R. Hofmann (Hrsg.) Endoskopische Urologie Atlas und Lehrbuch
Rainer Hofmann (Hrsg.)
Endoskopische Urologie Atlas und...
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R. Hofmann (Hrsg.) Endoskopische Urologie Atlas und Lehrbuch
Rainer Hofmann (Hrsg.)
Endoskopische Urologie Atlas und Lehrbuch
Mit 291, überwiegend farbigen Abbildungen in 388 Einzeldarstellungen
123
Professor Dr. med. Rainer Hofmann Direktor der Klinik für Urologie und Kinderurologie Philipps-Universität Marburg Baldingerstraße 35033 Marburg
ISBN 3-540-20679-5 Springer Medizin Verlag Heidelberg Bibliografische Information der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.ddb.de abrufbar. Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt. Die dadurch begründeten Rechte, insbesondere die der Übersetzung, des Nachdrucks, des Vortrags, der Entnahme von Abbildungen und Tabellen, der Funksendung, der Mikroverfilmung oder der Vervielfältigung auf anderen Wegen und der Speicherung in Datenverarbeitungsanlagen, bleiben, auch bei nur auszugsweiser Verwertung, vorbehalten. Eine Vervielfältigung dieses Werkes oder von Teilen dieses Werkes ist auch im Einzelfall nur in den Grenzen der gesetzlichen Bestimmungen des Urheberrechtsgesetzes der Bundesrepublik Deutschland vom 9. September 1965 in der jeweils geltenden Fassung zulässig. Sie ist grundsätzlich vergütungspflichtig. Zuwiderhandlungen unterliegen den Strafbestimmungen des Urheberrechtsgesetzes. Springer Medizin Verlag. Ein Unternehmen von Springer Science+Business Media springer.de © Springer Medizin Verlag Heidelberg 2005 Printed in Germany Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutzgesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften. Produkthaftung: Für Angaben über Dosierungsanweisungen und Applikationsformen kann vom Verlag keine Gewähr übernommen werden. Derartige Angaben müssen vom jeweiligen Anwender im Einzelfall anhand anderer Literaturstellen auf ihre Richtigkeit überprüft werden. Planung: Dr. Fritz Kraemer, Dr. Lars Rüttinger Projektmanagement: Ina Conrad, Dr. Lars Rüttinger Lektorat: Michaela Mallwitz SPIN 10912706 Satz: Fotosatz-Service Köhler GmbH, Würzburg Druck: Stürtz GmbH, Würzburg Gedruckt auf säurefreiem Papier 2111 – 5 4 3 2 1 0
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Gewidmet meiner lieben Frau Constanze und meinen Kindern Leonie, Verena und Valerie, die mich in Geduld und Liebe unterstützt haben und meinen Lehrern Prof. Dr. Wolfgang Mauermayer Prof. Dr. Emil A. Tanagho Prof. Dr. Rudolf Hartung
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Vorwort »Ever sincer Vesalius, anatomy has depended on images«. (John Blandy 1982) Das vorliegende Buch ist ein multimediales Lehrbuch mit Operationszeichnungen, intraoperativen Bildern und einem Text, der die Indikationen, Operationsschritte sowie Fehler und Gefahren und deren Management beschreibt. Eine DVD mit den wichtigsten Operationen sowie Besonderheiten ergänzt den Operationsatlas. Neben der transurethralen Resektion der Prostata (TURP) und der Blase (TURB) werden die Holmiumenukleation der Prostata und die interstitielle Laser-Koagulation beschrieben. Weitere wichtige endourologische Verfahren wie Ureteroskopie und perkutane Eingriffe sowie endoskopische Verfahren bei Kindern werden ausführlich dargestellt. Einzige Ausnahme stellen die laparaskopischen Operationen in der Urologie dar, die auch als endoskopische Verfahren zu bezeichnen sind, jedoch mittlerweile fast eine eigenständige Disziplin darstellen und den Rahmen dieses Buches sprengen würden. Das Literaturverzeichnis wurde, da es sich um eine Operationslehre handelt, bewusst klein gehalten. Ich bitte alle Autoren, deren wichtige Arbeiten hier nicht zitiert wurden – besonders im Hinblick auf die geschichtliche Entwicklung der Endourologie –, um Vergebung. Obwohl alle Beschreibungen und Hinweise bewährt sind, bedeutet dies nicht, dass man dieses Buch lesen und dann eine Operation durchführen kann. Dieses Buch soll eine fundierte operative Ausbildung unterstützen. Es genügt auch nicht, ein Kochbuch von Paul Bocuse durchzulesen, um ein Spitzenkoch zu sein. Besonderer Wert wurde auf die chirurgiebezogene topographische Anatomie gelegt. Viele Darstellungen, auch in Operationsatlanten, werden so gezeichnet, dass sie für Anatomen nützlicher sind als für Chirurgen: Anatomen studieren Organe und Organsysteme vertikal, Chirurgen betrachten Patienten horizontal! Fundierte anatomische Kenntnisse und operative Tricks sind bei endourologischen Operationen notwendiger als bei offen-chirurgischen Maßnahmen und können nicht durch neueste fiberoptische oder telemedizinische Gerätschaften ersetzt werden. Das Buch soll in Form eines Operationsatlas operatives Vorgehen bei endourologischen Verfahren beschreiben. So habe ich ebenso ehemalige Kollegen aus München und meine Assistenten und Oberärzte in Marburg als Autoren gewinnen können, um mit diesem Buch wiederum eine endourologische Schule und ein Ausbildungskonzept zu vermitteln. Das Paradigma für die Behandlung der gutartigen Prostatavergrößerung hat sich innerhalb der letzten Jahre erheblich gewandelt. Neue pharmakologisch wirksame Medikamente und minimalinvasive Therapien sowie Veränderungen der Gesundheitsfinanzierung haben die Behandlung verändert. In den letzten Jahren wurden wir von einer großen Anzahl von Publikationen überschwemmt, die neue Wege zur Diagnostik und v. a. Therapie der »lower urinary tract symptoms« (LUTS) aufzeigen. Fragwürdige Methodik, fehlerhafte statistische Auswertung und nicht vergleichbare Patientengruppen beinträchtigen jedoch die Interpretation dieser Erkenntnisse. Der Begriff »statistisch signifikant« war in vielen dieser Studien sicherlich überbewertet und missverständlich. Qualitätsfragebögen wurden verwendet, die nicht alle für die Patientenzufriedenheit relevanten Parameter erfassten. Wie sehr muss sich ein Patient in seinem Miktionsscore wirklich verbessern, damit er sich wohl fühlt? Für den praktizierenden Urologen und den Operateur ist es wichtig, welche der Daten klinisch signifikant sind. Die offene Adenomektomie sowie die transurethrale Resektion der Prostata (TURP) sind die bewährtesten Eingriffe und stellen nach wie vor die am häufigsten durchgeführten Operationen bei anatomischer Obstruktion dar. Für die TURP wurde mittlerweile das Instrumentarium perfektioniert, während durch Fortschritte in der Hochfrequenztechnik derzeit immer noch Verbesserungen dieses »golden standard« erfolgen. Andere »alternative Verfahren« sind bisher nicht in Langzeitstudien bewährt oder weisen eine hohe Reinterventionsrate auf. Neben der TURP werden in dieser Operationslehre noch zwei
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Vorwort
weitere Verfahren beschreiben. Die interstitielle Laser-Koagluation (ILK) ist minimal-invasiv und führt zu einer gewissen Deobstruktion, sodass sie bei Patienten, die für eine Laser-Enukleation oder TURP nicht geeignet sind, Anwendung finden kann. Die Holmium-Laser-Resektion stellt eine Methode dar, die zur Deobstruktion führt und eine histologische Untersuchung von Gewebe erlaubt, jedoch fast ebenso wie die TURP eine längere Lernphase benötigt. Ein Operationsatlas kann nicht das chirurgische Gespür ersetzen, jedoch sind profunde Kenntnisse der chirurgischen Anatomie der wichtigste Bestandteil einer gelungenen Operation. Es gibt immer auch andere Wege, einen operativen Eingriff durchzuführen. Aber nach tausenden von selbst durchgeführten Operationen und als Schüler großer endourologischer Operateure wie dem Begründer der deutschen Endourologie Prof. Dr. Wolfgang Mauermayer und seinem Nachfolger Prof. Dr. Rudolf Hartung habe ich mir erlaubt, dieses Buch so herauszugeben, wie ich heute operieren würde. Das Buch soll ein Lehr- und Lernbuch für junge Urologen sein. Ich würde mir jedoch auch wünschen, wenn so mancher erfahrene Urologe noch den einen oder anderen Hinweis und Trick für seine tägliche Praxis erhält. Wenn man so ein Buch neben einer vollen klinischen Tätigkeit schreibt, so ist dies nicht nur ein – angenehmes – Opfer für den Autor, sondern auch für seine Familie. So danke ich besonders meiner Frau Dr. Constanze Loeffler-Hofmann und meinen drei Kindern für ihre Nachsicht und Geduld, wenn es mal wieder »etwas später geworden ist«. Ich danke Herrn Walter Bornmann und Herrn Norbert Finger vom Medizinischen Fernsehen des Klinikums der Philipps-Universität Marburg für die hervorragende Zusammenarbeit bei der Zusammenstellung der DVD mit den Operationsfilmen. Den Mitarbeiten des Springer-Verlages in Heidelberg danke ich besonders für ihre große Hilfe. Sie haben genauso viel Zeit in dieses Buch investiert wie ich selbst. Ich danke Herrn Dr. Harald Fritz für die Realisierung des Projektes, Herrn Dr. Lars Rüttinger als Lektor, Herrn Willi Bischoff von der Buchherstellung, Frau Ina Conrad sowie dem Zeichner Herrn Peter Lübke für ihre sehr kompetente und engagierte Mitarbeit. Mein besonderer Dank gilt Herrn Dr. Fritz Kraemer, der mir als Lektor immer freundlich, hilfreich und äußerst sachkundig zur Seite stand und mich ermutigt hat, den Text so zu verfassen und zu illustrieren, wie es mir richtig erschien. Es war mir eine Freude, große Herausforderung und Ehre, ein Buch zu schreiben, das dem Standardwerk »Transurethrale Operationen« von Wolfgang Mauermayer nachfolgt. Der Springer-Verlag und ich wünschen sich, dass dieser Atlas für operativ tätige Urologen hilfreich und informativ ist und Freude beim Lesen bereitet. Marburg, Juli 2005 Rainer Hofmann
IX
Inhaltsverzeichnis 4.2.1 4.2.2 4.3 4.4 4.5
I Endoskopie der Urethra, Prostata und Harnblase 1
1.1 1.2 1.3 1.4 1.5 1.6 1.7 1.8
Endoskopische Resektionsinstrumente und Operationstechniken . . . . . . . . . . . . J. Braun Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . Aktives vs. passives Instrument . . . . Hochdruck- vs. Niederdruckresektion Rotoresekt . . . . . . . . . . . . . . . . . Breite Schlinge . . . . . . . . . . . . . . Bipolares Schneiden in NaCl-Lösung. Punchlithotriptor . . . . . . . . . . . . Phantome und künstliches Gewebe für transurethrale Operationen . . . . Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Videoendoskopie . . . . . . . . . . . . . . . . . 11
2.1 2.2 2.3
J. Braun Historische Entwicklung Videoübertragung . . . . Ergonomie . . . . . . . . Literatur . . . . . . . . . .
3
3.1 3.1.1 3.1.2 3.1.3 3.2 3.2.1 3.2.2 3.3 3.3.1 3.3.2
4 4.1 4.2
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Physik und Technik der Hochfrequenzchirurgie . . . . . . . . . . . 17 K. Fastenmeier Schneiden mit Hochfrequenzstrom . . . . . . Hochfrequenzstromkreis bei monopolarer Operationsanordnung . . . . . . . . . . . . . . Maßnahmen zur Vermeidung von gefährlichen Stromkonzentrationen . . . . . . Physikalische Vorgänge an der Schneidelektrode beim Schneiden . . . . . . . Steuerung und Regelung der physikalischen Wirkung des Hochfrequenzstroms . . . . . . . Zeitliche Modulation des Hochfrequenzstroms . . . . . . . . . . . . . . . Regelung des Hochfrequenzstroms . . . . . . Entwicklungstendenzen bei der Hochfrequenzchirurgie . . . . . . . . . . . Vaporisation der Prostata. . . . . . . . . . . . . Bipolare Operationsanordnungen . . . . . . . Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Diagnostische Urethrozystoskopie . . . . . . A. Hegele Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Instrumentenkunde . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Bildatlas Zystoskopie . . . . . . . . . . . . . . . 31 A. Hegele, R. Hofmann
6
2
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4.5.1 4.5.2 4.5.3 4.6
Starre Instrumente . . . . . . . . . Flexible Instrumente. . . . . . . . Indikationen. . . . . . . . . . . . . Kontraindikationen . . . . . . . . Ablauf und Durchführung einer Urethrozystoskopie . . . . . . . . Anästhesie . . . . . . . . . . . . . . Urethrozystoskopie beim Mann. Urethrozystoskopie bei der Frau Komplikationen. . . . . . . . . . . Literatur . . . . . . . . . . . . . . .
6.1 6.1.1 6.1.2 6.2 6.2.1 6.2.2 6.3 6.3.1 6.3.2 6.3.3 6.4 6.5 6.6 6.7 6.7.1 6.7.2
7
7.1 7.1.1 7.2 7.2.1 7.2.2 7.2.3
Endoskopische Behandlung von Harnröhrenstrikturen . . . . . . . . . . . . 41 A.J. Schrader Indikationen zur Operation . . . . . . . . . . . Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Indikation zum operativen Vorgehen . . . . . Präoperative Diagnostik und perioperatives Vorgehen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Präoperative Diagnostik . . . . . . . . . . . . . Vorbereitung und Lagerung des Patienten . . Durchführung der Urethrotomia interna . . . Urethrotomia interna nach Otis . . . . . . . . Urethrotomia interna nach Sachse . . . . . . . Urethrotomie bei der Frau . . . . . . . . . . . . Postoperatives Vorgehen . . . . . . . . . . . . . Komplikationen der Urethrotomia interna . . Ergebnisse der Urethrotomia interna . . . . . Alternative operative Therapiemöglichkeiten der Harnröhrenstriktur . . . . . . . . . . . . . . Harnröhrenbougierung . . . . . . . . . . . . . . Endoskopische Behandlung des kompletten Harnröhrenverschlusses . . . . . . . . . . . . . Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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42 42 43 43 43 44 45 46 46 46
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Transurethrale Resektion (TURP) und transurethrale Inzision (TUIP) der Prostata . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49 R. Hofmann, mit Beiträgen von A. Elert und S. Wille Indikationen zur Operation . . . . . . . . . . . Benignes Prostatasyndrom . . . . . . . . . . . Präoperative Diagnostik und perioperatives Vorgehen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Präoperative Diagnostik . . . . . . . . . . . . . Perioperative Antibiotikagabe . . . . . . . . . Vorbereitung und Lagerung des Patienten .
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50 50
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51 51 55 55
X
Inhaltsverzeichnis
7.3 7.3.1 7.3.2 7.3.3 7.3.4 7.3.5 7.3.6 7.3.7 7.3.8 7.3.9 7.3.10 7.4 7.4.1 7.4.2 7.4.3 7.5 7.5.1 7.5.2 7.6 7.7
8
8.1 8.2 8.2.1 8.2.2 8.3 8.3.1 8.3.2 8.3.3
9
9.1 9.2 9.2.1 9.2.2 9.3 9.3.1 9.3.2
Durchführung der transurethralen Resektion der Prostata (TURP) . . . . . . . . . . . . . . . . . Einführen des Resektionsschaftes . . . . . . . . Inspektion der Blase und Prostata . . . . . . . . Hydraulischer Sphinktertest . . . . . . . . . . . . Haltung des Instrumentes bei Direktsicht . . . Regulierung des Spülwassers . . . . . . . . . . . Gewebeerkennung als Voraussetzung zur Resektion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Resektion der Prostata . . . . . . . . . . . . . . . Entleerung des Spülwassers und der Resektionsstücke . . . . . . . . . . . . . . . . Blutstillung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Einlegen des Dauerkatheters . . . . . . . . . . . Komplikationen der transurethralen Resektion der Prostata . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Intraoperative Komplikationen . . . . . . . . . . Postoperative Komplikationen . . . . . . . . . . Spätkomplikationen nach TUR . . . . . . . . . . Modifikationen der transurethralen Resektion der Prostata . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Transurethrale Elektrovaporisation der Prostata . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Transurethrale Resektion der Ductus ejakulatorius . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Transurethrale Inzision der Prostata (TUIP) . . . Ergebnisse der TURP, TUIP und der offenen Adenomenukleation . . . . . . . . . . . . . . . . Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
56 56 56 56 57 58 59 60 67 71 73 75 75 79 81 82 82 82 82 83 84
Laser-Anwendung in der Urologie (physikalische und biophysikalische Grundlagen) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 85 A. Hofstetter Biologische Wirkungsmechanismen Thermische Prozesse . . . . . . . . . Photokoagulation . . . . . . . . . . . Photothermisches Schneiden und Verdampfen . . . . . . . . . . . . Athermische Laser-Verfahren . . . . Photoablation . . . . . . . . . . . . . Photodisruption . . . . . . . . . . . . Biochemische Prozesse . . . . . . . . Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . .
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88 89 89 89 90 90
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Holmium-Laser-Enukleation der Prostata (HoLEP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 91 R.M. Kuntz Vorbemerkungen . . . . . . . . . . . . . . . Indikationen zur Operation . . . . . . . . . Prostatagröße . . . . . . . . . . . . . . . . . Seltene Indikationen . . . . . . . . . . . . . Vorbereitung des Patienten . . . . . . . . . Präoperative Vorbereitung . . . . . . . . . . Lagerung und Abdeckung des Patienten .
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9.4 9.4.1 9.4.2 9.4.3 9.5 9.5.1 9.5.2
92 92 92 92 93 93 93
9.5.3 9.5.4 9.5.5 9.5.6 9.5.7 9.5.8 9.5.9 9.5.10 9.5.11 9.6 9.6.1 9.6.2 9.6.3 9.7 9.7.1 9.7.2 9.7.3 9.8
10
10.1 10.2 10.3 10.3.1 10.3.2 10.3.3
11 11.1 11.2 11.3 11.3.1 11.3.2 11.3.3 11.3.4 11.3.5 11.3.6
Operationsinstrumentarium . . . . . . . . Holmium-Laser . . . . . . . . . . . . . . . . . Laser-Resektoskop . . . . . . . . . . . . . . . Mechanischer Gewebemorcellator . . . . Operationstechnik . . . . . . . . . . . . . . . Prinzip der Enukleation . . . . . . . . . . . . Einführen des Resektoskopes, Inspektion der Blase, hydraulischer Sphinktertest, Haltung des Instrumentes, Regulierung des Spülwassers, Gewebedifferenzierung. Enukleation des Mittellappens . . . . . . . Enukleation des linken Seitenlappens . . . Enukleation des rechten Seitenlappens . . Gewebefragmentierung . . . . . . . . . . . Blutstillung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Prostatakarzinom . . . . . . . . . . . . . . . Prostataabszess. . . . . . . . . . . . . . . . . Blasensteine . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Harnröhrenstriktur, Blasenhalssklerose, Blasendivertikel. . . . . . . . . . . . . . . . . Nachbehandlung . . . . . . . . . . . . . . . Gewebeentfernung . . . . . . . . . . . . . . Blasenkatheter . . . . . . . . . . . . . . . . . Postoperative Nachsorge . . . . . . . . . . . Komplikationen der Holmium-LaserEnukleation der Prostata . . . . . . . . . . . Intraoperative Komplikationen . . . . . . . Postoperative Komplikationen . . . . . . . Spätkomplikationen . . . . . . . . . . . . . . Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Interstitielle Lasertherapie der Prostata . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 115 R. Muschter Wirkungsprinzip . . . . . . . . . . Nebenwirkungen . . . . . . . . . Technik . . . . . . . . . . . . . . . . Laser- und Applikationssysteme Durchführung der Therapie . . . Anmerkungen . . . . . . . . . . . Literatur . . . . . . . . . . . . . . .
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Transurethrale Resektion der Blase . . W. Wieland, T. Filbeck Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Präoperative Diagnostik . . . . . . . . . . . Technik der transurethralen Resektion von Blasentumoren . . . . . . . . . . . . . . Allgemeine Resektionstechnik . . . . . . . Resektion großer exophytischer Tumoren Blutstillung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Sonderformen der Tumorresektion . . . . Komplikationsmanagement . . . . . . . . . Aufklärung des Patienten . . . . . . . . . .
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124 125 125 126 126 128 129
XI Inhaltsverzeichnis
11.3.7
Residual- und Rezidivtumor . . . . . . . . . . . . 129 Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 133
12
Katheterentblockung . . . . . . . . . . . . . . . 135
12.1 12.2 12.2.1 12.2.2 12.2.3 12.2.4 12.2.5 12.2.6 12.2.7 12.2.8 12.3
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13.1
13.2 13.3 13.4
14 14.1 14.2 14.2.1 14.2.2 14.2.3 14.2.4 14.2.5 14.2.6
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15.1 15.2
A. Elert Das Problem des nicht entblockbaren Katheterballons . . . . . . . . . . . . . . . . Methoden zur Katheterentblockung . . . Torsionsmethode . . . . . . . . . . . . . . . Verkürzen der Störstrecke . . . . . . . . . . Transluminale Sondierung und Ballonperforation . . . . . . . . . . . . . . . Extraluminale Sondierung und Ballonperforation . . . . . . . . . . . . . . . Perkutane Punktion . . . . . . . . . . . . . . Transrektale und transvaginale Punktion . Ruptur durch Ballonüberdehnung . . . . . Chemisch induzierte Ruptur . . . . . . . . . Empfehlung für ein schrittweises Vorgehen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
16 . . . .
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136 136 136 136
. . . 136 . . . . .
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136 136 137 137 137
. . . 138 . . . 138
Endoskopische Therapie der Harninkontinenz . . . . . . . . . . . . . . . 139 S. Wille Diagnostische Abklärung der Harninkontinenz vor endoskopischer Therapie . . . . . . . . . . . . . . . . . . Weibliche Inkontinenz . . . . . . . . . Männliche Inkontinenz . . . . . . . . . Therapieerfolg der endoskopischen Therapie . . . . . . . . . . . . . . . . . . Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . .
II Endoskopie des Ureters und der Nieren
. . . . . . 140 . . . . . . 140 . . . . . . 141 . . . . . . 142 . . . . . . 142
Lithotripsietechniken . . . . . . . . . . . . . . P. Olbert Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Lithotripsietechniken und -technologien . . Mechanische Lithotripsie (Mauermayer-Stein-Punch) . . . . . . . . . . . Elektrohydraulische Lithotripsie (EHL) . . . . . Laser-Lithotripsie. . . . . . . . . . . . . . . . . . Ultraschalllithotripsie . . . . . . . . . . . . . . . Pneumatisch-ballistische Lithotripsie (LithoClast) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kombination von LithoClast und Ultraschall . Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
. 143 . 144 . 144 . . . .
144 144 145 146
. 147 . 148 . 150
Transurethrale Lithotripsie von Blasensteinen . . . . . . . . . . . . . . . . . 151 R. Hofmann Lithotripsie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 152 Steinpunch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 152 Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 153
16.1 16.2 16.2.1 16.2.2 16.3 16.3.1 16.3.2 16.3.3
16.3.4 16.4 16.4.1 16.4.2 16.4.3 16.5 16.5.1 16.5.2 16.5.3 16.5.4 16.5.5 16.5.6 16.5.7 16.5.8 16.6 16.6.1 16.6.2 16.6.3 16.6.4 16.6.5 16.7 16.7.1 16.7.2 16.7.3 16.8
Ureterorenoskopie (URS) . . . . . . . . . . . R. von Knobloch Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Instrumentenkunde . . . . . . . . . . . . . . . . Starre Ureterorenoskope . . . . . . . . . . . . . Flexible Ureterorenoskope . . . . . . . . . . . . Operationsindikation und Aufklärung des Patienten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Indikation zur endoluminalen Diagnostik des oberen Harntraktes mittels URS . . . . . . Indikation zur ureterorenoskopischen Steinentfernung . . . . . . . . . . . . . . . . . . Indikation zur ureterorenoskopischen Therapie von Transitionalzellkarzinomen des oberen Harntraktes . . . . . . . . . . . . . . Patientenaufklärung. . . . . . . . . . . . . . . . Präoperative Diagnostik und perioperatives Vorgehen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Präoperative Diagnostik . . . . . . . . . . . . . Perioperative Antibiotikagabe . . . . . . . . . Vorbereitung und Lagerung des Patienten . . Durchführung der URS mit starren Instrumenten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Einführen des Ureterorenoskopes . . . . . . . Inspektion von Urethra, Harnblase und Ostienkonfiguration . . . . . . . . . . . . . Ostienentrierung, Ostiendilatation und Einsatz von Schleusen . . . . . . . . . . . . Haltung des Instrumentes . . . . . . . . . . . . Regulierung des Spülwassers . . . . . . . . . . Ureteroskopie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Renoskopie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Blutstillung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Durchführung der URS mit flexiblen und semiflexiblen Instrumenten . . . . . . . . Einführen des Ureterorenoskopes . . . . . . . Haltung des Instrumentes . . . . . . . . . . . . Ureteroskopie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Renoskopie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Einsatz einer Videokamera . . . . . . . . . . . . Durchführung der URS zur endoluminalen Diagnostik des oberen Harntraktes . . . . . . Weißlichtdiagnostik . . . . . . . . . . . . . . . . Photodynamische Diagnostik (PDD) mittels 5-Aminolävulinsäure (ALA) . . . . . . . . . . . . Probenentnahme zur histologischen Abklärung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Durchführung der ureterorenoskopischen Steinentfernung . . . . . . . . . . . . . . . . . .
. 157 . . . .
159 159 159 159
. 160 . 160 . 160
. 160 . 161 . . . .
162 162 162 163
. 163 . 163 . 163 . . . . . .
163 165 166 166 167 168
. . . . . .
168 169 169 169 170 170
. 170 . 170 . 171 . 171 . 171
XII
Inhaltsverzeichnis
16.8.1 16.8.2 16.9
16.9.1 16.9.2 16.9.3 16.10 16.10.1 16.11 16.11.1 16.11.2 16.11.3
17
17.1 17.1.1 17.1.2 17.1.3 17.1.4 17.1.5 17.2 17.2.1 17.2.2 17.2.3 17.2.4 17.2.5 17.2.6 17.3 17.3.1 17.3.2 17.3.3 17.4 17.4.1 17.4.2 17.4.3 17.4.4 17.4.5
Therapie des Ureterkonkrementes . . . . . . Therapie renaler Konkremente . . . . . . . . Durchführung der ureterorenoskopischen Therapie von Transitionalzellkarzinomen des oberen Harntraktes . . . . . . . . . . . . . Histologiegewinnung . . . . . . . . . . . . . . Mechanische Abtragung . . . . . . . . . . . . Laser-Therapie . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ureteroskopische Ureterschlitzung bei Harnleiterenge . . . . . . . . . . . . . . . . Durchführung der endoskopischen Ureterotomie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Komplikationen ureterorenoskopischer Eingriffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Intraoperative Komplikationen . . . . . . . . Postoperative Komplikationen . . . . . . . . Spätkomplikationen . . . . . . . . . . . . . . . Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
. . 171 . . 174
. . . .
. . . .
175 175 176 176
. . 177 . . 177 . . . . .
. . . . .
178 178 179 179 179
Perkutane endoskopische Therapieverfahren der Niere . . . . . . . . . . 181 Z. Varga Perkutane Litholapaxie . . . . . . . . . . . . . . Indikationen zur Operation . . . . . . . . . . . Kontraindikationen zur Operation . . . . . . . Präinterventionelle Diagnostik und perioperatives Vorgehen . . . . . . . . . . . . . Durchführung der perkutanen Nephrolitholapaxie (PNL) . . . . . . . . . . . . . . . . . Ergebnisse der perkutanen Nephrolitholapaxie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Perkutane Inzision einer Kelchhalsstenose . . Indikationen zur Operation . . . . . . . . . . . Präinterventionelle Diagnostik und perioperatives Vorgehen . . . . . . . . . . Durchführung der anterograden Kelchhalsinzision . . . . . . . . . . . . . . . . . . Komplikationen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . Postoperative Nachsorge . . . . . . . . . . . . . Ergebnisse der perkutanen Kelchhalsinzision Perkutane anterograde Endopyelotomie und Litholapaxie . . . . . . . . . . . . . . . . . . Indikation zur Operation . . . . . . . . . . . . . Präinterventionelle Diagnostik . . . . . . . . . Durchführung der anterograden Endopyelotomie mit Litholapaxie . . . . . . . Elektroresektion von Nierenbeckentumoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Indikationen zur Operation . . . . . . . . . . . Kontraindikationen zur Operation . . . . . . . Präinterventionelle Diagnostik und perioperatives Vorgehen . . . . . . . . . . . . . Durchführung der Resektion. . . . . . . . . . . Ergebnisse der perkutanen Resektion . . . . . Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
. 182 . 182 . 182 . 182 . 183 . 194 . 194 . 194 . 194 . 194 . 195 . 195 195
18
18.1 18.2 18.3 18.4 18.4.1 18.5 18.5.1 18.5.2 18.5.3 18.6 18.7 18.7.1 18.8
19 19.1 19.1.1 19.1.2 19.2 19.2.1 19.2.2 19.3 19.3.1 19.3.2 19.3.3 19.4 19.5
20 . 195 . 195 . 195 . 196 . 196 . 196 . 196 . . . .
196 197 197 198
20.1 20.2 20.3 20.4 20.5
20.6 20.7
Endoskopische Therapie der Nierenbeckenabgangsenge – die antegrade oder retrograde Laser-Endopyelotomie (LEP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 199 S. Subotic, J. Rassweiler Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Pathophysiologie der Nierenbeckenabgangsenge . . . . . . . . . . . . . . . . . Indikation zur Operation . . . . . . . . . . Präoperative Diagnostik . . . . . . . . . . Standarddiagnostik . . . . . . . . . . . . . Perioperatives Vorgehen . . . . . . . . . . Perioperative Antibiotikagabe . . . . . . Aufklärung, Vorbereitung und Lagerung des Patienten . . . . . . . . . . . . . . . . . Durchführung der retrograden und antegraden Laser-Endopyelotomie . . . Komplikationen. . . . . . . . . . . . . . . . Postoperatives Vorgehen . . . . . . . . . . Kurzfristige Kontrollen . . . . . . . . . . . Ergebnisse der Laser-Endopyelotomie . Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
. . . . 200 . . . . . .
. . . . . .
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. . . . . .
200 201 201 201 203 203
. . . . 203 . . . . . .
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204 206 206 206 206 207
Harnleiterschienung . . . . . . . . . . . . . . . 209 A.J. Schrader Grundlagen und Indikationen . . . . . . . . . . Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Indikationen zur Harnleiterschienung . . . . . Periinterventionelles Management. . . . . . . Präinterventionelles Vorgehen . . . . . . . . . Postinterventionelles Vorgehen. . . . . . . . . Durchführung der Harnleiterschienung . . . . Retrograde Harnleiterschienung . . . . . . . . Antegrade Harnleiterschienung. . . . . . . . . Wechsel und Entfernung von Doppel-J-Harnleiterschienen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Metallureterstent. . . . . . . . . . . . . . . . . . Komplikationen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Perkutane Nephrostomieanlage . . . H. Feiber Geschichtliche Entwicklung . . . . . . . . Indikationen zur Operation . . . . . . . . Kontraindikationen zur Operation . . . . Aufklärung, Komplikationen . . . . . . . . Vorbereitung, Lagerung und Durchführung der Nephrostomieanlage in einzelnen Schritten . . . . . . . . . . . . Temporäre – permanente – palliative Harnableitung: kritische Bemerkungen . Katheterpflege und -wechsel . . . . . . . Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
. . . . . . . . .
210 210 210 210 210 210 210 210 212
. . . .
213 213 213 215
. . . . 217 . . . .
. . . .
. . . .
. . . .
218 218 218 218
. . . . 219 . . . . 222 . . . . 222 . . . . 222
XIII Inhaltsverzeichnis
III Endoskopie bei speziellen Patientengruppen 21 21.1 21.2 21.2.1 21.2.2 21.2.3 21.3 21.3.1 21.4 21.4.1 21.4.2 21.4.3 21.4.4 21.5 21.5.1 21.5.2 21.5.3 21.5.4
Endoskopische Eingriffe bei Kindern . . . . T. Becker, M. Riccabona Indikation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Technik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Antegrade Endoskopie . . . . . . . . . . . . . . . Retrograde (prograde) VideoUrethrozystoskopie . . . . . . . . . . . . . . . . . Meatuskalibrierung . . . . . . . . . . . . . . . . . Normalbefunde. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Normale weibliche Harnröhre . . . . . . . . . . . Pathologische Befunde . . . . . . . . . . . . . . . Blasenwand und Trigonum. . . . . . . . . . . . . Harnleiterostien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ureterozele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Harnröhrenklappen . . . . . . . . . . . . . . . . . Endoskopische Therapien bei Kindern. . . . . . Vesikorenaler Reflux . . . . . . . . . . . . . . . . . Ureterozelen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Harnröhrenklappen . . . . . . . . . . . . . . . . . Intravesikale Injektion von Botulinum-A-Toxin bei neurogener Blase . . . . . . . . . . . . . . . . Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
225 226 226 226 226 227 227 227 227 227 228 228 228 229 229 230 231 232 234
22
Endoskopische intrauterine Eingriffe . . . . 237
22.1 22.1.1 22.1.2
R. Hofmann Obstruktive Uropathie . . Vesikoamniotischer Shunt Klappenablation . . . . . . Literatur . . . . . . . . . . .
. . . .
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. . . .
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238 240 241 241
Anhang Strahlenschutz bei endoskopischen Eingriffen . . . . 245 H.-J. Wagner, P. Olbert Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Allgemeiner Strahlenschutz . . . . . . . . . . . Strahlenschutz des Patienten . . . . . . . . . . Strahlenschutz des Untersuchungspersonals Zusammenfassung. . . . . . . . . . . . . . . . . Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
. . . . . .
. . . . . .
. . . . . .
. . . . . .
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. . . . . .
246 246 247 247 248 249
XV
Autorenverzeichnis Dr. med. Tanja Becker
Prof. Dr. med. Rainer Hofmann
Department Kinderurologie Krankenhaus der Barmherzigen Schwestern Seilerstätte 4 A-4020 Linz vormals: Klinik für Urologie und Kinderurologie Philipps-Universität Marburg Baldingerstraße 35033 Marburg
Direktor der Klinik für Urologie und Kinderurologie Philipps-Universität Marburg Baldingerstraße 35033 Marburg
Prof. Dr. med. Jürgen Braun Chefarzt der Urologischen Abteilung Krankenhaus Biberach Ziegelhausstraße 50 88400 Biberach
Dr. med. Achim Elert Klinik für Urologie und Kinderurologie Philipps-Universität Marburg Baldingerstraße 35033 Marburg
Prof. Dr. med. Karl Fastenmeier Universität der Bundeswehr Fakultät für Elektrotechnik und Informationstechnik 85577 Neubiberg
Dr. med. Helmut Feiber Klinik für Urologie und Kinderurologie Philipps-Universität Marburg Baldingerstraße 35033 Marburg
Priv.-Doz. Dr. med. Thomas Filbeck Westenstraße 2 85072 Eichstätt vormals: Klinik und Poliklinik für Urologie der Universität Regensburg am Caritas Krankenhaus St. Josef Landshuter Straße 65 93953 Regensburg
Dr. med. Axel Hegele Klinik für Urologie und Kinderurologie Philipps-Universität Marburg Baldingerstraße 35033 Marburg
Univ.-Dozent Dr. med. Marcus Riccabona Leiter des Departments Kinderurologie Krankenhaus der Barmherzigen Schwestern Seilerstätte 4 A-4020 Linz
Prof. Dr. med. Alfons Hofstetter Em. Direktor der Urologischen Universitätsklinik Ludwig-Maximilians-Universität Marchioninistraße 15 81377 München
Dr. med. Andres Schrader
Priv.-Doz. Dr. med. Rolf von Knobloch
Dr. med. Svetozar Subotic
Chefarzt der Klinik für Urologie Franziskus Hospital Kiskerstraße 26 33615 Bielefeld vormals: Klinik für Urologie und Kinderurologie Philipps-Universität Marburg Baldingerstraße 35033 Marburg
Klinik für Urologie und Kinderurologie Philipps-Universität Marburg Baldingerstraße 35033 Marburg
Urologische Klinik Klinikum Heilbronn GmbH Am Gesundbrunnen 20 74078 Heilbronn
Dr. med. Zoltan Varga Klinik für Urologie und Kinderurologie Philipps-Universität Marburg Baldingerstraße 35033 Marburg
Prof. Dr. med. Rainer Kuntz
Prof. Dr. med. Hans-Joachim Wagner
Chefarzt der Urologischen Klinik Auguste Viktoria-Krankenhaus Rubensstraße 125 12157 Berlin
Klinik für Strahlendiagnostik Philipps-Universität Marburg Baldingerstraße 35033 Marburg
Prof. Dr. med. Rolf Muschter
Prof. Dr. med. Wolf Wieland
Chefarzt der Urologischen Klinik Diakoniekrankenhaus Elise-Averdieck-Straße 17 27356 Rotenburg
Direktor der Klinik und Poliklinik für Urologie der Universität Regensburg am Caritas Krankenhaus St. Josef Landshuter Straße 65 93053 Regensburg
Dr. med. Peter Olbert Klinik für Urologie und Kinderurologie Philipps-Universität Marburg Baldingerstraße 35033 Marburg
Prof. Dr. med. Jens Rassweiler Chefarzt der Urologischen Klinik Klinikum Heilbronn GmbH Am Gesundbrunnen 20 74078 Heilbronn
Dr. med. Sebastian Wille Klinik und Poliklinik für Urologie Klinikum der Universität zu Köln Joseph-Stelzmann-Straße 9 50931 Köln
I Endoskopie der Urethra, Prostata und Harnblase
1 Endoskopische Resektionsinstrumente und Operationstechniken J. Braun
1.1
Einleitung
–4
1.2
Aktives vs. passives Instrument – 5
1.3
Hochdruck- vs. Niederdruckresektion – 6
1.4
Rotoresekt
1.5
Breite Schlinge – 9
1.6
Bipolares Schneiden in NaCl-Lösung – 9
1.7
Punchlithotriptor
1.8
Phantome und künstliches Gewebe für transurethrale Operationen – 10
–8
Literatur – 10
– 10
4
1
Kapitel 1 · Endoskopische Resektionsinstrumente und Operationstechniken
1.1
Einleitung
1909 wurde ein neues Prinzip einer ablativen endoskopischen Prostatagewebsentfernung vorgestellt. Es handelte sich um das von Young entwickelte Punch-Resektoskop, bei dem ein verschiebliches Innenrohr, das an der Spitze geschärft war, in einem äußeren Resektionsschaft mit einem ca. 1 cm großen Fenster an der Spitze bewegt werden konnte. Die Aussparung wurde, unter Sicht durch ein Glasfenster am Ende des Resektionsschaftes, in das Gewebe gedrückt und durch Verschieben des Innenrohres (⊡ Abb. 1.1, 1.2) abgeschnitten. Eine Blutstillung gab es dabei noch nicht. Ein weiterentwickelter Typ dieses Punchresektionsinstrumentes war die Modifikation von Frohmüller und Wolf mit schnabelförmiger Spitze, Lichtaustritt in der Spitze und einer Knopfkoagulationssonde (⊡ Abb. 1.3).
Ein Prostataresektionsinstrument mit einer starren Schlinge zur Gewebsabtragung wurde von Wappler auf Vorschlag von Stern 1924 gebaut. Es handelte sich um einen Schaft mit wechselbarer Optik und einer Platinschlinge, mit der mit ungedämpftem Hochfrequenzstrom das Gewebe durch Bewegung des gesamten Instruments geschnitten wurde. Aufgrund nur einer Stromart mit ungedämpftem Wechselstrom konnte jedoch keine Blutstillung erreicht werden. Wechselweises Schneiden oder Koagulieren erreichte erst Davis 1928. Hierzu wurden mit einem Doppelfußschalter zwei verschiedene Stromqualitäten aus einem ungedämpften Wechselstromhochfrequenzgerät mit relativ niedriger Spannung und Stromstärke und einem zweiten zusätzlichen Funkenstreckengenerator mit hoher Spannung und Stromstärke auf die Resektoskopschlinge übertragen. Es konnte somit sowohl ein Gewebsschnitt als auch Blutstillung durchführt werden. Urologen wie Iglesias, Alcock – der den Begriff TURProstata prägte – und McCarthy resezierten Anfang 1930 bereits mit dieser Technik des Stern-Wappler-Resektionsinstrumentes und dem Davies-Bowie-Stromgenerator die Prostata. Spätere Urologen wie Baumrucker, Nesbit und Barnes verbesserten dann die Resektoskope, insbesondere den
⊡ Abb. 1.1. Vorgang des Schneidens mit dem Cold-Punch. Ein Gewebestück ist in das Fenster am Schaftende eingeklemmt und wird mit einem Ringmesser, das nach vorne geschoben ist, abgetrennt
⊡ Abb. 1.2. »Direkte Sicht«. Ohne Benutzung eines optischen Systems blickt der Operateur durch das mit einer Glasplatte abgeschlossene Schaftende nach vorn in die Blase. Das Gesichtsfeld wird durch einen Spülwasserstrom frei gehalten ⊡ Abb. 1.4. Erstes Schlitteninstrument zur Resektion
⊡ Abb. 1.3. Thomson Cold Punch Instrument (a schnabelförmig gebogenes Schaftende, b Glühlampe, c Koagulationssonde, d fensterförmige Öffnung im Schaftende, e zurückgezogenes Ringmesser
⊡ Abb. 1.5. Elektroschneidegerät nach Staehler-Heywalt (Fa. Heynemann) in Arbeitsstellung mit angeschlossenen Kabeln für Strom- und Lichtleitung und angeschlossenen Schläuchen
5 1.2 · Aktives vs. passives Instrument
Schlingentransporteur [1–3]. Eine wesentliche Rolle spielt bei diesen Instrumenten der »Schlitten« als Schlingenhalter, der durch Federzug bewegt wird. Im Gegensatz zum umständlich zu bedienenden Zahnradantrieb kann dieser Schlitten einhändig mit dem Mittel- und Zeigefinger oder Daumen bedient werden (⊡ Abb. 1.4, 1.5).
1.2
Aktives vs. passives Instrument
Bei Nesbit wird der Transporteur der Schlinge gegen den Federzug mit Daumen und Zeigefinger aus dem Schaft ausgefahren, und unter Federzug schneidet die Schlinge das Gewebe ab (»passives Instrument«). Bei Baumrucker war es genau umgekehrt. Durch eine Feder war die Schlinge im Ruhezustand ausgefahren und lag somit außerhalb des Schaftes. Gegen den Federzug wurde die Schlinge aktiv beim Schneiden in den Schaft eingezogen (»aktives Instrument«). Da keines der beiden Prinzipien – aktiver oder passiver Schnitt – entscheidende Vor- oder Nachteile aufweist, haben sich beide Techniken bis heute erhalten (⊡ Abb. 1.6). Es ist im Wesentlichen abhängig von der »Schule« des Operateurs, welches Instrument der Einzelne heute noch bevorzugt. ! Cave Beim aktiven Instrument ragt in Ruhestellung die Schlinge aus dem Schaft hervor. Dies stellt u. U. bei einer Fehlbedienung des Resektionsstromes eine Gefahrenquelle dar. Beim Einführen des Resektoskops durch die Harnröhre muss die Schlinge aktiv in den Schaft hineingezogen und gehalten werden.
a
b ⊡ Abb. 1.7a, b. Resektionsinstrument nach Mauermayer. a Elektrotom bestehend aus Optik, Resektionsschlinge und Glühlämpchen. b Schaft des Resektionsinstrumentes mit eingeführtem Mandrin
1934 wurde von Usadel ein modifizierter Schaft als Dauerspülresektoskop entwickelt, über den ein Spülwasserzuund -abfluss kontinuierlich möglich war. Er konnte sich aber wegen mangelnder Spülleistung zunächst nicht durchsetzen. 1947 führte Scott einen drehbaren Schaft ein, sodass nicht das gesamte Resektoskop, sondern nur der Schaft mit der Schlinge in die Resektionsposition gedreht wurde. In Deutschland beschäftigten sich Hösl in Ulm und Mauermayer in München mit der TUR-Prostata und der Weiterentwicklung der Instrumente (⊡ Abb. 1.7) [5, 6]. Das Instrument besteht heute aus einem gerade abgeschnittenen Metallschaft von 24–28 Charr (24 Charr bevorzugt vom Autor), einem Obturator, einer Optik (0° oder 20°), einem Elektrotom und einer Schlingenelektrode. An der vesikalen Spitze des Metallschaftes befindet sich ein Schaftabschluss aus nicht leitendem Material, z. B. Keramik, um einen Funkenüberschlag von der Schlinge auf den Metallschaft zu vermeiden. Ursprünglich war dieses Ende schnabelartig in einer Art Dachkonstruktion für die ausgefahrene Schlinge zum Schutz des ventralen Gewebes bei aktivem Schnitt ausgebildet. Bei der passiven Schnitttechnik ist ein gerader Schaft und eine 0°- oder 5°-Optik möglich (⊡ Abb. 1.8).
a a
b
c b ⊡ Abb. 1.6a, b. Aktives/passives Instrument. a Aktives Instrument (Baumrucker): Durch eine Feder ist die Schlinge im Ruhezustand ausgefahren und wird aktiv – gegen den Federzug – in den Schaft eingezogen. b Passives Instrument (Nesbit): Schlingentransporteur wird gegen Federzug aus dem Schaft ausgefahren und passiv – mit dem Federzug – in den Schaft eingezogen
d ⊡ Abb. 1.8a–d. Verschiedene Schaftenden: a, b für aktiven Schnitt, c, d leicht abgeschrägt bzw. gerades Ende für passive Schnittechnik und 0°- oder 5°-Optik
1
6
1
Kapitel 1 · Endoskopische Resektionsinstrumente und Operationstechniken
⊡ Abb. 1.9a–c. Elektrotom. a Zahnradantrieb, b passives Instrument, c aktives Instrument
a
b
c
Als Gleitmittel sollte bei elektrisch leitenden Metallschäften unbedingt elektrisch leitfähiges Gleitmittel benutzt werden, damit zwischen Resektionsschaft und Harnröhrenschleimhaut eine leitfähige Schicht entsteht. Lediglich für die nicht mehr gebräuchlichen Teflonschäfte (hoher Stromfluss bei Beschädigungen der Isolierung) sind spezielle Gleitmittel notwendig, die auf dem wasserabweisenden Material haften. Der Schaft wird zum Einführen in die Blase mit einem Obturator verschlossen, der das sonst hohlmeißelartige vordere Schaftende verschließt und durch eine abgerundete Form glättet. Verschiedene Obturatorformen sind in Gebrauch, glatt mit dem Schaft abschließend oder über das vordere Ende des Schaftes herausragend und dann abknickbar, um eine leichtere Passage des Schaftes im bulbären Harnröhrenanteil zu gewährleisten. Heute sollte allerdings ausschließlich ein Sichtobturator verwendet werden. Er rundet das vordere Schaftende ebenfalls ab, hat zentral allerdings eine Führung für eine 0°-Optik und einen Spülwasserkanal. Elektrotome unterscheiden sich lediglich in der Form der Federelemente für den Schlingentransporteur, einmal als Blattfeder ausgebildet oder als in einen Bügel eingearbeitete Feder, wie sie heute bei den meisten Fabrikaten üblich ist. Ob das »aktive« oder »passive« Schnittverfahren angewendet wird, richtet sich nur nach der Vorspannungsrichtung der Feder (⊡ Abb. 1.9). Die Schneideschlinge besteht aus Wolframdraht mit einer Dicke von 0,25–0,35 mm, je nach Verwendungszweck bei der Prostata- oder Blasenresektion. Spezielle Schlingenformen wie einfache Hakensonden aus Wolframdraht oder
mit einem kleinen Metallblatt zur Gewebskerbung, kugeloder walzenförmige Rollensonden, teils mit Noppen zur punktuellen Erhöhung des Stromflusses zur breiten Koagulation oder Vaporisation und auch Bandschlingen variabler Breite sind für spezielle Indikationen problemlos im Transporteur gegen die normalen Schlingen auswechselbar (⊡ Abb. 1.10). Ein wesentlicher Fortschritt wurde anfangs der 1960erJahre mit der Verbesserung der Optiken durch das Stablinsensystem des englischen Physikers Hopkins erzielt. Diese erreichten ein sehr weites Blickfeld und ein klareres Bild (Fa. Storz). Gleiche Qualität erreichen die LuminaOptiken von Wolf, die Cantaen-Optiken von Olympus und Microlens-Stablinsen von AMC (⊡ Abb. 1.11, 1.12) [7].
1.3
Hochdruck- vs. Niederdruckresektion
Die Spülung der Blase erfolgt entweder durch sog. Hochdruck- oder Niederdruckirrigation. Die Irrigation erfolgt mit einer Spülwasserhöhe von 60–70 cm über der Symphyse, d. h. etwa 60–70 cm H2O. Bei der Hochdruckirrigation wird der Spülwasserzufluss mit zunehmender Blasenfüllung geringer, bis der hydrostatische Druck in der Blase dem des Zuflusses entspricht. Für den Operateur macht sich dies durch eine sich verschlechternde Sicht auf das Operationsgebiet bemerkbar. Intermittierend wird die Blase durch Entfernen des Elektrotoms entleert. Spülwassereinschwemmungen über eröffnete Gefäße lassen sich so nicht immer sicher vermeiden, jedoch ist die Gefahr der Einschwemmung bei einem nicht bemerkten
7 1.3 · Hochdruck- vs. Niederdruckresektion
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j . Abb. 1.10a–j. Modernes Resektionsinstrument (a) mit verschiedenen Schlingenformen: b Resektionsschlinge, c Hakensonde, d Rollensonde, e Kerbsonde, f breite Schlinge, g breite Schlinge für TURP,
Überdruck nicht sehr hoch und kann von erfahrenen Operateuren vermieden werden. Das Risiko der Spülwassereinschwemmung kann durch Senkung der Irrigationshöhe (40–50 cm) verringert werden. Eine Niederdruckresektion kann erreicht werden durch: 4 Rückflussresektoskop nach Iglesias, 4 einen suprapubischen Trokar (. Abb. 1.13)
h »Mähschlinge« für TURB an der Blasenhinterwand, i Resektoskop mit Biopsiezange, j Maul der Biopsiezange
a
b
Beim Rückflussresektoskop wird permanent Spülflüssigkeit über einen Schaftkanal in die Blase geleitet und durch einen größeren Rückflusskanal zurückgeführt [2]. . Abb. 1.11a, b. Zu- und Ablaufsysteme. a Zulaufsystem, b Zentralhahn für Zu- und Ablauf zur Einhandbedienung
1
8
1
Kapitel 1 · Endoskopische Resektionsinstrumente und Operationstechniken
⊡ Abb. 1.12. Zu- und Ablauf mit zwei getrennten Hähnen, rechts Zentralhahn am Ablaufsystem
⊡ Abb. 1.13. Suprapubische Trokarsysteme
Tipp
Während der apikalen Resektion ist jedoch darauf zu achten, dass der Rückfluss unterbrochen wird, da sonst nicht optimal parakollikulär und apikal reseziert werden kann, da das Gewebe angesaugt wird.
Druckmessungen ergaben für diese Methode einen zwar erniedrigten mittleren Blasendruck, der jedoch im Durchschnitt weiterhin deutlich über den Venendruck anstieg, insbesondere, wenn die seitlichen Perforationen durch Anpressen an das ventrale Prostatagewebe verdeckt sind und Resektionsstücke das vordere Schaftende verstopfen. Ein weiterer Nachteil dieser Dauerspülresektoskope ist der Spülstrahl, der nach Austritt aus dem Iglesias-Reuter-Resektionsschaft sofort wieder aktiv durch diesen abgesaugt wird. Die Blase ist während der ganzen Resektion in der Regel kollabiert, und die abgeschnittenen Resektionsstücke bleiben in der Prostataloge liegen und stören den weiteren Resektionsvorgang.
Im Gegensatz zur intermittierenden Spülung und auch zum Dauerspülresektoskop nach Iglesias u. Reuter ist die »Blasentrokarresektion« eine bessere »Niederdruckirrigation« mit konstant niedrigem Blasendruck bei mäßig entfalteter Blase und somit einer deutlich erniedrigten Gefahr der Einschwemmung. Die Resektion mit einer suprapubischen Fistel in Form eines Trokars ist die von den meisten Operateuren bevorzugte Spültechnik. Die Vor- und Nachteile der Niederdruck- und der Hochdruckresektion zeigt ⊡ Tabelle 1.1. Ein doppeltes Schaftrohr mit drehbarem Innenschaft (Faul 1994) hat den Vorteil einer geringeren Belastung der Harnröhre bei der Instrumentendrehung, nachteilig ist der dickere Schaft (28 Charr) bei gleichbleibender Reibung in der Harnröhre durch die axialen Schaftbewegungen bei der Resektion. Eine querovale Schaftform (Marberger, Fa. Wolf) hat den Vorteil, dass eine wesentlich breitere Resektionsschlinge in einem Schneidevorgang mehr Material abtragen kann als die halbrunden Schlingenformen. Trotzdem konnte durch diese querovale Bauweise der Gesamtumfang des Schaftes gegenüber einem normalen Rundschaft, der eine gleich große Schlinge aufnehmen könnte, geringer gehalten und somit die Harnröhre geschont werden.
1.4
Rotoresekt
Ähnlich einem Zahnarztbohrer bzw. -fräser wirkt eine mit hoher Drehzahl rotierende angeraute Kugel, an die ein Koagulationsstrom angelegt ist (Michel und Alken, Fa. Storz). Das Prostatagewebe wird unter Sicht abgefräst und gleichzeitig koaguliert bzw. vaporisiert. Das verflüssigte Prostatagewebe kann abgesaugt und – eingeschränkt – histologisch aufgearbeitet werden.
9 1.6 · Bipolares Schneiden in NaCl-Lösung
⊡ Tabelle 1.1. Vor- und Nachteile der Niederdruck- und der Hochdruckresektion Vorteil
Nachteil
Niederdruckresektion Gerichteter Spülstrahl spült Resektionsstücke aus der Resektionshöhle in die Blase
Dicke suprapubische Fistel (Blutung, Peronealverletzung
Geringe Einschwemmung
Blutung kann durch klare Sicht unterschätzt werden Rückspülresektoskop: Verstopfen des Abflusses Schwierige apikale Resektion Resektionsstücke bleiben in der Prostataloge liegen Schaft 28 Charr
Hochdruckresektion
1.5
Qualität der Blutstillung am Rückfluss beurteilbar
höhere Gefahr der Einschwemmung (unerfahrener Operateur)
Erkennung einer Sinuseröffnung am Rückfluss
Zeitverlust durch intermittierende Blasenentleerung
Breite Schlinge
Bei den Elektroden findet sich die Wiederentdeckung der von Mauermayer schon in den um 1970 verwendeten Rollen- bzw. Kugelsonden, mit breiten Auflageflächen und hohen Stromstärken zur Koagulation bzw. Vaporisation und die Bandschlinge. Eine konventionelle »runde« Drahtschlinge weist einen Durchmesser von 0,3 mm auf. Beim Schnitt von 2 cm/s beträgt die effektive Stromflussdauer 15 ms. Hiermit können nur kleine Gefäße verschlossen werden. Die Effektivität der Koagulation kann bei der Resektion jedoch vom Operateur durch Verlangsamen der Schneidegeschwindigkeit gesteigert werden. Wird ein flacher Schnitt geführt, so erfolgt der Volumenabtrag sowohl durch Vaporisation als auch durch Resektion. Bei einem tiefen Schnitt erfolgt weitgehend Resektion und kaum noch Vaporisation. Bei der breiten Schlinge (0,3 mm dick, 1,2 mm breit) ergibt sich lateral eine bis zu 4-mal längere Stromflussdauer als bei der konventinellen Drahtschlinge. Wichtig ist, dass die Elektrode möglichst dünn ist (0,3 mm), da die Energie zur Vaporisation des Schnittspaltes abhängig ist von der Stirnfläche der Schlinge und des von hier aus frontal in das Gewebe fließenden HF-Stromes. Die Koagulationseffekte hingegen sind abhängig von der Dauer des lateral in den Schnittspalt fließenden HF-Stroms und damit proportional zur Breite der Schlinge. Die Schlinge kann sowohl mit normaler Leistung (»auto-cut«: Spannungsregelung) als auch mit verstärkter Vaporisation (»high-cut«: Lichtbogenregelung) verwendet werden [7, 8]. Hieraus ergibt sich, dass es für die Prostataresektion günstig ist, etwas dickere Resektionschlingen zu verwenden und diese langsam durch das Gewebe zu ziehen. Die Verwendung einer breiten Bandschlinge ist nicht notwendig. Für die Resektion in der Blase empfiehlt sich die Verwen-
dung konventioneller 0,3-mm-Schlingen, da meist wenig Gewebeabtrag erforderlich ist. Nach der ersten Entwicklung echter ablativer Resektionsinstrumente um 1920 und der Verbesserungen und Wiederentdeckungen zwischen 1960 und 1970 hat sich am grundlegenden Prinzip des McCarthy-Resektionsinstrumentes (1930) nichts Wesentliches verändert. Dauerspülung, Kugelsonden zur Vaporisation, Bandschlingen zur verbesserten Blutstillung wurden wieder »neu« entdeckt. Fortschritte in Bezug auf die intraoperative Blutstillung, Resektionsgeschwindigkeit und Senkung der Harnröhrenstrikturen wurden hauptsächlich durch Verbesserungen der Hochfrequenztechnik erzielt.
1.6
Bipolares Schneiden in NaCl-Lösung
Bipolares Schneiden verwendet das Prinzip zweier dicht hintereinander liegenden Schlingen, von denen die dünnere als Schneideschlinge und die dickere als »Neutralelektrode« dient. Der Strom fließt dabei nicht mehr über den Patientenkörper zu der in der Regel am Oberschenkel befestigten Neutralelektrode, sondern wird direkt über die zweite, dickere Schlinge abgeleitet. Aufgrund dieser dicht aneinander liegenden Schlingen ist es nicht notwendig, eine nicht leitende, elektrolytfreie Spülflüssigkeit zu verwenden (TUREinschwemmsyndrom). Modifikationen der Schlinge zur Erhöhung der Resektionsgeschwindigkeit wurden entwickelt: die zweite, dickere Schlinge ist nach außen zum Schaft hin gewandt und bremst dadurch den Schnitt der Schneideschlinge nur wenig (Fa. Storz). Bei einem ähnlichen Prinzip wird eine kugelförmige «Neutralelektrode» an den Zu- und Abführungsdrähten der Schlinge verwendet, die den Schnitt nicht beeinträchtigt (Olympus). Dabei kommt es zur Erzeugung
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Kapitel 1 · Endoskopische Resektionsinstrumente und Operationstechniken
einer Plasmaschicht um die Schlinge, die zum Schneiden ausreicht. Der Schnitt und die Koagulation in der Blase ist ausreichend. Bei der Prostataresektion ist im Vergleich zur konventionellen Hochfrequenzresektion nur eine sehr langsame Schnittgeschwindigkeit möglich (geringe Gewebsablation) [9].
besonders bei der TURP einzuhalten. Nach dem Erwerb von Grundmustern wie Orientierung und Ausrichtung des Instrumentes, der Übungsphase mit Erlernen der Schnittund Koagulationstechniken ist die Phase der Automatisierung der Fertigkeiten entscheidend.
Literatur 1.7
Punchlithotriptor
Zur mechanischen Zerkleinerung von Blasensteinen findet der Steinpunch nach Mauermayer Verwendung. Er besteht aus einem verstärkten Außenschaft (24 Charr) und einem schneidenden Innenrohr, das in den Schaft zurückgezogen wird. Das vesikale Ende des Innenrohres ist eingekerbt. Der Stein wird in die Aussparung des Innenrohres gebracht und durch Zusammendrücken der Zange gegen den Außenschaft gedrückt und mechanisch zerkleinert. ! Cave Beim Einschieben der Innenzange ist darauf zu achten, dass die Zangengriffe geschlossen sind, da sonst der Innenschaft aus dem Außenschaft herausragt (Per foration der Blasenhinterwand)! Erst nach optischer Kontrolle wird in der gefüllten Harnblase die Zange geöffnet.
1.8
Phantome und künstliches Gewebe für transurethrale Operationen
Die Resektion der Prostata ist ein komplexes Verfahren, das große Geschicklichkeit und Erfahrung des Operateurs voraussetzt. Die transurethrale Resektion der Prostata (TURP) ist derzeit eine der am häufigsten durchgeführten endoskopischen Operationen. Eine TURP, insbesondere bei mittelgroßen bis großen Drüsen, ist eine schwierige Operation und wird nicht von allen Urologen in ausreichendem Maße beherrscht und in Ausbildungskliniken gelehrt. In der Chirurgie und Urologie gibt es Übungsphantome für laparaskopische und thorakoskopische Techniken ebenso wie in außerärztlichen Ausbildungsgängen (Flugtraining, Übung industrieller Arbeitsgänge). Die Video-TUR hat nicht nur die ergonomischen Bedingungen verbessert, sondern v. a. das Lehren und Lernen endoskopischer Eingriffe, durchgeführt jedoch immer noch direkt am Patienten [12]. Endourologische Modelle wie Rinderherzen, Kuheuter, Leichenblasen, Modelliermasse oder das Ausresezieren eines Apfels haben sich als Modelle nicht durchgesetzt. Angeboten werden verschiedene künstliche Übungsmodelle mit Gewebe aus Hydrogelen oder Viskoseschwämmen, die einer »Lifesituation« bereits erheblich näher kommen [12, 13]. Wichtig erscheint beim Erlernen der TUR, die verschiedenen diagnostischen und operativen Techniken nach dem Bildschirm zu erlernen und standardisierte Vorgehensweisen und eine Systematik sowohl in der Diagnostik als auch
1. Baumrucker GO (1943) Prostatic resection in vitro and in vivo. J Urol 49: 660 2. Iglesias de la Torre (1948) Modification of the resectoscope. J Urol 59: 890 3. Nesbit RM (1939) A modification of the SternMcCarthy resectoscope, permitting threedimensional perception during transurethral prostatectomy. J Urol 41: 646 4. Barnes RW (1959) Handbuch der Urologie, Endoskopie VI 152. Springer, Berlin Heidelberg New York 5. Mauermayer W (1983) Transurethrale Operationen. Springer, Berlin Heidelberg New York 6. Reuter HJ (1963) Atlas der urologischen Endoskopie. Thieme, Stuttgart 7. Hartung R (1995) Die BPH- ein altes Krankheitsbild neu betrachtet. Urologe A 34 8. Faul P, Farin G, Reich O (1997) Verbesserung der Hämostase bei der TUR-P durch eine modifizierte Resektionstechnik und Elektrode (Bandschlinge). Urologe B 37: 569–576 9. Korth W (1997) TUR-P: «Bipolare» Resektion mit intravesikaler Neutralelektrode. Urologe B 37: 577–581 10. Mauermayer W, Hartung R (1976) Der Stein-Punch, ein neues Prinzip zur Sichtlithotripsie. Urologe A 15: 164 11. Faul P (1993) Video TUR: Raising the golden standard. New aspects, techniques and tendencies to minimize invasiveness. Eur Urol 24: 256–261 12. Bücker M, Luttmann A, Möbius C, Sökeland J (1998) Künstliches Gewebe zum Training an Ausbildungssimulatoren. Urologie B 38: 551–552 13. Sökeland J, Luttmann A, Farin G, Seidel-Fabian B (1997) Zur Entwicklung von Phantomen für transurethrale Operationen. Urologe B 37: 582–587
2 Videoendoskopie J. Braun
2.1
Historische Entwicklung – 12
2.2
Videoübertragung – 12
2.3
Ergonomie Literatur – 16
– 15
12
2
Kapitel 2 · Videoendoskopie
Endoskopische Operationen waren früher – um mit den Worten des Instrumentenbauers Heynemann zu sprechen – eine »einäugige Kunst ohne Zeugen« und schwierig, fast nur autodidaktisch zu erlernen. Starre Mitbeobachtungsoptiken, wie sie bereits anfangs des letzten Jahrhunderts entwickelt und um 1940 verbessert wurden, waren bei einer Zystoskopie noch tolerabel, bei dem dynamischen Vorgang einer transurethralen Operation der Blase oder Prostata jedoch nicht verwendbar.
2.1
Historische Entwicklung
Erst flexible Glasfaserspionoptiken, entwickelt zwischen 1963 und 1965, erlaubten es einem einzelnen Mitbeobachter, die Operation live zu verfolgen (⊡ Abb. 2.1, 2.2). Vorteil einer solchen flexiblen Glasfaseroptik war das geringe Gewicht und die fast uneingeschränkte Beweglichkeit des Operateurs. Nachteilig war, dass der Bildteiler im Okular einen großen Teil des Lichtes umlenkte, sodass die Beobachtung des Operationsfeldes für den Operateur erheblich erschwert und der Bildausschnitt verkleinert war. Der Lichtverlust war in den damals noch sehr grobfaserigen Lichtbündeln hoch, sodass auch der Mitbeobachter nur ein relativ dunkles und wenig differenziertes Bild hatte. Eine Mitbeobachtung einer kompletten Resektion war somit kaum zu verantworten.
⊡ Abb. 2.3. Hopkins-Gliederoptik
⊡ Abb. 2.4. Haltearm mit Federzug
⊡ Abb. 2.1. Schnittbild der Glasfaserübertragung
Ein wesentlich schärferes und klareres Bild ermöglichte die von Wittmoser und Storz Ende 1960 entwickelte sog. Gliederoptik – ein 4- oder 5-teiliges System – aus starren, mit Prismengelenken verbundenen Hopkins-Staboptiken (⊡ Abb. 2.3, 2.4). Großer Nachteil dieses Beobachtungsinstrumentes war einerseits das Gewicht, andererseits die frei beweglichen Gelenke, die durch die Bewegung des Operateurs zu einem sich drehenden Bild für den Beobachter führten. Dieser hatte somit nur schwer einen korrekten Eindruck der Position der Resektionsschlinge im Operationsfeld. Trotzdem war mit diesen beiden Geräten – der flexiblen Glasfaserspionoptik oder der Gliederoptik – ein erster Schritt getan, die endoskopische Operation für einen Mitbeobachter dynamisch sichtbar zu machen.
2.2
⊡ Abb. 2.2. Glasfaserspion
Videoübertragung
Für eine Übertragung endoskopischer Operationen vor vielen Zuschauern wurde eine Fernsehkamera an das Resektoskop angeschlossen und das Bild auf einen Monitor übertragen. Dies gelang bei einer Zystoskopie erstmalig 1957, und zwar Dichart als Schwarz-weiß-Bild- und Jompitre als Farbbilddarstellung.
13 2.2 · Videoübertragung
. Abb. 2.6. Prof. Dr. Mauermayer mit Studiokamera mit Gliederoptik . Abb. 2.5. Prof. Dr. Reuter mit Schwarz-weiß-Kamera der Fa. Siemens. (Aus [12])
Eine Übertragung einer Prostataresektion auf Monitore in einen Hörsaal führte 1964 Reuter erstmalig in Stuttgart durch. Dabei war eine 2 kg schwere, auch in der Größe unhandliche Kamera der Fa. Siemens über Zusatzoptiken direkt starr mit dem Resektoskop verbunden. Eine Belichtungsautomatik verhinderte Überblendungen, die durch die stark variierenden Abstände zwischen Resektionsoptik und Gewebe in der Harnröhre, Prostata oder Blasenbereich gegeben sind. Allein durch das Gewicht und die Größe dieser Ausrüstung war die Übertragung auf einzelne Ereignisse beschränkt, da der Operateur bei der Resektion durch das Equipment stark in seiner Beweglichkeit eingeschränkt war (. Abb. 2.5). Von diesem Stand der Technik ausgehend haben sich Prof. Mauermayer und Mitarbeiter seit 1973 damit befasst, transurethrale Operationen live zu übertragen. Die Fernsehtechnik ermöglichte sowohl eine Liveübertragung als auch eine kostengünstige Aufzeichnung der Operation mit einem Videorekorder. In Zusammenarbeit mit der Fa. Lemke wurde ein Videoaufzeichnungs- und Übertragungssystem entwickelt, das leicht und mit dem Standardinstrumentarium verwendbar war und eine Aufzeichnungsmöglichkeit bot. Eine Fernsehkamera, die semiprofessioneller Qualität in Bildschärfe und Auflösung entsprach, wurde vom Resektionsinstrument abgekoppelt. Eine große Philipps-3Röhren-Studiofarbkamera wurde über eine Hopkins-Gliederoptik und einen Zwischenadapter an das Resektoskop angeschlossen. Die Lichtzufuhr wurde durch ein Zwillingsglasfaserlichtkabel erhöht, das an 2 starke Quecksilberdampflampen als Kaltlichtquellen angeschlossen wurde. Eine Zoomoptik der Kamera mit einer Brennweite zwischen 70 und 140 mm erlaubte eine optimale Wiedergabe und lineare Vergrößerung des Operationsfeldes (. Abb. 2.6, 2.7). Um den größten Nachteil der Gliederoptik – das sich drehende Bild –auszugleichen, musste ein erfahrener Mitarbeiter immer die Lage des Resektionsinstrumentes beob-
. Abb. 2.7. Nachführen der Gliederoptik
achten und an einem drehbaren Ausgleichselement der Gliederoptik das Monitorbild an die reale Lage des Resektionsinstrumentes angleichen (. Abb. 2.6, 2.7). Die Aufzeichnungs- und Verstärkereinheit mit einem Ein-Zoll-Videorekorder, Taktgeber, Kamerakontrolleinheit und Mischpult erlaubte den Anschluss von bis zu 6 weiteren Kameras. Es wurde daher eine zusätzliche externe Kamera genutzt, um das Umfeld, die Instrumente und die Bewegungen des Operateurs aufzuzeichnen. Das Bild konnte dann in das endoskopische Monitorbild eingeblendet oder überblendet werden. Die gesamte Kamera-ÜbertragungsEinheit war fahrbar, jedoch unförmig groß. Allein die Kaltlichtquelle mit den doppelten Lichtauslässen hatte die Größe und das Gewicht eines Kühlschranks [1–3]. Mit diesem Stand der Technik begann eine Unterrichtung der Assistenzärzte in endoskopischen Techniken. Mit der Übertragungstechnik in einen Hörsaal und Gegensprechmöglichkeit begannen durch Mauermayer Fortbildungveranstaltungen in Endourologie. In der weiteren Entwicklung erfolgte eine Verkleinerung der Drei-Röhren-Studiokamera. Ein-Zoll-Ein-Röh-
2
14
Kapitel 2 · Videoendoskopie
2
⊡ Abb. 2.8. Kameraminiaturisierung
⊡ Abb. 2.10. Erste Lemke-Chipkamera
⊡ Abb. 2.11. Chipkamera mit Zoomobjektiv
⊡ Abb. 2.9. Miniaturisierung Lemke-Kameras
ren-Kameras führten dazu, dass diese durch Gewichtsreduktion handlich wurden, sodass sie direkt auf das Resektoskop aufgesetzt werden konnten. Anfangs wurde dabei das Gewicht noch über Federzüge, die am Operationstisch befestigt waren, aufgefangen. ACMI brachte 1975 die erste »handliche« Endokamera mit einem Durchmesser von 5 cm, einer Länge von 20 cm und einem Gewicht von 450 g auf den Markt (⊡ Abb. 2.8, 2.9) [4, 5]. Die zunehmende Verbesserung der Lichtempfindlichkeit der Röhrenkameras auf unter 100 Lux erlaubte eine Verkleinerung der Kaltlichtquellen. Die elektronische Steuerung der Lichtintensität der Kaltlichtquellen in Verbindung mit schnellen Kamerablenden verbesserte die Bildqualität weiter. Mit Entwicklung von ½-Zoll- bzw. ⅓-Zoll-Saticon- und -Newiconröhren, die die bis dahin gebräuchlichen Vidicon-
röhren ablösten, die zwar eine gute Auflösung, aber eine nur geringe Lichtempfindlichkeit besaßen, begann eine neue Ära der Miniaturisierung der Endokameras. Endpunkt dieser Kameratechnik war 1983 eine ½-Zoll-NewiconRöhrenkamera mit den Maßen 3×3×20 cm inklusive der Beobachtungsoptik, die mit einem Gewicht von 170 g letztlich nur noch die Hälfte der früher verwendeten Gliederoptik wog. Die Miniaturisierung konnte auch dadurch erreicht werden, dass die gesamte Bildverarbeitungselektronik aus dem Kameragehäuse ausgelagert und in die Monitoreinheit integriert wurde. Das Verbindungskabel, das die Kamerasignale zum Monitor übertrug, wurde von ursprünglich 3 cm Durchmesser – dies entspricht der Größe der heute verwendeten Kameras! – auf 5 mm verkleinert (⊡ Abb. 2.10–2.12) [6–8]. Meilenstein in der Entwicklung der Endovideokamera war seit 1983 jedoch der Wechsel von Farbvideoröhren auf Farbvideomikrochipkameras. Ein daumennagelgroßer CMOS-Chip konnte die gesamte Farbbildaufnahme und -übertragung bewältigen. Chipkameras sind wesentlich weniger störanfällig gegen Strahlungen des Hochfrequenz-
15 2.3 · Ergonomie
⊡ Abb. 2.12. Digitale Olympus-Minikamera mit Winkelokular zur Direktsicht
stroms aus dem Stromkabel, das wie eine Antenne wirkt. Nachteilig gegenüber der Röhrenkamera war die deutlich geringere Bildauflösung und die schlechte Lichtempfindlichkeit mit einer Helligkeit im Resektionsgebiet von Minimum 100 Lux. Um eine gefüllte Blase auszuleuchten, bedurfte es Lichtstärken bis zu 2000 Lux. Dies konnte durch Verbesserung der Chiptechnologie ausgeglichen werden. Heute weisen Chips eine so hohe Lichtempfindlichkeit auf, dass eine 250-W-Halogenkaltlichtquelle ausreicht, das gesamte Operationsgebiet auch bei gefüllter Harnblase vollständig auszuleuchten. Weitere Verbesserungen betrafen nur noch Details des Umlenkspiegels des Resektionsokulars und die Miniaturisierung der Kameraeinheit selbst. Diese »schrumpfte« letztlich bis heute so, dass sie als etwa 45 g schweres »Anhängsel« einschließlich des Winkelokulars für den Operateur nicht mehr störend ist. Spätestens zu diesem Zeitpunkt wandelte sich die Videoendoskopie vom Ausbildungs- und Lehrverfahren zur individuellen Operationstechnik der Videoendoskopie (⊡ Abb. 2.10–2.12) [9].
2.3
Ergonomie
Bei endoskopischen Operationen besteht ein Problem in der korrekten Einschätzung der räumlichen Tiefe. Beidäugiges, dreidimensionales Sehen wird durch einäugige Direktsicht oder zweidimensionale Videosicht ersetzt. Bewegungsausführung und endoskopische Handhabung können somit diskrepant sein. Bei der Direktsicht sieht der Operateur immer dorthin, wo er gerade arbeitet. Bei Videosicht ist es schwieriger, eine räumliche Vorstellung vom Operationsgebiet zu entwickeln, da die visuelle Rückmeldung der durchgeführten Bewegung an anderer Stelle erfolgt als die eigentliche Bewegungsausführung. Dies kann zu Problemen bei der Auge-Hand-Koordination
führen (mentale Transformation). Diese Transformationen sind abhängig von der Einführtiefe des Endoskopes und steuern die Informationsverarbeitung zwischen der Bewegung der Hand und der Endoskopspitze. Trotzdem bietet das Erlernen der Videoendoskopie im Rahmen der Ausbildung erhebliche Vorteile: Nicht nur aus Gründen der Schonung der Wirbelsäule, dem Schutz des Gesichtes des Operatuers vor Blutkontakt (HIV, Hepatitis), sondern auch wegen der klaren, stark vergrößerten und detailreichen Bilddarstellung und damit verbesserter operativer Präzision gehen heute auch viele erfahrene Endoskopiker zur routinemäßigen Videoendoskopie über. Für die Bevorzugung der Videotechnik spricht auch die visumotorische Seitenbevorzugung. 20% aller Urologen erwiesen sich als linkshändig, ca. 17% als links- oder beidfüßig, lediglich 4% als linksäugig. Die Seitenbevorzugung war bei 69% kongruent (Auge, Hand und Fuß links oder rechts). Lediglich Chirurgen mit kongruenter Linksbetonung bevorzugen die Direktsicht, während rechtskongruente sowie inkongruente Urologen Videoendoskopie bevorzugen und nur rechtskongruente Personen mit Direktoder Videoendoskopie arbeiten können. Der Verzicht auf die Direkteinsicht ermöglicht außerdem auch bei schwer zu lagernden Patienten, z. B. Patienten mit spastischen Lähmungen, Endoprothesen oder Arthrosen, einen sicheren endoskopischen Zugangsweg, da damit nicht mehr zwingend eine Steinschnittlage erforderlich ist und der Operateur nicht mehr unbedingt zwischen den Beinen, sondern auch seitlich vom Patienten stehend agieren kann. Aufrechtes Sitzen während der Operation führt beim Operateur zu deutlich geringeren Ermüdungserscheinungen. So konnte elektromyographisch nachgewiesen werden, dass die Ermüdung des M. trapezius von 80% auf 42% nach Redesign des Arbeitsplatzes mit Videoendoskopie gesenkt werden konnte [10, 11]. Sieht man von der Verwendung als Operationsendoskop, z. B. als Resektoskop, ab, gibt es heute auch flexible, dünne Zystoskope, bei denen der bilderfassende Chip nicht mehr am Okular, sondern miniaturisiert an der Spitze des Videoendoskopes sitzt. Vorteil eines solchen Endoskopiesystems ist, dass statt relativ voluminöser Glasfaserbündel zur Bildübertragung nur dünnkalibrige Drähte vom Chip in der Instrumentenspitze zur Übertragungseinheit führen müssen. Das störende Moiréemuster der Glasfaserbündel entfällt, und der Querschnitt des Endoskopes kann für einen besseren, dickeren Glasfaserlichtleiter und für einen größeren oder mehrere Arbeitskanäle verwendet werden. Auch die Bilddarstellung wandelte sich dahingehend, dass die digitale Bilderzeugung, die bis ins Jahr 2000 in ein analoges Signal für den Monitor und die Bandaufzeichnung umgewandelt werden musste, bei den modernsten KameraWiedergabe-Einheiten ein rein digitales Bild erzeugt und wiedergibt. Damit kann ein praktisch verlustfreies Signal verarbeitet, digital auf Speicherchips oder Festplatte gespei-
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Kapitel 2 · Videoendoskopie
chert und über ein Glasfasernetz oder Funk als Bild ausgegeben werden (Telemedizin). Aus der »einäugigen Kunst ohne Zeugen« ist innerhalb von 40 Jahren ein Operationsverfahren geworden, das mehr Einblicknahme in das Operationsfeld gestattet als die meisten »offen-chirurgischen« Operationen.
Literatur 1. Hartung R, Tammen H (1978) Teaching attachments bei der TUR. Verhandlungsberichte Deutsche Gesellschaft für Urologie, 30. Tagung. Springer, Berlin Heidelberg New York, S 489–490 2. Mauermayer W (1980) Lernen und Lehren transurethraler Operationen. Urologe B 20: 129–131 3. Matouschek E (1980) Video-Technik in der Urologie. Verhandlungsberichte Deutsche Gesellschaft für Urologie, 31. Tagung. Springer, Berlin Heidelberg New York, S 519 4. Braun J, Mauermayer W, Hartung R (1981) Fernsehen in der urologischen Ausbildung. Acta Mediotech 29: 252–253 5. Pongratz G (1984) The application of Color-CCTV cameras in urological endoscopy. Endourology. Steinbrück, S 362–363 6. Braun J, Mauermayer W, Schütz W, Hofmann R (1984) A light-sensitive, miniature TV-Camera, progress in teaching TUR. Endourology. Steinbrück, S 363–364 7. Blandy J.P, Fowler C.G (1984) Endoscopic television as a method of teaching endoscopic urological operations. Endourology. Steinbrück, S 365–366 8. Nouira Y, Kbaier I, Attyaoui F, Horchani A (2002) How did the endoscopic video camera change our practice in transurethral resection of the prostate? A retrospective study of 200 cases. J Endourol 16 (10): 763–765 9. Faul P (1993) Video TUR: Raising the golden standard. New aspects, techniques and tendencies to minimize invasiveness. Eur Urol 24: 256–261 10. Luttmann A, Sökeland J, Laurig W (1998) Muscular strain and fatigue among urologists durch transurethral resections using direct and monitor endoscopy Eur Urol 34: 6–14 11. Arnold-Schulz-Gahmen BE, Ehrenstein WH, Schweingruber T et al. (1998) Laterality of eye, ear, hand and foot: distribution and implications for sensory-motor performance. Eur J Physiol 435: 228 12. Reuter HJ (1984) Atlas der urologischen Endoskopie, Bd 1. Thieme, Stuttgart
3 Physik und Technik der Hochfrequenzchirurgie K. Fastenmeier
3.1
Schneiden mit Hochfrequenzstrom – 18
3.1.1 Hochfrequenzstromkreis bei monopolarer Operationsanordnung – 18 3.1.2 Maßnahmen zur Vermeidung von gefährlichen Stromkonzentrationen – 19 3.1.3 Physikalische Vorgänge an der Schneidelektrode beim Schneiden – 20
3.2
Steuerung und Regelung der physikalischen Wirkung des Hochfrequenzstroms – 21
3.2.1 Zeitliche Modulation des Hochfrequenzstroms 3.2.2 Regelung des Hochfrequenzstroms – 22
3.3
– 21
Entwicklungstendenzen bei der Hochfrequenzchirurgie – 22
3.3.1 Vaporisation der Prostata – 23 3.3.2 Bipolare Operationsanordnungen Literatur – 23
– 23
18
Kapitel 3 · Physik und Technik der Hochfrequenzchirurgie
3
⊡ Abb. 3.1. Prinzipschaltbild des Hochfrequenzstromkreises bei »monopolarer Operationsanordnung«
Die hochfrequenzchirurgischen Methoden werden seit vielen Jahrzehnten erfolgreich angewandt und waren ein wichtiger Baustein zur Entwicklung der endoskopischen Operationstechniken in der Urologie. Die Erfahrung zeigt, dass die von den hochfrequenten Strömen ausgehenden Gefahren gering sind, solange die hochfrequenztechnischen Methoden mit einem Mindestmaß an Vorsicht und Verständnis angewandt werden. Dazu ist es allerdings unerlässlich, dass der Anwender die grundlegenden physikalischen Vorgänge und die möglichen Gefährdungen kennt und mit den Möglichkeiten und Grenzen der jeweils benutzten Techniken vertraut ist.
3.1
Schneiden mit Hochfrequenzstrom
Die Grundlage der Hochfrequenzchirurgie ist die von Nernst um 1900 entdeckte Gesetzmäßigkeit [1], dass die von einem Strom ausgehenden Reizwirkungen auf stromdurchflossenes Körpergewebe umso geringer sind, je höher die Frequenz des Stromes ist ( unten; Abb. 3.2). Bei Frequenzen über 100.000 Hertz (100 kHz) können durch einen Körper Ströme von mehreren Ampère geleitet werden, ohne dass die unter dem Begriff elektrischer Schlag zusammengefassten Effekte von Muskel- und Nervenreizungen auftreten. Was bleibt, ist die Wärmewirkung des fließenden elektrischen Stromes, die in der HF-Chirurgie zum Schneiden und Koagulieren genutzt wird. In der Urologie wurden in der Vergangenheit, wenn mit Hochfrequenzstrom geschnitten wurde, ausschließlich die sog. monopolare Operationsanordnung benutzt. Deshalb werden die in der Hochfrequenzchirurgie auftretenden physikalisch und elektrotechnisch relevanten Effekte zunächst anhand dieser monoplaren Operationsanordnung vorgestellt und daraus die wichtigsten Vorsichtsmaßnahmen abgeleitet, die zu beachten sind, um die Gefährdungen für Patient und Arzt zu minimieren.
3.1.1 Hochfrequenzstromkreis
bei monopolarer Operationsanordnung Die ⊡ Abb. 3.1 zeigt schematisch den grundsätzlichen elektrischen Stromkreis bei der sog. monopolaren Operationsanordnung. Dieser Begriff ist aus elektrotechnischer Sicht eigentlich falsch. Der HF-Chirurgiegenerator ist immer über zwei Elektroden mit dem Patienten in Verbindung. Allerdings soll nur an einer dieser Elektroden, der aktiven Elektrode, ein merklicher physikalischer Effekt auftreten. An der zweiten Elektrode, die meist außen am Patienten angebracht ist, soll dagegen keine erkennbare Wirkung auftreten. Sie wird deshalb neutrale Elektrode genannt. Wird nun über den Fußschalter der Generator aktiviert, so stellt er an seinem Ausgang eine elektrische Spannung zur Verfügung. Diese treibt dann, wenn die aktive Elektrode das Gewebe am Operationsort berührt, einen Hochfrequenzstrom durch den Patienten. Der Patient ist somit ein wesentlicher Teil des elektrischen Stromkreises. Spannung und Strom sind beim Schneiden, wie das Oszillogramm von ⊡ Abb. 3.2 beispielhaft zeigt, in der Regel annähernd sinusförmig und müssen laut deutschen und internationalen Vorschriften mehr als 300.000 Perioden pro Sekunde besitzen, die Frequenz des Hochfrequenzstromes muss also über 300 kHz liegen. Damit ist die von Nernst entdeckte Regel erfüllt, und der Strom verursacht nur eine Erwärmung des Gewebes ohne Muskelstimulation. Die Wärmewirkung im Gewebe ist dabei davon abhängig, wieviel Strom pro Flächeneinheit fließt, diese Größe wird Stromdichte genannt. An der aktiven Elektrode mit ihrer kleinen Oberfläche ist die Stromdichte groß, dort tritt die stärkste Erhitzung auf. Dann verteilt sich der Strom im Gewebe auf einen größeren Bereich auf. Im Idealfall ist die Stromdichte im gesamten übrigen Bereich des Körpers so gering, dass die dort auftretende Wärme vernachlässigt werden kann. Einige Vorsichtsmaßnahmen müssen beachtet werden, sodass Stromkonzentrationen außerhalb des Operationsbereiches mit der Gefahr von Verbrennungen vermieden werden.
19 3.1 · Schneiden mit Hochfrequenzstrom
⊡ Abb. 3.2. Typischer Zeitverlauf von Hochfrequenzspannung und -strom zum Schneiden in der HF-Chirurgie (Frequenz f = 1/Periodendauer = 1/2,853 µs = 350 kHz)
3.1.2 Maßnahmen zur Vermeidung
von gefährlichen Stromkonzentrationen Kein Arbeiten an kleinvolumigen Körperteilen Bei Schnitten an Gewebeteilen, die vom Rest des Körpers isoliert sind, wie z. B. bei Schnitten im vorderen Bereich des Penis, kann sich der Strom nicht sofort zu hinreichend niedrigen Werten verteilen. Dann können größere Bereiche mit konstant hoher Stromdichte durchflossen werden und damit thermisch verändert werden. ! Cave Das Arbeiten an kleinvolumigen Körperteilen ist unbedingt zu vermeiden.
Guter elektrischer Kontakt der neutralen Elektrode Ansonsten ist die wichtigste Maßnahme, die neutrale Elektrode großflächig und elektrisch gut leitend am Patienten anzubringen. Das vermeidet zunächst Verbrennungen beim Übergang des Stromes vom Patienten zur neutralen Elektrode. Um den Bereich im Patienten, der vom Strom durchflossen wird, möglichst gering zu halten, sollte die neutrale Elektrode möglichst nahe am Operationsort körperabwärts angebracht werden. Dies gilt insbesondere für Patienten mit Herzschrittmacher, bei denen ein Stromfluss Richtung Herz unbedingt vermieden werden soll. Unter der neutralen Elektrode muss eine hinreichend dicke Schicht gut durchbluteten Gewebes vorhanden sein. Ideal bei Operationen im Bereich von Harnröhre und Blase ist der Oberschenkel. Ein Anbringen der neutralen Elektrode am Gesäß ist auch möglich. Es muss grundsätzlich aber sichergestellt werden, dass sich die Auflagefläche der neutralen Elektrode während der Operation durch Bewegungen des Patienten nicht verringert. Ein bloßes Auflegen des Patienten auf die neutrale Elektrode genügt nicht. Die
Elektrode muss entweder mit einem Gummiband fixiert werden, oder es muss eine selbstklebende Elektrode verwendet werden. Es ist sicherzustellen, dass keine sonstigen Gegenstände wie Tücher zwischen neutraler Elektrode und der Haut des Patienten die großflächige Auflage verhindern. Stark behaarte Stellen sind vorher zu rasieren. Es sei noch angemerkt, dass nicht alle Schäden, die nach einer Operation unter der neutralen Elektrode evtl. sichtbar werden, strombedingte Verbrennungen sind. Gelangt Desinfektionsmittel unter die neutrale Elektrode, kann es zu einer chemischen Schädigung der Haut kommen, und bei langem Liegen des Patienten auf der neutralen Elektrode können Drucknekrosen entstehen. Die so verursachten Schäden sind nachträglich kaum mehr von thermischen Schäden zu unterscheiden. Der gute elektrische Kontakt der neutralen Elektrode ist auch wichtig, um die Gefahr zu verringern, dass der Strom einen nicht geplanten Weg vom Patienten zum Generator nimmt. Die Gefahr besteht insbesondere deshalb, da alle sonstigen Teile im Operationssaal, mit denen der Patient in Verbindung kommen kann, wie z. B. die Maske des Beatmungsgerätes, elektrisch leitend sind. Die Leitfähigkeit muss zumindest so hoch sein, dass keine statischen Aufladungen entstehen. Ein Kontakt des Patienten mit metallischen Teilen des Operationstisches ist zu vermeiden, da hierüber sonst auch bei gut angelegter neutraler Elektrode ein relativ großer Anteil des in den Patienten eingespeisten Stromes fließt. Die EKG-Kontakte sind in der Regel hochohmig genug, dass bei gut kontaktierter neutraler Elektrode der über sie abfließende Hochfrequenzstrom hinreichend gering ist. Weil der Anschluss der neutralen Elektrode so wichtig ist, wird bei allen im Handel befindlichen Generatoren zumindest überwacht, dass die neutrale Elektrode an den Generator mit intakter Verbindungsleitung angeschlossen ist. Dazu ist diese Leitung immer als Doppelleitung ausgeführt. Einige Generatoren überwachen auch noch, ob die neutrale Elektrode hinreichend gut kontaktiert am Patienten angebracht ist. Zur Nutzung dieser Funktion müssen dann allerdings die unterteilten Spezialelektroden des Generatorherstellers verwendet werden.
Einfluss des Resektoskopes Das in die Harnröhre eingeführte Resektoskop besteht größtenteils aus Metall und besitzt zumindest in Europa vorzugsweise einen metallenen Schaft. Durch ihn wird der Stromfluss im Körper des Patienten stark beeinflusst. Messungen [2] zeigen, dass etwa 10% des bei der Operation in den Patienten eingespeisten Stromes dem Resektoskop im vorderen Teil zufließt. Dieser Strom fließt dann entlang des Instrumentes und verlässt es wieder im mittleren Teil der Harnröhre. Somit fließt Strom über die Harnröhre. Die Erfahrung zeigt, dass die Harnröhre diesen Strom in der
3
20
3
Kapitel 3 · Physik und Technik der Hochfrequenzchirurgie
Regel toleriert, wenn er nicht durch zusätzliche Effekte erhöht ist oder sich an einzelnen Stellen der Harnröhre konzentriert. Um sicherzustellen, dass der Stromübertritt homogen verteilt über die gesamte Länge des Instrumentes geschieht, muss das Gleitmittel, mit dem das Resektoskop vor dem Einbringen in den Patienten bestrichen wird, eine hinreichend hohe elektrische Leitfähigkeit [3, 4] besitzen. Erhöhter Stromfluss stellt sich auch ein, wenn das Instrument über eine leitende Verbindung auf definiertes elektrisches Potenzial gelegt ist. Das kann z. B. passieren, wenn die Verbindung zu einer aufgesetzten Kamera elektrisch leitend ist und das Kameragehäuse auf Massepotenzial liegt. Besonders hohe Ströme können auftreten, wenn die Schlingenzuleitung im Inneren des Resektoskopes beschädigt ist. Überschläge im Inneren des Rektoskopes sind häufig als zischendes Geräusch zu hören. In einem solchen Fall ist sofort die Schneidschlinge auszuwechseln. Eine weitere für den Patienten gefährliche Situation kann entstehen, wenn die Schneidschlinge die metallische Fassung der Optik berührt. Aktive Elektroden mit verbogener Schlinge sind auszuwechseln. Außerdem werden die Schlingen im Laufe der Nutzung durch Funkenerosion immer dünner. Sie können dann während der Operation brechen und einen Kontakt zur Optik herstellen. Deshalb sind die Elektroden vor der Nutzung zu beurteilen, ob sie noch stabil genug sind. Diese genannten Effekte könnten alle verringert werden, wenn der Schaft des Instrumentes gegenüber den Patienten isoliert wäre. Dann treten aber andere Probleme auf. Zum einen ist bei Isolationsschwierigkeiten im Instrument der Patient zwar nicht mehr gefährdet, es kann dann jedoch zu Verbrennungen an den Augenbrauen des operierenden Arztes kommen. Um dies zu vermeiden, sollte bei Verwendung von isolierten Schäften das Okular hinreichend gut zum Arzt hin isoliert sein. Kunststoffschäfte aus glasfaserverstärktem Kunststoff, wie sie in den USA üblich waren, bekommen durch das Sterilisieren des Instrumentes eine immer rauere Oberfläche, und es besteht die Gefahr, dass die Harnröhre mechanisch geschädigt wird. In Deutschland wurde deshalb der Versuch unternommen, ein isoliertes Instrument dadurch zu realisieren, dass ein metallischer Schaft durch einen Überzug mit einem Teflonrohr isoliert wurde. Diese teflonisolierten Schäfte haben sich nicht in größerem Umfang durchgesetzt, obwohl bei ihrer Verwendung der Patient vor thermisch bedingten Schädigungen der Harnröhre geschützt ist. Die gängigen Gleitmittel sind nicht in der Lage, die Teflonoberfläche hinreichend gut zu benetzen, sodass die Gefahr einer mechanischen Beschädigung der Harnröhre wieder wächst. Außerdem muss sichergestellt sein, dass die Isolation nicht beschädigt ist. Der Schaft muss unmittelbar vor der Operation auf unversehrte Isolation überprüft werden. Ein spezielles Gerät, mit dem die Isolation
unter sterilen Bedingungen geprüft werden kann, wurde entwickelt. Werden Instrumente mit isolierten Schäften verwendet, besteht besondere Gefahr, wenn die Sterilisation durch Gassterilisation durchgeführt wird. Die notwendigen Ausgaszeiten bei Kunststoffen ist wesentlich länger als bei Metallteilen. Wird dies nicht beachtet, kann es zu Verätzungen der Harnröhre kommen.
3.1.3 Physikalische Vorgänge
an der Schneidelektrode beim Schneiden Zu Schnittbeginn berührt die Schneidelektrode, wie in ⊡ Abb. 3.3a gezeigt ist, das Gewebe direkt. Der Strom tritt entlang der gesamten Drahtoberfläche in das Gewebe über. Das Gewebe erhitzt sich, bis schließlich die Zellflüssigkeit zu sieden beginnt und verdampft. Es entsteht in dem unmittelbar an der Schneidelektrode anliegenden Gewebe eine dünne Dampfschicht, die zunächst die Schneidelektrode von dem Gewebe isoliert. Ist die Generatorspannung hoch genug, wird allerdings diese isolierende Schicht sofort von Funken durchschlagen (⊡ Abb. 3.3b). Der gesamte Strom fließt jetzt über die Übertrittsorte der Funken, die insgesamt nur einen Bruchteil der Fläche aufweisen, die zuvor die Oberfläche der Schneid-
a
b
⊡ Abb. 3.3a, b. Stromübergang beim Schneiden. a Vor Schnittbeginn: Kontakt über die gesamte am Gewebe anliegende Drahtoberfläche. b Während des Schneidens: isolierende Dampfschicht und Stromübergang über Funke
21 3.2 · Steuerung und Regelung der physikalischen Wirkung des Hochfrequenzstroms
elektrode besaß. An den Übertrittstellen der Funken herrscht damit eine sehr hohe Stromdichte, und die Erhitzung des Gewebes an diesen Stelle ist so hoch, dass die Zellflüssigkeit in den umliegenden Zellen explosionsartig verdampft. Die Zellen werden durch den entstehenden Dampfdruck aufgerissen, der Spalt zwischen Gewebe und Elektrode wird an der Stelle breiter. Die Übertrittsorte der Funken wandern nun weiter zu den Stellen, an denen jetzt die Isolationsschicht am dünnsten ist. Es wird so die gesamte Scheitellinie der Elektrode abgetastet und die Zellstruktur entlang der gesamten in das Gewebe eintauchenden Elektrodenlänge zerstört. Die Elektrode kann nahezu ohne Kraftaufwand durch das Gewebe geführt werden. Durch die durch den Funken hervorgerufene Stromkonzentration wird die zum Schneiden notwendige Leistung wesentlich verringert. Allerdings können die Funken auch negative Effekte hervorrufen. Zum einen brennen die Funken zwischen sehr unterschiedlichen Materialien, in denen der Stromtransport auf völlig unterschiedlichen physikalischen Effekte beruht: Im Metall der Schneidelektrode wird der Stromfluss durch eine Bewegung von Leitungselektronen bewirkt, während im Gewebe der Strom durch Ionenbewegung in der elektrolytischen Zellflüssigkeit getragen wird. Aufgrund dieser Unterschiede ist die Ausbildung der Funken bei positiver und bei negativer Halbwelle der Spannung nicht exakt gleich, und ein Teil des Hochfrequenzstroms wird in Gleichstrom umgewandelt. Der so entstehende Gleichstrom kann nun Muskel- und Nervenreizungen hervorrufen. Bekannt geworden sind insbesondere Stimulationen des Obturatorius bei Schnitten in der Blase und die dadurch verursachten Zuckungen des Patienten während der Operation. Zum anderen besitzen die Funken selbst eine sehr hohe thermische Energie. Auch dies ist zunächst ein Vorteil, da dadurch evtl. noch stehengebliebene Zellwände zerstört werden. Es kann aber auch eine thermische Zersetzung größerer Mengen des Gewebes und sogar eine thermische Dissoziation der Spülflüssigkeit mit Knallgasbildung stattfinden. Sammelt sich dieses dabei entstehende Gasgemisch in größerer Menge in der Blase, kann es dort zu Verpuffungen kommen [5].
3.2
steuern kann. Wird das Gewebe langsamer erwärmt, ohne dass die Zellflüssigkeit explosionsartig verdampft, ist der Trenneffekt deutlich reduziert. Durch die Erwärmung kommt es dann zur Blutstillung.
Koagulationsstrom Dieses langsamere Erwärmen ohne Schneideffekt kann auf verschiedene Weise erreicht werden. Zum einen kann ein Strom verwendet werden, der den gleichen zeitlichen Verlauf besitzt wie der in ⊡ Abb. 3. 2 vorgestellte Schneidstrom. Dann muss allerdings die Amplitude von Strom und Spannung geringer eingestellt sein, und die Funkenbildung muss unterdrückt sein. Bei der geringen Spannung darf dann aber auf keinem Fall eine Dampfschicht zwischen Schlinge und Gewebe entstehen, sonst kommt der Stromfluss zum Erliegen, und es geschieht keine weitere Erwärmung des Gewebes. Da die für diesen Effekt notwendige Spannung kaum im Voraus bestimmt werden kann, wird in Generatoren, die diese oft »soft coagulation« genannte Koagulationsart bereitstellen, die Spannungsamplitude von sehr niedrigen Werten aus langsam erhöht, bis ein plötzlicher Widerstandsanstieg die Bildung einer Dampfschicht anzeigt. In diesem Moment ist jedoch die Koagulation bereits erfolgt. Für spezielle Anwendungen kann diese besonders gewebeschonende Form der Koagulation vorteilhaft sein. Bei Operationen, bei denen größere Mengen von Gewebe entfernt werden und bei denen häufiger Blutungen auftreten, geht man einen anderen Weg. Man leitet nun keinen kontinuierlichen Strom mehr in das Gewebe ein, sondern einen Strom, der aus einzelnen Pulspaketen besteht. Durch den zeitlichen Abstand der Pulse zueinander ist die im zeitlichen Mittel eingebrachte Energie gering. Aufgrund der dann möglichen hohen Spannung kann über Funkenüberschlag auch noch Energie beim Vorhandensein einer Dampfschicht oder bei Schichten ausgetrockneten Gewebes eingebracht werden. Dabei zeigt die Erfahrung, dass sich die koagulierende Wirkung umso deutlicher vom Schneideffekt unterscheidet, je kürzer und höher die Pulse
Steuerung und Regelung der physikalischen Wirkung des Hochfrequenzstroms
3.2.1 Zeitliche Modulation
des Hochfrequenzstroms Ein besonderer Vorteil der Hochfrequenzchirurgie besteht darin, dass man den im Gewebe auftretenden Effekt durch den zeitlichen Verlauf des applizierten Hochfrequenzstroms
⊡ Abb. 3.4. Typischer Zeitverlauf von Spannung und Strom für »spray coagulation«
3
22
Kapitel 3 · Physik und Technik der Hochfrequenzchirurgie
3.2.2 Regelung des Hochfrequenzstroms
Definiertere und weitergehende Beeinflussung des Schneidund Koagulationsvorgangs erhält man, wenn man den momentanen Zustand der physikalischen Effekte am Operationsort misst und den Generator durch eine Regelung darauf reagieren lässt.
3
Lichtbogenregelung
a
b . Abb. 3.5a, b. Typische Zeitverläufe von Strom und Spannung für Schnitte mit gleichzeitigem Koagulationseffekt. a Gepulstes sinusförmiges Signal. b Sinussignal mit aufgesetzten Pulsen
sind. Deshalb verwendet man oft sogar nur einzelne Pulse hoher Spannung (. Abb. 3.4). Diese Art der Koagulation wird üblicherweise »spray coagulation« genannt. Als weitere Maßnahme zur Vermeidung des Schneideffektes beim Koagulieren kann man anstelle dünner Drahtelektroden Elektroden mit größerer Oberfläche verwenden. Üblicherweise sind dies kugel- oder walzenförmige Elektroden.
Mischstrom Manchmal möchte man einen Schnitt, bei dem das Gewebe während des Schneidens zugleich koaguliert wird, dass also die Effekte Schneiden und Koagulieren gemischt sind. Je nach Generatorhersteller wird versucht, diese Funktionalität durch unterschiedlichste Zeitverläufe des Stroms zu erzielen. Das Spektrum reicht von gepulstem Sinusstrom (. Abb. 3.5a) bis hin zu kontinuierlichem Sinusstrom mit aufgesetzten Pulsen (. Abb. 3.5b). Die Folge ist immer ein Schnitt, dessen Schnittränder mehr oder weniger verschorft sind. Viele Operateure lehnen diesen Mischstrom ab und bevorzugen, wie bei einer herkömmlichen Operation, definierte Schneidphasen mit kaum vorhandener thermischer Schädigung der Schnittoberfläche und Perioden, in denen gezielt die Blutungen gestillt werden. Unterstützen kann man den Koagulationseffekt während des Schneidens noch durch Verwendung von Elektroden mit größerer räumlicher Ausdehnung in Schneidrichtung, z. B. durch Elektroden, die anstelle des Drahtes ein Metallband benutzen. Mit diesen Elektroden kann allerdings nicht mehr in alle Richtungen gleich gut geschnitten werden.
Einen besonders reizfreien und nekrosearmen Schnitt erhält man, wenn man die Generatorspannung in jedem Moment auf den Wert einregelt, der gerade zum Schneiden ausreichend ist. Es konnte gezeigt werden, dass man Anzahl und Ausmaß der zum Schneiden notwendigen Funken im Generator durch Analyse der durch die Funken hervorgerufenen Verzerrungen des elektrischen Signals ermitteln kann. Als Messgröße werden dabei entweder die durch die Funken entstehenden Oberwellen oder der durch die Funken entstehende Gleichstrom verwendet. Bei optimaler Gestaltung der Regelung kommt ein Schnitt zustande, bei dem die durch den Schnitt entstehende Gewebefläche thermisch nicht verändert ist. Die durch die Funken entstehenden Reizströme sind minimiert. Allerdings ist der während des Schneidens stattfindende Koagulationseffekt ebenfalls gering.
Regelung des Koagulierens Da optimales Schneiden am Zustand der Funken am Operationsort erkannt werden kann, ist es auch möglich, das Schneiden nahezu völlig zu unterdrücken, indem man den Generatorstrom beim Auftreten eines Funkens sofort unterbricht. Auf diese Weise erhält man wiederum ein gepulstes Signal. In diesem Fall ist aber die Pulsbreite nicht mehr konstant. Solange das Gewebe noch kühl ist, wird relativ lange Leistung eingespeist. Mit wachsender Erwärmung des Gewebes werden die Pulse immer schmaler.
Koagulierendes Schneiden Natürlich ist es möglich, durch Regelung von Amplitude und Zeitverlauf des Hochfrequenzstroms den Verschorfungsgrad genauer zu bestimmen, als dies bei einem ungeregelten Mischstrom möglich ist. Klinische Erprobungen unterschiedlicher Ausführungen werden momentan durchgeführt.
3.3
Entwicklungstendenzen bei der Hochfrequenzchirurgie
Mit der Laser-Technik wurden neue physikalische Verfahren in die endoskopischen Operationstechniken eingeführt. Dies führte dazu, dass auch die herkömmlichen Operationsmethoden, wie die Hochfrequenzchirurgie, neu überdacht und neue Varianten untersucht werden. Es sollen die bekannten Nachteile der bisherigen Operationsmethoden verringert
23 Literatur
und ihre Vorteile möglichst beibehalten werden. Eine abschließende Beurteilung dieser Methoden ist noch nicht möglich. Es muss sich erst zeigen, welche der neuen Entwicklungen sich im klinischen Alltag wirklich durchsetzen.
3.3.1 Vaporisation der Prostata
Ein Problem der Elektroresektion der Prostata ist der relativ hohe Blutverlust. Mit der sog. Vaporisation soll der Blutverlust verringert werden. Dabei wird mit kugel- oder walzenförmigen Elektroden das Gewebe im Operationsgebiet so stark erhitzt, dass es schrumpft. Dabei wird zunächst die Flüssigkeit im Gewebe verdampft, dann werden u. U. auch die festen Bestandteile des Gewebes zersetzt. Für diese Art der Behandlung des Gewebes ist relativ hohe eingespeiste Energie notwendig, da das gesamte zu entfernende Gewebe thermisch zerstört werden muss.
3.3.2 Bipolare Operationsanordnungen
Ein weiteres Problem der Hochfrequenzchirurgie besteht darin, dass große Bereiche des Patienten von Hochfrequenzstrom durchflossen werden. Dieses Problem versucht man durch die Entwicklung bipolarer Operationsanordnungen zu verringern. Außerdem sieht man dabei die Möglichkeit, statt der ionenfreien Spülflüssigkeit, die man bei der monopolaren Operationsanordnung üblicherweise benutzt, Kochsalzlösungen zu verwenden. Im Gegensatz zum Koagulieren, wo mit der bipolaren Pinzettenkoagulation eine echte bipolare Technik möglich ist, können alle bisher bekannt gewordenen Methoden höchstens als quasibipolar bezeichnet werden. Alle Methoden beruhen darauf, dass eine zweite Elektrode, die sich in unmittelbarer Nähe der »aktiven Elektrode« befinden kann, den von der »aktiven Elektrode« abfließenden Strom wieder aufnimmt und zum Generator zurückführt. Diese Elektrode kann eine zusätzliche Elektrode in der Blase sein oder eine zweite Elektrode, die mit der aktiven Elektrode bewegt wird wie eine zweite Schlinge vor oder hinter der Schneidschlinge. Auch Teile des Resektionsinstrumentes werden als zweite Elektrode genutzt. Alle diese Methoden reduzieren tatsächlich den Bereich, in dem Hochfrequenzstrom im Körper des Patienten fließt. Mit allen Methoden treten aber zugleich auch zusätzliche Probleme auf. Wird als Spülflüssigkeit Kochsalzlösung verwendet, ergeben sich Schwierigkeiten in den Situationen, bei denen der größte Teil der Schneidschlinge nicht in das Gewebe eingetaucht ist. Das ist v. a. beim Anschneiden der Fall und wenn zum Ende der Operation hin zur Glättung des Operationsgebiet noch kleine Gewebestücke entfernt werden müssen. Über die leitfähige Spülflüssigkeit wird dann sehr viel Strom abgeleitet, der so für den Schneidvorgang nicht mehr
zu Verfügung steht. Der Generator muss dann, um dennoch schneiden zu können, relativ hoch eingestellt sein. Damit steigen wieder viele der bei der monopolaren Operationsanordnung aufgezählten Gefährdungen des Patienten, obwohl der Stromfluss auf einen kleineren Gewebebereich beschränkt ist. Werden als neutrale Elektrode Teile des Resektionsinstrumentes genutzt, so ist dies nur verantwortbar, wenn diese Teile gegenüber dem Patienten isoliert sind. Ist das nicht der Fall, ist wie bei einer Erdung des Instrumentes bei monopolarer Operationsanordnung der über die Harnröhre fließende Strom erhöht.
Literatur 1. W. Nernst: Zur Theorie des elektrischen Reizes. Pflügers Arch. 122, 1908, S 275–315 2. G. Flachenecker und K. Fastenmeier: Die transurethrale Prostataresektion mit Hochfrequenzströmen aus elektrotechnischer Sicht. Urologe A 15, S. 167–172 (1976) 3. G. Flachenecker, K. Fastenmeier, E. Schmiedt und F. Eisenberger: Zur Frage des Gleitmittels bei der transurethralen Prostataresektion unter Verwendung von Metallschäften. Urologe A 16, S 168–171 (1977) 4. G. Flachenecker, K. Fastenmeier und F. Gminder: Elektrische Eigenschaften von Gleitmitteln für die TUR,. Urologe B 19, S. 296–297 (1979) 5. T. C. Ning, D. M. Atkins and R. C. Murphy: Bladder explosions during transurethral surgery. The Journal of Urology, Oct. 1975, Vol.114, pp. 536–539 6. G. Flachenecker und K. Fastenmeier: Hochfrequenzgenerator mit automatischer Stromreglung für optimalen Schnitt. Einlage Urologe [B. 27, H1, S 1–4, (1987)
3
4 Diagnostische Urethrozystoskopie A. Hegele
4.1
Einleitung
– 26
4.2
Instrumentenkunde
– 26
4.2.1 Starre Instrumente – 26 4.2.2 Flexible Instrumente – 27
4.3
Indikationen
– 27
4.4
Kontraindikationen – 27
4.5
Ablauf und Durchführung einer Urethrozystoskopie – 27
4.5.1 Anästhesie – 27 4.5.2 Urethrozystoskopie beim Mann – 28 4.5.3 Urethrozystoskopie bei der Frau – 29
4.6
Komplikationen Literatur – 30
– 30
26
Kapitel 4 · Diagnostische Urethrozystoskopie
4.1
4
Einleitung
Die moderne Endoskopie, basierend auf der Pionierarbeit von Philipp Bozzini, Maximilian Nitze und Julius Bruck, stellt eines der wichtigsten Gebiete der urologischen Diagnostik dar und dient der Inspektion von Körperhöhlen [1]. Gleichzeitig ist die diagnostische Endoskopie Voraussetzung für endourologische Manipulationen und Eingriffe. Speziell die endoskopische Beurteilung der Harnröhre und der Harnblase stellt heutzutage eine meist ambulant durchgeführte Standarduntersuchung dar und ist das am häufigsten durchgeführte endoskopische Verfahren in der Urologie.
4.2
Instrumentenkunde
4.2.1 Starre Instrumente
Das typische Urethrozystoskop besteht aus 3 Teilen (⊡ Abb. 4.1a): ▬ Metallschaft, ▬ Obturator, ▬ Optik.
Der Außendurchmesser des Schaftes beträgt bei Erwachsenen 15,5–23,5 Charr. Bei Kindern und Säuglingen kommen Miniaturzystoskope mit einem Durchmesser zwischen 8 und 11 Charr zur Anwendung. Der Schaft ist am proximalen Ende geöffnet, am distalen Ende werden die Optiken eingeführt und via eines Adapters/einer Arretierung fixiert (⊡ Abb. 4.1a). Um während der Endoskopie die Option einer dauerhaften oder intermittierenden Spülung zu besitzen, befinden sich am Instrumentenschaft Anschlüsse für einen Spülwasserzulauf und einen -ablauf. Zur genauen Beurteilung der verschiedenen Areale existieren unterschiedliche Optiken mit variierenden Blickrichtungen (⊡ Abb. 4.2): ▬ 0°-Optik (Geradeausoptik) lässt lediglich den Blick nach vorn zu. Bei Drehung des Instrumentes ändert sich das Blickfeld nicht. ▬ 30°-Optik lässt den Blick nach vorn zu. Zusätzlich wird bei Drehung das Blickfeld nach lateral erweitert. ▬ 70/120°-Optik Blick nach vorn nicht möglich. Vor allem seitlich und rückwärts gelegene Areale können beurteilt werden.
a
d
e
b
c
⊡ Abb. 4.1a–e. Instrumentarium. a Aufbau eines starren Urethrozystoskopes: Metallschaft, Obturator, Optik, Arbeitseinsatz. b AlbarranLenkhebel; erleichtert das Einbringen z. B. von Ureterenkathetern.
Der jeweilige Katheter kann zwischen 0 und 30° gekippt werden. c Biopsiezange. d Flexibles Urethrozystoskop. e Abwinkelbare Spitze des flexiblen Urethrozystokopes
27 4.5 · Ablauf und Durchführung einer Urethrozystoskopie
Indikationen für eine diagnostische Urethrozystoskopie Mikro- und Makrohämaturie Verdacht auf das Vorliegen eines Blasentumors Lokale Kontrolle nach Durchführung einer transurethralen Elektroresektion eines Blasentumors Verdacht auf eine Tumorinfiltration von außen in die Harnblase (z. B. Kolonkarzinom, Zervixkarzinom) Verdacht auf Blasen-Darm-Fistel oder Blasen-Scheiden-Fistel Verdacht auf urethrale und/oder vesikale Fremdkörper (z. B. nach autoerotischen Handlungen) Abklärung rezidivierender Harnwegsinfekte Abklärung einer subvesikalen Obstruktion Beurteilung der Ureterostienlokalisation und Ureterostienbeschaffenheit (z. B. bei vesikoureterorenalem Reflux) Beurteilung der Harnröhre (z. B. Striktur, Fistel, Tumor)
⊡ Abb. 4.2. Blickrichtungen der Optiken. Die verschiedenen Winkelbezeichnungen beschreiben die Auslenkungen des Mittelstrahls aus der Schaftachse
Einige Zystoskope verfügen zusätzlich über einen oder mehrere Instrumentenarbeitskanäle, welche für das Einbringen von Hilfsinstrumenten (z. B. Fasszangen, Biopsiezange, Splints etc.) in die Harnblase von Nutzen sind (⊡ Abb. 4.1b, c).
4.2.2 Flexible Instrumente
Der Gebrauch flexibler Endoskope führt zu einer deutlichen Reduktion von Schmerzen und einer Verringerung der instrumentenbedingten Traumatisierung. Der Durchmesser eines flexiblen Urethrozystoskopes beträgt zwischen 15 und 20 Charr. Die Länge variiert zwischen 30 und 70 cm. Das distale Ende des flexiblen Urethrozystoskopes kann vom Untersucher in einem Bereich von aufwärts 210° und abwärts 120° abgewinkelt werden. Dadurch wird eine nahezu lückenlose Inspektion der Harnblase gewährleistet. Der Arbeitskanal lässt das Einführen von bis zu 8 Charr messenden Hilfsinstrumenten zu (⊡ Abb. 1d, e).
4.3
Indikationen
Jeder instrumentelle Eingriff sollte einer strengen Indikationsstellung unterliegen. Die in der Übersicht genannten Befunde rechtfertigen die Durchführung einer diagnostischen Urethrozystoskopie.
4.4
Kontraindikationen
Auf die Durchführung einer Urethrozystoskopie sollte verzichtet werden bei akuten Entzündungen des Untersuchungsareals wie z. B. akute Urethritis, akute Epididymitis und akute Prostatitis. Falls in diesen Fällen die Untersuchung zwingend notwendig ist, muss auf eine hochdosierte antibiotische Therapie geachtet werden, um eine Zunahme und Ausdehnung der Entzündung bis hin zum septischen Krankheitsbild zu vermeiden. Bei einer akuten Zystitis sollte die Urethrozystoskopie erst nach Rückgang der klinischen Symptomtik, testgerechter antibiotischer Therapie und erneuter Kontrolle des Urinbefundes erfolgen.
4.5
Ablauf und Durchführung einer Urethrozystoskopie
4.5.1 Anästhesie
Eine Allgemeinanästhesie ist lediglich bei Kindern notwendig. Bei sehr ängstlichen Patienten ist eine Prämedikation empfehlenswert, in Extremfällen auch eine Analgosedierung mit anästhesiologischem Stand-by. Beim Mann sollte immer eine lokale Betäubung der Harnröhrenschleimhaut mit einem anästhesierenden Gleitmittel erfolgen. Um eine optimale anästhesiologische Wirkung zu erzielen, muss das Mittel, nach urethraler Applikation, mehrere Minuten einwirken. Hier empfiehlt sich die Anwendung einer Penisklemme, welche das Herausfließen des Gleitmittels verhindert. Bei Frauen kann die
4
28
Kapitel 4 · Diagnostische Urethrozystoskopie
4
⊡ Abb. 4.3. Endoskopisches Bild der bulbären Harnröhre. Das Lumen sollte immer mittig zur Darstellung kommen.
Untersuchung ohne jegliche Anästhesieform durchgeführt werden.
angefertigte Lochtücher zu empfehlen. Nach Durchführung einer gründlichen Desinfektion des gesamten Penis und v. a. der Glansregion beginnt die eigentliche Zystoskopie, welche beim Mann immer als Urethrozystoskopie durchgeführt werden sollte. Primär wird über den Meatus externus urethrae der Metallschaft bei einliegendem Obturator in die Harnröhre eingeführt. Danach wird der Obturator entfernt und die 0°-Optik eingesetzt, um eine optimale Sicht nach vorn zu garantieren. Bei manuell gestreckter Harnröhre wird nun das Instrument vorsichtig unter visueller Kontrolle vorgeführt. Hier ist darauf zu achten, das Lumen der Harnröhre mittig darzustellen, sodass durch eine optimale Orientierung die Gefahr einer iatrogenen Traumatisierung minimiert ist (⊡ Abb. 4.3). Durch die einfließende Spülflüssigkeit wird die Urethra aufgeweitet. Dies ermöglicht einerseits eine sehr gute Beurteilung der gesamten Urethra, andererseits wird eine Verletzung z. B. im Sinne einer Via falsa erheblich minimiert. ⊡ Abb. 4.4 zeigt eine schematische Darstellung des Harnröhrenverlaufs. Tipp
4.5.2 Urethrozystoskopie beim Mann Tipp
Vor jeder Urethrozystoskopie sollte man sich mit der Funktion der Instrumente vertraut machen. Es empfiehlt sich, diese vor Beginn der Untersuchung auf ihre Funktionstüchtigkeit zu überprüfen.
Starre Urethrozystoskopie Der Patient liegt in Steinschnittlage auf dem Untersuchungstisch. Der Eingriff muss nach streng sterilen Kautelen erfolgen. Zur Abdeckung der Genitalregion sind industriell
⊡ Abb. 4.4. Schematische Darstellung des Harnröhrenverlaufs beim Mann
Bei Erreichen des Schließmuskels und beim Eingehen in die prostatische Harnröhre ist es hilfreich, den Patienten aufzufordern, den Beckenboden zu entspannen. Dadurch kann die Passage des nun abgesenkten Instrumentes über den Schließmuskel in die Harnblase sowohl für den Patienten als auch den Untersucher erleichtert werden.
Neben der Beurteilung der Schleimhautbeschaffenheit und des Lumens inklusive pathologischer Befunde (z. B. Harnröhrendivertikel) kann im Bereich der prostatischen Harnröhre die Beschaffenheit und Größe der Prostata beurteilt
29 4.5 · Ablauf und Durchführung einer Urethrozystoskopie
werden. Bei der Untersuchung von Kindern ist v. a. auf das Vorhandensein von Harnröhrenklappen zu achten. Ist die Passage in die Harnblase gelungen, wird nun die 0°-Optik gegen eine 30°- oder 70°-Optik ausgetauscht. Ziel ist es, die komplette Blase einzusehen und zu beurteilen. Bei blutigem oder eitrigem Urin ist es notwendig, die Harnblase ausgiebig über den Spülwasserzu- und -ablauf oder mit einer Blasenspritze zu spülen, um eine optimale Sicht zu erreichen. Tipp
Um die komplette endoskopische Inspektion der Harnblase zu garantieren, ist es wichtig, systematisch vorzugehen. Es empfiehlt sich, die Blasenschleimhaut mäanderförmig zu inspizieren, um kein Areal auszusparen.
am Auge des Untersuchers und betätigt den Bügel zum Abwinkeln der Endoskopspitze. Im Vergleich zum starren Instrument passt sich das flexible Endoskop bei der Harnröhrenpassage den gegebenen anatomischen Verhältnissen besser an und wirkt weniger traumatisierend. Im Bereich der prostatischen Harnröhre kann das flexible Instrument durch dezentes Abwinkeln der Spitzenregion wenig traumatisch und für den Patienten komfortabler über die Prostata in die Harnblase manövriert werden. Auch bei Einsatz der flexiblen Instrumente muss die Inspektion der Harnblase einem individuellen Schema folgen, welches die komplette Beurteilung der Harnblase gewährleistet. Im Gegensatz zu starren Instrumenten kann die Blasenvorderwand durch die Abwinklung der Endoskopspitze meist gut und problemlos beurteilt werden. Tipp
Die Zystoskopie beginnt mit der Beurteilung des Trigonumbereiches. Danach werden beide Ureterostien aufgesucht und nach Anzahl, Lage, Form und Beschaffenheit des austretenden Urins beurteilt. Es schließt sich die Inspektion von Blasenboden, linker und rechter Blasenseitenwand, Blasenhinterwand, Blasendach und des Blasenauslasses an. Aufgrund der geometrischen Gegebenheiten einer Kugel ist die exakte Beurteilung der Blasenvorderwand erschwert. Tipp
Um dem Patienten Schmerzen zu ersparen und gleichzeitig keinen Bereich der Harnblase auszusparen, wird durch manuelles Eindrücken der Bauchdecke die Inspektion der Blasenvorderwand unterstützt und erleichtert.
Zusätzlich kann eine variable Blasenfüllung, eine Lageveränderung des Patienten (z. B. Kopftieflage) und der Einsatz der 120°-Optik hilfreich für eine exakte und komplette Beurteilung der Harnblase sein. Nach Abschluss der Urethrozystokopie sollte grundsätzlich der erhobene Befund exakt, systematisch und verständlich, sowohl schriftlich als auch in graphischer Form, dokumentiert werden.
Flexible Urethrozystoskopie Im Gegensatz zur starren Urethrozystoskopie wird der Patient beim Einsatz des flexiblen Endoskopes in Rückenlage untersucht. Dies ist v. a. bei älteren Patienten notwendig, welche aufgrund schwerer Kontrakturen und/oder Koxarthrosen nicht in Steinschnittlage platziert werden können. Nach der oben beschriebenden Vorbereitung wird das Endoskop in den Meatus externus urethrae eingeführt, indem der Penis zwischen 4. und 5. Finger einer Hand gestreckt wird und die restlichen Finger das Endoskop in die Harnröhre manipulieren [2]. Die andere Hand fixiert das Gerät
Bei kontinenten (Ileumneoblase, Pouch) und inkontinenten (Conduit) Harnableitungen empfiehlt sich primär die Nutzung eines flexiblen Instrumentes. Eine komplette Inspektion des Harnblasenersatzes lässt sich mit flexiblen Endoskopen müheloser erreichen. Bei starker Verschleimung bestehen jedoch auch hier Einschränkungen.
Problematisch und in der Aussagekraft eingeschränkt ist die flexible Urethrozystoskopie bei ausgeprägter Makrohämaturie mit Koagelbildung, was eine ausgiebige Spülung der Harnblase zur exakten Inspektion notwendig macht. In diesen Fällen ist primär der Einsatz eines starren Urethrozystoskopes zu empfehlen, da hier aufgrund des großlumigeren Spülkanals bzw. des Schaftes bedeutend schneller eine ausreichende Übersicht zu erreichen ist. Patienten nach flexibler Urethrozystoskopie berichten über deutlich weniger postinterventionelle Beschwerden als Patienten nach starrer Urethrozystoskopie [3, 4].
4.5.3 Urethrozystoskopie bei der Frau
Nach Reinigung und Desinfektion des äußeren Genitale kann das starre Endoskop aufgrund der kurzen Harnröhre problemlos und ohne visuelle Kontrolle in die Harnblase eingeführt werden. Die komplette Inspektion der Harnblase wird, wie beim Mann beschrieben, durchgeführt. Die endoskopische Beurteilung der Urethra erfolgt beim Zurückziehen des Instrumentes unter vollem Spülstrahl. Aufgrund der kurzen Harnröhre gestaltet sich die Beurteilung pathologischer Befunde wie z. B. die Identifikation eines Harnröhrendivertikels oder einer Harnröhrenfistel meist schwierig. Die Vorteile der jeweiligen Endoskopieverfahren sind in ⊡ Tabelle 4.1 beschrieben.
4
30
Kapitel 4 · Diagnostische Urethrozystoskopie
⊡ Tabelle 4.1. Vorteile der jeweiligen Endoskopieverfahren
4
4.6
Starre Urethrozystoskopie
Flexible Urethrozystoskopie
Bessere Optiken
Durch Rückenlage und Flexibilität des Instrumentes höherer Komfort für den Patienten
Bessere Orientierung während einer Untersuchung durch manuelle Führung
Durch Abwinkeln der Endoskopspitze problemlos komplette Blaseninspektion möglich
Großlumigere Zu- und Abläufe inklusive Schaft zur Schaffung besserer Sichtverhältnisse
Kein Optikwechsel nötig
Mehr Möglichkeiten der intravesikalen Manipulation (z. B. Harnleiterschienung) durch zusätzliche Einführung von Hilfsinstrumenten bei großlumigerem Arbeitskanal
Untersuchung auch bei Kontrakturen, Koxarthrosen und sonstigen Lagerungsproblemen möglich
Komplikationen
Die häufigste Komplikation ist die Kontamination des Harntraktes. Eine prophylaktische antibiotische Therapie ist nicht notwendig [5–7]. Eine postinterventionelle antibiotische Therapie empfiehlt sich allerdings, wenn es während der Untersuchung zu einer ausgeprägten instrumentellen Traumatisierung der Harnröhre und/oder der Harnblase kommt. Seltene Komplikationen sind Makrohämaturie, Urethraoder Harnblasenperforation. Als Spätkomplikation ist die Harnröhrenstriktur anzusehen. Bereits kleinste Verletzungen der Harnröhrenschleimhaut können kausal für später auftretende, klinisch relevante und therapiebedürftige Harnröhrenstrikturen sein [8, 9].
Literatur 1. Nitze M. (1907) Lehrbuch der Kystoskopie. Bergmann, Wiesbaden (Reprint 1978; Springer, Berlin Heidelberg New York) 2. Kavoussi LR, Clayman RV (1988) Office flexible cystoscopy. Urol Clin North Am 15: 601–608 3. Flannigan GM, Gelister JS, Noble JG, Milroy EJ (1988) Rigid versus flexible cystoscopy. A controlled trial of patient tolerance. Br J Urol 62: 537–540 4. Denholm SW, Conn IG, Newsam JE, Chisholm GD (1990) Morbidity following cystoscopy: comparison of flexible and rigid techniques. Br J Urol 66: 152–154 5. Kamouni T, Bensalah K, Alva A, Patard JJ, Lobel B, Guille F (2001) Role of antibiotic prophylaxis in ambulatory cystoscopy. Prog Urol 11: 1239–1241 6. Rane A, Cahill D, Saleemi A, Montgomery B, Palfrey E (2001) The issue of prophylactic antibiotics prior to flexible cystoscopy. Eur Urol 39: 212–214 7. Grabe M (2001) Perioperative antibiotic prophylaxis in urology. Curr Opin Urol11: 81–85 8. Mosbah A, Kane A, Zhani R, Hattab C (1990) Iatrogenic urethral strictures of the male urethra. Acta Urol Belg 58: 87–93 9. Hartung R, Mauermayer W (1979) Urethral strictures following transurethral instrumentation: causes, prevention, results. Urologe A 18: 64–67
5 Bildatlas Zystoskopie A. Hegele, R. Hofmann
32
Kapitel 5 · Bildatlas Zystoskopie
Harnröhre (⊡ Abb. 5.1–5.5)
5
⊡ Abb. 5.1. Unauffällige penile Harnröhre
⊡ Abb. 5.2. Nahezu komplette Harnröhrenenge mit Fibrinsegel
⊡ Abb. 5.3. Ringförmige Harnröhrenenge im bulbären Abschnitt
⊡ Abb. 5.4. Operative Erweiterung der Harnröhre bei 12 Uhr nach Vorlage eines Katheters
⊡ Abb. 5.5. Ausgeprägte Via falsa der Harnröhre
33 Prostata
Prostata (⊡ Abb. 5.6–5.10)
⊡ Abb. 5.6. Darstellung des M. sphincter externus
⊡ Abb. 5.7. Sicht auf den Samenhügel
⊡ Abb. 5.8. Prostatische Harnröhre mit ausgeprägten Prostataseitenlappen bei BPS und Sicht des Samenhügels
⊡ Abb. 5.9. Prostatasteine im Rahmen einer Prostataresektion
⊡ Abb. 5.10. Variköse, leicht vulnerable Prostatavenen im Bereich der Seitenlappen
5
34
Kapitel 5 · Bildatlas Zystoskopie
Harnblase (⊡ Abb. 5.11–5.50)
5
⊡ Abb. 5.11. Normales endoskopisches Bild der Harnblasenschleimhaut
⊡ Abb. 5.12. Ausgeprägte Trabekulierung bei Balkenblase bei BPS
⊡ Abb. 5.13. Pseudodivertikel bei ausgeprägter Trabekulierung der Blasenschleimhaut bei BPS
⊡ Abb. 5.14. Echtes Divertikel mit Randwulst und dargestelltem Divertikelhals
⊡ Abb. 5.15. Akute Zystitis
⊡ Abb. 5.16. Hämorrhagische Zytitis mit bullös, teils blutig belegten Arealen
35 Harnblase
⊡ Abb. 5.17. Trigonumzystitis
⊡ Abb. 5.18. Chronische Zystitis mit bullös-zottigen, pseudotumoralen Arealen
⊡ Abb. 5.19. Zystitis follicularis
⊡ Abb. 5.20. Hämmorrhagisch-bullöse Schleimhautaffektionen der Blasenhinterwand nach 4-wöchiger Dauerkatheranlage transurethral
⊡ Abb. 5.21. Leukoplakie der Harnblase
⊡ Abb. 5.22. Frischer ulzeröser Herd bei tuberkulöser Zystitis
5
36
Kapitel 5 · Bildatlas Zystoskopie
5
⊡ Abb. 5.23. Aktive Bilharziose mit mehreren angeordneten Ova
⊡ Abb. 5.24. Teleangiektasien nach externer Radiotherapie eines Rektumkarzinoms
⊡ Abb. 5.25. Multiple, kleine, abgerundete Blasensteine
⊡ Abb. 5.26. Singulärer, zackiger Blasenstein
⊡ Abb. 5.27. Darstellung einer abgebrochenen Resektionsschlinge in der Harnblase neben vereinzelten Blasensteinen
⊡ Abb. 5.28. Intravesikale Kotstückchen bei in die Harnblase perforierter Sigmadivertikulitis
37 Harnblase
⊡ Abb. 5.29. Fremdkörper (Silikonschlauch) in der Harnblase nach autoerotischer Manipulation
⊡ Abb. 5.30. Kompletter Fremdkörper nach endoskopischer Entfernung aus der Harnblase aus ⊡ Abb. 5.29
⊡ Abb. 5.31. Endokopisches Bild einer Ileumneoblase mit Darstellung von Schleimhautfalten
⊡ Abb. 5.32. Prostatakarzinom, welches in die Harnblase infiltriert
⊡ Abb. 5.33. Großer papillärer, exophytischer Harnblasentumor im Blasenauslassbereich
⊡ Abb. 5.34. Kleiner gestielter Harnblasentumor
5
38
Kapitel 5 · Bildatlas Zystoskopie
5 ⊡ Abb. 5.35. Periostialer Harnblasentumor
⊡ Abb. 5.36. Carcinoma in situ der Harnblase, typisch rasenartig
⊡ Abb. 5.37. Carcinoma in situ der Harnblase
⊡ Abb. 5.38. Schlitzförmiges, orthotop gelegenes Harnleiterostium
⊡ Abb. 5.39. Golflochartige Ostiumkonfiguration
⊡ Abb. 5.40. Aufgeworfenes Harnleiterostium bei intramuralem Konkrement
39 Harnblase
⊡ Abb. 5.41. Ostium mit einliegender Harnleiterschiene
⊡ Abb. 5.42. Klaffendes, vernarbtes Ostium nach Überresektion im Rahmen einer TUR-B
⊡ Abb. 5.43. Abgerissene Harnleiterschiene, in die Harnblase hineinragend
⊡ Abb. 5.44. Massiv verkrustete, bereits seit mehreren Monaten einliegende Harnleiterschiene
⊡ Abb. 5.45. Blasenschleimhaut nach TUR-B mit Perforation bis in das perivesikale Fett, welches durchschimmert
⊡ Abb. 5.46. Ureteroneostomie (nach Psoas-hitch-Technik) mit einliegender Harnleiterschiene
5
40
5
Kapitel 5 · Bildatlas Zystoskopie
⊡ Abb. 5.47. Implantationsstelle eines extraanatomischen Harnleiterbypasses in der Harnblase
⊡ Abb. 5.48. ...eine Urethrozystoskopie ist nicht schwer...
⊡ Abb. 5.49. ...doch ab und zu...
⊡ Abb. 5.50. ...empfiehlt sich dennoch eine Narkose...
6 Endoskopische Behandlung von Harnröhrenstrikturen A.J. Schrader
6.1
Indikationen zur Operation – 42
6.1.1 Grundlagen – 42 6.1.2 Indikation zum operativen Vorgehen
6.2
– 42
Präoperative Diagnostik und perioperatives Vorgehen – 42
6.2.1 Präoperative Diagnostik – 42 6.2.2 Vorbereitung und Lagerung des Patienten
6.3
– 43
Durchführung der Urethrotomia interna – 43
6.3.1 Urethrotomia interna nach Otis – 43 6.3.2 Urethrotomia interna nach Sachse – 44 6.3.3 Urethrotomie bei der Frau – 45
6.4
Postoperatives Vorgehen
– 46
6.5
Komplikationen der Urethrotomia interna – 46
6.6
Ergebnisse der Urethrotomia interna – 46
6.7
Alternative operative Therapiemöglichkeiten der Harnröhrenstriktur – 47
6.7.1 Harnröhrenbougierung – 47 6.7.2 Endoskopische Behandlung des kompletten Harnröhrenverschlusses – 47 Literatur – 48
42
Kapitel 6 · Endoskopische Behandlung von Harnröhrenstrikturen
6.1
Indikationen zur Operation
6.1.1 Grundlagen
Die männliche Harnröhre hat eine Länge von etwa 25 cm sowie eine durchschnittliche Weite von 7–9 mm (21–27 Charr). Physiologische Engen liegen am: ▬ Orificium externum, ▬ Übergang der Fossa navicularis zur penilen Urethra, ▬ Bulbus urethrae (Pars membranacea der Urethra).
6
Die weibliche Harnröhre hat eine Länge von 3–4 cm und einen Durchmesser von 8 mm (24 Charr) [1]. Aufgrund ihrer Lage und geringeren Länge sind therapiebedürftige Strikturen der weiblichen Harnröhre selten.
6.1.2 Indikation zum operativen Vorgehen
Die Ätiologie der Harnröhrenstrikturen hat sich im Verlauf der letzten Jahrzehnte deutlichen geändert. Bis zur Antibiotikatherapie der Gonorrhö und anderer bakterieller Entzündungen waren >70% aller Strikturen postentzündlicher Natur. Ursächlich sind heute meist Verletzungen der Harnröhre aufgrund transurethraler Eingriffe wie Kathetereinlagen, Zystoskopien und Resektionen. Auch traumatische Harnröhrenläsionen gibt es überwiegend bei Männern. So finden sich sog. Straddle-Traumata im Bereich der bulbären Urethra oder Harnröhrenrupturen infolge einer Beckenfraktur in der membranösen oder prostatischen Harnröhre. Grundsätzlich gilt, dass nur urodynamisch wirksame Strikturen behandlungsbedürftig sind. Bei geringgradiger Stenose sollte die Indikation in Abhängigkeit von Anamnese, subjektiver Beeinträchtigung des Patienten und den Ergebnissen der Diagnostik (Abschn. 6.2) gestellt werden.
6.2
▬ Retrogrades Urethrozystogramm (UCG). Wichtig ist hier das langsame Einbringen des Kontrastmittels ohne Überdruck unter intermittierender Durchleuchtung, um Artefakte sowie das Risiko aufsteigender Infektionen zu minimieren (⊡ Abb. 6.2, 6.3). ! Cave Sterile Kautelen beachten; ein Harnwegsinfekt muss präinterventionell ausgeschlossen sein, da anderenfalls die Gefahr einer Bakteriämie durch Einschwemmung besteht.
▬ Miktionszysturethrogramm (MCUG) bei Männern und Frauen. ▬ Urethrozystokopie mit der 0°-Optik. Bei der Frau kann eine Striktur auch durch einfache Harnröhrenkalibrierung nachgewiesen werden. Hier kommen Kunststoff- oder Metallbougies in aufsteigender Dicke zum Einsatz (»bougie à boule«). Elastische Widerstände, z. B. eine Meatusstenose, die beim Einführen glatter Instrumente leicht überwunden werden, spannen sich beim Herausziehen des Bougie an.
⊡ Abb. 6.1. Schema zur Beurteilung von Uroflowkurven (A normal, B suspekt, C pathologisch)
Präoperative Diagnostik und perioperatives Vorgehen
6.2.1 Präoperative Diagnostik
Standarddiagnostik Die präoperative Standarddiagnostik umfasst: ▬ Anamnese einschließlich Medikamentenanamnese (α-Blocker, 5-α-Reduktasehemmer, Psychopharmaka), Feststellung etwaiger Begleiterkrankungen (neurologische, rheologische und endokrine Erkrankungen) sowie vorangegangener Erkrankungen des Genitalbereichs und transurethraler Manipulationen. ▬ Harnstrahlmessung zur Qualität und Quantität des Harnflusses (⊡ Abb. 6.1). ▬ Abdominelle Sonographie zur Bestimmung des Restharns und der Blasenwanddicke.
⊡ Abb. 6.2. Urethrozystogramm (UCG) einer kurzstreckigen, bulbären Harnröhrenenge
43 6.3 · Durchführung der Urethrotomia interna
6
a
b ⊡ Abb. 6.5a, b. Otis-Urethrotom in geschlossenem (a) und geöffnetem Zustand (b). Dachförmig geschnittenes Messer für Schnitte in beiden Richtungen ⊡ Abb. 6.3. Urethrozystogramm (UCG) einer langstreckigen, penilen Harnröhrenenge
Fakultative Diagnostik Harnröhrensonographie mit einem hochauflösenden Schallkopf (mindestens 8,5 MHz) nach retrograder Auffüllung der Harnröhre mit Flüssigkeit [2].
Techniken das Harnröhrenlumen durch einen kontrollierten Längsschnitt, in der Regel bei 12 Uhr, erweitert. Die so gesetzte längliche Inzisionswunde epithelialisiert sich rasch unter Bildung einer längsverlaufenden und damit nur gering stenosierenden Narbe (⊡ Abb. 6.4).
6.3.1 Urethrotomia interna nach Otis 6.2.2 Vorbereitung und Lagerung des Patienten
Bakterielle Harnwegsinfektionen sollten präoperativ ausgeschlossen oder antibiotisch behandelt werden. Perioperativ ist die Gabe von Trimethoprim-Sulfamethoxazol oder eines Gyrasehemmers bis zur Entfernung des Katheters, üblicherweise am 1. postoperativen Tag, indiziert [3]. Es ist meist nicht nötig, den Patienten präoperativ zu rasieren; die Desinfektion erfolgt unmittelbar vor dem Eingriff durch eine desinfizierende Lösung. Der Patient wird in einer Lithotomieposition gelagert.
6.3
Durchführung der Urethrotomia interna
Es stehen 2 endourologische Standardverfahren zur Verfügung: die Urethrotomie nach Otis und nach Sachse. Bei beiden Verfahren wird im Gegensatz zu bougierenden
⊡ Abb. 6.4. Stumpfe Dehnung vs. Urethrotomia interna. Durch die Bougierung kommt es fast immer zu multiplen Einrissen (links). Durch die Urethrotomia interna entsteht ein scharfer, glattrandiger Schnitt (rechts)
Die Otis-Urethrotomie wird zur Behandlung mittelgradiger Strikturen der vorderen Harnröhre verwendet. Nach Einbringen eines Gleitmittels wird das Otis-Urethrotom (⊡ Abb. 6.5) vorsichtig über die Striktur geführt. Gelingt dies nicht, so muss mit Bougies bis 16 Charr aufbougiert werden. Der Penis wird mit der linken Hand gestreckt und das Instrument mit rechts eingeführt (⊡ Abb. 6.6). Anschließend wird das Instrument mit beiden Händen gehalten, und die Branchen des Urethrotoms werden auf die gewünschte Schnitttiefe (maximal 30 Charr) aufgeschraubt. Durch Zug am Instrument wird der Penis gestreckt (⊡ Abb. 6.7). Die Schnittführung erfolgt bei 12 Uhr. Bei hochgradigen Engen ist die Wiederholung des Vorgangs erforderlich, wenn sich die Branchen beim 1. Mal nicht auf die nötige Weite öffnen lassen. Anterogrades und retrogrades Schneiden sind durch den dachförmigen Schliff möglich.
44
Kapitel 6 · Endoskopische Behandlung von Harnröhrenstrikturen
6.3.2 Urethrotomia interna nach Sachse
6
⊡ Abb. 6.6. Otis-Urethrotom in der distalen Harnröhre. Strecken der Harnröhre durch leichtes Aufdrehen des Urethrotoms
Die Urethrotomia interna nach Sachse erfolgt unter Sicht und wird zur Behandlung mäßig ausgeprägter bis hochgradiger Strikturen verwendet. Das Sachse-Urethrotom beinhaltet eine Optik (meist 0°-Optik), einen das Messer führenden Instrumentenkanal sowie einen weiteren Kanal zum Einbringen verschiedener Arbeitssonden. Nach Einbringen eines Gleitmittels wird das Instrument bei eingezogenem Messer vorsichtig an die Striktur geführt und diese dargestellt. Falls problemfrei möglich, wird die Stenose überwunden und die Harnröhre in ihrem proximalen Verlauf sowie die Blase ausgespiegelt. Anschließend erfolgt die Urethrotomie: Das Messer wird proximal der Läsion angesetzt und nach distal bei 12 Uhr gespalten (⊡ Abb. 6.8). Schneiden ist prinzipiell prograd oder retrograd möglich. Grundsätzlich ist die vorherige Einlage eines Ureterkatheters (UK) und Schneiden entlang der Leitschiene empfohlen. Vorsichtiges Absenken des Instrumentes kann den Schnitt vertiefen und die Effektivität steigern. Tipp
Der Schnitt kann in der gesamten Harnröhre bei 12 h erfolgen, bei bulbären Strikturen ist ein Schnitt bei 4 h und 8 h erlaubt.
! Cave ⊡ Abb. 6.7. Durchziehen des Messers mit Schnitt bei 12 Uhr
Tipp
Beim Mann sollte das Instrument vorsichtig bei nach oben gerichtetem oder am Bauch anliegendem Penis zugeführt werden, damit eine transsphinktäre Lage des Instrumentes vermieden wird.
⊡ Abb. 6.8. Schlitzung der Harnröhrenstriktur im bulbären Bereich durch Urethrotomia interna
Bei sphinkternaher Striktur ist besondere Vorsicht geboten. Es empfiehlt sich, nur die in das Lumen hineinragende Enge aufzuschneiden und das Lumen der Hanröhre nicht zu überschreiten.
Bei hochgradigen, mit dem Gerät nicht überwindbaren Strikturen wird die Einlage eines Ureterkatheters (5 Charr) oder eines Drahtes als sog. »guide wire« über das Instrument bis in die Blase empfohlen. Dies erleichtert die Orientierung und minimiert Komplikationen wie Viae falsae und Perforationen der Harnröhre (⊡ Abb. 6.9–6.12).
45 6.3 · Durchführung der Urethrotomia interna
⊡ Abb. 6.9. Harnröhrenstriktur bulbär
⊡ Abb. 6.10. Vorlegen eines 5-Charr-Harnleiterkatheters (UK) durch die Striktur
⊡ Abb. 6.11. Schneiden der Striktur bei 12 Uhr entlang des Harnleiterkatheters
Tipp
Wird die Urethrotomie in Lokalanästhesie durchgeführt (2% Lidocaingel), so ist die Einlage eines Ureterkatheters hilfreich, da sich das Gel entlang des Ureterkatheters verteilt.
6.3.3 Urethrotomie bei der Frau
⊡ Abb. 6.12. Prinzip der Sichturethrotomie einer narbigen Blasenhalsstenose
Bei einer Meatusstenose sollte eine Meatoplastik in Lokalanästhesie durchgeführt werden. Eine Urethrotomia interna mit dem Otis-Urethrotom ist wegen potentieller Sphinkterverletzung gefährlich und sollte nicht durchgeführt werden.
6
46
Kapitel 6 · Endoskopische Behandlung von Harnröhrenstrikturen
6.4
6
Postoperatives Vorgehen
Tipps
Es wird folgendes Vorgehen empfohlen: 5 Zurückziehen des Urethrotoms in das Harnröhrenlumen und Sondierung mit einem gebogenen 5-Charr-Ureterkatheter entlang der nicht perforierten Seite der Harnröhre. 5 Gabe von Methylenblau i.v. oder bei voller Blase durch suprapubische Punktion. Patienten zur Miktion auffordern oder Crede-Handgriff. Bei Miktion Sondieren der Harnröhre mit Ureterkatheter. 5 Wenn retrograde Sondierung nicht möglich ist: suprapubische Punktion und Aufbougierung des Stichkanals. 5 Meist endoskopische Darstellung des Blasenhalses und antegrades Vorschieben eines Drahtes (»Durchzugsschiene«). 5 Retrograde Einlage eines Dauerkatheters über die Schiene.
Unmittelbar postinterventionell wird transurethral ein Silikonkatheter eingelegt. Sofern es intraoperativ nicht zu einer Perforation der Harnröhre gekommen ist, kann der Katheter problemlos nach 1–3 Tagen entfernt werden. Den Katheter längere Zeit (z. B. 3 Wochen) zu belassen wird nicht empfohlen. Die Instillation von antiseptischen und ggf. kortisonhaltigen Emulsionen kann sinnvoll sein. Um die Haftung der Emulsion am Gewebe zu verbessern, sollte die Applikation postmiktionell erfolgen. Eine hydraulische Selbstbougierung (Zukneifen des Meatus während der Miktion) sollte nicht durchgeführt werden, da der Wundheilungsprozess durch wiederholtes Aufreißen des Urothels gestört und die Striktur höhergradig werden kann.
6.5
Komplikationen der Urethrotomia interna
Perioperative Komplikationen wie Blutungen, Infektionen oder Einschwemmung sind insgesamt selten. 4 Blutungen bei der Otis-Urethrotomie werden in der Regel durch Kathetereinlage und Anlage eines Peniskompressionsverbandes (»Wickeln über dem eingelegten Katheter«) beherrscht. Bei nicht kontrollierbaren oder im Rahmen der Sachse-Urethrotomie auftretenden Blutungen kann gezielt transurethral endoskopisch koaguliert werden. Hier kann z. B. der 2. Arbeitskanal des Sachse-Urethrotoms genutzt werden, über den dann eine Koagulationssonde eingeführt wird. 4 Infektionen: Perioperative Wundinfektionen sollten testgerecht antibiotisch behandelt werden. 4 Einschwemmung von Spülflüssigkeit kann bei der SachseUrethrotomie auftreten. Lokale Einschwemmungen führen zu Penis- und Skrotalödemen, die durch Hochlagerung behandelt werden. 4 Perforationen und Viae falsae: Perforationen treten v. a. bei von der 12-Uhr-Postition abweichender Schnittführung auf und können mit Verletzungen von Corpus spongiosum und cavernosum einhergehen. Wird beim Schneiden eine Via falsa gelegt (keinen Ureterkatheter eingelegt!), so ist ein Zurückfinden in das Harnröhrenlumen gelegentlich schwierig, da sich das Lumen deckelförmig verschließen kann und der präformierte Weg im Corpus spongiosum immer wieder beschritten wird.
4 Schließmuskelverletzungen: Bei Strikturen im Sphinkterbereich nur oberflächliches Schneiden. Besser ist Aufbougieren. 4 Erektionsstörungen (1,5–10,6%): Es besteht eine enge örtliche Beziehung zwischen Harnröhre und den kavernösen Nerven. Im Bereich der proximalen bulbären Harnröhre kommen sie bei 1 und 11 Uhr in Steinschnittlage an der Urethra zu liegen und verzweigen sich distal davon in den Corpora cavernosa. Mögliche Ursachen einer Erektionsstörung sind eine direkte Schädigung der kavernösen Nerven durch die Operation, die Extravasation von Spülflüssigkeit und Urin mit konsekutiver Infektion oder eine Shuntbildung zwischen Corpora cavernosa und spongiosum. Patienten mit langstreckigen oder multiplen Strikturen sowie Patienten mit Strikturen in der Pars pendulans der Urethra sind gefährdet [4].
6.6
Ergebnisse der Urethrotomia interna
Abhängig von der Ausdehnung der vorhandenen Spongiofibrose wird die Erfolgsrate der Urethrotomie mit 56–95% angegeben. Das Ergebnis einer Urethrotomie ist v. a. abhängig von dem nachbeobachteten Zeitintervall: Bei objektiver Bewertung des postoperativen Peak-flow-Wertes in der Harnstrahlmessung sind nach 6 Monaten 81–85% der behandelten Patienten rezidivfrei, jedoch nach 60 Monaten nur noch 26–32% der Patienten. Heute geht man davon aus, dass gut die Hälfte aller Rezidive innerhalb des 1. postoperativen Jahres auftritt, ¼ aller Rezidive im 2., 10% im 3. und weitere 10% nach dem 3. Jahr [5]. Einfluss auf die Erfolgsrate der Urethrotomie hat auch die Lokalisation der Striktur, sie liegt bei bulbären mehr als
47 6.7 · Alternative operative Therapiemöglichkeiten der Harnröhrenstriktur
doppelt so hoch wie bei penilen Strikturen (44% vs. 16% nach 98 Monaten). Signifikant unterschiedliche Erfolgsquoten bei bulbären Urethralstenosen werden berichtet in Abhängigkeit von der Länge der Striktur (71% vs. 18% bei einer Länge von <1 cm oder >1 cm bei einem Nachbeobachtungszeitraum von 98 Monaten), der Anzahl der Strikturen (multiple Strikuren 16%, eine Striktur 50%), dem Durchmesser der Striktur (>15 Charr 69%, <15 Charr 34%) und von der Anzahl der bereits vorangegangenen Rezidive [6].
6.7
Alternative operative Therapiemöglichkeiten der Harnröhrenstriktur
6.7.1 Harnröhrenbougierung
Die urethrale Dilatation (Bougierung) stellt selten eine endgültige Behandlung der Harnröhrenstriktur dar und ist kontraindiziert bei schwereren ringförmigen Stenosen mit ausgeprägter Spongiosafibrose, bei rezidivierenden, posttraumatischen, längerstreckigen Läsionen sowie Viae falsae, Fisteln, Divertikeln und Harnröhrensteinen. Bei kurzstreckigen Strikturen, die bei gesundem spongiösen Gewebe lediglich Mukosa und Submuskosa betreffen, kann hingegen eine Dilatation erfolgreich sein. Dies wird durch progressive Dehnung der Striktur erreicht, d. h. die Dilatation wird durch Einführung von Urethalbougies ansteigenden Kalibers durchgeführt. Während penile Strikturen besser mit Kathetern gedehnt werden, erfordern bulbäre und membranöse Strikturen meist Metallsonden. Schmale Bougies können leichter eine Via falsa hervorrufen als breitere. Insgesamt ist es wichtig, das traumatische Einreißen der urethralen Mukosa zu vermeiden, was sonst zu einer zusätzlichen Fibrosierung des die Harnröhre umgebenden spongiösen Gewebes führen würde. Bougierungen sollten einen Durchmesser von 18–20 Charr nicht überschreiten. Meist werden mehrere aufeinander folgende Behandlungen benötigt, um eine Verletzung der Harnröhre zu vermeiden. Während der ersten Passage eines Bougies gilt es, die Drehrichtung in den einzelnen Partien der Striktur im Gedächtnis zu behalten, damit man beim Einführen der nächst größeren Bougie diese Drehungen erneut durchführen kann. Meist kommen heute weiche Bougies mit TiemannSpitze zum Einsatz. Diese haben gegenüber soliden geraden Bougies den Vorteil, dass die Spitze gedreht und so der Eingang in die Engstelle leichter gefunden werden kann. Außerdem können sie im Bedarfsfall als Dauerkatheter für einen oder mehrere Tage in der Harnröhre belassen werden, um diese mild aufzudehen. Insgesamt liegen bei der Harnröhrendilatation die Rezidivraten über denen bei konventioneller Urethrotomie (bis zu 16%), sodass diese Technik v. a. bei älteren oder nicht operablen Patienten Anwendung finden sollte.
Tipps
Bei Harnröhrenbougierung: Gewaltfreies Vorgehen zur Vorbeugung unkontrolliert auftretender Läsionen und Blutungen. Bei höhergradigen oder unnachgiebigen Strikturen ist zur Vermeidung tiefgehender Läsionen und damit steigendem Rezidivrisiko die sequenzielle progressive Dilatation in mehreren Sitzungen indiziert. Eine gute Lokalänasthesie sowie Lubrikation erhöht die Erfolgsrate und verringert die Beschwerden des Patienten. Bei dammnahen Strikturen hilft u. U. ein Entgegendrücken des Dammes von außen, um den Weg durch die Striktur sicherer zu finden.
6.7.2 Endoskopische Behandlung
des kompletten Harnröhrenverschlusses Mittels »Cut-to-the-light-« oder »Core-through-Verfahren« kann alternativ zu offen-chirurgischen Verfahren beim kompletten Harnröhrenverschluss die Kontinuität der Harnröhre wieder hergestellt werden. Dies ist möglich für Verschlusslängen von bis zu 3 cm, da mit zunehmender Länge das Risiko von Blutung, Inkontinenz und Verletzung des Rektums zunimmt. Zunächst wird ein suprapubischer Zugang aufdilatiert und ein flexibles Zystoskop durch den Blasenhals vor dem proximalen Ende der Enge platziert. Ein starres Zystoskop mit einer 0°-Optik wird transurethral vor das distale Ende der Striktur geschoben. Das Licht des transurethralen Zystoskopes wird ausgeschaltet, sodass das Licht aus dem flexiblen Zystoskop dann transurethral durch das Narbengewebe hindurch gesehen werden kann (Cut-tothe-light-Technik). Alternativ zum Zystoskop kann beim Core-through-Verfahren auch ein Metalldilatator benutzt werden, um eine Ausbuchtung zu bewirken. Unter radiologischer Durchleuchtung wird ein Urethrotomiemesser dann durch das Narbengewebe in Richtung des Lichts (»cut to the light«) oder in Richtung der Ausbeulung (»core through«) vorgeschoben. Sobald die Verbindung zwischen Blase und Harnröhre wiederhergestellt ist, wird ein Führungsdraht über die Enge geschoben und anschließend eine Resektion oder Dilatation des Narbengewebes durchgeführt. Komplikationen dieses Eingriffes sind Verletzungen des äußeren Schließmuskels (Inkontinenzraten je nach Publikation bis zu 40%), Erektionsstörungen (17%) und Rezidivstenosen (25%). Bei rezidivierend auftretender Enge sollte eine offene Harnröhrenplastik erwogen werden [7]. Weitere alternative Therapiemöglichkeiten sind in ⊡ Tabelle 6.1 zusammengefasst.
6
48
Kapitel 6 · Endoskopische Behandlung von Harnröhrenstrikturen
⊡ Tabelle 6.1. Alternative Therapiemöglichkeiten des kompletten Harnröhrenverschlusses
Methode
Indikation
Vorteile
Nachteile
Fazit
Ballondilatation
Kurzstreckige Engen nach radikaler Probeexzision
Wenig traumatisch, ambulant
Hohe Rezidivrate, teuer
Ungünstiges KostenNutzen-Verhältnis
Laserurethrotomie
Kurzstreckige Engen
Wenig Gewebetraumatisierung
Teuer
Ungünstiges KostenNutzen-Verhältnis
Endourethroplastik (freie Hautplastik auf Katheter)
Rezidivierende Strikturen
Wenig invasiv
Selten Angehen des freien Hautlappens
Obsolet
Stent
Rezidivierende Strikturen, kurzstreckige Engen nach radikaler Probeexzision
Einfach
Migration, Abkippen des Stents, 50% Durchwachsen mit hyperplastischem Gewebe, Schmerzen bei Erektion, fast unmöglich endoskopisch wieder zu entfernen Nachträufeln
Sehr seltene Indikation
6
Literatur 1. Sökeland, J., Schulze, H., Rübben, H. Urologie: Verstehen – Lernen – Anwenden, 12. Aufl. Stuttgart New York: Georg Thieme Verlag (2001) 2. Pavlica, P ., Barozzi, L., Menchi, I. Imaging of male urethra. Eur Radiol, 13: 1583-1596 (2003) 3. Sachse, H., Tiefel, W., Sachse, L. Causes and prevention of complications in transurethral interventions. Interventions in the urethra. Urologe A, 24: 189-194 (1985) 4. Schneider, T., Sperling, H., Lummen, G., Rubben, H. Urethrotomiea interna nach Sachse. Ist die erektile Dysfunktion eine mögliche Komplikation? Urologe A, 40: 38-41 (2001) 5. Pansadoro, V. and Emiliozzi, P. Die Urethrotomie interna. Urologe A, 37: 21-24 (1998) 6. Pansadoro, V. and Emiliozzi, P. Internal urethrotomy in the management of anterior urethral strictures: long-term followup. J Urol, 156: 73-75 (1996) 7. Niesel, T., Moore, R.G., Hofmann, R., Kavoussi, L.R. Alternative endourologic methods for treatment of urethral stricture. Urologe A, 37: 56-65 (1998) 8. Klammert, R., Schneede, P., Kriegmair, M. Laser treatment of urethral strictures. Urologe A, 33: 295-298 (1994) 9. Dogra, P.N., Nabi, G. Neodymium-YAG laser core through urethrotomy in obliterative posttraumatic urethral strictures after failed initial urethroplasty. Urol Int, 68: 265-267 (2002) 10. Milroy, E. Stents in der Therapie von Harnröhrenstrikturen. Urologe A, 37: 51-55 (1998)
7 Transurethrale Resektion (TURP) und transurethrale Inzision (TUIP) der Prostata R. Hofmann, mit Beiträgen von A. Elert und S. Wille
7.1
Indikationen zur Operation – 50
7.1.1
Benignes Prostatasyndrom
– 50
7.2
Präoperative Diagnostik und perioperatives Vorgehen – 51
7.2.1 7.2.2 7.2.3
Präoperative Diagnostik – 51 Perioperative Antibiotikagabe – 55 Vorbereitung und Lagerung des Patienten
7.3
Durchführung der transurethralen Resektion der Prostata (TURP) – 56
7.3.1 7.3.2 7.3.3 7.3.4 7.3.5 7.3.6 7.3.7 7.3.8 7.3.9 7.3.10
Einführen des Resektionsschaftes – 56 Inspektion der Blase und Prostata – 56 Hydraulischer Sphinktertest – 56 Haltung des Instrumentes bei Direktsicht – 57 Regulierung des Spülwassers – 58 Gewebeerkennung als Voraussetzung zur Resektion – 59 Resektion der Prostata – 60 Entleerung des Spülwassers und der Resektionsstücke – 67 Blutstillung – 71 Einlegen des Dauerkatheters – 73
– 55
7.4
Komplikationen der transurethralen Resektion der Prostata – 75
7.4.1 7.4.2 7.4.3
Intraoperative Komplikationen – 75 Postoperative Komplikationen – 79 Spätkomplikationen nach TUR – 81
7.5
Modifikationen der transurethralen Resektion der Prostata – 82
7.5.1 7.5.2
Transurethrale Elektrovaporisation der Prostata – 82 Transurethrale Resektion der Ductus ejakulatorius – 82
7.6
Transurethrale Inzision der Prostata (TUIP) – 82
7.7
Ergebnisse der TURP, TUIP und der offenen Adenomenukleation – 83 Literatur – 84
50
Kapitel 7 · Transurethrale Resektion (TURP) und transurethrale Inzision (TUIP) der Prostata
7.1
Indikationen zur Operation
7.1.1
Benignes Prostatasyndrom
–
Dilatation des oberen Harntraktes, eingeschränkte Nierenfunktion, Niereninsuffizienz – Blasensteine – Restharn über 100 ml oder steigender Restharn unter medikamentöser Therapie Relative Operationsindikation – Wunsch des Patienten, der durch zunehmende Beschwerden belastet ist [3].
Indikation zum operativen Vorgehen
7
Indikation zur Therapie sind obstruktive und irritative Beschwerden, die zu einer Einschränkung der Lebensqualität des Patienten führen. 1989 wurde von der American Urological Association ein Guideline Panel for Diagnosis and Management of Benign Prostatic Hyperplasia gegründet. Ein Symptomenscore wurde mit Hilfe eines Fragebogens entwickelt (AUA-7-Symptom-Index) [1]. Bei geringen Beschwerden (IPSS<7) soll keine Therapie erfolgen. Kommt es zur Zunahme der Beschwerden, kann Therapie notwendig werden. Patienten mit moderaten (IPSS 8–19) und schweren Symptomen (IPSS 20–35) sollen therapiert werden (Übersicht) [2].
Operationsindikationen beim benignen Prostatasyndrom Absolute Operationsindikationen – Rezidivierende Harnwegsinfektionen – Konservativ nicht beherrschbare Makrohämaturie – Rezidivierender Harnverhalt
▼
Differenzialindikation der TURP, der TUIP und der offenen Adenektomie Die Grenze der transurethralen Resektionsfähigkeit eines Adenoms wird dadurch festgelegt, wie gut und sicher der Operateur transurethral resezieren kann. Im Allgemeinen wird bis zu einem Resektionsgewicht von 60–80 g transurethral vorgegangen und bei größeren Adenomen die offene Adenomektomie angestrebt. Diese Grenzen können jedoch sowohl nach unten (bis 60 g transurethral) als auch nach oben (bis etwa 100 g transurethral) variieren. Die »1-h-Grenze« für die Operationszeit ist willkürlich gewählt und resultiert aus der Erfahrung, dass mit zunehmender Operationszeit die Gefahr von stärkeren Blutungen durch Eröffnung von Venensinus, einer Kapselperforationen oder einer intravasalen Einschwemmung zunimmt. Bei konsequenter Orientierung durch gute Übersicht, ausreichende Blutstillung und Vermeidung einer Einschwem-
⊡ Tabelle 7.1. Operationsstrategie bei benigner Prostatahyperplasie und weiteren urologischen Befunden
Benignes Prostatasyndrom und
Empfohlenes Vorgehen
Divertikel
Zuerst TURP, bei bestehendem Restharn: offen-chirurgische Abtragung des Divertikels, bei engem Divertikelhals Kerbung des Divertikelhalses vor der TURP in gleicher Sitzung, Bei Vorliegen eines großen Divertikels und Adenomgewicht über 60–70 g suprapubische Adenomektomie
Dilatation der oberen Harnwege
Suprapubische Punktionsfistel bis zur Normalisierung der Retentionswerte oder bis zum Erreichen einer kompensierten Niereninsuffizienz (2–4 Wochen), dann TURP, bei Restharn nach TURP: Belassen des suprapubischen Katheters bis zur Rekompensation der Blase
Kleine Blasentumoren
Resektion vor der TURP in gleicher Sitzung, tiefe Resektion bei TURB vermeiden (Cave: Dissektion der Blasenwand)
Größere Blasentumoren
Resektion der Blasentumoren, TURP später in 2. Sitzung
Blasensteine bis 3 cm Durchmesser
Blasensteindisintegration, dann TURP
Blasensteine über 3 cm Durchmesser, kleines Adenom (<60 g)
Sectio alta, später TURP
Blasensteine über 3 cm Durchmesser, großes Adenom (>60–80 g)
Sectio alta, suprapubische Adenomektomie
Leistenhernie
In gleicher Narkose zuerst Operation der Hernie (Sterilität!), dann TURP, im Fall eines zweizeitigen Vorgehens zuerst TURP (Vermeidung einer Rezidivhernie durch Pressen bei der Miktion)
51 7.2 · Präoperative Diagnostik und perioperatives Vorgehen
⊡ Tabelle 7.2. TURP bei Vorliegen häufiger Grundkrankheiten
Benignes Prostatasyndrom und
Bewertung
Schwere Ankylose eines oder beider Hüftgelenke
Je nach Schweregrad Kontraindikation für TURP, präoperative Probelagerung, evtl. TURP »unterhalb« der Beine
Herzschrittmacher
Keine Kontraindikation
Diabetes mellitus, M. Parkinson
Keine Kontraindikation zur Operation: vorangehende urodynamische Untersuchung der Obstruktion
Erhebliche Zerebralsklerose, Debilität oder schwere Psychose
Abolute Kontraindikation (Cave: Durchgangssyndrom, postoperative Inkontinenz)
⊡ Tabelle 7.3. Weitere Indikationen zur TURP
Indikation
Bewertung
Chronische Prostatitis ohne Obstruktion
Sinnvoll nur bei bakterieller Entzündung, wenig Besserung bei TURP der Prostatodynie
Prostataabszess
Primäre TURP, wenn harnröhrennah gelegen (TRUS), rektal palpable Fluktuation: perineale Eröffnung mit Tru-cut-Nadel, später evtl. TURP der chronischen Prostatitis
Lokalisiertes Prostatakarzinom
Nur mit palliativer Zielsetzung (Cave: postoperative Inkontinenz, starrer Sphinkter, Pseudokontinenz durch Obstruktion)
mung durch Eröffnung großer Venen kann die Operationsdauer auch deutlich länger als 1 h dauern. Erfahrene Operateure resezieren etwa 1–1,2 g/min Prostatagewebe, sodass auch größere Adenome in 1 h operierbar sind. Für kleine Adenome mit einem Adenomgewicht von maximal 20 g kommt als Alternative zur TURP die transurethrale Inzision der Prostata (TUIP) in Frage. Operationsstrategien bei Vorliegen von weiteren urologischen Befunden und häufigen Grundkrankheiten sind in den ⊡ Tabellen 7.1 und 7.2 zusammengefasst. Weitere Indikationen zur TURP zeigt ⊡ Tabelle 7.3.
7.2
Präoperative Diagnostik und perioperatives Vorgehen
7.2.1
Präoperative Diagnostik
Standarddiagnostik Die präoperative Standarddiagnostik umfasst [4]: ▬ Genaue Anamnese einschließlich Medikamentenanamnese (Anticholinergika, Psychopharmaka), Anamnese der Miktionssymptomatik (Symptomenscore wie IPSS) sowie Feststellung von Begleiterkrankungen (M. Parkinson, Diabetes mellitus, Apoplex etc.). ▬ Digital-rektale Untersuchung (DRU) als einfache und den Patienten wenig belastende Methode zur groben Abschätzung der Größe und Dignität.
▬ Transrektaler Ultraschall (TRUS) zur Bestimmung der Adenomgröße und der Gesamtgröße der Prostata ( unten). ▬ Ein transabdomaler Ultraschall ist für die exakte Größenbestimmung der Prostata ungeeignet, jedoch zur Abklärung des oberen Harntraktes und des Restharns ist ein Abdomenultraschall indiziert. ▬ Laboruntersuchungen: Harnstoff und Kreatinin im Serum, Urinstatus und Urinsediment sowie PSA ab dem 45. Lebensjahr. Nur in speziellen Situationen sind erforderlich: ▬ Zystoskopie zur Entscheidung zwischen TURP oder TUIP, wenn durch digital-rektale Untersuchung und TRUS die Größe der Prostata und ihre Konfiguratation nicht abschätzbar sind. ▬ Infusionsurogramm (IVP) bei Patienten mit Hämaturie, rezidivierenden Harnwegsinfekten, vorausgegangener Chirurgie am Harntrakt oder Harnsteinen. ▬ Miktionszysturethrogramm (MCU) zur Abklärung bei neurogener Blasenentleerungsstörung, Refluxabklärung oder Harnröhrenstenosen. ▬ Urodynamische Untersuchung (s. unten) und Miktionsprotokoll bei unklarer Miktionssymptomatik, Detrusorinsuffizienz und neurologischen Begleiterkrankungen. ▬ Ein Urethrozystogramm (UCG) ist unnötig und kann durch Manipulation an der Harnröhre zu Läsionen und Strikturen führen.
7
52
Kapitel 7 · Transurethrale Resektion (TURP) und transurethrale Inzision (TUIP) der Prostata
Transrektaler Ultraschall (TRUS) der Prostata (Größenbestimmung)
A. Elert Die Vorteile der Größenbestimmung durch TRUS sind vielfältig: Durch den TRUS ist es möglich, die zonale Anatomie der Prostata genau darzustellen und etwaige Veränderungen dieser zuzuordnen (⊡ Abb. 7.1). Bei der benignen Prostatahyperplasie (BPH) erlaubt der TRUS eine exakte Ausmessung sowohl des gesamten Organs als auch der Transitionalzone (T-Zone), von der die BPH ausgeht. Eine exakte und verlässliche Gewichtsbestimmung ist notwendig, um die Indikation für ein transurethrales oder offen-chirurgisch transvesikales Vorgehen zu stellen (Grossfeld u. Coakley 2000).
7
Methoden zur Größenbestimmung der Prostata durch TRUS ▬ Drei-Dimensionen-Methode Diese Methode ist am weitesten verbreitet und in ihrer Anwendung einfach und ausreichend genau. Im TRUS wird der Transversalschnitt mit dem größten Transversaldurchmesser eingestellt und nun jeweils der größte laterolaterale und der größte dorsoventrale Durchmesser der Prostata bestimmt. Es wird in die größte Sagittalebene gewechselt und hier der kraniokaudale Durchmesser bestimmt (⊡ Abb. 7.2). Das Volumen der Prostata, das an ein Ellipsoid angenähert ist, errechnet sich nach der Formel 0,52×d1×d2×d3, wobei d den jeweils größten Durchmesser für jede Dimension angibt. In Ultraschallgeräten der neueren Generation wird diese Berechnung automatisch durchgeführt. Anschließend wird durch gleiches Vorgehen die T-Zone ausgemessen. Diese lässt sich im TRUS in der Regel als symmetrische, rundliche und etwas echoreichere Formation identifizieren, deren Grenze zur peripheren Zone durch einen echoarmen Saum markiert wird (⊡ Abb. 7.3; Aus et al. 1994; Alkan et al. 1996). Da das spezifische Gewicht der Prostata etwa 1,05 g/ml beträgt, kann aus dem Volumen das Gewicht berechnet werden. Tipps
Die T-Zone lässt sich nicht eindeutig von der peripheren Zone abgrenzen, und die Ausmessung bereitet daher Probleme – Optimieren der Kontraste und des Fokus sowie ggf. Wechsel der Frequenz am Ultraschallgerät. – Einstellung der einzelnen Schnittebenen und Berechnung der Diameter 2- bis 3-mal wiederholen und die Mittelwerte zur Berechnung heranziehen.
a
b ⊡ Abb. 7.1a, b. Zonale Anatomie der Prostata nach McNeal. Sagittale (a) und transversale (b) Darstellung
▬ Planimetrische Volumetrie Bei dieser Methode wird der transrektale Ultraschallkopf an einem Stativ befestigt und beginnend am Apex prostatae in 5-mm-Schritten zur Basis hin vorgeschoben, wobei jeweils durch ein Markierungssystem die Kontur der Prostata im Transversalschnitt umfahren und die berechnete Fläche gespeichert wird. Abschließend berechnet ein Programm aus den addierten Flächen das Volumen. Diese Methode stellt die exakteste, allerdings auch technisch und zeitlich aufwändigste Methode dar und wird daher im klinischen Alltag kaum angewendet. ▬ Rotationsellipsoidmethode Hierbei wird im Transversalschnitt die ventrale und dorsale Begrenzung der Prostata elektronisch markiert und ein Rotationsellipsoid eingeblendet, das solange in seiner Ausdehnung verändert wird, bis es sich mit der Kontur der Prostata deckt. Anschließend errechnet ein
53 7.2 · Präoperative Diagnostik und perioperatives Vorgehen
⊡ Abb. 7.2. Ausmessung der 3 größten Durchmesser in der Transversal- (links) und Sagitalebene (rechts)
Urodynamik beim benignen Prostatasyndrom (BPS)
S. Wille
⊡ Abb. 7.3. Darstellung der T-Zone in der Transversalebene
Programm das Volumen. Dieses Verfahren ist einfach und schnell anwendbar, jedoch ungenau, bedingt durch die Ausmessung in nur 2 Dimensionen.
Literatur zum Abschn. Transrektaler Ultraschall (TRUS) der Prostata (Größenbestimmung) Alkan I, Turkeri L, Biren T, Cevik I, Akdas A (1996) Volume determinations by transrectal ultrasonography in patients with benign prostatic hyperplasia: correlation with removed prostate weight. Int Urol Nephrol 28 (4): 517–523 Aus G, Bergdahl S, Hugosson J, Norlen L (1994) Volume determinations of the whole prostate and of adenomas by transrectal ultrasound in patients with clinically benign prostatic hyperplasia: correlation of resected weight, blood loss and duration of operation. Br J Urol 73 (6): 659–663 Grossfeld GD, Coakley FV (2000) Benign prostatic hyperplasia: clinical overview and value of diagnostic imaging. Radiol Clin North Am 38 (1): 31–47
Gemäß den Leitlinien der Deutschen Urologen wird der alte Terminus »benigne Prostatahyperplasie« (BPH) durch die Bezeichnung »benignes Prostatasyndrom« (BPS) ersetzt, da der Begriff BPH ausschließlich eine histologische Diagnose beinhaltet. Ein Patient präsentiert sich mit Symptomen des unteren Harntraktes, die in Anlehnung an den angloamerikanischen Sprachraum als »lower urinary tract symptoms« (LUTS) bezeichnet werden und obstruktiv oder irritativ sind. LUTS können – müssen aber nicht – mit einer benignen Prostatavergrößerung (»benign prostatic enlargement«; BPE) oder einer Blasenauslassobstruktion (»bladder outlet obstruction«; BOO) und vice versa vergesellschaftet sein. Wegen der variablen Wechselbeziehungen zwischen LUTS, BPE und BOO wurde der Überbegriff BPS definiert.
Urodynamische Untersuchungen ▬ Uroflowmetrie Zu den urodynamischen Untersuchungen beim BPS zählen die Uroflowmetrie und die Druckflussmessung (»pressure-flow-study«). In Deutschland ist die Uroflowmetrie als primäres Diagnostikum unverzichtbar, während die Leitlinien der American Association of Urology (AUA) diese nur als optional ansehen. Die Uroflowmetrie gibt wertvolle Informationen über Miktionsvolumen sowie maximalem und durchschnittlichen Harnfluss. Von großer Wichtigkeit ist aber auch der eigentliche Verlauf der Harnflusskurve, der Hinweise auf das Vorliegen einer obstruktiven Blasenentleerungsstörung (⊡ Abb. 7.4) oder einer Harnröhrenstriktur gibt
7
54
Kapitel 7 · Transurethrale Resektion (TURP) und transurethrale Inzision (TUIP) der Prostata
⊡ Abb. 7.4. Uroflowmetrie bei obstruktiver Blasenentleerungsstörung. Typisch ist der verzögerte Anstieg, der verminderte maximale Flow und die glockenförmige Kurve bei verlängerter Miktionszeit
7
⊡ Abb. 7.5. Uroflowmetrie bei Harnröhrenstriktur. Typisch ist der schnelle Anstieg, die Plateauphase und verlängerte Miktionszeit
(⊡ Abb. 7.5). Für eine aussagekräftige Uroflowmetrie sollte das Miktionsvolumen mindestens 150 ml betragen. Die Vorteile der Uroflowmetrie bestehen in der einfachen und schnellen Durchführbarkeit. Allerdings kann die Uroflowmetrie nicht sicher bei reduziertem maximalem Harnfluss zwischen Obstruktion oder hypokontraktilem Detrusor unterscheiden. Des Weiteren schließt eine normale Uroflowmetrie eine Obstruktion nicht aus (sog. High-flow-Obstruktion). Die Sensitivität des maximalen Harnflusses zum Nachweis einer Obstruktion liegt bei einem Wert von <15 ml/s um 80% und bei einem Wert von <10 ml/s um 50%. ! Cave Durch die Uroflowmetrie allein kann eine Obstruktion nicht sicher bestimmt werden.
▬ Druck-Fluss-Studie Bei unklarer Diagnosestellung sollte eine urodynamische Abklärung im Sinne einer Druck-Fluss-Studie
(»pressure-flow-study«) durchgeführt werden. Mit der Druck-Fluss-Studie kann die Kontraktilität des Detrusors und der Grad einer Obstruktion beurteilt werden (Abrams u. Griffiths 1979; Schäfer 1995). Die Beurteilung der Kontraktilität des Detrusors ist besonders bei neurologischen Begleiterkrankungen (diabetische Neuropathie, M. Parkinson etc.) sinnvoll, um z. B. den Therapieerfolg einer TURP abschätzen und eine adaptierte Patientenaufklärung vornehmen zu können. In diesem Zusammenhang wird deutlich, dass ein schwacher Uroflow auf einen durch eine diabetische Neuropathie bedingten, hypokontraktilen Detrusor und nicht auf eine obstruierende Prostata zurückgeführt werden kann (Höfner et al. 1995). Die obstruktive Miktion kann nur durch eine DruckFluss-Studie bestimmt werden. Die Durchführung der Druck-Fluss-Studie wurde standardisiert und erfordert das simultane Aufzeichnen von Abdominal- und Intravesikaldruck sowie des Harnflusses. Der Detrusordruck beim maximalen Harnfluss (pdet at Qmax) defi-
55 7.2 · Präoperative Diagnostik und perioperatives Vorgehen
–
Lage der Messkatheter während der gesamten Messung zu achten. Während der Messung sollte durch Hustenstöße die einwandfreie Druckübertragung geprüft werden. Die Füllung der Blase wird beendet, wenn der Patient einen starken Harndrang verspürt. Danach wird der Patient zur Miktion aufgefordert. Anhand der simultan aufgezeichneten Druck-Fluss-Kurve kann das Vorliegen einer Obstruktion oder einer Detrusorschwäche bestimmt werden.
Literatur zum Abschn. Urodynamik beim benignen Prostatasyndrom (BPS) ⊡ Abb. 7.6. Nomogramm zur Klassifikation nach ICS (International Continence Society; Griffiths et al. 1997)
niert den Grad der Obstruktion. Die Klassifikation der Obstruktion kann mit Nomogrammen vorgenommen werden. Zu den etablierten Nomogrammen zählen u. a. das Schäfer-Nomogramm, das Abrams-and-GriffithsNomogramm, die Chess-Klassifikation und das ICSNomogramm. Von der International Continence Society (ICS) wird das ICS-Nomogramm empfohlen, um klinische Studien durch eine methodische Standardisierung besser vergleichen zu können (⊡ Abb. 7.6). Beim ICS-Nomogramm wird auf der x-Achse der maximale Harnfluss (ml/s) und auf der y-Achse der dem maximalen Harnfluss entsprechende Detrusordruck (cm H2O) eingetragen. Werden beide Punkte senkrecht zu ihren Achsen miteinander verbunden, entsteht ein Schnittpunkt, der entweder im Feld »obstruktiv«, »Grauzone« oder »nicht obstruktiv« liegt (Griffiths et al. 1997). Durchführung der Druck-Fluss-Studie – Nach sorgfältiger Desinfektion des Meatus urethrae und Instillation von etwas Gleitmittel (ohne Anästhetikum!) in die Harnröhre wird ein kleinlumiger Messkatheter in die Blase eingeführt. Der Messkatheter wird mit einem Klebestreifen an der Eichel fixiert, damit er während der Miktion nicht dislozieren kann. Die Blase sollte zuvor entweder durch Miktion oder durch einen Einmalkatheterismus vollständig entleert worden sein. Sodann wird ein rektaler Messkatheter eingelegt. – Beide Katheter werden mit der Messeinheit verbunden. Zusätzlich wird der Füllschlauch an das 2. Lumen des Messkatheters angebracht. Der Patient wird dann vorsichtig in die stehende Position gebracht. Nun wird die urodynamische Messung gestartet. Anschließend erfolgt das langsame Auffüllen der Blase mit einer NaCl-Lösung. Es ist unbedingt auf einen sorgfältigen Nullabgleich, ein luftblasenfreies Füllen der Blase und auf die korrekte
Abrams PH, Griffiths DJ (1979) The assessment of prostatic obstruction from urodynamic measurements and from residual urine. Br J Urol 51: 129–134 Griffiths D, Hofner K, van Mastrigt R et al. (1997) Standardization of terminology of lower urinary tract function: pressure-flow studies of voiding, urethral resistance, and urethral obstruction. International Continence Society Subcommittee on Standardization of Terminology of Pressure-Flow Studies. Neurourol Urodyn 16: 1–18 Hofner KA, Kramer E, Tan HK et al. (1995)CHESS classification of bladderoutflow obstruction. A consequence in the discussion of current concepts.World J rol 13: 59–64 Schäfer W (1995) Analysis of bladder-outlet function with the linearized passive urethral resistance relation, linPURR, and a disease-specific approach for grading obstruction: from complex to simple. World J Urol 13: 47–58
7.2.2
Perioperative Antibiotikagabe
Harnwegsinfektionen werden bei 8–24% aller Patienten präoperativ gefunden und sollten vor der TURP therapiert werden. Perioperative Antibiotikagabe wird empfohlen durch Gabe von Cephalosporinen oder Trimethoprim-sulfamethoxazol [5, 6].
7.2.3
Vorbereitung und Lagerung des Patienten
Acetylsalicylsäurehaltige Präparate sollten 7 Tage und Metformin enthaltende Medikamente (Azidose) mindestens 2 Tage vor der TURP abgesetzt werden. Der Patient muss nicht rasiert werden und wird 5 min mit einer desinfizierenden Lösung abgewaschen. Der Patient wird in einer Lithotomieposition gelagert. Es ist darauf zu achten, dass das Gesäß bis zum Ende des Operationstisches vorgezogen wird und die Unterschenkel in den Fußhaltern gut abgepolstert werden. Ein O’Connor-Schild wird in das Rektum eingeführt und dient zur digitalen transrektalen Führung des transurethralen Katheters am Ende der TURP.
7
56
7
Kapitel 7 · Transurethrale Resektion (TURP) und transurethrale Inzision (TUIP) der Prostata
7.3
Durchführung der transurethralen Resektion der Prostata (TURP)
7.3.1
Einführen des Resektionsschaftes
Zunächst werden 4–5 ml eines gut gleitenden Gleitmittels in die Harnröhre eingeführt. Verstreichen des Gleitmittels mit dem Zeigefinger aus der vorderen Harnröhre nach hinten führt zum gleichmäßigen Auskleiden der Harnröhre. Es empfiehlt sich, auch den Schaft mit etwas Gleitmittel einzuschmieren. Ein 24-Charr-Schaft wird zunächst mit dem gut abschließenden Obturator in die vordere Harnröhre eingeführt. Gelingt dies nicht ohne Widerstand, muss der Meatus und die vordere Harnröhre mit dem OtisUrethrotom bis 30 Charr aufgeschnitten werden. Der Resektionsschaft muss ohne jeden Widerstand in der Harnröhre gleiten, da sonst postoperativ mit Harnröhrenstrikturen zu rechnen ist [7, 8]. Das Instrument sollte einige Zentimeter eingeführt sein, sodass dann der Wechsel des Obturators gegen die Optik möglich ist, ohne aus der Harnröhre wieder herauszugleiten. Das weitere Einführen des Instrumentes erfolgt unter Sicht, bevorzugt unter Videoendoskopie. Relative Harnröhrenengen, die nicht mit dem Schaft unter Sicht passierbar sind, sollten mit einer Urethrotomia interna bei 12 Uhr inzidiert werden [8]. Unter vollem Spülstrom wird das Instrument in der bulbären Harnröhre vorgeschoben und über den Beckenbodenbereich geführt. Unmittelbar präsphinktär kann es bei einigen Patienten zu einer relativen Verengung – hauptsächlich durch Zusammenschieben von Schleimhaut – kommen. ! Cave
Tipp
Der Kollikel dient als »Landmarke«, als »Leuchtturm« während der gesamten Resektion, um den distal davon gelegenen Sphinkterbereich zu schonen.
Der Kollikel kann verschiedene Formen haben und ist manchmal schwer zu erkennen, da er in Mittellappen- und Seitenlappengewebe verborgen sein kann. Hier ist die sorgfältige Insektion wichtig, da durch die Mittellappenresektion der Kollikel erst »ausgegraben« werden muss, um die Resektionsgrenzen einzuhalten. Nach vorausgegangener TURP kann es ebenfalls zu Problemen der Identifikation des Kollikels kommen. Auch hier empfiehlt sich eine vorsichtige Resektion vom Blasenhals beginnend im Mittellappenbereich, um den Kollikel freizulegen.
7.3.3
Gelingt es nicht, unter Sicht und Spülstrom diese relative physiologische Stenose zu überwinden, sollte keinesfalls das Instrument mit Druck vorgeschoben werden. In diesem Bereich kann es zu Abscherungen der Schleimhaut oder einer Perforation nach dorsal kommen.
Unter Belassung des Instrumentes in der Richtung des Harnröhrenverlaufs wird nun der Obturator eingeführt und das Instrument in die Blase geführt.
7.3.2
Tiefere Resektionen oder Rektion großflächiger Blasentumoren zusammen mit einer TURP empfehlen sich nicht, da Impfmetastasen nach TURB/TURP in der Prostataloge beschrieben sind. Durch wiederholtes Auffüllen der Blase bei der TURP kann es nach tiefer Blasenwandresektion zu einer Dissektion der Blasenmuskulatur kommen. Die Prostata wird nun inspiziert. Die Lage der Ostien in Relation zum Mittellappen erscheint für die Schonung der Ostien wichtig. Bei einem überhängenden Mittellappen kann durch die ausgefahrene Schlinge ohne Sicht eine Resektion des Ostiums erfolgen. Unter vollem Spülstrom wird die Anatomie der Prostata inspiziert. Die Ausdehnung des Mittellappens, die Lagebeziehung zu den Seitenlappen und v. a. die Darstellung des Kollikels sind für die Planung der Resektion wichtig.
Inspektion der Blase und Prostata
Zunächst erfolgt die sorgfältige Inspektion der Blase und Beurteilung der Schleimhaut. Liegt ein Zufallsbefund eines oberflächlichen, kleinen, papillären Blasentumors vor, kann dieser reseziert werden und trotzdem anschließend eine Resektion der Prostata erfolgen. Wichtig ist jedoch, den Tumor zuerst zu resezieren, da am Ende der TURP baldmöglichst der Katheter zur venösen Blutstillung eingeführt werden sollte.
Hydraulischer Sphinktertest
Distal des Kollikels liegt der Sphinkterbereich, der durch bloße Inspektion der Harnröhre mit und ohne Spülstrom nicht erkannt werden kann. Durch den sog. hydraulischen Sphinktertest kann dieser Bereich dargestellt werden. Bei leerer Blase wird unter vollem Spülstrom das Instrument aus dem Prostatabereich über den Kollikel hinaus in die Harnröhre zurückgezogen. Durch Zukneifen und Öffnen des zuführenden Plastikschlauches zwischen Daumen und Zeigefinger der linken Hand kommt es im Harnröhrenbereich zu einer Bewegung der Schleimhaut und des M. sphincter externus. Der Sphinkter kontrahiert durch schnelle Änderung des hydrostatischen Druckes. Ein sich schließender und öffnender Schleimhautwulst im Harnröhrenbereich zeigt den Sphinkterbereich an [9].
57 7.3 · Durchführung der transurethralen Resektion der Prostata (TURP)
⊡ Abb. 7.7. Haltung des Instrumentes bei Direktsicht. Die rechte Hand bedient das Elektrotom, die linke Hand den Zentralhahn zur Regulation des Spülwassers
⊡ Abb. 7.8. Haltung des Instrumentes mit zwei Händen. Der kleine Finger der linken Hand stützt sich am Damm des Patienten ab, sodass unkontrollierte Bewegungen vermieden werden
Tipp
Der hydraulische Sphinktertest kann während aller Phasen der Resektion durchgeführt werden und sollte v. a. bei parakollikulärer und apikaler Resektion mehrfach wiederholt werden.
7.3.4
Haltung des Instrumentes bei Direktsicht
Der rechtshändige Operateur hält mit seiner rechten Hand das Instrument, indem sich die Finger entweder am Ablaufstutzen festhalten oder das Instrument umfassen. Der rechte Daumen führt den ringförmigen Handgriff für die Schlingenbewegung. Die linke Hand fasst den Schaft und bedient den Zu- und Ablaufhahn (⊡ Abb. 7.7). Für die apikale Resektion ist eine gute Fixierung des Instrumentes in der Harnröhre wichtig. Hierzu fixiert der kleine Finger der linken Hand das Instrument am Perineum des Patienten (⊡ Abb. 7.8). Wird das Instrument um 180° gedreht, um die ventralen Anteile der Prostata zu resezieren, muss umgegriffen werden. Der Kollikel wird zunächst eingestellt und dann das Instrument gegen den Uhrzeigersinn nach oben gedreht. Wichtig ist in diesem Fall, das Instrument gut zu fixieren, um eine Distalbewegung zu vermeiden. Ist sich der Operateur nicht sicher, sollte erneut zurückgedreht, der Kollikel eingestellt und das Instrument in der Position gedreht werden (⊡ Abb. 7.9). Die ventralen Anteile der Prostata können auch erreicht werden, wenn sich der Operateur mit dem Instrument dreht. Diese Methode bietet sich bei direkter Sicht durch das In-
⊡ Abb. 7.9. Drehung des Resektoskopes um 180° zur Resektion von ventralen Prostataanteilen oder Blasentumoren am Blasendach. Vorsicht ist geboten, beim Drehen des Instrumentes nicht zu weit nach distal zu drehen (Sphinkter!)
strument an. Vorteil ist, dass der Kollikel eingestellt werden kann, das Instrument in der Position gut fixiert wird und kontinuierlich ohne Umgreifen die ventralen Anteile ereichbar sind. Bei größeren Adenomen und damit längerer Resektionszeit bedeutet dies jedoch für den Operateur eine größere Belastung in unphysiologischer Haltung (⊡ Abb. 7.10). Sollen ventrale Anteile der Prostata v. a. blasenwärts reseziert werden, kann bei leerer Blase das Eindrücken des Blasendaches mit der linken Hand helfen. Es muss beachtet werden, dass sich durch Eindrücken die natürliche Anatomie verändern kann und bei zu starkem Eindrücken eine Perforation des Überganges erfolgt.
7
58
Kapitel 7 · Transurethrale Resektion (TURP) und transurethrale Inzision (TUIP) der Prostata
⊡ Abb. 7.11. Haltung des Instrumentes bei Videoresektion
7
⊡ Abb. 7.10. Erreichen der ventralen Anteile durch Körperdrehung des Operateurs. Hierdurch ist ein nahtloser Übergang vom dorsalen in den ventralen Bereich ohne Handwechsel möglich. Die Gefahr, beim Drehen des Instrumentes zu weit nach distal zu geraten, ist vermindert
! Cave Wichtig ist, bei Eindrücken des Blasendaches nicht den Übergang Blase–Prostataloge zu tief auszuresezieren, da sonst eine Ablösung der Loge von der Blase erfolgt.
Bei Videoresektion, die zu weniger Ermüdung des Operateurs führt, wird das Instrument gedreht, während die Kamera gerade nach unten hängt (⊡ Abb. 7.11, 7.12).
7.3.5
Regulierung des Spülwassers
Spülwasserzufluss Der Spülwasserzufluss erfolgt mit halbisoosmolarer Lösung (z. B. Purisole: Mannitol + Sorbitol) mit einer Aufhängung 50–70 cm über der Symphyse des Patienten, d. h. mit einem hydrostatischen Druck von 60–70 cm H2O. Ein ungefähres Richtmaß ist die untere Kante des Irrigators in Höhe des Patientenknies oder bis 20 cm darüber. Die Folgen einer zu niedrigen Irrigationshöhe sind in der Übersicht dargestellt.
Folgen einer zu niedrigen Irrigationshöhe Verlängerte Klarspülzeit des Operationsgebietes Vorhandensein nur noch eines zentralen Gesichtsfeldes und peripher eine Rötung durch nicht irrigiertes Blut Starke Trübung des Gesichtfeldes durch arterielle Blutungen
⊡ Abb. 7.12. Drehung des Instrumentes um 180° zur Erreichung ventraler Gewebeanteile bei Videoresektion
Ist die Blase mit Spülflüssigkeit gefüllt, ist der Blaseninnendruck dem hydrostatischen Druck des Spülsystems gleich. Dies macht sich bemerkbar durch ▬ Verschlechterung der Sicht, v. a. am Rand des Gesichtsfeldes; ▬ die Resektionsstücke werden nicht mehr in die Blase hin abgeschwemmt; ▬ kleinere Blutungen führen zu einer starken Trübung des Gesichtsfeldes. Nach Ablaufen der Blase wird der Spülstrom mit der linken Hand aufgedreht, sodass Spülflüssigkeit aus dem Instrument austritt. Austritt von Spülflüssigkeit ist wichtig, um das Einbringen von Luft zu vermeiden, da diese sich als Luftbläschen an der Resektionsloge niederschlagen und erst mit vollem Spülstrom in die Blase gespült werden muss. Das Resektoskop wird dann zügig durch den Schaft geführt und verriegelt.
59 7.3 · Durchführung der transurethralen Resektion der Prostata (TURP)
Luftblasen im Gesichtfeld Tipps
Luftblasen sind fast immer durch Lufteintritt im Schlauchsystem bedingt. Verschiedene Tricks zur Vermeidung: Das Sichtfenster am zuführenden Schlauch sollte entweder komplett mit Spülflüssigkeit aufgefüllt sein oder der Spiegel sehr hoch stehen, damit durch den Wasserstrahl keine Luft in das Schlauchsystem herabgerissen wird. Der zuführende Schlauch muss vor dem Anschließen vollständig durchspült sein. Bevor das Elektrotom eingeführt wird, muss der Wasserzustrom in voller Stärke angestellt werden. Schrauben am Instrument und die Verriegelung müssen fest sein. Bei stark eingestelltem Schneide- und Koagulationsstrom muss gelegentlich das Dach der Prostataloge und v. a. das Blasendach von Luft evakuiert werden. Bei einem Dauerspülresektoskop kommt es i. Allg. weniger zur Luftansammlung. Durch Abstellen der Wasserzufuhr und Saugung kann die Luft aus der Blase entfernt werden. Luft in der Blase kann auch durch elektrolytische Zersetzung des Wassers entstehen, wenn dieses nicht vollständig entmineralisiert ist. Diese Gasblasen sollten immer durch Anheben des Schaftes vom Blasendach abgesaugt werden, da durch den Stromfluss in der Schlinge eine Explosion entstehen kann.
7.3.6
Gewebeerkennung als Voraussetzung zur Resektion
Adenomgewebe Das Adenomgewebe zeichnet sich durch eine gelbliche, körnige Gewebestruktur aus. Kleine Unebenheiten, wie Körnchen, die durch den Schneidestrom bedingt sind, zeigen Adenomgewebe an. Bei der Resektion v. a. großer Adenome tritt wenig milchartige Flüssigkeit aus dem Gewebe aus. Pastenartige Stränge von Drüsensekret werden ebenfalls beobachtet (⊡ Abb. 7.13). Die Flüssigkeitsmenge kann gelegentlich so groß sein, dass der Operateur glaubt, einen Abszess angeschnitten zu haben. Abszessekret ist jedoch gelblicher. Nach Wegspülen des Sekretes wird beim Abszess eine glattwandige Abszessmembran sichtbar.
⊡ Abb. 7.13. Adenomgewebe gekennzeichnet durch eine gelblich körnige Oberfläche. Gelegentlicher Austritt milchartiger Flüssigkeit aus dem Gewebe
Tipp
Die Tiefe der Resektion kann nur durch einen Orientierungsgraben bestimmt werden. Hierzu wird Adenomgewebe solange durch Längsschnitte reseziert, bis weißliches, fadenförmiges Kapselgewebe erscheint. Der Orientierungsgraben wird nun erweitert, die Resektionstiefe ist vorgegeben.
Prostatakapsel Kapselgewebe zeichnet sich dadurch aus, dass es weißlich, netzartig mit Bindegewebsfasern ist. Wird die Kapsel weiter ausgedünnt, weichen die Kapselfasern auseinander und lassen in der Tiefe gelbliches Fettgewebe hindurchscheinen (⊡ Abb. 7.14).
Fettgewebe Fettgewebe, das infolge einer Kapselperforation sichtbar wird, zeigt sich gelblich schimmernd und im Licht glitzernd. Das Gewebe ist von kleinen Blutgefäßen durchzogen und lässt sich endoskopisch schwer koagulieren, da die Schlinge bei stärkeren Hinpressen einsinkt (⊡ Abb. 7.15).
Tumorgewebe Erfahrenen Operateuren fällt beim Schneiden von atypischem Adenomgewebe auf, dass es sich um ein Karzinom handeln könnte. Die Oberfläche des Schnittes ist gelblichweiß, weniger gekörnt und »speckig«. Bröckeliges, nekrotisches oder hämorrhagisches Gewebe deutet ebenfalls auf Tumorgewebe – entweder Prostatakarzinom- oder Urothelkarzinomgewebe – hin.
Samenblasen Bei tiefer Resektion im Mittellappenbereich können die Samenblasen tangential angeschnitten werden. Es entleert
7
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Kapitel 7 · Transurethrale Resektion (TURP) und transurethrale Inzision (TUIP) der Prostata
⊡ Abb. 7.14. Kapselgewebe der Prostata mit weißlichen, netzartigen Bindegewebsfasern
⊡ Abb. 7.15. Fettgewebe nach Kapselperforation, gelblich schimmernd und im Licht glänzend. Das Gewebe ist von kleinen Blutgefäßen durchzogen
sich milchiges Sekret. Der Schnittrand ist meist bräunlich. Eine Inspektion der Höhle zeigt das schlauchförmige Lumen und Septen. Eine Anresektion der Samenblasen hat keine nachteiligen Folgen für den Patienten.
7.3.7
7
Prostatasteine In den Drüsengängen der Prostata bilden sich Steine. Durch das Wachstum der Transitionalzone wird die periphere Zone nach außen gedrängt und damit auch die Prostatasteine [10]. Tipp
Wird die Steinschicht angeschnitten, zeigt dies, dass sich der Operateur noch innerhalb der Prostatakapsel befindet. Vor allem apikal kann das Anschneiden der »Steinnester« oft beruhigend sein, da hiermit angezeigt wird, dass sicherlich noch keine Perforation vorliegt. Prostatasteine liegen immer intrakapsulär.
Die Steine liegen in einem von Epithel ausgekleideten glatten Bett, ragen beim Anresezieren oft nur teilweise aus der Schicht heraus und lassen sich nur schwer mit der Schlinge herausluxieren. In diesem Bereich sollten dann nur noch oberflächliche Schlingenschläge durchgeführt werden, da die Prostatakapsel nah ist.
Prostataabszess Während der Resektion kann es zur Eröffnung eines Abszesses kommen. Gelblich-eitriges Sekret entleert sich schwallartig. Die glattwandige Abszessmembran wird nach Klarspülen der Sicht erkennbar. Teilweise tritt eine entzündlich bedingte diffuse Blutung aus der Abszessmembran auf. Pseudoabszesse bestehen aus eingedicktem Prostatasekret und quellen meist nur langsam heraus.
Resektion der Prostata
Systematik Verschiedene Techniken der Systematik einer transurethralen Resektion der Prostata wurden beschreiben. So wurde von Barnes u. Nesbit (1943) die in den USA geübte Technik entwickelt, zunächst die ventralen Anteile der Prostata zu resezieren (zwischen 11 und 1 Uhr), dann die Seitenlappen von ventral nach dorsal zu resezieren und zuletzt erst den Mittellappen und die apikale Region zu operieren [11–13]. Alcock u. Flocks (1943) beschrieben die Technik, zunächst den Mittellappen zu entfernen und dann die Seitenlappen bei 9 Uhr und 3 Uhr zu teilen. Zunächst werden die unteren Anteile abgetragen und dann die ventralen und apikalen Anteile [14, 15]. John Blandy in London favorisierte die Methode, zunächst den Mittellappenbereich zu entfernen, dann die Seitenlappen von 12 Uhr beginnend von ventral nach dorsal zu resezieren [16]. Die hier beschriebene Methode basiert auf den Pionierarbeiten von W. Mauermayer und R. Hartung [17, 18]. Entscheidend für den Operationerfolg ist die Einhaltung der Systematik des operativen Vorgehens. Die Einhaltung der Systematik ist für den Operationserfolg entscheidend und wird auch von geübten Operateuren durchgegehalten. Hierdurch lässt sich eine gute Übersicht, systematische Entfernung aller Adenomteile, geringe Blutung durch Koagulation der jeweils resezierten Teilbereiche und zügiges Operieren erreichen. Die Resektion der Prostata kann in 4 Teilabschnitte eingeteilt werden (⊡ Tabelle 7.4). Die Resektion des Mittellappens wird bei 6 Uhr begonnen. Eine sorgfältige Inspektion der Blase, v. a. des Rezessus prostaticus, ist erforderlich, um sich die Lage der Ostien einzuprägen. Durch einen voluminösen Mittellappen können die Ostien angehoben sein und bei der Mittellappenresektion überreseziert werden.
61 7.3 · Durchführung der transurethralen Resektion der Prostata (TURP)
⊡ Tabelle 7.4. Die 4 Teilabschnitte der Resektion der Prostata
Resektionsphase
Vorgehen
1
Mittellappenresektion bis zum Kollikel
2
Parakollikuläre Resektion
3
Resektion der Seitenlappen und ventralen Anteile
4
Apikale und erneute parakollikuläre Resektion
Tipps
Zunächst müssen die 3 Landmarken – externer Sphinkterbereich, – Verumontanum sowie – Blasenhals dargestellt werden. Die Orientierung zu diesen 3 Landmarken während der gesamten Operation sollte dem Operateur zu jeder Phase der Operation bewusst sein. Hierdurch ist gewährleistet, dass eine ausreichende Blutstillung zur Fortführung der Resektion und damit eine gute Übersicht gegeben ist, dass die Grenzen der Resektion eingehalten werden und eine vollständige Resektion des Adenoms durchgeführt wird. Sollte zu einem Zeitpunkt der Operation die Orientierung – meist durch starke Blutung – verloren gehen, ist unbedingt darauf zu achten, zunächst die Landmarken zu identifizieren und die Systematik der Operation wiederzugewinnen. Ein »Verirren« im Resektionsfeld führt zu Perforationen der Kapsel oder schlimmer zu Überschreiten der distalen und proximalen Resektionsgrenzen.
Es können sich nun 2 Situationen ergeben: ▬ Die Länge der prostatischen Harnröhre ist kürzer, als die Schlinge ausgefahren werden kann: Es erfolgt jetzt eine Resektion mit Kontrolle des Endpunktes, wobei der Kollikel als Endpunkt vom Schaft abgedeckt wird. ▬ Die prostatische Harnröhre ist länger als der Schlingenweg: Schnitt mit Kontrolle des Einsatzpunktes und Teilung der Schnittlänge bis zum Kollikel. ! Cave Eine Resektion durch einen Längsschnitt mit Bewegung des Schaftes nach distal ist nicht zu empfehlen, v. a. nicht für ungeübte Resekteure, da dadurch der Kollikel überreseziert werden kann.
Die Resektion erfolgt beim Autor durch eine 0°-Optik, es können jedoch 5°- oder auch 15°- bis 30°-Optiken verwendet werden. Die Geradeausoptik bietet den Vorteil, Unebenheiten gut zu erkennen und eine glatte Resektionsloge zu schaffen.
1. Phase der Resektion: Mittellappenresektion bis zum Kollikel Resektion mit Kontrolle des Endpunktes Der Colliculus seminalis wird mit dem Schaft abgedeckt, d. h. das Schaftfenster befindet sich in Höhe des Kollikels. Der Kollikel selbst wird gerade nicht mehr gesehen. Durch Ausfahren der Schlinge wird der Rand des Mittellappens erreicht. Unter Senken des Instrumentes wird die Schlinge über den Mittellappen angehoben. Anschließend wird das okulare Ende des Instrumentes angehoben. Die Schlinge wird dadurch gesenkt und am Ende des Mittellappens eingesetzt. Die Resektion wird nun durch Durchziehen der Schlinge bis zum Kollikel begonnen. Je nach Gewebetiefe wird die Schlinge unterschiedlich tief eingesenkt. Bei einem normalen Schnitt versinkt die Schlinge gerade vollständig im Gewebe. Ein flacherer Schnitt ist notwendig, wenn noch wenig Gewebe bis zur Kapsel resektabel ist. Wichtig ist, dass ein Schnitt neben den anderen gelegt wird und somit eine glatte Resektionfläche entsteht. Der Endpunkt jeden Schnittes ist der Kollikel und der vorangegangene Schnitt. Hierdurch lässt sich eine Resektionsfläche etwa von 5–7 Uhr erreichen mit einem glatten Übergang in die Blase. Tipp
In dieser Phase ist entscheidend, keinen hohen Übergang in die Blase stehen zu lassen, da dadurch eine Blasenhalsenge resultieren kann. Eine Stufe in diesem Bereich führt auch dazu, dass beim Einführen des Instrumentes in die Blase mechanisch eine Unterfahrung der Blase typischerweise bei 6 Uhr entsteht. Durch einen glatten geraden Übergang zwischen reseziertem Mittellappenbereich und dem Blasenboden wird das Instrument ohne Hindernis in die Blase bewegt.
Resektion mit Teilung der Schnittlänge Liegt eine längere prostatische Harnröhre vor, als die Resektionschlinge ausgefahren werden kann, muss der Schnitt unterteilt werden. Die Schlinge wird unter Sichtkontrolle eingesetzt. Dies bringt den Vorteil, dass das zu schützende Gebiet – z. B. das Ostium bei einem überhängenden Mittellappen – geschont wird. Der Schaft wird nun zurückgezogen, und die Resektion beginnt bis zur halben Strecke der prostatischen Harnröhre (⊡ Abb. 7.16). Eine andere Möglichkeit ist, den Schaft in der Mitte der Prostata zu belassen, die Schlinge auszufahren und am Endpunkt vorsichtig abzusenken und die Resektion zu beginnen. Die zu resezierende Strecke wird dadurch geteilt. Auch
7
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7
Kapitel 7 · Transurethrale Resektion (TURP) und transurethrale Inzision (TUIP) der Prostata
a
b
⊡ Abb. 7.16a–c. Technik des unterteilten Schnittes bei großem langem Mittellappen. a 1. Schritt ist die Kontrolle des Einsatzpunktes, dann Verlängerung des Schnittes und schließlich Schnitt mit Kontrolle des Endpunktes (b, c)
c
hier ist es wichtig, eine Resektionsfurche neben die andere zu legen und den Endpunkt zu kontrollieren. Nach Zurückziehen des Instrumentes in Höhe des Kollikels kann dann die Mittellappenresektion vollendet werden (⊡ Abb. 7.17). Ein Längsschnitt erfolgt, indem die ausgefahrene Schlinge im Mittellappenbereich eingesetzt wird, der Schneidestrom eingeschalten wird und das Instrument mit ausgefahrener Schlinge bis zum Endpunkt zurückgezogen wird. Ist der Kollikel als Endpunkt erreicht, wird die Schlinge unter eingeschaltetem Schneidestrom zurückgezogen und die Mittellappenresektion vollendet. Diese Technik ist jedoch nur für den geübten Resekteur empfehlenswert, da ansonsten der Endpunkt leicht überfahren werden kann. Die Bewegung des Instrumentes kann durch bogenförmiges Ausresezieren auch komplex sein (⊡ Abb. 7.18).
2. Phase der Resektion: parakollikuläre Resektion
Abb. 7.17. Bestimmung des Endpunktes einer Schnittserie. Technik des unterteilten Schnittes. Bei einem langen Schnitt muss man davon ausgehen, dass mit dem Resektionsinstrument nur eine relativ kurze Strecke überblickt werden kann. Der Schnitt wird zunächst in Einzelschnitte unterteilt, bis der Endpunkt erreicht ist. Dann Langschnitt mit Kontrolle des Endpunktes (Kollikel). Nebeneinanderlegen der Schnitte für eine gleichmäßige glatte Oberfläche
3. Phase der Resektion: Seitenlappenresektion
Nach Resektion des Mittellappenbereiches zwischen etwa 5 und 7 Uhr erfolgt die parakollikuläre Resektion. Hierzu wird die Resektion im Mittellappenbereich zwischen 4 und 8 Uhr verbreitert und neben dem Kollikel reseziert. Das Instrument wird in das Gewebe hineingesenkt und eine tiefe Resektion lateral des Kollikels durchgeführt. Der Kollikel steht nun frei (⊡ Abb. 7.19, 7.20). Tipp
In dieser Phase der Resektion ist es hilfreich, den hydraulischen Sphinktertest durchzuführen, um sich die Lage des Sphinkterbereiches im Verhältnis zum Kollikel zu vergegenwärtigen. Üblicherweise ist vom Beginn des Kollikels und damit seiner größten Erhabenheit bis zum Sphinkterbereich noch etwa 1 bis maximal 1,5 cm Abstand. Eine parakollikuläre Resektion ist damit gefahrlos möglich, jedoch sollte im Individualfall immer ein Sphinktertest durchgeführt werden, um die anatomischen Verhältnisse zu klären.
Bei einem kleinen Adenom erfolgt die Resektion vom letzten Mittellappenschnitt beginnend nach kranial. Für einen Rechtshänder erscheint die Resektion der rechten Seite gewöhnlich einfacher, sodass der Autor immer zunächst auf dieser Seite beginnt. Eine Resektionsfurche wird neben die andere gelegt, wobei der Endpunkt immer der distale Endpunkt der parakollikulären Resektion ist. Durch kontinuierliche Drehung des Instrumentes nach jedem
63 7.3 · Durchführung der transurethralen Resektion der Prostata (TURP)
a
a
b
b
c ⊡ Abb. 7.18a–c. Längsschnitt mit Bewegung des Instrumentes bei ausgefahrener Schlinge (nur für geübte Operateure!). a Einsetzen der Schlinge im Mittellappenbereich. b Zurückziehen des Instrumentes mit schneidender Schlinge bis zum Endpunkt. c Einziehen der Schlinge mit Kontrolle des Endpunktes (Kollikel). Diese Rektionstechnik kann gefährlich sein, da der Kollikel überfahren werden kann!
⊡ Abb. 7.19a–c. Apikale und parakollikuläre Resektion. a Beachtung der distalen Grenze definiert durch Kollikel, Gewebeerkennung, Mittellappenreste und hydraulischem Sphinktertest. b Bei wenig gefüllter Blase Annäherung des Seitenlappens an den Kollikel. c Bei gefüllter Blase und Absenken des Instrumentes in den parakollikulären Raum wird das Resektionsgebiet besser dargestellt
c
7
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Kapitel 7 · Transurethrale Resektion (TURP) und transurethrale Inzision (TUIP) der Prostata
b
a ⊡ Abb. 7.20a, b. Apikale Darstellung. a Bei wenig gefüllter Blase. b Bei vollerer Blase und Hineinsenken der Spitze des Resektionsinstrumentes in den Apex lateral des Kollikels
7 jetzt nicht mehr gut abdeckbar ist und jederzeit einsehbar wäre (⊡ Abb. 7.21–7.23). Tipps
Ein geringeres Risiko für eine zu weit distale Resektion besteht, wenn der Operateur das Instrument und sich selbst dabei verdreht, sodass nicht umgegriffen werden muss. Hierdurch kann die Lage des Instrumentes jederzeit durch Zurückdrehen überprüft und der Kollikel erneut abgedeckt werden. Bei der Resektion der Seitenlappen ist zu beachten, dass das Instrument seitlich in das Adenomgewebe hineingedreht und das Gewebe bogenförmig ausreseziert wird (»teaspooning«).
Resektion eines voluminösen Seitenlappens
⊡ Abb. 7.21. Aushöhlen der Prostatakapsel bei der Seitenlappenresektion. Bewegung des Schaftes sowohl von kranial nach distal als auch bogenförmig. Ein Mitbewegen des Operateurs bei Direktsicht ist notwendig
Schnitt wird eine glatte Resektionsfläche bis etwa 11 Uhr geschaffen. Nun erfolgt gleiches Vorgehen linksseitig ebenfalls bis etwa 1 Uhr. Durch Drehen des gesamten Instrumentes und Umgreifen kann nun der ventrale Adenombereich reseziert werden. Hier ist v. a. darauf zu achten, dass der Endpunkt der Schnitte nicht nach distal verrutscht, da der Kollikel
Wird ein großer Seitenlappen reseziert, kann dies genauso wie bei der Resektion von kleinen Seitenlappen von kaudal nach kranial geschehen, jedoch kann es durch überhängendes Gewebe Orientierungsschwierigkeiten geben. Durch die Teilung des Seitenlappens bei 9 Uhr bzw 3 Uhr wird der Seitenlappen in ein kraniales und kaudales Segment geteilt (⊡ Abb. 7.24, 7.25). Mit tiefen Schnitten wird vom Blasenhals bis apikal eine Rinne bis zur Kapsel reseziert. Anschließend wird mit langen, schnellen Schnitten von dieser Rinne aus nach kaudal reseziert, wo der Anschluss an den bereits resezierten Mittellappen gefunden wird. Durch die tiefe Resektion und Koagulation bei 8–9 Uhr und 3–4 Uhr werden die zuführenden Arterien zum Adenom frühzeitig koaguliert, sodass dann eine weitere Resektion weniger blutreich ist. Die Resektion der Teilbereiche von 9–7 Uhr, 9–12 Uhr, 3–5 Uhr und 3–12 Uhr erfolgt mit guter Übersicht bis zum streifigen Kapselgewebe.
65 7.3 · Durchführung der transurethralen Resektion der Prostata (TURP)
⊡ Abb. 7.23. Seitenlappenresektion mit Drehen des Instrumentes
a
⊡ Abb. 7.24. Resektion bei voluminösem Seitenlappen. Unterteilung des Seitenlappens durch einen Schnitt bei 9 Uhr oder 3 Uhr. Abtragung des Gewebes von ventral nach dorsal zum bereits resezierten Mittellappenbereich. (Nach Alcock u. Flocks)
b ⊡ Abb. 7.22a, b. Beim Aushöhlen der Loge ist die Drehung des Schaftes erforderlich. Heben des Instrumentes (Okular) führt zu einem tieferen Schnitt (a), Senken des Okulars zu einem flacheren Schnitt (b)
⊡ Abb. 7.25. Teilung des Mittellappens in 2 Hälften
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Kapitel 7 · Transurethrale Resektion (TURP) und transurethrale Inzision (TUIP) der Prostata
a
b
c
d
⊡ Abb. 7.26a–d. Apikale Resektion. a, b Zustand vor der apikalen Resektion. a Ansicht von distal durch die Loge. b Ansicht von der Blasenseite in Richtung Urethra. c, d Zustand nach der apikalen Resektion.
c Ansicht von distal auf die Loge. Die distale Harnröhrenöffnung legt sich rundbogenförmig um die Harnröhre. d Ansicht von der Blasenseite. Die Harnröhrenöffnung nimmt eine runde Form ein
4. Phase der Resektion: apikale Resektion
jedoch ist bei leerer Blase immer wieder mit dem Vorfallen des Gewebe von kranial zu rechnen (⊡ Abb. 7.26–7.28).
Von parakollikulär beginnend wird nun mit kurzen »Klemmschnitten« das apikale Gewebe ringsherum reseziert, wobei wiederum ein Schlingenschlag neben den anderen gesetzt wird. Wichtig ist hierbei erneut die exakte Kontrolle des Endpunktes, der jetzt etwas distal des proximalen Endes des Kollikels liegt. Die Lagebeziehung zum Sphinkter wird mit dem hydraulischen Sphinktertest überprüft. Bei voller Blase erscheint nun die apikale Öffnung sehr weit und rund,
Wackeltest Am Ende der apikalen Resektion findet sich meist noch etwas apikales Gewebe, das ventilartig v. a. von ventral und ventral-lateral hereinfallen kann. Wird dieses Gewebe belassen, kann es als Hindernis bei der Miktion wirken (Klappen- oder Ventilwirkung; ⊡ Abb. 7.29).
67 7.3 · Durchführung der transurethralen Resektion der Prostata (TURP)
a
7
b ⊡ Abb. 7.27a, b. Vor (a) und nach (b) apikaler Resektion bei gefüllter Blase
Tipps
Bei leerer oder fast leerer Blase wird das Instrument nun bis zum Ende des Kollikels gezogen. Durch Hin- und Herbewegen des Instrumentes bei mäßigem Spülstrahl zeigen sich türflügelartig Gewebeanteile, die beim Zurückziehen des Instrumentes in das Lumen vorragen. Mit kurzen Klemmschnitten wird dieses Gewebe vorsichtig reseziert und lässt nun auch bei leerer oder gering gefüllter Blase eine bogenförmige apikale Öffnung entstehen. Der Colliculus seminalis steht nun frei in der Öffnung bzw. in der Resektionsloge. Bei voluminösen Adenomen kann die Resektiongrenze distal des Kollikulus entstehen.
7.3.8
Entleerung des Spülwassers und der Resektionsstücke
a
Abfließen des Spülwassers Durch Entfernen des Elektrotoms aus dem Schaft fließt das Spülwasser durch das Schaftende ab. Mit dem Daumen wird dieses Ende zugehalten, sodass Spülwasser und Resektionsstücke über den Ablaufschlauch in das Kunstoffnetz der Abdeckung fließen können (⊡ Abb. 7.30). Es sollte darauf geachtet werden, dass der Schaft frei in das Blasenlumen hineinragt. Will man vermehrt Resektionschips abspülen, empfiehlt es sich, eine kreisende Be⊡ Abb. 7.28a, b. Apikale Resektion. Uberhängende Gewebereste, die beweglich sind (!), werden mit kurzen Klemmschnitten reseziert. Beginnende apikale Resektion, a von distal betrachtet, b von der Blase aus betrachtet. Ist noch apikales Gewebe vorhanden, wird die Öffnung schlitzförmig offen gehalten. Nach vollständiger apikaler Resektion ist b die Öffnung torbogenartig rund
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Kapitel 7 · Transurethrale Resektion (TURP) und transurethrale Inzision (TUIP) der Prostata
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b
d
⊡ Abb. 7.29a–d. Wackeltest zur Identifikation von apikalem Restgewebe. a Bei fast leerer Blase wird das Instrument bei mäßigem Spülstrom zum Ende des Kollikel gezogen. b Hierduch fällt apikales Gewebe in das Lumen der Harnröre zurück. c, d Beim Vorschieben des Instru-
mentes wird das apikale Gewebe wieder zurückgespült und geschoben. Durch Hin- und Herwackeln des Instrumentes (leere Blase!) kann somit ein Wackeln des apikalen Gewebes erreicht werden: Nur dieses bewegliche Gewebe durch kurze Schnitte resezieren! Sphinkter!
wegung mit dem Instrument am Blasenboden auszuführen, da die dort liegenden Chips leichter aufgenommen werden (⊡ Abb. 7.31). Kommt es zu einer Verstopfung des Schaftes mit größeren Resektionschips, hilft meist nur, das Elektrotom wieder einzuführen und das Resektionsstück damit wieder in die Blase zu bringen.
abgesetzt und in das Gewebeauffangnetz der Abdeckung ausgespritzt.
7
Absaugung mit der Blasenspritze Die große Glasspritze kann durch den Wasserzulauf des Resektionsschaftes etwa zu ¼ aufgefüllt werden und zur Irrigation der Blase benutzt werden. Die Blase sollte etwa zur Hälfte gefüllt bleiben. Nach Absaugung des Blaseninhaltes mit den Resektionschips wird die Spritze vom Schaft
Tipp
Der Operateur sollte beim Absaugen aufstehen, damit er einerseits die Glaskolbenspritze besser halten kann und andererseits sich nicht selbst mit Spülwasser anspritzt.
Bluttamponaden und größere Gewebestücke können mit der Glasspritze gut angesaugt werden und in der Blase durch kräftiges Zu- und Abspülen entfernt werden. Vorteil
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⊡ Abb. 7.32. Absaugen der Resektionsstücke mit der Glaskolbenspritze
⊡ Abb. 7.30. Spülwasserentleerung durch den Ablaufstutzen
⊡ Abb. 7.31. Beim Ablaufen sollte der Schaft des Resektoskopes gesenkt werden, um den Blasenboden von Resektionschips abzusaugen. Die plötzliche Unterbrechung des Ablaufens bedeutet entweder ein Verstopfen mit Resektionsstücken oder Ansaugen des Blasenbodens an die Schaftspitze
der Glaskolbenspritze ist auch die feste Verbindung zwischen Schaft und Spritze und damit die gute Beweglichkeit beider Teile miteinander (⊡ Abb. 7.32). Tipp
Nach dem mechanischen Absaugen sollte immer eine Inspektion der Blase, v. a. des Blasenbodens, erfolgen, damit sichergestellt ist, dass alle Resektionsstücke entfernt sind. Hierzu ist es notwendig, sorgfältig den Blasenboden möglichst ohne Spülstrom, der die Chips wieder aufwirbeln würde, zu untersuchen.
Zurückgebliebene Stücke führen meist zu chronischen Infekten oder spontanem Ausmiktionieren durch den Patienten, evtl. auch zu einer Harnsperre, wenn sich ein größeres Stück vor den Ausgang legt.
⊡ Abb. 7.33. Absaugen mit dem Ellik-Evakuator. Absaugen nur mit kleinen oszillierenden Pumpbewegungen. Das Glasgefäß sollte luftfrei sein (entweder vorheriges Auffüllen oder Entleeren der Luft über den Zentralhahn)
Tipp
Nach dem Absaugen der Resektionschips und der Inspektion des Blasenbodens sollte immer die Resektionshöhle nochmals inspiziert werden, da durch die forcierte Spülung und Manipulation Gefäße neu zu bluten beginnen können.
Absaugen mit dem Ellik-Evakuator Das zweiteilige Glasteil und der Gummiballon sollten frei von Luft sein. Dies kann entweder dadurch erreicht werden, dass der Evakuator in einem mit steriler Flüssigkeit gefüllten Gefäß luftleer gefüllt wird oder nach dem Aufsetzen des Konus auf den Schaft über den Zentralhahn erst luftleer gepumpt wird. Mit geringen kreisenden Bewegungen wird das Instrument in der Blase bewegt und der Gummiballon mit kurzen oszillierenden Pumpbewegungen betätigt. Hierdurch
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Kapitel 7 · Transurethrale Resektion (TURP) und transurethrale Inzision (TUIP) der Prostata
kommt es zum Ansaugen von Resektionschips, die im zweiteiligen Glasgefäß nach unten fallen. Sind viele Resektionsstücke im Gefäß, muss dieses entleert werden, da sie sonst erneut rückgespült würden (⊡ Abb. 7.33). Gegenüber der Glaskolbenspritze ist das Verfahren der Ellik-Evakuation zeitaufwändiger und umständlicher. Feste, wandadhärente Koagel oder eine feste Blasentamponde lassen sich nicht abspülen wie mit der Kolbenspritze.
Entfernung großer, nicht ausspülbarer Stücke aus der Blase Durch Laserenukleation oder durch ungleichmäßige Resektion kann ein größeres freies Stück in der Blase entstehen, das sich nicht absaugen lässt. Das in der Blase frei flottierende Stück kann mit drei Methoden entfernt werden.
7
Methoden zur Entfernung nicht ausspülbarer Stücke aus der Blase Ist das Resektionsstück klein, kann es zwischen Schaft und Schlinge eingeklemmt werden und mit der Schlinge durch den Schaft gezogen werden. Ist das Stück größer, sollte es zunächst bei leerer Blase und anschließend geringem Spülstrom am Blasenboden lokalisiert werden. Mit vorgeschobener Schlinge wird es zwischen Schaft und Schlinge eingeklemmt und dann mit dem Schaft auf den Blasenboden gedrückt. Mit kleinen multiplen Schlingenschlägen wird das Stück zerkleinert. Ist das Stück fast aufgearbeitet, ist große Vorsicht geboten, dass die Blasenschleimhaut nicht anreseziert wird. Ist das Resektionstück kleiner, kann es zwischen Schaft und Schlinge angeklemmt in das Blasenlumen angehoben werden und dann jeweils mit einem Schlingenschlag verkleinert werden, oder es wird in die Prostataresektionsloge zurückgezogen und dort weiter aufgearbeitet.
a
Resektionstück in der Schlinge oder im Schaft Kommt es bei der Resektion zum Einklemmen eines Gewebestückes in die Schlinge oder während der Koagulation zum Festkleben dieses Stückes an der Schlinge, können die der Übersicht dargestellten Methoden versucht werden. b
Methoden zur Entfernung von Resektionstücken in der Schlinge oder im Schaft Abstreifen des Gewebes an der Wand der Resektionsloge. Abspülen unter vollem Spülstrom. Durch Koagulation in der Resektionsloge Befreiung der Schlinge vom Resektionschip.
⊡ Abb. 7.34a, b. Arterielle Gefäßversorgung der Prostata
Gelingen all diese Maßnahmen nicht, wird das Resektoskop mit dem Resektionstück aus dem Schaft herausgezogen und das Gewebestück mit der Hand oder einer Pinzette von der Schlinge entfernt. Kommt es zu einem Verklemmen eines größeren Resektionstückes im Schaft beim Ausspülen der Blase, muss dieses Stück mit dem Elektrotom wieder in die
71 7.3 · Durchführung der transurethralen Resektion der Prostata (TURP)
Blase zurückgeschoben werden, um den Spülwasserabstrom wieder in Gang zu bringen.
7.3.9
Blutstillung
Die Messung des intraoperativen Blutverlustes sollte bei starker Blutung direkt beim Patienten durch Bestimmung des Serumhämoglobins durchgeführt werden. Nach Ende der Resektion und Ausspülen aller Resektionsstücke erfolgt die abschließende Blutstillung. Hierzu wird zunächst die Resektionsfläche bei sehr geringem Spülstrom abgefahren, und auch kleine arterielle Blutungen werden koaguliert (⊡ Abb. 7.34).
Arterielle Blutung Zur Stillung einer Arterie hat sich bewährt, zunächst eine Seite der Arterie zu koagulieren, dann von der anderen Seite und schließlich die Oberfläche vollends zu »verschweißen«. Einen ähnlichen Effekt erzielt man, wenn man das Instrument mit ausgefahrener Schlinge gering hin und her bewegt und somit den Gefäßstumpf von allen Seiten koaguliert. Koagulation mit der meist dickeren Seite der Schlinge kann auch helfen, größere Gefäße zu verschließen (⊡ Abb. 7.35). ! Cave Besondere Aufmerksamkeit ist dem blasenahen und apikalen Bereich zu widmen. Am Übergang zur Blase kann eine spritzende Arterie direkt in die Blase hineinspritzen und übersehen werden. Für die Blutstillung einer apikal gelegenen Blutung kann es notwendig sein, das Instrument weit distal des Kollikels zu ziehen, um einen Überblick über die distale Resektionsgrenze zu erhalten. Auch bei 11–13 Uhr werden arterielle Gefäße übersehen, da hier gelegentlich die Systematik der Absuche der Kapsel verlassen wird.
Anschließend erfolgt nochmals eine Inspektion der Loge bei abgestelltem Spülstrom und halb gefüllter Blase. Es findet sich nun meist eine schleierartige Verfärbung der Spülflüssigkeit mit venösem Blut, wobei verschiedene »wabernde« venöse Blutschichten beobachtet werden. Es kann nun ein Katheter eingelegt werden, da diese Blutungen regelmäßig durch den Katheter abgedrückt werden.
⊡ Abb. 7.35. Koagulation einer großen Arterie durch Verschmelzung des Lumens. Wichtig ist die Koagulation von beiden Seiten durch geringes Hin- und Herbewegen der Schlinge sowie langsame
Aus verschiedenen Gründen kann es gelegentlich schwierig sein, eine arterielle Blutung zu lokalisieren.
Schwierigkeiten bei der Lokalisation arterieller Blutungen Das Gefäß spritzt direkt auf die Optik. Es tritt eine Aufprallblutung auf – das Gefäß ist an anderer Stelle, als durch die Blutung scheinbar vermutet wird. Nicht sichtbare Blutung hinter einem Gewebestück. Blutung unter einem Koagel. Blutung am vesikoprostatischen Übergang. Blutung unter einer Koagulationsstelle. Durch »Pseudoblutstillung« Abdrücken der Arterien mit dem Schaft.
Direkt in das Instrument spritzende Arterie Durch direkte Einspritzung von Blut auf die Optik ist eine exakte Lokalisation der Blutung nicht möglich. Es wird deshalb das Instrument über die Blutungsquelle hinaus geschoben und langsam unter vollem Spülstrahl zurückgezogen. Sobald die Blutung auftritt und die Sicht versperrt, wird in diesem Bereich mit der Schlinge koaguliert. Hierdurch lässt sich durch blindes Koagulieren in einem sehr umschriebenen Bezirk eine Blutstillung oder erhebliche Verminderung erreichen, sodass dann gezielt der arterielle Stumpf nachkoaguliert werden kann. Eine andere Möglichkeit besteht darin, die Schlinge maximal weit auszufahren und das Instrument zurückzuziehen. Hierdurch kann die Optik aus dem direkten Blutstrahl herausgeführt werden und mit der Schlinge das Gefäß zunächst zugedrückt werden. Beim Einschalten des Koagulationsstromes wird das Gefäß dann »verschweißt« (⊡ Abb. 7.36).
Aufprallblutung Spritzt eine Arterie quer durch das Resektionsgebiet, kommt es beim Aufprall auf der anderen Seite der Loge zur Verwirbelung. Es wird deshalb vermutet, dass die Blutungs-
Koagulation, um den Verschmelzungseffekt zu erreichen (keine hektische Bewegung der Schlinge!)
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Kapitel 7 · Transurethrale Resektion (TURP) und transurethrale Inzision (TUIP) der Prostata
⊡ Abb. 7.36a, b. Direkt in das Instrument spritzende Arterie (a). Durch Ausfahren der Schlinge und Zurückziehen des Instrumentes kann die Optik aus dem direkten Blutstrahl gebracht werden (b)
b
a
quelle in diesem Bereich zu finden ist. Durch kreisförmiges Absuchen der Loge unter gleichzeitigem Vor- und Zurückziehen des Instrumentes kann die Fontäne gefunden werden und an ihren Ursprungsort zurückverfolgt werden (⊡ Abb. 7.37).
7
Blutung hinter einem Gewebevorsprung Die Blutungsquelle wird hinter einem Gewebestück vermutet, kann jedoch nicht direkt eingesehen werden. Abhilfe wird erreicht durch Resektion dieses Gewebeanteils und Glättung der Loge.
Blutung aus einem Koagel Wird nicht konsequent nach jedem Operationsschritt koaguliert, kommt es v. a. am Boden der Loge am Ende der Operation zu Koagelbildung. Unter dem Koagel kann es zu einer verdeckten Blutung kommen. Abhilfe wird dadurch geschaffen, dass das Koagel entweder mit der ausgefahrenen Schlinge blasenwärts abgeschoben wird, das Koagel mit einer dünnen Gewebsschicht reseziert wird
oder mit der Kolbenspritze die Loge massiv ausgespült und ausgesaugt wird.
Blutung am vesikoprostatischen Übergang Spritzt eine Arterie in die Blase hinein, kann sie komplett übersehen werden oder bemerkt, aber nicht lokalisiert werden. Absuchen des vesikoprostischen Überganges bei leerer Blase und Eindrücken des Blasendaches mit der linken Hand lassen den Ursprungsort erkennen.
Blutung unter einer Koagulationszone Ist eine arterielle Blutung unvollständig gestillt, kann sie unter einem Koagulationsschorf herausquellen. Eine erneute Koagulation im bereits vorkoagulierten Gewebe hilft meist nicht weiter, sodass sich eine oberflächliche Resektion dieses gesamten Bereiches empfiehlt. Hiernach tritt der arterielle Stumpf meist sehr deutlich hervor.
»Pseudoblutstillung« Durch Druck des Instrumentes auf Gewebe v. a. im apikalen Bereich kann es zu einem Abdrücken der Blutung kommen. Durch Drehen oder Wegbewegen des Instrumentes wird die Blutung freigegeben. Durch den Versuch, die Blutung zu stillen, wird das Gefäß wiederum abgedrückt und kann nicht mehr bluten. Abhilfe schafft entweder die Resektion des vorspringenden Gewebestückes mit der Arterie oder Zurückziehen des Schaftes und Ausfahren der Schlinge. Eine Gewebekompression erfolgt nun nicht mehr, sodass die Blutung erneut auftritt.
Venöse Blutung Zur Erkennung einer venösen Blutung muss der Spülstrahl des Instrumentes vollkommen reduziert sein. Auch darf die Blase nicht oder nur wenig gefüllt sein, da sonst der hydrostatische Druck in der Wundhöhle größer als der venöse Druck ist. Kleine venöse Sickerblutungen sind bedeutungslos, während die Anresektion eines venösen Sinus zu profuser Blutung führt. Die Eröffnung eines venösen Sinus tritt meist bei Kapselüberschreitung zwischen 7 und 9 Uhr und bei 3–5 Uhr auf. ⊡ Abb. 7.37. Aufprallblutung. Blick aus der Blase auf die Resektionsloge. Durch Aufprallen des Blutstrahls auf die Logenwand wird die Blutungsquelle scheinbar an dieser Stelle vermutet
73 7.3 · Durchführung der transurethralen Resektion der Prostata (TURP)
Es kann versucht werden. die Venenwand flach abzukoagulieren, jedoch gelingt dies bei größeren Lumina nicht. Weitere Koagulationsversuche führen meist zu einem Einsinken der Schlinge in das Gewebe und noch größerer Eröffnung des Sinus. Die Operation sollte baldmöglichst beendet werden. Durch Einlage eines Katheters, der bis über den venösen Druck aufgefüllt werden muss, tritt Blutstillung ein. Sämtliche arteriellen Blutungen, die sich durch hellrotes Verfärben des Rückspülstroms bemerkbar machen, müssen koaguliert werden, da sie nicht durch den Ballonkatheter abgedrückt werden. Nur in Ausnahmefällen kann gelegentlich eine kleine arterielle Blutung durch Abdrücken mit dem Katheter für einige Stunden zum Stillstand gebracht werden. Abb. 7.38. Venensinus bei geöffnetem Spülwasserzulauf. Lediglich ein querovales Gefäßlumen wird dargestellt (intravasale Einschwemmung)
Tipps
Wie kann ein eröffneter venöser Sinus erkannt werden? Beim Absuchen mit Spülung wird ein größeres, 3–5 mm weites, oft ovales Lumen gefunden (⊡ Abb. 7.38). Wird dieses Lumen mit dem Spülstrom aufgespült, erkennt man die Venenwand. Beim Abstellen des Spülstroms fließt zunächst für 1–2 s helle Spülflussigkeit, die vorher zunächst eingeschwemmt wurde, aus dem Lumen zurück. Nach wenigen Sekunden fließt eine tiefrote Blutung aus dem Lumen. Bei leerer Blase und/oder geringem Spülstrom tritt eine massive Blutung in dicken Wolken aus dem Lumen.
Tipps
Die abschließende Blutstillung besteht aus Absuchen der gesamten Resektionswand bei nur geringem, am besten ohne Spülstrom. Abschieben oder Abkratzen von Koageln, v. a. am Boden der Loge, da sich darunter Blutungsquellen befinden können. Koagulation größerer Venen. Kleinere Venen brauchen nicht versorgt zu werden, da sie durch den Ballonkatheter abgedrückt werden. Unnötige Koagulation führt nur zu Gewebeschäden.
7.3.10
Einlegen des Dauerkatheters
Zur Katheterdrainage wir ein dreiläufiger fester Katheter von 20 Charr verwendet mit einem Ballonvolumen von 50 bzw. 100 ml. Der Katheter wird zunächst in die penile Harnröhre eingeführt. Tipp
Bemerkt wird die Eröffnung des Sinus manchmal bei einer scheinbar blutarmen Operation bei der Entleerung der Blase. Zunächst läuft helle, leicht blutig verfärbte Rückspülflüssigkeit aus dem Schaft und dann dunkelrotes venöses Blut. Wird der Zuspülstrom aufgedreht, das Elektrotom eingeführt und die Loge betrachtet, ist keine Blutungsquelle zu finden, da Spülwasser eingeschwemmt wird. Bei sorgfältiger Betrachtung ist die angeschnittene Venenwand zu finden. Tipp
Typisch für die venöse Sinusblutung ist also, dass bei Betrachtung der Loge unter Spülstrom keine Blutung, bei Entleerung der Blase eine massive Blutung aus dem Schaft auftritt.
Es ist bereits jetzt auf die richtige Orientierung des Katheters zu achten: Das Füllventil befindet sich kranial bei 12 Uhr – dadurch wird gewährleistet, dass sich die vordere Krümmung des Katheters nach oben orientiert. Anschließend wird der Katheter langsam von einer Hilfsperson in die Blase vorgeschoben, wobei der Operateur unter rektaler Kontrolle die gebogene Spitze nach kranial führen sollte. Hierdurch wird eine Unterfahrung der Blase durch Perforation am Prostatalogen-Blasen-Übergang verhindert (⊡ Abb. 7.39).
Der Ballon wird nun in der Blase bei einem 50-ml-Ballon mit 20 ml und bei einem 100-ml-Ballon mit 30 ml gefüllt und anschließend in die Loge gezogen. Der Katheter wird nun so gehalten, dass das Ballonfüllventil sich bei 12 Uhr
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7
Kapitel 7 · Transurethrale Resektion (TURP) und transurethrale Inzision (TUIP) der Prostata
a
b
⊡ Abb. 7.39a, b. Einführen des Katheters nach TURP (a). Anheben der Katheterspitze durch digital rektale Palpation (b). Meist entweicht
zunächst Luft, die sich am Blasendach angesammelt hat, zusammen mit Spülflüssigkeit
befindet. Dadurch ist die gebogene Spitze kranial gerichtet. Der Katheterballon wird nun bis zu einer endgültigen Füllmenge von etwa 20 ml plus Resektionsgewicht aufgefüllt. Es empfiehlt sich nun folgendes weitere Vorgehen: ▬ Zunächst vollständiges Entleeren der Blase. ▬ Auffüllen der Blase mit dem Spülsystem über den dickeren Ablaufkanal. ▬ Nach dem Auffüllen der Blase Anheben des Katheterendes über Blasenniveau, damit die Blasenfüllmenge nicht abläuft. ▬ Nach frühestens 5 s Ablaufenlassen der Blasenspülflüssigkeit.
Spülflüssigkeit über den Zulaufkanal, jedoch zu geringem oder keinem Ablauf der Spülflüssigkeit aus der Blase, kann eine Verstopfung des Ablaufkanals mit Koageln oder evtl. einem verbleibenden Resektionsstück vorliegen. Freispülen des Katheters mit einer Blasenspritze beseitigt die Obstruktion. Ist der Ablauf und/oder der Zulauf gestört, liegt meist eine Überfüllung des Ballons bei gleichzeitigem starkem Zug am Katheter vor, sodass die Zu-und/oder Ablauflöcher vom Ballon verdeckt werden. Hier muss ein Abblocken des Ballons oder eine Verringerung des Zuges am Katheter erfolgen (⊡ Abb. 7.40). Ist mit Hilfe des Katheters eine ausreichende Blutstillung erfolgt, werden die Beine des Patienten aus den Beinschalen genommen und ein gerades Fußteil am Operationstisch befestigt. Jetzt ist erneut zu kontrollieren, ob nicht durch die Umlagerung der Katheter zu fest an den Apex gezogen wird. Es ist evtl. der Zug am Katheter durch Lockern der Mullkompressenschleife zu verringern. Zunächst erfolgt Dauerspülung für einen Tag, danach kann je nach Färbung der Rückspülflüssigkeit die Spülung entfernt werden. Führen kleine Koagel zur Verstopfung des Ablaufschlauchs, kann durch Abknicken des Schlauchs und »Pumpen« die Obstruktion beseitigt werden. Größere Koagel müssen mit der Blasenspritze abgesaugt werden. Nur wenn die Blase vollkommen frei von Koageln ist, vermindert sich die »Rötung« der Rückspülflüssigkeit. Der Zug am Katheter sollte für 4 h belassen werden. Danach wird die Schleife entfernt. Der Katheter wird i. allg. am 2. postoperativen Tag entfernt, Entfernung am 1. postoperativen Tag ist möglich bei Resektion kleiner Adenome. Ist der Ballon bis etwa 80 ml geblockt, kann er ohne vorherige Teilentblockung am 2. postoperativen Tag entfernt werden. Bei einer Füllmenge über 80 ml empfiehlt sich die Entblockung von 20 ml am 1. postoperativen Tag, um eine Überdehnung der Resektionsloge zu vermeiden. Vor der Entfernung des Spülkatheters wird die Blase über den liegenden Katheter nochmals gut ausgespült, um Koagel zu entfernen.
Ist die Spülung nun klar oder leicht rosé gefärbt, wird eine Mullkompresse unter nur leichtem Zug an der Penisspitze um den Katheter gebunden, um ein Hineinrutschen des Katheters in die Blase zu verhindern. Die Vorhaut sollte nach vorn gestreift werden, um eine Paraphimose zu vermeiden. Tipps
Ist die Rückspülflüssigkeit noch rot, empfiehlt sich Folgendes: Zunächst nochmals Spülung der Blase. Weiteres Blocken des Katheters mit 10–20 ml. Heranziehen des Katheters an den Apex durch Verschieben der Schleife zum Penis hin.
Ist die Rückspülflüssigkeit weiterhin stark rötlich verfärbt, Lösen der Schleife am Penis und Freigeben des Katheters. Damit rutscht der Katheter etwas weiter nach kranial in die Loge und deckt dort Blutungen ab. Tritt auch hierdurch keine Besserung der Blutung ein, sollte eine erneute Inspektion der Resektionsloge erfolgen, solange der Patient noch auf dem Operationstisch liegt. 50-ml-Ballons lassen sich meist ohne zu platzen bis etwa 80–100 ml und 100-mlBallons bis 150–160 ml füllen. Nun wird eine Dauerspülung zunächst mit schneller Tropfenfolge angeschlossen. Kommt es zum Zufluss von
75 7.4 · Komplikationen der transurethralen Resektion der Prostata
7.4
Komplikationen der transurethralen Resektion der Prostata
7.4.1
Intraoperative Komplikationen
Die intraoperativen Komplikationen zeigt die Übersicht.
Intraoperative Komplikationen Intraoperativer Priapismus. Intravasale Einschwemmung von Spülflüssigkeit (TUR-Syndrom: –2,0%). Perforation der Prostatakapsel. Perforation unter das Trigonums. Überresektion des Ostiums. Perforation der Hinterwand der Blase. Verletzung des M. sphincter-externus-Bereiches (–1,2%).
Intraoperative Erektion
a
Während der TURP kann es zu einer Erektion kommen. Diese ist störend, da bei einer großen Prostata der Mittellappen nur mühsam erreicht wird oder das Instrument zu weit distal herausrutschen kann. Sollte durch vermehrte Relaxation bei einer Vollnarkose keine Detumeszenz erreicht werden, ist die intrakavernöse Gabe von α-adrenegen Substanzen indiziert (z. B. 10 mg Etilefrin –1 Amp). Cave: Hypertonie. Epinephrin (Suprarenin) oder Metaraminol (Araminum) sollten wegen Nebenwirkungen nicht mehr verwendet werden [19, 20]. Es kann auch der Penisschaft mit Chloräthyl-Kältespray abgesprüht werden. Durch Vasokonstriktion der Penisgefäße erfolgt Detumeszenz.
Intravasale Einschwemmung von Spülflüssigkeit Die Einschwemmung von hypotoner Spülflüssigkeit (Sorbit-Mannit-Lösung: Osmolarität 178 mosmol/l) intravasal kann reduziert werden durch Resektion mit dem Rückspülresektoskop (Iglesias), Resektion mit suprapubischer Fistel oder Trokar sowie durch Resektion mit einem tiefhängenden Irrigator bei Verwendung eines Resektoskopes ohne Rückspülung [21]. b ⊡ Abb. 7.40a, b. Unkorrektes Einziehen des Ballons in die Loge. Der Ballon ist bereits in der Blase zu stark gefüllt. Er überdeckt die Löcher im Katheter
! Cave Das sog. TUR-Syndrom entsteht durch Einschwemmung von Spülflüssigkeit intravasal durch eine Verdünnungshyponatriämie und Hypervolämie (bis 2,0% Inzidenz).
Klinisch macht sich die Hypervolämie durch erhöhten systolischen und diastolischen Blutdruck bemerkbar. Hat der Patient eine Spinalnarkose, ist oft ein erstes Anzeichen Gähnen, dann tritt zunehmende Unruhe und Verwirrtheit und, falls es zur Entwicklung eines Lungenödems kommt, Dyspnoe und Zyanose auf. Übelkeit, Erbrechen, abdominaler Schmerz und Schüttelfrost sind möglich. Akutes Nie-
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76
7
Kapitel 7 · Transurethrale Resektion (TURP) und transurethrale Inzision (TUIP) der Prostata
renversagen und Hirn- und Lungenödem sind lebensbedrohliche Anzeichen einer Hypervolämie. Bei Patienten in Vollnarkose kann das TUR-Syndrom zunächst verborgen bleiben. Die Diagnose wird durch Erniedrigung des Serumnatriumspiegels auf 120 mval/l gestellt. Besteht der klinische Verdacht, ist sofort zu handeln: Gabe von 250–500 ml 5%iges NaCl und 40 mg Furosemid i.v. Eine alternative Messung der Einschwemmung besteht in der Bestimmung des Blutalkoholspiegels. Als Spülflüssigkeit wird Mannit/Sorbitollösung mit 3% Äthylalkohol verwendet. Bedingt durch die Einschwemmung des Alkohols in die Blutbahn kann mit einem Atemalkoholmessgerät über die Bestimmung des abgeatmeten Alkohols das Volumen der eingeschwemmten Flüssigkeit berechnet werden. Vermieden werden kann diese Komplikation durch Limitierung des Irrigationsdrucks auf nicht mehr als 60– 80 cm H2O, Gabe von Diuretika bei Resektion großflächiger Adenome (20 mg F urosemid i.v.) sowie durch Information des Anästhesisten bei Kapselperforation mit Eröffnung eines Venensinus und damit Gegensteuerung durch Gabe von Diuretika. Tipps
Tritt eine weitere Einschwemmmung auf, da die Operation nicht sofort beendet werden kann, ist zu beachten: Senken der Irrigationshöhe, solange ausreichende Sicht für die Resektion besteht. Zügiges Beenden der Operation durch einen erfahrenen Operateur. Prophylaktische wiederholte Gabe von Diuretika. Elektrolytbestimmung intraoperativ und postoperativ. Gabe von 5%igem NaCl (250–500 ml). Eventuell Nachbeatmung, wenn der Patient instabil oder ausgekühlt ist.
Wurde ein Sinus eröffnet, kann intraoperativ versurcht werden, flächenhaft die meist ovale Öffnung zu verschließen. Es sollte jedoch darauf geachtet werden, dass durch Koagulationsversuche die Perforation nicht noch weiter vergrößert wird und die Kapsel großflächig perforiert wird. Hierdurch würde der Ballonkatheter später nicht mehr glatt an der Kapsel anliegen. Das »Einschweißen« eines freien Resektionsstückes in den offenen Sinus wurde beschrieben, kann jedoch als Glücksfall betrachtet werden und sollte nicht unnötig versucht werden. Bei der Einlage des Katheters in die Loge sollte möglichst ein bis 100 ml auffüllbarer Ballon verwendet werden, um bei einer größeren Resektatmenge ausreichenden Druck auf den Sinus und die Kapsel auszuüben. Während der Resektion ist die Eröffnung eines Sinus dadurch zu bemerken, sofern das Lumen nicht unmittelbar
erkennbar ist, dass tiefrote Rückspülflüssigkeit auftritt, während bei Betrachtung der Loge unter Spülung keine Blutung vorliegt (Spülflüssigkeit wird eingeschwemmt). Der Ballonkatheter muss in der Loge so weit geblockt werden, dass die venöse Blutung zum Stillstand kommt. Hierzu ist es mitunter notwendig, z. B. bei einem Resektatgewicht von 20 g eine Füllung von 70–90 ml durchzuführen. Der Katheterballon sollte sich bei nur geringem Zug am Katheter gut in der Loge entfalten. Die Erhöhung der Füllmenge erfolgt so lange, bis die Rückspülung hell ist. Eventuell muss nach Umlagern des Patienten der Katheter nochmals »einreguliert« werden.
Kapselperforation und Abtrennung des vesikoprostatischen Übergangs Eine Perforation der Prostatakapsel entsteht meist durch flächenhafte oder einmalige »zu tiefe Resektion«. Im unteren seitlichen Bereich der Prostatakapsel ist diese Komplikation meist mit Eröffnen eines Sinus verknüpft. Perforationen ohne Blutung können an der Fettstruktur des anresezierten Gewebes erkannt werden und sind harmlos. Tipp
Eine flächenhafte Ausdünnung, die durch starke Überfüllung der Blase während der TUR noch verstärkt wird, lässt sich durch Auseinanderweichen der weißlichen Kapselfasern erkennen. Wird die Perforation stärker, kann das periprostatische gelbliche, »griselige« Fett gesehen werden, das von einigen spinnengewebeartigen Kapselfasern überdeckt ist.
In dieser Situation kann die Resektion fortgeführt werden unter Beachtung folgender Kautelen: ▬ Vermeidung einer Überfüllung der Blase. ▬ Reduktion des Spülwasserdrucks, sofern eine zügige Resektion damit noch gegeben ist. ▬ Information des Anästhesisten über eine mögliche Einschwemmung. ▬ Prophylaktische Gabe von 20 mg Furesemid. ▬ Schonendes Absaugen der Resektionsstücke und Vermeidung einer wiederholten Perforation des Schaftes durch die Kapsel. Eine freie Kapselperforation tritt fast nur am Übergang der Blase zur Resektionsloge auf bedingt durch einen zu tiefen Schnitt an der Übergangsstelle ohne optische Kontrolle (⊡ Abb. 7.41). Unter guter Sicht und »Wegdrücken« des Gewebes mit dem Schaft kann die Perforation des vesikoprostatischen Übergangs vermieden werden. Ist die Perforation größer, kommt es zu einem Spülwasserdefizit und Einschwemmung größerer Mengen von Spülflüssigkeit in den Retroperitonealraum und später durch Osmose intraperitoneal. Diese Komplikation erfordert, wenn die Abtrennung der
77 7.4 · Komplikationen der transurethralen Resektion der Prostata
⊡ Abb. 7.43. Unterfahrung des Trigonums durch zu starke Freiresektion am vesikoprostatischen Übergang im Verlauf der TURP. Die dorsale Blasenlippe hebt sich an, während der Boden der Loge absinkt. Dadurch entsteht ein Gewebeschlitz unter die Blase. Der schwarze Pfeil zeigt den Weg des Instrumentes unter das Trigonum an
⊡ Abb. 7.41. Kapselperforation und Abtrennung des vesikoprostatischen Übergangs. Es erfolgte ein zu tiefer Schnitt am Blasenhals ohne optische Kontrolle
⊡ Abb. 7.42. Perforation unter das Trigonum. Einführen des Schaftes mit Obturator ohne Sichtkontrolle und Perforation des Mittellappens
Blase großflächig erfolgte, evtl. eine operative Intervention durch extraperitoneale suprapubische Freilegung und Übernähung der Kapsel.
Perforation unter das Trigonum Eine Perforation unter das Trigonum kann sowohl beim Einführen des Instrumentes, während der Resektion als auch beim Einlegen eines Katheters erfolgen (⊡ Abb. 7.42).
Wird der Schaft ohne Sichtkontrolle eingeführt und am Übergang der bulbären Harnröhre zur Prostata forciert vorgeschoben, kann entweder eine Perforation der Harnröhre im bulbären Bereich oder eine Perforation des Mittellappens unter das Trigonum erfolgen. Diese iatrogene Komplikation tritt nur auf, wenn das Instrument kraftvoll vorgeschoben wird, um eine vermeintliche Stenose zu überwinden. Normalerweise sucht sich das Instrument selbst seinen Weg, es sollte nur leichter Druck ausgeübt werden und das Instrument bei einem großen Mittellappen tief abgesenkt werden. Eventuell hilft Absenken des Kopfendes des Tisches. Die Resektion kann begonnen werden, sofern die Übersicht problemlos wieder zu gewinnen ist. Während der Resektion wird am Übergang der Prostata zur Blase häufig die Kapsel durch Resektion ausgedünnt. Durch den Spülstrom und durch unachtsames Einführen des Instrumentes (die Schaftspitze muss beim »blinden« Einführen in die Blase zur Entleerung des Spülwassers etwas angehoben werden!) werden die Kapselfasern am Übergang ausgedünnt. Dies zeigt sich zunächst durch einen schlitzförmigen Spalt, der unter das Trigonum reicht. Diese drohende »Abhebung« ist noch nicht beunruhigend (⊡ Abb. 7.43). Wird die Unterfahrung vergrößert oder weiter aufgespült, sind eine tiefere Höhle mit Fettgewebe und bindegewebeartige Fasern zu sehen. Es ist nun darauf zu achten, den Übergang der Prostata in die Blase nicht noch weiter abzutrennen und die Operation schonend zu Ende zu bringen. Dauerhafte Schäden sich nicht zu erwarten, sofern das Problem der bestehenden Einschwemmung während der Operation erkannt wird und anschließend der Katheter sicher in die Blase und Loge eingeführt wird.
7
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Kapitel 7 · Transurethrale Resektion (TURP) und transurethrale Inzision (TUIP) der Prostata
Tipps
Wichtig ist, dass bei einer Unterfahrung oder Ausdünnung der Kapselfasern am vesikoprostischen Übergang der Katheter korrekt mit der Spitze in der Blase platziert wird. Es empfehlen sich 2 Möglichkeiten der Kathetereinlage: – Geringe Perforation: Anheben der Katheterspitze beim Einführen mit dem Zeigefinger von rektal. Ausdünnung breitflächig dorsal: Einführen des Katheters über eine Leitschiene.
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Liegt der Katheter subtrigonal, ist entweder ein Spülwasserdefizit durch retroperitoneale Einschwemmung auffällig, oder es entleert sich zunächst helle Rückspülflüssigkeit, da die blutige Resektionsloge nicht drainiert wird. Zunächst fällt auch kein Spülwasserdefizit auf, da der Subvesikal- und Retroperitonealraum erst aufgespült wird. ! Cave Eine klare Rückspülflüssigkeit bei vorher intraoperativ bemerkter Ausdünnung des vesikoprostatischen Übergangs ist immer verdächtig auf eine Fehllage der Katheterspitze.
Ist eine größerflächige Perforation erfolgt, sollte der Katheter mit einer Führungshilfe eingeführt werden. Zunächst wird das Resektionsinstrument unter Sicht in die Blase vorgeführt und diese gefüllt. Das Elektrotom wird entfernt und über den Schaft ein fester Draht (Lunderquist-Draht) oder eine feste, glatte Metallstange mit gerundetem Ende eingeführt. Flexible Drähte oder Ureterenkatheter sind zu weich. Die Katheterspitze wird abgeschnitten und der Metallstab und das Katheterlumen gut mit Gleitmittel bestrichen. Es ist nun die Hilfe einer zweiten Person erforderlich. Der Metallstab wird durch die Hilfsperson fest fixiert, sodass keine Perforation der Blasenhinterwand erfolgt, da das Vorschieben des Katheters aufgrund des Reibungswiderstandes schwer sein kann. Der Penis wird mit der linken Hand gestreckt und der Katheter mit der rechten Hand vorgeschoben. In der Blase wird nun der Katheter gut festgehalten und der Stab entfernt. Blocken des Katheters in der Blase mit 20 ml und vorsichtiges Einziehen in die Loge. Tipps
Es ist auf die richtige Orientierung der Katheterspitze (Ventil kranial!) zu achten, sodass die Spitze von der Perforation weg kranialwärts in die Blase ragt. Der Ballon sollte möglichst gering befüllt werden, um eine weitere Dissektion zu vermeiden. Ist die Lage des Katheters nicht klar oder liegt eine inadäquate Drainge vor, sollte am besten intraoperativ oder unmittelbar postoperativ ein Zystogramm erfolgen.
Verletzung des Ostiums Verletzungen der Ostiums kommen bei großem Mittellappen und unkontrolliertem Einsetzen der Schlinge ohne Sichtkontrolle des Endpunktes vor. Eine andere Möglichkeit besteht darin, dass der Operateur die Orientierung verliert und in der Blase reseziert. Eine oberflächliche Resektion ist unproblematisch, sofern das Harnleiterlumen noch zu sehen ist. Ist das Lumen nicht auszumachen, sollte Methylenblau i.v. gegeben werden, eine sorgfältige Blutstillung im Resektionsbereich erfolgen und ein Doppel-J-Katheter gelegt werden, um eine Stenose zu vermeiden. Der DJ-Katheter wird nach 10– 14 Tagen entfernt. Nach Entfernung ist zu prüfen, ob ein Reflux oder eine Restenose aufgetreten ist.
Intraperitoneale Verletzung Eine intraperitoneale Verletzung durch Resektion der Hinterwand oder Perforation mit dem Instrument ist eine Rarität. Sie tritt nur bei Unachtsamkeit bei der Einführung des Instrumentes und leerer Blase auf oder wenn sich der Operateur aufgrund von Unerfahrenheit, starker Blutung oder fehlender Systematik verirrt und die Hinterwnd der Blase reseziert. Eine intraperitoneale Perforation erfordert die offene Blasenübernähung. Lediglich eine kleine Perforation, verursacht z. B. mit dem Metallstab oder einem Führungsdraht beim Einführen des Ballonkatheters, kann unter strenger Kontrolle des Bauches beobachtet werden.
Verletztung des M. sphincter externus Die Verletzung des Sphinktermechanismus ist sicherlich eine der schwerwiegensten Komplikationen der TURP (bis 1,2%). Differenzialdiagnostisch abzugrenzen sind jedoch Inkontinenzformen, die nicht durch eine Inzision bedingt sind wie die Resektion bei einem Prostatakarzinom, das den Sphinkterbereich infiltriert hat, die Inkontinenz zerebralsklerotischer Patienten sowie die vorübergehende Schädigung durch Dehnung des Gewebes. Diese Form der Inkontinenz kann durch einen zu lange in die Loge eingezogenen Ballonkatheter, der unter Zug belassen wurde, entstehen [22, 23]. Ursache einer »Inkontinenz« kann auch die unvollständige apikale Resektion sein. Durch Belassen eines apikalen oder parakollikulären Adenomanteils oder asymmetrische Resektion kann der Sphinkterbereich nicht konzentrisch schließen und hält das Lumen »halb offen«. Wichtig für die Schonung des externen Sphinktersystems ist es, sich als Operateur die Lage des Beckenbodens und die anatomischen Resektionsgrenzen zu vergegenwärtigen. Der Kollikulus dient hierbei als Landmarke, da distal des Kollikels, der sich meist verjüngt und flach ausläuft, der Sphinkterbereich liegt. Der Sphinkter selbst kann endoskopisch nicht dargestellt werden. Lediglich der hydraulische Sphinktertest stellt den Bereich des Schließmuskels durch Kontraktion dar.
79 7.4 · Komplikationen der transurethralen Resektion der Prostata
Tipps
Besondere Vorsicht ist geboten, wenn der Kollikel nicht gut sichtbar ist. Dies kann bei voluminösen Seitenlappen, bei Dauerkatheterträgern oder nach vorausgegangener Resektion schwierig sein. In diesen Fällen ist es besonders wichtig, den Kollikel darzustellen. Durch Absenken der Spitze des Resektoskopes zwischen die Seitenlappen lässt sich der Kollikel einsehen. Durch Palpation mit dem Zeigefinger von rektal wird der Bereich des Kollikels angehoben, und es erfolgt eine bessere Darstellung
Gelegentlich muss der Kollikel freireseziert werden, besonders bei vorresezierten Patienten. Hierbei ist besondere Vorsicht geboten, indem zunächst der hydraulische Sphinktertest durchgeführt wird und dann die Resektion im Mittellappenbereich begonnen wird, bis der Kollikel »ausgegraben« wird. Bei der parakollikulären und gegen Ende der Operation apikalen Resektion ist größte Vorsicht angezeigt. Mehrfache hydraulische Sphinktertests orientieren den Operateur über die Lagebeziehung des Kollikels zum Sphinkterbereich und die Resektionsgrenzen, besonders wenn bei voluminösen Adenomen distal des Kollikels reseziert werden muss. Apikales Restgewebe sollte immer mit dem Wackeltest ( oben) bei klarer Sicht dargestellt werden. Nur Gewebe, das sich im Spülstrom hin- und herbewegen lässt, darf reseziert werden. Vorsicht ist auch bei stark eingestelltem Koagulationsstrom geboten, da sich Gewebe bei der Koagulation apikal in die Schlinge hineinziehen kann. Verletzungen des Sphinkters treten v. a. ventralseitig auf, wenn der Kollikel nicht exakt abgedeckt wird und beim Drehen des Instrumentes dieses nach distal herausgezogen wird. Gute Fixierung des Instrumentes mit der linken Hand am Körper des Patienten ist bei der Drehung wichtig, v. a. wenn umgegriffen wird. Wird das Instrument lediglich zusammen mit dem Körper des Operateurs gedreht, ist Umgreifen nicht notwendig und damit die Gefahr des Herausrutschens verringert. Tipp
Wurde während der Operation bemerkt, dass die Resektion zu weit distal erfolgte, sollte der Ballonkatheter ohne Zug und bei nur geringer Füllung in die Loge gelegt werden, um nicht zusätzlich eine Dehnung des resezierten Gewebes zu bewirken.
Eine Betrachtung des Sphinkterbereichs nach Abheilung der Resektionswunde (4–6 Wochen post operationem) zeigt meist ein starres, im hydraulischen Sphinktertest nicht kontrahierendes Areal.
Ist lediglich ein kleiner Abschnitt des zirkulären Sphinkterbereichs vernarbt, kann es gelingen, mit »injectables« wie Kollagen diesen Bereich zu überbrücken und ein submuköses Polster zu injizieren. Durch Unterspritzung, evtl. mehrfach wiederholt, kann eine Besserung der Stressharninkontinenz erreicht werden. Liegen größere Läsionen des Sphinkterbereichs vor oder wurde durch Injektionstherapie keine Besserung erlangt, ist ein artefizieller Sphinkter indiziert. Zur Abklärung der Inkontinenz ist neben der Zystoskopie durch einen erfahrenen endoskopisch tätigen Urologen eine Zytomanometrie erforderlich, um eine instabile Blase auszuschließen.
7.4.2
Postoperative Komplikationen
Die postoperativen Komplikationen sind in der Übersicht gezeigt.
Postoperative Komplikationen
Nachblutung (Transfusionsrate bis 20%). Protrahierte Sickerblutung/Koagel in der Blase. Residualgewebe oder apikale Koagel. Blasentenesmen/Harnwegsinfektion. Epididymitis.
Nachblutung Eine arterielle Nachblutung kann durch hellrote gleichmäßige Verfärbung im Ablaufschlauch auffallen. Meist sieht man jedoch eine wolkige Blutung (»Wolken«) in der sonst weitgehend klaren Ablaufflüssigkeit. Ist die Spülflüssigkeit gleichmäßig tiefrot gefärbt, ist hingegen von einer venösen Blutung auszugehen. Bei einer schwachen arteriellen Blutung oder einer venösen Blutung kann zunächst versucht werden, mit Hilfe des einliegenden Spülkatheters eine Blutstillung zu erreichen. Es empfiehlt sich folgendes Vorgehen: ▬ Ausspülen der Blase von Koageln mit der Blasenspritze. ▬ Lösen des Zuges und Freigeben des Katheters. ▬ Tritt keine Besserung auf, Nachblocken mit 10–20 ml. ▬ Erneuter Zug am Katheter. ▬ Tritt keine Besserung auf, Zug des Ballonkatheters an den Blasenhals. Die Blutungen aus kleineren Arterien am Blasenhals können mit einem in der Blase geblockten Katheter zum Sistieren gebracht werden. Hierzu ist es notwendig, den in der Loge geblockten Katheter vollständig zu entblocken.
7
80
Kapitel 7 · Transurethrale Resektion (TURP) und transurethrale Inzision (TUIP) der Prostata
Protrahierte Sickerblutung/Koagel in der Blase
7
⊡ Abb. 7.44. Blockung des Katheters in der Blase und Kompression der Loge durch Zug am Katheter. Vor allem venöse oder kleine arterielle Blutungen am Blasenhals können mit dieser Methode komprimiert werden
Tipp
Es ist darauf zu achten, dass der Katheter nicht nach distal gezogen wird, da es sonst beim Vorschieben zu einer subtrigonalen Unterfahrung kommen kann. Bereits beim Entblocken der letzen Milliliter der Ballonfüllung sollte der Katheter in die Blase vorgeschoben werden. In der Blase wird der Ballon nun mit 100 ml gefüllt und dann erst an den Blasenhals gezogen. Am Katheter kann mit einer langen Mullbinde, die über das Bettende geführt wird, ein Gewicht (eine mit 500 ml oder 1000 ml Flüssigkeit gefüllte Infusionflasche) angeknotet werden (⊡ Abb. 7.44).
Der Patient sollte nun möglichst ruhig auf dem Rücken liegen bleiben. Hierdurch kann für einige Stunden Zug auf den Blasenhals ausgeübt werden. Stärkere arterielle Blutungen sollten baldmöglichst endoskopisch versorgt werden, da sonst für den Patienten unnötiger Blutverlust entsteht. Bei der Inspektion der Loge finden sich immer wandadhärente Koagel sowie eine teilweise oder vollständige Blasentamponade. Die Koagel sollten zunächst mit der Blasenspritze aufgewirbelt und abgesaugt werden. In der Loge ist es meist notwendig, die Koagel mit der Schlinge retrograd in die Blase zu schieben oder abzukratzen. Lassen sich feste Koagel nicht abschieben oder in der Blase aufspülen, müssen sie mit dem Schneidestrom reseziert werden. Fast immer dauert die Koagelausräumung, die vollständig erfolgen sollte, relativ lang. Bei klaren Sichtverhältnissen kann dann das spritzende Gefäß – häufig ventral gelegen – schnell gefunden werden. Es empfiehlt sich auch, nochmals eine Nachkoagulation von nicht spritzenden Arterien vorzunehmen.
Ist der Urin 4–5 Tage nach der TURP nicht blutfrei, sollte eine erneute Inspektion durchgeführt werden. Es kann sich entweder um das Färben des Urins durch ein größeres Koagel in der Blase oder Prostataloge handeln oder um eine profuse venöse Blutung unter einem bestehenden Koagel. Ein größeres Koagel in der Blase kann meist sonographisch dargestellt werden. In Sedierung des Patienten wird die Blase und die Prostataloge ausgespült. Gelingt dies nicht, ist eine Narkose erforderlich, um die Koagel zu resezieren. Nach Entfernung aller Koagel wird meist keine aktive Blutungsquelle gefunden. Mit dem Absaugen der Koagel ist der Eingriff beendet. Eine gelegentliche Makrohämaturie bis zu 6 Wochen nach TURP ist möglich, besonders, wenn sich ein Koagulationsschorf abstößt. Forcierte orale Flüssigkeitszufuhr ist ausreichend. Tritt eine längerfristige Makrohämaturie auf, muss ein Spülkatheter für 1–2 Tage eingelegt werden.
Residualgewebe oder apikale Koagel Bemerkt der Patient, dass er unmittelbar nach Entfernen des Katheters gut miktionieren konnte, jedoch nach der 2. Miktion oder später einen schlechten Harnstrahl aufweist, liegt apikales Restgewebe oder Koagel vor. Intermittierende Harnsperren mit plötzlichem Abstoppen des Harnstrahls sind typisch für flottierendes Gewebe, das nach apikal vorfällt. Der Patient sollte baldmöglichst zystoskopiert werden. Absaug- oder Spülversuche mit Kathetern oder Zuwarten sind sinnlos und verärgern nur den Patienten. Bei der Zystoskopie wird bei leerer Blase das ventilartige Gewebe, das typischerweise ventral hereinfällt, erkannt. Die Blase sollte auch auf residuelle (vergessene) Resektionstücke abgesucht werden. Apikales Residualgewebe muss nachreseziert werden. Wenige Gramm Gewebe apikal können entfernt werden (2–3 g). Der Katheter wird für einen Tag belassen, sodass sich der Krankenhausaufenthalt des Patienten bei zügiger Indikationsstellung nur um 2–3 Tage verlängert. Manchmal führen bewegliche Koagel, die von apikal durch die Miktion in die Harnröhre hineinflottieren, zu ähnlicher Symtomatik. Diese Koagel können immer mit heftiger Spülung oder Abkratzen mit der Schlinge abgelöst werden.
Blasentenesmen/Harnwegsinfekt Viele Patienten weisen unmittelbar nach Katheterentfernung für einige Tage eine Pollakisurie und/oder Urgeinkontinenz auf. Ein signifikanter Harnwegsinfekt muss ausgeschlossen werden. Durch die Gabe von Anticholinergika können die Symptome, die bis zu 12 Wochen nach TURP anhalten können, verbessert werden. Eine gesteigerte Trinkmenge und damit häufige Miktion führen bei den meisten Patienten zu einer schnellen Besserung der Symtomatik.
81 7.4 · Komplikationen der transurethralen Resektion der Prostata
Epididymitis Tage bis Wochen nach einer TURP kann eine Epididymitis auftreten. Bei unklarem Fieber muss immer eine Nebenhodenentzündung palpatorisch und sonographisch ausgeschlossen werden. Eine Vasektomie ist präoperativ nicht notwendig, da Nebenhodenentzündungen nach TURP selten auftreten (0,5–4,0%). Hochlagern, Kühlen des Skrotalinhaltes, antibiotische Therapie, Bettruhe des Patienten und sonographische Verlaufskontrollen zur Erkennung einer eitrigen Einschmelzung sind notwendig.
Spätkomplikationen nach TUR
7.4.3
Die Spätkomplikationen nach der transurethralen Resektion der Prostata zeigt die Übersicht.
Die Behandlung der Strikturen erfolgt zunächst durch eine Urethromia interna, bei der Rezidivstriktur durch offene Harnröhrenplastik.
Blasenhalsstenose Eine Sonderform der Harnröhrenstriktur stellt die narbige Blasenhalsstenose dar. Sie tritt häufiger nach Resektion kleiner Adenome auf. Tipps
Prophylaktisch sollte daher nach TURP kleiner Adenome bis 30 g eine beidseitige tiefe Blasenhalsinzision mit der Kerbsonde bis zum Kollikel hin durchgeführt werden. Die irisförmige Öffnung aus der ausresezierten Loge in die Blase wird entweder mit dem Urethrotom sternförmig inzidiert oder besser das Narbengewebe großflächig reseziert.
Spätkomplikationen
Harnröhrenstriktur (1,8–12,0%). Blasenhalsstenose (0,9–3,2%). Chronischer Harnwegsinfekt. Rezidivadenom (12–15%). Retrograde Ejektion und erektile Dysfunktion.
Harnröhrenstriktur Tipps
Regeln zur Vermeidung einer Striktur nach TURP: Bei relativem Missverhältnis zwischen Meatusweite und Instrument Aufschneiden der vorderen Harnröhre mit dem Urethrotom nach Otis bis 30 Charr. Einführen von gut gleitfähigem Gleitmittel in die gesamte Harnröhre (Verstreichen mit dem Finger nach proximal). Einschmieren des Resektionsschaftes mit Gleitmittel. Bei relativen Stenosen in der Harnröhre Urethromia interna mit einem glatten Schnitt. Wenig Bewegungen mit dem Instrument in der Harnröhre bei der Resektion. Beachten der Isolierung des Instrumentes. Kein zu hoher Schneidestrom.
Unter diesen Vorsichtsmaßnahmen lässt sich die Rate der postoperativen Harnröhrenstrikturen auf etwa 1–3% senken. In der Literatur werden unterschiedliche Häufigkeiten von 1,8–12% angegeben. Prädilektionstellen für das Auftreten sind der Meatusbereich, der penoskrotale Übergang, der Übergang der membranösen in die prostatische Harnröhre sowie der Blasenhals.
Chronischer Harnwegsinfekt Ursachen eines chronischen Harnwegsinfektes nach TURP können sein: ▬ unvollständig ausresezierte Loge (»unruhige Loge«) ohne glatte Resektionsflächen, ▬ nekrotisches oder wenig durchblutetes Restgewebe nach unvollständiger Resektion oder ausgedehnter Koagulation, ▬ vergessene Resektionstücke in der Blase, ▬ Harnwegsinfekt mit resistenten Keimen. Die ersten 3 genannten Ursachen für einen chronischen Harnwegsinfekt sollten immer – auch wenn der Patient in gutem Strahl restharnfrei miktionieren kann – zu einer Nachresektion mit Glättung der Loge führen. Nach Ausresektion des chronisch entzündeten Gewebes sind die dysurischen Beschwerden beseitigt.
Rezidivadenom Das echte Rezidiv nach einer vollständigen TURP tritt selten auf. Meist war die vorausgegangene Resektion unvollständig und nicht bis zur Kapsel hin erfolgt, sodass kapselnahes Adenomgewebe als vermeintliches Rezidiv nachwachsen kann. Nach 8 Jahren beträgt die Wahrscheinlichkeit einer Reoperation nach vorausgegangener TURP 12–15%. Bei der Resektion eines Rezidivadenoms ist besonders die Anatomie zu beachten, da bisweilen bizarre Formen und Verziehungen der Anatomie auftreten können. Darstellung des Kollikels und wiederholte hydraulische Sphinktertests sind entscheidend für ein gutes postoperatives Ergebnis.
Retrograde Ejakulation/erektile Dysfunktion Postoperativ tritt bei nahezu allen Patienten eine retrograde Ejakulation auf (50–95%). Dies ist keine Komplikation im
7
82
Kapitel 7 · Transurethrale Resektion (TURP) und transurethrale Inzision (TUIP) der Prostata
eigentlichen Sinne, da bei guter Ausresektion der Loge und damit offenem Blasenhals die retrograde Ejakulation eine Folgeerscheinung ist. Bedingt durch den Resektions- und Koagulationsstrom kann eine Schädigung des Gefäß-Nerven-Bündels in der periprostatischen Kapsel auftreten. Die Impotenzrate liegt bei etwa 13% (3,4–32%) Dieser Effekt ist bis jetzt nicht in prospektiven Studien bewiesen. Eine postoperative erektile Dysfunktion kann vielmehr auch als Begleiterscheinung eines operativen Eingriffes bei bereits nachlassender Potenz in höherem Lebensalter entstehen [24].
7.5
Modifikationen der transurethralen Resektion der Prostata
7.5.1
Transurethrale Elektrovaporisation der Prostata
7
Die transurethrale Elektrovaporisation ist eine elektrochirurgische Modifikation der klassischen Schlingenresektion. Durch eine Rollensonde ist eine fast blutungsfreie Gewebeablation möglich. Mit Schneidestrom wird durch eine Schlinge eine schnelle Erhitzung von Gewebe erreicht, sodass die Gewebezellen verdampfen (explosive Vaporisation). Bei der Koagulation oder bei geringem Schneidestrom wird hingegen eine Desikkation der Zellen bewirkt. Bei der Elektrovaporisation wird durch den vorderen Anteil der Rollensonde Gewebe vaporisiert, während das hintere Ende zu einer Desikkation von Gewebe führt. Unter Wasser oder Glycinlösung wird das desikkierte Gewebe rehydriert und damit wieder für eine Elektrovaporisation befähigt. Auf diese Weise wird Gewebe abgetragen, es entsteht nur eine geringe Blutung und unterhalb der Vaporisationszone eine Desikkationszone. Nachteilig ist, dass viele Patienten eine prolongierte Pyurie mit prostatitisähnlichen Symptomen aufweisen und durch den hohen Koagulationsstrom eine apikale und parakollikuläre Vaporisation gefährlich ist. Lange Verläufe mit Urgeinkontinenz und bei exzessiver Vaporisation auch koagulationsbedingte Sphinkterschädigung sind möglich [25, 26].
7.5.2
7.6
Transurethrale Inzision der Prostata (TUIP)
Liegt eine kleines Adenom oder eine sog. Sphinktersklerose vor – auch primäre Blasenhalskontraktur oder mediane Barre (»median bar«) genannt –, kann eine ein- oder besser beidseitige transurethrale Inzision erfolgen. Die betroffenen Patienten sind meist deutlich jünger als die Patienten mit einem benignen Prostatasyndrom. Die TUIP sollte nur bis zu einem Adenomgewicht von maximal 20 g durchgeführt werden. Es ist darauf zu achten, dass keine ausgeprägten Seitenlappen oder ein größerer Mittellappen vorliegen, da sich sonst die Gewebeanteile wieder leicht aneinander legen können. In diesen Fällen ist eine ausführliche TURP des fibrösen Gewebes bis hin zu weicheren Gewebeschichten durchzuführen. Während die Inzidenz einer retrograden Ejakulation bei der TURP bei 50–95% liegt, ist bei einseitiger Inzision mit <5%, bei beidseitiger Inzision mit 15% retrograder Ejakulation zu rechnen [27, 28]. Mit einer Hakensonde wird bei 5 und 7 Uhr das Adenomgewebe, das bei der Sphinktersklerose typischerweise fester und weniger gut durchblutet ist, durchtrennt. Beginnend am Blasenhals wird die Inzision bis parakollikulär geführt. Schrittweise wird das Gewebe durchtrennt, bis zunächst das Adenomgewebe und dann die Kapselfasern auseinander weichen. Die Inzision sollte solange in die Tiefe fortgeführt werden, bis die feinen Fasern der äußeren Kapsel sichtbar werden. Die Stillung von Blutungen erfolgt ebenfalls mit der Hakenelektrode und Koagulationsstrom (⊡ Abb. 7.45).
Transurethrale Resektion der Ductus ejaculatorius
Bei einer Obstruktion der distalen Ductus ejaculatorius kann eine Resektion des Kollikulus durchgeführt werden. Verkalkungen der Ausführungsgänge oder Vernarbungen nach Prostatitis führen bei der Resektion des Kollikels meist zu schlechteren Ergebnissen als Obstruktionen durch Prostatazysten.
⊡ Abb. 7.45. Prinzip der transurethralen Inzision des Blasenhalses. Mit einer Kerbsonde wird Gewebe bei 5 und 7 Uhr bis zur Kapsel hindurch getrennt
7
83 7.7 · Ergebnisse der TURP, TUIP und der offenen Adenomenukleation
⊡ Tabelle 7.5. Vergleich der verschiedenen Verfahren zur Operation der benignen Prostatahyperplasie (in %)
7.7
TUIP
TURP
Offene Adenomektomie
Symptomverbesserung
73
85
98
Reduktion im Symptomenscore
73
85
79
Durchschnittliche maximale Flowverbesserung
8–15
8–18
8–23
Wahrscheinlichkeit einer Reoperation innerhalb von 5 Jahren
8,1
3,4
0,4
Ergebnisse der TURP, TUIP und der offenen Adenomenukleation
Gegenüber allen alternativen endoskopischen oder perkutanen Verfahren stellt die TURP immer noch den »golden standard« zur Behandlung der benignen Prostatahyperplasie dar. An diesem Referenzstandard haben sich alle neueren und alternativen Methoden zu vergleichen. Gewebeablative Verfahren, die Adenomgewebe entfernen und damit eine Deobstruktion des unteren Harntraktes erreichen, weisen im Vergleich zu den nicht ablativen Verfahren wie transurethrale Mikrowellentherapie (TUMT), Kontakt- oder interstitielle Laserablation wesentlich bessere Ergebnisse auf. Bei allen nicht ablativen Verfahren muss mit einer nur geringen Verbesserung oder gar einer Verschlechterung der Miktionssymtomatik bei mindestens 30% aller Patienten gerechnet werden. Lediglich die offen-operative Adenomektomie der Prostata führt mit einer Symptomverbesserung von 98% gegenüber 85% bei der TURP (Abfall des AUA Symptom Index) und einer Reoperationsrate von 0,4% vs. 3,4% nach 5 Jahren zu besseren Ergebnissen [29, 30]. Die offene Operation ist jedoch individuell vom operativen Geschick und der Ausbildung des Operateurs ab hängig und erst bei etwa 60–80 g Adenomgewicht indiziert. Die Enukleation kleinerer Adenome kann transvesikal erhebliche Probleme bereiten. Die perioperative Morbidität ist für den Patienten durch 7 Tage Dauerkatheter und einen größeren Unterbauchschnitt deutlich höher als durch einen für 2 Tage belassenen Spülkatheter nach der TURP. Die Ergebnisse der TURP waren bei den Männern am besten, die präoperativ den höchsten Symptomenscore hatten und deren Lebensqualität am meisten durch die obstruktiven oder irritativen Symptome beeinträchtigt war. Durch die TURP lässt sich nach einem Jahr eine Verbesserung von etwa 88% (70–96%) und eine Reduktion des Symptomenscores von 85% erreichen (⊡ Tabelle 7.5). 91% der Patienten haben keine Komplikationen bis zu 30 Tagen nach der Operation. Die 30-Tage-Mortalität sank nach TURP von 1,2% 1984 auf 0,77% im Jahr 1990 (⊡ Tabelle 7.6) [31–33].
⊡ Tabelle 7.6. Komplikationshäufigkeit bei TUIP und TURP (in %)
TUIP
TURP
Morbidität
2,2–33
5,2–30,7
Mortalität (30–90 Tage)
0,2–1,5
0,5–3,3
Inkontinenz total
0,06–1,1
0,68–1,4
Operative Behandlung bei chirurgischen Komplikationen
1,3–2,6
0,68–10,0
Impotenz
3,9–24,0
3,3–34,8
Retrograde Ejakulation
6,0–55,0
55,0–95,0
An Nebenwirkungen ist bei der TURP mit bis zu 2,0% Einschwemmungen intraoperativ sowie einer Sphinkterläsion in bis zu 1,2% der Fälle zu rechnen. Eine Transfusionsrate von bis zu 20% wird in der Literatur beschrieben, jedoch liegt die Rate der Transfusionen bei einer Prostatagröße bis 60 g und einem erfahrenen Operateur zwischen 2 und 3%. Spätkomplikationen wie Harnröhrenstriktur (1,8%–12%), Blasenhalsstenose (0,9–3,2%) sowie Rezidivadenom (12–15%) nach 8 Jahren werden berichtet [32, 34, 35]. Bedingt durch die weite Öffnung des Blasenhalses zur Prostataloge entsteht methodenbedingt fast immer eine retrograde Ejakulation (50–95%). Die transurethrale Inzision der Prostata ist lediglich bei einer Blasenhalssklerose ohne ausgeprägte Seitenklappen indiziert. Bei voluminösen Seitenlappen wird der Effekt einer Kerbung unmittelbar postoperativ durch Verklebung der Kerbungsrinnen wieder beseitigt. Vorteil der TUIP ist der Erhalt der anterograden Ejakulation in bis zu 95% bei einseitiger und 85% bei beidseitiger Kerbung. Nachteilig ist, dass das Verfahren nicht gewebeablativ und evtl. nach kurzer Zeit erneut indiziert ist bzw. bei wachsendem Adenom eine TURP durchgeführt werden muss. Durch deobstruierende Verfahren wie TURP oder Holmium-Laserablation lassen sich nachhaltig gute Ergebnisse in der subjektiven Verbesserung der Symptomatik als auch in Messparametern wie Uroflow oder Restharn erzielen.
84
Kapitel 7 · Transurethrale Resektion (TURP) und transurethrale Inzision (TUIP) der Prostata
Literatur
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8 Laser-Anwendung in der Urologie (physikalische und biophysikalische Grundlagen) A. Hofstetter
8.1
Biologische Wirkungsmechanismen
8.2
Thermische Prozesse
– 87
– 88
8.2.1 Photokoagulation – 88 8.2.2 Photothermisches Schneiden und Verdampfen – 88
8.3
Athermische Laser-Verfahren – 89
8.3.1 Photoablation – 89 8.3.2 Photodisruption – 89 8.3.3 Biochemische Prozesse Literatur – 90
– 90
86
Kapitel 8 · Laser-Anwendung in der Urologie (physikalische und biophysikalische Grundlagen)
Das Wort LASER ist ein Akronym für ein physikalisches Prinzip und bedeutet: L Light A Amplification by S Stimulated E Emission of R Radiation.
8
Das bedeutet: Lichtverstärkung durch stimulierte Emission von Photonen. Voraussetzung für diese bereits von Einstein postulierte Möglichkeit der Lichterzeugung ist eine Überzahl von Atomen in angeregtem Energiezustand (Besetzungsinversion; ⊡ Abb. 8.1). Die Rückkehr der Elektronen auf das tiefere Gundniveau erfolgt bei der Erzeugung von Laser-Licht nicht mehr zufällig (spontan), sondern durch Stimulation von Photonen aus einem äußeren Strahlungsfeld. Durch die Rückkehr der Photonen auf ein tieferes Grundniveau entsteht eine Photonenlawine, die, falls das aktive Medium zwischen 2 Spiegeln eingeschlossen wird, eine axiale Strahlung erzeugt. Zum Austritt der LaserStrahlung muss einer der Spiegel teildurchlässig sein. Ein Laser besteht aus 3 Grundelementen: ▬ aktives Medium, ▬ Pumpquelle, ▬ Resonator (⊡ Abb. 8.2).
⊡ Abb. 8.1a–d. Stimulierte Emission (Lawinenprozess), dargestellt an 4 angeregten Atomen. a Spontane Emission zur Auslösung. b–d Stimulierte Emissionen. (Aus [8])
⊡ Tabelle 8.1. Medizin-Laser
Laser
Aktives Medium
Wellenlänge [nm]
Neodym-YAG
Neodym-Ionen (Nd3+) in Yttrium-Aluminium-Granat (Y3Al5O12)
1064
Holmium-YAG
Holmium-Ionen in YAG
2127
KTP
Kalium-Titanyl-Phosphat (Frequenz-Verdoppelung der Nd-YAG-Strahlung)
532
pn-Übergangszone
850–910
Excimer
Edelgas-Halogenid XeF XeCl KrF ArF
351 308 248 193
Helium-Neon
Neonatome + Helium (Ne-He)
633
Krypton
Krypton-Ionen (Kr+)
Linien (324–858)
Argon
Argon-Ionen (Ar+)
Linien (351–525)
Kohlendioxid
CO2-Moleküle
10600
Organische Farbstoffe, z. B. Stilben, Cumarin
310–1280
Festkörper-Laser
Halbleiter-Laser Galliumarsenid Gas-Laser
Flüssigkeits-Laser Farbstoff-Laser
87 8.1 · Biologische Wirkungsmechanismen
Was macht die Laser, v. a. für die endoskopische Anwendung, so interessant? Um diese Frage beantworten zu können, müssen wir uns mit den Wechselwirkungen der Laser-Strahlung mit biologischem Gewebe befassen.
8.1
⊡ Abb. 8.2. Aufbau eines Lasers. (Aus [8])
Das aktive Medium (Laser-Material – fest, flüssig oder gasförmig) bildet zusammen mit den Resonatorspiegeln den Laser-Resonator, dem von einer Energiequelle Pumpenergie zugeführt wird. Das Laser-Licht ist für die Medizin besonders interessant, da die Interaktionen mit dem Gewebe eine Menge von Effekten erzeugen, die v. a. beim endoskopischen Operieren von hohem Nutzen sind. Dabei spielen die Parameter Leistungsdichte und Zeit sowie die besonderen Eigenschaften des Laser-Lichtes wie räumliche und zeitliche Kohärenz, Monochromasie und Fokussierbarkeit eine entscheidende Rolle [6]. Für die Diagnostik und Therapie in der Urologie haben sich aus der Gruppe der sog. Medizin-Laser (⊡ Tabelle 8.1, 8.2) folgende Laser bewährt: Krypton-, Argon-, NeodymYAG-, Holmium-YAG-, Halbleiter-, KTP-Laser sowie Farbstoff-Laser.
Biologische Wirkungsmechanismen
Die biologischen Laser-Wirkungen lassen sich in thermische und athermische Wechselwirkungen untergliedern. Entscheidend dabei sind die Leistungsdichte, die Einwirkungszeit sowie die wellenlängenabhängigen optischen Eigenschaften des bestrahlten Gewebes. Primär maßgeblich sind der Absorptionskoeffizient und der Streukoeffizient der biologischen Komponenten (⊡ Abb. 8.3). Die Summe aus dem Absorptionskoeffizient (α) und Streukoeffizienten (β) ergibt den Extinktionskoeffizienten K. Der reziproke Wert des Extinktionskoeffizienten hat die Dimension einer Länge (d). Für d=1/K ist die Intensität auf die mittlere Eindringtiefe 1/e, was ca. 38% bedeutet, abgesunken (e=Euler’sche Zahl; ⊡ Abb. 8.3). Da biologisches Gewebe hauptsächlich aus Wasser besteht, ist hier der Absorptionskoeffizient für die thermischen Effekte der Laser-Strahlung von entscheidender Bedeutung. Im sichtbaren Spektralgebiet ist Wasser transparent. Am Beginn des Infrarotbereiches bei ca. 780 nm setzt zunächst eine schwache Absorption ein, die ab 1.400 nm beträchtliche Werte erreicht. In ⊡ Tabelle 8.3 sind die mittleren Eindringtiefen dreier wichtiger LaserStrahlungen in Wasser und im Blut dargestellt.
⊡ Tabelle 8.2. Die wichtigsten Laser und ihre Anwendung in der Urologie
Laser
Gewebewirkung
Bedeutung/Hauptindikation
Krypton
Fluoreszenz
Abgelöst durch UV-Lichtquellen
Argon
Koagulation (oberflächlich), PDT
Teilweise abgelöst durch Weißlichtquellen
Nd-YAG
Koagulation, Schneiden, Vaporisation
Volumenkoagulation (Tumoren des Urogenitaltraktes, entzündliche Veränderungen)
Ho-YAG
Koagulation, Schneiden, Vaporisation
Multifunktional
Dioden
Koagulation
Volumenkoagulation
KTP
Vaporisation, Koagulation
Tumoren (Prostata)
CO2
Schneiden, Vaporisation
(in der Urologie keine Bedeutung)
Excimer
Narbensprengung
Urethrastrikturen
Dye
Lithotripsie
Gut geeignet
Freddy
Lithotripsie
Gut geeignet
Alexandrit
Lithotripsie
(wenig geeignet)
8
88
Kapitel 8 · Laser-Anwendung in der Urologie (physikalische und biophysikalische Grundlagen)
interstitielle Koagulation von Tumoren (Urothelkarzinome, Prostataadenome, Nierenzellkarzinome bis zu 2 cm Durchmesser, Condylomata acuminata, Gefäßtumoren, Bilharzioseherde, chronisch-entzündliche Veränderungen wie bei der interstitiellen Zystitis, lokoregionäre Prostatakarzinomrezidive usw.). Der Vorteil dieser Laser-induzierten Wärmezufuhr liegt in ihrer Berechenbarkeit, bedingt durch die kontinuierliche, gleichmäßige Wärmeausbreitung, die weitestgehend unabhängig von der Gewebezusammensetzung stattfindet. ⊡ Abb. 8.3. Wellenlängenabhängige Strahlenschwächung im Gewebe durch Absorption α und Streuung β (Hofstetter und Frank). CO2-Laser: starke Absorption, Nd-YAG-Laser: starke Streuung, ArgonLaser: Absorption und Streuung im Verhältnis 1 : 1. (Aus [8])
⊡ Tabelle 8.3. Mittlere Eindringtiefe der Laser-Strahlung in Wasser und in Blut (Schwächung auf 1/e=38%)
8
8.2
Laser
Wellenlänge [nm]
Wasser [mm]
Blut [mm]
CO2
10.600
0,01
0,01
Nd-YAG
1.064
100
2,5
Ar+
528
10.000
0,03
Thermische Prozesse
8.2.1 Photokoagulation
Temperaturerhöhungen im Gewebe hängen von der zeitlichen Zuführung der Laser-Energie und von den thermischen Eigenschaften des Gewebes ab, d. h. von der spezifischen Wärmekapazität, der Wärmeleitung und Konvektion. Wie experimentelle Untersuchungen ergeben haben, treten unterhalb von 45°C im Gewebe keine irreversiblen Schädigungen auf. Im Bereich von 45–50°C erfolgt eine Schädigung von Enzymsystemen und der Zellmembran, verbunden mit einer Ödembildung. Bei einer mehrere Sekunden andauernden Erwärmung des Gewebes beginnt bei 60o C das Eiweiß zu gerinnen. Die Denaturierung ist durch eine weißliche Verfärbung optisch erkennbar. Da gleichzeitig Blutkapillaren versiegelt werden, eignet sich die Koagulation neben der Gewebszerstörung auch zur Blutstillung. Wegen seiner ausgeprägten Tiefenwirkung ist der Neodym-YAG-Laser besonders gut für die Koagulation geeignet. Dasselbe gilt auch für den Halbleiter-(Dioden-)laser (⊡ Abb. 8.4). Die biophysikalischen Eigenschaften prädestinieren diese beiden Laser für die berührungsfreie und
8.2.2 Photothermisches Schneiden
und Verdampfen Die starke Absorption infraroter Strahlung in Wasser führt bei Temperaturen um 100°C zum Sieden des Gewebewassers, was das Platzen der Zellen und Gewebsschrumpfung zur Folge hat. Bei Siedetemperatur des Wassers erfolgt trotz fortgesetzter Laser-Bestrahlung zunächst keine weitere Temperaturerhöhung, da die zugeführte Energie als Verdampfungswärme zur Änderung des Aggregatzustandes verbraucht wird. Erst nach vollständiger Verdampfung des Wassers beginnt die Temperatur wieder zu steigen. Ab ca. 150°C erfolgt eine Karbonisierung, was vermehrte Absorption der Laser-Strahlung mit weiterem starkem Temperaturanstieg bedeutet. Bei Temperaturen über 400°C treten Vaporisation und Verbrennen auf. Infolge der hohen Absorption im Wasser wäre der CO2Laser optimal zum Schneiden wasserhaltiger Gewebe. Das Fehlen flexibler Faserlichtleiter beschränkt jedoch die Anwendung des CO2-Lasers auf eine offene Anwendung unter Verwendung von Spiegelarmsystemen, die den Strahlengang manipulieren können. Für die endoskopische Anwendung kommen Dioden-, der Neodym-YAG- sowie der Holmium-YAG-Laser in Frage. Besonders bewährt für das endoskopische Schneiden hat sich der Holmium-YAG-Laser, mit dem man aber
⊡ Abb. 8.4. Halbleiter-Laser. (Aus [8])
89 8.3 · Athermische Laser-Verfahren
auch koagulieren, vaporisieren und in der gepulsten Form Steine zertrümmern kann. Der KTP-Laser (Kalium-Titanyl-Phosphat) wird derzeit v. a. zur Vaporisation von Prostataadenomen eingesetzt [2]. Das Licht des Argon-Lasers wird im Gewebe v. a. von Hämoglobin und Gewebspigmenten absorbiert, sodass daraus eine Volumenabsorption geringer Eindringtiefe resultiert. Dieser Laser ist besonders geeignet zur Zerstörung stark vaskularisierter Hauttumoren. In der Urologie kann dieser Laser bei Hämangiomen des äußeren Genitales sowie zur Zerstörung von Endometrioseherden verwendet werden. Das Haupteinsatzgebiet in der Urologie war bis jetzt die photodynamische Therapie (PDT). Wie aber unsere jüngsten Forschungsergebnisse zeigen, kann dieser Laser durch wesentlich billigere Weißlichtquellen ersetzt werden [4].
8.3
Athermische Laser-Verfahren
8.3.1 Photoablation
Durch Aufbrechen molekularer Brücken kann man Gewebe abtragen, sog. »kaltes Verdampfen«. Die eingestrahlte Energie löst chemische Verbindungen und vaporisiert entstehende Bruchstücke. Da bei diesem Vorgang Energie nicht in Wärme ungewandelt wird, können hier feinste Gewebeschnitte ohne Wärmeschädigung durchgeführt werden, was sich dort nutzen lässt, wo feinste technische Präparationen, z. B. an Zellstrukturen, gefragt sind. Die Photonen des Laser-Lichtes müssen eine ausreichende Quantenenergie besitzen, um chemische Bindungen aufbrechen zu können. Daher werden für diese Vorgänge energiereiche Eximer-Laser, die im UV-Bereich emittieren, eingesetzt, da sie Impulse höchster Leistungsdichte (GW/cm2) liefern.
⊡ Abb. 8.5. Laser-Strahlrückkopplungssystem (Schemazeichnung)
8.3.2 Photodisruption
Bei weiterer Steigerung der Leistungsdichte entsteht ein sog. optischer Durchbruch. Hierbei dehnt sich ein kurzlebiges, Laser-induziertes Plasma zunächst aus, um dann wieder in sich zusammenzufallen. Die von diesem explosionsartigen Vorgang ausgelösten mechanischen Stoßwellen werden u. a. zur Steinzertrümmerung verwendet. Derartige Vorgänge können mit gepulsten Farbstoff-Lasern, aber auch mit Festkörper-Lasern wie Holmium-YAG-, Neodym-YAG- und Alexandrit-Laser erzeugt werden. Der von uns entwickelte Lithotriptor (Lithognost) ist zudem mit einem automatischen spektralanalytischen Steinerkennungssystem ausgerüstet, sodass die Schockwellen nur dann ausgelöst werden, wenn der Stein im Visier des Laser-Lichtes liegt (⊡ Abb. 8.5). Der Lithognost hat sich zur Zertrümmerung besonders harter Steine bewährt, wogegen sich der Alexandrit-Laser wegen Faserbruchs bei relativ geringen Energien (60 mJoule) nicht durchsetzen konnte. Wirksame Steinzertrümmerer sind der sog. Freddy-Laser und der gepulste HolmiumYAG-Laser [1]. Da das Licht der Laser-Lithotripsoren über flexible Glasfasern übertragen werden kann, hat diese Technologie mit der Weiterentwicklung flexibler Ureterorenoskope an Bedeutung gewonnen. Wir bedienen uns dieses Vorgehens u. a. zur Zerstörung von Steinen im Bereich der unteren Nierenkelchgruppe, die mit der extrakorporalen Stoßwellenlithotripsie (ESWL) nur unzureichend zu behandeln sind. Mit den flexiblen Laser-Fasern ist die untere Kelchgruppe gut erreichbar. Man kann mit dem flexiblen Ureterorenoskop den meist verengten Kelchhals aufdilatieren und mit der gepulsten Laser-Strahlung den Stein in sehr kleine Fragmente zerlegen, sodass diese über das flexible Ureterorenoskop abgesaugt oder bei größeren Konkrementen mit einer Steinfasszange entfernt werden können.
8
90
Kapitel 8 · Laser-Anwendung in der Urologie (physikalische und biophysikalische Grundlagen)
8.3.3 Biochemische Prozesse
8
Bestrahlung geringer Leistungsdichte, aber langer Bestrahlungszeiten kann lichtinduzierte chemische Reaktionen zwischen chromophoren Substanzen im Gewebe auslösen, ohne eine Erwärmung hervorzurufen. Neben körpereigenen Chromophoren sind photosensibilisierende Substanzen, wie z. B. die 5-Aminolävulinsäure, die im Tumorgewebe zu Protoporphyrin IX umgewandelt wird, die Grundlage der photodynamischen Diagnostik (PDD) und der photodynamischen Therapie (PDT). Photofluoreszenz und photodynamische Therapie [3] basieren auf der Wechselwirkung eines Photosensibilisators mit Licht. Die Anregung des Photosensibilisators durch Licht induziert einerseits Fluoreszenz für die Diagnostik, andererseits reaktive Sauerstoffradikalenbildung zur Zerstörung von Tumorzellen. Hierbei nimmt der Photosensibilisator Licht bestimmter Wellenlänge auf. Durch die Absorption von Photonen entsteht ein elektronisch angeregter Zustand, der auf verschiedene Weise in den stabilen Grundzustand relaxieren kann. Neben der Erzeugung von Wärme besteht die Möglichkeit, durch Emission eines Photons in einen niederen Energiezustand zu gelangen. Dieser Prozess wird Fluoreszenz genannt. Da die Absorptionsenergie gewöhnlich größer als die Emissionsenergie ist, ist die Wellenlänge des emittierten Photons in den längerwelligen Bereich verschoben. Dies erklärt u. a., warum unsichtbares hochenergetisches UV-Licht Fluoreszenzen im sichtbaren Bereich auslösen kann. Während die biochemischen Prozesse bei der Fluoreszenz in Nanosekunden ablaufen, können Photosensibilisatoren, die für die PDT eingesetzt werden, die aufgenommene Energie durch ein sog. Intersystemcrossing von dem kurzlebigen Singlettzustand in einen langlebigen Triplettzustand überführen. Aus diesem Triplettzustand kann die Energie auf ein Substratmolekül übertragen werden, und der Photosensibilisator geht in seinen Grundzustand zurück, um wieder neue Photonen zu absorbieren und so erneut in den Zyklus wieder einzutreten. Infolge dieser Energieübertragung befindet sich das Substratmolekül (gewöhnlich molekularer Sauerstoff) in einem elektronisch angeregten Zustand, den es seinerseits nicht direkt durch Lichtabsorption besetzen kann. Somit wirkt hier der Photosensibilisator als eine Art Katalysator, um sog. reaktive Sauerstoffspezies (ROS) zu generieren. Zu den ROS zählen auch: Hydroxylradikale, Hydrogenperoxide sowie Singlettsauerstoff. Diese ROS reagieren mit intrazellulären Strukturen wie Lipiden und Enzymen und führen so zum Zelltod. Im Zusammenhang mit der Photofluoreszenz und der photodynamischen Therapie ist auf die von uns entwickelte ALA-induzierte Photofluoreszenz zur Erkennung von prämalignen und malignen Läsionen in der Harnblase zu verweisen. Die Methode hat, wie mehrere unabhängige
Studien zwischenzeitlich ergeben haben, allein aufgrund der besseren Diagnostik sowohl zu einer Senkung der Rezidivrate beim Harnblasenkarzinom als auch zu einer Verlängerung der Überlebenszeit geführt. Was die photodynamische Therapie betrifft, so ist es mit dieser Methode nicht nur möglich, sog. BCG-(Bacillus-Calmette-Guérin-)refraktäre, maligne Läsionen der Harnblase zu therapieren [5], sondern wahrscheinlich auch in Zukunft Prostatakarzinome oder -rezidive [7].
Literatur 1. Hofstetter, A.G. (Hrsg): Laserlithotripsie. In: Lasergestützte Operationsverfahren in der Urologie, 2003. Thieme, Stuttgart New York 2. Malek, R., Kuntzmann, R., Barrett, D: KTP laser prostatectomy: long term experience. J. Urol. 2001; 165 (5): 1511 3. Sroka, R., Stepp, H.: Fluoreszenzdiagnostik und photodynamische Therapie. In: A.G. Hofstetter (Hrsg) Lasergestützte Operationsverfahren in der Urologie 2003. Thieme, Stuttgart New York 4. Waidelich, R., Beyer, W., Knüchel, R., Stepp, H., Baumgartner, R., Schrader, J., Hofstetter, A., Kriegmair, M.: Whole bladder photodynamic therapy with 5-aminolevulinic acid using a white light source. Urology, 2003; 61: 332 5. Waidelich, R., Stepp, H., Baumgartner, R., Weninger, E., Hofstetter, A., Kriegmair, M.: Clinical experience with 5-amino-levulinic acid and photodynamic therapy for refractory superficial bladder cancer. J. Urol. 2001, 165: 1904 6. Waidelich, W.: Physikalische Grundlagen der Laser Medizin. In: A. Hofstetter (Hrsg) Lasergestützte Operationsverfahren in der Urologie 2003. Thieme, Stuttgart, New York 7. Zaak, D., Sroka, R., Hoppner, M., Khoder W., Reich, O., Tritschler, S., Muschter, R., Knüchel, R., Hofstetter, A: Photodynamic therapy by means of 5-ALA induced PPIX in human prostate cancer. Med. Laser Appl. 2003: 18: 91 8. Hofstetter, A.G. (Hrsg): Laser in der Urologie. Eine Operationslehre, 1995. Springer, Berlin Heidelberg New York
9 Holmium-Laser-Enukleation der Prostata (HoLEP) R.M. Kuntz
9.1
Vorbemerkungen – 92
9.2
Indikationen zur Operation – 92
9.2.1 9.2.2
Prostatagröße – 92 Seltene Indikationen
– 92
9.3
Vorbereitung des Patienten – 93
9.3.1 9.3.2
Präoperative Vorbereitung – 93 Lagerung und Abdeckung des Patienten
9.4
Operationsinstrumentarium – 93
9.4.1 9.4.2 9.4.3
Holmium-Laser – 93 Laser-Resektoskop – 93 Mechanischer Gewebemorcellator
9.5
Operationstechnik – 94
9.5.1 9.5.2
9.5.3 9.5.4 9.5.5 9.5.6 9.5.7 9.5.8 9.5.9 9.5.10 9.5.11
Prinzip der Enukleation – 94 Einführen des Resektoskopes, Inspektion der Blase, hydraulischer Sphinktertest, Haltung des Instrumentes, Regulierung des Spülwassers, Gewebedifferenzierung – 95 Enukleation des Mittellappens – 95 Enukleation des linken Seitenlappens – 100 Enukleation des rechten Seitenlappens – 104 Gewebefragmentierung – 105 Blutstillung – 108 Prostatakarzinom – 110 Prostataabszess – 110 Blasensteine – 110 Harnröhrenstriktur, Blasenhalssklerose, Blasendivertikel – 110
9.6
Nachbehandlung – 110
9.6.1 9.6.2 9.6.3
Gewebeentfernung – 110 Blasenkatheter – 110 Postoperative Nachsorge – 110
9.7
Komplikationen der Holmium-Laser-Enukleation der Prostata – 111
9.7.1 9.7.2 9.7.3
Intraoperative Komplikationen – 111 Postoperative Komplikationen – 112 Spätkomplikationen – 112
9.8
Ergebnisse – 112 Literatur – 113
– 93
– 94
92
Kapitel 9 · Holmium-Laser-Enukleation der Prostata (HoLEP)
9.1
Vorbemerkungen
Für kleine und mittelgroße Prostatadrüsen gilt die TURProstata (TURP) nach wie vor als Therapie der Wahl. Allerdings liegt trotz Senkung der Mortalität auf nahezu Null die Morbidität der TURP nach wie vor bei etwa 15%, wofür u. a. ein relativ hoher Blutverlust mit einer mittleren Transfusionsrate von 8% (5–11%) verantwortlich ist [1]. Deshalb wurde in den letzten Jahren nach Alternativverfahren mit ähnlicher Effektivität, jedoch geringerer Morbidität gesucht. Auch verschiedene Laser fanden dabei klinische Anwendung, im Wesentlichen ▬ der Neodym:YAG-Laser zur transurethralen berührungsfreien seitlichen Laser-Bestrahlung der Prostata (visuelle Laser-Ablation der Prostata in side-fireTechnik = VLAP) oder zur interstitiellen Laser-Koagulation (ILK), bei der die Laser-Energie über intraprostatisch eingestochene Nadeln appliziert wird, und ▬ der Holmium:YAG-Laser zur Holmium-Laser-Resektion bzw. -enukleation der Prostata.
9
Die Holmium-Laser-Wellenlänge wird sehr gut von Wasser absorbiert und deshalb sehr schnell von wasserhaltigem Gewebe aufgenommen und in Hitze umgewandelt. Die Holmium-Laser-Wellenlänge hat deshalb eine nur sehr geringe Eindringtiefe von 0,4 mm [2]. Je kürzer die Eindringtiefe und je kleiner das bestrahlte Gewebeareal, desto höher ist die Energiedichte. Die hohe Energiedichte des Holmium-Lasers erhitzt das wasserhaltige Prostatagewebe auf über 100°C und führt zur dessen Vaporisation. Wird die Laser-Faser in direktem Gewebekontakt durch die Prostatalappen geführt, so resultiert aus der Vaporisation ein Schnitt, der wegen der geringen Eindringtiefe von 0,4 mm sehr präzise ist. Abstrahlende Hitze führt auf einer Strecke von 2–3 mm zur thermisch bedingten Koagulationsnekrose des angrenzenden Gewebes mit simultaner Koagulation von Gefäßen [2]. Schon beim Schneiden des Prostatagewebes mit dem Holmium-Laser wird die Mehrzahl aller Gefäße gestillt, und die Operation ist nahezu blutungsfrei. Die Wellenlänge des Neodym:YAG-Lasers wird dagegen sehr viel schlechter von Wasser resorbiert und dringt deshalb sehr viel tiefer ins Gewebe ein, bevor sich die LaserEnergie in Hitze umgewandelt hat. Die Energiedichte ist geringer, das Prostatagewebe wird nicht auf über 100°C erhitzt und deshalb nicht vaporisiert [2]. Schneiden ist nicht möglich, und Prostatagewebe kann weder inzidiert noch reseziert oder enukleiert werden. Der Neodym:YAG-Laser führt vielmehr lediglich zu einer Koagulationsnekrose des Prostatagewebes, und die Volumenreduktion des obstruierenden Prostatagewebes tritt erst ein, nachdem das nekrotische Prostatagewebe abgestoßen oder resorbiert worden ist. Die Holmium-Laser-Enukleation (HoLEP) ist ein sofort abladierendes Verfahren, die Neodym:YAG-Laser-
Behandlung dagegen ein sekundär abladierendes Verfahren mit verspätet einsetzender Beseitigung von obstruierendem Prostatagewebe.
9.2
Indikationen zur Operation
Die Indikationen der Holmium-Laser-Enukleation (HoLEP) sind grundsätzlich identisch mit denen der TURP (Abschn. 7.1).
9.2.1
Prostatagröße
Indikation bei kleiner Prostata Kleine Drüsen von weniger als 20–30 g können durch eine transurethrale Inzision der Prostata (TUIP) behandelt werden, was mit dem Holmium-Laser sehr viel besser als mit der HF-Schlinge möglich ist, da die Inzision des Prostatagewebes vollkommen blutungsfrei bleibt. In der Regel wird der Blasenhals bei 5 Uhr und bei 7 Uhr inzidiert. Bei Bedarf kann zusätzlich der Mittellappen enukleiert werden. Eine retrograde Ejakulation tritt nach TUIP seltener auf als nach einer HoLEP. Falls bei kleineren Prostatae eine Enukleation des adenomatösen Gewebes bevorzugt wird, sollte am Ende der Operation bei 6 Uhr eine tiefe Inzision im Bereich des Übergangs von der Blase zur Prostataloge erfolgen, um einer postoperativen narbigen Blasenhalssklerose vorzubeugen.
Indikation bei großer Prostata Im Gegensatz zur TURP gibt es für die HoLEP keine Differenzialindikation zur offenen Adenomenukleation, denn mit dem Holmium-Laser können Adenome jeglicher Größe operiert werden [3–9]. Offene Adenomenukleationen werden überflüssig. Auch bei großen Drüsen über 100 g Gewicht ist der Blutverlust gering [4, 5, 9, 10]. Im eigenen Krankengut von über 300 Operationen an Prostatae mit einem Gewicht von über 100 g beträgt die Transfusionsrate <1% (unveröffentlichte Daten). Ein TUR-Syndrom kann nicht auftreten, da Kochsalzlösung als Spülflüssigkeit verwendet wird. Allerdings können wegen der längeren Operationszeit erhebliche Flüssigkeitsmengen resorbiert werden, was bei herzinsuffizienten Patienten beachtet werden muss.
9.2.2
Seltene Indikationen
Palliative Resektion des Prostatakarzinoms Blutungen, rezidivierende Harnverhaltungen oder eine ausgeprägte Miktionssymptomatik sind Indikationen zur endoskopischen Abtragung des obstruierenden Karzinomgewebes. Es ist denkbar, jedoch nicht bewiesen, dass die simultane Blutstillung bei der Enukleation die Einschwem-
93 9.4 · Operationsinstrumentarium
mung von Karzinomzellen in Venen verhindert oder vermindert und einer hämatogenen Disseminierung vorbeugt.
! Cave Bei der Lagerung von Patienten mit eingeschränkter Beweglichkeit in den Hüftgelenken dürfen während der Schmerzfreiheit der Narkose kontrakte Gelenk- und Muskelstrukturen nicht überdehnt und traumatisiert werden!
Prostataabszess Ein Prostataabszess kann blutungsfrei mit dem HolmiumLaser inzidiert werden. 9.4
Operationsinstrumentarium
9.4.1
Holmium-Laser
Antikoagulanzientherapie Zahlreiche Autoren berichten über die Möglichkeit, selbst unter Marcumar-Therapie eine Holmium-Laser-Enukleation der Prostata durchführen zu können [3, 6, 11]. Dies sollte allerdings auf Drüsen bis zu etwa 40 g beschränkt werden.
9.3
Vorbereitung des Patienten
9.3.1
Präoperative Vorbereitung
Alle Patienten erhalten eine perioperative antibiotische Prophylaxe. Wird präoperativ ein bis dahin nicht bekannter Harnwegsinfekt nachgewiesen, sollte die Operation verschoben und der Infekt behandelt werden. Eigenblut oder gar Fremdblutkonserven müssen auch bei großen Drüsen nicht bereitgestellt werden.
9.3.2
Lagerung und Abdeckung des Patienten
Die Lagerung des Patienten erfolgt wie bei der TURP (Abschn. 7.2.3). Tipps
Das Abdecktuch, das den Anästhesiebereich vom Operationsfeld trennt, sollte so am Abdeckbügel befestigt werden, dass der Operateur während der Operation mit der flachen Hand das Abdomen des Patienten eindrücken kann. Dadurch kann nicht nur das Blasendach in Richtung Blasenboden, sondern auch das Dach der Prostataloge in Richtung Logenboden gedrückt werden und der ventrale Resektionsrand zwischen Blase und Prostataloge bei der abschließenden Blutstillung besser inspiziert werden. Bei eingeschränkter Beweglichkeit im Hüftgelenk kann letztlich nur durch eine Pobelagerung beurteilt werden, ob eine transurethrale Resektion in Steinschnittlage möglich ist.
Der Holmium-Yttrium-Aluminium-Garnet- (YAG-)Laser ist ein gepulster Feststoff-Laser. Er produziert Licht im unsichtbaren Bereich mit einer Wellenlänge von 2140 nm. Am Laser-Gerät können sowohl die Energie/Einzelpuls (Joule) als auch die Anzahl der Pulse (Hertz) stufenweise verändert werden. Je höher die Energie pro Puls, desto stärker ist der Schneideeffekt. Je höher die Frequenz, desto schneller ist der Schneidevorgang. Um Prostatagewebe ausreichend effektiv schneiden zu können, sollte die Gesamtleistung des Lasers mindestens 60 W, am besten 100 W betragen. Zur effektiven Schneideleistung ist mindestens 1,5 J pro Puls notwendig. Für die HoLEP hat sich eine Leistung von 2,0 J pro Puls und 40 Hz bei 80-Watt-Lasern bzw. 50 Hz bei 100-Watt-Lasern als optimal erwiesen. Der Energietransport erfolgt über resterilisierbare und somit wiederverwendbare, wasserarme, flexible Quarzfasern mit einem Durchmesser von etwa 0,5 mm. Zur Kühlung der Faser und zur Herstellung guter Sichtverhältnisse ist während der Operation eine Dauerspülung nötig.
9.4.2
Laser-Resektoskop
Grundsätzlich können zur transurethralen Anwendung eines Holmium-Lasers sämtliche Endoskope verwendet werden, die über einen Arbeitskanal verfügen und bei denen die Laser-Faser arretiert und gegen seitliche Ausschläge stabilisiert werden kann. Zur Stabilisierung kann die Faser durch einen Ureterkatheter geführt werden. Die LaserFaser sollte 3 mm aus dem Ureterkatheter herausragen. Günstiger sind Dauerspülresektoskope, die einen äußeren Schaft besitzen, der im direkten Kontakt mit der Harnröhrenschleimhaut steht, und einen inneren drehbaren Innenschaft, mit dessen Hilfe das Resektoskop rotiert werden kann, ohne dass der äußere Schaft bewegt wird. In unserer Klinik wurde ein spezieller Laser-Arbeitseinsatz entwickelt, der es ermöglicht, die Laser-Faser aus dem Resektoskopschaft herauszuschieben bzw. in den Resektoskopschaft zurückzuziehen, und der darüber hinaus die Laser-Faser stabilisiert und arretiert. Ohne Stabilisierung der Laser-Faser resultiert kein gerader Schnitt, sondern ein »Zick-zack-Schnitt« mit seitlichen Ausschlägen der Faser im Rhythmus der Laser-Impulse, die sich auf die Laser-Faser übertragen.
9
94
Kapitel 9 · Holmium-Laser-Enukleation der Prostata (HoLEP)
. Abb. 9.1. Gewebemorcellator (Versa cut, Lumenis, Santa Clara, CA, USA): Handstück mit angeschraubtem äußerem rohrförmigem Hohlmesser und innerem Hohlmesser, das an seinem weißen Aufsatzstück über ein Schlauchsystem mit der Vakuumpumpe im Hintergrund verbunden ist. In der Mitte der Abbildung das Nephroskop (Karl Storz, Tuttlingen, BRD) über das der Morcellator mit dem Resektoskopschaft verbunden wird
9
a
Wie die klassische Elektroresektion wird die HolmiumLaser-Enukleation in Videotechnik durchgeführt.
9.4.3
Mechanischer Gewebemorcellator b
Der Morcellator besteht aus 2 röhrenförmigen Hohlmessern, an deren Ende sich jeweils ein Fenster mit geschliffenen Kanten befindet. Das äußere Hohlmesser ist fest mit einem Handgriff verbunden (. Abb. 9.1). Das innere Hohlmesser dagegen bewegt sich im äußeren Hohlmesser vor und zurück und ist über ein Schlauchsystem mit einer Rollenpumpe verbunden. Durch Aktivierung der Pumpe über einen Fußschalter wird die Absaugung von Spülflüssigkeit aus der Blase in Gang gesetzt und damit der in der Blase flottierende enukleierte Prostatalappen an das Morcellatorfenster angesaugt. Durch weiteres Herunterdrücken des Fußschalters in eine zweite Position wird dann die Bewegung des inneren Hohlmessers ausgelöst, welches das in die Fenster der Hohlmesser hineinragende Prostatagewebe guillotinenartig abschneidet, also morcelliert. Das morcellierte Gewebe wird über das innere Hohlmesser und die Pumpe in ein Auffangsieb abgesaugt. Damit die Morcellation unter Sicht erfolgen kann, wird der Morcellator mit einem Nephroskop mit schrägem Optikaufsatz verbunden. Dieses Nephroskop wird nach Entfernung des inneren Resektoskopschaftes inklusive Arbeitseinsatz über einen von uns entwickelten Adapter mit dem in der Harnröhre verbleibenden äußeren Resektoskopschaft verbunden. Der Wechsel von Laser-Enukleation zu mechanischer Gewebemorcellation ist somit einfach, schnell, ohne Wechsel des Resektionsschaftes und ohne potenzielle Traumatisierung der Harnröhre möglich.
. Abb. 9.2 a, b. Schematische Darstellung der Mittellappenenukleation. a Blasenhalsinzisionen bei 5 Uhr und 7 Uhr. b Retrograde Abtragung des Mittellappens auf dem Niveau der chirurgischen Kapsel
9.5
Operationstechnik
9.5.1
Prinzip der Enukleation
Die HoLEP führt als ein primär abladierendes Verfahren zur sofortigen, endoskopisch kontrollierten Entfernung des obstruierenden Prostatagewebes. Dabei wird die Prostata nicht Schnitt für Schnitt reseziert, sondern tatsächlich enukleiert, genau wie bei der offenen Adenomenukleation, jedoch auf transurethralem Zugang. Die Prostatalappen werden in toto von der chirurgischen Kapsel abgetragen. Die Holmium-Laser-Faser bewegt sich dabei in exakt derselben Schicht zwischen Adenomgewebe und chirurgischer Kapsel wie der Zeigefinger des Operateurs bei der offenen Operation. Alle vorliegenden Daten mit mittelfristiger Beobachtungszeit deuten darauf hin, dass die Desobstruktion der prostatischen Harnröhre genauso effektiv und anhaltend ist wie bei der TURP [6, 11, 12, 13] und der offenen Adenomenukleation [3, 5, 8].
95 9.5 · Operationstechnik
Die Holmium-Laser-Enukleation der Prostata ist eine eigene transurethrale Operationstechnik, die erlernt werden muss. Sie ist keine Anfängeroperation [2, 3, 4, 6, 8, 11, 13]. Endoskopische Erfahrung und exakte anatomische Kenntnisse des Blasenhalses sind Voraussetzung. Schon nach etwa 20 Operationen lässt sich die Methode relativ sicher beherrschen, vorausgesetzt, die Operationen finden in relativ kurzem Zeitraum statt, und der Lernende nutzt nicht jede echte oder vermeintliche Schwierigkeit als Anlass oder auch nur als Alibi, um dem Lernprozess auszuweichen und auf die gewohnte klassische TURP zurückzugreifen. (Offensichtlich tun sich gerade erfahrene Operateure gelegentlich schwer, vorübergehend den Status des Lernenden zu akzeptieren.)
9.5.2
Einführen des Resektoskopes, Inspektion der Blase, hydraulischer Sphinktertest, Haltung des Instrumentes, Regulierung des Spülwassers, Gewebedifferenzierung
a
Die oben genannten Aspekte werden ausführlich in Abschn. 7.3.1–7.3.6 dargestellt. Sie sind für die HoLEP gleichermaßen zutreffend wie für die TURP.
9.5.3
Enukleation des Mittellappens
Vor Beginn der Mittellappenenukleation müssen beide Harnleiterostien identifiziert werden. Tipp
Bei Drüsen mit großem, weit endovesikal gewachsenem Mittellappen können die Harnleiterostien oft erst eingesehen werden, wenn die Blase sich mit zunehmender Füllung ausdehnt und der Abstand zwischen Harnleiterostium und Prostataadenom zunimmt. Wenn bei stark trabekulierter Blase die Ureterleiste nur schwer von einem Trabekel zu differenzieren ist, hilft die Blaufärbung des Urins durch intravenös appliziertes Indigokarmin.
b
Nach Identifizierung der Harnleiterostien wird der Blasenhals bei 5 Uhr und 7 Uhr inzidiert (⊡ Abb. 9.2a). ⊡ Abb. 9.3a–c. Position der Laser-Faser bei der 5-Uhr-Inzision des Blasenhalses zu Beginn der Mittellappenenukleation. a Verbotene Position: In dieser Position zeigt die Laser-Faser direkt auf das Harnleiterostium, und es bestünde eine erhebliche Gefahr, dass beim c Schneiden der Blasenhalsinzision das linke Harnleiterostium verletzt wird. b Erlaubte Position: Die Laser-Faser ist medial des Harnleiterostiums ausgerichtet und kann das Harnleiterstostium nicht verletzen. c Erlaubte Position: Die Laser-Faser ist lateral des linken Harnleiterostiums ausgerichtet und kann das Ostium nicht verletzen
9
96
Kapitel 9 · Holmium-Laser-Enukleation der Prostata (HoLEP)
⊡ Abb. 9.4. Blasenhalsinzision bei 5 Uhr (zwischen linkem Seitenlappen und Mittellappen). Im Hintergrund ist bei 12 Uhr das linke Harnleiterostium zu sehen
⊡ Abb. 9.5. Vertiefung der Blasenhalsinzision bei 5 Uhr bis zur chirurgischen Kapsel. Die chirurgische Kapsel ist an den weißlichen, parallel verlaufenden Fasern zu erkennen. Auf der linken oberen Bildhälfte zeigt sich die gelbliche, genoppte Oberfläche des adenomatösen Gewebes, auf der rechten Bildhälfte das unverletzte Urothel der prostatischen Harnröhre
⊡ Abb. 9.6. Verbreiterung der 5-Uhr-Inzision auf dem Niveau der chirurgischen Kapsel nach medial zur Unterminierung des Mittellappens
⊡ Abb. 9.7. Fortführung der Unterminierung des Mittellappens
9
Tipp
Es muss daran gedacht werden, dass das Laser-Licht immer geradeaus strahlt. Bei der Inzision des Blasenhalses muss deshalb der Laser-Strahl medial oder lateral des Harnleiterostiums zielen, da sonst das Ostium verletzt werden kann, auch wenn die Laser-Faser nicht direkt das Ostium berührt, denn bis auf eine Entfernung von etwa 3 mm kann die Laser-Energie zur Koagulationsnekrose des Gewebes führen (⊡ Abb. 9.3, 9.4).
Die Inzisionen bei 5 Uhr und 7 Uhr beginnen jeweils am Übergang zwischen Blase und prostatischer Harnröhre und enden an der proximalen Grenze des Colliculus seminalis. Tipp
Auch bei sehr großen Adenomen, bei denen die distale Adenomgrenze distal über den Kollikel hinausragt, ▼
97 9.5 · Operationstechnik
⊡ Abb. 9.8. Distales Ende der 5-Uhr-Inzision. Der Mittellappen ist deutlich unterminiert
⊡ Abb. 9.9. Zustand nach kompletter Blasenhalsinzision bei 5 Uhr und bei 7 Uhr. Beide Inzisionen enden am Beginn des Kollikels
⊡ Abb. 9.10. Aufsicht auf den Kollikel. Im Hintergrund sind die 5-Uhrund 7-Uhr-Inzisionen zu erkennen
⊡ Abb. 9.11. Quere Verbindung der Blasenhalsinzisionen bei 5 Uhr und bei 7 Uhr. Die Querinzision wird bis zur chirurgischen Kapsel vertieft. Im Vordergrund ist der Kollikel sichtbar
sollten die primären Blasenhalsinzisionen bei 5 Uhr und 7 Uhr nicht über den Kollikel hinaus bis zur Spitze des Apex durchgezogen werden, denn dabei werden Blutgefäße im parakollikulären Gewebe eröffnet, die mühselig zu stillen sind bzw. – falls dies nicht auf Anhieb gelingt – während der gesamten Enukleation des Mittellappens weiter bluten.
Beide Inzisionen werden bis auf die chirurgische Kapsel vertieft, die sich optisch mit ihren weißlichen, parallel verlaufenden faserartigen Strukturen sehr gut vom gelblichen Adenomgewebe mit feinhöckeriger, »noppiger« Oberfläche unterscheiden lässt (⊡ Abb. 9.5).
Tipp
Sobald die 5- und 7-Uhr-Inzisionen das Niveau der chirurgischen Kapsel erreicht haben, sollen die Inzisionen möglichst weit nach medial und lateral verbreitert werden (⊡ Abb. 9.6–9.10). Das führt zur Unterminierung des Mittellappens und beider Seitenlappen, und die Präparationsschicht zwischen Adenomgewebe und chirurgischer Kapsel wird breitflächig von der Blase bis zum Kollikel freigelegt.
Direkt vor dem Colliculus seminalis werden beide Inzisionen quer miteinander verbunden (⊡ Abb. 9.11), und die Querinzision wird ebenfalls bis zur Kapsel vertieft. Dann
9
98
Kapitel 9 · Holmium-Laser-Enukleation der Prostata (HoLEP)
⊡ Abb. 9.12. Retrograde Enukleation des Mittellappens auf dem Niveau der chirurgischen Kapsel
⊡ Abb. 9.13. Abtragung des Mittellappens von der 5-Uhr-Inzision aus
⊡ Abb. 9.14. Abtragung des Mittellappens von der 7-Uhr-Inzision aus
⊡ Abb. 9.15. Seitliche Abtragung des subtotal enukleierten Mittellappens am Übergang von der Blase zur Prostataloge. Im Hintergrund ist das linke Harnleiterostium zu sehen. In dieser Phase der Mittellappenenukleation ist die Möglichkeit, den Harnleiter zu verletzen, besonders groß
wird der Mittellappen in retrograder Weise, also vom Kollikel zur Blase, auf dem Niveau der chirurgischen Kapsel enukleiert (⊡ Abb. 9.2b). Dazu wird die Spitze des Resektoskopes unter den Mittellappen geschoben, der Mittellappen angehoben und auf die Spitze des Resektoskopes aufgeladen. Danach bewegt sich die Laser-Faser in der Schicht zwischen chirurgischer Kapsel und Mittellappen zwischen 5 Uhr und 7 Uhr und 7 Uhr und 5 Uhr hin und her und unterminiert dabei in retrograder Weise den Mittellappen (⊡ Abb. 9.12). Dabei ist zu beachten, dass die Resektionsrichtung zunächst nach dorsal in Richtung Rektum, und – nach Überschreiten der maximalen Ausdehnung der Prostata in das Rektumlumen hinein – wieder in ventraler Richtung zum Trigonum der Blase verläuft.
! Cave
9
Zur Verhinderung einer Trigonumunterfahrung bei der retrograden Enukleation des Mittellappens muss die Gerätespitze zunächst nach rektal gesenkt und dann wieder nach ventral angehoben werden. Tipp
Wenn der Mittellappen fest mit der Kapsel verbunden ist und sich schwer nach ventral luxieren lässt, ist es ratsam, den Mittellappen von seitwärts, also von der 5-Uhr- und der 7-Uhr-Inzision her, zu mobilisieren und zu enukleieren (⊡ Abb. 9.13–9.14).
99 9.5 · Operationstechnik
a ⊡ Abb. 9.16. Zustand nach Enukleation des Mittellappens. Links und rechts sind die jeweils unberührten Seitenlappen
b
⊡ Abb. 9.17. Das Endoskop ist in die membranöse Harnröhre zurückgezogen und zeigt den unverletzten Kollikel und beide unberührten Seitenlappen nach Enukleation des Mittellappens
! Cave Sobald sich bei der retrograden Enukleation des Mittellappens die Grenze zwischen Blase und prostatischer Harnröhre zeigt, muss sich der Operateur über die Lage der Harnleiterostien informieren. Ansonsten droht eine Ostiumverletzung. Dies gilt auch für die Phase, in der der Mittellappen an der Grenze zwischen Blase und prostatischer Harnröhre komplett von der chirurgischen Kapsel abgetrennt wird (⊡ Abb. 9.15).
Nach Entfernung des Mittellappens (⊡ Abb. 9.16, 9.17) werden – falls vorhanden – einzelne Blutungen gezielt gestillt und an der Kapsel haftendes Restgewebe nachreseziert.
c ⊡ Abb. 9.18a–c. Schematische Darstellung der Enukleation des linken Seitenlappens. a Apikale Inzision zwischen 5 Uhr und 3 Uhr. b Apikale Inzision zwischen 12 Uhr und 3 Uhr. c Zustand nach enukleiertem linkem Seitenlappen
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100
Kapitel 9 · Holmium-Laser-Enukleation der Prostata (HoLEP)
⊡ Abb. 9.19. Parakollikuläre Inzision links
⊡ Abb. 9.20. Beginn der semizirkulären Inzision des apikalen Gewebes des linken Seitenlappens (Inzision von 5 Uhr bis 4 Uhr)
⊡ Abb. 9.21. Unterminierung des apikalen Gewebes des linken Seitenlappens zwischen 5 Uhr und 4 Uhr. Am linken Bildrand sieht man gerade noch den Kollikel, im Zentrum des Bildes die parallel zueinander verlaufenden weißlichen Fasern der Prostatakapsel, am Oberrand des Bildes den noch mit normalem Urothel bedeckten Apex des linken Seitenlappens
⊡ Abb. 9.22. Bogenförmige Inzision des apikalen Gewebes zwischen 4 Uhr und 3 Uhr
Enukleation des linken Seitenlappens
förmig inzidiert (⊡ Abb. 9.19, 9.20). Dann wird sofort im Bereich dieser bogenförmigen Inzision der Apex unterminiert, wobei an die breite Unterminierungsfläche, die bei der Enukleation des Mittellappens entstanden ist, angeschlossen wird (⊡ Abb. 9.21). Danach wird das apikale Gewebe weiter bogenförmig zwischen 4 Uhr und 3 Uhr inzidiert (⊡ Abb. 9.22), der Apex ebenfalls von medial her unterminiert und wiederum an die zuvor freipräparierte Schicht zwischen chirurgischer Kapsel und Adenomgewebe angeschlossen. Je nach Präferenz des Operateurs kann die semizirkuläre Inzision des apikalen Gewebes bei 3 Uhr beendet (⊡ Abb. 9.22) oder bis auf 2 Uhr verlängert werden, wobei
9
9.5.4
Für einen Rechtshänder ist es günstiger, zunächst den linken Seitenlappen zu entfernen (⊡ Abb. 9.18a–c) und den schwierigeren rechten Seitenlappen erst zu enukleieren, wenn nach Entfernung des linken Seitenlappens mehr Raum in der prostatischen Harnröhre ist. Bei kleinen Drüsen, bei denen der Apex des Seitenlappens nicht über den Kollikel nach distal herausragt, wird bei der Enukleation des linken Seitenlappens in Höhe der proximalen Kollikelgrenze durch Rotieren des Resektoskopes das apikale Gewebe zwischen 5 Uhr und 4 Uhr bogen-
101 9.5 · Operationstechnik
⊡ Abb. 9.23. Unterminierung des apikalen Gewebes zwischen 5 Uhr und 3 Uhr. In der rechten Bildhälfte sieht man deutlich die weißlichen parallel verlaufenden Fasern der chirurgischen Kapsel
⊡ Abb. 9.24. Zustand nach apikaler Enukleation des linken Seitenlappens zwischen 5 Uhr und 3 Uhr. Man erkennt deutlich den Anschluss der apikal freigelegten chirurgischen Kapsel an die chirurgische Kapsel, die zuvor bei der Seitenlappenunterminierung im Rahmen der 5-UhrInzision freigelegt wurde
Tipps
Auch bei der Enukleation der Seitenlappen ist die Identifizierung und Beibehaltung der Schicht zwischen chirurgischer Kapsel und Adenomgewebe von entscheidender Bedeutung für den Erfolg der Operation. Wenn die Enukleation ausschließlich in dieser Schicht erfolgt, werden die Gefäße lediglich einmal durchtrennt und müssen nur einmal gestillt werden, es besteht keine Notwendigkeit zu einer Nachresektion von stehengebliebenem Gewebe, die chirurgische Kapsel wird nicht perforiert und Venensinus werden deshalb nicht eröffnet. Vor Beginn der Seitenlappenenukleation ist es unbedingt erforderlich, durch den hydraulischen Sphinktertest den Sphincter urethrae externus genau zu lokalisieren (Abschn. 7.3.3)!
dann wiederum das apikale Gewebe in der Schicht zwischen chirurgischer Kapsel und Adenomgewebe freipräpariert wird (⊡ Abb. 9.23, 9.24). Bei großen Adenomen, bei denen die distale Grenze des Apex deutlich nach distal über die proximale Grenze des Kollikulus hinausragt, wird zunächst die 5-Uhr-Inzision entlang dem Kollikel parakollikulär über die distale Begrenzung des Kollikels hinaus bis zur Spitze des apikalen Gewebes verlängert. Sodann erfolgt auf dieser Höhe in oben beschriebener Weise die bogenförmige Inzision des apikalen Gewebes zwischen 5 Uhr und 3 Uhr bzw. zwischen 5 Uhr und 2 Uhr (⊡ Abb. 9.19).
⊡ Abb. 9.25 Position des Gerätes zur 12-Uhr-Inzision
Tipp
Es ist entscheidend, dass sofort nach Inzision des apikalen Gewebes der Apex unterminiert und die vorher freigelegte Schicht zwischen chirurgischer Kapsel und Adenomgewebe bis in die apikale Region verlängert wird. Da schon bei der Enukleation des Mittellappens der linke Seitenlappen auf der gesamten Länge der prostatischen Harnröhre weit unterminiert wurde, findet die apikale Unterminierung leicht Anschluss an die Ebene der vorherigen Seitenlappenunterminierung.
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102
Kapitel 9 · Holmium-Laser-Enukleation der Prostata (HoLEP)
⊡ Abb. 9.26. Inzision des Blasenhalses bei 12 Uhr
⊡ Abb. 9.27. Verbreiterung der 12-Uhr-Inzision in Richtung 11 Uhr, auf Niveau der chirurgischen Kapsel
⊡ Abb. 9.28. Verbreiterung der 12-Uhr-Inzision in Richtung 1 Uhr, auf Niveau der chirurgischen Kapsel
⊡ Abb. 9.29. 12-Uhr-Inzision des Blasenhalses nach Verbreiterung in Richtung 1 Uhr und 11 Uhr
9
Nach Drehen des Instrumentes um 180° (⊡ Abb. 9.25) wird bei 12 Uhr die vordere Kommissur inzidiert (⊡ Abb. 9.26). Sobald die chirurgische Kapsel erreicht ist, wird die 12Uhr-Inzision verbreitert durch Unterminierung der ventralen Anteile beider Seitenlappen in Richtung 11 Uhr (⊡ Abb. 9.27) und 1 Uhr (⊡ Abb. 9.28, 9.29). Die ventrale Abtragung des linken Seitenlappens beginnt am Übergang zwischen Blase und Prostataloge. Hier ist die Präparation vollkommen ungefährlich, da der Schließmuskel weit entfernt ist. Hier wird die Kapsel auf einer gewissen Strecke freigelegt, sodass sie sicher identifiziert werden kann. Erst dann wird die Inzision nach distal in den apikalen Bereich fortgeführt. Dieser Teil der Resektion ist technisch am schwierigsten, da die Orientierung zum Kollikel fehlt.
Tipp
Es ist wichtig, vor der Verlängerung der 12-Uhr-Inzision nach distal das Gerät um 180° bis in die normale Position zurückzudrehen, den hydraulischen Sphinktertest durchzuführen, den Kollikel einzustellen, den Kollikel abzudecken und das Gerät erneut um 180° zu drehen, ohne es in der Längsrichtung zu bewegen. In dieser Position kann dann die Laser-Faser aus dem Resektoskop herausgeschoben und beim Schneiden bis an die Resektoskopspitze zurückgezogen werden, ohne dass die Gefahr einer Sphinkterverletzung besteht. Dadurch wird festgelegt, wie weit nach distal die 12-Uhr-Inzision durchgezogen werden kann.
103 9.5 · Operationstechnik
⊡ Abb. 9.30. Enukleation der ventralen Anteile des linken Seitenlappens
⊡ Abb. 9.31. Abtragung der ventralen Anteile des linken Seitenlappens zwischen 12 Uhr und 3 Uhr
⊡ Abb. 9.32. Apikale Gewebebrücke bei 3 Uhr nach semizirkulärer unterer und semizirkulärer oberer apikaler Inzision des linken Seitenlappens
⊡ Abb. 9.33. Zustand nach retrograder subtotaler Abtragung des linken Seitenlappens. Er ist bei 3 Uhr am Übergang der Prostataloge zur Blase nur noch über eine dünne Gewebebrücke mit der chirurgischen Kapsel verbunden
! Cave
Präparation in der Schicht zwischen Prostatakapsel und Adenomgewebe abgetragen (⊡ Abb. 9.30–9.31). Bei 3 Uhr (bzw. je nach Präferenz des Operateurs bei 2 Uhr) treffen sich die obere und die untere semizirkuläre apikale Inzision (⊡ Abb. 9.32). Dann wird der gesamte Seitenlappen retrograd vom Apex zur Blase enukleiert (⊡ Abb. 9.33). Bei großen Adenomen geschieht dies in der Regel recht leicht dadurch, dass das Adenomgewebe mechanisch mit der Instrumentenspitze von der chirurgischen Kapsel weggedrückt und die defokussierte Laser-Faser ohne Gewebekontakt hin und her bewegt wird, um Blutgefäße zu koagulieren (Abschn. 9.5.6). Dabei entspricht das mechanische Heraushebeln des Seitenlappens mit der Spitze des
Die primäre ventrale Inzision des Prostatagewebes bei 12 Uhr darf nicht zu weit nach distal durchgezogen werden, da sonst der externe Sphinkter verletzt wird (hydraulischer Sphinktertest!). Besonders der noch nicht so erfahrene Operateur sollte die 12-Uhr-Inzision lieber etwas zu kurz halten und am Ende ventral stehengebliebenes Restgewebe nachresezieren.
Nach Erreichen der distalen Inzisionsgrenze wird nun durch Rotieren des Instrumentes von 12 Uhr in Richtung 3 Uhr das apikale Gewebe ventral semizirkulär inzidiert, und der ventrale Anteil des Seitenlappens wird durch
9
104
Kapitel 9 · Holmium-Laser-Enukleation der Prostata (HoLEP)
Instrumentes exakt der offenen Adenomenukleation, bei der die Spitze des Zeigefingers des Operateurs sich zwischen Adenomknoten und Kapsel schiebt und den Adenomknoten ebenso mechanisch von der Kapsel ablöst. Dagegen müssen kleinere Adenome, die in der Regel fest mit der Kapsel verbunden sind (und deshalb übrigens bei einer offenen Operation auch so schwer zu enukleieren sind), in direktem Kontakt der Laser-Faser mit dem Gewebe von der Kapsel abgeschnitten werden. Tipps
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Wenn das adenomatöse Gewebe aus mehreren Knoten besteht, ist es gelegentlich schwierig, die richtige Schicht zwischen chirurgischer Kapsel und adenomatösem Gewebe zu finden bzw. beizubehalten, da man – statt auf der chirurgischen Kapsel zu bleiben – in eine Schicht zwischen 2 Adenomknoten geraten kann und dann die richtige Präparationsebene verlässt. Dies lässt sich am ehesten dadurch vermeiden, dass man während des Enukleationsvorgangs das Resektoskop gelegentlich zurückzieht, um aus einer gewissen Distanz die gesamte bisher freipräparierte Fläche der chirurgischen Kapsel überblicken zu können. Dann sieht man die Adenomknoten aus der Ebene der chirurgischen Kapsel herausragen, kann sie nachresezieren und wieder Anschluss an die chirurgische Kapsel gewinnen. Bei der Abpräparation des adenomatösen Gewebes von der Kapsel sollte die Laser-Faser und das geradeaus abstrahlende Laser-Licht nicht in die Kapsel hineinstrahlen, sondern eher in das adenomatöse Gewebe. Anderenfalls könnten durch Verletzung der Kapsel großvolumige Venensinus eröffnet werden, deren Blutstillung ähnlich schwierig ist wie bei der TURP. Die Nichtbeachtung dieser Regel ist eigentlich die einzige Möglichkeit, bei einer HoLEP eine erhebliche Blutung zu verursachen. Bei der endgültigen Abtragung des Seitenlappens am Übergang der Prostataloge zur Blase sollte immer daran gedacht werden, dass das Harnleiterostium in unmittelbarer Nähe ist. Bei einer Abtrennung von 6 Uhr in Richtung 12 Uhr ist es sehr viel leichter, das Ostium beim Schneidevorgang zu beobachten. Dagegen würde bei einer Präparationsrichtung von 12 Uhr nach 6 Uhr der subtotal enukleierte Seitenlappen permanent das Ostium verdecken und die Gefahr der Ostiumverletzung unnötig erhöhen.
⊡ Abb. 9.34. Schematische Darstellung der Enukleation des rechten Seitenlappens: Apikale Inzisionen zwischen 7 Uhr und 9 Uhr und zwischen 12 Uhr und 9 Uhr
⊡ Abb. 9.35. Schematische Darstellung der Prostataloge nach HoLEP: Im gesamten Logenbereich ist das adenomatöse Gewebe abgetragen und die chirurgische Kapsel freigelegt
9.5.5
Enukleation des rechten Seitenlappens
Die Enukleation des rechten Seitenlappens erfolgt in analoger Weise durch die apikale Inzision zwischen 7 Uhr und 9 Uhr bzw. 10 Uhr und – nach Drehen des Instrumentes um 180° – zwischen 12 Uhr und 9 Uhr bzw. 10 Uhr (⊡ Abb. 9.34) und die retrograde Abtragung vom Kollikel zur Blase (⊡ Abb. 9.34–9.41).
105 9.5 · Operationstechnik
⊡ Abb. 9.36. Parakollikuläre Verlängerung der 7-Uhr-Inzision bis in das apikale Gewebe des rechten Seitenlappens
⊡ Abb. 9.37. Apikale Inzision des rechten Seitenlappens zwischen 7 Uhr und 8 Uhr
⊡ Abb. 9.38. Zustand nach Enukleation des rechten Seitenlappens zwischen 7 Uhr und 10 Uhr
⊡ Abb. 9.39. Zustand nach semizirkulärer oberer Inzision zwischen 12 Uhr und 10 Uhr und semizirkulärer unterer Inzision zwischen 7 Uhr und 10 Uhr. Bei 10 Uhr ist nur noch eine dünne Gewebebrücke des apikalen Gewebes stehen geblieben
Tipp
Nach Beendigung der Enukleation beider Seitenlappen sollte das Resektoskop aus der Prostataloge über den Kollikel hinaus in die Harnröhre zurückgezogen werden. Nur dann kann ventral stehengebliebendes Restgewebe vom Logendach in die Loge herabhängen und sichtbar werden (⊡ Abb. 9.42). Nach der Identifizierung des äußeren Sphinkters durch den hydraulischen Sphinktertest ist die Nachresektion des ventralen Restgewebes problemlos möglich, wenn das Resektoskop weit genug herausgezogen wird (⊡ Abb. 9.42–9.46).
9.5.6
Gewebefragmentierung
»Pilztechnik« Die enukleierten Prostatalappen müssen in kleine Teile fragmentiert werden, sodass sie über den Resektoskopschaft abgesaugt werden können. Ursprünglich geschah dies nach subtotaler Enukleation durch Schnitte mit der Holmium-Laser-Faser. Doch zum einen war diese Fragmentierung wegen der relativ geringen Schnittgeschwindigkeit zu zeitaufwändig, zum anderen ging durch die mit dem Schneiden verbundene Gewebevaporisation zu viel Gewebe verloren und beeinträchtigte die Entdeckung von inzidentellen Prostatakarzinomen erheblich [2, 11].
9
106
Kapitel 9 · Holmium-Laser-Enukleation der Prostata (HoLEP)
⊡ Abb. 9.40. Retrograde Enukleation des rechten Seitenlappens
⊡ Abb. 9.41. Zustand nach subtotaler Enukleation des rechten Seitenlappens. Er ist bei 10 Uhr nur noch über eine dünne Gewebebrücke mit der chirurgischen Kapsel verbunden
⊡ Abb. 9.42. Abschließende Resektion von ventralem Restadenomgewebe bei 12 Uhr
⊡ Abb. 9.43. Zustand nach ventraler Resektion
Heutzutage erfolgt die Fragmentierung entweder durch mechanische Gewebemorcellation [2, 3, 6, 14, 15] oder durch Zerkleinerung mit der HF-Schlinge [2, 9, 11, 16, 17]. Bei dieser sog. Pilztechnik werden sowohl der Mittellappen als auch beide Seitenlappen subtotal enukleiert, bis sie nur noch durch einen dünnen Gewebestiel mit der Kapsel verbunden (⊡ Abb. 9.33, 9.41) und weitgehend devaskularisiert sind. Prostatalappen und Gewebestiel ragen dann wie ein Pilz in das Lumen der prostatischen Harnröhre. Nach dem Wechsel der Spülflüssigkeit von physiologischer Kochsalzlösung auf elektrolytfreie Lösung werden die devaskularisierten Lappen mit der HF-Schlinge weitgehend blutungsfrei in rascher Schnittfolge in kleine Teile fragmentiert und mit der Blasenspritze abgesaugt. Der Fuß der Gewebe-
brücke wird dann wieder mit der Holmium-Laser-Faser von der chirurgischen Kapsel abgetrennt. Die Fragmentierung mit Hochfrequenzstrom ist erheblich schneller als die Fragmentierung mit der Laser-Faser.
9
! Cave Durch die Irrigationsflüssigkeit können die subtotal enukleierten Lappen weit in die Blase hineingespült werden, und große Sorgfalt ist nötig, um beim Zerkleinern der Lappen mit der Schlinge eine Verletzung des Blasenbodens oder der Harnleiterostien zu vermeiden. Die versehentliche Durchtrennung der Gewebebrücke zwischen Prostatalappen und chirurgischer Kapsel führt dazu, dass der Lap▼
107 9.5 · Operationstechnik
⊡ Abb. 9.44. Zustand nach kompletter Enukleation am Ende der Operation. Bei 6 Uhr ist der unversehrte Kollikel zu sehen
⊡ Abb. 9.45. Zustand nach Beendigung der HoLEP. Das parakollikuläre Gewebe bei 5 Uhr ist weit ausreseziert. Am linken Bildrand ist der unversehrte Kollikel zu erkennen
pen in die Blase fällt und dort frei flottiert. Solange der Lappen groß ist, sinkt er wegen seines Gewichtes auf den Blasenboden und verbleibt dort auch bei relativ starkem Spülstrom und lässt sich relativ leicht zerkleinern. Die Fragmentierung wird allerdings umso schwieriger, je kleiner der Lappen ist und je leichter er durch den Spülstrom in der Blase herumgewirbelt wird. Tipp
In der Blase frei flottierende kleine Prostatagewebestücke sollten entweder mit der HF-Schlinge in die Prostataloge gezogen oder durch Zurückziehen des Instrumentes in den apikalen Bereich der Prostataloge und Drainage der Blase in die Prostataloge gespült werden. Dort ist die Fragmentierung erheblich leichter als in der Blase.
Mechanische Gewebemorcellation Bei der mechanischen Gewebemorcellation werden die Lappen komplett enukleiert und entweder in der Blase oder in der Prostataloge mit Hilfe eines Gewebemorcellators mechanisch fragmentiert (Abschn. 9.4.3; ⊡ Abb. 9.47, 9.48). Die ersten schon 1996 klinisch eingesetzten Gewebemorcellatoren wurden suprapubisch in die Blase eingeführt und ihre Aktion über das transurethrale Resektoskop endoskopisch kontrolliert. Als Morcellatoren wurden modifizierte Shaver aus der orthopädischen Chirurgie verwendet. Heutzutage existieren leicht und sicher handhabbare Morcellatoren, die transurethral durch das Resektoskop eingeführt werden und mit hoher Effektivität große Mengen von Gewebe in kurzer Zeit zerkleinern können, im Idealfall bis zu 10 g pro Minute. Das morcellierte Prostatagewebe wird von einer angeschlossenen Rollenpumpe abgesaugt. Die Geschwindigkeit
⊡ Abb. 9.46. Der hydraulische Sphinktertest nach Beendigung der HoLEP zeigt einen kompletten zirkulären Schluss des äußeren Sphinkters
der mechanischen Gewebemorcellation hängt von der Festigkeit und der Form der adenomatösen Knoten ab. Fibröses und hartes Gewebe lässt sich nur langsam fragmentieren, und kleine kugelförmige Knoten lassen sich nur schwer in das Morcellatorfenster hineinsaugen, weil ihre Oberfläche zu glatt und ihr Gewicht zu gering ist und sie deshalb auch bei reduzierter Spülung vom Morcellatorfenster weggespült werden. Knoten, die nicht mechanisch morcelliert werden können, werden entsprechend ihrer Größe entweder mit einer speziellen Schlinge gefasst und extrahiert oder nach Wechsel der Spülflüssigkeit mit der HF-Schlinge fragmentiert und abgesaugt.
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Kapitel 9 · Holmium-Laser-Enukleation der Prostata (HoLEP)
⊡ Abb. 9.47. Morcellation eines enukleierten Prostatalappens. Am unteren Bildrand erkennt man deutlich das offene Fenster des äußeren Morcellatorhohlmessers
⊡ Abb. 9.48. Adenomgewebe bei mechanischer Gewebemorcellation. Bei 6 Uhr ist das äußere Hohlmesser zu sehen. Das Gewebe ist in das verdeckte Morcellatorfenster hineingesaugt
! Cave
fensterte Morcellatormesser von der Blasenwand abgezogen wird, muss der Schlauch der Rollenpumpe diskonnektiert und der Unterdruck im Morcellatorsystem aufgehoben werden. Blasenverletzungen sind nahezu immer nur oberflächlich. Sie können nach Wechsel der Spülflüssigkeit auf elektrolytfreie Lösung mit der HF-Schlinge koaguliert werden. Sowohl die Fragmentierung mit HF-Strom (Pilztechnik) als auch die mechanische Gewebemorcellation erlauben eine uneingeschränkte histologische Untersuchung des enukleierten Prostatagewebes. In einer großen Studie an 950 konsekutiv operierten Patienten betrug die Rate an inzidentellen Prostatakarzinomen 5,1% [9].
Wenn die Blasenwand in das Morcellatorfenster hineingesaugt wird, besteht die Gefahr der Blasenverletzung bzw. Blasenperforation. Durch folgende Maßnahmen kann diese Komplikation sicher verhindert werden: Vor Beginn der Morcellation sollte eine sorgfältige Blutstillung für optimale Sichtverhältnisse sorgen. Die Morcellation soll nur bei mindestens halb voller Blase begonnen werden. Der Abflusshahn des Resektoskopes muss geschlossen werden, ebenso wie eine evtl. vorhandene suprapubische Blasenfistel, und die Spülflüssigkeit muss auf Maximalfluss gestellt werden. Dadurch fließt immer mehr Flüssigkeit in die Blase hinein als aus ihr abgesaugt wird, und das Kollabieren der Blase wird sicher verhindert. Das Morcellatorfenster darf nie nach unten zeigen, da sonst der Blasenboden oder die Harnleiterostien verletzt werden können. Das Morcellatorfenster darf nie zu nah an das Blasendach geführt werden, da sonst eine freie Perforation der Blase droht. Kleine frei flottierende Restfragmente lassen sich häufig nur an das Morcellatorfenster heransaugen, wenn die Spülflüssigkeit gedrosselt wird. Sobald die Morcellation dieser Stücke beginnt, muss der Spülstrom sofort wieder auf volle Stärke gestellt werden, um ein Kollabieren der Blase zu verhindern. Kleine Stücke werden häufig besser in der Prostataloge fragmentiert, da sie dort weniger flottieren als in der Blase.
Falls tatsächlich die Blasenwand an das Morcellatorfenster angesaugt wird, muss sofort der Fuß vom Pedal genommen und die Morcellation unterbrochen werden. Bevor das ge-
9.5.7
Blutstillung
Aus 3 Gründen ist der Blutverlust bei der Holmium-LaserEnukleation signifikant geringer als bei der klassischen TURP und der offenen Adenomenukleation: ▬ Simultan mit dem Schneiden von Gewebe werden kleinere und mittelgroße Arterien und Venen durch abstrahlende Hitze koaguliert. ▬ Gefäße werden in der Regel nur einmal eröffnet, nämlich in der Schicht zwischen chirurgischer Kapsel und Adenomgewebe. Im Gegensatz dazu wird bei der klassischen TUR dasselbe Gefäß mit jedem Schnitt immer wieder neu eröffnet und muss entweder immer wieder koaguliert werden oder blutet weiter, bis auf Niveau der chirurgischen Kapsel die endgültige Blutstillung stattfindet. ▬ Bei der endoskopischen Holmium-Laser-Enukleation werden Blutgefäße sofort nach ihrer Eröffnung gestillt, während bei der offenen Adenomenukleation zunächst die gesamte Prostata enukleiert werden muss, bevor
109 9.5 · Operationstechnik
⊡ Abb. 9.49. Blutendes arterielles Gefäß bei 3 Uhr. In der Umgebung sieht man deutlich die weißlichen parallel verlaufenden Fasern der chirurgischen Kapsel
⊡ Abb. 9.50. Zustand nach Koagulation der arteriellen Blutung mit der Laser-Faser. Der Arterienstumpf ist deutlich zu erkennen
Tipps
⊡ Abb. 9.51. Perforation der chirurgischen Kapsel bei 2 Uhr
blutende Gefäße identifiziert und koaguliert werden können, wenn dies überhaupt in der Tiefe der Prostataloge möglich ist. Größere Arterien werden mit dem Holmium-Laser durch Zurückziehen der Laser-Faser um 1–2 mm koaguliert (⊡ Abb. 9.49, 9.50). Diese Defokussierung führt wegen des divergierenden Laser-Strahls zur Verbreiterung der bestrahlten Prostataoberfläche und damit zur Reduktion der Energiedichte. Das Gewebe wird dann weniger erhitzt und nicht mehr vaporisiert, sondern nur noch koaguliert. Bei Bedarf kann zusätzlich die Energie von 2,0 auf 1,5 oder 1,2 J reduziert werden. Der Koagulationseffekt ist makroskopisch leicht an der Weißverfärbung des Gewebes zu erkennen. Wenn die Faserspitze weiter als 3 mm von der Prostataoberfläche zurückgezogen wird, tritt kein Gewebeeffekt mehr ein.
Bei größeren, spritzenden Arterien muss zunächst das Gewebe um die Arterie herum koaguliert werden, was dann in der Regel auch zu einem hitzebedingten Verschluss der Arterie selbst führt. Wird dagegen nur der sichtbare Arterienstumpf mit dem Laser-Licht bestrahlt, kann manchmal trotz Defokussierung der Gefäßstumpf vaporisiert werden und in der Prostatakapsel verschwinden. Dann droht bei weiterer Bestrahlung dieses Areals eine Kapselperforation (⊡ Abb. 9.51). – In einem solchen Fall kann es durchaus sinnvoll sein, die Spülflüssigkeit zu wechseln und ein solches einzelnes arterielles Gefäß mit dem HF-Strom zu koagulieren. Dies ist besonders sinnvoll, wenn die Arterie im rechten Winkel aus der Prostataoberfläche herausragt, da in diesem Fall das perivaskuläre Gewebe mit der rechtwinkligen Schlinge besser zu erreichen ist als mit dem geradeaus strahlenden LaserLicht. Die abschließende Blutstillung erfolgt bei deutlich reduziertem Spülstrom. Bei der abschließenden Blutstillung sollte die Blase entleert sein. Dadurch fällt die Prostataloge zusammen, und die Resektionsgrenze zwischen Blase und Prostataloge wird sichtbar.
Die Eröffnung eines großen Venensinus ist bei der HoLEP selten und wird in der Regel durch eine Kapselperforation verursacht. Da Kochsalzlösung als Spülflüssigkeit verwendet wird, kann zwar kein TUR-Syndrom entstehen, jedoch können beträchtliche Flüssigkeitsmengen absorbiert werden.
9
110
Kapitel 9 · Holmium-Laser-Enukleation der Prostata (HoLEP)
9.5.8
Prostatakarzinom
Bei entsprechender Indikation (Abschn. 9.2.2) erfolgt die Holmium-Laser-Enukleation eines Prostatakarzinoms in identischer Weise wie die Holmium-Laser-Enukleation einer benignen Prostatahyperplasie.
lässt sich vollkommen blutungsfrei inzidieren und ist somit der Inzision mit HF-Strom und Hakensonde deutlich überlegen. Der Divertikelhals sollte so tief eingekerbt werden, dass der tiefste Punkt des Divertikels erreicht wird. Bei Eingriffen an der Blase muss die Laser-Energie erheblich niedriger gewählt werden (0,5–1,0 J, 10–15 Hz, 5–15 W) als bei Eingriffen an der Prostata.
! Cave
Tipp
Es muss daran gedacht werden, dass ein Prostatakarzinom bis an den Sphinkter externus heran – bzw. in den Sphinkter internus hineingewachsen sein kann. Wenn der Sphinkter nicht eindeutig identifizierbar ist, sollte lieber Gewebe belassen und evtl. bei Bedarf in einer 2. Sitzung nachreseziert werden, als primär radikal zu resezieren und eine Verletzung des äußeren Schließmuskels zu riskieren.
Wird bei der Inzision eines Divertikelhalses die Blasenwand an der Inzisionstelle sehr dünn, sollte der Katheter für 3 Tage postoperativ auf Dauerablauf belassen werden.
! Cave 9.5.9
9
Der Holmium-Laser eignet sich in hervorragender Weise zur transurethralen Inzision eines Prostataabszesses. Sobald der Abszess eröffnet ist, quillt schwallartig weißlichgelbliches Sekret in Massen aus der eröffneten Abszesshöhle heraus. Davon abzugrenzen sind Pseudoabszesse aus verdicktem Prostatasekret, die sich nach dem Anschneiden langsam »wie Paste aus einer Tube« aus dem Prostatagewebe herausdrücken.
9.5.10
Blasensteine
Blasensteine jeglicher chemischer Zusammensetzung und nahezu jeglicher Größe können in einer Sitzung vor Durchführung der Holmium-Laser-Enukleation mit dem Holmium-Laser mühelos in kleinste Partikel fragmentiert werden. Die dazu benötigten Energien sind allerdings erheblich geringer als beim Schneiden von Prostatagewebe. Je nach Härte des Steines werden 0,5–1,0 J benötigt. Um den Fragmentierungsprozess zu beschleunigen, kann die Frequenz zwischen 5 und 20 Hz variiert werden. Kleinere Fragmente müssen dabei mit der Laser-Faser sanft gegen die Blasenwand gedrückt werden. Die unbeabsichtigte Bestrahlung der Blasenwand führt bei den verwendeten Energien zu nur oberflächlichen Läsionen.
9.5.11
Befindet sich der Divertikelhals in der Nähe der Ureterleiste, droht die Harnleiterverletzung. Durch vorheriges Einlegen einer Ureterschiene kann der Ureterverlauf häufig besser erkannt werden.
Prostataabszess
Harnröhrenstriktur, Blasenhalssklerose, Blasendivertikel
Eine Urethrotomia interna nach Sachse lässt sich mit der Holmium-Laser-Faser präzise durchführen (Energie 0,8– 1,0 J, Frequenz 10–15 Hz, Leistung 8–15 W). Bei der Blasenhalsinzision wird dieselbe Energie wie bei der Enukleation der Prostata verwendet (2,0 J, 40 bzw. 50 Hz, 80–100 W). Auch ein enger Blasendivertikelhals
9.6
Nachbehandlung
9.6.1
Gewebeentfernung
Tipp
Nach Absaugen der Stücke müssen sämtliche Divertikel gezielt inspiziert werden, um versteckte Gewebestücke zu entdecken. Größere Koagel, die sich am Boden der Prostataloge angesammelt haben, müssen mit dem Laser in die Blase »zurückgeschossen« und abgesaugt werden, da sich in ihnen Gewebestücke verstecken könnten.
9.6.2
Blasenkatheter
Am Ende der Operation wird ein transurethraler Dauerspülkatheter eingelegt (20 Charr). Der Ballon des Katheters wird in der Blase geblockt (20 ml mehr als die Resektionsmenge).
9.6.3
Postoperative Nachsorge
Nach HoLEP wird grundsätzlich der Katheter am 1. postoperativen Tag entfernt, in Einzelfällen schon am Abend des Operationstages. Nur wenn wider Erwarten auch nach dem 1. postoperativen Tag bei Spülung der Blase relevante Blutbeimengungen auftreten sollten, wird der Katheter ausnahmsweise erst am 2. postoperativen Tag entfernt.
111 9.7 · Komplikationen der Holmium-Laser-Enukleation der Prostata
Tipps
Falls auch 2 Tage nach Katheterentfernung die Miktion nur mit schwachem Harnstrahl und/oder deutlicher Restharnbildung verbunden ist, müssen die Harnröhre, Prostataloge und Harnblase erneut in Narkose inspiziert werden, um entweder apikales Restgewebe, wandadhärente Koagel oder verbliebene Resektionsstücke zu entfernen. Der Krankenhausarzt sollte den Patienten unbedingt darüber informieren, dass in der 1. postoperativen Woche längeres Sitzen nicht nur schmerzhaft ist, sondern auch Blutungen verursachen kann. Besonders bei großen Prostatae sollte der Patient während der ersten 4 postoperativen Wochen auf Saunagänge, heiße Sitzbäder und körperliche Anstrengungen verzichten, insbesondere auf Fahrradfahren oder Benutzen eines Ergometers, da er »mit der resezierten Prostataloge« auf dem Fahrradsattel sitzen würde.
9.7
Komplikationen der Holmium-LaserEnukleation der Prostata
9.7.1
Intraoperative Komplikationen
Intraoperative Erektion Näheres in Abschn. 7.4.1.
des Resektoskopes wieder nach kranial angehoben werden muss, da der Durchmesser der Prostata mit zunehmender Annäherung an die Blase wieder kleiner wird. Tipp
Bei einer subtrigonalen Unterfahrung sollte nach Beendigung der Operation ein Zug von 250 ml an den transurethralen Katheter, dessen Ballon in der Blase gefüllt wird, angehängt und bis zum nächsten Morgen belassen werden. Das abgehobene Trigonum wird dadurch an die perivesikale Gewebeschicht und die Prostatakapsel gedrückt und kann mit ihr verkleben.
Verletzung des Harnleiterostiums Die Häufigkeit liegt unter 1% (Abschn. 9.5.3). Die Harnleiterostien können verletzt werden, ▬ wenn zu Beginn der 5-Uhr- und 7-Uhr-Inzision die Laser-Faser in Richtung des Ostiums statt entweder medial oder lateral davon ausgerichtet ist (⊡ Abb. 9.3), ▬ wenn die Prostatalappen am Übergang zur Blase von der chirurgischen Kapsel abgetrennt werden (⊡ Abb. 9.15), ▬ wenn bei der Fragmentierung der Lappen mit der HF-Schlinge der Gewebestiel, mit dem der Lappen mit der Prostatakapsel verbunden ist, vorzeitig mit der HF-Schlinge durchtrennt wird und die Lappen frei in der Blase flottieren (Abschn. 9.5.6), ▬ wenn die Lappen über einen nur sehr dünnen Stiel an der Kapsel hängen und deshalb sehr mobil sind und durch die Spülflüssigkeit weit in die Blase »luxiert« werden (Abschn. 9.5.6).
Intravasale Einschwemmung von Spülflüssigkeit Ein echtes TUR-Syndrom mit Verdünnungshyponatriämie kann bei der HoLEP nicht auftreten, da keine elektrolytfreie Spülflüssigkeit verwendet wird. Dennoch können besonders im Zusammenhang mit einer seltenen Kapselperforation und Eröffnung eines Venensinus beträchtliche Mengen von Spülflüssigkeit eingeschwemmt werden.
Perforation der Prostatakapsel Zur seltenen Perforation der Kapsel kommt es, wenn die Schicht zwischen chirurgischer Kapsel und adenomatösem Gewebe während der Enukleation nach peripher verlassen wird (⊡ Abb. 9.51). Eine Kapselperforation kann auch entstehen, wenn bei exzessiven Koagulationsversuchen von großen arteriellen Gefäßen die Kapsel perforiert wird. Falls die Blutstillung eines solchen Gefäßes mit dem HolmiumLaser nicht möglich ist, sollte ein Versuch mit HF-Strom unternommen werden.
Unterfahrung des Trigonums Zu einer trigonalen Unterfahrung kommt es, wenn bei der retrograden Enukleation des Mittellappens nicht darauf geachtet wird, dass nach Erreichen der größten dorsalen Vorwölbung der Prostata in das Rektum hinein die Spitze
Tipp
Oberflächliche Ostiumverletzungen sind bedeutungslos, tiefere Verletzungen sollten jedoch für 10– 14 Tage mit einem DJ-Katheter versorgt werden und der obere Harntrakt postoperativ alle 2–3 Wochen für 2–3 Monate sonographisch kontrolliert werden (Reflux?, Stenose?).
Verletzung des Schließmuskels Die Häufigkeit beträgt 1% (Abschn. 9.5.3, 7.3.3). Eine Verletzung des Schließmuskels kann mit hoher Sicherheit verhindert werden. Voraussetzung dafür ist, dass bei der Enukleation im apikalen Bereich ausreichend häufig der hydraulische Sphinktertest (⊡ Abb. 9.46) durchgeführt wird, um die Sphinkterregion eindeutig vom Adenom abgrenzen zu können. Dies gilt natürlich ganz besonders bei der Enukleation größerer Adenome, deren Apex über die distale Grenze des Kollikels reicht. Besonders gefährlich ist die Inzision bei 12 Uhr und die Resektion der ventralen Anteile der Prostata (⊡ Abb. 9.42, 9.43).
9
112
Kapitel 9 · Holmium-Laser-Enukleation der Prostata (HoLEP)
Tipp
Im Zweifelsfall ist es immer besser, sphinkternahes Gewebe stehen zu lassen und entweder am Ende der Operation nachzuresezieren oder sogar eine solche Nachresektion erst dann durchzuführen, wenn sich postoperativ nach Katheterentfernung zeigt, dass der Patient nur unzureichend miktionieren kann. Durch die postoperative Kapselschrumpfung sind die stehengebliebenen Adenomreste dann viel leichter zu erkennen.
tion auf, in ähnlicher Häufigkeit wie bei der TURP (Abschn. 7.4.3). Tipp
Zur Vermeidung einer postoperativen Blasenhalssklerose sollte bei kleinen Adenomen unter 20–30 g bei 6 Uhr eine Inzision von der Interureterenleiste bis weit in die Prostataloge erfolgen. Der vollkommen blutungsfreie Gewebeschnitt mit dem Holmium-Laser ermöglicht eine tiefe Inzision bis in die Prostatakapsel.
Retrograde Ejakulation 9.7.2
Postoperative Komplikationen
Nachblutung
9
Die Häufigkeit liegt bei etwa 2,5%. Der Blutverlust der HoLEP ist erheblich geringer als bei der TURP und erst recht geringer als bei der offenen Adenomenukleation. In der Regel genügt es, am Katheter zu ziehen, dessen Ballon in der Blase gefüllt ist. Dadurch wird die Loge komprimiert. Sistiert dadurch die Blutung, sollte für die Dauer von 4–6 h ein Zug von 500 ml am Katheter befestigt werden. Bei Bedarf kann dieser danach noch gegen einen Zug von 250 ml ausgetauscht werden, der ebenfalls für mindestens 4–6 h belassen wird.
Nachresektion von stehengebliebenem Adenomgewebe Die Häufigkeit liegt bei etwa 2%. Kann der Patient nach Entfernung des Katheters nicht ausreichend gut miktionieren, so ist in der Regel apikal Gewebe stehen geblieben, oder wandadhärente Koagel verlegen die Prostataloge. Bei »Harnstottern« oder intermittierenden Harnsperren bei an sich kräftigem Harnstrahl muss an ein flottierendes Gewebestück gedacht werden oder an ventral stehengebliebenes Prostatagewebe, das sich bei der Entleerung der Blase wie ein Deckel von oben in die Loge legt. Nach einer Beobachtungszeit von maximal 2 Tagen sollte in Narkose eine Zystoskopie durchgeführt und Restgewebe nachreseziert, adhärente Koagel in die Blase geschoben und abgesaugt oder frei flottierende Stücke extrahiert werden.
Epididymitis Die postoperative Epididymitis ist selten und wird in Abschn. 7.4.2 abgehandelt.
9.7.3
Spätkomplikationen
Harnröhrenstriktur, postoperative Blasenhalssklerose Die Häufigkeit liegt bei etwa 3,5%. Harnröhrenstrikturen und postoperative Blasenhalsstenosen treten auch bei der Holmium-Laser-Enuklea-
Bei konsequent durchgeführter Entfernung des adenomatösen Gewebes tritt in etwa 70–80% der Fälle eine retrograde Ejakulation auf [4, 11, 12].
Postoperative erektile Dysfunktion Wie bei der TURP kann auch bei der HoLEP postoperativ eine erektile Dysfunktion auftreten, die präoperativ nicht bestanden hat. Die Genese dieser Störung ist allerdings unklar. So zeigte eine randomisierte klinische Studie [4], dass die Häufigkeit einer erektilen Dysfunktion nach Holmium-Laser-Enukleation und nach offener Adenomenukleation identisch war. Vieles spricht dafür, dass die erektile Dysfunktion durch die Alterszunahme des Patienten und nicht durch die Operation entsteht. In einer vergleichenden Therapiestudie entwickelte sich bei operierten und medikamentös behandelten Patienten mit benigner Prostatahyperplasie eine erektile Dysfunktion gleich häufig [18].
9.8
Ergebnisse
Prospektiv randomisierte Studien [4, 6, 7, 8, 11, 12] zeigen die hohe Effektivität und geringe Morbidität der HoLEP. 3 randomisierte Studien, die für Prostatae <100 g die HoLEP mit der klassischen TURP verglichen, ergaben für die HoLEP eine mediane postoperative Katheterzeit bzw. Krankenhausdauer von 1 bzw. 1–2 Tagen, für die TURP dagegen von 2 bzw. 2–3 Tagen (p<0,0001) [7, 11, 12]. In einer anderen randomisierten Vergleichsstudie für Prostatae >100 g betrugen Katheterzeit und Krankenhausaufenthalt bei den HoLEP-Patienten ebenfalls 1 bzw. 2 Tage, bei der offenen Adenomenukleation dagegen 6 bzw. 10 Tage (p<0,0001) [4]. Gilling et al. wiesen nach, dass Schmerzmittelverbrauch, Beanspruchung des Pflegepersonals und Gesamtkosten der Behandlung bei der HoLEP signifikant niedriger lagen als bei der TURP [11]. In allen Vergleichsstudien war die Komplikationsrate der HoLEP niedriger als die der TURP oder der offenen Operation [4, 7, 11, 12, 13]. Tan u. Gilling berichten über eine Transfusionsrate von <0,2% [6]. Im eigenen Patientengut wurde bei 950 konsekutiven Patienten mit
113 Literatur
Prostatae <100 g keine Blutkonserve verabreicht [9]. Bei Drüsen >100 g erhielten lediglich 3 von über 300 Patienten Bluttransfusionen. Lediglich die Operationszeit der HoLEP war vor Einführung effektiver mechanischer Gewebemorcellatoren länger als bei TURP oder offener Enukleation. Doch mit dem Einsatz moderner Morcellatoren, die bis zu 10 g Gewebe pro Minute fragmentieren können, ließ sich die Operationszeit erheblich reduzieren [6–9, 14], und ein erfahrener Operateur kann heutzutage bis zu 90 g in einer Stunde entfernen. Mit dem Holmium-Laser lassen sich Adenome bis zu einem Gewicht von über 250 g transurethral operieren [3–5]. Im eigenen Krankengut betrug das maximal entfernte Resektionsgewicht 270 g. Randomisierte prospektive Studien ergaben, dass sowohl beim Vergleich HoLEP vs. TURP [7, 11, 12] als auch beim Vergleich HoLEP vs. offene Adenomenukleation [3, 4, 8] jeweils durch HoLEP mindestens so viel Prostatagewebe entfernt wurde wie in den Vergleichsgruppen. Die Verbesserung des AUA-Symptom-Score war bei der HoLEP sogar signifikant besser als bei der TURP [12]. Der durchschnittliche AUA-Symptom-Score sank trotz schwerer präoperativer Symptomatik (durchschnittlicher Score über 20) selbst bei großen Prostatadrüsen über 100 g schon nach 1 Woche um über 70% auf einen Durchschnittswert von unter 5, der Restharn nach 1 Woche um über 90% auf Werte unter 20 ml, und der Maximalflow stieg um mehr als das 6fache auf Durchschnittswerte über 20 ml/s [4, 10]. 3- und 4-Jahres-Ergebnisse zeigen, dass die Normalisierung der Miktion anhaltend ist [6]. In einer eigenen prospektiven Studie über die transurethrale Holmium-Laser-Enukleation bei großen Drüsen zwischen 100 und 250 g Gewicht im transrektalen Ultraschall lag die Strikturrate der Holmium-Laser-Enukleation trotz einer mittleren Resektionszeit von ca. 2 h 6 Monate postoperativ lediglich bei 1,6% [4] und 18 Monate postoperativ bei 3,2% [8]. Sie war somit ähnlich der Strikturrate von 3,1%, die für die konventionelle TURP als typisch angesehen wird [19]. In etwa 2% der Fälle ist eine apikale Nachresektion nötig und bei etwa 2,5% der Patienten eine Laser-Koagulation wegen arterieller Nachblutung [9]. Blutungen sind signifikant seltener als bei der TURP, der Blutverlust ist signifikant geringer. In unserem Krankengut, welches mittlerweile über 1400 Patienten mit Prostataadenomen von 20–270 g (im transrektalen Ultraschall) umfasst, musste bei lediglich 3 Patienten Blut transfundiert werden. (Transfusionsrate: <0,2%). Während in Studien die Transfusionsrate der TURP bei 4% und der offenen Adenomenukleation sogar bei über 13% lag, betrug sie bei der HoLEP 0% (p<0,0001) [7, 11, 12]. Auch der durchschnittliche Blutverlust war bei der HoLEP signifikant geringer als bei der klassischen TURP (1,2 vs. 1,8 g%, p=0,003) [12] und selbstverständlich geringer als bei der offenen Adenom-
enukleation (HoLEP 1,9 vs. offene Adenomenukleation 2,8 g%, p<0,0001) [4]. Die HoLEP hat eine Lernkurve, die jedoch unter der der TURP oder anderer neuer endourologischer Verfahren, wie etwa der Laparoskopie, liegt.
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9
114
Kapitel 9 · Holmium-Laser-Enukleation der Prostata (HoLEP)
16. Kuntz, R.M., Fayad, A., Lehrich, K., Pramono, St.: Transurethral holmium laser enucleation of the prostate (HoLEP)- a prospective study on 100 patients with one year followup. Med. Laser Appl., 16: 15, 2001 17. Hochreiter, W.W., Thalmann, G.N., Burkhard, F.C., Studer, U.E.: Holmium laser enucleation of the prostate combined with electrocautery resection: the mushroom technique. J. Urol., 168: 1470, 2002 18. Kassabian, V.S.: Sexual function in patients treated for benign prostatic hyperplasia. Lancet, 361: 60, 2003 19. Mc Connell, J.D., Barry, M.J., Bruskewitz, R.C., Bueschen, A.J., Denton, S.E., Holtgrewe, H.L. et al.: Practice Guidelines for Benign Prostatic Hyperplasia: Diagnosis and Treatment. Rockville: Agency for Health Care Policy and Research, Public Health Service, Publication No. 94–0582, 1994
9
10 Interstitielle Laser-Therapie der Prostata R. Muschter
10.1
Wirkungsprinzip – 116
10.2
Nebenwirkungen – 116
10.3
Technik – 117
10.3.1 10.3.2 10.3.3
Laser- und Applikationssysteme – 117 Durchführung der Therapie – 118 Anmerkungen – 119 Literatur – 120
116
Kapitel 10 · Interstitielle Laser-Therapie der Prostata
10.1
10
Wirkungsprinzip
Die Begriffe »interstitielle Laser-Koagulation« (ILK) bzw. »interstitial laser coagulation (ILC)« sowie »Laser-induzierte interstitielle Thermotherapie« bzw. »laser induced interstitial thermotherapy« (LITT) werden in der Literatur praktisch synonym verwendet (. Abb. 10.1–10.3). Im Hinblick auf den derzeitigen Wissensstand kann die interstitielle Laser-Therapie der Prostata tatsächlich aufgrund zweier verschiedener Prinzipien klinisch wirksam sein. Diese unterscheiden sich allerdings nicht in der Art, sondern in der Ausdehnung der in der Prostata erzeugten Koagulationsnekrose. Der Therapieeffekt der interstitiellen Laser-Therapie der Prostata bei kleinvolumiger Nekrose (»low-volume« = LV-ILC) entspricht eher dem einer »transurethralen Nadelablation« (TUNA) bzw. einer »transurethralen Mikrowellenthermotherapie« (TUMT) mit signifikanter Besserung der Symptomatik des benignen Prostatahyperplasiesyndroms (BPS), aber eher geringgradiger Steigerung des Harnstrahls und geringgradiger Reduktion des Prostatavolumens. Dagegen kann die Wirkung der interstitiellen LaserTherapie der Prostata bei Erzeugung großvolumiger Nekrosen (»high-volume« = HV-ILC) in allen Qualitäten der einer transurethralen Resektion der Prostata (TURP) gleichkommen [1–14]. Das Wirkungsprinzip der interstitiellen Laser-Therapie der Prostata beruht auf der Erzeugung von mehreren einzelnen Koagulationsnekrosen innerhalb des Adenomgewebes. Dies erfolgt bei der LV-ILC vorzugsweise unter Erhalt der Urethra, sodass es nicht wie bei der transurethralen Laser-Koagulation (z. B. VLAP = »visuelle Laser-Ablation der Prostata«) zur Ablösung des nekrotischen Gewebes und dessen Ausschwemmung mit dem Harn kommt. Das zerstörte Gewebe wird im Wesentlichen resorbiert, zu einem
a
b
kleineren Anteil durch Narbengewebe ersetzt. Es resultiert eine Regression bzw. Schrumpfung der Prostata mit konsekutiver Desobstruktion geringen bis mäßiggradigen Ausmaßes. Es kommt zu einer signifikanten Symptomverbesserung, die direkte Folge der Verringerung des Blasenauslasswiderstandes (»bladder outlet obstruction« BOO) sein kann, aber auch der möglichen Zerstörung afferenter Nerven bzw. Rezeptoren im Bereich der Prostata und des Blasenbodens, wie für TUNA oder TUMT postuliert [15–22]. Bei der HV-ILC ist der Erhalt der Urethra zwar grundsätzlich ebenfalls möglich, in der Praxis ist dies aber nicht immer zu realisieren. Neben den oben beschriebenen Effekten kommt es bei der Erzeugung großvolumiger, die prostatische Urethra einschließender Koagulationen auch zu einer Ausschwemmung der sich langsam ablösenden Nekrosen mit dem Harn. Es resultiert eine TURP-ähnliche Kavität im Bereich der prostatischen Harnröhre mit erheblicher Volumenreduktion der Prostata sowie signifikanter Verringerung des Blasenauslasswiderstandes [23–36].
10.2
Nebenwirkungen
Nach der interstitiellen Laser-Therapie der Prostata tritt in der Regel eine vorübergehende Zunahme der Obstruktion auf, die mit einer Harnverhaltung und einer irritativen Symptomatik einhergehen kann. Ursache hierfür ist einerseits das thermisch bedingte Ödem, andererseits die koagulationsbedingte Verhärtung des Gewebes. Der Grad der Zunahme der Obstruktion hängt in erster Linie vom Ausmaß des Koagulationsvolumens, aber auch der Lage der Koagulationen ab. Das Auftreten bzw. die Dauer einer postprozeduralen Harnverhaltung richtet sich nach der Kompensationsmöglichkeit des Detrusors und schwankt interindividuell beträchtlich.
c
d
. Abb. 10.1a–d. Prinzip der interstitiellen Laser-Koagulation (ILK) der Prostata. a Applikator in situ mit Koagulationszone. b Koagulationszone bei Behandlungsende. c Regression der Koagulationszone. d Endzustand
117 10.3 · Technik
sätzlich auszuschließen, besonders bei großvolumiger Koagulation im Bereich des Blasenhalses. Bei der LV-ILC tritt diese Komplikation jedoch eher selten auf.
⊡ Abb. 10.2. Prinzip der interstitiellen Laser-Koagulation (ILK) mit Applikation der Laser-Faser an verschiedenen Stellen in der Längsachse der Prostata
! Cave Bei LV-ILC und guter Detrusorfunktion ist eine Harnableitung, falls überhaupt, nur für wenige Tage erforderlich, bei HV-ILC und dekompensiertem Detusor eher langfristig nötig.
Spezifische Komplikationen der interstitiellen Laser-Therapie, die bei anderen interventionellen Verfahren unbekannt sind, bestehen praktisch nicht. Die in der Literatur für die ILC genannten Komplikationen sind in ihrer Qualität entweder Folge des transurethralen Eingriffs an der Prostata oder der postoperativen Harnableitung. Harnröhren- oder Blasenhalsstrikturen, fieberhafte Harnwegsinfektion und Epididymitiden wurden mit ähnlicher Häufigkeit wie nach anderen minimal-invasiven Verfahren beobachtet bzw. traten in den neuen Studien nicht mehr auf. Der Verlust der prograden Ejakulation ist auch bei der ILC nicht grund-
a
10.3
Technik
10.3.1
Laser- und Applikationssysteme
Als Energiequelle für die transurethrale Laser-Therapie der Prostata finden in erster Linie Laser-Systeme Verwendung, deren emittiertes Licht aufgrund seiner geringen Wasserabsorption eine große Eindringtiefe ins Gewebe besitzt (Nd:YAG- oder Dioden-Laser der Wellenlänge ca. 800– 1100 nm) [37–45]. Die Applikationssysteme bzw. Lichtleiter mit speziellen Applikationsspitzen müssen individuell auf den jeweiligen Laser abgestimmt sein und sind in der Regel untereinander nicht kompatibel. Für die interstitielle Laser-Therapie der Prostata eignen sich diffus oder in spezifischer Weise gerichtet abstrahlende Lichtleiterspitzen. Auch Letztere verhalten sich nach Einführen ins Gewebe aufgrund von Reflektion und Streuung wie Diffusoren. Die Lichtleiterspitzen werden in das Prostatagewebe eingestochen, sodass die Bestrahlung nicht von der (urethralen) Oberfläche, sondern von innen erfolgt. Die Karbonisation des Gewebes an seiner Kontaktfläche mit dem Applikator sollte vermieden werden, da in diesem Fall die weitere eingestrahlte Laser-Energie vollständig an der den Applikator umgebenden Kohleschicht absorbiert wird. Hierdurch steigt die Temperatur im Zentrum der in Entstehung begriffenen Läsion zwar stark an, eine Größenzu-
b
⊡ Abb. 10.3a, b. Lichtleiter für die interstitielle Laser-Koagulation, Quarzglasfaser 600 µm, Applikator: Länge 2 cm, Durchmesser 1,8 mm
10
118
10
Kapitel 10 · Interstitielle Laser-Therapie der Prostata
nahme in der Peripherie erfolgt jedoch nur noch durch Wärmeleitung. Die Läsion bleibt in diesem Fall klein. Bei langsamer Erwärmung (niedrige Laser-Leistung und/oder schlecht absorbierte Wellenlänge) wird wegen der anfangs im Zentrum der Läsion noch intakten Durchblutung ein großer Teil der Wärmeenergie abgeleitet. Die Koagulation setzt somit erst spät ein und bleibt in ihrer Ausdehnung ebenfalls begrenzt. Im Idealfall wird zu Beginn der Bestrahlung eine große Energiemenge appliziert, um eine möglichst schnelle, bereits initial großvolumige zentrale Koagulation mit gleichzeitiger Koagulation der Blutgefäße zur Unterbrechung der Kühlung zu erreichen. Die weitere Bestrahlung führt dann zu einer Vergrößerung der Läsion in der Peripherie aufgrund von Wärmeleitungsvorgängen. Die Laser-Applikation wird solange fortgesetzt, bis sich in einem Grenzbereich ein thermisches Gleichgewicht ausbildet. Dies ist – je nach System – in ca. 1–3 min der Fall. Bei ausreichend großem zentralem »Wärmedepot« (hohe initiale Laser-Leistung und/oder stark absorbierte Wellenlänge) kann die Bestrahlung früher beendet werden, die Koagulationszone vergrößert sich in diesem Fall peripher auch noch nach Terminierung der Laser-Applikation. Die Bestrahlung erfolgt somit anfangs mit hoher Laser-Leistung, die in der Folge schrittweise, kontinuierlich oder mit Hilfe eines Rückkopplungssystems, bei dem die Temperatur der Läsion an der Lichtleiterspitze gemessen wird, reduziert wird. Mit einem ca. 2 cm langen Applikator kann mit einer einzelnen Applikation eine rundliche bzw. ovaläre Koagulationszone mit einem Radius von ca. 1 cm erreicht werden (ca. 4,5 cm3). Durch wiederholte Laser-Applikationen in verschiedenen Positionen lassen sich praktisch nahezu beliebig große Volumina koagulieren. Das Gesamtkoagulationsvolumen entspricht in der Regel nicht der Summe der Einzelvolumina, da sich die einzelnen Koagulationszonen je nach Anzahl und Position mehr oder weniger stark überlappen.
10.3.2
Durchführung der Therapie
Die Platzierung der Lichtleiter kann zwar grundsätzlich auch unter Ultraschallkontrolle perineal perkutan erfolgen, klinisch etabliert hat sich ausschließlich die transurethrale, endoskopisch kontrollierte Applikation [46]. Prinzipiell kann die Applikation der Lichtleiter über jedes Standardzystoskop erfolgen, das über einen ausreichend dimensionierten Arbeitskanal von ca. 5 Charr verfügt. ! Cave Die übliche Ausführung der Instrumentenschaftspitze als Halbrohr, bei der die Lichtleiterspitze 1–2 cm diesseits des sichtbaren Bereichs austritt, erlaubt jedoch keine exakte
▼
Führung und optimale Kraftübertragung in axialer Richtung. Der Lichtleiter kann abrutschen oder wird nur tangenzial und oberflächlich eingestochen. Besser geeignet sind Instrumente mit bis zur Spitze geschlossenem Schaft (z. B. Urethrotom oder Kompaktzystoskop) oder mit entsprechendem Arbeitseinsatz (z. B. Laser-Einsatz nach Gilling).
Phasen des Punktionsvorgans Zunächst erfolgt eine Übersichtseinstellung der prostatischen Harnröhre und die Auswahl der Punktionsstelle. Der Lichtleiter wird vorgeschoben, sodass die Spitze gerade sichtbar wird. Die geplante Punktionsstelle wird durch Abwinkeln und Vorschieben des Instrumentes bis fast zum Gewebekontakt eingestellt. Die Lichtleiterspitze wird bis zum Gewebekontakt geführt, ohne zu perforieren. Der Kontakt der Lichtleiterspitze zum Gewebe und der Beinahekontakt des Instrumentes werden für die folgenden Schritte beibehalten. Das Instrument wird gegen die Achse der Urethra nach lateral und in dorsoventraler Richtung abgewinkelt, anschließend wird die Lichtleiterspitze unter Beibehaltung der Abwinkelung eingestochen.
Wegen der Nähe der Optik zum Gewebe geschieht das Abwinkeln des Instrumentes und das Einstechen der Lichtleiterspitze praktisch »blind«, dies ist zwecks optimaler Kraftübertragung auf den Lichtleiter unvermeidlich. ! Cave Ein »Zurückdrücken« des Instrumentes während der Punktion sollte vermieden werden.
Sobald die Lichtleiterspitze in das Gewebe eingestochen ist, kann das Instrument in die »Ruhelage« zurückgeführt werden, bei erneutem Vorschieben ist es wichtig, der Richtung des Lichtleiters zu folgen, um ein Abscheren zu vermeiden. Bei der HV-ILC ist es das Ziel, das Adenomgewebe möglichst restlos zu koagulieren. Bei der LV-ILC wird ein Kompromiss zwischen der Wirksamkeit einerseits und den unerwünschten Aspekten andererseits gesucht, insbesondere soll die Notwendigkeit einer längeren Harnableitung vermieden werden. Der jeweilige Winkel, mit dem die Punktion nach lateral (Frontalebene gegen die Achse der Urethra) sowie in dorsoventraler Richtung (Sagittalebene gegen die Achse der Urethra) erfolgt, obliegt daher wie die Auswahl der Punktionsstellen und die Anzahl der Punktionen dem Operateur.
119 10.3 · Technik
Tipps
Tipp
Im Apexbereich ist ein Winkel nach lateral von maximal ca. 45° erreichbar, in Blasenhalsnähe bei großer Prostata allenfalls von ca. 20°. In der Sagittalebene sollte die Punktionsrichtung eine zur Urethra parallele Lage der Lichtleiter erreichen. Bei in dorsoventraler Richtung ausgedehnten Seitenlappen (und HV-ILC) sollten mehrere Punktionsebenen übereinander gelegt werden: – 1. Ebene: Punktionen in ventraler Richtung, – 2. Ebene: Punktionen in axialer bzw. geringfügig dorsaler Richtung usw.).
Bei der interstitiellen Laser-Therapie des Mittellappens ist ferner zu beachten, dass das Koagulationsvolumen aufgrund der großen Oberfläche und der daraus resultierenden Kühlung kleiner bleibt. Große Mittellappen sollten daher mehrmals punktiert werden.
Auch in lateraler Richtung können mit verschiedenen Punktionswinkeln Koagulationszonen in mehreren Ebenen nebeneinander gelegt werden. ! Cave Am Boden der prostatischen Harnröhre sollte nicht punktiert werden, da hier die potenzielle Gefahr einer subtrigonalen oder Rektumläsion besteht.
Eine Koagulation der Prostatakapsel ist wegen der guten Durchblutung kaum zu befürchten, selbst wenn der Applikator bei relativ kleinen Adenomen in ihrer Nähe zu liegen kommt. Die Reihenfolge der Punktionen – beginnend am Apex mit Fortsetzung zum Blasenhals oder umgekehrt, Behandlung erst eines, dann des anderen Lappens oder alternierend – ist individuell operateursabhängig wählbar. Zu empfehlen ist die Einhaltung eines Schemas. Ein Sicherheitsabstand zum externen Sphinkter muss und sollte nicht eingehalten werden, damit auch das apikale Gewebe koaguliert wird. Tipp
Mittellappen können ebenfalls koaguliert werden. Bei der Punktion ist zu beachten, dass der Lappen, bevor die Perforation des Lichtleiters in das Gewebe erfolgt, in der Regel blasenwärts gedrückt wird. Der Lichtleiter kann dadurch tangenzial zu liegen kommen. Um Letzteres zu vermeiden, ist es sinnvoll, einen etwas nach dorsal gerichteten Punktionswinkel zu wählen.
Punktionen, die zu subtrigonalen Koagulationen führen, sollten vermieden werden. Die eventuelle Perforation des Applikators in das Blasenlumen ist für den Operateur fühlbar, in diesem Fall wird durch Zurückziehen die korrekte Position erreicht.
Der Übergang zwischen Applikatorende und Glasfaser bzw. eine entsprechende Markierung oder Farbänderung bezeichnet gleichzeitig die Grenzzone der Streuung der LaserStrahlung im Gewebe, sodass eine Koagulation in retrograder Richtung über das Applikatorende hinaus ausgeschlossen ist. Tipp
Die Applikatoren sollten daher vollständig in das Gewebe eingeführt werden. Eine tiefere Platzierung (z. B. vom Apex ausgehend bis zum Blasenhals) mit zuerst ausgeführter Bestrahlung der tiefen Position, anschließendem Zurückziehen und Bestrahlung der oberflächlicheren Position ist ebenfalls denkbar und wird von einigen Operateuren praktiziert.
Nach Beendigung der jeweiligen Bestrahlung wird der Lichtleiter herausgezogen und in die nächste Position gebracht.
10.3.3
Anmerkungen
Je nach den individuellen Erfordernissen kann die ILC in Allgemein-, Regional- oder Lokalanästhesie durchgeführt werden, Letzteres ist v. a. bei der LV-ILC sinnvoll. Als wirksames Verfahren zur lokalen Schmerzausschaltung hat sich die periprostatische Blockade bewährt. Sowohl die LV-ILC als auch die HV-ILC sind ambulant durchführbar. Die ILC sollte vorzugsweise unter endoskopischer Videokontrolle durchgeführt werden, ist aber auch unter Okularsicht möglich. Die allgemeinen Bestimmungen des LaserSchutzes müssen beachtet werden. Eine Dauerspülung ist während der interstitiellen LaserTherapie nicht erforderlich, da keine Kühlung benötigt wird [47]. In vielen Fällen ist die Irrigation mit Kochsalzlösung oder Wasser dennoch sinnvoll, um optimale Sichtverhältnisse zu gewährleisten, da es zu geringgradigen, temporären und nicht interventionsbedürftigen Blutungen kommen kann, die z. B. durch die Punktionen oder bei vulnerabler Schleimhaut durch das Abwinkeln des Zystoskops verursacht werden. Eine postinterventionelle Dauerspülung ist nicht erforderlich, kann jedoch im Einzelfall für einige Stunden sinnvoll sein. Der Einsatz von bildgebenden Verfahren (transrektaler Ultraschall, Dopplersonographie oder Kernspinresonanz-
10
120
Kapitel 10 · Interstitielle Laser-Therapie der Prostata
tomographie) zur Lagekontrolle der Lichtleiter oder zur Therapiekontrolle ist in der klinischen Routine nicht notwendig. Die früher aus Sicherheitsgründen obligate rektale Temperaturmessung ist in der individuellen Lernphase empfehlenswert [48]. ! Cave Um eine potenzielle Zerstörung des Applikators aufgrund lokaler Überhitzung im seltenen Fall einer Karbonisation des Gewebes zu verhindern, empfiehlt sich der Einsatz von Laser-Systemen mit integrierter Detektion und Schutz abschaltung.
10
Mechanische Zerstörungen des Lichtleiters kommen bei korrekter Applikationstechnik praktisch nicht vor. Falls z. B. durch unerwartete heftige Bewegung des Patienten eine Abscherung eines Lichtleiters auftritt, ist die Entfernung etwaiger Fragmente mit einer Zange unproblematisch möglich. Die in der Regel erforderliche postinterventionelle Harnableitung kann mit einem transurethralen oder einem suprapubischen Katheter gewährleistet werden. Letzterer bietet den Vorteil der möglichen Spontanmiktion und der Restharnkontrolle, sodass er zum optimalen Zeitpunkt entfernt werden kann und eine Rekatheterisierung vermieden wird. Dieses Vorgehen empfielt sich bei der HV-ILC, bei der LV-ILC ist in der Regel eine kurzdauernde transurethrale Katheterableitung ausreichend. Wie in kernspintomographischen Verlaufskontrollen gezeigt werden konnte, wird das Ausgangsvolumen der Prostata nach ca. 5 Tagen wieder erreicht. In der Folge kommt es zur graduellen Abnahme des Nekrose- und damit des Prostatavolumens bis zum Endpunkt nach ca. 6–12 Wochen [49–51]. Falls erforderlich, kann die ILC zur Verkürzung der postoperativen Harnableitung sowohl mit einer Blasenhals-/Prostatainzision als auch einer minimalen/subtotalen, nach Koagulation blutungsarmen Resektion kombiniert werden. Zum Einsatz temporärer Stents liegen keine größeren Erfahrungen vor [52–54].
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10
11 Transurethrale Resektion der Blase W. Wieland, T. Filbeck
11.1
Einleitung – 124
11.2
Präoperative Diagnostik – 124
11.3
Technik der transurethralen Resektion von Blasentumoren – 124
11.3.1 11.3.2 11.3.3 11.3.4 11.3.5 11.3.6 11.3.7
Allgemeine Resektionstechnik – 125 Resektion großer exophytischer Tumoren – 125 Blutstillung – 126 Sonderformen der Tumorresektion – 126 Komplikationsmanagement – 128 Aufklärung des Patienten – 129 Residual- und Rezidivtumor – 129 Literatur – 133
124
Kapitel 11 · Transurethrale Resektion der Blase
11.1
11
Einleitung
Das Harnblasenkarzinom ist eine der häufigsten Tumorerkrankungen beim Menschen. Die altersunabhängige Inzidenz liegt bei 7,6 für Männer und 2,2 für Frauen weltweit bzw. 24,2 und 6,6 in Westeuropa, bezogen auf 100.000 Menschen [1]. Die Inzidenz unterliegt regionalen Unterschieden, es zeigt sich, dass sie in Europa und Nordamerika am höchsten ist. Bei Erstdiagnose handelt es sich bei 75– 85% der Urothelkarzinome um Tumoren im Stadium pTa (Infiltration der Mukosa), pT1 (Infiltration des subepithelialen Bindegewebes) und Carcinoma in situ (epitheliales niedrigdifferenziertes Urothelkarzinom) und bei ca. 25– 15% um muskelinvasiv wachsende Karzinome im Stadium pT2–4 [2–5]. Für muskelinvasive Tumoren (≥pT2) ist bei Operabilität die radikale Zystektomie mit pelviner Lymphadenektomie die Therapie der Wahl. Die transurethrale Resektion als alleinige chirurgische Option bleibt in diesen Stadien Patienten vorbehalten, die entweder zu alt sind, multimorbide oder aufgrund einer inoperablen Situation für eine radikale Zystektomie nicht in Frage kommen. Die externe Strahlentherapie als Alternative zur radikalen Zystektomie konnte sich bisher nicht durchsetzen. Bei Tumoren der Stadien pTa, pT1 und Carcinoma in situ (CIS) ist die transurethrale Resektion (TUR) zunächst die kurative Therapie der Wahl. Aufgrund deren hoher Rezidivneigung von bis zu 70% [6–8] gehört die intravesikale Instillationstherapie mit Chemotherapeutika (Adriamycin, Epirubicin, Mitomycin) oder Immuntherapeutika (Bacillus Calmette Guérin = BCG) als Rezidivprophylaxe zum Standardvorgehen [2, 5]. Die intravesikale Instillationstherapie bei pTa-Stadien wird aber nur bei Multifokalität und oberflächlichen Rezidiven empfohlen. Durch die intravesikale Rezidivprophylaxe mit Chemotherapeutika kann zwar die Rezidivneigung verringert werden (Reduzierung um 10–30%), die Progressionsrate wird hingegen nicht beeinflusst [5, 6, 8]. Im Gegensatz hierzu zeigt die lokale Therapie mit BCG nicht nur eine Reduktion der Rezidivrate, sondern auch einen günstigen Einfluss auf die Progressionsrate. Während pTaG1/2 und pT1G2 in 4,4% bzw. 18,8% der Fälle progredient werden, liegt das Progressionsrisiko bei pT1G3-Tumoren mit 31,4% sehr hoch [9–11]. Das CIS zeigt unter BCG-Therapie in 15–19% eine Progression zu einem muskelinvasiven Karzinom, im Fall von Rezidiven unter dieser Therapie steigt das Risiko auf 67% [12, 13].
11.2
Präoperative Diagnostik
Zur präoperativen Diagnostik gehört die diagnostische Urethrozystoskopie mit einem starren oder flexiblen Endoskop sowie die Entnahme einer Harnblasenspülzytologie.
Es sollte eine Sonographie der Blase sowie des oberen Harntraktes erfolgen. Bei einem Blasentumorerstbefund wird ein Ausscheidungsurogramm empfohlen, da 3–5% der Urothelkarzinome gleichzeitig im oberen Harntrakt zu finden sind. In der Nachsorge genügt einmal jährlich eine Röntgenkontrastmitteluntersuchung des oberen Harntraktes. Liegt der Verdacht auf ein blasenwandinfiltrierendes Wachstum vor, sollte präoperativ ein Computertomogramm oder ein MR durchgeführt werden, da postoperativ bedingt durch die Resektion ein Ödem der Blasenwand auftritt. Hierdurch können die Infiltrationstiefe und die Ausdehnung eines Tumors nicht mehr exakt bestimmt werden. Bei Kontrastmittelallergie oder einem Aussparungsdefekt im Infusionsurogramm kann eine retrograde Darstellung erfolgen. Nicht mehr benötigt werden ein Zystogramm oder Stufenzystogramm, Urethrozystogramm, Angiographie oder transvesikale Sonographie. Zu Beginn der Therapie des Blasenkarzinoms steht die transurethrale Resektion des diagnostizierten Tumors.
11.3
Technik der transurethralen Resektion von Blasentumoren
Ziel der TUR von Blasentumoren ist einerseits die Entnahme von Biopsien (Gewebeproben) zur histopathologischen Beurteilung bei endoskopisch gesicherten Tumoren, andererseits die kurative Therapie nicht muskelinvasiver Blasenkarzinome. Das bedeutet, es werden bei der TURBlase in einem einzigen Schritt sowohl die exakte Diagnose als auch die in den meisten Fällen mögliche kurative Therapie vollzogen. Die Lagerung des Patienten erfolgt in hoher Steinschnittlage, in Spinalanästhesie oder Allgemeinnarkose. Je nach Lokalisation des Tumors, z. B. bei Tumoren der Seitenwand, sollte zusätzlich eine Blockade des N. obturatorius oder eine Intubationsnarkose mit Relaxation erfolgen (Obturatoriusreizung!). Grundsätzlich ist vor jeder TUR eine gründliche Zystoskopie durchzuführen, und es sollte in jedem Fall eine Spülzytologie entnommen werden. Bei Männern sollte auch eine Urethroskopie mit der 0°-Optik zur Beurteilung der Harnröhre durchgeführt werden. Sämtliche Blasenwandanteile müssen inspiziert werden. Zur Verfügung stehen hierzu starre Optiken verschiedenster Blickwinkel: 0°-, 5°-, 30°-, 45°-, 70°- und 120°-Optiken. Der Befund sollte nach Möglichkeit nachvollziehbar kartographiert werden und nach Lage, Größe und Anzahl der Befunde beschrieben werden.
125 11.3 · Technik der transurethralen Resektion von Blasentumoren
Tipp
Vor Beginn der Resektion sollte sich der Operateur die Lage aller Blasentumoren einprägen und bei der Resektion gezielt nacheinander aufsuchen. Ein Absuchen der Blase nach bereits erfolgter Resektion einzelner Tumoren ist nicht sinnvoll, da bereits eine geringe Blutung während der TUR die Sicht und den Überblick erheblich beeinträchtigen kann.
Wichtig ist aber auch, bei unklarer Makrohämaturie den Efflux aus den Ostien zu beurteilen. Die schwer beurteilbare Vorderwand der Blase direkt kranial des Blasenauslasses kann durch manuelle Unterstützung ins Sichtfeld gedrückt werden. Die Blase darf aber nicht vollständig gefüllt sein. Im Fall einer Harnstauungsniere durch Infiltration des Ostiums oder Harnleiters sollte zunächst eine Nephrostomie zur Entlastung der Niere eingelegt werden und dann die TUR erfolgen. Eine retrograde Darstellung und Einlage einer DJ-Schiene ist aufgrund der Gefahr der Aszension von Tumorzellen in den oberen Harntrakt nicht indiziert.
11.3.1
Allgemeine Resektionstechnik
Die Resektion der Tumoren erfolgt mit einem Resektoskop und einer um mindestens 90° abgewinkelten Diathermieschneideschlinge mit hochfrequentem Strom (Elektroresektion). Die Blase sollte während der TUR immer flüssigkeitsgefüllt sein. Tipp
Es empfiehlt sich eine Resektion mit halb geöffnetem Spülstrom, um eine schnelle Füllung der Blase zu vermeiden. Auf jeden Fall muss eine massive Füllung der Blase vermieden werden, da diese dem Schnitt bedingt durch die Wandspannung nicht mehr ausweichen kann und die Dicke der Blasenwand vom Füllungszustand abhängt.
einsehbar sind. Diese Technik sollte nach Möglichkeit vermieden werden und falls nötig, nur von geübten Resekteuren ausgeführt werden. Die Resektion wird entlang der Wölbung der Blasenwand durch möglichst bogenförmige Bewegungen während der Resektion durchgeführt. Der Tumor muss zunächst in toto reseziert werden, bis alle makroskopisch suspekten Blasenwandanteile bzw. sichtbaren Tumoranteile entfernt sind.
3 grundsätzliche Möglichkeiten der Resektionstechnik von Blasentumoren Horizontales Vorgehen. Vertikales Vorgehen. Abtrennen am Stiel.
Das horizontale Vorgehen (⊡ Abb. 11.1a) kann bei einem kleineren exophytischen Tumor durchgeführt werden. Die Geschwulst wird von der Oberfläche her in Schichten abgetragen. Nachteilig ist, dass die Basis oder der Stiel erst am Ende der Resektion erreicht werden und eine Blutstillung vorher im weichen Tumorgewebe nicht sinnvoll ist. Eine vertikale Resektion oder radiäre Resektion (⊡ Abb. 11.1b) von der Seite empfiehlt sich bei großen, v. a. bei soliden Tumoren. Hierbei wird die Basis des Tumors nach 1 oder 2 Schlingenschlägen erreicht und koaguliert. Von der Seite her erfolgt die weitere Resektion. Ist der Tumor wandinfiltrierend oder kann keine »gesunde Schicht« erreicht werden, genügt eine diagnostische Resektion weniger Tumoranteile zur pathohistologischen Begutachtung, v. a. wenn eine Zystektomie geplant ist. Bei einem exophytischen Tumor kann bei dünnem Stiel mit einem oder mehreren Schnitten reseziert werden (⊡ Abb. 11.1c). Selbst große papilläre Tumoren lassen sich anschließend leicht mit der Glaszylinderspritze absaugen.
11.3.2
Resektion großer exophytischer Tumoren
Tipps
Die Gefahr der unwillkürlichen Perforation der Wand ist unter diesen Umständen deutlich erhöht. Um die Übersicht bei Blutungen nicht zu verlieren, empfiehlt es sich, nach Möglichkeit spritzende Blutungen sofort nach dem Schnitt zu koagulieren. Venöse Blutungen lassen sich bei entleerter Blase vielfach exakter beurteilen, nachdem blutende arterielle Gefäße zuvor koaguliert wurden. Die Schnitttechnik selbst sollte retrograd erfolgen d. h. auf den Resekteur zu. Hierdurch kann der Schnittverlauf genau beobachtet und kontrolliert werden und bei Blutungen rasch reagiert werden. Der prograde Schnitt ist wesentlich gefährlicher, da der Schnittverlauf und das Schnittende nicht oder nur schlecht
Die Resektion großer exophytischer Tumoren erfolgt rundsätzlich durch Abtragen in radiärer Richtung. Aufsuchen von normalem Urothel seitlich des Tumors und Resektion von dort beginnend. Nur an einer Stelle zu operieren beginnen. Resektion dort fortfahren, wo begonnen wurde. Sorgfältige Blutstillung am Resektionsort. Regelmäßiges Absaugen der Resektionsstücke mit der Glaskolbenspritze aus der Blase, um den Überblick darüber zu behalten, wie viel Residualtumor noch vorhanden ist.
11
126
Kapitel 11 · Transurethrale Resektion der Blase
a ⊡ Abb. 11.2. Blutstillung durch Koagulation des Randes. Inspektion und »Absäumen des Randes« bei nur schwachem Spülwasserzufluss
b
Resektionstechnik eine sorgfältige histopathologische Diagnostik und ein exaktes Staging gewährleistet werden. Nur auf diesem Weg ist es möglich, dass der Patient frühzeitig einer optimalen und adäquaten Therapie zugeführt werden kann und seine Prognose entsprechend günstig beeinflusst wird.
11.3.3
Blutstillung
Eine Koagulation von Arterien im Tumorgewebe ist nahezu unmöglich, sodass die Koagulation immer dann erfolgen sollte, wenn das Blasenniveau erreicht ist. Tipp
11
c ⊡ Abb. 11.1a–c. Verschiedene Resektionstechniken bei der TURB. a Horizontales Vorgehen, geeignet für bis zu mittelgroße Tumoren. Nachteilig ist, dass die Blutgefäße erst nach Erreichen der Blasenmuskulatur ausreichend gestillt werden können. b Radiäres Vorgehen, geeignet für große Tumoren, die nicht sicher abgegrenzt werden können. Auch bei Planung von nur Teilresektion (Histologiegewinnung bei infiltrierendem Tumor) Blutstillung an der Basis möglich. c Abtragung eines größeren Tumors am Stiel. Koagulation der Basis schnell möglich. Absaugung auch größerer exophytischer Tumoren mit der Glaskolbenspritze möglich
Im Anschluss an die Resektion der sichtbaren Tumoranteile sollten im Sinne einer fraktionierten Resektion die lateral, medial, kranial und kaudal angrenzenden Mukosaanteile reseziert und getrennt histopathologisch untersucht werden, um die Ausbreitung des Tumors besser beurteilen zu können. Den Abschluss der Resektion sollten tiefe Biopsien bis tief ins perivesikale Fett bilden, um einerseits eine Resektion in sano und andererseits die Beurteilung einer möglichen Muskelinvasion zu erlauben. Eine gedeckte Perforation ist in dieser Situation durchaus beabsichtigt und sinnvoll, da nur so ein Understaging vermieden werden kann. Allein durch die Beachtung dieser Basisgrundregeln kann bei einer radikalen und/oder einer diagnostischen
Am Ende der Resektion sollte der Schleimhautrand mit niedriger Stromstärke abkoaguliert werden (»absäumen«), da hiermit Blutgefäße zwischen Schleimhautrand und Muskulatur erfasst werden. (⊡ Abb. 11.2 )
Nach Absaugen aller Resektionsstücke wird ein 20-CharDauerspülkatheter eingelegt. Es sollte sich klare Rückspülflüssigkeit entleeren. Mäßige Dauerspülung erfolgt für einige Stunden, dann kann der Katheter nur auf Ablauf belassen werden. Der Katheter verbleibt bei oberflächlicher Resektion für 1 Tag, bei tiefer Resektion in das perivesikale Fett-/Bindegewebe für 3 Tage.
11.3.4
Sonderformen der Tumorresektion
Resektion am Blasendach Tipp
Mit Hilfe manueller Kompression des Blasendaches kann bei Resektion von Tumoren an der Blasenvorderwand die Blasenwand eingedrückt werden, wodurch die Resektionsstelle leichter zu erreichen ist.
127 11.3 · Technik der transurethralen Resektion von Blasentumoren
sichtig geschnitten werden. Die Blase sollte nur halbgefüllt sein, da hierdurch die Hinterwand – v. a. beim Mann – besser erreicht werden kann und andererseits die Blasenwand dicker ist. Der Schneidestrom sollte vor dem Eintauchen in das Gewebe eingeschaltet werden, da hierdurch ein plötzliches Einsinken der Schlinge vermieden wird.
Resektion am Ostium
a
Sofern das Ostium einsehbar ist, kann es bei der Resektion geschont werden. Im Bereich kranial des Ostiums sollten hierzu flache Schnitte erfolgen. Kann das Ostium nicht lokalisiert werden, kann es überreseziert werden. Manchmal wird während der Resektion das Ostium erkannt, da es etwas prominenter aus dem Resektiongebiet in der Muskularis herausragt. Es kann dann mit einem Ureterenkatheter oder DJ-Katheter am Ende der Resektion geschient werden. Gelingt es nicht, das Ostium zu identifizieren, hilft gelegentlich die Gabe von Diuretika und/oder Methylenblau. Sondieren möglicher Öffnungen mit einem gebogenen 5-Charr-UK führt ebenfalls zum Erfolg. Hat man die Muskularis durchtrennt, erkennt man den Ureter meist im perivesikalen Fettgewebe und kann durch Sondieren überprüfen, ob der er freigelgt wurde. Bei Resektion in der Nähe der Ostien oder deren Resektion aus tumorspezifischen Gründen muss postoperativ eine sonographische Kontrolle des oberen Harntraktes erfolgen. Nicht selten kommt es zu einer passageren Harnstauung. Bei einer Kontrollzystoskopie einige Tage oder Wochen später wird häufig das Ostium die Resektionsfläche überragend erkannt.
Resektion am Blasenauslass bei Mann
b ⊡ Abb. 11.3a, b. TUR von Tumoren am Blasendach. a Resektion bei voller Blase nicht möglich. b Wenig gefüllte Blase und Entgegendrücken des Tumors mit der linken Hand. Gleiches Vorgehen bei Tumoren am Blasenboden auch durch rektal-digitale Palpation möglich (selten notwendig)
Exophytische Tumoren können meist nur entfernt werden, wenn Teile der Prostata mitreseziert werden. Je nach makroskopisch erkennbarer Tumorinfiltration muss die Resektion in die Tiefe ausgedehnt werden. Getrenntes Einsenden von Gewebeproben aus der Tiefe ist notwendig, um die Infiltrationstiefe eines Tumors in die Prostata zu erkennen.
Resektion an der Blasenseitenwand Das Eindrücken des Blasendaches mit der linken Hand des Operateurs oder evtl. eines Helfers gelingt nur bei guter Relaxation des Patienten und wenig gefüllter Blase (⊡ Abb. 11.3). Luftblasen am Blasendach sollten vor der Resektion abgesaugt werden. Die Kopftieflagerung des Patienten kann die Sicht verbesern. Bei der Resektion von Tumoren am Blasendach sollte bei manuellem Entgegendrücken besonders vorsichtig geschnitten werden, da sonst eine extraperitoneale Perforation bei gering gefüllter Blase erfolgen kann.
Resektion an der Blasenhinterwand Bei Resektion an der Blasenhinterwand sollte ebenfalls wegen der Gefahr der intraperitonealen Perforation vor-
Bei der TURB kann durch die elektrische Stimulation des N. obturatorius eine ruckartige Adduktorenbewegung am Bein ausgelöst werden. Die Muskulatur der Blasenwand wird ebenfalls kontrahiert und bewegt sich ruckartig auf die Schlinge zu. Ist der Tumorort an der Blasenseitenwand gelegen und ist dies bereits präoperativ bekannt, so ist der Anästhesist zu informieren. Muskelzuckungen durch »Oburatoriusreizung« können durch die Form der Narkose vermieden werden: ▬ tiefe Relaxation des Patienten, ▬ S3N1-Block, ▬ lokaler Obturatoriusblock (selten notwendig). Technik des »Obturatoriusblocks«: In Steinschnittlage wird eine lange Injektionsnadel 2 cm lateral und distal
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Kapitel 11 · Transurethrale Resektion der Blase
der Beckenwand und vom N. obturatorius entfernt wird. Eine längerdauerende Resektion ist jedoch nicht zu empfehlen, da Flüssigkeitseinschwemmung extraperitoneal erfolgt und möglicherweise auch eine Tumorzellaussaat perivesikal erfolgen kann.
Palliative transurethrale Tumorresektion
⊡ Abb. 11.4. N.-obturatorius-Blockade: 2 cm lateral des Pecten ossis pubis Infiltration mit 20–40 ml langwirkendem Lokalanästhetikum. (Aus [60])
11 des Pecten ossis pubis senkrecht eingestochen. Vorschieben der Nadel unter Aspiration. Anschließend Injektion von 20–40 ml eines langwirkenden Lokalanästhetikums (z. B. Bupivacain 0,25%; ⊡ Abb. 11.4). Tipp
Zuckungen der Blasenwand oder Perforationen können vermieden oder reduziert werden durch Tricks während der Resektion: – Schneidestrom reduzieren. – Einschalten des Schneidestroms in der flüssigkeitsgefüllten Blase und dann erst Eintauchen in das Gewebe. – Halbgefüllte Blase (Wand weiter vom Nerv entfernt!). – Schlinge nur halb ausfahren. – Kleine Schnitte mit geringem Strom. – Festes Halten des Instrumentes. – Verwendung einer bipolaren Resektion.
Wurde die Wand bereits perforiert, so tritt meist keine so starke Zuckung mehr auf, da durch das Austreten der nicht leitenden Spülflüssigkeit perivesikal die Blasenwand von
Bei Patienten mit muskelinvasiven Blasenkarzinomen, die die radikale Zystektomie ablehnen oder aus anästhesiologischen Gründen für eine große offene Tumoroperation nicht geeignet sind, kann eine palliative TUR-Blase, auch zur Therapie von Rezidiven oder rezidivierenden Blutungen, versucht werden. Im Bereich des Blasenbodens ist eine radikale Resektion bis hin zu einer Perforation ins perivesikale Fettgewebe durchaus möglich und den Erfordernissen der Radikalität entsprechend. Problematischer und gefährlicher hinsichtlich einer Perforationsgefahr ist allerdings die Resektion großer Tumoren am Blasendom und der Blasenhinterwand aus den bereits erwähnten Gründen. Die radikale Resektion dieser Tumoren sollte nur der Hand eines erfahrenen Operateurs vorbehalten sein, der einerseits den Tumor so weit wie möglich resezieren kann und andererseits in der Lage ist, die Operation komplikationsarm oder -frei abzuschließen. Um eine Kontamination der Wandränder mit Tumorzellen zu verhindern oder Resttumor zu behandeln, kann eine postoperative Radiotherapie angeschlossen werden. Die 5-Jahres-Überlebensraten nach TUR-B bei Blasentumoren >pT2 liegt zwischen 40 und 68% [14–19].
Resektion von Blasentumoren in einem Blasendivertikel Die Inzidenz von Blasentumoren in großen Divertikeln ist, bedingt durch die Stase des Urins in Divertikeln, höher als in den übrigen Blasenabschnitten. Die Resektion solcher Divertikeltumoren ist besonders schwierig und erfordert größte Erfahrung. Die Wand der Pseudodivertikel in der Blase besteht nur aus der Mukosa und ist deshalb deutlich dünner als die normale Blasenwand mit erhaltener Muskelschicht. Eine radikale TUR ist nur bei kleineren gestielten Tumoren möglich. Größere, breitbasige Tumoren sind wegen der sofortigen Perforationsgefahr transurethral meist nicht vollständig zu entfernen, v. a. wenn das Divertikel an der Blasenhinterwand lokalisiert ist. In diesen Fällen ist eine offenoperative Divertikelabtragung mit Blasenteilresektion oder sogar die radikale Zystektomie in Erwägung zu ziehen.
11.3.5
Komplikationsmanagement
Blasenperforation Entsprechend der Lokalisation der Perforation und der Größe des Defektes muss v. a. bei intraperitonealen Läsio-
129 11.3 · Technik der transurethralen Resektion von Blasentumoren
⊡ Abb. 11.5. Blasenperforation intraperitoneal
nen eine offene Revision mit Übernähung der Blasenwand vorgenommen werden (⊡ Abb. 11.5). Sogar größere extraperitoneale Läsionen können durch konsequente Dauerableitung beherrscht werden. Voraussetzung ist hier eine akribische und exakte Blutstillung. Eine Dauerspülung darf allenfalls mit sehr langsamer Tropfenfolge durchgeführt werden.
Nachblutung und Blasentamponade Hb-wirksame und durch konsequente Spülung nicht zu beherrschende Nachblutungen sollten sofort einer transurethralen Nachkoagulation zugeführt werden. Voraussetzung ist eine vorangegangene vollständige Ausräumung der Blasentamponade, da Koagel durch die freiwerdenden Fibrinspaltprodukte die Blutungsneigung durch Fibrinolyse unterhalten können. Koagel müssen bei der Revisonsoperation vollständig ausgespült werden oder, falls notwendig, herausreseziert werden, da eine protrahierte Blutung unterhalb des Koagels erfolgt. Daher empfiehlt es sich zur Vermeidung einer Blasentamponade oder Nachblutung, bei großflächigen Tumorresektionen einen Spülkatheter mit konsequenter Dauerspülung einzulegen.
Ostienresektion Zur Vermeidung einer Stenose der Ostien kann nach Entfernung des exophytischen Anteils das Ostium durch Einlage eines intramural platzierten Ureterenkatheters markiert werden. Es sollte auf jeden Fall Koagulationsstrom direkt am Ostium vermieden werden. Bei bereits eingetretener Stenosierung eines Ostiums bzw. des intramuralen Harnleiters ist die Anlage einer perkutanen Nephrostomie und bei nachgewiesener Tumorfreiheit die antegrade Schienung des Harnleiters indiziert. Die Harnleiterschiene sollte auf jeden Fall für mehrere Wochen belassen werden.
11.3.6
Aufklärung des Patienten
Bei der Aufklärung des Patienten muss unterschieden werden zwischen allgemeinen Komplikationen, wie Infektio-
nen, Thrombosen und Embolien, und speziellen Komplikationen der TUR-Blase. An 1. Stelle steht die Möglichkeit extra- und intraperitonealer Wandperforationen. Während extraperitoneale Perforationen (sog. gedeckte Perforationen) keiner besonderen Therapie – abgesehen von einer mehrtägigen Dauerableitung – bedürfen, müssen intraperitoneale Perforationen nahezu immer offen operativ durch Übernähung der Blase behandelt werden. Grundsätzlich besteht hierbei auch die Gefahr der intra- wie auch extraperitonealen Tumorzellaussaat. Bei der operativen Revision muss die gesamte Bauchhöhle gewissenhaft mit einer zytoreduktiven Flüssigkeit gespült werden (z. B. Chloramin). Koagulierte Gefäße können infolge von Blasentenesmen oder füllungsbedingter Dehnung, z. B. bei verstopftem DK, wieder eröffnet werden und zu einer Nachblutung führen. Grundsätzlich muss der Patient über die Gabe von Erythrozytenkonzentraten aufgeklärt werden sowie auch über die hierbei entstehenden Risiken durch die zwar seltene, aber mögliche Infektion mit Hepatitisviren und HIV. Auch muss auf einen erneuten Eingriff zur Nachkoagulation und ggf. Tamponadenausräumung bis hin zu einem offen-operativen Eingriff in seltenen Fällen hingewiesen werden. Infektionen nach DK-Einlage bis hin zur aszendieren Entzündung (Pyelonephritis, Epididymitis) sollten ebenfalls erwähnt werden. Weiterhin muss über Komplikationen nach Resektion im Bereich der Ostien hingewiesen werden. Insbesondere natürlich urodynamisch relevante Obstruktionen im Sinne von distalen Harnleitermündungsengen oder klaffende refluxive Ostien. Als Spätkomplikationen sind Harnröhrenstrikturen und Blasenkapazitätsverluste bzw. Schrumpfblasenbildung, meist aber nur nach ausgedehnten und multiplen Resektionen, erwähnenswert.
11.3.7
Residual- und Rezidivtumor
Ein Problempunkt ist die hohe Rezidivneigung oberflächlicher Blasenkarzinome von bis zu 70% [6–8]. Sie wird u. a. auf die unvollständige Resektion von Blasentumoren sowie das Übersehen kleinerer Läsionen bei der primären transurethralen Resektion zurückgeführt [20]. In verschiedenen Studien wurden Residualtumorraten nach transurethraler Resektion oberflächlicher Blasentumoren von 30–54% beschrieben [21–24]. Auf die potenziell inkomplette Resektion sind größtenteils die sog. Frührezidive zurückzuführen, die in 20–40% der Fälle, trotz Nachresektion und adjuvanter Instillationstherapie, nach 6–9 Monaten auftreten [6, 8, 22]. Unentdeckt gebliebene kleine flache Satellitentumoren außerhalb der Resektionsareale der Primärtumoren können ebenfalls zu einem Rezidiv führen. Daher wird 1–6 Wochen nach dem Ersteingriff eine Nachresektion mit dem Ziel empfohlen, eine vollständige Tumorresektion zu errei-
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Kapitel 11 · Transurethrale Resektion der Blase
chen bzw. die Vollständigkeit der Resektion zu überprüfen [2]. Eine Ausnahme bieten hier laut Richtlinien der EAU bzw. AUA die solitären pTaG1/2-Tumoren. Ein weiterer Grund für die Durchführung einer Nachresektion ist die Notwendigkeit des genauen Stagings, wenn nicht zweifelsfrei Muskularisanteile in der tiefen Biopsie vorliegen, makroskopisch Tumor zurückgelassen wurde und bei positiver Spülzytologie trotz unklarem makroskopischem Befund. Grundsätzlich sollte man eher von einer Unter- als von einer Überschätzung der Tumorausbreitung ausgehen. Hier sollte auf jeden Fall die photodynamische Diagnostik zum Einsatz kommen ( unten). In den letzten Jahren führte die ständige technische Verbesserung des Instrumentariums und die Einführung der Videoresektion zu einer Verbesserung der Resektionsqualität. In einer Multicenterstudie, die einen Behandlungszeitraum von 1975–1989 umschließt, konnte z. B. belegt werden, dass die Häufigkeit des 3-Monats-Rezidivs bei solitären Tumoren von 22% (1978) auf 5,3% (1988) und bei multiplen Tumoren von 55,6% auf 19,4% sank. Dies beweist die Verbesserung bzw. Anhebung der Qualitätsstandards [25]. Erwähnt werden muss aber, dass keine absolute Sicherheit darüber besteht, ob es sich bei diesen Frührezidiven tatsächlich um Rezidive handelt oder nicht doch eher um Residualtumor. Etwa die Hälfte der Rezidivtumoren liegt innerhalb des Resektionsgebietes. Die Analyse der EORTC unterstreicht in jedem Fall, wie wichtig eine sorgfältige endoskopische Untersuchung vor und nach der TUR ist. Trotz der vielen international publizierten Studien, die diese Thematik diskutieren, und der technischen Verbesserungen darf und sollte nicht unberücksichtigt bleiben, dass der einzelne Operateur definitiv den stärksten Anteil an der Resektionsqualität hat.
Problematik konventionelle Zystoskopie Eine weitere Ursache für die hohe Rezidivrate nicht muskelinvasiver Urothelkarzinome der Blase ist die Tatsache des Übersehens flacher prämaligner und maligner Läsionen im Rahmen der konventionellen Weißlichtendoskopie. Andererseits hat aber auch die Residualtumorrate, die von verschiedenen Autoren mit 30–54% angegeben wird, ebenfalls einen nicht zu vernachlässigenden Einfluss auf die Rezidivrate [26–29]. Obwohl das Verfahren der 1. Wahl zur Diagnostik des Blasenkarzinoms die Zystoskopie ist, kann trotz der ständigen Verbesserung der Optiken die Sensitivität der Weißlichtendoskopie noch nicht als optimal bezeichnet werden. Für die papillären Tumoren werden Sensitivitäten von bis zu 75%, für CIS 57% und bei Dysplasien ca. 23% genannt [61]. Bei suspekten, aber nicht sicher als Tumor definierbaren Arealen kann eine Urinspülzytologie hilfreich sein. Sie besitzt eine Sensitivität von unter 28–65% bei hoch (G1) und mittelgradig (G2) differenzierten Blasentumoren, bei nied-
rig differenzierten (G3) papillären Tumoren und Carcinomata in situ liegt die Sensitivität bei 87–90% bzw. 83–97% [30–34]. Leider entziehen sich gerade Carcinomata in situ, höhergradige Dysplasien wie auch kleine flache papilläre Läsionen sehr häufig der Diagnose im Rahmen der konventionellen Weißlichtendoskopie. Für das CIS liegt die Sensitivität der konventionellen Zystoskopie nur bei ca. 50%. Gerade aber das CIS allein oder in Kombination mit papillären Tumoren birgt ein sehr hohes Progressionsrisiko in sich [12, 13]. Daher wurde bisher versucht, diese schlecht oder gar nicht sichtbaren Tumoren mittels Quadrantenbzw. Randombiopsie zu diagnostizieren, was jedoch nur in 22–24% der Fälle gelingt [35]. Hiernach bietet die Spülzytologie einen besseren Indikator für das Vorliegen von CIS als Randombiopsien [36]. Durch die Spülzytologie kann aber das CIS nicht lokalisiert, sondern nur dessen Vorhandensein festgestellt werden. Das sich hieraus ergebende diagnostische Dilemma stellt gleichzeitig ein therapeutisches dar. Gerade die prognoseentscheidenden Neoplasien wie das CIS oder DII (in Kombination mit papillären Tumoren) können nur in einem verminderten Maß diagnostiziert und daher nicht frühzeitig adäquat therapiert werden.
Photodynamische Diagnostik Aufgrund der oben genannten Problematik wurde in den letzten Jahrzehnten immer wieder nach einem Weg gesucht, die Sensitivität der Zystoskopie zu verbessern. In diesem Zusammenhang wurde in den 1980er-Jahren die Fluoreszenzdiagnostik entwickelt [37]. Durch systemische Applikation von Hämatoporphyrinderivat konnte eine selektive Anreicherung dieses photoaktiven Porphyringemisches in Tumoren erreicht werden. Die Fluoreszenzanregung erfolgte mit monochromatischem violettem (λ ca. 400 nm) und blauem Licht (λ ca. 470 nm). Als Lichtquelle zur Fluoreszenzanregung diente ein KryptonionenLaser. Die Tumoren fluoreszierten unter Anregung rot, hierdurch konnten flache Neo- und Dysplasien vermehrt diagnostiziert werden. Die Grenzen des Verfahrens lagen in der anhaltenden Gefahr phototoxischer Hautreaktionen durch die systemisch applizierten Porphyringemische wie auch in der zur Erzeugung des Fluoreszenzlichtes nötigen aufwändigen und teuren Technik. Der Nachweis der selektiven Anreicherung von Protoporphyrin IX in Urothelkarzinomzellen in den 1990erJahren mit einem Verhältnis von 17 : 1 zu normalem Urothel nach lokaler intravesikaler Applikation von 5-Aminolävulinsäure (ALA) ermöglichte erstmals die Anwendung der Fluoreszenzdiagnostik ohne Nebenwirkungen im Sinne von Phototoxizität [38–40]. Die simultane Entwicklung einer Lichtquelle, bei der Fluoreszenzlicht mit einer Wellenlänge von 340–445 nm mit Hilfe einer Xenonlampe mit Bandpassfilter erzeugt werden konnte (Fa. Storz, Tuttlingen), bedeutete eine erhebliche Vereinfachung des Verfah-
131 11.3 · Technik der transurethralen Resektion von Blasentumoren
⊡ Abb. 11.6. Flache papilläre Tumoren der Blase (links: Weißlicht, rechts Fluoreszenzdiagnostik)
rens in der Anwendung und verringerte die Anschaffungskosten. Aus diesen Gründen findet die ALA-induzierte Fluoreszenzdiagnostik (FD) seit 1995 in Europa insbesondere im deutschen Sprachraum zunehmend bei der Diagnostik und transurethralen Resektion von Blasenkarzinomen Anwendung. Es hat sich als ein einfach zu handhabendes, aber dennoch hochsensitives Verfahren erwiesen, welches v. a. die Detektion von unter konventionellem Weißlicht (WL) nicht oder schlecht sichtbaren, flachen Läsionen der Blase erleichtert bzw. erst möglich macht. In den ersten publizierten Arbeiten zur ALA-induzierten Fluoreszenzdiagnostik ergaben sich Sensitivitäten von über 97% und Spezifitäten zwischen 35 und 70% [41–45].
Grundlagen der PDD ALA wird körpereigen als Produkt der ersten Reaktion der Häm-Biosynthese in den Mitochondrien synthetisiert. Über mehrere enzymkatalysierte Stoffwechselschritte wird ALA zu Protoporphyrin IX (PPIX) verstoffwechselt. Das lipophile und monomere PPIX hat sowohl fluoreszierende als auch phototoxische Eigenschaften. In epithelialen Geweben und Tumoren reichert sich das photodynamisch wirksame PPIX gegenüber Geweben mesenchymalen Ursprungs selektiv an. Nach Anregung mit violettem Licht der Wellenlänge 400 nm liegt das Fluoreszenzmaximum von PPIX im roten Spektralbereich (635 nm), d. h. es fluoresziert rot [46–48]. Für die selektive Anreicherung von PPIX in Tumorzellen werden mehrere Faktoren postuliert. Einerseits wird durch die exogene Zufuhr von 5-Aminolävulinsäure der Rückkopplungsmechanismus der Aminolävulinsäure-Synthase umgangen [47]. Als wichtigster Schritt für die selektive Anreicherung von PPIX in Urothelkarzinomzellen wird jedoch die verminderte Aktivität der Ferrochelatase angesehen [49]. Die selektive Anreicherung von PPIX erreicht bei topischer Applikation ein Verhältnis von 1 : 17–20
von normalem Urothel zu Tumoren, hierdurch kann sich der Tumor bei Fluoreszenzanregung optisch hervorragend vom Normalurothel abheben (⊡ Abb. 11.6).
Durchführung der Fluoreszenzdiagnostik mit topisch applizierter 5-Aminolävulinsäure 2 h vor der geplanten Zystoskopie wird nach vorheriger Blasenentleerung eine 3%ige ALA-Lösung mittels Einmalkatheterismus intravesikal instilliert. Die Lösung sollte bis zum Untersuchungszeitpunkt in der Blase verbleiben. Zur Herstellung der gebrauchsfertigen Lösung werden 1,5 g ALA in 50 ml 5,7%igem Natriummonohydrogenphosphat gelöst. Zur Fluoreszenzanregung werden Lichtquellen mit einer Xenonkurzbogenlampe verwendet. Durch die spektrale Einengung des weißen Lichts mittels eines Bandpassfilters entsteht blaues Licht im Wellenlängenbereich zwischen 340 nm und 445 nm, welches zum Absorptionsmaximum von PPIX passt. Tumoren und prämaligne Schleimhautläsionen fluoreszieren dabei rot im Wellenbereich bei 640 nm. Hierfür werden kommerziell erhältliche Komplettsysteme der Firmen Storz, Wolf und Olympus angeboten. Diese Lichtquellen sind üblicherweise mit sämtlichen Resektionsschäften kompatibel, der Weißlichtanteil kann zur konventionellen Weißlichtzystoskopie verwendet werden, ohne eine weitere Lichtquelle zu benötigen. Mittels Fußschalter kann wahlweise zwischen Fluoreszenz- und Weißlicht umgeschaltet werden (⊡ Abb. 11.7). Tipp
Die Resektionsdauer ist wegen des Ausbleichens (»photobleaching«) der fluoreszierenden Areale auf einen Zeitraum von ca. 30 min limitiert.
11
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Kapitel 11 · Transurethrale Resektion der Blase
⊡ Abb. 11.7. Papillärer Tumor nach Resektion. Am Außenrand sind unter Fluoreszenzlicht noch Residualtumoren erkennbar (links: Weißlicht, rechts: Fluoreszenzlicht)
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⊡ Abb. 11.8. Papillärer Tumor nach Resektion. Am Außenrand sind unter Fluoreszenzlicht noch Residualtumoren erkennbar. Unter Weißlicht (links) nicht sichtbare Läsionen werden im Fluoreszenzmodus (rechts) kurz mit der Schlinge durch Koagulationsstrom markiert, um sie anschließend unter Weißlicht zu resezieren
Bei der TUR mittels FD wird die Blase mit Weißlicht inspiziert und nach Umschalten auf Fluoreszenzlicht die Inspektion wiederholt. Sämtliche fluoreszierenden sowie alle unter Weißlicht suspekten Areale oder Tumoren können reseziert werden. Nach Abschluss der Resektion wird nochmals die Radikalität mittels FD überprüft und noch fluoreszierende Areale, falls erforderlich, nachreseziert. Die Resektion unter Weißlicht hat den Vorteil, den Ausbleicheffekt zu verzögern, sodass man gerade bei multifokalem Befall der Blase auf eine längere Resektionszeit zurückgreifen kann. Bei unter Weißlicht nicht sichtbaren Läsionen werden die zu resezierenden Areale im Fluoreszenzmodus kurz mit der Schlinge durch Koagulationsstrom markiert, um sie anschließend unter Weißlicht zu resezieren (⊡ Abb. 11.8). Inzwischen haben sich auch andere topisch applizierbare Agenzien zur PDD etabliert. Durch chemische Modi-
fikationen ist es gelungen, durch Veresterung von ALA die Gewebepenetrationsfähigkeit zu steigern und somit eine höhere Kumulationsrate zu erreichen (ALA-Hexylester, Hexvix). Dieser Wirkstoff steht kurz vor der Zulassung in Schweden. Als weiterer wichtiger Photosensitizer ist auch Hypericin zu erwähnen, ein Derivat des Johanniskrauts. Es besitzt nahezu identische photodynamische Eigenschaften wie ALA oder H-ALA. Der größte Vorteil dieser Substanz liegt beim fehlenden Ausbleicheffekt.
Ergebnisse der PDD Die meisten Autoren geben in ihren publizierten Arbeiten zur ALA-induzierten Fluoreszenzdiagnostik sehr hohe Sensitivitäten von über 97% und Spezifitäten zwischen 35 und 70% [50–54] an. Bei diesen Studien handelte es sich ausschließlich um biopsiebezogene Untersuchungen. Letztlich konnten die biopsiebezogenen Untersuchungen zwar
133 Literatur
eine verbesserte Detektionsrate und Sensitivität aufzeigen, dennoch konnten sie nicht zweifelsfrei den klinischen Nutzen belegen. Die Fragestellung, inwiefern der einzelne Patient einen Vorteil aus der Fluoreszenzdiagnostik (FD) zieht und inwieweit diese zusätzlich detektierten Tumoren zu Konsequenzen in Bezug auf das weitere Prozedere bei den einzelnen Patienten führen, versuchten Jeon et al. und Filbeck et al. zu klären [55, 56]. Jeon zeigte, dass in 13% der Fälle sich therapeutische Konsequenzen in Form von Umstieg auf ein aggressiveres Therapieschema ergaben und Filbeck in 9% der Fälle. Dass die Residualtumorrate durch die Fluoreszenzdiagnostik gesenkt werden kann, bewiesen Riedel et al. und zeigten in einer vergleichenden Studie eine deutliche Reduktion der Residualtumorrate von 16% in der Fluoreszenzdiagnostikgruppe vs. 39% unter Weißlicht (WL) [57]. Eine weitere randomisiert prospektive Multicenterstudie von Zaak u. Kriegmair et al. wies eine Residualtumorrate von 59,4% unter Weißlicht vs. 38,5% unter Fluoreszenzdiagnostik nach [58]. Filbeck et al. konnten nicht nur eine Reduktion der Residualtumorrate von 25,2% unter Weißlicht auf 4,5% unter Fluoreszenzdiagnostik, sondern auch eine statistisch signifikante Senkung der Rezidivrate im Langzeitüberleben [59] berichten. In Bezug auf das rezidivfreies Überleben ist Fluoreszenzlicht- der Weißlicht-TUR statistisch signifikant überlegen (p=0,0005). Die rezidivfreie Überlebensrate nach 12, 24 und 48 Monaten betrug in der Weißlichtgruppe 78,6%, 69,9% und 60,7%, in der Fluoreszenzlichtgruppe 90,9%, 90,9% und 85%. Diese Überlegenheit erwies sich als von den Risikogruppen unabhängig. Hiernach ist die fluorenzenzlichtgestützte TUR oberflächlicher Blasentumoren dem konventionellen Verfahren unter Weißlicht überlegen
9. 10.
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Kapitel 11 · Transurethrale Resektion der Blase
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12 Katheterentblockung A. Elert
12.1
Das Problem des nicht entblockbaren Katheterballons – 136
12.2
Methoden zur Katheterentblockung – 136
12.2.1 12.2.2 12.2.3 12.2.4 12.2.5 12.2.6 12.2.7 12.2.8
Torsionsmethode – 136 Verkürzen der Störstrecke – 136 Transluminale Sondierung und Ballonperforation – 136 Extraluminale Sondierung und Ballonperforation – 136 Perkutane Punktion – 136 Transrektale und transvaginale Punktion – 137 Ruptur durch Ballonüberdehnung – 137 Chemisch induzierte Ruptur – 137
12.3
Empfehlung für ein schrittweises Vorgehen – 138 Literatur – 138
136
Kapitel 12 · Katheterentblockung
12.1
Das Problem des nicht entblockbaren Katheterballons
Durch Materialfehler, Verwendung ungeeigneter Flüssigkeiten zur Blockung des Katheterballons wie z. B. kristalloide Lösungen, lange Liegezeit und/oder Blockung des Katheters in der Harnröhre steigt das Risiko, dass sich der Katheterballon nicht entblocken lässt. In diesen Fällen stehen verschiedene Problemlösungen zur Verfügung [1, 2].
12.2
Methoden zur Katheterentblockung
12.2.1
Torsionsmethode
⊡ Abb. 12.1. Entblockung des Ballons durch Torsion des Katheters
⊡ Abb. 12.2. Verkürzung der Störstrecke des Blockkanals
Unter Aspiration wird unter leichtem Zug der Katheter abwechselnd im und gegen den Uhrzeigersinn gedreht, um evtl. bestehende Verklebungen zu lösen (⊡ Abb. 12.1).
12.2.2
Verkürzen der Störstrecke
⊡ Abb. 12.3. Transluminale Sondierung des Blockkanals und Perforation des Ballons mit einem dünnen Metallmandrin
Diese Methode beruht auf der Überlegung, dass das distale Katheterende mit dem Ventil durch Zug und Knickung am störanfälligsten ist. Daher wird dieses distale Ende abgeschnitten (⊡ Abb. 12.2). ! Cave Belassen eines ausreichenden Sicherheitsabstandes vor der Harnröhre (mindestens 5 cm), damit der proximale Katheteranteil nicht in die Urethra gezogen wird.
12
12.2.3
Transluminale Sondierung und Ballonperforation
⊡ Abb. 12.4. Harpunentechnik zur Punktion des Ballons durch Vorschieben eines langen Metallmandrins zwischen Katheter und Zystoskopschaft
Hierbei wird z. B. der dünne Metallmandrin eines Ureterenkatheters in den Blockungskanal vorgeschoben und der Ballon perforiert (⊡ Abb. 12.3).
12.2.4
Extraluminale Sondierung und Ballonperforation
Beim Mann (Harpunentechnik) Das abgeschnittene distale Katheterende wird an einen Faden geknotet und so gesichert. Anschließend wird ein mit Gleitmittel präparierter Zystoskopieschaft über den Katheter bis zum Ballon vorgeschoben und der Metallmandrin eines Ureterenkatheters wiederum im Zystoskopschaft vorgeschoben, bis der Ballon perforiert (⊡ Abb. 12.4).
Bei der Frau (Verweilkanülenmethode) Vorschieben einer Venenverweilkanüle (z. B. Braunüle) entlang des Katheters bis zum Ballon, wobei die zentrale Metallkanüle in den Kunststoffschaft der Venenverweilka-
⊡ Abb. 12.5. Verweilkanülenmethode zur Punktion des Ballons durch Vorschieben einer Venenverweilkanüle (z. B. Braunüle) entlang des Katheters bis zum Ballon
nüle zurückgezogen ist, um die Urethra nicht zu verletzen. Sobald der Ballon erreicht ist, wird die Metallkanüle vorgeschoben und der Ballon perforiert (⊡ Abb. 12.5).
12.2.5
Perkutane Punktion
Unter sonographischer Kontrolle wird durch leichten Zug am Katheter der Ballon am Blasenhals fixiert und in der Mittellinie knapp oberhalb der Symphyse eine dünne Punktionsnadel zum Ballon vorgeschoben und dieser perforiert (⊡ Abb. 12.6).
137 12.2 · Methoden zur Katheterentblockung
! Cave Nicht zu empfehlen! Iatrogene Verletzungen und Rupturen des Hohlsystems möglich.
12.2.8
Chemisch induzierte Ruptur
Durch die Injektion verschiedener chemischer Substanzen wie z. B. Paraffinöl, Mineralöl, Äther, Chloroform etc. kommt es zur chemisch induzierten Ruptur des Katheterballons. ⊡ Abb. 12.6. Perkutane sonographisch gesteuerte Punktion des Ballons
12.2.6
Transrektale und transvaginale Punktion
Mit einer dünnen, flexiblen Punktionsnadel wird der Katheterballon unter digitorektaler bzw. digitovaginaler Kontrolle perforiert (⊡ Abb. 12.7).
! Cave Nicht zu empfehlen! Schwerste Schädigungen der Blasenschleimhaut möglich. Der Einsatz von Äther ist obsolet.
Bei allen Verfahren, die mit der Punktion oder Ruptur des Katheterballons einhergehen, muss der Ballon auf seine Vollständigkeit hin überprüft werden, da in bis zu 30% der Fälle Ballonfragmente in der Blase verbleiben und zu Infektionen und Steinbildung führen können.
! Cave Nachteil dieser Methode ist das deutlich erhöhte Infektions- und Blutungsrisiko.
12.2.7
Ruptur durch Ballonüberdehnung
Der Ballon wird mit isotoner Kochsalzlösung bis zur Ruptur gefüllt (⊡ Abb. 12.8). Je nach Kathetertyp sind sehr hohe Volumina notwendig.
⊡ Abb. 12.8. Überdehnungsruptur des Ballons mit isotonischer Kochsalzlösung
a ⊡ Abb. 12.7a, b. Transrektale (a) und transvaginale (b) Punktion des Ballons unter digitaler Führung
b
12
138
Kapitel 12 · Katheterentblockung
12.3
Empfehlung für ein schrittweises Vorgehen
Schrittweises Vorgehen Torsionsmethode; falls erfolglos: Verkürzung der Störstrecke; falls erfolglos: Transluminale Sondierung und Perforation; falls erfolglos: Perkutane Punktion.
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12
13 Endoskopische Therapie der Harninkontinenz S. Wille
13.1 Diagnostische Abklärung der Harninkontinenz vor endoskopischer Therapie – 140 13.2 Weibliche Inkontinenz – 140 13.3 Männliche Inkontinenz – 141 13.4 Therapieerfolg der endoskopischen Therapie – 142 Literatur – 142
140
Kapitel 13 · Endoskopische Therapie der Harninkontinenz
13.1
⊡ Abb. 13.1. Inkompetenter Sphinkter der Frau
13
Unter der endoskopischen Therapie der Harninkontinenz versteht man die transurethrale Applikation von sog. »bulking agents« in den Sphinkter. »Bulking agents« sind Substanzen, die massebildende, aufbauschende Eigenschaften besitzen, wenn sie in einen Hohlraum gespritzt werden. Hierzu zählen u. a. Kollagen (Contigen), Teflon (Polytef), autologes Fett, Silikon (Makroplastique), Knorpel, Hyaluronsäure und Dextromer (Deflux), Calcium-hydroxylapatit und Carbon. Das therapeutische Prinzip dieser »bulking agents« beruht darauf, dass die Verschlusskraft des Sphinkters durch diese aufbauschenden Substanzen erhöht wird [1]. Diese Substanzen werden an mehreren Stellen, beispielsweise bei 3, 6, 9 und 12 Uhr in Steinschnittlage in den Sphinkter appliziert, bis ein ausreichender Verschluss der Sphinkteranteile endoskopisch nachgewiesen werden kann [2–4] (⊡ Abb. 13.1). Die ideale Substanz sollte eine adäquate Biokompatibilität mit geringer allergener Kompetenz, eine Orststabilität ohne Migrationstendenz und eine Volumenstabilität ohne biologischen Abbau aufweisen. Darüber hinaus sollte die Substanz einfach und gezielt über die Nadel in den Sphinkter injizierbar sein. Aufgrund der immer notwendigen Mehrfachapplikationen muss die Substanz kostengünstig sein, insbesondere, wenn sie bei einem Kosten-NutzenVergleich mit anderen minimal-invasiven Verfahren standhalten soll. 1993 genehmigte die FDA (Federal Drug Administration) das hochgereinigte glutataldehydvernetzte Rinderkollagen zur Behandlung der männlichen und weiblichen Harninkontinenz. Es hat nur minimale inflammatorische und allergene Eigenschaften. Die Biodegradation beginnt nach etwa 12 Wochen, eine vollständige Degradadation ist nach 9–19 Monaten erfolgt [5].
Diagnostische Abklärung der Harninkontinenz vor endoskopischer Therapie
Eine sorgfältige diagnostische Abklärung ist unbedingte Voraussetzung, um die Indikation für ein endoskopisches Vorgehen oder aber für die Implantation eines artifiziellen Sphinkters stellen zu können. Hierzu gehört zum einen eine detaillierte Anamneseerhebung, bei der u. a. der zeitliche Zusammenhang mit der Operation, die Art (Belastungs-/ Harndranginkontinenz) und die Ausprägung (Vorlagenverbrauch) der Harninkontinenz erfragt werden muss. Des Weiteren sollte ein Vorlagentest, eine Urodynamik mit Profilometrie, ggf. Bestimmung des »leak point pressure« sowie eine Urethrozystoskopie durchgeführt werden.
13.2
Weibliche Inkontinenz
Prinzipiell können »bulking agents« sowohl bei der Frau als auch beim Mann angewendet werden. Allerdings sind die Indikationen zur Behandlung der weiblichen Inkontinenz in den letzten Jahren aufgrund der zahlreichen, minimal-invasiven Schlingenplastiken aus synthetischem Material [z. B. Polypropylene, »tension free vaginal tape« (TVT) und »tension free transobturator tape« (TOT)] viel seltener gestellt worden. Eine geeignete Indikation für eine endoskopische Inkontinenzoperation bei der Frau stellt die sog. »intrinsic sphincter deficiency« (ISD) Typ 3 Inkontinenz nach Blaivas dar. Bei der ISD liegt eine isolierte Sphinkterschädigung ohne anatomische Begleitpathologie (Deszensus vesicae, Zystozele) vor.
Durchführung der Injektionstherapie Nach den üblichen Operationsvorbereitungen wird zunächst ein suprapubischer Zystofixkatheter eingelegt, damit die Blase bis zur Freigabe der Miktion am 1. oder 2. postoperativen Tag abgeleitet ist. Anschließend wird der Rhabdosphinkter und die Blasenhalsregion aufgesucht. In der Regel verwendet man ein 17,5-Charr-Zystoskop, mit dem über eine 24-Gg-Nadel die gewünschte Substanz etwa 1–1,5 cm distal des Blasenhalses unmittelbar unter die urethrale Mukosa appliziert werden kann. Dabei hat es sich bewährt, bei 9, 12 und 3 Uhr in Steinschnittlage mit der Applikation der Substanz zu beginnen, bis eine ausreichende Adaption der Sphinkteranteile erreicht ist. Gegebenenfalls sind weitere Applikationen notwendig. Eine perkutane Injektion periurethral, die zystoskopisch beobachtet wird, ist ebenfalls möglich (⊡ Abb. 13.2).
141 13.3 · Männliche Inkontinenz
Durchführung
⊡ Abb. 13.2. Schema der Injektionstherapie. »Bulking agents« werden paraurethral neben den Sphinkter submukös gespritzt
13.3
Männliche Inkontinenz
Während die Harninkontinenz bei der Frau auf Geburtstraumen, Operationsfolgen, konstitutionelle Faktoren (Bindegewebsschwäche, Adipositas, Rasse) oder neurologische Erkrankungen zurückzuführen ist, liegt bei der männlichen Harninkontinenz in der Regel eine iatrogene Schädigung (Zustand nach TUR-P oder Prostatektomie) des Schließmuskels vor. Als »golden standard« zur Behandlung der männlichen Harninkontinenz gilt der artifizielle Sphinkter. Eine weitere Therapieform stellt die Injektion von »bulking agents« dar. Für ein gutes postoperatives Ergebnis sollte der Sphinkter bei der endoskopischen Therapie eine ausreichende Restfunktion haben. Zur Beurteilung dieser Restfunktion eignet sich am besten die Urethroskopie. Die »bulking agents« können immer nur auf dem Boden einer gewissen Eigenfunktion des Schließmuskels wirken. Bei einem vollständig akontraktilen oder total vernarbten Sphinkterapparat sind sie wirkungslos. In diesem Fall sollte ein artifizieller Sphinkter implantiert werden.
Die Injektion der Substanzen in den männlichen Sphinkter unterscheidet sich im Prinzip nicht von der in den weiblichen Sphinkter. Unter sterilen Kautelen wird nach Einlage eines suprapubischen Zystofixkatheters über ein 17,5Charr-Zystoskop die Substanz mit einer 24-Gg-Nadel, beginnend bei 12 Uhr, in die Läsion und in die gegenüberliegende Region des Sphinkters appliziert, bis eine suffiziente Koaptation der Sphinkteranteile hergestellt ist. Die Substanz wird suburethral injiziert, wobei die Nadel unter Sicht submukös vorgeschoben wird und die geschliffene Fläche der Nadel zum Urethralumen hinzeigen sollte. Bei Patienten nach radikaler Prostatektomie ist darauf zu achten, dass die Substanz proximal des Sphinkter externus injiziert wird. Unter Umständen sind zusätzliche Applikationen der Substanz erforderlich. Ein wesentlicher Unterschied zum Vorgehen bei der Frau besteht darin, dass beim Mann aufgrund der Voroperation eine ausgeprägte Vernarbung besteht und deswegen die Applikation erschwert ist. Verständlicherweise kann sich die zu applizierende Substanz im Narbengewebe schlechter ausbreiten, sodass der aufbauschende Effekt oft nicht so ausgeprägt ist. Es kann sogar vorkommen, dass trotz zahlreicher Applikationen keine ausreichende Adaption eintritt und die Kontinenz entweder nur von kurzer Dauer ist oder überhaupt nicht eintritt. Bei einer Inkontinenz nach radikaler Prostatektomie kann auch eine relative Blasenhalsstenose zu einer Pseudokontinenz führen. Allein durch die Zystoskopie wird der Blasenhals aufgedehnt, wodurch zunächst die Belastungsharninkontinenz trotz Kollageninjektion verstärkt ist (⊡ Abb. 13.3).
Tipp
Wenn keine Restfunktion des Sphinkters vorhanden ist, sollte ein artifizieller Sphinkter implantiert werden.
⊡ Abb. 13.3. Inkompetenter Sphinkter nach radikaler retropubischer Prostatektomie
13
142
Kapitel 13 · Endoskopische Therapie der Harninkontinenz
13.4
Therapieerfolg der endoskopischen Therapie
Die größten Erfahrungen bestehen mit Kollagen. Fasst man die zahlreichen Publikationen zur Kollagentherapie zusammen, so wird deutlich, dass vollständige Kontinenz nach einer durchschnittlichen Nachbeobachtungszeit von 16 Monaten bei etwa 29% beim Mann und nach durchschnittlich 20 Monaten bei der Frau bei 53% liegt. Injiziert wurden zwischen 10–30 ml bei durchschnittlich etwa 2 Injektionen. Diese limitierenden Daten sind darauf zurückzuführen, dass der aufbauschende Effekt der »bulking agents« durch biologischen Abbau oder Migration der Substanz mit der Zeit nachlässt. Ein weiterer Grund für ein schlechtes postoperatives Ergebnis ist eine unkritische Indikationsstellung. Hier sei nochmals darauf hingewiesen, dass beim Mann eine Restfunktion und eine nicht zu starke Vernarbung des Sphinkters eine wichtige Voraussetzung für eine möglichst lang anhaltende Kontinenz sind. Die Vorteile der endoskopischen Therapie bestehen in der geringen Invasivität und der Wiederholbarkeit des Eingriffs [6, 7].
Literatur
13
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14 Lithotripsietechniken P. Olbert
14.1
Einleitung – 144
14.2
Lithotripsietechniken und -technologien – 144
14.2.1 14.2.2 14.2.3 14.2.4 14.2.5 14.2.6
Mechanische Lithotripsie (Mauermayer-Stein-Punch) – 144 Elektrohydraulische Lithotripsie (EHL) – 144 Laser-Lithotripsie – 145 Ultraschalllithotripsie – 146 Pneumatisch-ballistische Lithotripsie (LithoClast) – 147 Kombination von LithoClast und Ultraschall – 148 Literatur – 150
144
Kapitel 14 · Lithotripsietechniken
14.1
Einleitung
Indikationsbereich
14.2
Lithotripsietechniken und -technologien
Aufgrund des großkalibrigen Instruments ist die mechanische Lithotripsie nur für Blasensteine einsetzbar. Es können Steine jeden Härtegrades fragmentiert werden. Limitierend für den Einsatz des Stein-Punch ist die Steingröße, da für eine effiziente Desintegration eine sichere Fixation des Steins in der Steinaufnahme des Punchs Voraussetzung ist. Bei sehr großen Blasensteinen sollte vor Einsatz des Punchs eine Fragmentierung, z. B. mit der ballistischen Lithotripsie, erfolgen. Aufgrund des hohen Zeitaufwandes für die transurethrale Lithotripsie ist bei großen Blasensteinen ein offenoperatives Vorgehen mittels sectio alta als zeitsparende Alternative zu erwägen.
14.2.1
Mechanische Lithotripsie (Mauermayer-Stein-Punch)
14.2.2
Die Möglichkeit, Steine der Harnblase und des oberen Harntrakts effektiv auf endoskopischem Wege, d. h. minimal-invasiv zu behandeln, hat heute die offen-operativen Interventionen zur Steinsanierung bis auf wenige Ausnahmen abgelöst. Harnsteine nahezu jeder Größe und Lokalisation werden entweder retrograd-ureteroskopisch oder perkutan-nephroskopisch erreicht, desintegriert und aus dem Hohlsystem entfernt.
Elektrohydraulische Lithotripsie (EHL)
Technologie
Technologie und Funktionsweise
Der zu desintegrierende Stein kann durch die 2 ineinander koaxial verschieblichen Schäfte des Gerätes in der an der Instrumentenspitze gelegenen Aussparung des Außenschaftes festgeklemmt werden (⊡ Abb. 14.1). Durch Betätigung des Handgriffes wird der Stein durch die gegeneinander geführte Scherbewegung der beiden Schäfte unter großen Druck gesetzt und fragmentiert. Durch die Übersetzung des großen Hebels am Handgriff des Instruments auf die kurze Scherbewegung der Schäfte kann eine sehr große Kraft auf den eingespannten Stein wirken. In das System ist eine 0°- oder 5°-Optik integriert, die ein Arbeiten unter Sicht ermöglicht. Zur sicheren Aufnahme des Steins ist eine Fixation an der Blasenwand notwendig, die Desintegration erfolgt im Lumen der Blase.
Eine EHL-Sonde arbeitet nach dem Prinzip einer Zündkerze in einer Flüssigkeit. Zwischen einer koaxialen ringförmigen und einer zentralen Elektrode, die isoliert sind, entsteht ein Funkenüberschlag [1]. Dieser Funkenschlag hat 2 Effekte: ▬ Der Funke selbst generiert eine Stoßwelle. ▬ Durch die Energie des Funkenschlags entsteht eine Kavitationsblase aus hocherhitztem Dampf. Diese Blase dehnt sich im inkompressiblen Medium Wasser blitzartig aus und erzeugt an der Grenzfläche zum Stein eine Stoßwelle, die in den Stein eingeleitet wird (⊡ Abb. 14.2). Wenn die Kavitationsblase kollabiert, wird eine Zugwelle generiert, die ebenso desintegrative Wirkung auf den Stein hat. Die Effizienz der EHL hängt von mehreren Faktoren ab: Der Abstand zwischen den Polen determiniert die Spannung, die zur Auslösung eines Funkenschlags erforderlich ist. Ein größerer Abstand erfordert eine höhere Spannung.
14
⊡ Abb. 14.1. Mechanische Lithotripsie durch Mauermayer-SteinPunch. Der Stein wird zwischen den Außenschaft und dem beweglichen Innenschaft eingeklemmt und durch Scherbewegung mechanisch zerkleinert
⊡ Abb. 14.2. Prinzip der elektrohydraulischen Lithotripsie. Zwischen einer zentralen und einer koaxialen Elektrode wird ein Funkenüberschlag erzeugt. Es entsteht eine Kavitationsblase, die sich konzentrisch ausbreitet
145 14.2 · Lithotripsietechniken und -technologien
Für die Erzeugung einer effektiven Stoßwelle ist ein rascher Spannungsanstieg und -abfall erforderlich. Eine konstant hohe Spannung erzeugt eine Dampfblase von konstanter Größe und damit keine Schockwelle. Wird die EHL-Sonde in direkten Kontakt mit dem Stein gebracht, kann nur eine minimale Menge Wasser erhitzt werden, zu wenig, um eine effektive Kavitationsblase zu erzeugen. Die geringe, vom Funken direkt ausgehende Stoßwelle reicht für eine gute Desintegrationsleistung nicht aus. Es ist daher wichtig, einen geringen Abstand zum Stein einzuhalten (ca. 1 mm). Größere Distanz zum Stein wiederum verringert die Effektivität, da die Energie der Schockwelle mit zunehmendem Abstand zur Sonde rasch abnimmt [1, 2].
Indikationsbereich Aufgrund der Verfügbarkeit unterschiedlich dicker EHLSonden ist eine Anwendung prinzipiell im gesamten Harntrakt möglich. Blasensteine bis zu einer Größe von 2–3 cm werden mit dicken EHL-Sonden in Fragmente zerkleinert, die man anschließend durch den Zystoskopschaft ausspülen oder mit der Fasszange extrahieren kann. Größere, aber auch besonders harte, schwer zu fragmentierende Steine erfordern eine große Anzahl von EHL-Impulsen, womit das Risiko einer Blasenperforation deutlich steigt. Mit der Verfügbarkeit von kleinerlumigen Sonden (5 F) wurde die Anwendung auch im Harnleiter möglich (⊡ Abb. 14.3). Die Desintegrationsrate liegt bei 80–90%. Nachteilig bei der EHL sind die Möglichkeit einer Harnleiterperforation durch die Druckwelle (15%), stärkere Blutungen mit Sichtverminderung bei der Ureteroskopie sowie direktes Einsprengen von Steinteilen in die Harnleiterwand. Bei impaktierten Steinen sollte mit der EHLSonde Abstand vom Stein genommen werden, da hier die Perforationsgefahr durch mangelnde Mobilität des Steins und das meist ohnehin entzündlich veränderte Steinbett
⊡ Abb. 14.3. Verschiedene Elektroden für die elektrohydraulische Lithotripsie
besonders hoch ist. Besonders kleine Steine oder Fragmente von bereits desintegrierten Steinen sind für die EHL ebenfalls problematisch, da ein großer Teil der erzeugten Stoßwellen- und Wärmeenergie »am Stein vorbei« direkt auf die Ureterwandung trifft. Mit sehr dünnen (1,6 F) Sonden und flexiblen Ureterorenoskopen ist eine EHL von Nierensteinen möglich, z. B. von Restkonkrementen in der unteren Kelchgruppe nach ESWL.
Vor- und Nachteile der EHL Vorteile: – Kostengünstige Technologie – Hohe Desintegrationsleistung – Anwendbar in starren und flexiblen Geräten Nachteile: – Hohe Komplikationsraten, insbesondere bei Harnleitersteinen (Perforation, Hämaturie, Einsprengung von Steilteilen in das Urothel)
14.2.3
Laser-Lithotripsie
Technologie und Funktionsweise Die Fähigkeit, hohe Energie fast ohne Verlust durch dünne flexible Sonden zu transportieren, hat zur Entwicklung der Steinlithotripsie mit Lasern geführt. Mulvaney und Beck fragmentierten 1968 mit einem Continuous-wave-Rubinlaser thermisch Harnsteine. Dauerstrich-Laser sind jedoch nicht geeignet, Steine ohne thermische Schädigung des umgebenden Gewebes zu fragmentieren. Durch Übertragung gepulster Laser-Energie kann die thermische Wirkung reduziert werden. Vier verschiedene Laser wurden klinisch eingesetzt: gepulster Nd:YAG-Laser, FarbstoffLaser, Alexandrit-Laser sowie Holmium:YAG-Laser. ▬ Gepulster Q-switched Nd:YAG-Laser Mit dem gepulsten Neodym:YAG-Laser wurden bei einer Wellenlänge von 1064 nm, einer Pulsdauer von 8 ns eine Einzelpulsenergie von 20–80 mJ abgegeben. Mit Hilfe einer plasmainduzierten Schockwelle wurden Steine fragmentiert. Plasma entsteht durch Absorption des Laserpulses in Flüssigkeiten, Vaporisation und Entstehung einer Ionen- und Elektronenlawine, die auf den Stein gerichtet ist. Das entstehende Plasma absorbiert weitere Laser-Enegie und führt zu einer oszillierenden Plasmablase in der Flüssigkeit zwischen Faserspitze und Stein. Durch schnelle Expansion und Kollaps der Blase entstehen akustische Schockwellen, die zur Desintegration von Steinen unabhängig von ihrer Zusammensetzung führen. Als nachteilig beim Nd:YAG-Laser erwiesen sich die empfindliche Faserspitze und die relativ geringe Desintegrationsleistung selbst bei einer 600-µm-Faser und
14
146
Kapitel 14 · Lithotripsietechniken
der hohe Preis des Lasers, sodass sich diese Technologie nicht verbreitet hat. Ein frequenzverdoppelter Nd-YAG-Laser (532 nm) wird klinisch eingesetzt, jedoch können besonders harte Steine nicht desintegriert werden. ▬ Gepulster Farbstoff-Laser Mit Hilfe eines blitzlampengepulsten Farbstoff-Lasers kann Energie unterschiedlicher Wellenlänge – abhängig von der Art der Farbe – emittiert werden. Als optimal erwiesen sich 505 nm Wellenlänge, 1 µs Pulsdauer und ein Faserdurchmesser von 200 µm. Da die Pulsdauer des Farbstoff-Lasers im Mikrosekundenbereich liegt, beruht der Fragmentationsmechanismus auf Absorption der Energie an der Steinoberfläche. Eine sphärische und symmetrische Kavitationsblase entsteht bei Kontakt der Laser-Faser mit der Steinoberfläche. Durch Oszillation entsteht eine Schockwelle, wobei durch Kollaps der Blase starke Zugwirkungen im Stein entstehen. Klinisch wurden Farbstoff-Laser am häufigsten eingesetzt. Nachteilig beim Farbstofflaser stellten sich die geringere Fragmentation harter und heller Steine und die Notwendigkeit, die Faser in Steinkontakt zu halten, dar. ▬ Q-switched Alexandrit-Laser Mit Hilfe dieses blitzlampengepulsten Feststoff-Lasers bei 755 nm Wellenlänge, einer Pulsdauer von 150– 1000 ns und einer Energie pro Puls von 30–120 mJ lassen sich sowohl Plasma als auch Kavitationseffekte erzielen. Durch die Plasmaformation kommt es zu einem Verbrauch der Faser durch Abbrand. Thermische Wirkungen im Gewebe, ähnlich wie beim Farbstoff-Laser, sind möglich.
14
Bedingt durch hohe Anschaffungs- und Wartungskosten, empfindliche Spitzen (Nd:YAG-Laser), teilweise schwierige Fragmentation harter Steine (alle Laser) haben sich diese 3 Laser klinisch langfristig nicht durchgesetzt. ▬ Holmium:YAG-Laser Die Vielseitigkeit diese Feststoff-Lasers (Kombination der »seltenen Erde« Holmium mit Yttrium-Aluminium-Granat) sowohl zur thermischen Abtragung von Gewebe als auch zur thermisch-mechanischen Fragmentation von Harnsteinen führt zum Einsatz dieses Lasers. Die Parameter variieren je nach Hersteller mit einer Pulsdauer von 250–350 µs, Pulsenergie von 200– 4000 J, Pulsfrequenz von 5–45 Hz sowie Energie von 31–80 W. Die Steinfragmentation des Holmium:YAGLasers beruht auf photothermischen Effekten. Durch Kontakt der Faserspitze mit dem Stein kann entweder ein Loch in den Stein gebohrt werden, oder es kommt an Bruchstellen zum Absplittern von Steinfragmenten. Nachteilig beim Ho:YAG-Laser erweist sich die Möglichkeit der direkten thermischen Schädigung der Harnleiterwand, der Perforation des Harnleiters sowie
der Zerstörung von Drähten oder Steinkörbchen bei Kontakt mit der Laserfaser. Besonders die Wellenlänge von 2100 nm wird von Wasser absorbiert und kann somit zu Gewebeschäden führen. Bei der Fragmentation von Harnsäuresteinen entsteht Zyanid, was klinisch jedoch bisher zu keinen nachteiligen Effekten geführt hat. Klinisch erweist sich der Ho:YAG-Laser bei der Steinfragmentation aufgrund seiner thermischen Wirkung im Vergleich zu Schockwelleneffkten als langsamer.
Indikationsbereich Die Domäne der Laser-Lithotripsie sind Steine des oberen Harntrakts, insbesondere die Harnleitersteine. Bis auf wenige Ausnahmen wird klinisch nur noch der Ho:YAG-Laser eingesetzt. In der perkutan-endoskopischen Steinsanierung erscheint die primäre Laserapplikation wegen der meist großen Steinmasse nicht sinnvoll. Zur Fragmentierung von Restkonkrementen in Kelchen, die über den perkutanen Zugang mit starren Instrumenten wie Ultraschall oder Lithoklast nicht zugänglich sind, hat der Laser seinen Stellenwert. Ein flexibles Ureterorenoskop wird entweder über den perkutan eingebrachten Nephroskopschaft oder retrograd vor Ort gebracht und kann den Laser so effektiv zum Einsatz bringen.
Vor- und Nachteile der Laser-Lithotripsie Vorteile: – Anwendung in flexiblen und starren Endoskopen – Beim Ho:YAG-Laser nahezu vollständige Vaporisierung des Steins. Meist keine Extraktion von Desintegraten nötig Nachteile: – Hohe Kosten – Thermische Wirkungen des Lasers mit Perforation (Ho:YAG)
14.2.4
Ultraschalllithotripsie
Technologie und Funktionsweise Ultraschallwellen können mechanisch, thermisch, elektrostatisch oder piezoelektrisch erzeugt werden. Bei der Ultraschalllithotripsie wird ein piezokeramisches Plättchen durch elektrische Energie in hochfrequente Vibrationen versetzt. Wird dieser »Ultraschallgenerator« an eine – solide oder hohle – Metallsonde gekoppelt, dann wird die Sonde bis an ihre Spitze ebenfalls in Schwingung derselben Frequenz versetzt. Bei Kontakt zwischen Stein und Sonde wird nun diese Schwingungsenergie (20–30 Hz) auf den Stein übertragen, und es entsteht eine Bohrwirkung.
147 14.2 · Lithotripsietechniken und -technologien
Durch den langen Übertragungsweg der Ultraschallvibrationen kommt es zu einem Energieverlust, besonders wenn die starre Sonde gebogen wird, wodurch Wärme entsteht. Dies ist insbesondere bei der retrograden Anwendung im Ureter zu beachten. Dickere Ultraschallsonden sind hohl, wobei während des Fragmentationsprozesses gleichzeitig Steinteile abgesaugt werden können und durch die abgesaugte Spülflüssigkeit eine kontinuierliche Kühlung der Sonde erfolgt [5].
Indikationsbereiche Die Ultraschalllithotripsie wird optimal bei der perkutanen Nephrolitholapaxie (PNL) eingesetzt. Bei weicheren Steinen eignet sich die Ultraschalllithotripsie zur Desintegration bei großer Steinlast, insbesondere, weil kleine Fragmente und Steinmatrix sofort abgesaugt werden. Beim perkutanen Zugangsweg ist eine Biegung des Instruments nicht nötig, wodurch einer Überhitzung vorgebeugt wird. Das Nierenparenchym sowie der gesamte Arbeitstrakt sind außerdem durch den Nephroskopschaft gegen die – insbesondere bei großer Steinmasse – unvermeidliche Erwärmung der Sonde geschützt. Die Effizienz des Ultraschalls wird bei der PNL durch simultane Anwendung mit dem LithoClast weiter gesteigert ( unten). Eine Anwendung im Ureter ist prinzipiell möglich. Bei mobilen Steinen kann es sich als problematisch erweisen, den notwendigen Steinkontakt und Druck auf den Stein herzustellen, ohne eine unerwünschte Retromanipulation zu erreichen. Im Harnleiter ist die Wärmeentwicklung an der Sonde zu beachten, um thermische Schäden am Ureter zu vermeiden. Bei der Blasensteinlithotripsie kommt der Ultraschall ebenfalls zur Anwendung, insbesondere in Kombination mit dem LithoClast.
Vor- und Nachteile der Ultraschalllithotripsie Vorteile: – Niedrige Komplikationsrate wegen geringer Gewebetraumatisierung (nur mechanisch) – Simultane Absaugung von Steinen – Hohe Effizienz bei weicheren Steinen, in Kombination mit dem LithoClast bei Steinen aller Härtegrade – Kostengünstig, wiederverwendbare Sonde Nachteile: – Nur in starren Endoskopen anwendbar – Sondenerwärmung (Ureter!)
14.2.5
Pneumatisch-ballistische Lithotripsie (LithoClast)
Technologie und Funktionsweise Das LithoClast-Prinzip beruht auf der direkten Einleitung einer Stoßwelle über eine solide Metallsonde in den Stein. Über einen Druckluftgenerator wird eine Stahlkugel in definierter Frequenz (1–12 Hz) auf das Ende einer im Gerätehandstück befindlichen Metallsonde geschossen. Damit wird eine Stoßwelle generiert, die durch die Sonde bis an deren Spitze fortgeleitet wird und bei direktem Steinkontakt in den Stein eingeleitet wird. Diese Lithotripsietechnik erweist sich bei Steinen aller Härtegrade als sehr effektiv. Anfänglich nur für starre Endoskope verfügbar, wurden auch flexible LithoClast-Sonden entwickelt. Die Gewebetraumatisierung durch die LithoClast-Lithotripsie ist auch bei direktem Sondenkontakt minimal. Eine Fixation des Steines an der Wandung des betreffenden Hohlorgans ist ideal, eine effektive Lithotripsie ist jedoch auch am mobilen Stein möglich, da die wirksame Stoßwelle, auch wenn der Stein von der Sondenspitze wegspringt, bereits in den Stein eingeleitet wurde. Die höchste Effizienz erreicht der LithoClast in Kombination mit dem Ultrschall bei der perkutanen Nephrolitholapaxie ( unten).
Indikationsbereiche Durch den Einsatz in starren und flexiblen Endoskopen kann die ballistische Lithotripsie prinzipiell im gesamten Harntrakt zum Einsatz kommen. Bei der PNL bietet sie die Möglichkeit zur hocheffektiven Fragmentierung aller Steinarten, wobei bei alleiniger LithoClast-Anwendung die Entfernung der entstandenen Fragmente mittels Zange oder Spülung notwendig ist. Sind LithoClast und Ultraschall nicht im Kombinationsmodus verfügbar, ist eine abwechselnde Anwendung durchaus sinnvoll. Im Harnleiter kommt der LithoClast sowohl im starren als auch im flexiblen Endoskop zur Anwendung. Die effektivste Fragmentierung gelingt im Harnleiter bei impak-
Vorteile und Nachteile der pneumatisch-ballistischen Lithotripsie Vorteile: – Hohe Desintregationsleistung bei Steinen aller Härtegrade – Anwendbar in flexiblen und starren Instrumenten – Höchste Effizienz in Kombination mit Ultraschall – Kostengünstig – Geringe Komplikationsrate Nachteile: – Keine simultane Fragmententfernung – Propulsion des Steines
14
148
Kapitel 14 · Lithotripsietechniken
⊡ Abb. 14.4. Prinzip der Kombination von Ultraschall und LithoClast
tierten Steinen, wobei hier die Gefahr einer Perforation im meist entzündlich veränderten Steinbett besteht. Eine weitere Möglichkeit zur Steinfixierung besteht in der vorherigen Aufnahme in einem Körbchen, das gegen den LithoClast fixiert werden kann. Hierbei ist darauf zu achten, nicht die Drähte des Körbchens zu fragmentieren [6, 7]. 14.2.6
Kombination von LithoClast und Ultraschall
Technologie und Funktionsweise
14
Die Funktionsweise der Ultraschall- und der ballistischen Lithotripsie als Einzelkomponenten wurden in den vorangehenden Abschnitten erläutert. Seit 2001 ist ein Kombinationsgerät zugelassen (LithoClast Master/Ultra, EMS, Nyon, Schweiz), das beide Funktionseinheiten in einem Instrument vereint (⊡ Abb. 14.4). LithoClast-Handstück und Ultraschallgenerator sind in einem gemeinsamen Handstück kombiniert. Die LithoClast-Sonde läuft im Lumen der hohlen Ultraschallsonde, und ihre Spitze ragt 0,5–1 mm daraus hervor, sodass bei geringem Anpressdruck Steinkontakt zu beiden Sonden besteht (⊡ Abb. 14.5). Bei Aktivierung beider Komponenten kommen somit die Desintegrationsleistungen von Ultraschall und LithoClast, die auf unterschiedlichen physikalischen Prinzipien beruhen, in synergistischer Weise zum Einsatz. Weiterhin kann – ebenfalls simultan – die volle Saugleistung durch die Ultraschallsonde genutzt werden, was folgende Vorteile bietet: kleine Fragmente (<2 mm) und Steinmatrix werden abgesaugt; noch zu desintegrierende, flottierende Steinanteile werden an die Instrumentenspitze gesaugt. Lithoclast, Ultraschall und Saugpumpe können unabhängig von einander aktiviert werden.
⊡ Abb. 14.5. Distales Ende der Sonde. Die LithoClast-Sonde ragt gering aus der Ultraschallsonde heraus
Experimentelle Studien an Kunststeinen konnten zeigen, dass die Desintegrationsleistung bei kombiniertem Einsatz beider Komponenten den Einzeleinsatz von LithoClast oder Ultraschall um ein Vielfaches übertrifft [8]. Steine fragmentieren früher und sind schneller komplett desintegriert, sodass die Fragmente ohne den zusätzlichen Einsatz einer Extraktionszange abgesaugt werden können (⊡ Tabelle 14.1).
Indikationsbereiche Die Kombination beider Lithotripsieprinzipien ist an ein starres, großlumiges Endoskop gebunden und eignet sich nur für die perkutane Nephrolitholapaxie (PNL) oder die Blasensteinlithotripsie. Klinische Studien konnten die effektive und sichere Desintegration auch bei hoher Steinlast in der Niere nachweisen [9]. Im randomisierten Vergleich
149 14.2 · Lithotripsietechniken und -technologien
⊡ Tabelle 14.1. Kombination aus Ultraschall und LithoClast bei artefiziellen Steinen (* keine vollständige Fragmentierung innerhalb 20 min, +p<0,005 vs. LithoClast und Ultraschall)
Härte des Kunststeins [n/m2]
Mittlere Lithotripsiedauer bis zur ersten Fragmentierung bzw. bis zur vollständigen Desintegration Erste Fragmentierung/vollständige Desintegration [s] Ultraschall
LithoClast
Kombination
9
244/*
257/*
11+/289
27
254/*
582/*
3+/760
85
600/*
600/*
3+/660
110
526/*
497/*
5+/990
120
265/*
270/*
3+/295
⊡ Abb. 14.6. Mechanismen verschiedener Lithotriptoren
14
150
Kapitel 14 · Lithotripsietechniken
zum Ultraschall konnte auch in vivo die Überlegenheit des Kombinationsgerätes gezeigt werden [10].
Vorteile und Nachteile des Kombinationsmodus Vorteile: – Hohe Desintegrationsleistung – Simultane Absaugung – Kostengünstig durch wiederverwendbare Komponenten – Niedrige Komplikationsrate Nachteile: – Verwendung nur in starren Endoskopen möglich
Zusammenfassend zeigt ⊡ Abb. 14.6 eine schematische Darstellung der Lithotripsietechniken.
Literatur
14
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15 Transurethrale Lithotripsie von Blasensteinen R. Hofmann
15.1 Lithotripsie
– 152
15.2 Steinpunch – 152 Literatur – 153
152
Kapitel 15 · Transurethrale Lithotripsie von Blasensteinen
Blasensteine sind für den Patienten meist symptomlos. Selten treten eine rezidivierende Makrohämaturie oder eine Unterbrechung des Harnstrahls durch Ventilwirkung des Steines auf. Meist domiert jedoch die Symptomatik der fast immer gleichzeitig bestehenden subvesikalen Obstruktion durch die Prostata. Ausnahmen können Infektsteine bilden [1]. Blasensteine lassen sich im Ultraschall oder auf der Röntgenleeraufnahme erkennen. Blasensteine entstehen beim Mann immer durch eine subvesikale Obstruktion – selten bei einer hypokontraktilen hypotonen Blase [2] –, sodass immer eine Steinlithotripsie und TURP oder eine suprapubische Adenomektomie mit Steinentfernung erfolgen sollte. Blasensteine sind bei Frauen sehr selten. Eine subvesikale Obstruktion oder neurogene Blase müssen bei Frauen ausgeschlossen werden. Katheterreste, Reste eines geplatzten Katheterballons oder andere Fremdkörper können Kristallisationskeime für einen Stein darstellen.
15.1
15
Lithotripsie
Die Lithotripsie des Blasensteines sollte vor der TURP erfolgen. Ist es einmal, aufgrund der Größe der Prostata oder eines ausgeprägten Mittellappens, nicht möglich, den Stein zu erreichen, so kann zunächst die TURP erfolgen. Es ist jedoch auf eine sehr gute Blutstillung zu achten, da sonst der Stein nicht erkannt wird und die Gefahr der Blasenperforation besteht. Für die Lithotripsie eignen sich Ultraschall [3], mechanische Lithotripsie (LithoClast) oder die Kombination von LithoClast und Ultraschall (LithoClast plus) [4,5] sowie der Holmium:YAG-Laser. Es sollten möglichst dicke Sonden eingesetzt werden, da eine Absaugung von Steinfragmenten durch das Lumen der Ultraschallsonde erfolgt (⊡ Abb. 15.1). Die Fragmentationsleistung verbessert sich bei alleinigem Einsatz des LithoClast ebenfalls bei Verwendung einer dickeren Sonde (8 Charr). Steine mit glatter Oberfläche lassen sich zunächst schwer fragmentieren, da sie der Sonde ausweichen. Es empfiehlt sich, an einer Unebenheit oder Vertiefung an der Oberfläche anzusetzen und zunächst ein Loch in den Stein zu bohren. Von den Bruchflächen des Steines aus erfolgt dann eine weitere Fragmentierung. Beim Ultraschallbohrer oder LithoClast muss der Stein mit geringem Druck an der Blasenwand fixiert werden, um ein Abgleiten des Steines zu verhindern. Es sollte jedoch darauf geachtet werden, dass die Sonde nicht abrutscht und zu mechanischen Alterationen der Blasenwand oder einer Perforation führt. Die elektrohydraulische Lithotripsie mit einer Funkenentladung zwischen einer zentralen und koaxialen Elektrode birgt die Gefahr der Blasenperforation, der Blutung aus der Blasenschleimhaut durch direkte Einwirkung der Schockwelle oder Einsprengung von Steinfragmenten so-
⊡ Abb. 15.1. Ultraschalllithotripsie eines Blasensteines. Gleichzeitige Absaugung der Steinfragmente durch die Sonde
wie der Zerstörung der Linse des Instrumentes durch die Explosion. Berühmt war ein russisches Model (Urat) [6].
15.2
Steinpunch
Ist der Stein grob fragmentiert, sollte zur weiteren Verkleinerung der Steinpunch eingesetzt werden [7]. Die Lithotripsie mit Ultraschall oder LithoClast bei kleineren Fragmenten ist schwierig, da diese nicht gut am Blasenboden oder der Blasenhinterwand fixiert werden können. Wichtig ist, dass der Steinpunch immer im geschlossenen Zustand in den Instrumentenschaft eingeführt wird, da sonst eine Perforation an der Blasenhinterwand entsteht. Für die mechnische Lithotripsie sollte die Blase gering gefüllt sein. Zunächst sollten die Steinfragmente sicher identifiziert werden, die sich ohne oder reduzierter Spülung am Blasenboden sammeln. Die Sicht in der Blase ist bei geschlossenem oder nur gering geöffnetem Punch am besten. Größere Steinfragmente werden in den Punch eingeklemmt (⊡ Abb. 15.2). Tipps
Es ist nun darauf zu achten, dass keine Blasenschleimhaut mit eingeklemmt wurde. Die Lithotripsie erfolgt erst, wenn der Punch mit dem Stein in die Mitte des Blasenlumens angehoben wurde.
Steinteile verklemmen sich nach der mechnischen Lithotripsie im Punch und werden sofort zusammen mit dem Punch aus dem Instrument herausgezogen (⊡ Abb. 15.3). Fast immer findet sich eine lästige Luftblase am Ende des Steinpunches, die beim erneuten Einführen des Punches in das Instrument mit eingebracht wird.
153 Literatur
Die Steinfragmente werden nach der Lithotripsie mit der Glaskolbenspritze oder dem Ellik-Evakuator abgesaugt. Tipps
Um möglichst die Steine nicht aufzuwirbeln, sollte – die Sedimentation der Steine zum Blasenboden abgewartet werden, – das Pendelvolumen der Spülung und Saugung gering sein (geringe Bewegung mit dem Kolben oder Ellik-Evakuator), – der Schaft zum Blasenboden gerichtet werden, – eine Kopftieflagerung des Patienten erfolgen, um Steine aus dem Rezessus hinter dem Prostatamittellappen zu bewegen. ⊡ Abb. 15.2. Steinpunch nach Mauermayer mit eingeklemmtem Stein. Der Stein hat eine glatte Oberfläche und gleitet leicht wieder aus dem Punch heraus. Die Oberfläche ist bereits etwas abgebrochen
Steine, die sich nicht ausspülen lassen, müssen mit dem Punch weiter desintegriert und zusammen mit dem Punch aus dem Schaft gezogen werden. Während des gesamten Lithotripsievorganges sollte darauf geachtet werden, die Blasenschleimhaut möglichst wenig zu verletzen, da eine diffuse Blutung aus der Schleimhaut die Sicht während der Lithotripsie empfindlich stören kann.
Literatur
⊡ Abb. 15.3. Steindesintegrat im Punch. Nach erneuter Fragmentation wird dieses direkt mit dem Punch aus dem Schaft entfernt
Tipps
Die Luftblase kann entfernt werden durch – Zu- und Ablauf der Spülflüssigkeit (»Spielen mit dem Zu-/Ablaufhahn«), – Schütteln des Instrumentes, – Öffnen des Zulaufes, geringes Öffnen des Punches und Drehen des Instrumentes um 180°, sodass die Luft nach oben abgespült wird.
1. Abrahams H.M., Stoller M.L. Infection and urinary stones. Curr Opin. Urol. 13: 63–67 (2002) 2. Chen Y., de Vivo M.J., Lloyd L.K. Bladder stone incidence in persons with spinal cord injury: determinants and trends 1973–1996. Urology 58: 665–670 (2001) 3. Lutzeyer W., Pohlmann R., Terhorst B., Cichos M. Die Zerstörung von Harnsteinen durch Ultraschall I : Experimentelle Untersuchungen. Urol.Int. 25, 47–50 (1970) 4. R.Hofmann, P. Olbert, J.Weber, S. Wille, Z. Varga. Clinical experience with a new ultrasonic and lithoclast combination for percutaneous litholapaxy. Br. J. Int. 2002, 90,16–19 5. R.Hofmann, J.Weber, A.Heidenreich, Z.Varga, P.Olbert Experimental studies and first clinical experience with a new LithoClast and ultrasound combination for lithotripsy. Eur.Urol. 42, 376–381 (2002) 6. Frohmüller H. Elektrohydraulische Lithotripsie mit Direktaspiration der Konkrementtrümmer. Urol. A, 10: 30–33 (1971) 7. Mauermayer W., Hartung R. Der Stein-Punch, ein neues Prinzip zur Sicht-Lithotripsie. Urol. A 16: 42–44 (1976)
15
II Endoskopie des Ureters und der Nieren
16 Ureterorenoskopie (URS) R. von Knobloch
16.1
Allgemeines – 159
16.2
Instrumentenkunde – 159
16.2.1 16.2.2
Starre Ureterorenoskope – 159 Flexible Ureterorenoskope – 159
16.3
Operationsindikation und Aufklärung des Patienten – 160
16.3.1
16.3.4
Indikation zur endoluminalen Diagnostik des oberen Harntraktes mittels URS – 160 Indikation zur ureterorenoskopischen Steinentfernung – 160 Indikation zur ureterorenoskopischen Therapie von Transitionalzellkarzinomen des oberen Harntraktes – 160 Patientenaufklärung – 161
16.4
Präoperative Diagnostik und perioperatives Vorgehen – 162
16.4.1 16.4.2 16.4.3
Präoperative Diagnostik – 162 Perioperative Antibiotikagabe – 162 Vorbereitung und Lagerung des Patienten
16.5
Durchführung der URS mit starren Instrumenten – 163
16.5.1 16.5.2 16.5.3 16.5.4 16.5.5 16.5.6 16.5.7 16.5.8
Einführen des Ureterorenoskopes – 163 Inspektion von Urethra, Harnblase und Ostienkonfiguration – 163 Ostienentrierung, Ostiendilatation und Einsatz von Schleusen – 163 Haltung des Instrumentes – 165 Regulierung des Spülwassers – 166 Ureteroskopie – 166 Renoskopie – 167 Blutstillung – 168
16.6
Durchführung der URS mit flexiblen und semiflexiblen Instrumenten – 168
16.6.1 16.6.2 16.6.3 16.6.4 16.6.5
Einführen des Ureterorenoskopes – 169 Haltung des Instrumentes – 169 Ureteroskopie – 169 Renoskopie – 170 Einsatz einer Videokamera – 170
16.7
Durchführung der URS zur endoluminalen Diagnostik des oberen Harntraktes – 170
16.7.1 16.7.2 16.7.3
Weißlichtdiagnostik – 170 Photodynamische Diagnostik (PDD) mittels 5-Aminolävulinsaüre (ALA) Probenentnahme zur histologischen Abklärung – 173
16.3.2 16.3.3
– 163
– 171
16.8
Durchführung der ureterorenoskopischen Steinentfernung – 171
16.8.1 16.8.2
Therapie des Ureterkonkrementes – 171 Therapie renaler Konkremente – 174
16.9
Durchführung der ureterorenoskopischen Therapie von Transitionalzellkarzinomen des oberen Harntraktes – 175
16.9.1 16.9.2 16.9.3
Histologiegewinnung – 175 Mechanische Abtragung – 176 Laser-Therapie – 176
16.10
Ureteroskopische Ureterschlitzung bei Harnleiterenge – 177
16.10.1 Durchführung der endoskopischen Ureterotomie – 177
16.11
Komplikationen ureterorenoskopischer Eingriffe – 178
16.11.1 Intraoperative Komplikationen – 178 16.11.2 Postoperative Komplikationen – 179 16.11.3 Spätkomplikationen – 179 Literatur – 179
16
159 16.2 · Instrumentenkunde
16.1
Allgemeines
Von den endoskopischen Techniken des Harntraktes stellt die Ureterorenoskopie die jüngste Innovation dar. Erst im Jahr 1980 wurde von E. Perez-Castro in Zusammenarbeit mit der Firma K. Storz das erste starre Ureterorenoskop konzipiert, welches eine Länge von 50 cm bei einem Durchmesser von 12 Charr aufwies und einen Arbeitskanal hatte. Hiermit führte Perez-Castro neben der Endoskopie von Ureter und Nierenbecken die ersten endoskopischen Operationen des oberen Harntraktes an Tumoren, Steinen und Stenosen durch. H. Reuter war es, der im Jahr 1982 die elektrohydraulische Steindesintegrationstechnik erstmals zusammen mit der Ureterorenoskopie einsetzte. Dazu war von ihm, ebenfalls in Zusammenarbeit mit der Firma K. Storz, ein Kompaktendoskop von 9,5 Charr Durchmesser und einem ovalären Operationskanal entwickelt worden. Zur gleichen Zeit wurde auch erstmals der Ultraschall zur Desintegration von Harnleitersteinen eingesetzt. Schließlich stellte Ende der 1980er-Jahre die Applikation von Lasern zur Steinbehandlung eine wichtige Neuerung dar. Dretler et al. berichteten 1987 [14] erstmals über den Einsatz des gepulsten Dye-Lasers zur erfolgreichen endoskopischen Therapie von Steinen des oberen Harntraktes. Die Entwicklungen während des letzten Jahrzehnts zielten v. a. auf eine Optimierung der Endoskopeigenschaften mit Verringerung des Querschnittes und der optischen Auflösung und Haltbarkeit bei den flexiblen Instrumenten sowie auf eine weitere Verbesserung der zur Desintegration von Konkrementen eingesetzten Techniken. Dies hat nach der anfänglichen Euphorie über die extrakorporale Stoßwellenlithotripsie (ESWL) in der Steintherapie des oberen Harntraktes mittlerweile zu einer Renaissance endoskopisch-operativer Verfahren geführt. Flexible Ureterorenoskope und die Laser-Technologie werden neuerdings vielfach zur Therapie größerer Steine der unteren Kelchgruppe der Niere eingesetzt.
16.2 16.2.1
Instrumentenkunde Starre Ureterorenoskope
In . Tabelle 16.1 sind die im deutschsprachigen und europäischen Raum gebräuchlichsten starren Instrumente aufgeführt. Ein Beispiel, das 8- auf 9,8-Charr-Ureterorenoskop Wolf 8703, zeigt . Abb. 16.1.
16.2.2
Flexible Ureterorenoskope
In . Tabelle 16.2 sind die im deutschsprachigen und europäischen Raum gebräuchlichsten flexiblen Instrumente
. Abb. 16.1. Beispiel des Wolf 8703 8 auf 9,8-Charr-Ureterorenoskopes (freundlicherweise von der Fa. Richard Wolf, Knittlingen, zur Verfügung gestellt)
. Tabelle 16.1. Technische Spezifikationen der starren Ureterorenoskope
Storz
Wolf
Durchmesser (Charr)
7,5–13
6–11,5
Optik Blickrichtung (in °) Bildpixel
0
12 ≥50.000
Arbeitskanal (Charr)
3–5,5
4–6
. Tabelle 16.2. Technische Spezifikationen der flexiblen Ureterorenoskope
Storz
Wolf
7,5
9
Gesichtsfeld (°)
88
60
Blickrichtung (°)
0
0
Bildpixel
3.000
5.000
Arbeitskanal (Charr)
3,6
4
Aktive Deflektion (°)
270/270
160/130
Durchmesser (Charr) Optik
aufgeführt. 2 Beispiele: das flexible Storz-Ureterorenoskop und das flexible Wolf 7331 9-Charr-Ureterorenoskop sowie das Handstück des Wolf 7330 zeigen . Abb. 16.2 und 16.3.
160
Kapitel 16 · Ureterorenoskopie (URS)
16.3.1
⊡ Abb. 16.2. Beispiel des flexiblen Storz-Ureterorenoskopes (freundlicherweise von der Fa. Karl Storz, Tuttlingen, zur Verfügung gestellt)
Die invasive endoskopische Diagnostik von Harnleiter und Nierenbecken dient der Bestätigung oder dem Ausschluss der Verdachtsdiagnose Übergangsepitheltumor des oberen Harntrakts. In der Regel werden Füllungsdefekte im Infusionsurogramm weiter durch eine retrograde Ureteropyelographie mit Entnahme einer seitengetrennten Spülzytologie erhärtet oder entkräftet. Die diagnostische Kaskade bei Verdachtsdiagnose Übergangsepitheltumor des oberen Harntraktes ist in ⊡ Abb. 16.4 schematisch dargestellt. Ein nicht schattengebendes Konkrement lässt sich mit einem Nativ-Computertomogramm abklären.
16.3.2
⊡ Abb. 16.3. Beispiel des flexiblen Wolf 7331 9-Charr-Ureterorenoskopes sowie das Handstück des Wolf 7330 (freundlicherweise von der Fa. Richard Wolf, Knittlingen, zur Verfügung gestellt)
16.3
Operationsindikation und Aufklärung des Patienten
Die Indikationen für die Ureteroskopie sind: ▬ Füllungsdefekte des oberen Harntraktes in der Bildgebung, ▬ Harnleitersteine, ▬ Abklärung einer Makrohämaturie aus dem oberen Harntrakt, ▬ Abklärung einer positiven Spülzytologie aus den oberen Harntrakt (⊡ Abb. 16.4).
16
Seltene Indikationen sind ▬ retrograde Endopyelotomie, ▬ retrograde Harnleiterschlitzung, ▬ endoskopische Ablation von kleinen oberflächlichen Tumoren, ▬ Bergung von iatrogen eingebrachtem Fremdmaterial («versenkte» DJ-Katheter).
Indikation zur endoluminalen Diagnostik des oberen Harntraktes mittels URS
Indikation zur ureterorenoskopischen Steinentfernung
Hauptindikationen für die ureterorenoskopische Steinextraktion stellen distale Uretersteine und die »Steinstraße« im distalen Ureter nach vorausgegangener ESWL-Therapie von Nierensteinen dar. Prinzipiell gelten auch Konkremente des oberen und mittleren Harnleiters als Indikationen für die URS-Steinextraktion. Bei der Steintherapie in höheren Ureterabschnitten steigt mit der Höhe des Konkrementes allerdings proportional auch die Gefahr einer Steindislokation ins Hohlsystem der Niere sowie die Gefahr einer Ureterläsion, weil das Konkrement über eine längere Strecke im Harnleiter transportiert werden muss. Durch Verwendung flexibler Ureterorenoskope und der Laserlithotripsietechnik besteht zudem die Möglichkeit der Behandlung von größeren Steinen des Nierenhohlsystems, hier v. a. der unteren Kelchgruppe, die mit den flexiblen Instrumenten erreicht werden können.
16.3.3
Indikation zur ureterorenoskopischen Therapie von Transitionalzellkarzinomen des oberen Harntraktes
Als »golden standard« in der Therapie des Transitionalzellkarzinoms (TCC) des oberen Harntrakts gilt die Nephroureterektomie unter Mitnahme einer Blasenmanschette. Ein organerhaltendes endoskopisches Vorgehen mit Laserung eines oberflächlichen Tumors kann indiziert sein: ▬ bei eingeschränkter Nierenfunktion, z. B. bei Einzelniere, ▬ bei multifokalem (bilateralem) Tumorgeschehen, ▬ zur Palliation bei ausgeprägter Begleitmorbidität. Im Vergleich zum perkutanen endoskopischen Vorgehen hat die ureterorenoskopische Therapie des TCC des oberen
161 16.3 · Operationsindikation und Aufklärung des Patienten
⊡ Abb. 16.4. Flussdiagramm für die diagnostische Kaskade bei Verdachtsdiagnose »Übergangsepitheltumor« des oberen Harntraktes
Harntraktes die Vorteile, dass sie bereits im Rahmen der diagnostischen Abklärung durch die URS stattfinden kann und man die potenzielle Gefahr der Punktionskanalmetastasen umgeht. Ureteroresektoskope sind erhältlich, haben aber ein Kaliber von über 11 Charr und sind mit diesem Durchmesser nur selten anwendbar. Die Verwendung von Lasern zur Tumorablation durch die URS weist gegenüber der perkutan-endoskopischen Therapie neben der schlechteren instrumentenbedingten Übersicht den entscheidenden Nachteil auf, dass kein Resektionsgewebe für eine suffiziente histologische Begutachtung gewonnen wird.
16.3.4
Patientenaufklärung
Bei der Aufklärung zur diagnostischen URS muss der Patient im Speziellen über Verletzungen von Urethra, Harnblase, Ureter und Niere, Verletzung von Nachbarorganen, Bildung von Strikturen in Urethra und Harnleiter, Harnstauungsniere, die Notwendigkeit der Einlage einer inneren Schiene oder perkutanen Nephrostomie, ureterorenalen Reflux, über Ureterläsionen bis hin zum -abriss mit der
Notwendigkeit einer Ureterzystoneostomie oder gar Ureterersatz und Verlust der Niere aufgeklärt werden. Sind weiterführende therapeutische Maßnahmen in gleicher Operationssitzung geplant, müssen diese in die Aufklärung miteingeschlossen werden. Vor der URS-Steinbehandlung muss der Patient insbesondere über die Möglichkeit von Restkonkrementen nach durchgeführter Operation mit der Notwendigkeit von Folgebehandlungen wie v. a. der ESWL-Therapie informiert werden. Mitunter kann es durch Perforation des Hohlsystems auch zur extraluminalen Dislokation von Desintegraten oder Konkrementen kommen, die sich regelmäßig einer weiteren Therapiemöglichkeit entziehen. Durch die Notwendigkeit ausgedehnterer Manipulationen im Ureter sind die oben beschriebenen Risiken wie Läsionen des Ureters gegenüber der alleinigen diagnostischen URS erhöht. So wird die Rate an iatrogenen Perforationen in aktuelleren Arbeiten mit 1–2% und die Rate an postoperativen Ureterstrikturen mit 0,5–1% beziffert. Aufgrund des Abtragens von Schleimhautanteilen und des Einsatzes von großer Hitze durch Anwendung des Lasers im Rahmen der endoluminalen Tumortherapie sind
16
162
Kapitel 16 · Ureterorenoskopie (URS)
naturgemäß die Inzidenzen von Ureterstrikturen gegenüber den anderen URS-Verfahren erhöht. Sie werden in aktuelleren Serien mit 5–13% beziffert. Andererseits ist die Perforationsgefahr nicht erhöht. In jedem Fall muss dem Patienten klar sein, dass mit dem endoskopischen gegenüber dem offen-operativen chirurgischen Vorgehen nicht das gleiche Maß an Radikalität in der Eradikation des Tumors gewährleistet werden kann. Auch ist die Gefahr einer endoluminalen Tumorzellaussaat gegeben. Wird die URS zur Endopyelotomie durchgeführt, muss mit dem Patienten die Möglichkeit einer neuen Striktur im weiter distalen Verlauf des Ureters sowie des Ostiums besprochen werden, die mit einer Rate von bis zu 21% behaftet ist. Ebenso ist auf eine erhöhte Blutungsneigung durch Verletzung von Polgefäßen und die Gefahr eines Nierenteilinfarktes mit konsekutiv bedingter renaler Hypertonie hinzuweisen.
16.4
Präoperative Diagnostik und perioperatives Vorgehen
Ureteropyelographie eine Urinspülzytologie aus der Harnblase und seitengetrennt aus beiden Harnleitern gewonnen werden. Die Spülzytologie des Harnleiters sollte im Sinne einer »Etagenspülzytologie« getrennt entnommen werden (Etagen: unterer Harnleiter, oberer Harnleiter und Nierenbecken). Ist im Rahmen der diagnostischen URS in gleicher Sitzung eine organerhaltende oder organablative weiterführende Therapie geplant, muss präoperativ schon eine Schichtbilddiagnostik mit Kontrastmittelphase (CT oder MRT) zur genaueren Beurteilung des Tumorgeschehens vorliegen. Bestehen Zweifel bezüglich des Vorliegens einer tumorösen Raumforderung oder eines nicht schattengebenden Konkrementes im Ureter, kann mittels Nativ-CT sicher und für den Patienten wenig belastend die Diagnose »Stein« bestätigt oder ausgeräumt werden. Direkt vor jeder ureterorenoskopischen Steinbehandlung muss bei schattengebenden Konkrementen ein aktueller Lokalisationsstatus mittels Abdomenröntgenhalbseitenaufnahme erfolgen, da es nicht selten vor den geplanten Interventionen noch zu Spontanabgängen der Steine kommt.
16.4.1
Präoperative Diagnostik
! Cave
Standarddiagnostik Die präoperative Standarddiagnostik umfasst: ▬ Urinkultur zur Untersuchung auf Keimfreiheit. ▬ Labordiagnostik zur Beurteilung des Blutbildes, der Nierenretentionswerte, der Elektrolyte und der plasmatischen Gerinnung. Die Einnahme von ASS und Kumarinen sollte terminiert und nötigenfalls durch niedermolekulare Heparine ersetzt worden sein. ▬ Infusionsurogramm zur Beurteilung der Anatomie des oberen Harntraktes. Nur in speziellen Situationen sind erforderlich: ▬ Retrograde Ureteropyelographie oder ▬ in seltenen Fällen auch ein Uro-MRT bei Konstrastmittelunverträglichkeit.
16
In jedem Fall muss vor einer ureterorenoskopischen Operation die Funktionstüchtigkeit der zu behandelnden renalen Einheit überprüft worden sein, da sich ein ureterorenoskopischer Eingriff bei funktionsloser Niere verbietet und die Nephrektomie indiziert ist. Die orientierende Beurteilung der seitengetrennten Nierenfunktion erfolgt mittels präoperativem Infusionsurogramm, das somit gleichzeitig 2 diagnostische Aufgaben erfüllt. Zur Beurteilung der seitengetrennten Nierefunktion kann bei zweifelhaftem Befund des intravenösen Pyelogramms (ivP), einer Kontrastmittelunverträglichkeit oder begleitendem vesikorenalem Reflux eine MAG-III-Nierenfunktionsszintigraphie durchgeführt werden. Vor einer URS zur Abklärung einer Raumforderung des oberen Harntraktes sollte im Rahmen der präoperativen
Eine retrograde Ureteropyelographie darf nur bei keimfreiem Urin durchgeführt werden, da bei begleitendem Harnwegsinfekt die Gefahr einer Keimeinschwemmung mit Sepsis besteht. Wird eine retrograde Ureteropyelographie bei gestautem Hohlsystem durchgeführt, muss im Anschluss an die diagnostische Maßnahme eine suffiziente Harnableitung aus dem gestauten Hohlsystem z. B. durch Einlage einer inneren Schiene gewährleistet werden, da durch die fakultativ eingebrachten Keime wiederum die Gefahr einer Keimeinschwemmung mit anschließender Sepsis besteht.
Fakultative und unnötige Diagnostik Da vor jeder URS orientierend die Funktion der betroffenen renalen Einheit bekannt sein muss, kann in den Fällen, in denen zuerst ein Schichtbildverfahren mit Kontrastmittelphase erfolgt ist, auf ein Infusionsurogramm verzichtet werden. Genauso kann auf diese Untersuchung bei Vorliegen einer Nierenfunktionsszintigraphie und einer retrograden Kontrastmitteldarstellung des oberen Harntraktes verzichtet werden. Invasive Methoden zur Objektivierung einer Harntransportstörung wie der sog. Whitaker-Test sind heute aufgrund der szintigraphischen Beurteilung obsolet.
16.4.2
Perioperative Antibiotikagabe
Die perioperative Antibiotikagabe bei transurethralen endoskopischen Eingriffen ist sinnvoll. So lässt sich bei transurethralen Resektionen der Prostata bei Patienten mit prä-
163 16.5 · Durchführung der URS mit starren Instrumenten
operativ sterilem Urin die Inzidenz von Bakteriämien von ca. 25% auf unter 10% und die Inzidenz von klinisch manifesten Septikämien von ca. 4% auf unter 1% reduzieren. Entsprechend dem zu erwartenden Keimspektrum mit hauptsächlich gramnegativen Keimen sollten hauptsächlich Trimetoprim-Sulfametoxazol, Cephalosporine der 2. Generation und Fluorchinolone zur Anwendung kommen.
16.4.3
Vorbereitung und Lagerung des Patienten
Der Patient muss nicht rasiert werden. Er wird in Steinschnittlagerung positioniert. Günstig ist das weite Auslagern des Beines auf der kontralateralen Seite sowie evtl. das Absenken dieses Beins. Es muss auf eine suffiziente Polsterung der Kniekehlen geachtet werden, da sonst die Durchblutung der Unterschenkel kompromittiert wird und es zu Druckschädigungen des N. peroneus im Bereich des Fibulaköpfchens kommen könnte. Bei endoprothetisch versorgten Hüft- und Kniegelenken muss auf die Vermeidung eines übermäßigen Beugewinkels und im Hüftgelenk einer zu starken Abduktion geachtet werden. Wird Hochfrequenzstrom zur Resektion und Koagulation eingesetzt, müssen die Klebeelektroden am Patienten so angebracht werden, dass der Stromfluss nicht durch die Endoprothesen erfolgt. Vorsicht ist bei Verwendung von Strom auch bei Patienten mit Herzschrittmachern geboten. Zur Vermeidung einer extremen Blasenfüllung des Ureterorenoskopes durch Spülflüssigkeit sollte nach der Abdeckung des Patienten steril die Einlage eines dünnen Dauerkatheters (12 Charr) oder einer Kindermagensonde erfolgen. Der Katheter dient beim Zuführen des dünnen Endoskops unter Sicht zusätzlich als Leitschiene, wodurch sich wirkungsvoll Schleimhautläsionen verhindern lassen. Der Katheter wird offen über ein Siebtuch abgeleitet. Wasserzu- und -ablauf sind so anzulegen, dass sie größtmögliche Bewegungsfreiheit des Instrumentes erlauben. Der Satellitenbildschirm der Videokamera wird auf Brusthöhe des Patienten positioniert. Auf die Vermeidung von Kontaminationen der sterilen Instrumente durch den nicht abgedeckten Bildschirm ist zu achten. Eine URS ist nur suffizient durchführbar, wenn die Operation auf einem Röntgendurchleuchtungstisch durchgeführt wird. Eine flexible Ureterorenoskopie ohne Röntgendurchleuchtungskontrolle ist nahezu unmöglich.
16.5
Durchführung der URS mit starren Instrumenten
16.5.1
Einführen des Ureterorenoskopes
Das starre Ureterorenoskop sollte am Dauerkatheter vorbei immer unter Sicht in die Harnblase eingespiegelt werden,
damit Läsionen der Urethra wirkungsvoll vermieden werden. War präinterventionell der Ureter bereits mittels Katheter geschient worden, so muss die innere Schiene mittels Ureteroskopie unter Verwendung einer Fasszange zunächst extrahiert werden. Wird der Ureterkatheter allerdings nur vor den Meatus urethrae luxiert, kann zunächst noch ein Führungsdraht als Leitschiene im oberen Harntrakt platziert werden, über welchen dann das Ureteroskop problemlos in den Ureter eingespiegelt werden kann. Wichtig für die Ureteroskopie erscheint, dass das Vorgehen möglichst in standardisierter Weise erfolgt, wenige dem Operateur gut bekannte Endoskope und Instrumente zur Verwendung kommen und die Endoskope, Hilfsinstrumente und Katheter vor dem Eingriff am Patienten auf dem Operationstisch auf Funktion und Kompatibilität überprüft werden.
16.5.2
Inspektion von Urethra, Harnblase und Ostienkonfiguration
Wenn zuvor noch keine endoskopische Maßnahme am Patienten erfolgt ist, empfiehlt sich zunächst immer eine orientierende Zystoskopie. Diese ist obligat bei Tumoranamnese! In der Regel lassen sich die Ostien mit den Ureteroskopen problemlos identifizieren. Gelingt eine Identifikation wegen ausgeprägter zystitischer Schleimhauteffloreszenzen, Schleimhautblutungen oder einer großen Prostata nicht, müssen die Ostien zunächst unter Zuhilfenahme eines größeren Zystoskops erkannt und ggf. geschient werden. Mitunter kann es für die Ostienidentifikation auch hilfreich sein, intravenös injizierbaren Farbstoff (z. B. Methylenblau oder Indigokarmin) einzusetzen. Die Farbstoffe sind nur bei ausreichender Nierenfunktion anwendbar.
16.5.3
Ostienentrierung, Ostiendilatation und Einsatz von Schleusen
Die Ostienentrierung und -passage sollte nicht ohne eine Führungshilfe erfolgen. Grundsätzlich bieten sich 2 Möglichkeiten an: ▬ Ostiumpassage ohne Aufbougierung, ▬ Aufbougierung des Ostiums mit sequenziellen oder koaxialen Bougies oder Einlage einer Schleuse mit koaxialem Aufbougieren. Die Ostiumpassage ohne Aufbougierung gelingt nahezu bei allen Patienten. Die Technik der Selbstaufbougierung mit Rotation des Instrumentes führt zu einer atraumatischen Ostiumpassage (⊡ Abb. 16.5):
16
164
Kapitel 16 · Ureterorenoskopie (URS)
b a
c ⊡ Abb. 16.5a–d. Nach Einführen des Ureterkatheters (a) wird das Ureteroskop um 180° gedreht (b). Unter Nutzung des Katheters zum
Atraumatische Ostiumpassage durch die Technik der Selbstaufbougierung mit Rotation des Instrumentes
16
Über das Ureterorenoskop Einlegen eines gebogenen 4-Charr-Ureterkatheters 4–5 cm in den Harnleiter. Nach Einführen des UK in das Ostium; Drahtseele etwa 1–2 cm zurückziehen (sonst Perforation mit UK), dann erst weiter vorschieben. Zufluss am Instrument vollständig öffnen. Drehen des Instrumentes um 180° um den UK (bei Rechtshändern nach rechts), dabei das Ostium »im Auge« behalten. »Einhängen« der Nase des Ureteroskopes kaudal in das Ostium. Geringes Senken der Spitze des Instrumentes (Anheben des Okulars) und Aufspannen des Ostiums zwischen UK und Instrument. Rückdrehen des Instrumentes nach links und vorsichtiges Vorschieben über den UK. Nach 1–2 cm sollte das Instrument wieder nach oben orientiert sein.
d »Aufhebeln« kann das Ostium nun entriert (c) und das Instrument weiter vorgeschoben werden (d)
Grundsätzlich ist auch eine Ostiumpassage ohne Drehung des Instrumentes über einen UK durch Aufspannen des Ostiums möglich. Prinzipiell darf bei der Ostienpassage keine größere Kraft aufgewendet werden, um Schleimhautläsionen zu vermeiden. Ausgedehnte Schleimhautläsionen im intramuralen Verlauf des Ureters können bereits eine weitere Ureteroskopie verhindern. Als Extremkomplikation kann durch Ausdünnung der distalen intramuralen Ureterwand der Ureter durch maximales Vorschieben des konisch erweiternden Ureteroskopes ausreißen. Kann das Ostium durch hydraulische Eigenbougierung unter Rotationtechnik ausnahmsweise einmal nicht passiert werden, so kann es aufbougiert werden. Es kann für die Ostienpassage auch ratsam sein, eine Schleuse einzusetzen. Dies bietet sich an, wenn häufige Ureterpassagen notwendig sind oder eine längere Operationsdauer zu erwarten ist, da durch eine Schleuse der distale Harnleiter geschont wird. Gelingt auch mittels Schleuse die Entrierung des Ostiums nicht, kann eine Ballondilatation notwendig werden. Diese erfolgt nach Schienung des Ureters durch einen Draht unter Röntgendurchleuchtungskontrolle.
165 16.5 · Durchführung der URS mit starren Instrumenten
a
b
⊡ Abb. 16.6. Identifikation und Sondierung des linken Ureterostiums mit einem 3-Charr-UK vor Eingehen mit dem URS
Vorgehen Legen eines 0,035-inch-Drahtes bis in den mittleren Harnleiter durch ein Zystoskop oder Ureteroskop. Einführen von Bougies über den Draht sequenziell in aufsteigender Reihenfolge oder koaxial übereinander bis 10 Charr. Die Bougierung erfolgt unter Röntgendurchleuchtung. – Der Draht muss frei laufen, darf nicht abgeknickt werden. Richtung einhalten! Draht belassen und Einfädeln des Ureteroskopes unter Sicht über den Draht.
Ein Aufbougieren des Ostiums mit Metalloliven ist nicht ratsam, da hierbei leicht eine Perforation nach lateral erfolgt. Präinterventionelles Einlegen eines DJ-Katheters etwa 3–7 Tage vor der URS führt zu einer Erweiterung des Harnleiters und des Ostiums, sodass eine Ostium- und Harnleiterpassage meist problemslos möglich ist. Diese Maßnahme ist jedoch nur in sehr seltenen Fällen notwendig, da eine primäre Ureteroskopie ohne Aufbougierung des Ostiums fast immer möglich ist. Für den Fall einer narbigen Stenose nach TURB oder bei begleitend vorliegendem Blasentumor kann möglicherweise nur über eine TUR des Ostiumbereichs Zugang zum Ureter geschaffen werden. Durch diese Maßnahme erhöht sich allerdings die Gefahr eines postoperativ fortbestehenden ureterorenalen Refluxes. Anwendungsbeispiele sind in ⊡ Abb. 16.6 und 16.7 gezeigt.
⊡ Abb. 16.7. Aufgrund der Beschaffenheit der Endoskopspitze muss das Instrument beim Entrieren des Ostiums um 180° gedreht werden (Endoskop mit ausgefahrener »Mauszahn-Steinfasszange« (freundlicherweise von der Fa. Richard Wolf, Knittlingen, zur Verfügung gestellt)
16.5.4
Haltung des Instrumentes
Das Endoskop sollte so gehalten werden, dass der Operateur möglichst ermüdungsfrei die Operation vornehmen kann. Wie bei der Urethrozystoskopie muss bei der Passage der Urethra der Penis mit einer Hand gestreckt werden. Der Kraftaufwand bei der URS darf nur vorsichtig aus dem Handgelenk erfolgen. Durch ständige Verwendung von Führungsdrähten müssen die freien Enden der Drähte von einer Assistenz gehalten werden, um steriles Arbeiten zu gewährleisten. Deswegen müssen die Drähte auch aufmerksam am Kopf des Operateurs vorbeigeführt werden. Das Endoskop sollte so gehalten werden, dass mit einer Hand
16
166
Kapitel 16 · Ureterorenoskopie (URS)
die Hähne für Spülung und Ablauf bedient werden können. Letztlich empfiehlt sich die Verwendung einer Videokamera, wodurch der Operateur in stehender als auch sitzender Haltung ermüdungsfrei arbeiten kann. Der ideal platzierte Videobildschirm erlaubt zudem dem Assistenzpersonal, die Endoskopie in vollem Umfang mitzuverfolgen.
voll vermieden werden kann, dass das Konkrement, v. a. in ektatischen Ureteren, nach proximal disloziert. Ist der Druck im Hohlsystem aufgebaut, werden das Konkrement oder die Desintegrate nicht mehr nach proximal dislozieren. Liegt eine Nephrostomie vor, sollte diese verschlossen werden, damit sich ausreichend Druck aufbauen kann.
Luftblasen im Gesichtsfeld 16.5.5
Regulierung des Spülwassers
Spülwasserzufluss Bei der Regulierung des Spülwassers ist entscheidend, ob das Ureteroskop eine Dauerspülung aufweist oder nicht. Im Fall einer Dauerspülung muss durch Regulierung von Spülung und Saugung ein optimaler Dauerzustand eingestellt werden, bei dem eine ausreichende Übersicht mit einer vertretbaren Druckerhöhung im Hohlsystem gepaart wird. Ist nur ein kombinierter Arbeits- und Spülkanal am Endoskop vorhanden, besteht die Möglichkeit eines regulierbaren Dauerzustandes naturgemäß nicht. Dieser Nachteil fällt allerdings nicht sehr ins Gewicht, da es, anders als bei der transurethralen Resektion der Harnblase und der Prostata, im Rahmen der meisten URS-Eingriffe nicht stark blutet und demzufolge eine Dauerspülung nicht dringend erforderlich ist. Die Spülwirkung bei den einfacheren Instrumenten reguliert sich gewöhnlich über das Innenlumen des Instrumentes und über den Spüldruck. Für die Regulation des Spüldrucks stehen spezielle Pumpen oder Handpumpen zur Verfügung, die eine Justierung von Spülstrahl und -druck erlauben (⊡ Abb. 16.8). Ist man bei der URS wegen der Verwendung von Koagulations- oder Schneidestrom auf nicht leitende Spüllösungen angewiesen, können wie bei den TUR-Verfahren Sorbit- oder Glyzinlösungen eingesetzt werden. Bei der Extraktion kleinerer Konkremente empfiehlt es sich nach Passage des Ostiums, den Druck im Hohlsystem durch einen zunächst sehr geringen Spülwasserfluss nur vorsichtig und langsam zu steigern, da dadurch wirkungs-
16
⊡ Abb. 16.8. Walzenpumpe zur Regulation des Spülwasserdrucks (freundlicherweise von der Fa. Richard Wolf, Knittlingen, zur Verfügung gestellt)
Luftblasen im Gesichtsfeld lassen sich durch eine vorsichtige Entlüftung von Spülwasserzufluss und Instrument sicher verhindern. Treten sie dennoch auf, können die Blasen durch Öffnung des Absaugventils evakuiert werden. Bei persistierender Blasenbildung sind das Schlauchsystem und das Instrument auf Undichtigkeiten zu überprüfen.
16.5.6
Ureteroskopie
Nach Passage des Ostiums und der physiologischen distalen Enge des Ureters, hervorgerufen durch seinen intramuralen Verlauf in der Harnblase, gilt es zunächst, das Instrument wieder korrekt auszurichten (180°-Drehung) und einen konstanten Spüldruck (s. oben) herzustellen. Auch bei der unkomplizierten URS ist die Verwendung eines Führungsdrahtes oder alternativ eines kleinlumigen Ureterenkatheters als Führungshilfe angezeigt. Durch die Führungshilfe wird der Ureter direkt vor der Optik des Instrumentes immer ein wenig ausgerichtet, wodurch der Ureter vor Läsionen geschützt wird. Bei unklaren anatomischen Verhältnissen sollte vor dem Vorschub des Endoskops eine retrograde Ureteropyelographie durchgeführt werden. Dazu wird das Röntgenkontrastmittel retrograd mittels Spritze über das Ablaufventil injiziert. Wegen der erhöhten Gefahr einer Einschwemmung sollte Kontrastmittel, welches für intravenöse Applikation geeignet ist, verwendet werden. Während der Ureteroskopie muss das Instrument immer so geführt werden, dass das Ureterlumen zentral erscheint und somit gleichzeitig die gesamte Zirkumferenz der Ureterwandung eingesehen werden kann. Mit starren Endoskopen kann bei chronisch ektatischen und geschlängelt verlaufenden Harnleitern die Überwindung von Kinks eine Erschwernis für die weitere Passage darstellen. Diese Kinks lassen sich problemlos mit einem hydrophilen Führungsdraht überwinden, der dann als Leitschiene für das Endoskop genutzt werden kann. Reicht die Rigidität des hydrophilen Drahtes nicht aus, muss dieser gegen einen starreren Draht oder Ureterenkatheter ausgetauscht werden (⊡ Abb. 16.9). Auch hilft es bei diesen anatomischen Besonderheiten, den Patienten für kurze Zeit kopf-tief zu lagern, um eine physiologische Streckung des Ureters zu erzielen.
167 16.5 · Durchführung der URS mit starren Instrumenten
! Cave Bei der Überwindung von Kinks wie auch von relativen Engen des Ureters wird eindringlich vor der Anwendung von größerer Kraft gewarnt.
Die Überwindung der weiteren physiologischen Engen des Ureters an der Gefäßkreuzung und am Übergang zum Pyelon lassen sich auch mit starren Ureteroskopen unter Anwendung der eben aufgeführten Techniken für gewöhnlich problemlos überwinden. ! Cave Wird die Schleimhaut des Harnleiters durch das Ureterskop ziehharmonikförmig aufgeschoben oder kann eine Enge nicht überwunden werden, so darf das Instrument nicht weiter vorgeschoben werden (Abriss!). a
Tipps
Das Instrument sollte in diesem Fall zurückgezogen werden, um den Harnleiter wieder zu strecken. Ein gebogener 4- oder 5-Charr-UK wird vorgeschoben und streckt den Harnleiter (Metallseele des UK 2 cm zurückgezogen beim Vorschieben, erst nach Überwindung des Kinks wieder aussteifen). Erhöhung des Spülwasserdrucks (Höherhängen der Spülung oder Zuspritzen mit einer 20-mlSpritze über den Ablaufkonus). Eventuell Drehen des Instrumentes. Gelingt die Passage nicht, so ist eine orientierende retrograde Harnleiterdarstellung über das Ureteroskop notwendig. b
Das Lumen des Harnleiters sollte nach Möglichkeit zu jedem Zeitpunkt der Operation vollständig eingesehen werden. Dies gelingt nicht immer (Kinks, große Prostata mit Verbiegung des Instrumentes, iliakale Überkreuzung etc.), jedoch sollte ein im Instrument jederzeit freibeweglicher 4- oder 5-Charr-UK verwendet werden und eine relative Engstellung sanft und in Harnleiterrichtung langsam überwunden werden. Ist es nicht möglich, das Harnleiterlumen nach kurzer Strecke wieder in das Blickfeld zu zentrieren, so liegt ein Missverhältnis zwischen Harnleiterlumen und Ureteroskopgröße vor (Ballondilatation, kleineres Instrument oder Eingriff abbrechen).
16.5.7
c ⊡ Abb. 16.9a–c. Zur sicheren Passage wird der Ureter beim Vorschub des Instruments mit einem Führungsdraht (b) oder mit einem 3-CharrUreterenkatheter geschient (a, c)
Renoskopie
Nach Überwindung des pyeloureteralen Übergangs ist der Zugang zum Nierenbecken hergestellt. Mit dem starren Ureterorenoskop lassen sich instrumentenbedingt zwar das gesamte Nierenbecken, aber nur die orthograd zugängliche obere Kelchgruppe und gelegentlich auch Teile der mittleren Kelchgruppe ausspiegeln. Kleine Läsionen sowie Steine
16
168
Kapitel 16 · Ureterorenoskopie (URS)
a
b
⊡ Abb. 16.10a, b. Verkalkungen einer Kelchpapille bei chronischer Steinbildung
der unteren und mittleren Kelchgruppe stellen somit keine Indikation zur Durchführung einer »starren« Ureterorenoskopie dar. Hier muss dann die Möglichkeit des Einsatzes eines flexiblen Ureterorenoskopes gegeben sein. Zugängliche Schleimhautveränderungen können biopsiert und erreichbare Steine extrahiert werden. Bei Tumorverdacht sollte in jedem Fall die Entnahme einer Spülzytologie erfolgen. Die Extraktion größere Konkremente ohne vorherige Desintegration muss unterbleiben, da das Risiko für Ureterabrissverletzungen zu groß ist. Renoskopisch lassen sich neben der Identifikation von Tumoren und Konkrementen die Kelchpapillen beurteilen und Blutungen lokalisieren. Die makroskopische Beurteilung kann hilfreich bei chronischen Entzündungen, Papillennekrosen und einem rezidivierenden Steinleiden sein. Eine erhöhte Lithogenität lässt sich mitunter durch disseminierte feinkristalline Ablagerungen an den Papillen erkennen (⊡ Abb. 16.10).
16.5.8
16
Blutstillung
Tritt im Rahmen einer ureterorenoskopischen Operation eine Blutung auf, muss diese für gewöhnlich nicht gestillt werden, da sich die Blutung im kleinkapazitären oberen Harntrakt schnell tamponiert und danach sistiert. Der Harntransport wird durch die prophylaktische Einlage eines Ureterenkatheters oder Mono-J-Katheters gewährleistet. Zunächst sollte keine Spülung erfolgen, damit sich das Nierenbecken austamponieren kann. Gabe von Furosemid i.v. nach 4 h führt zur Wiederaufnahme der Diurese. Der Ureterenkatheter bietet gegenüber der inneren Schiene den Vorteil, dass dieser Katheter im Fall einer Verlegung angespült werden kann.
Im Fall einer persistierenden Blutung des oberen Harntraktes kann ein spezielles URS-Resektoskop verwendet werden und bei Blutungen, die nur mit einem kleinlumigen Instrument zugänglich sind, eine 2- oder 3-CharrElektrode.
16.6
Durchführung der URS mit flexiblen und semiflexiblen Instrumenten
Flexible Ureterorenoskope der neuesten Generation haben einen Schaftdurchmesser von ca. 7,5 Charr mit einem kombinierten Spül- und Arbeitskanal von ca. 3,6 Charr Innendurchmesser. Das distale Ende des Endoskopes lässt sich je nach verwendetem Instrument um bis zu 270° aktiv abwinkeln. Semiflexible Instrumente weisen ein starres Schafthandstück mit einem zu ca. 1/3 passiv deflektierbaren distalen Ende auf. Indikationen für den Einsatz flexibler Ureterorenoskope sind ▬ Steine oder Tumoren in mittleren und unteren Nierenkelchen, ▬ Ostiumpassage an einer vergrößerten Prostata vorbei, ▬ Überwindung von Harnleiterkinks oder ▬ anatomische Besonderheiten wie Transplantatureteren, Darmharnableitungen und Lageveränderung durch Schwangerschaft. Wichtige Einschränkung der flexiblen URS sind allerdings die gegenüber den starren Instrumenten deutlich eingeschränkten optischen Eigenschaften mit einer wesentlich schlechteren Ortsauflösung. Der Einsatz flexibler Instrumente erfordert für eine erfolgreiche Endoskopie eine standardisierte Vorgehensweise
169 16.6 · Durchführung der URS mit flexiblen und semiflexiblen Instrumenten
sowie die Erprobung und Kompatibilität der Endoskope, Hilfsinstrumente und Katheter auf dem Operationstisch.
16.6.1
Einführen des Ureterorenoskopes
Zur Entleerung der Harnblase empfiehlt sich auch hier die Einlage eines kleinlumigen Dauerkatheters. Die flexible Ureteroskopie kann ohne vorheriges Aufbougieren des Ostiums über einen Führungsdraht oder nach Einlage einer Schleuse erfolgen.
Vorgehen ohne Aufbougierung Einlage eines 0,035-inch-Führungsdrahtes bis in den mittleren Harnleiter über ein Zystoskop. Auffädeln des Ureteroskopes auf den Führungsdraht mit beidseits flexiblen Enden (sonst Beschädigung des Endoskopes bei starrem Ende möglich) (+ Gleitmittel). Strecken des Führungsdrahtes (Operateur Rechtshänder: mit der linken Hand, Vorschieben des Instrumentes mit der rechten Hand) und Strecken des Penis (Assistenzpersonal). Einführen unter radiologischer Kontrolle in den distalen Harnleiter (4–5 cm). Nach Entfernen des Drahtes Orientierung unter Sicht.
! Cave
16.6.2
Haltung des Instrumentes
Aufgrund der flexiblen Beschaffenheit des Instruments ist auch ohne die Verwendung eines Videokamerasystems ein ermüdungsfreies Arbeiten mit dem Auge direkt am Okular des Endoskops möglich. Generell liegt auch bei der flexiblen URS der Patient in Steinschnittlage, allerdings müssen die Beine im Hüftgelenk nur geringfügig abgewinkelt werden. Für die aktive Flexion der Endoskopspitze muss das Instrument mit dem Daumen der Haltehand bedient werden (⊡ Abb. 16.11). Sämtliche Richtungsebenen der Spiegelung lassen sich durch zusätzliches Drehen des Endoskopschaftes erreichen. Für das Vorschieben des Instrumentes im distalen Ureterdrittel über einen Führungsdraht ist man in der Regel auf die Hilfe eines Assistenten angewiesen, der den Draht unter Spannung hält.
16.6.3
Ureteroskopie
Beim retrograden Vorschub des Instrumentes schränkt der notwendige Führungsdraht die Übersicht ein. Die beste Übersicht erhält man daher beim antegraden Zurückziehen des Endoskops ohne einliegenden Führungsdraht. Für die genaue Lokalisierung des Endoskops ist die Röntgendurchleuchtung mit fakultativem Einsatz von Kontrastmittel unerlässlich. Eine suffiziente Beuteilung des Ureters gelingt nur bei sorgfältiger Zentrierung des Instruments und ausreichender Spülung (Abschn. 16.5.5).
Beim Einführen in das Ostium ist auf die richtige Orientierung des Instrumentes zu achten, da der Führungskanal asymmetrisch angebracht ist (Avulsion der Schleimhaut!).
Vorgehen Einführen eines 0,035-inch-Führungsdrahtes. Unter Durchleuchtung Vorschieben des Bougies mit der koaxialen Schleuse. Langsames kontinuierliches Aufbougieren des Ostiums (Richtung einhalten!, Durchleuchtung!, Draht muss frei beweglich sein!). Schleuse möglichst über den gekrümmten prävesikalen Abschnitt in den Harnleiter vorschieben. Bougie entfernen, evtl. »peel-away sheath« bis zum Meatus aufziehen. Einführen des flexiblen Endoskopes über Draht.
! Cave Wird das flexible Ureteroskop ohne Draht eingeführt, muss beim Durchtritt aus der Schleuse darauf geachtet werden, dass das Harnleiterlumen sich frei entfaltet. Der Harnleiter kann am Ende der Schleuse abgeknickt sein, oder es kann Schleimhaut in die Öffnung hineinragen. Forsches Einführen führt zur Perforation.
⊡ Abb. 16.11. Ermüdungsfreie Haltung des flexiblen Ureterorenoskopes
16
170
Kapitel 16 · Ureterorenoskopie (URS)
16.6.4
Renoskopie
Anders als mit der starren URS lassen sich mit den flexiblen Endoskopen sämtliche Anteile des Nierenhohlsystems erreichen und ausspiegeln (⊡ Abb. 16.12). Wegen des geringeren Ortsauflösevermögens der Optiken ist die makroskopische Feinbeurteilung von flachen Schleimhauteffloreszenzen allerdings gegenüber den starren Endoskopen deutlich eingeschränkt. Um sämtliche Anteile des Nierenhohlsystems erreichen zu können, ist man auf den wiederholten Einsatz der retrograden Pyelographie mittels Kontrastmittel unter Röntgendurchleuchtung angewiesen.
16.6.5
Einsatz einer Videokamera
Durch die flexible Beschaffenheit des Endoskopes sind anders als bei der starren URS bei direktem Blick ins Okular des Instrumentes keine ermüdenden Verrenkungen des Operateurs notwendig. Dennoch bietet der Einsatz eines Videokamerasystems den Vorteil, dass das Assistenzpersonal den Eingriff mitverfolgen kann.
16.7
16
Durchführung der URS zur endoluminalen Diagnostik des oberen Harntraktes
Präoperativ sollte abhängig von der Höhe der vermuteten Läsion, dem Geschlecht des Patienten und begleitender anatomischer Besonderheiten bereits die Entscheidung für die starre oder aber die flexible URS getroffen werden. Prinzipiell gelten das untere Harnleiterdrittel als Domäne für die starre URS, während die oberen beiden Drittel des Harnleiters und das Nierenhohlsystem mit der flexiblen URS besser zugänglich sind. Letztlich kann vom erfahrenen Operateur auch mit dem starren Endoskop ohne größeres Risiko und mit hoher diagnostischer Sicherheit der obere Harnleiter und das Nierenhohlsystem mit Ausnahme der unteren Kelchgruppe beurteilt werden. Somit wird die Wahl des Instruments auch von den persönlichen Präferenzen des Operateurs abhängig sein. Sofern beide Instrumente für die Untersuchung zur Verfügung stehen, kann auch mit dem starren Ureterorenoskop die Untersuchung begonnen und, wenn notwendig, auf ein flexibles Instrument umgestiegen werden.
16.7.1
Weißlichtdiagnostik
Wegen des besseren Ortsauflösungsvermögens von starren Ureterorenoskopen bieten diese Instrumente einen Vorteil in der Feinbeurteilung von Schleimhautveränderungen des oberen Harntraktes. Ist differenzialdiagnostisch ein
⊡ Abb. 16.12. Renoskopie der unteren Kelchgruppe mit einem flexiblen Ureterorenoskop
Tumor wegen eines Füllungsdefektes in der bildgebenden Diagnostik Indikation für die endoskopische Abklärung, sollte vor Beginn der URS eine Blasenspülzytologie und nach Entrierung des Ureters eine Harnleiterspülzytologie entnommen werden, da sich kleine flache Läsionen und im Nierenhohlsystem nicht zugängliche Effloreszenzen der makroskopischen Beurteilung entziehen können. Die URS bietet gegenüber anderen Verfahren zur bioptischen Abklärung des Nierenhohlsystems, wie z. B. die perkutane Biopsie, die perkutane Pyeloskopie und die offene Pyeloskopie im Rahmen einer offen-operativen Nierenfreilegung, den entscheidenden Vorteil der Beibehaltung eines geschlossenen Systems, durch welches sicher eine extraluminale Tumorzellaussaat vermieden werden kann. Daher sollte auch sorgfältig eine transmurale Verletzung von Ureter und Pyelon in der Diagnostik vermieden werden. Besteht makroskopisch der Verdacht auf ein schlechtdifferenziertes Transitionalzellkarzinom, muss aus gleichem Grund eine transmurale Biopsie vermieden werden. Häufig bilden auch unilateral lokalisierte Blutungen aus dem oberen Harntrakt die Indikation für eine URS-Abklärung. Bei stärkeren Blutungen und Koageltamponaden des oberen Harntraktes sollte bedacht werden, dass generell mit den starren Instrumenten wegen der besseren Spül- und Absaugfähigkeit schneller und sicherer eine Übersicht für die diagnostischen und ggf. auch therapeutischen Maßnahmen zu gewinnen ist.
171 16.8 · Durchführung der ureterorenoskopischen Steinentfernung
16.7.2
Photodynamische Diagnostik (PDD) mittels 5-Aminolävulinsaüre (ALA)
Bei der endoskopischen Abklärung einer gesicherten tumorverdächtigen Spülzytologie aus dem oberen Harntrakt und dem Fehlen eines Füllungsdefektes in der bildgebenden Diagnostik kann, wenn die konventionelle Weißlicht-URS keinen eindeutigen Befund erbracht hat, die PDD angewandt werden. Es ist entweder die Instillation des oberen Harntraktes 1–2 h vor dem Eingriff mit der 5-ALA-Lösung über einen Ureterenkatheter oder aber die systemische Verabreichung (Nebenwirkungen beachten!) von 5-ALA vor der PDD notwendig. Als Einschränkung des Verfahrens muss auf die Notwendigkeit des Einsatzes von Spezialendoskopen, die nur an wenigen Zentren zur Verfügung stehen, hingewiesen werden.
16.7.3
Probenentnahme zur histologischen Abklärung
Für die Biopsie stehen verschiedene Biopsiezangen zur Verfügung (⊡ Abb. 16.13). Gestielte papilläre Tumoren können auch mit einem Dormia-Körbchen abgetragen werden ( unten). Wird histologisch das Gewebe über die Zangenbiopsie oder eine Körbchenabtragung gewonnen, kann zwar pathologisch eine suffiziente Beurteilung des Tumordifferenzierungsgrades, nicht aber des -stadiums erfolgen. Diese Einschränkung wird durch die Tatsache relativiert, dass eine gute Korrelation von Differenzierungsgrad mit Tumorstadium besteht. Neben der Biopsie sollte parallel immer auch eine spülzytologische Sicherung des Tumorbefundes erfolgen. Bei kleinen und gutartigen Tumoren kann nach histologischer Sicherung in gleicher Sitzung eine definitive endoskopische Therapie im Sinne einer Elektrofulguration oder LaserKoagulation sowie eine URS-Resektion erfolgen. Ebenso
⊡ Abb. 16.13. Zangenbiopsie eines Uretertumors mit einem flexiblen Ureterorenoskop
kann bei entsprechender Aufklärung des Patienten in gleicher Narkose ein offen-operatives organablatives Therapieverfahren angeschlossen werden. Nach ausgedehnteren Manipulationen an der Ureterschleimhaut ist die Einlage einer inneren Verweilschiene empfehlenswert.
16.8
Durchführung der ureterorenoskopischen Steinentfernung
16.8.1
Therapie des Ureterkonkrementes
Durch Miniaturisierung der starren und flexiblen Endoskope mit den korrespondierenden Arbeitsinstrumenten als auch durch die Verbesserung der endoluminalen Lithotripsietechniken – hier allen voran der Laser-Technik – können alle Steine des oberen Harntraktes endoskopisch behandelt werden. Dennoch stellt die ESWL für den unkomplizierten Stein des oberen Harntaktes die erste therapeutische Präferenz dar. Demgegenüber erlaubt die URS die Steindesintegration unter direkter visueller Kontrolle mit der Möglichkeit der sofortigen Extraktion der Desintegrate und die simultane Therapie einer begleitend bestehenden Harntransportstörung. Hieraus resultiert eine im Vergleich zur ESWL herausragende Steinfreiheitsrate nach nur einem Eingriff von 73–100% in Abhängigkeit von der Lokalisation des Konkrements im oberen Harntrakt. Für die endoluminale Lithotripsie stehen die in ⊡ Tabelle 16.3 genannten Verfahren zur Verfügung. Bei den Lasern hat sich der Holmium:YAG-Laser (Ho:YAG-Laser) durchgesetzt. Die Steindesintegration geschieht dabei auf photothermischem Weg. Beim Einsatz des Ho:YAG-Lasers ist zu beachten, dass bereits 3 mm Wasserstrecke die gesamte Energie des Laserlichtes absorbieren und dadurch unwirksam machen. Die Lasersonde (200-µm- und 365-µm-Sonden für Ureter) sollte unter guter visueller Kontrolle in direktem Kontakt mit dem Konkrement stehen und ständig über die Oberfläche des Steines bewegt werden, um das Bohren von Löchern zu vermeiden. Vor allem beim Einsatz des Lasers, aber auch bei jeder anderen Form der endoluminalen Steindesintegration, ist strengstens auf eine visuelle Kontrolle der Manipulation zu achten, um eine Schädigung der Ureterschleimhaut zu vermeiden. Bei der elektrohydraulischen und elektropneumatischen Lithotripsiemethode muss der Stein fest vor der Sonde liegen, um die Energie absorbieren zu können. Daher kann es notwendig werden, den Stein durch den gleichzeitigen Einsatz eines Dormia-Körbchens vor einer Dislokation zu schützen. Der Einsatz eines Okklusionsballonkatheters im Harnleiter hat sich nicht bewährt, da er erst am Stein vorbei manipuliert werden muss, beim Blocken zur Harnleiterperforation führen kann und der
16
172
Kapitel 16 · Ureterorenoskopie (URS)
⊡ Tabelle 16.3. Technische Möglichkeiten der endoluminalen Desintegration von Steinen des oberen Harntraktes
Elektrohydraulisch
Pneumatisch
Ultraschall
Puls-Laser
Ho:YAG
Desintegration
Stoßwelle
Mechanisch
Mechanisch
Foto-akustisch
Fotothermisch
Sonde
Flexibel
Flexibel
Starr
Flexibel
Flexibel
Desintegrationsrate
ca. 90%
ca. 97%
ca. 97%
ca. 85%
100%
Besonderheiten
Hohe Perforationsrate
Eingeschränkt flexibel
Perforationsgefahr
In ca. 15% keine Desintegration
Strikturrate ca. 15%
Ureterkatheter die Bewegung des Ureteroskopes behindert. Jede Form der Lithotripsie lässt sich gut beim impaktierten Stein anwenden, der durch das Steinbett vor dem Abwandern gesichert ist. Durch die prästenotische Aufweitung des Harnleiters proximal des Steines können Steine und Desintegrate durch den Spülstrahl leicht nach proximal disloziert werden. Durch die Lithotripsie wird zusätzlich eine Propulsion des Steines bewirkt. Tipps
16
Eine Propulsion kann evtl. vermieden werden – Durch vorsichtiges Dosieren des Spülstrahls zum Anfang der URS, um langsam einen höheren hydrostatischen Druck im Hohlsystem aufzubauen. Der hohe Druck verhindert das proximale Abwandern des Steines und seiner Desintegrate. – Durch Schließen einer Nephrostomie. – Durch Einklemmen des Steines an der Ureterwand mit der LithoClastsonde. – Durch Einzelschuss mit der LithoClastsonde. – Eventuell durch Lithotripsie mit der Sonde seitlich des Steines (Cave: Harnleiterperforation!). – Durch wiederholtes Ansaugen des Steines über den Ablauf. – Durch Hineinziehen des Steines mit dem Zängchen in die relative Stenose distal des Steinbettes (Cave: erhöhte Harnleiterperforationsgefahr!).
Kommt es trotz aller Vorsichtsmaßnahmen zu einem »push-back« des Harnleitersteins in das Nierenbecken, so ist die Ureteroskopie trotzdem nicht als Misserfolg zu betrachten, da nun ein DJ-Katheter eingelegt wird und die ESWL im Nierenhohlsystem mit wesentlich höherem Erfolg angewandt werden kann. Steindesintegrate sollte mit Zängchen entfernt werden.
! Cave Zum vollständigen Öffnen der Zange muss das Instrument etwas zurückgezogen werden. Dies kann bereits zu eingeschränkter Sicht und Problemen beim kontrollierten Fassen des Steines führen.
Entfernen von Steinen im Zängchen (»Krokodilzange«) Fassen des Steines möglichst in »Längsrichtung« (evtl. Drehen des Steines mit dem Zängchen). Heranziehen an das Ureteroskop und Sichtkontakt auf den Stein behalten. Spülzulauf maximal öffnen. Vorsichtiges Ziehen beim Durchtritt durch das Steinbett und der ödematösen relativen Stenose distal davon (Cave: Perforation, Abriss!). Eventuell geringes Hin- und Herdrehen der Zange mit dem Stein beim Durchtritt durch die Stenose.
Nach einer unkomplizierten Steinextraktion kann auf die Einlage einer inneren Schiene verzichtet werden. Nach längerer Manipulation zur Desintegration von größeren Steinen und nach gesicherten perforierenden Läsionen des Ureters ist deren Einsatz allerdings unumgänglich. Als besonderes Dilemma in der Steinbehandlung gilt ein obstruierendes Konkrement in der Schwangerschaft. Da in der Schwangerschaft die ESWL kontraindiziert ist und die diagnostische Strahlenapplikation weitestgehend vermieden werden sollte, kann die Harntransportstörung nur symptomatisch durch Einlage einer inneren Ureterschiene bzw. Anlage einer perkutanen Nephrostomie oder aber definitiv durch eine URS beseitigt werden. Hier sind die Komplikationen beider Therapieverfahren wie die höhere Gefahr einer Inkrustation von innerer Schiene und Nephrostomie durch die erhöhte Kalzurie und die Notwendigkeit einer Dauerantibiotikaprophylaxe zur Vermeidung von Harnwegsinfekten im Vergleich zur Notwendigkeit eines Anästhesieverfahrens und die Risiken des operativen
173 16.8 · Durchführung der ureterorenoskopischen Steinentfernung
a
c
⊡ Abb. 16.14a–e. Distales Ureterkonkrement. a Passage des distalen Ureterkonkrementes mit einem 3-Charr-UK. b Extraktion des Steines mit einer Fasszange. c Pneumatische In-situ-Desintegration eines Uretersteines mit einer LithoClast-Sonde. d, e Korrespondierendes präoperatives Infusionsurogramm für a und b
b
d
e
16
174
Kapitel 16 · Ureterorenoskopie (URS)
Eingriffs bei der URS in Abhängigkeit vom Stadium der Schwangerschaft gegeneinander abzuwägen.
Besonderheiten beim distalen Ureterkonkrement Bei der Therapie des distalen Harnleitersteines wird fast ausschließlich die starre URS zur Anwendung kommen. Schwierig kann die Bergung eines in der Blasenwand intramural impaktierten Steines werden, da dieses Konkrement den Zugang zum Harnleiter und damit eine direkte visuelle Kontrolle der Ostiumpassage verhindern kann. Zu Sicherheit sollte vor jeder weiteren Manipulation zunächst ein Führungsdraht zur Schienung des Harnleiters am Konkrement vorbeigelegt werden (⊡ Abb. 16.14). Dies gelingt bei fest impaktierten Steinen mit einem ausgeprägten entzündlichen Steinbett in der Regel nur mit einem hydrophilen Draht. Nach suffizienter Schienung von Ostium und Ureter kann dann versucht werden, den Stein durch vorsichtige Manipulation mit dem Ureteroskop weiter proximal in den prästenotisch dilatierten Harnleiter zu luxieren. Dort lässt sich der Stein dann mit einem Greifinstrument (Fasszange oder Dormia-Körbchen) sicher fassen und direkt extrahieren oder aber zunächst lithotripsieren. Im distalen Ureter können Steine bis zu einem maximalen Durchmesser von ca. 8 mm direkt extrahiert werden, während größere Konkremente einer vorherigen Lithotripsie zugeführt werden müssen. Im Zweifel sollte immer eine vorherige Lithotripsie angestrebt werden, da ein im Ostium oder distalen Harnleiter im Greifinstrument verfangener Stein eine schwer zu beherrschende Komplikation darstellen kann ( unten).
16
⊡ Abb. 16.15. Zangenextraktion von Nierensteinen mit einem flexiblen Ureterorenoskop
Besonderheiten proximaler und mittlerer Uretersteine Eine primäre Extraktion sollte im proximalen und mittleren Harnleiter nur mit Konkrementen bis zu einem maximalen Durchmesser von 5 mm angestrebt werden. Im Zweifel gilt natürlich auch hier, eher eine vorherige endoluminale Lithotripsie anzustreben, da das Risiko einer Ureterverletzung mit der Höhe der Lokalisation des Konkrementes steigt. Als Lithotripsiemethode ist im proximalen Ureter der Laser den anderen Verfahren überlegen, da mit dieser Methode eine Lageveränderung weniger zu befürchten ist. Die Einlage einer inneren Verweilschiene sollte immer erfolgen. Vom Gebrauch eines Dormia-Körbchens wird abgeraten. Muss mehrmals eine Ostiumpassage zur Extraktion zahlreicher Desintegrate bei großem Steinvolumen erfolgen, empfiehlt sich der Einsatz einer Schleuse.
16.8.2
Therapie renaler Konkremente
Obwohl die ESWL als Standardtherapieverfahren kleiner bis mittelgroßer Nierensteine und die perkutane Nephrolitholapaxie (PNL) als Standardtherapieverfahren größerer Konkremente gilt, hat sich durch die Entwicklung der kleinlumigen und aktiv flexiblen Ureterorenoskope und Laser die Indikationsstellung für die URS immer häufiger auch auf renale Konkremente ausgedehnt. So sind es insbesondere Konkremente der unteren Kelchgruppe und nicht schattengebende Konkremente, die sich anhand der flexiblen URS mit einer Erfolgsrate von 70–90% sicher und minimal-invasiv beherrschen lassen. Andere Indikationen sind im Rahmen der Uretersteinbehandlung zufällig identifizierte und ESWL-therapierefraktäre Nierensteine und insbesondere Übergewicht, d. h. bei adipösen Patienten, die das Gewichtslimit für den ESWL-Tisch überschreiten (>150 kg). Für die Ortung des Steines im Hohlsystem ist man zusätzlich auf eine digitale Röntgendurchleuchtung angewiesen. Nach der Schienung des Harnleiters mit einem Führungsdraht wird über einen zweiten Führungsdraht mit dem Ureterorenoskop der Zugang zum Hohlsystem der Niere geschaffen. Kleine Steine in den Kelchen können mit Zängchen oder Nitinolkörbchen entfernt werden (⊡ Abb. 16.15). In der unteren Kelchgruppe befindliche Steine sollten erst ins Nierenbecken oder besser noch in die obere Kelchgruppe manövriert werden, um dort der Laser-Lithotripsie zugeführt werden zu können (⊡ Tabelle 16.4). Einerseits können dadurch Desintegrate besser abgehen, andererseits führt die Laserapplikation bei flektierter Endoskopspitze zu einer Schädigung des Instruments. Begünstigend für eine Reposition von Steinen der unteren Kelchgruppe ins Nierenbecken oder die obere Kelchgruppe wirken sich auch Kopftieflage und ein Anheben der ipsilateralen Körperhälfte aus.
175 16.9 · Durchführung der ureterorenoskopischen Therapie
⊡ Tabelle 16.4. Einstellungen des Holmium-Lasers für die Steindesintegration und die Ureterinzision
Anwendung
Energie [J]
Frequenz [Pulse/s]
Ureterstein
0,5–0,8
5–10
Nierenstein
05, 1,2
5–15
Ureterinzision (Endopyelotomie)
1,0–1,5
15–20
Während der Laser-Applikation ist die direkte visuelle Kontrolle obligat, um eine Schleimhautläsion zu vermeiden und eine suffiziente Laser-Sondenbewegung über die Steinoberfläche zu ermöglichen. Auf die Absorption der gesamten Laserenergie in bereits 3 mm Wasserstrecke sei hier nochmals hingewiesen. Für die Laser-Lithotripsie von Nierensteinen stehen Sonden der Stärke 200 µm und 365 µm zur Verfügung. Durch die Lithotripsie sollte das Bohren von Löchern im Stein vermieden werden. Idealerweise wird durch die Laser-Lithotripsie das Konkrement in feine Staubpartikel zerkleinert. Dadurch erspart man sich die Notwendigkeit einer Extraktion der Desintegrate durch den Harnleiter. Gute Ergebnisse bei der endoluminalen Lithotripsie von Nierensteinen werden auch durch die Anwendung des flexiblen elektropneumatischen LithoClast erzielt. An Zentren für endoskopische Steinbehandlung wurden bei Nierensteinen mit einem mittleren maximalen Durchmesser von 1–2 cm (maximaler Durchmesser 6 cm) Erfolgsraten von 73–92% durch eine einmalige URS-Behandlung erreicht. Dabei liegt die Rate an schwereren Komplikation bei unter 1%.
16.9
Durchführung der ureterorenoskopischen Therapie von Transitionalzellkarzinomen des oberen Harntraktes
Standardtherapieverfahren für Übergangsepitheltumoren des oberen Harntraktes ist die Nephroureterektomie unter Mitnahme einer Blasenmanschette. Die endoluminale Tumortherapie kann bei einem selektionierten Krankengut die einzige oder bessere Therapieoption darstellen: ▬ bei Patienten mit eingeschränkter Nierenfunktion oder einer Einzelniere, ▬ einem bestehenden bilateralen Tumorgeschehen, ▬ Patienten mit zahlreichen Begleiterkrankungen und eingeschränkter Lebenserwartung, ▬ Tumorstadien, in denen nur noch eine Palliation möglich ist.
Anders als beim perkutanen Vorgehen ist bei der URSTherapie von Tumoren des Nierenhohlsystems nicht mit einer Tumorzellaussaat zu rechnen. Als elektive Therapiealternative zu offenen-organablativen Operationen sollte die ureterorenoskopische Tumortherapie nur bei kleinen und gut differenzierten papillären Tumoren durchgeführt werden. Mittelgradig und schlecht differenzierte (G2 und G3) Transitionalzellkarzinome des oberen Harntraktes sind signifikant mit einem lokal fortgeschrittenen Tumorstadium assoziiert, während bei G1-Tumoren nur selten invasive Tumorstadien vorliegen. In diesem Zusammenhang ist die repräsentative Biopsie und Spülzytologie für eine suffiziente histologische Beurteilung des Tumors vor der definitiven Therapie extrem wichtig. Wie bei anderen schwierigen Eingriffen am Harnleiter ist immer die Einlage eines Führungs- oder Sicherungsdrahtes angeraten. Im ektatischen distalen Ureter kann ein Tumor mittels Ureteroresektoskop abgetragen werden. Proximale Harnleitertumoren und die Tumoren des Nierenhohlsystems können mitunter mechanisch abgetragen werden, machen aber die zusätzliche Laser-Behandlung notwendig. Nach organerhaltender endoluminaler Therapie eines Tumors des oberen Harntraktes wird empfohlen, in zumindest halbjährlichen Abständen eine Kontroll-URS durchzuführen. Wegen der hohen Raten an Zweittumoren der Harnblase sind Zystoskopien und zytologische Urinuntersuchungen in kürzeren Abständen indiziert. Als adjuvante Instillationstherapie sind Zytostatika wie insbesondere Mitomycin und das Immuntherapeutikum BCG eingesetzt worden. BCG darf erst nach Abheilung der durch die endoluminale Therapie gesetzten Schleimhautläsionen und sicher intaktem Hohlsystem angewandt werden. Ansonsten besteht die Gefahr einer organüberschreitenden oder gar systemischen BCG-Entzündung. Als Beispiel zeigt ⊡ Abb. 16.16 einen den Ureterabgang einengenden Nierenbeckentumor.
16.9.1
Histologiegewinnung
Die Gewinnung einer repräsentativen Tumorhistologie ist für die weitere Therapie entscheidend. Sie muss sicher und unter Sicht aus dem Tumor entnommen werden. Es empfiehlt sich auch die Entnahme mehrerer Proben aus verschiedenen Anteilen des Tumors. Die mögliche Blutungsgefahr muss dabei bedacht werden. Für die Probenentnahme stehen 3-Charr-Biopsiezangen zur Verfügung. Daneben lassen sich papilläre Tumoren auch durch Anwendung eines Dormia-Körbchens subtotal abtragen und danach histologisch untersuchen (⊡ Abb. 16.17). Bei der Probenentnahme sollte eine Perforation wegen der Gefahr der Tumorausschwemmung vermieden werden. Das Tumorstadium lässt sich mit der Biopsie ohnehin nicht sicher beurteilen. Begleitend sollte aus dem Tumorareal immer auch eine Spülzytologie entnommen werden, da
16
176
Kapitel 16 · Ureterorenoskopie (URS)
a
b
d
c
16
⊡ Abb. 16.16a–d. Konzentrisch den Ureterabgang einengender Nierenbeckentumor links. a, b Restlumen mit Führungsdraht sondiert. c Präoperatives Infusionsurogramm. d Intraoperative retrograde Uretero-
pyelographie der filiformen Ureterabgangsenge, durch den Tumor hervorgerufen
dieses Verfahren schlecht differenzierte Tumorzellen mit hoher Sicherheit nachweisen kann.
auch wie in ⊡ Abb. 16.17 gezeigt mit einem Dormia-Körbchen bewerkstelligen. Danach ist allerdings eine thermische Nachbehandlung des Tumorgrundes angezeigt. Diese kann durch eine Elektrodenkoagulation oder mit einem Laser erzielt werden.
16.9.2
Mechanische Abtragung
Mit einem speziellen Ureteroresektoskop können in Einzelfällen Tumoren des distalen Ureters ähnlich den Blasentumoren reseziert werden. Da der distale Ureter gegenüber den proximalen Ureteranteilen eine dickere Wandung aufweist, ist hier die Gefahr einer Perforation geringer. Eine mechanische Abtragung eines papillären Tumors lässt sich
16.9.3
Laser-Therapie
Aufgrund der geringen Eindringtiefe von nur 0,4 mm im Gewebe sollte im dünnen proximalen Ureter der Ho:YAGLaser die 1. Wahl sein. Durch die geringe Eindringtiefe kann der Ho:YAG-Laser auch zum Abtragen größerer
177 16.10 · Ureteroskopische Ureterschlitzung bei Harnleiterenge
16.10
⊡ Abb. 16.17. Abtragung eines gestielten papillären Tumors im oberen Harntrakt mittels Körbchen. Der Tumorgrund muss nach dieser Maßnahme vorzugsweise mit einem Laser nachbehandelt werden
papillärer Tumoranteile mit anschließender Nachkoagulation des Tumorgrundes angewandt werden. Für die Therapie von Tumoren des Hohlsystems eigenen sich sowohl der Nd:YAG- als auch der Ho:YAG-Laser. Im Gegensatz zur nur oberflächlichen Gewebewirkung des Ho:YAG-Lasers, mit dem papilläre Tumoranteile abgetragen und der Tumorgrund anschließend nachkoaguliert werden, verfolgt man mit dem Nd:YAG-Laser und seiner Eindringtiefe von 2–5 mm im Gewebe eine andere Technik. Hier wird das Tumorgewebe zu größeren Teilen durch die Hitzewirkung zerstört. Es wird kein Tumorgewebe abgetragen und somit auch nicht für eine histologische Aufarbeitung asserviert (⊡ Abb. 16.18). Alternativ zur retrograden transurethralen Tumortherapie mittels URS kann im Nierenhohlsystem die Tumortherapie auch perkutan vorgenommen werden. Vorteil dieses Verfahrens ist der größere Arbeitskanal von ca. 25 Charr, der die Anwendung eines Resektoskopes erlaubt und zu einer histologischen Sicherung des Tumors führt. Allerdings besteht beim perkutanen Verfahren ein hohes Risiko der Tumoraussaat. Zudem sind mit den starren Instrumenten nicht alle Anteile des Hohlsystems zugänglich. Idealerweise können sich die perkutane und die transurethrale Tumortherapie im Nierenhohlsystem ergänzen. ! Cave Laser nicht bei flektierter Endoskopspitze aktivieren, da es zur Schädigung des Endoskops führen kann.
Ureteroskopische Ureterschlitzung bei Harnleiterenge
Die retrograde Ureterotomie stellt eine minimal-invasive Alternative zur Beseitigung von narbigen Stenose im Harnleiter dar. Die offenen Operationen mit »psoas-hitch«, Boari-Plastik oder End-zu-End-Anastosmose des Harnleiters stellen verlässliche Methoden dar, jedoch ist die Präparation bedingt durch Voroperationen aufwändig und gelegentlich für den Patienten nicht mehr tolerabel. Mit Hilfe von CT oder MR sollte geklärt werden, ob ein extrinsischer Tumor vorliegt, da die Schlitzung in den Tumor hin nicht erfolgversprechend ist. Die Inspektion ist für den Erfolg der Harnleiterschlitzung von großer Wichtigkeit. Engen über 2 cm Länge sollten nicht einem endoskopischen Therapieverfahren zugeführt werden. Voraussetzung ist auch, dass ein Draht die Enge passieren kann, da »blindes« progrades Schneiden ohne Führung nur zufällig zum Erfolg führt. Kann ein DJ-Katheter durch die Enge gelegt werden, so kann dies 3–7 Tage vor der URS geschehen, da hierdurch sowohl die Ureterpassage als auch die Manipulation in der Enge erleichtert wird.
16.10.1
Durchführung der endoskopischen Ureterotomie
Ein 8-Charr-Ureteroskop wird bis an die Stenose herangeführt. Es wird nochmals eine retrograde Darstellung unmittelbar vor der Stenose durchgeführt und dann ein 0,035-inch-Draht durch die Stenose bis in das Nierenbecken vorgeschoben. Die Schlitzung wird entweder mit einem Holmium:YAG-Laser oder einer Häkchensonde durchgeführt. Als gut geeignet hat sich eine spitze häkchenförmige Sonde herausgestellt, die entlang dem Draht in die Stenose eingeschnitten wird. Tipp
Wichtig ist die dorsolaterale Schnittführung, die Inzision in einer Schnittlinie bis in das periureterale Gewebe sowie die ausreichend lange Schnittführung bis in gesundes Gewebe hinein.
Ist die Stenose überwunden, so erscheint wieder das kreisförmige Lumen des proximalen Ureters, das entlang des Sicherheitsdrahtes entriert wird. Über den liegenden Sicherheitsdraht wird nun ein 7 oder 8 Char. D-J-Katheter eingeführt, der für sechs Wochen belassen werden sollte.
⊡ Abb. 16.18. Schema der Zerstörung eines gestielten papillären Tumors im oberen Harntrakt mittels Laser
16
178
Kapitel 16 · Ureterorenoskopie (URS)
16.11
16.11.1
Komplikationen ureterorenoskopischer Eingriffe Intraoperative Komplikationen
Intraoperativer Priapismus Eine Erektion kann ein transurethrales Operieren verhindern. Hier hilft nur ein Vertiefen der Narkose und ein vorübergehendes Pausieren der penilen Manipulationen.
Einschwemmung von Spülflüssigkeit Da bei der URS überwiegend isotonische Spüllösungen verwendet werden, besteht die Gefahr einer hypotonen Hyperhydratation mit dem sog. TUR-Syndrom nicht. Größere Mengen retroperitoneal eingeschwemmter Flüssigkeit werden daher von den Patienten ohne Probleme toleriert. Die parenterale Applikation eines hochpotenten Schleifendiuretikums (z. B. Furosemid) wird empfohlen.
Vorgehen Diurese steigern, evtl. Gabe von Methylenblau. Zurückziehen des Ureteroskopes aus der Perforation, bis wieder das vollständige Ureterlumen eingesehen werden kann. Unter vollem Spülstrom Versuch, das proximale Lumen einzusehen und die Perforation zu überwinden. Gelingt dies nicht: Zurückziehen des Ureteroskopes in den unverletzten Harnleiter und Vorschieben eines gebogenen 4-oder 5-Charr-UK mit offener Spitze. Die Spitze des UK sollte an der der Perforation gegenüberliegenden Wand entlang geschoben werden. Gelingt dies nicht: Nephrostomie und antegrade Schienung mit einem hydrophilen Draht (Durchzugsdraht!).
Festsitzendes Ureteroskop Starre Endoskope weisen eine konisch zulaufende Spitze auf. Wird das Endoskop bis in den proximalen Harnleiter eingeführt, so erfolgt mit dem dicker werdenden Ende eine Aufbougierung des distalen Harnleiters. Dies kann dazu führen, dass sich das weit vorgeschobene Instrument nur sehr schwer zurückziehen lässt. Keinesfalls sollte nun versucht werden, mit Kraft das Endoskop herauszuziehen, da der Harnleiter abreißen kann.
Vorgehen Röntgenkontrastdarstellung der Lage des Ureteroskopes. Einführen eines flexiblen Drahtes (0,035 inch) in das Nierenbecken. Gabe von N-Butylscopolamin (Buscopan). Langsames Zurückziehen unter hin-und herdrehenden Bewegungen. Instrument immer in Ureterachse halten.
Ureterperforation
16
Ureterperforationen werden mit Einlage einer inneren Verweilschiene therapiert (2 Wochen). Die Verweilschiene sollte über den begleitend eingelegten Sicherungsdraht sorgfältig platziert werden. Liegt kein Sicherheitsdraht, muss die Perforation mit dem Ureteroskop oder einem Draht überwunden werden.
Ureterabriss Der komplette Ureterabriss stellt eine der schwerwiegendsten Komplikationen ureterorenoskopischer Operationen dar. Da in der Regel distale Anteile des abgerissenen Ureters durch das Ureteroskop denudiert werden, kommt eine Ureter-End-zu-End-Anastomose als Therapie nur in den seltensten Fällen in Frage. Generell bedarf der Ureterabriss daher einer Ureterzystoneostomie in Psoas- oder Boarihitch-Technik. Da bei einem hohen Ureterabriss der langstreckige Defekt nur mit einem Ureterersatz (z. B. Ileumharnleitersersatz) überbrückt werden kann, sollte bis zu dieser in einer 2. Sitzung durchzuführenden Operation das proximale Ureterende entweder durch Ligatur oder einen Okklusionskatheter verschlossen und die Niere vorübergehend durch eine perkutane Nephrostomie abgeleitet werden.
Perforation des Nierenhohlsystems Die Perforation des Nierenhohlsystems ist eine weniger schwerwiegende Komplikation und wird durch eine sichere Ableitung mittels Ureterkatheter oder innerer Ureterschiene therapiert. Bei kleineren Läsionen genügt die Ableitung für 7–10 Tage.
Verkeilung von Instrumenten im Ureter Verkeilungen treten insbesondere beim Einsatz von Dormia-Körbchen zur ureteroskopischen Steinextraktion auf. Die sensiblen Instrumente mit ihren feinen Drähten können sich in der Schleimhaut des Ureters verfangen und ein Loslassen des Steines und damit eine weitere Manipulation verhindern. Hier kann helfen, das Handstück des Instrumentes vom Draht des Körbchens zu lösen, das Ureterorenoskop zu entfernen und erneut am Draht des Instruments vorbei bis an den verkeilten, im Körbchen verfan-
179 Literatur
genen Stein zu spiegeln und vor Ort den Stein mit einem Lithotriptor oder einem Laser zu zerkleinern. Dadurch lassen sich Stein und Instrument wieder lösen und entfernen. Sollte dies nicht gelingen, ist vor Anwendung größerer Kraft, die zu einem Abreißen des Ureters führen könnte, ein offen-operatives Vorgehen mit Exploration der Verkeilung und Begrenzung des Schadens am Ureter die 1. Wahl.
Extravasation von Steinmaterial Bei der Lithotripsie von größeren Steinen des oberen Hohlsystems kann es zu perforierenden Läsionen von Ureter oder Pyelon kommen, über die auch Steindesintegrate nach extramural dislozieren. Bevor hier über die Perforation eine Bergung des Steines versucht wird, die mit einer Verschlimmerung der Schleimhautläsion und der erhöhten Gefahr einer Strikturbildung am Ureter einhergehen würde, sollte das dislozierte Konkrement extramural ohne weitere Manipulationen belassen werden. Ist der Stein nicht massiv durch Keime verunreinigt, wird er außerhalb des Hohlsystems keinen Schaden anrichten.
16.11.2
Postoperative Komplikationen
Blutungstamponade des Hohlsystems Eine Blutungstamponade löst sich in der Regel ohne Schädigung der betroffenen renalen Einheit rasch auf. Das Auflösen der Tamponade kann durch die Einlage eines Ureterenkatheters beschleunigt werden. Bei akuter Blutung sollte zunächst nicht gespült werden. Gabe von Furosemid nach 4 h führt nach Austamponade des Hohlsystems wieder zur Ausscheidung. Ureterorenoskopisch sind Tamponaden schwer auszuräumen, da die Übersicht durch die kleinen Instrumente mit ihrer eingeschränkten Spülwirkung schlecht ist und dadurch unnötigerweise weitere Läsionen provoziert werden.
Bakteriämie und Sepsis Bei der ureterorenoskopischen Lithotripsie größerer Steine im oberen Harntrakt stellt im Gegensatz zur den transurethralen Verfahren an Blase und Prostata weniger die Einschwemmung von Wasser als vielmehr die Einschwemmung durch aus den Konkrementen gelöste Keime ein Problem dar. Endoskopische Operationen sollten mit perioperativer Antibiotikaprophylaxe und sterilem Urin durchgeführt werden.
16.11.3
Spätkomplikationen
Als häufigste Spätkomplikation ureterorenoskopischer Eingriffe ist die Ureterstriktur zu nennen. Die Inzidenz dieser Komplikation richtet sich nach der vorausgegangenen Operation. Dennoch ist sie mit einer Inzidenz von unter 1% sehr selten.
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16
17 Perkutane endoskopische Therapieverfahren der Niere Z. Varga
17.1
Perkutane Litholapaxie – 182
17.1.1 17.1.2 17.1.3 17.1.4 17.1.5
Indikationen zur Operation – 182 Kontraindikationen zur Operation – 182 Präinterventionelle Diagnostik und perioperatives Vorgehen – 182 Durchführung der perkutanen Nephrolitholapaxie (PNL) – 183 Ergebnisse der perkutanen Nephrolitholapaxie – 194
17.2
Perkutane Inzision einer Kelchhalsstenose – 194
17.2.1 17.2.2 17.2.3 17.2.4 17.2.5 17.2.6
Indikationen zur Operation – 194 Präinterventionelle Diagnostik und perioperatives Vorgehen Durchführung der anterograden Kelchhalsinzision – 194 Komplikationen – 195 Postoperative Nachsorge – 195 Ergebnisse der perkutanen Kelchhalsinzision – 195
– 194
17.3
Perkutane anterograde Endopyelotomie und Litholapaxie – 195
17.3.1 17.3.2 17.3.3
Indikation zur Operation – 195 Präinterventionelle Diagnostik – 195 Durchführung der anterograden Endopyelotomie mit Litholapaxie
17.4
Elektroresektion von Nierenbeckentumoren – 196
17.4.1 17.4.2 17.4.3 17.4.4 17.4.5
Indikationen zur Operation – 196 Kontraindikationen zur Operation – 196 Präinterventionelle Diagnostik und perioperatives Vorgehen Durchführung der Resektion – 197 Ergebnisse der perkutanen Resektion – 197 Literatur – 198
– 196
– 196
182
Kapitel 17 · Perkutane endoskopische Therapieverfahren der Niere
17.1
Perkutane Litholapaxie
Obwohl die erste erfolgreiche perkutane Steinentfernung von Rupel u. Brown [1] über einen operativ angelegten Nephrostomiekanal bereits 1941 beschrieben wurde, hat es bis zur Publikation von Fernstorm u. Johansson [2] im Jahr 1976 gedauert, ehe die perkutane Operationstechnik zum Ziel der Steinentfernung in die klinische Routine Eingang fand. Durch die extrakorporale Stoßwellenlithotripsie (ESWL) und die perkutane Litholapaxie (PNL) wurde die offene Steintherapie nahezu vollständig abgelöst.
17.1.1
Indikationen zur Operation
Die Indikationen für eine PNL betreffen in erster Linie Patienten, bei denen eine ESWL-Behandlung erfolglos geblieben oder wenig erfolgversprechend ist. Dies kann bedingt sein durch die Steingröße (>2 cm), Steinposition (untere Kelchgruppe), Steinzusammensetzung (Zystinstein) oder durch anatomische Besonderheiten, die einen Abgang der Steinfragmente erschweren (zusätzliche Nierenbeckenabgangsenge, Beckenniere).
nahme, ein Ausscheidungsurogramm (AUG) sowie Blutbild, Elektrolyte, Nierenretentionswerte, Gerinnung, Urinstatus und Urinkultur. Bei einem Harnwegsinfekt empfiehlt sich eine zweitätige (resistenzgerechte) antibiotische Vorbehandlung. Gerinnungsaktive Medikamente (Acetylsalicylsäure, Vitamin-K-Antagonisten) müssen entsprechend rechtzeitig abgesetzt werden. Bei einem rarifizierten Nierenparenchym im Ultraschall oder verzögerter Kontrastmittelausscheidung im AUG empfiehlt sich die Durchführung einer Nierenfunktionsszintigraphie (»MAG-3 clearance«) – auch aus forensischen Gründen –, um eine signifikante Organschädigung der steintragenden Niere auszuschließen. Bei erheblichem Funktionsverlust (<10%) ist eine organerhaltende Steintherapie nicht mehr sinnvoll. Zur Darstellung des Ureters oder des Nierenbeckenkelchsystems (NBKS) kann die retrograde Ureteropyelographie notwendig sein. Tipp
Bei partiellen oder kompletten Ausgusssteinen ist eine zusätzliche seitliche Leeraufnahme bei röntgendichten Steinen zur dreidimensionalen Darstellung der Steinausdehnung hilfreich.
Indikationen für die perkutane Nephrolithoapaxie
17.1.2
17
Fehlgeschlagene ESWL. Ausgusssteine. Steine >2 cm. Steine der unteren Kelchgruppe >1 cm. Zystinsteine. Kelchsteine bei Kelchhalsstenose. Steine in Kelchdivertikel.
Kontraindikationen zur Operation
Absolute Kontraindikationen für die Durchführung eines perkutanen Eingriffes an der Niere wie die PNL sind selten. In erster Linie gilt eine unbehandelte Gerinnungsstörung und ein unbehandelter fieberhafter Harnwegsinfekt als Kontraindikation. Relative Kontraindikationen sind: ein unbehandelter nicht fieberhafter Harnwegsinfekt und die Schwangerschaft. Technische Kontraindikationen können sich durch Nierenanomalien und Deformitäten des Skelettsystems ergeben.
17.1.3
Präinterventionelle Diagnostik und perioperatives Vorgehen
In ausgewählten Fällen (z. B. Lageanomalien – Beckenniere!) ist zur Planung der perkutanen Nephrolitholapaxie ein Schnittbildverfahren wie Computertomographie (CT) oder Kernspintomographie (MRT) nützlich. Die Durchführung der PNL kann in Regional- oder Sedoananalgesie erfolgen, jedoch wird sie in der Regel in Intubationsnarkose durchgeführt. Probleme bei der Anästhesie können sich durch die Lagerung des Patienten in Bauchlage ergeben. Daher sind u. U. bei kardiopulmonal vorbelasteten Patienten zur Einschätzung des Operationsrisikos weiterführende spezielle, nicht urologische Untersuchungen [Ultraschallkardiogramm (UKG), Lungenfunktion] erforderlich. Tipp
Bei Patienten mit ausgeprägter Adipositas oder Erkrankungen des Skelettsystems, die eine adäquate Lagerung während der Operation verhindern können, empfiehlt es sich, bereits präoperativ eine »Probelagerung« durchzuführen. Mittels eines Röntgenleerbildes mit Hautmarkierung sollte bei extrem adipösen Patienten der Haut-Stein-Abstand bestimmt werden (Instrumentenlänge 16,5cm!).
Perioperatives Vorgehen Präoperative Diagnostik Obligate präoperative Untersuchungen beinhalten die Sonographie, die aktuelle präinterventionelle Röntgenleerauf-
Unmittelbar vor Narkoseeinleitung sollte ein Röntgenleerbild angefertigt werden, um nochmals die aktuelle Steinlage und damit die Indikation zu überprüfen. Anschließend
183 17.1 · Perkutane Litholapaxie
erfolgt die Anlage einer Ureterschiene (UK). Es sollte ein möglichst dicker UK (6–8 Charr) eingelegt werden, um das Hineinspülen von Steinfragmenten in den Harnleiter zu verhindern und postoperativ eine adäquate Harndrainage zu gewährleisten. Wenn möglich, sollte der UK an einem Ausgussstein vorbei in das Nierenbecken gelegt werden. Ist die Passage über den pyeloureteralen Übergang nicht möglich, wird der UK dort belassen. Alternativ kann auch ein Okklusionskatheter angelegt werden. Hierbei ist zu beachten, dass die Inflation des Ballons nicht zu stark ist (Harnleiterperforation!) und kein Zug am UK beim Umlagern entsteht (Harnleiterabriss!). Die Ureterschiene wird an einem transurethralen Dauerkatheter (DK) fixiert und eine Kontrastmittelinfusion angeschlossen. Tipp
Je nach örtlichen Gegebenheiten (Röntgentisch) kann die Anlage des UK noch ohne Narkose sinnvoll sein, um eine aufwändige Umlagerung des narkotisierten (und relaxierten) Patienten zu vermeiden.
Die Patientenlagerung zur perkutanen Nephrolitholapaxie erfolgt in Bauchlage unter einer Röntgeneinheit. Um den Winkel zwischen Darmbeinschaufel und Rippen zu vergrößern, wird eine Bauchrolle verwendet. Es gibt mittlerweile zahlreiche kommerziell erhältliche Lagerungshilfen, mit denen einerseits ein gutes Aufknicken lumbal, andererseits auch eine gute Abpolsterung im Brustbereich erreicht wird (⊡ Abb. 17.1). Eine suffiziente Abpolsterung bei der Lagerung ist an Armen, Schulterregion, Kniebereich und dem Vorfuß notwendig. Der Zugang zum Kopfbereich und zumindest zu einem Arm muss für die Anästhesie gewährt werden. Eine Überstreckung im Nackenbereich wird durch entsprechende (seitliche) Lagerung des Kopfes vermieden (⊡ Abb. 17.2). Mit der Anästhesieeinleitung wird eine perioperative Antibiotikaprophylaxe (z. B. Cephalosporin) verabreicht.
⊡ Abb. 17.2. Patientenlagerung
! Cave Bei Infektsteinen sollte ein Antibiotikum entsprechend dem präoperativen Antibiogramm verwendet werden. Eine mehrtägige präoperative Vorbehandlung ist empfehlenswert.
Nach steriler Hautdesinfektion erfolgt die Abdeckung des Operationsgebietes. Hierzu werden Abdecksysteme mit integriertem Auffangbeutel und Befestigungsmöglichkeiten für die Schlauchsysteme angeboten (⊡ Abb. 17.3).
17.1.4
Durchführung der perkutanen Nephrolitholapaxie (PNL)
! Cave Der richtigen Auswahl des Zugangweges und der zu punktierenden Kelchgruppe kommt eine enorme Bedeutung zu. Die falsche Wahl der Kelchgruppe kann das Scheitern der Operation, der falsche Zugang eine Zunahme der Komplikationen bedeuten.
⊡ Abb. 17.1. Spezielle Bauch-/Brustlagerungshilfe. Der Patient wird hierdurch weit »aufgeknickt«
Prinzipiell sind subkostale und interkostale Zugangswege (10. und 11. ICR) möglich (⊡ Abb. 17.4). Je höher der Zugangsweg gewählt wird, umso höher ist das Risiko einer
17
184
Kapitel 17 · Perkutane endoskopische Therapieverfahren der Niere
wege sind speziellen anatomischen Gegebenheiten und Steinlokalisationen in der oberen Kelchgruppe vorbehalten. In aller Regel erfolgt die Punktion in der hinteren Axillarlinie zwischen 12. Rippe und Beckenkamm in das Ende der unteren dorsalen Kelchgruppe. Eine zu nahe Punktion am Beckenkamm führt dazu, dass das Instrument im Verlauf der Operation nicht abgesenkt werden kann. Ventral gelegene Kelche können ebenfalls direkt anpunktiert werden. Zu beachten ist, dass der transparenchymatöse Trakt länger ist.
Punktion Prinzipiell ist die Punktion radiologisch oder sonographisch möglich. Letztere hat sich in den meisten Kliniken als die Methode der Wahl etabliert und ist für weniger erfahrene Operateure zu empfehlen. Dank der Punktionshilfen und der guten Auflösung moderner Ultraschallgeräte lassen sich zielgenaue Punktionen durchführen. (⊡ Abb. 17.5). Tipp
⊡ Abb. 17.3. Abdecksystem mit Ablaufbeutel für Spülwasser
Eine rein ultraschallgesteuerte Punktion kann bei fehlender Dilatation des Kelchsystems schwierig sein. Hier empfiehlt es sich, das Nierenbeckenkelchsystems (NBKS) mit Kochsalz oder bereits mit Kontrastmittel (KM) über den eingelegten UK retrograd aufzufüllen. Befinden sich Steine in dem zu punktierenden Kelch, kann alternativ auf den Steinreflex punktiert werden. Beim Erreichen des Steines durch die Punktionsnadel kann ein »Kratzen« spürbar werden.
Ist die Punktion erfolgreich, wird ein Draht im Hohlsystem platziert. Eine Dislokation der Nadel durch Hantieren an der Punktionshilfe/Ultraschallkopf ist durch sorgfältige Fixation zu vermeiden. Die röntgenologische Punktion nach retrogradem Auffüllen des Nierenbeckenkelchsystems über den einliegenden UK mit Kontrastmittel ist schneller, führt zu einer genauen Punktion auf das Kelchende oder den Stein, erfordert jedoch einen erfahrenen Operateur.
Vorgehen
17
⊡ Abb. 17.4. Zugangsmöglichkeiten für die Punktion (supra-/infrakostal). Pleura, Leber, Milz und Kolon sind zu beachten
Pleuraverletzung, je weiter lateral eingegangen wird, umso höher ist das Risiko für eine Verletzung des Kolons. Beim interkostalen Zugangswegen ergeben sich eingeschränkte intrarenale Manipulationsmöglichkeiten durch den beschränkten Hebelradius des Nephroskopes. Diese Zugangs-
Zunächst wird unter Röntgendurchleuchtung die Nadel auf die Haut gelegt und die Stichrichtung auf das Kelchende festgelegt. Stichinzision der Haut. Ohne Hautinzision besteht das Risiko, die Nadel beim Durchtritt durch die Haut zu verbiegen. Anschließend wird die Nadel unter Durchleuchtung bis an die Niere (untere Kelchgruppe) geführt (⊡ Abb. 17.6).
185 17.1 · Perkutane Litholapaxie
a
17
b . Abb. 17.5a, b. Ultraschallgesteuerte Punktion. a Untere Kelchgruppe mit eingeblendeter Führungshilfe. b Ultraschallkopf mit Punktionsnadel
Tipp
Die Nadel sollte immer ohne großen Kraftaufwand gehalten und bewegt werden und frei geradeaus laufen. Verbiegen führt zur Fehlpunktion.
Die Nadel wird nun ins mit Kontrastmittel retrograd gefüllte Hohlsystem (das Kontrastmittel sollte immer über den UK einlaufen) vorgeschoben. Bei korrekter Nadelposition sollte Urin bzw. KM über die Hohlnadel abtropfen. Tipps
. Abb. 17.6. Röntgenbild des retrograd gefüllten Nierenbeckens. Die Punktionsnadel liegt vor der unteren Kelchgruppe
Die Tiefe des Stiches wird durch den »Wackeltest« bestimmt: 4 Durch Wackeln mit der Nadel wird der Kontakt zur Niere geprüft (kontrastmittelgefülltes Nierenbeckenkelchsystem bewegt sich synchron mit). Die Nadel ist richtig positioniert, wenn die Niere und der zu punktierende Kelch am weitesten mitbewegt werden. Wird der Kelch nur gering oder überhaupt nicht eingedrückt, muss die Stichtiefe verändert werden. 4 Die Punktionsnadel wird hierzu bis ins Subkutangewebe zurückgezogen und erneut auf geradem Wege vorgeführt. Verbiegungen der Nadel unterhalb der Faszie führen immer zur Fehlpunktion!
5 Entleert sich kein Urin über die Nadel, so sollte zunächst – die Nadel gedreht werden (Anschliff entfernt sich von der Kelchwand). – Die Nadel kann nun wenige Millimeter zurückgezogen werden. – Nun kann vorsichtiges Seitbewegen der Nadel erfolgen. Lässt sich die Nadel aus dem Bereich des kontrastmittelgefüllten Nierenbeckenkelchsystems bewegen, so ist von einer Fehllage auszugehen, und ein unnötiges Anspritzen mit KM erübrigt sich. – Vorschieben eines weichen Metall- oder Terumodrahtes in das Nierenhohlsystem. Projiziert sich der Draht außerhalb der Kontrastmittelfüllung des Nierenhohlsystemes, ist von einer Fehllage auszugehen. – Langsames Anspritzen der Nadel mit verdünntem Kontrastmittel. Durch größere Kontrastmittelextravasate können weitere Punktionsversuche bzw. die Beurteilung der korrekten Nadelposition erschwert oder gar unmöglich gemacht werden.
186
Kapitel 17 · Perkutane endoskopische Therapieverfahren der Niere
Bougierung des Zugangs
⊡ Abb. 17.7. Lunderquist-Draht im mit Kontrastmittel leicht gefüllten Nierenbeckenkelchsystem
Tritt Blut aus der Nadel aus, so kann diese einfach zurückgezogen werden und neue Punktionsversuche unternommen werden. Es schließt sich die Platzierung eines LunderquistDrahtes mit atraumatischen und gekringelten Ende im Nierenbeckenkelchsystem an (⊡ Abb. 17.7). Eine Perforation des Hohlsystems ebenso wie ein zu knappes Platzieren des Drahtes im Kelch ist unbedingt zu vermeiden. ! Cave Bei unklarer Position der Nadel sollte keinesfalls eine Bougierung des perkutanen Kanals erfolgen. Wird nicht das Kelchende exakt anpunktiert, so kommt es beim Aufbougieren zu einer längsverlaufenden Abscherung der Kelchwand und Aufbougierung parallel zum Stein. ⊡ Abb. 17.8. Standardnephroskop
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Nach erfolgreicher Punktion und Einlage des Drahtes in das Nierenbeckenkelchsystem folgt die Bougierung des Arbeitkanals bis zur benötigten Weite des verwendeten Nephroskops. Die heutigen Nephroskope sind in der Regel 20–24 Charr dick. Für spezielle Indikationen wie Steine der unteren Kelchgruppe, Reststeine nach extrakorporaler Stoßwellenlithotripsie (ESWL)/perkutaner Nephrolitholapaxie (PNL) und bei Kindern stellt die sog. Miniaturnephroskopie (14–18 Charr) eine weniger invasive Alternative dar (⊡ Abb. 17.8). Der Vorteil eines dünneren Instrumentes kann bei der Steinbergung auch nachteilig sein, da die Steinfragmente kleiner sein müssen. Für die Bougierung stehen unterschiedliche Systeme zur Verfügung. Das Teleskopbougieset nach Alken (⊡ Abb. 17.9) besteht aus einem zentral hohlen Metallstab (»Knochen«) mit einer kleinen Kugelspitze und einer »Arretierung« für die Metallbougies. Hierdurch können die koaxial übereinander laufenden Metallbougies (9–30 Charr) nicht über die Spitze des Stabes hinaus vorgeschoben werden. Alternativ hierzu stehen Kunststoffbougiesets mit Amplatzschäften (bis 30 Charr) zur Verfügung (⊡ Abb. 17.10). Gegenüber dem Teleskopsystem weisen diese Bougies den Nachteil auf, dass sie nach Aufdehnung des Kanals für die nächste Größe wieder entfernt werden müssen und durch Wegfall der Kompression im Nierenparenchym intermittierend eine Blutung aus dem Zugang entsteht. Des Weiteren steht ein Ballondilatationsset für den perkutanen Zugang zur Verfügung (⊡ Abb. 17.11). Der Katheter wird über den Lunderquist-Draht und unter Durchleuchtung im Nierenbeckenkelchsystem platziert. Der Ballon wird über eine manometerkontrollierte Druckspitze mit einem verdünnten Kontrastmittelgemisch aufgefüllt. Unter intermittierender Durchleuchtung wird die korrekte Position und die gleichmäßige Ausdehnung des Ballons kontrolliert. Bei mittlerer Füllung können sich noch im
187 17.1 · Perkutane Litholapaxie
Tipps
Die Teleskopbougies werden entsprechend der aufsteigenden Reihenfolge auf dem Instrumentiertisch bereitgelegt und die Spitze (leicht konisch) mit einem Gleitmittel benetzt (versehentliches »Überspringen« eines Bougies führt zur »Stanzwirkung«). Anschließend werden die Bougies unter intermittierender Durchleuchtung über dem »Knochen« mit leichten Drehbewegungen positioniert. Auf eine feste Fixierung des Metallstabes mit der linken Hand ist zu achten, während die Bougies mit der rechten Hand vorgeschoben werden. Hierbei kann es leicht zu einer medialen Perforation des Nierenbeckens kommen (⊡ Abb. 17.12). ⊡ Abb. 17.9. Teleskopbougieset nach Alken
⊡ Abb. 17.10. Kunststoffbougies mit Amplatzschaft
⊡ Abb. 17.11. Ballondilatationset
Ballon Einschnürungen, bedingt durch die Muskelfaszie und die Haut, zeigen, die sich in der Regel bei maximalem Druck (16 atm) ausgleichen. Über den Ballonkatheter wird gewöhnlich ein Amplatzschaft positioniert. Die wiederverwendbaren Teleskopbougies haben sich bewährt. Nach Einführen des Metallstabes und sorgfältiger Sicherung durch den Operateur oder ggf. Assistenten sollte die Hautinzision ausreichend erweitert (ca. 10–15 mm) werden, um ohne Widerstand durch die Haut das Instrumentarium vorschieben zu können. Soweit durch den Hautschnitt die Muskelfaszie erreichbar ist, sollte diese um den Metallstab inzidiert werden.
Lässt sich der erste Metallstab nur schwer über die Faszie und das perirenale Gewebe (Voroperationen!) schieben, so muss der Trakt bis zur Niere mit einem speziellen Faszienmesser (»Korth-Messer«) eröffnet werden. Über den fest fixierten Lunderquist-Draht wird das Faszienmesser unter Durchleuchtung bis kurz vor das Nierenparenchym geschoben. Messer und Draht müssen gut festgehalten werden, wobei das Messer über den ungeknickten Draht geradeaus laufen muss. Wir verwenden in der Regel ein universelles 22- oder 24-Charr-Dauerspülnephroskop mit separatem Außenschaft. Der dem Außenschaft entsprechende Bougie wird nach Dilatation entfernt und über dem Teleskopdilatator der mit Gleitmittel benetzte Außenschaft unter leichten Drehbewegungen im Hohlsystem platziert (⊡ Abb. 17.13). Bei Geräten ohne Außenschaft empfiehlt es sich, zur Schonung des Nierenparenchyms im Bereich des Arbeitskanals einen Amplatzschaft einzulegen. Danach wird das komplette Bougieset einschließlich Metallstab und Lunderquist-Draht entfernt. Falls ein »Sicherungsdraht« gewünscht wird, kann dieser vorher über einen speziellen Metallbougie mit einem zusätzlichen Kanal eingelegt werden. Der Draht sollte nicht zu starr sein und kann weit in das Hohlsystem oder in den proximalen Ureter vorgeschoben werden. Eine zweizeitige Operation mit Anlegen des Nephrostomietraktes und einer perkutanen Nephrolitholapaxie 2–3 Tage später ist nicht indiziert.
Kompletter Ausgussstein: Punktion und Bougierung auf den Stein Füllt ein kompletter Ausgussstein das Nierenbecken und den Kelch aus, so muss direkt auf das untere dorsale Kelchende mit dem Stein punktiert werden. Es entleert sich bei korrekter Punktion kein Kontrastmittel aus der Nadel. Die korrekte Lage kann nur durch Steinkontakt (»Kratzen der Nadelspitze«) bemerkt werden. Gelingt es, einen weichen 0,035-inch-Draht am Stein vorbei in das Nierenbecken zu schieben, so kann leichter auf das Kelchende hin bougiert
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Kapitel 17 · Perkutane endoskopische Therapieverfahren der Niere
werden. Gelingt dies nicht, muss auch beim Aufbougieren ständig Kontakt mit allen Bougies mit dem Stein im Kelchende gehalten werden. Mit einem Ultraschallbohrer muss dann unter ständigem leichtem Druck des Gerätes gegen den Stein (Cave: Abrutschen des gesamten Instrumentes nach dorsal oder ventral) ein Hohlraum geschaffen werden, in den das Instrument unter Sicht über den ausgefahrenen Ultraschallbohrer geschoben wird.
Einführen des Instrumentes Nach Einführung des Außen- oder Amplatzschaftes und Entfernung der Bougies bzw. des Ballondilatators wird nach Anschluss von Zu- und Ablauf, Lichtquelle und ggf. Kamera in das Nierenhohlsystem eingegangen. Nach Arretierung des Innenschaftes folgt eine orientierende Nephroskopie. Tipp
Liegt keine Sicht vor, sollte vorsichtig vorgegangen werden. Das Zurückziehen um wenige Millimeter lässt den Stein, abgeschilfertes Gewebe oder ein Blutkoagel erkennen. Die Sicht behindernde Blutkoagel sollten mit einer Fasszange geborgen werden. Ist die Orientierung immer noch nicht gut, sollte eine Durchleuchtung mit Kontrastmittel durchgeführt werden, um die Position des Schaftes festzustellen. (meist nicht mehr in Längsrichtung des Kelches!) . Abb. 17.12. Teleskopbougies in situ
Der Schaft wird mit 2 Händen fixiert, die untere Hand kann sich zur besseren Stabilität auf den Patientenrücken stützen. Die (in der Regel) rechte Hand dient zur Bedienung des Zu- und Ablaufs und führt das Instrument (. Abb. 17.14). Die Bewegungen sollten langsam und vorsichtig durchgeführt werden, insbesondere bei eingeschränkter Erfahrung mit der perkutanen Nephroskopie. Eine Dislokation des Instrumentes oder die Verletzung der Niere können zu einem Abbruch der Operation führen.
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. Abb. 17.13. Nephroskopschaft in der unteren Kelchgruppe . Abb. 17.14. Handhaltung zur Fixierung des Nephroskopes im Patienten. Die (in der Regel) rechte Hand dient zur Bedienung des Zu- und Ablaufs und führt das Instrumentarium
189 17.1 · Perkutane Litholapaxie
a
b
⊡ Abb. 17.15a, b. Kelchausgussstein ohne Möglichkeit zur Nephroskopie (a). LithoClastsonde am Stein in situ (b)
Die Inspektion des Nierenbeckenkelchsystems mit einem starren Instrument, welches durch die untere Kelchgruppe eingeführt wurde, beschränkt sich in der Regel auf diese, das Nierenbecken, den pyeloureteralen Abgang und die obere Kelchgruppe (inkomplett). Eine Inspektion der mittleren dorsalen Kelchgruppe ist nicht möglich. Ein die Nephroskopie verhinderndes größeres Konkrement sollte unmittelbar lithotripsiert werden (⊡ Abb. 17.15). ! Cave Eine traumatische Passage am Stein vorbei birgt Risiken und kann durch Verletzungen der Schleimhaut zu einer unnötigen Einschränkung der Sichtverhältnisse führen. Ebenso ist ein zu starkes Hebeln mit dem starren Instrument zu vermeiden, da hierdurch stark blutende Einrisse im Nierenparenchym hervorgerufen werden können.
Steinzertrümmerung Nach erfolgter orientierender Nephroskopie einschließlich der Inspektion des Steines kann aufgrund des Befundes entweder eine In-toto-Extraktion versucht werden, oder es kann eine vorherige Lithotripsie notwendig sein. Bewegliche Konkremente werden zunächst in einem gut zugänglichen Bereich des Nierenbeckenkelchsystems an der Wand fixiert. Hierbei sollte beachtet werden, dass abgesprengte Konkremente möglichst nicht in den pyeloureteralen Abgang fallen. Gute Sichtverhältnisse und akkurates Positionieren der Lithotriptersonde sind Voraussetzungen zur kontrollierten Steinfragmentierung und zur Vermeidung von Perforationen. Es empfiehlt sich, größere Steine vom Rand her zu bearbeiten, dabei ist eine zu starke Desintegration der Fragmente nicht wünschenswert. Diese können schwerer extrahiert werden, verteilen sich in u. U. nicht erreichbaren Kelchgruppen. Sie stellen in der Folge eine Kristallisationsgrundlage für Rezidivsteine dar. Idealerweise wird die Fragmentierung nur auf eine
geradeso durch den Außenschaft passende Größe betrieben. Tipp
Es empfiehlt sich, bei Teildesintegration die Fragmente frühzeitig zu bergen, um einer weiteren Verkleinerung und Verteilung des Steinmaterials vorzubeugen. Dies erscheint durch den steten Wechsel zwischen Steinfasszange und Lithotripter mühsamer, resultiert aber erfahrungsgemäß in einer letztlich kürzeren Operationszeit und höherer Steinfreiheitsrate.
Die einzelnen technischen Unterschiede, Vor- und Nachteilen der Lithotripter sind in Kap. 14 ausführlich dargestellt worden. In den vergangenen Jahren hat sich zur Steindesintegration in unserer Klinik ein kombiniertes Gerät aus ballistischem Lithotripter und Ultraschall als sehr effektiv bewährt [3].
Steinbergung Tipp
Die Extraktion der Steine und nicht die alleinige Desintegration ist das Ziel der Operation.
Größere Konkremente lassen sich mit der zwei- bzw. dreibranchigen Zange besser greifen und letztlich schneller extrahieren. Zur guten Fixation des Steines hat sich in unseren Händen der »Dreizack« (dreibranchige atraumatische Fasszange) bewährt (⊡ Abb. 17.16). Durch die Zange wird der Stein sicher umfasst, eine Riffelung der Branchen (Krokodilzange) ist durch die meist ungewollte weitere Desintegration des Steines eher nachteilig. Die Fragmente werden möglichst in einem freien Nierenbeckenkelchsys-
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Kapitel 17 · Perkutane endoskopische Therapieverfahren der Niere
⊡ Abb. 17.16. Fasszangen
temanteil eingestellt, die Steinausdehnung und -form abgeschätzt und mit der Längsachse zum Schaftverlauf gefasst. Bei schlecht einsehbaren Steinen oder unklarer Größe kann die Röntgendurchleuchtung helfen, die Extrahierbarkeit eines Steines abzuschätzen. Beim Greifen des Steines ist ein ungewolltes Mitfassen der Schleimhaut zu vermeiden. Nach Einfangen des Konkrementes empfiehlt es sich, durch zarte Drehbewegungen dies zu überprüfen. Sollte der Stein nicht ohne Widerstand in den Außenschaft passen und kann dies durch Lageveränderung (Drehen in die »Längsachse«) nicht verbessert werden, so sollte eine weitere Desintegration folgen. ! Cave Gewaltsames Hineinziehen in den Arbeitsschaft kann zur unnötigen Beschädigung der Zange mit Absprengung von Metallteilen in das Nierenbeckenkelchsystem führen.
⊡ Abb. 17.17. Der Absaugkatheter wird über den Außenschaft eingeführt. Durch Umkehr des Spülstroms können Steinteile aus dem Nierenbecken abgesaugt werden
▬ Nun wird ein gerader 20-Charr-Katheter mit zentraler Öffnung durch den Schaft eingeführt, der mit der Absaugung konnektiert ist, und gesaugt. Anschließend wird der Wasserzulauf auf den Außenschaft gesetzt (Umstecken des Zulaufs!), sodass für das Absaugmanöver ein kontinuierlicher Spülstrom vorhanden ist (⊡ Abb. 17.17). Nach Absaugung erfolgt eine abschließende Inspektion des Nierenbeckenkelchsystems auf Restkonkremente und Verletzungen des Hohlsystems. Mit einem gezielten Hineinspülen in Kelche können evtl. weitere Fragmente herausgespült werden. Abhängig von der Operationsdauer und der venösen Blutung können in einer Sitzung bis zu 3 Nephrostomietrakte angelegt werden, um Kelchsteine zu erreichen.
Kathetereinlage Tipp
Das Festhalten des Dreizacks um den Stein kann verbessert werden, indem 2 oder 3 Finger der rechten Hand in den Handgriff eingeklemmt werden und verhindern, dass dieser zusammengedrückt wird. Mit der linken Hand wird nun der Außenschaft festgehalten und der Dreizack durch den Schaft gezogen.
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Kleinere Fragmente werden aus dem Hohlsystem gespült oder gesaugt: ▬ Der Ablauf des Außenschaftes wird mit dem Daumen zugehalten und der Zulauf geöffnet. Hierdurch entsteht ein Überdruck im Hohlsystem. Nach ruckartigem Entfernen des Fingers schießt das zugespülte Wasser mit Steinteilen heraus. Folgende Methode hat sich zusätzlich bewährt. ▬ Die Zuspülung in das Nierenhohlsystem wird gestoppt. Nach Sedimentieren des Steinschuttes wird der Schaft vorsichtig vor dem Steinhaufen platziert und so gehalten.
Nach Beendigung der Steinextraktion oder bei Operationsabbruch wird zur Nierendrainage und Kompression des Nierenparenchyms um den Arbeitskanal (venöse Blutungen!) ein ausreichend dicker PCN-Katheter (20–24 Charr) platziert. Die Ballonnephrostomie sollte über den wieder eingelegten Lunderquist-Draht oder den Metallstab erfolgen. Beim »Knochen« hat man die sicherste Führung, aber auch ein höheres Perforationsrisiko. Bei Verwendung einer dekonnektierbaren Ballonnephrostomie (⊡ Abb. 17.18) kann der Arbeits-/Amplatzschaft belassen und der Katheter durch den Schaft positioniert werden. Der Außenschaft kann nun unter zarten Drehbewegungen, bei guter manueller Fixation der Nephrostomie, entfernt werden. Nach Überprüfung der korrekten Lage unter Röntgendurchleuchtung wird der Ballon mit Aqua dest. (1–3 ml) gefüllt. Empfehlenswert ist es, eine nochmalige Röntgendurchleuchtung und -dokumentation mit Kontrastmittelgabe durchzuführen, um eine etwaige Extravasation darzustellen und die Katheterlage abschließend zu überprüfen. (⊡ Abb. 17.19).
191 17.1 · Perkutane Litholapaxie
⊡ Abb. 17.18. Dekonnektierbarer Ballonkatheter zur Drainage des Kelchsystems nach PNL
! Cave Die Einlage der PCN (perkutane Nephrostomie) über einen flexiblen »Sicherheitsdraht« birgt ein hohes Dislokationsrisiko und kann nicht empfohlen werden.
Die PCN wird im Hautniveau mit einer Annaht fixiert. Meist kommt es zunächst zu einer starken venösen Blutung aus der Nephrostomie. Tipp
Der Nephrostomiekatheter wird für 4 h postoperativ verschlossen, um eine Tamponierung im Nierenbeckenkelchsystem herbeizuführen. Nach Wiedereröffnung werden zur Diuresesteigerung 40–60 mg Furosemid i.v. appliziert. Die Tamponade des Nierenbeckenkelchsystems wird in der Regel durch den Urinfluss rasch aufgelöst.
Besondere Indikationen – Adipositas per magna und Beckenniere Liegt eine Adipositas per magna vor, so ist v. a. die Instrumentenlänge zu beachten. Der der Haut-Stein-Abstand sollte die Instrumentenlänge von 16,5 cm nicht überschreiten. Vorteilhaft bei adipösen Patienten ist die Verwendung eines langen Amplatzschaftes. Tipp
Wird intraoperativ bemerkt, dass die Instrumentenlänge nicht reicht, kann eine Haut- und Subkutaninzision erfolgen und das Instrument bis zur Faszie eingeführt werden. Alternativ wird der Amplatzschaft mit 2 Durchstichfäden zum Zurückziehen armiert und in das Subkutangewebe vorgeschoben.
Eine perkutane Nephrolitholapaxie (PNL) kann bei der Beckenniere von dorsal oder ventral-lateral durchgeführt werden. Zu beachten ist jedoch die Anatomie der A. und V. renalis. Eine präoperativ Abklärung mit Magnetreso-
⊡ Abb. 17.19. Röntgenbild zum Abschluss der perkutanen Steinentfernung mit liegendem Mono-J-Katheter und perkutaner Nephrostomie
nanztomographie oder Angiographie wird empfohlen. Assoziierte Anomalien (z. B. Nierenbeckenabgangsenge) sollten beachtet werden und können mit größerem Erfolg meist offen-operativ mitkorrgiert werden. ! Cave Bei der Beckenniere liegt das Nierenbecken ventral (Perforation!).
Second-look-Operation Bei großer Steinmasse kann die Operationszeit (Einschwemmung) limitierend sein. Weiterhin können Extravasationen und/oder Blutungen zu einer vorzeitigen Beendigung des Eingriffes zwingen. Über die liegende PCN kann die Blutbeimengung zum Urin und die daraus resultierenden Sichtverhältnisse zur
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Kapitel 17 · Perkutane endoskopische Therapieverfahren der Niere
Bestimmung eines sinnvollen Zeitpunktes für den Zweiteingriff herangezogen werden. Durch eine Röntgenkontrastdarstellung (anterograde Pyelographie) des Hohlsystems lassen sich die Ausdehnung und der Heilungsverlauf von Extravasaten überprüfen. Aus unserer Sicht sollte der Zweiteingriff frühestens nach 72 h erfolgen. Das Vorgehen deckt sich im Wesentlichen mit dem Primäreingriff. Das einfach durchzuführende Aufbougieren erfolgt in gleicher Weise wie beim Primäreingriff. Die Einlage eines Amplatzschaftes kann beim Zweiteingriff sinnvoll sein, wenn ein flexibles Zystoskop (16 Charr) eingesetzt werden soll. Am starren Metallschaft kann die Hülle des flexiblen Nephroskopes beschädigt werden. Mit der Hilfe von Laser-Sonden oder einer flexiblen LithoClastsonde kann eine weitere Steindesintegration erfolgen. Die Fragmente können über Steinkörbchen oder mit flexiblen Zangen geborgen werden. Die intermittierende Röntgendurchleuchtung ist zur Steinortung und zur Orientierung im Nierenbeckenkelchsystem hilfreich.
Intra- und perioperative Komplikationen
Intraoperative Komplikationen Punktion: – Verletzung von Kolon, Duodenum, Leber, Milz, Pleura, – Anpunktion von Gefäßen. Bougierung: – Blutung, – Perforation des Hohlsystems, – Verletzung des Nierenparenchyms. Desintegration/Steinbergung: – Blutung, – Perforation des Hohlsystems, – Verletzung des Nierenparenchyms, – extrarenale Steinverlagerung nach Perforation, – Einschwemmung von Spülflüssigkeit. Nephrostomieplatzierung: – Perforation des Hohlsystems, – Dislokation mit fehlender Drainage des Hohlsystems.
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Muss das Nephroskop während der Operation bis ans Kelchende gezogen werden, so sollte die Ultraschallsonde oder die Steinfasszange aus dem Schaft vorgeschoben werden, um den Nephrostomietrakt nicht zu verlieren.
Maßnahmen, wenn das Nephroskop »aus der Niere herausgefallen« ist Schnelles Handeln. Vorschieben der Steinfasszange oder des Ultraschallbohrers in die Öffnung und Nachschieben des Nephroskopes. Gabe von verdünntem Methylenblau über den UK. Liegt ein Sicherheitsdraht, erneutes Aufbougieren.
Der Blutverlust bei der perkutaner Nephrolitholapaxie ist abhängig von der Steingröße und bedingt durch die Operationszeit und die Anzahl von perkutanen Punktionskanälen. Der durchschnittliche Blutverlust wird mit einen Hb-Abfall um 2,8 g/dl und die durchschnittliche Transfusionsrate mit 5–14% angegeben. Während der Operation wird durch die konstante Spülung meist keine signifikante Blutung bemerkt. Kleinere Blutungen (venös und arteriell) werden durch den Nephroskopschaft abgedrückt. Mit fortdauernder Operationszeit treten vermehrt venöse Blutungen auf. Auf eine Dauerspülung ist zu achten, da sonst eine Tamponierung des Nierenbeckenkelchsystems auftritt, die erst mühsam ausgespült und mit einem Dreizack entfernt werden muss. Tipp
Zur Koagelentfernung sollte der Dreizack in das Koagel fassen, dann sollte mehrfach langsam gedreht werden.
Postoperativ anhaltende Blutungen stammen zumeist aus dem Nierenparenchym um den Punktionskanal und lassen sich durch Abstöpseln der Nephrostomie für 4 h tamponieren. Tritt bereits während der perkutanen Nephrolitholapaxie (PNL) eine stärkere venöse Blutung auf, sollte die perkutane Nephrostomie den gleichen Außendurchmesser wie der Nephroskopschaft aufweisen. Geeignet sind 24-Charr-Nephrostomieballonkatheter oder ein Darmrohr.
Einlage eines Darmrohres Das Darmrohr so wird gekürzt, dass es etwa 0,5– 1 cm kürzer als ein Teleskopbougie ist. Zusammensetzen des langen Bougies (»Knochen«) mit 3 weiteren koaxialen Bougies. Auf den 4. koaxialen Bougie wird das Darmrohr mit Gleitmittel bündig aufgebracht. ▼
193 17.1 · Perkutane Litholapaxie
Das Nephroskop wird im Nierenbecken platziert und die zusammengesetzten Bougies durch den Nephroskopschaft bis zur Nierenbeckenwand geschoben. Entfernen des Nephroskopschaftes und zügiges Überschieben des Bougies mit dem Darmrohr. Festhalten des Darmrohres und Entfernen der Bougies. Durchstichnaht durch das Darmrohr im Hautbereich.
Bei konservativ nicht beherrschbarer Blutung bleibt die Möglichkeit einer interventionellen radiologischen Embolisation (arterielle Blutung) und/oder operativen Freilegung mit Umstechung bis hin zur selten notwendigen Nephrektomie. Bei verzögert (nach Tagen) auftretenden Blutungen ist an eine Ausbildung von arteriovenösen Fisteln bzw. Aneurysma spurium zu denken (bis zu 0,8%). Hierbei ist die Embolisation im Rahmen der angiographischen Diagnostik die Therapie der Wahl. Verletzungen der Nachbarorgane (bis 1%) durch Punktion können durch die dünne Punktionskanüle zunächst unbemerkt bleiben und sich nach dem Aufbougieren oder postoperativ erst demaskieren. Die Häufigkeit der Pleuraverletzung mit Ausbildung eines Hämato-, Pneumo- oder Hydrothorax sind abhängig vom Zugang. Beim subkostalen Zugang liegt die Rate unter 1% und steigt im 11. ICR bereits auf über 10% und liegt über 30% im 10. ICR. Eine Punktion oberhalb der 11. Rippe sollte daher grundsätzlich vermieden werden. Ein postoperatives Thoraxröntgenbild bei suprakostalem Zugang ist obligat. Eine klinisch relevante Einschwemmung von Spülflüssigkeit während der Operation wird mit den modernen Niederdrucknephroskopen auf unter 1% beziffert. Eine häufige postoperative Komplikation (10–15%) ist das Auftreten von Fieber als Zeichen einer Bakteriämie bei infiziertem Steinmaterial und/oder Harn. Zur Ausbildung einer potenziellen vital bedrohlichen Urosepsis kommt es bei bis zu 3% der Patienten. Daher ist eine adäquate und ausreichend lange präoperative Antibiotikatherapie bei bekannten Infektsteinen zur Vermeidung von septischen Komplikationen unerlässlich. Perforationen des Hohlsystems entstehen bei der perkutanen Nephrolitholapaxie relativ häufig, die Angaben schwanken zwischen 5 und 25% [4–8]. Zumeist ist die mediale Nierenbeckenwand betroffen (⊡ Abb. 17.20). Die meisten Perforationen bleiben klinisch asymptomatisch. Bei einer ausgedehnten und intraoperativ bemerkten Perforation sollte die perkutane Nephrolitholapaxie zügig beendet werden, um eine Extravasation von Spülflüssigkeit und Versprengung von Steinfragmenten in das Retroperitoneum zu vermeiden. Unter einer suffizienten Ableitung
⊡ Abb. 17.20. Kontrastmittelextravasation bei geringer Perforation des Kelchsystems nach medial
über eine großlumige PCN und den UK heilen die Perforationen innerhalb von 2–3 Tagen ab. ! Cave Nach erfolgter Perforation ist die korrekte Platzierung der Nephrostomie suffizient zu überprüfen, um ein Offenhalten der Perforationsstelle durch den Katheter zu vermeiden. Die Katheterspitze sollte in einem genügenden Abstand zur Perforationsstelle positioniert werden. Fördert die PCN nur unzureichend oder nimmt in einer postoperativen Ultraschallkontrolle die Flüssigkeit um die Niere zu, sollte über ein anterogrades Pyelogramm die korrekte Katheterlage erneut überprüft und ggf. korrigiert werden. Auch die Ureterschiene kann mit der Spitze extrarenal liegen und sollte in diesem Fall zurückgezogen oder ganz entfernt werden.
Tipps
Wenn die Anlage der Nephrostomie scheitert und sich eine Dislokalisation aus dem Hohlsystem ergibt, so sollte die PCN oder eine Drainage möglichst nahe des Arbeitskanals an der Niere positioniert werden, um eine Drainage von Urin und/oder Blut zu gewährleisten. In diesem Fall ist eine suffiziente Ableitung über einen möglichst kaliberstarken Ureterkatheter nötig. Tritt keine interventionsbedürftige Nachblutung auf und findet keine signifikante Urinextravasation statt, kann die Drainage nach retrogradem Pyelogramm entfernt werden.
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194
Kapitel 17 · Perkutane endoskopische Therapieverfahren der Niere
Perkutane Inzision einer Kelchhalsstenose
Postoperative Komplikationen
17.2
Zu den verzögerten Komplikationen zählen in erster Linie Strikturen im Verlauf des Ureters und insbesondere am pyeloureteralen Übergang. Die Häufigkeit dieser Veränderungen wird mit 1,7–4,9% angegeben [6]. Auch ein postoperativer Verlust der Nierenfunktion wird selten beobachtet, als mögliche Pathomechanismen kommen ein intrakapsuläres Hämatom mit konsekutiver intrarenaler Druckerhöhung, Ausbildung einer perirenalen Fibrose oder seltener eine direkte Gefäßschädigung in Frage.
Kelchhalsstenosen mit konsekutivem Aufstau des Kelches sind meist erworben in Folge von Entzündungen (spezifisch und unspezifisch), Nephrolithiasis oder vorangegangenen Eingriffen an der Niere. Eine Kelchhalsenge kann durch eine kreuzende renale Segmentarterie (Freley-Syndrom) vorgetäuscht werden und ist von den übrigen Ätiologien abzugrenzen, da sie selten behandlungsbedürftig ist.
Postoperative Nachsorge Eine Sonographie erfolgt am 1. postoperativen Tag. Ebenso wird bei röntgendichten Steinen eine Röntgenübersichtsaufnahme zur Beurteilung der Steinfreiheit durchgeführt. Ist diese gegeben, wird über den UK retrograd (oder via PCN anterograd) das Hohlsystem dargestellt. Bei fehlender Kontrastmittelextravasation und weitgehend klarem Urin wird die PCN am 1. postoperativen Tag entfernt. Dadurch erübrigt sich das stufenweise Herunterwechseln auf kleinlumige perkutane Katheter. Nach mehrtätigem Verweilen der initialen Nephrostomie ist mit einen prolongierten Urinfistelung über den Kanal zu rechnen. Verbleibt der Nephrostomiekatheter für einige Tage, ist eine stufenweise Verkleinerung des Kanallumens durch entsprechende PCN-Katheter empfohlen. Der UK wird belassen und am nächsten Tag nach nochmaligem Anspritzen mit Kontrastmittel und fehlender Urinfistel entfernt. Sollte sich noch eine extrakorporale Stoßwellenlithotripsiebehandlung (ESWL) anschließen, kann der UK in ein Doppel-J-Katheter (DJ) gewechselt werden. Um einer ESWLinduzierten Blutung des »vulnerablen« Nierengewebes nach perkutaner Nephrolitholapaxie vorzubeugen, warten wir in der Regel 7–14 Tage ab. Eine routinemäßige Abschlussuntersuchung mittels Ausscheidungsurogramm (AUG) halten wir bei unauffälliger Sonographie und Symptomfreiheit des Patienten für entbehrlich.
17.1.5
17
Ergebnisse der perkutanen Nephrolitholapaxie
Die Ergebnisse der perkutanen Nephrolitholapaxie (PNL) sind stark von der Patientenselektion und der Kombination mit anderen Behandlungsverfahren abhängig. Im eigenen Patientenkollektiv mit überwiegend partiellen und kompletten Ausgusssteinen haben wir eine Steinfreiheitsrate mit alleiniger PNL in 66% der Fälle erreichen können. In Kombination mit extrakorporaler Stoßwellenlithotripsie (ESWL) und Ureterorenoskopie (URS) stieg die Rate auf 80% [3]. Bei selektionierten Patientenkollektiven mit geringerer Steinmasse(untere Kelchgruppe) werden entsprechend höhere Erfolgsraten bis 95% beschrieben [5].
17.2.1
Indikationen zur Operation
Die Indikation zur Inzision einer Kelchhalsstenose wird durch die Symptome bestimmt. Rezidivierende oder chronische Infekte sowie Steinbildung im dilatierten Kelch sind die häufigsten Gründe.
17.2.2
Präinterventionelle Diagnostik und perioperatives Vorgehen
Eine Kelchhalsstenose fällt in der Regel durch Sonographie (isoliert dilatierter Kelch) oder im Rahmen einer Ausscheidungsurographie auf. Zur Klärung der Ätiologie kann fakultativ eine retrograde Pyelographie, CT/MRT und zum Ausschluss eines Gefäßprozesses eine Angiographie nötig sein. Obligat sollte ein Urinstatus einschließlich Urinkultur vorliegen. Bei Nachweis eines Harnwegsinfektes ist eine antibiogrammgerechte Antibiotikatherapie für mindestens 2 Tage präoperativ durchzuführen.
17.2.3
Durchführung der anterograden Kelchhalsinzision
Nach fakultativer Anlage eines UK oder Okklusionskatheters (Abfluss von Spülflüssigkeit, retrograde Kontrastmitteldarstellung) in den betroffenen Harntrakt wird die direkte Punktion des betroffenen Kelches in der Regel sonographisch durchgeführt. Nach radiologischer Kontrolle der korrekten Nadelposition wird ein Lunderquist-Draht eingelegt. Die Bougierung wird analog zur perkutanen Nephrolitholapaxie (PNL) in den hydronephrotischen Kelch durchgeführt (⊡ Abb. 17.21). Abschließend wird ein Amplatzschaft der benötigten Größe positioniert. Aufgrund der meist geringen Bewegungsfreiheit im betroffenen Kelch ist die Dislokationsgefahr bei der Manipulation entsprechend höher. Durch den Amplatzschaft wird das Instrument eingeführt. Über die Stenose wird unter radiologischer Kontrolle ein Führungsdraht geschoben und anschließend der Stenosebereich inspiziert. Hierbei ist auf eine Pulsation, hervorgerufen durch eine Segmentarterie, zu achten. In
195 17.3 · Perkutane anterograde Endopyelotomie und Litholapaxie
nahezu analogem Vorgehen die wesentlichen Risiken dar. Bei suprakostalem Zugang für die obere Kelchgruppe steigt das Risiko für eine Verletzung von Pleura, Leber und Milz.
17.2.5
Postoperative Nachsorge
Am 1. postoperativen Tag wird der UK zum Ausschluss einer Extravasation mit Kontrastmittel angespritzt und der UK entfernt. Nach Wechsel der PCN auf ein geringeres Lumen wird der Patient ambulant weiterbetreut. Im Gegensatz zu der postoperativen Nachsorge nach perkutaner Nephrolitholapaxie empfehlen wir zur Kontrolle des postoperativen Ergebnisses die routinemäßige Durchführung eines Ausscheidungsurogramms nach 12 Wochen.
17.2.6
a
b
⊡ Abb. 17.21a, b. Schema der Spaltung einer Kelchhalsenge von antegrad mit Instrument und Messer (a). Vorschieben eines Lunderquist-Drahtes nach erfolgter Spaltung zur Sicherung des Zugangs und Platzierung einer Nephrostomie (b)
Zweifel kann alternativ zu einer Schlitzung eine Ballondilatation mit entsprechenden Dilatationskathetern durchgeführt werden. Die Inzision kann mit Laser, Strom oder einem Messer durchgeführt werden. Mit zunehmender Schnitttiefe steigt das Blutungsrisiko, daher sollte der Schnitt nicht über ein Lumen von maximal 24 Charr geführt werden. Blutungen werden elektrokoaguliert bzw. mit dem Laser verödet. Dies sollte wohldosiert erfolgen, da durch eine ausgeprägte Verödung die Narbenbildung verstärkt und einem Rezidiv Vorschub geleistet wird. Eine Blutstillung wird zusätzlich durch die PCN erreicht. Nach der Blutstillung wird ein Lunderquist-Draht durch den eröffneten Kelchhals bis ins Nierenbecken platziert und ein dekonnektierbarer Nephrostomiekatheter entsprechend der Weite des verwendeten Amplatzschaftes eingelegt. Bei Verwendung eines 21-Charr-Resektoskopes verwenden wir eine 20-Charr-PCN, deren Ballon nach Entfernung des Schaftes unter radiologischer Kontrolle im Nierenbecken geblockt wird. Bei sistierender Blutung wird die PCN am 3. postoperativen Tag auf 10 Charr gewechselt, die für etwa 10 weitere Tage belassen wird. Der UK wird am 1. postoperativen Tag entfernt.
17.2.4
Komplikationen
Die bei der perkutanen Punktion für die PNL dargestellten Komplikationen (Blutung, Perforation, Infektion) stellen bei
Ergebnisse der perkutanen Kelchhalsinzision
Die Ergebnisse der Kelchhalsinzision lassen sich bei limitierter Erfahrung der einzelnen Zentren kaum vergleichen. Bei einer Nachbeobachtungszeit von über 12 Monaten liegen die Erfolgsraten zwischen 60 und 80% [7].
17.3
Perkutane anterograde Endopyelotomie und Litholapaxie
17.3.1
Indikation zur Operation
Ursache rezidivierender Steine im Nierenbeckenkelchsystem können urodynamisch wirksame Abflusshindernisse sein. Liegt gleichzeitig ein Nierenbeckenstein vor, kann meist nicht unterschieden werden, ob es sich um eine intrinsische Nierenbeckenabgangsenge oder um eine Verschwellung und Ödembildung durch den Stein handelt. Eine Schlitzung des Nierenbeckenabgangs ist nur selten gleichzeitig indiziert. Erst nach kompletter Steinentfernung kann im Intervall durch eine Nierenfunktionsszintigraphie (»MAG-3 clearance«) mit Lasixauswaschtest eine relevante Enge diagnostiziert werden. Präoperative Sonographie und intravenöses Pyelogramm (IVP) können indirekte Hinweise auf eine Abgangsenge liefern. Liegt dagegen ein Kelchausgusstein weiter entfernt vom Nierenbeckenabgang ohne Pyelonephritis vor, kann die Diagnose einer Abgangsenge gleichzeitig mit dem Stein gestellt werden.
17.3.2
Präinterventionelle Diagnostik
Neben Sonographie mit Gefäßdoppler und Ausscheidungsurographie ist die Funktionsbeurteilung durch eine
17
196
Kapitel 17 · Perkutane endoskopische Therapieverfahren der Niere
MAG-3 clearance mit Lasix indiziert. Ein Computertomogramm in der arteriellen Phase oder besser ein Angiomagnetresonanztomogramm zur Darstellung von kreuzenden Unterpolgefäßen ist obligat. Liegt eine extrinsische Stenose durch ein aberrierendes Gefäß vor, sollte die offene Operation angestrebt werden, da die Schlitzung schwierig ist und deutlich schlechtere Langzeitergebnisse zeigt.
eine verlässliche, risikoadaptierte und organerhaltende Therapie wie bei Harnblasentumoren nur eingeschränkt den Patienten angeboten werden. Ein Verfahren für die organerhaltende Behandlung von Tumoren im Nierenbeckenkelchsystem ist die perkutane Tumorresektion, welche erstmalig von Tomera et al. (1982) beschrieben wurde [11].
17.4.1 17.3.3
Durchführung der anterograden Endopyelotomie mit Litholapaxie
Zunächst sollte der Nierenbecken- oder Kelchstein vollständig entfernt werden. Es ist darauf zu achten, dass die Sicht nicht durch venöse Blutungen verschlechtert wird. Falls die nephrostomierte Kelchgruppe den Zugang zum pyeloureteralen Übergang ermöglicht, muss keine erneute Punktion erfolgen. Patienten mit Nierenbeckenabgangsenge haben häufig ein stark erweitertes Nierenbeckenkelchsystem, das auch den Zugang zum Nierenbeckenabgang von der unteren Kelchgruppe erlaubt. Bevorzugt wird jedoch die mittlere Kelchgruppe anpunktiert. Ein Führungsdraht wird tief in den Harnleiter oder am besten bis in die Blase (evtl. Durchzugsschiene damit herstellbar) vorgeschoben. Die Kerbung des pyeloureteralen Überganges kann mit Messer, Laser (Ho:YAG-Laser ), elektrischem Häkchen oder dem Acucise-system (Ballondilatator mit integriertem Elektrokauter) erfolgen. Von der Verwendung des Acucise-system wird abgeraten, da der Schnitt nicht präzise gesetzt werden kann und die Schnitttiefe variiert. Der Schnitt sollte immer posterior-lateral erfolgen, da kreuzende Unterpolgefäße ventral verlaufen. Ein ausreichend langer und tiefer Schnitt durch alle Wandschichten reicht bis in das perirenale Fettgewebe. Über den Führungsdraht wird ein spezieller 7-Charr-DJ-Katheter, der sich in seinem proximalen – im pyeloureteralen Übergang platzierten – Anteil auf 14 Charr konisch erweitert, eingelegt [7, 9, 10].
17.4
17
Elektroresektion von Nierenbeckentumoren
Urothelkarzinome des oberen Harntraktes sind entsprechen der Flächenanteiligkeit am Gesamturothel selten. 4% der Urotheltumoren entwickeln sich im Nierenbeckenkelchsystem und sind in über 50% der Fälle mit syn- oder metachronen Tumoren im Bereich der Harnblase vergesellschaftet. Als Standardtherapie gilt die Nephroureterektomie unter Mitnahme einer Blasenmanschette. Das therapeutische Dilemma liegt in einer Übertherapie von oberflächlichen kleinen und gut differenzierten Tumoren. Da ein akkurates präoperatives Staging mittels Bildgebung und ureterorenoskopischer Biopsie unsicher ist, kann
Indikationen zur Operation
Eine insgesamt seltene Indikation für ein perkutanes Vorgehen stellen benigne Tumoren (z. B. Fibroepitheliom) dar. Benigne und maligne Tumoren, die über eine Ureterorenoskopie nicht erreichbar oder aufgrund der Größe besser mit einem perkutan eingeführten Resektoskop behandelt werden, stellen eine weitere Indikationsgruppe dar. Bei malignen Tumoren des oberen Harntraktes wird eine Tumorresektion im Nierenbecken nur unter imperativer (drohende Niereninsuffizienz, beidseitige Tumoren) oder palliativer (z. B. blutender Tumor bei systemischer Tumorerkrankung) Indikation gesehen. Einige Autoren sehen eine elektive Indikation für bioptisch gesicherte exophytische G1-Tumoren des oberen Harntraktes, da diese seltenen infiltrierend wachsen und per se ein niedriges Progressionsrisiko haben [12–14].
17.4.2
Kontraindikationen zur Operation
Patienten ohne imperative Indikation mit Zeichen einer Wandinfiltration im CT/MRT und/oder einem histologischen Grading >I sollten diesem Operationsverfahren nicht zugeführt werden.
17.4.3
Präinterventionelle Diagnostik und perioperatives Vorgehen
Präoperativ sollte neben den Routineparametern (Labor und Urin) ein Schichtbildverfahren (CT/MRT) zur Ausdehnung des Tumors und eine radiologische Darstellung des Nierenbeckenkelchsystems zur Planung des operativen Zugangs vorliegen (⊡ Abb. 17.22).
17.4.4
Durchführung der Resektion
Es empfiehlt sich zur zusätzlichen Ableitung der Spülflüssigkeit und ggf. zum retrograden Auffüllen des Nierenbeckenkelchsystems, einen UK von 8–10 Charr retrograd einzulegen, der am transurethralen Blasenkatheter fixiert wird. Alternativ kann auch ein Okklusionskatheter verwendet werden. Über einen 26- bis 30-Charr-Amplatzschaft kann mit einem herkömmlichen 24- bis 27-Charr-Elektroresekto-
197 17.4 · Elektroresektion von Nierenbeckentumoren
Nierenbeckentumor
⊡ Abb. 17.22. Ausscheidunsurogramm bei Nierenbeckentumor
aus dem Tumorgrund mit einer Biopsiezange Proben entnommen. Im Gegensatz zur Resektion in der Harnblase ist eine fraktionierte Resektion (Tumorgrund) wesentlich schwieriger, da im Bereich des dünnwandigen Nierenbeckens leicht perforiert werden kann. Es droht auch eine Verletzung von Hilusgefäßen und die Ausschwemmung von mit Tumorzellen kontaminierter Spülflüssigkeit. Ist der Tumor zum Nierenparenchym hin lokalisiert, können unmittelbar unter dem Resektionsgebiet kaliberstarke segmentale Nierengefäße verlaufen. Bei der Resektion sollte daher auf eine Pulsation im Resektionsgebiet geachtet werden. Geringe Blutungen sollten, um eine gute Sicht zu gewährleisten, konsequent gestillt werden. Längere Koagulation an einer Stelle sollte vermieden werden, da die Schlinge in das weiche Nierenparenchym einsinkt. Mit einem durch den Amplatzschaft eingeführten Saugkatheter und retrograder Spülung über den UK oder alternativ mit einer Spritze über den Resektionsschaft (geringes Volumen im Nierenbeckenkelchsystem!) kann das Hohlsystem von Blutkoageln und Gewebsresten befreit werden. Durch den Amplatzschaft oder über die Teleskopbougies wird ein 20- bis 24-Charr-Ballonnephroskop im Nierenbecken platziert. Eine radiologische Kontrolle mit Kontrastmittel sollte obligat erfolgen. Bei malignen Tumoren führen wir in der Regel eine geplante Second-look-Operation über den präformierten Arbeitskanal nach 3–4 Tagen durch. Die PCN wird danach bei sistierender Makrohämaturie auf eine PCN von 7– 10 Charr gewechselt und nach 1 Woche endgültig entfernt. Die PCN kann belassen werden, um eine Instillationsbehandlung durchzuführen. Metastasen im Verlauf des perkutanen Zugangs sind Raritäten. Durch die Resektion resultiert insgesamt in Vergleich zur perkutanen Nephrolitholapaxie ein höheres Blutungsrisiko. Mit einem deutlich geringeren Blutungsrisiko und einem kleinlumigen Zugang kann mittels Laser der Tumor verödet werden (⊡ Abb. 17.24). Nachteilig bei diesem Vorgehen ist die fehlende Histologie. Eine initiale Biopsie aus den Tumor ist ungenau. Insgesamt stellt die Elektroresektion im Nierenbeckenkelchsystem eine technisch schwierige und seltene Operation dar und sollte dem endoskopisch Erfahrenen vorbehalten bleiben.
17.4.5 ⊡ Abb. 17.23. Resektion im Nierenbecken. Zugang durch die mittlere Kelchgruppe
skop in das Nierenbeckenkelchsystem eingegangen werden. Nach der Inspektion des einsehbaren Hohlsystems wird der Tumor eingestellt und zunächst die exophytischen Anteile reseziert, die separat zur histologischen Begutachtung eingeschickt werden (⊡ Abb. 17.23). Anschließend werden
Ergebnisse der perkutanen Resektion
Bei der initialen Resektion können etwa 75% und bei der Zweitoperation weitere 10% der Tumoren vollständig reseziert werden. Angesichts der seltenen Indikation zu dem oben beschriebenen Verfahren finden sich in der Literatur nur wenige retrospektive Untersuchungen mit limitierter Patientenzahl. Häufig werden die Ergebnisse der ureterorenoskopischen Tumortherapie im Ureter und im Nierenbeckenkelchsystem subsumiert. Teilweise werden unter-
17
198
Kapitel 17 · Perkutane endoskopische Therapieverfahren der Niere
Literatur
a
b
⊡ Abb. 17.24a, b. Laserung von Tumoren im Nierenbecken mittels eines starren Nephroskopes (a) oder eines flexiblen Zystokopes (b), das durch den Außenschaft des Nephroskopes eingeführt wurde
schiedliche Ablationsverfahren (Laser, Resektion) in einem Patientenkollektiv beschrieben. Die Ergebnisse sind in erster Linie von der Patientenselektion (gut differenzierte, solitäre, gut zugängliche Tumoren <2–3 cm) abhängig. Patienten mit solitären maximal T1 G1-Tumoren haben eine gute Prognose, müssen sich aber einer engmaschigen, teils invasiven Nachsorge (Ureterorenoskopie; URS) unterziehen. Die Rezidivgefahr wird bei diesem Patientenkollektiv zwischen 18% und 40% beziffert. Mehr als 1/3 werden sekundär innerhalb von 5 Jahren aufgrund von Rezidiven einer Nephroureterektomie unterzogen. Mittelgradig und gering differenzierte Tumoren zeigen eine hohe Rezidiv- und Progressionsneigung und sollten in elektiver Indikation nicht durch perkutane Resektion therapiert werden [12–14].
17
1. Rupel E, Brown R. Nephroscopy with removal of stone following nephrostomy for obstructive calculous anuria. J Urol 1941; 46: 177–182 2. Fernstrom I, Johansson B. Percutaneous pyelolithotomy: a new extraction technique. Scand J Urol Nephrol 1976; 10: 257–259 3. Hofmann R, Olbert P, Weber J, Wille S, Varga Z. Clinical experience with a new ultrasonic and LithoClast combination for percutaneous litholapaxy. BJU International 2002; 90: 16–19. 4. Sandhu C, Anson K M, Patel U. Urinary tract stones – Part II: Current status of treatment. Clinical Radiology 2003; 58: 422–433 5. Fuchs G J, Yurkanin P J. Endoscopic surgery for renal calculi. Curr Opin Urol 2003; 13: 243–247 6. Leitlinien zu Technik der interventionellen und operativen Steintherapie. AWMF-Leitlinien-Register Nr. 043/027 Stand 15.9.1999 7. McDougall E M, Liatsikos E N, Dinlenc C Z, Smith A D. Percutaneous approaches to the upper urinery tract. Campbell’s Urology 2002; 8. Ausgabe: 3321–3360 8. Lingemann J E, Lifshitz D A, Evan A P. Surgical management of urinary lithiasis. In Campbell`s Úrology 2002; 8. Ausgabe: 3361– 3451 9. Albani J M, Yost A J, Streem S B. Ureteropelvic junction obstruction: Determining durability of endourological intervention. J Urol 2004; 171: 579–582 10. Danuser H, Hochreiter W W, Ackermann D K, Studer U E.Influence of stent size on the success of antegrade endopyelotomy for primary ureteropelvic junction obstruction: Results of 2 consecutive series. J Urol 2001; 166: 902–909 11. Tomera K M, Leary F, Kinke H. Pyeloscopy in urothelial tumors. J Urol 1982; 154: 1088–1089 12. Suh R S, Faerber G J, Wolf Jr J S. Predictive factors for applicability and success with endoscopic treatment of upper tract urothelial carcinoma . J Urol 2003; 170: 2209–2216 13. Goel MC, Mahendra V, Roberts JG. Percutaneous management of renal pelvic urothelial tumors: long-term followup. J Urol. 2003; 169: 925–929 14. Sagalowsky A I, Jarrett T W. Management of urothelial tumors of the renal pelvis and ureter. Campbell’s Urology 2002; 8. Ausgabe: 2845–2875
18 Endoskopische Therapie der Nierenbeckenabgangsenge – die antegrade oder retrograde Laser-Endopyelotomie (LEP) S. Subotic, J. Rassweiler
18.1
Einleitung – 200
18.2
Pathophysiologie der Nierenbeckenabgangsenge – 200
18.3
Indikation zur Operation – 201
18.4
Präoperative Diagnostik – 201
18.4.1
Standarddiagnostik
18.5
Perioperatives Vorgehen – 203
18.5.1 18.5.2 18.5.3
Perioperative Antibiotikagabe – 203 Aufklärung, Vorbereitung und Lagerung des Patienten Durchführung der retrograden und antegraden Laser-Endopyelotomie – 204
18.6
Komplikationen – 206
18.7
Postoperatives Vorgehen – 206
18.7.1
Kurzfristige Kontrollen – 206
18.8
Ergebnisse der Laser-Endopyelotomie – 206 Literatur – 207
– 201
– 203
200
Kapitel 18 · Endoskopische Therapie der Nierenbeckenabgangsenge
18.1
Einleitung
Die Nierenbeckenabgangsenge ist die häufigste angeborene Ursache für Obstruktionen im oberen Harntrakt. Dabei zeigt sich ein massiv dilatiertes Nierenbeckenkelchsystem. Zumeist machen sich die ersten Symptome erst im jugendlichen Erwachsenenalter bemerkbar. Häufig handelt es sich um uncharakteristische Symptome wie Inappetenz, rezidivierende Übelkeit, Hämaturie, rezidivierende Harnwegsinfekte und Pyelonephritiden. Am häufigsten sind aber Flankenschmerzen und Nierenkoliken sowie die resultierende Verschlechterung der Nierenfunktion. Die Standardoperation für die Nierenbeckenabgangsenge ist die offene Pyeloplastik nach Anderson-Hynes mit Erfolgsraten von mehr als 90%. Die Entwicklung der endoskopischen Therapie der Nierenbeckenabgangsenge basiert auf der von Albarran (1909) beschriebenen »Ureterotome externe« und dem Prinzip der offenen Ureterotomie von Davis (1943) [1, 2] Die Erstbeschreibung der antegraden Endopyelotomie erfolgte durch
⊡ Tabelle 18.1. Geschichte der offen-chirurgischen und minimal-invasiven Vorgehensweise zur Behandlung der Nierenbeckenabgangsenge
Jahr
Maßnahme
Erstbeschreiber
Offen-chirurgische Operationsmethoden 1886
Erste Pyeloplastik
Trendelenburg
1891
Erste erfolgreiche Pyeloplastik
Kuster
1909
Ureterotomie, externe
Albarran
1923
Y-V-Plastik
Schwyzer
1943
Intubierte Ureterotomie
Davis [1]
1949
Spatulierte Ureter
Anderson-Hynes
1951
Spiral-Flap
Culp u. De Weerd [4]
1953
Vertikal-Flap
Scardino [5]
Minimal-invasive Operationstechniken
18
1982
Ballondilatation
Kadir [6]
1983
Perkutane Pyelolyse
Wickham u. Miller [7]
1986
Endopyelotomie
Smith
1986
Retrograde Endopyelotomie
Inglis und Tolley [8]
1992
Acucise-Ballon
Clayman [9]
1993
Laparoskopische Pyeloplastik
Kavoussi [10]
Wickham et al. 1983 [3]. In den 1980er und frühen 90erJahren wurden von mehreren Autoren erfolgreiche antegrade und retrograde Modifikationen dieser Technik publiziert (⊡ Tabelle 18.1) [4–10].
18.2
Pathophysiologie der Nierenbeckenabgangsenge
Die Harnleiterperistaltik bildet sich v. a. in den proximalen Anteilen des Nierenkelchsystems aus und wird über eine Art Reizleitungssystem fortgeleitet. Im pyeloureteralen Übergang kommt es jedoch zu einer physiologischen Blockade, die entsprechend der diuretischen Menge moduliert wird. Die Definition der Nierenbeckenabgangsenge nach hydrodynamischen Gesichtspunkten erfolgte 1972 durch Johnston. Dabei wurden 2 verschiedene Ursachen beschrieben. Bei primären Nierenbeckenabgangsstenosen (intrinsisch) haben sich Unregelmäßigkeiten oder sogar komplette Blockaden der Reizleitung gezeigt. Andererseits wurden extrinsische Ursachen wie kreuzende Gefäße beschrieben, die eine Nierenbeckenabgangsstenose bewirken können. Die intrinsische Nierenbeckenabgangsstenose findet sich v. a. bei Kindern und Neugeborenen. Entsprechend der oben beschriebenen Hypothese adynamischer Segmente hat sich die kontinuitätsunterbrechende Pyeloplastik nach Anderson-Hynes für diese Gruppe etabliert. Als Hauptursache für extrinsische Stenosen haben sich eine Vielzahl von Variationen kreuzender Gefäße gefunden: ▬ dorsal kreuzende Unterpolarterie, ▬ ventral kreuzende Unterpolarterie, ▬ 2 kreuzende Gefäße (Vene und Arterie), ▬ Begleitäste einer Arterie im Bereich des Nierenbeckenabgangs, ▬ kleine lumbale oder gonadale, den Ureter kreuzende Gefäße. Die extrinsische Nierenbeckenabgangsstenose findet sich entsprechend im Erwachsenenalter. Ob oder wie oft kreuzende Gefäße die entscheidende Ursache für die Nierenbeckenabgansgstenose sind bzw. nur einen Zufallsbefund darstellen, ist ein derzeit viel diskutiertes Thema. Janetschek fand bei einem gesunden Kollektiv in 116 von 331 Fällen mittels Dopplersonographie nichtobstruierende Gefäße im Bereich des Nierenbeckenabgangs [11, 12]. Es hat sich aber gezeigt, dass asymptomatische Patienten mit kreuzenden Gefäßen ein erhöhtes Risiko haben, im weiteren Leben eine Nierenbeckenabgangsstenose zu entwickeln. Die Nierenbeckenabgangsstenose im Kindes- und Erwachsenenalter besitzt eine komplett verschiedene Ätiologie. Bei einem von Ross beschriebenen Kollektiv von 30 Säuglingen, bei denen bei der pränatalen Sonographie Nierenbeckenabgangsstenosen diagnostiziert wurden, fan-
201 18.4 · Präoperative Diagnostik
den sich keine kreuzenden Gefäße. Diese Erkenntnis unterstützt ebenfalls die veröffentliche Studie der »Society of Fetal Urology«.
18.3
Indikation zur Operation
Jede symptomatische Nierenbeckenabgangsstenose bedarf einer operativen Korrektur. Zeigt sich bei der Funktionsprüfung eine Funktionsminderung von <40%, ist eine Operation indiziert. Wird eine symptomlose Nierenbeckenabgangsstenose mit einer Nierenfunktion von >40% gefunden, besteht nur bei auftretenden Symptomen eine Indikation zur operativen Sanierung.
Operationsindikationen zur retrograden LaserEndopyelotomie/antegraden Endopyelotomie
Rezidivierende Pyelonephritis Rezidivierende Nephrolithiasis Eingeschränkte Nierenfunktion (<40%) Rezidivierende Symptome
Als signifikante Auswahlkriterien haben sich ergeben: ▬ Alter des Patienten (Kinder vs. Erwachsene), ▬ Art der Nierenbeckenabgangsstenose (extrinsisch vs. intrinsisch), ▬ Konfiguration des Nierenbeckens (Dilatationsgrad). Die adäquate Vorgehensweise bei einer Nierenbeckenabgangsstenose basiert auf einem von uns konzipierten Algorithmus (⊡ Abb. 18.1). Bisher wurden überwiegend Erwachsene nach diesem Konzept behandelt. Entscheidend dafür ist, dass bei der Therapie der Kinder üblicherweise für jeden Eingriff (z. B. retrogrades Pyelogramm mit DJ-Einlage, Laser-Endopyelotomie und DJ-Entfernung) eine Narkose erforderlich ist und somit der minimalinvasiven Aspekt relativiert wird. Entsprechend der Körpergröße ist ein modifiziertes Instrumentarium erforder-
lich. Ein laparoskopisches Vorgehen bei kleinen Kindern (Körpergröße<100 cm) ist ebenfalls nicht weniger invasiv, betrachtet man die Größe der verwendeten Ports. Deshalb gilt bei der Therapie von Kindern die offene Pyeloplastik nach Anderson-Hynes als »golden standard«. Die Erfolgsraten sind deutlich abhängig von dem Stauungsgrad und signifikant schlechter bei einer IV-gradigen Stauung. Extrinsisch bedingte Stenosen durch kreuzende Gefäße senken ebenfalls die Erfolgsrate einer Laser-Endopyelotomie (LEP). Die Vorteile einer minimal-invasiven, nicht plastischen Korrektur der Nierenbeckenabgangsstenose bei der LEP ohne perkutanen Zugang oder bei muskelschonender Lumbotomie liegen v. a. in der minimierten perioperativen Morbidität. Dafür sollte die Erfolgsrate idealerweise im Bereich der offenen Pyeloplastik (85–95%) liegen. Die veröffentlichten Erfolgsraten werden allerdings zwischen 67 und 87% beschrieben (⊡ Tabelle 18.2). Insbesondere voroperierte und multimorbide Patienten, die sich einem größeren Eingriff wegen pulmonaler oder kardialer Vorerkrankungen nicht unterziehen können, sind für die Laser-Endopyelotomie geeignet. Zuvor durchgeführte Niereneingriffe sind grundsätzlich keine Kontraindikation für eine LEP. Patienten mit vorausgegangener offener oder laparoskopisch durchgeführter Pyeloplastik können ebenfalls einer Laser-Endopyelotomie unterzogen werden. Entscheidend für eine hohe Erfolgsrate ist die korrekte Auswahl des für den einzelnen Patienten besten operativen Vorgehens (⊡ Abb. 18.1).
18.4
Präoperative Diagnostik
18.4.1
Standarddiagnostik
Die Diagnose einer Nierenbeckenabgangsenge stützt sich neben den klinischen Symptomen wie Flankenschmerzen primär auf die Befunde des Ultraschalls und der i.v. Pyelo-
⊡ Abb. 18.1. Diagnostisch-therapeutischer Algorithmus der Nierenbeckenabgangsenge (NB Nierenbecken)
18
202
Kapitel 18 · Endoskopische Therapie der Nierenbeckenabgangsenge
⊡ Tabelle 18.2. Endopyelotomie – Ergebnisse lt. Literatur
Autoren
18
Anzahl (n)
Alter (Jahre)
Zugang
Stenose (primär/ sekundär)
Methode (Messer/ Laser)
Erfolgsrate (%)
Komplikationen (%)
Badlani et al.
1986
[13]
31
7–79
Antegrad
0/31
31/0
87,1
Keine Angaben
Korth et al.
1987
[14]
71
49(8–79)
Antegrad
33/38
71/0
79
15,5
Gallucci u. Alpi
1996
[15]
46
37(5–62)
Antegrad
46/0
46/0
80
4
Knudsen et al.
2004
[16]
80
35(4–76)
Antegrad
61/19
77/3
67
Keine Angaben
Motola et al.
1993
[17]
212
41(2,75–84)
Retrograd
110/102
212/0
86
3,1
Van Cangh et al.
1994
[18]
102
Keine Angaben
Retrograd
86/16
102/0
73
Keine Angaben
Renner et al.
1998
[19]
34
9–82
Retrograd
27/7
0/34
85
15
Biyani et al.
2000
[20]
20
21–76
Retrograd
16/4
0/20
75
10
Giddens u. Grasso
28
[21]
2000
43,5(7–75)
Retrograd
20/8
5/23
79
7,1
Matin et al.
2003
[22]
45
42(16–71)
Retrograd
40/5
0/45
73,1
11,1
⊡ Abb. 18.2. Ausscheidungsurogramm bei Nierenbeckenabgangsenge
graphie und ist nicht selten ein Zufallsbefund (⊡ Abb. 18.2). Bei der Evaluierung der Stauungsgrade empfiehlt sich die Einteilung nach der »Society for Fetal Urology« (SFU) mit einer 4-Grad-Einteilung. Eine drittgradige Hydronephrose zeigt ein dilatiertes Nierenbecken und dilatierte Kelche mit normaler Parenchymdicke. Bei einer viertgradigen Hydronephrose nach SFU sind das Nierenbecken und die Kelche zusätzlich erweitert und das Parenchym verschmälert. Des Weiteren wird ein Isotopennephrogramm (ING) mit Furosemid zur Evaluierung der funktionellen Bedeutung der Enge durchgeführt. Als invasive Diagnostik erfolgt ein retrogrades Pyelogramm zur Darstellung der Genese (intrinsisch vs. extrinsisch). Im Fall einer extrinsischen Ursache wird zusätzlich eine farbkodierte Duplexsonographie und/oder ein SpiralCT zum Nachweis evtl. kreuzender Gefäße durchgeführt. Die Sensitivität der farbkodierten Duplexsonographie wurde bereits durch die intraoperativ gefundenen Befunde bei der laparoskopischen Pyeloplastik bewiesen. Zudem lässt sich mittels der farbkodierten Duplexsonographie der Resistive-Index (RI) bestimmen. Dieser kann als zusätzlicher Kontroll- und Verlaufsparamter bei signifikanten Nierenbeckenabgangsstenosen bestimmt werden. Das Kriterium für eine Obstruktion ist ein RI von >0,70.
203 18.5 · Perioperatives Vorgehen
⊡ Abb. 18.3. MR-Urogramm bei Nierenbeckenabgangsenge
Alternativ ist die Magnetresonanzurographie (MRUrographie) eine nicht-invasive Methode, ohne Anwendung von nephrotoxischem Kontrastmittel, um die ableitenden Harnwege und Gefäßversorgung darzustellen. Die MR-Urographie ist insbesondere bei der Diagnostik von Kindern, Schwangeren oder Patienten mit Einzelniere und somit potenziell eingeschränkter Nierenfunktion als Firstline-Diagnostik zu empfehlen. Zudem steht sie in Hinblick auf den Strahlenschutz von Kindern und Schwangeren an erster Stelle (⊡ Abb. 18.3).
18.5
Perioperatives Vorgehen
18.5.1
Perioperative Antibiotikagabe
Präoperativ diagnostizierte Harnwegsinfekte gilt es, im Vorfeld zu therapieren und erst im abgeheilten Intervall die LEP durchzuführen. Sollte sich intraoperativ eine Verletzung (Extravasation) des Harnleiters zeigen, empfehlen wir eine präventive antibiotische Therapie (Trimethoprim-Sulfamethoxazol, Gyrasehemmer oder Cephalosporine).
18.5.2
Aufklärung, Vorbereitung und Lagerung des Patienten
Aufklärung Neben den üblichen Aufklärungspunkten (Infektionen, Thrombose, Embolie, Sepsis, Blutung mit ggf. Transfusion von Fremdblut und damit der Gefahr von HIV-/Hepatitisinfektionen) muss über Nachbarorganverletzung (Darm, Nerven und insbesondere Gefäße) aufgeklärt werden. Ebenfalls wird über ein erneutes Widerauftreten einer Enge im Bereich des Nierenbeckens aufgeklärt und mögliche Folgeoperationen. Komplikationen mit geringer Eintrittswahrscheinlichkeit wie starke Blutung aus Nierenstilgefäßen und folgendem Nierenverlust müssen ebenfalls erörtert werden. Der Patient ist zusätzlich über eine verbleibende Schmerzsymptomatik oder gar Funktionseinbußen der behandelten Niere aufzuklären.
Vorbereitung und Lagerung Eine präoperative Rasur ist nicht erforderlich. Der Patient wird in Steinschnittlage gelagert. Das kontralaterale Bein des Patienten kann bei Bedarf abgesenkt und abduziert werden, um die Intubation des Ostiums zu erleichtern. Anschließend erfolgt das Abwaschen mit einer desinfizierenden Lösung für etwa 5 min.
18
204
Kapitel 18 · Endoskopische Therapie der Nierenbeckenabgangsenge
Instrumentarium Retrograde Laser-Endopyelotomie: – Laser – Ureterorenoskop (8,5–9 Charr) – Führungsdraht – Ureterkatheter mit zentral offener Spitze – Harnleiterschiene (9 Charr) Ergänzend benötigt werden zur antegraden LaserEndopyelotomie: – Ureterkatheter – Koaxiales Teleskop-Bougie-Set nach Alken – Punktionsnadel + Führungsdraht – Amplatzschaft (30 Charr) – Sachse-Urethrotom – Nephroskop – 7–14 Nephrostomiestent (alternativ 10-CharrDJ-Schiene antegrad)
18.5.3
a
Durchführung der retrograden und antegraden Laser-Endopyelotomie
Präoperative DJ-Einlage Im Rahmen der präoperativen Diagnostik erfolgt bei der retrograden Abklärung eine DJ-Einlage (7 F) 3–10 Tage vor der LEP. Die Schienung bewirkt eine Dilatation des Ureters und ermöglicht somit in den meisten Fällen eine problemlose Passage des Harnleiters mittels Ureterorenoskop bis in Höhe der Nierenbeckenabgangsstenose.
Operatives Vorgehen: retrograd
18
Zunächst erfolgt eine diagnostische Urethrozystoskopie, wobei der liegende DJ mit der Zange aus der Blase luxiert und darüber ein Führungsdraht mit weicher Spitze bis in das Nierenbecken vorgeschoben wird. Dann wird die Ureterorenoskopie (URS) mit einem semirigiden Ureterorenoskop mit einem Durchmesser von 8,5 F und einem Arbeitskanal von 3,6 F (Fa. Karl Storz, Tuttlingen) durchgeführt. Kann das Ostium trotz liegendem Führungsdraht nicht intubiert werden, wird eine Dilatation mit einem Ballon oder Bougie durchgeführt. Üblicherweise stellt aber die Intubation des Ostiums bei zuvor liegendem DJ keine Schwierigkeit da. Deshalb empfehlen wir bei primären Intubationsschwierigkeiten eine DJ-Einlage und in 2. Sitzung die Laser-Endopyelotomie. Das Ureterorenoskop wird vorsichtig neben dem liegenden Führungsdraht unter kontinuierlicher Flüssigkeitsspülung eingeführt. Um einen tubulären Reflux oder eine Fornixruptur zu vermeiden, ist darauf zu achten, dass der Irrigationsdruck durch regelmäßige Aspirationen Druckwerte von 40 cm H2O nicht überschreitet. Ist eine primäre Passage der Enge im Bereich des Nierenbeckenabgangs mit dem URS nicht möglich, wird von
b ⊡ Abb. 18.4a, b. Retrograde Darstellung einer Nierenbeckenabgangsenge mit Laser-Faser (a). Die Enge wurde bereits großteils inzidiert (b)
einem forcierten, gewaltsamen Vorschieben dringlich abgeraten. Ein häufiger Fehler ist der Versuch, die Nierenbeckenabgangsenge mit dem Instrument vor der Inzision zu dilatieren. Während dies nach der durchgeführten LEP durchaus sinnvoll ist, besteht bei der primären Bougierung der Enge die Gefahr einer konservativ nicht zu beherrschenden Harnleiterperforation, die bis zum Harnleiterabriss führen kann oder ein Wandgefäß im Übergang rupturieren lässt. Zur Inzision der Nierenbeckenabgangsstenose wird ein Holmium:YAG-Laser (Wavelight, Erlangen) mit einer Energie von 1000 mJ und einer Frequenz von 10 Hz im Ablatioprogramm verwendet. Im Vergleich zum vorher eingesetzten Neodym:YAG-Laser ist die Schneidewirkung des HolmiumLasers deutlich besser. Zudem treten keine Gewebskarbonisierungseffekte auf. Die Inzision erfolgt streng laterodorsal, da hier in der Regel keine Gefäße verlaufen (⊡ Abb. 18.4).
205 18.5 · Perioperatives Vorgehen
! Cave Gefäßpulsation. Endoskopisch muss unbedingt vor einer Inzision auf Gefäßpulsationen im Bereich der Nierenbeckenabgangsenge geachtet werden.
Es muss eine vollständige Durchtrennung der Narbenstränge erfolgen, um frühe Rezidive zu vermeiden. Es empfiehlt sich zur Durchführung einer exakten Inzision die Vorlage eines Führungsdrahtes, der als Leitschiene genutzt wird. Die Laser-Inzision erfolgt nur unter Sichtkontrolle. Nach durchgeführter Inzision wird über das Ureterorenoskop eine Kontrastmitteldarstellung des ureteropelvinen Übergangs durchgeführt, ggf. mit Darstellung eines durchaus erwünschten Extravasates (⊡ Abb. 18.5).
Operatives Vorgehen: antegrad Entsprechend dem retrograden Vorgehen wird zunächst ein Führungsdraht platziert und parallel dazu ein Ureterkatheter bis in das Nierenbecken vorgeschoben. So kann alternativ bei geringgradiger Dilatation des Nierenbeckenkelchsystems von retrograd gefüllt werden, um den perkutanen Zugang zu erleichtern
Perkutane Nierenpunktion Unter Ultraschallkontrolle erfolgt anschließend die perkutane Punktion und Dilatation, in der Regel über die mittlere Kelchgruppe. Bei hohen Zugängen ist darauf zu achten, dass Nachbarorgane (Leber, Milz, Lungenspitze) sonographisch präoperativ genau zu lokalisieren sind, um keine Verletzungen in Kauf zu nehmen. Nach durchgeführter Punktion wird der Arbeitskanal auf 24 Charr mit dem Alken-Bougie-Set dilatiert und ein Arbeitsschaft (26 Charr) eingesetzt, sofern man mit dem Laser oder Elektrohaken über das Nephroskop arbeitet. Der zuvor gelegte Draht kann jetzt durch den Arbeitskanal herausgeführt werden und dient entsprechend dem retrograden Vorgehen als Leitschiene für die Laser-Endopyelotomie, bzw. der Draht (Durchzugsschiene) kann die Enge strecken. Wird ein Sachse-Urethrotom zur kalten Inzision der Abgangsenge verwendet, kann dies nach Platzierung eines Amplatzschaftes (30 Charr) eingeführt werden (⊡ Abb. 18.6). Das Nephroskop wird über den Arbeitsschaft eingeführt und unter Sicht die Nierenbeckenabgangsenge inzidiert. Dabei ist darauf zu achten, dass der Winkel zum Harnleiterabgang möglichst flach gehalten wird. Die Schnittführung ist ebenfalls dorsolateral. Zur sicheren Harndrainage und Vermeidung eines frühen Rezidivs wird antegrad ein DJ-Katheter (9 Charr) über den Führungsdraht oder alternativ ein PCN-Stent (7–14 Charr) eingelegt. Der DJ-Katheter sollte für 3 Wochen belassen werden.
⊡ Abb. 18.5. Retrograde Schlitzung der Nierenbeckenabgangsenge. Durch das Ureteroskop wurde ein Draht in das Nierenbecken vorgeschoben. Über den Draht wird anschließend eine DJ-Schiene eingelegt
a
b
⊡ Abb. 18.6a, b. Schematische Darstellung der antegraden Schlitzung einer Nierenbeckenabgangsenge. Die Punktion erfolgt in die mittlere oder obere Kelchgruppe
18
206
Kapitel 18 · Endoskopische Therapie der Nierenbeckenabgangsenge
Bei Ableitung über eine DJ-Schiene empfiehlt es sich, den Dauerkatheter für 2–3 Tage zu belassen, um ein Urinextravasat (Reflux über die Schiene) zu vermeiden.
18.6
Komplikationen
Durch die Verwendung des Lasers kommt es selten zu lokalen Blutungen, die zumeist schnell koaguliert werden können. Bei Auftreten von Blutungen, die die Sichtverhältnisse trotz ausgiebiger Spülung massiv einschränken, empfehlen wir die Einlage eines 9-F-DJ-Katheters und Spülkathetereinlage. Der DJ-Katheter bewirkt eine Kompression des verletzen Harnleiteranteils und führt in den überwiegenden Fällen zu einem Stillstand der Blutung. In sehr seltenen Fällen lässt sich die Blutung aber endoskopisch nicht beherrschen und erfordert eine offene Revision. Harnleiterperforationen sind in den meisten Fällen wegen des brüchigen und derben Gewebes im Bereich des Nierenbeckenabgangs nicht zu vermeiden, zumal der Harnleiter in diesem Bereich sehr dünnwandig sein kann. Kleinere Extravasate sind meist nicht relevant bzw. gewollt und können mittels Harndrainage über eine Harnleiterschiene, die für 4 Wochen belassen wird, therapiert werden. Es ist darauf zu achten, dass bei der Inzision eine breite Perforation vermieden wird. Tritt eine breite Perforation auf und ist eine retrograde Schienung primär nicht möglich, erfolgt die Einlage einer perkutanen Nierenfistel. Die Komplikation eines Harnleiterabrisses ist beschrieben, kommt aber bei der Durchführung der Laser-Endopyelotomie unter Sichtkontrolle sehr selten vor. Ein kompletter Harnleiterabriss erfordert eine offen-operative Nierenbeckenplastik. Regelmäßige postoperative sonographische Kontrollen sind angeraten (alle 3 Wochen für ¼ Jahr), um Rezidivstenosen frühzeitig zu entdecken. Stellt sich der Verdacht auf eine Rezidivstenose, empfiehlt sich ein Lasix-ING zur Kontrolle der Funktion und des Ablaufs. Kleinere Koagel oder Gewebsfetzen können zu einem Verschluss des liegenden DJ und Pyelonephritis führen.
18
18.7
Postoperatives Vorgehen
18.7.1
Kurzfristige Kontrollen
Ist der Patient beschwerdefrei, wird er nach einem Intervall von 3–6 Wochen zum DJ-Auslassversuch wiedereinbestellt. Nach Entfernung des DJ wird der pyeloureterale Übergang erneut mit Kontrastmittel dargestellt und der Ablauf dokumentiert. Zeigt sich ein verzögerter Ablauf und der Patient klagt über rezidivierende Flankenschmerzen, wird ein DJ erneut platziert.
! Cave Restektasie ≠ Stauung. Da hier keine plastische Korrektur des Pyelons erfolgt und somit eine Restektasie des Nierenbeckenkelchsystems (NBKS) bestehen bleibt, darf selbstverständlich das zuvor und postoperativ dilatierte NBKS nicht mit einer Stauung verwechselt werden. Hilfreich ist in diesem Zusammenhang die Kontrolle des Resistive-Index (RI), der sich in einem Bereich von <0,70 befinden sollte und so eine weiterbestehende oder neu aufgetretene Obstruktion anzeigen kann.
Ein beschwerdefreies Intervall vorausgesetzt, ist in einem Anstand von ca. 3 Monaten eine Funktionsprüfung der Nieren mittels Lasix-ING erforderlich.
18.8
Ergebnisse der Laser-Endopyelotomie
Vergleicht man die Daten von minimal-invasiven Vorgehensweisen mit dem bisherigen »golden standard«, der offenen Pyeloplastik, werden ähnliche oder bessere Ergebnisse erzielt. Es ist offensichtlich, dass ein rein endoskopisches Vorgehen (z. B. LEP) bei gleicher Erfolgsrate auch einem laparoskopischen oder retroperitoneoskopischen Vorgehen vorgezogen werden sollte. Wiederholte Cross-over-Behandlungen sollten vermieden werden. In der Literatur finden sich Gesamterfolgsraten für die Endopyelotomie von 67–87% (⊡ Tabelle 18.2). Eingeschlossen sind dabei auch mit dem Messer durchgeführte Endopyelotomien. Diese Daten sind den Erfolgsraten von über 90% bei der offenen Operation bzw. der laparoskopischen Pyeloplastik gegenüberzustellen.. Wir verfügen über die Daten von 98 Patienten, die seit 1995 mit einer LEP therapiert wurden. Das Follow-up nach 3 Jahren zeigt eine Erfolgsrate von 85%. Aufgrund von Spätstenosen nach einem mittleren Beobachtungszeitraum von 40,6 Monaten (1–93 Monate) kam es zu einer Abnahme der Gesamterfolgsrate auf 70%. Auf den ersten Blick erscheint eine Gesamterfolgsrate der LEP von 70% – n=98, Alter (Mittelwert): 44,8 (7–83) – zu gering. Betrachtet man nun die 40 Patienten, die seit 1997 nach unserem Algorithmus therapiert wurden (intrinsische Stenosen mit LEP, extrinsische Stenosen mit anteriorem Gefäß mittels kontinuitätserhaltender Pyeloplastik bzw. mit posteriorem Gefäß mittels kontinuitätsunterbrechender Pyeloplastik), zeigt sich eine Gesamterfolgsrate von 83% Prozent für die LEPGruppe [23, 24]. Aus unserer Sicht hat und wird die Therapie der Nierenbeckenabgangsstenose einen Wandel weg von der offenen Pyeloplastik hin zu einer laparoskopischen Pyeloplastik und Laser-Endopyelotomie erfahren.
207 Literatur
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18
19 Harnleiterschienung A.J. Schrader
19.1
Grundlagen und Indikationen – 210
19.1.1 19.1.2
Grundlagen – 210 Indikationen zur Harnleiterschienung
19.2
Periinterventionelles Management – 210
19.2.1 19.2.2
Präinterventionelles Vorgehen – 210 Postinterventionelles Vorgehen – 210
19.3
Durchführung der Harnleiterschienung – 210
19.3.1 19.3.2 19.3.3
Retrograde Harnleiterschienung – 210 Antegrade Harnleiterschienung – 212 Wechsel und Entfernung von Doppel-J-Harnleiterschienen
19.4
Metallureterstent – 213
19.5
Komplikationen – 213 Literatur – 215
– 210
– 213
210
Kapitel 19 · Harnleiterschienung
19.1
Grundlagen und Indikationen
19.1.1
Grundlagen
Harnleiterschienen können transurethral, intravesikal, über ein Conduit oder die Bauchdecke ausgeleitet werden. Vor dem Eingriff wird die adäquate Schienenlänge anhand der Körpergröße des Patienten und ggf. unter Zuhilfenahme eines Röntgenbildes festgelegt; sie beträgt bei Erwachsenen in der Regel 24–30 cm. Die Schienenstärke liegt abhängig von der Indikation zur Harnleiterschienung zwischen 4 und 10 Charr. Als rein intraluminal platzierte Katheter zwischen Nierenbeckenkelchsystem und Blase werden heute meist beidseits zentral offene Doppel-J-Schienen verwendet. Der Patient ist in seiner Mobilität nicht eingeschränkt. Klassische Harnleiterkatheter werden transurethral ausgeleitet und haben den Vorteil, dass die Urinproduktion der abgeleiteten Niere in Quantität wie Qualität direkt und seitengetrennt beurteilt werden kann. Der Nachteil liegt hier in einer relativen Immobilisation des Patienten, da dieser Katheter zum Schutz vor Dislokation an einem transurethralen Dauerkatheter fixiert werden muss.
19.1.2
19
Indikationen zur Harnleiterschienung
Die Indikationsbreite zur Einlage von Harnleiterschienen ist groß und beinhaltet diagnostische, prophylaktische sowie therapeutische Indikationen: ▬ Behandlung einer Obstruktion, meist durch Harnleiterkonkremente verursacht. Dies ist zur akuten Linderung der Symptome (v. a. bei der konservativ spasmoanalgetisch nicht beherrschbaren Kolik), der bakteriellen Infektion, oder der Nierenbeckenruptur nötig. Die innere Ableitung über eine retrograd platzierte Harnleiterschiene zur Behandlung der Harnstauung sowie der klinischen Symptome hat sich der perkutanen Nephrostomie als gleichwertig erwiesen [1]. ▬ Prophylaktische und therapeutische Harnleiterschienung bei Steinpatienten: Harnleiterkatheter bewirken eine Dilatation v. a. des mittleren und distalen Harnleiters, sodass der Abgang von Harnleiterkonkrementen beschleunigt wird [2, 3]. Die prophylaktische transurethrale Einlage einer Harnleiterschiene ist indiziert vor extrakorporaler Stoßwellenlithotripsie (ESWL) von Konkrementen einer Größe ≥1 cm [4]. ▬ Prophylaktische und therapeutische Harnleiterschienung bei Operationen und Verletzungen der ableitenden Harnwege [5]. ▬ Behandlung der chronischen Harnleiterobstruktion: Zu den häufigsten Indikationen einer längerfristigen Ableitung zählen der M. Ormond sowie fortgeschrittene inkurable Malignome des kleinen Beckens wie
Prostata-, Blasen-, Zervix-, Uterus-, Ovarial- und Kolorektalkarzinome. Diese Tumoren führen aufgrund direkter oder metastasenassoziierter Kompression des Ureters zu behandlungsbedürftigen Harntransportstörungen. Hier kommt oft ein sog. »Tumorstent« zum Einsatz, der sich durch erhöhte Stabilität und durch das Fehlen seitlicher Austrittslöcher im Verlauf der Schiene von klassischen Harnleiterschienen unterscheidet. So hält er erhöhtem Außendruck stand, und es kommt nicht zum Einpressen von Gewebe in das Katheterlumen durch die seitlichen Löcher.
19.2
Periinterventionelles Management
19.2.1
Präinterventionelles Vorgehen
Das Vorliegen von Röntgenbildern (Nierenleeraufnahme, Ausscheidungsurogramm) erleichtert das Vorgehen. Tipp
Wichtig ist, dass vor der Einlage der inneren Schiene eine retrograde Darstellung des Harnleiters mit Bilddokumentation (Nachtdienst!) erfolgen sollte, um die Ätiologie der Obstruktion festzulegen. Mit einliegender Schiene gelingt es meist nicht mehr, die Differenzialdiagnose Stein vs. Harnleitertumor zu sichern.
19.2.2
Postinterventionelles Vorgehen
Nach Platzierung eines Doppel-J-Splints ist die zusätzliche Einlage eines Dauerkatheters nur bei langwierigem Eingriff, deutlicher Blutung, bereits bestehendem Harnwegsinfekt oder zur Bilanzierung indiziert. Zur Vermeidung von bakterieller Besiedlung bei längerer Verweildauer ist eine Harnansäuerung oder die niedrig dosierte Applikation von Nitrofurantoin möglich. Die Lage der Schiene sollte postinterventionell radiologisch dokumentiert, der Harntransport am Folgetag bei entleerter Blase sonographisch kontrolliert werden. Bei Hinweis auf Obstruktion des Katheterlumens ist die Durchführung eines Refluxzystogramms hilfreich [6].
19.3
Durchführung der Harnleiterschienung
19.3.1
Retrograde Harnleiterschienung
Der Eingriff sollte in Steinschnittlage und unter sterilen Bedingungen erfolgen. Nach Durchführung einer Zystoskopie und Identifikation des Harnleiterostiums wird über den Arbeitskanal des Zystoskops unter Sicht (70°-Optik) ein zentral offener gebogener Ureterkatheter (UK) von 5 Charr
211 19.3 · Durchführung der Harnleiterschienung
in der Harnblase platziert und über die Gabe einer geringen Menge Kontrastmittels entlüftet. Anschließend wird der UK ggf. unter Zuhilfenahme des Albarran-Hebels bis zu 1 cm in das Ostium eingeführt. Nun wird über diesen langsam Kontrastmittel injiziert und so eine Ureteropyelographie durchgeführt. Tipp
Bei Anwendung des Albarran-Hebels sollte dieser zur Vermeidung einer Einklemmung des Stents und zum Schutz der Schleimhaut umgehend nach Platzierung des UK im Harnleiter wieder eingefahren werden.
Anschließend kann der UK weiter proximal im Harnleiter positioniert und über diesen ein 0,035-inch-Polytetrafluoroethylen (PDFE-) beschichteter Führungsdraht mit dem flexiblen Ende ins Nierenbecken eingebracht werden. Bei korrekter Lage des Führungsdrahtes im Nierenbecken wird der UK entfernt und der zuvor ausgewählte zentral offene Mono- oder Doppel-J-Katheter über den Draht in Seldinger-Technik aufgefädelt. Bei der Einlage einer Doppel-J-Schiene wird eine zweite Schiene als Verlängerung benötigt, der sog. »Pusher« oder »Schieber«. Günstig ist ein sog. »steuerbarer DJ-Katheter«, bei dem Pusher und DJ verbunden sind, sodass der DJ-Katheter auch zurückgezogen werden kann.
Tipps
5 Bei problematischer Intubation des Ostiums mit dem UK ist oft die Platzierung des mandrinfreien UK unmittelbar vor dem Ostium sinnvoll. Über einen via UK zugeführten hydrophilen Draht kann anschließend versucht werden, das Ostium zu entrieren, um dann über diesen Draht als Leitstruktur den UK in den Harnleiter vorzuschieben. 5 Wird der DJ-Katheter nur unter Durchleuchtung (z. B. nach Ureteroskopie ohne Zystokop) eingelegt, sollte der stehende Operateur den Draht bis in den fest konnektierten Pusher zurückziehen. Anschließend wird der DJ-Katheter mit dem Pusher in die Blase geschoben und nun die Verbindung gelöst. Hierdurch lässt sich vermeiden, dass der ausgesteifte Push/DJ-Katheter in den Harnleiter vorgeschoben wird oder bereits in der Urethra dekonnektiert wird.
Schwierge DJ-Einlage Bei hochgradigen Harnleiterengen, schwer überwindbaren Kinks und/oder Perforationsgefahr ist die Wahl eines zuvor mit Wasser benetzten hydrophilen Drahtes (z. B. Terumo) ratsam [7].
Tipps
Vorgehen
5 Es ist eminent wichtig, dass der Führungsdraht in seinem gesamten Verlauf gestreckt gehalten wird, da anderenfalls das Auffädeln der Schiene und des Pushers sowie das Einbringen der Schiene in das Ostium nicht möglich ist. 5 Zur Verhinderung der Ausbildung sog. »Loops« in der Blase ist neben der Spannung des Führungsdrahtes die konstante Positionierung des Instrumentes unmittelbar vor dem Ostium unabdingbar.
5 Zunächst Einführen eines gebogenen UK von 5 Charr mit offener Spitze bis zur Stenose. 5 Radiologische Darstellung der Stenose. 5 Überwindung der Stenose mit einem hydrophilen Draht und Überschieben des UK. 5 Der Terumo-Draht muss mit einer Kompresse oder einem kleinen Handgriff (»torque device«) gehalten werden 5 gelingt dies nicht: »Pull-Push-Technik« d.h. geringes Zurückziehen des Terumo-Drahtes und gleichzeitiges Vorschieben des UK (Zystoskop wird durch Assistenzpersonal gehalten!) 5 Austausch des Terumo-Drahtes im UK gegen einen steifen 0,035-inch-Draht 5 DJ-Katheter über Draht vorschieben, bis er fast im Zystoskop verschwunden ist, dann erst Konnexion mit Pusher.
Bei nun im Nierenbecken korrekt liegender Harnleiterschiene kann der Führungsdraht langsam einige cm zurückgezogen und das Ende der Schiene durch Vorschieben und Zurückziehen sowie Drehung des Pushers (und damit der Schiene selbst) optimal platziert werden. Das kraniale Ende des Doppel-J-Katheters sollte sich im Nierenbecken einrollen. Der Führungsdraht wird bis zum kaudalen Ende der Doppel-J-Schiene zurückgezogen und dieses Ende des Katheters unter zystoskopischer wie radiologischer Kontrolle mit Hilfe des Pushers in der Harnblase abgeworfen. Dies wird erleichtert durch langsame Entfernung des Zystoskops vom Ostium unter gleichzeitigem Vorschieben des Pushers in die Harnblase.
19
212
Kapitel 19 · Harnleiterschienung
Tipp
Vorgehen
Zur Fixierung eines transurethral ausgeleiteten UK oder Mono-J-Katheters hat sich folgende Methode bewährt: Festhalten des UK und Zurückziehen des Dauerkatheters an den Blasenhals. Reinigen des DK und UK mit Alkohol oder Benzin. Umwickeln beider Katheter unmittelbar am Meatus mit einem kurzen Streifen schmalen braunen Pflasters. Beide Katheter werden zusätzlich über dem Pflaster aneinander geknotet.
Retrograde Steinreposition bei okkludierendem Harnleiterstein Zur Einlage eines DJ-Katheters oder besseren Effektivität der extrakorporalen Stoßwellenlithotripsie (ESWL) im Nierenbeckenhohlsystem kann es notwendig sein, einen Harnleiterstein zurückzupushen.
Der Draht wird mit dem festeren Ende über ein seitliches Loch in den DJ eingeführt und knapp bis zum Ende des Pigtailkatheters (7 Charr, mindestens 28 cm Länge) vorgeschoben (die Spitze sollte nur gerade, aber nicht ganz ausgesteift sein – Perforation!). Pigtail und Draht werden mit einer Péan-Klemme fixiert und der DJ in das Nierenbecken geschoben. Der Draht wird zu einer Schlaufe gelegt und nun das weiche Ende über ein seitliches Loch in den DJ eingelegt und zur Blase vorgeschoben.
Lässt sich der Pigtail mit dem festeren Ende voraus ( oben) nicht nach kranial vorschieben, sollte der Draht allein mit dem weichen Ende in die Niere gelegt und der DJ aufgefädelt werden. Der Draht muss nun herumgedreht und wie oben beschrieben fortgefahren werden, da sich das festere Ende nicht in die Blase vorschieben lässt (⊡ Abb. 19.1). Tipp
Vorgehen Retrograde Harnleiterdarstellung und Heranführen eines 5-Charr-UK an den Stein. Spülung über UK mit 5 ml NaCl oder Glycerol. Versuch, einen Terumo-Draht oder den UK am Stein vorbei zu schieben (Drehen der UK-Spitze). Strecken des Harnleiters (Kopftieflage, Beine absenken, Eindrücken der Flanke).
Der Pigtail liegt richtig, wenn er sich mit einer Pinzette leicht innerhalb der Ureterotomie verschieben lässt, und sicher in der Blase, wenn intravesikal instillierte Methylenblaulösung aus dem DJ-Katheter über die Ureterotomie austritt.
19.3.2
Antegrade Harnleiterschienung
Intraoperative Einlage eines DJ-Katheters Erfolgt eine Harnleiterschienung über eine Ureterotomie, so bietet sich das in der Übersicht genannte Vorgehen an.
Bei retrograd nicht platzierbarer Harnleiterschiene kann in grundsätzlich gleicher Technik antegrad eine Schiene bis in die Blase eingelegt werden.
⊡ Abb. 19.1a–c. Intraoperative Einlage einer DJ-Harnleiterschiene. a Ein flexibler Führungsdraht wird nach kranial über seitliche Perforationen des DJ-Katheters eingeführt. b Der flexible Führungsdraht wird zur Blase hin durch ein weiter distal im DJ gelegenes Loch eingeführt. c Der DJ-Katheter wird gleichzeitig nach kranial und distal geschoben, bis er in der Ureterotomie versenkt ist. Herausziehen des Drahtes von kaudal und kranial, während der DJ in der Ureterotomie mit einer Pinzette festgehalten wird
19 a
b
c
213 19.5 · Komplikationen
Anschließend wird der Führungsdraht bis in den Pusher zurückgezogen. Bei korrekter Lage des kranialen Doppel-J-Katheterendes, welches sich nun im Nierenbecken aufwirft, kann der Führungsdraht erneut einige cm in die Schiene vorgeschoben und anschließend der Pusher dekonnektiert und entfernt werden. ! Cave Bei der antegraden Ureterschienenanlage ist sicherzustellen, dass vor Abwurf des kranialen Katheterendes im Nierenbecken das kaudale Ende die Blase erreicht hat, da ein bei distaler Ureterstenose im oberen Harntrakt versenkter Doppel-J-Katheter sich nur pyeloskopisch oder offen-operativ bergen ließe.
Liegt eine Harnleiterstenose bei einem Patienten mit Ileum-Conduit vor, so empfiehlt sich ebenfalls die Harnleiterschienung antegrad: Schaffung einer Durchzugsschiene und dann retrograde Einlage des Pigtailkatheters.
Vorgehen Günstig ist eine Punktion der mittleren Kelchgruppe, Einlegen eines Lunderquist-Drahtes und Einführen einer 7-Charr-Schleuse. Die Spitze der Schleuse sollte dabei im pyeloureteralen Übergang zu liegen kommen. Antegrade Kontrastdarstellung des oberen Harnleiters und Vorschieben eines Terumo-Drahtes bis zur Stenose. Vorschieben des gebogenen 5-Charr-UK bis zur Stenose. Kontrastdarstellung der Stenose und Vorschieben des Terumo-Drahtes (besserer Kraftvektor über nahe an der Stenose platziertem UK!). Vorschieben des UK in die Blase (evtl. Pull-PushTechnik), Austausch des Terumo-Drahtes gegen steiferen Metalldraht. Eventuell zystoskopische Bergung des Drahtes und Schaffung einer Durchzugsschiene.
19.3.3
Wechsel und Entfernung von Doppel-J-Harnleiterschienen
Zum Wechsel eines Doppel-J-Katheters wird das kaudale Ende zystoskopisch gegriffen und kurz vor den Meatus urethrae gezogen. Anschließend wird radiologisch kontrolliert, ob der kraniale Anteil der Schiene noch im Harnleiter liegt. Ist dies der Fall, kann über einen gestreckt geführten Draht als Leitstruktur die alte Schiene entfernt und eine neue im oberen Harntrakt platziert werden.
! Cave Das Fassen der Spitze der Harnleiterschiene sollte unter Sicht erfolgen, da so Läsionen an Blase und Urethra durch Miterfassen von Schleimhaut verhindert werden können.
Die Doppel-J-Katheter Entfernung erfolgt ebenfalls zystoskopisch (beim Mann evtl. flexibel). Das Belassen eines Extraktionsfadens, der am Oberschenkel fixiert wird (akzidentelle Entfernung!), das Einfangen mit einem Extraktionshäkchen bei der Frau oder magnetische Enden haben sich nicht bewährt. ! Cave Bei inkrustierter Harnleiterschiene droht bei der Entfernung der Harnleiterein- bzw. -abriss; in diesen Fällen sollte zuvor eine extrakorporale Stoßwellenlithotripsie (ESWL) durchgeführt werden.
Tipp
Lässt sich der vor die Harnröhre gezogene inkrustierte DJ-Katheter nicht mit einem Draht intubieren, so kann eine eng anliegende Schleuse übergeschoben werden. Das Ende des DJ-Katheters wird hierzu durchstochen und der lange Faden durch die Schleuse geschoben.
19.4
Metallureterstent
Statt eines Tumorstents kann eine hochgradige Stenose auch mit einem metallischen Harnleiterstent geschient werden. Problematisch hierbei ist jedoch, dass ein adynames Segment im Harnleiter entsteht, das eine Harnstauung aufrechterhalten kann. Bei längeren Stenosen müssen evtl. 2 Stents ineinander gelegt werden. Komplikationen der Methode sind Durchwachsen des Stens mit Tumor oder hyperplastischem Urothel, Abkippen des Stents im Harnleiter mit Ausbildung einer relativen Stenose und der Unmöglichkeit, den Stent endoskopisch wieder zu entfernen. Meist dient der Metallstent als Platzhalter zum leichteren Einlegen eines DJ-Katheters durch den Stent. Besser erscheint die Methode der Harnumleitung mittels eines sog. »Detoursystems« zwischen Nierenbecken und Harnblase.
19.5
Komplikationen
Obwohl gravierende Komplikationen bei der Harnleiterschienung selten sind, beklagen 35–90% der Patienten mit Harnleiterkathetern irritative Symptome wie Pollakisurie, Dysurie, Urge-Symptomatik, Flanken- und Unterbauchschmerz sowie Hämaturie [2, 8–10]. Irritative Beschwer-
19
214
Kapitel 19 · Harnleiterschienung
⊡ Abb. 19.2. Abgebrochener DJ-Katheter im Nierenbecken mit Stein
19
⊡ Abb. 19.3. Verkalkter DJ-Katheter in der Blase
⊡ Abb. 19.4. Abgebrochener DJ-Katheter im Harnleiter
den, die v. a. bei zu lang gewählten Doppel-J-Kathetern auftreten, lassen sich meist durch Anticholinergika reduzieren [11]. Der Refluxschmerz, der insbesondere bei der Miktion auftritt und durch den Rückfluss durch das Innenlumen des Katheters sowie die reflektorische Harnleiterdilatation verursacht wird, kann durch verkürzte Miktionsintervalle sowie eine langsame Miktion ohne Pressen gelindert werden. Das Risiko der Inkrustation einer Ureterschiene steigt mit ihrer Verweildauer im Harnleiter [12] und kann durch regelmäßigen Wechsel (2- bis 6-mal monatlich), ausreichende Flüssigkeitszufuhr sowie strikte Behandlung möglicher Harnwegsinfekte reduziert werden. Bei ausgeprägten Inkrustationen, die die Entfernung der Schiene behindern, kann die Durchführung einer ESWL-Therapie, unter Umständen gar eine operative Entfernung notwendig werden [13, 14] (⊡ Abb. 19.2, 19.3).
Die Biofilmbildung und Infektion des Harnleitersplints ist ebenfalls abhängig von der Verweildauer der Schiene, ihrem strukturellen Aufbau, dem Urinmilieu sowie potenziell bestehenden Harnwegsinfekten. Eine Harnansäuerung kann der Vermehrung von Keimen im Harntrakt vorbeugen [9]. Eine Migration der Schiene nach kranial oder kaudal ist bei korrekt gewählter Schienenlänge selten. Bei jenseits des Schließmuskels liegendem kaudalen Katheterende kommt es zur Inkontinenz, was eine Replatzierung oder einen Splintwechsel nötig macht. Als Raritäten unter den Komplikationen der Harnleiterschienung sind ferner Schienenbrüche (⊡ Abb. 19.4), Uretererosionen mit Fistelbildung in angrenzende Organsysteme oder Gefäße zu erwähnen [10, 15]. Intra- und periinterventionell können bei vorgeschädigten Harnwegen, schlechter Übersicht und unsachgemäßem Vorgehen verschiedene weitere Komplikationen auftreten:
215 Literatur
▬ Ostium- und Harnleiterverletzungen: Meist genügt eine längere Verweildauer der korrekt platzierten Harnleiterschiene über mindestens 2–4 Wochen. Zur Reduktion des bei 80% der Patienten mit Harnleitersplints auftretenden versikoureterorenalen Refluxes ist die gleichzeitige temporäre Ableitung mit einem transurethralen Dauerkatheter sinnvoll [8, 16]. ▬ Fehllage: Ein abschließendes Röntgenbild sollte die korrekte Lage des DJ-Katheters dokumentieren. Es ist auf die Orientierung des kranialen Kringels zu achten (nach lateral!). ▬ »Versenkter« Doppel-J-Katheter: Bei versehentlichem Hochschieben und Abwerfen der kaudalen Katheterspitze im Ureter muss diese möglichst rasch ureteroskopisch wieder in die Harnblase replatziert werden. Alternativ kann versucht werden, einen 4-Charr-Ballon dilatationskatheter am DJ-Katheter vorbei zu schieben. Nach Aufblasen des Ballons wird der DJ-Katheter an die Harnleiterwand gedrückt, und beim vorsichtigen Ziehen am Dilatator kann der DJ mit in die Blase wandern. ▬ Infektionen. ! Cave Kreislaufreaktion bei Keimeinschwemmung mit potenzieller Notwendigkeit einer intensivmedizinischen Überwachung.
Patienten mit endoluminalen Harnleiterschienen benötigen eine engmaschige Kontrolle (Sonographie, Urinkontrolle). Der Patient und der weiterbehandelnde Arzt müssen informiert sein, dass eine Schiene gelegt wurde und diese entweder regelmäßig gewechselt oder wieder entfernt werden muss.
Literatur 1. Pearle, M. S., Pierce, H. L., Miller, G. L., Summa, J. A., Mutz, J. M., Petty, B. A., Roehrborn, C. G., Kryger, J. V., and Nakada, S. Y. Optimal method of urgent decompression of the collecting system for obstruction and infection due to ureteral calculi. J Urol, 160: 12601264, 1998 2. Auge, B. K. and Preminger, G. M. Ureteral stents and their use in endourology. Curr Opin Urol, 12: 217-222, 2002 3. Kalem, T. and Echtle, D. (eds.) Harnleiter, Vol. 1. Damstadt: Steinkopff Verlag, 2003 4. Hollowell, C. M., Patel, R. V., Bales, G. T., and Gerber, G. S. Internet and postal survey of endourologic practice patterns among American urologists. J Urol, 163: 1779-1782, 2000 5. Borboroglu, P. G., Amling, C. L., Schenkman, N. S., Monga, M., Ward, J. F., Piper, N. Y., Bishoff, J. T., and Kane, C. J. Ureteral stenting after ureteroscopy for distal ureteral calculi: a multi-institutional prospective randomized controlled study assessing pain, outcomes and complications. J Urol, 166: 1651-1657, 2001 6. Mosli, H. A., Farsi, H. M., al-Zimaity, M. F., Saleh, T. R., and al-Zamzami, M. M. Vesicoureteral reflux in patients with double pigtail stents. J Urol, 146: 966-969, 1991 7. Hofmann, R., Pickl, U., and Hartung, R. Negotiating ureteral stenoses and kinks with a hydrophilic wire. Urol Int, 54: 162-164, 1995 8. Joshi, H. B., Stainthorpe, A., Keeley, F. X., Jr., MacDonagh, R., and Timoney, A. G. Indwelling ureteral stents: evaluation of quality of life to aid outcome analysis. J Endourol, 15: 151-154, 2001 9. Denstedt, J. D., Wollin, T. A., and Reid, G. Biomaterials used in urology: current issues of biocompatibility, infection, and encrustation. J Endourol, 12: 493-500, 1998 10. Richter, S., Ringel, A., Shalev, M., and Nissenkorn, I. The indwelling ureteric stent: a ‹friendly› procedure with unfriendly high morbidity. BJU Int, 85: 408-411, 2000 11. Irani, J., Siquier, J., Pires, C., Lefebvre, O., Dore, B., and Aubert, J. Symptom characteristics and the development of tolerance with time in patients with indwelling double-pigtail ureteric stents. BJU Int, 84: 276-279, 1999 12. el-Faqih, S. R., Shamsuddin, A. B., Chakrabarti, A., Atassi, R., Kardar, A. H., Osman, M. K., and Husain, I. Polyurethane internal ureteral stents in treatment of stone patients: morbidity related to indwelling times. J Urol, 146: 1487-1491, 1991 13. Cass, A. S., Kavaney, P., Levine, L., Lundblad, R., Robbins, J., Stern, J., and Wolpert, J. Extracorporeal shock wave lithotripsy for calcified ureteral stent. J Endourol, 7: 7-10, 1993 14. Bultitude, M. F., Tiptaft, R. C., Glass, J. M., and Dasgupta, P. Management of encrusted ureteral stents impacted in upper tract. Urology, 62: 622-626, 2003 15. Zisman, A., Siegel, Y. I., Siegmann, A., and Lindner, A. Spontaneous ureteral stent fragmentation. J Urol, 153: 718-721, 1995 16. Dyer, R. B., Chen, M. Y., Zagoria, R. J., Regan, J. D., Hood, C. G., and Kavanagh, P. V. Complications of ureteral stent placement. Radiographics, 22: 1005-1022, 2002
19
20 Perkutane Nephrostomieanlage H. Feiber
20.1 Geschichtliche Entwicklung
– 218
20.2 Indikationen zur Operation – 218 20.3 Kontraindikationen zur Operation – 218 20.4 Aufklärung, Komplikationen
– 218
20.5 Vorbereitung, Lagerung und Durchführung der Nephrostomieanlage in einzelnen Schritten – 219 20.6 Temporäre – permanente – palliative Harnableitung: kritische Bemerkungen – 222 20.7 Katheterpflege und -wechsel – 222 Literatur – 222
218
20
Kapitel 20 · Perkutane Nephrostomieanlage
Unter einer perkutanen Nephrostomie wird die bildgebend (röntgenologisch bzw. sonographisch) geführte perkutane Anlage einer Fistel in das Nierenbecken verstanden.
20.1
Geschichtliche Entwicklung
1954 wurden erstmals durch Weens u. Florence [1] sowie Wickboom [2] perkutane Punktionen des Nierenbeckens zur antegraden Pyelographie durchgeführt. 1955 erfolgte die erste perkutane Nephrostomie durch Goodwin et al. [3], damals noch unter Röntgenkontrolle. Rund 20 Jahre später haben Günther et al. [4] dieses Verfahren weiter vorangetrieben, wobei sie die Punktion sonographisch gezielt durchführten. Mit der Verbesserung der Punktionssysteme und der Weiterentwicklung der Ultraschallgeräte ist dieses Verfahren zur Routine geworden und fest etabliert.
20.2
Indikationen zur Operation
Wir unterscheiden zwischen diagnostischer und therapeutischer Indikation.
Perkutane Nephrostomie als diagnostische Maßnahme Antegrade Darstellung von Nierenbecken und Harnleiter Nierenbeckendruckmessung Beurteilung der Nierenfunktion (Ausscheidung, spezifisches Gewicht des Urins, Kreatininclearance)
Grundsätzlich konkurriert das Verfahren der perkutanen Nephrostomie mit dem des retrograden endoluminalen Zugangsweges, d. h. der inneren Harnleiterschienung. In Fällen, in denen die Obstruktion nicht retrograd überwindbar ist, stellt sie die einzig mögliche Ableitungsform dar. Vorteil der perkutanen Nephrostomie ist die Wiederholbarkeit der radiologischen Darstellung sowie der Zytologieentnahme. Wird alternativ eine retrograde Darstellung und anschließende Schienung mit einem UK oder DJKatheter durchgeführt, so müssen bei der ersten Untersuchung die Befunde bereits gut dokumentiert werden, um die Diagnose zu stellen (Stein, Differenzialdiagnose: Harnleitertumor). Erfahrungsgemäß erfolgt dies bei einem Notfall oder im Nachtdienst nur unzureichend. Vielfach wird die perkutane Nephrostomie fast ausschließlich angewandt, da hohe Erfahrung und Training in der Klinik vorliegen und die Vorteile als überwiegend eingestuft werden (“Philosophie der Klinik”). In der überwiegenden Mehrzahl der Fälle erfolgt die Anlage einer perkutanen Nephrostomie in therapeutischer Absicht.
Perkutane Nephrostomie als therapeutische Maßnahme Harnleiterobstruktionen (diese können eine externe oder interne Ursache haben) Obstruierende Harnleitersteine Harnleitertumoren Iatrogene Harnleiterstrikturen (postoperativ, post radiatio) Externe Tumorkompression (Lymphome, gynäkologische Tumoren, Sigmakarzinom, Rektumkarzinom) Notfallmäßige Ableitung infizierter Harnstauungsnieren
Bei iatrogenen Harnleiterverletzungen mit Ausbildung einer Urinfistel kann eine Trockenlegung erreicht werden. Besondere Wertigkeit hat die perkutane Nephrostomie bei der notfallmäßigen Ableitung infizierter Harnstauungsnieren, Pyonephrose und Sepsis. Als minimal-invasiver Eingriff bei in der Regel Hochrisikopatienten ist die perkutane Nephrostomie die Methode der Wahl zur Behebung des akuten Zustandes. Gelegentlich stellt die perkutane Nephrostomie den Zugangsweg für interventionelle endourologische Maßnahmen dar wie z. B. perkutane Litholapaxie, antegrade Harnleiterschienungen, Nierenbeckenspülungen, Chemolyse von Harnsteinen und BCG-Instillationen bei Urotheltumoren.
20.3
Kontraindikationen zur Operation
Eine Kontraindikation zur perkutanen Nephrostomie stellen die nicht korrigierbaren ernsten Koagulopathien dar. Eine wichtige Voraussetzung ist deshalb die Erhebung der Medikamentenanamnese (Marcumar, Aspirin etc.) und die aktuelle Bestimmung der Blutgerinnung. Eine relative Kontraindikation sehen wir bei nicht gestauter Niere und im Terminalstadium einer Tumorerkrankung.
20.4
Aufklärung, Komplikationen
Auch wenn die perkutane Nephrostomie eine minimalinvasive Maßnahme darstellt, sind in einem geringen Prozentsatz Komplikationen zu erwarten, da der direkte Zugang zur Niere prinzipiell traumatisch ist. Über diese Risiken muss schriftlich aufgeklärt werden. Komplikationen werden in ca. 10% der Fälle beschrieben, wobei es sich vorwiegend jedoch um leichtere Komplikationen, wie eine vorübergehende Hämaturie, handelt. Diese erfordern ebenso wenig eine Therapie wie kleinere perirenale oder subkapsuläre Hämatome. Septische Komplikationen bei Pyonephrose (Urinom, perinephritischer Abszess, Septikämie)
219 20.5 · Vorbereitung, Lagerung und Durchführung der Nephrostomieanlage in einzelnen Schritten
treten in 1,9% der Fälle auf [5]. Selten werden Pleuraverletzungen, vorwiegend linksseitig (linke Niere steht höher!), beschrieben, die zu einem Mantelpneumothorax führen. Darmverletzungen sind ebenfalls rar.
20.5
Vorbereitung, Lagerung und Durchführung der Nephrostomieanlage in einzelnen Schritten
Prinzipiell ist die Durchführung einer perkutanen Nephrostomie auch im Rahmen einer ambulanten Behandlung möglich. Sie erfolgt in der Regel in Lokalanästhesie, nur bei Kindern oder sehr unruhigen Patienten ist eine Narkose erforderlich. Die Punktion erfolgt in Bauchlage, möglichst auf einem Röntgentisch mit Durchleuchtungsmöglichkeiten. Zur Ausgleichung der Lendenlordose sollte eine Unterpolsterung, z. B. durch eine aufblasbare Rolle unter den Oberbauch, erfolgen (»Katzenbuckel«). Die Anforderungen bezüglich der Sterilität sollten der einer regelrechten Operation genügen, d. h. sterile Abdeckung, Kleidung und Handschuhe. Das Instrumentarium zeigt ⊡ Abb. 20.1. Instrumentarium zur perkutanen Nephrostomieanlage 20 cm lange Feinnadel mit einem Außendurchmesser von 0,7 mm (Lokalanästhesie) Zwei- oder besser dreiteilige Punktionsnadel von 12 cm Länge und 1,3 mm Außendurchmesser Lunderquist-Draht Teflon- oder Metallbougies Pigtail- oder Ballonkatheter
Erfolgt die Punktion sonographisch, erfordert dies ein entsprechendes Ultraschallgerät mit einem Punktionsschallkopf oder einer aufsteckbaren Punktionshilfe. Tipps
Wichtig ist die Anordnung des Ultraschallmonitors und Durchleuchtungsmonitors in der vorgesehenen Stichrichtung (»Nase-Nadel-Niere« in einer Richtung!). Verdrehungen des Operateurs, nachträgliches Suchen des Fußschalters oder Hin- und Herschieben des Ultraschallgerätes (Kabel!) durch Schwester oder Pfleger oder gar des steril angezogenen Operateurs führen häufig zu Misserfolg.
⊡ Abb. 20.1. Instrumentarium zur perkutanen Nephrostomie. Feinnadel zur Lokalanästhesie, zwei- oder dreiteilige Punktionsnadel, Lunderquist-Draht, Teflonbougie, Nephrostomie-Pigtailkatheter
1. Schritt: Punktion der Niere Die Punktion wird durch den Retroperitonealraum von laterodorsal nach medioventral geführt, am besten durch die untere Kelchgruppe (⊡ Abb. 20.2, 20.3). Ist eine spätere antegrade Schienung geplant, so eignet sich die mittlere Kelchgruppe besser. Zur Vermeidung eines Urinoms sollte eine direkte Punktion des Nierenbeckens vermieden werden. Bei gestauter Niere stellt die Punktion unter alleiniger Ultraschallführung kein Problem dar, bei nicht gestauter Niere empfiehlt sich eine Kontrastmittelgabe retrograd über einen UK, evtl. mit Indigocarmin bzw. Methylenblau vermischt, und die Punktion unter gleichzeitiger Röntgenkontrolle. Tipps
Zur besseren sonographischen Ortung der Nadel empfiehlt sich: – ein aufgerauter Nadelschaft, – eine Nadelspitze mit langem und gewinkeltem Anschliff, – geringes Hin- und Herbewegen der Nadel (Spitze der Nadel nicht mehr in der Schallebene), – Einbringen eines luftbläschenhaltigen sterilen Gels in den Nadelschaft.
Ultraschallkontrastmittel (z.B. Levovist, Echogen, Echovist etc.) sind wenig geeignet zur Hohlraumdarstellung, da sie hauptsächlich Blutflusssignale verstärken. Tipps
Entleert sich kein Urin aus der Nadel, so empfiehlt sich folgendes Vorgehen: – Aspiration mit einer 2-ml-Spritze, – Drehen der Nadel, dann Aspiration, – millimeterweises Zurückziehen der Nadel unter Aspiration, – Neupunktion nach komplettem Zurückziehen der Nadel bis zum Hautniveau (neue Stichrichtung!, Verbiegen der Nadel vor der Niere ist erfolglos!).
20
220
Kapitel 20 · Perkutane Nephrostomieanlage
20
⊡ Abb. 20.3. Nephrektomiepräparat einer hydronephrotischen Sackniere mit Nephrostomie in der unteren Kelchgruppe
3. Schritt: Einführen eines Lunderquist-Drahtes ⊡ Abb. 20.2. Arterielle Gefäßversorgung der Niere. Durch Punktion direkt auf die Papille werden nur wenige Gefäße verletzt, wenn die Punktion senkrecht zur Nierenoberfläche gelegt wird
2. Schritt: Entleerung von Urin und Kontrastmittelgabe Zunächst Abtropfenlassen von einigen Tropfen Urin (bei Pyonephrose Auffangen zur mikrobiologischen Untersuchung) oder vorsichtige Aspiration mit der Spritze. ! Cave Loslassen der Nadel nach erfolgreicher Punktion, damit sich die Nadel atemsynchron mitbewegen kann. Das Festhalten der Nadel kann zur Dislokation führen. Bei der Aspiration die Nadel mit der linken Hand festhalten und mit der rechten Hand Spritze aufsetzen. Nur kurz festhalten und Spritze wieder entfernen! Wird zuviel Urin aspiriert oder kommt es zur Entleerung des unter Druck stehenden Urins im Strahl, so kann das Nierenbecken kollabieren und die Nadel nach außen dislozieren.
Auffüllen des Nierenbeckens mit 5–20 ml Kontrastmittel. Im Allgemeinen genügen wenige Milliliter, um das Nierenbecken zu kontrastieren. Es sollte kein Überdruck erzeugt werden, da sonst eine Einschwemmung erfolgt. Tipps
Liegt eine infizierte Harnstauungsniere vor, sollte weniger Kontrastmittel gegeben werden, als sich Urin aus dem Hohlsystem entleert hat. Entleert sich Eiter aus dem Hohlsystem, sollte auf die Kontrastmitteldarstellung zunächst ganz verzichtet werden und lediglich eine sonographische Nephrostomie erfolgen.
Unter Durchleuchtung wird ein Lunderquist-Draht mit weicher, gekrümmter Spitze eingeführt und bis zur Nierenbeckenwand vorgeschoben. Häufig kann man die Vorwölbung des Nierenbeckens beobachten. Es sollte kein Druck auf das Nierenbecken ausgeübt werden. Ein flexibler Seldinger-Draht ist zur Aufbougierung nicht geeignet. Es empfiehlt sich, den Lunderquist-Draht weit in die obere Kelchgruppe oder alternativ den Nierenbeckenabgang vorzuschieben, um ein Herausfallen bei den weiteren Manipulationen zu verhindern.
4. Schritt: Dilatation des Punktionskanals Der Punktionskanal wird mit Hilfe eines 8-Charr-Teflonbougies dilatiert (⊡ Abb. 20.4). Dieser Schritt ist nicht immer erforderlich, jedoch ist die Spitze des Bougies konischer als der Spitze des Nephrostomiekatheters, sodass das Einführen später erleichtert wird. Tipps
Gelingt es nicht, den Lunderquist-Draht über eine Kelchhalsstenose in das Nierenbecken einzuführen, so empfiehlt sich folgendes Vorgehen: – Darstellen des Hohlsystems mit Kontrastmittel. – Einführen eines weichen Metalldrahtes mit gerader Spitze über die Nadel und Manipulation in das Nierenbecken. – Gelingt dies nicht, Manipulation eines Terumodrahtes in das Nierenbecken. – Vorschieben des 8-Charr-Teflonbougies über den »gespannten« weichen Draht. – Durch den Bougie Austausch des weichen Drahtes gegen einen Lunderquist-Draht im Nierenbecken.
5. Schritt: Einlegen des Nephrostomiekatheters Nach Entfernen des Bougies wird zügig der Nephrostomiekatheter eingebracht. Der Lunderquist-Draht wird mit der
221 20.5 · Vorbereitung, Lagerung und Durchführung der Nephrostomieanlage in einzelnen Schritten
⊡ Abb. 20.4. Aufbougieren des Nephrostomietraktes mit einem Teflonbougie über dem Lunderquist-Draht
linken Hand gut fixiert, der Katheter rechts vorgeschoben. Der Lunderquist-Draht wird zurückgezogen und die Ausbildung der Schlaufe unter Durchleuchtung beobachtet. Bildet sich der Kringel nicht aus, wird der Katheter bei etwas zurückgezogenem, jedoch noch liegendem Lunderquist-Draht gedreht. Liegt der Nephrostomiekatheter immer noch nicht gut, so kann er nach Entfernen des Drahtes unter Durchleuchtung gering vorgeschoben, zurückgezogen oder gedreht werden, bis der Pigtail optimal zu liegen kommt. Der Nephrostomiekatheter sollte an der Haut – am besten doppelt – angenäht werden. Tipps
Um ein Abgleiten des Knotens vom später durch Körpertemperatur weicher werdenden Nephrostomiekatheter zu verhindern, empfiehlt sich: – Reinigen des Nephrostomiekatheters mit Benzin knapp oberhalb des Hautniveaus. – Faltenfreies Umwickeln des Katheters (ohne Handschuhe!) mit rotem schmalem Pflasterstreifen (maximal 1 cm lang!). – Knoten des nicht resorbierbaren Fadens auf dem Pflasterstreifen.
Die Erfolgsrate wird mit 95–98% bei gestauter und mit 80% bei nicht gestauter Niere angegeben [6]. Die anschließende Röntgenkontrolle (⊡ Abb. 20.5) sollte die korrekte Lage des Katheters dokumentieren, im Falle einer Pyonephrose sollte diese eher verzögert erfolgen, um eine Keimeinschwemmung bei einer Druckerhöhung im Hohlsystem zu vermeiden. Nicht in jedem Fall kann die antegrade Darstellung zu einer Klärung der Ursachen der Obstruktion führen, zumindest lässt sich aber die Lokalisation derselben erkennen.
⊡ Abb. 20.5. Röntgenkontrolle der Nephrostomielage
Aufbougieren der Nephrostomie und Einlage eines Ballonkatheters Ist die Nephrostomie als permanente Harnableitung angelegt, so ist die Einlage eines Pigtail-Katheters mit Ballon oder besser eines Ballonnephrostomiekatheters mit gerader Spitze und offenem Ende indiziert.
Arbeitsschritte des Aufbougierens Auffüllen des Nierenbeckens mit Kontrastmittel Einführen eines steifen Lunderquist-Drahtes Bougies: Koaxiale Metallbougies (»Alken-Bougies«) oder Teflonbougies Bougierung immer mindestens 2 Charr mehr als der spätere Nephrostomiekatheter (z. B.16/14 Charr) Bei Metallbougies Entfernen der kurzen Bougies, Belassen des Lunderquist-Drahtes und des langen Bougies, Überschieben des Nephrostomiekatheters mit viel Gleitmittel Bei Teflonbougies Einführen des Nephrostomiekatheters über den Lunderquist-Draht Blocken des Ballons im kontrastgefüllten Nierenbecken bei noch liegendem Lunderquist-Draht
20
222
20
Kapitel 20 · Perkutane Nephrostomieanlage
20.6
Temporäre – permanente – palliative Harnableitung: kritische Bemerkungen
Grundsätzlich kann die perkutane Nephrostomie als temporäre, permanente oder palliative Harnableitung angelegt sein. Als temporäre Maßnahme bringt die vorübergehende Entlastung einen Zeitgewinn bis zur kausalen Therapie und hat hier ihren Wert insbesondere bei hohem operativem Risiko wie schlechtem Allgemeinzustand, Urämie und septischem Geschehen. Im Falle der permanenten Harnableitung stellen sich im Verlauf Probleme durch Verlegungen, Inkrustrationen und Dislokationen des Katheters dar. Diesen kann begegnet werden durch Ansäuern des Urins mit L-Methionin und frühzeitigem Katheterwechsel bzw. Aufbougierung auf stärkerlumige Katheter. Im Fall der palliativen Harnableitung, etwa bei inoperablen Tumorpatienten oder bei Patienten, bei denen aus anderen Gründen eine wirksame Antitumortherapie nicht mehr möglich ist, wird dem Patienten zwar das Schicksal der Urämie erspart, es bedeutet dies jedoch im Einzelfall manchmal eine Lebensverlängerung unter deutlich eingeschränkter Lebensqualität. Eine ausführliche und kritische Diskussion unter Wertung des Krankheitsstadiums, des bisherigen Verlaufes und des Willens des Patienten sollte in der Klinik oder besser in einem interdisziplinären Tumorkolloquium erfolgen.
20.7 Katheterpflege und -wechsel Eine systematische Antibiotikaprophylaxe ist nicht notwendig. Zur Katheterpflege gehört ein gelegentliches Anspülen des Katheters, um die Durchgängigkeit zu gewährleisten. Der Wechsel des Katheters ist dann problemlos möglich über einen Führungsdraht und sollte etwa nach 8–10 Wochen erfolgen.
Literatur 1. Weens, H. S.; Florence, T. J.: The diagnosis of hydronephrosis by percutaneous renal puncture. J. Urol. 72 (1954) 589–595 2. Wickboom, J.: Pyelography after direct puncture of the renal pelvis. Acta Radiol. (Stockh) 41 (1954) 505–512 3. Goodwin, W. E.; Casey, W. C.; Woolf, W.: Percutaneous trocar (needle) nephrostomy in hydronephrosis. J. Am. Med. Assoc. 157 (1955) 891– 894 4. Günther, R.; Altwein, J. E.; Georgi, M.: Feinnadelpunktion zur antegraden Pyelographie und perkutanen Nephropyelostomie. Fortschr. Röntgenstr. 127 (1977) 439–442 5. Watson, G.: Problems with double-J-stents and nephrostomy tubes. J. Endourol. 11 (1997): 413–417 6. Hautmann R.E., Huland H.: Lehrbuch Urologie. Springer, Berlin Heidelberg New York 2001
III Endoskopie bei speziellen Patientengruppen
21 Endoskopische Eingriffe bei Kindern T. Becker, M. Riccabona
21.1
Indikation – 226
21.2
Technik – 226
21.2.1 21.2.2 21.2.3
Antegrade Endoskopie – 226 Retrograde (prograde) Video-Urethrozystoskopie Meatuskalibrierung – 227
21.3
Normalbefunde – 227
21.3.1
Normale weibliche Harnröhre
21.4
Pathologische Befunde – 227
21.4.1 21.4.2 21.4.3 21.4.4
Blasenwand und Trigonum – 227 Harnleiterostien – 228 Ureterozele – 228 Harnröhrenklappen – 228
21.5
Endoskopische Therapien bei Kindern – 229
21.5.1 21.5.2 21.5.3 21.5.4
Vesikorenaler Reflux – 229 Ureterozelen – 230 Harnröhrenklappen – 231 Intravesikale Injektion von Botulinum-A-Toxin bei neurogener Blase Literatur – 234
– 226
– 227
– 232
226
Kapitel 21 · Endoskopische Eingriffe bei Kindern
21.1
21
Indikation
Beim Erwachsenen gehört die Endoskopie häufig zur allgemeinen urologischen Abklärung. Im Gegensatz dazu ist ein endoskopischer Eingriff bei Kindern in der Regel nur in Narkose möglich, sodass die Indikation enger gestellt wird. Unabhängig davon, ob eine Endoskopie aus diagnostischer oder therapeutischer Sicht durchgeführt wird, gehört die Endoskopie bei Kindern in erfahrene Hände, um das Risiko des Eingriffs für das Kind zu minimieren und eine korrekte Interpretation der erhobenen Befunde zu gewährleisten. Jede diagnostische Endoskopie bei Kindern sollte hinsichtlich Notwendigkeit und eventueller therapeutischer Konsequenzen mit Sorgalt hinterfragt werden. Eine suffiziente konservative Diagnostik sollte obligat vorangestellt werden, entsprechend dem Grundsatz »vom wenig Invasiven zum Invasiven« und um dem Kind ggf. den Narkoseeingriff zu ersparen. Bei unauffälliger bildgebender Diagnostik – sonographisch und radiologisch –, z. B. bei rezidivierenden Harnwegsinfekten, bringt die diagnostische Endoskopie selten einen pathologischen Befund. Bei Nachweis von Auffälligkeiten, wie z. B. Harnröhrenklappen oder -engen, sollte die endoskopische Therapie in gleicher Sitzung angestrebt werden, um dem Kind eine weitere Narkose wenige Tage später zu ersparen.
21.2
Technik
In Allgemeinnarkose wird der kleine Patient in Lithotomieposition gelagert. Es ist darauf zu achten, dass das Gesäß bis zum Ende des Operationstisches vorgezogen wird und die Unterschenkel in den Fußhaltern gut abgepolstert werden. Der Genitalbereich wird mit einer desinfizierenden Lösung abgewaschen. Während des Waschens wird ein saugendes Einmaltuch unter das Gesäß eingezogen, um dieses und den Rücken trocken zu halten. Vor dem sterilen Abdecken wird das Tuch wieder entfernt. Unmittelbar nach Entkleiden des Säuglings oder Kindes muss dieses laufend mittels Wärmelampe oder Wärmeumluft konstant auf 37°C Körpertemperatur gehalten werden. Bei längeren diagnostischen oder therapeutischen Eingriffen wird die Körpertemperatur fortwährend überwacht. Unmittelbar vor der Endoskopie wird der Genitalbereich sorgfältig auf eventuelle Pathologien inspiziert und der Meatus vor Eingehen mit dem Instrument nochmals desinfiziert.
21.2.1
Antegrade Endoskopie
Zunächst werden wenige Milliliter eines gut gleitenden Gels in die Harnröhre eingeführt, alternativ wird der Schaft des Endoskopes benetzt. Der Zystoskopschaft wird mit dem gut abschließenden Obturator in die vordere Harnöhre eingeführt.
Anschließend wird der Obturator gegen eine 0°-Optik ausgewechselt, und das Instrument wird unter Sicht und unter vollem Spülstrom ohne Widerstand durch die gestreckte Harnröhre bis zur Blase vorgeschoben. Blutungen beim Einführen des Instrumentes sollten vermieden werden, da sonst postoperativ Harnröhrenstrikturen auftreten können. Relative Harnröhrenengen, die nicht ohne Widerstand mit dem Schaft zu überwinden sind, sollten mit einer Urethrotomia interna bei 12 Uhr inzidiert werden. Nach dem Einführen des Instrumentes in die Blase kann über das Endoskop eine Urinprobe zur Diagnostik gewonnen werden, soweit dies präoperativ nicht erfolgte. Zunächst erfolgt eine sorgfältige systematische Inspektion der Blase. Zur Orientierung wird das Endoskop bis zum Blasenhals zurückgezogen, anschließend erfolgt die Beurteilung des Trigonums sowie die Identifikation beider Harnleiterostien. Darüber hinaus werden Zahl, Form, Lage und Funktion der Harnleiterostien bei unterschiedlichen Füllungsgraden der Harnblase beurteilt, ebenso wie die bolusartige Urinejakulation und Urinbeschaffenheit. Nach der Beurteilung des Trigonums und der Ostien erfolgt die Untersuchung des Blasenbodens sowie die systematische Untersuchung beider Seitenwände, der Hinterwand, des Blasendaches und der Vorderwand. Mit der 0°-Optik können weite Bereiche der Blase beurteilt werden. Insbesondere zur Beurteilung der Blasenvorderwand empfiehlt sich jedoch der Wechsel der 0°-Optik gegen eine 30- oder 70°Optik. Darüber hinaus kann die Beurteilung der Blasenvorderwand durch manuelles Eindrücken der Bauchdecke erleichtert werden. Nach der Beurteilung der Blase wird das Endoskop erneut bis zum Blasenhals zurückgezogen. Anschließend erfolgt das langsame Zurückziehen des Instrumentes, abwechselnd unter vollem Spülstrom oder ohne, in die Harnröhre. Auf diese Weise wird die Beurteilung des Blasenhalses, der prostatischen Harnröhre, des Colliculus seminalis mit Utrikel sowie evtl. der Nachweis von Harnröhrenklappen oder Harnröhrendivertikeln möglich.
21.2.2
Retrograde (prograde) Video-Urethrozystoskopie
Idealerweise erfolgt heute die Endoskopie bei Kindern diagnostisch und therapeutisch unter Videobedingungen. Dank der hervorragenden Videosysteme und des Vergrößerungseffektes ist heute die Videoendoskopie aus mehreren Gründen auch in der Kinderurologie der alten »einäugigen Kunst ohne Zeugen« überlegen und generell zu empfehlen. Jede Phase des Eingriffes kann zu Demonstrationsoder Überwachungszwecken jederzeit von Lernenden oder Lehrenden optisch begleitet werden.
227 21.4 · Pathologische Befunde
Jeder Befund und jede Sequenz können aus medizinischen oder forensischen Gründen im Einzelbild oder als Videosequenz festgehalten sowie für Statistik, Zuweiser oder Studienzwecke dokumentiert werden. Moderne, leichte Videokameras sind heute mit Dampf autoklavierbar, bedürfen keines sterilen Überzuges mehr und sind somit sehr benutzerfreundlich in der Kinderurologie universell einsetzbar.
21.2.3
Meatuskalibrierung
Beim Mädchen empfiehlt sich eine Meatuskalibrierung vor dem Einführen des Zystoskopes zum Ausschluss einer mechanischen Harnröhrenstenose. Die Messung der Harnröhrenweite erfolgt mittels »bougie à boule«. Die mit Gleitmittel versehenen Sondenspitzen werden in steigender Charriere-Zahl in die Harnröhre eingeführt. Bei einer Meatusstenose kommt es zu einem Hängenbleiben der kegelförmigen Sondenspitze beim Zurückziehen in die distale Harnröhre. Typischerweise erkennt man einen anämischen Ring im Bereich der Enge. Die Harnröhrenweite ist altersabhängig und lässt sich mit Hilfe folgender Faustregel bestimmen: Charriere-Zahl = Lebensjahre +10. Die Methode ist zur Diagnose einer mechanischen Obstruktion geeignet. Eine funktionelle Harnröhrenenge lässt sich auf diese Weise nicht ausschließen. Eine anatomische Meatusenge erfordert eine chirurgische Korrektur. Therapie der Wahl ist eine plastische Meatotomie oder Bougie-Urethrotomie. Harnröhrenbougierungen bedingen ein sternförmiges Einreißen der zarten Urethralschleimhaut, haben somit eine hohe Rezidivrate und sollten deshalb unterbleiben. Eine interne Urethrotomie nach Otis sollte wegen der Gefahr einer iatrogenen Harninkontinenz bei Mädchen nicht durchgeführt werden. In der Vergangenheit wurde die Indikation zur Harnröhrenschlitzung zu oft gestellt. Bei sonographisch normaler Blasenwanddicke, unauffälligem MCU und normaler Uroflow-Kurve besteht keinerlei Indikation zur Meatotomie.
21.3
nums münden die Harnleiter. Die Harnleiterostien haben normalerweise eine schlitzförmige Form, sind nicht aufspülbar, und die Urinejakulation erfolgt bolusartig. Die Form des Trigonums sowie die Form und Funktion der Harnleiterostien sind vom Füllungszustand der Blase abhängig. Wird das Endoskop langsam in die Harnröhre zurückgezogen oder in Richtung Blase vorgeschoben, wird der Blasenhals sichtbar. Bei mäßiger Blasenfüllung erscheint der Blasenhals als irregulärer, leicht geröteter Ring. Mit zunehmender Blasenfüllung wird die Blasenschleimhaut blasser, die Fältelung der Blasenwand verstreicht, und der Blasenhals imponiert wie ein blasser, unter Spannung stehender Ring bei maximaler Blasenfüllung. Weiter distal wird der Colliculus seminalis sichtbar. Es handelt sich um eine ovale bis rundliche Struktur in der Mitte der dorsalen prostatischen Harnröhre, auf deren Oberseite gelegentlich die Mündung des Utriculus sichtbar ist. Von der Unterseite erheben sich jeweils 1–2 divergierende Falten beidseits an der hinteren Wand der Harnröhre, die weiter distal in Höhe der membranösen Harnröhre in die laterale Harnröhrenwand einstrahlen. In diesem Bereich zeigt sich eine Lumeneinengung der Urethra, verursacht durch das Diaphragma urogenitale. Zahlreiche anatomische Variationsmöglichkeiten erschweren die Beurteilung der proximalen Harnröhre, während die Befundung der distalen penilen Harnöhre selten Schwierigkeiten bereitet.
21.3.1
Normale weibliche Harnröhre
Die kurze Harnröhre beim Mädchen erlaubt meist das problemlose Einführen des Videoendoskopes oder des Endoskopes mit Obturator. Während keine Unterschiede in der Befundung von Trigonum, Harnleiterostien und Blasenschleimhaut bei den beiden Geschlechtern bestehen, ist die Beurteilung der Harnröhre beim Mädchen aufgrund der Kürze häufig etwas erschwert. Im Vergleich zur männlichen Harnröhre imponiert die weibliche Harnröhre stärker gefaltet, mit längs verlaufenden Falten insbesondere an der hinteren Harnröhrenwand, und die Schleimhaut wirkt rötlicher, sodass eine »Urethritis« vorgetäuscht werden kann.
Normalbefunde
Sowohl die Farbe des Trigonums als auch die Farbe der übrigen Blasenschleimhaut ist u. a. von der Stärke der Lichtquelle sowie dem Füllungsgrad der Blase abhängig. Bei geringer Blasenfüllung ist die normale Blasenschleimhaut rötlich im Gegensatz zur gelben bis nahezu weißen Färbung bei maximaler Blasenfüllung. Vom Blasenauslass gesehen erscheint das Trigonum leicht rötlich und erhaben. Das Trigonum hat eine dreieckige Form. Der Apex strahlt in die hintere Harnröhre, an beiden oberen Winkeln des Trigo-
21.4
Pathologische Befunde
21.4.1
Blasenwand und Trigonum
Iatrogene Veränderungen der Blasenschleimhaut durch das Trauma des Endoskopes wie Petechien, Blutungen etc. sollten vermieden werden und sind zu unterscheiden von Schleimhautveränderungen aufgrund einer akuten Entzündung oder einer chronischen Reizung der Blase. Die Reaktionen der Blasenschleimhaut und der Blasenwand
21
228
21
Kapitel 21 · Endoskopische Eingriffe bei Kindern
entsprechen denen im Erwachsenenalter. Im Rahmen einer akuten Zystitis erscheint die Blasenschleimhaut stärker gerötet, vermehrt gefäßinjiziert, ödematös verdickt und leichter vulnerabel. Bei chronischen Formen können sich Veränderungen im Sinne einer Cystitis cystica oder glandularis zeigen. Als Folge einer funktionellen oder anatomischen subvesikalen Obstruktion mit intravesikaler Druckerhöhung kann es zu einer Verdickung der Blasenwand mit Trabekelbildung und ggf. Ausbildung von Pseudodivertikeln durch eine Herniation der Mukosa durch die hypertrophierten Fasern des M. detrusor kommen. Demgegenüber sind echte Blasendivertikel abzugrenzen. Solche kongenitalen Divertikel zeigen einen regelrechten Wandaufbau und sind meist an der ureterovesikalen Verbindungsstelle, unmittelbar neben dem refluxiven Ostium, lokalisiert (»HutchDivertikel«). Direkt am Blasenscheitel gelegene Divertikel sind meist persistierende Relikte des Urachus, die mit dem Blasenlumen kommunizieren. Im Rahmen einer einseitigen Nierenagenesie zeigt sich zystoskopisch ein Hemitrigonum ohne Harnleiterostium auf der betroffenen Seite.
21.4.2
Harnleiterostien
Die Harnleiterostien zeigen Anomalien bezüglich Anzahl, Lage, Form und Funktion. Kann ein Harnleiterostium nicht in der Harnblase identifiziert werden, kann es nicht existent sein wie bei einseitiger Nierenagenesie, oder es kann ektop außerhalb der Blase münden. Die Ektopie geht insbesondere beim Mädchen in bis zu 75% der Fälle mit einer Doppelbildung einher. Beim Vorliegen einer Ureterdoppelbildung liegt die Mündung der zweiten Ureterknospe entsprechend der Meyer-Weigert-Regel weiter kaudal und medial als die regelrecht im Winkel des Trigonums gelegene erste Mündung. Beim Mädchen kann die ektope Mündung am Blasenhals oder in der Urethra liegen (35%), neben Meatus externus (30%), in der Vagina (25%) oder in Höhe des persistierenden Gartner-Ganges mit einer sekundären Öffnung in Vagina oder Uterus (5%). Der ektope Ureter beim Jungen kann in die hintere Harnröhre bzw. Prostata (55%) oder in die Samenblasen oder den Ductus deferens (45%) münden. Mackie u. Stephens entwickelten 1975 eine Lageklassifikation der Harnleiterostien. Hierbei wird eine normale trigonale Zone, eine kraniale Zone und eine kaudale Zone unterteilt. Innerhalb dieser 3 Zonen wird eine Subtypisierung mittels römischer Buchstaben vorgenommen. Im klinischen Alltag wird vereinfacht die Lage eines Ostiums von A (trigonal) bis D (stark lateralisiert) angegeben. Je lateraler das Ostium liegt, desto häufiger zeigen sich morphologische Auffälligkeiten. Nach Lyon wird die endoskopisch nachweisbare Morphologie eingeteilt in: normales schlitzförmiges Ostium, Stadion-, Hufeisen- und Golflochostium. Die endoskopi-
sche Beurteilung der Ostienkonfiguration und -lage kann bei Kindern mit vesikorenalem Reflux einen Beitrag zur Therapieentscheidung liefern. Aufgrund der Invasivität und der Notwendigkeit einer Narkose steht die Endoskopie, falls erforderlich, an letzter Stelle der Stufendiagnostik mit der Bereitschaft einer anschließenden operativen Refluxkorrektur. Bei eindeutig pathologischer Konfiguration ist die Chance auf eine Refluxmaturation gering und somit eine Operation angezeigt. Für eine evtl. geplante endoskopische Refluxkorrektur scheint die Ostienkonfiguration von größerer Bedeutung als der Refluxgrad. Im Falle eines orthotop mündenden Megaureters zeigen sich endoskopisch häufig wenig Auffälligkeiten.
21.4.3
Ureterozele
Die Ureterozele ist definiert als zystische Erweiterung des intravesikalen submukösen Harnleitersegments. Die Ureterozele hat eine Inzidenz von 1 : 500, wir finden sie bei Mädchen 4- bis 7-mal häufiger, in ca. 10% der Fälle tritt sie bilateral auf. In 80% sind die Ureterozelen mit einem Doppelsystem vergesellschaftet. Wir unterscheiden die intravesikale von der extravesikalen Ureterozele. Der zystoskopische Befund ist häufig sehr variabel, insbesondere kleine Ureterozelen können am besten bei nahezu leerer Blase mit Kompression der Flanke beurteilt werden. Bei zunehmender Blasenfüllung können Ureterozelen u. U. aufgrund der Kompression der Diagnostik entgehen und lediglich bei Ankunft einer peristaltischen Welle sichtbar werden. Ist die Blase prall gefüllt, imponiert eine Ureterozele gelegentlich auch wie ein Blasendivertikel. Ursächlich ist der veränderte Aufbau der Blasenwand im Bereich der Zele mit vermindertem muskulärem Widerlager. Sehr große Ureterozelen können die Identifikation der Ureterostien erschweren oder gar unmöglich machen. Ein transurethraler Prolaps der Zele kann zur Verlegung des Blasenauslasses und der Harnröhre führen. Das Eingehen mit dem Zystoskop in die Blase kann bei großen Ureterozelen manchmal etwas erschwert sein. Gelegentlich kommt es hier sogar wie auch beim Katheterisieren zur Perforation der Zele. Die Ureterozele ist obligat dem oberen dilatierten Doppelnierenanteil zugehörig. Ureterozelen, die mit einem singulären (ohne Doppelbildung) System einhergehen, sind meistens klein und liegen intravesikal.
21.4.4
Harnröhrenklappen
Im Rahmen der Endoskopie sind häufig zunächst sekundäre Veränderungen auffällig. Charakteristisch sind die dickwandige, trabekulierte Harnblase, die elongierte und dilatierte prostatische Harnröhre und der eingeengte, hypertrophe Blasenhals. Hinzu kommen Pseudodivertikel und meist ein vesikorenaler Reflux, ein- oder beidseitig, in weit
229 21.5 · Endoskopische Therapien bei Kindern
über der Hälfte aller Fälle. Der Colliculus seminalis kann normal ausgebildet sein oder flach an der Hinterwand der Harnröhre liegen. Distal davon entspringen zwei kräftige Schleimhautfalten, die sich ventral vereinigen und das Lumen der Harnröhre einengen. Wird das Endoskop weiter zurückgezogen, ist das Lumen durch die Klappen plötzlich verschlossen, oder es ist lediglich eine schlitzförmige Öffnung sichtbar. Eine häufig assoziierte Anomalie ist das sog. VURDSyndrom (vesikoureteraler Reflux – renale Dysplasie). Dies bedeutet einen massiven unilateralen Grad-V-Reflux in eine funktionslose, dysplastische Niere. Seltener kommt es zur Ausbildung großer Blasendivertikel oder renaler Fornixrupturen, die zu Urinaszites führen.
21.5
Endoskopische Therapien bei Kindern
21.5.1
Vesikorenaler Reflux
Indikation Die Therapie der kindlichen Refluxerkrankung erfordert Kompetenz, Erfahrung und ein gewisses Fingerspitzengefühl. Die Behandlung ist im Einzelfall individuell, aber auf der Basis von klaren Richtlinien durchzuführen. Oft ist es ein Balanceakt zwischen Zuwarten und Handeln. Derzeit werden von Pädiatern, Urologen, Kinderurologen und Kinderchirurgen oft sehr unterschiedliche Therapieempfehlungen abgegeben. Die Refluxtherapie ist grundsätzlich abhängig vom Refluxgrad, der ipsilateralen Nierenfunktion, der Blasenfunktion, einer evtl. Begleitpathologie, vom Alter des Kindes, der Klinik und von der Compliance und der Präferenz der Eltern. Die endoskopische Refluxtherapie wurde Anfang der 1980er-Jahre inauguriert und wird als Alternative zur antibiotischen Reinfektionsprophylaxe verstanden. Die Indikation zur endoskopischen Ostiumunterspritzung mit einem »bulking agent« ist der ein- oder beidseitige zweitbis viertgradige vesikorenale Reflux bei Kindern >1 Jahr.
Substanzen und Technik Die Verwendung von Teflon oder bovinem Kollagen (Zyplast) ist heute nicht mehr indiziert. Derzeit kommen vorwiegend 2 Substanzen zur Anwendung. Makroplastique® ist ein Silikonelastomer (Silikongummi), suspendiert in einem Carrier-Gel (Polymethylsiloxane). Die Partikelgröße von 100–210 µm verhindert eine Phagozytierung durch Monozyten oder Makrophagen. Das Carrier-Gel wird absorbiert und durch Kollagen ersetzt, welches das Implantat einkapselt. Wegen der geringen Viskosität ist die Applikation mit einer Hochruckpistole erforderlich. Die Kanüle benötigt ein Gleitgel. Deflux® besteht aus dextranomeren Mikrosphären in einer Lösung von Hyaluronsäure. Es handelt sich um eine organische Substanz mit einer Partikelgröße von 80– 250 µm, die nicht migriert oder kalzifiziert. Die Mikrosphären induzieren das Einsprossen von Fibroblasten und Kollagen und lösen sich dann innerhalb einer Woche wieder auf. Bei halb voller Blase wird die Substanz (0,5–1 ml Deflux®) über ein 8,5- bis 11-Charr-Urethrozystoskop mit einer 30°-Optik in der 6-Uhr-Position mit einer 25 cm langen, flexiblen, polytetrafluorethylenbeschichteten 3,5-FNadel (Q-med, Uppsala) unter die Mukosa des distalsten Harnleiters injiziert. Der submuköse Anteil des Ureters wird dadurch etwas verlängert, was den Ventilmechanismus bzw. Refluxschutz verbessert (⊡ Abb. 21.1–21.4). Dieser kurze Narkoseeingriff kann heute tagesklinisch angeboten werden. Die Erfolgsrate nach einer Erstinjektion liegt bei durchschnittlich 65–70%, nach einer Zweitinjektion bei ca. 80%. Die Vorteile der endoskopischen Therapie liegen in der Vermeidung einer längeren antibiotischen Dauertherapie, in der Reduktion der Anzahl der radiologischen Refluxzystogramme, in der guten Verträglichkeit und schließlich im Vermeiden eines offen-chirurgischen Eingriffes. Die Nachteile sind der fehlende Erfolg in 20–30%, die Notwendigkeit einer Narkose und die derzeit noch fehlenden Langzeitdaten.
Komplikationen Diagnostik Der Refluxnachweis erfolgt beim Jungen in der Erstabklärung mittels konventionellem Miktionszysturethrogramm (MCU), beim Mädchen mittels Sono-MCU oder direktem oder indirektem Isotopen-MCU. Weitere Voraussetzung zur Klassifikation der Refluxerkrankung ist eine isotopennephrographische Beurteilung der Niere mittels DMSA-Scan, die Überprüfung der Blasenfunktion mit Miktionsprotokoll, Uroflow/EMG und sonographischer Restharnmessung. Eine Narkosezystoskopie zur Beurteilung der Ostienkonfiguration und -lage zur Festlegung bzw. Auswahl des Therapieverfahrens ist routinemäßig nicht notwendig.
Die Hauptkomplikation ist der persistierende Reflux bei 20–30% der Patienten. Ursache dafür ist v. a. die zu tiefe, paraureterale Injektion. Die Ursache eines Refluxrezidivs kann aber auch eine Blaseninstabilität (30–40%) oder ein »dysfunctional voiding« (15–50%) sein, die einer konsequenten Therapie mit Oxybutinin bzw. eines gezielten urotherapeutischen Trainings bedürfen. Sehr selten kommt es durch die submuköse Unterspritzung zu einem passageren Harnstau des ipsilateralen Hohlsystems (10%). Eine vorausgegangene submuköse Ostiumunterspritzung ist keine Kontraindikation für eine evtl. folgende offene Antirefluxplastik. Das meist paraureteral gelegene Depot kann mühelos entfernt werden.
21
230
Kapitel 21 · Endoskopische Eingriffe bei Kindern
21
⊡ Abb. 21.1. Lateralisiertes aufspülbares Ostium
⊡ Abb. 21.2. Position der Nadel
⊡ Abb. 21.3. Unterspritzung des Ostiums
⊡ Abb. 21.4. Ostiumkonfiguration nach Unterspritzung
21.5.2
Ureterozelen
Indikation Über die Therapie der Ureterozele herrscht keine Einstimmigkeit. Sie hängt von zahlreichen Faktoren wie Ureterozelengrad, Alter, ipsilateraler Nierenfunktion, Klinik, insbesondere evtl. uroseptischem Zustandsbild, begleitendem Reflux, ipsi- und kontralateral, sowie auch wesentlich vom Zustand der einzelnen Nierenanteile ab. Die Therapie reicht von der minimal-invasiven endoskopischen Schlitzung über offen-operative rekonstruktive Verfahren bis hin zu ablativen Verfahren, wie Heminephrektomie, Heminephroureterektomie und Ureterozelenexstirpation. Die Ureterozelen werden heute meist bereits prä- oder unmittelbar postpartal sonographisch entdeckt. Bei Vorliegen einer deutlichen konsekutiven Dilatation des oberen Nierenanteils im Sinne einer oberen Teilhydronephrose mit Hydroureter werden heute praktisch alle intra- und extra-
vesikalen Ureterozelen bereits in den allerersten Lebenswochen transurethral geschlitzt. Vor allem bei Kindern mit einer Urosepsis als Folge einer obstruktiven Pyelonephritis gewährleistet die endoskopische Ureterozelenschlitzung eine De-Obstruktion des Systems mit Stabilisierung des klinischen Bildes. Ziel der frühzeitigen endoskopischen Inzision ist die Beseitigung der Obstruktion mit Erhalt ggf. Verbesserung der Nierenfunktion und Senkung des Risikos einer rezidivierenden obstruktiven Pyelonephritis mit nachfolgendem neuerlichem Funktionsverlust. Die endoskopische Inzision stellt in 50% aller intravesikalen, jedoch nur in einem geringen Prozentsatz aller extravesikalen Ureterozelen die definitive Therapie dar. Nach der Schlitzung werden die Kinder für 3–6 Monate unter eine Reinfektionsprophylaxe gestellt und anschließend reevaluiert mittels Refluxzystogramm und DMSAScan. In Abhängigkeit vom klinischen Verlauf, vom Vorliegen eines Refluxes in den unteren Nierenanteil und/oder in
231 21.5 · Endoskopische Therapien bei Kindern
den kontralateralen Nierenanteil bzw. mitunter auch in den zelentragenden oberen Anteil nach Schlitzung wird über eine evtl. weitere notwendige offen-chirurgische Therapie entschieden. Während in der Vergangenheit, v. a. in der angloamerikanischen Schule, primär eine Heminephrektomie durchgeführt wurde und ggf. sekundär der dazugehörige Oberpolharnleiter entfernt wurde, wurde v. a. im deutschsprachigen Raum primär heminephroureterektomiert und die Ureterozele exstirpiert. Heute besteht das Bemühen, wenn irgend möglich, den oberen Nierenanteil zu belassen und dem Kind dadurch den Eingriff an der Niere zu ersparen und lediglich die Rekonstruktion im Blasenniveau durchzuführen. Von einem Pfannenstielschnitt aus wird die Ureterozele exstirpiert und beide Harnleiter en bloc neu implantiert.
Diagnostik Einen wesentlichen Beitrag zur Diagnostik liefert die Sonographie. Neben dem Nachweis einer möglichen Doppelniere mit hydronephrotischem oberem Doppelnierenanteil und zugehörigem dilatiertem Ureter ist meist auch die Ureterozele bei voller Blase gut darstellbar. Vor einer Entscheidung zu einem offen-chirurgischen Verfahren ist die präoperative Bildgebung sinnvoll. Das konventionelle Ausscheidungsurogramm wird heute von der MR-Urographie abgelöst. Kleine Zelen kommen dabei als typische kolbenförmige Auftreibung des distalen Harnleiters (»KobrakopfDeformität«), größere als rundliche Aussparungen zur Darstellung. Dazugehörige, meist megasierte Oberpolharnleiter, samt oberem Nierenanteil kommen gut zur Darstellung. Die Oberpolhydronephrose bedingt eine Achsenfehlstellung der betroffenen Nieren mit Verdrängung des unteren Doppennierenanteils (Syndrom der »welkenden Blume«). Miktionszysturethrographie sowie Nierenfunktionsszintigraphie sind integrale Bestandteile der diagnostischen Abklärung. In 50% zeigt sich ein Reflux in den ipsilateralen unteren Doppelnierenanteil, in 25% ist ein Reflux kontralateral nachweisbar.
Technik Die transurethrale Punktion einer Ureterozele erfolgt mit einem elektrischen Häkchen, einer 3-Charr-Bugbee-Elektrode oder dem Führungsdraht eines 3-Charr-Harnleitersplints, der über den Arbeitskanal eines 7,5- bis 10-CharrEndoskopes eingeführt wird. Alternativ kann auch das Messer eines Urethrotoms verwendet werden. Bei intravesikalen orthotopen Ureterozelen erfolgt die wenige Millimeter lange horizontale Inzision (»smile-incision«) am tiefsten Punkt der Zele am Übergang zur normalen Blasenwand, um die Entstehung einer obstruktiven Gewebelippe zu vermeiden. Infolge der Inzision sollte die Ureterozele kollabieren. In einigen Fällen erleichtert die manuelle Kompression der Flankenregion über der entsprechenden ureterorenalen Einheit die Identifikation der Ureterozele
und verursacht eine Urinentleerung im Strahl über die Punktionsstelle. Bei ektopen Ureterozelen erfolgt die Schlitzung in gleicher Technik intravesikal am Übergang der Zele zur normalen Blasenwand. Bei Zäkoureterozelen, die in die Harnblase münden und deren Ausläufer bis in die Harnröhre reichen, ist eine zusätzliche Inzision distal des Blasenhalses am tiefsten Punkt der Ureterozele notwendig. Erfolgt keine Inzision des urethralen Anteils, so kann dieser Gewebestreifen nach Art einer Klappe die Urethra verschließen.
Komplikationen Die wesentlichen Komplikationen nach endoskopischer Ureterozelenschlitzung sind die Entwicklung eines de novo vesikorenalen Refluxes in ca. 50% der Fälle mit einem erhöhten Risiko der Entstehung von Harnwegsinfekten sowie die persistierende Obstruktion, die eine erneute Schlitzung erforderlich macht (in ca. 20% der Fälle). Bei extravesikalen Ureterozelen kann bei Verbleib einer distalen Gewebelippe eine obstruktive Blasenentleerungsstörung resultieren. Insbesondere bei extravesikalen Ureterozelen in Verbindung mit Doppelsystemen wird in der Mehrzahl der Fälle ein sekundärer operativer Eingriff erforderlich werden.
21.5.3
Harnröhrenklappen
Indikation Hintere Harnröhrenklappen sind mit einer Inzidenz von 1 : 5.000–8.000 Geburten wohl eine seltene Fehlbildung, sie sind jedoch die häufigste Ursache einer infravesikalen Obstruktion. Harnröhrenklappen führen zu langandauernden, schwerwiegenden Konsequenzen an Blasen- und Nierenfunktion. Werden diese nicht oder zu spät erkannt, führen sie zu akuter Lebensbedrohung. Bis in die 1970erJahre betrug die Mortalitätsrate noch über 50%. Eine deutliche Verbesserung im prä- und postnatalen Management haben diese Rate in den letzten Jahren deutlich abgesenkt. Die unmittelbare postpartale Abklärung und frühe endoskopische Therapie bei reif geborenen Säuglingen ist heute ganz allgemein in den ersten Lebenswochen indiziert.
Diagnostik Das klinische Bild der Klappenerkrankung ist geprägt vom Ausmaß der In-utero-Obstruktion. Die routinemäßige Sonographie von Schwangeren und Neugeborenen hat den Diagnosezeitpunkt entscheidend und erfreulich zeitlich nach vorn verlagert. Für die Klappenerkrankung typisch ist die beidseitige Hydroureterhydronephrose, die in ihrem Ausmaß recht unterschiedlich ausgeprägt und durch distale Obstruktion und/oder Reflux verursacht sein kann. Die kongenitale Klappenerkrankung wird heute überwiegend bereits pränatal diagnostiziert. Die Menge der Amnionflüssigkeit, die von der fetalen Urinproduktion abhängt, ist ein wichtiger präpartaler Prognosefaktor. Ein Oligo-
21
232
Kapitel 21 · Endoskopische Eingriffe bei Kindern
hydramnion signalisiert eine schlechte fetale Nierenfunktion und prädisponiert eine Lungenhypoplasie.
21
Pränatale, prognostisch ungünstige sonographische Parameter, die ein früheres Nierenversagen signalisieren Dilatation des Harntraktes vor der 24. SSW Nierenbeckenquerdurchmesser über 10 mm im 2. Trimester Dicke Blasenwand Oligohydramnion Sonographische Zeichen einer Nierendysplasie: echogener Kortex, mikrozystische Nierenveränderungen
trokoagulation oder Resektion der Harnröhrenklappe mit einem 9- oder 11,5-Charr-Kinderresektoskop oder die transurethrale Abtragung mittels Holmium-Laser. Handelt es sich um ein Frühgeborenes mit noch sehr kleiner Harnröhre (<8 Charr), so empfiehlt sich die passagere Anlage einer Vesikostomie in Blocksom-Technik. Kommt es trotz Drainage der Blase zu einem weiteren Anstieg des Serumkreatinins, bleiben Ureteren und Nieren weiter maximal dilatiert, so kann die Anlage einer beidseitigen Ureterostomie sinnvoll und notwendig werden (⊡ Abb. 21.5). Die bereits fetale therapeutische Intervention – Legen eines vesikoamnialen Shunts oder fetoskopische Klappensprengung – haben noch experimentellen Charakter und sind wegen der hohen Morbidität dieser Eingriffe nicht generell zu empfehlen.
Komplikationen Die Harnblase ist meist prall gefüllt, entleert sich nur mangelhaft, und die dilatierte und elongierte prostatische Harnröhre ist sonographisch einsehbar. Die postpartale Klinik hängt vom Zeitpunkt der Präsentation und vom Ausmaß der Obstruktion ab. Wenn nicht schon neonatal erkannt, werden 50–70% der Jungen mit hinteren Harnröhrenklappen innerhalb des 1. Lebensjahres symptomatisch. Dehydrierung, Azotämie, Harnwegsinfekt bis hin zu einer hochfieberhaften Urosepsis können die Erstsymptome sein. In weniger dramatischen Fällen ist oft die palpatorisch vergrößerte Blase oder die Gedeihstörung Anlass für nähere Abklärung, seltener der dünne Harnstrahl oder ein nur tröpfelnder Harnabgang. Die pränatale Diagnostik umfasst initial die Sonographie der Nieren und Blase, die sonographische Darstellung der dilatierten prostatischen Harnröhre von suprapubisch oder perineal, des Weiteren die Untersuchung von Serumkreatinin, Elektrolyten und Blutgasen sowie letztlich für die Klappe beweisend das Miktionszysturethrogramm.
Technik – Management Das initiale Management besteht in der sofortigen suprapubischen Drainage der Blase mittels Minipad-Katheter oder ggf. alternativ mittels einer 6-Charr-Fütterungssonde transurethral. Idealerweise wird die suprapubische Drainage mit der radiologischen Diagnostik kombiniert. Sobald die Diagnose Harnröhrenklappe gestellt und das akute Krankheitsbild stabilisiert ist, kann mit der definitiven Behandlung der Obstruktion begonnen werden. Die Klappenschlitzung erfolgt bei einem reifen Neugeborenen in den ersten Lebenswochen (2.–6. Lebenswoche) mit einem optischen 8,5-Charr-Urethrotom. Die posteriore Segelklappe wird mit einem Sichelmesser bei 12 Uhr und anschließend bei 5 und 7 Uhr kalt transurethral geschlitzt. Die Blase bleibt für 24–48 h suprapubisch abgeleitet. Der transurethrale Miktionsversuch bei geklemmtem suprapubischem Katheter erfolgt meist am 2. oder 3. postoperativen Tag. Alternative Techniken sind die transurethrale Elek-
Der transurethrale Katheterismus eines frisch geborenen »Klappenkindes« bedarf erfahrener Hände. Es besteht die Gefahr, dass der Ballonkatheter unbemerkt nur bis in die prostatische Harnröhre eingelegt wird und dass dort der Ballon aufgeblockt wird. Diese mögliche Komplikation ist ein weiterer Grund, die suprapubische Route zu bevorzugen. Das Einführen des 8,5-Charr-Urethrotoms scheitert am ehesten bereits am Meatus oder an der Fossa navicularis. Ein rigider Einführungsversuch führt sehr schnell zu einer Urethralschleimhautläsion, zur Blutung und konsekutiv narbiger Meatusstenose oder Harnröhrenstriktur. Es empfiehlt sich obligat vor dem Einführen des Instrumentes, den Meatus vorsichtig mittels mit Gleitmittel versehenen Hegar-Stiften zu kalibrieren bzw. bis 9 Charr zu dehnen, um eine mühelose Passage des Urethrotoms zu ermöglichen.
21.5.4
Intravesikale Injektion von Botulinum-A-Toxin bei neurogener Blase
In der modernen Therapie der neurogenen Blasenentleerungsstörung bei Säuglingen mit Myelomeningozele wird heute bereits unmittelbar postpartal mit dem intermittierenden, sauberen Katheterismus (CIC) und der oralen Oxybutinin-Therapie begonnen. Das gefährlichste urologische Langzeitproblem dieser Kinder ist die DetrusorSphinkter-Dyssynergie, die in etwa bei 50% zu finden ist. Über 80% entwickeln hohe intravesikale Drücke mit einem »leak point pressure« von über 40 cm H2O mit konsekutiver Entwicklung eines vesikorenalen Refluxes bzw. Hydronephrose. Um die nur allzu gut bekannten Komplikationen wie renale Narbenbildung oder Niereninsuffizienz mit nachfolgendem Versagen zu vermeiden, ist eine frühzeitige Therapie erforderlich. Rund 10% dieser Kinder reagieren nicht auf Anticholinergika (»non responder«) oder ent-
233 21.5 · Endoskopische Therapien bei Kindern
⊡ Abb. 21.5. Algorithmus bei Verdacht auf Harnröhrenklappen
wickeln Nebenwirkungen, sowohl bei oraler wie auch bei intravesikaler Anwendung. In diesen Fällen ist oft ein chirurgisches Vorgehen mit Augmentation der Blase zur Wiederherstellung von normalen intravesikalen Drücken unvermeidlich. Alternativ bietet sich nun als erfolgversprechende Alternative die intravesikale Injektionstherapie mit Botulinum-A-Toxin (Botox®) an.
Indikation Diese endoskopische Therapie der neurogenen Blase ist indiziert, wenn trotzt täglicher Gabe von Oxybutinin oder Tolterodine die hohen intravesikalen Drücke persistieren (>40 cm H2O), rezidivierende Harnwegsinfekte auftreten und die Harninkontinenz zwischen den Katheterismen aufgrund der verminderten Blasenkapazität persistiert.
Diagnostik Basis für diese Behandlung ist eine sorgfältige vorausgehende Diagnostik. Miktionsverhalten, Miktionsvolumina und Inkontinenzepisoden unter CIC werden über mindestens 3 Tage dokumentiert. Eine Urinanalyse, einschließlich bak-
terieller Kultur, ist prätherapeutisch notwendig. Oberer und unterer Harntrakt werden sonographisch untersucht und bei sonographisch unauffälligem oberem Harntrakt ein DMSA-Scan, bei dilatiertem oberem Harntrakt ein Diureserenogramm mittels MAG 3 durchgeführt. Wichtigste prätherapeutische Untersuchung ist die Videourodynamik. Der intravesikale Druck wird mittels 6-Charr-Doppellumenkatheter und der abdominelle Druck mit einem 10-Charr-Rektalballon-Zweiwegekatheter gemessen. Die Füllgeschwindigkeit der Blase soll 10% der bekannten aktuellen Blasenkapazität betragen, wobei ein 24%iges vorgewärmtes Kontrastmittel beigegeben wird. Das Beckenboden-EMG wird über am Perineum angebrachte Einwegelektroden aufgezeichnet. Besonderes Augenmerk wird auf das Reflexvolumen, den maximalen Detrusordruck während der Miktion, die Detrusorcompliance und die maximale zystometrische Blasenkapazität gelegt. Als Reflexvolumen wird das infundierte Volumen, das eine erste hyperreflexive Detrusorkontraktion während der Manometrie auslöst, definiert. Der Detrusordruck wird während der
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234
Kapitel 21 · Endoskopische Eingriffe bei Kindern
Blasenentleerung sowie bei 2/3 der maximalen zystometrischen Blasenkapazität gemessen.
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Technik Botulinum-A-Toxin (Botox®, Allergan) wird zystoskopisch an 25–40 Stellen der Blase unter Aussparung des Trigonums in den Detrusor injiziert. Dazu wird eine polytetrafluoroethylenbeschichtete, 25 cm lange 3,7-Charr-Nadel (Williams Needle®, Cook) über ein 8,5- oder 11-Charr-Endoskop verwendet. Die Dosierung wird dem Körpergewicht entsprechend angepasst und beträgt 10 U/kgKG bis zu einem Maximum von 350 U, wobei das Toxin 1 : 10 mit normalem Kochsalz verdünnt wird. Bei Kindern oder Jugendlichen und zusätzlich bestehendem vesikorenalen Reflux kann in gleicher Sitzung endoskopisch das Ostium unterspritzt werden. Der endoskopische Eingriff erfolgt in Narkose. Unmittelbar im Anschluss wird noch in Narkose die Blase komplett entleert, und die Eltern werden angewiesen, mit dem intermittierenden Katheterismus 4 h postoperativ wieder zu beginnen. Der Eingriff kann tagesklinisch durchgeführt werden. Urodynamische Nachfolgeuntersuchungen sind nach 3 und 12 Monaten zu empfehlen. Vorläufige Studienergebnisse belegen eine mittlere Wirkdauer des Toxins von durchschnittlich 11 Monaten. Vorläufige Ergebnisse zeigen, dass sich auf diese Therapie hin das Reflexvolumen der Blase deutlich erhöht, der maximale Detrusordruck abnimmt, die funktionelle Blasenkapazität sich verdoppelt und dass der Großteil dieser Kinder zwischen den Katheterismen trocken wird.
Komplikationen Botulinum-A-Toxin ist das der Menschheit am tödlichsten bekannte, natürlich vorkommende Toxin. Es wird durch das anaerobe, stäbchenförmige, grampositive Bakterium Clostridium botulinum gebildet und führt zu schlaffen Skelettmuskelparesen, bedingt durch eine präsynaptische Blockade der Acetylcholinausschüttung. Diese Veränderungen an den Muskelzellen sind vergleichbar mit den Effekten einer Denervation. Diese Substanz wird seit vielen Jahren in vielen Bereichen der Medizin verwendet. Die häufigste Nebenwirkung stand immer im direkten Verhältnis zur Toxindosierung und bestand vorwiegend in einer lokalen Schwäche des behandelten Muskels, was jedoch das primäre Ziel der Therapie war. Bis dato wurde kein Todesfall unter der Behandlung mit Botulinum-A-Toxin berichtet. Die mittlere letale Dosis (LD 50) wurde anhand mehrerer verschiedener Tierarten ermittelt. Anhand von Studien an Primaten wurde die menschliche LD 50 mit 3000 U für einen 70 kg schweren Erwachsenen hochgerechnet. Somit liegt die derzeit bei Kindern verwendete Dosierung mehr als 1/4 unter der bezifferten LD 50. In den derzeit veröffentlichten Studien bei Erwachsenen und Kindern in der Therapie der neurogenen Blasenentleerungsstörung wurden keine Komplikationen beschrieben.
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21
22 Endoskopische intrauterine Eingriffe R. Hofmann
22.1
Obstruktive Uropathie – 238
22.1.1 22.1.2
Vesikoamniotischer Shunt Klappenablation – 241 Literatur – 241
– 240
238
Kapitel 22 · Endoskopische intrauterine Eingriffe
22.1
22
Obstruktive Uropathie
Die Amnionflüssigkeit wird durch fetalen Urin aufrecht erhalten. Die Produktion von Harn beginnt in etwa um die 16. Schwangerschaftswoche, die Lungenentwicklung beginnt mit der Woche 16–28. Ohne Amnionflüssigkeit kann sich der Bronchialbaum nicht entwickeln, und eine Lungenhypoplasie resultiert. Kinder mit Lungenhypoplasie bedingt durch ein An- oder Oligohydramnion sterben gewöhnlich bei der Geburt aufgrund eines respiratorischen Versagens [1]. Hintere Harnröhrenklappen treten in einer Frequenz von 1 : 8.000 bis 1 : 25.0000 bei männlichen Kindern auf. Die Klappen sind üblicherweise dünne Membranen oberhalb bzw. im Bereich des Kollikels oder distal des Kollikels. Diese Membranen verhindern einen adäquaten subvesikalen Harnfluss. Je früher die Harnröhrenklappen antenatal diagnostiziert werden, desto größer ist die Schädigung der Blasen- und Nierenfunktion. Die obstruktive Uropathie ist gekennzeichnet durch ▬ bilaterale Hydronephrose, ▬ vergrößerte Blase mit dilatierter hinterer Harnröhre, ▬ Verdickung der Blasenwand, ▬ Oligo- oder Anhydramnion. Harnröhrenklappen können auch postnatal einen vesikoureteralen Reflux verursachen. Funktionelle Ursachen einer bilateralen Hydronephrose sind hauptsächlich der bilaterale antenatale Reflux sowie das Prune-belly-Syndrom. Die Therapie der antenatalen Hydronephrose lässt sich wie in ⊡ Tabelle 22.1 gezeigt zusammenfassen. Die intrauterine fetale Chirurgie bei »Klappenkindern« wurde zuallererst von M. Harrison von der Universität von Kalifornien in San Francisco durchgeführt [2, 3]. Eine fetale Mortalitätsrate von bis zu 43%, durch Infektionen oder vorzeitige Wehentätigkeit, wird angegeben [4]. Eine fetale obstruktive Uropathie durch eine subvesikale Obstruktion kann entweder durch einen Katheter, der zwischen Blase und Amnionhöhle (vesikoamniotischer Shunt) oder durch direkte Klappenablation umgangen werden [4– 6].
Die In-utero-Intervention wird durchgeführt: ▬ in der 24.–32. SSW (26. SSW) ▬ bei bilateraler Hydronephrose, ▬ bei vergrößerter Blase und erweiteter hinterer Harnröhre, ▬ wenn keine renalen kortikalen Zysten vorhanden sind, ▬ bei Oligohydramnion, ▬ bei günstigen fetalen Urinelektrolyten (Na <100 mmol/ l, Cl <90 mmol/l, Osm <210 mosmol/l). Der Fall einer fetalen obstruktiven Uropathie, die mit Fetendo (fetoskopischer Endoskopie) und Platzierung eines transurethralen Stents auf antegraden Wege therapiert wurde, wird beschrieben.
Kasuistik Einer 36-jährigen Frau (Gravida 1, Para 0) wurde die elektive Beendigung der Schwangerschaft vorgeschlagen, da ein erhebliches Oligohydramnion mit konsekutiver fetaler Lungenhypoplasie vorlag. Der Fetus zeigte eine ausgeprägte bilaterale Hydronephrose, vergrößerte Blase, die bis in den Oberbauch reichte, eine Verdickung der Blasenwand sowie einen offenen Blasenhals mit dilatierter hinterer Harnröhre (⊡ Abb. 22.1). In der 26. Schwangerschaftswoche wurde
⊡ Abb. 22.1. Präoperativer Ultraschall mit Megazystis und Anhydramnion in der 26. Schwangerschaftswoche, bilaterale Hydronephrose
⊡ Tabelle 22.1. Therapie der antenatalen Hydronephrose
Anomalie
Beispiel
Maßnahme
Unilaterale Anomalie
Nierenbeckenabgangsenge, obstruktiver Megaureter, Ureterozele, zystische Nierendysplasie
Entbindung zum Termin
Anomalien nicht mit dem Leben vereinbar
Potter’s disease, polyzystische Nierendysplasie
Genetische Untersuchung, frühe Terminierung
Bilaterale Obstruktion
Megaureter, bilaterale Nierenbeckenabgangsenge, Prune-belly-Syndrom
Adäquates Amnionvolumen; Oligohydramnion: ± Intervention
239 22.1 · Obstruktive Uropathie
⊡ Abb. 22.2. Fetale Blasenpunktion in Lokalanästhesie
⊡ Abb. 22.3. Transurethrale Kathetereinlage mit Drainage der Blase in die Amnionhöhle
ein Oligohydramnion gefunden. Eine Kariotypisierung aus dem Aspirat der Amnionflüssigkeit zeigte ein normales Chromosomenmuster mit 46 XY. Weitere fetale Blasenpunktionen wurden durchgeführt, wobei Natrium, Chlorid und die Osmolarität im Normbereich waren, sodass dies als günstig zur Erhaltung der Nierenfunktion betrachtet wurde. Nach der Punktion kam es jedes Mal zu einer Reversibilität der beidseitigen Nierenbecken- und Kelchektasie. Die Elektrolyte und die Osmolarität waren in einem Bereich gelegen, der insgesamt eine günstige Prognose vermuten ließ (Natrium 102 mmol/l, Chlorid 82 mmol/l, Osmolarität 52 mmol/l). Das β-2-Mikroglobulin fiel nach der Dekompression der Blase und des oberen Harntraktes unter einen Wert von 4 mg/l. Im Ultraschall der fetalen Nieren zeigte sich ein normales Echomuster und keine kortikalen Zysten. In der 26. Schwangerschaftswoche zeigte der Fetus eine Lungenentwicklung von etwa der 20. Woche, er bewegte sich nicht aufgrund des stark ausgeprägten Oligohydramnions. Eine Lokalanästhesie wurde mit 1%igem Scandicain durch Hautinfiltration und des Punktionskanals bis zur fetalen Blase durchgeführt. Unter Ultraschallkontrolle wurde die fetale Blase im kranialen Anteil anpunktiert (⊡ Abb. 22.2). Der Zugangsweg wurde sorgfältig ausgewählt und führte zwischen den Extremitäten des Feten und unterhalb der Leber direkt an den oberen Anteil der Blase. Aufgrund des Oligohydramnions konnte sich der Fetus nicht bewegen. Ein 0,035-inch-Führungsdraht wurde durch die Punktionsnadel eingeführt und ein Fetoskop mit einem äußeren Durchmesser von 2,6 mm (8 Charr, Fa. Storz, Tuttlingen) über den Draht vorgeführt. Die Inspektion der fetalen Blase zeigte eine Trabekulierung bei normal erscheinendem Urothel, orthotope schlitzförmige Harnleiterostien sowie einen offenen hinteren Blasenhals. Die hintere Harnröhre konnte durch das semirigide Fetoskop nicht optimal eingesehen werden. Am Ende der dilatierten hinteren Harnröhre zeigte sich eine Obstruktion. Das Fetoskop wurde in die hintere Harnröhre manipuliert und ein flexibler Führungs-
draht durch die Harnröhre vorgeschoben und zum Meatus ausgeführt. Die Platzierung des Drahtes durch den Penis des Föten in die Amnionhöhle wurde mit Ultraschall beobachtet. Das Fetoskop wurde vom Führungsdraht zurückgezogen und anschließend ein Silikon-Doppel-J-Katheter mit 900 µm Außendurchmesser über den Draht vorgeführt. Unter Ultraschallkontrolle wurde die Platzierung des DoppelJ-Katheters zwischen Blase und Amnionhöhle durch den Penis dargestellt. Nach Entfernen des Drahtes zeigte sich die korrekte Platzierung des transurethralen Katheters im Ultraschallbild (⊡ Abb. 22.3). Urin aus der distentierten Blase drainierte sich sofort über den Harnröhrenstent in die Amnionhöhle, und der Fetus begann sich daraufhin zu bewegen. Postoperativ erhielt die Mutter eine prophylaktische Tokolyse (25 µg Fenoterol i.v./min) sowie eine Antibiotikaprophylaxe mit Ampicillin 6 g für 5 Tage. Vorzeitige Wehentätigkeit oder eine Infektion der Amnionhöhle oder des Feten traten nicht ein. Regelmäßige Ultraschallkontrollen zwischen der 26. und der 36. Schwangerschaftswoche zeigten die Normalisierung der Amnionflüssigkeit und eine sich zeitgerecht entwickelnde Lunge. Die bilaterale Hydronephrose verschwand vollständig (⊡ Abb. 22.4). In der 37. Woche wurde durch Kaiserschnitt ein lebhaftes, spontan atmendes Baby mit guten Blutwerten und einem APGAR-Wert von 9/10/10 nach 1, 5 und 10 min und einem pH-Wert von 7,32 geboren. Das Nierenparenchym des Neugeborenen zeigte eine normale Echogenität ähnlich der Leber, der Serumkreatininspiegel war 0,81 mg/dl bei der Geburt, 1,17 mg/dl am Tag 1, 0,59 mg/dl am Tag 14, und die Kreatininclearance am Tag 14 betrug 50 ml/min/ 1,73 m2. 4 Wochen postpartal wurde ein MCUG durchgeführt und zeigte einen umgehinderten Harnfluss bei dilatierter hinterer Harnröhre. Ein Reflux oder Restharn trat nicht auf. Hintere Harnröhrenklappen konnten im MCU nicht dargestellt werden (⊡ Abb. 22.5). Das Kind ist nun 3 Jahre alt und hat sich völlig normal entwickelt (Kreatinin 0,32 mg/dl, Harnstoff 17 mg/dl).
22
240
Kapitel 22 · Endoskopische intrauterine Eingriffe
22
⊡ Abb. 22.4. Ultraschall in der 30. Woche mit sonographisch unauffälligen Nieren und leerer Blase
Eine fetale Intervention zur Verbesserung des postnatalen Outcomes kann durchgeführt werden bei ▬ Zwerchfellhernie, ▬ Korrektur eines Twin-twin-Transfusionssyndroms, ▬ Korrektur von zystischen pulmonalen Malformationen, ▬ zur Korrektur von – Spina bifida, – Hydrozephalus, – bei einer obstruktiven Uropathie (wird kontrovers diskutiert, da der Erfolg nicht vorhergesagt werden kann [6]). Eine hohe Komplikationsrate (43% Fetaltod) wurde bei der Intervention der obstruktiven Uropathie beschrieben. Diese Ergebnisse zeigen frühe Erfahrungen mit dieser Methode [4]. Verschiedene Zentren (UCSF, Wayne-State-University) haben mittlerweile gute Erfahrungen mit der fetalen Intervention, wobei die Rate fetalen Absterbens deutlich geringer wird und häufiger kleinere Komplikationen wie Shuntmigration, Hernie an der Punktionsstelle oder vorzeitige Wehentätigkeit beobachtet werden. Trotz der Harnableitung zwischen Blase und Amnionflüssigkeit scheint die Niereninsuffizienzrate mit etwa 30–50% unbeeinflussbar und schicksalhaft zu sein. Eine Intervention in utero erfolgt üblicherweise in der 20.–28. Schwangerschaftswoche. Dieses Zeitfenster limitiert die Chance, durch Beseitigung der Obstruktion die Nierenfunktion zu verbessern, da 80% der Nephronentwicklung mit der 24. Woche abgeschlossen ist. Die Desobstruktion ist auf männliche Feten mit normalem 46 XYKaryotyp beschränkt, da weibliche Feten mit ähnlichen sonographischen Befunden meist an schweren kloakalen Abnormalitäten oder dem Megazystis-Mikrokolon-Hypoperistalsis-Syndrom mit fatalem postoperativem Ausgang leiden [7]. Kriterien, die einen günstigen Ausgang vorhersagen lassen, liegen nicht vor. Die renale Funktion ist üblicherwei-
⊡ Abb. 22.5. Das MCU 4 Wochen postpartal zeigt eine dilatierte hintere Harnröhre. Posteriore Harnröhrenklappen lassen sich nicht darstellen
se gut, wenn Natrium <100 mmol/l, Chlorid <90 mmol/l und die Osmolarität <210 mmol/l betragen. Höhere Werte im fetalen Harn bedeuten meist eine Verschlechterung der Nierenfunktion im weiteren Verlauf. Normalwerte des fetalen Harns sind nicht definiert, da eine Harnpunktion bei einem sonst gesunden Fetus nicht durchgeführt wurde. Lediglich Gruppen von Feten, die eine gute, mittlere oder schlechte Prognose hinsichtlich Nierenversagens aufweisen, wurden anhand von fetalen Urinelektrolyten definiert [8–10]. Eine signifikante Korrelation zwischen niedrigem fetalem Harn-β-2-Mikroglobulin und dem postnatalen Serumkreatinin 1 Jahr nach der Geburt wurde gezeigt. Zystatin-C im fetalen Harn war ebenfalls signifikant höher in der Gruppe der Jungen mit späterer erheblicher Niereninsuffizienz [11]. Günstige Verläufe können in uteru anhand des fetalen renalen Ultraschalls diagnostiziert werden. Zystisch veränderte hypoechogene Nieren und ein schweres Oligohydramnion führen meist zu irreversibler Niereninsuffizienz oder zum Absterben des Feten [12–14].
22.1.1
Vesikoamniotischer Shunt
Die Platzierung eines vesikoamniotischen Shunts ist insgesamt schwierig, bedingt durch den eingeschränkten Zugang zwischen Leber, Darm sowie den Extremitäten des Feten [14]. Häufig wird der Doppel-J-Katheter nach kurzer
241 Literatur
Zeit vom Feten selbst herausgezogen, oder er verliert sich durch die Bewegungen des Feten [13]. Die gängige Technik des vesikoamniotischen Shunts beruht in der Einlage eines kleinen Doppel-J-Katheters zwischen fetaler Blase und Amnionhöhle. Ein Herausfallen des Doppel-J-Katheters bzw. das bewusste Herausziehen des Katheters durch den Feten führt häufig zu Wiederholungseingriffen [4]. Komplikationen sind ▬ urinöser Aszites, ▬ intraperitoneale Shuntmigration, ▬ Blasenfisteln, ▬ vorzeitige Anminonhüllenruptur, ▬ Chorioamnionitis.
22.1.2
Klappenablation
Eine Klappenablation kann entweder mechanisch, mit einem Laser oder durch Elektrokoagulation durchgeführt werden. Hierfür ist jedoch die Anwendung eines flexiblen Endoskops in der Blase notwendig. Der Vorteil einer direkten Klappenablation könnte eine Verbesserung der Speicherfunktion der Blase sein und die Entwicklung einer normalen Blasenentleerung beim Feten (»bladder cycling«) [16]. Eine Ableitung des Harns durch einen vesikoamniotischen Shunt kann zu autonomen Detrusorkontraktionen und einer konsekutiven Miktionsstörung bei den Kindern führen. Durch direkte Ablation der Klappen kann somit eine funktionell normale Blasenentwicklung erfolgen [16]. Offene Chirurgie im Uterus ist kontraindiziert aufgrund hoher Komplikationen und einer hohen fetalen Todesrate [17, 18]. Fetendo ist minimal-invasiv, kann in Lokalanästhesie und unter direkter Sicht durchgeführt werden. Die Platzierung eines transurethralen Stents ist wenig invasiv im Vergleich zur Klappenablation mit einer möglichen Harnröhren- und Sphinkterschädigung. Durch die transurethrale Ableitung wird ein Katheter eingelegt, der wenig durch fetale Bewegung oder absichtliches Herausziehen durch den Feten displatziert werden kann.
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22
Anhang
Strahlenschutz bei endoskopischen Eingriffen H.-J. Wagner, P. Olbert
Einleitung
– 246
Allgemeiner Strahlenschutz – 246 Strahlenschutz des Patienten – 247 Strahlenschutz des Untersuchungspersonals – 247 Zusammenfassung Literatur – 249
– 248
246
Anhang · Strahlenschutz bei endoskopischen Eingriffen
Einleitung Röntgenstrahlung kann prinzipiell schädliche Veränderungen auf molekularer Ebene induzieren und somit zu einer Schädigung biologischer Systeme führen. Insofern ist bei jeder Anwendung von Röntgenstrahlung der Nutzen gegenüber dem Risiko abzuwägen. Viele moderne minimalinvasive Techniken in der Medizin kommen aber ohne die Verwendung von Röntgenstrahlung zur Steuerung einer diagnostischen oder interventionellen Maßnahme nicht mehr aus. Dies trifft insbesondere auch auf endoskopische urologische und perkutane urologische Eingriffe zu. Strahlenbiologisch wird bei den potenziell schädlichen Vorgängen unterschieden in solche, die rein zufällig auftreten und deshalb als stochastische Strahlenschädigungen bezeichnet werden, und solche, die aufgrund einer Summe einzelner Strahlenwirkungen und deshalb als deterministische Strahlenschäden bezeichnet werden. Während bei den stochastischen (rein zufälligen) Strahlenwirkungen bereits ein einzelnes Röntgenquant eine Schädigung auslösen kann, manifestieren sich die deterministischen Strahlenschäden erst oberhalb sog. Dosisschwellenwerte. Stochastische Strahlenschäden sind also nicht beeinflussbar. Um deterministische Strahlenschäden auszuschließen, wurden für die Bevölkerung (Patienten) und beruflich strahlenexponierte Personen Grenzwerte für höchstzulässige Körperdosen gesetzlich festgelegt. Diese Grenzwerte liegen deutlich unterhalb der Schwellenwerte, die zu einem deterministischen Strahlenschaden führen können. Die novellierte Röntgenverordnung (RöV [1]) setzt eine europäische Richtlinie »über den Gesundheitsschutz von Personen gegen die Gefahren ionisierender Strahlung bei medizinischer Exposition« (kurz: Patientenschutzrichtlinie) [2] um. Für Einzelpersonen der Bevölkerung darf die effektive Dosis den Grenzwert von 1 mSv im Kalenderjahr nicht überschreiten (Röntgenverordnung vom 18.06.2002 [1]).
. Tabelle 1. Dosisgrenzwerte für beruflich strahlenexponierte Personen. Die Grenzwerte gelten jeweils für ein Kalenderjahr
Exponierte Region
Dosisgrenzwert
Augenlinse
150 mSv
Haut, Hände, Unterarme, Füße und Knöchel
500 mSv
Keimdrüsen, Gebärmutter, Knochenmark
50 mSv
Schilddrüse und Knochenoberfläche
300 mSv
Dickdarm, Lunge, Magen, Blase, Brust, Leber, Speiseröhre
150 mSv
Darüber hinaus darf die Dosis für die Augenlinse den Grenzwert von 15 mSv im Kalenderjahr und die Dosis für die Haut den Wert von 50 mSv im Kalenderjahr nicht überschreiten. Nach der aktuellen Fassung der Röntgenverordnung [1] gilt für beruflich strahlenexponierte Personen eine effektive Dosis von maximal 20 mSv pro Kalenderjahr. In . Tabelle 1 sind die Grenzwertdosen bestimmter Organe für beruflich strahlenexponierte Personen zusammengefasst. Insgesamt darf während des gesamten Berufslebens einer beruflich strahlenexponierten Person ein Grenzwert von 400 mSv nicht überschritten werden. Zufällige (stochastische) Schädigungen können als Wahrscheinlichkeiten dargestellt werden. Diese Wahrscheinlichkeiten geben das Risiko für spezifische Organe bzw. den gesamten Körper an, mit dem ein Strahlenschaden (z. B. ein genetischer Schaden, die Induktion eines Karzinoms oder einer Leukämie) bereits durch einen einzelnes Röntgenquant ausgelöst wird. Die Wahrscheinlichkeiten liegen im Bereich von 5–165×10–4 Sv–1 (je nach Organ).
Allgemeiner Strahlenschutz Bei der Durchführung endoskopischer urologischer – diagnostischer und therapeutischer – Eingriffe können verschiedene röntgenstrahlenerzeugende Einrichtungen zum Einsatz kommen. Im Wesentlichen werden folgende Gerätschaften genutzt: 4 Röngendurchleuchtungsgeräte mit Kipptisch (manchmal als dedizierter »urologischer Arbeitsplatz« bezeichnet). 4 Mobile und stationäre C-Arm-Durchleuchtungsgeräte. Die mobilen C-Arm-Geräte werden überwiegend im Operationssaal genutzt. Stationäre C-Arm-Geräte werden in der Radiologie v. a. für die Angiographie und interventionelle Radiologie eingesetzt. Bei allen verwendeten Geräten entsteht die Röntgenstrahlung in einer Röntgenröhre. Nach Durchdringung des Untersuchungsobjektes (Patient) wird das unterschiedlich geschwächte Röntgenstrahlbündel bei Verwendung der sog. Durchleuchtungstechnik in ein sichtbares Bild durch die Anwendung eines Bildverstärkers mit anschließender Fernsehtechnik gewandelt. Seit kurzer Zeit stehen auch die ersten Festkörperdetektoren zur Darstellung eines Durchleuchtungsbildes zur Verfügung. Hierbei wird statt mit einer Fernsehkamera das Durchleuchtungsbild mit Fotodioden nach Wandlung der Röntgenquanten in elektrische Signale aufgenommen. Daneben können Permanentaufnahmen durch die Aufnahmetechnik vom Bildverstärker bzw. vom Flachdetektor genutzt werden. Die Bauart der verschiedenen Systeme erlaubt bereits einen unterschiedlichen Strahlenschutz. Moderne Röntgen-
247 Strahlenschutz des Untersuchungspersonals
röhren verfügen beispielsweise über die Möglichkeit einer sog. gepulsten Durchleuchtung, d. h. während des Durchleuchtungsvorgangs gibt die Röntgenröhre nicht kontinuierlich, sondern in einer bestimmten Frequenz Strahlung ab. Diese Pulszahl (z. B. 2–30 Pulse pro Sekunde) nimmt direkt Einfluss auf die Strahlendosis. Bei vielen Eingriffen genügt eine Pulsdauer von etwa 7–15/s. Darüber hinaus kann das letzte Durchleuchtungsbild gespeichert werden (»last image hold«) und gestattet so eine eingehende Bildanalyse ohne weitere Bestrahlung des Patienten. Auch die Auswahl des Röntgengerätes (Röntgenröhre über Tisch oder unter Tisch angebracht) nimmt Einfluss auf die Strahlenbelastung von Patient und Personal. Allgemein gilt sowohl für den Untersucher als auch für den Untersuchten das Prinzip der Anwendung von so wenig wie möglich Röntgenstrahlung, um zu einem vernünftigen Ergebnis der Untersuchung oder der Therapie zu kommen (ALARA-Prinzip; »as low as reasonably achievable«).
Strahlenschutz des Patienten Eine Reduktion der Strahlenexposition des Patienten ist möglich durch Einschränkung der Größe des Strahlenfeldes auf die interessierende Körperregion (Einblendung), Reduktion der Dauer der Durchleuchtungszeit und Verminderung der Anzahl der Röntgenaufnahmen. Falls der Abstand zwischen der Röntgenröhre und dem Patienten variiert werden kann (wie z. B. bei mobilen und stationären C-Arm-Geräten), sollte die Röntgenröhre möglichst weit entfernt vom Patienten platziert werden. Bei der Röntgendurchleuchtung sollte, falls vorhanden, gepulste Durchleuchtung angewendet werden. Die Analyse des letzten Durchleuchtungsbilds gestattet eine Bildbeurteilung auch ohne weitere Durchleuchtung. Auf eine Ausschnittsvergrößerung sollte verzichtet werden. Darüber hinaus kann der Strahlenschutz beim Patienten verbessert werden, indem nicht zum Untersuchungsvolumen gehörende Körperpartien vor Röntgenstrahlung geschützt werden. Durch die Möglichkeit, das auf den Patienten gerichtete Strahlenfeld an der Röntgenröhre
einzublenden, wird umliegendes Gewebe geschont. Da Röntgenstrahlung im Körper selbst aber gestreut wird, führt v. a. die im Patienten entstehende Streustrahlung zur Belastung umliegender Organe. Deshalb sollte ein Gonadenschutz (Hodenkapsel bei männlichen Patienten) angelegt werden. Darüber hinaus kann beispielsweise die Schilddrüse mit Bleigummi abgedeckt werden. Zum Schutz des Patienten und zur Beurteilung der applizierten Strahlendosis durch den Untersucher schreibt die Röntgenverordnung vor, dass die Strahlenexposition für jede Röntgenuntersuchung zu ermitteln ist und dokumentiert werden muss [1]. Bei Röntgendurchleuchtungen und Röntgenaufnahmen im Rahmen urodiagnostischer und urointerventioneller Maßnahmen hat sich dabei, wie bei den übrigen Röntgendurchleuchtungsaufnahmen, die Bestimmung des sog. Dosis-Flächen-Produktes als sinnvoller Parameter zur Ermittlung der Strahlenexposition durchgesetzt [3]. In ⊡ Tabelle 2 sind Dosis-Flächen-Produkte für perkutane Nephrostomien aus verschiedenen Untersuchungen zusammengestellt. Um eine Einordnung der eigenen Strahlenexposition von Patienten mit der Strahlenexposition von anderen Untersuchern vergleichbar zu machen, hat das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) im August 2003 sog. diagnostische Referenzwerte für verschiedene radiologische und nuklearmedizinische Untersuchungen publiziert [6]. Diese Grenzwerte gelten zwar nicht für einzelne Patienten, jedoch sollte der Durchschnitt der von einer einzelnen Institution untersuchten bzw. behandelten Patienten unterhalb dieses Referenzwertes liegen. Für endourologische und endoskopisch-urologische Eingriffe wurden bisher keine Referenzwerte festgelegt. Im Rahmen der uroradiologischen Diagnostik wurden aber beispielsweise diagnostische Referenzwerte für die Miktionszystourographie bei pädiatrischen Patienten festgelegt (⊡ Tabelle 3).
Strahlenschutz des Untersuchungspersonals Im Gegensatz zu diagnostischen uroradiologischen Verfahren ist bei uroradiologischen Eingriffen (perkutane
⊡ Tabelle 2. Durchleuchtungszeit und Dosis-Flächen-Produkt für die perkutane Nephrostomie
⊡ Tabelle 3. Diagnostische Referenzwerte bei der Miktionszystourographie in der Pädiatrie. (Nach [6])
Autor
n
Durchleuchtungszeit im Mittel
DosisFlächenProdukt
Alter Neugeborene
60 cGy × cm2
10 Monate
90 cGy × cm2
Dosis-Flächen-Produkt
McParland [4]
35
7,0 min
43 Gy×cm2
Miller et al. [5]
79
10,5 min
25,5 Gy×cm2
5 Jahre
120 cGy × cm2
Miller et al. [5]
64
17,6 min
45,1 Gy×cm2
10 Jahre
240 cGy × cm2
248
Anhang · Strahlenschutz bei endoskopischen Eingriffen
Nephrostomie, perkutane Nephrolitholapaxie etc.) die Anwesenheit des Untersuchers unmittelbar am Patienten und damit im Bereich der potenziell schädigenden Röntgenstrahlung unumgänglich. Dadurch ergibt sich insbesondere bei Untersuchern, die vorwiegend oder überwiegend minimal-invasiv unter Zuhilfenahme von Röntgenstrahlung arbeiten, eine relevante Belastung durch Röntgenstrahlung. Deshalb ist die Überwachung und Einhaltung der in der Einleitung genannten Dosisgrenzwerte durch das permanente Tragen von Personendosimetern während der beruflichen Strahlenexposition unbedingt erforderlich. Der Untersucher kann seine Strahlenexposition aktiv beeinflussen, indem er folgende Maßnahmen ergreift.
Maßnahmen zur Reduktion der Strahlenexposition Der Untersucher sollte keine Manipulationen im Primärstrahlenbündel vornehmen, d. h. während Röntgendurchleuchtung oder bei der Durchführung von Röntgenaufnahmen dürfen die Hände oder andere Körperteile des Untersuchers nicht zur Abbildung kommen. Das Tragen von entsprechender Schutzkleidung, d. h. sog. »Bleischürzen«, die auch hinten geschlossen sind, ist obligat. Der Bleigleichwert sollte mindestens 0,35 mm, besser 0,5 mm, betragen. Tragen von Brillen mit strahlenabsorbierendem Glas, Tragen eines zusätzlichen Schutzes zur Vermeidung von Röntgenbestrahlung der Schilddrüse. Beachtung des Abstandsgesetzes (die Röntgenstrahlung nimmt im Quadrat mit zunehmendem Abstand von der Strahlungsquelle ab). Reduktion der Streustrahlung, die vom Patienten ausgehend den Untersucher treffen kann, durch das Anbringen zusätzlicher Bleischürzen am Röntgentisch bzw. am Patienten; Verwendung von sog. Untertischröntgenröhrenanlagen, d. h. die röntgenstrahlungserzeugende Röntgenröhre befindet sich unterhalb und nicht oberhalb des Patienten (eine Reduktion der Strahlenbelastung des Patienten resultiert aus der Tatsache, dass an der Strahleneintrittsstelle des Patienten mehr Streustrahlung als an der Austrittsstelle entsteht; bei der Untertischröntgenröhrenanordnung wirkt der Körper des Patienten selbst als Abschirmung für die entstehende Streustrahlung).
Die ⊡ Tabellen 4 und 5 zeigen Oberflächendosen und Organdosen für die perkutane Nephrostomie. Legt man also pro Nephrostomie eine Belastung der Hand von 500 µGy zugrunde, wird die höchstzulässige Dosis von 500 mSv pro Kalenderjahr gemäß Röntgenverordnung erst nach 1000 derartigen Eingriffen erreicht (1 Gy entspricht 1 Sv).
⊡ Tabelle 4. Oberflächendosen für den Untersucher bei perkutaner Nephrostomie. (Nach [7])
Organ
Oberflächendosis
Stirn
40 µGy
Sternum
2 µGy
Gonaden
5 µGy
Rechte Hand
570 µGy
Linke Hand
420 µGy
⊡ Tabelle 5. Organdosen für die perkutane Nephrostomie. (Nach [7])
Organ
Organdosis
Rotes Knochenmark
0,39 mGy
Lunge
0,12 mGy
Schilddrüse
0,03 mGy
Weibliche Brust
0,70 mGy
Hoden
0,04 mGy
Ovarien
0,14 mGy
Zusammenfassung Röntgenstrahlung ist für eine Vielzahl von endoskopischen, urologischen, diagnostischen und therapeutischen Eingriffen unverzichtbar. Da Röntgenstrahlung potenziell Schädigungen auslösen kann, sollte ihre Anwendung auf das zu einem sinnvollen diagnostischen und/oder therapeutischen Ergebnis ausreichende Maß reduziert werden (ALARA-Prinzip). Moderne Röntgeneinrichtungen gestatten eine Vielzahl von aktiven und passiven Maßnahmen zur Reduktion der Strahlendosis (gepulste Durchleuchtungsverfahren, Filter, Einblendung, »last image hold«, digitale Aufnahmetechnik). Die Überwachung der Strahlenexposition für den Patienten durch das Dosis-Flächen-Produkt und des Untersuchungspersonals durch Ermittlung der Dosis mittels sog. Filmdosimeter ist gesetzlich vorgeschrieben und wurde durch die Änderung der Röntgenverordnung im Jahr 2002 nochmals verschärft.
249 Literatur
Literatur 1. Verordnung über den Schutz vor Schäden durch Röntgenstrahlen (Röntgenverordnung – RöV) vom 8. Januar 1987 (BGBI. I S. 114) in der Fassung der Bekanntmachung vom 30. April 2003 (BGBI. I S. 604) 2. Europäische Gemeinschaften; Richtlinie 97/43/EURATOM des Rates vom 30. Juni 1997 über den Gesundheitsschutz von Personen gegen die Gefahren ionisierender Strahlung bei medizinischer Exposition und zur Aufhebung der Richtlinie 84/466/EURATOM ABI. L Nr. 180 S. 22 3. European Commission; Radiation Protection 109, Guidance on diagnostic reference levels (DRLs) for medical exposures, Luxembourg; Office for Official Publications of the European Communities, 1999 4. McParland BJ. A study of patient radiation doses in interventional radiological procedures. Br J Radiol 1998; 71: 175–185 5. Miller DL, Balter S, Cole PE, Lu HT et al. Radiation Doses in Interventional Radiology Procedures: The RAD-IR Study. Part I: Overall Measures of Dose. J Vasc Interv Radiol 2003; 14: 711–727 6. § 16 Qualitätssicherung bei Röntgeneinrichtungen zur Untersuchung von Menschen. Bekanntmachung der diagnostischen Referenzwerte für radiologische und nuklearmedizinische Untersuchungen. Bundesamt für Strahlenschutz. Durchführungshilfen zum Strahlenschutz in der Medizin. 2. Aktualisierung 11/03 7. Krahe T, Ewen K, Lackner K et al. Die Strahlenexposition des Patienten und Untersuchers in der interventionellen Radiologie. Fortschr Röntgenstr 1986; 145 (2): 217–220
Sachverzeichnis
252
Sachverzeichnis
A Abszess 59 Acetylsalicylsäure 55 Adduktor 127 Adenomektomie 50 Adenomgewebe 59 Adriamycin 124 Alexandrit-Laser 146 5-Aminolävulinsäure (ALA) 171 Amnionflüssigkeit 238 Amplatzschaft 187, 195 Ankylose 51 Applikator 119
D
90, 131,
Dauerkatheter 73 Dauerspülresektoskop 93 Deflux 229 Detoursystem 213 Dextromer 140 Diabetes mellitus 51 Divertikel 50, 128 Doppel-J-Schiene 210 Dormia-Körbchen 171, 174 Dosisgrenzwert 248 Druckflussmessung 53 Duplexsonographie, farbkodierte 202 Durchleuchtung, gepulste 247 Dysfunktion, erektile 112
B Bacillus Calmette Guérin (BCG) 175 Ballondilatation 48, 167, 187 Ballonnephrostomie 191 Bandschlinge 9 Beckenniere 192 Bilderzeugung, digitale 15 Blasendivertikel 228 Blasenhals – Kontraktur 82 – Sklerose 112 – Stenose 81, 141 Blasensteine 50, 110, 152 Blasentamponade 129 Blutstillung 71, 108 Blutung – arterielle 71 – venöse 72 Botulinum-A-Toxin 232 Bougie 47, 163 Bulbus urethrae 42 »bulking agent« 140
C Carcinoma in situ 124 Chloräthyl-Kältespray 75 Clostridium botulinum 234 Core-through-Verfahren 47 Cut-to-the-light-Verfahren 47
124,
E Effekt, photothermischer 146 Einschwemmung 46, 50, 75, 83 Ejakulation – prograde 117 – retrograde 81, 82, 112 Elektrode, neutrale 19 Elektrotom 5, 6 Elektrovaporisation 82 Ellik-Evakuator 69, 153 Embolisation 193 Endokamera 14 Endopyelotomie 160, 175 Endoskop, flexibles 27 Endourethroplastik 48 Epididymitis 81 Epirubicin 124 Erektion 75 Erektionsstörung 46 Etilefrin 75
F Farbstoff-Laser 146 Fasszange 174 Fetendo 238, 241 Fettgewebe 59 Fibroepitheliom 196 Filmdosimeter 248 Fistel, arteriovenöse 193 Fluoreszenzdiagnostik 130
Fossa navicularis 42 Frührezidiv 129
G Gassterilisation 20 Gewebemorcellation 107 Glasfaser 119 Glasfaseroptik 12 Glaskolbenspritze 153 Gleitmittel 6, 27, 56 Gliederoptik 12 Gonadenschutz 247
H Hakensonde 6 Hämatoporphyrinderivat 130 Harnblasenkarzinom 124 Harnleiter – Ostien 95 – Schlitzung 160 – Stent 213 Harnröhre – Divertikel 226 – Kalibrierung 42 – Klappe 29, 226, 228, 231, 238 – Striktur 30, 81, 112 Harnstauung 127 Harnwegsinfekt 81 Herzschrittmacher 19, 51 Hochdruckirrigation 6 Hochfrequenzchirurgie 18, 21 Hochfrequenzstrom 19 – monopolarer 18 Holmium:YAG-Laser 146, 171, 204, 232 – Resektion 92 Hutch-Divertikel 228 Hydronephrose, antenatale 238 Hydrozephalus 240 Hyperhydratation 178 Hypervolämie 75
I ILK (interstitielle Koagulation) Inkrustation 214 Innenschaft, drehbarer 8
92
253 Sachverzeichnis
Instillationstherapie 129 Instrument – aktives 5 – passives 5 Irrigationshöhe 7 Isotopennephrogramm 202
K Kalibrierung des Meatus 227 Kapselperforation 50, 76 Karbonisierung 88 Kavitationsblase 144 Kelchhalsstenose 194 Klappenablation 238, 241 Klemmschnitt 66 Knallgasbildung 21 Koagulationsstrom 21 Koagulationszone 119 Koagulieren 22 Kollagen 79, 140 Kollikel 62 Kugelsonde 9
L Laser 86 – Ablation 116 – – visuelle 92 – Endopyelotomie – – anterograde 204 – – retrograde 204 – interstitielle Koagulation (ILK) 92, 116 Lasixauswaschtest 196 Leitfähigkeit 19 Lichtbogenregelung 9, 22 LithoClast 152, 175 Litholapaxie, perkutane (PNL) 182 Lithotomie 55 Lithotripsie 171 – ballistische 147 – Blasenstein 147 – elektrohydraulische 144, 152 – Laser 145 – mechanische 144 – Steinlithotripsie 152 – Ultraschall 146 Luftblase 152 Lungenödem 75
M MAG-3 Clearance 196 Magnetresonanzurographie (MR-Urographie) 203 Makroplastique 229 Mannitol 58 Massepotenzial 20 Meatoplastik 45 Meatotomie 227 »median bar« 82 Metformin 55 Mikrowellenthermotherapie (TUMT) 116 Miktionszystourethrogramm (MCUG) 42, 51, 232 Mischstrom 22 Mitomycin 124, 175 Mittellappen 56, 95 Morbus Parkinson 51 Morcellator 94 MR-Urographie, siehe Magnetresonanzurographie Musculus sphincter externus 78
N Nadelablation (TUNA) 116 Neodym:YAG-Laser 92 Nephrolitholapaxie 147 – perkutane (PNL) 148, 174 Nephrostomie 210 – perkutane 218, 248 Nervus obturatorius 124 Niederdruckirrigation 6 Niederdruckresektion 7 Nierenbeckenabgangsenge 200 Nierenfunktionsszintigraphie 196 Nomogramm 55
O Obturator 5, 6, 26 Obturatoriusblock 127 Obturatoriusreizung 124, 127 O’Connor-Schild 55 Okular 12 Optik 26 Orificium externum 42
Osmolarität 240 Ostium 56, 78, 127 Oszillation 146 Otis-Urethrotom 56
P »peel-away sheath« 169 Penisklemme 27 Perforation 46, 125 Personendosimeter 248 Photoablation 89 »photobleaching« 131 Photodisruption 89 Photodynamische Diagnostik (PDD) 171 Photodynamische Therapie 90 Photofluoreszenz 90 Photokoagulation 88 Pilztechnik 105 Pleura 193 Propulsion 172 Prostata – Abszess 51, 93, 110 – Inzision (TUIP) 51, 82 – Kapsel 59 – Karzinom 110 – Resektion (TURP) 56 – – nach Alcock und Flocks 60 – – nach Barnes und Nesbit 60 – – nach Blandy 60 – – nach Mauermayer und Hartung 60 Prostatastein 60 Prostatasyndrom, benignes 53 Prostatitis 51 Protoporphyrin 130 Pseudokontinenz 141 »push-back« 172 Pyelogramm, retrogrades 202 Pyeloplastik, offene 200 Pyonephrose 221
R Resektion – apikale 57, 66 – bipolare 23 – des Mittellappens 61 – des Seitenlappens 62 – parakollikuläre 62
A–R
254
Sachverzeichnis
Resektoskop 5, 13, 19, 125 – Dauerspülresektoskop 5 – Punch 4 – Rückflussresektoskop 7 Residualgewebe 80 Residualtumor 129 Resistive-Index 202 Rezidivstenose 206 Rezidivtumor 129 Rollensonde 6, 9, 82 Rotoresekt 8 Rückflussresektoskop 7
S Samenblase 59 Satellitentumor 129 Schaft 26 Schleuse 163, 164 Schließmuskelverletzung 46 Schlingenelektrode 5 Schneiden – bipolares 9 – koagulierendes 22 – Plasmaschicht 10 Schneideschlinge 6 Schockwelle, plasmainduzierte 145 Schwangerschaft 172 Sectio alta 144 Seitenlappen 100 Selbstbougierung, hydraulische 46 Shunt, vesikoamnotischer 238, 240 Sichelmesser 232 Sickerblutung 80 Silikon 140 Sinus 72, 76 »soft coagulation« 21 Sorbitol 58 Spannungsregelung 9 Sphinkterläsion 83 Sphinktersklerose 82 Sphinktertest, hydraulischer 56, 62, 66, 78 Spina bifida 240 Spongiosafibrose 47 »spray coagulation« 22 Spülwasser 58, 166 Spülzytologie 168 Stablinsensystem 6 Steinlithotripsie 152 Steinpunch 10, 152 Steinschnittlage 15, 124 Steinstraße 160
Stent 48 Stoßwellenlithotripsie, extrakorporale (ESWL) 182 Strahlenschädigung – deterministische 246 – stochastische 246 Stromdichte 18 Symptomenscore 50
T
Urethrozystogramm (UCG) 42, 51 Urethrozystoskopie 26, 124 – flexible 29 – starre 28 Urodynamik 53 Uroflowmetrie 53 Uropathie, obstruktive 238, 240 Urothelkarzinom 124 Utrikel 226
V
Teflon 140 Teleskopbougie 186 Temperaturmessung, rektale 120 Terumo-Draht 211 Therapie, photodynamische 90 Transformation 15 Transfusionssyndrom 240 Transitionalzellkarzinom 170, 175 Transitionalzone 52, 60 Trigonum 29 Trokar 7, 8 Tumorablation 161 Tumorstent 210 TUR-Einschwemmsyndrom 9, 75 TURP 152
Vaporisation 23, 88 Venensinus 50 Verletzung, intraperitoneale 78 Verpuffung 21 Vesikostomie 232 Via falsa 28, 44, 46 Videoendoskopie 15, 56 Videoresektion 58 Video-TUR 10 VLAP (visuelle Laser-Ablation) 92
W Wackeltest
66, 185
U Übungsphantom 10 Ultraschall 159 – Sonde 152 – transabdominaler 51 – transrektaler 51, 52 Unterfahrung – der Blase 61, 73 – des Trigonums 77, 111 Urachus 228 Ureteropyelographie, retrograde Ureterorenoskop 163 – flexibles 159, 168 – starres 159 Ureterostien 29 Ureterotomie 177, 212 Ureterozele 228, 230 Ureterozystoneostomie 178 Ureterstriktur 162 Urethrotomia interna 56, 110 Urethrotomie – nach Otis 43, 56 – nach Sachse 43
X Xenonlampe
130
Z 162
Zerebralsklerose 51 Zwerchfellhernie 240 Zyanid 146 Zystektomie 124 Zystitis 27 Zystoskopie 131 Zytomanometrie 79