Gemeindebezogene Gesundheitsforderung: Eine Fallstudie zu etablierten Konzepten in der landesweiten Umsetzung

Holger Penz Gemeindebezogene Gesundheitsförderung

Holger Penz

Gemeindebezogene Gesundheitsförderung Eine Fallstudie zu etablierten Konzepten in der landesweiten Umsetzung

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über abrufbar.

Gedruckt mit freundlicher Unterstützung der Fachhochschule Kärnten

1. Auflage 2008 Alle Rechte vorbehalten © VS Verlag für Sozialwissenschaften | GWV Fachverlage GmbH, Wiesbaden 2008 Lektorat: Katrin Emmerich / Ingrid Walther VS Verlag für Sozialwissenschaften ist Teil der Fachverlagsgruppe Springer Science+Business Media. www.vs-verlag.de Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften. Umschlaggestaltung: KünkelLopka Medienentwicklung, Heidelberg Druck und buchbinderische Verarbeitung: Krips b.v., Meppel Gedruckt auf säurefreiem und chlorfrei gebleichtem Papier Printed in the Netherlands ISBN 978-3-531-16062-7

Vorwort

Dieses Buch ist der Abschluss eines mehrjährigen Projektes. Hintergrund bilden zwei parallele Entwicklungen, die in der vorliegenden Arbeit zu einer Vereinigung gefunden haben. Auf der einen Seite steht die Einführung eines flächendeckenden Programmes zur Gesundheitsförderung in ländlichen Gemeinden, auf der anderen Seite der Start des Studienganges „Gesundheits- und Pflegemanagement“ der Fachhochschule Kärnten am Standort Feldkirchen. Entsprechend der Zielsetzung, nicht nur als Bildungsinstitution zu fungieren, sondern sich auch in der angewandten Forschung zu etablieren, lag es nahe, die vorliegende Studie zu initiieren. Dabei wurde das Projekt sowohl vom Studiengang als insbesondere auch vom Amt der Kärntner Landesregierung von Beginn an unterstützt und auch finanziell gefördert. Es trafen sich einerseits die forschungspolitische Zielsetzung des Landes, innovative Studien zu fördern, und andererseits das Interesse des für Gesundheitsförderung zuständigen Teams, Feedback über die bisherige Arbeit und Empfehlungen für den weiteren Ausbau des Programms zu erhalten. Der März 2005 markierte den offiziellen Start des Forschungsprojektes. Die gewonnenen Erkenntnisse bringen hoffentlich interessante Einsichten und tragen dadurch zur langfristigen Weiterentwicklung des Programms „Gesunde Gemeinde“ bei. Mein Dank gilt insbesondere der umfangreichen Unterstützung durch das Gesunde-Gemeinde-Team beim Amt der Kärntner Landesregierung (heute: Verein Gesundheitsland), welches jederzeit für Anfragen und Anliegen zur Verfügung gestanden hat. Besonders hervorgehoben sei hier Franz Wutte, der dies alles ermöglicht hat. Dank gilt überdies Herbert Janig, der mich in der Umsetzung des Projekts stets gefördert hat und mit Rat und Tat zur Seite gestanden hat, sowie Rudolf Forster, der insbesondere in der Anfangsphase des Projekts wertvolle Hinweise zur Durchführung geliefert hat. Wichtige Unterstützung kam auch von Olivia Kada, die stets mit vielen guten Ideen und großem Engagement und Einsatz zum erfolgreichen Gelingen des Projekts beigetragen hat. Vielen Dank dafür! Dank gebührt nicht zuletzt auch meiner Familie, die viel Verständnis für meinen „Rückzug in die Arbeit“ aufgebracht hat.

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Vorwort

Die Arbeit liegt auch als Dissertation an der Universität Klagenfurt vor, wurde für die Publikation aber an etlichen Stellen gekürzt. (Insbesondere der umfangreiche Tabellenteil hätte eine Publikation sonst verunmöglicht.) Sollte der eine oder die andere LeserIn Fragen zu weiteren Details haben, stehe ich gerne zur Korrespondenz zur Verfügung (aktuell am besten unter: [email protected]). Juni 2008

Holger Penz

Inhalt

Abbildungsverzeichnis ....................................................................................... 11 Einleitung............................................................................................................ 13 1 Theoretische Grundlagen .......................................................................... 15 1.1 Gesundheitsförderung...................................................................... 15 1.1.1 Strategien und Handlungsfelder der Gesundheitsförderung ....... 15 1.1.2 Ressourcen versus Kompetenzen – Zielsetzungen der Gesundheitsförderung ................................................................. 19 1.1.3 Der Settings-Ansatz in der Gesundheitsförderung...................... 25 1.1.4 Gemeinden als Settings für Gesundheitsförderung ..................... 27 1.2 Partizipation und Empowerment ..................................................... 33 1.2.1 Teilnehmen und Teilhaben.......................................................... 33 1.2.2 Empowerment als Prozess der Erlangung bzw. Gewährung von Partizipation ......................................................................... 39 1.2.3 Kernelement Power..................................................................... 43 1.3 Modelle zur Darstellung individuellen Gesundheitsverhaltens ....... 46 1.3.1 Das Health-Belief-Modell........................................................... 46 1.3.2 Theorien geplanten Handelns...................................................... 49 1.3.3 Sozialkognitive Theorie des Gesundheitshandelns ..................... 51 1.3.4 Health Action Process Approach ................................................ 53 1.3.5 Transtheoretisches Modell der stufenweisen Veränderung......... 56 1.3.6 Precaution Adoption Process Model........................................... 61 1.4 Community Capacity Building zur kollektiven Gesundheitsförderung...................................................................... 62 2 Evaluation langfristiger Interventionen in der Gesundheitsförderung ...... 74 3 Umsetzung gemeindebezogener Gesundheitsförderung in Österreich...... 79 3.1 Netzwerk Gesunde Städte................................................................ 79 3.2 Gemeindeprogramme in den Bundesländern................................... 80 3.3 Das Kärntner Programm „Gesunde Gemeinde“ .............................. 85 4 Fragestellung und Methodik...................................................................... 90 4.1 Fragestellung ................................................................................... 90 4.2 Eingesetzte Methoden...................................................................... 90 4.2.1 Erhebungsinstrument auf Ebene des Projektteams des Amtes der Kärntner Landesregierung ......................................... 92

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Inhalt 4.2.2

Auswertungsmethode auf Ebene des Projektteams des Amtes der Kärntner Landesregierung ......................................... 94 4.2.3 Entwicklung des Erhebungsinstrumentes und Festlegung des Samples auf Ebene der Gesunden Gemeinden ..................... 96 4.2.4 Auswertungsmethoden zur Arbeitskreisbefragung ................... 101 4.2.5 Entwicklung des Erhebungsinstrumentes und Festlegung des Samples auf Bevölkerungsebene ........................................ 102 4.2.6 Auswertungsmethoden zur Bevölkerungsbefragung................. 105 4.2.7 Analyse der zentralen Dokumentation über die Aktivitäten der Gesunden Gemeinden ......................................................... 105 4.2.8 Zusammenfassung..................................................................... 106 5 Ergebnisse zur Befragung des Teams auf Ebene des Landes Kärnten .... 107 5.1 Programmkonzept.......................................................................... 107 5.1.1 Projektorganisation ................................................................... 107 5.1.2 Zielsetzungen ............................................................................ 108 5.1.3 Zielerreichung........................................................................... 108 5.1.4 Zusatzangebote für Schulen, Kindergärten und Gastwirtschaften ....................................................................... 110 5.1.5 Kritik an der Eingliederung des Programms in eine Abteilung der Kärntner Landesregierung.................................. 111 5.1.6 Weiterführende Interpretation und Diskussion ......................... 112 5.2 Der Weg zur Gesunden Gemeinde ................................................ 113 5.2.1 Weiterführende Interpretation und Diskussion ......................... 116 5.3 Reflexion über die Abläufe in Gesunden Gemeinden.................... 117 5.3.1 Aspekte besonders zufrieden stellend arbeitender Gesunder Gemeinden ................................................................................ 117 5.3.2 Aspekte wenig zufrieden stellend arbeitender Gesunder Gemeinden ................................................................................ 119 5.3.3 Sonstige Aspekte bei der Arbeit in Gesunden Gemeinden ....... 120 5.3.4 Politische Intervention und parteipolitische Wechselwirkungen.................................................................... 122 5.3.5 Weiterführende Interpretation und Diskussion ......................... 123 5.4 Reflexion über ähnliche Programme in Kärnten............................ 126 5.4.1 Weiterführende Interpretation und Diskussion ......................... 127 5.5 Betreuungsleistung und Aufgaben des Landesteams..................... 128 5.5.1 Betreuung und Unterstützung der Gesunden Gemeinden ......... 128 5.5.2 Reflexion über die angebotene Betreuung ................................ 129 5.5.3 Sonstige Aufgaben des Landesteams ........................................ 130 5.5.4 Bewertung der verschiedenen Arbeitsbereiche ......................... 133 5.5.5 Aufgaben der Projektleitung ..................................................... 134

Inhalt

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5.5.6 Reflexion der Teamarbeit.......................................................... 135 5.5.7 Erfolg ........................................................................................ 136 5.5.8 Weiterführende Interpretation und Diskussion ......................... 138 5.6 Entwicklungsperspektiven und Zukunft des Programms............... 142 5.6.1 Weiterführende Interpretation und Diskussion ......................... 144 5.7 Theorie und Praxis der Gesundheitsförderung............................... 145 5.7.1 Weiterführende Interpretation und Diskussion ......................... 149 5.8 Fazit ............................................................................................... 151 6 Ergebnisse zur Bevölkerungsbefragung .................................................. 152 6.1 Detailergebnisse............................................................................. 152 6.1.1 Beschreibung des Samples........................................................ 152 6.1.2 Bekanntheit des Programms...................................................... 154 6.1.3 Bestehende Angebote und deren Inanspruchnahme.................. 156 6.1.4 Wünsche nach Angeboten......................................................... 162 6.1.5 Informationswege ..................................................................... 163 6.1.6 Einstellungen und Beteiligungsinteressen zur gemeindebezogenen Gesundheitsförderung.............................. 165 6.2 Zusammenfassung ......................................................................... 166 6.2.1 Bekanntheit des Programms...................................................... 166 6.2.2 Bestehende Angebote und deren Inanspruchnahme.................. 167 6.2.3 Wünsche nach Angeboten......................................................... 167 6.2.4 Informationswege ..................................................................... 168 6.2.5 Einstellungen und Beteiligungsinteressen zur gemeindebezogenen Gesundheitsförderung.............................. 168 7 Ergebnisse zur Arbeitskreisbefragung..................................................... 169 7.1 Detailergebnisse auf Individualniveau........................................... 169 7.1.1 TeilnehmerInnen an den Arbeitskreisen ................................... 169 7.1.2 Zusammensetzung der Arbeitskreise ........................................ 175 7.1.3 Arbeitsweise.............................................................................. 176 7.1.4 Aktivitäten ................................................................................ 179 7.1.5 Zielgruppen............................................................................... 180 7.1.6 Kriterien zur Maßnahmenumsetzung........................................ 181 7.1.7 Ressourcen der Arbeitskreise.................................................... 184 7.1.8 Zusammenarbeit mit der Betreuerin des Landes....................... 186 7.1.9 Subjektiver Erfolg..................................................................... 189 7.2 Bildung des Index für die Erfolgsbewertung ................................. 189 7.3 Detailergebnisse auf Aggregatdatenniveau.................................... 195 7.3.1 Zusammensetzung der Arbeitskreise ........................................ 195 7.3.2 Arbeitsweise.............................................................................. 199 7.3.3 Aktivitäten ................................................................................ 201

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Inhalt

7.3.4 Zielgruppen............................................................................... 204 7.3.5 Kriterien zur Maßnahmenumsetzung........................................ 207 7.3.6 Ressourcen der Arbeitskreise.................................................... 212 7.3.7 Zusammenarbeit mit der Betreuerin des Landes....................... 217 7.3.8 Subjektiver Erfolg..................................................................... 219 7.4 Analyse zusätzlicher Skalen auf Aggregatdatenniveau ................. 220 7.4.1 Skala „Entscheidungskompetenz“ ............................................ 220 7.4.2 Skala „absolvierte Schritte“ ...................................................... 221 7.4.3 Index zu den Kooperationspartnerschaften ............................... 223 7.4.4 Index „erhaltene Unterstützung“............................................... 224 7.4.5 Zielgruppenindex ...................................................................... 224 7.4.6 Index Zielgruppenkommunikation............................................ 225 7.4.7 Skala zur Bewertung der Zusammenarbeit ............................... 226 7.4.8 Bewertung der Arbeitskreisleitung ........................................... 228 7.4.9 Bewertung der Betreuerin ......................................................... 230 7.5 Zusammenfassung ......................................................................... 232 7.5.1 Feststellung des Gesamterfolges............................................... 232 7.5.2 TeilnehmerInnen an den Arbeitskreisen ................................... 232 7.5.3 Zusammensetzung der Arbeitskreise ........................................ 233 7.5.4 Arbeitsweise.............................................................................. 234 7.5.5 Aktivitäten ................................................................................ 235 7.5.6 Zielgruppen............................................................................... 236 7.5.7 Kriterien zur Maßnahmenumsetzung........................................ 236 7.5.8 Ressourcen der Arbeitskreise.................................................... 237 7.5.9 Zusammenarbeit mit der Betreuerin des Landes....................... 239 7.5.10 Subjektiver Erfolg..................................................................... 239 8 Zusätzliche Berechnungen ...................................................................... 241 9 Gesamtinterpretation ............................................................................... 244 10 Diskussion............................................................................................... 252 Literatur ............................................................................................................ 257

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Mehrebenenmodell der Gesundheitsförderung........................... 18 Abbildung 2: Ressourcen- versus Risikoorientierung in Gesundheitsförderung und Prävention ....................................... 21 Abbildung 3: Die wichtigsten Determinanten der Gesundheit ......................... 22 Abbildung 4: Unterschiedliche Definitionen von „health promotion“ ............. 23 Abbildung 5: Arnsteins "Ladder of Citizen Participation" ............................... 34 Abbildung 6: Die zwölfstufige Leiter der Bürgerbeteiligung nach Trojan....... 37 Abbildung 7: Das Health Belief Modell........................................................... 47 Abbildung 8: Theory of Reasoned Action und Theory of Planned Behavior... 50 Abbildung 9: Health Action Process Approach................................................ 54 Abbildung 10: Veränderungsprozesse im Transtheoretischen Modell der stufenweisen Veränderung ......................................................... 59 Abbildung 11: Precaution Adoption Process Model .......................................... 61 Abbildung 12: Vier Kapitalformen des Community Capital .............................. 71 Abbildung 13: Outcome-Modell der Gesundheitsförderung .............................. 76 Abbildung 14: Qualitätskriterien im Steirischen Programm „Gesunde Gemeinde“.................................................................................. 84 Abbildung 15: Drei Ebenen im Aufbau des Projekts „Gesunde Gemeinde“...... 87 Abbildung 16: Erweiterte Darstellung der Projektebenen .................................. 89 Abbildung 17: Verteilung des Einkommens der privaten Haushalte................ 103 Abbildung 18: Bekanntheit von Anbietern im Bereich Gesundheit ................. 155 Abbildung 19: Den Befragten bekannte Angebote in der eigenen Gemeinde .. 157 Abbildung 20: Teilnahmefrequenz an Angeboten zu Sucht ............................. 159 Abbildung 21: Teilnahmefrequenz an Angeboten zu Konfliktbewältigung ..... 159 Abbildung 22: Teilnahmefrequenz an medizinischen Vorsorgeuntersuchungen.......................................................... 160 Abbildung 23: Teilnahmefrequenz an Angeboten zu Partnerschaft ................. 160 Abbildung 24: Gründe, ein bestehendes Angebot in der eigenen Gemeinde nicht in Anspruch zu nehmen.................................. 161 Abbildung 25: Gewünschte Angebote in der eigenen Gemeinde ..................... 163 Abbildung 26: Wege, über die sich die Befragten zu Angeboten und Veranstaltungen in der eigenen Gemeinde informieren ........... 164

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Abbildungsverzeichnis

Abbildung 27: Einstellung der Befragten zu Gesundheitsinitiativen auf Gemeindeebene ........................................................................ 166 Abbildung 28: Berufe der befragten Arbeitskreismitglieder ............................ 170 Abbildung 29: Funktionen der Arbeitskreismitglieder in der Gemeinde.......... 171 Abbildung 30: Funktionen der Arbeitskreismitglieder im Arbeitskreis ........... 172 Abbildung 31: Wege, auf denen die Befragten in den Arbeitskreis gekommen sind......................................................................... 173 Abbildung 32: Motive zur Mitarbeit im Arbeitskreis ....................................... 174 Abbildung 33: Darstellung des Zusammenhangs von Maßnahmenindex und Logobekanntheit ................................................................ 194 Abbildung 34: Darstellung des Zusammenhangs von Maßnahmenindex und Wissen um die Teilnahme der Gemeinde am Programm „Gesunde Gemeinde“ ............................................. 194 Abbildung 35: Kooperationspartnerschaften der Arbeitskreise........................ 195 Abbildung 36: Von den Arbeitskreisen absolvierte Schritte der Umsetzung des Programms „Gesunde Gemeinde“...................................... 202 Abbildung 37: Bisher vom Arbeitskreis durchgeführte Maßnahmen).............. 203 Abbildung 38: Zielgruppen in den einzelnen Gemeinden ................................ 205 Abbildung 39: Wege der Zielgruppenerreichung ............................................. 207 Abbildung 40: Gründe für die Weiterführung von Maßnahmen durch den Arbeitskreis .............................................................................. 210 Abbildung 41: Entscheidungskompetenzen der Arbeitskreise ......................... 212 Abbildung 42: Unterstützung der Arbeitskreise durch die Gemeinde .............. 215 Abbildung 43: Inanspruchnahme der Unterstützung durch die Betreuerin ...... 217 Abbildung 44: Verteilung des objektiven Ranges einer Gemeinde in Zusammenhang mit dem Anteil an PolitikerInnen im Arbeitskreis .............................................................................. 242 Abbildung 45: Mittlere Ränge der subjektiven Erfolgseinschätzung getrennt nach der Anzahl an speziellen Zielgruppen und dem Anteil an KooperationspartnerInnen im Arbeitskreis ....... 243

Einleitung

Die vorliegende Arbeit stellt das Endergebnis eines zweijährigen Forschungsprojektes dar. In die Untersuchung wurden die Kärntner Gemeindebevölkerung, die Arbeitskreise der Gesunden Gemeinden sowie das zentrale Team beim Amt der Kärntner Landesregierung (heute: Verein Gesundheitsland Kärnten) einbezogen, um eine umfassende Beantwortung der Fragestellung: „Was macht Gesunde Gemeinden erfolgreich?“ zu ermöglichen. Der Bericht ist in folgende Teile gegliedert: In Kapitel 1 werden zunächst die Hintergründe beleuchtet, die generell zur Entstehung und Umsetzung von gemeindebezogener Gesundheitsförderung geführt haben. Dies sind in erster Linie die Ottawa Charta zur Gesundheitsförderung sowie die Auseinandersetzung mit dem Konzept des Empowerments. Darüber hinaus wird auf jene zwei Ebenen eingegangen, die es in der Gesundheitsförderung zu verbinden gilt und die das interdisziplinäre Interesse der Praxis widerspiegeln, nämlich das individuelle Gesundheitsverhalten und die Förderung kollektiver Strukturen zur Stärkung der Gesundheit. Kapitel 2 verweist in Zusammenhang mit der komplexen Materie auf die Notwendigkeit, verschiedenste Forschungsansätze zur Untersuchung gesundheitsförderlicher Aktivitäten miteinander zu verbinden. Kapitel 3 beschreibt die derzeit in Österreich vorherrschenden Ansätze zur Einbindung von Gemeinden und stellt das Kärntner Konzept der „Gesunden Gemeinde“ vor. In Kapitel 4 wird schließlich die Umsetzung der Untersuchung dargestellt. Ab Kapitel 5 werden die einzelnen Ergebnisse dargestellt. Zuerst erfolgt die ausführliche Darstellung der qualitativen Analyse zur Befragung des zentralen Projektteams des Landes Kärnten. Anschließend folgen in Kapitel 6 und 7 die quantitativen Analysen der Bevölkerungs- bzw. der Arbeitskreisbefragung. Diese werden jeweils sowohl in ihren statistischen Details als auch zusammengefasst in ihren Hauptaussagen dargestellt. Kapitel 8 ergänzt um einige wenige zusätzliche Analysen, die sich aus zusätzlichen Datenquellen speisen. Die beiden abschließenden Kapitel (Kapitel 9 und 10) dieser Arbeit bilden die Gesamtinterpretation der Ergebnisse – hier fließen die Resultate aller Befragungen ein – und die daraus abgeleiteten Schlussfolgerungen. Aufgrund des Umfangs enthalten insbesondere die Kapitel zu den quantitativen Analysen zahlreiche Details. Für den/die an einem Gesamtüberblick in-

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Einleitung

teressierten Leser/interessierte Leserin sei somit zunächst die Lektüre der Kapitel zu Gesamtinterpretation und Diskussion bzw. zu den Zusammenfassungen der einzelnen Untersuchungsbereiche empfohlen. Wer an den exakten Resultaten interessiert ist, sei auf die entsprechenden Kapitel mit den Detailergebnissen verwiesen. Die vorliegende Arbeit gibt die zahlreichen Erfahrungen, welche in den letzten Jahren auf den verschiedenen Ebenen gemeindebezogener Gesundheitsförderung in Kärnten gemacht wurden, wieder. Sie legt ausführlich dar, was die besonders erfolgreichen Gesunde-Gemeinde-Arbeitskreise hervorhebt, und klärt darüber auf, wie viel Interesse auf Bevölkerungsebene bereits ausgeschöpft und welches Beteiligungspotential noch vorhanden ist. In der Verknüpfung aller Ebenen zeigt der Bericht, welche Erfahrungen sich zusätzlich mit jenen des Projektteams decken. Dadurch gelingt es, wichtige Empfehlungen abzuleiten, auf denen künftige Gesundheitsförderungsprojekte aufbauen können. Auch wenn manche der Schlussfolgerungen und Empfehlungen nicht grundlegend neu erscheinen mögen, so weisen diese doch den Weg durch eine Unzahl an Möglichkeiten, die sich heute alle in der Gesundheitsförderung zur Umsetzung anbieten. Darüber hinaus haben die gemachten Empfehlungen jedenfalls den unbestreitbaren Vorteil, gänzlich auf empirischen Daten aus einem groß angelegten Gesamtprogramm zu basieren, was auf dieser Ebene nur selten der Fall ist. Die vorliegende Arbeit weist somit den Weg in eine hoffentlich weiterhin erfolgreiche Zukunft der gemeindebezogenen Gesundheitsförderung. Es bleibt mit Spannung zu erwarten, welchen Weg diese künftig nehmen wird, und in welchem Ausmaß diese Studie zur weiteren Gestaltung beitragen konnte.

1 Theoretische Grundlagen

1.1 Gesundheitsförderung 1.1.1 Strategien und Handlungsfelder der Gesundheitsförderung Fragen der Gesundheit und ihrer Erhaltung sind vermutlich so alt wie die Menschheit selbst. Auch die Wissenschaft beschäftigt sich seit Anbeginn mit diesem Thema, und ihre herausragendste Leistung ist die Ausformung moderner medizinischer Anwendungen. Damit einher geht eine zunehmende Ausdifferenzierung, und während anfangs Schamanen und Heiler für eine ganzheitliche Versorgung zuständig waren, gibt es heute für jedes Anliegen den passenden Spezialisten. Unter diesem Blickwinkel erscheint es somit fast unausweichlich, dass sich auch ein eigener wissenschaftlicher Bereich für das Thema „Gesundheitsförderung“ entwickelt hat. Als Höhepunkt der Entwicklung gilt gemeinhin die WHO-Konferenz von Ottawa 1986, in welcher die bis dahin stattgefundenen Entwicklungen auf dem Gebiet zusammengefasst wurden und welche in der berühmt gewordenen „Ottawa Charta zur Gesundheitsförderung“ (WHO 1993) ihren Niederschlag gefunden hat. Aus der Charta entstammt auch jene Formulierung, welche die WHO heute als Definition für Gesundheitsförderung heranzieht: „Gesundheitsförderung zielt auf einen Prozess, allen Menschen ein höheres Maß an Selbstbestimmung über ihre Gesundheit zu ermöglichen und sie damit zur Stärkung ihrer Gesundheit zu befähigen.“ (WHO 1998, S. 1) Mit diesen Worten schafft die Ottawa Charta die Grundlage für die breite Entfaltung des Konzepts in allen möglichen Bereichen unserer Gesellschaft, da sie auch die zur Umsetzung dieses Prozesses notwendigen Strategien und Handlungsfelder vorgibt. Die grundlegenden Strategien umfassen dabei die Aktivitäten „Interessen vertreten“ („advocacy“), „befähigen und ermöglichen“ („enabling“) sowie „vermitteln und vernetzen“ („mediating“). Damit wird zunächst eingefordert, dass Gesundheitsförderung in allen gesundheitlich relevanten Bereichen vertreten bzw. dass in diesen „anwaltschaftlich“ die Anliegen einer Gesundheit erhaltenden Perspektive eingebracht werden (advocacy). Weiters soll mit Blick auf umfassende Chancengleichheit jeder Mensch in die Lage versetzt werden, größtmögliche Gesundheit zu erreichen. Dies umfasst sowohl die Förderung individu-

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1 Theoretische Grundlagen

eller Kompetenzen, als auch die Schaffung entsprechender gesellschaftlicher Voraussetzungen (enabling). Schließlich geht es noch darum, über die gesellschaftlich ausdifferenzierten Grenzen der Zuständigkeit für Gesundheit hinweg – also jenen des Gesundheitssektors – zu umfassender und dauerhafter Kooperation aller AkteurInnen zu finden, um tatsächlich das Thema Gesundheit in allen Lebensbereichen berücksichtigen zu können (mediating). Insbesondere die Strategie des „enabling“ verweist auf die in der Gesundheitsförderung breit verankerte Tradition der Gesundheitserziehung zur individuellen Kompetenzförderung, aber auch auf den umfassender ausgelegten Ansatz des Empowerments (Kaba-Schönstein 2003, S. 74). Grossmann und Scala (2001, S. 44ff) schlagen in diesem Zusammenhang vier konkrete Rollen vor, die sich mit den drei Strategien der Ottawa Charta gut in Einklang bringen lassen: „Enabler“, „Change Facilitator“, „Advocate“ und „Expert“. Die Rolle „Enabler“ umfasst dabei die Aufgaben des Gesundheitstrainings und der Gesundheitsberatung. Hierunter fallen insbesondere traditionelle Gesundheitsberufe – etwa DiätologInnen, PhysiotherapeutInnen etc. –, welche durch Umorientierung in Richtung der Arbeit mit Gesunden statt mit Kranken nunmehr neue Aufgaben im Sinne der Gesundheitsförderung übernehmen können, insbesondere eben jene der Kompetenzförderung ihrer KlientInnen. „Change Facilitators“ hingegen übernehmen den Aufbau neuer Netzwerke und Kooperationen, sie vermitteln zwischen verschiedenen AkteurInnen und werden als OrganisationsentwicklerInnen im Bereich der Gesundheitsförderung aktiv. Diese Rolle ist bisher noch nicht professionalisiert und entspricht am ehesten jener eines Projektmanagers/einer Projektmanagerin. „Advocates“ sind Personen, die öffentlichkeitswirksam werden können und die Interessen des Themas Gesundheit, spezieller Bevölkerungsgruppen oder von beidem vertreten. Dazu gehören sowohl öffentliche Aufklärung und Nutzung von Massenmedien, als auch das Verständnis für politische Vorgänge und das Erzeugen politischen Drucks zur Durchsetzung dieser Interessen. Während die drei bisher genannten Rollen sich mehr oder weniger Deckungsgleich den Strategien der Ottawa Charta zuordnen lassen, führen Grossman & Scala (ibid.) als vierte Rolle noch jene des „Expert“ an, welche wissenschaftsbasiert die Beratung mit vorhandenem und die Erzeugung neuen Wissens im Bereich der Gesundheitsförderung umfasst. Diese vier Rollen lassen sich nun in unterschiedlichen Ausmaßen den jeweiligen Funktionen in der Gesundheitsförderung zuordnen, so müssen etwa ProjektkoordinatorInnen laut Vorschlag der beiden Autoren einen Großteil ihrer Arbeit als „Change Facilitator“ durchführen, benötigen zusätzlich aber auch teilweise die Rollen „Advocate“ und „Enabler“.

1.1 Gesundheitsförderung

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Neben den genannten Strategien gibt die Ottawa Charta zusätzlich fünf Handlungsfelder vor, in welchen diese Anwendung finden sollen. Die fünf Felder sind (vgl. WHO 1993): ƒ ƒ ƒ ƒ ƒ

Entwicklung einer gesundheitsfördernden Gesamtpolitik Gesundheitsförderliche Lebenswelten schaffen Gesundheitsbezogene Gemeinschaftsaktionen unterstützen Persönliche Kompetenz entwickeln Die Gesundheitsdienste neu orientieren

Der erste Punkt spricht dabei konkret die Ausweitung des Themas Gesundheit über die traditionellen politischen Ressortgrenzen hinweg an. Dadurch sollen gesundheitliche Auswirkungen politischer Entscheidungen in allen Politikbereichen und auf allen politischen Ebenen künftig eine neue Rolle spielen und immer eine zusätzliche Entscheidungsgrundlage darstellen. Übertragen von den politischen Rahmenbedingungen auf unseren Alltag bedeutet dies, dass – wie im zweiten Punkt angesprochen – auch unser tägliches Umfeld (also unsere natürliche, technische und soziale Umwelt) in einer Form gestaltet sein bzw. gestaltet werden soll, die unserer Gesundheit zuträglich statt abträglich ist. Die Unterstützung von Gemeinschaftsaktionen baut auf der Partizipation von BürgerInnen und der Schaffung von Transparenz sowie materieller Unterstützung auf, wobei die Bevölkerung als zentraler Handlungsträger von Gesundheitsförderung erachtet wird. Die Entwicklung persönlicher Kompetenzen im Gesundheitsbereich wird schließlich ebenfalls als Querschnittsaufgabe angesehen, wobei wiederum gerade auch jene Bereiche, die üblicherweise nicht für Bildungsaufgaben zuständig sind, angesprochen werden, um durch Informationsweitergabe und Trainingsmöglichkeiten in der Kompetenzförderung mitzuwirken. Im letzten Punkt wird schließlich noch einmal die besondere Verantwortung des Gesundheitssektors hervorgehoben, insbesondere auch über medizinisch-kurative Dienstleistungen hinaus auch für Gesundheitsförderung Verantwortung zu übernehmen. Die genannten Handlungsfelder werden gemeinhin auch als „Mehrebenenmodell der Gesundheitsförderung“ (Kaba-Schönstein 2003, S. 75) bezeichnet. Aufeinander aufbauend stellen die verschiedenen Ebenen jene des Individuums, jene von Gruppen, von Institutionen, des Gemeinwesens und der Politik dar. Der untersten Ebene, dem Individuum, lässt sich dabei das Handlungsfeld „persönliche Kompetenzen entwickeln“ zuordnen, den Gruppen die Unterstützung gemeinschaftsbezogener Aktionen, den Institutionen die Neuorientierung der Gesundheitsdienste, dem Gemeinwesen die Schaffung gesundheitsförderlicher Lebenswelten und der Politik die Entwicklung einer gesundheitsfördernden Gesamtpolitik (vgl. Abbildung 1). Durch diese Systematik werden die Handlungs-

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1 Theoretische Grundlagen

felder in eine Ordnung gebracht, welche den gesellschaftlichen Aufbau unserer Welt wiedergibt. Allerdings erscheint an dieser strikten Aufbauordnung genau die Striktheit als problematisch, denn so praktisch die Vereinfachung erscheint, verschleiert sie doch, dass etwa die Schaffung einer gesundheitsfördernden Gesamtpolitik auf allen politischen Ebenen stattfinden soll, und nicht nur auf der gesamtstaatlichen (was implizit durch die höchste Stufe repräsentiert wird). Darüber hinaus ist die Zuordnung der Unterstützung von Gemeinschaftsaktionen zur Gruppenebene irreführend: das englische Original der Ottawa Charta spricht von „community action“ und umschließt dabei auch Gemeinden, Städte etc., wäre also genauso gut der Ebene des Gemeinwesens zuordenbar. Im Gegenzug stellt die Zuordnung gesundheitsförderlicher Lebenswelten zum Gemeinwesen eine übermäßige Reduktion dieses Punktes auf soziale Zusammenhänge dar, während die Ottawa Charta explizit auch von der Veränderung der natürlichen und technischen Umwelt spricht. Abbildung 1:

Mehrebenenmodell der Gesundheitsförderung

Politik

Gesundheitsfördernde Gesamtpolitik

Gemeinwesen

Gesundheitsförderliche Lebensweise

Institutionen

Gesundheitsdienste neu orientieren

Gruppen

Individuen

(Quelle: Kaba-Schönstein 2003, S. 75)

Gesundheitsbezogene Gemeinschaftsaktionen unterstützen Persönliche Kompetenzen entwickeln

1.1 Gesundheitsförderung

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1.1.2 Ressourcen versus Kompetenzen – Zielsetzungen der Gesundheitsförderung Die Konzeption der Gesundheitsförderung durch die Ottawa Charta war einschneidend und wirkt heute noch auf die Diskussionen um das Thema. Die Charta wurde auch in den Folgekonferenzen der WHO immer wieder bestätigt, so auch auf der nach Ottawa bedeutendsten Konferenz in Jakarta (Kaba-Schönstein 2003, S. 77). Dennoch wird der Begriff „Gesundheitsförderung“ vielfältig gebraucht und auch dementsprechend unterschiedlich ausgelegt. Als wesentlichste Gemeinsamkeiten verschiedenster Sichtweisen lassen sich vor allem die beiden Elemente der Ressourcenorientierung und der Kompetenzförderung ausmachen, wobei diese beiden Begriffe durchaus als überlappend gesehen werden können. Der Blickwinkel der Ressourcenorientierung stammt vorwiegend aus der Auseinandersetzung mit dem Konzept der Prävention, von welchem Gesundheitsförderung abgegrenzt werden soll. Demnach ist der schon seit sehr viel längerer Zeit bestehende Ansatz der Prävention ein Ansatz, der von seiner Ausrichtung her auf Gesundheitsrisiken fixiert ist. Dies zeigt sich dabei konsequent in allen Stufen der Prävention (vgl. Mayer 1995): So wendet sich die primäre Prävention der Vermeidung von Krankheitsursachen zu. Dies bedeutet, dass über die genaue Kenntnis der Ätiologie einzelner Krankheiten versucht wird, das Übel an der Wurzel zu packen und Krankheiten erst gar nicht entstehen zu lassen. Dazu gehören einerseits die klassischen Infektionskrankheiten und solche aufgrund von Mangelerscheinungen (welche z.B. durch Impfungen bzw. durch Nahrungsmittelzusätze bekämpft werden), andererseits das insbesondere mit chronischen Krankheiten verknüpfte Risikofaktorenkonzept, wo Ursachen nicht mehr eindeutig sondern aufgrund von (erhöhten) Wahrscheinlichkeiten zugeordnet werden und in der Folge die Verhinderung des Auftretens derartiger Risikofaktoren zu verhindern versucht wird. Im Grunde genommen handelt es sich bei der Primärprävention um Maßnahmen, die auf bestimmte Risikogruppen gerichtet sind, wobei jedoch oftmals die gesunde Gesamtbevölkerung betroffen ist (z.B. der Jodierung von Kochsalz). Etwas direkter auf Risikogruppen sind die Maßnahmen der Sekundärprävention ausgerichtet, da es sich hier um die Früherkennung bereits vorhandener, aber noch nicht vollständig zum Ausbruch gekommener Krankheiten handelt. Dieser – über Screeninguntersuchungen stattfindende – Ansatz richtet sich dabei an sehr genau definierte Gruppen, die einem erhöhten Risiko unterliegen, und umfasst die Identifizierung von im medizinischen Sinne eigentlich bereits erkrankten Personen. Tertiärprävention hingegen wendet sich ausschließlich an erkrankte Personen, wobei versucht wird, Spätfolgen möglichst zu vermeiden. In der Literatur

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1 Theoretische Grundlagen

wird meist dargestellt, dass es sich in der Praxis vorwiegend um kurativ eingebettete Maßnahmen der Rehabilitation handelt (Mayer 1995, S. 24; Waller 2002, S. 179). Dennoch gibt es auch hier über diese Maßnahmen hinausgehende Ansätze, wie etwa Diabetesschulungen, die versuchen, einen gesunden Lebensstil bei Typ-II-DiabetikerInnen zu erreichen, um die häufigsten Folgeschäden dieser Erkrankung zu vermeiden. Gesundheitsförderung ist hier am ehesten mit der primären Prävention vergleichbar (wobei sie vom Denkansatz auch auf den anderen Ebenen nicht ausgeschlossen scheint), nämlich jener der ursächlichen Verhinderung von Krankheiten. Konsequenterweise ordnen manche Autoren den Ansatz der Gesundheitsförderung auch dem Feld der primären Prävention zu (z.B. Mayer 1995; Rosenbrock & Kümpers 2006), während andere genau die umgekehrte Unterordnung von präventiven Ansätzen unter das Konzept der Gesundheitsförderung treffen (Laaser & Hurrelmann 2003). Allerdings ergibt sich als Gegensatz zur bisherigen Tradition der Prävention bei der Gesundheitsförderung eine wesentliche Neukonzeption. Aufbauend auf der Leitfrage der Salutogenese – welche danach fragt was Menschen gesund hält, anstatt danach zu fragen, was Menschen krank macht (Antonovsky 1997) – konzentriert man sich nunmehr darauf, die Bedingungen für Gesundheit ins Zentrum zu rücken. Dies ist verbunden mit dem Konzept der Gesundheitsressourcen, welche oft auch als sog. Schutzfaktoren nunmehr ins Zentrum des Interesses rücken. Waller (2002, S. 150ff) arbeitet diesen Unterschied heraus, indem er auf die historischen Entwicklungen Bezug nimmt und auf den sich daraus ergebenden Wandel hinweist. Demnach steht Gesundheitsförderung für einen generellen Perspektivenwechsel, der nicht mehr von bestehenden Krankheiten ausgeht und rückwärtsgewandt nach einzelnen, ursächlichen Auslösern fragt, sondern für eine neue Haltung, die an den generellen Lebensbedingungen der Menschen ansetzt, um diese optimal zu gestalten und die Kontrolle darüber in die Hand der Betroffenen selbst zu legen. Gesundheitsförderung geht damit auch einher mit der zunehmenden Individualisierung der Lebensführung, wo staatliche Regulierungsmechanismen in ihrer notwendigerweise allgemeinen Ausrichtung nur mehr unbefriedigende Gesamtlösungen bieten können (Hurrelmann 2003, S. 96f). Konsequenterweise wird seit Entstehung des Konzepts aber auch die Frage gestellt, ob Gesundheitsförderung denn überhaupt von Prävention unterscheidbar ist, oder ob es sich nur um einen neuen Modebegriff handelt. Zumindest im deutschsprachigen Raum scheint diese Frage aufgrund des Vorschlags von Waller, Gesundheitsförderung und Prävention als zwei unterschiedliche Strategien zu demselben Ziel (nämlich umfassender Gesundheit) zu betrachten, geklärt (vgl. Abbildung 2).

1.1 Gesundheitsförderung Abbildung 2:

21

Ressourcen- versus Risikoorientierung in Gesundheitsförderung und Prävention

(Quelle: Waller 2002, S. 155) Gesundheitsförderung bedeutet nun also die Auseinandersetzung mit vielfältigen Ressourcen, während sich Prävention auf Risiken konzentriert. Angesprochen werden diese beiden Konzepte – die sich eben als zwei Strategien zur Erlangung bzw. Beibehaltung optimaler Gesundheit verstehen lassen – auch unter dem Konzept der „Determinanten von Gesundheit“. Bekannt geworden ist dabei insbesondere der Vorschlag von Dahlgren & Whitehead (Dahlgren & Whitehead 1991, zit. n. WHO 1999, S. 82), wo auf vier Ebenen personale Faktoren, verhaltensbezogene Aspekte, konkrete und allgemeine Umweltfaktoren dargestellt werden (vgl. Abbildung 3). Die Unterscheidung in Risiko- und Ressourcenorientierung stammt somit vor allem aus dem deutschsprachigen Raum, wo man besonders bemüht ist, Begriffe wie Krankheitsprävention, Gesundheitsförderung oder – oftmals gebraucht und mit besonderem Verwirrungspotential – Gesundheitsprävention auch sprachlich voneinander zu trennen. In der englischsprachigen Literatur hingegen findet sich diese Unterscheidung weniger. Hier bezieht man sich vorwiegend auf die Aspekte der Kompetenzförderung, welche mit dem Gesundheitsförderungsansatz verbunden sind. Eine Auflistung verschiedenster Definitionen von health promotion (vgl. Abbildung 4) zeigt, wie sich diese Schwerpunktsetzung als roter

22

1 Theoretische Grundlagen

Abbildung 3:

Die wichtigsten Determinanten der Gesundheit

Allgemeine sozioökonomische und umweltbedingte Verhältnisse

Bildung Landwirtschaft u. Lebensmittelproduktion

Arbeitsumfeld

Arbeitslosigkeit

Wasser und Hygiene

Faktoren und Lebensweise

usw.

Wohnen 1

2

Gesundheitswesen

3

Alter, Geschlecht und erbliche Faktoren

4

(Quelle: Dahlgren & Whitehead 1991; zit. n. WHO 1999, S. 82) Faden durchzieht. Gleichzeitig sieht man, wie breit das Verständnis von Gesundheitsförderung ausgelegt werden kann. Aufgegriffen werden die Diskussionen um individuelle Kompetenzförderung vorwiegend im Rahmen von Empowerment bzw. als neue Ausrichtung althergebrachter Ansätze der Gesundheitserziehung durch das „health literacy“-Konzept („Gesundheitsalphabetisierung“). Gleichzeitig erfolgen in einem Großteil der Definitionen Bezugnahmen auf die Umweltbedingungen, innerhalb derer Gesundheitschancen realisiert werden müssen. Vor diesem Hintergrund scheint es auch wenig überraschend, dass – insbesondere in der amerikanischen Literatur – einigermaßen Sprachverwirrung herrscht, wenn von verschiedenen Konzepten im Zusammenhang mit Gesundheitsförderung die Rede ist. So verweisen etwa Glanz et al. darauf, dass zumindest in den USA die Begriffe „health promotion“ und „health education“ synonym verwendet werden, und dass selbst in anderen Kontexten – die Autoren verweisen etwa auf Australien – die Begriffe immer noch so eng miteinander verwandt sind, dass sie beinahe beliebig austauschbar sind (Glanz, Rimer & Lewis 2002). Gleiches gilt für alle weiteren Konzepte im Zusammenhang mit Gesundheitsförderung, wie Waller (2002, S. 153) darlegt. Neben der Abgren-

1.1 Gesundheitsförderung

23

zung vom Begriff der Prävention (siehe oben) geht es ihm auch um die Auseinandersetzung mit den anderen Begriffen in diesem Zusammenhang (GesundAbbildung 4:

Unterschiedliche Definitionen von „health promotion“

Source and date

Definition

Lalonde, 1974

A strategy “aimed at informing, influencing and assisting both individuals and organizations so that they will accept more responsibility and be more active in matters affecting mental and physical health”

US Dept. of “A combination of health education and related organizational, Health, Education political and economic programs designed to support changes in & Welfare, 1979 behavior and in the environment that will improve health” Green, 1980

“Any combination of health education and related organizational, political and economic interventions designed to facilitate behavioral and environmental changes that will improve health”

Green & Iverson, 1982

“Any combination of health education and related organizational, economic, and environmental supports for behavior conducive to health”

Perry & Jessor, 1985

“The implementation of efforts to foster improved health and wellbeing in all four domains of health [physical, social, psychological and personal]”

Nutbeam, 1985

“The process of enabling people to increase control over the determinants of health and thereby improve their health”

WHO, 1984, 1986; Epp, 1986

“The process of enabling people to increase control over, and to improve, their health”

Goodstadt et al., 1987

“The maintenance and enhancement of existing levels of health through the implementation of effective programs, services, and policies”

Kar, 1989

“The advancement of wellbeing and the avoidance of health risks by achieving optimal levels of the behavioral, societal, environmental and biomedical determinants of health”

O’Donnell, 1989

“The science and art of helping people choose their lifestyles to move toward a state of optimal health”

Labonté & Little, 1992

“Any activity or program designed to improve social and environmental living conditions such that people’s experience of wellbeing is increased”

(Quelle: Rootman, Goodstadt, Louise & Springett 2001, S. 10; ohne Hervorh.)

24

1 Theoretische Grundlagen

heitserziehung, Gesundheitsbildung, Gesundheitsberatung, Gesundheitsaufklärung usw.). Die Lösung dazu erscheint durchaus salomonisch: Gesundheitsförderung und Prävention werden wie schon erwähnt als die zwei unterschiedlichen Strategien gesehen (die ihren jeweiligen Fokus eben entweder auf Ressourcen oder auf Risiken lenken), während die anderen Ansätze als konkrete Methoden der Umsetzung verstanden werden (ibid., S. 155). Während also Risiko- und Ressourcenorientierung das gemeinsame Dach bilden, können beispielsweise die verschiedenen Ansätze der Gesundheitserziehung je nach dem charakterisiert werden, welche dieser Aspekte sie verfolgen, wodurch der oben vertretenen Austauschbarkeit der Begriffe eine theorieorientierte Unterscheidung gegenübergestellt wird. Damit wird Gesundheitsförderung aber gleichzeitig etwas in den Stand einer grundlegenden Philosophie gehoben und ein Stück weit der Praxis entrückt. Viele VertreterInnen der Gesundheitsförderung verstehen diese aber weniger als theoretischer Zugang denn vielmehr als eine praxisorientierte Intervention (Hurrelmann 2003, S. 95). Als Konsequenz aus Stufenmodell, Ressourcenorientierung und individualisierter Kompetenzförderung ergeben sich somit vielfältige Anforderungen, die sich an eine praxisorientierte Umsetzung von Gesundheitsförderung stellen. So werden Programme, die in diesen Rahmen fallen, immer (neben der in der Praxis nie ausklammerbaren Risikoorientierung) ihre Anknüpfungspunkte an positive, als Ressourcen betrachtbare Determinanten von Gesundheit darstellen müssen. Dazu muss einerseits klar werden, inwiefern Individuen eine Chance erhalten, ihre persönlichen Kompetenzen erweitern zu können und insbesondere, wie dadurch die Selbstbestimmung über bzw. der Einfluss auf die eigene Gesundheit gestärkt wird. Darüber hinaus muss andererseits dargelegt werden, wie überindividuelle Einflüsse gehandhabt werden können, um auch hier eine Stärkung von Gesundheitschancen zu bewirken. Daraus ergeben sich vielfältige Anforderungen, die sich nur langfristig und auch hier nur stufenweise erreichen lassen. Die Anforderungen müssen also aufgeweicht werden: Gesundheitsförderung als komplexe Intervention wird sich notwendigerweise immer aus zahlreichen Einzelaktivitäten zusammensetzen müssen, die zumeist auf nur einer der Ebenen angesiedelt werden können. Dennoch sind auch komplexe Gesamtmaßnahmen möglich, die als Ergänzung zu einzelnen Aktivitäten herangezogen werden können. Schlüssel für eine derartig umfassende Herangehensweise ist der im folgenden Kapitel vorgestellte Settings-Ansatz.

1.1 Gesundheitsförderung

25

1.1.3 Der Settings-Ansatz in der Gesundheitsförderung Um der Komplexität der Integration verschiedenster Herangehensweisen in der Gesundheitsförderung gerecht zu werden, wurde der sog. „Settings-Ansatz“ entwickelt. Definitionen zum Begriff selbst sind rar gesät, zumeist wird nur über Settings geschrieben. Auf sehr allgemeiner Ebene umschreibt die WHO den Begriff Setting als „Ort oder sozialer Kontext, in dem Menschen ihren Alltagsaktivitäten nachgehen, im Verlauf derer umweltbezogene, organisatorische und persönliche Faktoren zusammenwirken und Gesundheit und Wohlbefinden beeinflussen.“ (WHO 1998, S. 23) Eine nähere Konkretisierung bieten Grossmann & Scala (2001S. 65ff), die Settings als ein kontextgebundenes Aufeinandertreffen von Personen(-gruppen) und Umwelteinflüssen charakterisieren. Ihrer Beschreibung nach sind dabei nicht die einzelnen Individuen, sondern immer soziale Systeme in ihrer Gesamtheit anzusprechen. Dennoch stehen die Menschen dabei im Mittelpunkt: „Der Settings-Ansatz ist darauf gerichtet, die Einfluss-, Beteiligungs- und Wahlmöglichkeiten der Menschen zu erhöhen und Optionen für Verhaltensalternativen zu schaffen, indem auf gesundheitsrelevante Rahmenbedingungen Einfluss genommen wird. Der Ansatz vermeidet, die Verantwortung für die Gesundheit einseitig an die betroffenen Individuen zu delegieren.“ (ibid., S. 67) Konsequenterweise legen die beiden Autoren dar, dass man die betreffenden sozialen Systeme – also die Settings – genau definieren muss. Dies umfasst die genaue funktionale Abgrenzung des Systems, seine räumlichen bzw. physischen Grenzen und die Festlegung der involvierten AkteurInnen (womit Einzelpersonen bzw. Personengruppen genauso gemeint sind wie Organisationen und Institutionen). Das heißt, dass der Begriff Setting immer auf etwas Konkretes bezogen werden und somit jedes Setting für sich definiert werden muss: Es soll der Mensch in einer spezifischen Umwelt mit den spezifischen Einflüssen und Bedingungen erfasst werden. Damit ist die Festlegung des Settings einer gesundheitsförderlichen Maßnahme bereits selbst Teil der Intervention, weshalb die Abgrenzung im Verlauf der Maßnahme auch immer wieder überprüft werden muss (ibid., S. 70). Gleichzeitig warnen Grossmann und Scala davor, die Festlegung eines bestimmten Settings bereits als ausreichende Grundlage für eine Maßnahme zu sehen, da immer auch die Kombination mit einer bestimmten Problemstellung nötig ist (im Beispiel der Autoren etwa das Thema Ernährung im Setting Stadtviertel). Damit werden Settings der Schauplatz für zumeist langfristig angelegte Projekte, welche versuchen „durch systemisch angelegte Interventionen gesunde Arbeits- und Lebensbedingungen zu schaffen, eine settings-spezifische Gesundheitspolitik zu entwickeln und die Gesundheit in die bestehenden settings-

26

1 Theoretische Grundlagen

spezifischen Verfahren des Qualitätsmanagements, der Auditierung und Evaluierung zu integrieren, um nachweisen zu können, dass auch die Gesundheit zur besseren Erfüllung der originären Aufgaben des Settings beitragen kann.“ (Naidoo & Wills 2003, S. 260). Das bedeutet letztlich, dass Settings – soziale Systeme – erst lernen müssen, dass die ihnen funktional zugehörigen Aufgaben auch oder gerade dann erfüllt werden können, wenn auf die Gesundheit der diesem System angehörigen Individuen Rücksicht genommen bzw. diese explizit gefördert wird. Settings haben im Grunde genommen eine genauso lange Tradition wie das Konzept der Gesundheitsförderung selbst (vgl. Green, Poland & Rootman 2000, S. 11): Beginnend Ende der 1970er in den USA mit schulischen Gesundheitserziehungsprogrammen über das Klassenzimmer hinaus, über Nachbarschaftsinitiativen und arbeitsplatzbezogene Gesundheitsaktivitäten über die erstmalige Verbindung von Umwelt und Person in der Ottawa Charter bis hin zur expliziten Bestätigung der Wichtigkeit von Settings in der Jakarta Deklaration (WHO 1997). In einer kritischen Auseinandersetzung mit der bisher erst dürftigen theoretischen Bearbeitung des Konzeptes Setting führen Green et al. (2000, S. 24ff) zahlreiche direkte und indirekte Probleme des Konzepts an. Dazu gehört zunächst einmal, dass sich in der Praxis die Intervention in ein Setting vielfach als zu komplex darstellt, weshalb oftmals nur eher „altbackene“ Maßnahmen gesetzt werden können. Verstärkt wird dies oftmals durch wichtige Entscheidungsträger in den Settings, die umfassende Interventionen oftmals lieber eher verhindern, als dem empowermentbezogenen Anspruch, dass die Betroffenen selbst Einfluss nehmen können sollen, Rechnung zu tragen und somit auf eigene Macht zu verzichten. Damit ist auch schon die oftmals verdrängte Auseinandersetzung mit den Machtverhältnissen innerhalb von Settings angesprochen. Um den Erfolg von Interventionen sicherzustellen, ist es unumgänglich, mit den vorhandenen Machthabern zu koalieren und auch deren Interessen zu vertreten. Green et al. (ibid., S. 25) argumentieren nun, dass gerade damit schwierig zu erreichende Zielgruppen eher abgeschreckt denn ins Boot geholt werden können (etwa „rebellierende“ SchülerInnen, die nun in der gesundheitsfördernden Schule mitarbeiten sollen). Ausgeweitet auf die Praxis des Settings-Ansatzes bedeutet dies, dass zumeist Settings im Mittelpunkt stehen, die über gut etablierte Macht- und Entscheidungsstrukturen verfügen, während alternative Settings eher kaum in Betracht gezogen werden. Damit werden aber systematisch gerade jene Bereiche ausgeschlossen, die der Gesundheit abträgliche Verhaltensweisen fördern, die starken Veränderungen unterworfen sind, die nur geringe formale Strukturen

1.1 Gesundheitsförderung

27

besitzen und/oder die gängigen gesellschaftlichen Mainstreamvorstellungen besonders entgegenstehen (Subkulturen etc.). Mit dem letztgenannten Argument sind vorwiegend jene Bereiche angesprochen, die sich insbesondere auf Betreiben bzw. in Kooperation mit der WHO herausgebildet haben. So haben sich schon bald in Folge der Ottawa Charta vier für die WHO zentrale Settings herauskristallisiert, welche in mittlerweile gut etablierten Netzwerken als Pioniere der Gesundheitsförderung arbeiten. Diese sind das „Netzwerk Gesunde Städte“, das „Netzwerk Gesundheitsfördernde Schulen“, das „Netzwerk Gesundheitsfördernde Krankenhäuser“ sowie das „Netzwerk Gesundheitsfördernde Betriebe“, welche jeweils aus einem internationalen sowie zahlreichen nationalen Netzwerken bestehen.

1.1.4 Gemeinden als Settings für Gesundheitsförderung Unter den zahlreichen möglichen Settings für Gesundheitsförderung nehmen insbesondere Gemeinden eine wichtige Stellung ein. Gerade hier gilt es zu beachten, dass dabei nicht lediglich die Veränderung eines politischadministrativen Verbandes bzw. Gebietes gemeint ist. Diese Sicht würde nur sehr oberflächlich beschreiben, welche Ideen bzw. Sichtweisen alle mit dem Begriff „Gemeinde“ verknüpft sind. Im Englischen zeigt sich der Umfang „gemeindebezogener“ Aktivitäten bereits dadurch, dass hier durchwegs vom Begriff „community“ gesprochen wird, welcher sich alternativ zu „Gemeinde“ meistens besser mit „Gemeinschaft“ übersetzten lässt und somit bereits auf Aspekte abseits politischer Grenzziehungen hinweist. In der Tat wird auch dieser zweite Aspekt insbesondere in anglikanischen Bearbeitungen zum Thema aufgegriffen, wobei als Ausgangspunkt Ferdinand Tönnies Unterscheidung von „Gemeinschaft und Gesellschaft“ herangezogen wird. Gleichzeitig wird dieser aber für seine romantisierende Bevorzugung von Gemeinschaft kritisiert, in der er das tägliche Miteinander, welches auf gemeinsamer Tradition, sich gegenseitig Kennens und tendenziell familiärer Atmosphäre gegenüber der individualisierten, formalisierten und kompetitiven „Gesellschaft“ in Städten als positiv hervorhebt (vgl. Bruhn 2005, S. 29ff). Während somit die geographische Verankerung zumindest im Sinne von Land vs. Stadt vollzogen ist, beginnt sich ab den 1970er Jahren – begründet auf den amerikanischen Studien in städtischen Milieus – die Sichtweise zu festigen, dass weniger geographische Abgrenzungen im Mittelpunkt des Gemeindebegriffs stehen sollten, sondern dass viel mehr auch der Netzwerkcharakter von persönlichen Beziehungen einbezogen werden muss. In diesem Sinn gibt es also auch innerhalb von Städten immer mehrere „communities“, die sich aber eben weniger räumlich als

28

1 Theoretische Grundlagen

vielmehr durch soziale Bindungen abgrenzen lassen (ibid.). Abgesehen von diesen beiden Aspekten Geographie und soziales Netz scheint es jedoch wenig Konsens darüber zu geben, was „community“ zu bedeuten hat. Berühmt geworden ist ein Review von Hillery aus 1955 (zit. n. Jewkes & Murcott 1996), wonach die in 94 untersuchten Studien verwendeten Definitionen von „community“ als einzige Gemeinsamkeit aufwiesen, dass sie sich auf Menschen bezogen. Nicht zuletzt die Auseinandersetzung mit Gesundheitsförderung hat jedoch zu einer Reaktivierung des Begriffes der „community“ geführt. In der Praxis wird dabei zumeist ein Gebilde verstanden, dass aufgrund seiner Größe, der geographisch-räumlichen Abgeschlossenheit, des ihm eigenen Charakters eines sozialen Netzwerkes und der dort vorherrschenden Normen gegenüber anderen sozialen Aggregaten abgegrenzt werden soll (Tones & Tilford 2001, S. 395). Vorwiegend aufgrund moderner Kommunikationsmöglichkeiten und -gepflogenheiten scheinen insbesondere die über die räumliche Lokalisierbarkeit hinausgehenden Aspekte an Bedeutung zu gewinnen. Dies äußert sich insbesondere in der Frage danach, was die individuumsbezogene Verankerung des Begriffs ausmacht. Hier wird insbesondere der Begriff des „Gemeinschaftsgefühls“ („sense of community“) herangezogen, der sich in vier Aspekten äußert (McMillan & Chavis 1986, S. 396; Tones & Tilford 2001): a. b.

c.

d.

Dem Gefühl, dazu zu gehören (inkl. der damit verbundenen Abgrenzungen; „membership“); dem Gefühl der wechselseitigen Beeinflussbarkeit, also dass es für beide – einen selbst als auch die Gruppe – bedeutsam ist, dass man dazugehört („influence“); dem Gefühl von Bedürfnisbefriedigung durch die Zugehörigkeit (z.B. Status und Image oder der Zugang zu Ressourcen; „integration and fulfilment of needs“); dem Gefühl emotionaler Bindung aufgrund gemeinsamer Erfahrungshorizonte (raum- und/oder zeitbezogene gemeinsame Erlebnisse oder auch gemeinsame „Geschichte“; „shared emotional connection“).

In Anknüpfung an die Notwendigkeit, die Grenzziehung von Gemeinschaften anhand individualisierbarer Elemente zu vollziehen, lässt sich argumentieren, dass die Festlegung von „communities“ oftmals so schwierig ist, dass es sich bei den – in der Gesundheitsförderung fast immer durch ExpertInnen definierten – Gemeinschaften oftmals um eine rhetorische Verschleierung dessen handelt, was man eigentlich besser als Zielgruppen bezeichnen sollte (vgl. Guldan 1996, S. 693). Dazu passend machen Jewkes & Murcott (1996) darauf aufmerksam, dass die Identifikation von „communities“ durch ExpertInnen anstatt durch deren

1.1 Gesundheitsförderung

29

(vermeintliche) Mitglieder in der Regel ohnehin fehlschlägt. In ihrer Untersuchung anhand von Interviews mit Projektverantwortlichen und den durch diese identifizierten Gemeinschaften stellte sich heraus, dass die jeweils zugeordneten Gemeindemitglieder meist ganz andere Bilder davon haben, zu welcher Gemeinschaft sie gehören, und dass die von den ExpertInnen identifizierten „communities“ oftmals gar nicht im gemeinten Sinn existierten. Auf stärker theoretisierender Ebene versucht Blackman, dies auch als Dynamik sich verändernder Gemeinsamkeiten zu fassen und Gemeinschaften als kontextbezogene, emergente Phänomene zu begreifen: „... these dimensions of geography, identity and behaviour come together not just as nodes in relational networks but as open dynamic systems with emergent properties. They have some organisational coherence as a result of processes of self-organisation, interaction and feedback.“ (Blackman 2006, S. 179) Es steckt somit wohl eine gehörige Portion Pragmatismus darin, dass im deutschsprachigen Raum immer eine politische Gemeinde angesprochen ist, wenn von gemeindebezogener Gesundheitsförderung die Rede ist. Diese Abgrenzung hilft jedoch, zumindest Hauptkomponenten innerhalb dieser Grenzziehung zu identifizieren und in die komplexe Dynamik des „Settings“ Gemeinde einzubeziehen. Als wesentliche Vorteile einer solchen Betrachtungsweise identifizieren Laaser & Hurrelmann (2003, S. 417f): ƒ ƒ ƒ ƒ

ƒ

Es existieren verschiedenartige Organisationen, die einander ergänzende Angebote im Rahmen der Gesundheitsförderung bereitstellen können. In einer Gemeinde können unterschiedliche Maßnahmen gebündelt und somit wirksamer angeboten werden. Die in einer Gemeinde bestehenden Verflechtungen von Personen, Organisationen und Institutionen können direkt für die Gesundheitsförderung fruchtbar gemacht werden. Durch die Einbettung in lokale Gepflogenheiten und Wertorientierungen werden die Zielgruppen besser erreicht und Maßnahmen der Gesundheitsförderung werden von diesen bereitwilliger akzeptiert bzw. lässt sich eine hohe Bereitschaft zur aktiven Beteiligung zuwege bringen. Aufgrund des lokalen Bezugs lassen sich gesundheitsfördernde Maßnahmen und Angebote unmittelbar in die Lebenswelt der Betroffenen integrieren.

Die angesprochene Vielfalt der Ebenen und Komponenten innerhalb des Settings macht eine Übersicht von Trojan et al. deutlich. Diese identifizieren sechs Ebenen von Akteuren in einer Kommune. Dazu gehören als Gesamtsystem die politisch-administrativ abgegrenzte Gemeinde, als ihre Subsysteme verschiedene gesellschaftlich relevante Sektoren bzw. Politikbereiche (Ökonomie, Sozialwe-

30

1 Theoretische Grundlagen

sen, Erziehungswesen, Umwelt etc.), als intermediäre – also zwischen den BürgerInnen und dem politisch-administrativen System vermittelnde – Ebenen Kooperationsstrukturen wie Beiräte usw. in Richtung Subsysteme sowie sog. „Brückeneinrichtungen“, also Kontaktaktstellen etc., in Richtung BürgerInnen. Letztere wiederum finden sich in den beiden letzten Stufen der primären sozialen Ebene (BürgerInneninitiativen, Nachbarschaftsgruppen, Vereine etc) und der Ebene des Individuums (Trojan et al. 1999, S. 82). Die Umsetzung gemeindebezogener gesundheitsförderlicher Aktivitäten ist somit bisher vorwiegend für (Groß-)Städte aufgearbeitet worden, welche im schon erwähnten „Netzwerk Gesunde Städte“ zusammengekommen sind. Das dahinter stehende WHO-Projekt „Gesunde Städte“ nahm seinen Anfang 1987, als 11 Pionierstädte in Folge der Ottawa Charta die Idee des Settings-Ansatzes umzusetzen begannen. Seither wachsen die Zahlen teilnehmender Städte kontinuierlich, so dass das Netzwerk allein in Europa mittlerweile über 1300 Städte in 29 Ländern umfasst. Typisch dabei ist, dass der Vernetzungsgedanke jeweils auch nach unten hin übertragen wird, sodass mittlerweile auch nationale und teilweise sogar regionale Netzwerke Gesunder Städte bestehen (vgl. Lafond, Heritage, Farrington & Tsouros 2003, S. 8). Als Leitfaden für die Teilnahme am Gesunde Städte-Projekt existiert die sog. „Mailänder Erklärung“, welche die grundlegenden Zielsetzungen vorgibt. Gesunde Städte verfolgen demnach die Bereitstellung folgender Bedingungen (vgl. Tsouros 1997): 1.

Qualitativ hochwertige physische Umweltbedingungen (sauber, sicher, optimale Wohnbedingungen); 2. ein nachhaltig stabiles Ökosystem; 3. eine starke, unterstützende und nicht-ausbeuterische Gemeinschaft; 4. hohe Grade an Partizipation an und Steuerbarkeit von Entscheidungen, die Lebensführung, Gesundheit und Wohlbefinden betreffen, durch die Öffentlichkeit; 5. die Sicherstellung der Grundbedürfnisse aller BürgerInnen; 6. Zugang zu vielfältigen Erfahrungen und Ressourcen inkl. neuer Kontakte und Interaktionsmöglichkeiten; 7. diversifizierte, vitale und innovative Wirtschaftsbedingungen; 8. das Bewusstsein für die eigene städtische Vergangenheit und das kulturelle sowie biologische Erbe vergangener Generationen; 9. ein städtisches Selbstverständnis, das die genannten Bedingungen zulässt; 10. die optimale Versorgung mit für allen zugänglichen Gesundheitsdienstleistungen; 11. einen hohen Gesundheitsstatus (hohe positive Gesundheitsraten und niedrige Krankheitsraten).

1.1 Gesundheitsförderung

31

Zusammengefasst lässt sich die in dieser Liste angeführte Motivation wohl am besten darin ausdrücken, dass eine Gesunde Stadt eine ist, „in der Gesundheit und Wohlergehen der Bürgerinnen und Bürger bei Entscheidungsprozessen auf geeignete Weise mit abgewogen werden“ (Stender 2003, S. 133). Dementsprechend identifizieren Lafond et al. (2003, S. 9) vier wesentliche Elemente, die sich trotz der sehr stark von Veränderung geprägten europäischen Geschichte der letzten 20 Jahre als zentrale Konstanten innerhalb der europäischen Netzwerke herauskristallisiert haben. Erstens ist dies die Konzentration auf die Determinanten von Gesundheit, zweitens die Integration und Verbreitung bestehender globaler und europäischer Gesundheitsziele, drittens das Bestreben, Gesundheit auch in die sozialen und sonstigen politischen Agenden der teilnehmenden Städte zu bringen, und viertens die Verfolgung optimaler Steuerungsmechanismen und partnerschaftlicher Planung zur Erreichung von Gesundheitszielen. Das vorgestellte Konzept der Gesunden Städte kann durchaus als Hintergrund für die vorliegende Untersuchung herangezogen werden. Dennoch gibt es einige Unterschiede, die sich vor allem in den Dimensionen zugrunde gelegter Aktivitäten äußert. Als Beispiel dafür kann etwa der Vorschlag von Trojan & Legewie zur Beobachtung der Entwicklung Gesunder Städte herangezogen werden. Die dabei für das internationale Monitoring entwickelten Indikatoren zeigen deutlich, dass die Diskussionen des Netzwerks weit über die Möglichkeiten ländlicher Kommunen hinaus gehen (z.B. was die gesetzlichen Entscheidungsgrundlagen oder auch die infrastrukturelle und finanzielle Ausstattung von Landgemeinden betrifft, inklusive der Möglichkeit, die entsprechenden Datenerhebungen zu finanzieren): „3 »Gesundheitsindikatoren«: Mortalitätsrate (alle Todesursachen), Mortalitätsraten für einzelne spezifische Todesursachen, Rate untergewichtiger Kinder bei der Geburt. 7 Indikatoren für Gesundheitsdienste: Vorhandensein eines Gesundheitserziehungsprogramms, Rate vollständig durchgeimpfter Kinder, Einwohner pro praktischem Arzt, Einwohner pro Krankenschwester, Prozentanteil krankenversicherter Einwohner, Verfügbarkeit von fremdsprachigen Diensten für die Primärversorgung, Anzahl gesundheitsbezogener Themen im Stadtrat pro Jahr. 14 Umweltindikatoren: Luftverschmutzung, Wasserqualität, aus dem Abwasser entfernte Schadfaktoren, Qualitätsindex für Entsorgung von Haushaltsabfällen, Qualitätsindex für den Umgang mit Haushaltsabfällen, relativer Bodenanteil von Grünflächen in der Stadt, öffentlicher Zugang zu Grünflächen, Industriebrachen, Sport- und Freizeitmöglichkeiten, Fußgängerzonen, Radfahrmöglichkeiten in der Stadt, öffentlicher Personennahverkehr und seine Erreichbarkeit, Lebensraum.

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1 Theoretische Grundlagen 8 sozioökonomische Indikatoren: Bevölkerungsprozentsatz in Behausungen unter Standard-Niveau, geschätzte Anzahl Obdachloser, Arbeitslosenrate, Bevölkerungsanteil mit weniger als dem mittleren Pro-Kopf-Einkommen, Anteil von Kindertagesstätten-Plätzen für Vorschulkinder, Anzahl der Lebendgeburten bei verschiedenen Altersgruppen von Müttern, Abtreibungsrate im Verhältnis zur Gesamtzahl der Lebendgeburten sowie der Anteil Behinderter, die eine Beschäftigung haben.“ (Trojan & Legewie 2001, S. 176f)

Im Resümee zum Gesunde Städte Projekt sowie ähnlichen bzw. verwandten Stadtentwicklungsprojekten kommen Trojan & Legewie zu folgendem Schluss (ibid., S. 185): „Letztlich handelt es sich aber in allen Fällen um komplexe Misch-Strategien bzw. ineinander verschachtelte Ansätze. In allen Stadtprojekten gibt es echte Bemühungen um systematische Evaluation. … [Diese] befinden sich jedoch noch im Experimentierstadium.“ Auch ein Blick auf die TeilnehmerInnen am Netzwerk Gesunde Städte in Deutschland zeigt deutlich, dass Vorhaben, die sich auf Gemeinwesen beziehen, generell mit zahlreichen Problemlagen zu kämpfen haben. So ergeben sich in der praktischen Umsetzung vorwiegend materielle Schwierigkeiten (weniger als die Hälfte der Städte verfügte über eine eigenständige Büroinfrastruktur und nur ca. ein Fünftel über eigene Budgets), Mängel beim Vorhandensein von Konzepten, Zielvereinbarungen und Leitlinien, fehlende Integriertheit in lokale und überregionale Netzwerke sowie mangelhafte Dokumentation und Evaluation (vgl. Plümer & Trojan 2004). Ein expliziter Bezug auf die Besonderheiten der Gesundheitsförderung im ländlichen Raum ist auf theoretischer Ebene bisher noch kaum hergestellt worden (vgl. Rásky & Freidl 2001, S. 104f), sieht man von den oben beschriebenen sozialromantischen Verklärungen durch Tönnies ab. Einzig Freidl & Neuhold machen auf die Situation in – nicht zuletzt österreichischen – ländlichen Gemeinden aufmerksam: „Anders als in sozialen Settings – wie z.B. am Arbeitsplatz – ist das regionale Setting Gemeinde weniger ein- und abgrenzbar; anders als in einer urbanen Öffentlichkeit, die durch bestimmte Rollendarstellungen und durch stilisierte Kommunikationssituationen den Bereich zwischen Privatheit und Öffentlichkeit deutlich kennzeichnet, ist in der Gemeinde diese Grenze schwieriger auszumachen. Die Gemeinde als Ort gesundheitsförderlicher Interventionen wird damit zu einer komplizierten Mischung aus Öffentlichkeit und Nähe sowie aus Offenheit und Abwehr. Der direkte Anschluss an diese regionalen Lebenswelten ist also nicht nur »technisch« schwierig, sondern stellt auch konzeptionelle Herausforderungen.“ (Freidl & Neuhold 2002, S. 49f)

1.2 Partizipation und Empowerment

33

1.2 Partizipation und Empowerment 1.2.1 Teilnehmen und Teilhaben Nach der räumlichen Eingrenzung gilt es nun, eines der Kernelemente von Gesundheitsförderung zu betrachten: die Konzepte von Partizipation und Empowerment. Beide Begriffe sind indirekt in der oben genannten Definition laut Ottawa Charta enthalten, wenn darin auf „einen Prozess, allen Menschen ein höheres Maß an Selbstbestimmung […] zu ermöglichen“ abgezielt wird. Betrachtet man die beiden Begriffe Partizipation und Empowerment näher, so fällt auf, dass beide zwar viel gebraucht sind, aber kaum explizit definiert werden. Vielmehr dienen sie als Anknüpfungspunkte, an denen die Entfaltung vielfältiger Problematiken vollzogen wird. Der Begriff der Partizipation scheint sich im Allgemeinen mit der Bedeutung von „Beteiligung“ bzw. „Bürgerbeteiligung“ zu erschöpfen und wird im Regelfall auch so gebraucht. Bei näherer Betrachtung scheint es jedoch angebracht, von einem Sammelbegriff auszugehen, der in vielfältiger Weise gebraucht werden kann. Eine einfache Unterscheidung bietet die Differenzierung in „Teilnahme“ und „Teilhabe“, elaborierte Modelle unterscheiden jedoch zahlreiche Stufen, die durchaus auch als weitere Untergliederung bzw. Ergänzung der Dualität von Teilnahme und Teilhabe gesehen werden können. Die grundlegende Unterscheidung von teilnehmen und teilhaben bezieht sich laut Sachs-Pfeiffer (1989) im Wesentlichen auf die zugrunde gelegte Perspektive der Beteiligung. Teilnahme entspricht demnach vorwiegend der spezifischen Problemlösung unter Einbindung dazu benötigter, definierter Zielgruppen. Im Sinne bekannter Vorgehensweisen von staatlichen Behörden sind damit die Verfahren von Diskussion, Anhörung, Abstimmung, Delegation etc. gemeint, wo den von öffentlichen Projekten betroffenen BürgerInnen ein entsprechendes Mitwirkungsrecht eingeräumt wird. Teilnahme wird dabei etwas paternalistisch von Seiten der eigentlich Verantwortlichen gewährt und dient einer umfassenden Absicherung der letztlich getroffenen Entscheidungen. Sie ist in diesem Sinn also immer zeitlich begrenzt und anlassbezogen, ohne tatsächlich die Entscheidungsmacht langfristig zu teilen. Teilhabe stellt hingegen einen emanzipatorischen, systemischen Ansatz dar, wobei die langfristige Einbindung und das dauerhafte Engagement der Bevölkerung angestrebt wird (ibid.). Dies meint letztendlich, dass sich soziale Gruppen herausbilden, welche ihre eigenen Interessen wahrnehmen und sich in ihren Ressourcen synergetisch ergänzen. Als Beispiele werden lebensraumbezogene Interessensgruppen genannt, die etwa die Anliegen eines Stadtviertels systematisch vertreten und in politische Entscheidungsprozesse einbringen. Damit stellt

34

1 Theoretische Grundlagen

die vorgestellte Sicht von „Teilhabe“ auch einen Anknüpfungspunkt für die weiter unten diskutierte Zielvorstellung von Empowerment dar. Neben dieser grundlegenden Unterscheidung zwischen einmaligen und langfristigen Partizipationsmöglichkeiten differenzieren elaboriertere Betrachtungen weitere Formen von Partizipation. International verbreitet ist insbesondere Arnsteins „Ladder of citizen participation“ (Arnstein 1969), die auf acht Stufen diverse Möglichkeiten echter als auch seitens der Machthabenden vorgetäuschter Beteiligung vorstellt (vgl. Abbildung 5). Abbildung 5:

Arnsteins "Ladder of Citizen Participation"

8

Citizen Control

7

Delegated Power

6

Partnership

5

Placation

4

Consultation

3

Informing

2

Therapy

1

Manipulation

Citizen Power

Tokenism

Nonparticipation

(Quelle: Arnstein 1969) Von unten nach oben betrachtet beginnt die Analyse mit der Stufe der Manipulation. Damit sind jene Formen von BürgerInnenbeteiligung gemeint, bei denen die Öffentlichkeit in Form von Beratergruppen usw. eingebunden wird, ohne tatsächlich an Ratschlägen interessiert zu sein. Vielmehr werden die eingerichteten Gruppen dazu missbraucht, die Interessen und Argumente der MachtinhaberInnen im Sinne von Public Relations zu verbreiten und so die beteiligten BürgerInnen zu Sprachrohren der Mächtigen umzufunktionieren. Dadurch wird der Schein gewahrt, dass BürgerInnenbeteiligung stattgefunden hat – schließlich finden die Treffen ja statt und werden auch besucht – obwohl in Wahrheit die

1.2 Partizipation und Empowerment

35

eigentlichen Entscheidungen einer Maßnahme oder eines Programms nie diskutiert werden. Als zweite Stufe betrachtet Arnstein jene der Therapie, womit besonders deutlich wird, dass ihr Entwurf dem US-amerikanischen Kontext entstammt. Hier geht es darum, dass BürgerInnenbeteiligung auch in einer Form stattfinden kann, dass zwar Offenheit für die Anliegen signalisiert wird, die tatsächliche Problemlösung dann aber individualisiert therapiert wird. Damit ist gemeint, dass öffentliche Anlaufstellen geschaffen werden, die sich mit den Problemen der BürgerInnen beschäftigen, aber als Lösungsvorschläge letztlich immer nur Erziehungsmaßnahmen stattfinden, die den von den MachthaberInnen akzeptierten Normzustand wiederherstellen sollen. Als Beispiele bezieht sich Arnstein etwa auf Menschen, die, nachdem Fehler in Krankenhäusern passiert sind, in Selbsthilfegruppen geschickt werden, wo sie mit den tragischen neuen Umständen leben lernen sollen, anstatt dass den Fehlern tatsächlich nachgegangen wird; oder wo die Verelendung von Stadtteilen mit „Halte deine Umwelt sauber“Kampagnen zu maskieren versucht wird (und die Betroffenen zu Sauberkeit erzogen werden sollen), anstatt etwa in die Renovierung von Häusern zu investieren. Gemeinsam bilden die beiden genannten Stufen einen Bereich von expliziter Nichtpartizipation. Ihr Einsatz ist oftmals nur kurzfristig bzw. einmalig möglich und wird bei längeren Programmen früher oder später von den Betroffenen durchschaut werden. Effektivere Mechanismen zur Vortäuschung von Beteiligung finden sich auf den nächsten drei Stufen der Leiter, welche im Original als „Tokenism“ bezeichnet und am ehesten als „Scheinpartizipation“ übersetzt werden können. Dazu zählt zunächst einmal die Stufe der Information. Hierbei handelt es sich um durchaus ehrliche Informationsweitergabe über Alternativen, Rechte, Verantwortlichkeiten usw. im Rahmen von zu treffenden Entscheidungen, allerdings mit der Einschränkung auf einseitige Kommunikationswege. Arnstein spricht hier insbesondere alle schriftlichen Formen der Kommunikation an, zählt aber auch klassische Informationsveranstaltungen dazu, wenn dort nur oberflächliche Information zugänglich ist, Fragen kaum gestellt werden können oder nur irrelevante Antworten gegeben werden. Etwas umfassender ist hier schon die nächste Stufe der Konsultation, wo explizit nach den Meinungen der BürgerInnen gefragt wird. Solange dabei allerdings nicht sichergestellt wird, dass die Meinungen auch umfassend ausgetauscht und tatsächlich in Entscheidungen eingebunden werden können, bleibt auch dies nur eine vorgeschobene Form der Beteiligung. Dabei betrachtet Arnstein Konsultationsmechanismen als weit verbreitet und oftmals angewandt, vor allem in Form von Versammlungen oder Befragungen. Was diese Stufe allerdings als

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1 Theoretische Grundlagen

vorgeschobene Partizipation entlarvt, ist die Konzentration auf Quantitäten: wie viele BürgerInnen wurden gefragt, sind gekommen, haben Informationsmaterial erhalten usw. Dabei entsteht allerdings nur die Bestätigung, dass die BürgerInnen an „Partizipation partizipiert“ haben. Welche Meinungen tatsächlich vertreten werden, kann so kaum erfasst werden.1 Die sechste Stufe – „Placation“ – wird laut Wörterbuch mit „Beschwichtigung“ übersetzt, inhaltlich zutreffender ist jedoch der eher umgangssprachliche Begriff der „Beschäftigungstherapie“. Damit sind all jene Mechanismen angesprochen, in denen über verzweigte Konstruktionen zahlreiche Beiräte und Arbeitsgruppen geschaffen werden, die dann verschiedenste Anliegen diskutieren und bearbeiten können und somit das Engagement der zu beteiligenden BürgerInnen binden, ohne dabei tief greifende Entscheidungsrechte zu übertragen – Entscheidungen bleiben somit immer auf einen kleinen Teilbereich beschränkt, die Machthabenden unterliegen hingegen kaum Einschränkungen. Eine Alternative zu diesem System der Gremien ist es auch, BürgervertreterInnen in die tatsächlichen Entscheidungsgremien zu holen und somit zu beschwichtigen, bei den anstehenden Entscheidungen diese dann aber regelmäßig zu überstimmen. Die erste Stufe, bei der die Machthabenden tatsächlich auch Entscheidungsmacht abgeben, ist jene, bei der sie in Form einer Partnerschaft mit den BürgerInnen geteilt wird. Hierbei finden sich in verschiedensten Organisationsformen (Steuerungsgruppen, Leitungsgremien etc.) beide Gruppen ein und vereinbaren Regeln zur gemeinsamen Entscheidung und Konfliktlösung. Für die beteiligten BürgerInnen bedeutet dies, dass verbindliche Formen der eigenen Vertretung (Delegationsmechanismen, Verantwortlichkeit) gefunden werden müssen, und dass benötigte Ressourcen zur Entscheidungsfindung (Gremien zur Meinungsbildung, Beratung und Expertise bei schwierigen Inhalten bzw. Fragen) aufgestellt werden müssen, ohne dabei auf die Machthabenden angewiesen zu sein. Delegation als nächste Stufe bedeutet laut Arnstein, dass wichtige Entscheidungsbereiche komplett an die BürgerInnen übertragen (delegiert) werden. Einzelne Projekte, die den BürgerInnen zugute kommen sollen, werden dabei komplett ihrer Autorität untergeordnet, die bisherigen MachthaberInnen ziehen sich aus diesem Teilbereich zurück oder greifen nur mehr dort vermittelnd ein, wo Meinungsbildung oder Entscheidungsfindung durch die BürgerInnen nicht bewerkstelligt werden können. Die höchste Stufe bildet schließlich die Etablierung vollständiger Entscheidungskompetenz zu einem gesellschaftlichen Anliegen an die betroffenen Bür1 Etwa auch bei Befragungen: wenn die Antworten bzw. Alternativen schon vorgegeben werden, besteht kaum die Möglichkeit, dass eigene Interessen erfasst werden können. Auch Einzelbefragungen tragen kaum dazu bei, dass gemeinschaftliche Interessen artikuliert werden können.

1.2 Partizipation und Empowerment

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gerInnen. Damit geben die bisherigen Machthabenden – in der Regel also staatliche Verwaltungsinstitutionen – ihre Zuständigkeit völlig an die BürgerInnen ab und gewährleisten lediglich die Finanzierung der nötigen Strukturen für die Umsetzung der BürgerInnenanliegen. An Stelle der Verwaltung von Anliegen vor Ort durch staatliche Einrichtungen tritt somit die Selbstverwaltung durch Betroffene. Auch wenn die Analyse Arnsteins deutlich erkennbar vom USamerikanischen Hintergrund geprägt ist, so lassen sich zahlreiche Kernfragen verallgemeinern und auf einen allgemeinen Kontext übertragen. Wie zutreffend die Problematik auch heute noch ist, zeigen die Parallelen, die sich in der deutschsprachigen Übertragung der Partizipationsleiter durch Trojan (zit. n. Trojan & Legewie 2001, S. 324) ergeben. Trojan entwirft eine zwölfstufige Version, die eine etwas feinere Untergliederung erlaubt, sich in den Inhalten aber im Wesentlichen nicht von der Version Arnsteins unterscheidet (vgl. Abbildung 6). Die zwölfstufige Leiter der Bürgerbeteiligung nach Trojan

institutionalisierte Entscheidungsmacht institutionalisierte Kontrollmacht delegierte Durchführungsmacht partnerschaftliche Kooperation gemeinsame Verhandlungen Einrichtung von Beschwerdeinstanzen und (Konsumenten-) Schutzverbänden Anhörungen/Beirat Information Erziehung/Behandlung Beschwichtigung Manipulation Desinformation

zunehmende Beeinflussung des Bürgers durch die „Macht-Habenden“

zunehmende Einflusschancen für Bürger auf die „Macht-Habenden“

Abbildung 6:

(Quelle: Trojan & Legewie 2001, S. 324) Wichtig in diesem Zusammenhang erscheint der große Wert, der auf die Lokalisierung der tatsächlichen Entscheidungskompetenz gelegt wird. So lange es sich um Bereiche des bloßen Informationsaustausches handelt, spricht Arnstein lediglich von Scheinpartizipation, und erst dort, wo tatsächlich auch Entscheidungen durch die BürgerInnen getroffen werden können, sieht sie echte Partizipation. Trojan relativiert hier etwas, indem er von zunehmenden „Einflusschancen“

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1 Theoretische Grundlagen

spricht, die tatsächliche Entscheidungskompetenz also weniger in den Vordergrund kehrt. Dennoch kann in Hinblick auf beide Konzeptionen gesagt werden, dass Partizipation immer auch die Ansiedelung von Entscheidungsmacht betrifft. Somit geht Teilnahme vor allem ab den Stufen von Partnerschaftlichkeit auch in Teilhabe über. Stark (2003b) zeichnet in diesem Zusammenhang ein eher kritisches Bild von aktuell tatsächlich existierenden BürgerInnenbeteiligungsmöglichkeiten, da er – zumindest für Deutschland – davon spricht, dass die öffentliche Verwaltung zumeist an „Akzeptanzförderung“ interessiert ist und eigentliche Teilhabe eher den Ausnahmefall darstellt. Besondere Wichtigkeit erlangen demnach in diesem Zusammenhang BürgerInneninitiativen und Selbsthilfegruppen, welche außerhalb traditioneller Entscheidungswege Mitspracherechte einfordern und gegenüber staatlichen Verwaltungen auch artikulieren können. Insgesamt sind laut Stark drei Aspekte von partizipativen Prozessen besonders hervorzukehren: Erstens ermöglichen Sie das systematische Aufgreifen von Visionen und Vorstellungen über die Zukunftsgestaltung durch die BürgerInnen selbst und stellen somit sicher, dass diese auch ernst genommen werden. Dadurch trägt Partizipation aber auch zur kreativen Entwicklung von Alternativen bei und ermöglicht den Blick über die eingeschränkte Sichtweise traditioneller Verwaltungsapparate hinaus. Zweitens dient Partizipation der Demokratisierung und somit der Einmischung in bisher rein dem Staat vorbehaltene Entscheidungsbereiche, welche der aktiven Mitgestaltung durch Betroffene geöffnet werden. Drittens kann Partizipation auch als Kontrollinstrument dienen, durch welches – insbesondere in Form öffentlichen Protests – EntscheidungsträgerInnen in Politik und Verwaltung zu einer ausreichenden Berücksichtigung von BürgerInneninteressen angehalten werden. Während also Partizipation – bzw. die auf den verschiedenen Stufen dargestellten Entscheidungskompetenzen – als konkretes Instrumentarium zur Neuverteilung von Machtverhältnissen verstanden werden kann, stellt sich die Frage, wie der Begriff des Empowerments ins Spiel kommt. Explizite Definitionen finden sich selten, gängig sind hingegen Formulierungen wie „Empowerment zielt darauf ab, dass Menschen die Fähigkeit entwickeln und verbessern, ihre soziale Lebenswelt und ihr Leben selbst zu gestalten und sich nicht gestalten zu lassen“ (Stark 2003a, S. 28), oder etwas konkreter auf den Bereich der Gesundheitsförderung bezogen ist Empowerment ein „Prozess, durch den Menschen eine größere Kontrolle über die Entscheidungen und Handlungen gewinnen, die ihre Gesundheit beeinflussen“ (WHO 1998, S. 6). Bezieht man die beiden Begriffe aufeinander, so kann man sagen, dass Empowerment das Vehikel darstellt, mittels dessen möglichst hohe Stufen der Partizipation erreicht werden sollen. Mit anderen Worten: „citizen control“ (Abbil-

1.2 Partizipation und Empowerment

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dung 5) ist die Zielsetzung, und Empowerment ist der Prozess, der Menschen persönlich sowie sozial bzw. institutionell (vgl. WHO 1998, S. 7) in die Lage versetzen soll, diese Stufe auch dauerhaft innehaben und ausfüllen zu können.

1.2.2 Empowerment als Prozess der Erlangung bzw. Gewährung von Partizipation Der angestrebte Prozess scheint dabei einem grundlegenden Ablauf zu folgen, welcher aus vier Phasen besteht. Diese sind vorwiegend als langfristige Entwicklung ohne strikte Abfolge zu verstehen und können als „Mobilisierung“, „Engagement und Förderung“, „Integration und Routine“ sowie „Überzeugung“ bezeichnet werden (Stark 2002, S. 58ff): Mobilisierung bedeutet dabei, dass ein expliziter Anstoß vorliegt, der einen Empowermentprozess in Gang setzt. Dies geschieht zumeist dadurch, dass bisherige Lebenszusammenhänge in einer Weise durchbrochen werden, die eine starke emotionale Betroffenheit auslöst. In ihre Lebenswelt gut eingebettete Personen werden dadurch in ihrer Alltagsroutine gestört und irritiert. Mobilisierung findet schließlich statt, wenn aus der so entstehenden Unsicherheit neue Möglichkeiten erkundet und eigene Fähigkeiten entdeckt werden. Zumeist handelt es sich dabei um das Ausloten neuer Entscheidungsspielräume, wobei gleichzeitig erkannt wird, dass bisherige Autoritäten durchaus in Frage gestellt werden können bzw. nicht notwendigerweise akzeptable Lösungsvorschläge parat haben müssen. Darüber hinaus werden in dieser Phase erste eigene Kompetenzen seitens der Betroffenen entdeckt, z. B. seine Meinung öffentlich darzulegen, wodurch wesentliche Voraussetzungen für den weiteren Prozess des Empowerments entstehen (ibid., S. 58). Sobald diese erste emotionale Aktiviertheit überwunden ist und die anfängliche Begeisterung oder Empörung zu schwinden beginnt, bedarf es der Entwicklung von Engagement und Förderung, um den Prozess zu stabilisieren. Zumeist bedarf es dazu des Vorhandenseins einer bestimmten Person oder auch Organisation, welche in der Rolle des Mentors dafür sorgt, dass die gerade erst entdeckten Fähigkeiten aufrechterhalten und weiterentwickelt werden. Insbesondere bedarf es der Förderung in Hinblick auf das Eintreten für die eigenen Interessen gegenüber den institutionalisierten Machthabenden. Hierbei gilt es, mit zunehmenden Rückschlägen fertig zu werden, aus Fehlern zu lernen, sich nicht entmutigen zu lassen und Erfolge zu erkennen, um so durch kontinuierliches Handeln immer weiter zu lernen. Wer die Funktion des Mentoring letztendlich übernimmt, scheint dabei unerheblich: sowohl bereits engagierte MitbürgerInnen, als auch

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1 Theoretische Grundlagen

Interessens- und Selbsthilfegruppen, als auch professionelle Organisationen können diese erfüllen (vgl. ibid., S. 59). Je länger die genannten Entwicklungen andauern, umso mehr stabilisiert sich die eigene Aktivität und die Eingebundenheit in öffentliche Entscheidungsprozesse. Es entsteht eine Phase der Integration und Routine, in welcher es selbstverständlich wird, sich einzumischen und mitzugestalten, und wo vorher unverständliche Zusammenhänge zunehmend durchschaut werden. Es festigen sich die eigenen Kompetenzen im Umgang mit den neuen PartnerInnen (z.B. Behörden, Öffentlichkeit), wodurch eine neue Alltäglichkeit entsteht. Gleichzeitig bedeutet diese Phase aber auch, dass sich für diejenigen, welche im Empowermentprozess bis hierher mitgegangen sind, neue Rollen gebildet haben und sich die vorherige Lebensgestaltung verändert hat. Dies führt zu zahlreichen neuen Ansprüchen und Erwartungen, mit welchen erst umzugehen gelernt werden muss, aber auch zu Konflikten sowohl mit den alten, in der ursprünglichen Lebenswelt verbliebenen Bezugspersonen (Familienangehörigen, FreundInnen), als auch möglicherweise den neuen PartnerInnen (etwa in Bezug auf Führungsansprüche usw.). Schließlich folgt die Phase der Überzeugung, wo die Kompetenzen zur Organisation und Konfliktaustragung voll entwickelt sind und den persönlichen Alltag integriert sind. Allerdings bedeutet diese Phase kein Ende, sondern sie drückt sich viel mehr in der wiederholten Ausübung partizipatorischer Fähigkeiten und deren Anwendung in vielfältigen Lebensbereichen aus. Das Eintreten für die eigenen Belange ist somit umfassend erlernt worden und wird mit der entsprechenden Sicherheit ausgeübt. Dabei wurde eine umfassende Überzeugung entwickelt, dass es möglich und auch erstrebenswert ist, sich aktiv in das öffentliche Leben einzubringen, seine Interessen zu vertreten und gemeinsam Veränderungen zu bewirken. Diese Überzeugung dient als langfristige Quelle für immer wieder stattfindende Teilhabe und ermöglicht die Unterstützung immer wieder neuer Empowermentprozesse anderer Personen (ibid, S. 60). Der Prozess des Empowerments bedarf demnach mindestens zweier Komponenten, welche zu einem erfolgreichen Gelingen beitragen müssen: eine ausreichende Störung der alltäglichen Routine als motivierende Grundlage und ausreichende Unterstützung von außen bei der Umsetzung dieser Motivation in langfristiges Engagement. Für den vorliegenden Kontext der Gesundheitsförderung schließt sich dabei zunächst die Frage an, wie gesundheitliche Motivationen zustande kommen: hierzu sei auf die zahlreichen Modelle des Gesundheitsverhaltens verwiesen, welche sich näher mit diesem Aspekt befassen (vgl. Kap. 1.3). Als zweite Frage ergibt sich, wie die nötige Unterstützung professionell bereitgestellt werden kann, und welche Formen der Unterstützung besonders fruchtbringend erscheinen. Hier sei einerseits auf die systematische Vernetzung

1.2 Partizipation und Empowerment

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und Integration von Interessenvertretungen verwiesen (vgl. Kap. 1.4), andererseits aber auch auf Vorschläge aus der gemeindepsychologischen Empowermentforschung. Lenz (2002) etwa bezieht sich in diesem Zusammenhang direkt auf das Stichwort der „Ressourcenaktivierung“, welche gezielt seitens professioneller Empowermentarbeit betrieben werden kann. Dazu gehören insbesondere die Entwicklung eines klientenorientierten Selbstverständnisses, gezielte Netzwerkförderung, der Einsatz von Moderation und Mediation sowie systemisches und narratives Denken. Mit der Entwicklung eines neuen professionellen Selbstverständnisses ist in erster Linie gemeint, dass Empowerment nur dann erreicht werden kann, wenn Personen in der Empowermentförderung bereit sind, darauf zu vertrauen, dass jeder Mensch zur Lösung seiner eigenen Probleme selbst fähig ist. Das bedeutet gleichzeitig, dass von den ExpertInnen das eigene Fachwissen hintangestellt und Problemlösungen nicht mehr (vorschnell) angeboten werden. Es geht vielmehr darum, die eigene Kenntnis möglicher Lösungen zugunsten der Unterstützung vorhandener Potentiale der KlientInnen beiseite zu schieben. Empowermentarbeit bedeutet in diesem Sinn auch, den Blick weniger auf die Defizite der zu unterstützenden Personen zu richten, sondern vorhandene Stärken zu erkennen und zu fördern. Dies heißt zugleich, dass die Meinungen und der Eigensinn des Gegenübers akzeptiert und konstruktiv umgesetzt werden müssen: „Akzeptieren bedeutet dabei nicht, dass der Professionelle allem zuzustimmen hat, was der Betroffene wünscht und sich vorstellt. Akzeptieren bedeutet aber, seine Wünsche und Ziele […] nicht nur ernst zu nehmen, sondern sie gemeinsam auf ihre „Tauglichkeit“ […] hin zu prüfen […] und in einen partnerschaftlichen Aushandlungsprozess einzutreten“ (ibid., S. 36). Damit soll sichergestellt werden, dass jede im Empowermentprozess zu unterstützende Person ihre eigenen Erfahrungen – unter Umständen trotz besseren Wissens der Profis – machen darf, weil nur so eine persönliche Weiterentwicklung stattfinden kann. Die Förderung sozialer Netzwerke dient der Ergänzung im Aufbau von Ressourcen im Prozess des Empowerments. Auch hier versteht sich professionelle Unterstützung primär als Katalysator und nicht als Anbieterin fertiger Lösungen. Allgemein handelt es sich bei der Netzwerkförderung um jene Methoden, „die versuchen, eines oder mehrere Netzwerkmerkmale zu modifizieren; das heißt also die Eigenschaften der Beziehungen (z.B. die Reziprozität und Intensität), ihre Strukturen (z.B. die Größe und Dichte), die internen Kommunikationskanäle oder ihre Funktionen (z.B. die soziale Unterstützung)“ (ibid., S. 38). Als wichtigste Strategien dienen hierzu sowohl individuumszentrierte Ansätze, die bei der Entwicklung der persönlichen Kompetenzen auf bewusste Netzwerkorientierung, kommunikative Fähigkeiten, Aushandlungskompetenz und allgemein

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1 Theoretische Grundlagen

soziale Kompetenz abzielen. Auf einer zweiten Ebene finden sich schließlich direkt netzwerkbezogene Interventionen, die sowohl der Ausweitung bzw. Verknüpfung bereits bestehender Netzwerke (z.B. durch neue Kooperationsbeziehungen mit vorhandenen Institutionen), als auch der Initiierung neuer Netzwerke (z.B. durch breite Einladung zu spezifischen Themen) dienen. Eine besondere Funktion kann professionelle Empowermentarbeit in Form von Moderation und Mediation übernehmen. Hierbei geht es quasi um das Anknüpfen an der Schnittstelle des Erkämpfens neuer Partizipationsrechte seitens der Betroffenen mit dem Abgeben angestammter Entscheidungsrechte seitens der Machthabenden. Moderationstechniken kommen dabei vorwiegend in der Vernetzungsarbeit zum Einsatz, wenn bewusst Prozesse des gegenseitigen Kennenlernens und der Entwicklung von Kooperationsbeziehungen zwischen Individuen, Gruppen und Organisationen bzw. Institutionen begleitet werden. Mediation kommt als Aushandlungstechnik zum Einsatz, wenn tief greifende Konflikte geklärt und die gegnerischen Parteien zu einer gemeinsamen Lösung gebracht werden sollen. Auch bei diesen beiden Techniken steht im Vordergrund, dass professionelle Unterstützung immer nur in Form von Begleitung stattfindet, während die inhaltlich konstruktive Arbeit stets seitens der betroffenen Personen geleistet wird. Der Hintergrund der Gemeindepsychologie wird deutlich, wenn Lenz (ibid., S. 42ff) auf systemisches und narratives Denken verweist. Mit systemischem Denken spielt er darauf an, dass für komplexe Prozesse – wie eben jene des Empowerment – nicht einfach fertige Lösungen angewendet werden können, sondern dass diese unter den Prämissen sozialkonstruktivistischer Perspektiven (Thomas-Theorem, Symbolischer Interaktionismus) jedes Mal situationsspezifisch erarbeitet werden müssen. Dieses Erarbeiten findet dabei durch die Klienten selbst statt, während die professionelle Begleitung mit einer Haltung des „Nicht-Wissens“ arbeitet und vorwiegend über das aktive Fragenstellen (anstatt Antwortenliefern) zu einer Lösungsfindung beiträgt. Eine besondere Technik stellt in diesem Zusammenhang die Arbeit mit Geschichten dar, die es erlauben, dass Personen ihre eigene Situation abstrahieren und somit – etwa über das gezielte Verändern der handelnden Personen oder der Handlungsverläufe – neue Lösungsansätze entwickeln können. Hintergrund dieses narrativen Denkens ist dabei ebenfalls die Abkehr vom ExpertInnentum – in dem Situationen analytisch in ihre Bestandteile aufgesplittet und diese einzeln betrachtet werden – hin zu einer alltagsnahen Rekonstruktion von Zusammenhängen und Erklärungsmustern aus Sicht der Betroffenen.

1.2 Partizipation und Empowerment

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1.2.3 Kernelement Power In der Aufarbeitung der Literatur zu Gesundheitsförderung ist interessant, dass in Hinblick auf Empowerment nie eine Auseinandersetzung mit dem in diesem versteckten Wortstamm stattfindet: dem Begriff Power und somit dem Konzept der Macht, die es ja zu verändern gilt. Folgt man der Analyse Abels’ (2004), so lässt sich der Machtbegriff aus soziologischer Perspektive in mehrere Dimensionen aufteilen, die zu einer facettenreichen Definition beitragen. Ausgangspunkt bildet die berühmte Definition Max Webers, welcher auf aktive Willensdurchsetzung abzielt: „Macht bedeutet jede Chance, innerhalb einer sozialen Beziehung den eigenen Willen auch gegen Widerstreben durchzusetzen, gleichviel worauf diese Chance beruht.“ (Weber 1947, S. 28). Diese sehr umfassende Definition – welche von Weber schließlich herangezogen wird, um verschiedene Formen der Herrschaft zu erkunden – bedarf allerdings der Übertragung auf moderne Gesellschaften, und wir benötigen diese Übertragung auch, um sie für den Bereich gesundheitlichen Empowerments nutzbar zu machen. Mit der Unterscheidung von Macht und Gewalt durch Foucault gelangt man zu einer brauchbaren Einschränkung: Gewalt wäre somit Willensdurchsetzung, die aufgrund der Ausübung von Zwang mit körperlichen bzw. dinglichen Schäden droht bzw. diese verrichtet. Macht bedeutet hingegen, „das Feld möglichen Handelns der anderen zu strukturieren“ (Foucault 1987, S. 257, zit. n. Abels 2004, S. 274). Damit wird der Machtbegriff darauf eingeschränkt, dass er auf die Beeinflussung des Handelns anderer bezogen wird, und diese Beeinflussung erfolgt ohne die Ausübung körperlicher Gewalt. Dieser Machtbegriff ist für moderne westliche Gesellschaften somit auch für alltägliche Machtfragen brauchbar, da hier über das Gewaltmonopol des Staates die Durchsetzung körperlichen Zwanges ausgeschlossen ist. Machtausübung – die Durchsetzung der eigenen Interessen in einer Weise, dass andere Personen in ihren Handlungen diese Interessen wahren – erfolgt somit aufgrund anderer Prinzipien. Als wichtigster Mechanismus kann in diesem Zusammenhang gelten, dass eine Austauschbeziehung zwischen Machthabenden und Machtuntergebenen besteht. Diese Austauschbeziehung entsteht im Wesentlichen aus der Begründung der Mächtigen, warum diese die Macht besitzen, und der Bereitschaft der Untergebenen, diese Begründung zu akzeptieren. Als ultima ratio steht dahinter letztlich das Prinzip, dass die Herrschenden irgendeine Form der Problemlösung anbieten, welche den Beherrschten nützt. Dieses Prinzip lässt sich sowohl auf die Weberschen Unterscheidungen von charismatischer, traditionaler und legaler Herrschaft anwenden, als auch auf jene Form der Machtausübung, welche nach Abels als Autorität definiert wird, nämlich „einer fachlichen oder moralischen Überlegenheit, die weit über das Normalmaß hinausreicht“ (Abels 2004, S. 272). Dabei unterscheidet er moralische von funktionaler Autori-

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1 Theoretische Grundlagen

tät, wobei erste den intellektuellen bzw. moralischen Fähigkeiten von Einzelpersonen entspringt, zweite hingegen mit einer bestimmten gesellschaftlichen bzw. beruflichen Position verbunden ist. Neben dieser Begründung des Entstehens von Macht, gilt es noch zwischen individueller und struktureller Macht zu unterscheiden. Mit Hinweis auf Marx und Bourdieu begründet Abels, dass Machtausübung auch mit der Zugehörigkeit zu einer bestimmten Gruppe verbunden sein kann – sei es, weil man über Produktionsverhältnisse bestimmt, oder weil man über die Gruppenzugehörigkeit Privilegien genießt. Zu diesen Privilegien gehört auch das Prinzip, Macht durch Definitionsmacht bzw. als ideologische Macht auszuüben. Damit ist gemeint, dass bereits die Festlegung, welche Themen in der öffentlichen Kommunikation behandelt werden, schon als Machtausübung gesehen werden muss. In Ausweitung auf alltägliche Kommunikation bedeutet somit der allgemeine Vorgang der Sozialisation bereits die Ausübung und somit Durchsetzung des Willens der Mächtigen. Als letzter Aspekt, der sich aus den verschiedenen Aspekten der Willensdurchsetzung vor diesem Hintergrund ergibt, sei jener der persönlichen Kompetenz erwähnt: Abels zitiert Schelsky mit „Macht ist Machen-können“ (Schelsky 1941, S. 84, zit. n. Abels 2004, S. 266) und spielt damit auf Francis Bacons geflügeltes Wort von „Wissen ist Macht“ an. Dies bedeutet letztlich, dass gerade der Wissensvorsprung (in Bezug auf die oben genannte Problemlösungsfähigkeit) eine wesentliche Machtquelle darstellt. Abschließend sei noch jener Aspekt erwähnt, der in der bisherigen Darstellung noch zu kurz gekommen ist: dass Machtausübung nicht notwendigerweise im Sinne bzw. zugunsten der Machtunterworfenen erfolgt. (So wie es etwa in der oben angesprochenen ultima ratio angedeutet wird.) Dies begründet sich gerade in den Wissensunterschieden, in der Definitionsmacht, und nicht zuletzt in der Androhung von Gewalt – in ihrer subtilsten Form der „Bewirtschaftung der Ängste“ (Elias 1982, S. 57, zit. n. Abels 2004 S. 271). Vor diesem Hintergrund kann nun eine tiefere Aufklärung darüber erfolgen, welche Aspekte im Rahmen von Empowerment beachtet werden müssen: ƒ ƒ ƒ ƒ

Macht äußert sich in alltäglichen Beziehungen zwischen Menschen, zwischen Institutionen, zwischen Menschen und Institutionen; Macht folgt dem Prinzip des Austausches, wobei Gefolgschaft im günstigen Fall durch das Vertrauen auf die Problemlösungskompetenz erreicht wird; Macht kann sowohl im Individuum liegen – aufgrund seines umfangreichen Wissens, seiner moralischen Integrität, seiner beruflichen oder gesellschaftliche Position – als auch bei Gruppen, Organisationen oder Institutionen; Macht ist mit der Bildung eines spezifischen Willens verknüpft.

1.2 Partizipation und Empowerment

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Umgelegt auf Empowerment im Gesundheitsbereich bedeutet dies: ƒ

ƒ

ƒ

ƒ

Damit Personen für gesundheitliches Empowerment gewonnen werden können, müssen sie erst den Willen entwickeln, auch tatsächlich für ihre gesundheitlichen Belange einzutreten. Es muss dabei die Einsicht gewonnen werden, dass man selbst für die Durchsetzung dieses Willens verantwortlich ist. Um diesen Willen entwickeln und in der Folge Macht ausüben zu können, bedarf es der Aneignung von Wissen und Kompetenz, um dem Prinzip des „Machen-Könnens“ gerecht zu werden. Im Sinne der Gesundheitsförderung ergibt sich daraus die Forderung nach Förderung von individueller „health literacy“, also dem kritischen Umgang mit gesundheitsbezogenen Informationen durch Individuen, um diese Kompetenz erreichen zu können. Es bedarf einer kritischen Reflexion, welche Austauschbeziehungen welche Arten von Willensdurchsetzung ermöglichen. Das bedeutet letztlich die Infragestellung althergebrachter Autoritäten, deren Kompetenz angezweifelt wird. Umgelegt auf den Gesundheitsbereich bedeutet dies etwa die Frage, ob die traditionellen Gesundheitsdienste auch weiterhin zufrieden stellende Problemlösungen anbieten können und somit Gefolgschaft „verdienen“. Empowerment muss sowohl das Individuum als auch Gruppen, Organisationen und Institutionen umfassen, um tatsächlich alle Formen von Machtausübung bzw. Machtbesitz erreichen zu können. Im Sinne von gesundheitlichem Empowerment bedeutet dies neben der Förderung von gesundheitsbezogenem Wissen auch die Förderung von sozialen Kompetenzen und die Veränderung des Verhältnisses von Individuen und gesundheitsrelevanten Institutionen bzw. Organisationen zu- und untereinander.

Bei Empowermentprozessen handelt es sich somit immer um eine Wechselwirkung von individueller, persönlicher Entwicklung und der Veränderung des sozialen sowie institutionellen Umfeldes. Diesen Aspekt der gegenseitigen Verknüpfung greift insbesondere Wallerstein (1992) auf. In ihrem sehr einflussreichen Artikel legt sie dar, dass die oftmals in die Bereiche „psychologisches“ (individuelles) und „organisatorisches“ (gemeinschaftsbezogenes) Empowerment geteilten Bereiche zwangsläufig miteinander verknüpft sind. In Erweiterung der oben angeführten Definitionen zu Empowerment erscheint Wallersteins Definitionsvorschlag somit umfassender. Demnach ist Empowerment „a social-action process that promotes participation of people, organizations, and communities towards the goals of increased individual and community control, political efficacy, improved quality of community life, and social justice.“ (ibid., S. 198). Übersetzt man das Wort „control“ (zulässigerweise) mit „Macht“, so finden sich

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1 Theoretische Grundlagen

hier alle Elemente der bisherigen Diskussion wieder: Empowerment als Prozess der Einbindung von Individuen und Organisationen, um über das zentrale Element der Partizipation eine möglichst umfassende Willensdurchsetzung zu ermöglichen. In dieser Darstellung wird somit bewusst zwischen dem Prozess „Empowerment“ und dem Ziel „Willensdurchsetzung“ (Macht, „citizen control“) unterschieden, was eine wichtige und sinnvolle Unterscheidung darstellt. Dies ist – insbesondere in der englischsprachigen Literatur – nicht selbstverständlich. Umständliche Versuche, zwischen Empowerment als Prozess und Empowerment als Outcome zu unterscheiden (vgl. Laverack & Wallerstein 2001; Schulz, Israel, Zimmermann & Checkoway 1995) erscheinen einerseits verwirrend und andererseits verstellen sie den Blick darauf, dass das Ziel weniger „to be empowered“ sondern vielmehr „to be powerful“ lauten sollte!

1.3 Modelle zur Darstellung individuellen Gesundheitsverhaltens Mit der Problematik, dass es keinen einheitlichen Konsens darüber gibt, was Gesundheitsförderung bedeutet, ist verbunden, dass keine einheitlich akzeptierten Modelle zu deren Erklärung ausgemacht werden können. In Hinblick auf die allgegenwärtige Forderung, dass Gesundheitsförderung immer mit einem interdisziplinären Zugang verbunden sein soll, wird in diesem Kapitel auf die wichtigsten (vorwiegend aus der Psychologie stammenden) Modellansätze des Gesundheitsverhaltens eingegangen. Diese beziehen sich auf die individuelle Ebene der Gesundheitsförderungsarbeit und bieten somit die Anknüpfungsmöglichkeit an Forderungen nach individuellem Empowerment.

1.3.1 Das Health-Belief-Modell Als Ausgangspunkt für die modellhafte Beschreibung von Gesundheitsverhalten gilt das „Health-Belief-Modell“ (HBM), welches Vorläufer zahlreicher heutiger Überlegungen zum Thema ist und sich deshalb nach wie vor großer Beliebtheit erfreut. Leider bleibt es – und dies ist der zentrale Kritikpunkt an diesem Ansatz – auf die Phase der Intentions- bzw. Willensbildung beschränkt, während die tatsächliche Ausführung einer Handlung ohne nähere Erklärung einfach angenommen wird (vgl. Schwarzer 1996, S. 53ff). In seinem Kern setzt sich das Health-Belief-Modell (Rosenstock 1966) aus den Komponenten von wahrgenommener Bedrohung und wahrgenommener Kosten-Nutzen-Bilanz als unmittelbare Einflüsse auf die Verhaltenswahrschein-

1.3 Modelle zur Darstellung individuellen Gesundheitsverhaltens

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lichkeit zusammen. Damit wird auf zwei grundlegende Komponenten Bezug genommen, nämlich ob jemand prinzipiell bereit ist, eine Handlung zu setzen (aufgrund einer Bedrohung), und ob eine Handlung zur Verfügung steht, welche als ausreichend nützlich zur Bekämpfung dieser Gefahr betrachtet wird (Bilanz). Seine Komplexität erhält das Modell durch die Ausweitung auf mittelbare Faktoren, welche als Ausgangspunkt für den Modellverlauf dienen. Demnach erweitert sich das Modell um allgemeine und persönliche Gefährdung, zusätzliche Handlungsanreize, allgemeine personenbezogene Eigenschaften (vgl. Abbildung 7). Abbildung 7:

Das Health Belief Modell

Persönliche Wahrnehmung

Wahrnehmung der persönlichen Anfälligkeit für sowie des Schweregrads einer Krankheit

Modifizierende Faktoren

Verhaltenswahrscheinlichkeit

Alter, Geschlecht, Ethnie Persönlichkeit Sozio-öokonomische Variablen Wissen

Wahrgenommener Nutzen minus wahrgenommene Barrieren einer Verhaltensänderung

Wahrgenommene Bedrohung durch eine Krankheit

Wahrscheinlichkeit der Verhaltensänderung

Handlungsanreize - Bildungsmaßnahmen - Symptome - Medienberichte

(Quelle: Janz, Champion & Strecher, 2002, S. 52) Als Ausgangspunkt dient die Einschätzung des allgemeinen Schweregrades einer Krankheit oder einer sonstigen gesundheitlich relevanten Begebenheit, welche quasi als Grundvoraussetzung die Aufmerksamkeit für ein mögliches Problem erregt. Mit der Einschätzung des Schweregrades sind in erster Linie persönliche Folgen verbunden, die sowohl körperliche Einschränkungen als auch soziale, berufliche und familiäre Wirkungen beinhalten können. Hinzu kommt als zweite Variable die subjektiv vorhandene persönliche Anfälligkeit (subjektive Verletzlichkeit oder Vulnerabilität) einer Person für diese Krankheit bzw. Begebenheit. Sie bezeichnet die Annahme, welches Risiko eine Person für sich selbst einschätzt, wobei Rosenstock explizit darauf verweist, dass das objektive Risiko dabei kaum eine Rolle zu spielen scheint. Bei entsprechend hoher Ausprägung beider Faktoren entsteht daraus laut Modellannahme eine hohe wahrgenommene

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1 Theoretische Grundlagen

Bedrohung, welche die psychische Grundlage für eine Handlungsbereitschaft darstellt. Die Bilanz von Nutzen und Kosten ergibt sich darüber hinaus gehend durch die Abwägung von bekannten Handlungsmöglichkeiten und den daraus zu erwartenden Vorteilen, welche den wahrgenommenen Barrieren (Kosten, Überwindung, Unannehmlichkeiten etc.) gegenübergestellt werden. Auch hier stehen wieder die individuellen Einschätzungen im Vordergrund. Rosenstock diskutiert in diesem Zusammenhang auch mögliche Konfliktlagen, die sich insbesondere dann ergeben, wenn sowohl hoher Nutzen als auch hohe Barrieren vorliegen und kommt zu dem Schluss, dass dies einer Handlungsausführung eher abträglich sein dürfte. Ein weiteres wichtiges Element im HBM sind die Handlungsanreize. Sie wirken quasi als letztendliche Auslöser, die eine Handlung in Gang setzen. Dabei können sie in gewisser Weise die anderen Variablen kompensieren, etwa wenn sich jemand nur gering bedroht fühlt, aber mit einem entsprechend hohen Handlungsanreiz konfrontiert wird (über Medien oder Bekannte, Familie etc.). Aber auch bei hoher Bedrohung und positiver Kosten-Nutzen-Bilanz dürften Handlungsanreize in zumindest geringem Ausmaß nötig sein, um tatsächliche Handlungen auszulösen. Da – mit Ausnahme der Handlungsanreize – beinahe alle Modellkomponenten auf die persönliche Wahrnehmung abzielen, werden im Modell als modifizierende Faktoren noch sonstige persönliche Variablen (z.B. Alter, Geschlecht, Schichtzugehörigkeit, soziales Umfeld usw.) hinzugefügt, welche die jeweiligen Wahrnehmungen beeinflussen können. Empirische Untersuchungen zeigen widersprüchliche Ergebnisse auf. Während etwa Janz & Becker (1984) in ihrem Review das Gesamtmodell als haltbar aufweisen (mit besonders hohen Effekten von wahrgenommenen Barrieren sowie subjektiver Vulnerabilität bzgl. präventivem Gesundheitsverhalten), bezweifeln Harrison et al. (1992) die Aussagekraft des Health-Belief-Modells, da ihr Review auf nur schwache und eher inkonsistente Zusammenhänge hinweist. In einer späteren Erweiterung des Modells führen die Autoren noch die Variablen „Motivation zu Gesundheitsverhalten“ sowie „Selbstwirksamkeitserwartung“ ein (Rosenstock, Strecher & Becker 1988). Obwohl das Modell – insbesondere unter Berücksichtigung der Selbstwirksamkeitserwartung – auch heute noch in Verwendung ist, ist es dennoch als veraltet zu betrachten. Als nach wie vor gültige Kritikpunkte lassen sich nach Schwarzer (1996, S. 56) folgende Einwände machen:

1.3 Modelle zur Darstellung individuellen Gesundheitsverhaltens ƒ ƒ ƒ ƒ

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Die Überbewertung von Bedrohung als unmittelbarem Handlungsauslöser: diese ist zwar sicherlich relevant, aber auf einer viel früheren und indirekteren Stufe im Prozess der Intentionsbildung. Die unklare Rolle der Handlungsanreize, welche als modifizierender Faktor auf die Wahrnehmung einer Bedrohung zugeordnet sind, anstatt diese als unmittelbar handlungsrelevant zu sehen. Die Simplifizierung des Zusammenspiels von Vorteilen und Barrieren im Sinne einer Nutzen-Kosten-Bilanz, anstatt diese besser getrennt und ohne die unterstellte Subtrahierbarkeit zu betrachten. Die unterstellte Statik, wonach das Zusammenspiel der Modellkomponenten Gesundheitshandeln auslöst, wodurch aber das prozesshafte Wechselspiel von Intentionsbildung und Ausführung bzw. Aufrechterhaltung (Volition) einer Handlung vernachlässigt wird.

Trotz aller Einwände erfreut sich das Modell auch heute noch breiter Anwendung, gerade auch im angewandten Bereich der Gesundheitsförderung. Glanz & Rimer (2005, S. 14) leiten aus dem Modell etwa folgende Strategien ab, mit deren Hilfe die jeweiligen Variablen zugunsten einer intendierten Verhaltensausübung bei Zielgruppen beeinflusst werden können: ƒ

ƒ ƒ ƒ ƒ

Subjektive Vulnerabilität: Definition von Risikogruppen und deren jeweiligem Risiko; Entwicklung maßgeschneiderter Informationen zum individuellen Risiko einer Person bzw. Verhaltensweise; Unterstützung von Zielpersonen bei der persönlichen Einschätzung des eigenen Risikos. Wahrgenommener Schweregrad: Darstellung der Folgen von Bedrohungen und Aufforderung zum Handeln. Wahrgenommener Nutzen: Darstellung wie, wo und wann Handlungen gesetzt werden können und welche positiven Folgen dies haben kann. Wahrgenommene Barrieren: Anbieten von Anreizen, Bestätigung und Unterstützung; Aufklärung über Fehlinformationen. Handlungsanreize: Zurverfügungstellen von „How-To“ Informationen, Bewusstsein fördern und Erinnerungssysteme einrichten.

1.3.2 Theorien geplanten Handelns Zwei weitere breit rezipierte Theorien sind die „Theory of Reasoned Action“ (Ajzen & Fishbein 1980) sowie deren Weiterentwicklung „Theory of Planned Behavior“ (Ajzen 1991). Wesentlicher Fokus dieser Modelle ist das Zustandekommen einer Handlungsintention, welche als wesentlicher Prädiktor für die

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1 Theoretische Grundlagen

Verhaltensausführung herangezogen wird (vgl. Schwarzer 1996, S. 1ff). Gesundheitshandeln wird dadurch nicht direkt vorausgesagt, sondern nur mehr mittelbar als Wille bzw. Wahrscheinlichkeit, die beabsichtigte Handlung tatsächlich umzusetzen. Im Rahmen der Theory of Reasoned Action werden als wesentlichste Einflüsse auf die Intention einer Person die Variablen „Einstellung“ sowie „subjektive Norm“ angeführt, in der Theory of Planned Behavior wird noch als zusätzlicher Faktor die „Kontrollierbarkeit“ eingeführt (vgl. Abbildung 8). Abbildung 8:

Theory of Reasoned Action und Theory of Planned Behavior

Bewertung von Verhaltensergebnissen Einstellung Überzeugungsstärke normative Überzeugungen subjektive Norm

Intentionen

Verhalten

Bereitschaft zur Normenbefolgung Überzeugungen zu Ressourcen subjektive Steuerbarkeit Überzeugungen zu Gelegenheiten

Die Elemente unterhalb der strichlierten Linie stellen die Erweiterung der Theory of Reasoned Action auf die Theory of Planned Behavior dar.

(Quelle: in Anlehnung an Schwarzer 1996) Die Variable „Einstellung“ entspricht im Modell der Gefühlskomponente, also einer affektiven Bewertung verschiedener Verhaltensmöglichkeiten einer Person. Das Gefühl, wie sehr man einer Handlungsmöglichkeit zugeneigt ist, wird dabei von zwei Komponenten beeinflusst, nämlich der Bewertung von verschiedenen möglichen Ergebnissen der Handlung sowie der Überzeugungsstärke, dass dieses Ergebnis auch zutrifft. Als subjektive Norm gilt die Wahrnehmung darüber, welche Verhaltensweisen allgemein akzeptiert werden bzw. als abgelehnt gelten. Die dazugehörigen Einflüsse sind die wahrgenommenen Einschätzungen verschiedener Schlüsselpersonen (Familienmitglieder, FreundInnen etc.) zu diesen Verhaltensformen („normative Überzeugungen“) sowie die Bereitschaft zur Normenbefolgung, also die Bereitschaft das zu tun, was die Schlüsselpersonen für wünschenswert halten. Im Laufe der Zeit ist das Modell – auch in Hinblick auf die Erkenntnisse in Zusammenhang mit der Selbstwirksamkeitstheorie (s.u.) – um die Variable der

1.3 Modelle zur Darstellung individuellen Gesundheitsverhaltens

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Steuerbarkeit von Verhalten erweitert worden. Dies entspricht der Frage, ob man das in Überlegung befindliche Verhalten überhaupt ausüben kann oder nicht. Wie auch im restlichen Modell stehen im Hintergrund zwei zusätzliche Variablen, die Einfluss auf die Wahrnehmung dieser Steuerbarkeit nehmen, nämlich Überzeugungen zu den vorhandenen Ressourcen für die Verhaltensausübung und Überzeugungen zum Vorhandensein von Gelegenheiten dazu. In seiner Gesamteinschätzung der beiden Theorien kommt Schwarzer (1996, S. 9ff, S. 61ff) zu dem Ergebnis, dass insbesondere die Theory of Reasoned Action als umfassendes Modell nach wie vor sehr brauchbar ist. Als Schwäche steht dem Modell insbesondere entgegen, dass die propagierten Zusammenhänge – besonders die Einflussketten von Überzeugungen zu den Komponenten Einstellung und subjektive Norm – nicht durchgängig empirisch nachweisbar sind bzw. als direkte Einflüsse der Überzeugungen auf die Intention bessere empirische Modelle ergeben. Weiters gibt es Hinweise, dass anstelle der Steuerbarkeit die unmittelbare Verwendung des Konstrukts der Selbstwirksamkeit (sog. „Limburger Modell“) bessere Ergebnisse liefert als das Originalmodell. Der wesentliche Vorteil der Theory of Reasoned Action ist hingegen gerade jene umfassende Inkorporation verschiedener Ursprungstheorien, welche sich in ihrem Gesamtbild als gleich bedeutsam erweisen. Dies stellt einen wesentlichen Schritt in Richtung komplexerer Erklärungen der vielschichtigen Einflüsse auf Gesundheitsverhalten dar.

1.3.3 Sozialkognitive Theorie des Gesundheitshandelns Nach Bandura, der in Weiterentwicklung seiner Theorie Sozialen Lernens die Sozialkognitive Theorie entwickelte (Bandura 1986, zit. n. Schwarzer 1996), wird Gesundheitsverhalten von drei Hauptkomponenten beeinflusst, nämlich der Selbstwirksamkeit, den gesetzten Zielen sowie den Ergebniserwartungen. Als wesentlichste Komponente gilt in diesem Modell gemeinhin das Konzept der Selbstwirksamkeit, oft auch als Kompetenzerwartung bezeichnet. Die Selbstwirksamkeit beschreibt dabei die Erwartung einer Person, eine geplante Handlung – auch gegen Widerstände – tatsächlich umsetzen zu können. Sie ist damit die höchste Stufe in einer Kette von verschiedenen Erwartungshaltungen, beginnend mit dem Zusammenhang von Ursache und Wirkung (Instrumentalitätserwartung) bezüglich eines wünschenswerten Ziels, gefolgt von der Konsequenzerwartung bezüglich der Beeinflussbarkeit der Ursache durch die eigene Person („locus of control“) und schließlich eben der Selbstwirksamkeitserwartung (vgl. Schwarzer 1996, S. 14f).

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1 Theoretische Grundlagen

Gemäß Bandura (1995) beruhen Motivation, affektive Zustände und Handlungen weniger in objektivierbaren Umständen als viel mehr in den persönlichen Überzeugungen einer Person, wobei sich diese Überzeugungen maßgeblich auf die schon angesprochenen Ursache-Wirkung-Mechanismen beziehen. Er entwirft seine Theorie dabei mit dem Anspruch, sowohl die Ursprünge der damit verbundenen Wirksamkeitserwartungen zu erklären, als auch deren Struktur und Funktionsweise, sowie die damit verbundenen Prozesse und Effekte zu erklären, und nennt sie deshalb „sozialkognitive Theorie“: „Perceived self-efficacy refers to beliefs in one’s capabilities to organize and execute the courses of action required to manage prospective situations. Efficacy beliefs influence how people think, feel, motivate themselvese, and act.“ (Bandura 1995, S. 2) Demnach entsteht Selbstwirksamkeit in einem Lernprozess, der Erwartungshaltungen (Kognitionen) über den zu erwartenden Ausgang einer Handlung erzeugt. Im Unterschied zum reinen operanten Konditionieren – also der Festigung von Verhaltensweisen durch erhaltene Belohnung oder Strafe – wird Verhalten viel mehr durch antizipierte positive bzw. negative Folgen beeinflusst. Damit erklärt sich auch, weshalb die eigene Wahrnehmung darüber, ob man ein Verhalten erfolgreich umsetzen kann oder nicht, zur wesentlichen Vorhersagekomponente der Verhaltensausführung herangezogen werden kann. Die mit einem Verhalten verbundenen Erwartungen entstammen nach Bandura vier Quellen, die uns Informationen über den zu erwartenden Ausgang liefern (vgl. Schwarzer 1996, S. 16f). Dazu gehört zuallererst und auch als am stärksten wirksam die direkte Erfahrung („mastery experiences“). Diese gibt Auskunft über die eingesetzten Anstrengungen und dem damit verbundenen Erlebnis der Handlungsergebnisse. Um die persönliche Selbstwirksamkeit zu stärken, kommt es dabei vorwiegend um ein ausgewogenes Verhältnis an herausfordernden Bewältigungsaufgaben und entsprechender positiver Problemlösungserfahrung an. Eine beständige Bewältigung lediglich leichter Herausforderungen ist demnach ebenso abträglich, wie ein ständiges Scheitern an zu großen Aufgaben. Etwas schwächer wirkt die mittelbare bzw. indirekte Erfahrung („vicarous experiences“). Sie entsteht über die Beobachtung anderer Personen, die als einem selbst ähnlich eingeschätzt werden. Dabei wird sozusagen modellhaft die zu bewältigende Aufgabe miterlebt und die entsprechende Lehre gezogen. Auch hier bleibt allerdings der grundlegende Mechanismus derselbe: Solange die Herausforderungen ausreichend hoch und deren Bewältigungen von ausreichenden Erfolgen begleitet werden, entsteht ein positiver Beitrag zur persönlichen Selbstwirksamkeit. Das Ausmaß des Einflusses hängt jedoch zusätzlich von dem Maß ab, in dem die beobachteten Personen als einem selbst ähnlich gesehen werden.

1.3 Modelle zur Darstellung individuellen Gesundheitsverhaltens

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Die dritte Quelle der Entstehung ist „social persuasion“, also über Kommunikation vermittelte symbolische Erfahrung. Dies bezieht sich direkt auf die motivatorischen Fähigkeiten der eine Person umgebenden Mitmenschen, die mittels entsprechender Überzeugungskünste das Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten stärken können. Zusätzlich tragen auf die Selbstwirksamkeit förderlich wirkende Mitmenschen dadurch bei, indem diese Situationen so beeinflussen können, dass persönliche Erfolgserlebnisse erst möglich werden, indem sie zur Vermeidung von überfordernden Situationen beitragen, oder indem sie eine Neudefinition der Situationsbewertung – und somit auch des persönlichen Erfolges – ermöglichen. Die vierte Quelle für das Entstehen von (Miss-)Erfolgserwartungen einer Person sind schließlich ihre physiologischen und emotionalen Zustände. Hierbei handelt es sich sozusagen um die Bewertung der eigenen Stressreaktionen – Müdigkeit, Ängstlichkeit usw., welche erlebt und kognitiv als Anzeichen möglichen Scheiterns interpretiert werden können. Gerade hier entsteht eine starke Wechselwirkung aus persönlichem Befinden und erwarteter Selbstwirksamkeit, so dass sich eine scharfe Grenze kaum finden lässt – Angst kann sowohl zu niedriger Selbstwirksamkeit führen, als niedrige Selbstwirksamkeit auch leichter Angst auslösen kann. Die Theorie der Selbstwirksamkeitserwartung erweist sich nicht nur als konzeptuell sehr ausgereift, sie findet auch in der empirischen Forschung breite Anwendung und oftmalige Bestätigung. Insbesondere in den Gesundheitswissenschaften wird das Konzept gerne verwendet. Schwarzer & Fuchs (1995) sowie Schwarzer (1996, S. 24ff) stellen eine Reihe von Untersuchungen vor, welche die Bedeutsamkeit der Selbstwirksamkeitserwartung bestätigen. Das Konstrukt gilt heute als allgemein anerkannt und ist tief verankert, was sich nicht zuletzt etwa auch in der Inkorporation in andere Modelle des Gesundheitsverhaltens zeigt (vgl. Theory of Planned Behavior, Health Action Process Approach). Die Selbstwirksamkeitserwartung war ursprünglich als situationsspezifisches Konstrukt erdacht worden, allerdings wird sie mittlerweile auch als generalisierte, allgemeine Selbstwirksamkeit erhoben.

1.3.4 Health Action Process Approach Der Health Action Process Approach (HAPA) von Schwarzer (vgl. Sniehotta & Schwarzer 2003) zählt zu den sog. Volitionstheorien. Im Unterschied zu den bisher vorgestellten intentionalen Ansätzen geht es dabei um die Frage, wie Volition, also der Wille zur Aufrechterhaltung einer Handlung, zustande kommt. Die Intention zur Ausführung einer Handlung wird dabei nach wie vor als wich-

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1 Theoretische Grundlagen

tig anerkannt, aber es wird die Frage gestellt, wovon es letztlich abhängt, dass die Ausführung auch tatsächlich stattfindet und auch aufrecht erhalten bleibt. Wichtig sind in diesem Zusammenhang der Vorsatz zur Ausführung einer Handlung, also die genaue Planung der Umsetzung (präaktionale Phase), als auch die wiederkehrende Bewertung der tatsächlichen Handlungsausführung (postaktionale Phase). Die aktionale Phase bildet in diesem Zusammenhang den Zeitraum der Ausführung und die damit verbundenen Aufrechterhaltungsanstrengungen. Das gesamte Modell setzt sich aus zahlreichen Variablen zusammen, welche die verschiedenen Phasen erklären wollen (vgl. Schwarzer & Fuchs 1995; Sniehotta & Schwarzer 2003). In der Intentionsphase erfolgt die Bildung einer Zielsetzung, welche durch die jeweilige individuelle Risikowahrnehmung, die Handlungs-Ergebnis-Erwartung sowie die Selbstwirksamkeitserwartung beeinflusst wird. Die Volitionsphase besteht aus der Planung, Initiative, Aufrechterhaltung und Wiederherstellung einer Handlung, welche durch situative Barrieren und Gelegenheiten beeinflusst wird (vgl. Abbildung 9). Abbildung 9:

Health Action Process Approach

Selbstwirksamkeitserwartung

HandlungsErgebnisErwartung

Zielsetzung

Planung

Initiative

Aufrechterhaltung

Disengagement

Wiederherstellung

Handlung

Risikowahrnehmung

Situative Barrieren und Gelegenheiten

(Quelle: Sniehotta & Schwarzer 2003, S. 684) In der intentionalen Phase knüpft das Modell dabei an sich bedeutsam erweisende Variablen aus anderen Modellen an. So wird etwa in Anlehnung an das Health Belief Modell die Idee der Risikowahrnehmung übernommen, welche

1.3 Modelle zur Darstellung individuellen Gesundheitsverhaltens

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letztlich aus der Kombination von subjektiv wahrgenommenem Schweregrad und der persönlichen Anfälligkeit entsteht. Wer also grundsätzlich ein gegebenes Risiko für schwerwiegend hält und sich auch als vulnerabel einschätzt, der zeigt wahrscheinlich eine erhöhte Risikoeinschätzung, welche als erste Voraussetzung für weiteres Gesundheitshandeln anzusehen ist. Die beiden weiteren Variablen – Handlungs-Ergebnis-Erwartung und Selbstwirksamkeitserwartung – lassen sich auf Banduras sozialkognitive Verhaltenstheorie zurückführen. Sie stellen dabei als wichtige Grundvoraussetzung jeglichen Handelns in Form der Handlungs-Ergebnis-Erwartung die Kenntnis über potentielle, effektive Handlungen dar (entsprechen also der Konsequenzerwartung) und in Form der Selbstwirksamkeitserwartung der Kompetenzerwartung der Einschätzung der persönlichen Fähigkeit zur Handlungsausführung. Gemeinsam resultieren diese drei Variablen in der Zielsetzung, mit der sich eine Person auf die Zielerreichung festlegt. Je stärker diese Zielbindung vorhanden ist, umso wahrscheinlicher ist die Ausführung der damit verbundenen Handlung. Mit erreichen dieser Festlegung ist auch gleichzeitig die intentionale Phase im Handlungsprozess abgeschlossen, wodurch das Modell sich an jenem Punkt befindet, an dem die älteren Verhaltensmodelle abbrechen. In der Folge wird nun eine volitionale Phase des Gesundheitshandelns postuliert, welche zunächst mit einer präaktionalen Phase beginnt. In dieser geht es um die Festlegung einzelner, genau spezifizierter Ausführungsabsichten. Das bedeutet, dass die genaueren Umstände (Orte, Zeitpunkte), unter denen die Handlung stattfindet, festlegt werden, ebenso wie die genauen Abläufe, die zur Umsetzung nötig sind. (Also etwa dass man z.B. gute Laufschuhe besorgen muss, eine geeignete Strecke auswählt und die geeigneten Zeitpunkte in der Tagesplanung festlegt). In der aktionalen Phase kommt es schließlich zur Umsetzung der Handlung (man geht tatsächlich laufen). Damit verbunden ist auch die Aufrechterhaltung bzw. Wiederherstellung dieser Handlung (bis zum Ende der Laufeinheit durchhalten; das nächste Mal tatsächlich wieder laufen gehen). Es geht dabei also darum, trotz eintretender Schwierigkeiten („Distraktoren“) die Handlung auch weiterhin auszuführen und nicht etwa zugunsten anderer Intentionen abzubrechen (Fähigkeit zu Belohnungsaufschub). Beeinflusst wird diese aktionale Phase laut Modell durch situative Barrieren und Gelegenheiten (z.B. das Wetter ist nicht geeignet, oder aber auch dass man sozialen Anschluss und somit Unterstützung findet). Als Prozess innerhalb der volitionalen Phase wird die aktionale Phase so oft durchlaufen, bis die Verhaltensweise habitualisiert und somit zur Gewohnheit geworden ist. Die postaktionale Phase umfasst als Bindeglied den Zeitraum der Bewertung der aktionalen Phase und die Entscheidung darüber, die Handlung zu einem

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1 Theoretische Grundlagen

späteren Zeitpunkt wieder aufzunehmen oder aber auch abzubrechen (Disengagement). Wichtiger als tatsächlicher Erfolg oder Misserfolg in der Handlungsumsetzung ist somit die Einschätzung dazu, etwa in Form von Ursachenzuschreibung. So können etwa sowohl die internale Erfolgszuschreibung und die externale Misserfolgszuschreibung der Volitionsstärke zuträglich sein, während umgekehrt eine Externalisierung von Erfolgen und eine Internalisierung von Misserfolgsursachen die Volition ungünstig beeinflussen. Da es sich beim HAPA um ein noch sehr neues Modell handelt, liegen noch keine umfangreicheren empirischen Studien dazu vor. Letztlich bleibt jedoch festzuhalten, dass das Modell zahlreiche bewährte Ansätze zu integrieren versucht und deshalb Beachtung verdient. Darüber hinaus kann es als Raster herangezogen werden, um gesundheitsförderliche Interventionen nach verschiedenen Phasen zu planen, um so auf mehr verschiedene Aspekte der Verhaltensbeeinflussung Rücksicht nehmen zu können, als dies die bisher erwähnten Modelle erlauben.

1.3.5 Transtheoretisches Modell der stufenweisen Veränderung Ebenso wie das HAPA versucht das Transtheoretische Modell (TTM, auch: Stages of Change Model; Prochaska & DiClemente 1983) nicht nur die Phase der Intentionsbildung zu beleuchten, sondern auch darüber hinaus die Phase der Handlungsausführung in relevante Abschnitte zu untergliedern. In diesem Sinne versteht es sich auch vorwiegend als Modell der Verhaltensveränderung, d.h. dem Übergang von einer dauerhaften Verhaltensweise zu einer anderen. Es stammt aus der Auseinandersetzung mit Suchtproblematiken und soll etwa die erfolgreiche Veränderung des Rauchens hin zum Nichtrauchen erklären. Dem liegt die Annahme zugrunde, dass einmal langfristig ausgeführte, habituelle Verhaltensweisen nur mehr ein geringeres aktives Engagement benötigen als der Übergang dorthin. Konkret untergliedert sich das Modell in die Phasen von Precontemplation (Sorglosigkeit, Vorerwägung), Contemplation (Erwägung, Bewusstwerdung), Preparation (Vorbereitung, Zugeständnis), Action Stage (Handlung, Aktion), Maintenance Stage (Aufrechterhaltung) sowie Termination (Rückfall bzw. Ausgang). Das Modell postuliert diese Phasen als jeweils kognitiv und habituell unterschiedlich, so dass von Stufe zu Stufe jeweils verschiedene Veränderungen zu durchlaufen sind (vgl. Sniehotta & Schwarzer 2003, S. 679ff; Steinbach 2004, S. 130ff). Als grundlegende Ausgangssituation gilt die Vorerwägungsphase, innerhalb derer eine Person keinerlei Intention zur Verhaltensänderung besitzt bzw. wo

1.3 Modelle zur Darstellung individuellen Gesundheitsverhaltens

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eine entsprechende Risikowahrnehmung nicht vorhanden ist. In der Erwägungsphase beginnt die Auseinandersetzung mit dem momentanen Verhalten und die Bewusstwerdung von Vor- und Nachteilen führt letztlich zur Motivation, das Verhalten irgendwann einmal zu verändern. (Die Autoren des Modells sprechen von einem Zeitraum länger als sechs Monate entfernt.) In der Vorbereitungsphase schließlich fällt der definitive Entschluss zur Verhaltensänderung, man möchte innerhalb der nächsten 30 Tage diese auch umsetzen (ohne dies vorher schon einmal getan zu haben). Anschließend daran erfolgt die Umsetzungsphase, d.h. die Ausführung des neuen Verhaltens. Die Autoren des Modells postulieren, dass diese Phase über sechs Monate hinweg dauert. Sie mündet in die Aufrechterhaltungsphase des neuen Verhaltens über sechs Monate hinaus, wobei verschiedenste Strategien der Aufrechterhaltung des neuen Verhaltens erprobt und gefestigt werden. Es gibt letztlich zwei Möglichkeiten, den Prozess der Verhaltensänderung wieder zu verlassen (Termination): Entweder als erfolgreiche Aneignung und Inkorporation des neuen Verhaltens in den persönlichen Lebensstil, oder als Rückfall in die bisherige, frühere Verhaltensweise. Damit ist ein gewisser Drehtüreffekt verbunden, weil nun innerhalb der Abfolge von Erwägung – Vorbereitung – Umsetzung – Aufrechterhaltung auf jeder Stufe neu eingestiegen werden kann, um wiederholt eine Verhaltensänderung herbei zu führen. Als Anwendungsbereiche für die praktische Arbeit identifizieren Glanz & Rimer (2005, S. 15) folgende praktische Anknüpfungspunkte für jede Phase: ƒ ƒ ƒ ƒ ƒ

In der Vorerwägungsphase die Erhöhung von Bewusstsein und Änderungsdruck, z.B. durch personalisierte Information über Risiken und Vorteile; in der Erwägungsphase die Unterstützung durch generelle Motivation und dem Anregen zu detaillierterer Veränderungsplanung; in der Vorbereitungsphase die Unterstützung bei der konkreten Planerstellung und -umsetzung sowie die Hilfe in der Entwicklung von kleineren Etappenzielen; in der Aktionsphase die Unterstützung durch Feedback und bei diversen Problemlösungen sowie das Bereitstellen sozialer Unterstützung und Verstärkung; in der Aufrechterhaltungsphase die wiederholte Erinnerung sowie die Unterstützung bei der Findung von Handlungsalternativen und Copingstrategien.

Neben den Stufen postuliert das Modell verschiedene Mechanismen, die phasentypisch die jeweilige Zuordnung erklären sollen. Einerseits gibt es dazu das Konstrukt der „decisional balance“ (Entscheidungsbilanz), in welcher das Abwägen

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1 Theoretische Grundlagen

von Pros und Contras der Verhaltensänderung zum Ausdruck kommt. Gemäß Modell überwiegen in den frühen Phasen vorwiegend die negativen Aspekte, während man in den Phasen von Contemplation und Preparation über einen Ausgleich schließlich zu einem Überwiegen der Pros findet, welche sich in der Aktions- und Aufrechterhaltungsphase manifestieren. Dieses Konstrukt ist dabei gut geeignet, eine praktische Anleitung für Interventionen zu liefern, da sich Pro und Contra Argumente gut auf Verhaltensweisen anwenden lassen (vgl. Kobetz, Vatalaro, Moore & Earp 2005). Darüber hinaus postulieren die Autoren des Modells aber auch 10 Veränderungsprozesse („processes of change“), welche das Wechseln zwischen Stufen zusätzlich erklären sollen (vgl. Abbildung 10). Aufgrund empirischer Untersuchungen kommen sie zu dem Schluss, dass in der Precontemplator-Phase vor allem eine Nichtbeschäftigung mit Informationen über das zu verändernde Verhalten stattfindet, von den postulierten Strategien kommen kaum welche zum Einsatz. Erst mit dem Eintreten in das Stadium des Contemplators beginnt die aktive Informationsaufnahme im Sinne des „consciousness raising“ und der Neubewertung. In der Aktionsphase sind es vor allem die Elemente der aktiven Selbstüberzeugung (Durchhalteparolen etc.) und sozialen Unterstützung, die wirksam werden, welche im Übergang zur Aufrechterhaltungsphase schließlich das Ausweichen auf neue Verhaltensweisen und deren Kontrolle mit sich bringen (Prochaska & DiClemente 1983). In einer späteren Untersuchung bestätigen die Autoren ihre Annahmen, und leiten auch Schlussfolgerungen zu misslingender Verhaltensänderung ab. Demgemäß scheitern vor allem jene Personen, denen es nicht gelingt, eine Übereinstimmung von aktueller Phase und benötigten Veränderungsprozessen herzustellen. Die eine Variante dabei sind jene Fälle, die sich vorwiegend auf Informationsgewinnung, Bewusstseinsbildung und Neubewertung stützen, und zwar auch noch zu den Zeitpunkten, wo sie sich bereits in der Aktionsphase befinden. Die alternative Variante sind jene Personen, die zu schnell Aktionen setzen möchten und auf neue Verhaltensweisen und Verhaltenskontrolle setzen, ohne sich vorher ausreichend mit der eigenen Bewusstseinsbildung auseinandergesetzt zu haben (Prochaska et al. 1992). Wechselseitig aufeinander bezogen bedeutet dies somit, dass man weder ohne ausreichende Information noch ohne ausreichende Handlungsanleitung zu dauerhafter Verhaltensänderung gelangt. Allerdings bleiben die Veränderungsprozesse umstritten und werden auch als für die Praxis kaum fruchtbar kritisiert (Kobetz et al. 2005; Spencer, Adams, Malone, Roy & Yost 2006). Während das Modell also einerseits für seine praktische Einsetzbarkeit als Instrument zur Verhaltensveränderung gelobt wird (Steinbach 2004), wird es andererseits als empirisch und auch theoretisch überholt betrachtet (Sniehotta &

1.3 Modelle zur Darstellung individuellen Gesundheitsverhaltens

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Schwarzer 2003). Insbesondere die unklaren Übergänge von einer Phase zur anderen können weder ausreichend erklärt noch bestätigt werden. Nichtsdestoweniger bleibt den Autoren des Modells der Verdienst, prozessbezogene, dynamische Sichtweisen in die Auseinandersetzung mit der modellhaften Betrachtung von Gesundheitsverhalten eingebracht zu haben. Abbildung 10: Veränderungsprozesse im Transtheoretischen Modell der stufenweisen Veränderung Titles, Definitions, and Representative Interventions of the Processes of Change Process

Definitions: Interventions

Consciousness raising Selfreevaluation Self-liberation Counterconditioning Stimulus control Reinforcement management Helping tionships

rela-

Dramatic relief Environmental reevaluation Social liberation

Increasing information about self and problem: observations, confrontations, interpretations, bibliotherapy Assessing how one feels and thinks about oneself with respect to a problem: value clarification, imagery, corrective emotional experience Choosing and commitment to act or belief in ability to change: decision-making therapy, New Year`s resolutions, logotherapy techniques, commitment enhancing techniques Substituting alternatives for problem behaviors: relaxation, desensitization, assertion, positive self-statements Avoiding or countering stimuli that elicit problem behaviors: restructuring one`s environment (e.g., removing alcohol or fattening foods), avoiding high risk cues, fading techniques Rewarding ones’s self or being rewarded by others for making changes: contingency contracts, overt and covert reinforcement, self- reward Being open and trusting about problems with someone who cares: therapeutic alliance, social support, self-help groups Experiencing and expressing feelings about ones’s problems and solutions: psychodrama, grieving losses, role playing Assessing how one’s problem affects physical environment: empathy training, documentaries Increasing alternatives for nonproblem behaviors available in society: advocating for rights of repressed, empowering, policy interventions

(Quelle: Prochaska, DiClemente & Norcross 1992, S. 1108) In diesem Sinne bestätigen auch Spencer et al. (2006) diesen zwiespältigen Befund. In ihrem Review kommen sie zu dem Schluss, dass sich das TTM vorwiegend als Praxisinstrument einsetzen lässt, was mittlerweile für die Bereiche

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1 Theoretische Grundlagen

sportlicher Aktivitäten, Ernährungsverhalten, Rauchen, Sexualverhalten, Suchtverhalten und Krebsvorsorge bestätigt werden konnte. Unter näherer Betrachtung sportlicher Aktivitäten weisen Sie darauf hin, dass im Rahmen von Interventionen die Verwendung des TTM insbesondere als diagnostisches Instrument geeignet ist. Es dient dabei als Grundlage, um jeweils unterschiedliche Maßnahmen setzen zu können, je nach dem, in welcher Stufe sich die angesprochene Person gerade befindet. Das Modell hat sich dabei in einer Reihe von Untersuchungen als ausreichend stabil erwiesen. Insbesondere konnte gezeigt werden, dass jeweils stufenspezifische Interventionen deutlich bessere Erfolge zeigen, als dies bei stufenunspezifischen, allgemeinen Interventionen der Fall ist. In diesem Sinne eignet sich das Modell auch gut dazu, größere Zielgruppenumfänge auszumachen und mit jeweils spezifischen Interventionen zur Weiterentwicklung in eine nächste Stufe zu bewegen. Einschränkend sei allerdings erwähnt, dass diese Anwendbarkeit nur für Erwachsene, nicht jedoch für Kinder und Jugendliche nachgewiesen werden konnte. Zur Einstufung von Personen gemäß den Annahmen des TTM sind sowohl Assessmentinstrumente, die eine Zuordnung in die jeweilige Phase gemäß Modell ermöglichen, vorhanden, als auch solche zur Untersuchung der aktuellen Veränderungsprozesse und Entscheidungsbilanzen laut Modellannahmen. Diesbezüglich konnte etwa gezeigt werden, dass verschiedene sportbezogene Instrumente ausreichend zwischen den verschiedenen Stufen differenzieren können, und dass auch verschiedene Variablen zur Vorhersage der Zuordnung einer Person zu einer Stufe existieren. Besonders interessant scheint der Hinweis, dass insbesondere die Selbstwirksamkeit sowie die Theory of Planned Behavior sich als geeignete Modelle zur Vorhersage der TTM-Stufe eignen. Allerdings werden von Spencer et al. (ibid.) aber auch die schon erwähnten Einschränkungen des Gesamtmodells angesprochen. Insbesondere wird die Kritik aufgenommen, dass Querschnittstudien kaum geeignet scheinen, um Prozessmodelle und die damit verbundenen Veränderungen ausreichend evaluieren zu können. Sie verweisen dabei darauf, dass nachgewiesen werden müsste, dass eine derartige Theorie in der Lage sein müsste, (a) klar trennbare Stufen ohne Überschneidungen zu definieren, (b) klare Unterschiede zwischen den sich in verschiedenen Stufen befindlichen Personen festzustellen und (c) sicherstellen, dass eine einheitliche Reihenfolge des Durchlaufens der verschiedenen Stufen vorhanden ist. Aufgrund der erst spärlichen Anzahl an Studien mit entsprechendem Längsschnittdesign lässt sich dies für das TTM noch nicht eindeutig bestätigen. Allerdings finden sich Hinweise, dass durchaus verschiedene Stufen, die sequentiell durchlaufen werden, existieren. Andererseits scheint weniger klar, welche die genauen Faktoren sind, die eine Veränderung von einer Stufe zur nächsten veranlassen. Die im Modell postulierten Entscheidungsbilanzen werden

1.3 Modelle zur Darstellung individuellen Gesundheitsverhaltens

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dabei angezweifelt, weil fraglich scheint, ob sich die einmal vorhandenen Pros und Kontras im Laufe der Zeit überhaupt verändern – sie scheinen vielmehr über den Prozess der Durchlaufens verschiedener Stufen relativ stabil zu bleiben.

1.3.6 Precaution Adoption Process Model Das Precaution Adoption Process Model (PAPM; Weinstein, Rothman & Sutton 1998) zählt ebenfalls zu den neueren Ansätzen der prozessorientierten Betrachtung von Gesundheitsverhalten. Als Vorteil gegenüber dem TTM versucht es jedoch, rein intentionale und behaviorale Stufen einzusetzen, die zeitunabhängig von einander unterscheidbar sind und somit eindeutiger definiert werden können (Sniehotta & Schwarzer 2003, S. 682f). Für die praktische Anwendbarkeit erweist es sich als brauchbar, weil neben der bisher üblichen Stufe der Unkenntnis auch die Stufe der bewusst negativen Entscheidung unterschieden wird, was neue Ansätze für eventuelle Interventionsstrategien liefern kann (Glanz & Rimer 2005, S. 19). Dementsprechend unterscheidet das Modell folgende acht Stufen (siehe Abbildung 11): In der ersten Stufe befinden sich Personen, die sich einer gesundheitsrelevanten Gegebenheit gar nicht bewusst sind. Eine Person wechselt in Stufe zwei, wenn sie sich z.B. einer eventuellen Gefährdung bewusst wird bzw. erfährt, wie sie diese Gefährdung durch eigenes Verhalten beeinflussen kann. Phase drei umfasst schließlich die aktive Entscheidungsfindung, wie etwa das Abwägen möglicher Handlungsalternativen und die Planung möglichen Handelns. Sie mündet entweder in Stufe vier, also der bewussten Entscheidung gegen allfälliges Handeln zum momentanen Zeitpunkt, oder in Stufe fünf, also der expliziten Entscheidung für die Umsetzung einer Schutzhandlung. Phase sechs umfasst schließlich die Ausübung der Handlung und Phase sieben gegebenenfalls die Aufrechterhaltung. Die Einstufung von Personen in die verschiedenen Phasen Abbildung 11: Precaution Adoption Process Model Unkenntis

Nichtbetroffenheit

Entscheidungsfindung

Entscheidung zu handeln

Entscheidung nicht zu handeln

(Quelle: Weinstein & Sandman 2002, S. 125)

Handlungsausführung

Aufrechterhaltung

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1 Theoretische Grundlagen

erfolgt durch Befragung gemäß dieser Definitionen, d.h. der Frage ob man schon etwas davon gehört hat, darüber nachgedacht oder gar entschieden hat, sowie ob man die Handlung schon gesetzt hat (Weinstein, Rothman et al. 1998). Ähnlich wie im TTM interessiert auch beim PAPM insbesondere, ob unterschiedliche Stufen auch mit unterschiedlichen Verhaltensanreizen verbunden sind und somit durch maßgeschneiderte Interventionen beeinflussbar werden. In einer eigenen Studie dazu weisen die Autoren des Modells nach, dass dies sehr wohl der Fall ist. Auch wenn dabei nicht alle Stadien der Verhaltensveränderung untersucht wurden, gelingt zumindest der Beweis, dass es Unterschiede gibt zwischen Personen, die von der Phase der Entscheidungsfindung zur (positiven) Entscheidung gelangen sollen, und jenen, die von der Entscheidung zur Handlungsumsetzung gelangen sollen. In einem experimentellen Design ließ sich dabei zeigen, dass die erste Gruppe vorwiegend durch Aufklärung über Risiken (im vorliegenden Fall zu Radonexposition) zu einer Entscheidung zu bewegen war. Demgegenüber war die zweite Gruppe vorwiegend einer einfachen Handlungsanleitung und Handlungsinformation zugänglich, während die jeweils gegenteiligen Interventionen (Handlungsanleitung für die erste Gruppe, Risikoaufklärung für die zweite Gruppe) deutlich schlechtere Erfolge mit sich brachten (Weinstein, Lyon, Sandman & Cuite 1998). Auch hier lässt sich somit schlussfolgern, dass in früheren Phasen vorwiegend Information und Bewusstseinsbildung wichtig scheinen, während in späteren Phasen konkrete Handlungsanleitungen und Handlungsanreize von Bedeutung sind. Damit tragen phasenorientierte Modelle dazu bei, Interventionen gezielter planbar zu machen und lassen größere Erfolge erwarten. Zusammenfassend kann an dieser Stelle der Schluss gezogen werden, dass insbesondere die neueren Modelle zur Darstellung des Gesundheitsverhaltens für gesundheitsförderliche Interventionen fruchtbar scheinen. Sie besitzen im Kontext der vorliegenden Arbeit jedoch den Nachteil, sich fast nur auf individuenbezogene Gesichtspunkte des Verhaltens zu konzentrieren. Wie jedoch schon aus der Darstellung zum Begriff des Empowerments ersichtlich wurde (vgl. Kap. 1.2), umfasst Gesundheitsförderung immer auch überindividuelle (gemeinschaftsbezogene) Aspekte, deren Betrachtung im folgenden Kapitel aufgegriffen werden soll.

1.4 Community Capacity Building zur kollektiven Gesundheitsförderung Das Konzept von Community Capacity oder auch Capacity Building richtet sich direkt an die Gemeindeebene und eignet sich deshalb als Erklärungsmodell für Gesundheitsförderung in diesem Setting, da es in der Lage ist, die sowohl indivi-

1.4 Community Capacity Building zur kollektiven Gesundheitsförderung

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duellen als auch organisatorischen/gemeinschaftlichen Elemente des Empowermentkonzeptes mit dem Gemeindekonzept zu verbinden. Dadurch stellt es auch eine Ergänzung der im letzten Kapitel dargestellten Modelle individuellen Gesundheitsverhaltens dar. Die Wurzeln des Ansatzes reichen in die Gemeindepsychologie der 1970er zurück und wurden auch sehr stark im Zusammenhang mit internationalen Entwicklungsprojekten konzipiert, eine Übertragung in das Feld von Public Health und Gesundheitsförderung erfolgte insbesondere in den letzten Jahren (Crisp, Swerissen & Duckett 2000). Eine Definition, die diese Entwicklung aufgreift und die nahe Verwandtschaft zu Empowermentansätzen aufzeigt, liefert Schuftan (1996, S. 261): „Capacity building can be characterised as the approach to community development that raises people's knowledge, awareness and skills to use their own capacity and that from available support systems, to resolve the more underlying causes of maldevelopment; capacity building helps them better understand the decisionmaking process; to communicate more effectively at different levels; and to take decisions, eventually instilling in them a sense of confidence to manage their own destinies. Capacity building strengthens the Assessment-Analysis-Action process in the community and, therefore, leads to more sustainability.”

In dieser Definition zeigt sich der emanzipatorische Anspruch, der sich im Konzept von Community Capacity wiederfindet. Grundsätzlich geht es also zunächst einmal darum, dass die Mitglieder einer Gemeinde oder Gemeinschaft sowohl persönlich als auch durch die lokal bereits vorhandenen Organisationen und Prozesse darin gefördert werden, ihre Belange selbst in die Hand zu nehmen. Dabei geht die Idee von Community Capacity auch gleichzeitig in genau diesem Punkt über individuenzentrierte Ansätze von Empowerment hinaus: Indem die Verwendung und Stärkung der lokalen Systeme für Problemlösung und Interessenswahrnehmung gestärkt werden sollen, handelt es sich um eine Kapazitätsentwicklung der Gemeinde (bzw. Gemeinschaft, Nachbarschaft etc.) anstatt um rein individuelle Kompetenzförderung. Chaskin (2001, S. 292) identifiziert in diesem Zusammenhang vier grundlegende Elemente, welche sich als Gemeinsamkeit verschiedenster Definitionsversuche herauskristallisieren: ƒ ƒ ƒ

Vorhandene Ressourcen in einer Gemeinde (z.B. Fähigkeiten und Fertigkeiten der Gemeindemitglieder, gut verankerte Organisationen, Zugang zu finanziellen Mitteln); Beziehungsnetzwerke (sowohl formal-instrumentell als auch informell und emotional); Leadership;

64 ƒ

1 Theoretische Grundlagen Unterstützung von Prozessen der partizipativen Einbindung von Gemeindemitgliedern in gemeinschaftliche Aktionen.

In der praktischen Umsetzung von Capacity Building identifizieren Crisp et al. (2000) insgesamt vier Zugänge, die sich auf unterschiedliche Systembereiche beziehen. Dazu gehören zwei Ansätze, die innerhalb von Organisationen stattfinden können („top-down & bottom-up organizational“), als auch zwei übergeordnete Zugangsweisen: „Partnerships“ und „Community Organizing“. Diese beiden letzten Ansatzpunkte können dabei als wesentliche Kernelemente von Community Capacity betrachtet werden, wobei eine brauchbare analytische Unterscheidung im Zugang angeboten wird. Dabei bezieht sich der PartnershipAnsatz auf die Vernetzung von bereits bestehenden Organisationen und Personengruppen, während Community Organizing eher auf den Aufbau neuer, insbesondere gemeindepolitisch orientierter Strukturen abzielt. Capacity Building im Rahmen des Partnership-Ansatzes zielt demnach darauf ab, die bereits vorhandenen organisatorischen Ressourcen in einer Gemeinde – seien es formale Organisationen oder auch nur lose organisierte Personengruppen – über die Anknüpfung an das Thema Gesundheit miteinander zu vernetzen. Unter dem Anspruch, möglichst für alle Beteiligten vorteilhafte Beziehungen zu etablieren, soll dabei gleichzeitig eine kritische Masse zugunsten der Planung und Umsetzung von Gesundheitszielen bzw. -aktivitäten gewährleistet werden. Als vorteilhaft erweist sich dabei ein schrittweises Vorgehen, bei dem die Netzwerke langsam und sequentiell erweitert werden, anstatt gleich den Anspruch einer sofortigen, umfassenden Partnerschaft durchzusetzen. Dafür scheint es im Gegenzug sehr wohl möglich, Organisationen mit sehr unterschiedlichen Größen und Einflussbereichen miteinander zu vernetzen, um sich ergänzende Interessen zueinander finden zu lassen. Der Ansatz geht dabei im Grunde genommen davon aus, dass eine gewisse Kapazität bereits vorhanden ist, welche durch geschickte Um- bzw. Neuorientierung zugunsten gesundheitlicher Belange ausgebaut werden kann. Insbesondere die Einbindung öffentlichkeitswirksamer Organisationen und im politischen Leben stehender Personen bzw. Funktionen scheint hierbei Erfolg versprechend. Community Organizing spricht hingegen die Entwicklung neuartiger Strukturen innerhalb einer Gemeinschaft an. Dieser – den Kern vieler Definitionen von Community Capacity betreffende – Ansatz stellt sich dabei als am vergleichsweise anspruchsvollsten dar. Zumeist handelt es sich dabei nicht einfach nur um die Entwicklung neuer Strukturen, sondern es handelt sich um die Entwicklung von Organisationsmöglichkeiten bzw. von Partizipationschancen für ansonsten benachteiligte und gerade deshalb nicht organisierte Personengruppen. Dabei wird der Anspruch verfolgt, zuvor passive Empfänger von Gesundheits-

1.4 Community Capacity Building zur kollektiven Gesundheitsförderung

65

leistungen dazu zu bewegen, zu aktiven GestalterInnen ihres gesundheitlichen Umfeldes zu werden. Gerade dieser Prozess ist jedoch weit anspruchsvoller als die Vernetzung bereits bestehender Organisationsstrukturen. Während also zwar nahe gelegt wird, dass neue Organisationen entstehen können, muss realistischerweise auch hier davon ausgegangen werden, dass schon bestehende organisatorische Ressourcen als Grundvoraussetzung bereits bestehen müssen und der Ansatz somit eigentlich eine Erweiterung des Parntership-Konzeptes darstellt. Dennoch scheint die Unterscheidung gerechtfertigt, da mit der Neubildung von Organisationsformen für bisher unorganisierte Personengruppen die Frage nach der Kompetenzentwicklung bei den betroffenen Personen gestellt werden muss. Darin begründet sich die Forderung, dass neben aktiver Vernetzungstätigkeit vor allem Möglichkeiten zur Entfaltung bzw. Aneignung von Kompetenzen in den Bereichen Leadership, Entscheidungsfindung und Konfliktbewältigung sowie der Entwicklung von gemeinsamen Interessen und deren öffentlich-politischer Artikulation geschaffen werden müssen. Dieser umfassende Anspruch bedingt allerdings auch eine gewisse Nichtplanbarkeit der Ereignisse, welche durch die oftmals hohen Ansprüche und Erwartungen konterkariert wird, wodurch Enttäuschungen möglicherweise vorprogrammiert werden. Insbesondere hier birgt der Ansatz auch die Gefahr, dass durch das Zusammentreffen knapper Mittel mit hohen Ergebniserwartungen die angesprochenen Zielgruppen negative Erfahrungen aus Capacity Building Projekten ziehen und somit derartigen Ansätzen langfristig der Boden entzogen wird (ibid., S. 103). Es existieren also wie erwähnt zahlreiche Vorschläge dazu, was alles unter Community Capacity verstanden werden kann. Relativ nahe an die oben angeführten Schnittpunkte kommt ein praxisbezogener Entwurf, welcher hier beispielhaft angeführt werden soll und der folgende Dimensionen berücksichtigt: Leadership, Policy Making und Infrastruktur (Dressendorfer et al. 2005). Der Vorschlag bezieht sich dabei auf die Einführung eines Gesundheitsförderungsprogramms (im konkreten Fall zur Herzkreislaufthematik) als Top-downZugang. Damit ist gemeint, dass Gemeinden projektbezogen dazu bewegt werden sollen, ihre Kapazitäten zugunsten konkreter Inhalte weiter zu entwickeln, wobei in der Anfangsphase – gemeinsam mit dem Thema – konkrete Unterstützung von außen beigesteuert wird. Unter Leadership verstehen die AutorInnen dabei die Entwicklung von Führungsrollen für engagierte Einzelpersonen in einer Gemeinde, welche als Befürworter und kontinuierliche Ansprechpartner einer Sache bzw. eines Projektes auftreten. In der praktischen Umsetzung gehört dazu neben der Schaffung solcher Stellen auch das aktive Unterstützen dieser Personen in der Kommunikation mit bestehenden Organisationen und in der Öffentlichkeit, insbesondere zur Schaffung erster formaler Anknüpfungspunkte für längerfristigen Beziehungs-

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1 Theoretische Grundlagen

aufbau. Damit werden die Leadership-Rollen auch gleichzeitig zum Anknüpfungspunkt für die Vernetzung relevanter Organisationen innerhalb der Gemeinden, welche im Rahmen des Capacity Building künftig miteinander kooperieren sollen. Möglichkeiten der formellen Kommunikation bieten dabei insbesondere öffentliche oder auch projektbezogene Treffen, welche auch Partizipationschancen für nicht organisierte Personen bieten können. Öffentlichkeitswirksame Elemente von Leadership umfassen dabei aber auch das Gewinnen prominenter bzw. gemeindebezogen wichtiger Persönlichkeiten, welche für die projektbezogenen Anliegen eintreten. Im Rahmen des aktiven Capacity Building Prozesses umfasst der Bereich der Leadership-Entwicklung weiters die schrittweise Übertragung der durch Gesundheitsförderer/innen lokal gestarteten Projekte an die örtlichen Personen und Organisationen. Dadurch bleibt langfristig gesehen nicht nur der Aspekt von Leadership in der Gemeinde, sondern insbesondere auch der Aspekt von Ownership, wodurch das Anliegen, Gesundheitsförderung im Rahmen der eigenen Kapazitäten umzusetzen, dauerhaft verankert werden soll. Konkrete Fähigkeiten, welche im Bereich von künftigen „Führungspersonen“ im Zusammenhang mit Capacity Building anzustreben sind, sind das Formulieren gemeinsamer Anliegen als Grundlage für die Mobilisierung von Zielgruppen, das Einbinden von Organisationen und Einzelpersonen, das Erzeugen politischen Drucks gegenüber den politisch Verantwortlichen, mediale Präsenz, konstruktive Konfliktlösung sowie die Fähigkeit, zwischen kooperativen und konfrontativen Strategien zu wechseln (vgl. Freudenberg 2004, S. 481). Darüber hinaus stellt sich die Frage, wie Personen in Führungsrollen beim Capacity Building legitimiert werden und wen sie repräsentieren. Gerade hier zeigt sich, dass meist nur wenige BewohnerInnen angesprochen bzw. zur Mitwirkung bewegt werden können, und zumeist handelt es sich dabei ohnehin um diejenigen, welche bereits in zahlreiche nachbarschaftliche Aktivitäten involviert sind. Fraglich bleibt dabei, ob nicht gerade diese Form breiten Engagements bereits eine ausreichende Legitimität darstellt (Chaskin 2001, S. 317). Policy Making bezieht sich in diesem Zusammenhang auf die bewusste Berücksichtigung politischer Prozesse im Gemeindeleben. Damit werden Aktivitäten in den öffentlichen Raum geholt und somit auch legitimiert. Erfolg versprechend scheint hierbei insbesondere die Einbindung von Schlüsselpersonen des Gesundheitsbereiches mit dem Ziel, diese zu Befürwortern der verfolgten Ziele zu machen. Über diesen Weg soll es schließlich gelingen, gesundheitsbezogene Aspekte – und insbesondere die konkreten Projektinhalte – öffentlich zu vertreten und so zu breit getragenen Policies zu entwickeln. Wie groß die Rolle von Community Leadern dabei ist, wurde bereits erwähnt. Dennoch erscheint es sinnvoll, diesen Punkt als eigenständig anzusehen, wenn man bedenkt, dass Capacity Building oftmals von außen an eine Gemeinde herangetragen wird. In

1.4 Community Capacity Building zur kollektiven Gesundheitsförderung

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diesem Sinne handelt es sich bei Policy Making auch um einen top-downZugang, mittels dessen von gesamtpolitischer Ebene auf die Gemeindepolitik eingewirkt werden kann (vgl. Dressendorfer et al. 2005). Damit verbunden ist die Herausforderung, die unterschiedlichen Interessenslagen in einer Gemeinde konsensfähig zu machen. Nahe liegende Interessensgegensätze finden sich etwa in der Frage von Kostenträgerschaft und Nutznießerschaft, BewohnerInneninteressen versus Interessen lokaler Wirtschaftsbetriebe, oder aber auch – oftmals weniger offensichtlich – zwischen Laien und Profis. Hier ist insbesondere mit dem Aufeinandertreffen kurzfristiger Zielsetzungen seitens lokaler BewohnerInnen mit den langfristigen Zielsetzungen von politischen oder Gesundheitsorganisationen, welche darüber hinaus oftmals auch viel umfassender und kostspieliger sind, zu rechnen (Chaskin 2001, S. 317). Die Dimension der Infrastruktur bezieht sich auf den Transfer von Wissen und Fähigkeiten der einzelnen Projektbeteiligten untereinander, mit dem Zweck, ihre Vernetzung untereinander zu verstärken. Dabei wird auch das Ziel verfolgt, dass die beteiligten Stakeholder zu dauerhaften VertreterInnen gesundheitsfördernder Anliegen in der Gemeinde werden. Neben diesen organisatorischen Aspekten bezieht sich der Punkt aber auch auf die gezielte Einwerbung von finanziellen Mitteln durch Sponsoring, Fördermittelakquirierung oder Spendensammlung (Dressendorfer et al. 2005, S. 35). Mit Hinweis auf diese Aspekte von Infrastruktur wird auch klar, warum bestehende Organisationen so wichtig für das Capacity Building sind: Sie sind in der Regel in der Lage, all diese Ressourcen zur Verfügung zu stellen. Dazu gehören insbesondere die teilnehmenden Personen, mitgebrachte Partnerschaften, finanzielle und materielle Mittel sowie das in Organisationen vorhandene Wissen (Freudenberg 2004, S. 482). Die Vernetzung von Organisationen stellt dabei eine ebenso herausfordernde Tätigkeit dar wie die oben genannten. Sie verlangt von den Beteiligten, organisatorische Rollen zu klären und Veranwortlichkeiten festzulegen, den Ressourceneinsatz für alle Beteiligten zufrieden stellend zu verhandeln und Mechanismen der Anerkennung individueller Beiträge zu finden. Nicht zuletzt deshalb bietet sich die projektorientierte Stärkung von Community Capacity an, da auf diesem Weg die angesprochenen Elemente eindeutig definiert werden können. Im Umkehrschluss bedeutet dies für Projekte im Capacity Building, dass zuallererst Organisationen angesprochen werden sollten, welche inhaltlich zu den Projektzielen beitragen können und auch über die entsprechenden Kapazitäten zum Ressourceneinsatz verfügen (Chaskin 2001, S. 315 f.). Wie man anhand dieser Darstellung sieht, bleiben auch im Rahmen von elaborierten Projekten die Beschreibungen für konkrete Umsetzungsmöglichkeiten von Capacity Building und die daraus abgeleiteten Empfehlungen oftmals abstrakt. Dies liegt unter anderem daran, dass nicht nur die Community Capacity,

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1 Theoretische Grundlagen

sondern auch die Fähigkeiten für die oben angesprochenen Tätigkeiten auf Seiten der Gesundheitsförderer selbst erst langfristig entwickelt werden müssen und sich kaum als Checkliste vermitteln lassen. Dennoch erscheint auch in diesem Versuch, praxisbezogene Hinweise zu entwickeln, die Grundstruktur klar: Öffentlichkeit schaffen und Unterstützung einfordern, individuelle Kompetenzen im Bereich Führung und organisatorischer Fähigkeiten entwickeln helfen sowie vorhandene Organisationen und Funktionsbereiche in einer Gemeinde miteinander vernetzen. Darüber hinaus ist mit dem Konzept von Community Capacity die Schwierigkeit verbunden, dass die Kapazität einer Gemeinde sowohl als Voraussetzung für die Förderung von Gesundheit angesehen werden kann, als auch – quasi im Sinne von Hilfe zur Selbsthilfe – als Ziel von Gesundheitsförderung selbst. Somit erscheint es sinnvoll, die Voraussetzungen von Capacity Building zu diskutieren und so den Rahmen der verschiedenen Sichtweisen abzustecken (siehe Norton, McLeroy, Burdine, Felix & Dorsey 2002, S. 198-203): ƒ

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Am Beginn steht die Aufklärung über zugrunde gelegte Werthaltungen. Gerade in Hinblick auf die wissenschaftliche Theoretisierung des Konzepts von Community Capacity muss darauf hingewiesen werden, dass es sich hierbei um ein basisdemokratisches Konzept handelt, wie aus dem Anspruch auf Selbststeuerung hervorgeht. Typische wertorientierte Leitlinien im Prozess des Capacity Building beinhalten somit die Vorstellung von Gleichheit, demokratischer Teilhabe, Zusammenarbeit, aktive Inklusion (in einem erweiterten Sinne davon, dass eine Gemeinschaft nicht nur ausmacht, wen sie einschließt, sondern auch, wen sie ausschließt) und soziale Verantwortung. Dahinter steht letztlich eine Sichtweise, welche eine hohe Autonomie auf lokaler Ebene propagiert. Bei der Analyse vorhandener Kapazitäten ist eine Unterscheidung zwischen den verschiedenen Ebenen der Analyse notwendig. Insbesondere stellt sich hier die Frage der Integration von Ansätzen auf Individualebene und jenen auf kollektiver Ebene. Da in der obigen Auflistung beide Arten angesprochen sind, gilt es zu klären, wann und wie zwischen der Erfassung personenbezogener Konzepte wie etwa Selbstwirksamkeit (vgl. Kap. 1.3.3) und der Analyse organisations- oder gesellschaftsbezogener Aspekte (z.B. Sozialkapital) hin und her gesprungen werden kann und wie diese Ergebnisse integriert werden können. Dasselbe gilt nicht nur für die wissenschaftliche Bearbeitung sondern insbesondere auch für die praktische Arbeit mit Capacity Building: wo ansetzen und wie fördern? In der praktischen Umsetzung gilt es darüber hinaus, sich über die Prozesse von Konsensus und Konflikt genau klar zu werden. Hieran knüpft sich die

1.4 Community Capacity Building zur kollektiven Gesundheitsförderung

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Kritik, dass insbesondere aufgrund der schon angesprochenen Werthaltungen gerade im Rahmen der Gesundheitsförderung eine Tendenz zu übertriebener Konsensneigung besteht. Damit entstehen aber blinde Flecken für mögliche Veränderungsprozesse, und insbesondere in Hinblick auf die Forderung nach dem Abbau von Ungleichheit scheint diese Haltung unrealistisch: Ungleichheit heißt immer auch ungleiche Machtverhältnisse, und wann immer Macht geteilt oder gar abgegeben muss, stehen Konflikte mit den MachtinhaberInnen vor der Tür (vgl. Kap. 1.2). Für die Bewertung von Community Capacity bedeutet dies aber, dass Konflikte nicht unbedingt als negativ gesehen werden dürfen, sondern unter Umständen einen notwendigen Prozess innerhalb des Capacity Building darstellen. Weiters stellt sich die Frage, welche Abgrenzungen und Sichtweisen bezüglich des Verständnisses von Gemeinde bzw. Gemeinschaft berücksichtigt werden sollen. Hier geht es also darum, ob geographische oder politischadministrative Abgrenzungen herangezogen werden sollen (Ortschaften oder politische Gemeinden), oder ob relationale Aspekte von Netzwerken gemeint sind (vgl. Kap. 1.1.4). Traditionelle Abgrenzungen stellen dabei die erstgenannten dar, und in der Tat sind unsere Nachbarschaften und sozialen Einbettungen in lokale Netzwerke zentraler Bestandteil nicht nur unseres täglichen Lebens sonder eben auch von Community Capacity. Dennoch ist es nicht unwahrscheinlich, dass sie nur einen Teil davon darstellen, was die Gemeinschaft von Personen ausmacht. In diesem Sinn sind insbesondere arbeitsplatzbezogene Vernetzungen als auch solche in Vereinen, religiösen Gemeinschaften oder sonstigen gesellschaftlich bedeutsamen Akteuren genauso ausschlaggebend für Community Capacity, ohne notwendigerweise an geographische Grenzen gebunden zu sein. Dies spielt insbesondere dort eine Rolle, wo die Identifikation von angesprochenen Personen mit den angesprochenen Gemeinschaften gefragt ist. Anders herum gesehen: wenn Capacity Building auf Gemeinschaftsebene funktionieren soll, muss auch sichergestellt sein, dass die in den Prozess involvierten Personen auch ausreichend mit dieser Gemeinschaft (Gemeinde) identifizieren.2 Schließlich berührt das Konzept die Kernelemente von Zusammensetzung und Stabilität von Gemeinden und ihrer Elemente. Während hohe Homogenität die Entwicklung gemeinsamer Positionen begünstigen dürfte, bieten heterogene Gemeinschaften unter Umständen den Vorteil, mehrere und unterschiedlichere Sichtweisen und somit auch langfristig innovativere Ansätze entwickeln zu können. Damit in Zusammenhang steht auch, wie stabil

2 Umgelegt auf das später vorgestellte Projekt der „Gesunden Gemeinden“ kann dies insbesondere dort zum Problem werden, wo hohe Pendlerzahlen und geringe Infrastruktur vorherrschen (sog. „Pendlergemeinden“ oder „Schlafgemeinden“).

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1 Theoretische Grundlagen die Prozesse und Strukturen innerhalb einer Gemeinschaft sind bzw. sein sollen. Während nach Ansicht der zitierten AutorInnen Community Capacity klar auf die Existenz stabiler Strukturen zur Problembewältigung abzielt, stellt der Ansatz des Capacity Building klar dar, dass diese Strukturen oftmals erst aufgebaut werden müssen bzw. können (vgl. auch oben die Unterscheidung in „Partnership“ und „Community Organizing“). Damit stellt sich aber die Frage, ob über Interventionen in Gang gesetzte – und somit von außen herangetragene – Strukturen von Community Capacity auch langfristig stabil sein können. Mit anderen Worten: was passiert, wenn die Interventionen des Capacity Building aufhören (und insbesondere: keine finanziellen Mitteln von ProjektfördergeberInnen mehr fließen), bleiben die neu gebildeten Strukturen dann auch tatsächlich bestehen? Damit schließt sich andererseits aber auch der definitorische Kreis: Capacity Building ist dann erfolgreich, wenn die neu geschaffene Community Capacity auch über den Interventionszeitraum hinaus bestehen bleibt.

Eine spannende – mehr oder weniger der letztgenannten Problematik entsprechende –Weiterentwicklung von capacity zu capital präsentiert Hancock (2001) mit seinem Konzept des „Community Capital“, welches eine ineinandergreifende Ergänzung verschiedener Kapitalformen auf Gemeindeebene darstellt. Konkret handelt es sich dabei um vier Elemente: Humankapital („human capital“), Naturkapital („natural capital“, uneinheitlich auch „ecological capital“), Sozialkapital („social capital“) und Wirtschaftskapital („economic capital“; vgl. Abbildung 12). Unter Humankapital versteht Hancock das Vorhandensein engagierter, gereifter und gesunder Persönlichkeiten in einer Gemeinde, deren Entfaltung er als Ziel menschlicher Entwicklung versteht: „Human capital consists of healthy, well educated, skilled, innovative and creative people who are engaged in their communities and participate in governance.“ (ibid., S. 276) Naturkapital bezieht sich vorwiegend auf das Vorhandensein und die Nutzung natürlicher Ressourcen, sowohl der belebten als auch der unbelebten Natur. Es dient als Grundlage für die ökonomische und soziale Entwicklung unserer Gesellschaft und trägt somit wesentlich zu unserer Gesundheit bei. Sozialkapital ist für Hancock das Bindeglied gemeindebezogenen Zusammenhalts. Auf den Kern gebracht handelt es sich dabei im Wesentlichen um die sozialen Netzwerke innerhalb einer Gemeinschaft und die dadurch ermöglichten Partizipationschancen der darin vernetzten Individuen. In einem erweiterten Sinn sind damit aber auch umgekehrt die Partizipationschancen bzw. Mechanismen sozialen Ausgleichs zu sehen, welche durch eine Gesellschaft an ihre Individuen herangetragen wird. Damit ist also neben der selbständigen Vernetzung durch die

1.4 Community Capacity Building zur kollektiven Gesundheitsförderung

71

Gesellschaftsmitglieder auch die aktive Herstellung von Chancengleichheit insbesondere im Zugang zu gesundheitsrelevanten Aspekten wie Sicherheit, Nahrung, Bildung, Einkommen usw. durch die Gesellschaft selbst Bestandteil von Sozialkapital, was eine neue Sichtweise gegenüber den weiter verbreiteten Konzepten von Sozialkapital darstellt.3 Abbildung 12: Vier Kapitalformen des Community Capital SOCIAL

ECOLOGICAL

HUMAN

ECOMOMIC

(Quelle: Hancock 2001, S. 277) Wirtschaftliches Kapital bezieht sich auf das Resultat marktwirtschaftlichen Handelns und stellt somit den grundlegenden Motor gesellschaftlicher Zielerreichung dar. Es bildet damit die Basis für die Befriedigung individueller und kollektiver Bedürfnisse und dient der Erreichung allgemeiner Prosperität. Mit Hinweis auf die Weltbank macht Hancock darauf aufmerksam, dass es nur in Zusammenhang mit der respektvollen Nutzung der anderen erwähnten Kapitalformen langfristig nutzbar gemacht werden kann und somit nur einen – unter Umständen sogar den geringeren – Teil unseres gesamten Wohlstandes ausmacht. Insbesondere durch die Berücksichtigung ökonomischen Kapitals weitet Hancock die traditionelle Sichtweise von Community Capacity aus, und er nennt diese Sichtweise eben Community Capital. Er postuliert, dass dieses erst aus dem Zusammenspiel der vier Formen entsteht, und er führt noch eine zusätzliche Hierarchie ein: Wie in Abbildung 12 angedeutet, ist Humankapital – also das 3

Damit ist insbesondere die auf der Sichtweise Putnams beruhende Konzeption angesprochen, wonach Sozialkapital primär ein Resultat funktionierender Netzwerkbildung über frei zugängliche Vereine und ähnliche gesellschaftliche Organisationsformen und das daraus entstehende soziale Vertrauen auf gesellschaftliche Ausgleichsprozesse darstellt (vgl. Kern 2004).

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1 Theoretische Grundlagen

Vorhandensein autonomer und kompetenter Individuen – nicht nur oberstes Ziel menschlichen Handelns, sondern seine Entstehung ist auch als Produkt aus den drei untergeordneten Kapitalformen zu verstehen. Um gesundheitsförderlich wirksam zu werden, appelliert er dabei an eine neue Herangehensweise der Kapitalakkumulation durch die Gemeinden des 21. Jahrhunderts, indem er fordert, dass diese nur dann erfolgreich sein können, wenn sie alle vier Kapitalformen gemeinsam zu stärken lernen. Damit argumentiert er bewusst in Richtung einer menschenorientierten Entwicklung im Gegensatz zu einer rein wirtschaftlich orientierten Entwicklungspolitik, versucht aber auch, die oftmalige Nichtbeachtung des Wirtschaftssektors gerade im Bereich des gesundheitsbezogenen Capacity Building aus dem Weg zu räumen. Es wird somit deutlich, dass die aktive Förderung von Community Capacity und somit der Prozess des Capacity Building keine triviale Angelegenheit darstellt. In einer Erwägung der Kernkompetenzen, über die Personen in diesem Feld verfügen müssen, finden sich Hinweise auf insbesondere folgende Fähigkeiten (Nelson, Poland, Murray & Maticka-Tyndale 2004): ƒ

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In Zusammenhang mit den angesprochenen Werthaltungen müssen Personen im Capacity Building in der Lage sein, verdeckte Erwartungen und Einstellungen aufzeigen zu können. In Hinblick auf die eigene Werthaltung bedeutet dies das Verfolgen von Empowerment, Inklusion von und Respekt gegenüber Diversität, sowie soziale Gerechtigkeit. In diesem Sinn umfasst Gesundheitsförderung gerade im Rahmen von Community Capacity das aktive Eintreten für soziale Veränderungsprozesse zugunsten gesundheitlich benachteiligter Gruppen. Das Hinterfragen gängiger Prinzipien von Wissenschaftlichkeit. Hierzu gehört insbesondere die kritische Reflexion verschiedener Paradigmen wissenschaftlicher Forschung und dessen, was als akzeptierbare Erkenntnis und insbesondere als „Evidenz“ betrachtet wird. Dazu gehört auch die Frage, wie neues Wissen aufgezeigt und bisher Verborgenes ans Tageslicht gebracht werden kann. Gerade im Gesundheitsbereich bzw. im Feld des Capacity Building ist eine Auseinandersetzung mit dem Machtbegriff und den damit verbundenen Spielformen und Einsatzmöglichkeiten unumgänglich. Diese Auseinandersetzung bildet erst die notwendige Voraussetzung für das Erlangen von Empowerment und somit auch der Stärkung von Community Capacity. Zu dieser Auseinandersetzung gehört auch die Reflexion der eigenen Rolle als Gesundheitsförderer/in, insbesondere die Fragen darüber, wer welche Form von Definitionsmacht besitzt, wie Macht generell in unserer Gesellschaft verteilt ist und ob bzw. wie Forschung unter Umständen gesellschaftliche

1.4 Community Capacity Building zur kollektiven Gesundheitsförderung

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Machtverhältnisse reproduziert. Die benötigte Grundhaltung wäre somit, grundsätzlich auch auf Seite der Benachteiligten zu stehen und ihre Perspektiven bzw. die von ihnen erlebten Elemente der „Ohnmacht“ kennen zu lernen, bevor Empowermentprozesse in Gang gesetzt werden. Neben derartig analytischen Fähigkeiten bedarf es auch einer Reihe von Soft Skills, insbesondere kommunikativer Fähigkeiten, wie z.B. aktives Zuhören, Teamentwicklung, Perspektivenübernahme, Anwaltschaft usw. Dazu gehört aber auch eine realistische Grundhaltung, was die tatsächliche Veränderbarkeit von Machtverhältnissen betrifft. Eine weitere geforderte Fähigkeit ist, die angesprochenen Kompetenzen auch auf verschiedenen Ebenen gesellschaftlicher Machtbereiche denken bzw. einsetzen zu können. Dazu gehört insbesondere das Verständnis für systemorientierte Sichtweisen, die den Einzelnen zumindest teilweise aus seiner Verantwortung nimmt und somit die grundlegende Sicht auf überindividuelle Ansätze – wie etwa das Capacity Building – erst ermöglicht. Was den Einsatz von wissenschaftlicher Forschung im Bereich der Gesundheitsförderung betrifft, gehört demnach auch die Grundhaltung von Aktionsforschung mit zu den Kernkompetenzen. Dies bedeutet, dass Forschungsergebnisse nicht als Nebenprodukt oder rein zum Zwecke der Evaluation entstehen, sondern in erster Linie der Weiterentwicklung des untersuchten Feldes selbst dienen. Dazu braucht es aber auch die entsprechenden Fähigkeiten, um Forschungsergebnisse breit und an viele Adressaten kommunizieren zu können und sie dabei in einer Form darzustellen, welche die Ergebnisse für die angesprochenen Personen bzw. Organisationen auch bestmöglich nutzbar macht. In Zusammenhang damit steht die Entwicklung des Verständnisses dafür, wie politische Prozesse funktionieren und Meinungen gebildet werden, wie diese Prozesse im Rahmen von Capacity Building aktiv angesprochen werden können, und wie es dabei gelingt, Eigentümerschaft (Ownership) auf Seiten der Betroffenen bzw. Zielgruppen herstellen zu können.

2 Evaluation langfristiger Interventionen in der Gesundheitsförderung

Einen eigenen Problembereich in der Gesundheitsförderung bildet die Komplexität des Feldes, welche die simple Anwendung einzelner Untersuchungsmethoden als unzureichend erscheinen lässt: Wie erwähnt, wird bei gesundheitsförderlichen Maßnahmen gefordert, sich nicht nur an Individuen zu wenden, sondern auf größere Gemeinschaften und den damit in Zusammenhang stehenden Settings ausgerichtet zu sein. Interventionen finden auch nicht passiv und von außen statt, sondern werden durch die Betroffenen mitentschieden und mitgestaltet. Darüber hinaus werden keine Einzelmaßnahmen gesetzt, sondern vielfältige und möglichst interdisziplinäre Maßnahmenbündel, welche ebenfalls verschiedene Beteiligungsformen durch die Zielgruppen beinhalten sollen. Wie in vielen Bereichen der Auseinandersetzung mit gesundheitlichen Interventionen gilt es zunächst einmal, das Feld mit der Sichtweise bzw. dem Selbstverständnis der medizinischen Wissenschaften abzuklären. Als so genannter „gold standard“ gilt dabei die experimentelle Doppelblindstudie, das sog. „randomized controlled trial“ (RCT). Ausgehend davon wird eine Hierarchie gebildet, an deren Spitze systematische Reviews von RCT stehen, gefolgt von einzelnen RCTs, quasi-experimentellen Studien, sonstige Kontrollgruppenstudien, Vorher-Nachher-Studien sowie Einzelfallstudien und Studien ohne Kontrollgruppen (vgl. Britton & Thorogood 2004). Bei einem RCT werden möglichst viele, nicht interessierende Elemente konstant gehalten, um idealerweise als einzige veränderbare Variablen die Intervention und den Outcome zu messen. Die Konstanthaltung der konfundierenden Variablen funktioniert dabei weitestgehend über Planung und statistischen Ausgleich, so dass teilnehmende Personen von vorneherein z.B. nach den Variablen Alter und Geschlecht ausgewählt werden, während sich alle nicht überblickbaren Variablen per Zufallsschwankungen (zufällige Gruppenzuordnung) ausgleichen sollen. Auch die Intervention selbst wird ausgewählten (eindeutig identifizierbaren) UntersuchungsteilnehmerInnen zugeordnet. Der überragende Vorteil eines derartigen Designs ist, dass daraus statistisch ideale Voraussetzungen erwachsen, um Veränderungen des Outcomes (zumindest mathematisch) einwandfrei als Effekt der Intervention nachweisen zu können.

2 Evaluation langfristiger Interventionen in der Gesundheitsförderung

75

Wenn nun aber, wie oben beschrieben, die Interventionen der Gesundheitsförderung grundsätzlich als komplex (multifaktoriell, veränderbar, partizipativ etc.) betrachtet werden müssen, liegt die Schlussfolgerung nahe, dass solcherart gestaltete Vorhaben nicht mehr über reduzierbare, völlig kontrollierbare Forschungsdesigns untersucht werden können. Dadurch erscheint eine Übertragung der am biomedizinischen „Goldstandard“ orientierten randomisierten kontrollierten Studie auf die Gesundheitsförderung nicht angemessen (Tang, Ehsani & McQueen 2003). Zieht man hingegen explizit die Breite der bestehenden Initiativen in Betracht, ergeben sich umfangreiche Forderungen, die an die Produktion von Evidenz in und für die Gesundheitsförderung gestellt werden können. Dazu zählt etwa die Verwendung umfangreicher Quellen, welche die Perspektiven aller relevanten Stakeholder und ExpertInnen beinhaltet, womit sowohl interne als auch externe Informationsquellen gemeint sind. Adäquate Erhebungsmethoden dazu umfassen sowohl qualitative als auch quantitative Verfahren und zielen auf die Erhebung subjektiver und objektiver Kriterien ab. Die Vorgehensweisen orientieren sich dabei am Verständnis und den Zielsetzungen von Gesundheitsförderung und akzeptieren Laienwissen und -perspektiven genauso wie ExpertInnenwissen und berücksichtigen neben den Outcomes auch die involvieren Prozesse und Aktivitäten (Kahan & Goodstadt 2005, S. 3) Es stellt sich somit die Frage, welche Variablen als Outcome von Interventionen der Gesundheitsförderung zu betrachten sind. Ziglio (1997) fordert in diesem Zusammenhang, dass Empowerment als zentrales Beurteilungskriterium herangezogen werden sollte, ob eine Intervention im Gesundheitsbereich überhaupt dem Themenbereich der Gesundheitsförderung zuzuordnen ist. Seine Empfehlung lautet weiters, als Evaluationskriterien Empowerment, Nachhaltigkeit, Verantwortlichkeit, Akzeptanz, finanzielle Machbarkeit usw. für die Beurteilung heranzuziehen, wobei das eigentliche Ziel die Verbesserung populationsbezogener Gesundheit anstelle individueller Gesundheitszustände lautet. Derartige Überlegungen führen in ihrer Konsequenz zu einer hierarchischen Sichtweise gesundheitsbezogener Outcomes, die zwischen Gesundheit, Determinanten von Gesundheit und gesundheitsförderlichen Interventionen unterscheiden (Nutbeam 2000). Dabei wird Gesundheitsförderung explizit auf die Ebene der Interventionen eingeschränkt, während langfristige Veränderungen von (populationsbezogener) Gesundheit auf eine übergeordnete Ebene gehoben werden. Anders ausgedrückt werden gesundheitsbezogene Outcomes zu einem Fernziel, welche das Gesamtergebnis repräsentieren und sich in entsprechenden mortalitäts- bzw. morbiditäts- sowie lebensqualitätsbezogenenen Ergebnissen äußern (s. Abbildung 13). Intermediäre Ergebnisse finden sich insbesondere im Bereich der Determinanten von Gesundheit wieder. Nutbeam zufolge liegt hier der Fokus auf

76

2 Evaluation langfristiger Interventionen in der Gesundheitsförderung

der positiven Entwicklung von Lebensstilen/Lebensweisen (verstanden als personenbezogene Aspekte), der gesundheitsförderlichen Ausprägung verschiedener Umwelten (verstanden als überindividuelle Faktoren) und auf der Qualität des Abbildung 13: Outcome-Modell der Gesundheitsförderung

Health and social outcomes

Intermediate health outcomes (modifiable determinants of health)

Health promotion outcomes (intervention impact measures)

Health promotion action

Social outcomes measures include: quality of life, functional independence, equity Health outcomes measures include: reduced morbidity, disability, avoidable mortality Healthy lifestyles measures include: tobacco use, food choices, physical activity, alcohol and illicit drug use

Effective health services measures include: provision of preventive services, access to and appropriateness of health services

Healthy environments measures include: safe physical environment, supportive economic and social conditions, good food supply, restricted access to tobacco, alcohol

Health literacy measures include: health-related, knowledge attitudes, motivation, behavioural intentions personal skills, self-efficacy

Social action and influences measures include: community participation, community empowerment, social norms, public opinion

Healthy public policy and organizational practice measures include: policy statements, legislation, regulation, resource allocation, organizational practices

Education examples include: patient education, school education, broadcast media and print media communication

Social mobilization examples include: community development, group facilitation, targeted mass communication

Advocacy examples include: lobbying, political organization and activism, overcoming bureaucratic inertia

(Quelle: Nutbeam 2000, S. 262)

2 Evaluation langfristiger Interventionen in der Gesundheitsförderung

77

Gesundheitssystems. Diesen drei Faktoren wird dabei – ganz im Sinne von Determinanten – die Fähigkeit zugeschrieben, die Fernziele positiv zu beeinflussen. Als unterste Stufe stehen demnach jene Ziele, die einen positiven Einfluss auf die Determinanten haben. Nutbeam bezeichnet sie als „health promotion outcomes“ und bezieht das auf direkte, interventionsbezogene Maßnahmeneffekte. Er meint damit jene Elemente, die als einzige unmittelbar beeinflusst werden können, während die anderen beiden Stufen nur jeweils indirekt verändert werden können. Auf der interventionsbezogenen Outcome-Ebene stehen somit direkt individuelle Kompetenzen (z.B. Health Literacy), soziale Steuerungsmöglichkeiten sowie öffentliche (politische) Praxis in Bezug auf Gesundheit. Eine Möglichkeit, mehrere Ebenen (individuelle als auch strukturelle) mit vielfältigen Methoden zu untersuchen, bietet sich in Form von Triangulationsstudien, welche sowohl die Perspektiven der Betrachtung des Untersuchungsgegenstandes als auch die verwendeten Untersuchungsmethoden in vielfältiger Weise miteinander verknüpfen (vgl. Flick 2004). Im Sinne von Perspektiventriangulation lässt sich dabei die Forderung berücksichtigen, dass der Untersuchungsgegenstand nicht nur vom Standpunkt einer Akteursgruppe aus betrachtet wird, sondern dass möglichst viele bzw. verschiedene Standpunkte einfließen. Dies bedeutet, dass bei Interventionen (insbesondere auf der Settingebene) nicht nur die unmittelbaren Zielgruppen berücksichtigt werden, sondern auch die in anderer Form involvierten AkteurInnen. Für die vorliegende Arbeit bedeutet dies etwa, dass sowohl die Gemeindebevölkerungen, als auch die aktiv mitwirkenden Arbeitskreismitglieder der Gesunden Gemeinden, als auch die zentral tätige Projektgruppe des Gesamtprogramms „Gesunde Gemeinde“ in die Erhebung einbezogen wurden (vgl. Kap. 3.3). Für die Methodentriangulation wurde insbesondere auf den Ansatz der Mixed Methods (Tashakkori & Teddlie 2003) zurückgegriffen, welcher eine Kombination quantitativer und qualitativer Erhebungs- und Auswertungsformen vorsieht. Dies bedeutet, dass nicht nur rein statistische Analysen in Betracht gezogen werden (wie es etwa bei der Methode der randomisierten kontrollierten Studie der Fall wäre), sondern dass auch qualitative Analysen zur Vervollständigung und Ausweitung der gewonnenen Erkenntnis über den Untersuchungsgegenstand herangezogen werden. Im vorliegenden Fall sind dies der sowohl der Einsatz von quantitativen und qualitativen Erhebungsmethoden (Fragebögen, Interviews, dokumentenanalytische Vorgehensweisen) als auch der Einsatz gegenstandsangemessener Auswertungsmethoden (qualitative Inhaltsanalyse, statistische Auswertung, Quantifizierung qualitativer Daten mit inhaltsanalytischen Methoden). Zusammenfassend sei noch darauf hingewiesen, dass Triangulation als Forschungskonzept über das reine Problem des Messens hinausgeht und vielmehr auf die Annäherung unterschiedlicher wissenschaftstheoretischer Standpunkte

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2 Evaluation langfristiger Interventionen in der Gesundheitsförderung

hinausläuft. Für die Forschungspraxis bedeutet dies, sowohl positivistische als auch phänomenologisch-konstruktivistische Positionen einzunehmen und in eine Zusammenschau der Ergebnisse fließen zu lassen. Erweitert man diese Perspektive noch um den Triangulationsaspekt der Durchführung von Forschungsarbeiten zum selben Gegenstand durch unterschiedliche Personen (investigator bzw. author triangulation), so wird Triangulation generell als geeigneter Ansatz des Nachweises von Kausalbeziehungen – in unserem Kontext also der Wirksamkeit gesundheitsfördernder Interventionen – gesehen (Kemm 2001).

3 Umsetzung gemeindebezogener Gesundheitsförderung in Österreich

3.1 Netzwerk Gesunde Städte Wien ist seit 1989 als einzige österreichische Stadt am internationalen WHONetzwerk Gesunde Städte direkt beteiligt (vgl. BMGF, 2006). Das nationale „Netzwerk Gesunde Städte Österreichs“ geht zurück auf eine Initiative der Stadt Linz auf einer deutschsprachigen Gesunde-Städte-Tagung in Wels 1989 (vgl. ACS, 1997, S. 6). Die Gründung erfolgte schließlich auf dem 42. Österreichischen Städtetag 1992 unter Teilnahme von 9 Städten, und bis 2002 waren bereits 31 Städte aktiv beteiligt (vgl. Dolezal 2002). Voraussetzungen für die Aufnahme in das Netzwerk sind eine formale Interessensbekundung (Antragstellung durch den Gemeinderat) und die darin zum Ausdruck kommende Akzeptanz der Ottawa Charta sowie der Zielsetzungen des Netzwerks. Darüber hinaus verpflichten sich die Städte zum aktiven Austausch von Erfahrungen und zur Teilnahme an den gemeinsamen Aktivitäten, i. d. R. gemeinsame Konferenzen und Sitzungen. Als Gegenleistung erhält die Stadt die Unterstützung durch das Koordinationsbüro des Vereins "Gesunde Städte Österreichs – Verein zur Förderung des Gesundheitsbewusstseins in österreichischen Städten", welche im Wesentlichen in der Kontaktpflege innerhalb und außerhalb des Netzwerks (auch mit anderen Gesundheitsförderungsinitiativen auf nationaler und internationaler Ebene), der Öffentlichkeitsarbeit sowie der Unterstützung bei der Durchführung von Aktivitäten im Rahmen des Netzwerks besteht (vgl. Österreichischer Städtebund 2004). Die oben angeführten Zielsetzungen des Netzwerks werden in der zitierten Broschüre nicht explizit erwähnt, orientieren sich aber offensichtlich an der Beteiligung an dessen Hauptaktivitäten. Dazu gehört in erster Linie die Abhaltung sog. „Gesundheitskonferenzen“, womit die aktive und umfassende Beteiligung aller für die Gesundheitsförderung relevanten AkteurInnen (aus den Bereichen Medizin, Gesundheitsverwaltung, Krankenversicherung, bürgerschaftliche Initiativen usw.) an gemeinsamen Sitzungen mit dem Ziel umfassenden Informationsaustausches und künftiger Abstimmung von Aktivitäten gemeint ist. Weiters gehören die künftige Umsetzung von kommunaler Gesundheitsberichterstattung auf Basis von Bevölkerungsbefragungen, das Bekenntnis zur Frauengesundheits-

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3 Umsetzung gemeindebezogener Gesundheitsförderung in Österreich

förderung, die Beschäftigung mit dem Thema „Sucht & Drogen“ sowie die Förderung von Gesundheitsvorsorge i.S. der Förderung von Vorsorgeuntersuchungen zu den Zielsetzungen (vgl. Lüftenegger 2002).

3.2 Gemeindeprogramme in den Bundesländern In viel geringerem Maße in Netzwerken organisiert ist die restliche – nicht an (Groß-) Städten orientierte – Gesundheitsförderung in ländlichen Gemeinden bzw. (ländlichen) Kleinstädten. Nichtsdestoweniger finden aber auch hier umfassende Aktivitäten statt. So existieren in jedem österreichischen Bundesland Initiativen, welche die Gemeinden in gesundheitsfördernde Aktivitäten mit einbeziehen. Explizit auf die Gemeinden ausgerichtete Programme – „Gesunde Gemeinde“, „Gesundes Dorf“ – finden sich in den Bundesländern Burgenland, Kärnten, Niederösterreich, Oberösterreich, Salzburg und Steiermark. Dokumentationen zu diesen Initiativen sind derzeit nur sehr eingeschränkt über die jeweiligen Homepages der Initiativen zugänglich, nur vereinzelt gibt es auch wissenschaftliche Berichterstattung (Burgstaller 1997; Burgstaller & Berger 1998; Kàlnoky 1996; Kàlnoky, Neuhold & Reis-Klingspiel 1998; Kodelitsch 2003; Pfaffenberger & Pöschko 2006; Prehslauer 2001; Scharinger 1999). Die Grundzüge der Programme sind dabei jeweils mehr oder weniger gleich: Voraussetzung zur Teilnahme ist ein Gemeinderatsbeschluss, in dessen Folge ein eigenes Gremium (Ausschuss, Arbeitskreis) eingerichtet wird, welches für auf die Gemeinde bezogene gesundheitsförderliche Aktivitäten zuständig ist. Seitens des Bundeslandes gibt es – meist in Form eines eigenständigen Vereines – eine zentrale Stelle zur Unterstützung der Gemeindegremien. Unterschiede bezüglich der Gemeinden ergeben sich vor allem in den Vorschriften darüber, wer aller im Arbeitskreis vertreten sein soll (ob BürgermeisterInnen und GemeindeärztInnen teilnehmen müssen; eingeladen werden sollen aber prinzipiell auch alle Organisationen und GemeindebürgerInnen, welche an Gesundheitsthemen interessiert sind), und ob ein Budget seitens der Gemeinde zur Verfügung gestellt werden muss (teilweise sind EUR 0,50 – 1,00 pro Gemeindebürger vorgeschrieben). Teilweise müssen die Gemeinden darüber hinaus Mitgliedsbeiträge an die zentralen Vereine abliefern bzw. deren Serviceleistungen finanzieren, teilweise bekommen die Gemeinden diese Dienstleistungen gratis bzw. erhalten Fördergelder durch das Bundesland (als Startförderung nach Vorlage eines ausgearbeiteten Arbeitsplans oder als Unkostenbeitrag oder als allgemeine Subventionsmöglichkeit). Die von den zentralen Organisationen der Bundesländer angebotenen Leistungen unterscheiden sich zumeist im Umfang des Angebots. Gemeinsam sind

3.2 Gemeindeprogramme in den Bundesländern

81

den meisten das Angebot der organisatorischen Unterstützung bei der Arbeitskreisbildung, bei der Ideenfindung bzw. Planung von Aktivitäten (tw. auch bei deren Umsetzung) und bei der Öffentlichkeitsarbeit. Oftmals kann Hilfe bei der Durchführung von Arbeitskreissitzungen (Moderation etc.) in Anspruch genommen werden, teilweise auch bei der Suche nach ReferentInnen für Vorträge oder nach Partnerorganisationen für Aktivitäten. Ebenso bieten fast alle Organisationen eine Berichterstattung in Form von Zeitungen oder Jahresberichten an. Zusätzlich werden meistens zentrale Vernetzungsmöglichkeiten der Gemeinden untereinander (gemeinsame Treffen/Tagungen, Austausch über Homepages) angeboten. Die Unterschiede bestehen dabei, wie bereits erwähnt, im Ausmaß, in dem diese Unterstützung in Anspruch genommen werden kann, und darüber hinaus auch noch, ob dafür bezahlt werden muss. Stärkere Unterschiede ergeben sich bei der Durchführung von Ist-Analysen im Rahmen der Maßnahmenplanung (tw. durch die Gemeinden durchzuführen, tw. durch die zentrale Organisation). Scharinger (1999, S. 20) konstatiert in seinem Evaluationsbericht zum zehnjährigen Bestehen der Gesunden Gemeinden Oberösterreich, dass bislang noch wenig österreichweite Vernetzung und damit Verbunden auch Entwicklung der gemeindebezogenen Gesundheitsförderung besteht.4 Gemeinsam mit einer Diplomarbeit (Kodelitsch 2003) und einem neueren Bericht (Pfaffenberger & Pöschko 2006) liegen bislang erst aus diesem Bundesland umfangreichere empirische Untersuchungen zum Gesamtkonzept „Gesunde Gemeinde“ vor. Die Studie Scharingers kommt dabei zu folgenden Kernaussagen: ƒ

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Insgesamt gesehen stellt sich das Projekt als großer Erfolg heraus, da in wenigen Jahren über 100 oberösterreichische Gemeinden zur Teilnahme motiviert werden konnten und dort auch reges Interesse am Programm besteht. In den teilnehmenden Gemeinden konnten durchaus aktive Arbeitskreise ins Leben gerufen werden, an denen im Schnitt jeweils 9 Personen beteiligt sind. Die Hauptlast der Arbeit liegt jedoch bei den ArbeitskreisleiterInnen, die weniger als zentrale KoordinatorInnen, sondern viel mehr als treibende und auch arbeitende Kraft in der jeweiligen Gemeinde gesehen werden müssen. Was die weitere Beteiligung betrifft, konnten durch die abgehaltenen Maßnahmen ca. 27% der Gemeindebevölkerungen direkt erreicht werden. Der Hauptanteil der abgehaltenen Aktivitäten orientiert sich an der HerzKreislauf-Problematik. Entsprechend entfällt der überwiegende Anteil an

4 Mittlerweile besteht mit dem „aks austria – Forum österreichischer Gesundheitsarbeitskreise“ eine Plattform für die Vernetzung von bundeslandspezifischen Organisationen zur settingorientierten Gesundheitsförderung, welche jedoch auf NGOs/NPOs beschränkt ist.

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3 Umsetzung gemeindebezogener Gesundheitsförderung in Österreich Maßnahmen auf die Bereiche Ernährung (21%) und Bewegung (19%), gefolgt von Krebs (15%), Sucht (5%), gesundes Alter (4%), Pflege (3%) und Erste Hilfe (3%). Auch die zum damaligen Zeitpunkt weiter geplanten Aktivitäten folgen diesem Muster. Als Zielgruppen der Maßnahmen wurden die jeweilige allgemeine Gemeindebevölkerung (24%), Jugendliche (22%), SeniorInnen (21%), Frauen (15%), Kinder (9%) und Männer (5%) angesprochen. Das Vorhandensein eines zentralen Ansprechpartners (Gesamtprojektleitung in der Landessanitätsdirektion) stellt eine wertvolle Ressource für die beteiligten Gemeinden dar. Die Fülle von unterschiedlichsten Projektideen erschwert es den Beteiligten, den Überblick zu bewahren. Gleichzeitig erscheit es schwierig, sich von klassischen, lebensstilbezogenen und informationsvermittelnden Aktivitäten zu lösen und gezielt settingorientierte Maßnahmen zu initiieren. Zusätzlich erscheint es schwierig, einzelne Zielgruppen – insbesondere jene, die besonders dringend angesprochen werden sollten – auch tatsächlich zu erreichen. Die Evaluation der zahlreichen Aktivitäten wird dadurch erschwert, dass Dokumentation als zusätzliche und auch unnötige Belastung gesehen wird. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass die Aktivitäten im Rahmen des Projekts großteils ehrenamtlich und somit in der Freizeit der Beteiligten ablaufen, was das Belastungserleben durch Dokumentationsaufgaben zusätzlich vergrößert. Gemeinsam mit den oftmals nur mangelhaft ausformulierten Zielsetzungen einzelner Maßnahmen führt dies jedoch zu einer eingeschränkten Bewertbarkeit der Aktivitäten. Als wesentliche Schlüsselpersonen werden die BürgermeisterInnen und die GemeindeärztInnen identifiziert. Die BürgermeisterInnen erhalten dabei eine wichtige Gatekeeper-Funktion, die sich über die Initiierung der Teilnahme der Gemeinde (Gemeinderatsbeschluss) hinaus erstreckt und auch im weiteren Verlauf nicht vergessen werden darf. Gerade wenn also die Bevölkerung das Hauptaugenmerk darstellt, sollte doch immer auch wieder Kooperation und Zustimmung seitens der BürgermeisterInnen gesucht werden. Ähnliches gilt für die GemeindeärztInnen, die als zentrale KooperationspartnerInnen zur Verfügung stehen sollten, sich im ungünstigen Fall aber auch als GegnerInnen des Gesunde-Gemeinde-Ansatzes erweisen können. Hier gilt es insbesondere am Gegensatz von Laienkompetenz und professionellem Verständnis anzusetzen, um es den GemeindeärztInnen zu ermöglichen, neue Rollen in der Gesundheitsförderung entwickeln und einnehmen zu können.

3.2 Gemeindeprogramme in den Bundesländern

83

Zum fünfzehnjährigen Bestehen des oberösterreichischen Programms wurde erneut eine Evaluationsstudie vorgelegt, die viele dieser Ergebnisse bestätigt (Pfaffenberger & Pöschko 2006). Als Ergänzung lässt sich aus der Arbeit von Kodelitsch (2003) die Schlussfolgerung ziehen, dass ein aktives Zugehen der zentralen Betreuungsstellen (Landessanitätsdirektion, Regionalbetreuungsstellen) auf die teilnehmenden Gemeinden (respektive deren Arbeitskreise) unumgänglich scheint, da sonst der Kontakt abreißt (d.h. trotz weiterer Aktivität der Gemeinde keine Informationen seitens der Gemeinde weitergemeldet werden). Im Sinne der oftmals geforderten Vernetzung gesundheitsförderlicher Aktivitäten ist dies ein berücksichtigenswerter Hinweis darauf, dass gegenseitiger Austausch nicht als Selbstverständlichkeit betrachtet werden darf. Die Steiermark ist mit seinem Projekt „Gesunde Gemeinde“ jenes Bundesland, welches als erstes diese Idee zur Umsetzung brachte (seit 1987). Auch die hier gemachten Erfahrungen passen in das schon beschriebene Bild. Gute Erfahrungen wurden dabei insbesondere mit folgenden Elementen gemacht (Kàlnoky 1996): ƒ ƒ ƒ

ƒ ƒ

Es empfiehlt sich die Einrichtung eines eigenen „Gesundheitsbeirates“ als überparteiliches Gremium mit regelmäßigen, für alle Interessierten offenen Sitzungen. Die Beiräte sollten über eigene Budgets verfügen, zusätzlich sollten eigene (Halbtages-)Stellen geschaffen werden. Idealerweise werden verschiedenste Zielgruppen angesprochen und möglichst auch in den Beirat eingeladen, wobei in der Umsetzung der Themen auf eine möglichst breite Palette an Maßnahmen zurückgegriffen werden sollte. Eine Umsetzung gelingt nur, wenn vorhandene (potentielle) PartnerInnen eingebunden zur Mitarbeit überzeugt werden. Der mit diesem Ansatz verbundene Veränderungs- und Demokratisierungsprozess innerhalb der Gemeinde erweist sich als „ein mühsamer Prozess und bedarf einer koordinierten Steuerung“ (ibid., S. 197), welcher durch externe PartnerInnen – im vorliegenden Fall die zentral zuständige Projektgruppe auf Landesebene – begleitet werden muss.

Eine große Rolle spielt im steirischen Projekt auch die langfristige Qualitätssicherung, welche schon seit längerem systematisch betrieben wird und auf sowohl auf quantitativen Vergleichen (Bevölkerungsstichproben) als auch qualitativen Einschätzungen beruht (vgl. Abbildung 14). Aktuell wird dies gezielt auf großflächige, quantitative Surveys ausgeweitet, welche aufgrund der Erhebung eines

84

3 Umsetzung gemeindebezogener Gesundheitsförderung in Österreich

breiten Spektrums gesundheitlicher Indikatoren zur mittel- und langfristigen Evaluierung der Projekterfolge dienen soll (vgl. Freidl & Neuhold 2002). Abbildung 14: Qualitätskriterien im Steirischen Programm „Gesunde Gemeinde“ QUALITÄTSKRITERIEN “GESUNDE GEMEINDE” Anger Beitritt 1987 Stand Februar 1997 VERANKERUNG VOR ORT DURCH Gesundheitsbeirat

Einzelperson

Integration in Verein oder Sozialausschuß

autonom verfügbares Budget, mindestens ATS 7,-/EW GESUNDHEITSFÖRDERNDE INFRASTRUKTUR BEWEGUNGSTREFFLEITER einer TURNLEITER einer TIME-OUT FOR KIDS-LEITER einer Gesundheitsbewußte Gaststätte Bauernmarkt

mehrere Bewegungstreffs Spielplatz

mehrere mehrere mehrere

keiner keiner keiner

Gesunde VS

Hauskrankenpflege

Kindergruppe

AKTIVITÄTEN in gesundheitsfördernden Themen- und Zielbereichen THEMENBEREICHE ZIELGRUPPENBEREICHE METHODEN Vortrag/Kurse/Aktionen/Seminare abgedeckt abgedeckt abgedeckt teilweise abgedeckt teilweise abgedeckt teilweise abgedeckt nicht abgedeckt nicht abgedeckt nicht abgedeckt BEFRAGUNG DOKUMENTATION Einstieg 1988 in der Gemeinde Wieder1997 Rückmeldungen/SKK holung keine ÖFFENTLICHKEITSARBEIT Gesundheits- Regional- Gemeindezeitung, Pfarrblatt zeitung zeitung BEWERTUNG DURCH DAS PROJEKTTEAM sehr GEMEINDE ALLGEMEIN engagiert sehr PARTIZIPATION DER engagiert BEVÖLKERUNG

Flugblätter, Plakate

engagiert engagiert

weniger engagiert weniger engagiert

sehr intensiv weniger KOOPERATION DER MED. intensiv intensiv RELEV. PERSONEN sehr intensiv weniger KOOPERATIONEN DER intensiv intensiv BILDUNGSEINRICHT./VEREINE Grau markierte Felder zeigen erfüllte Kriterien an

(Quelle: Kàlnoky et al. 1998, S. 155)

nicht engagiert nicht engagiert keine keine

3.3 Das Kärntner Programm „Gesunde Gemeinde“

85

Bezogen auf Kärnten liegen bisher nur vereinzelte Erfahrungsberichte vor, die sich zum einen auf den modellhaft entstandenen Verein „Vitamin R“ sowie auf das Leitbildprojekt „PROGES“ beziehen. „Vitamin R“ (Vital miteinander in Radenthein) steht für ein 1995 ge startetes Projekt zur regionalen Gesundheitsförderung, wobei zwei Hauptzielsetzungen verfolgt werden: „1. Strukturentwicklung im Gesundheits- und Sozialbereich partizipativ zu fördern sowie 2. ressourcenorientierte Angebote für spezifische Zielgruppen zu entwickeln und laufend den regionalen Spezifika anzupassen“ (Burgstaller 1997, S. 198). Dabei werden als spezifische Angebote vorwiegend umfassende Beratungstätigkeiten in Sozialund Gesundheitsfragen sowie Kurse und Seminare angeboten. Zusätzlich wurde im Rahmen der Strukturentwicklung etwa ein Jugendarbeitskreis eingerichtet, wobei weitere Netzwerke (etwa von FachärztInnen) angedacht werden. Ein insbesondere unter dem Strukturaspekt entwickeltes Projekt nennt sich „FUN – Familienunterstützende Netzwerke“, indem vielfältige Ressourcen vernetzt und dauerhaft zur Verfügung gestellt werden sollen. Dies reicht von der Öffnung freistehender Kindergartenräumlichkeiten und der Einrichtung einer Krabbelstube über Familienberatung bis hin zu Elternschulen (vgl. Burgstaller & Berger 1998). Vorbereitend zum nun bestehenden Programm „Gesunde Gemeinde“ wurde im Rahmen des von 1999 bis 2001 bestehenden, sehr umfassend angelegten Gesundheitsentwicklungsprojektes „PROGES“ mit seinen beiden Regionalstellen in Spittal/Drau und in Völkermarkt die Idee in einzelnen Gemeinden ausprobiert und in Anlehnung an die Projekte in der Steiermark und in Oberösterreich umgesetzt (vgl. Prehslauer 2001). Zusätzlich wurde versucht, regionsspezifisch die Gemeinden zu vernetzen und als eigenen Schwerpunkt im Rahmen von Regionalverbänden zu etablieren. Aus den so gesammelten Erfahrungen wurde schließlich ein Konzept für die kärntenweite Fortführung des Programms „Gesunde Gemeinde“ entwickelt, welches auch seit 2002 umgesetzt wird (vgl. Kap. 3.3).

3.3 Das Kärntner Programm „Gesunde Gemeinde“ Im Bundesland Kärnten wurde im Jahr 2002 das Programm „Gesunde Gemeinde“ 5 vom Amt der Kärntner Landesregierung, Abteilung 12, Unterabteilung 5 Um der Schwierigkeit zu begegnen, dass einmal über das Gesamtprogramm/Gesamtkonzept und einmal über die teilnehmenden Gemeinden berichtet wird, wurde in der Arbeit folgender Umgang gewählt: Immer, wenn vom Gesamtprogramm die Rede ist, wird „Gesunde Gemeinde“ in Anführungszeichen gesetzt, immer wenn es um teilnehmende Gemeinden geht, wird über Gesunde Gemeinden ohne Anführungszeichen berichtet.

86

3 Umsetzung gemeindebezogener Gesundheitsförderung in Österreich

Projektmanagement Gesundheitsförderung, initiiert. Ziel ist, gesundheitsförderliche Maßnahmen in den ländlichen Regionen Kärntens umzusetzen. Für die Programmteilnahme sind gewisse Zugangsvoraussetzungen seitens der Gemeinden zu erfüllen, nämlich ein Gemeinderatsbeschluss, die Einrichtung eines Arbeitskreises sowie die Erarbeitung eines Maßnahmenplanes. Die Gemeinden werden in ihren Bemühungen durch das Land Kärnten in Form einer Projektstartfinanzierung, durch ein Projekthandbuch sowie eine Projekthomepage und durch das Projektteam des Landes unterstützt. Des Weiteren können die Gemeinden auf erprobte Konzepte des Landes z.B. zu den Bereichen Suchtprävention, DiabetesVorsorge, Stammtisch für pflegende Angehörige, Gesunde Küche sowie Ernährungsberatung zurückgreifen. Bis dato (Sommer 2008) konnten 76 Gemeinden von insgesamt 130 ländlichen Gemeinden in Kärnten für das Projekt gewonnen werden, wobei zum Zeitpunkt der Arbeitskreiserhebung für diese Arbeit (Frühjahr 2006) 56 teilnehmende Gemeinden zu verzeichnen waren. Das Programm folgt einer projektorientierten Vorgehensweise, die in Anlehnung an erfolgreiche Konzepte aus anderen Bundesländern übernommen wurde und auf eine mehrjährige Vorbereitung durch Pilotprojekte auf sowohl regionaler als auch landesweiter Ebene zurück geht (vgl. Burgstaller & Berger 1998; Prehslauer 2001). Innerhalb des Programms „Gesunde Gemeinde“ kann man drei Ebenen unterscheiden: das Amt der Kärntner Landesregierung inklusive dem Projektteam, die Arbeitskreise auf Gemeindebene und schließlich die Zielgruppen und Zielsettings (vgl. Abbildung 15). Die oberste Ebene im Gesamtprojekt Gesunde Gemeinde stellt jene des Landes Kärnten dar. Über die inhaltlich-funktionelle Zuordnung zum zuständigen Landesrat (Gesundheitsreferenten) erfolgt die Legitimation des Gesamtprojektes. Die Zuständigkeit liegt wie erwähnt beim Amt der Kärntner Landesregierung, Abteilung 12. Diese Abteilung vergibt den Auftrag der Projektbetreuung an ein eigenes (internes) Projektteam, welches durch freie Aufgabengestaltung die nötige Flexibilität für die Projektabwicklung erhält. Finanziert wird das Team jeweils für mehrere Jahre, wodurch eine mittelfristige Budgetierung ermöglicht wird. Die mittlere Ebene betrifft die Gesunden Gemeinden selbst. Genau gemeint ist hier der politisch-administrative Apparat innerhalb der Gemeinde, sprich BürgermeisterIn, Gemeinderat und auf dieser Ebene auch der Arbeitskreis. Zunächst einmal haben der Gemeinderat und der/die BürgermeisterIn die Gateopener-Funktion, was die Initiierung des Projektes betrifft: Auf Anfrage informiert das Landesteam den Gemeinderat über die Projektidee. Nachdem ein Teilnahmebeschluss seitens des Gemeinderates gefallen ist, wird das Landesteam informiert und ein Arbeitskreis in der Gemeinde eingerichtet.

3.3 Das Kärntner Programm „Gesunde Gemeinde“

87

Abbildung 15: Drei Ebenen im Aufbau des Projekts „Gesunde Gemeinde“

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(Quelle: eigene Darstellung) Von hier an liegt die Verantwortung für die Planung und Durchführung der Aktivitäten beim Arbeitskreis. Als TeilnehmerInnen hierfür kommen neben dem/der BürgermeisterIn und den Mitgliedern des Gemeinderats (insbesondere die Zuständigen für Gesundheit und/oder Soziales) vor allem VertreterInnen verschiedenster Interessens- und Zielgruppen in Frage. Dazu gehören neben Personen mit beruflicher Tätigkeit im Gesundheits- und Sozialbereich vor allem auch TeilnehmerInnen aus Wirtschaft, Vereinswesen, BürgerInneninitiativen usw., aber auch VertreterInnen aus dem öffentlichen Bereich wie z.B. Kammern, Kirchen, Exekutive. Mit dieser breiten Einladung zur Mitarbeit soll eine nachhaltige Verankerung des Projekts in der Gemeinde sichergestellt werden. Als Besonderheit sind aber in jedem Fall die Beteiligung von Gemeinderat und BürgermeisterIn zu betrachten: diese sind idealerweise möglichst umfassend in den Arbeitskreis zu

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3 Umsetzung gemeindebezogener Gesundheitsförderung in Österreich

integrieren, ihre Teilnahme daran ist an sich aber nicht obligatorisch. Unabhängig vom Ausmaß der Einbindung bleibt beiden aber jedenfalls eine Schlüsselrolle beibehalten, da sie vor allem bei der Budgetierung (und je nach Umfang der geplanten Aktivitäten auch bei der Umsetzung) von Maßnahmen eine wichtige Entscheidungsfunktion beibehalten. Diesbezüglich lautet die Empfehlung seitens der Projektverantwortlichen auch, dass die Gemeinde ein eigenes Budget für den Arbeitskreis zur Verfügung stellt, wodurch ein Spielraum für die Aktivitäten geschaffen werden soll. Darüber hinaus gewährt das Projektteam auch Unterstützung bei der Antragstellung für Subventionen für Einzelprojekte des Arbeitskreises an das Land Kärnten. Die dritte Ebene stellt schließlich jene der Zielgruppen und Zielsettings dar. In der Graphik sind zahlreiche Möglichkeiten angedeutet, angefangen von der allgemeinen Gemeindebevölkerung bis hin zu ausgewählten Risiko-/Interessensgruppen bzw. von der allgemeinen Infrastruktur bis hin zu ausgewählten Organisationen innerhalb der Gemeinde. Diese beispielhafte Aufzählung soll zugleich darauf hinweisen, dass die Zuständigkeit des Arbeitskreises nicht nur als personenorientiert sondern auch als verhältnisorientiert (settingorientiert) zu verstehen ist. Die Verknüpfung der Ebenen erfolgt vor allem durch zwei Kommunikationswege: Der erste ist jener zwischen Landesteam und Arbeitskreis, symbolisiert durch den Doppelpfeil zwischen den entsprechenden Kästchen. Hier erfolgt die systematische Kommunikation zwischen der zuständigen Gebietsbetreuerin und dem/der ArbeitskreisleiterIn, wobei als Mindestanforderung ein jährliches Abstimmungsgespräch vorgesehen ist. Im Rahmen der Projektinitiierung und durch das Zur-Verfügung-Stellen von Modulen (spezielle Dienstleistungsangebote bzw. Projektmaßnahmen) ist jedoch von einer häufigeren Kommunikation auszugehen. Der zweite Kommunikationsweg verläuft etwas vielfältiger und auch uneinheitlicher. In Richtung der Zielgruppen (dargestellt durch den breiten Pfeil) ist es letztendlich jeder Gemeinde frei gestellt, ihren eigenen Bedürfnissen nach zu informieren: dies kann vom Bürgermeisterbrief über die Gemeindenachrichten bis hin zu eigenen Aussendungen des Arbeitskreises (oder von Projektgruppen) bis hin zu persönlicher Kommunikation (z.B. mit Vereinen) reichen. Genauso breit ist die Palette des Informationsrückflusses an den Arbeitskreis: diese reicht von persönlicher Kommunikation (etwa über die Verknüpfung durch die Arbeitskreisteilnahme eines Vertreters/einer Vertreterin einer Zielgruppe/-organisation) über gezielte Befragungen der GemeindebürgerInnen bis hin zu indirekter Kommunikation über BürgermeisterIn und Gemeinderäte. Diese letzte Feedbackschleife ist aus Gründen der Übersichtlichkeit in der oben stehenden Abbildung nicht mehr dargestellt, genauso wie die angedeutete

3.3 Das Kärntner Programm „Gesunde Gemeinde“

89

Verbindung von ArbeitskreisteilnehmerInnen und Zielgruppen. In diesem Sinne ist auch noch auf die politischen Interaktionen zwischen den Ebenen zu verweisen: Die GemeindebürgerInnen wählen den Gemeinderat und die BürgermeisterInnen, genauso den Landtag, und bedingen somit eine wichtige Kopplung der Ebenen. Auch zwischen den Gemeinden und dem Land bestehen zahlreiche politische Verbindungen (verbindende wie konfliktbeladene), welche den Kommunikationsweg Landesteam – Arbeitskreis potentiell ergänzen bzw. auch unterlaufen (vgl. die erweiterte Darstellung in Abbildung 16).

(Quelle: eigene Darstellung)

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Abbildung 16: Erweiterte Darstellung der Projektebenen

4 Fragestellung und Methodik

4.1 Fragestellung Das Programm „Gesunde Gemeinde“ wurde, abgesehen von der Dokumentation und Berichterstattung seitens des Landes Kärnten, noch nicht empirisch untersucht. Die komplexen Strukturen des Projektes sowie bisherige Untersuchungen sprechen für die Relevanz einer empirischen Aufarbeitung der Aktivitäten im Rahmen der „Gesunden Gemeinde“. Insbesondere für die künftige Weiterentwicklung soll Evidenz dafür geschaffen werden, welche Faktoren in der Arbeit der „Gesunden Gemeinden“ förderlich sind und wo möglicherweise Modifikationen nötig sind. Besonderes Augenmerk wird dabei auf die Kooperation in den Gemeinden und auf die Zusammenarbeit an den Schnittstellen „Land – Arbeitskreise“ bzw. „Arbeitskreise – GemeindebürgerInnen“ gelegt. Die zentrale Fragestellung der vorliegenden Studie lautet daher: Welche Aspekte der Arbeit im Programm „Gesunde Gemeinde“ tragen zu dessen Erfolg bei? Ziel der Arbeit ist es somit, sowohl förderliche als auch hinderliche Faktoren der unterschiedlichen Herangehensweisen in den Gesunden Gemeinden zu identifizieren. Zur Exploration dieser Faktoren werden in einem Triangulationsdesign drei Ebenen der Arbeit in der gemeindebezogenen Gesundheitsförderung betrachtet und im Sinne der Mixed Methods (Tashakkori & Teddlie 2003) mittels qualitativer und quantitativer Methoden empirisch untersucht und miteinander vernetzt.

4.2 Eingesetzte Methoden Zur Entwicklung des methodischen Designs und der damit in Verbindung stehenden Erhebungsinstrumente wurde auf das oben beschriebene Modell zur Organisation und Struktur des Projektes „Gesunde Gemeinde“ zurückgegriffen. Demnach gilt es, drei Ebenen in die Untersuchung zu integrieren: Jene des Projektteams des Landes Kärnten, jene der Gemeinden und jene der Zielgruppen. Für die Untersuchung der Projektteamebene stellt sich die Problematik, dass über relativ wenige Auskunftspersonen in eine zuvor unbekannte Thematik ein-

4.2 Eingesetzte Methoden

91

getaucht werden soll: die konkreten Abläufe und Bedingungen eines Projektes, welches noch jung ist und das bisher noch nicht wissenschaftlich untersucht worden ist. Vor diesem Hintergrund bietet sich ein methodischer Zugang an, der an den Sichtweisen der untersuchten Personen ansetzt und bei dem die möglichen Ergebnisse durch den Forscher nur zu einem geringen Grad vorstrukturiert sind, d.h. eine qualitative Vorgehensweise. Da es sich um einen sehr sachbezogenen Gegenstand handelt, kann man davon ausgehen, dass die zu untersuchenden Personen kompetent Auskunft geben können, weshalb als grundlegende Erhebungsmethode die persönliche Befragung gewählt wurde. Alternative Erhebungsmethoden können an dieser Stelle ebenso ausgeschlossen werden, da einerseits für eine ausreichende Beobachtung zu viele Interaktionen (Betreuerinnen, Gemeinden, Arbeitskreise etc.) stattfinden, andererseits für etwaige Inhalts- oder Sekundäranalysen kein bzw. zu wenig Datenmaterial vorliegt. Da in Vorgesprächen klar wurde, dass die Hauptverantwortung auf Ebene des Landes Kärnten beim Teamleiter liegt, welcher über seine Person auch die notwendige Vernetzung innerhalb der Abteilung (des Amtes der Kärntner Landesregierung) sowie zum Gesundheitsreferenten (also dem zuständigen Regierungsmitglied) herstellt, erscheint es ausreichend, die Erhebung auf dieser Ebene auf den Personenkreis des Projektteams zu beschränken. Auf Ebene der Gemeinden gilt es zu entscheiden, welche Gemeinden befragt werden sollen, und wer auf Gemeindeebene kompetente Auskunft geben kann. Gemäß dem Modell kämen als Untersuchungsobjekte die BürgermeisterInnen, der Gemeinderat und die Arbeitskreise in Frage. Damit stellt sich gleichzeitig die Frage, welche Gemeinden in die Untersuchung einbezogen werden sollen. Da als zentrale Fragestellung der Fokus auf förderliche und hinderliche Faktoren im Projekt „Gesunde Gemeinde“ gelegt wurde, fiel die Entscheidung auf eine Untersuchung ausschließlich am Projekt teilnehmender Gemeinden. Wie später in den Ergebnissen dargestellt ist, organisiert sich das Projekt zudem beinahe ausschließlich über die Kommunikation mit den Arbeitskreisen, weshalb nach der Auswertung der Untersuchung auf Ebene des Projektteams entschieden wurde, die Erhebung auf die Arbeitskreise zu beschränken. Um dabei mehrere Sichtweisen einfließen zu lassen, richtete sich die durchzuführende Befragung an alle Arbeitskreismitglieder in allen teilnehmenden Gesunden Gemeinden. Auf Ebene der Zielgruppen wurde schließlich ebenfalls die Festlegung getroffen, mittels Befragung vorzugehen. Da der Hauptschwerpunkt aller Aktivitäten an die jeweiligen Gemeindebevölkerungen gerichtet ist, wurde als zu wählende Grundgesamtheit die Bevölkerung der Kärntner Landgemeinden definiert (das sind alle Gemeinden Kärntens mit Ausnahme der Städte Villach und Klagenfurt). Auf dieser Ebene wurde darüber hinaus entschieden, sowohl in am

92

4 Fragestellung und Methodik

Projekt teilnehmenden als auch in nicht teilnehmenden Gemeinden zu erheben, um eine umfassende Analyse zu ermöglichen.

4.2.1 Erhebungsinstrument auf Ebene des Projektteams des Amtes der Kärntner Landesregierung Als Erhebungsinstrument auf Ebene des Projektteams wurde das sog. Leitfadeninterview herangezogen. Mit diesem Ansatz werden zwei Vorzüge vereint, die in der gegebenen Erhebungssituation beide zutreffen: offene Gesprächsführung bei starker Themenzentrierung (vgl. Mayring 2002, S. 67ff). Damit ist gemeint, dass sich der/die ForscherIn mit dem/der InterviewpartnerIn möglichst offen unterhält, wobei der Erzählung Raum gegeben wird, um sich von selbst zu entwickeln und eine freie Abfolge der Themen zu ermöglichen. Vorzug einer derartigen Vorgehensweise – so wie bei allen sog. qualitativen Forschungsmethoden – ist, dass inhaltlich tief greifende Ergebnisse erzielt werden können, die sich stark an den Meinungen und Erfahrungen der Befragten orientieren. Gleichzeitig greift der/die ForscherIn auf einen Leitfaden an spezifischen, themenorientierten Fragen zurück, der im Hintergrund bereitgehalten wird, um jene Fragen (Themen) in das Gespräch zu bringen, die im anderweitigen Verlauf noch nicht angeschnitten wurden bzw. nicht angeschnitten worden wären. Angebracht ist der Einsatz eines Leitfadens vor allem dann, wenn über die zu untersuchenden Inhalte bereits einiges bekannt ist und wo deshalb vorab Themen von zentralem Interesse entwickelt und vorbereitet werden können (vgl. ibid.). Genau dies ist bei der Untersuchung des Projekts „Gesunde Gemeinde“ der Fall: seitens der Gesundheitswissenschaften gibt es relativ genaue Vorstellungen darüber, was Gesundheitsförderung ist, so dass wichtige Begrifflichkeiten entsprechend berücksichtigt werden können; und seitens der praktischen Abwicklung des Projekts beim Land Kärnten existiert ein Projekthandbuch sowie eine Homepage, welche Auskunft über die prinzipielle Abwicklung (bzw. das Angebot) und somit wichtige Hinweise auf die Praxis des Projektteams liefern. Die Entwicklung des Leitfadens erfolgte in mehreren Stufen: a.

Zuerst wurde als Befragungsziel festgelegt: „Sammeln von Informationen darüber, wie das Gesamtprojekt aus Sicht des Projektteams läuft. Aufdecken von Erfolgsfaktoren und Stolpersteinen – in der eigenen Arbeit, in der Arbeit mit den Arbeitskreisen und Gemeinden. Überblick über die beliebtesten Themen und Aktivitäten. Entdecken des Zusammenhangs mit der Politik bzw. der Eingliederung in andere Themen der Gemeindearbeit. Entde-

4.2 Eingesetzte Methoden

b.

c.

93

cken des Zusammenhangs mit gesundheitswissenschaftlichen Hintergründen (Gesundheitsverständnis).“ Ausgehend von den bekannten Inhalten zum Projekt und seinem theoretischen Hintergrund erfolgte in Hinblick auf das Befragungsziel ein erstes Brainstorming über mögliche Gesprächsthemen. Die so entstandenen Themenblöcke wurden anschließend mittels Mindmapping-Technik weiter spezifiziert und auf Fragenebene heruntergebrochen. Anschließend wurden die Fragen angelistet und wo nötig noch ergänzt. Die so entstandenen Leitfäden wurden schließlich im Interview eingesetzt.

Aufgrund der speziellen Erhebungssituation konnten die Leitfäden vorab nicht getestet werden, da keine geeigneten InterviewpartnerInnen zur Verfügung standen – alle in Frage kommenden Personen sind identisch mit dem zu untersuchenden Feld. Ein Pretest könnte somit den Zugang zu umfassenden Ergebnissen gefährden. Diese Einschränkung wurde durch Rücksprachen und wiederholtes Überarbeiten der Leitfäden wett zu machen versucht, was auch gut gelang: Schon beim ersten Interview zeigte sich, dass der Leitfaden für die Betreuerinnen die Gesprächsthemen gut abdeckt – nur wenige Fragen mussten aktiv in das Gespräch eingebracht werden, der Großteil der Themen ergab sich während des Gesprächs von selbst bzw. durch nur leichtes lenken der Gesprächsrichtung. Generell erwies sich der Leitfaden in der Folge als sehr flexibel verwendbar, die einzelnen Themen ließen sich gut in alle Interviews einbringen. Der Feldzugang erfolgte über eine längere Vorbereitungsphase: Da das Forschungsprojekt auch zur Förderung durch das Land Kärnten eingereicht wurde, gab es schon in der Konzeptionierungsphase Kontakte mit dem Projektleiter, um ein Interesse an den Ergebnissen und die Bereitschaft für eine Kooperation im Rahmen des Projektes abzuklären. Nach Ausarbeitung der konkreten Vorgehensweisen erfolgte eine Einstiegspräsentation vor dem Projektteam, wo das Untersuchungskonzept, die angesteuerten Ziele und zu erwartende Ergebnisse dargelegt wurden. Als InterviewpartnerInnen wurden alle in die unmittelbare inhaltliche Betreuungsarbeit eingebundenen Projektteammitglieder ausgewählt: Dies sind der Projektleiter, die Betreuerin im Bereich Ernährung – Schulen – Kindergärten sowie jene fünf Gemeindebetreuerinnen, die dem Projekt bereits seit längerem angehören; jene zwei neuen Mitarbeiterinnen, welche zum Zeitpunkt der Erhebung gerade für ihren Arbeitsbeginn als Gemeindebetreuerinnen vorgesehen waren, wurden nicht in die Interviewgruppe aufgenommen. Die Durchführung der Interviews erfolgte im zweiten Quartal 2005.

94

4 Fragestellung und Methodik

4.2.2 Auswertungsmethode auf Ebene des Projektteams des Amtes der Kärntner Landesregierung Die Analyse der Interviews erfolgte nach der Methode der „zusammenfassenden Inhaltsanalyse“ nach Mayring (2003). Im Rahmen der Auswertung gilt es dabei, folgende Schritte zu durchlaufen: ƒ ƒ ƒ ƒ ƒ ƒ ƒ

Festlegung des Materials Analyse der Entstehungssituation Formale Charakterisierung des Materials Richtung der Analyse Theoriegeleitete Differenzierung der Fragestellung Bestimmung der Analyseeinheit Analyse des Materials

Als zu verwendendes Material wurden sämtliche Interviewtranskripte sowie die angefertigten Gedächtnisprotokolle (s. übernächsten Absatz) festgelegt. Inhaltlich wurde das Material auf Aussagen, die sich mit den Arbeitsbereichen befassen, eingeschränkt. Allfällige Exkurse zu privaten Inhalten und sehr persönlichen Sichtweisen wurden ausgeschlossen. Die Entstehungssituation wurde bereits in der Darstellung des Feldzugangs und der Auswahl der InterviewpartnerInnen beschrieben (vgl. oben Kap. 4.2.1). Formal liegt das Material in folgender Form vor: Zu allen sechs Fällen existiert eine Transkription der im Schnitt 90-minütigen Tonbandaufzeichnungen. Die Transkription erfolgte – in Hinblick auf die weitere Auswertung, welche einen zusammenfassenden und keinen hermeneutisch-tiefenanalytischen Charakter hat – rein inhaltlich, d.h. dass Pausen, Betonungen sowie Wortwiederholungen und Füllworte usw. nicht übernommen wurden. Darüber hinaus existieren zu jedem Interview kurze Beschreibungen der Interviewsituation sowie Gedächtnisprotokolle zu Nachträgen und eventuellen Vereinbarungen im Rahmen von Vorund Nachgesprächen. Die Analyse ist – entsprechend der Forschungsfrage – auf die inhaltliche, manifeste Ebene der Gespräche ausgerichtet. Die Differenzierung der Fragestellung erfolgt analog der Befragungsziele, d.h. dass sowohl Faktoren des Erfolgs bzw. Misserfolgs in der Projektarbeit, als auch die Reflexion über die praktische Umsetzbarkeit theoretischer Konzepte ausgearbeitet werden sollen. Die Festlegung der Analyseeinheit erfolgte sehr pragmatisch im Zusammenhang mit dem Auswertungsziel: als Minimalkriterium „Kodiereinheit“ wurde als kleinster Bestandteil jede einzeln abgrenzbare Sinneinheit festgelegt (s.u. die Schritte der

4.2 Eingesetzte Methoden

95

Analyse), als Kontexteinheit wurde vorab das gesamte Textmaterial festgelegt, welches auch identisch mit der Auswertungseinheit ist. Die Analyse selbst erfolgte unter Verwendung der Software „MAXqda2“ in folgenden Schritten: 1.

2.

3.

4.

Paraphrasierung der Aussagen der InterviewpartnerInnen. Die Kodiereinheit war dabei jede zusammengehörige Sinneinheit, welche sich je nach angesprochenem Inhalt von einzelnen Worten (z.B. bei zusammenfassenden Aufzählungen von Aufgaben der Mitarbeiterinnen wie „… da sind Telefonate zu führen, für einzelne Bereiche Recherchen machen, Kontakte, Dokumentation, Arbeitsbehelfe erstellen“) bis hin zu längeren Absätzen, die sich um eine übergreifende Kernaussage drehen, erstrecken konnte. Die Paraphrasen wurden anschließend in thematisch zusammenhängende Blöcke geordnet, wobei die Arbeitsschritte Generalisierung und erste Reduktion parallel durchgeführt wurden. D.h. inhaltlich mehr oder weniger identische Aussagen wurden zusammengefasst auf ein gleichmäßiges Abstraktionsniveau gebracht bzw. parallel auf thematisch zusammenhängende Blöcke reduziert. Im nächsten Schritt erfolgte die Neuordnung der so entstandenen Elemente zu ersten Kategoriensystemen (zweite Reduktion), welche allerdings inhaltlich noch wenig integriert sind; d.h. dass hier einmal eher viele Kategorien entwickelt wurden, um diese anschließend noch einmal auf Konsistenz prüfen zu können. Parallel wurden diese Kategorien bereits zu einem beschreibenden Text verschriftlicht. Gleichzeitig wurden im Zuge der Neuordnung die erstellten Paraphrasen und Generalisierungen noch einmal auf ihre inhaltliche Stabilität (adäquate und stringente Darstellung) stichprobenartig bzw. in Verdachtsfällen überprüft und verifiziert. Im abschließenden Schritt wurden die Kategorien noch einmal nach inhaltlichen Gesichtspunkten neu geordnet und zusammengefasst, um so thematisch schlüssige Subkapitel entstehen zu lassen, welche eine übergreifende Beschreibung ermöglichen. Hierbei wurden auch noch einmal die bereits während der vorherigen Phasen entstandenen Memos überprüft und bei Bedarf eingearbeitet.

Bei der Darstellung der Ergebnisse wird Wert auf die Trennung von textnaher und weiterführender Interpretation gelegt. Die entsprechenden Kapitel (Kap. 5.15.7) wurden deshalb in folgende Struktur gebracht: unmittelbar die in den Interviews getätigten Aussagen zusammenfassende Interpretationen werden jeweils im ersten Teil eines thematischen Abschnitts dargestellt, und über das unmittelbar Gesagte hinausgehende Interpretationen (die sich z.B. erst aus dem Gesamt-

96

4 Fragestellung und Methodik

kontext ergeben oder die in Richtung weiterführender Diskussionen gehen) werden erst im Anschluss daran und abgegrenzt durch eine eigene Zwischenüberschrift dargestellt.

4.2.3 Entwicklung des Erhebungsinstrumentes und Festlegung des Samples auf Ebene der Gesunden Gemeinden Wie bereits erwähnt, wurde entschieden, die am Programm teilnehmenden Arbeitskreise zu befragen. Dies erfolgte mittels standardisiertem Fragebogen, welcher an die Arbeitskreismitglieder in den Gesunden Gemeinden ausgesendet wurde. Zur Entwicklung des Fragebogens wurde abermals das Modell zu Organisation und Ablauf der Gesunden Gemeinden zurückgegriffen, um die interessierenden Fragenkomplexe zu identifizieren. Darüber hinaus dienten die Ergebnisse aus den Leitfadeninterviews als wichtige Anhaltspunkte. Literaturrecherchen zu Fragebögen aus ähnlichen Projekten im deutschen Sprachraum brachten leider kein Ergebnis. Als übergeordnete, leitende Fragestellung galt auch hier das Ausfindigmachen von förderlichen und hinderlichen Faktoren im Arbeitskreis. Zu diesem Zweck wurden als operationalisierbare Befragungsziele weiters festgelegt: ƒ ƒ ƒ ƒ ƒ ƒ ƒ

Beschreibung der Zusammensetzung des Arbeitskreises; Beschreibung der Arbeitsweise (Vorgehensweisen) im Arbeitskreis; Beschreibung und Bewertung der Zusammenarbeit im Arbeitskreis; Beschreibung und Bewertung der Zusammenarbeit mit Gemeindeverwaltung und -politik; Aufdecken von Strategien und Maßnahmen zur Erreichung der Zielgruppen; Beschreibung der Wahrnehmung des eigenen Erfolges des Arbeitskreises; Beschreibung und Bewertung der Zusammenarbeit mit dem Landesteam.

Zur Zusammensetzung des Arbeitskreises (Fragen 1-11 des Fragebogens) wurden als wesentliche Elemente festgelegt, dass Auskunft über den beruflichen Hintergrund sowie eventuelle Funktionen in der betreffenden Gemeinde abgefragt werden sollten. Zu den weiteren personenbezogenen Daten gehören Fragen, ob man in der Gemeinde auch wohnt bzw. arbeitet, sowie soziodemographische Angaben zu Geschlecht, Alter, Bildungsabschluss und Haushaltszusammensetzung. Die Fragen zur beruflichen Eingebundenheit bzw. nach dem Wohnort

4.2 Eingesetzte Methoden

97

zielen darüber hinaus darauf ab, die gemäß Modell angenommenen Integrationsmöglichkeiten der örtlichen Zielgruppeneinbindung näher zu beleuchten. Auf den Arbeitskreis bezogen wurden Angaben zur Dauer des Bestehens und der Teilnahme daran erhoben sowie die eigene Funktion. Eine direkte Bewertung der Zusammensetzung des Arbeitskreises wurde ebenso adressiert wie die Wahrnehmung einer eventuellen Fluktuation. Den persönlichen Hintergrund betreffend wurde darüber hinaus gefragt, wie die jeweilige Person Zugang zum Arbeitskreis gefunden hat und welche Motive für die Teilnahme bestehen. Insbesondere die Fluktuationsfrage sowie zahlreiche Hinweise zu den beiden letztgenannten Fragen konnten dabei aus den Ergebnissen der Leitfadenbefragung des Projektteams entwickelt werden. Die Beschreibung der Arbeitsweisen im Arbeitskreis (Fragen 12-21) orientiert sich vorwiegend an den Aspekten der Standardisierung von Abläufen und den Kompetenzen, über welche der Arbeitskreis verfügt. Dazu gehört zunächst die Häufigkeit von Sitzungen und die Zufriedenheit damit, des Weiteren aber auch bestehende Festlegungen zu standardisierten Tätigkeiten, wie Protokollführung usw., da aus den Leitfadeninterviews Hinweise auf sehr unterschiedliche Handhabung in den verschiedenen Gemeinden existieren. Hieraus abgeleitet sind auch Fragen zur inhaltlichen Ausrichtung (Koordination oder Arbeitstreffen), der Gliederung in Subarbeitskreise und der bereits absolvierten inhaltlich vorgegebenen Arbeitsschritte in der Anfangsphase eines Arbeitskreises. Unter zusätzlicher Einbeziehung des Organisationsmodells – insbesondere des Zusammenwirkens von politischer Gemeindestruktur und Arbeitskreis – wurden auch Kompetenzen zur endgültigen Entscheidung durch den Arbeitskreis erhoben. Der Themenbereich Beschreibung und Bewertung der Zusammenarbeit im Arbeitskreis (Fragen 22 & 23) zielt insbesondere auf jene Kriterien ab, die in der idealtypischen Beschreibung gut bzw. schlecht funktionierender Arbeitskreise durch die Betreuerinnen des Projektteams auf Landesebene zur Sprache kamen. Im Zentrum standen dabei Fragen des Informationsaustausches, der Aufgeschlossenheit, von Akzeptanz und Konfliktfähigkeit, Motivation und Aufgabenzentriertheit. Ähnlich erfolgte auch die Bewertung der Zusammenarbeit mit der Arbeitskreisleitung; diese Fragen wurden dabei doppelt formuliert, und zwar einmal für die Bewertung durch ein Arbeitskreismitglied, und einmal für die Selbstbewertung durch die Arbeitskreisleitung. Dabei wurde auf Formulierungen zurückgegriffen, die in Anlehnung an den Fragebogen von Reschl-Rühling (2004, S. 439ff) entwickelt worden sind. Die Fragen zur Beschreibung und Bewertung der Zusammenarbeit mit Gemeindeverwaltung und -politik (Fragen 24 & 25) wurden im Laufe der Operationalisierung um AkteurInnen des allgemeinen Gemeindealltags erweitert. Im Fokus stand dabei die Erfassung, ob diese jeweils mit dem Arbeitskreis zusam-

98

4 Fragestellung und Methodik

menarbeiten bzw. in diesem vertreten sind. In Bezug auf die Gemeindeverwaltung wurde darüber hinaus erhoben, welche materiellen und offiziellen Unterstützungen bereitgestellt werden (etwa diverse Räumlichkeiten oder die Entsendung von GemeindevertreterInnen zu Veranstaltungen). Aufgrund der so entstandenen längeren Liste und der ansonsten notwendigen Komplexität der Fragestellung wurde letztlich nur mehr auf das jeweilige Vorhandensein der genannten Aspekte Bezug genommen. Ursprünglich geplante Zufriedenheitsbewertungen sowie das Abfragen zusätzlicher Unterstützungswünsche wurden wieder fallen gelassen. Im Bereich der Strategien und Maßnahmen zur Erreichung der Zielgruppen (Fragen 26-33) werden jene Bereiche angesprochen, die im vorgestellten Modell das Ansprechen der dritten Ebene betreffen und somit die eigentlichen und zentral außenwirksamen Maßnahmen des Arbeitskreises in Hinblick auf die Gemeindebevölkerung darstellen. Dazu gehören zunächst einmal die Frage nach definierten Zielgruppen, den Informationsstrategien und den bisher durchgeführten Projekten. Dabei wurden als Antwortmöglichkeiten vorwiegend jene Kategorien definiert, welche aufgrund des existierenden Handbuches „Gesunde Gemeinde“ und den Ergebnissen aus der Leitfadenbefragung nahe liegend waren. Ebenso wurde bei den bereits durchgeführten Maßnahmen verfahren, wobei hier als Leitgedanke die von den Gemeindebetreuerinnen wiederholt angesprochene „Nachhaltigkeit“ fungierte. Dementsprechend wurde zwischen einmaligen und langfristig angelegten Maßnahmen bzw. nach strukturellen Veränderungen unterschieden. Im Rahmen der Zielgruppenorientierung und im Sinne von Projektmanagement wurden in diesem Zusammenhang auch die Strategien zur Auswahl, Bewertung und Steuerung von Maßnahmen erhoben. Die vorgegebenen Auswahlkriterien orientierten sich dabei vorwiegend an den Aspekten von „Lebenserfahrung“ (Gemeindeleben, berufliche Kompetenzen), „top-down-Informationen“ (durch Informationskampagnen, durch das Projektteam des Landes, durch ExpertInnen, durch den Gemeinderat), und gezielter gemeindebezogener Analyse (durch den Arbeitskreis oder zielgruppenorientierte Erhebungen). Im Sinne des Vernetzungsgedankens des Gesamtprojektes wurde darüber hinaus auch das Item „Anregungen durch Maßnahmen in anderen Gemeinden“ aufgenommen. Ähnlich erfolgte die Itemformulierung im Bereich der Erfolgseinschätzung, indem subjektive Eigen- bzw. Fremdbewertungen (eigener Eindruck, Rückmeldung durch verschiedene Personen) sowie systematische Erhebungen zum Erfolg (Befragungen, Untersuchungen) berücksichtigt wurden. Die genannten Kriterien nehmen auf die Erfahrungen und auch Idealvorstellungen der Gemeindebetreuerinnen Bezug. Um zu berücksichtigen, dass Maßnahmenbewertungen nicht ausschließlich outcomeorientiert stattfinden, wurde der Fragebogen um mögliche Entschei-

4.2 Eingesetzte Methoden

99

dungskriterien zur Weiterführung und zum Abbruch von Maßnahmen erweitert. Damit wird eine Ergänzung um input- und um prozessbezogene Kriterien erreicht (z.B. Kosten, Aufwand, Standardisierung usw.). Die Wahrnehmung des eigenen Erfolges des Arbeitskreises (Fragen 34-36) wurde durch drei Fragen zur allgemeinen Erfolgseinschätzungen (insgesamt, auf Zielgruppen bezogen, auf die Gemeinde bezogen) erhoben. Dies erlaubt Globalbeurteilungen des Gesamtprojektes durch die aktiv Ausführenden, welche als abhängige Variablen in der Analyse von Erfolgskriterien dienen können. Die allgemeinen Einschätzungsfragen wurden dabei bewusst ans Ende eines umfassenden Fragenkomplexes gestellt, um eine zusammenfassende Aussage erst nach bewusster Reflexion zahlreicher Einzelkriterien zu erheben, wodurch sich die Chance auf eine begründete Bewertung durch die befragte Person erhöht. Als Überleitung von diesem zum nächsten Themenbereich wurden die Bereiche der aktiven Vernetzung mit anderen Gemeinden aufgenommen (Fragen 37 & 38), da dies explizit durch das Projektteam auf Landesebene angestrebt wird. Dabei wird sowohl der Frage nach direktem Austausch als auch nach indirektem Austausch über die zur Verfügung gestellte „Gesunde Gemeinde“-Homepage nachgegangen. Der Themenbereich Beschreibung und Bewertung der Zusammenarbeit mit dem Landesteam (Fragen 39-41) bezieht sich auf die erste im Organisationsmodell vorgestellte Ebene. Damit dient dieser Fragenblock der Spiegelung der Sichtweisen: während in der Leitfadenbefragung eine Einschätzung der Zusammenarbeit mit den Gemeinden auf Seiten des Projektteams geliefert werden kann, erfolgt hier ein Feedback der Arbeitskreismitglieder an die Betreuerinnen. Dazu wurde als Filtermöglichkeit zunächst die Form des Kontaktes zur jeweiligen Betreuerin erhoben, und in weiterer Folge einzelne Aspekte der Zusammenarbeit. Diese wurden in Anlehnung an die Bewertung der Zusammenarbeit innerhalb des Arbeitskreises entwickelt, ergänzt um Hinweise zum Selbstverständnis der Betreuerinnen, welche aufgrund der Leitfadeninterviews festgestellt wurden (insbesondere zur eigenen Zurückhaltung bzw. Ermutigung der Arbeitskreise zur selbständigen Arbeit). Zusätzlich wurde die Inanspruchnahme verschiedener Unterstützungsangebote, welche die Betreuerinnen üblicherweise machen, erhoben. Ergänzt wurde der Fragebogen an dieser Stelle mit offen gehaltenen, direkten Fragen nach förderlichen bzw. hinderlichen Aspekten in der Arbeit im Projekt Gesunde Gemeinde (Fragen 42 & 43). Abschließend wurden Aspekte des zugrunde liegenden Verständnisses von Gesundheit bzw. Gesundheitsförderung seitens der Arbeitskreismitglieder erhoben (Fragen 44-46), sowie schließlich noch Items zu den Rahmenbedingungen innerhalb der Gemeinde aufgenommen (Frage 47).

100

4 Fragestellung und Methodik

Bei der Strukturierung der Antwortformate wurde allgemein festgelegt, dass Fragen nach konkreten Fakten im ja/nein-Format (bzw. im selben Sinn durch das Ankreuzen der Items von Mehrfachantworten) definiert werden, während Zufriedenheitsbewertungen und allgemeingültige Einschätzungen (z.B. bei der Maßnahmenbewertung) mit einer vierstufigen Likert-Skala erhoben werden. Letzteres dient dabei der Eindeutigkeit der Antworten, da über das Vermeiden einer Mittelkategorie („weder/noch“) eine positive bzw. negative Zuordnung erzwungen wird. Ausgenommen davon sind die übergeordneten Einschätzungsfragen zu den Gesamterfolgen des Arbeitskreises (Fragen 34-36), bei welchen eine zehnstufige Skala vorgegeben wurde. In einem ersten Fragebogenentwurf waren darüber hinaus Fragen zum eigenen Kennenlernen des Projektes, zu finanzieller Entschädigung, zur Einladungspolitik (Offenheit) des Arbeitskreises sowie eine detaillierte Auflistung zu den in Anspruch genommenen Modulen des Landes Kärnten enthalten, welche allerdings im Zuge der Kürzung auf eine zumutbare Fragebogenlänge wieder gestrichen wurden. Hauptkriterium für Streichungen waren Ähnlichkeit bzw. allzu hohe Detaillierung sowie vermutete geringere Relevanz im Vergleich zu den verbleibenden Fragebogeninhalten. Manche zuvor als eigene Fragen formulierte Themen konnten durch Integration an anderer Stelle ebenfalls gekürzt werden. Eine Frage nach finanzieller Entschädigung wurde aufgrund der Tatsache, dass das Projekt grundsätzlich auf Freiwilligenarbeit aufgebaut ist, wieder gestrichen. Vor der Versendung wurde der Fragebogen einem Pretest unterzogen. Dieser wurde mit zwei organisatorisch verantwortlichen Personen einer der teilnehmenden Gemeinden durchgeführt. Eine Person füllte den Fragebogen auch aktiv aus, das Ergebnis wurde anschließend auch in die Auswertung mit einbezogen. Die zweite Person besprach den Fragebogen, ohne ihn auszufüllen. Als wesentliche Hinweise konnten aus diesem Pretest die Fragen zu den Funktionen in Gemeinde und Arbeitskreis (Fragen 2 & 3), zu den Motiven zur Teilnahme (Frage 10) und zur Entscheidungsfindung im Arbeitskreis (Frage 18) angepasst werden. Insgesamt entstand somit ein Fragebogen mit 48 Fragen bzw. 322 einzelnen Items in einem Umfang von 11 Seiten. Die Ausfülldauer des Fragebogens liegt bei ca. 30 Minuten. Vor der Annahme, dass es sich bei den zu Befragenden um eher engagierte Personen handelt – schließlich nehmen sie freiwillig an den Arbeitskreisen teil – wurde dies für zumutbar erachtet. Angesichts des erreichten Rücklaufs von 31,7% (aus jeder angeschriebenen Gemeinde liegt somit mindestens ein Fragebogen vor) kann diese Einschätzung als zutreffend erachtet werden. Zur Sampleerstellung wurde an die Arbeitskreisleitungen aller 56 zum Erhebungszeitpunkt teilnehmenden Gemeinden ein Formular gesendet und gebeten, darin die Arbeitskreismitglieder, deren Postadressen sowie ihren Beruf bzw.

4.2 Eingesetzte Methoden

101

ihre Funktion anzuführen und an den Autor zu übermitteln. Aus den Rückmeldungen ergab sich eine Ausgangsstichprobe von 492 Personen, welche Arbeitskreisen aus 39 Gesunden Gemeinden angehören. An diese Personen wurde schließlich der Fragebogen samt beigelegtem Rückkuvert postalisch zugesandt. Der Erhebungszeitraum erstreckte sich auf März und April 2006.

4.2.4 Auswertungsmethoden zur Arbeitskreisbefragung Generell wird zur Auswertung der Arbeitskreisbefragung auf standardisierte, kodifizierte Verfahren zurückgegriffen. Die Auswertung der quantitativen Daten erfolgte im Statistikprogramm „SPSS“. Zum Einsatz kamen Signifikanztests zur Überprüfung von Gruppenunterschieden (²-Test, U-Test, t-Test, H-Test, Rangvarianzanalyse mit Datenalignement) und Korrelationsanalysen (Rangkorrelation rs nach Spearman, Korrelationskoeffizient r nach Pearson) zur Überprüfung von Zusammenhängen (vgl. Bortz 2005; vgl. Bortz, Lienert & Boehnke 2000). Dort, wo für ²-Tests die Voraussetzung, dass mindestens 80% der Erwartungswerte 5 betragen, verletzt wurde, wurde für Vierfeldertafeln auf Fishers exakten Test und bei sonstigen Kreuztabellen auf den Craddock-Flood-Test zurückgegriffen, im Falle geringer Gruppengrößen beim H-Test auf den dazugehörigen exakten Test (vgl. Bortz et al. 2000). Das Signifikanzniveau wurde auf 5% festgelegt. Sollten einzelne Tests eine Schranke von p<0,01 erreichen, so ist dies im Rahmen der betreffenden Teststatistik angeführt. Bei multiplen Tests wurden die Einzeltests mittels Bonferoni-Korrektur adaptiert (Bortz 2005, S. 272). Die Teststatistiken (Freiheitsgrade, Testwerte etc.) werden analog der Richtlinien zur Manuskriptgestaltung der Deutschen Gesellschaft für Psychologie (1997) formuliert und nur für signifikante Ergebnisse ausgewiesen, wobei in uneindeutigen Fällen immer auch das Testverfahren angeführt wird (insbes. bei U-Tests und bei Fishers exaktem Vierfeldertest). Die Auswertung wurde auf Ebene der Arbeitskreise in vielen Bereichen „doppelt“ durchgeführt. Das heißt, dass die Antworten der Befragten einmal nach Personen (= auf Individualniveau) und einmal nach Arbeitskreisen (= auf aggregiertem Niveau) durchgeführt wurde. Dabei wurden Angaben, welche sich auf den Arbeitskreis insgesamt beziehen (anstatt nur auf die jeweilige Person), i.d.R. entweder nach dem Mehrheitsprinzip (welche Antworten wurden von den meisten Mitgliedern eines Arbeitskreises angegeben) oder als Durchschnittswert (bei intervallskalierten Daten) in die Aggregatdatenebene überführt. Die genannten Verfahren wurden auf der Ebene der Arbeitskreise und auf Bevölkerungsebene eingesetzt; des Weiteren kamen die Verfahren bei den zu-

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4 Fragestellung und Methodik

sätzlichen Analysen (Kapitel 8), die sich nicht ausschließlich einer dieser 3 Ebenen zuordnen lassen, zur Anwendung.

4.2.5 Entwicklung des Erhebungsinstrumentes und Festlegung des Samples auf Bevölkerungsebene Um Einschätzungen auf der dritten Ebene des Projektes (lt. zugrunde gelegtem Modell zu Organisation und Ablauf) treffen zu können, wurde die Befragung einer Bevölkerungsstichprobe durchgeführt. Durch die Einbeziehung aller Kärntner Landgemeinden ergibt sich daraus die Möglichkeit, am Programm „Gesunde Gemeinde“ teilnehmende Gemeinden mit nicht teilnehmenden zu vergleichen. Auf Ebene der Bevölkerung gilt es, vorwiegend den Erfolg, aber auch die grundsätzlichen Erfolgschancen zu betrachten. Vor diesem Hintergrund wurden folgende Befragungsziele festgelegt: ƒ ƒ ƒ ƒ

Erfassung der Bekanntheit des Projektes; Erfassung der Bekanntheit verschiedener gesundheitsbezogener Maßnahmen bzw. Angebote; Erfassung der Teilnahme an Angeboten; Erfassung des Potentials bzw. der Bereitschaft zur Beteiligung am Projekt Gesunde Gemeinde.

Als Zusatzbedingung wurde festgelegt, einen möglichst kurzen Fragebogen zu erstellen, um eine ausreichend hohe Rücklaufquote erzielen zu können. Bei der Erfassung der Bekanntheit des Projektes und verschiedener Maßnahmen bzw. Angebote wurde zunächst einmal die Berücksichtigung der umfassenden Angebotspalette im Bereich von Gesundheit und Gesundheitsförderung angestrebt. Zu diesem Zweck wurden elf regionale AnbieterInnen angefragt, ob deren Logos mit in die Befragung aufgenommen werden dürfen. Als Gegenleistung wurde die Rückmeldung der erreichten Bekanntheitswerte bei gleichzeitiger Anonymisierung der MitbewerberInnen vereinbart, woraufhin mit allen angefragten Institutionen Einigung erzielt werden konnte. In der Folge wurden somit alle Logos in den Fragebogen integriert und zur Einschränkung von Reihenfolgeeffekten in drei Versionen dargestellt. Zusätzlich wurde erhoben, ob in der Gemeinde generell gesundheitsfördernde Angebote bestehen bzw. zu welchen Themen konkret Angebote in der Gemeinde vorhanden sind, wobei eine Liste gängiger Themen vorgelegt wurde. Weiters wurde konkret danach gefragt, ob man die eigene Gemeinde als „Gesun-

4.2 Eingesetzte Methoden

103

de Gemeinde“ erkennt und ob man schon vom dazugehörigen Arbeitskreis gehört hat bzw. eventuell sogar zur Teilnahme eingeladen wurde. Als Ergänzung zum Aspekt der Bekanntheit wurde auch das Thema Informationsverhalten mit in die Befragung aufgenommen, wobei die vorgegebenen Antwortmöglichkeiten jenen der Arbeitskreisbefragung (d.h. deren Informationspolitik) entsprechen. Die Erfassung der Teilnahme an Angeboten erfolgte in Zusammenhang mit der Bekanntheit von Angeboten. Neben dieser Frage wurde als Feedbackmöglichkeit an das Projektteam bzw. in Hinblick auf die Potentialeinschätzung auch erhoben, aus welchen Gründen Personen nicht an gesundheitsbezogenen Angeboten teilnehmen (unter besonderer Berücksichtigung der Vermutung, dass die Parteipolitik in einer Gemeinde eine Rolle spielen könnte – vgl. die Ergebnisse zur Befragung des Projektteams auf Landesebene). Im Rahmen der Erfassung des Potentials bzw. der Bereitschaft zur Beteiligung wurde gefragt, welche Maßnahmen man sich auf Gemeindeebene wünschen würde, ob man sich am Arbeitskreis Gesunde Gemeinde beteiligen würde, und ob man Gesundheitsinitiativen auf Gemeindeebene generell für sinnvoll bzw. beteiligenswert hält. Zur Erfassung von Einstellungen zum Thema Gesundheit wurde einerseits auf die bereits bei der Arbeitskreisbefragung verwendeten Items zurückgegriffen, andererseits wurde aber auch als mögliche Kontrollvariable der Gesundheitszustand selbst erhoben, und zwar als subjektive Einschätzung anhand der sog. „Smiley-Skala“ in fünf Abstufungen (Andrews & Withey 1976, zit. n. Bowling, 2005, S. 136). Den Abschluss des Fragebogens bildet die Erhebung der Wohngemeinde sowie soziodemographischer Variablen. Dazu wurden Alter, Geschlecht, Berufskategorie, höchster Bildungsabschluss, Haushaltszusammensetzung sowie monatliches Haushaltseinkommen abgefragt. Letzteres wurde anhand der wichtigsten Perzentile (untere und obere Dezile, Quartile bzw. Median) der Verteilung des verfügbaren Einkommens österreichischer Haushalte auf Monatsbasis operationalisiert (Zahlen aus 2004; vgl. Abbildung 17). Abbildung 17: Verteilung des Einkommens der privaten Haushalte Verteilung des Einkommens der privaten Haushalte Distribution of income of private households 10% 25% 50% 75% Anzahl der Haushalte in …haben weniger als …€ 1.000 Markteinkommen (Brutto) Primäreinkommen (Brutto) Nettoeinkommen Verfügbares Einkommen

90%

arithmetisches Mittel

Summe (in Mrd.EUR)

2.716

1.662

16.000

30.800

51.057

74.151

36.984

100,5

3.304

10.346

18.523

31.890

51.800

74.914

39.003

128,9

3.414

10.434

16.376

25.974

39.457

54.379

30.186

103,1

4.421

10.564

16.482

25.784

39.306

54.233

30.211

103,3

(Quelle: Statistik Austria 2006, S. 19; Angaben bezogen auf 2004)

104

4 Fragestellung und Methodik

Mit Ausnahme der bereits gesondert erwähnten Operationalisierungen wurden beinahe alle Items in Form von „ja/nein“-Formaten bzw. sinngemäß gleichbedeutend als (schon oder nicht) anzukreuzen erhoben. Die Teilnahme an Angeboten wurde vierstufig von „fast immer“ bis „nie“ vorgegeben, die Einstellung zu Gesundheitsinitiativen auf Gemeindeebene als Aussagenkombinationen von Zustimmung und Partizipationsbereitschaft. Die Stichprobenziehung erfolgte repräsentativ für die Kärntner Gemeinden unter zusätzlicher Festlegung von Mindestquoten. Da es sich um eine Erhebung von Landgemeinden handelt, wurden die Städte Klagenfurt und Villach ausgeschlossen. Als Datenbasis für die Grundgesamtheit wurde auf die Bevölkerung aufgrund der Volkszählung 2001 zurückgegriffen (Statistik Austria 2003). Die Ziehung der Stichprobe erfolgte anhand von zwei Schichten mit der Festlegung, ein Sample von insgesamt 1000 Personen zu erreichen. In der ersten Schicht wurde zwischen am Projekt teilnehmenden und daran nicht teilnehmenden Gemeinden unterschieden und ein Ziel von jeweils 500 Personen festgelegt. In der zweiten Schicht wurden die 130 Gemeinden in kleine (43), mittelgroße (43) und große (44) Gemeinden gedrittelt (unabhängig von der ersten Schicht). Aus der Vereinigung der beiden Schichten entstehen somit sechs Gruppen, innerhalb welcher entsprechend der Gemeindegröße nun die Anzahl der zu befragenden Personen festgelegt wurde. Das heißt: innerhalb jeder Gruppe findet sich ein Sechstel der zu Befragenden (ca. 167 Personen), und innerhalb jeder Gruppe erhalten die Gemeinden proportionale Anteile an zu Befragenden. Über diese Schichtung wird sichergestellt, dass auch kleine Gemeinden im zu ziehenden Sample ausreichend repräsentiert sind. Die Ziehung der Adressen erfolgte schließlich mittels Zufallszahlensystem und unter Zuhilfenahme des Kärntner Telefonbuchs, wobei nur die Ziehung von Privathaushalten bzw. Privatpersonen zugelassen war. Um innerhalb der so gezogenen Haushalte nochmals ein Zufallselement einzuführen wurde im Begleitschreiben zum Fragebogen gebeten, dass möglichst jene Person, die als nächste Geburtstag hat und über 15 Jahre alt ist, den Fragebogen ausfüllen möge. Als tatsächliche Grundgesamtheit („Inferenzpopulation“, vgl. Schnell, Hill & Esser 1999, S. 254) ergibt sich somit die Kärntner Wohnbevölkerung in Privathaushalten, welche über einen im Telefonbuch eingetragenen Telefonanschluss (Festnetz oder Mobilnetz) verfügt. Der Erhebungszeitraum umfasste die Monate Juli bis September 2006. Um den Rücklauf der Befragung zu verbessern, wurde eine zweite Aussendung des Fragebogens an die gezogenen Personen getätigt, wodurch der Rücklauf von 84 auf letztendlich 180 Personen erhöht werden konnte. Aufgrund der nötigen Gewichtungsprozedur (Rückgewichtung der Verzerrungen durch die Schichtung) ergibt sich eine gerundete Stichprobe von n=181 Personen.

4.2 Eingesetzte Methoden

105

4.2.6 Auswertungsmethoden zur Bevölkerungsbefragung Analog zur Arbeitskreisbefragung wird auch hier auf die oben genannten statistischen Verfahren zurückgegriffen (s. Kapitel 4.2.4).

4.2.7 Analyse der zentralen Dokumentation über die Aktivitäten der Gesunden Gemeinden Ergänzend zu den Befragungen auf den genannten Ebenen wurde eine Inhaltsanalyse zu den durch das Projektteam dokumentierten Aktivitäten bzw. Maßnahmen der Gesunden Gemeinden durchgeführt. Dazu wurden zunächst die Dokumente gesichtet und gemeindeweise in einer Tabelle erfasst. In einer ergänzenden Rücksprache mit einer der Betreuerinnen wurden die so gewonnenen Aufzeichnungen noch ergänzt bzw. vervollständigt. Eine weitere Ergänzung erfolgte über die Durchsicht des Ankündigungsteils der vom Projektteam herausgegebenen Zeitschrift „Gesunde Gemeinde“. Dabei wurden Maßnahmen bis zum Stichtag 30. April 2006 erhoben. Bei der Erfassung wurde versucht, möglichst folgende Angaben festzuhalten: Titel & Schlagworte zur Veranstaltung; Zeitpunkt und Dauer; Charakter der Zeitgestaltung; ob bauliche (z.B. Laufstrecken) oder organisatorische (z.B. Jugendbeirat) Maßnahmen durchgeführt wurden; Form der Teilnahme und angesprochene Zielgruppen; ob es sich um eine über das Projektteam angebotene/vermittelte Maßnahme (sog. „Module“) handelt. Auch auf dieser, jener der Arbeitskreise entsprechenden Ebene wurde die Qualitative Inhaltsanalyse im Sinne deduktiver Kategorienanwendung (Mayring 2003) eingesetzt. Dabei wurden primär die Kategorien „Individuumsbezug vs. Settingbezug“ (Ist ein spezifisches Setting angesprochen, das explizit verändert werden soll?), „Dauer: kurzfristig, mittelfristig, langfristig“ (bis 1 Monat, bis 1 Jahr, darüber hinaus) und „passiv vs. aktiv“ (sind aktivierende Elemente erkennbar, z.B. aktiv mitmachen, sich bewegen) auf das Material angewendet. Im Sinne der Mixed Methods (Tashakkori & Teddlie 2003) wurden die qualitativen Ergebnisse auch quantifiziert, in das Statistikprogramm „SPSS“ überführt und statistischen Analysen unterzogen.

106

4 Fragestellung und Methodik

4.2.8 Zusammenfassung Somit stehen drei Ebenen (Landesteam, Arbeitskreise/Aktivitäten der Gesunden Gemeinden und BürgerInnen ländlicher Gemeinden in Kärnten), welche mit drei unterschiedlichen methodischen Zugängen erhoben wurden (Leitfadeninterview, standardisierte Fragebögen, Dokumentenanalyse), als Datenbasis zur Verfügung. Neben der jeweils getrennten Auswertung jeder Ebene (mittels Inhaltsanalyse und über statistische Methoden) erfolgt als abschließender Schritt eine zusammenfassende Analyse, um die Fragestellungen (förderliche und hinderliche Faktoren, theoriebezogene Rückführung) differenziert beantworten zu können.

5 Ergebnisse zur Befragung des Teams auf Ebene des Landes Kärnten

5.1 Programmkonzept 5.1.1 Projektorganisation Das Programm „Gesunde Gemeinde“ ist angesiedelt bei der „Unterabteilung Projektmanagement Gesundheitsförderung“ innerhalb der „Unterabteilung Umweltmedizin“ beim „Amt der Kärntner Landesregierung Abteilung 12 – Sanitätswesen“.6 Innerhalb dieser Verwaltungsstruktur wurde dem Projektleiter eine Umsetzung mittels Projektmanagementmethoden und mittels Projektorientierung ermöglicht, d.h. dass klassische bürokratische Arbeitsweisen ausgespart bleiben, was auch mit Ausnahme der Beachtung mancher Hierarchien bzw. hierarchischer Informationsflüsse weitestgehend gelingt. Soweit sich aus dem Gesamtmaterial schließen lässt, sind die Betreuerinnen in ihrer täglichen Arbeit als einziges bei der Verwaltung von Subventionsanträgen mit einer bürokratischen Struktur konfrontiert. Auf Ebene des Projektleiters gibt es gesamt gesehen die umfassendste bürokratische Einbindung; diese betrifft die Rechenschaftspflicht gegenüber dem Projektauftraggeber über Budget, Personal und Öffentlichkeitsarbeit. Projektauftraggeber ist der Leiter der Abteilung 12 bzw. als dessen Vorgesetzter der Gesundheitsreferent der Kärntner Landesregierung. Die Finanzierung des Projekts erfolgt durch den Beschluss laut Regierungsprogramm der Kärntner Landesregierung und ist fix im Budget der Abteilung 12 verankert, wodurch zumindest bis zu den nächsten Landtagswahlen 2009 Sachmittel gewährleistet sind. Anders ist die Gestaltung bei den Personalstellen, welche derzeit nur über befristete Dienstverträge möglich sind. Das Team selbst setzt sich zusammen aus: Projektleiter, Projektsekretärin, einer Betreuerin im Bereich Ernährung – Schulen – Kindergärten (s. Kap. 5.1.4 „Zusatzangebote für Schulen, Kindergärten und Gastwirtschaften“), sowie mehreren Gemeindebetreuerinnen. Die Anzahl der Gemeindebetreuerinnen war zum Zeitpunkt der Erhebung in Veränderung begriffen: Von den fünf aktuellen war 6 Mittlerweile wurde ein Verein gegründet, in dem die MitarbeiterInnen angestellt sind. Die Anbindung des Vereines an die Landesverwaltung ist aber weiterhin wie dargestellt vorhanden.

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5 Ergebnisse zur Befragung des Teams auf Ebene des Landes Kärnten

eine im Begriff auf eine andere Stelle zu wechseln, vier blieben weiterhin beim Projekt; darüber hinaus begannen zwei neue Mitarbeiterinnen ihre Arbeit als Gemeindebetreuerin, letztere wurden nicht in die Interviewgruppe aufgenommen. Die schon länger mitarbeitenden Teammitglieder sind teilweise seit Beginn des Vorläuferprojektes „Proges“ dabei, welches 1999 gestartet wurde, die anderen kamen während bzw. in Folge der Umstrukturierung von „Proges“ zu „Gesunde Gemeinde“. Kurz nach der Umstrukturierung wurde auch der aktuelle Projektleiter bestellt, er kennt das Geschehen allerdings auf Auftraggeberseite seit Beginn an. Somit arbeiten alle interviewten Projektmitglieder spätestens seit Mitte des Jahres 2003 mit (Zeitpunkt der Interviewerhebung war Mitte 2005).

5.1.2 Zielsetzungen Als grundlegendes Ziel des Gesamtprojektes kann die Umsetzung bzw. Verankerung der Gesundheitsförderung im ländlichen Raum formuliert werden. Dieses Hauptziel ist verbunden mit den Zielen, dass möglichst viele/alle BürgerInnen erreicht werden bzw. sich im Projekt wieder finden können, und dass die Gemeinden möglichst selbständig bei der Umsetzung werden. Als wichtiges Nebenziel wird formuliert, dass möglichst dort angesetzt werden soll, wo der Bedarf am größten ist. Die persönlichen Ziele der Betreuerinnen drehen sich zum Großteil um die optimale Betreuung der Gesunden Gemeinden. Das Spektrum reicht dabei vom Fortsetzen der bisher erfolgreichen Arbeit auf ähnlichem Niveau bis hin zum Anspruch, dass „ich es schaffe, die Gemeinden so weit zu bringen, das auch zu leben. Nicht nur zu sagen, wir kriegen jetzt eine Startförderung und jetzt machen wir das ein Jahr, sondern wirklich das nachhaltig leben“ (Interview U), also dass interessante Aktivitäten für ein breites Publikum, welches auch kommt, angeboten werden. Als ambitioniertestes Ziel besteht die Vision, einmal eine regionale statt gemeindebezogene Gesundheitsförderung zu erreichen, wo über Gemeindegrenzen hinweg zusammengearbeitet wird.

5.1.3 Zielerreichung Um diese Ziele zu erreichen, setzt das Projekt auf die Selbstverantwortung und Eigenmotivation der Gemeinden. Dies bedeutet, dass die Gemeinden aufgefordert sind bzw. dabei unterstützt werden, selbst über die zu setzenden Maßnahmen zu entscheiden. Dort wo keine eindeutigen Lösungen verfügbar sind, soll versucht werden, eigene Wege zu entwickeln, wobei prinzipiell alle Bereiche des

5.1 Programmkonzept

109

Gemeindelebens ihren Platz haben können (also auch Schulen und Betriebe etc.). Auch die Umsetzung bleibt in der Verantwortung der Gemeinden. Somit stehen die Betreuerinnen immer nur beratend bzw. unterstützend zur Seite, und es werden keine Vorgaben, sondern nur Empfehlungen gegeben, damit dem Ansatz „wir begleiten die Gemeinde auf dem Weg, den die Gemeinde für sich wählt“ (Interview R) Genüge getan wird. Eine wichtige Methode, die dabei angewandt wird, ist die immer wieder angesprochene „Prozessorientierung“, die von den Betreuerinnen in die Gemeinden gebracht werden soll. Dies soll durch ausreichende Sensibilisierung, Informations- und Öffentlichkeitsarbeit erreicht werden. Die Prozessorientierung, die an verschiedenen Stellten auch im Zusammenhang mit dem Ablauf der Maßnahmenentwicklung durch Arbeitskreise erwähnt wird, soll letztendlich dazu führen, dass die Gemeinden sehr rasch in die selbständige Arbeit entlassen werden können und dann nur mehr möglichst geringer Betreuung bedürfen. Das Konzept sieht vor, innerhalb von 3 Arbeitskreissitzungen zu einem Maßnahmenplan der Gemeinde zu kommen, bei Bedarf sind aber auch mehrere Sitzungen möglich. Langfristig ist ein möglichst völliger Rückzug des Projektteams aus der Gemeindearbeit vorgesehen. Um einen schnellen Einstieg einer neu beginnenden Gemeinde zu ermöglichen (und auch um der Idee gerecht zu werden, dass nicht jede Maßnahme neu erfunden werden muss), sieht das Projektkonzept eine gemischte Betreuungsleistung vor, bei der die Gemeinden nicht nur in der Selbstentwicklung unterstützt werden, sondern bei der ihnen auch fertige Angebote offeriert werden. Diese Grundangebote entstammen den Schwerpunktbereichen der Mitarbeiterinnen und werden teilweise selbst (dzt. v. a. im Bereich der Ernährung) und teilweise über KooperationspartnerInnen (z.B. bei Bewegung; Suchtprävention) zur Verfügung gestellt. Die Vernetzungstätigkeit wird dabei bewusst als Möglichkeit angesehen, Gesundheitsförderung auf breiterer Basis und rasch flächendeckend einzuführen, sowie diese an eine sich verändernde Nachfrage anzupassen. Wesentlicher Nebennutzen, der durch das Konzept der Bereitstellung von Angeboten entsteht, ist, dass über die planmäßige Zurverfügungstellung und die organisatorische Unterstützung durch die Betreuerinnen bzw. KooperationspartnerInnen die Gemeinden auch finanziell entlastet und somit eventuelle Eigenbeiträge/Selbstbehalte für teilnehmende BürgerInnen gering gehalten werden können. Darüber hinaus stellt das Grundangebot brauchbare, sofort verfügbare Aktivitäten zur Verfügung, wenn eine Gemeinde beschließt, nicht erst den langen Weg der Maßnahmenplanung mittels eines Arbeitskreises zu gehen (vgl. Kap. 5.4 „Reflexion über ähnliche Programme in Kärnten“ bzgl. der Gemeinden in der Lokalen Agenda 21).

110

5 Ergebnisse zur Befragung des Teams auf Ebene des Landes Kärnten

Während die Maßnahmenplanung und -entwicklung bewusst den Gemeinden überantwortet wird, erfolgt ebenso bewusst eine gezielte Öffentlichkeitsarbeit durch das Projektteam. Als wesentliche Elemente gehören dazu eine eigens herausgegebene Gesunde Gemeinde Zeitung sowie das Logo Gesunde Gemeinde, auf dessen Verwendung großes Augenmerk gelegt wird. Weiters existiert eine eigene Homepage, welche zusätzlich durch einen Mitliederbereich die Vernetzungsarbeit zwischen den Gemeinden unterstützen soll. Leider wird gerade diese Vernetzungsmöglichkeit von den Gemeinden nur schleppend, aber doch immer besser angenommen, weil seitens der Gemeinden statt des Ideentausches oftmals eher ein Ideenklau befürchtet wird. Als offizielle Anerkennung ist vorgesehen, dass Gemeinden nach frühestens drei Jahren kontinuierlicher gesundheitsfördernder Tätigkeit einen Antrag auf Verleihung einer Ortstafel „Gesunde Gemeinde“ stellen können.

5.1.4 Zusatzangebote für Schulen, Kindergärten und Gastwirtschaften Im Rahmen der Betreuung durch die Ernährungsexpertin wird auch eine Betreuung für „Gesunde Schulen“, „Gesunde Kindergärten“ und „Gesunde Küche“ angeboten. Die Idee dahinter ist jeweils, ein niedrigschwelliges Angebot für alle diese Bereiche zur Verfügung zu stellen, wo aus einem fixen Angebot (Ernährungserziehung) gewählt werden kann bzw. über Öffentlichkeitsarbeit Anreize (Werbung für Gasthäuser) hergestellt werden. Für die GastwirtInnen bedeutet dies, dass diese nach gewissen ernährungswissenschaftlichen Kriterien bewertete Gerichte anbieten müssen, für die sie je nach Umfang auf der Speisekarte mit ein bis drei „Herzen“, dem Symbol des Programms „Gesunde Gemeinde“ und auch „Gesunde Küche“, ausgezeichnet werden. Der Nutzen für die WirtInnen liegt in angebotenen Schulungen sowie in der zentralen Öffentlichkeitsarbeit, welche vom Projektteam in Kooperation mit der Wirtschaftskammer Kärnten durchgeführt wird. Als vorläufiger Höhepunkt gehört dazu ein eigener Sendeplatz „Gesunde Küche“ im Kärntner Regionalfernsehen („Treffpunkt Kärnten“), welcher in der Wintersaison 2004/2005 zur Verfügung gestellt wurde und wo sich die teilnehmenden Betriebe präsentieren konnten. Für Gesunde Schulen und Kindergärten existieren in erster Linie Programme bzw. Lehrmittel zur Ernährungserziehung, welche verwendet werden können. Darüber hinaus werden die Einrichtungen aber auch bei eigenen Projekten unterstützend betreut. Das Angebot ist auch hier bewusst niedrigschwellig gehalten, um nicht zuletzt jenen Schulen, die nicht in das eher anspruchsvolle „Netzwerk Gesundheitsfördernde Schulen“ eintreten möchten, dennoch Projektarbeit in der

5.1 Programmkonzept

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Gesundheitsförderung zu ermöglichen. Andererseits tritt man bewusst nicht zu diesem Netzwerk in Konkurrenz, ein eventueller Kontakt zum Netzwerk wird durchaus ermöglicht.

5.1.5 Kritik an der Eingliederung des Programms in eine Abteilung der Kärntner Landesregierung Die InterviewpartnerInnen werden oft mit der Kritik konfrontiert, dass das Programm „Gesunde Gemeinde“ in die Struktur der Landesverwaltung eingebunden ist. Als Kritikpunkt schon seit dem Vorläuferprojekt „Proges“ bestehend, bezieht sie sich im Wesentlichen auf den in Verwaltungsapparaten vorherrschenden Amtsschimmel und auf komplizierte, langwierige und träge Bürokratie sowie auf mögliche politische Willkür und Einflussnahme seitens der Landespolitik (vgl. Kap. 5.5 „Betreuungsleistung und Aufgaben des Landesteams“). Allerdings wurde gerade aus den Erfahrungen mit „Proges“ eine wichtige Lehre gezogen und das Projekt nun außerhalb des traditionellen Beamtenapparates angesiedelt. D.h. die Projektmitarbeiterinnen kommen von außerhalb der Beamtenschaft und haben auch keinen Beamtenstatus, sie sind in ihrer Arbeit frei bzw. projektorientiert und lediglich über die Projektleitung in die Verwaltungsstruktur eingebunden (vgl. „Projektorganisation“). Deshalb ist aus Sicht der Betreuerinnen diese Art der Kritik nicht gerechtfertigt, zumal man sich nach den allgemein anerkannten Grundsätzen der Gesundheitsförderung orientiert (vgl. Kap. 5.7 „Theorie und Praxis der Gesundheitsförderung“). Im Gegenteil sieht man sogar Vorteile im bestehenden Naheverhältnis: Man ist direkt an die finanzierende Geldquelle angeschlossen und somit auch bei zusätzlichen Subventionsanträgen besser eingebunden. Außerdem ermöglicht die Anbindung eine bessere Vernetzung mit schon bestehenden Angeboten des Landes im Gesundheits- bzw. Präventionsbereich. Dadurch kann einerseits „Wildwuchs“ verhindert und andererseits an der Gesamtstrategie des Landes mitgeplant werden. Hier wird als Gegenkritik angemerkt, dass dies wohl besser sei, als wenn der Bereich Gesundheitsförderung allzu sehr aus der Landesverwaltung ausgeklammert und von dieser quasi nur nebenbei mitbetreut wird. Das Argument bezüglich politischer Einmischung wird in diesem Zusammenhang mit der Begründung zurück gewiesen, dass diese wohl auch in anderen Bundesländern trotzdem gegeben sei. Im Gegenteil gibt es das Erlebnis einer Betreuerin, die einmal explizites Lob für die Offenheit des Projekts seitens eines externen (nicht aus Kärnten stammenden) Prozessbegleiters im Rahmen einer österreichweiten Gesundheitsförderungskampagne erhalten hat.

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5 Ergebnisse zur Befragung des Teams auf Ebene des Landes Kärnten

5.1.6 Weiterführende Interpretation und Diskussion Die Zielerreichung folgt in ihrer Orientierung an Selbstverantwortung und Eigenentscheidung der Gemeinden/Arbeitskreise den Konzepten von Empowerment und Partizipation, wobei hier insbesondere Formalanforderungen erfüllt sind. Inwieweit es tatsächlich gelingt, den Gemeinden die Entscheidung zu überlassen (was als Formalakt immer erfüllt werden kann) und eine breite Bürgerbeteiligung zu erreichen, lässt sich aus dem Material nicht schlussfolgern. Aussagen in anderen Bereichen (s. Kap. 5.3 „Reflexion über die Abläufe in Gesunden Gemeinden“) lassen aber darauf schließen, dass insbesondere bei stark politisch besetzten Arbeitskreisen bzw. bei Arbeitskreisleitern, die im Alleingang tätig sind, kaum breite Bevölkerungsbeteiligung bei Maßnahmenentwicklung und -entscheidung umgesetzt werden kann. Andererseits wird in Beispielen immer wieder darauf verwiesen, dass die Gemeinden durchaus auch eigene Ideen entwickeln und umsetzen. Die Betreuerinnen setzen sich hohe Ziele, die eindeutig mit dem Gesamtziel verbunden sind, zum Teil aber über den direkten Einflussbereich hinausgehen und auf zu erreichende Erfolge bei der Bevölkerung hinweisen. Teilweise werden auch Ziele in Wechselwirkung mit der zukünftigen Entwicklung des Projekts angesprochen. Die sich ergebende Vermischung von persönlichen Zielsetzungen mit Aspekten anderer Themenbereiche (Erfolge, Betreuung, künftige Entwicklung) deckt sich durchaus mit dem von den Betreuerinnen angesprochenen Vorzug, eigene Ideen stark in die Arbeit einbringen zu können (s. Kap. 5.5.4 „Bewertung der verschiedenen Arbeitsbereiche“). Die als Prozessorientierung bezeichnete Vorgehensweise bezieht sich offensichtlich auf den Standardablauf bzw. auf wichtige Schritte, welche die Gemeinden besonders in der Anfangsphase durchlaufen sollen (was zwar nie explizit ausgesprochen wird, aber aus zahlreichen Hinweisen geschlossen werden kann; vgl. dazu Kap. 5.7 „Theorie und Praxis der Gesundheitsförderung“). Prozessorientierung meint somit, dass jede Gemeinde basierend auf einer Situationsanalyse einen bedarfsorientierten Maßnahmenplan entwickeln und auch umsetzen soll, wobei sämtliche Entscheidungskompetenzen letztendlich bei der Gemeinde verbleiben und in regelmäßig stattfindenden Arbeitskreissitzungen die Umsetzung bzw. das Controlling der Maßnahmen begleitet wird. In einer erweiterten Sicht könnte Prozessorientierung auch heißen, dass die Gemeinden langfristig darauf geschult werden, die Abfolge von Situationsanalyse – Maßnahmenplanung – Umsetzung – Erfolgskontrolle – Situationsanalyse etc. pp. langfristig zu übernehmen und fortzuführen, was sich auch mit dem Ziel der Selbständigkeit der Gemeinden deckt:

5.2 Der Weg zur Gesunden Gemeinde

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„Wichtig, ist, dass am Anfang der Prozess schon sehr breit angefangen wird. Dann kristallisieren sich die Schwerpunkte heraus, durch die Situationsanalyse […], Ideenfinden, Zukunftsvisionen entwickeln.“ (Interview R) „Das spiegelt sich ja auch darin, dass wir einen Ist-Stand in den Gemeinden erheben, dass Stärken-Schwächen-Profile in den Gemeinden erhoben werden. Wir orientieren uns zunächst einmal dann an den Schwächen. Der Arbeitskreis, die Arbeitskreisleiterin, die Beschlüsse sind für uns maßgeblich, wie sie die den Gesundheitsförderungsprozess dann betreiben. Wir unterstützen sie nur, wir helfen ihnen nur […] und versuchen so schnell wie möglich, den Gesundheitsförderungsprozess in der Gemeinde so zu implementieren, dass er dann selbständig laufen kann.“ (Interview I)

Bezüglich der Bereitstellung eines fixen Grundangebotes kann gefolgert werden, dass hier die Grundforderung nach „Vermitteln und Vernetzen“ der Ottawa Charta erfüllt werden kann, insbesondere wenn es gelingt, die angestrebte breite Kooperation mit zahlreichen AnbieterInnen in Kärnten zu verwirklichen. Derzeit stellt diese Vermittlungsarbeit vorwiegend noch einen Prozess von oben nach unten dar; sollte es jedoch gelingen, auch fixe Angebote aus den Aktivitäten einzelner Gemeinden zu entwickeln (wie es z.B. über den Austausch durch die Homepage bereits angedacht scheint), dann ergibt sich daraus auch die Möglichkeit, von unten nach oben Vorschläge zurück zu spielen und diese systematisch für andere zugänglich zu machen. Ein erster Schritt ist sicherlich die Einrichtung der Homepage zur Förderung des Ideenaustausches; wie die Praxis jedoch zeigt, ist dieses technische Hilfsmittel alleine nicht ausreichend – vielmehr muss auch aktiv daran gearbeitet werden, Missbrauch zu verhindern und Ängste davor abzubauen, um anstelle von Konkurrenz Kooperation treten zu lassen. Ein weiterer Aspekt, der sich aus der Bereitstellung von Grundangeboten ergibt, betrifft die langfristige Entwicklung des Projektes an sich. Hier stellt die Vernetzungs- und Vermittlungstätigkeit eine dauerhafte Serviceorientierung sicher, welche zur Hauptdienstleistung des Projektteams werden könnte, sobald einmal alle Gemeinden „gesund“ und in die Selbständigkeit entlassen worden sind.

5.2 Der Weg zur Gesunden Gemeinde Im Handbuch zum Projekt wird kurz der Standardablauf beschrieben, welche Schritte eine interessierte Gemeinde vom ersten Kontakt bis hin zur Auszahlung der Startförderung durchlaufen soll. Der tatsächliche Ablauf ist allerdings etwas variantenreicher. An dieser Stelle wird versucht, die verschiedenen Möglichkeiten (eher: Verzweigungen) kompakt darzustellen.

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5 Ergebnisse zur Befragung des Teams auf Ebene des Landes Kärnten Die erste Kontaktaufnahme erfolgt seit 2004 ausschließlich durch die Gemeinden selbst. (Bevor die heute hohe Bekanntheit bzw. der Informationsfluss durch „Mundpropaganda“ gegeben war, wurden – bis 2003 – die Gemeinden noch aktiv von den Betreuerinnen kontaktiert und zur Teilnahme eingeladen. Die Erstinformation erfolgte über einen „Gesunde Gemeinde Tag“ inkl. neu herausgegebenem Journal im November 2002.) Bei der ersten Kontaktaufnahme geht es darum, weitere Informationen einzuholen, wobei letztendlich das Zustandekommen einer Projektpräsentation vereinbart wird, welche nach Möglichkeit immer durch den Gesamtprojektleiter des Landes durchgeführt wird. Dieser Erstkontakt ist allerdings bereits eine mögliche Abweichung vom Plan: oft melden sich die Gemeinden bereits mit einem Beschluss des Gemeinderates, der an sich erst später im Verlauf vorgesehen wäre. Neben der Terminklärung für die Projektpräsentation ist wichtig, wer innerhalb der Gemeinde dazu eingeladen wird. Meist besteht seitens der Gemeinde der Wunsch, die Präsentation vor dem Gemeinderat oder im zuständigen Gemeinderatsausschuss zu halten, teilweise werden aber auch größere Informationsveranstaltungen für die gesamte Gemeindebevölkerung vereinbart. Aufgrund der anschließenden Diskussion über die Für und Wider wird ein Gemeinderatsbeschluss über die Teilnahme gefällt. Dieser Beschluss war bisher immer positiv. Selbst die wenigen (laut Aussagen „ein, zwei“) Gemeinden, die anfangs zögerlich waren, haben letztendlich doch positiv entschieden, wenn es auch bis zu drei Jahre gedauert hat. Diese Ausnahmen werden aber auf die Geschichte des Vorgängerprojektes und auf politische Veränderungen (Wahlen) in den betreffenden Gemeinden zurückgeführt. Von der Projektleitung wird daraufhin eine Betreuerin zugeteilt. Entscheidungskriterium ist dabei vorwiegend die regionale Zuteilung eines räumlich kompakten Gebietes für jede Betreuerin, bis zu einem gewissen Grad aber auch der Versuch einer gleichmäßigen Arbeitsverteilung (Anzahl an Gemeinden; Gemeinden mit hohem und niedrigem Betreuungsaufwand). Die zuständige Betreuerin nimmt anschließend Kontakt mit der Gemeinde auf. Meistens direkt mit dem/der BürgermeisterIn, welche/r bekannt gibt, wer für das Projekt Gesunde Gemeinde zuständig bzw. als ArbeitskreisleiterIn vorgesehen ist. Dabei handelt es sich vorwiegend um ein Mitglied des oder den Vorsitzenden/die Vorsitzende des Ausschusses Gesundheit oder Soziales oder Familie. Als nächstes steht ein erstes Treffen mit der Arbeitskreisleitung an, bei dem noch einmal ausführlich erklärt wird, worum es beim Projekt geht und was an Hilfestellung, Unterstützung und Vernetzung möglich ist.

5.2 Der Weg zur Gesunden Gemeinde ƒ

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In der Folge wird dann entschieden, ob zu Beginn eine allgemeine Auftaktveranstaltung in der Gemeinde stattfinden soll, ob ein erstes Treffen mit wichtigen Funktions- und EntscheidungsträgerInnen der Gemeinde gewünscht ist, oder ob gleich mit der Arbeit im Arbeitskreis begonnen werden soll. Die Veranstaltung kann dabei in Abstimmung mit der Arbeitskreisleitung in verschiedenen Varianten stattfinden: als Presseveranstaltung; als allgemeine Infoveranstaltung; als erster Arbeitskreis, zu dem alle interessierten BürgerInnen eingeladen sind. Der nächste Schritt ist, einen Arbeitskreis einzuladen. So nicht schon im Vorfeld bei der Auftaktveranstaltung über mögliche TeilnehmerInnen entschieden wurde, wird spätestens jetzt von der Betreuerin vorgeschlagen, jene Personen auszuwählen, die für das Projekt wichtig sind. Dazu gehören BürgermeisterIn, EntscheidungsträgerInnen, SachbearbeiterInnen, FunktionsträgerInnen, engagierte Personen aus der Gemeinde, damit ein möglichst multiprofessionelles Team entsteht. Ziel ist, dass nicht nur Gemeinderatsausschussmitglieder teilnehmen, sondern dass eine größere Bandbreite der Bevölkerung beteiligt ist. Zu diesem Zweck gibt es eine eigene Checkliste, die den ArbeitskreisleiterInnen als Vorschlag übermittelt wird. Zu Beginn der ersten Arbeitskreissitzung wird – unter Teilnahme der Betreuerin, die bei Bedarf auch die Moderation übernimmt – das Projekt noch einmal vorgestellt, um einen gleichen Wissensstand für alle Arbeitskreismitglieder herzustellen. Der nächste Schritt besteht in der Durchführung des sog. „Gesundheitskompasses“, einer strukturierten Situationsanalyse zur Feststellung von Stärken und Schwächen bzw. von Ist und Soll innerhalb der Gemeinde. Dabei werden idealerweise auch schon bestehende Projekte bzw. Aktivitäten innerhalb der Gemeinde mit erhoben. Der Gesundheitskompass spiegelt dabei die Sichtweise der Arbeitskreismitglieder wider. Manche Arbeitskreise beschließen auch, zusätzlich eine Bevölkerungsbefragung innerhalb der Gemeinde durchzuführen. Aufgrund der Ergebnisse der Situationsanalyse werden – unterstützt durch die Betreuerin – von den Arbeitskreismitgliedern Ideen für mögliche Aktivitäten in der Gemeinde gesammelt und ein Maßnahmenplan erarbeitet. Im Allgemeinen sollte dieser Status bis zur dritten Arbeitskreissitzung erreicht werden. In Ausnahmefällen können aber auch mehrere Sitzungen abgehalten werden. Sobald die Maßnahmenplanung abgeschlossen ist, können die Gemeinden einen Antrag auf Startförderung in der Höhe von 727,- Euro durch das Land Kärnten stellen.

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5 Ergebnisse zur Befragung des Teams auf Ebene des Landes Kärnten In der weiteren Folge sind die Gemeinden aufgefordert, weiterhin Arbeitskreissitzungen abzuhalten. Nach Möglichkeit versuchen dabei die Betreuerinnen, bei den Sitzungen dabei zu sein, zumindest jedoch die Protokolle zu erhalten.

Anschließend beginnen die Arbeitskreise mit ihrer jeweiligen Schwerpunktarbeit, innerhalb derer sich auch einzelne Arbeitsgruppen (Subarbeitskreise) bilden können. Bei erfolgreich laufenden Gemeinden wurden zur Zielüberprüfung mittelfristig (nach ein bis zwei Jahren) vereinzelt auch schon nochmalige Situationsanalysen (Gesundheitskompass) durchgeführt. Nach frühestens drei Jahren können die teilnehmenden Gemeinden einen Antrag auf Verleihung einer Ortstafel „Gesunde Gemeinde“ stellen. Langfristig wird bei eigenständig arbeitenden Gemeinden über einen Rückzug der Betreuerin aus dem Arbeitskreis seitens des Projektteams entschieden und somit die Gemeinde in ihre Selbständigkeit entlassen.

5.2.1 Weiterführende Interpretation und Diskussion Der Ablauf stellt sich einerseits sehr strukturiert und kompakt dar, andererseits wird er aber von den Betreuerinnen sehr flexibel gehandhabt. Den Kernpunkt bilden die drei Arbeitskreissitzungen, innerhalb derer aufgrund einer Situationsanalyse ein angepasster Maßnahmenplan erarbeitet wird, was die Voraussetzung für die Startförderung darstellt. Alle darum herum stattfindenden Abläufe sind nur wenig fixiert und werden offensichtlich sowohl an die Bedürfnisse der Gemeinden als auch an das Selbstverständnis der jeweiligen Betreuerin angepasst. Mit anderen Worten: Während die Elemente „Gemeinsamkeit herstellen“ – „Situationsanalyse“ – „Ideensammlung und Maßnahmenplanung“ fixiert sind, bleiben die Kontaktaufnahme, die Adressatenkreise für Arbeitskreisteilnahme und Informationsübermittlung, die Abhaltung von Informations- und Auftaktveranstaltungen inkl. deren Zielpublikum flexibel. Diese Flexibilität entspringt dabei sowohl den Wünschen der handelnden Personen in den Gemeinden, als auch der eingeübten Routine bzw. dem Stil der jeweiligen Betreuerin. Mit zunehmender Verbreitung der Gesunden Gemeinden ist es aber für das Projektteam unverzichtbar, auch beim Kernprozess Ausnahmen zu machen. Dies betrifft vor allem Gemeinden, die unzufrieden stellende Erfahrungen mit Arbeitskreisen in anderen Projektkonzepten gemacht haben. Ob dieses Überspringen des Planungsprozesses im Sinn effizienter Ressourcenverwendung gerechtfertigt ist, ist fraglich; so lange der Planungsprozess aber innerhalb kurzer Zeit nach dem Start von Aktivitäten „nachgeholt“ wird (vgl. die näheren Ausführun-

5.3 Reflexion über die Abläufe in Gesunden Gemeinden

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gen in Kap. 5.4 „Reflexion über ähnliche Programme in Kärnten“), scheint der Nutzen gegenüber einer anderwärtigen Nichtteilnahme der betreffenden Gemeinde jedenfalls gerechtfertigt. Aus der übermittelten Erfahrung mit nicht zufrieden stellenden, weil langwierigen Arbeitskreisabläufen scheint es als Konsequenz aber auf alle Fälle sinnvoll, wenn die Betreuerinnen so wie bisher auch versuchen, innerhalb von drei Arbeitskreissitzungen zu einem Maßnahmenplan zu kommen, damit rasch mit der Umsetzung von Aktivitäten begonnen werden kann.

5.3 Reflexion über die Abläufe in Gesunden Gemeinden 5.3.1 Aspekte besonders zufrieden stellend arbeitender Gesunder Gemeinden Am Beginn der Auseinandersetzung mit dem Thema besonders gut funktionierender Gesunder Gemeinden steht bei fast allen InterviewpartnerInnen die Feststellung, dass Gründe schwer auszumachen sind bzw. dass die Gemeinden sehr unterschiedlich sind und nicht über einen Kamm geschoren werden dürfen (vgl. Kap. 5.5.2 „Reflexion über die angebotene Betreuung“). Einig sind sich alle Befragten, dass ein entscheidender Aspekt in der Person des Arbeitskreisleiters/der Arbeitskreisleiterin besteht. Viel hängt von der Professionalität dieser Person ab, wobei beschrieben wird, dass viel weniger das Wissen um Gesundheitsförderung als eher Projektmanagementkenntnisse notwendig sind. In diesem Sinn ist es wichtig, dass die Arbeitskreisleitung von Anfang an alle Personen im Arbeitskreis und in der Gemeinde mit einbezieht, dass sie Aufgaben delegiert und abgibt, dass sie sich engagiert und für die Umsetzung und Kontrolle der beschlossenen Maßnahmen sorgt. Neben dem beschriebenen Organisationstalent zeigen gute ArbeitskreisleiterInnen auch starke kommunikative Fähigkeiten, wobei alle Arbeitskreismitglieder ausreichend informiert gehalten werden und wo für ausreichend Kontakte und Sensibilisierung gesorgt wird – idealerweise schon im Vorfeld des ersten Treffens, d.h. bereits vor dem eigentlichen Arbeitsbeginn. Eine weitere wichtige Aufgabe, die gute ArbeitskreisleiterInnen übernehmen, ist die Motivation der Arbeitskreismitglieder sowie die Einbindung anderer wichtiger Personen. Idealerweise ist der/die ArbeitskreisleiterIn innerhalb der Gemeinde bekannt und auch beliebt, so dass eine Mitarbeit am Arbeitskreis nicht nur rein wegen des Gesundheitsthemas, sondern zum Teil auch über die Beliebtheit dieser Person erreicht wird. Für den Arbeitskreis selbst ist es ein positiver Aspekt, wenn möglichst viele verschiedene Personen eingebunden sind. Dies umfasst sowohl Personen aus

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5 Ergebnisse zur Befragung des Teams auf Ebene des Landes Kärnten

Gemeindepolitik und -verwaltung, welche dadurch breite Unterstützung zeigt, als auch aus unterschiedlichsten Institutionen, Organisationen und Vereinen innerhalb der Gemeinde. Darüber hinaus können auch noch engagierte Einzelpersonen („interessierte Bürger“) beteiligt sein. Zu dieser Vielfalt gehört auch, dass der Arbeitskreis offen bleibt und sich im Laufe der Zeit immer mehr erweitert. Ein zusätzlicher Aspekt besteht auch in einem positiven Arbeitsklima innerhalb des Arbeitskreises, was mit der Zeit dazu beiträgt, dass sich die TeilnehmerInnen nicht nur in der Sache treffen, sondern dass sie sich auch gerne treffen und so eine gegenseitige Motivation entsteht. Für eine positive Arbeit sind zusätzlich nicht nur engagierte ArbeitskreisleiterInnen und eine breite Zusammensetzung vonnöten, sondern auch engagierte Einzelpersonen. Eine wichtige Schlüsselperson, die immer wieder angesprochen wird, ist ein qualifizierter Sachbearbeiter/eine qualifizierte Sachbearbeiterin der jeweiligen Gemeinde. Damit ist gemeint, dass von der Gemeindeverwaltung eine Person zur Verfügung gestellt wird, die vorwiegend administrative Aufgaben für das Projekt Gesunde Gemeinde übernimmt. Im Bereich der Arbeitskreise zählen dazu hauptsächlich die Protokollführung sowie die Ablage anfallender Unterlagen. Darüber hinaus kümmert sich diese Person auch oftmals um die Bearbeitung von Subventionsanträgen im Rahmen des Projekts, um die Budgeterstellung der Arbeitskreise, und sie steht auch als AnsprechpartnerIn für die Betreuerinnen zur Verfügung. Ein weiterer wichtiger Aspekt ist der Informationsfluss innerhalb der Gemeinden und zum Projektteam. D.h. besonders positive Gemeinden zeichnen sich dadurch aus, dass innerhalb der Gemeindeverwaltung alle Personen informiert sind, und auch bei Kontakten durch die Betreuerinnen jederzeit über die aktuellen Themen Bescheid wissen. Zusätzlich funktioniert der Informationsfluss zu den Betreuerinnen sehr gut: geplante Aktivitäten werden selbständig kommuniziert, benötigte Informationen werden rechtzeitig eingeholt, Fragen der Abstimmung/Koordination und benötigter Unterstützung werden frühzeitig behandelt. Positive Arbeit in den Gemeinden zeigt sich auch noch in organisatorischen Maßnahmen, insbesondere bei der Vorbereitung und dem Ablauf von öffentlichen Veranstaltungen, oder auch durch die Tatsache, dass für Schlüsselpersonen StellvertreterInnen vorgesehen sind. Außerdem verläuft hier die Arbeit bereits nach wenigen Arbeitskreistreffen sehr selbständig und regelmäßig, und sie läuft langfristig (über die erhaltene Startförderung hinaus). Was die Planung bzw. die Entwicklungsarbeit angeht, stechen positive Gemeinden dadurch hervor, dass sie eine integrierte breite Maßnahmenpalette vorsehen. Breite bedeutet dabei, dass einerseits für möglichst viele verschiedene Zielgruppen etwas angeboten wird, andererseits dass tatsächlich in allen drei

5.3 Reflexion über die Abläufe in Gesunden Gemeinden

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Horizonten von kurz-, mittel- und langfristig geplant wird. Integration bezieht sich darauf, dass verschiedene Schwerpunkte gebildet werden, die unter einem gemeinsamen Dach laufen, dass die Schwerpunktarbeit auch durch Unterarbeitskreise, die in den Hauptarbeitskreis berichten, organisiert ist, und dass sich die gesetzten Schwerpunkte mit den Situationsanalysen bzw. eigenen Erhebungen innerhalb der Gemeinde decken. Die weiter oben schon angedeutete Unterstützung seitens der Gemeindepolitik gehört ebenfalls zu den Faktoren für eine positiv funktionierende Gesunde Gemeinde. Die Unterstützung äußert sich neben der Teilnahme im Arbeitskreis etwa dadurch, dass bei öffentlichen Veranstaltungen GemeindevertreterInnen anwesend sind und auch die Begrüßung übernehmen. Weiters zeigt sie sich in der ressort- bzw. zuständigkeitsübergreifenden Zusammenarbeit von Gemeinde und Arbeitskreis. Es herrscht weiters aktives Interesse seitens des Gemeinderates an den Aktivitäten des Arbeitskreises (d.h. es wird auch aktiv nachgefragt), und die Gemeinde stellt auch materielle Unterstützung zur Verfügung (Geld/Budget, Räumlichkeiten). Viele Äußerungen zum Thema positive Gesunde Gemeinden beziehen sich auch auf Aspekte, die sich am besten unter dem Begriff Erfolgsdynamik beschreiben lassen, also einem Kreislauf, der aus Motivation – Tatkraft – Erfolgserlebnis – Motivation etc. pp. entsteht. Ausgehend von der ursprünglichen Motivation zu Beginn der Arbeit einer neuen Gesunden Gemeinde entstehen – teilweise sehr ambitionierte – Vorhaben, deren Umsetzung (auch bei möglichen ersten Rückschlägen) konsequent weiter verfolgt werden und so über deren Erfolg zu entsprechend neuer, verstärkter Motivation gelangen. Die sich ergebenden Entwicklungen reichen dabei von gegenseitiger Bestärkung innerhalb des Arbeitskreises über sich verstärkende positive Einstellungen in der gesamten Gemeinde bis hin zu sichtbaren (strukturellen) Veränderungen.

5.3.2 Aspekte wenig zufrieden stellend arbeitender Gesunder Gemeinden Bei jenen Gesunden Gemeinden, die aus Sicht der Betreuerinnen nicht so gut arbeiten, wird als ein Grund die falsche Motivation für einen Gemeinderatsbeschluss zur Mitarbeit genannt. Dazu gehören im Wesentlichen politische Taktik im Vorfeld von Wahlen, das Erhalten der Startförderung als einziges Interesse, sowie das Motto „irgendwas machen ist besser als nichts tun“. Als Hauptprobleme ergeben sich die mangelnde Unterstützung seitens der Gemeinden (keine Zeit, keine Ressourcen, keine Dokumentation/Protokollführung), unklare Verantwortlichkeiten innerhalb der Gemeinde (z.B. AnsprechpartnerInnen), mangelnde Kommunikation und schlechter Informationsfluss,

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5 Ergebnisse zur Befragung des Teams auf Ebene des Landes Kärnten

kurzfristige Veranstaltungs- statt längerfristiger Maßnahmenplanung, sowie teilweise ein Missverständnis der Zusammenarbeit mit den Betreuerinnen (wenn das Projekt als Dienstleistung des Landes ohne Eigenarbeit gesehen wird). Schwierigkeiten entstehen aber auch oftmals aus einer ungeeigneten Zusammensetzung des Arbeitskreises. Dazu gehört einmal eine Arbeitskreisleitung, die alleine für alles zuständig ist und nicht bereit ist, Aufgaben zu delegieren, oder die sich im Arbeitskreis nicht durchsetzen kann. Bei den ArbeitskreisteilnehmerInnen erweist es sich oft als ungünstig, wenn diese nur aus den Mitgliedern des zuständigen Gemeinderatsausschusses bestehen, weil die Aufgaben dann oftmals nur als Tagesordnungspunkt einer langen Agenda quasi im „Pflichtprogramm“ abgehandelt werden und weil auch die Vernetzung mit der gesamten Gemeinde fehlt. Außerdem herrscht hier oftmals eine verstärkte Orientierung an zahlenmäßig gut besuchten, kurzfristig durchführbaren Veranstaltungen zuungunsten längerfristiger, an qualitativen Gesichtspunkten messbaren Aktivitäten vor. Ungünstige Arbeitskreiszusammensetzungen können sich aber auch ergeben, wenn wichtige Akteure sich von vorneherein weigern, mitzumachen oder zumindest Interesse zu bekunden (z.B. Schulen, aber auch BürgermeisterIn). Bei manchen nur schleppend arbeitenden Gesunden Gemeinden lässt sich dies auch auf stattfindende Veränderungen zurückführen, entweder durch größere Umstrukturierungen innerhalb der Gemeinde oder durch permanente Veränderung der Arbeitskreiszusammensetzung. Ein weiterer genannter Aspekt ist mangelndes Interesse (Erscheinen bei Veranstaltungen) seitens der Bevölkerung.

5.3.3 Sonstige Aspekte bei der Arbeit in Gesunden Gemeinden Immer wieder wird betont, wie unterschiedlich die Gemeinden arbeiten und auch entsprechend unterschiedlich gehandhabt werden müssen. Der Bogen spannt sich dabei von jenen Gemeinden, bei denen eher Abwarten angesagt ist, über jene, die immer wieder Motivation und Antrieb brauchen, bis hin zu jenen, die selbständig aktiv sind und eigenständig Projekte entwickeln, die weit über das angedachte Soll hinausgehen. Viele Gemeinden stellen auch tatsächlich ein Budget zur Verfügung, manche setzen bei ihren Aktivitäten vor allem „auf die Informationsschiene“, manche planen wirklich mehrjährige Konzepte. Insgesamt gesehen scheint es in etwa ein West-Ost-Gefälle zu geben, was die erfolgreiche Umsetzung des Projekts in den Gemeinden betrifft. Sehr unterschiedlich ist auch die Zusammensetzung der Arbeitskreise. Da sich aus den Beschreibungen keine „typischen“ TeilnehmerInnen ableiten lassen, folgt hier eine eher summarische Aufzählung der verschiedenen Arbeitskreismit-

5.3 Reflexion über die Abläufe in Gesunden Gemeinden

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glieder: Die Leitung obliegt meist jemandem aus dem zuständigen Gemeinderatsausschuss (oftmals bekleiden deren Ausschussobleute direkt die Leitungsfunktion). Zum weiteren Teilnehmerkreis gehören (so in der Gemeinde vorhanden) meist ÄrztInnen, Personen aus Schulen und Kindergärten (meist Leitungsfunktionen), Hilfsdienste (Altenpflege, Heimhilfe, Rotes Kreuz), KirchenvertreterInnen, diverse VertreterInnen von Vereinen (Pensionistenverein, Kneippverein, Sportverein), interessierte BürgerInnen sowie nach Themenbereich teilweise zusätzlich z.B. WirtInnen. Sehr unterschiedlich ist die Teilnahme weiterer GemeinderätInnen bzw. Ausschussobleute (insbesondere der JugendreferentInnen), von SachbearbeiterInnen der Gemeinde, sowie von BürgermeisterInnen bzw. VizebürgermeisterInnen. Gerade die unterschiedliche Teilnahme von Gemeinderatsmitgliedern bzw. politischen FunktionärInnen erweist sich in den Beschreibungen als schwierige Balance – so werden von den Betreuerinnen insbesondere jene Arbeitskreise, die als identisch mit dem zuständigen Gemeinderatsausschuss bzw. als dessen Unterausschuss konzipiert sind, oftmals als unzufrieden stellendes Beispiel genannt, andererseits wird es aber auch als problematisch angesehen, wenn zu wenige TeilnehmerInnen aus der Gemeindepolitik dabei sind. Ansonsten werden die Arbeitskreisteilnehmer als sehr engagiert (sie arbeiten zumeist in ihrer Freizeit) beschrieben, die Altersstruktur beträgt meist überwiegend 50+. Die Größe einer Gemeinde hat keine Auswirkung auf die Anzahl der Arbeitskreismitglieder. Die soeben angesprochene Balance in der angemessenen Teilnahme von FunktionsträgerInnen der Gemeinde ist wichtig, weil insbesondere die BürgermeisterInnen, die Gemeindevorstände, AmtsleiterInnen, GemeinderätInnen etc. als wichtige MultiplikatorInnen des Projekts in der Gemeinde angesehen werden. Ihre Teilnahme ist nicht vorgeschrieben, aber es erweist sich als sehr wertvoll, wenn diese Personen bis zu einem gewissen Ausmaß in den Arbeitskreis integriert sind. Letztendlich geht es dabei um die Einbindung des Arbeitskreises in die Gemeindepolitik, da mit der Verabschiedung des Beschlusses über die Teilnahme am Projekt „Gesunde Gemeinde“ die Involvierung des Gemeinderates formal abgeschlossen ist und dieser ansonsten meist nicht mehr in Berührung mit dem Arbeitskreis kommt. Neben dieser prinzipiellen Unterstützung hängt der Erfolg der Arbeit in einem Arbeitskreis aber auch sehr stark von einzelnen „Zugpferden“ ab. Weiters wurde noch erwähnt, dass der Wechsel des zuständigen Sachbearbeiters/der zuständigen Sachbearbeiterin im Arbeitskreis einen kritischen Prozess darstellt, der im ungünstigen Fall die Arbeit in der Gemeinde für eine Zeit lang zum Stillstand bringen kann. Im Zusammenhang mit der nötigen Unterstützung durch die Gemeindepolitik wird auch auf das Funktionieren eines implizit vorhandenen Imagetransfers verwiesen (s. Kap. 5.3.4 „Politische Intervention und parteipolitische Wechsel-

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5 Ergebnisse zur Befragung des Teams auf Ebene des Landes Kärnten

wirkungen“). Damit ist gemeint, dass die Arbeit insbesondere in jenen Gemeinden gut läuft, wo eine entsprechende Sensibilität für Öffentlichkeitsarbeit durch das Konzept „Gesunde Gemeinde“ vorhanden ist. Dort, wo erfolgreich Aktivitäten umgesetzt und Imagetransfers durch das Thema Gesundheit zugunsten der Gemeinde im Allgemeinen bzw. einzelner PolitikerInnen im Speziellen (d.h. zumeist zugunsten des Bürgermeisters/der Bürgermeisterin) gemacht werden können, werden auch bereitwillig Unterstützung bzw. Budgetmittel gewährt.

5.3.4 Politische Intervention und parteipolitische Wechselwirkungen Auf Ebene der Gemeinden lassen sich keine eindeutigen Aussagen treffen, in welchem Ausmaß parteipolitische Auswirkungen auf das Projekt bestehen. Es gibt auch hier solche und solche: Der Großteil der Gemeinden schafft es, die Parteipolitik draußen zu halten, manchen Gemeinden gelingt dies weniger. Manchmal sind die Arbeitskreise politisch ausgerichtet, teilweise versuchen die BürgermeisterInnen ihren Einfluss geltend zu machen – nicht immer in Form von direkten Interventionen, sondern eher in Form von Bevorzugung; und teilweise wird es auch auf Ebene der GemeindebürgerInnen so gehandhabt, dass eine Veranstaltung die richtige parteipolitische Farbe haben muss, damit man hingeht. Letztendlich geht es also immer um parteipolitische Zerstrittenheit, die in einer Gemeinde schon vorherrscht, und welche sich in der Folge dann auch auf die Umsetzung des Projekts „Gesunde Gemeinde“ überträgt. Auf der positiven Seite lässt sich verbuchen, dass das Projekt in jenen Gemeinden besonders gut funktioniert, in denen die Parteien gut miteinander können (interessanterweise auch besser als dort, wo nur eine Partei das Sagen hat), oder wo der Konsens herrscht, etwas für die Gemeinde(-bürgerInnen) tun zu wollen. Zumeist ist auch der/die BürgermeisterIn dem Projekt gegenüber positiv eingestellt, schließlich war er/sie in den Prozess der Antragstellung zur Projektteilnahme involviert. Der Hauptgrund für Unabhängigkeit von Parteipolitik ist aber zumeist, dass Gesundheit als ein Thema angesehen wird, welches bewusst über Parteipolitik gestellt wird und für das allgemeine Wohlergehen außer Streit sein soll. Dadurch werden die Arbeitskreise zumeist bewusst parteiübergreifend gestaltet (im Gegensatz etwa zur politischen Besetzung von Gemeinderatsausschüssen). Auch gegenüber der parteipolitischen Zuordnung des Gesundheitsbereiches auf Landesebene – und somit automatisch auch des Programms „Gesunde Gemeinde“ – herrscht seitens der Gemeinden anscheinend eher wenig Voreingenommenheit. Kritische Bemerkungen kommen zwar vor, zumeist aber eher im Zusammenhang mit Öffentlichkeitsarbeit, weil der politisch zuständige Gesund-

5.3 Reflexion über die Abläufe in Gesunden Gemeinden

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heitsreferent üblicherweise mit abgebildet wird. Da allerdings die teilnehmenden Gemeinden aus allen politischen Lagern kommen, scheint es keine ernsthaften Bedenken zu geben; ob sich andererseits manche Gemeinden bisher gerade aus parteipolitischen Vorbehalten nicht zu einer Projektteilnahme entschlossen haben, entzieht sich der Kenntnis des Projektteams. Auf Ebene des Landes sind – gerade aus Sicht der Betreuerinnen – ebenfalls keine politischen Interventionen feststellbar. Dies liegt einerseits daran, dass über die inhaltliche Grenzziehung durch Abteilungszuständigkeiten der Bereich klar abgesteckt ist, andererseits ist aus der Vergangenheit klar, dass auch politische Wechsel (Regierungswechsel) bisher keine Veränderungen für das Bekenntnis zur Gesundheitsförderung ergeben haben. Als gemeinsamer Nenner auf allen Ebenen lässt sich wohl der Effekt der Imagegewinnung durch das Thema Gesundheit finden (s. Kap. 5.3.3 „Sonstige Aspekte bei der Arbeit in Gesunden Gemeinden“). Egal ob auf Ebene der BürgermeisterInnen oder auf Ebene des Gesundheitsreferenten des Landes, Gesundheitsförderung lässt sich positiv vermarkten und bringt dadurch Nutzen für die betroffenen Politiker. Dieser Nutzen wird in Form von Unterstützung abgegolten – sei es in Form von finanzieller Unterstützung (Budget für das Projektteam, Startförderung für die Gemeinden, Förderungen für einzelne Projektmaßnahmen), sei es in Form von inhaltlicher Unterstützung durch Teilnahme (an Arbeitskreisen, Veranstaltungen etc.). Und natürlich lässt sich auch die finanzielle Unterstützung wieder entsprechend vermarkten: Der Gesundheitsreferent gewährt Unterstützung, der/die BürgermeisterIn, ArbeitskreisleiterIn, Ausschussobmann/-frau hat dafür gesorgt, dass die Gemeinde finanziell unterstützt wird usw.

5.3.5 Weiterführende Interpretation und Diskussion Auch wenn immer wieder betont wird, wie unterschiedlich die Gemeinden sind, so zeichnen sich doch einige Faktoren ab, die für das Funktionieren ausschlaggebend sind. Da die inhaltlichen Aspekte bereits von verschiedenen Seiten dargestellt sind, soll an dieser Stelle eine punktuelle Zusammenfassung bzw. thematische Gruppierung der Sollzustände erfolgen: Arbeitskreis ƒ ƒ

besteht aus Personen aus möglichst unterschiedlichen Institutionen und Organisationen umfasst die Teilnahme eines/einer GemeindesachbearbeiterIn

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5 Ergebnisse zur Befragung des Teams auf Ebene des Landes Kärnten hat den richtigen Anteil an GemeindepolitikerInnen/-funktionsträgerInnen bleibt offen für Neuzugänge und erweitert sich regelmäßig ohne ständige Fluktuation schafft ein positives, motivierendes Klima

ArbeitskreisleiterIn ƒ ƒ ƒ ƒ ƒ

ist bereit zu delegieren kommuniziert mit allen Beteiligten motiviert die ArbeitskreisteilnehmerInnen wendet Projektmanagementmethoden an (bzgl. Controlling, Organisation) ist in das Gemeindeleben gut integriert

Organisation in Gemeinde bzw. Arbeitskreis ƒ ƒ

klare Verantwortlichkeiten sind vorhanden für Schlüsselpositionen gibt es Stellvertretungen

Informationsfluss ƒ ƒ ƒ ƒ

existiert innerhalb der Gemeinde zwischen verschiedenen Stellen bzw. Organisationen erfolgt selbständig vom Arbeitskreis bzw. der Gemeinde zur Betreuerin Information wird seitens des Gemeinderates eingefordert (Gemeinderat kontrolliert Aktivität) Öffentlichkeitsarbeit erfolgt selbständig durch den Arbeitskreis bzw. die Gemeinde

Umsetzung ƒ ƒ ƒ ƒ ƒ

verläuft selbständig, langfristig und regelmäßig es werden verschiedene Zielgruppen angesprochen erfolgt in Übereinstimmung mit der Ist-Analyse (Bedarfsorientierung) wird von der Gemeinde unterstützt und basiert auf den richtigen Motiven wird sowohl von PolitikerInnen als auch der Bevölkerung unterstützt

Ergänzend zu dieser Aufstellung seien noch weiterführende Schlussfolgerungen erwähnt, die sich im Rahmen der Analyse ergeben haben: Im Zuge der Gespräche über das Funktionieren des Programms in den Gemeinden war der Fokus fast durchgängig auf die laufende Umsetzung bei schon

5.3 Reflexion über die Abläufe in Gesunden Gemeinden

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teilnehmenden Gemeinden gerichtet. Allerdings hat sich auch ein Aspekt ergeben, der (wie es aussieht als einziger) auch als Voraussetzung für eine Teilnahme an sich gesehen werden kann: die Motivation, eine Gesunde Gemeinde zu werden. Innerhalb dieser zeichnen sich zwei grundlegende Problemkonstellationen ab, die als Warnsignale gelten können. Einerseits bezieht sich dies auf eine politisch motivierte Grundhaltung, die auf kurzfristige Popularitätsgewinne abzielt (Titel „Gesunde Gemeinde“ lukrieren, Geld für die Gemeinde beschaffen), und in der Folge zu einem Einschlafen des Interesses führt. Es wurde zwar nicht explizit nachgefragt, steht aber aufgrund der Erzählstruktur in den Interviews zu vermuten, dass dies auch gerade jene Gemeinden sind, wo Probleme aufgrund der Identität von Arbeitskreis mit Ausschuss entstehen, oder auch wo die ArbeitskreisleiterInnen (welche ja oftmals mit den Ausschussvorsitzenden identisch sind) nichts aus der Hand geben wollen. („Nichts“ im umfassenden Sinn gedeutet hieße in diesem Fall ja auch: potentielle Erfolge.) Andererseits entsteht eine Problemkonstellation aus der mangelnden inhaltlichen Motivation: man tut etwas, weil das immer noch besser ist als nichts zu tun. Diese – durchaus nachvollziehbare – Grundhaltung sorgt aber in der Folge für zahlreiche Unklarheiten: wenn man irgend etwas tut, aber eigentlich nicht weiß, was man will oder soll, scheinen Schwierigkeiten mit mangelnder Zuständigkeit, Kommunikation und Information auf der Hand zu liegen. Dem steht gegenüber, dass in politischen Zusammenhängen (d.h. auch in der Gemeinde) immer eine Kosten-Nutzen-Rechnung angestellt wird. Im vorliegenden Fall geht es dabei um den Transfer Unterstützung und Budgetmittel gegen Wählerstimmen/Imagegewinn. Dies führt aber zu der prekären Frage, wie sehr man bewusst auf diesen Imagetransfer setzen kann: Kann man bedenkenlos diesen „Deal“ als Vorteil für die PolitikerInnen ansprechen? Oder wird damit eine negative Stimmung – v. a. in der Bevölkerung – erzeugt? Oder auf einer zweiten Ebene: Kann der Deal nicht gerade dort, wo Parteipolitik eine größere Rolle spielt, dann doch zum Hemmschuh werden? Zumindest vordergründig scheint Parteipolitik ja keine wichtige Rolle zu spielen, wenn man die gegenüber dem Landesteam auftauchenden Konstellationen betrachtet. Dass die Arbeit in und mit Gemeinden immer automatisch auch politische Prozesse berührt (bzw. dass diese im Falle des Teilnahmebeschlusses durch den Gemeinderat bewusst eingefordert werden) erscheint ebenso selbstverständlich. Wenn es dabei in vielen Gemeinden gelingt, das Thema parteiübergreifend zu behandeln, so bleibt das Programm als Ganzes nie „parteifrei“, da Förderungen und Öffentlichkeitsarbeit immer mit der Person des jeweiligen Gesundheitsreferenten und somit dessen Partei bestehen bleiben werden. Insofern muss an dieser Stelle auch offen bleiben, wie viele Gemeinden tatsächlich

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5 Ergebnisse zur Befragung des Teams auf Ebene des Landes Kärnten

aus Gründen des parteipolitischen Naheverhältnisses des Projekts zu einer Partei nicht daran teilnehmen.

5.4 Reflexion über ähnliche Programme in Kärnten Im Rahmen der Interviews wurden immer wieder zwei Programme angeschnitten, welche in verschiedenem Naheverhältnis zu „Gesunde Gemeinde“ stehen. Einmal handelt es sich dabei um das Vorläuferprojekt „Proges“, und als zweites wurde auf das Programm „Lokale Agenda 21“ Bezug genommen.7 Bei „Proges“ geht es vor allem um die Gründe des Scheiterns, welche zu einer Eingliederung in die Abteilung 12 und damit einer Umstrukturierung in das aktuelle Projekt führten. Ausgangspunkt ist ein Konzept, welches die Zusammenarbeit aller Ebenen von Gemeinde bis Landespolitik in den Bereichen Gesundheit, Soziales und Regionalentwicklung vorgesehen hat. Aufgrund des völligen Neulandes, welches man damit betrat, fehlte ein eindeutiger Arbeitsauftrag, als Konsequenz versuchte man auf hohem fachlichem Niveau und Anspruch zu arbeiten. Aus heutiger Sicht waren die Ansprüche dabei zu abstrakt und zu theorieorientiert, was zwar zu viel Aufmerksamkeit in Fachkreisen führte, letztendlich aber konnte man nicht zu den Zielgruppen vordringen. Durch den Versuch, das Projekt vorwiegend über die Zusammenarbeit mit MultiplikatorInnen auf höheren Ebenen abzuwickeln, war die Bekanntheit des Projekts in der Öffentlichkeit gering, Öffentlichkeitsarbeit selbst wurde keine betrieben. Die verwendete Fachsprache war für die Gemeindearbeit zu unverständlich, bei Präsentationen blieb man zu abstrakt, was letztlich dazu führte, dass man eine Vernetzung nur auf höheren Ebenen erreichte, während die Zusammenarbeit mit Gemeinden und Gemeindepolitik nicht realisiert werden konnte. Parallel dazu entstand ein starkes Konkurrenzdenken innerhalb des Projektteams, und auch die Kooperation der vielen Landesabteilungen ließ sich auf BeamtInnenebene nicht verwirklichen. Das Projekt „Lokale Agenda 21“ (LA 21) ist ein aktuell noch immer laufendes Regionalentwicklungsprojekt, welches von einer anderen Abteilung der Kärntner Landesregierung betreut wird und auf dieser Ebene nicht mit dem Programm „Gesunde Gemeinde“ verknüpft ist. Allerdings gibt es durchaus Überschneidungen, wie etwa den gemeinsamen Rahmen von Lebensqualität (bzw. Gesundheit als Teil davon) und die Arbeit in Form von Arbeitskreisen. Allerdings ist die LA 21 als sehr langfristiger Entwicklungsprozess angelegt. Aus Sicht der Gemeindebetreuerinnen ergibt sich daraus eine negative Einstellung 7 Beide Projekte wurden nicht inhaltlich erklärt (und werden es an dieser Stelle auch nicht), sondern als Reflexionspunkt bzw. in Abgrenzung zur eigenen Vorgehensweise eingebracht.

5.4 Reflexion über ähnliche Programme in Kärnten

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gegenüber der Mitarbeit in Arbeitskreisen bzw. der Wunsch nach weniger Diskussion und mehr Aktivität. Das heißt, dass bei neu dazu kommenden Gesunden Gemeinden, welche bereits an der LA 21 teilnehmen, oftmals nicht mehr die Bereitschaft existiert, in einem Arbeitskreis erst einmal die Grundlagen für die künftige Weiterarbeit zu schaffen. Als Reaktion darauf wird seitens der Gesunde Gemeinde Betreuerin die Möglichkeit eröffnet, vorerst einmal gleich mit den fertigen Angeboten zu starten (was wiederum seitens der nicht beteiligten LA 21 Arbeitskreise in der Gemeinde auf Unverständnis stoßen kann): „Manche Gemeinden, die schon prozessorientiert, in einem andern Bereich gearbeitet haben, die wollen nicht mehr diese endlosen Arbeitskreissitzungen. Da probiert man dann schon, denen einen Schritt entgegen zu kommen. Das ist jetzt bei einer neuen Gemeinde so. Da sagt man dann, okay, bei euch ist der Weg halt anders. Gewisse Arbeitsschritte sind schon wichtig, aber da gehe ich in den Arbeitskreis nicht mit der Frage hinein, welchen persönlichen Zugang haben sie zu Gesundheit, sondern die wollen gleich Aktivitäten planen und machen.“ (Interview R)

Allerdings wird dann im weiteren Verlauf versucht, die Entwicklungsschritte von Ist-Analyse bis Maßnahmenplanung durchzuführen bzw. nachzuholen. Insgesamt zeigt sich, dass daraufhin viele dieser anfangs skeptischen Gemeinden durch die konsequente Beratungstätigkeit und Begleitung durch die Betreuerinnen sowie durch die Unterstützung bei der Öffentlichkeitsarbeit positiv überrascht sind. Schwierigkeiten aus der entstehenden Konkurrenzsituation ergeben sich aber dennoch immer wieder, insbesondere was die Öffentlichkeitsarbeit im Sinne der Vermarktung einzelner Veranstaltungen in den Gemeinden betrifft (insbesondere: welche Logos werden verwendet).

5.4.1 Weiterführende Interpretation und Diskussion Betrachtet man den Unterschied, der zum Vorgängerprojekt „Proges“ deutlich gemacht wird, so zeigt sich, dass durchaus Konsequenzen gezogen wurden und das aktuelle Projekt Gesunde Gemeinde sehr gemeindenah und niedrigschwellig gestaltet wurde. Diese strikte Ausrichtung auf Gemeindebedürfnisse geht wie aufgezeigt sogar so weit, dass selbst von den letzten Fixpunkten des ursprünglich vorgegebenen Startablaufs abgewichen wird. In Zusammenhang mit anderen Erwähnungen dieser „Flexibilität“ in der Gemeindebetreuung stellt sich in Hinblick auf die Diskussion um die Notwendigkeit der Einführung von Qualitätsstandards (s. Kap. 5.6 „Entwicklungsperspektiven und Zukunft des Programms“) die Frage, wie damit eine langfristige Zielerreichung (Selbständigkeit) gewährleistet werden kann bzw. alternativ dazu ob man nicht sehr enge, restriktive Be-

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5 Ergebnisse zur Befragung des Teams auf Ebene des Landes Kärnten

dingungen einführen sollte, in denen das Abweichen für eine bestimmte Dauer erlaubt wird.

5.5 Betreuungsleistung und Aufgaben des Landesteams 5.5.1 Betreuung und Unterstützung der Gesunden Gemeinden Zu den direkten Bereichen der Betreuung und Unterstützung der Gesunden Gemeinden gehört zunächst einmal – quasi als Kernauftrag – die Information über Inhalt, Ablauf und Angebot des Programms seitens des Landesteams. Es geht also zunächst einmal darum zu vermitteln, was überhaupt mit der Idee von Gesundheitsförderung gemeint ist, wie man diese im Projekt umzusetzen versucht (Arbeitskreise usw.), dass einerseits fertige Angebote da sind und andererseits eigene Ideen gerne unterstützt werden, und dass man viel auch mit geringen Kosten erreichen kann. Im weiteren Verlauf geht es dann darum, was vielfach als „Begleitung auf dem Weg zur Gesunden Gemeinde“ bezeichnet wird, wobei diese Aufgabe spätestens mit der Bekanntgabe der Arbeitskreisleitung den Gemeindebetreuerinnen überantwortet ist. Dazu gehört vielfach die anfängliche Moderation der Arbeitskreissitzungen (was später in eine bloße Teilnahme übergeleitet wird), das Filtern der vorhandenen Ideen, um diese zu umsetzbaren Maßnahmen hinzuführen, die Unterstützung bei der Umsetzung dieser Ideen bzw. bei der Entwicklung von Eigeninitiativen in verschiedenen Bereichen (z.B. bei Schulen), die Beratung bei speziellen Themen bzw. allgemein bei Fragen, sowie das regelmäßige Kontakthalten. Im Rahmen darüber hinausgehender organisatorischer Unterstützung wird oftmals auch bei der Suche nach geeigneten ReferentInnen für Veranstaltungen geholfen, auch bei der Durchführung von Veranstaltungen selbst, bzw. schon in der Planungsphase diverser Aktivitäten, teilweise auch bei der Abwicklung der Arbeitskreise (z.B. Protokollführung); wobei betont wird, dass diese Unterstützung immer nur organisatorisch ist und nicht die Durchführung selbst betrifft. Neben dieser allgemeinen gesamtorganisatorischen Begleitung stellt das Landesteam noch drei weitere konkrete Aufgabenbereiche als quasi unmittelbare Dienstleistung für die Gesunden Gemeinden zur Verfügung (zu weiteren Aufgaben siehe Kap. 5.5.3 „Sonstige Aufgaben des Landesteams“). Dies ist erstens das zur Verfügung stellen diverser vorhandener Angebote (sowohl der eigenen laut Projekthandbuch, als auch externer Neuangebote z.B. des FGÖ8). Zweitens wird als wesentliche Dienstleistung die Öffentlichkeitsarbeit bzw. das Marketing der 8

Fonds Gesundes Österreich

5.5 Betreuungsleistung und Aufgaben des Landesteams

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Gesunden Gemeinden unterstützt, wobei die Palette von der Beratung bei der Gestaltung der eigenen Öffentlichkeitsarbeit (z.B. Postwürfe) über das Veröffentlichen von Gemeindeinformationen in der Projektzeitung bis hin zu allgemeinen, übergreifenden Werbemaßnahmen zur Stärkung der Identifikation der GemeindebürgerInnen mit dem Projekt reicht. Drittens wird den Gemeinden über die Startförderung hinausgehende finanzielle Unterstützung gewährt, wobei die Betreuerinnen für Stellungnahmen zur Förderwürdigkeit zuständig sind.

5.5.2 Reflexion über die angebotene Betreuung Sehr umfangreich wird darauf Bezug genommen, dass sehr viel Flexibilität im Umgang mit den Gemeinden nötig ist (vgl. dazu, dass die Gemeinden sehr unterschiedlich sind, Kap. 5.3.1 „Aspekte besonders zufrieden stellend arbeitender Gesunder Gemeinden“), bzw. dass andererseits aber auch jede Betreuerin ihre eigene Arbeitsweise bei vielen Abläufen an den Tag legt (bzw. selbst darüber entscheiden kann). Gleichzeitig wird aber – ebenfalls eher umfangreich – betont, dass der idealtypische Ablauf in der Anfangsphase möglichst umfassend („breit“) und vollständig eingehalten werden soll, was auch jeder Gemeinde nahe gelegt wird, auch wenn insbesondere der „Gesundheitskompass“9 sehr arbeitsintensiv („Knochenarbeit“, Interview R) sein kann. Manchmal wird auch der Versuch fast wichtiger gesehen als der Erfolg (im konkreten Fall bzgl. der Einladung eines großen Teilnehmerkreises); nicht zuletzt deshalb, weil die Änderung eingefahrener Projektstrukturen in der Gemeinde im Nachhinein schwierig zu bewerkstelligen ist. Auf der anderen Seite wird anerkannt, dass man die Gemeinden zu nichts zwingen kann („Wir geben ja nichts vor, wir empfehlen ja nur.“ Interview R), und dass deshalb sehr unterschiedliche Ergebnisse entstehen, obwohl prinzipiell das Engagement jeder Betreuerin für jede Gemeinde gleich ist. Als schwierig, aber jedenfalls lohnend wird die nötige Überzeugungsarbeit beschrieben, um die Gemeinden bzw. Arbeitskreise zur Einrichtung angemessener Kommunikationsstrukturen zu bewegen. Dies betrifft sowohl einerseits den Infofluss zwischen Gemeinde und Betreuerin, andererseits aber insbesondere auch die Kommunikation innerhalb der Gemeinden, wo Informationsmangel herrscht, z.B. dass diese oder jene Aktivitäten bzw. Projekte schon von anderer Stelle in der Gemeinde durchgeführt werden. Ebenso wichtig scheint die Frage der Aufrechterhaltung der (zielgerichteten) Aktivität der Arbeitskreise. Dazu ist es angebracht, von Zeit zu Zeit nach neuen Ideen und Bedürfnissen zu fragen und Angebote zu machen bzw. auch 9 Der „Gesundheitskompass“ ist eine der im Handbuch „Gesunde Gemeinde“ angeführten Vorlagen zur systematischen Situationsanalyse zur Gemeinde durch den Arbeitskreis

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5 Ergebnisse zur Befragung des Teams auf Ebene des Landes Kärnten

neue Mitglieder in den Arbeitskreis zu holen, um immer wieder auch neue Impulse setzen zu können. Ebenfalls gilt es, ein eventuelles Auseinandertriften von Unterarbeitskreisen zu verhindern. Bei jenen ArbeitskreisleiterInnen, die alles selbst erledigen und nichts abgeben möchten, wird versucht, über verstärkten Kontakt durch die Betreuerin für Kontinuität in der Arbeit zu sorgen. Sobald sich mögliche Inaktivität des Arbeitskreises ankündigt, wird seitens der Betreuerinnen versucht, zu neuen Treffen einzuladen bzw. werden daraufhin quasi als Eskalationsstrategie Gespräche mit zuerst der Arbeitskreisleitung, den zuständigen Verantwortlichen in der Gemeindeverwaltung und dann dem/der BürgermeisterIn geführt. Eine etwaige Aberkennung des Titels „Gesunde Gemeinde“ ist bisher nicht vorgesehen, steht aber mittelfristig ebenfalls zur Debatte. Schlussendlich wird noch darauf verwiesen, dass ein vorgesehener Rückzug aus der Gemeindebetreuung nicht mit einem völligen Abbruch der Kontakte gleichgesetzt werden darf. Dies würde sich auf mehrere Arten als ungünstig erweisen: einerseits ginge dadurch der gegenseitige Austausch verloren (Angebote seitens des Landesteams, neue Entwicklungen seitens der Gemeinden), andererseits erweist es sich auch bei selbständig arbeitenden Gemeinden als willkommen, wenn ab und zu neue Impulse bzw. Ideen durch außen stehende Personen eingebracht werden. Seitens der Projektleitung wird im Zusammenhang mit der Betreuung explizit darauf verwiesen, dass ein Grund für das gute Funktionieren des Gesamtprojektes die professionelle und strukturierte Vorgehensweise der Betreuerinnen ist, denen es gelingt, die intendierte Vorgehensweise in den Arbeitskreisen aufrecht zu erhalten. Direkter Kontakt zur Bevölkerung besteht seitens der Gemeindebetreuerinnen eher nicht, bestenfalls auf Veranstaltungen, wo diese zugegen sind. Meist erfolgt ein Kontakt bzw. Feedback nur indirekt über den Arbeitskreis. Einzig die Ernährungsberaterin, welche weniger in die Arbeitskreise eingebunden ist, hat im Zuge von Vorträgen und Veranstaltungen mehr direkten Kontakt mit der Gemeindebevölkerung.

5.5.3 Sonstige Aufgaben des Landesteams Neben der Begleitung der Gemeinden hat jede Betreuerin auch noch zusätzliche Aufgaben, wobei als wichtigster Schwerpunkt die Arbeit im eigenen Spezialbereich zu nennen ist. Inhaltlich sind dies (zum Zeitpunkt der Erhebung) die Bereiche Psychosoziales (inkl. Frauengesundheit, SeniorInnen, Pflegende Angehörige), Sport/Bewegung, betriebliche Gesundheitsförderung sowie Suchtprävention.

5.5 Betreuungsleistung und Aufgaben des Landesteams

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Für den Bereich Ernährung (Betreuung der Ernährungserziehung in Schulen und Kindergärten, Vorträge und Kurse für Erwachsene, Projektbereich „Gesunde Küche“) gibt es eine eigene Mitarbeiterin, welche jedoch nicht in der Gemeindebetreuung (Begleitung der Gemeinden) aktiv ist. Inhaltlich gesehen sind die Mitarbeiterinnen vorwiegend für die Konzeptentwicklung sowie für Vernetzungsarbeit (Aufbau von Kooperationen) verantwortlich, nicht jedoch für die Durchführung der so entstehenden Angebote. (Als Ausnahme fungiert die Ernährungsexpertin, welche im Rahmen ihrer Kapazitäten auch Vorträge bzw. Schul-/ Kindergartenbesuche absolviert und diese Dienstleistungen teilweise auch in noch nicht zum Projekt gehörigen Gemeinden zur Verfügung stellt). Gegenüber den Gemeinden ist die Aufteilung so, dass jede Betreuerin in ihrer Gemeinde für alle angebotenen Bereiche zuständig ist, und erst, wenn sich über die bestehenden Konzepte hinausgehende Ansätze entwickeln, wird die jeweilige inhaltliche Expertin für die Weiterentwicklung eingeschaltet. Die Entwicklungsarbeit, welche von den Mitarbeiterinnen zu leisten ist, umfasst neben der inhaltlichen Konzeption sehr stark auch Recherchetätigkeit sowie die Ausarbeitung von Arbeitsmaterialien für die Gemeinden und die Darstellung der so entstandenen Angebote in Servicebroschüren usw. Wie erwähnt, gehört hierzu in gewisser Weise auch der Aufbau von Kontakten und Kooperationen (s. Tabelle 1), wobei dies aus Sicht der Mitarbeiterinnen als eigenständiger Arbeitsbereich dargestellt wird. Tabelle 1: Explizit erwähnte Kooperationspartnerschaften im Rahmen des Programms „Gesunde Gemeinde“ Amtsärzte/Amtsärztinnen ÄrztInnen in Gemeinden Ärztin in Abteilung ASKÖ AVS Caritas Landesverband der DiätologInnen

Fonds Gesundes Österreich Frauengesundheitszentrum Gebietskrankenkasse Katholisches Bildungswerk Kindergärten und Schulen Diätverband PhysiotherapeutInnen in den Gemeinden

pro mente SchulärztInnen Seminarbäuerinnen in den Gemeinden Verein „Große schützen Kleine“ Wirtschaftskammer & Wirte

Die dazu nötige Vernetzung spielt sich auf mehreren Ebenen ab: Auf Ebene der Gemeinden gehört dazu zunächst einmal die Vernetzung verschiedener AnbieterInnen von Dienstleistungen untereinander bzw. vor Ort, z.B. ÄrztInnen, TherapeutInnen, DiätassistentInnen, SchulärztInnen (in diesem Sinn also von Personalressourcen), etwa durch deren Koordination im Rahmen von Gesundheitstagen. Auf einer gemeindeübergreifenden Ebene gehört wohl auch die Vernetzung der Gemeinden untereinander dazu, auch wenn dies nicht so explizit als unmittelbare Vernetzungsaufgabe thematisiert wird.

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5 Ergebnisse zur Befragung des Teams auf Ebene des Landes Kärnten

Auf noch höherer Ebene stattfindende Vernetzung (zumeist landesweit) betrifft vorwiegend Institutionen, Organisationen und FachexpertInnen. Hier ist das erklärte Ziel die gemeinsame Entwicklung von Angeboten, um diese den Gemeinden quasi standardmäßig anbieten zu können: „Wir versuchen uns mit Anbietern, die wir in Kärnten haben, zu vernetzen; mit den Anbietern Konzepte zu entwickeln, damit die Palette der Gesundheitsförderung möglichst abgedeckt wird.“ (Interview I) Teilweise und bis zu einem gewissen Ausmaß bleibt die Leitungsfunktion für gemeinsame Angebote auch bei den KooperationspartnerInnen. Teilweise werden auch Kosten bzw. Marketingaufgaben durch die PartnerInnen übernommen (z.B. Schulungskosten, Werbemaßnahmen). Bleibt man bei der Analyse im Denkschema verschiedener Ebenen der Kooperation, dann ist festzuhalten, dass das Land zuweilen auch selbst Kooperationspartner ist, z.B. wenn Schulungen für DiabetikerInnen im Rahmen der Gesunden Gemeinde angeboten werden (diese sind als Angebot in derselben Unterabteilung der Landesabteilung 12 angesiedelt), oder bei den Maßnahmen im Rahmen der Suchtprävention (welche ebenfalls in der Landesabteilung 12 als eigene Unterabteilung angesiedelt ist). Gerade für diese zuletzt angesprochene Ebene (des Landes bzw. der Landesabteilungen) wird auch der Vorteil der zentralen Ansiedelung des Projekts in der Landessanitätsdirektion angesprochen (vgl. Kap. 5.1.5 „Kritik an der Eingliederung des Programms in eine Abteilung der Kärntner Landesregierung“): ein Status, welcher sich für den Aufbau von Kooperationen gut nutzen lässt. Ein weiterer Bereich der Vernetzung – wenngleich auch nicht im engeren Sinne der Kooperation – findet schließlich auch noch auf fachlicher Ebene statt. Hier geht es explizit um (inhaltlichen) Austausch mit FachkollegInnen in den jeweiligen Expertisebereichen bzw. auf Ebene des Projektleiters (s. Kap. 5.5.5 „Aufgaben der Projektleitung“) mit „Gesunde Gemeinde“ Programmen in anderen Bundesländern. Schließlich werden als restliche Aufgaben noch jene der Dokumentation – in den Unterlagen zu jeder Gemeinde, im Rahmen der eigenen Arbeit, in Projekthandbüchern – sowie diverse Büroaufgaben genannt. In einem Fall gehört hierzu auch die gesamte Büroorganisation der Außenstelle in Spittal/Drau. Weiters existiert noch der Bereich der Öffentlichkeitsarbeit (Erstellung der Gesunde Gemeinde Zeitung, von Foldern, von Materialien für Gemeindeveranstaltungen, Homepagegestaltung), welcher allerdings zunehmend abgegeben werden konnte, zuletzt an einen eigenen Mitarbeiter im Rahmen der Landesabteilung 12.

5.5 Betreuungsleistung und Aufgaben des Landesteams

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5.5.4 Bewertung der verschiedenen Arbeitsbereiche Zu den positiv bewerteten Gesichtspunkten in der täglichen Arbeit fallen zahlreiche Aussagen, welche die Gestaltung der Arbeitsabläufe betreffen. Das umfasst zunächst einmal die Offenheit und Gestaltbarkeit des Gesamtprojekts, was die Arbeit besonders spannend macht und eigene Freiräume lässt. Dazu gehört auch, dass man die eigenen Erfahrungen gut in die Arbeit einbringen kann, seien es berufliche Aus- und Fortbildungen oder private Hintergründe. Weiters geht es bei diesem Aspekt um die Möglichkeit, sehr selbständig arbeiten zu können, was sehr geschätzt wird: Vom Einbringen eigener Ideen über das Setzen eigener Ziele bis hin zur Aufgabengestaltung und der Verantwortung für eine erfolgreiche Umsetzung reicht hier das Spektrum. Letztendlich gehört zur Gestaltung der Arbeit auch die von allen erwähnte Zusammenarbeit in einem guten Team (s. Kap. 5.5.6 „Reflexion der Teamarbeit“). Weitere positive Aspekte der Arbeit beziehen sich auf konkrete Arbeitsaufträge, welche besonders Spaß machen bzw. zufrieden stellend sind. Hierzu gehören insbesondere die zahlreichen Kontakte und Netzwerke, die durch die Arbeit entstehen. Damit sind sowohl die Personen in den Arbeitskreisen als auch die KooperationspartnerInnen bei den verschiedenen Fixangeboten gemeint, und es geht dabei einerseits um die spannenden Erfahrungen, die man dabei machen kann, und andererseits um das persönliche Erfolgserlebnis, wenn es gelingt, die eigenen Anliegen (insbesondere die hohen theoretischen Ansprüche der Gesundheitsförderung) auf eine für die Adressaten verständliche Ebene zu bringen. Ein anderer positiv bewerteter Arbeitsauftrag ist die konzeptionelle Arbeit, die von den Betreuerinnen sowohl für das Gesamtprojekt als auch für den jeweiligen eigenen Schwerpunktbereich eingefordert wird. Diese Entwicklungsarbeit von Strategie und (allgemeinen sowie zielgruppenspezifischen) Angeboten wird als besonders lohnender Ausgleich für die alltägliche operative Arbeit gesehen. Daneben finden auch noch eher alltägliche Aufgaben Erwähnung, wie etwa die vorbereitende Planung für Arbeitskreise oder die Aufarbeitung von Veranstaltungen der Gesunden Gemeinden (im Sinne von Qualitätsmanagement bzw. Evaluation). Auf die Fragen, welche Dinge in der Arbeit als unzufrieden stellend erlebt werden, fallen bis auf eine Ausnahme die Antworten eher unterschiedlich aus. Ein Aspekt, der in mehreren Zusammenhängen auftaucht, und der deshalb auch eher bei den Schwierigkeiten mit Theorie und Praxis von Gesundheitsförderung behandelt wird (s. Kap. 5.7 „Theorie und Praxis der Gesundheitsförderung“), ist, dass es schwer fällt, das eigene Expertinnenwissen zurück zu halten und die Arbeitskreise selbst ihre eigenen Entscheidungen fällen bzw. Wege gehen zu lassen.

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5 Ergebnisse zur Befragung des Teams auf Ebene des Landes Kärnten

Andere Schwierigkeiten, die bei manchen der Betreuerinnen auftauchen, entspringen zeitweise aus der Aufgabe, immer wieder neue Dinge tun bzw. entwickeln zu müssen (im Sinne der breiten Aufgabengestaltung), sowie aus Problemen in der Interaktion mit den Gemeinden/Arbeitskreisen (Kommunikationsprobleme, Vorwürfe). Als andere wenig zufrieden stellende Aspekte des täglichen Arbeitsablaufes werden – jeweils von unterschiedlichen Befragten – genannt: das etwas vertreterhafte, erfolgsuchende verkaufen müssen von Gesundheitsförderungsideen gerade zu Beginn der Arbeit mit den Arbeitskreisen; die zahlreichen anstrengenden Fahrten und Abendtermine; das Sommerloch, welches sich bemerkbar macht; die Unsicherheit, welche Auswirkungen mögliche politische Veränderungen auf das Projekt haben könnten.

5.5.5 Aufgaben der Projektleitung Im Interview mit dem Projektleiter werden im Wesentlichen zwei Kernbereiche beschrieben, die erledigt werden. Dazu gehört in erster Linie die Führung des Projekts durch die Anwendung von Projektmanagementmethoden – eine Form, die gerade innerhalb einer Landesabteilung eher selten und unüblich ist, sich aber durch den Erfolg des Projekts rechtfertigt. In einer näheren Beschreibung werden vor allem die Aspekte Budgetierung (Budgeterstellung und -aushandlung mit Vorgesetzten), Personalressourcen (sowohl i.S. von Bereitstellung, also dem Bemühen um einen angemessenen Personalstand, als auch i.S. von Aufgabenverteilung bzw. Zuteilung der Gemeinden), Projektmarketing und Projektcontrolling (insbesondere Umsetzung und Zielerreichung, Abstimmung von Angebot und Bedarf) hervorgehoben. Als zweiten Kernbereich gilt es einzelne Aufgaben in der Gemeindebetreuung zu übernehmen. Das ist zunächst einmal die Präsentation des Projektes in neu interessierten Gemeinden. In weiterer Folge gilt es, durch die Anwesenheit bei größeren Veranstaltungen entsprechende Wertschätzung zu signalisieren. Schließlich gehört noch die Vermittlung bei auftretenden Krisen in der Gemeindebetreuung dazu, etwa wenn aufgrund eines Arbeitskreisleitungswechsels Probleme im Arbeitskreis entstehen, oder wenn ernsthafte Schwierigkeiten bzgl. der Logoverwendung/Öffentlichkeitsarbeit entstehen. Eine dritte wichtige Aufgabe ist die Herstellung von Vernetzung. Dies betrifft sowohl den weiter oben angesprochenen Aufbau von Kooperationen mit AnbieterInnen in Kärnten als auch die explizite Vernetzung mit anderen Bundesländern. Der Kontakt mit anderen „Gesunde Gemeinde“ Programmen erfolgt dabei – eingebettet in den Rahmen des Fonds Gesundes Österreich – über min-

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destens einmal jährlich stattfindende Treffen, wobei angemerkt wird, dass man einander auch im Rahmen anderer Veranstaltungen immer wieder trifft. Inhaltlich dienen diese Treffen vor allem dem Erfahrungsaustausch über positive und negative Entwicklungen auf allen Ebenen des Projekts, teilweise wird auch eine gewisse Abstimmung in den Themenschwerpunkten verfolgt. Für das Programm in Kärnten entsteht im Sinne der Vernetzung auch der Vorteil, dass anderswo entwickelte Maßnahmen und Programme übernommen bzw. auf die Anpassbarkeit für den Kärntner Raum geprüft werden können.

5.5.6 Reflexion der Teamarbeit Unisono wird die gemeinsame Arbeit im Team als wichtiger Arbeitsbereich betrachtet. Als Kernpunkt dienen dazu regelmäßige Teamsitzungen (im Abstand von 2 bis 4 Wochen), welche der gemeinsamen Abstimmung dienen und somit eine wichtige Funktion einnehmen. Die Inhalte der Sitzungen werden dabei möglichst an aktuelle Entwicklungen angepasst und haben neben einer koordinierenden bzw. standardisierenden Funktion (d.h. dass durch den gegenseitigen Austausch über Vorgehensweisen eine gemeinsame Linie entsteht) auch den Sinn, künftige Entwicklungen zu planen sowie Vergangenes zu reflektieren. Einzig in den Spezialbereichen der Betreuerinnen nimmt das Team eine untergeordnete Stellung ein – hier werden die Bereiche vorwiegend in Einzelarbeit betreut, und erst im Zuge einer möglichen Umsetzung in das Team gebracht. Die Sitzungen selbst werden als sehr strukturiert beschrieben. Dort wo notwendig, werden Arbeitsaufträge formuliert und teilweise auch Subteams gebildet. Die Subteams können auch externe Personen beinhalten, und über die Weiterführung bzw. Umsetzung der durch die Subteams entwickelten Module etc. entscheidet wiederum das Gesamtteam. Befragt nach der eigenen Rollensicht wird oftmals auf die eigene Aufgabenzuteilung verwiesen, welche klar verteilt ist und auch regelmäßig reflektiert bzw. im Sinne von Projektcontrolling adaptiert wird und mittlerweile sehr gut funktioniert. Auch die restlichen, von den Inhalten abstrahierenden Rollenbeschreibungen sind aufgabenorientiert: so schreiben sich zwei Teammitglieder eher die Rolle der Kritikerin zu, eine jene des Einbringens von Außensicht (bzw. Betrachtung mit Abstand), sowie eine als eher integrierend im Sinne der Schaffung einer gemeinsamen Sprache (bzgl. der Begrifflichkeiten zur Gesundheitsförderung). Als Teamstärken werden die gute Stimmung und die Teamstruktur hervorgehoben, welche in guter Zusammenarbeit mündet. Als ein wesentliches Element fungiert dabei die als offen, sachorientiert und gut funktionierend beschriebene

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Kommunikation, wo sich jeder einbringen kann und wo auch Kritik geäußert werden kann sowie drohende Konflikte meist schon vor ihrem Auftreten angesprochen werden. Als zweite Stärke wird durchwegs die unterschiedliche Zusammensetzung des Teams (i.S. von Interdisziplinarität) betont, was zu regem Austausch und auch zahlreichen Diskussionen führt, welche letztendlich die Arbeit sehr interessant machen bzw. dafür motivieren. Problematisch für die Teamarbeit werden zwei Aspekte gesehen, die sich aus der vorgegebenen Arbeitsorganisation ergeben: Zunächst einmal entstehen durch die räumliche Aufteilung des Teams auf Klagenfurt (wo zum Zeitpunkt der Interviewführung fünf Teammitglieder stationiert sind) und Spittal/Drau (zwei Teammitglieder) zahlreiche Kommunikationshemmnisse, welche die Teamstärke wieder abschwächen. Der zweite Aspekt betrifft die regelmäßige Befristung von Dienstverträgen, welche immer nur auf zwei Jahre ausgestellt werden und somit keine langfristige Arbeitsplatzsicherheit vermitteln. Dies erschwert einerseits die Personalplanung seitens der Projektleitung, führt aber andererseits auch zu möglicher Konkurrenz innerhalb des Teams bzw. zu zeitweiliger Verunsicherung und womöglich auch zu langfristiger Demotivierung. Sonstige verbesserungswürdige Aspekte werden nur vereinzelt angesprochen und beziehen sich auf die verbesserungswürdige Dokumentation der internen Teamarbeit (im Kontrast zur umfangreichen Dokumentation der Gemeindearbeit) sowie auf den Wunsch nach noch mehr Strukturiertheit und Abstimmung innerhalb des Teams.

5.5.7 Erfolg Als wichtiges Erfolgskriterium wird einheitlich das Erreichen der Gemeinden bzw. der Bevölkerung angesprochen. Auf Ebene der Bevölkerung bedeutet dies, dass einerseits ein hoher Bekanntheitsgrad des Programms „Gesunde Gemeinde“ erreicht wird, und dass andererseits eine tief greifende Sensibilisierung stattfindet, bei der die Wichtigkeit einzelner Kernbereiche bzw. der Sinn des ganzen Projekts erfasst wird. Auf Ebene der Gemeinden haben diese Entwicklungen großteils schon eingesetzt, was sich aus mehreren Indikatoren ablesen lässt: Einmal durch die Feststellung, dass bereits über die Hälfte der Kärntner Gemeinden am Projekt teilnehmen und dabei viele von sich aus anrufen (bzw. angerufen haben), um mitzumachen; und ein anderes Mal aus dem positiven Feedback durch die betreuten Gemeinden bzw. Arbeitskreise. Als besonders hervorzuhebendes Beispiel lässt sich die Mitteilung einer Arbeitskreisleiterin sehen, dass nach längerer Zeit kontinuierlicher Arbeit der Sinn von Gesundheitsförderung nun klar geworden ist:

5.5 Betreuungsleistung und Aufgaben des Landesteams

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„Das schönste war für mich in einer Gemeinde, die hat mich nach eineinhalb Jahren angerufen und gesagt: danke, jetzt habe ich erst kapiert, um was es geht.“ (Interview R) Erfolg ist weiters verknüpft mit dem erfolgreichen Umsetzen von Aktivitäten. Dabei beziehen sich die Aussagen einmal auf die Gemeinden, die selbständig Schritte und Pläne entwickeln und umsetzen sollen, möglichst unter Beteiligung der Bevölkerung, wo dieses Funktionieren der Arbeit als Erfolg betrachtet wird. Ein Detail dabei ist, wenn beobachtet werden kann, dass in einer Gemeinde erfolgreich zusammengearbeitet wird, was an sich schon als Erfolg gesehen werden kann. Andererseits bezieht sich der Aspekt der Umsetzung von Aktivitäten aber auch noch auf das Landesteam selbst: Hier geht es darum, dass einzelne Maßnahmen, wie z.B. das Preisausschreiben zum Gesundheitspreis, breit angenommen werden und hohe Beteiligung finden. Schwerpunktmäßig sprechen dabei die Betreuerinnen ihre jeweiligen Spezialbereiche an, d.h. dass für jede ein Erfolg ist, wenn Aspekte des jeweilig eigenen Bereichs verstärkt von den Gemeinden angenommen und umgesetzt werden. Zusätzliche Erfolgskriterien für die Arbeit mit den Gemeinden sind weiters die Einschätzung, ob die Kommunikation mit der Arbeitskreisleitung passt; das Gefühl, dass sowohl die Bevölkerung, die Gemeinde und die Betreuerinnen von der Zusammenarbeit profitieren; und letztendlich die Feststellung, dass bisher noch keine beigetretene Gemeinde wieder ausgetreten ist. Neben der direkten Arbeit mit den Gemeinden wird der Bereich der Vernetzungsarbeit ebenfalls als erfolgreich angesehen. Dazu gehören einerseits die gelungenen Kooperationen mit und Kontakte zu Institutionen, die als PartnerInnen in den verschiedenen Arbeitsbereichen des Gesamtprojekts in Frage kommen, und andererseits die gelungene politische Verankerung. Letztere schlägt sich in zunehmender Sensibilisierung politischer VerantwortungsträgerInnen nieder und findet seinen dauerhaften Ausdruck in der Erwähnung des Programms „Gesunde Gemeinde“ im aktuellen Regierungsprogramm der Kärntner Landesregierung genauso wie in der Verankerung des Projekts im Rahmen der Abteilung 12 der Kärntner Landesregierung. Begleitet werden Aussagen zum Erfolg in der Projektarbeit in einigen Interviews von der Feststellung, dass dieser vom jeweiligen Standpunkt der Betrachtung abhängt. Dies verweist auf die von manchen Betreuerinnen angesprochene Schwierigkeit, dass einheitliche Kriterien in verschiedenen Bereichen (Qualitätsstandards, Kriterien für die vorgesehene Ortstafelverleihung) fehlen. Parallel dazu stellt sich die Frage von Quantität vs. Qualität: Während eingestanden wird, dass das zahlenmäßige Erreichen der Gemeinde bzw. möglichst hohe TeilnehmerInnenzahlen bei Veranstaltungen der Gemeinden wichtig sind, steht auf der

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anderen Seite die Forderung, dass auf Qualität – in welcher Form auch immer – verstärkt geachtet werden soll.

5.5.8 Weiterführende Interpretation und Diskussion Man kann aufgrund der beschriebenen Betreuungssituation davon ausgehen, dass einerseits jede Betreuerin ihren eigenen Stil hat und aufgrund der nötigen Flexibilität für das Eingehen auf die Gemeinden auch einbringen kann, und dass andererseits doch gewisse standardisierte Schritte und Abläufe einzuhalten versucht werden. Es stellt sich aber nun die Frage, wie viel Flexibilität möglich und wie viel Standardisierung nötig ist. Offensichtlich wird auf Wunsch der Gemeinden auch komplett vom Vorgehen abgewichen, wobei wichtige Schritte (insbesondere die Situationsanalyse) dann nachzuholen versucht werden (vgl. die Vorgehensweisen bei LA 21 Gemeinden, Kap. 5.4 „Reflexion über ähnliche Programme in Kärnten“). Man kann also sagen, dass im Sinne von Empowerment die Entscheidung tatsächlich von den Gemeinden selbst getroffen werden, ohne aber die völlige Beliebigkeit Einzug halten zu lassen. Wenn also derartig viel Flexibilität zugelassen wird, dann muss die Sicherstellung der beabsichtigten Zielerreichung auf andere Weise erfolgen: Anstelle standardisierter Abläufe (so wie aktuell im Handbuch beschrieben) könnten auf Seiten der Gemeinden standardisierte Ziele treten. Diese Entwicklung scheint z.B. im Fall der LA 21 Gemeinden der Fall zu sein: man muss nicht mehr mit der Teamentwicklung in einem Arbeitskreis starten und sich zur Maßnahmenplanung langsam vorarbeiten um Gesunde Gemeinde zu werden, aber man muss zumindest irgendwann einen breiten Arbeitskreis einladen und man muss zumindest irgendwann eine Situationsanalyse und eine Maßnahmenplanung machen. Die Schlussfolgerung, die daraus gezogen werden könnte, wäre eine explizite Konkretisierung der Trennung von Prozesszielen und inhaltlichen Zielen, so wie es implizit ja schon vorhanden ist. Das könnte beispielsweise heißen, dass die inhaltliche Abwicklung weiterhin völlig frei bleibt (welche Art von gesundheitsfördernden Aktivitäten die Gemeinde durchführt), dass aber die organisatorischen Rahmenbedingungen durchaus (in Form von Zielen) festgelegt werden und somit eventuell auch als Qualitätsstandards gelten könnten. Derzeit ist dies einzig in folgender Ausgestaltung vorhanden: Die Gemeinde bekommt erst dann die Startförderung, wenn ein Maßnahmenplan entwickelt worden ist. Künftig wäre aber auch denkbar, dass weitere Kriterien (z.B. in Zusammenhang mit der Beibehaltung des Titels „Gesunde Gemeinde“) aufgestellt werden: regelmäßige Situationsanalysen, regelmäßige Neueinladung interessierter Personen in den Arbeitskreis, Einführung von Kommunikationsstrukturen usw.

5.5 Betreuungsleistung und Aufgaben des Landesteams

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Beim Versuch, die Gemeinden bei Inaktivität zu reaktivieren, wird in der vorliegenden Darstellung so etwas wie eine Eskalationsstrategie von unten nach oben aufgezeigt. Ob die Schritte allerdings tatsächlich immer in dieser Reihenfolge eingehalten werden (bzw. ob die Reihenfolge als solche überhaupt beabsichtigt ist), kann aus dem vorliegenden Material kaum geschlossen werden und ist deshalb nicht gesichert. Allerdings lässt sich durchaus die Empfehlung dazu ableiten, eine derartige Eskalationsstrategie einzuführen und auch im Zuge der Einführung von Qualitätskriterien diese bei bestimmten Abweichungen standardmäßig zu aktivieren. Von den Betreuerinnen wird immer wieder angesprochen, dass sie sehr viel Vernetzungsarbeit leisten, wobei die Tendenz besteht, jene Bereiche als „Vernetzung“ zu betrachten, die nicht die eigentliche Kernaufgabe betreffen. Damit ist gemeint, dass die Gemeindebetreuerinnen vorwiegend dann von Vernetzung sprechen, wenn es um Personen geht, die nicht in Arbeitskreisen involviert sind. Vernetzung findet hier also auf Ebene des Landes statt (mit Vereinen, Organisationen etc.). Lediglich eine der Betreuerinnen spricht auch dann von Vernetzung, wenn sie mit AnbieterInnen innerhalb der Gemeinden zu tun hat. Eine Vernetzung der Gemeinden untereinander wird generell nicht in diesem Zusammenhang angesprochen, sondern wird immer eher implizit (z.B. beim Thema Homepage), ist aber sicherlich vorhanden. Die Sichtweise, auch in Bezug auf die Gemeinden explizit von Vernetzung zu sprechen, erweist sich allerdings als fruchtbar, wenn man die Feststellung, dass man sich nicht völlig aus selbständig arbeitenden Gemeinden zurück ziehen sollte, mit einbezieht: Greift man auf die Ottawa Charta zurück, so wäre eine vollständige Loslösung kaum zufrieden stellend, weil gerade das Vermitteln und Vernetzen eine zentrale Forderung der Charta ist. Diese Forderung bedarf dabei der Umsetzung durch VermittlerInnen und kann nicht rein selbst organisiert sein, weshalb auch langfristig durchaus Platz für eine immer wieder stattfindende Kontaktaufnahme seitens des Landesteams mit selbständigen Gemeinden ist. Betrachtet man die inhaltliche Ebene, so ist es bei manchen Angeboten anscheinend so, dass diese über das Projektteam hauptsächlich "vertrieben" werden; d.h. die Ideen, Konzepte, Maßnahmen entstammen anderen Quellen und werden so, wie sie von dem/der „OriginalentwicklerIn“ erdacht wurden, angeboten. Hier macht es also auch Sinn, die Kooperation auf inhaltlicher Ebene zu betrachten, und zwar auf einer abgestuften Linie von „übernommenen“ über „adaptierten“ bis hin zu „gemeinsam neu entwickelten“ Angeboten. Wie an anderer Stelle angemerkt wird, ist ja gerade auch das inhaltliche Übernehmen von Konzepten und Maßnahmen ein erklärtes Ziel des Programms, damit nicht immer alles neu erfunden werden muss. Auch in diesem Sinn steht das Programm also eindeutig in der Tradition der Ottawa Charta.

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5 Ergebnisse zur Befragung des Teams auf Ebene des Landes Kärnten

Als besonders positiv gesehen werden von den Betreuerinnen jene Tätigkeiten, die eher weniger mit der alltäglichen Routinearbeit zu tun haben bzw. eher über diese hinausgehen. Gerade das konzeptionelle Arbeiten bzw. die neuen Erfahrungen, die aus dem Kontakte knüpfen entspringen, dürften wohl eher den kleineren Teil der Arbeitszeit ausmachen, wenn man sich das gesamte Arbeitsspektrum ansieht. Während diese Aspekte also eher als langfristige Motivation bzw. Abwechslung gesehen werden können, entfaltet sich die tägliche Motivation wohl vor allem auf dem Freiraum, den jede der Betreuerinnen in ihrem täglichen Arbeitsablauf genießt, und wo passend zur eigenen beruflichen wie biographischen Laufbahn individuelle Schwerpunkte und Fertigkeiten eingebracht werden können. Da es sich bei den wenig zufrieden stellenden Aspekten – mit Ausnahme der Anstellungsbefristungen – eher um individuelle Problemstellungen handelt, lassen sich kaum allgemeine Schlüsse ziehen. Die einzige übergreifende Aussage, die sich treffen lässt, ist, dass zwei Grundtendenzen zugrunde liegen: Nur bis zu einem gewissen Grad geht es um Schwierigkeiten, die vorwiegend den eigenen Arbeitsstil betreffen (und hier vor allem Probleme im Bereich von Interaktion und Kommunikation mit verschiedenen AnsprechpartnerInnen). Zum überwiegenden Teil scheint es sich um aus der Gesamtstruktur ergebende Schwierigkeiten zu handeln, die vor allem der Außenorientierung entspringen. Mit Außenorientierung ist gemeint, dass sich die Arbeitsabläufe der Mitarbeiterinnen in ihrer Struktur an den Gemeinden und an der Freiwilligkeit/Selbstbestimmtheit der Arbeitskreismitglieder orientieren. Dies führt letztendlich zu den zeitbezogenen Belastungen (Abendtermine, Sommerloch), sowie zur „VertreterInnenOrientierung“. Als einziger doppeldeutiger Aspekt lässt sich die freie und eigene Aufgabengestaltung sehen, welche einerseits den Vorzug ermöglicht, seine eigenen Ideen einbringen zu können, andererseits aber manchmal auch die Frustration mit sich bringt, immer wieder Neues tun zu müssen. Die Einführung von Projektorientierung bzw. von Projektmanagementmethoden in staatliche Verwaltungsapparate entspricht den Prinzipien des „New Public Management“ auf der einen und den Forderungen der Gesundheitsförderungsbewegung auf der anderen Seite. In diesem Sinn dient dies zur Rechtfertigung – und der Erfolg scheint dafür zu sprechen – gegenüber Kritik daran, dass ein Gesundheitsförderungsnetzwerk innerhalb der Landesstruktur aufgebaut wird (vgl. Kap. 5.1.5 „Kritik an der Eingliederung des Programms in eine Abteilung der Kärntner Landesregierung“). Andererseits stellt sich durchaus die Frage, wie sehr sich ein solches Modell auch langfristig innerhalb des Verwaltungsapparates durchsetzen kann. Die bewusst eingeführte Trennung in Managementfunktion seitens der Projektleitung und in Expertenfunktion seitens der Betreuerinnen

5.5 Betreuungsleistung und Aufgaben des Landesteams

141

ermöglicht dabei eine Verknüpfung, welche die Loslösung der inhaltlichen Arbeit von verwaltungstechnischen Abläufen glaubwürdig macht. In diesem Sinn übernimmt das Projektmanagement eine Pufferfunktion, die Bürokratie abfängt und projektorientiertes Arbeiten in der Betreuung ermöglicht. Der Projektleiter berichtet, selbst rein für Projektmanagement zuständig zu sein und die Expertise in der Gesundheitsförderung den Betreuerinnen zu überlassen. Für eine allgemeine Übertragung auf Gesundheitsförderungsprojekte stellt sich damit die Frage, wie viel Expertise in Gesundheitsförderung nun für eine erfolgreiche Projektleitung tatsächlich eingebracht werden muss. Um etwa im Fall der Gesunden Gemeinden vor allem auch der Vernetzungsfunktion nachkommen zu können, scheint ein Mindestmaß an Fachwissen vonnöten, damit die inhaltliche Koordination bei Vernetzungstreffen wahrgenommen werden kann. In diesem Sinn kann also – im Gegensatz zum oben Angedeuteten – nicht von einer völligen Trennung von Management und Expertise ausgegangen werden. Dass dem in dieser Form auch nicht so ist, zeigt sich aus dem berufsbiographischen Hintergrund des Projektleiters, der selbst ursprünglich einem Gesundheitsberuf entstammt und somit durchaus über Expertenwissen zum Thema Gesundheit verfügt. Insgesamt gesehen wird die Teamarbeit als überaus positiv und zufrieden stellend beschrieben, wobei die Sichtweise der Teammitglieder sehr einheitlich ist. Bezüglich der eigenen Rollenzuschreibungen wird deutlich, was auch an anderer Stelle immer wieder in den Vordergrund tritt: die ausgesprochene Sachorientierung, welche im Team herrscht. Dies spiegelt sich im Fall der Rollenbeschreibung darin wieder, dass zumeist auf die auf Aufgabenerfüllung orientierte Funktion von kritisch sein bzw. Abstand nehmen verwiesen wird. Weiters wird noch auf das Schaffen einer gemeinsamen Kommunikationsbasis aufmerksam gemacht, welche sich aber ebenfalls über den Inhalt „Gesundheitsförderungsbegrifflichkeiten“ an der Aufgabenerfüllung orientiert. Als für die Teamarbeit problematisch angesprochen werden ausschließlich Aspekte, welche sich dem Einflussbereich des Teams komplett zu entziehen scheinen: die räumliche Aufteilung sowie die befristeten Anstellungen. Betrachtet man abschließend die Erfolgskriterien insgesamt, so scheinen diese sehr unterschiedlich bzw. individuell angelegt zu sein, was sich in teilweise unterschiedlichen Ansprüchen an die Arbeit niederschlägt. Dass diese Unterschiedlichkeit durchaus bewusst ist, äußert sich in der immer wieder vorkommenden Aussage, dass verschiedenste Kriterien (Qualitätsstandards, An- und Aberkennung des Titels „Gesunde Gemeinde“ usw.) erst entwickelt werden müssen. Bis zu einem gewissen Ausmaß ist damit auch verknüpft, dass anscheinend keine längerfristigen, fixen Etappenziele existieren, die als Erfolg zu verbuchen wären. Etappenziele gibt es nämlich nur für die Einstiegsphase (z.B. Errich-

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5 Ergebnisse zur Befragung des Teams auf Ebene des Landes Kärnten

tung eines Arbeitskreises, Festlegung eines Maßnahmenplans), welche mit der Startförderung ihren Abschluss findet. Ab dann sind die Ziele nur mehr vage formuliert, wodurch sich auch die resultierende Unsicherheit über den Erfolg und Misserfolg der täglichen Arbeit ergeben dürfte. (Zur Diskussion um Qualitätsstandards bzw. Erfolgskriterien siehe Kap. 5.6 „Entwicklungsperspektiven und Zukunft des Programms“).

5.6 Entwicklungsperspektiven und Zukunft des Programms Insgesamt herrscht die Perspektive vor, dass sich das Projekt in den nächsten Jahren ebenso erfolgreich weiterentwickeln wird wie bisher. Langfristiges Ziel wäre die flächendeckende Umsetzung in ganz Kärnten, wobei sich der überwiegende Großteil der Gemeinden mit dem Programm identifizieren können soll, da auch weiterhin die Notwendigkeit für Gesundheitsförderung steigen dürfte. Inhaltlich gesehen gehört zu den wichtigeren Zukunftsperspektiven in der Gemeindebetreuung die Qualifizierung der Programmbeteiligten in den einzelnen Gemeinden. Vorstellbar wäre hier, ein systematisches Schulungsprogramm anzubieten bzw. über eine zunehmende Einbindung der Beteiligten in Veranstaltungen und Seminare z.B. des FGÖ oder auch über die Schaffung von regionalen ArbeitskreisleiterInnentreffen Fortbildung zu organisieren. Ein wichtiger Bereich der Qualifizierung ist Projektmanagement, welches künftig stärker vermittelt werden soll. Im Vordergrund stünde dabei das Schaffen von Bewusstsein für – sowie die Umsetzung von – zielorientiertem Arbeiten mit entsprechender Dokumentation und möglichst auch anschließender Evaluation. Momentan wird in den Gemeinden teilweise eher unreflektiert projektorientiert gearbeitet, d.h. dass Planung eher zufällig stattfindet, dass Dokumentation eher zufällig stattfindet, dass auch Erfolg häufig unreflektiert stattfindet. Besonders augenscheinlich wird dieses Defizit im Rahmen des Gesundheitspreises, welcher aus der Idee der Vernetzung initiiert wurde. Hier zeigt sich zunehmend, dass manche Gemeinden Schwierigkeiten haben, ihre Projekte einzureichen, und dass dies damit zusammenhängt, dass keine ausreichende Dokumentation stattgefunden hat. Es wurde in Zusammenhang mit Preisverleihungen seitens der Gemeinden schon Kritik geäußert, dass man ähnliche Projekte wie die prämierten durchgeführt habe (bzw. sogar bessere); dem wird seitens der Betreuerinnen entgegengehalten, dass aufgrund fehlender Dokumentation keine Einreichung für den Gesundheitspreis stattgefunden hatte bzw. stattfinden konnte. In dieser Hinsicht wird gerade auch der Gesundheitspreis als Möglichkeit gesehen, die Gemeinden zu mehr systematischem Projektmanagement anzuregen.

5.6 Entwicklungsperspektiven und Zukunft des Programms

143

In Zusammenhang mit Qualifizierung und Projektorientierung ist auch geplant, eine stärkere regionale Vernetzung zu erreichen, genauer eine Schaffung von „gesunden Regionen“ durch das Zusammenfassen von Gesunden Gemeinden. Hier herrscht teilweise das Verständnis, dass benachbarte Gemeinden oft mit den gleichen (regionalspezifischen) Problemen konfrontiert sind und dass es hier sinnvoll wäre, nicht zuletzt aus Ressourcengründen, eine gemeinsame Vorgehensweise zu erreichen und Vernetzung stattfinden zu lassen. Alternativ wäre auch eine Zusammenfassung der Gemeinden nach ähnlichen „Entwicklungsstufen“ in der Umsetzung von Gesunde Gemeinde Aktivitäten. Diese regionale Zusammenfassung wird auch als Chance für eine – in Folge des rasanten Zuwachses in den letzten beiden Jahren notwendig gewordene – Konsolidierung des Projekts gesehen. Ebenfalls ein Thema für die Weiterentwicklung des Projekts ist die Erarbeitung von Qualitätsstandards bzw. Qualitätskriterien, wobei man derzeit erst am Beginn der Diskussion dazu steht. Hier geht es zunächst einmal darum, Kriterien für die (geplante) Verleihung der Ortstafel „Gesunde Gemeinde“ bzw. für deren eventuelle künftige Aberkennung zu entwickeln. Qualitätskriterien an sich wären aber auch wichtig für die verbesserte Erfolgsfeststellung im Programm selbst und werden deshalb als notwendig erachtet. Ausgangspunkt bildet ein gewisser, als vorhanden gesehener Standard in der Gemeindebetreuung, wo aber die einzelnen Aspekte erst explizit gemacht werden müssen. Qualitätsaspekte könnten dabei einerseits bei der WHO zu finden sein, andererseits stehen aber auch viele projektmanagementorientierte Aspekte in Frage (bzgl. Arbeits- und Kommunikationsstrukturen, Kontinuität, Zielgruppen-/Bedarfsorientierung, Zusammensetzung der Arbeitskreise). Überlegenswert wäre auch eine gewisse Losgelöstheit der Arbeitskreise von der Gemeindepolitik bzw. das Fernhalten von Kommerzialisierung (bzw. kommerzieller Anbieter) aus dem Programm und den Einzelprojekten. Ein dritter Bereich wäre die vertiefte Einbindung in eine Gesamtstrategie des Landes bzw. der Abteilung mit entsprechender Einbettung in interne Kommunikation bzw. einer noch stärkeren Einbindung von Gesundheitsförderung bzw. „Gesunde Gemeinde“ in die Landespolitik. Mit Hinweis auf die Auseinandersetzung von Theorie und Praxis (vgl. Kap. 5.7 „Theorie und Praxis der Gesundheitsförderung“) wird aber durchaus auch kritisch gesehen, dass gewisse Ziele bzw. Qualitätsaspekte nicht bzw. kaum messbar sind (z.B. die angestrebte Bewusstseinsveränderung von BürgerInnen in den Gemeinden), so dass man letztendlich auf die eigene Einschätzung „das war gut“ angewiesen ist.

144

5 Ergebnisse zur Befragung des Teams auf Ebene des Landes Kärnten

5.6.1 Weiterführende Interpretation und Diskussion Aus der Dynamik der Anfangszeit heraus herrscht große Zuversicht, was den Gesamterfolg des Projektes betrifft. So wie sich auch in den meisten anderen Bereichen eine überwiegend positive Bewertung ergibt, erscheint die Zukunft Erfolg versprechend. Dieser Erfolg ist gleichzeitig Garant für eine Weiterführung in welcher Form auch immer. Dabei bleibt jedoch nicht das Bewusstsein auf der Strecke, dass zur Sicherstellung des Erfolgs noch wichtige Schritte gesetzt werden müssen. Dazu gehört als wesentlicher Bestandteil die Sensibilisierung für den Einsatz von Projektmanagementmethoden in den Arbeitskreisen, und als deren dringlichste Maßnahmen jene der Dokumentation und der Öffentlichkeitsarbeit. Um dem rasanten Wachstum des Projekts gerecht zu werden und eine langfristige Sicherung des Erfolgs zu erreichen, stehen zwei Vorhaben an: Zuerst einmal die Zusammenfassung in Regionen, welche nicht nur inhaltlich („regionale“ Gesundheitsförderung) interessant scheint, sondern welche auch zu einer effizienteren Betreuung der Gemeinden führen kann (im Rahmen des ohnehin geplanten Rückzugs der Betreuerinnen aus der Mitarbeit in den Arbeitskreisen, sobald die Gemeinden eigenständig arbeiten). Die zweite Maßnahme zur langfristigen Absicherung ist die Entwicklung von Qualitätskriterien und das Monitoring von zu erreichenden Qualitätsstandards bzw. -zielen. Als Sammlung möglicher (quantitativer sowie qualitativer) Kriterien sei an dieser Stelle angeführt (inkl. der Einbeziehung der Aussagen zum Kap. 5.5.7 „Erfolg“): Bekanntheit ƒ des Projekts … ƒ der Projektziele … ƒ der Angebote … ƒ der Idee von Gesundheitsförderung … … bei GemeindebürgerInnen, ev. auch bei GemeindepolitikerInnen Umsetzung durch die Gemeinden ƒ ƒ

Beteiligung der jeweiligen Zielgruppen in den Gemeinden (z.B. im Arbeitskreis, bei der Maßnahmenerstellung etc.) Erstellen und Einhalten des Maßnahmenplans, Durchführung der Maßnahmen

5.7 Theorie und Praxis der Gesundheitsförderung ƒ ƒ ƒ ƒ ƒ

145

Übernahme und Neuentwicklung von Angeboten (ev. nach verschiedenen Bereichen aufgeteilt) Dokumentation Zusammensetzung und kontinuierliche Arbeit des Arbeitskreises etablierte Kommunikationsstrukturen in der Gemeinde Bedarfsorientierung und Freiheit von politischen und kommerziellen Interessen

Kooperation ƒ ƒ ƒ

Kommunikation Gemeinde – Betreuerin externe Kooperationspartnerschaften (Anzahl und Intensität) Verankerung in Politik und Strategie auf Landesebene

5.7 Theorie und Praxis der Gesundheitsförderung Als theoretischer Ausgangspunkt bedienen sich die Betreuerinnen der WHOKonzepte von Gesundheit und Gesundheitsförderung. Dies bedeutet den Rückgriff auf eine biopsychosoziale Gesundheitssichtweise sowie die Vorgaben der Ottawa-Charta, mit einer starken salutogenetischen Grundlage, also der Orientierung an der Entstehung von Gesundheit im Gegensatz zur Entstehung von Krankheit. Es herrscht zwar einerseits schon so etwas wie eine gemeinsame Sprache innerhalb des Landesteams (vgl. Kap. 5.5.6 „Reflexion der Teamarbeit“), auf der anderen Seite wird aber eingestanden, dass der theoretische Hintergrund an sich bisher noch wenig im Team diskutiert wurde bzw. dass die praktische Umsetzung sehr stark selbst entwickelt stattfindet (angelehnt an das oberösterreichische Gesunde Gemeinde Modell). Wichtig ist entsprechend des gesamten Programmhintergrundes auch der Settings-Ansatz, wobei die Eingebundenheit einer Person in ihre Gemeinde eine wichtige Rolle spielt, weil Alltagseinflüsse auf die Person wirken. Dies wird aber kombiniert mit einer starken Akzentuierung von Verhaltensansätzen, wenn die Betonung darauf liegt, dass Wissen alleine nicht ausreicht, sondern auch entsprechendes Bewusstsein geschaffen werden muss, und dass Lebensstil/Lebensweise und Lebensqualität eine wichtige Rolle in der Gesundheitsförderung spielen. Als spezielle Konzepte, mittels derer Gesundheitsförderung umgesetzt werden kann, werden in erster Linie Empowerment und Partizipation ins Gespräch gebracht. Diese Sichtweise äußert sich vorwiegend im Konzept der Begleitung der Gemeinden durch die Betreuerinnen, was im Sinne von Empowerment heißt, dass die Gemeinden letztendlich selbst entscheiden müssen, welche Schwer-

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5 Ergebnisse zur Befragung des Teams auf Ebene des Landes Kärnten

punkte sie setzen und welche Aktivitäten sie durchführen wollen. Dabei herrscht das Verständnis, dass diese Haltung ganz wichtig für die Akzeptanz der getroffenen Maßnahmen innerhalb der Gemeinde ist und den Kernpunkt von Empowerment darstellt. Dieses Begleiten stellt auch gleichzeitig eine der schwierigsten Herausforderungen für die Betreuerinnen selbst dar, welche immer wieder betonen, dass es nicht leicht sei, immer geduldig zu sein und die Entwicklung von eigenen Lösungen abzuwarten, da man selbst immer Vorschläge sofort parat hätte und Angebote sofort zur Verfügung stellen könnte (vgl. Kap. 5.5.4 „Bewertung der verschiedenen Arbeitsbereiche“). Damit schlägt sich auch die Brücke zur Idee der Partizipation. Ansatz des Programms ist es dabei, die Gemeinden nicht nur selbst entscheiden, sondern auch selbst entwickeln zu lassen. Viele Gemeinden wollen auch explizit, dass die Bürger im Ort selbst gestalten können, so dass das breite Einbinden und Beteiligen eines großen TeilnehmerInnenkreises sich durchgängig im Konzept niederschlägt (vgl. Kap. 5.2 „Der Weg zur Gesunden Gemeinde“). Dadurch wird gerade die Umsetzung des Programms auch sehr abhängig von der Bereitschaft zur (Mit-)Arbeit durch die Gemeinden; gleichzeitig ist es aber nur so möglich, den Vorteil der Programmteilnahme für die eigene Gemeinde entsprechend auszuarbeiten. Außerdem lässt sich hier im Zusammenhang mit dem Generalthema Gesundheit feststellen, dass sich hier sehr viel Engagement auftut und dass sehr viele Personen alleine aufgrund des Themas zur freiwilligen Mitarbeit zu bewegen sind. Eine wichtige Rolle spielt auch der Prozessgedanke, im Sinne einer Umsetzung von Gesundheitsförderung in sehr kleinen Schritten, die auch immer wieder bewusst niedrigschwellig gehalten werden. Damit ist gemeint, dass gerade zu Beginn der Arbeit mit einer Gemeinde durchaus akzeptabel ist, wenn nur kleine, vereinzelte Aktionen organisiert werden. Man wartet ab und versucht, dass sich das Angebotsspektrum mehr und mehr erweitert und Maßnahmen auch immer im Sinne von längerfristigen Teilprojekten entwickelt werden. Neben diesem Entwicklungsprozess wird auch immer wieder betont, dass die Nachhaltigkeit von Maßnahmen wichtig sei. Bei Beispielen für Nachhaltigkeit wird immer wieder ein Zeitbezug gesetzt, d.h. dass es darum geht, dass Arbeitskreise regelmäßig stattfinden, dass Arbeitskreise lebendig gehalten werden, dass regelmäßige Aktivitäten wie z.B. Stammtische eingerichtet werden. Vereinzelt wird auch auf strukturelle Veränderungen hingewiesen, wie z.B. die Einrichtung eines Jugendvertreters im Gemeinderat (als Ergebnis der Aktivitäten des Arbeitskreises), oder die Errichtung von z.B. Fitnessparcours die gemeinsam gestaltet werden. In diesem Sinne eher kritisch gesehen werden kurzfristige, eher singulär stattfindende Aktivitäten wie z.B. Gesundheitsfeste zu Schulschluss.

5.7 Theorie und Praxis der Gesundheitsförderung

147

Als Schwierigkeiten der Auseinandersetzung mit Theorie und Praxis bzw. durch die Beobachtung der Umsetzungsfähigkeit theoretischer Aspekte tun sich vor allem Probleme mit definitorischen Abgrenzungen auf. Einerseits wird der Gesundheitsbegriff selbst als problematisch gesehen, wenn es um eine zu enge Ausrichtung auf Wohlbefinden und Beschwerdefreiheit geht, andererseits aber auch die Abgrenzung von Prävention und Gesundheitsförderung (s.u.). Weiters sieht man sich auch von den wirtschaftlichen und natürlichen Gegebenheiten im Bundesland Kärnten konfrontiert, wo einerseits die Natur als Ressource sehr hochwertig ist und somit eine positive Grundlage für Gesundheit ohnedies gegeben scheint, wo andererseits aber auch gleichzeitig gesundheitsbezogene Themen oftmals wirtschaftlichen Problemen eindeutig nachgeordnet sind. Die Abgrenzung von Prävention und Gesundheitsförderung erscheint in der Praxis kaum durchführbar: Im weitesten Sinne geht es um die Gesunderhaltung des Körpers, welche allerdings nicht trennbar gerade von Primärprävention ist. Demgegenüber wird die Arbeit im Setting als ausschlaggebend betrachtet, die Einschränkung auf Gesundheitsförderung an sich spielt dabei eher eine untergeordnete Rolle. In der Praxis schlägt sich das eben dadurch nieder, dass ein möglichst niedrigschwelliges Angebot bedarfsorientiert an möglichst viele GemeindebürgerInnen gemacht werden soll, ohne allzu sehr auf theoretische Aspekte zu achten. Das heißt, dass hier durchaus auch ein „Sammelsurium“ (Interview T) von Maßnahmen entstehen kann, das allerdings in seiner Gesamtheit wieder als Gesundheitsförderung im ureigensten Sinn betrachtet werden kann: „Ich sage dann immer, die Gesunde Gemeinde, das, was bei uns bei einem GesundeGemeinde-Prozess passiert, das ist für mich Gesundheitsförderung. Das ist der Arbeitskreis, das ist Partizipation, das ist Nachhaltigkeit, man kann Geschlechtsspezifik hinein bringen. Alles Kriterien der Gesundheitsförderung. […] diese Entwicklung ist per se Gesundheitsförderung.“ (Interview T)

Als einziges praktisches Instrument, welches die Übereinstimmung von theoretischen Kriterien der Gesundheitsförderung mit den Aktivitäten und Maßnahmen der Gemeinden in der Praxis herstellen kann, dient letztlich die Situationsanalyse im Rahmen der ersten Arbeitskreissitzungen einer Gesunden Gemeinde, so dass Bedürfnis- und Bedarfsorientierung stattfinden kann. Mit der Problematik von Theorie und Praxis in engem Zusammenhang steht auch, dass es teilweise schwierig ist, den Anspruch von Gesundheitsförderung immer verständlich zu machen. Ein wichtiger Lerneffekt aus der Vergangenheit (Vorläuferprojekt „Proges“) ist, möglichst auf Fachsprache zu verzichten und eine Sprache zu suchen, die in den Gemeinden verstanden wird, bzw. dass den Gemeinden vermittelt wird, dass es nicht vorwiegend darum geht, hoch anspruchsvolle Ambitionen durchsetzen zu wollen. Dazu gehört auch, dass Aktivi-

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5 Ergebnisse zur Befragung des Teams auf Ebene des Landes Kärnten

täten und insbesondere Vorträge so gestaltet sind, dass sich jeder Teilnehmer/jede Teilnehmerin daraus etwas mitnehmen kann. Deshalb und mit Verweis auf den gewählten „Weg der kleinen Schritte“ ist es aus Sicht der Betreuerinnen auch ganz wesentlich, dass ein „Umdenkprozess“ in den Gemeinden initiiert wird bzw. stattfindet. Der Umdenkprozess ist dabei als eher langfristig zu sehen: Er kann erst aus der Eigendynamik innerhalb der Gemeinde erwachsen, wobei es oftmals gilt, zuerst die eigenen Sichtweisen von Gesundheit zu adaptieren, da oftmals noch krankheitsorientierte bzw. biomedizinisch ausgerichtete Standpunkte vorherrschen. Wichtig ist auch zu vermitteln, dass Gesundheitsförderung nicht mit hohen Kosten verbunden sein muss. Im Gegenteil wird durch den niedrigschwelligen Ansatz, durch das sich zufrieden geben auch mit kleinen Aktionen, sowie durch das zufrieden sein mit Maßnahmen, die vielleicht eher im Präventivbereich anzusiedeln sind, erreicht, dass mit geringen Kosten viele Bürger erreicht werden können. Nicht zuletzt zeigt gerade die Erfahrung, dass die Beteiligung der Arbeitskreismitglieder an den geplanten Aktivitäten oftmals dazu führt, dass die Kosten im Vergleich zum Gebotenen eher gering sind. Als weiterer langfristiger Versuch des Umdenkens wird auch angestrebt, dass nicht mehr so sehr in quantitativen sondern auch in qualitativen Erfolgsvorstellungen gedacht wird. Es sollte also nicht nur wichtig sein, dass möglichst viele GemeindebürgerInnen zu den Veranstaltungen kommen, sondern es sollte auch als wichtig erachtet werden, wenn einige wenige aber dafür wichtige Zielgruppen erreicht werden können. Generell spielt die Zielgruppenproblematik eine Rolle für den Gesamterfolg der Arbeitskreise, wo es darum geht, die GemeindebürgerInnen in ihrer Gesamtheit zu erreichen. Andererseits wird es durchaus als schwierig angesehen, besonders bedürftige Zielgruppen anzusprechen (insbesondere wird bei Erwachsenen die Aufteilung in verschiedene Zielgruppen als schwierig angesehen), was aber gerade in der nach wie vor vorhanden Anfangsphase des Gesamtprojektes noch eine eher untergeordnete Rolle zu spielen scheint. Insgesamt wäre es gerade für die Betreuerinnen hier auch interessant herauszufinden, welche Maßnahmen die Akzeptanz bei der Bevölkerung besonders erhöhen. Als beliebteste Themen in der Praxis erweisen sich Ernährung und Bewegung, die als typische Ergebnisse aus den Maßnahmendiskussionen der Arbeitskreise hervorgehen, alle anderen Aktivitäten sind sehr unterschiedlich zwischen den Gemeinden. Von Seiten der Betreuerinnen wird allerdings immer wieder versucht, neue Akzente in die Arbeitskreise zu bringen, wie zur Zeit im Rahmen des Schwerpunktes „Psychosoziales“. Letzter Punkt in der Auseinandersetzung von Theorie und Praxis ist der Aspekt der gegenseitigen Vernetzung von bzw. die Konkurrenz zwischen den Gesunden Gemeinden. Hier herrschen widersprüchliche Erfahrungen seitens der

5.7 Theorie und Praxis der Gesundheitsförderung

149

Betreuerinnen: Manche Betreuerinnen sehen durchaus Vernetzungstendenzen, insbesondere im Rahmen von Gesundheitstagen, bei der gegenseitigen Erkundigung über mögliche bzw. schon gesetzte Aktivitäten (direkt oder über Vermittlung durch die Betreuerin). Aus diesem Grund wurde ja nicht zuletzt auch die Homepage geschaffen, damit eben ein Anreiz vorhanden ist, sich gegenseitig zu vernetzen und nicht alles selbst erfinden zu müssen, wobei die Akzeptanz der Homepage noch nicht im gewünschten Ausmaß vorhanden ist (vgl. Kap. 5.1.3 „Zielerreichung“). Auf der anderen Seite herrschen aber auch sehr skeptische Sichtweisen über die Vernetzung, welche eigentlich gar nicht funktioniert bzw. wo bestenfalls durch einige großzügige ArbeitskreisleiterInnen ein paar Tipps weiter gegeben werden. In diesen Gemeinden wird sehr stark das Konkurrenzdenken der Gemeinden bzw. BürgermeisterInnen untereinander als im Vordergrund stehend gesehen, was auch dem Plan der regionalen Zusammenfassung der Gesunden Gemeinden derzeit etwas entgegen zu stehen scheint (vgl. Kap. 5.6 „Entwicklungsperspektiven und Zukunft des Programms“). In diesem Zusammenhang wird auch der Gesundheitspreis erwähnt, der als Gefahrenpotential gesehen wird, noch mehr Konkurrenz entstehen zu lassen bzw. dass in der Folge noch mehr versucht wird, eigene Aktivitäten für sich zu behalten.

5.7.1 Weiterführende Interpretation und Diskussion So wie in der Betreuung der Gemeinden Individualität herrscht, zeigt sich auch beim theoretischen (Selbst-)Verständnis ein großer Spielraum für eigene Interpretationen. Während der Rahmen „WHO“ für alle klar ist, zeigt sich bei der konkreten Wichtigkeit verschiedener Konzepte eine breite Streuung. Damit ist gemeint, dass zwar alle gängigen Ansätze, die in der Gesundheitsförderung diskutiert werden, vorkommen, aber von den Betreuerinnen in unterschiedlichem Ausmaß genannt werden. Mit anderen Worten: jede Betreuerin hat ihr eigenes Profil bzw. Repertoire an Konzepten, die ihr wichtig sind, und die Profile sind durchaus unterschiedlich; aber in der Gesamtheit sind alle gängigen Ansätze der Gesundheitsförderung vorhanden. Gerade im Rahmen der Interpretation war es teilweise schwierig, die verwendeten „speziellen“ Konzepte herauszuarbeiten und mit Bedeutung zu füllen. Dies verweist auf eine gewisse Unschärfe bzw. „Schwammigkeit“ der Begriffe, die allenthalben in der Gesundheitsförderung verwendet werden. Betroffen sind zunächst einmal die Begriffe „Empowerment“ und „Partizipation“, die sich als inhaltlich nahe verwandt darstellen (bzw. einander stark überschneiden) und wo auch ähnliche Beispiele angeführt werden:

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5 Ergebnisse zur Befragung des Teams auf Ebene des Landes Kärnten „Aber das wesentliche ist eigentlich die Begleitung in den Arbeitskreisen und dann schauen, was organisiert man jetzt. Es ist sicherlich so, dass viel selbst organisiert wird, das ist ja auch der Sinn von Gesundheitsförderung, eben Empowerment“ (Interview V) „Dass die [die Gemeinde, Anm.] dann eben auch die Leute unterstützen, die was tun wollen. Ja der partizipative Ansatz ganz sicher auch, dass da nicht nur, dass da nur zwei Damen oder zwei Herren sagen, das und das passiert, sondern dass man wirklich versucht, möglichst viele in das Boot zu holen und gemeinsam zu entwickeln.“ (Interview T)

Noch schwieriger stellen sich die Begriffe „Prozess“ und „Nachhaltigkeit“ dar, welche zwar immer wieder angesprochen, jedoch selten direkt mit Inhalt gefüllt werden. Aus der Verwendung der Begriffe in gleich bleibenden Zusammenhängen lässt sich schließen, dass mit „Prozess“ das Aufeinanderfolgen der verschiedenen Etappen von Antragstellung bis hin zur Startförderung bzw. darüber hinaus zur Umsetzung geplanter Maßnahmen gemeint ist (vgl. Kap. 5.2 „Der Weg zur Gesunden Gemeinde“). Nachhaltigkeit erscheint im Lichte der oben angeführten Beispiele als Begriff, der sich vorwiegend auf Aktivitäten bezieht, die als längerfristig und/oder in regelmäßigen Intervallen stattfindend angelegt bzw. eingerichtet sind. Ins Bewusstsein dringt die Schwierigkeit mit der praktischen Auslegung theoretischer Begriffe bei der Diskussion um Prävention und Gesundheitsförderung. Die Klarheit über Inhalte von Definitionen kann sich in der Praxis nicht widerspiegeln, wobei der Anspruch an Selbstbestimmtheit und die Arbeit im Setting (also Kontext Gemeinde) richtigerweise zum wesentlichen Inhalt von Gesundheitsförderungsarbeit gemacht wird. Insofern sind auch konkrete Inhalte einzelner Maßnahmen weniger relevant als die Gesamtheit aller Aktivitäten – dies ist, was Gesundheitsförderung ausmacht. Da als Bindeglied zwischen praktischer Umsetzung und theoretischen Perspektiven die Bestimmung notwendiger Aktivitäten durch die Ist-Soll-Analyse erfolgt, ergibt sich hier eine Möglichkeit, Aspekte, die für die Gesundheitsförderung für wichtig erachtet werden, einfließen zu lassen, und somit auch konkreten Forderungen (etwa jenen der Gesundheits- statt der Krankheitsorientierung) Raum zu geben. Mit dieser Problematik deckt sich auch die Sichtweise, dass es schwierig ist, den Anspruch von Gesundheitsförderung auf eine verständliche und praktikable Ebene für die AnsprechpartnerInnen in den Gemeinden zu bringen. In diesem Sinn zeigt sich auch in der Diskussion um das Erreichen wichtiger Zielgruppen bzw. bei der schwierigen Umsetzung von Vernetzung der Gemeinden untereinander, wie diffizil das Überführen theoretischer Ansprüche in die Praxis ist.

5.8 Fazit

151

5.8 Fazit Die Ergebnisse der ersten Untersuchungsphase präsentieren sich einerseits sehr dicht und kompakt, andererseits aber dennoch sehr umfangreich. Die Hauptresultate dieses Schritts sind einerseits die Feststellung der wichtigsten Erfolgs- und Misserfolgskriterien für die Projektarbeit sowie eine erste Überprüfung der praktischen Anwendbarkeit theoretischer Begriffe der Gesundheitsförderung. Dabei zeigt sich, dass sich die Erfolgsfaktoren durchaus als vielmehr Kriterien in Form von Variablen, die sowohl positive als auch negative Ausprägungen haben können, ausmachen lassen. Diese Variablen finden sich beispielsweise bei den Auflistungen in den Kapiteln 5.3 „Reflexion über die Abläufe in Gesunden Gemeinden“ und 5.6 „Entwicklungsperspektiven und Zukunft des Programms“. Wichtig ist dabei, dass eine Unterscheidung in die Ebenen „Landesteam“, „Zusammenarbeit Landesteam und Arbeitskreise“, „Arbeitskreise“ sowie „Zielgruppen“ getroffen werden muss. Die Kriterien lassen sich dadurch unmittelbar für die Einführung von messbaren Qualitätszielen verwenden. Die Überprüfung, inwieweit sich die Theorie mit der Praxis vereinbaren lässt, zeigt, dass viele Begriffe in der Theorie nur unzureichend definiert sind. Die tägliche praktische Arbeit funktioniert dabei weitgehend zufrieden stellend, ohne sich zu sehr auf theoretische Ansprüche verlassen zu müssen.

6 Ergebnisse zur Bevölkerungsbefragung

6.1 Detailergebnisse 6.1.1 Beschreibung des Samples Insgesamt bilden 180 retournierte Fragebögen (dies entspricht einer Rücklaufquote von 16.0%) die Datenbasis. Fünfundachtzig von 130 befragten ländlichen Gemeinden (Villach und Klagenfurt wurden als große Städte nicht in das Sample einbezogen) konnten somit erhoben werden (42 von 56 Gesunden Gemeinden, 43 von 74 nicht Gesunden Gemeinden), wobei für die erreichten Gemeinden mindestens 1 und maximal 10 auswertbare Fragebögen vorliegen. Aus Gesunden Gemeinden liegen 85, aus nicht Gesunden Gemeinden 90 Fragebögen vor, 5 sind nicht zuordenbar. Hinsichtlich der soziodemographischen Variablen Geschlecht, Alter und Bildungsgrad sowie der Funktion Arbeitskreisleitung bzw. reguläres Arbeitskreismitglied zeigen sich keine Unterschiede zwischen Sofort- und Spätantwortern (i.e. nach Erinnerung; vgl. Bortz & Döring 2003, S. 260). Nachfolgend findet sich eine Gegenüberstellung der soziodemographischen Variablen des Bevölkerungssamples mit Daten zu Kärnten bzw. Gesamtösterreich, um eine Beurteilung der Repräsentativität zu ermöglichen. (Wenn verfügbar, wurden Vergleichsdaten zu Kärnten herangezogen, ansonsten wurde auf gesamtösterreichische Daten zurückgegriffen; vgl. Tabelle 2 und 3). Hinsichtlich des Bildungsgrades sind Personen mit hohem Bildungsniveau im Sample eher überrepräsentiert – Bortz und Döring (ibid., S. 259) verweisen in diesem Zusammenhang darauf, dass UntersuchungsteilnehmerInnen generell über eine bessere Schulbildung verfügen als Verweigerer/innen, was besonders für Untersuchungen gilt, bei denen (wie im vorliegenden Fall) kein persönlicher Kontakt zwischen UntersuchungsleiterIn und UntersuchungsteilnehmerIn erforderlich ist. Was das monatlich zur Verfügung stehende Einkommen anbelangt, scheint es äußerst plausibel, dass die Bestverdienenden im Sample im Vergleich zu Gesamtösterreich unterrepräsentiert sind, wenn man bedenkt, dass Kärnten im Bundesvergleich zu den einkommensschwächeren Ländern zählt. Was das Alter anbelangt, ist vor allem die Gruppe der unter 29-Jährigen im Sample in geringerem Maße vertreten. Hinsichtlich des Geschlechtes sind Frauen überrepräsentiert

6.1 Detailergebnisse

153

– Frauen sind generell eher zu einer freiwilligen Untersuchungsteilnahme bereit als Männer (ibid.). Tabelle 2: Bildungsgrad & Einkommen der Bevölkerungsstichprobe

1 2

Vergleichsdaten Österreich1

Höchste abgeschlossene Bildung

n

%

Volksschule Hauptschule Lehre Mittlere Schule AHS/BHS Matura Uni/FH/akad. Lehrgang Gesamt Monatlich zur Verfügung stehendes Haushaltseinkommen 0-880 € 881-1380 € 1381-2150 € 2151-3280 € 3281-4510 € > 4511 € Gesamt

8 13 58 27 44 26 178

6,5% 5,9% 34,0% 16,7% 21,9% 14,9% 100,0%

n

%

30 41 57 31 9 1 169

16,8% 24,8% 34,0% 18,5% 5,5% 0,3% 100,0%

30,3%

Pflichtschule

35,8% Lehre 10,6% Fachschule 15,8% Höhere Schule 7,5% Hochschule, Uni 100,0% Vergleichsdaten Österreich2 10,0% 0-880 € 15,0% 881-1380 € 25,0% 1381-2150 € 25,0% 2151-3280 € 15,0% 3281-4510 € 10,0% > 4511 € 100,0%

Quelle: Statistik Austria 2005b, inkl. der dort getroffenen Kategorienzuteilung Quelle: Statistik Austria 2006

Tabelle 3: Alter & Geschlecht der Bevölkerungsstichprobe Alter

n 15 bis 29 Jahre 30 bis 44 Jahre 45 bis 59 Jahre 60 bis 74 Jahre 75 Jahre und älter Gesamt

Geschlecht männlich weiblich Gesamt 1 2

Quelle: Statistik Austria 2005a Bevölkerung ab 15 Jahren

%

16 53 54 47 8 178

9,0% 29,8% 30,3% 26,4% 4,5% 100,0%

n

%

69 110 179

38,7% 61,3% 100,0%

Vergleichsdaten Kärnten1 21,2% 27,4% 24,0% 17,4% 10,1% 100,0% Vergleichsdaten Kärnten1, 2 47,9% 52,1% 100%

154

6 Ergebnisse zur Bevölkerungsbefragung

Vorbereitend zu den weiteren Analysen wurden die Daten auf Unterschiede in den demographischen Variablen bzgl. der Zugehörigkeit zum Programm „Gesunde Gemeinde“ geprüft. Untersucht wurden dabei jeweils die Nennungen zu Alter, Geschlecht, Beruf (Mehrfachantwort), Haushaltseinkommen, Haushaltszusammensetzung (Mehrfachantwort) und Bildungsgrad. Sowohl beim Alter (MGesGem=50,6 Jahre [SD=14,1]; MWkeine GesGem=49,8 Jahre [SD=16,1]; t[172]=-0,331; p>0,05) als auch bei den meisten anderen Variablen ergeben sich keine signifikanten Unterschiede. Sehr wohl zeigt sich hingegen ein signifikanter Geschlechtsunterschied, da aus am Programm teilnehmenden Gemeinden anteilsmäßig mehr Frauen geantwortet haben (70% vs. 53,7%; ²[1, n=174]=5,04; p<0,05). Daraus ergibt sich als Konsequenz für die weiteren Analysen der Daten aus der BürgerInnenbefragung, dass signifikante Unterschiede bzgl. des Geschlechts immer auch zu möglichen Überlagerungen des Unterschieds von teilnehmenden vs. nicht teilnehmenden Gemeinden führen können und dementsprechender Beachtung bedürfen.

6.1.2 Bekanntheit des Programms Als erstes vorliegendes Ergebnis sei auf die Erhebung der Bekanntheit von 11 Anbietern im Gesundheitsbereich (bzw. deren Logos) verwiesen, woraus sich ergibt, dass die „Gesunde Gemeinde“ mit einer Bekanntheit von 33,8% an dritter Stelle liegt. Das bekannteste Logo – es ist jenes des größten Anbieters gesundheitlicher Leistungen in Kärnten – wurde von 58,7% der Befragten als „bekannt“ identifiziert. Eindimensionale Chi-Quadrat-Tests zeigen dabei, dass die Plätze 2 bis 6 nicht signifikant von einer Gleichverteilung abweichen, sich in der Bekanntheit also de facto nicht unterscheiden (²[4, n=181]=1,93; p>0,05). Platz 1 wird signifikant häufiger als bekannt eingestuft als die Plätze 2 bis 6 (²[5, n=181]=27,77; p<0,05), das Logo auf Platz 7 wird signifikant seltener als bekannt eingestuft als jene auf den Plätzen 2 bis 6 (2[5, n=181]=19,87, p<0,05). Dies bedeutet, dass sich insgesamt die Anbieter/Logos auf den Plätzen 2 bis 6 im selben Bekanntheitsbereich bewegen und damit gemeinsam den zweiten Platz belegen (vgl. Abbildung 18, wo diese Gruppierung anhand der eingezeichneten 95%-Konfidenzintervalle zu erkennen ist). Hinsichtlich der Bekanntheit des „Gesunde Gemeinde“ Logos lässt sich feststellen, dass Personen aus Gesunden Gemeinden dieses signifikant häufiger kennen als Personen aus nicht Gesunden Gemeinden10 (²[1, n=176]=15,62; 10 Bei der Auswertung der Bevölkerungsbefragung wurden die Angaben jeweils auf Unterschiede nach dem Geschlecht sowie nach der Zugehörigkeit der Gemeinde zum Programm „Gesunde Ge-

6.1 Detailergebnisse

155

p<0,01). Bei sämtlichen anderen Logos lassen sich derartige Gruppenunterschiede nicht beobachten. Unterschiede nach dem Geschlecht bestehen ebenfalls nicht. Kontrolliert man das Geschlecht, so zeigt sich, dass Männer aus Gesunden Gemeinden das Logo eher kennen als Männer aus den anderen Gemeinden, während sich Frauen diesbezüglich nicht unterscheiden, so dass eine gewisse Wechselwirkung auftritt (Männer: ²[1, n=68]=15,70; Frauen: ²[1, n=107]=2,89; pGesamt<0,0511). Des Weiteren zeigt sich auch, dass Männer aus Gesunden Gemeinden das ASKÖ-Logo häufiger kennen als Männer aus nicht Gesunden Gemeinden, während zwischen Frauen aus partizipierenden und nicht partizipierenden Gemeinden kein signifikanter Unterschied besteht (pGesamt<0,01; exakter Test nach Fisher). Abbildung 18: Bekanntheit von Anbietern im Bereich Gesundheit (n=181) Bekanntheit von Anbietern im Bereich Gesundheit A

58,7%

Bekanntheit in Prozent inkl. 95%-Konfidenzintervall

B

37,2%

C

33,8%

D

33,8%

E

32,7%

F

28,6%

G

14,5%

H

12,4%

I

6,9%

J

6,7%

K

3,5% 0%

20%

40%

60%

80%

100%

Der dunkle Balken repräsentiert das Programm „Gesunde Gemeinde“

meinde“ untersucht. Auf deskriptiver Ebene werden Unterschiede ab zehn Prozentpunkten auch im Text dargestellt. Für weitere Details steht der Autor gerne zur Korrespondenz zur Verfügung. 11 pGesamt gibt die Irrtumswahrscheinlichkeit für multiple Tests wieder. Dabei wurden die Einzeltests mittels Bonferoni-Korrektur überprüft, hier also mit /2=0,25 pro Test (vgl. Bortz 2005, S. 272).

156

6 Ergebnisse zur Bevölkerungsbefragung

Auf die Frage, ob die eigene Gemeinde eine Gesunde Gemeinde sei, antworten 11,6% der befragten Personen mit „nein“, 40,5% mit „ja“ und immerhin 48,0% mit „weiß nicht“. 67,4% der Personen aus Gesunden Gemeinden antworten korrekter Weise mit „ja“ (vs. 17,3% falsche Ja-Antworten der Befragten aus nicht Gesunden Gemeinden). 65,5% der Personen aus nicht Gesunden Gemeinden geben an, nicht zu wissen, ob die eigene Gemeinde eine Gesunde Gemeinde sei – auch ganze 27,6% der Personen aus Gesunden Gemeinden wissen über die Zugehörigkeit der Gemeinde zum Projekt Gesunde Gemeinde nicht Bescheid. ChiQuadrat-Tests bestätigen, dass Personen, die in einer Gesunden Gemeinde leben, häufiger angeben, die eigene Gemeinde sei eine Gesunde Gemeinde und seltener angeben, die eigene Gemeinde sei keine Gesunde Gemeinde oder aber, dies nicht zu wissen, als Personen, die nicht in einer Gesunden Gemeinden leben (²[2, n=170]=43,31, p<0,01). Auch unter der Kontrolle des Geschlechtes bleibt der signifikante Unterschied in beiden Gruppen bestehen (weiblich: ²[1, n=103]=40,87; männlich: ²[1, n=65]=6,67; pGesamt<0,05). 52,2% der Befragten geben an, bereits vom Arbeitskreis gehört zu haben, 43,8% haben noch nie vom Arbeitskreis „Gesunde Gemeinde“ gehört und 3,9% der befragten Personen geben an, bereits zur Teilnahme eingeladen worden zu sein. Männer und Frauen unterscheiden sich dabei kaum. Erwartungsgemäß haben Personen aus Gesunden Gemeinden häufiger vom Arbeitskreis gehört (65,0% vs. 41,4%) bzw. Personen aus nicht Gesunden Gemeinden geben häufiger an, noch nicht vom Arbeitskreis gehört zu haben (55,3% vs. 29,9%). Dieses letztgenannte Ergebnis ist auch statistisch signifikant (²[2, n=173]=11,64, p<0,01).

6.1.3 Bestehende Angebote und deren Inanspruchnahme Fragt man, welche gesundheitsbezogenen Angebote/Maßnahmen in der Gemeinde nach Meinung der Befragten bestehen (vgl. Abbildung 19), so dominieren insgesamt Angebote zu Bewegung (77,1%), medizinische Vorsorgeuntersuchungen (60,3%) und Angebote zur Ernährung (59,8%). Die weitere Reihung lautet: körperliche Erkrankungen (49,7%), Sucht (33,5%), Pflege (31,3%), Erziehung (26,8%), Unfälle/Sicherheit (22,2%), Stressabbau/Entspannung (21,2%), psychische Erkrankungen (20,1%), Konfliktbewältigung (17,3%), Partnerschaft (12,9%). Dabei unterscheiden sich Männer und Frauen kaum: Mit zehn Prozentpunkten ist der Unterschied bei Angeboten im Bereich Pflege am deutlichsten, wobei Frauen häufiger vom Vorhandensein solcher Angebote berichten (35,7% vs. 23,4%). Signifikanztests zeigen jedoch, dass keine Unterschiede zwischen Frauen und Männern bestehen. Auch Gesunde Gemeinden und nicht Gesunde

6.1 Detailergebnisse

157

Abbildung 19: Den Befragten bekannte Angebote in der eigenen Gemeinde (n=181) Bekannte Angebote

77,1%

Bewegung med. Vorsorgeunters.

60,3%

Angebote zur Ernährung

59,8% 49,7%

körperliche Erkrankungen Sucht

33,5%

Pflege

31,3% 26,8%

Erziehung Unfälle/Sicherheit

22,2%

Stressabbau/Entspannung

21,2% 20,1%

psychische Erkrankungen Konfliktbewältigung

17,3%

Partnerschaft

12,9% 0%

20%

40%

60%

80%

Gemeinden unterscheiden sich augenscheinlich nicht maßgeblich: Der deutlichste Unterschied besteht bei medizinischen Vorsorgeuntersuchungen, die es in Gesunden Gemeinden häufiger zu geben scheint (67,5%) als in den anderen Gemeinden (55,2%), und bei Angeboten im Bereich Partnerschaft, welche es häufiger in nicht Gesunden Gemeinden zu geben scheint (17,7%) als in Gesunden Gemeinden (7,5%). Signifikant ist dabei nur der Unterschied im Bereich Partnerschaft (²[1, n=173]=3.87, p<0,05). Kontrolliert man das Geschlecht, so zeigt sich, dass Männer aus Gesunden Gemeinden signifikant häufiger Angebote zur Ernährung kennen als Männer aus nicht partizipierenden Gemeinden, während sich Frauen aus den beiden Gruppen nicht unterscheiden (Männer: ²[1, n=68]=5,62; Frauen: ²[1, n=106]=0,32; pGesamt<0,05). Für die Kontrolle des Geschlechtsunterschiedes bei den medizinischen Vorsorgeuntersuchungen ergibt sich, dass Frauen aus Gesunden Gemeinden häufiger vom Vorhandensein dieser Angebote berichten als Frauen aus nicht partizipierenden Gemeinden, während sich Männer beider Gruppen nicht unterscheiden (Frauen: ²[1, n=106]=7,99; Männer: ²[1, n=66]=0,46; pGesamt<0,01). Der Unterschied nach der Gemeinde-

158

6 Ergebnisse zur Bevölkerungsbefragung

zugehörigkeit für Angebote im Bereich Partnerschaft hebt sich unter der Kontrolle des Geschlechtes hingegen auf (pGesamt>0,05). Betrachtet man die Teilnahme an bzw. die Inanspruchnahme der vorhandenen Angebote und Maßnahmen, so zeigen sich bei einigen besonders deutliche Geschlechterunterschiede, wobei Frauen jeweils eine höhere Teilnahme angeben (Prozentsatz der Angaben „eher oft“ und „immer“): Ernährung (35,7% vs. 9,9%), Erziehung (35,4% vs. 15,5%), körperliche Erkrankungen (40,5% vs. 18,0%), medizinische Vorsorgeuntersuchungen (54,1% vs. 35,7%) und Pflege (25,5% vs. 10,9%). Signifikanztests zeigen, dass Frauen Angebote zu Ernährung (z=-3,33, p<0,01), Bewegung (z=-2,55, p<0,05), körperlichen Erkrankungen (z=-2,29, p<0,05), psychischen Erkrankungen (z=-2,47, p<0,05) und Pflege (z=-2,03, p<0,05) häufiger in Anspruch nehmen als Männer. Bei den übrigen Angeboten unterscheiden sich die beiden Gruppen nicht. Einige Unterschiede lassen sich auch zwischen Gesunden Gemeinden und nicht Gesunden Gemeinden ausmachen, am deutlichsten bei Angeboten zur Bewegung, die seltener von Personen in Gesunden Gemeinden beansprucht werden (22,0% vs. 35,6%) – die anderen Unterschiede zeigen sich in umgekehrter Richtung: Personen aus Gesunden Gemeinden nehmen häufiger teil bei Angeboten zu körperlichen Erkrankungen (42,4% vs. 26,0%), medizinischen Vorsorgeuntersuchungen (51,2% vs. 40,4%), psychischen Erkrankungen (16,2 vs. 0,0%) und Unfälle/Sicherheit (27,2% vs. 10,9%). U-Tests weisen folgende der beobachteten Unterschiede als statistisch signifikant aus: Personen aus Gesunden Gemeinden nehmen häufiger an Angeboten in den Bereichen körperliche Erkrankungen (z=-3,07, p<0,01), medizinische Vorsorgeuntersuchung (z=-1,98, p<0,05), psychische Erkrankungen (z=-2,07, p<0,05) und Unfälle/Sicherheit (z=-2,83, p<0,01) teil als Personen aus nicht in Gesunden Gemeinden. Eventuelle Interaktionseffekte von Geschlecht und Programmzugehörigkeit auf die Teilnahmefrequenz wurden mittels zweifacher Rangvarianzanalyse mit Datenalignement (Bortz et al. 2000, S. 239ff; Kubinger 1986) untersucht. Signifikante Wechselwirkungen sind nachfolgend dargestellt (vgl. Abbildung 20 bis Abbildung 23). Bei Sucht, Konfliktbewältigung und Partnerschaft nehmen Männer aus Gesunden Gemeinden häufiger teil als aus nicht partizipierenden Gemeinden, während Frauen sich nicht unterscheiden. Frauen aus Gesunden Gemeinden nehmen häufiger medizinische Vorsorgeuntersuchungen in Anspruch als Frauen aus nicht partizipierenden Gemeinden, während kaum ein Unterschied für Männer besteht.

6.1 Detailergebnisse

159

Abbildung 20: Teilnahmefrequenz an Angeboten zu Sucht 45 40

Teilnahmefrequenz: Sucht

35 30 25 20 15 10 5 0 Gesunde Gemeinde: ja Geschlecht weiblich

Haupteffekt Geschlecht: ²(1)=3,37; p>0,05 Haupteffekt Programmzugehörigkeit: ²(1)=10,71; p<0,01 Wechselwirkung: ²(1)=8,17; p<0,01

Gesunde Gemeinde: nein Geschlecht männlich

angegeben sind die mittleren Ränge der jeweiligen Gruppen n=53

Abbildung 21: Teilnahmefrequenz an Angeboten zu Konfliktbewältigung 30

Teinahmefrequenz: Konfliktbewältigung

25

20

15

10

5

0 Gesunde Gemeinde: ja Geschlecht w eiblich

Haupteffekt Geschlecht: ²(1)=0,78; p>0,05 Haupteffekt Programmzugehörigkeit: ²(1)=10,2; p<0,01 Wechselwirkung: ²(1)=6,33; p<0,05

Gesunde Gemeinde: nein Geschlecht männlich

angegeben sind die mittleren Ränge der jeweiligen Gruppen n=28

160

6 Ergebnisse zur Bevölkerungsbefragung

Abbildung 22: Teilnahmefrequenz an medizinischen Vorsorgeuntersuchungen

Teilnahmefrequenz: med. Vorsorgeuntersuchungen

60

50

40

30

20

10

0 Gesunde Gemeinde: ja Geschlecht w eiblich

Haupteffekt Geschlecht: ²(1)=1,64; p>0,0 Haupteffekt Programmzugehörigkeit: ²(1)=1,2; p>0,05 Wechselwirkung: ²(1)=5,63; p<0,05

Gesunde Gemeinde: nein Geschlecht männlich

angegeben sind die mittleren Ränge der jeweiligen Gruppen n=83

Abbildung 23: Teilnahmefrequenz an Angeboten zu Partnerschaft 25

Teilnahmefrequenz: Partnerschaft

20

15

10

5

0 Gesunde Gemeinde: ja Geschlecht w eiblich

Haupteffekt Geschlecht: ²(1)=2,12; p>0,05 Haupteffekt Programmzugehörigkeit: ²(1)=6,1; p<0,05 Wechselwirkung: ²(1)=5,52; p<0,05

Gesunde Gemeinde: nein Geschlecht männlich

angegeben sind die mittleren Ränge der jeweiligen Gruppen n=26

6.1 Detailergebnisse

161

Als Gründe gegen die Teilnahme (vgl. Abbildung 24) werden vor allem Zeitmangel („Ich habe zu wenig Zeit“, 39,9%), die falsche Uhrzeit der Angebote (19,6%), mangelnde Informationen darüber, was angeboten wird (17,5%) und mangelndes Interesse („Es wird nichts angeboten, das mich interessiert“; 15,6%) genannt. Die weitere Reihung lautet: zu große räumliche Entfernung (6,5%), zu hohe Kosten bei der Teilnahme (6,5%), die fehlende Verfügbarkeit eines Transportmittels (3,1%), Ungewissheit über die Seriosität des Anbieters (4,5%) und die Beteiligung einer politischen Partei, die einem persönlich nicht zusagt (3,2%). Sonstige Gründe wurden von 10,7% der Befragten genannt, nämlich, dass in der Gemeinde keine entsprechenden Angebote vorhanden sind, die persönliche gesundheitliche Beeinträchtigung und die Präferenz eigenständiger Aktivität. Abbildung 24: Gründe, ein bestehendes Angebot in der eigenen Gemeinde nicht in Anspruch zu nehmen (n=181) Motive gegen die Teilnahme

39,9%

Zeitmangel falsche Uhrzeit der Angebote

19,6%

mangelnde Information

17,5%

mangelndes Interesse

15,6%

sonstige Gründe

10,7% 6,5%

zu hohe Kosten bei der Teilnahme zu große räumliche Entfernung

6,5%

Zweifel an Seriosität des Anbieters

4,5%

falsche politische Partei

3,2%

kein Transportmittel

3,1% 0%

20%

40%

Männer und Frauen unterscheiden sich nur bei einzelnen Motiven in relevanter Form, wobei eine Reihe an Motiven von beiden Gruppen zu weniger als zehn Prozent genannt wird. Dabei sind ungenügender Informationsstand (12,7% vs. 24,3%; 2[n=180, 1]=4,01; p<0,05) und zu große räumliche Entfernung (10,0%

162

6 Ergebnisse zur Bevölkerungsbefragung

vs. 1,4%; p<0,05 gemäß Fishers exaktem Test) von Männern signifikant häufiger genannte Motive, nicht an den Angeboten und Maßnahmen teilzunehmen. Gesunde Gemeinden und nicht Gesunde Gemeinden unterscheiden sich nur in den Motiven „mangelndes Interesse“ (7,3% vs. 23,2%; 2[n=177, 1]=8,29; p<0,01) und „falsche Uhrzeit der Angebote“ (26,8% vs. 14,7%; 2[n=177, 1]=3,97; p<0,05). Unter der Kontrolle des Geschlechtes zeigt sich, dass das Motiv „zu hohe Kosten der Angebote“ für Frauen aus nicht Gesunden Gemeinden eine Rolle spielt, während dieses Motiv umgekehrt nur von Männern aus Gesunden Gemeinden genannt wurde (pGesamt<0,01; exakter Test nach Fisher). 6.1.4 Wünsche nach Angeboten Gefragt nach den Bereichen, in welchen man sich Angebote und Maßnahmen wünschen würde (vgl. Abbildung 25), werden insgesamt medizinische Vorsorgeuntersuchungen (30,9%), Stressabbau/Entspannung (30,6%), Bewegung (30,4%), Ernährung (29,8%) und körperliche Erkrankungen (28,7%) am häufigsten genannt. Die weitere Reihung lautet: Pflege (22,8%), Konfliktbewältigung (21,6%), psychische Erkrankungen (19,4%), Unfälle/Sicherheit (19,4%), Erziehung (16,6%), Sucht (10,4%), Partnerschaft (8,3%). Männer und Frauen unterscheiden sich dabei am deutlichsten bei Angeboten zum Stressabbau/zur Entspannung (37,9% vs. 19,5%), Angeboten zur Konfliktbewältigung (29,3% vs. 9,4%) und Angeboten zur Pflege (27,9% vs. 15,0%), die jeweils von Frauen häufiger gewünscht werden als von Männern. Chi-Quadrat-Tests belegen die statistische Signifikanz dieser Unterschiede: Stressabbau bzw. Entspannung (²[1, n=180]=6,60, p=0,01), Konfliktbewältigung (²[1, n=179]=10,55, p<0,01), Pflege (²[1, n=179]=4,50, p<0,05). Gesunde Gemeinden und nicht Gesunde Gemeinden unterscheiden sich am deutlichsten beim Wunsch nach Angeboten zu psychischen Erkrankungen, den Personen aus nicht Gesunden Gemeinden mit 25,0% häufiger angeben (vs. 14,2%). Angebote zur Sucht wünschen sich Personen aus nicht Gesunden Gemeinden doppelt so häufig (14,7% vs. 6,5%). Diese Unterschiede sind jedoch statistisch nicht signifikant. Allerdings wünschen sich Personen, die nicht in einer Gesunden Gemeinde leben, eher Angebote im Bereich Partnerschaft verglichen mit Personen, die in einer Gesunden Gemeinde leben (²[1, n=176]=4,66, p<0,05), dieser Wunsch ist jedoch mit 12,8% nicht besonders stark ausgeprägt. Frauen aus nicht partizipierenden Gemeinden wünschen sich häufiger Angebote zur Sucht als Frauen aus teilnehmenden Gemeinden, während sich die Männer beider Gruppen nicht unterscheiden (Frauen: ²[1, n=107]=6,06; Männer: ²[1, n=60]=0,17; pGesamt<0,05). Außerdem zeigt sich, dass sich Frauen aus nicht Ge-

6.1 Detailergebnisse

163

sunden Gemeinden eher Angebote zur Partnerschaft wünschen als Frauen aus Gesunden Gemeinden, während sich für Männer kein Gruppenunterschied belegen lässt (pGesamt<0,05; exakter Test nach Fisher). Unter der Kontrolle des Geschlechtes ergibt sich, dass Frauen aus nicht partizipierenden Gemeinden sich eher Angebote zu psychischen Erkrankungen wünschen als Frauen aus Gesunden Gemeinden, während sich für Männer wiederum kein Gruppenunterschied zeigt (Frauen: ²[1, n=107]=6,40; Männer: ²[1, n=68]=0,17; pGesamt<0,05). Abbildung 25: Gewünschte Angebote in der eigenen Gemeinde (n=181) Gewünschte Angebote

med. Vorsorgeunters.

30,9%

Stressabbau/Entspannung

30,6%

Bewegung

30,4%

Ernährung

29,8%

körperliche Erkrankungen

28,7%

Pflege

22,8%

Konfliktbewältigung

21,6%

Unfälle/Sicherheit

19,4%

psychische Erkrankungen

19,4%

Erziehung

16,6%

Sucht

10,4%

Partnerschaft

8,3% 0%

20%

40%

6.1.5 Informationswege Was die Wege anbelangt, über welche sich die befragten Personen über gesundheitsbezogene Angebote in der Gemeinde informieren (vgl. Abbildung 26), wurden Postwürfe insgesamt am häufigsten genannt (73,5%), wobei auch die Gemeindezeitung bzw. Gemeindehomepage (61,9%), Plakate und Aushänge (40,6%), Lokal-/Regionalzeitungen (36,5%) und Tageszeitungen (33,9%) wich-

164

6 Ergebnisse zur Bevölkerungsbefragung

tige Informationswege darzustellen scheinen. Die weitere Reihung lautet: Ankündigungen bei Veranstaltungen in der Gemeinde (24,3%), persönliche Einladung per Brief (18,2%), Ankündigungen bei kirchlichen Veranstaltungen oder im Pfarrblatt (18,2%), Ankündigungen oder Einladungen im Rahmen von Vereinsaktivitäten (17,1%), über die Schule/den Kindergarten (14,9%), persönliche Einladung per Telefon/Gespräch (2,8%) und Ankündigungen durch Firmenchefs (1,1%). Abbildung 26: Wege, über die sich die Befragten zu Angeboten und Veranstaltungen in der eigenen Gemeinde informieren (n=181) Informationswege zu gesundheitlichen Angeboten in der Gemeinde

Postwürfe

73,5%

Gemeindehomepage

61,9%

Plakate und Aushänge

40,6%

Lokal-/Regionalzeitungen

36,5%

Tageszeitungen

33,9%

Ankündigungen bei Veranst. in der Gemeinde

24,3%

Ank. bei kirchlichen Veranst. oder im Pfarrblatt

18,2%

persönliche Einladung per Brief

18,2%

Ank. im Rahmen von Vereinsaktivitäten

17,1%

über die Schule/den Kindergarten

14,9%

persönliche Einladung per Telefon/Gespräch Ankündigungen durch Firmenchefs

2,8% 1,1% 0%

20%

40%

60%

80%

Männer und Frauen unterscheiden sich dabei in der Nutzung zweier Informationswege: Plakate und Aushänge werden von Frauen mit 48,3% deutlich häufiger als Informationsquelle über gesundheitsbezogene Angebote genannt als von Männern (28,3%), auch Ankündigungen bei Veranstaltungen in der Gemeinde (30,4% vs. 14,6%) scheinen für Frauen eine wichtigere Rolle zu spielen. Bei den anderen Informationswegen zeigen sich augenscheinlich keine bedeutenden Geschlechtsunterschiede. Eine statistische Überprüfung der beobachteten Unter-

6.1 Detailergebnisse

165

schiede bestätigt, dass Frauen sich häufiger über Plakate und/oder Aushänge (²[1, n=180]=6,82; p<0,01) und bei Veranstaltungen in der Gemeinde (²[1, n=179]=5,59; p<0,05) informieren als Männer. Kontrolliert man die Zugehörigkeit zu einer Gesunden Gemeinde vs. einer nicht Gesunden Gemeinde, so bleiben die signifikanten Unterschiede zwischen Männern und Frauen hinsichtlich des Informationsweges Plakate/Aushänge in beiden Gruppen bestehen (Gesunde Gemeinde: ²[1, n=83]=5,65; nicht Gesunde Gemeinde (²[1, n=93]=4,96; pGesamt<0,05), was bedeutet, dass die Geschlechtsunterschiede in Gesunden und nicht Gesunden Gemeinden gleichermaßen bestehen. Ergänzend sei noch erwähnt, dass sich Personen aus Gesunden Gemeinden von jenen anderer Gemeinden bei der Nutzung folgender Informationswege unterscheiden: In Gesunden Gemeinden scheinen Plakate/Aushänge weniger genutzt zu werden (34,5%) als in den anderen Gemeinden (46,4%). Auch die Ankündigungen bei kirchlichen Veranstaltungen oder im Pfarrblatt nutzen Personen aus nicht Gesunden-Gemeinden häufiger als Personen aus Gesunden Gemeinden (23,2% vs. 13,7%). Chi-Quadrat-Tests ergeben jedoch, dass diese Unterschiede statistisch nicht signifikant sind.

6.1.6 Einstellungen und Beteiligungsinteressen zur gemeindebezogenen Gesundheitsförderung Betrachtet man die Einstellung der Befragten zu Gesundheitsinitiativen auf Gemeindeebene (vgl. Abbildung 27), so sind insgesamt nur 1,5% der befragten Personen der Meinung, diese seien nicht sinnvoll, 24,0% halten diese für sinnvoll, eine Beteiligung von GemeindebürgerInnen aber für unwichtig, 43,8% finden eine Beteiligungsmöglichkeit sinnvoll, haben jedoch selbst kein Interesse mitzuarbeiten, 23,4% würden sich selbst gerne beteiligen und 7,4% der befragten Personen sind bereits an Gesundheitsinitiativen auf Gemeindeebene beteiligt. Chi-Quadrat-Tests lassen dabei keine Gruppenunterschiede zwischen Männern und Frauen oder Personen aus Gesunden Gemeinden und Personen aus nicht Gesunden Gemeinden erkennen. Insgesamt können sich 32,4% der befragten Personen vorstellen, selbst im Arbeitskreis mitzuwirken, 67,1% können sich die eigene Partizipation nicht vorstellen und eine der befragten Personen ist bereits Mitglied eines „Gesunde Gemeinde“ Arbeitskreises. Männer und Frauen und Personen aus Gesunden und nicht Gesunden Gemeinden unterscheiden sich nicht signifikant in der Teilnahmebereitschaft.

166

6 Ergebnisse zur Bevölkerungsbefragung

Abbildung 27: Einstellung der Befragten zu Gesundheitsinitiativen auf Gemeindeebene (n=161) Einstellung zu Gesundheitsinitiativen auf Gemeindeebene

bereits beteiligt nicht sinnvoll 1,5% 7,4% sinnvoll, aber Beteiligung unnötig 24,0% interessiert, sich selbst zu beteiligen 23,4%

sinnvoll, aber selbst kein Interesse an Beteiligung 43,8%

6.2 Zusammenfassung 6.2.1 Bekanntheit des Programms Das Gesunde Gemeinde Logo belegt gemeinsam mit den Logos von fünf weiteren Anbietern im Bereich Gesundheit den zweiten Platz hinsichtlich der Bekanntheit. Insgesamt wurde die Bekanntheit von elf Logos abgefragt, die anhand eindimensionaler Chi-Quadrat-Tests in drei Bekanntheitsgruppen zusammengefasst werden können. Personen aus Gesunden Gemeinden kennen das Logo des Projektes Gesunde Gemeinde signifikant häufiger als Personen, die nicht in einer Gesunden Gemeinde leben. Kontrolliert man zusätzlich das Geschlecht, so zeigt sich, dass Männer aus Gesunden Gemeinden das Logo eher kennen als Männer aus anderen Gemeinden, während sich Frauen beider Gruppen nicht unterscheiden.

6.2 Zusammenfassung

167

Auf die Frage, ob die eigene Gemeinde eine Gesunde Gemeinde sei, antworten über zwei Drittel der Befragten aus Gesunden Gemeinden korrekter Weise mit „ja“ (vs. 17,3% falsche Ja-Antworten der Befragten aus nicht Gesunden Gemeinden). Damit übereinstimmend haben Personen aus Gesunden Gemeinden auch häufiger vom Arbeitskreis gehört (knapp zwei Drittel).

6.2.2 Bestehende Angebote und deren Inanspruchnahme Die befragten Personen geben an, in der eigenen Gemeinde vor allem Angebote zu Bewegung, medizinischen Vorsorgeuntersuchungen und zur Ernährung zu kennen, wobei keine Unterschiede nach dem Geschlecht auszumachen sind. Männer aus Gesunden Gemeinden berichten häufiger von Angeboten im Bereich Ernährung, während Frauen aus Gesunden Gemeinden häufiger von medizinischen Vorsorgeuntersuchungen berichten. Was die Teilnahme an den verschiedenen Angeboten betrifft, nehmen Frauen die Angebote zu Ernährung, Bewegung, körperlichen Erkrankungen, psychischen Erkrankungen und Pflege signifikant häufiger in Anspruch als Männer. Personen aus Gesunden Gemeinden nehmen häufiger an Angeboten in den Bereichen körperliche Erkrankungen, medizinische Vorsorgeuntersuchung, psychische Erkrankungen und Unfälle/Sicherheit teil als Personen, die nicht in Gesunden Gemeinden leben. Als Gründe gegen die Teilnahme an gesundheitsbezogenen Angeboten in der Gemeinde wird mit Abstand am häufigsten Zeitmangel genannt. Männer berichten darüber hinaus signifikant häufiger, nicht genügend darüber informiert zu sein, welche Angebote es in der Gemeinde gibt. Personen aus nicht partizipierenden Gemeinden nennen das Motiv der zu hohen Kosten der Angebote häufiger als Personen aus Gesunden Gemeinden, wobei dieses Motiv insgesamt eher selten berichtet wird. Kontrolliert man das Geschlecht, so zeigt sich, dass die zu hohen Kosten der Angebote besonders für Frauen aus nicht Gesunden Gemeinden relevant zu sein scheinen. Die falsche Uhrzeit der Angebote ist als Grund gegen die Teilnahme vor allem für Männer aus Gesunden Gemeinden relevant.

6.2.3 Wünsche nach Angeboten Jeweils knapp ein Drittel der Befragten wünscht sich Angebote in den Bereichen medizinische Vorsorgeuntersuchungen, Stressabbau/Entspannung, Bewegung, Ernährung und körperliche Erkrankungen. Personen, die nicht in einer Gesunden Gemeinden leben, wünschen eher Angebote im Bereich Partnerschaft verglichen mit Personen, die in einer Gesunden Gemeinde leben, wobei dieser Wunsch

168

6 Ergebnisse zur Bevölkerungsbefragung

insgesamt eher gering ausgeprägt ist. Frauen aus nicht partizipierenden Gemeinden wünschen sich im Vergleich zu Frauen aus Gesunden Gemeinden signifikant häufiger Angebote in den Bereichen Sucht, Partnerschaft und psychische Erkrankungen, während sich die Männer beider Gruppen nicht unterscheiden.

6.2.4 Informationswege Über gesundheitsbezogene Angebote in der Gemeinde informieren sich die Befragten vor allem mittels Postwürfen oder der Gemeindezeitung bzw. Gemeindehomepage. Zusätzlich nutzen Frauen häufiger die Informationswege Plakate/Aushang und Veranstaltungen in der Gemeinde. Generell lässt sich festhalten, dass sich Personen aus Gesunden und nicht Gesunden Gemeinden hinsichtlich der Nutzung der einzelnen Informationswege nicht unterscheiden.

6.2.5 Einstellungen und Beteiligungsinteressen zur gemeindebezogenen Gesundheitsförderung Hinsichtlich der Einstellung zu Gesundheitsinitiativen auf Gemeindebene zeigt sich, dass der Großteil der Befragten solche Initiativen für sinnvoll hält, selbst jedoch nicht an einer Mitarbeit interessiert ist. Knapp ein Viertel der Befragten hält dies gleichzeitig für sinnvoll und würde sich auch selbst gerne beteiligen. Ein weiteres knappes Viertel hält derartige Maßnahmen zwar für sinnvoll, eine Partizipation der GemeindebürgerInnen jedoch für nicht wichtig. Unter den Befragten befinden sich auch einige wenige, die angeben, bereits selbst aktiv in gesundheitsbezogene Maßnahmen in der Gemeinde involviert zu sein. Die Position, dass gemeindebezogene Gesundheitsinitiativen nicht sinnvoll sind, wird nur von sehr wenigen Befragten vertreten. Interessant ist, dass sich bei der Einstellung zu gemeindebezogenen Gesundheitsinitiativen weder Unterschiede nach dem Geschlecht noch nach der Zugehörigkeit zu einer Gesunden bzw. nicht Gesunden Gemeinde identifizieren lassen. Knapp ein Drittel der Befragten kann sich vorstellen, selbst im Arbeitskreis mitzuarbeiten. Dabei ergeben sich keine Unterschiede zwischen Männern und Frauen bzw. zwischen den Bevölkerungen von teilnehmenden und nicht teilnehmenden Gemeinden. Insgesamt gesehen gibt damit knapp ein Drittel der Kärntner Gemeindebevölkerung an, sich an gemeindebezogenen Gesundheitsaktivitäten aktiv beteiligen zu wollen. Es besteht also durchaus ein beachtliches Potential für die Umsetzung des Programms „Gesunde Gemeinde“.

7 Ergebnisse zur Arbeitskreisbefragung

7.1 Detailergebnisse auf Individualniveau 7.1.1 TeilnehmerInnen an den Arbeitskreisen Die befragten Arbeitskreismitglieder (n=154) sind zu 61,7% Frauen und zu 38,3% Männer. Das durchschnittliche Alter (n=147) liegt bei 48,2 Jahren (SD=9,7). Hinsichtlich des Bildungsgrades im Sinne der höchsten abgeschlossenen Bildung (n=154) ergibt sich folgendes Bild: Universität/Fachhochschule/ akademischer Lehrgang 29,2%, AHS/BHS-Matura 26,0%, mittlere Schule 20,8%, Lehre 21,4%, Hauptschule 1,9% und Volksschule 0,6%. Die Wohnformen betreffend (n=151, Mehrfachangaben) zeigt sich, dass 84,1% mit dem/der PartnerIn wohnen, 66,9% mit dem/den Kind(ern), 25,8% mit Eltern oder Schwiegereltern, 4,0% mit anderen Verwandten und 1,3% mit einer anderen Person. Von den Befragten wohnen insgesamt 91,6% in der Gemeinde und 71,5% arbeiten in der Gemeinde. Dabei zeigt sich, dass die ArbeitskreisleiterInnen immer in der Gemeinde wohnen (100%), nicht aber die regulären Mitglieder (89,6%), was jedoch keinen signifikanten Unterschied darstellt.12 Umgekehrt arbeiten die regulären Arbeitskreismitglieder häufiger in der Gemeinde (76,7% vs. 50,0%), was in diesem Fall auch ein signifikantes Ergebnis ist (²[1, n=120]=6,08; p<0,05). Männer und Frauen wohnen zu je 91,5% in der Gemeinde – der Arbeitsplatz der weiblichen Mitglieder liegt etwas häufiger in der Gemeinde (76,4% vs. 62,3%), was jeweils keine signifikante Differenz ist. Was die Berufsgruppen anbelangt (vgl. Abbildung 28), so dominieren in den Arbeitskreisen insgesamt Personen aus Schule und Kindergarten (20,6%), sonstige Angestellte, ArbeiterInnen und BeamtInnen (18,7%), Gesundheits- und Sozialberufe (14,8%) und PensionistInnen (10,3%). Die weitere Reihung lautet: Gemeindeangestellte/r (9,0%), Landwirtschaft (7,7%), Hausfrau/Hausmann (7,7%), Arzt/Ärztin (7,1%), Tourismus (3,9%), selbständig (3,9%), Seniorenver12

Bei der Auswertung der Arbeitskreisbefragung auf Individualniveau wurden die Angaben jeweils auf Unterschiede nach dem Geschlecht sowie nach der Funktion (Arbeitskreisleitung vs. reguläres Mitglied) untersucht. Auf deskriptiver Ebene werden Unterschiede ab zehn Prozentpunkten auch im Text dargestellt. Für weitere Details steht der Autor gerne zur Korrespondenz zur Verfügung.

170

7 Ergebnisse zur Arbeitskreisbefragung

ein (3,2%), Gastronomie (2,6%), Kirche/kirchliche Vereine (2,6%), Sportberufe/Sportvereine (1,3%). ArbeitskreisleiterInnen sind besonders häufig sonstige Angestellte/ArbeiterInnen/BeamtInnen (40,0%) und in Sozial- und Gesundheitsberufen (20,0%), während die anderen Berufe mit jeweils weniger als 10% keine besondere Rolle spielen. Im Vergleich dazu sind reguläre Arbeitskreismitglieder besonders häufig in den Bereichen Schule/Kindergarten (24,0%), Gesundheitsund Sozialberufe (13,6%), sonstige Angestellte/ArbeiterInnen/BeamtInnen (13,6%; vs. die o.g. 40,0% ergibt ²[1, n=127]=8,73; p<0,01) und PensionistInnen (11,2%) zu finden. Vergleicht man weibliche und männliche Arbeitskreismitglieder, so zeigt sich, dass Frauen besonders häufig aus dem Berufsfeld Schule/Kindergarten (24,5%), aus Gesundheits- und Sozialberufen (21,3%) stammen (Männer: 3,4%; ²[1, n=153]=9,42; p<0,01), zu 12,8% Hausfrauen (Männer: 0,0%; p<0,05 nach Fishers exaktem Test) und zu 11,7% sonstige Angestellte/Arbeiterinnen/Beamtinnen sind, während männliche Arbeitskreismitglieder zumeist sonstige Angestellte/Arbeiter und Beamten (30,5%) sind, aber auch aus Abbildung 28: Berufe der befragten Arbeitskreismitglieder (n=155) Berufsgruppen

20,6%

Schule und Kindergarten

18,7%

sonstige Angestellte, ArbeiterInnen und BeamtInnen 14,8%

Gesundheits- und Sozialberufe 10,3%

PensionistInnen

9,0%

Gemeindeangestellte/r

7,7%

Hausfrau/Hausmann

7,7%

Landwirtschaft

7,1%

Arzt/Ärztin selbstständig

3,9%

Tourismus

3,9% 3,2%

Seniorenverein Kirche/kirchliche Vereine

2,6%

Gastronomie

2,6% 1,3%

Sportberufe/Sportvereine 0%

20%

7.1 Detailergebnisse auf Individualniveau

171

dem Bereich Schule und Kindergarten (15,3%) stammen, zu 15,3% Pensionisten sind und zu 13,6% Ärzte (Frauen: 2,1%; p<0,05 beim exakten Test nach Fisher) sind. Signifikante Geschlechtsunterschiede ergeben sich außerdem bei den Personen aus der Gastronomie, wo ausschließlich Männer in den Arbeitskreisen vertreten sind (6,8%; p<0,05 bei Fishers exaktem Test), sowie bei den sonstigen Beschäftigten, wo ebenfalls mehr Männer vertreten sind (30,5% vs. 11,7%; ²[1, n=152]=8,35; p<0,01). In Hinblick auf die Funktion in der Gemeinde (vgl. Abbildung 29) haben Mitglieder des Arbeitskreises besonders häufig die Funktion eines Gemeinderates bzw. einer Gemeinderätin inne (27,3%), sind aber auch zu 14,3% Ausschussmitglieder, und zu je 11,7% Ausschussvorstände oder AmtsleiterInnen/ Gemeindevorstände/SachbearbeiterInnen/GemeindesekretärInnen – Ein beachtlicher Anteil der Arbeitskreismitglieder gibt jedoch an, keine Funktion in der Gemeinde zu bekleiden (46,1%). Die weiteren Funktionen kommen eher selten vor: VizebürgermeisterIn (7,1%), BürgermeisterIn (1,3%), Stadtrat/-rätin (1,3%). Abbildung 29: Funktionen der Arbeitskreismitglieder in der Gemeinde (n=154) Funktion in der Gemeinde

46,1%

keine Funktion in der Gemeinde

27,3%

Gemeinderat/Gemeinderätin

14,3%

Ausschussmitglied AmtsleiterIn/Gemeindevorstand/ SachbearbeiterIn/GemeindesekretärIn

11,7%

Ausschussvorstand

11,7%

7,1%

VizebürgermeisterIn

Stadtrat/Stadträtin

1,3%

BürgermeisterIn

1,3% 0%

20%

40%

172

7 Ergebnisse zur Arbeitskreisbefragung

Deutliche Unterschiede bezüglich der Funktion in der Gemeinde zeigen sich, wenn man die Arbeitskreisleitung mit den regulären Arbeitskreismitgliedern vergleicht: Während nur 10% der LeiterInnen angeben, keine Funktion in der Gemeinde zu haben, bekleiden mehr als die Hälfte der regulären Arbeitskreismitglieder (54,8%) keine Funktion in der Gemeinde (²[1, n=127]=18,39; p<0,01). ArbeitskreisleiterInnen sind besonders häufig GemeinderätInnen (56,7%), Ausschussvorstände (36,7%), Ausschussmitglieder (23,3%), VizebürgermeisterInnen (20,0%) und AmtsleiterInnen/Gemeindevorstände/SachbearbeiterInnen/GemeindesekretärInnen (16,7%). Wie bereits erwähnt, bekleidet weniger als die Hälfte der regulären Arbeitskreismitglieder ein Amt in der Gemeinde – reguläre Mitglieder sind besonders häufig Gemeinderat/Gemeinderätin (20,2%), Ausschussmitglied (12,1%) oder AmtsleiterIn/Gemeindevorstand/SachbearbeiterIn/GemeindesekretärIn (10,5%). Männer und Frauen unterscheiden sich nur geringfügig, wobei Frauen häufiger keine Funktion in der Gemeinde innehaben (52,7% vs. 33,9%; ²[1, n=152]=5,14; p<0,05), männliche Arbeitskreismitglieder etwas häufiger die Funktion des Gemeinderates bekleiden (30,5% vs. 25,8%), etwas häufiger Ausschussmitglieder sind (16,9% vs. 12,9%) und häufiger Vizebürgermeister sind (10,2% vs. 5,4%). Die befragten Arbeitskreismitglieder geben häufig an, keine spezielle Funktion im Arbeitskreis (vgl. Abbildung 30) zu haben (48,7%). Am häufigsten wurde angegeben, die Funktion der Arbeitskreisleitung (19,5%) und die Leitung eines Unterarbeitskreises (10,4%) zu haben. Weitere Funktionen sind: Protokollführung (3,9%), ärztliche Beratung (3,9%), einladende Person (8,4%). MännliAbbildung 30: Funktionen der Arbeitskreismitglieder im Arbeitskreis (n=154) Funktion im Arbeitskreis

keine spezielle Funktion

48,7% 19,5%

Arbeitskreisleitung Leitung eines Unterarbeitskreises

10,4% 8,4%

einladende Person ärztliche Beratung

3,9%

Protokollführung

3,9% 0%

20%

40%

60%

7.1 Detailergebnisse auf Individualniveau

173

che und weibliche Arbeitskreismitglieder berichten dabei durchaus von unterschiedlichen Funktionen: Frauen geben häufiger an, Arbeitskreisleiterinnen (23,7% vs. 13,6%) und Unterarbeitskreisleiterinnen (15,1% vs. 3,4%; ²[1, n=152]=5,21; p<0,05) zu sein, während nur Männer von der Funktion der ärztlichen Bera tung berichten (10,2% vs. 0%; p<0,01 bei Fishers exaktem Test) und Männer häufiger von der Funktion des Einladens berichten (13,6% vs. 5,4%). Abbildung 31: Wege, auf denen die Befragten in den Arbeitskreis gekommen sind (n=155) Wege in den Arbeitskreis

Arbeitskreisleitung

29,7%

Gemeinderat/-rätin/LokalpolitikerIn

23,2%

BürgermeisterIn

21,9%

aus Eigeninitiative

20,0%

anderes Arbeitskreismitglied

9,7%

Betreuerin vom Landesteam

6,5% 0%

20%

40%

Gefragt nach den Wegen zum Arbeitskreis (vgl. Abbildung 31) ergibt sich folgendes Bild: Insgesamt sind die Befragten am häufigsten durch die Arbeitskreisleitung (29,7%), eine/n Gemeinderat/-rätin/LokalpolitikerIn (23,2%) und den/die BürgermeisterIn (21,9%) zum Arbeitskreis gelangt – immerhin 20,0% geben an, aus Eigeninitiative zum Arbeitskreis gekommen zu sein. Weitere Wege in den Arbeitskreis sind: durch ein anderes Arbeitskreismitglied (9,7%), durch die Betreuerin vom Landesteam (6,5%). ArbeitskreisleiterInnen und reguläre Mitglieder unterscheiden sich dabei in den Wegen, wie sie zum Arbeitskreis gekommen sind: Reguläre Mitglieder kamen nachvollziehbarer Weise deutlich häufiger durch die Arbeitskreisleitung zum Arbeitskreis (33,6% vs. 13,3%; ²[1, n=128]=4,99; p<0,05). Außerdem spielen bei den regulären Mitgliedern der Weg über eine/n Gemeinderat/-rätin/LokalpolitikerIn (25,6 vs. 13,3) und der Weg über ein anderes Arbeitskreismitglied (12,0% vs. 0%) eine wichtigere Rolle. Die ArbeitskreisleiterInnen kamen häufiger über eine Betreuerin vom Landesteam zum Arbeitskreis (20,0% vs. 3,2%; p<0,01, exakter Test nach Fisher) und berich-

174

7 Ergebnisse zur Arbeitskreisbefragung

ten häufiger von Eigeninitiative (30,0% vs. 17,6%). Zwischen männlichen und weiblichen ArbeitskreisteilnehmerInnen zeigen sich diesbezüglich keine Unterschiede. Betrachtet man die Motive zur Mitarbeit im Arbeitskreis (vgl. Abbildung 32), so dominieren insgesamt folgende: „Weil ich zur Teilnahme eingeladen wurde“ (39,1%), „weil ich mich generell gerne in der Gemeinde engagiere“ (34,6%), „weil ich in der Gemeinde politisch tätig bin“ (34,0%), „weil der ArAbbildung 32: Motive zur Mitarbeit im Arbeitskreis (n=156) Motive zur Mitarbeit im Arbeitskreis

Weil ich zur Teilnahme eingeladen wurde

39,1%

Weil ich mich generell gerne in der Gemeinde engagiere

34,6%

Weil ich in der Gemeinde politisch tätig bin

34,0%

Weil der Arbeitskreis eine gute Möglichkeit bietet, meine Ideen umzusetzen

32,7%

Weil ich einen Beruf im Gesundheitsbereich ausübe

23,7%

Weil ich gerne im Team arbeite

21,8%

Weil ich für das Ressort zuständig bin

21,2%

Wegen meiner Schlüsselfunktion in der Gemeinde

17,3%

Weil ich im Arbeitskreis viel lernen kann

14,1%

Weil ich vom Thema Gesundheit/ Krankheit persönlich betroffen bin

13,5%

Weil es besser ist, als nichts zu tun

9,0%

Weil ich mich gerne mit den anderen treffe

6,4%

Weil ich glaube, dass es für mein Ansehen in der Gemeinde gut ist

3,8% 0%

20%

40%

7.1 Detailergebnisse auf Individualniveau

175

beitskreis eine gute Möglichkeit bietet, meine Ideen umzusetzen“ (32,7%), gefolgt von den Angaben „weil ich einen Beruf im Gesundheitsbereich ausübe“ (23,7%), „weil ich gerne im Team arbeite“ (21,8%), „weil ich für das Ressort zuständig bin“ (21,2%), „wegen meiner Schlüsselfunktion in der Gemeinde“ (17,3%), „weil ich im Arbeitskreis viel lernen kann“ (14,1%), „weil ich vom Thema Gesundheit/Krankheit persönlich betroffen bin“ (13,5%). Nur untergeordnete Rollen spielen die Angaben „weil es besser ist, als nichts zu tun“ (9,0%), „weil ich mich gerne mit den anderen treffe“ (6,4%) und „weil ich glaube, dass es für mein Ansehen in der Gemeinde gut ist“ (3,8%). In den Teilnahmemotiven zeigen sich gravierende Unterschiede zwischen regulären Arbeitskreismitgliedern und den ArbeitskreisleiterInnen: LeiterInnen nennen als Motiv deutlich häufiger „weil ich der Gemeinde politisch tätig bin“ (73,3% vs. 24,6; ²[1, n=128]=24,96; p<0,01) und „weil ich für das Ressort zuständig bin“ (60,0% vs. 11,9%; ²[1, n=128]=38,68; p<0,01), während das Motiv „weil ich zur Teilnahme eingeladen wurde“ für reguläre Mitglieder wichtiger zu sein scheint (47,6% vs. 3,3%; ²[1, n=128]=20,80; p<0,01). Bei männlichen und weiblichen ArbeitskreisteilnehmerInnen zeigen sich kaum Unterschiede in der Motivlage, wobei die deutlichsten Unterschiede in den Motiven „weil ich in der Gemeinde politisch tätig bin“ (44,1% vs. 28,4%; ²[1, n=154]=3,95; p<0,05) und „weil ich mich gerne in der Gemeinde engagiere“ (44,1% vs. 29,5%) bestehen – Männer nennen diese Motive jeweils häufiger als Frauen.

7.1.2 Zusammensetzung der Arbeitskreise Insgesamt geben 85,0% der Befragten an, dass die Zusammensetzung des Arbeitskreises eher gleich geblieben ist, wobei Männer und Frauen und ArbeitskreisleiterInnen und reguläre Mitglieder recht ähnliche Angaben machen. Dabei wird insgesamt auch von 61,2% angegeben, dass die Zahl der Arbeitskreismitglieder eher gleich geblieben ist, während 28,9% von einer Abnahme und nur 9,9% von einer Zunahme berichten. ArbeitskreisleiterInnen geben häufiger an, dass die Anzahl der Arbeitskreismitglieder zugenommen hat (20,0% vs. 7,4%). Männer berichten häufiger von einer Abnahme (39,7% vs. 22,8%), während Frauen öfter angeben, dass die Zusammensetzung gleich geblieben ist (67,4% vs. 51,7%). Die Unterschiede sind allerdings nicht signifikant. Die Zufriedenheit mit der Zusammensetzung des Arbeitskreises scheint insgesamt hoch zu sein (88,2% sind eher/sehr zufrieden), wobei sich weder reguläre ArbeitskreisteilnehmerInnen und ArbeitskreisleiterInnen noch Männer und Frauen unterscheiden.

176

7 Ergebnisse zur Arbeitskreisbefragung

7.1.3 Arbeitsweise Die Arbeitskreise bestehen im Durchschnitt seit 29,5 Monaten (SD=14,7), wobei sich die Angaben von ArbeitskreisleiterInnen und regulären Mitgliedern nicht nennenswert unterscheiden, Frauen jedoch von einem etwas längeren Bestehen im Vergleich zu Männern berichten (M=30,6; SD=15,0 vs. M=27,7; SD=14,2), was allerdings – so wie die restlichen in diesem Absatz genannten Gruppendifferenzen – keinen signifikanten Unterschied darstellt. Im Durchschnitt sind die Befragten seit 27,2 Monaten Arbeitskreismitglieder (SD=16,5), wobei die Arbeitskreisleitungen von einer etwas längeren Teilnahme berichten (M=28,8; SD=12,0 vs. M=26,9 vs. SD=17,4) und auch Frauen durchschnittlich angeben, länger beim Arbeitskreis zu sein als Männer (M=29,2; SD=18,0 vs. M=24,7 vs. SD=13,4). Im Schnitt finden die Arbeitskreistreffen 4,8 mal pro Jahr statt (SD=6,6), wobei sich kein Unterschied zwischen Angaben von ArbeitskreisleiterInnen und regulären Mitgliedern erkennen lässt, aber ein kleiner Unterschied zwischen Männern und Frauen besteht (Frauen: M=4,1; SD=4,3 vs. Männer: M=5,1; SD=7,0). Unterarbeitskreistreffen (welche es in 21 Gemeinden gibt) finden durchschnittlich etwas häufiger statt als Gesamtarbeitskreistreffen (M=5,1; SD=7,2), wobei sich die durchschnittlichen Angaben von ArbeitskreisleiterInnen und regulären Arbeitskreismitgliedern erneut decken, Frauen aber durchschnittlich höhere Angaben machen als Männer (M=4,4; SD=3,5 vs. M=3,7; SD=2,7). Durchschnittlich geben die Befragten an, 4,2-mal pro Jahr (SD=6,0) an den Gesamtarbeitskreistreffen teilzunehmen, wobei reguläre Mitglieder von einer etwas höheren Teilnahmefrequenz berichten als ArbeitskreisleiterInnen (M=4,4; SD=6,6 vs. M=3,5; SD=2,7) und Männer von einer etwas häufigeren Teilnahme als Frauen (M=4,3; SD=6,9 vs. M=3,5; SD=2,6). Die durchschnittliche Teilnahmehäufigkeit an Unterarbeitskreistreffen liegt bei 4,8-mal pro Jahr (SD=7,6), wobei keine Gruppenunterschiede zu erkennen sind. Aufeinander bezogen (Anzahl der Arbeitskreistreffen und Teilnahme daran) zeigt sich eine durchschnittliche Teilnahme an 91,8% (SD=19,7) der Gesamt- und an 93,3% (SD=18,9) der Unterarbeitskreistreffen. Der Großteil der Befragten gibt an, mit der Anzahl der Gesamtarbeitskreistreffen zufrieden zu sein (83,9%). Reguläre Arbeitskreismitglieder geben dabei etwas häufiger an, sich mehr Arbeitskreistreffen zu wünschen (16,8% vs. 6,7%), wobei dieser Wunsch bei beiden Gruppen eher gering ausgeprägt ist. Es bestehen keine relevanten Geschlechtsunterschiede in der Zufriedenheit mit der Anzahl der Arbeitskreistreffen. Auch mit der Anzahl der Unterarbeitskreistreffen ist die Zufriedenheit groß (76,1%), wobei sich ausschließlich reguläre Mitglieder mehr Treffen wünschen (28,2% vs. 0%). Männer und Frauen unterscheiden sich nicht

7.1 Detailergebnisse auf Individualniveau

177

in nennenswerter Weise. Keiner der Befragten wünscht sich weniger Unterarbeitskreistreffen und insgesamt nur 1,3% wünschen sich weniger Gesamtarbeitskreistreffen. Alles in allem resultieren hier jedoch nirgendwo signifikante Ergebnisse. Der Zweck der Arbeitskreistreffen scheint die inhaltliche Arbeit und die Koordination der laufenden Arbeit zu sein, was von 75,7% der Befragten genannt wurde, während 13,2% angeben, dass der Zweck primär die Koordination der laufenden Arbeit sei und 11,2% angeben, dass die Treffen vornehmlich zur inhaltlichen Arbeit genutzt werden. Es zeigen sich bei dieser Einschätzung keine sehr deutlichen Gruppenunterschiede – ArbeitskreisleiterInnen geben etwas häufiger an, dass die Treffen für beides genutzt werden (86,7% vs. 73,0%), während reguläre Mitglieder öfter angeben, dass die Treffen primär der inhaltlichen Arbeit dienen (13,1% vs. 3,3%), wobei sich allerdings keine signifikanten Ergebnisse feststellen lassen. Die Frage, ob zwischen den Arbeitskreistreffen auch Aufgaben delegiert werden, bejahen 79,1%; 96,4% geben an, dass zusätzlich festgelegt wird, wer für die Erledigung zuständig ist und 91,0% bejahen, dass auch festgelegt wird, bis wann die Erledigung zu erfolgen hat. Bei diesen Items zeigen sich keine nennenswerten Gruppenunterschiede. Gefragt nach den Zuständigkeiten (niemand, fixe Person, wechselnde Zuständigkeiten) für relevante Tätigkeiten im Arbeitskreis zeigt sich folgendes Bild: Für die Festlegung der Tagesordnung wird von insgesamt 88,4% angegeben, dass eine fixe Person zuständig sei, wobei sich keine Gruppenunterschiede erkennen lassen. Für die Festlegung der Tagesordnung im Unterarbeitskreis ist laut 68,9% der Befragten eine fixe Person zuständig, wobei auch hier keine relevanten Gruppenunterschiede bestehen. 87,9% geben an, dass eine fixe Person für die Protokollführung zuständig ist, wobei sich keine Unterschiede in den Gruppen zeigen. Für die Protokollführung im Unterarbeitskreis ist laut 66,0% eine fixe Person zuständig – reguläre Mitglieder geben häufiger an, dass niemand zuständig ist (19,0% vs. 0%), während ArbeitskreisleiterInnen öfter von wechselnden Zuständigkeiten berichten (14,9% vs. 33,3%). Männer geben öfter an, dass eine fixe Person zuständig ist (78,9% vs. 58,8%), während Frauen öfter angeben, dass niemand zuständig ist (20,6% vs. 10,5%) bzw. öfter von wechselnden Zuständigkeiten berichten (20,6% vs. 10,5%). Die Einladung zu den Arbeitskreistreffen führt eine fix zuständige Person durch (92,3%), wobei sich bei dieser Einschätzung keine Gruppenunterschiede erkennen lassen. Für die Einladung zu den Unterarbeitskreistreffen geben insgesamt 80,0% an, dass eine fixe Person zuständig ist – ArbeitskreisleiterInnen berichten öfter von wechselnden Zuständigkeiten (33,3% vs. 11,4%) und seltener von fixen Zuständigkeiten (66,7% vs. 81,8%). 64,5% geben insgesamt an, dass

178

7 Ergebnisse zur Arbeitskreisbefragung

die Zuständigkeit für die Öffentlichkeitsarbeit fix ist, wobei ArbeitskreisleiterInnen häufiger angeben, dass wechselnde Zuständigkeiten bestehen (43,3% vs. 27,0%), und seltener von fixen Zuständigkeiten berichten (50,0% vs. 68,5%). 59,7% der Befragten geben an, dass eine fixe Person für die Maßnahmendokumentation zuständig ist – ArbeitskreisleiterInnen berichten dabei häufiger von wechselnden (36,0% vs. 21,3%) und seltener von festen Zuständigkeiten (48,0% vs. 62,8%). Ebenso berichten Männer öfter von wechselnden Zuständigkeiten (36,7% vs. 15,7%) und seltener von fixen Zuständigkeiten (51,0% vs. 65,7%) – wobei die Unterschiede bzgl. Maßnahmendokumentation und Geschlecht die einzig signifikanten sind (²[2, n=119]=6,99; p<0,05). Betrachtet man die Items zur Zufriedenheit mit der Zusammenarbeit mit den Arbeitskreismitgliedern, so überwiegen durchgehend die positiven Bewertungen: nur 5,4% finden die Zusammenarbeit nicht gut, 21,7% finden den Infoaustausch unter den Mitgliedern nicht umfassend, 23,9% meinen, dass die Aufgaben im Team nicht klar verteilt sind, 9,0% finden, dass die Arbeitskreismitglieder nicht positiv motiviert sind, 14,5% halten die Arbeitskreismitglieder nicht für kritikfähig, 11,8% glauben, die Arbeitskreismitglieder sind Neuem gegenüber nicht aufgeschlossen, 11,7% finden, dass die Arbeit von parteipolitischem Hickhack geprägt ist, 3,5% fühlen sich nicht von den Arbeitskreismitgliedern akzeptiert, 2,1% akzeptieren die anderen Arbeitskreismitglieder nicht, 11,2% finden, dass Unstimmigkeiten und Konflikte nicht aktiv und gemeinsam gelöst werden, 16,4% halten den Arbeitsstil nicht für gemeinschaftlich und immerhin 32,4% stimmen nicht zu, dass Erfolge gemeinsam gefeiert werden. Einige Unterschiede ließen sich erkennen: Männer lehnen seltener ab, dass die Arbeitskreismitglieder positiv motiviert sind als Frauen (3,6% vs. 12,5%), reguläre Arbeitskreismitglieder halten die Arbeitskreismitglieder häufiger für nicht kritikfähig (17,2% vs. 3,4%), reguläre Arbeitskreismitglieder bejahen häufiger, dass die Zusammenarbeit von parteipolitischem Hickhack geprägt ist (13,8% vs. 3,4%), Frauen finden häufiger, dass Unstimmigkeiten und Konflikte nicht aktiv gemeinsam gelöst werden (16,3% vs. 3,5%) und reguläre Arbeitskreismitglieder sagen öfter aus, dass Erfolge nicht gemeinsam gefeiert werden (35,1% vs. 21,4%). Als einzige signifikante Unterschiede (U-Tests über alle vier Ränge der Variablen) ergeben sich hier jedoch lediglich die höheren Einschätzungen von ArbeitskreisleiterInnen gegenüber den regulären Mitgliedern, dass die Arbeitskreismitglieder akzeptiert werden (z=-2,75; p<0,01) sowie dass Konflikte aktiv gemeinsam gelöst werden (z=-2,31; p<0,05), wobei diese Unterschiede vorwiegend aufgrund der unterschiedlichen Angaben bei den Antworten „trifft voll zu“ (hauptsächlich von ArbeitskreisleiterInnen angegeben) und „trifft überwiegend zu“ (hauptsächlich von regulären Mitgliedern angegeben) zu finden sind.

7.1 Detailergebnisse auf Individualniveau

179

Was die Bewertung der Zusammenarbeit mit der Arbeitskreisleitung anbelangt, so werden die Qualitäten der Arbeitskreisleitung vom Großteil der regulären Mitglieder als positiv bewertet – auch die ArbeitskreisleiterInnen bewerten ihre eigene Leistung positiv. Genauere Analysen mittels U-Tests entlang aller vier Antwortmöglichkeiten (trifft – gar nicht/kaum/überwiegend/voll – zu) ergeben ein differenziertes Bild. So schätzen etwa Männer die Motivationsfähigkeit der Arbeitskreisleitung höher ein (z=-2,09; p<0,05), ebenso wie die die Professionalität bzw. Strukturiertheit der Arbeitsweise der Arbeitskreisleitung (z=-2,13; p<0,05). Zusätzlich schätzen sich die ArbeitskreisleiterInnen in den Punkten Akzeptanz der Mitglieder (z=-2,86; p<0,01), Aufgeschlossenheit neuen Ideen gegenüber (z=-3,72; p<0,01), eigener Umgang mit Kritik (z=-2,08; p<0,05), Erfolge mit allen teilen (z=-3,58; p<0,01), Bereitschaft zur Verantwortung von Misserfolgen (z=-3,88; p<0,01) sowie Offenheit gegenüber allen politischen Parteien (z=-3,49; p<0,01) selbst durchwegs höher ein, als dies von den Mitgliedern insgesamt gesehen wird.

7.1.4 Aktivitäten Die Arbeitskreise haben bislang folgende Schritte absolviert: Einrichtung des Arbeitskreises (83,9%), Teamfindung (64,5%), Auftaktveranstaltungen in der Gemeinde (81,9%), Ist-Analyse bzw. Gesundheitskompass (61,3%), Maßnahmenplan mit kurz-, mittel und langfristigen Vorhaben (75,5%), Startförderung erhalten (59,4%), Umsetzung erster (kurzfristiger) Maßnahmen (67,1%), neuerliche Situationsanalyse (30,3%). ArbeitskreisleiterInnen berichten häufiger als reguläre Mitglieder von der Absolvierung folgender Schritte: Einrichtung des Arbeitskreises (96,7% vs. 80,8%), Teamfindung (73,3% vs. 62,4%), Ist-Analyse bzw. Gesundheitskompass (80,0% vs. 56,8%; ²[1, n=128]=5,49; p<0,05), Maßnahmenplan (86,7% vs. 72,8%), Erhalt der Startförderung (86,7% vs. 52,8%; ²[1, n=128]=9,24; p<0,01) und Umsetzung erster (kurzfristiger) Maßnahmen (76,7% vs. 64,8%).13 Bei diesem Item gibt es keine Geschlechtsunterschiede. Die Arten bisher durchgeführter Maßnahmen betreffend, zeigt sich folgendes Bild: Gesundheitstage/Informationsveranstaltungen (95,5%), Module bzw. Serviceangebote der Abteilung 12 (51,3%), eigene punktuelle Projekte (68,8%), 13

Hier ist am ehesten ein unterschiedlicher Informationsstand zu erwarten, der sich eben aus der Funktion ergibt. Es erscheint somit wenig überraschend, dass ArbeitskreisleiterInnen eher Bescheid wissen, ob eine Förderung erhalten wurde bzw. ob anfängliche Ist-Analysen durchgeführt wurden (insbesondere im Vergleich zu etwaigen „jüngeren“ Arbeitskreismitgliedern). Aus diesem Grund wurden die Items der Frage „Welche Schritte wurden schon absolviert“ für das aggregierte Datenniveau (Angaben pro Arbeitskreis, siehe Kapitel 7.3.3) auch über das Minimum hochgerechnet, also bereits bei einer Angabe pro Arbeitskreis als „erfüllt“ übernommen.

180

7 Ergebnisse zur Arbeitskreisbefragung

eigene längerfristige Projekte (57,1%), Projekte in Verbindung mit baulichen Maßnahmen (12,3%) und Projekte mit organisatorischen Veränderungen (11,0%). Arbeitskreismitglieder geben deutlich häufiger an, dass Gesundheitstage/Informationsveranstaltungen (76,7% vs. 45,2%) und eigene längerfristige Maßnahmen (66,7% vs. 54,8%) stattgefunden haben. Frauen berichten etwas öfter von der Durchführung von Modulen bzw. Serviceangeboten der Abteilung 12 (57,0% vs. 44,1%). Während diese Angaben nicht signifikant sind, besteht ein deutlicher Unterschied bzgl. der Angabe, dass Module/Serviceangebote der Landesabteilung durchgeführt wurden, was von ArbeitskreisleiterInnen signifikant häufiger genannt wird (76,7% vs. 45,2%; ²[1, n=127]=10,18; p<0,01).

7.1.5 Zielgruppen Als Zielgruppen des Arbeitskreises werden auf Individualniveau die Gemeindebevölkerung insgesamt (93,5%), Jugendliche (58,2%), Kinder (49,7%), Ältere (49,7%), pflegende Angehörige (34,6%), Übergewichtige (30,1%), Frauen (22,2%), DiabetikerInnen (20,3%), Männer (17,6%), Gasthäuser (15,0%) und Berufstätige (13,7%) genannt. Dabei nennen die ArbeitskreisleiterInnen als Zielgruppen häufiger pflegende Angehörige (44,8% vs. 32,3%), Frauen (31,0% vs. 20,2%) und Gasthäuser (24,1% vs. 12,9%). Zwischen männlichen und weiblichen Arbeitskreismitgliedern zeigt sich der deutlichste Unterschied bei der Zielgruppe der Jugendlichen, die von Männern häufiger genannt wird (64,4% vs. 54,3%), wobei die Unterschiede nicht signifikant sind. Bezüglich der Wege der Zielgruppenerreichung ergibt sich insgesamt folgendes Bild: Einladungen über Postwurf (85,7%), Annoncen in der Gemeindezeitung/auf der Gemeindehomepage (63,6%), Annonce in einer Lokal-/Regionalzeitung (27,3%), Annonce in einer Tageszeitung (14,3%), per Plakat/Aushang (55,2%), persönliche Einladung per Brief (37,7%), persönliche Einladung per Telefon (7,8%), persönliche Einladung im Gespräch (38,3%), Ankündigung über die Gesunde Gemeinde Homepage (32,5%), Ankündigungen bei anderen Veranstaltungen der Gemeinde (39,6%), Ankündigung bei kirchlichen Veranstaltungen (8,4%), Ankündigung oder Einladung im Rahmen von Vereinsaktivitäten (29,2%), über die Schule/den Kindergarten (59,1%) und Ankündigung durch Firmenchefs (1,9%). Dabei wird eine Reihe an Informationswegen von den ArbeitskreisleiterInnen deutlich häufiger genannt als von regulären Arbeitskreismitgliedern: Annonce in der Gemeindezeitung bzw. auf der Gemeindehomepage (76,7% vs. 60,5%), Annonce in einer Regional-/Lokalzeitung (43,3% vs. 23,4%), per Plakat/Aushang (73,3% vs. 50,8%), persönliche Einladung im Gespräch (53,3% vs. 34,7%)

7.1 Detailergebnisse auf Individualniveau

181

und über die Schule/den Kindergarten (73,3% vs. 55,6%). Alle diese Unterschiede sind jedoch nicht signifikant. Männer und Frauen unterscheiden sich in ihren Angaben kaum – der einzige (signifikante) Unterschied besteht darin, dass Männer die persönliche Einladung per Brief häufiger als Weg zur Zielgruppenerreichung nennen als Frauen (49,2% vs. 31,2%; ²[1, n=152]=4,94; p<0,05).

7.1.6 Kriterien zur Maßnahmenumsetzung Danach gefragt, welche Kriterien bei der Auswahl und Entwicklung von Maßnahmen und Angeboten ausschlaggebend sind, zeigte sich, dass dem Kriterium „persönliches Wissen der ArbeitskreisteilnehmerInnen über das Gemeindeleben“ von 93,6% zugestimmt wird, die „beruflichen Kompetenzen der Arbeitskreismitglieder“ werden von 89,4% genannt, 54,2% nennen das Kriterium „Anregung durch Maßnahmen in anderen Gemeinden“, während nur 34,2% angeben, sich durch „Empfehlungen in Zeitungen, Zeitschriften und Rundfunksendungen“ inspirieren zu lassen. 70,7% nennen das Kriterium „Anregungen/Vorschläge aus dem Handbuch/Serviceheft »Gesunde Gemeinde«“, 73,1% geben an, dass „Vorschläge der Betreuerinnen des Landesteams“ ausschlaggebend sind bei der Auswahl und Entwicklung von Maßnahmen und Angeboten, 50,8% nennen das Kriterium „Anregungen/Wünsche aus dem Gemeinderat bzw. Gemeinderatsausschuss“, 54,9% nennen die „Ergebnisse des Gesundheitskompasses/der IstAnalyse“ als entscheidendes Kriterium und 53,1% nennen das Kriterium „Befragung der Gemeinde/der BürgerInnen“. 50,0% geben an, dass die „Befragung spezieller Zielgruppen“ ausschlaggebend ist, während die „Information von Zielgruppenmitgliedern (Einladung dieser Personen in den Arbeitskreis)“ von 53,7% genannt werden und 64,9% nennen „Fachinformationen durch zusätzliche ExpertInnen“ als entscheidungsleitendes Kriterium. „Anregungen/Vorschläge aus dem Handbuch/Serviceheft »Gesunde Gemeinde«“ werden von den ArbeitskreisleiterInnen etwas häufiger genannt als von regulären Mitgliedern (85,2% vs. 66,6%), während die „Befragung spezieller Zielgruppen“ häufiger von den regulären Arbeitskreismitgliedern genannt wird (53,2% vs. 36,0%), wobei die Ergebnisse jeweils nicht signifikant sind. Die Angaben von männlichen und weiblichen Arbeitskreismitgliedern unterscheiden sich nicht relevant. Was die persönliche Bewertung des Erfolgs einer Maßnahme anbelangt, so ergab die Befragung folgendes: 77,4% stimmen dem Kriterium „Weil mir die Durchführung/eigene Teilnahme großen Spaß gemacht hat“ zu, 86,1% bewerten den Erfolg „anhand persönlicher Mitteilungen von TeilnehmerInnen“, 91,1% der Befragten ziehen die „TeilnehmerInnenzahl“ als Erfolgskriterium heran, während nur 30,3% „gezielte Befragungen der TeilnehmerInnen“ durchführen.

182

7 Ergebnisse zur Arbeitskreisbefragung

28,9% ziehen die „Rückmeldungen der Betreuerin aus der Abteilung 12“ zur persönlichen Bewertung des Erfolgs einer Maßnahme heran, 44,9% berücksichtigen die „Rückmeldungen von BürgermeisterIn oder Gemeinderat“, 23,8% ziehen einen „Vergleich mit einer anderen Gemeinde“ heran und überraschende 36,0% geben an, ihr persönliches Urteil über den Erfolg „aufgrund (medizinischer) Vorher-Nachher-Untersuchungen“ zu fällen. In der persönlichen Erfolgsbewertung zeigen sich einige Unterschiede zwischen regulären Arbeitskreismitgliedern und ArbeitskreisleiterInnen: Das Kriterium „Weil es mir TeilnehmerInnen an der Maßnahme im persönlichen Gespräch mitgeteilt haben“ wird von allen befragten ArbeitskreisleiterInnen genannt, jedoch nur von 82,8% der regulären Mitglieder. „Gezielte Befragungen von TeilnehmerInnen“ werden etwas häufiger von den regulären Mitgliedern genannt (33,3% vs. 18,5%), selbiges gilt für die „Rückmeldungen der Betreuerin aus der Abteilung 12“ (32,0% vs. 16,0%). Die ArbeitskreisleiterInnen nennen die „Rückmeldung des Bürgermeisters/der Bürgermeisterin“ häufiger als Basis der persönlichen Erfolgsbewertung (55,6% vs. 42,2%), während reguläre Mitglieder häufiger von einem „Vergleich mit einer anderen Gemeinde“ (26,0% vs. 15,3%) und „(medizinischen) Vorher-Nachher-Untersuchungen“ (38,2% vs. 26,9%) berichten. Auch Männer und Frauen unterscheiden sich in den Kriterien, die sie zur persönlichen Erfolgsbewertung heranziehen: „Weil mir die Durchführung/eigene Teilnahme großen Spaß gemacht hat“ wird von Frauen häufiger genannt (84,5% vs. 65,4%) – auch die „persönliche Mitteilung im Gespräch durch TeilnehmerInnen an der Maßnahme“ (94,3% vs. 73,2%), die „gezielten Befragungen der TeilnehmerInnen“ (38,0% vs. 19,2%), die „Rückmeldungen der Betreuerinnen aus der Abteilung 12“ (33,8% vs. 22,0%) und die „Rückmeldung durch Gemeinderat/BürgermeisterIn“ (50,0% vs. 37,7%) scheinen für Frauen eine größere Rolle zu spielen als für Männer. Alle angeführten Unterschiede sind jedoch bei UTests (vierstufige Einschätzung jedes Items) nicht signifikant, mit einer Ausnahme: Frauen geben öfter an, sich auf das Kriterium „die Durchführung/eigene Teilnahme hat großen Spaß gemacht“ zu stützen (z=-2,74; p<0,01). In Hinblick auf die Erfolgsbewertung durch den Arbeitskreis insgesamt zeigt sich folgendes Bild, wobei wieder jeweils der Prozentsatz der Zustimmung in Klammern angeführt ist: „Ob die Durchführung/eigene Teilnahme Spaß gemacht hat“ (62,4%), „Rückmeldungen von TeilnehmerInnen an der Maßnahme“ (87,9%), „TeilnehmerInnenzahl“ (92,3%), „Ergebnisse gezielter Befragungen der TeilnehmerInnen“ (34,8%), „Rückmeldungen der Betreuerin aus der Abteilung 12“ (39,0%), „Rückmeldung durch Gemeinderat/BürgermeisterIn“ (50,0%), „Vergleich mit einer anderen Gemeinde“ (25,0%) und „Ergebnisse (medizinischer) Vorher-Nachher-Untersuchungen“ (33,0%).

7.1 Detailergebnisse auf Individualniveau

183

Dabei zeigen sich doch einige Unterschiede in den Angaben regulärer Arbeitskreismitglieder und jenen von ArbeitskreisleiterInnen: Die „Ergebnisse gezielter Befragungen von TeilnehmerInnen an der Maßnahme“ (37,4% vs. 24,0%) und die „Rückmeldungen der Betreuerin aus der Abteilung 12“ (41,2% vs. 30,7%) werden von regulären Arbeitskreismitgliedern häufiger als Kriterien des Arbeitskreises zur Erfolgsbewertung genannt. Reguläre Mitglieder nennen außerdem häufiger „Ergebnisse (medizinischer) Vorher-Nachher-Untersuchungen“ als Erfolgskriterium des Arbeitskreises (37,1% vs. 16,7%; U-Test: z=-2,15; p<0,05). Frauen nennen folgende Kriterien häufiger als Männer: „Ob die Durchführung/eigene Teilnahme Spaß gemacht hat“ (70,4% vs. 49,0%; U-Test: z=-2,71; p<0,01), „Rückmeldungen der Betreuerin aus der Abteilung 12“ (45,5% vs. 29,1%) und „Rückmeldungen durch den Gemeinderat/BürgermeisterIn (53,6% vs. 44,9%). Wenn es um die Gründe für die Weiterführung von Angeboten und Maßnahmen geht, so zeigt sich insgesamt folgendes Bild: Weiterführung „aufgrund positiver Rückmeldungen durch die Zielgruppe“ (69,4%), „hohe TeilnehmerInnenzahl schon bei der ersten Durchführung“ (57,1%), „geringe Kosten“ (39,5%), „stetiger Anstieg der TeilnehmerInnenzahl bei wiederholter Durchführung“ (38,8%), „weil wir schon ein eingespieltes Team sind und das Weiterarbeiten Spaß macht“ (28,6%), „weil die Maßnahme quasi schon zum Standard gehört“ (28,6%), „aufgrund positiver Rückmeldungen durch den/die BürgermeisterIn/ Gemeinderat“ (27,25), „geringer organisatorischer und administrativer Aufwand“ (23,8%), „Erhalt einer Förderung“ (22,4%), „weil das Ziel erreicht wurde“ (20,4%), „Hoffnung auf besseren Anklang der Maßnahme beim nächsten Mal“ (12,9%), „aufgrund positiver Rückmeldungen der Betreuerin aus dem Landesteam“ (8,2%), „weil Personen zum Arbeitskreis dazu gekommen sind“ (6,1%), „keine bessere Idee für eine andere Maßnahme“ (5,4%), „weil das Ziel nicht erreicht werden konnte“ (4,8%), „aufgrund positiver Rückmeldungen von anderer Stelle des Landes“ (3,4%) – nur 2,0% geben an, dass bislang noch keine Maßnahme abgebrochen wurde. ArbeitskreisleiterInnen und reguläre Arbeitskreismitglieder unterscheiden sich nur beim Item „Weil wir schon ein eingespieltes Team sind und das Weiterarbeiten Spaß macht“ in nennenswerter Weise, wobei die Arbeitskreisleitungen dieses Item häufiger nennen (41,2%) als reguläre Mitglieder (25,4%; ²[1, n=121]=4,07; p<0,05). Auch männliche und weibliche Arbeitskreismitglieder unterscheiden sich kaum (und auch nicht signifikant) voneinander – als Grund für die Weiterführung einer Maßnahme nennen Frauen den „stetigen Anstieg der TeilnehmerInnenzahl bei wiederholter Durchführung“ häufiger (43,3% vs. 32,1%), während Männer als Grund öfter die „geringen Kosten“ (46,4% vs.

184

7 Ergebnisse zur Arbeitskreisbefragung

35,6%) und die „positiven Rückmeldungen der Zielgruppe“ (76,8% vs. 65,6%) nennen. Was die Gründe für den Abbruch von Maßnahmen anbelangt, so ergibt sich insgesamt folgendes Resultat: „geringe TeilnehmerInnenzahl schon bei der ersten Durchführung“ (41,0%), „geringe TeilnehmerInnenzahl auch nach wiederholter Durchführung“ (24,6%), „zu hohe Kosten“ (24,6%), „zu hoher organisatorischer/administrativer Aufwand“ (20,9%), „aufgrund einer anderen besseren Idee für eine Maßnahme“ (14,2%), „weil der Arbeitskreis insgesamt ins Stocken geraten ist“ (11,2%), „kontinuierliche/ständige Abnahme der TeilnehmerInnenzahl“ (10,4%), „keine Förderung mehr erhalten“ (6,7%), „weil die zentral mitwirkende Person nicht mehr daran teilnimmt“ (6,7%), „aufgrund der negativen Rückmeldungen durch die Zielgruppe“ (5,2%), „weil wir keine Einigung im Arbeitskreis erzielen konnten“ (4,5%), „aufgrund der negativen Rückmeldungen durch den/die BürgermeisterIn/Gemeinderat“ (3,7%), „weil das inhaltliche Ziel erreicht wurde“ (3,0%), „weil das Ziel nicht erreicht werden konnte“ (2,2%), „weil sich andere den Erfolg eingeheimst haben“ (2,2%), „aufgrund der negativen Rückmeldungen durch die Betreuerin aus dem Landesteam“ (0,0%), „aufgrund der negativen Rückmeldungen durch das Land“ (0,0%). 31,6% geben an, dass bisher noch nie eine Maßnahme abgebrochen wurde. Hierbei sind kaum Unterschiede zwischen den Angaben regulärer Mitglieder und ArbeitskreisleiterInnen zu erkennen: Reguläre Mitglieder nennen als Grund für den Abbruch einer Maßnahme etwas häufiger „zu hohe Kosten“ (27,9% vs. 13,3%), während ArbeitskreisleiterInnen etwas öfter „andere Ideen für eine bessere Maßnahme“ als Abbruchgrund angeben (23,3% vs. 11,5%). Auch Männer und Frauen unterscheiden sich nur bei wenigen Angaben: Männer nennen als Gründe für den Abbruch etwas häufiger die „zu hohen Kosten“ (32,7% vs. 20,2%) und den „zu hohen organisatorischen/administrativen Aufwand“ (28,6% vs. 16,7%). Weniger groß, dafür aber bei Fishers exaktem Test signifikant, sind die Unterschiede bei den Angaben „Weil sich andere den Erfolg eingeheimst haben“ und „Sonstiges“, welche ausschließlich von Männern genannt werden (zu jeweils 6,1%).

7.1.7 Ressourcen der Arbeitskreise Was die Entscheidungskompetenz betrifft, so wird im Arbeitskreis zu 91,4% über die Ideenfindung zu Projekten/Maßnahmen, zu 86,4% über die Auswahl/Entwicklung interessanter Projekte/Maßnahmen, zu 85,0% über die Durchführung von Projekten/Maßnahmen mit geringem Kostenaufwand entschieden, während über die Durchführung von Projekten/Maßnahmen mit größerem Kostenaufwand

7.1 Detailergebnisse auf Individualniveau

185

zu 70,7% außerhalb des Arbeitskreises entschieden wird und über die Durchführung infrastruktureller Maßnahmen sogar laut 83,7% der Befragten außerhalb des Arbeitskreises erfolgt. Reguläre Mitglieder geben häufiger an, dass über die Auswahl/Entwicklung von Projekten/Maßnahmen (16,3% vs. 3,6%) und die Durchführung von Projekten/Maßnahmen mit größerem Kostenaufwand (76,1% vs. 52,4%) außerhalb des Arbeitskreises entschieden wird. Männer denken häufiger, dass über die Durchführung von Projekten/Maßnahmen mit größerem finanziellen Aufwand außerhalb des Arbeitskreises entschieden wird, als Frauen (79,4% vs. 66,7%). Allerdings sind diese Unterschiede nicht signifikant. Was die Entscheidungsfindung anbelangt, so geben 36,6% an, dass immer alle gemeinsam entscheiden, 33,3% geben an, dass man sich an Schlüsselpersonen der Gemeinde orientiert, 13,7% geben an, dass die Arbeitskreisleitung entscheidet, 7,2% geben an, dass der Ausschussvorstand entscheidet und je nur 0,7% meinen, der Arzt/ die Ärztin oder der Bürgermeister/die Bürgermeisterin entscheiden. Dabei geben reguläre Arbeitskreismitglieder etwas häufiger an, dass man sich bei der Entscheidungsfindung an Schlüsselpersonen orientiert (35,8% vs. 23,3%) und ArbeitskreisleiterInnen geben öfter an, dass der Ausschussvorsitz entscheidet (13,3% vs. 5,7%). Die augenscheinlich deutlichsten Unterschiede zwischen männlichen und weiblichen Arbeitskreismitgliedern zeigen sich in der Auffassung, dass immer alle gemeinsam entscheiden, was Männer häufiger angeben (43,1% vs. 32,3%). Außerdem geben Männer etwas öfter an, dass die Arbeitskreisleitung entscheidet (19,0% vs. 10,8%), während Frauen öfter angeben, dass der Ausschussvorsitz entscheidet (10,8% vs. 1,7%). Dennoch sind die genannten Unterschiede nicht signifikant. Die Verwendung des Budgets betreffend, geben insgesamt 64,2% an, dass die Arbeitskreisleitung darüber gemeinsam mit dem/der BürgermeisterIn bzw. dem Gemeinderat entscheidet, 28,4% geben an, dass die Arbeitskreisleitung alleine entscheidet und nur 7,3% glauben, BürgermeisterIn oder Gemeinderat entscheiden darüber alleine. Dabei zeigen sich keine nennenswerten Unterschiede zwischen regulären Arbeitskreismitgliedern und ArbeitskreisleiterInnen oder zwischen den Geschlechtern. Bezüglich der Unterstützung durch die Gemeinde ergibt sich insgesamt folgendes Bild: Räumlichkeiten für Veranstaltungen (95,4%), Eröffnung von Veranstaltungen durch offizielle GemeindevertreterInnen (84,8%), Teilnahme von GemeindevertreterInnen bei Veranstaltungen (79,5%), Infomaterialien (68,9%), Büromaterial (64,9%), Betriebskosten für Veranstaltungen (53,6%), Büroräume (47,0%), Sportplätze (43,7%), Personal für Veranstaltungen (45,3%) und Transportmittel bei Veranstaltungen (19,9%). Dabei berichten ArbeitskreisleiterInnen häufiger von Unterstützung in Form von Büromaterial (79,3% vs. 61,5%), Eröffnung von Veranstaltungen durch offizielle GemeindevertreterInnen (93,1% vs.

186

7 Ergebnisse zur Arbeitskreisbefragung

82,8%) und Personal für Veranstaltungen (55,2% vs. 43,0%). Reguläre Mitglieder berichten hingegen öfter, dass Sportplätze bereitgestellt werden (45,9% vs. 34,5%). Auch einige Geschlechtsunterschiede sind erkennbar: Männer geben häufiger eine Unterstützung in Form von Infomaterialien (79,7% vs. 62,6%), Büromaterial (74,6% vs. 59,3%), Büroräumen (55,9% vs. 41,8%) und Personal für Veranstaltungen (51,7% vs. 41,8%) an. Mit Ausnahme des – ohnehin schwierig zu interpretierenden – Unterschiedes bzgl. Informationsmaterial und Geschlecht (²[1, n=150]=4,88; p<0,05) sind die angeführten Unterschiede allerdings nicht signifikant. Eine der Fragestellungen betraf auch den Austausch mit anderen Gemeinden. Dabei zeigte sich, dass der Großteil (49,7%) angibt, dass bislang kein Austausch stattfindet, während 42,7% von einem gelegentlichen Austausch berichten und nur 7,7% angeben, dass regelmäßige Kontakte bestehen. ArbeitskreisleiterInnen berichten dabei doppelt so oft von regelmäßigen Kontakten wie reguläre Mitglieder (13,3% vs. 6,2%). Männer berichten öfter von gelegentlichem Austausch (53,7% vs. 36,4%), während Frauen eher der Meinung sind, dass bislang kein Austausch stattfindet (55,7% vs. 38,9%). Ähnlich wird auch der Mitgliederbereich der Gesunde Gemeinde Homepage insgesamt bislang wenig genutzt: 63,2% geben an, dass der Arbeitskreis den Mitgliederbereich bislang noch nicht genutzt hat, 21,3% nutzen den Mitgliederbereich zum Nachschauen, 5,9% haben schon eigene Projekte bzw. Tipps veröffentlicht und 9,6% geben an, den Mitgliederbereich der Gesunde Gemeinde Homepage zum Nachschauen und zur Veröffentlichung eigener Projekte/Tipps zu nutzen. ArbeitskreisleiterInnen und reguläre Mitglieder unterscheiden sich in ihren Angaben nicht. Männer geben seltener an, den Mitgliederbereich zum Nachschauen zu nutzen (13,0% vs. 26,8%) und berichten öfter, dass der Mitgliederbereich nicht genutzt wird (72,2% vs. 57,3%) als Frauen. Alle genannten Gruppenunterschiede sind jedoch nicht signifikant.

7.1.8 Zusammenarbeit mit der Betreuerin des Landes Was den Kontakt mit der Betreuerin des Landes Kärnten anbelangt, so berichten die meisten Befragten von persönlichem Kontakt in größeren Abständen während der Arbeitskreistreffen (35,8%), während 26,5% von regelmäßigem persönlichen Kontakt während der Treffen berichten, 23,2% geben an, dass kein persönlicher Kontakt zur Betreuerin besteht, 16,6% berichten von persönlichem Kontakt in größeren Abständen außerhalb der Treffen und 9,3% geben an, regelmäßig persönlichen Kontakt zur Betreuerin außerhalb der Arbeitskreistreffen zu haben. Während sich Männer und Frauen in der Art des Kontaktes zur

7.1 Detailergebnisse auf Individualniveau

187

Betreuerin vom Landesteam nicht merklich unterscheiden, zeigen sich deutliche Unterschiede zwischen regulären Arbeitskreismitgliedern und LeiterInnen: Erwartungsgemäß stehen ArbeitskreisleiterInnen signifikant häufiger außerhalb der Arbeitskreise mit der Betreuerin regelmäßig (25,9% vs. 6,2%; Fishers exakter Test: p<0,01) bzw. in größeren Abständen (33,3% vs. 10,3%; Fishers exakter Test: p<0,01) in Kontakt, wohingegen eher die Arbeitskreismitglieder über keinen Kontakt berichten (26,8% vs. 7,4%; ²[1, n=124]=4,55; p<0,05). Die Unterstützung des Arbeitskreises durch die Betreuerin vom Landesteam wird insgesamt in folgender Form in Anspruch genommen: Information über Sinn und Zweck des Projektes Gesunde Gemeinde (96,9%), Informationen über Serviceangebote/Module des Landes Kärnten (94,5%), Hilfe bei der Erstellung und Umsetzung von Projekten (85,7%), Hilfe bei der Ausarbeitung der Maßnahmen (80,6%), Erhebung des Ist-Zustandes (80,5%), Unterstützung bei der Informationsbeschaffung zu diversen Fachthemen (74,8%), Moderation des Arbeitskreises (65,6%), Vernetzung vorhandener Angebote (64,5%) und Hilfe bei der Erstellung von eigenen Foldern und Publikationen (51,8%). Dabei unterscheiden sich ArbeitskreisleiterInnen und reguläre Arbeitskreismitglieder nur hinsichtlich der Hilfe bei der Erstellung von eigenen Foldern und Publikationen in nennenswerter Weise, wobei reguläre Mitglieder häufiger von der Inanspruchnahme berichten (58,0% vs. 30,8%). Männer geben häufiger an, Unterstützung der Betreuerin bei der Moderation des Arbeitskreises anzunehmen (74,5% vs. 60,8%), während Frauen häufiger von Unterstützung bei der Ist-Standerhebung berichten (85,2 vs. 71,7%). Außerdem geben Frauen häufiger an, Unterstützung bei der Vernetzung vorhandener Angebote in Anspruch zu nehmen (70,0% vs. 55,0%), wohingegen Männer von einer Unterstützung bei der Erstellung von eigenen Foldern und Publikationen berichten (59,5% vs. 47,2%). Letztendlich ist hier allerdings lediglich die Inanspruchnahme der Unterstützung bei der Erstellung von Foldern und Publikationen hinsichtlich der Funktion Arbeitskreisleitung/reguläres Mitglied auch signifikant (²[1, n=96]=6,06; p<0,05). Auch die Zufriedenheit mit der Unterstützung durch die Betreuerin ist insgesamt gesehen sehr hoch: 94,4% sind mit der Unterstützung bei der Moderation des Arbeitskreises zufrieden, 92,1% sind zufrieden mit der Hilfe bei der Erhebung des Ist-Zustandes, 90,9% berichten von Zufriedenheit mit der Unterstützung bei der Ausarbeitung der Maßnahmen, 93,1% sind zufrieden mit der Information durch die Betreuerin über Serviceangebote/Module des Landes Kärnten, 91,4% sind zufrieden mit der Hilfe bei der Vernetzung vorhandener Angebote, 95,1% berichten von Zufriedenheit mit der Information durch die Betreuerin über Sinn und Zweck des Projektes Gesunde Gemeinde, 91,7% sind zufrieden mit der Unterstützung bei der Erstellung und Umsetzung von Projekten, 84,1% sind zufrieden mit der Hilfe bei der Erstellung von eigenen Foldern und Publika-

188

7 Ergebnisse zur Arbeitskreisbefragung

tionen und 94,7% sind zufrieden mit der Unterstützung bei der Informationsbeschaffung zu diversen Fachthemen. Dabei bewegen sich ArbeitskreisleiterInnen und reguläre Mitglieder gleichermaßen am Pol Zufriedenheit, und auch Männer und Frauen befinden sich in übereinstimmender Weise überwiegend bei diesem Pol. Insgesamt ist auch die Bewertung der Betreuerinnen sehr positiv: 83,7% finden, die Betreuerin gibt Informationen umfassend und regelmäßig an alle weiter, 85,0% sind der Meinung, dass die Betreuerin auch Anerkennung und Lob äußert, 79,6% finden, dass die Betreuerin für eine reibungslose Zusammenarbeit sorgt, 90,4% fühlen sich von der Betreuerin akzeptiert, 94,7% akzeptieren die Betreuerin, 86,7% finden, dass die Betreuerin sie bei ihren Anliegen unterstützt, 92,3% halten die Betreuerin für aufgeschlossen gegenüber neuen Ideen, 85,9% sind der Meinung, dass sie gut mit kritischen Äußerungen der Arbeitskreismitglieder umgehen kann, 53,6% finden, die Betreuerin hält sich eher im Hintergrund, 85,0% finden, dass sie von der Betreuerin ermutigt werden eigene Entscheidungen zu treffen, 83,7% fühlen sich bei Schwierigkeiten und Problemen durch die Betreuerin unterstützt, 89,7% finden, dass sie die Anliegen von Gesundheitsförderung verständlich erklären kann, 84,8% glauben, dass die Betreuerin gut auf ihre Bedürfnisse eingeht, 91,4% geben an, dass die Betreuerin dem Arbeitskreis unbürokratisch zur Verfügung steht, 86,1% halten die Arbeitsweise der Betreuerin für professionell und strukturiert, 35,8% sind der Meinung, dass sich die Betreuerin inhaltlich zu viel einbringt, 20,5% finden, sie bringt sich inhaltlich zu wenig ein – insgesamt gesehen geben 83,0% an, mit der Betreuerin (eher, sehr) zufrieden zu sein. Bezogen auf die deskriptiven Unterschiede sind die Arbeitskreismitglieder eher als die ArbeitskreisleiterInnen der Meinung, dass die Betreuerin für eine reibungslose Zusammenarbeit sorgt (trifft überwiegend bzw. voll zu: 83,3% vs. 65,4%) und dass die Betreuerin gut auf die Bedürfnisse eingeht (87,1% vs. 76,9%), aber auch dass sich die Betreuerin inhaltlich zu viel einbringt (39,2% vs. 23,1%; hier unterscheiden sich als einziges auch Frauen und Männer etwas stärker, nämlich 29,% vs. 46,8%). Dementsprechend sind sie auch weniger der Meinung, dass sich die Betreuerin inhaltlich zu wenig einbringt (18,3% vs. 29,2%), bzw. generell, dass sich die Betreuerin eher im Hintergrund hält (51,5% vs. 61,6%). Genauer betrachtet, erweisen sich von den zahlreichen Unterschieden aber lediglich zwei auch als statistisch signifikant. U-Tests entlang der gesamten Zustimmungsskala (trifft gar nicht bis voll zu) ergeben, dass dem Item „die Betreuerin akzeptiert mich“ signifikant stärker von der Arbeitskreisleitung zugestimmt wird (z=-2,31; p<0,05), und dass dem Item „die Betreuerin ermutigt uns, eigene Entscheidungen zu treffen“ Frauen signifikant stärker zustimmen (z=-2,15; p<0,05).

7.2 Bildung des Index für die Erfolgsbewertung

189

7.1.9 Subjektiver Erfolg Der Erfolg aller bisherigen Maßnahmen wird insgesamt als eher hoch bewertet (10 stufige Skala: M=7,1; SD=1,9). Ebenso sind die Befragten der Meinung, dass die Zielgruppen von den bisherigen Maßnahmen im Rahmen der Gesunden Gemeinde eher profitiert haben (M=6,9; SD=2,0) und dass auch die Gemeinde insgesamt von den Aktivitäten im Rahmen der Gesunden Gemeinde profitiert hat (M=6,8; SD=2,2). Während hierbei beim Geschlecht keine Unterschiede bestehen, sind die Arbeitskreisleitungen etwas überzeugter vom bisherigen Erfolg aller Maßnahmen (M=7,7/SD=1,5 vs. M=7,0/SD=1,8; U-Test: z=-2,06; p<0,05).

7.2 Bildung des Index für die Erfolgsbewertung Um eine abhängige Variable für die statistischen Analysen zur Verfügung zu haben, wurden zwei mögliche Alternativen in die Untersuchung aufgenommen. Dabei handelt es sich einerseits um die drei Fragen zur subjektiven Erfolgseinschätzung im Rahmen der Arbeitskreisbefragung, und andererseits um ein Ranking der Aktivitäten der Gesunden Gemeinden aufgrund der Analyse der zentralen Dokumentation beim Land Kärnten. Als letztendlich geeignet stellte sich lediglich das Ranking der Aktivitäten heraus, wobei diese Feststellung auf der externen Validierung durch die Bekanntheit des Projekts „Gesunde Gemeinde“ fußt. Für die Details hierzu siehe die folgenden Absätze: Das Konstrukt subjektive Erfolgseinschätzung lässt sich aus den drei Fragen: ƒ ƒ ƒ

Auf einer Skala von 1 bis 10: Wie würden Sie insgesamt den Erfolg aller bisherigen Maßnahmen bewerten? Auf einer Skala von 1 bis 10: Wie sehr haben die Zielgruppen von den Aktivitäten im Rahmen der Gesunden Gemeinde bislang profitiert? Auf einer Skala von 1 bis 10: Wie sehr hat die Gemeinde insgesamt bislang von den Aktivitäten im Rahmen der Gesunden Gemeinde profitiert?

als Summenskala berechnen, wobei 1 jeweils den niedrigsten und 10 jeweils den höchsten Wert darstellt. Die drei Items korrelieren untereinander ausreichend (rmin=0,62; rmax=0,68) und laden auf einen gemeinsamen Faktor (Hauptkomponentenanalyse), so dass die Summenskala auch rechnerisch bestätigt wird. Für die Gesamtskala (n=149) ergibt sich ein Cronbachs Alpha=0,88 mit Trennschärfen zwischen 0,75 und 0,80 (vgl. Tabelle 4) und einem Mittelwert von 20,8 (SD=5,5). Aggregiert man diese

190

7 Ergebnisse zur Arbeitskreisbefragung

Skala auf die Ebene der Arbeitskreise (n=39)14, so ergibt sich ein Mittelwert von 20,9 (SD=3,6). Um feststellen zu können, ob es sich bei der subjektiven Erfolgseinschätzung um eine geeignete Variable zur weiterführenden Identifikation von Erfolgsfaktoren handelt, wurde eine externe Validierung der Skala über die Ergebnisse der Bevölkerungsbefragung durchgeführt. Dazu wurden die beiden Variablen Bekanntheit des Logos („Welche dieser Anbieter (Logos) kennen Sie?“) und Kenntnis Gemeindeteilnahme („Ist Ihre Gemeinde eine »Gesunde Gemeinde«?“) als externe Kriterien ausgewählt. Bei einer derartigen Validierung taucht allerdings das Problem auf, dass in der Bevölkerungsstichprobe (a) nicht für jede Gemeinde eine ausreichende Zahl an Befragten vorliegt und (b) nicht aus jeder an der Arbeitskreisbefragung teilgenommen habenden Gemeinde Daten vorliegen. Dies bedeutet, dass im Falle von (a) keine sinnvollen gemeindespezifischen Bekanntheitsraten berechnet werden können, und im Falle von (b), dass die bereits geringe Zahl von 39 Gemeinden für die folgenden Berechnungen weiter reduziert werden müssten. Als Alternative wurde somit eine Verknüpfung über Quartile berechnet. Dazu wurden die Gemeinden anhand der aufsteigend geordneten subjektiven Erfolgseinschätzung in 4 gleiche Gruppen geteilt und im Datensatz der Bevölkerungsbefragung die Gemeinden entsprechend ausgewählt. Innerhalb dieser Gruppen konnten somit die beiden externen Kriterien anteilsmäßig berechnet werden (vgl. Tabelle 5). Wie die Tabelle jedoch erkennen lässt, misslingt die angestrebte Validierung. Über alle Quartile hinweg bewegen sich die Werte in ähnlichen Bereichen: Bei der Bekanntheit des Logos sind die Quartile 2 und 4 ähnlich hoch, die Quartile 1 und 3 ähnlich niedrig. Bei der Kenntnis Gemeindeteilnahme sind die Quartile 1 und 4 ähnlich hoch, selbst das Quartil 2 ist noch deutlich höher als das Quartil 3. Dementsprechend niedrig sind auch die Korrelationen mit der subjektiven Erfolgseinschätzung (Bekanntheit: rs=0,34, p<0,05; Kenntnis: rs= 0,13; p>0,05). Die Berechnung über die Dezile bringt keine Verbesserung dieses Ergebnisses. Daraus kann die Schlussfolgerung gezogen werden, dass die Skala subjektive Erfolgseinschätzung tatsächlich als subjektives Empfinden der ArbeitskreisteilnehmerInnen gesehen werden muss und auch dementsprechend verwendet werden sollte. Sie kann jedoch nicht als abhängige Variable zur Identifikation von Erfolgsfaktoren herangezogen werden.

14 Für einen der Arbeitskreise wurde eines der Items als Mittelwert der beiden anderen Items geschätzt, um die Summenskala bilden zu können.

7.2 Bildung des Index für die Erfolgsbewertung

191

Tabelle 4: Beschreibung der Items der Skala subjektive Erfolgseinschätzung Item

M (SD)

Trennschärfe

Erfolg aller Maßnahmen (n=152)

7,1 (1,7)

0,75

Zielgruppen profitieren (n=151)

6,7 (2,0)

0,80

Gemeinde insgesamt profitiert (n=149)

6,8 (2,2)

0,76

Anteil Gesunde Gemeinde

Anteil unterstes Quartil

Anteil 2. Quartil

Anteil 3. Quartil

Anteil oberstes Quartil

Ist Ihre Gemeinde eine »Gesunde Gemeinde«? – Antwort „ja“

Anteil nicht Gesunde Gemeinde

Item/ Antwort Logo »Gesunde Gemeinde« ist bekannt

Anteil gesamt

Tabelle 5: Anteile der Items zur Bekanntheit der Gesunden Gemeinden insgesamt und bezogen auf die Quartile der Skala subjektive Erfolgseinschätzung

33,8

21,1

49,4

47,2

53,1

45,5

55,1

40,4

17,6

67,1

87,9

73,5

34,1

90,9

Angaben in Prozent Als Alternative wurde auf die Ergebnisse der Dokumentenanalyse zur zentralen Dokumentation der Maßnahmen teilnehmender Gemeinden zurückgegriffen. Dazu wurden drei Indizes gebildet, die einen Überblick über die Kategorien der Inhaltsanalyse geben: ƒ ƒ

Index Dauer der Maßnahmen = (Anzahl der langfristigen Maßnahmen)*1000 + (Anzahl der mittelfristigen Maßnahmen)*100 + (Anzahl der kurzfristigen Maßnahmen) Index Bezugnahme der Maßnahmen = (Anzahl der überindividuellen Maßnahmen bzw. solchen mit Settingbezug)*100 + (Anzahl der Maßnahmen mit Bezug auf das Individuum)

192 ƒ

7 Ergebnisse zur Arbeitskreisbefragung Index Aktivierungsgrad der Maßnahmen = (Anzahl der Maßnahmen mit Teilnehmer aktivierenden Elementen)*100 + (Anzahl der Maßnahmen mit rein passiver Teilnahme)

Die Bildung der Indizes in der hier beschriebenen Weise ermöglicht sowohl eine Bezugnahme auf den Aktivitätsgrad einer Gemeinde insgesamt (wie viele Maßnahmen werden gesetzt), als auch eine qualitative Beachtung jener Elemente, die in der Gesundheitsförderungsdebatte besonders hoch gehalten werden (überindividuelle, aktivierende und langfristige Maßnahmen), welche durch die eingeführte Gewichtung zu entsprechend hohen Scores auf den Indizes führen. Da aufgrund der Gewichtungsprozedur Werte entstehen, die in weiteren Berechnungen kaum mehr sinnvoll interpretierbar wären, wurden die Gemeinden für jeden Index in die entsprechende Rangreihe gebracht. Als endgültiger Wert auf dem Maßnahmenindex wurde schließlich für jede Gemeinde der durchschnittliche Rang auf den drei Einzelindizes errechnet. Wie bereits aufgrund der inhaltlichen Kriterien zu erwarten ist, ergibt eine nähere Analyse der verwendeten Einzelindizes, dass die Ränge miteinander hoch korrelieren (rs min=0,64; rs max=0,78) und auch eine reliable Gesamtskala bilden (Cronbachs Alpha=0,88; Trennschärfen=0,72-0,83). Zur externen Validierung wurde die gleiche Prozedur wie oben beschrieben angewandt. Allerdings entsteht nun der Vorteil, dass auch für jene Gemeinden, die nicht in der Arbeitskreisbefragung aber in der Bevölkerungsbefragung enthalten sind, Zuordnungen zum entsprechenden Quartil bzw. Dezil auf dem Maßnahmenindex verfügbar sind. Nach der Übertragung auf die Daten zur Bevölkerungsbefragung vergrößert sich somit die Basis, aufgrund derer die Bekanntheit des Logos und auch die Kenntnis Gemeindeteilnahme für das jeweilige Quartil/Dezil berechnet werden kann. Wie in Tabelle 6 zu erkennen ist, gelingt die externe Validierung für den Maßnahmenindex in diesem Fall besser. Allerdings bedarf es hier der zusätzlichen Unterstützung durch die Analyse der Dezile: Wie aus der Tabelle hervorgeht, fällt das oberste Quartil bei der Bekanntheit des Logos unter die Quartile 2 und 3 (rs=0,07; p>0,05). Andererseits besteht ein hoher Zusammenhang bei der Kenntnis Gemeindeteilnahme von rs=0,82 (p<0,01), so dass aufgrund der Quartilsergebnisse noch keine endgültige Entscheidung gefällt werden kann. Betrachtet man zusätzlich die – ebenfalls in der Tabelle dargestellten – Ergebnisse für die Dezile, so lassen sich zwar immer noch Schwankungen, aber dennoch eindeutige Richtungen feststellen. Für die Bekanntheit des Logos steigt rs auf immerhin 0,39 (p<0,05) und bei der Kenntnis Gemeindeteilnahme ergibt sich ein rs von 0,53 (p<0,01). Zur graphischen Darstellung dieser Zusammenhänge vgl. Abbildung 33 und Abbildung 34.

7.2 Bildung des Index für die Erfolgsbewertung

193

Anteil oberstes Quartil

67,1

37,3

77,0

72,0

83,1

Anteil oberstes Dezil

Anteil 3. Quartil

17,6

Anteil 9. Dezil

40,4

Anteil 8. Dezil

Anteil 2. Quartil

47,6

Anteil 7. Dezil

Anteil unterstes Quartil

60,1

Anteil 6. Dezil

Anteil Gesunde Gemeinde

63,3

Anteil 5. Dezil

25,9

Anteil 4. Dezil

Anteil nicht Gesunde Gemeinde

49,4

Anteil 3. Dezil

21,1

Anteil 2. Dezil

Item/ Antwort … bekannt … „ja“

33,8

Anteil unterstes Dezil

Item/ Antwort Logo »Gesunde Gemeinde« ist bekannt Ist Ihre Gemeinde eine »Gesunde Gemeinde«? – Antwort „ja“

Anteil gesamt

Tabelle 6: Anteile der Items zur Bekanntheit der Gesunden Gemeinden insgesamt und bezogen auf die Quartile bzw. Dezile der Skala Maßnahmenindex

30,7 61,4

42,4 75,8

35,2 30,2

53,9 82,0

81,7 63,5

48,7 75,6

55,9 29,5

67,7 94,2

35,5 87,7

70,9 80,6

Angaben in Prozent Als Schlussfolgerung ergibt sich, dass der Maßnahmenindex zwar kein ideales, aber dennoch vertretbares Maß der Bewertung darstellt. Der Index wird somit für die weiteren Analysen herangezogen, zumal er einerseits ein externes Kriterium darstellt, und da andererseits weitere Alternativen nicht zur Verfügung stehen. (Die direkte Verwendung der Bekanntheit in der Bevölkerungsbefragung fällt aufgrund der oben genannten Gründe – es liegen nicht für alle Gemeinden entsprechende Werte vor – weg.)

194

7 Ergebnisse zur Arbeitskreisbefragung

Abbildung 33: Darstellung des Zusammenhangs von Maßnahmenindex und Logobekanntheit

rs=0,39, p<0,05 Abbildung 34: Darstellung des Zusammenhangs von Maßnahmenindex und Wissen um die Teilnahme der Gemeinde am Programm „Gesunde Gemeinde“

rs=0,53, p<0,01

7.3 Detailergebnisse auf Aggregatdatenniveau

195

7.3 Detailergebnisse auf Aggregatdatenniveau 7.3.1 Zusammensetzung der Arbeitskreise Die Arbeitskreise verfügen über zahlreiche Kooperationspartnerschaften. Sofern die möglichen KooperationspartnerInnen in der Gemeinde vorhanden sind, stellt sich ihre Beteiligung wie in Abbildung 35 angeführt dar. Abbildung 35: Kooperationspartnerschaften der Arbeitskreise (n=37-39)

A

18,4%

51,3%

20,5%

31,6%

28,2%

50,0%

5,7%

11,7% 41,2%

62,9% 31,4%

47,1%

5,5% 20,6% 77,8%

41,2% 38,2%

16,7%

10,3%

23,7%

25,0% 44,4% 30,6%

64,1%

39,5% 36,8%

25,6%

32,2%

32,5%

10,3% 61,5%

37,8%

35,7% 32,1%

29,7%

20,5%

us sc hü zu ss st än e de G di ge s em G Pe e e rs B m e ind on ür in e r im ger d er a t an G me ate d em is s G e as re ei te r tr B nd I n on il d ea om un K S m i ie gs nd ch t /T ei e r u ou nr ga le ris ich rt e an mu tun n Pe de sb ge ns e re tr n io ni Sp Be ieb st o tr e Ju en K rtv ie b ge v e ne e e nd re i re v e in e K pp ine re /-o ul ve in rg tu re e/ a rv in -o ni er rg sa ei so a n ti n ns is on tig a t en i e Ä on G rz en es tIn un ne dh n Fr ei A ei t w R s b VS il l ot er ig es u f e K Fe Kr e irc u e u he e rw z /D e ia h r ko ni e

0%

13,2%

10%

17,9%

20%

30,8%

30%

39,5%

40%

29,7%

42,1%

54,1%

76,9%

84,2%

76,9%

82,1%

76,9%

50%

20,5%

60%

17,9%

70%

64,1%

80%

28,2%

16,2%

90%

18,4%

2,6%

2,6%

5,1%

0,0%

2,6%

100%

5,2%

Kooperationspartner

keine Kooperation ist im Arbeitskreis zusätzlich zum Arbeitskreis

Bei den subjektiven Erfolgsbewertungen zeigen sich hinsichtlich der Kooperationspartnerschaften durchaus deutliche Unterschiede15 beim Extremgruppenver15 Bei der Auswertung der Arbeitskreisbefragung auf aggregiertem Niveau wurden die Angaben jeweils auf Unterschiede bzw. Zusammenhänge in Bezug auf die subjektive Erfolgseinschätzung (anhand der Items „Wie sehr hat die Gemeinde insgesamt bislang von den Aktivitäten im Rahmen der Gesunden Gemeinde profitiert?“ sowie „Wie würden Sie insgesamt den Erfolg aller bisherigen Maßnahmen bewerten?“) und in Bezug auf die objektive Erfolgseinschätzung (Variable Maßnahmen-

196

7 Ergebnisse zur Arbeitskreisbefragung

gleich: Arbeitskreise, die bei der Einschätzung des Profitierens der Gemeinde im oberen Terzil liegen, geben häufiger an, dass mit dem Bürgermeister/der Bürgermeisterin zusätzlich zum Arbeitskreis kooperiert wird (41,7% vs. 15,4%) und seltener, dass dieser/diese im Arbeitskreis ist (50,0% vs. 84,6%); geben häufiger an, dass mit anderen Bildungseinrichtungen zusätzlich zum Arbeitskreis kooperiert wird (41,7% vs. 23,1%) und seltener, dass andere Bildungseinrichtungen im Arbeitskreis vertreten sind (41,7% vs. 69,2%); geben seltener an, dass keine Kooperation mit Gastronomie/Tourismusbetrieben besteht (16,7% vs. 30,8%), geben häufiger an, dass mit Gastronomie/Tourismusbetrieben zusätzlich zum Arbeitskreis kooperiert wird (50,0% vs. 15,4%) und geben seltener an, dass Gastronomie/Tourismusbetriebe im Arbeitskreis vertreten sind (33,3% vs. 53,8%); geben häufiger an, dass mit anderen Betrieben zusätzlich zum Arbeitskreis kooperiert wird (41,7% vs. 8,3%) und geben seltener an, dass andere Betriebe im Arbeitskreis vertreten sind (33,3% vs. 58,3%); geben seltener an, dass keine Kooperation mit Sportvereinen besteht (0,0% vs. 23,1%) und geben öfter an, dass mit Sportvereinen zusätzlich zum Arbeitskreis kooperiert wird (50,0% vs. 7,7%), geben häufiger an, nicht mit dem Kneippverein zu kooperieren (57,1% vs. 11,1%) und berichten seltener von einer Vertretung des Kneippvereins im Arbeitskreis (14,3% vs. 66,7%); berichten häufiger von einer Kooperation mit dem Kulturverein zusätzlich zum Arbeitskreis (50,0% vs. 25,0%) und seltener von einer Vertretung des Kulturvereins im Arbeitskreis (33,3% vs. 50,0%); geben häufiger an, nicht mit Pensionistenvereinen/-organisationen zu kooperieren (16,7% vs. 0,0%) und geben seltener an, dass Vertreter von Pensionistenvereinen/-organisationen im Arbeitskreis vertreten sind (50,0% vs. 76,9%); berichten seltener, nicht mit Jugendvereinen/-organisationen zu kooperieren (9,1% vs. 38,5%), und geben häufiger an, mit Jugendvereinen/-organisationen zusätzlich zum Arbeitskreis zu kooperieren (36,4% vs. 15,4%); berichten häufiger von einer Kooperation mit der AVS zusätzlich zum Arbeitskreis (41,7% vs. 33,3%) und berichten auch häufiger nicht mit der AVS zu kooperieren (33,3% vs. 22,2%); geben häufiger an, mit dem Roten Kreuz zusätzlich zum Arbeitskreis zu kooperieren (63,6% vs. 27,3%) und berichten seltener von einer Vertretung des Roten Kreuzes im Arbeitskreis (27,3% vs. 54,5%); geben öfter an, mit der Feuerwehr zusätzlich zum Arbeitskreis zu kooperieren (58,3% vs. 30,8%) und berichten seltener, dass die Freiwillige Feuerwehr im Arbeitskreis vertreten ist (25,0% vs. 53,8%). Arbeitskreise, die sich bei der Einschätzung des Erfolges der bisherigen Maßnahmen im oberen Terzil befinden, geben seltener an, nicht mit dem Geindex) untersucht. Auf deskriptiver Ebene werden Unterschiede ab zehn Prozentpunkten (wenn nicht anders angegeben: zwischen dem oberen und unteren Terzil) auch im Text dargestellt. Für weitere Details steht der Autor gerne zur Korrespondenz zur Verfügung.

7.3 Detailergebnisse auf Aggregatdatenniveau

197

meinderat zu kooperieren (0,0% vs. 15,4%) und berichten häufiger, mit dem Gemeinderat zusätzlich zum Arbeitskreis zu kooperieren (23,1% vs. 7,7%); geben häufiger an, mit dem Bürgermeister/der Bürgermeisterin zusätzlich zum Arbeitskreis zu kooperieren (61,5% vs. 0,0%) und geben seltener an, dass dieser/diese im Arbeitskreis ist (38,5% vs. 92,3%); geben seltener an, nicht mit der Gastronomie/Tourismusbetrieben zu kooperieren (0,0% vs. 33,3%) und berichten häufiger von einer Kooperation mit Gastronomie/Tourismusbetrieben zusätzlich zum Arbeitskreis (46,2% vs. 25,0%); geben seltener an, nicht mit anderen Betrieben zu kooperieren (16,7% vs. 41,7%) und berichten häufiger mit anderen Betrieben zusätzlich zum Arbeitskreis zu kooperieren (50,0% vs. 16,7%); geben seltener an, nicht mit Sportvereinen zu kooperieren (0,0% vs. 23,1%) und geben häufiger an, mit Sportvereinen zusätzlich zum Arbeitskreis zusammenzuarbeiten (23,1% vs. 7,7%); berichten seltener von einer Kooperation mit dem Kneippverein zusätzlich zum Arbeitskreis (15,4% vs. 33,3%) und häufiger von einer Vertretung des Kneippvereins im Arbeitskreis (30,8% vs. 22,2%); berichten häufiger von einer Kooperation mit dem Kulturverein zusätzlich zum Arbeitskreis (53,8% vs. 16,7%) und seltener von einer Vertretung des Kulturvereins im Arbeitskreis (30,8% vs. 58,3%); geben häufiger an mit Pensionistenvereinen/-organisationen zusätzlich zum Arbeitskreis zu kooperieren (38,5% vs. 15,4%) und geben seltener an, dass Pensionistenvereine/-organisationen im Arbeitskreis vertreten sind (53,8% vs. 76,9%); geben seltener an, dass keine Kooperation mit Jugendvereinen/-organisationen besteht (9,1% vs. 50,0%) und berichten häufiger von einer Kooperation mit Jugendvereinen/-organisationen zusätzlich zum Arbeitskreis (36,4% vs. 8,3%); geben seltener an nicht mit der AVS zu kooperieren (7,7% vs. 33,3%) und berichten deutlich häufiger von einer Kooperation mit der AVS zusätzlich zum Arbeitskreis (53,8% vs. 11,1%); geben seltener an, nicht mit dem Roten Kreuz zu kooperieren (0,0% vs. 27,3%) und berichten häufiger von einer Kooperation mit dem Roten Kreuz zusätzlich zum Arbeitskreis (54,5% vs. 36,4%); geben häufiger an, mit der Kirche/Diakonie zusätzlich zum Arbeitskreis zu kooperieren (76,9% vs. 38,5%) und geben seltener an, dass die Kirche/Diakonie im Arbeitskreis vertreten ist (7,7% vs. 38,5%). Aufgrund der teilweise geringen Gruppenbesetzungen wurden für die hier angegebenen Variablen auch U-Tests über die Alternativen „ist im Arbeitskreis bzw. zusätzliche Kooperation“ vs. „keine Kooperation“ mit den ungruppierten Variablen zum Maßnahmenindex und den subjektiven Erfolgseinschätzungen durchgeführt. Hier ergeben sich signifikante Ergebnisse bzgl. des Maßnahmenindex bei der Kooperation mit dem Gemeinderat (z=-2,11; p<0,05), mit Gastronomie-/Tourismusbetrieben (z=-2,17; p<0,05), mit Jugendvereinen/-organisationen (z=-2,33; p<0,05) und dem Roten Kreuz (z=-2,56; p<0,05). Bei der Variable

198

7 Ergebnisse zur Arbeitskreisbefragung

„Wie sehr hat die Gemeinde profitiert“ ergibt sich ein signifikanter Unterschied bei der Kooperation mit Sportvereinen (z=-1,99; p<0,05). Insgesamt betrachtet, ergibt sich auf aggregiertem Niveau für 6 (15,4%) Gemeinden bzw. Arbeitskreise, dass sich die Zusammensetzung des Arbeitskreises seit dem eigenen Beitritt eher verändert hat, während in 33 Gemeinden (84,6%) die Zusammensetzung eher gleich geblieben ist. Bei jenen Gemeinden, die auf dem Maßnahmenindex in der oberen Hälfte liegen, werden zu 100% stabile Arbeitskreise berichtet, während in der unteren Hälfte immerhin 46,2% von einer Veränderung berichten. Dieser Unterschied ist auf einem Niveau von p<0,01 (Fishers exakter Test) auch signifikant. Vergleicht man die Extremgruppen zur subjektiven Erfolgseinschätzung, so zeigt sich, dass alle Gemeinden, die sich im oberen Terzil bezüglich der Einschätzung des Profitierens der Gemeinde von den Aktivitäten der Gesunden Gemeinde befinden, angeben, dass die Zusammensetzung des Arbeitskreises eher gleich geblieben ist. Im Gegensatz dazu geben immerhin 30,8% der Gemeinden, die im unteren Terzil liegen, an, dass sich die Zusammensetzung des Arbeitskreises eher verändert hat. Jene Gemeinden, die hinsichtlich der Erfolgseinschätzung der bisherigen Maßnahmen im oberen Terzil liegen, geben zu 100% an, dass die Zusammensetzung des Arbeitskreises eher gleich geblieben ist, während 30,9% jener Gemeinden, die hinsichtlich der Erfolgseinschätzung im unteren Terzil liegen, angeben, dass sich die Zusammensetzung des Arbeitskreises eher verändert hat. Von diesen Angaben zur subjektiven Erfolgseinschätzung zeigt sich dabei lediglich der Unterschied bei der Variable „Erfolg der Maßnahmen insgesamt“ (getestet am Mediansplit) als signifikant (p<0,01; exakter Test nach Fisher). Keine Gemeinde gibt an, dass die Anzahl der Arbeitskreismitglieder eher zugenommen hat, während 13 Gemeinden von einer Abnahme der Anzahl der ArbeitskreisteilnehmerInnen berichten und in 26 Gemeinden die Anzahl ungefähr gleich geblieben ist. Während beim Maßnahmenindex keine nennenswerten Unterschiede ersichtlich sind, zeigen Extremgruppenvergleiche hinsichtlich der Einschätzung, wie sehr die Gemeinde insgesamt von den Aktivitäten im Rahmen der Gesunden Gemeinde profitiert hat, dass 100% der Gemeinden des oberen Terzils vom Gleichbleiben der TeilnehmerInnenzahl berichten, während 23,1% der Gemeinden im unteren Terzil von einer Abnahme der TeilnehmerInnenzahlen berichten. Vergleicht man jene Gemeinden, die den Erfolg der bisherigen Maßnahmen als hoch einschätzen mit jenen, die den Erfolg gering einstufen, zeigen sich keine relevanten Gruppenunterschiede.

7.3 Detailergebnisse auf Aggregatdatenniveau

199

7.3.2 Arbeitsweise Auf Ebene der Gemeinden bzw. Arbeitskreise betrachtet, bestehen die Arbeitskreise im Schnitt seit 29,3 Monaten (SD=14,5). Bezüglich der beiden Gruppen (Mediansplit) auf dem Maßnahmenindex zeigen sich leichte Unterschiede zwischen unterer (M=32,6; SD=18,4) und oberer (M=27,7; SD=12,2) Gruppe, die jedoch nicht signifikant sind. Die Arbeitskreise, welche hinsichtlich der Beurteilung dessen, wie sehr die Gemeinde bislang von den Aktivitäten im Rahmen der Gesunden Gemeinde profitiert hat, im oberen Terzil liegen, bestehen im Schnitt mit 31,9 Monaten (SD=17,2) länger als jene, die im unteren Terzil liegen (M=27,0; SD=12,5). Arbeitskreise, die hinsichtlich der allgemeinen Erfolgsbeurteilung der bisherigen Maßnahmen im oberen Terzil liegen, bestehen etwas länger (M=28,3; SD=14,5) als jene, die im unteren Terzil liegen (M=25,2; SD=12,9). Gesamtarbeitskreistreffen finden durchschnittlich 4,2-mal pro Jahr (SD=3,2) statt, Unterarbeitskreistreffen – wenn vorhanden – etwas öfter (M=5,1; SD=4,3). Hinsichtlich der Anzahl der Gesamtarbeitskreistreffen unterscheidet sich auf dem Maßnahmenindex die untere (M=2,5; SD=1,1) von der oberen Gruppe signifikant (M=5,4; SD=3,5; t[32,22]=-3,69; p<0,05), bei der subjektiven Erfolgsbewertung lassen sich hingegen keine Unterschiede feststellen. Auch bezüglich der Zahl der Unterarbeitskreistreffen lassen sich Unterschiede feststellen: zwischen unterer (M=2,4; SD=0,6) und oberer Gruppe (M=6,2; SD=4,6) gibt es wiederum einen signifikanten Unterschied (t[15,03]=-3,22; p<0,05). In jenen Arbeitskreisen, die bei der Beurteilung des Ausmaßes in dem die Gemeinde bislang von den Aktivitäten des Projektes Gesunde Gemeinde profitiert hat, im oberen Terzil liegen, finden Unterarbeitskreistreffen seltener statt (M=4,1; SD=2,2) als in jenen Gemeinden, die im unteren Terzil liegen (M=6,7; SD=6,2). Der Zweck der Arbeitskreistreffen besteht zumeist in der inhaltlichen Arbeit und Koordination (87,2%), während nur bei 7,7% der Arbeitskreise primär die Koordination im Vordergrund steht und bei 5,1% die inhaltliche Arbeit dominiert. Während von den Gemeinden in der oberen Hälfte auf dem Maßnahmenindex 92,3% die Arbeitskreistreffen für beide Aktivitäten nutzen, sind dies in der unteren Hälfte nur 76,9% (ein U Test auf dem ungruppierten Maßnahmenindex ergibt z=-1,98; p<0,05). Was die Extremgruppenvergleiche bei der Erfolgsbewertung der bisherigen Maßnahmen betrifft, so lässt sich festhalten, dass 100% der Arbeitskreise, die im oberen Terzil liegen, die Treffen sowohl zur inhaltlichen Arbeit als auch zur Koordination nutzen, während dies nur bei 84,6% der Gemeinden aus dem unteren Terzil der Fall ist, wobei dieser zuletzt genannte Unterschied nicht signifikant ist.

200

7 Ergebnisse zur Arbeitskreisbefragung

Bei 76,9% der Gemeinden werden zwischen den Arbeitskreistreffen auch Aufgaben delegiert, bei 93,8% davon wird außerdem festgelegt, wer für die Erledigung zuständig ist und bei 93,5% wird festgelegt, bis wann die Erledigung zu erfolgen hat. In den Gemeinden der oberen Hälfte des Maßnahmenindex werden Aufgaben etwas häufiger zwischen den Treffen vereinbart als bei den Arbeitskreisen der unteren Hälfte (84,6% vs. 61,5%). Insgesamt sind jedoch keine signifikanten Gruppenunterschiede sind festzustellen. Betrachtet man die Zuständigkeit für bestimmte Aufgaben im Arbeitskreis, so zeigt sich, dass für die Festlegung der Tagesordnung im Arbeitskreis, die Festlegung der Tagesordnung im Unterarbeitskreis, die Protokollführung, die Protokollführung im Unterarbeitskreis, die Einladung zu Arbeitskreistreffen, die Einladung zu Unterarbeitskreistreffen, die Öffentlichkeitsarbeit und die Maßnahmendokumentation jeweils zu 100% die Zuständigkeiten geklärt sind (weshalb natürlich auch absolut keine Gruppenunterschiede vorhanden sind)! Im Sinne einer Durchschnittsnote ergibt sich auf Aggregatdatenniveau folgende Beurteilung der Zusammenarbeit im Arbeitskreis (1 völlige Ablehnung – 4 völlige Zustimmung): die Arbeitskreismitglieder werden von mir akzeptiert (M=3,6; SD=0,4), die Arbeitskreismitglieder akzeptieren mich (M=3,4; SD=0,5), die Zusammenarbeit ist sehr gut (M=3,3; SD=0,4), die Arbeitskreismitglieder sind Neuem gegenüber aufgeschlossen (M=3,3; SD=0,4), Unstimmigkeiten und Konflikte werden aktiv gemeinsam gelöst (M=3,2; SD=0,5), die Arbeitskreismitglieder sind positiv motiviert (M=3,1; SD=0,5), wir haben einen gemeinschaftlichen Arbeitsstil (M=3,1; SD=0,5), die Arbeitskreismitglieder sind kritikfähig (M=3,0; SD=0,4), guter umfassender Informationsaustausch (M=3,0, SD=0,5), die Aufgaben im Team sind klar verteilt (M=3,0; SD=0,6), Erfolge werden gemeinsam gefeiert (M=3,0; SD=0,6), die Zusammenarbeit ist von parteipolitischem Hickhack geprägt (M=1,6; SD=0,7). Getestet am Mediansplit des Maßnahmenindex ergeben sich signifikante Unterschiede (U-Tests) für die klare Aufgabenverteilung im Team (z=-2,18; p<0,05), das Gefühl akzeptiert zu werden (z=-2,25; p<0,05) und den gemeinschaftlichen Arbeitsstil (z=-2,00; p<0,05), wobei die höhere Gruppe jeweils auch die oberen Ränge belegt. Ebenfalls über U-Tests anhand der Mediansplits zu den die subjektiven Erfolgseinschätzungen zeigen sich bei der oberen Gruppe der Variable „Erfolg der Maßnahmen insgesamt“ jeweils höhere Ränge bei der guten Zusammenarbeit (z=-2,33; p<0,05), der Motivation der Arbeitskreismitglieder (z=-2,06; p<0,05), deren Kritikfähigkeit (z=-2,48; p<0,05), deren Aufgeschlossenheit Neuem gegenüber (z=-2,35; p<0,05), der Konfliktlösungsfähigkeit (z=-2,41; p<0,05) sowie beim gemeinschaftlichen Arbeitsstil (z=-2,63; p<0,05). Für die Arbeitskreisleitung ergibt sich aus den Bewertungen durch die regulären Arbeitskreismitglieder folgende „Durchschnittsnote“ (1 völlige Ablehnung

7.3 Detailergebnisse auf Aggregatdatenniveau

201

– 4 völlige Zustimmung): „Die Arbeitskreisleitung akzeptiert mich“ (M=3,6; SD=0,5), „…wird von mir akzeptiert“ (M=3,6; SD=0,4), „…ist gegenüber neuen Ideen aufgeschlossen“ (M=3,5; SD=0,4), „insgesamt gesehen bin ich mit der Arbeitskreisleitung sehr zufrieden“ (M=3,5; SD=0,4), „…ist sehr engagiert“ (M=3,5; SD=0,5), „…verfügt über eine gute Organisationsfähigkeit“ (M=3,4; SD=0,5), „…teilt den Erfolg mit allen“ (M=3,4; SD=0,6), „…kann sich gegenüber dem Arbeitskreis mit seinen/ihren Vorstellungen durchsetzen“ (M=3,3; SD=0,4), „…gibt Informationen umfassend und regelmäßig an alle weiter“ (M=3,3; SD=0,5), „…kann mit Kritik gut umgehen“ (M=3,3; SD=0,5), „…arbeitet strukturiert und professionell“ (M=3,3; SD=0,5), „…ist auch bereit Misserfolg zu verantworten“ (M=3,3; SD=0,6), „…kann alle sehr gut motivieren“ (M=3,2; SD=0,6), „… ist allen politischen Parteien gegenüber gleich offen“ (M=3,1; SD=0,7). In der Beurteilung der Arbeitskreisleitung ergeben sich dabei keine signifikanten Unterschiede, sowohl was die beiden Gruppen des Maßnahmenindex, als auch was die subjektiven Erfolgseinschätzungen betrifft (U-Test). Die ArbeitskreisleiterInnen bewerten sich selbst im Durchschnitt wie folgt (1 völlige Ablehnung – 4 völlige Zustimmung): „ich bin gegenüber neuen Ideen aufgeschlossen“ (M=3,9; SD=0,2), „ich akzeptiere die Arbeitskreismitglieder“ (M=3,9; SD=0,4), „ich teile den Erfolg mit allen“ (M=3,8; SD=0,4), „ich bin auch bereit Misserfolg zu verantworten“ (M=3,8; SD=0,4), „ich werde von den Arbeitskreismitgliedern akzeptiert“ (M=3,7; SD=0,5), „ich verfüge über eine gute Organisationsfähigkeit“ (M=3,7; SD=0,5), „ich bin sehr engagiert“ (M=3,7; SD=0,5), „ich bin allen politischen Parteien gegenüber gleich offen“ (M=3,7; SD=0,5), „ich kann mit Kritik umgehen“ (M=3,5; SD=0,5), „ich kann mich gegenüber dem Arbeitskreis mit meinen Vorstellungen durchsetzen“ (M=3,5; SD=0,6), „ich gebe Informationen umfassend und regelmäßig an alle weiter“ (M=3,4; SD=0,6), „insgesamt gesehen bin ich mit meiner Leistung sehr zufrieden“ (M=3,3; SD=0,5), „ich arbeite strukturiert und professionell“ (M=3,2; SD=0,5), „ich kann alle sehr gut motivieren“ (M=3,1; SD=0,5). Dabei zeigen sich wiederum keine signifikanten Unterschiede bei U-Tests mit dem Maßnahmenindex bzw. den subjektiven Erfolgseinschätzungen.

7.3.3 Aktivitäten Betrachtet man die absolvierten Schritte des Arbeitskreises (vgl. Abbildung 36), ergibt sich folgendes Gesamtbild: Einrichtung des Arbeitskreises (100%), Teamfindung (87,2%), Auftaktveranstaltung (89,7%), Ist-Analyse (79,5%), Maßnahmenplan (92,3%), Startförderung erhalten (84,6%), Umsetzung erster Maßnahmen (87,2%) und neuerliche Situationsanalyse zur Feststellung der erreichten

202

7 Ergebnisse zur Arbeitskreisbefragung

Erfolges (51,3%)16. Bei der Betrachtung der Unterschiede auf dem Maßnahmenindex ergeben sich fast durchwegs Unterschiede zugunsten der oberen Gruppe, und zwar bei der Teamfindung (92,3% vs. 76,9%), Auftaktveranstaltung (96,2% vs. 76,9%), Maßnahmenplan (96,2% vs. 84,6%), Startförderung erhalten (88,5% vs. 76,9%), und neuerlicher Situationsanalyse zur Feststellung des erreichten Erfolges (65,4% vs. 23,1%; ²[1, n=39]=6,21; p<0,05). Demgegenüber unterscheiden sich Gemeinden, die glauben, dass die Gemeinde bislang von den Aktivitäten im Rahmen der Gesunden Gemeinde profitiert hat, kaum von jenen Gemeinden, die hinsichtlich der Einschätzung des Profitierens der Gemeinde im unteren Terzil liegen – der deutlichste Unterscheid zeigt sich bei der neuerlichen Abbildung 36: Von den Arbeitskreisen absolvierte Schritte der Umsetzung des Programms „Gesunde Gemeinde“ (n=39) Absolvierte Schritte

Einrichtung des Arbeitskreises

100%

Maßnahmenplan

92,3%

Auftaktveranstaltung

89,7%

Umsetzung erster Maßnahmen

87,2%

Teamfindung

87,2%

Startförderung erhalten

84,6%

Ist-Analyse

79,5%

neuerliche Situationsanalyse

51,3% 0%

16

20%

40%

60%

80%

100%

Aggregiert wurde in diesem Fall, sobald ein Arbeitskreismitglied von der Absolvierung des Schrittes berichtet.

7.3 Detailergebnisse auf Aggregatdatenniveau

203

Situationsanalyse, von welcher Gemeinden des oberen Terzils häufiger berichten (58,3% vs. 46,2%). Gemeinden, die hinsichtlich der Erfolgsbewertung bisheriger Maßnahmen im unteren Terzil liegen, haben seltener Auftaktveranstaltungen durchgeführt (76,9% vs. 100%; p<0,05; Fishers exakter Test anhand des Mediansplits) und seltener eine Startförderung erhalten als Gemeinden aus dem oberen Terzil (69,2% vs. 92,3%). Bisher wurden folgende Maßnahmen durchgeführt (vgl. Abbildung 37): Gesundheitstage/Informationsveranstaltungen (97,4%), Module des Landes Kärnten (64,1%), eigene punktuelle Projekte (76,9%), eigene längere Projekte (71,8%), Projekte mit baulichen Maßnahmen (7,7%) und Projekte mit organisatorischen Veränderungen in der Gemeinde (5,1%). Hinsichtlich des Mediansplits auf dem Maßnahmenindex zeigt sich als einziger deutlicher Unterschied, dass die obere Gruppe zu 73,1% auch Module des Landes umsetzt, während dies bei der unteren Gruppe nur 46,2% angeben – ansonsten sind die Angaben sehr ähnlich. Abbildung 37: Bisher vom Arbeitskreis durchgeführte Maßnahmen (n=39) Durchgeführte Maßnahmen

Gesundheitstage/ Informationsveranstaltungen

97,4%

eigene punktuelle Projekte

76,9%

eigene längere Projekte

71,8%

Module des Landes Kärnten

64,1%

Projekte mit baulichen Maßnahmen

7,7%

P. mit org. Veränderungen der Gemeinde

5,1%

0%

20%

40%

60%

80%

100%

Arbeitskreise, die hinsichtlich der Einschätzung dessen, wie sehr die Gemeinde von den bisherigen Aktivitäten im Rahmen des Projektes profitiert hat, im unteren Terzil liegen, haben häufiger eigene längere Projekte (69,2% vs. 58,3%) und

204

7 Ergebnisse zur Arbeitskreisbefragung

Projekte mit baulichen Maßnahmen (15,4% vs. 0,0%) durchgeführt als Gemeinden, die im oberen Terzil liegen. Arbeitskreise, die bei der Einschätzung des bisherigen Erfolges im oberen Terzil liegen, haben häufiger eigene punktuelle Projekte (84,6% vs. 61,5%) durchgeführt als Arbeitskreise, die im unteren Terzil liegen. Sämtliche hier angeführten Unterschiede erweisen sich jedoch als nicht signifikant. Ein Auskreuzen der Angaben zur Verwendung der Module des Landes Kärnten mit den genannten Zielgruppen zeigt dabei, dass Gemeinden, die auf die Module zurückgreifen, auch häufiger die Zielgruppen DiabetikerInnen (36,0% vs. 7,1%), Übergewichtige (48,0% vs. 14,3%; ²[1, n=39]=4,43; p<0,05), Frauen (40,0% vs. 28,6%), Jugendliche (80,0% vs. 64,3%), Kinder (68,0% vs. 28,6%; ²[1, n=39]=5,61; p<0,05) sowie Gasthäuser (20,0% vs. 0,0%) angeben.

7.3.4 Zielgruppen Die Arbeitskreise fokussieren folgende Zielgruppen (vgl. Abbildung 38): die Gemeindebevölkerung insgesamt (97,4%), Jugendliche (74,4%), Kinder (53,8%), Ältere (48,7%), pflegende Angehörige (35,9%), Übergewichtige (35,9%), Frauen (35,9%), DiabetikerInnen (25,6%), Männer (20,5%), Berufstätige (12,8%), Gasthäuser (12,8%) – 2,6% geben an, sich noch nicht auf bestimmte Zielgruppen festgelegt zu haben. Auf dem Maßnahmenindex zeigt sich ein Unterschied bzgl. einiger Zielgruppen, die von den Gemeinden in der höheren Gruppe häufiger explizit genannt werden: zu 34,6% DiabetikerInnen (vs. 7,7%), zu 50% pflegende Angehörige (vs. 7,7%; p<0,05 bei Fishers exaktem Test), zu 46,2% Übergewichtige (vs. 15,4%), zu 42,3% Frauen (vs. 23,1%), zu 80% Jugendliche (vs. 61,5%), zu 15,4% Berufstätige (vs. 7,7%) und zu 53,8% Ältere (vs. 38,5%). Ein Extremgruppenvergleich zwischen den Arbeitskreisen hinsichtlich deren Einschätzung, inwieweit die Gemeinde von den Aktivitäten im Rahmen der Gesunden Gemeinde profitiert hat, fördert zahlreiche Unterschiede zu Tage – Arbeitskreise, die im oberen Terzil liegen, berichten häufiger von DiabetikerInnen (41,7% vs. 7,7%; Mediansplit: ²[1, n=38]=4,88; p<0,05), pflegenden Angehörigen (50,0% vs. 15,4%), Übergewichtigen (41,7% vs. 15,4%), Frauen (41,7% vs. 30,8%), Jugendlichen (83,3% vs. 69,2%), Kindern (58,3% vs. 46,2%) und Älteren (66,7% vs. 38,5%) und seltener von Männern (16,7% vs. 30,8%) als Zielgruppen ihrer Arbeit im Vergleich zu jenen Arbeitskreisen, die im unteren Terzil liegen.

7.3 Detailergebnisse auf Aggregatdatenniveau

205

Abbildung 38: Zielgruppen in den einzelnen Gemeinden (n=39) Zielgruppen

97,4%

Gemeindebevölkerung insgesamt Jugendliche

74,4%

Kinder

53,8%

Ältere

48,7%

Frauen

35,9% i el

Übergewichtige

35,9% 35,9%

Pflegende Angehörige 25,6%

DiabetikerInnen

20,5%

Männer

12,8%

Gasthäuser

12,8%

Berufstätige 2,6%

noch nicht festgelegt 0%

20%

40%

60%

80%

100%

Zieht man die allgemeine Erfolgseinschätzung der bisherigen Maßnahmen als Kriterium zur Bildung von Extremgruppen heran, lassen sich ebenfalls einige Unterschiede erkennen, wobei Gemeinden, die im oberen Terzil liegen häufiger von den Zielgruppen DiabetikerInnen (38,5% vs. 23,1%), pflegende Angehörige (53,8% vs. 30,8%), Übergewichtige (69,2% vs. 23,1%), Frauen (38,5% vs. 23,1%) und Gasthäuser (23,1% vs. 7,7%) berichten als Arbeitskreise, die im unteren Terzil liegen. Zusätzlich durchgeführte U-Tests bzgl. der Gesamtvariablen der subjektiven Erfolgseinschätzung weisen auf weitere, mittels Vierfeldertests nicht feststellbare, signifikante Unterschiede hin. So etwa bei der Festlegung von pflegenden Angehörigen bei der Frage danach, wie sehr die Gemeinde insgesamt profitiert hat, d.h. dass eine derartige Festlegung auf diese Zielgruppe auch mit einer höheren Erfolgseinschätzung einhergeht (z=-2,36; p<0,05). Bei der Variable „Erfolg der Maßnahmen insgesamt“ ergibt sich ein Unterschied zugunsten der Zielgruppe der Übergewichtigen (z=-2,23; p<0,05).

206

7 Ergebnisse zur Arbeitskreisbefragung

Hinsichtlich der Wege der Zielgruppenerreichung (vgl. Abbildung 39) zeigt sich insgesamt gesehen folgendes Bild: Einladung über Postwurf (92,3%), Annonce in der Gemeindezeitung/auf der Gemeindehomepage (69,2%), Annonce in einer Lokal-/Regionalzeitung (23,1%), Annonce in einer Tageszeitung (23,1%), per Plakat/Aushang (69,2%), persönliche Einladung per Brief (38,5%), persönliche Einladung per Telefon (2,6%), persönliche Einladung im Gespräch (46,2%), Ankündigung über die Gesunde Gemeinde Homepage (38,5%), Ankündigung bei Veranstaltungen in der Gemeinde (41,0%), Ankündigung bei kirchlichen Veranstaltungen (7,7%), Ankündigung im Rahmen von Vereinsaktivitäten (25,6%), Einladung über die Schule/den Kindergarten (66,7%), Ankündigung durch Firmenchefs (2,6%). Dabei nutzen Arbeitskreise je nach Zuordnung beim Maßnahmenindex einige Informationswege unterschiedlich häufig: Jene in der unteren Hälfte nutzen häufiger Einladungen per Postwurf (100,0% vs. 88,5%), Annoncen in Lokal-/Regionalzeitung (38,5% vs. 15,4%), Annonce in Tageszeitung (30,8% vs. 19,2%), persönliche Einladungen im Gespräch (53,8% vs. 42,3%) und Ankündigungen bei kirchlichen Veranstaltungen (15,4% vs. 3,8%), während jene in der oberen Hälfte eher auf Annoncen in Gemeindezeitung/Gemeindehomepage (73,1% vs. 61,5%%), Plakat/Aushang (73,1% vs. 61,5%%), die Gesunde Gemeinde Homepage (42,3% vs. 30,8%%), Ankündigungen bei Veranstaltungen in der Gemeinde (50,0% vs. 23,1%%) sowie Ankündigungen im Rahmen von Vereinsaktivitäten (34,6% vs. 7,7%%) zurückgreifen. Allerdings erweisen sich die Unterschiede als statistisch nicht signifikant. Bei Arbeitskreisen, die sich bei der Einschätzung dessen, wie sehr die Gemeinde von den Aktivitäten im Rahmen des Projektes profitiert hat, im oberen bzw. im unteren Terzil liegen, liegen folgende Unterschiede vor: Arbeitskreise, die im oberen Terzil liegen, nutzen häufiger die Annonce in der Gemeindezeitung/Gemeindehomepage (83,3% vs. 61,5%), Ankündigungen über die Gesunde Gemeinde Homepage (41,7% vs. 30,8%; Mediansplit: ²[1, n=39]=4,74; p<0,05) und Ankündigungen im Rahmen von Vereinsaktivitäten (33,3% vs. 15,4%) und nutzen seltener die persönliche Einladung per Brief (25,0% vs. 53,8%), Ankündigungen bei Veranstaltungen in der Gemeinde (33,3% vs. 46,2%) und Ankündigungen über die Schule/den Kindergarten (66,7% vs. 76,9%) verglichen mit den Gemeinden, die im unteren Terzil liegen. Deutliche Unterschiede zeigen sich auch zwischen den Extremgruppen gebildet nach der allgemeinen Erfolgseinschätzung der bisherigen Maßnahmen. Dabei nutzen die Arbeitskreise, die im oberen Terzil liegen, häufiger folgende Informationswege: Einladung über Postwurf (100% vs. 84,6%), Annonce in der Gemeindezeitung/Gemeindehomepage (84,6% vs. 46,2%; ein U-Test mit der gesamten Variable ergibt z=-2,13; p<0,05), Annonce in der Lokal-/Regionalzei-

7.3 Detailergebnisse auf Aggregatdatenniveau

207

tung (30,8% vs. 7,7%), per Plakat/Aushang (76,9% vs. 46,2%), persönliche Einladung per Brief (53,8% vs. 30,8%), Ankündigung über die Gesunde Gemeinde Homepage (69,2% vs. 15,4%; U-Test: z=-2,34; p<0,05), Ankündigung bei Veranstaltungen in der Gemeinde (61,5% vs. 30,8%; U-Test: z=-2,14; p<0,05), Ankündigungen im Rahmen von Vereinsaktivitäten (46,2% vs. 7,7%) und Einladung über die Schule/den Kindergarten (76,9% vs. 53,8%). Abbildung 39: Wege der Zielgruppenerreichung (n=39) Informationswege

Einladung über Postwurf

92,3%

per Plakat/Aushang

69,2%

Annonce in der Gemeindezeitung/-homepage

69,2%

Einladung über die Schule/ den Kindergarten

66,7%

persönliche Einladung im Gespräch

46,2%

Ankünd. bei Veranstaltungen in der Gemeinde

41,0%

Ankündigung über die Gesunde Gem. Homepage

38,5%

persönliche Einladung per Brief

38,5%

Ankündigung im Rahmen von Vereinsaktivitäten

25,6%

Annonce in einer Tageszeitung

23,1%

Annonce in einer Lokal-/Regionalzeitung

23,1%

Ankündigung bei kirchlichen Veranstaltungen

7,7%

Ankündigung durch Firmenchefs

2,6%

persönliche Einladung per Telefon

2,6% 0%

20%

40%

60%

80%

100%

7.3.5 Kriterien zur Maßnahmenumsetzung Folgendes Bild zeigt sich hinsichtlich der Gründe des Arbeitskreises für die Auswahl und Entwicklung von Projekten und Maßnahmen (1 völlige Ablehnung – 4 völlige Zustimmung): persönliches Wissen (M=3,4; SD=0,4), berufliche Kompetenzen (M=3,3; SD=0,4), Anregungen aus dem Handbuch (M=2,9; SD=0,5), Vorschläge der Betreuerin vom Landesteam (M=2,9; SD=0,5), Anregung durch Maßnahmen in anderen Gemeinden (M=2,8; SD=0,5), Fachinformationen durch zusätzliche ExpertInnen (M=2,8; SD=0,5), Anregungen/Wünsche

208

7 Ergebnisse zur Arbeitskreisbefragung

aus Gemeinderat/Gemeindeausschuss (M=2,6; SD=0,6), Ergebnisse der IstAnalyse (M=2,6; SD=0,5), Informationen von Zielgruppenmitgliedern (M=2,6; SD=0,6), Befragung der Gemeinde/der BürgerInnen (M=2,5; SD=0,6), Befragung spezieller Zielgruppen (M=2,5; SD=0,6), Empfehlungen in Zeitungen etc. (M=2,4; SD=0,4). In Hinblick auf die obere und untere Gruppe auf dem Maßnahmenindex zeigen sich signifikante Unterschiede bei U-Tests für die Ergebnisse der Ist-Analyse (z=-2,12; p<0,05) und die Befragung der GemeindebürgerInnen (z=-2,62; p<0,05), welche jeweils von der oberen Gruppe häufiger eingesetzt werden. Ein signifikanter U-Test-Unterschied zwischen Arbeitskreisen, die hinsichtlich der Bewertung des Ausmaßes in dem die Gemeinde bislang von den Aktivitäten im Rahmen des Projektes profitiert hat, in der unteren bzw. oberen Hälfte des Mediansplits liegen, besteht bei den Anregungen aus dem Gemeinderat als Grund für die Auswahl/Entwicklung von Maßnahmen (z=-2,20; p<0,05), welche von der oberen Gruppe öfter angegeben werden. Den möglichen Kriterien, die nach der Durchführung einer Maßnahme zur Erfolgsbewertung im Arbeitskreis diskutiert werden könnten, kommt insgesamt folgendes Gewicht zu (1 völlige Ablehnung – 4 völlige Zustimmung): „Rückmeldungen von TeilnehmerInnen an der Maßnahme (M=3,3; SD=0,5)“, „TeilnehmerInnenzahl“ (M=3,3; SD=0,5), „ob die Durchführung/eigene Teilnahme Spaß gemacht hat“ (M=2,8; SD=0,7), „Rückmeldungen durch Gemeinderat/BürgermeisterIn“ (M=2,5; SD=0,6), „Rückmeldungen der Betreuerin aus der Abteilung 12“ (M=2,3; SD=0,7), „Ergebnisse gezielter Befragungen der TeilnehmerInnen“ (M=2,2; SD=0,7), „Vergleich mit einer anderen Gemeinde“ (M=2,1; SD=0,6), „Ergebnisse (medizinischer) Vorher-Nachher-Untersuchungen“ (M=2,0; SD=0,6). Bei Arbeitskreisen, die bei der Bewertung des Ausmaßes, in dem die Gemeinde bislang von den Aktivitäten im Rahmen des Projektes profitiert haben, in der oberen Hälfte (Mediansplit) liegen, spielt das Kriterium „Ergebnisse (medizinischer) Vorher-Nachher-Untersuchungen“ eine besondere Rolle gegenüber Arbeitskreisen, die in der unteren Hälfte liegen (U-Test: z=-2,82; p<0,01). Arbeitskreise, die bei der Bewertung des bisherigen Erfolges der Maßnahmen in der oberen Hälfte liegen, messen dem Kriterium „Rückmeldung der Betreuerin aus der Abteilung 12“ signifikant mehr Bedeutung bei (U-Test: z=-2,45; p<0,05), als jene Arbeitskreise, die in der unteren Hälfte liegen. Hinsichtlich der beiden Hälften auf dem Maßnahmenindex ergeben sich jedoch keine signifikanten Unterschiede. Die möglichen Gründe für die Weiterführung von Maßnahmen (vgl. Abbildung 40) im Rahmen des Projektes Gesunde Gemeinde haben auf Ebene der Arbeitskreise unterschiedliches Gewicht: „positive Rückmeldungen durch die Zielgruppe“ (84,2%), „hohe TeilnehmerInnenzahl bei der ersten Durchführung“

7.3 Detailergebnisse auf Aggregatdatenniveau

209

(63,2%), „geringe Kosten“ (42,1%), „stetiger Anstieg der TeilnehmerInnenzahl“ (39,5%), „aufgrund positiver Rückmeldungen durch den/die BürgermeisterIn/Gemeinderat“ (31,6%), „weil wir schon ein eingespieltes Team sind und das Weiterarbeiten Spaß macht“ (28,9%), „Erhalten einer Förderung“ (26,3%), „weil die Maßnahme quasi schon zum Standard gehört“ (23,7%), „das Ziel wurde erreicht“ (18,4%), „Hoffnung auf besseren Anklang beim nächsten Mal“ (13,2%), „geringer „administrativer/organisatorischer Aufwand“ (13,2%), „aufgrund positiver Rückmeldungen der Betreuerin aus dem Landesteam“ (7,9%), „weil das Ziel nicht erreicht werden konnte“ (5,3%), „keine bessere Idee für eine andere Maßnahme“ (2,6%), „aufgrund positiver Rückmeldungen von anderer Stelle des Landes“ (0,0%), „weil Personen zum Arbeitskreis dazu gekommen sind“ (0,0%). In 2,6% der Gemeinden wurde bislang noch keine Maßnahme durchgeführt. Dabei zeigen sich Unterschiede in der Relevanz der einzelnen Gründe zwischen der Gruppe der Arbeitskreise, die beim Maßnahmenindex in der oberen bzw. unteren Gruppe des Mediansplits liegen, bei folgenden Angaben: „hohe TeilnehmerInnenzahl bei der ersten Durchführung“ (53,8% vs. 68,0%), „geringer administrativer/organisatorischer Aufwand“ (23,1% vs. 8,0%), „aufgrund positiver Rückmeldungen durch die Zielgruppe“ (92,3% vs. 80,0%), „aufgrund positiver Rückmeldungen der Betreuerin“ (0,0% vs. 12,0%), „weil wir schon ein eingespieltes Team sind und das Weiterarbeiten Spaß macht“ (15,4% vs. 36,0%), „weil die Maßnahme quasi schon zum Standard gehört“ (15,4% vs. 28,0%), „Hoffnung auf besseren Anklang beim nächsten Mal“ (7,7% vs. 16,0%), „weil das Ziel erreicht wurde“ (7,7% vs. 24,0%). Bezüglich der Einschätzung des Profitierens der Gemeinde von den Aktivitäten im Rahmen des Projektes spielen für Arbeitskreise des oberen Terzils die Gründe „hohe TeilnehmerInnenzahl bei der ersten Durchführung“ (83,3% vs. 61,5%), „stetiger Anstieg der TeilnehmerInnenzahl (33,3% vs. 23,1%) und „weil das Ziel erreicht wurde“ (25,0% vs. 0,0%) eine größere und „geringer administrativer/organisatorischer Aufwand“ (0,0% vs. 30,8%) eine geringere Rolle als für Arbeitskreise, die im unteren Terzil liegen. Auch die Extremgruppen in Hinblick auf die allgemeine Erfolgseinschätzung der bisherigen Maßnahmen unterscheiden sich in der Relevanz einzelner Gründe für die Weiterführung von Maßnahmen. Dabei spielen für Arbeitskreise des oberen Terzils die Gründe „hohe TeilnehmerInnenzahl bei der ersten Durchführung“ (76,9% vs. 41,7%), „stetiger Anstieg der TeilnehmerInnenzahl“ (61,5% vs. 33,3%), „geringe Kosten“ (53,8% vs. 25,0%), „aufgrund positiver Rückmeldungen der Betreuerin aus dem Landesteam“ (15,4% vs. 0,0%) und „weil wir schon ein eingespieltes Team sind und das Weiterarbeiten Spaß macht“ (46,2% vs. 25,0%) eine größere Rolle und das Motiv „geringer administrativer/organisa-

210

7 Ergebnisse zur Arbeitskreisbefragung

torischer Aufwand“ (7,7% vs. 25,0%) eine geringere Rolle verglichen mit den Arbeitskreisen, die im unteren Terzil liegen. Die berichteten Unterschiede sind allerdings lediglich bei der Antwort „geringer administrativer/organisatorischer Aufwand“ bzgl. dem Maßnahmenindex (z=-2,16; p<0,05) sowie bei der Antwort „weil das Ziel erreicht wurde“ bzgl. dem Gesamterfolg der Maßnahmen (z=-2,45; p<0,05) signifikant (U-Tests). Abbildung 40: Gründe für die Weiterführung von Maßnahmen durch den Arbeitskreis (n=38) Gründe für die Weiterführung von Maßnahmen

pos. Rückmeldungen durch d. Zielgruppe

84,2%

hohe TN-Anzahl bei d. ersten Durchführung

63,2%

geringe Kosten

42,1%

stetiger Anstieg der TeilnehmerInnenzahl

39,5%

pos.Rückm. durch Bürgerm./Gemeinderat

31,6%

eingespieltes Team, d.Weiterarbeiten macht Spaß

28,9%

Erhalten einer Förderung

26,3%

weil d. Maßnahme schon zum Standard gehört

23,7%

das Ziel wurde erreicht

18,4%

Hoffnung auf besseren Anklang b. nächsten Mal

13,2%

geringer administr./org. Aufwand

13,2%

pos. Rückm. d. Betreuerin aus d.Landesteam

7,9%

weil das Ziel nicht erreicht werden konnte

5,3%

bisher noch keine Maßnahme durchgeführt

2,6%

keine bessere Idee für eine andere Maßnahme

2,6%

pos. Rückmeldung von anderer Stelle d.Landes

0,0%

weil Personen z. Arbeitskr. dazu gekommen sind

0,0% 0%

20%

40%

60%

80%

100%

Betrachtet man die Gründe für den Abbruch von Maßnahmen, so ergibt sich insgesamt folgendes Bild: „geringe TeilnehmerInnenzahl bei der ersten Durchführung“ (45,9%), „zu hohe Kosten“ (27,0%), „geringe TeilnehmerInnenzahl auch nach wiederholter Durchführung“ (24,3%), „zu hoher organisatorischer/administrativer Aufwand“ (13,5%), „weil der Arbeitskreis insgesamt ins

7.3 Detailergebnisse auf Aggregatdatenniveau

211

Stocken geraten ist“ (13,5%), „kontinuierliche Abnahme der TeilnehmerInnenzahl“ (10,8%), „keine Förderung mehr erhalten“ (10,8%), „aufgrund einer besseren Idee für eine Maßnahme“ (10,8%), „aufgrund der negativen Rückmeldungen durch die Zielgruppe“ (10,8%), „weil die zentral mitwirkende Person nicht mehr daran teilnimmt“ (2,7%), „aufgrund der negativen Rückmeldungen durch den/ die BürgermeisterIn/Gemeinderat“ (2,7%) – 35,1% der Arbeitskreise haben bislang noch keine Maßnahme abgebrochen. Keine Rolle spielen folgende mögliche Gründe eine Maßnahme abzubrechen: „aufgrund der negativen Rückmeldungen durch die Betreuerin des Landesteams“ (0,0%), „weil sich andere den Erfolg eingeheimst haben“ (0,0%), „weil wir keine Einigung im Arbeitskreis erzielen konnten“ (0,0%), aufgrund der negativen Rückmeldungen durch das Land (0,0%), „weil das inhaltliche Ziel erreicht wurde“ (0,0%) und „weil das inhaltliche Ziel nicht erreicht werden konnte“ (0,0%). Für den Maßnahmenindex lässt sich lediglich ein Unterschied bei der Angabe über die Kosten ablesen, welche bei 41,7% der unteren, aber nur bei 20,0% der oberen Gruppe als Grund für einen Abbruch angegeben werden. Demgegenüber lassen sich zwischen den Extremgruppen durchaus unterschiedliche Gewichtungen der einzelnen Motive identifizieren: Arbeitskreise, die bei der Einschätzung dessen, wie sehr die Gemeinde bislang von den Aktivitäten im Rahmen des Projektes profitiert haben, im oberen Terzil liegen, nennen häufiger folgende Gründe für den Abbruch einer Maßnahme: „weil die zentral mitwirkende Person nicht mehr daran teilnimmt“ (10,0% vs. 0,0%), „aufgrund der negativen Rückmeldungen durch die Zielgruppe“ (20,0% vs. 7,7%) und „aufgrund der negativen Rückmeldungen durch den/die BürgermeisterIn/Gemeinderat“ (10,0% vs. 0,0%). Gemeinden des unteren Terzils berichten jedoch häufiger von folgenden Gründen für den Abbruch einer Maßnahme: „geringe TeilnehmerInnenzahl bei der ersten Durchführung“ (53,8% vs. 40,0%), „zu hoher organisatorischer/administrativer Aufwand“ (23,1% vs. 10,0%) und „weil der Arbeitskreis insgesamt ins Stocken geraten ist“ (23,1% vs. 0,0%). Auch beim Vergleich der Arbeitskreise, die bei der allgemeinen Erfolgseinschätzung der bisherigen Maßnahmen im oberen Terzil liegen, mit jenen des unteren Terzils treten Unterschiede zu Tage: Für Arbeitskreise des oberen Terzils spielen die Gründe „zu hohe Kosten“ (33,3% vs. 15,4%) und „aufgrund einer besseren Idee für eine andere Maßnahme“ (16,7% vs. 0,0%) eine wichtigere Rolle, während der Grund „weil der Arbeitskreis insgesamt ins Stocken geraten ist“ nur für die Arbeitskreise des unteren Terzils relevant zu sein scheint (0,0% vs. 30,8%). Auch hier ergibt sich ein signifikanter Unterschied beim U-Test auf der Variable Maßnahmenindex bzgl. zu hoher Kosten (z=-2,17; p<0,05).

212

7 Ergebnisse zur Arbeitskreisbefragung

7.3.6 Ressourcen der Arbeitskreise Was die Entscheidungskompetenz des Arbeitskreises (vgl. Abbildung 41) angeht, zeigt sich, dass über die Ideenfindung zu Projekten/Maßnahmen zu 97,4% innerhalb des Arbeitskreises entscheiden wird, über die Auswahl/Entwicklung interessanter Projekte und Maßnahmen entscheidet bei 89,5% der Gemeinden der Arbeitskreis, in 87,2% der Fälle entscheidet der Arbeitskreis über die Durchführung von Projekten und Maßnahmen mit geringem Kostenaufwand, während der Arbeitskreis nur in 27,3% der Gemeinden über die Durchführung von Projekten und Maßnahmen mit größerem Kostenaufwand und nur in 18,2% über die Durchführung von Infrastrukturmaßnahmen entscheidet. Sehr deutlich zeigen sich hier Unterschiede bei der Zuordnung zur oberen bzw. unteren Gruppe auf dem Maßnahmenindex. So entscheiden etwa alle Arbeitskreise der oberen Hälfte Abbildung 41: Entscheidungskompetenzen der Arbeitskreise (n=22-39) Entscheidungskompetenz: Der Arbeitskreis entscheidet alleine über...

Ideenfindung zu Projekten/Maßnahmen

97,4%

Auswahl/Entwicklung von Projekten & Maßnahmen

89,5%

Durchführung von Projekten & Maßnahmen mit geringem Kostenaufwand

87,2%

Durchführung von Projekten & Maßnahmen mit größerem Kostenaufwand

27,3%

Durchführung von Infrastrukturmaßnahmen

18,2%

0%

20%

40%

60%

80%

100%

7.3 Detailergebnisse auf Aggregatdatenniveau

213

selbst über die Auswahl interessanter Projekte vs. nur 66,7% bei jenen der unteren Hälfte, bzgl. der Durchführung von Projekten mit geringem Kostenaufwand zeigen sich folgende Unterschiede: 96,2% vs. 69,2%, bei größerem Kostenaufwand 34,8% vs. 10%, und bei hohem Aufwand 22,2% vs. 0,0%. Dabei sind die Unterschiede bzgl. der Auswahl mit p<0,01 und bzgl. geringer Kosten mit p<0,05 auch signifikant (exakte Tests nach Fisher). Extremgruppenvergleiche der subjektiven Erfolgsbewertung fördern einige Unterschiede zwischen Gemeinden, die hinsichtlich der Einschätzung des Profitierens der Gemeinde im oberen Terzil liegen und jenen, die im unteren Terzil liegen, zu Tage, wobei bei den Gemeinden, die im unteren Terzil liegen, der Arbeitskreis eher nicht über die Auswahl und Entwicklung interessanter Projekte und Maßnahmen (25,0% vs. 8,3%), über die Durchführung von Projekten mit geringem Kostenaufwand (30,8% vs. 8,3%) und über die Durchführung von Infrastrukturmaßnahmen (100% vs. 85,7%) entscheidet. In Gemeinden, die sich hinsichtlich der allgemeinen Erfolgsbewertung der bisherigen Maßnahmen im oberen Terzil befinden, entscheiden die Arbeitskreise eher selbst über die Durchführung von Projekten und Maßnahmen mit geringem Kostenaufwand (100% vs. 76,9%) und über die Durchführung von Infrastrukturmaßnahmen (33,3% vs. 16,7%) als in den Gemeinden des unteren Terzils. Die Entscheidungsfindung stellt sich wie folgt dar: In 74,4% der Arbeitskreise entscheiden alle Mitglieder gemeinsam, während bei 25,6% meist Schlüsselpersonen alleine entscheiden. Beim Maßnahmenindex entscheiden immerhin 80,8% der oberen Gruppe gemeinsam (vs. 61,5% der unteren Gruppe), während bei der unteren Gruppe zu 38,5% die Entscheidungen von Einzelpersonen getroffen werden (vs. 19,2% der oberen Gruppe). Sowohl beim Maßnahmenindex als auch bei den subjektiven Erfolgsbewertungen (jeweils Mediansplits) zeigen sich keine signifikanten Gruppenunterschiede. Insgesamt zeigt sich, dass über die Verwendung eines eventuell vorhanden Budgets zu 14,7% von der Arbeitskreisleitung bzw. dem Arbeitskreis entscheiden wird, zu 73,5% die Entscheidung von der Arbeitskreisleitung gemeinsam mit dem Gemeinderat/dem bzw. der BürgermeisterIn erfolgt und zu 11,8% die Entscheidung vom Gemeinderat/dem bzw. der BürgermeisterIn alleine gefällt wird. Der Mediansplit für den Maßnahmenindex zeigt hier einen Unterschied zugunsten der aktiveren Gemeinden, da hier nur in 4,5% der Fälle von BürgermeisterIn/ Gemeinderat alleine entschieden wird, während dies in der anderen Gruppe immerhin zu 25,0% angegeben wird (77,3% vs. 66,7% lauten die Angaben zur gemeinsamen Entscheidung, 18,2% vs. 8,3% zur alleinigen Entscheidung). Im Extremgruppenvergleich bei der Erfolgseinschätzung der bisherigen Maßnahmen lässt sich folgender Unterschied ausmachen: Gemeinden, die im oberen Terzil liegen, geben häufiger an, dass die Arbeitskreisleitung gemeinsam

214

7 Ergebnisse zur Arbeitskreisbefragung

mit BürgermeisterIn/Gemeinderat über die Verwendung des Budgets entscheidet (84,6% vs. 55,6%). Dennoch sind die Unterschiede so gering, dass keine signifikanten Ergebnisse vorliegen. Insgesamt betrachtet, erhalten die Arbeitskreise folgende Unterstützung durch die Gemeinde (vgl. Abbildung 42): Räumlichkeiten für Veranstaltungen (100%), Eröffnung von Veranstaltungen durch offizielle GemeindevertreterInnen (94,9%), Teilnahme von GemeindevertreterInnen bei Veranstaltungen (87,2%), Büromaterial (79,5%), Informationsmaterialien (76,9%), Betriebskosten für Veranstaltungen (59,0%), Personal für Veranstaltungen (57,9%), Sportplätze (46,2%), Büroräume (43,6%) und Transportmittel bei Veranstaltungen (20,5%). Hinsichtlich der beiden Gruppen auf dem Maßnahmenindex bekommt die untere Gruppe mehr Unterstützung bei Informationsmaterialien (84,6% vs. 73,1%), hingegen jedoch weniger bzgl. der Betriebskosten (46,2% vs. 65,4%), Sportplätze (30,8% vs. 53,8%), Transportmittel (7,7% vs. 26,9%) und Personal (50,0% vs. 61,5%). Allerdings sind diese Ergebnisse nicht signifikant (exakte Tests nach Fisher). Vergleicht man die Extremgruppen der subjektiven Erfolgsbewertung, so zeigt sich, dass jene Arbeitskreise, die bei der Einschätzung des Profitierens der Gemeinde im oberen Terzil liegen, häufiger von einer Unterstützung in Form von Informationsmaterialien (91,7% vs. 76,9%), Betriebskosten für Veranstaltungen (75,0% vs. 61,5%), Teilnahme von GemeindevertreterInnen bei Veranstaltungen (100% vs. 84,6%) und Personal für Veranstaltungen (63,6% vs. 38,5%; ein U-Test mit der ungruppierten subjektiven Einschätzung ergibt z=-1,96; p=0,05) berichten als Arbeitskreise, die im unteren Terzil liegen. Jene Arbeitskreise, die bei der Erfolgsbewertung der bisherigen Maßnahmen im oberen Terzil liegen, erhalten häufiger Unterstützung in Form von Informationsmaterialien (84,6% vs. 61,5%), Büromaterial (92,3% vs. 61,5%), Büroräumen (61,5% vs. 30,8%), Betriebskosten für Veranstaltungen (69,2% vs. 53,8%), Sportplätzen (69,2% vs. 30,8%), Eröffnung von Veranstaltungen durch offizielle GemeindevertreterInnen (100% vs. 84,6%), Teilnahme von GemeindevertreterInnen bei Veranstaltungen (100% vs. 61,5%) und Personal für Veranstaltungen (76,9% vs. 30,8%) als jene Gemeinden, die sich im unteren Terzil befinden. Bei der Erfolgseinschätzung der bisherigen Maßnahmen (Mediansplit bzgl. höherer und niedrigerer Einschätzung) erweisen sich dabei die Unterschiede bei der Teilnahme von GemeindevertreterInnen bei Veranstaltungen (Fishers exakter Test), sowie Büromaterial (z=-2,11; p<0,05), Sportplätze (z=-2,39; p<0,05) und Personal für Veranstaltungen (z=-2,50; p<0,05; allesamt U-Tests) als signifikant.

7.3 Detailergebnisse auf Aggregatdatenniveau

215

Abbildung 42: Unterstützung der Arbeitskreise durch die Gemeinde (n=39) Unterstützung durch die Gemeinde

Räumlichkeiten für Veranstaltungen

100%

Eröffnung von Veranstaltungen

94,9%

Teilnahme von GemeindevertreterInnen

87,2%

Büromaterial

79,5%

Informationsmaterialien

76,9%

Betriebskosten für Veranstaltungen

59,0%

Personal für Veranstaltungen

57,9%

Sportplätze

46,2%

Büroräume

43,6%

Transportmittel bei Veranstaltungen

20,5% 0%

20%

40%

60%

80%

100%

Was den Erfahrungsaustausch des Arbeitskreises mit anderen Gemeinden anbelangt, so geben 20,5% der Gemeinden an, dass es regelmäßig Kontakte zu anderen Gemeinden gibt, 53,8% berichten von gelegentlichem Austausch und 25,6% tauschen sich bislang nicht mit anderen Gemeinden aus17. Verglichen mit der Reihung laut Maßnahmenindex verschieben sich die Angaben zugunsten der niedrigeren Ränge: Hier sind es anteilsmäßig 30,8%, die regelmäßig Kontakt haben in der unteren Gruppe, während in der oberen Gruppe nur 15,4% dies angeben. Die Angaben zu „ab und zu“ lauten entsprechend gegengleich 46,2% vs. 57,7% und bei „bisher nicht“ 23,1% vs. 26,9%. Arbeitskreise, die bei der Einschätzung des Ausmaßes, in dem die Gemeinde bislang von den Aktivitäten im Rahmen der Gesunden Gemeinde profitiert hat, im oberen Terzil liegen, tau17

Aggregiert wurde über die jeweils höchste Nennung.

216

7 Ergebnisse zur Arbeitskreisbefragung

schen sich eher regelmäßig mit anderen Gemeinden aus (25,0% vs. 7,7%), während Gemeinden des unteren Terzils eher von gelegentlichem Austausch berichten (69,2% vs. 50,0%). Vergleicht man die Extremgruppen nach der allgemeinen Erfolgseinschätzung der bisherigen Maßnahmen, so wird deutlich, dass sich die Arbeitskreise aus dem oberen Terzil häufiger gelegentlich mit anderen Gemeinden austauschen (61,5% vs. 46,2%), wohingegen sich die Arbeitskreise des unteren Terzils häufiger gar nicht mit anderen Gemeinden austauschen (15,4% vs. 30,8%). Auch hier zeigen sich weder signifikante Unterschiede bzgl. des Maßnahmenindex noch bzgl. der dichotomisierten Erfolgseinschätzungen. Die Homepage der „Gesunden Gemeinde“ wird bislang von 25,6% der Arbeitskreise sowohl zum Nachschauen als auch für eigene Veröffentlichungen genutzt, immerhin 28,2% nutzen die Homepage zum Nachschauen, 12,8% haben bereits auf der Gesunde-Gemeinde-Homepage veröffentlicht und 33,3% nutzen die Homepage gar nicht18. In Bezug auf den Mediansplit zum Maßnahmenindex geben die Gemeinden der oberen Hälfte in höherem Ausmaß an, die Homepage nicht zu nutzen (42,3% vs. 15,4%), während die untere Hälfte die Homepage stärker in umfassendem Maß – also zum Nachschauen und Veröffentlichen – nutzt (38,5% vs. 19,2%). Vergleicht man jene Arbeitskreise, die bei der Einschätzung des Ausmaßes, in dem die Gemeinde bislang von den Aktivitäten im Rahmen des Projektes „Gesunde Gemeinde“ profitiert hat, im oberen Terzil liegen, mit jenen des unteren Terzils, so werden diese Unterschiede ebenfalls, jedoch in veränderter Form, sichtbar: Gemeinden aus dem oberen Terzil nutzen die Homepage häufiger für eigene Veröffentlichungen (25,0% vs. 0,0%) und für das Veröffentlichen und Nachschauen (33,3% vs. 23,1%), während Gemeinden des unteren Terzils die Homepage häufiger gar nicht nutzen (30,% vs. 16,7%) oder nur zum Nachschauen nutzen (46,2% vs. 25,0%). Auch die Arbeitskreise, die bei der allgemeinen Erfolgseinschätzung bisheriger Maßnahmen im unteren bzw. oberen Terzil liegen, unterscheiden sich deutlich: Gemeinden des oberen Terzils haben deutlich öfter bereits eigene Publikationen auf die Homepage gestellt (30,8% vs. 0,0%), während Gemeinden des unteren Terzils öfter angeben, die Homepage gar nicht (46,2% vs. 30,8%) oder nur zum Nachschauen (30,8% vs. 15,4%) zu nutzen – zum Nachsehen und Publizieren nutzen beide Gruppen die Homepage in gleichem Maße (23,1% vs. 23,1%).

18

Aggregiert wurde über die jeweils höchste Nennung.

7.3 Detailergebnisse auf Aggregatdatenniveau

217

7.3.7 Zusammenarbeit mit der Betreuerin des Landes Hinsichtlich der Unterstützung des Arbeitskreises durch die Betreuerin vom Landesteam (vgl. Abbildung 43) zeigt sich, dass die Arbeitskreise in folgendem Ausmaß unterstützt werden: Moderation des Arbeitskreises (77,8%), Erhebung Abbildung 43: Inanspruchnahme der Unterstützung durch die Betreuerin (n=3537) Unterstützung durch die Betreuerin

Informationen über Sinn und Zweck des Projektes „Gesunde Gemeinde“

97,2%

Informationen über die Serviceangebote/Module des Landes Kärnten

94,6%

Hilfe bei der Ausarbeitung der Maßnahmen

91,4%

Erhebung des IstZustandes

89,2%

Hilfe bei der Erstellung und Umsetzung von Projekten

86,1%

Unterstützung bei der Informationsbeschaffung zu diversen Fachthemen

83,3%

Vernetzung vorhandener Angebote

79,4%

Moderation des Arbeitskreises

77,8%

Hilfe bei der Erstellung von eigenen Foldern und Publikationen

72,2%

0%

20%

40%

60%

80%

100%

218

7 Ergebnisse zur Arbeitskreisbefragung

des Ist-Zustandes (89,2%), Hilfe bei der Ausarbeitung der Maßnahmen (91,4%), Informationen über die Serviceangebote/Module des Landes Kärnten (94,6%), Vernetzung vorhandener Angebote (79,4%), Informationen über Sinn und Zweck des Programms „Gesunde Gemeinde“ (97,2%), Hilfe bei der Erstellung und Umsetzung von Projekten (86,1%), Hilfe bei der Erstellung von eigenen Foldern und Publikationen (72,2%) und Unterstützung bei der Informationsbeschaffung zu diversen Fachthemen (83,3%). In der Aufteilung der Gemeinden nach dem Maßnahmenindex (hoch vs. niedrig) finden sich häufiger Angaben, dass die Moderation des Arbeitskreises in Anspruch genommen wird (82,6% vs. 69,2%), die Hilfe bei der Ausarbeitung von Maßnahmen (95,7% vs. 83,3%), die Information über Serviceangebote/Module (100% vs. 83,3%), die Vernetzung bestehender Angebote (90,9% vs. 58,3%), Hilfe bei der Erstellung und Umsetzung von Projekten (95,8% vs. 66,7%), bei der Erstellung von Foldern/Publikationen (83,3% vs. 50,0%) und die Unterstützung bei der Informationsbeschaffung (91,7% vs. 66,7%). Arbeitskreise, die bei der Einschätzung des Ausmaßes, wie sehr die Gemeinde bislang von den Projekten im Rahmen der Gesunden Gemeinde profitiert hat, im oberen Terzil liegen, berichten häufiger von Unterstützung durch die Betreuerin bei der Erstellung von eigenen Foldern und Publikationen (83,3% vs. 50,0%). Eine Reihe an Unterschieden zeigt sich zwischen jenen Arbeitskreisen, die bei der Erfolgseinschätzung der bisherigen Maßnahmen im oberen Terzil liegen und jenen, die im unteren Terzil liegen: Arbeitskreiskreise aus dem oberen Terzil berichten häufiger von Unterstützung bei der Erhebung des Ist-Zustandes (92,3% vs. 81,8%), Hilfe bei der Ausarbeitung der Maßnahmen (100% vs. 80,0%), Unterstützung bei der Vernetzung vorhandener Angebote (92,3% vs. 70,0%), Hilfe bei der Erstellung und Umsetzung von Projekten (100% vs. 72,7%), Hilfe bei der Erstellung von eigenen Foldern und Publikationen (84,6% vs. 63,6%) und Unterstützung bei der Informationsbeschaffung zu diversen Fachthemen (92,3% vs. 81,8%). Getestet auf die Mediansplits zu den untersuchten Variablen erweist sich sowohl beim Maßnahmenindex als auch beim Erfolg der bisherigen Maßnahmen die Hilfe bei der Erstellung und Umsetzung von Projekten als signifikant (p<0,05; exakter Test nach Fisher). Zusätzlich bestehen tendenziell Unterschiede im Maßnahmenindex bei der Inanspruchnahme von Hilfe bzgl. der Erstellung von Foldern/Publikationen sowie zur Vernetzung vorhandener Angebote, da die einseitigen exakten Tests (für die H1: Erfolgreiche Arbeitskreise nehmen mehr Unterstützung in Anspruch) ein signifikantes Ergebnis liefern (p<0,05; für den zweiseitigen Test gilt p<0,1). Eine zusätzliche Überprüfung dieser Ergebnisse mittels U-Test kann die Ergebnisse bzgl. der Hilfe bei der Erstellung und Umsetzung von Projekten jedoch leider nicht bestätigen, hier werden die Signifikanz-

7.3 Detailergebnisse auf Aggregatdatenniveau

219

grenzen knapp verfehlt (p<0,1), hingegen liefert der Test für die Kombination Maßnahmenindex und Hilfe bei der Erstellung von Foldern/Publikationen ein signifikantes Ergebnis (z=-2,24; p<0,05). Bei der Bewertung der Betreuerin erhält diese folgende „Durchschnittsnoten“ von den Arbeitskreisen (1 völlige Ablehnung – 4 völlige Zustimmung): „die Betreuerin wird von mir akzeptiert“ (M=3,5; SD=0,6), „ist gegenüber neuen Ideen aufgeschlossen“ (M=3,4; SD=0,6), „akzeptiert mich“ (M=3,4; SD=0,7), „steht uns unbürokratisch zu Verfügung“ (M=3,3; SD=0,6), „unterstützt uns bei unseren Anliegen“ (M=3,3; SD=0,7), „arbeitet sehr professionell und strukturiert“ (M=3,3; SD=0,7), „kann die Anliegen von Gesundheitsförderung verständlich erklären“ (M=3,2; SD=0,7), „insgesamt gesehen bin ich mit der Betreuerin sehr zufrieden“ (M=3,2; SD=0,7), „die Betreuerin geht sehr gut auf unsere Bedürfnisse ein“ (M=3,2; SD=0,7), „äußert auch Anerkennung und Lob“ (M=3,1; SD=0,7), „kann mit kritischen Äußerungen der Arbeitskreismitglieder gut umgehen“ (M=3,1; SD=0,7), „unterstützt uns bei Schwierigkeiten und Problemen“ (M=3,1; SD=0,7), „gibt Informationen umfassend und regelmäßig an alle weiter“ (M=3,1; SD=0,5), „ermutigt uns, eigene Entscheidungen zu treffen“ (M=3,1; SD=0,8), „sorgt für ein reibungsloses Funktionieren der Zusammenarbeit“ (M=3,0; SD=0,7), „hält sich eher im Hintergrund“ (M=2,6; SD=0,7), „bringt sich inhaltlich zu viel ein“ (M=2,2; SD=0,6), „bringt sich inhaltlich zu wenig ein“ (M=2,0; SD=0,6). Signifikante Unterschiede zwischen den verschiedenen Gruppen (Maßnahmenindex, subjektiver Erfolg) lassen sich nicht feststellen (U-Tests).

7.3.8 Subjektiver Erfolg Der Erfolg der bisherigen Maßnahmen wird von den Arbeitskreisen auf einer 10stufigen Skala mit einem Mittelwert von 7,1 (SD=1,4) eher hoch eingeschätzt. Ähnlich hoch wird auch das Ausmaß eingeschätzt, in dem die Zielgruppen von den Aktivitäten profitiert haben (M=7,0; SD=1,2) und das Profitieren der Gemeinde insgesamt (M=6,9; SD=1,2). Gemeinden, die bei der Bewertung des Ausmaßes, in dem die Gemeinde von den Aktivitäten profitiert hat, im oberen Terzil liegen, schätzen auch den Erfolg der bisherigen Maßnahmen (M=8,1; SD=1,1 vs. M=6,5; SD=0,7) und das Profitieren der Zielgruppen (M=7,6; SD=0,9 vs. M=6,4; SD=1,0) höher ein, als Arbeitskreise des unteren Terzils. Gemeinden, die bei der Einschätzung des Erfolges der bisherigen Maßnahmen im oberen Terzil liegen, beurteilen auch das Ausmaß, in dem die Zielgruppen (M=7,0; SD=1,2 vs. 6,2; SD=1,4) und die Gemeinde (M= 6,9; SD=1,28 vs.

220

7 Ergebnisse zur Arbeitskreisbefragung

M=6,0; SD=0,8) von den Aktivitäten im Rahmen des Projektes profitiert haben, höher als Arbeitskreise des unteren Terzils.

7.4 Analyse zusätzlicher Skalen auf Aggregatdatenniveau Im folgenden Abschnitt werden einige aus den vorliegenden Daten gebildete Skalen vorgestellt. Neben der Beschreibung der Skalen selbst werden auch standardmäßig Korrelationsberechnungen mit dem Maßnahmenindex als wesentlicher abhängiger Variable durchgeführt, ebenso wie mit den Variablen „subjektive Erfolgseinschätzung“ und den möglichen Intervenierenden „Dauer/Bestehen des Arbeitskreises“, „Zufriedenheit mit der Zusammensetzung des Arbeitskreises“, der Gemeindegröße und der Budgetkompetenz19. Zusätzlich wurden noch U-Tests zu den Variablen „Veränderung der Zusammensetzung des Arbeitskreises“20, „Veränderung der Anzahl der Arbeitskreismitglieder“21 sowie „Entscheidungsfindung“22 berechnet. Mit fortschreitender Vorstellung der Skalen werden auch die relevanten Korrelationen der Skalen untereinander dargestellt.

7.4.1 Skala „Entscheidungskompetenz“ Auf aggregierter Ebene wurde die Variable Entscheidungskompetenz als Guttman-Skala aus den Items zu dieser Frage gebildet. Nach durchgeführter Skalogramm-Analyse ergeben sich folgende Abstufungen auf der Skala: ƒ ƒ ƒ ƒ 19

Wert 1: Der Arbeitskreis verfügt lediglich über die Kompetenz zur Ideenfindung. Wert 2: Der Arbeitskreis entscheidet auch, welche Ideen zu Projekten/Maßnahmen weiterentwickelt werden sollen. Wert 3: Der Arbeitskreis entscheidet auch, dass Projekte/Maßnahmen mit geringem Kostenaufwand durchgeführt werden. Wert 4: Der Arbeitskreis besitzt auch die Kompetenz, über Maßnahmen mit größerem Kostenaufwand zu entscheiden.

Ordinalskalierte Variable mit den inhaltlichen Stufen „kein Budget vorhanden“, „über das Budget entscheiden Bürgermeister bzw. Gemeinderat alleine, „der Arbeitskreis kann mitentscheiden (gemeinsame Entscheidung)“ und „der Arbeitskreis kann alleine entscheiden“. 20 Antworten „ist eher gleich geblieben“ vs. „hat sich eher verändert“ 21 Antworten „ist ungefähr gleich geblieben“ vs. „hat eher abgenommen“ (die dritte Alternative „hat eher zugenommen“ ist auf aggregiertem Niveau nicht genannt worden) 22 Antworten „alle entscheiden gemeinsam“ vs. „Schlüsselpersonen entscheiden alleine“

7.4 Analyse zusätzlicher Skalen auf Aggregatdatenniveau ƒ

221

Wert 5: Der Arbeitskreis besitzt sogar die Kompetenz zur Entscheidung über Infrastrukturmaßnahmen (z.B. bauliche Maßnahmen).

Die Skala erreicht einen Reproduzierbarkeitskoeffizienten von 0,96 und ist somit für weitere Analysen verwendbar. Die empirischen Häufigkeiten für die Skala sind gemeinsam mit der Anzahl der Fälle, bei denen zu einem bestimmten Skalenwert Fehler auftreten, in Tabelle 7 angegeben. Wie ersichtlich ist, treten die Fehler vorwiegend bei den unteren Werten auf, d.h. dass die Unterscheidung zwischen reiner Ideenfindung und dazugehöriger Maßnahmenentwicklung weniger eindeutig getroffen werden kann, als dies bei den mit den Maßnahmen verbundenen Kosten ist. Tabelle 7: Verteilung der Guttman-Skala Entscheidungskompetenz auf aggregierter Ebene Entscheidungskompetenz im Arbeitskreis (aufbauend): nur Ideenfindung bis Entwicklung

n

% 4

10,3%

n mit Fehler 1

3

7,7%

2

bis geringem Kostenaufwand

22

56,4%

0

bis größerem Kostenaufwand

7

17,9%

1

3

7,7%

0

39

100,0%

4

alle (auch bauliche/Infrastruktur) Gesamt

Die relativ größte Korrelation bei der Entscheidungskompetenz ergibt sich mit der Variable Maßnahmenindex (rs=0,42; p<0,01), was in der Folge auch die einzige von zwei nennenswerten Korrelationen für den Maßnahmenindex bleibt. Eine zweite, deutlich geringere Korrelation der Entscheidungskompetenz zeigt sich bei der Variable Budgetkompetenz (rs=0,35; p<0,05). 7.4.2 Skala „absolvierte Schritte“ Mit den Daten auf aggregierter Ebene wurde eine Variable absolvierte Schritte als Guttman-Skala berechnet. Aufgrund der Skalogramm-Analyse ergibt sich folgende empirische Reihenfolge, wobei die Gesamtskala einen Reproduzierbarkeitskoeffizienten von 0,90 erreicht:

222 ƒ ƒ ƒ ƒ ƒ ƒ ƒ ƒ

7 Ergebnisse zur Arbeitskreisbefragung Wert 1: nur Einrichtung des Arbeitskreises Wert 2: inkl. Maßnahmenplan Wert 3: inkl. Auftaktveranstaltung Wert 4: inkl. Teamfindung Wert 5: inkl. erste Maßnahmenumsetzung Wert 6: inkl. Startförderung Wert 7: inkl. Ist-Analyse Wert 8: inkl. neuerliche Situationsanalyse

Zu den beobachteten Häufigkeiten der Skalenwerte vgl. Tabelle 8. Die empirische Abfolge der Angaben spiegelt dabei die unterschiedliche Handhabung in verschiedenen Arbeitskreisen wider und scheint somit einige logische Widersprüche zu beinhalten. Tatsächlich äußern sich diese in den angegebenen Fehlern. Diese bedeuten dabei, dass eine der niedrigeren Stufen ausgelassen wurde, wobei im Gegenzug eine der höheren Stufen bereits absolviert wurde. Für die Fälle mit Fehlern heißt das zumeist, dass entweder die Startförderung oder die Ist-Analyse als Schritt absolviert wurde, während nach unten hin eher die Schritte Auftaktveranstaltung oder Teamfindung fehlen. Tabelle 8: Verteilung der Guttman-Skala absolvierte Schritte empirische Reihenfolge der absolvierten Schritte:

n

%

n mit Fehler

nur Einrichtung des Arbeitskreises

0

0%

0

inkl. Maßnahmenplan

0

0%

0

inkl. Auftaktveranstaltung

1

2,6%

1

inkl. Teamfindung

3

7,7%

1

inkl. erste Maßnahmenumsetzung

4

10,3%

4

inkl. Startförderung

5

12,8%

4

inkl. Ist-Analyse

11

28,2%

3

inkl. neuerliche Situationsanalyse

15

38,5%

0

Gesamt

39

100,1%

11

Wenig überraschend zeigt sich eine vergleichsweise hohe Korrelation mit dem Maßnahmenindex von rs=0,64 (p<0,01), was wohl eher als zusätzliche Validierung der abhängigen Variablen (diese misst ja eine Kombination aus Qualität und Anzahl der durchgeführten Maßnahmen) gesehen werden kann, denn als relevanter Einfluss. In diesem Sinn zeigt sich auch ein Zusammenhang mit der

7.4 Analyse zusätzlicher Skalen auf Aggregatdatenniveau

223

Skala Entscheidungskompetenz (rs=0,54; p<0,01), der sich zusätzlich auch bei der Budgetkompetenz widerspiegelt (rs=0,49; p<0,01). 7.4.3 Index zu den Kooperationspartnerschaften Aus den Angaben zu den Kooperationspartnerschaften des Arbeitskreises wurde ein Index berechnet, der den Anteil der im Arbeitskreis vertretenen PartnerInnen an der Gesamtzahl potentieller PartnerInnen (gemessen an den vorgegebenen Kategorien der Frage 24) angibt. Dabei schwankt die Zahl potentieller kategorisierter TeilnehmerInnen zwischen 11 und 21 pro Gemeinde, wovon zwischen 0 und 20 auch tatsächlich realisiert werden. Aufeinander bezogen ergibt sich dabei eine Ausschöpfung zwischen 0 und 100 Prozent der Teilnahme möglicher KooperationspartnerInnen am Arbeitskreis (vgl. Tabelle 9). Dabei zeigt sich, dass größere Teilnahmequoten auch mit Veränderungen der Zusammensetzung (nicht jedoch der Gesamtzahl) einhergehen (U-Test bzgl. Zusammensetzung ist gleich geblieben vs. hat sich verändert: z=-1,97; p<0,05). Ebenso geht die Vielseitigkeit mit gemeinsamer Entscheidungsfindung einher (U-Test „alle entscheiden gemeinsam“ vs. „Einzelpersonen entscheiden“: z=-2,03; p<0,05). Alle anderen Werte bleiben wiederum in einem sehr niedrigen Bereich. Tabelle 9: Prozentanteile realisierter TeilnehmerInnen (bezogen auf Kategorien potentieller Kooperationspartnerschaften) in den Arbeitskreisen Anteil Kooperationspartner 0,0 10,0 10,5 15,8 21,1 23,8 30,0 35,0 38,9 40,0 44,4 47,4 47,6 52,6 …Fortsetzung siehe rechts…

n

% 1 2 1 1 1 2 1 2 1 1 1 1 2 2

2,6 5,1 2,6 2,6 2,6 5,1 2,6 5,1 2,6 2,6 2,6 2,6 5,1 5,1

Anteil Kooperationspartner …Tabelle fortgesetzt… 57,9 61,9 66,7 70,0 71,4 73,3 76,2 85,0 88,2 90,5 95,0 95,2 100,0 Gesamt

n

%

1 1 2 2 1 1 3 1 1 3 2 1 1 39

2,6 2,6 5,1 5,1 2,6 2,6 7,7 2,6 2,6 7,7 5,1 2,6 2,6 100,0

224

7 Ergebnisse zur Arbeitskreisbefragung

7.4.4 Index „erhaltene Unterstützung“ Aus den möglichen Unterstützungsformen, welche die Gemeinde bereitstellen kann, wurde ein einfacher Summenindex aus der Anzahl der auf die Arbeitskreisebene aggregierten Ja-Antworten errechnet. Demnach (vgl. Tabelle 10) erhält keine Gemeinde weniger als zwei Unterstützungsformen, als höchsten Wert erreichen vier Gemeinden 10 (das theoretische Maximum beträgt inkl. der Angabe „Sonstiges“ 11). Im Schnitt werden 6,7 Unterstützungen gegeben (SD=2,2). Bezüglich der untersuchten Zusammenhänge zeigt sich eine nennenswerte Korrelation mit der subjektiven Erfolgsbewertung (rs=0,49; p<0,01). Tabelle 10: Anzahl erhaltener Unterstützungen durch die Gemeinden. Anzahl erhaltener Unterstützungen

n

%

2

2

5,1%

3

1

2,6%

4

3

7,7%

5

5

12,8%

6

7

17,9%

7

4

10,3%

8

9

23,1%

9

4

10,3%

10 Gesamt

4

10,3%

39

100,0%

7.4.5 Zielgruppenindex Aus den angegebenen Zielgruppen wurde ein eigener Index gebildet, der Auskunft über die Differenziertheit der angesprochenen Personen geben soll. Zu diesem Zweck wurde die Summe aller angegebenen Zielgruppen – ausgenommen der Angaben „Gemeindebevölkerung insgesamt“ sowie „Sonstige“ – gebildet. Der Index gibt somit Auskunft darüber, wie viele verschiedene, spezifische Zielgruppen ausgewählt wurden. Die Angaben reichen dabei von 0 zusätzlichen bis hin zu 9 (theoretisches Maximum ist 10; vgl. Tabelle 11), das arithmetische Mittel beträgt 3,6 zusätzliche Zielgruppen (SD=2,6).

7.4 Analyse zusätzlicher Skalen auf Aggregatdatenniveau

225

Von den angegebenen Korrelationen sind die eher geringen Zusammenhänge der Zielgruppendiversifität mit der Budgetkompetenz (rs=0,32; p<0,05), mit dem Index der Kooperationspartnerschaften (rs=-0,30; p>0,05) – wo etwas weniger verschiedene Gruppen angesprochen werden, je mehr Partner direkt im Arbeitskreis vertreten sind – und mit der subjektiven Erfolgseinschätzung (rs=0,35; p<0,05) zu erwähnen. Tabelle 11: Zielgruppenindex – Anzahl der zusätzlich zur „Gemeindebevölkerung insgesamt“ festgelegten Zielgruppen Anzahl zusätzliche Zielgruppen

%

0

4

10,3%

1

6

15,4%

2

6

15,4%

3

4

10,3%

4

7

17,9%

5

3

7,7%

6

2

5,1%

7

3

7,7%

8

3

7,7%

9 Gesamt

n

1

2,6%

39

100,0%

7.4.6 Index Zielgruppenkommunikation Zusätzlich wurde ein Summenscore über die eingesetzten Kommunikationskanäle zur Zielgruppeninformation berechnet, also die Summe der angegebenen Items gebildet. Von den 15 maximal möglichen Angaben werden mindestens eine und maximal 11 tatsächlich eingesetzt (vgl. Tabelle 12), wobei keine bevorzugten Kombinationen zu erkennen sind. Im Schnitt werden 5,5 Kanäle eingesetzt (SD=2,6). Die stärkste Korrelation zeigt sich für diese Variable bei der erhaltenen Unterstützung durch die Gemeinde (rs=0,54; p<0,01). Dort, wo viele Kommunikationswege eingesetzt werden, sind gleichzeitig auch viele verschiedene Zielgruppen angesprochen (rs=0,39; p<0,05) und es liegt eine hohe subjektive Erfolgseinschätzung vor (rs=0,39; p<0,05). Demgegenüber werden bei einem hohen Anteil

226

7 Ergebnisse zur Arbeitskreisbefragung

an Kooperationspartnerschaften im Arbeitskreis eher weniger Informationskanäle eingesetzt (rs=0,33; p<0,05) Tabelle 12: Index Zielgruppenkommunikation – Anzahl der eingesetzten Kommunikationskanäle zur Zielgruppenerreichung Anzahl Kommunikationskanäle

%

1

1

2,6

2

5

12,8

3

3

7,7

4

5

12,8

5

9

23,1

6

3

7,7

7

5

12,8

8

1

2,6

9

4

10,3

10

1

2,6

11 Gesamt

n

2

5,1

39

100,0

7.4.7 Skala zur Bewertung der Zusammenarbeit Aus den Angaben der Befragten zu den einzelnen Items zur Zusammenarbeit im Arbeitskreis wurde eine Likertskala gebildet. Eine Faktorenanalyse (Hauptkomponentenanalyse) zur Kontrolle der Eindimensionalität ergab dabei zufrieden stellende Faktorladungen für 11 der 12 Items (min 0,56 – max 0,80), so dass lediglich das Item „Die Zusammenarbeit ist von parteipolitischem Hickhack geprägt“ ausgeschlossen werden musste. Die abschließende, durch das Summieren der Einzelitems erzielte Skala erreicht mit einem Cronbachs Alpha von 0,90 eine sehr hohe Reliabilität. (Zu den weiteren Details bzgl. der Itemkorrelationen mit dem extrahierten Faktor bzw. der endgültigen Skala vgl. Tabelle 13.) Anschließend wurde die Skala wieder auf Ebene der Arbeitskreise aggregiert (Mittelwert der Angaben) und den restlichen Analysen dieses Abschnitts unterzogen. Der aggregierte Skalenwert deckt die mögliche Spannweite von 11 bis 44 Punkten ab, der Mittelwert beträgt 35,1 Punkte (SD=5,5). Bezüglich der anderen Variablen zeigt sich eine relativ hohe Korrelation mit der „Zufriedenheit mit der

7.4 Analyse zusätzlicher Skalen auf Aggregatdatenniveau

227

Zusammensetzung“ (rs=0,64; p<0,01). Damit einher geht auch, dass die Bewertung besonders hoch in jenen Arbeitskreisen ist, wo gemeinsam anstatt von Schlüsselpersonen alleine entschieden wird (U-Test: z=-2,60; p<0,01). Eine positive Bewertung geht zusätzlich einher mit einer hohen subjektiven Erfolgseinschätzung (rs=0,45; p<0,01). Auf geringerem Niveau zeigt sich auch ein Zusammenhang mit der Unterstützung durch die Gemeinde (rs=0,36; p<0,05). Tabelle 13: Kennwerte der Skalenitems zur Bewertung der Zusammenarbeit im Arbeitskreis Items der Skala zur Bewertung der Zusammenarbeit Cronbachs Alpha = 0,903 Die Arbeitskreismitglieder sind Neuem gegenüber aufgeschlossen Wir haben einen gemeinschaftlichen Arbeitsstil Unstimmigkeiten/ Konflikte werden aktiv gemeinsam gelöst Die Arbeitskreismitglieder sind positiv motiviert Die Zusammenarbeit ist sehr gut Die Arbeitskreismitglieder sind kritikfähig Die Aufgaben im Team sind klar verteilt Erfolge werden gemeinsam gefeiert Die Arbeitskreismitglieder werden von mir akzeptiert Unter den Arbeitskreismitgliedern gibt es einen umfassenden Informationsaustausch Die Arbeitskreismitglieder akzeptieren mich 1

SkalenKorrigierte Cronbachs varianz, ItemAlpha, wenn wenn Item SkalaItem weggeweggeKorrelatilassen lassen on

Faktorladung (Hauptkomponentenanalyse)1

Skalenmittelwert, wenn Item weggelassen

0,80

32,39

26,12

0,74

0,889

0,77

32,54

25,77

0,71

0,891

0,76

32,42

26,06

0,70

0,891

0,74

32,50

26,85

0,68

0,893

0,74

32,33

26,84

0,67

0,893

0,74

32,58

26,81

0,68

0,893

0,71

32,63

25,96

0,64

0,895

0,70

32,67

24,67

0,62

0,899

0,70

32,02

28,10

0,63

0,897

0,69

32,67

26,53

0,62

0,896

0,56

32,18

28,30

0,48

0,902

Es wurde ein Faktor extrahiert: Eigenwert = 5,82; erklärte Varianz = 48,5%

228

7 Ergebnisse zur Arbeitskreisbefragung

7.4.8 Bewertung der Arbeitskreisleitung Auch aus den Items zur Bewertung der Arbeitskreisleitung konnte eine Likertskala gebildet werden. Dabei ließen sich alle vorgegebenen Items auf einen gemeinsamen Faktor zurückführen, und die Summenskala erweist sich als sehr reliabel, da sie ein sehr hohes Cronbachs Alpha von 0,94 erreicht (vgl. Tabelle 14). Aggregiert auf die Ebene der Arbeitskreise wurden zwei Variablen gebildet, nämlich die Fremdbewertung der Arbeitskreisleitung durch die Arbeitskreismitglieder und die Selbstbewertung der Arbeitskreisleitung. Bei beiden Variablen beträgt das theoretische Minimum 14, beobachtet werden können jedoch Werte von 33,5 (Fremdbewertung) und 46 (Selbstbewertung) bis hin zum (theoretischen) Maximum von 56. Die Mittelwerte betragen bei der Fremdbewertung 47,7 (SD=5,4; n=34) und bei der Selbstbewertung 50,4 (SD=2,7; n=24), wobei leider nicht aus jeder befragten Gemeinde Werte vorliegen. Die Korrelation der beiden Bewertungen anhand der entstehenden Schnittmenge (n=21 Gemeinden) ergibt einen nur sehr niedrigen Zusammenhang von rs=0,21 (p>0,05). Ein abhängiger t-Test zeigt, dass sich die höhere Selbstbewertung der Arbeitskreisleiter signifikant von der Fremdbewertung durch ihre Arbeitskreismitglieder unterscheidet (t[20]=-2,18; p<0,05). In Hinblick auf die restlichen Variablen ergeben sich teils hohe Korrelationen. So zeigt sich bei der Fremdbewertung der Arbeitskreisleitungen ein starker Zusammenhang mit der generellen Bewertung der Zusammenarbeit im Arbeitskreis (rs=0,86; p<0,01), und auch deutlich mit der Zufriedenheit mit der Zusammensetzung (rs=0,51; p<0,01) sowie der subjektiven Erfolgsbewertung (rs=0,54; p<0,01). Nur sehr geringe Korrelationen ergeben sich bezüglich der Zielgruppendiversifität und der zur Zielgruppenerreichung eingesetzten Informationskanäle (beide rs=0,35; p<0,05) sowie bei der Unterstützung durch die Gemeinde (rs=0,32; p>0,05). Als einzige Variable in diesem Abschnitt zeigt sich auch eine geringe (negative) Korrelation mit der Dauer des Bestehens des Arbeitskreises (rs=-0,35; p<0,05). Bei der Selbstbewertung der Arbeitskreisleitung zeigen sich wiederum die eher hohen Korrelationen mit der Zufriedenheit mit der Zusammensetzung des Arbeitskreises (rs=0,72; p<0,01) sowie mit der Bewertung der Zusammenarbeit (rs=0,46; p<0,05). Auf geringem Niveau korreliert die Selbstbewertung aber auch negativ mit der Einschätzung über Zuwanderung in der Gemeinde (rs=-0,35; p>0,05).

7.4 Analyse zusätzlicher Skalen auf Aggregatdatenniveau

229

Tabelle 14: Kennwerte der Skalenitems zur Bewertung der Arbeitskreisleitung

Items der Skala zur Bewertung der Arbeitskreisleitung Cronbachs Alpha = 0,937

Die Arbeitskreisleitung …

... teilt den Erfolg mit allen ... verfügt über eine gute Organisationsfähigkeit ... ist gegenüber neuen Ideen aufgeschlossen ... arbeitet strukturiert und professionell ... akzeptiert mich

1

SkalenFaktorlamitteldung wert, (Hauptwenn Item komponentenana- weggelassen lyse)1

Skalenvarianz, wenn Item weggelassen

Korrigierte ItemSkalaKorrelation

Cronbachs Alpha, wenn Item weggelassen

0,84

45,15

34,63

0,81

0,929

0,79

45,18

35,27

0,75

0,931

0,78

45,01

36,12

0,74

0,932

0,78

45,38

35,25

0,74

0,931

0,78

44,99

35,96

0,73

0,932

... ist sehr engagiert

0,78

45,08

35,34

0,73

0,932

... wird von mir akzeptiert ... insgesamt gesehen bin ich mit der Arbeitskreisleitung sehr zufrieden ... kann alle sehr gut motivieren ... ist auch bereit, Misserfolg zu verantworten ... kann mit Kritik gut umgehen ... gibt Informationen umfassend und regelmäßig an alle weiter ... ist allen politischen Parteien gegenüber gleich offen ... kann sich gegenüber dem Arbeitskreis mit seinen Vorstellungen durchsetzen

0,76

44,97

36,71

0,70

0,933

0,74

45,15

36,22

0,69

0,933

0,73

45,39

35,47

0,68

0,933

0,71

45,21

35,64

0,66

0,934

0,70

45,27

36,20

0,66

0,934

0,68

45,21

36,33

0,63

0,935

0,68

45,27

35,44

0,63

0,935

0,68

45,29

36,79

0,63

0,935

Es wurde ein Faktor extrahiert: Eigenwert = 7,80; erklärte Varianz = 55,7%

230

7 Ergebnisse zur Arbeitskreisbefragung

7.4.9 Bewertung der Betreuerin Analog zu den beiden oben genannten Skalen wurde auch eine Skala zur Bewertung der Betreuerin gebildet. Von den insgesamt 18 Items erwies sich der Großteil als geeignet, in einer Likertskala zusammengefasst zu werden. In einer Hauptkomponentenanalyse ließen sich 15 Items auf einen gemeinsamen Faktor zurückführen, während die drei Items „Die Betreuerin hält sich eher im Hintergrund“, „… bringt sich inhaltlich zu wenig ein“ sowie „… bringt sich inhaltlich zu viel ein“ aufgrund ungenügender Faktorladungen aus der Skalenbildung ausgeschlossen wurden. Für die Summenskala der restlichen 15 Items ergibt sich ein Cronbachs Alpha von 0,98 (vgl. Tabelle 15), was auf eine äußerst reliable Skala hinweist. Aggregiert wurden anschließend die durchschnittlichen Bewertungen einmal durch die Arbeitskreisleiter und einmal durch die Arbeitskreismitglieder, jeweils unter der Voraussetzung, dass zumindest in unregelmäßigen Abständen Kontakt besteht. Die Mittelwerte betragen bei den Arbeitskreisleitern 52,4 (SD=10,0; n=18 Arbeitskreise; min=32, max=60) und bei den Arbeitskreismitgliedern 49,5 (SD=9,4; n=29 Arbeitskreise; min=17, max=60), wobei keine erkennbare Korrelation der Bewertungen vorliegt (rs=-0,07; p>0,05). Bei den Bewertungen durch die ArbeitskeisleiterInnen zeigen sich vergleichsweise hohe Korrelationen mit der Selbstbewertung (rs=0,58; p<0,05), der Zufriedenheit mit der Zusammensetzung des Teams (rs=0,53; p<0,05) und dem Anteil an Kooperationspartnerschaften im Arbeitskreis (rs=0,45; p>0,05) sowie in sehr geringem Ausmaß mit der Bewertung der Zusammenarbeit im Team (rs=0,31; p>0,05). Außerdem zeigt sich hier als einzige zweite Skala in diesem Abschnitt ein Zusammenhang mit dem Maßnahmenindex (rs=0,45; p>0,05). Relativ geringe Korrelationen ergeben sich bezüglich der absolvierten Schritte (rs=0,34; p>0,05) sowie umgekehrt proportional mit der Zielgruppendiversifität (rs=-0,37; p>0,05) und den zur Zielgruppenerreichung eingesetzten Kommunikationskanälen (rs=-0,40; p>0,05). Die Bewertungen durch die Arbeitskreismitglieder gehen interessanterweise am höchsten mit der Diversifität der eingesetzten Kommunikationskanäle zur Zielgruppenerreichung einher (rs=0,61; p<0,01), naheliegender scheint jedenfalls die Korrelation mit der Unterstützung durch die Gemeinde (rs=0,47; p<0,01). Aber auch hier zeigt sich der Zusammenhang mit der Bewertung der Arbeitskreisleitung (rs=0,36; p>0,05).

7.4 Analyse zusätzlicher Skalen auf Aggregatdatenniveau

231

Tabelle 15: Kennwerte der Skalenitems zur Bewertung der Betreuerin

Die Betreuerin …

Items der Skala zur Bewertung der Betreuerin Cronbachs Alpha = 0,975 ... geht sehr gut auf unsere Bedürfnisse ein ... arbeitet sehr professionell und strukturiert ... unterstützt uns bei unseren Anliegen … insgesamt gesehen bin ich mit der Betreuerin sehr zufrieden ... unterstützt uns bei Schwierigkeiten und Problemen ... ist gegenüber neuen Ideen aufgeschlossen ... steht uns unbürokratisch zur Verfügung ... wird von mir akzeptiert ... kann die Anliegen von Gesundheitsförderung verständlich erklären ... kann mit kritischen Äußerungen der Arbeitskreismitglieder gut umgehen ... äußert auch Anerkennung und Lob ... sorgt dafür, dass die Zusammenarbeit reibungslos funktioniert ... akzeptiert mich ... ermutigt uns, eigene Entscheidungen zu treffen ... gibt Informationen umfassend und regelmäßig an alle weiter 1

FaktorlaSkalendung mittelwert, (Hauptwenn Item kompoweggelasnentenanasen lyse)1

SkalenKorrigierte Cronbachs varianz, ItemAlpha, wenn Item Skalawenn Item weggeKorrelatiweggelassen on lassen

0,92

46,69

94,68

0,91

0,972

0,92

46,61

93,16

0,90

0,972

0,92

46,55

94,44

0,90

0,972

0,89

46,63

93,75

0,88

0,972

0,89

46,72

94,53

0,88

0,972

0,85

46,42

96,65

0,85

0,973

0,83

46,58

95,92

0,82

0,973

0,83

46,42

97,34

0,83

0,973

0,83

46,61

96,16

0,83

0,973

0,83

46,74

94,69

0,82

0,973

0,81

46,62

95,66

0,79

0,974

0,81

46,80

94,62

0,80

0,974

0,80

46,51

96,41

0,79

0,974

0,80

46,72

95,51

0,80

0,974

0,79

46,70

96,17

0,77

0,974

Es wurde ein Faktor extrahiert: Eigenwert = 10,90; erklärte Varianz = 60,5%

232

7 Ergebnisse zur Arbeitskreisbefragung

7.5 Zusammenfassung 7.5.1 Feststellung des Gesamterfolges Um eine Skala zur Bewertung des Erfolgs der einzelnen Arbeitskreise zur Verfügung zu haben, wurde die Variable Maßnahmenindex berechnet. Diese Variable geht aus der Dokumentenanalyse der zentralen Ablage zu den Aktivitäten der einzelnen Arbeitskreise hervor (Ablage beim zentralen Team des Landes Kärnten). Für die Berechnung wurden die dokumentierten Maßnahmen nach den Aspekten lang-/mittel-/kurzfristig, passive vs. aktive Teilnahmemöglichkeit und individuelle vs. settingorientierte (z.B. Jugendbeirat, Laufstrecken usw. einrichten) Aktivität eingestuft und mit der durchgeführten Anzahl gewichtet. Als Ergebnis steht somit eine Rangreihe an im Sinne von Gesundheitsförderung sehr bis wenig aktiven Gemeinden zur Verfügung, für welche Zusammenhänge mit den verschiedenen weiteren Aspekten der Arbeitskreise berechnet werden können. Die Variable Maßnahmenindex erweist sich dabei als durchaus brauchbare Erfolgseinschätzung, da sie auch mit dem Bekanntheitsgrad des Programms „Gesunde Gemeinde“ in der Kärntner Bevölkerung verknüpft ist. Sie dient damit als Ersatz für die ebenfalls in der Befragung erhobene subjektive Einschätzung des Erfolges durch die Arbeitskreismitglieder, welche weder mit dem Maßnahmenindex noch mit dem Bekanntheitsgrad in der Bevölkerung in nennenswertem Zusammenhang steht.

7.5.2 TeilnehmerInnen an den Arbeitskreisen Die Befragten sind zu ca. 60 Prozent Frauen und 40 Prozent Männer, wobei das Durchschnittsalter bei 48 Jahren liegt. Ca. 5 von 6 leben mit einem/einer (Ehe-) PartnerIn zusammen, und zwei Drittel auch (noch) mit ihren Kindern, bei einem Viertel leben die (Schwieger-)Eltern mit im Haus. Nicht ganz ein Drittel der Befragten verfügen über einen akademischen Abschluss, ca. ein Viertel über Matura, je ein Fünftel über Lehre oder Mittelschulabschluss. Der Großteil der Befragten wohnt und arbeitet auch in der jeweiligen Gemeinde, an deren Arbeitskreis sie teilnehmen. Die Befragten setzen sich aus den verschiedensten Berufsgruppen zusammen, wobei Personen aus pädagogischen Berufen (Schule, Kindergarten) dominieren. Bei den ArbeitskreisleiterInnen dominiert hingegen die Kategorie „sonstige Angestellte/ArbeiterInnen/BeamtInnen“, welche signifikant häufiger genannt wird als von regulären Arbeitskreismitgliedern. Im Geschlechtervergleich

7.5 Zusammenfassung

233

spiegeln sich die typischen gesellschaftlichen Verhältnisse wider, in den Kategorien „Schule/Kindergarten“ und „Hausfrau/-mann“ finden sich vorwiegend Frauen, und in den Gruppen „ÄrztInnen“, „Gastronomie“ und „sonstige Beschäftigte“ vorwiegend Männer. Etwas mehr als die Hälfte der Arbeitskreismitglieder sind zudem in der Gemeinde als politische VertreterInnen tätig oder auch bei der Gemeinde angestellt. Dabei haben fast alle ArbeitskreisleiterInnen eine derartige Stellung. Auch hier unterscheiden sich Männer und Frauen, da letztere deutlich seltener politisch bzw. beruflich in der Gemeinde(-verwaltung) tätig sind. Mehr als die Hälfte der Befragten bekleidet auch eine spezielle Funktion im Arbeitskreis, zumeist die der Arbeits- bzw. Unterarbeitskreisleitung. Innerhalb dieser Gruppe sind im Gegenzug häufiger Frauen als Männer zu finden. Demgegenüber bekleiden die Männer eher die Funktion eines ärztlichen Beraters bzw. einer „einladenden Person“. Insgesamt gibt es allerdings keinen Zusammenhang zwischen dem Anteil der PolitikerInnen im Arbeitskreis mit dem Gesamterfolg gemessen am Maßnahmenindex. Knapp drei Viertel sind über Einladung zum Arbeitskreis gekommen, wobei gleichzeitig ein Fünftel auch angibt, aus Eigeninitiative mitzumachen. Dabei spielen sowohl die Betreuerinnen des Landes als auch die lokalen PolitikerInnen eine wichtige Rolle, erstere vorwiegend für die Akquirierung von ArbeitskreisleiterInnen und letztere vorwiegend für die restlichen Arbeitskreismitglieder. Dementsprechend werden auch als Teilnahmemotive das Eingeladensein, generelles und politisches Engagement am häufigsten genannt. Politische Tätigkeit bzw. Zuständigkeit ist dabei das Hauptmotiv für die ArbeitskreisleiterInnen, das Eingeladenwerden spielt bei den regulären Mitgliedern eine besondere Rolle. Geschlechtsbezogen spiegeln sich auch hier die schon genannten Unterschiede wider, da politische Tätigkeit und generelles Engagement besonders von Männern betont werden.

7.5.3 Zusammensetzung der Arbeitskreise In Hinblick auf mögliche Kooperationspartnerschaften zeigt sich in allen Gemeinden eine hohe Teilnahme verschiedenster PartnerInnen, sodass ein zusammenfassender Index gebildet wurde (Anteil der direkt im Arbeitskreis vertretenen PartnerInnen, bezogen auf vorhandene mögliche Partnerschaften). Dieser Index zeigt eine Ausschöpfungsquote von 0 bis 100 Prozent, wobei in der Hälfte der Arbeitskreise mindestens rund 6 von 10 möglichen Partnerschaften vertreten sind. Einzelne Partnerschaften betreffend zeigt sich dabei als direkte Auswirkung, dass Kooperationen mit dem Gemeinderat, Gastronomie-/Tourismusbetrie-

234

7 Ergebnisse zur Arbeitskreisbefragung

ben, Jugendvereinen oder dem Roten Kreuz in den erfolgreicheren Arbeitskreisen öfter vorhanden sind als in den weniger erfolgreichen. Zusätzlich zeigt sich, dass höhere Teilnahmequoten auch eher mit einer Veränderung der Zusammensetzung (nicht jedoch der Anzahl) der ArbeitskreisteilnehmerInnen einhergehen. Die Angaben zur Zufriedenheit mit der Zusammensetzung des Arbeitskreises sind insgesamt sehr hoch, lediglich ca. zehn Prozent der Mitglieder sind damit eher nicht zufrieden. Gleichzeitig zeigt sich eine hohe Stabilität in der Zusammensetzung, in fünf von sechs Arbeitskreisen hat sich diese nicht verändert. Hier ergibt sich auch ein Zusammenhang mit dem Maßnahmenindex (Gesamterfolg), auf welchem die instabilen Arbeitskreise schlechter abschneiden als die stabilen. Gelegentliche Einzeleindrücke von einer Zunahme der Anzahl der Arbeitskreismitglieder werden auf aggregiertem Niveau überdeckt, so dass diesbezüglich zwei Drittel von gleich bleibender und ein Drittel von abnehmender Arbeitskreisgröße berichten, was in diesem Fall jedoch keine Auswirkung auf den Maßnahmenindex hat.

7.5.4 Arbeitsweise Die Arbeitskreise bestehen seit durchschnittlich zweieinhalb Jahren, wobei die Mitgliedschaft der Befragten im Durchschnitt fast ebenso lang ist, was mit der oben berichteten Stabilität übereinstimmt. Die Arbeitskreise treffen sich etwas öfter als vier Mal im Jahr, Unterarbeitskreistreffen (vorhanden in 21 Gemeinden) finden etwas über fünf Mal im Jahr statt, wobei die Befragten durchschnittlich an 9 von 10 Treffen teilnehmen und auch mit der Anzahl der Treffen zum überwiegenden Großteil zufrieden sind. Die Anzahl der Treffen geht einher mit der Einstufung auf dem Gesamterfolg laut Maßnahmenindex, da sich hier die obere Gruppe mehr als doppelt so oft im Arbeitskreis (ca. 5 vs. 2½ Treffen) und fast dreimal so oft in Unterarbeitskreisen (6¼ vs. 2) trifft. Knapp 9 von 10 Arbeitskreisen nutzen ihre Treffen sowohl für inhaltliche als auch für Koordinationsarbeit, der Rest nur für je einen dieser Aspekte. Dennoch zeigt sich auch bei diesem kleinen Unterschied, dass die Einschränkung auf nur eine diese Kategorien deutlich häufiger in der unteren Hälfte des Maßnahmenindex auftritt, während in der oberen Hälfte die Kombination beider Aktivitäten dominiert. Auf aggregierter Ebene geben alle Arbeitskreise an, dass die Zuständigkeiten für Routineaufgaben (Festlegung von Tagesordnungen, Protokollführung, Einladung zu Treffen, Öffentlichkeitsarbeit, Maßnahmendokumentation) geklärt sind. Zusätzlich werden zu ¾ auch zwischen den Treffen Aufgaben delegiert und dabei fast immer auch Zuständigkeit und Erledigungsfrist geklärt.

7.5 Zusammenfassung

235

Die Zusammenarbeit im Arbeitskreis wird überwiegend positiv bewertet. In Bezug auf den Maßnahmenindex zeigen sich dabei insbesondere die wechselseitige Akzeptanz, eine klare Aufgabenverteilungen im Team und ein gemeinschaftlicher Arbeitsstil als relevant. (Ansonsten werden als nennenswerte Minuspunkte noch am ehesten mangelndes gemeinsames Feiern von Erfolgen und mangelnder Informationsfluss genannt.) Allerdings zeigt sich auf aggregierter Ebene kein relevanter Zusammenhang der Gesamtbewertung der Zusammenarbeit (Gesamtskala) und dem Maßnahmenindex. Demgegenüber zeigt sich ein sich eine relativ hohe Korrelation mit der Zufriedenheit bezüglich der Zusammensetzung des Arbeitskreises. Was die Einschätzung der Arbeitskreisleitungen betrifft, so findet auch hier eine durchaus hohe Bewertung statt. Bei den einzelnen Items liegen alle Durchschnitte oberhalb der Stufe „trifft überwiegend zu“, und auch in den Gesamtskalen werden 85 bzw. 90 Prozent der möglichen Punktezahl erreicht. Dabei bewerten sich die ArbeitskreisleiterInnen etwas höher als sie von den restlichen Arbeitskreismitgliedern bewertet werden. Die Gesamtskala korreliert in beiden Fällen sowohl mit der Bewertung der Zusammenarbeit als auch mit der Zufriedenheit bzgl. der Zusammensetzung des Arbeitskreises. Während ansonsten die Dauer des Bestehens eines Arbeitskreises keine Rolle spielt, zeigt sich hier ein leicht negativer Zusammenhang: Bei längerem Bestehen ist auch die Bewertung der Arbeitskreisleitung durch die Mitglieder etwas geringer als bei kürzerem Bestehen. Zusätzlich zeigt sich, dass die Bewertung durch die Mitglieder dort höher ausfällt, wo mehr verschiedene Zielgruppen angesprochen und auch über viele verschiedene Kommunikationswege erreicht werden sollen.

7.5.5 Aktivitäten Betrachtet man die einzelnen Schritte, welche die Arbeitskreise bereits absolviert haben, so ergibt sich folgende Reihenfolge: Einrichtung des Arbeitskreises – Maßnahmenplan – Auftaktveranstaltung – Teamfindung – erste Maßnahmenumsetzung – Startförderung – Ist-Analyse – neuerliche Situationsanalyse. Naheliegenderweise zeigt sich ein hoher Zusammenhang mit dem Maßnahmenindex, in den ja u.a. die Menge der durchgeführten Aktivitäten eingeht. Werden einzelne Schritte betrachtet, so scheint insbesondere das Erreichen der letzten Phase einen Ausschlag zu geben. Zudem zeigen sich Hinweise, dass unterschiedlicher Informationsstand über einzelne Schritte herrscht, da ArbeitskreisleiterInnen und Arbeitskreismitglieder teilweise unterschiedliche Angaben machen. Gefragt nach groben Kategorien von Maßnahmen berichten die Arbeitskreise über Aktivitäten in der folgenden Reihenfolge: Gesundheitstage/Informations-

236

7 Ergebnisse zur Arbeitskreisbefragung

veranstaltungen (ca. 19 von 20), eigene punktuelle Projekte (ca. 15 von 20), eigene längerfristige Projekte (ca. 14 von 20), Module bzw. Serviceangebote der Abteilung 12 (ca. 13 von 20), Projekte in Verbindung mit baulichen Maßnahmen (ca. 2 von 20) und Projekte mit organisatorischen Veränderungen (ca. 1 von 20). Auch hier zeigen sich leichte Informationsunterschiede zwischen Arbeitskreisleitungen und –mitgliedern, vor allem was die Verwendung von Modulen des Landes Kärnten betrifft.

7.5.6 Zielgruppen Als Zielgruppen nennen fast alle Arbeitskreise die Gesamtbevölkerung, gefolgt von den speziellen Zielgruppen Jugendliche, Kinder und Ältere. In weiterer Folge werden pflegende Angehörige, Übergewichtige und Frauen genannt, danach Männer, Berufstätige und Gasthäuser. Durchschnittlich werden 3½ spezielle Zielgruppen genannt, wobei die Zahl von 0 bis 9 schwankt. Von den laut Maßnahmenindex erfolgreicheren Gemeinden werden dabei insbesondere pflegende Angehörige, Übergewichtige, DiabetikerInnen, Frauen, Jugendliche, Ältere und Berufstätige angesprochen. Außerdem zeigt sich, dass dort, wo die Arbeitskreise Module des Landes Kärnten verwenden, gleichzeitig auch bestimmte Zielgruppen deutlich öfter genannt werden. Diese sind: Jugendliche, Kinder, Übergewichtige, Frauen, DiabetikerInnen und Gasthäuser. Interessanterweise zeigt sich aber auch, dass tendenziell eher weniger Zielgruppen angesprochen werden, je höher der Anteil der direkt im Arbeitskreis vertretenen Kooperationspartner ist. Erreicht werden sollen die Zielgruppen vor allem über Postwürfe, die Gemeindezeitung/-homepage, Plakate/Aushänge sowie die Schulen/Kindergärten. Durchschnittlich werden ca. 5½ verschiedene Kommunikationswege von jedem Arbeitskreis gewählt, wobei sich keine eindeutig bevorzugten Kombinationen erkennen lassen. Die Anzahl der gewählten Informationskanäle hängt dabei nur bis zu einem gewissen Ausmaß mit der Anzahl an explizit definierten Zielgruppen zusammen, viel stärker jedoch mit der erhaltenen Unterstützung durch die Gemeinde.

7.5.7 Kriterien zur Maßnahmenumsetzung Was die konkreten Einzelmaßnahmen betrifft, dienen als wichtigste Bereiche für die Auswahl und Entwicklung dieser Maßnahmen die persönlichen und beruflichen Kompetenzen der Arbeitskreismitglieder sowie Vorschläge und Anregungen durch Außenstehende (Handbuch, Betreuerin, andere Gemeinden, sonstige

7.5 Zusammenfassung

237

Experten). Erst an dritter Stelle stehen Informationen, die durch systematische Gemeindeanalysen und -befragungen entstehen, wobei aber auch diese Aspekte in mehr als der Hälfte aller Arbeitskreise herangezogen werden. Dennoch erweist sich gerade letzteres auch als wesentlicher Unterschied bzgl. des Gesamterfolgs laut Maßnahmenindex, wo die höher eingestuften Arbeitskreise auch stärker auf die Ergebnisse der vorgesehenen Ist-Analyse sowie auf Befragungen der GemeindebürgerInnen zurückgreifen. Zur Bewertung von Maßnahmen verlassen sich sowohl die Arbeitskreismitglieder selbst als auch die Arbeitskreise als Gruppe auf eine Betrachtung der Anzahl an TeilnehmerInnen, die Rückmeldung dieser und auch auf die persönliche Einschätzung, ob die Maßnahme einem selbst Spaß gemacht hat. Alle anderen Kriterien sind jeweils nur in weniger als der Hälfte der Arbeitskreise von Bedeutung. Als interessanter Unterschied zeigt sich, dass Frauen das persönliche Erlebnis (Spaß an der Durchführung/Teilnahme) etwas stärker als Männer hervorheben, wobei dies dennoch für beide ein wichtiges Kriterium bleibt. Zusätzliche Schätzungen über die für die Arbeitskreise wichtigen Entscheidungskriterien liefern die Gründe für die Weiterführung bzw. den Abbruch von Maßnahmen. In beiden Fällen spielt hier die TeilnehmerInnenzahl eine wichtige Rolle. Wenn es lediglich um die Weiterführung geht, kommen hingegen die positiven Rückmeldungen der TeilnehmerInnen noch häufiger zur Geltung. (Alle anderen abgefragten Kriterien wurden von weniger als der Hälfte der Arbeitskreise genannt.) Auf individueller Ebene spielt es bei der Weiterührung von Maßnahmen für die ArbeitskreisleiterInnen eine etwas wichtigere Rolle, dass das Team schon eingespielt ist und man deshalb gerne weiterarbeitet, während (auf sehr geringem Niveau) Männer eher als wichtigen Abbruchgrund nennen, dass „andere den Erfolg eingeheimst“ haben. Auf Arbeitskreisebene unterscheiden sich hingegen die erfolgreichen (lt. Maßnahmenindex) von den anderen dadurch, dass sie etwas vermehrt Maßnahmen mit geringem administrativem/organisatorischem Aufwand durchführen, und dass weniger Maßnahmen aus Kostengründen abgebrochen werden (müssen).

7.5.8 Ressourcen der Arbeitskreise Betrachtet man die Entscheidungskompetenz, über welche die Arbeitskreise verfügen, so ist ca. ein Sechstel der Arbeitskreise auf die Maßnahmenentwicklung und/oder die dazugehörige Ideenfindung beschränkt, etwas mehr als die Hälfte darf selbständig über Maßnahmen mit geringem Kostenaufwand entscheiden, der Rest (ca. ¼) auch darüber hinaus. Hierbei ergibt sich eine relativ hohe Korrelation mit dem Maßnahmenindex, d.h. dass mit zunehmender Entschei-

238

7 Ergebnisse zur Arbeitskreisbefragung

dungskompetenz auch mehr hoch bewertete Maßnahmen durchgeführt werden. Analog zeigt sich sehr deutlich, dass Arbeitskreise mit größerer Entscheidungskompetenz auch eine höhere Anzahl an vorgesehenen Schritten absolviert haben. Was die Entscheidungsfindung betrifft, so geben drei Viertel der Arbeitskreise an, gemeinsam zu entscheiden (mit oder ohne einhergehender Orientierung an Schlüsselpersonen), während in einem Viertel meist Schlüsselpersonen alleine entscheiden. Eine gemeinsame Entscheidungsfindung geht dabei mit einem hohen Anteil an im Arbeitskreis vertretenen Kooperationspartnerschaften einher. Zusätzlich wird in Arbeitskreisen mit gemeinsamem Entscheidungsmodus auch die Zusammenarbeit im Team höher bewertet als in solchen, wo Einzelpersonen entscheiden. In immerhin knapp 9 von 10 befragten Arbeitskreisen ist auch ein eigenes Budget vorhanden, über dessen Verwendung zu ¾ gemeinsam mit Gemeinderat bzw. BürgermeisterIn entschieden wird. Immerhin jeder siebente Arbeitskreis mit eigenem Budget hat darüber sogar das alleinige Entscheidungsrecht. Die Kompetenz betreffend die Budgetverwendung geht kaum überraschend auch mit der Entscheidungskompetenz betreffend die Maßnahmen einher. Außerdem zeigt sich, dass Arbeitskreise mit steigender Kompetenz bei der Budgetverwendung auch mehr verschiedene Zielgruppen ansprechen. Weiters ergibt sich zwar kein Zusammenhang mit dem Maßnahmenindex, aber dennoch lässt sich beobachten, dass Arbeitskreise mit größeren Budgetkompetenzen auch mehr der formellen Schritte (Gesamtskala) absolviert haben. Was – abgesehen vom Vorhandensein eines eigenen Budgets – die weiteren Formen der Unterstützung durch die Gemeinde betrifft, so bekommt jeder Arbeitskreis Räumlichkeiten für Veranstaltungen zur Verfügung gestellt, und in den allermeisten Fällen eröffnen auch GemeindevertreterInnen diese bzw. nehmen überhaupt daran teil. Auch viele weitere Formen der Unterstützung können mehrheitlich in Anspruch genommen werden (Büro- und Informationsmaterial, Betriebskosten und Personal für Veranstaltungen), weniger als die Hälfte können hingegen auf Sportplätze, Büroräume oder Transportmittel zurückgreifen. Im Durchschnitt werden den Arbeitskreisen dabei jeweils fast 7 Formen der Unterstützung zuteil. Dabei ist zu beobachten, dass mit steigendem Anteil an PolitikerInnen im Arbeitskreis auch die Anzahl der Unterstützungen durch die Gemeinde steigt. Zusätzlich hängt diese Anzahl auch mit höheren Bewertungen der Zusammenarbeit im Team zusammen, und sie scheint sich auch ein wenig auf die Bewertung der Arbeitskreisleitung durch die Mitglieder auszuwirken. Die Arbeitskreise tauschen sich zu einem Fünftel auch regelmäßig bzw. zur Hälfte gelegentlich mit anderen Gemeinden aus, und auch die Homepage wird von zwei Drittel in der einen oder anderen Form genutzt.

7.5 Zusammenfassung

239

7.5.9 Zusammenarbeit mit der Betreuerin des Landes Zirka ¾ der Befragten haben mit der Betreuerin des Landes regelmäßig oder in größeren Abständen Kontakt, insbesondere natürlich die ArbeitskreisleiterInnen. Die angebotene Unterstützung wird dabei auch in hohem Umfang in Anspruch genommen, allen voran die Informationstätigkeiten, am wenigsten noch – von „nur“ ¾ – die Hilfe bei der Infomaterialerstellung, wobei die Zufriedenheit mit diesen Angeboten durchwegs sehr hoch ist. Die besonders erfolgreichen Arbeitskreise (lt. Maßnahmenindex) greifen dabei auch besonders häufig auf die Unterstützung der Betreuerin eben bei der Ausarbeitung bzw. Umsetzung von Projekten sowie auf die Unterstützung bei der Erstellung von Infomaterial zu. Ebenso ist die Zufriedenheit mit der Betreuerin insgesamt sehr hoch. So vergeben die ArbeitskreisleiterInnen 87, die restlichen Arbeitskreismitglieder 83 Prozent der möglichen „Höchstpunktezahl“, wobei diese beiden Bewertungen nicht miteinander korrelieren. Ansonsten zeigen sich bei den ArbeitskreisleiterInnen Zusammenhänge mit anderen Zufriedenheitsvariablen (Selbstbewertung der Arbeitskreisleitung, Bewertung der Zusammenarbeit im Team) und den absolvierten Schritten. Erwähnenswert ist dabei auch der Zusammenhang der Bewertung der Betreuerin mit dem Erfolg lt. Maßnahmenindex. Für die Arbeitskreismitglieder zeigt sich ein Zusammenhang von Bewertung der Betreuerin und Bewertung der Arbeitskreisleitung sowie der Unterstützung durch die Gemeinde.

7.5.10 Subjektiver Erfolg Subjektiv gesehen wird der Erfolg der Arbeit mit durchschnittlich 7 Punkten auf einer Skala von 1 bis 10 bewertet, wobei die ArbeitskreisleiterInnen ein klein wenig mehr vom Erfolg überzeugt sind. Subjektive Einschätzungen zum Erfolg werden begleitet vom Erleben der Stabilität der Arbeitskreise, welches sich positiv auswirkt. Besonders wichtig ist auch die positive Bewertung der Zusammenarbeit im Arbeitskreis, und zusätzlich bei den Arbeitskreismitgliedern, wie sie ihre jeweilige Arbeitskreisleitung bewerten. Außerdem zeigt sich, dass die Einschätzung auch mit der Anzahl der im Arbeitskreis vertretenen Kooperationspartnerschaften steigt. Von den zahlreichen möglichen KooperationspartnerInnen gilt derselbe Zusammenhang, wenn Sportvereine teilnehmen. Außerdem schätzen sich auch jene besonders erfolgreich ein, die viele verschiedene Zielgruppen definieren und auch über viele verschiedene Kommunikationswege zu erreichen versuchen. Für die persönliche Einschätzung scheint auch die Startveranstaltung ein wichtiger Schritt zu sein, der eine deutliche Steigerung des subjektiven Erfolgs

240

7 Ergebnisse zur Arbeitskreisbefragung

bewirkt. In subjektiv erfolgreicheren Arbeitskreisen werden nach der Durchführung von Maßnahmen auch eher die Ergebnisse von gezielten Vorher-NachherUntersuchungen sowie die Rückmeldungen der Betreuerin diskutiert als in den subjektiv wenig erfolgreichen. Zusätzlich ist der Faktor „Weil das Ziel erreicht wurde“ eine wichtige Motivation für die Weiterführung von Maßnahmen. Ein wesentlicher Faktor für den subjektiven Erfolg ist auch die erlebte Unterstützung durch die Gemeinde, sowohl was einzelne, als auch was die Gesamtzahl der erhaltenen Unterstützungsformen betrifft. Subjektiv erfolgreiche Arbeitskreise greifen auch auf die Unterstützung der Betreuerin bei der Erstellung und Umsetzung von Projekten stärker zu, als dies die anderen tun.

8 Zusätzliche Berechnungen

Bei der Befragung des Landesteams ergab sich die Vermutung, dass das Programm mehrheitlich Gemeinden mit SPÖ-Dominanz anspricht (vgl. Kap. 5.3.4). Um dies zu untersuchen, wurde ein eindimensionaler ²-Test durchgeführt. Dazu wurde die Parteizugehörigkeit der BürgermeisterInnen in den Gesunden Gemeinden mit dem aktuellen kärntenweiten Stand (Wahlen von 2003) verglichen. Von den 39 Gesunden Gemeinden gehören demnach 26 zur SPÖ, in ganz Kärnten (ohne Klagenfurt und Villach) stellt die SPÖ 69 von 130 BürgermeisterInnen. Dies ergibt ²(1, n=39)=2,89; p<0,1 und weist somit auf eine gewisse Tendenz hin, wenn auch kein als signifikant zu bezeichnender Unterschied resultiert. In Hinblick auf den Maßnahmenindex ergibt sich jedenfalls kein Unterschied zwischen SPÖ- und anderen Gemeinden (U-Test: z=-0,46; p>0,05). Eine andere Vermutung, die geäußert wurde, ist, dass ein gewisses WestOst-Gefälle zwischen den Gemeinden existiert (vgl. Kap. 5.3.3). Eine Korrelationsanalyse, durchgeführt mit dem Maßnahmenindex und einer graphischen Zuordnung der Gemeinden auf eine zehnstufige West-Ost-Skala, ergibt dabei keinen Zusammenhang (rs=-0,04; p>0,05). Auch die Vermutung (vgl. ebenfalls Kap. 5.3.3), dass es einen „idealen“, d.h. mittleren Anteil an PolitikerInnen im Arbeitskreis gibt, konnte nicht bestätigt werden. Der Anteil der PolitikerInnen – errechnet anhand der Arbeitskreislisten, die als grundlegende Datenerfassung zur Aussendung der Arbeitskreisbefragung erhoben wurde – stellt sich, aufgetragen gegen den Maßnahmenindex, als gleichmäßig verteilte Punktwolke dar (vgl. Abbildung 44), die keine wie auch immer gearteten Zusammenhänge vermuten lässt (also auch keine umgekehrt uförmige Kurve, die bei einem „idealerweise“ mittleren Anteil von PolitikerInnen zu erwarten gewesen wäre). Die zusätzliche Analyse ergibt dementsprechend rs=0,00. Als Ergänzung wurde auch noch überprüft, ob der Anteil an PolitikerInnen mit der von der Gemeinde erhaltenen Unterstützung (Summenscore der Unterstützungsformen) einhergeht. Hier ergibt sich ein geringer, jedoch nennenswerter Zusammenhang von rs=0,35 (p<0,05).

242

8 Zusätzliche Berechnungen

Abbildung 44: Verteilung des objektiven Ranges einer Gemeinde in Zusammenhang mit dem Anteil an PolitikerInnen im Arbeitskreis

Für die subjektive Erfolgseinschätzung liegen etwas widersprüchliche Ergebnisse vor (vgl. S. 224f): Bei einer hohen Anzahl an unterschiedlichen Zielgruppen ist die Erfolgseinschätzung höher, detto wenn viele der möglichen Kooperationspartner auch tatsächlich im Arbeitskreis vertreten sind. Dem steht jedoch gegenüber, dass in partnerreichen Arbeitskreisen tendenziell weniger Zielgruppen angesprochen werden. Um einer möglichen Wechselwirkung nachzugehen, wurde eine zweifache Rangvarianzanalyse mit Datenalignement (Bortz et al. 2000, S. 239ff) berechnet, wobei zur Vermeidung von Zellen ohne Beobachtungen die beiden unabhängigen Variablen in zwei bzw. drei Gruppen geteilt wurden (anhand des Medians der Variable Zielgruppenindex und der Terzile der Variable Index der Kooperationspartnerschaften). Dabei zeigt sich allerdings keine Interaktion, vielmehr verschwindet der Effekt des Kooperationspartneranteils zugunsten der Zielgruppenanzahl. Mit anderen Worten spielt es eine größere

8 Zusätzliche Berechnungen

243

Rolle, wie viele verschiedene Zielgruppen angesprochen werden, was dementsprechend auch zu einer höheren subjektiven Erfolgseinschätzung führt, während der gleichzeitig vorhandene Anteil an Kooperationspartnern im Arbeitskreis diesbezüglich keinen signifikanten Ausschlag gibt (vgl. Abbildung 45).

mittlerer Rang der subjektiven Erfolgseinschätzung

Abbildung 45: Mittlere Ränge der subjektiven Erfolgseinschätzung getrennt nach der Anzahl an speziellen Zielgruppen und dem Anteil an KooperationspartnerInnen im Arbeitskreis 30 25 20 15 10 5 0 niedrigere Gruppe (0,0 - 35,0%; n=11)

mittlere Gruppe (38,9 - 71,4%; n=15)

höhere Gruppe (73,3 - 100%; n=13)

Anteil an Kooperationspartnern Anzahl spezieller Zielgruppen niedrigere Gruppe (0-3 definierte Zielgruppen; n=20) Anzahl spezieller Zielgruppen höhere Gruppe (4-9 definierte Zielgruppen; n=19)

Haupteffekt KooperationspartnerInnenanteil: ²(2)=0,97; p>0,05 Haupteffekt Zielgruppen: ²(1)=4,09; p<0,05 Wechselwirkung: ²(2)=01,66; p>0,05

angegeben sind die mittleren Ränge der jeweiligen Gruppen

9 Gesamtinterpretation

Werden alle Untersuchungsergebnisse zusammengefasst, so ergeben sich zahlreiche Schlussfolgerungen. Die Gesamtinterpretation dient dem Aufzeigen wesentlicher Hauptlinien, die aus dem Material erkennbar sind, und arbeitet die Verknüpfungspunkte der drei Ebenen Bevölkerung – Arbeitskreise – zentrales Team des Landes Kärnten heraus. Zunächst werden dabei die wichtigsten Erfolge bei der Hauptzielgruppe – den Gemeindebevölkerungen – dargestellt, den roten Faden bilden jedoch die Erkenntnisse aus der Arbeitskreisbefragung. Anhand der daraus resultierenden Struktur werden die restlichen Resultate (Bevölkerungsbefragung, Landesteambefragung) eingearbeitet. Als wichtiges Erfolgskriterium für das noch relativ junge Programm „Gesunde Gemeinde“ kann als erstes Ergebnis festgestellt werden, dass innerhalb des vierjährigen Bestehens (zum Befragungszeitpunkt) ein sehr hoher Bekanntheitsgrad erreicht wurde, was auch als explizites Ziel seitens des Landesteams angesprochen wurde. Gemessen an der Bekanntheit der Logos verschiedener Anbieter im Gesundheitsbereich ergibt sich Platz zwei (ex aequo mit anderen, teilweise schon sehr viel länger bestehenden Einrichtungen). Gemessen an der Vorgabe durch den bekanntesten Anbieter erreicht das Gesamtprogramm „Gesunde Gemeinde“ mehr als die Hälfte dieses Benchmarks. Ein zweites Erfolgskriterium ist, dass die Bedarfsabdeckung von gesundheitsförderlichen Angeboten in Gesunden Gemeinden höher ist als bei den anderen Gemeinden. Dies zeigt sich vorwiegend daran, dass die Inanspruchnahme von Angeboten aus verschiedenen Themenbereichen in Gesunden Gemeinden größer ist, während sich jedoch die angebotenen Themenbereiche kaum unterscheiden. Zusätzlich geben die Befragten an, dass das Angebot generell noch größer sein könnte – und zwar nach dem Motto „mehr vom gleichen“, also noch mehr zu den Themen Ernährung, Bewegung, Stressabbau, medizinische Vorsorge/Aufklärung. Dennoch gibt es auch hier eine unterschiedliche Bedarfsabdeckung, da bestimmte Angebote (Partnerschaft, Sucht, psychische Gesundheit) in den nicht teilnehmenden Gemeinden als deutliche Zusatzwünsche genannt werden, während sie von den Gesunden Gemeinden gut abgedeckt scheinen. Bezogen auf die Erreichung der Gesamtzielgruppe der Kärntner Gemeindebevölkerung kann das Programm somit als durchaus erfolgreich eingestuft werden.

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Neben der allgemeinen Bedarfsabdeckung gilt die Hauptfragestellung dieser Arbeit jedoch der Feststellung von Erfolgsfaktoren der – wie soeben festgestellt – sehr fruchtbaren Arbeit. Dazu ist zunächst einmal festzuhalten, dass im Rahmen der Untersuchung zwei verschiedene Variablen für die Messung des Erfolgs der Arbeit in den Gesunden Gemeinden gebildet wurden. Dabei handelt es sich einmal um ein möglichst objektives Maß, nämlich einer auf Basis der bisher umgesetzten Maßnahmen der Arbeitskreise und nach inhaltlichen Kriterien gewichteten Rangreihung der Arbeitskreise, und einmal um ein subjektives Maß, nämlich die Einschätzung der Arbeitskreismitglieder zu den bisherigen Erfolgen. Das objektive Maß – bezeichnet als Maßnahmenindex – wurde aus einer Dokumentenanalyse gewonnen, in welcher die zentral beim Land Kärnten archivierten Aktivitäten nach folgenden Gesichtspunkten bewertet wurden: Handelte es sich um eine kurz-, mittel- oder langfristig durchgeführte Maßnahme?23 Wurde bei der Maßnahme vorwiegend passive Informationsvermittlung oder auch aktive Beteiligung angestrebt? Handelte es sich bei den Maßnahmen um rein individuell angelegte Aktivitäten, oder wurde auch eine Veränderung des Gesamtsettings angestrebt?24 Zusätzlich zu diesen Kriterien wurde auch die Anzahl der von einem Arbeitskreis durchgeführten Maßnahmen berücksichtigt und so eine Rangreihe aller Gesunden Gemeinden gebildet. Der Maßnahmenindex bildet den Erfolg also in zweifacher Weise ab: indem die Aktivität an sich bewertet wird (Anzahl der Maßnahmen) und indem in der Gesundheitsförderung wichtige inhaltliche Kriterien (als Gewichtungsfaktoren) berücksichtigt werden. Darüber hinaus geht der Maßnahmenindex auch mit dem Selbstverständnis des Landesteams einher, wo die Umsetzung von Aktivitäten durch die Arbeitskreise explizit als Erfolg gesehen wird. Der Maßnahmenindex erweist sich als brauchbares Kriterium: Er hängt mit der oben angesprochenen Bekanntheit der Gesunden Gemeinden (Logo, Kenntnis über die Teilnahme der eigenen Wohngemeinde) in ausreichendem Maß zusammen, um eine Differenzierung nicht nur anhand der Aktivitäten sondern eben auch des Bekanntheitsgrades bei den Zielgruppen zu erlauben. Mit anderen Worten: In Gemeinden, bei denen die Arbeitskreise eine hohe Einstufung auf dem Index bekommen, ist auch die Bekanntheit des Projektes bei der Gemeindebevölkerung höher. Als wichtigste den Erfolg direkt beeinflussende Größe kann die dem Arbeitskreis eingeräumte Entscheidungskompetenz identifiziert werden. In jenen 23

Gemessen anhand der jeweiligen Dauer: bis zu einem Monat, bis zu einem Jahr, darüber hinaus konzipiert. 24 Als Beispiele für letzteres wären etwa die Einrichtung und Benützung von Sportanlagen (z.B. Nordic-Walking-Strecken), die partizipative Gestaltung eines Jugendraums oder Seniorenbesuchsdienste zu nennen.

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Gemeinden, wo die Arbeitskreise auch längerfristige, mit u.U. größeren Kosten verbundene Maßnahmen nicht nur entwickeln, sondern auch deren Durchführung beschließen dürfen, zeigt sich auch eine deutlich höhere Aktivität. Dazu gehört auch die entsprechende Ausstattung und Verfügungsgewalt über die nötigen Budgetmittel, welche dem Arbeitskreis ebenfalls nicht nur bereitgestellt, sondern im besten Fall zur freien Verwendung überlassen werden. Die generelle Zielsetzung des Landesteams, die Gemeinden in Richtung Eigenverantwortung zu unterstützen, ist damit eine wichtige Komponente des Programms „Gesunde Gemeinde“. Ein weiteres wichtiges Element ist die stabile Zusammensetzung der Arbeitskreise. Hier zeigt sich, dass weniger die eventuelle Verringerung der Arbeitskreisgröße ausschlaggebend ist (eine Zunahme wurde nicht beobachtet), sondern vielmehr die Fluktuation der Arbeitskreismitglieder. Zu diesem Punkt passt auch, dass erfolgreiche Arbeitskreise klare Strukturen und Informationsflüsse aufweisen und von Gemeinschaftlichkeit, Akzeptanz und Anerkennung geprägt sind. In diesen Punkten decken sich die Ergebnisse aus der Arbeitskreisund der Landesteambefragung. Inwiefern sich hingegen eine (schrittweise) Ausweitung der Arbeitskreise (und somit auch deren Offenbleiben für weitere InteressentInnen) auf den Erfolg positiv oder negativ auswirkt, kann mangels entsprechender Daten nicht beantwortet werden. Was die Maßnahmenplanung betrifft, so greifen die Arbeitskreise vorwiegend auf die persönlichen Kompetenzen der Mitglieder, aber auch auf Empfehlungen von außen zurück. Eine geringere Berücksichtigung finden hingegen systematische Analysen und Zielgruppenerhebungen. Gerade letzteres macht allerdings einen Unterschied, was den Gesamterfolg betrifft! Wenn also aufgrund der Befragung des Landesteams eine „breite Maßnahmenpalette“, welche sich an den Zielgruppen orientiert und auf genauen Recherchen beruht, als wichtig erachtet wird, so zeigt sich in der Arbeitskreisbefragung tatsächlich, dass gerade dies auch erfolgreich umgesetzt werden kann. Bei der Bewertung der umgesetzten Aktivitäten erweisen sich die Zahl der TeilnehmerInnen, deren Rückmeldungen und auch die persönlichen Einschätzungen der Arbeitskreismitglieder als wichtige Bewertungskriterien. Während diese Kriterien auf allen Ebenen eine wichtige Rolle spielen, zeigt sich ein interessanter Unterschied, was den Aufwand der Umsetzung betrifft: Erfolgreichen Arbeitskreisen gelingt es offensichtlich, die Organisation und die Kosten von Maßnahmen gut in den Griff zu bekommen, d.h. sie führen öfter Maßnahmen aufgrund eines geringen organisatorischen Aufwandes weiter und sie müssen seltener Maßnahmen aufgrund hoher Kosten abbrechen. Im ursprünglichen Konzept des Programms Gesunde Gemeinde ist ein standardisierter Ablauf an Schritten vom Teilnahmebeschluss bis hin zum Erhalt der

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Startförderung und darüber hinaus vorgesehen. Bereits in der Befragung des Landesteams entstand jedoch das Bild, dass es sich in der Realität um einen eher uneinheitlichen, je nach Gemeinde verschiedenen Ablauf handelt. Aufgrund der Arbeitskreisbefragung bestätigt sich dieses Bild dadurch, dass die Abfolge der Schritte nicht mehr gänzlich entlang der ursprünglichen Logik reproduziert werden kann. Insbesondere die Elemente Ist-Analyse, Maßnahmenumsetzung und Startförderung werden uneinheitlich angeführt. Am auffälligsten ist, dass alle Arbeitskreise über vorhandene Maßnahmenpläne, aber nur 80% von einer durchgeführten Ist-Analyse berichten. Insgesamt zeichnet sich dabei das Ergebnis ab, dass es nicht so sehr auf die tatsächliche Reihenfolge der Schritte ankommt, solange diese überhaupt durchgeführt werden. Gemeinsam mit dem bereits berichteten Resultat, dass systematische Analysen einen wichtigen Beitrag zum Erfolg der Arbeit leisten, wird hier also das aufgrund der Teambefragung gewonnene Ergebnis verstärkt, dass ein kurzfristiges Abweichen vom Ablauf nicht so tragisch ist, wenn die Schritte innerhalb eines kurzen Zeitraumes nachgeholt werden. Ein zusätzlicher Indikator für den Erfolg ist die Anzahl der Arbeitskreistreffen und die dabei vorgesehene Tagesordnung: Erfolgreiche Arbeitskreise treffen sich deutlich öfter und nutzen ihre Zeit sowohl für inhaltliche als auch koordinierende Tätigkeiten. Keinen Ausschlag gibt hingegen die geographische Lage, ein aufgrund der Teambefragung vermutetes West-Ost-Gefälle bestätigt sich nicht. Ebenso ließ sich der vermutete Zusammenhang zwischen der Parteizughörigkeit des Bürgermeisters/der Bürgermeisterin und dem Beitritt der Gemeinde zum Projekt nicht belegen. Als subjektives Maß der Erfolgsbewertung wurden die Arbeitskreismitglieder gefragt, wie diese den Erfolg der bisherigen Maßnahmen insgesamt bewerten bzw. wie sehr ihrer Einschätzung nach die Gemeinde bisher von den Aktivitäten profitiert hat. Interessanterweise zeigt sich hier zunächst kein Zusammenhang mit dem objektiven Erfolg, so dass aus der Einschätzung zum subjektiven Erfolg keine direkten Schlussfolgerungen gezogen werden können. Sehr wohl zeigen sich hingegen einige gemeinsame Elemente, welche für beide Maßzahlen eine Rolle spielen. Am direktesten zeigt sich dies bei der schon erwähnten Stabilität der Arbeitskreise, welche nicht nur für das objektive Kriterium, sondern auch bei der subjektiven Einschätzung eine wichtige Rolle spielt. Für den subjektiven Erfolg sind vor allem die Einschätzungen zur Zusammenarbeit im Arbeitskreis wichtig. Die Zusammenarbeit untereinander, die Bewertung der Arbeitskreisleitung, gemeinsame Entscheidungsfindung im Arbeitskreis, die Klarheit der Strukturen und die gegenseitige Wertschätzung sind miteinander verknüpft und führen letztlich zu einer positiven Bewertung der eigenen

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Arbeit. Viele dieser Elemente wurden auch bereits in der Landesteambefragung aufgezeigt und beschreiben somit tatsächlich die gut funktionierenden Arbeitskreise, aber eben eher den vorhandenen Teamgeist als direkt die Umsetzung von langfristig orientierten, settingbezogenen Maßnahmen. Wie weiter oben schon erwähnt, sind klare Strukturen und wechselseitige Akzeptanz auch wichtige Elemente für die erfolgreiche Maßnahmenumsetzung, so dass hier subjektiver und objektiver Erfolg auch indirekt miteinander zusammenhängen. Hinzu kommt die Feststellung, dass sich der Anteil der im Arbeitskreis vertretenen KooperationspartnerInnen (bezogen auf die jeweils möglichen Partnerschaften) ebenfalls positiv auf den subjektiven Erfolg und auf die Bewertung der Zusammenarbeit auswirkt. Das bedeutet, dass Arbeitskreise, die ihr Potential an Kooperationspartnerschaften ausschöpfen, auch gut zusammenarbeiten können und von ihrem Erfolg dementsprechend überzeugt sind. Ein anderes Bindeglied zwischen subjektivem und objektivem Erfolg bilden die Kriterien, welche im Rahmen von Maßnahmenbewertungen innerhalb der Arbeitskreise diskutiert werden. Hier spielen Zielerreichung und systematische Analysen eine wichtige Rolle, allerdings mit unterschiedlicher Schwerpunktsetzung. Während, wie oben erwähnt, objektiv erfolgreiche Arbeitskreise systematische Analysen bereits bei der Auswahl und Entwicklung von Maßnahmen berücksichtigen (Situationsanalysen, Zielgruppenbefragungen usw.), verlassen sich die subjektiv erfolgreichen Arbeitskreise bei der Maßnahmenbewertung stärker auf Analysen zur nachträglichen Bewertung (etwa Vorher-NachherUntersuchungen von TeilnehmerInnen). Hier ist also das Prinzip (systematische Analyse) ähnlich, aber der Zeitpunkt (vor der Entwicklung bzw. nach der Durchführung einer Maßnahme) verschieden. Interessanterweise ist die von der Gemeinde gewährte Unterstützung des Arbeitskreises wenig ausschlaggebend für den objektiven Erfolg und wirkt sich lediglich auf den subjektiven Erfolg aus. Gleichzeitig findet sich hier auch keine Bestätigung für die aufgrund der Teambefragung getroffene Einschätzung, dass ein allzu hoher PolitikerInnenanteil im Arbeitskreis dem Erfolg abträglich ist. Ganz im Gegenteil ist ein hoher PolitikerInnenanteil mit vielfältiger Unterstützung durch die Gemeinde verbunden, welche direkt mit der subjektiven Erfolgseinschätzung verknüpft ist. Demgegenüber bestätigt sich jedoch die Vermutung, dass parteipolitische Konflikte der Unterstützung von Seiten der Gemeinde abträglich sind. Zusammengefasst heißt das also: Dort wo parteipolitische Kooperation möglich ist, führt ein hoher PolitikerInnenanteil im Arbeitskreis auch zu hoher Unterstützung seitens der Gemeinde. Auch die Angaben der Arbeitskreise zu ihren Zielgruppen wurden analysiert. Da fast alle Arbeitskreise die Gemeindebevölkerung insgesamt ansprechen möchten, wurde dazu die darüber hinaus gehende Zielgruppendifferenzierung

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untersucht, d.h. wie viele verschiedene Zielgruppen zusätzlich zur allgemeinen Bevölkerung angesprochen werden. In erster Linie handelt es sich dabei um Jugendliche, Kinder und Ältere. Es zeigt sich, dass mit zunehmender Anzahl an Zielgruppen auch der subjektive Erfolg steigt. Auch eine Nutzung von möglichst vielen Informationswegen zur Zielgruppenerreichung trägt zur subjektiven Erfolgseinschätzung bei. Die Arbeitskreise greifen dabei zum überwiegenden Teil auf jene Medien zurück, die tatsächlich laut Bevölkerungsbefragung am häufigsten wahrgenommen werden (in erster Linie Postwürfe, die Gemeindezeitung/ -homepage, Plakate und Aushänge). Allerdings gilt es zu beachten: Wenn viele Zielgruppen angesprochen werden, bedeutet dies nicht automatisch auch, dass der Anteil an Kooperationspartnerschaften hoch ist. Das heißt, dass nicht jeder „große“ Arbeitskreis gleichzeitig auch viele unterschiedliche Zielgruppen anspricht. In partnerreichen Gemeinden besteht sogar eher die Tendenz zu weniger Zielgruppen. Gleichzeitig fühlen sich aber auch partnerreiche Arbeitskreise subjektiv sehr erfolgreich. (Eine Erklärung dafür könnte sein, dass partnerreiche Arbeitskreise mehr Energie in eine zufrieden stellende Kooperation investieren müssen, was auf diesem Weg wieder zu einem subjektiven Erfolgserlebnis führt.) Im direkten Vergleich zeigt sich dabei aber der Anspruch, viele Zielgruppen erreichen zu wollen, der umfassenden Anzahl an Kooperationspartnerschaften überlegen, d.h. dass sich Arbeitskreise mit der ersten Zielsetzung subjektiv eher als erfolgreich einschätzen, als Arbeitskreise, die rein auf die Integration vieler KooperationspartnerInnen setzen. Ein zusätzliches Ergebnis zu den Zielgruppen ist die deutliche Steuerungsfunktion, die das Land Kärnten in diesem Zusammenhang übernimmt. Dies betrifft die über das zentrale Team des Landes Kärnten angebotenen „Module“, also die speziell vorgeformten Aktivitäten, auf welche die Arbeitskreise der Gemeinden zurückgreifen können. Hier zeigt sich, dass Arbeitskreise, welche angeben, die Module zu verwenden, auch gleichzeitig die entsprechenden Zielgruppen nennen: Kinder und Jugendliche (siehe die vom Land angebotenen Module zur Ernährung und zu sportlichen Aktivitäten), Übergewichtige (siehe die Module zur Ernährung), DiabetikerInnen (siehe Modul Diabetesschulungen), Gastbetriebe (siehe Modul Gesunde Küche) und Frauen (siehe die Kooperation mit den Frauengesundheitszentren). Verstärkt wird die Fokussierung auf Kinder und Jugendliche zusätzlich auch dadurch, dass pädagogische Berufe unter den ArbeitskreisteilnehmerInnen dominieren. In den Arbeitskreisen sind viele unterschiedliche Berufsgruppen vertreten, wobei Gesundheitsberufe und pädagogische Berufe dominieren. Es berichten zwar viele TeilnehmerInnen von persönlichem Engagement (allgemein oder in der Politik) als wichtiges Motiv der Teilnahme, noch stärker tritt jedoch hervor, dass die jeweilige Person zur Mitarbeit persönlich eingeladen wurde. Außerdem

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zeigt sich in den Arbeitskreisen eine etwas stärkere Präsenz von Frauen, und diese bekleiden zusätzlich auch zum überwiegenden Teil die Funktion der Arbeitskreisleitung. Was den Anteil an PolitikerInnen im Arbeitskreis betrifft, so zeigt sich – wie schon erwähnt – der aufgrund der Teambefragung vermutete negative Effekt auf den objektiven Erfolg nicht. Im Gegenteil führt ein höherer Politikeranteil auch zu einer umfassenderen Unterstützung durch die Gemeinde (-verwaltung), was wiederum das subjektive Erfolgserlebnis stärkt. Demgegenüber erweist sich der Gemeinderat tatsächlich als wichtiger Schlüsselpartner – wenn dieser nicht als Partner in den Arbeitskreis geholt wird, stehen auch die objektiven Erfolgschancen schlechter. Zusätzlich konnte die in der Teambefragung geäußerte Vermutung, dass die Gemeindegröße keinen Einfluss auf die Zusammensetzung der Arbeitskreise hat (gemessen an der Teilnahme möglicher KooperationspartnerInnen) bestätigt werden. Die Unterstützung, welche die Arbeitskreise durch die Betreuerinnen des zentralen Teams erfahren, wird sehr hoch bewertet, die Arbeitskreismitglieder sind zum Großteil sehr zufrieden. Das in der Teambefragung vermittelte Selbstverständnis, die Gemeinden auf deren selbst gewähltem Weg nur zu begleiten und nichts vorzugeben, wird somit honoriert. Wünsche nach mehr Einmischung gibt es kaum. Dies bedeutet jedoch nicht, dass die Arbeitskreise gleichzeitig auf die angebotene Unterstützung verzichten: Alle greifen darauf zurück, und gerade bei den (subjektiv wie objektiv) erfolgreichen Arbeitskreisen steigt auch die Inanspruchnahme der angebotenen Hilfe bei der Planung und Umsetzung von Maßnahmen und bei der Erstellung von Foldern und Infomaterialien. Wie schon erwähnt, zeichnen sich Gesunde Gemeinden durch ihre hohe Bekanntheit unter der Bevölkerung und auch durch eine höhere Inanspruchnahme der vorhandenen Angebote aus. Gründe, Angebote nicht wahrzunehmen, haben zumeist einen Zeitbezug (Zeitmangel und/oder ungünstiger Zeitpunkt), aber auch Informationsmangel und mangelndes Interesse spielen eine Rolle. Insgesamt halten ca. drei Viertel der Befragten Gesundheitsinitiativen auf der Gemeindeebene durchaus für sinnvoll. Dabei besteht durchaus Potential für die Beteiligung der GemeindebürgerInnen, da ca. ein Drittel angibt, auch persönlich an einer aktiven Beteiligung interessiert zu sein bzw. bereits mitzumachen. Um dieses Potential nutzen zu können, ist es wichtig, die Arbeitskreise weitgehend bekannt zu machen. Hier besteht noch etwas Spielraum nach oben, da nur etwa zwei Drittel der BürgerInnen in Gesunden Gemeinden auch tatsächlich wissen, dass es für die Aktivitäten einen eigenen Arbeitskreis gibt. In Hinblick auf vorhandene Geschlechtsunterschiede ergeben sich einige zusätzliche Einsichten. So zeigt sich durchwegs, dass Frauen besser erreicht werden: Es gibt einen deutlichen Streueffekt bei der Bekanntheit (das Programm „Gesunde Gemeinde“ ist bei den Frauen auch in nicht teilnehmenden Gemeinden

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gut bekannt, bei den Männern nur in den teilnehmenden Gemeinden), Frauen wissen eher über die Arbeitskreise Bescheid, und sie berichten eine höhere Inanspruchnahme der angebotenen Maßnahmen. Frauen sind auch in den Arbeitskreisen aktiver: Sie sind überwiegend daran beteiligt und sie haben öfter die Position der Arbeitskreisleitung inne. Auch wenn Frauen kaum zu den explizit genannten Zielgruppen gehören, so werden sie de facto doch eher erreicht, was auch bisherigen Erkenntnissen der Gesundheitsforschung entspricht (vgl. Kolip 2003). Mit Blick auf die Ergebnisse der Teambefragung bestätigt sich insgesamt gesehen die grundsätzliche Arbeitsteilung im Gesamtprogramm, wonach das zentrale Team vorwiegend die generelle Öffentlichkeitsarbeit übernimmt und die Gemeinden in erster Linie für die Maßnahmenplanung und -umsetzung zuständig sind. Zu erwähnen ist außerdem die laut Teambefragung angestrebte Vernetzung der Gemeinden untereinander und der daraus resultierende langfristige Übergang zu „Gesunden Regionen“. Hier liefern die Daten keine eindeutigen Ergebnisse. Dennoch ist zu vermuten, dass insbesondere die im Sinne des Programms sehr aktiven Gemeinden dazu neigen, sich nicht mit anderen Gemeinden auszutauschen. Auch die Homepage wird generell als Möglichkeit zum Austausch eher selten genutzt. Dies verweist auf die Schwierigkeit, Kooperation trotz Konkurrenz entstehen zu lassen. Gemeinsam mit der vom zentralen Team geäußerten Befürchtung, dass der Gesundheitspreis des Landes die Konkurrenz eher verstärkt, stellt sich somit weiterhin die Frage, wie Vertrauensbildung systematisch unterstützt werden kann.

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Im Sinne der Schwierigkeit, den Erfolg eines derart umfassenden Programms zu messen, wurde unter Rückgriff auf Stufenmodelle zum Outcome von Gesundheitsförderung (vgl. Kap. 2) darauf verzichtet, unmittelbar gesundheitsbezogene Maße des Erfolgs zu verwenden. Im Vordergrund stand vielmehr die Bewertung der Aktivitäten, welche in den verschiedenen Gemeinden durchgeführt werden. Dabei erweist sich das Instrumentarium der Mixed Methods als durchaus brauchbar: Es ist gelungen, mittels qualitativer Analyse einen Index zu konstruieren, der die Anzahl von Maßnahmen nach für die Gesundheitsförderung bedeutsamen inhaltlichen Kriterien gewichtet und der quantitativen Analyse zugänglich macht. Auch die externe Validierung dieses Index gelingt in zufrieden stellendem Ausmaß, obwohl im vorliegenden Fall die Problematik existiert, dass nicht alle Maßnahmen nach jedem Aspekt eingestuft werden konnten, und dass nicht immer alle Maßnahmen dokumentiert wurden. Hier spiegelt sich die sowohl vom Landesteam, als auch bereits von Scharinger (1999) aufgezeigte Problematik, dass es nur unzureichend gelingt, die teilnehmenden Personen von der Notwendigkeit (ausführlicher) Dokumentation zu überzeugen. In der Analyse der den Erfolg beeinflussenden Faktoren spielt die Entscheidungskompetenz der Arbeitskreise eine herausragende Rolle. Aus theoretischer Sicht erweist sich somit das Kernkonzept der Gesundheitsförderung – Empowerment – als tatsächliche Schlüsselkomponente auch in diesem Programm. Ganz im Sinne der Darstellung zu verschiedenen Partizipationsstufen (vgl. Kap. 1.2.1) geht es nicht nur darum, Betroffene bei den Entscheidungen einzubinden, sondern auch darum, ihnen die Entscheidungen tatsächlich zu überlassen. Im vorliegenden Fall führt dies nicht nur zu einem Mehr an Aktivität, sondern in erster Linie zu einem Mehr an langfristigen, aktivierenden, settingorientierten Maßnahmen, wie es den Forderungen der Gesundheitsförderung entspricht. Darüber hinaus zeigt sich bei der Analyse kein Zusammenhang mit der Dauer des Bestehens eines Arbeitskreises und auch die Gemeindegröße spielt keine Rolle. Empowerment ist damit zumindest im vorliegenden Fall unabhängig von diesen beiden Elementen – Empowerment ist quasi sofort und überall wirksam. Eine Empfehlung für die langfristige Umsetzung des Programms „Gesunde Gemeinde“ lautet deshalb, verstärktes Lobbying zur Stärkung von Entscheidungskompetenzen zu betreiben. Dies umfasst vor allem die entsprechende Bewusstseinsbil-

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dung bei den Verantwortlichen in den Gemeinden. Der Erfolg stellt sich vor allem dann ein, wenn der Gemeinderat dem Arbeitskreis vertraut und diesem die Agenden überlässt. Dazu gehört auch die Bereitstellung eines eigenen Budgets, über welches der Arbeitskreis seine eigene Verfügungsgewalt haben soll. Einige Ergebnisse berühren auch direkt die Diskussion um die Vernetzung verschiedener Akteure im Rahmen von Capacity Building (vgl. Kap. 1.4) In Ergänzung zum Empowermentgedanken lässt sich hier zeigen, dass die Einbindung von öffentlichen EntscheidungsträgerInnen ebenso wichtig ist, wie die Einbindung von Betroffenen. Anders formuliert bedeutet dies, dass diejenigen, welche Ideen haben und kreativ sind, mit denen, welche über die Mittel verfügen, diesen Ideen auch zur Durchsetzung zu verhelfen, zusammengebracht werden müssen. Konkret zeigt sich das in der Kooperation mit dem Gemeinderat: Ein völlige Abkoppelung von der öffentlichen Gemeindevertretung ist nicht erstrebenswert, eine Einbindung des Gemeinderates in den Arbeitskreis erweist sich im Gegenteil als Basiserfordernis für eine erfolgreiche Arbeit. Hinzu kommt, dass die Beteiligung von PolitikerInnen zur Verstärkung verschiedenster Unterstützungsleistungen seitens der Gemeinde führt und die Ausstattung des Arbeitskreises mit einem eigenen Budget begünstigt. Ebenfalls ganz im Sinne des Capacity Building erweist sich die Herstellung von Teambuilding und Kooperationsbereitschaft in den Arbeitskreisen: Wie sich zeigt, begünstigt eine stabile Zusammensetzung der Arbeitskreise deren Erfolg. Dies bedeutet gleichzeitig auch, dass beständige Kooperationsvereinbarungen getroffen werden müssen, welche die Interessen der teilnehmenden PartnerInnen widerspiegeln, die Bereitschaft zur Teilnahme aufrechterhalten und die erzielten Erfolge gerecht verteilen. Ergänzt wird dies durch gegenseitige Anerkennung, umfassende Kommunikation und klare Teamstrukturen, die sich ebenso als Schlüsselelemente sowohl der subjektiven wie auch der objektiven Erfolgseinschätzungen erweisen. Etwas diffiziler erscheint die Integration von Zielgruppeninteressen in die Tätigkeit der Arbeitskreise. Hier ist eine schrittweise Erweiterung von Zielgruppen und Kooperationspartnerschaften angebracht: Wie sich gezeigt hat, unterscheiden sich die Arbeitskreise sowohl danach, ob viele PartnerInnen daran teilnehmen, als auch danach, ob viele verschiedene Zielgruppen angesprochen werden sollen – manchen Arbeitskreisen gelingt beides, den meisten jedoch nur einer dieser Aspekte. Als Empfehlung leitet sich somit ab, dass neben der Integration vieler PartnerInnen in einen Arbeitskreis immer auch die anzusprechenden Zielgruppen explizit beachtet werden sollten und eine Erweiterung der Arbeitskreise und ihrer Aktivitäten beide Aspekte parallel beinhalten sollte. Dadurch wird es einerseits den hinzukommenden Personen ermöglicht, sich neue

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Kompetenzen anzueignen, andererseits trägt die Zielgruppenorientierung dazu bei, die Maßnahmen noch besser auf den Bedarf abzustimmen. Wichtigste Strategie für eine Ausweitung des Projekts ist eine aktives Zugehen auf mögliche InteressentInnen durch die Arbeitskreismitglieder: Betrachtet man, wie ausschlaggebend es für die aktuell teilnehmenden Arbeitskreismitglieder war, dass sie selbst persönlich in den Arbeitskreis eingeladen wurden, lässt sich daraus die Empfehlung ableiten, die Arbeitskreise auch weiterhin zum aktiven Zugehen auf die GemeindebürgerInnen zu ermutigen. Diese Vorgehensweise entspricht der wichtigen Phase der Mobilisierung, also dem expliziten Anstoß zum Engagement, die nach Stark (2002) ansonsten meist nur durch eine stärkere Irritierung der Alltagsroutinen erlangt wird (vgl. Kap. 1.2.2). In Anlehnung an die Auseinandersetzung mit Präventionskonzepten ließe sich auch formulieren: Im vorliegenden Zusammenhang reicht das Thema Gesundheit als Anstoß zur Veränderung aus, man muss nicht erst auf eine Betroffenheit durch Krankheit warten (vgl. dazu auch die Motivationsfaktoren der Konzepte zum Gesundheitsverhalten in Kap. 1.3). Als grundlegende Schätzung dürfte maximal jede dritte Person in der Gemeinde auch tatsächlich an einer Mitarbeit interessiert sein. Als durchaus lohnend erweist sich in der Gesamtperspektive auch der Betreuungsstil des Teams des Landes Kärnten. Wie die hohe Zufriedenheit zeigt, ist das Selbstverständnis, die Gemeinden auf deren eigenen Weg nur zu begleiten und dabei nichts aufzuzwingen, sehr gewinnbringend. Gleichzeitig greifen die aktiven Gemeinden gerne auf die angebotene Unterstützung bei der Maßnahmenplanung, -umsetzung und Öffentlichkeitsarbeit zurück, welche sich als ebenso vorteilhaft erweist. Eine derartige Vorgehensweise ist offensichtlich in der Lage, die geforderten Selbstentscheidungsrechte der Betroffenen zu sichern (also hohe Stufen der Partizipation bzw. Teilhabe zu gewähren), während sie gleichzeitig bei der Umsetzung der mit den Entscheidungen verbundenen Folgen (Maßnahmenumsetzung) Unterstützung bietet. Diese dient einerseits der Ausweitung der vorhandenen Ressourcen (Durchführung von Maßnahmen, die man sonst u.U. nicht finanzieren könnte), andererseits ermöglicht sie die Aneignung zuvor womöglich noch nicht (bzw. noch nicht ausreichend) vorhandener Kompetenzen (z.B. von Projektmanagementmethoden). Langfristig sollte den Gemeinden also auch weiterhin diese Form der Begleitung angeboten werden. Bei aller Flexibilität und Gemeindeorientierung erscheint es aber im Gegenzug wichtig, bedeutende Arbeitsschritte auch wirklich durchzusetzen. Wie sich bereits in der Landesteambefragung zeigt, ist es durchaus möglich, von einer strikten Reihenfolge der Entwicklung verschiedener Arbeitsphasen abzuweichen. In der Tat wird dies auch bei vielen Gemeinden so gehandhabt, was zunächst der Forderung nach rascher Maßnahmenumsetzung entgegenkommt. Langfristig ist

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es jedoch erforderlich, dass mit der Zeit tatsächlich alle Schritte eingefordert werden. Dies bezieht sich insbesondere auf die kontinuierliche und wiederholte Durchführung von systematischen Analysen der Gemeindesituation durch die Arbeitskreise. Ein derartiges Vorgehen entspricht langfristig der Umsetzung des sog. „Public-Health-Action-Zyklus“ (vgl. Rosenbrock 1998, S. 709f), also der systematischen Abfolge von Situationsanalyse – Maßnahmenplanung – Umsetzung – Evaluation usw. Einerseits kann nur dadurch eine bedarfsorientierte Vorgehensweise auch langfristig sichergestellt werden, andererseits trägt ein systematisches Feedback auch zur Initiierung und Aufrechterhaltung der in der Landesteambefragung aufgezeigten „Erfolgsdynamik“ bei, die sich aus dem Kreislauf von Motivation – Tatkraft – Erfolgserlebnis usw. (vgl. Kap. 5.3.1) nährt. Für die seitens des Landesteams angesprochene Notwendigkeit einer langfristigen Sicherung des Programms „Gesunde Gemeinde“ lässt sich aus der Zusammenschau von Arbeitskreisbefragung und Landesteambefragung der Schluss ziehen, dass die Einführung eines Systems zum Qualitätsmonitoring sinnvoll erscheint. Schon in der Befragung des Landesteams finden sich zahlreiche Hinweise, welche Kriterien zu berücksichtigen wären (vgl. Kap. 5.3.5 und 5.6.1). Letztlich handelt es sich um Variablen auf allen drei Ebenen (Land, Gemeinden, Gemeindebevölkerungen) sowie auf den jeweiligen Schnittstellen (LandArbeitskreise; Arbeitskreise-Bevölkerungen) im Programm. Eine umfassende Ausarbeitung der benötigten Qualitätskriterien ließe sich dabei mit den in der vorliegenden Arbeit aufgezeigten Erfolgsfaktoren bewerkstelligen. Abschließend sei noch einmal auf die derzeitige Zielgruppenerreichung eingegangen. Hier scheint eine stärkere geschlechtsspezifische Differenzierung nötig: In der Praxis werden Frauen besser erreicht als Männer. Interessant ist dieses Ergebnis insbesondere vor dem Hintergrund, dass es keinen Geschlechtsunterschied gibt, was das Interesse zur Mitarbeit an gesundheitsbezogenen Initiativen betrifft: Hier geben Männer genauso oft wie Frauen an, sich eine Mitwirkung vorstellen zu können. Anscheinend verdeckt hier das Selbstverständnis der Arbeitskreise die tatsächlich erreichten Personen: Fast alle Arbeitskreise geben an, die Gemeindebevölkerung insgesamt als ihre Zielgruppe zu betrachten, während Männer und Frauen kaum als eigene Zielgruppen betrachtet werden. Im Endeffekt arbeiten jedoch überwiegend Frauen mit und es werden überwiegend Frauen erreicht. Männer hingegen wissen weniger Bescheid, fühlen sich in ihren Interessen weniger getroffen und nehmen seltener an den Aktivitäten teil. Verstärkt wird der Effekt wahrscheinlich noch dadurch, dass für die Beurteilung durchgeführter Maßnahmen das persönliche Erleben der Arbeitskreismitglieder (Spaß an der Umsetzung bzw. eigenen Teilnahme) eine große Rolle spielt, und auch hier sind demgemäß Männer anteilsmäßig weniger repräsentiert. Wenn sich nun also vorwiegend Frauen durch die Aktivitäten der Arbeitskreise angespro-

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chen fühlen, dürfte dies daran liegen, dass die Geschlechtsunterschiede durch den Anspruch, etwas für die Gesamtbevölkerung machen zu wollen, verschleiert werden. Um auch mehr Männer zu einer Beteiligung an den Aktivitäten der Gesunden Gemeinden zu bewegen, sollten ihre Bedürfnisse und Interessen explizit in den Planungen berücksichtigt werden. Als Fazit kann gesagt werden, dass das Konzept „Gesunden Gemeinde“ als sehr erfolgreich beurteilt werden kann. Insbesondere dort, wo es gelingt, die WHO-Zielsetzungen zu umfassender Partizipation und Selbstbestimmung zu verwirklichen, setzen die beteiligten Gemeinden eine Vielzahl von qualitativ hochwertigen Aktivitäten um.

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