) in der operativen Therapie des Endometriumkarzinoms im Vergleich zur abdominalen Hysterektomie zu evaluieren, wurde an der Universitätsfrauenklinik Jena von 7/1995 bis 12/2002
Abb. 27.3.1. LAVH: Entnahme einer Douglaszytologie
eine prospektiv randomisierte Studie durchgeführt (Tozzi et al., 2005a+b). Die Operation wurde standardisiert durchgeführt, die Abbildungen 27.3.1 bis 27.3.7 dokumentieren die einzelnen Arbeitsschritte: Nach Inspektion des Abdomens auf eine intraperitoneale Aussaat oder hepatische Metastasen wurde bei allen Patientinnen eine Zytologie aus dem Douglas-Raum entnommen (Abb. 27.3.1). Anschließend wurden beide Tuben bipolar koaguliert, um bei der laparoskopischen Manipulation des Uterus eine mechanische Tumorzellverschleppung zu vermeiden (Abb. 27.3.2). Obligat wurden bei allen Patientinnen beidseits A. und V. uterina koaguliert und die Arterie durchtrennt. Damit sollte einer hämatogenen Verschleppung von Tumorzellen während der Operation vorgebeugt werden (Abb. 27.3.3). Der Ureter wurde an seiner Überkreuzung mit den iliakal kommunen Gefäßen identifiziert und der obere Anteil der pararektalen Grube eröffnet (Abb. 27.3.4). Unter permanenter Visualisierung des Ureters konnte nun der Abgang der A. uterina aus der A. iliaca interna dargestellt und die Arterie auf einer Länge von 2–3 cm freigelegt werden. A. und V. uterina wurden unter Medialisierung des Ureters bipolar koaguliert und die Arterie durchtrennt (Abb. 27.3.5). Anschließend erfolgte die Isolierung des Ligamentum infundibulopelvicums mit nachfolgender Koagulation und Durchtrennung (Abb. 27.3.6). Nachdem noch die Harnblase von der Zervix uteri abpräpariert wurde, konnte der ischämische Uterus problemlos vaginal,
Abb. 27.3.2. LAVH: Situs nach bipolarer Koagulation beider Tuben
Kapitel 27.3
Endometriumkarzinom
auch bei sehr engen Scheidenverhältnissen, entfernt werden. In keinem Fall wurde ein Uterusmanipulator verwendet. Über die belassenen Trokare erfolgte nochmals eine erneute Laparoskopie zur Kontrolle auf Blutungen. Entsprechend dem histologischen Befund wurde eine pelvine und/oder paraaortale Lymphonodektomie transperitoneal angeschlossen (Abb. 27.3.7). Bei nachgewiesenem Stadium II wurde eine laparoskopisch assistierte radikale vaginale Hysterektomie Typ II mit Adnexen durchgeführt (Abb. 27.1.5). Im Studienzeitraum wurden 277 Patientinnen mit Endometriumkarzinom an der Universitätsfrauenklinik Jena behandelt. 127 Patientinnen lehnten die Randomisation wegen Vorabinformation über die Vorteile der LAVH ab; 28 Patientinnen wurden wegen einer Uterusgröße von mehr als 8 cm ausgeschlossen. Von den verbleibenden 122 Patientinnen wurden 63 Patientinnen per Laparoskopie und 59 Patientinnen via Laparotomie therapiert. Beide Gruppen waren vergleichbar in Bezug auf die Patientencharakteristika, die durchgeführten Operationen sowie die adjuvante Therapie. Dagegen fanden sich signifikante Unterschiede bezüglich des Blutverlustes, der Transfusionsrate, der Infusionsdauer und der Rate an Wunddehiszenzen zu Ungunsten der Laparotomiegruppe (Tabelle 27.3.2). Nach 44 Monaten Follow-up zeigt sich ein Gesamtüberleben in der Laparoskopiegruppe von 82,7 % und ein krankheitsfreies Überleben von 87,4 %. Demgegenüber stehen die Daten der laparotomierten Patientinnen, wo das Gesamtüberleben 86,5 % und das krankheitsfreie Überleben 91,6 % betrug. Der Unterschied ist nicht signifikant. Das etwas schlechtere onkologische Ergebnis in der Laparoskopiegruppe kann durch den höheren Anteil von serös-papillären und Grading-3-Tumoren erklärt werden. Als Nachteile des laparoskopischen gegenüber dem abdominalen Zugang erwiesen sich lediglich die Lernkurve der Operateure sowie die längere Operationszeit, wenn eine Lymphonodektomie notwendig war. Die laparoskopisch-assistierte Hysterektomie stellt nach eigenen Ergebnissen eine valide Alternative zum abdominalen Zugang dar, vor allem für diejenigen Patientinnen, die älter als 65 Jahre sind, einen BMI von über 30 haben und mindestens eine internistische Komorbidität aufweisen (Tozzi et al., 2005; Grund et al., 2006). Bis heute wurden über 20 retro- und prospektive Studien zur laparoskopischen Therapie von ca. 1500 Patientinnen mit frühem Endometriumkarzinom veröffentlicht. Übereinstimmend weist die laparoskopische Hysterektomie eine Vielzahl von Vorteilen (geringerer Blutverlust, kürzerer Krankenhausaufenthalt, schnellere Rückkehr zu normaler Aktivität, geringerer
435
Abb. 27.3.3. LAVH: Zugang zum Retroperitoneum nach Koagulation und Durchtrennung des Ligamentum rotundum links (1)
Abb. 27.3.4. LAVH: Identifizierung des linken Ureters an seiner Überkreuzung mit den iliakal kommunen Gefäßen: 1) A. iliaca externa, 2) A. iliaca interna, 3) Ureter, 4) Lig. infundibulopelvicum
Abb. 27.3.5. LAVH: Bipolare Koagulation der A. uterina (1) und V. uterina rechts am Abgang aus der A. iliaca interna (2) unter Medialisierung des Ureters (3)
A. Schneider und S. Marnitz 436
tomie bei nicht bekanntem Endometriumkarzinom im Stadium II durchgeführt wurde, kann erfolgreich eine kombiniert laparoskopisch-vaginale Parametrektomie erfolgen (Köhler et al., 2003). Die Problematik des Auftretens von Trokarmetastasen, deren Häufigkeit mit bis zu 1 % angegeben wird, wird immer wieder als Argument gegen das laparoskopische Operieren in der Gynäkologie angeführt (Ramirez et al., 2004; Wang et al., 1997). Die bisherigen Daten stammen aus tierexperimentellen Untersuchungen und sind nur bedingt übertragbar. Bei inoperablen Patientinnen besteht die Indikation zu einer primären Strahlentherapie. Abb. 27.3.6. LAVH: Isolierung des linken Ligamentum infundibulopelvicum (1)
Abb. 27.3.7. LAVH: Situs nach LAVH mit bilateraler Adnexektomie und pelviner Lymphonodektomie: 1) Scheidenstumpf, 2) A. iliaca interna rechts, 3) N. obturatorius rechts, 4) Vasa iliacae externae rechts, 5) A. iliaca interna links, 6) N. obturatorius links, 7) Vasa iliacae externae links
Blutverlust, weniger Schmerzmittel, mehr gewonnene Lymphknoten, geringere Komplikationsraten) gegenüber dem abdominalen Vorgehen bei identischem onkologischen Ergebnis auf. Nachteilig werden lediglich die längere Operationszeit und die höheren Kosten für die Operation angegeben. Ungeklärt ist in der Literatur die notwendige Anzahl der Operationen in der Lernphase. Um die Wertigkeit der laparoskopischen Therapie des Endometriumkarzinoms gegenüber der abdominalen Hysterektomie besser einschätzen zu können, sind die Daten der GOG-LAP-2-Studie von großer Bedeutung, die aber noch nicht vorliegen. Bei Patientinnen, bei denen eine suprazervikale Hysterek-
3.4. Operative Therapie im Stadium III und IV Nach den derzeit aktualisierten Leitlinien sollte im Stadium III eine totale Hysterektomie mit beidseitiger Adnexexstirpation, pelviner und paraaortaler Lymphonodektomie, Omentektomie und ggf. Debulking erfolgen. Bei vaginalem Befall (pT3b) und lokaler Operabilität sollte bei entsprechendem Allgemeinzustand der Patientin eine erweiterte radikale Hysterektomie mit beidseitiger Adnexexstirpation, partieller bzw. kompletter Kolpektomie, pelviner und paraaortaler Lymphonodektomie erfolgen. Sollte dies nicht möglich sein, besteht die Empfehlung für eine Hysterektomie mit Adnexexstirpation beidseits, Tumordebulking in der Vagina und ggf. Lymphonodektomie. Auch in nicht mehr kurablen fortgeschrittenen Stadien ist eine operative Intervention (Hysterektomie im Sinne der Blutungsprophylaxe; Debulking von großen Tumormassen) meist mit einem Nutzen für die Patientin verbunden und verbessert die Effektivität anderer palliativer Maßnahmen (ACOG Practice Bulletin, 2005; Hanf et al., 2003). Bei isoliertem Befall von Blase und/oder Rektum kommen ggf. vordere und/oder hintere Exenteration und beidseitige Adnexexstirpation mit pelviner und paraaortaler Lymphonodektomie in Betracht.
3.4.1. Operative Therapie bei positiver Peritonealzytologie und Ovarmetastasen (Stadium IIIa) Der Stellenwert einer positiven Peritonealzytologie, insbesondere nach vorangegangener Flüssigkeitshysteroskopie, wird international eher als gering eingestuft (Marino et al., 1995; Gu et al., 2000). Demnach wären auch Patientinnen im Stadium IIIa mit nur positiver Peritonealzytologie potenziell für ein laparoskopisches Vorgehen geeignet. Bei nachgewiesenem Befall des
Kapitel 27.3
437
Endometriumkarzinom
Tabelle 27.3.2. Operative Ergebnisse in den Studiengruppen (nach Tozzi et al., 2005a+b) Komplikation Blutverlust (ml) Transfusionen, n° Postoperative Infusion, Tage Wunddehiszenz
Laparoskopie
Laparotomie
Signifikanzlevel (p)
241,3
586,1
0,02
3
12
0,037
1,4
2,6
0,04
–
4
0,05
Peritoneums oder der Adnexe sollte aber primär eine Laparotomie erfolgen, um eine Tumoraussaat durch die laparokopische Gasinsufflation zu vermeiden.
zinom diskutiert. Zwischen 1996 und 2005 erschienen 11 Studien, die ca. 250 Patientinnen umfassen. Insgesamt ist das Sentinelkonzept beim Endometriumkarzinom jedoch noch als experimentell anzusehen (Grund et al., 2006).
3.4.2. Lymphknotenmetastasen beim Endometriumkarzinom (Stadium IIIc) Die Kenntnis der Häufigkeit von pelvinen und paraaortalen Lymphknotenmetastasen wirft die Frage nach einem möglichen therapeutischen Effekt der Lymphonodektomie auf. Verschiedene Autoren konnten signifikante Verbesserungen des Gesamtüberlebens sowohl in Lowrisk- als auch in High-risk-Situationen nach kompletter pelviner und/oder paraaortaler Lymphonodektomie nachweisen (Kilgore et al., 1995; McMeekin et al., 2001; Mariani et al., 2000). Argumente gegen eine komplette pelvine und paraaortale Lymphonodektomie sind die eingeschränkte Durchführbarkeit bei adipösen Patientinnen und die Tatsache, dass die Komplikationsrate nach längerer Operationszeit und bei Durchführung der paraaortalen Lymphonodektomie signifikant ansteigt (Pavelka et al., 2004; Kodama et al., 2006). Insgesamt scheint sich ein Trend zur Durchführung der Lymphonodektomie im Rahmen der Primärtherapie des Endometriumkarzinoms abzuzeichnen, auch wenn die Daten alle im Rahmen der offenen Chirurgie erhoben wurden. Der Stellenwert der laparoskopischen Lymphonodektomie beim Endometriumkarzinom muss jedoch erst noch evaluiert werden. Bei inoperablen Patientinnen besteht die Indikation zu einer primären Strahlentherapie.
3.5.2. Fertilitätserhaltende Therapie der jüngeren Patientin im Frühstadium Die konservative, fertilitätserhaltende Therapie ist eine Behandlungsoption für Frauen mit gut differenziertem, endometrioidem Endometriumkarzinom im Stadium T1a und dringendem Kinderwunsch. Das Fehlen von extrauterinen Manifestationen des Karzinoms sollte durch eine Laparoskopie nachgewiesen werden. Eine vollständige Entleerung des Cavum uteri muss durch den Einsatz der Hysteroskopie im Zusammenhang mit der Kürettage gewährleistet sein (Farthing, 2006; Emons et al., 2000). Im Anschluss muss eine kontinuierliche orale Gestagenapplikation mit Megesterolazetat oder Medroxyprogesteronazetat über mindestens 3 Monate erfolgen. Ein Follow-up mittels transvaginalem Ultraschall, Hysteroskopie und Endometriumbiopsie muss zunächst alle 3 Monate erfolgen. Erst nach unauffälligem Re-Staging ist eine Schwangerschaft anzustreben (Emons et al., 2003; Ramirez et al., 2004). Aufgrund der hohen Rezidivwahrscheinlichkeit nach konservativer Therapie ist nach erfülltem Kinderwunsch eine chirurgische Therapie entsprechend dem Stadium erforderlich.
3.5.3. Therapie der älteren Patientin
3.5. Indikatorische und therapeutische Besonderheiten 3.5.1. Sentinelprinzip beim Endometriumkarzinom In den letzten Jahren wurde auch die Anwendbarkeit des Sentinelkonzepts bei Frauen mit Endometriumkar-
Das mittlere Erkrankungsalter der Patientinnen mit Endometriumkarzinomen liegt bei 68 Jahren. Darüber hinaus liegen bei dem Patientenkollektiv häufig Komorbiditäten vor (metabolisches Syndrom, Diabetes mellitus, Herz- und Gefäßerkrankungen), die ein
438
A. Schneider und S. Marnitz
Abweichen von der stadiengerechten Therapie nach Leitlinie erforderlich machen können. Dies kann zum einen die Einschränkung der chirurgischen Radikalität, den Verzicht auf die Lymphonodektomie bzw. die Modifizierung adjuvanter Maßnahmen beinhalten. Die Therapie sollte die individuelle Situation, Vorerkrankungen, zu erwartende Nebenwirkungen und die Lebenserwartung der Patientin berücksichtigen.
3.6. Rezidivtherapie Etwa 25 % der Patientinnen mit Endometriumkarzinom erleiden im Verlauf ihrer Erkrankung ein Rezidiv bzw. Fernmetastasen. Dabei entfallen 20 % auf die Vagina, 30 % auf das Becken und 50 % manifestieren sich als Fernmetastasen (Sartori et al., 2003). Vaginale Rezidive sind einer kurativen Therapie zugänglich. Bei nicht operablen lokalen Scheidenstumpfrezidiven ist die Kombination aus perkutaner Strahlentherapie und Brachytherapie indiziert. Beim Beckenwandrezidiv wird in aller Regel die Radiotherapie favorisiert. Stattgehabte Vorbehandlungen (Strahlentherapie) sind dabei zu beachten. In dieser Situation können 5-Jahres-Überlebensraten von 68 bis 88 % erreicht werden (Lin et al., 2005). In den übrigen Fällen ist bei kurativer Intention die radikale Resektion, d. h. in der Regel die Exenteration indiziert.
4. Weitere Therapiemodalitäten Generell wird eine systematische Lymphonodektomie empfohlen. Sollte diese nicht möglich sein, wird ab Stadium pT1aG3 eine Brachytherapie der Scheide empfohlen, ab dem Stadium pT1c eine perkutane Radiatio der pelvinen Lymphabflusswege mit oder ohne vaginale Brachytherapie. Zur adjuvanten Therapie nach systematischer Lymphonodektomie liegen bisher keine Daten großer prospektiv randomisierter Studien vor. Konzeptionell erscheint eine alleinige Brachytherapie der Vagina in Situationen mit einem geringen regionären und systemischen Metastasierungsrisiko (pT1, pT2) bei histologisch nachgewiesener pN0-Situation ausreichend zu sein (ACOG Practice Bulletin, 2005; Hanf et al., 2003; National Comprehensive Cancer Network, 2006). In den fortgeschrittenen Stadien (pT3, pT4a, pN1) ist die Indikation für eine perkutane Strahlentherapie in Abhängigkeit von der Tumorausbreitung zu stellen (National Comprehensive Cancer Network, 2006; Shaeffer et al., 2005; Lukka et al., 2006).
5. Nachsorge Die Nachsorge dient der Sicherung des Behandlungserfolges. Dabei wird generell eine symptomorientierte Nachsorge empfohlen. Eine regelmäßige gynäkologische Untersuchung sollte jedoch durchgeführt werden. Sie würde der Patientin mit einem lokalen Rezidiv (z. B. Scheidenstumpfrezidiv) therapeutische Konsequenzen mit einem potenziell kurativen Ansatz implizieren. Hingegen profitieren die Patientinnen nicht von einer frühzeitigen Erkennung einer Fernmetastasierung, wenn sie symptomfrei sind. Deshalb wird eine bildgebende Nachsorge nicht generell empfohlen. In den ersten drei Jahren wird ein drei- bis sechsmonatiges Nachsorgeintervall empfohlen. Berücksichtigt werden sollten psychosoziale Aspekte der Patientin, insbesondere nach verschiedenen Therapiemodalitäten (Operation, Radiatio, Chemotherapie). Therapiebedingte Nebenwirkungen sind zu erfragen und wenn möglich zu behandeln. Ein weiterer wichtiger Aspekt der Nachsorge ist die frühzeitige Erkennung von Zweitmalignomen (z. B. Mammakarzinom).
6. Qualitäts- und Prognosekriterien Die wichtigsten Ergebnisparameter bei Patientinnen mit Endometriumkarzinomen sind das krankheitsfreie, lokalrezidivfreie Überleben und das Gesamtüberleben. In der Primärtherapie des Endometriumkarzinoms dominiert die operative Therapie. Selbst Patientinnen mit inoperablen Tumoren profitieren von einem Debulking (S2-Leitlinie). Aufgrund der signifikant erhöhten Morbidität ist die Kombination von radikaler Operation und adjuvanter Radiatio bzw. Chemotherapie stadienabhängig und unter Berücksichtigung der individuellen klinischen Situation zu diskutieren. Die Lebensqualität der Patientin sollte bei allen Therapieentscheidungen wesentlich berücksichtigt werden.
7. Ausblick 50 % der Rezidive bei Patientinnen mit Endometriumkarzinom manifestieren sich als Fernmetastasen. Mittels Kombinationen von etablierten Substanzen, beispielsweise mit Taxanen, können die Ansprechraten verbessert werden. Es müssen klinische und molekulare Risikofaktoren definiert werden, die eine Anwendung von Chemotherapeutika in der adjuvanten High-risk-Situation rechtfertigen.
Kapitel 27.3
Endometriumkarzinom
Unklar ist bis dato auch der Wert des Sentinelkonzepts beim Endometriumkarzinom. Die Primärtherapie des Endometriumkarzinoms wird durch operative Verfahren dominiert. In Abhängigkeit von den Risikokonstellationen kommen adjuvante Therapien in Form von alleiniger Brachytherapie, perkutaner Bestrahlung und Chemotherapie zum Einsatz. Zunehmend zu etablieren sind laparoskopische Verfahren, die als onkologisch gleichwertig, aber bezüglich der Verträglichkeit als überlegen gelten. Mit der laparoskopisch-assistierten oder total laparoskopischen Hysterektomie können Patientinnen mit Endometriumkarzinom im Stadium I onkologisch sicher therapiert werden. Vor allem polymorbide Patientinnen profitieren signifikant vom laparoskopischen Vorgehen. Da die laparoskopische Lymphonodektomie ebenfalls den onkologischen Standard der offenen Chirurgie erfüllt, stellt die laparoskopisch assistierte radikale vaginale Hysterektomie in Kombination mit der transperitonealen Lymphonodektomie im Stadium II eine valide Alternative zur radikalen abdominalen Hysterektomie dar. Die laparoskopische Lymphonodektomie ist nicht nur im Rahmen des Stagings relevant, sondern stellt potenziell auch einen therapeutischen Gewinn für Patientinnen mit Endometriumkarzinom dar. Damit sollte die Indikation zur (laparoskopischen) Lymphonodektomie großzügig gestellt werden. Inwieweit auch Frauen mit einem Stadium IIIc des Endometriumkarzinoms primär laparoskopisch therapiert werden können, bleibt weiteren Untersuchungen vorbehalten. Die Indikation zur adjuvanten perkutanen Radiatio sollte jedoch aufgrund der therapiebedingten Morbidität nur bei nachgewiesenem Lymphknotenbefall gestellt werden. Dem operativen Staging kommt hierbei eine doppelte Bedeutung erstens im Rahmen einer möglichen Prognoseversbesserung durch die systematische Lymphonodektomie und zweitens als Entscheidungsgrundlage für eine adjuvante Therapie zu.
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A. Schneider und S. Marnitz
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Kapitel 27.4
Vulvakarzinom A. Reinthaller und S. Leodolter
1. Einleitung Das Vulvakarzinom ist nach Endometriumkarzinom, Ovarialkarzinom und Zervixkarzinom mit 2/100 000 Frauen/Jahr das vierthäufigste gynäkologische Malignom; 5 % aller Krebserkrankungen des weiblichen Genitaltraktes sind Vulvakarzinome. Die Altersverteilung zeigt aktuell zwei Maxima. Der erste Altersgipfel liegt zwischen dem 40. und 50. Lebensjahr, der zweite um das 70. Lebensjahr. Diese Zweigipfeligkeit ist durch die Zunahme von Human Papilloma Virus (HPV)-Infektionen bei jüngeren Patientinnen bedingt. Weitere Risikofaktoren für das Vulvakarzinom sind u. a. Zigarettenrauchen, Immunsuppression sowie ein Zustand nach Zervixkarzinom. Insgesamt ist die Zahl an invasiven Vulvakarzinomen in den letzten 20 Jahren in etwa gleich geblieben, allerdings hat die Inzidenz von In-situ-Erkrankungen (entsprechend Vulvären Intraepithelialen Neoplasien = VIN) um mehr als das Doppelte zugenommen. Auch dafür ist die Zunahme an HPVInfektionen verantwortlich.
die Inspektion von Vagina und Zervix obligat ist; in 20–25 % der Fälle findet sich bei vulvärer Tumorerkrankung synchron auch eine (zumeist) intraepitheliale Läsion im Bereich der Zervix uteri (CIN). Das häufigste Symptom ist Juckreiz, insbesondere, wenn sich gleichzeitig ein Lichen sclerosus oder eine vulväre Dystrophie findet. Weitere Symptome sind Schmerzen, Sekretion, Dysurie, Blutungen und vergrößerte Lymphknoten in der Leistengegend. Viele Patientinnen sind jedoch, insbesondere wenn kleinere Läsionen vorliegen, asymptomatisch.
2.1. Diagnosesicherung Aufgrund des äußerst variablen Erscheinungsbildes, vor allem von frühen Tumorstadien, ist der histologische Befund der wichtigste Parameter im Rahmen der Diagnostik von vulvären Läsionen. Zur Feststellung des Punctum maximums einer Läsion sollte bei kleineren bzw. frühen Veränderungen eine Essigprobe und/oder eine Toluidinblau-Probe durchgeführt werden (Abb. 27.4.1). Diese Methoden erlauben es, gezielt Biopsien von verdächtigen Stellen zu
2. Diagnostik Die Symptomatik der entsprechend ihrer unterschiedlichen Histologie verschiedenen Typen von Vulvakarzinomen ist ähnlich. Bei den meisten Patientinnen findet man papilläre, teils exophytisch wachsende, teils exulzerierende Tumorareale im Bereich der großen Labien, seltener der kleinen Labien, des Perineums, der Klitoris oder/und im Bereich des Mons pubis. In 10 % der Fälle sind diese Tumoren zum Zeitpunkt der Erstdiagnose bereits so ausgeprägt, dass eine genaue Lokalisierung des Ursprungs nicht mehr möglich ist. In ca. 5–10 % finden sich multifokale Läsionen, dies ist auch der Grund, weswegen bei Vorliegen von suspekten Veränderungen im äußeren Genitalbereich immer auch
Abb. 27.4.1. Toluidinblau-Probe bei hochgradiger vulvärer intraepithelialer Neoplasie (VIN III)
442
A. Reinthaller und S. Leodolter
entnehmen. Bei multifokalen Läsionen sollte jede einzelne Läsion im Sinne eines sog. „Vulva-Mappings“ biopsiert werden. Die Biopsie wird am besten in Lokalanästhesie mit einer 4-mm-Hautstanze durchgeführt und hat alle Schichten der Epidermis sowie das darunter liegende subkutane Gewebe zu erfassen. Zusätzlich zur histologischen Diagnostik muss eine Palpation der Inguinalregionen erfolgen, um ggf. klinisch suspekte Lymphknoten identifizieren zu können. Über 90 % der Vulvakarzinome sind Plattenepithelkarzinome. Ein Subtyp dieser Plattenepithelkarzinome sind verruköse Karzinome, die ein blumenkohlartiges Erscheinungsbild zeigen, ein kondylomatöses, eher langsames Wachstum aufweisen und kaum lymphogen metastasieren. Seltenere histologische Typen sind Melanome, Adenokarzinome der Bartholinischen Drüsen, Weichteilsarkome, ein extramammärer Morbus Paget oder Basalzellkarzinome (Abb. 27.4.2).
2.2. Bildgebende Diagnostik Die Bildgebung ist im Rahmen der diagnostischen Abklärung von Vulvakarzinomen von eher untergeordneter Bedeutung. Die Durchführung einer Magnetresonanztomographie (MRT) der Inguinalregionen und des Beckens scheint für die Evaluierung des Lymphknotenstatus allerdings sinnvoll. Andere bildgebende Verfahren kommen bei spezieller Indikation und Fragestellung zum Einsatz.
a
2.3. Tumorausbreitung Vulvakarzinome breiten sich zumeist durch kontinuierliches Wachstum auf benachbarte Organstrukturen wie Vagina, Urethra, Klitoris und Anus aus. In ca. 10 % der oberflächlich-invasiven Vulvakarzinome (d. h. Läsionen mit einer Invasionstiefe zwischen 1 und 3 mm) finden sich zum Zeitpunkt der Diagnose bereits Lymphknotenmetastasen (Hacker et al., 1983). Bei Tumoren, die eine Invasionstiefe von weniger als 1 mm aufweisen, liegt die Wahrscheinlichkeit von Lymphknotenmetastasen deutlich unter 1 %. Am häufigsten metastasieren Vulvakarzinome in die oberflächlichen inguinalen Lymphknoten, erst in zweiter Linie in die tiefen inguino-femoralen Lymphknoten unterhalb der Fascia cribriformis und eher selten in die pelvinen Lymphknoten. So genannte laterale Läsionen, d. h. Läsionen die mindestens 2 cm neben einer gedachten Mittellinie von Klitoris, Ostium urethrae externum, hinterer Kommissur und Anus liegen, metastasieren praktisch ausschließlich unilateral. Hingegen können Läsionen, die sich innerhalb dieser gedachten Linie finden, in beide Inguinalregionen metastasieren. Eine hämatogene Aussaat ist extrem selten.
2.4. Staging Das Staging von Vulvakarzinomen hat die Evaluierung der wichtigsten Prognosefaktoren zum Ziel. Dabei handelt es sich um Tumorgröße, Invasionstiefe, den eventuellen Befall von regionären Lymph-
b
Abb. 27.4.2. Bösartige Tumoren der Vulva: a) Plattenepithelkarzinom, b) Melanom
Kapitel 27.4
Vulvakarzinom
443
Tabelle 27.4.1. FIGO- und TNM-Stadieneinteilung des Vulvakarzinoms, tadienabhängige Häufigkeitsverteilung und Überlebensraten (nach Petru et al., 2005) Häufigkeit 5-Jahres(ungefähr) Überlebensrate [%] (ungefähr) [%]
TNMFIGO-Stadien Ausbreitung Klassifikation TisN0M0
0 = VIN III
Vulväre intraepitheliale Neoplasie: präinvasives karzinom: Carcinoma in situ
–
–
T1N0M0
I
Tumor auf die Vulva und das Perineum begrenzt, Tumorgrößen im größten Durchmesser 2 cm, keine inguinalen Lymphknotenmetastasen
27
87
T1aN0M0
Ia
Stromainvasion bis 1 mm (mikroinvasives Karzinom)
–
–
T1bN0M0
Ib
Stromainvasion > 1 mm
–
–
T2N0M0
II
Tumor auf die Vulva und das Perineum begrenzt, Tumorgröße > 2 cm, keine inguinalen Lymphknotenmetastasen
35
68
T3N0-1M0
III
Tumor jeglicher Größe mit:
28
40
10 (alle Stadium IV)
22 (alle Stadium IV)
–
–
Übergang auf die distale Urethra und/oder Vagina und/oder Anus und/oder T1-2N1M0 T4N0-2M0
Einseitigem metastatischem Befall der inguinalen Lymphknoten IVa
Tumor jeglicher Größe mit Tumorinfiltration in folgende Gewebe/ Organe: Proximale Urethraschleimhaut und/oder Harnblasenschleimhaut und/oder Rektumschleimhaut und/oder Beckenknochen und/oder
T1-3N2M0 T1-4N0-2M1
Beidseitigem metastatischem Befall der inguinalen Lymphknoten IVb
Tumor jeglicher Größe mit Fernmetastasen inklusive Beckenlymphknotenmetastasen
knoten und das eventuelle Vorliegen von Fernmetastasen (Tabelle 27.4.1). Neben der klinischen Untersuchung ist das chirurgische Staging von entscheidender Bedeutung. Insbesondere bei kleineren Tumoren ist die Bestimmung der Invasionstiefe für die Stadieneinteilung maßgeblich. Ebenso wichtig ist die Evaluierung des lokoregionären, d. h. inguino-femoralen Lymphknotenstatus, wobei letzterer der wichtigste Prognoseparameter ist. Da die klinische wie auch die bildgebende Beurteilung der regionären Lymphknoten zu ungenau ist, um eine konklusive Dignitätsbestimmung durchführen zu können, sollte eine inguino-femorale Lymphadenektomie in allen Stadien der Erkrankung mit Ausnahme des Stadiums IA durchgeführt werden. Diese ist allerdings mit einer relativ hohen Morbidität assoziiert, Wundheilungsstörungen, rezidivierende Lymphzysten mit sekundärer Infektion und Beinödeme sind relativ häufig. Aus diesem Grund
wurden in den letzten Jahren weniger invasive Methoden zur Evaluierung des Lymphknotenstatus überprüft, wobei vor allem der Technik der Wächter-Lymphknoten-Biopsie (Sentinel-Node-Biopsie) Bedeutung zukommt.
2.5. Sentinel-Node-Biopsie Die Wächter-Lymphknoten-Biopsie ist zwar noch nicht in einer größeren randomisierten, prospektiven Studie der inguino-femoralen Lymphadenektomie gegenübergestellt worden, allerdings existieren bereits größere Studien mit relevanten Fallzahlen, die den Vorhersagewert der Sentinel-Node-Biopsie beim Vulvakarzinom (De Cesare et al., 1997; de Hullu, 2000; Sliutz, 2002) zum Inhalt haben. Entsprechend der Wächter-Lymphknoten-Theorie kommt es primär zum Befall des oder der ersten
444
A. Reinthaller und S. Leodolter
a
b
Abb. 27.4.3. Sentinel-Lymphknotendiagnostik und -biopsie: a) Radioisotopen-markierter Wächterlymphknoten, b) exstirpierter Wächterlymphknoten
Weise konnte der negative Vorhersagewert der Methode bestimmt werden. Ein systematischer Review berichtet, dass die Lymphszintigraphie eine gepoolte Sensitivität von 97 % (95 % Confidence Intervall 91–100 %) und eine gepoolte Spezifität von 100 % (95 % Confidence Intervall 98–100 %) aufweist (Selman et al., 2005). Als Einschränkung muss allerdings erwähnt werden, dass alle diese Studien sog. Beobachtungsstudien waren und daher nicht die Qualität und den Evidenzlevel einer prospektiv randomisierten Studie aufweisen. Zusätzlich hat die Methode eine Lernkurve, die in diesen Studien nicht berücksichtigt wurde. Insgesamt kann man allerdings davon ausgehen, dass die SentinelNode-Biopsie bei gleichzeitig deutlich geringerer Morbidität des operativen Eingriffes eine geeignete Methode zur Evaluierung des inguino-femoralen Lymphknotenstatus bei Patientinnen mit Vulvakarzinom darstellt.
3. Operative Strategie 3.1. Operative Therapie des lokalen Tumors Lymphknoten im Abflussgebiet des Tumors. Die Markierung dieses/dieser Lymphknoten(s) mit anschließender Exstirpation und histologischer Untersuchung sollte somit Rückschlüsse auf den Befall der übrigen regionären Lymphknoten zulassen. Prinzipiell gibt es zwei Methoden, den oder die Wächter-Lymphknoten zu identifizieren. Die klassische Methode ist die Methode der Lymphszintigraphie, bei der ein mit einem radioaktiven Tracer markiertes Humanalbumin Verwendung findet. Nach Markierung wird der Wächter-Lymphknoten intraoperativ mit einer sog. Gamma-Sonde identifiziert und selektiv exstirpiert (Abb. 27.4.3). Eine weitere Methode besteht in der peritumoralen Injektion von Isosulfan-Blau und der anschließenden Identifizierung des ersten blau gefärbten Lymphknotens. Die Sensitivität dieser beiden Methoden wurde bereits in mehreren Studien untersucht, wobei sich gezeigt hat, dass die Lymphszintigraphie eine fast 100%ige Detektionsrate erlaubt und darüber hinaus den Vorteil hat, bereits präoperativ den/ die Wächter-Lymphknoten genau lokalisieren zu können. Es liegen eine Reihe von Untersuchungen vor, in denen zunächst der/die Wächter-Lymphknoten markiert und exstirpiert und im Anschluss daran zur Ermittlung des Stellenwerts der Wächter-Lymphknoten-Technik eine komplette inguino-femorale Lymphadenektomie durchgeführt wurde. Auf diese
Prinzipiell ist die chirurgische Entfernung des lokalen Tumors Methode der Wahl. Im Stadium I wird eher ein eingeschränkt-radikales chirurgisches Vorgehen gewählt. Die sog. weite, lokale Exzision („wide local excision“) des Tumors mit anschließender inguino-femoraler Lymphadenektomie oder Wächter-Lymphknoten-Biopsie stellt heute den Gold-Standard im Rahmen der Therapie dieses Tumorstadiums dar. Im Stadium IA mit einer Invasionstiefe von < 1 mm kann auf eine inguino-femorale Lymphknotendissektion bzw. Wächter-Lymphknoten-Biopsie verzichtet werden, da hier das Risiko für Lymphknotenmetastasen unter 1 % liegt (Farias-Eisner et al., 1994). Die weite, lokale Exzision erfordert einen Sicherheitsabstand zum Tumor von mindestens 1 cm und sollte bis zur Faszie des urogenitalen Diaphragmas reichen. Im Stadium IB (mit einer Invasionstiefe von über 1 mm) ist bereits eine Metastasierungswahrscheinlichkeit von 8 % gegeben, womit ab diesem Stadium eine inguino-femorale Lymphadenektomie bzw. eine Wächter-Lymphknoten-Biopsie indiziert ist. Im Stadium II, d. h. ab einer Tumorgröße von 2 cm, ist eine modifizierte, radikale Vulvektomie mit unioder bilateraler inguino-femoraler Lymphadenektomie indiziert. Auch hier ist ein Sicherheitsabstand von mindestens 1 cm notwendig. Eine Drei-Inzisionen-Technik (Vulva, Inguinalregion
Kapitel 27.4
Vulvakarzinom
rechts und links) erlaubt eine adäquate, radikale Exzision der primären Läsion und eine bilaterale, inguinale Lymphadenektomie mit akzeptabler postoperativer Morbidität und ist heute State of the art. Die En-blocResektion von Tumor und inguinalen Lymphknoten im Sinne einer Schmetterlingsumschneidungsfigur ist hingegen aufgrund der hohen Raten an Wundheilungsstörungen verlassen worden. Im Falle positiver Lymphknoten ist eine adjuvante Strahlentherapie indiziert. Der Benefit der Strahlentherapie konnte in einer Studie, die 114 Frauen mit invasivem Plattenepithelkarzinom der Vulva und positiven Leistenlymphknoten (nach radikaler Vulvektomie und bilateraler, inguinaler Lymphadenektomie) umfasste, nachgewiesen werden. In dieser Studie wurden die Patientinnen entweder zu einer pelvinen Radiotherapie oder zu einer zusätzlichen pelvinen Lymphadenektomie randomisiert (Homesley et al., 1986). Die Überlebensraten waren in der Gruppe der bestrahlten Patientinnen signifikant höher, allerdings ist anzuführen, dass eine inguinale Lymphadenektomie kombiniert mit einer adjuvanten Strahlentherapie mit einer hohen Rate an Beinödemen assoziiert ist. Deshalb ist bei Patientinnen mit einer nur mikroskopischen Lymphknotenmetastase die Bestrahlung nicht zu empfehlen, bei mehreren Lymphknotenmetastasen bzw. bei Durchbrechen der Lymphknotenkapsel ist eine adjuvante Strahlentherapie allerdings obligat. Die Morbidität nach Lymphadenektomie lässt sich, wie schon angeführt, durch Einsatz der WächterLymphknoten-Technik deutlich senken. Bei Patientinnen, bei denen der Resektionsrand knapp an den Tumor heranreicht bzw. bei denen die Läsion nicht im Gesunden entfernt wurde, ist entweder eine Nachresektion oder eine Strahlentherapie indiziert. In einer, allerdings nicht randomisierten, Studie, die 62 Patientinnen umfasste, konnte gezeigt werden, dass durch Strahlentherapie eine signifikant niedrigere Lokalrezidivrate und ein verbessertes Überleben zu erzielen ist (Faul et al., 1997).
445
rapie bzw. Chemo-/Strahlentherapie empfohlen. Die derzeit am häufigsten eingesetzten Chemotherapieschemata sind Cisplatin, 5-FU bzw. der Precursor von 5-FU, nämlich Capecitabine und Mitomycin C. Diese präoperativen Therapieschemata werden zum sog. Down-Staging des Tumors eingesetzt, mit dem Ziel, eine organerhaltende chirurgische Resektion des Primärtumors und der inguino-femoralen Lymphknoten zu ermöglichen. Eine neoadjuvante Chemotherapie allein scheint im Vergleich zu einer kombinierten Chemo-/Strahlentherapie weniger erfolgreich zu sein (Wagenaar et al., 2001).
3.3. Rezidivbehandlung Das Vulvakarzinom rezidiviert in klassischer Weise als Lokalrezidiv in die Inguinalregionen bzw. es kommt zum Auftreten von Fernmetastasen. Die Verteilungshäufigkeit von Rezidiven wurde in einer Studie, die 502 Patientinnen umfasste, evaluiert, wobei 53 % der Rezidive perineal, 19 % inguinal und 6 % pelvin lokalisiert waren; in 8 % traten Fernmetastasen auf, in 14 % multiple Rezidive bzw. Metastasierung (Maggino et al., 2000). Lokale perineale Rezidive können in bis zu 75 % der Fälle durch eine Re-Exzision beherrscht werden. Deutlich schlechtere 5-Jahres-Überlebensraten finden sich beim Auftreten von inguinalen und pelvinen Metastasen bzw. bei Fernmetastasen. In der zuvor angeführten Studie lag die 5-Jahres-Überlebensrate bei Fällen mit Perinealrezidiven bei 60 %, bei Vorliegen von inguinalen und pelvinen Metastasen bei 27 % und im Falle von Fernmetastasen bei nur 15 %. Strahlentherapie und Chemotherapie können im Rezidivfall ebenfalls eingesetzt werden, wobei insbesondere bei Fällen mit Fernmetastasen eine Chemotherapie mittels Cisplatin, Mitomycin C, 5-FU, Capecitabine, aber auch Taxanen in Erwägung zu ziehen ist. In dieser Situation sind die Ansprechraten allerdings eher schlecht und die Prognose ist insgesamt als infaust anzusehen.
3.2. Therapie der fortgeschrittenen Stadien 4. Komplikationsmanagement Die Stadien III und IV involvieren oft benachbarte Organe wie Urethra, Anus, Blase und Rektum, womit primär chirurgische Exzisionsversuche meist mit exenterativem Vorgehen kombiniert werden müssen. Da diese operativen Maßnahmen mit einer extrem hohen Morbidität assoziiert sind, wird bei diesen Patientinnen eine neoadjuvante Strahlenthe-
Hauptkomplikationen nach operativem Vorgehen sind Wundheilungsstörungen, rezidivierende Lymphzysten und teils massive Lymphödeme der unteren Extremitäten, die nach inguino-femoralen Lymphadenektomien auftreten. Die Rate an Wundheilungsstörungen, insbesondere im Bereich der
446
A. Reinthaller und S. Leodolter Tabelle 27.4.2. Nachsorgeschema für Patientinnen mit Vulvakarzinom Untersuchung
1.–3. Jahr
4.–5. Jahr
6.–10. Jahr
Anamnese*
3-monatlich
6-monatlich
jährlich
Klinische Untersuchung**
3-monatlich
6-monatlich
jährlich
Tumormarker (SCC im Serum)
3-monatlich
6-monatlich
jährlich
Zytologie
6-monatlich
6-monatlich
jährlich
Vaginalultraschall
jährlich
jährlich
jährlich
Mammographie, Mammasonographie
jährlich
jährlich
jährlich
bei klin. Verdacht
bei klin. Verdacht
bei klin. Verdacht
Erweiterte bildgebende Diagnostik (MRT, CT)
* allgemeine und tumorspezifische Anamnese: v. a. Juckreiz, Blutungen, Schmerzen, Miktionsprobleme, Defäkationsprobleme, Gewichtsverlust, Beinödeme. ** Bimanuelle rekto-vaginale Untersuchung, exakte Inspektion, Untersuchung der inguinalen Lymphknoten beidseits, bei Verdacht auf pathologischen Befund: Vulvoskopie nativ und nach Essig- und/oder Jodprobe: Biopsie der verdächtigen Areale
Inguinalregion, lässt sich durch Inzision unterhalb des Leistenbandes unter Erhalt der Scarpa’schen Faszie reduzieren. Wundheilungsstörungen im Bereich der Vulvaresektionsstellen können durch Lokalbehandlung, durch regelmäßige Spülungen und durch Salbenbehandlungen gut beherrscht werden. Lymphzysten erfordern oft mehrfache Punktionen und manchmal auch Drainagen. Lymphödeme sind insbesondere nach Kombination von inguino-femoralen Lymphadenektomien und adjuvanter Radiatio häufig.
5. Rehabilitation und Nachsorge Die Nachsorge sollte, da Rezidive vorwiegend im lokalen Bereich auftreten, in erster Linie in einer regelmäßigen klinischen Kontrolle bestehen, mit Palpation der Inguinalregionen, ggf. ergänzt durch Ultraschalluntersuchung. Bei suspekten bzw. metastatischen Lymphknoten im Bereich der Inguinalregionen ist die Durchführung einer Kernspintomographie des Beckens zur Beurteilung des pelvinen Lymphknotenstatus indiziert (Tabelle 27.4.2).
6. Qualitäts- und Prognosekriterien Auch beim Vulvakarzinom sind die wichtigsten Ergebnisparameter das krankheitsfreie und das Gesamtüberleben. Aufgrund der Tumorlokalisation
sind Operationen im Bereich der Vulva allerdings nicht selten mit funktionellen aber auch mit kosmetischen Problemen verbunden. Dies führt häufig zu einer erheblichen Beeinträchtigung der Lebensqualität, insbesondere im Hinblick auf ein intaktes Sexualleben. Da durch die zunehmende Inzidenz von HPV-Infektionen auch häufig jüngere Patientinnen von präinvasiven und invasiven, nicht selten multifokalen Tumoren der Vulva betroffen sind, kommt diesem Aspekt besondere Bedeutung zu. Andererseits ist die möglichst radikale Entfernung des Tumors ein signifikanter Prognoseparameter. Schon festgestellt wurde, dass die inguino-femorale Lymphadenektomie einen mit erheblicher Morbidität verbundenen Eingriff darstellt, die Anwendung des Wächter-Lymphknoten-Konzepts verspricht einen wesentlichen Fortschritt. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Behandlung von Patientinnen mit Vulvakarzinomen äußerst komplex ist. Da es sich im Vergleich zu anderen Tumorentitäten um eine eher seltenere Erkrankung handelt, ist eine Zentralisierung der Patientinnen in Spitälern sinnvoll, die eine umfassende Infrastruktur bieten. Dazu gehört neben der entsprechenden technischen und logistischen Ausstattung (OP-Ausstattung, Nuklearmedizin, Gefrierschnittmöglichkeit) auch das Vorhandensein einer strukturierten, interdisziplinären Patientenbetreuung (Gynäko-Onkologie, medizinische Onkologie, Strahlentherapie, Gynäko-Pathologie, Radiodiagnostik, Psychoonkologie, ev. Chirurgie und Urologie).
Kapitel 27.4
Vulvakarzinom
7. Ausblick Im Lichte der nun zur Verfügung stehenden HPVImpfung stellt sich naturgemäß die Frage, inwieweit intraeptheliale und invasive Läsionen der Vulva durch diese präventive Maßnahme zurückgedrängt werden können. Die hohe Effektivität der Impfung lässt für das Vulvakarzinom jedenfalls eine Inzidenzreduktion erhoffen. Andererseits gibt es im Gegensatz zum Zervixkarzinom das klassische Vulvakarzinom der älteren Frau, welches zumeist unabhängig von einer HPV-Infektion ist. Bei diesen Patientinnen werden nicht selten außerdem bereits fortgeschrittene Stadien angetroffen, womit sich die Indikation zum Einsatz einer neoadjuvanten Chemo- und Strahlentherapie ergibt. Neoadjuvante Therapieformen beim Vulvakarzinom dienen dazu, entstellende und mit hoher Morbidität einhergehende chirurgische Therapieschritte möglichst zu vermeiden. In Zukunft wird vor allem die Evaluierung und Anwendung von neuen Chemotherapeutika von Bedeutung sein, außerdem wird auch beim Vulvakarzinom der Einsatz von gezielten Therapieformen mit Tyrosinkinase- und Angioneogenesehemmern („Targeted therapies“) eine wichtige Rolle spielen.
8. Literatur de Hullu JA, Doting E, Piers DA et al. (2000) Sentinel lymph node procedure is highly accurate in squamous cell carcinoma of the vulva. J Clin Oncol 18: 2811 DeCesare SL, Fiorica JV, Roberts WS et al. (1997) A pilot study utilizing intraoperative lymphoscintigraphy for identification of the sentinel lymph nodes in vulvar cancer. Gynecol Oncol 66: 425–428 Farias-Eisner R, Cirisano FD, Grouse D et al. (1994) Conservative and individualized surgery for early squamous carcinoma of the vulva. Gynecol Oncol 53: 55 Faul CM, Mirmow D, Huang Q et al. (1997) Adjuvant radiation for vulvar carcinoma: improved local control. Int J Radiat Oncol Biol Phys 38: 381 Hacker NF, Nieberg RK, Berek JS et al. (1983) Superficially invasive vulvar cancer with nodal metastases. Gynecol Oncol 15: 65
447 Homesley HD, Bundy BN, Thomas G et al. (1986) Radiation therapy versus pelvic node resection for carcinoma of the vulva with positive groin nodes. Obstet Gynecol 68: 733 Maggino T, Landoni F, Sartori E et al. (2000) Patterns of recurrence in patients with squmaous cell carcinoma of the vulva. A multicenter CTF study. Cancer 89: 116 Petru E, Jonat W, Fink D, Köchli O (2005) Praxisbuch Gynäkokologische Onkologie. Springer, Berlin Heidelberg New York Tokyo Selman TJ, Luesley DM, Acheson N et al. (2005) A systematic review of the accuracy of diagnostic tests for inguinal lymph node status in vulvar cancer. Gynecol Oncol 99: 2006 Sliutz G, Reinthaller A, Lantzsch T et al. (2002) Lymphatic mapping of sentinel nodes in early vulvar cancer. Gynecol Oncol 84: 449 Wagenaar HC, Colombo N, Vergote I et al. (2001) Bleomycin, methotrexate, and CCNU in locally advanced or recurrent, inoperable, squamous cell carcinoma of the vulva: an EORTC Gynaecological Cancer Cooperative Group Study. European Organization for Research and Treatment of Cancer. Gynecol Oncol 81: 348
9. Links www.asco.org American Society of Clinical Oncology (ASCO) www.esgo.org European Society of Gynaecological Oncology (ESGO) www.gynonko.at Abteilung für Gynäkologie und Geburtshilfe an der Universitätsklinik für Frauenheilkunde am Allgemeinen Krankenhaus (AKH) in Wien www.krebsgesellschaft.de Deutsche Krebsgesellschaft www.krebsinfo.de Krebsinfo des Tumorzentrums München www.nih.gov National Institutes of Health www.oeggg.at Österreichische Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe
Kapitel 28
Malignes Melanom A. Hauschild, K. C. Kähler, F. Egberts, H. Pehamberger und P. M. Schlag
1. Einleitung Das maligne Melanom ist der häufigste Hauttumor. Die immer noch jährlich um etwa 7 % steigende Inzidenz und eine Mortalitätsrate von 20–25 % haben diesen Tumor in den Mittelpunkt aller therapeutischen Bemühungen in der Dermato-Onkologie gestellt. In Deutschland ist von einer Erkrankungsrate von 11 je 100 000 Einwohner pro Jahr auszugehen. Das entspricht damit auch der Inzidenz von 0,012 % in Österreich. Die anatomische Lokalisation ist geschlechtsabhängig. Am Stamm treten bei Männern knapp über die Hälfte aller kutanen malignen Melanome auf, davon in fast 40 % der Fälle am Rücken. Bei Frauen dominiert die untere Extremität mit über 40 % aller Melanomerkrankungen. Etwa 5–10 % aller malignen Melanome treten familiär auf. Als Melanomsuszeptibilitätsgen mit hoher Penetranz gilt der cyclinabhängige Kinase-Inhibitor 2A (CDKN2A). Generell wird die Transformation von Melanozyten zu malignen Melanomzellen durch verschiedene molekulare Mechanismen begleitet, unter welchen der RASRAF- und der PI3K-AKT-Signaltransduktionsweg eine wichtige Rolle spielen. Operative Maßnahmen zur Diagnosestellung und Erstbehandlung stellen die Säulen jeglicher Versorgung des malignen Melanoms dar. Grundlage für die stadienabhängige Therapie ist die im Jahre 2001 international akzeptierte American Joint Committee on Cancer Classification (AJCC) des malignen Melanoms (Balch et al., 2001; Tabelle 28.1.a–c).
weise ist dies mit einer einfachen elliptischen Exzision und primärem Wundverschluss möglich (Kaufmann, 1997). Der Vorteil der Exzisionsbiopsie besteht darin, dass eine vollständige Beurteilung des histologischen Präparates erleichtert wird und zudem die Resektionsränder beurteilbar sind. Inzisionsbiopsien aus größeren pigmentierten Arealen können allenfalls in Ausnahmesituationen, z. B. bei einer großen Lentigo maligna („In-situ-Melanom“) im Gesichtsbereich, erwogen werden. Sie dienen nur der Diagnosesicherung vor einer weitergehenden Therapie, wie z. B. der Röntgenweichstrahlentherapie der Lentigo maligna. Das gleiche trifft für größere pigmentierte Schleimhautveränderungen unklarer Dignität zu. Auch hier entspricht es einer gängigen Praxis, zunächst durch Inzisionsbiopsien die histopathologische Diagnose zu ermöglichen. Im Gegensatz zu früheren Dogmen besteht heute die einhellige Meinung, dass Inzisionsbiopsien die Prognose eines malignen Melanoms nicht verschlechtern. Da natürlich keine prospektiv-randomisierten Studien zu dieser Fragestellung möglich sind, wurden mehrfach retrospektive Beobachtungen publiziert. Aus die-
2. Diagnostik 2.1. Allgemeine Diagnosesicherung Liegt bei einer pigmentierten Hautveränderung (Abb. 28.1) der klinische und auflichtmikroskopische Verdacht auf ein malignes Melanom vor, ist die Sicherung der Diagnose durch eine möglichst vollständige Biopsie („Exzisionsbiopsie“) unabdingbar. Normaler-
Abb. 28.1. Malignes Melanom: Primärtumor
450
A. Hauschild, K. C. Kähler, F. Egberts, H. Pehamberger, P. M. Schlag Tabelle 28.1.a. TNM-Klassifikation des malignen Melanoms (nach AJCC 2001) T1 a b T2 a b T3 a b T4 a b N1 a b N2 a b c N3
Melanom 1,0 mm ohne Ulzeration, Clark II/III mit Ulzeration oder Clark IV/V Melanom 1,01–2,0 mm ohne Ulzeration mit Ulzeration Melanom 2,01–4,0 mm ohne Ulzeration mit Ulzeration Melanom > 4,0 mm ohne Ulzeration mit Ulzeration 1 regionärer Lymphknoten Mikrometastase Makrometastase 2–3 regionäre Lymphknoten Mikrometastase Makrometastase In-transit/Satelliten ohne metastatische Lymphknoten 4 oder mehrere Lymphknoten oder verbackene Knoten oder In-transit-Metastasen oder Satelliten-Metastasen mit LymphknotenMetastasen Fernmetastasen (Lymphknoten oder subkutan) LDH normal Lungen-Metastasen LDH normal Alle anderen viszeralen Metastasen bei normalem LDH oder jede Fernmetastase mit erhöhtem LDH
M1a M1b M1c
T: Primärtumor, N: Lymphknoten, M: Fernmetastasen, LDH: Laktat-Dehydrogenase Tabelle 28.1.b. Klinische Stadiengruppierung des malignen Melanoms (nach AJCC 2001)
Tabelle 28.1.c. Pathologische Stadieneinteilung des malignen Melanoms (nach AJCC 2001) Stadium
T
N
M
10-JÜR (%)
0
Tis
N0
M0
ca. 100
IA
T1a
N0
M0
87,9
IB
T1b, T2a
N0
M0
83,1 79,2
IIA
T2b, T3a
N0
M0
IIB
T3b, T4a
N0
M0
64,4 63,8 50,8 53,9
IIC
T4b
N0
M0
32,3
IIIA
T1-T4a
N1a, N2a
M0
63,0 56,9
IIIB
T1-T4b T1-T4a/b
N1a, N2a N2c
M0 M0
37,8 35,9
IIIC*
T1-T4b Jedes T
N1b, N2b N3
M0 M0
Jedes T
Jedes N
M1a M1b M1c
IV
24,4 15,0 18,4 15,7 2,5 6,0
sen Fallserien kann abgeleitet werden, dass die Inzisionsbiopsie in einer multifaktoriellen Analyse kein entscheidender prognostischer Faktor ist und damit insbesondere nicht die Prognose des malignen Melanoms verschlechtert (Lederman et al., 1985). In seltenen Fällen können maligne Melanome auch in der Speiseröhre und im Enddarm/Anus auftreten. Die Diagnostik richtet sich hierbei nach den Vorgehensweisen bei den epithelialen Neoplasien dieser anatomischen Regionen.
Stadium
T
N
M
0
Tis
N0
M0
IA
T1a
N0
M0
IB
T1b T2a
N0 N0
M0 M0
2.2. Klinisch-histologische Subklassifizierung
IIA
T2b T3a
N0 N0
M0 M0
IIB
T3b T4a
N0 N0
M0 M0
IIC
T4b
N0
M0
III
Jedes T
Jedes N
M0
IV
Jedes T
Jedes N
Jedes M
Das superfiziell spreitende Melanom (SSM) stellt den häufigsten Subtyp dar und macht annähernd 55 % der malignen Melanome aus. Gefolgt wird es von den nodulären Melanomen (NM) mit ca. 25 % Häufigkeit. Das Lentigo-maligna-Melanom (LMM) macht 10 %, das akrolentiginöse Melanom (ALM) knapp 5 % aller Fälle aus (Abb. 28.2). Die Klassifikation des Primärtumors stützt sich auf die Klassenbildung der Tumordicke nach Breslow (bis
Kapitel 28
Malignes Melanom
451 SSM 55 %
Sonstige 5 % ALM 5 %
LMM 10 %
NM 25 %
Abb. 28.2. Prozentuale Häufigkeit klinisch-histopathologischer Subtypen des malignen Melanoms
1,0 mm; 1,01 mm–2,0 mm; 2,01–4,0 mm; > 4 mm). Der Invasionslevel nach Clark hat nur noch bei Primärtumoren mit einer Tumordicke bis 1 mm Bedeutung; hier führt der Level IV oder V zur Einordnung in die nächst höhere T-Kategorie, wobei auch hierzu eine histopathologisch diagnostizierte Ulzeration als Kriterium mit zur Stadienklassifikation herangezogen wird (Tabelle 28.1.a–c).
2.3. Metastasendiagnostik Häufigste primäre Metastasenlokalisation sind die Lunge, das Hirn, Skelettsystem und Leber. Allerdings weisen nur etwa 1 % aller Melanompatienten zum Zeitpunkt der Erstdiagnose des Primärtumors eine Fernmetastasierung (Stadium IV) auf. Neben der klinischen Symptomatik kann hierfür ein erhöhter LDHund S100-Serum-Wert hinweisend sein. Als diagnostische Maßnahmen sind CT (v. a. extrakranielle Metastasierung) und MRT (zerebrale Metastasierung) zielführend. Aufgrund der recht hohen Sensitivität der PET beim malignen Melanom ist denkbar, dass PET-CT-Untersuchungen zukünftig in der Abklärung einer metastasierten Erkrankung zunehmende Bedeutung erlangen könnte. Derzeit stellen sie jedoch keinen Standard dar.
3. Vorbehandlung (neoadjuvante Therapieverfahren) Eine zytostatische, immunologische oder strahlentherapeutische Vorbehandlung ist derzeit kein Standard vor der operativen Therapie des malignen Melanoms der Haut oder der Schleimhäute.
4. Präoperative Vorbereitung Die meisten chirurgischen Eingriffe beim malignen Melanom können in Lokal- oder Regionalanästhesie durchgeführt werden. Eine auf die Tumorerkrankung ausgerichtete spezielle Vorbereitung ist nicht erforderlich. Allerdings sollte bei klinischen Verdachtsmomenten auf Fernmetastasen insbesondere eine Hirnmetastasierung, welche den Patienten in der perioperativen Phase gefährden kann, ausgeschlossen werden.
5. Operative Strategie 5.1. Historische Entwicklung Eine erste, lange Zeit gültige, wichtige Empfehlung für die chirurgische Behandlung des malignen Melanoms traf der britische Pathologe Sir William Handley im Jahre 1907 (Handley, 1907). Bedingt durch die Beobachtung einer 2,5 cm vom malignen Melanom entfernt gelegenen subkutanen Hautmetastase bei der Obduktion eines Melanompatienten, leitete Handley ab, dass chirurgisch ein Sicherheitsabstand von etwa 2,5 cm an der Haut und ein noch größerer, ca. 5 cm breiter Sicherheitsabstand tief subkutan vom Primärtumor entfernt in alle Richtungen anzustreben ist. Außerdem sollten die Faszie immer mit entfernt und die regionären Lymphknoten ebenfalls exstirpiert werden. Handley empfahl auch, an besonderen Lokalisationen, wie z. B. bei Melanomen an den Fingern, sofort eine Amputation durchzuführen (Übersicht bei Hauschild et al., 2003). Erstaunlicherweise dauerte es mehr als 60 Jahre, bevor die vorgeschlagenen Sicherheitsabstände zwischen 2,5 und 5 cm kritisch hinterfragt wurden. Zwischenzeitlich wurden sogar Sicherheitsabstände von bis zu 10 cm vom Primärtumor entfernt angewandt, Kontinuitätsdissektionen der Abstromwege mit regionaler Lymphknotenausräumung empfohlen und ganze Extremitäten amputiert bzw. Hüftgelenke disartikuliert. Entscheidend für die operative Versorgung des malignen Melanoms wurde die Entdeckung von Alexander Breslow, der 1970 die klare Korrelation der Prognose von Melanompatienten mit dem maximalen vertikalen Tumordurchmesser des Primärtumors erkannte. Mit dem neuen Parameter, der „Tumordicke nach Breslow“, bot sich die Möglichkeit, Untersuchungen zum Sicherheitsabstand beim malignen Melanom künftig unter einem neuen Aspekt durchzuführen (Breslow et al., 1977). Zahlreiche kleinere, retrospektiv durchgeführte Untersuchungen zum optimalen Sicherheitsabstand
452
A. Hauschild, K. C. Kähler, F. Egberts, H. Pehamberger, P. M. Schlag
zeigten dann mehr oder weniger übereinstimmend, dass dem Sicherheitsabstand offenbar eine geringere Bedeutung als ursprünglich erwartet zukommt. Die Beobachtungen an diesen relativ kleinen Fallzahlen führten zu einer zunehmend größeren radikal-chirurgischen Zurückhaltung bei der Versorgung von Melanompatienten. Der Verzicht auf radikal-chirurgische Eingriffe in der Behandlung von Melanom-Primärtumoren zugunsten von konservativeren Operationsstrategien sollte wissenschaftlich durch prospektiv-randomisierte Multicenterstudien an großen Patientenzahlen untermauert werden. Der WHO-Melanomgruppe unter Leitung von Umberto Veronesi war es dann zu verdanken, dass im Jahre 1980 eine prospektive Studie initiiert wurde. Bei 612 Patienten wurde ein Sicherheitsabstand von 1 cm im Vergleich zu 3 cm bei Melanompatienten mit Primärtumoren bis 2 mm Tumordicke verglichen. Die Studienergebnisse wurden zu zwei unterschiedlichen Nachbeobachtungszeiten (55 und 90 Monate) publiziert (Veronesi et al., 1988 und 1991). In beiden Untersuchungen zeigte sich kein statistisch signifikanter Unterschied in der Überlebensrate zwischen dem kleineren und größeren Sicherheitsabstand. Interessanterweise konnte in diesem Melanompatientenkollektiv aber auch kein Unterschied in Bezug auf die Lokalrezidivrate im Sinne von Satelliten- oder In-transitMetastasen aufgezeigt werden. Auch die Zahl der Lymphknotenmetastasen divergierte nicht. Eine US-amerikanische, prospektiv-randomisierte Multicenterstudie untersuchte ein anderes Patientenkollektiv (Balch et al., 1993). 584 Patienten mit Melanomen mit einer Tumordicke von 1,0–4,0 mm wurden entweder mit einem Sicherheitsabstand von 2 cm oder 4 cm operiert. Die mediane Nachbeobachtungszeit zum Zeitpunkt der Endauswertung betrug 6 Jahre. Zum Zeitpunkt der Endauswertung zeigten sich keine statistisch signifikanten Unterschiede für die Zahl der Lokalrezidive, In-transit-Metastasen und Todesfälle zwischen den beiden Behandlungsgruppen. Balch und Mitarbeiter empfahlen aufgrund ihrer eigenen Studie und den Ergebnissen der WHO-Studie, Melanome bis 1 mm Tumordicke mit einem Sicherheitsabstand von 1 cm und Melanome mit einer Tumordicke von 1,0–4,0 mm mit einem Sicherheitsabstand von 2 cm zu operieren. Größere Sicherheitsabstände für diese Melanompatienten wurden als nicht mehr zeitgemäß angesehen. Interessanterweise ging die amerikanische Studiengruppe auch auf Vergleiche in Bezug auf die Zahl der Hauttransplantationen und die Dauer des Krankenhausaufenthaltes der Melanompatienten ein. In der
Patientengruppe mit dem kleineren Sicherheitsabstand musste bei 11 % aller Patienten eine Hauttransplantation vorgenommen werden, während in der Patientengruppe mit 4 cm Sicherheitsabstand bei 46 % der operierten Patienten transplantiert wurde. Ebenso unterschiedlich war die Dauer des Krankenhausaufenthaltes mit 5,2 Tagen (2 cm Abstand) bzw. 7 Tagen (4 cm Abstand). Die Vergleiche hinsichtlich der sozioökonomischen Aspekte wiesen somit statistisch signifikante Unterschiede zugunsten des geringeren Sicherheitsabstandes auf. Die Swedish Melanoma Study Group unter Leitung von Ulrik Ringborg (1996) führte ebenfalls eine groß angelegte, prospektiv-randomisierte Studie an 769 Melanompatienten durch. Hier wurden Patienten mit einer Tumordicke von mehr als 0,8 mm bis einschließlich 2,0 mm eingeschlossen. Verglichen wurden Sicherheitsabstände von 2 und 5 cm. Nach einer medianen Nachbeobachtungszeit von 5,8 Jahren zeigten sich keine statistisch signifikanten Unterschiede für die Zahl der Lokalrezidive, für das Auftreten einer Fernmetastasierung und die 5-JÜR (86,4 % für 2-cmGruppe versus 88,7 % für 5-cm-Gruppe). Die vierte und größte Untersuchung zu optimalen Sicherheitsabständen beim malignen Melanom wurde an 900 Patienten in Großbritannien durchgeführt (Thomas et al., 2004). Die Melanoma Study Group der British Association of Plastic Surgeons (BSG-BAPS Study) verglich einen 1-cm- mit einem 3-cm-Sicherheitsabstand bei Melanomen mit mindestens 2,0 mm dicken Primärtumoren. In dieser Studie zeigte sich ein statistisch signifikanter Unterschied in der Zahl der lokoregionären Rezidive zu Ungunsten der 1-cm-Gruppe, während das Gesamtüberleben nicht signifikant beeinflusst wurde. Insofern stellt sich bei dieser Studie wie auch bei vielen anderen vorherigen Untersuchungen die Frage, ob eine Satelliten- oder In-transit-Metastase nicht in erster Linie Ausdruck einer schlechten Prognose, aber nicht die Ursache dieser schlechten Prognose ist. Es kann durchaus kritisch hinterfragt werden, ob so genannte Sicherheitsabstände in der Melanomchirurgie vor diesem Hintergrund überhaupt indiziert sind. Da sie aber insbesondere bei größeren Tumordicken die nicht selten auftretenden Satellitenmetastasen verhindern können und nahezu alle Operationen mit primärem Wundverschluss in Lokalanästhesie möglich sind, besteht derzeit kein Grund, auf die in den Leitlinien verankerten, deutlich reduzierten Sicherheitsabstände zu verzichten.
Kapitel 28
Malignes Melanom
5.2. Aktuelle Sicherheitsabstände In der deutschsprachigen Leitlinie „Malignes Melanom“ von 2005 (www.ado-homepage.de) wird ebenso wie in den Leitlinien in Großbritannien oder auch in den USA bei Melanomen mit einer Tumordicke bis zu 2,0 mm ein Sicherheitsabstand von 1 cm, bei darüber hinausgehenden Melanomen ein Sicherheitsabstand von 2 cm empfohlen. Das In-situ-Melanom sollte histologisch in toto exzidiert werden, wenn möglich mit einem Sicherheitsabstand von 0,5 cm. Beim Vorliegen zusätzlicher Risikofaktoren (wie z. B. Ulzeration des Primärtumors oder Regressionszeichen im Primärtumor) kann ein Sicherheitsabstand von 2 cm trotz einer geringen Tumordicke in Erwägung gezogen werden (Tabelle 28.2). Bei Melanomen im Gesicht, in akraler und anogenitaler Lokalisation kann statt der Einhaltung eines lateralen Sicherheitsabstandes die histologisch kontrollierte Chirurgie mit Sicherstellung der vollständigen Exzision aller Tumoranteile empfohlen werden. Der Einsatz der histographischen Chirurgie im Paraffinschnittverfahren (lückenlose Schnittrandhistologie) erlaubt einen reduzierten Sicherheitsabstand bei der Operation dieser Melanome vor allem im Gesichtsbereich (Möhrle et al., 2003). Die histographische Chirurgie kann darüber hinaus auch bei akral lentiginösen Melanomen an den Händen und Füßen eingesetzt werden, um in diesen schwierigen anatomischen Lokalisationen den Sicherheitsabstand zu reduzieren. Die vorgeschlagenen therapeutischen Maßnahmen sind vorrangig interdisziplinär zu diskutieren, insbesondere bei Melanomen im Kopf-Hals-Bereich. Besonders hervorzuheben ist, dass das akral lentiginöse maligne Melanom an den Zehen oder Fingern im Gegensatz zu früheren Annahmen offensichtlich nicht per se eine schlechtere Prognose als z. B. das oberflächlich spreitende Melanom aufweist. Adaptiert an die Tumordicke ergeben sich keine Prognoseunterschiede für diese histopathologischen Subtypen von Melanomen nach der Reevaluierung der histologischen Kriterien (Übersicht in: Hauschild et al., 2003). Hieraus ableitend, lassen sich die früheren Empfehlungen einer „automatischen“ Amputation von Fingern oder Zehen bei malignen Melanomen an der dortigen Haut oder subungual nicht mehr aufrechterhalten. Sollten Weichteilstrukturen durch ein z. B. nodulär wachsendes Melanom mit einer großen maximalen vertikalen Tumordicke infiltriert sein, ist in den allermeisten Fällen eine Amputation unumgänglich und auch indiziert. Kann die Funktion jedoch durch eine offene Exzision mit einem kleinen Sicherheitsabstand und einer sekundä-
453 Tabelle 28.2. Empfehlungen zu Sicherheitsabständen (Leitlinie Malignes Melanom der Arbeitsgemeinschaft Dermatologische Onkologie, Evidenzlevel II) Tumordicke nach Breslow
Sicherheitsabstand
In situ
0,5 cm
Bis 2mm
1 cm
> 2 mm
2 cm
ren Deckung des Defektes z. B. durch eine Verschiebelappenplastik oder auch eine freie Hauttransplantation erhalten werden, sollte diese auch unter ästhetischen Gesichtspunkten die bevorzugte Therapiemaßnahme sein. In der Literatur gibt es keine Hinweise für eine Verbesserung der Prognose durch Amputation von Gliedmaßen, sodass nicht mit einer Prognoseverbesserung durch radikal-chirurgische Maßnahmen argumentiert werden kann. Dies gilt auch für Schleimhautmelanome (Ösophagus, Anus, Vagina). Diese sollten ebenfalls eher marginal reseziert und nicht wie epitheliale Tumoren dieser Lokalisation radikal-chirurgisch therapiert werden.
5.3. Lymphknotendissektion 5.3.1. Konzeption Die prinzipielle Bedeutung einer Lymphknotenmetastasierung für das maligne Melanom ergibt sich daraus, dass 50 % aller Metastasen zunächst in den regionalen Lymphknoten auftreten, 28 % der Patienten eine primäre Fernmetastasierung aufweisen und weitere 21 % aller metastasierten Patienten zunächst In-transit- bzw. Satellitenmetastasen an der Haut zeigten (Meier et al., 2002). Darüber hinaus stellt die Lymphknotenmetastasierung einen sehr bedeutsamen prognostischen Faktor dar, der daraufhin auch in die derzeit gültige Melanomklassifikation des American Joint Committee on Cancer (AJCC 2001) aufgenommen wurde (Tabelle 28.1) (Balch et al., 2001). Während früher der größte Durchmesser der Lymphknotenmetastase Eingang in die Klassifikation fand, stellt heute aufgrund von großen Studien ganz eindeutig die Zahl der Lymphknotenmetastasen einen wesentlich besseren prognostischen Faktor dar. Darüber hinaus wird aufgrund der Einführung der Sentinel-Node-Biopsie (Schildwächter-Lymphknoten-Exstirpation) jetzt zwischen einer Mikro- und Makrometastasierung am Lymphknoten
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a
b
c Abb. 28.3. Sentinel-Node-Biopsie: a) Injektion der blauen Tinte um den Primärtumor b) präoperative Lymphabstromszintigraphie c) intraoperativer Situs mit blauem Lymphknoten
unterschieden. Auch hier bestehen deutliche prognostische Unterschiede zwischen beiden Gruppen. Per definitionem ist eine Mikrometastasierung am Lymphknoten weder klinisch durch Palpation noch durch eine Lymphknotensonographie detektierbar. Mikrometastasen können nur durch die Histologie, Immunhistologie
und ggf. molekulargenetische Untersuchungen mittels des Nachweises von melanomassoziierten Molekülen durch die Polymerasekettenreaktion (PCR) nachgewiesen werden. Die deswegen lange Zeit in vielen großen Zentren der Melanomversorgung praktizierte vollständige radikale Ausräumung der gesamten Lymphknotenstation ohne den gesicherten Nachweis von Metastasen (elektive Lymphknotendissektion; ELND) ist aber heute vollständig verlassen worden. Vier prospektiv-randomisierte Studien konnten keinen statistisch signifikanten Überlebensvorteil für elektiv lymphknotendissezierte Patienten im Vergleich zu einer konservativ abwartenden Haltung ohne operative Intervention im Lymphknotenareal entdecken (Übersicht in: Hauschild et al., 2001). Die Überlegung, dass die elektive Lymphknotendissektion einen Überlebensvorteil implizieren könnte, stammte aus der Zeit, als man davon ausging, dass Lymphknoten einen passiven Filter für metastasierende Tumorzellen darstellen und nach Ausräumung der Filterstation Fernmetastasen vermieden werden könnten. Diese sehr mechanistische Vorstellung kann heute in dieser Form nicht mehr gelten. Die komplexen Mechanismen einer Tumormetastasierung legen vielmehr nahe, dass Mikrometastasen am Lymphknoten eher ein Marker als der Grund für eine schlechte Prognose sind. Eine Reihe von tumorassoziierten Angiogenese-Wachstumsfaktoren konnte in den letzten Jahren identifiziert werden und neuere Arbeiten legen nahe, dass Lymphgefäße keineswegs ein „passives Organ“ sind, sondern vielmehr aktiv bei der Progression eines Primärtumors und in der weitergehenden Metastasierung eine Rolle spielen (Dadras et al., 2005). Die Indikation zur Lymphonodektomie beim malignen Melanom wandelte sich aufgrund des von Morton et al. (1992) eingeführten Sentinel-Node-Konzeptes grundlegend. Durch peritumoröse Tracer-Applikation lässt sich der erste regionale Lymphknoten mit höchstem Risiko eines metastatischen Befalls relativ verlässlich identifizieren, gezielt exstirpieren und (immun-)histologisch untersuchen.
5.3.2. Technik der Sentinel-Node-Biopsie Für die korrekte Darstellung des ersten drainierenden Lymphknotens (= Sentinel Node) bzw. der ersten drainierenden Lymphknoten (im Falle von mehreren) stellt die Lymphabstromszintigraphie präoperativ eine conditio sine qua non dar. Entweder am Vortag der Operation oder am selbigen Tag wird zumeist mit 99-Technetium-markiertem Nanokolloid eine intradermale
Kapitel 28
Malignes Melanom
Injektion um den Primärtumor bzw. die Narbe nach Exzision des Primärtumors durchgeführt. Im Rahmen der nachfolgenden Bildgebung kann der erste drainierende Lymphknoten dann nachgewiesen und durch eine statische Aufnahme die Projektion des Knotens auf der Haut markiert werden. Verschiedene Untersuchungen haben eindrucksvoll gezeigt, dass die Kombination mit einer Farbstoffmarkierung (zumeist Patentblau) die Detektion des ersten drainierenden Lymphknotens noch verbessern kann (Abb. 28.3) (Übersicht in: Möhrle et al., 2005). Heute wird im allgemeinen die Doppelmarkierung des ersten drainierenden Lymphknotens in der Routine bevorzugt. Hierzu wird in der Regel Patentblau vor der Exzision bzw. Nachexzision des Primärtumors zirkulär intradermal um den Primärtumor appliziert. Nachfolgend wird das Areal durch die Exzision bzw. Nachexzision vollständig entfernt und, soweit ein primärer Hautverschluss nicht möglich ist, einer plastischen Deckung durch eine Verschiebeplastik, Dehnungslappenplastik oder freie Hauttransplantation zugeführt. Durch Einsatz einer Gammasonde kann dann intraoperativ perkutan die Lokalisation des Sentinel Nodes bestimmt werden, der dann im Idealfall auch noch eine Blaufärbung durch die Verwendung der Farbmarkierung aufweist. Die beschriebenen Eingriffe sind heute in den meisten Fällen sowohl inguinal als auch axillär in TumeszenzLokalanästhesie durchführbar, die Intubationsnarkose wird nur noch in Ausnahmefällen und bei der Darstellung von Halslymphknoten benötigt. Wie auch bei anderen operativen Verfahren hat sich gezeigt, dass die Detektionsrate des ersten drainierenden Lymphknotens von der Erfahrung des Operateurs und des Teams im Zusammenspiel mit dem Nuklearmediziner bei der Lymphabstromszintigraphie von Bedeutung ist. Detektionsraten von 90–98 % stellen heute Qualitätsstandards bei der Sentinel-Node-Biopsie dar. Nach Entfernung des ersten drainierenden Lymphknotens sollten alle Lymphknoten, die mehr als 10 % der Radioaktivität des „aktivsten“ Lymphknotens aufweisen, ebenfalls entfernt werden. Alle entnommenen Lymphknoten sollten einer histopathologischen Begutachtung im Paraffinschnittverfahren sowie immunhistologischen Zusatzuntersuchungen zugeführt werden. Üblicherweise werden bei den immunhistochemischen Untersuchungen die melanozytären Marker S100, HMB 45 und/oder Melan A (MART 1) verwendet. Weiterführende Lymphknotenaufarbeitungen, z. B. durch molekularbiologische Techniken wie die RT-PCR zum Nachweis melanomspezifischer mRNA-Transkripte, stellen derzeit experimentelle Untersuchungen
455 Tabelle 28.3. Wahrscheinlichkeit der Sentinel-Node-Positivität in Abhängigkeit von der Tumordicke beim malignen Melanom (nach Macripo, 2004; Lens, 2002)
Tumordicke
Wahrscheinlichkeit eines positiven Sentinel Node
0,75 mm
1%
< 2 mm
11,8 %
2–4 mm
34,7 %
> 4 mm
55,9 %
dar, die bisher keine allgemeine Anerkennung gefunden haben. Zu bedenken sind außerdem falsch positive Reaktionen durch benigne Melanozyten/Naevusnester im Bereich der Kapsel von Lymphknoten.
5.3.3. Klinische und prognostische Konsequenz der Sentinel-Node-Biopsie Der Arbeit von Gershenwald und Mitarbeitern (1999) ist es zu verdanken, dass erstmals an einer größeren Patientenzahl der prognostisch signifikante Unterschied zwischen Sentinel-Node-negativen und Sentinel-Node-positiven Patienten im Rahmen einer Studie beschrieben wurde. Dabei handelte es sich allerdings um die so genannte „rezidivfreie Überlebenszeit“ nach drei Jahren und keineswegs um endgültige Ergebnisse zur Heilungsrate. Unzweifelhaft kann durch die Sentinel-Node-Biopsie mit einem relativ wenig invasiven Verfahren im Gegensatz zur elektiven Lymphknotendissektion vielen Patienten eine erhebliche Morbidität erspart bleiben. Immerhin fanden früher bei 80 % der ELND-Patienten, bei denen dann in der histopathologischen Aufarbeitung keine Lymphknotenmetastasen gefunden wurden, komplette Lymphadenektomien statt, die zum Teil eine hohe Morbidität aufwiesen. Wichtig bei der Evaluierung der Sentinel-NodeBiopsie war natürlich die Frage, ob bei Patienten auch der erste drainierende Lymphknoten als erster Ort der Metastasierung übersprungen werden kann („SkipMetastasen“). Heute steht fest, dass bei etwa 2–5 % aller Patienten trotz eines Sentinel Nodes ohne Nachweis von Mikrometastasen nachfolgende Lymphknoten Mikrometastasen aufweisen. Somit ist die Rate eher klein und die Sentinel-Node-Biopsie weist eine hohe Sensitivität auf. Voraussetzung für eine hohe Detektionsrate des Sentinel Nodes und des korrekten
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Nachweises von Mikrometastasen ist eine optimale Kooperation von Nuklearmedizinern, Operateuren und Histopathologen bei den verschiedenen Schritten des diagnostischen, operativen und histologischen Begutachtungsverfahrens. Verschiedene publizierte Studien legen nahe, dass erst nach 50 selbst durchgeführten Sentinel-Node-Biopsien eine ausreichende Erfahrung mit der Methode erreicht ist (Hauschild et al., 2001). Die deutsche Leitlinie zur Versorgung von Melanompatienten aus dem Jahre 2005 sieht die Durchführung der Sentinel-Node-Biopsie bei mehr als 1,0 mm dicken Primärtumoren (nach Breslow) vor (Tabelle 28.3). Sollten weitere ungünstige Prognoseparameter wie z. B. ein hoher Clark-Level, ein ulzerierter Primärtumor oder eine Regression im Bereich des Primärtumors vorliegen, kann auch bei dünneren Primärtumoren eine Sentinel-Node-Biopsie sinnvoll sein.
5.3.4. Lymphknotendissektion bei positivem Sentinel Node Wie bereits erwähnt, besteht ein statistisch signifikanter Unterschied der Prognose zwischen Sentinel Node-positiven und Sentinel Node-negativen Patienten. Der Vorteil der Sentinel-Node-Biopsie in Bezug auf die rezidivfreie Überlebenszeit im Vergleich zu Patienten, bei denen keine operative Intervention in diesem Bereich vorgenommen wurde, drückt aber nur ihren Wert in Bezug auf die lokale Tumorkontrolle aus. Sicher ist, dass bei Patienten, bei denen ein positiver Sentinel Node-Status gefunden und nachfolgend eine komplette Lymphadenektomie veranlasst wurde, nur selten große Lymphknotenmetastasenrezidive in diesem Bereich nachgewiesen werden (Möhrle et al., 2005). Ob damit aber automatisch ein Überlebensvorteil verbunden ist, darf bezweifelt werden. Der nachweisbare Ausschluss eines Tumorbefalls des Sentinel Nodes ist somit vor allem ein guter Prognoseparameter sowie Stratifizierungsfaktor für adjuvante Therapiemaßnahmen. Der Nachweis einer Verbesserung der Gesamtüberlebenszeit und damit der Heilungsrate durch eine Sentinel-Node-navigierte Lymphknotendissektion wurde nicht erbracht. Neben Befürwortern, insbesondere in den USA, gibt es auch Gegner der Sentinel-Node-Biopsie, insbesondere in Großbritannien, wo die Sentinel-Node-Biopsie nicht in die Routine der Melanomversorgung aufgenommen wurde. Es sollte nicht vergessen werden, dass die Weltgesundheitsorganisation (WHO) in ihrem Melanomprogramm die Sentinel-Node-Biopsie zu einer Standardmethode erklärt hat. Dies blieb allerdings nicht unbestritten.
Derzeit werden zwei große, randomisierte Studien durchgeführt, die den Wert einer kompletten Lymphadenektomie nach Feststellung von Mikrometastasen am Sentinel Node im Vergleich zu einer abwartenden Haltung mit Verzicht auf eine radikale Lymphadenektomie untersuchen. Die internationale „MSLT-II-Studie“ (Multicenter Selective Lymphadenectomy Trial II) und die deutschsprachige Studie der ADO/VOD sollen diese klinisch sehr relevante Frage in den kommenden Jahren beantworten.
5.3.5. Lymphknotendissektion bei klinisch manifester Lymphknotenmetastasierung Bei einer klinisch manifesten Lympknotenmetastasierung stellt die radikale Lymphadenektomie auch heute noch die Standardtherapie dar. Bei Lymphknotenmetastasen im Bereich der Axilla sollte eine Dissektion der Level-I- und Level-II- sowie der Level-IIILymphknoten medial des Musculus pectoralis minor durchgeführt werden. Bei ausgedehnterem Befall der Level-III-Gruppe muss der Musculus pectoralis minor ggf. mitreseziert werden, insbesondere, wenn er von tumorbefallenen Lymphknoten infiltriert wird. Bei Befall der Leistenlymphknoten erfolgt leitliniengemäß eine inguinale Lymphknotendissektion des Trigonum femorale und der unteren Musculus abdominis externus-Region vom Tuberculum pubicum bis zur Spina iliaca anterior in der Tiefe bis zum Hiatus saphenus und dem Leistenband. Bei präoperativem Verdacht oder Nachweis von Lymphknoten in der iliakalen Region erfolgt die Kombination mit der iliakalen Lymphadenektomie. In diesem Fall werden die iliakalen Lymphknoten bis zur Iliakalbifurkation ebenso wie die Lymphknoten der Obturatoria-Gruppe ausgeräumt (Abb. 28.4). Die Metastasierung des Melanoms im Kopf-HalsBereich ist sehr von der Tumorlokalisation abhängig. Die therapeutische zervikale Lymphknotendissektion beinhaltet daher abhängig von der Lokalisation z. B. im Gesicht, am Hinterkopf oder im Nacken auch andere Lymphknotenstationen. Eine Resektion der Vena jugularis, des Nervus accessorius und Musculus sternocleidomastoideus (entsprechend einer radikalen Neck dissection) sollte heute nur noch bei direkter Infiltration dieser Strukturen durchgeführt werden. Inzwischen liegen auch beim Melanom genügend Daten vor, die die gleichwertige therapeutische Effizienz der so genannten „modifiziert radikalen Neck dissection“ im Vergleich zur radikalen Neck dissection belegen. Im Falle von Lymphknotenmetastasen bei einer gleich-
Kapitel 28
Malignes Melanom
zeitigen Fernmetastasierung z. B. in viszerale Organe muss von einer nicht-kurablen Situation ausgegangen werden. In diesen Fällen sollte eine vorzugsweise interdisziplinäre Diskussion über geeignete therapeutische Maßnahmen erfolgen. Radikal-chirurgische Maßnahmen bei Lymphknotenmetastasen, die nur einen Teilaspekt einer generalisierten Metastasierung (AJCC Stadium IV) darstellen, bedeuten im Normalfall keine Verbesserung der Überlebenszeit. Sie sind in Einzelfällen jedoch durchaus diskutabel wegen einer besseren lokalen Tumorkontrolle und damit aus palliativen Gesichtspunkten unter Umständen von Vorteil.
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*
**
a
6. Komplikationsmanagement Postoperative Komplikationen nach chirurgischer Therapie von kutanen Melanomen sind selten und betreffen im Wesentlichen Nachblutungen, Hämatome sowie Wundrand- oder Hautlappen-Nekrosen nach größeren plastischen Eingriffen. Die Drainagensekretion ist in üblicher Weise sorgfältig zu beobachten und bei relevantem Blutverlust oder Hämatombildung eher frühzeitig die Indikation zur Revisionsoperation zu stellen. Häufiges Problem, v. a. nach ausgedehnten iliakalen, inguinalen oder axillären Lymphknotendissektionen kann eine anhaltende Lymphsekretion sein. Eingelegte Saugdrainagen sollten daher nicht zu früh entfernt werden. Eine Lymphsekretion kann hierunter auch noch 3 Wochen postoperativ zum spontanen Sistieren kommen. Bei chronischen Lymphfisteln kommt die Lymphographie mit chirurgischer Revision und gezielter Unterbindung des lymphatischen Lecks in Betracht. Eine sekundäre Wundheilung, meist aufgrund einer superinfizierten Lymphfistel, kann erfolgreich mit einem VAC-System therapiert werden. Als Spätkomplikation einer exzessiven ilioinguinalen oder axillären Lymphknotendissektion kann sich ein Lymphödem der betroffenen Extremität entwickeln. Dieses kann durch Kompressionsstrümpfe und durch Lymphdrainage behandelt werden.
7. Nachbehandlung (Adjuvante Therapieverfahren) Für Patienten mit Primärtumor mit einer Tumordicke 1,5 mm ohne Nachweis von Lymphknotenmetastasen (Stadium II AJCC) ist aufgrund von prospektiv randomisierten Studien eine Low-dose-InterferonTherapie (3 × 3 Mio. IE/Woche s.c.) über 6–24 Monate postoperativ empfehlenswert (Hauschild et al., 2003).
b Abb. 28.4. Lymphadenektomie: a) Operationssitus nach inguinaler und iliakaler Dissektion; * A. iliaca externa, ** Leistenband b) monobloc-entferntes iliako-inguinales Lymphknotendissektat
Bei Patienten mit Lymphknotenmetastasen (Stadium III AJCC) wird – trotz positiver Effekte, die bei einer Hochdosis-Interferon-A2b-Therapie gegenüber einer unbehandelten Kontrollgruppe erzielt wurden – zumindest in Europa aufgrund der relativ hohen Toxizität diese Hochdosis-Therapie nicht generell empfohlen. Die adjuvante (prophylaktische) Therapie des malignen Melanoms wurde in zahlreichen Therapiestudien in den vergangenen Jahrzehnten untersucht. Dabei kristallisierte sich heraus, dass einer adjuvanten Chemotherapie und unspezifischen Immunstimulation (mit Iscador®) keine Bedeutung zukommt. Die heutigen leitlinienkonformen Empfehlungen sehen vor, bei Patienten mit einer Tumordicke von mehr als 1,5 mm eine niedrigdosierte Interferon A-Therapie mit 3 × 3 Mio. IE pro Woche subkutan durchzuführen. Die Therapiedauer beträgt zwischen 18 und 24 Monaten. Ob längere Therapiezeiten wirksamer sind, wird derzeit in prospektiv-randomisierten Studien überprüft. Für Patienten mit nachgewiesenen Mikrometastasen oder auch Makrometastasen in Lymphknoten wird aufgrund von konsistenten Studiendaten eine Hochdosis-Interferon-A2b-Therapie empfohlen. Bei Kontraindikationen dieser relativ toxischen Therapie mit maximal tolerablen Dosierungen kann auch eine niedriger dosierte Therapie diskutiert werden. In neuester Zeit steht auch die Therapie mit pegylier-
458
A. Hauschild, K. C. Kähler, F. Egberts, H. Pehamberger, P. M. Schlag Tabelle 28.4. Empfehlungen für die Nachsorge kutaner maligner Melanome (Intervalle in Monaten)
Stadium und Tumordicke
Körperliche Untersuchung 1.–5. Jahr
Körperliche Untersuchung 6.–10. Jahr
Lymphknotensonographie 1.–5. Jahr
Blutuntersuchung** Bildgebende Untersuchung*** Protein S100 1.–5. Jahr 1.–5. Jahr
I: 1 mm
6
12
keine
keine
keine
I + II: > 1 mm
3
6–12
6
3–6
keine****
III*
3
6
3–6
3–6
6
IV
individuell
* Stadium III umfasst alle Formen der lokoregionären Metastasierung. Das neue AJCC-Stadium IIC (> 4 mm Tumordicke + Ulzeration) sollte wie Stadium III behandelt werden, da die Prognose vergleichbar ist. ** Für die Rezidiverkennung ist allein Protein S100 geeignet. *** Abdomen-Sonographie und Röntgen-Thorax-Untersuchung oder CT bzw. MRT oder PET **** Im Rahmen adjuvanter Therapien werden bildgebende Untersuchungen in 6–12-monatlichen Abständen empfohlen.
tem Interferon A2b (PegIntron®) zur Disposition. Auf dem ASCO-Kongress 2007 wurde eine prospektiv-randomisierte Zulassungsstudie der EORTC vorgestellt, die zumindest für Patienten mit Mikrometastasen in Lymphknoten (N1-Population) statistisch signifikant bessere rezidivfreie und fernmetastasenfreie Überlebenszeiten im Vergleich zu unbehandelten Kontrollpatienten zeigte. Diese Therapie ist allerdings derzeit in den deutschsprachigen Ländern von den Arzneimittelbehörden für diese Indikation noch nicht zugelassen (Stand: Januar 2008). Aufgrund der immer noch unbefriedigenden Ergebnisse in der adjuvanten Therapie sollten möglichst viele Patienten in prospektive Therapiestudien eingebracht werden.
8. Rehabilitation Rehabilitative Ziele sind vor allem die Wiederherstellung der Mobilität sowie Therapie und Vorbeugen von Lymphödemen durch geeignete physiotherapeutische Maßnahmen.
9. Nachsorge Ausmaß und Häufigkeit der Nachsorgeuntersuchungen orientieren sich am initialen Tumorstadium (Tabelle 28.4). Da in den ersten fünf Jahren nach Erstdiagnose das höchste Metastasierungsrisiko besteht, sollten in diesem Zeitraum die Nachsorgeuntersuchungen relativ engmaschig gewählt werden. Beim malignen Melanom sind allerdings Spätmetastasen nicht selten, sodass eine Nachsorge über mindestens 10–15 Jahre
empfehlenswert ist. Auch dem erhöhten Risiko von Zweitmelanomen bzw. Melanomvorläufern ist Rechnung zu tragen.
10. Weitere Therapiemodalitäten Die lokoregionäre Applikation von zytotoxischen Substanzen ist eine weitere wichtige Therapieoption in der Behandlung des malignen Melanoms. Nachteil dieser Behandlungsform ist, dass Tumormanifestationen, welche nicht im vorgesehenen Perfusionsgebiet liegen, nicht oder unzureichend behandelt werden. Eine lokoregionäre Zytostatikatherapie kann via eines vaskulären (arteriell, portal) oder kavitären (intrapleural, intraperitoneal) Zuganges appliziert werden. Die zytostatischen Substanzen können dabei entweder infundiert (lokale Infusionstherapie) oder mittels Herz-/Lungen-Maschine in einem separaten Kreislauf perfundiert werden (Organ- oder Extremitätenperfusion). Als Behandlung beim malignen Melanom sind vor allem die isolierte Extremitätenperfusion mit Zytostatika (v. a. Melphalan, ggf. in Kombination mit Hyperthermie und TNF-A) sowie die Leberinfusionschemotherapie von klinischer Bedeutung. Als weitere Behandlungsmodalität bei diffus im Extremitäten- oder Körperstammbereich metastasierten malignen Melanomen, welche keiner Systemtherapie zugängig sind, kann die Strahlentherapie in Frage kommen. Beim Aderhautmelanom ist die Bestrahlung eine Standardtherapie. Als Bestrahlungsmodalitäten stehen die Brachytherapie mit verschiedenen Isotopen (106 Ruthenium und 125 Jod) und die Teletherapie mittels Schwer-Ionen (v. a. Protonen) im Vordergrund.
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a
c
Abb. 28.5. Schematische Darstellung der isolierten Extremitätenperfusion (Schlag PM et al., 2007)
Abb. 28.6. Tumorremission bei In-transit-Metastasen durch Extremitätenperfusion mit TNF-A: a, b) Zustand vor Behandlung; c, d) Zustand nach Behandlung
10.1. Isolierte Extremitätenperfusion
10.1.1. Chirurgische Technik bei der ILP
Die isolierte Extremitätenperfusion („Isolated Limb Perfusion“ – ILP) wurde 1958 durch Creech et al. erstmals als Therapieverfahren für das lokal fortgeschrittene bzw. in-transit-metastasierte maligne Melanom der Extremitäten klinisch eingesetzt (Abb. 28.5). Die isolierte extrakorporale Extremitätenperfusion erlaubt 15–20-mal höhere Zytostatikakonzentrationen im Vergleich zur systemischen Applikation. Das hierfür am häufigsten eingesetzte Zytostatikum ist Melphalan. Einen weiteren bedeutsamen Fortschritt stellt die Kombination von Melphalan mit TNF-A dar. Durch die Kombination von Melphalan mit TNF-A konnte eine höhere Ansprechrate und länger anhaltende Remissionen nachgewiesen werden. Während die Rate kompletter Remissionen unter Melphalan-Perfusion um 50 % (Thompson et al., 2001), bzw. 67 % (Knorr et al., 2006) liegt, beträgt diese bei Melphalan und TNF-A bei über 80 % (Eggermont et al., 2003). Trotz der hohen Ansprechraten konnte allerdings bisher keine signifikante Verlängerung der Überlebenszeiten nach Extremitätenperfusion erreicht werden (Knorr et al., 2006). Die Indikation zur isolierten Extremitätenperfusion besteht v. a. bei In-transit-Metastasierung oder Satellitosis bzw. bei lokal fortgeschrittenen Rezidiven im Extremitätenbereich (Abb. 28.6). Als adjuvante Maßnahme beim primären Hochrisikomelanom hat sich die Extremitätenperfusion allerdings nicht bewährt (Eggermont et al., 2003) und spielt aktuell keine Rolle mehr.
Die isolierte Perfusion einer Extremität kann über verschiedene Zugangswege erfolgen. So kommt für die isolierte Perfusion des Beines der Zugang über die Iliakalgefäße, die Femoralgefäße oder die femoropopliteale Achse in Frage. Die isolierte Perfusion des Armes kann im Bereich der Axillargefäße bzw. oberhalb der Ellenbeuge auf Höhe der Brachialgefäße durchgeführt werden. Um eine Isolierung der Blutzirkulation der
O
Abb. 28.7. Technische Apparaturen (Herz-Lungen-Maschine mit einem Wärmeaustauscher) im Rahmen einer Isolierten Extremitätenperfusion P: Pumpe, O: Oxygenator, K: Kontrollkonsolen, W: Wärmeaustauscher
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Extremität zu erreichen, werden die isolierten Hauptgefäße der Extremität nach proximal ausgeklemmt, die Kollateralgefäße unterbunden und die Hauptarterie bzw. -vene nach distal kanüliert. Außerdem wird ein Tourniquet stammnah um die Extremität gelegt, um damit noch nicht kontrollierte kleinere subkutane oder Muskelgefäße zu komprimieren. Die kanülierten Gefäße werden an eine Herz-Lungen-Maschine angeschlossen und damit der extrakorporale Kreislauf initiiert. Der Aufbau des Systems beinhaltet einen Oxygenator, einen Wärmeaustauscher und eine Rollerpumpe (Abb. 28.7). Zur kontinuierlichen Überwachung der Gewebetemperatur werden in das Subkutangewebe und die Muskulatur der perfundierten Extremität Temperatursonden gelegt. Um ein Leck in den systemischen Kreislauf auszuschließen, werden dem extrakorporalen Kreislauf radioaktiv markiertes Albumin bzw. autologe Patienten-Erythrozyten zugegeben und Detektoren im Bereich der perfundierten Extremität sowie über dem Herzen als Messsonden plaziert. Hierüber kann dann kontinuierlich die Trennung beider Kreisläufe überwacht werden. Nach Sicherstellung der kompletten Separation von Körper und extrakorporalem Kreislauf wird in der Regel als Zytostatikum Melphalan in die arterielle Verbindung der Herz-Lungen-Maschine eingespritzt. Die zu applizierende Melphalan-Gesamtdosis errechnet sich aus dem Volumen der zu perfundierenden Extremität. TNF-A wird in einer Standarddosis von 1 mg verabreicht. In der Regel erfolgt die Perfusion für 60–90 Minuten bei einer milden Hyperthermie (39–40 °C). Nach der Perfusion wird das Medikament, wiederum unter Kontrolle der Kinetik der applizierten Radiotracer, ausgewaschen.
10.1.2. Komplikationen Die zu erwartende lokale Toxizität nach isolierter Extremitätenperfusion kann Tabelle 29.5 entnommen werden: Mit moderaten oder schweren Toxizitäten (Grad 3–4) ist bei 15–30 % der Patienten zu rechnen. Den Extremitätenerhalt gefährdende Komplikationen mit ausgeprägten Gewebeschäden, schweren Ödemen und Kompartmentsyndromen sind mit unter 5 % relativ selten. Am häufigsten ist hiermit nach Applikation von Cisplatin und Hyperthermie (> 40 °C) zu rechnen. Gliedmaßenamputationen als Folge der genannten Komplikationen sind in 1 % der Fälle beschrieben worden. Ein zu großes Leck des Perfusates in den systemischen Kreislauf (> 5 % über 90 min) ist für die systemischen unerwünschten Wirkungen verantwortlich. Dies sind vor allem Blutbildveränderungen, Nau-
sea und Erbrechen. Bei Perfusionen mit TNF-A kann es bei relevantem Übertritt in den Systemkreislauf durch einen Zytokin-(IL-1 und IL-6)-vermittelten Mechanismus zum klinischen Bild des SIRS (Systemic Inflammatory Response Syndrome) kommen. Auf Grund der Eigenschaft von TNF-A als wichtiger Mediator im septischen Schock, ist im Besonderen ein Leck, d. h. ein Übertreten der Substanz in den systemischen Kreislauf, zu vermeiden. Bei Patienten mit ulzerierten und bakteriell besiedelten Tumoren kann es in Zusammenhang mit der Applikation von TNF-A zu einer Verstärkung septischer Auswirkung kommen. Eine intensivmedizinische Überwachung der Patienten ist postoperativ essentiell. Die Inzidenz an tiefen Venenthrombosen beträgt nach Extremitätenperfusionen etwa 10 %. Eine perioperative antikoagulative Therapie ist daher zu empfehlen. Als systemische unerwünschte Wirkungen von Melphalan muss v. a. mit Übelkeit und Erbrechen gerechnet werden. Am 10. bis 14. Tag werden am häufigsten Neutropenien beschrieben. Im Falle eines Lecks, das 20 % über 90 min überschreitet, kann es unter anderem zu Knochenmarksdepression und schwerer Stomatitis kommen. Aufgrund toxinbedingten Muskelzerfalls und der damit verbundenen Myoglobinämie und -urie besteht das Risiko einer Crush-Niere. Aus diesem Grund ist postoperativ unbedingt eine forcierte Diurese aufrechtzuerhalten. Aufgrund der Komplexizität des Verfahrens sollte dieses spezialisierten Zentren vorbehalten bleiben. Nur so kann die Rate möglicher Komplikationen aufgrund der vorgehaltenen Erfahrung auf einem angemessenen Niveau gehalten werden. Unter diesen Kautelen ist die ILP ein effektives Verfahren bei in-transit-metastasiertem oder lokal rezidiviertem Melanom der Extremität. Komplette Ansprechraten von bis zu 80 % können hiermit erreicht werden. Dies überschreitet weit die Ergebnisse, welche mit einer systemischen Chemotherapie zu erreichen sind. Damit sind Aufwand und Risiko, welches mit einer ILP verbunden ist, gerechtfertigt.
10.2. Intraarterielle Leberinfusionschemotherapie bei hepatischen Metastasen 10.2.1. Rationale und Erfolgsaussichten Das hepatisch metastasierte maligne Melanom ist eine der Tumorentitäten, das besonders für eine intraarterielle Leberinfusionschemotherapie geeignet ist. Beim metastasierten kutanen Melanom ist die Leber immerhin in bis zu 25 % aller Patienten befallen, zusätzlich zeigen sich jedoch meist auch extrahepatische Manifestationen. Das Aderhautmelanom ist dagegen durch
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Malignes Melanom
eine außergewöhnliche Prävalenz für Lebermetastasen charakterisiert. Bis zu 80 % der Fälle zeigen eine auf die Leber begrenzte Metastasierung. In Ergänzung zur systemischen Therapie hat sich die intraarterielle Chemoinfusionstherapie bewährt. Auf Grund seines First-pass-Effektes in der Leber ist Fotemustin besonders für die intraarterielle Chemoinfusionstherapie geeignet. Bei Patienten mit Lebermetastasen eines Aderhautmelanoms konnten hiermit Ansprechraten von 40 % und mediane Überlebenszeiten von 14 bis 19 Monaten erzielt werden (Leyvraz et al., 1997; Siegel et al., 2007). Ca. 30–40 % der Patienten erreichten eine partielle und knapp ein Drittel der Patienten eine Stabilisierung der Erkrankung („Stable Disease“). Es besteht kein signifikanter Unterschied im medianen Überleben der Patienten mit einem kutanem gegenüber einem Aderhautmelanom bei Vorliegen von Lebermetastasen (Siegel et al., 2007).
10.2.2. Technische Aspekte Für die intraarterielle hepatische Therapie wird ein Katheter entweder chirurgisch oder radiologisch-interventionell in die Leberarterie eingelegt. Die chirurgische Implantation erfolgt entweder durch einen laparoskopischen Eingriff oder eine Laparotomie. Der Katheter wird im hepatischen Anteil der A. gastroduodenalis platziert und fixiert. Die Spitze des Katheters sollte tangential zum Blutfluss der A. hepatica propria liegen. Der Katheter wird in der Regel mit einem Portsystem konnektiert, welches in einer subkutanen Tasche oberhalb des Rippenbogens positioniert wird. Besondere Beachtung bei der Implantation des Katheters muss der Gefäßanatomie der Leber geschenkt werden. In 15–30 % der Patienten liegt eine abnorme Gefäßversorgung der Leber vor. Aus diesem Grund ist eine präoperative Angiographie der Leber essentiell. Um eine extrahepatische Verteilung des Zytostatikums zu vermeiden, sollten die arteriellen Äste distal des Katheters und proximal zur Leber ligiert werden. Durch eine Cholezystektomie kann eine chemische Cholezystitis vermieden werden, ein solcher Eingriff ist deshalb zu empfehlen. Die homogene Verteilung der Infusion in der Leber und die korrekte Platzierung des Katheters kann zusätzlich intraoperativ durch die Injektion von Patentblau oder Fluoreszin kontrolliert werden. Aufgrund dieser Möglichkeiten hat die chirurgische Katheterimplantation Vorteile gegenüber der radiologisch-interventionellen.
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10.2.3. Komplikationen und Nebenwirkungen Die mit der chirurgischen Katheterimplantation assoziierten Komplikationen sind relativ gering. Durch das Einbringen von Fremdmaterial in den Körper besteht prinzipiell die Gefahr der Infektion (1 %). Die Dislokations- und Katheterokklusionsrate ist u. a. von der Behandlungsdauer abhängig und liegt zwischen 5 und 30 % (Schlag et al., 2007). Vor allem bei radiologischinterventionell implantierten Kathetersystemen werden aufgrund mit perfundierter Begleitgefäße der A. hepatica häufiger gastroduodenale Ulcera, eine Choleozystitis sowie eine Pankreatitis beschrieben. Die myelosuppressiven Nebenwirkungen des Fotemustin sind bei hepatischer intraarterieller Applikation deutlich geringer gegenüber der systemischen Anwendung. Thrombopenie Grad 3–4 wurde in 20–30 % und Neutropenie Grad 3–4 in 10–20 % der Patienten beobachtet. Im Gegensatz dazu waren bei der systemischen Applikation von Fotemustin Knochenmarksdepressionen mit Neutropenie Grad 3–4 in 50 % und Thrombozytopenie Grad 3–4 in 45 % der Patienten auffällig (Avril et al., 2004). Die intraarterielle Leberinfusion mit Fotemustin ist somit eine beachtenswerte Therapieoption bei Patienten mit Lebermetastasen eines Melanoms. Hierunter können insbesondere im Vergleich zur nebenwirkungsreicheren systemischen Therapie höhere Ansprechraten und ein teilweise deutlich verlängertes Überleben erreicht werden. Eine sorgfältige Patientenauswahl unter Berücksichtigung der Serum-LDH, der Leberfunktion sowie möglicher extrahepatischer Manifestationen ist die Voraussetzung für eine erfolgreiche Therapie.
11. Palliativmaßnahmen (Metastasentherapie) Der Nachweis von Fernmetastasen beim malignen Melanom signalisiert in der Regel Inkurabilität. Ungeachtet dessen können die klinischen Verläufe der Patienten sehr unterschiedlich sein und Phasen lang andauernder Remissionen mit Überlebenszeiten von mehr als 5 Jahren beobachtet werden. Bei singulärem oder limitiertem Organbefall mit der Möglichkeit der kompletten Metastasenentfernung sollte die chirurgische Resektion im Vordergrund stehen. Dies gilt insbesondere bei einzelnen pulmonalen, hepatischen, lienalen und auch zerebralen Metastasen. Bei Hautmetastasen kommt neben der klassischen chirurgischen Exzision auch als weitere chirurgisch-onkologische Alternative die isolierte Extremitätenperfusion mit Melphalan ± Tumornekrosefaktor A (TNF-A) in Betracht.
462
A. Hauschild, K. C. Kähler, F. Egberts, H. Pehamberger, P. M. Schlag
nicht geeignet, eine disseminierte hämatogene Metastasierung zu verhindern.
11.1.2. Fernmetastasen
a
b Abb. 28.8. Fernmetastasen eines kutanen malignen Melanoms an inneren Organen: a) Darm, b) Herz
11.1. Chirurgische Optionen 11.1.1. Hautmetastasen Unverändert stellt die Exzision mit histologischen Schnittrandkontrollen die Therapie der Wahl bei Hautmetastasen dar. Bei solitären oder wenigen Hautmetastasen ist eine Exzision in den allermeisten Fällen problemlos in Lokalanästhesie möglich. Der Wunddefekt kann üblicherweise mit einer Dehnungslappenplastik verschlossen werden. Schwieriger ist die operative Indikationsstellung zur Exzision bei multiplen Hautmetastasen. Hier sollte kritisch abgewogen werden, ob in eine unter Umständen akut progrediente Metastasierung „hineinoperiert“ wird oder nicht eher einem anderen Therapieverfahren, wie z. B. der hyperthermen Extremitätenperfusion mit Melphalan und TNF-A, der Vorrang gegeben werden sollte. Auch hierbei ist zu bedenken, dass alle bekannten Maßnahmen inklusive der Operation und auch der Extremitätenperfusion nicht zu einer signifikanten Verlängerung der Gesamtüberlebenszeit führen, sondern als palliative Maßnahmen betrachten werden müssen. Offensichtlich sind sie
Das Stadium der Fernmetastasierung weist mit einer medianen Überlebenszeit von ca. 9–12 Monaten auch heute noch eine ausgesprochen schlechte Prognose auf. Dennoch sollte nicht vergessen werden, dass Langzeitüberleben und Heilung auch in diesem Tumorstadium prinzipiell möglich sind. 5 % aller Patienten überleben mehr als 5 Jahre, ein großer Teil von ihnen dürfte geheilt sein. Da das maligne Melanom nicht selten eine parallele hämatogene Metastasierung in mehrere Organsysteme aufweist (Abb. 28.8), wird in den allermeisten Fällen die systemische Therapie im Vordergrund aller Bemühungen stehen. Schätzungen aus Melanom-Schwerpunktzentren und Ergebnisse aus klinischen Studien lassen vermuten, dass etwa 10 % aller Patienten mit einer Fernmetastasierung grundsätzlich für operative Maßnahmen in Betracht kommen. Diese Rate variiert aber beträchtlich zwischen einzelnen Zentren. Unbestritten besteht die Operationsindikation bei allen Patienten mit einer so genannten R0-Option (mikroskopische und makroskopische vollständige Entfernung aller Metastasen). Insbesondere, wenn sich solitäre Metastasen an nur einem Organsystem wie z. B. der Lunge oder im Hirn zeigen, kann die Operation als Therapie der Wahl angesehen werden. Bei der Hirnmetastasierung existiert mit der stereotaktischen Bestrahlung durchaus eine Therapiealternative. Grundsätzlich besteht die Schwierigkeit, dass der Operateur vor dem Eingriff in den meisten Fällen nicht sicher weiß, ob sich der Patient in einem foudroyant verlaufenden Metastasierungsprozess befindet oder eine relativ langsam wachsende Tumorerkrankung vorliegt. Die Anamnese der Patienten gibt hierüber im Allgemeinen jedoch schon eine gute Auskunft. Patienten mit relativ langen tumorfreien Intervallen nach Entfernung des Primärtumors bzw. einer regionalen Hautoder Lymphknotenmetastasierung weisen eine bessere Prognose auf als Patienten, bei denen nur sehr kurze oder gar keine krankheitsfreien Intervalle beobachtet wurden. Hier besteht die Gefahr, dass in eine rasch verlaufende Metastasierung „hineinoperiert“ wird und die Operation somit keinen krankheitsverzögernden Effekt aufweist. Da neoadjuvante Therapieverfahren im Gegensatz zu anderen Tumoren beim malignen Melanom bisher wenig überprüft wurden, kann in unklaren Fällen durchaus überlegt werden, zunächst sys-
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Malignes Melanom
temisch zu therapieren und nach einer Reevaluierung der Stagingergebnisse nach 8–12 Wochen eine Operationsindikation erneut zu überdenken. Im Falle einer stabilisierten Erkrankung wird dann die Indikation zur Operation sicherer zu stellen sein. Das Vorliegen von solitären Metastasen zeigt per se eine günstigere Prognose des Patienten an. Insbesondere bei Hautfern- und Lymphknotenfernmetastasen (Stadium IV, M1a, AJCC) sowie bei solitären Lungenmetastasen (Stadium IV, M1b, AJCC) konnten relativ lange Überlebenszeiten von Melanompatienten nach Operationen erreicht werden. Daneben stellen symptomatische Metastasen eine weitere Indikation für chirurgische Maßnahmen dar. Hierzu gehören insbesondere Hirnmetastasen mit neurologischem Defizit, Darmmetastasen mit Subileus- oder Ileussymptomatik sowie frakturgefährdete Knochenmetastasen. Sicherlich spielen nur palliative Gesichtspunkte in dieser Situation eine Rolle. Auch die Entfernung von komprimierenden Weichteilkonglomerattumoren oder „störenden“ und psychisch belastenden Hautmetastasen kann in der Situation der Fernmetastasierung (Stadium IV AJCC) durchaus sinnvoll sein. Es sollte nicht vergessen werden, dass die so genannte „Tumormassenreduktion“ (Debulking-Operation) beim metastasierten Melanom heute im allgemeinen kritisch beurteilt wird, insbesondere wegen des fehlenden Vorteils auf die Gesamtüberlebenszeit oder auch bezüglich einer Verbesserung der Lebensqualität.
11.2. Medikamentöse Therapie (Stadium IV) Die Indikation für eine systemische Chemo- oder Chemoimmuntherapie wird in der Regel bei disseminierten Metastasen oder bei unzureichender Resektabilität (keine R0-Resektion) der Metastasen zu stellen sein. Die hiermit zu erzielenden Remissionsraten sind allerdings sehr limitiert. Weniger als 20 % der Patienten sprechen auf eine Chemotherapie an. Etwa 90 % aller Patienten mit einem fernmetastasierten Melanom (Stadium IV) werden primär systemisch behandelt, da bei ihnen keine vollständige Resektabilität der Metastasen gegeben oder multiple Organe befallen sind. Die erzielten Remissionsraten liegen heute zwischen 10 und 15 %. Komplette, lang anhaltende Remissionen sind ausgesprochen selten. Als Referenzsubstanz – aber keineswegs als Standardtherapie – gilt die Monotherapie mit Dacarbazin (DTIC), ggf. auch in Kombination mit Immunmodulantien wie Interferon A. Keine der Studien der letzten 30 Jahre hat eine eindeutige Über-
463
legenheit eines anderen Therapieregime im Hinblick auf die Verlängerung der Gesamtüberlebenszeit zeigen können. Aus diesem Grunde ist zu fordern, Patienten wenn immer möglich in klinische Studien mit neueren, innovativen Therapieverfahren einzuschließen. In der Erprobung befinden sich derzeit neben neuen Zytostatika wie dem liquorgängigen Temozolomid (Temodal®) auch Tyrosinkinase-Inhibitoren wie Sorafenib oder Sunitinib, MEK-Inhibitoren und Apoptose-Induktoren neuerer Generationen (z. B. Genasense®). Zudem werden gerade CTLA-4-Inhibitoren (Ipilimumab, Tolmelimumab) mit oder ohne zusätzliche Vakzinierung im Hinblick auf ihre Wirksamkeit im Stadium IV überprüft. Auf lokoregionäre Therapieverfahren wie die isolierte Extremitätenperfusion oder auch Leberperfusion in besonderen therapeutischen Situationen ist bereits in Abschnitt 10 (Weitere Therapiemodalitäten) hingewiesen worden. Als wichtige Behandlungsoption bei auf die Leber beschränkter Metastasierung ist die regionale Applikation von Fotemustin über die Arteria hepatica und die isolierte Extremitätenperfusion mit Melphalan (± TNF) bei In-transit-Metastasen im Gliedmaßenbereich anzusehen.
12. Prognosekriterien Die 10-JÜR bei Patienten mit primärem malignen Melanom liegt zwischen 70 % und 80 %. Der entscheidende prognostische Faktor ist nach wir vor die am histologischen Präparat bestimmte Tumordicke nach Breslow. Das Vorhandensein einer histologisch erkennbaren Ulzeration verschlechtert die Prognose deutlich. Die 5-JÜR von Patienten mit Lymphknotenmetastasen liegt nur noch zwischen 30 % und 60 %, die 10-JÜR zwischen 20 % und 50 %. Die Prognose von Patienten mit Fernmetastasen wird von der unterschiedlichen Tumorbiologie, vom Metastasierungsmuster und der Möglichkeit einer operativen kompletten Metastasenresektion bestimmt.
13. Ausblick Fortschritte in der Behandlung des malignen Melanoms werden durch den Einsatz zielgerichteter Therapien („Targeted Therapies“) als eine Blockade spezifischer molekularer Zielstrukturen der Tumorprogression maligner Melanome erwartet (Tyrosinkinase-Inhibitoren von kleiner Molekülgröße, wie z. B. Sorafenib). Ein neuer Weg der Behandlung wird auch in Vakzinati-
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A. Hauschild, K. C. Kähler, F. Egberts, H. Pehamberger, P. M. Schlag
onsstrategien mit dendritischen Zellen, Hybridvakzinen bzw. CTLA-4-Antikörper gesehen. Voraussichtlich wird aber jeweils nur eine Subgruppe von Patienten von einer solchen Behandlung profitieren und v. a. eher in der adjuvanten als in der palliativen Therapie.
14. Literatur Avril MF, Aamdal S, Grob JJ, Hauschild A, Mohr P, Bonerandi JJ, Weichenthal M, Neuber K, Bieber T, Gilde K, Guillem Porta V, Fra J, Bonneterre J, Saïag P, Kamanabrou D, Pehamberger H, Sufliarsky J, Gonzalez Larriba JL, Scherrer A, Menu Y. (2004) Fotemustine compared with dacarbazine in patients with disseminated malignant melanoma: a phase III study. J Clin Oncol 22 (6): 1118–1125 Balch CM, Urist MM, Karakouis CP, Smith TJ, Temple WJ, Drzewiecki K, Jewell WR, Bartolucci AA, Mihm CM, Barnhill R, Wanebo HJ (1993) Efficacy of 2-cm Surgical margins for intermediate thickness melanomas (1 to 4 mm). Ann Surg 218: 262–269 Balch CM, Buzaid AC, Soong SJ, Atkins MB, Cascinelli N, Coit DG, Fleming ID, Gershenwald JE, Houghton A Jr, Kirkwood JM, McMasters KM, Mihm MF, Morton DL, Reintgen DS, Ross MI, Sober A, Thompson JA, Thompson JF (2001) Final version of the American Joint Committee on Cancer staging system for cutaneous melanoma. J Clin Oncol 19: 3635–3648 Balch CM, Soong SJ, Gerschenwald JE, Thompson JF, Reintgen DS, Cascinelli N et al (2001) Prognostic factors analysis of 17,600 melanoma patients: validation of the American Joint Committee on Cancer melanoma staging system. J Clin Oncol 19: 3822–3834 Breslow A, Macht SD (1977) Optimal size of resection margin for thin cutaneous melanoma. Surg Gynecol Obstet 145: 691–692 Creech O, Krementz ET, Ryan RF et al. (1958) Chemotherapy of cancer: regional perfusion utilizing an extracorporal cicuit. Ann Surg. 148: 616–631 Dadras SS, Lange-Asschenfeldt B, Velasco P, Nguyen L, Vora A, Muzikansky A, Jahnke K, Hauschild A, Hirakawa S, Mihm MC, Detmar M (2005) Tumor lymphangiogenesis predicts melanoma metastasis to sentinel lymph nodes. Mod Pathol 2005 18: 1232–1426 Eggermont AM und ten Hagen TL (2003) Regionale Tumortherapie. Springer Berlin Heidelberg: 159–171 Eigentler TK, Caroli UM, Radny P, Garbe C (2003) Palliative therapy of disseminated malignant melanoma: a systemic review of 41 randomised clinical trials. Lancet Oncol 4: 48–59 Garbe C, Schadendorf D (2003) Surveillance and follow-up examinations in cutaneous melanoma. Onkologie 26: 241–246 Gershenwald JE, Thompson W, Mansfield PF, Lee JE, Colome MI, Tseng CH, Lee JJ, Balch CM, Reintgen DS, Ross MI (1999) Multi-institutional melanoma lymphatic mapping experience: the prognostic value of sentinel lymphe node status in 612 stage I or II melanoma patients. J Clin Oncol 17: 976–983 Handley WS (1907) The pathology of melanotic growths in relation to their operative treatment. Lancet 1: 927– 935 Hauschild A, Christophers E (2001) Sentinel node biopsy in melanoma. Virchows Arch 438: 99–106
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Kapitel 28
Malignes Melanom
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465
15. Links www.ado-homepage.de Arbeitsgemeinschaft Dermatologische Onkologie http://www.ado-homepage.de/Fachkreise_Home/Leitlinien/ leitlinien.html Deutsche Leitlinie zur Standardtherapie bei klinisch manifester Lymphknotenmetastasierung bei malignem Melanom www.dermatlas.org Dermatologischer Atlas der John Hopkins Universität www.akh-consilium.at/daten/hauttumoren.htm Website der Medizinischen Universität Wien
Kapitel 29
Weichgewebssarkome P. M. Schlag und M. Dominkus
1. Einleitung Maligne Weichgewebssarkome machen 1 % aller malignen Tumoren aus. Ohne Geschlechtsprädispositionen beträgt die Inzidenz 2 bis 3 Erkrankungsfälle pro 100 000/Jahr. Die Ätiologie ist weitgehend ungeklärt, eine gewisse Häufung ist nach vorangegangener Strahlentherapie oder bei Li-Fraumeni-Syndrom, Neurofibromatose Typ I und evtl. Gardner-Syndrom gegeben. In etwa 15 % sind die Geschwülste in der oberen Extremität, zu 45 % in der unteren Extremität, zu 30 % am Körperstamm und zu 10 % im Kopf/Halsbereich lokalisiert. Die Tumoren werden oft lange – sowohl vom Patienten als auch von den Ärzten – falsch eingeschätzt, inadäquat diagnostiziert und schließlich auch häufig wenig professionell therapiert. Die moderne Behandlung von Weichgewebssarkomen ist primär interdisziplinär und multimodal angelegt. Nur durch enge Kooperation der Fächer Chirurgie, Orthopädie, Medizinische Onkologie, Strahlentherapie, Pathologie und Radiodiagnostik lassen sich optimale Behandlungsergebnisse erzielen. Die rechtzeitige Diagnose eines Weichteiltumors ist für den Patienten entscheidend, da mit zunehmender Tumormasse die funktionserhaltende Resektion erschwert wird und das Metastasierungsrisiko steigt. Obwohl sich in der Praxis 99 von 100 Weichgewebstumoren als benigne herausstellen, sollte bei jeder Weichteilschwellung bis zum Beweis des Gegenteils zunächst von einer bösartigen Geschwulst ausgegangen werden.
2. Diagnostik 2.1. Bildgebende Diagnostik Als diagnostisches Verfahren der ersten Wahl zur Erfassung, Feststellung der Ausdehnung und Charakterisierung maligner Weichteiltumoren ist die Magnetresonanz-Tomographie (MRT) anzusehen. Hierdurch ist die Bestimmung der genauen Tumorausdehnung innerhalb eines bestimmten Kompartments bzw. eine
Tumorinfiltration in Gefäß-Nervenscheiden oder über die Kompartmentgrenzen hinaus am besten möglich. Mit Hilfe T1- und T2-gewichteter Sequenzen kann unter Kontrastmittelapplikation die Tumormatrix charakterisiert werden. Damit gelingt auch eine Unterscheidung zwischen vitalen und nekrotischen Tumoranteilen, was für die Biopsieplanung von Vorteil ist. Teilweise gelingt auch – aufgrund typischer Signalmuster – eine artdiagnostische Eingrenzung, z. B. beim gut differenzierten Liposarkom. Besondere Vorsicht ist bei der Beurteilung der Abgrenzbarkeit von Weichteilgeschwülsten in der MRT geboten. Während schlecht abgrenzbare, infiltrativ wachsende Tumoren eher benigne (z. B. Fibromatosen) oder myxoide Tumoren sind, ist ein großer, gut abgekapselt imponierender Tumor häufig ein Zeichen für Malignität! Die Magnetresonanz-Tomographie besitzt auch einen hohen Stellenwert bei der Therapieverlaufskontrolle. Nach Chemo- oder Strahlentherapie können sowohl Aussagen über die Veränderungen des Tumorvolumens wie auch über die Zunahme von Tumornekrosen gemacht werden. Hier zeichnen sich durch PETTechnologien zukünftig weitere neue Möglichkeiten ab. Beide Verfahren sind auch in der Lage, Lokalrezidive frühzeitig zu erfassen. Zur Diagnostik periostaler Infiltrationen oder knöcherner Destruktionen ist die Computertomographie (CT) allerdings der MRT überlegen. Die CT der Thoraxorgane ist auch Standard im Staging maligner Weichteiltumoren zum Ausschluss von Lungenmetastasen (Lungenfenster). Eine konventionelle Thorax-Übersichtsaufnahme reicht zu diesem Zweck nicht aus. Der Ultraschall in der Diagnostik von Weichgewebssarkomen liefert zwar in der Hand des Geübten verlässliche Aussagen, ist aber aufgrund fehlender Reproduzierbarkeit vor allem in der Verlaufskontrolle oder für die Bestrahlungsplanung deutlich eingeschränkt.
468
P. M. Schlag und M. Dominkus
Abb. 29.1. Negativ-Auswirkung einer Tumorbiopsie, welche ohne Berücksichtigung eines später notwendigen tumorchirurgischen Eingriffs geplant wurde. Der Zugangsweg der später – aufgrund der histologischen Diagnose – erforderlich gewordenen Tumorresektion musste dadurch wesentlich erweitert werden.
aussagekräftig sein können, zu erreichen. Eine Gewebequantität von mindestens 1,5 bis 2 cm³ ist anzustreben. Die möglichen Limitationen einer Biopsie, welche sich aus der phänotypischen Heterogenität der Weichgewebssarkome ergeben können, ist hierbei besonders hervorzuheben. Bei der Biopsie zu beachten ist, dass auch genügend Material für immunhistochemische Untersuchungen vorhanden sein sollte. Tumoren mit einem Durchmesser bis zu 3 cm sollten daher a priori auch unter diagnostischen Gesichtspunkten vollständig exzidiert werden. Eine Ausnahme stellen rein lipomatöse Tumoren dar. Fettgewebe selbst ist der Gefrierschnittdiagnostik nicht zugänglich, sodass eine intraoperative Überprüfung von repräsentativem Material nicht möglich ist. Daher werden lipomatöse Tumoren, die im MRT oder CT ein homogenes Fettmuster aufweisen, primär in toto reseziert und das weitere Vorgehen von der definitiven Histologie nach Paraffinschnitt abhängig gemacht. Generell sollten auch Biopsien von Weichgewebsgeschwülsten nur in Zentren durchgeführt werden, die auch über eine in der Sarkomdiagnostik erfahrene Pathologie verfügen.
2.2. Bioptische Sicherung Die endgültige Diagnosestellung kann nur histomorphologisch erfolgen. Hierfür stehen die MR-, CT-navigierte oder sonographische Feinnadel- oder Stanzbiopsie, die sonographisch navigierte Vakuumsaugbiopsie und die offene Inzisionsbiopsie zur Verfügung. Planung und Durchführung der Biopsie sollten immer erst nach Abschluss der bildgebenden Diagnostik erfolgen und den weiteren Zugangsweg für einen tumorchirurgischen Eingriff berücksichtigen (Abb. 29.1). Eine Kontamination zusätzlicher Kompartments ist streng zu vermeiden, eine Markierung des Biopsiekanals für einen evtl. später notwendigen Eingriff ist sinnvoll. Bei der Feinnadelpunktion ist zu beachten, dass hiermit meist nur zellarme Punktate gewonnen werden, deren zytologische Auswertung viel Erfahrung voraussetzt. Auch die Stanzbiopsie ist aufgrund der kleinvoluminösen Tumorprobe hinsichtlich Grading und Tumortypisierung häufig unzureichend. Die sonographisch navigierte Vakuumsaugbiopsie stellt eine interessante Alternative gegenüber der offenen Inzisionsbiopsie dar, da bildgestützt die besonders malignitätssuspekten Areale in die Biopsie einbezogen werden. Diese zu berücksichtigen gilt es auch bei der offenen Inzisionsbiopsie, um nicht nur Gewebe aus den Tumorrandbereichen oder der Tumorkapsel, welche wenig
2.3. Klassifikation, Graduierung und Stadieneinteilung Trotz ihrer hochgradigen Diversifizierung (150 Entitäten bzw. Varianten) hat sich derzeit die WHO-Klassifikation und Malignitätsgraduierung nach Coindre weitgehend durchgesetzt. Der Malignitätsgrad ist neben dem Tumortyp eine der wichtigsten Informationen in der pathologisch-anatomischen Diagnose. In den Coindre-Index fließen die Beurteilung der Mitoserate, das Ausmaß an Tumornekrosen und die Zelldifferenzierung mit ein. Mitosen und Nekrosen sind jedoch nicht bei allen Sarkomformen von Bedeutung, da alveoläre und embryonale Rhabdomyosarkome sowie rundzellige und pleomorphe Liposarkome immer als High-grade-Sarkome zu betrachten sind, aber nach dem Coindre-Score nie die dafür erforderliche Punktezahl erhalten würden. Bei malignen fibrösen Histiozytomen spielt die Mitosezahl keine Rolle, während sie bei Leiomyosarkomen und malignen Schwannomen von besonderer Bedeutung ist. Die Stadieneinteilung der Weichteilsarkome wird nach der TNM-Klassifikation der UICC von 2002 durchgeführt (Tabelle 29.1). Die entscheidenden prognostischen Faktoren – das Grading, die Lokalisation und die Größe der Weichteilsarkome – bestimmen diese
Kapitel 29
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Weichgewebssarkome
Klassifikation. Die Tumoren werden in 4 Malignitätsgrade (G1 bis G4) und Größen (< 5 cm [T1] bzw. > 5 cm [T2]) aufgeteilt. Es ergeben sich somit 6 lokale Tumorstadien. Darüber hinaus wird das Stadium IV für eine lokoregionale lymphatische bzw. hämatogene Aussaat definiert (Tabellle 29.2). Als zusätzlicher Prognosefaktor sowie als diagnostisches Hilfsmittel bei der Abgrenzung von reaktiven Läsionen gegen hochdifferenzierte Sarkome spielen die DNA-Zytometrie und Molekulargenetik eine wichtige Rolle. Neben den o. g. Gradingsystemen berücksichtigt die aktuelle TNM-Klassifikation nur noch Low-gradeund High-grade-Sarkome (UICC-/AJCC-Klassifikation 2002). Die Immunhistochemie gehört zum Standardrepertoire der Weichgewebstumordiagnostik, wobei bestimmte „Markerkonstellationen“ für die einzelnen Tumortypen charakteristisch oder, wie z. B. die immunhistochemische Bestimmung von cKIT [CD117-Expression (vgl. auch Kapitel 21, „Gastrointestinale Stromatumoren“)], beweisend sind. Spezifische zytogenetische Aberrationen sind ebenfalls für unterschiedliche Tumorentitäten wie Alveolarzellsarkom, Synovialsarkom, Rhabdomyosarkom, Haemangioperizytom, Leiomyosarkom etc. typisch (Tabelle 29.3).
3. Vorbehandlung (neoadjuvante Therapie) 3.1. Präoperative Strahlentherapie Bei nicht sicher zu erwartender R0-Resektion und/oder ausgedehnter Feldgröße ist eine präoperative Bestrahlung in Betracht zu ziehen. Allerdings ist eine hiermit assoziierte höhere postoperative Morbidität zu berücksichtigen. An der unteren und oberen Extremität steht alternativ die hypertherme, isolierte Extremitätenperfusion (ILP, Isolated limb perfusion) mit Tumornekrosefaktor A (TNF-A) und Melphalan zur Verfügung (s. Abschnitt 10).
3.2. Präoperative (Thermo-)Chemotherapie Eine alleinige präoperative (neoadjuvante) Chemotherapie außerhalb von Studien ist derzeit nicht indiziert. Durch eine regionale Hyperthermie kann der Effekt einer systemischen neoadjuvanten Chemotherapie (Etoposid, Ifosfamid und Adriamycin) möglicherweise deutlich gesteigert werden. Die endgültige Publikation einer kürzlich ausgewerteten randomisierten Multi-
Tabelle 29.1. T- und N-Klassifikation maligner Weichteilsarkome (UICC-/AJCC-Klassifikation 2002) 5 cm
T1 T1a
oberflächlich
T1b
tief > 5 cm
T2 T2a
oberflächlich
T2b
tief regionär
N1
Tabelle 29.2. Stadiengruppierung maligner Weichgewebstumoren (UICC-/AJCC-Klassifikation 2002)
Stadium
T
N
M
Grading
Stadium IA
T1a T1b
N0, NX N0, NX
M0 M0
niedriggradig niedriggradig
Stadium IB
T2a T2b
N0, NX N0, NX
M0 M0
niedriggradig niedriggradig
Stadium IIA
T1a T1b
N0, NX N0, NX
M0 M0
hochgradig hochgradig
Stadium IIB
T2a
N0, NX
M0
niedriggradig
Stadium III
T2b
N0, NX
M0
niedriggradig
Stadium IV
jedes T jedes T
N1 jedes N
M0 M1
jedes G jedes G
Tabelle 29.3. Tumorspezifische Chromosomentranslokationen in malignen Weichgewebe- und Knochentumoren
Ewing-Sarkom/PNET
t (11; 22) (q24; q12) t (21; 22) (q22; q12)
Alveoläres Rhabdomyosarkom
t (1; 13) (q36; q14) t (2; 13) (q35; q14)
Desmoplastisches Rundzellsarkom
t (11; 22) (p13; q12)
Myxoides Liposarkom
t (12; 16) (q13; p11)
Synovialsarkom
t (X; 18) (p11.2; q11.2)
center-Studie (EORTC 62961/ESHO RHT-95) muss hier jedoch noch abgewartet werden; die aktuellen Analysen unterstützen jedenfalls dieses Behandlungskonzept.
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4. Präoperative Vorbereitung Im Rahmen der Vorbereitung auf den operativen Eingriff ist zu entscheiden, welche chirurgischen Fachdisziplinen zur Durchführung der Tumorresektion bzw. zur Rekonstruktion des zu erwartenden Defektes notwendig sind. Die Einbeziehung z. B. eines in der Autotransplantation einer Niere erfahrenen Urologen/ Chirurgen (inkl. der hierzu notwendigen Vorbereitungen) kann ebenso erforderlich sein wie die Mitwirkung eines Neurochirurgen bei Tumorinfiltration in die Neuroforamina der Wirbelsäule. Somit ist sinnvoll, bereits von vornherein die Operationsstrategie und Sequenz der Operationsschritte gemeinsam, ggf. unter Zuhilfenahme virtueller 3D-Rekonstruktionen zu planen und den Patienten hierzu adäquat zu lagern. Wie bei allen weichgewebschirurgischen Eingriffen ist eine präoperative Thrombose- und in der Regel auch Antibiotikaprophylaxe anzuraten. Die Präsenz eines ausreichend geschulten Pathologen für Fragen der Schnittranddiagnostik über den gesamten resezierenden Eingriff hinweg sollte vorab logistisch sichergestellt sein. Besondere Beachtung ist einer sorgfältigen präoperativen kardiopulmonalen und nephrologischen (ggf. seitengetrennte Nieren-Clearance) Funktionsdiagnostik zu schenken, insbesondere bei zytostatisch vorbehandelten Patienten.
behandelt werden. Bei Extremitätensarkomen ist eine Amputation nur als Ultima ratio nach Ausschöpfen aller anderen Maßnahmen und nach Einholung einer Zweitmeinung in einem erfahrenen Sarkomzentrum zu rechtfertigen. Voraussetzung für die operative Therapie ist die histopathologische Diagnose. Basiert diese lediglich auf einer intraoperativen Schnellschnittuntersuchung, muss berücksichtigt werden, dass eine sichere Tumortypisierung erst nach Paraffineinbettung und immunhistochemischen sowie ggf. molekulargenetischen Untersuchungen etc. erfolgen kann. Bei Extremitätensarkomen kommen – abhängig von der Tumorlokalisation – vor allem die Muskelgruppenresektion oder eine „Resektion weit im Gesunden“ in Betracht. Die Einhaltung einer adäquaten Sicherheitszone um den Tumor erfordert bei Extremitäten- und Körper-Stammsarkomen die Mitresektion des Inzisions- bzw. Biopsiekanals einer vorangegangenen Gewebeentnahme inklusive der Drainageausleitungsstellen. Ausnahmen stellen oberflächlich lokalisierte Tumoren, die einen Längsdurchmesser von maximal 3 cm aufweisen, dar; diese kleinen Tumoren sollten primär ohne funktionelle Einschränkungen weit im Gesunden reseziert werden (s. Abschnitt 2.2).
5.1. Sarkome der Extremitäten 5. Operative Strategie Im Vordergrund der Behandlung von Weichgewebssarkomen steht die operative Therapie im Rahmen eines multimodalen Behandlungskonzeptes. Ziel ist die Tumorresektion entsprechend allgemeinen Radikalitätsprinzipien, um ein lokoregionäres Rezidiv zu verhindern. Bezüglich der chirurgischen Radikalität hat sich die Einteilung nach Enneking (1985) durchgesetzt: Hier wird zwischen intraläsional-marginalen (Entfernung an der Tumorkapsel mit histologisch tumorfreien Rändern von einigen mm), weiten (histologisch tumorfreie Ränder von einigen cm) und radikalen Resektionsgrenzen (Entfernung des gesamten tumortragenden Kompartments) unterschieden. Die Wahl der anzuwendenden Radikalität hängt vom Grading des Tumors, dem lokalen Wachstumsverhalten, der Tumorlokalisation (in Hinblick auf die Nähe zu vitalen Strukturen), dem Alter des Patienten und der zu rechtfertigenden funktionellen Beeinträchtigung ab. Auch einige Formen von benignen Weichteiltumoren (z. B. Fibromatosen) neigen zu einer hohen Lokalrezidivrate und müssen wie maligne Tumoren operativ
Prinzipiell ist eine R0-Resektion anzustreben, wobei ggf. präoperative Behandlungskonzepte einzuschließen sind, um diese zu erreichen. Intrakompartmental lokalisierte Weichteilsarkome der Extremitäten werden als Kompartmentresektion oder häufiger kompartmentorientiert reseziert. Die Resektion erfolgt stets unter Mitnahme des Biopsiekanals und der Drainageausleitung. Eine Kompartmentresektion, d. h. Resektion des Muskels/der Muskelgruppe vom Ursprung bis zum Ansatz, ist meist nur bei einer Tumorkontamination des gesamten Kompartments indiziert. Liegen Ursprung und Ansatz des Muskels weit vom Tumor entfernt, können sie erhalten bleiben und für die Rekonstruktion unter funktionellen Aspekten verwandt werden. Extrakompartmental lokalisierte Weichteilsarkome werden weiträumig mit einem Sicherheitsabstand von 2 bis 3 cm reseziert, der jedoch häufig zur Faszie, zum Knochen oder auch gegenüber Gefäß- und Nervenstrukturen nicht realisiert werden kann. Unter Ausnutzung additiver Therapieverfahren (z. B. isolierte hypertherme Extremitätenperfusion mit TNF-A und Melphalan, Radiotherapie, systemische Chemo-
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c Abb. 29.2. Weichgewebstumor des Oberschenkels: a) Röntgenologisch Arrosion der Corticalis des Femur (Pfeile) b) Computertomographie c) Resektat des Tumors inkl. betroffenes distales Femur d) Rekonstruktion durch modulare Tumorendoprothese e) Makroskopischer, pathologischer Befund des Tumors
therapie) kann durch die Mitresektion gesunder Hüllschichten (z. B. Muskelfaszie, Periost, Knochenlamelle, Epineurektomie, Gefäßadventitia) eine R0-Resektion erreicht werden. Liegen Gefäßinfiltrationen vor, so ist eine Mitresektion mit anschließender Rekonstruktion (autolog/Prothese) obligat. Gleiches gilt für funktionell wichtige Nerven. Hier sind Rekonstruktionen (N. ischiadicus, N. femoralis) nur selten möglich (z. B. SuralisInterponat). Häufig resultieren ausgedehnte Defekte nach Resektion von Weichteilsarkomen der Extremitäten. Derzeit ist bei einem Viertel aller Patienten mit Extremitätensarkomen eine plastische Rekonstruktion erforderlich, diese reicht von freien über lokoregionäre Lappenplastiken, Mesh graft, Gefäßersatz, Nerveninterponat bis hin zur Tumorendoprothetik (Abb. 29.2 und 29.3). Neben der rein weichgeweblichen Defektrekonstruktion kann hierdurch auch eine Verbesserung der Funktionalität erreicht werden. Die Indikation zur Amputation sowohl aus kurativer als auch palliativer Sicht muss streng gestellt werden. Sie liegt unter kurativer Zielstellung vor, wenn auch unter Einbe-
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Abb. 29.3. Zustand nach Resektion eines lokal fortgeschrittenen Weichgewebssarkoms der Kniekehle: a, b) Gefäß- und Kniegelenksprothesen c, d) funktionelles Spätergebnis des durchgeführten chirurgischen Eingriffs
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ziehung weiterer Therapieoptionen (Extemitätenperfusion, Radiatio, Systemtherapie) eine R0-Resektion nicht zu erreichen ist. Ursächlich hierfür können Tumorinfiltrationen von Gelenken oder Nerven sein, die nach R0-Resektion eine funktionslose Extremität bzw. einen funktionslosen Extremitätenabschnitt hinterlassen würden. Unter palliativer Zielsetzung kann die Amputation bei Tumorexulzeration, nicht beherrschbarer Tumorblutung, Tumorverjauchung mit Sepsis gerechtfertigt sein. Marginale (entlang der Pseudotumorkapsel) oder gar intraläsionale Resektionen sind chirurgisch-onkologisch inadäquat und durch additive Therapieverfahren in aller Regel nicht zu kompensieren. a
5.2. Sarkome am Übergang zum Körperstamm Sarkome in dieser Lokalisation stellen sehr hohe operationstechnische Probleme dar. Aus diesem Grunde ist gerade bei größeren Tumoren in dieser Lokalisation die Indikation für eine neoadjuvante Therapie (Strahlentherapie, Chemo-/Strahlentherapie) mit dem Ziel der lokalen Remission des Tumors immer zu erwägen. Die Anwendung plastisch-rekonstruktiver Maßnahmen ist hier chirurgischerseits in jedem Fall vorzuhalten. Eine spezielle Operationstechnik bei Tumoren der Schultergelenksregion/Axilla ergibt sich mit der Resektion nach Tikhoff/Linberg bzw. mit der Defektrekonstruktion mittels modularer Tumorendoprothese, welche die Erhaltung der Funktionalität von Ellenbogengelenk und Hand erlaubt. An der unteren Extremität ist eine Sonderform der Gliedmaßenerhaltung mittels Borggreve-Umkehrplastik möglich (Abb. 29.4 und 30.2). In Fällen erheblicher zirkulärer Weichteildefekte kann auch die Resektion-Replantation durchgeführt werden, die gegenüber einer Schulter- oder interthorakoskapulären Amputation die Vorteile eines teilweisen Funktionserhalts der Hand, die Erhaltung der Körperintegrität und die bessere Weichteildeckbarkeit großer proximaler Defekte hat.
5.3. Sarkome der Thorax- und Bauchwand Es gelten die gleichen chirurgisch-onkologischen Prinzipien wie im Bereich der Extremitäten. Diese Tumoren erfordern häufig eine Resektion der Bauch- bzw. Thoraxwand mit Rippen bzw. von Teilen der Bauchmuskulatur, ggf. unter Mitnahme von Pleura/Peritoneum, mit einer sich anschließenden Rekonstruktion (Lappenplastik, Goretex-Patch etc.). Bei primär nicht
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Abb. 29.4. Schematische Darstellung der Borggreve-Umkehrplastik a) Nach Resektion der erkrankten rechten Knieregion wird der unversehrte rechte Unterschenkel um 180° verdreht an den rechten Oberschenkel transplantiert. Das rechte Sprunggelenk befindet sich postoperativ auf der Höhe des linken Knies. b) Bei Anlage einer Prothese übernimmt der rechte Fuß die Funktion des rechten Knies: Durch Flexion/Extension im Sprunggelenk erfolgen Flexion/Extension im Kniegelenk der Prothese.
R0-resektablen Tumoren ist eine neoadjuvante Therapie nahezu ohne Einschränkungen obligat.
5.4. Sarkome des Retroperitoneums Die prätherapeutische histologische Sicherung ist zum Ausschluss anderer Tumorentitäten (Keimzelltumor, Lymphom) dringend anzustreben. In diesem Hinblick sind auch laborchemische Untersuchungen (B-HCG, AFP, LDH), welche zur Klärung der verschiedenen Differentialdiagnosen beitragen können, mit einzubeziehen. Nur bei Sarkomen kann eine Kuration durch einen radikalen chirurgischen Eingriff erreicht werden. Dieser erfordert oft eine multiviszerale Resektion (Abb. 29.5), wobei z. B. eine dabei entfernte Niere evtl. auch autotransplantiert werden kann. Liegt primär keine Resektabilität vor, so sind neoadjuvante Therapiekonzepte indiziert. Prinzipiell sollten alle Resektionsgrenzen durch repräsentative Gewebsproben histologisch dokumentiert und durch Metallklips (hier bieten sich besonders Titan-Gefäßklips an, die bei späteren MR-Untersuchungen keine Artefakte verursachen) markiert wer-
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b
Abb. 29.5. Multiviszerales Resektat eines retroperitonealen Liposarkoms – a) ventrale und b) dorsale Ansicht
den, um die Planung einer später notwendigen Strahlentherapie zu erleichtern.
5.5. Metastasenchirurgie 5.5.1. Lymphknotenmetastasen Lymphknotenmetastasen sind bei Weichgewebssarkomen äußerst selten (unter 5 %). Bei einzelnen Sarkomentitäten, wie dem Synovialsarkom, dem Rhabdomyosarkom und dem Epitheloidzellsarkom, können sie deutlich häufiger vorkommen (bis 15 %). Eine generelle Dissektion des lokoregionalen Lymphabstromgebietes kann daher nicht empfohlen werden. Perspektivisch ist bei Tumorentitäten mit höherem Risiko für Lymphknotenmetastasen die prätherapeutische Durchführung einer Wächterlymphknotenbiopsie (SentinelNode-Biopsie) bei negativem klinischen oder sonographischen Lymphknotenstatus empfehlenswert.
5.5.2. Lungenmetastasen Lungenmetastasen sind sowohl synchron zum Primärtumor aber auch als Spätmetastasen ein relativ häufiges Ereignis bei Patienten mit malignen Weichgewebssarkomen. Die operative Therapie hat hierbei im Rahmen eines multimodalen Behandlungskonzeptes einen hohen Stellenwert. Singuläre Spätmetastasen werden in der Regel primär reseziert. Dies gilt insbesondere auch im Hinblick auf die differentialdiagnostischen Überlegungen zwischen metachroner singulärer Metastase bzw. eines anderen Zweittumors. Inwieweit der operative Eingriff konventionell über eine Thorakotomie oder videoassistiert thorakoskopisch durchgeführt wird, ist von Lokalisation und Tumorgröße abhängig. Multiple Metastasen und insbesondere auch Metastasen mit kurzem tumorfreien Intervall sollten multimodal, d. h. durch eine präoperative Chemotherapie behandelt werden, wobei insbesondere
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bei Ansprechen auf die Vortherapie der operative Eingriff zur Entfernung der Tumorresiduen einen festen Bestandteil im Behandlungskonzept einnimmt. Neben typischen lungenresezierenden Verfahren spielt hierbei auch die Laserchirurgie von Lungenmetastasen als lungenparenchymsparende Technik eine wichtige Rolle. Überlebensraten von über 30 % bei selbst multiplen Lungenmetastasen unter einem multimodalen Behandlungskonzept stützen diese Behandlungsstrategie (s. auch Kapitel 11).
6. Komplikationsmanagement Bereits eine inadäquat ausgeführte Biopsie kann ein wichtiger Faktor für postoperative Komplikationen sein. Häufig werden unter der Verdachtsdiagnose „Hämatom“ oder „Lipom“ ohne ausreichende präoperative Bildgebung Inzisionsbiopsien mit querverlaufenden Zugängen durchgeführt (Abb. 29.1), welche eine spätere Resektion weit im Gesunden oft beträchtlich erschweren und den dann notwendigen Weichteildefekt vergrößern. Auch das Ausstechen von Drainagen weit ab der Wunde kann die Tumorresektion hochgradig erschweren bzw. durch das Setzen von Implantationsmetastasen diese unter kurativer Zielsetzung unmöglich machen. Dasselbe gilt für Hämatombildungen oder Wundinfektionen nach Biopsien. Es trägt daher bereits die fachgerechte Biopsie in einem Zentrum, in dem auch die Tumorresektion durchgeführt wird, sehr zur Vermeidung postoperativer Komplikationen bei. Bei Auftreten von persistierender Serombildung, Wundnekrosen oder Wundheilungsstörungen ist eine aggressive Revisionschirurgie indiziert und frühzeitig auch eine sekundäre Lappenplastik anzustreben, um die entstehende Zeitverzögerung für adjuvante Maßnahmen so kurz wie möglich zu halten. Intraoperativ selbst hat sich das Abkleben der Haut mit Folien und die sofortige Resektion von minderdurchblutetem oder nekrotischem Gewebe neben der routinemäßigen Gabe von Antibiotika zur Infektionsprophylaxe bewährt. Bei großen Wundflächen kommen Fibrinspray und Hämostyptika zur Vermeidung von Hämatomen zur Anwendung.
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7. Nachbehandlung 7.1. Chemotherapie Bezüglich einer postoperativen adjuvanten Chemotherapie ergab eine Metaanalyse von Patientensubpopulationen eine Risikoreduktion (für ein Lokalrezidiv um 25 % und für Fernmetastasen um 30 %), aber keinen Vorteil hinsichtlich der Gesamtüberlebensrate. Andere Arbeiten dokumentieren einen signifikanten Vorteil bezüglich rezidiv- und metastasenfreiem Überleben bei Patienten nach weiter Resektion eines Weichteilsarkoms nach Durchführung von Chemound Strahlentherapie (24 % vs. 56 %) als nach alleiniger postoperativer Strahlentherapie (Brodowicz et al., 1999). Dieser signifikante Vorteil betraf aber nur Patienten mit G3-Tumoren. Ableitend von diesen Ergebnissen wurden postoperative adjuvante und additive Konzepte, wie z. B. in der Cooperativen Weichteilsarkomstudie (CWSS 2000; Brodowicz et al., 2000), entwickelt.
7.2. Strahlentherapie Die Strahlentherapie hat im multimodalen Therapiekonzept einen wichtigen Stellenwert. Sie ermöglicht, die lokale Tumorkontrolle in erheblichem Maß zu steigern. Auf diese Weise können Amputationen oder mutilierende anderweitige Eingriffe u. U. vermieden werden.
7.2.1. Intraoperative Strahlentherapie Die Indikation zur intraoperativen Strahlentherapie ist vor allem bei problematischen Tumorlokalisationen (Retroperitoneum, Ureternähe oder nahe anderen benachbarten Risikoorganstrukturen, Dünn- und Dickdarm, Nerven), bei denen eine ausreichend dosierte perkutane Bestrahlung problematisch sein kann, überlegenswert. Einzeldosen mit 5 bis 20 Gy sind hiermit als kleinvolumiger additiver Boost zu einer Dosisaufsättigung einer prä- oder postoperativen Strahlentherapie möglich. Als andere Alternative kommt die intraoperative Einlage von Applikationshülsen für eine perioperative Brachytherapie in Frage (Abb. 29.6).
7.2.2. Postoperative Strahlentherapie Eine postoperative Strahlentherapie ist bei G1-Tumoren nach marginaler und intraläsionaler Resektion (falls keine R0-Nachresektion mit mehr als 2 bis 3 cm
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Abb. 29.6. Weichgewebstumorrezidiv des Oberschenkels a) MRT-Befund des Rezidivtumors b) Zustand nach Tumorresektion und Einlage von Applikationshülsen für eine perioperative Brachytherapie
Sicherheitssaum möglich ist), bei G2-/G3-Tumoren, nach intraläsionaler Resektion (hier allerdings vorherige Nachresektion, soweit möglich) empfehlenswert oder nach R1-Resektion (Nachresektion erwünscht, falls möglich) indiziert. Standardverfahren ist hierbei die perkutane Bestrahlung mit hochenergetischen Photonen (> 6 MV) eines Linearbeschleunigers. Für die geschilderten Gruppen lassen sich in einem solchen Behandlungskonzept lokale Kontrollraten zwischen 70 und 90 % erzielen. Lokalrezidive, welche trotz postoperativer Strahlentherapie auftreten, erfordern meist eine umfängliche plastisch-rekonstruktive Deckung des Gewebedefektes im vorbestrahlten Gebiet (Abb. 29.7).
nach ausgedehnten Tumorresektionen mit zum Teil plastischen Deckungen häufiger Motilitätseinschränkungen vor, die mit einer rechtzeitigen und intensiven krankengymnastischen Betreuung verhindert oder zumindest minimiert werden können. Die seltener auftretenden Lymphödeme sollten einer qualifizierten Lymphdrainagetherapie zugeführt werden. Generell wird zur Prävention und Therapie der behandlungsbedürftigen Bewegungseinschränkungen eine physiotherapeutische Betreuung mit Anleitung zu stärkenden bzw. kompensierenden Muskelgruppen-Bewegungsübungen empfohlen.
9. Nachsorge 8. Rehabilitation Bei Weichteilsarkomen an den Extremitäten, aber auch in den Regionen des Halses und des Rumpfes, kommen
Die medianen Latenzzeiten bis zum Auftreten von Lokalrezidiven und Fernmetastasen liegen zwischen 12 und 18 Monaten. Spätrezidive wurden in einzelnen
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Abb. 29.7. Weichgewebe-Deckung mittels Transversaler Musculus-Rectus-Abdominis-Lappenplastik (TRAM) bei vorbestrahltem Weichgewebstumor-Rezidiv der Leistenregion: a) Ausgangsbefund und Eingriffsplanung b) unmittelbar postoperativer Befund
Serien in 5 bis 15 % nach 5 Jahren beschrieben. Nach kurativer Therapie sind in den ersten zwei Jahren Kontrollen in 3-monatigen Abständen (Lokalbefundkontrolle Lunge), im 3. bis 5. Jahr in 6-monatigen Abständen, danach jährlich zu empfehlen. Für die Suche nach möglichen Lokalrezidiven nach Operation und evtl. zusätzlich erfolgter Strahlentherapie ist eine alleinige Sonographie nicht ausreichend, sodass der MRT der Vorzug gegeben werden sollte. Hinsichtlich der Diagnostik von Fernmetastasen, die vor allem in der Lunge zu suchen sind, ist die CT die aussagekräftigste Untersuchung. Hierbei sollte ggf. vor allem bei G3-Tumoren die Leber mit in die Untersuchungssequenz einbezogen werden. Bei der klinischen Untersuchung sollte vor allem bei Rhabdomyosarkomen und Synovialsarkomen dem regionären Lymphabstromgebiet spezielle Aufmerksamkeit geschenkt werden. Spezifische Laborbefunde für eine Rezidivdiagnostik gibt es nicht.
Weitere Aspekte der Nachsorge sind die Erkennung und Behandlung von Nebenwirkungen der vorausgegangenen Therapie bzw. die rechzeitige Erkennung von Spättoxizitäten, sekundären Neoplasien und die Behandlung von Funktionseinschränkungen. Die Nachsorge der bestrahlten Sarkompatienten muss mindestens ein Mal jährlich durch einen Radioonkologen erfolgen.
10. Weitere Therapiemodalität: Isolierte Extremitätenperfusion Die 1958 von Creech und Krementz zur Behandlung des in-transit-metastasierten malignen Melanoms eingeführte isolierte Extremitätenperfusion mit Chemotherapeutika (Abb. 28.5 und 28.7) fand auch Eingang in die Therapie lokal fortgeschrittener Weichgewebssarkome. Unterschiedliche Zytostatika, wie Melphalan,
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Cisplatin, Actinomycin-D oder DTIC wurden hierfür meist unter gleichzeitiger Hyperthermie eingesetzt. Die hiermit erzielten Ergebnisse (z. B. Abb. 29.8) konnten durch die gleichzeitige Anwendung von TNF-A in erheblichem Maße verbessert werden (Eggermont et al., 1996; Schlag et al., 2007). Eine komplette Tumorrückbildung von 30 % und ein teilweises Ansprechen von über 50 % können hierunter erreicht werden. In 85 % der ursprünglich inoperablen Tumoren kann die Extremität erhalten werden (Tabelle 29.4). Dieses spezialisierten onkologischen Zentren vorbehaltene Verfahren sollte daher immer bei lokal fortgeschrittenen Extremitätensarkomen, welche fraglich gliedmaßenerhaltend und R0-resektabel sind oder in Fällen, bei welchen eine Amputation zur Diskussion steht (z. B. Abb. 29.8), vorrangig in den Behandlungsplan einbezogen werden (Schlag et al., 2007). Die neoadjuvante isolierte Extremitätenperfusion hat vor allem unter funktionellen Gesichtspunkten bei gelenknahen Tumoren Vorteile gegenüber einer präoperativen Radiotherapie. Die lokalen Nebenwirkungen der Behandlung (Tabelle 29.5) sind in Anbetracht der zu therapierenden fortgeschrittenen Tumoren vertretbar.
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11. Palliativmaßnahmen Die Lungen sind der bevorzugte Ort der Metastasierung. Mit Abstand folgen Knochen- und Lebermetastasen. Die mediane Überlebenszeit ab Diagnose von Organmetastasen beträgt 8 bis 12 Monate. Eine signifikante Verlängerung des Gesamtüberlebens konnte bislang bei Patienten mit metastasierenden Weichteilsarkomen nicht nachgewiesen werden, allerdings wurde von mehreren Autoren gezeigt, dass Patienten, die auf eine Chemotherapie sehr gut ansprechen, eine wesentlich längere Überlebenszeit haben. Bei solitären und singulären Metastasen (vor allem der Lunge) kann nach partieller Remission und Resektion der Residuen ein langfristiges Überleben erreicht werden. Die wirksamsten Einzelsubstanzen in der Chemotherapie bei disseminierter Erkrankung sind Adriamycin, Ifosfamid und DTIC mit Remissionsraten von 15 bis 30 %. Ausreichend dosierte Monotherapien erzielten in großen multizentrischen Studien meist vergleichbare Remissionsraten und Überlebenszeiten wie Kombinationstherapien. Allerdings wurden in kleinen monoinstitutionellen Studien mit Kombinationstherapien (z. B. Adriamycin und hoch dosiertes Ifosfamid) Remissionsraten von 30 bis
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Abb. 29.8. ILP bei lokal fortgeschrittenem Weichteilsarkom: a) Exulzeriertes Weichteilsarkom der Fossa poplitea b) Klinisches Resultat 6 Wochen nach ILP mit TNF-A und Melphalan mit Demonstration einer guten partiellen Remission c) Ergebnis nach weiter Tumorresektion und plastischer Rekonstruktion des Weichteildefektes mittels Spalthauttransplantation, 6 Monate nach ILP (Schlag et al., 2007)
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Tabelle 29.4. Behandlungsergebnisse (Beobachtungsstudien) beim lokal fortgeschrittenen Weichgewebssarkom der Extremitäten nach neoadjuvanter ILP mit TNF-A und Melphalan und anschließender Resektion
Patienten (n)
Responserate (PR + CR) (%)
R0-Resektion (%)
Lokalrezidivrate (%)
ExtremitätenErhalt (%)
Gesamtüberleben (median) (Monate)
Lev-Chelouche et al. (1999)
13
54 + 38
74
38
85
29
Lejeune et al. (2000)
22
64 + 18
k. A.
45
86
19
Olieman et al. (1998)
34
59 + 35
45
26
85
28
Grünhagen et al. (2006)
197
51 + 18
k. A.
k. A.
87
57
Eggermont et al. (1999)
246
48 + 28
k. A.
k. A.
76
k. A.
Bonvalot et al. (2005)
100
17+49
k. A.
k. A.
87
k. A.
Eigene Ergebnisse (2005)
125
53 + 19
91
18
81
63
Autoren
PR: partielle Remission, CR: komplette (complete) Remission, k. A.: keine Angabe
50 % beschrieben. Ein Progressionsarrest ist mit Adriamycin oder in Kombination mit Ifosfamid bei ca. 50 bis 75 % der Patienten zu erzielen. Bei einer sequentiellen Monotherapie sollte mit einem Antracyklin begonnen werden, da höher dosiertes Ifosfamid in der Sekundärtherapie noch Remissionsraten um 25 % erzielt.
13. Ausblick Die Erfahrung hat gezeigt, dass die Diagnose eines Weichteilsarkoms häufig unerwartet im Rahmen chirurgischer Interventionen unter dem Verdacht eines „Hämatoms“ oder „Lipoms“ gestellt wird. Meist gehen diesen Interventionen nur unzureichende bildgebende diagnostische Verfahren voraus. Das reflexartige
12. Qualitätskriterien Zielgrößen für eine erfolgreiche Therapie bei Weichteilsarkomen sind in erster Linie metastasenfreies Überleben und Gesamtüberleben, sowie als Parameter der chirurgischen Radikalität und Lokalkontrolle das lokalrezidivfreie Überleben. Als Ausdruck der erhaltenen Integrität des Körpers und der funktionellen Lebensqualität gilt z. B. die Rate Extremitäten erhaltender Eingriffe versus Amputationen. Ein direkter Parameter für die Qualität der chirurgischen Rekonstruktion und eines erfolgreichen Komplikationsmanagements ist die verzögerungsfreie Einleitung rehabilitativer und anderer adjuvanter Therapiemaßnahmen. Das Erzielen dieser angeführten Ergebnisgrößen setzt ein koordiniertes interdisziplinäres Vorgehen zwischen Onkologen, Strahlentherapeuten, Pathologen, Chirurgen und Orthopäden voraus, weshalb die Behandlung von Weichteilsarkomen entsprechend ausgestatteten Einrichtungen mit Sarkomschwerpunkt vorbehalten bleiben soll.
Tabelle 29.5. Häufigkeit lokaler Gewebsreaktionen (Klassifikation nach Wieberdink) nach ILP mit TNF-A und Melphalan bei 125 Patienten mit lokal fortgeschrittenem Weichgewebssarkom (Schlag et al., 2007) Grad
Ausmaß der Reaktion
Häufigkeit
I
Keine subjektive oder objektive Reaktion
26,4 %
II
Leichte Rötung und/oder Ödem
45,9 %
III
Deutliches Erythem und/oder Ödem mit Blasenbildung; geringe Beeinträchtigung der Motilität
22,3 %
IV
Ausgedehnte Epidermiolysen; Schädigung tiefer Gewebe mit bleibenden Funktionsverlusten; drohendes oder manifestes Kompartmentsyndrom
5,4 %
V
Schädigung, die eine Amputation erforderlich macht
1,6 %
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schrittweise „Nachresezieren“ eines unerwartenden Tumors vergrößert dann unkontrolliert den Eingriff und erschwert onkologisch adäquate Resektionen. Es ist daher eine Sensibilisierung und Bekanntmachung der Diagnostik und Therapie auch dieser seltenen Tumorerkrankungen sowie eine fundierte Ausbildung, beginnend im Studium, vor allem aber im chirurgischen Curriculum, zu fördern bzw. auch zu fordern. Interdisziplinäre Tumorkurse und Workshops optimieren nicht nur die Zusammenarbeit onkologisch tätiger Ärzte, sondern wecken auch die Aufmerksamkeit, Weichteilsarkome in das differentialdiagnostische Gerüst mit einzubeziehen. Weiteren Optimierungsbedarf hat auch die systemische Therapie bei Weichteilsarkomen. Diese heterogene Gruppe zeigt ein sehr unterschiedliches Tumoransprechen, welches zum Teil noch weit hinter dem der Knochensarkome zurückliegt. Derzeit laufende Studien zu neuen Therapiekonzepten, wie etwa dem Einsatz von Tumorvakzine mit dendritischen Zellen, sollen alternative Therapiekonzepte mit dem Ziel, die Ansprechrate der Tumoren und damit das metastasenfreie Überleben zu steigern, entwickeln.
14. Literatur Brodowicz T, Schwameis E, Widder J, Wiltschke C, Amann G, Dominkus M, Windhager R, Ritschl P, Pötter R, Kotz R, Zielinski C (1999) Significant improvement of relapse free survival as well as time to distant failure for adult grade 3 soft tissue sarcoma after adjuvant augmented chemotherapy plus adjuvant hyperfractionated accelerated radiotherapy A prospective randomized trial of the Austrian Cooperative Soft Tissue Sarcoma Study Group. Abstract, Europ J Cancer 35 Suppl 4: 269–270 Brodowicz T, Schwameis E, Widder J, Amann G, Wiltschke C, Dominkus M, Windhager R, Ritschl P, Pötter R, Kotz R and Zielinski C for the Austrian Cooperative Soft Tissue Sarcoma Study Group (2000) Intensified adjuvant IFADIC chemotherapy for adult soft tissue sarcoma: a prospective randomized feasibility trial. Sarcoma 4: 151–160 Creech O, Krementz ET, Ryan RF et al. (1958) Chemotherapy of cancer: regional perfusion utilizing an extracorporal cicuit. Ann Surg. 148: 616–631 Eggermont AM, Schraffordt Koops H, Klausner JM, Kroon BB, Schlag PM, Lienard D, van Geel AN, Hoekstra HJ, Meller I, Nieweg OE, Kettelhack C, Ben-Ari G, Pector JC, Lejeune FJ (1996) Isolated limb perfusion with tumor necrosis factor and melphalan for limb salvage in 186 patients with locally advanced soft tissue extremity sarcomas. The cumulative multicenter European experience. Ann Surg Dec 224 (6): 756–764; discussion 764–765
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Kapitel 30
Primäre und sekundäre Knochentumoren A. Leithner, P.-U. Tunn und R. Windhager
1. Einleitung Primär maligne Knochentumore machen etwa 0,2 % der gesamten humanen Malignome aus (Dorfman et al., 2002). Seit Ende der 70er Jahre konnten dank einer gezielteren Chemotherapie, dank einer mittels MRT genaueren Bildgebung und dank weiterentwickelter Operationstechniken vor allem bei den häufig betroffenen Kindern die Amputationsrate gesenkt und das Überleben von 10–15 % auf je nach Stadium 60– 80 % erhöht werden. Die Ätiologie ist bei den meisten Entitäten nicht geklärt. Den aktuellen WHO-Kriterien entsprechend, wird bei benignen Läsionen zwischen knochenbildenden Tumoren, knorpelbildenden Tumoren, Riesenzelltumoren, benignen vaskulären Tumoren und anderen benignen Knochentumoren sowie tumorähnlichen Veränderungen unterschieden. Die Hauptvertreter der benignen Knochenläsionen sind das Osteochondrom, das Osteoidosteom, das Chondrom, der Riesenzelltumor sowie die juvenile, die aneurysmatische Knochenzyste und das nicht ossifizierende Knochenfibrom. Die häufigsten primären malignen Knochentumoren sind das Osteosarkom (35 %), das Chondrosarkom (25 %), die Tumoren der Ewing-Sarkom-Gruppe (16 %), das Chordom und das maligne fibröse Histiozytom. Im Kindesalter beträgt der Anteil der Knochensarkome etwa 3,4 % aller malignen kindlichen Neoplasien (60 % Osteosarkom, 25 % Ewing-Sarkom). In der Altersverteilung sind zwei Gipfel zu beobachten – der erste im Kindesalter bis Ende der zweiten Dekade, der zweite Inzidenzanstieg ist ab der 6. Lebensdekade zu erkennen (Dorfman et al., 2002). Männer sind geringgradig häufiger betroffen als Frauen (Dorfman, 2002). Sekundäre maligne Knochentumore – Knochenmetastasen – stellen bei weitem die häufigste Manifestationsform von Malignomen an den Bewegungsorganen dar. Vor allem bei Bronchus-, Mamma-, Schilddrüsen-, Nierenzell- und Prostatakarzinomen treten ja nach Stadium in bis zu 90 % der Fälle ossäre Metastasen auf.
2. Diagnostik 2.1. Primärdiagnostik Die möglichen Gründe für die Erstvorstellung eines Patienten, bei welchem letztendlich ein maligner Knochentumor diagnostiziert wird, sind mannigfaltig und wenig spezifisch. Mögliche Symptome sind: • Schmerzen unklarer Genese • Schwellung (schmerzhaft/schmerzlos) • Rötung • Überwärmung • ungewollte Gewichtsabnahme • Lähmungen • Fraktur ohne adäquates Trauma • Nachtschweiß • Blässe • Leistungsknick Nun sollte die klinische, bildgebende sowie Labordiagnostik eine nähere Eingrenzung der Ursachen ermöglichen.
2.1.1. Anamnese Die Anamnese sollte sowohl speziell auf den Beginn, die Art sowie die Dauer der derzeitigen Symptome als auch auf eine mögliche familiäre oder genetische Komponente Bezug nehmen.
2.1.2. Klinische Untersuchung Inspektion und Palpation sind zum Erkennen der Ausdehnung sowie Beschreiben der Konsistenz einer Schwellung und deren Beziehung zu den Nachbarstrukturen unumgänglich. Bei gelenksnahen Tumoren sind beispielsweise die Beurteilung einer Funktionseinschränkung (z. B. mittels Neutral-Null-Methode) sowie eines intraartikulären Ergusses erforderlich. Sensomotorische Einschränkungen erfordern eine spe-
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zielle neurologische Statuserhebung. Zusätzlich sollte der gesamte Patient entkleidet inspiziert werden, da z. B. Café-au-lait-Flecken die Diagnose eines M. Recklinghausen wahrscheinlich machen oder in Zusammenhang mit einer fibrösen Dysplasie und kutanen Hämangiomen ein Maffucci-Syndrom vermutet werden kann.
2.1.3. Bildgebende Untersuchung In erster Linie ist die Röntgenaufnahme der betroffenen Region in zwei Ebenen Untersuchung der Wahl. Fast jeder Knochentumor hat seine spezielle Röntgenmorphologie, sodass bei Analyse der Röntgenaufnahmen oft mit großer Sicherheit auf den Tumor und sein biologisches Verhalten geschlossen werden kann. Unterstützend kann das radiologische Beurteilungsschema nach Lodwick et al. (1980) herangezogen werden. Bei einem vermuteten Weichteilanteil, einem Hämatom oder einem intraartikulären Erguss kann die Sonographie wichtige Zusatzinformationen liefern.
2.1.4. Labordiagnostik Während tumorantigenspezifische Screeningtests bei primären Knochentumoren derzeit nicht aussagekräftig sind, können allgemeine Parameter wie Blutbild, BSR, CRP, Serumcalcium, alkalische Phosphatase, Eisen und Gesamteiweiß Hinweise auf pathologische Befunde des lokalen Knochenumbaus, eine Entzündung oder eine systemische Komponente geben. Bei Verdacht auf Knochenmetastasen können spezifische Antigennachweise von Nutzen sein (z. B. ist das prostataspezifische Antigen (PSA) beim Prostatakarzinom erhöht). Der Nachweis eines Plasmozytoms kann mittels Harnanalyse und Immunelektrophorese im Serum gelingen.
2.2. Spezielle Diagnostik 2.2.1. Magnetresonanztomographie (MRT) Nicht nur die den Knochenprozess umgebenden Weichteile bzw. ein möglicher Weichteilanteil werden mittels MRT am besten dargestellt, auch die Ausdehnung eines Prozesses im Markraum kann genau wiedergegeben werden. Bei malignen Knochentumoren wird so oftmals ein gelenkerhaltendes operatives Vorgehen ermöglicht. Bei Malignomen ist präoperativ immer eine MRT des gesamten betroffenen Knochens sowie der angrenzenden Kompartimente zu fordern, um
Skip-Metastasen im selben Kompartiment oder lokoregionäre Metastasen zu detektieren.
2.2.2. Computertomographie (CT) Im Gegensatz zur MRT liegt der besondere Vorteil der CT in der Darstellung der kortikalen Strukturen. Zusätzlich zu oftmals nicht eindeutigen Röntgenbildern gelingt so z. B. der Nachweis einer Destruktion der Kortikalis.
2.2.3. Szintigraphie Präoperativ ist sowohl bei Verdacht auf einen benignen wie auch malignen Knochentumor eine Ganzkörperknochenszintigraphie notwendig: Einerseits, um mittels des lokalen Speicherfaktors die biologische Aktivität des regionalen Prozesses zu bestimmen, andererseits um eine eventuell systemische Komponente (z. B. Knochenmetastasen) oder Zweit- bzw. multiple Primärläsionen (z. B. multiple Osteochondrome, Enchondrome – M. Ollier) zu diagnostizieren. Dabei sollten jedoch folgende Aspekte berücksichtigt werden: Die Szintigraphie kann bei chondrogenen Neoplasien, osteolytischen Metastasen (z. B. Nieren-Ca) und Plasmozytom-Manifestationen falsch negativ sein. Außerdem ist ein hoher Speicherfaktor keinesfalls als sicherer Hinweis für einen malignen Prozess zu werten, wie z. B. bei einer aneurysmatischen Knochenzyste.
2.2.4. Angiographie Der Angiographie kommt bei der Diagnostik maligner Knochentumoren dreierlei Bedeutung zu: 1. Bei der vermuteten starken Vaskularisierung eines zu operierenden Tumors gibt die Angiographie Hinweise auf die Notwendigkeit bzw. Möglichkeit einer präoperativen Embolisation (z. B. bei Nierenzellkarzinommetastasen, Abb. 30.1). 2. Bei einer Lagebeziehung eines Weichteilanteils zu Hauptgefäßsträngen kann die Angiographie zusätzliche Information bieten (z. B. ob Arterie bzw. Vene nur verdrängt oder obliteriert ist). Im knienahen Bereich bietet hier die Angiographie mit flektiertem Knie die besten Informationen. 3. Bei der Indikation zu einer plastischen Rekonstruktion, z. B. mit einer freien Fibula oder freier Lappendeckung, kann eine Angiographie zur Identifizierung
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Primäre und sekundäre Knochentumoren
Abb. 30.1. Angiographie mit dem Befund einer hypervaskularisierten Nierenzellkarzinommetastase im Bereich des Ossis ischii bei einem 70-jährigen Patienten
des Gefäßstatus und möglicher Spendergefäße hilfreich sein.
2.3 Biopsie Im Falle einer eindeutigen Identifizierung eines benignen Tumors mittels der beschrieben Bildgebung ist es zulässig, auf eine Biopsie zu verzichten und entweder die Läsion nur zu observieren (z. B. nicht ossifizierendes Fibrom) oder direkt operativ zu sanieren (z. B. Osteoidosteom mittels Radiofrequenzablation). Auch bei dem zwingenden Verdacht auf eine Knochenmetastase muss bei entsprechender Indikation keine Biopsie durchgeführt werden. Besteht jedoch nach Abschluss der Bildgebung sowie Anamnese weiterhin der Verdacht auf einen malignen Tumor oder Unklarheit über Art und Dignität eines Knochentumors, ist eine Biopsie zwingend indiziert, um eine histopathologische Untersuchung des Gewebes zu ermöglichen. Es wird grundsätzlich zwischen geschlossenen Verfahren (z. B. Nadelbiopsie) und offenen Verfahren (Exzisions- oder Inzisionsbiopsie) unterschieden. Bei beiden sind internationale Richtlinien strikt zu beachten: 1. Die Wahl des Biopsiezugangs sollte im Verlauf des späteren definitiven Zugangs liegen. Der die Biopsie durchführende Operateur muss die Möglichkeit und Art der definitiven Versorgung reflektieren können.
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2. Die Entnahme der Gewebeprobe sollte im Bereich der Extremitäten so weit distal wie möglich sein. 3. Es ist der kürzeste, direkte Weg zum Tumor zu wählen, ohne ein weiteres Kompartment zu eröffnen (d. h. mit Tumorzellen zu kontaminieren). Ein Sicherheitsabstand zu Gelenken, großen Gefäßen und Nerven ist zu wahren. 4. Eine exakte Blutstillung ist unumgänglich, um eine Tumorzellverschleppung durch ein Hämatom zu vermeiden. Bei stark blutenden Knochenläsionen sollte deshalb eine temporäre Zementplombe in das Knochenfenster eingebracht werden. Es muss immer eine Drainage eingelegt werden, diese soll direkt aus der Wunde oder in unmittelbarer Nähe des Wundwinkels ausgeleitet werden. 5. Die Operationstechnik hat so atraumatisch wie möglich zu erfolgen. Gewebsquetschungen oder großzügiges Präparieren und Darstellen des Tumors sind zu vermeiden. Um eine Zerreißung des Tumors und eine Kontamination des umliegenden Gewebes zu vermeiden, sind stumpfe Haken zu verwenden. Die Hautnaht wird in intrakutaner Technik durchgeführt; großzügige Rückstichnähte sind obsolet. 6. Die entnommene Gewebemenge muss repräsentativ und ausreichend (etwa 1 cm³) sein. Es ist ein intraoperativer Schnellschnitt erforderlich, wenn nicht sicher zwischen reaktiver Zone und vitalem Tumor zu differenzieren ist. Die Histologie ist von in der Knochenpathologie erfahrenen Pathologen durchzuführen, da sonst aufgrund der Seltenheit der verschiedenen Entitäten Fehldiagnosen möglich sind.
2.3.1. Geschlossene Verfahren Während Feinnadelaspirationsbiopsien bei knöchernen Läsionen nur in Ausnahmefällen in Frage kommen, sind Stanzbiopsieverfahren (z. B. FIOT) oder CTgezielte Biopsien häufig indiziert. Während einerseits die Vorteile aufgrund der möglichen exakten intraoperativen Bildgebung sowie der minimalen Invasivität offensichtlich sind, müssen die möglichen Nachteile bzw. Komplikationen, wie Blutungen und die oft geringe Gewebemenge und somit ggf. nicht sichere Diagnosestellung, in Kauf genommen werden.
2.3.2. Offene Verfahren 2.3.2.1. Inzisionsbiopsie Wenn bezüglich Art und Dignität eines Knochentumors Ungewissheit besteht, ist eine Inzisionsbiopsie durchzuführen. Hier wird nur ein Teil des Tumors über
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A. Leithner, P.-U. Tunn und R. Windhager Tabelle 30.1.a. Chirurgisches Staging maligner Knochentumoren (nach Enneking, 1986) IA
Low grade, intrakompartimentell
IB
Low grade, extrakompartimentell
IIA
High grade, intrakompartimentell
IIB
High grade, extrakompartimentell
III
Jeder Grad, Metastasen
Tabelle 30.1.b. Kurzfassung der klinischen TNM-Klassifikation maligner Knochentumoren (nach UICC 2002) T1
Tumor weniger als 8 cm in größter Ausdehnung
T2
Tumor mehr als 8 cm in größter Ausdehnung
T3
Diskontinuierlich primär befallener Knochen
N1
Regionäre Lymphknotenmetastasen
M1
Fernmetastasen M1a Lungemetastase(n) M1b Andere Fernmetastasen
4. Primärtumorsuche bei einer Knochenmetastase. Die chirurgische Stadieneinteilung erfolgt nach Enneking (1986) (Tabelle 30.1.a) sowie dem TNM-Schema (Sobin et al., 2002; Tabelle 30.1.b).
3. Vorbehandlung (neoadjuvante Therapie) Bei hoch malignen Osteosarkomen ist eine präoperative Chemotherapie im Rahmen von Therapieoptimierungsstudien Standard (EURAMOS 1, EURO-B.O.S.S.). Bei Tumoren der Ewing-Gruppe besteht zusätzlich zu einer obligaten präoperativen Chemotherapie (EUROE.W.I.N.G. 99) die Möglichkeit einer präoperativen/ postoperativen Bestrahlung.
4. Präoperative Vorbereitung Neben der chirurgischen präoperativen Standardvorbereitung sowie dem Abführen des Patienten vor Beckenoperationen sind bei Knochentumoren folgende zusätzliche präoperative Maßnahmen zu berücksichtigen:
4.1. Embolisation einen an den Extremitäten längs verlaufenden Zugangsweg gewonnen.
2.3.2.2. Exzisionsbiopsie Wenn aufgrund der Bildgebung Gewissheit besteht, dass es sich um einen benignen Tumor handelt, ist eine primäre, d. h. marginale Resektion möglich. Bei Knochentumoren ist dies z. B. bei kartilaginären Exostosen der Fall.
Bei hypervaskulären Läsionen ist eine präoperative Embolisation zu empfehlen, um den intraoperativen Blutverlust zu vermindern. Vor allem Nierenzellkarzinommetastasen und aneurysmatische Knochenzysten des Beckens können intraoperativ mit einem erheblichen Blutverlust verbunden sein. Es wird die Embolisation am Tag vor oder am Tag der Operation empfohlen.
4.2. Phlebographie 2.4 Staging Während das Grading den Differenzierungsgrad eines Malignoms festlegt, sind das lokale sowie das systemische Staging Grundvoraussetzung für die Therapieplanung. Ist die Diagnose eines malignen Knochentumors bestätigt, sind folgende Untersuchungen erforderlich, wenn sie nicht schon vor der Biopsie durchgeführt worden sind: 1. CT des Thorax und des Oberbauchs sowie bei beckennahen Tumoren CT des Beckens 2. MRT lokal sowie MRT des betroffenen und des angrenzenden Kompartments 3. Ganzkörperknochenszintigraphie
Bei Beckentumoren kann eine Phlebographie indiziert sein, um eventuell bei schon bestehender Einengung der venösen Hauptgefäße bzw. Thrombenbildung einen temporären Cava-Schirm setzen zu lassen. Ziel ist es, Pulmonalarterienembolien zu vermeiden. Durch die Gefäßrekonstruktion mittels einer 64-Zeilen-CT kann in Zukunft die Phlebographie weitgehend abgelöst werden.
4.3. Ureterschiene Ebenfalls bei größeren Beckenoperationen, wie Beckenteilresektionen mit intrapelvinem Anteil, kann präope-
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rativ eine Ureterschiene gelegt werden, um nachfolgend die intraoperative Identifizierung zu erleichtern.
5. Operative Strategie Die operative Therapie maligner Knochentumore hängt einerseits von lokalen Faktoren, wie der Entität, dem Grading, der Ausdehnung und Lokalisation, anderseits auch von generellen Faktoren ab, wie einer möglichen Metastasierung, dem Alter des Patienten, seinem Allgemeinzustand und vielen anderen Faktoren. Grundsätzlich gilt ein kurativer Ansatz bei Osteosarkomen und Sarkomen der Ewing-Gruppe selbst im Fall einer bereits diagnostizierten Metastasierung. Es herrscht ein internationaler Konsens, dass die weite und radikale Resektion maligner Knochentumore notwendig ist, während marginale und intraläsionale Resektionen aufgrund der resultierenden hohen Rezidivrate in der Regel nur in Ausnahmen zu erwägen sind (Enneking, 1986; Tabelle 30.2). Die operative Strategie benigner Knochentumore richtet sich nach dem Stadium ihrer Aktivität (Windhager et al., 2006a). Stadium-I- und -II-Läsionen können intraläsional kürettiert werden, während aggressivere Stadium-III-Tumore zumindest marginal reseziert werden sollten. Gerade bei der Vielzahl meist zufällig diagnostizierter Enchondrome der langen Röhrenknochen ist bei fehlenden röntgenologischen Malignitätskriterien durchaus eine Verlaufskontrolle indiziert. Metaphysäre Kortikalisdefekte, das nichtossifizierende Knochenfibrom und die fibröse Dysplasie ziehen nur bei drohender Frakturgefahr oder lokalen Schmerzen eine Operationsindikation nach sich. Die Therapie von Knochenmetastasen muss ebenfalls individuell an das Stadium der Erkrankung, den Allgemeinzustand, die Lokalisation und das Alter des Patienten angepasst werden. Die Strategien reichen von palliativ präventiven Eingriffen intraläsionaler Art bei drohenden oder stattgehabten Frakturen bis zu weiten Resektionen, z. B. singulärer Nierenzellkarzinommetastasen. Nach intraläsionalen Resektionen folgt in aller Regel eine postoperative Radiatio mit dem Ziel der Reduktion einer lokalen Progression.
5.1. Resektion 5.1.1. Intraläsionale Resektion – Kürettage Der Knochentumor wird hier makroskopisch komplett entfernt. In den letzten Jahrzehnten konnte die Rezidivrate benigner Knochentumore bei dieser Form der
Tabelle 30.2. Chirurgische Resektionsgrenzen (nach Enneking, 1986) Resektionstyp
Resektionsebene
intraläsional
in der Läsion
marginal
in der reaktiven Zone extrakapsulär
weit
außerhalb der reaktiven Zone im gesunden Gewebe
radikal
außerhalb des Kompartments
Therapie deutlich gesenkt werden – vor allem dank der Verwendung von Hochgeschwindigkeitsfräsen, einer ausgiebigen Lavagierung, der Applikation von lokalen Adjuvantien wie Phenol oder flüssigem Stickstoff, sowie aufgrund der großzügigen Eröffnung der Läsionen, um eine vollständige Tumorentfernung mit scharfen und gebogenen Löffeln zu ermöglichen.
5.1.2. Marginale Resektion Lokal rezidivierende oder aggressive benigne Tumore werden samt einer schmalen Schicht nicht betroffenen Gewebes in toto bzw. en bloc reseziert.
5.1.3. Weite Resektion Diese Strategie gilt als Standard der operativen Therapie maligner Knochentumore. Eine breite Schicht gesunden Gewebes muss den Tumor allseits decken. Der Biopsiekanal wird geschlossen mitreseziert. Im Bereich des spongiösen Knochens gilt eine Sicherheitszone von maximal 3 cm nicht betroffenen Gewebes als ausreichend. Über die Bedeutung der offenen Wachstumsfuge als sichere Grenze bzw. den Abstand zu ihr gibt es keinen Konsens.
5.1.4. Radikale Resektion Diese Form der operativen Therapie ist bei Knochentumoren heutzutage aufgrund moderner operativer Techniken und multimodaler Behandlungsstrategien nur selten indiziert.
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5.1.5. Amputationen
5.2.2. Polymethylmetacrylat (PMMA)
Auch wenn eine Amputation „radikal“ erscheint, ist sie noch lange nicht als radikal, d. h. den chirurgischen Resektionsgrenzen entsprechend, einzustufen. Auch hier sollte zumindest ein großzügiger Sicherheitsabstand gesunden Gewebes zum betroffenen Areal gewährleistet sein, da sonst Stumpfrezidive drohen. In den letzten Jahrzehnten ist die Zahl der Amputationen deutlich gesunken, hat jedoch eine Plateauphase erreicht, da noch immer in gewissen Situationen die Indikation zur Amputation einer Extremität besteht. Vor allem bei Infiltration des N. ischiadicus durch einen malignen Prozess ist ein Extremitätenerhalt nur mit einer Morbidität des Patienten zu erkaufen. Gerade im Bereich des Unterschenkels ist die Funktion und Lebensqualität nach einer Amputation vergleichbar mit einem Zustand nach einer aufwändigen Rekonstruktion (Zahlten-Hinguranage et al., 2003).
Dieser Knochenzement wird einerseits zur Stabilisierung lytischer Läsionen verwendet, andererseits erhofft man sich durch die entstehende Polymerisationswärme einen destruierenden Effekt auf eventuell verbliebene Tumorzellen (Abb. 30.3).
5.1.6. Modifizierte Amputationen
5.3. Rekonstruktion der Knochendefekte 5.3.1. Autologe Knochentransplantate
Modifizierte Amputationen wie die Umkehrplastik haben vor allem im Kindesalter ihren festen Stellenwert im chirurgisch-onkologischen Spektrum. Bei dieser Technik wird unter Erhalt des Nervus ischiadicus der den Tumor enthaltende Extremitätenabschnitt reseziert. Danach wird der Unterschenkel um 180 ° geschwenkt und je nach Resektionstyp am Femur oder in der Hüfte fixiert (Abb. 29.4 und 30.2).
5.2.3. Flüssiger Stickstoff In manchen Zentren werden kürettierte Knochenhöhlen kurzzeitig mit flüssigem Stickstoff aufgefüllt. Weiterhin besteht die Möglichkeit, einen resezierten malignen Knochentumor ex vivo schockzugefrieren und anschließend wieder zu reimplantieren (Tsuchiya et al., 2005). Aufgrund der Vielzahl möglicher Komplikationen und des höheren logistischen Aufwands ist diese Methode auf nur wenige Institute beschränkt geblieben.
Autologe Beckenkamm-, Radius- oder Tibiakopfspongiosa wird vor allem bei der Rekonstruktion von Knochenhöhlen verwendet, oft in Kombination mit Knochenersatzstoffen. Als mögliche Komplikation sind langdauernde Schmerzen im Entnahmegebiet zu nennen.
5.3.2. Homologes Knochentransplantat
5.2. Lokale Adjuvantien Vor allem bei benignen Knochenläsionen konnte aufgrund der Verwendung lokaler Adjuvantien (Phenol, Alkohol, Knochenzement) die Rezidivrate gesenkt werden.
Homologer Knochen wird vor allem in Form von „struts“ zur Schienung oder zur Überbrückung entstandener größerer Knochendefekte verwendet. Der Umbauvorgang in eigenen Knochen findet großteils an der Oberfläche und zu einem kleinen Teil vom Markraum aus statt (Enneking et al., 2001).
5.2.1. Phenol
5.3.3. Artikulierendes Allograft
Ausgenutzt wird die nekrotisierende Eigenschaft aufgrund der Koagulation von Proteinen. Histologische Untersuchungen haben eine Nekrosezone von 40 bis 50 μm im Normalgewebe sowie zwischen 40 und 100 μm im Tumorgewebe nachgewiesen. Vor allem bei Riesenzelltumoren und aneurysmatischen Knochenzysten gelangt Phenol zum Einsatz. Auf Knorpelzellen dürfte es keine Wirkung besitzen (Lack et al., 1994).
Artikulierende Allografts werden aufgrund der hohen Komplikationsrate nur selten im deutschsprachigen Raum eingesetzt.
5.3.4. Biologische Rekonstruktion Wenn immer möglich, sind biologische Rekonstruktionen ossärer Defekte anzustreben. Um einen langen dia-
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c a
d b e
f
Abb. 30.2. a) Röntgen in 2 Ebenen des linken Knies eines 10-jährigen Knaben mit osteolytischen und osteoblastischen Veränderungen sowie einem Codman-Dreieck – bei einem Osteosarkom G3. b) Die MRT zeigt den großen Weichteilanteil. c) Nach einer neoadjuvanten Chemotherapie wird der betroffene Abschnitt reseziert. d) Präparat mit Infiltration ins Gelenk. e) der Nervus ischiadicus wird erhalten und eine Umkehrplastik durchgeführt. Der Patient ist heute 21 Monate nach der Operation frei von Metastasen und Rezidiv und sportlich aktiv. f, g, h, i, j) Funktionelles Ergebnis nach Umkehrplastik (Typ IA) bei einem 7-jährigen Knaben mit einem zentralen Osteosarkom des proximalen Femurs
g
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b
a
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Abb. 30.3. a) Röntgenologische Darstellung eines Riesenzelltumors des distalen Femur, epi-metaphysär, Stadium II nach Campanacci bei einem 23-jährigen Patienten. b)–d) Z. n. Tumorexkochleation, Ausfräsen der Tumorhöhle, Tamponade mit 95%igem Alkohol und Defektauffüllung mit Knochenzement (Palacos)
c
d
a Abb. 30.4. 26-jährige Patientin mit einem Ewing-Sarkom der linken proximalen Femurdiaphyse. a) Röntgen prox. Femur links a.-p., auffällig ist die massive Kortikalisverdickung. b) Die präoperative MRT zeigt eine intramedulläre Kontrastmittelaufnahme. c) Resektatröntgen. Nach neoadjuvanter Chemotherapie wurde das betroffene Areal mit 5 cm Sicherheitsabstand reseziert. Die Rekonstruktion erfolgte mit homologem Allograft und gefäßgestielter autologer Fibula sowie Winkelplatte. d) Kontrollröntgen Femur links a.-p. 9 Monate nach Resektion. Während proximal der Durchbau vollständig ist, bemerkt man distal trotz Hypertrophie der Fibula den Spalt zwischen Eigen- und Spenderknochen. b
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b a
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d
Abb. 30.5. 40-jähriger Patient mit einem Osteosarkom des rechten proximalen Humerus. a) präoperatives Röntgen mit Osteolyse im Bereich des Tuberculum majus. b) Röntgen des Resektates. c) Homologes Allograft mit zementierter der Endoprothese. d) Postoperativer Status. Im Bereich des Übergangs zwischen Allograft und distalem Humerus wurden zusätzlich homologe struts und autologe Spongiosa angelagert.
physären Knochendefekt zu überbrücken, hat sich die Kombination zwischen einem homologen Allograft als äußere, stabilisierende Hülle und einem vaskularisierten Autograft (meist eine gefäßgestielte Fibula) im Inneren bewährt (Abb. 30.4). Für Rekonstruktionen diaphysärer Defekte der langen Röhrenknochen der unteren Extremität kann auch ein bilaterales Fibulainterponat verwendet werden. Im Bereich der oberen Extremität kann ein unilaterales, gefäßgestieltes Fibulainterponat für die Ulna, den Radius und auch den Humerus genutzt werden. Weitere Operationstechniken der biologischen Rekonstruktion stellen die Hüftverschiebeplastik, der Tibiaspan und der Beckenspan (ggf. gefäßgestielt) dar.
als Matrix für eine von außen beginnende Knochenneubildung. In letzter Zeit wird versucht, mittels aus dem Beckenkamm gewonnenem Blut Stammzellen mit osteoinduktiver Potenz mit den Knochenersatzstoffen zu vermengen, um einen schnelleren Durchbau zu ermöglichen (Abb. 30.6).
5.3.7. Verbundosteosynthese Vor allem bei Metastasen hat sich der Verbund zwischen äußerer Fixation mittels einer Platte und innerer Stabiliserung mit PMMA bewährt (Abb. 30.7). Die Patienten können postoperativ sofort belasten, eine postoperative Bestrahlung soll das Rezidivrisiko reduzieren.
5.3.5. Composit-Allograft 5.3.8. Revisionsendoprothese Vor allem im Bereich des proximalen Humerus gilt die Kombination zwischen einem Allograft und einer in das Graft zementierten Endoprothese mit Verankerung im distalen Humerus als praktikable Lösung, die zu guten funktionellen Ergebnissen führt (Abb. 30.5).
Ebenfalls bei knochenmetastasenbedingten pathologischen Frakturen im Bereich des Schenkelhalses oder des Collum anatomicum humeri können Standardlangschaftprothesen zementiert werden (Abb. 30.8).
5.3.6. Knochenersatzstoffe
5.3.9. Tumorendoprothese
Hydroxylapatit (HA) oder Trikalziumphosphat (TCP) sind die am häufigsten verwendeten Knochenersatzstoffe. Sie wirken rein osteokonduktiv, d. h. sie dienen
Die nach weiter Resektion maligner Knochentumore entstandenen Defekte werden häufig mittels spezieller Tumorendoprothesen rekonstruiert (Abb. 30.9).
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Dabei wird meist eine Fixation der verbliebenen Band- und Muskelstrukturen an der Prothese möglich (Abb. 30.10). Es können ossäre Defekte des Humerus, des Femur, der Tibia und partiell des Beckens endoprothetisch rekonstruiert werden. Die besten funktionellen Ergebnisse werden mit der Implantation eines distalen Femurersatzes erzielt, gefolgt vom proximalen Tibiaersatz (Tunn et al., 2004).
6. Komplikationsmanagement In der orthopädischen Tumorchirurgie gelten die gleichen postoperativen Regeln wie in der Standardendoprothetik. Neben der medikamentösen und physiotherapeutischen Thromboseprophylaxe sollten die peri- und postoperative Infektprophylaxe nach ausgedehnten Resektionen für 3 bis 7 Tage appliziert werden. Drainagen im Bereich von Tumorendoprothesen sollten am 3. bis 5. Tag entfernt und nachfolgende Ergüsse unter sterilen Bedingungen abpunktiert werden. Be-
Abb. 30.6. 32-jähriger Patient mit fibröser Dysplasie des rechten Femur a) Die präoperative MRT zeigt in der T2-Gewichtung mit Kontrastmittel ein deutliches Enhancement. b), c) Röntgen Femur rechts proximal a.-p. und seitlich nach der Biopsie aufgrund Schmerzsymptomatik. Der Rand der Läsion ist deutlich sklerosiert, die kreisrunde Osteolyse entspricht dem Knochenfenster der Biopsie. d), e) Status 12 Monate nach Kürettage und Auffüllung mit Trikalziumphosphat sowie Stabilisierung mit einer Winkelplatte. Die operative Therapie der fibrösen Dysplasie ist nur bei therapieresistenten Schmerzen, Frakturgefahr oder zum Ausschluss eines Malignoms indiziert.
sondere Vorsicht ist geboten, wenn etwa 7 bis 10 Tage postoperativ die Chemotherapie fortgesetzt wird. Die Gründe für die erhöhte Komplikationsrate von Tumorendoprothesen sind unter anderem die Immunsuppression während der Chemotherapie, die oft nur geringe Weichteildeckung nach ausgedehnten Resektionen, der vielfach fehlende Bandapparat sowie die erhöhte Beanspruchung aufgrund des oftmals jugendlichen Alters der Patienten (Windhager et al., 2006b). In der Literatur sind beispielsweise für Tumorendoprothesen des Kniegelenkes Infektionsraten von 2,9 % bis 12 % beschrieben, während aseptische Lockerungen in bis zu 45 % der Fälle beobachtet worden sind (Windhager et al., 2006b).
7. Nachbehandlung (adjuvante Therapie) Bei hoch malignen Osteosarkomen ist eine adjuvante Chemotherapie im Rahmen der Therapieoptimierungsstudien Standard (EURAMOS 1, EURO-B.O.S.S.). Bei
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Abb. 30.7. 69-jähriger Patient mit frakturgefährdeter Bronchuskarzinommetastase a, b) Röntgen Femur gesamt links a.-p. und seitlich c) Kontrollröntgen 5 Monate postoperativ nach Radiatio. Der Patient ist frei gehfähig
c a
Tabelle 30.3. Histologische Regressionsgrade von Knochentumoren nach Chemotherapie (nach Salzer-Kuntschik et al., 1983)
b
I
keine vitalen Tumorzellen
II
einzelne vitale Tumorzellen oder eine Responder vitale Tumorinsel kleiner als 0,5 cm
III
weniger als 10 % vitales Tumorgewebe
Responder
Tumoren der Ewing-Gruppe besteht zusätzlich zu einer obligaten adjuvanten Chemotherapie (EUROE.W.I.N.G 99) die Möglichkeit einer Bestrahlung. Unter Berücksichtigung des Regressionsgrades nach SalzerKuntschik (Salzer-Kuntschik et al., 1983; Tabelle 30.3) wird 7 bis 14 Tage nach der Operation nach unauffälligem postoperativen Verlauf mit der adjuvanten Therapie begonnen.
IV
10–50 % vitales Tumorgewebe
NonResponder
8. Rehabilitation
V
mehr als 50 % vitales Tumorgewebe
NonResponder
VI
kein Effekt der Chemotherapie
NonResponder
Regressionsgrad
Effekt Responder
Bei langstreckigen Rekonstruktionen im Bereich der unteren Extremität, bei Wegfall von Bandapparaten sowie bei ausgedehnten Beckenresektionen sind Gipsmieder bzw. arretierbare Orthesen je nach Indikation für 6 bis
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492 Abb. 30.8. Knochenmetastase eines Mammakarzinoms: a) Pathologische Schenkelhalsfraktur b, c) Postoperatives Röntgen nach Versorgung mit einer zementierten Hemiarthroplastie mit Langschaft
a
12 Wochen angezeigt. Bei sehr guter Knochenqualität bzw. einer zementierten Tumorendoprothese ist eine Mobilisation unter Vollbelastung möglich. Ansonsten entlasten die Patienten für 6 bis 12 Wochen, um – in Abhängigkeit von dem Ergebnis der Röntgenkontrolle – die Belastung der betroffenen Extremität schrittweise um 10 kg pro Woche aufzubauen. Im Bereich der oberen Extremität wird ebenfalls eine Ruhigstellung für 3–6 Wochen empfohlen, um anschließend mit einer passiven und später aktiven Mobilisation beginnen zu können.
b
c
lonacetat bei juvenilen Knochenzysten, Windhager et al., 2006a).
10.1. Radiofrequenzablation Bei Osteoidosteomen gilt die Radiofrequenzablation bereits als state of the art.
9. Nachsorge 10.2. Radiatio Die Nachsorge operativ therapierter benigner Knochentumore ist individuell zu gestalten. Bei malignen Tumoren sind während der ersten 3 Jahre vierteljährliche, danach für weitere 2 Jahre halbjährliche und danach jährliche Kontrollen mit Röntgen lokal sowie CT/Röntgen des Thorax indiziert. Auch Langzeitüberlebende sollten nicht aus der Observanz entlassen werden, da einerseits auch nach 10 Jahren Rezidive bzw. Metastasen möglich sind, andererseits wie in der Standardendoprothetik aseptische Lockerungen, Infekte oder Verschleißerscheinungen zu beobachten sind.
Vor allem in älteren Studien wurden benigne Läsionen wie die aneurysmatische Knochenzyste, ossäre Hämangiome und der Riesenzelltumor mit gutem Erfolg bestrahlt. Heutzutage wird diese Indikation aufgrund von Langzeitfolgen und -risiken extrem selten gestellt. Bei der Gruppe der Ewing-Sarkome ist der Nutzen der Bestrahlung gesichert. In Fällen nicht resektabler Läsionen hat sich die Chemotherapie mit Radiatio als Therapie etabliert. Bei Knochenmetastasen hat die Radiotherapie ihren festen Stellenwert.
10. Weitere Therapiemodalitäten
10.3. Embolisation
Bei speziellen benignen Tumorentitäten kommen bei genauer Indikationsstellung minimal invasive Therapieverfahren zur Anwendung (z. B. Radiofrequenzablation, laserinduzierte Thermoablation von Osteoidosteomen, Punktion und Instillation von Methylpredniso-
Bei schwer bzw. nur mit großem operativem Aufwand zugänglichen aneurysmatischen Knochenzysten, z. B. im Bereich der Wirbelkörper, ist ein Therapieversuch mit einer Embolisation indiziert.
Kapitel 30
Primäre und sekundäre Knochentumoren
493
b
a Abb. 30.9. Osteosarkom bei einem 45-jährigen Patienten a) Osteolytische Läsion der rechten proximalen Tibia b) In der T2-gewichteten MRT lässt die kontrastmittelaufnehmende Expansion einen periostealen Ursprung vermuten. Die Histologie ergibt ein Osteosarkom G3. c, d) Nach einer präoperativen Chemotherapie nach dem EURO-B.O.S.S.-Schema erfolgte eine weite Resektion und Rekonstruktion mit einer LPS-Tumorendoprothese.
c
d
a
b
c
d
Abb. 30.10. Rekonstruktion des Streckapparates mittels eines medialen Gastrocnemius-Flaps bei einem 15-jährigen Patienten: a) Osteosarkom der prox. Tibia b, c, d) Funktion 18 Monate später
10.4. Injektionsbehandlung Bei juvenilen Knochenzysten sowie eosinophilen Granulomen kann eine intraläsionale Injektion mit 40 bis 200 mg Methylprednisolonacetat erfolgreich sein. Im Falle von aneurysmatischen Knochenzysten werden
an einigen Zentren erfolgreich Injektionen mit einem fibrosierenden und thrombosierenden Agens (Ethibloc) durchgeführt.
494
A. Leithner, P.-U. Tunn und R. Windhager
10.5. Zysten-Dekompression
14. Literatur
In kleinen Fallserien wurden erfolgreiche Therapien von juvenilen Knochenzysten mit einer Dekompression mittels einer intraläsional gesetzten Osteosyntheseschraube beschrieben.
Enneking WF (1986) A system of staging musculoskeletal neoplasms. Clin Orthop Rel Res 204: 9–24 Enneking WF, Campanacci DA (2001) Retrieved human allografts : a clinicopathological study. Bone Joint Surg Am 83-A: 971–86 Lack W, Lang S, Brand G (1994) Necrotizing effect of phenol on normal tissues and on tumors. A study on postoperative and cadaver specimens. Acta Orthop Scand 65: 383-385 Lodwick GS, Wilson AJ, Farrell C, Virtama P, Dittrich F (1980) Determining growth rates of focal lesions of bone from radiographs. Radiology 134: 577–583 Salzer-Kuntschik M, Brand G, Delling G (1983) Bestimmung des morphologischen Regressionsgrades nach Chemotherapie bei malignen Knochentumoren. Pathologe 4: 135–141 Sobin LH, Wittekind C (2007) UICC TNM Classification of malignant tumors. Wiley, New York Tsuchiya H, Wan SL, Sakayama K, Yamamoto N, Nishida H, Tomita K (2005) Reconstruction using an autograft containing tumour treated by liquid nitrogen. J Bone Joint Surg Br 87-B: 218–225 Tunn PU, Schmidt-Peter P, Pomraenke D, Hohenberger P (2004) Osteosarcoma in children – long-term functional analysis. Clin Orthop 421: 212–217 Windhager R, Kastner N, Leithner A (2006a) Benigne Knochentumoren und tumorähnliche Läsionen. Monatsschrift Kinderheilkd 154: 20–31 Windhager R, Leithner A, Hochegger M (2006b) Wechsel von Tumorendoprothesen des Kniegelenks. Review und eigene Ergebnisse. Orthopäde 35: 176–183 Zahlten-Hinguranage A, Bernd L, Sabo D (2003) Amputation oder Extremitätenerhalt? Beurteilung der Lebensqualität nach Tumoroperationen an der unteren Extremität. Orthopäde 32: 1020–1027
11. Palliativmaßnahmen Neben Chemotherapie und Radiatio kann insbesondere bei Knochenmetastasen das lokale Tumorwachstum mittels Embolisation gehemmt bzw. mit Radiofrequenzablation versucht werden, den lokalen Schmerz zu lindern.
12. Qualitäts- und Prognosekriterien Aufgrund der Komplexität der Rekonstruktion und der Seltenheit maligner Knochentumore gilt es, eine Behandlung betroffener Patienten an spezialisierten Zentren zu fordern. Diese Spezialisierung ist international obligat. Die fast immer notwendige interdisziplinäre Arbeit zwischen Orthopäden, medizinischen Onkologen, Strahlentherapeuten, Radiologen und Pathologen, sowie der oftmals notwendigen Kooperation mit plastischen Chirurgen und Gefäß- bzw. Abdominalchirurgen kann nur an großen onkologischen Zentren geboten werden.
15. Links 13. Ausblick
www.ctos.org Connective Tissue Oncology Society
Während die Chemotherapie bei Osteosarkomen und der Gruppe der Ewing-Sarkome die Überlebensrate deutlich steigern konnte, sind bisher für Chordome und Chondrosarkome (außer dedifferenzierte Chondrosarkome – EURO-B.O.S.S.) keine systemischen Therapiekonzepte etabliert. Die Bedeutung der Positronenemissionstomographie (PET) als Stagingmethode ist noch unklar und befindet sich in wissenschaftlicher Evaluation.
www.emsos.org European Muskulo-Skeletal Oncology Society www.isols.org International Society of Limb Salvage www.msts.org Musculoskeletal Tumor Society www.orthogate.com The Internet Society of Orthopaedic Surgery and Trauma
Autorenverzeichnis
AUERBACH Leo, Prof. Dr. Medizinische Universität Wien, Universitätsklinik für Frauenheilkunde Währinger Gürtel 18–20, 1090 Wien, Österreich E-Mail:
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DOMINKUS Martin, Prof. Dr. Universitätsklinik für Orthopädie, Medizinische Universität Wien, Allgemeines Krankenhaus Währinger Gürtel 18–20, 1090 Wien, Österreich E-Mail:
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BARECK Evelyne, Dr. Landesklinikum Wiener Neustadt, Abteilung für Allgemeinchirurgie Corvinusring 3–5, 2700 Wiener Neustadt, Österreich E-Mail:
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DORP vom Frank, Dr. Klinik und Poliklinik für Urologie. Universitätsklinik Essen Hufelandstraße 55, 45122 Essen, Deutschland E-Mail:
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BARTELS Holger, Prof. Dr. Leiter Chirurgische Intensivmedizin; Technische Universität München, Klinikum Rechts der Isar Ismaninger Straße 22, 81675 München, Deutschland E-Mail:
[email protected] BÖRGERMANN Christof, Dr. Klinik und Poliklinik für Urologie, Universitätsklinik Essen Hufelandstraße 55, 45122 Essen, Deutschland E-Mail:
[email protected] BRANSCHEID Detlev, Dr. Chefarzt, Abteilung für Thoraxchirurgie, Krankenhaus Großhansdorf, Zentrum für Pneumologie und Thoraxchirurgie Wöhrendamm 80, 22927 Großhansdorf, Deutschland E-Mail:
[email protected] BUDACH, Volker, Prof. Dr. Direktor der Klinik und Poliklinik für Strahlentherapie und Radioonkologie, Campus Mitte und Virchowklinikum, Charité Universitätsmedizin Berlin Augustenburger Platz 1, 13353 Berlin, Deutschland E-Mail:
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EGBERTS Friederike, Dr. Universitäts-Hautklinik Kiel, Klinik für Dermatologie, Venerologie und Allergologie Schittenhelmstr. 7, 24105 Kiel, Deutschland E-Mail:
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[email protected] END Adelheid, Prof. Dr. Medizinische Universität Wien, Univ. Klinik für Chirurgie, Abteilung für Herz-Thoraxchirurgie Währinger Gürtel 18–20, 1090 Wien, Österreich E-Mail:
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[email protected] FITZAL Florian, Prof. Dr. Abteilung für Allgemeinchirurgie, Medizinische Universität Wien, Allgemeines Krankenhaus Währinger Gürtel 18–20, 1090 Wien, Österreich E-Mail: florian.fi
[email protected] FRIESS Helmut, Prof. Dr. Direktor Chirurgische Klinik und Poliklinik, Klinikum rechts der Isar, Technische Universität München Ismaninger Strasse 22, 81675 München, Deutschland E-Mail:
[email protected] GNANT Michael, Prof. Dr. Professor für Chirurgie, stv. Vorstand der Universitätsklinik für Chirurgie Wien, Medizinische Universität Wien, Universitätsklinik für Chirurgie Währinger Gürtel 18–20, 1090 Wien, Österreich E-Mail:
[email protected] GOERLING Ute, Dipl.-Psych. Klinik für Chirurgie und Chirurgische Onkologie, Charité, Campus Berlin-Buch Lindenberger Weg 80, 13125 Berlin, Deutschland E-Mail:
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496
Autorenverzeichnis GORETZKI Peter E., Prof. Dr. Chefarzt Chirurgische Klinik I, Städtische Kliniken Neuss, Lukaskrankenhaus GmbH Preußenstraße 84, 41464 Neuss, Deutschland E-Mail:
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JAKESZ Raimund, Prof. Dr. Dr. h.c. Leiter, Klinische Abteilung für Allgemeinchirurgie, Medizinische Universität Wien Währinger Gürtel 18–20, 1090 Wien, Österreich E-Mail:
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GRÜNBERGER Birgit, Dr. 1. Med. Abteilung, Onkologie, Krankenanstalt Rudolfstiftung Juchgasse 25, 1030 Wien, Österreich E-Mail:
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KÄHLER Katharina C., Dr. Universitäts-Hautklinik Kiel, Klinik für Dermatologie, Venerologie und Allergologie Schittenhelmstr. 7, 24105 Kiel, Deutschland E-Mail:
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GRÜNBERGER Thomas, Prof. Dr. Hepatobiliary Service, Medizinische Universität Wien, Universitätsklinik für Chirurgie, Klinische Abteilung für Allgemeinchirurgie Währinger Gürtel 18-20, 1090 Wien, Österreich E-Mail:
[email protected] HAUSCHILD Axel, Prof. Dr. Klinik für Dermatologie, Venerologie und Allergologie, Leiter des Schwerpunktbereiches Dermatoonkologie und Operative Dermatologie, Universitätsklinikum Schleswig-Holstein – Campus Kiel Schittenhelmstraße 7, 24105 Kiel, Deutschland E-Mail:
[email protected] HAUSER Hubert, Prof. Dr. Klinische Abteilung für Allgemeinchirurgie, Medizinische Universität Graz Auenbruggerplatz 29, 8036 Graz, Österreich E-Mail:
[email protected] HEISS Agnes, Dr. Abteilung für Chirurgie, Kaiserin Elisabeth Spital Huglgasse 1–3, 1150 Wien, Österreich E-Mail:
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[email protected] HEITLAND Wolf, Prof. Dr. Chefarzt der Klinik für Visceral-, Thorax- und Gefässchirurgie, Städtisches Klinikum München Bogenhausen Englschalkinger Str. 77, 81925 München, Deutschland E Mail:
[email protected] HOTZ G. Hubert, Priv.-Doz. Dr. Chirurgische Klinik und Poliklinik I, Charité – Universitätsmedizin Berlin, Campus Benjamin Franklin Hindenburgdamm 30, 12200 Berlin, Deutschland E-Mail:
[email protected] HÜNERBEIN Michael, Prof. Dr. Klinik für Chirurgie und Chirurgische Onkologie, Charité Campus Buch Schwanebecker Chaussee 50, 13125 Berlin, Deutschland E-Mail:
[email protected] JÄGER Tobias, Dr. Universitätsklinikum Essen, Klinik für Urologie, Uroonkologie und Kinderurologie Hufelandstr. 55, 45122 Essen, Deutschland E-Mail:
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KANDIOLER Daniela, Prof. Dr., MBA Allgemein- Thorax- und Gefäßchirurgie Universitätsklinik für Chirurgie, Medizinische Universität Wien, Allgemeines Krankenhaus Währinger Gürtel 18–20, 1090 Wien, Österreich E-Mail:
[email protected] KLEEFF Jörg, Priv.-Doz. Dr. Chirurgische Klinik und Poliklinik, Klinikum rechts der Isar, Technische Universität München Ismaninger Str. 22, 81675 München, Deutschland E-Mail:
[email protected] KLEMPNAUER, Jürgen, Prof. Dr. Direktor der Klinik für Allgemein-, Viszeral- und Transplantationschirurgie, Medizinische Hochschule Hannover Carl-Neuberg-Strasse 1, 30625 Hannover, Deutschland E-Mail: klempnauer.jü
[email protected] KNOLLE Erich, Prof. Dr. Klinische Abteilung für Spezielle Anästhesie und Schmerztherapie, Medizinische Universität Wien Währinger Gürtel 18–20, 1090 Wien, Österreich E-Mail:
[email protected] KÖHLER, Christhardt, Prof. Dr. Leitender Oberarzt der Klinik für Frauenheilkunde, Campus Charité Mitte Charitéplatz 1, 10117 Berlin, Deutschland E-Mail:
[email protected] KOPF Andreas, Dr. Klinik für Anaesthesiologie Charité - Universitätsmedizin Berlin, Campus Benjamin Franklin Hindenburgdamm 30, 12200 Berlin, Deutschland E-Mail:
[email protected] KRETZSCHMAR Albrecht, Dr. Klinik für Hämatologie, Onkologie und Tumorimmunologie, HELIOS-Klinikum Berlin-Buch, Charité, Campus Buch Schwanebecker Chaussee 50, 13125 Berlin, Deutschland E-Mail:
[email protected] KÜHRER Irene, Prof. Dr. Universitätsklinik für Chirurgie, Wien, Medizinische Universität Wien Währinger Gürtel 18–20, 1090 Wien, Österreich E-Mail:
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[email protected] LANG Hauke, Prof. Dr., MA, FACS Direktor der Klinik und Poliklinik für Allgemein- und Abdominalchirurgie des Klinikums der Johannes GutenbergUniversität Mainz Saarstraße 21, 55099 Mainz, Deutschland E-Mail:
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Autorenverzeichnis LANGER Peter, Priv.-Doz. Dr. Klinik für Visceral-, Thorax- und Gefäßchirurgie Universitätsklinikum Gießen und Marburg GmbH Baldingerstraße, 35043 Marburg, Deutschland E-Mail:
[email protected] LÄNGLE Friedrich, Prim. Prof. Dr. Abteilungsvorstand für Allgemeinchirurgie, Landesklinikum Wiener Neustadt Corvinusring 3–5, 2700 Wiener Neustadt, Österreich E-Mail:
[email protected] LEHNER, Frank, Dr. Abteilung Allgemein-, Viszeral- und Transplantationschirurgie, Medizinische Hochschule Hannover Carl-Neuberg-Str. 1, 30625 Hannover, Deutschland E-Mail:
[email protected] LEITHNER Andreas, Prof. Dr. Univ. Klinik für Orthopädie, Medizinische Universität Graz, Auenbruggerplatz 7, 8010 Graz, Österreich E-Mail:
[email protected] LEODOLTER Sepp, o. Prof. Dr. Leiter der Klinischen Abteilung für Allgemeine Gynäkologie und gynäkologische Onkologie, Universitätsklinik für Frauenheilkunde, Medizinische Universität Wien, Allgemeines Krankenhaus Währinger Gürtel 18–20, 1090 Wien, Österreich E-Mail:
[email protected] LIEBESKIND Ulrich, Dr. Klinik für Chirurgie und Chirurgische Onkologie, Charité, Campus Berlin-Buch Lindenberger Weg 80, 13122 Berlin, Deutschland E-Mail:
[email protected] LINDNER Michael, Dr. Thoraxchirurgisches Zentrum München, Asklepios Fachkliniken München – Gauting, Klinikum Grosshadern, Ludwig Maximilians Universität München Robert Koch Allee 2–4, 82131 München, Deutschland E-Mail:
[email protected] LINK K. H., Prof. Dr. Direktor des Chirurgischen Zentrums, Chefarzt Abteilung Allgemein- und Viszeralchirurgie, Asklepios Paulinen Klinik Wiesbaden Geisenheimer Strasse 10, 65197 Wiesbaden, Deutschland E-Mail:
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497 MISCHINGER, Hans-Jörg, Prof. Dr. Leiter der Klinischen Abteilung für Allgemeinchirurgie, Universitätsklinik für Chirurgie, Medizinische Universität Graz, Landeskrankenhaus - Universitätsklinikum Graz Auenbruggerplatz 29, 8036 Graz, Österreich E-Mail:
[email protected] ÖFNER Dietmar, Prof. Dr., MSc. Klinische Abteilung für Allgemein- und Transplantationschirurgie, Medizinische Universität Innsbruck Anichstrasse 35, 6020 Innsbruck, Österreich E-Mail:
[email protected] PEHAMBERGER Hubert, Prof. Dr. Leiter der Klinischen Abteilung für Allgemeine Dermatologie, Universitätsklinik für Dermatologie, Medizinische Universität Wien, Allgemeines Krankenhaus Währinger Gürtel 18–20, 1090 Wien, Österreich E-Mail:
[email protected] PISO Pompiliu, Prof. Dr. Chirurgische Onkologie, Klinik und Poliklinik für Chirurgie der Universität Regensburg Franz Josef Strauß Allee 11, 93053 Regensburg, Deutschland E-Mail:
[email protected] POHL Peter-Philipp, Dr. Allgemein-,Viszeral-, Thorax- und Gefäßchirurgie, Chirurgische Klinik I, Lukaskrankenhaus Neuss Preussenstraße 84, 41464 Neuss, Deutschland E-Mail:
[email protected] RAAB Hans-Rudolf, Prof. Dr. Direktor der Klinik für Allgemein- und Viszeralchirurgie, Klinikum Oldenburg gGmbH Rahel-Straus-Str. 10, 26133 Oldenburg, Deutschland E-Mail:
[email protected] RAU Beate, Prof. Dr. Klinik für Chirurgie und Chirurgische Onkologie, Charité, Campus Buch Schwanebecker Chaussee 50, 13125 Berlin, Deutschland E-Mail:
[email protected] REINTHALLER Alexander, Prof. Dr. Abteilung für Gynäkologie & Gynäkologische Onkologie, Universitätsklinik für Frauenheilkunde, Medizinische Universität Wien, Allgemeines Krankenhaus Währinger Gürtel 18–20, 1090 Wien, Österreich E-Mail:
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MANN Markus, Dr. Abteilung Allgemein- und Viszeralchirurgie, Asklepios Paulinen Klinik Wiesbaden Geisenheimer Strasse 10, 65197 Wiesbaden, Deutschland E-Mail:
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RÜBBEN Herbert, Prof. Dr. Dr. h.c. Klinik und Poliklinik für Urologie. Universitätsklinik Essen Hufelandstraße 55, 45122 Essen, Deutschland E-Mail:
[email protected]
MARNITZ Simone, Priv.-Doz. Dr. Klinik für Strahlentherapie, Charité Universitätsmedizin Berlin, Campus CCM und CVK Charitéplatz 1, 10117 Berlin, Deutschland E-Mail:
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SCHATZL Georg, Prof. Dr. Universitätsklinik Wien, Leiter der Ambulanz für Prostata und Andrologie, Medizinische Universität Wien Währinger Gürtel 18–20, 1090 Wien, Österreich E-Mail:
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MEYER Hans-Joachim, Prof. Dr. Leiter der Klinik für Allgemein- und Visceralchirurgie, Städtisches Klinikum Solingen Gotenstraße 1, 42653 Solingen, Deutschland E-Mail:
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SCHENCK Marcus, Dr. Molekularbiologische und urologische Forschergruppe (MUF), Urologische Universitätsklinik Essen Hufelandstraße 55, 45122 Essen, Deutschland E-Mail:
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498
Autorenverzeichnis SCHLAG Peter Michael, Prof. Dr. Dr. h.c. Direktor des Charite Comprehensive Cancer Center Campus Charité Mitte Invalidenstraße 80, 10117 Berlin, Deutschland E-Mail:
[email protected] SCHNEIDER, Achim, Prof. Dr., M.P.H. Direktor der Klinik für Gynäkologie, Campus Benjamin Franklin und Campus Charité Mitte, Universitätsmedizin Berlin Charitéplatz 1, 10117 Berlin, Deutschland E-Mail:
[email protected] SCHUMACHER Guido, Priv.-Doz. Dr. Klinik für Allgemein-, Viszeral- und Transplantationschirurgie Charité Campus Virchow Klinikum Universitätsmedizin Berlin Augustenburger Platz 1, 13353 Berlin, Deutschland E-Mail:
[email protected] SCHWENK, Wolfgang, Prof. Dr. Stellvertretender Klinikdirektor, Universitätsklinik für Allgemein-, Viszeral-, Gefäß- und Thoraxchirurgie, Charité – Universitätsmedizin Berlin, Campus Mitte Charitéplatz 1, 10117 Berlin, Deutschland E-Mail:
[email protected] SPERLING Herbert, Priv.-Doz. Dr. Kliniken Maria Hilf GmbH, Klinik für Urologie Viersener Straße 450, 41063 Mönchengladbach, Deutschland E-Mail:
[email protected] STAMATIS Georgios, Prof. Dr. Chefarzt Thoraxchirurgie und thorakale Endoskopie, Ruhrlandklinik Essen-Heidhausen Tüschener Weg 40, 45239 Essen, Deutschland E-Mail:
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STIFT Anton, Prof. Dr. Universitätsklinik für Chirurgie, Abteilung für Allgemeinchirurgie, Medizinische Universität Wien, Allgemeines Krankenhaus Währinger Gürtel 18–20, 1090 Wien, Österreich E-Mail:
[email protected] TELEKY Béla, Prof. Dr. Klinische Abteilung für Allgemeinchirurgie, Universitätsklinik für Chirurgie, Medizinische Universtität Wien, Allgemeines Krankenhaus Währinger Gürtel 18–20, 1090 Wien, Österreich E-Mail:
[email protected] THETTER Olaf, Prof. Dr. Leitender Arzt der Thoraxchirurgie, Städtisches Klinikum München-Bogenhausen Englschalkingerstrasse 77, 81925 München, Deutschland E-Mail:
[email protected] TSCHMELITSCH Jörg, Prof. Prim. Dr., FACS Leiter der Abteilung für Chirurgie, Krankenhaus der Barmherzigen Brüder St. Veit/Glan Spitalgasse 26, 9300 St. Veit/Glan, Österreich E-Mail:
[email protected] TUNN, Per-Ulf, Dr. Klinik für Orthopädie und orthopädische Rheumatologie, HELIOS-Klinikum Berlin Buch Schwanebecker Chaussee 50, 13125 Berlin, Deutschland E-Mail:
[email protected] URE Christian, EOA. Dr. Zentrum für Lymphologie/Akut-Abteilung, LKH-Wolfsberg Paul Hackhoferstraße 9, 9400 Wolfsberg, Österreich E-Mail:
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STEIN Hubert J., Prof. Dr. Vorstand der Universitätsklinik für Chirurgie, Universitätsklinikum Salzburg der Paracelsus Privaten Medizinischen Universität Müllner Hauptstr 48, 5020 Salzburg, Österreich E-Mail:
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WENZL Etienne, Prof. Dr. Abteilung für Allgemein- und Thoraxchirurgie, LKH Feldkirch, Universitäres Lehrspital Carinagasse 47, 6800 Feldkirch, Österreich E-Mail:
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SUNGLER Paul, Priv.-Doz. Dr. Universitätsklinik für Chirurgie, Paracelsus Medizinische Privatuniversität, SALK Müllner Hauptstrasse 48, 5020 Salzburg, Österreich E-Mail:
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WINDHAGER Reinhard, Prof. Dr. Klinikvorstand der Universitätsklinik für Orthopädie, Medizinische Universität Graz, LKH , Universitätsklinikum Graz Auenbruggerplatz 5-7, 8036 Graz, Österreich E-Mail:
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STEINER Hannes, Priv.-Doz. Dr. Medizinische Universität Innsbruck, Abteilung für Urologie Anichstrasse 35, 6020 Innsbruck, Österreich E-Mail:
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ZACHERL Johannes, Prof. Dr. Medizinische Universität Wien, Universitätsklinik für Chirurgie Währinger Gürtel 18-20, 1090 Wien, Österreich E-Mail:
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STEININGER Rudolf, Prof. Dr. Abteilung für Transplantation, Universitätsklinik für Chirurgie, Medizinische Universität Wien, Allgemeines Krankenhaus Währinger Gürtel 18–20, 1090 Wien, Österreich E-Mail:
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Index
A A-Fetoprotein (AFP) 17, 150, 151, 185, 400, 473 Actin 288 Addison-Krise 356, 359, 362 Adenokarzinom des Pankreas 281 AFP. Siehe A-Fetoprotein Aktivität, körperliche 52 Akupunktur 51 Akutschmerzen, postoperative 72 Amsterdam-Kriterien 318 Analkanal 343 Analkarzinom 343, 347 – Altersgipfel 343 – Analkanalkarzinom 343 – Analrandkarzinom 347 – Exzision, lokale 347 – Antikörper 349 – Behandlungsalgorithmus 345 – Biopsie 349 – Brachytherapie, interstitielle 346 – Carcinoma in situ 343 – Chirurgie, palliative 348 – Beckenexenteration 348 – Kloakenbildung 348 – Computertomogramm 344 – CT des Beckens 349 – Endosonographie 344 – Excision, totale mesorektale (TME) 348 – Exzisionsbiopsie 347 – Hochrisiko-HPV-Typen (humane Papillomviren) 343 – HPV-Infektion 343 – intraepitheliale Neoplasien (AIN) 343 – Inzidenz 343 – Koloskopie 344 – Lappenplastik 349 – LK-Entfernung, inguinale 348 – M. Bowen 343 – M. Paget 343 – MRT 349 – Probeexzision 344 – Radiochemotherapie 345, 347, 348 – Komplikationen 348 – Technik 345 – Radiochemotherapie, kombinierte simultane 346
– Radiochemotherapie, primäre 346 – Rektumexstirpation, abdomino-perineale 348 – Rektumexstirpation, Salvageabdomino-perineale 347 – Resektion, abdominoperineale (APR) 346 – Rezidiv 348, 349 – Röntgen des Thorax 344 – Salvage 348 – Salvage-Operation 349 – Sentinel-Lymphknoten-Biopsie 348 – Sonographie der Leber 344 – Staging 344 – Strahlentherapie, adjuvante 346 – Strahlentherapie, definitive 346 – Symptomatologie 343 – TNM-System 343, 344 – Tumormarker 344 – Tumorresektion 346 Ann-Arbor-Klassifikation 260 Antigen, karzinoembryonales. Siehe CEA Apoptose 118 Applikation von Photosensibilisatoren (5-ALA) 9 APUD-Zellen 271 APUDome 271 Arzt-Patienten-Gespräch 23 ASA-Klassifikation 369 Asbest 152 Atonie, gastrointestinale 72, 73 Aufklärung 24, 27 Aufklärungsgespräch 23, 24, 26, 29 Ayurveda 47
B B-HCG 16, 150, 400, 473 Balint-Gruppen 25 Barrett-Frühbefunde 167 Barrett-Frühkarzinom 164 Barrettkarzinom 157, 162 Begleitung, psychologische 52 Begleitung, psychosoziale 25 Behandlung, ganzheitliche 48 Beta-Karotin 51 Bethesda-Kriterien 318 Bewegungstherapie 52 Bilharziose 375, 376
Bioimpedanzanalyse 56 Blut-Hirn-Schranke 42 Blutung, postmenopausale uterine 431 Body Mass Index (BMI) 55, 56 Brennnessel 52 Bronchialkarzinom 123 – 30-Tages-Mortalität 130 – Abklärung, kardiale 124 – Adenokarzinom 123 – Aspirationspneumonie 128 – Atemgymnastik 126 – Bilobektomie 126 – Bronchialkarzinom, nichtkleinzelliges 123 – Bronchoskopie 123, 129 – Bronchuskarzinom, kleinzelliges 123 – Bronchusstumpffisteln 128 – Bülaudrainage 128 – Chemotherapie, adjuvante 130 – Chemotherapie, neoadjuvante 125, 130 – Chirurgie, minimal invasive 130 – Empyeme 128 – Faktor, ätiologischer 123 – Früherkennung 123, 130 – Ganzkörperplethysmographie 123 – Hemiclamshell-Inzisionen 126 – Herzluxationen 128 – Indikationsstellung 127 – Interventionen, palliative bronchoskopische 130 – Argonplasmakoagulation 130 – Kryotherapie 130 – Laser 130 – Inzidenz 123 – Karzinom, adenosquamöses 123 – Karzinom, großzelliges 123 – Karzinom, sarkomatoides 123 – Komplikationen 127 – Krankenhausletalität 130 – Lebensqualität 130 – Lobektomie 126 – Lungenfunktion 130 – Lungenfunktionstraining 129 – Lungenperfusionsszintigraphie 124 – Lymphadenektomie 126
– Manschettenlobektomie 127 – Manschettenpneumonektomie 126 – Marker, genetischer 130 – Mediastinoskopie 125 – Mobilisation 128 – Mortalität 130 – Nachuntersuchung 129 – Nikotinkarenz 126 – Operation, bronchoplastische 126 – Pancoast-Tumoren 125, 126 – Perikardfensterung 129 – Plattenepithelkarzinom 123 – Pleuradrainage 130 – Pleurektomie 130 – Pneumonektomie 126, 127, 128, 130 – Prävention 130 – Primärprävention 130 – Punktion, CT-gezielte 123 – Radiofrequenzablation 130 – Radiosensitizern/Biomodulatoren 130 – Radiotherapie 130 – Recurrensparese 128 – Resektabilität 124, 126 – Resektion 126 – Resektion, erweiterte 126 – Resektion, palliative 129 – Screening 130 – Speicheldrüsenkarzinom 123 – Spirometrie 123 – Stadieneinteilung 125 – Staging 124 – Stenting der V. cava superior 130 – Strahlentherapie, neoadjuvante 125 – Strahlentherapie, palliative 130 – Talkumpleurodese 127, 129 – Therapie, adjuvante 129 – Chemotherapie 129 – Radiotherapie 129 – Therapie, photodynamische 130 – Therapie, physiotherapeutische und atemgymnastische 128 – Therapie, zielgerichtete 130 – Thorakotomie 127 – Thorakotomie, anterolaterale 126 – Thorakotomie, posteriore 126
500
c-KIT — Endometriumkarzinom – Thorakotomie, posterolaterale 126 – Thoraxchirurgie, videoassistierte 127 – Thromboseprophylaxe 128 – TNM-Klassifikation 125 – Tumormarker 129 – VATS-Lobektomie 130
C c-KIT 260 C-Peptid 272 CA 125 17, 409, 417, 421, 423, 428 CA 19-9 17, 167, 186, 222, 229, 245, 317, 428 Café-au-lait-Flecken 482 Cajal’sche Zellen 287 Cancer of unknown primary. Siehe CUP-Syndrom Carlens-Tubus 11 CASH. Siehe Chemotherapie-assoziierte Steato-Hepatitis Cavitron Ultrasonic Aspirator 206 CCC. Siehe Karzinom, cholangiozelluläres CD117 288 CD34-Positivität 288 CEA 17, 117, 167, 186, 202, 317, 339, 344 CgA. Siehe Chromogranin A Charlson-Score 369 Chemo-blue liver 209 Chemoembolisation, transarterielle 189, 196 Chemotherapie, hypertherme intraperitoneale Siehe HIPEC Chemotherapie-assoziierte Steato-Hepatitis 209 Chi 51 Child-Pugh-Score 188 Chirurgie, multimodale 69 Cholangitis, primär-sklerosierende (PSC) 229 Chondrosarkom 494. Siehe Knochentumor, maligner Chordom 494. Siehe Knochentumor, maligner Chorionkarzinom. Siehe Keimzelltumoren Chromogranin A 279 Chymotrypsin 50 Cimicifuga 52 Colon irritabile 261 Conn-Syndrom 356, 359 Coumestane 52 Creech 477 CUP-Syndrom 13 – Basisdiagnostik 16 – Erkrankungsgipfel 13 – Ganzhirnbestrahlung 19 – Hautmetastasen 20 – Hirnmetastasen 19 – Immunhistologie 14 – Inzidenz 13 – Karzinom, neuroendokrines 20
– Keimzelltumor, extragonadaler 20 – Knochenmetastasen 19 – Lebermetastasen 20 – Lymphknotenmetastasen, inguinale 19 – Therapie 19 – Lymphknotenmetastasen, supraklavikuläre 18 – Therapie 18 – Lymphknotenmetastasen, zervikale 18 – PET-CT 18 – Positronenemissionstomographie (PET) 18 – Therapie 18 – Mammakarzinom, okkultes 17, 18 – NECUP 20 – Polychemotherapieregime 21 – Primärtumor 13, 14 – Primärtumorsuche 15, 18 – Prognose 14, 17, 20 – Serumtumormarker 17 – Staging 17 – Wachstumskinetik, atypische 13 – Weichteilmetastasen 20 CUSA. Siehe Cavitron Ultrasonic Aspirator Cushing-Syndrom 353, 355, 359
D Daidzein 52 Deafferenzierungsschmerz 40 Degeneration, wallersche 40 Diagnostik, photodynamische (PDD) 9 Diuresereduktion, postoperative 72 Double-duct-Zeichen 243 Ductus Wirsungianus 274, 276, 278 Dünndarm 259, 261 – Adenokarzinom 259, 260, 261, 267, 268 – 131-Iod-Meta-Iodobenzylguanidin-Szintigraphie (MIBG) 262 – CT 262 – Dünndarm-Passage-Untersuchung nach Sellink 262 – Enteroskopie 262 – Gastroduodenoskopie 261, 262 – HNPPC-Syndrom, extrakolisches 259 – Indium-111-Octreotid-Szintigraphie 262 – Kapsel-Endoskopie 261 – Koloskopie 261 – MRT 262 – Prognose 268 – Push-Enteroskopie 261 – Therapie, adjuvante 268 – Therapie, neoadjuvante 268
– Adenokarzinom des Duodenums 263 – Duodenopankreatektomie, partielle 263 – Gastrinom 266 – Duodenotomie 266 – Hypergastrinämie 266 – Kocher-Manöver 266 – Octreotid 266 – Pankreaslinksresektion 266 – Y-Roux-Pankreatikojejunostomie 266 – Zollinger-Ellison-Syndrom 267 – Zugang 266 – Ileum 267 – Jejunum 267 – Kapselendoskopie 269 – Karzinoidkrise, perioperative 267 – H1- und H2-Rezeptorblockade 268 – Histamin 268 – Katecholamin 268 – Octreotid-Prophylaxe 267 – Serotonin 268 – Somatostatin-Prophylaxe 267 – Vasopressin 268 – Lymphom 260, 261 – NET 267, 268 – Neuroendokrine Tumoren des Duodenums 265 – Octreotid-Prophylaxe 267 – Papillenadenom, Papillenkarzinom 263 – Duodenopankreatektomie, partielle 263, 264 – Papillektomie, endoskopische (EP) 263 – Papillektomie, transduodenale 264 – Papillektomie, transduodenale (TDP) 263 – Polypose, familiäre adenomatöse 265, 268 – Duodenopankreatektomie, partielle 265 – Spigelman-Klassifikation 265 – Push-Enteroskopie 269 – Sarkom 261 – Somatostatin-Prophylaxe 267 – Strahlentherapie 268 – Stromatumor, gastrointestinaler 260, 261 – Targeted therapy 268 – TNM-Klassifikation 260 – Tumor, neuroendokriner 260 Dünndarmadenom 259 Duodenalkarzinom 259 Duodenopankreatektomie, partielle 262, 263, 264, 265, 267 – Mündungsstenose 267 Duodenopankreatektomie, sekundäre 267 Dysplasie, fibröse 482
E Echinacea 52 Einfühlungsvermögen 28 Elefantiasis 111 Empathie 28 EMR. Siehe auch Mukosaresektion, endoskopische Enchondrom 482 Endometriumkarzinom 431 – 5-Jahres-Überleben 431 – Abdominalsonographie 432 – Abrasio, fraktionierte 432 – Adenokarzinom 432 – Adnexektomie 433 – Adnexexstirpation 436 – Bestrahlung, perkutane 439 – Blutung, postmenopausale uterine 431 – Brachytherapie 438, 439 – Brachytherapie der Vagina 438 – Chemotherapie 439 – Computertomographie 432 – Debulking 436, 438 – Douglaslavage 434 – EIC. Siehe Endometriumkarzinom: Karzinom, endometriales intraepitheliales – Endometrium-Biopsie 432 – Erkrankungsalter 431 – Fernmetastasen 438 – FIGO-Klassifikation 432 – Früherkennungsuntersuchung 432 – Gestagenapplikation 437 – Heilungsrate 431 – HNPCC-Syndrom 431, 432 – Hormontherapie 431, 432 – Hyperplasie 432 – Hyperplasie, endometriale 433 – Hysterektomie, abdominale 433, 434, 436 – Hysterektomie, erweiterte radikale 436 – Hysterektomie, laparoskopisch-assistierte 439 – Hysterektomie, laparoskopisch assistierte radikale vaginale 439 – Hysterektomie, laparoskopisch assistierte vaginale 434 – Hysterektomie, prophylaktische 432 – Hysterektomie, radikale 433 – Hysterektomie, totale 436 – Hysterektomie, total laparoskopische 439 – Hysterektomie, vaginale 433, 434 – Hysterektomie Typ II, laparoskopisch assistierte radikale vaginale 435 – Hysteroskopie 432, 437 – Karzinom, endometriales intraepitheliales 432, 433 – Karzinom, klarzelliges 432, 433 – Karzinom, seröses 432, 433
Enhanced Recovery After Surgery — Gallengangskarzinom – – – –
Kernspintomographie 432 Kolpektomie 436 Kürettage 437 LAVH. Siehe Endometriumkarzinom: Hysterektomie, laparoskopisch assistierte vaginale – Lymphknotenmetastasen 437 – Lymphonodektomie 433–438 – Lymphonodektomie, laparoskopische 439 – Lymphonodektomie, systematische 438 – Omentektomie 436 – Parametrektomie, laparoskopisch-vaginale 436 – Peritonealzytologie, positive 436 – Positronenemissionstomographie 432 – Präkanzerose 432 – Radiatio, adjuvante 433 – Radiotherapie 438 – Rektoskopie 432 – Rezidiv 438 – Rezidivwahrscheinlichkeit 437 – Risikofaktoren 431 – Röntgen-Aufnahme 432 – Salpingoovarektomie 434 – Scheidenstumpfrezidiv 438 – Schnellschnittuntersuchung 433 – Screening 432 – Sentinel-Node-Biopsie 437, 439 – Sonographie, endovaginale 432 – Sonographie, transvaginale 432 – Strahlentherapie, perkutane 438 – Strahlentherapie, primäre 436 – Therapie, adjuvante 438 – Therapie, fertilitätserhaltende 437 – Thorax 432 – Trokarmetastasen 436 – Tumortypen 432 – Typ-I-Karzinom 431 – Typ-II-Karzinom 431 – Wertheim-Meigs-OP 433 – Zystoskopie 432 Enhanced Recovery After Surgery. Siehe Fast-track-Rehabilitation 69 Enhanced Surgical Treatment and Recovery Program 69 Enneking-Stadieneinteilung 484 Entspannungstechnik 52 Enzym, proteolytisches 50 Enzymtherapie 50 ERAS. Siehe Enhanced Recovery After Surgery Ernährung, präoperative 56 – Ernährung, enterale 57 – Ernährung, parenterale 56 – Indikationen 56
– Substanzen, immunmodulierende 57 Ernährungsberatung 52, 66 Ernährungsfistel 64 Ernährungstherapie 55 Ernährungstherapie, postoperative 57, 59, 64 – Adaptationsphase 64 – Ernährung, enterale 62, 64, 66 – Diabetesdiäten 63 – Diäten, chemisch definierte 63 – Diäten, nährstoffdefinierte 62 – Diäten, nierenadaptierte 63 – Sondendiäten, leberadaptierte 63 – Verdauungsintoleranz 64 – Ernährung, parenterale 59, 60, 63 – Aminosäuresubstitution 60 – Fettsäuren 61 – Gastrostomie 63, 64 – Linolsäure 61 – Proteolyse 60 – Spurenelemente 61 – Stickstoffbilanz 59 – Vitamine 61 – Zuckeraustauschstoffe 60 – Immunonutrition 64, 65 – Monitoring, metabolisches 64 – Überwachung 64 ESTREP. Siehe Enhanced Surgical Treatment and Recovery Program Ethanolinjektion, perkutane 189, 195 EUS. Siehe auch Ultraschalluntersuchung, endoskopische Evaluation 49 Evidence Based Medicine (EBM) 48 Ewing-Sarkom 488, 491, 492, 494 Ewing-Sarkom-Gruppe. Siehe Knochentumor, maligner Exploration, minimal invasive chirurgische 9 Exzision, totale mesorektale 334
F FAP. Siehe auch Polypose, familiäre adenomatöse; Siehe Polypose, familiäre adenomatöse Fast-track 69 Fast-track-Rehabilitation 69, 70, 73, 74, 75, 78, 246, 322 – Evidence-based Medicine 70 – Kolonkarzinom 74 – Bronchialkarzinom 78 – Maßnahmen, intraoperative 74 – Maßnahmen, postoperative 74 – Ösophagusresektion, transhiatale 77 – Rektumresektion 77
501 – Motivation 71 – Prinzipien 70 – Stressreaktion 72 Fastentest 272 FDG-PET 289 Fentanyl 43 FIGO-Klassifikation 409, 421–425, 432, 443 Fletcher-Klassifikation 290 Fogartykatheter 264 Future liver remnant 207
G Galens Viersäftelehre 47 Gallenblasenkarzinom 221 – Anastomose, bilio-digestive 226 – Ausbreitung 221 – Bestrahlung 223 – Chemotherapie 223 – Cholangiographie, perkutane transhepatische (PTC) 222 – Cholangiopankreatikographie, endoskopische retrograde (ERCP) 222 – Cholezystektomie 221, 224, 225, 227 – Cholezystektomie, prophylaktische 227 – Cholezystolithiasis 221, 222 – Duodenopankreatektomie 225 – Endosonographie 222 – Feinnadel-Aspirations-Zytologie 222 – Gefrierschnitt, intraoperativer 224 – Gefrierschnittuntersuchung, intraoperative 221 – Hemihepatektomie 225 – Ikterus 222 – Impfmetastasen 225 – Inzidenz 221 – Laparoskopie 222, 225 – Lymphadenektomie 225, 227 – Magnetresonanz-Cholangiopankreatikographie (MRCP) 222 – Metastasierung, hämatogene 222 – Morphologie 221 – Peritonealkarzinose 222 – Pfortaderembolisation 223 – Prognose 225 – Resektion 225 – Resektion, radikale 223, 224 – Risikofaktoren 221 – Schmerzpalliation 226 – Sonographie 222 – Stadienzuordnung 223 – Symptome 222 – Therapie, adjuvante 226 – Bestrahlung 226 – Chemotherapie 226 – Therapieoptionen, adjuvante 223 – Tumordebulking 225 – Tumormarker 222 – Verschlussikterus 223, 226
– Gallengangsdrainage 226 Gallengangskarzinom 229 – 3-Phasen-Spiral-CT 230 – Anastomose, biliodigestive 237 – Antikörper, rezeptorblockierende 238 – Bestrahlung 237, 238 – Bilhämie 233 – Brachytherapie 238 – CA 19-9 229 – CCC 230 – Chemotherapie 237, 238 – Chemotherapie, adjuvante 236 – Cholangiographie, endoskopische retrograde (ERC) 231 – Cholangiographie, perkutane transhepatische (PTC) 231 – Cholangitis, primär-sklerosierende (PSC) 229 – COX-2-Antagonist 238 – CT 231 – Dekompression des linksseitigen Gallengangssystems 233 – Cholangiodrainage, perkutane (PTCD) 233 – Stent 233 – distales 229, 237 – Anastomose, biliodigestive 237 – Prognose 236 – Embolisation 232 – Embolisation, vaskuläre 232 – Embolisation, arterielle 233 – Embolisation, interventionelle 233 – Pfortaderembolisation 232 – Galleleckage 236 – Drainage, intraduktale 236 – Spülkatheter 236 – Yamakawa-Drainage 236, 237 – Gallengangskarzinome, distale 236 – Gallengangsstenosen 229 – Hämobilie 233 – Hemihepatektomie 233 – Hypersplenismus, sekundärer 229 – Ikterus 229, 237 – Inzidenz 229 – Karzinom, intrahepatisches cholangiozelluläres (CCC) 229 – Klatskin-Tumor 229, 230, 231, 232, 235, 237, 238 – Einteilung nach BismuthCorlette 232 – Stent 237 – Therapiekonzept, multimodales 238 – Kombinationstherapie 237, 238 – Leberinsuffizienz 236 – Lebertransplantation 233, 237 – Leberzirrhose 230
502
Gallengangsobstruktion —Karzinoiskrise, perioperative – Magnetresonanz-CholangioPankreatographie (MRCP) 231 – MRT 231 – Obstruktion der Gallenwege, tumorbedingte 237 – Papillenkarzinom 229 – PET 232 – Photosensitizer 237 – PSC 231, 238 – Radiochemotherapie, neoadjuvante 237 – Resektion 233, 234 – CCC 234 – Hepatikojejunostomie 234, 236 – Karzinome des distalen Gallengangs 235 – Klatskin-Tumor 235 – Lymphadenektomie 234, 236 – Pankreaskopfresektion 235 – Rezeptortyrosinkinase 238 – Splenomegalie 229 – Stent 237 – Subtypen 229 – TNM-Klassifikation 232 – Trisektorektomie 230, 231, 233, 235 – Tumormarker 229, 237 – Volumetrie 230 – Yamakawa-Drainage 236, 237 – zentrales 229 – Zirrhose 229 Gallengangsobstruktion 243 Gardner-Syndrom 318, 467 Gastric dumping 247 Gastrin 279 Gastrinom 261, 271 Gastrinomdreieck 266, 277 Gastrostomie, perkutane endoskopische (PEG) 63, 64 Gefrierschnittdiagnostik 468 Genistein 52 Gesprächsleitfaden 27 Gingko 52 Ginseng 52 GIST. Siehe Stromatumoren, gastrointestinale Gleason-Score 372 Glukagon 279 Glukagonom-Syndrom 272 Gymnastik 52
H Hämangiom, kutanes 482 Hämangiosarkome 185 Harnblasenkarzinom 375, 379 – 2-Naphthylamin 375 – Acetat-PET 377 – Adenokarzinom 376 – Antibiose 381 – Ausscheidungsurogramm 377 – Bilharziose 375, 376 – Carcinoma in situ 377 – Chemo-Radiotherapie, neoadjuvante 377
– Chemotherapie, adjuvante 380 – Chemotherapie, neoadjuvante 377 – Chemotherapie, topische 378, 382 – Cholin-PET 377 – CT-Urographie 377 – Dauerkatheter 378 – Diagnostik, photodynamische 378 – FDG-PET 377 – Harnableitung, inkontinente 380 – Conduit 380 – Ileum-Conduit 380 – nasses Stoma 380 – Harnableitung, kontinente 379 – Neoblase 379, 380 – Pouch, heterotoper 379 – Pouch, orthotoper 379 – High-grade-Tumor, nicht invasiver 377 – High-grade-Tumoren 377, 383 – Immuntherapie 381 – Bacille Calmette-Guerin (BCG) 381 – Instillationstherapie 381 – Inzidenz 375 – Karzinogenese 375 – Keyhole-limpet hemocyanin (KLH) 382 – Low-grade-Karzinom, nicht invasives 377 – Low-grade-Tumoren 377 – Makrohämaturie 377 – Metastasen 382 – MVAC-Protokoll 382 – Polychemotherapie 382 – MR-Urographie 377 – Neoblasenentleerung 381 – papilläre urotheliale Neoplasie mit niedrig malignem Potenzial (PUNLMP) 377 – Plattenepithelkarzinom 376 – Prävalenz 375 – Predictive assays 383 – Radiochemotherapie 382 – Radiotherapie, primäre 382 – Resektion, transurethrale 382 – Resektion, transurethrale (TUR) 378, 380 – Harnstauungsniere 380 – Perforation der Harnblasenwand 380 – Rezidiv 383 – Risikofaktoren 383 – Single-shot-Chemotherapie 381 – Sonographie 377 – Strahlenblase 382 – TNM 377 – Tumormarker 377 – Urachuskarzinom 376 – Urothelkarzinom 375, 376, 377 – Wachstumsmuster 376
– Zigarettenkonsum 375 – Zystektomie 377, 378, 380, 381 – Nachkontrolle 381 – radikale 378, 382 – Stenose 380 – Urethralavage 381 – Urinleck 380 – Vitamin B12-Spiegel 381 HCC. Siehe Karzinom, hepatozelluläres Heilverfahren, fernöstliche 47 Hemikolektomie 267 Hepatoblastom 185 Hereditary non polyposis colorectal cancer syndrome 259, 318, 431, 432 Hickman-Katheter 61, 62 High-risk-Humane-Papillomaviren 409 HIPEC. Siehe Peritonealkarzinose: Chemotherapie, hypertherme intraperitoneale Histiozytom, malignes fibröses. Siehe Knochentumor, maligner HNPCC. Siehe Hereditary non polyposis colorectal cancer; Siehe Karzinom, hereditäres nichtpolypöses kolorektales Hochdosistherapie 51 Hochrisiko-HPV-Typen (humane Papillomviren) 343 Hodentumor 399 – AFP 400 – b-HCG 400 – Chemotherapie 402 – Chemotherapie, adjuvante 406 – CT 400 – FDG-PET 400 – Fertilität 400 – Growing-Teratoma-Syndrom 405 – Gynäkomastie 399 – Hochdosis-Chemotherapie 407 – Hodenprothesenimplantation 401 – Hydrocele 399 – IGCCG-Klassifikation 400, 403 – Inzidenz 399 – Keimzelltumor 399 – Keimzelltumor, nicht-seminomatöser 400 – Klinefelter-Syndrom 399 – Knochenmetastasen 407 – Kryptorchismus 399 – LDH 400 – Lymphadenektomie, laparoskopische retroperitoneale 405 – Lymphadenektomie, retroperitoneale (RLA) 401, 403, 406 – Bridenileus 406 – Ejakulationsstörungen 406 – Komplikationen 406 – Lymphaszites 406 – Lymphocelen 406
– – – – –
Lymphknotenbefall 400 Metastasierung 400 Nicht-Keimzelltumor 399 Nicht-Seminom 399 Orchiektomie 400, 401, 402, 406 – Hodenbiopsie, kontralaterale 403 – Komplikation 406 – Radiochirurgie 407 – Risikofaktoren 399 – Schädel-CT 400 – Schädel-MRT 400 – Semikastration, inguinale 402 – Seminom 399, 400 – Tumormarker 400 – Sonographie 400 – Spermien-Kryokonservierung 400 – Split and roll-Technik 405 – Strahlentherapie 406, 407 – Symptome 399 – testikuläre intraepitheliale Neoplasie (TIN) 402 – Therapie, neoadjuvante 400 – Thorax-Röntgen 400 – TIN 403, 406 – TNM-Klassifikation 400, 401 – Tumormarker 402 Homöopathie 48 Homöostase 72, 78 Hopfen 52 HPV 418. Siehe High-risk-Humane-åPapillomaviren HPV-Impfung 447 HPV-Infektion 343, 441, 446 Hungerversuch 272 Hydromorphon 43 Hypergastrinämie 266 Hyperinflammation, systemische (SIRS) 57, 59 Hyperinsulinismus 272 Hyperparathyreoidismus 83, 84 Hyperthermie 51 Hypoglycaemia factitia 272 Hysterektomie, prophylaktische 432
I Ikterus, obstruktiver 243 Imamura-Angiographie 277, 282 Infusionstherapie 59, 60 – Ernährung, parenterale 60 Insulin 272, 279 Insulin-Glukose-Quotient 272 Insulinom 271, 272 Inzidentalom 351, 354, 359 IOUS. Siehe auch Sonographie, intraoperative Isaacson-Klassifikation 260 Isoflavone 52
K Karnofsky-Index 16, 154 Karzinoidkrise, perioperative 267 Karzinoidsyndrom 261
Karzinoidsyndrom — Kolonkarzinom Karzinom, cholangiozelluläres 185 Karzinom, embryonales. Siehe Keimzelltumoren Karzinom, hepatozelluläres 185 Karzinom, hereditäres nichtpolypöses kolorektales 259 Karzinom, intrahepatisches cholangiozelluläres (CCC) 229 Karzinom, kolorektales 308 – Peritonealkarzinose 308 Katabolie 58 Kausch-Whipple-Operation 247 Kava Kava 52 Keimzelltumoren 150, 151 – a-Fetoprotein (AFP) 150 – b-HCG (beta-humanes Choriongonadotropin) 150 – b-humanes Choriongonadotropin (b-HCG) 150 – Biopsie, videothorakoskopische 150 – Gynäkomastie 150 – LDH 151 – Mediastinotomie 150 – nicht-seminomatöse 150 – „Salvage“-Chemotherapie 151 – AFP 150, 151 – b-HCG 150, 151 – Chemotherapie 150, 151 – Dottersacktumoren 150 – Klinefelter-Syndrom 150 – Prognose 150 – Resektion 151 – Therapie, palliative 151 – Tumorpersistenz 151 – Prognose 152 – Punktion 150 – Seminome 150 – AFP 150 – b-HCG 150 – Bestrahlung, postoperative 150 – Chemotherapie 150 – Resektion 150 – Toxizitäten, Chemotherapieassoziierte 151 – Tumormarker 151 Keyhole-limpet hemocyanin (KLH) 382 KIT 290 kit-(CD 117) 287 Klassifikation von Fletcher 288 Klatskin-Tumor 229 Klinefelter-Syndrom 115, 150, 399 Knoblauch 52 Knochenmetastasen 481–485, 492, 494 – Embolisation 494 – PSA 482 – Radiofrequenzablation 494 – Therapie 485 Knochentransplantat 486 – Allograft, artikulierendes 486 – Allograft, homologes 489 – Composit-Allograft 489 – Ewing-Sarkom 488, 491
– Bestrahlung 491 – Chemotherapie, adjuvante 491 – Regressionsgrad nach Salzer-Kuntschik 491 – homologes 486 – Hydroxylapatit 489 – PMMA 489 – Rekonstruktion, biologische 486 – Revisionsendoprothese 489 – Trikalziumphosphat 489 – Tumorendoprothese 489 – Verbundosteosynthese 489 Knochentumor, benigner 482, 485, 486, 492 – Adjuvantien 486 – Alkohol 486 – Ethibloc 493 – Ganzkörperknochenszintigraphie 482 – Knochenzement 486 – Kürettage 485 – laserinduzierte Thermoablation von Osteoidosteomen 492 – Nachsorge 492 – Phenol 486 – PMMA. Siehe Knochentumor, benigner: Polymethylmetacrylat – Polymethylmetacrylat 486 – Punktion und Instillation von Methylprednisolonacetat 492 – Radiofrequenzablation 492 – Resektion, intraläsionale 485 – Resektion, marginale 485 – Strategie, operative 485 – Therapieverfahren, minimal invasives 492 Knochentumor, maligner 481, 482, 483, 485, 486, 492, 494 – 64-Zeilen-CT 484 – Amputation 486 – Angiographie 482 – Bestrahlung 492 – Biopsie, CT-gezielte 483 – Chemotherapie 492 – Chondrosarkom 481, 494 – Chordom 481, 494 – CT 484 – Embolisation, präoperative 484 – Enchondrom 482 – Ewing-Sarkome 481, 484, 485, 492, 494 – Bestrahlung, präoperative/ postoperative 484 – Chemotherapie, präoperative 484 – Exzisionsbiopsie 483, 484 – Feinnadelaspirationsbiopsie 483 – Ganzkörperknochenszintigraphie 482, 484 – Gipsmieder 491 – Histiozytom, malignes fibröses 481 – Infiltration des N. ischiadicus 486
503 – – – – – – –
Inzisionsbiopsie 483 MRT 484 Nadelbiopsie 483 Neutral-Null-Methode 481 Orthese 491 Osteochondrom 482 Osteosarkom 481, 484, 485, 494 – Chemotherapie, präoperative 484 – Osteosarkom, malignes 490 – Chemotherapie, adjuvante 490 – PET. Siehe Knochentumor, maligner: Positronenemissionstomographie – Phlebographie 484 – Phosphatase, alkalische 482 – Positronenemissionstomographie 494 – Resektion, radikale 485 – Resektion, weite 485 – Serumcalcium 482 – Skip-Metastasen 482 – Stadieneinteilung nach Enneking 484 – Stanzbiopsieverfahren 483 – Symptome 481 – Umkehrplastik 486 – Ureterschiene 485 Kolonkarzinom 315–329 – Adenom, polypoides 316 – Adenom, tubuläres 317 – Adenom, villöses 317 – Adenom-Karzinom-Sequenz 316, 317 – Adenome 317, 323 – Entartungsrisiko 317 – Typ 317 – Aktivität, körperliche 315 – Amsterdam-Kriterien 318 – Antikörper, monoklonaler 327 – Antiphlogistika, nichtsteroidale 315 – Aspirin 315 – Präventiveffekt 315 – Belastung, familiäre 316 – Bethesda-Kriterien 318 – Bevacizumab 327 – Blutungsanämie 319 – Cetuximab 327 – Chemotherapie, neoadjuvante 326 – Chemotherapie, präoperative 318 – Colitis ulcerosa 318, 323 – Karzinomhäufgkeit 318 – Proktokolektomie 323 – Dysplasie 315, 318 – Ernährungsgewohnheiten 315 – FAP. Siehe auch Kolonkarzinom: Polypose, familiäre adenomatöse – Therapie 323 – Fernmetastasierung 326 – Gardner-Syndrom 318 – Hämocculttest 315
– Hemikolektomie 319–323, 320, 321, 324 – Hereditary non polyposis colorectal cancer 318 – HNPCC. Siehe Kolonkarzinom: Hereditary non polyposis colorectal cancer – Therapie 323 – Ileus 319 – Inzidenz 315 – LITT 327 – Lloyd-Davis-Lagerung 319 – Mehrfachkarzinom 323 – Morbus Crohn 318 – Entartungsrisiko 318 – Neoplasie, intraepitheliale 315, 317, 318 – Deletionen 316 – Mutationen 316 – Tumorsuppressorgen 316 – Neuerkrankungen, jährliche 315 – No touch-isolation-technique 324 – Polypen 324 – Polypen, adenomatöse 316 – Polypose, familiäre adenomatöse 315, 317 – Amsterdam-Kriterien 318 – APC-Gen 318 – Bethesda-Kriterien 318 – Gardner-Syndrom 318 – HNPCC. Siehe Kolonkarzinom: Polypose, familiäre adenomatöse: Hereditary non polyposis colorectal cancer – Turcot-Syndrom 318 – Primärprävention 315, 316 – Radikalität 324 – Resektion, multiviszerale 323 – Resektion von Fernmetastasen 323 – RFA 327 – Sekundärprävention 315 – Sentinel-Node-Biopsie 317, 327 – Strahlentherapie 326 – Strahlentherapie, präoperative 318 – Targeted Therapies 327 – Therapie, adjuvante 325, 328 – Behandlungsregime 325 – Indikation 325 – Therapie, chirurgische 319 – Adenom mit pT1-Karzinom 320 – Anastomosestrikturen 325 – Antibiotikaprophylaxe, perioperative 325 – Betreuung, psychosoziale 326 – Colon ascendens 320 – Colon descendens 321 – Colon transversum, proximales 321 – Ergebnisqualität 327 – Fast-track 322, 325 – Flexur, rechte 321
504
Kommunikation — Lebertumoren, maligne – – – – – – – – – –
Gesamtüberlebensrate 327 Kolonflexur, linke 321 Komplikationen 324, 325 Langzeitergebnisse 322 Lokalrezidivrate 327 Morbidität 324, 327 Mortalität 324, 325, 327 Sigma 321 Transversumkarzinom 321 Überlebensrate, krankheitsfreie 327 – Zökum 320 – Therapie, palliative 327 – Therapieplanung 316 – TNM-System 316 – Tumormarker 317 – Turcot-Syndrom 318 – Verfahren, bildgebende 317 – Vorbereitung, präoperative 319 – Antibiotikaprophylaxe, perioperative 319 – Darmspülung, orthograde 319 – Lloyd-Davis-Lagerung 319 – Vorgehen, laparoskopisches 321, 322, 323 – Ausschlusskriterien 323 Kommunikation 23, 29 Kommunikation, interdisziplinäre 24 Kommunikationsprobleme 23 – Ausweichstrategien 23 Konisation 414 Krankheitsbewältigung 26 Krankheitstheorien 47 Krebsdiät 52 Krementz 477 Kübler-Ross 26 Kurabilität 7
L Laparoskopie 7 Laparoskopie, diagnostische 8, 10 – bei Portmetastasen 10 – Hauptindikation 10 – Komplikationen 10 – Lymphknotenstationen 8, 11 – Lymphknotenstationen, mediastinale 10 – Sonographie, laparoskopische 8 – Stanzbiopsie, laparoskopische 9 – Technik 8 – Trendelenburglagerung 8 – Verress-Nadel 8 Laparotomien, explorative 10 Lasertherapie, interstitielle 189 Lebensenergie 51 Lebermetastasen, kolorektale 201 – Antikörper gegen Vascular Endothelial Growth Factor (VEGF) 202 – Argonstrahl-Koagulation 209 – CA 19-9 202
– CASH. Siehe Lebermetastasen, kolorektale: Chemotherapieassoziierte Steato-Hepatitis – Cavitron Ultrasonic Aspirator 206 – CEA 202 – chemo-blue liver 209 – Chemotherapie, adjuvante 209 – Chemotherapie, postoperative 202 – Chemotherapie, präoperative 202 – Chemotherapie-assoziierte Steato-Hepatitis 209 – Chronopoly-Chemotherapie, neoadjuvante systemische 209 – CUSA. Siehe Lebermetastasen, kolorektale: Cavitron Ultrasonic Aspirator – Downsizing 209 – EGFR. Siehe Lebermetastasen, kolorektale: Endothelial Growth Factor Receptor – Embolisation, portalvenöse 207 – Endothelial Growth Factor Receptor 202 – FolFox. Siehe Lebermetastasen, kolorektale: ChronopolyChemotherapie, neoadjuvante systemische – Future liver remnant 207 – Hyperthermie 210 – Knochenszintigraphie 202 – Kryotherapie 210 – Laparoskopie, diagnostische 201 – Laserfrequenzablation 210 – Laserfrequenzapplikation 210 – Laser Induced Thermal Therapy 208 – Lebermetastasen-Rezidiv 209 – Lebermetastasenresektion 205 – Leberresektion 202 – Leberresektion, zweizeitige 208 – Lebertransplantation, orthotope 207 – LITT. Siehe Lebermetastasen, kolorektale: Laser Induced Thermal Therapy – PET. Siehe Lebermetastasen, kolorektale: Positronenemissionstomographie – Positronenemissionstomographie 202 – Radiofrequenzablation 210 – Radiofrequenzablation, intraoperative 208 – Radiofrequenzapplikation 210 – Re-Resektion 208 – Resektabilität 201 – Resektabilität, primäre 205 – Resektabilität, sekundäre 207 – Resektion 205, 206, 208, 210 – Ablauf 205 – Komplikationsrate 208
– Response Prediction 211 – Rezidivmetastasen 208 – RFA. Siehe Lebermetastasen, kolorektale: Radiofrequenzablation, intraoperative – Schädel-CT 202 – Sonographie, laparoskopische 201 – Staging, präoperatives 201 – targeted agents 211 – Therapie, neoadjuvante 203, 204, 205, 208 – Thorax-CT 201 – Ultraschalldissektion 209 – Vascular Endothelial Growth Factor 202 – VEGF. Siehe Lebermetastasen, kolorektale: Vascular Endothelial Growth Factor – VEGF-Inhibitoren (Bevacizumab) 210 – Voraussage-Score 211 – Fong 211 – Nordlinger 211 Lebermetastasen, nonkolorektale 215 – Adhäsionsfaktoren 218 – Aminopyrin-Atemtest 217 – Apoptosemarker 218 – Chemotherapie, palliative 217 – Hitzeschockproteine 218 – ICG-Clearance 217 – Indocyanin-ICG-Retentionstest 217 – Intestinoskopie 216 – Klassifikation nach ChildPugh 217 – Koloskopie 216 – Krankheitsverarbeitung 218 – Leberresektion 215, 218 – Indikation 216 – Indikation bei nichtneuroendokrinen Karzinomen 215 – Lebertransplantation 216 – LITT. Siehe Lebermetastasen, nonkolorektale: Thermoablation, laserinduzierte – Metastasenresektion neuroendokriner Lebermetastasen 216 – Pfortaderembolisation, präoperative 217 – Indikation 217 – PVE. Siehe Lebermetastasen, nonkolorektale: Pfortaderembolisation, präoperative – Radiofrequenzablation 218 – Resektion, palliative 216 – Resektionsausmaß 217 – RFA. Siehe Lebermetastasen, nonkolorektale: Radiofrequenzablation – Risiko, operatives 217 – Staging 216 – Therapie, adjuvante 217 – Thermoablation, laserinduzierte 218 – Transkriptionsfaktoren 218 Lebertransplantation 281
Lebertumoren, maligne 185–199 – a-Fetoprotein 185 – Abdomensonographie 186 – AFP. Siehe auch Lebertumoren, maligne: a-Fetoprotein – Alkoholinjektion, perkutane 196 – Anamnese 185 – Anastomose, biliodigestive 192 – Schienung, transanastomotische 192 – Antigen, karzinoembryonales 186 – Behandlungsverfahren, ablative 189 – Bluttransfusion, intraoperative 191 – Blutverlust, intraoperativer 191 – Bridging-Verfahren 189 – CA 19-9 186 – CCC. Siehe auch Lebertumoren, maligne: Karzinom, cholangiozelluläres – CEA. Siehe auch Lebertumoren, maligne: Antigen, karzinoembryonales – Chemoembolisation, transarterielle 189, 196 – sequentielle 196 – simultane 196 – Computertomographie des Abdomens 186 – Computertomographie des Thorax 186 – Differentialdiagnose 186 – Ethanolinjektion, perkutane 189, 195 – Gefäßresektion 192 – Arteria hepatica 192 – Pfortader 192 – Veneninterponat, allogenes 192 – HCC. Siehe auch Lebertumoren, maligne: Karzinom, hepatozelluläres – Hypertrophieinduktion 190 – IOUS. Siehe auch Lebertumoren, maligne: Sonographie, intraoperative – Karzinom, cholangiozelluläres 185 – Hepatikusgabel 192 – Inzidenz 185 – Lebertransplantation 188 – Resektion 188 – Karzinom, hepatozelluläres 185 – Bevacizumab 197 – Chemotherapie, palliative 197 – Inzidenz 185 – Lebertransplantation 188, 189 – Milan-Kriterien 198 – Milano-Kriterien 188 – Resektion 188, 189 – Sorafenib 197
Lektine — Magenkarzinom
– – – –
–
– – – – – – – – – – – – – – – –
– – – –
– UCSF-Kriterien 198 – Zirrhose 188, 189 Knochenszintigraphie 186 Kryotherapie 196 Lasertherapie, interstitielle 189 Leberfunktion 187 – 2D-CT 187 – 2D-MRT 187 – Galaktose-Eliminationskapazität 187 – Hypertension, portale 188 – ICG-Clearance 187 – Lebervolumen, funktionelles 187 – MEGX-Test 187 – Vaskularisation 187 – Zirrhoseleber 188 Leberresektion 191, 194, 198 – Gallefistel 194 – Galleleckagen 194 – Komplikationsrate 193 – Leberinsuffizienz 194 – Leberunterstützungsverfahren 195 – Letalität 193, 197 – Morbidität 193, 197, 198 – Mortalität, perioperative 193 – Nachblutungen 194 – Thrombosen 194 Leberresektion, frontale 192 Leberresektion, laparoskopische 193 Lebertransplantation 188, 195, 197 – Rehabilitation 195 LITT 196. Siehe auch Lebertumoren, maligne: Lasertherapie, interstitielle Lymphadenektomie 190 Okklusion, totale vaskuläre 191 Parenchymdissektion 191 Parenchymhypertrophie 189 PEI 197. Siehe auch Lebertumoren, maligne: Ethanolinjektion, perkutane Pfortaderembolisation oder -ligatur 189 Präkonditionierung, ischämische 191 Pringle-Manöver 191 Prognose 195 Resektionen, atypische, nichtanatomische 191 Resektionsverfahren, anatomische 190 RFA 196, 197. Siehe auch Lebertumoren, maligne: Thermoablation, radiofrequenzinduzierte Sonographie, intraoperative 190 Staging-Laparoskopie 186 Symptome 185 TACE 197. Siehe auch Lebertumoren, maligne: Chemoembolisation, transarterielle
505 – Therapie, adjuvante 195 – Thermoablation, radiofrequenzinduzierte 189 – TNM-Klassifikation 186 – Tumorbestrahlung 197 – Glas-Mikrosphären, Yttrium-90-markierte 197 – Tumorrezidiv 198 – Rapamycin 198 – Tumorrezidive 195 – TVO. Siehe auch Lebertumoren, maligne: Okklusion, totale vaskuläre – Verschlussíkterus 190 – Gallengangsdrainage, präoperative 190 – Zweitleberresektion 192 Lektine 50 Li-Fraumeni-Syndrom 467 Lignane 52 LITT 327. Siehe auch Lasertherapie, interstitielle Lungenmetastasen 133 – Biopsie 134 – Blutversorgung 133 – Bronchodilatatoren 141 – Bronchoskopie, diagnostische 134 – Chemoembolisation 135 – Chemotherapie, adjuvante 140 – Chemotherapie, palliative 141 – Chemotherapie, präoperative 135, 142 – Computertomographie 133 – HELIX-Spiral-CT 133 – Low-dose-Spiral-CT 134 – Feinnadelpunktion 135 – Feinnadelpunktion, CT-gestützte 134 – FEV1-/FVC 135 – hämatogene 133 – Kriterien, prognostische 133 – Lungenfunktion 140 – Lungenperfusionsszintigraphie 135 – Lungenventilationsszintigraphie 135 – Lymphadenektomie 140 – Lymphangiosis carcinomatosa 133 – Lymphknotendissektion 142 – lymphogene 133 – Magnetresonanztomographie 134 – Metastasenchirurgie 133, 135, 140, 141, 142 – 5-JÜR 141 – Komplikationsraten 140 – Morbidität 142 – Mortalität 140, 142 – Nd:YAG-Laser 140 – palliative 141 – Rethorakotomie 140 – Rezidivhäufigkeit 141 – Nachsorge 141 – Nikotinkarenz 141 – PA CO2 135 – Physiotherapie 141
– Pilzpneumonie 141 – Positronenemissionstomographie 134 – Radiofrequenzablation, perkutane 141 – Resektion 137 – Indikationsstellung 137 – Lobektomie 140 – Methoden 139 – Nd:YAG-Laser 139 – Pneumonektomie 140 – Rezidivlungenmetastasen 137 – Stapler-Gerät 139 – Sternotomie, mediane 137 – Thorakotomie, laterale 138 – Thorakotomie, transversale 137 – Wedgeresektion 140 – Zugangsweg, minimal invasiver 138 – Strahlentherapie, präoperative 135 – Thermotherapie, laserinduzierte interstitielle 141 – Thoraxröntgen 134 – Vorbereitung, präoperative 136 – Wedge-Resektion, thorakoskopische 139 Lymphadenektomie – Lymphadenektomie, retroperitoneale 404 Lymphknotendissektion 456 Lymphödem 50
M Maffucci-Syndrom 482 Magenkarzinom 173–184, 310 – 30-Tage-Krankenhausletalität 182 – Abdomen 176 – Anamnese 174 – Antibiotikaprophylaxe, perioperative 177 – Antikörper, monoklonale 183 – Beratung, diätetische 181 – Borrmann-Klassifikation 173 – Chemo- oder Radiotherapie, adjuvante 180 – Chemotherapie, palliative 182 – Chemotherapie, präoperative 183 – Chromoendoskopie 181 – CT 176 – Down-sizing 176 – Down-staging 176 – EMR. Siehe auch Magenkarzinom: Mukosaresektion, endoskopische – Endoskopie 174 – Endosonographie 181 – Epiduralanästhesie, thorakale 177 – EUS. Siehe auch Magenkarzinom: Ultraschalluntersuchung, endoskopische
– Gastritis 173 – atrophe 173 – autoimmune 173 – H. pylori-assoziierte 173 – Gesamtüberleben, tumorfreies 182 – H. pylori-Infektion 173 – Hochrisiko-Länder 174 – Inzidenz. Siehe auch Magenkarzinom: Mortalitätsrate – Karzinogene 173 – Komplikationen 179 – allgemeine postoperative 179 – Anastomoseninsuffizienzen 179 – eingriffsspezifische 179 – Laparoskopie 176 – Laurén-Klassifikation 174 – Lesion-lifting-Methode 182 – Linitis plastica 174 – Lymphadenektomie 176 – Magenwandresektion, endoskopisch assistierte laparoskopische 182 – Metaplasie, intestinale 173 – Mortalitätsrate 173 – Mukosaresektion, endoskopische 181 – Palliation, chirurgische 182 – Peritonealkarzinose 310 – Piece-meal-Resektion 182 – Postgastrektomiebeschwerden 181 – Prognose 176 – Rekonstruktionsverfahren 179 – Jejunalschlinge, isoperistaltische 179 – Operationstechnik, minimal invasive 179 – Pouch 179 – Rekonstruktion nach Roux 179 – Resektion 176, 177, 178 – D1-Lymphknotendissektion, limitierte 178 – D2-Lymphadenektomie, systematische 178 – Gastrektomie 177 – Kardiakarzinom 177 – Karzinom, subkardiales 177 – multiviszerale 178 – palliative 178 – Pankreaslinksresektion 178 – proximale 177 – Resektionsausmaß 178 – Sentinel-Node 178 – Splenektomie 178 – subtotale, distale 177 – Resektion, laparoskopisch assistierte endoskopische 182 – Resektion, transgastrale 182 – Strahlentherapie 181 – Tangentialresektion 182 – Therapie, antithrombotische 177 – Therapie, neoadjuvante 176
506
Magnetresonanztomographie, kontrastverstärkte (MRT) — Mammakarzinom – Thorax 176 – TNM-Klassifikation 175 – Tyrosin-Kinase-Inhibitoren 183 – Ultraschalluntersuchung, endoskopische 175 – Vitamin-B12-Supplementation 181 – Wächterlymphknoten 178 – WHO-Klassifikation 174 Magnetresonanztomographie, kontrastverstärkte (MRT) 7 Malignes Melanom 449, 450 – Dacarbazin 463 – Diagnostik 449 – Exzision 462 – Exzisionsbiopsie 449 – Fernmetastasen 461, 462 – Bestrahlung 462 – Debulking-Operation 463 – Langzeitüberleben 462 – Operationsindikation 462 – Prognose 462 – Therapie, neoadjuvante 462 – Tumormassenreduktion 463 – Fotemustin 461 – Hyperthermie 458, 460 – Interferon a 463 – Invasionslevel nach Clark 451 – Inzidenz 449 – Inzisionsbiopsie 449 – Komplikationsmanagement 457 – Lymphfisteln 457 – Lymphödem 457 – Lymphsekretion 457 – Lentigo-maligna-Melanom 450 – Lokalisation 449 – Lymphknotendissektion 453, 456 – Lymphknotenmetastasierung, klinisch manifeste 456 – Neck dissection 456 – Sentinel Node, positiver 456 – Lymphknotenmetastasierung 453 – Melanom, akrolentiginöses 450 – Melanom, noduläres 450 – Melphalan 458, 459, 460 – Metastasendiagnostik 451 – Nachbehandlung 457 – Chemotherapie, adjuvante 457 – Immunstimulation 457 – Interferon-Therapie 457 – Nachsorge 458 – Ausmaß 458 – Empfehlungen 458 – Häufigkeit 458 – Palliativmaßnahmen 461 – Prognosekriterien 463 – 5-JÜR 463 – 10-JÜR 463
– Rehabilitation 458 – Risikofaktoren 453 – Sentinel-Node-Biopsie 453, 454 – Detektionsraten 455 – Evaluierung 455 – Konsequenz 455 – Technik 454 – Sicherheitsabstand 451 – Sicherheitsabstand, aktueller 453 – Empfehlungen 453 – Stadienklassifikation 451 – Strahlentherapie 458 – Strategie, operative 451 – Subklassifizierung 450 – Targeted Therapies 463 – Therapie, medikamentöse 463 – Apoptose-Induktoren 463 – Chemoimmuntherapie 463 – Chemotherapie 463 – CTLA-4-Inhibitoren 463 – Indikation 463 – MEK-Inhibitoren 463 – Referenzsubstanz 463 – Sorafenib 463 – Sunitinib 463 – Temozolomid 463 – Tyrosinkinase-Inhibitoren 463 – Therapiemodalitäten, weitere 458 – Extremitätenperfusion, isolierte 459, 460 – Leberinfusionschemotherapie 458, 460 – TNF-a 458, 459, 460 – Transformation von Melanozyten 449 – Tumordicke nach Breslow 450, 451 – Vakzination 463 – Vorbehandlung 451 – Vorbereitung, präoperative 451 – Zytostatikatherapie 458 – Extremitätenperfusion, isolierte 458 Mammakarzinom 95–121 – 5-Jahres-Gesamtüberleben 118 – 5-Jahres-rezidivfreies Überleben 118 – Abszess 110 – Antihormontherapie 118 – Antihormontherapie, neoadjuvante 97 – Antikörper, monoklonale 115 – Aromatasehemmer 113, 118 – Bestrahlung, adjuvante 101 – Kontraindikation 101 – BET. Siehe Mammakarzinom: Therapie, brusterhaltende (BET) – Biopsie, magnetresonanzgesteuerte 97 – BIRADS-System 97 – Bisphosphonattherapie 118, 119
– Blutung, postoperative 110 – Brust-Tumor-Relation 98, 102 – Carcinoma in situ, duktales 102, 114 – Chemotherapie, adjuvante 113 – Chemotherapie, neoadjuvante 97 – DCIS. Siehe Mammakarzinom: Carcinoma in situ, duktales – Dignität 97 – Downsizing 97, 100, 101 – Downstaging 97 – EIC. Siehe Mammakarzinom: Komponente, extensive intraduktale – Exploration, parasternale 106 – Exzision, weite 98 – Fragmentierung 101 – Gefrierschnitt, intraoperativer 97 – Gefrierschnittanalyse, intraoperative 104 – GnRH-Analoga 113 – Grading 102 – Hämatom 110 – Hebedefektmorbidität 116 – HER2-neu-Überexpression 115 – HER2-Status 113 – Herceptin 119 – Hormonempfindlichkeit 112 – Hormonersatztherapie 95 – Hormontherapie, adjuvante 113 – Immuntherapie 115 – inflammatorisches 100, 103, 115 – Prognose 115 – Therapiekonzept 115 – Inzidenz 95 – Knochenmetastasen 108 – Strahlentherapie 108 – Tumorendoprothese 108 – Komponente, extensive intraduktale 101 – Definition 101 – Lebermetastasen 109 – Chemoembolisation 109 – Radiofrequenzablation, laparoskopische 109 – Lokalrezidiv 100, 101 – Lumpektomie 97, 98, 100, 102 – Lymphangiosis carcinomatosa 114, 115 – Lymphknotendissektion, axilläre 104, 107 – Begrenzung, muskuläre 107 – Serom 107 – Zugang 107 – Lymphknotenstatus 101 – Lymphknotenstatus, regionaler 104 – Lymphödem 110, 111, 112, 116 – Anastomosen, lymphovenöse 112
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Entstehungsfaktoren 111 Inzidenz 110 Komplikationen 111 KPE. Siehe Mammakarzinom: Lymphödem: ZweiPhasen-Entstauungstherapie, physikalische – Liposuktion 112 – Lymphgefäßtransplantation 112 – Präventivmaßnahmen 111 – Stadien 111 – Therapie 111, 112 – Zwei-Phasen-Entstauungstherapie, physikalische 112 Magnetresonanz-Mammographie 97 Mamillenrekonstruktion 102, 103 Mammazentren 118 Mammographie 96 Mammographie-Screening 95 männliches 115 – BRCA2-Gen 115 – Diagnostik 115 – Faktoren, ätiologische 115 – Klinefelter-Syndrom 115 – Sentinel-LymphknotenTechnik 115 – Symptomatik 115 – Therapie 115 – Therapieoption, adjuvante 115 Mastektomie 97, 98, 101, 102, 103, 116 – Indikation 103 Menopausenstatus 95, 113 Menstruation 95 Metastasen 109 – Hirndruck 109 – Hirnmetastasen, solitäre 110 – Thoraxwand 109 – zerebrale 109 Metastasen, ossäre 107 Metastasen, viszerale 108 Metastasierung, pulmonale 108, 109 Methoden, onkoplastische 98 Mikrokalk 97, 104 Mikroverkalkungen 98 Morbidität, therapiebedingte 116 Mortalität 118 Multifokalität 97, 104 Multizentrizität 97, 98, 101, 104 Mutterschaft 95 Nachsorge 116 Nadelbiopsie 97 Nadelbiopsie, präoperative 97 Nodalstatus 106 Östrogeninhibitor 118 Palliativtherapie 118 Phantomsensation 116 Pleuraerguss, maligner 108, 109 Pleurakarzinose 108, 109 – Pleurodese, chemische 109
Mammakarzinom, hormonrezeptorpositives — Nierenzellkarzinom – Talkumpleurodese, videoassistierte thorakoskopische 109 – primär metastasiertes 107 – Brustwandinfiltration 107 – Exulzeration 107 – Quadrantektomie 98, 99, 100 – Reduktionsplastik 103 – Rehabilitation, psychosoziale 116 – Resektion, einfache zentrale 102 – Resektion, erweiterte zentrale 102 – Resektion, modifizierte zentrale 103 – Resektion, zentrale 103 – Sentinel-Lymphknoten-Biopsie 116 – Sentinel-Node-Biopsie 104 – Farbstoffmethode 106 – Gammasonde 106 – Radionuklid 105, 106 – Sentinel-LymphknotenDetektion 105 – Szintigraphie 105 – Serom 110 – Sofortrekonstruktion 98 – Stadieneinteilung 97 – Stanzbiopsie 97 – Strahlentherapie, adjuvante 114 – Indikation 114 – Sure-Cut-Biopsie 97 – Tamoxifen 113 – Targeted therapy 119 – Technik nach Hall Findlay 103 – Therapie, adjuvante 112 – Therapie, brusterhaltende (BET) 98, 99, 100, 101 – Indikation 100 – Kontraindikation 100, 101 – Therapie, neoadjuvante 97, 100, 101 – Therapie, photodynamische 109 – Thoraxwandrezidiv, lokales 109 – Trastuzumab 113, 115 – Tumorektomie 98 – Tumoren, periphere 102 – Tumoren, zentrale 102 – Tylektomie 98 – Ultraschall 96 – Verfahren, onkoplastisches 102 – Wunddehiszenz 110 – Zellverschleppung 97 Mammakarzinom, hormonrezeptorpositives 52 Mangafodipir trisodium 243 Mangelernährung 55, 56, 66 Maßnahmen, perioperative 69 Mediastinoskopie 7, 10 – anteriore 10 – Bronchialkarzinom, nichtkleinzelliges 10 – erweiterte zervikale 10
– zervikale 10 Medizin, komplementäre 48 MEN. Siehe Multiple Endokrine Neoplasie Menin 271 Mesotheliome, peritoneale maligne 311 – Asbestexposition 311 – Chemotherapie, hypertherme intraperitoneale 311 – Haupttypen 311 – Inzidenz 311 – Nuclear grade 312 – Überlebenszeit 311 – Verlauf 311 – Zytoreduktion 311 Methoden, komplementäre 47 Milano-Kriterien 188, 198 Misteltherapie 50 MMC. Siehe Chirurgie, multimodale Mönchspfeffer 52 Morbus Bowen 343 Morbus Crohn 259 Morbus Cushing 353, 355 Morbus Ollier 482 Morbus Paget 19, 343, 442 Morbus Recklinghausen 482 Morphin 43 Mukosaresektion, endoskopische 181 Multidetektor-Computertomographie (CT) 7 Multiple Endokrine Neoplasie 271, 273, 276, 279, 282, 283, 356, 359, 361, 362 – MEN-1-Insulinom 282 – Heilungsrate 283 – Standardverfahren 283 – Pankreastumoren, nicht-funktionelle endokrine 283 – Standardoperation 283 – Zollinger-Ellison-Syndrom 282 – Imamura-Angiographie 282 – Pankreaslinksresektion, subtotale 282 – Pankreatikoduodenektomie, pyloruserhaltende partielle (PPPD) 282 – Standardoperation 282 Myelom, multiples, im Stadium III 50
N Nachsorgeempfehlungen 458 Nachtkerze 52 Nahrungskarenz 59 Nebenniere 351 – 11-Hydroxylase-Mangel 352 – 21-Hydroxylase-Mangel 352 – Aldosteron 351, 352 – Androstendion 352 – Glukokortikoid 351 – Kortisol 352 – Tagesrhythmik 352 – Nebennierenmark (NNM) 351
507 – Adrenalin 352 – Dopamin 352 – Noradrenalin 352 – Vanillinmandelsäure 352 – Nebennierenrinde (NNR) 351 – Östrogen 352 – Progesteron 352 – Syndrom, Adrenogenitales 352 – Zellen, chromaffine 351 – Zona fasciculata 351 – Zona glomerulosa 351 – Zona reticularis 351 Nebennierenmark (NNM) 352 Nebennierentumor 351, 352, 355 – ¹³¹J-Meta-Jod-Benzyl-Guanidin-(¹³¹J-MIBG)-Szintigraphie 355 – Addison-Krise 356, 362 – Adrenalektomie 356, 362 – Adrenalektomie, laparoskopische 356 – OP-Technik nach Mayo 358 – Präparation 358 – Zugangswege 356 – Aldosteron-Renin-Quotienten 353 – Conn-Syndrom 356, 359 – Cortisolsubstitution 362 – CT 355 – Cushing-Syndrom 353, 355, 359, 362 – Dexamethason-Hemmtest 353 – Diagnostik, bildgebende 360 – DNA-Vakzination 364 – DOPA-PET 361 – Dotatoc-Therapie 362 – Hormonsekretion, pathologische 353 – Hyperaldosteronismus, normokaliämischer 353 – Hyperaldosteronismus, primärer 355 – Hypertonie, paroxysmale 362 – Immuntherapie 364 – Inzidentalom 359 – Operationsindikation 359 – Ketokonazol 355 – M. Cushing 353, 355 – MEN-1-Erkrankung 359 – MEN 2 361, 362 – MRT 355 – Myelolipom 360 – N-myc-Mutationen 361 – Nebennierenkarzinom 362 – Chromogranin A 363 – Metanephrin 363 – Mitotan 363 – Rezidiv 363 – Synaptophysin 363 – Therapie, adjuvante 363 – Nebennierenrindenkarzinom 360 – Hochdosis-Chemotherapie 360 – Mitotan-Therapie 360
– Radiatio, perkutane 360 – Tumorentfernung, operative 360 – Nebennierenrindenkarzinom, metastasiertes 363 – Dotatoc 363 – Polychemotherapie, adjuvante 363 – Nebennierenvenenblutabnahme 354 – Neuroblastom 355, 361, 363 – N-myc-Mutationen 361 – Prognose 361 – Neurofibromatose 361 – Paragangliome 352 – Paraneoplasie 355 – Phäochromozytom 355, 356, 360, 362, 363 – Phenoxybenzamin 355 – Sonographie 355 – Spironolacton 355 – Sturge-Weber-Krabbe-Syndrom 361 – Teiladrenalektomie 356 – Von-Hippel-Lindau-Syndrom 361 Nebenschilddrüsenkarzinom 83, 84, 88, 90 – Adenome 88 – Biopsie, intraoperative 88 – Fernmetastasierung 90 – Hemithyreoidektomie 88 – Hyperparathyreoidismus 83 – Hyperplasie 88 – Hypoparathyreoidismus, postoperativer 89 – Kalziumspiegel 90 – Lokalrezidiv 90 – Lymphadenektomie 88 – Nebenschilddrüsenfunktion 89 – Neuromonitoring 88 – Neuromonitoring, intraoperatives 88 – Sensitivität 88 – Spezifität 88 – Parathormonspiegel 84 – Recurrensparese 88 – Resektion 88 – Stimmlippenfunktion 88 Neoangiogenese 50 NEPT. Siehe Pankreastumor, neuroendokriner NEPT, nicht-funktionelle 272 Neuroblastom 360, 361, 363 – Prognose 361 Neurofibromatose Typ 1 361, 467 NF-NEPT. Siehe Pankreastumor, neuroendokriner: Pankreastumore, nicht-funktionelle endokrine Nierenzellkarzinom 385 – Adrenalektomie 386 – Ausscheidung 387 – Bevacizumab 388 – Carbonic anhydrase IX 388 – Cavathrombus 386, 387 – Chemotherapie 388
508
NYHA I—VI — Pankreaskarzinom, duktales – CT 386 – da Vinci® Surgical System 388 – Dialysepflichtigkeit 388 – Faktoren, ätiologische 385 – Faktoren, prognostische 388 – Feinnadelbiopsie 385 – Fuhrmann-Grading 388 – Geschlechtsverteilung 385 – Hauptgruppen 388 – HIFU (High intensity focused ultrasound) 387 – Hirnmetastasen 388 – Hochdosis-Interleukin-2 388 – Hypoxia inducible factor (HIF) 388 – Interferon-a 388 – Inzidenz 385 – Ki67 388 – Kontrastmittel-CT 385 – Kryoablation 387 – Lokalrezidiv 387 – Metastasen 387 – Mikrowellenablation 387 – MRT 385, 386 – Nephrektomie 387 – Nephrektomie, partielle 387 – Nierenteilresektion 386 – Indikation 386 – Nierenteilresektion, laparoskopische 386 – Pigtail-Katheter 387 – Radiofrequenzablation, perkutane 387 – Radiotherapie 388 – Schädel-MRT 385 – Sonograhpie 386 – Sonographie 385 – Sorafenib 388 – Sunitinib 388 – Symptome, paraneoplastische 385 – Targeted therapy 388 – Techniken, minimal invasive 387 – Indikationen 387 – Temsirolimus 388 – Thorax-CT 385 – TNM-Klassifikation 385, 388 – Tumornephrektomie, laparoskopische 386 – Tumornephrektomie, palliative 387 – Tumornephrektomie, radikale 386 – Tumorvakzine 387 – Ureterschiene 385 – Vascular endothelial growth factor (VEGF) 388 NYHA I–IV 369
O Oberarmmuskelumfang 56 Octreoscan 283 Octreotid 266 Okklusion, totale vaskuläre 191 Olivenblatt 52 One-Stop-Shop-MRT 280
Onkologe, Chirurgischer 5 Operation, fertilitätserhaltende 415, 424 Operationen, fertilitätserhaltende 425 Optimal-track surgery 69 Orchiektomie, beidseitige subkapsuläre 372 Osteochondrom 482 Osteosarkom 494. Siehe Knochentumor, maligner Ovarialkarzinom 310, 421 – 5-Jahres-Überlebensrate 421 – Abdomen 427 – Angioneogenesehemmer 429 – CA 125 421, 423 – Chemotherapie, adjuvante 427 – Carboplatin 427 – Chemotherapie, intraperitoneale 427 – Docetaxel 427 – Indikation 427 – Paclitaxel 427 – Chemotherapie, intraperitoneale 429 – Chemotherapie, neoadjuvante 426, 429 – Cholezystektomie 425 – Computertomographie 427 – Computertomographie (CT) 423 – Corpus-luteum-Zysten 423 – CT 421 – Doppler-Sonographie 423 – FIGO-Stadieneinteilung 422 – FIGO-Stadium 421, 424, 425 – Gesamtüberleben 428 – Hemikolektomie 425 – Indikationsstellung 426 – Intervention-Debulking 425, 426 – Inzidenz 421 – Kürettage 425 – Laparoskopie 425 – Lymphadenektomie 425 – Magnetresonanztomographie (MRT) 423 – MRI 421 – Oberbauchsonographie 427 – Operation, fertilitätserhaltende 424 – Operationen, fertilitätserhaltende 425 – Peritonealkarzinose 310, 425 – Positronenemissionstomographie (PET) 423 – Postmenopause 421 – Prämenopause 421 – Rezidiv 427, 428 – Screening-Verfahren 421 – Second-line-Chemotherapie 426 – Sigma-Rektum-Resektion, partielle 425 – Single-Shot-Prophylaxe, präoperative 426 – Sonographie 423 – Splenektomie 425
– Staging-Operation 424, 425 – Peritonealbiopsien 425 – Stripping, peritoneales 425 – Targeted therapies 429 – TNM-Stadieneinteilung 422 – Tumor-Debulking 425 – Tumormarker 421, 423, 427 – Tyrosinkinasehemmer 429 – Vaginalsonographie 421, 427
P Pankreaskarzinom, duktales 241 – 5-JÜR 241 – Angio-CT 252 – Angiographie, selektive 252 – CA 19-9 245, 253 – Chemotherapie, adjuvante 253 – Cholangiopankreatographie, endoskopische retrograde 243 – Blind spots 243 – Computertomographie (CT) 242 – CT 241, 243 – Delayed gastric emptying 252 – Doppler-Sonographie 242 – Duodenojejunostomie 249, 252 – Stressulzera 252 – ERCP. Siehe Pankreaskarzinom, duktales: Cholangiopankreatographie, endoskopische retrograde – EUS. Siehe Pankreaskarzinom, duktales: Ultrasonographie, endoskopische – Gallengang-Drainage 246 – Gastrektomie, distale 247 – Gastric dumping 247 – Gastrojejunostomie 249 – Gefäßbeteiligung 242 – Gefäßinfiltration 244 – Hydro-CT 242 – Ikterus 246 – Immuntherapie 253 – Insulin 251 – Inzidenz 241 – IPMN. Siehe Pankreaskarzinom, duktales: Neoplasie, intraduktale papilläre muzinöse – Kausch-Whipple-Operation 247 – Laparoskopie, diagnostische 244 – Lymphknotenresektion 248 – Magenentleerungsstörung 247, 249, 252 – Magensonde 249 – Magnetresonanztomographie 242 – Mortalität 241 – MR-Cholangiopankreatographie 242, 243 – MRT 241 – Mangafodipir trisodium 243 – Nachsorge 253
– Neoplasie, intraduktale papilläre muzinöse 250 – Octreotid 246 – Dosierung 246 – Palliativeingriff, laparoskopischer 244 – Palliativtherapie 254 – Pankreasfistel 251 – Pankreasresektion 245, 251, 252 – Abszess, intraabdomineller 252 – Analgesie 251 – Antibiotika-Prophylaxe 245 – Blutzuckerwerte, postoperative 251 – Komplikationen 251 – Nachblutung, postoperative 252 – Thromboseprophylaxe 245 – Pankreatektomie, distale 249, 251 – Pankreatektomie, segmentale 250 – Pankreatektomie, totale 250 – Pankreatikoduodenektomie 246, 248, 251 – Indikation 246 – Zugang 246 – Pankreatikoduodenektomie, partielle 246 – Pankreatikogastrostomie 248 – Pankreatikojejunostomie 248, 249 – Pankreatitis, chronische 243 – Papilla Vateri 250 – Peritonealkarzinose 244, 245 – PET. Siehe Pankreaskarzinom, duktales: Positronenemissionstomographie – Pfortaderteilresektion 247 – Plexus-coeliacus-Blockade 254 – Positronenemissionstomographie 244 – Sensitivität 244 – Spezifität 244 – PPD. Siehe Pankreaskarzinom, duktales: Pankreatikoduodenektomie, partielle; Siehe Pankreasadenokarzinom, duktales: Pankreatikoduodenektomie – PPPD. Siehe Pankreaskarzinom, duktales: Pylorus-preserving Pancreatoduodenectomy – Pylorus-preserving Pancreatoduodenectomy 247 – Radiochemotherapie 253 – Resektabilität 242 – Responseprädiktion 244 – Schmerztherapie, epidurale 246 – SMV-PV-Stamm-Infiltration 247 – Somatostatin-Applikation 246
Pankreastumor, neuroendokriner — Peritonealkarzinose – Sonographie, laparoskopische 244 – Störungen, metabolische 245 – Störungen, nutritive 245 – Therapie, neoadjuvante 245 – TNM-Klassifikation 241 – transduodenale Resektion der Papilla Vateri 251 – Tumormarker 245 – Ultrasonographie, endoskopische 243 – EUS-gesteuerte Feinnadel-Aspirationsbiopsie (FNA) 243 – Sensitivität 243 Pankreastumor, neuroendokriner 271 – Chemoembolisation 284 – Chemotherapie 284 – Gastrinom 276 – Antrektomie 277 – Befunde 276 – Gastrektomie 277 – Gastrinomdreieck 277 – Imamura-Angiographie 277 – MEN-1-Syndrom 276 – Operationsindikation 278 – Protonenpumpen-Inhibitoren 277 – Sekretin-Test 277 – Somatostatin-RezeptorSzintigraphie (SMS) 277 – Spiral-CT 277 – Symptome 276 – Vagotomie 277 – Gastrinom, sporadisches 278 – Chemotherapie 278 – Interferonbehandlung 278 – Komplikationsrate 278 – Leberembolisation 278 – Lebertransplantation 278 – Pankreaskopf 278 – Protonenpumpenhemmer 278 – Radiotherapie mit radioaktiven Somatostatin-Analoga 278 – Somastotatin-Analoga 278 – Spiral-Computertomographie 278 – Tumorzellreduktion, chirurgische 278 – Verfahren, laparoskopisches 278 – Vorgehen, konventionell chirurgisches 278 – IL-2 284 – Insulinom 272, 273, 274, 275 – Diazoxid 273 – Duodenopankreatektomie, pyloruserhaltende partielle 274 – Enukleation 273, 274 – Fastentest 272 – Hungerversuch 272, 273 – Hyperglykämie, reaktive 276
– Hypoglycaemia factitia 272 – Insulin-Glukose-Quotient 272 – Multiple Endokrine Neoplasie Typ 1 273 – Pankreaskopfresektion, pyloruserhaltende 274 – Schnellschnittuntersuchung, intraoperative 276 – Therapie, operative 275 – Vorgehen, laparoskopisches 274 – Whipple’sche Trias 272 – Interferon-a 284 – Inzidenz 271 – Melatonin 284 – Pankreastumore, nicht-funktionelle endokrine 279, 281 – Alpha-Interferon 281 – Chemoembolisation 281 – Chemotherapie 281 – Chromogranin A (CgA) 279 – Diabetes mellitus 279 – Dünnschicht-Spiral-CT 280 – Embolisation 281 – Endosonographie 280 – Feinnadelpunktion 280 – Gastrin 279 – Glukagon 279 – Insulin 279 – Langzeit-Überlebensrate 280 – Lebertransplantation 281 – One-Stop-Shop-MRT 280 – Pankreaslinksresektion, laparoskopische 280 – Pankreaslinksresektion, milzerhaltende 280 – Pankreatikoduodenektomie, partielle 280 – Polypeptid, pankreatisches (PP) 279 – Sandostatin 281 – Somatostatin 279 – VIP 279 – Prävalenz 271 – Somatostatinanaloga 284 – VHL. Siehe Pankreastumor, neuroendokriner: von HippelLindau-Syndrom – von Hippel-Lindau-Syndrom 279 – ZES. Siehe Pankreastumor, neuroendokriner: ZollingerEllison-Syndrom – Zollinger-Ellison-Syndrom 276 Papain 50 Papilla Vateri 250, 263, 264 Papillektomie, transduodenale 264 Paragangliom 360 Paragangliom, gangliozytisches 261 Paragangliomerkrankung 351 Paraneoplasie 355 Parathormonspiegel 84 Patienten-Compliance 26
509 Patientenautonomie 73 PCI. Siehe auch Peritoneal Cancer Index PDGFRA-Rezeptor-Tyrosinkinase 287 PEI. Siehe auch Ethanolinjektion, perkutane Peniskarzinom 389 – 5-Fluorouracil (5-FU) Creme 391 – 5-Jahresgesamtüberlebensrate 389 – Bestrahlungstherapie, adjuvante 394 – Brachytherapie 395 – Broders-Klassifikation 390 – Chemotherapeutika 395 – Chemotherapie, adjuvante 394 – Chemotherapie, neoadjuvante 390 – Exzision, lokale 391 – Hauttransplantat 391 – Imiquimod, topische 391 – Inzidenz 389 – Kryotherapie 391 – Laserablation 391 – Lymphadenektomie 395 – Lymphadenektomie, inguinale 390, 394 – Lymphadenektomie, modifizierte 391 – Lymphadenektomie, pelvine 390 – Lymphadenektomie, radikale 393 – Lymphadenektomie, radikale inguinale 394 – Malignitätsgrad 389 – Marker, molekulare 396 – MRI 389 – Musculus-tensor-fasciae-latae-Lappen (TFL) 393 – Musculus sartorius-Schwenklappen 393 – Neoplasie, penile intraepitheliale 391 – Penektomie 394 – Penektomie, partielle 391, 392 – Penektomie, totale 391, 393, 394 – Peniswurzelblock 389 – Phimose 389 – Prognose 390 – Radiochemotherapie, kombinierte 390 – Radiotherapie, präoperative 390 – Rekonstruktion 391 – Sentinel node-Biopsie 396 – Sexualhygiene 389 – Smegmaretention 389 – Strahlentherapie 395 – TNM-Klassifikation 390 – Todesursachen 389 – Ultraschall 389 – Zirkumzision 389
– Peritoneal Cancer Index 299, 300, 307 Peritonealkarzinose 7, 201, 244, 297–314 – Antrektomie 302 – Chemotherapie, hypertherme intraperitoneale 303 – Dauer 306 – Flussrate 306 – Kolliseum-Technik 303 – Methode, geschlossene 304 – Perfusatvolumen 305 – Peritoneal Cavity Expanders 303 – Temperatur, intraperitoneale 305 – Trägerlösung 305 – Zytostatika 304 – Cholezystektomie 300, 302 – Descendorektostomie 303 – HIPEC. Siehe auch Peritonealkarzinose: Chemotherapie, hypertherme intraperitoneale – Hysterektomie 300 – Implantationsmetastasen 297 – Jejunumschlinge, ausgeschaltete 302 – Karzinom, kolorektales 308 – Chemotherapie 309 – Chemotherapie, hypertherme intraperitoneale 309 – Chirurgie, zytoreduktive 309 – Morbidität 309 – Mortalität 309 – Prognosefaktoren 309 – Liver-fracture 302 – Magenkarzinom 310 – Behandlungskonzept 310 – Chemotherapie, hypertherme intraperitoneale 310 – Verlauf 310 – Zytoreduktion 310 – Omentektomie 299, 300, 307 – Pseudomyxoma peritonei 307 – Ovarialkarzinom 310 – Chemotherapie, hypertherme intraperitoneale 311 – Prognose 310 – Therapie 310 – Patientenselektion 298, 307, 312 – PCI. Siehe auch Peritonealkarzinose: Peritoneal Cancer Index – Peritoneal Cancer Index 299, 300, 307 – Peritonektomie 299, 300, 301, 302, 308 – Prognose 298 – Pseudomyxoma peritonei 307 – HIPEC 307 – Indikationsstellung, chirurgische 308 – Peritonektomie 308 – Prognose 307
510
Peutz-Jeghers-Syndrom — Rektumkarzinom – Subtypen, histologische 307 – Verlauf 307 – Zytoreduktion 307 – Roux-Y 302 – Splenektomie 299, 301 – Verlauf 297 – Verteilungsmuster 297 – Zwerchfellteilresektion 301 – Zytoreduktion, chirurgische 299, 306 – Komplikationen 306 – Morbidität 306 – Morbidität, postoperative 306 – Mortalität 306 Peutz-Jeghers-Syndrom 259 Phantomsensation 116 Phäochromozytom 84, 88, 351, 355, 356, 359, 360, 361, 362, 363 – ¹²³Jod-Szintigraphie 361 – Chromogranin A 361 – Entfernung, operative 361 – Fernmetastasen 361 – J¹³¹MIBG-Therapie 361 – Lokalisationsdiagnostik 361 – Metastasierungsorgan 361 – MIBG-Scan 361 – Phenoxybenzamin 355 – Somatostatinrezeptor 361 – Symptome 360 Phasen der Krankheitsverarbeitung 26 Phytohormon 52 Phytoöstrogen 52 Pigtail-Katheter 387 Piver-Klassifikation 413 Placebo-Effekt 49 Plasmozytom 19, 482 Pleuramesotheliom 11, 152 – Asbest 152 – Chemotherapie 152 – CT 152 – Debulking 154 – Inzidenz 152 – kombinierte Radiochemotherapie 154 – Leitsymptom 152 – Mediastinoskopie 152 – P3D-Resektion. Siehe Pleuramesotheliom: Pleuro-Pneumo-PerikardioDiaphragmektomie – PET-CT 152, 154 – Pleuraerguss 152 – Pleuro-Pneumo-PerikardioDiaphragmektomie 153, 154 – Diaphragmaresektion 153 – Komplikationen 153 – Lungenfunktionswerte 154 – Operationstrauma 154 – Pneumonektomie, intraperikardiale 153 – Rhythmusstörungen, kardiale 154 – Überlebenszeit, postoperative 153 – Stadieneinteilung 152
– – – – – –
Stichkanalbestrahlung 153 Strahlentherapie 152 Stufenbiopsie 152 Therapie, palliative 154 Thorakoskopie 152 Thorakoskopie, videoassistierte 152, 154 – VATS mit Pleurektomie 154 – VATS mit Talkumpleurodese 154 – Thoraxübersichtsröntgenaufnahmen 152 Polypose, familäre adenomatöse 317 Polypose, familiäre adenomatöse 259, 265, 315 Positronenemissionstomographie (PET) 7 Postaggressionsstoffwechsel 57, 58, 59 Postmenopause 421 PP. Siehe Polypeptid, pankreatisches Prämenopause 421 Priapismus 42 Pringle-Manöver 191 Proinsulin 272 Prostatakarzinom 365 – Bestrahlungstechniken, dreidimensionale 372 – CT 368, 369 – Gleason-Score 372 – Grading 367 – High-Dose-Brachytherapie 372 – Hormontherapie, neoadjuvante 369 – Lymphadenektomie, pelvine 369 – MRT 368 – Operationsverfahren, palliative 372 – Anus praeter-Anlage 372 – Elektroresektion, transurethrale 372 – Exenteration 372 – Harnleiter-Schienung 372 – Harnleiter-Stentung 372 – Laservaporisation der Prostata 372 – Salvage-Kryotherapie 372 – Salvage-Prostatektomie 372 – Prostatahyperplasie, benigne 367 – Prostataspezifisches Antigen (PSA) 365, 367 – Prostatektomie, radikale 369, 370 – Anastomosenstrikturen 371 – Anus praeter 370 – Da-Vinci-Robotersystem 370 – Ereignisse, thrombembolische 370 – Erektionshilfe-Systeme 371 – Impotenz 371 – Inkontinenz 370
– – – –
Laparoskopie 370 Lymphadenektomie 370 Lymphozelen 371 Operationstechnik, gefäßund nervenschonende 370 – PDE5-Inhibitoren 371 – Prostaglandininjektion 371 – Rektumverletzung 370 – Schwellkörperprothese 371 – Urinfistel 371 – Zugang 370 – PSA-Nadir 371 – PSA-Wert 371 – Skelettszintigraphie 369 – Staging 368 – Stanzbiopsie 366, 368 – Durchführung 366 – Komplikationen 366 – Strahlentherapie 371 – Szintigraphie 368 – Therapie, adjuvante hormonablative 371 – Androgendeprivation 371 – Biclutamid 371 – Chemotherapie 371 – Hormonentzug 371 – Orchiektomie, beidseitige subkapsuläre 371 – Therapie, hormonablative 369 – TNM-Klassifikation 368 – Ultraschall, transrektaler (TRUS) 366 – Untersuchung, digital-rektale (DRU) 365 – Untersuchung, rektale 368 Prostataspezifisches Antigen (PSA) 365, 367 Proteolysis Inducing Factor (PIF) 65
Q Qi Gong 52 Qualitätsmanagement 5
R Radikale, freie 51 Radikalfänger 51 Radikalitätsprinzip 3 Rektumkarzinom 331 – Abdomen-CT 331 – Anamnese 331 – Begleiterkrankungen 333, 334 – Chemoradiatio, präoperative 334 – Chemotherapie, palliative 340 – CT 339 – Darmvorbereitung, mechanische 334 – Eindringtiefe nach Kudo 340 – EUS 339 – Exzision, totale mesorektale 334 – Fernmetastasen 339 – Fernmetastasierung 335, 339 – Holy Plane 336 – Inzidenz 331 – J-Pouch 337
– Klammernahtanastomosierung 337 – Koloplastik, transversale 338 – Laparotomie, mediane 335 – Lloyd-Davis-Lagerung 335 – Lokalisationsdiagnostik 331 – Lokalrezidiv 333, 334, 339 – Loop-Ileostomie 338 – Lymphknoten, suspekte 332 – MRT 332, 339, 340 – Nachsorge 339 – Organbefall 339 – Therapieoption, kurative 339 – PET 332, 340 – Qualitätssicherung 340 – Rektumexstirpation 335 – Rektumexstirpation, abdominoperineale 336 – Rektumresektion 335, 338 – Anastomoseninsuffizienz 338 – Anastomosenstenose 338 – Fistelbildung 338 – Peritonitis 338 – Plexus hypogastricus 335 – Präparation 335 – Sphinkterinsuffizienz 338 – Rektumresektion, intersphinktere 335 – Rektumresektion, komplette 335 – Rektumresektion, laparoskopische 336 – Lagerung 336 – Technik, konventionelle 337 – Technik, laterale 337 – Rektumresektion, tiefe vordere 334 – Rektumresektion, vordere 334 – Resektion 336 – Plexus hypogastricus 336 – Präparation 336 – Resektion, abdomino-perineale 335 – Sphinkterersatz 335 – Risikoevaluierung 332, 333 – Schließmuskeltraining 339 – Sonographie, endoluminale 340 – Sonographie, endoluminale (EUS) 332 – Sphinkterfunktion 331 – Sphinktermanometrie 332 – Stadienzuteilung 332 – Standard, operativer 334 – Steinschnittlage 335 – Stentimplantation 340 – Stoma 340 – Stoma, protektives 338 – Strahlentherapie, palliative 340 – Strahlentherapie, präoperative 333, 334 – Therapie, adjuvante 339 – Radiochemotherapie, postoperative 339
Resektabilität — Speiseröhrenkarzinom – TME. Siehe Rektumkarzinom: Exzision, totale mesorektale – Tumorexzision, lokale 340 – Tumorexzision, transanale lokale 339 – Tumormarker 339 – Untersuchung, klinische 331 Resektabilität 7 Revolution, medizinische 47 RFA 327. Siehe auch Thermoablation, radiofrequenzinduzierte Rotklee 52
S SCC 409 Schauta’sche OP 413 Schilddrüsenkarzinom 83, 84, 89, 90 – Behandlung, palliative 91 – Eilschnitt 86 – Feinnadelpunktion 92 – Feinnadelpunktionszytologie 85 – Gefrierschnellschnitt 86 – Hemithyreoidektomie 86 – Hirnmetastasen 91 – Hypoparathyreoidismus 91 – Hypoparathyreoidismus, postoperativer 87 – Inoperabilität 91 – Jodsubstitution 87 – Kalzitonin-Screening 87 – Kalzitonin-Spiegel 84, 87, 90 – Kategorie 83 – (Hürthle-Zell-)Typs 83 – anaplastisch 83 – differenziert 83 – follikulär 83 – medullär 83 – papillär 83 – Knochenmetastasen 91 – Knoten, kalter 85 – Komplettierungsoperation 86 – Lymphadenektomie 86, 87 – DTC 87 – pT3-Karzinom 87 – pT4-Karzinom 87 – Lymphknotendissektion 92 – Metastasen, nicht-jodsensible 91 – Metastasierung 87 – Morbidität 91 – Mutationen im RET-Protoonkogen 88 – Neoplasie-Syndrome, multiple endokrine 83 – Operationsindikation 86 – Radiatio, postoperative 91 – Radiojod 86 – Radiojodtherapie 89, 91, 92 – Diagnostik 89 – Indikation 89 – Therapieerfolg 89 – TSH-Spiegel 89 – Ziel 89 – Radiotherapie 90
– – – – – –
Recurrensparese 87, 91, 92 Rezidivprophylaxe 89 Screening 84 Sonographie 84 Stadieneinteilung 85 Standardtherapie, multimodale 90 – Stimmlippenfunktion 86 – Strahlentherapie 91 – Szintigraphie 84 – Therapie, adjuvante 91 – Therapiemodell, multimodales 91 – Thyreoglobulin (TG) 84, 86, 89 – Thyreoidektomie 88 – Thyreoidektomie, komplette 86, 87 – DTC 86 – Thyreoidektomie, prophylaktische 87 – TSH 84 Schmerztherapie, perioperative 44 Schmerztherapie, rückenmarksnahe 43 – Analgesie, intravenöse patientenkontrollierte (patient controlled analgesia – PCA) 45 – Clonidin 44 – Ketamin 44 – Methadon 43 – Opioid-Selbstapplikation 45 – Opioidanalgesie 44 – Intraventrikuläre 44 – Opioide, hydrophile 43 – Opioide, lipophile 43 – Ziconotide 44 Schmerzzustände, therapierefraktäre 44 Schulmedizin 47 SDHB/D 362 Sekretin-Test 277 Selbstheilungskraft 48 Seminom. Siehe Keimzelltumoren Sentinel node. Siehe Wächterlympfknoten Serumalbumin 56 Sinustumor, endodermaler. Siehe Keimzelltumoren SIRS. Siehe Hyperinflammation, systemische Soja 52 Somatostatin 279 Somatostatin-Applikation 246 Sonographie, intraoperative 190 Speiseröhrenkarzinom 157–171 – 2-Feld-Lymphadenektomie 162 – Antibiotika 162 – Antithrombosemaßnahme 162 – Argon-Plasma-Koagulation 169 – Biopsie 157 – Bougierung 169 – Brachytherapie 168 – Bronchoskopie 158
511 – Computertomographie 158 – Dysphagie 168 – Reflux, gastroösophagealer 168 – Stents 168 – Witzelfistel 168 – Elektroresektion, endoskopische 169 – EMR. Siehe Speiseröhrenkarzinom: Mucosaresektion, endoskopische – En-bloc-Ösophagektomie, transthorakale 162 – En-bloc-Ösophagusresektion, thorakoskopisch-laparoskopische 164 – Endobrachytherapie 168 – Endosonographie 158 – Ergebnisgröße 169 – Ergometrie 159 – FDG-PET 158, 161, 170 – Ganzkörperknochen-Szintigraphie 158 – Gene profiling 170 – Geschlechtsverteilung 157 – HNO-ärztliche Untersuchung 158 – Indozyanin-Clearance 159 – Inzidenz 157 – Kardiaresektion 164 – Karotis-Dopplersonographie 159 – Klassifikation nach Siewert 164 – Kombinationschemotherapie 169 – Komplikationen, postoperative 165 – Kontrastmitteldarstellung, röntgenologische 157 – Koronarangiographie 159 – Kreatinin-Clearance-Berechnung 159 – Labordiagnostik 158 – Leberbiopsie 159 – Leberfunktionsmessung 159 – Lungenfunktionsprüfung 159 – Magenentleerungsstörung 163 – Magnetresonanztomographie, Kontrastmittel-verstärkte 158 – Malignome, seltene 157 – Mucosaresektion, endoskopische 167, 168 – Myokard-Szintigraphie 159 – Nd:YAG-Laser 169 – Neck-Dissection 163 – Nodalstatus 158 – Ösophagektomie 165 – Chylothorax 165 – Chylusfistel 165 – Komplikationen 165 – Mediastinitis 166 – Nutrition, frühpostoperative enterale 165 – Ösophagektomie, endoskopische 164 – Ösophagogastrektomie 164
– Ösophagogastroduodenoskopie 157 – Ösophagopharyngolaryngektomie, radikale 163 – Ösophagusbypassoperation 169 – Ösophagusresektion 166 – Aspirationsneigung 166 – Rehabilitation, stimmliche 166 – Rekurrensparese 166 – Schluckstörungen 166 – Ösophagusresektion, abdominothorakale (Ivor-Lewis) 162 – Ösophagusresektion, distale 164 – Ösophagusresektion, limitierte transzervikale 163 – Ösophagusresektion, limitierte zervikale 164 – Ösophagusresektion, radikale transmediastinale 162 – PDT. Siehe Speiseröhrenkarzinom: Verfahren, photodynamisches – Peritonealkarzinose 158 – Pyloromyotomie, extramukosale 162 – Pyloroplastie 162 – Radiochemotherapie 168 – Radiochemotherapie, adjuvante 166 – Radiochemotherapie, kombinierte 169 – Radiochemotherapie, neoadjuvante 170 – Radiotherapie, kleinvolumige perkutane 169 – RCT. Siehe Speiseröhrenkarzinom: Radiochemotherapie – Regionalanästhesie, perioperative 162 – Rekurrensparese 165 – Response prediction 170 – Rezidiv 166, 167 – Stentimplantation 168 – Steroid-Applikation, präoperative intravenöse 162 – Strahlentherapie, adjuvante 166 – Strategie, neoadjuvante 162, 169 – Teletherapie 168 – Therapie, adjuvante 166 – Therapie, neoadjuvante 160 – Chemotherapie, präoperative Cisplatin-basierte zweizyklische 160 – Radiochemotherapie, neoadjuvante 160 – Tumoren, lokal fortgeschrittene 161 – Therapie, photodynamische 169 – TNM-System 158 – TTE. Siehe Speiseröhrenkarzinom: En-bloc-Ösophagektomie, transthorakale – Tumorvakzination 170
512
Spigelman-Klassifikation — Tumorschmerztherapie – Untersuchung, kardiologische 159 – Vagotomie, komplette 163 – Verfahren, photodynamisches 167, 168 – Witzelfistel 169 – Zweitkarzinom, metachrones 167 Spigelman-Klassifikation 265 SPIKES-Modell 27 Spurenelement 51 Staging, präoperatives 7 Staging-Thorakoskopie 12 Stanzbiopsie, laparoskopische 9 Stärkung der physischen und psychischen Abwehr 48 Steiner, Rudolf 50 Stewart-Treves-Syndrom 111 Stressantwort 61 Stressreaktion 72 Stressreaktion, posttraumatische 78 Stromatumoren, gastrointestinale 287 – AMN107 293 – Angiographie 289 – c-kit EXON9-Mutation 293 – CD117 288 – Chemoembolisation 293 – Chemotherapie 290 – Chemotherapie, intraperitoneale 293 – Computertomographie, kontrastmittelverstärkte 289 – EXON11 c-kit-Mutationen 294 – EXON13-Mutationen 294 – EXON17-Mutationen 294 – FDG-PET 289, 293 – Fletcher-Klassifikation 290 – Hydro-CT 289 – Imatinib 290, 292, 293, 294 – Flare-up-Phänomen 293 – Imatinib-Behandlung, adjuvante 292 – Inzidenz 287 – Kapsel-Endoskopie 288 – Kategorien 287 – KIT 290 – Mutationsstatus 290 – kit-(CD 117) 287 – Klassifikation von Fletcher 288 – Kurzdarmsymptomatik 293 – Lokalisation 287 – Lymphadenektomie 290 – m-TOR-Inhibitor 293 – Magnetresonanztomographie 289 – Magnetresonanztomographie, kontrastmittelgestützte 292 – Metastasierungspotenzial 290 – Mutationsstatus 294 – Nachresektion 291 – Organresektion 291 – Ausmaß 291 – PDGFRA 293, 294 – EXON12-Mutationen 294 – EXON18 294
– PDGFRA-Rezeptor-Tyrosinkinase 287 – PET-CT 292 – PKC412 293 – Positronenemissionstomographie 289 – RAD001 293 – Radiofrequenzablation (RAF) 293 – Radiotherapie 293 – Resektion, multiviszerale 291 – Sonographie 288 – Sonographie, endoluminale 288 – Strahlentherapie 290 – Sunitinib 290 – Thermoablation, laserinduzierte (LITT) 293 – Tumorresektion, multiviszerale 293 – Tyrosinkinase-Inhibitoren 291, 292, 294 – Tyrosinkinase-Inhibitor Sunitinib 293 – Tyrosinkinaseinhibitor 290 – Videoendoskopie 288 Sturge-Weber-Krabbe-Syndrom 361 Subjective Global Assessment 56 Sufentanil 43 Superstaging 4 Syndrom, Adrenogenitales 352 Syndrom, paraneoplastisches 145
T TACE. Siehe auch Chemoembolisation, transarterielle Tamoxifen 52 targeted therapies 6 TCM 51 Teratom, unreifes. Siehe Keimzelltumoren Teufelskralle 52 TGF-b 50 Therapie, antioxidative 49, 51 Therapie, immunmodulatorische 49 Therapieentscheidung, schulmedizinische 48 Therapieplanung, chirurgische 7 Thermoablation, radiofrequenzinduzierte 189 Thorakoskopie 7 Thorakoskopie, videoassistierte (VATS) 11 – Hauptindikationen 11 – Lymphknotenstationen, mediastinale 11 Thrombozytenzahl 50 Thymom 145 – Antikörper gegen Azetylcholinrezeptoren 147 – Chemotherapie 148 – CT 146, 147 – Expertise, chirurgische 149 – Klassifikation 145
– Klassifikation von MüllerHermelink 146 – Lokalrezidive 149 – Malignitätsgrad 146 – Mediastinotomie, anteriore 147 – Mediastinotomie, anteriore, nach Chamberlain 146 – MRT 147 – Myasthenie 145, 147 – Nachsorge 149 – Radiotherapie 148 – Radiotherapie, postoperative 149 – Resektion 148 – Komplikationen 148 – Mindestmenge 149 – Stadieneinteilung nach Masaoka 146 – Symptome 145 – Therapie, neoadjuvante 147 – Therapie, stadienabhängige 147 – Thorakoskopie, videoassistierte 146, 147 – Thymuskarzinom 145, 147, 148 – CD20+ 150 – CD4+ 150 – CD8+ 150 – Chemotherapie 148 – EGFR 150 – Radiotherapie 148 – Resektion 148 – VEGF 150 Thymuskarzinom. Siehe Thymom TME. Siehe Exzision, totale mesorektale TNM-Klassifikation 7 Tofu 52 Trachelektomie, radikale 415 Traditionelle Chinesische Medizin 47, 51 Training, autogenes 52 Transforming Growth Factor Beta 50 Trauma, operatives 57 – Achse, hypothalamohypophysäre 58 – Homöostase-Störung 57, 58 – Hyperinflammation, systemische (SIRS) 59 – Therapie 59 – Postaggressionsstoffwechsel 58, 59 – Eiweißabbau 59 – Glukoneogenese 59 – Glykogenolyse 59 – Insulinresistenz, periphere 59 – Kohlenhydratverwertung 59 – Lipolyse 58 – Stickstoffverlust 59 – Zeitverlauf 59 – Postaggressionssyndrom 59 – Stressantwort 57 – Stresshormone 57
– Systemic Inflammatory Response Syndrome (SIRS) 57 Trizepshautfaltendicke 56 Trypsin 50 Tuberkulose 381 Tumorendoprothese 490, 492 Tumorfatigue 35 Tumorkachexie 65 Tumorschmerz 31 – DGSS 32 – Dokumentation 32 – 11-Punkt-Likert-Skala 32 – Analogskalen 32 – Inzidenz 32 – Konduktion 31 – McGill Pain Questionnaire 32 – Metamizol 34 – Agranulozytoserisiko 34 – Modulation 31 – Neuroplastizität 31 – Präemption 31 – Schmerzanamnese 32 – Schmerzdurchbruch 32 – Schmerzfragebogen 32 – Schmerzqualitäten 31 – Schmerzursachen 31 – Suizidrate 32 – Transduktion 31 Tumorschmerztherapie, invasive 39 – Antikoagulation 45 – Katheter, rückenmarksnahe 42 – intrathekale 42 – peridurale 42 – Lokalanästhetika (LA) 39 – Neurolyse 40, 42 – Äthanol 40 – Ganglion coeliacum 40 – Ganglion impar 42 – intrathekale Neurolyse 42 – Neurolyse, CT-gezielte 41 – Neurolyse, ultraschall-gezielte 41 – Phenol 40 – Plexus hypogastricus superior 42 – Pumpen 43 – Sympathikolyse 41 – Regionalblockaden 39 – Regionalblockaden, kontinuierliche 40 Tumorschmerztherapie, medikamentöse 31, 32, 36 – Antidepressiva, trizyklische 36, 37 – Antikonvulsiva 36, 37 – Betäubungsmittelverschreibungsverordnung (BtmVV) 34 – Cannabis 37 – Ceiling-Effekt 34 – Gaba-B-Agonisten 36 – Kalziumkanalblocker 36 – Koanalgetika 36 – Lokalanästhetika 36 – Morphinäquivalent 35 – NMDA-Antagonisten 36 – NSAID 33
Tumorstaging, chirurgisches — Zervixkarzinom – COX-1-Inhibitoren 34 – COX-2-Inhibitoren 34 – Opioidanalgesie 34 – Opioidnebenwirkung 35, 36 – Abhängigkeit, physische 36 – Abhängigkeit, psychische (Sucht) 36 – Atemdepression 35 – Fahreignung 36 – Obstipationsprophylaxe 35 – Toleranzentwicklung 36 – Opioidrotation 34 – Tetrahydrocannabinol 36 – Tilidin/Naloxon 34 – Tramadol 34 – WHO-Stufenschema 32, 33 Tumorstaging, chirurgisches 7 Tumorvakzination 170 Tumorvakzine 387 Turcot-Syndrom 318 TVO. Siehe auch Okklusion, totale vaskuläre
U Überexpression von TGF-b 50 Ultraschalluntersuchung, endoskopische 175 Umkehrplastik 473, 486 Unterstützung, psychoonkologische 52
V Van Nuys-Index 114 VEGF-Rezeptor 255 Vermer-Morrison-Syndrom 272 VHL. Siehe von Hippel-LindauSyndrom VIP 279 VIPome 271 Virchowdrüse 18 Viscum album L. 50 Visite, ärztliche 27 Vitamin A, C, E 51 Von-Hippel-Lindau-Syndrom 351, 356, 361 von Hippel-Lindau-Syndrom 279 Vulvakarzinom 441 – 5-FU 445 – Altersverteilung 441 – Ausbreitung 442 – Capecitabine 445 – Chemo-/Strahlentherapie 445 – Chemotherapie, neoadjuvante 447 – Cisplatin 445 – Down-Staging 445 – Drei-Inzisionen-Technik 444 – Essigprobe 441 – Exzision, weite lokale Exzision (wide local excision) 444 – FIGO-Stadieneinteilung 443 – HPV-Impfung 447 – HPV-Infektion 441, 446 – Inzidenz 441 – Kernspintomographie 446 – Lokalrezidiv 445
– Lymphadenektomie, bilaterale, inguinale 445 – Lymphadenektomie, inguinofemorale 444 – Lymphödem 445, 446 – Lymphzyste 445, 446 – Mitomycin 445 – MRT 442 – Sentinel-Node-Biopsie 443 – Staging 442 – Strahlentherapie, adjuvante 445 – Strahlentherapie, neoadjuvante 445, 447 – Symptomatik 441 – Targeted therapies 447 – TNM-Stadieneinteilung 443 – Toluidinblau-Probe 441 – Vulva-Mapping 442 – Vulvektomie, modifizierte, radikale 444 – Wächter-Lymphknoten-Biopsie 443, 444 – Isosulfan-Blau 444 – Lymphszintigraphie 444 – Methode 444 – Stellenwert 444 – Wächter-Lymphknoten-Technik 445 – Wundheilungsstörung 445, 446
W Wächterlymphknoten (Sentinel node) 34, 96, 104–106, 178, 317, 392, 443, 453–456, 474 Wedge-Resektion 11 Weichgewebssarkom – Amputation 470 – Ätiologie 467 – Borggreve-Umkehrplastik 473 – Chemotherapie, adjuvante 475 – Diagnostik 467 – Biopsie 468 – CD117-Expression 469 – cKIT 469 – Feinnadelpunktion 468 – Immunhistochemie 469 – MRT 467 – PET 467 – Stanzbiopsie 468 – Ultraschall 467 – Vakuumsaugbiopsie 468 – Drainage 475 – Einteilung nach Enneking 470 – Einzelsubstanzen in der Chemotherapie 478 – Ergebnisgröße 479 – Extremitätenperfusion, hypertherme, isolierte (ILP, Isolated limb perfusion) 469 – Extremitätenperfusion, isolierte 477 – Extremitätenperfusion, neoadjuvante isolierte 478 – Fibrinspray 475
513 – – – – – – – – – – – – –
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Gefäßinfiltration 471 Hämatombildung 475 Hämostyptikum 475 Hyperthermie 469 Implantationsmetastasen 475 Infektionsprophylaxe 475 Inzidenz 467 Inzisionsbiopsien 475 Klassifikation 468 – Coindre-Index 468 – TNM-Klassifikation 468 Kombinationstherapie 478 Kompartmentresektion 470 Komplikationsmanagement 475 Lungenmetastasen 474 – Laserchirurgie 475 – Technik, lungenparenchymsparende 475 Lymphknotenmetastasen 474 – Dissektion 474 – Wächterlymphknotenbiopsie (Sentinel-Node-Biopsie) 474 Lymphödem 476 Melphalan 469 Monotherapie 478 Nachsorge 476 Operationsstrategie 470 Ort der Metastasierung 478 Palliativmaßnahmen 478 Progressionsarrest 479 Qualitätskriterien 479 Rehabilitation 476 – Betreuung, krankengymnastische 476 – Lymphdrainagetherapie 476 Resektion, multiviszerale 473 Resektion-Replantation 473 Resektion nach Tikhoff/Linberg 473 Resektionsgrenzen, intraläsionla-marginale 470 Resektionsgrenzen, radikale 470 Resektionsgrenzen, weite 470 Revisionschirurgie 475 Sarkome am Übergang zum Körperstamm 473 Sarkome der Extremitäten 470 Sarkome des Retroperitoneums 473 Schnittranddiagnostik 470 Serombildung 475 Stadieneinteilung 468 Strahlentherapie 469, 475 Strahlentherapie, intraoperative 475 Strahlentherapie, postoperative 475 Strahlentherapie, präoperative 469 Thorax- und Bauchwand 473 TNF-a 469 Tumorendoprothese 473 Tumornekrosefaktor a 469 Tumorvakzine 480
– Überlebenszeit, mediane 478 – Wundheilungsstörung 475 – Wundinfektion 475 – Wundnekrose 475 Weißdorn 52 Wertheim-Meigs-OP 433 Wertheim’sche Operation 413 Whipple’sche Trias 272 Witzelfistel 166, 168, 169
Y Yamswurzel 52 Yin-Yang 48 Yoga 52
Z Zahnsanierung 52 Zervixkarzinom 409, 415 – Brachytherapie, interstitelle 418 – CA 125 409, 417 – Carboplatin 417 – Chemotherapie 411, 418 – Chemotherapie, neoadjuvante 411 – Cisplatin 417 – CT 409, 410, 417 – CT-Thorax 417 – Daniel Dargent 415 – Debulking 411, 412, 418 – Douglaslavage 411 – Exenteration, primäre 416 – FIGO-Klassifikation 409 – High-risk-Papillomaviren (HPV) 409 – HPV 418 – Impfung 418 – Hysterektomie, laparoskopisch assistiert vaginal 418 – Hysterektomie, radikale 411, 413, 417, 418 – Hysterektomie, laparoskopisch assistierte radikale vaginale 414 – Hysterektomie, roboter-assistierte radikale 414 – Komplikationen, intraoperative 414 – Konisation 414 – Lymphonodektomie 413, 414 – Piver-Klassifikation 413 – Schauta’sche OP 413 – Spätkomplikation 414 – Typ-III-Technik 413 – Typ II 413 – Wertheim’sche Operation 413 – Inzidenz 409 – iv-Urogramm 417 – Knochen-Szintigraphie 417 – Laparoskopie 417 – Lymphonodektomie 411 – MRT 409, 410, 411, 417 – Operation, fertilitätserhaltende 415 – Parametrektomie, radikale 414, 415
514
ZES — Zystadenkarzinome, biliäre
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– Schauta sine utero 415 – Wertheim sine utero 415 PET 409, 411 Radiochemotherapie, adjuvante 416, 418 Radiochemotherapie, platinhaltige 417 Radiochemotherapie, primäre 416 Radiotherapie 411 Radiotherapie, intraoperative 418
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Rektoskopie 417 Rezidiv 416 SCC 409, 417 Sonographie 409 Sonographie, transvaginale 411 Staging 411, 418 Staging, operatives 411 Strahlentherapie 411 Strahlentherapie, adjuvante 411
– Strahlentherapie, intrakavitäre 417 – Strahlentherapie, perkutane 417 – Targeted therapies 418 – Tele-/Brachytherapie, neoadjuvante 411 – Trachelektomie, radikale 415, 416 – Indikationsstellung 415 – Schwangerschaftsrate 416
– Zystoskopie 417 ZES. Siehe Zollinger-EllisonSyndrom Zollinger-Ellison-Syndrom 267, 271, 272, 276, 277, 282. Siehe auch Pankreastumor, neuroendokriner – MEN-1-assoziiertes 282 Zystadenokarzinome, biliäre 185
Quellennachweis Abbildungen/Tabellen
Kapitel 1
Kapitel 18
Aufmacherbild: S. Beller; M. Hünerbein; T. Lange; S. Eulenstein; B. Gebauer; P.M. Schlag: Image-guided surgery of liver metastases by three-dimensional ultrasound-based optoelectronic navigation. British Journal of Surgery 2007; 94: 866–875 Volume 94, Issue 7 (July 2007) Copyright British Journal of Surgery Society Ltd. Reproduced with permission. Permission is granted by John Wiley & Sons Ltd on behalf of the BJSS Ltd.
18.15: Nachdruck aus Wente MN, Shrikhande SV, Kleeff J, Muller MW, Gutt CN, Buchler MW, Friess H Management of early hemorrhage from pancreatic anastomoses after pancreaticoduodenectomy. Dig Surg 2006 23 (4): 203–208; mit Genehmigung von S. Karger AG, Basel 18.16: Nachdruck aus Neoptolemos JP, Stocken DD, Friess H, Bassi C, Dunn JA, Hickey H, Beger H, FernandezCruz L, Dervenis C, Lacaine F, Falconi M, Pederzoli P, Pap A, Spooner D, Kerr DJ, Büchler MW; European Study Group for Pancreatic Cancer. A randomized trial of chemoradiotherapy and chemotherapy after resection of pancreatic cancer. N Engl J Med. 2004 Mar 18;350(12):1200-10. mit Genehmigung der Publishing Division of the Massachusetts Medical Society 18.17: Nachdruck aus Oettle H, Post S, Neuhaus P, Gellert K, Langrehr J, Ridwelski K, Schramm H, Fahlke J, Zuelke C, Burkart C, Gutberlet K, Kettner E, Schmalenberg H, Weigang-Koehler K, Bechstein W-O, Niedergethmann M, Schmidt-Wolf I, Roll L, Doerken B, Riess H (2007) Adjuvant chemotherapy with gemcitabine vs observation in patients undergoing curative-intent resection of pancreatic cancer. JAMA 297 (3): 267–277. Copyright © (2007), American Medical Association. All rights reserved. 18.10, 18.11,18.12, 18.14, 18.18 b+c: Für das Anfertigen der intraoperativen Photographien bedanken sich die Autoren bei Frau Unterderweide und Herrn Rodrian (Fotolabor der Chirurgischen Klinik, Universität Heidelberg)
Kapitel 4 Aufmacherbild © Siemens AG, München/Berlin
Kapitel 5 Aufmacherbild © ABDA
Kapitel 7 Aufmacherbild Kap. 7.1: © pixelio.de 7.1.2: aus Beckmann/Lorenz/Dall, „Platzierung und Pflege von venösen Verweilkathetern und Portsystemen“, Gynäkologe 2000 33:255-260 7.1.3 modifiziert nach Lippert H (1998) Praxis der Chirurgie. Allgemein- und Viszeralchirurgie. Thieme, Stuttgart Aufmacherbild Kap. 7.2: © Wort & Bild Verlag/Ronald Frommann
Kapitel 9 9.1 a+b: aus Jakesz R., Frey M. (Hrsg.): Mammakarzinom – Operative Behandlungskonzepte, Springer WienNewYork, 2007
Kapitel 10 10.1, 10.2, 10.7 und 10.8: Prof. Dr. A. End, Wien 10.4: Prof. W. Schima, Wien 10.3 a+b, 10.5, 10.6, 10.9, 10.10., 10.11: Dr. G. Leschber, Berlin Beschriftung aller Abbildungen: Prof. Dr. A. End
Kapitel 13 13.7, 13.10: Zeichnungen von Herrn Nikolaus Lechenbauer
Kapitel 16 16.1.1: aus Annals of Oncology, Vol. 16 2005, pp. 1211–9 figure 1, Folprecht et al mit freundlicher Genehmigung von Oxford University Press
Kapitel 19 19.1, 19.2, 19.3: Dr. B. Krakamp, Interdisziplinäre Endoskopie, Klinikum Köln-Merheim, mit freundlicher Genehmigung 19.5: Zeichnungen von Herrn Nikolaus Lechenbauer Tabelle 19.3: Aus G. Klöppel. Neuroendokrine Tumoren des Gastrointestinaltrakts. Pathologe 2003;24:287-296 Tabellen 19.4, 19,5: Spigelman AD, Williams CB, Talbot IC et al. Upper gastrointestinal cancer in patients with familial adenomatous polyposis. Lancet 1989;2:783785, mit freundlicher Genehmigung
Kapitel 20 20.1 a: aus Fernandez-Cruz L, Saenz A, Astudillo E, Martinez I, Hoyos S, Pantoja JP, Navarro S (2002) Outcome of Laparoscopic Pancreatic Suregry: Endocrine and Nonendocrine Tumors. World J Surg 26: 1057–1065
516
Quellennachweis Abbildungen/Tabellen
Kapitel 22
Kapitel 28
22.3: aus Jähne J, Kübler S (2007) Klinisches Staging der Peritonealkarzinose durch Scoringsysteme. Eine kritische Analyse. Chirurg 78: 1091–1099 22.11 a: aus Jähne J, Piso P, Schmoll E, Haulitschek-Hauss R, Sterzenbach H, Paul H, Pichlmayr R (1997) Intraoperative (hypertherme) intraperitoneale Chemotherapie – Überlegungen und Aspekte zum sicheren intra- und postoperativen Umgang mit Zytostatika. Langenbecks Arch Chir 382: 8–14
28.5: aus Schlag PM, Tunn P-U, Isolierte hypertherme Extremitätenperfusion mit TNF-A und Melphalan, Dtsch Ärztebl 2007; 104 (33): A2268–A2273
Kapitel 23 23.4: Zeichnung Ernst Bock. © Prof. Dr. H. Hauser mit freundlicher Genehmigung
Kapitel 24.2 24.2.1: aus Hermanek P, Merkel S Pathologische Anatomie und Klassifikation des Analkarzinoms, Onkologe 2007, 13: 982–992 Tabelle 24.2.2: aus Bussen D, Nachsorge beim Analkarzinom: Was ist wichtig, was ist überflüssig?, Onkologe 2007, 13: 1017–1021
Kapitel 26 Abb. 26.2.1, 26.2.2, 26.4.3, 26.4.4 und 26.4.5 b+c: aus Hinman, Frank: Atlas of Urologic Surgery (2nd ed.), Saunders 1998, Copyright Elsevier, mit freundlicher Genehmigung Alle Fotos/CTs/Histologie-Abb in Kapitel 26.4: M. Schenck
Kapitel 29 29.8 aus Schlag PM, Tunn P-U, Isolierte hypertherme Extremitätenperfusion mit TNF-A und Melphalan, Dtsch Ärztebl 2007; 104 (33): A2268–A2273 Die Tabellen zur TNM-Klassifikation und –Stadiengruppierung 8.1 a+b, 9.1 a+b, 13.1, 14.1a, 17.2.1 a+b, 18.1.a, 19.2b, 23.1 a+b, 24.1.1 a+b, 26.2.1 a+b, 26.5.2 b wurden entnommen aus bzw. modifiziert nach Wittekind Ch., Meyer, H.J., Bootz F.: TNM-Klassifikation maligner Tumoren, 6. Auflage, 2002 Springer Medizin Verlag Heidelberg Autoren, Herausgeber und Verlag haben größtmögliche Bemühungen bei der Abklärung der Urheberrechte für die enthaltenen Abbildungen und Tabellen angestrebt und bitten um Verständnis, sollten diese in Einzelfällen ohne Ergebnis geblieben sein. Gegebenenfalls bitten wir den Leser, sich mit dem Verlag in Verbindung zu setzen.