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KOV'ta <'tiie> [1to]A.[e]L
I.�1agnesla 46
=
I .Magnesla 20
=
=
FGrH 482 F 4; vgl. dazu Charuotis 1999, bes. 6 1 -64.
In den Instrukuonen der milesischen Delegation, die die Koer eInlud, die Dit:!ymda
als panhellenisches Fest anzuerkennen, werden ähnliche Gesichtspunkte hervorge
hoben: die heilige Hochzeit von Zeus und Leto in Didyma, die Orakel ApoHons für
Neue Feste - neue Geschichtsbilder?
89
Die von über 1 50 griechischen Staaten akzeptierte Erhebung des Festes der Artemis Leukophryene zum Kranzagon war ein eindrucksvoller Beweis für das Ansehen der Magneten und ihrer Stadtgöttin in der Ö kumene griechischer Staaten und Könige. Die Erinnerung an diesen in der Geschichte der Stadt eimigartigen Erfolg, aber zugleich auch
an
das Geschichtsbild, das ihn ermög
licht hatte, wurde in Magnesia auf viel filtige Weise gehütet, vor allem aber durch das Fest selbst in regehnäßigen Abständen erneuert ersten Feier der neuen, penteterischen
Leukophryena
und gefestigt.
Bei der
müssen sich in Magnesia
Festgesandte aus über 1 50 griechischen Staaten getroffen haben. Ob es über die Jahre hinweg stets so viele waren, darf man schon wegen der wechselvollen Zeitläufte bezweif d n . Es besteht jedoch Grund zu der Annahme, daß das Fest noch um die Mitte des
2. Jahrhunderts mit Glanz gefeiert wurde, denn aus
djeser Zeit datieren Dekrete, in denen drei attahdische Städte die Leukophryena 28 In der Kaiserzeit standen die als i sopythischen Kranzagon akzeptierten.
Leukophryena
klar im Schatten der ephesischen A rtemis-Feste, wenngleich der 29 Agon noch in der Kaiserzeit bezeugt ist und das Bild der Artemis Leukophry ene bis ins
3. Jahrhundert n.C hr. hinein das häufigste Motiv der lokalen
Münzprägung blieb.
3o
Die Festgesandten, die nach Magnesia kamen, um dje
Leukophryena mitzu
feiern, gingen mit in der Prozession zum Heiligtum der Artemis, durchschritten dabej das Propylon, das die Agora mit dem Heiljgtum verband, und beteiligten sich an dem Opfer, das der Göttin dort an ihrem monumentalen Altar darge bracht wurde. In diesem Bereich war auch das Grab der Leukophryne zu b estaunen, von der man
erzählte,
sie habe dem Stadtgründer Leukippos einst ! Durch das
mals die A nsiedlung ermöglicht, um ihn heiraten zu können? Bjldprogramm
des
Tempelfrieses wurde der panhellenische Mythos
des
die Köruge und die Wohltaten der Milesier für die anderen Gnechen: Syll.3 590 mit 28 29
Günther 1 9 9 1 , 100-107. I. Magnesia 85-87
=
Rigsby 1 996 , Nr. 129-131 .
DrCl der bislang publizierten Belege kommen von außerhalb der Stadt: I G XII 1, 73, B, Z . 6 (Rhodos, fnihes 1. Jh. n.Chr.); I .Didyma 97, B, Z . 4; Robert/Robert 1 9 7 2, Nr. 366
(Ehrerunschrift
eines kaiserzeltllchen Athleten, Herkunft unbekannt). Die
anderen bei den stammen aus Magnesia selbst: I .Magnesla 1 49
=
lAG 62; I.Magnesia
1 9 3 . Tibenus hat den Antrag der Magneten auf Gewährung einer Neokorie wegen
der gerillgen Bedeutung der Stadt abgelehnt: Tac. anno 4,55. 30 31
Schultz 1975, 36f. Magnetische Tetradrachmen zeigen bereits um die Mitte des 2. Jahrhunderts v.Chr. das Bild der Artemis: Jones 1 979.
Clem. Alex. Protr. 29C (= LMagnesla T XXV'), der Sich auf den f!Ühkaiserzeitlichen
Grammatiker Zenon aus Myndos beruft. Die Liebesgeschichte steht bei Parthen. 5 =
I.Magnesia T XXIV, wo der Name allerdmgs Leukophrye lautet und als Vater
Mandrolytes genannt wird. Das Bild des Leukippos wurde städtische Münzen gesetzt: Schul tz 1 975, 42.
m
der Kaiserzeit auch auf
90
Hans-Ulrich Wiemer
Kampfes gegen die Amazonen evoziert.32 Dieser Mythos dürfte in Magnesia
indessen auch lokale Assoziationen geweckt haben - für den aus Magnesia stammenden Lokalhistoriker Possis ist eine "Amazonis" in mindestens drei
Büchern bezeugt -, wenngleich wir aufgrund fehlender Überlieferung nicht mehr erkennen können, in welcher Weise er in das Geschichtsbewußtsein der
Magneten integriert war?3 Möglicherweise wurden bel di eser Gelegenheit auch Episoden aus dem Leben der Göttin in Form eines kultischen Dramas
inszeruert, das im Westgtebel des Artemis-Tempels vor den drei dort befind lichen Türen aufgeführt wurde.34
Sicher ist jedenfalls, daß der Festgemeinde auf den Wänden einer Stoa in
der Südwestecke der Agora nicht bloß a n die
32
33
100 Episteln und Dekrete griechi-
Herken.rath 1 902; Yaylah 1 97 6 ; Davesne 1 982.
FGrH 480 F 2 . Wenn DemetDos von Skepsis bf:1 Strab. 1 2,3,22, 551 C gegen Possi s polemisiert, hat dieser - männhche! - Amazonen bei Pygela, zwischen Ephesos,
Magnesia und Priene, lokalisiert. Amazonen Sind u.a. in Kyme, Sinope, Smyma und 34
Ephesos als eponyme Hero1l1en bezeugt; vgL Blok 1 99 7 .
So jetzt Held 2005, bes. 1 4 l f.; 1 4 7 ff. EpheSlSche Münzen zeigen Personen im
Giebelfeld
des
dorugen Artemis·Tempels,
das
ebenfalls nut
drei Öffnungen
versehen war. - Bingöl 1 999 und 2007, 67-73 nimmt dagegen an, die GIebeltüren seien bei Vollmond geoffnet worden, damit das Mondlicht die Kultstatue anstrahlte und dadurch Gläubigen, die vor der Tür des Pronaos versammelt waren, den Eindruck vermittelte, die Göttin "erscheine". Gegen diese Deutung spricht lOd essen
eine Reihe von Gründen: Die Statue, deren Maße unbekannt sind, wäre j edenfalls
nach der auf Carl Humann zurückgehenden Rekonstruktion des Tempels auch bei Vollmond allenfalls teilweise erleuchtet worden. Zudem greift die Erklärung nicht rur das Artenusion von Ephesos, wo das KultbJld
10
einern Naiskos aufgestellt war;
eine Beleuchtung vorn Tempelgiebel aus ist hier ausgeschlossen. Schließlich fehl t jeder HII1WelS darauf, d a ß kultische Handlungen für d i e magnetische Artemls bei
Vollmond voIlzogen wurden; in dem von Bingöl angeführten Volksbeschluß über das Fest des Zeus Soslpolis (LMagnesia 98 Opfer keineswegs
VOUj.L1jVlm) ;
auf Vollmond,
obendrein
geht
es
=
sondern
hier
eben
Syll.l 589 auf nicht
=
LSA 32, Z. 1 5) wJrd das
Neumond um
den
terminiert Kult
der
(ev
rijt
Artemis
Leukophryene, sondern um den des Zeus Sosipolis. Gegen die verbreitete These, man habe in der mittleren GIebeltür die Kultstatue der Göttin gezeigt (so zuerst andeutungsweIse Humann 1 904, 64 Anm. 1 ; ausgeführt von Hommel 1 957, 29ff.), spricht zum eIDen das Fehlen von Treppenanlagen im Baubefund und zum anderen die Tatsache, daß die beiden seitlichen Türen so nicht erklärt werden können. Für die von Humann postulIerte Verbindung dieser symbolischen Epiphanie nut dem "EIDftihrungsfest" fehlt ein konkreter Anhaltspunkt, weil in der Stiftungsurkunde
für dieses Fest (I.Magnesia 100
=
Syll.3 695
=
LSA 33, Z . 1 2) zwar von einer
göttlichen Eingebung und Erscheinung für das ganze Volk
1tapaO'tUaffll<; Y€VO� t&t oU/.VtUVCl n:l�BSt)
C&[cu; ex11rVO{W; Kat
die Rede 1St, diese "Eplphanie" aber d en
Entschluß mOtiViert, den Tempel Wlederherzustellen; es geht also nicht um eine alljährlich wiederholte Zeremonie.
91
Neue Feste - neue Geschichtsbilder?
scher Könige und Bürgerstaaten vor Augen standen, die die
Leukophryena
als
panhelle nisches Fest akzeptiert hatten, sondern auch ein Bericht über die
Stiftung des Festes sowie ausgewählte Dokumente, darunter eine Gründungs
geschichte Magnesias, die bei der erfolgreichen Werbekampagne verwendet worden waren?5 Weiterhin ist davon auszugehen, daß sich auf dem ca.
1 8.000
m2 großen Platz eine Vielzahl von heute verlorenen Statuen b e fand, die die
Erinnerung an verdiente Mitbürger und auswärtige Wohltäter wachhielten, indem sie den Blick auf Ehreninschriften lenkten, die auf den Basen standen.
Schließlich wurden im Rahme n des Feste s zweifellos auch Reden gehalten, in denen die verwandtschaftlichen Verbindungen und glorreichen Taten der Mag
neten alle vier J ahre aufs neue beschworen wurden.
Das im Kult der Artemis Leukophryene liegende Potential zur Konser
vierung und Aktualisierung von Erinnerung war damit jedoch noch nicht erschöpft. Als die Bauarbeiten an dem neuen, von dem Architekten Hermo
genes entworfenen Artemis-T em pel, dem viertgrößten Kleinasiens, am Ende 6 des 3. Jahrhunderts so weit fortgeschritten waren,3 daß die Kultstatue in des
sen Cella aufgestellt werden konnte, beschlossen die Magneten, das Bild der
Göttin, die im Aussehen der cphesischen Artemis glich / 7 feierlich in den neuen
Tempel zu überführen. Die Überführung sollte am Geburtstag der Göttin, dem
/
6. Artemision, stattfmden 8 und dieser Tag sollte künftig alljährlich als Festtag
mit dem Namen 35 36
Eisiteria ("Einführungsfest'') begangen werden?9
O. Kern, LMagnesla, S. 1 1 - 1 2 zu Nr. 1 6 sowie Abb. I Zur Datierung
des
Tempels
und
seines
+
Ir.
Architekten
vgl.
die
überzeugende
Interpretation der Schriftquellen durch Kreeb 1 990. Gauthier 1 990, 63 Anm. 7
datiert das erste Dekret auf das Ende des 3. Jahrhunderts, das zweite auf die Jahre nach 1 80; ähnlich Gros 1 97 8 , 695f., der das Epitheton
N1K:T)cp6po�,
das Artemis nur
im zweiten Dekret beigelegt wird, auf den Sieg über Antiochos ur. b e i Magnesia am
Sipylos beZieht, nach welchem die Magneten am Mäander Sich dem römischen
Feldherm Ludus Sdpio ergeben und dadurch eine ehrenvolle Behandlung und die Anerkennung der Asylie des Artemis-HeiJigmms erlangt hatten: Liv. 37,45; Tac. anno
3,62. Noch näher hegt wohl der Bezug auf den "Sleg" lffi Krieg gegen l'v:W.et (SylJ.l
588), wenn dieser nach 1 88 anzusetzen ist, was freilich neuerdings 'wieder in Frage
gestellt wird und derzeit wohl mcht abschließend geklärt werden kann ; vgl. die 37
38
39
gegensätzlichen Positionen von Wörrle 2004 und Habicht 2005. Die ArtelniS Leukophryene trug ein enges, Sich nach unten verjüngendes Gewand
(Epentfytes) , einen merkwürdigen Brustbehang und (Polos): Fleischer 1 973, 1 40- 1 46 mit Taf. 6 1 -63.
einen zylindrischen Kopfschmuck
Nach Diog. Laert. 2,44 meinten d i e Delier, Artenus sei am 6 . Thargelion geboren;
nach Procl. in Tim. 200d war der Göttin jeder sechste Tag eines Monats geheiligt. In Magnesia am Mäander dürfte ihr Geburtstag daher auf den sechsten Tag des nach ihr benannten Monats gefallen sem. I.Magnesla l ooA = SylJ.3 695A == LSA 33A. V gl. dazu Ntlsson 1 906, 248-2 5 1 ; Dunand 1 97 8 .
Hans-Ulrich Wiemer
92
Dieses im selben Monat wie die Leukophryena gefeierte Fest war im Gegensatz
zu
letzterem eine rein lokale Angelegenheit. Während die penteterischen Leuko
phryena in hohem Maße der Außendarstellung der Polis Magnesia dienten,
waren die Eisiteria ein Fest, bei dem die Einwohner Magnesias unter sich blieben. Sein rituel ler Kern, der vermutlich viel älter war, bestand aus einer
Prozession der magnetischen Frauen, die in das Heiligtum der Artemis zogen
und der Göttin dort durch einen nicht näher beschriebenen "Beisitz" Ehre erwiesen; dabei fiel einem Jungfrauen-Chor die Aufgabe zu, Hymnen auf Ar temis Leukophrvene zu singen.4o An den Eisiteria hingegen, die auf dieses alte Frauenfest sozusagen aufgepfropft wurden, sollten nach dem Willen der Vol ks versammlung alle Einwohner der Polis teilnehmen. Aus diesem Grund durfte an diesem Tag weder prozessiert noch Unterricht erteilt werden; selbst die Skla ven und Sklavinnen sollten von der Arbeit freige stellt sein. Obwohl die Auffor derung, das Fest der Einführung der Kultstatue der Artemis in ihre neue
Behausung mit zu feiern, sich ausdrücklich an alle Personen richtete, die auf
dem Territorium
der Poli s
Magnesia lebten,
also
Fremde und
Sklaven
einschloß, blieb das Fest eine Verans'taltung, die im Namen und zum Nutzen
der Bürgerschaft ausgerichtet wurde. Dies muß allen B e teiligten klar gewes e n sein, denn sie wurden a m Festtag v o r d e m Rathaus und in Anwesenheit der Amtsträger der Polis aufgefordert, ein Gebet zu sprechen, i n dem vom Segen der Göttin für die Magneten und ihre Frauen, aber niemanden sonst die Rede
war. Wörtlich hieß es: "Möge Artemis Leukophryene den Magneten und ihren Frauen Gesundheit und Reichtum gewähren, das bestehende Geschlecht vor Unheil bewahrt und das nachgeborene glücklich werden".41 Als die Bürgerschaft von Magnesia den Beschluß zur Einführung der
Eisiteria faßte, brachte sie den Stolz auf den vorläufigen A b schluß eines
Bauprojektes, das sie über Jahrzehnte hinweg beschäftigt hatte, und die Ab-
40
41
LMagnesia 100A
=
SylJ.3
695A 695A
=
LSA 33A, Z.
26-29. 36-48, wo
111 Z . 4 1-42 mit Gauthier 1 990 rucht f.Ul'lCt ['tÖlV naC]l5rov, sondern fti'ID [UJtov]l5rov zu lesen i st; das Gebet steht in Z. 43-48. Die Aufforderung, alle Einwohner sollten vor ihren Häusern und Läden
LMagnesia 100A
=
SylJ.3
=
LSA 33A, Z.
Altäre errichten und darauf Opfer darbringen, wird im Regest, das dem Dossier rur dIe inschriftliche Publikation vorangestellt wurde, wiederholt: Z 7-10. In dem einige
Zeit später fixierten Gebet, das bel der Weihe des Stiers rur Zeus Sosipolis von dessen Priester gemeinsam mlt der Pnestenn der Artemis Leukophryene, dem
heiligen Herold, beide noch
am
dem Stephanephoren, je neun Knaben und Mädchen, deren Eltern
Leben waren, sowie den wichtigsten Amt�trägern gesprochen wurde,
erflehte man Frieden, Wohls tand und reichliches Wachstum des Getreides und aller anderen Fruchte und Nutztiere dagegen nicht bloß für die Bürger samt ihren Frauen und Ki ndern, sondern ausdrücklich auch fiir die anderen Einwohner der Stadt und ihrer Gemarkung: SylJ.3
589
=
LSA 32, Z. 2 1 -3 1 .
Neue Feste - neue GeschichtsbIlder?
93
sicht, die Erinnerung an diesen bedeutsamen Einschnitt in d e r Geschichte der
Stadt zu verewigen, deutlich zum Ausdruck. Zugleich betonte man, daß man
damit eine Verpflichtung gegenüber der Stadtlenkerin Artemis erfülle und eine
Tradition fortsetze, die man von den Vorvätern ererbt habe.42 Beides fiel fü r die Magneten letztlich zusammen, d en n die wichtigste Lehre, die m a n aus der Vergangenheit zog, war eben die Verpflichtung, die ewigen Götter zu verehren. Diese hehren Grundsätze
zu
verkünden war nun freilich leichter, als sie Jahr
für Jahr in die Tat umzusetzen. Wir wissen nicht genau, woran genau e s in 3 diesem Fall haperte.4 Jedenfalls kam das Thema einige J ahre, nachdem die
Magneten die Einführung der Eisiteria beschl ossen hatten, erneut auf die Tages
ordnung der Volksversammlung. Man s ah sich genötigt, d e n früheren B e s chluß zu erneuern und seine inschriftliche Aufzeichnung
zu
veranlassen, und man
ordnete an, daß er künftig alljährlich gleich nach der Wahl der Artem is
Priesterin und des namengebenden Jahresbeamten verlesen werden solle; für den Fall, daß dies unterblieb, drohte den zuständigen Amtsträgern eine hohe Geldstrafe . Schließlich wurden alle Haus- und Ladenbesitzer aufgefordert, am Festtag vor den Türen Altäre zu errichten und mit dem N amen der Göttin zu
beschriften, freilich wagte man es nicht, bei Zuwiderhandlung mit Geld strafen 44 zu drohen. Die Schwierigkeit, die gesamte Einwohnerschaft für ein neues und
in seiner Ausge staltung b e scheidenes Fest zu mobilisieren, ist hier mit Händen zu greifen. Offenkundig war eben längst nicht jeder bereit, für die Eisiteria Jahr
für Jahr Zeit und Geld zu opfern. Daher darf man wohl vermuten, daß die Eisiteria im Laufe der Zeit
zu
einem Fest verkümmerten, das zwar im Namen
des Volkes, aber ohne starke Beteiligung der Einwohnerschaft gefeiert wurde. Wenn dies s o
war ,
dürfte auch die Erinnerung a n die feierliche Einführung der
Kultstatue allmählich verblaßt und aus dem Bewußtsein breiter Kreise ver schwunden sein. Was blieb, war der Geburtstag der Artemis.
42 43
I.Magnesia 100A
=
SyJl.3
695A
==
LSA 33A, Z.
1 2- 1 8.
Daß man sich erst nachträgltch bewußt wurde, daß die
Leukuphryena den Eisiferio in
jedem vierten Jahr Konkurrenz machten, ist nicht auszuschließen - die motivierende Präambel des zweiten Dekrets 1st leider verloren -, aber doch eher unwahr scheinlich; der ursprüngliche Volksbeschluß über die Eistteria sollte alljährlich
44
verlesen werden.
I.Magnesia 1 00B Syl L 3 695B LSA 33B, wo in Z. 23-24 ffilt Pelekidis 1 956 tWV [00 tWV t]epwv n[poooliSrov zu lesen ist. Zu Hausaltären vgL Robert 1 966, bes. 1 86f.; 1 90 f.; auch i n : Robert 1 990, 6 1 Of.; 6 1 4f. =
==
94
Ha ns-Ulrich Wlemer
3. Bargylia Bargylia, gelegen
an
der Küste des südwestlichen Kleinasien zwischen Iasos
und Myndos, war einer der zahlreichen griechischen Bürgerstaaten, die in der großen Politik der klassischen und hellenistischen Zeit niemals e ine selbstan 45 dige Rolle zu spielen vermochten. Dementsprechend spärlich sind unsere Kenntnisse über seine äußere Geschichte: Wir wissen, daß die Stadt ma
kedonischen Truppen als Stützpunkt diente, als Philipp V. im Jahre 201 nach 46 Karien kam, die erst 1 96 auf römischen Befehl abzogen, und daß sie nach
dem Tode Attalos' In. im Jahre 1 33 die Römer gegen Aristonikos und seine 47 Anhänger unterstützte. Auch die Kontakte zu andere n griechischen Bürger 48 staaten reichten kaum über das westliche KleinasIen hinaus. Das erhebende G efühl, ihre Stadt sei der Mittelpunkt eines die gesamte Ökumene umspannen
den Beziehungsnetzes, das den Magneten am Mäander durch die Feier der
penteterischen
heten niemals
Leuk ophryena
immer wieder vermittelt wurde, war den Bargy
vergönnt. Gleichwohl bildet auch hier ein Artemis-Kult den
Fokus bürgerlicher Identität, der jedoch i m Gegensatz zu Magnesia weit 49 außerhalb der Stadtmauern an einem Ort namens Kindya gepflegt wurde,
weshal b die dort verehrte Göttin Artemis Kindyas hieß. Diese Göttin war der 5o Man stellte sie sich als eine mit langem Chiton,
ganze Stolz der Bargylieten.
(Epenc!Jtes)
einem engen sich nach unten verjüngenden Gewand
und einem
kapuzenartig ü ber den Kopf gezogenen Mantel bekleidete und über der Brust gefesselte Frau vor und schm ückte die seit d em
2. Jahrhundert v.Chr. geprägten
Silber- und Bronzemünzen der Stadt mit ihrem Bild.
45
51
Von ihrer unter freiem
Zur Zeit Anuochos' 1. scheint BargyJia unter seleuktdlscher Herrschaft gestanden zu haben, wie aus dem Dekret für den Richter Tyron aus Teos
(Syll.3 426
=
LIasos
608)
SOWle aus Alexander-Tetradrachmen hervorgeht, die die Kultstatue der Artenus 46
47 4ll 49
50 51
1 964. 16, 24; Polyain. 4,18,2. Makedorusche Garnison: Pol. 1 8,2,3 (daraUll Uv. 32,33,6E.); Pol. 1 8,8,8f.; LlV. 33,18,1 8f; Pol. 1 8,44,1-4; Llv. 33,30,1 -3. Lentulus befreit B3rgyJia: Pol. 1 8,48,2; Uv. 33,35,lf.; Plut. TltuS 1 2, 1 . I.Iasos 6 1 2 nu t Holleaux 1938, 1 79-198. Zum Anstonikos-Kneg jem zusammen fassend Daubner 2006. Dekrete für fremde Richter. LPriene 47 I.Iasos 607 (pnene) ; Syl1.3 426 LIasos 608 (feos); lIasos 609 (Samos); 6 1 0 (Kyme). Zur Lage des Ortes, der 1m 5. Jahrhundert noc h selbständig ge\\'esen war und dem Atuschen Seebund einen höheren Tribut leistete als Bargylia, vgL Bean/Cook 1 957, %-99. Zu Ihrem Bild vgL Jucker 1967; Fleischer 1 973, 223-229 nut Taf. 89 + 9 1 a-b. Vgl. Weiser 1 985, 18 1-1 85. Kindyas als Belzeichen tragen: Seyrig Philipp
V.
m
Bargylia: Polyb.
=
=
Neue Feste - neue Geschichtsblider?
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Himmel stehenden, altertüm lichen Kultstatue erzählte man, d a ß sie niemals 52
von Regen oder Schnee benetzt werde.
Polybios hat sich über di ese Art von Wunderglauben mokiert und Historio 53 In
graphen, die solche Geschichten in ihre Werke aufnahmen, scharf getadelt.
Bargylia dürfte dIese Kntik auf wenig Gegenliebe gestoßen sein, wenn man sie denn überhaupt zur Kenntnis genommen hat. Ein in den Jahren
1 995 bis 2000
sukzessive bekannt gewordenes Dossier, das aus su bstantiellen Überresten drei er Volksbeschl üsse von
Bargylia
besteht, 54 läßt mit großer Deutlichkeit er
kennen, daß die Beziehung zu dieser Gottheit noch im späten
2. Jahrhundert
den allgemein anerkannten Bezugsrahmen bildete, in welchem die Bargyrlieten die Geschicke ihrer Stadt deuteten. Aus dem besagten Dossier geht nämlich hervor, daß dIe Bargylieten in einer akuten, militärischen Bedrohungssituation, zu der es wohl im Rahmen des Aristonikos-Krieges gekommen war, die Wirk samkeit ihrer Göttin unmittelbar erfahren hatten; hellenistische Griechen 55 Als die Gefahr voriiber war, beschlossen
sprachen hier von einer EpIPhanie.
die Bargylieten, der Göttin für die Rettung der Bürgerschaft aus höchster Not 56 Ob sie von Anfang an
durch ein Pest den gebührenden Dank abzustatten.
beabsichtigten, dieses Pest jährlich abzuhalte n, ist unklar, doch muß dieser Ge danke sehr bald aufgekommen und in die Tat umgesetzt worden sein. Die Erinnerung an diese mit Hilfe der Göttin glücklich überstandene Existenzktise wurde damit
verstetigt,
und die in enger zeitlicher Polge verabschiedeten
Volksbeschlüsse, die uns erhal ten geblieben smd, legen von dem Bemühen Zeugnis ab, die Prozession und das anschließende Opfer möglichst prächtig auszugestalten und möglichst breite Kreise daran zu beteiligen. Nachdem man ursprünglich nur die Phylen als Untereinheiten der Bürgerschaft beaufttagt
hatte, Rinder zu mästen, um sie in der Prozession vorzufü hren, wofür ihnen 57 Geld aus der Tempelkasse zur Verfügung gestellt wurde, beteiligte man bald
52 53
PoL 1 6 , 1 2; Strab. 1 4,2,20, 658A. Pol. 1 6 , 1 2 . Reste einer UrgeschIchte von Bargylia bewahrt Steph.
Byz.
S.v. Bargylia;
ihr zllfolge wurde dIe Stadt von Bargylos, einem Gefährten des Bellerophontes, 54
gegründet.
EdttirJlfeJpnndpBI: Blümel 1 9 9 5 , 35-39, Nr. 1 + Blumel 1 997 + Blümel 2000; jetzt mit zahlreichen Verbesserungen zu lesen a l s SEG 45, 1 508A+B (zu Z. 1 -5 vgl SEG 50, 1 1 00)
55 56
+
SEG
50,
1 10 1 .
Vgl.
dazu
den
grundlegenden
Kommentar
von
Zltnmermann 2000, der jedoch den drItten Teil noch nicht kannte. l.lasos 6 1 3 mit Robert 1937, 459-465. Daß es SIch nicht um das Hauptfest der Artemis K.indyas gehandelt hat, das nach Ausweis von l.l asos 607
=
LPriene 47, Z. 16-1 7 bereits um 200 mit einem Agon
verbunden war (vgl. auch SEG 38, 8 1 4, Z. 1 2 - 1 3), geht mit hinreichender Sicherheit daraus hervor, daß der Termin jeweIls genau bezeichnet wird. 57
SEG 45, 1 508A, Z. 3-9 mit Zimmermann 2000, 465-469.
Hans-Ulnch Wiemer
96
auch die in der Stadt ansässigen Fremden, an die man zunächst offenbar gar 58 schließlich
nicht gedacht hatte, an der Mast von Rindern für diese Prozession;
zahlte man aus der Staatskasse für denselben Zweck auch an sechs Gruppen 59 Die Prozession führte
von Amtsträgern einen Betrag von je 1 0 0 Drachmen.
aus der Stadt weit hinaus in das Heiligtum, wo die Rinder rituell geschlachtet wurden, und das Fest endete damit, daß man ihr Fleisch am Tag darauf, nach der Rückkehr in die Stadt, auf der Agora gemeinschaftlich verzehrte. ro
Die Barg)rlieten haben im dritten der drei erhaltenen Beschlüsse die Über
zeugung ausgesprochen, daß die Göttin sich für die Ehren, die ihr mit dem neuen Fest erwiesen wurden, ihrerseits bereits wieder erkenntlich gezeigt habe,
denn Stadt und Land seien in bester Verfassung, weil die Göttin, "Vorsorge trägt, für die Angelegenheiten der Stadt insgesamt und auch im einzelnen für 61 das Leben aller Bewohner der Stadt und des Landes". Damit bestätigt sich noch einmal, daß das im Fest institutionalisierte Gedenken an diese glücklich überstandene Gefahr
für
daß die Gottheit auch
111
die Bargylieten vor allem der Vergewisserung diente, der Zukunft ihre schützende Hand über sie halten
würde, wie sie es in der Vergangenheit getan hatte.
4. Messene Das d ritte und letzte Beispiel kommt aus Messene und führt uns in den späten 62 Der Staat der
Hellenismus, in die späten 90er Jahre des 1 . Jahrhunderts v.Chr.
Messenier war im Jahre 369 mit thebanischer Hilfe gegen den erbitterten
Widerstand Spartas gegründet worden und blieb bis weit in das 3. Jahrhundert hinein
durch
hartnäckige
Versuche
gewinnen, in seiner Existenz bedroht.
der Spartaner, Messenien zurückzu 63 Die Mächte, bei denen man Rückhalt
gegen den spartanischen "Erbfeind" suchte, wechselten, nicht aber die anti spartanische Ausrichtung, bis den Messeniern im Achiiischen Bund ein neuer
58 59
60 61
62
45, 1 50 8B. 50, 1 1 0 1 . SEG 45, 1 50 8A, Z . 9-13; 1508B, Z . 17f.; dazu Zimmermann 2000, 472-478. SEG 50, 1 1 0 1, Z. 9-1 1 : Olll TO T1\V Tß 1tOAlV 1«(11 T�V Xroprev Ev T �t I 1(aM(CffiJt eimt otagecrm n:povooOOl]i; (1t'mj� .mv n:; 1(OIVmV T�� n:6AßCIl� 7tp(l')').UJ.TCIlV 1«(1i T&[V) I mT' lO{(1{t}v &1(UmOlJ ßfOl) Tmv 1«(1'tOl1(OUV'tCllV 'tTlv '[I; mJAlV 1«(11 nlv XIDpav. Die umfassende und gründliche Studie von Deshours 2006 ist nur erst bekannt SEG
SEG
geworden, als dieser Aufsatz bereits geschneben war; dort ist auch die umfangreiche 63
ältere Literatur zu den Mysterien verzeichnet und besprochen (S.
17-25).
Zur Geschichte Messeniens in hellenistischer Zeit vgl. neben den grundlegenden
1941, 58ff und Meyer 1978, 263ff. jetzt vor allem Grandjean 2003; Luraghi 2008, 249-291 .
Studien von Roebuck
.
Neue Feste - neue Geschichtsbilder?
97
Feind erstand, den auch die Spartaner zu fürchten hatten; beide, Messenien und Sparta, wurden schließlich zu Beginn des 2. Jahrhunderts gegen ihren Willen 64 Für die Messenier war die erzwungene
dem Achäischen Bund angeschlossen.
Mitgliedschaft im Achäischen Bund mit erheblichen Gebietseinbußen verbun den: Man hatte schon früher Orte an der Westküste des Golfs von Asine an 65 Nach dem gescheiterten Versuch, sich von den Achäern
den Bund verloren.
loszusagen, mußte man nun auch Orte an der Ostgrenze der Pamisos-Ebene in 66 die Unabhängigkeit entlassen: Die Quellen nennen Thouria, Pherai und Abia. 67 Zu diesen Orten gehörte allem Anschein nach aber auch Andania, wo die Messenier seit alters einen Mysterienkult feierten, von dem im folgenden die 68
Rede sein wird.
Die Messenier haben diesen Tiefpunkt ihrer Geschichte erst nach 1 4 6 v.Chr. überwinden können, nachdem der Achäische Bund im Krieg gegen Rom eme katastrophale Niederlage erlitten hatte. Da man sich aus d e m Krieg heraus gehalten hatte, erlangte man den Status einer 64
civilas libera el immHJ/is,69
und auch
Die Annäherung begann bereits am Ende des 3. Jahrhunderts, als sich Sparta der
9,30,6; 16,1 3,3). Auf dieses Bündnis scheint sich ein Eptgramm zu Ehren des Spartaners
gegen die Achäer gerichteten messemsch-ätolischen Koalition anschloß (Pol.
Damostrato s zu beziehen, das auf einer Statuenbasis im Gymnasion von Messene stand; es heißt dort, Damostratos habe "alten Haß In Freundschaft" verwandelt: 65
SEG
47, 390.
Pylos gehörte dem Achäischen Bund spätestens 209 (Liv. 27,30,13), vielleicht schon 220 (Po L 4,25,6) an, ASIne vor 1 % (Pol. 1 8,42,7), Korone vor 1 82 (LJv. 3 9,49,1 ;
653 A 1 7 ; B 17); vgl. Roebuck 1941, 66-108, bes. 93f. mit Anm. 124; Meyer 1978, 270-278; Grandjean 2003, 225f. mit Anm. 2. Pol. 23,17,H.; Pausan. 4,29,12. LOlympla 46 IPArk 3 1 ; Strab. 8,3,6, 339A; 8,3,25, 350A (aus Demetrios von
SylJ.3 66 67
=
Skepsis). Zur Lage des &rnet,won, das bislang nicht sicher lokalisiert werden konn te, 68
vgl. Deshours
2006, 52-55.
Auf die Viel diskutierte Frage, welchen Göttern diese Mysterien gefeiert v"urden, kann
und
muß
hier
mcht
Darlegungen von D eshours
eingegangen
werden;
nach
den
einleuchtenden
2006, bes. 200ff. handelte es sich im Kern um ein Fest
der Demeter, der d i e Dioskuren als Umdeutung d e r "Großen Götter"
In
"Groß e
Götter"
beigesellt waren. Die
d i e "Großen Göttmnen" v o n Eleusis scheint
erst in der Kaiserzeit erfolgt zu sein und könnte gut eine Zutat des Pausanias sein.
WeIche Rolle dabei ApolIon Karneios spielte, bleibt undurchsichtig, auch wenn ein staatlJcher Kult des Apollon Karneios, 69
jetzt durch die Weihinschrift SEG
In
weIchem auch hieroi amtierten, für Messene
52, 412 schon um 300 v.ehr. gesichert ist.
Wenn das in der Mystenenurkunde genannte "fünfundfünfzigste Jahr" (dazu unten Anm. 71) sich auf die achälsche Ära bezieht, begannen die Messenier wie die Achäer im Jahre 146/145 oder 1 45 / 1 44 v.Chr. eine neue Ära; zum Anfangsdatum vgL
1988, 1 89 mit Anm. 228. Ewe Entscheidung des Mummius zugunsten der 52 Syll.3 683, Z . 52-55 + 63-66; Tac. anno 4,43,3. Vgl. dazu Ager 1996, 41 1 -4 1 3 , Nr. 150. Ferrary
Messemer überliefern I.Olympla
=
Hans-Ulrich Wiemer
98
Andania dürfte damals wieder messenisch geworden sein. Es dauerte jedoch einige Jahrzehnte, bis man daran ging, den dort beheimateten Mysterienkult neu zu organisieren. Nachdem die Messenier sich zuvor in Argos der Zustirrunung o ApolIons versichert hatten/ beschlossen sie im Jahre 92/91 (oder 9 1 / 90) eine /1 grundlegende Reform deren Bestimmungen in einer Urkunde niedergelegt wurden, die so ausführlich war, daß sie drei ganze Stelen füllte; zwei davon sind 2 erhalten geblieben und bieten Immerhin 1 94 Zeilen Text. 7 Aus dieser Urkunde ergibt sich das Bild eines mit Prozession, Opfer und Bankett, mit Reinigungs und Initiationsriten sowie musischen Darbietungen verbundenen Festes, das zwar im Namen und Auftrag der Polis Messene ausgerichtet, aber auf allen Ebenen von einer wohlhabenden Elite dominiert wurde . Die Organisation und Aufsicht lag in den Händen eines exklusiven Personenkreises, der von den ein 73 fachen Mysten auch äußerlich abgesondert war. Detaillierte Aufwandsbe70
SyJJ.3 735; vgl. dazu Pierart 1 990; Deshours 1 999; Deshours 2006, 6 6 ff. Ich halte
(gegen
Luraghi 2008, 294-300) an der traditionellen Datierung d er
Urkunde fest, die das im Text mehrfach genannte "fünfundfünfzigste Jahr" (rG V 1 , 1 390
=
SylV 736, Z . 1 0- 1 1 ; 52; 54; 90) auf eine mit dem Jahr 1 4 6 oder 1 4 5 v.Chr.
begumende
Ara
bezieht. Daß dIe aktische Ära gemeInt ist, was auf das Jahr 24
n.Chr. führen würde, scheint mir schon deswegen werug wahrscheinlich, weil das argivische Orakel über die Mysterien, das ihrer Reform vorhergIng, u m 1 00 v.Chr.
aufgezeichnet worden sein durfte: Wilhelm Vollgraf, der die Inschrift erstmals edierte (Vollgraf 1909, 1 7 5 ) , urteilte, daß die Schrift ins 2. oder 1. Jahrhundert v.Chr.
weise. Zudem dürfte das nach sprachlicher Form und institutionellem Verfahren mit
der Mysterieninschrift eng verwandte D ossier über die Achtobolenabgabe (fG V 1 , 1432-1433 mit Wilhe1m 1 9 1 4, bes. 7 1 -86
72
=
Wilhelm 1 984, b es. 537-552) in die Zelt
zwischen 70 und 30 v.Chr gehören: l\1Igeotte 1997. IG V 1 , 1390
=
S}�J.3 736. Z u d en Fundumständen der beiden Stelen und der
Eigenart des Dokuments vgl. Deshours 2006, 49-63. Der Beschluß war in die Form eines liulj'fXIl1l!Cl (Z . 5 ; 25; 28; 95; 1 1 3 ; 1 82; 1 8 9 ; 1 90 ; 1 92) gekleidet; eine Abschrift
wurde von den VOJl.o1iciKtm Messenes verwahrt (Z. 1 1 2-1 1 5) und durfte von 73
jedermann eingesehen werden.
Zur Organisation des Festes vgL Deshours 2006, 77-97. Dem aus Männern und
Frauen bestehenden Personenkreis, die in der Kultordnung als
HierOi und Hrerai be
zeichnet werden, war mit Ausnahme der Kassenverwaltung, für die fünf für diesen Zweck
gewählte
Amtsttäger zuständIg waren (Z. 45-64), die gesamte Organisation
und Durchführung anvertraut. Die Mitglieder dieses "Orgarusationskomittees"
wurden aus einem schriftlich definierten PersonenkreIs ausgelost (Z. 1 1 6 ; 1 32),
trugen einen weißen Filzhut (Z. 13) und gingen in der Prozession vor den einfachen
Mysten (Z . am
31 -33); nur sie nahmen gemeinsam mit den Priestern und den Künstlern
helligen Festessen teil (Z. 95-99). Die
Hieroi besaßen
39-41) - 20 von ihnen dienten als bewaffnete Festordner
ein Züchtigungsrecht (Z.
(Z.
41 -45) - und konnten
Geld strafen verhängen (Z. 75··80). Sie selbst unterstanden einem aus zehn Personen
bestehenden Gremium, dessen Mltglieder durch Wahl aus den über 40jährigen Bürgern bestellt wurden und nicht in zwei aufeinander folgenden Jahren amtieren
Neue Feste - neue Geschlchtsbuder?
99
schränkungen regelten die Art und den Wert der Kleidung, die im Heiligtum getragen werden durfte, und verboten Goldschmuck, Schminke und auf wendige Frisuren. 74 Die Größe der Zelte, die in dem etwa 1 0 Kilometer von der Stadt Messene entfernten Heiligtum für die Dauer des Festes aufgeschlagen 5 werden d urften, war ebenso reglementiert wie die Art ihrer MÖblierung/ und 76 auch für wohltemperierte Bäder und geheizte Massageräume war gesorgt. Die späthellenistischen Mysterien von Andania waren kein historischer Gedenktag in dem Sinne, daß sie an ein bestimmtes Ereignis der Vergangenheit erinnern sollten. Gleichwohl waren sie auf zweierlei Art und Weise aufs engste mit dem Geschichtsbewußtsein der Messenier verbunden: Die Messenier hatten sich nach der Gründung ihres Staates eine Pseudo-Historie zugelegt, die das Stigma, das in der Abkunft von Unfreien lag, tilgen sollte, indem sie die gähnende Leere in der schriftJichen Überlieferung über ihr Volk mit Erzäh 77 lungen von einer harmonischen Urzeit und heldenmütigen I<ämpfen füllte. I n dieser Pseudo-His torie spielten sowohl der Ort Andania als auch der dort be heimatete Mysterienkult eine prominente Rolle. Andania galt als di e erste Residenz der messenischen Könige und als Heimat des größten Helden, den 78 die Messenier vorweisen konnten, des Aristomenes, unter dessen Führung sie den Spartanern lange Zeit erfolgreich Paroli geboten hatten, bis sie, besiegt durch Verrat, schließlich hatten aufgeben und die Heimat verlassen müssen. Die Prozession, die aus der Stadt Messene durch die stenyklarische Ebene, wo die Vorfahren einst beim sogenannten Ebermal einen vielbesungenen Sieg über die Spartaner errungen hatten/ 9 ins Heiligtum von Andania führte, war für die Teilnehmer also eine Reise zu einer geheiligten Stätte ihrer Vergangenheit.
sollten;
Hieroi unter
40 konnten ebenfalls gewahlt werden, mußten für die Wahl aber
eigens nomimert werden (Z. 1 1 6-170). Die "Zehn" trugen ein purpurfarbenes
74 75 76 77
Haarb and
(strophzon): Z.
I G V 1, 1390 I G V 1 , 1390 I G V 1, 1 39 0
= = =
1 77-179.
SylL3 7 3 6 , Z. 16-26.
SyJL3 736, Z. 34-38.
Syl13 736, Z . 107- 1 1 1 .
Grundlegende Beitrage stamme n von F. Jacoby, FGrH IIIA (Kommentar zu 262-
296), Leiden 1 943, 1 09ff. , bes. 1 1 2-1 1 9; Pearson 1 962; D eshours 2006, 1 67 - 2 1 2.
Pausanias' "Messen ische Geschichte" liest m a n jetzt am besten in d e r vorzüglich
kommentIerten Ausgabe der Collection Bude: Pausanias, Description de Ja Grece,
Tome IV: La Messenie. Text grec par M. Casevitz, traduit et commente par J.
78 79
A ub erger, Pans 2005.
Pausan. 4,15,7.
Pausan. 4,1 5,8; 1 6,6. Hdt. 9,64 berichtet, d a ß d i e Messenier b e i m Aufstand von 464
Sv Ltt:VlJKI..a.p<Jlt; 300 Spartaner tbteten.
Stenyklaros galt
darüber hinaus als ReSIdenz
d es messenischen Königs Kresphontes (Pausan. 4,3,7) und als Musterungsplatz 1m 1 . Messenischen Kr1eg (Pausan. 4,6,6) .
1 00
Hans- Ulrich Wierner
Aber nicht bloß das Heiligtum, in welchem die Mysterien vollzogen wurden, war
für
die Messenier ein Erinnerungsort par excellence. Die Mysterien selbst
waren eIn untrennbarer Bestandteil der Vergangenheit, die sie für bedeutsam
und verpflichtend hielten, und ihre Feier trug dazu bei, diese Vergangenheit immer wieder ins Gedächtnis zu rufen. Denn in der Vorstellung der M essenier
waren die Mysterien von Andania nicht bloß zur selben Zeit eingeführt worden,
als auch ihr Staat gegründet wurde.so Vielmehr spielte der Kult auch in den
heroischen Kämpfen gegen Sparta, wie die Pseudo-Historie sie darstellte, eine
prominente Rolle: Seine Hierophanten waren nach dem
1 . Messenischen Krieg
ins Exil nach Eleusis gegangen, aber zurückgekehrt, um den von Anstomenes angeführten Freiheitskampf zu unterstützen;8 1 vor der Sch lacht am Ebermal, in
der man es den Spartanern einmal richrig gezeigt hatte, waren sie zur Stelle
gewesen, um Aristomenes' Mannen zum Kampf anzuspornen. 8 2
Vor allem aber galten die Kultordnungen als ein Vermächtnis, das der große
Aristomenes hinterlassen hatte, weil e r wußte, daß Messenien nicht verloren sei, solange das Wissen um die Mysterien erhalten bleibe. 8 3 Darum habe e r die Kultordnung, bevor er seine Heimat verlassen mußte, auf Zinnrollen geschrie
ben, diese in einem Krug geborgen und als ein Unterpfand des künftigen
Wiederaufstiegs in der Erde vergraben. Die im Jahre
92/91 vorhandenen
heiligen Bücher galten als eine Abschrift eben dieser Zinnrollen, die man bei der Gründung Messenes auf wunderbare Weise wiedergefunden haben wollte, 8 4 und der Krug, in welchem Aristomenes sie einst versteckt haben sollte, wurde im Heiligtum von Andania noch zur Zeit des Pausanias wie eine Reliquie vor
gezeigt. 8 5
Die
Mysterien
zu
feiern
bedeutete
demnach
nicht
bloß, der
Vorfahren zu gedenken, um ihnen nachzueifern, sondern zugleich auch, den 86 Glauben an die Unzerstörbarkeit Messeniens zu bekräftigen.
80
81
82 83
84
85 86
Pausan . 4,1 ,2; 2,6; 3 ,7. Pausan. 4,1 7,7. Pausan. 4 , 1 6 , 1 ; 6. Pausan. 4,20,3-4. Pausan. 4,26,5-8; 27 ,5; IG V 1 , 1 390
=
Syll .3 7 3 6 , Z. 1 2- 1 3 .
Pausan. 4,33,5.
Daß die Mysterien von Andania bis ins 2. nachchristl iche Jahrhundert gefeIert wurden, bezeugt Pausanias (4,33,4-6); etwa zur selben Zeit ehrte die Provinzial versammlung von Achaia einen Priester der "Großen Götter" von Andania: SEG 1 1 , 984.
Neue Feste - neue Geschichtsbilder?
101
5 . Resümee Wir haben Feste von sehr unterschiedlicher Art und Bedeutung betrachtet, um festzustellen, wie Feiern und Erinnern in hellenistischen Bürgerstaaten zusam
menhingen. Dabei hat sich gezeigt, daß der Wille, die ganze Stadt im Fest zu
vereinen, bis weit ins
2. Jahrhundert vorhanden war, wenngleich seine
Umsetzung auf beträchtliche Schwierigkeiten stieß und sich eine allmähliche
Öffnung für Fremde abzeichnet; erst im späthellenistischen M essene ließ sich
die Vereinnahmung von Fest und Erinnerung durch eine exklusive :Minderheit beobachten.
D ementsprechend konnte
die Mehrheit
der Teilnehmer die
Vergangenheit, an die man sich feiernd erinnerte, bis an die Schwelle zum späten Hellenismus durchaus als die ihre empfinden. Dieser Befund korreliert insofern mit der Entwicklung der politischen Institutionen in den drei unter
suchten Poleis, als sich in den Quellen für das
späthellenistische Messenien
Dominanz des Rates gegenüber der Volksversammlung abzeichnet. 8
7
eine Die
Annahme, daß die politische Kultur der griechischen Bürgerstaaten sich erst im
Laufe des zweiten Jahrhunderts ti e fgreifend veränderte, bewährt sich also auch
im Bereich der Feste und Memorialpraktiken.8 8
Weiterhin hat sich gezeigt, daß e s keineswegs allein und oftmals auch nicht
in erster Linie die sogenannten historischen Gedenktage waren, die zur Aus
formung und b eständigen Erneuerung des Geschichtsbewußtseins griechischer 9 Sie waren gerad e deswegen, weil sie mit einem
Biirgerstaaten beitrugen. 8
bestimmten historischen Ereignis verbunden waren, das sich rasch als ephemer erweisen konnte, für ein schnelles Veralten besonders anfällig. So mancher
König, der eben noch als
"Retter" gefeiert worden war,
erwies sich bald darauf
als gleichgültig oder machtlos, wenn er sich nicht sogar als "Tyrann" entpuppte.
87
VgJ. dazu jetzt FröhlIch 1 999. Aus der Mysterieninschrift IG V 1 , 1 390 geht h ervor, daß die Ratsmttgltede:r
([Y1ll;edrot)
=
Syli3 736
nicht bloß die KassenfLihrung der
"Fünf" kontrollieren (Z. 48f.), sondern auch Zusätze zum diagramma beschlteßen (Z.
1 85f.) und vor alle m über die Verwendung städtischer Gelder entscheiden dürfen (Z 57; 8 9) . Zudem zeigt das zweite Ehrendekret für den Ratssekretar Anstokles, daß die
[Ynhedroi
thren Sekretär selb s t bestellten (IG V
1, 1 432, Z. 2 2f.). In
augLlsteischer Zeit übernahm ein Ratssekretär die Aufgabe, eine Subskription zu organisieren: SEG 35, 343 mit Migeotte 1 992, 55-59, Nr. 22. Für 'Ihouria, dessen Instimtionen denen der Stadt Messene anscheinend sehr ähnlich waren verwendete dieselben Phylennamen (IG V 1 , 1 386, Z. 3; 1 2) Stellung der
88 89
[Ynhedrot mit
neben
dem
-
man
ergibt sich dte starke
großer Deutlichkeit aus dem Dekret IG V 1, 1 379 (mit
Robert 1 928); vgl. auch SEG 1 1 , 972 Vgl. dazu
-,
=
ISE 5 1 ; SEG 1 1, 974.
"Klassiker" von
Fröhhch/Müller 2005 gesammelten Beiträge.
Zu Ihnen vgl. Chaniotis 1 9 9 1 .
Gautluer
1 98 5
jetzt
auch
die
bei
Hans-Ulrich Wiemer
102
Zudem besaßen Feste, die einer Gottheit von herausragender Bedeutung gewidmet waren, ein erheblich größeres Potential, sinnstiftend und handlungs
orientierend zu wirken, weil sie viel besser geeignet waren, im gemeinsamen Gedenken den Bogen von der Urzeit, die den Zeitgenossen als Quelle und Maßstab ihrer eigenen Bestrebungen galt, hin zur Gegenwart zu schlagen. Für alle hier betrachteten Feste, auch und gerade f ür diejenigen, in denen
der Kult einer Gottheit mit der Erinnerung an ein bestimmtes
Ereignis
der
jüngsten Vergangenheit verbunden war, gilt, daß die Vergegenwärtigung der Vergangenheit nicht bloß in kultische Handlungen eingebettet, sondern auch konzeptuell auf die ewige Macht der Götter bezogen blieh Insofern bestätigen sie die Auffassung, daß die sinnstiftende Kraf t der Polis-Religion auch im 90 Hellenismus fortdauerte. Auch das Geschichtsbild, das durch die hier unter suchten Feste vermittelt wurde, unterscheidet sich in seiner Struktur nicht von demjenigen, das bereits in klassischer Zeit vorherrschte. S chon damals hatte es auf einer radikalen Selektion beruht, indern es Ereignisse der jüngsten Vergan genheit, die
für
die Erinnerungsgemeinschaft von existentieller Bedeutung
waren, mit einer Urgeschichte verknüpfte, die Sinnstiftung und Handlungs orientierung
zugleich
lieferte.
Die
im
Hellenismus
stark
zunehmende
Vernetzung der griechischen B ürgerstaaten führte jedoch dazu, daß Traditions bestände, die Aussicht auf gemeingriechische Anerkennung hatten, stärker akzentuiert wurden. Da sich jedoch Verdienste um alle Griechen aus der jünge ren und jüngsten Vergangenheit nicht beliebig vermehren ließen, hatte die verstärkte Einbindung in die griechische Ökumene
ein starkes Wachstum
urzeitlicher Überlieferungen zur Folge, die durch überregionale Feste sowohl nach innen als auch nach außen vermittelt wurden.
90
In diesem Sinne etwa auch Stewart 1977; Graf 1995; Potter 2003.
Neue Feste - neue Geschichtsbilder?
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Die Römer auf der Flucht. Republikanische Feste und Sinnstiftung durch aitiologischen Mythos·
Rene Pfeilschifter 1. Ein rätselhaftes Fest Unser Wissen über die
Poplifugia
ist begrenzt. Da wäre zunächst einmal der
Name selbst, der offensichtlich ,Volks flucht' zu bedeuten scheint. Dann der Termin: Das Fest wurde am
5.
Juli eines jeden Jahres gefeiert. Schließlich
Fragmente des Rituals: Männer, die die Stadt verlassen, nicht in feierlicher Prozession, sondern ungeordnet, dichtgedrängt, und die sich dabei gebräuch liche
römische
Vornamen
zurufen,
wie
Gaius,
Marcus,
Lucius.
Beim
Ziegensumpf auf dem Marsfeld findet das Opfer statt.l Das ist schon alles, was
wir wissen. Plutarch verbindet die
Poplifogia
mit den
Nonae Caprotinae,
einem
zwei Tage später, am 7. Juli, ebenfalls auf dem Marsfeld gefeierten Fest. Viel
hilft das freilich nicht, da auch die
Nonae Caprotinae
weitgehend im dunkeln
bleiben: Sklavinnen, welche die Stola römischer Matronen tragen, aber gleich zeitig
betteln,
die
Umstehenden
verspotten
und
einander
spielerisch
bekämpfen, bis sie zusammen mit den freien Frauen ein Festmahl in Hütten aus Feigenästen einnehmen. Überhaupt spielt der Feigenbaum eine zentrale Rolle, sein Saft hat mit dem Opfer für luno zu tun, wir wissen aber nicht, lnwiefern, und seine Zweige werden als Ruten verwendet, wir wissen aber nicht, wozu?
Für aufmerksame Lektüre und anregende Kritik danke Ich Frank Bernstein. Fast. Maff. lul. 5; Fast. Amit. lul. 5; Fast. Ant. min. lul. 5; Plut. Rom. 27,4; 29,2f� 11; Plut. Cam. 33,7; Dlon. HaI. ant. 2,56,5; Varro ling. 6,18; Calp. hist. frg. 45 Chasslgnet (= frg. 43 Peter MaC!. Sat. 3,2,14). Eine nutzliche Quellenübersicht gIbt A. Degrassi, lnscrIt XIII 2, p. 476f. Zum Tag des Festes vgl. Pfeilschifter 2008. Plut. Rom. 29,2; 9f.; Plut. Cam. 33,7f.; Plut. Numa 2,1; Plut. fort. Rom. 320c; Vatro ling. 6,18; Macr. Sat. 1,11,36; 40; Auson. 14,16,9f. Green (= 13,23,9f. Prete); Ov. atS 2,257f.; Pol. Silv. Fast. lul. 7; [plut.] patalL min. 313a; Querol. 74 Jacquemard-Le Saos ; CIL N 15 55. Vgl. wiederum Degrassi, lnscrIt XIII 2, p. 479-481. VIelleicht ist dIe nonaria, die bei Pers. 1,133 einen PhIlosophen am Bart zieht, eine feIernde Sklavin (so Morice 1890). Interessanterweise wird v. 25 ein Feigenbaum, eine capnftcus, erwähnt, wenn auch in anderem Zusammenhang. Doch man kann schlecht an der Deutung der Scholien vorbei: Schol. Pers. z. St. und Schol. luv. 6,117 Wessner verstehen nonaria als Prostituierte. Zur Diskussion zuletzt Rüpke 1995, 558 Anm. 42; McGinn 2004, 149-151. =
Rene Pfeilsc hifter
11 0
Man hat sich seit dem 1 9. Jahrhundert darum bemüht, aus diesen Bruchstücken das Ensemble der Rituale zu erschließen und deren ursprünglichen Sinn zu
erfassen. Neben einigem anderen wurden eine Markierung von Himmels 4 phänomenen,3 der Jahreszeiten oder des Kalenders5 vorgeschlagen, eine 8 Anrufung der Toten,6 eine symbolische Reinigung,7 ein Fruchtbarkeitsritus,
sogar ein Regenzauber9 und schließlich Krise und Wiederherstellung der o Heute fragt man gewöhnlich nicht mehr so sehr nach Gemeinschaft.l Ursprüngen im Morgengrauen der Geschichte als vielmehr nach der (oft
verschobenen)
Bedeutung
von Festen für spätere GenerationenY In diesem
Fall ist das die C;,esellschaft der mittleren und späten Republik, über die wir
wenigstens halbwegs aus zahlreichen anderen Quellen Bescheid wissen. In dieser
Perspektive
hat Jan Bremmer Elemente eines Inversionsrituals ausge
macht, einer verkeluten Welt; diese Deutung legen vor allem die Sklavinnen im
Gewand von Matronen nahe. Ähnlich wie bei den Saturnalien konnte sich
angestauter s07ialer Druck entladen, was letztlich die gewohnte gesellschaftliche
Hierarchie
fescigte.12
T.P. Wiseman hat in den Riten jüngst elementarere
Antriebe menschlichen Verhaltens entdeckt: Überall in Fest und Opfer findet
er Hinweise auf das Liebesleben, und so mündet seine Interpretation in die
13 . Sexorgte. . B esc hrel'bung einer
Wie auch immer man über diese Deutungen urteilt, sie erklären nur einzelne
rituelle Aspekte, und zwar vor allem solche der
Nonae Caprotinae.
Die
Poplifugja
bleiben im Schatten, und überhaupt ist unklar, worin ihre rituelle Verbindung
mit dem zwei Tage später stattfmdenden Fest besteht. Angesichts der Quellen
lage ist es meiner Meinung nach aber kaum möglich, durch eine Analyse des
"Interpretation lunaire": Drossart 1974a; Dumezi11986, 271-283.
Erntefest: Fowler 1899, 1 77f.; "mldsummer agncultural festival": Forsythe 1994, 324 ; Bremmer 1987b, 85. 6
Sabbatucci 1999, 283-285. Kraus 1953, 77f. Schwegler 1853, 532-534; Fowler 1899, 176 ; Palmer 1974, 11. Wissowa
1912, 184 ; Fra zer 1929 , 343-3 56; Coarelh 1997, 33-46
(mit manch
berechngter Kritik, vor allem aber unnötiger Polemik gegen Bremmer 1987b); Erkell 1981,38f . 10 11 12
Otto 19 05, 187-189; Robertson 1987, 26f., 3 0-32, 35f., 38-41. Scheitern und
Neuetabherung der
Nonen:
Rüpke
1995,
560f.;
"crisl totale
dell'organi z zazione comunitaria": Coarelli 1997, 23-27. Wie sehr Rückschlüsse von den (vermeintlichen) Anfiingen auf das histonsch faßbare Rom in die Irre fuhren, hat Beard 1987, lf. knapp ski z ziert.
Bremmer 1987b, 76-83, 85-88. Vgl. schon Graf 1985, 310. Einen Überblick über
entsprechende Feste in der Antike gibt Kenner 197 0, 82-95; zur Analyse Versnel 13
1987,135-139. Wiseman 2004) 172; Wlseman 1998, 68.
Die Römer auf der Flucht
111
rituellen Geschehens wesentlich über den von Bremmer erreichten Stand
hinauszukommen. Ich
um
will
statt dessen die Geschichten untersuchen, die sich
die Poplifugia ranken, Geschichten über die Zeit des Romulus und des
Camillus, welche ihrerseits den Ursprung des Festes erklären, und dies zwar auf
eine weniger wissenschaftliche Weise, als wir das heute versuchen, dafür aber ungleich spannender.
2. Mündlichkeit und Schriftlichkeit Aitiologische Mythen sagen uns wenig über die Anfänge, aber viel über die 14 Gesellschaft, in der sie erfunden werden. Nicholas Horsfall hat von ,sekun
dären :\-fythen' gesprochen, erdacht für Rezitationen und ausgestattet mit, wenn
überhaupt, bescheidener sozialer Funktion. Gleichzeitig hat er die gelehrten
Schreibtischinventionen der späten Republik abgesetzt von im Volk verbrei 1 teten, mündlich tradierten und l etztlich authentischeren Vorstellungen. 5 Eine
derartige
wenigen
Unterscheidung
zwischen den
intellektuellen
Erzeugnissen
von
und dem, was der ,Mann auf der Straße' glaubte, ist freilich zu
schematisch. Ic h halte es durchaus für möglich, daß die römischen Literaten
mündlich kursierende Erzählungen aufgenommen und geformt haben, ähnlich 16 wie die Brüder Grimm es später mit ihren Märchen taten. Das würde natür lich nicht auf jede Aitiologie zutreffen, wohl nicht einmal auf eine Mehrzahl.
14 15
Zum Begnff knapp Graf 1996, 125; zur Forschungsgeschichte Graf 1 993, 31-43 . Horsfall 1987, 1 fü r die Formuherung "little
oe
no 'soclal function'" unter Berufung
auf Burkert 1979, 2. Doch Burkert trennt bel weitem nicht so scharf wie Horsfall: "A tale 'created' - that is, invented by an individual author - may somehow become 'myth' If it becomes traditional, to be used as a means of communciation
In
subsequent generanons, usually with some dIstortions and reelaborations" . Vgl. ferner Burkert 1993, 19f. Kritik an Horsfall üben auch Wiseman 1994a, 25 und Beard 199 3, 56-58. Rüpke 1995, 4 12[ \viederum zeigt sich, unabhängig von dieser 16
Diskussion,skeptisch gegenüber einer Breitenwirkung von AitiologielL
Ich stelle rrur diese Tätigkeit nicht so vor, daß man dem Volk einfach auf s Maul schaute und lecUglich ein wenig stilistisch feilte. Hotsfall 1987, 7 warnt vor einem Vergleich mit den Grimms, aber etn Blick auf deren tatsächliche Arbeitsweise hilft durchaus weiter: Die Brüder änderten ihre Quellen bei Bedarf inhaltlich stark ab, sie
stützten sich in großem Umfang a u f schriftliche Vorlagen,und was ihnen mündlich zugetragen wurde. bezogen sie fast nie direkt vom Mann auf der Straße - oder von
weisen Märchenfrauen -, sondern vermittelt durch junge Damen des gehobenen Bürgertums. Das läßt sich nicht eins zu eins auf Rom übertragen, aber es sensi bilisiert für die Komplexität des Übergangs von Mündlichkeit zu Schriftlichkeit oder
von elOcm Lteraturgcnre zum anderen. Zu den Grimms Rölleke 2004,38-41,47-68, 76-102; McGlarhery 1993, 4 0-49; Bluhm 1995,4-24.
Rene Pfeilschifter
112
Aber warum sollte man die Existenz solcher Einflüsse von vornherein aus
schließen? Die Römer verfügten zweifellos über eine reichhaltige mündliche
Kultur.J7
Allerdings, viel mehr als die Tatsache, daß es sie gegeben hat, wissen wir
nicht. Und was wir vielleicht von ihr in schriftlicher Form haben, läßt sich nicht als Überbleibsel verifizieren. Die republikanische Geschichtsschreibung und die antiquarische Literatur, zwei unserer Hauptquellengattungen für aitiologische Mythen, sind nur in Trümmern erhalten, und auf Authentifikationsbekun
dungen, wie sie uns die Dichtung liefert Ca la ,ein alter Mann hat mir er7.ählt [ ... 1'), sollte man besser nicht bauen.18 Wir verfUgen (noch?) nicht über das
methodische Instrumentarium, aus diesem Bestand die mündlichen Mythen zu rekonstruieren.19 Gleichzeitig f ehlt uns eine antike Beschreibung d er Kultur der
römischen Plebs. Deshalb läßt sich die ,Grimmsche Vermutung' leider nicht erhärten, und man kann auf diesem Fundament keine These wagen. Wir müs sen die Mythen in dem Aggregatzustand akzeptieren, in dem sie uns überliefert sind, eben als Literatur. Ihre Quellen können wir nicht fassen. Nun gibt es freilich noch die
umgekehrte
Möglichkeit der Beeinflussung:
Die Schreibtischinventionen hinterließen ihrerseits einen dauerhaften Eindruck bei breiteren Schichten des römischen Volkes. In diesem Fall hätten sie durch O aus eine gewisse gesellschaftliche Relevanz besessen? Die Bedingungen für 17
lB
Wlf von ihr wissen, hat Horsfall 2003 souverän dargestellt. Zu den carmina coIWwalza vgl. den Überblick von Walter 2004, 70-74, zu mündlichen Prophe7.eiungen
Was
und Orakeln Wiseman 2006. Beispiele aus dem Beglaubigungsapparat von Ovids Fasft 2,584; 4,377f.; 4,683-690;
4,905-910; 6,219-226; 6,395-400. Skeptisch stimmt schon, daß in gleicher Welse
Götter als Gewährsleute herangezogen werden: 1,93-288; 1,659f.; 3,167-172; 4,191196; 5,7-107; 5,194-376; 5,450; 5,637-662; 5,695-698; 6,1-100; 6,213f.; 6,251-256; 6,655f.; 6,693-695; 6,801-812. Zur literarischen Gestaltung dieser Passagen Rutledge 1980. Allgemein zur Zwelfelhaftigkeit derartiger Bekundungen HorsfaJl 1988, 32-34. 19
Anders Wiseman 1994a, 34. Vgl. nur die umsichtJgen Bemerkungen von HorsfaIl2003, 96-99. Insofern stimme
ich mit ihm. durchaus überein, nur daß ich glaube, daß die mündlichen M�1hen fi:u:
uns verloren sind, wahrend Horsfall 1987, bes. 4f., 9 denkt, es habe sie gar nicht (oder kaum) gegeben. T.P. Wlseman, der Protagonist der Gegenseite, hat für ihre Existenz mit guten Gründen plädiert. Aber seme Versuche, sie aus den Quellen zu destilheren, haben mich bislang nicht überzeugt (s.o. Anm. 15 und u. Anm. 66 für 20
seine Bemühungen um verlorene Bühnenstücke). Vgl. auch Beard 1993, 57.
Erst das macht die Aitiologien für den GesellschaftshIstorIker interessant. Beard
1987,3 stellt fest: "In my view, there is no reason necessarily to regard the illiterate (and, for
us,
mute) peasant as a truer representative of the Romanness of Roman
rehgion than Hellenized Roman intellectuals or Roman Greeks." Das ist richtig,
sowC1t es die einzelne Person betrifft. Aber nicht nur weil er unverbildet ist, gilt der
Bauer als authentischerer Vertteter des 'Römertums', sondern auch weil er viel eher
Die Römer auf der Plucht
113
eine solche Analyse sind besser, weil das Ausgangsprodukt - die literarischen Mythen - in diesem Falle ja bekannt ist und es sich leichter nach tatsächlichen Folgen und Wirkungen forschen läßt als nach möglichen Grundlagen und Ursachen. Dies will ich im Folgenden versuchen, zunächst in Form allgemeiner Überlegungen, dann anhand des Beispiels der
Poplifugia.
3. Alte und neue Feste Zu fragen ist also nach der sozialen Funktion literarischer Aitiologie. In einem ist Horsfall zweifellos rechtzugeben: Römische Ursprungsmythen besitzen eine derart starke literarische Formung, daß sie of t nur wie eine spielerische Beschäftigung weniger Intellektueller mit der Vergangenheit wirken. Vor allem
gilt
dies für Ovids
Fasti.
Doch hier ist so fort anzumerken, daß gerade dieser
Schriftsteller gelesen werden wollte. Er schrieb nicht nur für die Bibliotheks
regale,
sondern für die Salons und f ür die gehobene Unterhaltung. Dieser
Gedanke macht sein Werk zwar noch nicht massentauglich, aber er unter streicht, daß immerhin eine breite Elite sich für dergleichen interessierte. Aufschlußreich sind die Anlässe, an die Ovid seine Airiologien knüpft. Neben Sternbildern, Namen, Bräuchen und Tempelweihungen erklärt er alte, schon seit jeher im Kalender verzeichnete Feste, mit spezifischen, nur bei dieser Gelegenheit verrichteten rituellen Handlungen, die eben deswegen der Erläuterung bedürfen. Die Feiern neuerer Art, die verschiedenen Ludipublici, 21 und auch wenn wir außerhalb Ovids
kommen dagegen nur am Rande vor,
suchen, finden wir lediglich einen rudimentären mythologischen Apparat. Über
die
Ludi Apollinares etwa, die nur einige Tage nach den Poplifogia
stattfanden, am
rur die Masse der rönllschen Bevölkerung stehen kann als ein s chriftstellernder Aristokrat. Solange literansche Atuologie - und überhaupt EJitendiskurs über Religion - sich als Privatansicht einzelner oder als Gespinst kleiner literarischer Zirkel beiseite schieben läßt, bleibt der davon unberührte ,einfache Mann' nicht zu Unrecht der Idealtypus des römischen Gläubigen. Wenn aber plausibel gemacht werden kann, daß derartige Ursprungsgeschichten auf größere soziale Gruppen 21
wirkten, ändert sich das Bild. V gL die (in der Verszuschreibung allzu großzügige) liste der Aitla in den Fasti bei Loehr 1996, 98-110. Alle nllt Ludi verknüpften Peste der ersten Jahreshälfte
(Megalesia, Cerialia, Floralia) werden von üvid ausführlich gewürdigt, aber die Spiele
stellten nur einen Teil des Pestgeschehens dar, und zwar einen, der lediglich im Pali
der Füralia größere Aufmerksamkeit ftndet: Megalesia 4,179-392 - Ludi Megalenses
4,187f.; 4,326; 4,357f.; 4,377f.; 4,391f.; Cerialia 4,393-620; 4,679-712
- Ludi CeriaJer
4,679f.; Floralia 4,943-947; 5,183-378 - Ludi Flomles 4,946; 5,189f.; 5,277-354 (Wiseman 2002a, 296-298 glaubt In v. 331-354 ein Bühnenstück zu erkennen). Zur Unterscheidung zwischen Ludiund Pest Bernstein 1998, 168f., 191f., 212-214.
Rene Pfedscbifter
114
1 3. Juli, wußte man zu erzählen, die Römer hätten während eIner der ersten Feiern Hannibal dank der Hilfe Apollos so schnell von der Stadt vertrieben, daß sie rechtzeitig zurückkehrten, ohne Verzug und damit Frevel in den Spielen aufkommen zu lassen?2 Die anderen Ludi, selbst die ältesten, die
Romani,
mußten mit weniger auskommen: Sie vlurden, falls überhaupt etwas bekannt
war,
m
Reaktion auf einen Sieg, auf ungünstige Prophezeiungen, Dürren oder 3 Und, noch wichuger, selbst diese Anlässe spiegelten
Seuchen eingerichtet?
sich im Ablauf der Feste nicht wider. Eine rituelle Performanz des Aition fand nicht statt. Der Grund dafür scheint klar: Das Zeremoniell der LWi mit dem feier
lichen Umzug der Götterbtldrusse und mit dem Opfer war in seiner Bedeutung nicht schwer zu verstehen, zudem wiederholte es sich bei jedem dieser Feste in 2 ähnlicher Form. 4 Für die Schaffung aufurendiger, spezieller Mythen bot die rituelle Inszenierung also keinen Anlaß. Einen solchen Anlaß brauchte man auch gar nicht. Die
l...mli lockten
mit mehrtägiger Unterhaltung, mit Theater
stücken, mit Pferde- und Wagenrennen, mit Tierhetzen, mit athletischen Wettkämpfen, kurz: mit Spektakeln, die Entspannung, Spaß und natürlich Gemeinschaft versprachen.
Die Ludi boten den Fußball der
römischen
Republik, sie waren Selbstläufer, für die man nicht viel Werbung machen
mußte. Erfolgreiche Konzepte erkennt man vor allem daran, daß sie kopiert werden. Das schlug sich nicht nur darin nieder, daß die statanschen, also die jedes Jahr wiederholten Spiele in ihrer Zahl \vie in threr Dauer wuchsen.25 Die unregelmäßigen, entweder vom Senat veranlaßten oder von einzelnen Feld herren gelobten Votivspiele nahmen im 2. Jahrhundert v.ehr. ebenfalls immer mehr Raum im Jahreslauf ein; die Spiele letzterer Art sollten zudem den Namen 6 ihrer Veranstalter populär machen? Und da ich schon bei den nichtzyklischen Events bin: Es sei an die öffentlichen Speisungen des Volkes erinnert, an die
22 23 24
Macr, Sat. 1,17,25; Fest. p. 436-438 Lindsay; Servo Aen. 8,110. Vgl. Bernstein 1998, 89, 183f. Die Belege fInden sich bei Bernstein 1998, 24, 157,163,171, 179f., 193, 216. Dion. HaI. ant. 2,19,4; 5,57,5; 7,72 (= Fab. Plct. hist. frg. 20 C11assignet Liv. 30,38,11;
25
=
16 Peter);
Ov. am. 3,2,43-56; fast. 4,391. Vgl. Bernstein 1998, 41-44, 162f., 170f.,
182, 203f., 219f., 254-267, 317, 341-344 und jetzt Beck 2005, 90-96. ImJahr 200 wurden etwa 20 Tage von vier Festen belegt, beim Tod Caesars waren
es bereits 76 Tage bei acht Festen. VgL Th. Mommsen, CIL P. p. 299; Taylor 1937.
Dabei Sind ehe mstaurationes, ganze oder paruelle Wiederholungen der Feste, noch gar rucht tmtgerechnet. Vgl. Horsfall 2003, 13. Eine Liste der
instauratIOnes
von
LlvlUS erwähnten
gibt Cohee 1994, 467f. Zu den Folgen der Ausweltung, die sich vor
allem auf die Jahre zwischen etwa 220 und 173 konzentrierte, für das öffentliche
;>.6
Leben vgl. Bernstein 1998,246-248. Zu den Votivspielen Bernstein 1998, 84, 142-157, 271- 281.
115
DIe Römer auf der Flucht
Triumphe, die zugegeben nicht so häufig stattfanden, an die Leichenzüge, die
dafür eine weit höhere Frequenz besaßen - denn auch in Rom war es leichter zu sterben als zu triumphieren -, Leichenzüge, bei denen man nicht nur das
Defilee der wiedererstandenen Ahnen des Betrauerten bestaunen und dem Lob
seiner Taten lauschen konnte, sondern auf die später ebenfalls Spiele zur Kommemoration wie zum allgemeinen Ergötzen folgten sowie, als Höhepunkt, 7 Gladiatorenkämpfe. 2 Im 2. J ahrhundert v.Chr. war Rom eben kein ärmlicher Arbeiter- und Bauernstaat mehr, in dem man für jede Ablenkung dankbar sein mußte. Vielmehr gab es ein breites Tableau an Aktivitäten, die der einzelne gar nicht
vollständig wahrnehmen konnte. Man hatte zu wählen. Die traditionellen
religiösen Feste hatten es angesichts der Konkurrenz schwer. Der Lauf der
halbnackten, riemenschwingenden Luperci brachte noch genügend Schauwert 8 mit sichj2 die Prozession der Poplifugia mußte aber, verglichen mit einem Circus besuch, eher absonderlich wirken. In der Gruppe mitzulauf en und
lauthals Namen zu rufen mochte für den Moment Spaß machen, aber letztlich handelte es sich doch um ein spannungsarmes und wenig abwechslungsreiches
Vergnügen. Also: warum sich die Mühe machen und hingehen? Weshalb über
haupt das Ganze? Der Sinn, den das Ritual auf einer frühen Stufe der sozialen
Entwicklung besessen hatte, wurde im kollektiven Gedächtnis um so schneller
vergessen, je dynamischer sich die Gesellschaft der mittleren Republik aus differenzierte. Was die Menschen nicht mehr verstehen, verllert an Bedeutung für sie. Der bloße Alterswert reicht nicht. Wenn man nicht weiß, was man 9 feiert, droht die Gefahr, daß man überhaupt nicht mehr feiert.2 Diesen verlorenen Sinn versuchten die aitiologischen Mythen neu zu stiften:
Obskure Ven:ichtungen wurden einer breiten Öffentlichkeit wieder eingängig gemacht,
Z1
gleichzeitig
wurden
Defizite
im
Vergnügungswert
durch
die
Zu den öffenthchen Mählern zuletzt Vösslflg 2004, 189-192, 234-236, und Donahue 2004, 59-63; zum Tnumph Flalg 2003, 32-48 und Itgenshorst 2005, passim, bes. 189-218; zum Lelchenbegängrus Walter 2004, 89-108 und Flower 1996, 91-158; zu
2S 29
den GladIatorenkämpfen V ilJ e 1981,42-46, 57-88.
Zwn Ritual Vif 1982, 29-78; Wiseman 1995b, 80-84; zur Popularitä t bis ins 5.
Jahrhundert n.Chr. Wiseman 1995a, 14-17; McLynn 2008.
Vgl. hierzu auch, aus der Sicht eines Neuzeithistorikers, die Bemerkungen von De.ile
200 4, 8f .: ,,Ern Fest ohne Anlass ist nicht denkbar. Feste sInd immer auf eine
bestimmte Bedeutungsebene hin ausgenchtet. [... ] Auch wenn Feste nicht mehr notwendigerwelse
die Einheit der Menschen mit den Göttern thematisieren müssen,
tragen sie doch immer noch dJ.esen transzendenten Charakter und srnd auf Bedeutungen ausgerichtet, die auch über den Tag und kurze Affekte hinaus Bestand haben. ln diesem Sinne versichern sich Menschen Im Fest der Bedeutsamkeit ihres Lebens."
Rene Pfeilschifter
116
Einbettung der Rituale in die kollektive Identität der
rI!S
publica
ausgeglichen.3o
Den Rahmen bildete immer die ruhmreiche römische Geschichte, die bruchlos
in die Gegenwart fortdauerte, das aber nur, wenn das Ritual auch von den jetzt Lebenden aufgenommen und weitergegeben wurde. So fühlte sich der einzelne
Namensrufer während der
Poplifugia
n.icht nur als Mitglied einer mehr oder
minder zusammengewürfelten Gruppe, sondern als Teil eines Kontinuums, das
von den Anfangen Roms bis in alle Zukunft reichte, und das auch deswegen,
weil er, der einzelne, seinen Beitrag leisteteY
I-lier wird ein großer Vorzug der traditionellen Rituale gegenüber den meisten anderen Festen deutlich: Bei diesen konnte man nur zuschauen - in Circus und Theater waren die Handelnden sogar
infam
-,
bei jenen aber besaß
der einzelne Teilnehmer eine sehr viel bessere Chance, selber zu agieren. Mit machen verbindet mehr als
bloßes
Zuschauen.
Man empfindet stärkere
Mfmität sowohl zu den übrigen Beteiligten als auch zum Ritual. Und war letztlich nicht schon die junge Frau, die von den Streichen der laufenden
Luperci
getroffen wurde, mehr Akteurin als Zuschauerin?32 All das setzt freilich voraus,
daß man teilnehmen wollte, und diese Voraussetzung schufen eben die Mythen. Ob sekundär oder nicht, spielt hier keine Rolle. Trifft diese Interpretation zu,
dann können diese Geschichten nicht lediglich unter ein paar Antiquaren kursierende Elaborate gewesen sein, auch nicht gelehrte Kabinettstücke für die
Elite. Meiner Meinung nach haben sie eine sehr viel breitere Ö ffentlichkeit beeinflußt oder, um etwas vorsichtiger zu sein: Sie haben sich an eine sehr viel breitere Öffentlichkeit gewandt.
4. Mythen für das Volk Um diese These umfassend zu belegen, wäre dreierlei
zu
Gründe für das Interesse der Autoren, einen weiteren Kreis
zu
untersuchen: die beeinflussen; die
Art und Weise, in der sie dies versuchten; die Wirkung der Aitiologien auf die
30
Allgemein zum Zusammenhang zWIschen Mythos und Ritual Burkert 1979, 57: "The defect of ritual, in a human sOClety, is the apparent nonsense inherent in its redirection of activity, the 'as-if' [sc. symbolic] element; here a tale may supply a plausible context and fill the vacant
places."
Etwas spezieller Beard 1987, 3: "ritual
actions and the narratives whtch purport to explain those actions together form 31
Roman religlOus exper:ience and together construct Roman rehglOus meanings."
Beard 1 987, 7-10 hat gezeigt, in welchem Maße das Zusammenspiel der über das
Kalenderjahr verteilten Feste, mitsamt den Aitia aus unterschiedlichen Epochen 32
römischer Vergangenheit, Identität stiftete G,Romanness"). Ov. fast. 2,425-428; 2,445-448; luv. 2,142; Plut. Rom. 21, 7 ; Caes. 61,2f. Vgl. Ulf 1982, 72-78;Wiseman 1995a, 14.
Die Römer auf der Flucht
Angesprochenen.
Punkte,
117
Dieser Aufsatz konzentriert sich auf die letzten beiden
wenn auch in exemplarischer Weise. Der zweite würde zudem eine
Einbettung der Analyse individueller Arbeitstechniken in die Bedingungen
republikanischer Literaturrezeption erfordern. Da für eine schriftliche Ver mittlung an breite Schichten die Voraussetzungen fehlten,33 wäre vor allem eine 4 Analyse der Formen mündlicher Verbreitung notwendig.3 In diesem Rahmen kann das nicht geleistet werden. Mein Augenmerk gilt hier nur der Frage, wie
ein Aition gestaltet sein mußte, um seine Akzeptanzchancen bei der Bevöl kerung zu erhöhen.
Was den ersten Punkt betrifft, das Interesse der Schriftsteller, soll hier, statt
der erforderlichen Detailanalyse, eine Skizze genügen: Die meisten Römer, die sich in den letzten beiden vorchristlichen Jahrhunderten histo risch und an tiqua
risch
betätigten,
gehörten der senatorischen Oberschicht an. Für diese war das
Agieren in und der Applaus der Öffentlichkeit selbstverständlich, ja er war das politische Lebenselixier, da man nur durch Erfolg in den Volkswahlen aufstei
gen konnte. Die politische Kultur Roms war eine öffentliche. Warum sollten Grandseigneurs der Kurie bei ihrer literarischen Beschäftigung dann plötzlich
mit Resonanz innerhalb ihrer kleinen Peergroup zufrieden sein? Ihre Literatur hatte mit der
33
Um
res
publlCa
genauso
zu
tun wie ihr Engagement auf dem Forum.
die Alphabetisierungsrate unterhalb bestellt, als Harris 1989, 157-174,
besser
der Oberschicht war es vielleicht etwas 193-196, 222-229, 231f., 259-267 glaubt:
Man vergleiche nur dle Beiträge in Beard 1991 und die nuancierten Bemerkungen von Eich 2000, 7 5-91 zur Verbreitung von Büchern und Texten. Aber grundsätzlich 34
scheint mir Harris' Pessimismus nach wie vor gerechtfertigt. Öffentliche Rezitationen - Enruus auf dem Forum oder im Theater (Suet. gramm.
2,3f.; Gell. 16,10 ,1; 18,5,2)! - und die Tätigkeit von circulato/"es, Straßenkünstlern, die
bei Gelegenheit auch Literatur vortrugen, slnd wohlbezeugt, aber meist für Werke der Dichtung. Wie auch Prosastücke - in diesem Fall eine Preisrede auf einen Verstorbenen - mündlich verbreltet werden konnten, erklärt anschaulich Plin. epist. 4,7,2; 6. DlOn Chrys. 20,10 berichtet von einem offenbar typischen Straßenbild in
einer
(zugegeben
gnechischen)
Stadt
der
frühen
Kaiserzeit,
in
der
neben
Flötenspielern, Tänzern, Gauklern, Gedichtrezitatoren und Sängern zu sehen ist:
oe
1:0V
lcr-rOjliav 'tlva � �OOov 3l'rryouflSVOv. Weitere Stellen zur Geschichtsschreibung: Suet.
Aug. 89,3; Suet. Claud. 41,lf.; Sen. dia!. 5,23,6; Plin. epist. 1,13,3; 7,17,3; 9,27. Vgl. insbesondere Horsfall 2003, 55-57, 61; ferner Scobie 1983, 11-16 ; Wiseman 1981, 383-387; Wiseman 1994a, 33f.; Booth 1980; Rawson 1985, 48-53. Zur Ausrichtung römischer Literaturwerke auf den mündlichen Vortrag vgl die Beiträge in Vogt Splra 1990 (mit der Rezension von Horsfall 1993), sowie Schmidt 1993 und Ehlers 2001, 20-23, 31-40; weitere Literatur bei Suerbaum 2002, 15-18. Beispiele aus
anderen Kulturen, etwa Island und Irland, über die wir besser unterrichtet sind, zeigen, daß der
Übergang
von Schriftlichkeit zur Mündlichkeit keineswegs einen
Ausnahmef all der Tradierung von Literatur darstellt. Tristram 1 996.
Vgl.
dazu die Beiträge in
Rene Pfeilsdufter
118
Nur daß die eine die Vergangenheit, das andere die Gegenwart betraf. Schrift
stellerei vermochte politische Aktivität natürlich nicht gleichwertig zu 5 ersetzen, 3 aber für einen Senator war sie eben auch kein otium im Sinne unseres
modernen Freizeitbegriffs. In einer Epoche, in der man überall Zeichen des
inneren Niedergangs zu entdecken glaubte (was nicht ganz unberechtigt war), kam es nun besonders darauf an, der Gegenwart die Vergangenheit nahezu 36 Diese Sorge löste den Boom der historischen Schriftstellerei erst so
bringen.
richtig aus. Von hier war es nicht mehr weit zum Sendungsbewußtsein eines
Varro, der meinte, mit seinem Werk mehr für den Erhalt der traditionellen
Religion getan zu haben als Aeneas mit der Rettung der Penaten aus dem 7 Dies ist zwar eine sehr prononcierte Äußerung, und
untergehenden Troia. 3
Varro stellt auch nicht gerade den römischen Durchschnittsantiquar dar, aber der Wille , etwas für die
rfiS
publica
zu tun, und der Glaube, die Gemeinschaft
zum moralisch Besseren zu beeinflussen, wohnte dieser Art der Schriftstellerei
von Anfang an inne.
5.
Die Poplifugia dreimal erklärt
Der Wunsch war da. Wie stand
es
nun mit der Wirkung? Daß die
Poplijugia
an
die Gemeinschaft im ganzen appellierten, machte schon der Name deutlich: die
35
Schon deshalb, weil LIteratur in Rom nicht sonderlich geeignet war, unmittelbar auf den politischen DIskurs eInzuwirken. Zu diesem wichtigen Punkt Eich 2000, bes. 143-15 4.
36
37
S. nur Cato orig. frg. 1 ,2 Chassignet (= 2 Peter) : elarorum hominum alque magnorum non minus ohi quam negotiZ rahonem exslare opmtere (mit dem Kommentar von FRH J2 156); s. auch AselI. hist. frg. 2 Chassignet (= 2 Peter) mit FRH II 88f. Zur sozialen Herkunft von Historikern und Antiquaren Rawson 1985, 91-93; Wlseman 1981, 379-383. Zum Impetus des antiquarischen Sammelns Moatti 1997, 106-115; Walt 1997, 169-180; Sehlmeyer 2003, 165-171. ,Antiquar' verstehe ich hier im weitesten Sinne, als BezeIchnung von Schriftstellern, die sich mit antiquarischen Fragen beschäftigten - gegebenenfalls auch von Historikern, Juristen und Grammatikern -, also nicht beschränkt auf Vertreter emer eIgenen antiquarischen Literaturgattung, rue sich frühestens Ende des 2. Jahrhunderts v.Chr. ausbildete (zur Problematik auch Suerbaum 2002,535). Varro ant. frg. 2a Cardauns: se hmere ne [sc. det] pereant, non ineursu hosti/� sed civium neglegenha, de qua dlos velul ruzna Izberari a se dicit el in memoria bonorum per eiur modi libros reeondt alque seroari uhiiore eura, quam Metel/ur de incendio sacra Veslalia el Aeneas de Troiano excidio penates liberaJ'Se praedieatur. Zur Stelle Graf 1992, 25: "das ist ein Programm zum öffentlichen Wirken auch für den Antiquar, der sein Unternehmen embettet m dasjenige der augusteIschen Restauration". V gl. auch Romano 2003, 99-108; Peglau 2003,passim, bes. 137f.
Dle Römer auf der Flucht Flucht des populus.
38
119
Römer auf der Flucht passen freilich schlecht zur perma
nenten Sieghaftigkeit der
res
publica.
Die Aitiologien mußten in diesem Fall also
erhöhten Erklärungsaufwand betreiben. Die simpelste Möglichkeit, eine Flucht vergessen zu machen, ist ein nachfolgender Sieg, und exakt dieses Aition der
Poplifugia
finden wir bei Calpurruus Piso, einem senatorischen Geschichts
schreiber des 2. Jahrhunderts v.Chr.: Die Etrusker hätten das Volk in die Flucht
geschlagen, später aber habe ein Sieg das römische Schlachtenglück wiederher 39 gestellt. Die Poplifugia sind damit historisch eingeordnet, die Flucht aufs schönste wiedergutgemacht. Freilich, Flucht bleibt Flucht, und hierin liegt das
Problem der Pisonischen Erklärung. Der herausgehobenste Teil des ganzen
Rituals, der Auszug aus der Stadt, ahmt eine aufgelöste Truppe auf dem Rück
zug nach. Zwar wurde des Sieges laut Piso mit einem Opfer gedacht, aber das
fand erst einen, wenn nicht sogar zwei Tage darauf statt, da erst dann auch der Sieg erfochten worden war. In der Zwischenzeit mußte man mit der rituellen
Niederlage leben, was in irgendeiner Weise aufgefangen und verarbeitet hätte
werden müssen. Davor aber schreckten die Römer stets zurück, die schwarzen
Tage der Vergangenheit wurden lieber verdrängt. Der Verzicht auf rituelles Gedenken spiegelt nur das Verhalten der Römer angesichts tatsächlicher
Niederlagen wider: Diese wurden schlicht nicht als solche akzeptiert, bis
irgendwann doch der entscheidende Sieg gelang. Für die Überlebenden einer Katastrophe gab es in Rom keinen Platz mehr, wie die von Hannibal
gefangenen Römer genauso erfahren mußten wie die Überreste der Legionen
von Cannae. Es existierten nicht einmal staatliche Gedenkfeiern für die Gefal 4o lenen. Angesichts dieser Gemütslage vermag man sich nur schwer vorzu stellen, daß Pisos Interpretation die
Poplijugia
zu einem Sammelpunkt der kol
lektiven Identitätsfmdung werden ließ. Was sich auf dem Papier einfach und
überzeugend las, konnte nur schwer in die rituelle Performanz umgesetzt wer
den.
38
39
40
Der Plural meint Ill c ht mehrere, separate Fluchten (so Palmer 1 974, 1 0) , sondern eme einzige mit "fuites multiples, desordonnees, dans la confusion": Dumezil 1 986, 272. Abgesehen von der Ahnlichkeit in der Wortbildung, ve=ag ich keinen inneren Zusammenhang zWlschen Poplifugia und Regifugium (24. Februar) zu erkennen (wie etwa Sabbatucci 1 999, 283, 285; etwas anders von Ungern-Stern berg 1 993, 1 05f.). Calp. hlSt. frg. 45 Chassignet (= frg. 43 Peter = FRH 7 F 45 Macr. Sat. 3,2,14) . Varro Jing. 6 , 1 8 kennt die Geschichte ebenfalls, nur daß bei i h m die Etrusker z u Fuuleales a e Fidenales e lfinitimt du werden - was kein direkter Widerspruch sein muß, s. nur Uv. 1 ,1 5, 1 - und er eine Datierung gibt: bald nach dem Abzug der Galher aus Rom. Den Sleg erwähnt Varro mcht, aber ihn wteressleren hier nur die Poplifugia. Zum Fehlen rituellen Gedenkens Walter 2004, 205; zu tatsächlichen Niederlagen demnächst Kath 2003.
Rene Pfeilsclufter
120
Das Odium der Niederlage meidet eine zweite Deutung, die wir bei Plutarch und Dionysios von Halikarnaß finden. Sie irtterpretiert die Flucht nicht als militärisches Ereignis, sondern als einen Vorgang des zivilen Lebens, modern gesprochen: als Ereignis der Innenpolitik. Freilich geht es nicht um BÜIgerzwist oder Ständekampf, der Hintergrund ist ein weit erhebenderer. Romulus bestellte das Volk zum Ziegensumpf auf das Marsfeld, und mitten in der Versammlung erhob sich ein gewaltiger S turm, mit Donner, Blitz und Hagel, die Sonne verdunkelte sich, und das Vol k floh in Verwirrung. Als der Himmel sich beruhigt hatte, kehrten die Menschen zurück, aber der König blieb 41 Diese Version
verschwunden. Romulus war zu den Göttern entrückt worden.
hat mehrere Vorzüge: Eine Flucht vor dem Übernatürlichen ist keine Schande, der rituelle Auszug an den
Poplifugia
wird hier nicht zum Problem. Das Fest
wird verknüpft mit der Gründungszeit und der Vergöttlichung des ersten Königs, es ist also besonders ehrwürdig. Und schließlich steht der Tag für sich, es müssen kein späterer Sieg und kein eher diffuses Opfer eingeführt werden, damit die Geschichte funktioniert. Nun gibt es aber einen Pferdefuß, freilich einen hochinteressanten: Nach einer bekannten Variante wurde Romulus keineswegs von seinem Vater in den Himmel erhoben, vielmehr rissen die Senatoren den zum Tyrannen mutierten Stadtgründer in Stücke. In der späten Republik war di eses negative Bild en vogue, und wenn ein Senator einen zu mächtig gewordenen einzelnen wie Pompeius als zweiten Romulus bezeichnete, war dies nicht schmeichelhaft 42 gemeint, es stellte eine Drohung dar. Wendet man eine solche Lesart auf die
Poplifugia
an, kann keine Rede mehr sein von einer Integration der gesamten
Bürgerschaft in die
res
pubfica.
Das wäre zwar untypisch: Römische Aitiologien
schufen keine Erinnerungsorte für einzelne gesellschaftliche Gruppen - v.':ie das etwa in der Frühen Neuzeit durchaus der Fall war, man denke an die Zunft 43 -, Teilidentitäten, etwa für die Plebs, wurden eher als Bedrohung denn 44 als Bereicherung des kollektiven Erinnerungshaushalts empfunden. Doch es feste
lohnt, das Sze nario kurz
zu
skizzieren: Die Memorierung einer derartigen
senatorischen Bluttat spaltete die Gemeinde. Sie stellte einen Versuch dar,
41 42
Plut. Rom. 27,3f.; 6-8; 29,3; Plut.
NlUll . 2 , l f.; Plut. Cam. 33,9f� DlOn. HaI. ant.
2,56,2; SE. S. ferner Plut. fort. Rom. 32Oc.
Plut. Pomp. 25,9; SaU. hist. frg. 1 ,55,5 Maurenbrecher (= or. Lep. 5 ) ;
In
Tull. 7 . Zur
Romulusgestalt in der späten Republik vgl . etwa Alföldi 1 97 1 , 1 4-36; Martin 1 994, 282-296.
43
Vgl. dazu jüngst, mit weiterer LIteratur, Schmidt 2005, passim, insbesondere 78-86
44
Man denke nur
zu Ursprungs erzählungen. an
den
Gedächtrusort Aventin: Die rrut Ihm
verbundenen
Traditionen betonten den KonflIkt im Gemeinwesen. Vgl. Walter 2004, 1 83 - 1 88 .
Die Römer a u f der Flucht
1 21
rituelle Deutungshoheit über die Vergangenheit zu erlangen, im S inne einer polarisierenden Sinnstiftung, die ihre Kraft nicht aus einer positiven Identifi kation ffilt der Gemeinschaft, sondern aus einem innenpolitischen Feindbild zog. Denkbar sind zwei Spielarten: eine optimatische, zur Einschärfung der Hüterf unktion des Senats angesichts monarchischer Bestrebungen, und eine populare, zur Aufrüttelung des in seiner Freiheit bedrohten Volkes, das unter der Knute der wenigen litt. Erstere paßt eher
ZU!
sonstigen Instrumenta
lisierung des Romulus, letztere m e h r zum gedrängten Auszug an den
Poplifugia.
Aber mit welcher Stoßrichtung auch immer - eine derartige Usurpation der
Poplifugia hätte ungleich weitreichendere Folgen für den Zusammenhalt der res publica gehabt als jedes politische Pamphlet, da das festliche Ritual ungleich eindrücklicher, emotionaler wirkt und viel mehr Menschen erreicht als der bloße Buchstabe. Doch ist Vorsicht geboten. Keine einzige Quelle spricht ausdrücklich von einer senatorischen Bluttat am ZIegensumpf. Bei Plutarch erschlagen die Sena toren den König im Heiligtum des Vulcan, dann zerstückeln sie den Leichnam und schaffen die Teile versteckt in ihrer Toga davon, damit niemand etwas bemerkt. Denn das Volk ist nicht anwesend und muß daher auch nicht fliehen. Dann erzählt Plutarch die (ausdrücklich als solche gekennzeichnete) Variante von Romulus' Entrückung, es folgen die Vorwürfe einiger, die d e n Senat des Mordes bezichtigen, bis d e r Verdacht durch Iulius Proculus zerstreut wird, der auf dem Forum von der ihm zuteil gewordenen Epiphanie des vergöttlichten Romulus erzählt. Zwar sind die Verdächtigungen nicht aus der Luft gegriffen:
Während das Volk auseinanderläuft, drängen sich die Mächtigen zusarrune n, 45 und allzu schnell wiegeln sie das spätere Wundern und Fragen ab. Das macht 45
Plut. Rom. 27,6-28,3; Plut. Num. 2 , 1 -4 (knapper). Der Mord findet Sv
'HIj>ulmolJ
statt. Meint Plutarch damit das
Vokanal
-rcp isp(il -roß
auf dem Forum oder den
Vulcantempel auf dem Marsfeld? Die Wendung findet sich bei Plutarch noch
zweimal in Verbindung mit Romulus: Plut. qu. R. 276b erbaut dieser einen Vulcantempel außerhalb der Stadt, vielle1cht In der Absicht, dort ungestört die Senatoren zu versammeln, und Plut. Rom. 24,5 stellt er
1m
Vulcanheiligtum ein
erbeutetes bronzenes VIergespann auf, mitsamt eIner Statue seiner selbst. Die zweite Passage ist ambivalent - die Parallelstelle Dion. HaI. ant. 2,54,2 Ist nicht präziser -, die erste aber eindeutig. Das spricht dafUr, daß Plutarch auch in der dntten den
Tempel außerhalb meint, nicht das
Vokanal,
einen bloßen Altar ohne Tempel.
Ohnehin kann man sich eine heimliche Ermordung leIchter in einern geschlossenen Gebäude vorstellen als unter freiern Himmel, im Herzen der Stadt. Andererseits bezieht Plut. PubL 1 6,9 die gleiche Wendung auf das
Volcanal (gesichert durch
DlOn.
HaI. ant. 5,25,2, Ilv. 2,1 0, 1 2 und Gell. 4,5, 1 ) , und Fest. p. 1 84 Undsay bezeichnet
den LapIS mger, beim
Volcanal,
als einen für Romulus' Tod bestimmten Ort. Aber
vielleicht heißt das nur, daß tatsächlich Romulus nicht dort starb - das Folgende ist
wegen zahlreicher Lücken leider unklar. (Auf keinen Fall läßt sich allein aus einer
Rene Pfeilsdllfter
122
den Zlegensumpf aber noch nicht zum Ort eines Verbrechens. Das auffällige Verhalten der Senatoren scheint eher Plutarchs Bemühen geschuldet, das Mißtrauen erzählensch plausibel
zu
machen. Das ist unbedingt nötig, denn auf
eine Apotheose können eigentlich keine Mordvorwüxfe folgen. Ein irdisches Kapitalverbrechen paßt nicht zu übernatürlichen H1mmelsphänomenen. So deutet Plutarch nicht im geringsten an, daß der Verdacht
gerechtfertigt
sein
könnte, und schon bald wird er durch Proculus' Erzählung auch im Volk ent
Anschuldigungen
kräftet. Die Epiphanie folgt der Apotheose, wie die
gegen
den Senat zur Ermordung im Heiligtum gehören. Mord und Verdacht sowie u
Vergättlichung und Erscheinung bilden ursprünghch
n abhängige
Traditions
linien, die in unserer Überlieferung notdürftig verbunden werden: nicht durch emen Vorfall am Ziegensumpf (oder gar eine Flucht des Volkes), sondern allem durch Proculus. Die lateinischen Quellen geben die Ereignisse ähnlich wie Plutarch wieder, sie bemühen sich aber weniger um narrative Wahrscheinlich 46 keit. Das Ergebnis: Der Verdacht gegen den Senat wirkt bei ihnen deplaziert. Kombination von Festus und der in Identität von
Volcanal
und
Frage
stehenden Passage im
Lapis niger erschließen,
Romulus
eine
wie Coarelli 1 983, 1 67 f. will.)
Robertson 1 987, 1 1 verweist auf Dionysios' Vulcanheiligtum beim Forum, d as Romulus für Zusammenkünfte bestimmt (ant. 2,50,2), aber die crUVoliOl sind keine Senatssltzungen,
sondern
Volksversammlungen
(s.
ant.
7 , 1 6,4
und
die
von
Robertson selbst angeführten Stellen). Die übrlgen Quellen helfen nicht weiter, Sie sprechen vom Senat, der K urie und vom Ratsgebäu d e
(s.u.
Anm. 46) - ein
Rückschluß von der Körperschaft, ketne origtnäre Ortsangabe. WIe Plutarch seiner LokallSlerung gekommen ist und ob er die zwei
Heiligtümer
zu
miteInander
verwechselt hat, läßt sich hier nicht weiterverfolgen. Festzuhalten 1st: Selbst wenn er tatsächlich den Tempel auf dem Marsfel d meint, bringt das den Senatsmord noch tucht in Zusammenhang mit den Vorgängen beim nahegelegenen Ziegensumpf. Das Setting ISt zu unterschiedhch: eine isolierte Senatssitzung auf der einen Seite, eine 46
allgemetn zugängliche Volksversammlung mit Wettereinwirkung auf der anderen. Cic. rep. 2,17; 2,20; Uv. 1 ,1 6 ; Ov. fast. 2,48 1 - 5 1 0; Fl or. epit. 1 ,1 , 16-1 8. Diese Autoren lassen auf die Apotheose den bloßen Verdacht einer Ermordung (Cicero, Ovid) oder, etwas pritziser, einer Zerstückel ung
(Livius, Florus)
durch dle Senatoren
folgen, ohne daß sie d ies a l s Variante ausweisen oder den Ort der Tat erwähnen. Der Leser muß des hal b annehmen, gemeint sei die Szene am Ziegensumpf, was nach der dortigen Entrückung nur absurd wirkt - eine perobscura Jama, wie Livius
auch prompt urtCll t (1 ,1 6,4). Die Reserve bel LIV1US und vor allem Cicero gegenüber der Apotheose rührt von ,aufgeklärter' SkepSIS gegenüber der Möglichkeit einer
Vergöttilchung her, sie darf nicht als Billigung der Mordvanante mißverstanden werd en (so aber jetzt Sailor 2006, 345-347; vgl . d agegen nur Miles 1 995, 1 3 9 f. , 1 5 3 f.) . V o n Ungern-Sternberg 1 993, 1 01 f. h�t herausgearbeitet, w i e wenig d i e Ermordung
zu
den ansonsten positiven Romuluserzählungen der Quellen paßt. S .
a u c h vlr . ill . 2,1 3f. (gleicher Ablauf, aber nur Erwähnung
und Volk); Ioann. Antioch. frg. 5 9 Roberto Bemühen
um
(=
einer sediflo zwischen Senat
Cass. Dio 1 frg. 6,1" ) (vergebliches
Harmonisierung: Nach der Zerstückelung
tm
Bouleutetion ,helfen' die
Die Römer auf der Flucht
Es bleibt Dionysios. Er kennt
als
123
einziger einen Mord am
setzt ihn in unmittelbaren Zusammenhang mit den verüben einige Neubürger, die sich von Romulus
klingt
Ziegensump f und
Poplifugia.
Aber die Tat
zurückgesetzt
fühlen. Das
nach einer Rationalisierung der Apotheose - die Mörder nutzen den
Regen, die Finsternis und die allgemeine Venllirrung aus -, und es kann sein, daß erst Dionysios diese entgöttlichte Geschichte mit den
Poplifugia verbunden
hat. Doch wie es um die G enese auch bestellt sein mag: Diese Version nimmt dem Aition die angesprochene politische Relevanz. Und die senatorische Vari ante, die Dionysios ebenfalls kennt, spielt auch bei ihm ohne das Volk, lokalisiert wieder in
der
Stadt, in der Kurie. Wahrscheinlich entspringt
Dionysios' Melange wie bei Plutarch eher dem
Bemühen,
alle Versionen des
Verschwindens von Romulus in sein Werk zu integrieren, als einem raffinierten Manöver der spätrepublikanischen Tagespolitik. 47 Romulus' Ermordung nichts zu mn.
Die
PoplzJugia
haben
mit
Nachdem ich diese Variante in die Literamr verbannt habe, fillt kein S chatten mehr auf die Romulus-in-den-Himmel-entrückt-Geschichte. Trotz dem existiert noch eine weitere, eine dritte Deutung der an die erste Aitiologie von Flucht und Niederlage
an,
Poplifugia.
Sie lehnt sich
ist vielleicht sogar aus
ihr
48 hervorgegangen . Aber sie ist keine bloße Variation, denn diese letzte InterpreHimmelsphänomene den Vertuschungsversuchen, es folgen Unruhe im Volk und der Proculusbericht); [Plut.] para!!. rnin. 3 1 3cd
(wie
Cassius
Dio, aber keine
Himmelsphänomene); Val. Max. 5,3,1 (nur Zerstückelung in der Kurie); App. civ.
Fast. Febr. 1 7 (1): R01J1U/UJ, mir [ . . .) . Robertson 1 987, 1 1 - 1 3 mit Anm. 6 l okalisiert ohne Rücksicht auf
2,476f. (nur Ennordung im Senat); lakonisch Pol. Sllv.
occisus
47
a
die erzählerischen Zusammenhänge. Dion. HaL ant. 2,56,1; 3-6; 2,63,3f: Zu Genese und Ü berlieferung d er beiden Traditionsstränge von Romulus' Tod vgl. von Ungem-Stemberg 1 993, 1 02-104, 1 07 f., und Bremmer 1 987c, 45-47, der freilich den Senatsmord als mögliches Aition der
Poplijügia
nicht ausschlJeßt, t rotz seiner berechtigten Kncik an d er weiter
gehenden These von Burkert 1 962, 365-37 1 . Die Entstehung der Mordversion setzt
er zu A n fang des 1. Jahrhunderts an, was gut zu d eren Bezeugung in d e n letzten Jahrzehnten der Republik passen würde. Rosenberg 1 9 1 4, 1097f. und W a l t 1 997, 308- 3 1 2 vermuten sogar LiclOius Macer als Urheber. Dagegen spricht aber: Wenn Proculus tatsächlich bei EnOlus vorkommt (so zuletzt Skutsch 1 985, 26Of., dagegen aber die starken Argumente von K och 1 953, 1 8-25 und Jocelyn 1 989, 4246), dann ßllt dies auch für die Mordvorwürfe Im Volk. Denn
In
allen erhaltenen Versionen
besteht die Funktion d es Proculusberlchts darin, d I ese Vorwürfe zu entkräften (so
auch Walt 1 997, 1 63, aber mit anderen Folgerungen). Ohne ZweIfel an der Apotheose fehl t d a s Motiv für die Einführung des Procu1us. 1st das richtig, dann kennt schon Enmus d ie Mordversion; politische Relevanz gewinnt sIe erst viel 48
später. In der Forschung wird das, soweit ich sehe, fast einhellig angenommen: etwa Otto 1 905, 1 86f.; Wemstock 1936, 857f.; Koch 1 937, 94, 1 1 5; Kraus 1 953, 75; Forsythe
Rene Pfeiischifter
1 24
tation ist ungleich komplexer, und das Ritual wird an entscheidenden Stellen anders erklärt Nach der Gallierkatastrophe war Rom geschwächt, und dies suchten die umwohnenden Latiner unter Führung des Livius Postumius auszunutzen. Sie zogen vor d ie Stadt und verlangten, daß man ihnen Frauen übergebe, Jungfrauen wie Unvermählte, um die gegenseitige Verwandtschaft durch neue Heiratsbündnisse enger zu gestalten. Die Römer sahen d arin eher eine Forderung nach Geiseln, aber guter Rat war teuer, da sie den Latinern 4� militärisch nichts entgegenzusetzen hatten. In dieser Situation hatte eine Sklavin, Philotis oder Tutola mit Namen, die rettende Idee: Die Römer
möge
n
sie selber und andere (hübsche) Sklavinnen, gekleidet als freie Frauen, den Feinden ausliefern.
Dieser Plan wurde durchgeführt, die Latine.r merkten
nichts, und Pos tumius verteilte im Feldlager die Frauen auf seine Leute. Der vornehme Plutarch verschweigt weitere Details, andere Quellen sind weniger diskret, und so erfahren wir, daß die Männer nach ausgiebigem Sex und Wein genuß in tiefen Schlummer fielen. Philotis kletterte nun auf einen Feigenbaum und hielt eine Fackel hoch, Richtung Rom; rückwärts aufgespannte D ecken verhinderten, daß die Wachen der Latiner das Licht bemerkten. Auf dieses
verabredete Zeichen hin erfolgte der nächtliche Angriff. Da die römischen
Soldaten, offenbar aus Gründen der Geheimhaltung, nichts von diesem Teil des Plans wußten, waren sie überrascht, brachen in Eile und Tumult auf und
konnten nur mit gegenseitiger namentlicher Anrufung halbwegs Ordnung her stellen. Die zumeist i m Schlaf überrumpelten Latiner wurden natürlich besiegt, d i e Schmach war abgewendet. Der Senat schenkte den Sklavinnen für ihre mutige Tat die Freiheit, stattete sie mit einer Mitgift aus und erlaubte ihnen, die Kleidung, die sie zur Täuschung angezogen hatten, auch in Z ukunft z u tragen. Zur Erinnerung wurde der Tag des Sieges in Zukunft als Fest begangen, als
Nonae Caprotinae.
Das Ganze hatte sich nämlich an den Nonen ereignet, d em
siebten des Monats, und der wilde Feigenbau m heißt im Lateinischen
daher Caprotinae.
50
caprificus,
1 994, 322, 329; knapp, aber differenz1erter von Ungem-Stemberg 1 99 3, 2 2 1 Anm. 1 1 2 . Robertson 1987, 9t:, 1 3- 1 8 sieht zwar die Unterschiede, zieht aber keine 49
Konsequenzen. Der Tausendsassa dieser Epoche, M. Funus Camillus, bleIbt
ill
dIeser Episode
ausgeblendet. Er besiegt die Latiner in einer (von Plutarch eigens als solcher ausgewiesenen) konkurrierenden Version, ill der die j\J-onae
Caprotinae
keine Rolle
spielen (Plut. Cam. 33,l f.; 34,1-3 5,5). Trotzdem 1st es ill teressant, daß die aitiolü- gischen Mythen ausgerechnet
ill
den beiden Anfangszeiten - Stadtgründung durch
Romulus und Wiederaufbau nach dem Gallierangriff - spielen. Zu diesem Punkt 50
von Ungem-Sternberg 2000, 220f. Plut. Rom. 29,4-9; Plut. Cam. 33,3-8; Macr. Sat. 1 , 1 1 ,37-40; Polyain. 8,30; PoL Silv.
Fast. Iul. 7; [plut.] parall. min. 3 1 3a; Ov. ars 2,257f. Die Wiedergabe im Text folgt
1 25
Die Römer auf der Flucht
Diese Geschichte ist zweifellos die phantasievollste, u nd deshalb wirkt sie auf den modernen Hörer wenig überzeugend. Ein sekundärer Mythos, wie man ihn sich kaum schli mmer vorstellen kann. Ganz abgesehen von den bunten Details, scheint die Erzählung unglaubwürdig konstruiert. Oder soll man wirklich glauben, daß eine Sklavin Gelegenheit erhielt, den Pührern der
res publica ihre
Ideen zu unterbreiten? In der Überlieferung nimmt der Philotis-Mythos freilich erheblich breiteren Raum ein als die ersten beiden Passungen, Plutarch und Polyainos kennen ihn ebenso wie Macrobius und Ovid. Aber das kann lediglich den burlesken Motiven geschuldet sein; daraus läßt sich noch nicht auf eine hohe Akzeptanz bei Teilnehmern und Zuschauern des Rituals schließen. Aller dings gibt es durchaus Aspekte der Philotis-Erzäh lung, die sie auch für die Performanz attraktiv machten. Die Hauptschwäche der ersten Version, Plucht und Niederlage, ist wie
derum vennieden. Sicher hatte niemand ein Problem damit, an einer Prozession teilzunehmen,
die
an
einen
nächtlichen
Überraschungsangriff erinnerte.
Übrigens ist dieses Aition das einzige, das die Richtung des Zuges berücksich tigt, von der Stadt aufs Marsfeld. Die Bewegungen der ersten bei den Versionen gehen dagegen umgekehrt vom Marsfeld aus, Richtung Rom. Doch nur weil die Phjlotis-Geschichte in diesem Punkt näher
am
Ritual liegt, verleiht i hr das noch
nicht unbedingt höhere Glaubwürdigkeit. Aitiologische Mythen erzählen das Ritual nicht sklavisch nach oder, aus römischer Perspektive betrachtet, die Teilnehmer müssen das Griindungsgeschehen nicht eins z u eins nachvollzie hen. Es genügt völlig, wenn einige oder auch nur ein charakteristisches Merk mal erkennbar wiederaufgenommen werden. 51 Auf die Richtung des Zuges kommt dabei wenig an. D afür berücksichtigt die Philotis-Geschichte gleich zwei Peste, die und die
Nonae Caprotinae.
Poplifogia
Das Ritual unter dem Peigenbaum und die Rolle der
Sklavinnen werden hinreichend erklärt. Überhaupt wirkt die ganze Geschichte vom
Caprotinenfest
her konstruiert.
Das
römischen Auszug, das einzige Aition für die
nächtliche Tohuwabohu
Poplijugia,
beim
ist im Grunde ein über-
Plutarch und Macrobius (zu Unterschieden zWIschen Plutarchs beiden Versionen Bühler 1 962, 272, 274-277). Der Kern 1st in allen Quellen der gleiche, die Differenzen sind übersichtlich: Bei Macrobius, Silvius und wohl auch bei Ps. Plutarch werden auch oder sogar ausschließlich verheiratete Frauen gefordert, bei letzterem und bei Ovid sind die Angreifer Gallier, und PS.-Plutarch allein nennt den feindlichen Anführer Atepomaros und die Sklavin Rhetana (die neben dem
Feigenbaum 51
gleIch noch die Stadtmauer erklimmen muß, zum Ausgleich freilich
keine Fackel mehr benötigt). Zu den Namen vgl. auch Bremmer 1987b, 83f.
Robertson 1 987, passim, bes. 9, 1 7-19, 2 1 f. , 28-30, 35, 38, 40, sieht das nicht und versucht das Ritual von den Legenden her zu rekonstruieren. Seme Ergebnisse sind mit äußerster Vorsicht aufzunehmen.
Rene Pfeilschifter
1 26
flüssiges Detail. Es könnte wegfallen, und die Geschichte würde immer noch funktionieren.
Für den Interpreten der
Feste
v.riLd es hier richtig Poplifugia muß e s ja gegeben
aber
interessant. Einen Grund für die Einbeziehung der
haben. Wenn keine narrative Notwendigkeit vorliegt, bleibt nur, ihn in der rituellen Performanz zu suchen.
6. Ritual und Erzählung
PopIifugia und Nonae Caprotinae wurden
am
5. und
7. Juli gefeiert,
also in engem
zeitlichem Zusammenhang. Die Opfer beider Fest e fanden auf dem Marsfeld statt, offenbar in unmittelbarer Nähe zueinander. Der Zug der irgendwo
an
der
morastigen Areal.
paIus caprae,
dem
Ziegensumpf,
Der Feigenbaum, das
Popkfugia endete
einem
ausgedehnten
wichtigste Requisit der Philotis
Geschichte, existierte tatsächlich; er ist noch für die Zeit Mark Aurels 52 bezeugt. Dort fanden sich die freien Frauen und die Sklavinnen ein. Der wilde Feigenbaum, die
caprijicus,
von der die
Nonae Caprotinae
ihren Namen haben
sollen, ist für die Römer, wörtlich übersetzt, ein Ziegenfeigenbaum. und
paIus caprae:
Der Ziegenfeigenbaum paßt wunderbar
zum
Caprijicus
ZiegensumpL Es
besteht also eine enge zeitliche, örtliche u n d sprachliche Nähe zwischen beiden Festen. Wegen dieser Ähnlichkeiten hat man in der Forschung immer wieder 53 Das mag sein oder auch
einen ursprünglichen Zusammenhang vermutet.
nicht sein, wh wissen es nicht. Mich interessiert hier nur, daß den Römern 54 späterer Zeiten dieser Ko=ex ebenfalls ins Auge gesprungen sein muß. Die Philoti s-Geschichte erklärt beide Feste, und daraus gewinnt sie ihre Plausibili-
52 53
54
HA Aur. 1 3,6. Zu exakteren LokalisIerungsversuchen vgl. Coarelli 1 993 und 1996 sowie Coarelli 1 997, 16-20 (mit Karte). Otto 1 905, 1 89; Wemstock 1 936, 858f.; Dume.·jI 1 986, 272, 283; Coarelli 1 997, 21 f. Gelegentlich wird sogar behauptet, die Poplifugt12 und Nonae Caprotmae selen nicht an separaten Tagen gefeiert worden, sondern hätten ein einheitliches Fest gebildet: Schwegler 1 853, 532-534 mit Anm. 6; Robertson 1 987, 1 8-20; Rüpke 1 995, 556-561. Dagegen ausführllch Pfetlschifter 2008. Dem widerspncht nIcht, daß Plutarch dte Etymologien ausemanderhält: Entweder verdanken die Nonae Caprotinae Ihren Namen der 10lus caprae (Rom. 29,2; Cam. 33,10) oder der capnftcus (Rom. 29,9; Cam. 33,8) . Für ihn schließen sich Romulusversion und Philotlsgeschichte namlich aus, nur ein Aition kann das richtige sein (Rom. 29,1 1 ) . Aber eine ,nchtige' InterpretatIOn kannte die römische Kultpraxis nicht (s.u.). Modeme etymologische Herleitungen: Wemstock 1 936, 849f.; Lejeune 1967, 1 98-202.
127
Die Romer auf der Flucht
tät. Die augenscheinliche Zu sammengehörigkeit der Rituale findet ihr Äquiva 55 lent in der Einheitlichkeit ihrer Aitiologie. Ein zeitlicher Widerspruch, nämlich daß in der Geschichte Philotis' Klet tern auf den Baum vor dem römischen Ausmarsch stattfindet,
ja ursächlich fUr
diesen ist, während der Aufbruch im Ritual zwei Tage vor dem Ziegenbaumfest
kommemoriert wird, dieser Widerspruch stellte offenbar keine Schwierigkeit dar. Mythos und Fest mögen dasselbe Thema haben, aber sie befinden sich in unterschiedlichen Aggregatzuständen der historischen Erinnerung. Gleichzeitig
wächst das Verständnis für Plutarch. Er berichtet von
Poplifogia
und
Nonae
in einem Atemzug und glaubt, daß beide an ein und demselben Tag 56 stattfanden. Für die Vermischung beider Feste ist er öfters kritisiert worden,
Caprotinae
aber nun zeigt sich, daß er diese Konfusion schon in seinen Quellen vorfand und daß sie gar keine Konfusion war, wenigstens nicht im negativen Sinne. Daß Plutarch, der die Feste anscheinend nie besuchte, dann glaubte, sie fänden an einem einzigen Tag statt, ist ein verzeihlicher Irrtum. Was läßt sich aus den drei aitiologischen Mythen zu den
Poplifugia
lernen?
Die Geschichten werden nicht alle zur sei ben Zeit entstanden sein; die Mög lichkeit, daß die Philotis-Ges chichte auf Pisos Erzählung von Flucht und späterem Sieg zurückgeht, habe ich bereits erwähnt. Vielleicht entsprechen die Airia sogar verschiedenen Phasen in der Performanz des Festes. Auch römische Rituale wandelten sich und blieben nicht über J ahrzehnte und J ahrhunderte ohne Veränderung. Weitergehende Spekulationen auf diesem Feld verbietet freilich die schmale QueLlenbasis.
Doch schon die bloße Existenz dreier
Geschichten nebeneinander ist interessant: Offenbar fand keine von ihnen genügend Akzeptanz, um die anderen aus der Überlieferung zu tilgen. Diese verlangsamte Traditionsbildung rührt natürlich daher, daß die Aitia nicht bloß
55
Wo diese Nähe fehlte, konnte auch keine Verbmdung hergestellt werden: Die Weihung des Tempels für Fortuna Muliebns wurde zwar am 6. Juli begangen, aber das Heiligtum befand sich an der Via Latina, südbsthch von Rom, während das Marsfeld im N ordwesten der Stadt lag. Zudem war der Kult auf etnmal verheiratete Matronen, auf univirne, beschränkt, Sklavinnen spielten hier keine Rolle, und es fehlte das Element der Ausgelassenheit, das Pop"fugia und Nonne Caprotinae wahrscheinlich gemeinsam war. So 'wurde !In Aition z w:1 r ebenfalls weibliche Tapferkeit !In Krieg gerühmt - das berühmte Zusammentreffen Cotiolans mit Mutter, Gattlll und Frauen von Rom -, aber auf einer ganz anderen Ebene als in der Philotisgeschichte. Zur Fortuna Mullebris OlOn. HaI. ant. 8,55,3-56,4; weitere Quellen bei Degrassi, lnscrIt XIll 2, p. 479, zum Hed.lgtum EgidI 2004. Anders Rüpke 1 995, 561; Coarelli
1 997, 3 1 . 56
Etwa von Kraus 1 953, 7 6 . Fur die Auswirkung dieser Vermischung auf moderne Datierungsversuche und für einen ähnhchen Irrtum bei CICero vgl. Pfeilschifter
2008, 3Of., 33f.
Rene Pfejlschifter
1 28
mündlich tradiert wurden, sondern wahrscheinlich auf dem Papier geboren und auf diesem auch bewahrt wurden. Selbst die leblos wirkende Fluchtversion vermochte so zu überleben. DIe Romulus- und die Philotis-Geschichte aber koexistierten vielleicht beide als gängige Deutungen des Rituals. Dadurch wurde ihre Wirkung nicht unbedingt beeinträchtigt. Römische Rituale verlang ten, anders als später die christliche Religion, nicht nach eindeutigen und einheitlichen Interpretationsmustern. 57 Es kam nicht darauf an, ob die Geschichten im analytischen Sinne wahr waren, sondern ob sie glaubwürdig wirkten und Sinn vermittelten. 58 Und wenn das gleich zwei Erzählungen taten 59 um so besser. -
7.
Die Nonae Caprotinae auf der Bülme
Was wissen wir nun konkret von der Wirkung auf die Öffentlichkeit, von der Prägung und Veriebendigung des Rituals durch den Mythos? Die Quellen las sen uns an dieser Stelle leider im Stich. Sie sagen nichts über den Grad der öffentlichen Aufmerksamkeit, den die Poplifugia und die Nonae Caprotinae genos sen. Die öfters zu lesende Ansicht, die Feste seien weitgehend vergessen 60 worden, ist einem Dekadenzmodell der republikanischen Religion verpflich tet, verifizieren läßt sie sich ruche Aber das gleiche gilt für die gegenteilige 6 Möglichkeit. 1 Über die vorhin geäußerten, allgemeinen Schlüsse kommt man nicht hinaus: Andere Feste moderneren Zuschnitts, vor allem die Ludi, expan dierten im Laufe des 2. Jahrhunderts v.Chr., und über ihre Popularität sind v,11: wohlunterrichtet. D a die den Bürgern zur Verfügung stehende Zeit nicht pro57
58
Vgl. etwa Scheid 1 992, 122f.
Zur Wahrheit von Mythen kurz und blindlg Burkert 1 979, 25: "Evldently the
questlon o f 'historical truth' is absolutely irrelevant in such a tale; i t i s neither more 59
nor less effective even if it is true".
Beard 1 9 87, 6f., 1 0E. sieht die Deutungsoffenheit von Festen, die zu immer neuen Erklärungen angesichts gewandelter gesellschaftlicher Bedingungen anregte, mit Recht als wesentlIch für deren Fortbestand an: "the contlnued resonance of such festivals in Roman society dunng the historical penod depended on this wid e
dispersion of their meaning; on the festivals' capacity to be constantly remte1preted and re-understood" (7). Gleich Akzeptanzchancen 60 61
in
mehrere Interpretationsangebote erhöhten
die
der differenzierten Gesellschaft der späten RepublJk. Vgl.
auch Graf 1 992, 2 1 f. Anders Rüpke 1 99 5 , 4 1 2 . S o Scullard 1 98 1 , 1 59, 1 6 3 ; Forsythe 1 994, 325, 327. VgL nur Rüpke 1 995, 41 1 , 6 1 6f. Der Optinusmus von Bremmer 1 987b, 86 läßt sich durch
das
Vorkommen
des
Namens
'Capratinus/a'
in
der
Kaiserzelt
nicht
untermauern (CIL I 7 6 1 ; JI 585; 3300; 4154; IF 5,733; VI 975; 6 0 6 1 ; 24443; 35354; 37685; XII 3631; XIII 5730).
129
Die Römer auf der Flucht
portional mitwuchs, müssen die alten Kalenderfeste darunter gelitten haben. Die Schaffung aitiologischer Mythen, die neuen Sinn zu stiften v ersuchten, sind ein wesentliches Zeichen dieser Krise. Gleichzeitig zeugen sie auch von wachem Interesse. Aber das sagt uns, um es noch einmal zu wiederholen, nichts über die Rezipienten, nur über die Angebotsseite, die aus wenigen, antiquarisch interessierten Literaten bestanden haben kann. Selbst ausführliche Schilderungen von Ritualen wären noch kein Beleg dafür, daß die dazugehörigen Feste wohlbesucht waren. Genausogut können sie von ein paar verlorenen Gestalten weitergeschleppt worden sein. Dieser Befund gilt nicht für alle Feste - man denke nur an die Luperkalien -, aber doch für eine beträchtliche Anzahl, nicht bloß für Poplifugia und Nonae Caprotinae. Aber es gibt einen Hinweis darauf, daß die Mythenforscher nicht allein für den Elfenbeinturm arbeiteten. Varro bemerkt in seinem Werk über die lateinische Sprache beiläufig, daß die Gründe für den Vollzug der Nonae Caprotinae-Riten dem Volk in einem Drama während der Ludi Apollinares 62 erläutert wurden. Eingenchtet während des Zweiten Punischen Krieges, wurden die Ludi Apollinares, ursprünglich ein Eintagesfest am 1 3. Juli, schon bald verlängert, indem immer mehr vorhergehende Tage mit Theateraufführungen gefüllt wur den. Im Jahre 1 90 dauerten sie mindestens vom 1 1. bis zum 1 3., in der frühen Kaiserzeit schließlich vom 6. bis zum 1 3. Juli. Die Zwischenstufen der Erweite 63 rung lassen sich nicht zeitlich fixieren, ebensowenig wie wir das Drama datieren können, von dem wir überdies weder Autor noch Titel kennen. Aber es muß an den Nonen selbst oder an einem der darauffolgenden Tage aufge führt worden sein, eventuell sogar am Tag zuvor. Was den Inhalt betri fft, sollte man nicht so kühn sein wie Wiseman und gleich die gesamte Szenenfolge 64 rekonstruieren. Aber es ist eine plausible Vermutung, daß auf der Bühne derjenige Stoff eine zentrale Rolle spielte, der uns als einziger aitiologischer Mythos über die Nonae Caprotlnae bekannt ist: die Philotis-Geschichte.65 Es geht mir hier nicht um die zuletzt wieder ausgiebig diskutierte Frage, ob der römische Mythos zunächst in/abt/he praetextae gestaltet und von da in histo-
62
Varro ling. 6 , 1 9 :
cur hoc,
to!Jlla praetexta data
m
Apo/ltnaribus /udis domit jYJpu/11m. Zum
Text und zur Gattung der togata praetexta Drossart 1 9 74b; Wiseman 1 998, 8-1 1 mit 63
Anm. 63; Manuwald 200 1 , 6 6 -7 1 .
1 1 . Juli: Liv. 37,4,4. Spätestens zur Zeit Cicetos hatten die Ludi den 7. Juli erreicht:
Att. 1 6, 1 , 1 ; 1 6,4, 1 . Zu den 64 65
Eintragungen
in den Kalendern Degrassi, Inscrlt XIII 2,
p . 477f. Wiseman 2004, 1 7 1 ("nnagmatlve reconstruction"), 1 73.
So etwa schon Otro 1 90 5, 1 85 und Latte 1 %0, 106 Anm.
2.
1 30
Rene Pfeilsclufter
rische, epische und lyrische Formate übertragen wurde. ein Versuch gemacht wurde, die nahezubringen, dem
popufus,
Nonae Caprotinae
wie Varro sagt.
6?
66
Wichtig ist nur, daß
einem breiteren Publikum
Es ist faszinierend, daß ausge
rechnet die Ludi, die Aufmerksamkeit von den traditionellen Festen abzogen, dafür genutzt wurden. Die Ludi Apoflinares überdeckten die N onae
Caprotinae,
da
sie bald nach den Nonen begannen oder vielleicht sogar schon an ihnen selbst gefeiert wurden. Bei dieser populären Veranstaltung wurde nun das modernste 68 Medium genutzt, um auf die Festlichkeit alten Stils hinzuweisen. Niemand weiß, 'I:\.>ie sehr die
Nonae Caprotinae
zu diesem Zeitpunkt von den
Ludi Apoffinares beeinträchtigt wurden. Mit Sicherheit wäre aber kein Stoff zur Aufführung gebracht worden, der keine Chance auf Erfolg bei einer größeren Zuschauerschaft besaß. Unter den Dramatikern waren um den Bestand tradi tioneller Feste besorgte Senatoren bei weitem nicht so prominent vertreten wie in der historischen und antiquarischen Schriftstellerei, und nichts erlau b t anzu 69 nehmen, daß ausgerechnet dieser Literat eine Ausnahme war. Allerdings 66
67
68
Am entschiedensten bejaht hat sie Wiseman: 1 994c, 82-85; 1 994a, 35f.; 1994b, 5, 1021; 1995b, 129-143; 1999; 2002a, 283-299; 2002b; 2004, 1 47f., 1 71 , 173, 248; vor allem 1 998, 1 -74. Kritisch dazu zuletzt Flower 1 995, 170, 1 73-175; Manuwald 200 1 , 91-94; Horsfall 2003, 96-98; Walter 2004, 78-82; Keaveney 2006. EUlen Forschungsbericht gibt Wiseman 1 998, 1 -8, 12-15. Anwesend waren Männer, Frauen und Kinder, quer durch alle sozialen Schichten; auch Nichtbürger und Sklaven schauten zu (Belege bei Rawson 1 9 9 1 , 513-521). Über die Zuschauerzahl läßt sich nur spekulieren, zumal wir rucht wissen, ob das Drama öfters auf dem Spielplan stand oder ob es bei emer einmaligen Aufführung blieb. Zur Größe von 1beaterauditorten zuletzt Het1 2003, 21-23 (mit Literatur). Ob auch die spärlichen Aitia der Ludi selbst auf die Bühne gebracht wurden - man könnte an die !Jldi Flrrales (Ov. fast. 5,277-330) und natürlich an die LudiApollinares denken -, wissen wir nicht (s. aber oben Anm. 21). Nun gibt es drei !JIdip ublici Ceriales, Megalenses und Florales - dIe erst später zu einem bereits bestehenden Kultfest htnzugefiigt wurden. Es gibt (leIder nicht besonders deutliche) HUlweise darauf, daß die Stiftung dieser Kulte bei den Ludi thematlsiert wurde. Ov. fast. 4,326 spricht von einem Drama, das (wahrscheinlich!) an den Ludi Megalenses an die Einholung der Magna Mater erinnerte. Das Theaterstück über die Nonae Caprotinae gtng Insofern weiter, als es ein Fest aufgriff, das keinen inhaltlichen Bezug zu den Ludi hatte, nur einen zeitlichen. Gemein wäre beiden Inszeruerungen aber "a representauon o f a cult story appropriate to the festal day": Littlewood 1981, 387. Vgl. auch Bremmer 1987a, 1 05f.. Kragelund 2002, 1 7-24 hat auf den breiteren Kontext htngewJcsen: Generell thematisierten fabulae praetextae Geschichten, dIe auch in Kultaitien eine Rolle spielten - etwa Accius' Brutus und das Regifugzum , oder sie riefen, in ihrer zeitgenössischen Spielart, bei Vouvspielen und Tempel weihen in Erinnerung, warum diese den Göttern gelobt worden waren - etwa Ennius' Ambracia. c:. Iulius Caesar Strabo (aed. cur. 90; zu ihm Stärk in Suerbaum 2002, 1 67f.) macht den An fung einer kurzen Reihe, in der immerhin Caesar und die bei den Ciceron es ,
-
69
131
Die Römer auf der Flucht
waren die Spielgeber, meist die Aedilen oder Praetoren, i n jedem Fall Vertreter der Oberschicht. Wieweit diese sich nun im Detail
um
den Spielplan und u m
d e n Inhalt einzelner Stücke kümmerten, varüerte sicher von Magistrat z u O Magistrat ? Angesichts d e s Genres kommt auf d ie exakte Kompetenzaufteilung letztlich aber nicht viel an. Poet und Ausrichter verband ein gemeinsames Zie� Sie wollten Applaus hören. Mit der Entscheidung für das Caprotinenstück rechneten sie auf ein gewisses Grundinteresse, ein Interesse, das mit Wissen 7i befriedigt werden mußte. Das Volk erfuhr bei der Aufführung der praetexta envas Neues, wie Varro ausdrücklich bemerkt. Fs wurde also nicht bloß Altbe kanntes in dramatische Form gebracht. I n formiert über die Ursprünge des Festes, mochten die Zuschauer sich angespornt fühlen, die Passivität ihrer Sitze zu verlassen und wieder einmal die 72 chen, dieses oder nächstes Jahr.
Popijugia
und d ie
Nonae Caprotitzae
zu besu
Ein solches Ergebnis dürfte Dichter und Veranstalter recht gewesen sein, auch wenn diesem Ziel sicher nicht ihr wesentliches Augenmerk gehört hatte. Historische Dramen waren zunächst einmal Unterhaltung, nicht offizielle Volkspädagogik. Aber die alten Feste zu begreifen war offensichtlich nicht nur ein Anliegen elitärer Zirkel Alle Römer waren empfänglich für die Erfahrung der Gemeinschaft, die ihnen d iese Rituale boten - wenn sie sie nur verstanden. In den letzten beiden Jahrhunderten der Republik drohte das Bedürfnis nach Teilnahme zu verkümmern, weil man anderswo immer besser unterhalten wurde; für die
res
publica, die
au f einem breiten Konsens ihrer Bürger ruhte, war
das eine bedrohliche Entwicklung. Die aitiologischen Schöpfungen der Epoche wirkten dem entgegen, und sie hatten wohl dann Aussicht auf Erfolg, wenn sie den Hergang der rituellen Performanz angemessen widerspiegelten. Ihre Erklä rungen hielten die alten Kalenderfeste attraktiv und leisteten so \Vesentliches für die Aufrechterhaltung der rituellen Identitätsstiftung.
Caprotinae
Poplifugia, Nonae
und die übrigen wurden in einem Maße in die römische Vergangen
heit inkorporiert, das ihnen ursprünglich nicht zu eigen gewesen sein kann. Das
70
71
72
stehen; viele dieser Werke dürften dIe Bühne freilich nicht gesehen haben. Einen Überblick gibt Cancik 1978, 325. Ter. Eun. 20: Menandn Eunuchum, postquam aediles emenmt, beweist kein persönliches Engagement, sondern lediglich, daß die Aedilen das notwendige Geld zur Verfügung gestellt haben; aber v. 22 scheint emer von ihnen das Stück bel emer Probe abzunehmen. Maßgeblichen Inhaltlichen Einfluß nimmt Bernstein 1998, 237 an, s. aber dessen Anm. 48 und Gruen 1 992, 188-197. Zur Begeisterung d es Volkes nicht nur fiir Komödien vgl. Horsfall 2003, 1 3 f., 58-63. Zur Publikumsorientierung des romischen Dramas knapp Lebek 2000, 62f. Ähnlich dIe Überlegungen Drossarts 1 974b, 6 3 f.
Rene PfeIlschifter
132 veränderte
die
Feste?3
Die geschichtliche Dimension
verlieh
ihnen
ein
Distinktionskriterium, das konkurrierende Feierlichkeiten nicht besaßen. Man
hat mit Recht darauf hingewiesen, daß bei den Wagenrennen dIe Zuschauer
wohl weniger über Romulus als über das führende Pferd sprachen?4 Veranstal tungen solcher Art fehlte die Konzentration auf die
res
publica, welche jetzt die
traditionellen Feste auszeichnete. Denen half die historische Erinnerung, sich
zu behaupten, und umgekehrt stärkten sie selbst diese Erinnerung. Bei den
Poplijugja sprach man über Romulus.
73 74
Schön Beard 1 987, 1 0 : "as new stories take over from old, so the 'meamng' of the ritual changes". Rüpke 1 995, 41 1 (ohne Unterscheidung zwischen den verschiedenen Arten von Festen).
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Die Römer auf der Flucht
139
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Festkalender der frühen Kaiserzeit als Medien der Erinnerung
Ralf Behrwald 1. Eine neue Epoche wird propagiert Mit Octavians Rückkehr als Sieger der Bürgerkriege begann im Jahr 29 v.Chr. auch für Roms Festkalender eine neue Epoche. Die zahlreichen Ehrungen des Princeps schlugen sich in einer rasch anwachsenden Zahl jährlich zu begehen ' der Feste nieder. Damit war ein Bereich des öffentlichen Lebens betroffen, der bereits mit der Kalenderreform Caesars 46 v.Chr? in den Mittelpunkt des öffentlichen Interesses gerückt und in antiquarischen Werken kommentiert
worden war: Eines von ihnen, Varros Antiquitates rerum divinamm, war O ctavians 3 Adoptivvater gewidmet. Im Wortsinn eine neue Epoche begann in Ä g y p t e n ,
wo auf Senatsbeschluß der Fall Alexandrias den Beginn einer Provinzialära 4 markierte: Das Neujahrsfest sollte gleichermaßen Octavians Person und das historische Ereignis seiner Ankunft in Ägypten in Erinnerung rufen. In anderen Regionen des O stens wurde O ctavians Sieg bei Actium zum Ausgangspunkt
Zusammenstellungen dieser Festtage geben Gage 1 977, 155-185 In seiner Bude Ausgabe der Res gestae sowie Ehrenberg/Jones 1 955, 44-55. Grundlegend sind ferner Herz 1 975, hier bes. 6-8 (überarbeitet als: Herz 1 978, bes. 1 1 48 f.), und Kienast 1 999, 2
225-227.
VgL Geiger 1 936; Malitz 1 987 sowie Rüpke 1 995, 369-39 1 . Einen engen Zusammenhang mit der Kalenderreform Caesars vermutet Tarver 1 996. Gegen das tradltionelle Datum 47 v.Chr. datiert er die Antiquitotes ent sprechend auf die zweite Jahreshälfte 46 v.Chr. Bereits früher war der Kalender Gegenstand gelehrter Literatur gewesen; es Ist daher Irreführend, wenn Sehlmeyer 2003, 169 schreibt: "antiquarische Schriften zum Thema Kalender und fasti gehören dann erst in augusteische Zeit". Er selbst verweIst zuvor (162) auf Cassius Hemina FRH 6 F 17 (s1CI), S. 164 auf Sempronius Tuditanus FRH 8 F 3 Oedoch nicht F 7). Cass. DIO 5 1 , 1 9,6: Der Senat habe beschlossen, nlV 'tB ��u;pav f.V TI � Äw;avöpaa
MNo, uyae�v 'tB etval Kat E� 'tU E1tBl'ta l:tTJ uP;o1V 't�� U1taple�l�crBÜ)� a{rt&v vo�ti�weat, Kat 'tov Kalcrapa nlv 'tB El;oualav TItv 't6'lv Ö�lcipxü)V öm ßtOU EXav, Kat 'tOl� E1tlßowIlEVO� a1:n:ov Kai f.vtO� 'tou 1tÜ)�lTJplO1) Kat E�Ü) IlExPl� OYOOO1) �ucrtaöto1) UIlUvBlV. Die neue Ä ra scheint jedoch bald wieder außer Gebrauch gekommen zu sein, wie Skeat 1 994 zeigen konnte. Vgl. zuletzt Skeat 2001. Die auf Gardthausen zurückgehende
Annahme, diese von Cassius Dio überlieferte Epochendatierung betreffe nicht den ägyptischen, sondern den stadtrömischen Kalender (so zuletzt noch einmal Gage 1 977, 1 55-185, bes. 1 57), ist durch dIe von Skeat dISkutierte Dokumentation in Ägypten hinfällig geworden.
Ralf Behrwald
142
einer Ära.5 Dagegen konnte es in Rom zu einer solchen Ärenzählung unter dem Zeichen der
res publica
remtuta nicht kommen, in welcher die Restitution repub
likanischer Vergangenheit sich eben auch als Restitution republikanischer Fest und Kalendertradition gab. Die Vorstellung, in eine neue Epoche einzutreten, war - u n d wurde - je doch a u c h hier verbreitet.6 Es ist bezeichnend für den Charakter der Herrschaft des Augustll s, daß diese Vorstellung bald in einer Vielzahl ,epochaler' Ein schnitte ihren Ausdruck fand, die sich jedesmal auch im Festkalender nieder schlugen. Octavians Geburtstag7 wurde ebenso in den Rang von feriae pub/kae erhoben, wie man von nun
an
die Schließung des J a nusbogens
am
1 1 . 1 .29
v.Chr.8 und den Tag seines Triumphes im selben Jahr9 als Staatsfeiertage bege
hen sollte. Die Neuregelung des J ahres 27 v.Chr. fund ebenso Eingang in die
Festkalender: Feiertage erinnerten jährlich am 1 3. Januar an die Verleihung der CfJTTJna civica,
am
1 6 . Januar an die Annahme des Namens Augustus.lO Zehn Jahre
Vgl. Leschhorn 1993, 225-228; zu den entsprechenden Feierlichkeiten Rieks 1970. Für die Provinz
Asia
wurde erst 9 v.Chr. der Geburtstag des Kaisers zum Neu
jahrstag erkIiirt (OGIS 458; RDGE 65; das Dossier der Inschriften eingehend untersucht von Laffi 1967), vgl zuletzt Buxton/Hannah 2005.
Die Erwartung eIßes epochalen Neuanfangs artikulierte schon 40 v.Chr. Vergils 4. Ekloge, die zuletzt von Binder 1 9 8 3 auf Octavian bezogen "\'vuroe. Dagegen will Perutelli 1 995, 61 f. nur eine "metaphor for the birth of a new politische
Bezüge
erkennen
(vgl .
auch
Clausen
1 994,
eta"
ohne konkrete
1 1 9- 1 50).
Doch
die
Idealisierung von Octavlan/Augustus auch in den frühen Werken Vergtls hat zuletzt Holzberg 2006, 44-6 1 (bes. 47-51 zu EeI. 4) hervorgehoben. - Zur Vorstellung der
augusteischen Herrschaft als eines wiedergekehrten vgl ferner BIßder 1 97 1 , bes. 2 8 1 f.
AfI'�flm S'aeculum in
der ABneis
Die Quellen versammelt Atttlio Degrassl ID seinem Kommentar, Inscrlt XIII 2: Degrassl 1 9 63, 5 1 2- 5 1 4; vgl. ferner König 1 972. Die kalendertechnischen Aspekte erortert ferner Suerbaum 1980, 335-337.
Insc rIt XIII 2, 1 7; zu der bei Cass. Dio 5 1 ,20,4 genannten ersten der drei Schließungen des Bogens, deren Augustus sich R. Gest. div. Aug. 1 3 rühmt, vgl.
Kienast 1999, 223 mit der dort genannten Literatur sowie Scheid 2007, 48 u. Rldley 2003, 1 1 4- 1 1 6 . Zum Tnumph vom 1 3 . - 1 5 .8.29 v.Chr. vgl DufraJ.gIle 1 994, 4 1 f. und zuletzt Bosworth 1 9 99, der auf S. 7f. in dem Datum des Triumphes eIDe Verbindung zu
Herakles sieht. Ihm wurden nach Ausweis der Fasti AlItfam
im Circus und an der
10
Porta
am
1 2 . und 1 3 .8. Opfer
ITigemina dargebracht (InscrIt X I I I 2, 24; CIL IX 2 3 1 9 -
20) . Siehe unten S. 1 5 2f. Es ist demgegenüber signifikant, daß rrut der Neuordnung des Jahres 23 v.Chr. kein Fest verbunden war; sie vlUrde erkennbar als Justierung des Bestehenden, nicht als Neubeginn empfunden.
Festkalender der frühen Kaiserzeit
143
später proklamierten die /udi stlecu/ares den Beginn einer neuen Epoche .
damit war kein Ende: Seit 12 v.Chr. auch pontifex maximus
ll
Doch
an den Amtsantritt 12 erinnerte jährhch ein vom Senat beschlossener Feiertag am 6. März - setzte -
der Kaiser eine Reorganisation des römischen Kompitalkultes in Gang, die 7
v.Chr. abgeschlossen war. An das epochale Ereignis der Einrichtung dieses Kultes erinnerte in jedem vicus fortan eine Ära, nach der die Inschriften des Kompitalkultes datiert wurden.
Diese Vielzahl neuer Feierlichkeiten und die Inszenierung immer neuer, den
Beginn einer Epoche markierender Feste s tellten eine bemerkenswerte, ganz
auf den Princeps abgestellte I nnovation auch deswegen dar, weil in republikani 13 scher Zeit die Einführung neuer Feiertage selten gewesen war. 1m römischen Festkalender kumuliert, formten die neuen Gedenktage einen Zyklus meist
durch Senatsbeschluß eingeführter, jährlich wiederkehrender Feiern, weIc he die neue politische Ordnung propagierten: "Augusto riscrive tutto e, neJlo stesso tempo, iscrive se stesso den tro ogni aspetto della vita, pubblica e privata", wie 14 es Alessandro Barchiesi formuliert hat. In der his torischen Erinnerung der 1 stadtrömischen und darüber hinaus der Bevölkerung Italiens 5 wurden jährlich immer wieder die neue politische Ordnung und die Verdienste ihres Begrün ders aufgerufen.
WeIche Bedeu tung dem Festkalender in der öffentlichen Wahrnehmung
dieser Zeit zukam, erhellt nicht zuletzt aus der großen Zahl inschriftlicher Ferialia und Fasti augusteischer Zeit. Diese Gattungen, die sich rasch in italien verbreiteten, ergänzten sich in ihrer Aussage: Galt die insc hriftliche Publikation
von Kalendern der Vergegenwärtigung des Princeps im jährlichen Zyklus der Feiern, so konnten daneben Magistratsfasten, wie die Kalender häufig mit
historischen Erläuterungen und No tizen versehen, die Erinnerung an die Ab-
Il
Eine
zusammenfassende,
von
den
Säkularakten
ausgehende
Darstellung
hat
Schnegg-Köhler 2002 vorgelegt. Die ältere Literatur stellt Kienast 1 9 9 9 , 223f. Anm. 12 13
65 zusammen; vgl. ferner Schmid 2004.
Die Quellen bei Degrassi 1963, 420f.; den Senatsbeschluß überliefern die Farti Praenestini (InscrIt XIII 2, 1 7) zum 6 . März. Wie sehr cheses Verfahren sich von den Verhhltnissen der Republik unterscheide, in der es nie zur Einführung neuer .fon'ae pflbbcae gekommen sei, betont Champeaux
14 15
2003, 1 85f. Barchiesi 1 994, 59. Zum propagandistischen Einsatz des Kalenders Kienast 1999, 225-227. Daß e s sich dabei um ein rein italisches Phanomen handelt, betont zuletzt Haensch 2007, 1 7 8 ; zur epigraphischen Publikation des julianischen Kalenders in Italien seit
Augustus vgl. ferner Cooley 2006, bes. 237-243.
Ralf Behrwald
1 44
folge der historischen Erfolge des Augustus sicherstellen1 6 - dabei freilich "keinem historischen, sondern einem propagandistischen Zweck dienend", wie es
Uwe Walter kürzlich pointiert formuliert hat.l7
Im Zusammenhang der kaiserlichen Selbstdarstellung kommt dem auguste
ischen Festkalender und seiner inschriftlichen Verbreitung freilich noch aus
einem zweiten Grund eine besondere Bedeutung zu. Die Vorstellung kaiser
licher Propaganda wurde in der jüngeren Forschung wiederholt als proble 19 matisch empfunden,18 wenn nicht völlig abgelehnt. So hoben etwa Gregor Weber und Martin Zimmermann besonders das methodische Problem hervor,
daß die Rezeption von Äußerungen der kaiserlichen Zentrale kaum je nachzu
vollziehen sei.2o Jenseits einer Diskussion über den heuristischen Wert des Begriffs Propaganda, die hier nicht zu leisten ist,
liegt das besondere Interesse überwiegenden Teil weder
des augusteischen Festkalenders darin, daß er zum
aus Äußerungen der kaiserlichen Zentrale noch aus literarischen Texten oder
KunstWerken der Hochkultur bekannt ist,21 sondern aus Inschriften, die auf die Initiative lokaler Funktionsträger zurückgehen und damit auf R e z i p i e n t e n der kaiserlichen Selbstdarstellung.
Aus den Festen, die Hof und Senat propagierten und
dieser Inschriften eine Auswahl fest, die vor Ort
festlegten, hielt jede getroffen worden war; die
Einheitlichkeit des vom Hof erschaffenen augusteischen Festkalenders und das Geschichtsbild, das er zum Ausdruck bringen sollte, wurde hier sofort wieder
in die Vielfalt lokaler Kalenderinschriften aufgebrochen. Jede dieser - durch gängig nur fragmentarisch erhaltenen - Inschriften reflek tiert folglich gleich16
Das Verhältrus etnes zyklischen Zeitverständrusses zu einer linearen Vorstellung von Zeit und GeschJchte untersucht Benoist 1 999. Sein Versuch, dabei eine Abfolge republikamschen und neuen, augusteischen Zeitvorstellungen zu rekonstruieren, vermag jedoch nicht zu überzeugen, vgl. die Kritik von Chamberland 2002, bes.
I;
18
408f. Jüngst ist Be noist 2005, bes. 304-308 auf das Th=a zurückgekommen. Walter 2006, 52. So spricht etwa Hölscher 1 984, 28f. von "Meinungslenkung"; einen "weiigehend selbstläufigen Prozeß" "ohne explizite Direktiven von oben" erkennt Zanker 1 990, 326. i\Jföldy 1 99 1 spricht von ,Propaganda' (291) und ,Werbung' (321 f.), ohne daß
19
20
zwischen den Begnffen unterschieden würde. So etwa ElCh 2003, der jedoch die Positionen der älteren rorschung bisweilen überpotntlert. In Ihrer Einleitung (Weber/Zimmermann 2003b) zu Weber/Zunmermann 2003a , bes. 23; anders jedoch Niquet 2003, bes. 1 56 - 1 6 5 , d ie an dem Konzept in gleicher
21
Weise festhält wie Enenkel/Pfeijffer 2005, bes. 8f.
Als Ausnahme haben hier allein die Fasn Praenestini (lnscrlt XlII 2, 1 7) zu gelten,
wohl die von Suet. Gramm. 1 7,4 genannte Inschrift, in der M. Verrius Flaccus, Pnnzenerzieher am Hofe des Augustus, jastos a se ordinatos el
publicarat, vgl. Dible 1 958, bes. 1 637f.
mormoreo ponen
i!IaSOS
Festkalender der fnihen Kaiserzeit
145
zeitig die Initiative d e r kaiserlichen Zentrale u n d d i e Reaktion lokaler Funk tionsträger: Mit ihrer je eigenen Auswahl von Festen und Gedenktagen präsen tieren diese auch eine je eigene Adaption eines
im Fall d e r Fasti
MaJfeiam:}'2
vorgegebenen
Geschichtsbildes,
vielleicht sogar eine deutliche Absage an die
gewünschte Verherrlichung des neuen Herrschers?3
2. Der Kompitalkult und seine Ä ren Seit dem Abschluß der augusteischen Neuordnung im Jahr 7 v.ehr. bestand Rom aus 265
vici, von
denen manche republikanische Vorläufer hatten, andere
neu gegrii n det wurden.24 Ihre
magistri versahen
den Kult der
Lares Augusti,
der
sich in mehreren neuen Feiertagen artikulierte. Am ersten Januar überbrachten 2 Vertreter der vici dem Herrscher Geldspenden auf dem Kapito1. 5 Die von AUguStllS vermehrten Geschenke flossen in einem Akt des Gabentausches
zurück; Sueton berichtet, aus ihnen habe der Kaiser vicatim kostbare Götter statuen gestiftet? 6 Auf den 1 . August - den Feiertag, der an das Ende der
22 :1.3
S.u. S. 1 50-152. Diese Unterschledlichkeit betont nach Scheid 1992, 121 besonders Rü pke 1 995, 41 1 f. (anders hingegen Graf 1 997, bes. S . 20). Sie ist um so bemerkenswerter, a l s seit der
julianischen
Reform
der zugruodeliegende stadtrömische Kalender völlig
einheitlich und ohne Rücksicht auf lokale Peste verwendet wird, 'wle nach Rüpke 2004, 33 zuletzt Haensch 2007, 1 7 8 hervorgehoben hat; vgL bereits Crawford 1996, 24
426.
Das Datum nennt Cass. Dlo 54,3 5,2f., die Zahl der vici (für das J ahr 73 n.Chr.) Plin. nato 3,66. Suet. Aug. 30 erwähnt die Reorganisation der Stadt in
regJimu und
via, ihre
kultische Funktion und die Vergabe der Götterbilder durch Augustus nennt Ov. fast. 5 , 1 45f. Vgl. Bleicken 1 9 5 8 ; Kolb 2002, 5 1 0 - 5 1 3 ; Tarpin 2002, bes. 1 3 7 - 1 74 sowie Lott 2004, 8 1 - 127 und zuletzt Lo Cascio 2007 m i t der dort genannten Literatur
zur
Rolle
der
t�ci
in
der
städtischen
Verwaltung.
Augusteische
Neugründungen von via werden vor allem für jene Stadtbezirke angenommen, d ie 25
zuvor wenig besiedelt waren, vgL etwa zum Marsfeld Palmer 1990, 1 8-28. Suet. Aug. 5 7 , 1 : omnes ordines in laC1l!11 CIIrli quolannis
ex 11010
pro salute eius stipem
iaaebant, ilem KaI. Ian. strenuam in CapilCilio eiiam absenJi, ex qua summa p,�tiosissima deomm
simulocra mercatus V1&atzm dedicabat, ul Apdlinem Sandaliarium el IOIJem Tragoedum aliaque. 26
VgL Cass. Dlo 54,35,2f. VgL Meslin 1 970, 3 1 - 3 4 (.,veritable potlach ritueI", 32) u n d zuletzt Rowe 2002, 9294. Den von Sueton bezeugten Tausch von sn'mae gegen kaiserlIche Stiftungen ex
stipe hat Flambard 1 982 auch hinter der Nachricht von Cass. Dio 59,6,4 (zum Jahr
37) erkannt; ihn bezeugen die Tnschrtften (CIL VI 456-458 sowie 30974, AE 1 980,
56), vgL Meslin 1 970, 32 Anm. 2 sowie zum privaten L'rsprung dieser sm/lae ebd . 39-
46.
146
Ralf Behrwald
Bürgerkriege erinnerte - wurde der Beginn des Amtsjahres der magiSf1i vzeorum 27 Auf den Anfang jeden Jahres fielen die ludt Compitalicii, weitere Feier 28 lichkeiten fanden im Frühjahr und Sommer statt. Die VUl wurden darüber gelegt.
auch jenseits des Kompitalkultes zum Fokus weiterer Kulte und Feste, wie Altäre für verscluedene andere G ottheiten zeigen, die von magzstri vieorum 29 gestlftet wurden. Der in ihnen begangene Kompitalkult wurde zu emem System aufeinander verweisender Feiertage und beziehungsreich inszenierter Zeremonien des G abentausches, die von jedem der 265
viei
der Hauptstadt
begangen wurden. In dem Kompitalkult hat besonders Andreas Alföldi ein Medium kaiser 30 Dagegen betonte die jüngere Forschung eher
licher Einflußnahme erkannt. die Initiative der viei.
3!
In unserem Zusammenhang ist zunächst aufschluß-
DIe Stiftungen, von denen Sueton nur ZWei nennt, dürften sich uber einen längeren Zeitraum hingezogen haben und SInd kaum als einmaliges Ereignis zu verstehen. Von den bei den genannten Götterstatuen verweist diejenige des ApolIon Sandaliarius auf den gleichnamigen vicus (vgl. Coarelli 1 999, 1 89; zur Statue Coarelli 1 993, 57); zum Itfpiter Tragoedus, über dessen Bezlehung zu ellern rlcus nichts bekannt 1st, vgL Atonen 1 995 . 2 7 Quod e o d u unp. Caesarrem publicam trismsim o peliculo liberaril: s o d e r identische Eintrag zum 1 . August In den Fasti Amiterni (Insalt XIII 2, 25 ; CIL IX 4 1 92) und den Fasten der Arvalbruderschaft (InscrIt XIII 2, 2; CIL VI 2295 32482), dem Degrassi II seiner RekonstruktIOn der Fasti Pmenestim (InscrIt XIII 2, 17) gefolgt ist. Zum Datum des Amt>antntts vgl. Nlebling 1956, bes. 323f. 28 Suet. Aug. 3 1 .4: nonnulla etiam ex antiquis caerzmonis paulatim abolita restitut" ut 5alutis augurzumJ Diak Jlamo nium, sacrum Ltpercak, ludos Saeculares et COJnpttalicios. . . , Comp/tales Lares omati Ur anno mstztuit VerniSjloribus et aesliris, vgl. Latte 1967, 307. 29 Stiftungen von magistri: Diana A ugwta: OL VI 128 (magister via), CIL VI 129 (magistri zqa); Mercunus Augustus: OL VI 283 und OL VI 34 (magistri via); Stata Mater: CIL VI 763 (!!Iagzster vta), CIL VI 764 (magistn r.ia); Stata Mater A ugusta: CIL VI 766 (magistri vüt); Stata Fortuna Augusta: CIL VI 761 (magtstn vt"ez); Volcanus Quietus A ugusms et Stata Mater Augusta: CIL VI 802 (magistri via) ; ApolkJ Augustus: CIL VI 33 (!!k1giShi Ha), CIL VI 35 (magister u. minister); Hercuks: CIL VI 282 (magzstrz Vla), Hercules T/(for: CIL VI 343 (magistri via); Venus Augusta: AE 1980, 54 (magISter via); Mcrcurzus und andere Götter: CIL VI 30975 (ein magister vta?). - Stiftungen von ministrr. A escuhpius: CIL VI 12 (minISter); ApoUo Augustus (s.o.). 30 A1földi "1 973, der die Imtiatlve des Hofes v.a. 26f. betont. Seine Rede von der "Geftihlskontrolle", die "über dIe Loyahtät der Massen zu gebIeten" vermochte, darf jedoch mcht davon ablenken, daß Alföldi der "Intervention der Regierungskreise" eine "Stromung echter Dankbarkeit" auf Selten der Bevolkerung gegenüberstellt und von einem einseitigen Modell kaiserlicher Propaganda welt entfernt ist. 31 So etwa Zanker 1 990, 135-139. Hölscher 1 988, bes. 390, hat In der geringen kunstlenschen Qualität der Larenaltäre, die eine BeteilIgung des Kaisers ausschheße, geradezu deren Charakteristikum erkannt. Ent>prechend sondert er 394f. den Altar des Museo Gregonano profano Inv. 1 1 1 5 (bei ihm K 223) aus der Reihe der =
147
Festkalender der frühen Kalserzcit
reich, wie d i e vi ci d i e EinrIchtung ihrer Kulte in Erinnerung hielten. Neben den
Larenaltären und ihren Weihmschriften kommen hier Wandkalender in den
Blick sowie Fasten der jährlich wechselnden ten und in den Versammlungslokalen der
magistri, die inschriftlich viei ausgestellt wurden.
festgehal
Die Einrichtung der vici brachte für deren Belange auch die Einführung
einer Ara mit sich, datieren doch die meisten erhaltenen Inschriften der I�'ci nach den J ahren seit der Kulteinrichtung. Auf Inschriften, die im ersten Jahr
nach der Reorganisation der
viei
entstanden, heben deren
magistri
mit erkenn
barem Stolz ihre Rolle als die ersten hervor, die diese Funktion bekleideten.32
Ein epochales Ereignis kruserlicher Kultpolitik scheint sich so in der Aren datierung der viei manifestiert zu haben, einer Datierung, die bis in das 3. Jahr
hundert n.Chr. in Gebrauch blieb.
Freilich zeigt eine in den letzten Jahren gewachsene Zahl von Inschrilien,
die zuletzt Jörg Rüpke eingehend diskutiert hat,33 daß einige dieser Aren gar
nicht auf das Jahr 7 v.Chr. zurückgingen. So setzte die Ara des
Virtutis im Jahr
9 v.Chr. ein/4 diej enige des
vieus IO/iis FagutaJis
vieus Honoris
et
sogar schon im
Kompitalaltäre aus, weil er von zu hoher Quahtät sei (anders noch Alfoldi 1 973, 30f.. ). Die Inschrift des Altars (CIL VI 876) unterscheidet sich von denjenigen der Larenaltäre und stutzt Hölschers Urteil. 32 Magutrt lJiez qui [ . . . ] primi magistenum inimmt. CIL VI 283 (Lott 2004, Nr. 6); CIL VI 445 (Lott 2004, Nr. 7); CIL 446/7 (Lott 2004, Nr. 8); Panciera 1 987, 62-73 (Lott 2004, Nr. 9); Mancini 1 935, 78 Nr. 2 (Lott 2004, Nr. 1 0). VgL eIL VI 128: magister Viei qUI [ ] pnmus magtstenum zmt (Lott 2004, Nr. 5). 33 Nach Rüpke 1995, 58-63 und Rüpke 1998, 28-30 vgL nun Rüpke 2005, Bd. 3, 1 50 1 1 503. 34 CIL VI 449 (Lott 2004, Nr. 37), deren Forrnuherung un'/JUS Aug(ustlS) cl Gem(i)s Caesamm [Imp(eratori) Caes(an) Domitif1!lo Augfusto) co(nJs(uh) IX} I duzgfnato) X [ . . . ] magisfTi anni LXXXXII [ . . . ] vorn 9. Konsulatsjahr Domitians (83 n.Chr.) auf 9 v.Chr. als Anfangsjahr der Ära fuhrt. wtti 1906, 203 hat dagegen rue Angabe desig(nato) X damit erkhirt, daß Domitian 84 für die kommenden 10 Jahre zum Konsul designiert wurde (Cass. 010 67,4,3), und Niebling 1 956, 328 ist ihm darin gefolgt. Die Inschrift sei als desigfnato) (decies) aufzulösen und könne in ein behebiges Jahr ZWIschen 83 und 92, der Anfang der A ra also nur allgemein in den Zeitraum zwischen 9 und 1 v.Chr. datiert werden. Doch abgesehen davon, daß man dann die ganz unplauslble Ergänzung co(n)s(ulij X] I dmg(nato) X vorschlagen müßte, hat B u ttrey 1980, 37 gezeigt, daß die Designation Domitians für die Konsulate der Jahre ZWischen 83 und 92 gerade im Gegenteil zur Unterdnickung der Designanonsanga ben auf domitianischen Inschriften fiihrte. Buttrey hat sich 1TIlt den Argumenten Gattis nicht auseinandersgesetzt, MartJfl 1987, 50 sie rundheraus abgelehnt. Zu den Aren emzelner lid, die nicht Im Jahr 7 v.Chr. beginnen, vgl. ferner die grundlegenden Beobachtungen von Moretti 1958, 233f. sowie Fraschetti 1990, 265268. • • •
Ralf Behrwald
148 Jahr 1 2 v.Chr.
Zethus aus
35
In dieselbe Richtung weist die Weihung des L
Lueretius L
L
dem Jahr 1 n.Chr., welche zwar auf private Iniative zurückgeht, sich
mit der Formulierung
nono [anno] I introeunte Jefic[iter]
jedoch der Ä ra eines
mcus
bedienen dürfte. Dieser vicus hätte seine Ä ra dann bereits 8 v.Chr. beginnen 36 lassen. Andererseits scheint dieser Prozeß sich in einzelnen via" auch bis min destens in das Jahr 6 v.Chr. gezogen zu haben, von welchem die Ära des Corniculmius ihren Ausgang nimmt. 37
vicHS
Bereits Mommsen hat aus diesem Befund auf eine Übergangsperiode ge
schlossen, in der in den einzelnen via" sukzessive die Kompitalkulte und ihre magistri eingeführt wurden,38 und zuletzt hat Rüpke noch einmal den langsamen 39 Prozeß der Einrichtung des Larenkultes unterstrichen. Daß von Seiten des Kaisers eine deutliche Zäsur im J ahr 7 v.Chr. angestrebt war, die sich dann ja auch in den meisten Ä ren sowie in der literarischen Überlieferung niederge 4o schlagen hat, ist nicht zu bezweifeln. Dennoch ist gerade das spätere Ein setzen einzelner Ären, das nicht allein mit der Neugründung von vici im Zuge 41 der Ausdehnung der städtischen Besiedlung Roms zu erklären ist, ein eindeu tiges Zeichen für die Uneinheitlichkeit der Reform. So lag der dessen
Ära
ein Jahr später einsetzte, direkt am
vicus C01711CU/01ius,
Ludus Magnus und
damit sicher in
alt besiedeltem Gebiet.
In den vici sollte die Wahl einer Ärendatierung, so scheint es, in der Tat
einen Neuanfang, ein epochales Ereignis markieren. Aber dieser Neuanfang lag nicht auf der Ebene der
vicus,
urbs;
es war das Datum der Kultgründung im j eweiligen
hinter welches das große Ganze der augusteischen Reform als Bezugs
punkt historischer Erinnerung zurücktrat. Auch wenn die Mehrheit der
via"
ihren Kult im Jahr 7 v.Chr. eingerichtet hatte und von hier an zählte, ist diese Ära bemerkenswerterweise nie die einheitliche Ära aller 35
36
37
38 39 40 41
via" geworden:
Noch im
CIL VI 452 (Lott 2004, Nr. 40), geweiht dem Trajan UD Jahr seiner 1 3 . tribunizi sehen Gewalt (109): aed(iclilam) [ . . . ] ma)?istri anni CXXI sua inpensa restitu[er(lInt)), woraus das Anfangsjahr 1 2 v.Chr. folgt, will man nicht mit Gatti 1 906, 205f. eine Verschreibung für CXVI postulieren. CIL VI 30975. Eine Verbindung mit den Inschriften der vz'a" schließt Gatti 1 906, 200 aus; angenommen haben sie nach der eingehenden Besprechung von Cavallaro 1975/ 1 976, Palmer 1990, 20 und zuletzt Rüpke 2005, Bd 3, 1 502. Moretll 1958. Morettis Inschrift Nr. 3 (= AE 1960, 63; 27. Jahr der Ära) stammt aus dem Jahr 22 n.Chr., für die Suffektkonsuln der Inschnft Nr. 1 (= AE 1 960, 6 1 ; 6 1 . Jahr der Ära) hat Camodeca 1 986, 205-207 das Jahr 5 6 ermitteln können. Damit kann die Ä ra des vicus Cornicularills mcht vor dem Jahr 6 v.Chr. begonnen haben. Zitiert im Kommentar zu CIL VI 454; ihm schließen sich etwa Bleicken 1958 und Fraschetti 1990, 265-268 an. Rüpke 2005, Bd. 3, 1 5 0 1 - 1 503 und zuvor schon in Rüpke 1 995, 62f. So Lott 2004, 85f., während Tarpin 2002, 137-140 unentschieden bleibt. Auf diese Erklärung weist bereIts Palmer 1990, 20 hin.
Festkalender der frühen KaIserzeit Jahr
149
1 36 n.Chr., als auf dem Kapitol eine gemeinsame Stiftung zahlreicher vici
man für deren Inschrift eine Konsulsdatierung, wäh 42 rend eine - naheliegende - Ärendatierung nach dem J ahr der Kulteinführung 43 unterblieb. Während die literarischen Quellen den Moment der Neuglie 44 derung der S t a d t im J ahr 7 v .Chr. in den Vordergrund stellen und sich damit
errichtet wurde, wählte
die Position der kaiserlichen Zentrale zu eigen machen, so lassen die Inschrif ten der
magistri
eine andere Perspektive erkennen. Daß deren j e w ei l i g e
T r a d i ti o n , daß also die Gründung des Larenkultes i n j edem
vieus engstens
mit
der augusteischen Reform von 7 v.Chr. verbunden war, wird den Zeitgenossen dennoch bewußt geblieben sein. Gerade deshalb bleibt es bemerkenswert, daß sie die historische Verortung ihrer Magistratslisten nicht an dieses Großereignis 45 anschließen wollten. Einer dieser Epochenjahr. dem Jahr
46
vici
wählte, wie die an der
Via mm71lorata
gefundenen
Fasti
zeigen, neben dem Jahr 7 v.Chr. sogar noch ein zweites
magistrorum vici
Eine unter dem Festkalender angebrachte Konsulliste setzt mit
43 v.Chr. ein. Genannt sind j edoch nicht die eonsufes ordinarii des
47 Jahres, sondern an ihrer Stelle die Suffektkonsuln Caius Caesar und Quintus
42
43 44 4S
46 47
Die Ärendatierungen bleiben in den vici rmndestens bis in das 2. Jahrhundert n.Chr. im Gebrauch; so datiert die Inschrift des vieus Iavis Fagutalis (CIL VI 452) aus dem Jahr 109. In AE 1949, 1 70 (wohl 208) und CIL VI 30960 (222/3) ist sie (plausibel) ergänzt. CIL VI 975 3 1 2 1 8; Vgl. Rüpke 2005, Bel. 3, 1 5 1 3f. und zuvor schon Rüpke 1998, bes. 33-36. Cass. Dio 55,8,6f.; ähnlich Suet. Aug. 3 1 ,4 (ohne Angabe des Datums). Mit der Datierung nach einer durchlaufenden, eigenen Ära beschritten die vici Roms noch In anderer Hinsicht eInen bemerkenswerten Sonderweg. Ist in kaiserzeitlichen Vereinigungen über die via hinaus eIne Datierung nach lustra, die sich auf ein Anfangsdatum beziehen, üblich (vgl. Waltzmg 1 895, Bd. 1, 362f.), so kann eine fort laufende Jahreszählung, wie sie gelegentlich auch in GemeInden des Westens begegnet (zusammengestellt bei Leschhorn 1996, 195), allenfalls bei den Inschriften der Mailänderjabri et eentonan' angenommen werden, vgl. Waltzing 1 895, Bd. 1, 362f. und Mommsen In seinem Kommentar zu den vier relevanten Inschriften (CIL V 5578, 5612, 5738 und 5869), CIL V 2, S. 635. Mailands "most interesting and most puzzling system" (Harris 1 977, 285 mit Anm. 15) wäre jedoch reichsweit die einzIge Korporation, die sich eine eigene Ära zugelegt hätte, so daß möglicherweise die schon von Mommsen erwogene, aber verworfene, von Liebenam 1 8 90, 198 Anrn. 1 kategorisch ausgeschlossene Alternative emer städtischen Ära vorzuziehen ist. InscrIt XIII 2, 12; vgl. Rüpke 1 995, 58-63, bes. 60f., und Rüpke 1998, 36-41, zuletzt Rüpke 2005, Bd. 3, 1505-1 510. Der manipulatlve Charakter dieser Änderung wird daran deutlich, daß füt die folgenden Jahre auf dte eonsules ordinanz die suffeeti mit dem Vermerk sul folgen; für das erste Jahr sind Üctavlan und Pedlus an der Stelle der ordinarii und ohne den Zusatz eingetragen. =
Ralf Behrwald
1 50
Pedius: Das erste Auftreten des künftigen princeps markiert hier den Epochen einschnitt, von dem an die Konsulsfasten dokumentiert sind. Ob dieses Ereig nis auch im Kalender als Jahrestag markiert war, läßt sich leider wegen dessen 48 fragementarischer Erhaltung nicht mehr klären.
3. Gedenktage und Geschichtsbild Die Kalender römischer collegia - oft ist nicht klar, ob es sich um Kalender von vici oder anderer Vereinigungen handelt - nennen bemerkenswerterweise die Feiertage des Kaiserhauses meist nur in einer Auswahl. Vor dem Hintergrund dieser Praxis erweist sich die Rede von d e m römischen Festkalender als eine Fiktion, unterscheidet sich doch die Auswahl der aufgenommenen Festtage bei den einzelnen Kalendern bisweilen deutlich.
49
Besonders aufschlußreich sind hier die Fasti Maffeiani, eine Fasteninschrift, die eine Familien von Freigelassenen wohl bald nach 8 v.Chr. für ein stadt 50
römisches collegium aufstellen ließ. In seiner Diskussion des Textes hat Rüpke vermutet, daß die aufgenommenen Feste - unter ihnen die Satumalia, das Fest der Mens und die Vestalia - eine Auswahl darstellen, die sich am ehesten mit den religiösen Vorlieben Freigelassener oder Sklaven in Verbindung bringen 51 lasse. Unter den historischen Notizen, die dem Kalender beigefügt sind, flillt ein großes Interesse an der Zeit Caesars auf. Aus ihr werden - neben den ludi
Victoriae Caesaris am 20.7., die wie alle ludi zu erwarten sind - Caesars Elnnahme von Alexandria am 27.3.47 v.Chr. und sein Sieg über die Pompeianer in Spanien am 2.8.49 v.Chr. genannt; unter dem Eintrag hoc die Caesar Hi.rpali vicit am 9.8. dürfte sich schließlich der Sieg von Pharsalos 48 v.Chr. verbergen. Diesem Interesse an den kriegerischen Taten Caesars steht nun in den Fasti ein ebenso prononciertes Desinteresse an den militärischen Erfolgen des Octavian/ Augustus gegenüber. So fehlt jeder Hinweis auf die Schlachten 52 bei Naulochos und bei Actium, und auch die Schlacht bei Philippi, in der
Mr.iffeiani
48
49 50 S!
52
Völlig vereinzelt stehen hier dIe Fastt Pmciam (InscrIt XIII.2, 3; eIL VI 2294 32481), rue vermutlich um 20 v. aufgestellt wurden und deren Konsulnlisten bIS etwa 80 v. zUIÜckgerelCht haben durften: Rüpke 1 995, 5 1 f. InscrIt XIII 2, 10, der dem von Mommsen ln eIL rz 1, S. 303-325 aufgrund von Publikationen des 16. und 17. Jhs. fast vollstandig rekonstruierten Text folgt. Rüpke 1 995, 55 erwägt wegen der Nennung der Vesta/ia am 6.9. elnen Zusammen hang mit einem Vereln römischer Bäcker. Rüpke 1995, 54f. Beide Schlachten werden ln allen anderen Fasteninschriften, in denen der Tag erhalten 1St, genannt: Fastiftatrum Arvalium (InscrIt XIII 2, 2) und Vdienses (InscrIt =
Festkalender der frühen KaIserzeIt
151
53 Caesar gerächt wurde, wird nicht genannt. Besonders bemerkenswert ist, daß 5 der Text am 1 8 . 4 den Einzug des Augustus in Alexandria und damit das Ereig .
nis, welches andere Kalender als das Ende der Bürgerkriege rechneten und dem 55 der Monat seinen Namen verdankte, zu übergehen scheint. In markantem Gegensatz zu dem Bild, das diese Fasten von Caesar entwerfen, werden für Augustus alle kriegerischen Ereignisse konsequent ausgeblendet. Dagegen wird das Ende der Bürgerkriege gleich zweimal, mit dem zum dies vitiosus erklärten 56 Geburtstag des Antonius und am Dedikationstag des Victoria-Altars in der Curie des Senats, dem 28.8., evoziert. Das lang erwartete Ende des Bürger krieges zwischen Marcus Antonius und Octavian wurde hier erkennbar in den Mittelpunkt kalendarisch fixierter Erinnerung gestellt. Eine ähnlich markante Auswahl treffen die Fasti Mciffeiani für die Zeit des Principats. Sie nennen den Geburtstag des Augustus am 23.9., die Augusta/ia am 1 2. 1 0. sowie unter den nicht nicht in Verbindung mit einem Feiertag, sondern als historische Daten eingetragenen Notizen den Antritt seines Oberpontifikats
57
am 6 . 3 . 1 2 v.Chr. mit dem Eintrag hoc dze Caesar ponttf(lX} maxim(us} fact(us} est. Dagegen werden j ene Daten, welche die Einrichtung des neuen politischen
Systems reflektieren, durchgängig ausgeblendet: Die Fasti Mciffeiani übergehen den ebenfalls zu feriae publicae erhobenen Tag, an welchem der Kaiser im Jahr 2 58 v.Chr. den Titel paterpatnae dessen inschriftliche Veröffentlichung Augustus -
53
54
55
56
57 58
XIII 2, 1 8) SOWIe außerhalb Roms den Fasti Amiternz (InscrIt XIII 2, 25) und Antiates (Inserlt XIII 2, 26). Sie fehlt freilich auch Jn den Fasti .fratrum Al7!alium (InscrIt XIII 2, 2), dem Feriale Cumanum (InscrIt XIII 2, 44) und sehr wahrscheinlich auch in den Fasti Sabini (InserIt XIII 2, 5); sicher genannt wird SIe nur in den Fasti Praenestini (Inserlt XIII 2, 17). Er Ist an dteser Stelle heute nicht mehr erhalten, doch stimmen die Kopien des 1 6 . Jhs. und dt e frühen Editionen darin überein, daß sie für den 1 . August nur die Nennung des Nundinalbuchstaben und der Kalenden, in der nächsten Zeile jedoch umfangreiche Textreste überlIefern, dIe SICh auf Caesars Sieg am 2.8.49 v.Chr. beziehen. Das Fehlen des Sieges bel MutIna am 1 5.4.43 v.Chr. ist bei den meIsten Fasti zu beobachten. Er wird allein im Feriale Cumanum (InscrIt XIII 2, 44) genannt, fehl t aber in den Fasn Vaticani (InscrIt XIII 2, 23) und den von PanClera gefundenen Fasti vici Iugar'ii (AE 1975, 1 7) sowie außerhalb Roms in den Fasti Caeretani (InscrIt XIII 2, 8) und Vallenses (InscrIt XIII 2, 1 8) . FreilICh ohne explizite Nennung des Anlasses als en(doterczsus) dies vitios(us) ex s(enatus) c(onsulto) (InscrIt XIII 2, 10); Jn noch knapperer Welse wird der Tag von den Fask O/pzani (InscrIt XIII 2, 1 3) als en(doterczsus) vitiosus aufgeführt. Der Tag wurde seitdem als öffentlIcher Feiertag begangen (Belege bei Degrassi 1 9 63, 420) . DIesen Tag, den 5.2., uberhefern Suel. Aug. 58,1 und Ov. fast. 2,11 9-1 44; er WIrd in allen Fasten vermerkt, Jn denen der Tag erhalten ist: in den Fasti Praenestini (InscrIt mznzstrorum
152
Ralf Behrwald
59 im Nachtrag zu den Res Gestae ausdrücklich hervorhebt - erhalten hatte. Sogar der Tag der Verleihung des Titels AugustulO bleibt in den }asti Maffiiani uner
wähnt, wie der Kalender überhaupt die Neuordnung des J ahres 27 völlig über 61 geht. Es fehlt ferner die dedicatio der Ara Pacis am 30. 1 . , die ansons ten unter
allen anderen Fasten, fur die dieser Tag überliefert ist, nur noch die Fastz der 62 T /' " b ergehen. v ta Marmorata u Das bisher gewonnene Bild ge�mnt an Schärfe, zieht man Kalender anderer italischer Städte heran. Von besonderem Interesse sind hier zwei Inschriften, deren stark affirmativer Charakter sie in enge Nähe zur kaiserlichen Selbstdarstellung rückt: die Fasti Praenestini, deren Abfassung auf den Gramma
tiker und kaiserlichen Hoflehrer M. Verrius Flaccus zurückging, und das Feriale 63 Cumanum, ein Opferkalender, der eine Auswahl kaiserlicher Gedenkfeiern versammelte. So erinnerte in den Fasti Praenestini j ährlich der 1 3. Januar, der Tag 64 der Verleihung der corona civica, an die Neuordnung von 27. Doch obwohl es sich bei diesem Eintrag nicht keit, sondern
um
um
die Nennung einer vorgegebenen Feierlich
eine historische Notiz handelte - die Auswahl also nicht
durch die Vorgaben eines Senatsbeschlusses definiert war -, wurde die gleich zeitige Verleihung von zwei Lorbeerbäumen, die Cassius Dio gemeinsam mit corona civica überliefert,65 übergangen, während für den 1 6 . Januar die Ver 66 gabe des Augustusnamens wieder aufgenommen wurde. In Cumae empfan der
den die Redaktoren des dortigen Opferkalenders hingegen a l l e i n den 1 6.
Januar als erinnerungswürdig, an dem Octavian den Namen Augustus erhalten
XIII 2, 1 7), dem Feriale Cllmanllm (InscrIt XIII 2, 44) sowie 111 den MagIstratsfasten aus Cupra Maritima (Inserlt XlII i, 7). V gl. Bowersock 1 990 und zuletzt Scheid 1999. 59 R. Gest. div. Aug. 35. 60 Cass. Dw 53,16,6; Suet. Aug. 7,2 (ohne Angabe der Umstände); vgL Kienast 1 999, 92f. 61 Zum Inhalt dieser Neuregelung, deren Reflex 111 den Fasten im folgenden zu besprechen ist, vgl. Kienast 1999, 78-98. Völhg übergangen werden die Jubiläen der Neuregelung des Jahres 27 v.Chr. auch von den Fasti Oppiani (InscrIt XIII 2, 13). 62 InscrIt XIII 2, 12. Genannt wird sie in den Fasti Vcmlani (InscrIt XIII 2, 22) sowie außerhalb Roms in den Farti Caeretani (InscrIt XIII 2, 8), Cllprenses (Inserlt XIII 2, 9), Praenestini (I nscrIt XIII 2, 17) und dem Feriale Cllmanllm (InscrIt XIII 2, 44). 63 Zur Charakterisierung des Feriale Cllmanllm v gl. Rüpke 1 995, 525 u. 527, der auf elOe eingehende Untersuchung verZIchtet. 64 Corona qlletc[1rl, 11ft super wnllam tWmlls Imp(eratoris) Caesaris] I ARgusti ponerietur, senalUs decrevit, quod rem pllblicam] I p (oplllo) R{omano) rest{itjll[itj (InserIt XIII 2, 1 7) . 65 Cass. Dio 53,16,4. 66 Imp(eratOtj Caesar (Allgllrtlls es! a]ppell{a]tus pso VTI et Agripfpa III co(n)r(lIliblls)] (InserIt XIII 2, 1 7) .
Festkalender der frühen Kaiserzeit hatte.
67
Ein anderer Kalender, die
Fasti Caerekmi, überging die Ereignisse des Das Feriale Cumanum ließ sogar das Fest Namen bereits der Titel des princeps verewigt
1 6 . J anuar dagegen kommentarlos. der
1 53
68
aus, in dessen 69 Ä hnliche Unterschiede ergeben sich bei den Feiertagen, die a n beson dere Wendepunkte im Leben des Augustus erinnern sollten: A n die Schließung
Augustalia
wurde.
des Ianusbogens im Jahr 29 v.Chr. erinnern die Fasti Praenestini, während das Feriale Cumanum sie unter den Feiertagen des J anuar übergeht. Umgekehrt nennt O das Feriale Cumanum den Tag, an dem Octavian seine Toga anlegte? Dieses Nebeneinander, bei dem jeder Festkalender eine jeweils eigene Aus
wahl aus den Daten der jüngeren Geschichte als erwähnenswert aufnahm, ließe sich an weiteren Kalenderinschriften weiterverfolgen. S o zeichneten sich etwa die
Fasti Val/enses in
bemerkenswertem Gegensatz
zu
den
Fasti Mqffeiani gerade
dadurch aus, daß sie neben den Schlachten Caesars auch die großen militä 1 rischen Erfolge des Octavian/ Augustus fast vollständig anführen? Wenngleich eine detailli erte Analyse aller dieser Kalender, die hier nicht angestrebt ist, das Bild im D etail noch deutlicher hervortreten ließe, so dürften dessen Umrisse bereits jetzt klar erkennbar sein. Trotz der umfangreichen Verluste, die dem fragmentarischen Erhaltungszustand aller Kalenderinschriften geschuldet sind, lassen sich noch der Umfang und i n manchen Fällen auch die Stoßrichtung der von den jeweiligen Redaktoren getroffenen Auswahl erkennen. Freilich bleiben auch viele Fragen offen; so wird für den 29. Januar in mehreren Kalender ein Feiertag aufgeführt, das a n diesem Tag gefeierte Ereignis, das nie vollständig genannt wird, ist jedoch bis heute unbekannt geblieben. n
67
Die III K(alendas) Febr(uarias) eo dt[e Caesar A Hg1iStH]S appellatus est supp/icatio AllfgHsti nHminil (JnscrIt XIII 2, 44). 68 Inscrlt XIII 2, 8. Ob der 1 3. 1 . einen Hmweis auf die Neuordnung von 27 v.Chr. enthielt, ist nicht bekannt; die Inschnft ist an dieser Stelle lückenhaft, und nur die Erwahnung des zum Ungluckstag erklärten Geburtstages des Marcus Antonius am 1 4. 1 . i s t erhalten. 69 InscrIt XIII 2, 44. Erhalten ist der Eintrag in den Fastl Sabmi (JnscrIt XIII 2, 5) und den Fasti Viae dei Serpenti (InscrIr XIII 2, 27). Die Fasti Plateae Manjredo Fanti (J nscrIt XIII 2, 4) werden von Degrassi wegen des Fehlens der AHgHstaha vor 19 v.Chr. datiert. 70 1 8, 1 0; ansonsten nur noch überhefert In den Fasti Antiates minoTrfs (InscrIt XIII 1 , 26). 7l Inscrlt XIII 2, 18; es fehlt nur der Hinweis auf dIe Schlacht bei Mutina, an die allein das Feriak CHmanHm (JnscrIt XIII 2, 44) ennnert. Dagegen scheinen die Fasti Caeretani (JnscrIt XIII 2, 8) in ähnhcher Weise wie die Fasti M4feiani Caesars Schlachtengluck betont zu haben. 7/. In den Fasti magistTvrom VIa (JnscrIt XIII 2, 1 2) und Praenestitli (InscrIt XIII 2, 1 7) , vgl. Herz 1975, 405 Anm. 1 0 u . Degrassl, 1 963, 404. Aufflilligerweise ist i n keiner -
Ralf Behrwald
154
Aus den I nschriften dieser Vereinigunge n, die zugleich den schmückenden Hintergrund boten, vor dem der Kult an den Festtagen vollzogen wurde, trat den
Festteilnehmern
also
Geschichtsbild entgegen; die
ein
durchaus
Fasti M4feiani
unterschiedlich
akzentuiertes
scheinen durch die Auswahl der
aufgenommenen FeIertage sogar einen zentralen Aspekt kaiserlicher Selbst darstellung, den Anspruch auf Sieghaftigkeit, ganz unterdrückt zu haben. Auf Ereignisse der republikanischen Geschichte verwiesen dabei nur wenige Fest tage, die an Caesar erinnern. O ffen bleibt, inwieweit darüber hinaus auch l o k a l e T r a d i t i o n e n eines Stadtviertels in den
compztum Acifium,
vici erinnert
wurden. Für das
das in seinem Namen dIe Erinnerung an die Familientradition
einer republikanischen gens wachhielt, hat Monique Dondin-Payre eine solche 73 Beweisen läßt sie sich bislang für keinen der auguste
Kontinuität vermutet.
Ischen v/ci; in die Kalender flossen SIe jedenfalls nicht erkennbar etn. Die Inschriften der augusteischen vici und anderer
co//egitJ
führten von der
zentralen Initiative des Kaisers zu den Reaktionen der Untertanen und ließen dort das Nebenetnander unterschiedlicher Geschichtsbilder zutage treten. Der Befund würde noch komplexer, wertete man die Kalender ltalischer Gemein 74 den, auf die bereits kurz einzugehen war, systematisch aus. Eine solche umfassende Untersuchung ist hier nicht beabsichtigt; vielmehr soll im folgen den nach der historischen Dimension j e ne r Feste gefragt werden, die vom Kaiserhaus initiiert, unter seiner Kontrolle ausgewählt und begangen wurden. Im Versammlungslokal der fratres
A1vdes,
dem
/ucus Deae Diae
vor den Toren
der Stadt, ließ diese unter Augustus neuorganisIerte Priesterschaft in ähnlicher Weise wie die be scheideneren Kompitalkulte einen Festkalender anbringen. Genau ·wie die bekannten O p ferprotokolle der Bruderschaft, die war die Kalenderinschrift, die etwa
fratntm A rw/ium, deren
rekonstruierte
Gesamtbreite
sich
auf über
commentarii
1 ,60 m hoch war und drei
Meter
belief,
Marmortafeln von 2,2 m Höhe angebracht; in einer unteren Zone von
auf
60 cm
Höhe waren Konsulatsfasten angebracht. Innerhalb dieses Ensembles aus
commentarii,
Fasten und Kalender nahm dieser eine prominente Stellung ein:
Kalenderinschrift ein Erntrag mit der Neuordnung von 23 v.ehr. verbunden: Sie 73
wurde erkennbar rucht als feiernswerter Neubegrnn empfunden. Dondin-Payre
1987.
Freilich begegnet es als
.Anlalium (lnscrIt XIII 2, 2) als der Ort, 74
sororZlim begehen.
an
compztum
Aczltz in d en Fash
dem die Arvalbrüder am
1 . 1 0.
das
fra/rum TtJjllllm
Daneben wäre die Untersuchung auf pnvate Kalender auszudehnen, zu denen vorläufig Rüpke
199 5 , 86-90,
bes.
89
heranzuziehen 1 st.
Festkalender der frühen KaIserzeit
155
Wurden jene i n Buchstaben von etwa 1 c m Höhe aufgezeichnet, so waren die 75
Buchstaben des Kalenders etwa dreimal so groß. das
Verhältnis
zwischen
inschriftlich festgehaltenen
Aufschlußreich
ist
commenkrrii,
die
das
dem
Kalender
und
den
tatsächliche Kultgeschehen
dokumentierten. Die jä hrlichen Kulthandlungen der Arvalen unterlagen stän 76 digen Veränderungen. Dabei ist nicht nur a n die Opfertennine aus Anlaß von Herrscherjubiläen zu denken, die mit j edem Herrscherwechsel überarbeitet werden mußtelL Auch die Verbindung zwischen Herrscherhaus und römi schem Pantheon, die etwa der Kult der Sd/US mit ihren wechselnden Beinamen 77 herstellte, wurde wiederholt neu definiert. In den commen/1111i der Arvalen fanden diese Neudefinitionen j ährlich ihren Niederschlag. Im Gegensatz dazu stand der Kalender. John Scheid hat zuletzt zeigen
können, daß der Kalender der fm/res A rvdleS zwar kurz nach seiner Aufstellung - wohl in den frühen 20er Jahren v.ehr. - noch um wenige Korrekturen und 78 Danach verzichtete man jedoch darauf, d i e
Nachträge erweitert wurde.
Veränderungen i m Kultgeschehen weiter zu dokumentieren; bereits zu Leb zeiten des Augustus wurden neue Feiertage n icht mehr nachgetragen, und für 79 seine Nachfolger trug man selbst deren dies nd/dIes nicht nach. Jörg Rüpke hat darauf hingewiesen, daß dies den Kultvollzug auch nicht s törte, da die von den
fTd/res Arvales
zu vollziehenden Opfer feride
conceptivde waren:
Ihre Termine wur 8o
den jährlich neu festgelegt und erschienen deshalb auf dem Kalender nicht.
Der Kultkalender der Arvalen bildete einen Zyklus prominenter römischer Feiertage ab, der unverändert blieb und unberührt von je nem historischem Wandel, den doch gerade die Kul tp rotokolle neben ihm abbildeten. I\1it j edem Herrscherwechsel und jeder Veränderung im Kultgeschehen mußte diese Dis krepanz noch zunehmen. .Ä hnlich wie die Insc hriften der vici und collegid, aber aus ganz anderen Gründen lassen auch die Fasten derjrtJtres A rvdleS Brüche und Dissonanzen in einem GeschichtsbIld erkennen, das aus der selektiven Ü ber 81 nahme kaiserlicher Vorgabe n entstand.
75
Eine Beschreibung des Fundkomplexes geben Scheid 1 990� 77-81 SOWle zuvor
bereits Degrassl
m
seinem Kommentar zu InscrIt XTll 2, 2.
76
Vgl. die grundlegende Untersuchung von Scheid 1 9 9 8 .
7B
ScheId 1998, 693.
77
79 80 81
Dies hat besonders Schwarte 1 977 zeIgen können.
So schon fUr den dies natali.r des Tibertus am 1 6. 1 1 .
Rüpke 1 99 5 , 45-48, bes. 43.
Mustergültig wird dies deutlich für den Geburtstag des Augustus 30 v.ehr. als
fmae publicae
den Status
NP
am
23.9., der seit
hatte. Diese Veränderung wurde in den
Farti FraJrnm Aroalium nachgetragen, doch obwohl die Felerhchkeiten sich über zwei Tage erstreckten (vgl. König 1 'J7Z), unterblieb dies für den 24.9., der im seihen Zusammenhang ebenfalls
NP geworden war.
Ralf Behrwald
1 56 4. Feiern und
-
Vergessen
Unter dem 26. Oktober nennt der Fes tkalender der Arvalen die
ludi
Victoriae
Sullanae. 82 Unter demselben Namen begegnen diese ludi in den Fasti Sabini, die 83 wohl nach 19 v.Chr. entstanden sein dürften. D ieser Verweis, hinter den augusteischen Neuanfang zurück, wirft die Frage nach der historischen Tiefen sc härfe des Festkalenders der frühen Kaiserzei t auf. Denn ebenso wie die Erwartung eines epochalen Einschnittes griff auch die Einrichtung neuer Feste als i'vIittel der Selbstdarstellung auf caesarische Modelle zurück. Die Fe ste, die 84 der Senat für Caesar an den Tagen wichtiger Siege beschlossen hatte, wurden unter Augustus ebenso weiter gefeiert wie natürlich die
ludi
Victariae
Caesans.
Dagegen überrascht es nicht, daß für den Venus-Victrix-Tempel des Pompeius in augusteischer Zeit zwar der Dedikationstag weiter begangen wurde, Caesars Konkurrent aber in den Kalendern nicht namentlich genannt wird. Die Sprach 85 Fasti tiberischer Zeit aus AlJifae und aus Amiternum lautet hier
regelung der
einheitlich in theatro
marmareo, obwohl das Theater in Rom wei terhin aL� Pom
peiustheater bekannt war.
86
Diese Sprachregelung fmdet sich ähnlich auch bei
� Fasti Sabint unter diesem Namen, doch bereits in augusteischer Zeit in den Fasti Mqffeiani 88 nur als ludi Victoriae aufgefiihrt werden, während die Fasti Praenestini, welche für Caesar und Augustus die gestifteten Spiele immer nennen, und die nach 20 89 n.Chr. verfaßten Farti Amiterni sie ganz übergehen.
den ludi Victoriae Sullanae, die im Kalender der .Arvalen und in den
82
83
Ebenso in den Fastt Sabtni, Inscrit XIII 2, 5. Inscrlt XIII 2, 5 mit dem Kommentar von Degrassl sowie Rüpke 1 995, % nimmt ein augusteisches Datum an und nennt die Einrichtung der A Ug}/stalia 19 v.Chr. als terminus post quem. Doch unter diesem Namen wurde das Fest wahrscheinlich erst nach dem Tod des Augustust gefeiert, vgL Scheid 200 1 , 95f. Die Fasti M4Jeiani, wohl nach 8 v.Chr. entstanden (Inscrlt XIII 2, 10), sprechen hingegen nur von ludi -
84 85
86
87 SB
89
Vutrm'ae.
Sie sind zusammengestellt bei Herz 1 978,1 1 50. Inscrit XIII 2, 24. F.Jne schola sub theatro Aug(ustoj Pompeian(oj nennt die undauerte Inschnft CU. VI 9404. Auch dIe R. Gest. div. Aug. 20 sprechen von tbeat17lm Pompetllm und heben hervor, Augustus habe es sine u/la insctiptzone nomlnis mez restauriert. Fasti Sabini (InscrI t XIII 2, 5� Fastijrafnlm Arvalium (lnscrIt XIII 2, 2). Ludi Vzdon"ae: Fasti M4feiani (lnscrlt XIII 2, 10). Die Formulierung des ersten Festtages Ist in den Fasti O/pzani (InscrIt XIII 2, 1 3) und den Fasti viae dez S'erpenti (InscrI t XIII 2, 27) sowie den Fasti Antiates miniStro17lfU (InscrIt XIII 1 , 3 1 ) verloren; daß sie hier in den folgenden Tagen als ludi In Grco bezeichnet werden, besagt nichts, weil der erste Einttag den vollen Titel der Spiele nennt. Fastz Praenestini (lnscrTt XIII 2, 1 7); Fasti Amiterni (lnscrIt XIII 2, 25).
Festkalender der fruhen Kaiserzeit
1 57
Aufgrund des Erhaltungszustandes der Inschriften ist dieser Prozeß außerhalb Roms sehr viel deutlicher zu erkennen als in den stadtrömischen Fasten. Denn die Fasti Amiterni und der von M. Verrius Flaccus verfaßte Kalenderkommentar der Fasti Praenestini lassen bereits einen deutlichen Unterschied in der Behand lung republikanischer und jüngerer Feste erkennen. Mit historischen KOIDe mentaren hat Verrius Flaccus in Praeneste solche Feste versehen, die entweder der Frühzeit Roms angehörten, oder die in direktem Zusammenhang mit der
dcmus Augusta
standen. Dazwi schen ragt als verbindendes Element allein der
GaJliersturm heraus: Der Eintrag des 23.3 schiebt in seine Erläuterung des
altrömischen Reinigungsfestes Eroberung von 396 v.Chr. ein.
Tubilustrium einen Verweis auf die gallische
9o
Selbst die während des 2. Punischen Krieges
in Rom eingeführten Megalensia kommentiert Flaccus dagegen nur mit Blick auf die Riten. Obwohl die Einführung des Kultes der Magna Mater und i h re h i sto
rischen Umstände in der zeitgenös sischen Literatur, etwa in Ovids Fasti, breit 91 erörtert werden, rückt Verrius Flaccus hier alle historischen Bezüge in den 92 Hintergrund. Ähnlich verhält es sich mit den knapperen Erläuterungen der
Fastt' Amiterni,
die sich völlig auf die augusteische Zeit konzentrieren und auch
einen Tag wie den dies A//iensis, der an die Niederlage gegen die Gallier an der 93 AUia erinnerte, unkommentiert lassen. Der dünne Faden einer hi storischen Kontinuität zwischen Republik und Kaiserzeit riß bald völlig ab. Nach der Zeit des Tiberius werden die Spiele 94 Sullas nicht mehr genannt; im 4. Jahrhundert n.Chr. wurden sie sicher nicht mehr gefeiert. Doch wie Peter Herz gezeigt hat,
flng der
Prozeß einer laufen
den Revision des Kalenders und vor allem: einer laufenden Tilgung früherer Feiertage hier erst an. Schon die antiken Historiker heben ihn hervor. Caligula unterdrückte, wie Dio und Sueton übereinstimmend berichten, jene Feiern, die an die Niederlage d e s Antonius im Bürgerkrieg erinnerten, den er als seinen
90
91 92
93 94
Fasti Praenestini (Inscrit XIII 2, 1 7) zum 2 3 . 5. : [Tuli/(ustn'mn}j, np. [Fenae) Marti. I-iic dies appeHatur ita quod I in atrio Suton'o tu/i lustrantur, I quibus in sanis utuntur. L.#Itanus I quiikm davam eam ait esse m ntina Pa/an I [iJncensi a Ga/lis repertam, quo Romu/us Urbem I inauguravent. Vgl. Ov. fast. 4,1 79-372. Fusti Proenestmi (InscrIt XIII 2, 1 7) zum 4.4.: Ludi M(atn) D(eum) M(agnae) I(dneae). Megalenfta vocantur, quod [e]a deu I Megale appe/latur. Nobi/tJlm mutitahones clIflOf1/m I solitoe szmt frequenterfteri, quod Mater Magna I ex !ihns Sibulltnis arccSSlta Irxum mutm';t /IX Phrygia I Romum. Die Fusti .Atniterni (Inscrit XIII 2, 25) erläutern auch das tubilustnNm nicht. Der Fjntrag zum düs Alliensis ist in den Fusti Praenestini verloren. Zu den Hercules-Spiel en Sullas, dIe bereits in der Republik an Bedeutung verloren hatten, vgl. Wiseman 2000.
158
Ralf Behrwald
Vorfahren verehrte.
95
Pragmatischer waren
die Gründe, mit denen
Claudius und Nerva die Abscha ffung von Feiertagen begründeten, die
etwa
angeb
lich überhand genommen hatten.
Wie unterschiedlich dabei verschiedene Kalender vorgehen konnten, zeigte Tagen, die an die Neuordnung von 27 v.Chr. erinnerten.96
sich bereits an den
Auch ansonsten hingen Fortbestand oder Nied ergang von Festtagen des
kaiserlichen Hauses von Faktoren ab, die für uns weitgehend im dunklen
bleiben: Für das Totengedenken an Gaius und Lucius Caesar hat Wolfga ng Dieter Lebek ein Fortleben bis an das Ende des 1 . Jahrhunderts nachweisen 97 Zwar konnte die Veranstaltung von Zirkusspielen am Festtag sich
können.
mer hilfreich auswirken, doch selbst ein Fest wie die
ludi Victoriae Caesaris,
anknüpfte,
an
indem er sie als ludi Victoriae Caesans el Claudi der 98 eigenen Sel bstdarstellung nutzbar machte, ist nach trajanischer Zeit nicht 99 mehr belegt. Und es mutet Wle eine Ironie dieser Entwicklung an, daß auch die Claudius noch
die prominenten Feste der augusteischen Zeit, wie Peter Herz gezeigt hat, nach JOo dem Ende der julisch-c1audischen Dynastie in Vergessenheit gerieten.
Die wichtigste Ausnahme von diesem Prozeß sukzessiven Vergessens 1 waren die Geburtstage der Kaiser. Der Kalender von Santa Maria Maggiore, 0 1 der am Ende des
2. Jahrhunderts entstanden sein dürfte, das Feriale Dfiranum
aus severischer Zeit 1 0
2
und der Chronograph des Jahres 354103 führen wichtige
Herrscherfeiern, vor allem Siegcsfeiern, allenfalls Kaiser auf. Frühere
principes werden,
für
kurz zurückliegende
soweit man sie zu den kanonisch ,guten'
Kaisern zählt, hingegen mit der Nennung ihres Geburtstag in Erinnerung ge bracht. Das Geschichtsbild, das dem Betrachter hier entgegentritt, trenn t damit zwischen einer jüngeren Geschichte, aus der wichtige Ereignisse als Jahrestage erinnert werden, und der Zeit der früheren ptincipes. An sie erinnern keine spezi
fischen historischen Leistungen mehr, ihr Andenken ist im Kalender auf den
dies nalalis
reduziert. Damit schiebt sich der Gedanke an die Sukzession
95
Cass. D i o 59,20,2; Suet. Cal 23,1.
97
Lebek 2003, bes. 52-55.
96
Siehe oben S. 152f.
98
Vgl. Herz 1 978, 1 1 50.
l(){)
Zusammenfassend Herz 1 97 8 , 1 1 48; vgl. jungst Herz 2003, bes. 54-56.
99
1 01
1 02 1 03
CIL VI 33943; 37834
(AE 1 903,
1 61).
EdIert von Magi 1 972; vgl. zur Datierung Salzman 1 98 1 SOWie zusammenfassend Riipke 1 995, 86-90. Fink 1 971 , 422-429, Nr. 1 1 7; erstmals ediert von Fink u.a. 1 940, vgL Nock 1 952;
Gillwn 1 954 sowie Herz 1 975, 87-93.
InscrIt XIII
2, 42; auch nach der Untersuchung von Salzman 1 990
grundlegend Stern 1 953.
bleibt
1 59
Festkalender der frühen Kalserzelt
legitImer Herrscher, die jedes Jahr wieder in Ermnerung treten, vor ehe Erinne rung an die Leistungen und persönlichen Qualitäten einzelner AUlJIsti.
5.
Resümee
Der Festkalender der augusteischen Zeit mit seiner starken, in immer neuen Festen zum Ausdruck gebrachten Vorstellung eines Neuanfangs erscheint bei näherer Betrachtung als ein vorübergehendes Phänomen. Der Rückgang und
baldige Abbruch der Gewohnheit, Festkalender in Stein zu publizieren, ist von
Jörg Rüpke mit dem immensen •.o\nwachsen von Kaisergedenktagen erklärt worden und mit den immer wieder neuen Anforderungen , die politische Wech 1 4 selralle an einen politischen Festkalender stellen mußten. 0 Vielleicht deutet aber doch beides eher auf das Ende einer bestimm ten
Festpraxis und einer Übergang von
damit verbundenen Form historischer Erinnerung hin, die im
Republik zu Prinzipat stand. Hatte Augustus doch mit der geradezu inflationär anmutenden Verkündung epochaler Neuanfänge letztlich keine Alternative zum Vorbild spätrepublikanischer Politik geboten, sondern sich in deren
Tradition gestellt. Das Vorbild eines Sulla, Pompeius und vor allem Caesar
wurde unter den Möglichkeiten der Monarchie ins Monumentale gesteigert.
:Mit der Etablierung der neuen politischen Ordnung war eine ständige Neu
konstitution immer neuer, spektakulärer Fixpunkte historischer Erinnerung unnötig, wahrscheinlich wäre sie auf Dauer auch gar nicht zu leisten gewesen.
Emzelne Versuche, in diese Richtung über das von Augusrus Erreichte hinaus
zugreifen, wie sie etwa bei Caligula oder Nero zu beobachten sind, blieben ohne Erfolg. Der Weg führte in eine andere Richtung, wie sie bereits im Fest kalender der fratres ArvaJes angelegt war. Dort unterblieben bereits
am
Ende der
augusteischen Zeit Änderungen und Aktualisierungen: Die Feste, an denen die
Arvalbrüder als Angehörige der Senatsaristokratie teilnahmen, mußten immer
mehr von dem in ihrem Heiligtum ausgestellten Kalender abweichen.
Bei der Auswahl der in die Farb aufzunehmenden Feste zeigte sich, daß auf
der Ebene lokaler Kultvereine das augusteische
Konzept
zwar
durchaus auf
fruchtbaren Boden fiel. Doch anders als im MilItär, wo die Befehlsstruktur dem princeps die Einführung eines einheitlichen Festkalenders ermöglichte, 105 führte die kaiserliche Initiative unter den Bedingungen einer Großstadtreligion aber
nicht zu einem geschlossenen, von allen Stadtbewohnern einheitlich im Festge10 4 J Oo
Rüpke 1 99 5 , 4 1 7-424. Daß der Festkalender des romischen IvWltärs von Augustus festgelegt wurde, hat auf der Grundlage des
Fmafe Duraflum
und Veg. 1 ,8 zuerst Nock 1 952, bes. 1 9 7 und
242, und nach Ihm Gllllam 1 95 4 gezeigt.
Ralf Bell1wald
160
schehen vergegenwärtigten Geschichtsbild. In den vici Roms wählte man unter schiedliche Anfangsj ahre für die epochale Neuerung des Larenkultes, in den
Kalendern der vici wurden jeweils verschiedene Feste des Monarchen rezipiert oder ignoriert. Auch wenn sich nur in wenigen Einzelfallen ein Eindruck
gev.rinnen ließ von den Kriterien der jeweiligen Auswahl, dürfte es doch nicht zu weit gehen, hier von unterschiedlichen Formen der Rezeption oder auch
partiellen Zurückweisung kaiserlicher Initiativen zu sprechen. Die einzelnen Festkalender entstanden jeweils aus der Interaktion kaiserlicher Politik und lokaler Vorstellungen, aus den Vorgaben kaiserlicher Propaganda und der Reaktion ihres Publikums. Dabei ist nicht zu übersehen, daß die hier untersuchten Inschriften den Blick nur auf die lokalen Funktionäre und damit auf eine kleine Personen gruppe freigeben, die gleichzeitig Rezipienten und Multiplikatoren kaiserlicher Vorstellungen waren. Freilich entfaltete s ich ihr Handeln, das, soweit ich sehe, in der Diskussion um die Taughchkeit des Begriffs ,Propaganda' für die Be schreibung des frühen Prinzipats bisher nicht beachtet wurde, im Rahmen des
Vorgegebenen, indem sie auswählten aus Feiertagen, die die kaiserliche Zentrale propagierte. Die Grenzen dieser Wahl markierte jedes Jahr der 14. Januar, an welchem in ausnahmslos allen Kalendern ein Eintrag nicht fehlen durfte: Stets
war der Geburtstag des Marcus Antonius als dzcs cl1dotmisus aufgeführt: als 106 Unglücks tag.
1 06
Fasti M4leiani (InscrIt XIII 2, 1 0), Oppial1i (InscrIt XIII 2, 13), Verulani (InscrIt XIII 2, 22) sowIe außerhalb Roms die Fasti Caeretani (InscrIt XIII 2, 8) und Praenestim (Inscrlt XIII 2, 1 7) Übergangen win:l der Geburtstag nur Iffi Feriale Cumanum (InscrIt XIII 2, 44), das allerdings als Feriale keine vollständige Wiedergabe des Kalenders beabsichtigt und nur eine Auswahl kruserllcher Jubelfeiern präsentiert.
161
Festkalender der frühen Kaiserzelt
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Die Jubilarfeiern der römischen Kaiser
Matthäus Heil Constantin i s t während seiner Regierung nur dreimal nach Rom gekommen. Beim ersten Mal, Ende Oktober
3 1 2 n. Chr. - nach dem Sieg über Maxentius -,
zog er als Eroberer oder Befreier in die Stadt eiIL Bei den beiden anderen Malen kam er, um ein Fest zu begehen: Im Juli
3 1 5 n.Chr. reiste er aus Gallien
zur Feier seiner Decennalien an, seines zehnten Herrschaftsjubiläums, und ging im Herbst wieder nach Gallien zurück.! Im Sommer
326 n.Chr. durchquerte er
das halbe Reich - eigens um in Rom seine Vicennalien (sein zwanzigstes Herr schaftsjubiläum) zu begeheIL Er kam damals aus dem Reichsosten und begab sich schon kurz nach den Feiern an die Balkanfront und im Folgejahr wieder in den Osten? Die Jubilarfeiern wurden also ebenso wichtig genommen wie ein großer Feldzug. Allein die Kaiserreisen erforderten einen immensen logisti schen und finanziellen Aufwand, und der Herrscher verbrauchte hierfür viel von seiner kostbaren Zeit. Während zahlreiche Kriege als Reaktion auf eine (echte oder vermeintliche) Bedrohung
zu
erklären sind, war der Kaiser bei
diesen Feiern frei von äußerem Zwang und konnte langfristig planen. Die Feste wurden also bewußt als ein Hauptereignis der kaiserlichen Regierung in Szene gesetzt. Warum war dem so? Warum hat es der Kaiser z.B. nicht bei einem kleinen Umtrunk im vertrauten Kreis e bewenden lassen und ansonsten seine Energie auf handfeste Probleme verwandt, die es doch in großer Zahl gab? In der modernen Fachliteratur sucht man vergebens nach Antworten, obwohl die Feiern allenthalben erwähnt werden? Psychologische Spekulationen würden
Zu den Daten siehe Barnes 1 982, 72 (mit Belegen) : Constanun traf am 1 8. oder 21 . Juli in Rom ein und reiste am 27. September ab. Sein dies impeni' war der 25. Juli 306 (siehe Kienast 1 996, 298 mit Belegen) . Die Jubilarfeier fand hIer am Anfang des zehnten Reßlerungsjahres statt. Zu Constantins Itinerar und den Daten sIehe Barnes 1982, 76[; Constantin betrat Rom am 1 8. oder 2 1 . Juli und verließ die Stadt bereits am 3. August. Diese Feier markierte den Abschluß des zwanzigsten Herrscherjahres. Im Jahr zuvor hatte es bereits emen Festakt in Nikomedia gegeben, vgl. Eus.-Hleron. Chron. p. 231 Helm (zu 325 n.Chr.): Vicennalia Constantini Nicomediae acta et seqHenti anno Romae edita sHnt. Siehe beIspielshalber Demandt/Engemann 2007 (Katalog der Trierer Constantin Ausstellung von 2007). Dort fi ndet man nur wenig mehr als etne Spalte bei Kolb 2007, 177f. und zwei Spalten bei Engemann 2007a, 203f. - Die wichtigsten Beiträge zu den Jubilarfeiern der römischen Kaiser sind zweI 1 950 und 1 951 erschienene Akademieabhandlungen von Harold Mattingly. Eigentlich wird hier jedoch nur eine
\1atthäus Heil
1 68
hier nicht weiterhelfen: Andere Kaiser vor und nach Constantin haben Ihre Jubiläen mit ähnlich großem Aufwand begangen. Auch der bloße Verweis auf 4 die römische Tradition würde nicht viel erklären. Gerade Constantin hat vielfach rigoros mit der Überlieferung gebrochen - nicht nur in seiner Reli gionspolitik. Auch am Ablauf der Ju bilarfeiern hat er viel geändert und die Feier seiner Tricennalien, seines dreißigsten I Ierrschaftsjubiläums, sogar gänzhch 5 nach Konstantinopel verlegt. Aber an der Feier als solcher hat er festgehalten. Große Jubiläen implizieren stets einen historischen Rückblick, und dieser nimmt
für
gewöhnlich nicht die Form eines selbstquälerischen Sündenbe
kenntnisses an, sondern stellt die Vergangenheit als eine Erfolgsgeschichte vor Augen. Das war auch bei den Jubilarfeiern der römischen Kaiser nicht anders.
Die Feste vermittelten also - unter anderem - ein spezifisches Geschichtsbild,
das auf sehr wenige, schlichte und pauschale Aussagen reduziert war. Man muß
die Frage also präziser fassen: Warum haben C onstantin und seine Kollegen derart großen Wert darauf gelegt, eine Erfolgsbilanz ihrer bisherigen Regierung zu präsentieren, und warum haben sie dies in Gestalt einer Jubilarfeier getan? Die modeme Forschung hat (zumindest in anderen Bereichen) mittlerweile gelernt, politische Rituale wichtig zu nehmen - zumal in ,vormodernen' Gesell 6 schaften. Wie sich zeigte, waren sie nicht ein folkloristisches Kuriosum, son-
(nicht vollstimdige) Sammlung der Mlinzbele ge geboten, rue zu.dem nach der nur tellweise richtigen Vorannahme strukturiert ist,
Ereigrusse berichteten und daher
jede
daß
die Münzen jeweils über
Münze genau einem Fest zuzuordnen sei. Die
Artikel in der RE und anderen Lexika sind enttäuschend knapp. HIlfreicher Ist die knappe Zusammenstellung von Kienast 1 996, 45-5 1 . Eine Serie von Aufsätzen von Andre Chastagnol (siehe exemph gratia die
4
folgende
Anm.) verliert sich i n (nicht
unmer schlüssigen) Überlegungen zu DetaIifragen. Anscheinend ist
ein erheblicher Teil der modemen Forschung der Suggestion
erlegen, daß Jubiläen einfach zu einem bestimmten Zeitpunkt "HilIig" gewesen seien. Entsprechend wurden Regeln postuliert, und es wurde Immer wieder versucht, die Jubilarfeiern als (scheulbare) Fixpunkte für weitere chronologische Forschungen
zu
verwerten, siehe z.ß. Chastagnol 1 982, bes. 370, Chastagnol 1 983, 1 1 ; Chastagnol 1 984a, 92f.; Chastagnol 1 984b, 105; Chastagnol 1987, bes. 49 1 . Aber wie zu zeigen sein wird, hatten die Jubilarfeiern ihrerseits eine wechselvolle Geschichte, und als großes, eminent pohtisches Fest waren sie selbstverständlich den Imperativen der Polltlk unterworfen - auch was den Zeitpunkt angeht, zu dem sie tatsächlich begangen wurden. Zu beidem siehe unten S. 1 9 0- 1 92 . S i eh e z . ß . Althoff 2 0 0 1 ; Stollberg-Rilmger 2004 (teilweis e unnotig theonelasng). Für das Mittelalter enVJes sich der Forschungsansatz als ertragreich;
III
der Alten
Geschichte scheint er noch z u keinen durchschlagenden Erkenntnisfoftschrltten geführt zu haben. D a s mag damit zusammenhängen, daß die Kommunikation durch Rituale
dürfte
dort weruger Bedeutung hat, wo o ffen diskutiert werden kann.
man
Entsprechend
RItualkommunikation besonders in der hohen Kaiserzeit und der Spät-
Die Jubllarfeiem der römischen Karser
169
dern e i n wesentlicher Teil d e r Geschichte. Denn viele der großen Ereignisse bestehen im Kern nicht aus Handgreiflichkeiten, sondern aus Sprach hand 7 lungen oder kommunikativen Akten; erinnert s ei nur an die Proklamatio n eines neuen Kaisers. Rituale könnte man auffassen als eine st.andardisierte Form der Kommunikation, bei der allen Beteiligten klar ist, was die symbolischen Handlungen zu bed euten haben. Allerdings liegt die Semantik solcher Akte für den modernen Historiker nicht immer offen zutage, sondern muß erschlossen werden. Das gilt auch fii r die Jubilarfeiern. Es läge nahe, sich zunächst an den äußeren Ablauf zu halten 8 Doch ist dies b e i
und zu versuchen, von daher den inneren Sinn zu erfassen.
den Feiern Constantins n u r teilweise möglich, da d i e Quellen allzu knapp und selektiv berichten und viele wichtige Details fortlassen. Erfolgversprechender scheint es, die Genese der Jubilarfeiern zu verfolgen . Denn wie sich zeigen wird, hatten sie eine windungsreiche Geschichte, in der sie erst allmählich zu dem geworden sind, was sie später waren; ihr Bedeutungsgehalt wurde also erst nach und nach aufgebaut. Aus der Genese der Jubilarfeiern ergibt sich vielleicht auch eine Antwort auf die zweite Frage, nämlich warum Constantin und die Kaiser seiner Zeit diese Feste so w.ichtig genommen haben.
1. Ursprünge Die Jubilarfeiern sind ausschließlich das Werk der römischen Monarchie. E s gab kein außerrömisches Vorbild (auch nicht bei den hellenistischen Königen) und auch keine Vorläufer in der Zeit der Republik. Allerdings ist kein eigent
licher Gründungsakt überliefert. Die Frage nach den Ursprüngen hat sich in der Antike bereits Cassius Dio gestellt, der Geschichtsschreiber aus der Severerzeit. Er unterbreitet folgende Theorie:
p roconsulare auf zehn Jahre
Augustus
habe sich
27 v.Chr. das imperium
verleihen lassen, und da dieses immer wieder verlän
gert worden sei, sei die All einherrschaft des Augustus in Perioden von zehn Jahren gegliedert gewesen. Dann fährt er fort:
antike finden (wo politische Debatten tabu waren). In der Tat gab
es
hier derartige
Erscheinungen, siehe z.ß. Wlemer 2004.
Siehe das klassische Werk von Austin 1 %2.
Chastagnol 1 987 versucht aus der ZusammenzIehung von Nachrichten
zu
verschie
denen Festen ein ßild vom typischen Ablauf zu rekonstruieren. Die Methode setzt jedoch eine Gleichfo!rmgkcit und Unwandelbarkeit voraus, die erst zu beweisen wäre.
Matthäus Heil
170
"Aus diesem Grunde feierten die nachfolgenden Herrscher, obwohl sie nicht mehr für einen bestimmten Zeitraum, sondern ein für allemal auf Le benszeit ernannt wurden, nichtsdestoweniger alle zehn Jahre ein Fest, wie wenn sie bei dieser Gelegenheit ihr Kaisertum wieder erneuerten. Und so 9
hält man es bis zum heutigen Tage.,,
Ob Dio damit recht hat, erscheint fraglich. Die Zehn jahresfrist ist eine rein äußerliche Ge meinsamkeit, und mit dem Konzessivsatz räumt Dio selbst ein, daß er das Nebeneinander von lebenslänglichem
imperium proconsulare
und
zehnj ährigem Fest nicht näher erklären kann. Zudem findet man bei keiner dokumentierten Feier irgendeinen Hinweis auf einen Zusammenhang mit dem
imperium proconsulare.
Man muß die Passage wohl so auffassen, daß Cassius Dio, IO sich auf die Suche nach
der die voll entwickelte Form der Jubilarfeiern kannte,
deren Ursprüngen begeben hat, bei den von ihm benutzten Historikern der frühen Kaiserzeit aber nicht fündig wurde und daher eigene Vermutungen anstellte. Hilfreicher erscheint es, die frühen Jubilarfeiern selbst zu betrachten: 11 Dort ist stets von Gelübden
decennalia)
(t'ota),
genauer: von Gelübden auf zehn Jahre
(vota
die Rede, und diese Gelübde sind ohne Zweifel der ursprüngliche,
kultische Kern. Ein Gelübde besteht bekanntlich aus zwei wesentlichen Teilen: einem Versprechen an eine Gottheit, im Falle der Erfüllung eines Wunsches eine b esondere Leistung zu erbringen
(votum suscipere),
und der späteren Ein
lösung des Versprechens, nachdem der Wunsch in Erfüllung gegangen ist
(votum solvere).
In der römischen Welt waren Gelübde ein geradezu ubiquitäres 12 wie auch im Bereich des Staates. Sie wur
Phänomen, sowohl im Privatleben
den nicht nur in Notlagen ausgesprochen, sondern auch wenn jemand eine größere Aufgabe anging oder ein Amt übernahm. Einzulösen waren solche Gelübde dann jeweils bei Ablauf der Amtszeit oder der Erfüllung der Aufgabe, was aber längst nicht immer pünktlich erfolgte, sondern oft verspätet oder manchmal verfrü ht. Bei staatlichen Gelübden wurde zumeist ein feierliches Opfer für Jupiter Optimus Maximus auf dem Kapitol in Rom versprochen. S o darf es als sicher gelten, daß Augustus - wie vor einer Reise oder einem Feld
zug
-
auch bei der Übernahme des
imperium proconsulare
Gelübde ausgesprochen
hat, in denen dem Jupiter Optimus Maximus und anderen Göttern bestimmte Gaben (d .h. ein Opfer) für den Fall zugesichert wurden, daß er seine Aufgabe
10 11
12
Cass. DIO 53,1 6,2f. Siehe unten S. 1 7 7f. Z u d e n Quellen siehe d a s Folgende. Die ungeheure Materialfiile l ist wohl auch der Grund, warum es zu den umfassende Untersuchung gibt.
vota
keine
171
Die Jubilarfeiem der romischen Kaiser
erfolgreich bewältige; sie standen nach Ablauf der fünf- oder zehnjährigen Periode zur Einlösung an und wurden nach der Verlängerung des
proconsulare sicher erneuert.
Proconsul - zweifellos im Namen der
res ptlblica Romana
aus. Denn solche
öffentlich en Gelübde bezogen sich dem Wortlaut nach j eweils auf den
publicae,
imperium
Augustus sprach die Gelübde - wie jeder angehende
status rei
und der Magistrat handelte sozusagen als Vertreter der Bürger
gemeinde. Bewegte sich hier noch alles
ln1
Rahmen der Tradition, ergab sich bei
Tiberius ein religionssystematisches Problem: Tiberius übernahm das
proconsulare
imperium
und andere Vollmachten ohne zeitliche Begrenzung, doch gerade
deswegen konnte man die üblichen Gelübde nun nicht mehr an das Ende der Amtszeit oder der Funktion binden. Denn dies hätte bedeutet, daß die Erfül lung des Gelübdes überhaupt nie faIlig werden konnte - es wäre ein unsinniges Versprechen gegenü ber den Göttern gewesen. Statt die Gelübde ganz fallen zulassen, hat man sie sozusagen artifiziell auf zehn J ah re terminiert: Sie wurden !3 im J ahre 24 n .Chr. nachweislich eingelöst; zugleich wurden neue Gelübde auf zehn Jahre ausgesprochen, die dann - wie überliefert ist - im Jahr 34 n.Chr.
eingelöst wurden, also nach Ablau f von vollen zehn J ahren. 14 Der erste Kaiser, der
vota demmalia von
der
Art
der späteren Jubilarfeiern begangen hat, war also
nicht Augustus, sondern Tiberius. Die Wahl einer zehn jährigen Frist hatte wahrscheinlich einen naheliegenden Grund. Es war dies die längste Frist, die in der römischen Staatspraxis ge bräuchlich war. Man findet häufig Fristen von einem Jahr (wie die Amtsdauer der Magistrate), von fünf J ahren (wi e die Zeit von Censur zu Censur) und - als 15 deren Verdopplung - von zehn Jahren. Auf diese lange Standard-Frist wur den sowohl das
imperium proconsu/are
des Augustus als auch die
terminiert, ohne daß zwischen beidem
vota
für Tiberius
ein unmittelbarer Zusammenhang
bestanden haben muß. Die Gelübde wurden einfach so eingerichtet, daß die
n
14
Cass. Dio 57,24,1 (Xiphihn-Exzerpt): Ou)..86vtOlv Ol: -rOiv OEKU &tOiv "tfj.; aPXfj.; rn'rtoU 'jlTJcpicr�a-ro.; ,w e<; ."v aWATJ'l'tv aö'ff\.; oMeva.; EoE1'l[}q {OUÖl: yap !l&l-ro KU1:UtE�vrov uu'tljv, rocr1IEP /) AlSy01>Clto<;, üpxelv), � �MOl 1tUvfryuPl'; � OeKuen1P\<; E1tOlitOrt. Cass. Dio 58,24, 1 -2: �a & famu dKOITtOU �o� "tfj.; apXf\<; t1tlrrtcivto<; ffina.; �, Kuitol 1rEpl 're tO 'AAßUvOV KUI xEpl ro To6crlcoUAOV Ölatp!ßCOV, OUK !lcrfif.9cv f:<; n']v :n:6AIV, oi 0' furoro! AOUKIO<; -rc Oöltillto<; KUI !lJUßIO<; IIepcrlKa.; "'v ÖEK&TIlPlöu ."v orn1:Epav r.rup-rucruv. o&co yap o:Uri)v, lli' oin.: dKOOETIlPioo cbvOj.J.a.1;ov, cO<; Kul "'v �e�oviav UÜS1'; ubrcp Kata rov A1iyo1>ClT0v oloovrc<;. 1:�V 1:e o o v l:OJYThv ä. � u €1toio1JV KUI eKoMI"ovto' ICrA. Andre Chastagnol (SIehe Anm. 4) und andere haben wiederholt behauptet, daß die Einlösung der Gelübde Immer am Anfang des zehnten Jahres erfolgte. Wie man
15
SI eht, trifft die angebliche Regel bereits bei den ersten derartigen Festen nicht zu. Dies bedeutet selbstverständhch, daß nicht alles, was auf fünf oder zehn Jahre terminiert ist, mit jubIlarfeiern zu
tun
hat.
Matthäus
172
Heil
Götter nach einer langen, aber endlichen Zeit mit deren Einlösung rechnen durften. Zu beachten i st allerdings, daß es neben den vota decennalia viele weitere Gelübde zugunsten des Kaisers gab. Hervorzuheben sind die Gelübde auf ein Jahr, die jeweils am Neujahrstag und später am 3. Januar feierlich eingelöst und ausgesprochen wurden, ferner vielerlei Gelübde aus besonderen Anlässen wie einer Erkrankung des Kaisers. Überhaupt wurde der staatliche Kult so umge staltet, daß die meisten Riten die Bitte der res pub/ica an die Götter zum Ausdruck brachten, den Princeps zu schützen, weil nur er ihre Wohlfahrt gewährleisten könne. Zugleich wandelte sich die Teilnahme an solchen Riten zu einem Akt der Zustimmung zum Principat und zum Ausdruck der persönlichen Verbundenheit mit dem Princeps - aber als einer Verbundenheit zwisc hen Ungleichen. Viele weitere ritualisierte Gesten brachten die gleichen Gedanken zum Ausdruck, wie z.B. die Gabe von Neujahrsgeschenken (strena) an den Kaiser. Später wurde der Tag des Herrschaftsantritts (dies imperiz) als besonderer Glückstag gefeiert. Die Gelübde, die später zum Kern der Jubilarfeiern wurden, nahmen in diesem Umfeld zunächst keinen herausgehobenen Rang ein. Das wurde auch von den Zeltgenossen so gesehen. Tacitus berichtet aus führlich über den Herrschaftsantritt des Tiberius, übergeht aber die Einrichtung der vota decennalia. In seinen Augen waren sie wohl ein technisches Detail. Sogar Tiberius selbst hat die vota decennalia nicht wichtig genommen. Im Jahr 34 n.Chr. hielt er sich zwar in der Nähe von Rom auf, fand es aber nicht für wert, wegen der Einlösung der Gelübde persönlich in die Stadt Rom zu kommen, und ließ sich durch die Consuln vertreten. 16 Eben deswegen erklärt ein Blick auf die frühesten Ursprunge der Jubilarfeiern allein noch nicht vieL Mindestens ebenso wichtig ist es zu verfolgen, wie sie später einen neuen, spezifischen Inhalt gewannen.
16
Cass. DlO 5 8 ,24,l f. ;
vgL oben Anm.
14.
Die JubIlarfeiern der rolTII schen KaISer
173
2 . Die Etablierung der Jubilarfeiern
Für die frühe Kaiserzeit gibt es keine weiteren Hinweise auf vota decennalia, obwohl Claudius und Nero j eweils ihr zehntes Jahr erreicht haben. Gelübde zugunsten Domitians, von denen wir zufällig erfahren, 17 könnten vota decennalia 18 gewesen sein, und ebenso könnten Spiele, die Trajan gab, mit der Einlösung solcher Gelübde zusammenhängen. Ab Hadrian stehen wir auf sicherem Bo den. In dokumentarischen Quellen ist bezeugt, daß bei Vollendung seines zehnten und zwanzigsten Regierungsjahres Feste gefeiert wurden. 19 Seit Antoninus Pius wird in der Münzprägung regelmäßig auf die Einlösung der zehn jährigen Gelübde und die Feiern hingewiesen. 2° So läßt sich zeigen, daß die 21 Feste auch unter allen seinen Nachfolgern begangen wurden. Seit Commodus 17
18
19
Scheid 1 998, Ne. 49 (81 n.Chr.): DIe fratres artIales haben votorum eommendandonml caura pro salute et incolumztate Caesaris divij Domztzant auf d e m Kapitol geopfert, d. h. um mit ihrer Gabe die Gelübde zu unterstützen, die jemand anderer aussprach. In den
fasti Ostienses
werden zum Jahr 1 0 8 n.Chr.
Gladiatorenspiele erwähnt;
allerdings 1St der Text stark beschädigt (Vidman 1 9 82,
S. 47, Fr. J). Ähnliche Spiele
des
Triumph
Jahres
1 07
n.Chr.
scheinen
aber
mit
dem
über
die
Daker
zusammenzuhängen (ebd., Fr. Hc) .
DecennaJien: Fasti Ostienses (Vidman 1 9 82, S. 49, Fr. Mc): XIlJ k.
deeennale[s facti pro} salute Aug. dieb. X XIII k. Nov.
zn
NOt!. Ind[i] votivi
Cz'r/X) p(yrriebae?) f(actae).
Vicennalien: P.Oslo 77. - Ob sich Münzen mit dem Hinweis auf
t'ota publica
(Ivfattingly 1 950, Nr. 4-7) ebenfalls auf die Vicennaben beziehen, ist nicht klar. VgL
2fl
allgemein auch Chastagnol 1 9 84b. Wenig hilfreich erscheint Rachet 1 980. Z u Antoninus Pius SIehe Matongly 1 950, Nr. 9; RIC III Antoninus PlU S Nr. 1 7 1 -
1 7 3 ; 1 84; 846; 849; 851-853; 856; 858; 864
(Deeennalia)
und Mattingly 1 9 5 0 , Nr. 1 0 ;
R I C I I J Antoninus Pius Nr. 1 5 6 b - 1 5 7 ; 283; 2 9 1 -295; 306f; 783; 792-794; 8 1 3 f. ;
1 0 0 8 - 1 0 1 2 ; 1 01 8 - 1 020; 1 026-1 028; 1033f.; 1 037; 1 042; 1 062f.; 1 066 21
Damals war noch meht von
Vteellnali,
sondern von
Deeennalia Il
(Vicent/dia) .
die Rede.
Marc Aurel: Mattingly 1 950, Nr. 1 3; RIC I I I Marc Aurel 243-251 ; 1 0 0 3 - 1 008; 1 0 1 4-
1 0 1 8; 1256
vgl.
der Legende
1720f. Probleme bereitet eine 1 6 6 / 1 6 7 n.Chr. beginnend e Serie mit
vota dee(em) ann(Ontm) Sllsc(epta), Mattingly 1 950, Nr. 1 1 ; 14;
RIC J J I Marc
Aurel 944f. ; 9 5 1 . Zu Commodus siehe die sehr starken Münzemissionen bei Mattingly 1 9 50, Nr. 1 5 f.; R I C III Commod us 99a-c; 1 1 5; 1 3 6 ; 3 1 8 ; 3 2 1 ; 441 ; 444a;
(vota sl/seepta deeennalia) , Mattingly 1 950, Nr. 17; R I C JJI (vota soluta deeennalia), Mattingly 1 9 50, Nr. 1 8; RIC I I I Commod us N r . 229; 5 7 6 (volis XX) . Allem Anschein nach sind dte Gelübde, a u f die 449; 454-456;
459
Commodus Nr. 140; 1 6 1 ; 522 man
sich
bezog,
ausgesprochen einzelnen
mcht
worden,
ergeben
bereits
sondern
zum
erst
am
ZeItpunkt Beginn
der
Augustus-Erhebung
seiner Alleinherrschaft. Im
sich ethche Probleme, weil manche Typen
und Legenden
offenbar über längere Zeit geprägt wurden. - Auf den zehnten Jahrestag der Ernennung zum Augustus scheint auch Legende
1lEQlo8(a;) 8e1
eine
alexandritusche
Münze
mit der
hinzuweIsen: BMC Alexandria 1442; Geißen 1 982,
Nr. 2226. - Vielleicht Ist auch dIe Inschrift CIL IX 273 heranzuziehen.
174
Matthäus Heil
fIndet man dann auch Prägungen an läßlich des Auss rechens der r ein Brauch, der von Pertinax weitergeführt wurde. 2
vota decennalia
-
Man kann also geradezu mitverfolgen, wie aus den eher nebensächlichen
zehnjä hrigen Gelübden in der hohen Kaiserzeit ein veritables Herrscherfest
wurde. Seit ungef:ihr der Zeit Hadrians kann man im eigentlichen Sinn von
Jubilarfeiern sprechen. 2 3 Das läßt sich durch einige weitere Beobachtungen stützen: Bei Hadrians zehnjährigem Jubiläum wurden
ludi votivi decennales
(,Zehnjahres-Gelübde-Spiele') ausgerichtet, die sich über zehn Tage hinzogen.
Dabei ist es gleichgültig, ob sie zu den Leistungen gehörten, die den Göttern versprochen worden waren, oder ob sie lediglich aus Anhlß der Gelübde
einlösung veranstaltet wurden. Wichtig scheint, daß an dem Ereignis nicht nur
einige Funktionäre teilhatten (wie es bei einem Opfer der Fall gewesen wäre).
Vielmehr feierte die ganze Stadt mit - sei es aus Überzeugung oder aus Ver gnügungssucht. Die Spiele begannen übrigens nicht am
11.
August
127
n.Chr.,
an dem Hadrian sein zehntes Herrscherjahr vollendete, sondern erst am
Oktober
1 27
20.
n.Chr. Der Grund ist ebenso einfach \.vie bezeichnend: Hadrian
war in diesem Sommer in Italien unterwegs und kam erst Anfang oder I'vfitte
August zurück; die Spiele wurden auf einen passenderen Zeitpunkt verscho ben?4 Anders als seinerzeit Tiberius legte er also Wert darauf, selbst in
würdevoller Weise dabei zu sein, und sein Wunsch gab den Ausschlag. Das
Datum eines Herrscherfestes wurde letztlich nicht von der kalendarischen Fälligkeit, sondern von den Imperativen der Politik bestimmt.
Hadrians Zwanzigjahrfeier, seine Vicennalien, ist nur indirekt bezeugt. Ein
Papyrus aus dem Fayum
zeigt,
daß dort noch unter Mare Aurel ein jährliches
Gedenkfest für die Vicennalienfeier von
1 37
n.Chr. begangen wurde?5 Auch
wenn hierbei möglicherwei se nicht viel Aufwand getrieben wurde, so z eigt der
Papyrus dennoch, daß die Vicennalien selbst i n sehr entfernten Teilen des
22
Siehe Mattingly 1 950, Nr. 20; RIC IV 1 Pertinax Nr. 1 3.; 24; 28 (hier schon mit der etwas .trre fiilu: e nden Legende primi decermales); 31a; 39. Das Aussprechen der Gelüb de am
1 2. Januar 193 n.Chr. wird auch i n den Arvalakten vermerkt, siehe Scheid 1 998,
Nr. 97, S. 277.
23
Das heißt aber nicht, d a ß das Fest damals überhaupt e rst entstanden Jst (gegen
24
nichts überliefert Ist) . Zu Hadrians Itinerar siehe Klenast 1 996, 1 28f.; Birley 1 997, 1 9 7 - 1 99.
25
Hammond 1959, 31 -33, der allzu leIcht glaubte, daß nIcht exIstiert habe, wovon
P .Osl o 77: i.m.f.p 'toß 'tov 9rov l\.ÖPtUVOv &t:rrSp<XV ri]c; tiPXfic; [B�Ke·t11 pi&.t] 1t€1tÄ:ll proKsvat. Die Erginzung ist unstrittig.
Die Jubilarfeiern der römischen Kaiser
175
Reiches mitgefeiert und die Erinnerung an das selten begangene Fest noch 6 später wach gehalten wurde. 2
Die Münzen, die seit Antoninus Pius geprägt wurden, lassen überdies er
kennen, wie die Herrscher die Jubilarfeiern verstanden wissen wollten, welche
Botschaft ihnen zugedacht war. Die Typen der R ückseiten lassen sich grob in folgende Kategorien einteilen: Eine Gruppe zeigt den Kaiser beim Opfern.
Diese Münzen bilden also die Einl ösung des Gelübdes ab, denn gemeint ist
sicher das feierliche Opfer auf dem Kapi tol, das dem Jupiter versprochen wor den war. Eine zweite Gruppe zeigt Victorien in verschiedensten Varianten, z.B.
eine Victoria, die eine Formel wie
vota X auf einen Schild schreibt, oder zwei
Victorien, die einen so bes chrifteten Schild hochhalten. Hier wird das Ju biläum also als eine große Siegesfeier vor Augen gestellt. Eine dritte Gruppe ist weit schlichter gestaltet; sie zeigt lediglich eine Aufschrift wie
vota X, die von einem
Kranz umgeben ist. Der Kranz ist wohl als Siegerkranz zu verstehen, und diese
Typengruppe dürfte als eine Art Abbreviatur der Victoria-Motive aufzu fassen
sein. Eine vierte Gruppe zeigt schließlich den Kaiser als Spielgeber. Solche
Prägungen waren anfangs eher selten. Zunächst dominierten die Opfer-Dar stellungen, doch schon bald wurden die Victorien und der Text im Kranz zu
den beherrschenden Bildmotiven. Die Vota-Formel im Kranz darf geradezu als das Standard-Bild für die Jubilarfeiern bezeichnet werden.
Die enge Verbindung mit dem Siegesgedanken, die man hier beobachtet, ist
nur schwer aus den ursprünglichen Gelübden abzuleiten; sie ergab sich viel 7 mehr aus der allgemeinen kaiserlichen "theologie de la victoire". 2 Nicht die
Reichsverwaltung, sondern der Kampf gegen die äußeren Feinde galt als die 8 ureigene Aufgabe des Kaisers,2 und die ,Kaisertheologie' insinuierte, daß der
H errscher die Götter auf seiner Seite habe und stets erfolgreich sei - mehr noch, daß es quasi seine Haupteigenschaft sei, stets den Sieg zu erringen und
dem Reich damit Sicherheit, Ruhe und Wohlstand zu verschaffen (wofür man ihm den allergrößten Dank sch ulde). Dieser ursprünglich eigenständige Kom
plex von Behauptungen, Bildern und Ass oziationen wurde nun in der hohen 9 Kaiserzeit mit den alle zehn J ahre wiederkehrenden Jubiläen verbunden. 2 Die Botschaft, die sich daraus ergab, könnte man etwa so in Worte fassen: Der
26
Die Beachtung, die die großen Kaiserfeste im ganzen Reich fanden, Wlfd nicht
zuletzt e!Slchtlich aus den Festkalendern BGU 362 und P.Dura 54 (dem ,,Feriale 27 28
Duranum") .
Ausdruck von Gage 1 933. Siehe z.B. Tac. anno 1 3,4,2: Als Nero sich
zu
Anfang seiner Herrschaft als der
künftige Ideal-Princeps vorstellte, endete seine von Seneca geschriebene Rede mit 29
den Worten:
...
teneret antiqua mUllia senatUi [ ]
Richtlg gesehen bereits
von
...
se
mandatis exen:itibus cansultumm.
AlföldJ 1934, 97-1 00.
Matt..,.äu s Heu
176
Kaiser habe jetzt schon zehn Jahre lang durch seine fortwährenden Siege dem Reich das höchste Glück beschert, und es sei zu hoffen, zu wünschen und zu beten, daß er diese außerordentlichen Leistungen (mind estens) auch in den nächsten zehn Jahren vollbringen werde. Es wäre ebenso einfach wie unergiebig zu zeigen, daß diese Botschaft allen falls teilweise durch die Realität gedeckt war. Interessanter erscheint die Frage, warum sie gerade in der hohen Kaiserzeit mit solchem l\:achdruck immer aufs l\:eue wiederholt wurde. Da die
Überlieferung
keine unmittelbare Antwort
enthält, hilft vielleicht ein Blick auf die Lage weiter, mit der sich die Kaiser konfrontiert sahen. Anders als unter Augustus stand die Monarchie als solche längst nicht mehr zur Debatte, doch gab es nach wie vor keine klare Regel, wer Kaiser werden durfte. Wer die Macht innehatte, mußte also dartun, warum man gerade ihm folgen sollte. Die politische Werbung verfolgte - ohne Rücksicht auf mögliche Widersprüche - mehrere Argumentationsstränge zugleich und suchte diese in griffige Parolen, eingängige Bilder und ausdrucksstarke Rituale zu
kleiden. Die wenigen Kernmotive wurden unentwegt wiederholt und bezie
hungsreich variiert - vielleicht in der Hoffnung, daß sie ihre eigene Realität gewö nnen, wenn sie sich einmal ms Denken der Menschen einprägten. Neben dem Hinwei s auf die Abstammung, die vielfachen Ehren, das Wohlwollen der Götter und den (angeblichen)
comemus umversorum
gehörte auch das Motiv des
Kaisers als Sieger über äußere Feinde zu d iesem Kernbestand. I n den Jubilar feiern gewann es eine spezifische Variation in der Behauptung, der Kaiser habe sich über lange Zeit hinweg höchst erfolgreich bewährt, was die Schlußfol gerung nahelegte, daß er und nur er Herrscher sei n solle. Die Jubilarfeiern hatten den Vorteil, daß dem Publikum nicht erst mühsam eine neugeschaffene Symbolsprache vermittelt werden mußte. Ebenso wie die
zehnjährigen
Gelübde, aus denen sie hervorgingen, bauten sie j eweils auf
Vertrautem auf, das variiert, erweitert und mit anderem Bekannten in Verbin
dung
gesetzt werden konnte. Das Zutrauen in die Verständlichkeit des Festes
war so groß, daß man sich auf den Münzen o ft mit einer bloßen Chiffre begnügte, um das Anliegen ins Bild
zu
setzen. Doch war das Fest lUcht allein
auf seine Hauptbotschaft zu reduzieren. Denn zugleich bot es einen
Anlaß,
die
kaiserliche Freigebigkeit und patronale Großzügigkeit in Szene zu setzen, und es war nach wie vor auch ein Zustimmungsritual, das die Beherrschten allseits
fröhlich mitfeiern sollten. In ihm sammelten sich also in unterschiedlicher
Akzentuierung verschiedene Stränge der kaiserlichen Herrschaftslegitimation.
Die J ubilarfeiem der rönuschen Kaiser
177
3. Septimius Severus Septimius Severus war der erste, der das inzwischen übliche Fest zu einer 3o Im Frühjahr oder - weitaus großen Haupt- und Staatsaktion ges teigert hat. ! ? wahrscheinlicher - im Sommer 202 n.Chr kehrte er von seinem Orient feldzug und seiner Ägypten-Reise nach Rom zurück. Dort zog er
wie
ein
Triumphator ein, auch wenn der feierliche adventus des Kaisers formal wohl 2 nic ht als Triumph deklariert war? Verbunden war damit die Feier der Decen nalien sowie die Heirat des designierten Nachfolgers Caracalla mit Plautilla, der Tochter des höchst einflußreichen Prätorianerpräfekten Plautian. Die Senato ren wurden vom Kaiser zu einem exquisiten Bankett geladen. Aus Anlaß des Jubiläums wurden gewaltige Geldgeschenke an die Prätorianer und die stadt römische Plebs verteilt - zehn Goldstücke pro :Mann (d.h. etwa zwei Drittel des Jahressolds eines Soldaten); insgesamt wandte der Kaiser nicht weniger als
200
Millionen Sesterzen auf. Ferner wurden zur Feier der Heimkehr, der Siege und der DecennaJien des Kaisers ganz besonders großartige Spiele gegeben, wobei nicht weniger als
700 überwiegend exotische Tiere in der Arena erlegt wurden.
Insgesamt sieben Tage dauerten die Festlichkeiten. Vermutlich wurde im gan zen Reich mitgefeiert, und die Gemeinden haben wohl schon damals als Aus druck ihrer Freude dem Kaiser ,goldene Kränze' (bzw. die entsprechenden 33 Geldsummen) geschenkt. 30
Zeugnisse:
Cass. Dio 76,1 , 1 - 5 (der Bencht eines
Augenzeugen,
wenn auch nur im
Exzerpt vorliegend); Herodian. 3,1 0,1f., ferner die Münzen: Mattingly 1 950, Nr. 23;
RlC IV 1 Septimius Severus Nr. 1 86; 307 -31 0; 329; 5 19f.; 821; 832 vgl. Nr. 607. Vgl. 31
auch Chastagnol 1 984a. Das genaue Datum ist nicht überliefert. Zum Teil wird angenommen, das Fest habe
am
9. April begonnen, also dem
dies imperii des
Severus (so Kienast 1 996, 1 57). Dies
ist aber lediglich aus angeblichen Fälligkeitsregeln erschlossen. Das Itinerar des
Kaisers spricht dagegen, daß die Feier ,pünktlich' begangen wurde: Am 1. Januar
202 n.Chr. befanden sich Severus und Caracalla noch in Antiochia in Syrien und
haben dorr den Konsulat angetreten. Für die Reise quer durch Anatolien und den Balkanraum - rund 3000 km
, einen Besuch bei den
-
Truppen
i n Moesien und
Pannonten sowie die Vorbereitung der Feiern i n Rom wären ihnen damit nur etwa drei Monate verblieben, was wohl entschieden zu
erwägt, daß der Kaiser 32
wenig
ist. Auch Birley 1 988, 1 4 3 f.
9. April noch auf dem Weg nach Rom war. Vgl. ferner
den Kommentar von Whtttaker 1969
zu
Herodian. 3 , 1 0, 1 -2.
(V1KTIQl6� UTW .oU 'PCDflalcov /ifu.!ou I-lEtG IU:YW"TK; &ulpI1Kat epT]O"K&fa� um;rex.tlr) in Kombination mit den übrigen Quellen zu
S o ist wohl Herodlan. 3,10,1
I-liru; 33
am
.&
verstehen; vgl. auch Birley 1988, 1 44.
Siehe AB 1 960, 102
=
IAM 354 (aus Volubilis, ein Gelübde des Procurators Cn.
Haius Dmdumenianus aus Anlaß der Decennalien). - Vgl. Oliver 1 989, Nr. 275. Wenn Ohver recht hat, daß dieses Dokument dem Severus Alexander (und dem Kranzgeld bel seinem Herrschaftsantntt) zuzuweisen ist, dann darf man schließen,
Matthäus Hell
178
Das Herrschaftsjubiläum wurde nun auch der Erwähnung in der (uns erhal tenen) Historiographie
für
wert befunden, denn der Senator und Geschichts
schreiber Cassius Dio war persönlich anwesend und hat als Augenzeuge berichtet. Nicht eIgens notiert hat er die Einlösung der alten und das Aus sprechen der neuen zehnjährigen Gelübde, obwohl beides zwingend voraus zusetzen 1st. Die
vota, der
eigentliche Anlaß der Jubilarfeiern, waren inzwischen
zur Nebensache geworden. Das große Herrscherfest von ern zusammen, die
202 n.chr. setzte sich aus mehreren Einzelfei
jeweils eine ähnliche Botschaft unters Volk brachten: Der
Kaiser - inzwischen geschmückt mit dem Sieger beinamen kehrte nach einem erfolgreichen äußeren
Krieg
Parthicus maximus
-
zurück, das Jubiläum gab zu
verstehen, daß er sich schon über viele J ahre hinweg in gleicher Weise bewährt habe, und aus der Hochzeit konnte man ersehen, daß die Dynastie das Reich noch lange in gleicher Weise beschützen werde. Dieses einfache Welt- und G eschichtsbild wurde wohl nicht zuletzt
deswegen
mit solchem Aufwand pro
pagiert, weil ihm offenkundige Fakten entgegen standen: Septimius Severus, ein Emporkömmling, war durch einen Staatsstreich an die Macht gelangt und hatte sich in zwei Bürgerkriegen durchgesetzt - gegen den Willen elOes erheblichen Teils des Senats. Inzwischen hatte sich Severus zum Sohn Marc Aurels erklärt und damit dynastische Legi timität beansprucht. Doch ahnte er wohl, daß dies allein nicht geniigte?4 Die FeIer von
202 n.Chr. ging möglicherweise indirekt
auf die unausgesprochenen Vorbehalte ein. Freunde wie Gegner konnten in ihr
eine Demonstration sehen, daß Severus sich gegen alle Widerstände erfolgreich
behaupten konnte und daß seiner Familie die Zukunft gehörte. Allerdings hatte
Severus immer darauf verzichtet, wegen der Siege in den Bürgerkriegen zu triumphieren, und hatte hier und anderswo stets seine Erfolge gegen äußere Feinde betont. Die Feier und ihr einseitiges Bild von der Vergangenheit waren
sozusagen auch ein Angebot, ganz im Sinne des tradierten Herrscherideals der
Kaiser al ler Römer sein zu wollen, jedenfalls s ofern sie sich seiner Autontät fügten. Die Wirkung des Festes ergab sich wohl unter anderem aus der Zusammen fassung der verschiedenen Feiern. Wohl um diese zu ermöglichen, hat Severus sein Jubiläum - anders als die Vorgänger - nicht nach der Vollendung von
da[� das
aurtl111
coronorium schon damals eine substantielle Belastung, eIne Art unregel
mäßig erhobener Steuer darstellte, und daß die JubJlarfeiern ein Anlaß waren, das
34
aurum c011manU1'!I z u verlangen. V gL dazu auch Cass. Dio 77,9,2.
da[�
nun oft die Astrologie InS
Spiel gebracht wurde - mit der Behauptung, die Sterne
unabanderliches,
Zum Bemühen um LegitimatIon gehört wohl auch,
(d.h.
eIn
unergründliches Sducksal) hatten Severus zum Kruser bestimmt. Dies wurde
grundsätzlich richtig gesehen von RubIn 1980.
179
Die JubJ.larfeIern der römischen Kaiser
zehn Jahren gefeiert, sondern entweder a m Anfang d e s zehnten J ahres oder i n
dessen l'vfitte. Hier wi e i n allen Punkten war der Kaiser nicht der Sklave der Überlieferung, sondern die Tradition konnte benutzt werden, um mit ihr Pol itik zu machen. Allerdings setzten neuartige Handlungen dann ihrerseits Maßstäbe für die Zukunft.
4. Antworten auf die Herrschaftskrise Die Decennalien Caracallas wurden weniger aufwendig und eher routinemäßig begangen, doch wurden sie nachweislich auch außerhalb der Stadt Rom von 35 den Reichsbeamten und den Provinzbewohnern mitgefeiert. Dasselbe gllt 36 wohl für Severus Alexander, dessen Decennalien anscheinend vorgezogen wurden, weil der Aufbruch des Kaisers in einen Orientkrieg anstand. I n den fünfzig J ahren nach dessen Sturz hat nur ein einziger Kaiser sein zehntes Jahr erreicht, nämlich Gallienus; die vielen anderen kamen alle früh zu Tode. So könnte man vermuten, daß die Jubilarfeiern in der politischen Insta bilität des 3. Jahrhunderts obsolet geworden seien. A ber das Gegenteil ist rich 37 tig. Gerade in der Zeit der Krise griffen die Herrscher geradezu verzweifelt
nach allen Möglichkeiten, sich selbst mit dem traditionellen Herrscherfest in Verbindung zu bringen.
Recht besehen, hatte dies seine Logik: Nahezu alle Kaiser des dritten Jahr
hunderts waren als Putschisten zur Herrschaft gekommen, konnten sich nur auf die prekäre Loyalität der Soldaten stützen und standen noch mehr als ihre Vorgänger unter dem Zwang, sich selbst als Alleinherrscher rechtfertigen zu
müssen. Da es an guten Gründen fehlte, griffen sie nach jedem Strohhalm. Fast
alle Versuche, eine neuen Dynastie zu stiften, scheiterten aber, bevor davon
35
Reiehsmünzen: Mattingly 1950, Nr. 26; RIC IV 1 Caracalla 1 79 - 1 8 1 ; 204f.; 441a; 470. Siehe ferner Münzen aus Berytos (BMC Phoenieta Nr. 122- 1 3 1 ) und ein sIch auf das Jubiläum beziehendes Kaiserfest in Agypten: BGU 362 = Mitteis/Wilcken 1 9 1 2, N r. 96. Siehe außerdem CIL VI 434 b
Caracallas Erhebung
zum
=
LLS 3012 (Rom). Gezählt wurde ab
Augustus im Jahre 198 n.Chr. - Offenbar war fü r 2 1 7
oder 2 1 8 n.Chr. eine VicennaJienfeIer geplant, sIehe d i e Münzen Mattingly 1 950, N r .
29; RIC IV 1 Caracalla 207; 295; 3 1 4 , a u f denen jeweils ein Zusammenhang mit dem 36
erhofften Parthersleg hergestellt wu:d. Siehe dIe Münzen Matt1l1gly 1 950, Nr. 32; RIC IV 2 Severus Alexander Nr. 217-2 1 9 ; 260f.; 505-510; 6 1 6f.; 654. Ferner gibt es alexandrinische Münzen m i t d e r Aufschrift m:pioö� oc1Canr BMC Alexandria 1703 bzw. - nllt Iulia Mamaea auf der Vorderseite
37
- BMC Alexandria 1 762; GelBen 1982, Nr. 2512. Es ist hier rueht nötig, d i e Angemessenheit d e s
Krisenbegriffs für
n.Chr. zu diskutieren, vgl. dazu Johne/Gerhardt/Hartmann 2006.
d a s 1 Jahrhundert
Matthäus Hell
1 80
eine Wirkung ausging. Etliche beriefen sich auf die G ö tter, sei es in Gestalt einer reichsweiten Fürbitte für den Kaiser (,,,,;e Decius), sei e s durch die Ein führung eines neuen Schutzgottes (wie Aurelian), sei es durch den dezidierten Rückgriff auf die altrömischen Götter (wie Diocletian). Hierher gehört wohl auch die pompöse Ausgestaltung von Herrschertracht und Herrscherzere moniell, was beides den Kaiser wie einen unantastbaren Halbgott erscheinen ließ. A ber das alles genügte nicht - offenkundig auch nicht in den Augen der Kaiser selbst. Auf eine langjährige, siegreiche Bewährung verweisen zu können, hätte viel zur Legitimation beigetragen. Schon seit Commodus war es üblich geworden, bereits das A ussprechen der
zehnjährigen Gelübde zu Herrschaftsantritt als feierlichen Akt auszugestalten. 38 39 40 Bezeugt ist dies auch für Pertinax, Macrinus und Elagabal. In der Folge ließ dann nahezu jeder Ka.iser und Usurpator Münzen prägen, die auf die
vota
suscepta hinwiesen, und sie taten das zum Teil auch für ihre Mitherrscher:
41 Maximinus Thrax, Balbinus und Pupienus, Gordian 111., Philippus A rabs, Decius, Trebonianus
Gallus,
Aemilian,
Valerian, Gallienus, Tetricus II., 42 Man machte diesen
Claudius Gothicus, Probus, Carus, Carinus und Carausius.
Akt also mit Verve publik und spekulierte wohl auf den bekannten psycho logischen
Effekt,
daß das Publikum quasi schon als Faktum nimmt, was ihm 43 Wenn einem Kaiser die Zukunft zu gehören
selbstsicher angekündigt wird.
schien, durfte er mit Gehorsamsbereitschaft rechnen. Übrigens wurden in dieser Zeit J ubilar-Formeln auch außerhalb des Kontextes eines realen Festes verwandt, wenn Untertanen in devoter Unterordnung ihre guten Wünsche für
38
SIehe oben Anm. 22. Siehe die Münzen Mattingly 1950, Nr. 30; RIC IV 2 Macrtnus Nr. 5-13; 1 26-133. Im Reich wurde mitgefeiert, siehe eine Münzemission von Ephesos mit der Aufschrift ß{i'rta (BMC Iorua 294) . 40 Siehe dIe Münzen Mattingly 1950, Nr. 3 1 ; RIC IV 2 Elagabal 202f. und dIe Arvalakten des Jahres 2 1 8 n.Chr.: Scheid 1998, Nr. 1 00, S. 297. Die Feier in Rom fand lange vor der Ankunft des neuen Kaisers statt. - Für Severus Alexander läßt sich eine solche Feier nicht nachweisen. 41 Bei ihm ist das feierliche Aussprechen der Gelübde auch durch die Arvalakten belegt, siehe Scheid 1998, Nr. 1 1 2, S. 327. 42 Der Kürze halber selen hier nur die Belege bei Mattingly 1 950 genannt: ::-.Jr. 33 (MaximlOus Thrax), 34 (puplenus und Balbinus), 35 (Gordian IU.) , 36f. (phlhppus Arabs), 38f. (Decius), 40 (frebonianus Gallus), 41 (Aemilian), 42 (Valenan und Gallienus), 53 (fetricus), 44 (Claudius Gothicus), 46f. (Probus), 48 (Carus und Carinus), 54 (Carausius). Siehe ferner RIC V 1 Florianus 43. 43 Schon seit Pertinax war es üblich, beim Herrschaftsanrritt einfach nur vota decmnalia auf die Münzen zu schreiben (Mattingly 1950, Nr. 20; RIC IV 1 Pertinax Nr. 1 3). Ohne zusätzliches Wissen könnte elO Betrachter leicht meinen, der Kaiser habe seine Decennalien bereits erreicht. 39
Die J ubilarfelem der römischen Kaiser den Herrscher formulierten
möge
-
das Jubiläum errelchen.
zu
44
181
verstehen wohl als Beschwörung, ihr Herr
Ein Soldat der vigiles fügte auch gleich hinzu,
warum er dies seinem Kaiser wünschte:
congiaria X aurios,
45
er erhoffte sich ein
Donativ, so groß wie das des Septi mius Severus. D a die J ubiläen als Gedanke stets präsent blieben, gab es
um
so mehr
Grund zum Feiern, als Gallienus tatsächlich seine Decennalien erreichte. Das Jubiläum wurde demonstrativ korrekt erst am Ende des zehnten Herrscher 46 47 j ahres begangen, nämlich 263 n.Chr., und mit großem Aufwand gefeiert. I n der
Historia Augusta
wird - sachlich wohl korrekt - vor allem d e r Zug aufs
Kapitol geschildert, wo GalJienus in eigener Person das Opfer darbrachte. An dem Aufzug nahmen auch Senatoren, Ritter, Soldaten und das ganze Volk teil, es wurden Opfertiere, Elefanten, Gladiatoren und Schauspieler mi tg eführt und
die angeblich be siegten Völker dargestellt, während sich der Kaiser in der Kleidung eines Triumphators sehen ließ. Nach der Rückkehr des Kaisers i n den Palast gab es ein Bankett, Spiele und andere Lustbarkeiten. Inszen.iert wurde auch hier also nicht nur der A blauf von zehn Jahren, sondern die siegr eiche Bewährung des Herrschers. Die Feier fiel allerdings in die Zeit der schlimmsten Mißerfolge des GalJienus und des ganzen Reiches, und wohl genau d eswegen wurde sie in der senatorischen
HistOTia Augusta
Überlieferung
stark kritisiert, auf die hier die
zurückzugehen scheint. Dem Kaiser wird kaum verborgen
geblieben sein, wie übel es um ihn stand. Doch vermutlich gerade weil von einer siegreichen Bewährung nicht die Rede sein konnte, wurde sie um so nach drücklicher ins Bild gesetzt, zumal Gallienus mit seinen zehn Herrscherjahren über ein zutreffendes A rgument verfügte, um die Tradition der Jubilarfeiem für sich in A nspruch zu nehmen. Was blieb den Rivalen zu tun, deren Jubiläen noch fern lagen? Postumus, der Herrscher des gallischen Sonderreiches, der mit Gallienus im Kampf lag,
CIL VI 428 = 11.5 2219 (Rom, unter Severus Alexander) ; CIL VI 2998f.; 3012; 3019; 3065; 3076 (Wandkritzeleien im Wachlokal der cobors VII vigjlum aus der Zeit von Severus Alexander); CIL VI 1097 (Rom, ffu: Philippus Arabs und sein Haus); CIL VI 3012; CIL VIII 21560 = 11.5 2608 (aus Mauretania Caesariensis, eine Weihung von Soldaten für Gordian III. und Tranquillin a) ; CIL III 8706. 45 CIL VI 2998. 46 Das Jahr geht eindeutig aus Porph. v. Plot. 4f. hervor. In der Forschung wird oft das Jahr 262 n.Chr. genannt, doch lediglich auf Grund von Vermutungen über die Fälligkeit der Feier, siehe z.B. Chastagnol 1983, 1 3. 47 HA GaU. 7,4-9,7. Siehe ferner die Reichsmünzen Mattingly 1950, Nr. 43; RIC V 1 Gallienus Nr. 92-96; 333-335; 406; 4 1 1 ; 440-442; 540f.; 569; 597-599 (569; 597-599 aus Siscia) und die alexandrinischen Münzen mit der Legende OsKIlE't1]p\,; l(1lpiou BMC Alexandria 2240; Geißen 1982, Nr. 2915. Beachte außerdem CIL XN 5334 (OstJa) . 44
Matthäus Heil
1 82
erfand wenig später die Quinquennalien (FünfJahresfeier) - offensichtlich als
264 265 n.Chr. gefeiert.48 Aller Wahrscheinlichkeit nach hatte Postumus bei
direkte Antwort auf die große Decennalienfeier des Gallienus . Sie wurden oder
seiner Usurpation keine Gelübde auf fünf Jahre ausgesprochen, und mit der Halbierung der ursprünglichen Frist wurde der Kerngedanke der Jubilarfeier verwässert
Aber
nur
dadurch fand
Postumus
eine
Rechtfertigung,
um
überhaupt ein Jubiläum zu feiern und in gewisser Weise mit Gallienus gleich zuziehen. Bis dahin war die Feier stets
an
die Stadt Rom gebunden gewesen; die
Gelübde wurden im Tempel des Jupiter Gptimus Maximus auf dem Kapitol eingelöst, wie dies zuletzt Gallienus zelebriert hatte. Postumus rückte davon ab - wohl nicht aus inneren Gründen, sondern umständehalber, weil Rom in der Hand des Gallienus verblieb. Es war dies die erste Jubilarfeier außerhalb Roms und ein erster Schritt zur Loslösung des Jubiläums von der Stadt. Waren die Quinquennalien also aus speziellen Zeitumständen heraus kreiert worden, so entsprach ein schneller zu erreichendes J ubiläum offenbar auch den Bedürfnissen vieler nach folgender Herrscher, die die Idee aufgriffen. Aurelian 49 hat ebenfalls Quinquennalien gefeiert, möglicherweise auch Tetricus, und spätestens seit Constantin wurden die FünfJahrfeiern zum Allgemeingut. Die Quinquennalien blieben aber stets eine Jubilarfeier minderen Ranges. Einigen Herrschern des späteren dritten Jahrhunderts genügte auch diese Neuerung nicht. Sie ließen Münzen mit irreführenden Legenden prägen, so als hätten sie ein großes Jubiläum erreicht. Bild und Münzlegende changierten zwischen superlativischen Wünschen, intensiven B eschwörungen und der billi gend in Kauf genommenen Täuschung des Publikums. Voran ging auch hier 5o Postumus, der vol. XX prägen ließ, was bls dahin allenfalls anläßlich der Decennalienfeiern üblich war. Auch Kaiser Tacitus ließ Münzen mit der De 51 obwohl e r nur etwa ein halbes Jahr 52 herrschte. Carausius ließ polo p ublico mtlltis XX prägen, und von Probus gibt es cennalienformel polis X el XX herstellen,
48
Siehe die Münzen Mattmgly 1 950, Nr. 50; RIC V 2 Postumus Nr. 34f.; 41; SOL (Mattingly 1 950, ]\;r. 50a RIC V 2 Postumus Nr. 34f. trägt die programmatische Rückseiten-Aufschnft quinquenna/e.r Postumi Aug.). DIe Münzen lehnen sich in ihrer Gestaltung an dIe übbchen Decennallen-Typen an. SIehe dIe Münzen Mattingly 1 950, Nr. 53; RIC V 2 Tetricus 204f.; 209f. Wenn Tetricus Quinquennalien gefeIert hat, tat er dies zu fruh, denn sein fünftes Herrscherjahr hat er gar nicht erreIcht. - Probus scheint keine Quinquennalien begangen zu haben. Mattingly 1 950, ]\;r. 5 1 ; RIC V 2 Postumus ]\; r. 258; 334. Mattingly 1 950, Nr. 45; RIC V 1 Tacitus Nt. 1 09. Mattingly 1 950, Nr. 54a; RIC V 2 CarauslUs 595-597; 620. =
49
50 51
S2
Die Jubilarfeiem der romischen Kaiser nicht nur Münzen mit
votis X et xx,
sondern sogar solche mit
1 83
vota X so/uta,53
was einer gezielten Falschmeldung gleichkommt. Ähnliche Beobachtungen 54 Ü kann man auch an I nschriften machen. brigens hörten derartige Mani pulationen unter Kalsern, die fest im Sattel saßen, sofort wieder auf. Gerade die irreführenden Legenden zeigen überdeutlich, was den stets ge fährdeten Herrschern ihrem eigenen Urteil nach besonders fehlte: der Nach weis siegreicher Bewährung in der überkommenen Form von J ubilarfeiern. Diese blieben ein Referenzpunkt herrscherlicher Selbstdarstellung und gewan nen damit eher noch an B edeutung. Ihre Geschichte hat eine Parallele in der Aufwertung anderer, auf die Person des Herrschers zielender Feiertage: des Kaisergeburtstags und des Jahrestages des Herrschaftsantritts, des
dies Imperii,
der als allgemeiner Glückstag rur das ganze Reich verstanden und seit d e r Seve
rerzeit immer
stärker gefeiert wurde. Die Jubiläen waren aber seltenere,
größere, komplexere und stärker gestaltbare Feste, die dadurch um so mehr der Politik dienstbar gemacht werden konnten.
5.
Der Triumph der Tetrarchen
Der seit 284 n.Chr. regierende Diocletian und sein 285 n.Chr. eingesetzter Mitka iser Maximian legten - außer einer gewissen Zurückhaltung - zunäch st 55 keinen neuartigen Umgang mit den Jubilarfeiern an den Tag. Daß sie ihre Quinquennalien begingen, wissen wir nur durch die beiläufige Erwähnung eines 56
Panegyrikers, der dem Maximian hierfür eine Festrede versprochen hatte.
Gefeiert wurde nicht in Rom, d a sich beide Kaiser die ganze Zeit über auf 57 Feldzügen b e fanden. Aus Anlaß der Decennalien wurden Münzen geprägt, 58 53
54
5S
56 57
Voft! X ef )0(: Mattlngly 1 950, Nr. 47a-b; RIC V 2 Probus Kr. 328; 362; 383; 454; 457-463; IlOfa X solI/fiT. Mattingly 1 950, Nr. 47c; RIC V 2 Probus Nr. 7. AE 1995, 1 541 IK 57, 15, eine Ehrung des praeses von LYCIa Pamphyha, Terentlus Marcianus, für Probus von 278 n.Chr.; sie endet mit der bei Decennallen üblichen Formel votis X anno IIO#S XX anno Vielleicht war die Formel aber nur l1n Sinn emes Wunsches des Dedikanten für den Herrscher gemeint. Auf den vota-susrepta-Munzen Mattingly 1 950, Nr. 55; RTC V 2 Diocletian 466f. erscheinen DlOcletlan und MaXl1nJan gememsam; sie wurden also erst nach Maxtmlans Kaisererhebung geprägt. Bei Diocletians eigenem Henschaftsantritt schemen keine hergestellt worden zu sein. Paneg. Lat. 1 1 (3), 1 ,1 . Eindeutige Quinquennalienpragungen sUld nicht bekannt. Für eine gememsame Feier hätte es nur eine Gelegenheit gegeben, em Treffen in Raetien 288 n.Chr.: Paneg. Lat. 1 0 (2),9,1, wo aber von keIner Feier die Rede ISt. Sie haben wohl getrennt und zu untersduedlichen Zelten gefeiert. - Auch der Usurpator Carausius hat Quinquennahen begangen, siehe die Münzen Mattingly 1 950, Nr. 54; RIC V 2 Carausius Nr. 3f. =
Matthäus Heil
1 84
und die Kaiser haben im Jahr
293
n.Chr. den ordentlichen Consulat über
nommen, doch wie ihr Itinerar zeigt, haben sie auch dieses Jubiläum sicher 59 nicht gemeinsam am selben Ort gefeiert. Im selben Jahr, doch offenbar nicht an den Jubilarfeiern, wurden mit Galerius und Constantius Chlorus zwei Caesares mit aktiver Herrscherfunktion ernannt, was den Rhythmus der Feiern (() verkomplizierte. Ob die Caesares eigene Quinquennalien gefeiert haben, 61 62 bleibt unklar. Ihre Decennalien wurden in jedem Fall begangen, doch zumindest ideell wurden sie mit den Vicennalien der Augusti Diocletian und Maximian zusammengelegt. Denn die Tetrarchen traten immer entschiedener als einheitliches Herrscherkollegium auf, das aus zwei gleichrangigen Augusti und zwei
um
zehn Dienstjahre jüngeren Caesares bestand. Das gesamte öffent
liche Erscheinungsbild wurde darauf abgestimmt; unter anderem wurden (tat sachenwidrig) Maximian genauso viele Regierungsjahre zugeschrieben wie 63 Ferner wurden gemeinsame Jubilar-Münzserien der Augusti und
Diocletian.
Caesares geprägt, wobei letztere jeweils mit dem um zehn Jahre geringeren 64 Jubiläum erschienen. Sollte es dennoch eigene Feiern der Caesares gegeben haben, bleiben sie uns hinter dem Schleier dieser Inszenierung verborgen. Diocletian und Maximian begingen ihre Vicennalien gemeinsam, und diese wurden nun zu einem großen Staatsakt ausgestaltet; sie wurden bewußt und gezielt als Gipfelpunkt ihrer erfolgreichen gemeinsamen Regierung in Szene gesetzt. Diocletian und Maximian übernahmen den ordentlichen Consulat des 58
59 60 61
62
63 64
MattIngly 1 950, Nr. 56; RIC V 2 Diocletian, Rom Nr. 108; 125f.; 1 30; 175-1 79; 5 1 1 5 1 4; Lugdunum Nr. 468; Trier Nr. 485-87, siehe ferner die alexandrimschen Münzen für Diocletian mIt der Aufschrift 1tEpiooD<; &KU'tT): Geißen 1 983, Nr. 3269. Vgl. außerdem die Insch!lften CIL III 1 0 605; AE 1 944, 96 (Ostia) und die Meilensteine CIL XVII 2, 1 1 8 ; 120a-b. Maximian besuchte Ende 294 n.Chr. die Stadt Rom: CJ 9,16,5(6), vgl. Paneg. Lat. 7(6) ,8,7. Ob dies mit einer Jubilarfeier zusammenhing, muß offenbleIben. Für die neuen Caesares wurden offensichtlich vota-sNScepta-Münzen geprägt, SIehe Mattingly 1 950, Nr. 56a; RIC V 2 Galerius Nr. 702f. Die Antwort hängt davon ab, ob Paneg. Lat. 8 (5) zur Quinquennalienfeier des Constantius Chlorus gehört. Es ist auch nicht sicher, ob die Rede 297 oder 298 n.Chr. gehalten wurde. Siehe die Münzen Mattingly 1 950, Nr. 56b; RIC VI Trier Nr. 82; RIC VI S. 678. Die FeIern wären im Frühjahr 302 oder Frühjahr 303 n.Chr. ,fälhg' gewesen. Im Frühjahr 303 hielt sich Galerius zusammen mit Diocletian in Nikomedia auf, wo sIe die große Christenverfolgung begannen. Aber die christlichen Autoren erwähnen nichts von einer ungefähr gleichzeitig stattfmdenden J ubllarfeier. SIehe Kolb 1987, 1 1 5-127 (mit der älteren Literatur). Der Gedanke, die Regierungsjahre des HauptkaIsers als die Regierungsjahre des gesamten KaIserhauses aufzufassen, findet sich bereits in der Severerzelt, siehe AE 1 960, 102 IAM 254 und vgl. oben Anm. 33. Bezeichnenderweise karn er dort mcht vorn Kaiser, sondern von einern selbständig agIerenden höheren Beamten. =
Die Jubilarfelern der römischen Kaiser
185
Jahres 3 0 3 n.Chr., und die Hauptfeier fand i m November 3 0 3 i n Rom statt, d.h. am Anfang von Diocletians zwanzigstern Jahr. Maximian war persönlich anwe send, und ebenso reiste Diocletian eigens wegen der Feier aus Nikomedia quer 65 Die Tetrarchen, die sich ohnehin stark
durch das halbe Weltreich nach Rom.
auf die römische Tradition beriefen, beharrten also auf dem nicht mehr selbst verständlichen Gedanken, daß die Feier nach Rom gehöre. Das große Ereignis selbst bes tand - wie schon bei Septimius Severus und Gallienus - aus einer Kombination von mehreren Festen: einem Triumph über ,viele Völker' und der 66 eigentlichen Jubilarfeier; hinzu werden Spiele, Bankette und ähnliches gekom men sein. Die Verbindung von Triumph (hier erstmals ein vollgültiger) und Jubiläum entsprach auch ganz der Bedeutung, die den Jubilarfeiern schon seit fast zwei Jahrhunderten gegeben wurde. Diocletian und Maximian hatten allen Grund zum Feiern: Zwanzig Regie rungsjahre hatte zuletzt Antoninus Pius erreicht, und die Nöte der voraus gegangenen ,Zeit der Soldatenkaiser' hingen elementar damit zusammen, daß sich kein Kaiser hatte längere Zeit behaupten können. Diocletian und Maxi mian hatten überdies sämtliche Usurpatoren niedergeworfen und die allerorten eingefallenen Barbaren siegreich zurückgeschlagen. Ein Lobredner spricht nicht ohne
Grund von "jenen zwanzig Jahren von beständigem glücklichem 67 Die Vicennalienfeier war damit ein Ausweis der wiedergewonnenen
Erfolg".
Stabilität und brachte die persönliche Leistung - und das Weltbild - des Kai serkollegiums perfekt zum Ausdruck. Das Fest war offensichtlich zugleich als der krönende Abschluß dieser erfolgreichen gemeinsamen Regierung gedacht. Denn allem Anschein nach haben Diocletian und Maximian hier den gemein-
65
66
67
Lact. mott. pers. 1 7,1 f� vgl. Barnes 1 982, 56 bzw. 59f. - Lactanz wtrft Diocletian an dieser Stelle vor, daß er nur kurz in Rom geblieben ist. Dies ist eine willentliche Mi.ßdeutung. Man muß umgekehrt betonen, daß Diocletian eigens wegen der Feier nach Rom gekommen Ist; seine eigentlichen Aufgaben lagen anderswo. Eutrop. 9,27,2: ... post triumphum inclitum, quem Romae ex numerosis gentibus egerant (scil. Diocletlan und Maxlmlan); Eus.-Hieron. chron. p. 227 Helm (zu 304 n.Chr.): Diocletzanus et Maxzmzanus Augusti insigni pompa Romae triumphavernnt. Im Triumphzug wurden u.a. die gefangenen Frauen, Schwestern und Kinder des Perserkömgs Narses vorgeführt. Auf die Vicennalienfeler beZieht sich auch Paneg. Lat. 7(6),8,8; Eus. h. e. 8,13,9. - Aus Anlaß des Festes gab es eUle sehr reiche Münzemission: Mattingly 1 950, Nr. 57; RIC VI Trier Nr. 75f. ; 93-99; 134-136; 562-571; 607-614; Ticinum Nr. 1 1 ; 36-42, Aquilela Nr. 5-7; 10-15; Rom Nr. 74-89; Karthago Nr. 37f.; Nicomedla Nr. 1 3 - 1 6; vgl. auch die unter Maxentius geprägten Solidi RIC VI Rom Nr. 1 36; 145f. und das Multiplum Nr. 1 74. V gl. auch die Materialsammlung von Kuhoff 200 1 , 230-45. Paneg. Lat. 7(6),10,1 : tlia viginti annorum continua ftlzcitas. Der gleiche Gedanke fUldet sich auch bei Eus. h. e. 8,13,9, obwohl der Autor völlig andere Intentionen verfolgt
Matthäus Heil
186
6 samen, freiwiJligen Rücktritt vereinbart, 8 der dann ein gutes Jahr später, näm hch am 1 . Mai 305 n.Chr., vollzogen wurde. Das Fest sollte demnach auch anschaulich die Summe ihres gemeinsamen Wirkens ziehen. Aus Anlaß der Vicennalien wurden in Rom mehrere große (heute nicht mehr vorhandene) Monumente errichtet, der arcus novus69 und besonders das sogenannte Fünfsäulenmonument auf dem Forum Romanum. 7o Letzteres bestand aus einer Säule für Jupiter, je einer mit dem Genius eines der beiden Augusti (anläßlich ihrer Vicennalien) und je einer mit dem Genius eines der beiden Caesares (anläßlich ihrer Decennalien). Das Bildprogramm der erhal tenen, reliefgeschmückten BasIs verewigte die Grundgedanken des Festes In Stein: die Verbindung von vota und victoria Oubiläum und Sieg), das dazuge hörige Opfer an die überkommenen Götter, die Kollegialität der Augusti und die Einbeziehung der Caesares als collegae minores und designierte Nachfolger. Diese Botschaften wurden ganz in traditionellen Bildern ausgedrückt - nicht aus Phantasielosigkeit, sondern um bewußt den Konnex zur rörIllschen Über lieferung zu betonen. Auch auf den begleitend geprägten Münzen wurde letztmals in der römischen Geschichte - das Opfer dargestellt, das die Kaiser zur Einlösung der Gelübde auf dem Kapitol darbrachten. 7! Das Publikum sollte zur Kenntnis nehmen, daß Erfolg und siegreiche Bewährung von der gebührenden Verehrung der alten Götter herrühre. Dieser Aspekt der Jubilar feiern war zuvor selten so stark hervorgekehrt worden; hier paßte er zum 72 Geschichtsbild der Tetrarchie. 68
Paneg. Lat. 6(7),15,6 spricht davon, daß MaXlIl1Ian dem Diocletian
templo
zn
Capttolino Iovis
etwas (nämltch mitabzudanken) geschworen habe. Das kann nur bei der
Vicennalienfeler gewesen sein, denn Diocletian und Maxirruan waren sonst nie 69
zusammen In Rom. Erwähnt beim Chronographen von 354 n.Chr. (Chron. nun. I p. 148 Mommsen). Das Monument gmg In der Renaissance verloren; erhalten Ist ledlgltch die Inschrift (CIL VI 3 1 383). Siehe Platner/ Ashby 1929, 4 1 f. s.v. Arcus Novus (Diocleuani) ;
Torelli 1 9 9 3 , l O H. (rrut Literatur) . Teilweise wird das Monument allerdIngs mit 70
Diocletians Decennalien In VerbIndung gebracht, so u.a. Kolb 1 9 87, 1 80 - 1 8 3. Siehe dazu L'Orange 1938; Kähler 1 964; Wrede 1 98 1 . An aussagekräfugen Resten ist nur eine BaSIS erhalten (,Decennalienbasis'). Siehe auch die Inschriften CIL 1 203;
71
1204+ 1205
=
31262. Vgl ferner kurz Brandt 1998, 64-68.
Matongly 1 950, Nr. 57; RIC VI Trier Nr. 75f.; 93a-99; 134-136; 56 2-57 1 ; 607-614; TICInum Nr. l l a-b; 36a-42b; Aquileia Nr. 5a-7b; 1 0- 1 5 ; Rom Nr. 74-87b; Karthago Nr. 35a-38, Nikomedla Nr. 1 3 - 1 6 . SIehe auch oben zu den Caesares und vgl.
72
außerdem RlC VI Rom Nr. 1 3 6 ; 1 4 5 f.; 1 74 (unter Maxentius). DIe hohen Beamten des ReIches und dIe ReIchsbewohner brachten in vlelHiitiger Welse ilu:e Anteilnahme zum Ausdruck, vgl. den Ehrenbogen CIL VIII 4764 = 1 8698 = ILS 644 (Macomades In Numidien), die BauInschnft AE 1 9 87, 961
=
1990,
1 0 1 5 vgl. 1 9 92, 1 7 1 4, die MeIlensteine C I L VIII 2248 1 ; 22485; 22488; 22489, das
Die Jubilarfelem der römischen KaIser
6.
187
Constantin und das Christentum
Bekanntlich ging dIe Geschichte nicht so weiter, Wie Diocletian sie geplant 73 hatte. Das tetrarchische System zerfiel, und die Bürgerkriege setzten die rivali sierenden Herrscher unter einen erhöhten Legitimationsdruck, was die Bedeu tung der Jubilarfeiern nochmals ansteigen ließ. Auf weite Strecken könnte man die Geschichte des folgenden Jahrzehnts an hand der Jubilarfeiern schreiben, denn die Konkurrenten suchten sich auch mit ihren Feiern gegenseitig auszu stechen. Während die Quinquennalien des MaximlOus Daia keine Spuren hinterlie ßen und die Quindecennalien des Galerius wohl gar nicht begangen wurden, feierten Constantin und Maxentius - die Rebellen gegen die tetrarchische Ord nung 3 1 0/ 3 1 1 n.Chr. ihre Quinquennalien jeweils mit beträchtlichem Auf wand (Constantin umständehalber in Gallien). Mit der Betonung von Sieg, Dauer und Bewährung kehrten sie ihren eigenständigen Herrschaftsanspruch 75 74 heraus. Galerius hatte für 3 1 2 n.Chr. eine große Vicennalienfeier geplant, 76 nach der er vielleicht gemäß dem BeispIel DlOcletians zurücktreten wollte, doch 1st er noch vor der Feier gestorben. Constantin überwältigte dann be kanntlich Maxentius, und Licinius besiegte Maximinus Daia, den letzten Partei gänger des tetrarchischen Systems. Dieser ließ kurz vor seinem Untergang in -
Glasbild CIL XV 7007, die Goldfibel aus Schottland CIL VII 1283 (Abbildung in BJ 174, 1974, 230) und die Bittschnft p.oxy. 2 1 8 7 . Siehe auch den Silberbarren: 73
ChastagnoI 1 9 8 8 , 24. Zunächst wurde aber dIeser Eindruck zu vermitteln versucht: Man prägte Münzen,
vota vuennalia suscepta der neuen Augusti Constantius vota decennalta suscepta der neuen Caesares Severus und
die dIe
und Galerius sowie die Maxrmmus Daia zum
Gegenstand hatten: Mattmgly 1950, Nr. 58; RIC VI Trier Nr. 682a-688; Siscia Nr. 148; Nikomedia Nr. 37f.; Anuochla Nr. 129- 1 3 1 . Vgl. ferner den Melienstem CIL VIII 2249 1 . Auch hier war das gewollte Bild des geordneten Herrscherkollegiums offenSIchtlich wichtiger als 74
die Frage, wann die jeweiligen Gelübde
wirklich
ausgesprochen worden waren Maxentius: Mattmgly 1 95 1 , Nr. 60; RlC VI Aquileia Nr. 128; Rom Nr. 227-241 ; 281 a-c;
Ostia Nr.
8f.;
57;
62-64.
Bel Lact.
mort.
pers.
44,4
werden seine
Quinquennalien ins falsche Jahr verlegt. - Constantin: Mattingly 1 9 5 1 , Nr. 6 1 f.; RlC VI Trier Nr. 639-641; 744-754; 7 9 1 -793; 8 2 1 ; 898-913. Siehe ferner Paneg. 5(8) , 1 3 , 1 4 ; 6(7),2,3. D i e Hauptfeier fand a m Anfang des fünften Herrschaftsjahres statt, doch gab es offenbar auch eme Feier zum Ende dieses Jahres, siehe Paneg. 5(8),1 3,2; vgl. 75 76
Nixon 1 9 8 0 . Lact. mort. pers. 31 ,2f.; 35,5, vgl. e b d . 20,4. Vgl. den Residenzbau in Romultana/Gamzigrad, der wohl - WIe Diocletians Palast i n Split - als Ruhesitz dienen sollte, siehe Vasic 2007; Bülow 2007; Wulf-Reith 2007.
Matthäus Heil
188
höchster Ver.lweiflung Decennalien-Münzen prägen, Jahre an der Macht war. Über Constantins Decennalienfeier von
315
77
obwohl er erst acht
n.Chr. in Rom wurde bereits
gesprochen. Aus diesem Anlaß stiftete ihm der Senat das bekannte Bogen 78 monument. In dessen Inschrift und Bildprogramm wird allerdings nicht (wie üblich) nur in allgemeiner Form die Verbindung von Dauer und militärischem Erfolg herausgestellt. Vielmehr nahm das Monument sehr direkt auf Con stantins kurz zurückliegenden - und hier als Be freiungstat hingestellten - Sieg über Maxentius Bezug, benutzte das einzelne Ereignis also als B eleg für die allgemeine Behauptung. Constantins Verbündeter und nunmehriger Rivale Licinius hat wenig später ebenfalls mit großem Aufwand seine Decennalien 79 � . geleiert. Im
Jahre
320
n.Chr.
hat
Constantin
seine
Quindecennalien,
sein
fünfzehntes Herrschaftsjubiläum begangen. Es war die erste nachweisbare Feier so dieser Art, und sie wurde von einer überreichen Münzprägung begleitet. Erst 77 78
Mattingly 1 9 5 1 , Nr. 59. L'Orange 1 939; siehe zuletzt Engemann 2007b. Inschriften: CIL VI 1 1 39 (cf. 3 1 245) ILS 694. Das Fest wurde auch zum Sujet einer reichen Münzpragung: Matnngly 1 9 5 1 , Nr. 64; RIC VII Lyon Nr. 28; Trier Nr. 6-1 1 ; 38; 86-91 ; Arles Nr. 70; Rom Nr. 44; Ticinum Nr. 25; 40; 50; 58; Sirmlum Nr. 9-13; Thessalonica Nr. 6f.; Heraclea Nr. 8-10; Antiochia Nr. 1. Constantin und LlclnluS traten hier teilweise als Herrscherkollegium mit gemeinsamem ]ubJiäum auf.. - Nach Eus. V.c. 1 ,48 wurde das Fest 1m ganzen Machtbereich Constantins mitgefeiert (angeblich ohne blutige Opfer) . Bestätigungen liefern die Inschrift CIL VIII 8477 ILS 695, gesetzt von Septimius Flavianus, dem prae.res von Mauretanien (vgl. auch ClL VIII 8478), ferner AE 1990, 343 sowie die goldene Fibel aus Niederemmel bei Trier (AE 1 978, 5 1 5; K.-J . Gilles, m: Demandt/Engemann 2007, CD Nr. I 7.21) und eine weitere Goldfibel aus Bonn (heute Paris: C. Glrolre, in: Demandt/Engemann 2007, CD Nr. I 7.23). Siehe auch die Model bei Chastagnol 1 9 88, 24 Nr. 3. Quinquennalien: Mattingly 1 95 1 , Nr. 63; RIC VII Nikomedia Nr. 1 - 1 0; Heraclea Nr. 3f. Decennalien: Mattingly 1 9 5 1 , Nr. 65; RIC VII Heraclea Nr. 7; 9-10; Nlkomed13 Nr. 1 8; 4 1 f� Antiochla Nr. 2-4; 20; 3 1 f. Siehe ferner die aus diesem Anlaß hergestellten, beschrifteten S!lberschalen aus Svirkovo (Chastagnol 1 9 88, 24 Nr. 4), aus Cervenbreg (ebd. Nr. 5), aus Naissus/Nis (ebd. 25 Nr. 6 ILS 8939; C. Entwistle, in: Demandt/Engemann 2007, CD I 7 . 1 4; J. Kondle, ebd. CD I 7.1 6f.) und aus Esztergom (Chastagnol 1 988, 25 Nr. 7; Z. Mrav, In: Demandt/Engemann 2007, CD I 7 . 1 5). Da dies die frühesten bekannten Largitionsschalen sind, könnte man erwägen, ob Licinius ihr Erfinder war. Doch vielleicht täuscht der Zufall der Überlieferung. Münzen: Mattlllgly 1 9 5 1 , Nr. 67; RIC VII London Nr. 1 85-230; Lyon Nr. 63-208; Tner Nr. 208-209; 2 1 3-236; 254-257; 266-278; 291 -334; 341-355; 368-428; 439; Arles Nr. 1 85-1 95; 202-208; 223; 228; 233; 239; 246; 252; Ticinum Nr. 81 -87; 90f.; l 09 f. ; 1 1 4-127; 130f.; 1 40-144; 1 6 3; 167; AqUllela Nr. 37; 47-64; 80-85; 104; Rom Nr. 146-150; 1 94-227; 231 ; 237; 245; Sirmium Nr. 9 f.; Siscia Nr. 47-140; 148; 1 59 ; =
=
79
=
80
Die Jubilarfelern der römischen KaIser von da an wurde es zum stehenden Brauch, zu
feiern. Im Jahr
321
in
1 89
jedem fünften Jahr ein Jubiläum
n.Chr. folgten die Quinquennalien der Caesares, die
separat begangen wurden. Constantins Söhne Crispus und Constantinus 11.
feierten in Rom, Licinius und sein Sohn Licinius H. waren nicht dabei und ihre 81 schiere Existenz wurde vom damaligen Festredner eisern totgeschwiegen . Zur
eigenen Feier von Licinius JI. wurden unter anderem prachtvolle Silberschalen 82 hergestellt, die vor einigen Jahrzehnten gefunden worden sind; es wurde also 83 wohl an keinem Aufwand gespart. Ku!'".l vor seiner endgültigen Niederlage gegen Constantin im Jahre
324
n.Chr. ließ Licinius Vicennalien-Münzen prägen, 84 - offenbar eine Verzweiflungstat
obwohl seine Vicennalien noch fern waren wie die des Maximinus Daia.
Mit dem Sieg Constantins über Licinius begann eine neue Epoche, auch in der Geschichte der Jubilarfeiem. Constantin bekannte sich mittlerweile offen, unmißverständlich und ausschli eßlich zum Christentum. Der alte Kern der
81
82
83
84
1 68; Thessalonica Nr. 27-35; 52-56; 72-84; 88; 96; 101 ; 109; 1 17 . Überwiegend handelt es sich um FoUir-Prägungen, teils mit der auffälligen Legende beata tran quillitas. Teils gehen die Senen nahdos in Prägungen zu den Quinquennalien der Caesares über, und teils werden auf Constantin bezügliche Rückseiten mit den Porträts der Caesares auf den Vorderseiten kombiniert. - Solange Constantin und Licimus nicht offen un Krieg lagen, wurde in der Münzprägung der Schein der Einheit des Herrscherkollegiums noch gewahrt und Ucinius gelegentlich noch bedacht, siehe RIC VII kies Nr. 209; 224; 229; 234; 240; Rom Nr. 228; 233; Ticmum Nr. 1 32; 1 45 ; Aquilela Nr. 67; 86; Siscia Nr. 1 4 1 ; 149f.; 160; Thessalonica Nr. 97; 102-104; 1 1 0- 1 1 2. Doch besonders in den westlichen Münzstätten sank er zur bloßen Randfigur ab. - Zu Constantins Quindecennalien vgl. auch Paneg. Lat. 4(10),2,2 und CIL VIII 26166. Paneg. Lat. 4(1 0), der PanegyrIker von 321 n.Chr. Siehe bes. Paneg. Lat. 4(1 0),2,2. Zum Fest Siehe ferner die Münzen Mattmgly 1 95 1 , Nr. 69; RIC VII London Nr. 291 f.; Lyon Nr. 95; 98-100; 21 0f.; Trier Nr. 339f.; 430-434; 44Of.; Ades Nr. 2 1 0-212; 225-227; 230-232; 235-238; 241-245; 247-25 1 ; 254-263; Rom Nr. 74-76; 229-231 ; 234-236; 238-244; 246f.; Tionum Nr. 134- 1 39; 148-162; 1 64-166; 1 68-173; Aquileia Nr. 68-79; 87-103; 105- 1 1 5 ; Sirmium Nr. 21-27; 32-34; Siscia Nr. 142-147; 1 5 1-158; 1 61-1 67; 1 69f.; 1 72f.; 175f.; 178f.; 1 81 f.; Thessaloruca Nr. 85-87; 89-95; 98-100; 105108; 1 1 3-1 1 6; 1 1 8-1 22. I n den Münzprägungen wurde der Sohn des Ucinius jeweils mitberücksichtigt. Siehe Overbeck 1 973; G. Zahlhaas, in: Demandt/Engemann 2007, CD I 7.1 8f: Der Inschrift zufolge wurden die Schalen (d.h. die Geschenke) von Licinius aus Anlaß des Festes seines Sohnes ausgegeben; gefeIert hat eigentlich also Licmius 1. Mattingly 1951, N r . 68 fü hrt Münzen an, die 321/322 n.Chr. zu den Quindecen nahen des Licinus geprägt worden sein sollen. Doch gehören sie wohl zur großen Emission anläßlich der Quindecennalien Constantins (siehe Anm. 80). Bezeich nenderweise kennt man (bislang) keine Largitionsschalen zu den Quindecennalien des Iici ruus. Mattlngly 1 9 5 1 , Nr. 7 1 . Die Sache bleibt erklärungsbedürftig. -
1 90
Matthäus Heil
JubiIarfeiern bestand jedoch aus Gelübden und blutigen Opfern an heidnische Götter, woran ein Christ sich unter keinen Umständen beteiligen konnte. So hätte es nahegelegen, das Fest schlichtweg fallenzulassen (zumal es nach dem Sieg über Licinius nicht mehr für den Konkurrenzkampf benötigt wurde) ähnlich wie Constantin schon 3 1 3 n.Chr. die damals anstehende Saecularfeier 85 einfach übergangen hatte. Wie es scheint, folgte nun tatsächlich eine Phase der UnSIcherheit. Der Festreigen zu Constantins Vicennalien wurde 325 n.Chr. mit einer Feier in Nikomedia eröffnet, zu der auch all die chrisdichen Bischöfe in den Palast geladen viurden, die am gleichzeItig im benachbarten Nikaia tagenden Konzil 86 teilnahmen. Im Folgejahr 326 n.Chr. - also nach genau 20 Jahren an der Macht - reiste Constantin nach Rom und feierte dort erneut: Dies war wohl als die Hauptfeier gedacht. Das Fest scheint im wesentlichen dem üblichen Schema gefolgt zu sein, doch unterließ es Constantin, aufs Kapitol zu ziehen 87 und dem Jupiter Optimus Maximus die ublichen Opfer darzubringen. Doch genügte es für den christlichen KaIser, nur auf diese zu verzichten? Wie es scheint, hat Constantin von s einer (für 330/3 31 n.Chr. anstehenden) 25-Jahr Feier weniger Aufhebens gemacht und auch nicht von den damaligen Jubiläen 88 seiner Caesares. Jedoch erreichte er 335/336 n.Chr. sein dreißigstes Jahr als Kaiser; vor ihm konnte nur Augustus auf eine solche Herrschaftsdauer zurück blicken. Dieses Ereignis hat Constantin wieder feierlich begangen - und als 85
Zos. 2,1,1 -7,2. Constantins
-
Hier Ist nicht der Ort,
religiös e
Entwtcklung,
den
wn
auf die verwickelten Fragen um
Zeitpunkt
und
die
Gründe
seiner
Konversion sowie die Eigenart seines Selbs tverstandni.-:ses als christlicher Kaiser näher einzugehen. Für die vorliegende Untersuchung genügt es festzuhalten, daß Constantin sein Christsem Insofern ernst nahm, als er sich persönltch bereits vor 86
dem Sieg tiber Licl1JluS des heidnischen Götterkultes stokt enthielt. Eus. V.c. 3 , 1 5, 1 f. ; vgl. auch ebd. 4,47. Siehe ferner Socr. h. e. 1 ,1 6 , 1 ; Sozom. h. e.
1 ,25, 1 .
-
Eus. V .c. 3,15,1 erwähnt auch, daß in den Provlllze n mltgefelert wurde.
Der Kaiser ordnete aus Anlaß seiner Vicennalien allg=eine Geldspenden an: Eus. fS7
V.c. 3,22 (übernommen von Thdt. h. e. 1 ,1 3,4) . Zos. 2,29,5.
-
Straub 1 9 5 5 wollte die Zosimos-Stelle (entgegen dem Text) a u f das
Jahr 3 1 2 n.Chr. beZieh en, was aber nicht überzeugt: vgL dazu Wlemer 1994.
-
Zur
Feier selbst sIehe auch Prosper Tiro (Chron. ruin. I p. 450 Mommsen) und die Consularia Constantinopolttana (Chron.
vielleicht auch eine Glasplatte
zu
nun.
I p. 232 Mommsen). :rvfit der Feier ist
verbinden: C Martini, in: Dema ndt/Engemann
2007, CD Nr. I 10.3. Münzen: Mattingly 1 9 5 1 , Nr. 70; RIC VII Rom Nr. 256-263; 273; 359; Ticlflum Nr. 1 74-176; 1 86-188; 1 9 7 ; SirmlUm Nr. 66; Thessalonlca Nr. 1 23-130; 140; Heraclea Nr. 56-66; 69-73; 82; 87; Nikomedla Nr. 63-67; 103; Kyzikos -
Nr. 22f. Hiermit verbinden Sich Prägungen zu den Decennalien der Caesares (vgl. 88
Mattingly 1 9 5 1 , Nr. 72).
Nur eInige Miinzen welsen vielleicht auf die Feste hin: RIC VII Rom Nr. 31 8-320;
Heraclea Nr. 90-94; 1 06 ; Nikomedla Nr. 1 71 f.
Die Jubilarfeiern der römischen Kaiser
191
erster von allen römischen Kaisern Tricennalien gefeiert. Allerdings wurde das Standard-Programm in charakteris tischer Weise abgeändert: Alle Feierlichkeiten fanden in der neuen, christlichen Residenz Konstantinopel statt; die bis dato quasi obligate Romreise entfiel, obwohl ihr keine äußeren Hindernisse entgegenstanden. Offenbar wurde auch diesmal sowohl der Anfang als auch 89 das Ende des J ubiläumsjahres festlich begangen. Opfer und Gelübde an heidnische Götter hat es ganz sicher nicht mehr gegeben. Wohl bei der Abschlußfeier durfte Eusebius, der Bischof von Cäsarea, auftreten und hielt ungeniert eine Art christlicher Predigt. Die Rede fand allerdings i n einer profa nen Festversammlung statt, und es mag sein, daß außer Eusebius noch weitere Panegyriker sprachen. Doch ist es bezeichnend für den Geist der Feiern., daß man hier erstmals einen christlichen Bischof als Festredner herbeiholte. Spätestens diese Tricennalienfeler kam dem Entschluß gleich, an den Jubi 9o läen grundsätzlich festzuhalten; sie hatten damit die Bekehrung des Kaisers überlebt. Allerdings wurden sämtliche ei ndeutig heidnischen Elemente ersatzlos gestrichen. Man könnte meinen, mit dem Verzicht auf die Gelübde und das Opfer sei das Fest sozusagen entkernt worden. Doch eigentlich bildeten diese Zeremonien schon längst nicht mehr den wahren Mittelpunkt; sie waren sogar entbehrlich geworden - für den Ablauf wie für die Botschaft der Feier. Die übrigen Bestandteile waren nur lose mit ihnen verbunden und konnten daher autonom weiterbestehen. Für die Fortführung der Jubilarfeiern mag die Rück sicht auf heidnische Empfindlichkeiten gesprochen haben, vor allem aber dürfte der Grundgedanke nach wie vor allseits überzeugt haben. Constantin war der größte Soldat seines Zeitalters und konnte sich mit einigem Recht als denjenigen präsentieren, der über dreißig Jahre hinweg (unter dem Schutz eines höchsten Wesens) Sieg um Sieg errungen und damit dem Reich Einheit, Frie den und Sicherheit beschert hatte. Daß hierdurch seine Stellung und die seiner Dynastie geradezu bis zur Unerschütterlichkeit befestigt �'Urde, steht außer Frage. Und es war genau dieser Punkt, den das Fest zum Ausdruck brachte. 89
Die Hauptquelle für das Fest ist die Tricennalienrede des Eusebius, die aber gerade für den konkreten Ablauf wenig ergiebig ist. Zu ihrer Datierung vgL Drake 1 975. Siehe ferner E u s . V.c. 4,40, 1 -2; 4,46; Eus.-Hieron. Chron. p. 233 Heltn; Prosper
Tiro (Chron. min. I p. 451 Mommsen); Consularia Constantinopolitana (Chron. rnin. I p. 235 ?\10mmsen). Vgl. auch Eus. V .c. 1 , 1 , 1 ; 4,49.
-
Münzen: Mattingly
1 9 5 1 , Nr. 73; RlC VII Tner Nr. 5 7 1 ; Aquilela Nr. 130; Siscia Nr. 242-249; 257f.; Thessalofllca Nr. 1 79; 206f.; Heraclea N r 90-94; 106; Konstantinopel Nr. 5 1 f. ; 1 07f.; Nikomedia N r . 1 75-180; AntiochLa N e . 9 6 . Teilwe ise werden dabei auch die .
90
Caesares einbezogen.
Es gibt auch Münzen zu den Decennahen Constanuus' I I. als Caesar, die für
333/334 n.C hr. anstanden: Mattlngly 1 9 5 1 , Nr. 74; RIC V I I Konstantinopel Nr. 72.
Das Fest Ist also wohl begangen worden.
MatthilUs Heil
1 92
Die Formen waren überdies wohlvertraut, und die Botschaft wurde deswegen
ohne lange Erklärung von allen verstanden. Es gaLt schließlich auch, ganz hand feste
Erwartungen
zu berücksIchtigen: Die Soldaten freuten sich auf Donative,
die hohen Beamten auf wertvoll e Ehrengeschenke, die Plebs auf Spiele und Spenden. Die Gestaltung, die Constantin damals fand, entsprach völlig den Gegebenheiten des Reiches, das in seiner G esam theit noch Z\vischen Heiden
tum und Christentum stand. Wie es scheint, wurde sie auch allseits wider standslos akzeptiert. Constantins reduzierte, mit dem Christentum verträgliche Form der Jubilarfeiern ist dann traditionsbildend geworden. Die Opfer wurden möglicherwei se auch d eswegen nicht sehr vermißt, weil das Fest seit dem frühen vierten Jahrhundert einige neue Elemente und viel leicht eine neue Mitte erhalten hatte, wie sich aus der Kombination verschie dener Hinweise erschließen läßt. Hervorzuheben ist besonders ein großer Festakt im Palast, ein Empfang des Kaisers für seine Hofleute, Beamten, Militärs und andere geladene Gäste, wie es ihn auch zu anderen Anlässen gab. Die Würdenträger seines Reiches haben hier wohl ihre Glückwünsche über bracht, und sie haben dafür Dankgeschenke von erheblichem materiellen Wert 91 erhalten. Dies ist zweifellos der ,Sitz im Leben' der silbernen Largitio ns schalen. Die erhaltenen Stücke - neben den bereits erwähnten aus der Zeit des Licinius vor allem das :Missorium Theodosius' 1.
-
tragen alle Inschriften mit
Bezug auf das Jubiläum; sicherlich wurden sie eigens für den Anlaß hergestellt, und vermutlich wurden sie mitsamt den d arauf liegenden Preziosen dem Gra 92 tulanten als Spezialgeschenk und Erinnerungsstück überreicht. Diese Feier 93 war ferner wohl der Platz der Lobreden, die seit der tetrarchischen Zeit in größerer Zahl überliefert sind. Gehalten wurden sie jeweils i m Palast vor einer auserlesenen Gesell schaft in A nwesenheit des Herrschers und des Hofstaats. Sicherlich gab es außerdem Gastmähler und ähnliches. Der Empfang diente offenkundig dazu, das Loyalitätsverhältnis zwischen dem Kaiser und seinen hohen Am tsträgern zu festigen, d.h. den Personen, auf deren Treue der Kaiser der Spätantike besonders angewiesen war. Insofern war dieser Empfang der zeit- und umständegemäße Nachfolger des Ba nketts für die Senatoren, das seinerzeit Septimius Severus gegeben hatte.
91
92 93
EIne gewisse Vorstellung davon kann Conppus' dichterische Beschreibung der Verteilung der dona consulana durch Kaiser Justin Ir. vermitteln (Coripp. lust. 4,129 ff.). Siehe auch Paneg. Lat. 8(5), 1 ,4 (Feier in den adyta des Palastes) ; 4,4 (der Herrscher steht). Vgl. Coripp. lust. 4,145-47: et prmmia sumunt consulis et mundi dominz, donisque superbi fulva plenajmlnt atgentea vara metallo. Vgl. auch Coripp. lust. 4,154-54: tune oratorum geminae jacundia Iinguae egregias {eanit soUemni munere laudes cansuks A �usti.
Die Jubllarfe1ern der römischen Kaiser
1 93
Ansonsten waren die Jubilarfeiern zeremonielle Großanlässe, zu denen die Kaiser mit ihren Untertanen huldvoll in Kontakt traten und z.B. Spenden ver teilten. In der öffentlichen Wahrnelunung wurden offenbar vor allem die Spiele
beachtet. Nun gewann der Typus der Jubiläumsmünzen an Bedeutung, der den Kaiser als Spielgeber zeigt. Dargestell t wird der Kaiser thronend mit einem Tuch
(mappa)
in der erhobenen Hand. Es i s t die Pose, mit der ein Spielgeber
durch das Werfen der
mappa
das Startsignal gibt. Nicht zufällig fi nden sich
daher in spätantiken Chroniken Wendungen wie
(vicenna/ia) eden
oder
dare,-94
in
dieser Art sprach man sonst von Spielen. Ferner wurde nach wie vor ein sehr 9S großzügiges Donativ an die Soldaten gezahlt. Dieses blieb auch später wichtig und erhielt sich sogar besonders lange. Im
Reich wurde
intensiv
mitgefeiert.
96
Hohe
Offiziere und
Beamte
demonstrierten ihre Loyalität, indem sie aus diesem Anlaß Monumente 97 98 stifteten und vieHeicht auch Fibeln anlegten, die Jubilarformeln trugen. Die Stadtgemeinden
im
Reich hatten das
QUmm coronarium
zu entrichten - formell
eine freiwillige Gabe als Ausdruck der freudigen Teilnahme, in Wirklichkeit längst eine Art Steuer. Die Senatoren waren zu etwas ähnlichem verpflichtet, dem
auram oblaticillllt.
mente errichtet,
IOO
99
Darüber hinaus haben einzelne Städte besondere .Monu
und ebenso haben Einzelpersonen aus unterschiedlichen
Gründen B eiträge zum großen Fest geleistet. So hat Publilius Optatianus Porfyrius dem Kaiser zum Festtag ein Figurengedicht dediziert 10 1 - in der
Hoffnung auf Begnadigung. Da es nicht unbedingt nur eine
einzige,
große Feier gab, sondern unter
Constantin z.B. zwei, konnte das gesamte zehnte oder zwanzigste Jahr als Jubi läum aufgefaßt werden. So erklären sich Formulierungen wie
nalium
l02
oder
incepta
und plena
quinquennalia. 103
fe!l1pore vicen·
Der Sprachgebrauch geriet a l so
in Fluß, weil die Sache selbst an Eindeungkeit verlor. Die Jubiläen fanden ihren
Niederschlag nach wie vor auch in der Münzprägung. Seit Constantin findet
94
95 96 'f1
98 99
100
101
1 02
10 3
Eus.-Hleron. Chron. p. 231 Helm; Consularia Constantinopohtana (Chron. min. I p. 235. 239. 244 Mommsen); Amm. 2 1 , 1 ,4 (alle edere); Marcell. Com. (Chron. min. II p. 68; 7 0 Mommsen: dare). Daneben findet sich agere (wie beim Triumph) . Vgl. Liban. or. 22,4. Vgl. auch Eus. V.c. 1 ,48 zu den Decennalien Constantins (vgl. oben Anm. 78). Siehe oben Arun. 72 und 78. Siehe oben Anm. 72 und 78. Hierher gehört vielleicht auch das Himerglasbild CIL xv 7007. Siehe Jones 1 %4, 430f. mit den dazugehöngen Anmerkungen. Vgl . z.B. ILS 644. Pubhhus Optatianus Porfynus, ed. G. Polara, Turin 1973. Lact. mort. pers. 38,6; vgl. tempore qutnquennalium CIL III 6 1 59. Paneg. Lat. 5(8) , 1 3 ,2.
Matthäus Heu
194
man entsprechende Motive nicht nur auf speziellen Festemissionen, sondern auch als S tandard-Typen oder Dauerserien. Das Bildmotiv des heidnischen Opfers verschwand selbstverständlich, doch wurden nach wie vor die alten
sie XX .fie XXX oder vol. XX val. XXX. Daran hat offensichtlich niemand Anstoß genommen, zumal dies Tradition war und volum rasch zum bloßen ,Wunsch' verblaßt sein dürfte. Bald Gelübde-Formeln benutzt, jetzt z.B. in der Form
wurden die Formeln will kürlich mit immer höheren Zahlenpaaren versehen, was kaum erstaunt, da die Zahlen nach dem Wegfall der je zehnjährigen Gelübde keine konkrete Bezugsgröße mehr hatten.
7. Auflösung und Ende
Die Jubilarfeiern wurden nie formell abgeschafft, und entsprechend gibt es keinen eindeutigen Endpunkt. Vielmehr fand ein Prozeß der Desintegration statt: Sie verschwanden Stück für Stück, Element
für
Element, bis schließlich
nichts mehr übrig blieb. Möglich war dies, weil das Fest aus einem Konglo merat verschiedener Zeremonien bestand, die weder praktisch noch ideell fes t miteinander verknüpft waren. So konnte man Teil fü r Teil ändern oder weg lassen. Die Anfänge dieses Prozesses kann man seit dem ausgehenden vierten Jahrhundert beobachten. Noch Julian Apostata hat sein Jubiläum wie die frühe
ren Kaiser gefeiert: Nach der Rebellion gegen Constantius 11. beging er 104 (terminiich korrekt) mit einigem Aufwand seine Quinqu ennahen und präsen
tierte sich damit als ein Herrscher, der bereits auf Leistungen und Siege zurück blicken
konnte.
Die
Kaiser
der
valentinianischen
und
theodosianischen
Dynastie feierten seh r regelmäßig, was gebührend beachtet wurde, wie sich an 105 etlichen Inschriften ablesen läßt, die auf die Jubiläen Bezug nehmen. Es hat \04
A m m . 2 1 , 1 ,4; Mattingly 1 9 5 1 , Nr. 86f.; RIC V I I I Tner Nr. 362-365; Lyon Nr. 207; 2 18f; 227-235 ; 239; Arles Nr. 230; 309-3 1 2; 324-326; Rom Nr. 328-330; 489-502; Aquileia Nr. 244f.; Siscia Nr. 41 4-422; SirmlUm Nr. 1 02[; 108; Thess alonica Nr. 220f.; 227f.; Heraclea Nr. 1 0 5 f.; Konstantinopel Nr. 1 5 9; 1 65 - 1 67; Nikomedia Nr. 1 2a-25; Kyzlkos Nr. 1 29- 1 3 1 ; Antiochia Nr. 2 1 1 -2 1 4; 2 1 9 - 2 1 ; Alexandna Nr. 90f.
Die Münzen gehen tetls in die Decennalien-Formel voi. X mult. XX über. Offen
sichtlich handelte es s i c h nicht !Os
um
eine einmalige Festprägung, sondern um
längerfristig verfolgtes Programm. Siehe CIL III 7494 (Rom,pons
=
ILS 770; GL III 8030
Vakntiniam); =
AB 1 9 80, 768; CH. VI 3 1 402-1 1
ILS 766 (Rom); CIL IX 5946; OGIS 722; Chastagnol 1 988,
N r . 1 1 und 20; AE 1 999, 625; (lnschnft: CIL II 483
=
e in
Siehe
ferner d a s Silbenmssorium Theodosius' I
ILS 784). Zu den Münzen siehe der Kürze halber Mattingly
1 95 1 , Nr. 89-93; 95-106; 1 1 1 - 1 1 6; 1 2 1 f.; 1 2 7 - 1 29.
195
Die ]ubliarfeJern der rönuschen Kaiser
aber den An schein, als habe sich der Hauptinhalt d e s Festes allmählich ver schoben. Offenbar traten die Gaben und der Gabentausch sowie die Loyali tätsbeteuerungen stark in den Vordergrun d, während immer weniger auf die Siege des Kaisers i nsistiert wurde. Noch immer brachte das Fest die allgemeine Freude über die Regierung des j eweiligen Herrschers zum Ausdruck, aber sie wurde immer weniger mit seiner (angeblich) siegreichen Bewährung begründet. Anders als früher transportierte die Feier nicht ein simplifiziertes Geschichts bild, sondern gar keines mehr. Die legitimierende Wirkung des Gebens und Neh mens geriet ebenfalls bald an ihre Grenzen. Gegen Ende des vierten Jahrhunderts beklagte sich der Stadt präfekt Symmachus in deutlichen Worten über die Vielzahl der mit Pflicht spenden verb undenen Feste und über die hohen Summen, die den Senatoren 106 als aurum oblaticium abverlangt wurden. Soldaten und hohe Beamte sahen den Jubiläen wegen der namhaften Geldgeschenke sicher nach wie vor mit froher Erwartung entgegen . Bei der übrigen, zahlungspflichtigen Bevölkerung dürfte der kaiserliche Fiskalismus die Freude nach und nach erstickt haben. Im fünften Jahrh undert verloren die Jubilarfeiern rasch an Bedeutung. Im
Westreich wurden bis zum Jahr 422 n.Chr. noch solche Feste begangen; als
letzte sind die Tricennalien des Honorius bezeugt, die mit einem ,Triumph' in 107 Ravenna verbunden waren. Im Osten reichen die halbwegs verläßlichen 108 Nachweise bis zur 45- Jahr-Feier Theodosius' II. im Jahr 444 n.Chr. Bis 450 n.Chr. wurde im Osten das
aurum coronarium abgeschafft.
Danach wurden zwar noch Münzen mit Jubiläum s formeln geprägt, doch verWiesen sie wohl auf keine öffentlichen Veranstaltungen mehr. Bereits in den sehr reichen Jubiläumsprägungen der theodosianischen Dynastie war es zu Inkonsequenzen i n der Zählung gekommen, und fe rner sind auch die Frauen 109 des Kaiserhauses mit vota-Münzen bedacht worden. Später wurden Jubi-
106
Symm. reL 1 3, 1 -3 (von 385 n.Chr.). Die Senatoren waren bereit, 1 600 Pfund Gold
zu zahlen, doch hatten d i e kaiserlichen Finanzbehörden noch mehr verlarlb'1: . Zum
1 07
üblichen Ablauf vgl. Symm. ep. 2,57 (von 383 n.Chr.).
Marcell. Com. (Chron. min. II p. 75 Mommsen); Chronica Gallica a. CCCCLI 1 p . 656 Mommsen), vgl Hydat. (Chron. min. II p. 20 Mommsen) .
(Chron. min. 1 08
Anlaß war der Sieg über die Usurpatoren Maximus und Jovinus.
Marcell. Com. (Chron. min. II p. 77-81 Mommsen), speziell zu 444 n.Chr.: TheOdosim
princeps nona quinquennaJia dedit (ebd. p . 8 1 ) . 109
Zu den Münzen siehe Mattingly 1 9 5 1 , Nr.
1 32-135. Aelia Eudoxia (wohl z u r Eheschließung nut Arcadius u n d zur Erhebung zur Augusta), Mattingly 1 9 5 1 , Nr. 1 3 0f.; ferner Eudocia, Galla Placidia, Pulcheria, EudoXIa
und
Theodosius'
Honoria
11.),
(hauptsächlich
aus
Anlaß
des
25-jährigen Jubiläums
Mattingly 1 95 1 , Nr. 1 1 8; 1 23f.; 1 36-1 39; RIC X Nr. 225-23 1 ; 254-
265; 1 804; 1 808; 2007; 2012; 202Of.; 2046. Die Damen wurden hier sozusagen in die
Matthäus Heil
1 96
läums-Münzen ohne erkennbares Sys tem und teils mit sehr hohen vota-Zahlen geprägt, und zwar auch
für einige
Iulius Nepos und Basiliscus.
llo
Kaiser, die nur kurz regierten: Maiorian,
Die Münzen wurden offenbar meist zu Regie
rungsbeginn geprägt u n d brachten wohl nur Glückwünsche zum Ausdruck nichts weiter. Die letzte derartige Münze stammt aus der Zeit Justins II. und !!! Die Jubilarfor
gehört wohl zu dessen Herrschaftsantritt im Jahre 565 n.Chr.
mel war hier sicher nur noch ein bedeutungsloser Teil des Traditionsschatzes. Dieser Prozeß stand nicht für sich allein. Seit dem ausgehenden 4. Jahrhun dert sind auch andere traditionelle Herrscherfeste verschw-u nden wie die Feier des
dies iflpeni und
die Gelübdefeier am
3. Januar. Es liegt nahe, daß dies mit
fundamentalen Änderungen im gesamten U m feld zusammenhing. Denn inzwi schen war das Christentum nich t nur zur Staatsreligion geworden, sondern
hatte sich auch als die Religion des gcv..,öh n lich e n Volkes durchgesetzt. Ent
sprechend begründeten die Kaiser ihre Legitimität immer mehr aus ihrer 112 Rechtgläubigkeit und Kirchennähe. Ferner hatte sich das Erscheinungsbild des Kaisertums merklich verändert. Der
Typus
des Feldherrn-Kaisers, der an
der Spitze seiner Truppen i n eigener Person in den Krieg zog, war abgelöst worden durch die herrscherliche Majestät, die abgeschieden u n d hocherhaben in ihrem Palast thronte und mit ihrem Wink von dort aus alles lenkte - oder die praktischen Geschäfte den Günstlingen (u nd
eigentlichen
�fachthabern) über
ließ. O ffensichtlich bestanden die Untertanen nun geradezu darauf, daß ihr 13 Herrscher diese Art von Hoheit und Würde ausstrahlte. 1 Das Jubilarfest alten Zuschnitts mit seiner B etonung der langjährigen siegreichen Bewährung des Kaisers ging damit wohl immer mehr an den Erwartungen des Publikums vor bei. D a das Fest ganz auf die Person des Kaisers zugeschnitten war, konnten es auch die mächtigen Heermeister und Höflinge nicht für sich selbst instrumen talisieren, rue das Reich in Wahrheit leiteten. So sank es zu einem bloßen
Feier des gesamten Hauses einbezogen. - Nach einer Lösung im das Problem der 110
unregelmäßIgen vota-Prägungen sucht auch Burgess 1 988.
Mattingly 1 9 5 1 , N r . 1 25; 126; 144. - In einem Gedicht an Maiorian entwirft Sidonius Apollinaris das WunschbI ld, daß di eser die Quinquennali en erreIchen möge (Sldon. carm. 1 3 ,28f.: sie lustro
impeni perennis acto I quinquennaliafascibus dicentur). A ber
das ist wohl Tradl1lonsgut und bedeutet nicht, daß damals noch solche Feiern 11 1 112 1 13
abgehalten wurden. Wroth 1 908, S. 76f: :\Tr. 1 7-77 und S. 1 03 Nr. 290. Seit 450 n.Chr. wurden die öströmischen Kaiser durch den Patriarchen von Konstantinopel gekrönt.
Julians Bemühungen, der alten Herrschertugend der civilitas nachzuleben, führte
offenkundig selbst bel seinen Parteigängern zu Irritationen, vgl. Amm. 22,4 , 1 - 9 ; 22,7,1 -3 (...
quod laudabant du, quidam ul qffeaatum et nie carpebmd).
DIe JubilarfeIern der röo:uschen KaIser
1 97
Traditionsrelikt ab, zumal es keine neue, spezifisch christliche Rolle gefunden hatte. 1m Westen k am es noch einmal zu e iner zitathaften Aufnahme von Ele
menten der Jubilarfeier. Der Ostgotenkönig Theoderich begi ng 500 n.Chr. 1 l4 seine Tricennalien in der Stadt Rom. Er zog aus diesem Anlaß in einer triumphartigen Prozession in das Palatium ein; anschlief3end gab er Citcus
Spiele und verteilte Geschenke. Dies entsprach ungefähr dem Festprogramm der Spätantike. Um die Erinnerung an frühere Taten und
Leistungen
des
Königs ist es dabei nicht mehr gegangen, denn die Botschaft des Festes lag einfach in der WIederaufnahme des alten Brauches. Der Gotenkönig suchte sich hier und bei vielen anderen Gelegenheiten seinen romanischen Untertanen als einen Herrscher zu präsentieren, der ganz in der römisch-kaiserlichen 1 15 Tradition stand. Nach diesem bewußten antiquarischen Rückgriff ist die Tradition im Westen abgerissen. Im Osten schaffte Justinian den letzten ver bliebenen institutionellen Rest ab: ein Donativ, das alle fünf Jahre an die Sol 1 16 Der Kaiser hielt es - nicht ganz zu Unrecht - für eine
daten gezahlt wurde.
sinn- und nutzlose Geldausgabe. Spätere Könige und Kaiser haben bis in die Neuzeit keine Jubiläen mehr gefeiert. Von den ersten Anfangen unter Tiberius bis zum Ende in der Spätantike war es ein weiter Weg. Nicht nur die äußere Form des Kaiserfestes hat sich tiefgreifend gewandel t, sondern auch sein I nhalt. Am Beginn stand eine relativ schlichte Gelübdefeier. Erst im zweiten Jahrhundert bekam sie durch die Ver-
114
Exc. Val. 66f. - Damals luelt SIch auch Fulgentius von Ruspe i n Rom auf, Wle i n seme r Vita erwähnt wird (Ferrandus, vita Fulgentil cap. 9 e d . G . G. Lapeyre, Ferrand, Dlacre de Carthage, Vie de Saint Fulgence de Ru spe. Texte etabli e t traduit, Paris 1 929
=
PL 65 p. 1 30 sq. cap. 1 3,27). Allerdings sucht der Autor der Vita zu
verdeuthchen, daß sem Held an weltlIchem Firlefanz Impenalen Auftritt eInes
Gotenkonigs keIn
(nugae saeculares)
wie dem
Interesse hatte, und erwähnt daher von
den FeIern des Theodench nur wenige ausgewählte Details. Zu den weiteren, dürftigen Parallelquel len und zur Datierung siehe Vitiello 2005, 56-7 1 . Theodenc hs Rom-Besuch wird auch ausführlich besprochen von Vitiello 2004. Allerdings geht er (ebd., 8Of.) darüber hinweg, daß in den ,,Excerpta Valeslana" nicht nur von einem
feIerlichen Einzug des Konigs in Rom, sondern - getrennt davon - auch von einer
Tricennaltenfeier dIe Rede ISt, und in Vltiello 2005, 70f. be streItet er sogar, daß es sich
überhaupt
um eIn echtes Herrscherjubdäum handelte. Doch hat er sowohl den
Wortlaut des Textc:s als auch samtliche IndIZIen gegen SIch. Daß die Tricenna]jen
damals kalendansch noch nicht ,fliUlg' waren, ist
demgegenüber b edeutungslos,
wie
em RückblIck auf die Gescluchte der J u bilarfelem zeigt. SeIne A nalysen sind in 11 5 1 16
diesem Punkt ergänzungsbedürfug. VgL auch ILS 827.
Prok. HA 24,27-29. Anastasius hatte anläßbch seiner Vlcennalien noch em Donativ
gezahlt, SIehe J ones 1 964, 233.
Matthäus Heil
1 98
bindung
mit
Elementen
des
Triumphs
einen
spezifischen
Inhalt:
die
Erinnerung an die (vo rgebliche oder behauptete) siegreiche Bewährung des Kaisers über ein ganzes Jahrzehnt hinweg, die seine Herrschaftsberechtigung nachdrücklich untermauerte. S olange dieser Gedanke überzeugte, standen die Jubilarfeiern i n Blüte. Die überlieferte Gestalt war aber nie ganz fest, sondern konnte jeweils zeitgemäß adaptiert werden und unterstand der Verfügung durch die Politik. Erst als das Herrscherfest in der Spätantike seine politische und legitimatorische Funktion verlor, sank es zu einem bloßen Brauch herab. Aus der Ferne betrachtet, mögen die Jubilarfeiern der römischen Kaiser wie ein folkloristisches Kuriosum erscheinen. Zumindes t in der Zeit ihrer vollen Ent faltung waren sie aber weit mehr: ein Fest der Erinnerung, das zugleich ein Teil der großen Politik war.
DIe Jubilarfeiern der römischen Kaiser
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Die Abschaffung der venationes durch Anastasios im Jahr 499 und die ,kosmische' Bedeutung des Hippodroms*
Mischa Meier 1.
Die Abschaffung der venationes in der Forschung
Im J ahr 499 ließ Kaiser Anastasios im gesamten Imperium Romanum die in zahl reichen Städten ausgesprochen populären Tierhatzen (venationes) verbieten. I Es gehört mittlerweile zu den Allgemeinplätzen der Forschung, diesen Erlaß mit einem weiteren Verbot, dem der Pantomimen-Aufführungen aus dem J ahr 501 /502,2 in Verbindung zu bringen und dessen Ursachen auch für die Einstel 3 lung der venationes verantwortlich zu machen: Im J abr 499 oder 5004 war es 6 5 unter dem Stadtpräfekten Helias anläßlich des Brytai-Festes in Konstantinopel *
Für eine Reihe hilfreicher HinweIse danke ich Wolfram Brandes und Hans-Ulrich Wiemer ganz herzlich. Theod. Anagn. 553 p. 1 56,1 5 Hansen (AvucHumo<; aVECHE1M 'to XPU0Up11lpOV ]((11 'tu ICUY1lYl(l 1:1t(100EV; Theoph. a.m. 5993 p. I 143,1 7f. de Boor; Prok. Gaz. pan. 1 5; Priscian. 223-227: Ipse vetas ludar, animarum damna, nefandos / atque voluptates prohibes a sanguine sumi, / corporis et causa pascendi perr1ere vitam, / humanos arcens laceran dentibus arlus, / dentibus, armatur rabies quibus atra Jerarum; Jos. Styl. 34 p. 52 Luther. - Die Datierung des Verbots - 498 oder 499 - wurde in der Forschung verschiedentlich diskutiert (vgl. Epplett 2004, 221 Anm. 1), scheint mir aber durch Josua Stylites (s.o.) eindeutig auf August 499 festgelegt zu sein; vgl. in diesem Sinne auch Chauvot 1986, 259 Anm. 404. Dieses Verbot ist in den Quellen gut dokumentiert: Mare. Com. ad anno 501,1-3 p. 95 Mommsen; Jos. Styl. 46 p. 62 Luther; Prok. Gaz. pan. 1 6; Ioann. Antioch. frg. 309 p. 532 Roberto; Exe. de insid. 39 p. 1 6 8 de Boor (aus Johannes Malalas) (vgl. Exc. de insld. 36 P. 1 67 de Boor); Theoph. a.m. 5997 p. I 147,1 7-20 de Boor; Suda S.V. MOlloul1a� p. III 308f. Adler. Zu den Quellen S. auch im einzelnen Greatrex/Watt 1999, Hf. Vgl. etwa zuletzt Demandt 2007, 230: "Unter den innenpolItischen Maßnahmen des Kaisers sind das Verbot von Tierhatzen und mimischem Theater zu nennen [ ]". Ferner Bury 1 923, 437f.; Jones 1 964, 232; Capizzi 1969, 241; Al. Cameron 1 973, 228ff., 241 f.; Al. Cameron 1 976, 226; Coyne 1 99 1 , 1 58; Lee 2000, 53f.; Haarer 2006, 228 (,,In 499, he put an end to venationes [ . . . ] and In 502, in response to the Brytae disaster, forbade pantomimes''). Zum DatIerungsproblem S. Bury 1 923, 437f. Anm. 5; Chauvot 1 986, 262f. Anm. 410. PLRE II 530. Zu den Brytaz, über die nur wemg bekannt Ist, s. etwa Luther 1 997, 1 52f.; Greatrex/Watt 1 999. . . .
204
Mlscha Meier
zu schweren, von den Zirkusgruppen entfachten Krawallen gekommen, die zahlreiche Todesopfer gekostet hatten. 7 Als dasselbe Fest dann im Jahr 5 0 1 mittlerweile hatte Konstantinos Tzouroukkas 8 die Stadtpräfektur inne - erneut zum Ausgangspunkt schwerer Ausschreitungen wurde, bel denen 3000 Men schen in der Hauptstadt zu Tode kamen (darunter ein illegitimer Sohn des Anastasios), reagierte der Kaiser mit einem reichsweiten Verbot der Panto 9 mimen, die beim Brytai-Fest offenbar eltle zentrale Rolle gespielt hatten. Das Vorgehen sowohl gegen Tierhatzen als auch gegen Pantomimen wurde in die sem Sinne als umfassendes Maßnahmenpaket interpretiert, das eine generelle Eindämmung von Unruhen und Revolten in den Städten des Ostens - insbe sondere in Konstantinopel - habe bewirken sollen. Gleichzeitig habe der Kaiser damit seine christliche Integrität und religiös angeleitete Verachtung für blutige Spektakel bzw. heidnische Feste demonstrieren können. 1O Obwohl zwischen bei den Verboten - je nach Datierung - mindestens ca. zwei Jahre gelegen ha ben müssen, wurde dieser mutmaßliche Konnex bisher nur selten in Zweifel gezogen - was umso erstaunlicher ist, als die Quellen eine direkte Verbindung zwischen den bei den Maßnahmen keineswegs bezeugen. Immerhin ist vereinzelt dafür plädiert worden, die Einstellung der venationes, zu deren Hintergründen sich anders als im Fall des Pantomimenverbots keine konkreten Aussagen in der Überlieferung finden, auf andere Ursachen zurück zuführen. So haben etwa Alain Chauvot und David Bomgardner angedeutet, daß auch ökonomische Gründe für eine Abschaffung der Tierhatzen gesprochen hätten, denn Bereitstellung und Transport der Tiere waren äußerst kostspielig; beide haben diesen Aspekt allerdings nicht weiter vertieft und ausgeführt. l l Eine ganz andere Interpretation schlug dagegen Chris Epplett
10
11
Ioann. AntlOch. frg. 309 p. 532 Roberto; vgl. auch Exc. de insld. 36 p. 1 67 de Boor. PLRE II 3 1 3 (Constantinus qUl et Tzourouccas 13). Genauer gesagt: Er verbannte die pantorrurruschen Vortanzer der ,Zirkusparteien' in den einzelnen Städten, was der Attraktivität der Brytai und somit diesem Fest Insgesamt In hohem Maße schadete. Zur Rolle von Tänzern und Pantomimen bei den Brytai s. Greatrex/Watt 1999, 4, 7, 13, 1 6 ff. Vgl. etwa Jones 1 964, 232 ("a man of somewhat puritanical piety") ; Capizzl 1 969, 241 . TIerhatzen waren Wiederholt Gegenstand christlicher Polemik, vgL etwa Tert. spect. 12; 23; Cypr. Donat 7; Salv. gub. 6,10; Welsmann 1 972, 56, 80; Bomgardner 2002, 2 1 0f. Mehrere christliche Kaiser zeigten denn auch demonstrative Distanz, so etwa Theodosios II. (vgL Socr. h.e. 7,22 , 1 2) oder Leon 1. (Verbot, venatzones und andere Darbietungen sonntags abzuhalten: Cod. lust. 3,12,9,2) . Chauvot 1 986, 1 6 8 ; Bomgardner 2002, 2 1 9. Insgesamt faßt auch Chauvot - wie Alan Cameron (s.u.) - das Verbot der venationes sowie die Ausweisung der Pantomimen-Tänzer als zus amm enfassendes Maßnahmenbündel, das eine Zentrie rung der spektakulären Darbietungen auf die Wagenrennen im Hippodrom Intendiert habe (s. bes. 1 72f.).
Die Abschaffilng der venatzones durch Anastasios
205
vor. Er memte, die Erwähnung des venationes-Verbots in den Panegynci Priscians und Prokops von Gaza beziehe sich lediglich auf den Spezialfall der damnatio ad bestias, während spätere Quellen, wie Theodoros Anagnostes und Theophanes, die EnkomIen nur noch ganz summarisch zusammengefaßt und durch die Verwendung des allgemeinen Begriffs K;ynegia eine übertriebene Vor 12 stellung von der Tragweite der Maßnahme vermittelt hätten. Anastasios habe sich, so Epplett weiter, mit der Abschaffung der Tierhatzen als besonders frommer Kaiser inszenieren wollen, indem er eine Hinrichtungsart beseitigt habe, unter der in früheren J ahren insbesondere die Christen hätten leiden müssen und die in jüngerer Zeit namentlich vom ,arianischen' Vandalenkönig 13 Hunerich gegenüber den katholischen Christen angewandt worden sei. Nachdem es dann zwischen 5 0 1 und 514 (mit der Ausnahme 507) in Kon stantinopel weitgehend ruhig geblieben sei, habe der Kaiser das Verbot wieder 14 aufgehoben. 15 Eppletts Thesen, die im übrigen keineswegs neu sind, vermögen indes nicht zu überzeugen. Zunächst einmal ist anzumerken, daß Anastasios' Zeitge nosse Theodoros Anagnostes kaum als "spätere Quelle" bezeichnet werden kann. Da aber auch die angesprochene Nachricht in der Theophanes-Chronik mittelbar auf ihn zurückgeht, sind beide Autoren in ihrer allgemeinen Wortwahl durchaus ernst zu nehmen; überdies verwendet Josua Stylites in seiner 507 vollendeten syrischen Chronik ausdrücklich das griechische Lehnwort 16 K;ynegion. Daß Anastasios nur auf ein Verbot der da1Jmatio ad bestias gezielt haben soll, geht sodann aus den Panegyrici keineswegs eindeutig hervor; zwar '7 wäre es möglich, die Texte in diesem engeren Sinne zu interpretieren, aber die 12
13 14 15 16
17
Epplett 2004, 224f., das Zitat 224. - Die Termini venatio/lCuvfrrtOV sind in der Tat nicht eindeutig fesdegbar, da In der Kaiserzeit verschiedene Formen von Tierhatzen geläufig waren: Tiere konnten mit spezIell ausgebildeten GladIatoren (bestzImt) konfrontiert oder dIrekt aufeinander gehetzt werden; zudem genoß die erwähnte Hinnchtungsart ad bestras Populantät. Epplett 2004, 226f. Epplett 2004, 227. Bereits Roueche 1 993, 78 und Luther 1997, 1 67f. hatten rue antiken Nachrichten auf dIe damnatio ad bestias bezogen. Vgl. Luther 1997, 52 Anm. 1 17. Luther 1 997, 168 Anm. 262, führt Prokops Formulierung IlvOP€� ynp OOOt1lX€1!; f» IlEcrQl O�IlQl ltCIpEOWOV'tO 'tOl!; 9rJpiou; als IndIZ dafi:ir an, daß die Maßnahme sich auf die damnatio ad bestias bezogen habe, wahrend Epplett 2004, 224f, zudem darauf hinweist, daß das Verbum 1[IXQCt8i8oofLl haufig die Ü bersteIlung verurteilter MIssetäter zum Strafvollzug bezeichne; beides schheßt aber Illcht aus, daß Anastasios' Verbot SIch darüber hinaus auf alle Formen von venatzones bezogen haben kann. Der Panegyriker, der den Kaiser In möghchst günstigem Licht zu zeichnen hatte, wird kaum auch die unpopularen Seiten des venatio-Verbots - nämlich den Fortfall öffent-
Mischa Meier
206
Argumente sind keinesfalls zwingend und schließen ein generelles Verbot von Tierhatzen jeglicher Art nicht zwangsläufig aus; 1 8 zudem läßt sich die Zeit nach
501 nur dann als verhältnismäßig ruhig beschreiben, wenn man wie Epplett den
großen Staurotheis-Aufstand des Jahres 5 1 2, an dem auch die ,Zirkusparteie n'
beteiligt waren,19 einfach ausklammert?O Und schließlich wird man die Frage stellen müssen, warum Anastasios das Verbot der
venationes wieder
aufgehoben
haben soll (dazu später) , wenn e s ihm doch insbesondere auch zur Selbstdar
stellung als frommer Kaiser hätte dienen sollen - und dies dann ausgerechnet in
einer Phase (nämlich dem ersten Jahrzehnt des 6. J ahrhunderts), in der seine
religiöse Integrität zunehmend in Zweif el gezogen wurde.
Angesichts dieses Mangels an befriedigenden Alternativen ist die Forschung
daher bislang zumeist beim traditionellen Erklärungsmodell geblieben, das von dem besagten Zus ammenhang zv.rischen der Abschaffung der
Fynegion
venationes
im
und der Verbannung der Pantomimen aus den Theatern ausgeht. Es
hat seinen prominentesten und wirkmächtigsten Vertreter in Alan Cameron
gefunden, der ausgehend von dem Befund einer zunehmenden Häufung von
Unruhen und Aufständen unter Beteiligung der ,Zirkusgruppen' im späteren 5.
Jahrhundert - insbesondere unter Anastasios - die These entwickelt hat, daß dieser Kaiser Tierhatzen und Pantomimen untersagt habe, um mögliche Keim
zellen für Gewaltaktionen zu eliminieren und das Treiben der ,Zirkusgruppen'
ganz auf die Wagenrennen im Hippodrom zu kanalisieren?' Die relative Ruhe,
die im ersten J ahrzehnt des 6. J ahrhunderts herrschte, habe diese Maßnahme in
der Rückschau denn auch erfolgreich erscheinen lassen. 22
In der Tat ist es verlockend und auf d e n ersten Blick auch folgerichtig, die Abschaffung der
venationes ebenso
wie das Pantomimen-Verbot auf ordnungs-
Ilcher Spektakel - thematisiert haben, sondern könnte ganz gezielt versucht haben, lediglich die für jeden vermittelbaren positiven Seiten der Maßnahme anzusprechen. Zudem scheint es sich bei der Beschreibung des grauenhaften Todes eines lIena/ur / bestitJnus um em hteransches Motiv zu handeln, das auch Cassiod. var. 5,42,2 anklmgt, wo das furchtbare Ende eines Tierkämpfers sich si cherlich nicht auf die 18
damnatio ad bestias bezieht. V gl. etwa Coyne 1 99 1 , 1 59f., die Priscian. 223-227 auf den Kampf zwischen wilden
Tieren und bestiadi bezieht; ähnlich deuten Theodondes 1 958, 74 und Stein 1 949, 7 9 d i e entsprechende Passage Prok. G az . pan. 15 u n d fugen ausdrücklich hinzu, daß
19
20
21
22
gerade die damnaiuJ ad bestias weiterhIn praktiziert worden sei! VICt. Tunn. ad anno 5 1 3 p. 1 95 Mommsen. Zu diesem Aufstand und seinen Implikationen
s.
jetzt Meier 2007.
Tatsächltch waren Unruhen im Zusammenhang mit den
spectacula
ein reichsweit
verbreitetes Problem, wie etwa Cassiod. var. 3,51,3 für Rom bezeugt.
Vgl. Al. Cameron 1 973, 23H., 240ff.; Al. Cameron 1 976, 226f., 275. Camerons Thesen haben in der Forschung welthl11 Anldang gefunden, vgL etwa Chauvot 1 986, 1 6 3 ff.; Coyne 1 99 1 , 1 58 ; Haarer 2006, 228.
Die Abschaffung der venationes durch Anastasios
207
politische Intentionen des Kaisers zurückzuführen. Zwar ist ein solcher Kausal 3 zusammenhang in keiner Quelle explizit bezeugt, 2 doch zumindest Priscian erwähnt die Einstellung der Tierhatzen immerhin direkt, nachdem er den Kaiser dafür gelobt hat, daß er mit den Aufständen aufgeräumt habe:
sedztio penitus deletur
urbe?4
ah
per te
Prokop von Gaza allerdings verknüpft zwar die
Maßnahmen gegen Pantomimen mit dem Vorgehen gegen öffentlichen Auf
ruhr, nicht aber - zumindest nicht direkt - das venationes-Verbot, das er lediglich 25 unmittelbar zuvor erwähnt hatte. Trotzdem könnte gerade diese Juxtaposition
es zunächst einmal nahelegen, auch die Abschaffung der Tierhatzen mit der 26 Gefahr von Aufständen zu verbinden. Dann aber muß ein anderes, bereits erwähntes Phänomen erklärt werden, für das auch Cameron keine befriedi
gende Deutung anbieten kann, nämlich der Umstand, daß die vermeintlich
Unruhe stiftenden venationes wenig später - möglicherweise bereits seit Mitte des
ersten Jahrzehnts des
6. J ahrhunderts - o ffenbar
schon wieder praktiziert wur 1 den. Jedenfalls findet sich auf Konsulardiptychen des Areobindos 2 aus dem
506
J ahr
die Darstellung wilder Tierhatzen, ebenso auf den Diptychen des
Anastasios (eines Verwandten des
Kaisers/8
aus dem Jahr
51 7?9
Der spätere
Kaiser Justinian, der mit der Tochter eines Bärenführers der Grünen verheiratet war
(!),30 feierte
521 unter anderem mit einem Tierspektakel, bei 20 Löwen, 30 Panther und andere wilde Tiere aufmar
sein Konsulat
dem gleichzeitig (simu�
schierten, wie der Chronist MarcelJinus Comes voller Bewunderung hervor 3! Ein Papyrus aus dem ägyptischen Oxyrhynchos, der sich allerdings nur
hebt.
ganz grob und unsicher in das
6. Jahrhundert datieren läßt,
enthält ein Zirkus
programm, bei dem auch Tiere (eine Gazelle und Hunde) als Zwischeneiniagen
23 24
1.5
26
27
28
29
Darauf hat auch Chauvot 1 986, 1 68 hingev.'1t:scn.
Priscian. 21 8-222 (Aufstände); per te seditio penituf tiefetur ab urbe
/ innocuos tpolkms wb terrar sole retrado; / nam elVlis medzis caedeb,mf moenibus ense / Bacchantes stimulis vini plauwque fomentes / e/ tpoliis pacis gat,dentes nocte pambS; 223-227 (venatzones-Verbot) . VgL Coyne 1 99 1 , 1 58 . VgL Prok. Gaz. pan. 1 5 - 1 6. I n diesem Sinne deutet etwa Coyne 1 9 9 1 , 1 5 8 die Passagen. PLRE 11 1 43 f. (FL Areobindus Dagalruphus Areobindus 1).
PLRE 11 82E. (FI. Anastasius Paulus Probus Sabrnianus Pompeius Anastasius 1 7) . Dazu A I . Cameron 1 978. Areobmdos; Delbrueck 1 929, 1 0 7 ff. , Nr. 9-1 1 , Taf. 9 - 1 1 ; Volbach 1976, 32fT., Nr. 8-
11 (Taf. 4-5); Anastasios: Delbrueck 1 929, 1 23ff., Nr. 20-21, TaE 20-21; Volbach
1 976, 35ff., Nr. 1 7-21 (raE. 8-9).
30
Prok. HA 9,2-3. P ro k op zufoJge hat Theodoras Vater Akakios unter Anastasios als
31
Mare. Com. ad anno 521 p. 1 0 1 - 1 02 Mommsen. Allerdings spricht Marcellinus nur
Bärenführer der Grünen gewirkt
von der DarbIetung der Tiere (exhibw.l), nicht von deren Tötung.
Mischa Meler
208
zwischen den Wagenrennen eine Rolle gespielt haben ? werden zudem in einer Novelle Justinians aus dem Jahr
2
537
Blutige Tierhatzen
erwähnt Cf. . .] cum 33 und die
bestiir pugnantes homines et vincentes audacia, msuper et interemptae bestiae) ,
Todesstrafe ad bestias als eine Form der venatio ist dann wieder für das spätere 6. 34 Für Cameron waren die Tierhatzen indes spätestens
Jahrhundert bezeugt.
nach Justinians Not'lille erledigt. Seinen Ü berlegungen zufolge waren sie der Konkurrenz durch die zunehmend populären Wagenrennen ohnellln nicht gewachsen, so daß die Verbots maßnahme des Anastasios lediglich einen Prozeß beschleunigt habe, der sich ohnehin gerade vollzog:
,,[ . . . ]
it is probable that Anastasius only accelerated an inevitable process in
the East. Lang before the end of Justinian's reign the Cynegion stood as silent and empty in the new Rome as the Colosseum in the old. The Byzan tine never lost his taste for wild and exotic animals, and for centuries they were paraded up and down the hippodrome to cheering crowds. But no 35 blood, animal or human, was spilt to make a Byzantine ho!iday". Dennoch bleibt die Frage: Warum finden sich schon ab
506 - trotz des voraus
gegangenen Verbots - wieder venationes-Darstellungen, und dles auf so promi nenten
und
offiziösen
Bildträgern
wie
den
Konsulardiptychen?
Andre
Chastagnol hat vor längerer Zeit das Problem dadurch zu lösen versucht, daß er in den Diptychen lediglich D arstellungen "des jeux edulcores, simples exhi bitions
de betes, avec
simulacres
de
combats
et exercices
d'adresse
ou
d'acrobatie" sehen wollte; Anastasios habe demzufolge nur die blutigen , für 6 Mensch und / oder Tier tödlichen venationes verboten ? Diese ,harmlose' Lesart widerspricht allerdings vollkommen der Wildheit und Brutahtät der abgebilde ten Szenen, und schon Cameron fragte daher mit Recht, "whether the fero cious-Iooking bears and !ions on the Areobindus diptychs knew that they were 7 only supposed to be engaged in a ,simulacre de combat", ? Auch die These, es 38 handele sich "um ein rein künstlerisches Motiv", befriedigt nicht wirklich,
32 33
34
35
36
P .Oxy. 34,2707. Nov. lust. 105,1 . Epplett 2004, 228f. mit den Belegen; vgL Luther 1 9 97, 1 6 8 Anm. 262. Al. Cameron 1 973, 228-230, das Zitat 230; ähnlich Roueche 1 9 93, 79. Chastagnol 1 966, 62; ihm s chließen sich Merten 1 9 9 1 , 1 70 und Bomgardner 2002, 2 1 9 an; vgl. Epplett 2004, 222; Coyne 1 991 , 1 6 1 , die vermutet, daß nach dem
venationes-Verbot weiterhin simulierte und daher unblunge Kämpfe stattgefunden 37
38
hätten. S. auch Chauvot 1 986, 1 72f. Al. Cameron 1 973, 229. Skepnsch auch Roueche 1 9 93, 78. Luther 1 997, 1 6 8 Anm. 2 6 2 ; ähnlich Haarer 2006, 2 2 8 Anm. 221.
Die Abschaffung der venationes durch AnastaslOs
209
zumal spätestens unter Justinian ja tatsächlich wieder blutige venationes stattge funden haben müssen. Camerons viel zitierte These, wonach Tierhatzen und Pantomimen-Vor stellungen verboten wurden, um mögliche Unruhen der ,Zirkusgruppen' ganz auf den Hippcxlrom zu begrenzen, wirft damit beträchtliche Probleme auf. Denn vor dem Hintergrund einer derartigen Intention läßt sich die rasche
Wiederbezeugung der venationes schlichtweg nicht erklären. Es erscheint aber auch aus anderen Erwägungen heraus eher unwahrscheinlich, daß Anastasios ausgerechnet dieses Ziel verfolgt haben soll:
(1)
Cameron behauptet, daß das Verbot der Tierhatzen wie dasjenige der
Pantomimen den von ihm unterstellten ordnungspolitischen Zweck tatsächlich erfüllt habe, i nsofern die von den ,Zirkusparteien' ausgehenden Unruhen, die insbesondere Anastasios' erstes Regierungsjahrzehnt schwer erschüttert hatten , abgeflaut seien. In der späteren Phase der H errschaft dieses Kaisers habe es 39 vornehmlich religiös motivierte Aufstände gegeben. Diese
stattdessen
Feststellung gibt indes den Sachverhalt nicht adäquat wieder. Eine strikte Trennung zwischen ,religiös' und ,profan' motivierten Unruhen im spätantiken Konstantinopel erscheint aufgrund der engen Verklammerung der beiden Sphären ohnehin problematisch. Und tatsächlich sind auch für die Unruhen in
so etwa 40 nach der Absetzung des Patriarchen Euphemios;
der frühen Phase des Anastasios durchaus religiöse Elemente greifbar, für die Krawalle im Jahr
4%
auch für den Aufstand des Jahres Euphemios
491
ist zumindest nicht auszuschließen, daß
durch das Insistieren auf seinen
Vorbehalten
gegenüber der
,Orthodoxie' des Kaisers für zusätzliche Brisanz gesorgt haben könnte.41 Der
5 1 2 wiederum, der für die späten Jahre dieses 42 Kaisers steht, war entgegen der communir opinio mitnichten ein rein religiös
große Aufstand des Jahres
motiviertes Ereignis . Ich habe dieser
Erhebung
ganz
an
anderer Stelle zu zeigen versucht, wie in
unterschiedliche
Motive
verschiedenster
Akteure
zusammengeflossen sind und erst gemeinsam die gefährliche Sprengkraft der Situation erzeugt haben, die Anastasios immerhin zu einer - wohlkalkulierten 43 Darüber hinaus sollte nicht vergessen
Demutsgeste im Hippcxlrom zwang.
werden, daß auch beim Staurotkis-Aufstand 44 ligt waren (siehe oben).
39
40 41
512
die ,Zirkusgruppen' aktiv betei
Vgl. Al Cameron 1 973, 239, 242; Al Cameron 1976, 1 30.
Theod. Anagn. 455 p . 128 Hansen; Theoph. a.m. 5988 p. I 1 4D,13-15 de Boor. Charanis 1 974, 55 und Gray 1 979, 35.
42
Vgl. etwa Greatrex 1 997, 64; s . auch Al. Cameron 1 973, 235; Gizewski 1 9 88, 205f.;
43
V gl. Meier 2007.
44
Liebeschuetz 1 998, 1 78: "the great religlOus riot at Constantinople". Viel. Tunn. ad anno 5 1 3 p. 195 Mommsen.
Mlscha MeIer
210
(2) Ohne Zweifel hat sich Anastasios darum bemüht, Unruhen und Aufstände 45 Aber eine Kanalisierung spektakulärer
einzuhegen bzw. zu unterdrücken.
Darbietungen ausschließlich auf den Hippodrom wäre schwerlich geeign e t gewesen, diesen Zweck zu erreichen, weil sie lediglich d e n Ausgangspunkt für weitere Unruhen fokussiert, nicht aber deren Möglichkelt als solche begrenzt und daher das Grundproblem nicht behoben hätte. Ob nun im Theater, im
Kynegion
oder im Hippodrom: Die ,Zirkusparteien' waren an all diesen Orten
aktiv und konnten auch an all diesen Orten ihre Provokationen in Szene setzen. Der Hippodrom als Zentrum der politischen Kommunikation zwischen Herr scher und Volk in Konstantinopel war dafür - im Gegenteil - ja sogar prädesti niert, und nicht ohne Grund nahmen so viele Krawalle und Aufstände dort 46 ihren Ausgangspunkt. Cassiodor schildert diese Gefahr anschaulich mit Blick auf die Verhältnisse in Rom: "Ein Grüner überschreitet die Ziel linie - ein Teil des Volk e s trauert: Ein Blauer gewinnt und sogleich wird eine Menschenmenge in der Stadt ins Unglück gestürzt. Wenn sie nichts gewinnen, springen sie leidenschaftlich herum; wenn sie nichts verlieren, werden sie schwer verletzt, und in nichtige S treitereien stürzt man sich, als mühe man sich um das Wohl des gefährde 47 ten Vaterlande s ab". Anastasios hätte mithin eher Optionen sondieren müssen, die großen Fest veranstaltungen dezentraler zu gestal ten, um dem Hippodrom den Druck als Schmelztiegel der Emotionen
zu
nehmen - anders ausgedrückt: Nicht eine
Kanalisierung der Aktivitäten der ,Zirkusgruppen' auf den Hippodrom hätte eine geeignete Dee skalationsstrategie dargestellt, sondern das genaue Gegenteil
wäre dienlich gewesen. Und so ist es denn auch keineswegs verwunderlich,
45
DIes hat AL Cameron 1 97 3 , 240ff. am Beispiel der kaiserlichen Polltlk nut dem
populären Wagenlenker Potphyrios, der sowohl fur die Grünen als auch für dIe B lauen fahren
durfte,
klar aufgezeIgt. Zu den weiteren Maßnahmen des Anastasios
gehörten u.a. das Bekenntnis zum unbedeutenden Rennstall der Roten (statt einer emdeutigen Parteinahme fur die rivaliSIerenden Blauen oder Grünen, vgl. loh. Mal. 16,2 46 47
p. 320,23-24
TIlUen)
sowIe das harsche Vorgehen gegen aufrührerische
,Zirkusgruppen' vor allem im ersten Jahrzehnt seIner Herrschaft Vgl. Guilland 1 967, 2 71ff.
Cassiod. var. 3 ,5 1 , 1 1 : transit prasznus, par,. popui2 mamt: praecedit venetus et oaus turba czVltatis cifJligitlir. nihil projicz'entes jerventer insultant nihil patientes !Ta�ifer /JIIlnerantur ef ad znanes contentiones sic disceditur, tamqllam de statupen'ditantis patriae laboretNr. Vgl. auch die
aufschlußreiche Passage im Dialog
IIepl ltoAuudj<; bmm'I<;I.1.T\
(aus frühjustinianischer
Zelt) zum aufriIhrerischen TreIben der ,ZIrkusgruppen': Mazzucchi 1 982, 1 00-1 1 4 p. 33-35.
Die Abschaffung der
venationes durch AnastaslOs
211
wenn Papst Gelasius 1 . in seinem berühmten Schreiben a n Anastasios aus dem J ahr 494 beiläufig andeutet, daß die Einhegung von
spectaC/{1a im Osten für .lJiSät(jiche Tumulte gesorgt habe, die der Kaiser eigens unterdrücken mußte.48
2. Der Hippodrom als ,Zentrum des Kosmos' Wenn eine Zentralisierung aller
spectacula
im Hippodrom nicht der Eindäm
mung von U nruhen dienen sollte - wozu diente sie dann? Ging e s womöglich weniger um die Erhaltung d er öffentlichen Ordnung als um die Kontrolle über die Medien der Kommunikation zwischen Kaiser und Untertanen? Nun ist der Hippodrom auch im Zusammenhang der kaiserlichen Repräsentation von immenser Bedeutung gewesen; denn hier fanden die Sieghaftigkeit des Herr schers und ein aus der Historie heraus fundiertes, in kosmischen Dimensionen verankertes Zentralitätspostulat zusammen. Dies hat in einer Gruppe von Texten ihren Niederschlag gefunden, die im Kontext der Diskussion um die Abschaffung der
venationes (und nicht nur dort) bisher noch nicht berücksichtigt
wurden. Sie alle hätten längst eine eingehende Behandlung unter ganz unter schiedlichen Gesichtspunkten verdient - ich besc hränke mich im Folgenden nur auf die für unsere Frag estellung wichtigen A spekte) -, denn sie teilen eine auffällige GemeInsamkeit: Sie neigen dazu, den Circus bzw. Hippodrom als einen b esonderen, stark symbol befrachteten Ort, mitunter sogar als Zentrum 49 des Kosmos, zu b eschreiben. Diese symbolische Interpretation d e s Circus
6. Jahrhundert eine besondere Bedeutung erlangt zu haben, denn entsprechende Ä ußerungen SO kulminieren in dieser Zeit, und ich bin geneigt, darin nicht lediglich einen
geht auf den Prinzipat zurück, aber sie scheint doch im
48 49
Taceo, quodpro rebus ludims pupulares tumulttiS nune etiam vestrae pietati.r auetoritas rifrenarit. Es handelt SIch dabei im einzelnen um: Tert. spect. 9; Anth. Lat. 1 88 Shackleton
Gelas. epist. 1 2, 1 0 p. 357 Tluel:
Bruley
=
1 97 Riese; Cassiod. var. 3 , 5 1,3- 10;Joh. Lyd. mens. 1 ,1 2 p. 3 , 1 7- 7 , 1 5 ; 4,30 p .
8 8 , 1 3-90, 1 3 Wuensch; Coripp. Laud. lust. 1 ,3 1 4-344; loh. Mal. 7,4-6 p . 133,38-
1 3 7,57 Thurn (davon abhängig sind Chron. Pasch. p . 205,1 7-21 1 ,7 Dmdorf, Joh.
Damask. 699 PG 96,372-373 u n d Kedren. 258A-259C PG 1 2 1 ,293); Isid. Etym. 1 8,27-41; vgl. Drac. De laude DeI 2,1 5 - 1 9 Moussy/Camus; Mart. Cap. 2 , 1 89f. S. dazu Wuilleumier 1 927; Dagron Sonnen symbolik
ill
1 974, 330ff.
(der insbesondere auch auf die
den aufgeführten Texten eingeht); Dagron 2000; Lyle 1984;
Vespignaru 1 994; Vespignani 200 1, bes. 49ff. Eine Aufstellung der In den ,Zirkus Texten' verwendeten Motive mit Zuordnung zu den jeweiligen Autoren findet sich :
bei Castorina 1 96 1 , LXXXIV ff.
VgL Av. Cameron 1 976, 1 43 : , , [ . . . ] a network of sirntlarly antiquatian accounts o f
the circus and its colour symbolism i n certain [ . . . ] literary works, mainly o f this
period"; Stevens 1 988, 1 72f.: , , [ . . . ) systemattc literary accounts of the cosmic and
Mischa Meier
212
Zufall der Überlieferung zu sehen. Läßt sich also möglicherweise aus diesen ,Hippodrom-Texten' näherer Aufschluß über die I ntentionen des Anastasios gewinnen? Das früheste erhaltene Zeugnis dieses Diskurszusammenhangs weist noch in die hohe Kaiserzeit zurück; es stammt aus Terrullians stand enem Traktat
um
200 n.Chr. ent
51 De spectaculis. I m Rahmen seiner Invektive gegen die
spectacuia äußert sich der Autor auch zur Entstehung von Pferde- und Wagen rennen und präsentiert dabei mehrere Ursprungsversionen, die in der Kaiserzeit 52 Erwähnung finden u.a. die konkurri e renden 53 Erzählungen tiber Erichthonios als ersten Meister des Viergespanns sowie
offenbar im Umlauf waren:
den mythischen Erfinder des Wagens bzw. der Quadriga Trochilos von 54 Für den römischen Bereich rekurriert TertuJJian dann aber auf Romu
Argos.
lus, der
quadrigam primus ostendit.
55
Zunächst habe e s in Rom nur zwei Farben für
Zirkusrennställe gegeben, Weiß und Rot, wobei Weiß dem Winter (ob nives 56 candidas), Rot dem Sommer (ob solis mborcm) geweiht gewesen sei. Erst später hätten einige Leute Rot dem Mars, andere Weiß den Zephyri, ferner Grün der
Terra mater oder dem Frühling und Blau dem Himmel, Meer oder dem Herbst geweiht. Die hinter diesem Schema stehende Jahreszeitensymbolik - eine a uch außerliterarisch bezeugte Konstante der ,Zirkussymbolik' bis in die Spätantike
astrological symbolism of the circus concentrate in two periods: the second and very early third century [ . . ] and the sixth to early seventh century"; Kay 2006: , , [. . . ] all .
51 52
53 54
55 56
such extant treatments being from the s1Xth century onwards". Tert. spect. 9; Kommentar: Castorina 1 9 6 1 , 193ff� Turcan 1986, 1 7 1 ff. In der Forschung wurde darüber spekuliert, ob Tertullian sein MateJ:ial aus einer verlorenen Ludicra historia Suetons bezogen haben könnte (vgl. Soveri 1 9 1 2, 104ff.; Wuilleumier 1927, 1 94; Hanfmann 1 95 1 , I 1 59; n 75, Anm. 1 12 ; Castorina 1 96 1 , LXXXUff.); dies i s t nicht auszuschließen, doch i s t ebenso auffaIlig, daß die symbolisch-kosmologische Ausdeutung des Circus/Hippodroms erst in der Spiit antike zunehmend an Gestalt gewinnt, so daß - zumindest rur die späteren Autore n - Sueton sicherlich nicht die einZIge Quelle dargestellt haben kann; vgl. Av. Cameron 1976, 1 43; Kay 2006, 365. Vgl. zu diesem Aspekt des Enchthonios-Mythos etwa Verg. georg. 3,1 1 3f. (von Tert., a.a.Q. zitier�; Servo georg. 3 ,1 1 3; Plw. nato 7,202. Castorina 1 9 6 1 , 200ff. Trochil os galt als Sohn der ersten argivischen Hera-Priesterin Kallithea, vgL Schol. Arat. 1 6 1 ; Hieron. chron. ad anno 449 p. n 25 Schoene: Primus quad1igam iunxzsse fertur Trochilus. Castorina 1 9 6 1 , 204f. VgL Tert. spect 5,5. Zu Überlegungen über mögliche archaISch-rituelle Ursprünge von Farbensymbolik im 11ldoeuropäischen Gesamtzusarnmenhang s. Lyle 1984, 834ff., zu Tert. spect. 5,5 bes. 839; Turcan 1 986, 1 TI ; zur historischen Entwicklung i m Römischen Reich S. Al. Cameron 1976, 45ft.
213
Die Abschaffung der venationes durch Anastasios
i7 - ist manifest; sie verweist
(wenngleich i n unterschiedlichen Kombinationen
die konkurrierenden Farben i n einen zyklischen Ablauf von ewiger Dauer. Der Circus erscheint damit als Garant für Stabilität und Permanenz. Schwieriger erscheint indes die Interpretation von Mars, den Zephyri, der
Terra mater sO\v1e
Himmel und Meer. Man hat in dieser Aufzählung mit Blick auf die spätere Überlieferung und
auf die im Folgenden von Tertullian angesprochenen
elementa mundialia einen Hinweis auf die vier Elemente gesehen, wenngleich diese Deutung einige Inkonsistenzen und offene Fragen hinterläßt.
58
Ganz
unabhängig von den komplizierten Einzelproblemen, welche die Tertullian Passage aufwirft, läßt sich aber festhalten, daß bereits um 200 eine sich verfesti gende "Archäologie" der Wagenrennen i m Circus von einer kosmologisch konnotierten Symbolik begleitet und überlagert wurde .
Mit den programma tischen Worten "der Circus ist ein Abbild d e s Him
(circus imago polz) setzt das Epigramm De cirten.ribus ein, das im Codex Salmasianus (8. Jahrhundert) als Teil der (später so genannten) Antholof'ia Latina
mels"
59 üb erliefert ist. Die Gedichtsammlung wurde i n Nordafrika zur Zeit d er ausge
henden Vandalenherrschaft, d.h. um 534, von einem anonymen Gelehrten 6o Grundelemente der symbolischen Ausdeutung des Circus,
zusammengestellt.
wie sie bereits Tertullian geboten hatte, sind auch in diesem Gedicht enthalten, doch wird die kosmologisch-allegorische Bedeutung des Circus mit seinen
vermeintlichen astronomischen und astrologischen Implikationen nunmehr noch wesentlich deutlicher akzentuiert, ja geradezu zelebriert, denn die "ge 61 (docta vetustas) hätten ihn ad numeros limitis aetbeni konzipiert: Die
lehrten Alten"
1 2 Starttore der 57
58
59 (I)
61
carceres stehen dementsprechend für die Zahl der Monate und
Vgl. Conpp. Laud. lust. 1 , 3 1 4-32 1 ; lsid. Elym. 18,36; 1 8,41; Cassiod. var. 3,5 1 , 5 ; Joh. Lyd. mens. 4,30 p. 90,2-4 Wuensch; Drac. O e laude D e i 2,1 5-1 9 Moussy/Camus; Mart. Cap. 2,1 89f.; Lyle 1984, 829f. Zu den Assoziationen von Wagenrennen i m ZlIkus einerseits sowie den Jahreszeiten andererseits in der Kunst s. Hanfmann 1 95 1 , 1 6 l ff. (Sarkophage und Mosaike), der allerdings 1 62f. auch auf die logische Problematik dieser Verbtndung hinweist: Während die Jahreszeiten elllen Zyklus aus vier aufeinanderfolgenden, gleichberechtigten Elementen bilden, lebt der Ci rcus davon, daß eine Farbe über die drei anderen triumphiert; Yacoub 1 970, 98f., Nr. 2403; Turcan 1986, 1 7 7 (Mosaik) ; Al. Cameron 1 976, 1 44 (weitere Literatur zu Mosaikdarstellungen). Sie werden diskutiert von Turcan 1 986, 1 77f.; v gl. auch Castortna 1 9 6 1 , 214. .Anth. Lat. 188 Shackleton Balley 197 Riese; Kommentar: Kay 2006, 364ft.; vgl. auch Stevens 1988, 1 72ff. VgL Kay 2006, l ff. Eine etwas spätere Datierung des Gedichts De circensibus in byzantinische Zeit erwägt Stevens 1988, 1 77, der in ihm "a record o f a last revival of the circus under the Byzanttnes in the west, probably in Africa, i n the early to mid sixth century" sieht. An th. Lat. 1 88,lf. Shackleton Balley 1 97,l f. Riese. ==
==
Mischa Meier
214
der Tierkreissternbilder des Zodtak, die vier Pferde emes Vierspänners sym bolisieren die Jahreszeiten, die vier Rennstall-Farben dagegen die vier Ele 63 62 mente; die metae bedeuten Aufstieg und Untergang (d.h. Osten und Westen), der euripus repräsentiert den dazwischen liegenden Ozean, der Obelisk das Zentrum des Kosmos, die sieben Runden die Umlaufbahnen der sieben Plane ten. 64 Der Zweispänner ist dem Mond geweiht, der Vierspänner der Sonne (dieses auch unabhängig vom Circus populäre und für die kaiserliche Selbst 65 darstellung gerade in der Spätantike ausgesprochen wichtige Motiv hatte 66 bereits TertulJian erwähnt), den Dioskuren gehören die Einspänner. 67 Das Epigramm schJießt mit einem ganz in paganer Tradition stehenden Distichon: Divinis constant nostra spectacufa rebus, / gratia magna quibus cremt honoTe deum,68 des sen letzte beide Worte ebenso programmatischen Charakter besitzen wie der Beginn des Gedichts. Die im Epigramm De circensibus referierten kosmologischen Assoziationen des Hippodroms erscheinen leicht variiert auch in einem von Cassiodor ver faßten Schreiben Theoderichs des Großen an seinen damaligen praefectus praetorio Faustus69 (ca. 509-512),70 das im übrigen grundsätzlich eine deutliche 71 Ablehnung gegenüber den Wagenrennen erkennen läßt. Den ersten Wettbe 72 werb habe Oinomaos von Elis angesetzt, während für Rom wiederum Romu62 63 64 65
Anth. Lat. 188,3-5 Shackleton Bailey
=
1 97,3-5 Riese.
Anth. Lat. 188,1 1 f. Shackleton BaJley
=
Anth. Lat.
Bailey
1 88 , 1 3 - 1 6
verzichtet d e r Autor
Shackleton
1 97,1 1 f. Riese, mit Kay 2006, 372. =
1 97 , 1 3 - 1 6
Tert. spect. 9,3; dazu Castorina 1 96 1 , 1 97ff.
68
Anth. Lat. 188,1 7f. Shackleton Bailey
=
1 97,1 7f. Riese.
Anth. Lat. 1 8 8 , 1 9 f. Shackleton Badey
=
1 97,1 9f. Riese.
69 70 71
Auffilligerweis e
Vgl. Kay 2006, 369f.
66
67
Riese.
beim Obelisken auf die ansonsten geläufige Sonnensymbohk.
PLRE II 454-456 (FI. Anicius Probus Faustus iunior Niger 9). Cassiod. var. 3 , 5 1 , 3 - 1 0. Dazu
s.
Meyer-Flügel 1 992, 280ff.
superstitio m Verbmdung expedIt tnterdum desipere, ut populi possimus desiderata gaudta confznere. Theoderich/Casslodor sehen in den rpectacula allgemem eJn 1m Vgl. etwa Cassiod. var. 3 , 5 1 , 1 2f. (wo die Wagenrennen nllt gebracht werden), bes. 3 ,5 1 , 1 3 :
Grundsatz abzulehnendes
Übel,
das
zu ertragen aber notwendig sei, um der
Vergnügungssucht und den Wünschen der Massen nachzukommen und dadurch Ruhe und Stabilität im Sinne der
gewährleisten; die Finanzierung von 72
herrscherlicher
beattfudo temporum (Cassiod. var. 3,5 1 , 1 3) zu .rpectacula stellt für Theoderich daher einen Akt
humanitas dar (Cassiod. var.
1,30,1), vgl. Meyer-FlügeI 1 992, 267ff.
Eme Bezugnahme auf den Oinomaos-Mythos, der als Aitlon der olympIschen Wagenrennen erzählt wurde. Demzufolge zwang KÖnig Omomaos aus dem el1schen Pisa, der Sohn des A res, den Freiern seiner Tochter Hlppodameia als Bewährung sprobe stets em Wagenrennen auf, das für diese jedes Mal todlich endete. Erst Pelops gelang es mit Hilfe von Oinomaos' Wagenlenker Myrtilos, den König zu
be
siegen und zu toten. Daraufhm konnte Pelops Hippodameia heiraten. Vgl. Pind. 01.
Die Abschaffung der
venationes durch
215
Anastasios
lus als Archeget benannt wird, der die Spiele i m Kontext des Raubs der Sabi nerinnen eingeführt habe - damals noch ohne Circus, denn diesen habe erst Augustus errichten lassen. 73 Im Folgenden erscheinen zahJreiche mitderweile bekannte Motive: die Parallelisierung der 1 2 Tore mit den 1 2 Sternbildern des Zodiak, die Farben als Symbol für die Jahreszeiten (grün Frühling, blau = Winter, rot = Sommer, weiß = Herbst) , und auch auf die 12 Monate wird ange spielt. 74 Insgesamt, so Cassiodor, imaginierten die Spiele die Werke der Natur 5 (naturae ministeria) ? Geläufig ist ebenfalls der Bezug des Zweispänners auf den Mond und des Vierspänners auf die Sonne,76 während die sieben Runden eines Rennens bei Cassiodor nicht für Planetenbahnen stehen, sondern für die sieben Tage der Woche?7 Demgegenüber finden sich die aus dem Gedicht De arcen sibus bekannten Anspielungen auf Orient und Okzident ebenso im Theoderich/Cassiodor-Brief wie die Deutung des euripus als Ozean,7 8 ergänzt durch einen Bezug der 24 Rennen einer Veranstaltung auf die 24 Stunden eines Tages.79 Symbolistisch-kosmologische Spekulationen über die Bedeutung des Circus bzw. Hippodrom scheinen, wie angedeutet, im 6. Jahrhundert größere Ver breitung gefunden zu haben. Zwei längere Passagen in Johannes Lydos' Schrift De mensibus widmen sich ebenfalls dem Thema und lassen signifikante Varia tionen erkennen: 8o So findet man neben der Erwähnung des Oinomaos, der geläufigen Parallelisierung von eunpus und Ozean sowie von Obelisk und Sonne, der Assoziation an die Tierkreiszeichen des Zodiak und dem Bezug der sieben Runden auf die sieben Planetenbahnen sowie der Farben auf die Elemente und Jahreszeiten (grün Frühling, rot Sommer, blau Herbst, weiß Winter) 8 1 auch die Information, daß die Zauberin Kirke (von deren =
=
=
=
=
1 ,69ff. (mit Schol. Pind 01. 1 , 1 1 4) ; ApolIod. epit. 2,4-9; Apoll. Rhod. 752ff. ; Diod. 73
4,73; Hyg. fab. 84; Paus. 5,1 4,6. Casslod. var. 3,51 ,3f. Augustus selbst spricht in seinem
ein pulvinar ad circum
Maximum errichtet zu
Tatenbericht lediglich
davon,
haben (R. Gest. div. Aug. 1 9) ; von seinem
Feldherrn Agnppa stammen die silbernen Delphine, mit denen die Runden gezählt
74 75 76
77
76
79 60 61
wurden, vgl. Humphrey 1 986, 7 8 ff.; Zanker 2003, 7 9 . Cassiod. var. 3,51 ,4f. Cassiod. var. 3 , 5 1 ,5 :
sze factum, ut naturae ministeria .rpeetaculol'llm eomposita imaginatione
luderentII/'. CasslOd. var. 3,5,6. Casslodor fügt noch hinzu, daß die reitenden Herolde zwischen den Rennen den schnellen Gang des Morgensterns nachahmten. Cassiod. var. 3,51,7. Cassiod. var. 3,51,8. Cassiod. var. 3,5 1 ,1 0 . Joh. Lyd. mens. 1 , 1 2 p . 3,17-7,15; 4,30 p . 88,13-90,13 Wuensch. Johannes Lydos zufolge hat Romulus zunächst nur drei Farben eingeführt: Rot für Ares bzw. das Feuer, WeIß für Zeus bzw. die Luft, Grün für Aphrodite bzw. die
216
Mischa Meier
Namen Johannes Lydos das Wort Circus ableitet) die Wagenrennen in Italien heimisch gemacht und Romulus sie dann für Rom übernommen habe; den Transf er von Rom nach Konstantinopel habe dann Septimius Severus geleistet, der den Hippodrom in der Kaiserstadt am Bosporus habe anlegen lassen. Das literarisch am feinsten ausgefeilte, inhaltlich dafür aber am wenigsten konkrete Textstück unserer Sammlung stammt indes aus Coripps um 566/567 entstandenem Panegyricus aufJustin 11. In seiner Darstellung der Geschehnisse nach Justinians Tod (565) beschreibt der Autor, wie sich das Gerücht vom Ende des Kaisers rasch in Konstantinopel verbreitet habe, was - eindrucksvoll an das Ende des 1 . Buches seiner Lobrede plaziert - zu einer Versammlung des Volkes im Hippodrom geführt habe, welche Coripp als Gelegenheit nutzt, über 82 die symbolische Bedeutung dieses Ortes zu reflektieren. D ie vom Epiker bearbeiteten Motive sind erwartungsgemäß nicht neu: Die Sonnensymbolik der Wagenrennen wird hervor ehoben (wiederum durch Allusion auf die vier 8S P ferde des Sonnenwagens), die vier Farben als Symbole der J ahreszeiten (grün Frühling, rot = Sommer, blau = Herbst, weiß = Winter) gedeutet - dies 84 allerdings in auffälliger Ausführlichkeit - und einmal mehr Oinomaos als 85 Erfinder der vierspännigen Rennen angeführt. Anders als das Gedicht De ci,.ensibus mit seinem traditionalistisch-paganen Gestus schließt Coripp mit einem dezidiert christlichen Bekenntnis und verdeutlicht damit, daß die symbo lische Deutung des Hippodrom im 6. J ahrhundert nicht religiös festgelegt war: =
"Nachdem der Schöpfer der Sonne unter der Sonne hatte gesehen werden wollen und Gott Menschengestalt von der Jungfrau angenommen ha.tte, da wurden die Spiele für die Sonne abgeschafft und Ehre und Spiele den römi schen Kaisern übertragen und die heiteren Zirkusfreuden dem neuen 86 Rom".
Erde. "Später aber stritten die Gallier um gleiches Recht, und es wurde Blau hinzugefügt, da Ihre Kleider eine solche Farbe hatten - zu Ehren des Kronos bzw. mehr noch des Poseidon" (llcrtEpov OE �plcrav 01 I'41MOl ltEpi OIlO'tlJ.llas, Kai ltpocr&t&9l] ro ßSV&1:0V 0111 'tO 't010111:01) XPW)Ul'tOC; Etvc:r.l 'tU 1J.l4hta IIl)'t1'ÖV, EU; W111V 'tOU KpOvOlJ � )liiMov 'toll IIOOElomvoc;), vgl. Joh. Lyd. mens. 1 ,1 2 p. 6,24-7,4 Wuensch (zur
82
83
84
85 86
nachträglichen Elnfiihrung der Farbe Blau s. auch 4,30 p. 88,22-90,4 Wuensch). Cortpp. Laud. lust. 1 ,31 4-344. Kommentar: Av. Cameron 1 9 7 6 , 1 43 ff. Coripp. Laud. lust. 1 ,3 1 4-3 1 6. Coripp. Laud. lust. 1 ,3 1 7-329, mit Al. Cameron 1 9 7 6 , 336-338. Coripp. Laud. lust. 1,334f. Cortpp. Laud. lust. 1 ,340-344: .redfactor solis postquam sub sole videri / se voluitjormamque deus de zwgzne sumpsll / humanz generis, tune munere solis adempto / principibus delatus honor munusque Latinis / et iucunda novae cirtensia gaudla Romae.
Die Abschaffung der licnationes durch Anastaslos
217
Averil Cameron hat z u Coripps Exkurs über den Hippodrom bereits vor mehr als drei Jahrzehnten angemerkt, es handele sich dabei um "an academic set piece which is certainly out of place in the context, having no relation to the 87 real occasion which he describes". Diese Beobachtung, die sich bei einem Blick in den Text leicht nachvol1ziehen läßt, wirft freilich rue Frage auf, warum der Dichter die Digression dann überhaupt eingefügt hat. Sie stellt sich mit umso größerer Dringlichkeit, als auch Theoderich/Cassiodor im Schreiben an Faustus keineswegs gezwungen waren, in der gegebenen Ausführlichkeit auf die Symbolik des Circus einzugehen, zumal sie aus ihrer prinzipiellen Verachtung der Wagenrennen kein Hehl machten. Auch im Falle ihres (oben zitierten) Briefes resultiert der Rekurs auf die Circus-Symbolik jedenfalls nicht unmittel bar aus dem Grundthema des Textes. Könnte der Kontext daher ein literari scher sein? In diesem Punkt wird man über Spekulationen nicht hinauskommen. Eine wechselseitige Abhängigkeit der Circus-Texte des 6. Jahrhunderts läßt sich jedenfalls weder schlüssig erweisen noch widerlegen, doch könnten sie immer hin als Reflexe gelehr ter Diskussionen interpretiert werden, die dann u.a. auf 88 der literarischen Ebene einen Niederschlag gefunden hätten. Diese Deutung beantwortet allerdings die Grundfrage nicht, sondern verschiebt sie lediglich auf eine andere Ebene. Denn wenn dem Motiv der Circus-Symbolik im 6. J ahr hundert o ffensichtlich eine besondere Rolle zukam, dann wird man nach einer Ursache für dieses Phänomen forschen müssen, und dies führt zwangsläufig aus der rein literarischen Sphäre hinaus in Richtung der historischen Kontexte. Die Vermutung liegt nahe, daß der Hippodrom selbst, als Ort und als Institu tion, im 6. Jahrhundert eine ganz besondere Ausstrahlungskraft besessen haben muß, die ihn als Zentrum des Kosmos erscheinen ließ und die auf Assozia tionen beruhte, deren Valenz durch eine ganz spezifische memoria fundiert wurde. Der Circus bzw. Hippodrom fungierte dabei als Brennspiegel einer geordneten Welt, und in der Geschichte der Wagenrennen bildete sich die Geschichte der Zeitgenossen von der mythischen Frühzeit über die frührömi sche Epoche bis hin zur Gegenwart ab. Daß dieser zentrale ,Erinnerungsort' im 6. J ahrhundert nich t im Kaiserpalast, einer Kirche oder einem anderen Ge bäude angesiedelt wurde, ist bemerkenswert, verweist dieser Umstand doch auf die fundamentale Bedeutung der Kommunikation zwischen Herrscher und hauptstädtischer Bevölkerung, die gerade im Hippodrom ihren bevorzugten Platz fand. In einem weiteren, bisher ausgesparten Hippodrom-Text des 6. J ahrhunderts kommt dieser Aspekt in besonderer Deutlichkeit zum Ausdruck. 87
88
Av. Cameron 1 976, 1 43. Vgl. Kay 2006, 365.
Mischa Meier
218
Es handelt sich um eine Passage aus dem 89
7.
Buch der
Weltchronik
des J ohannes
Malalas:
"Und sofort setzte er [sc. RomulusJ wiederum einen Anfang und grundete den Circus, den er Hippodrom nannte, in Rom, da er die Volksmenge der Römer zerstreuen wollte, weil sie Unruhen anzettelten und ihn angingen wegen seines Bruders. Und er veranstaltete als erster ein Pferderennen auf dem Gebiet Roms, zur Feier des Helios, sagt man, und zu Ehren der ihm untergeordneten vier Elemente, d.h. Erde, Meer, Feuer und Luft, wobei er auch den Umstand erwog, daß die Könige der Perser glücklich in die Kriege gehen, weil sie eben diese vier Elemente ehren. In Rom j edenfalls ehrten sie diese vier Elemente nicht, auch nicht an einem einzigen Fest. Doch Oino maos, der König über das Land der Pisaten, veranstaltete in den euro päischen Gebieten am
25.
Dystros-März einen Wettkampf für Helios den
Titan, weil er darüber stand, so sagt man, wenn Erde und Meer - d.h. Demeter und Poseidon - miteinander rangen, die dem Helios unterstehen den Elemente. Und es wurde ein Los geworfen zwi schen eben diesem König Oinomaos und j edem, der aus einem beliebigen Land kam, ihn niederzukämpfen; und immer wenn das Los Oinomaos dazu aufrief, für Poseidon zu kämpfen, trug er die Tracht blauer Gewänder, d.h. des Wassers, und sein Gegner trug die grüne Tracht, d.h. der Erde. Hinwieder, wenn das Los dem Oinomaos auftrug, die Tracht der Demeter zu tragen, dann trug er die grüne Tracht und sein Gegner trug die Tracht P oseidons, d.h. des Wassers, also blau; und wer unterlag, wurde getötet. Und eine zahllose Menge kam, um den jährlichen königlichen Wettkampf zu sehen, aus jedem Land und j eder Stadt; und die Bürger, die die Küstenstädte und die Inseln bewohnten, und die S eeleute von den Dörfern an den Küsten beteten, es möge der siegen, der die blaue Tracht trug, d.h. die des Poseidon, wobei sie prophezeiten, daß, wenn der Kämpfer für Poseidon unterliege, ein Schwund vielfältiger Fischarten eintreten werde, ferner Schiffbruche auf dem Meer und gefährliche
Notlagen durch gewaltige
Winde. Die Bürger aber, die das Binnenland bewohnten, die Bauern vom Land und alle, die sich mit Ackerbau abmühten, beteten, es solle der Träger der grünen Tracht siegen, wobei sie prophezeiten, daß, wenn der Kämpfer für Demeter unterliege, d.h. für die Erde, Hunger aus Getreidearmut ein treten werde, ferner Mangel an Wein, Öl und den anderen Feldfrüchten. Und Oinomaos besiegte zahlreiche Gegner über viele Jahre hin; denn er
89
loh. Mal.
7,4-6 p. 1 3 3,38-137,57
Thurn.
Die Abschaffung der venah'ones durch Anastaslos
219
hatte den Apsyrtos, der ihn unerbittlich d i e Wagenlenk-Kunst lehrte.
9o
Dieser Oinomaos unterlag dem Lyder Pelops und wurde getötet. (p.
1 34,72
Thurn) Diesen Pferdewettkampf dachte sich als erster ein gewis
ser Mann namens Enyalios aus, Sohn des Poseidon [ . . . ] . Eben diesen P fer dewettkampf hat Enyalios für Zweispänner erfunden, wie dies der weise Kallim achos in seinen
Etesien
beschrieben hat, und fortan, nach ihm, hat
Erichthonios ihn veranstaltet. Und andere veranstalteten ihn an verschiede nen Orten. (p.
1 35,80
Thurn) Oinomaos aber veranstaltete als erster eben diesen Wett
kampf mit Vierspännern; daher wurde er auch sehr berühmt, wie es in den
Histon"en
des höchst welsen Charax medergelegt ist; dieser hat auch dies
berichtet, daß der Bau des Hippodroms nach der Einrichtung des Kosmos errichtet worden ist, d.h. des Himmels, der Erde und des Meeres. Er hat berichtet, daß die
12
Tore den
12
Häusern des Zodiak entsprechen, der
Erde, Meer und den vorübergehenden Lauf des Lebens der Menschen ein richtet. Die Rennbahn des Hippodroms repräsentiere die ganze Erde, der
Euripos
das vom Land geteilte Meer, die Kurve bei den Toren den O sten,
die bei der Wendemarke
(Sphendone)
den Westen, die sieben Bahnen aber
den Lauf und die astronomische Bewegung der sieben Sterne des Großen Bären. (p.
1 35,92
Thurn) König Romos [= Romulus] aber erfand auch selbst zu
Ehren des Helios und der ihm untergeordneten vier Elemente als erster den Wettkampf in Rom, und er veranstaltete ihn im Land des Westens, also in Italien, mit Vierspännern, d.h. für Erde, Meer, Feuer und Luft. Und Romos legte eben diesen vier Elementen Namen zu: Der Erde [den Namen] Prasinos-Partei, d.h. Grün, dem Meer, d.h. dem Wasser, Venetos-Partei, wie Blau, dem Feuer Rhousios-Partei, wie Rot, der Luft Albos-Partei, wie Weiß. Und von dort ausgehend wurden die vier Parteien in Rom ersonnen. Er benannte die Prasinos-Partei (d.h. auf Römisch das Verweilende - denn
praisenteuein
heißt
paramenein
[verweilen] ), weil die grüne Erde immer mit
ihren Wäldern besteht. Die Venetos-Partei benannte er danach, daß unter der Herrschaft Roms eine große Provinz namens Venetien b esteht, deren Hauptstadt Aquileia ist, und von dort kommen die blauen, d.h. venetischen
Farben für Kleider. Und er fügte der Prasinos-Partei, also der Erde, die weiße an, so sagt man, die Luft, insofern sie es auch regnen läßt und sie der Erde dient und sich ihr fügt; und der Venetos-Partei, d.h. dem Wasser, fügte er durch Beimischung die Rhousios-Partei an, d.h. das Feuer, insofern
90
Zu diesem Farben-Antagolllsmus und seinem symbolischen Gehalt s. Lyle 838f.
1984,
Mischa Meier
220
das Wasser das Feuer l öscht, weil es ihm untergeordnet ist. Und fortan waren die Bewohner Roms in die Parteie n gespalten, und sie lebten nicht mehr in Eintracht miteinander, wegen eines derartigen Verlangens nach dem eigenen Sieg und des Einsatzes für die eigene Partei - wie für irgend eine Religion . Und es gab eine große Spaltung in Rom, und die Parteien
hegten in Rom eine große Feindschaft gegeneinander, seit Romos für sie das Schauspiel des Wagenrennens ersonnen hatte. Und immer wenn Romos sah, daß Leute in irgendeiner Partei Gruppierungen des Volkes oder Sena toren liebten, die gekränkt worden waren und sich ihm wid ersetzten wegen des Todes seines Bruders oder aus irgendeinem anderen Grund, dann
entsch loß er sich, sich um die andere Partei zu kümmern, und er hielt sie wohlwollend und in Gegnerschaft gegenüber dem Ziel seiner Feinde. Seit dem machten auch die späteren Könige /Kaiser (Basileis) Roms von diesem Prinzip Gebrauch.
(p.
1 3 6,26 Thurn) Unter der Herrschaft eben dieses Romos aber bestand
sein Heer zu großen Teilen aus Fremden, und
es
gab in Rom eine Menge
wilder Menschen, und die Zahl der Frauen entsprach nicht derjenigen
an
Männern. Und die Heerscharen von jungen Männern gierten nach Lebens freude; und sie gingen auf dem Forum die Frauen an, und es gab Chaos und Bürgerkrieg. Romos aber war ohne Mut, da er n icht wußte, was er tun sollte. Denn keine der Frauen ertrug es, sich mit den Soldaten einzulassen, wie bei Wilden und Barbaren. Und er verkündete ein Gesetz, wonach die Soldaten Jungfrauen zur Ehe nehmen s oUten, die er Brytides (,Brutus Kinder') nannte; und niemand konnte sich dazu durchringen, ihnen die eigene Tochter zu geben, sondern sie sagten, sie hätten wegen der Kriege keine H offnung, von Tag zu Tag zu überleben, sondern alle verheirateten ihre Töchter mit den Leuten aus der Stadt. Und Romos zog ohne Mut fort zum Orakel; und es erging eine Weissagung an ihn, daß er für die Frauen ein Pferderenn-Spektakel veranstalten solle, damit das Heer sich Frauen zu führen kön ne. Und er versammelte das Heeresaufgebot im Palast und ver anstaltete ein Pferderennen, wobei er den Befehl erließ, nur Frauen dürften den Pferdewettlauf mit ansehen. Und da ein ganz besonderes Schauspiel stattfinden sollte, kamen aus der ganzen Umgebung sowie den entlegenen Städten und Dörfern Scharen von Frauen nach Rom, und es füllten den Hippodrom verheiratete Frauen und jüngere Jungfrauen; es kamen aber auch die Töchter der so genannten Sabiner, deren Land in der Nähe Roms lag, schöne Frauen. Und Romos gab heimlich Befehle, daß keine verhei ratete Frau, die römische Bürgerin war, zusehen dürfe; er befahl auch seinem eigenen Heer, daß sie
es
nicht wagen sollten, eine verheiratete Frau
anzutasten, sondern sie sollten die Jungfrauen rauben und diejenigen, die
Die Abschaffung der !llmationes durch Anastasios
221
noch keine Männer hatten, und einzig diese; und Romos begab sich in den Hippodrom und schaute zu. Und während der Veranstaltung des Pferde wettlaufs wurde das Heer aus dem Palast entlassen, sie stürmten den Hippodrom, und aus den Sitztreppen zerrten sie die jungfräulichen Frauen und diejenigen, die noch keine Männer hatten; und sie nahmen sie für sich selbst als Frauen. Dies aber ließ Romos nur ein einziges :NIal geschehen, wie der höchst weise Dichter Vergil dargelegt hat. Ebenso hat e s auch Plinius, der Geschichtsschreiber der Römer, niedergeschrieben, und ähnlich auch 91 Iivius. Andere Historiker haben geschrieben, daß Romos als erster für sie ein Re nnen mit Mauleseln veranstaltet habe." Dieser aus verschiedenen Gründen hochintere ssante Passus enthält eine ganze Reihe bemerkenswerter Aspekte, die eine eingehendere Behandlung verdienten. Ich möchte mich im Folgenden allerdings auf diejenigen Punkte konzentrieren,
die für unsere Fragestellung relevant sind: Im Gegensatz
zu
den bisher aufge
führten Texten sind Johannes Malalas die kosmologischen Assoziationen des Hippodrom s zwar durchaus geläufig - mit Verweis auf den Historiographen n hält er z . B . unmißverständlich fest, der Hippodrom sei
Charax von Pergamon
"entsprechend der Ordnung des Kosmos" (si� -rrlV 1:01) lCOOJ.100 liloi1ClJ
errichtet worden
deutlich zurück. Seine Konzeption des Hippodroms gründet diesen - und das ist bemerkenswert - auf Freveltaten, Mord, Entführung und Gewalt. Schon
zu
Beginn der Passage wird deutlich gemacht, daß Romulus den Hippodrom vor allem deshalb habe errichten lassen, um die Menge zu zerstreuen, die ihn wegen des Brudermordes (den Malalas unmittelbar zuvor behandelt hatte) attackiert 94 habe. In diesem Sinne soll Romulus das Volk geschickt in die vier (bzw. faktisch zwei) ,Zirkus parteien' aufgeteilt haben, was aufgrund der unterschiedli chen, an religiösen Eifer grenzenden
zu
(ro01tsp 9pT)<1lCsia� nv6:;)95
Zugehörigkeiten
permanenter Rivalität, ja zu einer großen Spaltung (�'Ya aJ(.iOJ.Ul) i nnerhalb
der Bevölkerung geführt haben soll, woraus der Urkönig dann wiederum politi sches Kapital zu schlagen vermocht habe. Denn immer dann, wenn er opposi tionelle Haltungen ausmachte, habe er diese neutralisieren können, indem er
91 92 93
VgL Lw. 1 ,9 . FGrH 103 F 34.
loh. MaL 7 ,4 p . 1 35,83 Thurn.
94
loh. Mal. 7,3 p. 1 3 3 ,38-40 Thurn; der Brudermord und seine Folgen: 7,l f. p. 1 32,12-
95
loh. Mal. 7,5 p. 1 36 , 1 7 . Cassiod.
1 33,31 Thurn.
Zeit als
SLkTlim
Etym. 18,27, 1 ) .
va.r.
3,51 ,3, hält fest, daß die Wagenrennen in alter
galten, später aber zum
ludibmtm
verkommen seien (vgi auch lsid.
222
:Mlscha Meier
sich auf die Seite der Rivalen seiner politischen Gegner schlug.
96
Von beson
derer Bedeutung ist allerdings Malalas' nachfolgende Bemerkung, wonach alle späteren römischen Herrscher es Romulus gleichgetan hätten: t�
)11':1:' Ul:nOV ßa,crtklC; ri1� 'pOO)1T1C; 1:(9 Ul:n(9 Kuv6vt &Xj:111 crav'tO.97
&KElVOU Kul oi
Damit lst klar: Für J ohannes Malalas gehören Aufruhr und Hippodrom zu
sammen. Letzterer erweist sich dabei in erster Linie als ein Herrschaftsinstru ment, das Königen und Kaisern - und zwar auch denen, an deren Händen Blut
klebte - die Macht erhalten sollte; für einen spätantiken Ch ronisten, dem in der Regel das Stigma der Stumpfsinnigkeit anhaftet, ist dies eme bemerkenswerte Erkenn tnis. Und Malalas geht noch weiter: Sein anschließender Bericht über den Frauenraub der verwahrlosten und kaum zu bändigenden Soldateska, der in signiftkanter Weise den Hippodrom zum Brennpunkt des verbrecherischen 98 Aktes stilisiert, führt gleichsam an einem mythisch-archetypischen Beispiel vor, in welcher \Veise dieser Ort von den Kaisern instrumentalisiert werden konnte. Unweigerlich fühlt man sich an das blutige Gemetzel erinnert, mit dem J u s tinian im Januar um
die
30.000
532
den Nika-Aufstand niederschlagen ließ und bei dem 99 aber auch die berühmte
Opfer im Hippodrom zurückblieben;
Demutsgeste, mit der Anastasios im November 51 2 den Staurothets-Aufstand oo ebenfalls im Hippodrom kollabieren ließ/ wird dabei evoziert. Der Hippo drom - so die für uns wichtige Quinte ssenz der Malalas-Passage - diente den
Herrschern zur Sicherung und mitunter brutalen Durchsetzung ihrer Macht positionen. Das i s t keine sond erltch positive Bewertung des ,Zentrums des Kosmos', aber sie läßt erkennen, warum di e Circus-Digressionen i m 6. Jahr hundert offenkundig
so
verbreitet waren: I-hppodrom und Herrscher wurden in
dem Jahrhundert, das mit Anastasios einen Kaiser sah, der virtuos mit den Mechanismen der politischen Kommunikation im Hippodrom zu spielen ver mochte (Staurotheis-Aufstand) und das mit Justinian einen Monarchen erlebte, der seine gottbefohlene Machtstellung rigoros in grauenvollen Blutbädern
96
VgL Ioh. MaI. 7,5 p. 1 36,1 7-23 Thum.
98
Die Verbindung des Raubs der Sabmerumen mit dem Circus war prinzipiell im
97
loh. MaL 7,5 p. 1 36,23-25 Thum.
traditionellen Motivschatz der Römer verankert, vgl. etwa Varro ling. 6,20; Oion. HaI. ant. 2,30; Polyatn. 8,3,1 ; Plllt. Rom. 1 4; Tert. spect. 5. Die ausdrückltche Fokusslerung des gesamten Geschehens auf den Circus/Hippodrom Ist allerdings 99
1 00
vor Malalas mch t belegt. Vgl. Meier 2003. loh. MaI. 1 6, 1 9 p. 333L Thum; Euagr. H.E. 3,44; Pseudo-Oionysi u s of Tel-Mahre: ChronicIe, Part III. Translated with Notes and Introduction by W. Witakowski, Uverpool 1 996, p. 9; .Mich. Syr. 9,9 (ed. J.-B. Chabot, Chronique de Mtchel l e Syrien, Patttarche Jacobite d'Antloche [1 1 66 - 1 1 99], Tome II, Paris 1 9 0 1 , Ndr. Brüssel 1963, p. 1 62f.).
Die Abschaffung de r venatione.r durch AnastaslOs
223
durchzusetzen verstand, als eng zusammengehörig empfunden. Daß vor diesem Hintergrund ein Herrs cher wie Anastasios auf den Gedanken hätte kommen können, die populären
venationes
lIU
Amphitheater abzuschaffen, um alle
verbleibenden Spektakel auf den von ihm dirigierten Hippodrom zu konzen trieren, ist daher naheliegend. Doch wiederum ergeben sich Schwierigkeiten: Warum wurden nicht die gleichfalls populären Pantomimen ebenfalls schon 499 verboten (und nicht erst
501/502), und warum füh rt die Überlieferung in ihrem Fall das Verbot auf ganz
konkrete Unglücksfalle und Unruhen zurück? Und - erneut die bereits disku tierte Frage - warum liegen ab der zweiten Hälfte des hunderts erneut Zeugnisse für
1 . Jahrzehnts
vena/iones vor?
Zwei denkbare Erklärungen erweisen sich als nich t tragfahig: nahme, daß dIe
Kynegion
venationes
des 6 . Jahr
(1)
Die An
nicht grundsätzlich verboten, sondern n u r vom
in den :Hippodrom verlegt wurden, scheitert am Zeugnis des Marcel
linus Comes; denn er unterscheidet für die Konsulfeiem Justinians im Jahr unmißverständlich zwischen den Tierspektakeln im
WT
"
w agenrennen 1m
(2)
CirCUS.
IOl
amphitheatrnm
Das Argument, AnastaslOs habe das Verbot der
venationes
521
und den
eventuell
zu
einem späteren Zeitpunkt wieder zurückgenommen, weil ihre Popularität seine Versuche, rue Spektakel auf den Hippodrom - und damit auf seine Person - zu konzentrieren, unterwandert hatte, überzeugt ebenfalls nicht. Wenn nämlich Anastasios tatsächlich den Hippodrom zum einzigen Zentrum der politischen Kommunikation in Kons tantinopel hätte ausbauen wollen, dann hätte er gerade diesen Weg mit besonderer Konsequenz beschreiten müssen, um nicht durch ein späteres Einlenken dIe Erhöhung seiner Position wieder vollkommen zunichte zu machen bzw. gar einen zusätzlichen Autoritätsverlust zu riskieren. Damit läßt sich eine offenkunruge Inkongruenz konstatieren: Die skizzier ten Texte aus dem 6. Jahrhundert betonen sämtlich die besondere symbolisch kosmische Bedeutung des H i ppodroms als Zentrum der Welt, und Johannes Malalas hebt überdies in deutlichen Worten seine herrschaftsstabilisierende Funktion hervor, die tief In der mythischen Vergangenheit als historische Kon stan te verankert wird. Doch zur befriedigenden Erklärung des Verbots der Tierhatzen reicht dieser Ansatz nicht hin. Zwar ist bekannt, daß A nastasios ein durchaus machtbewußter Kaiser war, der - wie bereits angedeutet - die Mechanismen der pol itischen Kommunikation in Konstantinopel beherrschte und virtuos zu instrumentalisieren vermochte und dem man entsprechende
Hintergedanken bei der Absc haffung der kann. Aber um mehr als
101
um
venationes
daher durchaus zutrauen
Hintergedanken kann es sich dabei nicht gehandelt
Vgl. Mare. Corno ad anno 521 p. 1 0 1 f. Mornrnsen.
224
Mischa Meier
haben. Nicht nur die nachträgliche Wiederzulassung der Spektakel spricht dagegen, sondern vor allem auch der Umstand, daß das Verbot, wie Josua 102 Stylites ausdrücklich anmerkt, reichsweit in alle Städte erging. Die Situation in Konstantinopel kann somit nicht isoliert betrachtet, sondern muß vor einem
größeren Gesamtzusammenhang analysiert werden.
3. Eine mögliche Lösung
Es ist vor allem Wolfgang Liebeschuetz gewesen, der mit einem weiten Blick auf das ganze Reich darauf hingewiesen hat, daß im Zuge der "decline of the Councils and the passing of power to the notables" insbesondere die Vergnü gungsspektakel in den Städten in eine Krise gerieten. Die Organisation von Tierhatzen, Theaterveranstaltungen und anderen Darbietungen entglitt den Kurialen und Künstlervereinigungen all mählich und wurde - wie in Rom und Konstantinopel ohnehin üblich - von den ,Zirkusgruppen' übernommen - ein Prozeß, den Liebeschuetz grob
im 5.
Jahrhundert situiert Die Finanzierung
dieser Gruppen und ihrer Infrastruktur erfolgte größ tenteils aus Steuermitteln I03 "What had been und damit in letzter Konsequenz durch die Reichszentrale: celebrations of the city-community became occasions of celebration of the 104 emperor". Damit wurde zwar die Präsenz des Kaisers in den Städten weiter fundiert und zelebriert, doch das sich neu etablierende System verursachte im Gegenzug auch enorme Kosten. Leider sind wir nur ganz unzureichend über die AufWendungen informiert, die eine
venalio
erforderte.
Ein
Mosaik aus dem nordafrikanischen Smirat in der
Nähe von Sousse (Hadrumetum) , das in die erste Hälfte des
3. Jahrhunderts
datiert wird (das so genannte Magerius-Mosaik), zeigt vier venatores im Kampf los gegen vier Leoparden. Aus der in das Mosaik integrierten Inschrift geht hervor, daß Magerius, der die Tierhatz finanziert hatte, für jeden Leoparden
102 103
Jos. Styl. 34 p. 52 Luther. Liebeschuetz 1998, 1 6 8 ; vgI. ebd.: "They [d .h. die ,Zirkusgruppen1 thus took over ehe role of the decunons
as
weH
as
of the g urlds of performers, and they were paid
largely, but not entlrely, out of taxatlon, that i s by the emperor. [ . . . ] Subsequently the emperor paid most of ehe regular expenses, and his representative, the provincial governor or, at Constllntinople, the emperor himself presided"; vgl. Liebeschuetz 200 1 , 205ff., ferner Roueche 1 993, 57ff. Kritik an Liebeschuetz' Position äußert
104 !O5
Whltby 2006. Zur Gesamtentwlck]ung s. auch Lamado 2002. Ltebeschuetz 1 998, 1 6 8.
Dunbabin 1978, 67ff., mit Taf. 22, Abb. 53; Papini 2004, 1 6 3 ff., mit Fig. 74.
DIe Abschaffung der venahones durch AnastasiOS
(wohl inklusive
venator) 500 denarii
aufzuwenden hatte.
106
225
In der Spätantike
scheinen die Preise dann aber erheblich angestiegen, ja geradezu explodiert zu sein - zumal für Regionen, in denen man nicht s o einfach an die benötigten 107 Populationen ohnehin spürbar zurückgingen. In
Tiere gelangte, deren
Diocletians Preisedikt wird für einen hochwertigen libyschen Löwen bereits die Maximalsumme
1 50.000 denmii veranschlagt, wohingegen ein lOS \25.000 denarii erworben werden konnte.
von
minderer Qualitä t auch fiir
Löwe
Die Aussagekraft dieser Zahlen ist freilich aus vielen Gründen hochpro blematisch, u.a wegen der immensen Wertschwankungen, denen die römische Währung gerade im Leoparden
in
3. Jahrhundert unterlag,
und weil sich die Kosten für einen
Afrika nur schwer mit denen fiir einen Löwen in anderen
Regionen vergleichen lassen. Es geht an dieser Stelle auch lediglich darum, eine Tatsache zu illus trieren: Tierhatzen waren ausgesprochen Kosten müssen
im
teuer, und ihre
Verlauf der Spätantike aufgrund des zunehmenden Tier
mangels und der aufwendigen Transporte noch erheblich angestiegen sein. Wie hoch die Belastungen waren, die auf denen venationes ausrichteten, zeigt für den Westen die
lasteten, die im 4. Jahrhundert
Korrespondenz des Symmachus 109 Auch ein Gesetz und für den Osten diejenige des Libanios (zur Syriarchie).
aus dem Jahr 41 7 gibt einigen Aufschluß: Es reagierte auf eine Klage aus der Provinz Euphratensis, wonach Tiertransporte in Hierapolis häufig drei oder
VIer Monate anstatt der vorgesehenen sieben bis acht Tage Station gemacht und 1 10 Wenn nun aber aus Steuern dabei unerträgliche Kosten verursacht hätten. gewonnene
Mittel
reichsweit
für
solche
Transporte
und
Bereitstellungen
verwendet werden mußten, konnte sich dies zu einer ernsthaften finanziellen Belastung auswachsen. Dieser Sachverhalt führt uns zurück zu den ökonomischen Aspekten der
venationes,
die in der Forschung bisher nur angedeutet worden sind. In ihnen
scheint mir der Schlüssel zum Verständnis der Maßnahme 106 1 07
zu
liegen:
AB 1 967, 549. Magenus hat diesen Betrag dann aber wohl großzügig verdoppelt, vgl. Dunbabin 1 9 7 8, 68. Dazu s. Bomgardner 2002, 2 1 4 ff, bes. 2 1 6 : "The destruction of habitat for
agricultural exploitation, ehe widespread performance of venationes in the amphI
theatres of North Mrica, the export of animals for the arenas of the empire and the organised hunting of animals by the aristocracy aIl contributed to the shortage o f supply that began
to
make themselves feit b y the late thtrd century AD. The price o f
big cats, a s revealed i n DiocletJan's Maximum Price Edict [ . . . ] , was astronomical by 108 1 09 11 0
the end o f the thIrd century AD [ . .
.
} ".
Ed. Diocl. 34,1a-2 (ed. S. Lauffer, Diokletians PreIsedikt, Berlin 1 9 7 1 , p. 193). Vgl. Jennison 1 9 37, 95ff. (mit den Belegen), 140ff.; Petit 1955, 1 3 6ff.; llebeschuetz 1 972, 1 4 1 ff.; Liebeschuetz 1983, 25 5ff. Cod. Theod. 1 5, 1 1 ,2, mIt Jen nison 1937, 1 5 1 f.; Bomgardner 2002, 2 1 3 .
Mlscha l'vfeier
226
Im Jahr 498 hatte Anastasios im gesamten Römischen Reich die seit Konstantin zu entrichtende ,Handels- und Gewerbesteuer', das sogenannte
Chrysm;gyron
abgeschafft. Dieser Schritt wird in der Überlieferung einhellig l 1 als besonders populäre und wirkungsvolle Maßnahme gefeiert; l in Edessa soll
(collatio lustra/is),
es Josua Stylites zufolge sogar zur Einrichtung eines in j ährlichem Turnus 11 stattfindenden Freudenfestes gekommen sein. 2 Der Kaiser verfolgte mit dIeser einschneidenden ftnanzpoliuschen Maßnahme wahrscheinlich verschie dene
Intenuonen,
insbesondere eine Belebung von Handel und Gewerbe, aber
sicherlich auch einen Popularitätszuwachs. Freilich bedeutete die Maßnahme für die Einkünfte des emmal
zu
Imperium Romanum einen schweren Rückschlag,
den es erst
verkraften galt. Wir können die Ausv.,-jrkungen der Abschaffung des
Chrystl1lfJron
heute nicht mehr quantifizieren, aber sie m ü ssen beträchtlich
gewesen sein. Josua Stylites nennt allein für Edessa einen Be trag von 140 1 Goldpfund für vier Jahre. 1 3 O b man dies nun konsequent für alle Städte d es
Imperium Romanum hochrechnen will
bzw. kann oder nicht - d i e sich aus diesem
Wert ergebenden Belas tungen für das O s trömische Reich müssen in j edem Fall . . 4 Immens gewesen sem. 1 1 Anastasios versuchte mit unterschiedlichen Maßnahmen die durch den
Fortfall des Chrysatg;ron entstandenen Verluste aufzufangen, insbesondere 15 durch die Münzreform des Jahres 498, 1 ferner durch eine forcierte adaeratio 1 6 1 der Naturalabgaben, durch Umorganisationsmaßnahmen in der Finanzadmi-
111
Cod. lust. 1 1 , 1 ,1 ;
J05. Styl.
31 p. 51 Luther; Prok. Ga?. pan. 13; PrisClan. 149-1 6 1 ;
Theod. Anagn. 553 p . 1 56, 1 5 f. Hamen; Theopb. a.m. 5993 p.
I
1 43,1 7L d e Boor;
loh. Mal. 1 6 , 7 p. 325,26-29 Thum; Euagr. HE. 3,39; KyrilI. Sk yth. v. Sabae p.
1 4 5 , 1 4 - 1 8 Schwartz; Kedren. 6 2 7 , PG 1 2 1 ,6 8 1 D-684A; Zon. 1 4,3,1 1 . Weitere Belege
bel Delmaire 1 989, 372, Anm. 52. Zum Datierungsproblem s. Nöldeke 1 904, 1 35 ; Karayannopulos 1 958, 1 3 6 ; Delmaire 1 989, 3 7 2 ; Luther 1 997, 1 66, Anm. 252; 1 12
Haarer 2006, 1 94, Anm. 5 1 . J os. Styl. 3 1 p . 5 1 Luther: "Es freute sich die ganze Stadt, und alle (Bürger] kleIdeten sich
111
weiße Gewänder, adlige wie eInfache Leute, und trugen Kerzen, die
leuchteten, und Räucherwaren,
die
\Vohlgeruch verbreiteren, und gingen unter
Psalmengesimgen und Hymnen, Indem sie Gott lobten un d den Kaiser priesen,
hinaus zur Kirche des Sergius und des Simeon, feierten dort Abendmahl, betraten lwieder] dIe Stadt und veranstalteten ein Fest der Freud e und der Wohlgerüche die ganze Woche lang. Sie beschlossen, daß sie d ieses Fest alljährlich begehen würden. Alle Handwerker ruhten sich aus und freuten sich, badeten und lagen i n der Halle 1 13 1 14 1 15
1 16
der Kirche und
111
allen Portiken der Stadt".
J os. Styl. 31 p . 51 Luther. Zur Diskussion
s.
Karayannopulos 1 958, 1 3 1 ; Delmaire 1 9 8 9 , 3 7 1 ff.; Haarer 2006,
1 95 f. l\f etcalf 1 969; Hahn 1 973, 22ff�
Haarer 2006, 1 99 ff.
Hendy 1 98 5 , 4 7 5 ff.;
Haarer 2006, 202ff.
nisttation (Einführung des
227
venationes durch AnastaslOs
Dle Abschaf fang der
comes sam patrz"monit),1 17
aber auch durch kurzfristige 1 I8 Trotz allem dürfte die
Ausgleichszahlungen aus seinem eigenen Vermögen. Haushaltslage
zunächst
Anastasios wird jeden
einmal
ausgesprochen
solidus benötigt
angespannt
gewesen
sein;
haben, und nicht ohne Grund wurde sein
unter anderem daraus resultierender vermeintlicher Geiz rasch sprichwörtJich I I9 und zum Gegenstand von Spöttereien. Daß die Abschaffung der venationes au sgerechnet in das J ahr
499 fillt, also in diejenige Phase, in der die Finanz
situation ohne Zweifel am schwierigsten gewesen ist, verwundert vor diesem
Hintergrund nicht mehr. Ein bisher noch überhaupt nicht bemerktes Indiz für einen engen Zusammenhang zwischen der Abschaffung des
Chrysargyron
und
dem Verbot der Tierhatzen i s t in der Tatsache zu sehen, daß Theodoros Anagnostes beide Maßnahmen sogar in einem Satz erwähnt und damit einen !20 inhaltlichen Konnex suggeriert. Mit der Abschaffung der ungemein teuren
Tierhatzen im gesamten Reich mußte es zu einer spürbaren Erleichterung der angespannten Lage kommen. Erst als der gef:ihrlichs te Finanzengpaß über
wunden war, d.h. als die flankierenden Maßnahmen zu greifen begannen,
konnte die Regierung sich wieder großzügigere Ausgaben leisten. Daß es zu
einer solchen merklichen Entspannung gekommen sein muß, resultiert bereits
aus der Tatsache, daß der Kaiser bei seinem Tod die größten Finanzreserven,
rue ein Kaiser bis dahin zusammengespart hatte, überhaupt hinterließ: 320.000 I 21 Goidpfund - und dies trotz eines kostspieligen Perserkrieges (502-506), trotz
groß
angelegter
Bauprojekte wie der Langen Mauern vor Konstantinopel, der
Grenzfesrung Dara oder mehrerer Donaubefestigungen,
sowie spürbarer
Finanzhilfen für Städte, die durch Krieg oder Naturkatastrophen gelitten 1 22 hatten. Die finanzielle Situation des Reiches muß sich also nach 498/499
deutlich erholt haben - und in diesem Umstand dürfte die Ursache dafür zu
sehen sein, daß Tierhatzen bereits wenige J ahre nach ihrem Verbot wieder stattfinden konnten. Die Finanzkrise war offenbar überwunden, es konnten 1 17 118
1 19
D azu Brandes 2002, 1 8 ff� bes. 38 f. loh. Mal. 1 6 , 7 p. 325,26-29 Thum. Z ur Sparsamkeit bzw. zum ,Geiz' des AnastaslOs vgl. Cod. lust. 2,7,25; loh. Mal.
1 6,20 p. 335,46 Thurn; Chron. Pasch. p. 1 6 1 0 , 1 4 Dindorf; Baalbek-Orakel p. 1 9, 1 6 8
(ed. P J . Alexander, The Orade o f Baalbek. The Tiburtine Sibyl i n Greek Dress, Washington 1 96 7) ; Joh. Lyd. mag. 3,46; Anth. Graec. 1 1 ,270f.; Ioann. Antioch. frg. 312
p.
542
Roberto.
AufschlußreICh 1st auch
sem Verhalten während der
sogenannten Hungerkrise in der Osrhoene in den Jahren 500-502, vgl. Wiemer 1 20 1 21 1 22
2006, 258ff., bes. 276ff.
Theod. Anagn. 553 p. 1 56,1 5 Hansen
(AvacrTa.� avrorew Tb XPIJ
K\J\llyl
VgL Stein 1 949 11968), 1 92f.
Mischa Meier
228
wieder größere Mittel in die Belustigungen der Massen investiert werden, und entgegen der These Alan Camerons dürfte wohl gerade die erneute Erlaubnis der Tierhatzen auch Spannungen und Konfliktpotenziale bereinigt haben anders als das Vorgehen gegen populäre Veranstaltungen, d as eher Unmut und Aggressionen erzeugt haben dürfte, wie Papst Gelasius' Bemerkung ja auch nahelegt (siehe oben) . Die
venationes
wurden also
im
Jahr 499 nicht deshalb abgeschafft, weil
Anastasios die Aktivitäten der ,Zirkusgruppen' auf den Hippodrom beschrän ken und damit Krawalle und Aufstände verhindern wollte, ebenso wie christlich-humanitäre bzw.
religiöse Motive nirgendwo als vordergründige
Triebkräfte erkennbar sind; das Verbot galt auch keineswegs nur für den Sonderfall der
damnatio ad bestias oder
ausschließlich für die besonders blutigen
Tierspektakel. Vielmehr scheint es sich in erster Linie schlichtweg um eine finanzpolitische Maßnahme gehandelt zu haben, die temporär den Fortfall des
Chrysa7)!J1Vn
ausgleichen sollte und nach der S tabilisierung der finanziellen Ver
hältnisse wieder zurückgenommen werden konnte. Für den Sonderfall Kon s tantinopels mag dabei noch der Gedanke eine Rolle gespielt haben, daß eine mit dem Verbot der
venationes einhergehende
stärkere Zentrierung der
spectacH/a
auf den Hippodrom die Rolle des Kaisers als Hauptakteur im ,Zentrum des
Kosmos' noch einmal in besonderer Weise akzentuiert und die Bedeutung des Hippodroms als Instrument zur Festigung von Herrschaft hätte manifest wer den lassen. Doch angesichts der pragmatischen Bereitschaft d e s Anastasios, d a s Verbot d e r Tierhatzen nach kurzer Zeit wieder zurückzunehmen, kann e s sich dabei tatsächlich lediglich um einen Hintergedanken, nicht aber um die haupt sächliche Intention der Maßnahme gehandelt haben. Anastasios wird sich d es Potenzials einer noch weiteren Stilisierung und Zelebrierung der Zirkussymbo lik im Sinne herrscherlicher Selbstdarstellung ohne Zweifel bewußt gewesen sein - doch er war zugleich auch ein ausgesprochen geschickter Pragmatiker in Machtfragen, der in der Regel wußte, wie weit er gehen konnte, ohne allzu unkalkulierbare Risiken einzugehen.
i23
123
Dies zeigen in besonders eindrückhcher Weise seine Verhaltensweisen im Kontext des Staurotheis-Aufstandes, vgl. dazu Meier 2007.
Die Abschaffung der venationeJ durch Anastasios
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Register Abendmahl 226 Achä.tscher Bund 96f. Acoum, Schlacht bei 1 4 1 , 1 50
Anstonikos (Eumenes m.) 94f. Artemis Leukophryene, s. Leukophryena Artemis Ortma (Sparta) 6 1 , 76 Arval en , .fratres A roales 25, 1 46, 1 50f.,
1 77
advenms
Ägypten
1 5f., 26, 34, 39, 84, 141 , 1 77,
1 79, 207
Aeneas 118 Agasikles, Thebaner
7 1 , 73 f.
Agon 3 1 , 56f., 60, 7 5f., 86, 89, Agriollia (Orchomenos) 59, 7 3 Arenzählung, Ärendarierung
60-63, 65-68, 72-74, 78
95 1 41 f.,
1 47-1 49
Aigina, Aigineten Aioler
72
73f.
Athena Iton.ia (Koroneia) Attalos III. 94
Augustalia
1 5 1 , 1 5 3 , 1 56
Augustus (OctaVllln )
66
38-42 , 84, 1 4 1 -
1 60, 1 69 - 1 71 , 1 73, 1 76, 190, 2 1 5
28, 30, 35, 58-60, 72, 75f.,
Aitiologie
1 54-156, 1 59, 1 7 3
Assman n, Jan 1 0, 1 5f., 22, 26, 57E. Astronomie, s. Gestirne Athen, Athener 24, 29f., 32, 55-58,
78, 1 1 1 - 1 1 4, 1 1 6 f., 1 1 9f., 1 23-1 27,
1 80, 1 82
Aurelian (Kaiser)
1 42
aureum saeculum
1 29, 1 31 , 2 1 4
Alexander Severus (Kaiser) 4 1 , 1 79 Alexandreia (Ägypten) 34, 84, 1 4 1 , 1 50f.
Alkohol, s. Wein Amazonen 90 Amphiareion 55 Anastasios I. (Kaiser)
203-2 1 2, 222E.,
226-228
41 (, 1 4 1 , 1 49-1 5 1 ,
Caesar, C. IuJius
1 53f., 1 5 6 - 1 5 9 , 1 84 - 1 8 7, 1 89 - 1 9 1
30
Anthologia Latina 65, 2 1 3 Antiochos IH. 91 Antiquare, antiquansche Literatur
29,
85, 1 1 2, 1 1 6-1 1 8, 1 29 f., 1 4 1 , 1 97
Antoninus Pius (Kruser)
42, 1 73, 175,
1 85
Antonius, M.
84, 1 5 1 , 153, 1 6 0
Apatouria (Athen)
203f.
30, 57, 97-
1 00
Allthestherza
55, 58f.,
62, 68f., 72-75
Brytai (Konstantinopel)
Andania, Mysterien von
57
ApolIon 29, 64, 70, 84, 86-8 8 , 9 7 f. ApolIon I smenios 70, 7 2 Apotheose 1 22f.
Alli Paas
BabyIon 84 Bankett, s. Festmahl Bargylia 84, 94-96 BeUerophontes 95 Bloch, Marc 11 Boiouen, Boiotischer Bund
1 52
Argos 98, 2 1 2 Aristeldes, Athener 6 1 , 66-67 Aristomenes, Messenier 99f..
Caligula (Kaiser) 1 58f. Camillus, L Furius 1 1 1, 124 Caracalla (Kaiser) 1 77 , 1 79 Carausius (Kaiser) 1 80 , 1 82f. Cassiodor 2 1 0 , 2 1 4f., 2 1 7 Chöre, Chorlieder 56f., 70, 75-77, 92, 1 17, 226
Christen, Christenverfolgung
12, 20,
26f., 29, 42, 1 28, 1 84, 1 87 - 1 9 7 , 204f, 2 1 6 , 2 28
circus maxtfnus
36
Claudius (KalSer)
commentarii
42, 1 58 , 1 73
1 54f.
Commodus (Kaiser)
42, 1 7 3 , 1 8 0
234
RegIster
Constantln der Große
167-169, 1 82,
1 87-194, 226
Constantinus 11. (Kaiser)
1 89, 1 94
36
Consualia
91 142, 1 52 Crispus (Kaiser) 1 89 cultural turn 28 Cumae 153 Cornelius Scipio, L.
Euphemios, Patriarch
Jabulac praetextae Fackelzuge
97
Damostratos, Spartaner
69-74,
76 34
dea Roma Delphi
1 80
64, 83, 86-88
Pythien
86
Dldyma, Dztfymeia
86, 88
dzes dies atrz, dies Alliensis 35, 157 diesJasti / nejasti 35 dies impem 1 67, 172, 1 77, 183, 1 96 dies natales 1 55, 1 59
1 80, 1 83-187,
Diocletian (Kaiser)
225 DilJr!Ysia (Athen)
56, 76
DlOnysos Aisy mnetes (Patrai)
59
207f.
DIptychen
Domitian (Kaiser)
147, 173
Donativ, s. Geschenke Durkheim, Emile Eid
10, 1 9 f., 24, 26
57
Eisiteria
9 1 -93
Elagabal (Kaiser)
77
129f.
56
70, 72
GaUienus (Kaiser)
56, 1 00 30, 6 1 f., 66f.
Emotionalität, Emotionstiefe
GaUler, GalJiersturm
10, 75-
78, 1 14, 1 2 1 55-57, 59, 6 1 , 67, 7 1 f., 7477 EphebeneId (Athen) 56 Ephesos 25, 40f., 90 Epipharue 90, 95, 1 2 1 f. Epheben
77
25, 35f., 38, 1 4 1 - 1 43, 149-157, 1 60, 173 FastiAmiterni 146, 1 5 1 , 157 FartiAntzates (minores, maiores) 35, 1 53 Fastz Maffiiani 144f., 150-156 143f., 146, 1 5 1 Fasti Praenestini 1 54, 1 5 6f., 1 60 Fausttna 42 FeIertag, Festtag (5. auch Jerzae) 35, 57, 91-93, 1 4 1 - 1 43, 145f., 1 50f., 153-155, 157f., 160, 1 83, 1 93 Ferialia (Festkalender) 25f., 29, 32f., 36, 38-40, 42, 57-59, 68, 78, 83, 85, 141-160, 1 7 5 Feriale Cumanum 1 5 1 - 1 53, 160 Ferzale Duranum 41, 1 58, 1 60, 1 75 jerzae 1 42f., 1 5 1 , 1 5 5- 1 57 Festmahl 57f., 69, 77, 98, 1 09, 1 14, 177, 1 81 , 1 85, 1 93 Flaccus, M. VertlUS 144, 1 52, 1 57 FleIsch 96 Forum Romanum 1 86 Freud, Sigmund 19 Frisuren 99 Fußball 1 14 Galaxion
181
Eleusis, Eleusznza
Eleutherza
,
180
Elaphebolza (Hyampolis) Elephanten
20 Q
Fasti ( 5. auch Kalender, Ovid)
58 40
Daphnephorien, daphnephoros
Decius (Karser)
56, 83 1 19 EtymologIe 58, 126
Etrusker
exempla maiorum, exempla virtuiis
corona civica
Dazdala (BOlOtlen) damnatio memoriae
Ennnerungsort, s. heu de memoire ErzIehung
179-1 82, 1 85 87, 1 19, 1 24f.,
1 57, 1 67, 2 1 6 40, 57f., 75, 92 Gedächtnis 9-12, 14, 1 7f., 23, 40, 1 00 kollektives 1 1 -17, 4 1 , 59, 1 1 5 kommunikatIVes 15 kulturelles, sozIales 1 0, 12, 1517, 22
Gebet
235
Regtster
1 0-12 23, 27, 30, 33, 35, 38, 60, 99, 1 0 1 , 143, 145, 1 59 GelaslUs I. (Papst) 2 1 1 , 228 Gelübde, vota 42, 170-178, 180, 1 82f., 1 86f., 1 90f., 1 94 -196, 1 9 8 Gedachtnistheorie
Quinguennallen
Gedenktage
1 89, 194, 1 96
Gesang, Sänger, s. Chöre, Chorlieder
64, 145, 177, 177, 1 8 1 , 1 89, 1 9 1-1 93, 1 95, 197 Gestirne (s. auch Kosmos) 70, 90, 1 1 0, 1 13, 123, 213-215, 219 Geschenke
Gewand, s. Tracht
1 1 5,
Gladiatoren, Gladiatorenspiele
173, 1 81 , 205
42, 173f. 1 0-12, 1 6 Hannibal 1 1 4, 1 1 9 HeilIge Gesetze (hieroi nomoz) 85, 98 Helios 21 8f. Hellenenbund 6 1 , 63-66, 69 Herakleia erheben) 75f. Hadrian (Kaiser)
Heroen, s. Gründerheroen Herrscherkult (s. auch Kaiserfeste)
33f.
38, 1 1 0 1 00
Hippodrom (Konstantinopel)
42,
203-228 13
Hyakinthia (Sparta)
195 57
Initiation, Initiationsritus
24, 56f., 72,
74, 77, 98 Isthmos, Isthmien
83, 64
1 1 0, 2 1 2-216 1 42 Josua Stylites 203, 205, 224, 226 Jubilarfeiem 42, 1 67-198 Decennahen 167, 1 7 1 - 174, 1 77, 179-184, 1 86, 1 88, 190f., 1 93f.
Jahreszeiten
Janus, Janusbogen
25, 36, 40-42, 147, 175 23f., 35f., 38f., 1 1 0, 1 1 3, 129, 131, 141-145, 147, 150-160, 1 75, 179, 197 Kalenderreform 3 8 , 141 Kapitol 145, 149, 1 70, 173, 1 75, 1 8l E. , 1 86, 1 90 Karneza (Sparta) 30, 57, 97 Karneval 19 Kelten 87 Kirche 217, 226 Kirke 215 Kleidung, s. Tracht kollektive Identität Kommunikation
25, 30, 1 1 6 42, 1 68f., 2 1Of.,
2 1 7, 222f.
Hierophanten
Honorius (Kaiser)
Vicennalien
Kalender
Halbwachs, Maurice
Holocaust
1 9 1 , 1 95, 1 9 7 1 6 7 , 1 73f., 1 79, 1 841 90, 1 93, 197 Julian Apostata (Kaiser) 194 Juden, Judentum 16 1 70, 1 82, Jupiter Optimus Maximus 190 1 92, 216 Justin 1 1 . (Kaiser) 197, 207-209, Justinian I. (Kaiser) 216, 222f. Tricennalien
Kaiserfeste (s. auch Herrscherkult)
62, 66f., 76, 89 Grimm, Gebrüder 1 1 1 f. Gründerheroen 28, 59 Gründungsmythos 59, 78 Gymnopaidiai (Sparta) 56f., 76
Grab, Grabstein
Hierarchie
1 82-1 84, 187-
143, 1 46, 148, 1 54 42, 1 68, 1 9 1 , 1 94, 196, 203-205, 209f., 216, 223f., 227f. Konstantinos Tzouroukkas 204 Korinth 65 Koronela, Schlacht von 73f. Kosmos 16, 42, 2 1 1-224, 228 Kränze, Siegeskränze 55, 57, 62, 73, 1 75, 177 Kreta 58, 88 Kultbild 75, 90 Kyme 90
Kompitalkult
Konstantinopel
Landbegehungszeremonie
lapzs niger
Laren, Larenkult Iares Aliglisti Latiner
58, 72, 74
1 2 1 f.
124
146-149, 160 39, 145
236
Register
LegItImation 63, 72, 1 76, 1 7 8, 1 80, 1 87, 1 9 8 Leonidas, Spartaner 60 Leukippos von Magnesia 88f. ullkophryena (Magnesia) 30, 86-94 LIeder, s. Chöre, Chorlieder lieu de memoire 9 - 1 8, 22-27, 30f., 34-36, 38f., 57-68, 75f., 99-102, 1 20, 1 24, 127, 1 30-132, 1 42 f., 1 47f., 1 5 1 , 1 53f., 1 59 , 192, 1 97f., 217 Lorbeer 70-72, 1 52 ludi (s. auch Gladiatorenspiele, Toten feier) 36f" 42, 74, 1 1 4f., 1 1 7, 1 28, 130, 1 50, 1 5 7, 1 73f., 1 77, 1 81 , 1 85 , 1 9 1 -193, 1 97, 2 1 6 Iudi Apo/lznares 1 1 3, 1 29f. ludi Compitalicii 146 11It5 F/orales 1 1 3, 1 30 ludi Mega/mses 1 1 3 , 1 30, 1 5 7 ludi Plebei 36 ludi Romani 37, 1 1 4 ludi saeculares 143 ludi Victoriae, s . Siegesfest Saillma/ia 1 9, 1 50 biperci, Lnpercan:a 1 1 5 f., 1 29 Märtyrer 26, 42 Magna Mater 1 30, 1 57 Magnesia am Mäander, Magneten 30, 84, 86-94 Malalas, Johannes 2 1 8, 221 -223 Marathon, Schlacht bei 55, 60f., 63, 75 Marathon, Polyandreion 75 Marciana 42 42, 1 26 , 1 73f., Mark Aurel (Kaiser) 178 Mars 36, 21 2f. Marsfeld (Rom) 109f., 1 20-1 22, 1 25127, 1 4 5 Matidia 42 Maxentius (Kaiser) 1 67, 1 85-1 88 MaximlarJ (Kaiser) 1 68f., 1 83- 1 86 Megalopolis 87 Megara 66f., 75, 78
Messeruen, Messene 30, 84, 96-101 Messerusche Kriege 96-100 Milch 62 Milet, Milesier 86, 89, 91 Minyas von Orchomenos 5Sf. Mond, s. Gestirne Monument, Bogenmonument 1 4, 1 6 , 25, 3 1 , 5 8 , 64-66, 89, 1 59, 1 86 , 1 88, 1 93 Münzen, Münzprägung 66, 89f., 94, 1 68, 1 73 , 1 75-177, 1 79 - 1 9 8 , 226 Mummius, L. 97 Myrte, Myrtenzweige 62 Mysterien, Mysterienkul t 96-101 Nemea, Nemeen 83 Nero (Kaiser) 1 59 , 1 73, 1 75 Nerva (Kaiser) 42, 1 58 N euj ahrsgeschenke, s. Geschenke Nlkala, Konzil von 1 90 Nikomedeia 1 67, 1 84f. , 1 90 Nonae Caprotinae 1 09f., 124- 1 3 1 l\.:ora, Plerre 1 3 f. Octavian, s. Augustus Oinomaos von Elis 2 1 4-216, 2 1 8f. Olive, Olivenzweig, Olivenöl 62, 70 64, 73, Olympia, Olympische Spiele 83, 2 1 4 Onchestos 72f. Opfer, Opfertiere 28, 38, 55-59, 62, 66f. , 75-77, 89f., 92f., 95, 98, 1 09f., 1 12, 1 1 4, 1 1 9f., 1 26, 142, 1 52-1 55, 1 70, 1 74f., 1 8 1 , 1 86, 1 88 , 1 90f., 1 94 , 204, 222 Orakel 87f., 98, 1 12, 220, 227 Orchomenos 5 8 f., 73 Oropos 55 Oschophoria (Athen) 56 Ovid 36, 1 1 2f., 122, 1 25, 1 57 Päane, s. Chöre, Chorlieder Pagondas, Thebaner 71 Panathenäen 32, 56, 76 Pantomrnn en 203-207, 209 , 223 Pmparonia (Argos) 57 paterpatriae 1 5 1
RegIster Pausanias (spartanischer König) 64, 67f., 72, CJ7, 99f. Pedius, Q. 1 49f. Pelasger 72 Peloponnesischer Krieg 69 Pelops 2 1 4, 2 1 9 Penaten 1 1 8 1 7, 60f. , 63, 65Perser, Perserknege 67, 69-74, 78, 2 1 8 , 227 Pet-tinax (Kaiser) 42, 174, 1 80 Phalanx 5 6 Phdipp V . 9 4 Pharaonen 39 Philosophenschulen 5 5 Philoris 1 24-12 9 Phokis 77, 8 7 Pindar 71, 7 5 Plataial, Platroer 30f., 60-69, 7 5 , 78 Platala� Schlacht bei 60, 63f., 66 Platon 28f. Plutarch 6 1 f., 65-68, 1 09, 1 20-127 Polybios 2 8, 84, 95 pompa, s . Prozession Pompeius 1 20, 156, 1 5 9 Pontifex maximus 1 43 109-132 Poplifogja Porfyrius, Publilius Optatianus 1 93 1 8 l f. Postumus (Klüser) Probus (Kaiser) 1 80, 1 82f. 1 1 2, Prophezeiung (s. auch Orakel) 1 1 4, 2 1 8 Provinz en 25, 3 9-41 , 1 4 1 f., 1 7 9 , 1 90 24f., 3 1 , 37f., 40, 56-59, Prozession 62, 66f., 70-72, 75, 77, 84, 88f., 92, 95f., 98f., 1 09, 1 14f., 125, 1 8 1 , 1 97 Ptolemäer 34, 84 62, 99 Purpur Fyanopsia (Athen) 5 8 Pydllen, s. DelphI Regenzauber 11 0 Rinder, Stiere Rindermast 95f. Stemmen der funder 76 1 0, 1 7, 20, 23-25, 33, 37, 56Ritual 59, 67, 72, 75-77, 1 09f., 1 1 5 f. , 1 1 9, 1 2 1 , 124-1 29, 1 3 l f., 1 68f., 1 7 2, 176 Inversionsritual 1 1 0
237 Romulus (Romos) 1 1 1 , 120-124, 126, 1 28, 132, 212, 2 1 5(, 21 8-222 Sabinerinnen, Raub der 36, 2 1 5, 220, 222 Salamis, Schlacht bei 56, 60, 63 Salben 62 Schauspieler 1 81 64f., 1 8 1 , Schlangensäule (Delphi) 220 Schminke 99 Schmuck 66, 70, 73, 77, 94, 99, 1 5 4 Schriftlichkeit 9, 1 6, 26, 32, 1 1 1- 1 1 4, 117 Semantik 84, 1 6 9 35, 39, 1 1 4, 1 1 7Senat, Senatoren 124, 1 30, 1 4 1 , 1 43f., 1 5 1 f. , 1 56, 1 59, 1 77-179, 1 8 1 , 1 85, 1 88, 1 93, 195, 220 1 85, 1 93, Septimius Severus (Kaiser) 216 Seuchen 1 1 4 Sex 1 1 0, 1 24 30, 42, Siegesfest (s. auch EJeutheria) 60, 66f., 77, 1 1 4, 1 4 1 , 1 50, 1 56-1 5 8 9f� 1 5, 17, 2 1 , 23, 29, 3 1 , 35, Sinn 37, 56-60, 72, 78, 99, 102, 1 1 0, 1 1 5, 1 1 8, 1 21 , 1 27-1 29, 1 32, 1 74, 1 7 8, 1 83, 1 96f., 203-205, 207, 2 1 4, 221 , 228 Sinope 90 Sklaven, Sklaverei 62, 92, 109f., 124127, 1 30 , 1 50, 1 79 Smyrna 90 soziale Kohärenz 26f. Soziozentrismus (innate sociocentrism) 78 29, 56f� 62-68, 76, Sparta, Spartaner 96f., 99f. Speisung, s. Festmahl Spenden, s. Geschenke Spiele, s. Indi 1 7, 58, 64f., 90Statue, Kultstatue 95, 97, 1 2 1 , 145f. Sulla, L. Cornelius 1 58f. Symbolik, symbolische Handlung 14f., 2 1 , 25, 3 1 , 4 1 , 59, 70, 74, 76, 169, 1 7 6, 2 1 1 -2 1 7
238 Symmachus
Register
195, 225
Syssition, s. Festmahl
Tacitus (Kaiser) 1 82 Tanz, Tänzer (s. auch Waffentanz) 29, 73, 77, 1 1 7 Tegea, Tegeaten 66 Tetrarcllle 183-187 Theater, Theateraufführungen 1 14, 1 1 6f., 129f., 1 56, 203, 206, 210, 223f. Theben, Thebaner 68-70, 72-74, 76, 78, 87 Theoderlch der Große 1 97, 2 1 4f., 217 Theodosius 1 1 (Kaiser) 1 95f. Thermopylen, Schlacht bei den 60f., 63, 69, 76 Theseus, Theseia 30, 58, 76 Thesmuphoria 30 Thessalien 69, 88 Tiberius (K.aiser) 89, 155, 157, 1 7 1 f., 1 74, 1 97 Tierhatz, s. venationes Totengedenken, Totenfeier 58, 60, 62, 67-69, 75, 1 10, 1 58 Tracht 7 1 , 99, 1 24, 1 8 1 , 2 1 8 Gewänder 57, 62, 70-72, 9 1 , 94, 1 10, 1 16, 1 97, 218, 226 Trajan (Kaiser) 42, 148, 1 58, 1 73 Triumph, Triumphzug 37, 1 1 5, 142, 1 77f., 1 83-186, 1 93, 195, 1 97f.
Troja, Trojrullscher Krieg 63f., 88, 1 1 8 TropalOfI 62f.
56, 60,
Varro, M. Terentius 109, f1-8f., 1291 3 1 , 1 41 , 222 venationes 1 1 4, 203-228 Vermögensklassen 38 Vibius Salutarls 25 vinls 39, 143, 145-150, 1 54f., 160 Volcanal 1 2 1 f. vota, s. Gelubde Waffen Tanz 56f., 76 Training 55f. Wagenrennen 1 14, 1 32, 204, 206, 208, 2 12-214, 2 16f., 2 19-221, 223 Weihnachten, WeIhnachtsfest 26 Wem, Weingenuß 62, 1 24, 2 1 8 Zeus 58, 62, 66, 88, 2 1 5 Zeus EleutherlOs 65f. Zeus Soslpolis 90, 92 Zirkus (s. auch Hippodrom) 25, 37f., 1 16, 1 42, 1 58, 204-207, 209-216, 2 17f., 224, 228 Zirkuspartei 206f., 209f., 2 1 9, 221 Zodtak, Tierkreiszeichen 214f., 219
Über die Herausgeber und Autoren Reck, geboren
Hans
1 969,
1st John MacNaughton Professor und Director o f
C1assical Studies a n der McGill University i n Montreal . Seine Forschungs schwerpunkte liegen in der griechischen Geschichte der klassischen Zeit, der römischen Republik und in der antiken Historiographie. Zur Zeit bereitet er einen R/ackwell
Companion to Ancient Creek Covcrnment vor
und arbeitet, zusam
men mit Peter Funke, an einem Band zu den griechischen Bundesstaaten. Von
2005
bis
2010 war
er IvIitherausgeber des Brill's New J acoby. Seine wichtigsten
Publikationen sind: Polis und Koinon, Stuttgart Die römische Aristokratie und die Anfange des Republik, Berlin
2005;
1 997;
turms
Karriere und Hierarchie.
honomm 12/11.
Die Frühen Römischen Historiker
in der mittleren Herausgegeben,
übersetzt und kommentiert von Hans Beck und Uwe Walter, Darmstadt
2005/2004;
John Buckler und Hans Beck, Central Greece and the Politics of
Power in the Fourth Century BC, Cambridge
2008;
Hans Beck, Peter Scholz,
Uwe Walter (Hgg.), Die Macht der Wenigen. Aristokratische Herrschaftspraxis, Kommunikation und edler Lebensstil in Antike und Früher Neuzeit, München
2008. Ra!fBeht7)Jald,
geboren
1 967,
ist seit
2007
Professor für Alte Geschichte an der
Universität Bayreuth. Studium in Tübingen und Perugia, Promotion in Chem nitz
1 998,
Habilitation in Bamberg
Chemnitz und Bamberg, Oaks,
2005-2007
2003/4
2004,
Wissenschaftlicher Assistent in
Fellow in Byzantine Studies in Dumbarton
Akademis cher Rat an der LMU München. Forschungs
schwerpunkte: Geschichte und Epigraphik Kleinasiens, griechische Historio
graphie und dIe Stadt Rom in der Spätantike. Wichtigste Publikationen: Der Lykische Bund. Untersuchungen
zu
Geschichte und Verfassung, Bonn
2005;
Hellenika von Oxyrhynchos, Darmstadt
Wahrnehmung der Monumente Roms in der Spätantike, Berlin
Matthäus Heil,
geboren
1 960,
ist seit
2006
2000;
Die Stadt als Museum? Die
2009.
Professor für Alte Geschichte
an
der
TU Berlin. Studium der Fächer G eschichte, Deutsch und Griechisch in Würz burg und Marburg, Marburg,
1 992
1 987-1992 Wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Universität 1 993-2006 Wissenschaftlicher Ange
Promotion (Würzburg),
stellter an der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften beim Projekt Projekt,
Prosopographia Imperii Romani, 2002-2006 Arbeitsstellenleiter b ei diesem 2005 Habilitation an der TU Berlin, seit 2006 von der Berlin-Branden
burgischen Akademie der Wissenschaften beurlaubt. Veröffentlichungen: Die
1 997; als Mitautor und Prosopographia Imperii Romani (1998-
orientalische Außenpolitik des Kaisers Nero, München Herausgeber beteiligt an vier Bänden der
2009);
viele Aufsätze in Fachzeitschriften und Sammelbänden, u.a. Sozialer
Herausgeber und Autoren
240
Abstieg: Beredtes Schweigen?, in: W. Eck, M. Heil (Hgg.), Senatores populi Romani, Stuttgart 2005, 295-3 1 2; Der Senat; Der Ritterstand, in: K-P. Johne u.a. (Hgg.), Die Zeit der Soldatenkaiser, Berlin 2008, 7 1 5-736; 737-776.
Mischa Meier,
geboren 1 97 1 , ist seit 20 04 Professor für Alte Geschichte a n der
Universität Tübingen. S tudium der Klassischen Philologie, Geschichte und Pädagogik in Bochum (1 9 9 1 - 1 996), 1 99 8 Promotion i n Bochum; 1 99 9-2004 Wissenschaftlicher As sis tent in Bielefeld, dort 2002 Habilitation, 2004 Ober assistent in Bonn.
Wichtigste Publikationen:
Aristokraten und Damoden.
Untersuchungen zur inneren Entwicklung Spartas im
7.
Jh. v. Chr. und zur
politischen Funktion der Dichtung des Tyrtaios, Stuttgart 1 998; Das andere Zeitalter Justinians. Kontingenzerfahrung und Kontingenzbewältigung im 6. Jahrhundert n. Chr., Göttingen 2003, 2. Auflage 2004; Justinian. Herrschaft, Reich und Religion, München 2004; Richard Wagners
Der Ring des Nibelungen
und die Griechische Antike. Zum Stand der Diskus sion, Göttingen 2005;
Anastasios 1. Die Entstehung des Byzantinischen Reiches, Stuttgart 2009.
Rene Pfeilschifter,
geboren 1 97 1 , ist Wissenschaftlicher Assistent
am
Institut für
Geschichte der ru Dresden. Studium der Alten Geschichte und der Klassi
schen Philologie a n der IMU München, 2006-2008 Feodor Lynen-Forschungs stipendiat an der Pennsylvania State University. Er hat über die römische Griechenlandpolitik um 200 v.Chr. promoviert (Titus Quinctius Flamininu s, Göttingen 2005) und eine Reihe v on Arbeiten zur politischen Kultur der römi schen Republik vorgelegt, u.a. Martin J ehne und Rene Pfeilschifter (Rgg.) , Herrschaft
ohne
Integration? Rom und Italien in republikanischer Zeit,
Frankfurt am Main 2006. Zur Zeit bereitet er ein Buch über die soziopolitische Stellung des spätantiken Kaisers vor.
Hans-Ulrich Wiemer,
geboren 1 96 1 , ist seit 2006 Professor für Alte Geschichte
an der Universität Gießen. Er hat in Marburg und Oxford Geschichte und Klassische Philologie studiert, wurde 1 99 4 promoviert und 2000 habilitiert. Er war 1 99 4-2004 Wis senschaftlicher Assistent, später Hochschuldozent an der Universität Marburg, 2004-2006 Forschungsassistent an der Universität Zürich und 2008/9 Gerda Henkel Fellow an der Brown University. Seine Forschungs
schwerpunkte liegen im Hellenismus und in der Spätantike. Zur Zeit arbeitet er an einer Biographie Theoderichs des Großen und bereitet, mit Stefan Rebenich, einen Band über Johann Gustav Droysen v or. Wichtigste Publikationen: Liba
nios und Julian. Studien zum Verhältnis von Rhetorik und Politik im 4. Jahr
hundert n.Chr., München 1 995; Rhodisehe Traditionen in der hellenistischen Historiographie, Frankfurt
am
Main 200 1 ; Krieg, Handel und Piraterie. Unter
suchungen zur Geschichte des hellenistischen Rhodos, Berlin 2002; Alexander der Große, München 2005; als
Herausgeber:
Staatlichkeit und politisches
Handeln in der römischen Kaiserzeit, Berlin und New Y ork 2006.